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German Pages 468 Year 2018
Beiträge zum Europäischen Wirtschaftsrecht Band 74
Grenzüberschreitende Bestandsübertragungen und Umstrukturierungen von Versicherungsunternehmen im EWR Versicherungsaufsichtsrechtliche Implikationen, Verwaltungsrechtsschutz und Gestaltungsmöglichkeiten
Von
Philipp Kynast
Duncker & Humblot · Berlin
PHILIPP KYNAST
Grenzüberschreitende Bestandsübertragungen und Umstrukturierungen von Versicherungsunternehmen im EWR
Beiträge zum Europäischen Wirtschaftsrecht Begründet von Professor Dr. Wolfgang Blomeyer † und Professor Dr. Karl Albrecht Schachtschneider
Band 74
Grenzüberschreitende Bestandsübertragungen und Umstrukturierungen von Versicherungsunternehmen im EWR Versicherungsaufsichtsrechtliche Implikationen, Verwaltungsrechtsschutz und Gestaltungsmöglichkeiten
Von
Philipp Kynast
Duncker & Humblot · Berlin
Die Juristische Fakultät der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf hat diese Arbeit im Jahre 2017 als Dissertation angenommen.
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
D61 Alle Rechte vorbehalten © 2018 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Satz: 3w+p GmbH, Ochsenfurt-Hohestadt Druck: CPI buchbücher.de gmbh, Birkach Printed in Germany ISSN 0947-2452 ISBN 978-3-428-15500-2 (Print) ISBN 978-3-428-55500-0 (E-Book) ISBN 978-3-428-85500-1 (Print & E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706
Internet: http://www.duncker-humblot.de
Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde an der Juristischen Fakultät der Heinrich-HeineUniversität Düsseldorf im Sommersemester 2016 als Dissertation vorgelegt. Das Manuskript wurde im August 2016 fertiggestellt; für die Veröffentlichung ist es in maßgeblichen Teilen um jüngere Nachweise ergänzt worden und befindet sich im Wesentlichen auf dem Stand März 2018. Großer Dank gebührt zunächst meinem Doktorvater, Professor Dr. Lothar Michael, der mir den erforderlichen wissenschaftlichen Freiraum eingeräumt hat und zugleich durch wertvolle Anregungen zum Gelingen dieser Arbeit beigetragen hat. Professor Dr. Dirk Looschelders danke ich für das Erstellen des Zweitgutachtens. Ferner danke ich meinen langjährigen Kollegen aus dem Düsseldorfer Büro von Allen & Overy: Dr. Jan Schröder, Anne Fischer und Dr. Achim Schmid haben mich mit der Materie des Versicherungsunternehmensrechts vertraut gemacht, den Impuls für die Thematik geliefert und mir während der Entstehungsphase dieser Arbeit als Ansprechpartner zur Verfügung gestanden. Simone Grant war bei jeglichen Fragen rund um die Formatierung stets helfend zur Stelle. Zahlreiche Gespräche mit Katharina Patzwaldt und Dr. Richard Stefanink haben Zweifel ausgeräumt, Gedankengänge vorangetrieben und dadurch Eingang in diese Arbeit gefunden; großer Dank gebührt den beiden zudem für das aufwendige Korrekturlesen des Manuskripts. Ganz besonderen Dank möchte ich an dieser Stelle auch meinen Eltern Rita und Dieter sowie meinem Bruder Moritz Kynast für ihre bedingungslose Unterstützung aussprechen. Ihnen ist diese Arbeit gewidmet. Düsseldorf, im Sommer 2018
Philipp Kynast
Inhaltsübersicht Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26
Teil 1 Grundlegende Einführung in die Thematik
28
A. Einfluss der 10. VAG-Novelle auf den Untersuchungsgegenstand . . . . . . . . . . . . . . . . 28 B. Terminologische Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 C. Motive für grenzüberschreitende Umstrukturierungen von Versicherungsunternehmen 57 D. Funktion und Bedeutung der Versicherungsaufsicht bei der Übertragung von Versicherungsbeständen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88
Teil 2 Der harmonisierte verwaltungsrechtliche Rahmen im EWR
108
A. Anwendungsbereich von Art. 39 Solvency II . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 B. Kompetenzen der Versicherungsaufsichtsbehörden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 C. Beteiligungsformen der BaFin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 D. Transnationale Wirkung als Integrationsmittel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 E. Rechtsschutz im grenzüberschreitenden Verwaltungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155
Teil 3 Analyse: Grenzüberschreitende Bestandsübertragungen und Verschmelzungen von Versicherungsunternehmen im EWR 218 A. Grenzüberschreitende Bestandsübertragungen nach dem VAG . . . . . . . . . . . . . . . . . . 219 B. Grenzüberschreitende Verschmelzungen nach dem UmwG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 312
4
Inhaltsübersicht Teil 4 Alternative Gestaltungsmöglichkeiten
358
A. Gründung einer Versicherungs-SE durch Verschmelzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 360 B. Grenzüberschreitende Spaltungen von Versicherungsunternehmen . . . . . . . . . . . . . . . 388 C. Grenzüberschreitende Vermögensübertragung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 396 D. Grenzüberschreitende Sitzverlegung einer Versicherungs-SE . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 398 E. Grenzüberschreitender Formwechsel von Versicherungsunternehmen . . . . . . . . . . . . . 407 Teil 5 Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse
414
Anhang: Synopse relevanter VAG-Vorschriften (VAG n. F. – VAG a. F.) . . . . . . . . . . . 423 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 441 Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 459
Inhaltsverzeichnis Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26
Teil 1 Grundlegende Einführung in die Thematik
28
A. Einfluss der 10. VAG-Novelle auf den Untersuchungsgegenstand . . . . . . . . . . . . . . . . 28 B. Terminologische Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Grenzüberschreitende Umstrukturierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Versicherungsbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Definition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Nationale Definition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Fehlende europarechtliche Definition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Abgrenzung eines Teilbestands . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Immaterielles Wirtschaftsgut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Übertragungsformen und Übertragungsmechanismen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Spezialgesetzlich geregelte Bestandsübertragung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Grenzüberschreitende Bestandsübertragung allgemein . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Grenzüberschreitende Bestandsübertragung innerhalb des EWR . . . . . . . . . 2. Gesellschaftsrechtlich bewirkte Universalsukzession . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Grenzüberscheitende Verschmelzung nach dem UmwG . . . . . . . . . . . . . . . . b) Grenzüberschreitende Umstrukturierungen außerhalb des UmwG . . . . . . . . aa) Grenzüberschreitende Spaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Grenzüberschreitende Vermögensübertragung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Gründung einer SE durch Verschmelzung nach der SE-VO . . . . . . . . . . 3. Identitätswahrende Migration (Übertragung im weiteren Sinne) . . . . . . . . . . . . a) Grenzüberschreitende Sitzverlegung einer SE . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Grenzüberschreitender Formwechsel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Wesentliche Unterschiede und Gemeinsamkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
34 34 38 38 38 40 41 44 45 46 47 48 49 50 51 51 52 52 53 53 53 54
C. Motive für grenzüberschreitende Umstrukturierungen von Versicherungsunternehmen 57 I. Sanierung gefährdeter Versicherungsbestände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 II. Allgemeine betriebswirtschaftliche und unternehmenspolitische Motive . . . . . . . 61
6
Inhaltsverzeichnis III. Konzentration der Finanzaufsicht und Aufsichtsarbitrage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Run-off und Haftungsbeendigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Kapitalanforderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Erforderliche Eigenmittelausstattung unter Solvency I . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Erforderliche Eigenmittelausstattung unter Solvency II . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Organisationsrechtliche Anforderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
68 75 80 80 81 85
D. Funktion und Bedeutung der Versicherungsaufsicht bei der Übertragung von Versicherungsbeständen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Allgemeine Ziele der Versicherungsaufsicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Schutz der Interessen der Versicherten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Erhalt der Funktionsfähigkeit der Versicherungswirtschaft . . . . . . . . . . . . . . . . II. Ausprägung der Aufsichtsziele bei der Übertragung von Versicherungsbeständen 1. Zustimmungserfordernis des § 415 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Vielzahl von Versicherungsverträgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Substitution der Zustimmung durch Genehmigung der Aufsichtsbehörde . . . . 4. Besonderheiten bei grenzüberschreitenden Übertragungen . . . . . . . . . . . . . . . . a) Hinausübertragung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Hineinübertragung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
88 89 89 90 91 91 94 94 101 102 106
Teil 2 Der harmonisierte verwaltungsrechtliche Rahmen im EWR
108
A. Anwendungsbereich von Art. 39 Solvency II . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 B. Kompetenzen der Versicherungsaufsichtsbehörden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Nationale Kompetenz der BaFin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Internationales Kompetenzgefüge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Allgemeines internationales Kompetenzgefüge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Besonderes europäisches Kompetenzgefüge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Keine unmittelbare Kompetenz der EIOPA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Rechtsgrundlagen der EIOPA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Aufgaben und Befugnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Befugnisse gegenüber nationalen Aufsichtsbehörden . . . . . . . . . . . . . . .
110 111 112 113 116 116 117 117 118
(1) Befugnisse im Krisenfall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 (2) Befugnisse bei Meinungsverschiedenheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 dd) Befugnisse gegenüber Versicherungsunternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 (1) Befugnisse in besonderen Fällen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 (2) Befugnisse bei Zusammenschlüssen und Übernahmen . . . . . . . . . . . 121 (3) Befugnisse im Rahmen der Aufsichtskollegien . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 ee) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124
Inhaltsverzeichnis
7
b) Kompetenzgefüge nach Art. 39 Solvency II . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Genehmigungskonzentration . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Solvabilitätsbescheinigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Konsultationsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Letztentscheidungskompetenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Weitergehende Kompetenzanordnung nach Maßgabe des VAG . . . . . . . . . .
124 125 125 126 126 127
C. Beteiligungsformen der BaFin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Genehmigung einer Übertragung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Ausstellung einer Solvabilitätsbescheinigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Zustimmung zu einer Übertragung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Stellungnahme zu einer Übertragung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
127 128 128 129 130 130
D. Transnationale Wirkung als Integrationsmittel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Kooperationsprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Informationelle Kooperation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Prozedurale Kooperation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Institutionelle Kooperation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Anerkennungsprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Ursprung und Ziel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Binnenmarktverwirklichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Bedeutung für den Versicherungsbinnenmarkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Versicherungsvertragsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Versicherungsaufsichtsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
131 132 134 135 135 135 136 136 139 139 140
(1) Partielle Einführung durch die Zweite Richtliniengeneration . . . . . . 140 (2) Erstreckung durch die Dritte Richtliniengeneration . . . . . . . . . . . . . 140 (3) Eingeschränkte Geltung für die Bestandsübertragung . . . . . . . . . . . . 141 (4) Erstreckung durch die Rückversicherungsrichtlinie . . . . . . . . . . . . . (5) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Verwirklichung durch transnationalen Verwaltungsakt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Bedeutung für die Beteiligungsformen der BaFin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Automatische transnationale Wirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Genehmigung der Übertragung eines Versicherungsbestands . . . . . . . . . . . . aa) Genehmigung einer grenzüberschreitenden Bestandsübertragung . . . . .
142 143 143 147 147 148 148 149
(1) Im Anwendungsbereich von Art. 39 Solvency II . . . . . . . . . . . . . . . 149 (2) Außerhalb des Anwendungsbereichs von Solvency II . . . . . . . . . . . 149 bb) Genehmigung einer grenzüberschreitenden Verschmelzung . . . . . . . . . . 151 (1) Fehlende sekundärrechtliche Vorgabe für Verschmelzungen . . . . . . 151 (2) Pauschale Verweisung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 (3) Eingeschränkte Rechtsfolgen der Genehmigung . . . . . . . . . . . . . . . . 153
8
Inhaltsverzeichnis 2. EWR-weite Anerkennungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Solvabilitätsbescheinigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Zustimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
154 154 154 155
E. Rechtsschutz im grenzüberschreitenden Verwaltungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Rechtsschutzmöglichkeiten der Versicherungsnehmer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Einspruch gegen die Übertragung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Sonderkündigungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Verwaltungsrechtsschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Rechtsschutz gegen Akte der BaFin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Rechtsschutz gegen eine Genehmigung der BaFin . . . . . . . . . . . . . . . . .
155 156 157 158 162 163 163
(1) Innerstaatliche Übertragungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 (2) Besonderheiten bei grenzüberschreitenden Übertragungen . . . . . . . 163 (3) Prüfungskompetenzen der BaFin im Widerspruchsverfahren . . . . . . 164 (4) Verwaltungsgerichtliche Prüfungskompetenzen . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Rechtsschutz gegen eine Zustimmung der BaFin . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Rechtsschutz gegen eine Solvabilitätsbescheinigung der BaFin . . . . . . . dd) Rechtsschutz gegen eine Stellungnahme der BaFin . . . . . . . . . . . . . . . . b) Rechtsschutz gegen Akte EWR-ausländischer Aufsichtsbehörden . . . . . . . . II. Verwaltungsrechtsschutz der Versicherungsunternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Rechtsschutz gegen die Ablehnung der Genehmigung durch die BaFin . . . . . . a) Bei Vorliegen von Zustimmung und Solvabilitätsbescheinigung . . . . . . . . . . b) Bei Fehlen von Zustimmung oder Solvabilitätsbescheinigung . . . . . . . . . . . aa) Ersetzungsbefugnis der BaFin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Ersetzung einer Zustimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
169 171 173 174 174 175 175 175 176 178 178
(2) Ersetzung einer Solvabilitätsbescheinigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 (3) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182 bb) Ersetzungsbefugnis des Verwaltungsgerichts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182 (1) Ersetzung einer Zustimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 (2) Ersetzung einer Solvabilitätsbescheinigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186 (3) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Rechtsschutz gegen die Verweigerung von Mitwirkungsakten der BaFin . . . . . a) Zustimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Kein subjektiv-rechtlicher Anspruch auf Zustimmung . . . . . . . . . . . . . . bb) Isolierte Anfechtbarkeit der Verweigerung der Zustimmung . . . . . . . . . cc) Qualifizierung als Verwaltungsakt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Fiktion der Zustimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Solvabilitätsbescheinigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Rechtsschutz gegen ablehnende Entscheidungen EWR-ausländischer Aufsichtsbehörden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
187 187 188 188 189 193 195 196 197
Inhaltsverzeichnis 4. Rechtsschutz bei Verfahrensverzögerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Keine Verfahrensverzögerung durch Unterbleiben einer Zustimmung . . . . . b) Solvabilitätsbescheinigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Möglichkeit der Verfahrensverzögerung durch Untätigkeit . . . . . . . . . . bb) Untätigkeit EWR-ausländischer Aufsichtsbehörden . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Untätigkeitsklage gegen die BaFin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Vereinbarkeit mit der Rechtsweggarantie des Art. 19 Abs. 4 GG . . . . . . . . . . . . . 1. Allgemeiner Schutzauftrag des Art. 19 Abs. 4 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Erfassung transnationaler Verwaltungsakte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Erfassung behördeninterner Mitwirkungsakte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
9 198 198 200 200 202 202 207 209 211 214 215
Teil 3 Analyse: Grenzüberschreitende Bestandsübertragungen und Verschmelzungen von Versicherungsunternehmen im EWR 218 A. Grenzüberschreitende Bestandsübertragungen nach dem VAG . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Analysegrundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Grundlagen der Betrachtungsmatrix . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Maßgebliche Betrachtungsebenen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Risikoträger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Risikobelegenheit und anwendbares Vertragsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Hinausübertragungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Übertragendes Erstversicherungsunternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Grenzüberschreitend erworbener Bestand eines inländischen Erstversicherungsunternehmens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Dienstleistungsgeschäft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Niederlassungsgeschäft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Risikobelegenheit als maßgebliches Kriterium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Der Anspruch auf Erteilung der Genehmigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
219 219 219 220 220 221 222 223
(1) Allgemeine Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Besonderheiten bei Verträgen mit Überschussbeteiligung . . . . . . . . ee) Rechtsfolgen der Genehmigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ff) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Inländischer Bestand eines inländischen Erstversicherungsunternehmens aa) Überschießende Richtlinienumsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Der Anspruch auf Erteilung der Genehmigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
232 233 244 245 245 245 246
224 226 230 232 232
(1) Allgemeine Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 246 (2) Besonderheiten bei Verträgen mit Überschussbeteiligung . . . . . . . . 247 cc) Rechtsfolgen der Genehmigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247
10
Inhaltsverzeichnis dd) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Inländischer Bestand eines EWR-ausländischen Erstversicherungsunternehmens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Bestand einer inländischen Zweigniederlassung mit Inlandsrisiken . . . . bb) Bestand einer inländischen Zweigniederlassung ohne Inlandsrisiken . . d) Bestand einer inländischen Niederlassung eines Drittstaaten-Erstversicherungsunternehmens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Übertragendes Rückversicherungsunternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Bestand eines inländischen Rückversicherungsunternehmens . . . . . . . . . . . . aa) Übertragung auf ein EWR-ausländisches Versicherungsunternehmen
250 251 251 252 253 254 255 257
(1) Allgemeine Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 257 (2) Eingeschränktes grenzüberschreitendes Verwaltungsverfahren . . . . 261 (3) Keine staatliche Schutzpflicht zugunsten der Vorversicherer . . . . . . 262 (a) Problemaufriss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 262 (b) Gewährleistungsumfang der Privatautonomie . . . . . . . . . . . . . . . 264 (c) Faktische Beeinträchtigung der privatautonomen Selbstbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 268 (d) Besondere Schutzbedürftigkeit im Bereich der Lebensversicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269 (e) Keine Typisierbarkeit im Bereich der Erstversicherung . . . . . . . 273 (f) Pauschale Konkretisierung der Schutzpflicht durch den Gesetzgeber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 275 (g) Fehlende Schutzbedürftigkeit im Bereich der Rückversicherung 277 (h) Beurteilung von Altverträgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 288 (i) Weitergehende Regelungsspielräume des Gesetzgebers . . . . . . . bb) Übertragung auf eine EWR-ausländische Niederlassung eines Drittstaatenunternehmens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Inländischer Bestand eines EWR-ausländischen Rückversicherungsunternehmens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Bestand einer inländischen Niederlassung eines Drittstaaten-Rückversicherungsunternehmens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Schicksal der bestehenden Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb . . . . . . . . . . . . . . . a) Übertragung des gesamten Bestands . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Übertragung eines Teilbestands . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Hineinübertragungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Übernehmendes inländisches Erstversicherungsunternehmen . . . . . . . . . . . . . . a) Grenzüberschreitend erworbener Bestand eines inländischen Erstversicherungsunternehmens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Bestand eines EWR-ausländischen Erstversicherungsunternehmens . . . . . . aa) Grenzüberschreitend im Inland erworbener Bestand . . . . . . . . . . . . . . . bb) Grenzüberschreitend im EWR-Ausland erworbener Bestand . . . . . . . . . cc) Im EWR-ausländischen Sitzstaat erworbener Bestand . . . . . . . . . . . . . .
290 291 291 292 292 292 294 295 296 296 299 299 301 303
Inhaltsverzeichnis
11
2. Übernehmendes inländisches Rückversicherungsunternehmen . . . . . . . . . . . . . a) Grenzüberschreitend erworbener Bestand eines inländischen Rückversicherungsunternehmens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Bestand eines EWR-ausländischen Rückversicherungsunternehmens . . . . . 3. Besonderheiten bei gemischten Versicherungsunternehmen . . . . . . . . . . . . . . . 4. Erlaubnispflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Innerstaatliche Übertragungen mit grenzüberschreitendem Bezug . . . . . . . . . . . .
305
B. Grenzüberschreitende Verschmelzungen nach dem UmwG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Hinausverschmelzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Übertragendes inländisches Erstversicherungsunternehmen . . . . . . . . . . . . . . . a) Aufsichtsrechtliche Regelungssystematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Genehmigungskonzentration . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Grenzüberschreitendes Verwaltungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Solvabilitätsbescheinigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Besonderheiten bei Verträgen mit Überschussbeteiligung . . . . . . . . . . . . . . . f) Rechtsfolgen der Genehmigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . g) Verhältnis zwischen Genehmigung und Registereintragung . . . . . . . . . . . . . h) Anspruch auf Sicherheitsleistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . i) Schadensersatzansprüche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . j) Kein Sonderkündigungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . k) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Übertragendes inländisches Rückversicherungsunternehmen . . . . . . . . . . . . . . a) Aufsichtsrechtliche Regelungssystematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Genehmigungskonzentration . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Eingeschränktes grenzüberschreitendes Verwaltungsverfahren . . . . . . . . . . . d) Solvabilitätsbescheinigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Rechtsfolgen der Genehmigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Umwandlungsrechtliche Besonderheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . g) Vertragliche Sonderkündigungsrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . h) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Schicksal der bestehenden Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb . . . . . . . . . . . . . . . II. Hineinverschmelzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Übernehmendes inländisches Erstversicherungsunternehmen . . . . . . . . . . . . . . a) Aufsichtsrechtliche Regelungssystematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Auslegungsprobleme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Lösungsvorschlag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Übernehmendes inländisches Rückversicherungsunternehmen . . . . . . . . . . . . . a) Aufsichtsrechtliche Regelungssystematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Auslegungsprobleme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Lösungsvorschlag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
312 316 316 316 317 318 319 320 324 324 331 333 333 334 335 335 336 337 338 338 339 339 340 340 344 345 345 346 349 351 351 352 353
305 306 309 311 311
12
Inhaltsverzeichnis 3. Erlaubnispflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 354 III. Innerstaatliche Verschmelzungen mit grenzüberschreitendem Bezug . . . . . . . . . . 354
Teil 4 Alternative Gestaltungsmöglichkeiten A. Gründung einer Versicherungs-SE durch Verschmelzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Rechtsgrundlagen der SE-Gründung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Zulässigkeit der Versicherungs-SE . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Fehlende aufsichtsrechtliche Erfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Analoge Anwendung der aufsichtsrechtlichen Vorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Planwidrigkeit der Regelungslücke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Vergleichbarkeit der Interessenlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Aufsichtsrechtliche Gleichwertigkeit der Rechtsformen AG und SE . . . . . . b) Verschmelzungsverfahren nach UmwG und SE-VO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Konzeptionelle Übereinstimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Wirkungen der Verschmelzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Gläubigerschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Grenzen der analogen Anwendung aufsichtsrechtlicher Vorschriften . . . . . . . . a) Begünstigende Analogie im Verwaltungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Belastende Analogie im allgemeinen Verwaltungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . c) Belastende Analogie im besonderen Verwaltungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Meinungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
358 360 360 362 363 367 367 367 368 368 369 371 375 378 379 380 380 380 381
(1) Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 381 (2) Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 381 bb) Argumente für die Zulässigkeit einer belastenden Analogie . . . . . . . . . 382 (1) Rechtsanwendungsgleichheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 382 (2) Umkehrschluss aus Art. 103 Abs. 2 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 383 (3) Wesensähnlichkeit zwischen Auslegung und Analogie . . . . . . . . . . . 383 cc) Argumente gegen die Zulässigkeit einer belastenden Analogie . . . . . . . 383 (1) Demokratieprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 383 (2) Normklarheit und Rechtssicherheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 383 (3) Divergenz zwischen Verwaltungsrecht und Privatrecht . . . . . . . . . . . 384 (4) Vorbehalt des Gesetzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Einzelfallbezogene Abwägungsentscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Multipolare Rechtsverhältnisse im Versicherungsaufsichtsrecht . . . . . . (1) Belastender Charakter der Analogie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
384 384 385 385
(2) Schutz der Versicherungsnehmer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 386 ff) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 386
Inhaltsverzeichnis B. Grenzüberschreitende Spaltungen von Versicherungsunternehmen . . . . . . . . . . . . . . . I. Spaltungsarten nach dem UmwG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Innerstaatliche Spaltungen von Versicherungsunternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Innerstaatliche Spaltungen mit grenzüberschreitendem Bezug . . . . . . . . . . . . . . . IV. Zulässigkeit grenzüberschreitender Spaltungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Aufsichtsrechtliche Regelungssystematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
13 388 389 391 392 392 394
C. Grenzüberschreitende Vermögensübertragung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 396 D. Grenzüberschreitende Sitzverlegung einer Versicherungs-SE . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Hinausverlegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Genehmigungserfordernis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Erstversicherungsunternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) De lege lata . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) De lege ferenda . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Rückversicherungsunternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Schicksal der bestehenden Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb . . . . . . . . . . . . . . . II. Hineinverlegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Genehmigungserfordernis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Erlaubnispflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Sitzverlegung einer Versicherungs-SE außerhalb Deutschlands . . . . . . . . . . . . . . .
398 399 399 401 401 401 404 405 406 406 406 407
E. Grenzüberschreitender Formwechsel von Versicherungsunternehmen . . . . . . . . . . . . . I. Hinausformwechsel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Hineinformwechsel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Grenzüberschreitender Formwechsel außerhalb Deutschlands . . . . . . . . . . . . . . . .
407 408 412 412
Teil 5 Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse
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Anhang: Synopse relevanter VAG-Vorschriften (VAG n. F. – VAG a. F.) . . . . . . . . . . . 423 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 441 Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 459
Einleitung „Da die Europäische Gemeinschaft in erster Linie wirtschaftliche Aufgaben und Ziele verfolgt, wird das mitgliedstaatliche Wirtschaftsrecht – insbesondere das öffentliche Wirtschaftsrecht und Wirtschaftsverwaltungsrecht – stärker als jedes andere Rechtsgebiet vom europäischen Recht verdrängt, überlagert und beeinflusst.“1 Diese vor über einem Vierteljahrhundert von Ehlers konstatierte Erkenntnis gilt heute mehr denn je. Besonders deutlich offenbart sich der europäische Einfluss im Bereich des Finanz- und Wirtschaftsaufsichtsrechts. Maßgeblich bedingt durch die Internationalität der Finanzmärkte sind in diesem Bereich neue Gesetzgebungsanreize, -mechanismen und -abläufe entstanden.2 Dabei kam nicht zuletzt der Wirtschafts- und Finanzkrise katalysierende Wirkung zu.3 Allen voran das zum besonderen Wirtschaftsaufsichtsrecht4 und zum öffentlichen Gewerberecht5 – mithin zu einem bedeutsamen Teilbereich des Wirtschaftsverwaltungsrechts6 – zählende Versicherungsaufsichtsrecht hat, bedingt durch seine stetig wachsende Bedeutung, im Rahmen der Europäisierung des Verwaltungsrechts7 fundamentale Änderungen erfahren und weist mittlerweile eine signifikante Regelungsdichte auf.8 In der Folge
1 Ehlers, NVwZ 1990, 810. Zu den mannigfaltigen Einwirkungsmöglichkeiten des Europäischen Gemeinschaftsrechts auf das deutsche Verwaltungsrecht ausführlich Engel, Die Verwaltung 1992, 437. 2 Weber-Rey, ZGR 2010, 543 (552); dort auch eingehend zur Rechtsentwicklung auf diesem Gebiet. 3 Vgl. etwa Vogelsang, in: Bähr, Hdb. Versicherungsaufsichtsrecht (2011), § 28 Rn. 1 f. 4 Möstl, DÖV 2006, 281 (284); Dreher, ZGR 2010, 496 (499 f.) m. w. Nachw. 5 Weber-Rey, ZGR 2010, 543 (547, 550). 6 R. Schmidt/Präve, in: Prölss, 12. Aufl. (2005), Vorbem. Rn. 72. 7 Grundlegend zur Europäisierung des deutschen Verwaltungsrechts Schmidt-Aßmann, DVBl 1993, 924; Neßler, Europäisches Richtlinienrecht wandelt deutsches Verwaltungsrecht (1994). Mit der Richtlinie 90/313/EG des Rates vom 7. Juni 1990 über den freien Zugang zu Informationen über die Umwelt (Umweltinformationsrichtlinie), ABl. EG 1990 Nr. L 158/56, wurde erstmals eine Richtlinie verabschiedet, die unmittelbar eine Verwaltungsvereinheitlichung in der Gemeinschaft zum Ziel hatte, vgl. Engel, Die Verwaltung 1992, 437 (451). Zur Europäisierung des Verwaltungsrechts am Beispiel des Emissionshandels auch Michael, in: Jahrbuch der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf (2004), S. 435. Ergänzend zu dem vermeintlich leichteren – aber eine Zersplitterung des nationalen Verwaltungsrechts begünstigenden – alternativen Weg zu einem Sonderverwaltungsrecht für die Materien, die europäischem Einfluss unterliegen Engel, Die Verwaltung 1992, 437 (475 f.). 8 Vgl. Weber-Rey, ZGR 2010, 543 (551, 561 ff.); G. Bähr, in: Bähr, Hdb. Versicherungsaufsichtsrecht (2011), Vorwort S. V; Pohlmann, VersR 2012, 294.
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ist das „europäisierte Versicherungsaufsichtsrecht“9 zu einer nur noch schwer überschaubaren Rechtsmaterie geworden.10 Das für den Versicherungssektor maßgebliche Rechtsumfeld zeichnet sich vor diesem Hintergrund durch ein Zusammenspiel von nationalen (aufsichts-)rechtlichen Regelungen11, europarechtlichen Vorgaben aus einer Vielzahl von Richtlinien, Verordnungen sowie technischen Regulierungs- und Durchführungsstandards mit Bezug auf die Solvency II-Richtlinie12, der einschlägigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs sowie Verwaltungsvereinbarungen (Soft Law13) aus. Da in grenzüberschreitendem Kontext erfolgende Umstrukturierungen von Versicherungsunternehmen ungeachtet der eingesetzten rechtlichen Mechanismen und der ohnehin hohen Komplexität internationaler Transaktionen mindestens zwei nationale Versicherungsaufsichtsregime involvieren, stellen sie enorme Anforderungen an den Rechtsanwender.14 Versicherungsaufsichtsrechtliche Bedeutung kommt der Umstrukturierung eines Versicherungsunternehmens jedenfalls dann zu, wenn sie zu einer Übertragung von Versicherungsbeständen von einem Versicherungsunternehmen auf ein anderes 9 So Lüttringhaus, EuZW 2011, 822 (823); andere Autoren sprechen bereits von einer europäischen Versicherungsaufsicht, vgl. etwa Armbrüster, EuZW 2013, 686 (693); Bürkle, WM 2012, 878; Gödeke, VersR 2010, 10 (11) m. w. Nachw. 10 Dreher, Stellungnahme zu BT-Drs. 18/2956 (2014), S. 14. Brand, in: Brand/Baroch Castellvi, 1. Aufl. (2018), Einführung Rn. 24 erachtet das geltende Aufsichtsregime prägnant als „inhaltlich und verfahrenstechnisch überkomplex“. 11 Auf nationaler Ebene sind neben dem allgemeinen Zivil- und Handelsrecht und dem maßgeblich aus dem Gesetz über die Beaufsichtigung der Versicherungsunternehmen (Versicherungsaufsichtsgesetz – VAG) und dem Gesetz über die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Finanzdienstleistungsaufsichtsgesetz – FinDAG) bestehenden primären Aufsichtsrecht eine Vielzahl spezifischer Gesetze und Verordnungen – darunter das Gesetz über den Versicherungsvertrag (Versicherungsvertragsgesetz – VVG) samt Einführungsgesetz (EGVVG), die Verordnung über Informationspflichten bei Versicherungsverträgen (VVG-Informationspflichtenverordnung – VVG-InfoV) und die Verordnung über die Versicherungsvermittlung und -beratung (Versicherungsvermittlungsverordnung – VersVermV) – sowie unzählige aufsichtsbehördliche Rundschreiben zur Auslegung der Rechtsakte zu berücksichtigen. 12 Richtlinie 2009/138/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2009 betreffend die Aufnahme und Ausübung der Versicherungs- und Rückversicherungstätigkeit (Solvabilität II), ABl. EU 2009 Nr. L 335/1. Der Anwendungsbereich von Solvency II wurde durch Beschluss des Gemeinsamen EWR-Ausschusses Nr. 78/2011 vom 1. Juli 2011 zur Änderung von Anhang IX (Finanzdienstleistungen) des EWR-Abkommens, ABl. EU 2011 Nr. L 262/45, auf die Vertragsstaaten erstreckt. 13 Zum Begriff prägnant Weber-Rey, ZGR 2010, 543 (554); eingehend zu den praktischen Erscheinungsformen und der Funktion von Soft Law im Verwaltungsrecht Schmidt-Aßmann, Verwaltungsrechtliche Dogmatik (2013), S. 54 ff.; zum faktischen Umsetzungszwang im Aufsichtsrecht Brand, in: Brand/Baroch Castellvi, 1. Aufl. (2018), Einführung Rn. 99 m. w. Nachw. 14 Die Vorbereitung und die Durchführung grenzüberschreitender Unternehmensumstrukturierungen erfordern neben dem Aufsichtsrecht die Beachtung einer Vielzahl rechtlicher Schnittstellen insbesondere in den Bereichen des Gesellschafts-, Steuer-, Arbeits-, Handelsund Bilanzrechts. Vgl. insoweit etwa zur grenzüberschreitenden Verschmelzung einer spanischen Versicherungsgesellschaft auf ihre deutsche Mutter Bofill Morientes/Vázquez Acedo/ Böckmann, VW 2013, 28.
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Versicherungsunternehmen führt.15 Daneben können grenzüberschreitende Umstrukturierungen von Versicherungsunternehmen jedoch auch ungeachtet einer derartigen Übertragung aufsichtsrechtliche Implikationen hervorrufen. Insoweit stellt insbesondere die grenzüberschreitende Mobilität von Gesellschaften mittels der europäischen Rechtsform der Societas Europaea (SE) oder nach den Grundsätzen der VALE-Entscheidung16 des Europäischen Gerichtshofs das Aufsichtsrecht vor neue Herausforderungen. Denn sofern es sich bei einer über die nationale Grenze migrierenden Gesellschaft um ein Versicherungsunternehmen handelt, stellen sich – entsprechend den klassischen Fällen grenzüberschreitender Übertragungen von Versicherungsbeständen im engeren Sinne – zahlreiche Fragen hinsichtlich des Schutzes der Versicherteninteressen sowie der Kompetenzen der zuständigen Aufsichtsbehörden des Wegzugs- und des Zuzugsstaates. Der deutsche Versicherungssektor ist intensivem Wettbewerb und einem daraus resultierenden Konsolidierungstrend ausgesetzt.17 Zusätzlich ist auch der Wettbewerb zwischen inländischen und ausländischen Versicherungsunternehmen in den letzten Jahren deutlich gestiegen.18 In der Folge ist dieser Konsolidierungstrend nicht auf den deutschen Versicherungsmarkt beschränkt, sondern erstreckt sich über nationale Grenzen hinweg und hat nicht zuletzt aufgrund der europäischen Bestrebungen zur Harmonisierung des Versicherungsaufsichtsrechts erhebliche Dynamik und enorme wirtschaftliche Bedeutung erlangt.19 Für europaweite Konsolidierungen beziehungsweise Umstrukturierungen erforderliche grenzüberschreitende Übertragungen von Versicherungsverträgen sowohl des Erstversicherungsbereichs als auch 15 Diese Wertung kommt etwa im Wortlaut des § 166 Abs. 3 S. 1 VAG (§ 121f Abs. 3 S. 1 VAG a. F.) zum Ausdruck. 16 EuGH, Urteil vom 12. Juli 2012 @ C-378/10 –, ABl. EU 2012 Nr. C 287/3 = NJW 2012, 2715. 17 Müller-Peters, VW 1999, 1312; Diehl, VersR 2000, 268; Weber-Rey/Guinomet, NVersZ 2002, 251 (252); Schradin, in MünchKomm-VVG, Bd. 1, 1. Aufl. (2010), Betriebswirtschaftslehre der Versicherung Rn. 19. Zu den Anfängen bereits R. Schmidt, in: FS Karl Larenz (1973), 329 (330, 337 ff.). Die Anzahl inländischer Rückersicherungsunternehmen mit Geschäftstätigkeit ist im Zeitraum zwischen den Jahren 2011 und 2015 laut BaFin, Rückversicherungsunternehmen (2016), S. 5 von 33 auf 27 gesunken; die Anzahl der geschäftstätigen Erstversicherungsunternehmen unter Bundesaufsicht sank zwischen 2009 und 2013 von 371 auf 356, vgl. BaFin, Erstversicherungsunternehmen (2015), S. 10. Vgl. auch die für die Jahre 1990 bis 2011 ausgewiesene, kontinuierlich sinkende Anzahl der aufsichtspflichtigen Versicherungsunternehmen sowie die diesbezüglichen Erläuterungen in GDV, Jahrbuch 2012, S. 12. 18 So schon Schwintowski, VuR 2005, 321 (322). 19 Dreher/Kling, Kartell- und Wettbewerbsrecht der Versicherungsunternehmen (2007), 1. Teil Rn. 13; Rüdt, in: Bähr, Hdb. Versicherungsaufsichtsrecht (2011), § 14 Rn. 117; Dreher, in: MünchKomm-VVG, Bd. 1, 1. Aufl. (2010), Versicherungskartellrecht Rn. 4. Zum erheblichen Konsolidierungstrend insbesondere auf dem Europäischen Binnenmarkt einschließlich Beispielen aus der Praxis zu bedeutenden gruppeninternen Konsolidierungsmaßnahmen sowie externen Zusammenschlüssen und Akquisitionen im Versicherungssektor Grennan, The Tools for Change (2011), 2; GDV, Jahrbuch 2012, S 13. Eine Übersicht über Bestandsübertragungen mit Beteiligung deutscher Versicherungsunternehmen bietet Rollin, VersR 2013, 143 (144).
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des Rückversicherungsbereichs sind grundsätzlich schon seit Jahrzehnten zulässig.20 Den Versicherungsunternehmen21 stehen insoweit diverse Übertragungsformen und -mechanismen zur Verfügung. Spezialgesetzlich sieht das VAG dazu die Bestandsübertragung vor, mittels derer Versicherungsbestände samt der Rechte und Pflichten aus den jeweiligen Versicherungsverträgen von einem Versicherungsunternehmen auf ein anderes übertragen werden können. Daneben stehen Versicherungsunternehmen die herkömmlichen gesellschaftsrechtlichen Instrumente – insbesondere Umwandlungen nach dem Umwandlungsgesetz (UmwG) – zur Verfügung, in deren Folge auch Versicherungsbestände und die diesbezüglichen Rechte und Pflichten im Wege der Universalsukzession übertragen werden können.22 In räumlicher Hinsicht können Bestandsübertragungen und Umwandlungen von Versicherungsunternehmen insbesondere innerhalb der Europäischen Union (EU) und des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR)23 auch grenzüberschreitend erfolgen.24 Jedoch sind grenzüberschreitende Umwandlungen nach Maßgabe des UmwG de lege lata auf die Form der grenzüberschreitenden Verschmelzung beschränkt. Aufgrund der nach § 415 BGB auch zur Übertragung von Versicherungsverträgen grundsätzlich erforderlichen Zustimmung der betroffenen Versicherungsnehmer waren grenzüberschreitende Übertragungen von Versicherungsbeständen jedoch insbesondere im Erstversicherungsbereich bei regelmäßig aus einer Vielzahl von Versicherungsverträgen bestehenden Beständen lange Zeit kaum praktikabel. Zwar 20 Vgl. Labes, in: Bähr, Hdb. Versicherungsaufsichtsrecht (2011), § 25 Rn. 1; R. Schmidt, in: FS Karl Larenz (1973), 329 (339) m. w. Nachw. Dies gilt insbesondere für die individualvertragliche Übertragung einzelner Versicherungsverträge nach allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätzen mit Zustimmung des Versicherungsnehmers, vgl. Teil 1, B.III.1. (Fn. 155). 21 Soweit keine nähere Bezeichnung erfolgt, umfasst der Begriff Versicherungsunternehmen in dieser Arbeit entsprechend § 7 Nr. 33 VAG einheitlich Erstversicherungsunternehmen und Rückversicherungsunternehmen. 22 Vgl. zuletzt Seemayer, Grenzüberschreitende Übertragung von Erst- und Rückversicherungsbeständen (2016), S. 20. 23 Sofern die Geltung der jeweils maßgeblichen unionsrechtlichen Rechtsakte auf den EWR erstreckt wurde, werden nachfolgend insoweit einheitlich die Bezeichnungen EWR oder Europäischer Binnenmarkt verwendet. Zu den wesentlichen Grundlagen der Geltungserstreckung auf den EWR Mönnich, in: Beckmann/Matusche-Beckmann, 3. Aufl. (2015), § 2 Rn. 70. Zu der nach dem VAG seit Juli 1994 geltenden Gleichstellung von Versicherungsunternehmen mit Sitz in anderen Mitgliedstaaten und solchen mit Sitz in den Vertragsstaaten des EWR vgl. BT-Drs. 12/6959, S. 46 f. 24 Grundlegend für innerstaatliche Umstrukturierungen von Versicherungsunternehmen Schmid, Bestandsübertragung und Umwandlung von Versicherungsunternehmen (2010); grenzüberschreitende Umstrukturierungen sind jedoch explizit von der dort vorgenommenen Betrachtung ausgenommen worden, vgl. Schmid, Bestandsübertragung und Umwandlung von Versicherungsunternehmen (2010), Rn. 33 f., 623. Zur grenzüberschreitenden Bestandsübertragung auch Bornschlegl, Die Bestandsübertragung nach dem VAG (2014), S. 416 ff.; Seemayer, Grenzüberschreitende Übertragung von Erst- und Rückversicherungsbeständen (2016). In der vorliegenden Arbeit werden die Besonderheiten des verwaltungsrechtlichen Rahmens für grenzüberschreitende Bestandsübertragungen im EWR und dessen Reichweite im Hinblick auf alternative gesellschaftsrechtliche Instrumente zur Übertragung von Versicherungsbeständen untersucht.
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ist zu berücksichtigen, dass § 415 BGB jedenfalls auf nationale Bestandsübertragungen im Erstversicherungsbereich seit einer Klarstellung durch den Gesetzgeber aus dem Jahr 1983 ausdrücklich keine Anwendung findet und es bereits zuvor herrschender Meinung entsprach, dass die aufsichtsbehördliche Genehmigung einer derartigen Übertragung die Zustimmung der betroffenen Versicherungsnehmer ersetzt.25 Über die Durchführung derartiger Übertragungen in grenzüberschreitendem Kontext war damit aber nichts gesagt. Konkrete Regelungen über grenzüberschreitende Bestandsübertragungen und einen damit einhergehenden Ausschluss der § 415 BGB jeweils entsprechenden nationalen Norm26 sahen zunächst nur wenige Rechtsordnungen vor. Die Möglichkeit einer grenzüberschreitenden Bestandsübertragung und das dabei zu berücksichtigende Verwaltungsverfahren hingen im Erstversicherungsbereich daher maßgeblich von der Rechtsordnung des Sitzstaates des an einer solchen Übertragung beteiligten ausländischen Versicherungsunternehmens ab. Im Rückversicherungsbereich war die spezialgesetzlich geregelte Möglichkeit einer Bestandsübertragung bis ins Jahr 2007 nicht einmal innerstaatlich vorgesehen.27 Erheblich erleichtert wurden grenzüberschreitende Bestandsübertragungen im Jahr 1992 durch den in der Dritten Richtliniengeneration28 auf dem Gebiet der Erstversicherung vorgegebenen einheitlichen verwaltungsrechtlichen Rahmen für grenzüberschreitende Übertragungen von im Wege der Niederlassungsfreiheit oder der Dienstleitungsfreiheit erworbenen Erstversicherungsbeständen innerhalb des Europäischen Binnenmarktes.29 Dieser sah insbesondere vor, dass die genehmigte Übertragung eines Versicherungsbestands uneingeschränkt auch gegenüber den betroffenen Versicherungsnehmern gilt, ein grundsätzlich bestehendes Zustimmungserfordernis entsprechend § 415 BGB mithin durch die versicherungsaufsichtsbehördliche Genehmigung substituiert wird. Eine an diesen Rahmen weitgehend angelehnte Regelung zur grenzüberschreitenden Übertragung der Bestände von Rückversicherungsunternehmen folgte über ein Jahrzehnt später mit der Rückver-
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Dazu Teil 1, D.II.3. Soweit ersichtlich, sollen alle europäischen Zivilrechtsordnungen bei einem Austausch des Schuldners das grundsätzliche Erfordernis einer Zustimmung des Gläubigers entsprechend § 415 BGB statuieren, vgl. Bähr, in: FKBP, 5. Aufl. (2012), § 121f Rn. 2. So etwa für Österreich § 1405 ABGB, vgl. Baran/Peschetz, Österreichisches Versicherungsaufsichtsrecht, 3. Aufl. (2015), S. 66. 27 Vgl. Seemayer, in: Brand/Baroch Castellvi, 1. Aufl. (2018), § 166 Rn. 1. 28 Richtlinie 92/49/EWG des Rates vom 18. Juni 1992 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Direktversicherung (mit Ausnahme der Lebensversicherung) sowie zur Änderung der Richtlinien 73/239/EWG und 88/357/EWG (Dritte Richtlinie Schadenversicherung), ABl. EG 1992 Nr. L 228/1; Richtlinie 92/96/EWG des Rates vom 10. November 1992 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Direktversicherung (Lebensversicherung) sowie zur Änderung der Richtlinien 79/267/EWG und 90/619/ EWG (Dritte Richtlinie Lebensversicherung), ABl. EG 1992 Nr. L 360/1. 29 Vgl. Rüdt, in: Bähr, Hdb. Versicherungsaufsichtsrecht (2011), § 14 Rn. 120. 26
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sicherungsrichtlinie30 aus dem Jahr 2005.31 Ebenfalls im Jahr 2005 brachte die Verschmelzungsrichtlinie32 – jedenfalls für grenzüberschreitende Verschmelzungen von Kapitalgesellschaften und soweit es gesellschaftsrechtliche Fragen betrifft – ein gewisses Maß an Rechtssicherheit bei grenzüberschreitenden Umstrukturierungen von Unternehmen im Europäischen Binnenmarkt.33 Auf grenzüberschreitende Verschmelzungen von Erstversicherungsunternehmen, die nach Maßgabe des – in Umsetzung der Verschmelzungsrichtlinie mit Wirkung vom 25. April 2007 eingeführten –34 § 122a UmwG erfolgen, findet seit dem 1. Januar 200835 grundsätzlich der einheitliche verwaltungsrechtliche Rahmen für grenzüberschreitende Bestandsübertragungen von Erstversicherungsunternehmen Anwendung.36 Entsprechendes gilt seit dem 14. Dezember 201037 auch für grenzüberschreitende Verschmelzungen von Rückversicherungsunternehmen, bei denen Rückversicherungsverträge zu den von der Umwandlung erfassten Vermögensgegenständen gehören. Diese durch den Gesetzgeber angeordnete Verfahrenserstreckung auf grenzüberschreitende Verschmelzungen lässt sich jedoch nur bedingt auf europäische Vorgaben zurückführen. Die auf den ersten Blick scheinbar eindeutigen und 30 Richtlinie 2005/68/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. November 2005 über die Rückversicherung und zur Änderung der Richtlinien 73/239/EWG, 92/49/EWG des Rates sowie der Richtlinien 98/78/EG und 2002/83/EG, ABl. EU 2005 Nr. L 323/1. 31 Vgl. zur Transformation der Richtlinie in deutsches Recht Labes, in: Bähr, Hdb. Versicherungsaufsichtsrecht (2011), § 25 Rn. 1, 16; Labes/Marshall, VW 2008, 305; Weber-Rey/ Baltzer, WM 2007, 2184; Bürkle, VersR 2008, 1590. 32 Richtlinie 2005/56EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Oktober 2005 über die Verschmelzung von Kapitalgesellschaften aus verschiedenen Mitgliedstaaten, ABl. EU 2005 Nr. L 310/1. 33 Rüdt, in: Bähr, Hdb. Versicherungsaufsichtsrecht (2011), § 14 Rn. 140; derartige Umwandlungen waren zuvor entweder gar nicht möglich oder mit zahlreichen rechtlichen und tatsächlichen Schwierigkeiten behaftet, vgl. BT-Drs. 16/2919, S. 11. 34 Eingefügt mit Wirkung vom 25. April 2007 durch das Zweite Gesetz zur Änderung des Umwandlungsgesetzes vom 19. April 2007, BGBl. I 2007, S. 542. 35 Vgl. insoweit die durch das Neunte Gesetz zur Änderung des Versicherungsaufsichtsgesetzes vom 23. Dezember 2007, BGBl. I 2007, S. 3248, in § 14a Satz 1 VAG a. F. (nunmehr § 14 Abs. 1 S. 1 VAG) eingeführte Erstreckung des bereits zuvor für innerstaatliche Umwandlungen angeordneten aufsichtsbehördlichen Genehmigungserfordernisses entsprechend dem für Bestandsübertragungen gemäß § 14 VAG a. F. (nunmehr § 13 VAG) geltenden Verfahren auf nach Maßgabe von § 122a UmwG erfolgende grenzüberschreitende Verschmelzungen von Erstversicherungsunternehmen. 36 Dies gilt jedenfalls, soweit es im Rahmen der grenzüberschreitenden Umwandlung zu einer Übertragung von Versicherungsbeständen kommt. Vgl. zu dieser Einschränkung bei innerstaatlicher Umwandlung Rüdt, in: Bähr, Hdb. Versicherungsaufsichtsrecht (2011), § 14 Rn. 137; ausführlich auch Wolf, VersR 2008, 1441. 37 Durch das Jahressteuergesetz 2010 (JStG 2010) vom 8. Dezember 2010, BGBl. I 2010, S. 1768, wurde in § 121f Abs. 3 VAG a. F. (nunmehr § 166 Abs. 3 VAG) ein eingeschränktes Genehmigungserfordernis für nach Maßgabe von §§ 1, 122a UmwG erfolgende Umwandlungen von Rückversicherungsunternehmen unter Verweis auf das entsprechende Verfahren für Bestandsübertragungen von Rückversicherungsunternehmen eingeführt.
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verständlichen Regelungen offenbaren daher bei näherer Betrachtung erhebliche Anwendungs- und Auslegungsschwierigkeiten.38 Durch den für Übertragungen von Versicherungsbeständen statuierten Ausschluss der Anwendbarkeit von § 415 BGB und der entsprechenden Vorschriften der übrigen Mitglied- oder Vertragsstaaten hat der Versichertenschutz durch die jeweils zuständigen nationalen Versicherungsaufsichtsbehörden insoweit an Bedeutung gewonnen. Dabei erfordert das die Genehmigung derartiger Übertragungen betreffende grenzüberschreitende Verwaltungsverfahren eine Kooperation zwischen den Versicherungsaufsichtsbehörden unterschiedlicher Mitglied- oder Vertragsstaaten. Während bei innerstaatlichen Übertragungen effektiver Rechtsschutz der betroffenen Versicherungsnehmer durch die Verwaltungsgerichte gewährleistet werden kann, stellt die Beteiligung EWR-ausländischer Aufsichtsbehörden an grenzüberschreitenden Übertragungen von Versicherungsbeständen den nationalen Verwaltungsrechtsschutz insoweit vor neue Herausforderungen. Denn insbesondere vor dem Hintergrund der in Art. 19 Abs. 4 GG verbürgten Rechtsweggarantie ist auch im grenzüberschreitenden Verwaltungsverfahren innerhalb des EWR ein effektives Rechtsschutzsystem zu gewährleisten. In Abwesenheit eines autonomen internationalen oder jedenfalls europäischen Verwaltungsrechts ist dieser Schutz grundsätzlich durch eine Weiterentwicklung des allgemeinen – auf derartige Konstellationen nicht zugeschnittenen – nationalen Verwaltungsrechtsschutzsystems zu gewährleisten.39 Andere grenzüberschreitende Umwandlungsarten als die Verschmelzung sind bislang weder national noch gemeinschaftsrechtlich kodifiziert,40 werden aufgrund der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs jedoch überwiegend als zulässig angesehen. Insoweit fehlt es gegenwärtig sowohl an einem konkreten gesellschaftsrechtlichen wie auch aufsichtsrechtlichen Regelungsrahmen. Aus aufsichtsrechtlicher Perspektive stellt sich dabei insbesondere die Frage der Übertragbarkeit des für grenzüberschreitende Bestandsübertragungen beziehungsweise Verschmelzungen von Versicherungsunternehmen statuierten Regelungsrahmens.41 Neben der bereits erwähnten Konsolidierung im Versicherungsbinnenmarkt ist zunehmend noch eine weitere – mit dieser in einem gewissen Zusammenhang stehende – Tendenz zu beobachten. Sie offenbart eine zunehmende Mobilisierung von Unternehmen und lässt sich insbesondere an der deutlich steigenden Akzeptanz und Verwendung der europäischen Unternehmensrechtsform SE belegen.42 Mit Erlass 38
Dazu insbesondere Teil 3, B. Dazu Teil 2, E. 40 Krüger, in: Beck’sches Hdb. Umwandlungen international (2013), 1. Teil Rn. 2; Morgenroth/Salzmann, NZA-RR 2013, 449 (456) m. w. Nachw. 41 Dazu insbesondere Teil 4. 42 In den Erwägungsgründen 1 und 2 der SE-VO heißt es: Voraussetzung für die Verwirklichung des Binnenmarktes und für die damit angestrebte Verbesserung der wirtschaftlichen und sozialen Lage in der gesamten Gemeinschaft ist außer der Beseitigung der Han39
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der SE-VO43 wurden im Jahr 2001 erstmals spezielle gesellschaftsrechtliche Vorgaben für innerhalb des Europäischen Binnenmarktes erfolgende grenzüberschreitende Unternehmensumstrukturierungen statuiert.44 Bei Verwendung der Rechtsform SE kommt es regelmäßig bereits durch den originären Gründungsvorgang zu Konzentrationsmaßnahmen auf europäischer Ebene, denn die bisweilen in der Praxis gängigste Gründungsform einer SE ist die Verschmelzung zweier bestehender Aktiengesellschaften verschiedener Mitglied- oder Vertragsstaaten. Ergänzend ist der SE die rechtssichere Möglichkeit eröffnet, ihren Sitz identitätswahrend innerhalb des EWR zu verlegen.45 Zwischenzeitlich haben auch einige große Versicherungsunternehmen die Rechtsform der SE angenommen.46 In diesem Zusammenhang sorgten bereits Verlautbarungen für Aufsehen, wonach sich Versicherungsunternehmen mit der Rechtsform der SE für einen Wegzug aus Deutschland vorbereiten könnten.47 Der Europäische Gerichtshof hat in der Rechtssache VALE überdies den identitätswahrenden grenzüberschreitenden Formwechsel unter gleichzeitiger Verlegung des Satzungs- und Verwaltungssitzes und somit im Ergebnis die Migration auch anderer delshemmnisse eine gemeinschaftsweite Reorganisation der Produktionsfaktoren. Dazu ist es unerlässlich, dass die Unternehmen, deren Tätigkeit sich nicht auf die Befriedigung rein örtlicher Bedürfnisse beschränkt, die Neuordnung ihrer Tätigkeiten auf Gemeinschaftsebene planen und betreiben können. Eine solche Umgestaltung setzt die Möglichkeit voraus, das Wirtschaftspotential bereits bestehender Unternehmen mehrerer Mitgliedstaaten durch Konzentrations- und Fusionsmaßnahmen zusammenzufassen. 43 Verordnung (EG) Nr. 2157/2001 des Rates vom 8. Oktober 2001 über das Statut der Europäischen Gesellschaft (SE), ABl. EG 2001 Nr. L 294/1. 44 Krüger, in: Beck’sches Hdb. Umwandlungen international (2013), 1. Teil Rn. 1. 45 Vgl. Louven, in: Düsseldorfer Vorträge zum Versicherungsrecht (2015), S. 97 (104). Louven/Dettmeier/Pöschke/Weng, BB Beilage 2006, Nr. 13, 1 (8) sprechen in diesem Zusammenhang treffend von einem Mobilitätsgewinn in zweifacher Hinsicht. Grennan, The Tools for Change (2011), 2 (3) sieht in der gesetzlich verankerten Möglichkeit der Sitzverlegung das zentrale Alleinstellungsmerkmal der SE im Vergleich zu herkömmlichen Kapitalgesellschaften. Auch das frühere Bundesministerium der Justiz sah in der einfachen Sitzverlegung einen großen Vorteil der SE, vgl. BMJ, Pressemitteilung vom 25. Mai 2004. Zu den vielfältigen Möglichkeiten der Realisierung der im AEUV und EWR-Abkommen garantierten Niederlassungsfreiheit durch Unternehmen unter Verwendung der Rechtsform der SE allgemein Wenz, AG 2003, 185 (187) m. w. Nachw. Indes konstatiert Hopt, ZGR 2013, 165 (195), dass die SE zwar weiterhin für Mobilität stehe, die Sitzverlegung seit der Verschmelzungsrichtlinie aber kein Alleinstellungsmerkmal mehr darstelle. Dem dürfte vor dem Hintergrund der zwischenzeitlich ergangenen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs in Sachen VALE beizupflichten sein. 46 Dazu zählen ausweislich ETUI, European Company (SE) Database: Allianz, Allianz Global Corporate & Specialty, ARAG, AVIVA Europe, AXA ART Insurance UK, Balcia Insurance, Catlin Europe, Chubb Insurance Company of Europe, ERGO Insurance, ERGO Life Insurance, Great Lakes Reinsurance (UK), Hannover Rück, HDI Global, Partner Reinsurance Europe, SCOR, SCOR Global P&C, SCOR Global Life, Swedbank Life Insurance, Swiss Re, XL Insurance Company und XL Re Europe. 47 So wurde Wallin, Vorstandsvorsitzender der Hannover Rück SE, in einem Artikel von Fromme in der Financial Times Deutschland vom 15. März 2012 mit den Worten zitiert: „Die Rechtsform der SE ermöglicht es uns, den Sitz innerhalb der EU zu verlegen. Diese Freiheit kann in Abhängigkeit von der regulatorischen Entwicklung wertvoll sein“.
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Kapitalgesellschaften als der SE von einem Mitglied- oder Vertragsstaat in einen anderen unter Beibehaltung der Rechtspersönlichkeit für zulässig erklärt. Dabei hat der Gerichtshof zugleich prinzipielle Vorgaben zum Ablauf eines solchen Umwandlungsverfahrens sowie zu den Regelungskompetenzen der beteiligten Mitgliedoder Vertragsstaaten getroffen.48 Somit können in Zukunft grundsätzlich auch nicht in der Rechtsform der SE organisierte Versicherungsunternehmen ihren Sitz frei innerhalb des EWR verlegen.49 Entsprechend der Ankündigung im Aktionsplan der Europäischen Kommission vom 12. Dezember 201250 wurden auch die Arbeiten an der gesellschaftsrechtlichen Sitzverlegungsrichtlinie51 wieder aufgenommen.52 Während die gesellschaftsrechtlichen Rahmenbedingungen hinsichtlich der Sitzverlegung einer SE somit weitgehend kodifiziert sind und sie hinsichtlich anderer Kapitalgesellschaften mit den grundlegenden Vorgaben des Europäischen Gerichtshofs in Sachen VALE und der Wiederaufnahme der Arbeiten an der Sitzverlegungsrichtlinie Form annehmen, fehlt es auch in diesem Bereich an einem aufsichtsrechtlichen Regelungsrahmen zum Umgang mit derartigen Maßnahmen.53 Dem im Versicherungssektor in der Praxis zu beobachtenden Bestreben von Versicherungsunternehmen und -gruppen nach grenzüberschreitender Konsolidierung
48 Zur Einordnung der VALE-Entscheidung in die EuGH-Rechtsprechung zur Niederlassungsfreiheit von Gesellschaften und zu deren Bedeutung für die grenzüberschreitendeine Mobilität von Gesellschaften innerhalb des EWR siehe etwa Kindler, in: MünchKomm-BGB, Bd. 11, 6. Aufl. (2015), Internationales Handels- und Gesellschaftsrecht Rn. 111 ff.; Roth, in: FS für Hoffmann-Becking (2013), S. 965; Schön, ZGR 2013, 333; Verse, ZEuP 2013, 459. 49 Dazu grundlegend Schröder/Fischer, VersR 2013, 686. 50 Europäische Kommission, Aktionsplan europäisches Gesellschaftsrecht (2012); dazu auch Europäische Kommission, EuZW 2013, 3. 51 Zur geplanten 14. Gesellschaftsrechtsrichtlinie über die grenzüberschreitende Verlegung des Satzungssitzes von Kapitalgesellschaften wurden bereits 1997 und 2002 öffentliche Konsultationen durchgeführt, die das dringende Interesse der Marktteilnehmer nach einer Regelung zur Verlegung des Gesellschaftssitzes in der Europäischen Union ohne Auflösung verdeutlichten. Die Arbeiten der Generaldirektion Binnenmarkt an der Richtlinie wurden nach einer im Dezember 2007 von der Europäischen Kommission veröffentlichten und vom Impact Assessment Board gebilligten Folgenabschätzung, die keinen Bedarf für ein Tätigwerden auf EU-Ebene konstatierte, jedoch eingestellt. Seit September 2013 liegen nunmehr die Ergebnisse der am 17. April 2013 beendeten öffentlichen Konsultation vor. Diese reflektieren neuerlich das Interesse der Marktteilnehmer an einer Sitzverlegungsrichtlinie. Insbesondere besteht auch nach der VALE-Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs Rechtsunsicherheit und es wurde ein fehlender regulatorischer Rahmen bemängelt. 52 Europäische Kommission, Aktionsplan europäisches Gesellschaftsrecht (2012), Ziffer 4.1; Hopt, ZGR 2013, 165 (200); Behrens, EuZW 2013, 121 (122). Das eine Sitzverlegungsrichtlinie betreffende Konsultationsverfahren der Europäischen Kommission endete am 17. April 2013. Die im September 2013 veröffentlichten Ergebnisse der Konsultation werden aufgrund der geringen Beteiligung von Bungert/de Raet, DB 2014, 761 (762) indes als wenig repräsentativ erachtet. 53 Schröder/Fischer, VersR 2013, 686 (687).
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Einleitung
und Mobilisierung wird insbesondere der aufsichtsrechtliche Regelungsrahmen damit nur unzureichend gerecht.54 Auch wenn der Europäische Gerichtshof gesellschaftsrechtliche Rahmenvorgaben zu grenzüberschreitenden Umwandlungen vorgibt, ist er der Ansicht, dass gemeinschaftsweite Harmonisierungsvorgaben zum Umwandlungsrecht „gewiss hilfreich wären“.55 Während der gegenwärtige Harmonisierungsstand des allgemeinen Gesellschaftsrechts – insbesondere des Umwandlungsrechts – wie auch die Vorgaben des Steuer-, Arbeits-, Handels-, Bilanz- sowie Kartell- und Wettbewerbsrechts alle im Europäischen Binnenmarkt agierenden Unternehmen betreffen, stellt sich für Versicherungsunternehmen im Rahmen der grenzüberschreitenden Konsolidierung und Mobilisierung eine zusätzliche Hürde in Gestalt des Aufsichtsrechts. Die Versicherungswirtschaft ist „als Teil des Finanzdienstleistungssektors […] national und international wie nur wenige andere Wirtschaftszweige umfangreichen Aufsichtsnormen und staatlicher Regulierung unterworfen. Regulierungsnormen und Regulierungshandeln begleiten Versicherungsunternehmen von der Aufnahme des Geschäftsbetriebs über die laufende Aufsicht bis hin zur Liquidation.“56 Versicherungsunternehmen sind daher zur Durchführung grenzüberschreitender Umstrukturierungen auf einen aufsichtsrechtlichen Regelungsrahmen angewiesen, der das grenzüberschreitende Verwaltungsverfahren und die Kompetenzen der beteiligten Aufsichtsbehörden klar und verbindlich vorgibt. Die Europäische Kommission hat dazu im Jahr 2005 das Ziel einer europaweiten Aufsichtskultur mit klarer Zuständigkeitsverteilung zwischen den Aufsichtsbehörden des Herkunfts- und des Aufnahmestaates festgelegt sowie die Beseitigung ungerechtfertigter Hemmnisse für die grenzüberschreitende Konsolidierung angekündigt.57 Eine für die Jahre 1999 bis 2004 in Auftrag gegebene Studie war zuvor zu dem Ergebnis gekommen, dass die grenzüberschreitende Konsolidierung des Finanzsektors weit hinter derjenigen der übrigen Wirtschaftssektoren zurückgestanden habe.58 Ein aufsichtsrechtlicher Rahmen ist jedoch bislang nur für grenzüberschreitende Bestandsübertragungen und grenzüberschreitende Verschmelzungen 54
So für die grenzüberschreitende Verlegung des Satzungssitzes eines Versicherungsunternehmens Schröder/Fischer, VersR 2013, 686. Zu einer insoweit bestehenden Diskrepanz zwischen der praktischen Bedeutung der Bestandsübertragung allgemein und den bestehenden rechtlichen Regelungen auch Seemayer, Grenzüberschreitende Übertragung von Erst- und Rückversicherungsbeständen (2016), S. 3. 55 EuGH, Urteil vom 12. Juli 2012 @ C-378/10 –, ABl. EU 2012 Nr. C 287/3 = NJW 2012, 2715 (2717); zum Erfordernis einer Harmonisierung des grenzüberschreitenden Umwandlungsrechts auch Roth, in: FS für Hoffmann-Becking (2013), S. 965 (995). 56 Schradin, in: MünchKomm-VVG, Bd. 1, 1. Aufl. (2010), Betriebswirtschaftslehre der Versicherung Rn. 24. 57 Europäische Kommission, Weißbuch zur Finanzdienstleistungspolitik für die Jahre 2005 – 2010 (2005), Ziffern 3.2.1, 3.2.4. 4.1.3, 4.2.1; vgl. dazu auch Wojcik, in: von der Groeben/Schwarze/Hatje, 7. Aufl. (2015), Art. 63 AEUV Rn. 81. 58 Commission of the European Communities, Cross-border consolidation in the EU financial sector (2005), Ziffer 1.2.
Einleitung
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von Versicherungsunternehmen nach dem UmwG implementiert worden. Andere grundsätzlich zur Verfügung stehende Umstrukturierungsmöglichkeiten sind für Versicherungsunternehmen daher mit noch größerer rechtlicher Unsicherheit verbunden als sie es für nicht regulierte Unternehmen bereits sind. Dieser Umstand wird dadurch erschwert, dass im EWR trotz fortwährender Harmonisierungsmaßnahmen auf nationaler Ebene weiterhin verschiedene Aufsichtssysteme vorherrschen und auch bereits harmonisiertes materielles Recht vielfach disparat angewandt wird.59 Bedeutende Schritte in Richtung einer umfassenden Harmonisierung des Versicherungsaufsichtsrechts wurden mit Erlass der Solvency II-Richtlinie im Jahr 2009 und Implementierung des neuen Europäischen Finanzaufsichtssystems einschließlich der Errichtung einer Europäischen Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung (EIOPA) zum 1. Januar 2011 unternommen.60 Ein einheitlicher aufsichtsrechtlicher Rahmen für grenzüberschreitende Umstrukturierungen von Versicherungsunternehmen und dabei erfolgende Übertragungen von Versicherungsbeständen setzt neben der Harmonisierung des Versicherungsaufsichtsrechts und des Umwandlungsrechts jedoch auch voraus, dass diese Rechtsbereiche aufeinander abgestimmt sind.61 Insoweit wird insbesondere zu untersuchen sein, ob vor dem Hintergrund der grundsätzlich voneinander unabhängigen und parallelen Fortentwicklung dieser Rechtsbereiche eine ausreichende Abstimmung der maßgeblichen Schnittstellen gewährleistet ist.
59 Vgl. Kämmerer, NVwZ 2011, 1281 (1283). Zu den verschiedenen Aufsichtssystemen der Mitglied- und Vertragsstaaten siehe etwa Lansch/Sinß, VW 2010, 256. 60 Dazu kritisch Kämmerer, NVwZ 2011, 1281. 61 Dazu insbesondere Teil 3.
Gang der Untersuchung Der in die Thematik einführende Teil 1 beginnt mit einer Erörterung der für diese Arbeit relevanten Änderungen durch die der Umsetzung von Solvency II dienende 10. VAG-Novelle und einer terminologischen Abgrenzung. Darauf folgt eine überblicksartige Darstellung der zur grenzüberschreitenden Übertragung von Versicherungsbeständen sowie zur identitätswahrenden grenzüberschreitenden Migration von Versicherungsunternehmen grundsätzlich zur Verfügung stehenden spezialgesetzlichen und alternativen gesellschaftsrechtlichen Mechanismen. Dabei wird insbesondere auf die wesentlichen Gemeinsamkeiten dieser Mechanismen eingegangen, die eine einheitliche Betrachtung im Rahmen dieser Arbeit legitimieren. In diesem Zusammenhang werden ferner die rechtlichen und wirtschaftlichen Motive für grenzüberschreitende Umstrukturierungen von Versicherungsunternehmen und die besondere Funktion und Bedeutung der Versicherungsaufsicht im Rahmen solcher Transaktionen erörtert. Teil 2 dieser Arbeit steckt den harmonisierten verwaltungsrechtlichen Rahmen für grenzüberschreitende Übertragungen von Versicherungsbeständen im EWR ab. Dazu wird zunächst der grundsätzliche Anwendungsbereich des insoweit nunmehr maßgeblichen Art. 39 Solvency II analysiert. Sodann werden die Kompetenzen der nationalen und EWR-ausländischen Versicherungsaufsichtsbehörden im Rahmen des grenzüberschreitenden Verwaltungsverfahrens dargestellt und geprüft, ob insoweit auch Kompetenzen der EIOPA bestehen. Ferner werden die Besonderheiten der Genehmigungskonzentration untersucht und die Grundlagen sowie die Folgen der mit dieser einhergehenden transnationalen Wirkung nationaler Verwaltungsentscheidungen dargestellt. Vor diesem Hintergrund stellt sich auch die Frage, ob das bestehende Rechtsschutzsystem den Eigenheiten des grenzüberschreitenden Verwaltungsverfahrens gerecht wird, insbesondere den Anforderungen des Art. 19 Abs. 4 GG standhält. In Teil 3 erfolgt eine Analyse der grenzüberschreitenden Bestandsübertragung nach dem VAG und der aufsichtsrechtlich bereits erfassten grenzüberschreitenden Verschmelzung von Versicherungsunternehmen nach dem UmwG. Dabei wird insbesondere untersucht, inwieweit diese von dem unter Teil 2 dargestellten harmonisierten grenzüberschreitenden Verwaltungsverfahren umfasst sind. Soweit die Regelungen des VAG diesen Rahmen überschreiten beziehungsweise dahinter zurückbleiben, werden die daraus resultierenden Besonderheiten analysiert. Die Untersuchung der unterschiedlichen Konstellationen grenzüberschreitender Bestandsübertragungen im EWR folgt einer territorialen Betrachtung. Insoweit wird systematisch zwischen Übertragungen aus Deutschland in andere Mitglied- oder Ver-
Gang der Untersuchung
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tragsstaaten (Hinausübertragung) und in umgekehrter Richtung (Hineinübertragung) differenziert; dabei ist zusätzlich jeweils zwischen Erstversicherungs- und Rückversicherungsunternehmen zu unterscheiden. Soweit es die Rückversicherung betrifft, ist in diesem Zusammenhang auch auf die Frage einzugehen, ob sich aus Art. 2 Abs. 1, Art. 19 Abs. 3, Art. 20 Abs. 1 GG aufgrund des durch den Gesetzgeber mit Einführung des Instituts der Bestandsübertragung erfolgten Ausschlusses der Anwendbarkeit von § 415 BGB auch ausgleichende staatliche Schutzpflichten zugunsten von Vorversicherern herleiten lassen. Da die aufsichtsrechtlichen Vorgaben für die erfassten Umwandlungen von Erst- und Rückversicherungsunternehmen auf die entsprechenden Regelungen zu Bestandsübertragungen verweisen, erfolgt auch die Analyse der nach dem UmwG grundsätzlich zulässigen Konstellationen grenzüberschreitender Verschmelzungen von Versicherungsunternehmen unter Beibehaltung der vorgenannten Systematik. In diesem Rahmen wird insbesondere untersucht, inwieweit sich die bereits für innerstaatliche Umwandlungen nicht unproblematische pauschale Verweisung auf das jeweilige behördliche Genehmigungsverfahren für Bestandsübertragungen im grenzüberschreitenden Kontext als sachgerecht und praktikabel erweist. In Teil 4 wird mit Blick auf die im Grundlagenteil aufgezeigten alternativen gesellschaftsrechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten zur grenzüberschreitenden Übertragung von Versicherungsbeständen respektive zur identitätswahrenden grenzüberschreitenden Migration von Versicherungsunternehmen untersucht, inwieweit sich die Grundsätze des unter Teil 3 analysierten Regelungsrahmens auf derartige – aufsichtsrechtlich bisweilen ungeregelte – Übertragungsmechanismen übertragen lassen. Neben der Gründung einer Versicherungs-SE und der grenzüberschreitenden Spaltung von Versicherungsunternehmen sind insoweit auch die Fälle der identitätswahrenden Migration von Versicherungsunternehmen im Rahmen der grenzüberschreitenden Sitzverlegung einer SE und des grenzüberschreitenden Formwechsels von Bedeutung. Der abschließende Teil 5 fasst die wesentlichen Ergebnisse zusammen.
Teil 1
Grundlegende Einführung in die Thematik Vor dem Hintergrund der zum 1. Januar 2016 erfolgten vollständigen Implementierung des neuen Aufsichtssystems Solvency II und dem damit einhergehenden zeitgleichen Inkrafttreten der umfangreichen Novellierung des VAG soll dem Leser vorab eine Orientierungshilfe in Bezug auf die Neuordnung der für die Untersuchung maßgeblichen Vorschriften des VAG an die Hand gegeben werden. Anschließend werden die für diese Arbeit zentralen Begrifflichkeiten präzisiert und ein Überblick über die Versicherungsunternehmen grundsätzlich zur Verfügung stehenden alternativen spezialgesetzlichen respektive gesellschaftsrechtlichen Übertragungsformen und -mechanismen geboten. Sodann folgt eine Darstellung der Motive und der wirtschaftlichen Bedeutung solcher Umstrukturierungen. Dabei wird insbesondere auf den Wandel der ursprünglich als Sanierungsinstrument intendierten Bestandsübertragung zu einem flexiblen Gestaltungsinstrument vor dem Hintergrund betriebswirtschaftlicher und unternehmenspolitischer Überlegungen, der Aufsichtsarbitrage, des Run-off, sowie der durch Solvency II modifizierten Kapitalanforderungen eingegangen. Der in die Thematik einführende Grundlagenteil schließt mit einer Darstellung der besonderen Funktion und Bedeutung der Versicherungsaufsicht im Rahmen von grenzüberschreitenden Übertragungen von Versicherungsbeständen.
A. Einfluss der 10. VAG-Novelle auf den Untersuchungsgegenstand Mit der Solvency II-Richtlinie wurde im Jahr 2009 neben der Konsolidierung einer Vielzahl bestehender europäischer Versicherungsrichtlinien eine grundlegende und umfassende Modernisierung der Solvenzanforderungen an Versicherungsunternehmen auf europäischer Ebene beschlossen, die auch die Gesamtfinanzposition der Versicherungsunternehmen mit einbezieht sowie die aktuellen Entwicklungen auf dem Gebiet des Versicherungswesens, des Risikomanagements, der Finanzierungstechniken, der internationalen Rechnungslegung und aufsichtlicher Standards berücksichtigt.62 Im Jahr 2014 wurde diese Richtlinie durch die Omnibus II-Richt62 Ausführlich zu Hintergrund und Einführung von Solvency II etwa Looschelders/Michael, in: Ruffert, Europäisches Sektorales Wirtschaftsrecht, 1. Aufl. (2013), § 11 Rn. 51 ff.
A. Einfluss der 10. VAG-Novelle auf den Untersuchungsgegenstand
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linie63 um besondere Regelungen für langfristige Verträge ergänzt und die Regelungen in den Rahmen der mittlerweile geschaffenen europäischen Finanzaufsichtsstruktur eingebettet.64 Die vorstehenden europäischen Vorgaben sind mit Wirkung vom 1. Januar 2016 vollständig in Kraft getreten.65 In Umsetzung von Solvency II in der durch die Omnibus II-Richtlinie modifizierten Fassung hat der Gesetzgeber eine konstitutive Neufassung des VAG beschlossen.66 Diese ist in Gestalt des Gesetzes zur Modernisierung der Finanzaufsicht über Versicherungen vom 1. April 201567, dessen Artikel 1 die insoweit maßgebliche 10. VAG-Novelle enthält,68 ebenfalls am 1. Januar 2016 in Kraft getreten. Ursprünglich sollte Solvency II durch das Zehnte Gesetz zur Änderung des Versicherungsaufsichtsgesetzes umgesetzt werden.69 Ein entsprechender Gesetzentwurf war bereits ausgearbeitet.70 Aufgrund zwischenzeitlich erfolgter Änderungen von Solvency II71 wurde das nationale Umsetzungsverfahren temporär ausgesetzt und erst nach Verabschiedung der Omnibus II-Richtlinie wieder aufgenommen. Das Gesetz zur Modernisierung der Finanzaufsicht über Versicherungen basiert vor diesem Hintergrund maßgeblich auf dem ursprünglichen Gesetzentwurf vom 18. April 2012.72 63 Richtlinie 2014/51/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. April 2014 zur Änderung der Richtlinien 2003/71/EG und 2009/138/EG und der Verordnungen (EG) Nr. 1060/2009, (EU) Nr. 1094/2010 und (EU) Nr. 1095/2010 im Hinblick auf die Befugnisse der Europäischen Aufsichtsbehörde (Europäische Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung) und der Europäischen Aufsichtsbehörde (Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbeho¨ rde), ABl. EU 2014 Nr. L 153/59. 64 Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung der Finanzaufsicht über Versicherungen vom 22. Oktober 2014, BT-Drs. 18/2956, S. 1. 65 Ursprünglich sah Art. 311 Abs. 2 Solvency II das Inkrafttreten maßgeblicher Teile der Richtlinie bereits zum 1. November 2012 vor. Dieser Termin wurde durch die Richtlinie 2012/ 23/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. September 2012 zur Änderung der Richtlinie 2009/138/EG (Solvabilität II) hinsichtlich des Zeitpunkts ihrer Umsetzung und des Zeitpunkts ihrer Anwendung sowie des Zeitpunkts der Aufhebung bestimmter Richtlinien (sogenannte Quick-Fix I Richtlinie), ABl. EU 2010 Nr. L 249/1, zunächst auf den 1. Januar 2014 und anschließend durch Richtlinie 2013/58/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2013 zur Änderung der Richtlinie 2009/138/EG (Solvabilität II) hinsichtlich des Zeitpunkts ihrer Umsetzung und des Zeitpunktes ihrer Anwendung sowie des Zeitpunkts der Aufhebung bestimmter Richtlinien (Solvabilität I) (sogenannte Quick-Fix II Richtlinie), ABl. EU 2013 Nr. L 341/1, auf den 1. Januar 2016 verschoben. 66 BT-Drs. 18/2956, S. 1. 67 BGBl. I 2015, S. 434. 68 Siehe Entwurf eines Zehnten Gesetzes zur Änderung des Versicherungsaufsichtsgesetzes vom 18. April 2012, BT-Drs. 18/2956, S. 5. 69 BT-Drs. 18/2956, S. 227. 70 BT-Drs. 17/9342. 71 Zu den insoweit maßgeblichen Änderungen siehe nur BT-Drs. 18/2956, S. 227. 72 Vgl. BT-Drs. 18/2956, S. 227. Der Gesetzgeber stellt an dieser Stelle auch klar, dass der Allgemeine Teil der Begründung des Gesetzentwurfs vom 18. April 2012, BT-Drs. 17/9342, S. 134 ff., aus diesem Grund weiterhin gültig sei und im Allgemeinen Teil des nunmehr ver-
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Teil 1: Grundlegende Einführung in die Thematik
Die 10. VAG-Novelle hat quantitativ zu einer erheblichen Ausweitung des VAG geführt, in deren Folge auch die bisherige Gesetzessystematik weitgehend neugeordnet wurde. Insbesondere hat die von Solvency II vorgegebene stärkere Angleichung der Aufsichtsregeln über Erstversicherungs- und Rückversicherungsunternehmen73 zur Aufhebung der insoweit zuvor bestehenden systematischen Trennung im VAG geführt.74 Ungeachtet der mit der Novellierung verbundenen qualitativen Änderungen soll an dieser Stelle nur eine für das Verständnis der untersuchten Thematik grenzüberschreitender Übertragungen von Versicherungsbeständen hilfreiche Orientierungshilfe hinsichtlich der relevanten Vorschriften geboten werden. Eine insoweit ausführliche Synopse im Format VAG n. F. – VAG a. F. findet sich im Anhang dieser Arbeit. Nachfolgend ausschließlich mit VAG bezeichnete Paragrafen sind solche des VAG in der Fassung des Gesetzes vom 1. April 2015.75 Soweit möglich, erfolgt die Angabe der jeweils entsprechenden Vorschrift des VAG a. F. als Klammerzusatz. Die für diese Arbeit primär maßgeblichen Vorschriften haben in der Sache kaum wesentliche Änderungen durch die Novellierung des VAG erfahren. Insoweit ist jedoch das für gewisse Fälle der grenzüberschreitenden Bestandsübertragung im Erstversicherungsbereich den Versicherungsnehmern nunmehr eingeräumte Sonderkündigungsrecht in § 13 Abs. 7 VAG (§ 14 Abs. 7 VAG a. F.) hervorzuheben.76 § 8 Abs. 1 VAG fasst die versicherungsaufsichtsbehördliche Erlaubnispflicht für Erstversicherungs- und Rückversicherungsunternehmen aus § 5 Abs. 1 VAG a. F. respektive § 119 Abs. 1 VAG a. F.77 nunmehr einheitlich zusammen. § 8 Abs. 2, 3 VAG enthält die zuvor von § 7 Abs. 1, 1a VAG a. F. respektive § 120 Abs. 1 VAG a. F. statuierten zulässigen Rechtsformen für Versicherungsunternehmen sowie das Erfordernis einer im Inland liegenden Hauptverwaltung.78 Mit § 10 Abs. 1 S. 2 VAG wurde der räumliche Geltungsbereich der Erlaubnis gemäß § 6 Abs. 1 S. 2 VAG a. F. respektive § 120 Abs. 2 S. 2 VAG a. F. ohne inhaltliche Änderung vereinheitlicht und abschiedeten Gesetzentwurfs vom 22. Oktober 2014, BT-Drs. 18/2956 ff., nur die wesentlichen Gesichtspunkte wiederholt würden. Soweit es in dieser Arbeit darauf ankommt, wird folglich ergänzend BT-Drs. 17/9342, S. 134 ff. zitiert. 73 Vgl. Vogelsang, in: Bähr, Hdb. Versicherungsaufsichtsrecht (2011), § 28 Rn. 12. 74 Die Rückversicherungsaufsicht war im VAG a. F. bis zur 10. VAG-Novelle in einem eigenen Abschnitt VIIa. (§§ 119 bis 121j VAG a. F.) geregelt, vgl. dazu ausführlich nur Bähr, in: FKBP, 5. Aufl. (2012), Vor § 119 Rn. 1 ff. 75 Dies gilt indes nicht für in den Fußnoten zitierte Vorschriften insbesondere aus den Kommentaren zum VAG, bei denen sich der Bezug auf die Vorschriften des VAG a. F. bereits aus dem Rechtsstand zum jeweiligen Veröffentlichungsdatum ergibt. Aufgrund der Neuordnung der VAG-Vorschriften ist ein Auseinanderfallen zwischen der im Text zitierten Norm und der zitierten Kommentierung insoweit unvermeidlich. 76 Vgl. BT-Drs. 18/2956, S. 227. Dazu ausführlich Teil 2, E.I.2. 77 Die Gesetzesbegründung verortet die Erlaubnispflicht für Rückversicherungsunternehmen vor der Novellierung insoweit unzutreffend in § 120 Abs. 1 VAG a. F., vgl. BT-Drs. 18/ 2956, S. 235 und BT-Drs. 17/9342, S. 143 (dort zu § 9 VAG-E). 78 Vgl. BT-Drs. 18/2956, S. 235 und BT-Drs. 17/9342, S. 143 (dort zu § 9 VAG-E).
A. Einfluss der 10. VAG-Novelle auf den Untersuchungsgegenstand
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sprachlich erheblich vereinfacht.79 Danach gilt die Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb für Versicherungsunternehmen nunmehr für das Gebiet aller Mitglied- oder Vertragsstaaten. § 13 VAG ersetzt § 14 VAG a. F. als die für Bestandsübertragungen von Erstversicherungsunternehmen zentrale Vorschrift. Abgesehen von der erfolgten Neueinführung des Sonderkündigungsrechts sind die beiden Vorschriften nahezu wortlautidentisch.80 Eine nennenswerte Änderung findet sich jedoch in § 13 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 VAG (§ 14 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 VAG a. F.). Voraussetzung für eine Übertragung ist danach nunmehr der Nachweis, dass das übernehmende Unternehmen nach der Übertragung ausreichende anrechnungsfähige Eigenmittel zur Einhaltung der Solvabilitätskapitalanforderung hat. Zuvor waren insoweit Eigenmittel in Höhe der Solvabilitätsspanne maßgeblich. Diese Änderung scheint dem Gesetzgeber wohl – im Ergebnis zu Recht – derart offensichtlich gewesen zu sein, dass ein entsprechender Hinweis in der Gesetzesbegründung nicht zu finden ist. Solvency II führt insbesondere weiterentwickelte Solvabilitätsanforderungen für Versicherungsunternehmen ein, denen eine ganzheitliche Risikobetrachtung zugrunde liegt.81 Dieses zentrale Ziel der Richtlinie wird insbesondere durch §§ 89 ff. VAG umgesetzt.82 Danach müssen Versicherungsunternehmen regelmäßig und langfristig über ausreichende anrechnungsfähige Eigenmittel in Höhe ihrer Solvabilitätskapitalanforderung verfügen.83 Das vorgenannte Erfordernis ersetzt den vor Geltung von Solvency II insoweit maßgeblichen Begriff der Solvabilitätsspanne. Das derart modifizierte Erfordernis bedingt zwar eine gänzlich andere (versicherungs-)mathematische Berechnung als zuvor. Rechtlich ergibt sich dadurch für das Verfahren der Bestandsübertragung indes keine Änderung. Denn Voraussetzung für die Erteilung der Genehmigung ist insoweit lediglich das Vorliegen einer entsprechenden Bescheinigung über das Vorhandensein ausreichender – lediglich der Art und Höhe nach anders zu bestimmender – Eigenmittel. Bei den in § 13 Abs. 1 S. 2 Hs. 2 VAG (§ 14 Abs. 1 S. 2 Hs. 2 VAG a. F.) enthaltenen Verweisen auf § 9 Abs. 5 VAG (§ 5a VAG a. F.) und § 8 Abs. 4 VAG (§ 8 Abs. 1a VAG a. F.) handelt es sich um reine Folgeänderungen.84 Gleiches gilt jedenfalls inhaltlich für den Verweis in § 13 Abs. 2 S. 1 VAG (§ 14 Abs. 2 S. 1 VAG a. F.). Technisch dürfte es sich insoweit um ein 79 Hinsichtlich § 120 Abs. 2 S. 2 VAG a. F. ergibt sich dies nicht unmittelbar aus der Gesetzesbegründung. Der Gesetzgeber stellt jedoch ausdrücklich klar, dass die Vorgaben von § 8 Abs. 1, 2, 4 VAG auch für Rückversicherungsunternehmen gelten, vgl. BT-Drs. 18/2956, S. 236 und BT-Drs. 17/9342, S. 143 (dort zu § 11 VAG-E). 80 Vgl. BT-Drs. 18/2956, S. 237. 81 BT-Drs. 18/2956, S. 227. 82 Vgl. dazu BT-Drs. 18/2956, S. 260 ff. 83 BT-Drs. 18/2956, S. 260. 84 Vgl. zu § 9 Abs. 5 VAG BT-Drs. 18/2956, S. 236 und zu § 8 Abs. 4 VAG BT-Drs. 18/ 2956, S. 235. Hinsichtlich § 8 Abs. 4 VAG ist zu berücksichtigen, dass dessen Satz 1 § 120 Abs. 1 S. 3 VAG a. F. entspricht und lediglich § 8 Abs. 4 S. 2 VAG inhaltlich § 8 Abs. 1a VAG a. F. abbildet. Insoweit geht der Verweis auf den gesamten Absatz 4 zu weit und sollte auf § 8 Abs. 4 S. 2 VAG präzisiert werden.
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Teil 1: Grundlegende Einführung in die Thematik
Redaktionsversehen des Gesetzgebers handeln. Denn § 13a VAG a. F. findet sich inhaltlich weitestgehend unverändert nunmehr in § 57 VAG.85 Die Vorschrift regelt die grenzüberschreitende Geschäftstätigkeit inländischer Erstversicherungsunternehmen in den übrigen Mitglied- oder Vertragsstaaten durch Zweigniederlassungen oder im Dienstleistungsverkehr. Der vom Gesetzgeber in Bezug genommene § 61 VAG regelt hingegen den umgekehrten Fall der Geschäftstätigkeit EWR-ausländischer Erstversicherungsunternehmen im Inland durch entsprechende Niederlassungen oder im Dienstleistungsverkehr.86 Diese Norm entspricht weitgehend § 110a VAG a. F.87 Da § 13 Abs. 2 S. 1 VAG im Übrigen nahezu wortlautidentisch mit § 14 Abs. 2 S. 1 VAG a. F. ist und inhaltlich weiterhin die nunmehr in § 57 VAG geregelte Konstellation beschreibt, ist der Verweis entsprechend zu berichtigen.88 Ferner stellt die Verwendung des Begriffs Erstversicherungsunternehmen nunmehr auch sprachlich klar, dass die Vorschrift – wie bisher bereits – nicht für Rückversicherungsunternehmen gilt.89 Mit entsprechender sprachlicher Präzisierung erfasst nunmehr § 14 VAG (§ 14a VAG a. F.) Umwandlungen von Erstversicherungsunternehmen nach dem UmwG.90 85
Vgl. BT-Drs. 18/2956, S. 254. Insoweit wäre auch eine Differenzierung bereits durch die Überschriften der Normen hilfreich. Denn § 57 VAG behält die Überschrift des § 13a VAG a. F. (Versicherungsgeschäfte über Niederlassungen oder im Dienstleistungsverkehr) während § 61 VAG die Überschrift von § 110a VAG a. F. (Geschäftstätigkeit durch eine Niederlassung oder im Dienstleistungsverkehr) bei. Während die Normen aufgrund der Systematik des VAG a. F. bislang aber räumlich weit voneinander entfernt waren, liegen sie im novellierten VAG nah beieinander, sodass eine insoweit deutliche Differenzierung für den Rechtsanwender sicher als hilfreich zu erachten sein dürfte. 87 BT-Drs. 18/2956, S. 255. Die Geschäftstätigkeit EWR-ausländischer Erstversicherungsunternehmen durch eine Niederlassung oder im Dienstleistungsverkehr und die dahingehende Beaufsichtigung werden nunmehr von §§ 61, 62 VAG ergänzt durch §§ 326, 327 VAG geregelt. Inhaltlich entsprechen die neuen Regelungen weitgehend den zuvor maßgeblich in §§ 110a, 111a bis 111c VAG a. F. statuierten Vorgaben. Vgl. dazu BT-Drs. 18/2956, S. 255 sowie die Synopse im Anhang. 88 Der Gesetzgeber hat dieses Redaktionsversehen durch das Gesetz zur Ergänzung des Finanzdienstleistungsaufsichtsrechts im Bereich der Maßnahmen bei Gefahren für die Stabilität des Finanzsystems und zur Änderung der Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtline (Finanzaufsichtsrechtsergänzungsgesetz), BGBl. I 2017, S. 1495, mit Wirkung zum 10. Juni 2017 berichtigt, vgl. BT-Drs. 18/10935, S. 35; Diehl/Seemayer, in: Brand/Baroch Castellvi, 1. Aufl. (2018), § 13 Rn. 32. 89 Vgl. BT-Drs. 18/2956, S. 237. Ein entsprechender Hinweis zu § 63 VAG (§ 111d VAG a. F.) ist der Gesetzesbegründung nicht zu entnehmen, vgl. BT-Drs. 18/2956, S. 255 und BT-Drs. 17/9342, S. 153 (dort zu § 58 VAG-E). In der Sache ist die nunmehr ebenfalls erfolgte Verwendung des Begriffs Erstversicherungsunternehmen dort indes nicht anders zu beurteilen. Entsprechendes gilt insoweit im Ergebnis auch für § 57 VAG (§ 13a VAG a. F.), vgl. BT-Drs. 18/ 2956, S. 254 und BT-Drs. 17/9342, S. 153 (dort zu § 53 VAG-E) sowie § 62 Abs. 3 VAG (§ 111b Abs. 1 VAG a. F.), vgl. BT-Drs. 18/2956, S. 255 und BT-Drs. 17/9342, S. 153 (dort zu § 57 Abs. 1 VAG-E). 90 Vgl. BT-Drs. 18/2956, S. 237. 86
A. Einfluss der 10. VAG-Novelle auf den Untersuchungsgegenstand
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Als Folgeänderung der Neuordnung verweist § 14 Abs. 1 S. 2 VAG (§ 14a S. 2 VAG a. F.) auf die jeweils entsprechenden Absätze des § 13 VAG (§ 14 VAG a. F.). Die bislang in § 111d VAG a. F. enthaltenen Regelungen für gewisse Bestandsübertragungen von EWR-ausländischen Erstversicherungsunternehmen finden ihre inhaltliche Entsprechung – von geringfügigen sprachlichen Änderungen abgesehen – in § 63 VAG.91 Entsprechend den vorstehenden Ausführungen zu § 13 VAG ist die den Verweis auf § 61 Abs. 1 VAG (§ 110a VAG a. F.) betreffende Folgeänderung hier zutreffend erfolgt. § 73 VAG regelt Bestandsübertragungen der inländischen Niederlassung von Versicherungsunternehmen aus Drittstaaten. Ausweislich der Gesetzesbegründung soll die Norm § 108 VAG a. F. entsprechen und Art. 164 Solvency II umsetzen.92 Dies ist zwar auf den ersten Blick zutreffend. Eine inhaltliche Neuerung bringt § 73 VAG im Ergebnis gleichwohl nicht mit sich. Denn soweit es Erstversicherungsunternehmen betrifft, findet die Vorschrift ihre inhaltliche Entsprechung in § 108 VAG a. F. Soweit es Rückversicherungsunternehmen betrifft, enthielt bereits § 121i Abs. 4 VAG a. F. eine entsprechende Regelung.93 In § 166 VAG hat der Gesetzgeber nunmehr bereits in der Überschrift klargestellt, dass diese Norm – wie zuvor bereits der weitgehend wortlautidentische § 121f VAG a. F. – neben Bestandsübertragungen auch gewisse Umwandlungen von Rückversicherungsunternehmen nach dem UmwG erfasst. Die nunmehr in § 166 Abs. 3 S. 4 VAG verortete Pflicht von Rückversicherungsunternehmen zur Anzeige der Absicht einer nicht genehmigungspflichtigen Umwandlung nach dem UmwG ist § 121a Abs. 3 VAG a. F. entlehnt.94 Hinsichtlich der abweichenden Terminologie betreffend den Nachweis entsprechender Eigenmittel in § 166 Abs. 1 S. 3, Abs. 2 S. 2 VAG (§ 121d Abs. 1 S. 3, Abs. 2 S. 2 VAG a. F.) gilt das vorstehend zu § 13 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 VAG insoweit Ausgeführte in gleicher Weise.95 In § 166 Abs. 2 S. 1 91 Vgl. dazu BT-Drs. 18/2956, S. 255. Zu der sprachlichen Präzisierung auf Erstversicherungsunternehmen bereits Fn. 89. 92 BT-Drs. 18/2956, S. 257. 93 Vgl. dazu auch die Synopse im Anhang. 94 Ausweislich BT-Drs. 18/2956, S. 273 entspricht § 166 Abs. 3 S. 4 VAG dem bisherigen § 121a Abs. 3 VAG a. F., soweit er Umwandlungen betrifft. Eine identische Anordnung findet sich jedoch zusätzlich im Katalog der Anzeigepflichten des § 47 VAG. Denn § 47 Nr. 4 VAG entspricht dem – gesamten – bisherigen § 121a Abs. 3 VAG a. F., vgl. BT-Drs. 18/2956, S. 253. Die Anzeigepflicht der Umwandlungsabsicht hat im VAG somit eine redundante Regelung erfahren. 95 Es irritiert jedoch, dass der Gesetzgeber mit der Novellierung in drei Vorschriften (§ 13 Abs. 2 S. 2 Nr. 1, § 73 Abs. 1 S. 2, § 166 Abs. 1 S. 3 VAG) zwar den bisherigen Begriff der Solvabilitätsspanne einheitlich durch das inhaltlich jeweils identische Kriterium „genügend anrechnungsfähige Eigenmittel zur Einhaltung der Solvabilitätskapitalanforderung“ ersetzt, dabei sprachlich jedoch im Detail jeweils abweichende Formulierungen gewählt hat. Zwar dürfte im Ergebnis davon auszugehen sein, dass den divergierenden Begriffen (§ 13 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 VAG: hat; § 73 Abs. 1 S. 2 VAG: besitzt; § 166 Abs. 1 S. 3 VAG: verfügt) in der Sache keine unterschiedliche Bedeutung beizumessen ist. Gründe für die abweichende Terminologie
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Teil 1: Grundlegende Einführung in die Thematik
VAG hat der Gesetzgeber durch die Formulierung „Niederlassung eines Versicherungsunternehmens eines Drittstaates“ die in § 121 Abs. 2 S. 1 VAG a. F. zuvor etwas schwerfälliger nach Erstversicherungs- und Rückversicherungsunternehmen differenzierende Formulierung ersetzt, ohne dass sich dadurch inhaltlich etwas geändert hätte. Im Übrigen finden sich die für die hier angestellte Untersuchung relevanten Vorschriften des VAG a. F. weitgehend unverändert unter neuer Nummerierung im novellierten VAG. Auf den primären Untersuchungsgegenstand hat die 10. VAG-Novelle im Ergebnis daher keinen maßgeblichen Einfluss.
B. Terminologische Grundlagen In dieser Arbeit wird im Wesentlichen die grenzüberschreitende Übertragung von Versicherungsbeständen innerhalb des EWR zwischen als Aktiengesellschaften organisierten Versicherungsunternehmen unter Verwendung unterschiedlicher – spezialgesetzlicher und gesellschaftsrechtlicher – Übertragungsmechanismen analysiert. Die Analyse erfolgt dabei insbesondere vor dem Hintergrund der aufsichtsrechtlichen Behandlung solcher Übertragungsvorgänge. Aufgrund der terminologisch zum Teil divergierenden Rechtsquellen erscheint dazu zunächst eine Präzisierung der für die Thematik des Versicherungsbestands als Übertragungsgegenstand bei grenzüberschreitenden Umstrukturierungen maßgeblichen Begrifflichkeiten angezeigt.96
I. Grenzüberschreitende Umstrukturierung Grenzüberschreitende Übertragungen von Versicherungsbeständen erfolgen regelmäßig im Rahmen einer grenzüberschreitenden Umstrukturierung eines Versicherungsunternehmens oder einer Versicherungsgruppe. Bei der Umstrukturierung handelt es sich zumeist um das eigentliche Ziel, während die Übertragung von sind jedenfalls nicht ersichtlich. Gerade weil es aber die rechtliche Zuordnung von Vermögenspositionen betrifft und diesen Begriffen insoweit grundsätzlich unterschiedliche rechtliche Bedeutung beigemessen werden kann, sollte nicht ohne Not Raum für unterschiedliche Interpretationen geboten werden. 96 Aufgrund der Vielzahl involvierter Rechtsgebiete – insbesondere Wirtschaftsverwaltungsrecht in Form des Versicherungsaufsichtsrechts und Gesellschaftsrecht in Gestalt des Umwandlungsrechts; jeweils sowohl auf nationaler als auch auf europäischer Ebene – und Rechtsquellen – darunter insbesondere VAG, UmwG, EU-Richtlinien, EU-Verordnungen, EIOPA-Leitlinien und -empfehlungen sowie Protokolle der Versicherungsaufsichtsbehörden – sowie der insoweit zu berücksichtigenden Rechtsprechung von Europäischem Gerichtshof, Bundesgerichtshof, Bundesverfassungsgericht und Bundesverwaltungsgericht lässt sich in Schrifttum und Rechtsprechung oftmals keine einheitliche Terminologie feststellen. Vielmehr werden zum Teil auch zentrale Begriffe divergierend verwendet.
B. Terminologische Grundlagen
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Versicherungsbeständen – je nach konkreter Gestaltung – ein Mittel zu dessen Umsetzung oder aber eine Folge der Umstrukturierung darstellt. Der Begriff der grenzüberschreitenden Umstrukturierung ist in diesem Zusammenhang weit zu verstehen und umfasst sowohl vorwiegend rechtlich als auch vorwiegend wirtschaftlich bedeutsame Unternehmensumstrukturierungen.97 Eine vorwiegend in rechtlicher Hinsicht bedeutsame grenzüberschreitende Umstrukturierung eines Versicherungsunternehmens stellt insbesondere die im UmwG gegenwärtig bereits vorgesehene Umwandlung98 in Gestalt der grenzüberschreitenden Verschmelzung von Kapitalgesellschaften dar. Bisweilen nicht vom UmwG erfasst zählen hierzu ferner der grenzüberschreitende Formwechsel und die grenzüberschreitende Spaltung; des Weiteren zählt hierzu auch die Gründung einer SE durch Verschmelzung. Bei diesen Vorgängen handelt es sich um Strukturmaßnahmen, bei denen in die gesellschaftsrechtliche Inkorporationsform der beteiligten Versicherungsunternehmen eingegriffen, mithin eine rechtliche Organisationsänderung der Unternehmen vorgenommen wird.99 Im Gegensatz dazu bleibt bei einer vorwiegend in wirtschaftlicher Hinsicht bedeutsamen Umstrukturierung jedenfalls die Inkorporationsform der beteiligten Versicherungsunternehmen unberührt. Freilich ändern sich auch bei einer derartigen Umstrukturierung die den beteiligten Versicherungsunternehmen zugeordneten Rechte und Pflichten aus den Versicherungsverträgen. Indes kommt es nicht zu einer rechtlichen Organisationsänderung der beteiligten Rechtsträger. Dies ist insbesondere bei einer Bestandsübertragung nach dem VAG der Fall.100 Die insoweit primär 97
Zur weiten Bedeutung des Begriffs Umstrukturierung auch J. Semler/Stengel, in: Semler/ Stengel, 3. Aufl. (2012), Einleitung A Rn. 2 f.; Decker, in: Henssler/Strohn, 3. Aufl. (2016), § 1 UmwG Rn. 2. 98 Der Begriff der Umwandlung ist auf die vom UmwG erfassten Umstrukturierungen in Gestalt der Verschmelzung, der Spaltung, der Vermögensübertragung und des Formwechsels beschränkt, vgl. J. Semler/Stengel, in: Semler/Stengel, 3. Aufl. (2012), Einleitung A Rn. 2; Decker, in: Henssler/Strohn, 3. Aufl. (2016), § 1 UmwG Rn. 2; Heckschen, in: Widmann/ Mayer, 158. EL (2016), § 1 UmwG Rn. 20; Drygala, in: Lutter, 5. Aufl. (2014), § 1 UmwG Rn. 50 f. Als grenzüberschreitende Umstrukturierung wurde im UmwG bislang lediglich die grenzüberschreitende Verschmelzung kodifiziert. Auf die Zulässigkeit der anderen Umwandlungsarten in grenzüberschreitendem Zusammenhang sagt dies indes nichts aus. 99 Bei der Verschmelzung von Kapitalgesellschaften kommt es zu einer Auflösung der/des übertragenden Rechtsträger(s) ohne Abwicklung gegen Gewährung von Anteilen des übernehmenden oder neuen Rechtsträgers an die Anteilsinhaber des übertragenden Rechtsträgers, vgl. § 2 UmwG. Bei einer Spaltung erfolgt je nach Spaltungsart gegen Gewährung von Anteilen des/der übernehmenden Rechtsträger(s) an die Anteilsinhaber des übertragenden Rechtsträgers eine Aufspaltung des Vermögens unter gleichzeitiger Abwicklung des übertragenden Rechtsträgers oder gegen Gewährung von Anteilen des/der übernehmenden Rechtsträger(s) an die Anteilsinhaber des übertragenden Rechtsträgers oder an den übertragenden Rechtsträger selbst eine Abspaltung oder Ausgliederung eines Vermögensteils des übertragenden Rechtsträgers, vgl. § 123 UmwG. 100 Die Bestandsübertragung nach dem VAG wird – jedenfalls für steuerliche Zwecke – als außerhalb des UmwG statuierte Umwandlung gemäß § 1 Abs. 2 UmwG angesehen, vgl. Präve, in: Prölss, 12. Aufl. (2005), § 14 Rn. 49 m. w. Nachw. Indes unterscheidet das VAG sprachlich
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Teil 1: Grundlegende Einführung in die Thematik
bezweckte wirtschaftliche Umstrukturierung des Versicherungsunternehmens kann dabei beispielsweise in einer Fokussierung auf das Kerngeschäft – etwa durch Veräußerung nicht dem Kerngeschäft zugehöriger Versicherungsbestände101 – oder umgekehrt dem Erzielen einer größeren Diversifikation – etwa durch den Erwerb von Versicherungsbeständen, die in Anbetracht des bestehenden Portfolios gering korrelierte Risiken abdecken – liegen. Ungeachtet der vorstehenden Differenzierung sind die Übergänge bei den genannten Umstrukturierungen fließend und häufig kann das primär verfolgte Ziel auf unterschiedliche Weise erreicht werden. Für die angestellte Untersuchung relevant sind lediglich Umstrukturierungen von Versicherungsunternehmen, in deren Folge oder Rahmen es zu einer grenzüberschreitenden Übertragung von Versicherungsbeständen kommt. Explizit ausgenommen bleibt daher etwa der Fall des Erwerbs eines Versicherungsunternehmens.102 Zwar wird man auch den Erwerb eines inländischen Versicherungsunternehmens durch ein EWR-ausländisches Versicherungsunternehmen – ebenso wie den spiegelbildlichen Fall – als grenzüberschreitende Umstrukturierung in dem hier verstandenen weiten Sinne klassifizieren können. Indes ändert sich dabei lediglich die rechtliche Trägerschaft an dem erworbenen Versicherungsunternehmen.103 Dessen Versicherungsbestände bleiben hingegen rechtlich unverändert demselben Unternehmen zugeordnet. Eine grenzüberschreitende Übertragung von Versicherungsbeständen findet mithin nicht statt.104 Auch und systematisch zwischen der Bestandsübertragung einerseits und Umwandlungen nach dem UmwG andererseits. Dieser aufsichtsrechtlichen Unterscheidung wird hier gefolgt, sodass die Bestandsübertragung eine exponierte Einzeldarstellung erfährt und nicht im Rahmen der Umwandlung erörtert wird. Der Gesetzgeber differenziert insoweit auch zwischen „verschiedensten Formen der Übertragung eines Bestands“ und spricht mit Blick auf die Bestandsübertragung nach dem VAG von Bestandsübertragung im engeren Sinne, vgl. BT-Drs. 17/2249, S. 97. 101 Vgl. etwa Zens, Zusammenarbeit der Versicherungsaufsichtsbehörden (2005), S. 352. 102 Dazu eingehend Louven, in: Düsseldorfer Vorträge zum Versicherungsrecht (2015), S. 97 (108 ff.); Winter, VersR 2000, 1453; Weber-Rey/Krecek, NVersZ 2000, 105; Salje, VersR 1998, 801. 103 Ein aufsichtsrechtliches Verfahren für den vollständigen Erwerb eines Versicherungsunternehmens ist bisweilen gesetzlich nicht kodifiziert und ein solcher Erwerb damit grundsätzlich nicht genehmigungsbedürftig, vgl. BaFin-Präsident Hufeld, veröffentlicht in Baltzer, VW 12/2013, 25. Kompetenzen der Aufsichtsbehörde bestehen insoweit jedoch bereits vorgeschaltet im sogenannten Inhaberkontrollverfahren gemäß § 104 VAG a. F. (nunmehr in §§ 16 ff. VAG geregelt, vgl. dazu BT-Drs. 18/2956, S. 238) bei dem Erwerb einer bedeutenden Beteiligung an einem Versicherungsunternehmen, vgl. dazu Hasselbach/Förster, VersR 2007, 1159. Europarechtliche Vorgaben zur aufsichtsrechtlichen Behandlung des Erwerbs und der Erhöhung von Beteiligungen im Finanzsektor enthält die Richtlinie 2007/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. September 2007 zur Änderung der Richtlinie 92/49/ EWG des Rates sowie der Richtlinien 2002/83/EG, 2004/39/EG, 2005/68/EG und 2006/48/EG in Bezug auf Verfahrensregeln und Bewertungskriterien für die aufsichtsrechtliche Beurteilung des Erwerbs und der Erhöhung von Beteiligungen im Finanzsektor (Beteiligungsrichtlinie), ABl. EU 2007 Nr. L 247/1. 104 Winter, VersR 2000, 1453 (1456 f.).
B. Terminologische Grundlagen
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bleibt bei einem derartigen grenzüberschreitenden Erwerb eines Versicherungsunternehmens die für dieses Unternehmen zuständige nationale Versicherungsaufsichtsbehörde weiterhin zuständig. Ein Wechsel insbesondere der Finanzaufsichtskompetenz findet in solchen Fällen mithin ebenfalls nicht statt. Untersucht werden nur grenzüberschreitende Übertragungsmöglichkeiten, die vom nationalen Recht bereitgestellt werden.105 Betrachtet werden dabei ausschließlich Übertragungen zwischen in der Rechtsform von Aktiengesellschaften inkorporierten Versicherungsunternehmen. Dies umfasst in Deutschland die AG im Sinne des § 1 AktG und die SE in ihrer deutschen Form gemäß Art. 1 SE-VO i. V. m. § 1 SEAG; außerhalb Deutschlands kommen Aktiengesellschaften nach Maßgabe der Rechtsordnungen der jeweiligen Mitglied- oder Vertragsstaaten sowie die SE in der jeweiligen EWR-ausländischen Form in Betracht. Dieser Einschränkung liegen im Wesentlichen zwei Überlegungen zugrunde: Aus methodischer Sicht steht die Analyse des aufsichtsrechtlichen Rahmens für das spezialgesetzliche Institut der grenzüberschreitenden Bestandsübertragung, dessen gesetzliche angeordnete Erstreckung auf grenzüberschreitende Verschmelzungen von Versicherungsunternehmen nach dem UmwG sowie dessen Übertragbarkeit auf alternative grenzüberschreitende Übertragungsmöglichkeiten von Versicherungsbeständen im Rahmen gesellschaftsrechtlicher Umstrukturierungen im Vordergrund. Die staatliche Trägerschaft von Versicherungsunternehmen, die als öffentlich-rechtliche Körperschaften oder Anstalten organisiert sind, sowie die Mitgliedschaft der Versicherten in Versicherungsvereinen auf Gegenseitigkeit (VVaG) eröffnen eine Fülle besonderer Fragestellungen,106 die den gesetzten Fokus verschieben und den Rahmen dieser Arbeit sprengen würden. Ergänzend begründet sich diese Einschränkung mit der hohen wirtschaftlichen Bedeutung der Versicherungs-Aktiengesellschaften107 sowie der zunehmenden Akzeptanz der Versicherungs-SE108 auch aus praktischer Sicht.109 105 Hier erfolgt insbesondere keine Untersuchung der in der Praxis ebenfalls geläufigen Part VII Transfers nach englischem Recht. Siehe dazu Labes, in: Bähr, Hdb. Versicherungsaufsichtsrecht (2011), § 25 Rn. 54 ff. Ungeachtet der Beschränkung dieser Untersuchung auf die vom nationalen Recht bereitgestellten Mechanismen wird man bei grenzüberschreitenden Umstrukturierungen unter Beteiligung von Unternehmen aus Großbritannien und damit insbesondere bei Part VII Transfers den konkreten Ausgang der Brexit-Verhandlungen abwarten müssen. 106 Siehe zu den zusätzlichen Besonderheiten bei innerstaatlichen Bestandsübertragungen und Umwandlungen von VVaG aufgrund der zwischen dem Mitgliedschaftsverhältnis und dem Versicherungsverhältnis bestehenden wechselseitigen Abhängigkeit nur Schmid, Bestandsübertragung und Umwandlung von Versicherungsunternehmen (2010), Rn. 31, 1409. 107 Eine Legaldefinition der Versicherungs-Aktiengesellschaft (auch kurz: Versicherungs-AG) enthält § 109 S. 2 UmwG. 108 Eine Versicherungs-SE ist eine SE, die den Betrieb von Versicherungsgeschäften zum Gegenstand hat, mithin ein in der Rechtsform der SE inkorporiertes Erstversicherungs- oder Rückversicherungsunternehmen. 109 Zur schwindenden Bedeutung der VVaG in der Praxis etwa Semler, in: Semler/Stengel, 3. Aufl. (2012), § 191 UmwG Rn. 7.
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Teil 1: Grundlegende Einführung in die Thematik
II. Versicherungsbestand Dem Versicherungsbestand kommt als Übertragungsgegenstand der untersuchten Umstrukturierungen von Versicherungsunternehmen zentrale Bedeutung zu. Der Begriff wird nachfolgend zunächst aus rechtlicher Sicht definiert, bevor auf die Besonderheiten eines Teilbestandes eingegangen und schließlich eine Einordnung dieses Übertragungsgegenstandes aus ökonomischer Sicht vorgenommen wird. 1. Definition Der Begriff des Versicherungsbestands ist im deutschen Recht insbesondere vor dem Hintergrund der im Erstversicherungsbereich seit über einem Jahrhundert bestehenden Vorschrift des VAG zur Bestandsübertragung110 und des traditionell national ausgerichteten Versicherungsgeschäfts hinreichend konkretisiert worden. Weniger eindeutig verhält es sich jedoch bei Versicherungsbeständen mit Auslandsbezug. Es wird daher zunächst auf die nationale Terminologie – samt den Besonderheiten bei Auslandsbezug – und anschließend auf das Problem der fehlenden Begriffsharmonisierung im Europarecht eingegangen. a) Nationale Definition Obwohl sich im VAG explizite Regelungen zur Bestandsübertragung finden, wird der Begriff des Versicherungsbestands gesetzlich nicht konkretisiert.111 Aus diesem Grund findet sich im Schrifttum eine Vielzahl von im Detail divergierenden Definitionen, zwischen denen im Ergebnis bei den für die Fragestellungen dieser Arbeit relevanten Aspekten weitgehend Einigkeit besteht. Der Begriff des Versicherungsbestands bezeichnet danach die Gesamtheit der Rechtspositionen eines Versicherungsunternehmens als Vertragspartner im Rahmen von Versicherungsverträgen.112 Ob die den Bestand eines Versicherungsunternehmens ausmachenden Versicherungsverträge von diesem Versicherungsunternehmen selbst abgeschlossen oder
110 Die von Anfang an im VAG 1901 (RGBl. 1901, S. 139) enthaltende Norm lautete ursprünglich: Jedes Übereinkommen, wodurch der Versicherungsbestand eines Unternehmens in seiner Gesamtheit oder in einzelnen Zweigen mit den darauf bezüglichen Reserven und Prämienüberträgen auf ein anderes Unternehmen übertragen werden soll, bedarf der Genehmigung der für die beteiligten Unternehmungen zuständigen Aufsichtsbehörden. Die Genehmigung darf nur aus den Gründen des § 7 (heutiger § 11 VAG) versagt werden. 111 Scholz, VersR 1997, 1070 (1071). 112 Kaulbach, in: FKBP, 5. Aufl. (2012), § 14 Rn. 5; B. Bähr/G. Bähr, in: Bähr, Hdb. Versicherungsaufsichtsrecht (2011), § 16 Rn. 31; Schmid, Bestandsübertragung und Umwandlung von Versicherungsunternehmen (2010), Rn. 275; Laars, VAG 3. Aufl. (2015), § 14 Rn. 4; Diehl/Seemayer, in: Brand/Baroch Castellvi, 1. Aufl. (2018), § 13 Rn. 6; im Ergebnis wohl auch Präve, in: Prölss, 12. Aufl. (2005), § 14 Rn. 4; Seemayer, Grenzüberschreitende Übertragung von Erst- und Rückversicherungsbeständen (2016), S. 7.
B. Terminologische Grundlagen
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bereits von einem anderen Versicherungsunternehmen erworben wurden, ist unerheblich.113 Der Versicherungsbestand eines reinen Erstversicherungsunternehmens kann dabei ausschließlich aus Erstversicherungsverträgen bestehen. Er kann sich jedoch – in den durch die Spartentrennung gesetzten Grenzen – aus Verträgen unterschiedlicher Erstversicherungssparten zusammensetzen. Ein reiner Rückversicherungsbestand stellt demgegenüber die Gesamtheit von Rückversicherungsverträgen dar, über die ein Rückversicherungsunternehmen verfügt.114 Die vorstehende Differenzierung stellt lediglich die gesetzessystematische Grundkonstellation dar. Soweit Erstversicherungsunternehmen sowohl über Erstversicherungsverträge als auch über aktive Rückversicherungsverträge verfügen – sogenannte gemischte Versicherungsunternehmen oder mixed insurer –115, wird diese Differenzierung unterminiert.116 Der Begriff des Versicherungsbestands würde in einem solchen Fall im Einklang mit der vorstehenden Begriffsbestimmung die Gesamtheit von Erstversicherungsverträgen und Rückversicherungsverträgen erfassen. Dafür spricht, dass §§ 13, 166 Abs. 1 VAG (§§ 14, 121f Abs. 1 VAG a. F.) bei Bestandsübertragungen systematisch nicht etwa nach der Art des Versicherungsbestands, sondern ausschließlich nach der Art des übertragenden Versicherungsunternehmens differenzieren.117 Gleichwohl ist es bei gemischten Versicherungsunternehmen sinnvoll, zwischen einem Erstversicherungs- und einem Rückversicherungsbestand zu differenzieren.118 § 13 Abs. 2 S. 1, 2 VAG (§ 14 Abs. 2 S. 1, 2 VAG a. F.) differenziert zwischen einem im Inland erworbenen Versicherungsbestand und den durch eine Zweigniederlassung oder im Dienstleistungsverkehr in einem anderen Mitglied- oder Vertragsstaat abgeschlossenen Versicherungsverträgen. In Abgrenzung zum inländischen Bestand eines inländischen Versicherungsunternehmens werden letztere als grenzüberschreitend erworbener Bestand bezeichnet.119 Auf die Frage, wie prakti113 Seemayer, Grenzüberschreitende Übertragung von Erst- und Rückversicherungsbeständen (2016), S. 8; Präve, in: Prölss, 12. Aufl. (2005), § 14 Rn. 4; Diehl/Seemayer, in: Brand/ Baroch Castellvi, 1. Aufl. (2018), § 13 Rn. 13. 114 Erdmann, in: Bähr, Hdb. Versicherungsaufsichtsrecht (2011), § 26 Rn. 51; Seemayer, in: Brand/Baroch Castellvi, 1. Aufl. (2018), § 166 Rn. 7. 115 Vgl. Bähr, in: FKBP, 5. Aufl. (2012), § 119 Rn. 5; Labes, in: Bähr, Hdb. Versicherungsaufsichtsrecht (2011), § 25 Rn. 25. 116 Zu den daraus resultierenden Zuordnungsproblemen und der Bedeutung der Differenzierung zutreffend Seemayer, Grenzüberschreitende Übertragung von Erst- und Rückversicherungsbeständen (2016), S. 11 ff. 117 Vgl. dazu ausführlich Teil 3, A.II.1. 118 So im Ergebnis auch Seemayer, Grenzüberschreitende Übertragung von Erst- und Rückversicherungsbeständen (2016), S. 12. 119 Kaulbach, in: FKBP, 5. Aufl. (2012), § 14 Rn. 20. Entsprechend dieser Differenzierung regelt § 63 VAG (§ 111d VAG a. F.) den umgekehrten Fall, dass ein EWR-ausländisches Versicherungsunternehmen einen grenzüberschreitend in Deutschland erworbenen Bestand an ein
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Teil 1: Grundlegende Einführung in die Thematik
kabel diese Differenzierung ist, wird im Rahmen der Analyse noch einzugehen sein.120 Insoweit stellt sich auch die Frage, warum eine entsprechende Differenzierung bei der Übertragung von Versicherungsbeständen eines Rückversicherungsunternehmens gemäß § 166 Abs. 1 VAG (§ 121f Abs. 1 VAG a. F.) nicht vorgesehen ist.121 Zu unterscheiden ist der grenzüberschreitend erworbene Bestand von einem selbständigen ausländischen Versicherungsbestand im Sinne des § 124 Abs. 3 VAG (§ 54c VAG a. F.). Bei letzterem handelt es sich um betriebstechnisch im Ausland außerhalb des EWR zusammengefasstes Versicherungsgeschäft.122 Da es sich bei der Übertragung eines derartigen Bestands nicht um eine grenzüberschreitende Übertragung innerhalb des EWR handelt, sei auf die terminologische Differenzierung an dieser Stelle nur hingewiesen. Die Übertragung mit Drittstaatenbezug wird nur behandelt, soweit sie im EWR etablierte Niederlassungen von Drittstaatenunternehmen betrifft. b) Fehlende europarechtliche Definition Art. 39 Abs. 1 Solvency II schreibt den Mitglied- oder Vertragsstaaten vor, den Versicherungs-123 und Rückversicherungsunternehmen mit Gesellschaftssitz in ihrem Hoheitsgebiet nach Maßgabe des jeweiligen nationalen Rechts zu gestatten, den Bestand ihrer im Rahmen der Niederlassungsfreiheit oder der Dienstleistungsfreiheit124 abgeschlossenen Verträge ganz oder teilweise an ein übernehmendes Unternehmen im EWR zu übertragen. Unabhängig von der Frage, ob die MitgliedVersicherungsunternehmen im EWR überträgt. Da die Betrachtung hier aus Sicht des deutschen Rechts erfolgt, wird ein derartiger Bestand auch als inländischer Bestand eines EWR-ausländischen Versicherungsunternehmens bezeichnet. Die in Abgrenzung zum inländischen Bestand grundsätzlich naheliegende Bezeichnung als EU/EWR-ausländischer Bestand oder EU/EWR-Bestand, so etwa Seemayer, Grenzüberschreitende Übertragung von Erst- und Rückversicherungsbeständen (2016), S. 126, 236, wird hier bewusst vermieden. Denn insbesondere bei der Betrachtung von Übertragungen eines EWR-ausländischen Versicherungsunternehmens aus Sicht des deutschen Rechts ist diese Bezeichnung mehrdeutig belegt und eine weitere Unterteilung zwischen den im Sitzstaat dieses übertragenden Unternehmens, den grenzüberschreitend im Inland und den grenzüberschreitend in dritten Mitglied- oder Vertragsstaaten erworbenen Beständen erforderlich; siehe Teil 3, A.III.1.b). 120 Dazu Teil 3, A.III.1.b)cc); Teil 3, A.II.1.b)dd). 121 Dazu Teil 3, A.II.2.a). 122 Kaulbach, in: FKBP, 5. Aufl. (2012), § 54c Rn. 1. Die Gleichsetzung der Begriffe des grenzüberschreitend erworbenen Bestands im Sinne des § 14 Abs. 2 S. 1 VAG und des ausländischen Bestands im Sinne des § 54c VAG a. F., vgl. etwa Pohlmann, in: FKBP, 5. Aufl. (2012), § 108 Rn. 1, ist insofern missverständlich. 123 Gemeint sind Erstversicherungsunternehmen in der in dieser Arbeit gewählten Diktion, vgl. Art. 13 Nr. 1 Solvency II. 124 Zur Abgrenzung von Niederlassungsverkehr und Dienstleistungsverkehr im Versicherungsbinnenmarkt allgemein Präve, in: Prölss, 12. Aufl. (2005), §§ 13a-13c Rn. 4 ff.; Mönnich, in: Beckmann/Matusche-Beckmann, 3. Aufl. (2015), § 2 Rn. 3 ff.; Mönnich, in: Beckmann/ Matusche-Beckmann, 2. Aufl. (2009), § 2 Rn. 115 ff. Zu der hier relevanten Abgrenzung siehe auch Teil 3, A.II.1.a)aa); Teil 3, A.II.1.a)bb); Teil 3, A.II.1.a)cc).
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oder Vertragsstaaten den Versicherungsunternehmen aufgrund der vorstehenden Beschränkung auf im Rahmen der Niederlassungsfreiheit oder der Dienstleistungsfreiheit abgeschlossene Verträge eine grenzüberschreitende Übertragung von Beständen ihrer im Inland abgeschlossenen Verträge jedenfalls nach dieser Richtlinienvorgabe nicht gestatten müssen,125 enthalten weder Art. 39 Solvency II selbst, noch der Katalog von Begriffsbestimmungen des Art. 13 Solvency II oder die Erwägungsgründe der Rahmenrichtlinie eine europarechtlich autonome Definition des Begriffs Versicherungsbestand.126 Soweit die grenzüberschreitende Übertragung eines Versicherungsbestands nach Maßgabe deutschen Rechts erfolgt, wird daher die vorstehende deutsche Definition des Versicherungsbestands heranzuziehen sein.127 Entsprechendes gilt für Übertragungen von Versicherungsbeständen nach Maßgabe anderer europäischer Rechtsordnungen. Ein Rückgriff auf die jeweiligen nationalen Bestimmungen ist auch nicht etwa gesperrt, da Art. 39 Abs. 1 Solvency II die Gestattung der grenzüberschreitenden Bestandsübertragung gerade explizit nach Maßgabe des jeweiligen nationalen Rechts vorschreibt. Dass es dadurch im Einzelfall zu Diskrepanzen kommen kann, liegt jedoch auf der Hand. 2. Abgrenzung eines Teilbestands Sowohl Art. 39 Solvency II als auch die Vorschriften des VAG zur Bestandsübertragung sehen neben der Übertragung des gesamten Bestands auch die lediglich teilweise Übertragung eines Versicherungsbestands vor. Nach überwiegender Ansicht im nationalen Schrifttum muss ein Teilbestand nach objektiven versicherungstechnischen beziehungsweise versicherungsvertraglichen Merkmalen abgegrenzt werden können.128 Die Gegenauffassung unterstellt die Abgrenzung eines Teilbestands der Vertragsautonomie. Danach soll die Festlegung der Kriterien, nach denen eine solche Abgrenzung im Einzelfall erfolgt, allein Sache der Vertragsparteien sein.129 125
Der deutsche Gesetzgeber hat diese Möglichkeit jedenfalls mit § 14 Abs. 2 S. 3 VAG a. F. (nunmehr § 13 Abs. 2 S. 3 VAG) eingeführt. 126 Zur fehlenden Definition des Begriffs der Bestandsübertragung unter Geltung der dritten Richtliniengeneration vor Solvency II bereits Zens, Zusammenarbeit der Versicherungsaufsichtsbehörden (2005), S. 353. 127 Diese Auffassung legen implizit auch Looschelders/Michael, in: Ruffert, Europäisches Sektorales Wirtschaftsrecht, 1. Aufl. (2013), § 11 Rn. 138 zugrunde. 128 Diehl/Seemayer, in: Brand/Baroch Castellvi, 1. Aufl. (2018), § 13 Rn. 9; Präve, in: Prölss, 12. Aufl. (2005), § 14 Rn. 4; Rüdt, in: Bähr, Hdb. Versicherungsaufsichtsrecht (2011), § 14 Rn. 13; Schmid, Bestandsübertragung und Umwandlung von Versicherungsunternehmen (2010), Rn. 275; Zens, Zusammenarbeit der Versicherungsaufsichtsbehörden (2005), S. 351; H. Müller, Versicherungsbinnenmarkt (1995), Rn. 787; so auch für einen Rückversicherungsteilbestand Erdmann, in: Bähr, Hdb. Versicherungsaufsichtsrecht (2011), § 26 Rn. 51. 129 Kaulbach, in: FKBP, 5. Aufl. (2012), § 14 Rn. 13; wohl auch Hasselbach/Komp, VersR 2005, 1651 (1653).
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Teil 1: Grundlegende Einführung in die Thematik
Der Gegenauffassung ist zuzugestehen, dass weder die europarechtlichen Vorgaben noch die insoweit einschlägigen nationalen Vorschriften eine Einschränkung hinsichtlich der Abgrenzung enthalten. Die Gegenauffassung verkennt jedoch die in einer privatautonomen Zusammenfassung einzelner Versicherungsverträge zu Teilbeständen liegende signifikante Beeinträchtigung der grundrechtlichen Handlungsfreiheiten der Versicherungsnehmer.130 Darüber hinaus dürfte eine privatautonome Abgrenzung aus praktischer Sicht die Aufsichtsbehörde vor erhebliche Schwierigkeiten stellen. Es ist zwar zutreffend, dass die zuständigen Aufsichtsbehörden „bei jeder Bestandsübertragung zu prüfen haben, ob die Interessen der Versicherten durch die konkret gewählte Ausgestaltung der Transaktion gewahrt sind“131. Diesen Schutz kann die Aufsichtsbehörde indes nur dann effektiv gewährleisten, wenn sie die erfolgte Abgrenzung anhand objektivierbarer Kriterien überprüfen kann. Anderenfalls müsste sie – um ihrem gesetzlichen Schutzauftrag zu genügen – schon vor der eigentlichen Übertragung zunächst sämtliche Versicherungsverträge des Bestands anhand individueller, privatautonom vereinbarter Kriterien auf ihre Zugehörigkeit zu dem gebildeten Teilbestand überprüfen. Dies würde die Aufsichtsbehörde vor einen erheblichen Mehraufwand stellen und damit letztlich das Genehmigungsverfahren deutlich in die Länge ziehen. Auch würde eine freie Abgrenzung im Einzelfall Missbrauchsmöglichkeiten bieten. Im Ergebnis gebührt daher dem restriktiven Verständnis der überwiegenden Ansicht bei der Abgrenzung eines Teilbestands der Vorzug. Die bloße Summe einzelner Verträge bildet daher grundsätzlich keinen Teilbestand.132 Jedenfalls wird man bei der Übertragung eines bloßen Teilbestands daher sehr hohe Anforderungen an die genaue Bezeichnung des Übertragungsgegenstands stellen müssen.133 Dieses Verständnis steht auch im Einklang mit den Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts zu § 14 VAG a. F. (nunmehr § 13 VAG). Das Instrument der Bestandsübertragung gebe den Versicherungsunternehmen zwar ein Mittel an die Hand, bei der Verwaltung von Versicherungsbeständen in freier unternehmerischer Entscheidung den jeweiligen wirtschaftlichen Gegebenheiten Rechnung zu tragen, etwa die Sanierung eines notleidend gewordenen Versicherungsunternehmens vorzunehmen, einen Konzern neu zu strukturieren oder eine Versicherungssparte aufzugeben und die Bestände einem fremden Unternehmen zu übertragen.134 Wenngleich insoweit als Teilbestand explizit zwar allein eine ganze Versicherungssparte angesprochen wird,135 könnte diese Formulierung grundsätzlich dahin gedeutet werden, 130 Rüdt, in: Bähr, Hdb. Versicherungsaufsichtsrecht (2011), § 14 Rn. 15; Diehl/Seemayer, in: Brand/Baroch Castellvi, 1. Aufl. (2018), § 13 Rn. 9. 131 Hasselbach/Komp, VersR 2005, 1651 (1653). 132 Rüdt, in: Bähr, Hdb. Versicherungsaufsichtsrecht (2011), § 14 Rn. 12. 133 Weber-Rey/Krecek, NVersZ 2000, 105 (108). 134 BVerfG, Urteil vom 26. Juli 2005 – 1 BvR 782/94, 1 BvR 957/96 –, BVerfGE 114, 1 = VersR 2005, 1109 (1117 f.). 135 Dass ein Teilbestand einen ganzen Versicherungszweig oder eine Versicherungssparte umfasst, ist im Ergebnis jedoch nicht erforderlich, vgl. Seemayer, Grenzüberschreitende
B. Terminologische Grundlagen
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dass die mit der Bestandsübertragung bewirkte Ausnahme von § 415 BGB primär der Flexibilität der Versicherungsunternehmen zu dienen bestimmt sei.136 Dies könnte in letzter Konsequenz zwar für eine freie Abgrenzung sprechen, jedoch schränkt das Bundesverfassungsgericht zutreffend ein, dass der Ausschluss der Zustimmung der Versicherungsnehmer angesichts ihrer regelmäßig hohen Zahl sicherstellen solle, dass die Bestandsübertragung praktisch durchführbar ist.137 Das Erfordernis einer Abgrenzung anhand objektivierbarer Kriterien wird beiden vorgenannten Annahmen gerecht und stellt letztlich einen sachgerechten Interessenausgleich zwischen den Versicherungsunternehmen und den Versicherungsnehmern dar. Eine andere Frage ist die nach der kleinsten Form eines Teilbestands. Ein einzelner Erstversicherungsvertrag soll grundsätzlich keinen Teilbestand darstellen.138 Für Rückversicherungsverträge wird hingegen vertreten, dass bereits ein einzelner Vertrag einen Teilbestand darstellen kann. Dies wird mit dem zum Teil enormen finanziellen Volumen einzelner Rückversicherungsverträge erklärt.139 Auch ein einzelner umfangreicher Gruppenversicherungsvertrag soll den Begriff des Teilbestands erfüllen können.140 Die Qualifizierung eines Einzelvertrags als Teilbestand aufgrund des finanziellen Volumens ist zwar plastisch und hilfreich, um den scheinbaren Widerspruch der Begriffe zu überwinden. Für das rechtliche Verständnis ist diese Begründung indes nicht erforderlich.141 Vielmehr hat diese Qualifizierung konsequent für einzelne Rückversicherungsverträge mit kleinem Volumen wie auch für einzelne – in der Regel vergleichsweise geringvolumige – Erstversicherungsverträge zu gelten. Da der Begriff des Versicherungsbestands keine Mindestvorgabe zu der Anzahl erfasster Verträge enthält, sondern lediglich die Gesamtheit der Rechtspositionen eines Versicherungsunternehmens im Rahmen von Versicherungsverträgen umschreibt, kann ein einzelner Versicherungsvertrag den Gesamtbestand eines Versicherungsunternehmens darstellen, wenn dieses Versicherungsunternehmen über keine weiteren Versicherungsverträge verfügt. Für einen TeilbeÜbertragung von Erst- und Rückversicherungsbeständen (2016), S. 9 m. w. Nachw.; Diehl/ Seemayer, in: Brand/Baroch Castellvi, 1. Aufl. (2018), § 13 Rn. 9. 136 Zum Zweck der Regelung, mithin des Ausschlusses von § 415 BGB siehe auch Teil 1, C.I.; Teil 1, D.II.2.; Teil 1, D.II.3. 137 BVerfG, Urteil vom 26. Juli 2005 – 1 BvR 782/94, 1 BvR 957/96 –, BVerfGE 114, 1 = VersR 2005, 1109 (1118). 138 So wohl Diehl/Seemayer, in: Brand/Baroch Castellvi, 1. Aufl. (2018), § 13 Rn. 10 m. w. Nachw. 139 Erdmann, in: Bähr, Hdb. Versicherungsaufsichtsrecht (2011), § 26 Rn. 51; a. A. Seemayer, in: Brand/Baroch Castellvi, 1. Aufl. (2018), § 166 Rn. 9. 140 Diehl/Seemayer, in: Brand/Baroch Castellvi, 1. Aufl. (2018), § 13 Rn. 10. 141 Durch Abstellen auf das finanzielle Volumen beziehungsweise den Umfang eines einzelnen Vertrages wird das Problem der Abgrenzung lediglich verlagert und im Ergebnis erschwert. Es stellt sich im Einzelfall nämlich die ungleich schwerer zu beantwortende quantitative Folgefrage, ob das konkrete finanzielle Volumen eines einzelnen Rückversicherungsvertrages oder der konkrete Umfang eines einzelnen Gruppenversicherungsvertrages für eine Qualifizierung als Teilbestand ausreicht.
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Teil 1: Grundlegende Einführung in die Thematik
stand kann grundsätzlich nichts anderes gelten. Voraussetzung dafür ist – nach der hier vertretenen Auffassung – aber, dass dieser einzelne Versicherungsvertrag nach objektiven versicherungstechnischen beziehungsweise versicherungsvertraglichen Merkmalen abgegrenzt werden kann, mithin unter den Versicherungsverträgen, über die das Versicherungsunternehmen verfügt, gewissermaßen der „einzige seiner Art“ ist. Besondere Bedeutung kommt der Teilbestandsübertragung grundsätzlich dann zu, wenn es sich bei dem übertragenden Versicherungsunternehmen um einen VVaG handelt.142 Bei den in dieser Arbeit ausschließlich untersuchten Übertragungen zwischen Aktiengesellschaften ist die präzise Abgrenzung etwaiger Teilbestände insbesondere für die Festlegung der angemessenen Gegenleistung bei der Übertragung von Teilbeständen durch Lebensversicherungsunternehmen aufgrund des regelmäßig bestehenden Rechts der Versicherten auf Überschussbeteiligung von Bedeutung.143 3. Immaterielles Wirtschaftsgut Durch das Institut der Bestandsübertragung wie auch durch die übrigen Übertragungsmöglichkeiten wird es den Versicherungsunternehmen ermöglicht beziehungsweise erleichtert, Versicherungsverträge – sowohl innerstaatlich als auch grenzüberschreitend – als Gesamtheit zu veräußern oder zu erwerben. Damit werden Versicherungsbestände innerhalb des Europäischen Binnenmarktes fungibel.144 Einem Versicherungsbestand kommt – obschon grundsätzlich ungeachtet dieser Fungibilität, durch selbige jedoch auch als eigenständiger Übertragungsgegenstand – ein gewisser Vermögenswert zu;145 er stellt einen immateriellen Vermögensgegenstand im Sinne des § 341b Abs. 1 S. 1 HGB, mithin ein sogenanntes immaterielles Wirtschaftsgut146 dar. Der für den Erwerb eines Versicherungsbestands aufzuwendende Kaufpreis ist bei dem übernehmenden Unternehmen als sonstiger
142 Siehe dazu für innerstaatliche Übertragungen von VVaG schon Entzian/Schleifenbaum, ZVersWiss 1996, 521 (528) m. w. Nachw. Danach ist ein VVaG nach Übertragung seines gesamten Bestands mangels Mitglieder zwingend aufzulösen und sein Vermögen zu verteilen. Soll diese Folge vermieden werden, muss somit jedenfalls ein Teilbestand bei dem Verein verbleiben. Ausführlich zu dieser Thematik Gattineau, Die Gegenleistung bei Übergang von Versicherungsverträgen eines VVaG auf einen anderen Versicherer im Wege der Teilbestandsübertragung (1999). 143 Dazu Schwintowski, VuR 2005, 321 (323). 144 Vgl. Bälz/Kuntz, VersR 2005, 310 (311). 145 Vgl. Michael/Payandeh, NJW 2015, 2392 (2397); Ellenbürger/Hammers, in: MünchKomm-Bilanzrecht, 1. Aufl. (2013), Rn. 28 f; Entzian/Schleifenbaum, ZVersWiss 1996, 521 (526). 146 Görg, VVaG Gleichordnungskonzern und Umstrukturierung (2003), S. 82.
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immaterieller Vermögensgegenstand (Bestandswert) zu aktivieren und abzuschreiben.147
III. Übertragungsformen und Übertragungsmechanismen Die grenzüberschreitende Übertragung von Versicherungsbeständen kann nicht nur aus verschiedenen Gründen148, sondern auch auf einer Vielzahl von Wegen erfolgen. Die Versicherungsbranche bedient sich der von der Rechtsordnung bereitgestellten Gestaltungsmöglichkeiten dabei nach marktwirtschaftlichen Kriterien.149 Nachfolgend wird zunächst ein Überblick über die im Wesentlichen zur Verfügung stehenden Übertragungsformen und -mechanismen gegeben.150 Gerade die Unterscheidung der Übertragungsformen ist von Bedeutung, da je nach Zielsetzung im Einzelfall eine geplante Unternehmensumstrukturierung auf unterschiedliche rechtliche Weise realisiert werden kann. In solchen Fällen ist aus Unternehmenssicht regelmäßig nicht nur ein ökonomischer, sondern auch ein rechtlicher Günstigkeitsvergleich vorzunehmen. Soweit dieselbe wirtschaftliche Zielsetzung auf unterschiedliche juristische Weise umgesetzt werden kann, stellt sich aus aufsichtsrechtlicher Sicht die Frage, ob eine einheitliche Aufsichtspraxis für die verschiedenen Übertragungsformen gewährleistet ist oder eine unterschiedliche Aufsichtsintensität je nach Übertragungsform gerechtfertigt sein kann. Grundlegend zu unterscheiden sind zunächst die zwei Übertragungsformen des versicherungsrechtlichen Spezialinstituts der Bestandsübertragung151 und der Übertragung eines Versicherungsbestands im Rahmen einer durch allgemeine gesellschaftsrechtliche – insbesondere umwandlungsrechtliche – Instrumente bewirkten (partiellen) Universalsukzession. Während bei ersterer gewissermaßen isoliert ein Versicherungsbestand samt der damit verbundenen Rechte und Pflichten von einem Versicherungsunternehmen auf ein anderes über nationale Grenzen hinweg innerhalb des EWR übertragen wird, erfolgt bei letzterer eine grenzüberschreitende Unternehmensumstrukturierung, in deren Folge der Bestand des übertragenden Versicherungsunternehmens auf das übernehmende Versicherungsunternehmen gewissermaßen „mit übergeht“. Innerhalb der zwei vorgenannten Über147
Diehl, VersR 2000, 268 (269) m. w. Nachw. Zu den Motiven für grenzüberschreitende Umstrukturierungen von Versicherungsunternehmen nachfolgend Teil 1, C. 149 Siehe bereits Hasselbach/Komp, VersR 2005, 1651; dies gilt zwischenzeitlich umso mehr, da im vergangenen Jahrzehnt weitere Gestaltungsmöglichkeiten hinzugekommen sind. 150 Auch die im Hauptteil dieser Arbeit erfolgende Analyse wird sich auf diese wesentlichen Übertragungsformen und -mechanismen beschränken und erhebt nicht den Anspruch sämtliche denkbaren Umstrukturierungsformen von Versicherungsunternehmen abschließend darzustellen. 151 In Abgrenzung zu anderen – insbesondere umwandlungsrechtlichen – Übertragungsmechanismen teilweise auch als Bestandsübertragung im engeren Sinne bezeichnet, vgl. etwa BT-Drs. 17/2249, S. 97. 148
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Teil 1: Grundlegende Einführung in die Thematik
tragungsformen gibt es – abhängig von der Rechtsform der beteiligten Versicherungsunternehmen und der Art der zu übertragenden Versicherungsbestände – verschiedene gesetzliche Übertragungsmechanismen. Für bestimmte Konstellationen bietet sich daneben eine dritte Übertragungsform an, die streng genommen jedoch keine Übertragung eines Versicherungsbestands im engeren Sinne beinhaltet. Es handelt sich dabei um Fälle identitätswahrender grenzüberschreitender Sitzverlegung von Versicherungsunternehmen. Eine solche grenzüberschreitende Sitzverlegung führt dazu, dass das vormals der inländischen Versicherungsaufsichtsbehörde unterstehende Versicherungsunternehmen sich der (Finanz-)Aufsichtskompetenz dieser Behörde weitgehend entzieht und der insoweit zuständigen Aufsichtsbehörde des Zuzugsstaates unterstellt wird. Aus aufsichtsrechtlicher Sicht handelt es sich dabei folglich um einen der grenzüberschreitenden Übertragung vergleichbaren „grenzüberschreitenden Übergang“ von Versicherungsbeständen, weshalb diese Migrationsmechanismen als grenzüberschreitende Übertragung im weiteren Sinne im Rahmen dieser Arbeit ebenfalls untersucht werden. 1. Spezialgesetzlich geregelte Bestandsübertragung Bisweilen erfolgt die grenzüberschreitende Übertragung von Erstversicherungsoder Rückversicherungsbeständen in der Praxis überwiegend im Wege einer der im VAG normierten Mechanismen der Bestandsübertragung. Es handelt sich bei einer Bestandsübertragung nach dem VAG um eine spezialgesetzlich geregelte Übertragung einer Gesamtheit von Versicherungsverträgen.152 Die Übertragung eines Versicherungsbestands erfolgt danach jedoch gewissermaßen isoliert, weil durch das Institut der Bestandsübertragung grundsätzlich nur die Position aus den einen Versicherungsbestand ausmachenden Verträgen übertragen wird. Mithin werden ausschließlich die durch diese Versicherungsverträge begründeten Rechte und Pflichten von der Übertragung erfasst.153 Etwaige, die Bestandsübertragung – wirtschaftlich – begleitende Vermögensgegenstände (Bedeckungswerte) gehen nicht automatisch
152
Vgl. etwa Kaufmann, VersR 1998, 166 m. w. Nachw. Siehe nur Louven, in: Düsseldorfer Vorträge zum Versicherungsrecht (2015), S. 97 (114 f.) m. w. Nachw. Zutreffend für die Zulässigkeit einer derart isolierten Übertragung von Versicherungsbeständen ohne Bedeckungswerte mit Verweis auf die in der Literatur vertretene gegenteilige Ansicht auch Seemayer, Grenzüberschreitende Übertragung von Erst- und Rückversicherungsbeständen (2016), S. 124 f. Für die Zwecke dieser Arbeit ist insoweit festzuhalten, dass auch die dort zitierte entgegenstehende Ansicht nicht etwa eine Übertragung von Bedeckungswerten durch das Institut der Bestandsübertragung zu begründen vermag. Vielmehr setzt sie die Verpflichtung zu deren Mitübertragung voraus. Ungeachtet der Frage des Bestehens einer derartigen Verpflichtung hat eine solche Übertragung jedoch durch eine weitere – eigenständige – vertragliche Abrede zu erfolgen, vgl. Louven, in: Düsseldorfer Vorträge zum Versicherungsrecht (2015), S. 97 (115). 153
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mit über.154 Aufgrund der Übertragung einer Gesamtheit von Verträgen handelt es sich dogmatisch nicht um den klassischen Fall einer Singularsukzession im Wege der Einzelrechts- und Einzelschuldnachfolge.155 Vielmehr steht die spezialgesetzlich normierte Bestandsübertragung als isolierte Übertragung eines Versicherungsbestands gewissermaßen zwischen der Einzelrechts- und Einzelschuldnachfolge nach klassischem Verständnis und der Universalsukzession.156 a) Grenzüberschreitende Bestandsübertragung allgemein Den Ausgangspunkt bei der Betrachtung der versicherungsaufsichtsrechtlichen Mechanismen der grenzüberschreitenden Bestandsübertragung bildet § 13 Abs. 1 VAG (§ 14 Abs. 1 VAG a. F.). Nach dieser Vorschrift bedarf jeder Vertrag, durch den der Versicherungsbestand eines Erstversicherungsunternehmens ganz oder teilweise auf ein anderes Versicherungsunternehmen übertragen werden soll, der Genehmigung derjenigen Aufsichtsbehörden, die für die beteiligten Unternehmen zuständig sind.157 Dies gilt unproblematisch für die Fälle der innerstaatlichen Bestandsübertragung, in denen die beteiligten Versicherungsunternehmen ausschließlich der deutschen Versicherungsaufsicht unterstehen. Erfasst werden von § 13 Abs. 1 VAG (§ 14 Abs. 1 VAG a. F.) grundsätzlich aber auch Fälle grenzüberschreitender Be-
154 Diehl/Seemayer, in: Brand/Baroch Castellvi, 1. Aufl. (2018), § 13 Rn. 65, 69 ff.; Kaulbach, in: FKBP, 5. Aufl. (2012), § 14 Rn. 7; Louven, in: Düsseldorfer Vorträge zum Versicherungsrecht (2015), S. 97 (114) m. w. Nachw. Gleichwohl wird in diesem Zusammenhang ebenfalls von partieller Universalsukzession gesprochen, vgl. etwa Rüdt, in: Bähr, Hdb. Versicherungsaufsichtsrecht (2011), § 14 Rn. 4; Koerfer, in: Semler/Stengel, 3. Aufl. (2012), Anhang § 119 UmwG Rn. 75; Bälz/Kuntz, VersR 2005, 310; Entzian/Schleifenbaum, ZVersWiss 1996, 521 (522) m. w. Nachw. 155 Eine individualvertragliche Übertragung einzelner Versicherungsverträge nach allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätzen – insbesondere mit Zustimmung des jeweiligen Versicherungsnehmers – bleibt von den Regelungen zur Bestandsübertragung unberührt und steht folglich grundsätzlich als weitere Übertragungsform zur Verfügung, vgl. etwa Wolf, VersR 2008, 1441 (1444 f.); Bürkle, VersR 2008, 1590. Sie stellt jedoch eine eher theoretische Alternative dar, vgl. bereits Scholz, VersR 1997, 1070 (1072), die jedenfalls nicht für die Übertragung einer Gesamtheit von Verträgen in Betracht kommt. 156 So erstmals – soweit ersichtlich – Sieg, VersR 1979, 485. Die Wirkungen der Bestandsübertragung werden zum Teil mit den Wirkungen der Spaltung nach § 123 UmwG gleichgesetzt, vgl. etwa Scholz, VersR 1997, 1070 m. w. Nachw. Diese Gleichstellung ist unzutreffend. Richtig ist vielmehr, dass sich eine Bestandsübertragung zwar bei entsprechender Gestaltung im Ergebnis auch durch eine Spaltung insbesondere in Form der Ausgliederung erreichen lässt, vgl. etwa Entzian/Schleifenbaum, ZVersWiss 1996, 521 (527 f.). Grundsätzlich sind die Rechtswirkungen der Spaltung jedoch weiter als diejenigen der Bestandsübertragung. 157 Ob damit dogmatisch die Möglichkeit der Übertragung erst geschaffen wird, oder lediglich an eine auch ohne dies bestehende rechtliche Übertragungsmöglichkeit ein Genehmigungserfordernis geknüpft wird, ist bislang nicht abschließend geklärt, vgl. Kaulbach, in: FKBP, 5. Aufl. (2012), § 14 Rn. 3.
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standsübertragungen, in denen wenigstens eines der beteiligten Versicherungsunternehmen der deutschen Aufsicht untersteht.158 b) Grenzüberschreitende Bestandsübertragung innerhalb des EWR Soweit es die in dieser Arbeit untersuchten grenzüberschreitenden Übertragungen von Versicherungsbeständen innerhalb des EWR betrifft, wurde im Zuge der Harmonisierung des europäischen Versicherungsaufsichtsrechts nach Maßgabe von – nunmehr – Art. 39 Solvency II im VAG jedoch eine Vielzahl spezieller Übertragungsmechanismen eingeführt. Das von § 13 Abs. 1 S. 1 VAG (§ 14 Abs. 1 S. 1 VAG a. F.) statuierte Erfordernis der Genehmigung durch die für die beteiligten Versicherungsunternehmen jeweils zuständigen Aufsichtsbehörden, mithin das regelmäßig parallele oder subsequente Genehmigungsverfahren durch verschiedene – hier: verschiedenstaatliche – Versicherungsaufsichtsbehörden ein und desselben Vorgangs, wurde für eine Vielzahl innereuropäischer Bestandsübertragungskonstellationen modifiziert. Ob diese Modifikation mit Blick auf innereuropäische grenzüberschreitende Bestandsübertragungen zu einer Vereinheitlichung des grenzüberschreitenden Verwaltungsverfahrens geführt hat, gilt es zu untersuchen. Jedenfalls aber wurde die Übersichtlichkeit der für den jeweiligen Vorgang geltenden Vorschriften beeinträchtigt, da nunmehr die verschiedenen Konstellationen von quer durch das VAG verstreuten Normen erfasst werden.159 § 13 Abs. 2 S. 1 VAG (§ 14 Abs. 2 S. 1 VAG a. F.) erfasst grenzüberschreitende Bestandsübertragungen inländischer Erstversicherungsunternehmen, soweit es sich bei den der Bestandsübertragung zugrundeliegenden Versicherungsverträgen um solche handelt, die das übertragende Unternehmen nach § 57 VAG (§ 13a VAG a. F.) im EWR – außerhalb Deutschlands – durch eine Zweigniederlassung oder im Dienstleistungsverkehr abgeschlossen hat.160 Für grenzüberschreitende Übertragungen der im Inland erworbenen Versicherungsbestände inländischer Erstversicherungsunternehmen in andere Mitglied- oder Vertragsstaaten gilt § 13 Abs. 2 S. 3 VAG (§ 14 Abs. 2 S. 3 VAG a. F.).161 Bestandsübertragungen von EWR-ausländischen Erstversicherungsunternehmen erfasst § 63 Abs. 1 S. 1 VAG (§ 111d S. 1 VAG a. F.), soweit die zu übertragenden Bestände gemäß § 61 Abs. 1 VAG (§ 110a Abs. 1 VAG a. F.) durch eine Niederlassung oder im Dienstleistungsverkehr im In-
158
Kaulbach, in: FKBP, 5. Aufl. (2012), § 14 Rn. 14. Ebenso Seemayer, Grenzüberschreitende Übertragung von Erst- und Rückversicherungsbeständen (2016), S. 152. 160 Vgl. Seemayer, Grenzüberschreitende Übertragung von Erst- und Rückversicherungsbeständen (2016), S. 226, 229. 161 Vgl. Seemayer, Grenzüberschreitende Übertragung von Erst- und Rückversicherungsbeständen (2016), S. 129. 159
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land abgeschlossen wurden.162 Überträgt ein EWR-ausländisches Erstversicherungsunternehmen lediglich solche Bestände, die zwar gemäß § 61 Abs. 1 VAG (§ 110a Abs. 1 VAG a. F.) durch eine Zweigniederlassung in Deutschland abgeschlossene Versicherungsverträge enthalten, aber keine im Inland belegenen Risiken abdecken, hat die deutsche Versicherungsaufsichtsbehörde gemäß § 63 Abs. 2 VAG (§ 111d S. 3 VAG a. F.) zum Vertrag lediglich Stellung zu nehmen.163 Die Übertragung von Versicherungsbeständen von einem inländischen Rückversicherungsunternehmen auf ein anderes Versicherungsunternehmen mit Sitz in einem Mitgliedoder Vertragsstaat regelt § 166 Abs. 1 S. 1 VAG (§ 121f Abs. 1 S. 1 VAG a. F.).164 Darüber hinaus erfasst § 166 Abs. 2 S. 1 VAG (§ 121f Abs. 2 S. 1 VAG a. F.) die Übertragung des Bestands eines inländischen Rückversicherungsunternehmens auf eine Niederlassung eines Versicherungsunternehmens eines Drittstaates.165 Übertragungen des Versicherungsbestands von der inländischen Niederlassung eines Versicherungsunternehmens eines Drittstaates auf eine andere inländische Drittstaaten-Niederlassung oder ein Versicherungsunternehmen im EWR erfasst schließlich § 73 VAG (§§ 108, 121i Abs. 4 VAG a. F.).166 2. Gesellschaftsrechtlich bewirkte Universalsukzession Neben den vorgenannten spezialgesetzlich geregelten Übertragungsmechanismen der Bestandsübertragung kann ein Versicherungsbestand auch im Rahmen der (partiellen) Universalsukzession insbesondere einer gesellschaftsrechtlichen Umwandlung eines Versicherungsunternehmens übertragen werden.167 Grundsätzlich bedarf auch die Umwandlung eines Versicherungsunternehmens nach dem UmwG ausweislich § 14 Abs. 1 S. 1 VAG (§ 14a S. 1 VAG a. F.) und § 166 162 Vgl. Seemayer, Grenzüberschreitende Übertragung von Erst- und Rückversicherungsbeständen (2016), S. 235 f. 163 Vgl. Seemayer, Grenzüberschreitende Übertragung von Erst- und Rückversicherungsbeständen (2016), S. 236. 164 Vgl. Seemayer, Grenzüberschreitende Übertragung von Erst- und Rückversicherungsbeständen (2016), S. 226 f., 229 f. 165 Vgl. Seemayer, Grenzüberschreitende Übertragung von Erst- und Rückversicherungsbeständen (2016), S. 232. 166 Vgl. Seemayer, Grenzüberschreitende Übertragung von Erst- und Rückversicherungsbeständen (2016), S. 231, 242. 167 Zum Teil wird darauf hingewiesen, dass jedenfalls im Rahmen der Verschmelzung das privatrechtliche Element der Übertragung fehle, da in diesem Fall der Versicherungsbestand im Wege der Universalsukzession automatisch übergehe, vgl. Zens, Zusammenarbeit der Versicherungsaufsichtsbehörden (2005), S. 354 m w. Nachw. Dies soll die Verwendung des Begriffs Übertragung hier indes nicht hindern. Zum einen enthält § 2 UmwG selbst den Begriff übertragender Rechtsträger, zum anderen wird dieser Begriff auch in den einschlägigen Kommentierungen verwendet, vgl. insoweit nur Stengel, in: Semler/Stengel, 3. Aufl. (2012), § 2 UmwG Rn. 35 f. (für die Verschmelzung); Stengel, in: Semler/Stengel, 3. Aufl. (2012), § 123 UmwG Rn. 3 ff. (für die Spaltung); Koerfer, in: Semler/Stengel, 3. Aufl. (2012), Anhang § 119 UmwG Rn. 7 (für die Vermögensübertragung).
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Abs. 3 S. 1 VAG (§ 121f Abs. 3 S. 1 VAG a. F.) der Genehmigung der Aufsichtsbehörde. Für innerstaatliche Umwandlungen sieht § 1 Abs. 1 UmwG die Umwandlungsarten der Verschmelzung, der Spaltung, der Vermögensübertragung und des Formwechsels vor.168 Mit Ausnahme des Formwechsels, bei dem der Rechtsträger insoweit lediglich eine andere Rechtsform erhält, kann es bei den genannten Umwandlungsarten auch zur Übertragung eines Versicherungsbestands von einem Versicherungsunternehmen auf ein anderes kommen.169 Denn abhängig von der Umwandlungsart erfolgt die Übertragung des Vermögens des übertragenden Unternehmens bei einer Verschmelzung gemäß §§ 2, 20 UmwG im Wege der Universalsukzession „als Ganzes“ oder bei einer Spaltung gemäß §§ 123, 131 UmwG im Wege der partiellen Universalsukzession, das heißt als Übertragung von Vermögensteilen „als Gesamtheit“.170 Von dieser Rechtsfolge können auch Versicherungsbestände erfasst werden. Dabei beseitigt das UmwG durch Anordnung einer Universalsukzession grundsätzlich jedes Veto-Recht von Gläubigern und Vertragspartnern, die ansonsten durch Zustimmungsverweigerung aufgrund von § 415 BGB die Rechtsnachfolge verhindern könnten.171 Soweit es grenzüberschreitende Sachverhalte betrifft, hat der Gesetzgeber bisweilen ausschließlich die Umwandlungsart der grenzüberschreitenden Verschmelzung in §§ 122a ff. UmwG kodifiziert.172 Hinsichtlich der übrigen Umwandlungsarten ist – soweit sie grenzüberschreitende Bezüge aufweisen – die einschlägige Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zu berücksichtigen. Ein zusätzlicher Übertragungsmechanismus mit Universalsukzession findet sich schließlich in den Vorschriften der SE-VO über die Gründung einer SE durch Verschmelzung. a) Grenzüberscheitende Verschmelzung nach dem UmwG Die grenzüberschreitende Verschmelzung von Versicherungsunternehmen ist in der Vergangenheit bereits mehrfach durchgeführt worden und hat neben Bestandsübertragungen in der Praxis deutlich an Bedeutung gewonnen.173 § 14 Abs. 1 S. 1 VAG (§ 14a S. 1 VAG a. F.) i. V. m. § 122a Abs. 1 UmwG regelt die grenzüber168 Dazu Präve, in: Prölss, 12. Aufl. (2005), § 14a Rn. 2 ff. Eingehend zu den innerstaalichen Umwandlungsarten von Versicherungsunternehmen Schmid, Bestandsübertragung und Umwandlung von Versicherungsunternehmen (2010), Rn. 623 ff. 169 Vgl. Entzian/Schleifenbaum, ZVersWiss 1996, 521 (523 ff.). Beachte aber zur Besonderheit der nunmehr eröffneten Möglichkeit eines grenzüberschreitenden Formwechsels Teil 1, B.III.3.b). 170 Vgl. Stengel, in: Semler/Stengel, 3. Aufl. (2012), § 123 UmwG Rn. 6. Entsprechendes gilt für Vermögensübertragungen, deren Rechtsfolge sich ausweislich §§ 176, 177 UmwG in Abhängigkeit davon, ob es sich um eine Vollübertragung oder Teilübertragung handelt, nach den Verschmelzungs- respektive Spaltungsvorschriften richtet. 171 Rieble, ZIP 1997, 301. 172 Bayer, in: Lutter, Bd. I, 5. Aufl. (2014), § 122a UmwG Rn. 2 f.; Heckschen, in: Widmann/Mayer, 158. EL (2016), Vorbem. §§ 122a ff. UmwG Rn. 85. 173 Vgl. etwa Louven, in: Düsseldorfer Vorträge zum Versicherungsrecht (2015), S. 97 (98).
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schreitende Verschmelzung von Erstversicherungsunternehmen; für grenzüberschreitende Verschmelzungen von Rückversicherungsunternehmen gilt § 166 Abs. 3 S. 1 VAG (§ 121f Abs. 3 S. 1 VAG a. F.) i. V. m. § 122a Abs. 1 UmwG. Erfasst werden jeweils Verschmelzungen, an denen mindestens eine Gesellschaft aus einem anderem Mitglied- oder Vertragsstaat beteiligt ist. Die Normen gelten für Verschmelzungen inländischer Versicherungsunternehmen auf EWR-ausländische Versicherungsunternehmen (Hinausverschmelzung) sowie für Verschmelzungen EWR-ausländischer Versicherungsunternehmen auf inländische Versicherungsunternehmen (Hineinverschmelzung). b) Grenzüberschreitende Umstrukturierungen außerhalb des UmwG Mangels Kodifizierung war die Frage der Zulässigkeit nicht vom UmwG erfasster grenzüberschreitender Umstrukturierungen bereits mehrfach Gegenstand von Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs. Der Gerichtshof hat die Zulässigkeit solcher Umstrukturierungen auch ohne entsprechende Regelungen im nationalen Recht oder im europäischem Sekundärrecht Schritt für Schritt bestätigt. Der umfangreichen Rechtsprechung lässt sich dabei tendenziell entnehmen, dass Umstrukturierungen, die inländischen Gesellschaften zur Verfügung stehen, grundsätzlich auch in grenzüberschreitenden Konstellationen zugelassen werden müssen.174 Soweit derartige Umstrukturierungen zugelassen werden müssen, aber im UmwG keine entsprechende Regelung finden, stellt sich die Frage der aufsichtsrechtlichen Behandlung, wenn Versicherungsunternehmen beteiligt sind und Versicherungsbestände auf diese Weise grenzüberschreitend übertragen werden. Das in § 14 Abs. 1 S. 1, § 166 Abs. 3 S. 1 VAG (§ 14a S. 1, § 121f Abs. 3 S. 1 VAG a. F.) statuierte Genehmigungserfordernis für Umwandlungen von Versicherungsunternehmen nach dem UmwG kann in solchen Fällen jedenfalls dem Wortlaut nach nicht eingreifen. Bei der Gründung einer Versicherungs-SE stellt sich die Frage der gesellschaftsrechtlichen Zulässigkeit nicht. Auch insoweit mangelt es jedoch an einem ausdrücklichen Genehmigungsvorbehalt im VAG mit der Folge, dass die aufsichtsrechtliche Behandlung einer solchen Umstrukturierung bislang nicht gesichert ist. aa) Grenzüberschreitende Spaltung Wenn auch bislang weder im UmwG geregelt noch von einer entsprechenden Richtlinie erfasst, sind grenzüberschreitende Spaltungen aufgrund der im europäischen Primärrecht verbürgten Niederlassungsfreiheit als zulässig anzusehen.175 Die grenzüberschreitende Übertragung von Versicherungsbeständen kommt somit 174
Dazu insbesondere Teil 4, B.; Teil 4, E. Ausführlich zuletzt Kleba, RNotZ 2016, 273 (275 f.) m. w. Nachw.; siehe dazu insbesondere Teil 4, B.IV. 175
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Teil 1: Grundlegende Einführung in die Thematik
grundsätzlich auch im Wege der drei Spaltungsarten Aufspaltung, Abspaltung und Ausgliederung in Betracht. bb) Grenzüberschreitende Vermögensübertragung Während sich zur Frage der Zulässigkeit grenzüberschreitender Verschmelzungen und Spaltungen eine Fülle von Rechtsprechung und Literatur findet, wird die Möglichkeit der grenzüberschreitenden Vermögensübertragung nicht explizit diskutiert. Die Vermögensübertragung kann in den zwei Arten der Vollübertragung und der Teilübertragung erfolgen. Bei einer Vollübertragung finden gemäß § 176 UmwG die Vorschriften über die Verschmelzung Anwendung; bei einer Teilübertragung gemäß § 177 UmwG diejenigen der Spaltung.176 Soweit grenzüberschreitende Verschmelzung und Spaltung für zulässig zu erachten sind, dürfte daher für eine grenzüberschreitende Vermögensübertragung im Ergebnis grundsätzlich nichts anderes gelten.177 cc) Gründung einer SE durch Verschmelzung nach der SE-VO Die Gründung einer SE kann grundsätzlich auf unterschiedliche Weise erfolgen.178 Für diese Arbeit von Interesse ist jedoch nur die Gründung einer SE durch Verschmelzung gemäß Art. 2 Abs. 1 SE-VO.179 Denn ähnlich der grenzüberschreitenden Verschmelzung durch Neugründung180 im Sinne der §§ 2, 122a UmwG können nach Art. 2 Abs. 1 SE-VO zwei oder mehr Aktiengesellschaften im Sinne des Anhangs I der SE-VO, von denen mindestens zwei dem Recht verschiedener Mitglied- oder Vertragsstaaten unterliegen, miteinander verschmolzen werden und dadurch eine SE gründen. Diese Form der Verschmelzung erfolgt indes direkt nach 176 Dazu im rein innerstaatlichen Kontext Entzian/Schleifenbaum, ZVersWiss 1996, 521 (525 f.). 177 Dazu Teil 4, C. 178 Dies sind die Gründung durch Verschmelzung (Art. 2 Abs. 1 SE-VO), die Gründung einer Holding-SE (Art. 2 Abs. 2 SE-VO), die Gründung einer Tochter-SE (Art. 2 Abs. 3 SE-VO), die Umwandlung in eine SE (Art. 2 Abs. 4 SE-VO; allerdings nicht grenzüberschreitend wegen Art. 37 Abs. 3 SE-VO, vgl. Schröder, in: Manz/Mayer/Schröder, SE, 2. Aufl. (2010), Art. 37 SE-VO Rn. 9 bis 11) und die Gründung einer Tochter-SE durch eine bereits bestehende SE (Art. 3 Abs. 2 SE-VO). 179 Siehe dazu Teil 4, A. Eine der SE-Gründung durch Verschmelzung im Ergebnis nahekommende Gestaltung stellt die (innerstaatliche) SE-Umwandlung gemäß Art. 2 Abs. 4 SE-VO mit anschließender grenzüberschreitender Sitzverlegung nach Art. 8 SE-VO dar, vgl. Louven, in: Düsseldorfer Vorträge zum Versicherungsrecht (2015), S. 97 (105). Dabei handelt es sich indes um zwei voneinander zu unterscheidende Vorgänge. Hinsichtlich der zunächst erfolgenden SE-Umwandlung siehe Louven/Ernst, BB 2014, 323. Maßgeblich für den grenzüberschreitenden Übergang der Versicherungsbestände ist die sich an die SE-Umwandlung anschließende Sitzverlegung. Siehe dazu Teil 1, B.III.3.a); Teil 4, D. 180 Zur Verschmelzung durch Neugründung Stengel, in: Semler/Stengel, 3. Aufl. (2012), § 2 UmwG Rn. 28 ff.
B. Terminologische Grundlagen
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Maßgabe der unmittelbar anwendbaren SE-VO. Da es sich somit nicht um eine Umwandlung nach Maßgabe des UmwG handelt, greifen auch hier die Genehmigungsvorbehalte aus § 14 Abs. 1 S. 1, § 166 Abs. 3 S. 1 VAG (§ 14a S. 1, § 121f Abs. 3 S. 1 VAG a. F.) jedenfalls dem Wortlaut nach nicht ein. 3. Identitätswahrende Migration (Übertragung im weiteren Sinne) Die innergemeinschaftliche Mobilität von Unternehmen ist in den vergangenen Jahren kontinuierlich gestiegen. Entscheidenden Anteil daran hatte zunächst die SE-VO mit der Möglichkeit der freien Sitzverlegung innerhalb des EWR.181 Nach der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs in Sachen VALE ist dieses Mobilitätsprivileg der SE indes weitgehend geschmälert. Denn nunmehr kommt im Ergebnis grundsätzlich auch für andere Kapitalgesellschaften – hier insbesondere Versicherungs-Aktiengesellschaften – eine grenzüberschreitende Sitzverlegung in Betracht. Soweit es Versicherungsunternehmen danach nunmehr möglich ist, ihren Sitz innerhalb des EWR über nationale Grenzen hinweg zu verlegen, kann es auch auf diesem Wege zu einem „grenzüberschreitenden Übergang“ von Versicherungsbeständen kommen. Sowohl aus Sicht der Versicherungsaufsicht, als auch aus der Sicht der Versicherten besteht bei einem solchen Vorgang jedenfalls eine faktische Nähe zu grenzüberschreitenden Bestandsübertragungen und grenzüberschreitenden Verschmelzungen von Versicherungsunternehmen. Ausdrückliche aufsichtsrechtliche Regelungen bestehen für derartige Vorgänge jedoch nicht. a) Grenzüberschreitende Sitzverlegung einer SE Die SE-VO ermöglicht Unternehmen nicht nur die grenzüberschreitende Gründung einer SE, sondern sieht für die einmal gegründete SE ferner die Möglichkeit vor, ihren Sitz in einen anderen Mitglied- oder Vertragsstaat zu verlegen. Gemäß Art. 8 Abs. 1 S. 2 SE-VO führt eine solche Sitzverlegung weder zur Auflösung der SE noch zur Neugründung einer neuen juristischen Person im Zuzugsstaat. Mit anderen Worten erfolgt die Sitzverlegung identitätswahrend. Die SE unterliegt infolge der Sitzverlegung jedoch dem Recht des Zuzugsstaates. Soweit eine Versicherungs-SE ihren Sitz über die Grenze in einen anderen Mitglied- oder Vertragsstaat verlegt, ist daher auch zu untersuchen, welches Aufsichtsrecht insoweit maßgeblich ist und wie ein etwaiger Wechsel der Zuständigkeit von der nationalen Aufsichtsbehörde zu der Aufsichtsbehörde des Zuzugsstaates abläuft. b) Grenzüberschreitender Formwechsel Nach der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs in Sachen VALE ist nunmehr auch der grenzüberschreitende Formwechsel bei gleichzeitiger Änderung 181
Schäfer, NZG 2004, 785 (789).
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Teil 1: Grundlegende Einführung in die Thematik
des Satzungs- und Verwaltungssitzes (Hinausformwechsel und Hineinformwechsel) zulässig, sofern sowohl der Wegzugstaat als auch der Zuzugsstaat die Möglichkeit des Formwechsels für inländische Gesellschaften vorsehen.182 Der innerstaatliche Formwechsel sieht grundsätzlich keine Übertragung von Vermögenswerten jeglicher Art vor, sondern führt regelmäßig lediglich zu einer Änderung des Rechtskleids der Trägergesellschaft.183 Dies gilt grundsätzlich auch für den grenzüberschreitenden Formwechsel. Der grenzüberschreitende Formwechsel beinhaltet indes neben dem – den innerstaatlichen Formwechsel allein ausmachenden – Wechsel der Rechtsform zwingend auch eine Verlegung des Satzungsund Verwaltungssitzes vom Wegzugsstaat in den Zuzugsstaat.184 Damit bekommt der grenzüberschreitende Formwechsel im Vergleich zum innerstaatlichen Formwechsel eine zusätzliche Dimension, die sich am ehesten mit der grenzüberschreitenden Sitzverlegung der SE vergleichen lässt. Auch im Zusammenhang des grenzüberschreitenden Formwechsels erfolgt daher – soweit Versicherungsunternehmen betroffen sind – zwar keine Übertragung von Versicherungsbeständen im engeren Sinne. Aufgrund des faktischen grenzüberschreitenden Übergangs von Versicherungsbeständen im Rahmen einer solchen Umstrukturierung stellen sich aber ganz ähnliche Fragen wie bei der grenzüberschreitenden Sitzverlegung der SE. 4. Wesentliche Unterschiede und Gemeinsamkeiten Die vorstehend überblicksartig vorgestellten Übertragungsformen unterscheiden sich im Wesentlichen in der Art beziehungsweise der Reichweite ihrer Rechtsnachfolge. So gehen bei Bestandsübertragungen etwaige die Übertragung wirtschaftlich begleitende Vermögensgegenstände nicht automatisch mit über.185 Dies stellt einen wesentlichen Unterschied zu den gesellschaftsrechtlichen Übertragungsmechanismen mit (partieller) Universalsukzession dar. Denn das UmwG sieht eine im Vergleich mit der Bestandsübertragung regelmäßig weiterreichende Rechtsnachfolge vor.186 Abhängig von der Umwandlungsart erfolgt eine Übertragung des Vermögens „als Ganzes“ oder eine Übertragung von Vermögensteilen „als Gesamtheit“. Soweit es die Verschmelzung betrifft, liegt der Unterschied zu einer Bestandsübertragung aufgrund der grundsätzlich sämtliche Rechtspositionen des übertragenden Versicherungsunternehmens erfassenden Universalsukzession insoweit auf der Hand.187 Soweit es insbesondere Spaltungen betrifft, ist es hingegen 182
Schröder/Fischer, VersR 2013, 686. Ausführlich dazu Teil 4, E. Entzian/Schleifenbaum, ZVersWiss 1996, 521 (523; dort Fn. 7). 184 Regelmäßig wird dabei die Verlegung des Satzungs- und Hauptverwaltungssitzes das eigentliche Ziel der Unternehmen und der Wechsel in die entsprechende Rechtsform des Zuzugsstaates bloß deren Folge sein. 185 Kaulbach, in: FKBP, 5. Aufl. (2012), § 14 Rn. 7. 186 Hasselbach/Komp, VersR 2005, 1651 (1659). 187 Vgl. Schmid, Bestandsübertragung und Umwandlung von Versicherungsunternehmen (2010), Rn. 6. 183
B. Terminologische Grundlagen
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wichtig, sich die Unterschiede der partiellen Universalsukzession nach § 123 UmwG und der teilweise als ebensolche bezeichneten188 Übertragung von Rechten und Pflichten aus den Versicherungsverträgen nach § 13 Abs. 5 Hs. 1, § 166 Abs. 1 S. 4 Hs. 1 VAG (§ 14 Abs. 5 Hs. 1, § 121f Abs. 1 S. 4 Hs. 1 VAG a. F.) zu verdeutlichen.189 In beiden Fällen handelt es sich zwar nicht um eine klassische Einzelrechtsund Einzelschuldnachfolge. Vielmehr betreffen die angeordneten Rechtsfolgen jeweils Gesamtheiten. Indes unterscheiden sich die insoweit erfassten beziehungsweise erfassbaren Gesamtheiten, sodass sich im Ergebnis die Reichweite der Rechtsnachfolge unterscheiden kann. Denn bei der Bestandsübertragung werden von der gesetzlich angeordneten automatischen Rechtsnachfolge ausschließlich die Rechte und Pflichten aus den einzelnen Versicherungsverträgen des von der Übertragung betroffenen Gesamt- oder Teilbestands erfasst. Nach § 123 UmwG kann im Rahmen der Spaltung aber ein abgrenzbarer Vermögensteil des übertragenden Versicherungsunternehmens als Gesamtheit übertragen werden.190 Dies kann – insoweit einer Bestandsübertragung entsprechend – auch ein Versicherungsbestand inklusive der Rechte und Pflichten aus den betroffenen Versicherungsverträgen sein. Zusätzlich können bei einer Spaltung aber auch weitere Vermögenswerte zur Übertragung bestimmt und von der partiellen Universalsukzession erfasst werden. Im Wege der Spaltung können folglich sogar ganze betriebliche Teilbereiche als Gesamtheit übertragen werden.191 Das ist bei einer Bestandsübertragung nicht möglich. Ein weiterer Unterschied der Übertragungsformen liegt darin, dass bei der Bestandsübertragung die gesellschaftsrechtlichen Verhältnisse der beteiligten Unternehmen unberührt bleiben. Eine solche Übertragung wird daher auch als AssetDeal bezeichnet.192 Je nachdem, ob ausschließlich ein Versicherungsbestand samt der dazugehörigen Rechte und Pflichten oder aber ein ganzes Versicherungsunternehmen respektive ein ganzer Versicherungsbetrieb – oder auch nur ein bestimmter Teil eines Versicherungsunternehmens respektive eines Versicherungsbetriebs – grenzüberschreitend übertragen werden soll oder ein Versicherungsunternehmen samt seiner Versicherungsbestände und seinem sonstigen Vermögen lediglich innerhalb des EWR über die nationale Grenze migrieren möchte, bieten sich dazu folglich die unterschiedlichen vorgenannten Übertragungsformen an. Aus gestaltungstechnischer Sicht unterschieden sich die Übertragungsformen ferner dadurch, dass die vom UmwG bereitgestellten Möglichkeiten grundsätzlich die Einhaltung eines formali-
188
Vgl. Teil 1, B.III.1. m. w. Nachw. Vgl. Schmid, Bestandsübertragung und Umwandlung von Versicherungsunternehmen (2010), Rn. 7. 190 Vgl. zu einer zivilrechtlichen Einordnung der privatautonom bestimmbaren partiellen Universalsukzession der Spaltung Rieble, ZIP 1997, 301 (303). 191 Vgl. etwa Stengel, in: Semler/Stengel, 3. Aufl. (2012), § 123 UmwG Rn. 3. 192 Bälz/Kuntz, VersR 2005, 310; Louven, in: Düsseldorfer Vorträge zum Versicherungsrecht (2015), S. 97 (113); Diehl/Seemayer, in: Brand/Baroch Castellvi, 1. Aufl. (2018), § 13 Rn. 19. 189
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Teil 1: Grundlegende Einführung in die Thematik
sierten Verfahrens voraussetzen, das regelmäßig strengere Anforderungen stellt als die Bestandsübertragung nach dem VAG.193 Innerhalb der verschiedenen Übertragungsformen unterscheiden sich die jeweiligen Übertragungsmechanismen maßgeblich nach der Art des übertragenden Unternehmens (Erstversicherungs- oder Rückversicherungsunternehmen) sowie nach der Art der von der Übertragung betroffenen Bestände (im Inland oder grenzüberschreitend erworbene Bestände). Die Übertragungsmechanismen sind zudem zum Teil speziell für die Hinausübertragung beziehungsweise die Hineinübertragung aus Sicht des deutschen (Versicherungsaufsichts-)Rechts konzipiert. Gemeinsam sind den auf den ersten Blick recht unterschiedlichen Übertragungsmechanismen zunächst offenkundig der grenzüberschreitende Charakter und die damit einhergehende Involvierung mehrerer nationaler Aufsichtsrechtsregime. Ferner können die verschiedenen Übertragungsformen beziehungsweise -mechanismen vielfach so ausgestaltet werden, dass sie im Ergebnis die gleiche wirtschaftliche Zielsetzung lediglich auf unterschiedliche juristische Weise umsetzen.194 Im Ergebnis führen sämtliche Übertragungsformen dazu, dass die betroffenen Versicherungsnehmer sich ohne ihr Mitwirken oder auch nur ein dahingehendes Mitspracherecht nach der Übertragung einem anderen – EWR-ausländischen – Vertragspartner gegenübersehen.195 Für diese Arbeit von zentraler Bedeutung ist insbesondere die weitere Gemeinsamkeit des sich infolge der Übertragung regelmäßig vollziehenden Wechsels des maßgeblichen Versicherungsaufsichtsrechts samt insoweit zuständiger Aufsichtsbehörde und der maßgeblichen nationalen Sicherungseinrichtung. Die Übertragungsmechanismen bewirken im Ergebnis grundsätzlich auch, dass Versicherungsbestände, die zuvor dem Recht und speziell dem Versicherungsaufsichtsrecht eines Mitglied- oder Vertragsstaates unterfielen, infolge der grenzüberschreitenden Übertragung einem Versicherungsunternehmen zugeordnet werden, welches dem Versicherungsaufsichtsrecht eines anderen Mitgliedoder Vertragsstaates untersteht. Diese wesentliche Gemeinsamkeit der Übertragungsmechanismen, die die Belange der Versicherungsnehmer erheblich berührt, begründet die hier erfolgende gemeinsame Untersuchung einer Vielzahl unterschiedlicher rechtlicher Institute. Die Bedeutung dieses maßgeblichen gemeinsamen Aspekts zeigt sich darin, dass jedenfalls für Bestandsübertragungen im Erstversicherungsbereich im neu eingefügten § 13 Abs. 7 S. 2 Hs. 2, S. 3 VAG für derartige Fälle nunmehr zusätzliche Informationspflichten der Versicherungsunternehmen gegenüber den Versicherungsnehmern und ein Sonderkündigungsrecht der Versicherungsnehmer statuiert wurden.196 193 Entzian/Schleifenbaum, ZVersWiss 1996, 521(523, 541); Seemayer, Grenzüberschreitende Übertragung von Erst- und Rückversicherungsbeständen (2016), S. 98 m. w. Nachw.; Diehl/Seemayer, in: Brand/Baroch Castellvi, 1. Aufl. (2018), § 13 Rn. 3. 194 Vgl. dazu Entzian/Schleifenbaum, ZVersWiss 1996, 521; BT-Drs. 16/6518, S. 13. 195 Vgl. insoweit zu § 14 VAG a. F. (nunmehr § 13 VAG) Laars, VAG, 3. Aufl. (2015), § 14 Rn. 2. 196 Siehe dazu BT-Drs. 18/2956, S. 237.
C. Grenzüberschreitende Umstrukturierungen von Versicherungsunternehmen
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C. Motive für grenzüberschreitende Umstrukturierungen von Versicherungsunternehmen Die Motive für grenzüberschreitende Umstrukturierungen von Unternehmen im Europäischen Binnenmarkt sind vielfältig.197 Sie stimmen zunächst weitgehend mit den Motiven für innerstaatliche Umstrukturierungen überein und können insoweit sowohl betriebswirtschaftliche, unternehmenspolitische sowie rechtliche Aspekte umfassen.198 Im grenzüberschreitenden Kontext kommt darüber hinaus insbesondere dem Wechsel des allgemeinen Rechts- und Wirtschaftsumfelds Bedeutung zu. Bei europaweit oder jedenfalls in mehreren Mitglied- oder Vertragsstaaten agierenden Unternehmen regulierter Branchen – wie insbesondere solchen des Finanzsektors – können die Zuständigkeit mehrerer nationaler Aufsichtsbehörden und aufsichtsrechtliche Divergenzen in den Rechtsordnungen der verschiedenen Mitglied- oder Vertragsstaaten sowie der daraus folgende Anreiz für Aufsichtsarbitrage weitere Gründe für grenzüberschreitende Umstrukturierungen liefern. Dies gilt für Versicherungsunternehmen umso mehr, seit sie aufgrund des mit der Dritten Richtliniengeneration zunächst für die Erstversicherung und mit der Rückversicherungsrichtlinie auch für die Rückversicherung199 eingeführten Single-License-Prinzips200 197 Wenz, AG 2003, 185 ff.; Louven/Dettmeier/Pöschke/Weng, BB Beilage 2006, Nr. 13, 1 (8); Baumann, VersR 1992, 905 m. w. Nachw.; R. Schmidt, in: FS für Karl Larenz (1973), 329 (333, 343 f.); Reimann, ZEV 2009, 586; Hushahn, RNotZ 2014, 137 (138 f.). 198 Labes, in: Bähr, Hdb. Versicherungsaufsichtsrecht (2011), § 25 Rn. 6 ff. führt als Ziele von Bestandsübertragungen beispielsweise Vereinfachungen der Konzernstruktur, Reduzierung des Verwaltungsaufwands, Konzentration von Liquidität bei einer Muttergesellschaft, Verringerung des Aufwandes für die Rechnungslegung und Senkung der operationellen Kosten, steuerliche Optimierung, endgültige Beendigung des im Run-off befindlichen Geschäfts und effiziente Haftungsbeendigung auf. J. Semler/Stengel, in: Semler/Stengel, 3. Aufl. (2012), Einleitung A Rn. 4 nennen als häufige Motive von Umwandlungen nach dem UmwG allgemein: Zusammenschluss von Unternehmen, nachdem sie in die Hand des gleichen Anteilseigners gefallen sind, Zerlegung von Unternehmen mit dem Ziel der Veräußerung von Teilunternehmen oder deren organisatorischer Verselbständigung, Einführung oder Abschaffung einer Holding-Struktur, Ermöglichung des Zugangs zum oder Abstandnahme vom Kapitalmarkt, bilanzielle Gründe und Ziele der Gewinnzurechnung und -ausschüttung, steuerliche Gründe, Sanierung, Beendigung ohne Mühen einer Liquidation, Separierung bestimmter Vermögensgegenstände vom operativen Geschäft und Organisationsänderung. 199 Im Gegensatz zur Erstversicherung ist das Rückversicherungsgeschäft traditionell international geprägt. Die wenigen Beschränkungen, die Rückversicherungsunternehmen die Errichtung einer Niederlassung in einem anderen Mitgliedstaat oder die Ausübung der Dienstleistungsfreiheit erschwert hätten, mussten bereits nach Maßgabe der Richtlinie 64/225/ EWG des Rates vom 25. Februar 1964 zur Aufhebung der Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit und des freien Dienstleistungsverkehrs auf dem Gebiet der Rückversicherung und Retrozession, ABl. EG 1964 Nr. 56/878, abgeschafft werden, vgl. Mönnich, in: Beckmann/ Matusche-Beckmann, 2. Aufl. (2009), § 2 Rn. 19 ff. m. w. Nachw.; Mönnich, in: Beckmann/ Matusche-Beckmann, 3. Aufl. (2015), § 2 Rn. 24 f. Die Erlaubnispflicht für Rückversicherungsunternehmen wurde in Deutschland mit dem Gesetz zur Änderung des Versicherungsaufsichtsgesetzes und anderer Vorschriften vom 15. Dezember 2004, BGBl. I 2004, S. 3416, eingeführt. EWR-weit wurde das Erfordernis einer staatlichen Zulassung für Rückversiche-
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Teil 1: Grundlegende Einführung in die Thematik
durch eine einheitliche Zulassung zum Geschäftsbetrieb von jedem Mitglied- oder Vertragsstaat aus im Rahmen der Niederlassungsfreiheit oder der Dienstleistungsfreiheit innerhalb des gesamten EWR das Versicherungsgeschäft ausüben können.201 Vor diesem Hintergrund ist der nachfolgende Überblick über die wesentlichen Motive für grenzüberschreitende Umstrukturierungen von Versicherungsunternehmen, in deren Folge es zu einer grenzüberschreitenden Übertragung von Versicherungsbeständen kommen kann, nicht abschließend zu verstehen. Es ist ferner zu beachten, dass die einzelnen Gründe sich in der Praxis vielfach überschneiden und dass grenzüberschreitenden Umstrukturierungen häufig mehrere Gründe zugleich zugrunde liegen.
I. Sanierung gefährdeter Versicherungsbestände Das ursprüngliche Motiv für – innerstaatliche – Bestandsübertragungen von Erstversicherungsunternehmen nach nunmehr § 13 VAG (§ 14 VAG a. F.) lag in der Bereitstellung eines Sanierungsinstruments für die durch ein Schwachwerden beziehungsweise durch drohende Insolvenz eines Versicherungsunternehmens ausgelöste Gefährdung von Versicherungsbeständen.202 Dabei war eine sanierungsbedingte Übertragung über die nationale Grenze in Anbetracht des traditionell national ausgerichteten Erstversicherungsgeschäfts zwar gewiss nicht beabsichtigtes Ziel der seit Erlass des Versicherungsaufsichtsgesetzes im Jahre 1901 bestehenden Vorschrift. Eine solche Transaktion war aber auch nicht explizit ausgeschlossen und hätte nach der gesetzlichen Konzeption im Einzelfall durch Kooperation der zurungsunternehmen erst mit der Rückversicherungsrichtlinie eingeführt, nach deren Artikel 4 die Zulassung für die gesamte Gemeinschaft zu gelten hat. 200 Vgl. zur Einführung und Umsetzung des Single-License-Prinzips Looschelders/Michael, in: Ruffert, Europäisches Sektorales Wirtschaftsrecht, 1. Aufl. (2013), § 11 Rn. 1; Langheid, MünchKomm-VVG, Bd. 1, 1. Aufl. (2010), Systematische Einführung in das Aufsichtsrecht Rn. 50; Mönnich, in: Beckmann/Matusche-Beckmann, 3. Aufl. (2015), § 2 Rn. 49 ff. m. w. Nachw.; Laars, VAG, 3. Aufl. (2015), § 110a Rn. 2. 201 Grennan, The Tools for Change (2011), 2. Zum einzig weiteren formalen Erfordernis einer Notifikation im Bereich der Erstversicherung Decker, VersR 2013, 287; Laars, VAG, 3. Aufl. (2015), § 110a Rn. 3; im Bereich der Rückversicherung besteht kein Notifikationserfordernis, vgl. Pohlmann, in: FKBP, 5. Aufl. (2012), § 13a Rn. 5; G. Bähr/Püttgen, ZfV 2008, 705; Weber-Rey/Baltzer, WM 2007, 2184 (2185). 202 Diehl/Seemayer, in: Brand/Baroch Castellvi, 1. Aufl. (2018), § 13 Rn. 2; Kaulbach, in: FKBP, 5. Aufl. (2012), § 14 Rn. 5; Präve, in: Prölss, 12. Aufl. (2005), § 14 Rn. 1; B. Bähr/ G. Bähr, in: Bähr, Hdb. Versicherungsaufsichtsrecht (2011), § 16 Rn. 30 f.; R. Schmidt, in: FS für Karl Larenz (1973), 329 (334); Bälz/Kuntz, VersR 2005, 310; Hasselbach/Komp, VersR 2005, 1651 (1652); Wolf, VersR 2008, 1441 (1444); Rüdt, in: Bähr, Hdb. Versicherungsaufsichtsrecht (2011), § 16 Rn. 5 f. m. w. Nachw. auch zu den Auffanggesellschaften Protector Lebensversicherungs-AG (Lebensversicherung) und Medicator AG (private Krankenversicherung). Es überrascht daher, dass das Spannungsfeld zwischen Bestandsübertragung und Insolvenz nicht hinreichend wissenschaftlich ausgeleuchtet ist, vgl. Kaulbach, in: FKBP, 5. Aufl. (2012), § 14 Rn. 12.
C. Grenzüberschreitende Umstrukturierungen von Versicherungsunternehmen
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ständigen deutschen Aufsichtsbehörde mit einer insoweit zuständigen ausländischen Aufsichtsbehörde durchgeführt werden können.203 Auch die Übertragung von Rückversicherungsbeständen nach § 166 VAG (§ 121f VAG a. F.) war in der Praxis zunächst überwiegend durch Sanierungsbestrebungen motiviert.204 Explizite Erwähnung findet die sanierungsbedingte Restrukturierung als Motiv einer grenzüberschreitenden Bestandsübertragung in der Gesetzesbegründung zu dem für die Zeit vom 1. Juli 1990 bis 28. Juli 1994 vorübergehend eingefügten § 110i VAG a. F. Dort heißt es, die Möglichkeit der Übertragung eines Bestands an Versicherungsverträgen, die im Dienstleistungsverkehr abgeschlossen wurden, an einen übernehmenden Versicherer, der in einem anderen Mitgliedstaat als der übertragende Versicherer niedergelassen ist, solle nicht gesetzlich ausgeschlossen werden, da Fälle denkbar seien, in denen eine solche Bestandsübertragung im Interesse der Versicherungsnehmer liege; dies sei beispielsweise dann der Fall, wenn die Fortführung oder Sanierung des Bestands nur durch eine solche Übertragung möglich ist.205 Durch Einführung von § 14 Abs. 1a VAG a. F. (nunmehr § 13 Abs. 2 VAG) und § 111d VAG a. F. (nunmehr § 63 VAG) mit Wirkung vom 29. Juli 1994206 wurde § 110i VAG entbehrlich und daher aufgehoben.207 Zwar erfolgte die Einführung der vorgenannten Vorschriften in Umsetzung europarechtlicher Vorgaben. Mit Blick auf die zuvor inhaltsgleich in § 110i VAG a. F. enthaltenen Regelungen ist der insoweit explizit zum Ausdruck gebrachte Gesetzeszweck jedoch als in den diese Norm ersetzenden Vorschriften fortlebend zu erachten. Hinsichtlich § 13 VAG (§ 14 VAG a. F.) hat der Gesetzgeber dies implizit bestätigt, indem er die generelle Einführung eines Sonderkündigungsrechts mit dem Argument als zu weitgehend zurückgewiesen hat, dass damit Bestandsübertragungen zum Zwecke der Sanierung eines Bestands verhindert werden könnten.208 Darüber hinaus kommt die Vermeidung einer Insolvenz auch gegenwärtig noch als Grund für eine Bestandsübertragung 203 Der vermeintlich auf eine inländische und eine ausländische Aufsichtsbehörde gemünzte Wortlaut des § 13 Abs. 1 S. 1 VAG (§ 14 Abs. 1 S. 1 VAG a. F.) erklärt sich jedoch historisch aus dem Fehlen einer einheitlichen Versicherungsaufsicht und folglich unterschiedlichen nationalen (Landes-)Aufsichtsbehörden. Die Systematik trifft heute noch bei innerstaatlichen Übertragungen zwischen Versicherungsunternehmen, die unter Landesaufsicht stehen, zu. 204 Bähr, in: FKBP, 5. Aufl. (2012), § 121f Rn. 1; Labes, in: Bähr, Hdb. Versicherungsaufsichtsrecht (2011), § 25 Rn. 1 ff.; Labes/Marshall, VW 2008, 305. 205 Vgl. Entwurf eines Gesetzes zur Durchführung versicherungsrechtlicher Richtlinien des Rates der Europäischen Gemeinschaften (Zweites Durchführungsgesetz/EWG zum VAG), BT-Drs. 11/6341, S. 30 (§ 110i VAG a. F. wurde durch Gesetz vom 28. Juni 1990, BGBl. I 1990, S. 1249 eingeführt; in der Gesetzesbegründung wird die Vorschrift noch als § 110 h VAG-E geführt). 206 Eingeführt durch Gesetz vom 21. Juli 1994, BGBl. I 1994, S. 1630. 207 Vgl. Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Durchführung versicherungsrechtlicher Richtlinien des Rates der Europäischen Gemeinschaften (Drittes Durchführungsgesetz/EWG zum VAG), BT-Drs. 12/6959, S. 94. 208 BT-Drs. 18/2956, S. 237.
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Teil 1: Grundlegende Einführung in die Thematik
von Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherungsverträgen im Wortlaut von § 15 PflVG zum Ausdruck.209 Wenn die Abwendung der drohenden Insolvenz eines Versicherungsunternehmens beziehungsweise die Sanierung der dadurch gefährdeten Versicherungsbestände nach dem Vorstehenden auch als das ursprünglich wesentliche Motiv für Bestandsübertragungen angesehen werden kann, hat dieses Motiv in der Praxis zwischenzeitlich stark an Bedeutung verloren.210 Die Bestandsübertragung ist weder im Erstversicherungsbereich noch im Bereich der Rückversicherung auf Sanierungsfälle beschränkt.211 Sie tritt in der Praxis heute vielmehr neben die überwiegend durch andere Gründe motivierten Gestaltungsmöglichkeiten des UmwG und bietet eine spezialgesetzliche Möglichkeit zur ganzen oder teilweisen Übertragung des Geschäftsbetriebs von Versicherungsunternehmen.212 Umgekehrt ist eine sanierungsbedingte Restrukturierung auch nicht ausschließlich im Wege einer Bestandsübertragung durchführbar. Vielmehr können auch zur Abwendung einer drohenden Insolvenz eines Versicherungsunternehmens und zur Sanierung der dadurch gefährdeten Bestände die gesellschaftsrechtlichen Instrumente des UmwG zum Einsatz kommen.213 Vor dem Hintergrund der Wirtschafts- und Finanzkrise 209
Obwohl der Wortlaut des § 15 PflVG insoweit etwas anderes suggeriert, soll die Vorschrift nicht ausschließlich auf sanierungsbedingte Bestandsübertragungen anwendbar sein. Die explizite Nennung der Vermeidung einer Insolvenz soll vielmehr als programmatische Aussage zu verstehen sein, die das Ziel der Gewährleistung der dauernden Erfüllbarkeit der Versicherungsverträge zum Ausdruck bringe. Die Motive unternehmerischen Handels seien meist vielfältig, in der Regel nicht offengelegt und auch nicht justiziabel, vgl. Feyock, in: Feyock/Jacobsen/Lemor, Kraftfahrtversicherung, 3. Aufl. (2009), § 15 PflVG Rn. 1. Zu den Besonderheiten bei sanierungsbedingter Übertragung von KFZ-Haftpflichtversicherungsbeständen Koerfer, in Semler/Stengel, 3. Aufl. (2012), Anhang § 119 UmwG Rn. 79. 210 Hasselbach/Komp, VersR 2005, 1651 (1652) mit Verweis auf eine Aussage von Müller, ehemaliger Präsident des Bundesamts für das Versicherungswesen (BAV) in einer Pressemitteilung zur Jahreskonferenz des BAV vom 19. Juni 1998. 211 Bälz/Kuntz, VersR 2005, 310 f.; Hasselbach/Komp, VersR 2005, 1651 (1652); Präve, in: Prölss, 12. Aufl. (2005), § 14 Rn. 1; Bähr, in: FKBP, 5. Aufl. (2012), § 121f Rn. 1; Rüdt, in: Bähr, Hdb. Versicherungsaufsichtsrecht (2011), § 14 Rn. 6 f. m. w. Nachw.; Wolf, VersR 2008, 1441 (1444); für den Erstversicherungsbereich höchstrichterlich bestätigt durch BVerwG, Urteil vom 12. Dezember 1995 – 1 A 1/92 –, VersR 1996, 569 (570) und BVerfG, Urteil vom 26. Juli 2005 – 1 BvR 782/94, 1 BvR 957/96 –, BVerfGE 114, 1 = VersR 2005, 1109 (1118). 212 Bälz/Kuntz, VersR 2005, 310 f.; Diehl/Seemayer, in: Brand/Baroch Castellvi, 1. Aufl. (2018), § 13 Rn. 3. 213 Entzian/Schleifenbaum, ZVersWiss 1996, 521 konstatieren eine jedenfalls teilweise wirtschaftlich vergleichbare Zielsetzung der Bestandsübertragung nach VAG und der seit dem 1. Januar 1995 auch für Versicherungsunternehmen im UmwG enthaltenen Vorschriften zur – innerstaatlichen – Verschmelzung, Spaltung und Vermögensübertragung. Während die Verschmelzung eine eigenständige Zielrichtung der Vereinigung von Unternehmen habe, sollen sich die wirtschaftlichen Zielsetzungen der Spaltung (Abspaltung, Ausgliederung und Vermögensübertragung) auch im Wege einer Bestandsübertragung nach VAG realisieren lassen, vgl. Entzian/Schleifenbaum, ZVersWiss 1996, 521 (528). Dies gilt grundsätzlich mit einigen Einschränkungen, da das UmwG strengere formale Anforderungen als das VAG vorschreibt, auch in umgekehrter Richtung. Auch für Umwandlungen nach dem UmwG wird die Sanierung
C. Grenzüberschreitende Umstrukturierungen von Versicherungsunternehmen
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sowie den tendenziell höheren Anforderungen an die Eigenkapitalausstattung unter Solvency II könnte der sanierungsbedingten Restrukturierung von Versicherungsunternehmen – auch als Alternative zu etwaigen staatlichen Rettungsmaßnahmen – künftig möglicherweise wieder größere Bedeutung zukommen.
II. Allgemeine betriebswirtschaftliche und unternehmenspolitische Motive Abseits der wirtschaftlichen Notlage einer drohenden Insolvenz kann die Restrukturierung eines Versicherungsunternehmens auch durch allgemeine214 betriebswirtschaftliche und unternehmenspolitische Überlegungen motiviert sein. Unter dem Aspekt der Wirtschaftlichkeit stellen sich Unternehmen im Zuge der ständig fortschreitenden Integration des Europäischen Binnenmarktes vermehrt Standortfragen, die auf eine optimale Allokation wirtschaftlicher Ressourcen auf dem Gebiet des EWR zielen.215 International tätige Versicherungsunternehmen und -gruppen analysieren daher in der Praxis regelmäßig, in welcher Jurisdiktion sie die besten Rahmenbedingungen für ihre künftige Geschäftsentwicklung vorfinden.216 Der Wettbewerbsdruck auf Versicherungsunternehmen hat sich in den letzten Jahren schon durch allgemeine Globalisierungstendenzen und zunehmende Konsolidierung explizit als eines der wesentlichen Motive genannt. Im Gegensatz zur Bestandsübertragung nach § 13 VAG (§ 14 VAG a. F.) waren die bis 1995 auf fünf Gesetze (UmwG 1969, AktG, KapErhG, GenG, VAG) verteilten umwandlungsrechtlichen Institute jedoch nicht primär als Sanierungsinstrumente intendiert, vgl. J. Semler/Stengel, in: Semler/Stengel, 3. Aufl. (2012) Einleitung A. Rn. 4 ff. Während die Bestandsübertragung nach dem VAG im Wesentlichen dem Schutz und der Wahrung der Interessen der Versicherten dienen sollte, lagen den allgemeiner konzipierten umwandlungsrechtlichen Instituten von Anfang an zwangsläufig vielfältige Motive und Schutzprinzipien (Gläubigerschutz, Anlegerschutz, Arbeitnehmerschutz, vgl. J. Semler/Stengel, in: Semler/Stengel, 3. Aufl. (2012) Einleitung A. Rn. 23 ff.) zugrunde. Die bis zum 31. Dezember 1994 in §§ 44a, 44b, 44c, 53a VAG a. F. geregelten Umwandlungsmöglichkeiten der Verschmelzung von VVaG und Vermögensübertragungen unter Beteiligung von VVaG verwiesen dabei weitgehend auf die entsprechenden aktienrechtlichen Regelungen, vgl. Neye, VersR 1983, 1001. Die allgemeiner gehaltene Konzeption zeigt sich auch an der Zielsetzung des Gesetzes zur Bereinigung des Umwandlungsrechts (UmwBerG), BT-Drs. 12/ 6699, S. 1 (71), in der es schlicht heißt, dass das Gesetz die bereits bestehenden Möglichkeiten zur Veränderung (erleichterte Umstrukturierung beziehungsweise Reorganisation) von Unternehmen zusammenfassen, systematisieren und erweitern soll. Dabei soll insbesondere der Schutz der Anteilsinhaber, Gläubiger und Arbeitnehmer der betroffenen Unternehmen gewahrt werden. 214 Unter den allgemeinen betriebswirtschaftlichen beziehungsweise unternehmenspolitischen Motiven werden hier solche verstanden, die sich in erster Linie aus dem Markt ergeben. Zwar lassen sich auch die nachfolgend unter Teil 1, C.III. bis Teil 1, C.VI. darzustellenden Motive als spezielle betriebswirtschaftliche beziehungsweise unternehmenspolitische Motive verstehen. Aufgrund deren besonderer Bedeutung im vorliegenden Kontext soll dazu indes eine gesonderte Darstellung erfolgen. 215 Schön, ZGR 2013, 333 (344). 216 Schröder/Fischer, VersR 2013, 686.
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Teil 1: Grundlegende Einführung in die Thematik
der Versicherungsbranche verschärft.217 Verstärkt wird dieser Effekt gegenwärtig durch das durch die Wirtschafts- und Finanzkrise ausgelöste Niedrigzinsumfeld, in dem es Versicherungsunternehmen – insbesondere im Bereich der Lebensversicherung –218 zunehmend schwerfällt, die langfristig vereinbarten Garantieverzinsungen zu erwirtschaften.219 Die vor diesem Hintergrund erforderliche Wettbewerbsfähigkeit können Versicherungsunternehmen zum einen durch attraktive und flexible, an den Markt angepasste Produkt-Portfolien erreichen. Dieser maßgeblich kundenbezogene Preisund Produktwettbewerb wurde in Deutschland traditionell über die Distributionspolitik (Vertriebssteuerung) und Kommunikationspolitik (Werbung, Öffentlichkeitsarbeit) der Versicherungsunternehmen geführt220 und hat eine größere Produktvielfalt und ständige Produktinnovationen hervorgerufen.221 Zum anderen bieten unternehmenspolitische Umstrukturierungen – wie Übernahmen, Zusammenschlüsse und Umwandlungen von Versicherungsunternehmen sowie Bestandsübertragungen – Chancen, im verschärften Wettbewerb durch Größe, internationale Präsenz und ein hohes Maß an Flexibilität zu bestehen.222 Flexibilität kann dabei auf der Produktebene etwa durch Bestandsübertragungen erreicht werden, indem Versicherungsunternehmen Bestände aus profitablen Sparten erwerben oder weniger profitable beziehungsweise nicht mehr zur strategischen Ausrichtung passende (Teil-)Bestände veräußern.223 Auf gesellschaftsrechtlicher Ebene lässt sich Flexi217 Weber-Rey, NVersZ 2002, 251. Dreher/Kling, Kartell- und Wettbewerbsrecht der Versicherungsunternehmen (2007), 1. Teil, Kapitel 1, § 1 Rn. 12 m. w. Nachw. konstatieren insoweit eine deutliche Zunahme des Wettbewerbs im Bereich der Versicherungswirtschaft seit der Deregulierung des Versicherungskartellrechts und des Versicherungsaufsichtsrechts im Jahr 1990 respektive 1994. 218 Siehe nur die Zielsetzung des Gesetzes zur Absicherung stabiler und fairer Leistungen für Lebensversicherte (Lebensversicherungsreformgesetz – LVRG), BGBl. I 2014, S. 1330, BT Drs. 18/1772, S. 1. 219 Vgl. etwa Deiseroth, jurisPR-BVerwG 1/2013, Anm. 2. 220 Schradin, in: MünchKomm-VVG, Bd. 1, 1. Aufl. (2010), Betriebswirtschaftslehre der Versicherung Rn. 18. 221 Dreher/Kling, Kartell- und Wettbewerbsrecht der Versicherungsunternehmen (2007), 1. Teil, Kapitel 1, § 1 Rn. 12. 222 Weber-Rey, NVersZ 2002, 251. Zur allgemeinen Bedeutung von grenzüberschreitenden Verschmelzungen für die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen im Binnenmarkt Louven/ Dettmeier/Pöschke/Weng, BB Beilage 2006, Nr. 13, 1. Schradin, in: MünchKomm-VVG, Bd. 1, 1. Aufl. (2010), Betriebswirtschaftslehre der Versicherung Rn. 19 bezeichnet fortschreitende Konzentrationsstrategien als Antwort auf den durch Konsolidierung des Versicherungssektors verstärkten Wettbewerbsdruck daher zutreffend als Ergebnis und Katalysator des zunehmenden Intra- und Interbranchenwettbewerbs im Finanzdienstleistungssektor und prognostiziert auch vor dem Hintergrund der im internationalen Vergleich niedrigen formalen Anbieter-Konzentration in Zukunft weitere Unternehmenszusammenschlüsse, strategische Partnerschaften und Kooperationen. 223 Vgl. Diehl/Seemayer, in: Brand/Baroch Castellvi, 1. Aufl. (2018), § 13 Rn. 4; Seemayer, Grenzüberschreitende Übertragung von Erst- und Rückversicherungsbeständen (2016), S. 97 m. w. Nachw.
C. Grenzüberschreitende Umstrukturierungen von Versicherungsunternehmen
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bilität mit Blick auf die grundsätzlich mögliche Sitzverlegung innerhalb des EWR insbesondere durch Umwandlung in eine SE erreichen.224 Dies haben insbesondere Unternehmen der Finanz- und Versicherungsbranche frühzeitig erkannt.225 Für die Umwandlung in eine SE werden zusätzlich der europaweit einheitliche Unternehmensauftritt,226 das werbewirksame europäische Image,227 der supranationale Charakter beziehungsweise eine Europäische Corporate Identity sowie der damit verbundene Abbau psychologischer Hemmnisse und Schranken bei der Konzentration europäischer Wirtschaftskräfte228 angeführt. Eine derartige Europäisierung des Unternehmens soll danach in der Praxis auch eine höhere Akzeptanz grenzüberschreitender Umstrukturierungen bei allen Beteiligten begünstigen.229 Wenngleich jedenfalls bei Erstversicherungsunternehmen aufgrund des Verbotes versicherungsfremder Geschäfte nach § 15 Abs. 1 S. 3 VAG (§ 7 Abs. 2 S. 3 VAG a. F.) regelmäßig von untergeordneter Bedeutung,230 kann grundsätzlich auch der Zugang zu günstigem Fremdkapital, der von der Rechtsform des Unternehmens sowie des auf dieses anwendbaren Gesellschafts-, Insolvenz- und Prozessrechts abhängen kann, ein weiteres Motiv für grenzüberschreitende Umstrukturierungen darstellen.231 Durch Konsolidierung können dazu neben dem Wechsel des insoweit maßgeblichen Rechtsumfelds insbesondere aus kleinen und mittleren Versicherungsunternehmen kapitalmarkttaugliche Einheiten geschaffen werden.232 Aber 224
Vgl. Europäische Kommission, Bericht über die Anwendung der SE-VO (2010), S. 4. Tatsächliche Flexibilität ist dabei freilich nur dann gewährleistet, wenn die gesellschaftsrechtlich für die SE kodifizierte grenzüberschreitende Sitzverlegung nicht durch unzureichende beziehungsweise fehlende aufsichtsrechtliche oder steuerrechtliche Bestimmungen erheblich erschwert oder gar faktisch verhindert wird. Siehe insofern hinsichtlich steuerrechtlicher Bestimmungen bereits Wenz, AG 2003, 185 m. w. Nachw. 225 Vgl. Europäische Kommission, Bericht über die Anwendung der SE-VO (2010), S. 4; Blanquet, ZGR 2002, 20 (36). 226 Louven/Dettmeier/Pöschke/Weng, BB Beilage 2006, Nr. 13, 1 (12). 227 Europäische Kommission, Bericht über die Anwendung der SE-VO (2010), S. 3; Blanquet, ZGR 2002, 20 (36, 48). 228 Schäfer, NZG 2004, 785 (789); Spitzbart, RNotZ 2006, 369 (370). 229 Vgl. Hopt, ZGR 2013, 165 (195) m. w. Nachw.; Wenz, AG 2003, 185 (186, 196). Dies wird damit begründet, dass einem Gefühl der nationalen „Niederlage“ bei Leitung und Personal des übernommenen Unternehmens entgegengewirkt werde, vgl. Europäische Kommission, Bericht über die Anwendung der SE-VO (2010), S. 3. 230 Für Rückversicherungsunternehmen besteht hingegen keine vergleichbar ausdrückliche Einschränkung der Aufnahme von Fremdmitteln. Der insoweit maßgebliche § 15 Abs. 2 VAG (§ 120 Abs. 1 S. 3, 4 VAG a. F.) enthält nämlich kein Verbot, rückversicherungsfremde Geschäfte zu betreiben. Die Zulässigkeit anderer Geschäfte soll insoweit zu vermuten sein, wenn es einen wie auch immer gearteten Konnex zum Rückversicherungsgeschäft gibt, vgl. Bähr, in: FKBP, 5. Aufl. (2012), § 120 Rn. 2 m. w. Nachw. 231 Vgl. Hushahn, RNotZ 2014, 137 (139). 232 Bei der Ausarbeitung des SE-Statuts wurde auch vor diesem Hintergrund mit Blick auf die Mindestkapitalanforderung berücksichtigt, dass kleinen und mittleren Unternehmen die Gründung einer SE nicht erschwert wird, vgl. Blanquet, ZGR 2002, 20 (52, 63); siehe auch Reflection Group on the Future of EU Company Law, ECFR 2013, 304 (306).
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Teil 1: Grundlegende Einführung in die Thematik
auch größere und bereits in mehreren Mitglied- oder Vertragsstaaten agierende Versicherungsunternehmen können über den durch Konsolidierung erzielten Größenzuwachs233 finanzwirtschaftliche Vorteile wie verbesserte Finanzierungs- und Anlagemöglichkeiten steuern.234 Die Übertragung von Versicherungsbeständen muss nicht zwischen miteinander im Wettbewerb stehenden Versicherungsunternehmen erfolgen, sondern wird vielfach auch zu gruppeninternen Umstrukturierungen eingesetzt. So hat das Bundesverwaltungsgericht bereits im Jahr 1994 in einer Grundsatzentscheidung235 die Umstrukturierung eines Versicherungskonzerns durch Übertragung des gesamten Lebensversicherungsbestands von einer an der Spitze des Konzerns stehenden Aktiengesellschaft auf eine eigens dafür gegründete Tochtergesellschaft für zulässig erklärt und die Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen der nach § 14 VAG a. F. (nunmehr § 13 VAG) erforderlichen Genehmigung formuliert.236 Innerhalb einer Versicherungsgruppe237 können sich die diversen Einheiten durch eine derartige Umstrukturierung auf ihre Kernkompetenzen konzentrieren. Durch gruppeninterne Übertragung von Versicherungsbeständen entsprechend dieser Kompetenzverteilung lässt sich mithin eine Geschäftsoptimierung erzielen.238 Während sich die Umstrukturierung in vorstehend zitierter Entscheidung auf nationaler Ebene abspielte, stellen sich gruppeninterne Umstrukturierungen insbesondere zur Strukturvereinfachung, Anpassung an Marktbedürfnisse und Erzielung von Größenvorteilen inzwischen vor 233
Die Größe eines Versicherungsunternehmens stellt unbestritten einen wesentlichen Marktfaktor dar, vgl. nur Diehl, VersR 2000, 268; differenzierter, aber im Ergebnis ebenso bereits R. Schmidt, in: FS für Karl Larenz (1973), 329, (337, 344 ff., 353). 234 Kotsch, Größenvorteile von Versicherungsunternehmen und Versicherungsaufsicht (1991); Hopt, ZGR 2013, 165 (195) m. w. Nachw. Vgl. auch Seemayer, Grenzüberschreitende Übertragung von Erst- und Rückversicherungsbeständen (2016), S. 97 m. w. Nachw. Allgemein zu Größenvorteilen (economies of scale, scope and speed) bei der SE Wenz, AG 2003, 185 (186) m. w. Nachw. 235 BVerwG, Urteil vom 11. Januar 1994 – 1 A 72/89 –, BVerwGE 95, 25 = NJW 1994, 2561. 236 Dageföde, NJW 1994, 2528. 237 Der Begriff der Versicherungsgruppe ist nicht deckungsgleich mit dem Begriff des Versicherungskonzerns. Während der Gruppenbegriff dem Aufsichtsrecht entstammt, ist der Konzernbegriff gesellschaftsrechtlich geprägt. Zwar werden Versicherungsgruppen häufig als wirtschaftliche Einheit mit zentralisiertem Solvabilitäts- und Risikomanagement geführt, vgl. nur Lüttringhaus, EuZW 2011, 856 (858) m. w. Nachw. Das konzernrechtliche Kriterium der einheitlichen Leitung aus § 18 AktG und §§ 290 ff. HGB wird indes nicht von jeder Versicherungsgruppe zwingend erfüllt. Ausführlich zum Umfang der Versicherungsgruppe Krämer, in: Bähr, Hdb. Versicherungsaufsichtsrecht (2011), § 15 Rn. 12 ff. Zum insoweit ungeklärten Verhältnis des Aufsichtsrechts zum Gesellschaftsrecht Dreher/Ballmaier, in Dreher/Wandt, Solvency II in der Rechtsanwendung (2014), 45 (51 ff.). Zum Entwicklungsstadium des Rechts der verbundenen Unternehmen auf europäischer Ebene insbesondere im Hinblick auf grenzüberschreitende Gruppen Teichmann, ZGR 2014, 45 (49 ff., 70 f.); Chiappetta/Tombari, ECFR 2012, 261 (263 ff.); Altmeppen, in: MünchKomm-AktG, Bd. 5, 4. Aufl. (2015), Drittes Buch, Einleitung Rn. 33 ff. 238 Vgl. Diehl, VersR 2000, 268.
C. Grenzüberschreitende Umstrukturierungen von Versicherungsunternehmen
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dem Hintergrund europaweit agierender Versicherungsgruppen regelmäßig als komplexe grenzüberschreitende Sachverhalte dar. Von Bedeutung ist dabei insbesondere die Verbesserung der gruppeninternen Kapitalallokation.239 So bestehen offenkundig ökonomische Ineffizienzen, wenn innerhalb einer Versicherungsgruppe hinsichtlich der einzelnen Einheiten verschiedene Anlagevorschriften des jeweils nationalen Aufsichtsrechts zu berücksichtigen sind.240 Derartige Ineffizienzen können durch grenzüberschreitende Konsolidierung abgebaut werden.241 Durch gruppeninterne grenzüberschreitende Umstrukturierungen können zudem die Vergleichbarkeit einzelner Einheiten, insbesondere solcher in verschiedenen EWRStaaten verbessert und eine Zusammenfassung der internen Organisation und Leitung internationaler Versicherungsgruppen ermöglicht werden.242 Auch besteht ein erhebliches Senkungspotential hinsichtlich der laufenden Verwaltungskosten, Rechnungslegung und Prüfung sowie die Möglichkeit einer Verkürzung der Entscheidungswege und einer effizienteren gruppenweiten Beschlussfassung, wenn beispielsweise vorher als rechtlich selbständige (Tochter-)Unternehmen geführte EWR-ausländische Unternehmenseinheiten einer Versicherungsgruppe unter dem Dach einer SE als Zweigniederlassung oder Geschäftsstelle weitergeführt werden.243 Ein weiteres unternehmenspolitisches Motiv für grenzüberschreitende Umstrukturierungen von Versicherungsunternehmen kann grundsätzlich auch in der Verhinderung feindlicher Übernahmen gesehen werden.244 Der Begriff der feindlichen Übernahme bezeichnet allgemein den Versuch eines Außenstehenden oder Aktionärs, die Kontrolle über ein Unternehmen ohne oder gegen den Willen dessen Managements, das heißt des Vorstands beziehungsweise Aufsichtsrats, zu erwerben.245 Abwehrmöglichkeiten und Verteidigungsstrategien gegen feindliche Übernahmeversuche sind vielfältig.246 Zu den durch grenzüberschreitende Umstruktu239
Schröder/Fischer, VersR 2013, 686. Vgl. de Larosière-Bericht (2009), Rn. 101; siehe dazu auch Teil 1, C.III.; Teil 1, C.V. 241 Grennan, The Tools for Change (2011), 2; Europäische Kommission, Bericht über die Anwendung der SE-VO (2010), S. 4. 242 Vgl. Blanquet, ZGR 2002, 20 (25). 243 Blanquet, ZGR 2002, 20 (34 ff., 48) m. w. Nachw. Für eine Analyse der Vorteile einer solchen Organisationsstruktur mit einer SE an der Spitze im Vergleich zu der ohne Verwendung der SE bestehenden Struktur mit nationaler Obergesellschaft und ausländischen Tochtergesellschaften siehe Wenz, AG 2003, 185 (187 ff.) m. w. Nachw. Zu der in der Praxis bei einigen Versicherungsgruppen zu beobachtenden Tendenz zu schlankeren Gruppenstrukturen mit weniger Tochterunternehmen und verstärkter Aktivität im Wege des sogenannten passporting Quirk, Reactions September 2012, 15. 244 So zur grenzüberschreitenden Umstrukturierung durch Gründung einer SE Blanquet, ZGR 2002, 20 (65). 245 Klein, NJW 1997, 2085; Schanz, NZG 2000, 337; Köhler, in: Hopt/Wohlmannstetter (2011), Rn. 248. 246 Für einen Überblick über Abwehrmaßnahmen und Verteidigungsstrategien gegen feindliche Übernahmeversuche in Deutschland siehe Bayer, ZGR 2002, 588; Klein, NJW 1997, 2085; Schanz, NZG 2000, 337; Weisner, ZRP 2000, 520. Die Handlungsmöglichkeiten des Vorstands im europäischen und deutschen Übernahmerecht sind jedoch insbesondere im 240
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Teil 1: Grundlegende Einführung in die Thematik
rierungen möglichen strukturellen Abwehrmaßnahmen zählen im rein wirtschaftlichen beziehungsweise finanziellen Bereich insbesondere die Steigerung des Unternehmenswertes durch Optimierung von Ertragslage und Finanzstruktur der Bilanz verbunden mit der richtigen Investor Relations Politik, wobei eine solche Strategie auf die Steigerung der Attraktivität des übernahmebedrohten Unternehmens gerichtet ist.247 Bedeutung haben daneben auch wechselseitige Beteiligungen. Durch wechselseitige Beteiligungen kann die Anteilseignerstruktur dergestalt modifiziert werden, dass die bei feindlichen Übernahmeversuchen von dem übernahmebedrohten Unternehmen besonders schwer zu kontrollierenden im Streubesitz befindlichen Unternehmensanteile reduziert und stattdessen von einem oder mehreren anderen Unternehmen gehalten werden. Auf diese Anteilseigner kann das übernahmegefährdete Unternehmen über seine Beteiligung an diesen wiederum Einfluss ausüben und damit mittelbar die eigenen Anteile kontrollieren.248 Durch grenzüberschreitende Umstrukturierungen mögliche ad-hoc Abwehrmaßnahmen umfassen sowohl den Verkauf von für den in Betracht kommenden Übernehmer besonders attraktiven Vermögensgegenständen als auch den Zukauf von für diesen potentiellen Übernehmer unattraktiven Vermögensgegenständen.249 Derartige Überlegungen können im Versicherungssektor folglich auch den auf Steigerung der Ertragslage und Finanzstruktur gerichteten, grenzüberschreitenden Umstrukturierungen – insbesondere in Form einer grenzüberschreitenden Verschmelzung nach dem UmwG oder einer SE-Gründung durch Verschmelzung – als weiteres Motiv zugrunde liegen. Je nach konkreter Konstellation können so unter anderem auch Verkäufe und Zukäufe von Versicherungsbeständen begründet werden. Feindliche Übernahmen erfolgen in Deutschland im internationalen Vergleich indes relativ selten.250 Dies soll maßgeblich an der rechtlichen Struktur der AG und ihrer Organe, der Arbeitnehmermitbestimmung, dem Depotstimmrecht der Banken, der hohen Konzernbildung sowie dem ausgeprägten Schutz des Gesellschaftsvermögens einer AG liegen.251 Insbesondere soll eine feindliche Übernahme von VerVergleich zum US-amerikanischen Recht deutlich eingeschränkt, vgl. Winter, VersR 2000, 1453. Zu den intensiven Vorarbeiten auf europäischer Ebene, die letztlich in der Rahmenregelung der Richtlinie 2004/25/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 betreffend Übernahmeangebote (Übernahmerichtlinie), ABl. EU 2004 Nr. L 142/12, mündeten, Weisner, ZRP 2000, 520 (524). 247 Schanz, NZG 2000, 337 (341). 248 Vgl. Schanz, NZG 2000, 337 (346). 249 Vgl. Schanz, NZG 2000, 337 (346 f.). 250 Eine aktuelle Übersicht feindlicher Übernahmeangebote im Versicherungssektor ist, soweit ersichtlich, nicht vorhanden. Eine Auflistung im EU-Bankensektor seit 1997 bekanntgegebener feindlicher Übernahmeangebote findet sich bei Köhler, in: Hopt/Wohlmannstetter (2011), Rn. 251 f. Ausweislich dieser Liste hat es im ausgewiesenen Zeitraum keine feindlichen Übernahmeangebote an oder von deutschen Banken gegeben. Derartige Aktivitäten auf dem Markt für Unternehmenskontrolle spielten sich im EU-Bankensektor hauptsächlich in Großbritannien, Frankreich, Italien, den Niederlanden und Portugal ab. 251 Schanz, NZG 2000, 337.
C. Grenzüberschreitende Umstrukturierungen von Versicherungsunternehmen
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sicherungs-Aktiengesellschaften am Kapitalmarkt in Deutschland aufgrund der bestehenden Anteilseignerstruktur – überwiegend von anderen Versicherungsunternehmen und Banken gehaltene Anteile und dadurch geringer Streubesitz – kaum möglich sein.252 Dies deutet darauf hin, dass in Deutschland die präventive Abwehrstrategie wechselseitiger Beteiligungen bereits vielfach und erfolgreich implementiert wurde. Aus der Sicht inländischer Versicherungsunternehmen mag das Motiv der Abwehr feindlicher Übernahmen daher zu vernachlässigen sein. Indes ist es geeignet, Bestandsübertragungen und Verschmelzungen nach Deutschland sowie die Beliebtheit des Standortes Deutschland für SE-Gründungen zu erklären. Bedeutung kann diesem Motiv darüber hinaus für europaweit agierende inländische Versicherungsgruppen mit Blick auf deren verbundene, in anderen Mitglied- oder Vertragsstaaten inkorporierte Unternehmen zukommen. Die Steueroptimierung stellt ein weiteres Umstrukturierungsmotiv dar,253 das insbesondere im grenzüberschreitenden Kontext von Bedeutung ist. Unterschiede in der Unternehmensbesteuerung sind gemeinhin ein Standortfaktor, der auch im Versicherungssektor Überlegungen zu einer Verlegung des Unternehmenssitzes in einen anderen Mitglied- oder Vertragsstaat, zu einer Verschmelzung auf eine dort bereits bestehende Gesellschaft beziehungsweise zur Gründung einer SE mittels einer im Zielland bestehenden Gesellschaft oder zu einer sonstigen Übertragung von Versicherungsbeständen in das Zielland hervorrufen kann. Wenn auch der Wechsel in ein günstigeres Unternehmenssteuerregime für sich genommen künftig wirtschaftlich als vorteilhaft zu erachten ist, darf bei der Planung nicht außer Acht gelassen werden, dass der Umstrukturierungsvorgang als solcher unter Umständen steuerbar ist und somit der dauerhaften Steuerersparnis jedenfalls einmalige Steuerbelastungen gegenüberstehen können.254 Für deutsche Versicherungsunternehmen können sich grenzüberschreitende Umstrukturierungen nicht zuletzt auch anbieten, die in Deutschland traditionell stark ausgeprägte unternehmerische Mitbestimmung flexibler zu gestalten255 oder eine Verschlankung des Aufsichtsrats256 zu erreichen.257 252 Häusele, Standort Deutschland für Versicherungen (1999), 287; Winter, VersR 2000, 1453 (1461). Zur generellen Möglichkeit feindlicher Übernahmen im Versicherungssektor aber G. Bähr, VW 1998, 843. 253 Dabei geht es regelmäßig um die Erzielung zukünftiger Vorteile, vgl. Moszka, in: Semler/Stengel, 3. Aufl. (2012), Einleitung B Rn. 4. 254 Zu steuerlichen Unterschieden zwischen Bestandsübertragung, Einbringung und umwandlungsrechtlichen Übertragungen von Versicherungsbeständen auf nationaler Ebene siehe Diehl, VersR 2000, 268 (269 f.). Die Bestandsübertragung gemäß § 14 VAG in der klassischen Form des Bestandskaufs soll grundsätzlich nicht steuerneutral möglich sein, da immer ein Veräußerungsvorgang mit Gewinnrealisierung vorliege. Vgl. auch Labes, in: Bähr, Hdb. Versicherungsaufsichtsrecht (2011), § 25 Rn. 39 ff. Dies gilt nicht für Umwandlungen von Versicherungsunternehmen, vgl. Diehl/Seemayer, in: Brand/Baroch Castellvi, 1. Aufl. (2018), § 14 Rn. 53, 60, 86, 95, 104. 255 Zu der in Deutschland im europäischen Vergleich stark ausgeprägten unternehmerischen Mitbestimmung sowie den daraus resultierenden Problemen in Bezug auf Harmonisierungs-
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III. Konzentration der Finanzaufsicht und Aufsichtsarbitrage In der Praxis erfolgt die Umstrukturierung von Versicherungsunternehmen und -gruppen häufig zumindest auch vor dem Hintergrund einer beabsichtigten Reduzierung der Anzahl zuständiger Aufsichtsbehörden und damit insbesondere einer Konzentration der Pflichten gegenüber der Finanzaufsicht.258 Durch entsprechende Umstrukturierung kann dem Umstand begegnet werden, dass zuvor rechtlich selbständige Unternehmenseinheiten verschiedener Tätigkeitsländer einer Versicherungsgruppe – in zentralen Bereichen wie der Rechnungslegung, der Bildung von versicherungstechnischen Rückstellungen, den zulässigen Vermögenswerten und Anlageformen sowie der Beitragskalkulation und Tarifpolitik – divergierende finanzaufsichtsrechtliche Vorgaben einzuhalten haben.259 Die aus Unternehmenssicht bestehende Vorteilhaftigkeit gruppenweit einheitlicher finanzaufsichtsrechtlicher Standards gegenüber einer Vielzahl unterschiedlicher nationaler Besonderheiten liegt vor allem in einer dadurch möglichen Vereinheitlichung und Zentralisierung dieser Bereiche, die Kosten- und Personaleinsparung ermöglicht, sowie in einer besseren Vergleichbarkeit. Zudem können Berichtspflichten gegenüber unterschiedlichen nationalen Versicherungsaufsichtsbehörden vereinheitlicht und auf eine Aufsichtsbehörde konzentriert werden. Soweit sie als rechtlich selbständige Unternehmen inkorporiert sind, unterliegen die einzelnen nationalen Unternehmenseinheiten von europaweit agierenden Versicherungsgruppen der jeweiligen Rechts- und Finanzaufsicht ihres Inkorporationsstaates. Somit sind für nationale Unternehmenseinheiten innerhalb einer internationalen Versicherungsgruppe regelmäßig Aufsichtsbehörden unterschiedlicher Mitglied- oder Vertragsstaaten zuständig. Wird das Versicherungsgeschäft im EWR bemühungen Louven/Dettmeier/Pöschke/Weng, BB Beilage 2006, Nr. 13, 1 (7). Zur Mitbestimmung der Arbeitnehmer bei einer grenzüberschreitenden Verschmelzung nach dem UmwG und bei einer Verschmelzung nach der SE-VO Louven, in: Düsseldorfer Vorträge zum Versicherungsrecht (2015), 97 (102 ff.). Zu Gestaltungsmöglichkeiten der Mitbestimmung im Rahmen der SE-Gründung durch grenzüberschreitende Verschmelzung sowie bei grenzüberschreitenden Verschmelzungen nach der Verschmelzungsrichtlinie mit praxisnahen Fallbeispielen ferner Morgenroth/Salzmann, NZA-RR 2013, 449. 256 Zur Verschlankung des Aufsichtsrats durch Umstrukturierung mittels der SE Louven/ Dettmeier/Pöschke/Weng, BB Beilage 2006, Nr. 13, 1 (12); Morgenroth/Salzmann, NZARR 2013, 449 (450); vgl. auch Europäische Kommission, Bericht über die Anwendung der SE-VO (2010), S. 4. 257 Hopt, ZGR 2013, 165 (195). 258 Europäische Kommission, Bericht über die Anwendung der SE-VO (2010), S. 4; Schröder/Fischer, VersR 2013, 686; Bofill Morientes/Vázquez Acedo/Böckmann, VW 2013, 28 (29); Louven, in: Düsseldorfer Vorträge zum Versicherungsrecht (2015), S. 97 (99). 259 Grennan, The Tools for Change (2011), 2; vgl. auch Europäische Kommission, Bericht über die Anwendung der SE-VO (2010), S. 4. Zur Finanzaufsicht Mönnich, in: Beckmann/ Matusche-Beckmann, 3. Aufl. (2015), Rn. 52; ausführlich H. Müller, Versicherungsbinnenmarkt (1995), Rn. 544 ff.
C. Grenzüberschreitende Umstrukturierungen von Versicherungsunternehmen
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hingegen nicht durch rechtlich selbständige Unternehmen, sondern mittels einer rechtlich unselbständigen Zweigniederlassung oder im Rahmen der Dienstleistungsfreiheit betrieben, obliegt die Finanzaufsicht – die inzwischen deutlich den Schwerpunkt der Aufsicht ausmacht –260 auch insoweit ausschließlich der Versicherungsaufsichtsbehörde des Sitzstaates des jeweiligen Versicherungsunternehmens.261 Eine Umstrukturierung beispielsweise in der Form einer grenzüberschreitenden Verschmelzung rechtlich selbständiger Unternehmenseinheiten einer internationalen Versicherungsgruppe auf ein einziges übernehmendes Versicherungsunternehmen kann vor diesem Hintergrund bewirken, dass die EWR-weite Finanzaufsicht bei der für das übernehmende Versicherungsunternehmen zuständigen Aufsichtsbehörde konzentriert wird.262 Gleichzeitig kann das Geschäft der ehemals rechtlich selbständigen Unternehmenseinheiten unter Beibehaltung von Personal und Infrastruktur über lokale Niederlassungen263 fortgeführt werden.264 Im Zusammenhang mit der Konzentration der Finanzaufsicht steht das Problem der Aufsichtsarbitrage im weiteren Sinne. Solange Unterschiede in den Regulierungs- und Aufsichtsstandards der Mitglied- oder Vertragsstaaten existieren, dürfte auch der Aspekt der besten regulatorischen und aufsichtsrechtlichen Rahmenbedingungen bei der Wahl des Sitzstaates von Versicherungsunternehmen Berücksichtigung finden.265 Konkret geht es dabei aufgrund der dem europäischen System
260
Winter, VersR 2000, 1453 (1464). R. Schmidt/Präve, in: Prölss, 12. Auflage (2005), Vorbem. Rn. 42. Die Rechtsaufsicht hingegen obliegt weiterhin auch der Aufsichtsbehörde des Tätigkeitslandes (jedoch in Zusammenarbeit mit der Sitzlandbehörde), vgl. Mönnich, in: Beckmann/Matusche-Beckmann, 3. Aufl. (2015), Rn. 52, 65 ff. Zu den Grundlagen der Rechts- und Finanzaufsicht und ihrer Abgrenzung Schradin, in: MünchKomm-VVG, Bd. 1, 1. Aufl. (2010), Rn. 26 ff.; Decker, VersR 2013, 287, 288. 262 Vgl. Hopt, ZGR 2013, 165 (195); Louven, in: Düsseldorfer Vorträge zum Versicherungsrecht (2015), S. 97 (99). 263 Zum insoweit zu berücksichtigenden Verfahren der Niederlassungsgründung Louven, in: Düsseldorfer Vorträge zum Versicherungsrecht (2015), S. 97 (100 f.). 264 Bofill Morientes/Vázquez Acedo/Böckmann, VW 2013, 28 (29); Grennan, The Tools for Change (2011), 2. Entsprechend konstatiert Quirk, Reactions September 2012, 15 auch eine signifikante Steigerung grenzüberschreitender Transaktionen mit dem Ziel, die Anzahl von Tochterunternehmen zu reduzieren und im Wege der Niederlassung- und/oder Dienstleistungsfreiheit das Geschäft in anderen Mitglied- oder Vertragsstaaten fortzuführen. Die aufsichtsrechtlichen Vorteile gehen bei einer solchen Struktur mit den diesbezüglich vorstehend unter Teil 2, A. II. aufgezeigten allgemeinen betriebswirtschaftlichen und unternehmenspolitischen Vorteilen einher. 265 Vgl. de Larosière-Bericht (2009), Rn. 101. Prägnant spricht Kindler, NZG 2018, 1 (2) auch von Regulierungsarbitrage als Ausübungsform der Niederlassungsfreiheit. Zu regulatorischen Unterschieden als Präferenz bei der Wahl des Sitzlandes von Unternehmen im Europäischen Binnenmarkt Gkoutzinis, Internet Banking and the Law in Europe (2006), S. 105 ff.; grundlegend dafür ist das Regulierungsarbitrage und -wettbewerb am Beispiel des fiskalischen Wettbewerbs von Gemeinden erklärende sogenannte Tiebout-Modell, vgl. Tiebout, JPE 1956, 416 ff. Zum rechtspolitischen Ziel der Verhinderung von Aufsichtsarbitrage bei der Wahl des 261
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Teil 1: Grundlegende Einführung in die Thematik
zugrundeliegenden konzeptionellen Trennung zwischen Regulierung und Aufsicht der Finanzmärkte266 auf zwei Ebenen zum einen um Regulierungsarbitrage und zum anderen um Aufsichtsarbitrage im engeren Sinne.267 In diesem Zusammenhang soll der mehrdeutig belegte Begriff der Regulierung die zur Schaffung eines einheitlichen Rechtsrahmens erfolgende Normsetzung, das Festsetzen von Leitlinien und die normative Intervention bezeichnen, während Aufsicht die durch die Aufsichtsbehörden durchgeführte regelmäßige Überwachung der Einhaltung der Regulierungsvorschriften durch die Finanzunternehmen bezeichnet.268 Regulierung und Aufsicht des Finanzmarktes und insbesondere des Versicherungssektors waren traditionell nationale Angelegenheiten.269 Die Mitglied- und Vertragsstaaten hatten und haben teils noch immer erheblich divergierende Ansätze bezüglich der Regulierungs- und Aufsichtsverfahren.270 Dieser Umstand stand bereits vor der im Juli 2007 ausgebrochenen Wirtschafts- und Finanzkrise einer europaweiten Finanzmarktintegration mit einheitlichen und aufeinander abgestimmten Strategien entgegen.271 Die Segmentierung nationaler Märkte bot dabei Raum für Regulierungsarbitrage sowie erheblich divergierende nationale Praktiken,272 wobei letztere wiederum zusätzlich Aufsichtsarbitrage im engeren Sinne begünstigten. Mit dem Ausbruch der Wirtschafts- und Finanzkrise wurden insoweit erhebliche Defizite der europäischen Finanzmarktregulierung und -aufsicht offenkundig.273 Die Europäische Kommission beauftragte daher den früheren französischen Zentralbankchef Registersitzes eines Versicherungsunternehmens siehe auch Kaulbach, in: FKBP, 5. Aufl. (2012), § 7 Rn. 8. 266 Vgl. Bürkle, VersR 2014, 529 (529 f.); Wymeersch, ZGR 2011, 443; siehe auch Erwägungsgrund 36 der Richtlinie 2010/78/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 zur Änderung der Richtlinien 98/26/EG, 2002/87/EG, 2003/6/EG, 2003/ 41/EG, 2003/71/EG, 2004/39/EG, 2004/109/EG, 2005/60/EG, 2006/48/EG, 2006/49/EG und 2009/65/EG im Hinblick auf die Befugnisse der Europäischen Aufsichtsbehörde (Europäische Bankenaufsichtsbehörde), der Europäischen Aufsichtsbehörde (Europäische Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung) und der Europäischen Aufsichtsbehörde (Europäische Wertpapier-und Marktaufsichtsbehörde) (Omnibus I-Richtlinie), ABl. EU 2010 Nr. L 331/120: […] Ziele dieser Richtlinie, nämlich die Funktionsweise des Binnenmarktes durch Gewährleistung eines hohen, wirksamen und kohärenten Maßes an Regulierung und Aufsicht zu verbessern […]. 267 Zur Gefahr der Regulierungsarbitrage de Larosière-Bericht (2009), Rn. 84; zur Aufsichtsarbitrage im engeren Sinne de Larosière-Bericht (2009), Rn. 150. 268 Vgl. Wymeersch, ZGR 2011, 443 (448). 269 Wymeersch, ZGR 2011, 443 (445). 270 Wymeersch, ZGR 2011, 443 (460); ähnlich zum Bereich der Bankenaufsicht Sacarcelik, BKR 2013, 853 (858). Eine Übersicht über die in den EWR-Staaten bestehenden Finanzaufsichtsmodelle (aus dem Jahr 2010 und somit noch vor Implementierung der Europäischen Aufsichtsbehörden) findet sich bei Lansch/Sinß, VW 2010, 256. 271 So schon Bürkle, VersR 2007, 1595 (1596) m. w. Nachw.; vgl. auch Wymeersch, ZGR 2011, 443 (447). 272 Wymeersch, ZGR 2011, 443 (447) spricht insoweit trefflich von einem Flickenteppich an nationalen Praktiken. 273 Wojcik, in: von der Groeben/Schwarze/Hatje, 7. Aufl. (2015), Art. 63 AEUV Rn. 82.
C. Grenzüberschreitende Umstrukturierungen von Versicherungsunternehmen
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Jacques de Larosière im Oktober 2008, eine Expertengruppe zu leiten, die Empfehlungen zu einer künftigen Regulierung und Beaufsichtigung der europäischen Finanzmärkte abgeben sollte.274 Die von dieser als High-Level Group on Financial Supervision in the EU bezeichneten Gruppe erarbeiteten Empfehlungen wurden am 25. Februar 2009 im sogenannten de Larosière-Bericht veröffentlicht und fokussieren auf eine weitgehende Harmonisierung der fragmentierten Regulierung durch Schaffung eines kohärenten Regulierungsrahmens für Europa – sogenanntes Single Rule Book275 – mit einheitlicher Aufsicht.276 Vor diesem Hintergrund stellt die Verhinderung von Aufsichtsarbitrage im weiteren Sinne im Zuge der Umsetzung der Empfehlungen ein zentrales Leitmotiv sämtlicher jüngsten Reformvorhaben auf dem Gebiet des Europäischen Finanzmarktrechts dar.277 Dabei hat die Versicherungsaufsicht eine Vorreiterrolle übernommen.278 Ziel der Solvency II-Richtlinie ist es, im Bereich der europäischen Versicherungsaufsicht die schwerwiegendsten Unterschiede zwischen den für Erstversicherungs- und Rückversicherungsunternehmen geltenden Rechtsvorschriften zu beseitigen und einen einheitlichen Überwachungsstandard durch Konvergenz sowohl der Aufsichtsinstrumente (Regulierung) als auch der aufsichtsbehördlichen Praktiken herzustellen.279 Weiterhin wurden – entsprechend den Empfehlungen des de Larosière-Berichts – insbesondere aufgrund der identifizierten Mängel bei der Zusammenarbeit, Koordinierung und kohärenten Anwendung des Unionsrechts durch die nationalen Aufsichtsbehörden,280 mit Wirkung vom 1. Januar 2011 drei neue Europäische Aufsichtsbehörden (ESA) errichtet,281 die gemeinsam mit dem Europäischen Aus274
Baur/Boegl, BKR 2011, 177. Dazu ausführlich Bürkle, VersR 2011, 1469 (1472 f.); Wymeersch, ZGR 2011, 443 (458 ff.). 276 Vgl. de Larosière-Bericht (2009), Rn. 38 ff. (99 ff., 144 ff.). 277 Veil/Lerch, WM 2012, 1605 (1613); Wojcik, in: von der Groeben/Schwarze/Hatje, 7. Aufl. (2015), Art. 63 AEUV Rn. 88. Auf dem Gebiet der Versicherungsaufsicht etwa Erwägungsgrund 10 und Art. 1 Abs. 6 lit. d der Verordnung (EU) Nr. 1094/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 zur Errichtung einer Europäischen Aufsichtsbehörde (Europäische Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung), zur Änderung des Beschlusses Nr. 716/2009/EG und zur Aufhebung des Beschlusses 2009/79/EG der Kommission (EIOPA-VO), ABl. EU 2010 Nr. L 331/ 48; auf dem Gebiet der Bankenaufsicht etwa Art. 1 der Verordnung (EU) Nr. 1024/2013 des Rates vom 15. Oktober 2013 zur Übertragung besonderer Aufgaben im Zusammenhang mit der Aufsicht über Kreditinstitute auf die Europäische Zentralbank, ABl. EU 2013 Nr. L 287/63. 278 Vgl. Sasserath-Alberti, EuZW 2012, 641. 279 Erwägungsgründe 2, 40 der Solvency II-Richtlinie; dazu auch Bürkle, VersR 2011, 1469 (1473 f.). 280 Vgl. Erwägungsgrund 1 der Omnibus II-Richtlinie; dazu auch Kämmerer, NVwZ 2011, 1281 (1283). 281 Bei den drei neuen Aufsichtsbehörden handelt es sich neben der Europäischen Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung (EIOPA) um die Europäische Aufsichtsbehörde für den Bankenbereich (EBA) und die Europäische Aufsichtsbehörde für den Wertpapierbereich (ESMA). 275
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Teil 1: Grundlegende Einführung in die Thematik
schuss für Systemrisiken (ESRB) das neue Europäische Finanzaufsichtssystem (ESFS) bilden.282 Ihre zentrale Aufgabe besteht darin, die gewünschte Stringenz der Finanzmarktaufsicht zu gewährleisten und einen gesamteuropäischen Finanzplatz – sogenanntes Level Playing Field – zu erschaffen helfen.283 Zwar wurden den neuen Europäischen Aufsichtsbehörden grundsätzlich weitreichende Befugnisse zugesprochen,284 doch wurde mit Blick auf die EIOPA der Vorschlag einer an die Stelle der nationalen Versicherungsaufsichtsbehörden tretenden echten europäischen Versicherungsaufsichtsbehörde, die beispielsweise exklusiv die Beaufsichtigung bedeutender grenzüberschreitend tätiger Finanzinstitute übernehmen sollte,285 abgelehnt.286 Vielmehr soll die laufende Beaufsichtigung der Versicherungsunternehmen allgemein weiterhin dezentral auf nationaler Ebene verbleiben.287 Auch wenn Solvency II selbst keine ausdrückliche Aussage zum angestrebten Harmonisierungsgrad enthält,288 wird in der Literatur überwiegend von einer auf einem Regel-Ausnahme-Verhältnis zwischen harmonisiertem Unionsrecht und abweichendem nationalen Recht basierenden Vollharmonisierung ausgegangen.289 282 Ausführlich zu Hintergründen, Implementierung und Struktur des ESFS Keune, Rechtliche Grundlagen und Grenzen der EIOPA (2015), S. 47 ff.; Looschelders/Michael, in: Ruffert, Europäisches Sektorales Wirtschaftsrecht, 1. Aufl. (2013), § 11 Rn. 9 ff. 283 Vgl. Sasserath-Alberti/Hartig, VersR 2012, 524; Wymeersch, ZGR 2011, 443. 284 Forst, VersR 2010, 155 (157); siehe auch Teil 2, B.II.2.a). 285 de Larosière-Bericht (2009), Rn. 185; vgl. auch Baur/Boegl, BKR 2011, 177 (178). 286 Sasserath-Alberti/Hartig, VersR 2012, 524. Zwar gewinnt unter Solvency II die Gruppenaufsicht an Bedeutung, doch verbleibt die Rechts- und Finanzaufsicht in der Verantwortung der Einzel-Aufseher, vgl. dazu auch BT-Drs. 17/9342, S. 135 f. Im Bereich der Wertpapieraufsicht erfolgt indes eine zentrale Aufsicht der Kredit-Rating-Agenturen durch die ESMA, vgl. Wymeersch, ZGR 2011, 443 (449), Im Bereich der Bankenaufsicht hat sich ein einheitlicher europäischer Aufsichtsmechanismus (SSM) für bedeutende Kreditinstitute der Mitglied- und Vertragsstaaten durch die Europäische Zentralbank (EZB) durchgesetzt, vgl. Sacarcelik, BKR 2013, 353 (354). 287 Erwägungsgrund 8 der EIOPA-VO. Gleichwohl hat EIOPA die Aufgabe, neben Regulierungsstandards auch qualitativ hochwertige gemeinsame Aufsichtsstandards und -praktiken zu fördern, vgl. Art. 8 Abs. 1 lit. a der EIOPA-VO; dies entspricht dem Vorschlag der HighLevel Group on Financial Supervision in the EU, vgl. de Larosière-Bericht (2009), Rn. 184; Hopt, NZG 2009, 1401 (1404, 1408). Echte Rechtsetzungsbefugnisse werden EIOPA vor dem Hintergrund der gegenwärtigen primärrechtlichen Situation indes nicht zugestanden, vgl. Sasserath-Alberti/Hartig, VersR 2012, 524 (535); Bürkle, VersR 2014, 529 (531). Zur Dezentralisierung der Aufsicht als Charakteristikum des europäischen Aufsichtsmodells, den diesbezüglichen praktischen Bedürfnissen des Marktes und den historischen Implikationen Wymeersch, ZGR 2011, 443 (449). 288 Dreher/Lange, VersR 2011, 825 (827); anders noch ausdrücklich Erwägungsgrund 44 der Rückversicherungsrichtlinie, der ausdrücklich über die Mindestnormen dieser Richtlinie hinausgehende – strengere – Regeln zuließ. 289 Vgl. etwa Dreher/Lange, VersR 2011, 825 (827 f.); Wandt/Sehrbrock, ZVersWiss 2011, 193 (200); Bürkle, VersR 2011, 1469 (1472); Looschelders/Michael, in: Ruffert, Europäisches Sektorales Wirtschaftsrecht, 1. Aufl. (2013), § 11 Rn. 67. Zum Meinungsstand auch Brand, in: Brand/Baroch Castellvi, 1. Aufl. (2018), Einführung Rn. 53 ff. Siehe zur Einschränkung bei der Bestandsübertragung aber Fn. 994.
C. Grenzüberschreitende Umstrukturierungen von Versicherungsunternehmen
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Nationale Gesetzgeber dürften danach nicht nur keine weitergehenden Anforderungen mehr normieren, sondern müssten auch bereits bestehendes überschießendes Recht auf das Niveau von Solvency II zurückführen.290 Mit anderen Worten soll Solvency II demzufolge auf eine umfassende Vollharmonisierung des Versicherungsaufsichtsrechts zielen und dabei nicht auf den positiven Inhalt der umzusetzenden Rahmenrichtlinie beschränkt sein. Der deutsche Gesetzgeber geht indes offenkundig von einem anderen Verständnis aus. In der Begründung des Gesetzes zur Modernisierung der Finanzaufsicht über Versicherungen, welches maßgeblich der Transformation der Vorgaben von Solvency II in nationales Recht dient, heißt es explizit: „Die Richtlinie sieht nicht in allen Belangen Vollharmonisierung vor, sondern will nur soweit Unterschiede angleichen, als dies notwendig ist, um einheitliche aufsichtsrechtliche Rahmenbedingungen zu schaffen. Das neue VAG hat deshalb die bestehenden Regelungen, auch wenn sie strenger sind, beibehalten, soweit sie nicht im Widerspruch zur Richtlinie stehen.“291 Es steht an dieser Stelle nicht zu entscheiden, welcher Auffassung über den angestrebten Harmonisierungsgrad der Vorrang gebührt. Jedenfalls soweit nationale Gesetzgeber im EWR auch im Zuge der Transformation von Solvency II in nationales Recht in einigen Bereichen an divergierenden Vorschriften festhalten, besteht in der Praxis weiterhin – wenn auch zusehend schrumpfend – Raum für Regulierungsarbitrage. Im Ergebnis ist nach dem Vorstehenden aber jedenfalls eine starke Tendenz hin zu einem Single Rule Book und damit zur Schaffung eines kohärenten Regulierungsrahmens für Europa – wie von der High-Level Group on Financial Supervision in the EU gefordert – zu erkennen.292 Regulierungsarbitrage dürfte daher in der Praxis zunehmend an Bedeutung verlieren und bei konsequenter Umsetzung von Solvency II entsprechend dem Verständnis einer umfassenden Vollharmonisierung des Versicherungsaufsichtsrechts vollständig entfallen. Indes würde selbst ein derart vollharmonisiertes Versicherungsaufsichtsrecht nicht ausreichen, um Aufsichtsarbitrage im engeren Sinne vollständig zu verhindern. Hierzu bedarf es zusätzlich einer Konvergenz der aufsichtsbehördlichen Praxis in den Mitglied- und Vertragsstaaten. Konkret bedeutet das, dass auch eine effiziente und einheitliche Anwendung des vereinheitlichten Regelwerks durch nationale Aufsichtsbehörden gewährleistet werden muss.293 Anderenfalls bestehen regelmäßig Anreize zur Verlagerung von Finanztätigkeiten in Staaten mit weniger strenger
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Vgl. Bürkle, VersR 2011, 1469 (1473). BT-Drs. 18/2956, S. 227; vgl. auch Brand, in: Brand/Baroch Castellvi, 1. Aufl. (2018), Einführung Rn. 41. 292 Baur/Boegl, BKR 2011, 177, 186 erkennen mit Fokus auf den Bankenaufsichtsbereich insofern zwar die Grundlagen für die vom de Larosière-Bericht geforderte Harmonisierung des Rechtsstandes, sehen aber weiterhin auch darin Grenzen der Harmonisierung, wenn Regelungen des Aufsichtsrechts eng mit nationalem Recht (insbesondere Zivilrecht, Strafrecht, Gesellschaftsrecht) verkoppelt sind. 293 Vgl. dazu Wymeersch, ZGR 2011, 443 (460 f.). 291
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Teil 1: Grundlegende Einführung in die Thematik
Aufsichtspraxis.294 Freilich bedarf es für eine Konvergenz der aufsichtsbehördlichen Praxis im ersten Schritt zunächst einer harmonisierten Rechtsgrundlage.295 Die Verhinderung von Regulierungsarbitrage ist notwendige – nicht aber schon hinreichende – Bedingung für die Verhinderung von Aufsichtsarbitrage im engeren Sinne und daher zwingend zuerst zu verfolgen. Aufsichtsarbitrage im engeren Sinne wird sich in der Folge – wenn überhaupt – erst zu einem späteren Zeitpunkt vollständig verhindern lassen. Da die Versicherungsaufsicht auch nach der Errichtung der neuen Europäischen Aufsichtsbehörden größtenteils dezentralisiert bei den Aufsichtsbehörden der Mitglied- oder Vertragsstaaten verbleibt296 und sich ein einheitliches europäisches Verwaltungsmodell mit genuiner Aufsichtskultur jedenfalls gegenwärtig noch nicht abzeichnet,297 wird Aufsichtsarbitrage in der Praxis weiterhin Grund für Überlegungen im Zusammenhang mit grenzüberschreitenden Umstrukturierungen bieten. Der EIOPA kommt daher zentrale Bedeutung dabei zu, eine effiziente und einheitliche Anwendung des harmonisierten Regelwerks zu gewährleisten und damit eine Angleichung der Verwaltungspraxis nationaler Aufsichtsbehörden zu erreichen.298 Nur durch effektive Angleichung der Verwaltungspraxis kann die EIOPA ihrer Aufgabe der Verhinderung von aufsichtsrechtlicher Arbitrage und dadurch der Entgegenwirkung von Wettbewerbsverzerrungen299 erfolgreich nachkommen. Gleichwohl dürfte insbesondere vor dem Hintergrund des langfristigen Planungshorizonts bei grenzüberschreitenden Umstrukturierungen sowie der kontinuierlich fortschreitenden Harmonisierung sowohl des Regulierungsrahmens als auch der aufsichtlichen Behördenpraxis im Ergebnis auch Aufsichtsarbitrage erheblich an Bedeutung verlieren.300 294
de Larosière-Bericht (2009), Rn. 150; vgl. auch Kaulbach, in: FKBP, 5. Aufl. (2012), § 7 Rn. 8. Der Anreiz kann prinzipiell hingegen auch gerade in die andere Richtung und damit hin zu Ländern mit einer als eher streng bekannten Aufsichtspraxis bestehen. Dies kann vor allem vor dem Hintergrund der Wirtschafts- und Finanzkrise und dem in deren Verlauf gesunkenen Vertrauen der Kunden in die Finanzinstitute erklärt werden. So wird ein strenger beaufsichtigtes Finanzinstitut durchaus werbewirksam mit höherer Sicherheit und geringerem Ausfallrisiko im Vergleich zu konkurrierenden Unternehmen aus Ländern mit laxer Aufsicht punkten können. Zu dem ähnlichen Phänomen strengerer Regulierung als Folge eines Wettbewerbs der Rechtsordnungen im Kapitalmarktrecht entgegen dem vielfach befürchteten race to the bottom vgl. Zimmer, ZGR 2002, 731 (748 f.). 295 Bürkle, VersR 2011, 1469 (1474). 296 Vgl. Wymeersch, ZGR 2011, 443 (448). 297 Kämmerer, NVwZ 2011, 1281 (1287). 298 So auch Bürkle, VersR 2014, 529 (530, 532); Armbrüster, EuZW 2013, 686 (687). Soweit Dreher/Lange, VersR 2011, 825 (830), bereits davon sprechen, dass durch EIOPA „eine kohärente, effiziente sowie wirksame Anwendung der europäischen Rechtsgrundlagen in dem Bereich der Versicherungsaufsicht gewährleistet [wird]“, dürfte dem bisweilen lediglich programmatischer Aussagegehalt zukommen. 299 Forst, VersR 2010, 155 (156). 300 So im Ergebnis implizit auch Wymeersch, ZGR 2011, 443 (461), der davon ausgeht, dass im Laufe der Zeit eine einheitliche Anwendung des gesamten Regelwerkes von Richtlinien und Verordnungen der Finanzmarktregulierung sichergestellt werde.
C. Grenzüberschreitende Umstrukturierungen von Versicherungsunternehmen
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IV. Run-off und Haftungsbeendigung Die Übernahme und Verwaltung noch nicht abgewickelter Versicherungsbestände von Erstversicherungs- und Rückversicherungsunternehmen zwecks Abwicklung selbiger (sogenannte Run-off Bestände301) ist ein relativ junges Marktsegment der Versicherungswirtschaft, das allerdings in den letzten Jahren europaweit erheblich an Bedeutung gewonnen hat.302 Inaktive Bestände303 – also Bestände bei denen die Zeichnung von Neugeschäft eingestellt wurde –304 finden sich in den Büchern vieler Versicherungsunternehmen.305 Sie generieren zwar keine Prämien mehr, enthalten jedoch Verpflichtungen und müssen somit weiterhin neben dem aktiven Geschäft 301 Nach Labes, in: Bähr, Hdb. Versicherungsaufsichtsrecht (2011), § 25 Rn. 7 (dort Fn. 10), soll ein Run-off Bestand gekündigte Erstversicherungs- beziehungsweise Rückversicherungsverträge bezeichnen, die noch so lange abgewickelt werden, bis eine endgültige Beendigung aller Haftungen und Verbindlichkeiten erreicht wurde. In I.VW-HSG, Run-off Studie (2013), S. 9 wird Run-off definiert als „nicht mehr gezeichnetes Geschäft, bei dem keine Prämien mehr generiert werden, aber noch versicherungstechnische Rückstellungen und Verpflichtungen bestehen“. Zur Abgrenzung des Run-offs eines gesamten (Rück-)Versicherungsunternehmens siehe Erdmann, in: Bähr, Hdb. Versicherungsaufsichtsrecht (2011), § 26 Rn. 1 ff. Zum Teil wird zusätzlich zwischen der eingestellten Zeichnung von Neugeschäft (Discontinued Business) und der (professionellen) aktiven Abwicklung der Verpflichtungen aus gekündigten Verträgen (Run-off) unterschieden, wobei jedoch die Trennschärfe stetig abnehmen soll, vgl. KPMG, Run-off Studie (2010), S. 9 f. Die unterschiedlichen Definitionen führen zwangsläufig zu Abgrenzungsproblemen und erklären auch divergierende Zahlen unterschiedlicher Studien zu diesem Thema. Zur fehlenden Standardisierung der Begrifflichkeiten aufgrund der Neuartigkeit des Themas auch Eling, VW 2012, 1292 (dort Fn. 1). 302 Anderes gilt insoweit jedoch für das Vereinigte Königreich, wo das aktive Run-off Management auch durch Übertragung von Versicherungsbeständen schon lange verbreitet ist, vgl. etwa G. Bähr, VW 2007, 388 (389); Eling, VW 2012, 1292. Die Studie des Beratungshauses PwC aus September 2015 beziffert das gesamteuropäische Marktvolumen von Run-Off Geschäft auf mittlerweile EUR 247 MRD, was einen Anstieg um mehr als 10 % im Vergleich zur PwC-Studie in diesem Segment von Januar 2013 bedeutet, vgl. PwC, Unlocking value in Run-off, Ed. 9 (2015), S. 6, PwC, Unlocking value in Run-off, Ed. 6 (2013), S. 6. Dabei wird der allein auf den deutschsprachigen Raum entfallende Teil auf EUR 103,5 MRD geschätzt, vgl. I.VW-HSG, Run-off Studie (2013), S. 16. Diese Zahlen und Entwicklung sind insbesondere vor dem Hintergrund der Wirtschafts- und Finanzkrise beziehungsweise deren Folgewirkungen besonders beeindruckend und erklären, warum das Run-off Geschäft nun auch hierzulande als zunehmend lukratives Geschäftsfeld gesehen wird. 303 Inaktive Bestände werden häufig auch als Discontinued Business oder Legacy Business bezeichnet, vgl. Eling/Pankoke, VW 2013, 26. 304 Zu den vielfältigen Gründen einer Einstellung der Zeichnung von Neugeschäft siehe Labes, in: Bähr, Hdb. Versicherungsaufsichtsrecht (2011), § 25 Rn. 8; Eling/Pankoke, VW 2013, 26 (27); KMPG, Run-off Studie (2010), S. 9; I.VW-HSG, Run-off Studie (2013), S. 18. 305 Rollin, VersR 2013, 143 zufolge haben praktisch alle Versicherungsunternehmen Run-off Bestände in den Büchern; so auch Eling, VW 2012, 1292; laut KPMG, Run-off Studie (2010), S. 9 bestätigten 85 % der Befragten die Existenz von Discontinued Business in ihren Büchern; I.VW-HSG, Run-off Studie (2013), S. 14 zufolge verfügen im deutschsprachigen Nichtlebensversicherungsmarkt 41,7 % der Teilnehmer (beziehungsweise 60,9 % der Rückversicherungsunternehmen) über inaktives Geschäft.
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Teil 1: Grundlegende Einführung in die Thematik
verwaltet werden.306 Insbesondere müssen für die fortbestehenden Verpflichtungen aus solchen Vertragsbeständen auch versicherungstechnische Rückstellungen gebildet werden.307 Traditionell wurden inaktive Bestände von deutschen Versicherungsunternehmen regelmäßig intern abgewickelt.308 Auf die Abwicklung von Run-off Beständen spezialisierte Unternehmen309 können indes ökonomische Größenvorteile durch Konsolidierung einer Vielzahl abzuwickelnder Bestände und bessere Risikodiversifikation realisieren.310 Daneben erheben sie als Preis für die sogenannte versicherungstechnische Finalität eine von Volatilität und Restlaufzeit des übernommenen Run-off Bestands abhängige Risikoprämie.311 Für das abgebende Unternehmen hat die gegebenenfalls zunächst erforderliche Separierung von aktivem und inaktivem Versicherungsgeschäft312 und anschließende Übertragung von Run-off Beständen insbesondere vor dem Hintergrund von Solvency II den primären Anreiz, dass gebundene Kapitalbeträge freigesetzt313 werden können und damit eine 306
Eling/Pankoke, VW 2013, 26. Der KPMG, Run-off Studie (2010), S. 7 zufolge wiesen die Teilnehmer 29 % der versicherungstechnischen Rückstellungen im Bereich Schaden-, Unfall- und Rückversicherungsgeschäft im deutschsprachigen Markt sogenanntem Discontinued Business zu (dies soll hochgerechnet rund EUR 115 MRD entsprechen). KMPG schätzt den auf aktiv abgewickeltes Run-off Geschäft entfallenden Anteil danach auf EUR 45 MRD; siehe auch I.VW-HSG, Run-off Studie (2013), S. 5; laut I.VW-HSG, Run-off Studie (2013), S. 14 soll der Anteil der auf Run-off Bestände entfallenden Rückstellungen bei Unternehmen, die über Run-off verfügen, etwa 42 % (bei Rückversicherungsunternehmen 62,1 %) betragen. Kritisch gegenüber dem Aussagegehalt solcher Studien insbesondere aufgrund der Methodik der Hochrechnung aber Labes, VW 2010, 1012 und Baltzer, VW 12/2013, 22. Das tatsächlich für aktives Run-off Management in Betracht kommende Geschäft soll daher geringer sein als von den Studien suggeriert. 308 Eling, VW 2012, 1292. 309 In Deutschland agieren neben den international etablierten AXA Liability Managers, Enstar, Catalina, Compre und Randall & Quilter insbesondere die auf Run-off Geschäft im Bereich Nichtleben spezialisierte DARAG sowie Chiltington/HIR und die Hochrhein Internationale Rückversicherung, vgl. I.VW-HSG, Run-off Studie (2013), S. 18 f. mit einer Liste bedeutender Transaktionen der letzten Jahre. Bedeutung beim aktiven Management von Run-off Beständen kommt auch Rückversicherungsunternehmen zu, vgl. Eling, VW 2012, 1292 (1294) und Minnik, VW 5/2014, 28. 310 Vgl. Grennan, The Tools for Change (2011), 2; Thomas, VW 16/2013, 37. 311 So Gossmann, Vorstandssprecher der DARAG Deutsche Versicherungs- und Rückversicherungs-AG, veröffentlicht in Rieksmeier, Artikel vom 16. September 2013 auf procontra-online.de; dort auch eine eingängige praxisbezogene Darstellung von Run-off Transaktionen. Die Risikoprämie soll sich dabei nach Auskunft der DARAG im Bereich zwischen 10 und 25 Prozent des Schätzwertes der zukünftigen Schäden und Verpflichtungen bewegen, vgl. Görsdorf-Kegel, VW 3/2014, 83. Eling, VW 2012, 1292 f. nennt als weitere Motive für die Übernahme von Run-off Beständen durch Spezialversicherer insbesondere Expertise in der Schadenabwicklung, Verbesserung der Diversifikation und Spezialisierung. 312 Labes, in: Bähr, Hdb. Versicherungsaufsichtsrecht (2011), § 25 Rn. 6. 313 Eling/Pankoke, VW 2013, 26 (28); KPMG, Run-off Studie (2010), S. 11. Dies gilt umso mehr, als Solvency II zu höheren Anforderungen an die Eigenkapitalunterlegung auch bei Run-off Beständen führt, vgl. Rollin, VersR 2013, 143; Labes, in: Bähr, Hdb. Versicherungsaufsichtsrecht (2011), § 25 Rn. 10. 307
C. Grenzüberschreitende Umstrukturierungen von Versicherungsunternehmen
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Bilanzentlastung314 in Form einer Bilanzverkürzung315 erzielt werden kann.316 Die Übertragung der Bestände beseitigt bestehende Unsicherheiten in der Schadenabwicklung und bewirkt somit regelmäßig eine Risikoreduktion.317 Zudem fällt der Verwaltungsaufwand für das inaktive Geschäft weg, wodurch eine Konzentration auf das Kerngeschäft ermöglicht318 und eine Freisetzung gebundener Ressourcen – darunter nicht zuletzt Humankapital – beziehungsweise eine Kostensenkung319 erzielt werden können.320 Abhängig von der Höhe der ursprünglich durch das abgebende Versicherungsunternehmen angesetzten Reserven kann im Einzelfall zusätzlich auch ein – zwischen den Parteien zu verteilender – Abwicklungsgewinn verbucht werden.321 Die Abwicklung kann auf verschiedene Arten erfolgen. Aufgrund der regelmäßig begehrten endgültigen Haftungsbeendigung322 (versicherungstechnische Finalität323) bieten sich jedoch insbesondere Bestandsübertragungen nach dem VAG an.324 International hat zum Zwecke einer endgültigen Haftungsbeendigung und aufgrund der
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KPMG, Run-off Studie (2010), S. 11. So Gossmann, Vorstandssprecher der DARAG Deutsche Versicherungs- und Rückversicherungs-AG, veröffentlicht in Rieksmeier, Artikel vom 16. September 2013 auf procontra-online.de. 316 Labes, in: Bähr, Hdb. Versicherungsaufsichtsrecht (2011), § 25 Rn. 7, nennt insofern als indirekten Anreiz zusätzlich auch in der Folge zu erwartende positive Reaktionen von Seiten der Rating-Agenturen; so auch Labes/Marshall, VW 2008, 305. 317 Eling, VW 2012, 1292. 318 KPMG, Run-off Studie (2010), S. 11. 319 Minnik, VW 13/2013, 66. 320 KPMG, Run-off Studie (2010), S. 11; I.VW-HSG, Run-off Studie (2013), S. 25 f. 321 Vgl. Gossmann, Vorstandssprecher der DARAG Deutsche Versicherungs- und Rückversicherungs-AG, veröffentlicht in Rieksmeier, Artikel vom 16. September 2013 auf procontra-online.de. Für inaktive Bestände vieler kontinentaleuropäischer Versicherungsunternehmen und insbesondere den deutschsprachigen Raum aufgrund der traditionell sehr konservativen Reservekalkulation auch Eling, VW 2012, 1292 und Eling/Pankoke, VW 2013, 26 (28). 322 Zur Nachfrage nach endgültigen Haftungsbeendigungslösungen im Erstversicherungsund Rückversicherungsmarkt siehe Labes, in: Bähr, Hdb. Versicherungsaufsichtsrecht (2011), § 25 Rn. 8 f.; PwC, Unlocking value in Run-off, Ed. 6 (2013), S. 24 ff. 323 Zum Begriff der Finalität siehe Eling, VW 2012, 1292 (1294), der zwischen rein ökonomischer und – auch – juristischer Finalität differenziert. 324 Vgl. Louven, in: Düsseldorfer Vorträge zum Versicherungsrecht (2015), S. 97 (113). Die relevanten Vorteile stellte Labes, veröffentlicht in Minnik, VW 5/2014, 28, auf einer Expertentagung im April 2014 heraus; vgl. dazu auch Eling, VW 2012, 1292 (1294). Soweit der gesamte Bestand eines Versicherungsunternehmens, insbesondere eines Gruppenunternehmens, in den Run-off geht, kommt zudem auch ein Verkauf der ganzen Gesellschaft in Betracht. Eling, VW 2012, 1292 (1293) nennt als weitere Ansätze für aktives Run-off Management die retrospektive Rückversicherung und die sogenannte Commutation. Dabei kommt es jedoch nicht zu einer Übertragung des Versicherungsbestands, weshalb diese Mechanismen hier keine Berücksichtigung finden. 315
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Teil 1: Grundlegende Einführung in die Thematik
langen Run-off Tradition des Londoner Marktes325 das sogenannte Solvent Scheme of Arrangement326 nach englischem Recht327 – auch in Kombination mit verschiedenen Übertragungsmechanismen – Bedeutung erlangt.328 Auch der Europäische Gesetzgeber hat das Bedürfnis nach Lösungen für Run-off Bestände erkannt und in Erwägungsgrund 17 der Rückversicherungsrichtlinie explizit die Anwendbarkeit der Regelung über die Übertragung eines Vertragsbestands auch auf die Übertragung eines Bestands noch nicht abgewickelter Versicherungsfälle zwecks Abwicklung auf ein anderes Versicherungsunternehmen gefordert.329 Das kontinuierlich wachsende Marktvolumen im Run-off Bereich330 und die zunehmende Anzahl der auf diesen Bereich spezialisierten Unternehmen331 sprechen deutlich dafür, dass den Themen Run-off und Haftungsbeendigung in Zukunft weiterhin hohe Bedeutung zukommt332 und diesbezügliche Motive auch im Rahmen von grenzüberschreitenden Umstrukturierungen und Übertragungen zunehmen werden.333 Dies gilt insbesondere für die Schadenversicherung, während die Abwicklung von Lebensversicherungsbeständen jedenfalls in Deutschland aufgrund
325 Dazu Labes, in: Bähr, Hdb. Versicherungsaufsichtsrecht (2011), § 25 Rn. 12 ff.; Labes/ Marshall, VW 2008, 305. Insoweit wird jedoch abzuwarten sein, wie sich der bevorstehende Brexit künftig auf dieses Geschäftsfeld auswirkt. 326 Einen Überblick über präferierte Exit-Strategien in Kontinentaleuropa aus Praxissicht bieten PwC, Unlocking value in Run-off, Ed. 7 (2013), S. 15 ff.; I.VW-HSG, Run-off Studie (2013), S. 21 f. Zur Abwicklung von Versicherungsbeständen durch das Solvent Scheme of Arrangement Schaloske, VersR 2009, 23; Seemayer, Grenzüberschreitende Übertragung von Erst- und Rückversicherungsbeständen (2016), S. 267 ff. Zur besonderen Eignung dieses Instruments für Run-off Rückversicherungsbestände Schröder/Fischer, VW 2012, 1060; Labes, in: Bähr, Hdb. Versicherungsaufsichtsrecht (2011), § 25 Rn. 13 ff., 68 ff. Zu einer weiteren Alternative durch sogenannte Commutations siehe Erdmann, in: Bähr, Hdb. Versicherungsaufsichtsrecht (2011). Zur enormen praktischen Bedeutung der Commutations siehe KPMG, Run-off Studie (2010), S. 13; § 26 Rn. 58 ff.; Labes/Marshall, VW 2008, 305 (306). Die Bedeutung dieser Exit-Strategien ist indes praktisch auf den Rückversicherungsbereich beschränkt, vgl. Rollin, VersR 2013, 143 (144). 327 Entsprechende Verfahren gibt es unter anderem auch in Gibraltar, Bermuda, Australien und Rhode Island (USA), vgl. Labes, in: Bähr, Hdb. Versicherungsaufsichtsrecht (2011), § 25 Rn. 3 (dort Fn. 6). 328 Vgl. Labes, in: Bähr, Hdb. Versicherungsaufsichtsrecht (2011), § 25 Rn. 3 f. 329 Vgl. Labes, in: Bähr, Hdb. Versicherungsaufsichtsrecht (2011), § 25 Rn. 3 (dort Fn. 5). Vor diesem Hintergrund wird man den Rückversicherungsunternehmen in Abwicklung erfassenden § 165 VAG europarechtskonform so auszulegen haben, dass er die Anwendbarkeit von § 166 VAG auf derartige Unternehmen nicht ausschließt. 330 KPMG, Run-off Studie (2010), S. 22. 331 KPMG, Run-off Studie (2010), S. 14. 332 Zur Marktentwicklung samt positiver Entwicklungstendenz siehe bereits KPMG, Run-off Studie (2010), S. 8. 333 Für den Rückversicherungsbereich prognostizierten auch schon Labes/Marshall, VW 2008, 305 (307) eine große praktische Bedeutung der Übertragung von Beständen insbesondere vor dem Hintergrund des Run-offs und der Haftungsbeendigung.
C. Grenzüberschreitende Umstrukturierungen von Versicherungsunternehmen
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der hohen Garantien für Investoren noch als eher uninteressant bezeichnet wird.334 Bei letzterer wird jedoch vor dem Hintergrund von Solvency II vermehrt auch die Einstellung des Neugeschäfts in Erwägung gezogen, sodass die weitere Entwicklung in diesem Bereich abzuwarten bleibt.335 Die Bedeutung des Run-offs und diesbezüglicher Umstrukturierungen insgesamt dürfte jedoch auch vor dem Hintergrund der tendenziell höheren Eigenkapitalanforderungen unter Solvency II336 künftig weiter steigen.337
334
Baltzer, VW 12/2013, 22. Eling/Pankoke, VW 2013, 26 (28). Thomas, VW 2013, 37 hält vor diesem Hintergrund auch eine Welle von Betriebsaufgaben bei Lebensversicherern und einen daran anschließenden Boom für Run-off Spezialisten in diesem Bereich für denkbar. Auch Sattler, Vorstandsvorsitzender der Heidelberger Leben, ist überzeugt, dass das Run-off Geschäft im Bereich der Lebensversicherung der Markt der Zukunft sei, vgl. Görsdorf-Kegel, VW 3/2014, 83. Einen positiven Ausblick für den europäischen Run-off Markt im Bereich der Lebensversicherung konstatiert auch PwC, Unlocking value in Run-off, Ed. 9 (2015), S. 26 f. Am 31. März 2014 wurde die Heidelberger Lebensversicherung AG von der Hannover Rück und dem britischen Finanzinvestor Cinven übernommen, um zur ersten deutschen Konsolidierungsplattform für Run-off Bestände im Bereich der Lebensversicherung umgebaut zu werden, vgl. GörsdorfKegel, VW 3/2014, 83. Am 17. September 2015 hat die Basler Leben AG (Schweiz) den etwa 120.000 Verträge umfassenden Lebensversicherungsbestand ihrer deutschen Zweigniederlassung mit einer Versicherungssumme in Höhe von insgesamt EUR 2,6 MRD – vorbehaltlich aufsichtsbehördlicher Genehmigung – an die Frankfurter Leben-Gruppe verkauft. Mit der neu geschaffenen Frankfurter Leben-Gruppe – deren alleiniger Geschäftszweck der Erwerb von Lebensversicherungsgesellschaften oder -beständen, die sich bereits in Run-off befinden oder in Run-off gesetzt werden sollen, ist – wurde in diesem Zusammenhang eine weitere Konsolidierungsplattform für Lebensversicherungsbestände geschaffen, vgl. etwa Baltzer, Artikel vom 18. September 2015 auf versicherungswirtschaft-heute.de 336 Dazu näher unten Teil 1, C.V.2. Nach Auffassung von Villeroy, Head of Business Development and Acquisitions von AXA Liabilities Managers, veröffentlicht in Minnik, VW 5/ 2014, 28, wird Solvency II gar zu einer so drastischen Erhöhung der Kapitalanforderungen im Run-off führen, dass künftig kein Versicherer mehr inaktive Bestände einfach ignorieren könne. 337 Eling, VW 2012, 1292 (1296) erwartet einen „Run auf den Run-off“. Gossmann, veröffentlicht in Baltzer, VW 12/2013, 22, relativiert mit den Worten: „Das wird kein Run-offTsunami sein, sondern ein langsam steigender Pegel“; diese Einschätzung bestätigt Gossmann, veröffentlicht in Kurz, Artikel vom 14. April 2015 auf versicherungswirtschaft-heute.de, und prognostiziert für das Jahr 2015 ein Marktwachstum von 135 % im Vergleich zum Vorjahr sowie weiteres Wachstum bis jedenfalls ins Jahr 2020. Auch diverse Run-off Studien prognostizieren eine weitere Zunahme von Transaktionen im Zusammenhang mit Run-off Beständen, vgl. etwa I.VW-HSG, Run-off Studie (2013), S. 20; KPMG, Run-off Studie (2010), S. 12, 17, 22; PwC, Unlocking value in Run-off, Ed. 9 (2015), S. 6. Entsprechende Umstrukturierungen werden insbesondere in Großbritannien, Deutschland und Frankreich erwartet, vgl. PwC, Unlocking value in Run-off, Ed. 9 (2015), S. 20. Die Vermutung, dass Solvency II im EWR künftig zu einer größeren Bedeutung des Run-off Geschäfts führt, wird auch dadurch gestützt, dass dem Run-off in der Schweiz größere Bedeutung zukommt. Dort wurde 2006 mit dem Schweizer Solvenztest (SST) eine vergleichbare risikobasierte Kapitalunterlegung für Run-off Bestände implementiert, vgl. Eling/Pankoke, VW 2013, 26; Seemayer, Grenzüberschreitende Übertragung von Erst- und Rückversicherungsbeständen (2016), S. 98. 335
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Teil 1: Grundlegende Einführung in die Thematik
V. Kapitalanforderungen Die rechtlichen Vorgaben an die Eigenmittelausstattung bieten insbesondere aus Sicht europaweit agierender Versicherungsunternehmen und -gruppen diverse Gestaltungsmöglichkeiten. Durch grenzüberschreitende Umstrukturierungen können etwa Besonderheiten der rechtlichen Vorgaben hinsichtlich Zweigniederlassungen wirtschaftlich effizienter genutzt werden. Solvency II bewirkt eine erhebliche Veränderung der Vorgaben an die Eigenmittelausstattung. Der nunmehr stärker risikobasierte Ansatz wird aber auch weiteren Anreiz zu grenzüberschreitenden Umstrukturierungen bieten.338 1. Erforderliche Eigenmittelausstattung unter Solvency I Unter Solvency I339 wurde die aufsichtsrechtlich erforderliche Eigenmittelausstattung nicht risikobezogen berechnet. Vielmehr erfolgte eine pauschale Berechnung nach Maßgabe des Prämienvolumens beziehungsweise des Schadenaufwands.340 Gleichwohl stellte auch die Eigenmittelausstattung bereits unter Geltung von Solvency I ein Motiv für grenzüberschreitende Umstrukturierungen von Versicherungsunternehmen dar. Dabei besteht eine gewisse inhaltliche Nähe zu der bereits erörterten Konzentration der Finanzaufsicht.341 Während rechtlich selbständige Unternehmen einer Versicherungsgruppe jeweils separat die erforderliche Eigenmittelausstattung für ihre Versicherungsbestände zu berechnen und verwalten hatten, benötigten Zweigniederlassungen eines im EWR zugelassenen Versicherungsunternehmens keine eigenständige Eigenmittelausstattung.342 Vielmehr wurden sämtliche Niederlassungsbestände in der Bilanz des Versicherungsunternehmens ausgewiesen und es erfolgte eine zentralisierte Berechnung und Verwaltung der erforderlichen Eigenmittelausstattung. Der Management- und Verwaltungsaufwand hinsichtlich der Kapitalanforderungen konnte so erheblich gemindert werden.
338
Vgl. Louven, in: Düsseldorfer Vorträge zum Versicherungsrecht (2015), S. 97. Richtlinie 2002/12/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. März 2002 zur Änderung der Richtlinie 79/267/EWG des Rates hinsichtlich der Bestimmungen über die Solvabilitätsspanne für Lebensversicherungsunternehmen, ABl. EG 2002 Nr. L 77/11 (konsolidierte Richtlinie 2002/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. November 2002 über Lebensversicherungen (konsolidierte Richtlinie Lebensversicherung), ABl. EG 2002 Nr. L 345/1) und Richtlinie 2002/13/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. März 2002 zur Änderung der Richtlinie 73/239/EWG des Rates hinsichtlich der Bestimmungen über die Solvabilitätsspanne für Schadenversicherungsunternehmen, ABl. EG 2002 Nr. L 77/17; siehe auch Armbrüster, EuZW 2013, 686. 340 Labes, in: Bähr, Hdb. Versicherungsaufsichtsrecht (2011), § 25 Rn. 10; Vogelsang, in: Bähr, Hdb. Versicherungsaufsichtsrecht (2011), § 28 Rn. 5. 341 Siehe dazu Teil 1, C.III. 342 Grennan, The Tools for Change (2011), 2. 339
C. Grenzüberschreitende Umstrukturierungen von Versicherungsunternehmen
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2. Erforderliche Eigenmittelausstattung unter Solvency II Unter Solvency II343 hat die erforderliche Eigenmittelausstattung von Versicherungsunternehmen beziehungsweise die Freisetzung von gebundenem Eigenkapital erheblich an Bedeutung gewonnen und dürfte künftig ein maßgebliches Motiv für Umstrukturierungen von Versicherungsunternehmen darstellen.344 Das neue Aufsichtsregime implementiert ein konsequent risikoorientiertes System der Finanzaufsicht,345 das zu einer verbesserten Eigenkapitalausstattung führen soll. Die risikobasierte Berechnung der erforderlichen Eigenmittelausstattung erfolgt anhand einer Gesamtbetrachtung des Versicherungsunternehmens unter Einbezug aller Risikoarten.346 Aufgrund der danach nunmehr maßgeblichen Bemessungsgrundlage Unternehmensrisiko347 dürfte eine Konsolidierung der Bestände verschiedener Versicherungsunternehmen einer Gruppe auf ein Versicherungsunternehmen unter Fortbestand der übrigen als Niederlassung neben der beschriebenen Zentralisierung des Eigenkapitalmanagements im Regelfall auch zu einer Reduzierung der erforderlichen (Gesamt-)Eigenmittelausstattung führen.348 Denn soweit Bestände verschiedener Risikoarten bei einem Versicherungsunternehmen zusammengeführt werden,349 dürfte diese Konsolidierung grundsätzlich zu einer besseren
343
Die Richtlinie ist nach ihrem Artikel 2 auf alle Lebens-, Nicht-Lebens- und Rückversicherungsunternehmen anwendbar, vgl. Lüttringhaus, EuZW 2011, 822 (823). Solvency II konsolidiert insgesamt 14 europäische Versicherungsrichtlinien (vgl. Art. 310 Solvency II) und bewirkt eine stärkere Angleichung der Aufsichtsregeln über Erstversicherungs- und Rückversicherungsunternehmen, vgl. Vogelsang, in: Bähr, Hdb. Versicherungsaufsichtsrecht (2011), § 28 Rn. 12. 344 Erste Umstrukturierungen wurden vor diesem Hintergrund bereits durchgeführt. So wurde etwa im November 2013 die Allianz Global Corporate & Specialty (Frankreich) mit der deutschen Allianz Global Corporate & Specialty AG zur Allianz Global Corporate & Specialty SE verschmolzen. Die Umwandlung wurde dabei als wichtiger Schritt im Vorfeld von Solvency II insbesondere im Hinblick auf das risikoadjustierte Kapitalniveau bezeichnet, vgl. Allianz SE, Pressemitteilung vom 19. September 2013. 345 Langheid, in: MünchKomm-VVG, Bd. 1, 1. Aufl. (2010), Rn. 57; Bürkle, WM 2012, 878 (880). Farny, in: FS für Helmut Schirmer (2005), 103 (115) spricht vor dem Hintergrund der im Finanzaufsichtssystem unter Solvency II erheblich an Bedeutung gewinnenden betriebswirtschaftlichen und risikotheoretischen Elemente insoweit von einer „höchst interessante(n) Symbiose von Versicherungsrecht, Versicherungsbetriebslehre und der mathematischen Risikotheorie“. 346 Vogelsang, in: Bähr, Hdb. Versicherungsaufsichtsrecht (2011), § 28 Rn. 4. Eingehend zur Berechnung der gebotenen Eigenmittelausstattung Lüttringhaus, EuZW 2011, 822 (824 ff.). 347 Im Zentrum des ökonomischen und risikobasierten Ansatzes unter Solvency II soll nun die eigenständige Ermittlung und Beherrschung der Unternehmensrisiken durch die Versicherungsunternehmen stehen, vgl. nur Lüttringhaus, EuZW 2011, 822. 348 Grennan, The Tools for Change (2011), 2. 349 Dabei sind freilich die durch das Spartentrennungsgebot gezogenen Grenzen zu berücksichtigen.
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Teil 1: Grundlegende Einführung in die Thematik
Risikodiversifikation und folglich zu einem niedrigeren Gesamtrisiko führen.350 Ein gutes Risikomanagement wird sich daher günstig auf die Höhe der Eigenmittelanforderungen auswirken.351 Erfolgreiche Diversifikationsstrategien dürften dabei innerhalb europaweit agierender Versicherungsgruppen insbesondere auch grenzüberschreitende Umstrukturierungen und Übertragungen von Versicherungsbeständen umfassen. Zwar ist nunmehr ausweislich Erwägungsgrund 100 und nach näherer Maßgabe von Art. 218 ff. Solvency II bei Versicherungsunternehmen, die einer Gruppe angehören, die Solvabilität auf Gruppenebene zu berechnen. Dies stellt eine erhebliche Ausweitung der Aufsicht über Versicherungsgruppen dar. Bislang wurde in Deutschland im Rahmen der zusätzlichen Versicherungsgruppen-Aufsicht nach § 104a ff. VAG a. F. lediglich die ausreichende (Solo-)Solvabilität gruppenzugehöriger Versicherungsunternehmen unter Berücksichtigung der Besonderheiten der Gruppenstruktur geprüft (sogenannte Solo-Plus-Aufsicht), wobei die Vorschriften bezüglich der Solo-Solvabilität jedoch unberührt blieben.352 Solvabilitätsanforderungen wurden demnach unter Solvency I nur auf Soloebene ermittelt.353 Solvency II hat neben den Solvabilitätsanforderungen auf Einzelunternehmensebene eine zusätzliche Berechnung auf Gruppenebene eingeführt,354 die die Einzelaufsicht nicht nur ergänzt, sondern auch modifiziert.355 Gleichwohl sieht Solvency II keine dem vorstehend dargestellten Modell356 eines ausschließlich über Niederlassungen agierenden Versicherungsunternehmens entsprechende Gruppensolvabilitätsanforderung vor.357 Eine entsprechende Regelung, mit der Solvabilitätsanforderungen auf Einzelunternehmensebene durch Beistandserklärungen des Mutterunternehmens hätten gedeckt werden können (sogenannte Gruppenunterstützung), sah der Entwurf von Solvency II zwar zeitweise vor. In der finalen Fassung der Richtlinie ist diese Regelung nach intensiven Verhand350 Die Erzielung von risikosenkenden Diversifikationseffekten – beispielsweise durch Zeichnung oder Übernahme verschiedener Risiken beziehungsweise Bestände – ist ganz im Sinne von Erwägungsgrund 64 Solvency II, vgl. Wöhrmann, VW 4/2014, 30 (31). 351 Lüttringhaus, EuZW 2011, 822 (824). 352 Lipowsky, in: Prölss, 12. Aufl. (2005), Vor § 104a Rn. 1 f.; Krämer, in: Bähr, Hdb. Versicherungsaufsichtsrecht (2011), § 15 Rn. 11 m. w. Nachw. 353 Lüttringhaus, EuZW 2011, 856 (858). 354 Lüttringhaus, EuZW 2011, 856 (858). 355 Krämer, in: Bähr, Hdb. Versicherungsaufsichtsrecht (2011), § 15 Rn. 11 m. w. Nachw.; vgl. dazu im nationalen Recht nunmehr den Versicherungsgruppen betreffenden ausführlichen Teil 5 des neuen VAG (§§ 245 bis 293 VAG). 356 Siehe Teil 1, C.V.1. 357 Grennan, The Tools for Change (2011), 2. So schreibt Art. 213 Abs. 1 Unterabs. 2 Solvency II etwa vor, dass die für die Einzelbeaufsichtigung von Erstversicherungs- und Rückversicherungsunternehmen festgelegten Vorschriften auf diese Unternehmen auch weiterhin, das heißt trotz bestehender Gruppenzugehörigkeit, angewandt werden, sofern nicht explizit anderes bestimmt ist.
C. Grenzüberschreitende Umstrukturierungen von Versicherungsunternehmen
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lungen358 indes nicht mehr enthalten.359 Die einzelnen Gruppenunternehmen müssen somit weiterhin grundsätzlich eigenständige Eigenmittel vorhalten, sodass eine Umstrukturierung beispielsweise in der Form der grenzüberschreitenden Verschmelzung auf ein Versicherungsunternehmen bei gleichzeitiger Fortführung des EWR-Geschäfts über Zweigniederlassungen auch unter diesem Gesichtspunkt der Kapitalanforderungen unter Solvency II weiterhin eine attraktive Gestaltungsoption darstellen dürfte.360 Für diese These spricht auch die praktische Berechnungsweise der Kapitalanforderungen innerhalb einer Gruppe. Versicherungsunternehmen können ausweislich Art. 100 Solvency II die Kapitalanforderungen entweder gemäß einer Standardformel (Art. 103 ff. Solvency II) oder unter Verwendung eines von den Aufsichtsbehörden genehmigten internen Modells in Form eines Voll- oder eines Partialmodells (Art. 112 ff. Solvency II) berechnen. Da ein internes Modell die konkrete Risikosituation eines Versicherungsunternehmens präziser erfassen kann als ein auf weitgehend für die gesamte Branche standardisierten Annahmen beruhendes Modell, dürfte jedenfalls für risikobewusste große Versicherungsunternehmen regelmäßig Anreiz zur Entwicklung interner Modelle bestehen. Die vorstehend genannten Regelungen aus Titel I Kapitel VI Abschnitt 4 Solvency II sind der Finanzaufsicht zuzuordnen und fallen damit auch bei grenzüberschreitenden Tätigkeiten im Wege der Niederlassungsfreiheit oder der Dienstleistungsfreiheit in die alleinige Entscheidungskompetenz der Sitzlandbehörde. Ein von der zuständigen Sitzlandbehörde genehmigtes internes Modell wird ein Versicherungsunternehmen folglich ohne Weiteres einheitlich für alle Zweigniederlassungen verwenden dürfen.361 Anders sieht dies bei Versicherungsgruppen aus, die das EWR-Geschäft über rechtlich selbständige Unternehmen betreiben. Dort wird grundsätzlich davon auszugehen sein, dass jedes rechtlich selbständige Unternehmen von der jeweils zuständigen nationalen Versicherungsaufsichtsbehörde eine Genehmigung des internen Modells zur Berechnung der Eigenkapitalanforderungen auf Einzelunternehmensebene wird einholen müssen. Die Errichtung eines einheitlichen gruppenweiten Modells würde dadurch erheblich erschwert.362 Die Vorschriften über die Überwachung der Solvabilität auf Gruppenebene363 (Art. 218 ff. Solvency II) sehen indes ebenfalls ein Wahlrecht hinsichtlich der Berechnungsmethode vor. Neben der Standardmethode (Art. 230 Solvency II) kann auch ein internes Modell für die Gruppe (Art. 231 Solvency II) verwendet werden. Die Verwendung eines solchen 358
Gödeke, VersR 2010, 10. Vgl. BT-Drs. 17/9342, S. 135; Grennan, The Tools for Change (2011), 2; Lüttringhaus, EuZW 2011, 856 (859); siehe ferner Erwägungsgrund 141 Solvency II. 360 So wohl auch Louven, in: Düsseldorfer Vorträge zum Versicherungsrecht (2015), S. 97 (99). 361 Eingehend Grote/Schaaf, VersR 2012, 17 (27). 362 Vgl. Grote/Schaaf, VersR 2012, 17 (27). 363 Die Gruppenaufsicht soll zwar auf höchster Ebene durchgeführt, eine Beteiligung nationaler Aufsichtsbehörden indes nicht vollständig ausgeschlossen werden. Wie dieses Zusammenspiel verschiedener nationaler und EWR-ausländischer Aufsichtsbehörden in der Praxis aussehen wird, bleibt abzuwarten, Grote/Schaaf, VersR 2012, 17 (26 f.). 359
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Teil 1: Grundlegende Einführung in die Thematik
internen Modells ist erlaubnispflichtig. Art. 231 Abs. 1, 2 Solvency II regelt das diesbezügliche grenzüberschreitende Verwaltungsverfahren. Danach ist der Antrag an die für die Gruppenaufsicht zuständige Behörde zu richten. Diese informiert umgehend alle betroffenen nationalen Aufsichtsbehörden und leitet ihnen den Antrag weiter. Art. 231 Abs. 2 Solvency II schreibt vor, dass die betroffenen Aufsichtsbehörden im Rahmen ihrer Befugnisse alles unternehmen, um innerhalb von sechs Monaten nach Eingang des vollständigen Antrags bei der für die Gruppenaufsicht zuständigen Behörde zu einer gemeinsamen Entscheidung über den Antrag zu gelangen. Jedenfalls bei erteilter Erlaubnis werden Versicherungsgruppen dann auch für rechtlich selbständige Gruppenunternehmen einheitliche interne Modelle verwenden können. Wie die für die Erlaubniserteilung vorgesehene Kooperation der Aufsichtsbehörden in der Praxis aussehen wird, bleibt jedoch abzuwarten. Hinzuweisen ist jedoch darauf, dass gemäß Art. 231 Abs. 7 Solvency II – trotz erteilter Erlaubnis für das interne Modell für die Gruppe – die betroffenen Aufsichtsbehörden bei den ihrer Aufsicht unterliegenden Gruppenunternehmen einen Kapitalaufschlag auf die nach dem Gruppenmodell berechnete Kapitalanforderung vornehmen oder eine Einzelberechnung anhand der Standardformel des Art. 103 Solvency II anordnen können, wenn sie der Auffassung sind, dass das Risikoprofil des betreffenden Einzelunternehmens erheblich von den dem Gruppenmodell zugrundeliegenden Annahmen abweicht und das betreffende Unternehmen diese Bedenken nicht angemessen ausräumt. Im Ergebnis dürfte daher trotz der Möglichkeit eines gruppenweiten internen Modells die Erstreckung eines internen Modells auf rechtlich unselbständige Niederlassungen die sicherere Gestaltung darstellen. Freilich wird ein derartiger Vorteil allein jedoch keine aufwändige Umstrukturierung rechtfertigen, sondern lediglich einen zusätzlichen Grund für eine solche liefern. Ein weiterer bedeutender Aspekt liegt in der unterschiedlichen Behandlung von Run-off Beständen. Unter Solvency I spielte die Eigenmittelausstattung in diesem Bereich eine untergeordnete Rolle,364 da mangels Prämieneinkommen allein der Schadenaufwand die maßgebliche Bemessungsgrundlage für einen Run-off Bestand darstellte.365 Soweit für den Schadenaufwand eine ausreichende Reservierung gebildet wurde, erforderte ein solcher Bestand keine oder lediglich marginale Eigenkapitalbindung.366 Unter Solvency II erfolgt nunmehr auch für Run-off Bestände grundsätzlich eine risikobasierte Berechnung.367 Dies führte zu erheblicher Unsi364
Eling, VW 2012, 1292. Vgl. KPMG, Run-off Studie (2010), S. 16. 366 Eling, VW 2012, 1292; Labes, in: Bähr, Hdb. Versicherungsaufsichtsrecht (2011), § 25 Rn. 10. 367 Gemäß Art. 12 Solvency II sind Rückversicherungsunternehmen, die den Abschluss neuer Rückversicherungsverträge bis zum 10. Dezember 2007 eingestellt haben und ausschließlich ihr Portfolio mit dem Ziel verwalten, ihre Tätigkeit einzustellen, vom Anwendungsbereich der Richtlinie ausgenommen. Diese Vorgabe setzt § 165 VAG in nationales Recht um, vgl. BT-Drs. 18/2956, S. 273. Die Ausnahme erfasst indes nur solche Rückversicherungsunternehmen, die sich bereits vor dem genannten Zeitpunkt mit ihrem gesamten Bestand im Run-off befunden haben. Sondervorschriften für auf die Abwicklung von Run-off Beständen 365
C. Grenzüberschreitende Umstrukturierungen von Versicherungsunternehmen
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cherheit in der Versicherungsbranche und letztlich zu der Erkenntnis, dass die Solvenzanforderungen in diesem Bereich erheblich steigen werden.368 Vor dem Hintergrund des – hinsichtlich der Eigenmittelausstattung bislang weitgehend ignorierten – hohen Anteils inaktiver Bestände369 sind in diesem Bereich künftig erhebliche Umstrukturierungen zu erwarten.370 Freilich lassen sich hinsichtlich der Eigenmittelausstattung aufgrund der Abhängigkeit von der konkreten Risikosituation jedes einzelnen Versicherungsunternehmens kaum pauschale Aussagen treffen.371 Jedenfalls wird es künftig aber noch stärker auf die Zusammensetzung und Diversifikation des Portfolios ankommen. Daher dürfte es sowohl zur Verbesserung der Diversifikation des Portfolios als auch zur Freisetzung des zusehends knappen Gutes Eigenkapital372 auch aufgrund der neuen Eigenmittelanforderungen zu einer Vielzahl von Umstrukturierungen von Versicherungsunternehmen einschließlich grenzüberschreitender Übertragungen von Versicherungsbeständen kommen.373
VI. Organisationsrechtliche Anforderungen Bereits vor Ausbruch der Wirtschafts- und Finanzkrise unterlag die Versicherungswirtschaft neben einer umfassenden staatlichen Aufsicht zusätzlich auch der wohl branchenübergreifend intensivsten organisationsrechtlichen Regulierung mit umfangreichen Vorgaben zu zwingend einzurichtenden internen Überwachungsinspezialisierte Versicherungsunternehmen wurden vielfach – bisweilen jedoch erfolglos – gefordert (vgl. etwa Baltzer, VW 12/2013, 22). 368 Erste Berechnungen zeigten insbesondere für den Run-off Bereich bereits die deutlichen Auswirkungen von Solvency II hinsichtlich der Eigenmittelausstattung und wiesen auf die Möglichkeit hin, Eigenkapital durch aktive Reduzierung von Run-off Beständen freizusetzen, vgl. Eling, VW 2012, 1292 (1295 f.). I.VW-HSG, Run-off Studie (2013), S. 9 zeigt in einer Beispielsrechnung, dass die Eigenkapitalanforderungen im fiktiven „Non-life premium and reserve risk“ Modul durch aktive Reduzierung der Run-off Bestände um etwa 23 % geringer ausfallen würden, vgl. auch Eling/Pankoke, VW 2013, 26 (29). 369 Vgl. dazu Teil 1, C.IV. 370 So kommen auch Eling/Pankoke, VW 2013, 26 (29) zu dem Ergebnis, dass sich für Versicherungsunternehmen unter Solvency II wohl nicht mehr die Frage stelle ob, sondern allein wie sie Run-off Bestände aktiv reduzieren. 371 So auch Limp, in: BaFin Journal (Mai 2014), S. 24, der betont, dass es darauf ankomme, welches Geschäft das Versicherungsunternehmen betreibt und welche Kapitalanlagen es ansonsten im Bestand hat. Es wird aber allgemein vermutet, dass die Kapitalkosten für einige Versicherungsunternehmen und die Compliance Kosten für alle Versicherungsunternehmen im EWR unter Solvency II im Vergleich zu Solvency I steigen, vgl. etwa Grennan, The Tools for Change (2011), 2. 372 Louven, in: Düsseldorfer Vorträge zum Versicherungsrecht (2015), S. 97 (98) m. w. Nachw. 373 So auch die Erwartungen aus der Versicherungswirtschaft, vgl. PwC, Unlocking value in Run-off 9 (2015), S. 6; Minnik, VW 13/2013, 66. Für eine stärkere Konsolidierung auch Louven, in: Düsseldorfer Vorträge zum Versicherungsrecht (2015), S. 97 (108).
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Teil 1: Grundlegende Einführung in die Thematik
stanzen.374 Dennoch hat sich – maßgeblich geprägt von dem Gedanken, dass eine gute Corporate Governance jedenfalls mittelbar auch den Wettbewerb stärken und einen Beitrag zu einem besser funktionierenden Finanz- und Wirtschaftssystems leisten kann,375 sowie bestärkt durch die Erkenntnisse der Wirtschafts- und Finanzkrise – in den letzten Jahren eine heftige Diskussion über Corporate Governance und die damit eng verwandte aufsichtsrechtlich geprägte376 Compliance im gesamten Finanzsektor377 entzündet.378 Dabei geht es im Wesentlichen um ein effizienteres Risikomanagement samt interner Überwachungs- und Kontrollsysteme, die Stärkung der Rolle des Aufsichtsrats, nachhaltige Vergütungsstrukturen und eine Verbesserung der Transparenz der Unternehmensorganisation unter anderem durch verschärfte Berichts- und Offenlegungspflichten.379 Während im Zusammenhang mit Defiziten im Management und weitreichenden unternehmensinternen Verfehlungen im Verlauf der Wirtschafts- und Finanzkrise überwiegend öffentlichkeitswirksame Forderungen zu stärkerer Maßregelung des Bankensektors im Vordergrund standen, blieben auch Versicherungsunternehmen nicht von weiterer Regulierung verschont.380 Neben den bereits angesprochenen 374 Bürkle, VersR 2007, 1595 (1598) m. w. Nachw., der dazu den Verantwortlichen Aktuar, den Änderungstreuhänder und den Treuhänder für das Sicherungsvermögen aufzählt und insofern von „regulierter Selbstregulierung“ spricht; siehe auch Bürkle, VW 2011, 1753; Reese/ Ronge, VersR 2011, 1217 (1218). Einschneidende Vorgaben enthalten aus organisationsrechtlicher Sicht überdies der numerus clausus zulässiger Rechtsformen für Versicherungsunternehmen aus § 8 Abs. 2 VAG (§ 7 Abs. 1, § 120 Abs. 1 S. 1 VAG a. F.) sowie das aus § 33 Abs. 1, § 188 Abs. 1 S. 1 VAG (§ 156 Abs. 1, § 34 Abs. 1 S. 1 VAG a. F.) folgende Vier-Augen Prinzip, welches in Abweichung vom aktienrechtlichen Grundsatz aus § 76 Abs. 2 S. 1 AktG für Versicherungsunternehmen zwingend einen aus mindestens zwei Personen bestehenden Vorstand vorschreibt. 375 Vgl. etwa Hopt, ZGR 2000, 779 (810, 816); Weber-Rey, ZGR 2010, 543 (550 f.). 376 Weber-Rey, ZGR 2010, 543 (544); Dreher, VersR 2013, 929 f. 377 Hopt, ZGR 2000, 779 (816) sah bereits lange vor der Wirtschafts- und Finanzkrise eine mögliche Vorreiterrolle des Kredit- und Versicherungswesens für gemeinsame europäische Corporate Governance Prinzipien aufgrund der in diesen Bereichen besonders starken Marktkräfte und der Möglichkeit gemeinsamer Anstrengungen der zuständigen Regulierungsbehörden. Für eine ausführliche Darstellung der Entwicklung allgemeiner Corporate Governance Regelungen nach Maßgabe des Europäischen Gesellschaftsrechts und der diesbezüglichen Einflüsse des Finanzmarktaufsichtsrechts siehe etwa Hopt, ZGR 2013, 165; Leyens/F. Schmidt, AG 2013, 533. 378 Siehe etwa Weber-Rey, ZGR 2010, 543 (544 f.). Die Verwendung der Begriffe Corporate Governance und Compliance erfolgt nicht immer trennscharf, zum Teil wird auch von Corporate Compliance (so etwa Bürkle, VW 2011, 1753) gesprochen. Für eine – für die Zwecke dieser Arbeit nicht erforderliche – Abgrenzung der Begriffe wird auf das insofern einschlägige Schrifttum, insbesondere zu den umstrittenen Ausstrahlungswirkungen des Aufsichtsrechts auf das Aktienrecht verwiesen. 379 Vgl. Weber-Rey, ZGR 2010, 543 (552, 568) m. w. Nachw. 380 Aus Sicht der Europäischen Kommission wurden auch die meisten Schieflagen von Versicherungsunternehmen vor der Wirtschafts- und Finanzkrise nicht maßgeblich durch Solvenzprobleme, sondern durch Defizite im Management ausgelöst, Bürkle, VersR 2007, 1595 (1599) m. w. Nachw.
C. Grenzüberschreitende Umstrukturierungen von Versicherungsunternehmen
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neuen risikoorientierten Kapitalanforderungen381 sieht die zweite Säule von Solvency II dazu komplementierend Anforderungen an die interne Corporate Governance von Versicherungsunternehmen vor,382 durch die es auch zu Änderungen des Organisationsrechts von Versicherungsunternehmen kommt.383 Erwägungsgrund 29 Solvency II stellt diesbezüglich explizit fest, dass manche Risiken möglicherweise nicht durch die in der Solvenzkapitalanforderung zum Ausdruck kommenden quantitativen Anforderungen, sondern nur durch Governance-Anforderungen hinreichend angesprochen würden. Ein wirksames Governance-System sei daher sowohl für das angemessene Management eines Versicherungsunternehmens als auch für das Regulierungssystem unerlässlich. Leitlinie 5 (Art. 1.22, Art. 1.23) der von der EIOPA publizierten Leitlinien zum Governance-System384 sieht insoweit vor, dass die zuständigen nationalen Behörden im Einklang mit Art. 44, 46, 47, 48 Solvency II – sowie Art. 246 Solvency II, soweit es Versicherungsgruppen betrifft – sicherstellen sollen, dass die beaufsichtigten Unternehmen – und soweit es Versicherungsgruppen betrifft, das jeweils auf Gruppenebene zuständige Unternehmen385 – in angemessener Weise vier Schlüsselfunktionen des Governance-Systems einrichten.386 Dabei handelt es sich um die Risikomanagementfunktion, die Compliance-Funktion387, die interne Revisionsfunktion und die versicherungsmathematische Funktion.388 Eine Funktion ist dabei ausweislich Art. 13 Nr. 29 und Erwägungsgrund 31 Solvency II die administrative Kapazität zur Übernahme bestimmter praktischer Aufgaben innerhalb des Governancesystems. Es überrascht nicht, dass Verlautbarungen aus der Praxis zufolge gerade kleinere Versicherungsunternehmen ohne Konzern- oder Gruppenzugehörigkeit insoweit vor einem eindeutigen personellen und administrativen Mehraufwand insbesondere in den Bereichen Risikomanagement und Reporting stehen sollen.389 In der Folge sollen vor
381 382
856. 383
Siehe Teil 1, C.V.2. Eingehend zu den Governancevorgaben von Solvency II Lüttringhaus, EuZW 2011,
Bürkle, VersR 2007, 1595. EIOPA-CP – 13/08 DE. 385 Eine Definition des insoweit zuständigen Unternehmens für die Zwecke der Leitlinien zum Governancesystem findet sich in Art. 1.12 dieser Leitlinien. 386 Zur Umsetzung der europäischen Governancevorgaben in deutsches Recht nach dem Regierungsentwurf zum Zehnten VAG-Änderungsgesetz Grote/Schaaf, VersR 2012, 17 (19 ff.). 387 Solvency II liegt demnach erkennbar das Verständnis zugrunde, dass Compliance einen Teilbereich der Corporate Governance von Versicherungsunternehmen darstellt. Eingehend zur Compliance-Funktion nach Solvency II Reese/Ronge, VersR 2011, 1217; Dreher, VersR 2013, 929. 388 Siehe Art. 13 Nr. 29 und ergänzend Erwägungsgründe 30 und 33 Solvency II. 389 Vgl. etwa Ottawa, DerBörsianer 2013, 58; Lüttringhaus, EuZW 2011, 856 (858). 384
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Teil 1: Grundlegende Einführung in die Thematik
allem zahlreiche kleinere390 und mittlere deutsche Versicherungsunternehmen den neuen Vorgaben gegenüber skeptisch eingestellt sein.391 Auch der GDV hat sich diesbezüglich positioniert und fordert eine Reduzierung des bürokratischen Aufwands für Governance-Anforderungen.392 Die neuen europäischen Governancevorgaben und der damit bei einigen Versicherungsunternehmen verbundene Mehraufwand könnten somit grundsätzlich weiteren Anlass für grenzüberschreitende Umstrukturierungen innerhalb des EWR darstellen. Dabei kommt es jedoch maßgeblich darauf an, wie hoch der praktische Anpassungsbedarf an die neuen Vorgaben in der Versicherungswirtschaft tatsächlich ausfällt. Insoweit ist zu beachten, dass jedenfalls für deutsche Versicherungsunternehmen maßgebliche materiell-rechtliche Aspekte der neuen Governanceanforderungen bereits im Vorfeld von Solvency II gängige Praxis dargestellt haben dürften.393
D. Funktion und Bedeutung der Versicherungsaufsicht bei der Übertragung von Versicherungsbeständen Grenzüberschreitende Unternehmensumstrukturierungen unterliegen – abgesehen von kartellrechtlich relevanten Konstellationen – grundsätzlich keinem behördlichen Genehmigungsvorbehalt. Die Registergerichte prüfen vor der Eintragung in der Regel nur die Einhaltung der maßgeblichen Rechtsvorschriften. Je nach Sachverhalt können dies insbesondere Vorschriften des UmwG oder der SE-VO oder die Vorgaben der einschlägigen EuGH-Rechtsprechung für sonstige grenzüberschreitende Umstrukturierungen sein. Im Versicherungssektor besteht jedoch eine Ausnahme von diesem Grundsatz. Denn Umstrukturierungen von Versicherungsunternehmen bedürfen regelmäßig der Mitwirkung der zuständigen Versicherungsaufsichtsbehörden.394 Die danach erforderliche aufsichtsbehördliche Mitwirkung variiert in Form und Intensität. Neben der Ausstellung einer Solvabilitätsbescheinigung reicht sie von einer bloßen Stellungnahme über eine Zustimmung bis hin zu einer Genehmigung. Insbesondere der für die in der Praxis bislang vorherrschenden Fälle grenzüberschreitender Bestandsübertragungen und Verschmelzungen bestehende aufsichtsbehördliche Genehmigungsvorbehalt erklärt sich vor dem Hintergrund der nachfolgend dargestellten wesentlichen Ziele und Funktionen der Versicherungsaufsicht.
390
Kleinere Versicherungsunternehmen sind vom Anwendungsbereich der Richtlinie lediglich dann ausgenommen, wenn sie nach den in Art. 4 Solvency II statuierten Kriterien als wirtschaftlich unbedeutend zu klassifizierenden sind, vgl. auch Dreher, VersR 2013, 929 (932). 391 Lüttringhaus, EuZW 2011, 822 (823). 392 GDV, Positionspapier vom 14. Mai 2013, S. 6. 393 Vgl. etwa Gödeke, VersR 2010, 10 (17). 394 Vgl. Teil 1, B.III.
D. Funktion und Bedeutung der Versicherungsaufsicht
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I. Allgemeine Ziele der Versicherungsaufsicht Der Hauptgrund für eine staatliche Wirtschaftsaufsicht im System der grundsätzlich freien Marktwirtschaft liegt in der aus Art. 20 Abs. 1 GG folgenden sozialen Verantwortung des Staates.395 Im Bereich der Versicherungswirtschaft zeigt sich diese soziale Verantwortung insbesondere darin, dass die Versicherungsaufsicht vor allem den Interessen der Versicherten zu dienen bestimmt ist.396 Daneben kommt der Versicherungsaufsicht zunehmend auch eine eigenständige Wirtschaftsfunktion zu, deren vorrangige Zielsetzung im Erhalt der Funktionsfähigkeit der Versicherungswirtschaft liegt.397 1. Schutz der Interessen der Versicherten Die Versicherungsaufsicht wird unterteilt in die Rechts- und die Finanzaufsicht.398 In beiden Aufsichtsbereichen steht der Schutz der Interessen der Versicherten im Vordergrund.399 Ausweislich § 294 Abs. 2 S. 2 VAG (§ 81 Abs. 1 S. 2 VAG a. F.400) achtet die Versicherungsaufsicht im Rahmen der Rechtsaufsicht auf die ausreichende Wahrung der Belange der Versicherten. Im Rahmen der Finanzaufsicht hat die Versicherungsaufsicht nach § 294 Abs. 4 VAG (§ 81 Abs. 1 S. 5, § 121a Abs. 4 S. 1
395
Vgl. Kaulbach/Pohlmann, in: FKBP, 5. Aufl. (2012), Vorbem. § 1 Rn. 1. Eingehend zur Herleitung des Schutzzwecks der Versicherungsaufsicht mittels Gefahren-, Schutz-, Struktur- und Funktionsschutztheorie Winter, VersR 2000, 1453 (1454 ff.). 397 Vgl. Kaulbach/Pohlmann, in: FKBP, 5. Aufl. (2012), Vorbem. § 1 Rn. 5; Decker, VersR 2013, 287 (289) m. w. Nachw.; Dreher/Häußler, ZGR 2011, 471 (483 f.; dort auch zum Rangverhältnis der Zielsetzungen im Kollisionsfall) m. w. Nachw.; Weber-Rey, ZGR 2010, 543 (550) m. w. Nachw. Ausweislich Erwägungsgrund 16 und Art. 28 Solvency II stellt auch die Sicherstellung der Finanzstabilität sowie fairer und stabiler Märkte ein – nachrangiges – Ziel der Versicherungsaufsicht dar; dazu kritisch Brand, in: Brand/Baroch Castellvi, 1. Aufl. (2018), Einführung Rn. 4. Zum Verhältnis der Ziele der Versicherungsaufsicht auch Looschelders/ Michael, in: Ruffert, Europäisches Sektorales Wirtschaftsrecht, 1. Aufl. (2013), § 11 Rn. 103 ff. Für diese Arbeit sind primär der Schutz der Interessen der Versicherten und die Erhaltung der Funktionsfähigkeit der Versicherungswirtschaft von Bedeutung. 398 § 81 Abs. 1 S. 1 VAG; dazu auch Bähr, in: FKBP, 5. Aufl. (2012), § 81 Rn. 29 ff. Zur europäischen Vorgabe dieser Unterscheidung Decker, VersR 2013, 287 (288). 399 Der Schutz der Interessen der Versicherten lässt sich dabei dogmatisch nur teilweise mit einem strukturellen Ungleichgewicht begründen. Zwar wird ein solches bei typischen Versicherungsverhältnissen wie insbesondere der Lebens- und Krankenversicherung regelmäßig bestehen. Anders als im allgemeinen Verbraucherschutzrecht ist dies indes nicht zwingend. Namentlich im Bereich der Industrieversicherung wird sich ein solches Ungleichgewicht kaum feststellen lassen. Konsequent wäre daher in Anlehnung an das Verbraucherschutzrecht eine Differenzierung nach der Person des Versicherten. Gegen eine solche Differenzierung streiten indes Gründe der regulatorischen Einheit und der Praktikabilität. Siehe dazu im Zusammenhang mit verfassungsrechtlichen Schutzpflichten auch Teil 3, A.II.2.a)aa)(3)(e). 400 Vgl. BT-Drs. 18/2956, S. 289. 396
90
Teil 1: Grundlegende Einführung in die Thematik
VAG a. F.401) auf die dauernde Erfüllbarkeit der Verpflichtungen aus den Versicherungen zu achten.402 Der Schutz der Versicherten ist nunmehr auch ausdrücklich auf europäischer Ebene verankert. Ausweislich Erwägungsgrund 16 und Art. 27 Solvency II soll er das vorrangige Ziel der Regulierung und Beaufsichtigung des Erstversicherungs- und des Rückversicherungsgewerbes darstellen.403 Dieser Vorgabe ist der Gesetzgeber mit dem neu eingefügten § 294 Abs. 1 VAG nachgekommen.404 Soweit sich dies auf nationaler Ebene nicht ohnehin bereits aus dem Schutzzweck der Versicherungsaufsicht ergab, stellt § 294 Abs. 1 VAG nunmehr ausdrücklich klar, dass das Hauptziel der Beaufsichtigung der Schutz der Versicherungsnehmer und der Begünstigten von Versicherungsleistungen ist. Dabei ist aber zu berücksichtigen, dass das Versicherungsaufsichtsrecht grundsätzlich nicht auf die Wahrung der Belange einzelner Versicherter ausgerichtet beziehungsweise auf einzelne Vertragsverhältnisse bezogen ist, sondern die Versichertenbelange in ihrer Gesamtheit zu wahren bestimmt ist.405 2. Erhalt der Funktionsfähigkeit der Versicherungswirtschaft Der Erhalt der Funktionsfähigkeit der Versicherungswirtschaft – das zweite Ziel der Versicherungsaufsicht – hat im Zuge der Wirtschafts- und Finanzkrise erheblich an Bedeutung gewonnen. War es ursprünglich in den Motiven zum VAG noch als notwendiges Zwischenziel für den Schutz der Versicherten formuliert, wird es nunmehr überwiegend als eigenständiges – wenngleich weiterhin nachrangiges – Aufsichtsziel neben dem Schutz der Versicherten anerkannt.406 So heißt es in Erwägungsgrund 16 Solvency II: Finanzstabilität sowie faire und stabile Märkte sind weitere Ziele der Versicherungsregulierung und -aufsicht,407 denen ebenfalls Rechnung zu tragen ist, die jedoch das vorrangige Ziel nicht beeinträchtigen dürfen. Entsprechend schreibt Art. 28 Unterabs. 1 Solvency II vor, dass die Mitglied- oder 401
Vgl. BT-Drs. 18/2956, S. 289. Das zentrale Ziel der Sicherung der dauernden Erfüllbarkeit der Verpflichtungen aus den Versicherungen ist unter anderem auch ein Grund für die in Deutschland vorgeschriebene Risikotrennung in Form des Gebotes der Spartentrennung, vgl. Ebert, VersR 2003, 1211. 403 Dreher/Häußler, ZGR 2011, 471 (484 f.). Ausführlich zu den Zielen der Versicherungsaufsicht vor dem Hintergrund der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit der Versicherungsaufsichtsbehörden bereits Zens, Zusammenarbeit der Aufsichtsbehörden (2005), S. 9 ff. 404 Vgl. BT-Drs. 18/2956, S. 289. 405 Vgl. Knappmann, NJW 2005, 2892 (2893) mit Verweis auf BVerfG, Urteil vom 26. Juli 2005 – 1 BvR 782/94, 1 BvR 957/96 –, BVerfGE 114, 1 = VersR 2005, 1109 und BGH, Urteil vom 23. November 1994 – IV ZR 124/93 –, BGHZ 128, 54 = VersR 1995, 77. 406 Dreher/Häußler, ZGR 2011, 471 (484) m. w. Nachw.; Weber-Rey, ZGR 2010, 543 (550) m. w. Nachw. 407 Wegen der abweichenden Terminologie lautet es dort wörtlich: […] der Versicherungsund Rückversicherungsregulierung und -aufsicht. 402
D. Funktion und Bedeutung der Versicherungsaufsicht
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Vertragsstaaten unbeschadet des vorgenannten Hauptziels sicherstellen, dass die Aufsichtsbehörden im Rahmen der Ausübung ihrer allgemeinen Aufgaben den potenziellen Auswirkungen ihrer Entscheidungen auf die Stabilität der betroffenen Finanzsysteme im EWR gebührend Rechnung tragen. Letzteres kommt nunmehr auch im neu eingefügten § 294 Abs. 2 S. 3, 4 VAG zum Ausdruck. Entgegen dem insoweit ausdrücklichen Erwägungsgrund 16 Solvency II ist der Gesetzgeber bei der Formulierung der Bedeutung dieser weiteren Ziele deutlich zurückhaltender. So nenne die Vorschrift keine Nebenziele der Aufsicht, sondern lediglich Aspekte, die gegebenenfalls im Rahmen der Zielverfolgung mit zu berücksichtigen seien.408
II. Ausprägung der Aufsichtsziele bei der Übertragung von Versicherungsbeständen Die vorgenannten allgemeinen Aufsichtsziele sind bei der Übertragung von Versicherungsbeständen von besonderer Bedeutung. Für Bestandsübertragungen und Umwandlungen im Erstversicherungsbereich folgt dies jedenfalls für den Schutz der Interessen der Versicherten ausdrücklich aus der gesetzlichen Anordnung in § 13 Abs. 1 S. 2 Hs. 1, Abs. 2 S. 2 Hs. 1, § 14 Abs. 1 S. 2, § 63 Abs. 1 S. 2 Hs. 1 VAG (§ 14 Abs. 1 S. 2 Hs. 1, Abs. 2 S. 2 Hs. 1, § 14a S. 2, § 111d S. 2 Hs. 1 VAG a. F.). Denn danach ist die behördliche Genehmigung einer Bestandsübertragung oder einer nach Maßgabe des UmwG erfolgenden Umwandlung eines Erstversicherungsunternehmens – respektive die behördliche Zustimmung zu derartigen Transaktionen – nur zu erteilen, wenn die Belange der Versicherten gewahrt sind und die Verpflichtungen aus den Versicherungen als dauernd erfüllbar dargetan sind. Dieser Schutz ist bereits bei rein innerstaatlichen Übertragungen erforderlich, da die nach den zivilrechtlichen Grundsätzen des § 415 BGB erforderliche Zustimmung der betroffenen Versicherungsnehmer als Vertragspartner des seinen Bestand übertragenden Versicherungsunternehmens durch die Genehmigung der Versicherungsaufsichtsbehörde substituiert wird.409 In grenzüberschreitenden Konstellationen, insbesondere in den Fällen der Hinausübertragung in andere Mitglied- oder Vertragsstaaten, gewinnt der im Zuge der Genehmigung zu gewährleistende aufsichtsbehördliche Schutz der Versicherten nochmals an Bedeutung. 1. Zustimmungserfordernis des § 415 BGB Nach der herrschenden sogenannten Verfügungstheorie handelt es sich bei der Vorschrift des § 415 BGB um eine gegenüber § 414 BGB selbständige Form der 408
BT-Drs. 18/2956, S. 289. Für Umwandlungen kann dies grundsätzlich nur eingeschränkt gelten, da § 415 BGB bereits aufgrund der durch das UmwG angeordneten Universalsukzession allgemein keine Anwendung findet. Siehe dazu insbesondere Teil 3, B.I.1.k); Teil 3, B.I.2.h). 409
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befreienden Schuldübernahme durch Vertrag zwischen Schuldner und Gläubiger.410 Die Wirksamkeit eines solchen Schuldübernahmevertrags ist dabei gemäß § 415 Abs. 1 S. 1 BGB von der Genehmigung des Gläubigers abhängig.411 Einer Genehmigung – nachträgliche Zustimmung, vgl. § 184 Abs. 1 BGB – bedarf es nach dem in § 185 Abs. 1 BGB kodifizierten allgemeinen Zustimmungsrecht grundsätzlich nur dann nicht, wenn schon bei Abschluss des Schuldübernahmevertrags eine Einwilligung – vorherige Zustimmung, vgl. § 183 S. 1 BGB – des Gläubigers vorliegt.412 Ungeachtet der Art der Übertragung eines Versicherungsbestands wird regelmäßig ein Übertragungs- beziehungsweise Übernahmevertrag – insbesondere Bestandsübertragungsvertrag oder Verschmelzungsvertrag – zwischen dem übertragenden und dem übernehmenden Versicherungsunternehmen geschlossen. Die einen Bestand ausmachenden einzelnen Versicherungsverträge bestehen zum Zeitpunkt der beabsichtigten Übertragung zwischen dem übertragenden Versicherungsunternehmen und den jeweiligen Versicherungsnehmern413 als Vertragspartner.414 Abhängig von der konkreten Art der betroffenen Versicherungsverträge ist der Versicherungsnehmer berechtigt, zu einem bestimmten Zeitpunkt oder – bedingt – bei Eintritt eines vereinbarten Ereignisses eine zuvor festgelegte Versicherungsleistung – Entschädigungsleistung im Versicherungsfall – von dem übertragenden Versicherungsunternehmen zu fordern. Hinsichtlich dieser das Hauptmerkmal des Versicherungsvertrags ausmachenden Versicherungsleistung ist der Versicherungsnehmer somit Gläubiger und das übertragende Versicherungsunternehmen Schuldner einer – bedingten – Leistungspflicht.415 Mit Übertragung eines Versicherungsbe410 Eingehend dazu samt Darstellung der entgegenstehenden sogenannten Angebotstheorie Bydlinksi, in: MünchKomm-BGB, Bd. 2, 7. Aufl. (2016), § 415 Rn. 1 ff. 411 Bydlinksi, in: MünchKomm-BGB, Bd. 2, 7. Aufl. (2016), § 415 Rn. 6. 412 BGH, Urteil vom 9. März 1998 – II ZR 366/96 –, NJW 1998, 1645; Bydlinksi, in: MünchKomm-BGB, Bd. 2, 7. Aufl. (2016), § 415 Rn. 9 m. w. Nachw. 413 Vertragspartner im Rahmen von Erstversicherungsverträgen eines übertragenden Versicherungsunternehmens können sowohl natürliche Personen als auch (Versicherungs-)Unternehmen sein. Im Rahmen von Rückversicherungsverträgen kommen als Vertragspartner eines übertragenden Rückversicherungsunternehmens ausschließlich Vorversicherer, das heißt andere Versicherungsunternehmen – nicht hingegen deren Versicherungsnehmer – in Betracht. Aus Gründen der Einheitlichkeit der Darstellung werden hier mit dem Begriff Versicherungsnehmer – sofern nicht explizit anderweitig bestimmt – einheitlich die direkten Vertragspartner des jeweils übertragenden Versicherungsunternehmens aus den zu übertragenden Versicherungsverträgen bezeichnet. 414 Hier kommt es nur auf die Vertragsparteien zum Zeitpunkt der geplanten Übertragung an. Es ist daher unerheblich, ob übertragendes Versicherungsunternehmen und Versicherungsnehmer auch originär Vertragsparteien waren, das heißt der Versicherungsnehmer den Versicherungsvertrag mit dem übertragenden Versicherungsunternehmen abgeschlossen hat. In Betracht kommen vielmehr auch Vertragsverhältnisse, die ursprünglich mit einem anderen Versicherungsunternehmen eingegangen wurden und bereits Gegenstand einer Übertragung waren. 415 Vgl. zu der – bedingten – Gläubigerposition des Versicherungsnehmers hinsichtlich der Versicherungsleistung sowie der insoweit entgegengesetzten Schuldnerposition hinsichtlich der
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stands durch Bestandsübertragungs- oder Verschmelzungsvertrag geht aus Sicht der Versicherungsnehmer (Gläubiger) im Wesentlichen die aus den einzelnen Versicherungsverträgen bestehende jeweilige – bedingte – Schuld des übertragenden Versicherungsunternehmens (Schuldner) auf das übernehmende Versicherungsunternehmen (Dritter) über.416 Dies findet auch im Wortlaut von § 13 Abs. 5 Hs. 1, § 166 Abs. 1 S. 4 Hs. 1 VAG (§ 14 Abs. 5 Hs. 1, § 121f Abs. 1 S. 4 Hs. 1 VAG a. F.) Ausdruck. So heißt es ausdrücklich, dass die Rechte und Pflichten des übertragenden Versicherungsunternehmens aus den Versicherungsverträgen mit der Bestandsübertragung auch im Verhältnis zu den Versicherungsnehmern auf das übernehmende Versicherungsunternehmen übergehen.417 Für die Wirksamkeit der in solchen Verträgen liegenden Schuldübernahme418 ist nach allgemeinen Zivilrecht folglich grundsätzlich die Mitwirkung sämtlicher betroffener Versicherungsnehmer in Form einer Einwilligung oder Genehmigung erforderlich.419 Das von § 415 BGB statuierte Mitwirkungserfordernis der Gläubiger – hier: Versicherungsnehmer – bei der Schuldübernahme besteht dabei nicht nur nach deutschem Zivilrecht, sondern – soweit ersichtlich – in entsprechender Form auch in sämtlichen anderen europäischen Zivilrechtsordnungen.420
Prämienzahlung auch Schradin, in: MünchKomm-VVG, Bd. 1, 1. Aufl. (2010), Betriebswirtschaftslehre der Versicherung Rn. 25. 416 Vgl. Diehl/Seemayer, in: Brand/Baroch Castellvi, 1. Aufl. (2018), § 13 Rn. 63. 417 Gleiches gilt ferner ausdrücklich für § 73 Abs. 3 S. 2 Hs. 1 (§ 108 Abs. 3, § 121i Abs. 4 S. 5 Hs. 1 VAG a. F.) Soweit es § 108 VAG a. F. betrifft, war diese Rechtsfolge bislang mittels Verweises auf § 14 Abs. 5 VAG a. F. angeordnet. 418 Vgl. zur Bestandsübertragung nach § 14 VAG a. F. bereits Scholz, VersR 1997, 1070 (1071) m. w. Nachw. 419 Eine Übertragung in dieser Form mit Zustimmung sämtlicher betroffenen Versicherungsnehmer ist – jedenfalls im Erstversicherungsbereich – regelmäßig kaum praktikabel, theoretisch aber möglich, vgl. bereits Scholz, VersR 1997, 1070 (1072). Bei einer solchen Übertragungsform, die grundsätzlich keiner – zusätzlichen – Genehmigungspflicht seitens der Versicherungsaufsichtsbehörde unterfallen dürfte (vgl. Diehl/Seemayer, in: Brand/Baroch Castellvi, 1. Aufl. (2018), § 13 Rn. 12), ist seit der Novellierung von § 14 VAG a. F. (nunmehr § 13 VAG) nach den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts (siehe dazu Teil 1, D.II.3) aber zu berücksichtigen, dass jedenfalls bei Übertragungen von Versicherungsverhältnissen mit Überschussbeteiligung auch die finanziellen Interessen der nicht von der Übertragung betroffenen, bei dem übertragenden Versicherungsunternehmen verbleibenden Versicherungsnehmer zu berücksichtigen sind. Daraus könnte sich für den theoretischen Fall von Einzelübertragungen mit Zustimmung der Versicherungsnehmer folgern lassen, dass – soweit Verträge mit Überschussbeteiligung betroffen sind – auch sämtliche verbleibenden Versicherungsnehmer zustimmen müssten oder aber die Aufsichtsbehörde bei Beschneidung dieser Versichertenbelange jedenfalls im Wege der laufenden Missstandsaufsicht eingriffsbefugt und -verpflichtet wäre. 420 Vgl. Bähr, in: FKBP, 5. Aufl. (2012), § 121f Rn. 2. So etwa im österreichischen Zivilrecht gemäß § 1405 ABGB, vgl. Baran/Peschetz, Österreichisches Versicherungsaufsichtsrecht, 3. Aufl. (2015), S. 66.
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2. Vielzahl von Versicherungsverträgen In der Praxis wird sich die für die Übertragung eines Versicherungsbestands grundsätzlich erforderliche Mitwirkung sämtlicher Versicherungsnehmer gerade im Erstversicherungsbereich aufgrund der einen Versicherungsbestand regelmäßig ausmachenden Vielzahl von Versicherungsverträgen und damit grundsätzlich mitwirkungsbedürftigen Versicherungsnehmern indes kaum erreichen lassen. Auf diesem Wege ließe sich die Gesamtheit eines Versicherungsbestands oder auch nur ein Teilbestand somit praktisch nicht übertragen.421 Ungeachtet etwaiger Zustimmungsverweigerungen ließen sich insbesondere sanierungsbedingte Übertragungen von Versicherungsbeständen oftmals wirtschaftlich kaum sinnvoll oder jedenfalls nicht in der gebotenen Kürze der Zeit praktizieren, wenn jeder einzelne Versicherungsnehmer – gegebenenfalls mehrfach – zur grundsätzlich erforderlichen Mitwirkung kontaktiert werden müsste. 3. Substitution der Zustimmung durch Genehmigung der Aufsichtsbehörde Als Kompromiss zwischen dem der Privatautonomie Rechnung tragenden grundsätzlichen Zustimmungserfordernis bei einer Schuldübernahme und der sanierungsbedingten Erforderlichkeit beziehungsweise dem flexibilitätsbedingten wirtschaftlichen Bedürfnis der Versicherungsunternehmen, eine Gesamtheit von Rechtspositionen aus einem (Teil-)Bestand von Versicherungsverträgen auf ein anderes Versicherungsunternehmen zu übertragen, hat der Gesetzgeber im VAG Ausnahmen vom Grundsatz des § 415 BGB statuiert. Gemäß § 13 Abs. 5 Hs. 2 VAG (§ 14 Abs. 5 Hs. 2 VAG a. F.) findet § 415 BGB bei Bestandsübertragungen von inländischen Erstversicherungsunternehmen keine Anwendung.422 Mit diesem im Jahr 1983 in § 14 VAG a. F. eingefügten Anwendungsausschluss423 reagierte der Gesetzgeber auf ein Urteil des OLG Zweibrücken424 vom 30 Mai 1979.425 Zuvor sah die bereits seit dem Jahr 1901 im VAG enthaltene Vorschrift der Bestandsübertragung durch eine Ergänzung aus dem Jahr 1931 lediglich vor, dass mit der Bestandsübertragung die Rechte und Pflichten des übertragenden auf das überneh421 Knappmann, NJW 2005, 2892 (2894); Schenke, VersR 2006, 871 (875). Bürkle, VersR 2008, 1590 (1594) bezeichnet eine hypothetische Regelung zur Bestandsübertragung unter Geltung der allgemeinen zivilrechtlichen Zustimmungs- und Mitwirkungsrechte im Bereich der Erstversicherung treffend als faktisch „totes Recht“. Für den Bereich der Rückversicherung gilt die indes nur mit Einschränkungen. Allgemein zu den praktischen Grenzen der Einzelrechtsübertragung bei einer Vielzahl von Kundenbeziehungen auch Wardenbach, in: Henssler/Strohn, 3. Aufl. (2016), § 123 UmwG Rn. 2. 422 Gleiches gilt gemäß § 63 Abs. 1 S. 2 Hs. 2 VAG (§ 111d S. 2 Hs. 2 VAG a. F.) für gewisse Bestandsübertragungen von EWR-ausländischen Erstversicherungsunternehmen. 423 Eingefügt durch das Vierzehnte Gesetz zur Änderung des Versicherungsaufsichtsgesetzes vom 29. März 1983, BGBl. I 1983, S. 377. 424 OLG Zweibrücken, Urteil vom 30. Mai 1979 – 1 U 140/78 –, VersR 1980, 57. 425 Vgl. Kaulbach, in: FKBP, 5. Aufl. (2012), § 14 Rn. 7.
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mende Versicherungsunternehmen übergehen sollten.426 Zwar entsprach es zu diesem Zeitpunkt herrschender Ansicht, dass die Vorschrift über die Bestandsübertragung damit eine Ausnahme von § 415 BGB darstellte,427 doch sah sich der Gesetzgeber gezwungen, durch die explizite Anordnung etwa verbleibenden Zweifeln zu begegnen.428 Einen entsprechenden Ausschluss von § 415 BGB bei Bestandsübertragungen von Rückversicherungsunternehmen enthält § 166 Abs. 1 S. 4 Hs. 2 VAG (§ 121f Abs. 1 S. 4 Hs. 2 VAG a. F.).429 Gleiches gilt ausweislich der in § 14 Abs. 1 S. 2, § 166 Abs. 3 S. 2 VAG (§ 14a S. 2, § 121f Abs. 3 S. 2 VAG a. F.) jeweils enthaltenen Verweise grundsätzlich auch für vom UmwG erfasste Umwandlungen von Versicherungsunternehmen.430 Der Unanwendbarkeit von § 415 BGB steht indes grundsätzlich das im Gegenzug statuierte Erfordernis einer versicherungsaufsichtsbehördlichen Genehmigung solcher Umstrukturierungen gemäß § 13 Abs. 1 S. 1, § 14 Abs. 1 S. 1 VAG (§ 14 Abs. 1 S. 1, § 14a S. 1 VAG a. F.) und § 166 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 S. 1 VAG (§ 121f Abs. 1 S. 1, Abs. 3 S. 1 VAG a. F.) gegenüber. Mithin substituiert die aufsichtsbehördliche Genehmigung in diesen Fällen die grundsätzlich erforderliche Zustimmung der Versicherungsnehmer.431 Eine entsprechende Regelung findet sich auch auf europäischer Ebene. Art. 39 Solvency II schreibt nunmehr einheitlich – das heißt einerseits sowohl für die Lebens- als auch für die Schadenversicherung sowie andererseits sowohl im Erstversicherungsbereich als auch im Bereich der Rückversicherung –432 vor, dass die Mitglied- oder Vertragsstaaten den Versicherungsunternehmen, die ihren Gesellschaftssitz in ihrem Hoheitsgebiet haben, gestatten, den Bestand ihrer im Rahmen der Niederlassungsfreiheit oder der Dienstleitungsfreiheit abgeschlossenen Verträge ganz oder teilweise an ein übernehmendes Unternehmen im EWR zu übertragen. Art. 39 Abs. 6 S. 2 Solvency II ordnet dazu explizit an, dass die nach Art. 39 Abs. 1 bis 5 Solvency II von der zuständigen Aufsichtsbehörde des Herkunftsstaates des übertragenden Versicherungsunternehmens genehmigte Bestandsübertragung automatisch gegenüber den betroffenen Versicherungsnehmern oder Versicherten sowie gegenüber allen anderen Personen, die Rechte aus den 426
Sachs, JuS 2005, 1026. Dazu nur Puskas, VersR 1980, 205 m. w. Nachw. und Ausführungen zur Entstehungsgeschichte der Norm. 428 BVerfG, Urteil vom 26. Juli 2005 – 1 BvR 782/94, 1 BvR 957/96 –, BVerfGE 114, 1 = VersR 2005, 1109 (1110); Sachs, JuS 2005, 1026. 429 Einen entsprechenden Ausschluss enthält ferner auch§ 73 Abs. 3 S. 2 Hs. 2 VAG (§ 108 Abs. 3, § 121i Abs. 4 S. 5 Hs. 2 VAG a. F.). 430 Insoweit ist jedoch zu berücksichtigen, dass das UmwG grundsätzlich bereits selbst einen Ausschluss von § 415 BGB bewirkt, vgl. Rieble, ZIP 1997, 301. Siehe dazu Teil 1, B.III.2.; Teil 2, D.III.1.b)bb)(3); Teil 3, B.I.1.f); Teil 3, B.I.1.k); Teil 3, B.I.2.e); Teil 3, B.I.2.h). 431 So zur Übertragung von Rückversicherungsbeständen explizit Bähr, in: FKBP, 5. Aufl. (2012), § 121f Rn. 2; vgl. auch Laars, VAG, 3. Aufl. (2015), § 14 Rn. 2. 432 Die entsprechenden nunmehr konsolidierten Regelungen fanden sich vor Geltung der Solvency II Richtlinie in Art. 14 konsolidierte Richtlinie Lebensversicherung, Art. 12 Abs. 2 Dritte Richtlinie Schadenversicherung und Art. 18 Rückversicherungsrichtlinie. 427
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übertragenen Verträgen haben, wirkt. Die Anforderung an eine Genehmigung durch die Aufsichtsbehörde des Herkunftsstaates des übertragenden Versicherungsunternehmens regelt Solvency II indes nur rudimentär. Die Genehmigung darf ausweislich Art. 39 Abs. 1 Unterabs. 2 Solvency II zwar nur erteilt werden, wenn die Aufsichtsbehörde des Herkunftsstaates des übernehmenden Unternehmens bescheinigt, dass das übernehmende Unternehmen unter Berücksichtigung der Übertragung über die erforderlichen anrechnungsfähigen Eigenmittel zur Bedeckung der Solvenzkapitalanforderung gemäß Art. 100 Unterabs. 1 Solvency II verfügt. Neben diesem Erfordernis einer sogenannten Solvabilitätsbescheinigung statuiert Art. 39 Solvency II jedoch keine expliziten Kriterien für eine die Zustimmung der Versicherungsnehmer ersetzende – weil gemäß Art. 39 Abs. 6 Unterabs. 2 Solvency II automatisch gegenüber diesen wirkende – Genehmigung. Vielmehr soll die Genehmigung ausweislich Art. 39 Abs. 1 Unterabs. 1 Solvency II explizit nach Maßgabe des nationalen Rechts des jeweiligen Mitglied- oder Vertragsstaates des übertragenden Versicherungsunternehmens erfolgen. Jedenfalls soweit die Übertragung eines Versicherungsbestands nicht sanierungsbedingt erfolgt, dürfte sie regelmäßig eher im Interesse der Versicherungsunternehmen als der betroffenen Versicherungsnehmer liegen.433 Die Ermöglichung solcher Übertragungen dient in diesen Fällen primär den wirtschaftlichen Zielen der beteiligten Versicherungsunternehmen durch Erhalt von Flexibilität in Form unternehmerischer Handlungsfreiheit.434 Sie fördert so den freien Wettbewerb auf den Versicherungsmärkten und dient damit auch dem zweiten vorgenannten Ziel der Versicherungsaufsicht, namentlich dem Erhalt der Funktionsfähigkeit der Versicherungswirtschaft. Die Versicherungsaufsicht ist jedoch generell435 und speziell im Bereich der Bestandsübertragungen436 und Umwandlungen nach dem UmwG vor433 Beachte aber Schenke, VersR 2006, 871 (875), der zutreffend darauf hinweist, dass die Übertragung von Versicherungsbeständen auch abseits von Sanierungsfällen durchaus im Interesse der Versicherten liegen kann, wenn damit etwa eine Entlastung von Risiken wie beispielsweise aus Beteiligungen des übertragenden Versicherungsunternehmens einhergeht. 434 So formuliert das Bundesverfassungsgericht für die Bestandsübertragung nach § 14 VAG a. F. (nunmehr § 13 VAG) explizit: „Die vom Gesetzgeber eröffnete, nicht an die Zustimmung der Versicherungsnehmer gebundene Möglichkeit zur Bestandsübertragung gibt der Versicherungswirtschaft ein Mittel an die Hand, bei der Verwaltung von Versicherungsbeständen in freier unternehmerischer Entscheidung den jeweiligen wirtschaftlichen Gegebenheiten Rechnung zu tragen […]. § 14 VAG erleichtert den Versicherungsunternehmen Bestandsübertragungen. Der Ausschluss der betroffenen Versicherungsnehmer von der Mitentscheidung soll angesichts ihrer regelmäßig hohen Zahl sichern, dass die Bestandsübertragung praktisch durchführbar ist.“, BVerfG, Urteil vom 26. Juli 2005 – 1 BvR 782/94, 1 BvR 957/ 96 –, BVerfGE 114, 1 = VersR 2005, 1109 (1117 f.). 435 Vgl. insoweit Teil 1, D.I.1. 436 So für die Bestandsübertragung nach § 14 VAG a. F. (nunmehr § 13 VAG) explizit BVerfG, Urteil vom 26. Juli 2005 – 1 BvR 782/94, 1 BvR 957/96 –, BVerfGE 114, 1 = VersR 2005, 1109 (1120): „Durch das Genehmigungserfordernis übernimmt der Staat eine besondere Verantwortung für die Wahrung der Belange der Versicherten, die über die Verantwortung hinausgeht, die der Versicherungsaufsicht nach dem System des Versicherungsaufsichtsrechts
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rangig dem Schutz der Interessen der Versicherten verschrieben. Bei der Übertragung von Versicherungsbeständen kann es daher im Einzelfall zum Konflikt zwischen den Interessen der Versicherten und den Interessen der Versicherungsunternehmen kommen. Aus aufsichtsrechtlicher Sicht ist bei der Genehmigung respektive Zustimmung daher insbesondere die Rangfolge der – insoweit gegebenenfalls widerstreitenden – Aufsichtsziele zu berücksichtigen. Rechtfertigt sich der primäre Schutz der Interessen der Versicherten durch die Versicherungsaufsicht bereits aus der aus Art. 20 Abs. 1 GG folgenden sozialen Verantwortung des Staates, kommt insoweit bei der Übertragung von Versicherungsbeständen ein weiterer Aspekt verstärkend hinzu. Ungeachtet der Frage, ob die Übertragung im Einzelfall auch aus Versichertensicht vorteilhaft ist – etwa, weil der Bestand auf ein solventeres Unternehmen übertragen wird –, wird den Versicherten dabei nämlich ein neuer Schuldner aufgedrängt. Die Ermöglichung der Übertragung von Versicherungsbeständen unter Ausschluss der zivilrechtlichen Zustimmungspflicht der Gläubiger berührt daher auch die verfassungsrechtlich verbürgte Privatautonomie der Versicherungsnehmer.437 Die Privatautonomie als eigenbestimmte Gestaltung der Rechtsverhältnisse und damit letztlich Selbstbestimmung des Einzelnen im Rechtsleben ist als Teil der allgemeinen Handlungsfreiheit von Art. 2 Abs. 1 GG geschützt.438 Diese Problematik hat das Bundesverfassungsgericht jedenfalls bei den Fällen der innerstaatlichen Bestandsübertragung von Lebensversicherungsverträgen nach § 14 VAG in der bis zum 31. Dezember 2007 geltenden Fassung dazu veranlasst, mit zwei Urteilen vom 26. Juli 2005439 die bestehende Vorschrift für mit dem Grundgesetz unvereinbar zu erklären und eine Novellierung der gesetzlichen Regelung zu fordern.440 Nach § 14 VAG in der bis zum 31. Dezember 2007 geltenden Fassung beschränkte sich die aufsichtsbehördliche Prüfung im Rahmen des Genehmigungsverfahrens allein auf die Frage, ob die Interessen der allgemein zukommt, nämlich die Belange der Gesamtheit der Versicherten und der Versicherungsunternehmen im Rahmen der Missstandsaufsicht zu wahren […]. Im Fall der Bestandsübertragung unter Ausschluss von § 415 BGB ist auch sicherzustellen, dass die Belange der Versicherten als Partner eines Versicherungsvertrags gewahrt werden, insbesondere, dass die Versicherten aufgrund des Schuldnerwechsels nicht schlechter gestellt werden als vorher. Die Versicherten sind darauf angewiesen, dass die Versicherungsaufsicht ihre Belange auf angemessene Weise wahrnimmt.“ 437 BVerfG, Urteil vom 26. Juli 2005 – 1 BvR 782/94, 1 BvR 957/96 –, BVerfGE 114, 1 = VersR 2005, 1109 (1117). Für eine verfassungsrechtliche Bewertung der im Ausschluss von § 415 BGB liegenden Beeinträchtigung der Privatautonomie vor dem Hintergrund staatlicher Schutzpflichten siehe Teil 3, A.II.2.a)aa)(3)(d). 438 Ständige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, vgl. BVerfG, Beschluss vom 12. November 1958 – 2 BvL 4/56, 2 BvL 26/56, 2 BvL 40/56, 2 BvL 1/57, 2 BvL 7/57 –, BVerfGE 8, 274 = NJW 1959, 475 (478); BVerfG, Beschluss vom 13. Mai 1986 – 1 BvR 1542/ 84 –, BVerfGE 72, 155 = NJW 1986, 1859 (1860). 439 BVerfG, Urteile vom 26. Juli 2005 – 1 BvR 782/94, 1 BvR 957/96 –, BVerfGE 114, 1 = VersR 2005, 1109 sowie 1 BvR 80/95, BVerfGE 114, 73 = VersR 2005, 1127. 440 Eingehend Schmid, Bestandsübertragung und Umwandlung von Versicherungsunternehmen (2010), Rn. 203 ff.
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von der Bestandsübertragung unmittelbar betroffenen Versicherten bei dem übernehmenden Unternehmen gewahrt sind. Durch Vorlage einer konsolidierten Bilanz auf – hypothetischer – Grundlage der bereits durchgeführten Bestandsübertragung musste das übernehmende Versicherungsunternehmen vor allem nachweisen, dass es auch nach Durchführung der Übertragung über Eigenmittel in Höhe der gesetzlich geforderten Solvabilitätsspanne verfügt.441 Versagungsgründe konnte die Aufsichtsbehörde nach herrschender Meinung nur auf Umstände bei dem übernehmenden Unternehmen stützen.442 Das Bundesverfassungsgericht verlangte für die Genehmigungsfähigkeit einer Bestandsübertragung indes die angemessene Wahrung der Belange der Versicherten aus dem Versicherungsverhältnis.443 Weil die Substitution der Zustimmungspflicht durch die aufsichtsbehördliche Genehmigung den im System des Privatrechts insbesondere durch §§ 414, 415 BGB gewährleisteten eigenverantwortlichen Interessenschutz aushebele, sei verfassungsrechtlich jedenfalls insoweit eine Kompensation durch eine besondere staatliche Schutzpflicht geboten.444 Der Gesetzgeber ist dem Novellierungsauftrag im Rahmen des VAGÄndG 9 mit Wirkung vom 1. Januar 2008 nachgekommen.445 Mit § 14 Abs. 1 S. 2 Hs. 1 VAG a. F. (nunmehr § 13 Abs. 1 S. 2 Hs. 1 VAG) wurde zunächst klargestellt, dass die Genehmigung einer Bestandsübertragung nur erteilt wird, wenn die Belange der Versicherten gewahrt und die Verpflichtungen aus den Versicherungen als dauernd erfüllbar dargetan sind. Die beiden maßgeblichen Kriterien der Wahrung der Versichertenbelange und der dauernden Erfüllbarkeit der Verpflichtungen wurden aus § 8 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 VAG a. F. (nunmehr § 11 Abs. 1 Nr. 1, Nr. 4 lit. a VAG)446 übernommen. Sie waren zwar grundsätzlich bereits vor der Novellierung Voraussetzung für die Genehmigungsfähigkeit. Denn über § 14 Abs. 1 S. 3 VAG in der bis zum 31. Dezember 2007 geltenden Fassung galt § 8 VAG a. F. neben dem Solvabilitätsnachweis des § 14 Abs. 1 S. 2 VAG in der bis zum 31. Dezember 2007 geltenden Fassung für die Genehmigung der Bestandsübertragung im Übrigen entsprechend.447 441
(109). 442
Hasselbach/Komp, VersR 2005, 1651 (1658); Weber-Rey/Krecek, NVersZ 2000, 105
Wolf, VersR 2008, 1441 (1443). Dies hatte zuvor noch das Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 11. Januar 1994 – 1 A 72/89 = NJW 1994, 2561 verkannt, vgl. BVerfG, Urteil vom 26. Juli 2005 – 1 BvR 782/94, 1 BvR 957/96 –, BVerfGE 114, 1 = VersR 2005, 1109 (1120 ff.); vgl. auch Schmid, Bestandsübertragung und Umwandlung von Versicherungsunternehmen (2010), Rn. 203. 444 Vgl. Wolf, VersR 2008, 1441 (1443). Ausführlich zu staatlichen Schutzpflichten im Hinblick auf die Privatautonomie aufgrund der Ermöglichung von Bestandsübertragungen durch den Gesetzgeber Teil 3, A.II.2.a)aa)(3). 445 Art. 1 Nr. 7 Neuntes Gesetz zur Änderung des Versicherungsaufsichtsgesetzes vom 23. Dezember 2007 (VAGÄndG 9), BGBl. I 2007, S. 3248. 446 BT-Drs. 18/2956, S. 236. 447 Ausführlich zum Prüfungsmaßstab nach § 14 VAG in der bis zum 31. Dezember 2007 geltenden Fassung Präve, in: Prölss, 12. Aufl. (2005), § 14 Rn. 23 ff. 443
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§ 8 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 VAG a. F. (nunmehr § 11 Abs. 1 Nr. 1, Nr. 4 lit. a VAG) sah bereits vor dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vor, dass in Fällen, in denen nach dem Geschäftsplan und den nach § 5 Abs. 4 S. 3, 4, Abs. 5 VAG a. F. (nunmehr § 9 Abs. 2 bis 4 VAG)448 vorgelegten Unterlagen die Belange der Versicherten nicht ausreichend gewahrt oder die Verpflichtungen aus den Versicherungen nicht genügend als dauernd erfüllbar dargetan sind, die beantragte Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb zu versagen ist.449 Die Kriterien des § 11 Abs. 1 Nr. 1, Nr. 4 lit. a VAG (§ 8 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 VAG a. F.) enthalten indes einschränkende Elemente,450 die in den Genehmigungskriterien des § 13 Abs. 1 S. 2 Hs. 1 VAG (§ 14 Abs. 1 S. 2 Hs. 1 VAG a. F.) fehlen und damit einen signifikanten Unterschied ausmachen.451 Im Ergebnis hat die Novellierung dazu geführt, dass der Prüfungsmaßstab nicht mehr negativ oder passiv definiert wird, sondern eine insoweit aktive oder positive Sicherstellung erforderlich ist.452 Bei der Novellierung von § 14 VAG in der bis zum 31. Dezember 2007 geltenden Fassung hat der Gesetzgeber im Übrigen insbesondere Vertragsbestände der Lebensversicherung mit Überschussbeteiligung in den Blick genommen.453 Nach dem in diesem Zuge eingefügten § 14 Abs. 4 S. 1 VAG a. F. (nunmehr § 13 Abs. 4 S. 1 VAG) darf bei einer Übertragung derartiger Versicherungsbestände die Genehmigung nur dann erteilt werden, wenn der Wert der Überschussbeteiligung der Versicherten des übertragenden und des übernehmenden Versicherungsunternehmens nach der Übertragung nicht niedriger ist als vorher.454 Dies bedeutet eine Ausweitung des Prüfungsumfangs auf die Interessen der bei dem übertragenden Versicherungsunternehmen verbleibenden – von der Bestandsübertragung daher nicht unmittelbar betroffenen – Versicherten und damit letztlich auf das übertragende Versicherungsunternehmen.455 Somit können nach der Neuregelung – jedenfalls soweit Versicherungsbestände mit Überschussbeteiligung betroffen sind – explizit auch
448
BT-Drs. 18/2956, S. 235 f. Vgl. dazu Schenke, in: Hdb. Versicherungsaufsichtsrecht (2011), § 1 Rn. 25 f., der entgegen der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts eine verfassungskonforme Auslegung der angegriffenen Genehmigungskriterien alter Fassung für möglich erachtet. 450 „Belange ausreichend gewahrt“; „Verpflichtungen genügend als dauerhaft erfüllbar dargetan“. 451 Kaulbach, in: FKBP, 5. Aufl. (2012), § 14 Rn. 16. 452 Seemayer, Grenzüberschreitende Übertragung von Erst- und Rückversicherungsbeständen (2016), S. 76; Diehl/Seemayer, in: Brand/Baroch Castellvi, 1. Aufl. (2018), § 13 Rn. 25. 453 Die besondere Schutzbedürftigkeit der Versicherten bei Lebensversicherungsverträgen hatte bereits das Bundesverfassungsgericht hervorgehoben, vgl. BVerfG, Urteil vom 26. Juli 2005 – 1 BvR 782/94, 1 BvR 957/96 –, BVerfGE 114, 1 = VersR 2005, 1109 (1118). Zur Problematik der Bestandsübertragung in der Lebensversicherung auch Schwintowski, VuR 2005, 321 (323 f.). 454 Dazu auch BaFin-Präsident Hufeld, veröffentlicht in Baltzer, VW 12/2013, 25. 455 Wolf, VersR 2008, 1441 (1443); Laars, VAG, 3. Aufl. (2015), § 14 Rn. 8. 449
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Umstände bei dem übertragenden Versicherungsunternehmen eine Ablehnung der Genehmigung begründen.456 Bemerkenswert ist, dass nach dem vorstehend zitierten Urteil des Bundesverfassungsgerichts im Rückversicherungsbereich in Umsetzung von Art. 18 Rückversicherungsrichtlinie durch VAGÄndG 8 mit § 121f VAG a. F.457 (nunmehr § 166 VAG) im Jahr 2007 eine Norm eingefügt wurde, die die Anwendbarkeit von § 415 BGB bei Bestandsübertragungen und Umwandlungen nach dem UmwG von Rückversicherungsunternehmen ausschließt, ohne jedoch eine entsprechende – die Interessenwahrung der insoweit in Betracht kommenden Versicherungsnehmer betreffende – aufsichtsbehördliche Schutzpflicht vorzusehen.458 Dies könnte sich zwar aus dem Umstand erklären, dass als Vertragspartner der Rückversicherungsunternehmen im Rahmen von Rückversicherungsverträgen und damit bei einer Übertragung solcher Vertragsbestände grundsätzlich zustimmungspflichtige Gläubiger im Sinne des § 415 BGB ausschließlich andere geschäftserfahrene Versicherungsunternehmen – sogenannte Vorversicherer – in Betracht kommen. Diese könnten grundsätzlich etwa in der Lage sein, privatrechtliche Zustimmungsvorbehalte beziehungsweise Sonderkündigungsrechte (change of control-Klauseln459) auszuhandeln und sich möglicherweise weniger auf die soziale Verantwortung des Staates berufen. Der pauschale Ausschluss der Zustimmungspflicht stellt gleichwohl eine
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Im Rahmen der Novellierung des § 14 VAG a. F. wurden gemäß den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts in Absatz 3 zudem weitergehende Anforderungen an die Genehmigung der Übertragung von Versicherungsbeständen eines VVaG statuiert. In diesen Fällen ist nunmehr grundsätzlich eine zusätzliche vermögensrechtliche Kompensation für den Verlust der Vereinsmitgliedschaft erforderlich. Dazu auch BaFin-Präsident Hufeld, veröffentlicht in Baltzer, VW 12/2013, 25. 457 Eingefügt mit Wirkung vom 2. Juni 2007 durch Art. 1 Nr. 47 Achtes Gesetz zur Änderung des Versicherungsaufsichtsgesetzes sowie zur Änderung des Finanzdienstleistungsaufsichtsgesetzes und anderer Vorschriften vom 28. Mai 2007 (VAGÄndG 8), BGBl. I 2007, S. 923. 458 Der vom Bundesverfassungsgericht für verfassungswidrig erklärte § 14 VAG in der bis zum 31. Dezember 2007 geltenden Fassung sah für die Genehmigungsfähigkeit – wie dargestellt – nur vor, dass das übernehmende Versicherungsunternehmen nachzuweisen hatte, dass es nach der Übertragung Eigenmittel in Höhe der Solvabilitätsspanne besitzen würde. Im Übrigen wurde § 8 VAG a. F. für entsprechend anwendbar erklärt. § 166 VAG (§ 121f VAG a. F.) schreibt nunmehr als alleiniges Genehmigungskriterium vor, dass die Genehmigung erteilt wird, wenn durch die zuständige Aufsichtsbehörde des Mitglied- oder Vertragsstaates nachgewiesen ist, dass das übernehmende Unternehmen unter Berücksichtigung der Übertragung über anrechnungsfähige Eigenmittel zur Einhaltung der Solvabilitätskapitalanforderung verfügt. 459 Dazu Labes, in: Hdb. Versicherungsaufsichtsrecht (2011), § 25 Rn. 23 f. Solche Klauseln sollen indes rechtlich nicht geeignet sein, eine Übertragung zu verhindern. Die Versicherungsaufsichtsbehörde habe vertragliche Zustimmungsrechte bei der Erteilung der Genehmigung nach der öffentlich-rechtlichen Vorschrift des § 121f VAG a. F. (nunmehr § 166 VAG) nicht zu beachten. Indes können solche Klauseln zivilrechtliche Schadensersatzansprüche begründen. Faktisch dürften sie zur Verhinderung von Übertragungen geeignet sein, wenn sie etwa mit entsprechenden Vertragsstrafen gekoppelt werden.
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nicht zuletzt vor dem Hintergrund staatlicher Schutzpflichten gegenüber juristischen Personen dogmatisch interessante Frage dar.460 4. Besonderheiten bei grenzüberschreitenden Übertragungen Grenzüberschreitende Übertragungen von Versicherungsbeständen bringen grundsätzlich eine Vielzahl aufsichtsrechtlicher Besonderheiten insbesondere im Bereich der Zuständigkeit der Aufsichtsbehörden und deren Kooperation sowie hinsichtlich der formellen und auch der materiell-rechtlichen Vorgaben mit sich.461 Dies könnte möglichweise auch einen Grund für die bereits erwähnte – von der Europäischen Kommission identifizierte – erhebliche Blockade von grenzüberschreitenden Transaktionen im Finanzsektor durch nationale Aufsichtsbehörden darstellen.462 Von besonderer Bedeutung für die hier behandelte Funktion der Versicherungsaufsicht bei grenzüberschreitenden Übertragungen von Versicherungsbeständen ist die Tatsache, dass die aus der gesetzlich statuierten Unanwendbarkeit des § 415 BGB folgende Beeinträchtigung der Privatautonomie in grenzüberschreitenden Fällen aus Sicht der Versicherungsnehmer regelmäßig noch einmal schwerer wirken dürfte.463 Wird den Versicherungsnehmern bereits bei innerstaatlichen Übertragungen von Versicherungsbeständen durch die aufsichtsbehördliche Genehmigung ohne oder gegen ihren Willen ein neuer inländischer Schuldner aufgedrängt, so wird ihnen bei grenzüberschreitenden Übertragungen ein EWRausländischer Schuldner aufgedrängt. Zwar ließe sich insoweit grundsätzlich argumentieren, dass aufgrund der Harmonisierung des Versicherungsaufsichtsrechts EWR-weit einheitliche Aufsichtsstandards gelten und es deshalb im Sinne des Gedankens eines vollwertigen Europäischen Binnenmarktes keinen Unterschied machen darf, ob die Übertragung innerstaatlich oder grenzüberschreitend innerhalb des EWR erfolgt. In der Praxis bestehen indes weiterhin nationale Besonderheiten, welche die grenzüberschreitende Übertragung von Versicherungsbeständen im Hinblick auf den Schutz der Versicherungsnehmer problematisch erscheinen lassen. Für die weitere Betrachtung dieser Besonderheiten ist zwischen grenzüberschreitenden Übertragungen aus Deutschland in andere Mitglied- oder Vertragsstaaten und der umgekehrten Übertragungsrichtung zu differenzieren.
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Siehe dazu Teil 3, A.II.2.a)aa)(3). Vgl. schon Weber-Rey/Krecek, NVersZ 2000, 105 (109 f.). 462 Europäische Kommission, Weißbuch zur Finanzdienstleistungspolitik für die Jahre 2005 – 2010 (2005), S. 14. 463 Diese Annahme dürfte implizit auch der Einführung des neuen Sonderkündigungsrechts in § 13 Abs. 7 S. 2 bis 4 VAG zugrunde liegen. Denn der Gesetzgeber hat dieses auf Fälle der Hinausübertragung beschränkt und dabei ausdrücklich klargestellt, dass ein allgemeines Sonderkündigungsrecht zu weit ginge, vgl. BT-Drs. 18/2956, S. 237. 461
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a) Hinausübertragung Eine Hinausübertragung aus Deutschland in andere Mitglied- oder Vertragsstaaten dürfte sich aus Versichertensicht regelmäßig aus gleich mehreren Gründen als besonders schwerwiegend darstellen. Betrachtet man zunächst etwa die kapitalbildende Lebensversicherung, so ist zu konstatieren, dass die Versicherungsnehmer hier regelmäßig eine langfristige Vertragsbeziehung zu dem Versicherungsunternehmen eingehen.464 Einer regelmäßig sehr langen Einzahlphase der Versicherungsnehmer steht dabei eine zumeist erst in Jahren oder gar Jahrzehnten fällig werdende – oder bei vorfälliger Kündigung trotz der Regelungen zum Rückkaufswert mit einem gewissen Abschlag versehene465 – Zahlungsverpflichtung des Versicherungsunternehmens gegenüber. Es handelt sich mithin um einen Austausch von gegenwärtig verfügbarem, das heißt sicherem Kapital gegen eine künftige und damit grundsätzlich unsichere – betragsmäßig die Summe der einzelnen Einzahlungen idealerweise zins- und inflationsbereinigt übersteigende – Forderung. Bei solchen Investitionen ist jedoch immer das Vertrauen in die langfristige Bonität des Schuldners von entscheidender Bedeutung.466 Mit anderen Worten wird sich ein Versicherungsnehmer in diesen Fällen regelmäßig sehr genau überlegen, bei welchem Versicherungsunternehmen er seine künftige Forderung mit Blick auf dessen Vermögenslage besonders sicher aufgehoben sieht.467 464 Die durchschnittliche Vertragslaufzeit bei der kapitalbildenden Lebensversicherung soll etwa 26 Jahre betragen. Bei der kapitalbildenden Rentenversicherung soll zum Teil sogar mit Vertragslaufzeiten von über 50 Jahren zu rechnen sein, vgl. Reiff, in: Prölss/Martin, VVG, 29. Aufl. (2015), § 153 Rn. 2. 465 Weber-Rey, ZGR 2010, 543 (550). 466 So heißt es schon in der Begründung zum VAG (Motive zum VAG, Nachdruck, 1963, S. 25) auszugsweise explizit: „Dazu kommt, daß der Versicherungsbetrieb mehr als irgendein anderer Wirtschaftszweig auf das Vertrauen der Bevölkerung angewiesen ist. Nur wo dies aufgrund langer, gleichmäßiger Erfahrungen, aufgrund einer von Generation zu Generation sich fortpflanzenden Überlieferung den Versicherungsunternehmen im Allgemeinen entgegengebracht wird, kann das Versicherungswesen mit seinem segenreichen Wirken alle Bevölkerungsklassen durchdringen und die ihm zukommende Rolle im Volksleben spielen. […] Bei langfristigen Versicherungen, namentlich bei der Lebensversicherung, vertraut der Versicherungsnehmer für seine Lebenszeit oder für Jahrzehnte seine oft nur unter den empfindlichsten Entbehrungen erzielten Ersparnisse der Anstalt in der Zuversicht an, daß redlich dem Versicherungszweck entsprechend geschaltet wird. Der Staat hat ein lebhaftes Interesse daran, dieses Vertrauen zu schützen, […].“ Zum Ausdruck kommt dies auch in BVerfG, Urteil vom 26. Juli 2005 – 1 BvR 782/94, 1 BvR 957/96 –, BVerfGE 114, 1 = VersR 2005, 1109 (1118): „Lebensversicherungsverträge zielen auf die Sicherung der wirtschaftlichen Existenz und in diesem Rahmen schwerpunktmäßig auf die Alterssicherung. Den Versicherungsunternehmen wird durch die Prämienzahlungen Vermögen anvertraut, das in ihr Eigentum übergeht und über dessen Nutzung sie in eigener unternehmerischer Verantwortung zu entscheiden haben, dessen Erträge aber größtenteils zur Absicherung der wirtschaftlichen Existenz der Versicherten gedacht sind. Die Versicherungsnehmer gehen ein auf lange Zeit ausgerichtetes, für die weitere Lebensgestaltung besonders wichtiges Vertragsverhältnis ein.“ 467 Schenke, VersR 2006, 871 (877). Für einen derart bewussten Vertragsschluss der Versicherungsnehmer spricht auch die Tatsache, dass die kapitalbildende Lebensversicherung
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Die hohe Bedeutung dieser Anspruchssicherheit für die Entscheidung der Versicherungsnehmer zum Abschluss eines Versicherungsvertrages ist durch die Erfahrungen der Wirtschafts- und Finanzkrise deutlich bestätigt worden.468 Eine derart bewusste Entscheidung wird durch einen aufgezwungenen Schuldnerwechsel jedoch unterminiert. Handelt es sich bei dem neuen Schuldner um einen Wettbewerber im nationalen Markt, der insbesondere derselben Aufsichtsbehörde untersteht und von dieser als gleichwertiger Schuldner anerkannt wird, mag dies noch zumutbar erscheinen. Möglicherweise hätte der Versicherungsnehmer auch diesen Vertragspartner in Betracht gezogen. Problematischer wird es hingegen bei der aus Versichertensicht zwangsweise erfolgenden Zuweisung eines EWR-ausländischen Schuldners. Insbesondere die letzten Jahre der Wirtschafts- und Finanzkrise haben zudem die herausragende Stellung des Wirtschaftsstandortes Deutschland innerhalb Europas bestätigt. Deutsche Finanzinstitute und insbesondere Versicherungsunternehmen erscheinen im internationalen Vergleich relativ solide und stabil. Auch wenn auf dem Papier ein gemeinsamer Europäischer Binnenmarkt mit einer weitgehend einheitlichen Währung steht, so genießen deutsche Finanzinstitute doch besonderes Vertrauen in Europa. Eine Berücksichtigung lediglich der gegenwärtigen Solvabilität des übernehmenden Unternehmens dürfte daher aus Sicht der Versicherungsnehmer insbesondere ob des langfristigen Vertrauens in die Werthaltigkeit der Forderung zu kurz greifen. Zu berücksichtigen ist insoweit ferner die Zugehörigkeit zu unterschiedlichen nationalen Sicherungseinrichtungen (Garantiefonds). Wären die Forderungen der Versicherungsnehmer durch eine einheitliche europäische Sicherungseinrichtung vollständig abgesichert, würde die vorstehend dargestellte Problematik des Vertrauens in die Bonität der Versicherungsunternehmen weitgehend entfallen. Die bestehenden Sicherungseinrichtungen sind indes bislang national organisiert und unterscheiden sich zum Teil erheblich sowohl in ihrem Schutzumfang als auch in ihrer Leistungsfähigkeit.469 Im schlimmsten Fall des Ausfalls eines Versicherungsunternehmens kann es daher in der Praxis in Abhängigkeit von der nationalen Sicherungseinrichtung zu deutlichen Unterschieden kommen. Diese Überlegungen dürften insbesondere bei langfristigen Versicherungsverhältnissen von Bedeutung sein. Zwar hat der Gesetzgeber gerade aus diesem Grund in § 13 Abs. 7 S. 3 VAG mit Wirkung vom 1. Januar 2016 ein Sonderkündigungsrecht der Versicherungsnehmer eingeführt. Es stellt sich insoweit jedoch die Frage, ob den Interessen der Versicherungsnehmer damit ausreichend gedient ist.470 Auch bei kurz- oder mittelfristig angelegten Versicherungsverträgen stellen sich im grenzüberschreitenden Kontext Probleme. Hier kommt es indes weniger auf das langfristige Vertrauen an, dafür umso mehr auf die laufende Betreuung der Versicherungsnehmer durch die Versicherungsunternehmen. So dürfte etwa in der traditionell als eine der wichtigsten und attraktivsten Formen der Zukunfts- und Altersvorsorge angesehen wurde, vgl. schon Schenke, VersR 2006, 871 (874). 468 Vgl. BT-Drs. 18/2956, S. 237. 469 BT-Drs. 18/2956, S. 237. 470 Dazu Teil 2, E.I.2.
104
Teil 1: Grundlegende Einführung in die Thematik
Schadenversicherung ein wesentliches Kriterium für den Vertragsschluss mit einem bestimmten Versicherungsunternehmen aus Sicht der Versicherungsnehmer in einem guten Schadenmanagement liegen. Anders als bei der zuvor dargestellten Situation der Lebensversicherung lässt sich hier jedoch kaum ein Vergleich anstellen. Ob das Schadenmanagement inländischer Versicherungsunternehmen im Vergleich zu ihren EWR-ausländischen Wettbewerbern besser oder schlechter ist, lässt sich schwerlich objektiv feststellen. Maßgeblich für ein gutes Schadenmanagement dürften aus Sicht der Versicherungsnehmer eine jederzeitig umgehende Erreichbarkeit des Schadenservice und eine möglichst rasche und unkomplizierte Abwicklung des Versicherungsfalls sein. Dank moderner Kommunikationsmittel dürfte es dafür grundsätzlich keine Rolle spielen, wo das Versicherungsunternehmen seinen Sitz hat. Allerdings muss sichergestellt bleiben, dass die Versicherungsnehmer auch bei Übertragung eines Versicherungsbestands in einen anderen Mitglied- oder Vertragsstaat weiterhin in der ursprünglichen Vertrags- oder Landessprache betreut werden. Für die persönliche Beratung und die schnelle Schadenabwicklung dürfte zudem grundsätzlich weiterhin Personal vor Ort erforderlich sein.471 Daher sollten die Aufsichtsbehörden auch besonderes Augenmerk auf die Sicherstellung der laufenden Betreuung richten. Vergleichsweise geringe Bedenken bestehen hingegen bei grenzüberschreitenden Hinausübertragungen von Rückversicherungsbeständen. Denn bei dem Rückversicherungsgeschäft handelt es sich um ein traditionell international geprägtes Geschäftsfeld.472 Viele Versicherungsunternehmen haben daher bereits Geschäftserfahrung mit ausländischen Rückversicherungsunternehmen. Die Anzahl der Rückversicherungsunternehmen ist zudem wesentlich kleiner als die der Erstversicherungsunternehmen473 und es handelt sich regelmäßig um sehr große und finanzstarke Unternehmen. Dennoch spielt auch hier das Vertrauen der rückversicherten Versicherungsunternehmen in die langfristige Bonität der Rückversicherungsunternehmen insbesondere aufgrund der regelmäßig sehr hohen Vertragsvolumina eine besondere Bedeutung, die jedenfalls nicht völlig außer Acht gelassen werden sollte. Zudem hat die Wirtschafts- und Finanzkrise gezeigt, dass auch vormals als klassischerweise systemrelevant und daher „too big to fail“ eingestufte Finanzinstitute kollabieren können. Ein blindes Vertrauen in die langfristige Bonität von Rückversicherungsunternehmen wäre daher vor dem Hintergrund dieser Erfahrungen fehl
471 Dies ließe sich gegebenenfalls durch eine Auflage dergestalt erreichen, dass eine Zweigniederlassung oder -stelle in Deutschland fortzubestehen hat. 472 Mönnich, in: Beckmann/Matusche-Beckmann, 3. Aufl. (2015), § 2 Rn. 24. 473 So listet die BaFin für Deutschland mit Stand vom 31. Dezember 2015 nur 27 Rückversicherungsunternehmen mit Geschäftstätigkeit auf, vgl. BaFin, Rückversicherungsunternehmen (2016), S. 5. Dem stehen zum 31. Dezember 2014 insgesamt etwa 1400 unter Bundesoder Landesaufsicht stehende Erstversicherungsunternehmen mit Geschäftstätigkeit gegenüber, vgl. BaFin, Erstversicherungsunternehmen (2015), S. 8.
D. Funktion und Bedeutung der Versicherungsaufsicht
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am Platz. Damit besitzt grundsätzlich auch im Rückversicherungsbereich das Vertrauen in die – langfristige – Bonität des Geschäftspartners Bedeutung.474 Aus Sicht der inländischen Versicherungsnehmer sollte im Ergebnis vor allem bei langfristigen und relativ hoch dotierten Versicherungsverhältnissen das aus wirtschaftlicher Perspektive berechtigte besondere Vertrauen in deutsche Versicherungsunternehmen und die nationalen Sicherungseinrichtungen grundsätzlich berücksichtigt und geschützt werden.475 Ob dies in den europäischen Vorgaben zum Versicherungsaufsichtsrecht vorgesehen oder jedenfalls mit diesen vereinbar ist, erscheint indes zweifelhaft. Schon frühzeitig wurde insoweit allgemein darauf hingewiesen, dass die europäischen Vorgaben zum Wirtschaftsverwaltungsrecht teilweise deutlich von deutschen verwaltungsrechtlichen Traditionen abweichen und insbesondere der Effizienz der Verwaltung einen weitaus höheren, dem Bestandsund Vertrauensschutz hingegen einen deutlich niedrigeren Stellenwert beimessen als herkömmlich das deutsche Recht.476 Bei alledem ist zusätzlich Folgendes zu berücksichtigen: Die grenzüberschreitende Übertragung von Versicherungsbeständen führt regelmäßig zu einem Kompetenzwechsel. Nach der Übertragung unterfallen die Bestände im Ergebnis nicht mehr primär der für das übertragende Versicherungsunternehmen zuständigen, sondern der für das übernehmende Versicherungsunternehmen zuständigen Aufsichtsbehörde. Während bei innerstaatlichen Übertragungen also die deutsche Versicherungsaufsichtsbehörde grundsätzlich weiterhin zuständig bleibt und somit auf nach der Übertragung eintretende Verschlechterungen im Rahmen der laufenden Missstandsaufsicht477 nach § 294 Abs. 2 bis 4, § 298 Abs. 1 VAG (§ 81 Abs. 1, Abs. 2 S. 1, 2 VAG a. F.478) reagieren kann, ist dies nach einer grenzüberschreitenden Hinausübertragung grundsätzlich Sache der zuständigen Aufsichtsbehörde des Zielstaates der Übertragung. Auch insoweit könnten die Versicherungsnehmer insbesondere bei einer Übertragung in einen Mitglied- oder Vertragsstaat mit laxer Aufsichtspraxis potentiell einen Nachteil erleiden. Probleme stellen sich aus Sicht der Versicherungsnehmer ferner im Hinblick auf den Rechtsschutz. Die Genehmigung zur Hinausübertragung erteilt die für das übertragende Versicherungsunternehmen zuständige Aufsichtsbehörde. Die Prüfung der Solvabilität des übernehmenden Versicherungsunternehmens kann diese Aufsichtsbehörde aber nicht eigenhändig durchführen. Vielmehr muss sie sich regelmäßig auf die entsprechende Bescheinigung der für das übernehmende Unternehmen zuständigen Aufsichtsbehörde verlassen. Rechtsschutzprobleme bei einer Fehler474 Insoweit ist jedoch einschränkend zu berücksichtigen, dass Rückversicherungsverträge in der Praxis regelmäßig deutlich kürzere Laufzeiten haben als Erstversicherungsverträge; siehe dazu auch Teil 3, A.II.2.a)aa)(3). 475 Dies würde nicht bloß die im Zeitpunkt der Übertragung zu bewertende Wahrung der Belange der Versicherten erfordern, sondern eine – prognostische – Sicherstellung der langfristigen Wahrung der Versichertenbelange implizieren. 476 So bereits Engel, Die Verwaltung 1992, 437 (457) m. w. Nachw. 477 Bähr, in: FKBP, 5. Aufl. (2012), § 81 Rn. 1. 478 BT-Drs. 18/2956, S. 289 f.
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Teil 1: Grundlegende Einführung in die Thematik
haftigkeit der Bescheinigung und damit letztlich der Genehmigung sind dann gewissermaßen vorprogrammiert.479 Nach dem Vorstehenden kommt bei der Hinausübertragung aus nationaler Sicht dem Schutz der Interessen der Versicherten im Vergleich zur innerstaatlichen Übertragung von Versicherungsbeständen nochmals gesteigerte Bedeutung zu. Der Erhalt der Funktionsfähigkeit der Versicherungswirtschaft scheint bei diesen Überlegungen auf den ersten Blick zurückzutreten. Freilich stellt das ehrgeizige Ziel eines vollwertigen Europäischen Binnenmarktes für Versicherungen den denkbar fairsten Wettbewerb zwischen Versicherungsunternehmen im EWR dar. Indes darf nicht vergessen werden, dass das Vertrauen der Kunden in die Sicherheit ihrer Forderungen im Versicherungsbereich letztlich auch eine große Rolle für die Funktionsfähigkeit des gesamten Finanzsektors spielt.480 Obwohl primär der Schutz der Versicherungsnehmer im Vordergrund steht, wird durch effektiven Schutz der Versichertenbelange indirekt auch der Erhalt der Funktionsfähigkeit der Versicherungswirtschaft gewährleistet. Werden die Interessen der Versicherungsnehmer in diesem sensiblen Bereich nicht hinreichend geschützt, dürfte dies weitreichende Konsequenzen haben.481 Gerade langfristig angelegte Versicherungsverträge im Bereich der Lebensversicherung verlieren in der gegenwärtigen Niedrigzinsphase ohnehin bereits an Attraktivität. Soweit Versicherungsnehmer darüber hinaus faktisch auch noch der Gefahr der Beeinträchtigung der Sicherheit ihrer Forderungen im Wege von Hinausübertragungen ausgesetzt sind, könnte das Interesse an solchen Investitionen spürbar beeinträchtigt werden und die deutsche Versicherungswirtschaft in einigen Bereichen vor erheblichen Problemen bei der Zeichnung von neuem Geschäft stehen. b) Hineinübertragung Bei einer Hineinübertragung von Versicherungsbeständen aus einem anderen Mitglied- oder Vertragsstaat nach Deutschland spielt der Schutz der Versicherten aus Sicht der deutschen Versicherungsaufsicht hingegen eine lediglich indirekte Rolle. Die Wahrung der Belange der Versicherungsnehmer des EWR-ausländischen Bestands ist grundsätzlich – soweit dort vorgesehen – Sache der für das übertragende Versicherungsunternehmen zuständigen Aufsichtsbehörde des betroffenen Mitgliedoder Vertragsstaates. Bei solchen Hineinübertragungen kann jedoch der Erhalt der 479
Dazu insbesondere Teil 2, E.I. Weber-Rey, ZGR 2010, 543 (550). 481 Vgl. dazu auch schon Motive zum VAG, Nachdruck, 1963, S. 25: „[…] Wird dieses Vertrauen getäuscht, so sind nicht nur die Getäuschten die Leidtragenden, und nicht bloß die eine Anstalt, welche das Vertrauen verscherzt hat, ist die Geschädigte, sondern das gesamte Versicherungswesen leidet empfindliche Einbuße an Vertrauen. Darunter haben dann auch die soliden und gut verwalteten Anstalten, die an sich einer eingehenden staatlichen Kontrolle weniger bedürfen würden, zu leiden, ebenso auch die Bevölkerung, welche sich dann einschüchtern und davon abhalten läßt, die Vorteile der Versicherung sich nutzbar zu machen.“ 480
D. Funktion und Bedeutung der Versicherungsaufsicht
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Funktionsfähigkeit der deutschen Versicherungswirtschaft von Bedeutung sein. Damit einher geht letztlich ein gewisser Schutz etwaiger bei dem übernehmenden Versicherungsunternehmen in Deutschland bereits im Bestand befindlicher Versicherungsnehmer. Im Grunde ist die deutsche Aufsichtsbehörde in den Fällen der Hineinübertragung regelmäßig lediglich zur Ausstellung der Solvabilitätsbescheinigung berufen. Die Genehmigung der Übertragung erteilt die Aufsichtsbehörde des übertragenden Versicherungsunternehmens. Für den Schutz der Interessen der Versicherten des zu übertragenden Bestands ist die deutsche Aufsichtsbehörde grundsätzlich erst nach der Übertragung zuständig. Sie ist aber andererseits auch unabhängig von ihrer besonderen Schutzpflicht im Rahmen von Übertragungen von Versicherungsbeständen allgemein den Interessen der Versicherten und dem Erhalt der Funktionsfähigkeit der deutschen Versicherungswirtschaft verschrieben. Wird ein EWR-ausländischer Bestand nach Deutschland übertragen, kann sich das Risiko unentdeckter oder falsch kalkulierter Verpflichtungen nach den insoweit maßgeblichen EWR-ausländischen Versicherungsbedingungen stellen. Damit kann ein gewisses Ansteckungsrisiko für den bestehenden Bestand einhergehen. Aus Sicht der bereits im Bestand des übernehmenden Unternehmens befindlichen Versicherungsnehmer erscheint es daher grundsätzlich erforderlich, dass die deutsche Aufsichtsbehörde die potentiellen Verpflichtungen aus den zu übernehmenden Versicherungsverhältnissen prüft. Auch wenn das übernehmende Unternehmen regelmäßig schon aus eigenem wirtschaftlichem Interesse eine ausführliche Prüfung vornehmen wird, könnte eine Fehleinschätzung zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Solvabilität des übernehmenden Unternehmens und damit zu einer Gefährdung der Interessen der bereits im Bestand des übernehmenden inländischen Unternehmens befindlichen Versicherungsnehmer führen.
Teil 2
Der harmonisierte verwaltungsrechtliche Rahmen im EWR Das europäische Versicherungsaufsichtsrecht sieht für grenzüberschreitende Übertragungen von Versicherungsbeständen innerhalb des EWR ausdrückliche Verfahrensvorgaben vor. Das mit der Dritten Richtliniengeneration aus dem Jahr 1992 zunächst im Erstversicherungsbereich eingeführte, an die einheitliche gemeinschaftsweite Zulassung angepasste aufsichtsrechtliche Verfahren war zwar auf die Bestandsübertragung beschränkt.482 Die Versicherungsaufsichtsbehörden der Mitglied- und Vertragsstaaten haben jedoch ergänzend im Jahr 1997 in einem gemeinsamen Protokoll483 (sogenanntes Siena-Protokoll) die Anwendung dieses Verfahrens auf Verschmelzungen von Erstversicherungsunternehmen vereinbart.484 Das Siena-Protokoll wurde durch das vom Committee of European Insurance and Occupational Pensions Supervisors (CEIOPS485) im März 2008 veröffentlichte General Protocol relating to the collaboration of the insurance supervisory authorities of the Member States of the European Union486 (nachfolgend: General Protocol on Collaboration) ersetzt.487 Darin haben die nationalen Aufsichtsbehörden eine nochmals erweiterte Verfahrenserstreckung auf sogenannte Mischverschmelzungen zwischen Erstversicherungsunternehmen und Rückversicherungsunternehmen488 sowie auf Verschmelzungen zwischen ausschließlich Rückversicherungsunternehmen489 vereinbart. Insoweit ist jedoch zu berücksichtigen, dass es sich bei diesen Kooperati482 Vgl. Erwägungsgrund 11 der Dritten Richtlinie Schadensversicherung und Erwägungsgrund 11 der Dritten Richtlinie Lebensversicherung. 483 Protocol relating to the collaboration of the supervisory authorities of the Member States of the European Community in particular in the application of the Directives on life assurance and non-life insurance vom 30. Oktober 1997 (DT/F/182/97). Zens, Zusammenarbeit der Aufsichtsbehörden (2005), S. 181 m. w. Nachw. zum Abdruck des Protokolls. 484 Art. 3.1.6 Siena-Protokoll; vgl. auch Zens, Zusammenarbeit der Aufsichtsbehörden (2005), S. 354. 485 Zu den Aufgaben und Befugnissen – insbesondere der fehlenden rechtsverbindlichen Regelungsbefugnis – von CEIOPS, Keune, Rechtliche Grundlagen und Grenzen der EIOPA (2015), S. 46 f. m. w. Nachw.; vgl. auch Looschelders/Michael, in: Ruffert, Europäisches Sektorales Wirtschaftsrecht, 1. Aufl. (2013), § 11 Rn. 3 ff. 486 CEIOPS-DOC-07/08 (Revised Siena Protocol). 487 Vgl. Gause, in: MünchKomm-VVG, Bd. 1, 1. Aufl. (2010), Systematische Einführung in das Aufsichtsrecht Rn. 423. 488 Part IV 5.1.9 General Protocol on Collaboration. 489 Part IV 5.2.6 General Protocol on Collaboration.
Teil 2: Der harmonisierte verwaltungsrechtliche Rahmen im EWR
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onsvereinbarungen um rechtlich unverbindliches Soft Law handelt.490 In Erwägungsgrund 17 der Rückversicherungsrichtlinie ist schließlich die ausdrückliche Forderung zu finden, das Verfahren nicht auf die Bestandsübertragung zu beschränken, sondern auf Übertragungen infolge der Verschmelzung von Rückversicherungsunternehmen oder aufgrund anderer gesellschaftsrechtlicher Instrumente zu erstrecken. Daraus lässt sich eindeutig der Wille zur Normierung eines einheitlichen Verfahrens erkennen. Einzig im Richtlinientext selbst hat diese Erwägung keinen expliziten Niederschlag gefunden.491 Es wurde in der Rückversicherungsrichtlinie jedoch – anders als noch in der Dritten Richtliniengeneration und nunmehr wieder in Art. 39 Solvency II – auf den ausdrücklichen, insoweit grundsätzlich einschränkenden Begriff der Bestandsübertragung verzichtet. Die Überschrift von Art. 18 Rückversicherungsrichtlinie lautete vielmehr allgemeiner: Übertragung von Vertragsbestand. Bevor in Teil 3 unter Berücksichtigung der europäischen Vorgaben der aufsichtsrechtliche Rahmen für grenzüberschreitende Bestandsübertragungen und Verschmelzungen von Versicherungsunternehmen im EWR nach Maßgabe des VAG analysiert wird, soll nachfolgend der durch europäisches Sekundärrecht vorgegebene – die Übertragung von Versicherungsbeständen betreffende – einheitliche verwaltungsrechtliche Rahmen näher dargestellt werden. Dazu ist zunächst der konkrete Anwendungsbereich, mithin die Reichweite von Art. 39 Solvency II abzustecken. Da grenzüberschreitende Übertragungen von Versicherungsbeständen je nach Übertragungsform in unterschiedlicher Weise der Mitwirkung der BaFin beziehungsweise der zuständigen EWR-ausländischen Aufsichtsbehörden bedürfen, sind sodann das allgemeine Kompetenzgefüge der Aufsichtsbehörden und die konkreten Beteiligungsformen der BaFin im Rahmen des grenzüberschreitenden Verwaltungsverfahrens zu untersuchen. Aufgrund des grenzüberschreitenden Charakters stellt sich auch die Frage etwaiger Kompetenzen der EIOPA. Die Kooperation der Aufsichtsbehörden im Rahmen des grenzüberschreitenden Verwaltungsverfahrens dient primär dem Ziel des wirksamen Verwaltungsvollzugs innerhalb des Europäischen Binnenmarktes. Den Beteiligungsformen der Aufsichtsbehörden kommt dadurch über nationale Grenzen hinweg integrative Wirkung zu. Diese Wirkungserstreckung steht jedoch im Konflikt mit dem traditionell auf innerstaatliches Verwaltungshandeln ausgerichteten Verwaltungsrechtsschutz. Daher ist abschließend zu untersuchen, ob das bestehende Rechtsschutzsystem dem grenzüberschreitenden Verwaltungsverfahren insbesondere vor dem Hintergrund der in Art. 19 Abs. 4 GG verbürgten Rechtsweggarantie gerecht wird oder ob es insoweit Anpassungen bedarf.
490
Lüttringhaus, VersR 2008, 1036 (1037). Zur objektiv-rechtlichen Bedeutung von Erwägungsgründen einer Richtlinie siehe Looschelders/Michael, in: Ruffert, Europäisches Sektorales Wirtschaftsrecht, 1. Aufl. (2013), § 11 Rn. 104 ff. 491
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Teil 2: Der harmonisierte verwaltungsrechtliche Rahmen im EWR
A. Anwendungsbereich von Art. 39 Solvency II Ausweislich der Überschrift gilt Art. 39 Solvency II für Bestandsübertragungen492. Absatz 1 der Vorschrift betrifft Übertragungen von Erstversicherungs- sowie von Rückversicherungsunternehmen. Nach dem eindeutigen Wortlaut von Art. 39 Abs. 1 Unterabs. 1 Solvency II erfasst die Vorschrift lediglich Übertragungen von Beständen, die Versicherungsunternehmen im Rahmen der Niederlassungsfreiheit oder der Dienstleistungsfreiheit abgeschlossen haben. Die durch Art. 39 Solvency II bewirkte rechtsverbindliche Harmonisierung ist somit grundsätzlich auf Bestandsübertragungen betreffend grenzüberschreitend erworbene Bestände beschränkt. In diesem Regelungsbereich ist ausweislich Art. 39 Abs. 1 Unterabs. 2 Solvency II zur Erteilung einer Genehmigung stets erforderlich, dass die Aufsichtsbehörde des Mitglied- oder Vertragsstaates des übernehmenden Versicherungsunternehmens die ausreichende Solvabilität dieses Unternehmens unter Berücksichtigung der Übertragung bescheinigt. Das weitere Konsultations- beziehungsweise Kooperationsverfahren ist in Art. 39 Abs. 2 bis 6 Solvency II näher ausgestaltet. Diese weiteren Absätze 2 bis 6 der Vorschrift gelten jedoch ausschließlich für Übertragungen von Erstversicherungsunternehmen. Innerhalb dieses Anwendungsbereichs sind die Mitglied- oder Vertragsstaaten verpflichtet, Versicherungsunternehmen mit Sitz in ihrem Hoheitsgebiet zu gestatten, ihre grenzüberschreitend erworbenen Bestände ganz oder teilweise an ein übernehmendes Unternehmen mit Sitz im EWR zu übertragen. Vor dem Hintergrund der vorstehenden Einschränkungen betreffend den spezifischen Harmonisierungsbereich gelten die nachfolgenden Ausführungen zum harmonisierten verwaltungsrechtlichen Rahmen uneingeschränkt, soweit sie sich auf innerhalb des derart abgesteckten Bereichs erfolgende Übertragungen beziehen. Da der Bereich durch die vorgenannten Kooperationsvereinbarungen493 der Aufsichtsbehörden faktisch mehrfach ausgeweitet wurde, erfolgt – soweit möglich – jedoch eine einheitliche Betrachtung. Soweit sich Übertragungen dabei außerhalb des durch europäische Vorgaben rechtsverbindlich harmonisierten Bereichs abspielen, wird darauf hingewiesen und untersucht, welche Implikationen sich aus einer derartigen Überschreitung ergeben.
B. Kompetenzen der Versicherungsaufsichtsbehörden Sofern sie nicht kartellrechtlich von Bedeutung sind, bedürfen Unternehmensumstrukturierungen – auch grenzüberschreitende – grundsätzlich keiner behördli492 Der Begriff der Bestandsübertragung ist auch unter Solvency II nicht definiert, sodass es insoweit auf die Rechtsordnung im Mitglied- oder Vertragsstaat des übertragenden Versicherungsunternehmens ankommt, vgl. zur Rechtslage vor Solvency II unter Geltung der Dritten Richtliniengeneration Zens, Zusammenarbeit der Aufsichtsbehörden (2005), S. 353. 493 Siehe Teil 2.
B. Kompetenzen der Versicherungsaufsichtsbehörden
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chen Genehmigung. Einzig die Eintragung durch die insoweit jeweils zuständigen Registergerichte ist bei gesellschaftsrechtlichen Umstrukturierungen regelmäßig zwingende Wirksamkeitsvoraussetzung.494 Soweit bei der Umstrukturierung von Versicherungsunternehmen von diesem Grundsatz abweichend ein aufsichtsbehördliches Genehmigungserfordernis besteht, ist zunächst die Frage der Kompetenzen der jeweiligen nationalen Versicherungsaufsichtsbehörden zu klären.495 Vor dem Hintergrund der mit Wirkung vom 1. Januar 2011 neu errichteten EIOPA stellt sich zudem gerade im grenzüberschreitenden Kontext die Frage nach etwaigen Kompetenzen dieser europäischen Versicherungsaufsichtsbehörde.
I. Nationale Kompetenz der BaFin Zuständige Aufsichtsbehörde für die in Deutschland gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 VAG496 aufsichtspflichtigen und im Rahmen dieser Betrachtung allein relevanten privaten Erstversicherungs- und Rückversicherungsunternehmen ist nach § 320 Abs. 1 Nr. 1 VAG (§ 146 Abs. 1 Nr. 1 VAG a. F.497) regelmäßig die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin).498 Die Kompetenz der BaFin erstreckt sich gemäß § 294 Abs. 6 VAG (§ 85 VAG a. F.499) grundsätzlich über das Inland hinaus auf die innerhalb des Gebietes des EWR über Zweigniederlassungen beziehungsweise im Dienstleistungsverkehr ausgeübte Geschäftstätigkeit dieser Versicherungsunternehmen.500 494 Vgl. insbesondere § 16 Abs. 1 S. 1 und § 122 l Abs. 1 S. 1 UmwG jeweils i. V. m § 20 UmwG; Art. 8 Abs. 10 und Art. 27 Abs. 1 SE-VO jeweils i. V. m. Art. 12 SE-VO. 495 Ausführlich zur Zuständigkeit der Aufsichtsbehörden bei hier nicht untersuchten Unternehmensumstrukturierungen durch grenzüberschreitenden Übernahmen Zimmer, ZGR 2002, 731. 496 Die Norm ist insoweit unverändert übernommen worden, vgl. BT-Drs. 18/2956, S. 234. 497 BT-Drs. 18/2956, S. 295. 498 Hasselbach/Komp, VersR 2005, 1651 (1657); Bälz/Kuntz, VersR 2005, 310. Vgl. zur Übernahme der entsprechenden Zuständigkeiten des vormaligen Bundesaufsichtsamtes für das Versicherungswesen auch § 4 Abs. 1 S. 1 FinDAG i. V. m. § 2 Abs. 1 Gesetz über die Errichtung eines Bundesaufsichtsamtes für das Versicherungs- und Bausparwesen vom 31. Juli 1951 (BAG), BGBl. I 1951, S. 480. Im Übrigen bestehen insbesondere öffentlich-rechtliche Versicherungsunternehmen abweichende Zuständigkeiten der Landesaufsichtsbörden fort, vgl. dazu Präve, in: Prölss, 12. Aufl. (2005), § 14 Rn. 22. Grundlegende Änderungen im Bereich der Bestandsübertragung waren mit der Neuordnung der Versicherungsaufsicht durch das FinDAG nicht verbunden, vgl. BVerfG, Urteil vom 26. Juli 2005 – 1 BvR 782/94, 1 BvR 957/96 –, BVerfGE 114, 1 = VersR 2005, 1109 (1111). 499 BT-Drs. 18/2956, S. 290. 500 Eine spiegelbildliche Regelung für EWR-ausländische Versicherungsunternehmen, die in Deutschland über Zweigniederlassungen oder im Dienstleistungsverkehr tätig sind, enthält § 110a Abs. 3 VAG. Insoweit ist die jeweils zuständige EWR-Aufsichtsbehörde auch primär für die Geschäftstätigkeit solcher Unternehmen in Deutschland zuständig, sodass die BaFin in diesen Fällen nur ergänzend im Rahmen der – gemeinsamen – allgemeinen Rechtsaufsicht zuständig ist, vgl. Pohlmann, in: FKBP, 5. Aufl. (2012), § 110a Rn. 26 ff.; Gause, in:
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Teil 2: Der harmonisierte verwaltungsrechtliche Rahmen im EWR
Die konkrete Beteiligungsform der BaFin am grenzüberschreitenden Verwaltungsverfahren im Zusammenhang mit Bestandsübertragungen und Verschmelzungen von Versicherungsunternehmen im EWR ergibt sich aus der in der jeweiligen Konstellation anwendbaren Regelung des VAG und wird nachfolgend unter Teil 3, A. und Teil 3, B. analysiert.
II. Internationales Kompetenzgefüge Die grenzüberschreitende Übertragung von Versicherungsbeständen involviert regelmäßig mindestens zwei Versicherungsaufsichtsbehörden aus verschiedenen Staaten. Neben der vorstehend dargestellten allgemeinen nationalen Kompetenz der BaFin für die in Deutschland aufsichtspflichtigen Versicherungsunternehmen samt deren EWR-weiter Geschäftstätigkeit ist folglich auch die internationale Kompetenz der BaFin bei grenzüberschreitenden Übertragungen zu prüfen. Im Bereich des internationalen (Wirtschafts-)Verwaltungsrechts und damit des internationalen Versicherungsaufsichtsrechts ist es bislang noch nicht zu einem übereinstimmenden Sprachgebrauch wie etwa im Bereich des internationalen Privatrechts gekommen.501 Lediglich auf europäischer Ebene hat zuletzt mit Solvency II und der Schaffung der Europäischen Versicherungsaufsichtsbehörde EIOPA eine erhebliche Rechtsangleichung stattgefunden.502 Unter dem Begriff des internationalen Versicherungsaufsichtsrechts wird man daher bis auf Weiteres vor allem die rechtsverbindlichen Vorschriften, die auf das Versicherungsgeschäft mit Auslandsbezug Anwendung finden – einschließlich völkerrechtlicher Verträge und Übereinkommen – sowie die Arbeiten von EIOPA und der International Association of Insurance Supervisors (IAIS)503 zu verstehen haben.504 Die Vorgaben des VAG zu Bestandsübertragungen regeln vor diesem Hintergrund nicht allein innerstaatliche und grenzüberschreitende EWR-Sachverhalte, sondern stellen im Grundsatz eine international geltende aufsichtsrechtliche Regelung samt Kompetenzanordnung auf. Für Übertragungen im EWR besteht jedoch ein besonderes europäisches Kompetenzgefüge. MünchKomm-VVG, Bd. 1, 1. Aufl. (2010), Einführung Rn. 416; Decker, VersR 2013, 287 (288). 501 Trotz intensiver Harmonisierungsbemühungen weisen die (Versicherungs-)Aufsichtssysteme auch innerhalb des EWR noch immer deutliche – wenn auch zwischenzeitlich durch Solvency II weiter verringerte – Unterschiede auf, vgl. etwa Lansch/Sinß, VW 2010, 256 und zur Bankenaufsicht Sacarcelik, BKR 2013, 853 (858). Dies gilt für Drittstaaten umso mehr. Eine Übereinkunft zu einem internationalen Versicherungsaufsichtsrecht im Sinne eines international-privatrechtlichen Kollisionsrechts ist bis auf Weiteres nicht ersichtlich. 502 Allgemein zur Entwicklung des europäischen Verwaltungsrechts Sommermann, DÖV 2007, 859 (862 ff.). 503 Zur herausragenden Bedeutung der Arbeiten der IAIS auf internationaler Ebene und deren Berücksichtigung im Rahmen der europäischen Richtlinien auf dem Gebiet des Versicherungsaufsichtsrechts vgl. nur Erwägungsgründe 6 und 8 der Rückversicherungsrichtlinie. 504 Gause, in: MünchKomm-VVG, Bd. 1, 1. Aufl. (2010), Einführung Rn. 415.
B. Kompetenzen der Versicherungsaufsichtsbehörden
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1. Allgemeines internationales Kompetenzgefüge Den Grundsatz behördlicher Zuständigkeiten für die Mitwirkung bei grenzüberschreitenden Bestandsübertragungen im Erstversicherungsbereich stellt § 13 Abs. 1 S. 1 VAG (§ 14 Abs. 1 S. 1 VAG a. F.) auf. Die Norm erfasst nicht nur nationale und EWR-ausländische Erstversicherungsunternehmen, sondern grundsätzlich auch solche aus Drittstaaten.505 Danach bedarf jeder Vertrag, durch den der Versicherungsbestand eines Erstversicherungsunternehmens ganz oder teilweise auf ein anderes Versicherungsunternehmen übertragen werden soll, der Genehmigung der Aufsichtsbehörden, die für die beteiligten Unternehmen zuständig sind. Für den ursprünglichen Regelfall einer Übertragung innerhalb Deutschlands war damit klargestellt, dass – soweit für die beteiligten Versicherungsunternehmen nicht ohnehin dieselbe Aufsichtsbehörde zuständig war –506 die Transaktion von allen zuständigen Aufsichtsbehörden zu genehmigen war. Für die Beteiligung von ausländischen Versicherungsunternehmen an derartigen Transaktionen kann das deutsche Verwaltungsrecht aufgrund des Souveränitätsprinzips und der daraus folgenden territorialen Begrenztheit des Verwaltungshandelns507 grundsätzlich jedoch keine Zuständigkeiten und erst recht keine verbindlichen Mitwirkungspflichten ausländischer Aufsichtsbehörden anordnen. In der Folge werfen grenzüberschreitende Bestandsübertragungen vielfältige Fragen aus dem Bereich des internationalen Verwaltungsrechts508 und damit einhergehende Implikationen für das Verwaltungsverfahren nach dem VAG auf.509 Sind ausländische Versicherungsunternehmen an einer Bestandsübertragung nach § 13 Abs. 1 S. 1 VAG (§ 14 Abs. 1 S. 1 VAG a. F.) beteiligt, ist die Norm grundsätzlich wie folgt zu verstehen: Für Hinausübertragungen von inländischen Erstversicherungsunternehmen ist zwingend die Genehmigung der für das übertragende Versicherungsunternehmen zuständigen BaFin erforderlich. Soweit im Zielstaat des übernehmenden Unternehmens eine Versicherungsaufsicht besteht und eine Bestandsübertragung dort genehmigungsbedürftig ist, ist ferner die Genehmigung der nach dem ausländischen Recht zuständigen Aufsichtsbehörde erforderlich.510 Ist dies nicht der Fall – weil insoweit etwa keine Versicherungsaufsicht besteht oder eine Bestandsübertragung nach ausländischem 505 Präve, in: Prölss, 12. Aufl. (2005), § 14 Rn. 3; Hasselbach/Komp, VersR 2005, 1651 (1652); Kaulbach, in: FKBP, 5. Aufl. (2012), § 14 Rn. 5. 506 Präve, in: Prölss, 12. Aufl. (2005), § 14 Rn. 22; a. A. wohl Diehl/Seemayer, in: Brand/ Baroch Castellvi, 1. Aufl. (2018), § 13 Rn. 18, 43. 507 Dazu Engel, Die Verwaltung 1992, 437 (451 f.). 508 Da primär grenzüberschreitende Übertragungen im EWR untersucht werden, lässt sich dieser Bereich hier auf europäisches Verwaltungsrecht beschränken. Grundlegend zu Bewirkungsformen in der europäischen Verbundverwaltung Schmidt-Aßmann, Verwaltungsrechtliche Dogmatik (2013), S. 86 ff. m. w. Nachw. 509 Bälz/Kuntz, VersR 2005, 310 m. w. Nachw. 510 Einen Überblick über die jeweiligen nationalen Voraussetzungen der Übertragung von Versicherungsbeständen in ausgewählten Staaten bietet IBA, Insurance Portfolio Transfers (2010).
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Teil 2: Der harmonisierte verwaltungsrechtliche Rahmen im EWR
Recht nicht genehmigungsbedürftig ist –, dürfte grundsätzlich die alleinige Genehmigung der BaFin ausreichen um die Rechtswirkungen des § 13 Abs. 5 VAG (§ 14 Abs. 5 VAG a. F.) auszulösen.511 Dann stellt sich indes die Frage, wie die BaFin dem Prüfungsmaßstab des § 13 Abs. 1 S. 2 VAG (§ 14 Abs. 1 S. 2 VAG a. F.) in der Praxis nachkommen soll. Im Falle der bloß fehlenden Genehmigungsbedürftigkeit der Bestandsübertragung nach ausländischem Recht dürfte dies noch möglich sein. Bei Fehlen einer Versicherungsaufsicht ist indes zweifelhaft, wie die BaFin die Wahrung der Belange der Versicherten und die dauernde Erfüllbarkeit der Verpflichtungen aus den Versicherungen bei dem übernehmenden Unternehmen mit hinreichender Gewissheit überprüfen soll.512 Eine Genehmigung dürfte in solchen Fällen daher regelmäßig nicht in Betracht kommen. Für Hineinübertragungen sind im Falle der Genehmigungsbedürftigkeit der Übertragung nach ausländischem Recht erneut die Genehmigungen sowohl der für das übertragende ausländische Versicherungsunternehmen nach ausländischem Recht zuständigen Aufsichtsbehörde als auch der für das übernehmende Versicherungsunternehmen zuständigen BaFin erforderlich. Die Rechtswirkungen des § 13 Abs. 5 VAG (§ 14 Abs. 5 VAG a. F.) treten dann mit beidseitiger Genehmigung der jeweils zuständigen Aufsichtsbehörde ein. Problemtisch ist jedoch der Fall fehlender Versicherungsaufsicht respektive fehlender Genehmigungsbedürftigkeit auf ausländischer Seite. Unstreitig erforderlich ist auch in einem solchen Fall die Genehmigung der BaFin für das übernehmende Versicherungsunternehmen. Fraglich ist jedoch, ob diese auch insoweit ausreichen kann, um die Rechtswirkungen des § 13 Abs. 5 VAG (§ 14 Abs. 5 VAG a. F.) auszulösen.513 Jedenfalls wenn das insoweit maßgebliche ausländische Zivilrecht eine dem § 415 BGB entsprechende Zustimmungspflicht vorsieht, dürfte die Frage grundsätzlich zu verneinen sein. Denn anderenfalls würde deutsches Verwaltungsrecht im Ergebnis ausländisches Zivilrecht modifizieren. In einem solchen Fall dürfte daher anzunehmen sein, dass auf deutscher Seite eine Genehmigung der BaFin und auf ausländischer Seite nach den dort geltenden Rechtsvorschriften für einen Schuldnerwechsel eine Zustimmung der betroffenen Versicherungsnehmer erforderlich ist. Der vorstehend dargestellte allgemeine Grundsatz von § 13 Abs. 1 S. 1 VAG (§ 14 Abs. 1 S. 1 VAG a. F.) wird jedoch durch zahlreiche Sonderregeln – insbesondere für grenzüberschreitende Übertragungen innerhalb des EWR –514 modifiziert oder verdrängt.515 Die grundsätzliche Kompetenzverteilung zwischen den jeweiligen nationalen Versicherungsaufsichtsbehörden bei grenzüberschreitenden Verschmelzungen von Erstversicherungsunternehmen nach § 122a UmwG richtet sich nach § 14 VAG 511
Kaulbach, in: FKBP, 5. Aufl. (2012), § 14 Rn. 4. Seemayer, Grenzüberschreitende Übertragung von Erst- und Rückversicherungsbeständen (2016), S. 231, erachtet eine derartige Transaktion als generell nicht genehmigungsfähig. 513 So explizit Kaulbach, in: FKBP, 5. Aufl. (2012), § 14 Rn. 4. 514 Dazu Teil 2, B.II.2. 515 Kaulbach, in: FKBP, 5. Aufl. (2012), § 14 Rn. 6. 512
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(§ 14a VAG a. F.). Die Norm ist jedoch unpräzise formuliert. Denn anders als § 13 Abs. 1 S. 1 VAG (§ 14 Abs. 1 S. 1 VAG a. F.) erfordert § 14 Abs. 1 S. 1 VAG (§ 14a S. 1 VAG a. F) nicht die Genehmigung der für die beteiligten Unternehmen – jeweils – zuständigen Aufsichtsbehörden, sondern lediglich die Genehmigung der Aufsichtsbehörde. Ungeachtet der ausdrücklichen Verwendung des Singulars besteht für innerstaatliche Umwandlungen aber Einigkeit, dass die Genehmigung für jedes beteiligte Versicherungsunternehmen von der jeweils zuständigen Aufsichtsbehörde erforderlich ist.516 Das folgt für innerstaatliche Konstellationen denknotwendig bereits daraus, dass bei einer Umwandlung von zwei oder mehr inländischen Erstversicherungsunternehmen nach dem UmwG auf jedes dieser Unternehmen § 14 VAG (§ 14a VAG a. F.) Anwendung findet. Anders als § 13 Abs. 1 S. 1 VAG (§ 14 Abs. 1 S. 1 VAG a. F.) für Bestandsübertragungen statuiert § 14 Abs. 1 S. 1 VAG (§ 14a S. 1 VAG a. F.) für grenzüberschreitende Verschmelzungen hingegen keine allgemeine – über innereuropäische Konstellationen hinausgehende –517 grenzüberschreitende Kompetenzanordnung. Da die Norm an das UmwG anknüpft und dieses ausweislich §§ 122a, 122b UmwG grenzüberschreitende Verschmelzungen allein zwischen Kapitalgesellschaften der Mitglied- oder Vertragsstaaten vorsieht, besteht schon keine Rechtsgrundlage für Umwandlungen unter Beteiligung von Unternehmen aus Drittstaaten.518 Im Bereich der Rückversicherung besteht ebenfalls keine – dem Grundsatz des § 13 Abs. 1 S. 1 VAG (§ 14 Abs. 1 S. 1 VAG a. F.) entsprechende – allgemeine grenzüberschreitende Kompetenzanordnung. § 166 VAG (§ 121f VAG a. F.) erfasst sowohl hinsichtlich der Bestandsübertragung als auch hinsichtlich der Umwandlung ausschließlich Vorgänge innerhalb des EWR. Zwar sieht § 166 Abs. 2 VAG (§ 121f Abs. 2 VAG a. F.) auch Bestandsübertragungen von Rückversicherungsunternehmen auf Versicherungsunternehmen aus Drittstaaten vor. Die Übertragung ist indes nur auf eine EWR-Niederlassung derartiger Unternehmen zulässig. Eine grenzüberschreitende Übertragung von Rückversicherungsbeständen auf Versicherungsunternehmen aus Drittstaaten ohne im EWR etablierte Niederlassung ist im VAG nicht vorgesehen.519 Für die Umwandlung von Rückversicherungsunternehmen ergibt sich 516
Präve, in: Prölss, 12. Aufl. (2005), § 14a Rn. 8; Kaulbach, in: FKBP, 5. Aufl. (2012), § 14a Rn. 2; Koerfer, in: Semler/Stengel, 3. Aufl. (2012), Anhang § 119 UmwG Rn. 82; Diehl/ Seemayer, in: Brand/Baroch Castellvi, 1. Aufl. (2018), § 14 Rn. 3. 517 Dazu Teil 2, B.II.2. 518 Vgl. Bayer, in: Lutter, Bd. I, 5. Aufl. (2014), § 122a UmwG Rn. 3; Semler/Stengel, in: Semler/Stengel, 3. Aufl. (2012), Einleitung A Rn. 83; Drinhausen, in: Semler/Stengel, 3. Aufl. (2012), Einleitung C Rn. 18 (32); Diehl/Seemayer, in: Brand/Baroch Castellvi, 1. Aufl. (2018), § 14 Rn. 101. Ausnahmen können für Unternehmen aus solchen Staaten gelten, mit denen völkerrechtliche Verträge mit einer Meistbegünstigungsvereinbarung bestehen, vgl. Heckschen, in: Widmann/Mayer, 158. EL (2016), § 122b UmwG Rn. 80. Da es insoweit auf den Einzelfall ankommt und die Rechtslage überdies umstritten ist, wird diese Möglichkeit hier von der Betrachtung ausgeklammert. 519 Derartige Übertragungen sind dadurch aber nicht gesperrt. Es besteht zwar keine behördliche Genehmigungsbedürftigkeit. Dies ist indes auch nicht erforderlich. Denn es wird in
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die entsprechende Einschränkung wiederum aus der Anknüpfung an das in seinem persönlichen Anwendungsbereich auf Kapitalgesellschaften der Mitglied- oder Vertragsstaaten beschränkte UmwG. 2. Besonderes europäisches Kompetenzgefüge Auf europäischer Ebene sind hinsichtlich der Behördenkompetenz insbesondere zwei Aspekte von Bedeutung. Zum einen stellt sich die Frage etwaiger Kompetenzen der europäischen Versicherungsaufsichtsbehörde EIOPA. Zum anderen ist die besondere europäische Kompetenzanordnung des Art. 39 Solvency II zu berücksichtigen und sind jedenfalls innerhalb dessen unmittelbaren Anwendungsbereichs520 übereinstimmende Regelungen auf nationaler Ebene zu gewährleisten. Außerhalb des Anwendungsbereichs von Art. 39 Solvency II sind vor allem die Verbindlichkeit und die Reichweite etwaiger weitergehender Kompetenzanordnungen nach Maßgabe des VAG zu überprüfen. a) Keine unmittelbare Kompetenz der EIOPA Der im Rahmen des neuen Europäischen Finanzaufsichtssystems geschaffenen Europäischen Versicherungsaufsichtsbehörde EIOPAwurden insbesondere aufgrund mangelnder Aufsichtskohärenz und -effizienz im Einzelfall weitreichende Befugnisse zugesprochen.521 So heißt es in Erwägungsgrund 1 der EIOPA-VO522 : Aufsichtsmodelle auf nationaler Ebene konnten mit der Globalisierung des Finanzsektors sowie mit der Realität der Integration und Verknüpfung der europäischen Finanzmärkte mit vielen grenzüberschreitend tätigen Finanzinstituten nicht länger Schritt halten. Die Krise brachte Mängel bei der Zusammenarbeit, bei der Koordinierung, bei der kohärenten Anwendung des Unionsrechts und einen Mangel an Vertrauen zwischen den nationalen Aufsichtsbehörden zutage. Weiter lautet Erwägungsgrund 7 EIOPA-VO: Die Union darf sich nicht damit abfinden, dass es keinen Mechanismus gibt, der sicherstellt, dass die nationalen Aufsichtsbehörden bei Aufsichtsentscheidungen für grenzübergreifend tätige Finanzinstitute zur bestmöglichen Lösung gelangen, dass Zusammenarbeit und Informationsaustausch solchen Fällen auch kein Ausschluss von § 415 BGB angeordnet, sodass hier die Übertragung nach allgemeinen Grundsätzen nur mit Zustimmung aller Gläubiger und im Übrigen nach international-privatrechtlichen Vorgaben erfolgen kann. Siehe dazu Seemayer, Grenzüberschreitende Übertragung von Erst- und Rückversicherungsbeständen (2016), S. 232. 520 Siehe Teil 2, A. 521 Dazu etwa Bürkle, VersR 2014, 529 f.; Keune, Rechtliche Grundlagen und Grenzen der EIOPA (2015), S. 88 ff. 522 Verordnung (EU) Nr. 1094/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 zur Errichtung einer Europäischen Aufsichtsbehörde (Europäische Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung), zur Änderung des Beschlusses Nr. 716/2009/EG und zur Aufhebung des Beschlusses 2009/79/EG der Kommission, ABl. EU 2010 Nr. L 331/48.
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zwischen den nationalen Aufsehern unzureichend sind, dass ein gemeinsames Vorgehen der nationalen Behörden komplizierte Vereinbarungen erfordert, um den sehr unterschiedlichen Regulierungs- und Aufsichtsanforderungen Rechnung zu tragen, dass die nationalen Lösungen in den meisten Fällen die einzig vertretbare Antwort auf Probleme auf Unionsebene sind und dass ein und derselbe Rechtstext von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat unterschiedlich ausgelegt wird. Vor dem Hintergrund dieser Erwägungen hätte die Statuierung von Kompetenzen der EIOPA im Rahmen von grenzüberschreitenden Bestandsübertragungen und Umwandlungen von Versicherungsunternehmen durchaus erwartet werden können.523 In den in Kapitel II der EIOPA-VO unter Aufgaben und Befugnisse enthaltenen Regelungen findet sich eine ausdrückliche Anordnung unmittelbarer Kompetenzen insoweit indes nicht. Nachfolgend wird daher untersucht, ob im Einzelfall jedenfalls Reservekompetenzen der EIOPA bestehen können. aa) Rechtsgrundlagen der EIOPA Die EIOPA besitzt als gemeinschaftsrechtliche Einrichtung gemäß Art. 5 Abs. 1, 2 EIOPA-VO eigene Rechtspersönlichkeit und verfügt in jedem Mitgliedstaat über die weitestreichende Rechtsfähigkeit, die juristischen Personen nach dem jeweiligen nationalen Recht zuerkannt wird.524 Der Tätigkeitsbereich der EIOPA liegt insbesondere innerhalb des Anwendungsbereichs von Solvency II mit Ausnahme der Vorschriften über die Sanierung und Liquidation von Versicherungsunternehmen525 und umfasst damit grundsätzlich auch die Regelung des Art. 39 Solvency II, der grenzüberschreitende Bestandsübertragungen erfasst. bb) Aufgaben und Befugnisse Die Aufgaben und Befugnisse der EIOPA werden in Art. 8 EIOPA-VO konkretisiert.526 Gemäß Art. 8 Abs. 2 lit. e, f EIOPA-VO hat die Behörde insbesondere die Befugnis zum Erlass von an die zuständigen nationalen Behörden gerichteten Beschlüssen im Einzelfall in den in Art. 18 Abs. 3, Art. 19 Abs. 3 EIOPA-VO genannten besonderen Fällen sowie zum Erlass von an die Finanzinstitute gerichteten Beschlüssen in den in Art. 17 Abs. 6, Art. 18 Abs. 4, Art. 19 Abs. 4 EIOPA-VO genannten besonderen Fällen, soweit unmittelbar anwendbares Unionsrecht betroffen ist. 523 Vgl. auch Seemayer, Grenzüberschreitende Übertragung von Erst- und Rückversicherungsbeständen (2016), S. 289 f. 524 Siehe dazu Keune, Rechtliche Grundlagen und Grenzen der EIOPA (2015), S. 69 ff. 525 Art. 1 Abs. 2 EIOPA-VO. 526 Eingehend Keune, Rechtliche Grundlagen und Grenzen der EIOPA (2015), S. 86 ff.; Looschelders/Michael, in: Ruffert, Europäisches Sektorales Wirtschaftsrecht, 1. Aufl. (2013), § 11 Rn. 21 ff.
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cc) Befugnisse gegenüber nationalen Aufsichtsbehörden (1) Befugnisse im Krisenfall Gemäß Art. 18 Abs. 3 EIOPA-VO kann die EIOPA bei Vorliegen einer Krisensituation sowie zusätzlicher Umstände, die ein koordiniertes Vorgehen der nationalen Behörden erfordern, die zuständigen nationalen Behörden durch Erlass von Beschlüssen im Einzelfall dazu verpflichten, Maßnahmen zu treffen, die erforderlich sind, um auf solche Entwicklungen zu reagieren. Diese Befugnis zielt primär auf die laufende Aufsicht im Sinne einer Missstandsaufsicht. Theoretisch ließen sich aus der Norm auch Kompetenzen der EIOPA gegenüber nationalen Aufsichtsbehörden bei einer grenzüberschreitenden Bestandsübertragung im Krisenfall herleiten. Indes dürfte ein derartiger Krisenfall in den Bereich der Sanierung und Liquidation von Versicherungsunternehmen fallen, den der Tätigkeitsbereich der EIOPA nicht umfasst.527 Ferner erscheinen die Bedingungen für eine solche Kompetenzbegründung sehr hoch, sodass ihr praktisch – soweit es Bestandsübertragungen betrifft – keine Bedeutung zukommen dürfte. Denn ausweislich Art. 18 Art. 2 EIOPA-VO wird ein Krisenfall definiert als ungünstige Entwicklungen, die das ordnungsgemäße Funktionieren und die Integrität von Finanzmärkten oder die Stabilität des Finanzsystems in der Union als Ganzes oder in Teilen ernsthaft gefährden könnten.528 Doch selbst wenn eine solche Kompetenzbegründung theoretisch denkbar wäre, würde dies nichts an der grundsätzlichen Zuständigkeit der nationalen Aufsichtsbehörden ändern. Diese könnten dann zwar im Einzelfall zu Maßnahmen gegenüber den Versicherungsunternehmen verpflichtet werden. Ihre originäre Zuständigkeit bleibt davon indes unberührt. (2) Befugnisse bei Meinungsverschiedenheiten Ausweislich Art. 19 Abs. 3 EIOPA-VO kann die EIOPA bei Meinungsverschiedenheiten zwischen zuständigen nationalen Behörden in grenzübergreifenden Fällen, in denen das dafür vorgesehene Schlichtungsverfahren529 des Art. 19 Abs. 2 EIOPA-VO erfolglos bleibt, einen Beschluss mit verbindlicher Wirkung für die betreffenden zuständigen Behörden erlassen, mit dem die zuständigen Behörden verpflichtet werden, zur Beilegung der Angelegenheit bestimmte Maßnahmen zu treffen oder von solchen abzusehen, um die Einhaltung des Unionsrechts zu gewährleisten.530 Danach könnte die EIOPA grundsätzlich auch im Rahmen von Meinungsverschiedenheiten zwischen nationalen Behörden bei der Anwendung des in Art. 39 Solvency II vorgesehenen Verfahrens für grenzüberschreitende Be527
Vgl. Teil 2, B.II.2.a)aa). Vgl. Keune, Rechtliche Grundlagen und Grenzen der EIOPA (2015), S. 98 f. auch zu der nicht unproblematischen Frage der Zuständigkeit einer Feststellung des Krisenfalls gemäß Art. 18 Abs. 2 EIOPA-VO. 529 Zum Schlichtungsverfahren, in dem die EIOPA zunächst nur als Vermittlerin auftritt, vgl. Keune, Rechtliche Grundlagen und Grenzen der EIOPA (2015), S. 101 f. 530 Dazu kritisch Keune, Rechtliche Grundlagen und Grenzen der EIOPA (2015), S. 101. 528
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standsübertragungen tätig werden. Fraglich ist jedoch, inwieweit Art. 19 Abs. 3 EIOPA-VO in diesem Zusammenhang Anwendung finden kann. Denn ausweislich dessen letzten Halbsatzes soll durch das Weisungsrecht in Form eines verbindlichen Beschlusses die Einhaltung des Unionsrecht gewährleistet werden. Da die Verfahren der Übertragung von Versicherungsbeständen nach Maßgabe von Art. 39 Solvency II maßgeblich national ausgestaltet sind, werden Meinungsverschiedenheiten zwischen nationalen Behörden insoweit jedenfalls nicht zwingend die Einhaltung des Unionsrecht gefährden. Dass diesem Kriterium jedoch wesentliche Bedeutung zukommt, zeigt Art. 19 Abs. 4 EIOPA-VO. Danach soll in Fällen von Nicht-Ermessensentscheidungen als ultima-ratio auch ein Beschluss der EIOPA an Versicherungsunternehmen im Wege der Ersatzvornahme in Betracht kommen.531 Voraussetzung ist insoweit jedoch, dass eine zuständige Behörde einem Beschluss der EIOPA gemäß Art. 19 Abs. 3 EIOPA-VO nicht nachkommt und somit nicht sicherstellt, dass ein Versicherungsunternehmen die Anforderungen erfüllt, die nach den in Art. 1 Abs. 2 EIOPA-VO genannten Rechtsakten unmittelbar auf dieses anwendbar sind. Durch den Beschluss der EIOPA kann ein Versicherungsunternehmen verpflichtet werden, die zur Einhaltung seiner Pflichten im Rahmen des Unionsrechts erforderlichen Maßnahmen zu treffen. Diese Konzeption ist ersichtlich nicht auf die Regelung der Bestandsübertragung zugeschnitten. Daher dürfte die Begründung einer Kompetenz der EIOPA aus Art. 19 Abs. 3 EIOPA-VO im Zusammenhang mit Bestandsübertragungen ausscheiden. Ferner ist zu berücksichtigen, dass die EIOPA auch auf diesem Wege keine direkte Kompetenz bei einer grenzüberschreitenden Bestandsübertragung erlangen würde. Denn grundsätzlich kann die EIOPA auch insoweit nur die zuständigen nationalen Behörden verpflichten, ihren bestehenden Kompetenzen in bestimmter Weise nachzukommen. dd) Befugnisse gegenüber Versicherungsunternehmen (1) Befugnisse in besonderen Fällen Interessanter ist daher ein Blick auf die Befugnisse nach Art. 8 Abs. 2 lit. f EIOPA-VO. Danach kann die Behörde in den in Art. 17 Abs. 6, Art. 18 Abs. 4, Art. 19 Abs. 4 EIOPA-VO genannten besonderen Fällen auch direkt an Versicherungsunternehmen gerichtete Beschlüsse erlassen. Nach Art. 17 Abs. 6 EIOPA-VO besteht diese Kompetenz, sofern eine nationale Aufsichtsbehörde eine von Art. 1 Abs. 2 EIOPA-VO erfasste Rechtsvorschrift nicht korrekt angewandt hat und Versuche, die betreffende Behörde fristgerecht zur korrekten Anwendung der Vorschrift zu bewegen, fehlgeschlagen sind.532 Darüber hinaus muss es erforderlich sein, die531
Keune, Rechtliche Grundlagen und Grenzen der EIOPA (2015), S. 100; vgl. auch Teil 2, B.II.2.a)dd)(1). Eine tatsächliche Ausübung dieser Befugnis in der Praxis wird jedoch für sehr unwahrscheinlich erachtet. Ferner bestehen erhebliche Zweifel an der Zulässigkeit einer so weitreichenden Befugnis, vgl. Keune, Rechtliche Grundlagen und Grenzen der EIOPA (2015), S. 101, 261 ff., 373 ff. 532 Vgl. Keune, Rechtliche Grundlagen und Grenzen der EIOPA (2015), S. 96.
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sem Zustand schnell ein Ende zu bereiten, um neutrale Wettbewerbsbedingungen auf dem Markt aufrechtzuerhalten oder wiederherzustellen beziehungsweise um die ordnungsgemäße Funktionsweise und die Integrität des Finanzsystems zu gewährleisten.533 Voraussetzung für eine direkte Kompetenz gegenüber den Versicherungsunternehmen nach Art. 18 Abs. 4, Art. 19 Abs. 4 EIOPA-VO ist ein Vorliegen einer der vorstehend genannten Fälle der Art. 18 Abs. 3 oder Art. 19 Abs. 3 EIOPA-VO und die nicht oder nicht fristgerecht erfolgende Umsetzung der nach den letztgenannten Normen an die nationalen Behörden seitens EIOPA erlassenen Beschlüsse. In diesen Fällen kommt grundsätzlich eine Ersetzung der Kompetenzen der nationalen Aufsichtsbehörden durch die EIOPA im Wege einer Art Reservekompetenz oder Ersatzvornahme534 in Betracht. Diese gestufte Kompetenzbegründung entspricht den Erwägungsgründen 26 bis 28 EIOPA-VO. Insoweit sieht Erwägungsgrund 28 EIOPA-VO jedoch explizit vor, dass die Befugnis der EIOPA, Beschlüsse direkt an die Versicherungsunternehmen zu richten, ein auf Ausnahmesituationen beschränktes letztes Mittel sein soll. Weitere Voraussetzung soll ausweislich dieses Erwägungsgrunds sein, dass das verletzte Unionsrecht kraft bestehender oder künftiger Unionsverordnungen unmittelbar auf Finanzinstitute anwendbar ist.535 Diese Erwägung findet sich auch in Art. 8 Abs. 2 lit. f, Art. 17 Abs. 6, Art. 18 Abs. 4, Art. 19 Abs. 4 EIOPA-VO wieder. Die genannten Vorschriften erfordern – im Wortlaut geringfügig abweichend – jeweils, dass die einschlägigen Anforderungen der von Art. 1 Abs. 2 EIOPA-VO erfassten Gesetzgebungsakte unmittelbar auf Finanzinstitute anwendbar sind. Art. 1 Abs. 2 EIOPA-VO zählt zwar nur Richtlinien auf, die nach Art. 288 Abs. 3 AEUV grundsätzlich keine unmittelbare Wirkung beanspruchen.536 Erfasst werden darüber hinaus jedoch auch die gemäß diesen Gesetzgebungsakten erlassenen Verordnungen, Beschlüsse und Entscheidungen537 sowie technische Regulierungs- und Durchführungsstandards.538 Die in Art. 39 Solvency II geregelte Bestandsübertragung wird damit zwar grundsätzlich von Art. 1 Abs. 2 EIOPA-VO erfasst. Die Regelung stellt jedoch kein unmittelbar geltendes Unionsrecht dar, sondern bedarf der nationalen Umsetzung. Dabei wird die Gestattung der Übertragung ausdrücklich nach Maßgabe des nationalen Rechts verlangt. Auf Bestandsübertragungen gerichtete Verordnungen, Beschlüsse oder Entscheidungen, die zu unmittelbarer Anwendbarkeit führen würden,
533 Forst, VersR 2010, 155 (160); Keune, Rechtliche Grundlagen und Grenzen der EIOPA (2015), S. 97 f. 534 Keune, Rechtliche Grundlagen und Grenzen der EIOPA (2015), S. 101. 535 Keune, Rechtliche Grundlagen und Grenzen der EIOPA (2015), S. 98. 536 Vgl. Forst, VersR 2010, 155 (160) m. w. Nachw. zu – hier nicht einschlägigen – Ausnahmen von diesem Grundsatz. 537 Forst, VersR 2010, 155 (160). 538 Für technische Regulierungs- und Durchführungsstandards sieht Art. 18 Abs. 4 EIOPA-VO diese Erstreckung vor. Im Übrigen dürfte diese Auslegung jedenfalls vor dem Hintergrund von Erwägungsgrund 28 der EIOPA-VO geboten sein.
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sind gegenwärtig nicht ersichtlich.539 Mithin kann die EIOPA-VO in diesem Bereich bisweilen keine direkten Kompetenzen der EIOPA begründen. Mit Blick auf eine künftige Kompetenzbegründung in diesem Bereich ist darauf hinzuweisen, dass die Statuierung der Kompetenzen der EIOPA in Art. 8 Abs. 2 lit. f, Art. 17 Abs. 6, Art. 18 Abs. 4, Art. 19 Abs. 4 EIOPA-VO gegen die Meroni-Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und das unionsrechtliche Demokratieprinzip verstoßen soll und daher im Ergebnis als rechtswidrig erachtet wird.540 (2) Befugnisse bei Zusammenschlüssen und Übernahmen Eine Kompetenz der EIOPA jedenfalls für grenzüberschreitende Umwandlungen könnte indes Art. 34 Abs. 2 EIOPA-VO begründen. Dieser sieht vor, dass die EIOPA im Hinblick auf die versicherungsaufsichtsrechtliche Beurteilung von Zusammenschlüssen und Übernahmen, die in den Anwendungsbereich der Dritten Richtlinie Schadenversicherung, der konsolidierten Richtlinie Lebensversicherung und der Rückversicherungsrichtlinie in der durch die Beteiligungsrichtlinie geänderten Fassung fallen und eine Konsultation zwischen den Aufsichtsbehörden verschiedener Staaten erfordern, auf Antrag einer der betroffenen zuständigen Behörden zu einer aufsichtsrechtlichen Beurteilung eine Stellungnahme abgeben und diese veröffentlichen kann. Für eine derartige Kompetenzbegründung müsste eine Umwandlung in der Form der Verschmelzung unter den Begriff des Zusammenschlusses oder der Übernahme fallen. Dazu ist zu klären, wie die Begriffe Zusammenschluss und Übernahme in diesem Zusammenhang zu verstehen sind. Eine Definition oder Begriffskonkretisierung enthält die EIOPA-VO selbst nicht; die Begriffe finden auch an keiner anderen Stelle in der Verordnung Verwendung. Auch die in Bezug genommenen Richtlinien, insbesondere die Beteiligungsrichtlinie verwenden diese Begriffe nicht. Dort ist ausschließlich von dem Erwerb und der Erhöhung von Beteiligungen die Rede. Der beabsichtigte Erwerb wird dabei definiert als der Fall, dass ein interessierter Erwerber eine Beteiligung an einem Versicherungsunternehmen derart erhöhen will, dass dieses Versicherungsunternehmen sein Tochterunterneh539 Soweit es grenzüberschreitende Umwandlungen von Versicherungsunternehmen betrifft, gilt dies umso mehr. Zwar haben sich die Versicherungsaufsichtsbehörden der Mitgliedund Vertragsstaaten mit dem Siena-Protokoll darauf geeinigt, dass bei Verschmelzungen unter den gleichen Voraussetzungen wie bei Bestandsübertragungen Konsultationen zwischen den Aufsichtsbehörden stattfinden sollen, vgl. Zens, Zusammenarbeit der Aufsichtsbehörden (2005), S. 354 m. w. Nachw. Bei diesem Protokoll handelt es sich indes um Kooperationsvereinbarungen und nicht um unmittelbar anwendbares Unionsrecht. Erwägungsgrund 17 der Rückversicherungsrichtlinie enthält daneben zwar die Forderung, das Verfahren für grenzüberschreitende Bestandsübertragungen auch auf Übertragungen etwa durch Verschmelzung oder andere gesellschaftsrechtliche Instrumente anzuwenden. Diese Forderung hat indes schon keine Berücksichtigung im Text der Rückversicherungsrichtlinie oder der diese ersetzenden Solvency II Richtlinie gefunden. 540 Keune, Rechtliche Grundlagen und Grenzen der EIOPA (2015), S. 312 ff., 373 ff.; vgl. auch Looschelders/Michael, in: Ruffert, Europäisches Sektorales Wirtschaftsrecht, 1. Aufl. (2013), § 11 Rn. 31 ff.
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men541 würde.542 Der Begriff der Übernahme im Sinne des Art. 34 Abs. 2 EIOPA-VO kann vor diesem Hintergrund nur als Kontrollerwerb, das heißt grundsätzlich Erwerb einer Stimmrechtsmehrheit verstanden werden. Dies erfolgt bei einem Versicherungsunternehmen regelmäßig durch den Erwerb oder die Erhöhung einer Beteiligung. Die bloße Änderung der Beteiligungsstruktur an einem Versicherungsunternehmen führt jedoch nicht zu einer Übertragung von Versicherungsbeständen.543 Eine Verschmelzung stellt zudem grundsätzlich keinen für den Begriff der Übernahme erforderlichen Erwerbstatbestand hinsichtlich des übertragenden Rechtsträgers dar.544 Ob dem Begriff des Zusammenschlusses neben demjenigen der Übernahme eigenständige Bedeutung zukommen soll, lässt sich nicht eindeutig erkennen. Ein Zusammenschluss könnte als Kontrollerwerb im Sinne einer Konzernierung zu verstehen sein, oder auch den Erwerb sämtlicher Anteile erfassen. Eine Kompetenzbegründung zugunsten der EIOPA ließe sich hier jedoch nur annehmen, wenn der Begriff explizit auch grenzüberschreitende Verschmelzungen von Versicherungsunternehmen erfassen sollte. Grenzüberschreitende Verschmelzungen von Versicherungsunternehmen könnten bei weitem Verständnis zwar Zusammenschlüsse darstellen, die in den Anwendungsbereich der von Art. 34 Abs. 2 EIOPA-VO in Bezug genommenen Rechtsakte fallen. Diese Rechtsakte selbst enthalten jedoch keinerlei Vorgaben zu grenzüberschreitenden Umwandlungen von Versicherungsunternehmen, die eine Konsultation von zuständigen Aufsichtsbehörden verschiedener Mitglied- oder Vertragsstaaten vorsehen könnten. Es ist daher im Ergebnis davon auszugehen, dass dem Begriff des Zusammenschlusses keine über den 541 Tochterunternehmen im Sinne der die Dritte Richtlinie Schadenversicherung, die konsolidierte Richtlinie Lebensversicherung und die Rückversicherungsrichtlinie in der durch die Beteiligungsrichtlinie geänderten Fassung konsolidierenden Solvency II Richtlinie ist ausweislich Art. 13 Nr. 16 Solvency II ein Tochterunternehmen im Sinne von Art. 1 der Siebenten Richtlinie des Rates vom 13. Juni 1983 aufgrund von Artikel 54 Absatz 3 Buchstabe g) des Vertrags über den konsolidierten Abschluß, ABl. EG 1983 Nr. L193/1 (Konzernabschlussrichtlinie). Letztere wurde zwischenzeitlich durch den im Wesentlichen wortlautidentischen Art. 22 der Richtlinie 2013/34/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über den Jahresabschluss, den konsolidierten Jahresabschluss und damit verbundene Berichte von Unternehmen bestimmter Rechtsformen und zur Änderung der Richtlinie 2006/43/EG der Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinien 78/ 660/EWG und 83/349/EWG des Rates, ABl. EU 2013 Nr. L 182/19, (Bilanzrichtlinie) ersetzt. Nach der insofern nunmehr maßgeblichen Bilanzrichtlinie handelt es sich bei einem Tochterunternehmen um ein von einem Mutterunternehmen kontrolliertes Unternehmen, einschließlich jedes mittelbar kontrollierten Tochterunternehmens eines Mutterunternehmens. Mutterunternehmen ist ein Unternehmen, das ein oder mehrere Tochterunternehmen kontrolliert, vgl. Art. 2 Nr. 8 und 9 Bilanzrichtlinie. Eine Konkretisierung dieser stark vereinfachten Definition findet sich in Art. 22 Bilanzrichtlinie (vormals Art. 1 Konzernabschlussrichtlinie). 542 Vgl. Art. 1 Nr. 2 lit. a Beteiligungsrichtlinie (betreffend die Änderung der Dritten Richtlinie Schadenversicherung), Art. 2 Nr. 2 lit. a Beteiligungsrichtlinie (betreffend die Änderung der konsolidierten Richtlinie Lebensversicherung) und Art. 4 Nr. 2 Beteiligungsrichtlinie (betreffend die Änderung der Rückversicherungsrichtlinie). 543 Der grenzüberschreitende Erwerb eines Versicherungsunternehmens wird in dieser Arbeit nicht untersucht. Siehe dazu Teil 1, B.I. Weiterführend Forst, VersR 2010, 155 (160). 544 Vgl. auch Bähr, in: FKBP, 5. Aufl. (2012), § 104 Rn. 10.
B. Kompetenzen der Versicherungsaufsichtsbehörden
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– vollständigen – Anteilserwerb hinausgehende Bedeutung zuzumessen ist. Dieses Verständnis wird eindeutig von Erwägungsgrund 44 der EIOPA-VO gestützt, der – insoweit terminologisch unmissverständlich – nach einer Kompetenz der EIOPA zur Abgabe einer Stellungnahme zur aufsichtsrechtlichen Beurteilung des Erwerbs und der Erhöhung von Beteiligungen im Finanzsektor verlangt. Doch selbst wenn der Begriff des Zusammenschlusses weiter zu verstehen sein sollte und entsprechende Vorgaben in den in Bezug genommenen Rechtsakten vorhanden wären, würde Art. 34 Abs. 2 EIOPA-VO insoweit nur die Kompetenz zur Veröffentlichung einer Stellungnahme begründen. Eine unmittelbare Kompetenz oder auch nur eine Reservekompetenz der EIOPA im Genehmigungsverfahren bei grenzüberschreitenden Übertragungen von Versicherungsbeständen ist auch insofern nicht vorgesehen. (3) Befugnisse im Rahmen der Aufsichtskollegien Eine wichtige Rolle bei der effizienten, wirksamen und kohärenten Beaufsichtigung grenzüberschreitend tätiger Finanzinstitute spielen auch die Aufsichtskollegien.545 Gemäß Art. 21 EIOPA-VO trägt die EIOPA zur Förderung und Überwachung des effizienten, wirksamen und kohärenten Funktionierens der in Solvency II genannten Aufsichtskollegien546 bei. Mitglieder des jeweiligen Kollegiums der Aufsichtsbehörden sind die für die Gruppenaufsicht zuständige Behörde und die Aufsichtsbehörden aller Mitglied- oder Vertragsstaaten, in denen Tochterunternehmen ihren Sitz haben.547 Gemäß Art. 21 Abs. 2 Unterabs. 2 EIOPA-VO gilt die EIOPA auch als zuständige Behörde in diesem Sinne. Damit ist die EIOPA an den Aufsichtskollegien regelmäßig beteiligt.548 Den Aufsichtskollegien kommen jedoch keine echten Eingriffsbefugnisse zu.549 Die Letztentscheidungskompetenz verbleibt bei der für die Gruppenaufsicht zuständigen nationalen Behörde beziehungsweise der Sitzlandbehörde.550 Ferner sind die Aufsichtskollegien de lege lata für die Gruppenaufsicht konzipiert. Die Übertragung von Versicherungsbeständen kann 545 Erwägungsgrund 35 der EIOPA-VO; dazu Keune, Rechtliche Grundlagen und Grenzen der EIOPA (2015), S. 103 ff. 546 Im Bereich der Versicherungsaufsicht ist dies nach Maßgabe des Art. 212 Abs. 1 lit. e Solvency II, der Begriffsbestimmungen für die Gruppenaufsicht enthält, das Kollegium der Aufsichtsbehörden, bei dem es sich um eine permanente, aber flexible Plattform für die Zusammenarbeit und Koordinierung zwischen den Aufsichtsbehörden der betroffenen Mitgliedoder Vertragsstaaten handelt. 547 Art. 248 Abs. 3 Unterabs. 1 Solvency II; gemäß Unterabs. 2 dürfen zudem die Aufsichtsbehörden von bedeutenden Zweigniederlassungen und verbundenen Unternehmen im Kollegium der Aufsichtsbehörden mitwirken. Ihre Teilnahme ist jedoch darauf beschränkt, einen effizienten Informationsaustausch zu gewährleisten. 548 Dies entspricht der Forderung des Erwägungsgrunds 35 der EIOPA-VO. Zu der im Wesentlichen rein beobachtenden Funktion der EIOPA in den Aufsichtskollegien aber Hopt, NZG 2009, 1401 (1406). 549 Hopt, NZG 2009, 1401 (1405, 1408). 550 Zur Zusammenarbeit und Koordination der Aufsichtsbehörden in den Aufsichtskollegien sowie zur Frage der Letztentscheidungskompetenz Lüttringhaus, EuZW 2011, 856 (859).
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Teil 2: Der harmonisierte verwaltungsrechtliche Rahmen im EWR
zwar innerhalb einer Gruppe erfolgen. Dies ist indes nicht zwingend. Soweit Aspekte der Gruppenaufsicht betroffen sind, können sich die Aufsichtskollegien folglich zwar betreffend die aufsichtsrechtliche Behandlung von grenzüberschreitenden Übertragungen von Versicherungsbeständen austauschen und abstimmen. Eine allgemeine Kompetenz der Aufsichtskollegien und damit letztlich – jedenfalls mittelbar – auch der EIOPA als deren ständiges Mitglied für grenzüberschreitende Übertragungen von Versicherungsbeständen besteht nicht. ee) Zwischenergebnis Um eine echte europäische Aufsichtsbehörde, die unmittelbar und exklusiv die Beaufsichtigung grenzüberschreitend im EWR tätiger Versicherungsunternehmen übernimmt, handelt es sich bei der EIOPA im Ergebnis weiterhin nicht. Die laufende Beaufsichtigung der Versicherungsunternehmen verbleibt auch im neuen Europäischen Finanzaufsichtssystem grundsätzlich dezentral auf nationaler Ebene.551 Unmittelbare Kompetenzen der EIOPA im Rahmen der aufsichtsrechtlichen Behandlung grenzüberschreitender Übertragungen von Versicherungsbeständen innerhalb des EWR auf Grundlage der EIOPA-VO bestehen folglich nicht.552 Zwar sieht der neu eingefügte § 329 Abs. 1 VAG553 in gewissen Bereichen eine Zusammenarbeit der inländischen Aufsichtsbehörde mit der EIOPA unter Berücksichtigung deren Leitlinien und Empfehlungen vor.554 Rechtsverbindliche Kompetenzen der EIOPA folgen daraus indes nicht. b) Kompetenzgefüge nach Art. 39 Solvency II Art. 39 Abs. 1 Solvency II schreibt den Mitglied- oder Vertragsstaaten vor, dass diese allen Versicherungsunternehmen, die in ihrem Hoheitsgebiet ihren Gesellschaftssitz haben, nach Maßgabe des jeweiligen nationalen Rechts gestatten, den Bestand ihrer im Rahmen der Niederlassungsfreiheit oder der Dienstleistungsfreiheit abgeschlossenen Verträge ganz oder teilweise an ein übernehmendes Unternehmen in der Gemeinschaft zu übertragen. Für diese Fälle der grenzüberschreitenden Übertragung gibt Art. 39 Solvency II im Einklang mit dem Prinzip der Sitzland551 Forst, VersR 2010, 155 (161); Keune, Rechtliche Grundlagen und Grenzen der EIOPA (2015), S. 86; vgl. Teil 1, C.III. 552 Im Zuge weiterer Harmonisierung könnte auch eine behördliche Zentralisierung grenzüberschreitender Sachverhalte dergestalt, dass EIOPA als europäische Versicherungsaufsichtsbehörde – in enger Zusammenarbeit mit den beteiligten nationalen Aufsichtsbehörden – exklusiv die Genehmigung grenzüberschreitender Übertragungen im EWR übernähme, in Betracht gezogen werden. Dazu sollten jedoch zunächst die Zweifel an der Rechtmäßigkeit der EIOPA-VO insbesondere hinsichtlich der Errichtung der EIOPA und der Statuierung bestimmter Kompetenzen beseitigt werden, vgl. Teil 2, B.II.2.a)dd)(1) (Fn. 540). 553 Vgl. BT-Drs. 18/2956, S. 296 f. 554 Zum Verhältnis der nationalen Aufsichtsbehörden zur EIOPA auch Keune, Rechtliche Grundlagen und Grenzen der EIOPA (2015), S. 85 f.
B. Kompetenzen der Versicherungsaufsichtsbehörden
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aufsicht auch eine Kompetenzanordnung für die beteiligten Aufsichtsbehörden vor.555 aa) Genehmigungskonzentration Nach der Konzeption von Art. 39 Abs. 1 Unterabs. 2 Solvency II reicht bei einer solchen Übertragung die alleinige Genehmigung der zuständigen Aufsichtsbehörde des Sitzstaates des übertragenden Versicherungsunternehmens (sogenannter home regulator) aus. Die Genehmigung im Falle einer innergemeinschaftlichen Hinausübertragung aus Deutschland fällt damit grundsätzlich in die Zuständigkeit der BaFin. Zu beachten ist insoweit aber, dass die Kategorien Hinausübertragung und Hineinübertragung aufgrund der Diskrepanz zwischen dem klassischen Verständnis des Territorialitätsprinzips und der über nationale Grenzen reichenden Kompetenzen der Aufsichtsbehörden nach dem Sitzlandprinzip im Einzelfall unscharf sein können. Erfolgt etwa eine Übertragung von der deutschen Zweigniederlassung556 eines EWRausländischen Versicherungsunternehmens und damit zwar territorial gesehen aus Deutschland, so ist die BaFin nach der europäischen Konzeption abweichend vom vorstehenden Grundsatz nicht zuständig für die Genehmigung. Vielmehr fällt die Genehmigung in solchen Fällen in die Zuständigkeit der jeweiligen Aufsichtsbehörde desjenigen Mitglied- oder Vertragsstaates, in dem das Versicherungsunternehmen, von dessen Zweigniederlassung die Übertragung erfolgt, seinen Sitz hat.557 bb) Solvabilitätsbescheinigung Wenngleich eine Genehmigungskonzentration bei der für das übertragende Versicherungsunternehmen zuständigen Aufsichtsbehörde besteht, ist auch die für 555 Zur Rechtslage vor Solvency II bereits Lüttringhaus, VersR 2008, 1036 (1037). Art. 12 Dritte Richtlinie Schadenversicherung, Art. 14 konsolidierte Richtlinie Lebensversicherung und Art. 18 Rückversicherungsrichtlinie wurden einheitlich in Art. 39 Solvency II konsolidiert. An der Rechtslage hat sich dadurch insoweit nichts geändert. 556 Eine Legaldefinition des Begriffs der Zweigniederlassung enthält Art. 13 Nr. 11 Solvency II. Zweigniederlassung im Sinne der Richtlinie ist danach eine Agentur oder Zweigniederlassung eines Versicherungsunternehmens oder eines Rückversicherungsunternehmens, das im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaates ansässig ist, bei dem es sich nicht um den Herkunftsmitgliedstaat handelt. Niederlassung im Sinne der Richtlinie kann gemäß Art. 13 Nr. 12 Solvency II der Sitz eines Unternehmens oder eine seiner Zweigniederlassungen sein. Entscheidend für den Begriff der Zweigniederlassung ist damit, dass es sich um eine Niederlassung nicht etwa im Herkunftsstaat (vgl. Art. 13 Nr. 8 Solvency II) des Unternehmens handelt, sondern um eine solche in einem anderen Mitglied- oder Vertragsstaat. In den die grenzüberschreitende Geschäftstätigkeit betreffenden Vorschriften des VAG findet maßgeblich der Begriff der Niederlassung Verwendung. Nach der neu eingefügten Definition in § 57 Abs. 2 Satz 1 VAG gilt als Niederlassung insbesondere eine Agentur oder Zweigniederlassung eines Erstversicherungsunternehmens im Hoheitsgebiet eines anderen Mietglied- oder Vertragsstaates. 557 Siehe dazu die Analyse in Teil 3.
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Teil 2: Der harmonisierte verwaltungsrechtliche Rahmen im EWR
das übernehmende Versicherungsunternehmen zuständige Aufsichtsbehörde zwingend an dem grenzüberschreitenden Verwaltungsverfahren im Rahmen von innergemeinschaftlichen Bestandsübertragungen zu beteiligen. Denn Art. 39 Abs. 1 Unterabs. 2 Solvency II sieht insoweit vor, dass diese Behörde bei Bestandsübertragungen jedenfalls zuständig für die Erteilung der Solvabilitätsbescheinigung des übernehmenden Versicherungsunternehmens ist. Ohne eine derartige Bescheinigung darf die Aufsichtsbehörde des übertragenden Versicherungsunternehmens die Bestandsübertragung nicht genehmigen. Die BaFin ist damit bei Hineinübertragungen nach Deutschland regelmäßig für die Erteilung der Solvabilitätsbescheinigung des übernehmenden inländischen Versicherungsunternehmens zuständig. cc) Konsultationsverfahren Für Erstversicherungsunternehmen sieht Art. 39 Abs. 3 bis 6 Solvency II Sonderregeln vor,558 aus denen sich weitere aufsichtsbehördliche Kompetenzen ergeben. Erfolgt die Übertragung etwa von einer Zweigniederlassung, muss gemäß Art. 39 Abs. 3 Solvency II der Mitgliedstaat559, in dem die Zweigniederlassung ansässig ist, grundsätzlich konsultiert werden. Darüber hinaus statuiert Art. 39 Abs. 4 Solvency II die Zuständigkeit der Behörden derjenigen Mitglied- oder Vertragsstaaten, in denen die zu übertragenden Versicherungsverträge entweder nach dem Niederlassungsrecht oder im Rahmen der Dienstleistungsfreiheit geschlossen wurden, zur Erteilung der Zustimmung zur Bestandsübertragung. Ohne eine derartige Zustimmung darf eine Übertragung im Erstversicherungsbereich nicht durch die Sitzlandbehörde des übertragenden Unternehmens genehmigt werden. dd) Letztentscheidungskompetenz Art. 39 Solvency II enthält somit – jedenfalls soweit es die Übertragung von grenzüberschreitend erworbenen Beständen betrifft – Kompetenzanordnungen für die nationalen Aufsichtsbehörden der Mitglied- oder Vertragsstaaten für innergemeinschaftliche Bestandsübertragungen von Erstversicherungs- und Rückversicherungsunternehmen. Im Rahmen dieser Kompetenzanordnung ist zu beachten, dass die Letztentscheidung, das heißt die Entscheidung über die Erteilung oder Ablehnung der Genehmigung, stets bei der Behörde desjenigen Mitglied- oder Vertragsstaates liegt, in dessen Hoheitsgebiet sich der Sitz des übertragenden Versicherungsunternehmens befindet.
558
Vgl. Art. 39 Abs. 2 Solvency II. Gemeint ist die zuständige Behörde des jeweiligen Mitglied- oder Vertragsstaates, vgl. Art. 39 Abs. 5 Solvency II. 559
C. Beteiligungsformen der BaFin
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c) Weitergehende Kompetenzanordnung nach Maßgabe des VAG Dem vorstehend dargestellten europäischen Kompetenzgefüge folgt grundsätzlich auch das VAG.560 Die Regelungen zu innereuropäischen Bestandsübertragungen im VAG erfassen nach diesem Vorbild aber auch weitere Konstellationen, die über die von Art. 39 Solvency II vorgeschriebenen hinausgehen. Das VAG enthält damit eine Vielzahl von Sonderregeln, die von der grundsätzlichen Kompetenzanordnung des § 13 Abs. 1 S. 1 VAG (§ 14 Abs. 1 S. 1 VAG a. F.) abweichen.561 Weiterhin statuiert das VAG über § 14 Abs. 1, § 166 Abs. 3 S. 1, 2 VAG (§ 14a S. 1, 2, § 121f Abs. 3 S. 1, 2 VAG a. F.) mittels Verweisungstechnik – im Einklang mit dem General Protocol on Collaboration – entsprechend den Vorgaben zur innereuropäischen Bestandsübertragung Kompetenzen der Aufsichtsbehörden im Falle von grenzüberschreitenden Verschmelzungen von Versicherungsunternehmen nach § 122a UmwG. Auch insoweit wird folglich eine Genehmigungskonzentration bei der für das übertragende Unternehmen zuständigen Aufsichtsbehörde angeordnet.562 Die Vorschriften des VAG begründen damit weitergehende Kompetenzen der beteiligten Behörden, folgen im Wesentlichen aber der besonderen europäischen Kompetenzverteilung.563
C. Beteiligungsformen der BaFin Art. 39 Solvency II und die im VAG enthaltenen Regelungen zu grenzüberschreitenden Bestandsübertragungen und grenzüberschreitenden Verschmelzungen von Versicherungsunternehmen statuieren – wie vorstehend dargestellt –564 unterschiedliche Mitwirkungserfordernisse beziehungsweise Beteiligungsformen der nationalen Aufsichtsbehörden. Im Einzelnen handelt es sich dabei regelmäßig um die Genehmigung der Übertragung und die Erteilung einer Solvabilitätsbescheinigung. Im Bereich der Erstversicherung wird zudem grundsätzlich eine Zustimmung und/ oder Stellungnahme erforderlich sein. In gewissen Konstellationen kann daneben auch bei einer grenzüberschreitenden Bestandsübertragung oder Verschmelzung von Versicherungsunternehmen das Erfordernis einer Erlaubniserteilung hinzukommen.
560
Insbesondere § 13 Abs. 2, §§ 63, 166 Abs. 1 VAG (§ 14 Abs. 2, §§ 111d, 121f Abs. 1 VAG a. F.). 561 Kaulbach, in: FKBP, 5. Aufl. (2012), § 14 Rn. 6. 562 Vgl. insoweit zu Umwandlungen von Erstversicherungsunternehmen Lüttringhaus, VersR 2008, 1036 (1041). 563 Siehe dazu Teil 3, A.; Teil 3, B. 564 Teil 2, B.II.2.b); Teil 2, B.II.2.c).
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Teil 2: Der harmonisierte verwaltungsrechtliche Rahmen im EWR
I. Genehmigung einer Übertragung Bestandsübertragungen und Umwandlungen von Versicherungsunternehmen sind sowohl auf nationaler Ebene als auch in grenzüberschreitendem Kontext im Erstversicherungsbereich und im Bereich der Rückversicherung grundsätzlich genehmigungsbedürftig. Bei der Genehmigung handelt es sich um einen privatrechtsgestaltenden Verwaltungsakt565, der mit Auflagen und/oder unter Vorbehalt erteilt werden kann.566 Auf die Erteilung der Genehmigung haben die beteiligten Versicherungsunternehmen grundsätzlich einen Anspruch, wenn die Genehmigungsvoraussetzungen vorliegen.567 Die konkreten Genehmigungsvoraussetzungen sind abhängig von der betroffenen Übertragungsweise und unterscheiden sich in den Bereichen der Erstversicherung und der Rückversicherung.568 Soweit gesetzlich eine Konzentration der Genehmigungskompetenz bei der Aufsichtsbehörde des übertragenden Versicherungsunternehmens vorgesehen ist, entfällt dadurch eine grundsätzlich nach § 13 Abs. 1 S. 1 VAG (§ 14 Abs. 1 S. 1 VAG a. F.) erforderliche Genehmigungsbedürftigkeit seitens der für das übernehmende Unternehmen zuständigen Aufsichtsbehörde.569 Eine Genehmigung der BaFin ist regelmäßig in den Fällen der Hinausübertragung von inländischen Versicherungsunternehmen erforderlich.570
II. Ausstellung einer Solvabilitätsbescheinigung Sowohl im Bereich der Erstversicherung als auch der Rückversicherung ist das Vorliegen einer Solvabilitätsbescheinigung für das übernehmende Unternehmen zwingende Voraussetzung für die Erteilung der Genehmigung seitens der für das übertragende Versicherungsunternehmen zuständigen Aufsichtsbehörde. Die Aufsichtsbehörde des übernehmenden Unternehmens hat ausweislich § 13 Abs. 2 S. 2 Nr. 1, § 166 Abs. 1 S. 3 VAG (§ 14 Abs. 2 S. 2 Nr. 1, § 121f Abs. 1 S. 3 VAG a. F.) zu 565 Vgl. Diehl/Seemayer, in: Brand/Baroch Castellvi, 1. Aufl. (2018), § 13 Rn. 29, 44; Seemayer, Grenzüberschreitende Übertragung von Erst- und Rückversicherungsbeständen (2016), S. 200 m. w. Nachw.; Bürkle, VersR 2008, 1590; Lüttringhaus, VersR 2008, 1036 (1038); Schmid, Bestandsübertragung und Umwandlung von Versicherungsunternehmen (2010), Rn. 984 m. w. Nachw. Zum Begriff auch Hüttenbrink, in: Kuhla/Hüttenbrink, Verwaltungsprozess, 3. Aufl. (2002), D. Klagearten Rn. 39. 566 Koerfer, in: Semler/Stengel, 3. Aufl. (2012), Anhang § 119 UmwG Rn. 98; zur Zulässigkeit einer Genehmigung unter Nebenbedingungen im Sinne des § 36 VwVfG siehe auch BT-Drs. 16/6518. S. 12 ff. 567 Grote, in: MünchKomm-VVG, Bd. 1, 1. Auf. (2010), Systematische Einführung in das Aufsichtsrecht Rn. 276; Diehl/Seemayer, in: Brand/Baroch Castellvi, 1. Aufl. (2018), § 13 Rn. 17. 568 Dazu Teil 3, A.; Teil 3, B. 569 Zur Wirkung der Genehmigung in diesen Fällen Teil 2, D.III.1.b). 570 Siehe dazu insbesondere Teil 3, A.II.; Teil 3, B.I.
C. Beteiligungsformen der BaFin
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bescheinigen, dass das übernehmende Unternehmen nach der Übertragung ausreichende anrechnungsfähige Eigenmittel zur Einhaltung der Solvabilitätskapitalanforderung hat.571 Die BaFin ist regelmäßig in Fällen der Hineinübertragung von EWR-ausländischen Versicherungsunternehmen zuständig für die Ausstellung der Solvabilitätsbescheinigung.572 Art. 142 Abs. 2 Solvency II schreibt vor, dass die Solvabilitätsbescheinigung nicht auszustellen ist, solange die zuständige Aufsichtsbehörde der Auffassung ist, dass die Rechte der Versicherungsnehmer oder die vertraglichen Verpflichtungen des Rückversicherungsunternehmens gefährdet sind.573 Für den Bereich der Erstversicherung hat der Gesetzgeber diese Vorgabe in § 136 Abs. 2 VAG umgesetzt.574 Durch das Erfordernis der Solvabilitätsprüfung wird zweierlei sichergestellt. Zum einen kann die Aufsichtsbehörde des übertragenden Versicherungsunternehmens damit den Schutz der ihr anvertrauten Interessen der Versicherten gewährleisten. Zum anderen kann die Aufsichtsbehörde des übernehmenden Versicherungsunternehmens den Schutz der Funktionsfähigkeit der Versicherungswirtschaft sicherstellen, indem keine Risiken übernommen werden können, für die keine ausreichende Solvabilität vorhanden ist, was anderenfalls eine Schieflage des übernehmenden inländischen Versicherungsunternehmens zur Folge haben könnte.
III. Zustimmung zu einer Übertragung Zusätzliche Genehmigungsvoraussetzung neben dem Vorliegen einer Solvabilitätsbescheinigung ist im Bereich der Erstversicherung gemäß § 13 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 VAG (§ 14 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 VAG a. F.) die Zustimmung der Aufsichtsbehörde des Mitglied- oder Vertragsstaates, in dem die Risiken des Versicherungsbestands belegen575 sind. Von Bedeutung ist eine Zustimmung der BaFin insbesondere in Fällen, in denen gemäß § 63 Abs. 1 S. 1 VAG (§ 111d S. 1 VAG a. F.) die inländische Zweigniederlassung eines EWR-ausländischen Versicherungsunternehmens einen Bestand auf ein anderes Unternehmen im EWR überträgt oder ein EWR-ausländisches Versicherungsunternehmen einen im Inland im Rahmen des Dienstleistungsverkehrs abgeschlossenen Bestand überträgt.
571
Gleiches gilt auch gemäß § 73 Abs. 1 S. 2 VAG (§ 121i Abs. 4 S. 2 VAG a. F.). Vgl. ausdrücklich § 63 Abs. 4 VAG (§ 111d S. 5 VAG a. F.); siehe dazu insbesondere Teil 3, A.III.; Teil 3, B.II. 573 Zu den maßgeblichen Kriterien, unter denen die BaFin die Ausstellung der Solvabilitätsbescheinigung vor der Solvency II umsetzenden 10. VAG-Novelle verweigern musste Pohlmann, in: FKBP, 5. Aufl. (2012), § 111d Rn. 8; vgl. auch zur Solvabilitätsbescheinigung bei der Errichtung einer EWR-ausländischen Zweigniederlassung Pohlmann, in: FKBP, 5. Aufl. (2012), § 13b Rn. 31. 574 Vgl. BT-Drs. 18/2956, S. 270. 575 Zum Kriterium der Risikobelegenheit insoweit Teil 3, A.II.1.a)cc). 572
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Teil 2: Der harmonisierte verwaltungsrechtliche Rahmen im EWR
IV. Stellungnahme zu einer Übertragung Soweit die Übertragung im Erstversicherungsbereich den Versicherungsbestand einer Zweigniederlassung betrifft, ist zusätzlich die Aufsichtsbehörde des Mitgliedoder Vertragsstaates, in dem sich die Zweigniederlassung befindet, anzuhören. Voraussetzung ist in solchen Fällen allein eine Anhörung als solche. Das Erfordernis einer expliziten Stellungnahme oder gar der Zustimmung besteht nicht. Das erscheint insofern erstaunlich, da in einem solchen Fall etwa hinsichtlich der im Inland abgeschlossenen Verträge einer Zweigniederlassung eines EWR-ausländischen Versicherungsunternehmens, für die deutsches Zivilrecht und damit grundsätzlich auch § 415 BGB gilt, die Zustimmung der Versicherungsnehmer durch eine EWR-ausländische Aufsichtsbehörde ersetzt würde, ohne dass die BaFin dem zustimmen müsste. Handelt es sich bei dem Versicherungsbestand der Zweigniederlassung jedoch teilweise oder vollständig um Risiken, die in dem Mitglied- oder Vertragsstaat der Zweigniederlassung belegen sind, so ist nach dem Vorstehenden576 bereits gemäß § 63 Abs. 1 S. 1 VAG (§ 111d S. 1 VAG a. F.) eine Zustimmung der BaFin erforderlich. Die aktive Verfahrensbeteiligung der zuständigen nationalen Aufsichtsbehörde ist damit gewährleistet. Das Erfordernis einer Anhörung mit separater Stellungnahme entfällt in derartigen Fällen. Bedeutung gewinnt die Anhörung damit regelmäßig nur in solchen Fällen, in denen die Zweigniederlassung einen Bestand überträgt, der ausschließlich in anderen Mitglied- oder Vertragsstaaten als dem Staat der Zweigniederlassung belegene Risiken deckt. Diese Konstellation ist für die BaFin in § 63 Abs. 2 VAG (§ 111d S. 3 VAG a. F.) statuiert. Danach nimmt die BaFin zu einer derartigen Übertragung lediglich Stellung.
V. Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb Die Erteilung einer Erlaubnis für den Geschäftsbetrieb durch die BaFin ist nicht explizit in den die grenzüberschreitende Bestandsübertragung und Verschmelzung von Versicherungsunternehmen regelnden Vorschriften vorgesehen. Das Erfordernis einer Erlaubniserteilung in diesem Rahmen folgt vielmehr einer allgemeinen Überlegung. Die insoweit einschlägigen Vorschriften des VAG sehen lediglich die Übertragung auf ein anderes Versicherungsunternehmen respektive allgemein die Umwandlung eines Versicherungsunternehmens vor. Eine Einschränkung dahingehend, dass es sich bei dem übernehmenden Unternehmen bereits vor der Übertragung um ein Versicherungsunternehmen mit bestehender Erlaubnis handeln muss, besteht nicht.577 Es genügt daher, dass das übernehmende Unternehmen durch die 576
Teil 2, C.III. BVerwG, Urteil vom 30. Januar 1990 – 1 A 36/86 –, BVerwGE 84, 306 = VersR 1990, 473 (474); Präve, in: Prölss, 12. Aufl. (2005), § 14 Rn. 6 m. w. Nachw. Das General Protocol on Collaboration sieht daher in Part IV 5.1.6 und 5.2.5 konsequenterweise vor, dass in Fällen, in denen das übernehmende Unternehmen noch nicht die Erstversicherung oder die Rückversicherung betreibt und daher eine Erlaubnis oder Erweiterung der Erlaubnis benötigt, die be577
D. Transnationale Wirkung als Integrationsmittel
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Übertragung und die Fortführung der Verwaltung des Versicherungsbestands zu einem Versicherungsunternehmen wird. Die Erteilung einer Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb seitens der BaFin kann folglich bei Fällen der Hineinübertragung Bedeutung erlangen, wenn das übernehmende Unternehmen im Inland noch nicht zum Geschäftsbetrieb, zum Betrieb einer Versicherungssparte oder eines den zu übernehmenden Versicherungsbestand betreffenden Teils einer Versicherungssparte zugelassen ist.578 In den Fällen der Hinausübertragung richtet sich die Erlaubnis des übernehmenden Unternehmens nach dem jeweiligen EWR-ausländischen Aufsichtsrecht. Eine Erlaubniserteilung seitens der BaFin kommt insoweit nicht in Betracht. Indes wird die BaFin das Vorliegen einer Erlaubnis des übernehmenden Unternehmens nach dem Recht des jeweiligen Mitglied- oder Vertragsstaates im Rahmen der Genehmigung zu prüfen haben.579
D. Transnationale Wirkung als Integrationsmittel Im Grundsatz wirkt staatliches Verwaltungshandeln nach Maßgabe des völkerrechtlichen Souveränitätsprinzips sowie des Territorialitätsprinzips nur innerhalb der jeweiligen Staatsgrenzen.580 Mit anderen Worten vollzieht die nationale Verwaltung Recht nur in den Grenzen des eigenen Hoheitsbereichs. Dies gilt grundsätzlich auch für nationales Recht, das aufgrund europarechtlicher Vorgaben bereits harmonisiert wurde.581 Diesem Grundsatz steht das Konzept einer effizienten Verwaltung des Gemeinschaftsraumes, mithin einer europäischen Verwaltungsordnung gegenüber.582 Die Europäische Union ist von vornherein als Verwaltungsgemeinschaft gegründet worden.583 Gerade im grenzüberschreitenden Wirtschaftsverkehr und damit auch in dem hier untersuchten Bereich grenzüberschreitender Übertragungen teiligten nationalen Aufsichtsbehörden miteinander kooperieren um eine möglichst zeitnahe Ausführung ihrer jeweiligen Funktion zu gewährleisten. 578 Siehe dazu insbesondere Teil 3, A.III.4. 579 Da die insoweit zuständige EWR-ausländische Aufsichtsbehörde in solchen Fällen für das übernehmende Unternehmen auch eine Solvabilitätsbescheinigung auszustellen hat, dürfte bei Ausstellung der Bescheinigung regelmäßig sichergestellt sein, das eine entsprechende Erlaubnis vorliegt oder jedenfalls beantragt wurde und erteilt wird. 580 Ehlers, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 30. EL (2016), Vorbem. § 40 Rn. 68 m. w. Nachw.; Engel, Die Verwaltung 1992, 437 (452); Bälz/Kuntz, VersR 2005, 310 (312) m. w. Nachw. auch zur sogenannten „Einseitigkeit des Internationalen Verwaltungsrechts“ und zur Kritik an der Begrifflichkeit „Territorialitätsprinzip“. 581 Schmidt-Aßmann, Das allgemeine Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, 2. Aufl. (2006), S. 383. 582 Schmidt-Aßmann, Das allgemeine Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, 2. Aufl. (2006), S. 381; vgl. auch Engel, Die Verwaltung 1992, 437 (452), der zutreffend ausführt, dass das Gemeinschaftsrecht für das Verhältnis der Mitgliedstaaten untereinander mit dem Dogma der territorialen Begrenztheit des Verwaltungshandelns bricht. 583 Zens, Zusammenarbeit der Versicherungsaufsichtsbehörden (2005), S. 72 m. w. Nachw.
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Teil 2: Der harmonisierte verwaltungsrechtliche Rahmen im EWR
von Versicherungsbeständen sind nach einheitlichen Standards erlassene EWR-weit geltende Verwaltungsentscheidungen von erheblicher Bedeutung. Anderenfalls können nationale Besonderheiten und damit Unsicherheiten fortbestehen, sodass der Europäische Binnenmarkt unvollständig bleiben muss. Vor diesem Hintergrund verdient die nachfolgend zitierte Forderung von Schmidt-Aßmann uneingeschränkt Zustimmung. Danach ist „die wichtigste Zukunftsaufgabe verwaltungsrechtlicher Systembildung […] die Entwicklung eines Europäischen Verwaltungsrechts. Ein solches Recht ist mehr als die Summe der durch das EG-Recht überformten und in diesem Sinne ,europäisierten‘ nationalen Verwaltungsrechtsordnungen. Es ist die Antwort des Rechts auf die Herausforderung, Europa – in unterschiedlicher räumlicher Grenzziehung und mit unterschiedlichen Intensitätsgraden der interadministrativen Beziehungen – als einheitlichen Verwaltungsraum zu verstehen.“584 In diesem Zusammenhang überrascht es daher auch wenig, dass das öffentliche Wirtschaftsrecht und Wirtschaftsverwaltungsrecht schon frühzeitig und stärker als andere Rechtsgebiete von europäischem Recht verdrängt, überlagert und beeinflusst wurden.585 Ausdruck findet das Bestreben der Entwicklung eines Europäischen Verwaltungsrechts in funktioneller Hinsicht im Kooperationsprinzip586 sowie insbesondere im Anerkennungsprinzip.587 Letzteres hat gewissermaßen entgrenzende Wirkung auf das national-territorial begrenzte Verwaltungshandeln und verleiht diesem unter bestimmten Voraussetzungen gemeinschaftsweite – sogenannte transnationale – Wirkung.588 Damit einher gehen allerdings eine Ausdehnung des Territorialitätsprinzips aus Sicht des insoweit handelnden Staates und eine Beeinträchtigung des Souveränitätsprinzips aus Sicht der Staaten, auf die sich das Verwaltungshandeln des handelnden Staates erstreckt.
I. Kooperationsprinzip Das Kooperationsprinzip findet seine europarechtliche Grundlage im Wesentlichen in Art. 4 Abs. 3 EUV. Die Vorschrift wurde durch den Vertrag von Lissabon mit Wirkung vom 1. Dezember 2009 redaktionell angepasst, übernahm jedoch mit 584
Schmidt-Aßmann, Das allgemeine Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, 2. Aufl. (2006), S. 377. 585 Dazu bereits Ehlers, NVwZ 1990, 810. 586 Schmidt-Aßmann, Das allgemeine Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, 2. Aufl. (2006), S. 381, 383. 587 Zum Zusammenhang von Anerkennungsprinzip und kooperativen Verwaltungsverfahren siehe Classen, in: von der Groeben/Schwarze/Hatje, 7. Aufl. (2015), Art. 114 AEUV Rn. 20. 588 Schmidt-Aßmann, Das allgemeine Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, 2. Aufl. (2006), S. 383.
D. Transnationale Wirkung als Integrationsmittel
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weitgehend inhaltlicher Kontinuität die vorher in Art. 10 EGV589 und davor textidentisch in Art. 5 EGV und Art. 5 EWGV über 50 Jahre unverändert geltenden Regelungen.590 Art. 4 Abs. 3 EUV statuiert den Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit oder Unionstreue, der – als originär unionsrechtlicher allgemeiner Rechtsgrundsatz und fundamentales Strukturprinzip – im gesamten Unionsrecht Geltung beansprucht.591 Wichtigstes Subprinzip dieses Grundsatzes ist das Kooperationsprinzip, welches insbesondere durch sekundärrechtliches EU-Verwaltungskooperationsrecht konkretisiert wird.592 Neben vertikalen und wechselseitigen Rechten und Pflichten der Mitgliedstaaten im Verhältnis zur EU und ihren Organen ergeben sich aus dem Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit auch horizontale Pflichten der Mitgliedstaaten in ihrem Verhältnis untereinander. Die größte praktische Bedeutung kommt dabei der Pflicht zur mitgliedstaatlichen Zusammenarbeit auf der Ebene der Verwaltung und damit insbesondere im Rahmen des Wirtschaftsverwaltungsrechts zum Zwecke der Binnenmarktverwirklichung zu.593 Die durch die fortschreitende Binnenmarktverwirklichung induzierte Europäisierung der Märkte, allen voran des Finanzmarktes, wirkt dabei selbst wiederum als Katalysator einer immer engeren Zusammenarbeit der Aufsichtsbehörden. Hopt konstatiert dazu prägnant: „Aufsicht und Regulierung müssen den Märkten folgen, nicht umgekehrt, und diese sind heute europäisch und international. […] Europäisch agierende Finanzinstitute können nicht mehr rein national beaufsichtigt und reguliert werden.“594 Während im Bereich der Aufsicht über Ratingagenturen dieser Forderung bereits in vollem Umfang Folge geleistet und eine echte europäische Aufsicht implementiert wurde und im Bereich der Bankenaufsicht nach Errichtung eines einheitlichen europäischen Aufsichtsmechanismus für Kreditinstitute (SSM) jedenfalls die größten Banken einer direkten Aufsicht durch die EZB unterfallen, wird im Bereich der Versicherungsaufsicht bis auf Weiteres an der grundsätzlich nationalen Aufsicht festgehalten. Die erforderliche grenzüberschreitende Komponente wird durch intensivierte Kooperation der nationalen Aufsichtsbehörden gewährleistet.595 So hat die grenzüberschreitende Zusam589
Zur Herleitung des Kooperationsprinzips aus Art. 10 EGV Schmidt-Aßmann, Das allgemeine Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, 2. Aufl. (2006), S. 383 f. m. w. Nachw. 590 Puttler/Kahl, in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, 5. Aufl. (2016), Art. 4 EUV Rn. 23, 25. 591 Zur dogmatischen Herleitung des Grundsatzes der Unionstreue und des – in diesem enthaltenen – Kooperationsprinzips im Wege der Deduktion aus einer wertenden Gesamtschau Kahl, in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, 5. Aufl. (2016), Art. 4 EUV Rn. 23, 34, 39 m. w. Nachw. 592 Calliess/Kahl/Puttler, in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, 5. Aufl. (2016), Art. 4 EUV Rn. 39 m. w. Nachw. 593 Kahl, in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, 5. Aufl. (2016), Art. 4 EUV Rn. 117 m. w. Nachw.; zu den horizontalen Kooperationsbeziehungen der mitgliedstaatlichen Verwaltungen auch Schmidt-Aßmann, Verwaltungsrechtliche Dogmatik (2013), S. 87. 594 Hopt, NZG 2009, 1401. 595 So finden etwa zur Entwicklung einer europäischen Aufsichtskultur seit Jahren entsprechende Seminare für die Mitarbeiter der Aufsichtsbehörden wie auch ein wechselseitiger
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menarbeit der europäischen Versicherungsaufsichtsbehörden eine lange Tradition und inzwischen einen hohen Intensitätsgrad erlangt.596 Die Vorgabe enger Zusammenarbeit der BaFin mit den Aufsichtsbehörden der Mitglied- oder Vertragsstaaten ist nunmehr auch gesetzlich in § 326 Abs. 1 VAG verankert. Die Zusammenarbeit oder Kooperation der Verwaltung hat Schmidt-Aßmann grundlegend in drei funktionelle Elemente unterteilt. Dabei handelt es sich um informationelle Kooperation, prozedurale Kooperation und institutionelle Kooperation.597 Diese drei Elemente lassen sich auch im Bereich der grenzüberschreitenden Versicherungsaufsicht identifizieren.598 1. Informationelle Kooperation Informationelle Kooperation betrifft das Erschließen von Informationen, die für die Verwaltungsbehörden in einem Verwaltungsverfahren erforderlich oder für andere Zwecke von Bedeutung sind. In dem hier untersuchten grenzüberschreitenden Verwaltungsverfahren der Versicherungsaufsicht findet sich dieses Element etwa in der Erteilung einer Solvabilitätsbescheinigung seitens der für das übernehmende Unternehmen zuständigen Aufsichtsbehörde. Die für das übertragende Versicherungsunternehmen zuständige Aufsichtsbehörde wird insoweit regelmäßig nicht in der Lage sein, die erforderlichen Informationen über das übernehmende Versicherungsunternehmen einzuholen, da sich dieses ihrer Aufsichtskompetenz im Rahmen der insoweit maßgeblichen Finanzaufsicht entzieht. Ohne diese Informationen Personalaustausch statt, vgl. etwa Gause, in: MünchKomm-VVG, Bd. 1, 1. Aufl. (2010), Systematische Einführung in das Aufsichtsrecht Rn. 423. 596 Zum Erfordernis einer intensiven Zusammenarbeit de Larosière-Bericht (2009), Rn. 81, 183 ff. Für eine immer stärkere Zusammenarbeit der mitgliedstaatlichen Aufsichtsbehörden im Kapitalmarkt allgemein bereits Zimmer, ZGR 2002, 731 (749). Eine regelmäßig enge Abstimmung der Versicherungsaufsichtsbehörden im EWR konstatieren etwa Hasselbach/Komp, VersR 2005, 1651 (1652). Zur horizontalen Kooperation der Versicherungsaufsichtsbehörden bei der grenzüberschreitenden Aufsicht vorrangig in den Aufsichtskollegien Hopt, NZG 2009, 1401 (1406); Lüttringhaus, EuZW 2011, 856 (859). Zur engen Zusammenarbeit nach Maßgabe der Versicherungsgruppen-Richtlinie (Richtlinie 98/78/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. Oktober 1998 über die zusätzliche Beaufsichtigung der einer Versicherungsgruppe angehörenden Versicherungsunternehmen, ABl. EU 1998 Nr. L 330/1) Krämer, in: Bähr, Hdb. Versicherungsaufsichtsrecht (2011), § 15 Rn. 92; Gause, in: MünchKommVVG, Bd. 1, 1. Aufl. (2010), Systematische Einführung in das Aufsichtsrecht Rn. 322. Ausführlich zur Zusammenarbeit der Versicherungsaufsichtsbehörden in einzelnen Kooperationsbereichen bereits Zens, Zusammenarbeit der Versicherungsaufsichtsbehörden (2005), S. 267 ff.; speziell zu Bestandsübertragungen im Bereich der Erstversicherung Zens, Zusammenarbeit der Versicherungsaufsichtsbehörden (2005), S. 350 ff. 597 Zu dieser Einteilung und den Einzelheiten, die nachfolgend anhand der Versicherungsaufsicht konkretisiert werden Schmidt-Aßmann, Das allgemeine Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, 2. Aufl. (2006), S. 384. 598 Vgl. auch Diehl/Seemayer, in: Brand/Baroch Castellvi, 1. Aufl. (2018), § 13 Rn. 44, die von kooperativer Transnationalität der Genehmigungsentscheidung sprechen.
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könnte die für das übertragende Versicherungsunternehmen zuständige Aufsichtsbehörde jedoch ihrem Schutzauftrag gegenüber den Versicherten nicht nachkommen und dürfte eine solche Übertragung in der Folge nicht genehmigen. Mit der Bereitstellung der erforderlichen Informationen im Wege der Kooperation mit der – über diese Informationen verfügenden – Aufsichtsbehörde des Herkunftsstaates des übernehmenden Versicherungsunternehmens lässt sich dieses Hindernis der Binnenmarktverwirklichung überwinden. 2. Prozedurale Kooperation Prozedurale Kooperation betrifft die gegenseitige Abstimmung und Verfahrensführung. Diese ist insbesondere dort erforderlich, wo Pflichten gegenseitiger Anerkennung bestehen,599 es insoweit aber an konkreter, verfahrenspraktischer Ausgestaltung fehlt. Im Rahmen des grenzüberschreitenden Verwaltungsverfahrens der Versicherungsaufsichtsbehörden lässt sich auch dieses Element deutlich identifizieren. Die Vorschriften zur grenzüberschreitenden Bestandsübertragung schreiben allgemein ein Verwaltungsverfahren vor, an dem die betroffenen Aufsichtsbehörden in unterschiedlichem Maße zu beteiligen sind. Da diese Vorschriften von Anfang an in materiell-rechtlicher Hinsicht jedoch nur rudimentäre Regelungen vorsahen, haben die Versicherungsaufsichtsbehörden zunächst das Siena-Protokoll verfasst, um eine gegenseitige Abstimmung zu erreichen.600 Diese Abstimmung wurde durch das General Protocol on Collaboration vertieft.601 3. Institutionelle Kooperation Die institutionelle Kooperation betrifft Gremien und Ausschüsse, die gerade dem Zweck der Kooperation zu dienen bestimmt sind. Ein Beispiel dafür findet sich im Versicherungsaufsichtsrecht etwa mit den im Rahmen der Gruppenaufsicht eingeführten Aufsichtskollegien. Diese stellen ein permanentes institutionelles Gebilde dar, in dem je nach betroffener Versicherungsgruppe die zu beteiligenden Aufsichtsbehörden ein gemeinsames Vorgehen abstimmen können.
II. Anerkennungsprinzip In engem Zusammenhang mit dem Kooperationsprinzip steht das Anerkennungsprinzip. Während das Kooperationsprinzip als solches jedoch nicht in das allgemeine nationalstaatliche Kompetenzgefüge eingreift, sondern lediglich eine Zusammenarbeit und Abstimmung in Sachverhalten und Verfahren mit grenzüber599 600 601
Dazu nachfolgend Teil 2, D.II. Vgl. Zens, Zusammenarbeit der Versicherungsaufsichtsbehörden (2005), S. 354 f. Vgl. die Einführungsbemerkungen zu Teil 2.
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schreitendem Bezug – mithin eine Koordination der jeweiligen nationalstaatlichen Kompetenzen – bezweckt, verlangt das Anerkennungsprinzip insofern deutlich mehr. Das Anerkennungsprinzip ergänzt das Kooperationsprinzip und weicht bestehende nationalstaatliche Kompetenzgrenzen in seinem Anwendungsbereich auf. Vereinfacht gesagt greift das Anerkennungsprinzip im Namen der Binnenmarktverwirklichung in das völkerrechtliche Souveränitätsprinzip ein, indem es vorschreibt, dass gewissen nationalen Verwaltungsentscheidungen unter bestimmten Voraussetzungen eine über den jeweiligen nationalen Hoheitsbereich hinausgehende – sich auf den Bereich der gesamten Union erstreckende – Wirkung zukommt. Derartige Verwaltungsakte sind mithin von den anderen Mitgliedstaaten anzuerkennen. In diesen Fällen ist es den anderen Mitgliedstaaten folglich verwehrt, eine eigene Entscheidung in der Sache herbeizuführen. 1. Ursprung und Ziel a) Binnenmarktverwirklichung Eines der wesentlichen Ziele der Europäischen Union – und wirtschaftlich unbestritten das bedeutendste Ziel – liegt ausweislich Art. 3 Abs. 3 Unterabs. 1 S. 1 EUV, Art. 26, 114 AEUV in der dauerhaften602 Errichtung eines Binnenmarktes. Die Binnenmarktverwirklichung wurde ursprünglich auf dem Wege einer totalen oder vollständigen Harmonisierung603 der relevanten Bereiche mitgliedstaatlicher Rechtsordnungen verfolgt. Diese Strategie wurde allerdings frühzeitig aufgrund des Umfangs der zu harmonisierenden nationalen Vorschriften604 sowie der zunehmenden Kritik der Mitgliedstaaten weitgehend zugunsten einer Strategie mit lediglich teilweiser Harmonisierung sowie Schwerpunktsetzung auf der gegenseitigen 602 Nach dem Wortlaut des Art. 3 Abs. 3 Unterabs. 1 S. 1 EUV liegt das Ziel in der bloßen Errichtung des Binnenmarktes. Indes wird zutreffend darauf hingewiesen, dass dieses Ziel zu keinem Zeitpunkt vollständig erfüllt werden kann, es sich vielmehr um eine Daueraufgabe handelt, vgl. etwa Terhechte, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, EUV/AEUV, 58. EL (2016), Art. 3 EUV Rn. 38. 603 Ausführlich zu Rechtsangleichungsmethoden und ihrer Harmonisierungsintensität Tietje, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, EUV/AEUV, 58. EL (2016), Art. 114 AEUV Rn. 38 ff.; Kahl, in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, 4. Aufl. (2011), Art. 114 AEUV Rn. 13 ff. 604 Anschaulich zu den Umsetzungsproblemen allein aufgrund des Umfangs der zu harmonisierenden Vorschriften am Beispiel des Lebensmittelrechts etwa Bergmann, in: Bergmann, Handlexikon der Europäischen Union, 5. Aufl. (2015), Lebensmittelrecht, Europäisches. Danach identifizierte das Harmonisierungsprogramm von 1969 über 50 Teilbereiche des Lebensmittelrechts, die harmonisiert werden sollten. Mehr als 15 Jahre später war dieses Programm lediglich zu etwa 40 % verwirklicht. Indes ging die Europäische Kommission davon aus, dass damit jedenfalls die wesentlichen Hemmnisse im innergemeinschaftlichen Handel „wegharmonisiert“ worden seien und den verbleibenden Hemmnissen im Wege der gegenseitigen Anerkennung ohne vollständige Harmonisierung ausreichend begegnet werden könne (sogenannter deregulativer Ansatz), Dauses/Brigola, in: Dauses, EU-Wirtschaftsrecht, 38. EL (2015), C. I. Rn. 118.
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Anerkennung und der Gleichwertigkeit nationaler Regelungen aufgegeben.605 Wirtschaftspolitisch hat das Prinzip gegenseitiger Anerkennung die erleichterte Ausübung der primärrechtlichen Grundfreiheiten zur Folge.606 Das Anerkennungsprinzip hat sich im Europäischen Binnenmarkt inzwischen bewährt.607 Abgeleitet wurde es erstmalig aus dem Grundsatzurteil Cassis-deDijon608 des Europäischen Gerichtshofs vom 20. Februar 1979.609 Darin befand der Gerichtshof, dass die Mitgliedstaaten grundsätzlich nicht dazu berechtigt sind, zu verhindern, dass in einem Mitgliedstaat rechtmäßig hergestellte und in den Verkehr gebrachte alkoholische Getränke in die anderen Mitgliedstaaten eingeführt werden.610 Etwas verallgemeinert bedeutete dies, dass fortan jede in einem Mitgliedstaat rechtmäßig hergestellte und in den Verkehr gebrachte Ware gemeinschaftsweit frei vermarktbar sein musste.611 Ging es in Cassis-de-Dijon noch hauptsächlich um die Beseitigung unzulässiger Beschränkungen bei der Wareneinfuhr612 ohne ausdrückliche Anordnung einer Anerkennungspflicht, konkretisierte der Europäische Gerichtshof wenig später sein Verständnis des grundlegenden Prinzips gegenseitiger Anerkennung. So sei es zwar in nicht harmonisierten Bereichen den Mitgliedstaaten weiterhin unbenommen, eine vorherige Zulassung vorzuschreiben, selbst wenn die fraglichen Erzeugnisse bereits in einem anderen Mitgliedstaat zugelassen worden sind. Die Behörden des Einfuhrstaates dürften allerdings nicht ohne Not technische oder chemische Analysen oder Laborversuche verlangen, wenn die gleichen Analysen und Versuche bereits in einem anderen Mitgliedstaat durchgeführt worden sind und ihre Ergebnisse diesen Behörden zur Verfügung stehen oder auf Anfrage zur Verfügung gestellt werden können.613 605
Ehlers, NVwZ 1990, 810 (813); Neßler, NVwZ 1995, 863 (864) m. w. Nachw. Neßler, NVwZ 1995, 863 (864). 607 Vgl. etwa Classen, in: von der Groeben/Schwarze/Hatje, 7. Aufl. (2015), Art. 114 AEUV Rn. 35 f. m. w. Nachw., Rn. 131. 608 EuGH, Urteil vom 20. Februar 1979 – 120/78 –, Slg. 1979, 1629 = NJW 1979, 1766, vgl. Classen, in: von der Groeben/Schwarze/Hatje, 7. Aufl. (2015), Art. 114 AEUV Rn. 19. Das Cassis-de-Dijon Urteil ist Teil einer ganzen Reihe von Urteilen des Europäischen Gerichtshofs zu mengenmäßigen Einfuhrbeschränkungen und Maßnahmen gleicher Wirkung im Rahmen der Warenverkehrsfreiheit. Eine übersichtliche Einführung in die Thematik zur kontextbezogenen Einordnung liefern Dauses/Brigola, in: Dauses, EU-Wirtschaftsrecht, 38. EL (2015), C. I. Rn. 78 ff. 609 Bergmann, in: Bergmann, Handlexikon der Europäischen Union, 5. Aufl. (2015), Lebensmittelrecht, Europäisches; Kahl, in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, 4. Aufl. (2011), Art. 114 AEUV Rn. 16; dort auch zur – temporären – primärrechtlichen Kodifizierung des Anerkennungsprinzips im Zeitraum zwischen dem 1. Juli 1987 und dem 30. April 1999. 610 EuGH, Urteil vom 20. Februar 1979 – 120/78 –, Slg. 1979, 1629 = NJW 1979, 1766 (1767). 611 Dauses/Brigola, in: Dauses, EU-Wirtschaftsrecht, 38. EL (2015), C. I. Rn. 117. 612 Zur Ausweitung des für den Bereich der Warenverkehrsfreiheit entwickelten Prinzips auf den Bereich der Dienstleistungsfreiheit Neßler, NVwZ 1995, 863 (865). 613 EuGH, Urteil vom 17. Dezember 1981 – 272/80 –, Slg. 1981, 3277 = NJW 1982, 1211. 606
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Aus dem Vorstehenden folgt zum einen, dass sich die Aufsichtsbehörden insoweit auf die Möglichkeit europaweiter Zusammenarbeit verweisen lassen müssen.614 Entsprechend schreibt § 326 VAG nunmehr auch explizit vor, dass die Aufsichtsbehörde mit der Europäischen Kommission und den Aufsichtsbehörden der Mitgliedoder Vertragsstaaten eng zusammenarbeitet, um die Aufsicht auf Gemeinschaftsebene zu erleichtern. Insofern ist primär das Kooperationsprinzip in der Ausprägung der informationellen Kooperation angesprochen. Zum anderen folgt daraus aber auch eine weitreichende Pflicht zur Anerkennung nicht nur von Entscheidungen, sondern auch von rein tatsächlichen Maßnahmen anderer mitgliedstaatlicher Behörden.615 Der Europäische Gerichtshof verlangte insoweit nicht etwa eine europaweite Geltung oder Anerkennung einer Zulassung in nicht harmonisierten Bereichen, sondern vielmehr eine Anerkennung von Untersuchungsergebnissen betreffend die für die nationale Zulassung erforderlichen Informationen. Dabei handelt es sich um einen über die – für die informationelle Kooperation wesentliche – reine Weitergabe von Informationen hinausgehenden Aspekt. Mitgliedstaaten sollen danach vielmehr auch die Informationserhebung616 als solche grundsätzlich als gleichwertig anerkennen. Noch weiter ging der Europäische Gerichtshof schließlich in der Entscheidung Vlassopoulou617 zum freien Niederlassungsrecht für Rechtsanwälte vom 7. Mai 1991. Danach waren auch in freien Berufen, in denen bis dato eine gegenseitige Diplomanerkennung618 nicht per Richtlinie vorgeschrieben war, gleichwertige Diplome aus anderen Mitgliedstaaten unter bestimmten Voraussetzungen von den Mitgliedstaaten als den eigenen Vorschriften genügend anzuerkennen.619 Inzwischen sieht eine Vielzahl von überwiegend mindest- oder teilharmonisierenden Verordnungen und Richtlinien das Anerkennungsprinzip nicht nur im Bereich der Warenverkehrsfreiheit, sondern auch in den Bereichen der Niederlassungsfreiheit und der Dienstleistungsfreiheit, vor.620 Gleichwohl konstatierte Sommermann gut 15 Jahre nach der zum 31. Dezember 1992 erfolgten formalen Vollendung des Binnenmarktes, dass die Mitgliedstaaten aufgrund fortbestehender Unterschiede der 614
Ehlers, NVwZ 1990, 810 (813). Zum dadurch bewirkten Abbau von Redundanzen im Vergleich zu vollumfänglich parallelen Zulassungsverfahren von Arnauld, in: Terhechte, Verwaltungsrecht der Europäischen Union, 1. Aufl. (2011), § 2 Rn. 9. 616 Hier in Form wissenschaftlicher Analysen und Laboruntersuchungen, vgl. dazu. Kahl, in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, 4. Aufl. (2011), Art. 4 EUV Rn. 112. Insofern bereits zutreffend Sedemund, in: Schwarze, Der Gemeinsame Markt (1987), der auch hinsichtlich des technischen und wissenschaftlichen Entwicklungsstands eine gemeinschaftsweite Gleichwertigkeit fordert. 617 EuGH, Urteil vom 7. Mai 1991 – C-340/89 –, Slg. 1991, I-2357 = NJW 1991, 2073. 618 Einen Überblick über die zahlreichen Richtlinien zur gegenseitigen Anerkennung von Diplomen, Prüfungszeugnissen und sonstigen Befähigungsnachweisen kurz vor der zitierten EuGH-Entscheidung bietet Hauschka, NJW 1989, 3048 (3058; dort Fn. 143). 619 Kahl, in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, 4. Aufl. (2011), Art. 4 EUV Rn. 114. 620 Neßler, NVwZ 1995, 863 (864); Kahl, in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, 4. Aufl. (2011), Art. 114 AEUV Rn. 16. m. w. Nachw. 615
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nationalen Verwaltungskulturen dem Anerkennungsprinzip in der Praxis weiterhin mit zum Teil großer Skepsis gegenüberständen. Auch die zunehmende Harmonisierung der nationalen Verwaltungsverfahren, gemeinsames Standardsetting und die damit einhergehende Reduzierung der Transaktionskosten hätten nicht die gewünschte Akzeptanz bewirkt. Die unionsweit zunehmende soziale, wirtschaftliche und kulturelle Verflechtung gebiete es daher, dem Anerkennungsprinzip größere praktische Bedeutung zu verschaffen.621 b) Bedeutung für den Versicherungsbinnenmarkt Erhebliche Bedeutung hat das Anerkennungsprinzip bisweilen in den Bereichen des Versicherungsvertragsrechts sowie des Versicherungsaufsichtsrechts und damit für den Versicherungsbinnenmarkt erlangt. Die bis dato erzielten Harmonisierungsgrade in diesen beiden Bereichen divergieren indes deutlich. aa) Versicherungsvertragsrecht Der Bereich des Versicherungsvertragsrechts erfuhr – als einer der ersten Rechtsbereiche – bereits im Jahr 1965 erste Harmonisierungsbestrebungen, die im Jahr 1979 in einem Richtlinienvorschlag der Europäischen Kommission zur Vereinheitlichung des Versicherungsvertragsrechts mündeten.622 Aufgrund massiver Divergenzen wurde das Richtlinienvorhaben jedoch nach langen Verhandlungen im Jahr 1993 schließlich eingestellt. Entsprechend der vorstehend skizzierten allgemeinen Entwicklung wurde das ursprüngliche Ziel einer umfassenden Vereinheitlichung des materiellen Versicherungsvertragsrechts zugunsten einer minimalen Koordinierung mit wechselseitiger Anerkennung nationaler Regelungen aufgegeben. Die Harmonisierung des Versicherungsvertragsrechts wurde dazu von der Europäischen Kommission nicht weiter als Vorbedingung für die Verwirklichung des Binnenmarktes im Versicherungssektor aufgefasst. Zwar liegen seit dem Jahr 2007 die sogenannten Principles of European Insurance Contract Law (PEICL)623 vor, dabei handelt es sich aber entgegen dem Namen nicht etwa um europäisches Recht, sondern lediglich um einen als optionales Regelungsinstrument vorgesehenen Vorschlag der sogenannten Restatement-Gruppe für eine neue europäische Gesetzgebungsinitiative. Eine umfassende Harmonisierung des Versicherungsvertragsrechts hat auf europäischer Ebene bislang nicht stattgefunden.624 621
Sommermann, DÖV 2007, 859 (864). Looschelders/Michael, in: Ruffert, Europäisches Sektorales Wirtschaftsrecht, 1. Aufl. (2013), § 11 Rn. 144 ff. 623 Dazu etwa Looschelders/Michael, in: Ruffert, Europäisches Sektorales Wirtschaftsrecht, 1. Aufl. (2013), § 11 Rn. 298 ff.; Gal, VersR 2009, 190; Loacker, VersR 2009, 289; Armbrüster, ZEuP 2008, 775. 624 Zum Ganzen ausführlich Mönnich, in: Beckmann/Matusche-Beckmann, 3. Aufl. (2015), § 2 Rn. 18 ff. 622
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bb) Versicherungsaufsichtsrecht Ganz anders sieht es im Bereich des Versicherungsaufsichtsrechts aus. Dort wurde an dem ursprünglichen Ziel festgehalten und mit Solvency II jedenfalls ein wesentlicher Schritt zu einer Vollharmonisierung unternommen. (1) Partielle Einführung durch die Zweite Richtliniengeneration Eingeführt wurde das Anerkennungsprinzip im Bereich der Versicherungsaufsicht bereits mit der Zweiten Richtliniengeneration. Die Zweite Richtlinie Schadenversicherung statuierte für die Versicherung von Großrisiken das Herkunftslandprinzip, nach dem in einem Mitgliedstaat bereits zugelassene Versicherungsunternehmen keiner eigenständigen Zulassung in anderen Mitgliedstaaten mehr bedurften.625 Angelehnt an diese Konzeption sah die Zweite Richtlinie Lebensversicherung für den Fall, dass Versicherungsnehmer sich auf eigene Initiative – daher auch die Bezeichnung als sogenanntes Initiativmodell – an Versicherungsunternehmen mit Sitz oder Niederlassung in einem anderen Mitgliedstaat wenden, vor, dass solche Versicherungsunternehmen ebenfalls keiner eigenständigen Zulassungspflicht sondern lediglich einer Anzeigepflicht unterliegen sollen.626 Mit anderen Worten sollte die Zulassung in diesem eng umgrenzten Bereich nach Maßgabe des europäischen Sekundärrechts erstmalig gemeinschaftsweit gelten und war somit von allen Mitgliedstaaten anzuerkennen. (2) Erstreckung durch die Dritte Richtliniengeneration Das partielle Modell der Zweiten Richtliniengeneration wurde mit der Dritten Richtliniengeneration auf die Zulassung sämtlicher Erstversicherungsunternehmen erstreckt. In den nahezu wortlautidentischen jeweiligen Erwägungsgründen 1 und 5 der Dritten Richtlinie Schadenversicherung und der Dritten Richtlinie Lebensversicherung heißt es, der Binnenmarkt in der Direktversicherung müsse unter dem doppelten Gesichtspunkt der Niederlassungsfreiheit und des freien Dienstleistungsverkehrs vollendet werden, um es den Versicherungsunternehmen mit Sitz in der Gemeinschaft zu erleichtern, in der Gemeinschaft belegene Risiken zu decken beziehungsweise innerhalb der Gemeinschaft Verpflichtungen einzugehen. Der gewählte Ansatz bestehe in einer wesentlichen, notwendigen und ausreichenden Harmonisierung, um zu einer gegenseitigen Anerkennung der Zulassungen und der Aufsichtssysteme zu gelangen, die die Erteilung einer einheitlichen, innerhalb der ganzen Gemeinschaft gültigen Zulassung sowie die Anwendung des Grundsatzes der Aufsicht durch den Herkunftsstaat erlaubt. Dieses sogenannte Single-LicensePrinzip und die Aufsicht durch den Herkunftsstaat fordern somit eine weitgehende gegenseitige Anerkennung der Gleichwertigkeit der nationalen Aufsichtsstan-
625 626
Ehlers, NVwZ 1990, 810 (814). Roth, NJW 1993, 3028 (3029).
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dards.627 Die Wirkungen der nationalen Zulassung erstrecken sich danach faktisch auf das gesamte Gebiet des Binnenmarktes.628 (3) Eingeschränkte Geltung für die Bestandsübertragung Das Anerkennungsprinzip wurde in der Dritten Richtliniengeneration jedoch nicht auf die Zulassung beschränkt. Die identischen Erwägungsgründe 11 der Dritten Richtlinien stellen dies unmissverständlich klar. Danach sei es notwendig, die Vorschriften über die Bestandsübertragung an die durch diese Richtlinien eingeführte rechtliche Regelung der einheitlichen Zulassung anzupassen. Während sich in den Erwägungsgründen keinerlei Einschränkungen erkennen lassen, findet sich in den Richtlinientexten der Art. 11 Dritte Richtlinie Schadenversicherung und Art. 12 Dritte Richtlinie Lebensversicherung im Wesentlichen die nunmehr in Art. 39 Abs. 1 Solvency II enthaltene – dort auf Rückversicherungsunternehmen erweiterte – Regelung. Diese Regelung ist ihrem eindeutigen Wortlaut nach beschränkt auf Bestände von im Rahmen der Niederlassungsfreiheit oder der Dienstleistungsfreiheit abgeschlossenen Verträgen. Zwar bedeutet die EWR-weite Zulassung in der Sache letztlich auch nur eine Erweiterung des eigentlich auf das Inland beschränkten Umfangs auf die Bereiche der Niederlassungsfreiheit und der Dienstleistungsfreiheit. Im Ergebnis sind die Versicherungsunternehmen dadurch jedoch im gesamten Europäischen Binnenmarkt im gleichen Umfang zum Geschäftsbetrieb zugelassen. Dies ist nach der Regelung zur Bestandsübertragung anders. Mit der Beschränkung des Anwendungsbereichs auf grenzüberschreitend erworbene Bestände wird nur ein Teil der Bestände durch europäisches Sekundärrecht verbindlich EWR-weit fungibel. Hinsichtlich des in der Praxis überwiegenden Teils der Bestände des traditionell national ausgerichteten Versicherungsgeschäfts bleibt die vereinfachte Übertragungsmöglichkeit jedenfalls nach dem Wortlaut des Art. 39 Solvency II verwehrt. Die fortbestehende Einschränkung im Bereich der Bestandsübertragung ist damit grundsätzlich vergleichbar der in der Zweiten Richtlinie Lebensversicherung vorübergehend eingeführten vorgenannten Initiativlösung. Nach deren ratio waren Versicherungsnehmer, die bewusst mit einem im Wege der Niederlassungsfreiheit oder der Dienstleistungsfreiheit tätigen Versicherungsunternehmen kontrahiert haben, weniger schutzbedürftig.629 In der Folge erscheint dann auch die Möglichkeit einer grenzüberschreitenden Übertragung solcher Vertragsbestände durch alleinige Genehmigung der Aufsichtsbehörde des übertragenden Versicherungsunternehmens naheliegender als bei Versicherungsnehmern, die mit nationalen Versicherungsunternehmen kontrahieren. Wie das Beispiel der Zulassung gezeigt hat, war die Beschränkung indes nur ein temporärer Zwischenschritt auf dem Weg zu einer ein627 Mönnich, in: Beckmann/Matusche-Beckmann, 3. Aufl. (2015), § 2 Rn. 52; Heiss/ Mönnich, in: MünchKomm-VVG, Bd. 2, 1. Aufl. (2011), Vorbem. §§ 150 – 171 VVG Rn. 51. 628 Roth, NJW 1993, 3028 (3030). 629 Diese Wertung kommt auch in dem – höchstrichterlich bestätigten – Ausschluss einer freiwilligen Beitrittsmöglichkeit zum Sicherungsfonds für im Inland tätige EWR-ausländische Versicherungsunternehmen zum Ausdruck, vgl. dazu Teil 2, E.I.2. (Fn. 714).
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heitlichen Lösung. Ob eine solche jedenfalls in tatsächlicher Hinsicht etwa aufgrund entsprechender Verwaltungsvereinbarungen bereits besteht, bedarf noch genauerer Untersuchung.630 (4) Erstreckung durch die Rückversicherungsrichtlinie Das Anerkennungsprinzip wurde mit der Rückversicherungsrichtlinie auch in der Rückversicherungsaufsicht eingeführt. Ausweislich Erwägungsgrund 9 der Rückversicherungsrichtlinie folgt die Rückversicherungsrichtlinie dem Ansatz der Dritten Richtliniengeneration, der die Erteilung einer einzigen innerhalb der gesamten Gemeinschaft gültigen Zulassung und die Anwendung des Grundsatzes der Aufsicht durch den Herkunftsstaat erlaubt. Dies hat in Art. 4 Abs. 1 Rückversicherungsrichtlinie, nach dem die Zulassung für die gesamte Gemeinschaft gilt, Ausdruck im Richtlinientext gefunden. Erwägungsgrund 17 der Rückversicherungsrichtlinie widmet sich zudem in Anlehnung an die Erstreckung im Erstversicherungsbereich zwar ausführlich der Übertragung von Rückversicherungsbeständen. Dort heißt es: Die Regelungen über die Übertragung eines Vertragsbestands sollten mit den Bestimmungen für die Einmalzulassung […] im Einklang stehen. Sie sollten für die verschiedenen Formen der Übertragung des Vertragsbestands zwischen Rückversicherungsunternehmen gelten, wie beispielsweise die Übertragung infolge der Verschmelzung von Rückversicherungsunternehmen oder aufgrund anderer gesellschaftsrechtlicher Instrumente […]. Die Regelungen über die Übertragung eines Vertragsbestands sollten ferner auch speziell die Übertragung des Bestands von im Rahmen der Niederlassungsfreiheit oder des freien Dienstleistungsverkehrs abgeschlossenen Verträgen auf ein anderes Rückversicherungsunternehmen regeln. Unter Art. 18 Rückversicherungsrichtlinie „Übertragung von Vertragsbestand“ findet sich indes nur die Vorgabe: Jeder Mitgliedstaat gestattet nach Maßgabe des nationalen Rechts den Rückversicherungsunternehmen, die in seinem Hoheitsgebiet ihren Sitz haben, den Bestand ihrer im Rahmen der Niederlassungsfreiheit oder der Dienstleistungsfreiheit geschlossenen Verträge ganz oder teilweise an ein übernehmendes Unternehmen in der Gemeinschaft zu übertragen, […]. Diese Regelung findet sich nunmehr entsprechend in dem einheitlich für Erstversicherungs- und Rückversicherungsunternehmen geltenden Art. 39 Abs. 1 Solvency II. Damit besteht offenbar auch im Rückversicherungsbereich die bereits für den Erstversicherungsbereich dargestellte Situation einer nur teilweisen Erfassung der Vertragsbestände. Dies erstaunt umso mehr, da die im deutschen Richtlinientext631 enthaltene Regelung ausschließlich für grenzüberschreitend erworbene Bestände eindeutig im Widerspruch zu der in den Erwägungsgründen geäußerten Forderung einer lediglich 630
Dazu insbesondere Teil 3, A.II.1.b). Die Beschränkung auf grenzüberschreitend erworbene Bestände dürfte jedoch auf eine insoweit fehlerhafte Übersetzung der deutschen Sprachfassung der Rückversicherungsrichtlinie zurückzuführen sein, vgl. dazu insbesondere Teil 3, A.II.2.a). 631
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zusätzlichen, speziellen Regelung für solche Bestände steht. Auch die geforderte Erstreckung des für die Übertragung ebenfalls geltenden Anerkennungsprinzips auf andere gesellschaftsrechtliche Instrumente findet sich im Richtlinientext nicht wieder. (5) Zwischenergebnis Die vorstehend aufgezeigten Widersprüche und Kodifizierungsdefizite der europäischen Vorgaben hinsichtlich der Bestandsübertragung sowohl im Erstversicherungsbereich als auch im Bereich der Rückversicherung werden im Rahmen der Analyse noch zu würdigen sein.632 Insbesondere ist zu klären, ob das harmonisierte Verwaltungsverfahren beziehungsweise das Anerkennungsprinzip auch für Bestandsübertragungen betreffend inländische Versicherungsbestände und Übertragungen im Wege gesellschaftsrechtlicher Übertragungsmechanismen Geltung beanspruchen können.633 An dieser Stelle bleibt zunächst festzuhalten, dass das Anerkennungsprinzip im Versicherungsbinnenmarkt uneingeschränkt für die Zulassung von Versicherungsunternehmen gilt. Ferner gilt es unstreitig für Bestandsübertragungen, soweit diese grenzüberschreitend erworbene Bestände betreffen. 2. Verwirklichung durch transnationalen Verwaltungsakt Das Anerkennungsprinzip in seinem ursprünglich vom Europäischen Gerichtshof entwickelten Verständnis ist im Wesentlichen als Verpflichtung der Mitgliedstaaten konzipiert. Erforderlich ist es für die Effizienz der europäischen Verwaltungsordnung insbesondere dort, wo keine oder nur eine teilweise Rechtsangleichung im Sinne einer Mindestharmonisierung stattgefunden hat.634 In diesen Bereichen erfordert es eine aktive Anerkennung der Gleichwertigkeit nationaler Regelungen und Standards durch die Mitglied- oder Vertragsstaaten. Die Harmonisierungsintensität im Versicherungsaufsichtsrecht ist jedoch inzwischen weit fortgeschritten, wodurch die aktive Komponente des Anerkennungsprinzips zumindest bei der EWR-weiten Zulassung an Bedeutung verloren hat. Das Gebot gegenseitiger Anerkennung allein ändert an der originären rechtlichen Wirkung und Reichweite nationaler Verwaltungsentscheidungen unmittelbar noch nichts. Denn grundsätzlich bedarf es insoweit zusätzlich noch der tatsächlichen Anerkennung der Mitglied- oder Vertragsstaaten, um im Ergebnis auch dort Wirkung
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Dazu Teil 3. Siehe insbesondere Teil 3, A.II.1.b); Teil 3, A.II.2.a); Teil 3, B.I.1.c). 634 Zur hohen Bedeutung der Effizienz der Verwaltung auf europäischer Ebene bereits Engel, Die Verwaltung 1992, 437 (457) m. w. Nachw.; siehe auch Schmidt-Aßmann, Verwaltungsrechtliche Dogmatik (2013), S. 91. 633
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zu entfalten.635 Schmidt-Aßmann konstatiert diesbezüglich zutreffend, dass nationale Verwaltungshandlungen – ungeachtet der Frage, ob es sich bei ihrer Rechtsgrundlage um unmittelbar anwendbares Unionsrecht, harmonisiertes oder nicht harmonisiertes nationales Recht oder gar Staatsverträge oder sonstige „transnationale Verwaltungsvereinbarungen“ handele – keine supranationalen Rechtsakte darstellen. Auch wenn sie sich in anderen Mitgliedstaaten auswirken, verblieben sie doch Rechtsakte nationalen Rechts.636 Engel verweigert einem auf dem Anerkennungsprinzip allein beruhenden Verwaltungshandeln konsequent auch die Qualifizierung als internationales Verwaltungsrecht637 im strengen Sinne. Am Beispiel der Diplomanerkennungsrichtlinie führt er aus, dass das Gemeinschaftsrecht insoweit nicht ausdrücklich die Anerkennung von Verwaltungsakten in anderen Mitgliedstaaten – mithin eine Erstreckung ihrer Rechtswirkungen – verlange, sondern genügen lasse, dass die Bestimmungsländer auf die Anwendung ihres eigenen Wirtschaftsverwaltungsrechts verzichten. Das Ziel des Gemeinschaftsrechts bestehe in diesen Fällen daher nicht etwa in der Verwaltungsvereinheitlichung, sondern vielmehr in der Marktöffnung.638 Soweit die Mitglied- und Vertragsstaaten sich unionstreu verhalten, kommt solchen nationalen Verwaltungshandlungen aufgrund des Anerkennungsprinzips im Ergebnis dennoch unstreitig eine – rechtsdogmatisch interessante – über die staatlichen Grenzen hinausreichende Wirkung zu.639 Soweit insbesondere sogenannte Anerkennungsrichtlinien darüber hinaus ausdrücklich eine generelle Anerkennung im Voraus verlangen, gelten nationale Verwaltungsakte nunmehr sogar automatisch in allen Mitglied- oder Vertragsstaaten.640 Dies gilt im Versicherungsaufsichtsrecht insbesondere für die einheitliche Zulassung, da bereits die Formulierung der 635 So war etwa bei der Anerkennung ausländischer Diplome zunächst noch eine Anerkennung mittels eines deutschen Verwaltungsaktes, mithin durch eine hoheitliche Handlung im Inland erforderlich, vgl. Bälz/Kuntz, VersR 2005, 310 (313). 636 Schmidt-Aßmann, Das allgemeine Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, 2. Aufl. (2006), S. 389 m. w. Nachw.; vgl. auch Schmidt-Aßmann, Verwaltungsrechtliche Dogmatik (2013), S. 88 f. 637 In diesem Kontext präziser: Europäisches Verwaltungsrecht. 638 Engel, Die Verwaltung 1992, 437 (452) m. w. Nachw. 639 Neßler, NVwZ 1995, 863 (864 f.); Neßler, Europäisches Richtlinienrecht wandelt deutsches Verwaltungsrecht (1994), S. 22 ff. Derartige Verwaltungshandlungen mit gewissermaßen mittelbar transnationaler Wirkung werden auch als Referenzentscheidung bezeichnet, vgl. Schmidt-Aßmann, Verwaltungsrechtliche Dogmatik (2013), S. 88 m. w. Nachw. 640 Vgl. Neßler, NVwZ 1995, 863 (865). Schmidt-Aßmann, Verwaltungsrechtliche Dogmatik (2013), S. 88 spricht insoweit von Geltungserstreckung ipso iure oder unmittelbarer Transnationalität. Vgl. zur Differenzierung zwischen mittelbarer und unmittelbarer Transnationalität auch Ramsauer, in: Kopp/Ramsauer, 17. Aufl. (2016), § 35 Rn. 34a ff. Da EU-Richtlinien grundsätzlich umsetzungsbedürftig sind und nicht unmittelbar wirken, bedarf es zur automatischen EWR-weiten Geltung darauf gestützten Verwaltungshandelns regelmäßig noch des Zwischenschritts der ordnungsgemäßen nationalen Umsetzung der sekundärrechtlich angeordneten Anerkennung. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz gilt allerdings dann, wenn die Richtlinie keinen Umsetzungsspielraum bietet. In diesen Fällen kommt insoweit auch eine unmittelbare Wirkung von Richtlinien in Betracht, vgl. etwa Rüdt, in: Bähr, Hdb. Versicherungsaufsichtsrecht (2011), § 14 Rn. 125.
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Richtlinie die Mitglied- oder Vertragsstaaten nicht lediglich zur Anerkennung im Voraus verpflichtet, sondern die automatische EWR-weite Geltung der Zulassung explizit anordnet.641 Aufgrund der Anpassung der Vorschriften über die Bestandsübertragung an die EWR-weite Zulassung wird dies innerhalb des harmonisierten Bereichs auch für die Genehmigung von Bestandsübertragungen anzunehmen sein.642 In solchen Fällen geht die Rechtsangleichung über eine Mindestharmonisierung mit gegenseitiger Anerkennung hinaus. Dass damit jedenfalls nicht allein eine Marktöffnung bezweckt wird, lässt sich bereits dem Titel der Dritten Richtliniengeneration entnehmen. Danach dienen die Dritte Richtlinie Lebensversicherung und die Dritte Richtlinie Schadenversicherung explizit der „Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Direktversicherung“ sowie der Änderung der ersten beiden Richtliniengenerationen. Insbesondere die maßgeblich marktöffnend wirkende zweite Richtliniengeneration trug hingegen mit der Formulierung „zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Direktversicherung […] und zur Erleichterung der tatsächlichen Ausübung des freien Dienstleistungsverkehrs“ das Ziel der Marktöffnung noch explizit im Titel. Soweit in diesen und anderen Richtlinien eine automatische Erstreckung nationalen Verwaltungshandelns angeordnet wird, lässt sich dieses in solchen Bereichen nunmehr jedenfalls als partielles europäisches Verwaltungsrecht qualifizieren.643 Es handelt sich bei Verwaltungsakten mit automatischer EWR-weiter Geltung dann um sogenannte transnationale Verwaltungsakte644. Eine aktive Anerkennung solcher 641 Art. 15 Abs. 1 S. 1 Solvency II statuiert nunmehr einheitlich für alle Versicherungsunternehmen: Die Zulassung gemäß Artikel 14 gilt für die gesamte Gemeinschaft. Entsprechend schreibt § 10 Abs. 1 S. 2 VAG nunmehr ebenfalls einheitlich vor, dass die Erlaubnis für das Gebiet aller Mitglied- oder Vertragsstaaten gilt. Zur Entbehrlichkeit einer weiteren Zulassung auch Wojcik, in: von der Groeben/Schwarze/Hatje, 7. Aufl. (2015), Art. 63 AEUV Rn. 90. 642 Lüttringhaus, VersR 2008, 1036 (1038). Für unionsweite Produktzulassungen bereits Sommermann, DÖV 2007, 859 (864). 643 Abzugrenzen ist derart ausschließlich für konkret benannte Einzelsachverhalte eines Rechtsbereichs geltendes europäisches Verwaltungsrecht indes von Rechtsbereichen die bereichsspezifisch ein allgemeines autonom europäisches Verwaltungsrechtssystem beinhalten. Ein solches beinhaltet etwa der Zollkodex (Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates vom 12. Oktober 1992 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften, ABl. EG 1992 Nr. L 302/ 1, ber. ABl. EG 1993 Nr. L 79/84, ABl. EG 1996 Nr. L 97/38). Hierbei handelt es sich indes nicht um durch Richtlinien harmonisiertes nationales Recht. Der Zollkodex mit seinen Durchführungsvorschriften stellt vielmehr das Zollrecht im Zollgebiet der Europäischen Union dar, vgl. Witte, in: Witte, Zollkodex, 6. Aufl. (2013), Vorbem. Art. 1 Rn. 8, 11 ff. Der Zollkodex ist vorrangiges und unmittelbar anwendbares europäisches Recht, das durch die Mitgliedstaaten vollzogen wird. Dass darauf beruhende Verwaltungsakte – auch wenn sie von nationalen Behörden erlassen werden – im gesamten räumlichen Geltungsbereich des Zollkodex gelten müssen, ist rechtsdogmatisch zwingend, dazu auch Engel, Die Verwaltung 1992, 437 (453, 457). 644 Begriffsprägend Schmidt-Aßmann, DVBl 1993, 924 (935); vgl. auch Neßler, Europäisches Richtlinienrecht wandelt deutsches Verwaltungsrecht (1994), S. 5 ff.; Kahl, in: Calliess/ Ruffert, EUV/AEUV, 5. Aufl. (2016), Art. 4 EUV Rn. 119 m. w. Nachw.; Hüttenbrink, in:
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transnationaler Verwaltungsakte ist in diesen Fällen nicht nötig.645 Sie besteht bei ordnungsgemäßer Umsetzung der entsprechenden Richtlinie in nationales Recht bereits kraft Gesetzes, wird mithin vorausgesetzt. Insoweit wird zum Teil auch zutreffend von einem sogenannten Delegationsmodell gesprochen.646 Dabei verliert die aktive Komponente des Anerkennungsprinzips in diesen Bereichen praktisch an Bedeutung. Das Anerkennungsprinzip bleibt aber jedenfalls im Versicherungsaufsichtsrecht weiter eng mit EWR-weit geltenden Zulassungen und Genehmigungen verknüpft, da aufgrund des Herkunftslandprinzips jedenfalls die entsprechenden Aufsichtsstandards weiterhin auch aktiv anerkannt werden müssen. Die mit transnationalen Verwaltungsakten verbundene Kompetenzverdrängung bezüglich der insoweit eigentlich territorial zuständigen nationalen Behörden stellt zwar einen erheblichen Eingriff in das Souveränitätsprinzip dar und relativiert das Demokratieprinzip des Art. 20 Abs. 1, Abs. 2 S. 1 GG.647 Solange jedoch im Bereich der zu vollziehenden Schutzstandards eine Mindestharmonisierung stattgefunden hat,648 wird die durch transnationale Verwaltungsakte erreichte horizontale europäische Verwaltungskooperation als von dem im Range eines Staatsziels stehenden Integrationsprogramm des Art. 23 Abs. 1 S. 1 GG649 des Grundgesetzes gedeckt und damit grundsätzlich als zulässig angesehen.650 Jedenfalls für den Bereich des Versicherungsaufsichtsrechts wird man die Zulässigkeit solcher transnationaler Verwaltungsakte vor dem Hintergrund der inzwischen sehr hohen Harmonisierungsintensität nicht mehr ernsthaft in Frage stellen können.651 Gleichwohl ist auch dort Kuhla/Hüttenbrink, Verwaltungsprozess, 3. Aufl. (2002), D. Klagearten Rn. 41; speziell zur Genehmigung von grenzüberschreitenden Bestandsübertragungen Lüttringhaus, VersR 2008, 1036 (1038). 645 Bälz/Kuntz, VersR 2005, 310 (313). 646 Etwa von Arnauld, in: Terhechte, Verwaltungsrecht der Europäischen Union, 1. Aufl. (2011), § 2 Rn. 10 m. w. Nachw.; soweit eine aktive Anerkennung erforderlich ist, wird dort zur Abgrenzung von einem Anerkennungsmodell gesprochen. 647 Kahl, in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, 4. Aufl. (2011), Art. 4 EUV Rn. 114; von Arnauld, in: Terhechte, Verwaltungsrecht der Europäischen Union, 1. Aufl. (2011), § 2 Rn. 10. 648 Das den transnationalen Verwaltungsakten inhärente Prinzip der gegenseitigen Anerkennung setzt seinerseits – indes primär zur Verhinderung von wirtschaftspolitisch unerwünschter Wettbewerbsverzerrung – bereits ein vergleichbares Niveau in den Mitgliedstaaten mindestens hinsichtlich der Gesetzgebungsstandards und der einschlägigen Verwaltungspraxis voraus, vgl. Neßler, NVwZ 1995, 863 (864). 649 Dazu Scholz, in: Maunz/Dürig, 76. EL (2015), Art. 23 Rn. 50 f. 650 Vgl. Möstl, DÖV 2006, 281 (284) m. w. Nachw. Für die Unverzichtbarkeit transnationaler Wirkung für das Gelingen des Binnenmarktes auch Calliess/Kahl/Puttler, in: Calliess/ Ruffert, EUV/AEUV, 5. Aufl. (2016), Art. 4 EUV Rn. 119. Zur Verfassungsmäßigkeit des Instituts des transnationalen Verwaltungsaktes auch Neßler, NVwZ 1995, 863 (866); ausführlich Neßler, Europäisches Richtlinienrecht wandelt deutsches Verwaltungsrecht (1994), S. 82 ff. m. w. Nachw. 651 Zum grundsätzlich zweistufigen Verfahren des Richtliniengebers zur Sicherstellung der für das Anerkennungsprinzip erforderlichen Mindestharmonisierung Neßler, NVwZ 1995, 863 (864).
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Einhalt geboten. Transnationale Verwaltungsakte bedürfen regelmäßig eines speziellen europarechtlichen Regelungsbefehls. Denn Anerkennungspflichten bestehen nur, soweit sie durch besondere Rechtssätze des europäischen Primär- oder Sekundärrechts angeordnet sind.652 Anderenfalls sind die Mitglied- und Vertragsstaaten grundsätzlich nicht zur Anerkennung verpflichtet.653 Darauf wird im Rahmen der Analyse, konkret hinsichtlich der Ausdehnung des Anerkennungsprinzips durch überschießende Richtlinienumsetzung seitens des deutschen Gesetzgebers und durch das General Protocol on Collaboration noch zurückzukommen sein.654 Transnationale Verwaltungsakte – wie jedenfalls die Zulassung von Versicherungsunternehmen655 und die Genehmigung von Bestandsübertragungen im harmonisierten Bereich656 – ermöglichen eine erhebliche Steigerung der Verfahrensökonomie.657 Sie stellen damit im Ergebnis die praktische Verwirklichung der dem Anerkennungsprinzip zugrundeliegenden Idee dar und wirken als effizientes Integrationsmittel auf dem Europäischen Binnenmarkt. Ihnen dürfte gerade im Bereich des Versicherungsaufsichtsrechts künftig weiter zunehmende Bedeutung zukommen.658
III. Bedeutung für die Beteiligungsformen der BaFin Das Kooperationsprinzip, das Anerkennungsprinzip und das Institut des transnationalen Verwaltungsaktes wirken sich in unterschiedlicher Weise auf die Beteiligungsformen der BaFin im Rahmen des grenzüberschreitenden Verwaltungsverfahrens bei der Übertragung von Versicherungsbeständen aus. Dies hängt maßgeblich mit der Rechtsnatur der Beteiligungsformen und der Reichweite der europarechtlichen Vorgaben zusammen. 1. Automatische transnationale Wirkung Automatische transnationale Rechtswirkung kann dem Verwaltungshandeln der BaFin nur dort zukommen, wo es überhaupt Außenwirkung hat. Dies ist im hier relevanten Bereich bei der Erlaubnis und der Genehmigung der Fall. 652
Schmidt-Aßmann, Verwaltungsrechtliche Dogmatik (2013), S. 91. Kahl, in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, 4. Aufl. (2011), Art. 4 EUV Rn. 114; dort auch Nachweis zu einer entgegenstehenden, aber vereinzelt gebliebenen Literaturmeinung. 654 Siehe dazu insbesondere Teil 3, A.II.1.b)aa); Teil 3, A.II.1.b)cc); Teil 3, B.I.1.b); Teil 3, B.I.1.c). 655 Neßler, NVwZ 1995, 863 (864 f.); Möstl, DÖV 2006, 281 (284). 656 Lüttringhaus, VersR 2008, 1036 (1038). 657 Vgl. von Arnauld, in: Terhechte, Verwaltungsrecht der Europäischen Union, 1. Aufl. (2011), § 2 Rn. 10. 658 So allgemein bereits Sommermann, DÖV 2007, 859 (864). 653
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a) Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb Die von der BaFin im Rahmen einer Hineinübertragung unter Umständen erforderliche Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb betreffend das übernehmende inländische Versicherungsunternehmen659 gilt gemäß § 10 Abs. 1 S. 2 VAG (§ 6 Abs. 1 S. 2, § 120 Abs. 2 S. 2 VAG a. F.) für das Gebiet aller Mitglied- oder Vertragsstaaten. Die europarechtliche Vorgabe EWR-weiter Geltung der Erlaubnis folgte vor Geltung der insoweit nunmehr einheitlichen Regelung des Art. 15 Abs. 1 Solvency II bereits aus der Dritten Richtliniengeneration und der Rückversicherungsrichtlinie.660 An der Außenwirkung der Erlaubnis bestehen keine Zweifel. Die Erlaubnis ist formell ein begünstigender rechtsgestaltender Verwaltungsakt.661 Eine von der BaFin erteilte Erlaubnis stellt damit unstreitig einen transnationalen Verwaltungsakt dar. b) Genehmigung der Übertragung eines Versicherungsbestands Anders als bei der Erlaubnis wird bei der Bestandsübertragung weder in Art. 39 Solvency II oder dessen Vorgängervorschriften noch in den Regelungen im VAG ausdrücklich angeordnet, dass die Genehmigung EWR-weit gilt. Die Systematik des Genehmigungsverfahrens von Art. 39 Solvency II und seiner Vorgängervorschriften mit einer Konzentration der Genehmigungspflicht bei der Aufsichtsbehörde des übertragenden Unternehmens und der jeweilige Erwägungsgrund 11 der Dritten Richtlinien662 sowie Erwägungsgrund 17 der Rückversicherungsrichtlinie lassen indes nur ein solches Verständnis zu. Auch die Genehmigung der Übertragung eines Versicherungsbestands hat als nationaler Verwaltungsakt mit privatrechtsgestaltender Wirkung Außenwirkung. Zu berücksichtigen ist insoweit zwar, dass die begünstigende Wirkung nach der Grundkonzeption des § 13 Abs. 1 S. 1 VAG (§ 14 Abs. 1 S. 1 VAG a. F.) außerhalb des harmonisierten Bereichs grundsätzlich nur dann eintritt, wenn die aufsichtsbehördlichen Genehmigungen für beide beteiligten Unternehmen vorliegen.663 Diese Konzeption steht dem Konzept des transnationalen Verwaltungsakts grundsätzlich entgegen. Die grenzüberschreitende Wirkung folgt in derartigen Genehmigungskonstellationen vielmehr aus dem Zusammenspiel zweier nationaler Verwaltungsakte aus unterschiedlichen Mitglied- oder Vertragsstaaten. Indes tritt die begünstigende Wirkung auch insoweit allein durch die Genehmigung 659
Vgl. Teil 2, C.V. Art. 5 Abs. 1 S. 1 Dritte Richtlinie Schadenversicherung; Art. 5 Abs. 1 S. 1 konsolidierte Richtlinie Lebensversicherung; Art. 4 Abs. 1 S. 1 Rückversicherungsrichtlinie. 661 Kaulbach, in: FKBP, 5. Aufl. (2012), § 5 Rn. 4 m. w. Nachw.; Präve, in Prölss, 12. Aufl. (2005), § 5 Rn. 4. 662 Gleiches gilt für Erwägungsgrund 31 der konsolidierten Richtlinie Lebensversicherung. Da die Vorgabe in der Dritten Richtlinie Lebensversicherung insoweit erstmalig zum Ausdruck kam und auch in diesem Rahmen die Vorschrift über die Bestandsübertragung angepasst wurde, wird hier – soweit es darauf ankommt – Erwägungsgrund 11 der Dritten Richtlinie Lebensversicherung herangezogen. 663 Kaulbach, in: FKBP, 5. Aufl. (2012), § 14 Rn. 15. 660
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der BaFin ein, wenn bei Beteiligung eines Unternehmens aus einem Drittland eine Genehmigungspflicht nicht besteht664 oder – wie hier – aufgrund europarechtlicher Vorgaben nur die Genehmigung seitens der Aufsichtsbehörde des übertragenden Versicherungsunternehmens erforderlich ist. Weiter ist jedoch zwischen der Genehmigung einer grenzüberschreitenden Bestandsübertragung und der Genehmigung einer grenzüberschreitenden Verschmelzung nach dem UmwG zu unterscheiden. aa) Genehmigung einer grenzüberschreitenden Bestandsübertragung (1) Im Anwendungsbereich von Art. 39 Solvency II Soweit sie durch Art. 39 Solvency II europarechtlich harmonisiert ist, stellt die behördliche Genehmigung einer grenzüberschreitenden Bestandsübertragung automatisch einen privatrechtsgestaltenden transnationalen Verwaltungsakt dar.665 Erteilt die BaFin als für ein übertragendes Versicherungsunternehmen zuständige Aufsichtsbehörde – insbesondere bei einer Hinausübertragung – danach eine Genehmigung, gilt diese unmittelbar auch gegenüber dem übernehmenden Versicherungsunternehmen im EWR-Ausland, mithin einem Adressaten, der nach dem Territorialitätsprinzip insoweit grundsätzlich nicht Adressat eines deutschen Verwaltungsaktes sein kann. Dies ist nach der gesetzlichen Anordnung ohne Weiteres der Fall, soweit eine grenzüberschreitende Bestandsübertragung ausschließlich grenzüberschreitend erworbene Bestände betrifft.666 (2) Außerhalb des Anwendungsbereichs von Solvency II Schwieriger wird es, wenn der inländische Bestand eines inländischen Versicherungsunternehmens in einen anderen Mitglied- oder Vertragsstaat übertragen werden soll. Art. 39 Solvency II sieht solche Übertragungen nicht vor, sondern ist ausdrücklich auf grenzüberschreitend erworbene Bestände beschränkt. Der deutsche Gesetzgeber hat diese Konstellation indes im Bewusstsein der europarechtlichen Beschränkung sowohl im Erstversicherungsbereich als auch im Rückversicherungsbereich667 überschießend umgesetzt.668 Eine entsprechende Verwaltungsver664
Kaulbach, in: FKBP, 5. Aufl. (2012), § 14 Rn. 14 f. Lüttringhaus, VersR 2008, 1036 (1038); Bornschlegl, Die Bestandsübertragung nach dem VAG (2014), S. 422; Diehl/Seemayer, in: Brand/Baroch Castellvi, 1. Aufl. (2018), § 13 Rn. 44. 666 Zur rein tatsächlichen Abgrenzung eines Bestands von Versicherungsverträgen, die durch eine Niederlassung oder im Dienstleistungsverkehr abgeschlossen wurden (grenzüberschreitend erworbener Bestand) und den damit einhergehenden Problemen in der Praxis, Kaulbach, in: FKBP, 5. Aufl. (2012), § 14 Rn. 20. Zur Qualifizierung als grenzüberschreitender Bestand will es Kaulbach genügen lassen, dass der fragliche Bestand von dem übertragenden Versicherungsunternehmen entweder durch eine Niederlassung verwaltet wird oder zwar vom Inland aus verwaltet wird, aber doch beachtlichen Auslandsbezug hat. 667 Beachte für den Rückversicherungsbereich aber Teil 3, A.II.2.a). 665
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einbarung wurde im Jahr 1997 für den Bereich der Erstversicherung in Art. 3.1.6 Siena-Protokoll geschlossen.669 Das Protokoll hat jedoch grundsätzlich keine rechtliche Bindungswirkung, sodass die Mitglied- oder Vertragsstaaten diese Erstreckung der Kompetenzanordnung nicht vorsehen müssen.670 Insbesondere soll das Protokoll ausdrücklich nicht in die von den Richtlinien angeordnete Kompetenzverteilung eingreifen.671 Was das für derartige Übertragungen konkret bedeutet, wird im Rahmen der Analyse noch zu klären sein.672 Festzuhalten ist an dieser Stelle jedoch, dass in Abwesenheit eines europäischen Regelungsbefehls zur EWR-weiten Geltung oder Anerkennung eines nationalen Verwaltungsaktes deutsches Recht diese jedenfalls nicht verbindlich anordnen kann. Die vorstehende Problematik wurde in der Literatur bislang kaum thematisiert. Allein Lüttringhaus weist im Zusammenhang mit § 121f VAG a. F (nunmehr § 166 VAG) zutreffend darauf hin, dass die EWR-ausländische Rechtsordnung in solchen über die Vorgaben des europäischen Sekundärrechts hinausgehenden Konstellationen theoretisch eine – zusätzliche – Genehmigungspflicht der für das übernehmende Versicherungsunternehmen zuständigen Aufsichtsbehörde statuieren könnte. Ein derartigesVorgehen stünde auch nicht im Widerspruch zu den Richtlinienvorgaben, die eine Genehmigungskonzentration in solchen Fällen jedenfalls nicht explizit vorsehen.673 Dieser Gedanke lässt sich zwanglos auf den Erstversicherungsbereich übertragen. Verfolgt man den Gedanken weiter, stellt sich unweigerlich die Frage der rechtlichen Wirkung einer Genehmigung der BaFin in derartigen Konstellationen. Statuiert die Rechtsordnung eines beteiligten Mitglied- oder Vertragsstaates kein eigenständiges Genehmigungserfordernis, wird die Bestandsübertragung allein durch Genehmigung der BaFin wirksam. Statuiert sie hingegen ein eigenständiges Genehmigungserfordernis und erteilt die entsprechende EWR-ausländische Aufsichtsbehörde die Genehmigung nicht, könnte die Bestandsübertragung zwar zivilrechtlich nach deutschem Recht und damit auch gegenüber den Versicherungsnehmern wirksam werden, da § 13 Abs. 2 S. 3, § 166 Abs. 1 S. 1 VAG (§ 14 Abs. 2 S. 3, § 121f Abs. 1 S. 1 VAG a. F.) dazu lediglich die Genehmigung der BaFin voraussetzen. Die Übertragung auf das EWR-ausländische Versicherungsunter668 Im Erstversicherungsbereich folgt dies aus § 13 Abs. 2 S. 3 VAG (§ 14 Abs. 2 S. 3 VAG a. F.); dazu BT-Drs. 12/6959, S. 69; Präve, in: Prölss, 12. Aufl. (2005), § 14 Rn. 33. Im Rückversicherungsbereich findet sich keine derart explizite Anordnung für die Übertragung eines inländischen Bestands, der Wortlaut des § 166 Abs. 1 S. 1 VAG (§ 121f Abs. 1 S. 1 VAG a. F.) lässt solche Übertragungen aber zu; dazu BT-Drs. 16/1937, S. 30; Bähr, in: FKBP, 5. Aufl. (2012), § 121f Rn. 1; Lüttringhaus, VersR 2008, 1036 (1038). 669 Art. 3.1.6 Siena-Protokoll; vgl. Zens, Zusammenarbeit der Versicherungsaufsichtsbehörden (2005), S. 355 f. 670 Zens, Zusammenarbeit der Versicherungsaufsichtsbehörden (2005), S. 355 f. 671 Art. 1.2 Siena-Protokoll; vgl. Zens, Zusammenarbeit der Versicherungsaufsichtsbehörden (2005), S. 181. 672 Siehe dazu insbesondere Teil 3, A.II.1.b)aa); Teil 3, A.II.1.b)cc); Teil 3, A.II.2.a); Teil 3, A.III.1.b)cc). 673 Lüttringhaus, VersR 2008, 1036 (1038).
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nehmen würde aber nach dem Recht des jeweiligen Mitglied- oder Vertragsstaates nicht wirksam.674 Der deutsche Verwaltungsakt könnte zwar grundsätzlich als solcher auch in den Mitglied- oder Vertragsstaaten anzuerkennen sein, würde aber aufgrund der Vorgaben der insoweit maßgeblichen EWR-ausländischen Rechtsordnung nicht ausreichen, um die begünstigende Rechtsfolge herbeizuführen. Dies wäre in einem solchen Fall nur gemeinsam mit der Genehmigung der zuständigen Aufsichtsbehörde des betreffenden Mitglied- oder Vertragsstaates und somit im Ergebnis wieder nach dem Grundsatz des § 13 Abs. 1 S. 1 VAG (§ 14 Abs. 1 S. 1 VAG a. F.) möglich. Dieses Ergebnis ist unbefriedigend und bedarf im Einzelnen noch genauerer Untersuchung. Es lässt sich indes bereits jetzt erkennen, dass einer Genehmigung außerhalb des sekundärrechtlich vorgegebenen Bereichs der grenzüberschreitenden Bestandsübertragung rechtsdogmatisch nicht dieselbe automatische transnationale Wirkung zukommen kann wie etwa der Zulassung zum Geschäftsbetrieb oder der Genehmigung einer von den Richtlinien erfassten grenzüberschreitenden Bestandsübertragung. bb) Genehmigung einer grenzüberschreitenden Verschmelzung Die Genehmigung einer grenzüberschreitenden Verschmelzung von Versicherungsunternehmen nach § 122a UmwG folgt gemäß § 14 Abs. 1 S. 1, 2, § 166 Abs. 3 S. 1, 2 VAG (§ 14a S. 1, 2, § 121f Abs. 3 S. 1, 2 VAG a. F.) jeweils den aufsichtsrechtlichen Voraussetzungen der Genehmigung einer entsprechenden innereuropäischen grenzüberschreitenden Bestandsübertragung.675 Bei der Einordnung einer danach erfolgenden Genehmigung ergeben sich drei wesentliche Probleme. (1) Fehlende sekundärrechtliche Vorgabe für Verschmelzungen Im europäischen Sekundärrecht ist ein Regelungsbefehl zur Anwendung des grenzüberschreitenden Verwaltungsverfahrens für Bestandsübertragungen auf Verschmelzungen von Versicherungsunternehmen nicht ausdrücklich enthalten. Erwägungsgrund 17 der Rückversicherungsrichtlinie fordert zwar ausdrücklich eine Erstreckung der Regelungen über die Übertragung eines Versicherungsbestands unter anderem auf die Fälle der Verschmelzung von Rückversicherungsunternehmen. Die Forderung fand jedoch keinen Eingang in den Richtlinientext.676 Enthalten ist eine derartige Erweiterung des Anwendungsbereichs indes in Part IV 5.1.9 General Protocol on Collaboration (Erstversicherung) und Part IV 5.2.6 General Protocol on
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Siehe dazu Teil 3, A.II.1.b)cc). Präve, in: Prölss, 12. Aufl. (2005), § 14a Rn. 8; Kaulbach, in: FKBP, 5. Aufl. (2012), § 14a Rn. 3; Bähr, in: FKBP, 5. Aufl. (2012), § 121f Rn. 4. 676 Zur objektiv-rechtlichen Bedeutung auch der Erwägungsgründe einer Richtlinie aber Looschelders/Michael, in: Ruffert, Europäisches Sektorales Wirtschaftsrecht, 1. Aufl. (2013), § 11 Rn. 104 ff. 675
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Teil 2: Der harmonisierte verwaltungsrechtliche Rahmen im EWR
Collaboration (Rückversicherung).677 Insoweit stellt sich eine ähnliche Problematik wie bereits vorstehend hinsichtlich der Bestandsübertragung, soweit diese inländische Bestände betrifft.678 (2) Pauschale Verweisung Selbst wenn man eine Erstreckung des Verfahrens für grenzüberschreitende Bestandsübertragungen auf grenzüberschreitende Verschmelzungen von Versicherungsunternehmen – wie durch die Verweisungen im VAG erfolgt – als europarechtlich indiziert ansähe, bliebe jedenfalls bei der grenzüberschreitenden Verschmelzung von Erstversicherungsunternehmen die zur Bestandsübertragung bereits dargestellte Problematik der sekundärrechtlichen Beschränkung auf grenzüberschreitend erworbene Bestände.679 Fraglich ist dabei grundsätzlich zunächst, wie der pauschale Verweis in § 14 Abs. 1 S. 2 VAG (§ 14a S. 2 VAG a. F.) auf den gesamten § 13 Abs. 2 VAG (§ 14 Abs. 2 VAG a. F.) zu verstehen ist. Sinnvollerweise kann es sich nur um einen Rechtsfolgenverweis handeln.680 Gleiches gilt für den Verweis in § 166 Abs. 3 S. 2 VAG (§ 121f Abs. 3 S. 2 VAG a. F.) auf § 166 Abs. 1 S. 3 VAG (§ 121f Abs. 1 S. 3 VAG a. F.). Danach bedürfte es auch in Fällen der grenzüberschreitenden Verschmelzung von Versicherungsunternehmen insoweit grundsätzlich nur der Genehmigung der BaFin. Die vorgenannte Problematik der Beschränkung der sekundärrechtlichen Vorgaben auf grenzüberschreitend erworbene Bestände stellt sich dann aber umso deutlicher. Während bei einer Bestandsübertragung die inländischen und grenzüberschreitend erworbenen Bestände des übertragenden Versicherungsunternehmens separiert und als solche nach den jeweils einschlägigen Vorschriften übertragen werden könnten, ist dies bei der Verschmelzung nicht möglich, da bei letzterer eine Übertragung des Vermögens als Ganzes erfolgt. Eine grenzüberschreitende Verschmelzung wäre daher nur dann mit alleiniger Genehmigung der BaFin zulässig, wenn das übertragende Versicherungsunternehmen ausschließlich über einen grenzüberschreitend erworbenen Bestand verfügt. Im Übrigen würde sich eine derartige Transaktion ungeachtet der Verweisung bereits aufgrund der eingeschränkten Harmonisierung der Bestandsübertragung außerhalb des harmonisierten Bereichs vollziehen. Eine grenzüberschreitende Verschmelzung eines Versicherungsunternehmens, das auch über inländische Bestände verfügt, überschreitet damit im Ergebnis in doppelter Hinsicht den harmonisierten Bereich. EWR-ausländische Rechtsordnungen könnten außerhalb des harmonisierten Be677
Für den Erstversicherungsbereich wurde die Erweiterung bereits im Jahr 1997 zwischen den nationalen Versicherungsaufsichtsbehörden der EG in Art. 3.1.6 Siena-Protokoll vereinbart, vgl. Zens, Zusammenarbeit der Versicherungsaufsichtsbehörden (2005), S. 354. Das Siena-Protokoll wurde 2008 durch das General Protocol on Collaboration ersetzt, vgl. Gause, in: MünchKomm-VVG, Bd. 1, 1. Aufl. (2010), Systematische Einführung in das Aufsichtsrecht Rn. 423. 678 Siehe dazu insbesondere Teil 3, B.I.1.b); Teil 3, B.I.2.b). 679 Siehe Teil 2, D.III.1.b)aa)(2). 680 Kaulbach, in: FKBP, 5. Aufl. (2012), § 14a Rn. 3.
D. Transnationale Wirkung als Integrationsmittel
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reichs – sowohl soweit es inländische Bestände betrifft, als auch soweit es die Übertragung im Wege einer Verschmelzung betrifft – grundsätzlich zusätzliche Genehmigungserfordernisse seitens der für das übernehmendende Versicherungsunternehmen zuständigen Aufsichtsbehörde vorsehen. 681 (3) Eingeschränkte Rechtsfolgen der Genehmigung Ein zusätzliches Problem besteht grundsätzlich bereits auf nationaler Ebene in der Rechtswirkung der Genehmigung im Rahmen einer Verschmelzung. Denn anders als die Genehmigung der Bestandsübertragung führt die Genehmigung der Verschmelzung keine unmittelbaren Rechtsfolgen herbei. Insofern ist auch der Verweis auf § 13 Abs. 5, § 166 Abs. 1 S. 4 VAG (§ 14 Abs. 5, § 121f Abs. 1 S. 4 VAG a. F.) jedenfalls missverständlich.682 Die Genehmigung wird in der Literatur zwar grundsätzlich auch bei der Umwandlung eines Versicherungsunternehmens als Wirksamkeitsvoraussetzung qualifiziert.683 Die insbesondere im Übergang des Vermögens und der Verbindlichkeiten bestehenden Rechtsfolgen der grenzüberschreitenden Verschmelzung treten indes gemäß §§ 122a, 122 l, 20 Abs. 1 Nr. 1 UmwG erst mit Eintragung der Verschmelzung im Register des Sitzes des übernehmenden Versicherungsunternehmens ein, während dies bei der Bestandsübertragung direkt mit Bekanntgabe der Genehmigung der Fall ist. Gleichwohl wird auch die Genehmigung einer Verschmelzung als privatrechtsgestaltender Verwaltungsakt qualifiziert.684 Soweit die EWR-ausländischen Rechtsordnungen entsprechende Regelungen, das heißt für die Fälle insoweit überschießender Umsetzung im deutschen Recht gerade keine zusätzliche Genehmigungspflicht vorsehen, kann die 681 Siehe insoweit zu inländischen Beständen Teil 3, A.II.1.b)cc); zur Verschmelzung Teil 3, B.I.1.b). 682 Dazu Kaulbach, in: FKBP, 5. Aufl. (2012), § 14a Rn. 3, der den Verweis auf § 14 Abs. 5 VAG a. F. (nunmehr § 13 Abs. 5 VAG) als Redaktionsversehen einstuft. Dagegen spricht die Tatsache, dass dann mit großem zeitlichen Abstand im Rückversicherungsbereich ein identisches Redaktionsversehen in § 166 Abs. 3 S. 2 VAG (§ 121f Abs. 3 S. 2 VAG a. F.) erfolgt wäre. Jedenfalls hatte der Gesetzgeber mit der nunmehr erfolgten 10. VAG-Novelle erneut die Möglichkeit, die Normen zu berichtigen, falls es sich lediglich um Redaktionsversehen gehandelt haben sollte. Daher liegt die Vermutung nahe, dass der Gesetzgeber entweder sich der Überschneidung mit den umwandlungsrechtlichen Wirkungen nicht bewusst war oder den Übergang der Rechte und Pflichten aus den Versicherungsverhältnissen – wie hinsichtlich des Ausschlusses von § 415 BGB bei der Bestandsübertragung, vgl. Teil 1, D.II.3. – rein deklaratorisch klarstellen wollte. Vgl. dazu auch Teil 3, B.I.1. 683 Diehl/Seemayer, in: Brand/Baroch Castellvi, 1. Aufl. (2018), § 14 Rn. 2; Präve, in: Prölss, 12. Aufl. (2005), § 14a Rn. 8; Kaulbach, in: FKBP, 5. Aufl. (2012), § 14a Rn. 2; Laars, VAG, 3. Aufl. (2015), Koerfer, in: Semler/Stengel, 3. Aufl. (2012), Anhang § 119 UmwG Rn. 100; § 14a Rn. 1; Bürkle, in: Bähr, Hdb. Versicherungsaufsichtsrecht (2011), § 9 Rn. 83. Hingegen vertritt Schmid, Bestandsübertragung und Umwandlung von Versicherungsunternehmen (2010), Rn. 981 ff. die Auffassung, dass die Genehmigung nicht Wirksamkeitsvoraussetzung für die Umwandlung, sondern für den – ohne diese schwebend unwirksamen – zivilrechtlichen Verschmelzungsvertrag sei. Siehe dazu auch Teil 3, B.I.1.g) (Fn. 1563). 684 Schmid, Bestandsübertragung und Umwandlung von Versicherungsunternehmen (2010), Rn. 984 m. w. Nachw.
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Teil 2: Der harmonisierte verwaltungsrechtliche Rahmen im EWR
Genehmigung einer grenzüberschreitenden Hinausverschmelzung seitens der BaFin faktisch transnationale Wirkung haben. Rechtsdogmatisch stellt sie in diesen Fällen indes nicht automatisch einen transnationalen Verwaltungsakt dar. 2. EWR-weite Anerkennungspflicht Im Gegensatz zu der vorgenannten automatischen transnationalen Wirkung von Verwaltungsakten besteht hinsichtlich einer Solvabilitätsbescheinigung sowie einer Zustimmung lediglich eine EWR-weite Anerkennungspflicht. Für eine Stellungnahme gilt auch dies grundsätzlich nur mit Einschränkungen. a) Solvabilitätsbescheinigung Die Solvabilitätsbescheinigung ist kein Verwaltungsakt.685 Sie besitzt keine Regelungsqualität, sondern stellt lediglich ein Zahlenwerk dar,686 welches die Solvabilität des betroffenen Versicherungsunternehmens abbildet. Die ausstellende Aufsichtsbehörde bescheinigt damit zur Vorbereitung der Entscheidung der für die Genehmigung zuständigen Aufsichtsbehörde, ob eine bestimmte Tatsache – hier: ausreichende Solvabilität nach hypothetischer Übertragung – vorliegt oder nicht vorliegt.687 Die auszustellende Solvabilitätsbescheinigung ist europaweit einheitlich.688 Das Formular ist als Annex II Bestandteil des General Protocol on Collaboration. Ausstellung und Übermittlung der Solvabilitätsbescheinigung sind Ausdruck der informationellen Behördenkooperation und ihr Inhalt ist im Sinne des Prinzips der gegenseitigen Anerkennung und Gleichwertigkeit EWR-weit von den übrigen beteiligten Aufsichtsbehörden grundsätzlich anzuerkennen.689 b) Zustimmung Die aufsichtsbehördliche Zustimmung im Rahmen des grenzüberschreitenden Verwaltungsverfahrens ist anders als die Genehmigung nicht mit Außenwirkung ausgestattet und damit kein Verwaltungsakt.690 Soweit eine Zustimmung gemäß Art. 39 Abs. 4 Solvency II im Bereich der Erstversicherung vorgesehen ist, kann die Genehmigung jedoch erst nach Vorliegen dieser Zustimmung erteilt werden. Diese 685
Bornschlegl, Die Bestandsübertragung nach dem VAG (2014), S. 424 f. Zens, Zusammenarbeit der Versicherungsaufsichtsbehörden (2005), S. 287. 687 Vgl. zur fehlenden Verwaltungsaktqualität solcher Gutachten oder Stellungnahmen anderer Behörden etwa von Alemann/Scheffczyk, in: BeckOK VwVfG, 32. Aufl. (2016), § 35 Rn. 170 ff. (177). 688 Gause, MünchKomm-VVG, Bd. 1, 1. Aufl. (2010), Systematische Einführung in das Aufsichtsrecht Rn. 416. 689 Vgl. insbesondere Teil 2, D.I.1. 690 Bälz/Kuntz, VersR 2005, 310 (313); Bornschlegl, Die Bestandsübertragung nach dem VAG (2014), S. 425. 686
E. Rechtsschutz im grenzüberschreitenden Verwaltungsverfahren
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Systematik findet sich für die Zustimmung der BaFin auch in § 63 Abs. 1 S. 1 VAG (§ 111d Abs. 1 S. 1 VAG a. F.).691 Auch wenn sie keine direkte Außenwirkung hat, ist die Zustimmung jedenfalls innerhalb der Verwaltung anzuerkennen. Insofern fungiert die Zustimmung im Rahmen des grenzüberschreitenden Verwaltungsverfahrens als transnational anzuerkennendes Verwaltungsinternum.692 Sie wird in solchen Fällen durch die Erteilung der Genehmigung anerkannt und verhilft damit letzterer zu transnationaler Wirkung. Hierin zeigt sich der Unterschied zu einem transnationalen Verwaltungsakt. Das Prinzip der gegenseitigen Anerkennung ist zwar nach zutreffendem Verständnis nicht auf Verwaltungsakte beschränkt.693 Indes kann nur einem Verwaltungsakt automatisch transnationale Wirkung zukommen. c) Stellungnahme Bei einer Stellungnahme besteht nach der europäischen Konzeption nur das Erfordernis überhaupt eine derartige Konsultation durchzuführen. Rechtliche Verbindlichkeit kommt der Stellungnahme nicht zu, insbesondere ist ihr Vorliegen zur Erteilung der Genehmigung im Ergebnis nicht erforderlich.694 Somit kann auch keine EWR-weite Anerkennungspflicht bestehen, sondern es kann – sofern eine Stellungnahme erteilt wird – höchstens im Sinne des Grundsatzes der loyalen Zusammenarbeit oder Unionstreue eine wohlwollende Kenntnisnahme oder Berücksichtigung im grenzüberschreitenden Verwaltungsverfahren verlangt werden.695
E. Rechtsschutz im grenzüberschreitenden Verwaltungsverfahren Obwohl das Rechtsinstitut des transnationalen Verwaltungsaktes inzwischen seit über zwei Jahrzehnten in der Literatur diskutiert wird, stellt sich weiterhin die Frage, wie in diesem Zusammenhang effektiver Verwaltungsrechtsschutz zu gewährleisten ist. Bei der Entwicklung eines grenzüberschreitenden europäischen Rechtsschutzsystems ist vor allem dessen funktionale Gleichwertigkeit mit dem auf nationales Verwaltungshandeln zugeschnittenen Verwaltungsrechtsschutz sicherzustellen.696 691
Im Rückversicherungsbereich sieht das VAG ein solches Zustimmungserfordernis nicht vor. Part IV 5.2 General Protocol on Collaboration schreibt in solchen Fällen zwar ein Kooperationsverfahren vor, eine Zustimmungspflicht ist darin indes ebenfalls nicht vorgesehen. Dazu auch Lüttringhaus, VersR 2008, 1036 (1038). 692 Siehe dazu insbesondere Teil 2, E.I.3.a)bb). 693 Bälz/Kuntz, VersR 2005, 310 (313). 694 Vgl. Diehl/Seemayer, in: Brand/Baroch Castellvi, 1. Aufl. (2018), § 13 Rn. 38. 695 Vgl. auch Bornschlegl, Die Bestandsübertragung nach dem VAG (2014), S. 426 f., der die Berücksichtigung einer erfolgten Stellungnahme nach pflichtgemäßem Ermessen befürwortet. 696 Sommermann, DÖV 2007, 859 (864).
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Teil 2: Der harmonisierte verwaltungsrechtliche Rahmen im EWR
Im Rahmen der grenzüberschreitenden Übertragung von Versicherungsbeständen im EWR sind im Hinblick auf den Rechtsschutz im Wesentlichen drei Themenkomplexe zu untersuchen. Bei den Rechtsschutzmöglichkeiten der Versicherungsnehmer geht es maßgeblich um die Frage, inwieweit sich die betroffenen Versicherungsnehmer gegen eine grenzüberschreitende Übertragung und damit den Austausch ihres Schuldners wehren können. Dabei ist zunächst zu prüfen, ob sich die Versicherungsnehmer bereits im Vorfeld gegen die Übertragung eines Versicherungsbestands oder jedenfalls gegen die Übertragung ihres jeweiligen Versicherungsvertrages in diesem Rahmen zur Wehr setzen können. Nachgelagerte verwaltungsrechtliche Rechtsschutzbegehren werden sich insoweit insbesondere gegen die Erteilung der aufsichtsbehördlichen Genehmigung einer grenzüberschreitenden Übertragung beziehungsweise gegen die Zustimmung zu dieser richten. Verwaltungsrechtliche Rechtsschutzbegehren der als Vertragsparteien an einer grenzüberschreitenden Übertragung beteiligten Versicherungsunternehmen werden sich regelmäßig gerade entgegengesetzt gegen die Ablehnung einer Genehmigung oder die Verweigerung einer Zustimmung richten. Daneben können sich Rechtsschutzbegehren der Versicherungsunternehmen auch gegen eine von den Aufsichtsbehörden verursachte Verzögerung des Genehmigungsverfahrens richten. In diesem Zusammenhang stellt sich vor dem Hintergrund des grenzüberschreitenden Verwaltungsverfahrens jeweils auch die Frage, inwieweit deutsche Verwaltungsgerichte Mitwirkungsakte der BaFin beziehungsweise EWR-ausländischer Aufsichtsbehörden überprüfen können. Insoweit ist insbesondere zu untersuchen, ob das bestehende Rechtsschutzsystem im untersuchten grenzüberschreitenden Verwaltungsverfahren der in Art. 19 Abs. 4 GG verbürgten Rechtsweggarantie gerecht wird.
I. Rechtsschutzmöglichkeiten der Versicherungsnehmer Aufgrund der engen Abstimmung zwischen den Versicherungsaufsichtsbehörden der Mitglied- oder Vertragsstaaten dürfte im Regelfall gewährleistet sein, dass die Belange der Versicherungsnehmer im Rahmen des kooperativen behördlichen Genehmigungsverfahrens einer grenzüberschreitenden Übertragung von Versicherungsbeständen angemessen berücksichtigt und geschützt werden.697 Soweit Versicherungsnehmer den aufgezwungenen Schuldnerwechsel prinzipiell ablehnen oder die angemessene Berücksichtigung ihrer Interessen als nicht oder nur unzureichend gewahrt erachten, stellt sich jedoch die Frage nach etwaigen Möglichkeiten der Versicherungsnehmer zur Verhinderung einer derartigen Übertragung bereits im
697 Vgl. bereits Hasselbach/Komp, VersR 2005, 1651 (1652). Die Vorgabe enger Zusammenarbeit der BaFin mit den Aufsichtsbehörden der Mitglied- und Vertragsstaaten ist nunmehr auch gesetzlich in § 326 Abs. 1 VAG verankert.
E. Rechtsschutz im grenzüberschreitenden Verwaltungsverfahren
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Vorfeld der Genehmigungserteilung sowie nach Rechtsschutzmöglichkeiten im Falle einer erteilten Genehmigung.698 1. Einspruch gegen die Übertragung Art. 39 Abs. 1 Unterabs. 1 Solvency II schreibt den Mitglied- oder Vertragsstaaten vor, dass sie den Versicherungsunternehmen die gemeinschaftsweite Übertragung grenzüberschreitend erworbener Bestände zu gestatten haben. Diese Vorgabe ist indes insoweit eingeschränkt, als die Übertragung lediglich nach Maßgabe des nationalen Rechts gestattet werden muss. In den Mitglied- oder Vertragsstaaten besteht aus diesem Grund eine Vielzahl nationaler Übertragungsmechanismen, die sich zum Teil erheblich in ihrem Anwendungsbereich und ihren Voraussetzungen unterscheiden.699 Dies verdeutlicht sich auch in den Möglichkeiten, die den Versicherungsnehmern zu einer etwaigen Verhinderung der Übertragung bereits im Vorfeld einer Genehmigungserteilung bereitstehen. Eine Vielzahl europäischer Rechtsordnungen sieht im Rahmen der nationalen Übertragungsmechanismen allgemein etwa die Möglichkeit vor, dass die betroffenen Versicherungsnehmer bei der zuständigen Aufsichtsbehörde oder dem zuständigen Gericht Einspruch gegen die Übertragung als solche einlegen können.700 Hinsichtlich der Folgen eines solchen Einspruchs bestehen im Einzelnen Unterschiede. So darf etwa die in den Niederlanden für eine Übertragung zuständige Aufsichtsbehörde De Nederlandsche Bank N. V. die Übertragung eines Bestands von Lebensversicherungsverträgen nicht genehmigen, wenn 25 % oder mehr der betroffenen Versicherungsnehmer Einspruch gegen die Übertragung eingelegt haben. In Portugal besteht ein entsprechendes – jedoch nicht allein auf Lebensversicherungsverträge beschränktes – Übertragungsverbot bereits bei einem Einspruch von 20 % oder mehr der betroffenen Versicherungsnehmer. Die Versicherungsnehmer haben es insoweit – zumindest kollektiv – in der Hand, bereits die Erteilung einer Genehmigung zu verhindern.701 In anderen Staaten ist ein Einspruchsrecht nicht per se geeignet, eine Übertragung faktisch zu verhindern. Vielmehr begründet die Erhebung eines Einspruchs lediglich 698
Aufgrund des insoweit umfassenderen grenzüberschreitenden Verwaltungsverfahrens erfolgt die Betrachtung der Rechtsschutzmöglichkeiten hier maßgeblich anhand der Übertragung von Erstversicherungsunternehmen. Soweit es allgemeine Ausführungen zum Verwaltungsrechtsschutz der Versicherungsnehmer insbesondere gegen die Erteilung einer Genehmigung betrifft, gelten diese sinngemäß für Vorversicherer bei Übertragungen von Rückversicherungsunternehmen. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass im Rückversicherungsbereich keine über rein finanzielle Aspekte hinausgehende Interessenwahrung der Vorversicherer und nur ein eingeschränktes Kooperationsverfahren ohne Zustimmungspflichten vorgesehen ist. Siehe zu dem insoweit grundsätzlich verringerten Schutzniveau auch Teil 3, A.II.2.a)aa)(3). 699 Quirk, Reactions September 2012, 15. 700 Eine grundsätzliche Einspruchsmöglichkeit besteht etwa in Dänemark, Irland, Malta, den Niederlanden, Polen, Portugal, Spanien, Schweden und dem Vereinigten Königreich, vgl. IBA, Insurance Portfolio Transfers (2010). 701 Vgl. dazu insgesamt IBA, Insurance Portfolio Transfers (2010).
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Teil 2: Der harmonisierte verwaltungsrechtliche Rahmen im EWR
ein Anhörungsrecht des Versicherungsnehmers oder jedenfalls die Verpflichtung der zuständigen Aufsichtsbehörde zur Prüfung des jeweiligen Einspruchs. Die vorherige Erhebung eines Einspruchs ist in einigen Rechtsordnungen zudem Voraussetzung für die Ausübung eines etwaigen Sonderkündigungsrechts702 der Versicherungsnehmer.703 Das deutsche Recht sieht eine frühzeitige und umfassende Beteiligung der Versicherungsnehmer im Rahmen einer Übertragung von Versicherungsbeständen nicht vor. Vielmehr ist gerade das Gegenteil der Fall. Insbesondere im Rahmen sanierungsbedingter Übertragungen ist der Ausschluss der Mitwirkungsrechte der Versicherungsnehmer gerade Zweck des Instituts der Bestandsübertragung.704 Eine Einspruchsmöglichkeit gegen die Übertragung als solche besteht nicht. Dabei macht es auch keinen Unterschied, ob eine rein innerstaatliche oder eine grenzüberschreitende Übertragung vorgesehen ist. 2. Sonderkündigungsrecht Einige europäische Rechtsordnungen sehen im Falle der (grenzüberschreitenden) Übertragung eines Versicherungsbestands ein Sonderkündigungsrecht der betroffenen Versicherungsnehmer vor. Zum Teil setzt dieses Recht die Erhebung eines Einspruchs voraus.705 Die Einräumung eines derartigen gesetzlichen Sonderkündigungsrecht aufgrund der Durchführung einer Bestandsübertragung war bereits nach Maßgabe der Zweiten Richtliniengeneration ausdrücklich gestattet.706 Auch Art. 39 Abs. 6 Unterabs. 3 Solvency II sowie Part IV 5.1.10 General Protocol on Collaboration gestatten die Statuierung eines Sonderkündigungsrechts im nationalen Recht infolge einer grenzüberschreitenden Bestandsübertragung. Ein Sonderkündigungsrecht ist grundsätzlich nicht geeignet, die Übertragung eines Versicherungsbestands als solche und damit den aufgezwungenen Schuldnerwechsel zu verhindern. Durch Ausübung des Sonderkündigungsrechts können Versicherungsnehmer lediglich individuell erreichen, dass ihr jeweiliger Versicherungsvertrag nicht mit dem übernehmenden Versicherungsunternehmen fortgeführt wird. 702
Dazu nachfolgend Teil 2, E.I.2. Vgl. zum Ganzen IBA, Insurance Portfolio Transfers (2010), insbesondere S. 48, 78, 101, 110, 122, 128, 141, 151, 166. 704 Da es sich hierbei um Beteiligungsmöglichkeiten der Versicherungsnehmer im Vorfeld beziehungsweise während eines Genehmigungsverfahrens handelt, stellt sich insoweit noch nicht die Frage der Vereinbarkeit mit Art. 19 Abs. 4 GG. Denn das Genehmigungsverfahren dient gerade der Interessenwahrung der Versicherungsnehmer durch die Aufsichtsbehörde. Erst durch Erteilung der Genehmigung kann es zu einer Interessenbeeinträchtigung kommen, gegen die der Rechtsweg nicht ausgeschlossen sein darf. Siehe dazu Teil 2, E.III. 705 Vgl. dazu IBA, Insurance Portfolio Transfers (2010), insbesondere S. 27 (Belgien), S. 57 (Frankreich), S. 70 (Ungarn), S. 111 (Niederlande), S. 122 (Polen), S. 143 (Spanien). 706 Art. 11 Abs. 7 Unterabs. 2 Zweite Richtlinie Schadenversicherung; Art. 6 Abs. 7 Unterabs. 2 Zweite Richtlinie Lebensversicherung. 703
E. Rechtsschutz im grenzüberschreitenden Verwaltungsverfahren
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Das VAG a. F. sah kein Sonderkündigungsrecht vor.707 Der Gesetzgeber hat jedoch – jedenfalls soweit es grenzüberschreitende Bestandsübertragungen betrifft – Regelungsbedarf erkannt, die Informationspflichten des übernehmenden Versicherungsunternehmens erweitert und ein Sonderkündigungsrecht der von einer grenzüberschreitenden Übertragung betroffenen Versicherungsnehmer von Erstversicherungsunternehmen eingeführt.708 Nach dem im Zuge der 10. VAG-Novelle erweiterten § 13 Abs. 7 S. 2 VAG (§ 14 Abs. 7 S. 2 VAG a. F.) hat das übernehmende Versicherungsunternehmen nunmehr – sobald die Bestandsübertragung wirksam ist – die Versicherungsnehmer insbesondere über einen mit der Bestandsübertragung etwa verbundenen Wechsel der für die Rechts- oder Finanzaufsicht zuständigen Behörde und eine Änderung hinsichtlich eines Anspruchs gegen eine Sicherungseinrichtung im Fall der Insolvenz des Versicherers zu informieren. Gemäß dem neu eingefügten § 13 Abs. 7 S. 3 VAG kann der Versicherungsnehmer den Vertrag innerhalb eines Monats nach Zugang der Mitteilung des Versicherers mit sofortiger Wirkung kündigen, wenn sich die für die Finanzaufsicht zuständige Behörde infolge der Bestandsübertragung ändert. Auf ein etwaiges derartiges Sonderkündigungsrecht hat das übernehmende Versicherungsunternehmen die Versicherungsnehmer ausweislich des ebenfalls neu eingefügten § 13 Abs. 7 S. 4 VAG in der Mitteilung hinzuweisen.709 Die Regelungssystematik des § 13 Abs. 7 S. 2 VAG (§ 14 Abs. 7 VAG a. F.) ist dabei zwar nicht auf grenzüberschreitende Bestandsübertragungen zugeschnitten.710 Dies wirkt sich auch auf die daran anknüpfende Informationspflicht hinsichtlich eines Sonderkündigungsrechts aus. Denn für den insoweit maßgeblichen Fall einer Hinausübertragung kann das VAG grundsätzlich keine das übernehmende EWR-ausländische Versicherungsunternehmen betreffende Informationspflichten nach Wirksamwerden der Bestandsübertragung statuieren. Denkbar wäre insoweit, die transnational wirkende Genehmigung mit einer entsprechenden Auflage zu 707
Vgl. Diehl/Seemayer, in: Brand/Baroch Castellvi, 1. Aufl. (2018), § 13 Rn. 84. Im Bereich der Rückversicherung gibt es weiterhin keine entsprechende gesetzliche Regelung. Zu den dort in der Praxis aber häufig bestehenden vertraglichen Sonderkündigungsrechten siehe insbesondere Teil 3, A.II.2.a)aa)(3). 709 Zum Verhältnis dieser Regelung zu den weiteren Informationspflichten nach der VVG-InfoV Diehl/Seemayer, in: Brand/Baroch Castellvi, 1. Aufl. (2018), § 13 Rn. 78 ff. 710 § 14 Abs. 7 S. 2 VAG a. F., an den die erweiterte Informationspflicht des § 13 Abs. 7 S. 2 VAG anknüpft, wurde im Zuge des VAGÄndG 9 eingefügt. Ausweislich der Gesetzesbegründung sollte damit im Zuge der gebotenen Novellierung des § 14 VAG a. F. eine Anregung des BVerfG zur Verbesserung der Transparenz der Bestandsübertragung für die Versicherten umgesetzt werden, vgl. BT-Drs. 16/6518, S. 14. Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber dabei bereits grenzüberschreitende Bestandsübertragungen berücksichtigt hätte, sind nicht ersichtlich. Da die Voraussetzung für das Sonderkündigungsrecht regelmäßig bei Hinausübertragungen auf EWR-ausländische Versicherungsunternehmen vorliegen werden, die Mitteilungspflicht erst nach Wirksamkeit der Bestandsübertragung entsteht und nicht etwa das übertragende inländische, sondern vielmehr das übernehmende EWR-ausländische Versicherungsunternehmen trifft, ist aber zunächst schon fraglich, ob der deutsche Gesetzgeber überhaupt eine dahingehende Regelungskompetenz hat. Sodann stellt sich die Folgefrage etwaiger aufsichtsbehördlicher Kompetenzen für den Fall der Nichtbeachtung dieser Mitteilungspflicht. 708
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Teil 2: Der harmonisierte verwaltungsrechtliche Rahmen im EWR
versehen.711 Für die Einhaltung einer derartigen Auflage dürfte nach Wirksamkeit der Bestandsübertragung jedoch primär die für das übernehmende Versicherungsunternehmen zuständige EWR-ausländische Aufsichtsbehörde verantwortlich sein. Indes dürfte die Einhaltung der Informationsfrist im eigenen Interesse des übernehmenden Versicherungsunternehmens liegen. Denn ohne eine entsprechende Mitteilung wird die Ausschlussfrist des Sonderkündigungsrechts nicht in Gang gesetzt und erhält das übernehmende Versicherungsunternehmen folglich keine Rechtssicherheit.712 Die Einführung des Sonderkündigungsrechts begründet der Gesetzgeber vor allem mit den bis auf Weiteres national organisierten Sicherungseinrichtungen (Garantiefonds), deren unterschiedlichem Schutzniveau und der besonderen Bedeutung der Sicherheit der Ansprüche der Versicherungsnehmer.713 Die erfolgte Anknüpfung des Sonderkündigungsrechts an den Wechsel der für die Finanzaufsicht zuständigen Behörde erklärt sich durch den Umstand, dass sich die Mitgliedschaft der Versicherungsunternehmen in den jeweiligen nationalen Garantiefonds in der Regel nach der Zuständigkeit der Finanzaufsicht richtet.714 Die Einführung eines gesetzlichen Sonderkündigungsrechts ist grundsätzlich zu begrüßen. Indes vermag die gewählte Ausgestaltung nicht restlos zu überzeugen. Ein generelles, mithin nicht auf grenzüberschreitende Übertragungen beschränktes 711 Zur grundsätzlichen Zulässigkeit einer Auflage Koerfer, in: Semler/Stengel, 3. Aufl. (2012), Anhang § 119 UmwG Rn. 98. 712 Vgl. Diehl/Seemayer, in: Brand/Baroch Castellvi, 1. Aufl. (2018), § 13 Rn. 80, 86. 713 BT-Drs. 18/2956, S. 237; vgl. auch Diehl/Seemayer, in: Brand/Baroch Castellvi, 1. Aufl. (2018), § 13 Rn. 85. 714 BT-Drs. 18/2956, S. 237. In Deutschland folgt dieser Zusammenhang aus § 221 VAG (§ 124 VAG a. F., vgl. BT-Drs. 18/2956, S. 278). Die Vorschrift knüpft an die Inlandszulassung der Versicherungsunternehmen und die damit einhergehende inländische Finanzaufsicht an. Mangels europarechtlicher Vorgabe ein derartiger Zusammenhang in anderen Mitglied- oder Vertragsstaaten nicht zwingend gegeben. Die Beschränkung der Pflichtmitgliedschaft im Sicherungsfonds auf inländische Versicherungsunternehmen und der Ausschluss einer freiwilligen Beitrittsmöglichkeit für EWR-ausländische Versicherungsunternehmen verstößt nicht gegen Art. 12 Abs. 1 GG oder Art. 3 Abs. 1 GG. Zur Verfassungskonformität dieser Regelung BVerwG, Urteil vom 23. März 2011– 8 C 47/09 –, BVerwGE 139, 246 = VersR 2011, 781 (783 ff.); vgl. auch Mönnich, in: Beckmann/Matusche-Beckmann, 3. Aufl. (2015), § 2 Rn. 83; ausführlich zum Kontext und den Auswirkungen dieser Entscheidung Deiseroth, jurisPR-BVerwG 1/2013, Anm. 2. Der Gesetzgeber hat EWR-ausländischen Versicherungsunternehmen bewusst eine Beitrittsmöglichkeit verwehrt, vgl. BVerwG, Urteil vom 23. März 2011– 8 C 47/09 –, BVerwGE 139, 246 = VersR 2011, 781 (783), und dabei rechtspolitisch hingenommen, dass Versicherungsnehmer im Inland tätiger EWR-ausländischer Versicherungsunternehmen im Insolvenzfall schlechter geschützt sind als diejenigen von Versicherungsunternehmen mit Sitz im Inland, vgl. Deiseroth, jurisPR-BVerwG 1/2013, Anm. 2; zu der dieser Wertung implizit zugrundeliegenden ratio des sogenannten Initiativmodells vgl. Teil 2, D.II.1.b)bb)(1); Teil 2, D.II.1.b)bb)(3). Vor diesem Hintergrund ist es auch konsequent, dass § 63 Abs. 1 S. 2 Hs. 2 VAG (§ 111d S. 2 Hs. 2 VAG a. F.) für die von der Vorschrift erfassten Bestandsübertragungen von EWR-ausländischen Versicherungsunternehmen nicht auf das neu eingeführte Sonderkündigungsrecht verweist; siehe dazu auch Teil 3, A.II.1.c)aa).
E. Rechtsschutz im grenzüberschreitenden Verwaltungsverfahren
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Sonderkündigungsrecht ginge nach Auffassung des Gesetzgebers zu weit, da damit Bestandsübertragungen zum Zwecke der Sanierung eines Bestands verhindert werden könnten.715 Diese Befürchtung dürfte im Ergebnis unbegründet sein. Begründet wäre sie bei einem Einspruchsrecht der Versicherungsnehmer, welches die Übertragung tatsächlich zu verhindern geeignet ist.716 Ein Sonderkündigungsrecht vermag dies grundsätzlich jedoch nicht. Soweit bei einer sanierungsbedingten Bestandsübertragung ein überzeugendes Sanierungskonzept vorgelegt wird, dürfte sich die Zahl der Versicherungsnehmer, die von einem Sonderkündigungsrecht Gebrauch machen, in einem überschaubaren Rahmen halten. Dies gilt bei innerstaatlichen Übertragungen insbesondere aufgrund der Mitgliedschaft der beteiligten inländischen Versicherungsunternehmen in demselben nationalen Garantiefonds. Wie ein generelles Sonderkündigungsrecht Bestandssanierungen verhindern können soll, ist daher nicht ohne Weiteres nachvollziehbar. Die erfolgte Beschränkung des Sonderkündigungsrechts auf grenzüberschreitende Übertragungen rechtfertigt sich sachlich gleichwohl mit dem unterschiedlichen Sicherheitsniveau der nationalen Garantiefonds. Soweit es die im Hinblick auf die Sicherheit der Ansprüche besonders sensiblen langfristigen Versicherungverträge betrifft, stellt sich aber die Frage, inwieweit ein Sonderkündigungsrecht den Interessen dieser Versicherungsnehmer überhaupt gerecht wird. Problematisch erscheint vor allem der ausdrückliche Verweis des Gesetzgebers auf die unterschiedlichen nationalen Sicherungsstandards. Dazu heißt es zutreffend, dass bei der Entscheidung, einen Versicherungsvertrag abzuschließen, die Sicherheit ihrer Ansprüche für viele Versicherungsnehmer eine ausschlaggebende Rolle spiele.717 Nachdem der Gesetzgeber dieses wesentliche Interesse der Versicherungsnehmer ausdrücklich festgestellt hat, dürfte in der Konsequenz bei erheblicher – negativer – Diskrepanz der im konkreten Fall jeweils betroffenen Sicherungsstandards schon mangels Wahrung der Belange der Versicherungsnehmer keine aufsichtsbehördliche Genehmigung zu einer derartigen Übertragung erteilt werden. So darf insbesondere nicht vor dem Hintergrund des neu eingeführten Sonderkündigungsrechts ein weniger strenger Maßstab hinsichtlich der Sicherungsstandards herangezogen werden. Soweit hingegen keine erhebliche Diskrepanz der Sicherungsstandards besteht, dürfte kaum ein Versicherungsnehmer allein aus diesem Grund Gebrauch von dem Sonderkündigungsrecht machen. Dabei ist zu bedenken, dass insbesondere in der Vergangenheit abgeschlossene Lebensversicherungsverträge noch weit bessere Verzinsungen aufwiesen als sie die aktuelle Marktlage herzugeben imstande ist.718 Selbst wenn das Sonderkündigungsrecht in seiner konkreten Ausgestaltung nicht mit zusätzlichen Kosten etwa in Form eines 715
BT-Drs. 18/2956, S. 237. Vgl. mit Blick auf die unterschiedlichen Rechtsfolgen die unter Teil 2, E.I.1. dargestellten Einspruchsrechte der Versicherungsnehmer in anderen Mitglied- oder Vertragsstaaten. 717 BT-Drs. 18/2956, S. 237. 718 So weisen viele vor dem Jahr 2012 abgeschlossene Altverträge noch einen Garantiezins in Höhe von bis zu 4 % auf, vgl. Deiseroth, jurisPR-BVerwG 1/2013, Anm. 2. 716
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Teil 2: Der harmonisierte verwaltungsrechtliche Rahmen im EWR
Vorzeitigkeitsabschlags versehen ist, besteht das Problem, dass eine alternative Investition zu vergleichbaren Konditionen am Markt oftmals nicht mehr möglich sein wird. Insbesondere wird ein Neuabschluss von Lebensversicherungsverträgen regelmäßig nur gegen höhere Risikozuschläge erfolgen können.719 Das Sonderkündigungsrecht dürfte für Versicherungsnehmer daher bei der aktuellen Marktlage – jedenfalls soweit es in der Vergangenheit abgeschlossene langfristige Lebensversicherungsverträge betrifft – nicht sehr attraktiv sein. Soweit es dem Grunde nach zu begrüßen ist, stellt sich die Folgefrage, wieso der Gesetzgeber das Sonderkündigungsrecht auf die Bestandsübertragung beschränkt hat. Eine Erklärung für die Beschränkung auf Fälle der grenzüberschreitenden Bestandsübertragung findet sich in der Begründung des Gesetzentwurfs nicht. Wenn die Hinausverschmelzung eines Erstversicherungsunternehmens aus Sicht der Versicherungsnehmer aufgrund der mit dieser verbundenen Übertragung des Versicherungsbestands und einer daraus folgenden Verschlechterung der Anspruchssicherheit im Falle der Insolvenz des übernehmenden Unternehmens zu einem grundsätzlich vergleichbaren Ergebnis führt, wäre eine Statuierung des Sonderkündigungsrechts auch insoweit angezeigt.720 3. Verwaltungsrechtsschutz De lege lata steht den Versicherungsnehmern nach deutschem Recht keine Möglichkeit offen, die Übertragung eines Versicherungsbestands im Vorfeld zu verhindern und die Ausübung eines etwa bestehenden Sonderkündigungsrechts stellt vielfach keine zumutbare Alternative dar.721 Die Versicherungsnehmer sind folglich darauf angewiesen, dass die Wahrung ihrer Interessen im Rahmen des grenzüberschreitenden Verwaltungsverfahrens durch die Aufsichtsbehörden gewährleistet wird. Soweit es den diesbezüglichen Verwaltungsrechtsschutz betrifft, bedingen jedoch die Eigenheiten des grenzüberschreitenden Verwaltungsverfahrens und insbesondere des Instituts des transnationalen Verwaltungsaktes einige Besonderheiten.
719 Vgl. insoweit BVerfG, Urteil vom 26. Juli 2005 – 1 BvR 782/94, 1 BvR 957/96 –, BVerfGE 114, 1 = VersR 2005, 1109 (1118): „Jedenfalls im Bereich der Lebensversicherung ist es für [die Versicherten] meist keine zumutbare Alternative, ihre Belange durch Kündigung des Versicherungsvertrags oder Drohung mit ihr durchzusetzen, da die Auflösung des Vertrags regelmäßig mit erheblichen Nachteilen für die Versicherten verbunden ist. Die mit einer Kündigung bewirkte vorzeitige Beendigung des Vertrags beseitigt die zuvor durch – möglicherweise langjährige – Prämienzahlungen gewonnene Grundlage der Risikoabsicherung. Bei zwischenzeitlich höherem Alter werden die Versicherungsnehmer höhere Risikozuschläge zu zahlen haben.“ Siehe dazu auch Schmid, Bestandsübertragung und Umwandlung von Versicherungsunternehmen (2010), Rn. 205. 720 Siehe dazu Teil 3, B.I.1.j). 721 Vgl. Teil 2, E.I.1.; Teil 2, E.I.2.
E. Rechtsschutz im grenzüberschreitenden Verwaltungsverfahren
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a) Rechtsschutz gegen Akte der BaFin aa) Rechtsschutz gegen eine Genehmigung der BaFin Den Ausgangspunkt bei der Betrachtung der Rechtsschutzmöglichkeiten gegen Akte der BaFin im Rahmen des grenzüberschreitenden Verwaltungsverfahrens bildet das Rechtsschutzsystem bei innerstaatlichen Bestandsübertragungen. Von diesem System ausgehend werden nachfolgend die Besonderheiten, die sich aufgrund der horizontalen europäischen Behördenkooperation ergeben, betrachtet. (1) Innerstaatliche Übertragungen Gegen eine den beteiligten Versicherungsunternehmen für die Übertragung eines Versicherungsbestands erteilte aufsichtsbehördliche Genehmigung ist der Verwaltungsrechtsweg eröffnet. Die Klagebefugnis der Versicherungsnehmer des übertragenden Versicherungsunternehmens, die selbst nicht Adressat dieses Verwaltungsaktes sind, ist inzwischen allgemein anerkannt.722 Grundsätzlich sind auch die Versicherungsnehmer des übernehmenden Unternehmens klagebefugt.723 (2) Besonderheiten bei grenzüberschreitenden Übertragungen Wird die Genehmigung einer Übertragung von der BaFin als zuständiger Aufsichtsbehörde erteilt, handelt es sich dabei um einen privatrechtsgestaltenden Verwaltungsakt. Die transnationale Wirkung ändert grundsätzlich nichts an der Eigenschaft als nationaler Verwaltungsakt.724 Für den Verwaltungsrechtsschutz der Versicherungsnehmer gegen die von der BaFin erteilte Genehmigung einer grenzüberschreitenden Bestandsübertragung oder Verschmelzung eines Versicherungsunternehmens gilt insoweit nichts anderes. Ein wesentlicher Unterschied ergibt sich jedoch aufgrund der Genehmigungskonzentration bei der Aufsichtsbehörde des übertragenden Versicherungsunternehmens. Soweit für die an einer innerstaatlichen 722 Bälz/Kuntz, VersR 2005, 310 (315); Koerfer, in: Semler/Stengel, 3. Aufl. (2012), Anhang § 119 UmwG Rn. 66 f., 99; Kaulbach, in: FKBP, 5. Aufl. (2012), § 14 Rn. 34 m. w. Nachw. auch zur drittschützenden Wirkung des § 14 VAG; Hasselbach/Komp, VersR 2005, 1651 (1658); Rüdt, in: Bähr, Hdb. Versicherungsaufsichtsrecht (2011), § 14 Rn. 115. Zur ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sowie zum Widerspruchsinteresse m. w. Nachw. auch Schmid, Bestandsübertragung und Umwandlung von Versicherungsunternehmen (2010), Rn. 606 (dort Fn. 1497). Zur Klagebefugnis der Vorversicherer bei Übertragungen von Rückversicherungsunternehmen Bornschlegl, Die Bestandsübertragung nach dem VAG (2014), S. 482 m. w. Nachw.; Seemayer, in: Brand/Baroch Castellvi, 1. Aufl. (2018), § 166 Rn. 21. 723 Zum Ganzen im Zusammenhang mit innerstaatlichen Übertragungen Schmid, Bestandsübertragung und Umwandlung von Versicherungsunternehmen (2010), Rn. 605 ff., 1214 ff.; siehe dort ferner zum Rechtsschutz vor den ordentlichen Gerichten, soweit die Übertragung Verträge mit Überschussbeteiligung betrifft (Rn. 615 ff., 1226 ff.). 724 Schmidt-Aßmann, Das allgemeine Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, 2. Aufl. (2006), S. 389 m. w. Nachw.; Schmidt-Aßmann, Verwaltungsrechtliche Dogmatik (2013), S. 88 f.; Ramsauer, in: Kopp/Ramsauer, 17. Aufl. (2016), § 35 Rn. 34. Vgl. auch Teil 2, D.II.2.
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Teil 2: Der harmonisierte verwaltungsrechtliche Rahmen im EWR
Übertragung beteiligten Versicherungsunternehmen verschiedene (Landes-)Aufsichtsbehörden zuständig sind, können und müssen die Versicherungsnehmer die jeweiligen Genehmigungen der Aufsichtsbehörden grundsätzlich getrennt mit Widerspruch beziehungsweise Anfechtungsklage angreifen.725 Gleiches wird man bei grenzüberschreitenden Übertragungen außerhalb des harmonisierten Bereichs anzunehmen haben. Da bei grenzüberschreitenden Übertragungen innerhalb des harmonisierten Bereichs jedoch nur die Genehmigung der für das übertragende Versicherungsunternehmen zuständigen Aufsichtsbehörde, mithin nur ein Verwaltungsakt vorgesehen ist, kann es im Rahmen des grenzüberschreitenden Verwaltungsverfahrens nicht zu einer Differenzierung zwischen zwei separat anzugreifenden Genehmigungen kommen. Dies bedingt eine Konzentration auch des Rechtsschutzes und führt damit das Konzept des transnationalen Verwaltungsaktes konsequent weiter. Dabei stellen sich jedoch Kompetenzfragen im Zusammenhang mit fehlerhaften transnationalen Verwaltungsakten726. (3) Prüfungskompetenzen der BaFin im Widerspruchsverfahren Aufgrund der transnationalen Wirkung der Genehmigung könnte in Betracht gezogen werden, dass EWR-ausländische Aufsichtsbehörden – insbesondere auf Antrag von in anderen Mitglied- oder Vertragsstaaten betroffenen Versicherungsnehmern – eine Überprüfung der von der BaFin erteilten Genehmigung vornehmen. Hiergegen hat Neßler jedoch zutreffend festgestellt, dass die mit dem Rechtsinstitut des transnationalen Verwaltungsaktes intendierten Erleichterungen bei der Ausübung der Grundfreiheiten nicht erreicht werden können, wenn einzelnen nationalen Behörden eine Prüfungskompetenz hinsichtlich der transnationalen Wirkung solcher Verwaltungsakte eingeräumt würde.727 Danach können die Überprüfung und eine gegebenenfalls daraus resultierende Beseitigung eines transnationalen Verwaltungsaktes grundsätzlich nur von den Behörden des Staates, nach dessen Recht der Verwaltungsakt erlassen wurde, vorgenommen werden.728 Im Zusammenhang mit der Errichtung von Zweigniederlassungen hat die High-Level Group on Financial Supervision in the EU zwar gefordert, dass ein wirksames Verfahren, mit dem die Aufsichtsbehörden des Herkunftsstaates Entscheidungen der Aufsichtsbehörde des Aufnahmestaates anfechten können, implementiert werden sollte. Ebenfalls sollten Tempo und Wirksamkeit der Vereinbarungen über die sich noch im Entwicklungsstadium befindliche gegenseitige Überprüfung der Aufsichtsbehörden gesteigert und
725 Schmid, Bestandsübertragung und Umwandlung von Versicherungsunternehmen (2010), Rn. 568, 1215. 726 Grundlegend zum Problem des fehlerhaften transnationalen Verwaltungsaktes Neßler, NVwZ 1995, 863 (865). 727 Neßler, NVwZ 1995, 863 (865). 728 Schmidt-Aßmann, Verwaltungsrechtliche Dogmatik (2013), S. 89; Ramsauer, in: Kopp/ Ramsauer, 17. Aufl. (2016), § 35 Rn. 34; Neßler, Europäisches Richtlinienrecht wandelt deutsches Verwaltungsrecht (1994), S. 32 ff.; Bälz/Kuntz, VersR 2005, 310 (315).
E. Rechtsschutz im grenzüberschreitenden Verwaltungsverfahren
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ein verbindliches Schlichtungsverfahren eingeführt werden.729 Diese Überlegungen ließen sich ohne Weiteres auch auf die Problematik grenzüberschreitender Übertragungen von Versicherungsbeständen übertragen,730 was zu einer deutlichen Einschränkung des Instituts des transnationalen Verwaltungsaktes führen würde.731 Soweit dazu jedoch ein verbindliches autonom-europäisches Verfahren bereitgestellt würde, könnte dieses die Akzeptanz transnationaler Verwaltungsakte im Ergebnis sogar steigern. Denn die generelle Skepsis gegenüber der transnationalen Wirkung wird maßgeblich mit dem Kompetenzverlust nationaler Behörden und Gerichte hinsichtlich der Überprüfungsmöglichkeiten ausländischer Verwaltungsentscheidungen und damit letztlich mit mangelndem gegenseitigem Vertrauen der am grenzüberschreitenden Verwaltungsverfahren beteiligten Funktionsträger begründet.732 Mit der Schaffung eines verbindlichen Überprüfungsverfahrens als Kontrollmechanismus für bestimmte Mängel transnationaler Verwaltungsakte könnten daher gegenüber diesem Rechtsinstitut bestehende psychologische Hemmnisse seitens der nationalen Verwaltungsorgane abgebaut werden. Solange es jedoch an einem solchen Verfahren mangelt, muss es aus Gründen der Effizienz der europäischen Verwaltung bei dem Grundsatz der alleinigen Überprüfungskompetenz derjenigen nationalen Aufsichtsbehörde, die den transnationalen Verwaltungsakt erlassen hat, bleiben.733 Soweit es sich bei dem zu übertragenden Bestand um im Inland 729 de Larosière-Bericht (2009), Rn. 157 f.; siehe auch Erwägungsgrund 20 der Omnibus II-Richtlinie. 730 Schmidt-Aßmann, Verwaltungsrechtliche Dogmatik (2013), S. 91 äußert hinsichtlich sekundärrechtlich angeordneter Anerkennungspflichten die allgemeine Forderung, entsprechende Kontrollmechanismen zu schaffen oder die Anerkennung unter einschränkende Voraussetzungen zu stellen. 731 Zu den insoweit bestehenden – zweifelhaften – Befugnissen der EIOPA nach der EIOPA-VO vgl. Teil 2, B.II.2.a)cc)(2). 732 Zu diesem europaweiten interadministrativen Vertrauen als Grundvoraussetzung für transnationale Verwaltungsakte und für ein effizientes Funktionieren des Europäischen Verwaltungsverbundes sowie damit verbundenen Problemen Schmidt-Aßmann, Verwaltungsrechtliche Dogmatik (2013), S. 91 ff. m. w. Nachw.; zu wechselseitigem Vertrauen als Voraussetzung für gegenseitige Anerkennung auch Classen, in: von der Groeben/Schwarze/Hatje, 7. Aufl. (2015), Art. 114 AEUV Rn. 20. 733 Anderes kann nur in Fällen nichtiger Verwaltungsakte gelten. Nichtige Verwaltungsakte brauchen von ausländischen Behörden bereits deshalb nicht berücksichtigt werden, da sie keinerlei – und damit auch keine transnationalen – Rechtswirkungen entfalten können, vgl. Neßler, NVwZ 1995, 863 (865); differenzierter, aber im Ergebnis wohl ebenso Schmidt-Aßmann, Verwaltungsrechtliche Dogmatik (2013), S. 89 f. m. w. Nachw. Im Schrifttum zum internationalen öffentlichen Recht bestehen Tendenzen zu einer über die Fälle nichtiger transnationaler Verwaltungsakte hinausgehenden Ausnahmebefugnis der Staaten, ausländischen Entscheidungen entgegen einer bestehenden Anerkennungspflicht die Anerkennung zu verweigern. Dazu Wenander, ZaöRV 2011, 755 (775 f.): „Nevertheless, it might be argued that the host state should be entitled to refuse recognition in some situations. If the deviation from convention requirements is a substantial one, the interest of the host state for maintaining certain levels of protection could justify a refusal to recognise a foreign decision. In some situations, arguments concerning public order (ordre public) may also justify the refusal to recognise a foreign administrative decision. The possibility of invoking public order in exceptional cases
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Teil 2: Der harmonisierte verwaltungsrechtliche Rahmen im EWR
abgeschlossene Verträge handelt, würde eine alleinige Überprüfungskompetenz der BaFin für die betroffenen Versicherungsnehmer nichts ändern. Handelt es sich hingegen um im Wege der Niederlassungsfreiheit oder der Dienstleistungsfreiheit im EWR-Ausland abgeschlossene Verträge, können die Versicherungsnehmer die Genehmigung aufgrund der Genehmigungskonzentration ebenfalls ausschließlich von der BaFin überprüfen lassen und nicht etwa auch von der Aufsichtsbehörde im Staat der Niederlassung oder der Dienstleistung. Dies könnte sich für solche Versicherungsnehmer als benachteiligend darstellen. Insoweit ist jedoch zunächst die dem sogenannten Initiativmodell in der Zweiten Richtlinie Lebensversicherung zugrundeliegende ratio zu berücksichtigen, der zufolge Versicherungsnehmer weniger schutzbedürftig sind, wenn ein derartiger Vertragsschluss auf ihre Initiative erfolgt.734 Ungeachtet dessen stellt eine alleinige Überprüfungskompetenz der BaFin für diese Versicherungsnehmer im Ergebnis jedoch rein tatsächlich keine Benachteiligung dar.735 Denn mangels Genehmigungskonzentration sind außerhalb des harmonisierten Bereichs bei Beteiligung unterschiedlicher Aufsichtsbehörden regelmäßig die Genehmigungen beider Behörden separat und damit jedenfalls auch diejenige der BaFin anzugreifen.736 Gegen von der BaFin erteilte Genehmigungen sind damit bis auf Weiteres allein die Rechtsmittel der VwGO statthaft. Gemäß § 68 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 VwGO sind vor Erhebung einer Anfechtungsklage oder Verpflichtungsklage Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des Verwaltungsaktes in einem Vorverfahren zu überprüfen. Zuständig für dieses Widerspruchsverfahren ist gemäß § 73 Abs. 1 Nr. 1 VwGO grundsätzlich die nächsthöhere Behörde. Bei der Bundesoberbehörde BaFin als Ausgangsbehörde wäre dies gemäß § 2 FinDAG das Bundesministerium der Finanzen. Da es sich bei dem Bundesministerium der Finanzen jedoch um eine oberste Bundesbehörde handelt, ist gemäß § 73 Abs. 1 Nr. 2 VwGO die BaFin als Aus-
could be considered an instrument for fine-tuning the balance between international cooperation and national self-determination. In addition, situations may occur where a foreign burdensome decision violates the fundamental rights of an individual in some respect.“ Der Ausnahmecharakter dieser Befugnis wird dabei hinreichend verdeutlicht. In Abgrenzung dazu führt Wenander, ZaöRV 2011, 755 (776 f.) zur EU in Übereinstimmung mit der hier vertretenen Ansicht zudem weiter aus: „The ECJ case-law in different fields means that a state may not refuse to recognise a supposedly erroneous decision. The ECJ has pointed out that the action available to the host state in such a situation is to contact the issuing state to draw attention to the alleged error. As a last resort, the host state may bring infringement proceedings against the other Member State. In other words, such a conflict should be addressed on the inter-state level and not in the individual case. However, if the errors in the foreign decision are so evident that that decision could be considered a nullity, the case-law of the ECJ leaves some room for a refusal to recognise.“ 734 Vgl. dazu Teil 2, D.II.1.b)bb)(1); Teil 2, D.II.1.b)bb)(3). 735 Beachte aber Teil 2, E.II.4.b)cc). 736 Teil 2, E.I.3.a)aa)(2).
E. Rechtsschutz im grenzüberschreitenden Verwaltungsverfahren
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gangsbehörde in Abweichung vom vorgenannten Grundsatz zugleich die zuständige Widerspruchsbehörde.737 Aufgrund der transnationalen Wirkung der Genehmigung stellt sich die Frage der Prüfungskompetenzen der BaFin im Rahmen des Widerspruchsverfahrens. Unstreitig von der Prüfungskompetenz erfasst sind diejenigen Entscheidungen im Rahmen des grenzüberschreitenden Verwaltungsverfahrens, die die BaFin selbst getroffen hat. Dabei handelt es sich um nach deutschem Aufsichtsrecht ergangene Entscheidungen.738 Mit der Prüfungskompetenz der BaFin ist in diesem Kontext folglich im Wesentlichen die Frage angesprochen, ob sich diese auch auf Akte einer EWR-ausländischen Aufsichtsbehörde wie etwa eine erteilte Zustimmung oder eine ausgestellte Solvabilitätsbescheinigung erstreckt.739 Hinsichtlich Zustimmung und Solvabilitätsbescheinigung besteht grundsätzlich eine EWR-weite Anerkennungspflicht.740 Würde man im Widerspruchsverfahren eine dahingehende Prüfungskompetenz der Aufsichtsbehörde des übertragenden Unternehmens vor diesem Hintergrund vollständig ausschließen, bedeutete dies einen Schutzverlust der Versicherungsnehmer im Vergleich zu einem nicht harmonisierten Verfahren, bei dem die Genehmigungen beider Aufsichtsbehörden grundsätzlich separat angreifbar sind. Eine erforderliche Zustimmung und die Solvabilitätsbescheinigung sind Voraussetzungen für eine Genehmigung;741 beide werden aber als solche schon mangels Außenwirkung regelmäßig nicht von den Versicherungsnehmern isoliert angreifbar sein.742 Da die für das übertragende Versicherungsunternehmen zuständige Aufsichtsbehörde die Übertragung abschließend unter Berücksichtigung sämtlicher Voraussetzungen – und damit auch solcher, die durch EWR-ausländische Aufsichtsbehörden erfüllt werden – entscheidet, wird man ihr jedenfalls in gewissem Umfang auch im Widerspruchsverfahren ein dahingehendes Prüfungsrecht zugestehen müssen.743 Die Prüfungskompetenz der BaFin erstreckt sich somit grundsätzlich auch auf von EWR-ausländischen Aufsichtsbehörden erteilte Zustimmun-
737 Bälz/Kuntz, VersR 2005, 310 (315); Koerfer, in: Semler/Stengel, 3. Aufl. (2012), Anhang § 119 UmwG Rn. 66, 99. Zu behördeninternen Organisationsvorkehrungen zur Wahrung der Sinnhaftigkeit des Vorverfahrens trotz Identität von Ausgangs- und Widerspruchsbehörde Fricke, NversZ 2002, 337 (342). 738 Bälz/Kuntz, VersR 2005, 310 (315). 739 Bälz/Kuntz, VersR 2005, 310 (315 f.). 740 Siehe Teil 2, D.III.2.a); Teil 2, D.III.2.b). 741 Diehl/Seemayer, in: Brand/Baroch Castellvi, 1. Aufl. (2018), § 13 Rn. 44. 742 Bälz/Kuntz, VersR 2005, 310 (317). Vgl. dazu insbesondere Teil 2, E.I.3.a)bb); Teil 2, E.I.3.a)dd). 743 Bälz/Kuntz, VersR 2005, 310 (313 f.) weisen darauf hin, dass die BaFin in Verwirklichung des Sitzlandprinzips eine Zustimmung bereits im Verwaltungsverfahren jedenfalls auf offensichtliche Mängel zu prüfen hat. Im Fall einer offensichtlich zu Unrecht erteilten Zustimmung soll die BaFin berechtigt sein, aus diesem Grund die Genehmigung abzulehnen; vgl. dazu auch Fn. 733. Dieser Auffassung wird hier gefolgt. Dann ist es konsequent, eine solche Prüfungsbefugnis auch im Widerspruchsverfahren anzuerkennen.
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Teil 2: Der harmonisierte verwaltungsrechtliche Rahmen im EWR
gen beziehungsweise Solvabilitätsbescheinigungen.744 Vor dem Hintergrund des Anerkennungsprinzips sowie aus Gründen der Praktikabilität sind insoweit jedoch Einschränkungen hinsichtlich des Prüfungsmaßstabs indiziert.745 Die von EWRausländischen Aufsichtsbehörden im grenzüberschreitenden Verwaltungsverfahren getroffenen Entscheidungen sind anhand des insoweit jeweils maßgeblichen ausländischen öffentlichen Rechts zu prüfen.746 Eine vollumfängliche Prüfung ausländischer Mitwirkungsakte nach dem (Aufsichts-)Recht des jeweiligen Mitglied- oder Vertragsstaates dürfte die BaFin aber schon rein tatsächlich nicht zu leisten imstande sein. Daher ist eine für die Verwaltungspraxis handhabbare Beschränkung des Prüfungsmaßstabs zwingend erforderlich. Dabei dürfte eine Beschränkung in Anlehnung an die Problematik nichtiger transnationaler Verwaltungsakte,747 mithin auf eklatante Fehler in der Solvabilitätsbescheinigung oder eine offensichtlich zu Unrecht erteilte Zustimmung, sachgerecht sein.748 Bei berechtigten Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit EWR-ausländischer Verwaltungsentscheidungen käme überdies seitens der BaFin in Betracht, im Kooperationswege eine inzidente Prüfung des Mitwirkungsaktes durch die insoweit zuständige EWR-ausländische Aufsichtsbehörde einzufordern. Eine derartige Prüfung würde berücksichtigen, dass eine in einem kooperativen Verfahren erteilte Genehmigung im Widerspruchsverfahren konsequenterweise auch kooperativ überprüft werden sollte.
744 Zur Anwendbarkeit ausländischen öffentlichen Rechts im deutschen Verwaltungsverfahren und einer daraus resultierenden Prüfungskompetenz der Widerspruchsbehörde und des Verwaltungsgerichts auch Bälz/Kuntz, VersR 2005, 310 (312 f.). Danach stellt § 14 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 VAG a. F. (nunmehr § 13 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 VAG) hinsichtlich der Zustimmung den einer Kollisionsnorm im Internationalen Privatrecht ähnelnden Anküpfungsgegenstand zur Anwendung EWR-ausländischen öffentlichen Rechts dar. Gleiches gilt dann für § 13 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 VAG (§ 14 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 VAG a. F.) hinsichtlich der Solvabilitätsbescheinigung. 745 Bälz/Kuntz, VersR 2005, 310 (316). 746 Bälz/Kuntz, VersR 2005, 310 (313 f., 316). 747 Dazu Fn. 733. 748 Bälz/Kuntz, VersR 2005, 310 (316) leiten diese Beschränkung rechtsdogmatisch in analoger Anwendung des § 44 Abs. 1 VwVfG her. Dem ist im Ergebnis zuzustimmen. Zu berücksichtigen ist jedoch, dass es sich bei der Zustimmung schon nicht um einen Verwaltungsakt handelt. § 44 VwVfG enthält jedoch einen allgemeinen Rechtsgrundsatz der auf sonstige einseitige Verwaltungshandlungen entsprechend anwendbar ist, vgl. BVerwG, Beschluss vom 13. Oktober 1985 – 6 P 14/84 –, BVerwGE 75, 62 = NVwZ 1987, 230; zuletzt VG Berlin, Beschluss vom 12. März 2013 – VG 72 K 1.13 PVB –, BeckRS 2013, 48360; vgl. auch Schemmer, in: BeckOK VwVfG, 32. Aufl. (2016), § 44 VwVfG Rn. 5. Bei der von Bälz/Kuntz, VersR 2005, 310 (316) vorgeschlagenen Übertragung auf die grenzüberschreitende Behördenkooperation und damit auf eine Verwaltungshandlung einer EWR-ausländischen Aufsichtsbehörde ohne Verwaltungsaktqualität handelt es sich folglich um eine doppelte Analogie.
E. Rechtsschutz im grenzüberschreitenden Verwaltungsverfahren
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(4) Verwaltungsgerichtliche Prüfungskompetenzen Hilft die BaFin dem Widerspruch gegen die Genehmigung nicht ab,749 stellt sich die Frage nach verwaltungsgerichtlichem Rechtsschutz. Statthafte Klageart gegen eine von der BaFin erteilte Genehmigung ist die Anfechtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO.750 Daran ändert sich auch aufgrund der transnationalen Wirkung des Verwaltungsaktes nichts.751 Die Konzeption transnationaler Verwaltungsakte und Effizienzüberlegungen lassen grundsätzlich allein eine Prüfungs- und gegebenenfalls Aufhebungskompetenz der Gerichte desjenigen Mitglied- oder Vertragsstaates, nach dessen Recht der transnationale Verwaltungsakt erlassen wurde, zu.752 In erster Instanz zuständiges Gericht für Anfechtungsklagen gegen die Erteilung der Genehmigung der BaFin ist gemäß § 52 Nr. 2 VwGO, § 1 Abs. 3 S. 1 FinDAG das Verwaltungsgericht Frankfurt am Main.753 Die deutsche Verwaltungsgerichtsbarkeit ist im Grundsatz nur dann zuständig, wenn deutsches öffentliches Recht den Streitgegenstand bildet. Dies ist bei der Genehmigung der BaFin unstreitig der Fall. Dass deutsche Verwaltungsgerichte in Ausnahmefällen auch über ausländisches öffentliches Recht judizieren dürfen, wird in der Literatur überwiegend anerkannt. Konkrete Voraussetzungen für eine derartige Justiziabilität werden indes nicht genannt.754 Fehlen soll es an der deutschen Ge749 Ein entsprechender Widerspruchsbescheid wird gemäß § 73 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 VwGO von der BaFin selbst erlassen. Er ist gemäß § 73 Abs. 3 S. 1 VwGO zu begründen, mit einer Rechtsmittelbelehrung zu versehen und zuzustellen. 750 Bälz/Kuntz, VersR 2005, 310 (315). 751 Transnationale Verwaltungsakte – wie hier im Bereich der Versicherungsaufsicht – unterscheiden sich damit auch hinsichtlich des Rechtsschutzes erheblich von der grundsätzlich unionsweiten Wirkung von Entscheidungen europäischer Verwaltungsorgane wie etwa Beschlüssen der EZB im Rahmen der direkten Bankenaufsicht nach Maßgabe des SSM. Für letztere besteht grundsätzlich ein unionsverwaltungsrechtliches Rechtsschutzmodell mit einem internen Kontrollverfahren bei der EZB sowie der ausschließlichen Zuständigkeit der Unionsgerichte. Statthafte Klageart ist dort die Nichtigkeitsklage gemäß Art. 263, 264 AEUV, vgl. dazu Sacarcelik, BKR 2013, 353 (358 f.). Ausführlich zu Kompetenzfragen im Rahmen des Rechtsschutzes in der Bankenunion und daraus resultierenden rechtlichen Unsicherheiten Kämmerer, WM 2016, 1. Die grundsätzliche Zuständigkeit der Unionsgerichte folgt bei der Bankenaufsicht aus der direkten Anwendung europäischen Rechts durch die EZB. Eine entsprechende Zuständigkeit der Unionsgerichte für transnationale Verwaltungsakte kann hingegen nicht bestehen, da es sich im Kern um nationale Verwaltungsakte handelt und den Unionsgerichten die Prüfungs- und Verwerfungskompetenz über innerstaatliches – auch bereits harmonisiertes – Recht fehlt. 752 W. R. Schenke/Ruthig, in: Kopp/Schenke, 22. Aufl. (2016), § 40 Rn. 37d m. w. Nachw.; Neßler, NVwZ 1995, 863 (865); Schmidt-Aßmann, Verwaltungsrechtliche Dogmatik (2013), S. 89, 126 ff. 753 Rüdt, in: Bähr, Hdb. Versicherungsaufsichtsrecht (2011), § 14 Rn. 114; Koerfer, in: Semler/Stengel, 3. Aufl. (2012), Anhang § 119 UmwG Rn. 66, 99. Ausführlich auch zur ursprünglich erstinstanzlichen Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts und den verwaltungsprozessualrechtlichen Änderungen durch das FinDAG Fricke, NVersZ 2002, 337 (342 f.). 754 Siehe nur Ehlers, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 30. EL (2016), Vorbem. § 40 Rn. 64 m. w. Nachw.
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richtsbarkeit jedenfalls dann, wenn Rechtsschutz gegen ausländische, gemeinschaftsrechtliche, zwischenstaatliche oder grenzüberschreitende Rechtsakte begehrt wird.755 Die Einbeziehung grenzüberschreitender Rechtsakte in die vorstehende Aufzählung kann nur in Betracht kommen, soweit sie derartige von ausländischen Behörden erlassene Rechtsakte mit Wirkungen im Inland betrifft.756 Denn ein Ausschluss der Justiziabilität von deutschen Behörden erlassener grenzüberschreitender Rechtsakte vor deutschen Gerichten würde evident gegen Art. 19 Abs. 4 GG verstoßen.757 Soweit Träger deutscher Staatsgewalt einen transnationalen Verwaltungsakt als Tatbestandsvoraussetzung für eigenes Handeln anerkennen, wenden sie nicht ausländisches öffentliches Recht an, sondern sie werden in Ausübung deutscher Staatsgewalt tätig.758 Dies dürfte auch hinsichtlich der Anerkennung verwaltungsinterner Mitwirkungsakte ausländischer Behörden gelten. Im grenzüberschreitenden Verwaltungsverfahren erkennt die BaFin eine Zustimmung oder Solvabilitätsbescheinigung einer EWR-ausländischen Aufsichtsbehörde als Tatbestandsvoraussetzung für eigenes hoheitliches Handeln an. Insoweit handelt es sich im Ergebnis um die Ausübung deutscher Staatsgewalt unter Anerkennung eines für den Erlass des Verwaltungsaktes erforderlichen Mitwirkungsaktes einer EWR-ausländischen Aufsichtsbehörde. Hinsichtlich des Prüfungsumfangs insbesondere im Hinblick auf Mitwirkungsakte EWR-ausländischer Aufsichtsbehörden gilt das zum Prüfungsumfang der BaFin im Widerspruchsverfahren Ausgeführte grundsätzlich sinngemäß.759 Das Verwaltungsgericht hat danach unstreitig eine dem deutschen Prüfungsmaßstab entsprechende umfassende Prüfungskompetenz, soweit es originäre Akte der BaFin betrifft. Jedenfalls das Vorliegen EWR-ausländischer Mitwirkungsakte muss darüber hinaus zwingend ebenfalls vom Prüfungsumfang gedeckt sein, da es sich um gesetzlich statuierte Tatbestandsvoraussetzungen handelt. Die Zustimmung EWR-ausländischer Behörden und die Solvabilitätsbescheinigung sind damit substantieller Bestandteil der Genehmigung, sodass Genehmigung, Solvabilitätsbescheinigung und – soweit erforderlich – Zustimmung in einem untrennbaren inneren Zusammenhang stehen. Da es sich indes um nach Maßgabe von EWR-ausländischem Recht ergangene Mitwirkungsakte handelt, ist der Prüfungsmaßstab deutscher Verwaltungsgerichte entsprechend der Kompetenz der BaFin im Widerspruchsverfahren einzuschränken.760 Eine Aufhebung der Genehmigung der BaFin aufgrund Fehlerhaftigkeit der Zustimmung oder der Solvabilitätsbescheinigung einer EWR-ausländischen 755
Ehlers, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 30. EL (2016), Vorbem. § 40 Rn. 69. Gegen einen solchen Ausschluss aber Schmidt-Aßmann, Verwaltungsrechtliche Dogmatik (2013), S. 99; vgl. Teil 2, E.III. 757 Für die Eröffnung des inländischen Verwaltungsrechtswegs auch insoweit bereits Bälz/ Kuntz, VersR 2005, 310 (315). 758 Ehlers, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 30. EL (2016), Vorbem. § 40 Rn. 69 m. w. Nachw. 759 Vgl. auch Bälz/Kuntz, VersR 2005, 310 (316). 760 Dazu Teil 2, E.I.3.a)aa)(3). 756
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Aufsichtsbehörde kann wegen des insoweit eingeschränkten Prüfungsmaßstabs folglich nur bei einer offensichtlich zu Unrecht erteilten Zustimmung oder einer eklatant fehlerhaften Solvabilitätsbescheinigung in Betracht kommen.761 Mit der dargestellten ausschließlichen Prüfungs- und Aufhebungskompetenz der Aufsichtsbehörden und Gerichte des Staates der den transnationalen Verwaltungsakt erlassenden Aufsichtsbehörde geht die Erkenntnis einher, dass auch rechtswidrige – aber nicht nichtige – Verwaltungsakte transnationale Wirkung entfalten können. Sie sind im EWR-Ausland grundsätzlich nicht angreifbar und damit auch in ihrer Fehlerhaftigkeit anzuerkennen.762 Erschwert wird diese Tatsache noch dadurch, dass eine fortbestehende Rechtswidrigkeit derartiger transnationaler Verwaltungsakte auch durch den eingeschränkten Prüfungsmaßstab hinsichtlich des EWR-ausländischen Mitwirkungsaktes begünstigt wird. Denn ungeachtet einer etwaigen Anfechtung kann ein rechtswidriger Verwaltungsakt insbesondere gemäß §§ 48, 49 VwVfG auch nach Eintritt der Unanfechtbarkeit von der Erlassbehörde im Wege der Rücknahme oder des Widerrufs aufgehoben werden.763 Danach könnte die BaFin eine als fehlerhaft erkannte Genehmigung zwar grundsätzlich aufheben. Soweit sich die Rechtswidrigkeit jedoch auf die Mitwirkungsakte EWR-ausländischer Behörden bezieht, ergeben sich hieraus indes keine weitergehenden Prüfungskompetenzen. bb) Rechtsschutz gegen eine Zustimmung der BaFin Anders als die Genehmigung ist die Zustimmung der BaFin nicht mit Außenwirkung versehen und stellt daher keinen Verwaltungsakt dar. Sie ist gleichwohl, soweit von Art. 39 Abs. 4 Solvency II und § 63 Abs. 1 S. 1 VAG (§ 111d S. 1 VAG a. F.) vorgesehen, ein für die Erteilung der Genehmigung im grenzüberschreitenden Verwaltungsverfahren erforderlicher behördlicher Mitwirkungsakt. Im deutschen Verwaltungsrecht wurde für Verwaltungsakte, an deren Erlass mehrere Behörden mitwirken, der Begriff mehrstufiger Verwaltungsakt764 und für einen dabei zwingend erforderlichen, aber grundsätzlich nur intern für das Verwaltungsverfahren bedeutsamen behördlichen Mitwirkungsakt der Begriff Verwaltungsinternum765 geprägt. Rechtsschutz besteht bei solchen Konstellationen grundsätzlich nur gegen den endgültigen Verwaltungsakt der Erlassbehörde, nicht hingegen gegen vorgela761 Beachte insoweit aber die unter Teil 2, E.III.4. angeregte Ausweitung des Prüfungsmaßstabs. 762 Neßler, NVwZ 1995, 863 (865); Schmidt-Aßmann, Verwaltungsrechtliche Dogmatik (2013), S. 89. 763 Vgl. etwa Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. (2018), § 48 Rn. 49; Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. (2018), § 49 Rn. 5 ff.; eingehend zur Rücknahme der aufsichtsbehördlichen Genehmigung Bornschlegl, Die Bestandsübertragung nach dem VAG (2014), S. 121 ff. 764 Etwa von Alemann/Scheffczyk, in: BeckOK VwVfG, 32. Aufl. (2016), § 35 Rn. 82. 765 Etwa Schenk, in: SZDK, 49. EL (2016), § 19 WHG Rn. 37; vgl. auch von Alemann/ Scheffczyk, in: BeckOK VwVfG, 32. Aufl. (2016), § 35 Rn. 182.
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gerte Mitwirkungsakte anderer beteiligter Behörden. Die isolierte Anfechtbarkeit eines Verwaltungsinternums kommt regelmäßig nicht in Betracht.766 In rein innerstaatlichen Konstellationen begegnet diese Konzeption im Ergebnis keinen Rechtsschutzbedenken. Anstatt isoliert gegen das Verwaltungsinternum – etwa die Erteilung oder Verweigerung des Einvernehmens einer Gemeinde im Rahmen einer Baugenehmigung gemäß § 36 Abs. 2 BauGB – vorzugehen, ist der endgültige Verwaltungsakt – etwa die Erteilung oder Ablehnung der begehrten Baugenehmigung – abzuwarten und dieser dann im Widerspruchsverfahren beziehungsweise mit einer Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage anzugreifen. Bei der Prüfung des Verwaltungsaktes wird inzident auch die Rechtmäßigkeit erforderlicher Mitwirkungsakte überprüft. Dass der Beschwerte den Widerspruch nicht gegen die Mitwirkungsbehörde, sondern gegen die den Verwaltungsakt erlassende Letztbehörde zu richten hat und das von ihm angegriffene Verwaltungsinternum dabei lediglich inzident geprüft wird, dürfte sich für den Beschwerten regelmäßig in keiner Weise belastend auswirken. Anders könnte dies jedoch im hier untersuchten grenzüberschreitenden Verwaltungsverfahren zu sehen sein. Verweigert man die isolierte Anfechtbarkeit einer Zustimmung der BaFin, kommt für den betroffenen Versicherungsnehmer nur Rechtsschutz durch die Gerichte des jeweiligen Mitglied- oder Vertragsstaates der Genehmigungsbehörde in Betracht. Aber auch insoweit kann die Prüfung verwaltungsinterner Mitwirkungsakte entsprechend den vorstehenden Ausführungen grundsätzlich nur anhand eines eingeschränkten Prüfungsmaßstabs erfolgen.767 Dies erscheint bei Versicherungsnehmern nicht zuletzt aus Verbraucherschutzgründen problematisch.768 Die Gewährung von Rechtsschutzmöglichkeiten gegen die Zustimmung der BaFin durch deutsche Behörden und Gerichte würde indes dem Institut des transnationalen Verwaltungsaktes widersprechen und insbesondere die durch das Sitzlandprinzip in der Versicherungsaufsicht erstrebte Einheitlichkeit der Entscheidungskompetenz gefährden. Die Zustimmung steht mit der Genehmigung in einem untrennbaren inneren Zusammenhang, dem grundsätzlich nur eine einheitliche Prüfung auf Seiten der Genehmigungsbehörde gerecht wird.769 Die durch dieses Ergebnis bedingte Benachteiligung der betroffenen Versicherungsnehmer ist zudem mit Blick auf die Bedeutung von § 63 Abs. 1 S. 1 VAG (§ 111d S. 1 VAG a. F.) zu relativieren. Die Zustimmung der BaFin ist danach erforderlich bei der Übertragung von Beständen, die ein EWR-ausländisches Versicherungsunternehmen durch eine Zweigniederlassung oder im Dienstleistungsverkehr in Deutschland abgeschlossen 766 Hüttenbrink, in: Kuhla/Hüttenbrink, Verwaltungsprozess, 3. Aufl. (2002), D. Klagearten Rn. 46 m. w. Nachw.; vgl. zum Ganzen auch Bälz/Kuntz, VersR 2005, 310 (317). 767 Vgl. Teil 2, E.I.3.a)aa); siehe ferner Teil 2, E.I.3.b). 768 Zur Vereinbarkeit des Ausschlusses inländischer Rechtsschutzmöglichkeiten und des daraus folgenden Verweises auf den EWR-ausländischen Rechtsweg mit der Rechtsweggarantie des Art. 19 Abs. 4 S. 1 GG Bälz/Kuntz, VersR 2005, 310 (318 f.); dazu auch Teil 2, E.III. 769 Anderes gilt aber für den Fall einer Verweigerung der Zustimmung aufgrund der dadurch faktisch bewirkten Verfahrensbeendigung, vgl. Teil 2, E.II.1.b)bb)(3); Teil 2, E.II.2.a).
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hat. Versicherungsnehmern sollte regelmäßig bewusst sein, dass diese Geschäftstätigkeit nur eingeschränkt der deutschen Versicherungsaufsicht untersteht. Diese Wertung lag bereits dem sogenannten Initiativmodell unter der Zweiten Richtlinie Lebensversicherung zugrunde, nach dessen ratio Versicherungsnehmer weniger schutzbedürftig sind, wenn ein derartiger Vertragsschluss auf ihre Initiative erfolgt.770 In solchen Fällen könnte gleichwohl – insbesondere, wenn sich Versicherungsnehmer explizit gegen die Erteilung der Zustimmung durch die BaFin zur Wehr setzen wollen – eine Unterstützung der Versicherungsnehmer durch die BaFin angedacht werden.771 cc) Rechtsschutz gegen eine Solvabilitätsbescheinigung der BaFin Rechtsschutzbegehren der Versicherungsnehmer können sich im Einzelfall auch gegen eine fehlerhafte Solvabilitätsbescheinigung der BaFin richten. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn Versicherungsnehmer des übertragenden Versicherungsunternehmen oder des übernehmenden Versicherungsunternehmens der Auffassung sind, dass das übernehmende inländische Unternehmen nicht über ausreichende Solvabilität zur Übernahme des Versicherungsbestands verfügt.772 Die Solvabilitätsbescheinigung ist kein Verwaltungsakt, sondern stellt – wie die Zustimmung – lediglich ein Verwaltungsinternum im grenzüberscheitenden Verwaltungsverfahren dar.773 Entsprechend den vorstehenden Ausführungen zur Zustimmung der BaFin kommt eine isolierte Anfechtbarkeit der die ausreichende Solvabilität bestätigenden Bescheinigung grundsätzlich nicht in Betracht.774 Die Versicherungsnehmer sind auch insoweit aufgrund der Einheitlichkeit der Entscheidungskompetenz auf den Rechtsschutz in dem jeweiligen Mitglied- oder Vertragsstaat der Genehmigungsbehörde zu verweisen.
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Vgl. dazu Teil 2, D.II.1.b)bb)(1); Teil 2, D.II.1.b)bb)(3). Die BaFin ist bei der Genehmigung einer Übertragung – gerade weil die Versicherungsnehmer daran nicht beteiligt sind – primär dem Schutz der Versicherteninteressen verpflichtet, vgl. Präve, in: Prölss, 12. Aufl. (2005), § 14 Rn. 24. Für die Erteilung einer Zustimmung im grenzüberschreitenden Verwaltungsverfahren muss dieser Grundsatz aufgrund der erörterten Einschränkung inländischen Rechtsschutzes umso mehr gelten. Aus dieser Schutzpflicht der BaFin gegenüber den betroffenen Versicherungsnehmern ließe sich etwa eine Informations- und gegebenenfalls Unterstützungspflicht hinsichtlich der Rechtsschutzmöglichkeiten im EWR-Ausland ableiten. Beachte auch die unter Teil 2, E.III. angeregte Ausweitung des Prüfungsmaßstabs. 772 Zur Klagebefugnis der Versicherungsnehmer des übernehmenden Versicherungsunternehmen siehe Teil 2, E.I.3.a)aa)(1). 773 Vgl. Teil 2, D.III.2.a). 774 Anderes gilt aber für den Fall einer Negativbescheinigung beziehungsweise einer Verweigerung der Ausstellung der Solvabilitätsbescheinigung aufgrund der dadurch faktisch bewirkten Verfahrensbeendigung, vgl. Teil 2, E.II.1.b)bb)(3); Teil 2, E.II.2.b). 771
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dd) Rechtsschutz gegen eine Stellungnahme der BaFin Art. 39 Abs. 3 Solvency II sieht grundsätzlich eine Konsultationspflicht der für eine Zweigniederlassung zuständigen Behörde vor. Gemäß Art. 39 Abs. 4 Solvency II ist eine Zustimmung indes nur derjenigen Behörden der Mitglied- oder Vertragsstaaten erforderlich, in denen die Verträge nach dem Niederlassungsrecht oder im Rahmen der Dienstleistungsfreiheit geschlossen wurden. Im Einklang mit dieser Systematik sieht § 63 Abs. 2 VAG (§ 111d S. 3 VAG a. F.) lediglich dann eine eigenständige Stellungnahme der BaFin vor, wenn zwar ein Bestand einer deutschen Zweigniederlassung übertragen wird, dieser Bestand aber keine im Inland belegenen Risiken betrifft. Mit anderen Worten handelt es sich dabei regelmäßig um Versicherungsverträge, die über die Zweigniederlassung wiederum im Wege der Dienstleistungsfreiheit in einem dritten Mitglied- oder Vertragsstaat abgeschlossen wurden.775 Eine Stellungnahme hat indes – ebenso wie eine Zustimmung – keine Außenwirkung. Im Unterschied zu einer Zustimmung kommt einer Stellungnahme jedoch auch verwaltungsintern keine rechtlich verpflichtende Bedeutung zu. Sie ist für die Erteilung einer Genehmigung nicht erforderlich.776 Damit ist hinsichtlich der Stellungnahme eine isolierte Anfechtbarkeit erst recht abzulehnen. Anders als bei einer Zustimmung dürfte bei einer Stellungnahme in der Praxis aber auch kein Bedürfnis nach entsprechenden Rechtsschutz bestehen. b) Rechtsschutz gegen Akte EWR-ausländischer Aufsichtsbehörden Wie bereits im Zusammenhang mit der Frage nach dem Rechtsschutz gegen Mitwirkungsakte der BaFin angeklungen, bestehen in den Fällen, in denen EWRausländische Aufsichtsbehörden im grenzüberschreitenden Verwaltungsverfahren einen transnationalen Verwaltungsakt erlassen, der die Interessen inländischer Versicherungsnehmer betrifft, grundsätzlich keine Rechtsschutzmöglichkeiten im Inland.777 Die Versicherungsnehmer sind insoweit auf die nach dem maßgeblichen EWR-ausländischen Recht einschlägigen Rechtsschutzmöglichkeiten im Mitgliedoder Vertragsstaat der Genehmigungsbehörde zu verweisen.778 In vielen europäischen Rechtsordnungen bestehen insoweit im Grundsatz mit dem deutschen Verwaltungsrechtsschutzsystem vergleichbare Systeme, zum Teil gibt es aber auch erhebliche Unterschiede. Im Ergebnis werden gegen eine von der EWR-ausländischen Genehmigungsbehörde erteilte Genehmigung jedoch in allen Mitglied- oder Vertragsstaaten Rechtsmittel nach Maßgabe des jeweiligen nationalen öffentlichen Rechts bereitstehen.
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Dazu Teil 3, A.II.1.a)bb). Vgl. auch Teil 2, D.III.2.c). 777 So auch Lüttringhaus, VersR 2008, 1036 (1039). 778 Zur Vereinbarkeit dieser Konzeption mit der Rechtsweggarantie des Art. 19 Abs. 4 GG siehe Teil 2, E.III. Beachte aber Fn. 771. 776
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II. Verwaltungsrechtsschutz der Versicherungsunternehmen Neben dem Rechtsschutz der Versicherungsnehmer im grenzüberschreitenden Verwaltungsverfahren stellt sich auch die Frage nach Rechtsschutzmöglichkeiten der an einer Übertragung beteiligten Versicherungsunternehmen.779 Diese spielen insbesondere dann eine Rolle, wenn die beantragte Genehmigung abgelehnt oder das Genehmigungsverfahren verzögert wird. Da die Versicherungsunternehmen selbst Adressaten einer etwaigen Ablehnung der Genehmigung sind, kommt insoweit regelmäßig Verwaltungsrechtsschutz in Form von Widerspruch und Verpflichtungsklage in Betracht. 1. Rechtsschutz gegen die Ablehnung der Genehmigung durch die BaFin Die Ablehnung der Genehmigung einer grenzüberschreitenden Übertragung eines Versicherungsbestands durch die BaFin kann nach der Konzeption des § 13 Abs. 2 S. 2 VAG (§ 14 Abs. 2 S. 2 VAG a. F.) im Wesentlichen auf zwei Ursachenkomplexe zurückzuführen sein. Dabei handelt es sich zum einen um in die originäre Prüfungskompetenz der BaFin fallende Gründe, zum anderen um solche Gründe, die im grenzüberschreitenden Verwaltungsverfahren in die Prüfungskompetenz der jeweiligen EWR-ausländischen Aufsichtsbehörden fallen.780 a) Bei Vorliegen von Zustimmung und Solvabilitätsbescheinigung Um in die originäre Prüfungskompetenz der BaFin fallende Gründe handelt es sich, wenn gemäß § 13 Abs. 2 S. 2 Hs. 2 VAG (§ 14 Abs. 2 S. 2 Hs. 2 VAG a. F.) erforderliche Mitwirkungsakte EWR-ausländischer Aufsichtsbehörden erfolgt sind, das heißt Solvabilitätsbescheinigung und erforderliche Zustimmung vorliegen sowie eine etwaige Anhörung jedenfalls stattgefunden hat. Dann kann die BaFin die Ablehnung nur auf § 13 Abs. 2 S. 2 Hs. 1 VAG (§ 14 Abs. 2 S. 2 Hs. 1 VAG a. F.) und damit im Ergebnis § 13 Abs. 1 S. 2 VAG (§ 14 Abs. 1 S. 2 VAG a. F.) stützen. Das 779 Darüber hinaus können von Bestandsübertragungen und Umwandlungen auch die wirtschaftlichen Interessen der Anteilsinhaber der beteiligten Unternehmen beeinträchtigt werden. Auch für diese Interessengruppe stellen sich dann Rechtsschutzfragen. Dazu im innerstaalichen Kontext ausführlich Schmid, Bestandsübertragung und Umwandlung von Versicherungsunternehmen (2010), Rn. 565 ff., 602, 1160 ff. 780 Dies gilt grundsätzlich auch für Übertragungen von Rückversicherungsunternehmen gemäß § 166 Abs. 1 VAG (§ 121f Abs. 1 VAG a. F.). Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass im Rückversicherungsbereich keine über rein finanzielle Aspekte hinausgehende Interessenwahrung der Vorversicherer und nur ein eingeschränktes Kooperationsverfahren ohne Zustimmungspflichten vorgesehen ist. Originäre Prüfungskompetenzen bestehen daher im Ergebnis regelmäßig nur auf Seiten der die Solvabilitätsbescheinigung ausstellenden EWRausländischen Aufsichtsbehörde. Siehe zu dem insoweit grundsätzlich verringerten Schutzniveau auch Teil 3, A.II.2.a)aa)(3).
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wird regelmäßig dann der Fall sein, wenn die BaFin zu der Überzeugung kommt, dass durch die Übertragung die Belange der Versicherten nicht ausreichend gewahrt sind oder die Verpflichtungen aus den Versicherungen – trotz Vorliegens einer Solvabilitätsbescheinigung – nicht ausreichend als dauernd erfüllbar dargetan sind. Letzteres kann ausnahmsweise in Betracht kommen, wenn die für das übernehmende Versicherungsunternehmen zuständige Behörde die BaFin im Einklang mit Part IV 5.1.5 General Protocol on Collaboration im Rahmen des Konsultationsverfahrens darüber informiert hat, dass sie ungeachtet der bestätigten Mindestsolvabilität ernsthafte Bedenken hinsichtlich der künftigen Performance des übernehmenden Unternehmens hat. Da die Fehlerhaftigkeit der Ablehnung einer Genehmigung durch die BaFin in Fällen ordnungsgemäß erfolgter Behördenkooperation folglich ausschließlich mit nationalem Verwaltungshandeln begründet werden kann, ergeben sich insoweit im grenzüberschreitenden Verwaltungsverfahren keine Besonderheiten.781 Die Versicherungsunternehmen haben bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 13 Abs. 2 S. 2 VAG (§ 14 Abs. 2 S. 2 VAG a. F.) einen Anspruch auf Erteilung der Genehmigung. Die Verurteilung zum Erlass des abgelehnten Verwaltungsaktes kann nach erfolglosem Widerspruchsverfahren mit einer Verpflichtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 Alt. 2 VwGO erstritten werden.782 Ungeschriebene Voraussetzung soll jedoch sein, dass beide Vertragsparteien – übertragendes und übernehmendes Versicherungsunternehmen – entsprechende Rechtsmittel einlegen.783 b) Bei Fehlen von Zustimmung oder Solvabilitätsbescheinigung Eine Ablehnung der Genehmigung durch die BaFin kann auch auf Gründe zurückzuführen sein, die als solche nicht in die originäre Prüfungskompetenz der BaFin fallen. Die BaFin hat eine Genehmigung ungeachtet ihrer originären Prüfungskompetenz aus § 13 Abs. 2 S. 2 Hs. 1 VAG (§ 14 Abs. 2 S. 2 Hs. 1 VAG a. F.) abzulehnen, wenn die Voraussetzungen des § 13 Abs. 2 S. 2 Hs. 2 VAG (§ 14 Abs. 2 S. 2 Hs. 2 VAG a. F.) nicht erfüllt sind. Stellt die für das übernehmende Versicherungsunternehmen zuständige EWR-ausländische Aufsichtsbehörde die erforderliche Solvabilitätsbescheinigung nicht aus – etwa, weil das Unternehmen die Solvabilitätsvoraussetzungen tatsächlich nicht erfüllt oder die zuständige Aufsichtsbehörde ihrer Mitwirkungspflicht aus wirtschaftspolitischen oder anderen Gründen nicht nachkommt – darf die BaFin die Genehmigung nicht erteilen. Gleiches gilt, wenn eine erforderliche Zustimmung von der insoweit zuständigen Aufsichtsbe781
Bälz/Kuntz, VersR 2005, 310 (316). Bälz/Kuntz, VersR 2005, 310 (316); Koerfer, in: Semler/Stengel, 3. Aufl. (2012), Anhang § 119 UmwG Rn. 66. 783 Grote, in: MünchKomm-VVG, Bd. 1, 1. Aufl. (2010), Systematische Einführung in das Aufsichtsrecht Rn. 277; Rüdt, in: Bähr, Hdb. Versicherungsaufsichtsrecht (2011), § 14 Rn. 114; Präve, in: Prölss, 12. Aufl. (2005), § 14 Rn. 21, 36. 782
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hörde ausdrücklich verweigert wird.784 In diesen Fällen fehlt eine wesentliche Verfahrensvoraussetzung, ohne die die Genehmigung nicht als transnationaler Verwaltungsakt erlassen werden kann. In derartigen Konstellationen gestaltet sich die Beantwortung der Frage nach den Rechtsschutzmöglichkeiten der beteiligten Versicherungsunternehmen ungleich schwieriger. Denn Widerspruch und Verpflichtungsklage können faktisch nur dann zielführend sein, wenn der BaFin respektive der deutschen Verwaltungsgerichtsbarkeit eine Ersetzungsbefugnis hinsichtlich des fehlenden Mitwirkungsaktes oder jedenfalls dem zuständigen Verwaltungsgericht eine Verpflichtungsbefugnis auch gegenüber der EWR-ausländischen Aufsichtsbehörde zukommt. Soweit dies nicht der Fall ist, sind derartige Rechtsschutzbegehren von Anfang an praktisch aussichtslos. Denn selbst wenn man grundsätzlich eine Prüfungskompetenz hinsichtlich EWR-ausländischer Mitwirkungsakte auch in Fällen deren Verweigerung anerkennt, könnten die BaFin und das Verwaltungsgericht bei erkannter Rechtswidrigkeit der Verweigerung der EWR-ausländischen Aufsichtsbehörde diese weder zur Zustimmung verpflichten noch könnten sie den erforderlichen Mitwirkungsakt ersetzen. Erschwerend kommt hinzu, dass die Voraussetzungen, unter denen eine Zustimmung im grenzüberschreitenden Verwaltungsverfahren verweigert werden kann, nicht harmonisiert sind.785 Für die Erteilung der Zustimmung durch die BaFin gelten ausweislich § 63 Abs. 1 S. 2 VAG (§ 111d S. 2 VAG a. F.) zwar dieselben Voraussetzungen wie für die Erteilung einer Genehmigung. Indes ist deutsches Verwaltungsrecht insoweit nicht Prüfungsmaßstab. Vielmehr müsste die Rechtmäßigkeit einer Zustimmungsverweigerung durch eine EWR-ausländische Aufsichtsbehörde nach dem insofern maßgeblichen EWR-ausländischen Verwaltungsrecht geprüft werden. Ungeachtet der Schwierigkeiten bei der Prüfung der Rechtmäßigkeit der Zustimmung durch die BaFin oder das Verwaltungsgericht stellt sich maßgeblich die Frage, ob effektiver Rechtsschutz in Deutschland in einer solchen Konstellation überhaupt gewährleistet werden kann. Dabei kommt es im Rahmen eines Widerspruchsverfahrens zunächst entscheidend auf das Bestehen einer Ersetzungsbefugnis der Genehmigungsbehörde – hier also der BaFin – an. Da Art. 39 Solvency II und das VAG dazu schweigen, bietet sich insoweit ein Blick auf die Systematik der sogenannten mehrstufigen Verwaltungsakte in Deutschland an. Bei Erfolglosigkeit des Widerspruchsverfahrens stellt sich sodann die Frage, ob das Verwaltungsgericht in solchen Fällen entweder die beteiligte EWR-ausländische Aufsichtsbehörde zur Vornahme des Mitwirkungsaktes verpflichten kann oder die BaFin zur Erteilung der 784
Bei der Solvabilitätsbescheinigung reicht es insofern bereits aus, dass diese nicht erteilt wird. Hinsichtlich der Zustimmung wird hier auf eine explizite Verweigerung selbiger abgestellt. Dies ist insofern wichtig, da Art. 39 Abs. 5 Unterabs. 2 Solvency II und § 63 Abs. 3 VAG (§ 111d S. 4 VAG a.F.) eine Zustimmungsfiktion nach Ablauf von drei Monaten ohne jedwede Äußerung der Aufsichtsbehörde statuieren. In einem solchen Fall gilt die Zustimmung folglich als vorliegend, sodass sich die hier zu behandelnde Problematik nicht stellt. Vgl. zum Erfordernis einer ausdrücklichen Verweigerung zur Vermeidung der Fiktionswirkung des § 36 Abs. 2 S. 2 BauGB Reidt, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 13. Aufl. (2016), § 36 Rn. 5. 785 Pohlmann, in: FKBP, 5. Aufl. (2012), § 111d Rn. 3.
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Genehmigung verpflichten und damit den erforderlichen Mitwirkungsakt der EWRausländischen Aufsichtsbehörde im Ergebnis ersetzen kann. aa) Ersetzungsbefugnis der BaFin (1) Ersetzung einer Zustimmung Nach dem eindeutigen Wortlaut sowohl von Art. 39 Abs. 4 Solvency II als auch von § 13 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 VAG (§ 14 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 VAG a. F.) ist die Zustimmung der Aufsichtsbehörden der Mitglied- oder Vertragsstaaten, in denen die Verträge entweder nach dem Niederlassungsrecht oder im Rahmen der Dienstleistungsfreiheit geschlossen wurden beziehungsweise in denen die Risiken des Versicherungsbestands belegen sind, zwingende Voraussetzung für die Erteilung einer Genehmigung durch die BaFin. Grundsätzlich vergleichbare – in einem insoweit ebenfalls untrennbaren inneren Zusammenhang stehende – kooperative Genehmigungsverfahren sehen auf nationaler Ebene etwa § 36 Abs. 1 S. 1 BauGB, § 19 Abs. 3 WHG und § 9 Abs. 2 FernstrG vor.786 Dabei stimmt § 9 Abs. 2 FernstrG auch terminologisch mit der hier untersuchten Konstellation überein. Die Vorschrift lautet: Im Übrigen bedürfen Baugenehmigungen oder nach anderen Vorschriften notwendige Genehmigungen der Zustimmung der obersten Landesstraßenbaubehörden, wenn […]. § 36 Abs. 1 S. 1 BauGB und § 19 Abs. 3 WHG weichen zwar von dieser Terminologie ab. Dort heißt es, dass von der Baugenehmigungsbehörde im Einvernehmen mit der Gemeinde entschieden wird beziehungsweise die Planfeststellungs- oder Bergbehörde ihre Entscheidung im Einvernehmen mit der Wasserbehörde trifft. Diese Abweichung ist jedoch rein sprachlicher Natur.787 Die nach den letztgenannten Vorschriften jeweils erforderliche Einvernehmenserklärung ist eine Zustimmung und als solche ebenfalls ein Verwaltungsinternum.788 In diesen Bereichen des nationalen Verwaltungsrechts ist allgemein anerkannt, dass es sich bei dem Zustimmungserfordernis um zwingendes – eine Art Vetoposition begründendes – absolutes Verfahrensrecht789 handelt und die Genehmigung oder Entscheidung daher ohne die erforderliche Zustimmung nicht erteilt werden darf.790 Das gilt auch für den Fall, dass die Verweigerung der Zustimmung rechts786
Dem Bauplanungsrechtsschutz kommt Modellcharakter für andere Bereiche, in denen es um den Rechtsschutz gegen komplexe Verwaltungsentscheidungen geht, zu, vgl. Schmidt-Aßmann, in: Maunz/Dürig, 76. EL (2015), Art. 19 Abs. 4 Rn. 3. Da im Bauplanungsrecht insoweit zudem eine Fülle einschlägiger Rechtsprechung und Literatur vorhanden ist, wird primär in diesem Bereich nach Anleihen für ein kohärentes Rechtsschutzsystem des untersuchten grenzüberschreitenden Verwaltungsverfahrens gesucht. 787 BVerwG, Urteil vom 7. Februar 1986 – 4 C 43/83 –, NVwZ 1986, 556. 788 Vgl. Reidt, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 13. Aufl. (2016), § 36 Rn. 5; Schenk, in: SZDK, 49. EL (2016), § 19 WHG Rn. 37. 789 Schoch, NVwZ 2012, 777 (780) m. w. Nachw. 790 Reidt, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 13. Aufl. (2016), § 36 Rn. 5; Schenk, in: SZDK, 49. EL (2016), § 19 WHG Rn. 34.
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widrig erfolgt.791 Mangels diesbezüglicher europarechtlicher Vorgaben besteht grundsätzlich kein Anlass, dies im grenzüberschreitenden Verwaltungsverfahren anders zu beurteilen. Ohne die erforderliche Zustimmung einer EWR-ausländischen Aufsichtsbehörde darf die BaFin die Genehmigung folglich nicht erteilen.792 Die Widerspruchsbehörde selbst hat damit auch bei rechtswidriger Verweigerung der Gemeinde nicht das Recht, die spezialgesetzlich in § 36 BauGB angeordnete Zustimmung zu ersetzen.793 § 36 Abs. 2 S. 3 BauGB sieht indes explizit vor, dass ein rechtswidrig versagtes Einvernehmen der Gemeinde durch die nach Landesrecht zuständige Behörde ersetzt werden kann. Die Vorschrift dient der Verfahrenskonzentration und wurde eingeführt, weil sich die Genehmigungsbehörde ohne diese Regelung oder im Wege der Kommunalaufsicht beziehungsweise spezieller, hierauf bezogener Vorschriften des Bauordnungsrechts nicht über das erforderliche, aber rechtswidrig versagte Einvernehmen der Gemeinde hinwegsetzen kann.794 Wird die rechtswidrig verweigerte Zustimmung nach dieser Vorschrift ersetzt, hebt die Ersetzung das Hemmnis für die Erteilung der Genehmigung insoweit auf und die Genehmigung kann erteilt werden.795 Eine derartige Ersetzungsregelung besteht im Rahmen des grenzüberschreitenden Verwaltungsverfahrens de lege lata jedoch nicht.796 Bei Meinungsverschiedenheiten nationaler Versicherungsaufsichtsbehörden wäre insoweit de lege ferenda die Statuierung einer entsprechenden Prüfungsund Ersetzungskompetenz der EIOPA auf europäischer Ebene in Betracht zu ziehen. Eine derartige Kompetenz könnte sich grundsätzlich an Art. 19 EIOPA-VO anlehnen, der gerade die Beilegung von Meinungsverschiedenheiten zwischen zuständigen nationalen Behörden in grenzübergreifenden Fällen regelt. Dabei sind jedoch zum einen die gegenüber derartigen Kompetenzen der EIOPA bestehenden Vorbehalte zu berücksichtigen,797 zum anderen sollten die Voraussetzungen, unter denen insbesondere eine Zustimmung rechtmäßig verweigert werden kann,798 harmonisiert werden. In Betracht kommt bei der Behördenkooperation – auch hinsichtlich eines Verwaltungsinternums wie der Zustimmung – ferner grundsätzlich eine Weisung im 791
Söfker, in: EZBK, BauGB, 120. EL (2016), § 36 Rn. 26. Vgl. Diehl/Seemayer, in: Brand/Baroch Castellvi, 1. Aufl. (2018), § 13 Rn. 44. 793 Söfker, in: EZBK, BauGB, 120. EL (2016), § 36 Rn. 45; Reidt, in: Battis/Krautzberger/ Löhr, BauGB, 13. Aufl. (2016), § 36 Rn. 9. Eine Ausnahme gilt nach neuerer Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nur bei Identität von Baugenehmigungsbehörde und Gemeinde, vgl. BVerwG, Urteil vom 19. August 2004 – 4 C 16/03 –, BVerwGE 121, 339 = NVwZ 2005, 83; dazu eingehend Budroweit, NVwZ 2005, 1013. Ein solcher Fall der Identität ist im grenzüberschreitenden Verwaltungsverfahren indes nicht denkbar, sodass diese Ausnahme hier nicht weiter betrachtet wird. 794 Söfker, in: EZBK, BauGB, 120. EL (2016), § 36 Rn. 40. 795 Söfker, in: EZBK, BauGB, 120. EL (2016), § 36 Rn. 43. 796 Vgl. insbesondere Teil 2, B.II.2.a)cc); Teil 2, B.II.2.a)dd). 797 Siehe dazu insbesondere Fn. 540, 552. 798 Vgl. Teil 2, E.II.1.b) (Fn. 785). 792
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Rahmen der Rechts- beziehungsweise Dienstaufsicht.799 Dabei kann die vorgesetzte Behörde der mitwirkungsberechtigten Behörde kraft ihrer Weisungsbefugnis aufgeben, die Zustimmung zu erteilen. Die Frage, ob die vorgesetzte Behörde die Zustimmung in solchen Fällen im Wege eines Selbsteintrittsrechts selbst erteilen darf,800 kann hier dahinstehen. Als vorgesetzte Behörde der mitwirkungsberechtigten EWR-ausländischen Aufsichtsbehörde käme grundsätzlich nur eine Behörde in diesem Staat in Betracht.801 Eine derartige Weisungsbefugnis der BaFin gegenüber einer EWR-ausländischen Aufsichtsbehörde besteht jedenfalls nicht. Auch ein sogenannter Insichprozess zweier Staatsbehörden wird in Deutschland aufgrund der Einheit der Verwaltung als grundsätzlich unzulässig angesehen. Eine Ausnahme besteht nur, soweit es nicht an einer einvernehmlichen hoheitlichen Entscheidung beteiligte Fiskalbehörden betrifft.802 Die BaFin und die mitwirkungsberechtigte EWR-ausländische Aufsichtsbehörde sind insoweit aber an einer einvernehmlichen – transnational wirkenden – hoheitlichen Entscheidung beteiligt. Zwar handelt es sich nicht um zwei Behörden eines Staates, doch wird man den vorstehenden Grundsatz zur Vermeidung von Insichprozessen in diesem Fall aufgrund der durch Solvency II angestrebten Vereinheitlichung des Versicherungsaufsichtsrechts und damit der Einheit der europäischen Verwaltung auch im grenzüberschreitenden Kontext anzuerkennen haben. Zuletzt bliebe insoweit noch zu überlegen, was gilt, wenn sich die BaFin dennoch über die fehlende EWR-ausländische Zustimmung hinwegsetzt. Wird im Verwaltungsverfahren eines mehrstufigen Verwaltungsaktes das Erfordernis der Zustimmungspflicht von der Genehmigungsbehörde missachtet, so ist der erlassene Verwaltungsakt grundsätzlich nicht etwa nichtig, sondern lediglich rechtswidrig. Dies folgt aus § 44 Abs. 3 Nr. 4 VwVfG.803 Zwar ist ein derart fehlerhafter Verwaltungsakt anfechtbar. Solange dies nicht geschieht, ist er jedoch wirksam. Das gilt grundsätzlich auch für transnationale Verwaltungsakte. Auch eine Aufhebung im Wege der Rücknahme oder des Widerrufs kann nur durch die Erlassbehörde erfolgen.804 Zu berücksichtigen ist insoweit jedoch, dass die BaFin bei bewusster Missachtung der erforderlichen Zustimmung der EWR-ausländischen Aufsichtsbehörde nicht nur rechtswidrig handeln würde, sondern sie verstieße zusätzlich gegen höherrangiges sekundäres Europarecht und verhielte sich damit auch unionstreuwidrig. 799 Zum Baurecht etwa Reidt, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 13. Aufl. (2016), § 36 Rn. 14 m. w. Nachw. 800 Dazu Schenk, in: SZDK, 49. EL (2016), § 19 WHG Rn. 35. 801 Grundsätzlich könnte insoweit auch ein entsprechendes Weisungsrecht der EIOPA gemäß Art. 19 Abs. 3 EIOPA-VO in Betracht kommen. Zu den Gründen, die in dem hier untersuchten Bereich de lege lata gegen ein derartiges Weisungsrecht sprechen, siehe Teil 2, B.II.2.a)cc)(2). 802 Schenk, in: SZDK, 49. EL (2016), § 19 WHG Rn. 34 m. w. Nachw. 803 Schenk, in: SZDK, 49. EL (2016), § 19 WHG Rn. 38. 804 Vgl. Teil 2, E.I.3.a)aa)(4).
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Im Ergebnis hat die BaFin als Widerspruchsbehörde nicht die Befugnis, eine rechtswidrig verweigerte Zustimmung der EWR-ausländischen Aufsichtsbehörde zu ersetzen.805 Wird die Zustimmung hingegen rechtmäßig verweigert, stellt sich die Frage einer Ersetzungsbefugnis erst gar nicht, da es in einem solchen Fall nicht nur verfahrenstechnisch an einer Voraussetzung fehlt, sondern die Genehmigungsvoraussetzungen auch in materiell-rechtlicher Hinsicht nicht erfüllt sind. Im Falle der Ablehnung der Genehmigung wegen fehlender Zustimmung einer EWR-ausländischen Aufsichtsbehörde kann ein Widerspruch bei der BaFin im Ergebnis folglich nur dann Erfolg haben, wenn die BaFin die EWR-ausländische Aufsichtsbehörde auf informellem Weg zu einer Zustimmung bewegen kann. Ob die Verweigerung der Zustimmung durch die EWR-ausländische Aufsichtsbehörde in den Mitglied- oder Vertragsstaaten angegriffen werden kann, muss nach dem insoweit jeweils maßgeblichen EWR-ausländischen Verwaltungsrecht bestimmt werden. Eine derartige Möglichkeit würde zwar grundsätzlich gegen die Einheitlichkeit der Entscheidungskompetenz des Herkunftsstaates des übertragenden Versicherungsunternehmens sprechen.806 Indes ist bei einer Verweigerung der Zustimmung noch kein grenzüberschreitender Bezug hergestellt. Diese Verknüpfung entsteht erst mit Vorliegen einer Zustimmung.807 Zwar wirkt sich die Verweigerung insofern aus, als die transnational wirkende Genehmigung nicht erteilt werden kann. Indes fehlt es im Fall der Verweigerung an einem positiven Inhalt mit EWR-weiter Anerkennungspflicht. Aus diesem Grund ist insoweit eine Verlagerung der Prüfungskompetenz ausnahmsweise hinzunehmen. (2) Ersetzung einer Solvabilitätsbescheinigung Für die Ablehnung einer Genehmigung seitens der BaFin aufgrund fehlender Solvabilitätsbescheinigung gelten die vorstehenden Ausführungen zur Ersetzung einer erforderlichen Zustimmung im Wesentlichen entsprechend.808 Auch die Solvabilitätsbescheinigung ist zwingende Voraussetzung für die Erteilung der Genehmigung. Wird sie nicht oder nicht ausreichend ausgestellt, weil das übernehmende Versicherungsunternehmen die Solvabilitätsvorgaben nicht erfüllt, stellt sich die Frage einer Ersetzung nicht. Auf die Genehmigung besteht dann bereits materiell-rechtlich kein Anspruch. Verweigert die zuständige EWR-ausländische Aufsichtsbehörde die Ausstellung der Solvabilitätsbescheinigung aus anderen Gründen, stellt sich die Frage nach dem Zweck der Regelung. Art. 39 Abs. 1 Unterabs. 2 Solvency II und § 13 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 VAG (§ 14 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 VAG a. F.) schreiben vor, dass die Übertragung nur genehmigt werden darf, wenn die für das übernehmende Versicherungsunternehmen zuständige Aufsichtsbehörde beschei805 So im Ergebnis auch Bälz/Kuntz, VersR 2005, 310 (314); Bornschlegl, Die Bestandsübertragung nach dem VAG (2014), S. 429. 806 Vgl. Bälz/Kuntz, VersR 2005, 310 (317). 807 Siehe dazu auch Teil 2, E.II.1.b)bb)(1) (Fn. 822). 808 Vgl. Teil 2, E.II.1.b)aa)(1).
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nigt, dass dieses unter hypothetischer Berücksichtigung der Übertragung über anrechnungsfähige Eigenmittel mindestens in Höhe der gesetzlichen Vorgaben verfügt. Der Zweck der Vorschrift liegt im Wesentlichen darin, die Solvabilität des übernehmenden Versicherungsunternehmens zu gewährleisten. Es ließe sich argumentieren, dass die Ausstellung der Bescheinigung durch die für dieses Unternehmen zuständige Aufsichtsbehörde lediglich verfahrenstechnisch die sinnvollste Lösung darstellt. Dann könnte die BaFin die Berechnung grundsätzlich auch selbst vornehmen. Dafür spricht, dass es sich um ein standardisiertes, europaweit einheitliches Berechnungsformular handelt. Da es wesentlich auf eine vereinheitlichte mathematische Berechnung und weniger auf eine rechtliche Beurteilung wie etwa bei der Zustimmung ankommt, könnte man daraus schließen, dass es unerheblich sei, welche Aufsichtsbehörde die Berechnung ausführt. Diese Überlegung verkennt indes, dass das übernehmende Versicherungsunternehmen nicht unter der Finanzaufsicht der BaFin steht und der BaFin damit die erforderlichen Informationen nicht zugänglich sein dürften. Soweit die EWR-ausländische Aufsichtsbehörde sich aber rechtswidrig weigert, die Solvabilitätsbescheinigung auszufüllen, wird sie der BaFin auch nicht die zu dieser Berechnung erforderlichen Informationen bereitstellen. (3) Zwischenergebnis Aufgrund der Kompetenzverteilung des Art. 39 Solvency II hat die BaFin bei einer Verweigerung erforderlicher Mitwirkungsakte durch EWR-ausländische Aufsichtsbehörden im Ergebnis weder im Genehmigungs- noch in einem etwaigen Widerspruchsverfahren die Befugnis, diese zu ersetzen. Zu berücksichtigen ist insoweit insbesondere, dass das Kompetenzgefüge gerade durch diese Mitwirkungsverpflichtungen erheblich zur Legitimation der transnational wirkenden Genehmigung beiträgt.809 Ein Ergebnis, das entgegen der vorstehenden Ausführungen eine Ersetzungsbefugnis befürwortet, wäre auch aus diesem Grund problematisch. Es zeigt sich jedoch, dass de lege ferenda ein verbindliches europäisches Verfahren für die Beilegung derartiger Meinungsverschiedenheiten der zuständigen nationalen Aufsichtsbehörden zu begrüßen wäre.810 bb) Ersetzungsbefugnis des Verwaltungsgerichts Lehnt die BaFin den Antrag der Versicherungsunternehmen auf Genehmigung einer Übertragung ab, weil eine EWR-ausländischen Aufsichtsbehörde die erforderliche Zustimmung oder Solvabilitätsbescheinigung verweigert, wird ein Wider809 Bälz/Kuntz, VersR 2005, 310 (317); vgl. Schmidt-Aßmann, Verwaltungsrechtliche Dogmatik (2013), S. 89 m. w. Nachw. 810 Erwägungsgrund 20 der Omnibus II-Richtlinie bietet Raum für die Einführung eines derartigen Verfahrens. Ein derartiges Schlichtungsverfahren könnte grundsätzlich auch durch eine Ersetzungskompetenz der EIOPA flankiert werden. Beachte zu einer etwaigen Anlehnung an Art. 19 Abs. 3 EIOPA-VO aber die unter Teil 2, E.II.1.b)aa)(1) insoweit ausgeführten Einschränkungen.
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spruch der Unternehmen – wie vorstehend erörtert – regelmäßig erfolglos bleiben. Eine Ersetzung der erforderlichen Verwaltungsinterna durch die BaFin kommt nicht in Betracht. Anderes könnte jedoch für die Kompetenzen des Verwaltungsgerichts gelten. Dem Verwaltungsgericht kommt grundsätzlich eine umfassende Prüfungskompetenz zu. So kann etwa der Antragsteller einer Baugenehmigung diese auch im Falle der Verweigerung des erforderlichen gemeindlichen Einvernehmens im Wege der Verpflichtungsklage erstreiten.811 Ist die Verpflichtungsklage in einem solchen Fall erfolgreich, wird die Genehmigungsbehörde zur Erteilung einer Genehmigung entgegen der Vetoposition der Gemeinde verpflichtet, obwohl sie dazu nach dem Vorstehenden grundsätzlich gerade nicht berechtigt ist. (1) Ersetzung einer Zustimmung Da es im Rahmen dieser Problematik entscheidend auf eine präzise Differenzierung ankommt, werden die ausführlichen Erwägungen des Bundesverwaltungsgerichts im Zusammenhang mit einer verweigerten Zustimmung gemäß § 9 Abs. 2 FernstrG nachfolgend wörtlich wiedergegeben: „In einem auf Erteilung der Baugenehmigung gerichteten gerichtlichen Verfahren begehrt der Kläger zunächst die Feststellung, daß sein Bauvorhaben dem öffentlichen Recht entspricht und daß er deshalb einen subjektiv öffentlichen Anspruch auf den formellen Akt der Baugenehmigung habe. Dieser Anspruch besteht dann, wenn alle materiell-rechtlichen Voraussetzungen des objektiven Baurechts gegeben sind. Wird vom Gericht festgestellt, daß neben den übrigen Tatbestandsvoraussetzungen des sachlichen Baurechts keine – dem sachlichen Recht angehörenden – Hinderungsgründe des § 9 Abs. 3 FernstrG vorliegen, so ist gleichzeitig festgestellt, daß die gesetzlichen Voraussetzungen für die Versagung der Zustimmung, die die Baugenehmigungsbehörde allein bindet, nicht vorliegen. Hieraus ergibt sich die rechtliche Konsequenz, daß die Baugenehmigungsbehörde zur Erteilung der Baugenehmigung verurteilt werden muß. Eines besonderen Ausspruchs gegen die oberste Landesstraßenbaubehörde bedarf es nicht, da das Gericht nur über den gesetzlichen Anspruch, nicht aber über verwaltungsverfahrensmäßige Mitwirkungsakte zu befinden hat. Die oberste Landesstraßenbaubehörde kann ihre Rechtsauffassung im Rahmen der Beiladung geltend machen.“812 Das Verwaltungsgericht ist nach nationaler Rechtsdogmatik im Ergebnis also befugt, sich über die im mehrstufigen Verwaltungsverfahren erforderliche Zustimmung hinwegzusetzen.813 Diese Befugnis folgt aus der umfassenden Kompetenz zur Prüfung sämtlicher Anspruchsvoraussetzungen. Dabei ist zunächst zwischen dem 811 Hofmeister, in: BeckOK BauGB, 33. Ed. (2016), § 36 Rn. 43; Söfker, in: EZBK, BauGB, 120. EL (2016), § 36 Rn. 46. 812 BVerwG, Urteil vom 28. Mai 1963 – I C 247/58 –, BVerwGE 16, 116 = NJW 1963, 2088 (2091). 813 Reidt, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 13. Aufl. (2016), § 36 Rn. 9; Schoch, NVwZ 2012, 777 (781).
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Anspruch auf die Genehmigung und der Frage nach einem etwaigen Anspruch auf die Zustimmung zu differenzieren.814 Ersterer ist unstreitig gegen die Genehmigungsbehörde im Wege der Verpflichtungsklage geltend zu machen. Ob daneben ein Vorgehen gegen die mitwirkungsberechtigte Behörde in Betracht kommen kann, wird an anderer Stelle noch zu erörtern sein.815 Festzuhalten ist zunächst, dass ein verwaltungsgerichtliches Verpflichtungsurteil im Ergebnis zu einer Ersetzung der grundsätzlich erforderlichen Zustimmung führen kann.816 Verpflichtet wird ausschließlich die Genehmigungsbehörde; um die grundsätzlich erforderliche Zustimmung muss sie die mitwirkungsberechtige Behörde nicht mehr ersuchen.817 Überträgt man dieses Ergebnis sinngemäß auf die hier untersuchte Konstellation, liefe dies darauf hinaus, dass ein deutsches Verwaltungsgericht die ausdrückliche Weigerung einer EWR-ausländischen Aufsichtsbehörde zur Vornahme eines für die Genehmigungserteilung erforderlichen Mitwirkungsaktes für unbeachtlich erklären und die BaFin zur Erteilung der Genehmigung verpflichten könnte.818 Eine derartige Übertragung des nationalen Modells auf das grenzüberschreitende Verwaltungsverfahren ist rechtsdogmatisch jedoch nicht haltbar. Denn die grundsätzlich uneingeschränkte Ersetzungskompetenz des Verwaltungsgerichts in nationalen Sachverhalten folgt im Wesentlichen aus dem umfassenden gerichtlichen Prüfungsauftrag. Insoweit wurde jedoch bereits erörtert, dass das Verwaltungsgericht hinsichtlich einer erteilten Zustimmung im grenzüberschreitenden Verwaltungsverfahren lediglich einen eingeschränkten Prüfungsmaßstab anlegen kann. Die Genehmigung kann wegen fehlerhafter Zustimmung nur in den Fällen einer – nach Maßgabe der Rechtsordnung des Mitglied- oder Vertragsstaates der die Zustimmung erteilenden Aufsichtsbehörde – offensichtlich zu Unrecht erteilten Zustimmung aufgehoben werden.819 Bereits dieser Prüfungsmaßstab bereitet Probleme. Denn der Ausspruch eines Verpflichtungsurteils setzt eine Prüfung sämtlicher Anspruchsvoraussetzungen voraus. Damit müsste das Verwaltungsgericht abschließend prüfen, ob die Zustim814
Insoweit missverständlich Bälz/Kuntz, VersR 2005, 310 (317). Dazu Teil 2, E.II.2. 816 Zum Teil wird vertreten, dass das Verpflichtungsurteil selbst das Einvernehmen ersetzt, vgl. etwa Hofmeister, in: BeckOK BauGB, 33. Ed. (2016), § 36 Rn. 43; Bälz/Kuntz, VersR 2005, 310 (316) m. w. Nachw. Nach zutreffender Auffassung kann das Verwaltungsgericht indes nur die Genehmigungsbehörde dazu verpflichten, den materiell-rechtswidrigen Versagungsbescheid aufzuheben und die Genehmigung zu erteilen, Söfker, in: EZBK, BauGB, 120. EL (2016), § 36 Rn. 46. Die Zustimmung wird damit rechtsdogmatisch nicht durch das Verpflichtungsurteil an sich, sondern erst durch die Erteilung der Genehmigung durch die Genehmigungsbehörde ersetzt, vgl. Bickenbach, ZfBr 2005, 657 (658). 817 Söfker, in: EZBK, BauGB, 120. EL (2016), § 36 Rn. 46 m. w. Nachw. 818 Die Frage, ob das deutsche Verwaltungsgericht eine gegenüber einer EWR-ausländischen Aufsichtsbehörde verbindliche Entscheidung treffen kann, würde sich bei entsprechender Übertragung der nationalen Systematik insoweit grundsätzlich nicht stellen. Denn nach den vorstehenden Ausführungen zur nationalen Rechtsdogmatik wird ausschließlich die Genehmigungsbehörde verpflichtet, sodass eine Zustimmung der EWR-ausländischen Aufsichtsbehörde nicht erforderlich wäre. 819 Siehe Teil 2, E.I.3.a)aa)(4). 815
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mung von der EWR-ausländischen Aufsichtsbehörde nach EWR-ausländischem Verwaltungsrecht zwingend zu erteilen wäre. An die Stelle einer kursorischen Prüfung auf offensichtliche Fehler müsste dann jedoch eine vollumfängliche Prüfung ausländischen Rechts treten. Hinzu kommt ein weiteres dogmatisches Problem. Deutsche Behörden handeln grundsätzlich nur aufgrund deutschen öffentlichen Rechts.820 Es wurde bereits dargestellt, dass die BaFin auch bei Anerkennung der Zustimmung einer EWR-ausländischen Aufsichtsbehörde als Tatbestandsvoraussetzung in Ausübung deutscher Staatsgewalt tätig wird. In diesem Fall wurde eine eingeschränkte Prüfungskompetenz auch hinsichtlich der mit der Genehmigung in einem untrennbaren inneren Zusammenhang stehenden Zustimmung anerkannt.821 Die Zustimmung ist insoweit zwingend erforderlicher Bestandteil der Genehmigung. Dieser innere Zusammenhang besteht hier indes gerade nicht. Die Verweigerung der Zustimmung der EWR-ausländischen Aufsichtsbehörde wird nicht etwa von der BaFin anerkannt und damit Bestandteil der ihrerseits ausgesprochenen Ablehnung. Zwar bewirkt die Verweigerung der Zustimmung zwingend die Ablehnung der Genehmigung. Die Ablehnung erfolgt jedoch, weil eine erforderliche Tatbestandsvoraussetzung für die Erteilung der Genehmigung – das insoweit rein formale Vorliegen einer Zustimmung – fehlt. Anders als bei dem Verhältnis von erteilter Zustimmung und Genehmigung wird die Zustimmungsverweigerung aber regelmäßig nicht inhaltlich in die Ablehnung aufgenommen. Die Zustimmung der EWRausländischen Aufsichtsbehörde bildet gewissermaßen die Brücke822 in die entsprechende EWR-ausländische Rechtsordnung, über die eine zumindest kursorische Prüfung erfolgen kann. Soweit es durch die Verweigerung jedoch an dieser Brücke fehlt, kann eine Prüfungskompetenz der deutschen Verwaltungsgerichtsbarkeit hinsichtlich ausländischen öffentlichen Rechts nicht begründet werden.823 Ein deutsches Verwaltungsgericht kann damit in diesen Fällen nicht EWR-ausländisches Recht zur Anwendung bringen und folglich auch nicht die – für den Erlass eines Verpflichtungsurteils insoweit erforderliche – abschließende Prüfung sämtlicher Tatbestandsvoraussetzungen vornehmen. Die Prüfungskompetenz ist auf das Vorliegen der in § 13 Abs. 2 S. 2 VAG (§ 14 Abs. 2 S. 2 VAG a. F.) statuierten Voraussetzungen beschränkt, sodass das Verwaltungsgericht das Fehlen einer erforderlichen Zustimmung feststellen und damit die Verpflichtungsklage als unbegründet abweisen muss.824 Ein anderes Ergebnis wäre auch rechtspolitisch nicht unproblematisch. Die Konzeption des grenzüberschreitenden Verwaltungsverfahrens ist auf eine Konzentration der Genehmigungskompetenzen ausgelegt. Die transnational wirkende Genehmigung gewinnt ihre Legitimation auch durch die Statuierung von Mitwir820
Bälz/Kuntz, VersR 2005, 310 (312) m. w. Nachw. Vgl. Teil 2, E.I.3.a)aa)(4). 822 Diese treffende Metapher verwenden schon Bälz/Kuntz, VersR 2005, 310 (313). 823 Siehe auch Teil 2, E.II.1.b)aa)(1); vgl. Bälz/Kuntz, VersR 2005, 310 (316). 824 Beachte insoweit aber die unter Teil 2, E.III.4. angeregte Ausweitung des Prüfungsmaßstabs. 821
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kungserfordernissen der Aufsichtsbehörden anderer Staaten, soweit deren Versicherungsaufsicht von der Übertragung betroffen ist.825 Die Mitwirkungserfordernisse insbesondere in Form der verwaltungsinternen Zustimmung reduzieren den Verwaltungsaufwand eines ansonsten regelmäßig erforderlichen parallelen oder sukzessiven Genehmigungsverfahrens bei allen involvierten Aufsichtsbehörden und dienen damit der Effizienz der Verwaltung. Indes bleiben Mitsprache- und Vetomöglichkeiten der jeweils zuständigen nationalen Aufsichtsbehörden durch diese Verfahrensgestaltung bestehen. Die Gestattung einer so weitreichenden verwaltungsgerichtlichen Kompetenz, wie sie hier in Frage steht, würde gerade diese Mitsprache- und Vetomöglichkeiten unterminieren. Bei der ohnehin bestehenden Skepsis gegenüber nur eingeschränkt überprüfbaren transnationalen Verwaltungsakten dürfte ein derartig vollständiger Kompetenzverlust kaum vermittelbar sein. Die Verweigerung der Zustimmung einer EWR-ausländischen Aufsichtsbehörde wirkt damit faktisch bereits abschließend gegenüber den Antragstellern. Ob, und wenn ja in welcher Form gegen die Verweigerung der EWR-ausländischen Aufsichtsbehörde Rechtsmittel in dem jeweiligen Mitglied- oder Vertragsstaat offenstehen, ist eine Frage des entsprechenden EWR-ausländischen öffentlichen Rechts.826 Die spiegelbildliche Frage betreffend die Verweigerung erforderlicher Mitwirkungsakte durch die BaFin wird unter Teil 2, E.II.2. erörtert. (2) Ersetzung einer Solvabilitätsbescheinigung Die vorstehenden Ausführungen lassen sich weitgehend sinngemäß auf die Verweigerung der Ausstellung einer Solvabilitätsbescheinigung des übernehmenden Versicherungsunternehmens durch eine EWR-ausländische Aufsichtsbehörde übertragen. Dabei ist jedoch ein weiterer Aspekt zu berücksichtigen, der sich aus der insoweit unterschiedlichen Natur von Zustimmung und Solvabilitätsbescheinigung ergibt. In beiden Fällen handelt es sich zwar um Verwaltungsinterna. Im Detail bestehen indes Unterschiede. Entsprechend der nationalen Dogmatik bestätigt die mitwirkungsberechtigte Aufsichtsbehörde mit der Zustimmung, dass jedenfalls im Rahmen ihrer eigenen Prüfungskompetenzen keine – rechtlichen – Gründe gegen die Erteilung der Genehmigung durch die für das übertragende Versicherungsunternehmen zuständige Aufsichtsbehörde sprechen. Die mitwirkungsberechtigte Aufsichtsbehörde prüft einen – im grenzüberschreitenden Verwaltungsverfahren den auf nationales Recht entfallenden – Ausschnitt der rechtlichen Anspruchsvoraussetzungen. Die Genehmigungsbehörde erkennt dieses Prüfungsergebnis bei erfolgter Zustimmung an und prüft ihrerseits die verbleibenden Anspruchsvoraussetzungen. Erfolgt die Zustimmung aufgrund einer Mitwirkungsverweigerung nicht, unterbleibt ein Teil der Anspruchsprüfung. Das Verwaltungsgericht kann in diesen Fällen im nationalen Kontext aber die Prüfungskompetenzen aller beteiligten Behörden aufgreifen und den Anspruch damit abschließend prüfen. Kommt es zu dem Ergebnis, 825 826
Bälz/Kuntz, VersR 2005, 310 (317). Siehe dazu auch Teil 2, E.II.3.
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dass alle Anspruchsvoraussetzungen vorliegen, ist damit automatisch auch festgestellt, dass die Zustimmung rechtswidrig verweigert wurde. Eine Prüfung durch die mitwirkungsberechtigte Behörde kann dann unterbleiben und faktisch durch die gerichtliche Prüfung ersetzt werden.827 Ungeachtet der vorstehenden Ausführungen zum insoweit eingeschränkten Prüfungsmaßstab im grenzüberschreitenden Verwaltungsverfahren ist dies im Falle der Solvabilitätsbescheinigung indes schon rein tatsächlich nicht möglich. Der Solvabilitätsbescheinigung liegt nämlich keine rechtliche Prüfung zugrunde, sondern vielmehr eine betriebswirtschaftlich-versicherungsmathematische. Um in entsprechender Weise die Verweigerung einer Solvabilitätsbescheinigung faktisch für unbeachtlich zu erklären und die BaFin zur Erteilung der Genehmigung auch ohne diese zu verpflichten, müsste das Verwaltungsgericht nicht eine rechtliche Prüfung, sondern eine umfassende Solvabilitätsprüfung des übernehmenden Unternehmens selbst durchführen. Dazu ist das Gericht nicht berufen. Selbst wenn das Gericht eine derartige Prüfung etwa durch Sachverständige durchführen lassen wollte, dürfte nur die betreffende EWR-ausländische Aufsichtsbehörde, die ihre Mitwirkung insoweit verweigert, über die erforderlichen Informationen verfügen. (3) Zwischenergebnis Soweit es die unberechtigte Verweigerung eines Mitwirkungsaktes durch eine EWR-ausländische Aufsichtsbehörde betrifft, bewirkt das vorstehend dargestellte Kompetenzgefüge im Verwaltungsrechtsschutzsystem aufgrund der im Ergebnis verfahrensabschließenden Wirkung einer derartigen Verweigerung entgegen der europarechtlich grundsätzlich beabsichtigten Kompetenzkonzentration faktisch eine „Verlagerung des Aufsichtsverfahrens auf einen eigentlich nicht zur Kontrolle berufenen Mitglied- oder Vertragsstaat“828. Soweit der betreffende Mitglied- oder Vertragsstaat keine adäquaten Rechtsmittel gegen die Verweigerung selbst bereitstellt, ist für diesen Bereich – abgesehen von einer etwaigen Möglichkeit eines Vertragsverletzungsverfahrens gegen den Mitglied- oder Vertragsstaat der verweigernden Aufsichtsbehörde – eine Lücke im grenzüberschreitenden Verwaltungsrechtsschutzsystem zu konstatieren. 2. Rechtsschutz gegen die Verweigerung von Mitwirkungsakten der BaFin Wie die vorstehenden Ausführungen zeigen,829 kann es im grenzüberschreitenden Verwaltungsverfahren – soweit es verwaltungsinterne Mitwirkungsakte EWR-ausländischer Aufsichtsbehörden betrifft – zu einer systembedingten Rechtsschutzlücke kommen. Wie dieses Problem auf Seiten der übrigen europäischen Rechtsordnungen 827 828 829
Vgl. Teil 2, E.II.1.b)bb)(1). Bälz/Kuntz, VersR 2005, 310 (317). Insbesondere Teil 2, E.II.1.b)bb).
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gelöst wird, kann nicht einheitlich beurteilt werden. An dieser Stelle wird die insoweit spiegelbildliche Situation betreffend den Rechtsschutz gegen eine im grenzüberschreitenden Verwaltungsverfahren erfolgende Verweigerung der Zustimmung beziehungsweise der Ausstellung der Solvabilitätsbescheinigung seitens der BaFin untersucht. a) Zustimmung aa) Kein subjektiv-rechtlicher Anspruch auf Zustimmung Den Ausgangspunkt der Betrachtung bildet erneut das nationale mehrstufige Verwaltungsverfahren. Hinsichtlich des gemeindlichen Einvernehmens gemäß § 36 Abs. 1 S. 1 BauGB soll eine Verpflichtungsklage gegen die Gemeinde auf Abgabe der Einvernehmenserklärung durch diese nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts mangels individualschützender Wirkung des rein verwaltungsinternen Mitwirkungsaktes und damit mangels subjektiv-rechtlichen Anspruchs des Bauwilligen nicht in Betracht kommen.830 Ferner ist grundsätzlich anerkannt, dass auch die Versagung des Einvernehmens von dem Bauwilligen nicht mit Rechtsmitteln angefochten werden kann, da nach außen nur der Verwaltungsakt der Genehmigungsbehörde tritt.831 Danach scheidet insoweit auch eine Anfechtungsklage gegen die Verweigerung des Einvernehmens aus. Mit § 36 Abs. 2 S. 3 BauGB kennt das Baurecht zwar eine der Beschleunigung des Genehmigungsverfahrens dienende gesetzliche Ersetzungsbefugnis hinsichtlich des rechtswidrig versagten Einvernehmens durch die nach Landesrecht insoweit zuständige Behörde.832 Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs handelt es sich bei der Vorschrift entgegen dem Wortlaut („kann“) auch nicht etwa um eine Ermessensentscheidung. Vielmehr soll es sich in Verbindung mit den entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften um eine Befugnisnorm handeln, bei der eine gebundene Entscheidung zu treffen ist.833 Gleichwohl soll auch hinsichtlich dieser Ersetzung kein im Klagewege durchsetzbarer Anspruch bestehen, da diese behördliche Ersetzung ebenfalls einen nicht 830 Hofmeister, in: BeckOK BauGB, 33. Ed. (2016), § 36 Rn. 43 m. w. Nachw. Gleiches gilt für die Zustimmung nach § 9 Abs. 2 FernstrG, vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Mai 1963 – I C 247/ 58 –, BVerwGE 16, 116 = NJW 1963, 2088 (2089). 831 Reidt, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 13. Aufl. (2016), § 36 Rn. 5. Grundlegend für das gemeindliche Einvernehmen BVerwG, Urteil vom 19. November 1965 – IV C 184/65 –, BVerwGE 22, 342 = NJW 1966, 513 (514); dazu auch Anmerkung von Schuegraf, NJW 1966, 900. Auch der BGH geht grundsätzlich von der Einordnung der Verweigerung des gemeindlichen Einvernehmens als Verwaltungsinernum ohne Drittwirkung aus, vgl. BGH, Urteil vom 16. September 2010 – II ZR 29/10 –, BGHZ 187, 51 = VersR 2011, 120. Diese Grundsätze sollen auch für das Einvernehmen im Rahmen von § 19 WHG gelten, vgl. Schenk, in: SZDK, 49. EL (2016), § 19 WHG Rn. 37. 832 Zu einer insoweit allein in Betracht zu ziehenden Ersetzungskompetenz der EIOPA gemäß Art. 19 Abs. 3, 4 EIOPA-VO siehe Teil 2, E.II.1.b)aa)(1) (Fn. 796). 833 Söfker, in: EZBK, BauGB, 120. EL (2016), § 36 Rn. 41; BGH, Urteil vom 16. September 2010 – II ZR 29/10 –, BGHZ 187, 51 = VersR 2011, 120 (121).
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rechtsmittelfähigen verwaltungsinternen Vorgang darstelle.834 Insofern sollen aufsichtsrechtliche Maßnahmen im öffentlichen Interesse nur eine objektive Rechtskontrolle gewährleisten und nicht auch im Interesse einzelner Bürger erfolgen.835 Damit stehen dem Bauwilligen gegen die Versagung des Einvernehmens im Ergebnis keine Rechtsmittel zur Verfügung, sodass er auf Rechtsmittel gegen die endgültige Versagung der Genehmigung verwiesen bleibt.836 Bei sinngemäßer Übertragung dieses Ergebnisses auf das grenzüberschreitende Verwaltungsverfahren wären die beteiligten Versicherungsunternehmen bei einer Verweigerung der Zustimmung durch die BaFin auf den Rechtsschutz gegen den die Genehmigung endgültig ablehnenden Bescheid der zuständigen EWR-ausländischen Genehmigungsbehörde in dem jeweiligen Mitglied- oder Vertragsstaat zu verweisen. Spiegelbildlich zu dem für die Ersetzungsbefugnis der BaFin beziehungsweise deutscher Verwaltungsgerichte betreffend verweigerte Mitwirkungsakte EWR-ausländischer Aufsichtsbehörden dargestellten Ergebnis837 können in den übrigen Mitglied- oder Vertragsstaaten indes ebenfalls keine Ersetzungskompetenzen hinsichtlich etwaiger von der BaFin verweigerter Mitwirkungsakte bestehen.838 Damit würde sich die behördliche Verweigerung von Mitwirkungsakten im grenzüberschreitenden Verwaltungsverfahren im Ergebnis weitgehend einer Justiziabilität entziehen. bb) Isolierte Anfechtbarkeit der Verweigerung der Zustimmung Gestaltet sich die Frage des nationalen Rechtsschutzes gegen Verwaltungsinterna im Rahmen von § 36 BauGB – wie vorstehend verdeutlicht –839 offenbar eindeutig, 834
Söfker, in: EZBK, BauGB, 120. EL (2016), § 36 Rn. 41; so wohl auch Dippel, NVwZ 1999, 921 (925). Selbst wenn man entgegen der hier vertretenen Auffassung das Bestehen einer Ersetzungsbefugnis der EIOPA gemäß Art. 19 Abs. 3, 4 EIOPA-VO annehmen wollte, ließe sich insoweit im Ergebnis kein einklagbarer Anspruch hinsichtlich einer Ersetzung herleiten. Denn bei Art. 19 Abs. 3, 4 EIOPA-VO handelt es sich um Ermessensentscheidungen, vgl. Keune, Rechtliche Grundlagen und Grenzen der EIOPA (2015), S. 312. Ungeachtet der grundsätzlich auf grenzüberschreitend erworbene Bestände beschränkten Regelung des Art. 39 Solvency II sind insbesondere die Voraussetzungen einer rechtmäßigen Zustimmungsverweigerung bislang nicht harmonisiert, vgl. Teil 2, E.II.1.b) (Fn. 785), sodass von der EIOPA über die Anwendung des jeweiligen nationalen Rechts zu entscheiden wäre. Da es sich bei einer etwaigen Ersetzung zudem um einen Beschluss nach Art. 19 Abs. 3, 4 EIOPA-VO handeln würde, kämen als insoweit statthafte Rechtsbehelfe ausweislich Art. 60, 61 EIOPA-VO allein eine Beschwerde beziehungsweise Klagen vor dem EuGH gemäß Art. 263 oder 265 AEUV in Betracht; ein im Rahmen des nationalen Verwaltungsrechtsschutzes durchsetzbarer Anspruch auf Ersetzung der Zustimmung scheidet daher auch aus diesem Grund aus. 835 Hofmeister, in: BeckOK BauGB, 33. Ed. (2016), § 36 Rn. 44. 836 Söfker, in: EZBK, BauGB, 120. EL (2016), § 36 Rn. 44; Hüttenbrink, in: Kuhla/Hüttenbrink, Verwaltungsprozess, 3. Aufl. (2002), D. Klagearten Rn. 46. 837 Siehe Teil 2, E.II.1.b)aa)(3); Teil 2, E.II.1.b)bb)(3). 838 Vgl. auch Bornschlegl, Die Bestandsübertragung nach dem VAG (2014), S. 429. 839 Siehe insbesondere Teil 2, E.II.1.b)aa)(1); Teil 2, E.II.2.a)aa).
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bietet ein Blick auf andere Konstellationen doch einen gewissen Spielraum für eine abweichende Beurteilung. Der grundlegenden Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts840 aus dem Jahr 1965 zur Ablehnung der gesonderten Anfechtbarkeit einer nachhaltig verweigerten gemeindlichen Zustimmung ging ein jahrelang bestehender Meinungsstreit um die Rechtsnatur behördlicher Mitwirkungsakte voraus.841 Im Jahr 1958 hat das Bundesverwaltungsgericht im Rahmen der Beurteilung der Rechtsnatur einer Zustimmung der Bankaufsichtsbehörde nach § 49 Abs. 1 S. 2 KWG a. F. maßgebliche Entscheidungskriterien für die rechtliche Einordung behördlicher Mitwirkungsakte im Rahmen mehrstufiger Verwaltungsakte vorgegeben. Danach könne sich die Entschließung der mitwirkungsberechtigten Behörde grundsätzlich dann als selbständig anfechtbarer Verwaltungsakt darstellen, wenn das Gesetz eine andere Behörde bei dem Erlass eines Verwaltungsaktes an die Zustimmung dieser Behörde bindet und dieses Mitwirkungsrecht derart selbständige Bedeutung hat, dass der mitwirkungsberechtigten Behörde die ausschließliche Wahrnehmung bestimmter Aufgaben und die alleinige Geltendmachung besonderer Gesichtspunkte übertragen ist.842 Zwar lehnte das Bundesverwaltungsgericht diese Qualität hinsichtlich der streitgegenständlichen Zustimmung der Bankaufsichtsbehörde sowie deren Verweigerung letztlich ab. Dies begründete das Gericht jedoch damit, dass die Regelung des § 49 KWG a. F. keine Aufteilung der Aufgaben bei der Entscheidung über die Erlaubniserteilung zwischen der Bankaufsichtsbehörde und der Kommunalaufsichtsbehörde zum Ziel habe. Die Bindung der Kommunalaufsichtsbehörde wolle nur sicherstellen, dass die besonderen Erfahrungen der Bankaufsichtsbehörde – insbesondere ihr Überblick über den gesamten Kreditapparat – bei der Erlaubniserteilung zur Geltung kommen; sie wolle aber nicht die Prüfungsbefugnisse der Kommunalaufsichtsbehörde bei Erlaubniserteilungen beseitigen oder einschränken. Dies zeige schon die Regelung des § 49 KWG a. F. selbst, die nur Genehmigungen, nicht auch die Ablehnung von Anträgen auf Erlaubniserteilung der Zustimmung der Bankaufsichtsbehörde unterwerfe.843 Die Zustimmung der Bankaufsichtsbehörde nach § 49 KWG a. F. erfolgte nach abschließender positiver Anspruchsprüfung durch die Kommunalaufsichtsbehörde und stellte somit eine Art Freigabe einer im Übrigen grundsätzlich bereits erteilungsfähigen Erlaubnis dar. Die Kommunalaufsichtsbehörde prüfte sämtliche Versagungsgründe und wurde bei dieser Prüfung lediglich hinsichtlich bestimmter kredit- und bankpolitischer Gesichtspunkte von der Bankaufsichtsbehörde unter-
840
BVerwG, Urteil vom 19. November 1965 – IV C 184/65 –, BVerwGE 22, 342 = NJW 1966, 513. 841 Schuegraf, NJW 1966, 900. 842 BVerwG, Urteil vom 10. Juli 1958 – I C 195/56 –, NJW 1959, 590; vgl. dazu auch Bälz/ Kuntz, VersR 2005, 310 (317). 843 BVerwG, Urteil vom 10. Juli 1958 – I C 195/56 –, NJW 1959, 590.
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stützt.844 Dies stellt sich bei einer durch die BaFin zu erteilenden Zustimmung im grenzüberschreitenden Verwaltungsverfahren anders dar. Gemäß § 62 Abs. 1 S. 1 VAG (§ 110a Abs. 3 S. 1 VAG a. F.) obliegt die Finanzaufsicht über Geschäftstätigkeiten EWR-ausländischer Erstversicherungsunternehmen durch eine Zweigniederlassung oder im Dienstleistungsverkehr im Inland allein der Aufsichtsbehörde des jeweiligen Herkunftsstaates.845 Die Aufsicht im Übrigen, das heißt die Rechtsaufsicht, obliegt indes auch der BaFin.846 Die Regelungen zu Bestandsübertragungen fallen im Wesentlichen in den Bereich der Rechtsaufsicht847 und damit – soweit grenzüberschreitend erworbene Bestände betroffen sind – in den gemeinsamen Kompetenzbereich der BaFin und der Sitzlandbehörde des übertragenden Versicherungsunternehmens.848 Lediglich soweit es die Feststellung der ausreichenden Solvabilität betrifft, handelt es sich um Regelungen der Finanzaufsicht.849 Soweit es die Zustimmung betrifft, liegt danach zwar grundsätzlich keine ausschließliche Wahrnehmung von Aufgaben durch die BaFin vor.850 Indes legt § 63 Abs. 1 S. 2 VAG (§ 111d S. 2 VAG a. F.) mangels sekundärrechtlicher Konkretisierung der Zustimmungskriterien beziehungsweise der Voraussetzungen für eine etwaige Verweigerung der Zustimmung den maßgeblichen Prüfungsmaßstab fest. Dieser entspricht vollumfänglich dem Prüfungsmaßstab des § 13 Abs. 2 S. 2 Hs. 1 VAG (§ 14 Abs. 2 S. 2 Hs. 1 VAG a. F.), den die BaFin auch bei der Erteilung einer Genehmigung anzulegen hat.851 Diese Prüfung kann aber allein von der BaFin durchgeführt werden. Die BaFin steht nicht etwa mit ihrem Fachwissen einer die Voraussetzungen vollumfänglich prüfenden EWR-ausländischen Behörde zur Seite, sondern es erfolgt insoweit eine originäre Prüfung durch die BaFin. Ungeachtet der Tatsache, dass eine EWR-ausländische Aufsichtsbehörde die erforderliche umfassende Prüfung, ob die Belange der Versicherten gewahrt und die Verpflichtungen aus den Versicherungen als dauernd erfüllbar dargetan sind, nach deutschem öffentlichen Recht rein tatsächlich kaum durchzuführen imstande sein dürfte, ist dies auch rechtlich nicht tragbar. Denn entsprechend den vorstehenden Ausführungen betreffend die fehlende 844
BVerwG, Urteil vom 10. Juli 1958 – I C 195/56 –, NJW 1959, 590. Für Rückversicherungsunternehmen folgt dies aus § 169 Abs. 1 S. 2 VAG (§ 121 h Abs. 1 S. 2 VAG a. F.). 846 Vgl. Laars, VAG, 3. Aufl. (2015), § 81 Rn. 7, § 110a Rn. 5. 847 Vogelsang, in: MünchKomm-VVG, Bd. 1, 1. Aufl. (2010), Systematische Einführung in das Aufsichtsrecht Rn. 521. 848 Gleiches gilt für Rückversicherungsunternehmen ausweislich § 169 Abs. 1 S. 2 VAG (§ 121 h Abs. 1 S. 2 VAG a. F.). 849 Vogelsang, in: MünchKomm-VVG, Bd. 1, 1. Aufl. (2010), Systematische Einführung in das Aufsichtsrecht Rn. 521. Soweit eine Zustimmung nicht erforderlich ist, sind die Regelungen über Bestandsübertragungen danach der Finanzaufsicht zuzuordnen. Dies gilt insbesondere für den Rückversicherungsbereich, vgl. Laars, VAG, 3. Aufl. (2015), § 121a Rn. 7; Seemayer, Grenzüberschreitende Übertragung von Erst- und Rückversicherungsbeständen (2016), S. 193 f. 850 Siehe insoweit zur Solvabilitätsbescheinigung Teil 2, E.II.2.b). 851 Pohlmann, in: FKBP, 5. Aufl. (2012), § 111d Rn. 3. 845
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Ersetzungsbefugnis der BaFin und des Verwaltungsgerichts hinsichtlich Mitwirkungsakten EWR-ausländischer Aufsichtsbehörden ist spiegelbildlich auch keine Aufsichtsbehörde und kein Gericht der übrigen Mitglied- oder Vertragsstaaten befugt, einen fehlenden Mitwirkungsakt der BaFin zu ersetzen. Die BaFin teilt der EWR-ausländischen Aufsichtsbehörde nach erfolgter Prüfung das Ergebnis eines Teils der – auf deutsches öffentliches Recht entfallenden – Anspruchsvoraussetzungen mit. Fällt diese Prüfung positiv aus, hat die EWR-ausländische Behörde die Zustimmung der BaFin anzuerkennen und insoweit keine eigene Prüfung mehr durchzuführen. Verweigert die BaFin die Zustimmung, fehlt damit bereits eine zwingende formale Voraussetzung für die Erteilung der Genehmigung durch die EWR-ausländische Aufsichtsbehörde, sodass jegliche weitere Anspruchsprüfung durch letztere entfallen muss.852 Schuegraf kommentierte die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts betreffend die Ablehnung einer isolierten Anfechtbarkeit der verweigerten gemeindlichen Zustimmung aus dem Jahr 1965 mit den Worten: „Im Übrigen drängt das Urteil den kritischen Leser zu der Frage, ob es de lege lata noch praktisch bedeutsame Fälle gibt, in denen die Mitwirkung einer Zweitbehörde im Zuge eines mehrstufigen Verwaltungsaktes derart selbständige Bedeutung besitzt, daß auch ihre Teilentscheidung einen eigenen anfechtbaren Verwaltungsakt darstellen kann. Wäre ein solcher Fall nicht länger denkbar, so müsste unverständlich bleiben, warum das Bundesverwaltungsgericht in seinem vielbeachteten Ausgangsentscheid vom 10. Juli 1958 überhaupt den [oben zitierten]853 Satz geprägt hat.“854 Wenn zum damaligem Rechtsstand offenbar keine entsprechenden praktisch relevanten Fälle mehr ersichtlich waren, so kann man dem Bundesverwaltungsgericht mit Blick auf das hier untersuchte grenzüberschreitende Verwaltungsverfahren enorme Weitsicht bescheinigen. Denn dieses bindet die EWR-ausländische Aufsichtsbehörde bei der Erteilung der Genehmigung an die Zustimmung der BaFin und räumt der BaFin mit diesem Mitwirkungsrecht faktisch die ausschließliche Wahrnehmung bestimmter Aufgaben und die alleinige Geltendmachung besonderer Gesichtspunkte in Gestalt der Wahrung der Versichertenbelange und der dauernden Erfüllbarkeit der Verbindlichkeiten nach deutschem Aufsichtsrecht ein. Danach könnte insoweit ausnahmsweise doch eine isolierte Anfechtbarkeit in Betracht kommen. 852 Bälz/Kuntz, VersR 2005, 310 (317) wollen in § 111d S. 2 VAG a. F. (nunmehr § 63 Abs. 1 S. 2 VAG) hingegen kein eigenständiges Prüfungsrecht der BaFin erkennen. Soweit sie ausführen, dass die Zustimmung der BaFin die EWR-ausländische Genehmigungsbehörde nicht bindet, weil letztere weitere und eigenständige Prüfungen anstellen darf, trifft dies zwar auf den Bereich der originären Prüfungskompetenzen der Genehmigungsbehörde und damit maßgeblich auf ausländisches öffentliches Recht zu. Erfolgt eine Zustimmung, darf die EWRausländische Genehmigungsbehörde indes aufgrund der Anerkennungspflicht keine weiteren Prüfungen betreffend das insoweit einschlägige deutsche öffentliche Recht vornehmen; wird die Zustimmung verweigert, entfallen weitere Prüfungen, da die Genehmigung ohne Zustimmung ohnehin nicht erteilt werden darf. 853 Fn. 842. 854 Schuegraf, NJW 1966, 900 (901).
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cc) Qualifizierung als Verwaltungsakt Nach den vom Bundesverwaltungsgericht aufgestellten Kriterien „mag sich auch die Entschließung der mitwirkungsberechtigten Behörde als selbständig anfechtbarer Verwaltungsakt darstellen“855. Dies impliziert zweierlei. Zum einen umfasst der Begriff Entschließung grundsätzlich sowohl die Erteilung der Zustimmung als auch deren Verweigerung. Zum anderen ist auch bei Vorliegen der vom Gericht insoweit herausgestellten Kriterien nicht zwingend von einem Verwaltungsakt auszugehen. Dies unterstreicht den absoluten Ausnahmecharakter einer Qualifizierung von Mitwirkungsakten als Verwaltungsakt. Das Bundesverwaltungsgericht hat konsequenterweise bislang lediglich bei der Verweigerung einer Zustimmung, nicht aber bei der Erteilung selbiger ausnahmsweise eine isolierte Anfechtbarkeit angenommen. Die anerkannten Ausnahmen fußen indes weniger auf rechtsdogmatischen, denn rechtspolitischen Gründen. So führt das Bundesverwaltungsgericht in einer Entscheidung zu § 9 Abs. 2 FernstrG aus: „Wenn auch die Klägerin die Zustimmung der Baugenehmigung nach § 9 Abs. 2 FernstrG im Wege der Verpflichtungsklage nicht erstreiten kann, so schließt das nicht aus, gegen die Versagung mit der Anfechtungsklage vorzugehen. Zwar gibt die Vorschrift der obersten Landesstraßenbaubehörde keine rechtliche Handhabe für den Erlaß eines Verwaltungsaktes gegenüber der Klägerin. Da sie sich aber geriert hat, als wäre sie ermächtigt, eine für die Klägerin verbindliche Entscheidung zu treffen, kann sie der Klägerin nicht entgegenhalten, es liege keine diese bindende Erklärung vor. Die dieser gegenüber erklärte Versagung der Zustimmung bedeutet zwar nicht eine Entscheidung über ihren baurechtlichen Anspruch, sie hindert aber die Baugenehmigungsbehörde, die begehrte Bauerlaubnis zu erteilen. Von der Rechtmäßigkeit oder der Rechtswidrigkeit der hier angefochtenen Versagung der Zustimmung hängt somit die weitere Behandlung des Baugesuchs und damit die Entscheidung über den baurechtlichen Anspruch ab. Erweist sich die Versagung der Zustimmung als sachlich gerechtfertigt, so ist damit festgestellt, daß die Klägerin einen baurechtlichen Anspruch nicht besitzt; es ist zugleich über das Schicksal des Baugesuchs entschieden. Unter solchen Umständen stünde die Abweisung der Klage mit der Begründung, § 9 Abs. 2 FernstrG ermächtige nicht zum Erlaß eines Verwaltungsaktes, nicht mit einer vernünftigen Auffassung über den dem Bürger eingeräumten Rechtsschutz vor den Verwaltungsgerichten in Einklang. Der Senat hält es nicht für gerechtfertigt, die Klägerin auf eine gegen die Baugenehmigungsbehörde zu richtende neue Klage zu verweisen, bei deren Behandlung es entscheidend darauf ankäme, ob die von der obersten Landesstraßenbaubehörde nach § 9 Abs. 3 FernstrG vorgeschützten Hinderungsgründe tatsächlich gegeben sind.“856 Diese Entscheidung wurde vom Bundesverwaltungsgericht in einer Entscheidung zu § 12 Abs. 2 LuftVerkG bestätigt und fortentwickelt. Das Gericht führt dazu aus: „Der Kläger be855
BVerwG, Urteil vom 10. Juli 1958 – I C 195/56 –, NJW 1959, 590. BVerwG, Urteil vom 28. Mai 1963 – I C 247/58 –, BVerwGE 16, 116 = NJW 1963, 2088 (2091). 856
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schränkt sich […] darauf, gegen die Versagung der Zustimmung in der Form der Anfechtungsklage vorzugehen. Die von ihm angefochtenen Entscheidungen zeigen, daß die Zustimmungsbehörde im Irrtum über ihre Befugnisse sich dem Kläger gegenüber so verhalten hat, als wäre sie ermächtigt, eine für ihn verbindliche Entscheidung durch Verwaltungsakt zu treffen. Diese Entscheidung hindert die allein im Verhältnis zwischen Bürger und Behörde zuständige Baugenehmigungsbehörde, die begehrte Bauerlaubnis zu erteilen. Schon unter dem Gesichtspunkt einer vernünftigen Auffassung über den dem Kläger eingeräumten Rechtsschutz hat also das angefochtene Urteil zu Recht sich der Überprüfung der Rechtmäßigkeit des Verwaltungshandelns der Luftfahrtbehörde unterzogen.“857 Das Gericht hat somit in beiden Fällen die Anfechtungsklage im Ergebnis für zulässig erachtet, es indes vermieden, die Verweigerung einer Zustimmung explizit als Verwaltungsakt zu qualifizieren. Nach alledem spricht zwar einiges dafür, ausnahmsweise eine isolierte Anfechtbarkeit der Verweigerung einer Zustimmung der BaFin im grenzüberschreitenden Verwaltungsverfahren anzuerkennen.858 Im Übrigen ist – den Ausnahmecharakter wahrend – ein genereller Bruch mit der langjährig entwickelten Rechtsnatur von Mitwirkungsakten jedoch nicht indiziert. Insofern sollte es also sowohl hinsichtlich der Vornahme als auch der Verweigerung eines Mitwirkungsaktes weiterhin bei der grundsätzlichen Qualifizierung als Verwaltungsinternum bleiben.859 Eine andere Beurteilung ist lediglich dann geboten, wenn sich die mitwirkungsberechtigte Behörde tatsächlich gegenüber dem Antragsteller der insofern unzulässigen Handlungsform des Verwaltungsaktes bedient. Denn 857 BVerwG, Urteil vom 16. Juli 1965 – IV C 30/65 – BVerwGE 21, 354 = NJW 1965, 2266 (2267); zur umstrittenen Statthaftigkeit der Anfechtungsklage bei einem sogenannten Nicht-VA oder Schein-VA siehe auch Schmidt-Kötters, in: BeckOK VwGO, 38. Ed. (2016), § 42 Rn. 22 m. w. Nachw. In Zweifelsfällen wird die Erhebung einer Anfechtungsklage, verbunden mit einem hilfsweise gestellten Antrag auf Feststellung des Nichtbestehens eines Verwaltungsaktes empfohlen. 858 So im Ergebnis auch Bälz/Kuntz, VersR 2005, 310 (317). Auch Lüttringhaus, VersR 2008, 1036 (1039) geht zwar grundsätzlich davon aus, dass keine mehrfache Prozessführung in verschiedenen Ländern erforderlich sei, erkennt jedoch an, dass der Kläger in Einzelfällen wie etwa der Verweigerung der Zustimmung dazu gezwungen sein kann, Prozesse im In- und Ausland anzustrengen. 859 Insoweit ist Bälz/Kuntz, VersR 2005, 310 (317) und Bornschlegl, Die Bestandsübertragung nach dem VAG (2014), S. 425, 429 zu widersprechen. Sie qualifizieren die Verweigerung der Zustimmung durch die BaFin ohne Weiteres als Verwaltungsakt. Zwar trifft zu, dass es mangels Zustimmung an einem Anknüpfungspunkt für die Genehmigungserteilung fehlt. Damit entfällt auch der untrennbare innere Zusammenhang zwischen Zustimmung und Genehmigung. Indes verkennt diese Ansicht, dass dennoch ein behördeninterner Vorgang vorliegt und die Verweigerung der Zustimmung nicht zwingend nach außen hervortritt. Die BaFin ist in diesem Fall nicht zum Erlass eines Verwaltungsaktes gegenüber den Unternehmen befugt. Zwar geriert sie sich durch die Verweigerung im Ergebnis gleichwohl so, als hätte sie eine solche Befugnis. Damit kann die BaFin den Unternehmen jedenfalls nicht entgegenhalten, es liege keine bindende Entscheidung vor, vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Mai 1963 – I C 247/58 –, BVerwGE 16, 116 = NJW 1963, 2088 (2091). Dies allein rechtfertigt indes nicht, die Rechtsnatur eines behördeninternen Mitwirkungsaktes generell umzuqualifizieren.
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entscheidet eine Verwaltungsbehörde, die nur zur innerbehördlichen Mitwirkung an einem Verfahren berufen ist, gleichwohl in der Form des Verwaltungsaktes, ist eine gegen diesen Verwaltungsakt gerichtete Anfechtungsklage schon allein deshalb begründet, weil ein derart belastender Verwaltungsakt einer gesetzlichen Grundlage bedürfte, eine solche Grundlage jedoch fehlt.860 dd) Fiktion der Zustimmung Beachtung verdient in diesem Zusammenhang noch ein weiterer Aspekt. Bei der Anfechtungsklage handelt es sich um eine Gestaltungsklage. Soweit die Klage Erfolg hat, hebt das Gericht den angegriffenen Verwaltungsakt auf und gestaltet damit die Rechtslage unmittelbar.861 Der Kläger einer Anfechtungsklage wendet sich gegen einen ihm lästigen Verwaltungsakt.862 Dieser kann grundsätzlich auch in einem ablehnenden Bescheid wie etwa der Ablehnung einer beantragten Genehmigung liegen. In solchen Fällen greift das vom Kläger gewählte Rechtsmittel indes im Grunde zu kurz. Denn der Kläger begehrt in solchen Fällen regelmäßig nicht bloß eine Aufhebung des lästigen, sondern die Erteilung eines ihn begünstigenden Verwaltungsaktes. Dieses Begehren ist grundsätzlich mit einer Verpflichtungsklage zu verfolgen.863 Das Bundesverwaltungsgericht hat jedoch selbst in den Entscheidungen, in denen es eine isolierte Anfechtbarkeit des Verwaltungsinternums im Ergebnis für angezeigt erachtete, unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass eine Verpflichtung der mitwirkungsberechtigten Behörde zur Erteilung der – dann wiederum rein behördenintern Bedeutung erlangenden – Zustimmung nicht in Betracht kommt.864 Im grenzüberschreitenden Verwaltungsverfahren müsste danach grundsätzlich die EWR-ausländische Genehmigungsbehörde von dem insoweit zuständigen Gericht des jeweiligen Mitglied- oder Vertragsstaates zur Erteilung des letztlich begehrten Verwaltungsaktes verpflichtet werden, was indes mangels Ersetzungskompetenz des entsprechenden Gerichts hinsichtlich des verweigerten Mitwirkungsaktes der BaFin im Ergebnis ebenfalls nicht durchgreifen kann. Damit könnte man zu dem Ergebnis kommen, dass auch die isolierte Anfechtung des verweigerten 860
BVerwG, Urteil vom 23. Oktober 1968 – IV C 42/66 –, NJW 1969, 444; explizit auch BVerwG, Beschluss vom 8. Dezember 1966 – IV C 32/65 –: „Die Zustimmungsversagung ist ebenso wie die Zustimmungserteilung ein verwaltungsinterner Vorgang. Ihr die Gestalt eines – seinem Wesen nach belastenden – Verwaltungsaktes zu geben, entbehrt der erforderlichen gesetzlichen Grundlage und ist allein aus diesem Grunde rechtswidrig.“ Vgl. ferner Schenk, in: SZDK, 49. EL (2016), § 19 WHG Rn. 37. 861 Pietzcker, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 30. EL (2016), § 42 Rn. 2. 862 Pietzcker, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 30. EL (2016), § 42 Rn. 4. 863 Pietzcker, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 30. EL (2016), § 42 Rn. 4. 864 BVerwG, Urteil vom 28. Mai 1963 – I C 247/58 – BVerwGE 16, 116 = NJW 1963, 2088 (2089); BVerwG, Urteil vom 16. Juli 1965 – IV C 30/65 –, BVerwGE 21, 354 = NJW 1965, 2266 (2267).
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Mitwirkungsaktes der BaFin den Versicherungsunternehmen im Ergebnis nicht hilft. Insoweit ist jedoch zu berücksichtigen, dass § 63 Abs. 3 VAG (§ 111d S. 4 VAG a. F.) im Einklang mit Art. 39 Abs. 5 Unterabs. 2 Solvency II eine Fiktion hinsichtlich der im grenzüberschreitenden Verwaltungsverfahren erforderlichen Zustimmung vorsieht.865 Nach fruchtlosem Ablauf von drei Monaten gilt die Zustimmung danach als stillschweigend erteilt.866 Soweit die Verweigerung der Zustimmung der BaFin durch erfolgreiche Anfechtung aufgehoben wird, liegt grundsätzlich keine die Erteilung der Genehmigung hindernde Erklärung mehr vor. Durch das Zusammenspiel von isolierter Anfechtung der verweigerten Zustimmung und vorgenannter Zustimmungsfiktion kann eine EWR-ausländische Aufsichtsbehörde insoweit im Ergebnis ausnahmsweise auch ohne positive Mitwirkung der BaFin eine Genehmigung erteilen.867 b) Solvabilitätsbescheinigung Die rechtswidrige Verweigerung der Ausstellung einer Solvabilitätsbescheinigung kann sich theoretisch in zwei unterschiedlichen Formen äußern. Zum einen kann die BaFin als gewissermaßen vollständige Mitwirkungsverweigerung gegenüber der EWR-ausländischen Genehmigungsbehörde ausdrücklich erklären, die Bescheinigung überhaupt nicht auszustellen. Darüber hinaus kann sie die Solvabilitätsbescheinigung für das übernehmende Versicherungsunternehmen zwar grundsätzlich ausstellen, bei den unter Part II zu bescheinigenden Voraussetzungen indes die maßgebliche Bescheinigung ausreichender Solvabilität unter Berücksichtigung der Übertragung streichen.868 Faktisch wird durch beide Formen das grenzüber865
Siehe dazu auch Teil 2, E.II.4. Entfällt eine Zustimmungsverweigerung durch erfolgreiche Anfechtung, stellt sich hinsichtlich der Fiktion die Folgefrage des maßgeblichen Fristbeginns. Ungeachtet der Frage, ob die Aufhebung insoweit ex tunc oder lediglich ex nunc wirkt, ist zu berücksichtigen, dass ursprünglich eine die Fiktion hemmende Erklärung vorlag und das Eingreifen einer Fiktion grundsätzlich die Möglichkeit zu deren Verhinderung gewährleisten muss. Vor diesem Hintergrund erscheint es sachgerecht, für den Fristbeginn der Fiktion in einem solchen Fall auf die Rechtskraft des Anfechtungsurteils abzustellen. Denn die in dem Anfechtungsurteil liegende – keine weitere Vollstreckung erfordernde – unmittelbare Gestaltungswirkung tritt jedenfalls mit Rechtskraft des Urteils ein, vgl. Pietzcker, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 30. EL (2016), § 42 Rn. 2. 867 Vor dem Hintergrund dieses Zusammenspiels von Anfechtung und Fiktion der Zustimmung dürfte der hier vertretene Lösungsansatz insoweit auch etwa gegenüber der Befugnis der Gerichte des Herkunftsstaates zu einer Verpflichtung der Genehmigungsbehörde unter gleichzeitiger Verpflichtung der jeweiligen Mitwirkungsbehörden anderer Mitglied- oder Vertragsstaaten respektive unter Ersetzung deren Mitwirkungsakte vorzugswürdig sein. Denn ein Vorgehen gegen die Verweigerung der Zustimmung schafft diese aus der Welt. Die Mitwirkungsbehörde hat dann erneut die Möglichkeit zur Vornahme des Mitwirkungsaktes. Nutzt sie diese nicht, greift hinsichtlich einer Zustimmung die Fiktion ein und kann die Genehmigung auch ohne explizite Zustimmung erteilt werden. 868 Unter Part II der Solvabilitätsbescheinigung hat die ausstellende Aufsichtsbehörde zu bestätigen, dass das Versicherungsunternehmen die Solvabilitätsvorgaben der (i) Lebensver866
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schreitende Verwaltungsverfahren abgeschlossen, da eine Genehmigung ohne die Bestätigung der ausreichenden Solvabilität unter Berücksichtigung der Übertragung nicht erteilt werden darf. Zwar handelt es sich bei dieser Form der Mitwirkung nicht um eine Zustimmung oder ein Einvernehmen im strengen Sinne. Gleichwohl wird die Genehmigungsbehörde an die Bestätigung der Mitwirkungsbehörde gebunden. Dabei gilt der vorstehend hinsichtlich der Zustimmung insoweit dargestellte Aspekt der ausschließlichen Wahrnehmung bestimmter Aufgaben und der alleinigen Geltendmachung besonderer Gesichtspunkte für die Solvabilitätsbescheinigung umso mehr. Handelt es sich um eine Übertragung auf ein der Sitzlandaufsicht der BaFin unterstehendes Erstversicherungsunternehmen, hat die BaFin gemäß § 63 Abs. 4 VAG (§ 111d S. 5 VAG a. F.) entsprechend Art. 39 Abs. 1 Unterabs. 2 Solvency II eine Solvabilitätsbescheinigung auszustellen. Wenngleich dieser Fall nicht ausdrücklich geregelt ist, wird man dies auch für eine Übertragung auf ein inländisches Rückversicherungsunternehmen anzunehmen haben.869 Aufgrund der insoweit maßgeblichen – in die alleinige Kompetenz der BaFin fallenden –870 Finanzaufsicht beinhaltet dieses Mitwirkungsrecht bereits rechtlich die ausschließliche Wahrnehmung bestimmter Aufgaben und die Übertragung der alleinigen Geltendmachung besonderer – hier: finanzaufsichtsrechtlicher – Gesichtspunkte. Da auch aufgrund einer Verweigerung der Ausstellung einer Solvabilitätsbescheinigung kein transnationaler Verwaltungsakt unter Anerkennung eines Mitwirkungsaktes ergeht und somit die Einheitlichkeit der Entscheidung nicht gefährdet wird, sollte vor diesem Hintergrund das für die Verweigerung der Zustimmung dargestellte Ergebnis auf die Verweigerung der Ausstellung der Solvabilitätsbescheinigung grundsätzlich übertragen werden.871 Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass sich die Fiktion von § 63 Abs. 3 VAG (§ 111d S. 4 VAG a. F.) beziehungsweise Art. 39 Abs. 5 Unterabs. 2 Solvency II nicht auf die Ausstellung einer Solvabilitätsbescheinigung erstreckt.872 3. Rechtsschutz gegen ablehnende Entscheidungen EWR-ausländischer Aufsichtsbehörden Gegen die von einer EWR-ausländischen Genehmigungsbehörde erteilte Ablehnung einer Genehmigung dürften in allen Mitglied- oder Vertragsstaaten Rechtsmittel nach Maßgabe des jeweiligen nationalen öffentlichen Rechts bereitstehen. Soweit es die Verweigerung erforderlicher Mitwirkungsakte EWR-ausländischer Aufsichtsbehörden im grenzüberschreitenden Verwaltungsverfahren betrifft, sicherungs-, (ii) Nichtlebensversicherungs- und (iii) Rückversicherungsrichtlinie erfüllt und (iv) über ausreichende Solvabilität unter Berücksichtigung der Übertragung verfügt. Soweit einzele dieser vier Voraussetzungen nicht zutreffen, sollen diese gestrichen werden. 869 Vgl. Teil 3, A.III.2. 870 Vgl. Teil 2, E.II.2.a)bb). 871 Siehe Teil 2, E.II.2.a). 872 Siehe Teil 2, E.II.2.a)dd); Teil 2, E.II.4.b).
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bestehen im Inland keine effektiven Rechtsschutzmöglichkeiten.873 Die Versicherungsunternehmen sind auch insoweit auf Rechtsschutz in den jeweiligen Mitgliedoder Vertragsstaaten zu verweisen. Wie problematisch sich die Frage des Rechtsschutzes hinsichtlich verwaltungsinterner Mitwirkungsakte darstellt, hat die Erörterung betreffend den Rechtsschutz gegen die Verweigerung erforderlicher Mitwirkungsakte seitens der BaFin gezeigt.874 Soweit in anderen Mitglied- oder Vertragsstaaten nicht in entsprechender Form adäquate Rechtsmittel gegen eine derartige Verweigerung als solche bereitstehen, fehlt es den betroffenen Versicherungsunternehmen in dieser Hinsicht an effektivem Rechtsschutz. 4. Rechtsschutz bei Verfahrensverzögerungen Den Gegenstand verwaltungsrechtlicher Rechtsschutzbegehren kann neben der Ablehnung einer Genehmigung beziehungsweise der Verweigerung von Mitwirkungsakten grundsätzlich auch eine von den Aufsichtsbehörden verursachte Verzögerung des Genehmigungsverfahrens bilden. In der Literatur wurde darauf hingewiesen, dass die nationalen Verfahren aufgrund der Richtlinienvorgaben zur Gestattung der Übertragung nach Maßgabe des nationalen Rechts nicht aufeinander abgestimmt seien und es deshalb in der Praxis zu Verfahrensverzögerungen zulasten der Versicherungsunternehmen kommen könne.875 Dies sei insbesondere darauf zurückzuführen, dass eine für die Verfahrensbeschleunigung wichtige Zustimmungsfiktion nur im General Protocol on Collaboration und damit rechtlich unverbindlichem Soft Law zu finden sei, eine entsprechende Rechtsgrundlage auf Ebene des nationalen Rechts indes fehle. In der Praxis könne die mitwirkungsberechtigte Aufsichtsbehörde daher das Genehmigungsverfahren erheblich verschleppen.876 Nachfolgend wird untersucht, inwieweit diese Gefahr auch nach Inkrafttreten von Solvency II noch besteht. a) Keine Verfahrensverzögerung durch Unterbleiben einer Zustimmung Die in Bezug genommene Regelung zur Verfahrensbeschleunigung in Part IV 5.1.2 General Protocol on Collaboration offenbart bei näherer Betrachtung einen gewissermaßen doppelten Inhalt. Sie ordnet zum einen an, dass Zustimmungen und Stellungnahmen so schnell wie möglich erteilt werden sollen. Insoweit handelt es sich zunächst nur um eine relative Verfahrensbeschleunigung. Jedenfalls aber soll die Erteilung nicht später als drei Monate gerechnet vom Erhalt der Konsultationsanfrage erfolgen. Diese Vorgabe wird mit einer rechtlichen Fiktion gekoppelt. Nach 873
Vgl. Teil 2, E.II.1.b)aa)(3); Teil 2, E.II.1.b)bb)(3). Siehe Teil 2, E.II.2. 875 Zens, Zusammenarbeit der Versicherungsaufsichtsbehörden (2005), S. 355, 363 ff., 384. 876 Lüttringhaus, VersR 2008, 1036 (1039); vgl. auch Rüdt, in: Bähr, Hdb. Versicherungsaufsichtsrecht (2011), § 14 Rn. 124. 874
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Ablauf der Frist gilt demnach ein Schweigen der konsultierten Aufsichtsbehörde als Zustimmung oder positive Stellungnahme. Insoweit handelt es sich also um eine absolute Verfahrensbeschleunigung. Zutreffend wurde der vermeintlichen Unverbindlichkeit der Zustimmungsfiktion bereits entgegengehalten, dass Art. 14 Abs. 4 Hs. 2 der konsolidierten Richtlinie Lebensversicherung eine inhaltsgleiche Fiktion enthält.877 Gleiches gilt für Art. 12 Abs. 5 Hs. 2 Dritte Richtlinie Schadenversicherung.878 Die Fiktion der Zustimmung ist nunmehr einheitlich in entsprechender Weise von Art. 39 Abs. 5 Unterabs. 2 Solvency II übernommen worden.879 Dabei ist lediglich die Fiktion einer positiven Stellungnahme entfallen. Das ist konsequent, da die Stellungnahme nach der Konzeption des Art. 39 Abs. 3 bis 5 Solvency II bereits keine zwingende Genehmigungsvoraussetzung darstellt und somit eine diesbezügliche Fiktion grundsätzlich nicht erforderlich ist. Insoweit soll der Aufsichtsbehörde nur die Möglichkeit einer Stellungnahme eingeräumt werden. Auf deren tatsächliches Vorliegen kommt es in rechtlicher Hinsicht nicht an.880 Da die präzise Vorgabe der Fiktionswirkung in der konsolidierten Richtlinie Lebensversicherung dem nationalen Gesetzgeber keinerlei Umsetzungsspielräume biete, soll die dort statuierte Zustimmungsfiktion in Ermangelung nationaler Umsetzung direkt zur Anwendung kommen.881 Dies lässt sich auf die nunmehr in Art. 39 Abs. 5 Unterabs. 2 Solvency II vereinheitlichte Fiktion uneingeschränkt übertragen. Soweit es die erforderliche Zustimmung der BaFin betrifft, kommt es darauf indes gar nicht mehr an. Denn der Gesetzgeber hat die Fiktionsanordnung ordnungsgemäß in § 63 Abs. 3 VAG (§ 111d S. 4 VAG a. F.) umgesetzt.882 Für die erforderliche Zustimmung einer EWR-ausländischen Aufsichtsbehörde kann der Gesetzgeber eine solche Fiktion mangels Regelungskompetenz hingegen nicht statuieren. Soweit in den Rechtsordnungen der Mitglied- oder Vertragsstaaten eine entsprechende Zustimmungsfiktion fehlt, hat es daher bei der unmittelbaren Anwendung von Art. 39 Abs. 5 Unterabs. 2 Solvency II zu verbleiben.883 Damit ist festzuhalten, dass die Verfahrensbeschleunigung – soweit sie die Zustimmungsfiktion nach Ablauf von drei Monaten betrifft – bereits verbindlich von 877
Rüdt, in: Bähr, Hdb. Versicherungsaufsichtsrecht (2011), § 14 Rn. 125. Zens, Zusammenarbeit der Versicherungsaufsichtsbehörden (2005), S. 357, 362. 879 Ausweislich Art. 39 Abs. 2 Solvency II gelten die Vorgaben zur Zustimmung sowie deren Fiktion ausschließlich für Übertragungen der Bestände von Erstversicherungsunternehmen. Für Übertragungen von Rückversicherungsunternehmen fehlt ein entsprechendes Regelungsbedürfnis, da bereits ausweislich Art. 18 Rückversicherungsrichtlinie eine Zustimmung anderer Aufsichtsbehörden insoweit nicht vorgesehen war. Daran hat sich durch Solvency II nichts geändert. 880 Vgl. Teil 2, D.III.2.c). 881 Rüdt, in: Bähr, Hdb. Versicherungsaufsichtsrecht (2011), § 14 Rn. 125. 882 § 63 Abs. 3 VAG (§ 111d S. 4 VAG a. F.) enthält den Vorgaben der Dritten Richtliniengeneration entsprechend auch noch eine Fiktionsanordnung hinsichtlich der positiven Stellungnahme. 883 So im Ergebnis auch Bornschlegl, Die Bestandsübertragung nach dem VAG (2014), S. 426. 878
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europäischem Sekundärrecht vorgegeben ist. Soweit es die Zustimmung der BaFin betrifft, besteht darüber hinaus mit § 63 Abs. 3 VAG (§ 111d S. 4 VAG a. F.) auch eine entsprechende nationale Rechtsgrundlage. Einer etwaigen Verfahrensverschleppung durch mitwirkungsberechtigte Aufsichtsbehörden ist damit vorgebeugt. Auf die in Part IV 5.2.1 General Protocol on Collaboration enthaltene Regelung kommt es insoweit gar nicht an. Anzumerken bleibt lediglich, dass Part IV 5.2.1 General Protocol on Collaboration, soweit es die relative Verfahrensbeschleunigung betrifft, über die in Art. 39 Abs. 5 Unterabs. 2 Solvency II und § 63 Abs. 3 VAG (§ 111d S. 4 VAG a. F.) angeordnete Fiktion hinausgeht. Denn weder Solvency II noch das VAG enthalten eine Anordnung, die Zustimmung – innerhalb der Dreimonatsfrist – so schnell wie möglich zu erteilen. Indes könnte eine solche Vorgabe faktisch lediglich als Sollvorschrift ausgestaltet werden. Mangels Nachprüfbarkeit und Einklagbarkeit käme der Kodifizierung einer solchen Wohlverhaltensregel in der Praxis bestenfalls untergeordnete Bedeutung zu. Das Unterbleiben einer behördlichen Zustimmung im grenzüberschreitenden Verwaltungsverfahren kann damit im Ergebnis keine Verfahrensverzögerung bewirken. Mangels Erforderlichkeit gilt dies für das Unterbleiben einer Stellungnahme umso mehr. b) Solvabilitätsbescheinigung aa) Möglichkeit der Verfahrensverzögerung durch Untätigkeit Das Problem einer Verfahrensverzögerung aufgrund Untätigkeit hinsichtlich der Solvabilitätsbescheinigung ist in der Literatur bislang unberücksichtigt geblieben. Zwar weist Zens darauf hin, dass die Fiktion der Dritten Richtliniengeneration die Ausstellung der Solvabilitätsbescheinigung nicht erfasst.884 Offen bleibt indes, was dies zur Folge hat. Dazu ist zunächst eine Abgrenzung von der bereits erörterten expliziten Verweigerung eines Mitwirkungsaktes vorzunehmen.885 Im Unterschied zu einer expliziten Verweigerung gibt die mitwirkungsberechtigte Aufsichtsbehörde bei einer Verfahrensverzögerung nicht endgültig zu erkennen, den Mitwirkungsakt nicht vornehmen zu wollen, sondern bleibt lediglich untätig. Im Grunde könnte sich hier das von Lüttringhaus886 zur Zustimmung aufgezeigte Problem realisieren, indem die insoweit mitwirkungsberechtigte Aufsichtsbehörde zunächst ihre Kooperationsbereitschaft erkennen lässt, dann aber die Ausstellung der Solvabilitätsbescheinigung verschleppt. Solange die Bescheinigung nicht vorliegt, kann die zuständige Genehmigungsbehörde jedoch unter keinen Umständen eine Bestandsübertragung genehmigen. Das Erfordernis einer Solvabilitätsbescheinigung gilt gemäß Art. 39 Abs. 1 Unterabs. 2 Solvency II einheitlich für Erstversicherungs- und Rückversi884
Zens, Zusammenarbeit der Versicherungsaufsichtsbehörden (2005), S. 357. Auch Art. 18 Rückversicherungsrichtlinie enthielt keine Fiktion für die erforderliche Solvabilitätsbescheinigung. 885 Siehe dazu insbesondere Teil 2, E.II.2.b). 886 Lüttringhaus, VersR 2008, 1036 (1038).
E. Rechtsschutz im grenzüberschreitenden Verwaltungsverfahren
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cherungsunternehmen. Die Fiktion des Art. 39 Abs. 5 Unterabs. 2 Solvency II erfasst – ungeachtet der Tatsache, dass sie nur für Erstversicherungsunternehmen gilt – ausschließlich die Zustimmung. Eine Fiktion der Solvabilitätsbescheinigung kommt mithin auch nach Maßgabe von Solvency II nicht in Betracht. Verdeutlicht man sich den Unterschied der Verwaltungsinterna Zustimmung und Solvabilitätsbescheinigung, ist der Ausschluss letzterer von einer Fiktion im Ergebnis auch zwingend. Bei der Zustimmung handelt es sich um eine verfahrensrechtliche Erklärung. Der mitwirkungsberechtigten Aufsichtsbehörde wird grundsätzlich die Möglichkeit eingeräumt, dieses Verfahrensrecht wahrzunehmen. Macht die Aufsichtsbehörde von diesem Recht in Kenntnis der Erklärungsfrist keinen Gebrauch, spricht einiges dafür, dass sie keine Einwände hat. In diesem Fall ist eine gesetzliche Anordnung, nach der die Zustimmung als stillschweigend erteilt gilt und die Aufsichtsbehörde insofern ihre ansonsten absolute Rechtsposition mit Ablauf der Frist verliert, vertretbar. Bei der Solvabilitätsbescheinigung besteht insoweit jedoch nicht nur ein bloßes Mitwirkungsrecht der Aufsichtsbehörde, welches analog der vorstehenden Ausführungen per Fiktion nach Fristablauf entfallen könnte. Auch geht es nicht maßgeblich darum, ob die Aufsichtsbehörde Einwände gegen die Übertragung hätte.887 Vielmehr besteht ein Erfordernis dergestalt, dass die für das übernehmende Versicherungsunternehmen zuständige Aufsichtsbehörde dessen ausreichende Solvabilität zu bescheinigen hat. Dazu muss eine tatsächliche Prüfung erfolgen. Die zur Zustimmungsfiktion gewissermaßen analoge Annahme, das übernehmende Versicherungsunternehmen würde über die erforderliche Solvabilität verfügen, wenn die zuständige Aufsichtsbehörde sich nicht erklärt, verbietet sich. In Unkenntnis über die tatsächliche Solvabilität des übernehmenden Versicherungsunternehmens kann die für das übertragende Versicherungsunternehmen zuständige Aufsichtsbehörde ihrem Schutzauftrag nicht nachkommen und darf sie folglich die Übertragung nicht genehmigen. Part IV 5.1.3 General Protocol on Collaboration enthält – insoweit entsprechend der Regelung zur Zustimmung – eine relative und eine absolute Anordnung zur Verfahrensbeschleunigung bei Übertragungen von Erstversicherungsunternehmen. Die Solvabilitätsbescheinigung soll so schnell wie möglich, jedenfalls aber innerhalb von drei Monaten gerechnet ab der Anfrage ausgestellt werden. Für Übertragungen von Rückversicherungsunternehmen sieht Part IV 5.2.1 General Protocol on Col887 Dies kommt etwa in Part IV 5.1.5 General Protocol on Collaboration zum Ausdruck. Danach soll die zuständige Behörde des übernehmenden Unternehmens im Rahmen des Konsultationsverfahrens die zuständige Behörde des übertragenden Unternehmens innerhalb einer entsprechenden Dreimonatsfrist auch darüber informieren, wenn sie ungeachtet der bestätigten Mindestsolvabilität des übernehmenden Unternehmens ernsthafte Bedenken über dessen künftige Performance hat. Die Solvabilitätsbescheinigung stellt demnach ein ausschließlich faktisches Zahlenwerk über die Finanzausstattung des übernehmenden Versicherungsunternehmens unter Berücksichtigung der beabsichtigten Übertragung dar. Etwaige Einwände der zuständigen Behörde des übernehmenden Versicherungsunternehmens sind nicht zu berücksichtigen und auf anderem Wege an die zuständige Behörde des übertragenden Versicherungsunternehmens zu übermitteln.
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laboration hingegen nur eine weniger eindeutige relative Vorgabe zur Verfahrensbeschleunigung vor. Danach soll die Solvabilitätsbescheinigung – soweit möglich – innerhalb von drei Monaten gerechnet ab Erhalt der Anfrage ausgestellt werden. Anders als für die Zustimmung enthält das General Protocol on Collaboration jedoch in Übereinstimmung mit den vorstehenden Ausführungen keine Fiktion der Solvabilitätsbescheinigung nach Fristablauf. Insoweit hilft das General Protocol on Collaboration hinsichtlich einer langfristigen Verschleppung ungeachtet seiner Rechtsnatur nicht weiter. Festzuhalten ist, dass eine insoweit zuständige Aufsichtsbehörde das Genehmigungsverfahren durch bloße Untätigkeit verschleppen kann, indem sie die Ausstellung der Solvabilitätsbescheinigung hinauszögert. Damit stellt sich die Frage, ob – und wenn ja, in welcher Form – sich die betroffenen Versicherungsunternehmen gegen derartige Untätigkeit mitwirkungsverpflichteter Aufsichtsbehörden rechtlich zur Wehr setzen können. bb) Untätigkeit EWR-ausländischer Aufsichtsbehörden In Anbetracht des zu einer Verweigerung von Mitwirkungsakten durch EWRausländische Aufsichtsbehörden gefundenen Ergebnisses kann eine bloße Verzögerung eines Mitwirkungsaktes – mithin ein rechtliches Minus zur Verweigerung – grundsätzlich nicht anders zu beurteilen sein.888 Den Unternehmen steht gegen Verfahrensverzögerungen durch EWR-ausländische Aufsichtsbehörden im Inland daher im Ergebnis kein Rechtsschutz offen. Insoweit sind sie auf einen etwaigen Rechtsschutz im EWR-Ausland verwiesen. cc) Untätigkeitsklage gegen die BaFin Rechtsschutz im Inland kommt bei Verfahrensverzögerungen im Rahmen des grenzüberschreitenden Verwaltungsverfahrens nur in Betracht, soweit diese durch Untätigkeit der BaFin hinsichtlich der Ausstellung der Solvabilitätsbescheinigung des übernehmenden Versicherungsunternehmens verursacht werden. Gegen die Verweigerung von Mitwirkungsakten der BaFin kommt nach hier vertretener Ansicht ausnahmsweise eine isolierte Anfechtungsklage in Betracht, ohne dass die Verweigerung damit jedoch zwingend als Verwaltungsakt zu qualifizieren wäre.889 Bei der bloßen Verzögerung eines Mitwirkungsaktes stellt sich eine derartige Qualifizierungsfrage zunächst nicht, da überhaupt keine Entscheidung und auch kein sonstiges Handeln einer Behörde vorliegt. Bei Untätigkeit der BaFin ist jedoch grundsätzlich eine Untätigkeitsklage gegen diese in Betracht zu ziehen.890 Ist über einen Widerspruch oder über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsaktes 888
Siehe zur Verweigerung von Mitwirkungsakten durch EWR-ausländische Aufsichtsbehörden insbesondere Teil 2, E.II.3. 889 Vgl. Teil 2, E.II.2. 890 Zur Möglichkeit einer derartigen Klage gegen die BaFin allgemein bereits Fricke, NVersZ 2002, 337 (342).
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ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden, gestattet § 75 S. 1 VwGO in Abweichung vom Grundsatz des § 68 VwGO die unmittelbare Erhebung einer verwaltungsgerichtlichen Klage. Die Statuierung dieser sogenannten Untätigkeitsklage beugt einer im Hinblick auf Art. 19 Abs. 4 GG bedenklichen Erschwerung des Zugangs zum Gericht aufgrund der Untätigkeit einer Behörde vor.891 In Betracht käme eine Klage nach § 75 S. 1 Alt. 2 VwGO. Nach dem Wortlaut der Norm wäre dazu indes grundsätzlich ein Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsaktes gegenüber der BaFin erforderlich.892 Die Ausstellung einer Solvabilitätsbescheinigung im Rahmen des grenzüberschreitenden Verwaltungsverfahrens stellt jedoch unter keinen Umständen einen Verwaltungsakt dar.893 Auch haben die eine Genehmigung begehrenden Versicherungsunternehmen in diesen Fällen keinen Antrag gegenüber der BaFin gestellt, sondern gegenüber der für das übertragende Versicherungsunternehmen zuständigen EWR-ausländischen Aufsichtsbehörde. Die Solvabilitätsbescheinigung wird – wie auch in § 63 Abs. 4 VAG (§ 111d S. 5 VAG a. F.) unmissverständlich zum Ausdruck kommt – seitens dieser Aufsichtsbehörde bei der BaFin angefordert. Dem Wortlaut nach käme eine Untätigkeitsklage damit in doppelter Hinsicht nicht in Betracht. Die beiden vorgenannten Voraussetzungen gelten indes grundsätzlich in gleicher Weise für die Anfechtungsklage. Im Rahmen der isolierten Anfechtung der Verweigerung von Mitwirkungsakten wurde aus rechtspolitischen Gründen dafür plädiert, auf das Vorliegen dieser Voraussetzungen ausnahmsweise zu verzichten.894 Verweist man die Versicherungsunternehmen hinsichtlich einer Verfahrensverzögerung durch die BaFin auf den Rechtsschutz im Mitglied- oder Vertragsstaat der insoweit zuständigen Genehmigungsbehörde, stellt sich eine ähnliche Problematik wie bei der Verweigerung von Mitwirkungsakten durch die BaFin. Diese Problematik erhält jedoch eine zusätzliche Ebene. Denn solange die BaFin die Ausstellung der Solvabilitätsbescheinigung lediglich verzögert, wird die EWR-ausländische Genehmigungsbehörde den Antrag der Versicherungsunternehmen mangels endgültiger Verweigerung regelmäßig nicht ablehnen, sondern auf den erforderlichen Mitwirkungsakt warten. Damit besteht für einen Rechtsschutz der Versicherungsunternehmen die weitere Voraussetzung, dass im Mitglied- oder Vertragsstaat der Genehmigungsbehörde eine dem § 75 VwGO entsprechende Regelung besteht. Wenn dies der Fall ist, könnte die Genehmigungsbehörde zwar grundsätzlich zu einem Tätigwerden verpflichtet werden. Beruht die Untätigkeit einer EWR-ausländischen Aufsichtsbehörde jedoch – wie hier – auf der vorgelagerten Untätigkeit der BaFin, können die insoweit zuständigen Gerichte der Mitglied- oder Vertragsstaaten im Ergebnis mangels Ersetzungskompetenz hinsichtlich des Mitwirkungsaktes und mangels Verpflichtungs891
Dolde/Porsch, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 30. EL (2016), § 75 Rn. 2; Schmidt-Aßmann, in: Maunz/Dürig, 76. EL (2015), Art. 19 Abs. 4 Rn. 249; W. R. Schenke, in: Kopp/Schenke, 22. Aufl. (2016), § 75 Rn. 1 m. w. Nachw. 892 Dolde/Porsch, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 30. EL (2016), § 75 Rn. 5. 893 Vgl. Teil 2, D.III.2.a); Teil 2, E.II.2.a)cc); Teil 2, E.II.2.b). 894 Vgl. Teil 2, E.II.2.a)bb); Teil 2, E.II.2.a)cc).
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Teil 2: Der harmonisierte verwaltungsrechtliche Rahmen im EWR
kompetenz gegenüber der BaFin dennoch keinen effektiven Rechtsschutz bieten.895 Damit bestünde bei Untätigkeit der BaFin eine rechtsdogmatisch nicht zu schließende Rechtsschutzlücke, sodass auch vor dem Hintergrund des der Rechtsweggarantie dienenden Charakters der Untätigkeitsklage eine Übertragung der rechtspolitisch begründeten Ausnahme entsprechend der Verweigerung von Mitwirkungsakten seitens der BaFin grundsätzlich sachgerecht erscheint. Indes stellt sich bei Übertragung der vorgenannten Ausnahme dogmatisch ein weiteres Problem. Die Untätigkeitsklage stellt keine eigenständige Klageart dar. Vielmehr entfällt nur das Vorverfahren; Klageart und Klageziel bleiben jedoch unverändert.896 Ihrem Wesen nach ist die Untätigkeitsklage folglich eine Anfechtungs- oder eine Verpflichtungsklage. Die Untätigkeitsklage ist eine Anfechtungsklage, wenn der von einem belastenden Verwaltungsakt Betroffene Widerspruch eingelegt hat und über den Widerspruch in angemessener Frist ohne zureichenden Grund nicht entschieden wurde.897 Dies ist hier indes nicht der Fall. Vielmehr liegt der Fall vor, dass über einen – gedachten – Antrag auf Vornahme eines – gedachten – Verwaltungsaktes ohne zureichenden Grund in angemessener Frist nicht entschieden worden ist.898 In der dieser Überlegung zugrundeliegenden Konstellation, wäre indes die Verpflichtungsklage – ohne Vorverfahren – einschlägig. Bei einer derartigen Untätigkeitsklage handelt es sich im Ergebnis grundsätzlich um eine echte Verpflichtungsklage.899 Deren Zulässigkeit wurde im Zusammenhang mit der Verweigerung von
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Vgl. dazu insbesondere Teil 2, E.II.2.a)aa); Teil 2, E.II.2.a)dd). Dolde/Porsch, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 30. EL (2016), § 75 Rn. 2; Pietzcker, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 30. EL (2016), § 42 Rn. 87. 897 Pietzcker, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 30. EL (2016), § 42 Rn. 87. 898 Die Nähe zu der von § 75 S. 1 Alt. 2 VwGO erfassten Konstellation wird deutlich, wenn man sich die Besonderheiten des grenzüberschreitenden Verwaltungsverfahrens im Vergleich zu einem entsprechenden Verfahren ohne Harmonisierung vor Augen führt. Ohne Harmonisierung ist grundsätzlich sowohl die Genehmigung der für das übertragende Versicherungsunternehmen als auch der für das übernehmende Unternehmen zuständigen Aufsichtsbehörde erforderlich, vgl. Teil 2, E.I.3.a)aa)(2); Teil 2, E.I.3.a)aa)(3). Insoweit ist bei beiden Aufsichtsbehörden jeweils ein entsprechender Antrag zu stellen. Soweit die BaFin die mit einem derartigen Antrag begehrte Erteilung einer Genehmigung verzögert, wäre eine Klage nach § 75 S. 1 Alt. 2 VwGO ohne Zweifel statthaft. Durch die Verfahrensharmonisierung im grenzüberschreitenden Bereich entfällt – soweit es die hier untersuchte Konstellation betrifft – das Erfordernis einer separaten Genehmigung durch die BaFin. An deren Stelle tritt das bloße Erfordernis der Ausstellung einer Solvabilitätsbescheinigung. Da die BaFin insoweit keine Genehmigung erteilen muss, entfällt denklogisch auch ein entsprechendes Antragserfordernis. Gleichwohl ist die Erteilung der Solvabilitätsbescheinigung durch die BaFin inhaltlich von dem allein erforderlichen Antrag bei der EWR-ausländischen Genehmigungsbehörde umfasst; ferner ist sie zwingender Bestandteil des von letzterer zu erteilenden Verwaltungsaktes in Form der Genehmigung. Ein mit der Harmonisierung insoweit einhergehender Verlust von nationalem Verwaltungsrechtsschutz wäre hinzunehmen, wenn entsprechender Rechtsschutz in dem Mitglied- oder Vertragsstaat der Genehmigungsbehörde beziehungsweise auf europäischer Ebene sichergestellt wäre. Dies ist jedoch nicht der Fall, vgl. Teil 2, E.II.2. 899 Pietzcker, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 30. EL (2016), § 42 Rn. 105. 896
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Mitwirkungsakten jedoch ausdrücklich verneint.900 Die Anerkennung der Zulässigkeit einer Untätigkeitsklage in Form der Verpflichtungsklage erscheint daher auf den ersten Blick dogmatisch inkonsequent. Dies verkennt indes die der Unzulässigkeit der Verpflichtungsklage im Zusammenhang mit Verwaltungsinterna zugrundeliegende ratio. Das Bundesverwaltungsgericht hat insofern lediglich zum Ausdruck gebracht, dass mit der Verpflichtungsklage nicht die Verurteilung zur Erteilung der Zustimmung durchgesetzt werden könne.901 Eine solche Verurteilung würde einen gebundenen subjektiv-rechtlichen Anspruch auf Erteilung der Zustimmung im Verhältnis zwischen Antragsteller und mitwirkungsberechtigter Behörde voraussetzen. Hier geht es aber nicht um einen subjektiv-rechtlichen Anspruch auf einen konkreten Mitwirkungsakt im Sinne einer positiven Entscheidung. Vielmehr geht es um einen vorgelagerten Akt. Begehrt wird eine ihrem Ergebnis nach grundsätzlich unbestimmte Art von Mitwirkung in Form eines Tätigwerdens der Aufsichtsbehörde. Ein subjektiv-rechtlicher Anspruch besteht – bei Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen – grundsätzlich auf die Erteilung der Genehmigung. Durch den erforderlichen Mitwirkungsakt und das Auseinanderfallen des Rechtsschutzes im grenzüberschreitenden Verwaltungsverfahren kann dieser Anspruch jedoch faktisch unterlaufen werden, weshalb ausnahmsweise eine isolierte Anfechtbarkeit der Verweigerung in Betracht kommt.902 Dies würde – soweit es die Ausstellung der Solvabilitätsbescheinigung betrifft –903 im Ergebnis jedoch nicht weiterhelfen, wenn sich die bloße Untätigkeit der Behörde jeglicher Justiziabilität entzieht. Der Sache nach ähnelt die Konstellation dem Fall fehlender Spruchreife gemäß § 113 Abs. 5 S. 2 VwGO. Diesem liegt zugrunde, dass der Kläger mangels Reduzierung des Spielraums auf Null keinen Anspruch auf den begehrten Verwaltungsakt selbst, sondern lediglich auf ermessens- beziehungsweise beurteilungsfehlerfreie Entscheidung der Behörde hat.904 In diesem Fall ergeht kein Verpflichtungsurteil, sondern lediglich ein sogenanntes Bescheidungsurteil. Mangels expliziter Nennung in § 42 Abs. 1 VwGO ist die Eigenständigkeit einer solchen Klageart umstritten.905 Rechtsprechung und Literatur erkennen ganz überwiegend die Bescheidungsklage oder jedenfalls einen Bescheidungsantrag im Rahmen einer Verpflichtungsklage als eigenständiges Institut an.906 Lässt man eine derart einge900
Vgl. Teil 2, E.II.2.a)cc). BVerwG, Urteil vom 28. Mai 1963 – I C 247/58 –, BVerwGE 16, 116 = NJW 1963, 2088 (2089). 902 Vgl. Teil 2, E.II.2.a)cc). 903 Hinsichtlich der Zustimmung stellt sich diese Problematik aufgrund der insoweit bestehenden Fiktion nicht, vgl. Teil 2, E.II.2.a)dd); Teil 2, E.II.4.a). 904 Pietzcker, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 30. EL (2016), § 42 Rn. 101. 905 Pietzcker, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 30. EL (2016), § 42 Rn. 101. 906 Pietzcker, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 30. EL (2016), § 42 Rn. 101 m. w. Nachw. Auf den Meinungsstreit ist hier nicht weiter einzugehen, da die Gegenauffassung ihre Zweifel hauptsächlich auf praktische Schwierigkeiten stützt. Erkennt man die Bescheidungsklage oder den Bescheidungsantrag nämlich als eigenständig an, muss der Kläger seinen Antrag auch zwingend auf dieses Begehren beschränken, um nicht die Gefahr einer kostenpflichtigen 901
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Teil 2: Der harmonisierte verwaltungsrechtliche Rahmen im EWR
schränkte Verpflichtungsklage ausnahmsweise zu, bedeutet dies nicht zugleich, dass damit der Mitwirkungsakt in seiner begehrten Form erstritten werden könnte. Der anfängliche Widerspruch stellt sich damit bei eingehender Betrachtung als nur scheinbarer Natur heraus. Mit dieser Form einer Untätigkeitsklage in Gestalt der Bescheidungsklage oder einer auf einen Bescheidungsantrag reduzierten Verpflichtungsklage ließen sich hier eine im Übrigen absolute Rechtsschutzlücke vermeiden und die ordnungsgemäße Mitwirkung der Aufsichtsbehörde am grenzüberschreitenden Verwaltungsverfahren sicherstellen. Durch ein Bescheidungsurteil würde die BaFin lediglich verurteilt, ihrer gesetzlichen Mitwirkungspflicht nachzukommen. Dann kann sie entweder die erforderliche Bescheinigung positiv ausstellen oder die maßgebliche Bescheinigung ausreichender Solvabilität unter Berücksichtigung der Übertragung streichen beziehungsweise die Ausstellung explizit verweigern. In letzterem Falle könnten die Versicherungsunternehmen dann vorgehen wie zur Verweigerung von Mitwirkungsakten der BaFin bereits dargelegt.907 Dies würde gewährleisten, dass sich der Mitwirkungsakt der BaFin insoweit nicht vollständig der Justiziabilität entzieht. Erkennt man nach dem Vorstehenden hier die Zulässigkeit einer Untätigkeitsklage grundsätzlich an, stellt sich insbesondere die Frage nach der maßgeblichen zeitlichen Komponente hinsichtlich der Klageerhebung. Art. 39 Solvency II und § 63 Abs. 4 VAG (§ 111d S. 5 VAG a. F.) enthalten – ungeachtet der insoweit fehlenden Fiktion – keine zeitliche Vorgabe für die Ausstellung der Solvabilitätsbescheinigung. Somit könnte der in Part IV 5.1.3 General Protocol on Collaboration enthaltenen Regelung zur absoluten Verfahrensbeschleunigung jedenfalls indikative Wirkung zukommen. Die Solvabilitätsbescheinigung soll danach innerhalb von drei Monaten ausgestellt werden. Dieser Vorgabe entsprechend sollte der BaFin im Umkehrschluss auch mindestens diese Frist gewährt werden bevor eine Untätigkeit angenommen und aus diesem Grund Klage erhoben werden kann. Ob dem General Protocol on Collaboration insoweit überhaupt rechtliche Bindungswirkung zukommen kann, und wenn ja, ob sich diese auch außerhalb des Verhältnisses der Versicherungsaufsichtsbehörden untereinander mithin etwa auf die eine Genehmigung begehrenden Versicherungsunternehmen erstreckt, kann hier im Ergebnis dahinstehen. Denn § 75 S. 2 VwGO statuiert zeitlich übereinstimmend, dass die Klage grundsätzlich nicht vor Ablauf von drei Monaten ab Antragstellung erhoben werden kann. Dabei wird man als Antragstellung hier nicht die tatsächliche AnTeilabweisung einzugehen. Zu erkennen, wann dies der Fall ist, kann für den Kläger in der Praxis indes Schwierigkeiten bereiten. Dies ändert aber nichts an der grundsätzlichen Zulässigkeit des Begehrens. Umstritten ist ferner, ob eine Klage auf Bescheidung bei rechtlich gebundener Verwaltung in Betracht kommt. Nach zutreffender Ansicht ist eine Bescheidungsklage grundsätzlich auch außerhalb von Ermessensentscheidungen zulässig. Dies soll insbesondere der Fall sein, wenn es noch einer durch die Verwaltung bisher versäumten umfassenden Sachverhaltsaufklärung bedarf, wie insbesondere im hier relevanten Fall der Untätigkeit der Verwaltung, vgl. W. R. Schenke/R. P. Schenke, in: Kopp/Schenke, 22. Aufl. (2016), § 42 Rn. 8 m. w. Nachw.; siehe ferner W. R. Schenke in: Kopp/Schenke, 22. Aufl. (2016), § 75 Rn. 4. 907 Siehe Teil 2, E.II.2.
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tragstellung der Unternehmen bei der EWR-ausländischen Genehmigungsbehörde ansehen können, sondern auf die Anfrage der Genehmigungsbehörde bei der BaFin abzustellen haben. Denn soweit die Vornahme des Mitwirkungsaktes der BaFin wegen Untätigkeit erstritten werden soll, muss diese selbst die Mindestfrist von drei Monaten verstrichen lassen haben.908 Vorangehende Verzögerungen einer EWRausländischen Aufsichtsbehörde hat die BaFin insoweit nicht zu vertreten. Vor dem Hintergrund der vorgenannten Dreimonatsfrist im General Protocol on Collaboration dürfte der in § 75 S. 2 VwGO enthaltenen Ausnahmeregelung hinsichtlich einer kürzeren Frist bei besonderen Umständen regelmäßig keine Bedeutung zukommen.909
III. Vereinbarkeit mit der Rechtsweggarantie des Art. 19 Abs. 4 GG Gegen die Genehmigung einer EWR-ausländischen Aufsichtsbehörde ist der Verwaltungsrechtsweg im Inland aufgrund der beabsichtigten Einheitlichkeit der Entscheidungskompetenz der Genehmigungsbehörde nicht eröffnet. Gleiches gilt grundsätzlich für die Ablehnung einer derartigen Genehmigung.910 Erfolgte Mitwirkungsakte EWR-ausländischer Aufsichtsbehörden sind im Inland nur einer eingeschränkten Prüfung zugängig,911 verweigerte oder verzögerte grundsätzlich gar keiner.912 Gegen die Ablehnung einer Genehmigung durch die BaFin aufgrund der Verweigerung erforderlicher Mitwirkungsakte seitens EWR-ausländischer Aufsichtsbehörden besteht im Inland mangels Ersetzungskompetenz jedenfalls kein effektiver Verwaltungsrechtsschutz.913 Wenngleich gegen einen erfolgten behör908 Der Aufsichtsbehörde soll vor Erhebung der Untätigkeitsklage ausreichend Bearbeitungs- und Prüfungszeit eingeräumt werden, weshalb der Fristablauf auch Sachurteilsvoraussetzung ist, vgl. Dolde/Porsch, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 30. EL (2016), § 75 Rn. 5. Dies ist aber nur dann gewährleistet, wenn der Aufsichtsbehörde diese Dreimonatsfrist auch effektiv zur Verfügung steht. 909 Dies könnte lediglich dann ausnahmsweise anders zu beurteilen sein, wenn etwa ein Versicherungsbestand insbesondere von der inländischen Zweigniederlassung eines EWRausländischen Versicherungsunternehmens zwecks Sanierung auf ein inländisches Versicherungsunternehmen übertragen werden soll und deshalb eine besondere Eilbedürftigkeit der Übertragung besteht. 910 Vgl. insbesondere Teil 2, E.I.3.b); Teil 2, E.II.3. 911 Vgl. insbesondere Teil 2, E.I.3.a)aa)(3); Teil 2, E.I.3.a)aa)(4). 912 Vgl. insbesondere Teil 2, E.II.3.; Teil 2, E.II.4.b)bb). 913 Vgl. Teil 2, E.II.3. Der Verfahrensausgang muss grundsätzlich so ausgestaltet sein, dass Rechtsverletzungen nicht nur festgestellt werden, sondern das verletzte Recht nach Möglichkeit wiederhergestellt beziehungsweise Rechtsverletzungen tatsächlich kompensiert werden können, vgl. Michael/Morlok, 5. Aufl. (2016), Rn. 889. Effektiver Rechtsschutz ist zwar nicht gleichbedeutend mit einer Erfolgsgarantie in der Sache, vgl. Nowak, in: Terhechte, Verwaltungsrecht der Europäischen Union, 1. Aufl. (2011), § 14 Rn. 17. In der betrachteten Kon-
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deninternen Mitwirkungsakt der BaFin mangels Außenwirkung im Inland keine Rechtsmittel bereitstehen, kommt regelmäßig zumindest Rechtsschutz im EWRAusland gegen die – mit Außenwirkung versehene – endgültige Behördenentscheidung in Betracht. Soweit die in diesem Rahmen erfolgende Prüfung sich auf den vorliegenden inländischen Mitwirkungsakt bezieht, kann diese jedoch nur anhand eines eingeschränkten Prüfungsmaßstabs erfolgen.914 Bei Verweigerung oder Verzögerung eines inländischen Mitwirkungsaktes besteht hingegen mangels Ersetzungskompetenz der Aufsichtsbehörden und Gerichte im Ergebnis auch im EWRAusland jedenfalls kein effektiver Rechtsschutz. Einer absoluten Rechtsschutzlücke kann insoweit nur durch eine ausnahmsweise anzuerkennende Zulässigkeit der isolierten Anfechtbarkeit der Verweigerung verwaltungsinterner Mitwirkungsakte beziehungsweise einer Untätigkeitsklage begegnet werden.915 Die in der Intensität differierenden vorgenannten Rechtsschutzbeeinträchtigungen müssen den Vorgaben der verfassungsrechtlich verbürgten Rechtsweggarantie des Art. 19 Abs. 4 S. 1 GG standhalten. Art. 19 Abs. 4 GG kommt bei der Rechtsentwicklung überragende Bedeutung zu. Dies gilt umso mehr in durch Verschiebungen in den Verantwortungssphären von Staat, Gesellschaft, Verwaltung und Wirtschaft geprägten Zeiten.916 Insbesondere vor dem Hintergrund der zunehmenden Europäisierung des Rechts sind neue Verwaltungsstrukturen in den Blick zu nehmen und besteht eine der wohl größten Herausforderungen gegenwärtig darin, mit der sukzessive fortschreitenden Umformung des deutschen Verwaltungsrechts Schritt zu halten und einen insofern „zeitgerechten Rechtsschutz“ zu gewährleisten.917 Die für den Rechtsschutz im grenzüberschreitenden Verwaltungsverfahren bei Bestandsübertragungen von Versicherungsunternehmen im Vorstehenden herausgearbeiteten Unstimmigkeiten und Lücken haben diese Problematik deutlich bestätigt.918 Es wurde dabei darauf hingewiesen, dass durch das Zusammenspiel verschiedener Rechtsordnungen insbesondere im Bereich verwaltungsinterner Mitwirkungsakte Friktionen hervorgerufen werden, die sich nur durch eine punktuelle Überdehnung der traditionellen Rechtsschutzdogmatik hinreichend beheben lassen. Daher wurde für eine rechtspolitisch begründete Zulässigkeit nach national-rechtlicher Dogmatik regelmäßig unzulässiger – dort im Ergebnis aber auch nicht erforderlicher – Rechtsmittel plädiert. Der für das Versicherungsaufsichtsrecht vorgeschlagene Lösungsansatz bestätigt daher die Ausführungen von Schmidt-Aßmann zum allgestellation fehlt mangels Ersetzungskompetenz jedoch schon eine grundsätzliche Erfolgsmöglichkeit. 914 Vgl. insbesondere Teil 2, E.I.3.a)bb). 915 Vgl. Teil 2, E.II.2., Teil 2, E.II.4.b)cc). 916 Schmidt-Aßmann, in: Maunz/Dürig, 76. EL (2015), Art. 19 Abs. 4 Rn. 1 f. 917 Schmidt-Aßmann, in: Maunz/Dürig, 76. EL (2015), Art. 19 Abs. 4 Rn. 2. 918 Zu den dem sogenannten Delegationsmodell mit automatisch transnational wirkenden Verwaltungsakten inhärenten Defiziten bei der Legitimation von Staatshandeln und betreffend den Rechtsschutz allgemein auch von Arnauld, in: Terhechte, Verwaltungsrecht der Europäischen Union, 1. Aufl. (2011), § 2 Rn. 10.
E. Rechtsschutz im grenzüberschreitenden Verwaltungsverfahren
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meinen Verwaltungsrechtsschutz, in denen dieser prognostiziert, dass die Einarbeitung der neuen Anforderungen „in die überkommene Rechtsschutzdogmatik“ nicht einfach sein wird. „Die Einwirkungsmöglichkeiten, denen der Einzelne ausgesetzt ist, sind subtiler, die Empfindlichkeiten, denen staatliche Entscheidungen begegnen, größer geworden. Informale Verhandlungspraxen der Verwaltung und gesellschaftliche und staatliche Initiativen verbindende Regulierungskonzepte lassen die klaren Abgrenzungen der überkommenen Rechtsinstitute verschwimmen.“919 Danach werden die bestehenden Schutzmechanismen einerseits zwar als nicht mehr zeitgemäß bewertet, andererseits aber auch keine radikale Neuordnung, sondern eine – soweit möglich – sukzessive Anpassung des bestehenden Rechtsschutzsystems mit seinen traditionellen Instituten an die neuen Anforderungen gefordert. Der hier gewählte Lösungsansatz berücksichtigt dies. Ungeachtet dieser Legitimation dem Grunde nach soll nachfolgend konkret auf die Vereinbarkeit des dargestellten Rechtsschutzsystems mit der verfassungsrechtlich garantierten Rechtsweggarantie eingegangen werden. 1. Allgemeiner Schutzauftrag des Art. 19 Abs. 4 GG Anlass und Ausgangspunkt der Überprüfung ist das durch das Bundesverfassungsgericht geprägte Verständnis der in Art. 19 Abs. 4 S. 1 GG statuierten Rechtsweggarantie. Danach „[liegt] die Bedeutung des Art. 19 Abs. 4 GG […] vornehmlich darin, daß er die „Selbstherrlichkeit“ der vollziehenden Gewalt im Verhältnis zum Bürger beseitigt; kein Akt der Exekutive, der in Rechte des Bürgers eingreift, kann richterlicher Nachprüfung entzogen werden“920. Die vorstehenden Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts spezifizieren den subjektiven Schutzbereich der Norm auf den Bürger. Dem Schutzbereich unterfallen insoweit Inländer wie Ausländer und Staatenlose; erfasst werden darüber hinaus auch inländische und ausländische juristische Personen des Privatrechts.921 Damit können sich sämtliche im grenzüberschreitenden Verwaltungsverfahren potentiell beeinträchtigte Versicherungsnehmer und Versicherungsunternehmen grundsätzlich auf die Rechtsweggarantie des Art. 19 Abs. 4 S. 1 GG berufen. Hervorzuheben ist insoweit, dass als Rechtssuchende – jedenfalls soweit ihnen die deutsche Rechtsordnung Rechte einräumt und sie durch Akte der deutschen Staatsgewalt erreicht werden – auch im Ausland lebende Ausländer in Betracht kommen sollen. Daraus folge etwa, dass auch Rechtsschutz gegen grenzüberschreitende Umweltbeeinträchtigungen gewährt wird, wenn und soweit diese sich auf Akte der deutschen Staatsgewalt zurückführen lassen und Individualrechte betreffen, die diese beachten 919
Schmidt-Aßmann, in: Maunz/Dürig, 76. EL (2015), Art. 19 Abs. 4 Rn. 2. So erstmals BVerfG, Beschluss vom 12. Januar 1960 – 1 BvL 17/59 –, BVerfGE 10, 264 = NJW 1960, 331; vgl. auch Schmidt-Aßmann, in: Maunz/Dürig, 76. EL (2015), Art. 19 Abs. 4 Rn. 1 m. w. Nachw. 921 Schmidt-Aßmann, in: Maunz/Dürig, 76. EL (2015), Art. 19 Abs. 4 Rn. 38 ff. 920
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Teil 2: Der harmonisierte verwaltungsrechtliche Rahmen im EWR
muss.922 Man wird daher die grundsätzliche Anwendbarkeit von Art. 19 Abs. 4 S. 1 GG auf Akte der BaFin, auch soweit sie sich in besonderen Konstellationen ausschließlich auf im Ausland lebende Ausländer auswirken, anzunehmen haben, sofern diese Akte maßgebliche Individualrechte beeinträchtigen. Weitere Voraussetzung ist eine Rechtsverletzung durch die öffentliche Gewalt. Der Begriff der öffentlichen Gewalt wird zunehmend weit interpretiert.923 Erfasst werden jedenfalls Akte deutscher öffentlicher Gewalt.924 Darunter fällt auch die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Hoheitsakte durch deutsche Stellen.925 Hoheitsakte ausländischer Staaten und zwischenstaatlicher Einrichtungen sollen nach wohl noch herrschender Ansicht nicht erfasst werden.926 Anderes gilt inzwischen aber nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts jedenfalls soweit es Akte supranationaler Einrichtungen betrifft. Nach dem sogenannten Maastricht-Urteil927 ist ein Rechtsschutzauftrag gegenüber Akten solcher Einrichtungen nicht mehr auszuschließen,928 da „auch Akte einer besonderen, von der Staatsgewalt der Mitgliedstaaten geschiedenen öffentlichen Gewalt einer supranationalen Organisation […] die Grundrechtsberechtigten in Deutschland“929 beträfen.930 Von Bedeutung könnte dies grundsätzlich für Akte der EIOPA sein.931 Da aber in dem untersuchten Bereich bisweilen keine entsprechenden Kompetenzen der EIOPA begründet wurden,932 kommt es auf diese Problematik hier nicht an. Interessant sind die Urteilserwägungen 922
Schmidt-Aßmann, in: Maunz/Dürig, 76. EL (2015), Art. 19 Abs. 4 Rn. 39. Schmidt-Aßmann, in: Maunz/Dürig, 76. EL (2015), Art. 19 Abs. 4 Rn. 45; a. A. insoweit noch Enders, in: BeckOK GG, 29. Ed. (2016), Art. 19 Rn. 55. 924 Schmidt-Aßmann, in: Maunz/Dürig, 76. EL (2015), Art. 19 Abs. 4 Rn. 46. 925 Schmidt-Aßmann, in: Maunz/Dürig, 76. EL (2015), Art. 19 Abs. 4 Rn. 49. 926 Vgl. Schmidt-Aßmann, in: Maunz/Dürig, 76. EL (2015), Art. 19 Abs. 4 Rn. 47 m. w. Nachw.; Bälz/Kuntz, VersR 2005, 310 (318) m. w. Nachw.; zum grundsätzlichen Ausschluss von Hoheitsakten ausländischer Staaten und der EU auch Michael/Morlok, 5. Aufl. (2016), Rn. 884; dagegen aber Schmidt-Aßmann, in: Maunz/Dürig, 76. EL (2015), Art. 19 Abs. 4 Rn. 48 m. w. Nachw. 927 BVerfG, Urteil vom 12. Oktober 1993 – 2 BvR 2134/92, 2 BvR 2159/92 –, BVerfGE 89, 155 = NJW 1993, 3047. 928 Schmidt-Aßmann, in: Maunz/Dürig, 76. EL (2015), Art. 19 Abs. 4 Rn. 48. 929 BVerfG, Urteil vom 12. Oktober 1993 – 2 BvR 2134/92, 2 BvR 2159/92 –, BVerfGE 89, 155 = NJW 1993, 3047 (3049). 930 Das Bundesverfassungsgericht wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass es seine Gerichtsbarkeit über die Anwendbarkeit von abgeleitetem Gemeinschaftsrecht in Deutschland in einem „Kooperationsverhältnis“ zum Europäischen Gerichtshof ausübe, in dem der Europäische Gerichtshof den Grundrechtsschutz in jedem Einzelfall für das gesamte Gebiet der Europäischen Gemeinschaften garantiere und das Bundesverfassungsgericht sich deshalb auf eine generelle Gewährleistung der unabdingbaren Grundrechtsstandards beschränken könne, BVerfG, Urteil vom 12. Oktober 1993 – 2 BvR 2134/92, 2 BvR 2159/92 –, BVerfGE 89, 155 = NJW 1993, 3047 (3049). 931 Zur Rolle der mitgliedstaatlichen Gerichte als Kernbestandteile der Unionsgerichtsbarkeit ausführlich Nowak, in: Terhechte, Verwaltungsrecht der Europäischen Union, 1. Aufl. (2011), § 14 Rn. 24 f. 932 Vgl. insbesondere Teil 2, B.II.2.a)cc); Teil 2, B.II.2.a)dd); Teil 2, E.II.1.b)aa)(1). 923
E. Rechtsschutz im grenzüberschreitenden Verwaltungsverfahren
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jedoch aufgrund ihrer Implikationen für den Rechtsschutz gegen transnationale Verwaltungsakte. Ausgehend von der Erkenntnis, dass ein subsidiärer Gerichtsschutz gegen Akte supranationaler Einrichtungen auf einer Grundrechtsbeeinträchtigung in Deutschland und nicht zwingend – wie traditionell angenommen – durch deutsche Staatsgewalt basiert, folgert Schmidt-Aßmann, dass in einem Folgeschritt Kontrollkompetenzen inländischer Gerichte gegenüber ausländischen transnationalen Verwaltungsakten mit Wirkungserstreckung im Inland überdacht werden sollten.933 So sei zu fragen, „inwieweit jedenfalls innerhalb des Europäischen Verfassungsverbundes Hoheitsrechtsübertragungen auch dann wirklich erschöpfend gemeint sind und als solche interpretiert werden können, wenn dadurch empfindliche Rechtsschutzlücken entstehen.“934 Insbesondere soll in Betracht zu ziehen sein, den Kontrollauftrag in Verfahren gegen deutsche Behörden, in denen es inzidenter um die Rechtmäßigkeit eines ausländischen Hoheitsakts geht, zu erweitern. Das grundsätzlich gegen eine solche Erstreckung streitende Souveränitätsprinzip könne völkervertragsrechtlich beschränkt werden.935 Dabei sei zu berücksichtigen, dass ein konsistentes Rechtsschutzsystem im EWR auch auf den durch die Verfassungen der Mitglied- oder Vertragsstaaten verbürgten Garantien und damit unter anderem auch auf Art. 19 Abs. 4 S. 1 GG936 gründet. Nach dem Vorstehenden stellt sich zum einen die Frage eines konsistenten Rechtsschutzsystems hinsichtlich transnationaler Verwaltungsakte als solcher. Darüber hinaus stellt sich diese Frage aber auch hinsichtlich erforderlicher behördeninterner Mitwirkungsakte im Rahmen mehrstufiger transnationaler Verwaltungsakte. 2. Erfassung transnationaler Verwaltungsakte Soweit man im Inland zu Grundrechtsbeeinträchtigungen führende transnationale Verwaltungsakte EWR-ausländischer Behörden entsprechend den Akten supranationaler Einrichtungen als vom Schutzauftrag des Art. 19 Abs. 4 S. 1 GG erfasst ansieht, sollte auch das vom Bundesverfassungsgericht insofern angenommene Kooperationsverhältnis mit dem Europäischen Gerichtshof auf Rechtsfolgenseite berücksichtigt werden. Zwar meint Rechtsweg im Sinne des Art. 19 Abs. 4 S. 1 GG vorrangig den Weg zu den deutschen Gerichten.937 Eine ausdrückliche Beschränkung auf deutsche Gerichte bedeutet dies indes nicht.938 Verboten ist der Rechtswegausschluss; eine bloße Beschränkung oder Erschwerung des Zugangs ist – soweit nicht 933
Schmidt-Aßmann, in: Maunz/Dürig, 76. EL (2015), Art. 19 Abs. 4 Rn. 48. So ausdrücklich noch Schmidt-Aßmann, in: Maunz/Dürig, 70. EL (2013), Art. 19 Abs. 4 Rn. 48. 935 Schmidt-Aßmann, in: Maunz/Dürig, 76. EL (2015), Art. 19 Abs. 4 Rn. 48b. 936 Eine ähnliche Norm findet sich mittlerweile in zahlreichen Verfassungen anderer Mitglied- oder Vertragsstaaten, vgl. Schmidt-Aßmann, Verwaltungsrechtliche Dogmatik (2013), S. 96 m. w. Nachw. 937 Schmidt-Aßmann, in: Maunz/Dürig, 76. EL (2015), Art. 19 Abs. 4 Rn. 173a. 938 Vgl. Bälz/Kuntz, VersR 2005, 310 (318) m. w. Nachw. 934
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Teil 2: Der harmonisierte verwaltungsrechtliche Rahmen im EWR
unangemessen –939 als zulässig zu erachten.940 Damit erscheint auch ein Einbezug EWR-ausländischer Gerichte in den Rechtsschutzauftrag des Art. 19 Abs. 4 S. 1 GG grundsätzlich nicht ausgeschlossen.941 Im Bereich der internationalen Zusammenarbeit verlange etwa Art. 24 Abs. 1 GG, dass deutsche Gerichte gerade keine Kontrolltätigkeit ausüben, wenn ein dem Grundgesetz im Wesentlichen vergleichbarer Rechtsschutz auf supranationaler Ebene gewährleistet ist.942 Diese Überlegung liegt auch dem Kooperationsverhältnis zwischen dem Bundesverfassungsgericht und dem Europäischen Gerichtshof zugrunde.943 Vor dem Hintergrund eines europäischen Verfassungs- und Verwaltungsverbunds sollte dieser Gedanke auf die Fälle EWR-ausländischer transnationaler Verwaltungsakte übertragen werden. Soweit der den transnationalen Verwaltungsakt erlassende Mitglied- oder Vertragsstaat einen dem Grundgesetz vergleichbaren Schutzstandard gewährleistet, sollte eine Kontrolltätigkeit deutscher Gerichte im Lichte der Verwirklichung des Staatsziels der Europäischen Integration folglich unterbleiben. Für eine derartige Übertragung sprechen ferner die Eurocontrol-Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts944 und des Bundesverfassungsgerichts945. Denn danach begegne es von Verfassungs wegen im Ergebnis keinen Bedenken, dass für den Rechtsschutz gegen Akte der zwischenstaatlichen Einrichtung der Europäischen Organisation zur Sicherung der Luftfahrt (Eurocontrol) die ausschließliche internationale Zuständigkeit eines Mitgliedstaates begründet wurde. Insbesondere sei es für die betroffenen Benutzer auch nicht unzumutbar, dass sie ihr Recht vor den Gerichten eines westeuropäischen Staates suchen müssen. Auch seien die mit einer Rechtsverfolgung im europäischen Ausland verbundenen Erschwerungen regelmäßig hinzunehmen, sofern dadurch ein wirksamer Rechtsschutz nicht in Frage gestellt wird.946 Hinsichtlich der insoweit zuständigen belgischen Gerichte erhob das 939
Michael/Morlok, 5. Aufl. (2016), Rn. 888. Schmidt-Aßmann, in: Maunz/Dürig, 76. EL (2015), Art. 19 Abs. 4 Rn. 233. 941 Schmidt-Aßmann, in: Maunz/Dürig, 76. EL (2015), Art. 19 Abs. 4 Rn. 173b. 942 Schmidt-Aßmann, in: Maunz/Dürig, 76. EL (2015), Art. 19 Abs. 4 Rn. 48a; Bälz/Kuntz, VersR 2005, 310 (318) m. w. Nachw. 943 Die diesbezüglich vom Bundesverfassungsgericht angenommene Reservekompetenz gegen „ausbrechende Unionsrechtsakte“ sollte vor dem Hintergrund insoweit hinreichender Kontrollmöglichkeiten des Europäischen Gerichtshofs „tunlichst vermieden werden, da andernfalls die einheitliche Geltung und Anwendung des Unionsrechts, die Funktionsfähigkeit der EU und zugleich das in Art. 23 Abs. 1 S. 1 GG niedergelegte Staatsziel der europäischen Integration gefährdet wäre“, Nowak, in: Terhechte, Verwaltungsrecht der Europäischen Union, 1. Aufl. (2011), § 13 Rn. 25. 944 BVerwG, Urteil vom 16. September 1977 – VII C 72/75 –, BVerwGE 54, 291 = NJW 1978, 1759. 945 BVerfG, Beschluss vom 23. Juni 1981 – 2 BvR 1107/77, 2 BvR 1124/77, 2 BvR 195/ 79 –, BVerfGE 58, 1 = NJW 1982, 507 (Eurocontrol I) und BVerfG, Beschluss vom 10. November 1981 – 2 BvR 1058/79 –, BVerfGE 59, 63 = NJW 1982, 512 (Eurocontrol II). 946 BVerfG, Beschluss vom 23. Juni 1981 – 2 BvR 1107/77, 2 BvR 1124/77, 2 BvR 195/ 79 –, BVerfGE 58, 1 = NJW 1982, 507 (511). Eine ähnliche Wertung findet sich etwa im 940
E. Rechtsschutz im grenzüberschreitenden Verwaltungsverfahren
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Bundesverfassungsgericht keine Bedenken gegen einen von diesen gewährleisteten hinreichenden Rechtsschutz.947 Eine Verweisung der rechtsschutzsuchenden Betroffenen von EWR-ausländischen transnationalen Verwaltungsakten an die insofern zuständigen Gerichte der Mitglied- und Vertragsstaaten dürfte somit keinen durchgreifenden Bedenken im Hinblick auf Art. 19 Abs. 4 S. 1 GG begegnen. Im Ergebnis sind EWR-ausländische transnationale Verwaltungsakte somit entweder mit der wohl noch herrschenden Ansicht als nicht von Art. 19 Abs. 4 S. 1 GG erfasst anzusehen, sodass sich die Frage der Rechtsweggarantie im Inland insoweit nicht stellt; mit einer zeitgemäßeren Ansicht lässt sich der Schutzbereich des Art. 19 Abs. 4 S. 1 GG zwar auch auf EWR-ausländische transnationale Verwaltungsakte erstrecken, mit einem entsprechend erweiterten Verständnis des Rechtsweges insoweit aber zugleich eine Primärkompetenz des korrespondierenden EWR-ausländischen Rechtsweges annehmen. Da eine subsidiäre Kompetenz deutscher Gerichte dann nur in solchen Ausnahmefällen, in denen der Rechtsweg im betroffenen Mitglied- oder Vertragsstaat ein Mindestmaß an Rechtsschutz vermissen lässt, begründet würde, dürften sich in der Praxis insoweit nur selten Unterschiede ergeben.948 Die besseren Gründe, nicht zuletzt derjenige eines kohärenten Rechtsschutzsystems auch in Ausnahmefällen,949 sprechen im Ergebnis jedoch für die letztgenannte – an die neuen Anforderungen angepasste – Auffassung. Dieses Ergebnis harmoniert auch mit dem bereits dargestellten Grundsatz, nach dem außerhalb des den transnationalen Verwaltungsakt erlassenden Staates eine Prüfungs- und Aufhebungskompetenz lediglich soweit bestehen soll, wie es offensichtlich zu Unrecht erlassene und damit nichtige Verwaltungsakte betrifft.950
Zusammenhang mit der zivilprozessualen Auslandsvollstreckung. Der Europäische Gerichtshof sieht das Vollstreckungsrisiko im Bereich der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (EuGVVO oder Brüssel-I VO), ABl. EG 2001 Nr. L 12/1, als gleichmäßig hoch an und anerkennt deshalb insoweit keine Legitimation für eine pauschal wirkende und die Grundfreiheiten beschneidende Vorschrift wie § 917 Abs. 2 ZPO, vgl. Säcker, in: MünchKomm-BGB, Bd. 1, 7. Aufl. (2015), Einleitung Rn. 300 m. w. Nachw. Die zwischenzeitlich erfolgte Ersetzung durch die Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (EUGVVO oder Brüssel-Ia VO), ABl. EU 2012 Nr. L 351/1, dürfte daran nichts geändert haben. 947 BVerfG, Beschluss vom 23. Juni 1981 – 2 BvR 1107/77, 2 BvR 1124/77, 2 BvR 195/ 79 –, BVerfGE 58, 1 = NJW 1982, 507 (512). 948 So im Ergebnis auch Bälz/Kuntz, VersR 2005, 310 (319) m. w. Nachw. 949 Zur herausragenden Bedeutung der Rechtsschutzkohärenz Schmidt-Aßmann, Verwaltungsrechtliche Dogmatik (2013), S. 94 ff. 950 Vgl. insbesondere Teil 2, E.I.3.a)aa)(3).
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Teil 2: Der harmonisierte verwaltungsrechtliche Rahmen im EWR
3. Erfassung behördeninterner Mitwirkungsakte Im Hinblick auf Mitwirkungsakte im Rahmen mehrstufiger transnationaler Verwaltungsakte ist zunächst zu konstatieren, dass auch solche Akte deutscher Hoheitsgewalt, die „üblicherweise den Innenbereich der Verwaltung nicht verlassen, Ausübung öffentlicher Gewalt“951 sind und damit grundsätzlich dem Schutzbereich des Art. 19 Abs. 4 S. 1 GG unterfallen.952 Ob sie Rechtsschutzansprüche auslösen, soll indes davon abhängen, „ob sie – auf welchem Wege auch immer – subjektive Rechte verletzen“953. Dem ist auf nationaler Ebene zuzustimmen. Subjektive Rechte werden durch behördeninterne Mitwirkungsakte regelmäßig nicht verletzt. Aufgrund der in rein innerstaatlichen Verwaltungsverfahren bestehenden umfassenden Prüfungskompetenz deutscher Verwaltungsgerichte ist effektiver Rechtsschutz auch bei einer Inzidentkontrolle des Mitwirkungsaktes im Rahmen der Überprüfung des endgültigen Verwaltungsaktes gewährleistet. Dies gilt grundsätzlich auch bei erfolgten Mitwirkungsakten im Rahmen des grenzüberschreitenden Verwaltungsverfahrens. So stellt es im Ergebnis keinen Verstoß gegen Art. 19 Abs. 4 S. 1 GG dar, wenn etwa die von einer Bestandsübertragung betroffenen Versicherungsnehmer zur Kontrolle der erteilten Zustimmung der BaFin auf den Rechtsschutz gegen die Genehmigung im EWR-Ausland verwiesen werden, um auf diesem Wege inzident eine Überprüfung der Zustimmung zu erreichen.954 Zwar erfolgt diese Prüfung zudem anhand eines eingeschränkten Prüfungsmaßstabs. Jedoch liegt insoweit jedenfalls kein Ausschluss des Rechtsweges vor. Entsprechend der vorstehenden Ausführungen zu EWR-ausländischen transnationalen Verwaltungsakten kann man ferner eine Erstreckung der Rechtsweggarantie auf EWR-ausländische verwaltungsinterne Mitwirkungsakte in Erwägung ziehen. Erfolgte derartige Mitwirkungsakte sind im Inland im Rahmen der Anfechtung der Genehmigung der BaFin einer – wenn auch eingeschränkten – gerichtlichen Überprüfung zugänglich.955 Das Zusammenspiel aus der grundsätzlichen Einschränkung der Gewährung von Verwaltungsrechtsschutz ausschließlich bei vorhandener Außenwirkung des Mitwirkungsaktes einer inländischen Behörde beziehungsweise daraus resultierender direkter Verletzung subjektiver Rechte und der bei verweigerten oder verzögerten 951
Schmidt-Aßmann, in: Maunz/Dürig, 76. EL (2015), Art. 19 Abs. 4 Rn. 69. Bälz/Kuntz, VersR 2005, 310 (318) m. w. Nachw. 953 Schmidt-Aßmann, in: Maunz/Dürig, 76. EL (2015), Art. 19 Abs. 4 Rn. 69. 954 Vgl. Bälz/Kuntz, VersR 2005, 310 (318). 955 Hoheitsakte sollen regelmäßig voller inhaltlicher Kontrolle durch die Gerichte zugänglich sein, vgl. Michael/Morlok, 5. Aufl. (2016), Rn. 889. Dies betrifft hauptsächlich die Kontrolldichte bei Entscheidungs- und Einschätzungsspielräumen der Verwaltung und soll rechtsfreie Räume vermeiden. Soweit es die hier betrachtete Genehmigung der BaFin betrifft, bewirkt die eingeschränkte Prüfungskompetenz hinsichtlich des inzidenter zu prüfenden Mitwirkungsaktes einer EWR-ausländischen Behörde im Ergebnis eine vergleichbare Reduktion der Kontrolldichte. Für eine einheitliche und umfassende Überprüfung des transnationalen Verwaltungsaktes grundsätzlich auch Bornschlegl, Die Bestandsübertragung nach dem VAG (2014), S. 481. Zu einer in Betracht zu ziehenden Erweiterung des Kontrollauftrags siehe Teil 2, E.III.4. 952
E. Rechtsschutz im grenzüberschreitenden Verwaltungsverfahren
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Mitwirkungsakten insoweit fehlenden Ersetzungskompetenz EWR-ausländischer Gerichte ruft im grenzüberschreitenden Verwaltungsverfahren indes eine systembedingte Rechtsschutzlücke hinsichtlich verweigerter oder verzögerter Mitwirkungsakte der BaFin hervor. Damit käme es insoweit zu einem nicht mit Art. 19 Abs. 4 S. 1 GG zu vereinbarenden absoluten Rechtswegausschluss. Dieser Rechtswegausschluss lässt sich bisweilen nur durch die dargestellte Erweiterung der nationalen Dogmatik vermeiden.956 Noch schwieriger gestaltet sich die Problematik der Ablehnung einer Genehmigung seitens der BaFin aufgrund eines erforderlichen, aber verweigerten oder verzögerten Mitwirkungsaktes einer EWR-ausländischen Aufsichtsbehörde. Zwar kann man auch einen verweigerten oder verzögerten Mitwirkungsakt der EWR-ausländischen Aufsichtsbehörde entweder schon als nicht von Art. 19 Abs. 4 S. 1 GG erfasst ansehen oder bei weitem Verständnis auf den primären Rechtsschutz im entsprechenden Mitglied- oder Vertragsstaat verweisen. Dies greift indes hinsichtlich einer auf die Verweigerung folgenden Ablehnung der Genehmigung durch die BaFin nicht durch. Denn gegen die Ablehnung der Genehmigung durch die BaFin steht der Rechtsweg in Form der Verpflichtungsklage grundsätzlich offen. Soweit die Ablehnung auf der Verweigerung oder Verzögerung eines Mitwirkungsaktes einer EWR-ausländischen Aufsichtsbehörde beruht, muss die Verpflichtungsklage nach gegenwärtiger Rechtslage mangels diesbezüglicher Ersetzungskompetenz deutscher Gerichte jedoch im Ergebnis erfolglos bleiben.957 Deutsche Gerichte können insoweit keinen wirksamen Rechtsschutz gewähren. In diesen Fällen kann vor dem Hintergrund der verfassungsrechtlich garantierten Bereitstellung eines wirksamen Rechtsweges mit Blick auf eine derartige Ablehnung der Genehmigung seitens der BaFin im Inland de lege lata folglich nur der Grundsatz „impossibilium nulla est obligatio“ entsprechend gelten.958 Im Übrigen sind die Rechtsschutzsuchenden darauf verwiesen, zunächst im EWR-Ausland gegen den verzögerten oder verweigerten Mitwirkungsakt den einschlägigen Rechtsschutz in Anspruch zu nehmen. Hat dieser in der Sache Erfolg und kommt die EWR-ausländische Aufsichtsbehörde in der Folge ihrer Mitwirkungsverpflichtung nach, können die Rechtsschutzsuchenden gegen eine danach weiterhin unterbleibende Erteilung der Genehmigung seitens der BaFin vollumfänglich mit einer Verpflichtungsklage vorgehen. 4. Zwischenergebnis Die hier vertretene Zulässigkeit der isolierten Anfechtbarkeit der Verweigerung verwaltungsinterner Mitwirkungsakte der BaFin beziehungsweise einer Untätigkeitsklage bewirkt im Ergebnis eine Erweiterung des Rechtsschutzes der an einer Übertragung von Versicherungsbeständen als Vertragsparteien beteiligten Versi956 957 958
Vgl. Teil 2, E.II.2.; Teil 2, E.II.4. Vgl. Teil 2, E.II.1.b)bb): Teil 2, E.II.3. Bälz/Kuntz, VersR 2005, 310 (318).
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Teil 2: Der harmonisierte verwaltungsrechtliche Rahmen im EWR
cherungsunternehmen. Hinsichtlich des Rechtsschutzes der betroffenen Versicherungsnehmer verbleibt es indes grundsätzlich bei dem eingeschränkten Prüfungsmaßstab für erfolgte inländische Mitwirkungsakte. Dieses Ergebnis begründet sich allein mit den zwingenden Vorgaben des Art. 19 Abs. 4 GG. Art. 19 Abs. 4 GG stellt jedoch nur eine verfassungsrechtliche Mindestgarantie dar.959 Darüber hinaus käme aus allgemeinen Rechtsschutzüberlegungen auch eine Erweiterung des Prüfungsmaßstabs hinsichtlich der inzidenter zu überprüfenden Mitwirkungshandlungen EWR-ausländischer Behörden im grenzüberschreitenden Verwaltungsverfahren in Betracht. Eine solche Erweiterung wurde in der Literatur vor dem Hintergrund deutscher und internationaler Rechtsschutzgarantien bereits allgemein für die Kontrolle internationalen Verwaltungshandelns erwogen.960 Bei dem hier betrachteten grenzüberschreitenden Verwaltungsverfahren ist zusätzlich zu berücksichtigen, dass der eingeschränkte Prüfungsmaßstab den besonders sensiblen Bereich des Versicherten- beziehungsweise Verbraucherschutzes betrifft. Für die praktische Umsetzung einer solchen Erweiterung bestehen verschiedene Möglichkeiten. Eine Erweiterung des Prüfungsmaßstabs könnte beispielsweise auf kooperativem Wege erfolgen. Entsprechend der für das Widerspruchsverfahren angeregten Möglichkeit der BaFin, im Kooperationswege eine inzidente Prüfung des Mitwirkungsaktes durch die insoweit zuständige EWR-ausländische Aufsichtsbehörde einzufordern,961 wäre auch eine Kooperation der insoweit grundsätzlich zuständigen Gerichte der Mitglied- oder Vertragsstaaten vorstellbar. Eine derartige Kooperation würde insbesondere gewährleisten, dass die in einem kooperativen Verfahren erteilte Genehmigung auch kooperativ überprüft wird. Ähnlich den Mitwirkungspflichten im Rahmen des grenzüberschreitenden Verwaltungsverfahrens würde eine gerichtliche Kooperation zudem die transnationale Wirkung der Entscheidung legitimieren, ohne den beteiligten Mitglied- oder Vertragsstaaten zugleich jegliche Prüfungskompetenz zu entziehen. Darüber hinaus könnte auch eine Übertragung nationaler Hoheitsgewalt auf die Mitglied- und Vertragsstaaten erfolgen. Die Zulässigkeit einer förmlichen Übertragung ist umstritten, soll aber gerade in Fällen der Verwaltungszusammenarbeit zulässig sein, „um Grauzonen der Kooperation aufzuhellen“962. Durch eine wechselseitige Übertragung von Hoheitsgewalten betreffend die Justiziabilität behördeninterner Mitwirkungsakte im grenzüberschreitenden Verwaltungsverfahren im EWR ließen sich das Sitzlandprinzip vervollständigen und insoweit noch bestehende Unstimmigkeiten des Rechtsschutzsystems beheben.963 Ferner könnte im 959
Michael/Morlok, 5. Aufl. (2016), Rn. 867. Siehe Schmidt-Aßmann, in: Maunz/Dürig, 76. EL (2015), Art. 19 Abs. 4 Rn. 48b. Grundsätzlich zur Erweiterung und Europäisierung von Rechtsschutzmöglichkeiten vor dem Hintergrund von Art. 19 Abs. 4 GG und § 42 Abs. 2 VwGO auch Enders, in: BeckOK GG, 29. Ed. (2016), Art. 19 Rn. 66 ff. 961 Vgl. Teil 2, E.I.3.a)aa)(3). 962 Schmidt-Aßmann, in: Maunz/Dürig, 76. EL (2015), Art. 19 Abs. 4 Rn. 173b. 963 Bornschlegl, Die Bestandsübertragung nach dem VAG (2014), S. 481 befürwortet eine einheitliche, umfassende und EWR-weit verbindliche gerichtliche Überprüfung der Genehmigung unter notwendiger Beiladung der beteiligten EWR-ausländischen Behörde. Diese 960
E. Rechtsschutz im grenzüberschreitenden Verwaltungsverfahren
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Zuge weiterer Harmonisierung grundsätzlich eine Statuierung entsprechender Prüfungs- und Ersetzungskompetenzen der EIOPA in Betracht gezogen werden.964 Derartige Kompetenzen der EIOPA könnten sich an Art. 19 EIOPA-VO anlehnen, der gerade die Beilegung von Meinungsverschiedenheiten zwischen zuständigen nationalen Behörden in grenzübergreifenden Fällen regelt. Dabei sind jedoch zum einen die gegenüber derartigen Kompetenzen der EIOPA bestehenden Vorbehalte zu berücksichtigen, zum anderen sollten die Voraussetzungen, unter denen insbesondere eine Zustimmung rechtmäßig verweigert werden kann, harmonisiert werden.965 Gerichtlicher Rechtsschutz wäre insoweit in der Folge ebenfalls auf europäischer Ebene zu gewährleisten.
Forderung setzt jedenfalls implizit eine entsprechende Erweiterung des Prüfungsmaßstabs voraus. 964 So käme grundsätzlich etwa eine behördliche Zentralisierung grenzüberschreitender Sachverhalte dergestalt, dass EIOPA als europäische Versicherungsaufsichtsbehörde – in Zusammenarbeit mit den beteiligten nationalen Aufsichtsbehörden – exklusiv die Genehmigung grenzüberschreitender Übertragungen im EWR übernähme, in Betracht, vgl. auch Seemayer, Grenzüberschreitende Übertragung von Erst- und Rückversicherungsbeständen (2016), S. 290. Dazu sollten jedoch zunächst die Zweifel an der Rechtmäßigkeit der EIOPA-VO insbesondere hinsichtlich der Errichtung der EIOPA und der Statuierung bestimmter Kompetenzen beseitigt werden, vgl. Teil 2, B.II.2.a)dd)(1) (Fn. 540). 965 Vgl. Teil 2, E.II.1.b)aa)(1).
Teil 3
Analyse: Grenzüberschreitende Bestandsübertragungen und Verschmelzungen von Versicherungsunternehmen im EWR Vor dem Hintergrund des unter Teil 2 dargestellten verwaltungsrechtlichen Rahmens für grenzüberschreitende Übertragungen von Versicherungsbeständen im EWR werden im Folgenden die nationalen aufsichtsrechtlichen Regelungen für grenzüberschreitende Bestandsübertragungen nach dem VAG sowie für grenzüberschreitende Verschmelzungen von Versicherungsunternehmen nach § 122a UmwG untersucht. Den Ausgangspunkt dazu bilden – historisch wie systematisch – die Konstellationen grenzüberschreitender Bestandsübertragungen. Denn die – gesellschaftsrechtliche und dieser nachfolgende aufsichtsrechtliche – Regelung grenzüberschreitender Verschmelzungen von Erstversicherungs- und Rückversicherungsunternehmen erfolgte zeitlich jeweils nach der entsprechenden gesetzlichen Ermöglichung grenzüberscheitender Bestandsübertragungen; die aufsichtsrechtlichen Vorgaben für Umwandlungen wurden daher weitgehend an die bestehenden Vorgaben zu Bestandsübertragungen angelehnt. Es stellt sich insoweit zunächst die Frage, ob die europäischen Vorgaben vollständig umgesetzt wurden. In diesem Rahmen wird auch auf die Folgen einer überschießenden respektive defizitären Umsetzung eingegangen. Soweit sich bereits im Rahmen von grenzüberschreitenden Bestandsübertragungen Diskrepanzen ergeben, werden sich diese aufgrund der Verweisungssystematik grundsätzlich auch im Bereich grenzüberschreitender Verschmelzungen wiederfinden.966 Dabei ist jedoch zu prüfen, inwieweit sich die maßgeblichen europäischen Vorgaben unterscheiden. Denn während der Gesetzgeber mit den Regelungen zu grenzüberschreitenden Bestandsübertragungen im VAG auf Vorgaben unterschiedlicher europäischer Versicherungsrichtlinien reagiert hat, gehen die aufsichtsrechtlichen Regelungen zur grenzüberschreitenden Verschmelzung von Versicherungsunternehmen – jedenfalls im Bereich der Erstversicherung – maßgeblich auf die europäischen Vorgaben der Verschmelzungsrichtlinie zurück, die gesellschaftsrechtliche Vorgaben für grenzüberschreitende Verschmelzungen von Kapitalgesellschaften statuierte und seit deren nationaler Umsetzung durch § 122a ff. UmwG auch Versicherungsunternehmen derartige Umwandlungen grundsätzlich offenstehen. Unabhängig von der unterschiedlichen Reichweite eu966 Vgl. zu diesem Zusammenhang Schmid, Bestandsübertragung und Umwandlung von Versicherungsunternehmen (2010), Rn. 623, der die hier untersuchte grenzüberschreitende Verschmelzung jedoch von der Betrachtung ausgenommen hat.
A. Grenzüberschreitende Bestandsübertragungen nach dem VAG
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ropäischer Vorgaben betreffend Bestandsübertragungen und Verschmelzungen jeweils im Bereich der Erstversicherung und der Rückversicherung ist ferner zu untersuchen, inwieweit die aufsichtsrechtlichen und gesellschaftsrechtlichen Vorgaben im Einklang stehen beziehungsweise welche Besonderheiten des Umwandlungsrechts der Praktikabilität der gewählten pauschalen Verweisung im Wege stehen.
A. Grenzüberschreitende Bestandsübertragungen nach dem VAG Nachfolgend werden zunächst die unterschiedlichen Konstellationen innereuropäischer grenzüberschreitender Bestandsübertragungen nach dem VAG dargestellt und geprüft, inwieweit diese von dem unter Teil 2 dargestellten harmonisierten grenzüberschreitenden Verwaltungsverfahren umfasst sind. Soweit die Regelungen des VAG diesen Rahmen überschreiten beziehungsweise dahinter zurückbleiben, werden die daraus resultierenden Besonderheiten analysiert.
I. Analysegrundlagen 1. Grundlagen der Betrachtungsmatrix Die Analyse der Konstellationen grenzüberschreitender Bestandsübertragungen im EWR folgt im Wesentlichen einer territorialen Betrachtung. Insoweit wird zwischen Übertragungen von Versicherungsbeständen aus Deutschland in einen anderen Mitglied- oder Vertragsstaat (Hinausübertragung) und in umgekehrter Richtung (Hineinübertragung) differenziert. Daneben kann auch eine Übertragung außerhalb Deutschlands aus Sicht des deutschen Versicherungsaufsichtsrechts relevant sein, soweit grenzüberschreitend in Inland erworbene Bestände beziehungsweise im Inland belegene Risiken betroffen sind. In Einzelfällen kann es dabei zu Überschneidungen aufgrund der dargestellten grenzüberschreitenden Kompetenzen der Aufsichtsbehörden nach dem Sitzlandprinzip kommen. Für die territoriale Betrachtung spricht vor allem die Übersichtlichkeit dieser Betrachtungsmatrix. Zudem eignet sich diese Betrachtungsmatrix als Grundlage für die im Anschluss zu analysierenden Fälle der grenzüberschreitenden Verschmelzung von Versicherungsunternehmen, die ebenfalls einer Differenzierung nach Hinausverschmelzung und Hineinverschmelzung folgen. Gleiches gilt für andere gesellschaftsrechtliche Übertragungsmechanismen wie etwa die Gründung einer Versicherungs-SE im Wege der Verschmelzung oder die identitätswahrende Migration von Versicherungsunternehmen.
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Teil 3: Grenzüberschreitende Bestandsübertragungen und Verschmelzungen
2. Maßgebliche Betrachtungsebenen Die der gewählten Betrachtungsmatrix zugrundeliegende Differenzierung enthält drei Anknüpfungsebenen. Es handelt sich dabei um die Ebenen des Risikoträgers, der Risikobelegenheit und des anwendbaren Vertragsrechts. a) Risikoträger Auf der Ebene der an der Bestandsübertragung beteiligten Risikoträger begründet sich die Genehmigungskompetenz der Sitzlandbehörde des übertragenden Versicherungsunternehmens.967 Zudem ergibt sich auf dieser Ebene das Erfordernis der Ausstellung einer Solvabilitätsbescheinigung betreffend das übernehmende Versicherungsunternehmen durch dessen Sitzlandbehörde. Risikoträger meint das Versicherungsunternehmen, das vor beziehungsweise nach – hypothetisch – erfolgter Bestandsübertragung die dem Versicherungsbestand zugrundeliegenden versicherungstechnischen Risiken deckt.968 Bei der Bestimmung des Risikoträgers ist eine rechtliche, nicht eine wirtschaftliche Betrachtung maßgeblich. So ist ein Rückversicherungsvertrag ein Vertrag, mit dem versicherungstechnisches Risiko, das ein Risikoträger im Verhältnis zu einem Dritten durch Versicherungsvertrag übernommen hat, durch ein Rückversicherungsunternehmen übernommen wird.969 Wenngleich die dogmatischen Grundlagen nicht abschließend geklärt sind, ist wirtschaftlich im Ergebnis unstreitig, dass das Rückversicherungsunternehmen danach die Übernahme des von einem anderen Versicherungsunternehmen übernommenen Risikos schuldet. Das Rückversicherungsunternehmen trägt damit im Ergebnis zwar letztlich die Gefahr, dass das rückversicherte Versicherungsunternehmen einen wirtschaftlichen Nachteil aus der Verwirklichung eines versicherten Risikos erleidet.970 Im maßgeblichen rechtlichen Verhältnis zwischen dem originären Versicherungsnehmer und dem rückversicherten Versicherungsunternehmen bleibt letzteres indes gleichwohl Risikoträger. Denn das Bestehen von Rückversicherungsschutz vermag an den rechtlichen Beziehungen zwischen dem originären Versicherungsnehmer und dem mit diesem kontrahierenden Versicherungsunternehmen nichts zu ändern. Das Rückversicherungsunternehmen seinerseits ist danach grundsätzlich nur Risikoträger, soweit es den Rückversicherungsvertrag betrifft. 967
Außerhalb des harmonisierten Bereichs können sich auf dieser Ebene auch zusätzliche Genehmigungskompetenzen der Aufsichtsbehörde des übernehmenden Versicherungsunternehmens ergeben. 968 Vgl. etwa Brömmelmeyer, in: Rüffer/Halbach/Schimikowski, VVG, 3. Aufl. (2015), § 1 Rn. 3. 969 Schwepcke, in: MünchKomm-VVG, Bd. 1, 1. Aufl. (2010), Rückversicherungsvertragsrecht Rn. 60. 970 Schwepcke, in: MünchKomm-VVG, Bd. 1, 1. Aufl. (2010), Rückversicherungsvertragsrecht Rn. 61 m. w. Nachw.; vgl. auch Looschelders, VersR 2012, 1 (3).
A. Grenzüberschreitende Bestandsübertragungen nach dem VAG
221
Lässt man Zweigniederlassungen zunächst unbetrachtet, folgt aus der Anknüpfung auf dieser ersten Ebene die klassische und insoweit eindeutige Differenzierung grenzüberschreitender Sachverhalte. Beteiligt sind dann an den untersuchten grenzüberschreitenden Bestandsübertragungen jeweils ein inländisches und ein EWR-ausländisches Versicherungsunternehmen, wobei ein Versicherungsbestand entweder von ersterem auf letzteres (Hinausübertragung) oder in umgekehrter Richtung (Hineinübertragung) übertragen wird. Denkt man Zweigniederlassungen hinzu, wird diese eindeutige Zuordnung unterminiert. So stellt bei territorialer Betrachtung auch die Übertragung des Bestands einer inländischen Zweigniederlassung eines EWR-ausländischen Versicherungsunternehmens auf ein anderes EWR-ausländisches Versicherungsunternehmen eine Hinausübertragung dar. Indes werden dabei auf der ersten Ebene aufgrund des Sitzlandprinzips keine Kompetenzen oder Pflichten der BaFin begründet, da übertragender Risikoträger insoweit nicht die inländische Zweigniederlassung selbst, sondern deren Rechtsträger, also das entsprechende EWR-ausländische Versicherungsunternehmen ist.971 b) Risikobelegenheit und anwendbares Vertragsrecht Auf der Ebene der Risikobelegenheit werden im Rahmen einer innereuropäischen grenzüberschreitenden Bestandsübertragung zusätzlich zu den vorstehenden aufsichtsrechtlichen Kompetenzen etwaige Zustimmungspflichten begründet. Dabei kann es sich um eine Zustimmungspflicht der Sitzlandbehörde des übernehmenden Unternehmens und/oder der Aufsichtsbehörden anderer Mitglied- oder Vertragsstaaten handeln. Das insoweit maßgebliche Kriterium der Risikobelegenheit wird in Art. 13 Nr. 13 Solvency II legaldefiniert und findet seine nationale Entsprechung in § 57 Abs. 3 S. 2, § 61 Abs. 1 S. 2 VAG (§ 13a Abs. 2 S. 2, § 110a Abs. 1 S. 2 VAG a. F.).972 Abzustellen ist danach bei grundstücksbezogenen Risiken auf den Belegenheitsstaat der Immobilie, bei eingetragene Fahrzeuge betreffenden Risiken auf den Staat der Eintragung und bei bestimmten Reise- und Ferienrisiken auf den Staat des Vertragsschlusses. Im Übrigen ist der Staat maßgeblich, in dem der Versicherungsnehmer seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Ist der Versicherungsnehmer keine natürliche Person, kommt es insoweit auf den Staat an, in dem sich das Unternehmen oder eine etwaige Niederlassung, Betriebsstätte oder andere Einrichtung, auf die sich der Versicherungsvertrag bezieht, befindet.973 Abzugrenzen ist auf einer dritten Ebene grundsätzlich noch das auf die betroffenen Versicherungsverträge anwendbare nationale Recht. Dieses bestimmt sich 971 Dies findet im Wortlaut des § 63 Abs. 1 S. 1 VAG (§ 111d S. 1 VAG a. F.) Ausdruck. Der Bestandsübertragungsvertrag wird nicht etwa von der Zweigniederlassung selbst, sondern von dem EWR-ausländischen Versicherungsunternehmen abgeschlossen. 972 Präve, in: Prölss, 12. Aufl. (2005), § 14 Rn. 33; Kollhosser, in: Prölss, 12. Aufl. (2005), § 110a Rn. 3. 973 Zum Kriterium der Risikobelegenheit auch Pohlmann, FKBP, 5. Aufl. (2012), § 13a Rn. 22.
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Teil 3: Grenzüberschreitende Bestandsübertragungen und Verschmelzungen
nach Art. 3, 7 Rom I-VO974.975 Ausweislich Art. 7 Abs. 1, 2 Rom I-VO besteht für Rückversicherungsverträge und Versicherungsverträge über Großrisiken freie Rechtswahl nach Maßgabe von Art. 3 Rom I-VO.976 Für alle anderen Erstversicherungsverträge ist die Rechtswahl durch Art. 7 Abs. 3 Unterabs. 1 lit. a bis e, Abs. 6 Rom I-VO eingeschränkt. Die für die Rechtswahl insoweit maßgeblichen Kriterien decken sich weitgehend mit den Kriterien der Risikobelegenheit, sodass das anwendbare Vertragsrecht regelmäßig das nationale Recht des Staates der Risikobelegenheit sein wird. Soweit eine Rechtswahl nach Art. 7 Abs. 3 Unterabs. 1 lit. a bis e Rom I-VO unterbleibt, ordnet Art. 7 Abs. 3 Unterabs. 3 Rom I-VO ausdrücklich die Anwendbarkeit des Rechts des Risikobelegenheitsstaates an. Der danach jedenfalls im Bereich der letztgenannten Versicherungsverträge bestehende Regelfall der Einheitlichkeit von Risikobelegenheit und anwendbarem Vertragsrechts des Risikobelegenheitsstaates wird in der nachfolgenden Betrachtungsmatrix aus Gründen der Vereinfachung und Verständlichkeit als allgemeiner Regelfall unterstellt. Faktisch findet damit aufgrund der Übereinstimmung der zweiten und dritten Ebene letztlich nur eine Differenzierung auf zwei Ebenen statt. Nach dem Vorstehenden kann es insoweit aber grundsätzlich auch zu einem Auseinanderfallen von nationalem Versicherungsaufsichtsrecht der für die Genehmigung zuständigen Aufsichtsbehörde und auf die Versicherungsverträge anwendbarem nationalem Vertragsrecht kommen.
II. Hinausübertragungen Hinausübertragungen sind aus Sicht des nationalen Versicherungsaufsichtsrechts von besonderer Bedeutung. Denn in diesen Fällen wird den Versicherungsnehmern durch die Genehmigung der BaFin ein EWR-ausländischer Schuldner als neuer Vertragspartner zugewiesen.977 Zudem verliert die BaFin durch die Genehmigung der Übertragung faktisch zugleich die primäre Aufsichtskompetenz hinsichtlich der zu übertragenden Bestände.
974
Verordnung (EG) Nr. 593/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juni 2008 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom I-VO), ABl. EU 2008 Nr. L 177/6, ber. ABl. EU 2009 Nr. L 309/87. 975 Ausführlich Looschelders/Michael, in: Ruffert, Europäisches Sektorales Wirtschaftsrecht, 1. Aufl. (2013), § 11 Rn. 246 ff. Ungeachtet des Anwendungsbereichs der Rom I-VO ist ausweislich Art. 178 Solvency II jedenfalls Art. 7 Rom I-VO von allen Mitglied- und Vertragsstaaten zwingend anzuwenden. 976 Vgl. auch Looschelders, VersR 2012, 1 (7). 977 Siehe dazu auch Teil 1, D.II.4.a).
A. Grenzüberschreitende Bestandsübertragungen nach dem VAG
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1. Übertragendes Erstversicherungsunternehmen Das VAG unterscheidet im Rahmen der Übertragung von Versicherungsbeständen zwischen Erstversicherungs- und Rückversicherungsunternehmen. Bei den Vorschriften zur Bestandsübertragung wird folglich nicht etwa an die Art des zu übertragenden Versicherungsbestands angeknüpft, sondern an die Art des übertragenden Versicherungsunternehmens.978 Dies ist unproblematisch, soweit es reine Erstversicherungs- oder Rückversicherungsunternehmen betrifft. Daneben gibt es jedoch auch gemischte Versicherungsunternehmen. Dabei handelt es sich um Erstversicherungsunternehmen, die neben dem Erstversicherungsgeschäft auch aktives Rückversicherungsgeschäft zeichnen.979 Aufgrund der primären Einordnung als Erstversicherungsunternehmen waren die §§ 119 ff. VAG a. F. auf gemischte Versicherungsunternehmen nicht anwendbar.980 Solvency II hat zwar unter anderem eine stärkere Angleichung der Aufsichtsregeln über Erstversicherungs- und Rückversicherungsunternehmen bewirkt.981 Dies spiegelt sich auch im novellierten VAG wider. So wurde die systematische gesetzliche Trennung zwischen Erstversicherungs- und Rückversicherungsaufsicht982 aufgehoben; eine Vielzahl zuvor separater Vorschriften wurde einheitlich für Erstversicherungs- und Rückversicherungsunternehmen zusammengefasst.983 Die Vorschriften über die Bestandsübertragung sind indes weitgehend unverändert unter Beibehaltung der Differenzierung zwischen Übertragungen von Erstversicherungsunternehmen und solchen von Rückversicherungsunternehmen im neuen VAG übernommen worden.984 Bestandsübertragungen von gemischten Versicherungsunternehmen erfolgen daher weiterhin ausschließlich nach Maßgabe der für Erstversicherungsunternehmen geltenden Vorschriften.985 978 Diehl/Seemayer, in: Brand/Baroch Castellvi, 1. Aufl. (2018), § 13 Rn. 16; Seemayer, in: Brand/Baroch Castellvi, 1. Aufl. (2018), § 166 Rn. 4. 979 Labes, in: Bähr, Hdb. Versicherungsaufsichtsrecht (2011), § 25 Rn. 25. 980 G. Bähr/Püttgen, ZfV 2008, 705 (708); Bähr, in: FKBP, 5. Aufl. (2012), § 119 Rn. 5. Indes sollen die Wertungen der §§ 119 ff. VAG a. F. grundsätzlich zu berücksichtigen gewesen sein, wenn und soweit die Rückversicherung betroffen war. Vgl. dazu auch BT-Drs. 16/1937, S. 19. 981 Vogelsang, in: Bähr, Hdb. Versicherungsaufsichtsrecht (2011), § 28 Rn. 12. 982 Die Rückversicherungsaufsicht war im VAG a. F. bis zur 10. VAG-Novelle maßgeblich in einem eigenen Abschnitt VIIa (§§ 119 bis 121j VAG a. F.) geregelt, vgl. dazu ausführlich nur Bähr, in: FKBP, 5. Aufl. (2012), Vor § 119 Rn. 1 ff. 983 Vgl. etwa § 8 Abs. 1 bis 3 VAG (§ 5 Abs. 1, § 7 Abs. 1, 1a, § 119 Abs. 1, § 120 Abs. 1 VAG a. F.) und § 10 Abs. 1 VAG (§ 6 Abs. 1, § 120 Abs. 2 VAG a. F.). 984 Eine Ausnahme bildet insoweit § 73 VAG, der §§ 108, 121i Abs. 4 VAG a. F. zusammenfasst. Gleichwohl erfolgt auch bei dieser Norm eine Differenzierung zwischen Erstversicherungs- und Rückversicherungsunternehmen, vgl. § 73 Abs. 1 S. 4 VAG. 985 Seemayer, Grenzüberschreitende Übertragung von Erst- und Rückversicherungsbeständen (2016), S. 111 ff., 175; ausführlich m. w. Nachw. Bornschlegl, Die Bestandsübertragung nach dem VAG (2014), S. 152 ff. Soweit sich nach dem VAG a. F. noch Auslegungsprobleme hinsichtlich des übernehmenden Unternehmens stellten, vgl. Bornschlegl, Die Bestandsübertragung nach dem VAG (2014), S. 155, ist festzustellen, dass diese im Zuge der 10. VAG-Novelle entfallen sind. Denn während § 14 VAG a. F. sowohl hinsichtlich des über-
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Teil 3: Grenzüberschreitende Bestandsübertragungen und Verschmelzungen
Dies gilt auch für die Übertragung reiner Rückversicherungsbestände von solchen Unternehmen.986 Grenzüberschreitende Hinausübertragungen im Erstversicherungsbereich betreffen zunächst grundsätzlich Übertragungen von Versicherungsbeständen inländischer Erstversicherungsunternehmen. Daneben kommen bei territorialer Betrachtung auch Übertragungen von inländischen Zweigniederlassungen EWR-ausländischer Erstversicherungsunternehmen in Betracht. Der Vollständigkeit halber wird zudem auf Übertragungen von inländischen Niederlassungen von Erstversicherungsunternehmen aus Drittstaaten eingegangen. a) Grenzüberschreitend erworbener Bestand eines inländischen Erstversicherungsunternehmens Die Hinausübertragung eines nach Maßgabe von § 57 VAG (§ 13a VAG a. F.) grenzüberschreitend erworbenen Versicherungsbestands von einem inländischen Erstversicherungsunternehmen auf ein EWR-ausländisches Unternehmen richtet sich nach § 13 Abs. 2 S. 1 VAG (§ 14 Abs. 2 S. 1 VAG a. F.).987 Danach ist abweitragenden als auch des übernehmenden Unternehmens den Begriff Versicherungsunternehmen enthielt und dieser bei der Übertragung eines Rückversicherungsbestands eines gemischten Versicherungsunternehmens auf ein Rückversicherungsunternehmen folglich unterschiedlich ausgelegt werden musste, hat der Gesetzgeber in § 13 VAG nunmehr sprachlich klargestellt, dass lediglich die Übertragung von einem Erstversicherungsunternehmen erfasst wird; hinsichtlich des übernehmenden Unternehmens hat der Gesetzgeber hingegen den weiteren Begriff des Versicherungsunternehmens beibehalten, unter den nunmehr unzweifelhaft auch ein Rückversicherungsunternehmen subsumiert werden kann. 986 Diehl/Seemayer, in: Brand/Baroch Castellvi, 1. Aufl. (2018), § 13 Rn. 15 f; Schröder/ Fischer, VersR 2011, 184 (185); Labes, in: Bähr, Hdb. Versicherungsaufsichtsrecht (2011), § 25 Rn. 25 m. w. Nachw.; Bornschlegl, Die Bestandsübertragung nach dem VAG (2014), S. 165. Zur Anwendbarkeit von § 14 VAG a. F. (nunmehr § 13 VAG) auf gemischte Versicherungsunternehmen auch Hasselbach/Komp, VersR 2005, 1651 (1652). Zu der daraus in der Praxis resultierenden wirtschaftlich nicht gerechtfertigten Ungleichbehandlung und dem Vorschlag, diese durch eine Differenzierung nach der Art des zu übertragenden Versicherungsbestands zu vermeiden Labes, in: Bähr, Hdb. Versicherungsaufsichtsrecht (2011), § 25 Rn. 26 ff. Der dort angeregte Lösungsvorschlag ist indes durch die 10. VAG-Novelle nicht umgesetzt worden, sodass diese Problematik in der Praxis bis auf Weiteres fortbesteht. 987 Die Anwendbarkeit von § 13 Abs. 2 VAG (§ 14 Abs. 2 VAG a. F.) wird durch § 65 Abs. 2 Nr. 4 VAG (§ 110d Abs. 2 S. 1 Nr. 5 VAG a. F., vgl. BT-Drs. 18/2956, S. 256) explizit ausgeschlossen, soweit es inländische Zweigniederlassungen von Versicherungsunternehmen mit Sitz in einem anderen Mitglied- oder Vertragsstaat betrifft, die nicht den europäischen Versicherungsrichtlinien unterliegen. Denn für solche Unternehmen gelten folglich weder die harmonisierten Solvabilitätsvorschriften, noch das Herkunftslandprinzip, vgl. Pohlmann, in: FKBP, 5. Aufl. (2012), § 110d Rn. 12; Kollhosser, in: Prölss, 12. Aufl. (2005), § 110d Rn. 9. Dazu auch Kaulbach, in: FKBP, 5. Aufl. (2012), § 14 Rn. 6, der in § 65 VAG (§ 110d VAG a. F.) eine § 13 Abs. 1 VAG (§ 14 Abs. 1 VAG a. F.) ganz oder zum Teil verdrängende Spezialnorm sieht. Diese solle Bestandsübertragungen der erfassten Unternehmen an eine inländische Niederlassung regeln. Dabei solle es sich lediglich um einen Wechsel der Verwaltungsstelle handeln. Für die hier vorgenommene Betrachtung von Kapitalgesellschaften spielt der Aus-
A. Grenzüberschreitende Bestandsübertragungen nach dem VAG
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chend von § 13 Abs. 1 S. 1 VAG (§ 14 Abs. 1 S. 1 VAG) lediglich die Genehmigung der für das übertragende Erstversicherungsunternehmen zuständigen Aufsichtsbehörde – für die hier ausschließlich betrachteten privaten Versicherungsunternehmen also regelmäßig die Genehmigung der BaFin – erforderlich. Die Regelung diente der Umsetzung von Art. 12 Dritte Richtlinie Schadenversicherung und Art. 11 Dritte Richtlinie Lebensversicherung.988 Sie bildet nunmehr den in Art. 39 Solvency II enthaltenen Fall ab, soweit dieser die Erstversicherung betrifft.989 Die Genehmigungskriterien für eine solche Übertragung regelt § 13 Abs. 2 S. 2 VAG (§ 14 Abs. 2 S. 2 VAG a. F.). Sie lassen sich in zwei Kategorien einteilen. § 13 Abs. 2 S. 2 Hs. 1 VAG (§ 14 Abs. 2 S. 2 Hs. 1 VAG a. F.) setzt zunächst das Vorliegen der auch für die Genehmigung nach § 13 Abs. 1 S. 2 VAG (§ 14 Abs. 1 S. 2 VAG a. F.) geltenden Genehmigungskriterien voraus.990 Danach müssen kumulativ die Belange der Versicherten gewahrt sein, die Verpflichtungen aus den Versicherungen als dauernd erfüllbar dargetan sein und die Spartentrennung beachtet werden.991 Insoweit knüpft § 13 Abs. 2 S. 2 VAG (§ 14 Abs. 2 S. 2 VAG a. F.) an die im nationalen Recht vorgesehenen Genehmigungskriterien für Bestandsübertragungen an. Darüber hinaus bleibt § 13 Abs. 4 VAG (§ 14 Abs. 4 VAG a. F.) ausweislich § 13 Abs. 2 S. 4 Hs. 2 VAG (§ 14 Abs. 2 S. 4 Hs. 2 VAG a. F.) unberührt.992 Danach ist als weiteres Genehmigungskriterium insbesondere bei Lebensversicherungsbeständen die Werterhaltung der Überschussbeteiligung der Versicherten sowohl bei dem übertragenden als auch bei dem übernehmenden Versicherungsunternehmen zu gewährleisten. Die vorstehenden Genehmigungskriterien sind nicht in Art. 39 Solvency II vorgeschrieben. Ein derartiges Hinausgehen über den Richtlinientext könnte daher insbesondere vor dem Hintergrund einer mit Solvency II grundsätzlich angestrebten Vollharmonisierung als problematisch angesehen werden.993 Indes stellen die in Art. 39 Abs. 1 Unterabs. 2 bis Abs. 6 Solvency II statuierten Kriterien insoweit lediglich Mindestanforderungen dar. Ausweislich Art. 39 Abs. 1 Unterabs. 1 Solvency II soll die Übertragung gerade nach Maßgabe des nationalen Rechts erfolgen. schluss im Ergebnis jedenfalls keine Rolle, da unter § 65 VAG (§ 110d VAG a. F.) hauptsächlich VVaG mit geringem Prämienaufkommen und – zumeist auch in der Form von VVaG organisierten – Sterbekassen mit beschränkten Leistungen fallen, vgl. Pohlmann, in: FKBP, 5. Aufl. (2012), § 110d Rn. 3; Kollhosser, in: Prölss, 12. Aufl. (2005), § 110d Rn. 2; Seemayer, Grenzüberschreitende Übertragung von Erst- und Rückversicherungsbeständen (2016), S. 154. 988 Kaulbach, in: Fahr/Kaulbach, 3. Aufl. (2003), § 14 Rn. 17. 989 Kaulbach, in: FKBP, 5. Aufl. (2012), § 14 Rn. 20. 990 Kaulbach, in: FKBP, 5. Aufl. (2012), § 14 Rn. 22. 991 Kaulbach, in: FKBP, 5. Aufl. (2012), § 14 Rn. 16; Laars, VAG, 3. Aufl. (2015), § 14 Rn. 5. 992 Gleiches gilt danach für § 13 Abs. 3 VAG (§ 14 Abs. 3 VAG a. F.). Dieser statuiert jedoch nur eine vermögensrechtliche Kompensationspflicht in Fällen, in denen Versicherungsnehmer durch die Bestandsübertragung Mitgliedschaftsrechte in einem VVaG ganz oder teilweise verlieren. 993 Siehe dazu Teil 1, C.III. (Fn. 291).
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Teil 3: Grenzüberschreitende Bestandsübertragungen und Verschmelzungen
Hinsichtlich der Bestandsübertragung ist folglich nicht von einer Vollharmonisierung auszugehen.994 Der deutsche Gesetzgeber statuiert auch nicht etwa strengere Vorgaben für Hinausübertragungen, sondern knüpft an die Voraussetzungen für innerstaatliche Bestandsübertragungen an.995 Folglich wird die Übertragung jedenfalls auf der Normebene nach Maßgabe nationalen Rechts gestattet und steht insoweit im Einklang mit Art. 39 Solvency II.996 Als weitere Genehmigungskriterien umfasst § 13 Abs. 2 S. 2 Hs. 2 VAG (§ 14 Abs. 2 S. 2 Hs. 2 VAG a. F.) die in Art. 39 Abs. 1 bis 5 Solvency II vorgeschriebenen Voraussetzungen. Dabei statuiert § 13 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 VAG (§ 14 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 VAG a. F.) den in Art. 39 Abs. 1 Unterabs. 2 Solvency II vorgeschriebenen Nachweis ausreichender Eigenmittel des übernehmenden Versicherungsunternehmens in Form einer Solvabilitätsbescheinigung der für das übernehmende Unternehmen zuständigen Aufsichtsbehörde. Darüber hinaus legt die neben § 13 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 VAG (§ 14 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 VAG a. F.) explizit die Übertragung des Versicherungsbestands einer Niederlassung betreffende Regelung in § 13 Abs. 2 S. 2 Nr. 3 VAG (§ 14 Abs. 2 S. 2 Nr. 3 VAG a. F.) hinsichtlich der Erforderlichkeit einer Zustimmung beziehungsweise einer Stellungnahme eine Differenzierung zwischen den im Dienstleistungsverkehr und den über eine Zweigniederlassung abgeschlossenen Versicherungsverträgen nahe. aa) Dienstleistungsgeschäft Im Rahmen der Dienstleistungsfreiheit in anderen Mitglied- oder Vertragsstaaten von einem inländischen Erstversicherungsunternehmen abgeschlossene Verträge (Dienstleistungsgeschäft) weisen zwar grenzüberschreitenden Bezug auf, sie werden jedoch direkt dem inländischen Erstversicherungsunternehmen zugeordnet und auch dort verwaltet.997 Bei einer Hinausübertragung solcher Bestände sieht Art. 39 Abs. 4 Solvency II eine Zustimmungspflicht der Behörden derjenigen Mitglied- und Vertragsstaaten, in denen die Verträge entweder nach dem Niederlassungsrecht oder im Rahmen der Dienstleistungsfreiheit geschlossen worden, vor. Das VAG verfolgt insoweit – auf den ersten Blick – einen anderen Ansatz und sieht in § 13 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 VAG (§ 14 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 VAG a. F.) eine Zustimmungspflicht der Aufsichtsbehörden der Mitglied- und Vertragsstaaten, in denen die Risiken des Versicherungsbestands belegen sind, vor. Es ist daher zu prüfen, ob es sich dabei lediglich 994
So betreffend § 121f Abs. 1 VAG a. F. (nunmehr § 166 Abs. 1 VAG) explizit bereits Bürkle, VersR 2008, 1590 (1594). 995 Eingehend zu den Genehmigungsvoraussetzungen nach § 14 Abs. 1 S. 2 VAG a. F. (nunmehr § 13 Abs. 1 S. 2 VAG) Schmid, Bestandsübertragung und Umwandlung von Versicherungsunternehmen (2010), Rn. 419 ff. 996 Indes könnte auf der Normanwendungsebene die diesbezüglich vertretene Ansicht der BaFin im Widerspruch zu den europarechtlichen Vorgaben stehen und sich folglich als europarechtswidrig herausstellen. Siehe dazu Teil 3, A.II.1.a)dd). 997 Kaulbach, in: FKBP, 5. Aufl. (2012), § 14 Rn. 20.
A. Grenzüberschreitende Bestandsübertragungen nach dem VAG
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um eine unterschiedliche Formulierung handelt oder insoweit Diskrepanzen bestehen. Dazu ist der Begriff des Dienstleistungsverkehrs im Sinne des § 57 Abs. 3 VAG (§ 13a Abs. 2 VAG a. F.) zu untersuchen. Nach der Legaldefinition des § 57 Abs. 3 S. 1 VAG (§ 13a Abs. 2 S. 1 VAG a. F.) liegt Dienstleistungsverkehr im Sinne des VAG vor, wenn ein Erstversicherungsunternehmen mit Sitz in einem Mitglied- oder Vertragsstaat von seinem Sitz oder seiner Niederlassung in einem Mitglied- oder Vertragsstaat aus Risiken deckt, die in einem anderen Mitglied- oder Vertragsstaat belegen sind, ohne dass das Unternehmen dort von einer Niederlassung Gebrauch macht. Maßgebliches Kriterium für das Dienstleistungsgeschäft ist damit, dass das Risiko in einem anderen Mitgliedstaat als demjenigen des Sitzes oder der tätig werdenden Niederlassung belegen ist.998 Danach kann Dienstleistungsverkehr grundsätzlich sowohl aus dem Sitzstaat als auch von einer Zweigniederlassung999 aus betrieben werden.1000 Weiterhin muss das Negativkriterium erfüllt sein. Dienstleistungsverkehr liegt danach nur vor, wenn das Unternehmen im Staat der Risikobelegenheit nicht von einer Zweigniederlassung Gebrauch macht. Das bedeutet nicht etwa, dass dort keine Zweigniederlassung bestehen darf, sondern schließt lediglich das gleichzeitige Gebrauchmachen selbiger bei dem konkreten Vertragsschluss aus. Versicherungsunternehmen können in ein und demselben Mitglied- oder Vertragsstaat somit grundsätzlich sowohl im Wege des Dienstleistungsverkehrs als auch über eine Zweigniederlassung tätig werden.1001 Die Formulierung des § 57 Abs. 3 S. 1 VAG (§ 13a Abs. 2 S. 1 VAG a. F.) ist jedoch – soweit sie auf den Belegenheitsstaat abstellt – sprachlich unpräzise. Denn die Formulierung „in einem anderen Mitglied- oder Vertragsstaat belegen“ kann sich rein grammatikalisch sowohl auf den Sitzstaat als auch auf den Staat der Zweigniederlassung des Erstversicherungsunternehmens oder auf beides beziehen. Erfolgt die Deckung der Risiken vom Sitz des Erstversicherungsunternehmens aus, ist die Formulierung insoweit eindeutig auf den Sitzstaat zu beziehen. Dienstleistungsverkehr kann dann bei Risikobelegenheit in allen anderen Mitglied- oder Vertragsstaaten vorliegen. Erfolgt die Deckung der Risiken indes von einer Zweigniederlassung aus und bezieht man die Formulierung ausschließlich auf den Staat der Zweigniederlassung, führt dies zu dem Ergebnis, dass auch der Abschluss von Versicherungsverträgen, die wiederum im Sitzstaat belegene Risiken decken, als Dienstleistungsverkehr einzuordnen wäre. Zwar umfasst der für das Negativkriterium verwendete Begriff der Niederlassung ausweislich Art. 13 Nr. 12 Solvency II grundsätzlich auch den Sitz des Versicherungsunternehmens. Nach der neu eingefügten Legaldefinition des § 57 Abs. 2 S. 1 VAG gilt als Niederlassung hingegen nur eine Agentur oder Zweigniederlassung in einem anderen Mitglied- oder Vertrags998
Pohlmann, in: FKBP, 5. Aufl. (2012), § 13a Rn. 22. Zur Verwendung der Begriffe Zweigniederlassung und Niederlassung in Solvency II und dem VAG siehe Fn. 556. 1000 Pohlmann, in: FKBP, 5. Aufl. (2012), § 13a Rn. 21. 1001 Pohlmann, in: FKBP, 5. Aufl. (2012), § 13a Rn. 25. 999
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Teil 3: Grenzüberschreitende Bestandsübertragungen und Verschmelzungen
staat.1002 Soweit die Verträge ausschließlich über eine Zweigniederlassung abgeschlossen werden, liegt ungeachtet dessen aber jedenfalls kein Gebrauchmachen des Sitzes in Deutschland vor, sodass die Legaldefinition formal-logisch erfüllt wäre. Es handelt sich damit grundsätzlich um einen Fall des Dienstleistungsgeschäfts durch eine Zweigniederlassung. Indes widerstrebt eine derartige Konstellation dem Regelungszweck der §§ 57 bis 59 VAG (§§ 13a bis 13c VAG a. F.1003), die gerade die Geschäftstätigkeit im Inland zugelassener Erstversicherungsunternehmen in anderen Mitglied- oder Vertragsstaaten regeln.1004 Soweit die Legaldefinition des Dienstleistungsverkehrs die Deckung von Risiken von einer Zweigniederlassung aus betrifft, sollte die Formulierung „in einem anderen Mitglied- oder Vertragsstaat“ folglich auf den Sitzstaat und den Staat der Zweigniederlassung bezogen werden und somit einen dritten Mitglied- oder Vertragsstaat bezeichnen. Von der Zweigniederlassung grenzüberschreitend im Sitzstaat abgeschlossenes Geschäft ist damit als Niederlassungsgeschäft zu qualifizieren.1005 Aufgrund des vorgenannten Erfordernisses eines grenzüberschreitenden Auseinanderfallens von Risikobelegenheit und Sitz oder Zweigniederlassung ferner nicht vom Begriff des Dienstleistungsverkehrs im Sinne des § 57 Abs. 3 VAG (§ 13a Abs. 2 VAG a. F.) umfasst sind Verträge mit Versicherungsnehmern aus anderen Mitglied- oder Vertragsstaaten als Deutschland oder demjenigen einer Zweigniederlassung, soweit diese Verträge Risiken decken, die im Inland respektive dem Staat der Zweigniederlassung belegen sind.1006 Dieser Ausschluss überrascht zunächst, da die Dienstleistungsfreiheit gemäß Art. 56, 57 AEUV grundsätzlich auf grenzüberschreitende Wirtschaftsvorgänge zielt.1007 Der Normalfall des Art. 56 Abs. 1 AEUV regelt die Konstellation, dass der Dienstleistungserbringer die nationale Grenze überschreitet, um in einem anderen Mitgliedoder Vertragsstaat eine Dienstleistung zu erbringen.1008 Schließt ein Erstversicherungsunternehmen Verträge mit Versicherungsnehmern in anderen Mitglied- oder Vertragsstaaten, überschreitet es regelmäßig sowohl zum Vertragsschluss als auch
1002
Soweit in diesem Zusammenhang vorstehend und nachfolgend aus sprachlichen Gründen ausschließlich der Begriff der Zweigniederlassung Verwendung findet, ist der Begriff der Agentur als davon mitumfasst zu verstehen. 1003 Vgl. BT-Drs. 18/2956, S. 254. 1004 Pohlmann, in: FKBP, 5. Aufl. (2012), § 13a Rn. 1. 1005 Vgl. dazu auch Keune, Rechtliche Grundlagen und Grenzen der EIOPA (2015), S. 15 f. m. w. Nachw. und dem Hinweis darauf, dass auch eine Umgehung von nationalen Berufsregelungen möglich wäre, indem sich Versicherungsunternehmen etwa in anderen Mitglied- oder Vertragsstaaten niederlassen und von dort im Wege des freien Dienstleistungsverkehrs wirtschaftlich in großem Umfang im Inland tätig würden. 1006 Pohlmann, in: FKBP, 5. Aufl. (2012), § 13a Rn. 23. 1007 Randelzhofer/Forsthoff, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, EUV/AEUV, 58. EL (2016), Art. 57 AEUV Rn. 32. 1008 Randelzhofer/Forsthoff, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, EUV/AEUV, 58. EL (2016), Art. 57 AEUV Rn. 52.
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zur Leistung im Versicherungsfall die Grenze.1009 Der Dienstleistungsbegriff des § 57 Abs. 3 VAG (§ 13a Abs. 2 VAG a. F.) ist damit insoweit enger als derjenige des AEUV. Indes entspricht diese Regelung den Vorgaben des europäischen Sekundärrechts in Gestalt von Solvency II.1010 Zwar sieht Art. 39 Abs. 4 Alt. 2 Solvency II ausdrücklich eine Zustimmungspflicht der Aufsichtsbehörden vor, in denen die Verträge im Rahmen der Dienstleistungsfreiheit geschlossen wurden. Der Wortlaut der Richtlinie könnte folglich diese von § 57 Abs. 3 S. 1 VAG (§ 13a Abs. 2 S. 1 VAG a. F.) nicht umfasste Konstellation zustimmungspflichtig stellen, wenn es insoweit auf den Ort des Vertragsschlusses ankäme. Indes stellt Art. 13 Nr. 9 Hs. 2 Solvency II klar, dass im Falle der Lebens- und Nichtlebensversicherung der Mitglied- oder Vertragsstaat der Dienstleistung den Mitglied- oder Vertragsstaat der Verpflichtung beziehungsweise den Mitglied- oder Vertragsstaat, in dem das Risiko belegen ist, bezeichnet, wenn die Verpflichtung oder das Risiko durch ein Versicherungsunternehmen oder eine Zweigniederlassung mit Sitz in einem anderen Mitglied- oder Vertragsstaat abgedeckt wird. Mitglied- oder Vertragsstaat der Verpflichtung ist dabei ausweislich Art. 13 Nr. 14 Solvency II der Mitglied- oder Vertragsstaat, in dem der gewöhnliche Aufenthalt des Versicherungsnehmers – bei einer juristischen Person deren Niederlassung, auf die sich der Vertrag bezieht – belegen ist. Hinsichtlich der Risikobelegenheit ist hingegen ausweislich Art. 13 Nr. 13 lit. a bis c Solvency II vorrangig zu den vorgenannten Kriterien bei gebäudebezogenen Versicherungsverträgen auf den Belegenheitsstaat der Immobilie, bei fahrzeugbezogenen Versicherungsverträgen auf den Zulassungsstaat und lediglich bei der Versicherung bestimmter Reise- und Ferienrisiken auf den Staat des Vertragsschlusses abzustellen. Liest man dies in Art. 39 Abs. 4 Alt. 2 Solvency II hinein, ist der Anwendungsbereich der Zustimmungspflicht insoweit einzuschränken. Durch dieses Zusammenspiel kommt es auch bei Art. 39 Abs. 4 Alt. 2 Solvency II im Ergebnis regelmäßig nicht auf den Ort des Vertragsschlusses, sondern maßgeblich auf den Staat der Risikobelegenheit an. Die ausdrücklich an die Risikobelegenheit geknüpfte Zustimmungspflicht nach § 13 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 VAG (§ 14 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 VAG a. F.) entspricht insoweit folglich den Richtlinienvorgaben. Umgekehrt soll es sich im Einklang mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshof auch um Dienstleistungsverkehr im Sinne des § 57 Abs. 3 VAG (§ 13a Abs. 2 VAG a. F.) handeln, wenn ein Versicherungsunternehmen im Inland oder im Staat der Zweigniederlassung Versicherungsverträge mit dort ansässigen Versicherungsnehmern schließt und allein die Risikobelegenheit außerhalb dieses Staates den grenzüberschreitenden Bezug begründet.1011 Danach ginge die Zustimmungspflicht des § 13 1009 Anderes dürfte nur für die in Deutschland grundsätzlich aufsichtsfreie sogenannte Korrespondenzversicherung gelten. Vgl. dazu Pohlmann, in: FKBP, 5. Aufl. (2012), § 13a Rn. 26, § 105 Rn. 51 m. w. Nachw. 1010 Pohlmann, in: FKBP, 5. Aufl. (2012), § 13a Rn. 23. 1011 Pohlmann, in: FKBP, 5. Aufl. (2012), § 13a Rn. 24. Zur diesbezüglichen Rechtsfortbildung durch den Europäischen Gerichtshof siehe Randelzhofer/Forsthoff, in: Grabitz/Hilf/ Nettesheim, EUV/AEUV, 58. EL (2016), Art. 57 AEUV Rn. 55 ff.
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Teil 3: Grenzüberschreitende Bestandsübertragungen und Verschmelzungen
Abs. 2 S. 2 Nr. 2 VAG (§ 14 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 VAG a. F.) insofern weiter, als es die Vorgabe des Art. 39 Abs. 4 Alt. 2 VAG vorzugeben scheint. Jedoch sind auch insoweit die Vorgaben des Art. 13 Nr. 9 Hs. 2 Solvency II – diesmal erweiternd – heranzuziehen. Im Ergebnis entspricht die Regelung des § 13 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 VAG (§ 14 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 VAG a. F.) damit trotz abweichender Formulierung den Vorgaben von Art. 39 Abs. 4 Alt. 2 Solvency II. Soweit der im Wege der Dienstleistungsfreiheit grenzüberschreitend erworbene Bestand folglich im EWR-Ausland belegene Risiken enthält, ist die Zustimmung der Aufsichtsbehörden dieser Belegenheitsstaaten erforderlich. Dabei kann es – insbesondere bei einem größeren Bestand – vorkommen, dass mehrere Belegenheitsstaaten betroffen sind und daher die Zustimmung einer Vielzahl EWR-ausländischer Aufsichtsbehörden einzuholen ist. bb) Niederlassungsgeschäft Bei der Übertragung des durch eine EWR-ausländische Niederlassung eines inländischen Erstversicherungsunternehmens grenzüberschreitend erworbenen Versicherungsbestands (Niederlassungsgeschäft) handelt es sich strenggenommen nicht um einen dem Inland zuzuordnenden Bestand. Denn im Gegensatz zum Dienstleistungsgeschäft wird das Niederlassungsgeschäft nicht direkt dem inländischen Versicherungsunternehmen zugeordnet. Schon § 13 Abs. 2 S. 2 Nr. 3 VAG (§ 14 Abs. 2 S. 2 Nr. 3 VAG a. F.) spricht insoweit von der „Übertragung des Versicherungsbestands einer Niederlassung“. Der Bestand wird regelmäßig auch im EWRAusland verwaltet.1012 Für den umgekehrten Fall inländischer Zweigniederlassungen EWR-ausländischer Versicherungsunternehmen statuiert § 341 Abs. 2 S. 2 HGB zudem die Anwendbarkeit handelsrechtlicher Vorschriften – etwa zum Jahresabschluss, über die Bewertung von Vermögensgegenständen sowie zu Bilanzierungsgrundsätzen und Rückstellungen – sowie der ergänzenden Vorschriften der RechVersV1013 über den Ansatz und die Bewertung von Vermögensgegenständen und Schulden.1014 Einer Zweigniederlassung kommt danach grundsätzlich eine gewisse Eigenständigkeit im Niederlassungsstaat zu. Indes ist die Zweigniederlassung keine selbständige juristische Person, also nicht eigenständig rechtsfähig.1015 Aus diesem Grund stellt § 13 Abs. 2 S. 1 VAG (§ 14 Abs. 2 S. 1 VAG a. F.) auf das inländische Versicherungsunternehmen und nicht auf die Zweigniederlassung selbst ab. Die betroffenen Versicherungsverträge hat ersteres durch letztere und nicht etwa letztere 1012
Kaulbach, in: FKBP, 5. Aufl. (2012), § 14 Rn. 20. Verordnung über die Rechnungslegung von Versicherungsunternehmen vom 8. November 1994, BGBl. I 1994, S. 3378, zuletzt geändert durch Art. 8 Abs. 14 des Gesetzes vom 17. Juli 2015, BGBl. I 2015, S. 1245. 1014 Vgl. auch Hommel/Pauly-Grundmann/Feist, in: MünchKomm-HGB, Bd. 4, 3. Aufl. (2013), § 341 Rn. 28. 1015 Hommel/Pauly-Grundmann/Feist, in: MünchKomm-HGB, Bd. 4, 3. Aufl. (2013), § 341 Rn. 30a. 1013
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selbst abgeschlossen. Somit lässt sich die Übertragung des Versicherungsbestands einer Zweigniederlassung eines inländischen Versicherungsunternehmens, wenn sie auf ein EWR-ausländisches Unternehmen erfolgt, aufgrund der insoweit uneindeutigen Zuordnung des Niederlassungsgeschäfts auch als – endgültige – Hinausübertragung klassifizieren.1016 Bei dem Niederlassungsgeschäft ist sodann weiter zu differenzieren. Wie bereits ausgeführt wurde,1017 kann das Dienstleistungsgeschäft sowohl vom Sitz des Versicherungsunternehmens als auch von einer Zweigniederlassung aus betrieben werden. Somit kann der Bestand einer Zweigniederlassung seinerseits aus reinem Niederlassungsgeschäft und Dienstleistungsgeschäft bestehen. Reines Niederlassungsgeschäft liegt vor bei Versicherungsverträgen, die durch die Zweigniederlassung geschlossen wurden und im Niederlassungsstaat belegene Risiken decken. Dann ergibt sich die Zustimmungspflicht der Aufsichtsbehörde des Niederlassungsstaates bereits aufgrund der Risikobelegenheit wie schon bei dem Dienstleistungsgeschäft nach § 13 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 VAG (§ 14 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 VAG a. F.).1018 Das darüber hinaus angeordnete Anhörungserfordernis nach § 13 Abs. 2 S. 2 Nr. 3 VAG (§ 14 Abs. 2 S. 2 Nr. 3 VAG a. F.) läuft insoweit im Ergebnis leer.1019 Das von einer Zweigniederlassung grenzüberschreitend im Sitzstaat abgeschlossene Geschäft ist ebenfalls als Niederlassungsgeschäft zu qualifizieren.1020 Eine Zustimmungspflicht der Aufsichtsbehörde des Sitzstaates entfällt aufgrund des Zusammentreffens mit der Genehmigungskompetenz. Das in § 13 Abs. 2 S. 2 Nr. 3 VAG (§ 14 Abs. 2 S. 2 Nr. 3 VAG a. F.) angeordnete Anhörungserfordernis der Aufsichtsbehörde des Niederlassungsstaates greift insoweit hingegen ein. Dienstleistungsgeschäft der Zweigniederlassung ist solches, bei dem es zu einem Auseinanderfallen von Risikobelegenheit und Niederlassungsstaat kommt, die Risiken also in einem oder mehreren dritten Mitglied- oder Vertragsstaaten belegen sind.1021 In derartigen Fällen ergibt sich eine Zustimmungspflicht der jeweiligen Aufsichtsbehörden dieser dritten Mitglied- oder Vertragsstaaten aus § 13 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 VAG (§ 14 Abs. 2 Nr. 2 VAG a. F.). Die Aufsichtsbehörde des Niederlassungsstaates muss darüber hinaus nach § 13 Abs. 2 S. 2 Nr. 3 VAG (§ 14 Abs. 2 S. 2 Nr. 3 VAG a. F.) angehört werden.1022 1016 Erfolgt die Übertragung hingegen auf ein inländisches Versicherungsunternehmen, wird sie entsprechend als Hineinübertragung eingeordnet, vgl. Teil 3, A.III.1.a). 1017 Siehe Teil 3, A.II.1.a)aa). 1018 BT-Drs. 12/6959, S. 69. 1019 BT-Drs. 12/6959, S. 69. 1020 Vgl. dazu Teil 3, A.II.1.a)aa); Teil 3, A.II.1.a)bb). 1021 Vgl. Diehl/Seemayer, in: Brand/Baroch Castellvi, 1. Aufl. (2018), § 13 Rn. 39. 1022 Spiegelbildlich ordnet § 63 Abs. 2 VAG (§ 111d S. 3 VAG a. F.) folglich auch zutreffend an, dass in Fällen, in denen der Versicherungsbestand einer inländischen Zweigniederlassung keine im Inland belegenen Risiken betrifft, keine Zustimmung der BaFin erforderlich ist, sondern diese lediglich Stellung nimmt.
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cc) Risikobelegenheit als maßgebliches Kriterium Im Ergebnis kommt es hinsichtlich etwaiger Zustimmungspflichten nach Maßgabe des VAG regelmäßig nicht auf eine Differenzierung zwischen Niederlassungsgeschäft und Dienstleistungsgeschäft, sondern maßgeblich auf das Kriterium der Risikobelegenheit an.1023 Nur soweit das Niederlassungsgeschäft aus Dienstleistungsgeschäft – oder im Inland abgeschlossenem Geschäft – besteht, kommt der Anhörungspflicht aus § 13 Abs. 2 S. 2 Nr. 3 VAG (§ 14 Abs. 2 S. 2 Nr. 3 VAG a. F.) eigenständige Bedeutung zu.1024 Dies steht im Einklang mit den Vorgaben von Art. 39 Solvency II. Art. 39 Abs. 4 Alt. 1 Solvency II statuiert die Zustimmungspflicht für reines Niederlassungsgeschäft. Diese Vorgabe wird durch § 13 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 VAG (§ 14 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 VAG a. F.) nach Maßgabe der Risikobelegenheit erfasst. Darüber hinaus erfasst Art. 39 Abs. 4 Alt. 2 VAG die Zustimmungspflicht der Aufsichtsbehörden dritter Mitglied- oder Vertragsstaaten, soweit die Zweigniederlassung im Dienstleistungsverkehr tätig wird. Auch dieser Fall wird durch § 13 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 VAG (§ 14 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 VAG a. F.) abgebildet. Schließlich statuiert Art. 39 Abs. 3 Solvency II die durch § 13 Abs. 2 S. 2 Nr. 3 VAG (§ 14 Abs. 2 S. 2 Nr. 3 VAG a. F.) angeordnete – subsidiäre – Anhörungspflicht gegenüber der Aufsichtsbehörde des Niederlassungsstaates für die Fälle ausschließlicher Risikobelegenheit außerhalb des Niederlassungsstaates. dd) Der Anspruch auf Erteilung der Genehmigung (1) Allgemeine Voraussetzungen In den Fällen des § 13 Abs. 2 S. 1 VAG (§ 14 Abs. 2 S. 1 VAG a. F.) ergibt sich zunächst, dass für die Wirksamkeit der Bestandsübertragung in Abweichung vom Grundsatz des § 13 Abs. 1 S. 1 VAG (§ 14 Abs. 1 S. 1 VAG a. F.) lediglich die Genehmigung der für das übertragende deutsche Versicherungsunternehmen zuständigen Aufsichtsbehörde, hier mithin der BaFin erforderlich ist.1025 Liegen Solvabilitätsbescheinigung und erforderliche Zustimmung(en) der zuständigen EWR-ausländischen Aufsichtsbehörden vor und ist eine erforderliche Anhörung jedenfalls erfolgt, kommt es gemäß § 13 Abs. 2 S. 2 Hs. 1 VAG (§ 14 Abs. 2 S. 2 Hs. 1 VAG a. F) im Übrigen auf die für innerstaatliche Bestandsübertragungen geltenden 1023
Vgl. auch Präve, in: Prölss, 12. Aufl. (2005), § 14 Rn. 33, der es gar für gänzlich unerheblich erachtet, ob der entsprechende Bestand im Dienstleistungsverkehr oder über eine Zweigniederlassung abgeschlossen wurde. 1024 So explizit mit Beschränkung auf das Dienstleistungsgeschäft einer Zweigniederlassung BT-Drs. 12/6959, S. 69; vgl. auch Bornschlegl, Die Bestandsübertragung nach dem VAG (2014), S. 426. Der Wortlaut von § 13 Abs. 2 S. 2 Nr. 2, 3 VAG (§ 14 Abs. 2 S. 2 Nr. 2, 3 VAG a. F.) suggeriert hingegen eine höhere, weil auf den ersten Blick eigenständige Bedeutung der Anhörungspflicht; insoweit missverständlich Kaulbach, in: FKBP, 5. Aufl. (2012), § 14 Rn. 22. 1025 Kaulbach, in: FKBP, 5. Aufl. (2012), § 14 Rn. 21.
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Voraussetzungen des § 13 Abs. 1 S. 2 VAG (§ 14 Abs. 1 S. 2 VAG a. F.) an.1026 Danach ist die Genehmigung zu erteilen, wenn die Belange der Versicherten gewahrt und die Verpflichtungen aus den Versicherungen als dauernd erfüllbar dargetan sind sowie das Gebot der Spartentrennung eingehalten wird.1027 Hinsichtlich dieser Genehmigungskriterien bestehen grundsätzlich keine Besonderheiten im Vergleich zu innerstaatlichen Bestandsübertragungen. Zusätzliche gesetzliche Voraussetzungen aufgrund der Hinausübertragung bestehen nicht. Dies deckt sich mit der Vorgabe des Art. 39 Abs. 1 Unterabs. 1 Solvency II, der die Ermöglichung der grenzüberschreitenden Übertragung nach Maßgabe des jeweiligen nationalen Rechts verlangt. Liegen auch die Voraussetzungen des § 13 Abs. 1 S. 2 VAG (§ 14 Abs. 1 S. 2 VAG a. F.) vor, haben die antragstellenden Versicherungsunternehmen grundsätzlich einen Rechtsanspruch auf Erteilung der Genehmigung.1028 (2) Besonderheiten bei Verträgen mit Überschussbeteiligung Zu berücksichtigen ist, dass ausweislich § 13 Abs. 2 S. 4 Hs. 2 VAG (§ 14 Abs. 2 S. 4 Hs. 2 VAG a. F.) unter anderem die Regelung des § 13 Abs. 4 VAG (§ 14 Abs. 4 VAG a. F.) unberührt bleibt, sodass Überschussbeteiligungen durch die Bestandsübertragung nicht beeinträchtigt werden dürfen.1029 Eine derartige Vorgabe enthält Art. 39 Solvency II nicht. Es handelt sich jedoch wie bei den Vorgaben des § 13 Abs. 2 S. 2 Hs. 1 VAG (§ 14 Abs. 2 S. 2 Hs. 1 VAG a. F.) um eine der nationalen Regelung entsprechende Vorgabe und damit eine von Art. 39 Abs. 1 Unterabs. 1 Solvency II gedeckte Maßgabe des nationalen Rechts. § 13 Abs. 4 VAG (§ 14 Abs. 4 VAG a. F.) dient dem Schutz der Versicherten vor einem Verlust vermögenswerter Positionen, die vom Schutzbereich der in Art. 14 Abs. 1 GG verbürgten Eigentumsgarantie umfasst sind und bezieht sich auf alle Versicherungsverträge mit Überschussbeteiligung.1030 Versicherungsverträge mit Überschussbeteiligung finden sich im Wesentlichen in der Lebensversicherung, der substitutiven Krankenversicherung sowie der Unfallversicherung mit Prämienrückgewähr.1031 Die Überschussbeteiligung kann dabei zum einen Kraft vertraglicher Vereinbarung begründet werden. Zum anderen sehen § 153 Abs. 1, § 176 VVG in der Lebensversicherung und der Berufsunfähigkeitsversicherung einen gesetzlichen 1026
Vgl. Laars, VAG, 3. Aufl. (2015), § 14 Rn. 6. Kaulbach, in: FKBP, 5. Aufl. (2012), § 14 Rn. 16; Laars, VAG, 3. Aufl. (2015), § 14 Rn. 5; Bornschlegl, Die Bestandsübertragung nach dem VAG (2014), S. 242 ff.; Schmid, Bestandsübertragung und Umwandlung von Versicherungsunternehmen (2010), Rn. 414 ff. 1028 Vgl. Präve, in: Prölss, 12. Aufl. (2005), § 14 Rn. 32. 1029 Kaulbach, in: FKBP, 5. Aufl. (2012), § 14 Rn. 21. 1030 BT-Drs. 16/6518, S. 13; Laars, VAG, 3. Aufl. (2015), § 14 Rn. 8. 1031 § 141 Abs. 5 Nr. 4 VAG (§ 11a Abs. 3 Nr. 4 VAG a. F., vgl. BT-Drs. 18/2956, S. 271), § 161 Abs. 1 VAG (§ 11d VAG a. F., vgl. BT-Drs. 18/2956, S. 271), § 146 Abs. 1 VAG (§ 12 Abs. 1 VAG a. F., vgl. BT-Drs. 18/2956, S. 271), §§ 153, 176 VVG; vgl. Schaumlöffel, in: BaFin Journal März 2013, S. 16 (18); Laars, VAG, 3. Aufl. (2015), § 14 Rn. 8. 1027
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Teil 3: Grenzüberschreitende Bestandsübertragungen und Verschmelzungen
Anspruch der Versicherungsnehmer auf Überschussbeteiligung vor.1032 Die Beteiligung der Versicherungsnehmer an einem etwaigen Überschuss haben die Versicherungsunternehmen gemäß § 153 Abs. 2 S. 1 Hs. 1 VVG grundsätzlich nach einem verursachungsorientierten Verfahren durchzuführen. Diese versicherungsvertragsrechtliche Regelung wird durch aufsichtsrechtliche Rahmenregelungen komplementiert.1033 Die Rückgewähr der Überschüsse an die Versicherungsnehmer wird dadurch öffentlich-rechtlich abgesichert.1034 Bei derartigen Versicherungsverträgen ergibt sich durch eine Zusammenschau von Risikobelegenheit und anwendbarem Vertragsrecht Folgendes: Mangels besonderer Risikoart gemäß § 57 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 bis 3 VAG (§ 13a Abs. 2 S. 2 Nr. 1 bis 3 VAG a. F.) kommt es für die hier relevanten vorgenannten Arten von Versicherungsverträgen zunächst auf die allgemeine Anknüpfung an den gewöhnlichen Aufenthalt des Versicherungsnehmers gemäß § 57 Abs. 3 S. 2 Nr. 4 lit. a VAG (§ 13a Abs. 2 S. 2 Nr. 4 lit. a VAG a. F.) an. Handelt es sich um Versicherungsnehmer mit gewöhnlichem Aufenthalt im Inland, scheidet bereits eine Einordnung als grenzüberschreitend erworbener Bestand regelmäßig aus.1035 Bei Versicherungsnehmern mit gewöhnlichem Aufenthalt im EWR-Ausland hingegen wird ausweislich Art. 7 Abs. 3, 6 Rom I-VO grundsätzlich auch das jeweilige EWR-ausländische Vertragsrecht Anwendung finden,1036 sodass §§ 153, 176 VVG regelmäßig nicht anwendbar sein werden. Dies gilt für die hier relevanten Versicherungsverträge ausweislich Art. 7 Abs. 3 Unterabs. 3 Rom I-VO jedenfalls dann, wenn keine Rechtswahl getroffen wird. Aber auch soweit eine Rechtswahl gemäß Art. 7 Abs. 3 Unterabs. 1 lit. a bis c Rom I-VO erfolgt, dürfte regelmäßig nichts anderes gelten. Denn Art. 7 Abs. 3 Unterabs. 1 lit. a, b Rom I-VO gestattet insoweit lediglich die Wahl des Rechts des Mitglied-oder Vertragsstaates der Risikobelegenheit oder des gewöhnlichen Aufenthalts des Versicherungsnehmers.1037 Für Lebensversicherungsverträge kommt davon abweichend als Wahlmöglichkeit ausweislich Art. 7 Abs. 3 Unterabs. 1 lit. c Rom I-VO ausnahmsweise auch das Recht des Mitglied- oder Vertragsstaates, dessen Staatsangehörigkeit der Versicherungsnehmer hat, in Betracht. Wurde eine Überschussbeteiligung gleichwohl vertraglich vereinbart oder besteht insoweit eine gesetzliche Vorgabe seitens des den Verträgen zugrundeliegenden EWR-ausländischen Versicherungsvertragsrechts, ist die Werterhaltung der Über1032
Reiff, in: Prölss/Martin, VVG, 29. Aufl. (2015), § 153 Rn. 1; Lücke, in: Prölss/Martin, VVG, 29. Aufl. (2015), § 153 Rn. 17; Schmid, Bestandsübertragung und Umwandlung von Versicherungsunternehmen (2010), Rn. 449; Diehl/Seemayer, in: Brand/Baroch Castellvi, 1. Aufl. (2018), § 13 Rn. 55. 1033 Heiss, in: MünchKomm-VVG, Bd. 2, 1. Aufl. (2011), § 153 Rn. 28 ff.; Reiff, in: Prölss/ Martin, VVG, 29. Aufl. (2015), § 153 Rn. 17. 1034 Knappmann, NJW 2005, 2892. 1035 Zu der sich insoweit aber ebenso stellenden Problematik siehe Teil 3, A.II.1.b)bb)(2). 1036 Vgl. Teil 3, A.I.2.b). 1037 Da diese beiden Kriterien hier zusammenfallen, bietet Art. 7 Abs. 3 Unterabs. 1 lit. a, b Rom I-VO insoweit faktisch keine Wahlmöglichkeit.
A. Grenzüberschreitende Bestandsübertragungen nach dem VAG
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schussbeteiligungen der Versicherten des übertragenden und des übernehmenden Versicherungsunternehmens gemäß § 13 Abs. 2 S. 3 Hs. 2, Abs. 4 S. 1 VAG (§ 14 Abs. 2 S. 3 Hs. 2, Abs. 4 S. 1 VAG a. F.) zu gewährleisten. Das Verfahren zur Beurteilung dieser Werterhaltung schreibt § 13 Abs. 4 S. 2 VAG (§ 14 Abs. 4 S. 2 VAG a. F.) vor.1038 Danach hat ein Wertvergleich zwischen den für die Überschussbeteiligung jeweils relevanten Aktiva und Passiva der beteiligten Versicherungsunternehmen auf der einen Seite unter hypothetischer Fortführung der Versicherungsverträge bei dem übertragenden Versicherungsunternehmen und auf der anderen Seite unter hypothetisch – gemäß dem zu genehmigenden Bestandsübertragungsvertrag – erfolgter Übertragung auf das übernehmende Versicherungsunternehmen zu erfolgen.1039 Das übertragende Versicherungsunternehmen hat dazu eine Übertragungsbilanz, das übernehmende Versicherungsunternehmen eine Übernahmebilanz zu erstellen.1040 Grundsätzlich kommen drei Vergleichskonstellationen in Betracht.1041 Der praktisch wohl bedeutsamste Wertvergleich erfolgt hinsichtlich der Überschussbeteiligung derjenigen Versicherten, deren Verträge übertragen werden. Die beteiligten Versicherungsunternehmen müssen bei der Beantragung der Genehmigung folglich darlegen, dass diese Überschussbeteiligung durch die Übertragung nicht wertmäßig gemindert wird.1042 Wird nur ein Teilbestand übertragen, ist zudem zu gewährleisten, dass die Überschussbeteiligung der bei dem übertragenden Versicherungsunternehmen verbleibenden Versicherten durch die Übertragung ebenfalls nicht gemindert wird. § 13 Abs. 4 S. 1 VAG (§ 14 Abs. 4 S. 1 VAG a. F.) schützt zudem eine etwaige Überschussbeteiligung der Versicherten des übernehmenden Versicherungsunternehmens. Wie dieser letztgenannte Vergleich zu erfolgen hat, regelt § 13 Abs. 4 S. 2 VAG (§ 14 Abs. 4 S. 2 VAG a. F.) indes nicht. Schmid schlägt für innerstaatliche Übertragungen eine Anwendung des Verfahrens betreffend die Überschussbeteiligung der Versicherten des übertragenden Versicherungsunternehmens vor.1043 Bei grenzüberschreitenden Hinausübertragungen dürfte die BaFin einen solchen Vergleich jedoch nicht anzustellen haben. Denn die Anordnung des § 13 Abs. 4 S. 1 VAG (§ 14 Abs. 4 S. 1 VAG a. F.) kann grundsätzlich nur soweit reichen,
1038
Dazu Schmid, Bestandsübertragung und Umwandlung von Versicherungsunternehmen (2010), Rn. 448 ff. 1039 Vgl. Laars, VAG, 3. Aufl. (2015), § 14 Rn. 10. 1040 Schmid, Bestandsübertragung und Umwandlung von Versicherungsunternehmen (2010), Rn. 451 ff. 1041 Schmid, Bestandsübertragung und Umwandlung von Versicherungsunternehmen (2010), Rn. 450; Diehl/Seemayer, in: Brand/Baroch Castellvi, 1. Aufl. (2018), § 13 Rn. 57 ff. 1042 Maßgeblich sind dabei die Verhältnisse jedes einzelnen Versicherten. Eine Gesamtbetrachtung reich insoweit nicht aus, vgl. BT-Drs. 16/6518, S. 13. 1043 Schmid, Bestandsübertragung und Umwandlung von Versicherungsunternehmen (2010), Rn. 456.
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Teil 3: Grenzüberschreitende Bestandsübertragungen und Verschmelzungen
wie die Versicherteninteressen im Anwendungsbereich des VAG liegen.1044 Soweit ein Bestand auf ein EWR-ausländisches Versicherungsunternehmen übertragen wird, liegen die Interessen der Versicherten dieses Versicherungsunternehmens regelmäßig außerhalb des Anwendungsbereichs des VAG. Ob diese Versicherten vor der Übertragung eine Überschussbeteiligung bei dem übernehmenden Versicherungsunternehmen haben und ob diese durch die Übertragung beeinträchtigt wird, ist grundsätzlich Sache der für das übernehmende Unternehmen zuständigen Aufsichtsbehörde. Erfolgt die Übertragung des grenzüberschreitend erworbenen Bestands auf ein Versicherungsunternehmen im Mitglied- oder Vertragsstaat der Risikobelegenheit, kann die zustimmungspflichtige Aufsichtsbehörde diese Versicherteninteressen etwa – soweit das maßgebliche EWR-ausländische Aufsichtsrecht dies vorsieht – im Rahmen der Zustimmung berücksichtigen.1045 Etwaige Überschussbeteiligungen müssen bei grenzüberschreitenden Hinausübertragungen für jeden Einzelfall genau bestimmt und sodann hinsichtlich ihres Werterhalts geprüft werden. Die dazu erforderlichen Wertvergleiche können sich in der Praxis schwierig gestalten. Ein pauschaler Ausschluss1046 solcher Übertragungen ist dadurch jedoch nicht zu rechtfertigen. Vielmehr dürfte ein pauschaler Ausschluss auf Normanwendungsebene einen Verstoß gegen den Effektivitätsgrundsatz darstellen. Denn dieser besagt, dass die Ausübung der durch die Unionsrechtsordnung verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich gemacht oder übermäßig erschwert werden darf.1047 Zutreffend ist zwar, dass Mindestzuführungsverordnung (MindZV) und Überschussverordnung (ÜbschV) außerhalb Deutschlands nicht gelten. Dies könnte jedenfalls bei formaljuristischer Betrachtung gegen die Zulässigkeit einer solchen Hinausübertragung sprechen. Maßgeblich kommt es hinsichtlich der Überschussbeteiligung im Rahmen einer Bestandsübertragung nach den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts aber nicht auf die formale Rechtsposition, sondern auf den wirtschaftlichen Wert der individuellen Überschussbeteiligung an.1048 Aufsichtsrechtliche Vorgaben für die Überschussbeteiligung und deren Behandlung 1044 Zu der – jedenfalls für innerstaatliche Übertragungen zutreffenden – Begründung, dass die Schutzpflichten des Gesetzgebers aus Art. 14 Abs. 1 GG für alle Versicherten gelten, vgl. BT-Drs. 16/6518, S. 13. 1045 Bei der Übertragung eines grenzüberschreitend erworbenen Bestands in einen anderen Mitglied- oder Vertragsstaat als denjenigen der Risikobelegenheit, kann die zuständige Aufsichtsbehörde des übernehmenden Versicherungsunternehmens bei der Ausstellung der Solvabilitätsbescheinigung diese Versicherteninteressen berücksichtigen. Ausweislich Part IV 5.1.5 General Protocol on Collaboration kann sie jedenfalls darauf hinweisen, wenn sie ernsthafte Bedenken hinsichtlich der künftigen Performance des übernehmenden Versicherungsunternehmens hat. 1046 Vgl. etwa die insoweit von Schaumlöffel, in: BaFin Journal März 2013, S. 16 (19) im Zusammenhang mit der Übertragung von Run-Off Portfolien geäußerte Auffassung, dass die BaFin grenzüberschreitenden Hinausübertragungen in Sparten mit Überschussbeteiligung mangels Geltung der MindZV und ÜbschV im Ausland nicht zustimmen könne. 1047 Vgl. etwa Wicke, DStR 2012, 1756 (1757) m. w. Nachw. 1048 Vgl. Laars, VAG, 3. Aufl. (2015), § 14 Rn. 8.
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im Zusammenhang mit Bestandsübertragungen sieht Solvency II nicht vor. Grundsätzlich handelt es sich bei der Überschussbeteiligung im Kern um ein zivilrechtlich begründetes Versprechen des Versicherungsunternehmens, dessen ordentliche Erfüllung im Versicherungsvertrag geregelt ist und dessen Durchsetzung nicht originäre Aufgabe der Aufsichtsbehörde ist.1049 Der Gesetzgeber hat zwar Mindestvorgaben betreffend die Überschussbeteiligung im Aufsichtsrecht verankert.1050 So enthält etwa § 139 VAG (§ 56a VAG a. F.1051) Vorgaben hinsichtlich der Rückstellung für Beitragsrückerstattungen bei Lebensversicherungsunternehmen. Eine zu konkretisierende Mindestbeteiligung der Versicherungsnehmer in der Lebensversicherung schreibt der – durch das Dritte Durchführungsgesetz/EWG zum VAG1052 eingeführte – besondere Missstandstatbestand1053 des § 140 VAG (§ 81c VAG a. F.1054) vor.1055 § 151 VAG (§ 81d VAG a. F.1056) enthält eine dieser Regelung nachgebildete Mindestbeteiligung der Versicherungsnehmer in der substitutiven Krankenversicherung.1057 Beide Regelungen beruhen indes nicht auf europäischem Richtlinienrecht.1058 Von den in § 81c Abs. 3, § 81d Abs. 3 VAG a. F. (nunmehr § 145 Abs. 2, § 160 S. 1 Nr. 6 VAG1059) vorgesehenen Verordnungsermächtigungen wurde durch den Erlass der MindZV (Lebensversicherung) sowie der ÜbschV (Krankenversicherung) Gebrauch gemacht.1060 § 4 Abs. 3 bis 5 MindZV sieht eine Mindestbeteiligung der Versicherungsnehmer am Rohüberschuss des Versicherungsunternehmens in Höhe von jeweils 90 % der Kapitalerträge und des Risikoergebnisses sowie 50 % des übrigen Ergebnisses vor. Eine Unterschreitung der danach angemessenen Überschussbeteiligung stellt ausweislich § 140 Abs. 2 S. 1 Nr. 1, S. 2 Nr. 1 VAG (§ 81c Abs. 1 S. 1, 2 VAG a. F.) einen die Belange der Versicherten gefährdenden Missstand dar. Entsprechendes gilt nach § 151 Abs. 2 VAG (§ 81d Abs. 1 S. 1, 2 VAG a. F.), wenn der in der ÜbschV festgelegte Zuführungssatz unterschritten wird. Bei Vorliegen eines derartigen besonderen Missstandes ordneten § 81c Abs. 1 S. 3, § 81d Abs. 2 VAG a. F. ausdrücklich eine Rechtsfolgenverweisung auf die nach § 81 Abs. 2 S. 1, § 87 VAG a. F. (nunmehr §§ 294, 298, 299, 303, 304 VAG1061)
1049
Bähr, in: FKBP, 5. Aufl. (2012), § 81c Rn. 2. Heiss, in: MünchKomm-VVG, Bd. 2, 1. Aufl. (2011), § 153 Rn. 28 ff.; Reiff, in: Prölss/ Martin, VVG, 29. Aufl. (2015), § 153 Rn. 17. 1051 Vgl. BT-Drs. 18/2956, S. 270. 1052 BT-Drs. 12/6959. 1053 Bähr, in: FKBP, 5. Aufl. (2012), § 81c Rn. 1. 1054 Vgl. BT-Drs. 18/2956, S. 270. 1055 Kaulbach, in: FKBP, 5. Aufl. (2012), § 56a Rn. 1. 1056 Vgl. BT-Drs. 18/2956, S. 272. 1057 Bähr, in: FKBP, 5. Aufl. (2012), § 81d Rn. 1. 1058 Bähr, in: FKBP, 5. Aufl. (2012), § 81c Rn. 1, § 81d Rn. 1. 1059 Vgl. BT-Drs. 18/2956, S. 271 f. 1060 Bähr, in: FKBP, 5. Aufl. (2012), § 81c Rn. 13, § 81d Rn. 8. 1061 Vgl. BT-Drs. 18/2956, S. 289 f. 1050
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zulässigen Maßnahmen an.1062 Zwar findet sich dieser ausdrückliche Verweis in §§ 140, 151 VAG nicht mehr. Der Gesetzgeber hat jedoch ausdrücklich klargestellt, dass sich inhaltlich an der bisherigen Regelung nichts geändert habe.1063 Dies trifft zu. Denn der bisherigen Verweisung war lediglich klarstellende Funktion dahingehend beizumessen, dass die allgemeinen aufsichtsbehördlichen Eingriffsbefugnisse bei Vorliegen eines Missstandes unberührt bleiben. Im Ergebnis definieren § 140 Abs. 2 S. 1 Nr. 1, S. 2 Nr. 1, § 151 Abs. 2 VAG besondere Missstände, die die allgemeinen Aufsichtsbefugnisse zur Vermeidung oder Beseitigung von Missständen gemäß § 298 Abs. 1 S. 1 VAG (§ 81 Abs. 2 S. 1 VAG a. F.) begründen. Daneben kann die Aufsichtsbehörde bei diesen besonderen Missständen weiterhin gemäß § 140 Abs. 3 Nr. 1, § 151 Abs. 3 VAG (§ 81c Abs. 1 S. 3, § 81d Abs. 2 VAG a. F.) die Vorlage eines Plans zur Sicherstellung angemessener Zuführungen für erfolgsabhängige Beitragsrückerstattung (Zuführungsplan) von dem Versicherungsunternehmen verlangen.1064 Dabei soll es sich um eine Ermessensdirektive handeln, der zufolge der Appell an die Selbstverantwortung des Versicherungsunternehmens im Wege des Verlangens, einen Zuführungsplans vorzulegen, regelmäßig den ersten aufsichtsbehördlichen Interventionsschritt darstellen soll.1065 Der Zuführungsplan soll ein solider kaufmännischer Beurteilung standhaltendes Konzept sein, mit dem das betroffene Versicherungsunternehmen die beabsichtigte künftige Sicherstellung der angemessenen Überschussbeteiligung darstellt.1066
1062 Vgl. Bähr, in: FKBP, 5. Aufl. (2012), § 81c Rn. 8, § 81d Rn. 5. Die Eingriffsbefugnis der BaFin erstreckt sich auch auf etwaige EWR-ausländische Zweigniederlassungen eines deutschen Versicherungsunternehmens. Nach zutreffender Ansicht handelt es sich bei den §§ 81c, 81d VAG a. F. (nunmehr §§ 140, 151 VAG) nämlich um Spezialregelungen der laufenden Finanzaufsicht, vgl. Bähr, in: FKBP, 5. Aufl. (2012), § 81c Rn. 1, § 81d Rn. 1. Aber auch wenn man mit Kollhosser, in: Prölss, 12. Aufl. (2005), § 81c Rn. 7, § 81d Rn. 4 eine Zugehörigkeit zur laufenden sonstigen Rechtsaufsicht im Sinne des § 81 Abs. 1 S. 4 VAG a. F. (nunmehr § 294 Abs. 3 VAG) befürwortet, ergibt sich im Ergebnis insoweit nichts anderes. Die Aufsicht erstreckt sich nach dem Sitzlandprinzip ausweislich § 294 Abs. 6 S. 1 VAG (§ 85 S. 1 VAG a. F.) über das Inland hinaus auf die über Zweigniederlassungen oder im Dienstleistungsverkehr im EWR ausgeübte Geschäftstätigkeit. Dabei fällt die Finanzaufsicht nach Maßgabe von § 294 Abs. 6 S. 2 VAG (§ 85 S. 2 VAG a. F.) in die alleinige Zuständigkeit der BaFin, die Aufsicht im Übrigen soll im Zusammenwirken mit der Aufsichtsbehörde in dem jeweiligen Mitglied- oder Vertragsstaat erfolgen, vgl. auch Kollhosser, in: Prölss, 12. Aufl. (2005), § 81 Rn. 10. 1063 Vgl. BT-Drs. 18/2956, S. 270, 272. 1064 Vgl. auch Baroch Castellvi, in: Brand/Baroch Castellvi, 1. Aufl. (2018), § 140 Rn. 30; Brand, in: Brand/Baroch Castellvi, 1. Aufl. (2018), § 151 Rn. 17 f.: Das Verlangen nach einem Zuführungsplan stelle eine Konkretisierung der allgemeinen Eingriffsbefugnis aus § 298 Abs. 1 S. 1 VAG dar. Bei anderen Aufsichtsmaßnahmen sei daher in besonderem Maße auf die Wahrung der Verhältnismäßigkeit zu achten. 1065 Bähr, in: FKBP, 5. Aufl. (2012), § 81c Rn. 9. 1066 Bähr, in: FKBP, 5. Aufl. (2012), § 81c Rn. 7.
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§§ 140, 151 VAG (§§ 81c, 81d VAG a. F.) zählen zur laufenden Aufsicht.1067 Während es sich bei den Vorschriften der §§ 8 ff. VAG (§§ 5 ff. VAG a. F.) um präventive Aufsicht handelt, soll die laufende Aufsicht sicherstellen, dass die Versicherungsunternehmen während ihrer Geschäftstätigkeit fortwährend die Aufsichtsziele einhalten.1068 Die Aufsicht hat dabei vorrangig die Interessen der Versicherten zu wahren.1069 Wenngleich der Wortlaut der §§ 140, 151 VAG (§§ 81c, 81d VAG a. F) das tatbestandliche Vorliegen eines Missstandes als Eingriffsvoraussetzung nahelegt, ist insoweit auch der Zusammenhang mit § 298 Abs. 1 S. 1 VAG (§ 81 Abs. 2 S. 1 VAG a. F.) bei der Auslegung zu berücksichtigen. Zunächst ist dabei festzuhalten, dass der Missstand einer nicht angemessenen Überschussbeteiligung nach der gesetzlichen Konzeption insbesondere bei Unterschreitung der Mindestvorgaben der MindZV und ÜbschV vorliegen soll. Dies ist in zweierlei Hinsicht bedeutsam. Zum einen kann es danach auch Fälle eines solchen Missstandes geben, obwohl die Voraussetzungen der MindZV und ÜbschV erfüllt werden. Zum anderen ist es denkbar, dass die in den Verordnungen festgelegten Mindestvorgaben zwar nicht erfüllt werden, diese Verfehlung im Einzelfall jedoch keinen Missstand darstellt.1070 MindZV und ÜbschV stellen folglich keine starre Untergrenze für die Überschussbeteiligung dar, sondern liefern bei Unterschreitung der jeweiligen Vorgaben lediglich indizielle – wenngleich starke – Anhaltspunkte für das Vorliegen eines besonderen Missstandes. Gleichwohl käme §§ 140, 151 VAG (§§ 81c, 81d VAG a. F.) i. V. m. MindZV respektive ÜbschV in dem hier interessierenden Kontext nur geringe Bedeutung zu, wenn eine Eingriffsbefugnis der BaFin erst bei bereits bestehendem Verstoß gegen die Vorgaben der Verordnungen bestünde. Denn maßgeblich kommt es hier auf die Frage an, ob die Hinausübertragung deshalb untersagt werden kann, weil dann für die betroffenen Bestände im EWR-Ausland künftig weder MindZV noch ÜbschV gelten und dadurch die Interessen der Versicherten gefährdet würden. Der von § 81c Abs. 1 S. 3, § 81d Abs. 2 VAG a. F. noch explizit in Bezug genommene § 81 Abs. 2 S. 1 VAG a. F. (nunmehr § 298 Abs. 1 S. 1 VAG) ermächtigt die Aufsichtsbehörde indes zu Anordnungen, die zur Vermeidung oder Beseitigung von Missständen geeignet und erforderlich sind. Durch diesen mit dem Dritten Durchführungsgesetz/EWG zum VAG im Jahr 1994 eingeführten Tatbestand der Missstandsvermeidung wurde die Aufsicht insoweit auf die vorbeugende Abwehr von Gefahren ausgedehnt.1071 1067
Insoweit übereinstimmend Bähr, in: FKBP, 5. Aufl. (2012), § 81 Rn. 6; Kollhosser, in: Prölss, 12. Aufl. (2005), § 81c Rn. 7, § 81d Rn. 4. 1068 Kollhosser, in: Prölss, 12. Aufl. (2005), § 81 Rn. 5. 1069 Vgl. dazu Teil 1, D. 1070 Bähr, in: FKBP, 5. Aufl. (2012), § 81c Rn. 6. 1071 Bähr, in: FKBP, 5. Aufl. (2012), § 81 Rn. 38. Ein vorbeugendes Tätigwerden der Aufsichtsbehörde war indes bereits vor der dahingehenden Neufassung anerkannt, vgl. Kollhosser, in: Prölss, 12. Aufl. (2005), § 81 Rn. 52 m. w. Nachw. Ungeachtet dessen gehen die Aufsichtsziele der präventiven Aufsicht nach §§ 5 ff. VAG a. F. (nunmehr §§ 8 ff. VAG) und der laufenden Aufsicht nach §§ 81 ff. VAG a. F. (nunmehr insbesondere §§ 133 ff., 294 ff. VAG) im
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Voraussetzung für eine präventive Eingriffsbefugnis der Aufsichtsbehörde ist das Vorliegen einer Gefahr. Dies soll unter Einbeziehung der im VAG geschützten Rechtsgüter zu beurteilen sein.1072 Dabei besteht jedoch Uneinigkeit hinsichtlich der Frage des für Präventivmaßnahmen erforderlichen Grades der Gefahr. Vertreten wird insoweit, dass es keine Gründe für ein Absenken des auch im Gewerbe- und Gewerbepolizeirecht geltenden allgemeinen Gefahrenbegriffs gebe und die Versicherungsaufsicht folglich auch bei Präventivmaßnahmen defensiv auszurichten sei.1073 Die Gegenauffassung vertritt einen „vorgezogenen“ Gefahrenbegriff. Danach sollen Eingriffsbefugnisse schon dann bestehen, wenn „nach gesicherten Erfahrungen Anlass zu der Annahme [besteht], dass die Beeinträchtigung der Versichertenbelange jederzeit möglich sei, auch wenn sich diese Möglichkeit noch nicht zu einer drohenden Gefahr im polizeirechtlichen Sinne verdichtet habe“1074. Der vorstehende Streit wurzelt im nationalen deutschen Verwaltungsrecht und dort insbesondere im Gewerbepolizeirecht. Anders als §§ 140, 151 VAG (§§ 81c, 81d VAG a. F.) beruht § 298 Abs. 1 S. 1 VAG (§ 81 Abs. 2 S. 1 VAG a. F.) indes auf europarechtlichen Vorgaben und ist folglich europarechtskonform auszulegen.1075 Europäisches Verwaltungsrecht hilft insoweit jedoch nicht weiter, da es bislang keine autonomen Kriterien zur Bestimmung des Gefahrenbegriffs vorsieht. Daher sei es erforderlich, „durch Einzelfallentscheidungen vom Normzweck her Kasuistik zu entwickeln, die später zu allgemeinen Kriterien verdichtet werden kann“1076. Ungeachtet dieses unbefriedigenden Ergebnisses hinsichtlich des für Präventivmaßnahmen erforderlichen Grades der Gefahr, stellt sich jedoch die Frage, welche Bedeutung §§ 140, 151 VAG (§§ 81c, 81d VAG a. F.) i. V. m. MindZV und ÜbschV im Rahmen von Hinausübertragungen zukommt. Die Vorschriften ermächtigen die Aufsichtsbehörde zum Treffen von Anordnungen nach § 298 Abs. 1 S. 1 VAG (§ 81 Abs. 2 S. 1 VAG a. F.) oder zur Anforderung eines Zuführungsplans. Die Genehmigung einer Hinausübertragung oder aber umgekehrt deren Ablehnung aufgrund einer Gefahr für den Wertbestand der Überschussbeteiligung richtet sich nach § 13 Abs. 2 S. 4 Hs. 2, Abs. 4 VAG (§ 14 Abs. 2 S. 4 Hs. 2, Abs. 4 VAG a. F.). Während §§ 140, 151 VAG (§§ 81c, 81d VAG a. F.) Zuführungen zur Rückstellung für Beitragsrückerstattungen und damit im Ergebnis das Entstehen der Überschussbeteiligung regeln, betrifft § 13 Abs. 2 S. 4 Hs. 2, Abs. 4 VAG (§ 14 Abs. 2 S. 4 Hs. 2, Abs. 4 VAG a. F.) den Wert einer bestehenden Überschussbeteiligung. Die Überschussbeteiligungen der von der Übertragung betroffenen Versicherungsnehmer Ergebnis jedenfalls in die gleiche Richtung, vgl. Kollhosser, in: Prölss, 12. Aufl. (2005), § 81 Rn. 5. 1072 Bähr, in: FKBP, 5. Aufl. (2012), § 81 Rn. 38. 1073 So insbesondere Bähr, in: FKBP, 5. Aufl. (2012), § 81 Rn. 38; vgl. auch Kollhosser, in: Prölss, 12. Aufl. (2005), § 81 Rn. 52 m. w. Nachw. 1074 Zitiert nach Kollhosser, in: Prölss, 12. Aufl. (2005), § 81 Rn. 52 m. w. Nachw. 1075 Kollhosser, in: Prölss, 12. Aufl. (2005), § 81 Rn. 53. 1076 Kollhosser, in: Prölss, 12. Aufl. (2005), § 81 Rn. 53.
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dürfen lediglich durch die Übertragung selbst nicht verringert werden. Dabei ist die Überschussbeteiligung jedes Versicherungsnehmers individuell zu betrachten.1077 § 13 Abs. 4 VAG (§ 14 Abs. 4 VAG a. F.) wurde nach den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts für den Fall innerstaatlicher Bestandsübertragungen formuliert. In solchen Fällen ist systematisch bedingt ausreichender Schutz gewährleistet. Nach § 13 Abs. 4 VAG (§ 14 Abs. 4 VAG a. F.) hat die Aufsichtsbehörde dann lediglich die Übertragung als solche zu prüfen und dabei sicherzustellen, dass es nicht zu einer Umverteilung der Überschussbeteiligungen kommt, in deren Folge einzelne Versicherungsnehmer eine geringere Überschussbeteiligung haben als zuvor. Nach der Übertragung gelten für alle betroffenen überschussberechtigten Versicherungsverträge und damit auch für die auf das übernehmende Versicherungsunternehmen übertragenen Verträge weiterhin §§ 140, 151 VAG (§§ 81c, 81d VAG a. F.). Mithin unterliegt auch nach der Übertragung die Sicherstellung einer weiterhin angemessenen Fortführung der Überschussbeteiligung der Kompetenz der deutschen Aufsichtsbehörde. Diese Kompetenz entfällt im Falle einer Hinausübertragung. Durch das bloße Entfallen dieser Kompetenz der deutschen Aufsichtsbehörde dürften aber regelmäßig nicht einmal die Voraussetzungen des „vorgezogenen“ Gefahrenbegriffs erfüllt sein. Denn dazu müsste jedenfalls nach gesicherten Erfahrungen Anlass zu der Annahme bestehen, dass die Beeinträchtigung der Versichertenbelange – das heißt eine Beeinträchtigung der angemessenen Fortführung der Überschussbeteiligung allein aufgrund des Wegfalls der Eingriffskompetenz nach §§ 140, 151 VAG (§§ 81c, 81d VAG a. F.) – jederzeit möglich sei. Mangels eines dahingehenden allgemeinen Erfahrungssatzes verbietet sich jedenfalls eine pauschale Untersagung. Im Übrigen hätte der Gesetzgeber nicht § 13 Abs. 2 S. 4 Hs. 2 VAG (§ 14 Abs. 2 S. 4 Hs. 2 VAG a. F.) mit ausdrücklichem Bezug auf § 13 Abs. 4 VAG (§ 14 Abs. 4 VAG a. F.) eingefügt, wenn er Hinausübertragungen von Versicherungsbeständen mit Überschussbeteiligung prinzipiell hätte untersagen wollen. Durch diese bewusste Einfügung gibt der Gesetzgeber vielmehr zu erkennen, dass er die Zulässigkeit einer solchen Hinausübertragung bei Werterhaltung der Überschussbeteiligungen voraussetzt. Auch für eine Einzelfalluntersagung ist kaum ersichtlich, wie in der Praxis gesicherte Erfahrungen dahingehend, dass nach der Hinausübertragung aufgrund des Wegfalls der Eingriffskompetenz der deutschen Aufsichtsbehörde eine unangemessene Fortführung der Überschussbeteiligung jederzeit möglich sei, vorliegen sollten.1078 Insoweit ist auch zu berücksichtigen, dass sich nach zutreffender Ansicht des Bundesverfassungsgerichts die vertragsrechtliche Verpflichtung der Versicherungsunternehmen nicht darauf beschränkt, die aufsichtsrechtliche Mindestzufüh1077
Vgl. Laars, VAG, 3. Aufl. (2015), § 14 Rn. 8. Insoweit ist ferner zu berücksichtigen, dass die Gefahr einer unangemessenen Festsetzung oder Fortführung der Überschussbeteiligung nach Abschluss oder Übertragung von Versicherungsverträgen in der Praxis aufgrund des schweren Wettbewerbsnachteils eines derart verfahrenden Versicherungsunternehmens gegenüber seinen Konkurrenten regelmäßig als eher gering einzuschätzen sein dürfte, vgl. schon Schenke, VersR 2006, 871 (874). 1078
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rungsquote nicht zu unterschreiten.1079 Es kann damit auch schon zu einer Vertragsverletzung eines Versicherungsunternehmens kommen, ohne dass die aufsichtsrechtlichen Mindestvorgaben unterschritten und Eingriffskompetenzen begründet würden. Daraus folgt hier, dass Anhaltspunkte dafür erforderlich wären, dass infolge der Übertragung nicht nur ein vertragswidriges Verhalten, sondern gerade ein Unterschreiten der für die zu übertragenden Versicherungsverträge in Deutschland bis dato geltenden aufsichtsrechtlichen Mindestvorgaben zumindest möglich wäre. Selbst wenn dies der Fall wäre, dürfte eine Untersagung der Übertragung indes nur erfolgen, wenn diese Gefahrenprognose nach §§ 140, 151 VAG (§§ 81c, 81d VAG a. F.) in § 13 Abs. 4 VAG (§ 14 Abs. 4 VAG a. F.) Berücksichtigung finden könnte. Denn letztere Vorschrift allein ist maßgeblich für die Wahrung der Überschussbeteiligung im Rahmen der Bestandsübertragung. Eine derartige Berücksichtigung der künftigen Entwicklung widerstrebt jedoch dem eindeutigen Wortlaut des § 13 Abs. 4 S. 1 VAG (§ 14 Abs. 4 S. 1 VAG a. F.), der lediglich einen stichtagsbezogenen Wertvergleich1080 vorsieht. Zudem sieht § 13 Abs. 4 S. 2 VAG (§ 14 Abs. 4 S. 2 VAG a. F.) explizit vor, dass für den Wertvergleich vor und nach der Übertragung die Aktiva und Passiva des übertragenden Versicherungsunternehmens und des übernehmenden Versicherungsunternehmens zu ihrem beizulegenden Zeitwert zu vergleichen sind, soweit sie Einfluss auf die Überschussbeteiligung haben können. Die Berechnungen haben dabei unter den Annahmen zu erfolgen, dass die betroffenen Versicherungsverhältnisse bei dem übertragenden Versicherungsunternehmen fortgeführt respektive von dem übernehmenden Versicherungsunternehmen entsprechend dem zu genehmigenden Übertragungsvertrag übernommen werden. Sowohl die Verwendung des Begriffes Zeitwert als auch die Berechnungsmethode lassen keinen Raum für eine Untersagung aufgrund einer Gefahrenprognose nach §§ 140, 151 VAG (§§ 81c, 81d VAG a. F.) im Rahmen des § 13 Abs. 4 VAG (§ 14 Abs. 4 VAG a. F.). Zwar hängt der Wert der Verträge vor und nach der Bestandsübertragung von den zukünftig zu erwartenden Erträgen beziehungsweise Ergebnissen ab und enthält damit jedenfalls auch ein prognostisches Element. Ausreichend soll nach dem Willen des Gesetzgebers insoweit aber sein, dass das übernehmende Versicherungsunternehmen mindestens gleich hohe Erträge beziehungsweise Ergebnisse in Aussicht stellt wie bisher das übertragende Versicherungsunternehmen.1081 Dies soll regelmäßig der Fall sein, wenn die maßgeblichen Überschussquellen im Rahmen der Bestandsübertragung mitübertragen werden.1082 Berücksichtigung könnte die Gefahrenprognose indes im Rahmen des § 13 Abs. 2 S. 2 Hs. 1 i. V. m. Abs. 1 S. 2 Hs. 1 VAG (§ 14 Abs. 2 S. 2 Hs. 1 i. V. m. Abs. 1 S. 2 Hs. 1 VAG a. F.) finden. Insofern ließe sich argumentieren, dass die Belange der 1079
BVerfG, Urteil vom 26. Juli 2005 – 1 BvR 782/94, 1 BvR 957/96 –, BVerfGE 114, 1 = VersR 2005, 1109 (1121); vgl. auch BT-Drs. 16/6518, S. 13; vgl. auch Laars, VAG, 3. Aufl. (2015), § 14 Rn. 9. 1080 BT-Drs. 16/6518, S. 13; Laars, VAG, 3. Aufl. (2015), § 14 Rn. 10. 1081 BT-Drs. 16/6518, S. 13. 1082 BT-Drs. 16/6518, S. 13; Laars, VAG, 3. Aufl. (2015), § 14 Rn. 9.
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Versicherten nicht ausreichend gewahrt sind, wenn die Eingriffskompetenz der deutschen Aufsichtsbehörde nach §§ 140, 151 VAG (§§ 81c, 81d VAG a. F.) entfällt. Wie bereits ausgeführt, werden indes schon die Anforderungen des „vorgezogenen“ Gefahrenbegriffs regelmäßig nicht vorliegen. Weiterhin würde eine derartige Untersagung selbst im Einzelfall implizieren, dass die Wahrung der Versichertenbelange durch die Aufsichtsbehörde des übernehmenden Unternehmens als nicht ausreichend angesehen wird. Dies dürfte vor dem Hintergrund des Harmonisierungsstandes im Versicherungsaufsichtsrecht sowie der Geltung des Anerkennungsprinzips kaum vertretbar sein.1083 Zu berücksichtigen ist schließlich, dass die Genehmigung auch mit Nebenbestimmungen im Sinne des § 36 VwVfG versehen werden kann.1084 Soweit es sich um vertraglich begründete Überschussbeteiligung handelt, sind die Ansprüche der Versicherten in den zu übertragenden Versicherungsverträgen geregelt. Mithin bleiben sie auch nach der Übertragung unveränderter Bestandteil der Verträge. Die Einhaltung dieser Vertragspflichten dürfte regelmäßig auch von der – grundsätzlich als gleichwertig zu erachtenden – EWR-ausländischen Aufsichtsbehörde des übernehmenden Versicherungsunternehmens sichergestellt werden. Soweit es gesetzlich begründete Überschussbeteiligung betrifft, wäre jedenfalls eine Genehmigung mit der Auflage möglich, dass die Übertragung nur unter vorhergehender Inkorporation der einschlägigen gesetzlichen Vorgaben in die zu übertragenden Versicherungsverträge erfolgen darf. Dadurch könnten die maßgeblichen Vorgaben der MindZV oder ÜbschV zivilrechtlich Teil der zu übertragenden Versicherungsverträge werden. Trotz formaler Änderung der Rechtsposition wäre dadurch die Erhaltung der maßgeblichen wirtschaftlichen Position gewährleistet. Gestaltungstechnisch einfacher als eine Inkorporation in die einzelnen Versicherungsverträge dürfte sich eine vertragliche Vereinbarung der Fortgeltung dieser gesetzlichen Mindestvorgaben etwa im Wege eines entsprechenden Vertrages zugunsten Dritter im Sinne des § 328 Abs. 1 BGB zwischen dem übertragenden Versicherungsunternehmen und dem übernehmenden Versicherungsunternehmen erreichen lassen.1085
1083 Vgl. dazu schon Hasselbach/Komp, VersR 2005, 1651 (1652), wonach innerhalb des EWR eine angemessene Aufsicht regelmäßig gewährleistet und daher von einem angemessenen Schutz der Interessen der Versicherten auszugehen sein soll. 1084 Vgl. BT-Drs. 16/6518, S. 12. So kann die Aufsichtsbehörde dem übernehmenden Versicherungsunternehmen etwa auch aufgeben, beide Bestände – das heißt den eigenen vorhandenen Bestand sowie den zu übernehmenden Bestand – zunächst getrennt zu führen, um eine verursachungsgerechte Überschussbeteiligung zu gewährleisten, vgl. BT-Drs. 16/6518. S. 14. 1085 Möglich wäre dies beispielsweise als Klausel im Bestandsübertragungsvertrag, nach der den Versicherten ein eigenes Forderungsrecht entsprechenden Inhalts gegenüber dem übernehmenden Versicherungsunternehmen eingeräumt wird, welches Bestandteil des jeweiligen Versicherungsvertrags werden soll.
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ee) Rechtsfolgen der Genehmigung Erteilt die BaFin die beantragte Genehmigung zu einer Hinausübertragung, so gehen gemäß § 13 Abs. 2 S. 4 Hs. 1 VAG (§ 14 Abs. 2 S. 4 Hs. 1 VAG a. F.), der § 13 Abs. 5 VAG (§ 14 Abs. 5 VAG a. F.) für entsprechend anwendbar erklärt, die Rechte und Pflichten des übertragenden Versicherungsunternehmens aus den Versicherungsverträgen unter Ausschluss von § 415 BGB auch im Verhältnis zu den Versicherungsnehmern auf das übernehmende EWR-ausländische Versicherungsunternehmen über. Diese Rechtsfolge entspricht der Vorgabe des Art. 39 Abs. 6 Unterabs. 2 Solvency II. Der Ausschluss von § 415 BGB ist nur von Bedeutung, soweit auf im Wege der Niederlassungsfreiheit oder der Dienstleistungsfreiheit abgeschlossene Versicherungsverträge nach Maßgabe von Art. 3, 7 Rom I-VO inländisches Vertragsrecht Anwendung findet.1086 Soweit die Versicherungsverträge hingegen EWRausländischem Vertragsrecht unterliegen, findet § 415 BGB bereits aus diesem Grund keine Anwendung. Da die Rechtsordnungen der Mitglied- oder Vertragsstaaten aber – soweit ersichtlich – alle über eine § 415 BGB entsprechende Beschränkung der Singularsukzession verfügen,1087 ist für den durch die BaFin angeordneten automatischen Übergang der Rechte und Pflichten in diesen Fällen ein Ausschluss der gesetzlichen Übertragungsbeschränkung des jeweiligen EWR-ausländischen Zivilrechts erforderlich. Diesen verfügen die insoweit jeweils zuständigen EWR-ausländischen Aufsichtsbehörden mit ihrer Zustimmung zu einer Übertragung.1088 Sollte eine EWR-ausländische Rechtsordnung keine entsprechende Regelung vorsehen, kommt insoweit Art. 39 Abs. 6 Unterabs. 2 Solvency II unmittelbar zur Anwendung. Denn dieser ordnet die automatische Wirkung einer nach den Vorgaben von Art. 39 Abs. 1 bis 5 Solvency II genehmigten Bestandsübertragung gegenüber den betroffenen Versicherungsnehmern oder Versicherten sowie gegenüber allen Personen, die Rechte oder Pflichten aus den übertragenen Verträgen haben, an. Diese präzise Vorgabe lässt den nationalen Gesetzgebern keinen Spielraum für entgegenstehende Regelungen.1089 Mit Wirksamkeit der Übertragung des grenzüberschreitend erworbenen Bestands eines inländischen Erstversicherungsunternehmens auf ein EWR-ausländisches Unternehmen endet insoweit die Aufsichtskompetenz der BaFin.
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Siehe dazu Teil 3, A.I.2.b). Bähr, in: FKBP, 5. Aufl. (2012), § 121f Rn. 2; so für Österreich § 1405 ABGB, vgl. Baran/Peschetz, Österreichisches Versicherungsaufsichtsrecht, 3. Aufl. (2015), S. 66. 1088 Den spiegelbildlichen Fall hat der deutsche Gesetzgeber in § 63 Abs. 1 S. 2 Hs. 2 (§ 111d S. 2 Hs. 2 VAG a. F.) statuiert, vgl. Laars, VAG, 3. Aufl. (2015), § 111d Rn. 1. Danach gilt im Falle der Zustimmung der BaFin § 13 Abs. 5 VAG (§ 14 Abs. 5 VAG a. F.) entsprechend. Somit schließt die Zustimmung der BaFin die Anwendbarkeit von § 415 BGB aus. Die EWRausländische Genehmigung kann folglich den automatischen Übergang der Rechte und Pflichten anordnen; siehe dazu auch Teil 3, A.II.1.c)aa). 1089 Vgl. zur unmittelbaren Anwendung einer Richtlinie in Ermangelung nationaler legislativer Umsetzung Rüdt, in: Bähr, Hdb. Versicherungsaufsichtsrecht (2011), § 14 Rn. 125. 1087
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ff) Zwischenergebnis § 13 Abs. 2 VAG (§ 14 Abs. 2 VAG a. F.) bildet im Ergebnis vollständig den von Art. 39 Solvency II vorgegebenen Fall ab, soweit dieser Bestandsübertragungen von einem inländischen Erstversicherungsunternehmen und eine Konzentration der Genehmigungskompetenz bei der BaFin betrifft.1090 Die europarechtlichen Vorgaben für das grenzüberschreitende Verwaltungsverfahren sind insoweit ordnungsgemäß in nationales Recht umgesetzt. b) Inländischer Bestand eines inländischen Erstversicherungsunternehmens Für die Hinausübertragung des inländischen Bestands eines inländischen Erstversicherungsunternehmen gelten über § 13 Abs. 2 S. 3 VAG (§ 14 Abs. 2 S. 3 VAG a. F.) im Wesentlichen die vorstehend herausgearbeiteten Grundsätze betreffend die Übertragung grenzüberschreitend erworbener Bestände.1091 Zu untersuchen ist insoweit insbesondere, welche Auswirkungen das Fehlen einer entsprechenden Vorgabe derartiger Übertragungen im europäischen Sekundärrecht hat. aa) Überschießende Richtlinienumsetzung Mit dem Dritten Einführungsgesetz/EWG zum VAG hat der deutsche Gesetzgeber die Hinausübertragung des inländischen Bestands eines inländischen Erstversicherungsunternehmens im Bewusstsein einer überschießenden Richtlinienumsetzung derjenigen des grenzüberschreitend erworbenen Bestands eines inländischen Erstversicherungsunternehmens gleichgestellt. Dieser Tatbestand sei in den Richtlinienbestimmungen zwar nicht geregelt, verdiene jedoch eine entsprechende Handhabung, weil sich ein Bedürfnis für solche Bestandsübertragungen ergeben könne.1092 Zwar hat der europäische Gesetzgeber ein derartiges Bedürfnis – jedenfalls im Bereich der Rückversicherung – zwischenzeitlich ebenfalls anerkannt.1093 Indes hat er mit Solvency II – einheitlich für Erstversicherungsunternehmen und Rückversicherungsunternehmen – an der grundsätzlichen Differenzierung festgehalten und schreibt nunmehr in Art. 39 Solvency II die Gestattung einer Übertragungsmöglichkeit ausdrücklich nur für grenzüberschreitend erworbene Bestände vor.
1090 Zu überschießender Richtlinienumsetzung, soweit die Bestandsübertragung inländischer Erstversicherungsunternehmen inländische Bestände betrifft, siehe insbesondere Teil 3, A.II.1.b)aa); Teil 3, A.II.1.b)dd). Soweit es die Übertragung grenzüberschreitend erworbener Bestände von EWR-ausländischen Erstversicherungsunternehmen betrifft, siehe ferner Teil 3, A.III.1.b). 1091 Vgl. Diehl/Seemayer, in: Brand/Baroch Castellvi, 1. Aufl. (2018), § 13 Rn. 40 f. 1092 BT-Drs. 12/6959, S. 69; vgl. auch Präve, in Prölss, 12. Aufl. (2005), § 14 Rn. 33. 1093 Vgl. Teil 3, A.II.2.a).
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Teil 3: Grenzüberschreitende Bestandsübertragungen und Verschmelzungen
bb) Der Anspruch auf Erteilung der Genehmigung (1) Allgemeine Voraussetzungen Aufgrund der Anordnung des § 13 Abs. 2 S. 3 VAG (§ 14 Abs. 2 S. 3 VAG a. F.) haben inländische Erstversicherungsunternehmen hinsichtlich der Übertragung eines inländischen Bestands – nach nationalem Recht – grundsätzlich unter den gleichen Bedingungen wie bei der Übertragung eines grenzüberschreitend erworbenen Bestands einen Rechtsanspruch auf Erteilung der Genehmigung durch die BaFin.1094 Insoweit gelten die vorstehenden Ausführungen entsprechend.1095 Insbesondere wird auch für derartige Übertragungen die in § 13 Abs. 2 S. 1 VAG (§ 14 Abs. 2 S. 1 VAG a. F.) insoweit kodifizierte Genehmigungskonzentration bei der Aufsichtsbehörde des übertragenden Versicherungsunternehmens – hier also der BaFin – angeordnet.1096 Der in § 13 Abs. 2 S. 3 VAG (§ 14 Abs. 2 S. 3 VAG a. F.) enthaltene Anwendungsbefehl umfasst zwar nicht alle für die Hinausübertragung eines grenzüberschreitend erworbenen Bestands geltenden Voraussetzungen. Ausgenommen sind insoweit die in § 13 Abs. 2 S. 2 Nr. 2, 3 VAG (§ 14 Abs. 2 S. 2 Nr. 2, 3 VAG a. F.) vorgesehenen Zustimmungs- beziehungsweise Anhörungspflichten EWR-ausländischer Aufsichtsbehörden. Der Ausschluss einer Anhörungspflicht ist denklogisch zwingend. Denn ein im Inland erworbener Bestand eines inländischen Versicherungsunternehmens im Sinne des § 13 Abs. 2 S. 3 VAG (§ 14 Abs. 2 S. 3 VAG a. F.) kann keinen Bezug zu einer EWR-ausländischen Zweigniederlassung aufweisen, da er ansonsten bereits direkt unter § 13 Abs. 2 S. 1 VAG (§ 14 Abs. 2 S. 1 VAG a. F.) zu subsumieren wäre. Entsprechendes gilt bei näherer Betrachtung auch für eine Zustimmungspflicht. Denn soweit im Inland mit im Inland ansässigen Versicherungsnehmern abgeschlossene Versicherungsverträge im EWR-Ausland belegene Risiken decken und daher eine Zustimmungspflicht begründen könnten, gelten diese als Dienstleistungsgeschäft im Sinne des § 13 Abs. 2 S. 1 VAG (§ 14 Abs. 2 S. 1 VAG a. F.).1097 Der Anwendungsbereich des § 13 Abs. 2 S. 3 VAG (§ 14 Abs. 2 S. 3 VAG a. F.) umfasst folglich nur Versicherungsverträge die im Inland erworben wurden und im Inland belegene Risiken decken. Über § 13 Abs. 2 S. 1, 2 VAG (§ 14 Abs. 2 S. 1, 2 VAG a. F.) hinausgehende Vorgaben für die Hinausübertragung solcher Bestände bestehen nicht.1098
1094
So wohl auch Diehl/Seemayer, in: Brand/Baroch Castellvi, 1. Aufl. (2018), § 13 Rn. 30, 40, wenngleich dies., a. a. O., Rn. 43 auch die Übertragung des inländischen Bestands einen inländischen Erstversicherungsunternehmens auf ein EWR-ausländisches Versicherungsunternehmen als ungeregelt bezeichnen; ebenso Seemayer, Grenzüberschreitende Übertragung von Erst- und Rückversicherungsbeständen (2016), S. 129 f., S. 228 f. 1095 Dazu Teil 3, A.II.1.a)dd); beachte aber Teil 3, A.II.1.b)dd). 1096 Bornschlegl, Die Bestandsübertragung nach dem VAG (2014), S. 427. Beachte dazu aber Teil 3, A.II.1.b)cc). 1097 Vgl. dazu Teil 3, A.II.1.a)aa). 1098 Beachte aber Teil 3, A.II.1.b)cc).
A. Grenzüberschreitende Bestandsübertragungen nach dem VAG
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(2) Besonderheiten bei Verträgen mit Überschussbeteiligung Ausweislich § 13 Abs. 2 S. 4 Hs. 2 VAG (§ 14 Abs. 2 S. 4 Hs. 2 VAG a. F.) bleibt unter anderem die Regelung des § 13 Abs. 4 VAG (§ 14 Abs. 4 VAG a. F.) unberührt, sodass Überschussbeteiligungen durch die Bestandsübertragung nicht beeinträchtigt werden dürfen. Die Problematik der Überschussbeteiligung dürfte sich bei der Hinausübertragung inländischer Versicherungsbestände aufgrund des insoweit regelmäßig anwendbaren inländischen Vertragsrechts deutlich häufiger stellen. Für die aufsichtsrechtlichen Besonderheiten bei Verträgen mit Überschussbeteiligung sei grundsätzlich auf die diesbezüglichen Ausführungen bei grenzüberschreitend erworbenen Beständen verwiesen.1099 Ein pauschaler Ausschluss derartiger Übertragungen auf Normanwendungsebene durch die BaFin mangels Geltung der MindZV und ÜbschV im EWR-Ausland lässt sich im Ergebnis vor dem Hintergrund der Gleichwertigkeit der europäischen Versicherungsaufsichtssysteme nicht mit den Vorgaben des VAG begründen, soweit ungeachtet der formalrechtlichen Veränderung eine Erhaltung des wirtschaftlichen Wertes der individuellen Überschussbeteiligung gewährleistet werden kann. Da Solvency II den Mitglied- oder Vertragsstaaten grenzüberschreitende Übertragungen der inländischen Bestände von inländischen Erstversicherungsunternehmen indes nicht ausdrücklich vorschreibt, verstieße ein solcher Ausschluss insoweit zwar nicht gegen europäische Vorgaben.1100 Ein pauschaler Ausschluss derartiger Übertragungen hätte dann jedoch eine den Fällen der Inländerdiskriminierung ähnelnde Ungleichbehandlung der innereuropäischen Fungibilität inländischer und grenzüberschreitend erworbener Bestände zur Folge und dürfte folglich einen Verstoß gegen die in sekundärrechtlich nicht geregelten Bereichen des Binnenmarktes grundsätzlich anwendbaren Grundfreiheiten darstellen.1101 cc) Rechtsfolgen der Genehmigung Bei den Rechtsfolgen einer Genehmigung nach Maßgabe von § 13 Abs. 2 S. 3 VAG (§ 14 Abs. 2 S. 3 VAG a. F.) ist zu differenzieren. Erfolgt die Hinausübertragung in einen Mitglied- oder Vertragsstaat, der zu der überschießend umgesetzten deutschen Regelung eine insoweit komplementäre Genehmigungskonzentration 1099
Siehe dazu Teil 3, A.II.1.a)dd)(2). Anders ist dies bei grenzüberschreitend erworbenen Beständen, wo ein derartiger pauschaler Ausschluss aufgrund der sekundärrechtlichen Vorgabe der Übertragbarkeit solcher Bestände auf Normanwendungsebene einen Verstoß gegen den Effektivitätsgrundsatz darstellen dürfte, vgl. Teil 3, A.II.1.a)dd)(2). 1101 Die Grundfreiheiten stellen die primäre konzeptionelle Stütze des Binnenmarktziels dar, vgl. Terhechte, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, EUV/AEUV, 58. EL (2016), Art. 3 EUV Rn. 40 m. w. Nachw. Zur Anwendbarkeit der Grundfreiheiten in nicht durch eine Richtlinie geregelten Bereichen Klamert, EuZW 2015, 265 (266) m. w. Nachw. Jedenfalls soweit es die Ausgestaltung der Bestandsübertragung betrifft, dürfte eine Vollharmonisierung durch Solvency II nicht anzunehmen sein, vgl. Teil 1, C.III.; Teil 3, A.II.1.a) (Fn. 994), sodass insoweit auf die Grundfreiheiten zurückgegriffen werden kann. 1100
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Teil 3: Grenzüberschreitende Bestandsübertragungen und Verschmelzungen
vorsieht, bestehen im Ergebnis keine Unterschiede. Dies dürfte in der Praxis weitgehend der Fall sein. Denn bereits auf der Konferenz der Versicherungsaufsichtsbehörden der EG vom 30. Oktober 1997 wurde in Art. 3.1.6 Siena-Protokoll eine Erstreckung der Genehmigungskonzentration auf Hinausübertragungen inländischer Bestände vereinbart.1102 Zu beachten gilt es dabei jedoch, dass es sich bei dem Protokoll nicht um einen verbindlichen Rechtsakt, sondern lediglich um eine Absichtserklärung der Aufsichtsbehörden handelt.1103 Gegenwärtig werden grenzüberschreitende Bestandsübertragungen in der Praxis ergänzend durch Part IV 5.1 General Protocol on Collaboration geregelt. Dort erfolgt sprachlich zwar keine Differenzierung zwischen inländischen und grenzüberschreitend erworben Beständen wie etwa in Art. 39 Abs. 1 Solvency II. Eine explizite Anwendungserweiterung des Verfahrens auf inländische Bestände sieht das General Protocol on Collaboration indes auch nicht vor.1104 Mangels rechtlich verbindlicher Grundlage kann es daher im Einzelfall dazu kommen, dass eine EWR-ausländische Rechtsordnung – entgegen der vorgenannten Absichtserklärung der Aufsichtsbehörden – keine insoweit komplementäre Erstreckung der Genehmigungskonzentration vorsieht, sondern auf einer zusätzlichen Genehmigungspflicht der für das übernehmende EWR-ausländische Unternehmen zuständigen nationalen Aufsichtsbehörde besteht.1105 Denn mangels entsprechender Vorgaben in Solvency II ist es den Rechtsordnungen der Mitgliedoder Vertragsstaaten grundsätzlich unbenommen, insoweit weiterhin eine zusätzliche Genehmigung durch die für das übernehmende Versicherungsunternehmen zuständige nationale Versicherungsaufsichtsbehörde vorzuschreiben.1106 Ist dies der Fall, würde eine Genehmigung der BaFin allein für die Wirksamkeit einer derartigen Bestandsübertragung nicht ausreichen.1107 Denn die in solchen Konstellationen im VAG vorgesehene Genehmigungskonzentration kann bestehende Genehmigungserfordernisse nach Maßgabe der jeweiligen Rechtsordnung anderer Mitglied- oder Vertragsstaaten insoweit nicht abbedingen. Wenn die übrigen Genehmigungsvor1102 Zens, Zusammenarbeit der Versicherungsaufsichtsbehörden (2005), S. 355 m. w. Nachw. 1103 Zens, Zusammenarbeit der Versicherungsaufsichtsbehörden (2005), S. 181. 1104 Dies ist vor dem Hintergrund, dass die im Siena-Protokoll ebenfalls vereinbarte Erstreckung des Verwaltungsverfahrens für Bestandsübertragungen auf Verschmelzungen auch weiterhin explizit in Part IV 5.1.9 General Protocol on Collaboration angeordnet wird, jedenfalls nicht unbeachtlich. Da das General Protocol on Collaboration aber gerade nicht zwischen inländischen und grenzüberschreitend erworbenen Beständen differenziert, lässt sich aus einer nunmehr fehlenden expliziten Erstreckung des Verwaltungsverfahrens auf inländische Bestände nicht folgern, dass die Versicherungsaufsichtsbehörden von der im Siena-Protokoll vereinbarten Absichtserklärung insoweit hätten Abstand nehmen wollen. 1105 Vgl. Zens, Zusammenarbeit der Versicherungsaufsichtsbehörden (2005), S. 356 m. w. Nachw. 1106 Entsprechend im Bereich der Rückversicherung bereits Lüttringhaus, VersR 2008, 1036 (1038). 1107 Insoweit zu pauschal Hasselbach/Komp, VersR 2005, 1651 (1658), die ganz ohne Differenzierung nach inländischem oder grenzüberschreitend erworbenem Bestand lediglich die Genehmigung der deutschen Aufsichtsbehörde für erforderlich halten.
A. Grenzüberschreitende Bestandsübertragungen nach dem VAG
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aussetzungen einschließlich der Solvabilitätsbescheinigung des übernehmenden Unternehmens vorliegen, würde § 13 Abs. 5 VAG (§ 14 Abs. 5 VAG a. F.) zwar insbesondere einen Schuldnerwechsel hinsichtlich der Versicherungsverträge – mithin eine Schuldbefreiung des übertragenden inländischen Versicherungsunternehmens – anordnen. Eine wirksame Schuldübernahme durch das übernehmende EWR-ausländische Versicherungsunternehmen könnte aber nach dem maßgeblichen EWR-ausländischen Aufsichtsrecht an einer insoweit fehlenden Genehmigung scheitern. Nach der gesetzlichen Konzeption könnten sich die betroffenen Versicherungsnehmer durch die alleinige Genehmigung der BaFin in einer solchen Konstellation im Ergebnis faktisch ohne jeglichen Vertragspartner vorfinden.1108 Vor der Erteilung der Genehmigung hat sich die BaFin zur Wahrung der Interessen der Versicherten daher auch über etwa bestehende Genehmigungserfordernisse auf Seiten der für das übernehmende EWR-ausländische Versicherungsunternehmen zuständigen Aufsichtsbehörde zu informieren.1109 Dies wird in der Praxis bereits aufgrund der ohnehin engen Abstimmung zwischen den nationalen Versicherungsaufsichtsbehörden der Mitglied- oder Vertragsstaaten regelmäßig der Fall sein.1110 Bestehen ausnahmsweise zusätzliche Genehmigungserfordernisse, ist auf eine strikte Reihenfolge zu achten. Da ausweislich § 13 Abs. 2 S. 1 VAG (§ 14 Abs. 2 S. 1 VAG a. F.) die Genehmigung der BaFin für den Eintritt der Rechtsfolgen nach § 13 Abs. 5 VAG (§ 14 Abs. 5 VAG a. F.) – insbesondere Schuldbefreiung des übertragenden Versicherungsunternehmens – jedenfalls auf nationaler Seite bereits ausreichend ist, darf diese Genehmigung erst bei Vorliegen der erforderlichen EWRausländischen Genehmigung erteilt werden.1111
1108
Vgl. zu einer ähnlichen Konstellation bei der SE-Gründung durch Verschmelzung Teil 4, A.IV.2.b)bb). 1109 Vgl. Lüttringhaus, VersR 2008, 1036 (1038). 1110 Vgl. Hasselbach/Komp, VersR 2005, 1651 (1652). Die Vorgabe enger Zusammenarbeit der BaFin mit den Aufsichtsbehörden der Mitglied- und Vertragsstaaten ist nunmehr auch gesetzlich in § 326 Abs. 1 VAG verankert. Zu berücksichtigen ist dabei ferner, dass die Aufsichtsbehörde des übernehmenden Versicherungsunternehmens bei einer solchen Hinausübertragung ohnehin bereits aufgrund des Erfordernisses der Ausstellung einer Solvabilitätsbescheinigung zu involvieren ist. 1111 Alternativ könnte die Genehmigung auch unter der aufschiebenden Bedingung des Vorliegens der erforderlichen EWR-ausländischen Genehmigung erteilt werden. Soweit es grenzüberschreitende Hinausübertragungen in Drittstaaten betrifft, kommt es auf eine derartige Reihenfolge der Genehmigungserteilung nicht an. Denn aufgrund der Formulierung des dafür maßgeblichen § 13 Abs. 1 S. 1 VAG (§ 14 Abs. 1 S. 1 VAG a. F.) treten die Rechtsfolgen des § 13 Abs. 5 VAG (§ 14 Abs. 5 VAG a. F.) grundsätzlich erst ein, wenn die Genehmigungen der für die beteiligten Versicherungsunternehmen zuständigen Aufsichtsbehörden vorliegen. Dies gilt auch für den Fall ausländischer Genehmigungserfordernisse. Bestehen keine ausländischen Genehmigungserfordernisse, reicht insoweit die Genehmigung der deutschen Aufsichtsbehörde aus, vgl. Kaulbach, in: FKBP, 5. Aufl. (2012), § 14 Rn. 4.
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Teil 3: Grenzüberschreitende Bestandsübertragungen und Verschmelzungen
dd) Zwischenergebnis § 13 Abs. 2 S. 3 VAG (§ 14 Abs. 2 S. 3 VAG a. F.) erstreckt den von Art. 39 Solvency II vorgegebenen Fall, soweit dieser Bestandsübertragungen von inländischen Erstversicherungsunternehmen und eine Konzentration der Genehmigungskompetenz bei der BaFin betrifft, auf die Übertragung von inländischen Beständen. Insoweit geht das nationale Recht über die zwingenden sekundärrechtlichen Vorgaben hinaus. Die vorstehend unter Teil 3, A.II.1.a)dd) zu grenzüberschreitenden Beständen dargestellten Anspruchsvoraussetzungen sind bei der Übertragung inländischer Bestände dahingehend einzuschränken, dass ein Anspruch der Versicherungsunternehmen auf Erteilung der Genehmigung durch die BaFin das Vorliegen einer etwa zusätzlich erforderlichen EWR-ausländischen Genehmigung voraussetzt.1112 Zumindest bei großen europaweit agierenden Versicherungsunternehmen dürfte es mittlerweile den Regelfall darstellen, dass sich ein Bestand aus inländischen und grenzüberschreitend erworbenen Verträgen zusammensetzt. Eine eindeutige Zuordnung kann dabei in der Praxis erhebliche Schwierigkeiten bereiten.1113 Soweit eine Zuordnung praktisch möglich ist, sollen die Vorschriften in solchen Fällen – jeweils soweit einschlägig – sinnentsprechend zu kombinieren sein.1114 Damit sprechen im Ergebnis auch Praktikabilitätserwägungen für eine weitgehende Angleichung der Vorschriften wie es der Gesetzgeber mit § 13 Abs. 2 S. 3 VAG (§ 14 Abs. 2 S. 3 VAG a. F.) getan hat. Vor diesem Hintergrund wäre jedoch eine rechtlich verbindliche Klarstellung auf europäischer Ebene – wie sie in der maßgeblichen Fassung der Rückversicherungsrichtlinie mit der Erstreckung auf inländische Bestände enthalten war –1115 zu begrüßen. 1112 Entsprechend sollte bei einer derartigen Transaktion frühzeitig mit der Beantragung der zusätzlichen EWR-ausländischen Genehmigung begonnen werden. Für Verzögerungen oder Ablehnungen solcher EWR-ausländischer Genehmigungen kann die deutsche Rechtsordnung keinen Schutz bieten, sodass solche Transaktionen entgegen der im deutschen Recht scheinbar eindeutigen Regelung insoweit aus Sicht der Versicherungsunternehmen mit einer gewissen Unsicherheit behaftet sind. 1113 Vgl. dazu mit Beispielen Kaulbach, in: FKBP, 5. Aufl. (2012), § 14 Rn. 20; ferner auch bereits Zens, Zusammenarbeit der Versicherungsaufsichtsbehörden (2005), S. 357 m. w. Nachw. In diesem Zusammenhang können sich weitere Rechtsschutzprobleme stellen. Bei der fehlerhaften Zuordnung eines Versicherungsvertrags – etwa zu einem inländischen, statt zutreffend grenzüberschreitenden Bestand – und in der Folge erteilter Genehmigung ohne eine erforderliche Zustimmung stellt sich vor dem Hintergrund des § 44 Abs. 3 Nr. 4 VwVfG die Frage der Wirksamkeit einer solchen Hinausübertragung. Soweit eine etwa wirksame Übertragung nicht rückgängig zu machen ist und dem Versicherungsnehmer aus der Übertragung ein Schaden entsteht, wäre neben zivilrechtlichen Schadensersatzansprüchen gegenüber dem übertragenden Unternehmen aufgrund einer in der fehlerhaften Genehmigungserteilung liegenden Amtspflichtverletzung auch ein Amtshaftungsanspruch nach § 839 BGB i. V. m. Art. 34 GG in Betracht zu ziehen. 1114 Laars, VAG, 3. Aufl. (2015), § 14 Rn. 6. 1115 Vgl. Teil 3, A.II.2.a).
A. Grenzüberschreitende Bestandsübertragungen nach dem VAG
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c) Inländischer Bestand eines EWR-ausländischen Erstversicherungsunternehmens Neben den vorstehenden Konstellationen der Hinausübertragung durch ein inländisches Versicherungsunternehmen kann auch die Übertragung von Versicherungsbeständen der inländischen Niederlassung eines EWR-ausländischen Erstversicherungsunternehmen in einen anderen Mitglied- oder Vertragsstaat als Hinausübertragung betrachtet werden.1116 aa) Bestand einer inländischen Zweigniederlassung mit Inlandsrisiken Soweit ein Bestand eines EWR-ausländischen Erstversicherungsunternehmens Verträge beinhaltet, die nach Maßgabe des § 61 Abs. 1 VAG (§ 110a Abs. 1 VAG a. F.) über eine inländische Zweigniederlassung abgeschlossen wurden und im Inland belegene Risiken decken, ist zu dessen Übertragung ausweislich § 63 Abs. 1 S. 1 VAG (§ 111d S. 1 VAG a. F.) die Zustimmung der BaFin erforderlich.1117 Die Genehmigungskonzentration liegt bei derartigen Übertragungen bei der EWR-ausländischen Aufsichtsbehörde des übertragenden Unternehmens.1118 Mit der Formulierung „bedarf zur Genehmigung durch die für das übertragende Unternehmen zuständige Aufsichtsbehörde des Herkunftsmitgliedstaates der Zustimmung der Bundesanstalt“ scheint der Gesetzgeber verfahrensrechtliche Vorgaben für EWRausländische Aufsichtsbehörden zu statuieren.1119 Aufgrund der entsprechenden verfahrensrechtlichen Vorgabe des Art. 39 Abs. 4 Solvency II ist dieser Formulierung indes lediglich deklaratorische Funktion beizumessen. Mit § 63 Abs. 3 Alt. 1 VAG (§ 111d S. 4 Alt. 1 VAG a. F.) sieht das deutsche Recht die von Art. 39 Abs. 5 Unterabs. 2 Solvency II vorgeschriebene Regelung zur Beschleunigung des grenzüberschreitenden Verwaltungsverfahrens vor.1120 Eine explizite Zustimmung der BaFin ist damit im Ergebnis für die Genehmigung nicht zwingend erforderlich. Denn soweit innerhalb von drei Monaten keine Äußerung erfolgt, gilt die Zustimmung als stillschweigend erteilt.1121 Die von einer derartigen Übertragung betroffenen Versicherungsverträge werden nach Art. 7 Abs. 3, 6 Rom I-VO regelmäßig deutschem Recht und damit auch § 415 BGB unterliegen. Da die Zustimmung der BaFin ausweislich § 63 Abs. 1 S. 2 Hs. 1 VAG (§ 111d S. 2 Hs. 1 VAG a. F.) unter den gleichen Bedingungen zu erteilen ist, wie die Genehmigung einer Hinausübertragung nach § 13 Abs. 2 S. 2 Hs. 1 VAG 1116
Für die entsprechende Übertragung von Dienstleistungsgeschäft vgl. Teil 3, A.IV. Vgl. auch Diehl/Seemayer, in: Brand/Baroch Castellvi, 1. Aufl. (2018), § 63 Rn. 3 f. 1118 Bornschlegl, Die Bestandsübertragung nach dem VAG (2014), S. 428. 1119 Vgl. Kollhosser, in: Prölss, 12. Aufl. (2005), § 111d Rn. 2. 1120 Siehe dazu Teil 2, E.II.4.a). 1121 Vgl. Pohlmann, in: FKBP, 5. Aufl. (2012), § 111d Rn. 7; Diehl/Seemayer, in: Brand/ Baroch Castellvi, 1. Aufl. (2018), § 63 Rn. 7. 1117
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Teil 3: Grenzüberschreitende Bestandsübertragungen und Verschmelzungen
(§ 14 Abs. 2 S. 2 Hs. 1 VAG a. F.),1122 wird auf die diesbezüglichen Ausführungen verwiesen.1123 Gemäß § 63 Abs. 1 S. 2 Hs. 2 (§ 111d S. 2 Hs. 2 VAG a. F.) gilt im Falle der Zustimmung der BaFin § 13 Abs. 5 VAG (§ 14 Abs. 5 VAG a. F.) entsprechend. Somit schließt die Zustimmung der BaFin die Anwendbarkeit von § 415 BGB insoweit aus. Zwar hat die Zustimmung selbst keine Außenwirkung. Jedoch wird sie durch die Erteilung der Genehmigung von der EWR-ausländischen Aufsichtsbehörde anerkannt und damit Bestandteil der Genehmigung. Die transnational wirkende EWR-ausländische Genehmigung kann daher auch insoweit einen automatischen Übergang der Rechte und Pflichten anordnen.1124 Jedenfalls im Anwendungsbereich von § 153 Abs. 1, § 176 VVG können die betroffenen Versicherungsverträge einer Überschussbeteiligung unterliegen. Da die Zustimmung der BaFin auch insoweit ausweislich § 63 Abs. 1 S. 2 Hs. 2 VAG (§ 111d S. 2 Hs. 2 VAG a. F.) i. V. m. § 13 Abs. 4 VAG (§ 14 Abs. 4 VAG a. F.) unter den gleichen Bedingungen zu erteilen ist, wie die Genehmigung einer Hinausübertragung nach § 13 Abs. 2 VAG (§ 14 Abs. 2 VAG a. F.), wird auf die diesbezüglichen Ausführungen verwiesen.1125 Im Übrigen verweist § 63 Abs. 1 S. 2 Hs. 2 VAG (§ 111d S. 2 Hs. 2 VAG a. F.) ausdrücklich auf § 13 Abs. 7 S. 1 VAG (§ 14 Abs. 7 S. 1 VAG a. F.). Damit wird bei derartigen Bestandsübertragungen das in § 13 Abs. 7 S. 2 bis 4 VAG neu eingeführte Sonderkündigungsrecht der Versicherungsnehmer nicht in Bezug genommen. Da das Sonderkündigungsrecht im Wesentlichen mit der Anspruchssicherheit im Sicherungsfall aufgrund der bis auf Weiteres national organisierten Sicherungseinrichtungen begründet wurde,1126 ist dies folgerichtig. Denn EWR-ausländische Erstversicherungsunternehmen können von vornherein nicht Mitglied der inländischen Sicherungseinrichtung werden; dies gilt auch, soweit sie eine inländische Zweigniederlassung haben.1127 bb) Bestand einer inländischen Zweigniederlassung ohne Inlandsrisiken § 63 Abs. 2 VAG (§ 111d S. 3 VAG a. F.) regelt den Fall, dass der zu übertragende Bestand der inländischen Zweigniederlassung keine im Inland belegenen Risiken betrifft.1128 Dies kann dann der Fall sein, wenn über die inländische Zweigniederlassung Dienstleistungsgeschäft in anderen Mitglied- oder Vertragsstaaten ge1122
Vgl. Pohlmann, in: FKBP, 5. Aufl. (2012), § 111d Rn. 3. Siehe insbesondere Teil 3, A.II.1.a)dd)(1). 1124 Vgl. für den spiegelbildlichen Fall Teil 3, A.II.1.a)ee). 1125 Teil 3, A.II.1.a)dd)(2). 1126 Siehe dazu Teil 2, E.I.2. 1127 BVerwG, Urteil vom 23. März 2011– 8 C 47/09 –, BVerwGE 139, 246 = VersR 2011, 781; dazu auch Deiseroth, jurisPR-BVerwG 1/2013, Anm. 2. Siehe dazu auch Teil 2, E.I.2. (Fn. 714). 1128 Vgl. Pohlmann, in: FKBP, 5. Aufl. (2012), § 111d Rn. 6; Diehl/Seemayer, in: Brand/ Baroch Castellvi, 1. Aufl. (2018), § 63 Rn. 6. 1123
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zeichnet wurde.1129 In solchen Konstellationen ist nach Maßgabe von Art. 39 Abs. 4 i. V. m. Art. 13 Nr. 9 Hs. 2 Solvency II die Zustimmung der nationalen Aufsichtsbehörde des Mitglied- oder Vertragsstaates der Risikobelegenheit erforderlich. Die Zustimmung der nationalen Aufsichtsbehörde des Mitglied- oder Vertragsstaates der Zweigniederlassung ist nicht erforderlich. Als Auffangregelung sieht Art. 39 Abs. 3 Solvency II bei Übertragungen des Bestands einer Zweigniederlassung aber jedenfalls eine Konsultationspflicht gegenüber der Aufsichtsbehörde des Mitglied- oder Vertragsstaates der Zweigniederlassung vor. Diese Vorgabe setzt § 63 Abs. 2 VAG (§ 111d S. 3 VAG a. F.) um. Danach soll die BaFin zu einer solchen Übertragung lediglich Stellung nehmen. § 63 Abs. 3 Alt. 2 VAG (§ 111d S. 4 Alt. 2 VAG a. F.) ordnet auch insoweit eine Fiktion an, wenn sich die BaFin nicht innerhalb von drei Monaten zu der Übertragung äußert; es gilt dann eine positive Stellungnahme als erteilt. Während in der Praxis ein Bedürfnis für die Fiktion der Zustimmung besteht, dürfte die Fiktion einer positiven Stellungnahme regelmäßig keine rechtlich bedeutsamen Auswirkungen haben. Denn ohne erforderliche Zustimmung kann das grenzüberschreitende Verwaltungsverfahren nicht mit einer Genehmigung abgeschlossen werden. Die Stellungnahme stellt hingegen kein verfahrensrechtliches Erfordernis dar. Insofern kann die Genehmigung auch ohne sie erteilt werden.1130 Der Fiktion einer positiven Stellungnahme in § 63 Abs. 3 Alt. 2 VAG (§ 111d S. 4 Alt. 2 VAG a. F.) kommt daher im Ergebnis keine rechtsverbindliche Bedeutung zu. d) Bestand einer inländischen Niederlassung eines Drittstaaten-Erstversicherungsunternehmens § 73 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 VAG (§ 108 Abs. 2 VAG a. F.) ermöglicht unter anderem die innergemeinschaftliche Hinausübertragung von Versicherungsbeständen der inländischen Niederlassung eines Erstversicherungsunternehmens mit Sitz außerhalb des EWR.1131 Diese Übertragungsmöglichkeit wird in weitgehender Anlehnung an Art. 39 Solvency II von Art. 164 Solvency II vorgeschrieben. Von der in Art. 164 Abs. 3 Solvency II optional vorgesehenen Möglichkeit der Übertragung derartiger Bestände auf EWR-ausländische Niederlassungen von Drittstaatenunternehmen hat der Gesetzgeber keinen Gebrauch gemacht.1132 Als übernehmende Versicherungsunternehmen derartiger Hinausübertragungen kommen folglich – wie auch nach 1129 Kollhosser, in: Prölss, 12. Aufl. (2005), § 111d Rn. 3 erachtet dies als „(seltene) Besonderheit“. Diese Einschätzung dürfte zutreffen, soweit sie sich auf den gesamten Bestand einer Niederlassung bezieht, verkennt aber die nach dem in Bezug genommenen § 63 Abs. 1 S. 1 VAG (§ 111d S. 1 VAG a. F.) ebenfalls mögliche Übertragung eines derartigen Teilbestands. 1130 Vgl. Teil 2, E.I.3.a)dd). 1131 Aufgrund der Beteiligung eines Drittstaatenunternehmens liegt diese Übertragungsmöglichkeit außerhalb der in dieser Arbeit vorgenommenen Betrachtung und wird nur der Vollständigkeit halber aufgezeigt. 1132 Pohlmann, in: FKBP, 5. Aufl. (2012), § 108 Rn. 7.
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Teil 3: Grenzüberschreitende Bestandsübertragungen und Verschmelzungen
§ 13 Abs. 2, § 63 VAG (§ 14 Abs. 2, § 111d VAG a. F.) – nur solche mit Sitz im EWR in Betracht. 2. Übertragendes Rückversicherungsunternehmen Art. 39 Abs. 1 Solvency II gebietet auch die Gestattung von Übertragungen der Versicherungsbestände von Rückversicherungsunternehmen auf übernehmende Unternehmen im EWR. Im nationalen Recht sind solche Übertragungen in § 166 Abs. 1 VAG (§ 121f Abs. 1 VAG a. F.) geregelt. Insoweit ist zunächst zu beachten, dass diese Vorschrift grundsätzlich nur die Übertragung des Bestands eines reinen Rückversicherungsunternehmens erfasst. Die Übertragung des Rückversicherungsbestands eines gemischten Versicherungsunternehmens, das heißt eines Versicherungsunternehmens, das neben der Erstversicherung auch das Geschäft der Rückversicherung betreibt, erfolgt ausschließlich nach Maßgabe der für Bestandsübertragungen von Erstversicherungsunternehmen geltenden Vorschriften.1133 Die aufsichtsrechtlichen Vorgaben für Bestandsübertragungen von Rückversicherungsunternehmen sind im Vergleich zu Bestandsübertragungen von Erstversicherungsunternehmen deutlich weniger detailliert. Denn ausweislich Art. 39 Abs. 2 Solvency II gelten die weiteren Vorgaben dieser Vorschrift für Übertragungen von Rückversicherungsunternehmen nicht. Insbesondere betrifft das die behördlichen Konsultations- und Zustimmungspflichten im Rahmen des grenzüberschreitenden Verwaltungsverfahrens. Für die Übertragung von Versicherungsbeständen eines Rückversicherungsunternehmens schreibt Art. 39 Abs. 1 Unterabs. 2 Solvency II als zwingende aufsichtsrechtliche Voraussetzung danach ausschließlich die durch die Aufsichtsbehörde des übernehmenden Versicherungsunternehmens zu bescheinigende ausreichende Solvabilität dieses Unternehmens unter Berücksichtigung der Übertragung vor.1134 1133 Vgl. Teil 3, A.II.1. Vertreten wurde zum VAG a. F. jedoch, dass hinsichtlich gemischter Versicherungsunternehmen grundsätzlich auch die Wertungen der Rückversicherungsaufsicht (§§ 119 ff. VAG a. F.) zu berücksichtigen sein sollen, wenn und soweit die Rückversicherung betroffen ist, vgl. Bähr, in: FKBP, 5. Aufl. (2012), § 119 Rn. 5. Ferner wird vertreten, dass sich die Übertragung des Rückversicherungsbestands eines gemischten Versicherungsunternehmens zwar grundsätzlich nach § 13 VAG (§ 14 VAG a. F.) richten soll, die Vorschrift dabei jedoch restriktiv auszulegen sei. Demnach sei insoweit lediglich die Wahrung derjenigen „Belange der Erstversicherten, die sich ausschließlich und unmittelbar aus dem vom gemischten Versicherungsunternehmen betriebenen Erstversicherungsgeschäft ergeben“ zu gewährleisten, vgl. Bornschlegl, Die Bestandsübertragung nach dem VAG (2014), S. 162 f. Siehe dazu auch Teil 3, A.III.3. 1134 Diese Vorgabe deckt sich auch mit den von der International Association of Insurance Supervisors herausgegebenen Insurance Core Principles (November 2015). Dort heißt es unter Ziffer 6.10.2: A key consideration regarding the nature of portfolio transfers is whether the transaction is between reinsurers. Legislation should not restrict the transfer of portfolios from one reinsurer to another, if the contractual rights of the involved parties are considered. However, as an element of ist supervisory activity, the supervisor takes the financial position of the transferee in particular into account.
A. Grenzüberschreitende Bestandsübertragungen nach dem VAG
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a) Bestand eines inländischen Rückversicherungsunternehmens Nach § 166 Abs. 1 S. 1 VAG (§ 121f Abs. 1 S. 1 VAG a. F.) bedarf jeder Vertrag, durch den ein Bestand eines inländischen Rückversicherungsunternehmens ganz oder teilweise auf ein anderes Versicherungsunternehmen mit Sitz in einem Mitglied- oder Vertragsstaat übertragen werden soll, der Genehmigung der BaFin. Während § 13 Abs. 2 VAG (§ 14 Abs. 2 VAG a. F.) zwar grundsätzlich zwischen grenzüberschreitend erworbenen und inländischen Beständen eines inländischen Erstversicherungsunternehmens differenziert, deren Übertragungsvoraussetzungen dann im Ergebnis jedoch weitgehend gleichstellt,1135 findet sich in § 166 Abs. 1 S. 1 VAG (§ 121f Abs. 1 S. 1 VAG a. F.) eine derartige Differenzierung erst gar nicht.1136 Die am 2. Juni 2007 mit der 8. VAG-Novelle1137 eingeführte Vorschrift geht zurück auf Art. 18 Rückversicherungsrichtlinie.1138 Dieser ordnete – jedenfalls in der deutschen Sprachfassung – lediglich die Gestattung der Übertragung von im Rahmen der Niederlassungsfreiheit oder der Dienstleistungsfreiheit geschlossenen Verträgen an. Eine entsprechende Vorgabe findet sich nunmehr – einheitlich für Erstversicherungsunternehmen und Rückversicherungsunternehmen – in Art. 39 Abs. 1 Solvency II, der Art. 18 Rückversicherungsrichtlinie inhaltlich im Wesentlichen unverändert übernommen hat.1139 Der deutsche Gesetzgeber war der Meinung, die nationale Vorschrift setze Art. 18 Rückversicherungsrichtlinie um, soweit sie grenzüberschreitend erworbene Bestände betrifft.1140 Im Übrigen – also hinsichtlich inländischer Bestände – beabsichtigte der Gesetzgeber offenbar bewusst eine über die Vorgaben des europäischen Sekundärrechts hinausgehende Umsetzung.1141 Anders als bei der insoweit entsprechenden überschießenden Umsetzung im Erstversicherungsbereich liefert der Gesetzgeber im Rückversicherungsbereich jedoch keine explizite Begründung für die Erstreckung der Regelung auf inländische Bestände. Die Annahme einer überschießenden Richtlinienumsetzung im Rückversicherungsbereich dürfte jedoch auf einer insoweit fehlerhaften Übersetzung der deutschen Sprachfassung der Rückversicherungsrichtlinie beruhen. Denn soweit 1135
Vgl. Teil 3, A.II.1.b)bb)(1); Teil 3, A.II.1.b)cc). Zur Differenzierung zwischen Niederlassungsgeschäft und Dienstleistungsgeschäft im Bereich der Rückversicherung Weber-Rey/Baltzer, VW 2007, 2184 (2185 f.). Rückversicherungsunternehmen müssen bei Aufnahme innereuropäischer grenzüberschreitender Tätigkeit auch nicht das für Erstversicherungsunternehmen vorgeschriebene Notifikationsverfahren durchlaufen, vgl. Pohlmann, in: FKBP, 5. Aufl. (2012), § 13a Rn. 5; Weber-Rey/Baltzer, WM 2007, 2184 (2185). 1137 BGBl. I 2007, S. 923 ff.; vgl. dazu auch Weber-Rey/Baltzer, WM 2007, 2184. 1138 Labes, in: Bähr, Hdb. Versicherungsaufsichtsrecht (2011), § 25 Rn. 16; Bähr, in: FKBP, 5. Aufl. (2012), § 121f Rn. 1. 1139 Vgl. Teil 2, D.II.1.b)bb)(4). 1140 BT-Drs. 16/1937, S. 30; so auch Bähr, in: FKBP, 5. Aufl. (2012), § 121f Rn. 1. 1141 So explizit Lüttringhaus, VersR 2008, 1036 (1038; dort Fn. 29); Seemayer, Grenzüberschreitende Übertragung von Erst- und Rückversicherungsbeständen (2016), S. 161; Seemayer, in: Brand/Baroch Castellvi, 1. Aufl. (2018), § 166 Rn. 6; wohl auch Laars, VAG, 3. Aufl. (2015), § 121f Rn. 1. 1136
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ersichtlich, schreiben die übrigen Sprachfassungen der Rückversicherungsrichtlinie ausdrücklich die Gestattung der Übertragung des Bestands von Rückversicherungsverträgen, einschließlich der im Rahmen der Niederlassungsfreiheit oder der Dienstleistungsfreiheit abgeschlossenen, an ein übernehmendes Unternehmen im EWR vor.1142 Dies deckt sich auch mit Erwägungsgrund 17 der Rückversicherungsrichtlinie. Denn dort heißt es: Die Regelungen über die Übertragung eines Versicherungsbestands sollten mit den Bestimmungen für die Einmalzulassung gemäß dieser Richtlinie im Einklang stehen. […] Die Regelungen über die Übertragung eines Bestands sollten ferner auch speziell die Übertragung des Bestands von im Rahmen der Niederlassungsfreiheit oder des freien Dienstleistungsverkehrs abgeschlossenen Verträgen auf ein anderes Rückversicherungsunternehmen regeln. Aus der vorstehenden Formulierung ergibt sich unschwer die Intention des Richtliniengebers, nicht etwa ausschließlich, sondern „ferner auch speziell“ die Übertragung von grenzüberschreitend erworbenen Beständen zu ermöglichen. Dies setzt jedoch denklogisch die Möglichkeit der Übertragung anderer – namentlich inländischer – Bestände voraus. Der deutsche Gesetzgeber hat damit im Ergebnis offensichtlich unbewusst die sekundärrechtlichen Vorgaben insoweit vollständig umgesetzt.1143 Nachdem die Rückversicherungsrichtlinie durch Solvency II außer Kraft gesetzt wurde,1144 geht § 166 Abs. 1 S. 1 VAG (§ 121f Abs. 1 S. 1 VAG a. F.) indes über den Wortlaut des nunmehr maßgeblichen Art. 39 Abs. 1 Solvency II hinaus. Da durch die Rückversicherungsrichtlinie aber bewusst1145 die Gestattung der Übertragung von inländischen und grenzüberschreitend erworbenen Rückversicherungsbeständen vorgeschrieben wurde, ist davon auszugehen, dass dem Richtliniengeber bei der Konsolidierung der Versicherungsrichtlinien zu Solvency II und der Vereinheitlichung der Vorschriften über die Bestandsübertragung aus der Le1142 Vgl. etwa den insoweit relevanten Wortlaut von Art. 18 Rückversicherungsrichtlinie in der englischen ([…] to transfer all or part of their portfolios of contracts, including those concluded either under the right of establishment or the freedom to provide services […]), spanischen ([…] para ceder, en su totalidad o en parte, la cartera de contratos, incluidos los suscritos en virtud del derecho de establecimiento o de la libre prestación de servicios […]) und französichen Sprachfassung (à transférer tout ou partie de leur portefeuille de contrats, y compris ceux souscrits en régime d’établissement ou en libre prestation de services […]). Die – nur hier – kursiv hervorgehobenen Wörter fehlen in der jeweiligen Sprachfassung von Art. 39 Abs. 1 Solvency II. Dies spricht dafür, dass mit Art. 18 Rückversicherungsrichtlinie bewusst auch inländische Bestände erfasst werden sollten und die deutsche Sprachfassung dies lediglich aufgrund insoweit fehlerhafter Übersetzung nicht berücksichtigt hat. 1143 Im Ergebnis setzt sich der Gesetzgeber damit auch nicht in Widerspruch zu der in der Gesetzesbegründung geäußerten Intention, nicht über den Inhalt der Richtlinie hinausgehen zu wollen, vgl. BT-Drs. 16/1937, S. 2. Auch die von den nationalen Versicherungsaufsichtsbehörden der Mitglied- oder Vertragsstaaten für die Behördenkooperation betreffend Bestandsübertragungen von Rückversicherungsunternehmen vereinbarten Regelungen in Part IV 5.2 General Protocol on Collaboration sehen keine Differenzierung zwischen inländischen und grenzüberschreitend erworbenen Beständen vor. 1144 ABl. EU 2009 Nr. L 335/129. 1145 Vgl. Erwägungsgrund 17 der Rückversicherungsrichtlinie.
A. Grenzüberschreitende Bestandsübertragungen nach dem VAG
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bens-, der Schaden- sowie der Rückversicherungsrichtlinie in Art. 39 Solvency II insoweit ein Redaktionsversehen unterlaufen ist.1146 Auch wenn der aktuelle Wortlaut inländische Bestände nicht erfasst, gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass der Richtliniengeber die Vorgaben der Rückversicherungsrichtlinie insoweit hätte zurücknehmen wollen. Die Rückversicherungsrichtlinie war von den Mitglied- oder Vertragsstaaten bis zum 10. Dezember 2007 umzusetzen.1147 Es ist daher davon auszugehen, dass die Rechtsordnungen der anderen Mitglied- oder Vertragsstaaten inzwischen ebenfalls entsprechende Regelungen vorsehen. Vor diesem Hintergrund ist Art. 39 Abs. 1 Unterabs. 1 Solvency II – jedenfalls soweit er Rückversicherungsunternehmen betrifft – über seinen ausdrücklichen Wortlaut hinaus so auszulegen, dass er die Möglichkeit der Übertragung sämtlicher – grenzüberschreitend erworbener wie auch inländischer – Bestände gebietet. § 166 Abs. 1 S. 1 VAG (§ 121f Abs. 1 S. 1 VAG a. F.) erfasst damit im Ergebnis in Übereinstimmung mit den europarechtlichen Vorgaben die Übertragung sämtlicher Bestände eines inländischen Rückversicherungsunternehmens. aa) Übertragung auf ein EWR-ausländisches Versicherungsunternehmen (1) Allgemeine Voraussetzungen Die Übertragung kann ausweislich § 166 Abs. 1 VAG (§ 121f Abs. 1 VAG a. F.) auf ein übernehmendes Versicherungsunternehmen mit Sitz im EWR erfolgen.1148 Die BaFin hat eine derartige Hinausübertragung gemäß § 166 Abs. 1 S. 3 VAG (§ 121f Abs. 1 S. 3 VAG a. F.) zu genehmigen, wenn die für das übernehmende Versicherungsunternehmen zuständige EWR-ausländische Aufsichtsbehörde die – allein erforderliche – Solvabilitätsbescheinigung ausgestellt hat.1149 Insoweit be-
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Vgl. entsprechend zur Umwandlung von Rückversicherungsunternehmen Teil 3, B.I.2.b). 1147 Art. 64 Abs. 1 Rückversicherungsrichtlinie. 1148 Danach ermöglicht die Vorschrift neben der Hinausübertragung auch die Übertragung auf ein anderes inländisches Versicherungsunternehmen, vgl. dazu auch Teil 3, A.III.2.a). 1149 Seemayer, in: Brand/Baroch Castellvi, 1. Aufl. (2018), § 166 Rn. 15; Schröder/Fischer, VersR 2011, 184 (185); Labes, in: Bähr, Hdb. Versicherungsaufsichtsrecht (2011), § 25 Rn. 18; Bürkle, VersR 2008, 1590 (1591 f.); Weber-Rey/Baltzer, WM 2007, 2184 (2187); wohl auch Lüttringhaus, VersR 2008, 1036 (1038; dort Fn. 29); dafür spricht ferner die nachfolgende Aussage von BaFin-Präsident Hufeld, veröffentlicht in Baltzer, VW 12/2013, 25, wenngleich sich diese nicht explizit auf Hinausübertragungen bezieht: „Möchte ein Rückversicherungsunternehmen seinen Versicherungsbestand übertragen, muss das übernehmende Unternehmen unter Berücksichtigung der Übertragung über ausreichende Eigenmittel, das heißt in Höhe der geforderten Solvabilitätsspanne, verfügen. Bei der Bestandsübertragung eines Erstversicherungsunternehmens hingegen prüft die BaFin zusätzlich auch, ob die Belange der Versicherten gewahrt sind und die Verpflichtungen aus den Versicherungen als dauernd erfüllbar dargelegt sind.“ Insoweit wohl noch a. A. Labes/Marshall, VW 2008, 305 (307), die jedenfalls bei rein inländischen Beständen die Genehmigung der BaFin zur Hinausübertragung von Beständen zwecks Abwicklung kaum für möglich halten. Worauf die BaFin eine Ablehnung der Ge-
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Teil 3: Grenzüberschreitende Bestandsübertragungen und Verschmelzungen
stehen grundsätzlich weder Zustimmungspflichten anderer EWR-ausländischer Aufsichtsbehörden noch kommt der BaFin nach dieser gesetzlichen Konzeption eine originäre materiell-rechtliche Prüfungskompetenz zu.1150 Während im Erstversicherungsbereich Art. 39 Abs. 2 bis 6 Solvency II jedenfalls rudimentär das grenzüberschreitende Verwaltungsverfahren mit Konsultations- und Zustimmungspflichten vorgibt, gelten für den Rückversicherungsbereich ausschließlich die Vorgaben des Art. 39 Abs. 1 Solvency II. Dabei ordnet Art. 39 Abs. 1 Unterabs. 1 Solvency II die Übertragbarkeit von Beständen an; Absatz 1 Unterabs. 2 dieser Vorschrift schreibt vor, dass eine solche Übertragung nur genehmigt werden darf, wenn die Solvabilitätsbescheinigung für das übernehmende Versicherungsunternehmen vorliegt. Aus diesen Vorgaben ergeben sich zwei Probleme. Zunächst handelt es sich nur um eine Mindestvorgabe. Insofern ist dem Wortlaut der Richtlinie jedenfalls nicht eindeutig zu entnehmen, dass bei Vorliegen der Solvabilitätsbescheinigung die Genehmigung zwingend zu erteilen ist. Der Gesetzgeber hätte grundsätzlich weitere Genehmigungskriterien für derartige Hinausübertragungen statuieren können.1151 Darüber hinaus ist für den Bereich der Rückversicherung die Genehmigungskonzentration bei der Aufsichtsbehörde des übertragenden Rückversicherungsunternehmens jedenfalls nicht ausdrücklich vorgegeben. Diese ergibt sich für den Erstversicherungsbereich aus Art. 39 Abs. 4 Solvency II, der im Rückversicherungsbereich indes gerade nicht gilt. Art. 39 Abs. 1 Solvency II enthält keine Vorgaben dazu, durch welche Aufsichtsbehörde(n) eine solche Übertragung genehmigt werden soll. Art. 18 Rückversicherungsrichtlinie enthielt überhaupt keine Vorgabe zu einer etwaigen Genehmigung, sondern ordnete lediglich die Gestattung der Übertragung nach Maßgabe des nationalen Rechts an. Mangels ausdrücklicher Vorgabe in der Rückversicherungsrichtlinie selbst und nunmehr in Solvency II können die Rechtsordnungen der Mitglied- oder Vertragsstaaten – ohne gegen den Wortlaut der Richtlinien zu verstoßen – insoweit grundsätzlich auch eine zusätzliche Genehmigung durch die für das übernehmende Versicherungsunternehmen zuständige nationale Aufsichtsbehörde anordnen.1152 Indes sollten bereits nach Erwägungsgrund 17 der Rückversicherungsrichtlinie die Regelungen über die Übertragung von Rückversicherungsbeständen mit den Vorgaben über die Einmalzulassung von Rückversicherungsunternehmen im Einklang stehen. Dies legt eine Genehmigungskonzentration auch insoweit bei der Aufsichtsbehörde des übertragenden Versicherungsunternehmens nahe, sodass das nehmigung bei Vorliegen der Solvabilitätsbescheinigung stützen können sollte, ist indes nicht ersichtlich. 1150 Der Prüfungsumfang der BaFin ist vielmehr auf eine reine Plausibilitätskontrolle der von der EWR-ausländischen Aufsichtsbehörde ausgestellten Solvabilitätsbescheinigung beschränkt, vgl. Bürkle, VersR 2008, 1590 (1591, 1593 f.). 1151 Vgl. Bürkle, VersR 2008, 1590 (1594 f.); Erwägungsgrund 44 der Rückversicherungsrichtlinie. 1152 So in anderem Kontext bereits Lüttringhaus, VersR 2008, 1036 (1038); vgl. auch Teil 3, A.II.1.b)cc).
A. Grenzüberschreitende Bestandsübertragungen nach dem VAG
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Erfordernis einer zusätzlichen Genehmigung zumindest in eindeutigem Widerspruch zum Willen des Richtliniengebers stehen dürfte.1153 Da anders als im Erstversicherungsbereich für Rückversicherungsunternehmen europarechtlich keine Konsultationspflichten anderer Aufsichtsbehörden vorgesehen sind, ist im Ergebnis folglich zu konstatieren, dass § 166 Abs. 1 VAG (§ 121f Abs. 1 VAG a. F.) hinsichtlich der Genehmigungskonzentration den europarechtlichen Vorgaben entspricht. Für dieses Ergebnis spricht grundsätzlich auch, dass der Rückversicherungsbereich insgesamt eine geringere Regulierungsintensität als der Erstversicherungsbereich aufweist. Dies zeigt sich beispielsweise darin, dass Rückversicherungsunternehmen im Rahmen der Einmalzulassung nicht einmal das für Erstversicherungsunternehmen vor der Aufnahme grenzüberschreitender Tätigkeiten vorgeschriebene Notifikationsverfahren durchlaufen müssen.1154 Gleichwohl sollte das Bestehen zusätzlicher Genehmigungserfordernisse nach Maßgabe der Rechtsordnungen der beteiligten Mitglied- oder Vertragsstaaten in der Praxis sorgfältig geprüft werden.1155 Der Gesetzgeber war der Auffassung, dass das Institut der Bestandsübertragung auch im Bereich der Rückversicherung notwendig war, um sicherzustellen, dass die Übertragung von Versicherungsbeständen innerhalb des EWR nicht unnötig erschwert wird.1156 Nach Inhalt und Systematik hat er § 166 Abs. 1 VAG (§ 121f Abs. 1 VAG a. F.) folglich an § 13 VAG (§ 14 VAG a. F.) angelehnt.1157 Dies gilt auch auf Rechtsfolgenseite. So sieht § 166 Abs. 1 S. 4 Hs. 2 VAG (§ 121f Abs. 1 S. 4 Hs. 2 VAG a. F.) ebenfalls einen § 13 Abs. 5 VAG (§ 14 Abs. 5 VAG a. F.) entsprechenden Ausschluss der Anwendbarkeit von § 415 BGB vor.1158 Diese Rechtsfolge ist eu-
1153 Das VAG sieht eine zusätzliche Genehmigung für ein übernehmendes inländisches Rückversicherungsunternehmen im Einklang mit diesen Ausführungen nicht vor, vgl. Teil 3, A.III.2.b). 1154 Vgl. Pohlmann, in: FKBP, 5. Aufl. (2012), § 13a Rn. 5; Weber-Rey/Baltzer, WM 2007, 2184 (2185). 1155 So erforderte in der Praxis etwa die erste Übertragung nach § 121f Abs. 1 VAG a. F. (nunmehr § 166 Abs. 1 VAG) im Jahr 2007 neben der Genehmigung der BaFin auch die Genehmigung der für das übernehmende Versicherungsunternehmen zuständigen Financial Services Association (FSA), vgl. Labes/Marshall, VW 2008, 305 (306). 1156 BT-Drs. 16/1937, S. 20. 1157 BT-Drs. 16/1937, S. 30; Labes, in: Bähr, Hdb. Versicherungsaufsichtsrecht (2011), § 25 Rn. 20; Bähr, in: FKBP, 5. Aufl. (2012), § 121f Rn. 2; Laars, VAG, 3. Aufl. (2015), § 121f Rn. 1; Labes/Marshall, VW 2008, 305; Bürkle, VersR 2008, 1590. 1158 Dieser Ausschluss dürfte aufgrund des eindeutigen Wortlauts nur gesetzliche Zustimmungserfordernisse und nicht etwa die im Rückversicherungsbereich geläufigen vertraglichen Zustimmungsvorbehalte in Form von Sonderkündigungsrechten (change of controlKlauseln) erfassen. Zwar sind vertragliche Zustimmungsrechte folglich nicht von der BaFin zu beachten, doch wird ihre Missachtung regelmäßig zivilrechtliche Schadensersatzansprüche begründen. Dazu Labes, in: Bähr, Hdb. Versicherungsaufsichtsrecht (2011), § 25 Rn. 23 f. m. w. Nachw.
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roparechtlich indes nicht vorgegeben.1159 Weder der für die Einführung von § 121f VAG a. F. (nunmehr § 166 VAG) maßgebliche Art. 18 Rückversicherungsrichtlinie hat dahingehende Vorgaben enthalten noch ist insoweit die – ausschließlich für den Erstversicherungsbereich geltende – Vorgabe des Art. 39 Abs. 6 Unterabs. 2 Solvency II heranzuziehen. Die Regelung ist aber aufgrund von Art. 39 Abs. 1 S. 1 Solvency II („nach Maßgabe des nationalen Rechts“) zulässig. Zwar zeichnet sich der Rückversicherungsbereich regelmäßig durch eine geringere Zahl von Versicherungsnehmern – sogenannten Vorversicherern –1160 aus.1161 Die Übertragung von Rückversicherungsbeständen wird daher häufig auch im Wege der sogenannten Novation, das heißt mit Zustimmung dieser Gläubiger, erfolgen können.1162 Eine derartige Übertragung war bereits vor Erlass der Rückversicherungsrichtlinie – im national bis dato nur gering regulierten Rückversicherungsbereich –1163 zulässig.1164 Gleichwohl stellt die Ersetzung der Gläubigerzustimmung durch aufsichtsbehördliche Genehmigung nach Auffassung des Gesetzgebers eine sehr flexible und pragmatische Lösung dar, die vor allem in Sanierungsfällen Bedeutung erlangen könne.1165 Diese gesetzgeberische Einschätzung wird von der Praxis bestätigt. Die aufsichtsbehördliche Ersetzung der Gläubigerzustimmung kann die Übertragung erleichtern und soll damit für Rückversicherungsunternehmen vorteilhaft gegenüber anderen Übertragungen wie etwa der Novation sein.1166 Wie im Bereich der Erstversicherung tritt durch die Genehmigung der BaFin ein Schuldnerwechsel ein.1167 Die Genehmigung hat als privatrechtsgestaltender Verwaltungsakt automatisch transnationale Wirkung.1168 Es gelten im Rückversicherungsbereich auch keine Besonderheiten für eine Hinausübertragung. Denn § 166 Abs. 1 VAG (§ 121f Abs. 1
1159 Insoweit wurde § 121f Abs. 1 VAG a. F. (nunmehr § 166 Abs. 1 VAG) letztlich doch überschießend umgesetzt, vgl. auch Seemayer, Grenzüberschreitende Übertragung von Erstund Rückversicherungsbeständen (2016), S. 88; Bürkle, VersR 2008, 1590 (1594). 1160 Versicherungsnehmer im Bereich der Rückversicherung können ausschließlich andere Versicherungsunternehmen sein. Dabei kann es sich sowohl um Erstversicherungs- als auch um andere Rückversicherungsunternehmen handeln, denn zentrales Element der Rückversicherungstätigkeit ist die Übernahme von Risiken, die von einem Erstversicherungs- oder einem anderen Rückversicherungsunternehmen abgegeben werden, vgl. Bähr, in: FKBP, 5. Aufl. (2012), Vor § 119 Rn. 1. 1161 Vgl. Schröder/Fischer, VersR 2011, 184 (185) m. w. Nachw. 1162 Bürkle, VersR 2008, 1590 (1594). 1163 BT-Drs. 16/1937, S. 2; vgl. auch G. Bähr/Püttgen, ZfV 2008, 705 (706); Seemayer, Grenzüberschreitende Übertragung von Erst- und Rückversicherungsbeständen 2016), S. 77 ff. 1164 Vgl. Labes/Marshall, VW 2008, 305; Labes, in: Bähr, Hdb. Versicherungsaufsichtsrecht (2011), § 25 Rn. 19; Bürkle, VersR 2008, 1590. 1165 BT-Drs. 16/1937, S. 30; Laars, VAG, 3. Aufl. (2015), § 121f Rn. 2. 1166 Vgl. Labes/Marshall, VW 2008, 305; Weber-Rey/Baltzer, WM 2007, 2184 (2185); Bürkle, VersR 2008, 1590 (1591). 1167 Bürkle, VersR 2008, 1590. 1168 Vgl. Lüttringhaus, VersR 2008, 1036 (1038); siehe auch Teil 2, D.III.1.b)aa)(1).
A. Grenzüberschreitende Bestandsübertragungen nach dem VAG
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VAG a. F.) wurde von vornherein insbesondere für derartige Fälle konzipiert;1169 innerstaatliche Bestandsübertragungen wurden ebenfalls erst durch die Einführung dieser Vorschrift ermöglicht.1170 (2) Eingeschränktes grenzüberschreitendes Verwaltungsverfahren Zwar gelten die für den grenzüberschreitenden Verwaltungsrechtsschutz herausgearbeiteten Grundsätze im Bereich der Rückversicherung grundsätzlich entsprechend.1171 Indes stellen sich die in diesem Zusammenhang ausführlich erörterten Fragen im Rückversicherungsbereich in weitaus geringerem Ausmaß. Denn grenzüberschreitende Zustimmungserfordernisse bestehen insoweit nicht. Die Mitwirkung der zuständigen EWR-ausländischen Aufsichtsbehörde beschränkt sich grundsätzlich auf die Ausstellung der Solvabilitätsbescheinigung. Die BaFin hat insoweit keine originäre Prüfungskompetenz, sondern kann lediglich eine Plausibilitätskontrolle der Solvabilitätsbescheinigung vornehmen. Im Rahmen dieser rein finanziellen Kontrolle dürfen folglich auch im Wege des Verwaltungsrechtsschutzes keine darüberhinausgehenden Überlegungen angestellt werden. Insoweit ist insbesondere der Verwaltungsrechtsschutz bei Widerspruch und Anfechtungsklage gegen die Genehmigung der BaFin auf eine Prüfung der Solvabilitätsbescheinigung auf eklatante Fehler beschränkt.1172 Das für den Bereich der Erstversicherung durch Art. 39 Abs. 2 bis 6 Solvency II jedenfalls rudimentär vorgezeichnete grenzüberschreitende Verwaltungsverfahren ist weder europarechtlich noch nach nationalem Recht für den Bereich der Rückversicherung vorgegeben. Zum Teil – soweit es Zustimmungen EWR-ausländischer Aufsichtsbehörden betrifft – ergibt sich dies aus der Sache selbst, da mangels entsprechender Zustimmungserfordernisse auch eine Kooperation nicht erforderlich ist. Im Übrigen konstatiert Lüttringhaus zutreffend, dass jedenfalls ein Informationsaustausch und zumindest eine Konsultation EWR-ausländischer Aufsichtsbehörden auch bei Bestandsübertragungen im Rückversicherungsbereich erforderlich seien.1173 Die nationalen Versicherungsaufsichtsbehörden der Mitglied- oder Vertragsstaaten haben sich auf ein stark an das Verfahren aus dem Erstversicherungsbereich angelehntes Verwaltungsverfahren verständigt. Es findet sich in Part IV 5.2 General Protocol on Collaboration und enthält vor allem Vorgaben zur Zusammenarbeit und Informationsweitergabe.1174 Hervorzuheben ist insoweit, dass die Vorgaben zur Beschleunigung des grenzüberschreitenden Verwaltungsverfahrens im Rückversicherungsbereich nur eingeschränkt gelten. Für die im Erstversicherungs1169 Vgl. Seemayer, Grenzüberschreitende Übertragung von Erst- und Rückversicherungsbeständen (2016), S. 229. 1170 Vgl. Bornschlegl, Die Bestandsübertragung nach dem VAG (2014), S. 449. 1171 Siehe dazu Teil 2, E. 1172 Vgl. Teil 2, E.I.3.a)aa)(3); Teil 2, E.I.3.a)aa)(4). 1173 Lüttringhaus, VersR 2008, 1038. 1174 Lüttringhaus, VersR 2008, 1038.
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bereich angeordnete Fiktion einer Zustimmung oder positiven Stellungnahme besteht kein Bedarf. Für die Solvabilitätsbescheinigung sieht Part IV 5.2.1 General Protocol on Collaboration vor, dass diese, soweit möglich, innerhalb von drei Monaten ausgestellt werden soll. Mangels rechtlicher Verbindlichkeit des General Protocol on Collaboration kann es insoweit in der Praxis jedoch zu Verzögerungen kommen.1175 (3) Keine staatliche Schutzpflicht zugunsten der Vorversicherer (a) Problemaufriss Die aus Sicht der Rückversicherungsunternehmen als vorteilhaft zu bewertende Regelung des § 166 Abs. 1 VAG (§ 121f Abs. 1 VAG a. F.) kann von derartigen Übertragungen betroffene Vorversicherer aufgrund des im Ergebnis reduzierten Schutzniveaus vor rechtliche und wirtschaftliche Probleme stellen.1176 Während der Substitution der Zustimmung im Erstversicherungsbereich eine besondere Schutzpflicht der Aufsichtsbehörde zur Wahrung der Interessen der Versicherten gegenübersteht, ist eine solche im Bereich der Rückversicherung nicht vorgesehen.1177 Insoweit ist insbesondere zu berücksichtigen, dass den Vorversicherern gegen ihren Willen und ohne anderweitige Berücksichtigung ihrer Belange oder Interessen ein neuer Schuldner aufgedrängt werden kann. Dieser hat nur die gesetzlichen Mindestvorgaben an die Eigenmittelausstattung zu erfüllen. Die bewusste Entscheidung eines Vorversicherers zum Abschluss eines Rückversicherungsvertrages bei einem bestimmten – etwa besonders solventen – Rückversicherungsunternehmen kann damit unterminiert werden. Denn ein Vorversicherer sieht sich grundsätzlich laufend der Gefahr ausgesetzt, dass das Rückversicherungsunternehmen die Deckungsverpflichtung ohne seine Zustimmung und ohne kompensierenden aufsichtsbehördlichen Schutzauftrag oder weitergehenden Ermessensspielraum1178 an ein anderes – insbesondere auch an ein EWR-ausländisches – Rückversicherungsunternehmen 1175
Siehe dazu insbesondere Teil 2, E.II.4.b). Bürkle, VersR 2008, 1590 (1591 f.) erachtet das Schutzniveau der Vorversicherer gegenüber dem Schutzniveau der Versicherten bei Bestandsübertragungen im Erstversicherungsbereich als deutlich reduziert; insbesondere sollen Erschwernisse und zeitliche Verzögerungen bei der Geltendmachung streitiger Forderungen, IPR-Probleme und der Verlust von Aufrechnungsmöglichkeiten oder gar der Deckung aus dem Rückversicherungsvertrag im Rahmen eines Solvent Scheme of Arrangement drohen. Lüttringhaus, VersR 2008, 1036 (1038) sieht im Fehlen eines Zustimmungserfordernisses seitens EWR-ausländischer Aufsichtsbehörden im Rückversicherungsbereich einen wesentlichen Unterschied zu grenzüberschreitenden Bestandsübertragungen im Erstversicherungsbereich und konstatiert insofern den Verlust einer Prüfungs- und Schutzebene. Vgl. auch Schröder/Fischer, VersR 2011, 184 (185); Labes/Marshall, VW 2008, 305 (307); G. Bähr, VW 2007, 388 (390); Seemayer, in: Brand/ Baroch Castellvi, 1. Aufl. (2018), § 166 Rn. 18 f. 1177 Vgl. etwa Labes, in: Bähr, Hdb. Versicherungsaufsichtsrecht (2011), § 25 Rn. 20; Bürkle, VersR 2008, 1590; Weber-Rey/Baltzer, WM 2007, 2184 (2185). 1178 Labes, in: Bähr, Hdb. Versicherungsaufsichtsrecht (2011), § 25 Rn. 18. 1176
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abgibt, das nur die gesetzlichen Mindestvorgaben einhält.1179 Die gesetzliche Ausgestaltung erscheint – nicht zuletzt aufgrund der hohen Bedeutung der Rückversicherung –1180 jedenfalls nicht unbedenklich. Dies gilt umso mehr, da der von § 166 Abs. 1 S. 4 VAG (§ 121f Abs. 1 S. 4 VAG a. F.) statuierte Ausschluss der Anwendbarkeit von § 415 BGB ohne eine über die Solvabilitätsprüfung hinausgehende aufsichtsbehördliche Prüfungskompetenz auch europarechtlich nicht ausdrücklich vorgegeben ist.1181 Einige Stimmen aus der Versicherungswirtschaft haben aus diesem Grund gefordert, die Interessen der Vorversicherer als zusätzliches Genehmigungskriterium aufzunehmen oder den Vorversicherern zumindest Ansprüche auf Sicherheitsleistung entsprechend §§ 133, 22 UmwG zu gewähren.1182 Darüber hinaus wurden Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Vorschrift geäußert.1183 Bornschlegl erachtet die Norm nach eingehender Prüfung ausdrücklich als verfassungswidrig.1184 Es finden sich hingegen auch Stimmen, die diesen Bedenken mit dem Argument fehlender Schutzbedürftigkeit der Vertragspartner von Rückversicherungsverträgen entgegentreten.1185 Wie im Bereich der Erstversicherung tangiert auch die Übertragung von Rückversicherungsbeständen mittels einer die Gläubigerzustimmung ersetzenden behördlichen Genehmigung die in Art. 2 Abs. 1 GG verbürgte Privatautonomie der Vorversicherer.1186 Denn wie die Versicherungsnehmer im Bereich der Erstversicherung sind auch Vorversicherer an einer Übertragung von Rückversicherungsbeständen typischerweise nicht beteiligt. Zugleich wird dabei die verfassungsrechtlich geschützte Freiheit der unternehmerischen Betätigung in Form der unternehmerischen Organisationsautonomie der Vorversicherer beeinträchtigt.1187 Die im Erstversicherungsbereich aus der Überschussbeteiligung folgenden Probleme bestehen 1179
Vgl. Bürkle, VersR 2008, 1590 (1591). Dazu Bürkle, VersR 2008, 1590 (1591); Schröder/Fischer, VersR 2011, 184 (185) m. w. Nachw. Zur Bedeutung des deutschen Rückversicherungsmarktes als einem der weltweit führenden BT-Drs. 16/1937, S. 2; Galahn, VW 2007, 390. 1181 Vgl. Teil 3, A.II.2.a)aa)(1). 1182 Vgl. Schröder/Fischer, VersR 2011, 184 (185) m. w. Nachw. Zu den Ansprüchen auf Sicherheitsleistung nach dem UmwG siehe Teil 3, B.I.1.h); Teil 3, B.I.2.f); Teil 4, A.IV.2.b)cc); Teil 4, B.V. 1183 So erstmals Bürkle, VersR 2008, 1590 (1594); vgl. auch Seemayer, Grenzüberschreitende Übertragung von Erst- und Rückversicherungsbeständen (2016), S. 93, der die Regelung im Hinblick auf die staatlichen Schutzpflichten äußerst kritisch sieht. 1184 Bornschlegl, Die Bestandsübertragung nach dem VAG (2014), S. 453 ff., 472. 1185 So ausdrücklich Fiedler, in: Bähr, Hdb. Versicherungsaufsichtsrecht (2011), § 23 Rn. 45 (dort Fn. 112); Lüttringhaus, VersR 2008, 1036 (1038). Ferner wohl auch Galahn, VW 2007, 390 (391 f.); Schröder/Fischer, VersR 2011, 184 (185). 1186 Vgl. grundsätzlich Bürkle, VersR 2008, 1590 (1593); Seemayer, Grenzüberschreitende Übertragung von Erst- und Rückversicherungsbeständen (2016), S. 91. 1187 Bürkle, VersR 2008, 1590 (1593) m. w. Nachw.; Bornschlegl, Die Bestandsübertragung nach dem VAG (2014), S. 455; Seemayer, Grenzüberschreitende Übertragung von Erst- und Rückversicherungsbeständen (2016), S. 91. 1180
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im Bereich der Rückversicherung hingegen nicht.1188 Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob der Ausschluss der Anwendbarkeit von § 415 BGB im Rahmen von § 166 VAG (§ 121f VAG a. F.) das Erfordernis ausgleichender staatlicher Schutzvorkehrungen begründet. Um sich dieser Frage zu nähern, ist die Dogmatik zu staatlichen Schutzpflichten im Rahmen von vertraglicher Beziehungen zwischen Privatrechtssubjekten zu untersuchen. Anschließend ist zu prüfen, inwieweit sich diese Grundsätze auf den Bereich der Rückversicherung übertragen lassen. Dabei ist insbesondere zu klären, ob derartige Schutzpflichten mit dem Rechtsgedanken von Art. 19 Abs. 3 GG ihrem Wesen nach in vergleichbarer Weise auch zugunsten juristischer Personen streiten können. (b) Gewährleistungsumfang der Privatautonomie Um beurteilen zu können, inwieweit eine gesetzliche Ausnahme von § 415 BGB staatliche Schutzpflichten zu begründen vermag, ist ein präzises dogmatisches Verständnis des Gewährleistungsumfangs von Art. 2 Abs. 1 GG im Hinblick auf das Privatrecht vorauszuschicken und zu untersuchen, welche Bedeutung § 415 BGB in diesem Rahmen grundsätzlich zukommt. Die soziale Marktwirtschaft basiert auf der als Bestandteil der umfassenderen Privatautonomie – dem zivilrechtlichen Entsprechungsbegriff der allgemeinen Handlungsfreiheit – verfassungsrechtlich von Art. 2 Abs. 1 GG garantierten Vertragsfreiheit.1189 Diese umfasst eine Abschluss- und Gestaltungsfreiheit.1190 Als klassisches Abwehrrecht schützt sie insoweit nicht nur im Zeitpunkt des Vertragsschlusses, sondern garantiert auch den Bestand eines abgeschlossenen Vertrages.1191 Der abwehrrechtliche Schutz der Privatautonomie ist jedoch nicht unbeschränkt, sondern findet seine Grenzen – als Ausfluss des Sozialstaatsprinzips –1192 in gesetzgeberischen Gemeinwohlvorstellungen sowie in kollidierenden Grundrechtspositionen Dritter.1193 Durch das Rechtsinstitut des Vertrages entfaltet zudem auch die aus dem Sozialstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 1 GG folgende Schutzgebotsfunktion der Grundrechte Wirkungen gegenüber der in dem Vertragsschluss – das heißt in Ausübung der Privatautonomie – zum Ausdruck gebrachten Selbstbindung der Parteien.1194 1188 Zum Fehlen von Regelungen entsprechend § 14 Abs. 3, § 44a VAG a. F. (nunmehr § 13 Abs. 3, § 201 VAG, vgl. BT-Drs. 18/2956, S. 275) zum Schutz der Mitgliedschaftsrechte bei Bestandsübertragungen von in der Rechtsform eines VVaG organisierten Rückversicherungsunternehmen Bürkle, VersR 2008, 1590 (1594). 1189 Di Fabio, in: Maunz/Dürig, 76. EL (2015), Art. 2 Rn. 101. 1190 Di Fabio, in: Maunz/Dürig, 76. EL (2015), Art. 2 Rn. 101. 1191 Di Fabio, in: Maunz/Dürig, 76. EL (2015), Art. 2 Rn. 102. 1192 Vgl. zu diesem sozialstaatlichen Auftrag etwa Michael/Morlok, 5. Aufl. (2016), Rn. 508 m. w. Nachw. 1193 Vgl. Di Fabio, in: Maunz/Dürig, 76. EL (2015), Art. 2 Rn. 104. 1194 Canaris, Grundrechte und Privatrecht (1999), S. 47 f. Zu der neben die klassische abwehrrechtliche Dimension tretenden Schutzfunktion und der damit in Zusammenhang stehenden mittelbaren Drittwirkung von Grundrechten siehe Di Fabio, in: Maunz/Dürig, 76. EL (2015), Art. 2 Rn. 107 f.; insoweit speziell mit Blick auf Versicherungsverhältnisse auch
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Die durch einen Vertragsschluss zum Ausdruck gebrachte Selbstbindung der Parteien lässt sich grob in drei maßgebliche Aspekte unterteilen: Zunächst betrifft sie die inhaltliche Ausgestaltung des Vertrages.1195 Daneben – wenngleich nicht strikt von der inhaltlichen Ausgestaltung zu trennen –1196 umfasst sie die Bindung des Gläubigers einerseits und des Schuldners andererseits an den geschlossenen Vertrag. Mit Blick auf die Bindung des Gläubigers an einen Vertrag zeigt sich eine gesetzliche Einschränkung in dem nach §§ 398, 413 BGB im Wege der Abtretung zulässigen Austausch des Gläubigers ohne Mitwirkung des Schuldners. Dieser fungiert gewissermaßen als Gegenstück zu der hier zu untersuchenden Konstellation.1197 Aufgrund der zivilrechtlichen Ausgestaltung der Abtretung muss sich der Schuldner einen Austausch des Gläubigers grundsätzlich jederzeit gefallen lassen.1198 Vertragliche Forderungen und Rechte sind damit nach der gesetzlichen Wertung grundsätzlich fungibel. Zugleich legt das Zivilrecht implizit die Wertung zugrunde, dass es für den Schuldner grundsätzlich unerheblich ist, an wen er eine Leistung erbringt. Gegen etwaige Rechtsnachteile des Schuldners sehen §§ 404, 406 ff. BGB ergänzend Schutzvorkehrungen vor.1199 Will sich der Schuldner entgegen der zugunsten der Fungibilität erfolgten zivilrechtlichen Wertung der Person seines Gläubigers gleichwohl dauerhaft versichern, kann er dies – ebenfalls als Ausdruck der Vertragsfreiheit – durch entsprechende Vereinbarungen mit dem Vertragspartner tun.1200 Ein derartiger vertraglicher Abtretungsausschluss wirkt ausweislich § 399 Alt. 2 BGB dinglich und absolut; mithin hebt er die Fungibilität wieder auf.1201 Diese Vorgabe findet ihrerseits jedoch Einschränkungen in § 354a HGB für Geldforderungen aus beiderseitigen Handelsgeschäften, das heißt für Rechtsverhältnisse, an denen ausschließlich Kaufleute beteiligt sind. Danach wird eine Abtretung auch entgegen einem vereinbarten Abtretungsausschluss für wirksam erklärt.1202 Diese Vorschrift dient zwar auch dem Schutz des Gläubigers; allerdings schützt sie nicht Schenke, in: Hdb. Versicherungsaufsichtsrecht (2011), § 1 Rn. 14 ff. m. w. Nachw. Zur mittelbaren Drittwirkung von Grundrechten als Frage der Zurechnung Michael/Morlok, 5. Aufl. (2016), Rn. 481 ff., 508. 1195 Das Schuldverhältnis besteht gewissermaßen abstrakt und kann – inhaltlich im Übrigen unverändert – grundsätzlich von seiner Bindung an zwei Rechtssubjekte gelöst werden kann, vgl. Roth/Kieninger, in: MünchKomm-BGB, Bd. 2, 7. Aufl. (2016), § 398 Rn. 1. 1196 Regelmäßig macht die Person von Gläubiger beziehungsweise Schuldner den Leistungsinhalt jedenfalls mit aus, vgl. etwa Rieble, ZIP 1997, 301 (304). 1197 Roth/Kieninger, in: MünchKomm-BGB, Bd. 2, 7. Aufl. (2016), § 398 Rn. 1; vgl. auch Rieble, ZIP 1997, 301 (304) m. w. Nachw., der zutreffend zuspitzt, dass die Abtretung dem Schuldner einen Gläubiger zumuten kann, mit dem er selbst womöglich nie kontrahiert hätte. 1198 Roth/Kieninger, in: MünchKomm-BGB, Bd. 2, 7. Aufl. (2016), § 398 Rn. 3. 1199 Vgl. Roth/Kieninger, in: MünchKomm-BGB, Bd. 2, 7. Aufl. (2016), § 398 Rn. 3; daher soll eine Abtretung für den Schuldner im Normalfall erträglich sein, vgl. Rieble, ZIP 1997, 301 (304). 1200 Vgl. Roth/Kieninger, in: MünchKomm-BGB, Bd. 2, 7. Aufl. (2016), § 398 Rn. 3. 1201 Vgl. Roth/Kieninger, in: MünchKomm-BGB, Bd. 2, 7. Aufl. (2016), § 399 Rn. 33. 1202 Eine Rückausnahme enthält § 354a Abs. 2 HGB für gewisse Darlehensforderungen; vgl. dazu etwa Roth/Kieninger, in: MünchKomm-BGB, Bd. 2, 7. Aufl. (2016), § 399 Rn. 44 ff.
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etwa dessen Vertragsfreiheit, sondern primär die Verkehrsfähigkeit von Forderungen gegen Abtretungsverbote.1203 Das konkrete Ausmaß der Selbstbindung des Gläubigers an den Vertrag richtet sich somit nach den zivilrechtlichen Vorgaben bezüglich der Abtretbarkeit von Forderungen und Rechten sowie etwaigen diesbezüglichen vertraglichen Vereinbarungen. Ungeachtet der vorstehenden Einschränkungen ist es grundsätzlich nicht möglich, die Gesamtheit der Rechte und Pflichten aus einem Vertrag allein gemäß §§ 398, 413 BGB zu übertragen. Aufgrund der damit einhergehenden Schuldübernahme bedarf eine derartige Übertragung vielmehr zusätzlich der Berücksichtigung der Vorgaben aus §§ 414, 415 BGB. Alternativ kann eine solche Übertragung im Wege einer – gesetzlich nicht ausdrücklich geregelten – Vertragsübernahme durch dreiseitigen Vertrag oder durch Vertrag zwischen dem übertragenden und dem übernehmenden Vertragspartner mit Zustimmung des verbleibenden Vertragspartners erfolgen; § 415 BGB ist auch insoweit anwendbar.1204 Folglich betrifft der durch § 415 BGB grundsätzlich zugunsten des Gläubigers gewährte einfachgesetzliche Schutz nicht etwa den Bestand eines abgeschlossenen Vertrages per se, sondern gerade die Bindung des vereinbarten Schuldners an den Vertrag.1205 Das Interesse des Gläubigers an seinem Schuldner wird von der gesetzlichen Wertung jedoch – anders als umgekehrt – schlechthin geschützt.1206 Diese Wertung ist grundsätzlich sachgerecht, da an der Person des Schuldners mit Blick auf dessen Leistungsfähigkeit ein gesteigertes Interesse besteht. Aufgrund des charakteristischen Versprechens zukünftiger Leistung ist dieses Interesse im Rahmen von Versicherungsverhältnissen regelmäßig noch gewichtiger.1207 Es ist jedoch zu berücksichtigen, dass auch die gesetzliche Regelung von § 415 BGB vertraglich modifiziert werden kann;1208 unter 1203
K. Schmidt, in: MünchKomm-HGB, Bd. 5, 3. Aufl. (2013), § 354a Rn. 2. Zur kontroversen rechtspolitischen Beurteilung dieser Vorschrift, die in der unbeantworteten Frage mündet, ob der Gesetzgeber nicht zweckmäßigerweise § 399 BGB hätte beseitigen sollen, ders., a. a. O., Rn. 4, 8. Neben dem Gläubigerschutz durch Wiederherstellung der Verkehrsfähigkeit von Forderungen dient § 354 Abs. 1 S. 2, 3 HGB zugleich auch dem Schuldnerschutz, vgl. Wagner, in: EBJS, 3. Aufl. (2015), § 354a Rn. 3 m. w. Nachw. 1204 Vgl. Roth/Kieninger, in: MünchKomm-BGB, Bd. 2, 7. Aufl. (2016), § 398 Rn. 4; Bydlinksi, in: MünchKomm-BGB, Bd. 2, 7. Aufl. (2016), Vorbem. §§ 414 ff. Rn. 8. Eine Vertragsübernahme soll im Rahmen eines bestehenden Vorvertrages ausnahmsweise auch im Wege der Abtretung in Betracht kommen, wenn dies im Vorvertrag vereinbart ist, vgl. OLG Stuttgart, Urteil vom 28. Februar 2008 – 7 U 167/07 –, NJW-RR 2009, 1312 (1313) m. w. Nachw. Insoweit dürfte in der entsprechenden Vereinbarung auch eine vorherige Zustimmung liegen. 1205 Vgl. Seemayer, Grenzüberschreitende Übertragung von Erst- und Rückversicherungsbeständen (2016), S. 73, der den Schutzzweck des § 415 BGB mit Blick auf die hier zu untersuchende Konstellation im Festhalten der eingegangenen Vertragsbeziehung mit dem ursprünglichen Versicherer sieht. 1206 Roth/Kieninger, in: MünchKomm-BGB, Bd. 2, 7. Aufl. (2016), § 398 Rn. 3. 1207 Schüffner/Franck, in: Sodan, Hdb. Krankenversicherungsrecht, 2. Aufl. (2014), § 47 Rn. 28. 1208 Vgl. etwa Coester-Waltjen, in: Staudinger, 15. Aufl. (2013), § 309 Nr. 10 BGB Rn. 8.
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Beachtung insbesondere der Wertungen des § 309 Nr. 10 BGB ist die Vereinbarung einer zustimmungsfreien Schuld- beziehungsweise Vertragsübernahmemöglichkeit grundsätzlich sogar im Wege Allgemeiner Geschäftsbedingungen (AGB) zulässig.1209 Treffend konstatiert Canaris, dass die Vertragsbindung „zwar in der Tat ihren primären Grund in der Privatautonomie der Parteien hat, […] positivrechtliche Geltung [jedoch] erst durch die ,Anerkennung‘ von Seiten des Staates und der Rechtsordnung erlangt und von diesen außerdem mit Sanktionen bewehrt wird bis hin zur Zwangsvollstreckung“1210. Insoweit ist zunächst festzustellen, dass die Parteien eines Vertrages durch einen in Ausübung der Vertragsfreiheit geschlossenen Vertrag ihre Dispositionsbefugnis über die durch diesen Vertrag begründeten Rechte und Pflichten einschränken. Der Vertragsfreiheit wohnt die Selbstbeschränkung damit gewissermaßen inne. Mit Blick auf die Regelungen zur Abtretung und zur Schuldübernahme offenbart sich zudem, dass die einzelnen Ausprägungen der Vertragsbindung von Staat und Rechtsordnung auch nicht in gleichem Maße anerkannt werden, da insoweit unterschiedliche Interessen zu berücksichtigen sind. Soweit die Privatautonomie die – staatliche – Durchsetzung vertraglicher Ansprüche umfasst,1211 begrenzt der Schutz des Bestands eines abgeschlossenen Vertrages im Ergebnis zugleich die Privatautonomie der Parteien nach Vertragsschluss. Im Rahmen der Ausgestaltung der Privatrechtsordnung steht die Legislative insoweit aufgrund der Beteiligung mehrerer gleichrangiger Grundrechtsträger vor dem Problem der praktischen Konkordanz.1212 Dabei hat der Gesetzgeber grundsätzlich Gestaltungsspielraum.1213 Da es gleichwohl nicht möglich sein kann, von vornherein alle Konstellationen ausgeglichen zu regeln, können im Einzelfall Korrekturen durch Rückgriff „auf eine verfassungsrechtliche Fundierung in der Schutzgebotsfunktion der Grundrechte“1214 erforderlich sein.1215 Abhängig von der konkreten Fallgestaltung steht dazu ein „abgestuftes[s] Repertoire an Rechtsfolgen mit unterschiedlicher Eingriffstiefe“1216 zur Verfügung. Die Rechtsfolgen reichen vom Ausschluss der 1209
Bydlinksi, in: MünchKomm-BGB, Bd. 2, 7. Aufl. (2016), § 415 Rn. 9; siehe dazu auch Fn. 1320. 1210 Canaris, Grundrechte und Privatrecht (1999), S. 48 m. w. Nachw. 1211 Vgl. BVerfG, Beschluss vom 19. Oktober 1993 – 1 BvR 567/89 u. a. –, BVerfGE 89, 214 = NJW 1994, 36 (38); Seemayer, Grenzüberschreitende Übertragung von Erst- und Rückversicherungsbeständen (2016), S. 73; Michael/Morlok, 5. Aufl. (2016), Rn. 508. 1212 BVerfG, Beschluss vom 19. Oktober 1993 – 1 BvR 567/89 u. a. –, BVerfGE 89, 214 = NJW 1994, 36 (38); vgl. Armbrüster, in: MünchKomm-VVG, Bd. 1, 2. Aufl. (2016), Vorbem. §§ 6, 7 Rn. 7. 1213 Siehe dazu Michael/Morlok, 5. Aufl. (2016), Rn. 43 f. 1214 Canaris, Grundrechte und Privatrecht (1999), S. 48 m. w. Nachw. 1215 Vgl. BVerfG, Beschluss vom 19. Oktober 1993 – 1 BvR 567/89 u. a. –, BVerfGE 89, 214 = NJW 1994, 36 (38); dadurch verschiebt sich das Problem der Herstellung praktischer Konkordanz auf die Rechtsanwendungsebene, vgl. Di Fabio, in: Maunz/Dürig, 76. EL (2015), Art. 2 Rn. 108. 1216 Canaris, Grundrechte und Privatrecht (1999), S. 49.
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Zwangsvollstreckung über inhaltliche Anpassung bis hin zur Nichtigkeit des Vertrages.1217 Damit ist zunächst festzuhalten, dass die Privatrechtsordnung hinsichtlich der Vertragsfreiheit und der Vertragsbindung grundsätzlich so auszugestalten ist, dass die sich gegenseitig begrenzenden Grundrechtspositionen der Vertragspartner möglichst weitgehend wirksam werden.1218 Der von Art. 2 Abs. 1 GG garantierten Privatautonomie kommt im Rahmen von Verträgen kein von vornherein feststehender – starrer – Gewährleistungsumfang zu; vielmehr ist regelmäßig ein interessengerechter und angemessener Grundrechtsausgleich zu gewährleisten. Staatliche Intervention soll nur ausnahmsweise im Falle schwerer Störung der Vertragsparität in Betracht kommen.1219 Die Intensität etwaiger staatlicher Intervention ist dabei grundsätzlich einzelfallbezogen auszugestalten. (c) Faktische Beeinträchtigung der privatautonomen Selbstbestimmung Das Bundesverfassungsgericht hat mit Blick auf die Inhaltskontrolle von Bürgschaften einkommens- und vermögensloser Familienangehöriger gefordert, dass die Zivilrechtsordnung für Fälle, die eine strukturelle Unterlegenheit eines Vertragspartners erkennen lassen und zudem ungewöhnlich belastende Vertragsfolgen für den unterlegenen Vertragspartner mit sich bringen, Instrumente bereit halten muss, die eine angemessene Korrektur derartiger Störungen der Vertragsparität ermöglichen.1220 Aus verfassungsrechtlicher Sicht erforderlich – aber grundsätzlich auch ausreichend – sei insoweit, dass die Gerichte im Rahmen der zivilrechtlichen Generalklauseln korrigierend in die Vertragsfreiheit des überlegenen Vertragspartners eingreifen können.1221 Das zentrale Kriterium der strukturellen Unterlegenheit ist jedoch auf Kritik in der Literatur gestoßen und hat in der Folge auch bei der Behandlung einschlägiger Bürgschaftsfälle durch den Bundesgerichtshof keine ver-
1217 Vgl. Canaris, Grundrechte und Privatrecht (1999), S. 48 f.; zur diesbezüglichen Differenzierung nach §§ 138, 242 BGB siehe auch BVerfG, Beschluss vom 19. Oktober 1993 – 1 BvR 567/89 u. a. –, BVerfGE 89, 214 = NJW 1994, 36 (39). 1218 Vgl. BVerfG, Urteil vom 26. Juli 2005 – 1 BvR 782/94, 1 BvR 957/96 –, BVerfGE 114, 1 = VersR 2005, 1109 (1117). 1219 Vgl. Michael/Morlok, 5. Aufl. (2016), Rn. 505, 508; Schenke, in: Hdb. Versicherungsaufsichtsrecht (2011), § 1 Rn. 17. 1220 Vgl. BVerfG, Beschluss vom 19. Oktober 1993 – 1 BvR 567/89 u. a. –, BVerfGE 89, 214 = NJW 1994, 36 (38 f.); Armbrüster, in: MünchKomm-VVG, Bd. 1, 2. Aufl. (2016), Vorbem. §§ 6, 7 Rn. 7. 1221 Vgl. Michael/Morlok, 5. Aufl. (2016), Rn. 508; BVerfG, Beschluss vom 19. Oktober 1993 – 1 BvR 567/89 u. a. –, BVerfGE 89, 214 = NJW 1994, 36 (39). Zur Kollision des verfassungsrechtlichen Anspruchs auf Vertragskorrektur mit der Vertragsfreiheit des überlegenen Vertragspartners und der aufgrund reduzierter Erwartungssicherheit möglichen Folge der Abstandnahme vom Vertragsschluss mit Blick auf Eheverträge Di Fabio, in: Maunz/Dürig, 76. EL (2015), Art. 2 Rn. 112.
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gleichbar prominente Rolle gespielt.1222 Canaris sieht die insoweit maßgebliche Schutzaufgabe der Grundrechte vielmehr darin, dass ein privatautonomer Akt „nicht nur rechtlich, sondern auch faktisch auf einer freien Entscheidung der Vertragspartei beruht“ und dass – im Einklang mit privatrechtlicher Tradition – „eine Vertragspartei daher unter bestimmten Voraussetzungen vor der Bindung an einen für sie nachteiligen oder gefährlichen Vertrag geschützt werden muß, sofern sie bei dessen Abschluß in ihrer faktischen Möglichkeit zu privatautonomer Selbstbestimmung erheblich beeinträchtigt war“1223. (d) Besondere Schutzbedürftigkeit im Bereich der Lebensversicherung Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Entscheidung vom 26. Juli 2005 zu verfassungsrechtlichen Schutzpflichten bei der Übertragung eines Bestands von Lebensversicherungsverträgen an seine Rechtsprechung zu Bürgschaftsverträgen angeknüpft;1224 dabei hat es jedoch nicht mehr ausdrücklich auf das Kriterium der strukturellen Unterlegenheit abgestellt.1225 Insoweit ist aber zu berücksichtigen, dass auch der dogmatische Ausgangspunkt dieser Entscheidung ein anderer als bei den Bürgschaftsverträgen war.1226 Durch die spezialgesetzliche Regelung in § 14 VAG a. F. (nunmehr § 13 VAG) ist die Anwendbarkeit von § 415 BGB im Rahmen einer Bestandsübertragung ausgeschlossen. Für den Kreis der betroffenen Versicherungsnehmer revidiert der Gesetzgeber damit die einfachgesetzliche Anerken1222 Vgl. Canaris, Grundrechte und Privatrecht (1999), S. 49 m. w. Nachw. Siehe weitergehend Di Fabio, in: Maunz/Dürig, 76. EL (2015), Art. 2 Rn. 113 f. m. w. Nachw. auch zur allgemeinen Kritik an der Entscheidung; diese reicht von einem Überspannen des Schutzauftrages bis hin zu einer Pervertierung des zivilrechtlichen Gedankens der Privatautonomie. 1223 Vgl. Canaris, Grundrechte und Privatrecht (1999), S. 49 m. w. Nachw. 1224 Vgl. etwa Schenke, in: Hdb. Versicherungsaufsichtsrecht (2011), § 1 Rn. 19. 1225 Das erstaunt, da die Beteiligte ausdrücklich dahingehend vorgetragen hatte, vgl. BVerfG, Urteil vom 26. Juli 2005 – 1 BvR 782/94, 1 BvR 957/96 –, BVerfGE 114, 1 = VersR 2005, 1109 (1112). Beachte aber Sachs, JuS 2005, 1026 (1027), der kritisiert, dass die Entscheidung wohl maßgeblich auf einer „nicht näher ausgeführten Annahme, dass von vornherein eine Störung der Vertragsparität zwischen Versicherungsunternehmen und Versicherungsnehmern besteht“ beruhe. Zu der jedenfalls im Ergebnis aber insgesamt breiten Zustimmung vgl. Schmid, Bestandsübertragung und Umwandlung von Versicherungsunternehmen (2010), Rn. 217; Schenke, VersR 2006, 871; Seemayer, Grenzüberschreitende Übertragung von Erst- und Rückversicherungsbeständen (2016), S. 70 m. w. Nachw. 1226 Vgl. Seemayer, Grenzüberschreitende Übertragung von Erst- und Rückversicherungsbeständen (2016), S. 74; Schenke, in: Hdb. Versicherungsaufsichtsrecht (2011), § 1 Rn. 24; grundsätzlich auch Armbrüster, in: MünchKomm-VVG, Bd. 1, 2. Aufl. (2016), Vorbem. §§ 6, 7 Rn. 7, der die Entscheidungen zu § 138 BGB aufgrund abweichender wirtschaftlicher Situation für nicht auf den Versicherungssektor übertragbar erachtet. Bei den Bürgschaftsverträgen geht es um die Aufhebung der Vertragsbindung per se respektive um eine inhaltliche Anpassung des abgeschlossenen Vertrages unter Beibehalt der Vertragspartner. Bei der Bestandsübertragung geht es umgekehrt um einen inhaltlichen Fortbestand eines Vertrages unter Auswechslung des zivilrechtlich grundsätzlich an diesen Vertrag gebundenen Schuldners. Damit sind zwar unterschiedliche Aspekte der Vertragsbindung betroffen; gleichwohl bestehen nicht zu verkennende Überschneidungen und Gemeinsamkeiten.
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nung der Vertragsbindung, soweit diese die Selbstbindung des Schuldners an den Vertrag betrifft. Durch jede Ausnahme von § 415 BGB ermöglicht der Gesetzgeber zwar grundsätzlich eine neue Ausübung der Privatautonomie, sodass eine solche sekundär auch dem Schutz von Art. 2 Abs. 1 GG dienen mag.1227 Dies trifft für die in § 14 VAG a. F. (nunmehr § 13 VAG) enthaltene Ausnahme von § 415 BGB jedoch nur bedingt zu, weil sich das Versicherungsunternehmen gleichwohl nicht völlig frei von der vertraglichen Bindung lösen kann, sondern einer Genehmigung der Aufsichtsbehörde bedarf. Jedenfalls aber ermöglicht diese Ausnahme, dass die vertragliche Beziehung seitens des Schuldners ohne Zustimmung des Gläubigers auf einen Dritten übertragen werden kann.1228 Der für die Bestandsübertragung statuierte Ausschluss von § 415 BGB stellt keinen Eingriff durch Gesetz in die Privatautonomie der Versicherungsnehmer dar. Indem der Gesetzgeber durch das Institut der Bestandsübertragung eine Ausnahme von der einfachgesetzlichen Anerkennung der Vertragsbindung, soweit diese die Selbstbindung des Schuldners betrifft, statuiert, lässt er die Parteien der zugrundeliegenden Versicherungsverträge insoweit im Ergebnis unreglementiert gewähren. Dies ist dogmatisch jedoch nicht etwa als Eingriff,1229 sondern „schlicht und einfach [als] Unterbleiben einer Einmischung“1230 zu qualifizieren.1231 § 415 BGB ist in seiner konkreten Ausgestaltung nicht zwingend verfassungsrechtlich vorgeschrieben. Vielmehr stellt die Vorschrift lediglich eine einfachgesetzliche Anerkennung der Privatautonomie dar;1232 insoweit bestehen jedoch grundsätzlich mehrere Ausgestaltungmöglichkeiten.1233 Im Rahmen der Bestandsübertragung hat sich der Gesetzgeber schlichtweg für eine andere Form der Ausgestaltung der Privatautonomie als im allgemeinen Zivilrecht entschieden. Anstelle der allgemeinen Regelung 1227
Vgl. Seemayer, Grenzüberschreitende Übertragung von Erst- und Rückversicherungsbeständen (2016), S. 73. 1228 Vgl. Seemayer, Grenzüberschreitende Übertragung von Erst- und Rückversicherungsbeständen (2016), S. 73. 1229 So aber Diehl/Seemayer, in: Brand/Baroch Castellvi, 1. Aufl. (2018), § 13 Rn. 73; Bornschlegl, Die Bestandsübertragung nach dem VAG (2014), S. 455; Bürkle, VersR 2008, 1590 (1593). 1230 Vgl. Canaris, Grundrechte und Privatrecht (1999), S. 40. 1231 Dies gilt jedenfalls für – in der Praxis wohl allein relevante – Erstversicherungsverträge, die nach dem Jahr 1931 und damit nach herrschender Meinung (vgl. dazu Teil 1, D.II.3.) bereits unter Ausschluss von § 415 BGB durch § 14 VAG a. F. (nunmehr § 13 VAG) abgeschlossen wurden. Zur abweichenden Beurteilung von unter uneingeschränkter Geltung von § 415 BGB abgeschlossenen Versicherungsverträgen siehe Teil 3, A.II.2.a)aa)(3)(h). 1232 Instruktiv zu diesem Zusammenhang Canaris, Grundrechte und Privatrecht (1999), S. 82, der konstatiert, dass „nicht jede Regelung des einfachen Rechts, die der Verwirklichung eines Schutzgebots dient, deshalb auch schon von Verfassungs wegen geboten ist. Dem einfachen Recht steht vielmehr grundsätzlich ein weites Spektrum unterschiedlicher Instrumente zur Verfügung, die lediglich in ihrer Gesamtheit und in ihrem Zusammenwirken einen effizienten Grundrechtsschutz gewährleisten müssen.“ Siehe dazu auch Teil 3, A.II.2.a)aa)(3)(b). 1233 Canaris, Grundrechte und Privatrecht (1999), S. 84.
A. Grenzüberschreitende Bestandsübertragungen nach dem VAG
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des § 415 BGB hat er ein staatliches Genehmigungserfordernis statuiert.1234 Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Verfassung „lediglich verbietet, ein gewisses Minimum an Schutz zu unterschreiten“1235. Prägnant formuliert Canaris, dass „der Gesetzgeber grundsätzlich in weitem Umfang in das einfache Recht eingreifen und insbesondere auch einen einmal erreichten Schutzstandard reduzieren oder sogar gänzlich beseitigen [kann], ohne hinter das verfassungsrechtlich gebotene Schutzminimum zurückzufallen“1236. Die dem Gesetzgeber aufgrund der Ermöglichung und Ausgestaltung der Bestandsübertragung grundsätzlich zurechenbare Grundrechtsbeeinträchtigung lässt sich auch nicht als gesetzliche Ermächtigung der Versicherungsunternehmen,1237 in die Privatautonomie der Versicherungsnehmer einzugreifen, qualifizieren. Gegen eine solche Einordnung spricht, dass dies grundsätzlich eben nicht „durch einseitige Bestimmung“1238 des Versicherungsunternehmens, sondern ausschließlich mit einer Genehmigung der Aufsichtsbehörde möglich ist. Geht man davon aus, dass die einfachgesetzliche Ausgestaltung der Privatautonomie im Bereich von Versicherungsverträgen von vornherein anders durch den Gesetzgeber ausgestaltet wurde, muss sich der Gesetzgeber insoweit gleichwohl an den Grundrechten messen lassen. Denn der Staat ist Garant für die Gewährleistung von Autonomie als Grundgedanken grundrechtlicher Freiheit.1239 Kommt der Gesetzgeber seiner Verantwortung aus grundrechtlichen Gestaltungsaufträgen nicht nach, ist dies an Schutzpflichten zu messen.1240 Anknüpfungspunkt ist insoweit im Ergebnis ein Unterlassen. Nimmt man hingegen an, dass der Gesetzgeber durch die Ermöglichung und Ausgestaltung der Bestandsübertragung in ein bestehendes System der einfachgesetzlichen Anerkennung der Privatautonomie eingreift, lässt sich bereits aufgrund des gesetzlichen Ausschlusses von § 415 BGB oder jedenfalls der erforderlichen Mitwirkung der Aufsichtsbehörde an einer Bestandsübertragung direkt an dieses grundrechtsgefährdende Tun anknüpfen. Den Staat trifft dann eine Verantwortung aus Ingerenz.1241 Auch diese Ingerenzverantwortung kann eine Schutz1234 Dass der Gesetzgeber insoweit mit dem staatlichen Genehmigungserfordernis auf ein grundsätzlich außerhalb der Privatrechtsordnung liegendes Mittel zurückgreift, ist unerheblich. Die Verfassung gibt die Ausgestaltung im Einzelnen und damit insbesondere die Mittelwahl nicht vor, vgl. Canaris, Grundrechte und Privatrecht (1999), S. 86; Seemayer, Grenzüberschreitende Übertragung von Erst- und Rückversicherungsbeständen (2016), S. 74 m. w. Nachw. 1235 Canaris, Grundrechte und Privatrecht (1999), S. 39; vgl. auch Di Fabio, in: Maunz/ Dürig, 76. EL (2015), Art. 2 Rn. 107 m. w. Nachw. 1236 Canaris, Grundrechte und Privatrecht (1999), S. 82. 1237 Siehe dazu auch Canaris, Grundrechte und Privatrecht (1999), S. 40, der von der „Erteilung einer Erlaubnis zu einem Eingriff in die Gütersphäre des anderen“ spricht. 1238 So Bornschlegl, Die Bestandsübertragung nach dem VAG (2014), S. 455. 1239 Michael/Morlok, 5. Aufl. (2016), Rn. 516; vgl. zur staatlichen Grundrechtsverantwortung insgesamt Michael/Morlok, 5. Aufl. (2016), Rn. 511 ff. 1240 Michael/Morlok, 5. Aufl. (2016), Rn. 44. 1241 Vgl. Seemayer, Grenzüberschreitende Übertragung von Erst- und Rückversicherungsbeständen (2016), S. 74; ähnlich Bürkle, VersR 2008, 1590 (1593). Zu staatlichen
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Teil 3: Grenzüberschreitende Bestandsübertragungen und Verschmelzungen
pflicht begründen.1242 In allen hier denkbaren Fällen trifft den Staat somit im Ergebnis eine Grundrechtsverantwortung, deren Erfüllung an Schutzpflichten zu messen ist. Ob sich die grundsätzliche Verantwortung zu einer konkreten Schutzpflicht verdichtet, hängt davon ab, ob aufgrund der gesetzlichen Ausgestaltung im Bereich der Bestandsübertragung die Bedingungen der Selbstbestimmung der betroffenen Versicherungsnehmer tatsächlich nicht (mehr) gewährleistet sind. Denn staatliche Schutzpflichten entstehen grundsätzlich „nur unter den Voraussetzungen einer besonderen Schutzbedürftigkeit eines der Grundrechtsberechtigten“1243. Die insoweit maßgebliche Schutzgebotsfunktion ist jedoch grundsätzlich schwächer als die Eingriffsverbotsfunktion.1244 Unter Bezugnahme auf die Entscheidung zu den Bürgschaftsverträgen führt das Bundesverfassungsgericht aus, eine Schutzpflicht setze voraus, dass „aufgrund erheblich ungleicher Verhandlungspositionen der Vertragspartner einer von ihnen ein solches Gewicht hat, dass er den Vertragsinhalt faktisch einseitig bestimmen kann“, wobei „die Schwäche eines Vertragspartners [auch] durch gesetzliche Regelungen bedingt“ sein kann.1245 Hinsichtlich der gesetzlichen Regelungen stellt das Gericht – im Einklang mit den vorstehenden Ausführungen – nicht auf den Ausschluss von § 415 BGB an sich, sondern auf die „gesetzlich ausgestaltete Ordnung des Rechts der Lebensversicherung“1246 samt dieses Ausschlusses ab. Die Versicherungsnehmer seien im Ergebnis nicht in der Lage, ihre individuellen Interessen durch Einwirken auf die Bedingungen des Versicherungsübergangs eigenbestimmt zu verfolgen.1247 Das Gericht befasst sich insoweit nicht mit der Möglichkeit eines vertraglichen Grundrechtsausgleichs im Wege privatautonomer Abweichung vom gesetzlichen Bestandsübertragungsschutz.1248 Ausführungen dazu, wieso die Versicherungsnehmer bei Vertragsschluss nicht in der Lage seien, durch abweichende privatautonome Vereinbarungen für eine selbstbestimmte Wahrung ihrer Belange zu sorgen und damit einen interessengerechten Grundrechtsausgleich herzustellen, erfolgen nicht. Es ließe sich zwar einwenden, dass sich die Versicherungsnehmer von vornherein der Möglichkeit einer Übertragung des Vertrages ohne ihre Zustimmung bewusst sein Schutzpflichten aufgrund vorangegangenem, grundrechtsgefährdendem Tun (Ingerenzverantwortung) siehe grundsätzlich Michael/Morlok, 5. Aufl. (2016), Rn. 518. 1242 Vgl. Michael/Morlok, 5. Aufl. (2016), Rn. 511. 1243 Michael/Morlok, 5. Aufl. (2016), Rn. 506. 1244 Eingehend Canaris, Grundrechte und Privatrecht (1999), S. 43 ff.; vgl. auch Schenke, VersR 2006, 871 (873). 1245 BVerfG, Urteil vom 26. Juli 2005 – 1 BvR 782/94, 1 BvR 957/96 –, BVerfGE 114, 1 = VersR 2005, 1109 (1117). 1246 BVerfG, Urteil vom 26. Juli 2005 – 1 BvR 782/94, 1 BvR 957/96 –, BVerfGE 114, 1 = VersR 2005, 1109 (1118). 1247 BVerfG, Urteil vom 26. Juli 2005 – 1 BvR 782/94, 1 BvR 957/96 –, BVerfGE 114, 1 = VersR 2005, 1109 (1118). 1248 Zur grundsätzlichen Möglichkeit eines vertraglichen Grundrechtsausgleichs siehe Teil 3, A.II.2.a)aa)(3)(g).
A. Grenzüberschreitende Bestandsübertragungen nach dem VAG
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müssten.1249 Daher könnten die Versicherungsnehmer zunächst selbst in der Pflicht stehen, für ausgleichende Schutzvorkehrungen zu sorgen. Versicherungsnehmer im Bereich der Erstversicherung dürften jedoch auch bei bestehender Kenntnis und zutreffender Einschätzung der Übertragungsmöglichkeit regelmäßig nicht über die insoweit erforderliche Verhandlungsmacht verfügen, um individualvertragliche Änderungen der Versicherungsverträge auszuhandeln.1250 Diese Annahme dürfte typischerweise jedenfalls für die von der Entscheidung ausschließlich betroffenen Versicherungsnehmer im Bereich der Lebensversicherung zutreffen.1251 Insoweit ähnelt die Konstellation wieder den Bürgschaftsfällen und dürfte auch der Verbraucher- beziehungsweise Versichertenschutz gegen ein grundsätzlich denkbares Modell des vertraglichen Grundrechtsausgleichs sprechen. Dies bringt das Gericht indirekt zum Ausdruck, indem es feststellt, dass die Schutzbedürftigkeit auch dadurch geprägt werde, „dass die Versicherten im Lebensversicherungsrecht ohnehin auf den Schutz durch die Rechtsordnung angewiesen sind“, was insbesondere daraus folge, dass sie „ein auf lange Zeit ausgerichtetes, für die weitere Lebensgestaltung besonders wichtiges Vertragsverhältnis“ eingingen und sich einem „gesetzlich ausgestalteten System der privaten Zukunftssicherung“ anvertrauten.1252 Zutreffend lässt das Gericht erkennen, dass grundsätzlich auch die Kündigung des Versicherungsvertrages oder die Drohung mit einer solchen zur Wahrung der Belange der Versicherungsnehmer in Betracht komme. Im Bereich der Lebensversicherung stelle diese Schutzmöglichkeit jedoch aufgrund der mit einer vorzeitigen Kündigung von Lebensversicherungsverträgen einhergehenden spezifischen Nachteile der Versicherungsnehmer keine zumutbare Alternative dar.1253 (e) Keine Typisierbarkeit im Bereich der Erstversicherung Das Bundesverfassungsgericht leitet mit Blick auf die Privatautonomie zwar eine Pflicht des Gesetzgebers aus der Verfassung zur Bereitstellung ausgleichender Schutzvorkehrungen im Rahmen von Bestandsübertragungen ab; dies jedoch ausdrücklich nur für den Bereich der Lebensversicherung. Zu etwaigen staatlichen Schutzpflichten im Rahmen anderer Versicherungsverhältnisse hat sich das Gericht 1249
Vgl. Schenke, VersR 2006, 871 (875); Sachs, JuS 2005, 1026 (1027). Vgl. Schenke, in: Hdb. Versicherungsaufsichtsrecht (2011), § 1 Rn. 23; Schmid, Bestandsübertragung und Umwandlung von Versicherungsunternehmen (2010), Rn. 206; Knappmann, NJW 2005, 2892 (2893). 1251 Gleiches dürfte für die substitutive Krankenversicherung gelten, vgl. Schmid, Bestandsübertragung und Umwandlung von Versicherungsunternehmen (2010), Rn. 205; siehe auch Schüffner/Franck, in: Sodan, Hdb. Krankenversicherungsrecht, 2. Aufl. (2014), § 47 Rn. 31 ff. Anderes wird hingegen insbesondere im Bereich der Industrieversicherung gelten, vgl. dazu Teil 3, A.II.2.a)aa)(3)(e). 1252 BVerfG, Urteil vom 26. Juli 2005 – 1 BvR 782/94, 1 BvR 957/96 –, BVerfGE 114, 1 = VersR 2005, 1109 (1118). 1253 BVerfG, Urteil vom 26. Juli 2005 – 1 BvR 782/94, 1 BvR 957/96 –, BVerfGE 114, 1 = VersR 2005, 1109 (1118); zu diesen spezifischen Nachteilen Schmid, Bestandsübertragung und Umwandlung von Versicherungsunternehmen (2010), Rn. 205; vgl. auch bereits Teil 2, E.I.2. 1250
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Teil 3: Grenzüberschreitende Bestandsübertragungen und Verschmelzungen
nicht geäußert. Zwar dürfte dies grundsätzlich dem Verfahren geschuldet sein. Gleichwohl ist die penible Beschränkung auf die Übertragung von Lebensversicherungsverträgen auch aus einem anderen Grund nachvollziehbar: Die verfassungsrechtliche Begründung einer pauschal für alle Bereiche der Erstversicherung geltenden staatlichen Schutzpflicht ist ungleich schwieriger. Aufgrund der Voraussetzung besonderer Schutzbedürftigkeit hat die Prüfung des Bestehens einer Schutzpflicht grundsätzlich einzelfallbezogen zu erfolgen. Für Lebensversicherungsverhältnisse mag insoweit ausnahmsweise eine typisierbare Fallgestaltung anzunehmen sein.1254 Eine entsprechend pauschale Annahme für Erstversicherungsverhältnisse per se dürfte jedoch ausgeschlossen sein.1255 Der Kreis im Bereich der Erstversicherung als Versicherungsnehmer in Betracht kommender Privatrechtssubjekte ist äußerst heterogen und kann vom Verbraucher bis zum Großunternehmen – einschließlich anderer Versicherungsunternehmen – reichen. Versicherungsnehmer in Erstversicherungsverhältnissen können daher in unterschiedlichem Maße Geschäftserfahrung und Verhandlungsmacht aufweisen. Den „typischen Versicherungsnehmer“ gibt es im Bereich der Erstversicherung nicht. Streng genommen wäre aus diesem Grund – etwa in Anlehnung an das Verbraucherschutzrecht – zwischen unterschiedlichen Erstversicherungsnehmern zu differenzieren. So wird insbesondere im Bereich der Industrieversicherung bereits ungeachtet der noch gesondert zu erörternden Frage, ob staatliche Schutzpflichten überhaupt in vergleichbarer Weise gegenüber juristischen Personen bestehen können,1256 zu begründen sein, wieso – insoweit ausschließlich in Betracht kommende – Unternehmen als Versicherungsnehmer per se nicht in der Lage sein sollten, ihre individuellen Interessen eigenbestimmt zu verfolgen, indem sie auf die Bedingungen eines etwaigen Versicherungsübergangs bereits bei Vertragsschluss einwirken. Freilich weicht der Ausschluss von § 415 BGB von dem gesetzlichen Leitbild des Privatrechts ab; maßgeblich ist nach dem Vorstehenden jedoch, dass ein Vertragspartner dadurch so schwach wird, dass der überlegene Vertragspartner den Vertragsinhalt faktisch einseitig bestimmen kann. Auch müsste begründet werden, dass eine Kündigung des Vertrages oder eine Drohung damit den Versicherungsnehmern grundsätzlich unzumutbar ist. Ohne die spezifischen Nachteile bei der Kündigung langfristiger Versicherungsverträge dürfte die Schwelle der Unzumutbarkeit nur 1254 Gleiches dürfte bei der substitutiven Krankenversicherung anzunehmen sein, vgl. Schmid, Bestandsübertragung und Umwandlung von Versicherungsunternehmen (2010), Rn. 205. Kritisch gegenüber dem tatsächlichen Vorliegen dieser Voraussetzung aber Sachs, JuS 2005, 1026 (1027); Schenke, in: Hdb. Versicherungsaufsichtsrecht (2011), § 1 Rn. 22. 1255 Insoweit a. A. Bornschlegl, Die Bestandsübertragung nach dem VAG (2014), S. 455, der die Auffassung vertritt, dass die vom Bundesverfassungsgericht in seiner Begründung ausgeführten Grundsätze der Privatautonomie auf die Übertragung eines Erstversicherungsbestandes und auf die Übertragung eines Rückversicherungsbestandes gleichermaßen zutreffen. Für eine einheitliche Schutzpflicht bei Erstversicherungsverhältnissen auch Bürkle, VersR 2008, 1590 (1593); Seemayer, Grenzüberschreitende Übertragung von Erst- und Rückversicherungsbeständen (2016), S. 73 ff. 1256 Siehe dazu Teil 3, A.II.2.a)aa)(3)(g).
A. Grenzüberschreitende Bestandsübertragungen nach dem VAG
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schwer erreicht werden.1257 Weiterhin entfällt die vom Bundesverfassungsgericht herangezogene Begründung, wonach die Schutzbedürftigkeit auch dadurch geprägt wird, dass die Lebensversicherung von existenzieller wirtschaftlicher Bedeutung für die weitere Lebensgestaltung – insbesondere für die Alterssicherung – ist.1258 Deutlicher könnte die für die Herleitung staatlicher Schutzpflichten maßgebliche soziale Verantwortung des Staates aber kaum herausgestellt werden.1259 Wieso Gleiches etwa für eine vergleichsweise kurzfristige Sachversicherung gelten sollte, dürfte sich nur schwer begründen lassen. Schließlich wird auch bei der – ebenso wie die Prüfung der Schutzbedürftigkeit – einzelfallbezogen vorzunehmenden Interessenabwägung tendenziell eine Verschiebung zum Nachteil der Versicherungsnehmer zu verzeichnen sein. Insoweit steht auf Seiten der Versicherungsunternehmen allgemein maßgeblich der Erhalt von Flexibilität in Form unternehmerischer Handlungsfreiheit und einer damit einhergehenden Wettbewerbsfähigkeit auf dem Spiel.1260 Während diesem Interesse im Bereich der Lebensversicherung aufgrund der Langfristigkeit und der wirtschaftlichen Bedeutung für die Altersversicherung insbesondere das persönliche Vertrauen der Versicherungsnehmer in die langfristige Bonität des Versicherungsunternehmens gegenübersteht,1261 dürfte dies bei kurzfristigen Sachversicherungen jedenfalls nur in deutlich geringerem Maße zutreffen. (f) Pauschale Konkretisierung der Schutzpflicht durch den Gesetzgeber Der Gesetzgeber ist dem vom Bundesverfassungsgericht aufgrund der nicht hinreichend erfüllten Schutzpflichten im Bereich der Lebensversicherung erteilten Novellierungsauftrag im Rahmen des VAGÄndG 9 mit Wirkung vom 1. Januar 2008 nachgekommen.1262 Dabei hatte er grundsätzlich Gestaltungsspielraum.1263 So wäre
1257
Siehe dazu auch Teil 3, A.II.2.a)aa)(3)(g). Vgl. BVerfG, Urteil vom 26. Juli 2005 – 1 BvR 782/94, 1 BvR 957/96 –, BVerfGE 114, 1 = VersR 2005, 1109 (1118). 1259 Die Herausstellung dieser Aspekte erklärt sich vor dem Hintergrund, dass staatliche Schutzpflichten nur ausnahmsweise bestehen und insbesondere der Begründung durch „ein gewichtiges Bedürfnis für den Schutz des betreffenden Grundrechts“ bedürfen; vgl. Canaris, Grundrechte und Privatrecht (1999), S. 72 ff. Zugleich impliziert dieser zusätzliche spezifische Begründungsaufwand, dass die Begründungsschwelle für andere Bereiche der Erstversicherung sehr hoch ist und sich die pauschale Annahme einer entsprechenden Schutzplicht insoweit folglich verbietet. Vgl. auch Schenke, in: Hdb. Versicherungsaufsichtsrecht (2011), § 1 Rn. 21, der vermutet, dass das Bundesverfassungsgericht sich „seiner Sache keineswegs sicher“ gewesen sei und aus diesem Grund zusätzlich auch noch Art. 14 GG herangezogen habe. Mit Blick auf Art. 14 GG führt Wolf, VersR 2008, 1441 (1444), zutreffend aus, dass das Gericht eine Verletzung von Art. 14 GG nur insoweit annimmt, wie der Versicherungsnehmer an einer eigenverantwortlichen Wahrnehmung seiner Interessen gehindert ist. Art. 14 GG begründet daher keine eigenständige Schutzpflicht. 1260 Vgl. Teil 1, D.II.3. 1261 Siehe dazu Teil 1, D.II.4.a). 1262 Zur konkreten gesetzlichen Ausgestaltung siehe bereits Teil 1, D.II.3. 1258
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Teil 3: Grenzüberschreitende Bestandsübertragungen und Verschmelzungen
aus verfassungsrechtlicher Sicht etwa in Betracht gekommen, die Bestandsübertragung auf Sanierungsfälle zu beschränken. Denn in diesen Fällen dient die Übertragung auch dem Schutz der Versicherungsnehmer und steht regelmäßig nicht im Widerspruch zu den Belangen der Versicherungsnehmer. Der Ausschluss von § 415 BGB dürfte dann auch bei Lebensversicherungsverträgen grundsätzlich nicht zu beanstanden sein und keine weitergehende Schutzpflicht begründen.1264 Ob eine Übertragung zum Zwecke der Sanierung erfolgt und die Solvabilität des Versicherungsunternehmens sichert, kann auch nicht der betroffene Versicherungsnehmer selbst, sondern nur die Aufsichtsbehörde sinnvoll beurteilen. Eine an die Stelle der Zustimmung der Versicherungsnehmer tretende aufsichtsbehördliche Genehmigung ist daher insoweit auch zweckmäßig. Eine Beschränkung auf Sanierungsfälle hätte jedoch der praktischen Entwicklung des Instituts der Bestandsübertragung widersprochen.1265 Alternativ hätte der Gesetzgeber auch eine ausschließlich für Lebensversicherungsverträge geltende Regelung statuieren können.1266 Stattdessen hat er sich für eine pauschale Konkretisierung der Schutzpflicht im Bereich der Erstversicherung entschieden. Mit § 14 Abs. 1 S. 2 Hs. 1 VAG a. F. (nunmehr § 13 Abs. 1 S. 2 Hs. 1 VAG) wurde klargestellt, dass die Genehmigung einer Bestandsübertragung nur erteilt werden darf, wenn die Belange der Versicherten gewahrt und die Verpflichtungen aus den Versicherungen als dauernd erfüllbar dargetan sind.1267 Die über den Bereich der Lebensversicherung hinausgehende pauschale Konkretisierung der Schutzpflicht durch den Gesetzgeber ist zulässig.1268 Sie erfolgte insoweit jedoch 1263 Vgl. etwa Knappmann, NJW 2005, 2892 (2894). Siehe zum Spielraum des Gesetzgebers bei der Verwirklichung einer Schutzpflicht Canaris, Grundrechte und Privatrecht (1999), S. 83 ff.; Michael/Morlok, 5. Aufl. (2016), Rn. 43 f., 506. 1264 Siehe BVerfG, Urteil vom 26. Juli 2005 – 1 BvR 782/94, 1 BvR 957/96 –, BVerfGE 114, 1 = VersR 2005, 1109 (1118); vgl. auch Schenke, VersR 2006, 871 (875). 1265 Siehe dazu Teil 1, C. 1266 Gegen eine Lösung unter Zustimmung nur eines Teils der Betroffenen aber grundsätzlich Knappmann, NJW 2005, 2892 (2893). 1267 Soweit es die Privatautonomie betrifft, zitiert der Gesetzgeber zwar den Appell des Bundesverfassungsgerichts, wonach er insbesondere zu gewährleisten habe, dass eine aufsichtsrechtliche Genehmigung der Übertragung des Bestands von Lebensversicherungsverträgen nur erfolgt, wenn die Belange der Versicherten gewahrt sind, vgl. BT-Drs. 16/6518, S. 12. Einen Grund für die pauschale Anordnung der Schutzpflicht liefert er indes nicht. Dies erstaunt vor allem deshalb, weil der Gesetzgeber hinsichtlich der ebenfalls in Umsetzung des Urteils eingeführten Regelung zur Überschussbeteiligung in § 14 Abs. 4 VAG a. F. (nunmehr § 13 Abs. 4 VAG) ausdrücklich darauf hinweist, dass sich die Norm auf alle Verträge mit Überschussbeteiligung und nicht nur auf die verfahrensgegenständlichen Lebensversicherungsverträge bezieht, weil die Ratio der Urteilsgründe auch insoweit zu berücksichtigen sei, vgl. BT-Drs. 16/6518, S. 13. 1268 Die Umsetzung der Schutzpflicht darf ihrerseits lediglich nicht der Verfassung widersprechen. Mit Canaris, Grundrechte und Privatrecht (1999), S. 84 „darf der Gesetzgeber sich grundsätzlich das Ziel setzen, ein über dem grundrechtlichen Minimum liegendes Schutzniveau zu erreichen […] und dann ist Maßstab für die Erforderlichkeitsprüfung folgerichtig dieses Ziel und nicht etwa der grundrechtliche Minimalschutz; man wird sogar davon ausgehen können, daß sich die Verwirklichung von Schutzgeboten durch das einfache Recht – die ja zu dessen
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nicht in Umsetzung einer verfassungsrechtlichen Schutzpflicht, sondern im Rahmen des – weitergehenden – sozialstaatlichen Auftrags des Gesetzgebers, der nicht erfordert, dass sich der Schutz des Schwächeren zu einer Schutzpflicht verdichtet.1269 Wenngleich unabhängig von dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts und nicht aufgrund einer verfassungsrechtlichen Schutzpflicht erfolgt, ist mit Blick auf im Bereich der Erstversicherung mögliche Hinausübertragungen daran zu erinnern, dass der Gesetzgeber zusätzlich zu der vorstehend erörterten pauschalen Schutzpflicht ein ebenso pauschales Sonderkündigungsrecht eingeführt hat.1270 Als Grund dafür hat der Gesetzgeber vor allem die bis auf Weiteres national organisierten Sicherungseinrichtungen (Garantiefonds), deren unterschiedliches Schutzniveau und die besondere Bedeutung der Sicherheit der Ansprüche der Versicherungsnehmer angeführt.1271 (g) Fehlende Schutzbedürftigkeit im Bereich der Rückversicherung Die Konstellation im Bereich der Rückversicherung ist insoweit mit derjenigen im Bereich der Erstversicherung vergleichbar, als auch § 166 Abs. 1 VAG (§ 121f Abs. 1 VAG a. F.) einen Ausschluss von § 415 BGB vorsieht. Anders als vor der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts im Bereich der Erstversicherung, ist im Bereich der Rückversicherung jedoch überhaupt kein über die Solvabilität hinausgehender aufsichtsbehördlicher Prüfungsauftrag vorgesehen.1272 Vor dem Hintergrund der vorstehenden Ausführungen ist daher zu prüfen, ob im Rückversicherungsbereich vergleichbare staatliche Schutzpflichten zugunsten der Vorversicherer bestehen.
ebenso elementaren wie ,alltäglichen‘ Aufgaben gehört – in der Regel nicht auf die Umsetzung des verfassungsrechtlich erforderlichen Schutzminimums beschränkt.“ Aufgrund der pauschalen gesetzlichen Konkretisierung der Schutzpflicht erübrigt sich im Bereich der Erstversicherung eine Einzelfallprüfung und kann im Ergebnis dahinstehen, inwieweit neben dem Bereich der Lebensversicherung auch andere Bereiche der Erstversicherung eine entsprechend typisierbare Fallgestaltung darstellen. Ob die vom Gesetzgeber konkretisierte pauschale Schutzanordnung rechtspolitisch indiziert ist, kann nicht abschließend erörtert werden. Für eine derartige Pauschalisierung sprechen jedenfalls die aufsichtsrechtliche Einheitlichkeit und damit Praktikabilitätserwägungen. Denn ansonsten ließe sich ein heterogener Erstversicherungsbestand kaum einheitlich übertragen, sondern müsste zusätzlich nach Versicherungsnehmern unterteilt werden. Damit gingen erhebliche Abgrenzungsschwierigkeiten einher. 1269 Vgl. dazu grundsätzlich Michael/Morlok, 5. Aufl. (2016), Rn. 508. 1270 Siehe dazu Teil 2, E.I.2. 1271 Auch insoweit wird deutlich, dass der aufsichtsrechtliche Schutz im Bereich der Erstversicherung maßgeblich an den schutzbedürftigsten Versicherungsnehmern insbesondere in den Bereichen der Lebensversicherung und der substitutiven Krankenversicherung ausgerichtet wird. 1272 Zutreffend konstatiert Bürkle, VersR 2008, 1590 (1593), dass die Belange der Vorversicherer nach der gesetzlichen Konzeption nicht einmal einen negativen Prüfungsmaßstab darstellen.
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Zu berücksichtigen ist insoweit zunächst, dass eine Schutzpflicht zugunsten der Vorversicherer im Bereich der Rückversicherung überhaupt nur dann in Betracht kommen kann, wenn derartige Schutzpflichten mit dem Rechtsgedanken von Art. 19 Abs. 3 GG ihrem Wesen nach in vergleichbarer Weise auch zugunsten juristischer Personen streiten können.1273 Grundsätzlich erstreckt Art. 19 Abs. 3 GG den persönlichen Anwendungsbereich der Grundrechte auch auf inländische juristische Personen.1274 Einen abschließenden Katalog insoweit anwendbarer Grundrechte kann es jedoch nicht geben, da jedes einzelne Grundrecht im Einzelfall auf seine Eignung für eine konkrete Organisation zu prüfen ist.1275 Insoweit ist zu fragen, ob sich die betreffende juristische Person „in einer Lage befindet, die der einer natürlichen Person in vergleichbarer Situation ähnelt“1276. Dabei wird auch von einer für das konkrete Grundrecht typischen Gefährdungslage gesprochen.1277 Durch situativen Vergleich ist für die Anwendbarkeit von Art. 2 Abs. 1 GG im hier zu untersuchenden Einzelfall konkret zu fragen, ob sich Vorversicherer in Rückversicherungsverhältnissen aufgrund des gesetzlichen Ausschlusses von § 415 BGB in einer Lage befinden, die der von natürlichen Personen als Versicherungsnehmer in vergleichbarer Situation ähnelt. Insoweit dürfte anzunehmen sein, dass Vorversicherer – ähnlich wie natürliche Personen – selbstbestimmt Versicherungsverträge abschließen und ein Interesse an der Person ihres Vertragspartners haben. Durch die gesetzliche Ausgestaltung der Bestandsübertragung kann Vorversicherern grundsätzlich ebenfalls ohne oder sogar gegen ihren Willen ein anderer Vertragspartner aufgedrängt werden. Mit Blick auf die Privatautonomie dürfte somit eine vergleichbare Situation im Sinne einer typischen Gefährdungslage anzunehmen sein, da Vorversicherer insoweit grundsätzlich „in ihrer Selbstbestimmung in ähnlicher Weise bedroht sind, wie natürliche Personen“1278. Danach dürfte Art. 2 Abs. 1 GG hier grundsätzlich anwendbar sein.1279 Bejaht man die Anwendbarkeit und Einschlägigkeit von Art. 2 Abs. 1 GG, stellt sich gleichwohl die Frage, ob auch die hier maßgebliche Schutzgebotsfunktion der Grundrechte gegenüber juristischen Perso1273
Vgl. im Ansatz Seemayer, Grenzüberschreitende Übertragung von Erst- und Rückversicherungsbeständen (2016), S. 92. Auch Bürkle, VersR 2008, 1590 (1593) und Bornschlegl, Die Bestandsübertragung nach dem VAG (2014), S. 455 müssen dies implizit voraussetzen, wenn sie insoweit von einer grundsätzlichen Übertragbarkeit der Grundsätze aus dem Bereich der Lebensversicherung ausgehen. 1274 Remmert, in: Maunz/Dürig, 76. EL (2015), Art. 19 Rn. 26. 1275 Remmert, in: Maunz/Dürig, 76. EL (2015), Art. 19 Rn. 100 m. w. Nachw. 1276 Remmert, in: Maunz/Dürig, 76. EL (2015), Art. 19 Rn. 27 m. w. Nachw. 1277 Remmert, in: Maunz/Dürig, 76. EL (2015), Art. 19 Rn. 27 m. w. Nachw. 1278 Michael/Morlok, 5. Aufl. (2016), Rn. 458. 1279 Vgl. auch Seemayer, Grenzüberschreitende Übertragung von Erst- und Rückversicherungsbeständen (2016), S. 92. Für eine grundsätzliche Anwendbarkeit von Art. 2 Abs. 1 GG auf juristische Personen auch Enders, in: BeckOK GG, 29. Ed. (2016), Art. 19 Rn. 41 m. w. Nachw.; hiergegen jedoch kritisch Remmert, in: Maunz/Dürig, 76. EL (2015), Art. 19 Rn. 102. Nach Michael/Morlok, 5. Aufl. (2016), Rn. 463, 517 sollen jedenfalls typischerweise die Wirtschafts-Grundrechte, zu denen die Vertragsfreiheit zählt, auf juristische Personen anwendbar sein.
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nen zu berücksichtigen ist. Denn diese ergibt sich erst aus dem Zusammenspiel mit dem Sozialstaatsprinzip aus Art. 20 Abs. 1 GG.1280 Die danach gebotene Reglementierung von Privatrechtsverhältnissen soll dafür Sorge tragen, „dass nicht unbegrenzt das Recht des Stärkeren gilt“1281. Ausprägung findet dieser Grundsatz insbesondere im Verbraucherschutzrecht, im AGB-Recht sowie in den Generalklauseln des Zivilrechts.1282 Wie für den Bereich der Lebensversicherung dargestellt,1283 kann die Sozialstaatlichkeit in besonderen Konstellationen auch Anlass für spezifische grundrechtliche Schutzpflichten des Gesetzgebers sein.1284 Der Entscheidung für den Sozialstaat liegt jedoch zentral die Idee einer gerechten sozialen Ordnung zugrunde, in der der Staat eine „grundsätzliche Verantwortung für den Schutz der sozial Schwachen“1285 trägt. Ob vor dem Hintergrund dieser Wertentscheidung aus Art. 20 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsgedanken des Art. 19 Abs. 3 GG auch die Schutzgebotsfunktion von Art. 2 Abs. 1 GG ihrem Wesen nach in vergleichbarer Weise auf juristische Personen anwendbar ist, erscheint fraglich.1286 Indes dürfte jedenfalls ein völliger Ausschluss der Schutzgebotsfunktion zugunsten von Unternehmen, die als juristische Personen organisiert sind, mit der Idee der sozialen Marktwirtschaft nicht in Einklang zu bringen sein. Eine im Grundsatz ähnliche Wertung findet sich etwa im AGB-Recht,1287 das – wenngleich einge1280 Vgl. BVerfG, Beschluss vom 19. Oktober 1993 – 1 BvR 567/89 u. a. –, BVerfGE 89, 214 = NJW 1994, 36 (38). 1281 Di Fabio, in: Maunz/Dürig, 76. EL (2015), Art. 2 Rn. 108 m. w. Nachw. 1282 Vgl. Di Fabio, in: Maunz/Dürig, 76. EL (2015), Art. 2 Rn. 108. 1283 Siehe Teil 3, A.II.2.a)aa)(3)(d). 1284 Vgl. Grzeszick, in: Maunz/Dürig, 76. EL (2015), Art. 20 Rn. 29. 1285 Grzeszick, in: Maunz/Dürig, 76. EL (2015), Art. 20 Rn. 1. 1286 Eine insoweit einschränkende Wertung wird im AGB-Recht deutlich. Das ursprüngliche „AGBG wollte verhindern, dass eine Partei faktisch allein die Vertragsgestaltungsfreiheit für sich in Anspruch nimmt und dadurch den anderen Teil über ein tolerierbares Maß hinaus benachteiligt“, Becker, in: BeckOK BGB, 40. Ed. (2016), § 310 Rn. 10 m. w. Nachw. Es dient damit allgemein dem Schutz des Schwächeren, vgl. Schlosser, in: Staudinger, 15. Aufl. (2013), § 310 BGB Rn. 2. Der persönliche Anwendungsbereich der Vorschriften über die Kontrolle von AGB ist für Verträge zwischen Unternehmen gemäß § 310 Abs. 1 BGB jedoch eingeschränkt, vgl. dazu etwa Basedow, in: MünchKomm-BGB, Bd. 2, 7. Aufl. (2016), § 310 Rn. 2 f. 1287 Insoweit ist jedoch einschränkend darauf hinzuweisen, dass der im AGB-Recht maßgebliche Unternehmerbegriff nicht nur juristische Personen erfasst. Ob es sich um eine natürliche oder juristische Person handelt, ist unerheblich; vielmehr kommt es darauf an, dass ein Gewerbetreibender bei Abschluss des Vertrages im Rahmen seiner gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit handelt, vgl. Basedow, in: MünchKomm-BGB, Bd. 2, 7. Aufl. (2016), § 310 Rn. 44 m. w. Nachw. Juristische Personen sind umgekehrt jedoch bei all ihren Tätigkeiten Unternehmer, vgl. Schlosser, in: Staudinger, 15. Aufl. (2013), § 310 BGB Rn. 47; der Gesetzgeber hat sich insoweit bewusst gegen einen zunächst angedachten völligen Anwendungsausschluss für den Rechtsverkehr zwischen Vollkaufleuten entschieden, vgl. ders., a. a. O., § 310 BGB Rn. 1 f. Vor diesem Hintergrund ist hier entscheidend, dass die Gerichte über diese Generalklauseln schützend jedenfalls auch in Verträge zwischen Kaufleuten beziehungsweise juristischen Personen eingreifen, dazu Basedow, in: MünchKomm-BGB, Bd. 2, 7. Aufl. (2016), § 310 Rn. 5.
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schränkt – auch eine Kontrolle ausschließlich zwischen Unternehmen verwandter AGB insbesondere über die Generalklausel des § 307 BGB zulässt.1288 Verfassungsrechtliche Schutzpflichten sollten daher im Ergebnis grundsätzlich auch zugunsten juristischer Personen in Betracht kommen;1289 nach den vorstehenden Ausführungen dürfte jedoch die Begründungsschwelle für das Eingreifen einer konkreten Schutzpflicht zugunsten juristischer Personen im Einzelfall noch einmal höher anzusetzen sein als bei natürlichen Personen. Mit Blick auf den Ausschluss von § 415 BGB im Bereich der Rückversicherung ist zu berücksichtigen, dass § 121f VAG a. F. (nunmehr § 166 Abs. 1 VAG) erst mit Wirkung zum 2. Juni 2007 eingefügt wurde. Nachfolgend wird zunächst – entsprechend dem Bereich der Lebensversicherung –1290 die Konstellation bereits unter Geltung dieser Vorschrift abgeschlossener Rückversicherungsverträge untersucht.1291 Eine staatliche Schutzpflicht setzt insbesondere voraus, dass die Vorversicherer schutzbedürftig sind, weil sie nicht selbst für ihren Schutz sorgen können.1292 Dabei ist zunächst zu berücksichtigen, dass „die Möglichkeit der Bestandsübertragung bereits bei Vertragsschluss feststand und somit gerade durch die Ausübung der Privatautonomie zwischen den Parteien gültig geworden ist“1293. Während im Bereich der Lebensversicherung insoweit jedoch eine grundsätzliche Ähnlichkeit zu den Bürgschaftsfällen bestehen mag,1294 lässt sich eine derart schwere Störung der 1288
Vgl. etwa Basedow, in: MünchKomm-BGB, Bd. 2, 7. Aufl. (2016), § 310 Rn. 3. So konstatiert auch Schenke, in: Hdb. Versicherungsaufsichtsrecht (2011), § 1 Rn. 11 ff., dass grundrechtlicher Schutz für alle Beteiligte eines Versicherungsverhältnisses und damit ausdrücklich auch für Versicherungsunternehmen in Betracht kommt, die Abwehrfunktion der Grundrechte insoweit jedoch nicht unmittelbar zur Anwendung kommen kann. 1290 Vgl. Fn. 1231. 1291 Für vorher abgeschlossene Altverträge siehe Teil 3, A.II.2.a)aa)(3)(h). 1292 Zum Fehlen eines Anlasses für verfassungsrechtliche Schutzpflichten bei bestehender Möglichkeit des betroffenen Grundrechtsträgers zum Selbstschutz siehe Canaris, Grundrechte und Privatrecht (1999), S. 79 f. 1293 Sachs, JuS 2005, 1026 (1027) kritisiert mit diesem Argument bereits die Annahme einer staatlichen Schutzpflicht durch das Bundesverfassungsgericht im Bereich der Lebensversicherung. Schenke, VersR 2006, 871 (875) fordert bei der Bewertung des Schutzbedürfnisses im Bereich der Lebensversicherung zumindest eine Berücksichtigung des Umstands, dass „derjenige, der eine Kapitallebensversicherung abschließt, beim Vertragsschluss mit der Möglichkeit rechnen musste, dass sein Lebensversicherungsvertrag auch ohne seine Zustimmung im Rahmen einer […] Übertragung eines Versicherungsbestands auf eine andere Versicherungsgesellschaft übergehen kann“. 1294 Vgl. Teil 3, A.II.2.a)aa)(3)(d). Bereits insoweit jedoch kritisch Sachs, JuS 2005, 1026 (1027) mit der Vermutung, die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts beruhe auf der „nicht näher ausgeführten Annahme, dass von vornherein eine Störung der Vertragsparität zwischen Versicherungsunternehmen und Versicherungsnehmern besteht.“ Siehe auch Schenke, in: Hdb. Versicherungsaufsichtsrecht (2011), § 1 Rn. 22, der am Vorliegen dieser Voraussetzung zweifelt, „da sich eine faktische Beschränkung der Handlungsfreiheit der Versicherungsunternehmen daraus ergibt, dass diese im Wettbewerb mit anderen Unternehmen stehen und dies ihre wirtschaftliche Machtstellung erheblich schwächt.“ 1289
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Vertragsparität zwischen Vorversicherern und Rückversicherungsunternehmen jedenfalls nicht pauschal annehmen.1295 Im Rückversicherungsbereich besteht zwischen den Vertragsparteien ein ganz anderes Kräfteverhältnis als im Erstversicherungsbereich, da sich auf beiden Seiten Versicherungsunternehmen, mithin geschäftserfahrene Vertragspartner mit regelmäßig jedenfalls vergleichbarer Verhandlungsmacht, gegenüberstehen.1296 Vorversicherer sind strukturell weniger schutzbedürftig als Versicherungsnehmer im Bereich der Erstversicherung.1297 Insbesondere aus diesem Grund schließt § 209 VVG Rückversicherungsverträge auch vom Anwendungsbereich des stark auf den Schutz der Versicherungsnehmer ausgerichteten VVG aus.1298 Der Inhalt eines Rückversicherungsvertrages richtet sich mangels gesetzlicher Vorgaben und gerade aufgrund des Grundsatzes der Vertragsfreiheit maßgeblich nach den Vereinbarungen der Parteien.1299 Daher ist zunächst zu fragen, ob bereits die grundsätzliche Möglichkeit der vertraglichen Abweichung vom gesetzlichen Bestandsübertragungsschutz für einen selbstbestimmten Grundrechtsausgleich der Vorversicherer ausreicht. Vorversicherer dürften – entgegen der insoweit vom Bundesverfassungsgericht zugunsten von Versicherungsnehmern im Bereich der Lebensversicherung zentral zugrunde gelegten Annahme – regelmäßig in der Lage sein, bereits im Rahmen des Vertragsschlusses auf die rechtlichen Bedingungen eines etwaigen späteren Versicherungsübergangs eigen-
1295 Insoweit ist insbesondere zu berücksichtigen, dass eine Schutzpflicht anders als ein Eingriffsverbot gerade einer spezifischen Begründung bedarf, vgl. Canaris, Grundrechte und Privatrecht (1999), S. 72, und selbst mit der Bejahung einer Schutzpflicht nicht ohne Weiteres feststeht, dass diese unabhängig von den Besonderheiten des Einzelfalls immer durchgreift, vgl. Canaris, Grundrechte und Privatrecht (1999), S. 71. Hinsichtlich der mittelbaren Drittwirkung von Grundrechten konstatiert Schenke, in: Hdb. Versicherungsaufsichtsrecht (2011), § 1 Rn. 15, dass sich eine Übertragung dieser Lehre auf Versicherungsverhältnisse aufdrängt, „wenn zwischen den Vertragsparteien erhebliche wirtschaftliche Machtunterschiede bestehen.“ 1296 Fiedler, in: Bähr, Hdb. Versicherungsaufsichtsrecht (2011), § 23 Rn. 45 konstatiert ausdrücklich, dass „die Partner eines Rückversicherungsvertrages als Kaufleute ausreichend selbst in der Lage sind, ihre Interessen und vertraglichen Belange zu wahren und gegebenenfalls auch auf prozessualem Wege durchzusetzen.“; vgl. implizit auch Labes, in: Bähr, Hdb. Versicherungsaufsichtsrecht (2011), § 25 Rn. 26 (dort Fn. 38). 1297 Lüttringhaus, VersR 2008, 1036 (1038). Eine solche Annahme legen auch Schröder/ Fischer, VersR 2011, 184 (185) zugrunde, wenn sie die gegenüber dem Erstversicherungsbereich inhaltlich ebenfalls eingeschränkte Informationspflicht gemäß § 166 Abs. 1 S. 6 VAG (§ 121f Abs. 1 S. 6 VAG a. F.) aufgrund der sich im Rückversicherungsbereich regelmäßig gegenüberstehenden professionellen Akteure als sachgerecht qualifizieren. 1298 Vgl. Looschelders, VersR 2012, 1 (2); instruktiv Looschelders, in: MünchKomm-VVG, Bd. 3, 1. Aufl. (2009), § 209 Rn. 1: „Die Rückversicherung wird aus dem Anwendungsbereich des VVG herausgenommen, weil die meisten Vorschriften auf Erstversicherungsverträge zugeschnitten sind, was vor allem an den Bestimmungen zum Schutz des Versicherungsnehmers deutlich wird. Im Verhältnis zwischen Erst- und Rückversicherer ist ein solcher Schutz nicht nötig. Die Parteien stehen sich hier als Kaufleute gegenüber und können ihre Rechte selbst wahren. Einschränkungen der Vertragsfreiheit sind daher nicht erforderlich.“ 1299 Looschelders, VersR 2012, 1 (3).
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bestimmt einzuwirken.1300 Dabei können grundsätzlich auch zivilrechtliche Einschränkungen dahingehend erfolgen, dass eine Übertragung des Rückversicherungsvertrages ohne eine Zustimmung des Vorversicherers nicht oder nur an bestimmte respektive nach festgelegten Kriterien bestimmbare Rückversicherungsunternehmen zulässig sein soll;1301 als Bestimmungskriterien kämen insoweit etwa über die gesetzliche Solvabilitätsanforderungen hinausgehende Mindestanforderungen, ein bestimmtes Rating1302 oder die Zuständigkeit der BaFin für die Finanzaufsicht in Betracht.1303 Derartige Einschränkungen lassen sich durch Sonderkündigungsrechte und Vertragsstrafenvereinbarungen absichern.1304 Zwar wird gegen die Möglichkeit vertraglicher Sonderkündigungsrechte und Vertragsstrafen vorgebracht, dass diese ein Rückversicherungsunternehmen, das eine Abwicklung des Bestandes plant, nicht an der Durchführung einer Bestandsübertragung hindern würden.1305 Dieses Argument ist grundsätzlich zutreffend,1306 verkennt jedoch die Problematik des gebotenen Grundrechtsausgleichs. Denn insoweit geht es nicht etwa darum, dass der Vorversicherer seine vermeintlich garantierte Vertragsposition einschließlich des gewählten Schuldners beibehalten kann, sondern dass für den Fall einer etwaigen Übertragung des Vertrages eine hinreichende – selbstbestimmte – Interessenwahrung gewährleistet ist. Soweit eine Bestandsübertragung unter Berücksichtigung vertraglich definierter Kriterien erfolgt, ist dies der Fall.1307 Erfolgt 1300 Dies zeigt sich in der Praxis gerade durch die weite Verbreitung vertraglicher Sonderkündigungsrechte in Form von change of control-Klauseln, vgl. etwa Lüttringhaus, VersR 2008, 1036 (1038). Derartige Vereinbarungen einschließlich entsprechender Informationspflichten der Rückversicherungsunternehmen werden den Vorversicherern daher dringend empfohlen, vgl. Labes, in: Bähr, Hdb. Versicherungsaufsichtsrecht (2011), § 25 Rn. 24. 1301 Diese Ausgangssituation ist insoweit grundsätzlich mit der gerade umgekehrten Situation hinsichtlich der Abtretung vergleichbar; vgl. dazu bereits Teil 3, A.II.2.a)aa)(3)(b). 1302 Siehe dazu Bornschlegl, Die Bestandsübertragung nach dem VAG (2014), S. 461. 1303 Insbesondere durch Vereinbarungen für den Fall des Wechsels der für die Finanzaufsicht zuständigen Behörde können Vorversicherer somit auch den für Hinausübertragungen vorgebrachten Risiken selbstbestimmt entgegenwirken. Zur Problematik Bürkle, VersR 2008, 1590 (1591 f.); Bornschlegl, Die Bestandsübertragung nach dem VAG (2014), S. 459; Seemayer, Grenzüberschreitende Übertragung von Erst- und Rückversicherungsbeständen (2016), S. 89 f. 1304 Lüttringhaus, VersR 2008, 1036 (1038) konstatiert insoweit, dass sich „Vorversicherer in Rückversicherungsverträgen häufig ohnehin ein außerordentliches Kündigungsrecht anlässlich von Bestandsübertragungen ausbedingen“. Allgemein zur Zulässigkeit solcher Vereinbarungen etwa Gaier, in: MünchKomm-BGB, Bd. 2, 7. Aufl. (2016), § 314 Rn. 4. 1305 Bornschlegl, Die Bestandsübertragung nach dem VAG (2014), S. 457 m. w. Nachw. 1306 Zur Unbeachtlichkeit zivilrechtlicher Zustimmungsvorbehalte oder Sonderkündigungsrechte im Rahmen der Genehmigung einer Übertragung nach § 166 Abs. 1 VAG (§ 121f Abs. 1 VAG a. F.) durch die BaFin siehe Labes, in: Bähr, Hdb. Versicherungsaufsichtsrecht (2011), § 25 Rn. 23 f.; vgl. auch Seemayer, in: Brand/Baroch Castellvi, 1. Aufl. (2018), § 166 Rn. 20. 1307 Gleiches dürfte regelmäßig anzunehmen sein, wenn die Übertragung unabhängig vertraglich definierter Kriterien auf ein mindestens ebenso solventes Rückversicherungsunternehmen erfolgt.
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die Übertragung entgegen vereinbarter Kriterien und greift insoweit eine Vertragsstrafe, dürfte regelmäßig ebenfalls von einer hinreichenden Interessenwahrung auszugehen sein.1308 Selbst das bloße Eingreifen eines Sonderkündigungsrechts dürfte für Vorversicherer – anders als für Versicherungsnehmer im Bereich der Lebensversicherung – eine ausreichende Alternative darstellen.1309 Das Argument von Bürkle, eine Kündigung stelle keine realistische Option dar, weil Rückversicherungsverträge regelmäßig Regelungen enthielten, nach denen ein abgegebener Bestand im Falle der Kündigung durch den Vorversicherer bis zum Ablauf der Vorversicherungsverträge beim bisherigen Rückversicherungsunternehmen verbleibe und für abweichende Regelungen vor Einführung von § 166 Abs. 1 VAG (§ 121f VAG a. F.) kein Anlass bestanden habe,1310 entfällt für die zunächst betrachtete Konstellation unter Geltung dieser Vorschrift zustande gekommener Rückversicherungsverträge.1311 Warum eine Kündigung keine den Vorversicherern zumutbare Schutzmöglichkeit darstellen soll,1312 erschließt sich nicht. Das insoweit vorgebrachte Argument, eine Kündigung könne „allenfalls das Finden eines übernehmenden Unternehmens sowie die Vertragsverhandlungen mit diesem erschweren und nur in Einzelfällen die Bestandsübertragung hieran scheitern lassen“1313, greift schon nach den vorstehenden Ausführungen zum erforderlichen Grundrechtsausgleich nicht durch. Es widerspricht aber zudem der jedenfalls implizit vom Bundesverfassungsgericht zugrunde gelegten Wertung.1314 Denn würde die Kündigung eines Versicherungsvertrages schon aus diesem Grund keine grundsätzlich zumutbare Alternative darstellen, hätte sich das Gericht nicht dezidiert mit den spezifischen Nachteilen einer vorzeitigen Kündigung von Lebensversicherungsverträgen auseinandersetzen müssen. Durch eine Kündigung wird mit Blick auf die Privatautonomie als Mindestkorrektiv gewährleistet, dass niemandem eine vertragliche Bindung mit einem unzumutbaren Vertragspartner aufgezwungen werden kann.1315 Da bei Vorversicherern – anders als bei natürlichen Personen – keine anderen Belange als grundsätzlich vertraglich ausgestaltbare wirtschaftliche und rechtliche 1308 Insoweit hat sich der Vorversicherer gerade gegen einen derartigen Vertragsbruch selbstbestimmt geschützt. Wenn er diese Gefahr bei Vertragsschluss in Betracht gezogen hat und sich für deren Realisierung eine Vertragsstrafe ausbedungen hat, ist grundsätzlich davon auszugehen, dass diese Regelung einen sachgerechten Interessenausgleich darstellt. 1309 So auch Lüttringhaus, VersR 2008, 1036 (1038). 1310 Bürkle, VersR 2008, 1590 (1592). 1311 Beachte dazu aber Teil 3, A.II.2.a)aa)(3)(h). 1312 So ausdrücklich Bornschlegl, Die Bestandsübertragung nach dem VAG (2014), S. 457. 1313 Bornschlegl, Die Bestandsübertragung nach dem VAG (2014), S. 457. 1314 Vgl. BVerfG, Urteil vom 26. Juli 2005 – 1 BvR 782/94, 1 BvR 957/96 –, BVerfGE 114, 1 = VersR 2005, 1109 (1118). 1315 Eine ähnliche Wertung findet sich im Umwandlungsrecht. Denn auch insoweit wird mit Blick auf die Vertragsfreiheit ein außerordentliches Kündigungsrecht als ausreichend angesehen, wenn im Falle eines vereinbarten Sukzessionsverbotes gleichwohl eine zu einem Wechsel des Vertragspartners führende Umwandlung erfolgt, vgl. Rieble, ZIP 1997, 301 (314).
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Interessen ersichtlich sind,1316 dürfte die Möglichkeit eines vertraglichen Grundrechtsausgleichs regelmäßig ausreichen. Insbesondere ist die vom Bundesverfassungsgericht angenommene besondere Schutzbedürftigkeit im Bereich der Lebensversicherung aufgrund des „für die weitere Lebensgestaltung besonders wichtige[n] Vertragsverhältnis[ses]“1317 nicht auf Vorversicherer zu übertragen.1318 Auch die in diesem Zusammenhang ebenfalls angeführte Langfristigkeit der Vertragsbeziehung findet sich im Rückversicherungsbereich regelmäßig nicht. So weist etwa Lüttringhaus darauf hin, dass Rückversicherungsverträge regelmäßig nur eine Laufzeit von einem Jahr haben.1319 Eine typisierbare Fallgestaltung, die ähnlich dem Bereich der Lebensversicherung eine pauschale Schutzpflicht zugunsten von Vorversicherern begründen könnte, ist damit im Ergebnis abzulehnen.1320
1316 Ausführlich zu den grundsätzlich schutzwürdigen Belangen der Vorversicherer Bornschlegl, Die Bestandsübertragung nach dem VAG (2014), S. 459 ff. 1317 BVerfG, Urteil vom 26. Juli 2005 – 1 BvR 782/94, 1 BvR 957/96 –, BVerfGE 114, 1 = VersR 2005, 1109 (1118). 1318 Eine – lediglich – insoweit begründete staatliche Schutzpflicht dürfte schon mit dem Rechtsgedanken von Art. 19 Abs. 3 GG nicht zugunsten von juristischen Personen anzunehmen sein. 1319 Lüttringhaus, VersR 2008, 1036 (1038). Dies deckt sich im Ergebnis auch mit der Einschätzung von Looschelders, VersR 2012, 1 (7) m. w. Nachw., wonach Rückversicherungsverträge in der Praxis zwar meist auf unbestimmte Zeit geschlossen werden sollen, die Verträge jedoch oft ein Recht zur Kündigung mit einer Frist von drei Monaten zum Jahresende enthalten sollen. Hingegen soll es bei der fakultativen Rückversicherung nicht unüblich sein, dass der Vertrag unter Ausschluss der ordentlichen Kündigung auf eine bestimmte Zeit geschlossen werden. 1320 Die hier herangezogenen Kriterien ähneln den Wertungen des AGB-Rechts zu Bestimmungen zum Wechsel des Vertragspartners in AGB zwischen Unternehmen. Ausweislich § 309 Nr. 10 BGB ist eine Bestimmung, wonach bei Kauf-, Darlehens, Dienst- oder Werkverträgen ein Dritter anstelle des Verwenders in die sich aus dem Vertrag ergebenden Rechte und Pflichten eintritt oder eintreten kann, unwirksam, es sei denn, in der Bestimmung wird der Dritte namentlich bezeichnet oder dem anderen Vertragsteil wird das Recht eingeräumt, sich vom Vertrag zu lösen. Aus § 310 Abs. 1 BGB ergibt sich zwar, dass die Klauselverbote ohne Wertungsmöglichkeit des § 309 BGB nicht anzuwenden sind, soweit es AGB betrifft, die gegenüber einem Unternehmer verwendet werden; das heißt jedoch nicht, dass die Wertungen im Rahmen des § 307 BGB nicht grundsätzlich herangezogen werden können, vgl. Wurmnest, in: MünchKomm-BGB, Bd. 2, 7. Aufl. (2016), § 309 Rn. 9. Inwieweit das bei § 309 Nr. 10 BGB der Fall ist, hängt von einer Interessenabwägung ab, bei der auf Seiten des Verwenders das Interesse an einer Bestandsübertragung, auf Seiten des Kunden insbesondere das Interesse daran, sich über Zuverlässigkeit und Solvenz des Übernehmers Gewissheit zu verschaffen, zu beachten ist. Das Interesse des Kunden soll dabei umso beachtlicher sein, je stärker der personale Einschlag des Vertragsverhältnisses und je länger die Vertragslaufzeit ist, vgl. Wurmnest, in: MünchKomm-BGB, Bd. 2, 7. Aufl. (2016), § 309 Nr. 10 Rn. 9. Insoweit ist bei der hier untersuchten Konstellation zu berücksichtigen, dass ein gewisses Mindestmaß an Zuverlässigkeit und Solvenz der als übernehmende Vertragspartner allein in Betracht kommenden Rückversicherungsunternehmen bereits durch die Erlaubnispflicht und laufende Aufsicht sichergestellt wird, während der personale Einschlag von Rückversicherungsverhältnissen als eher gering und die Laufzeit als eher kurz zu beurteilen sein dürfte.
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Auch sofern sich ein Vorversicherer in Kenntnis der gesetzlichen Regelung zur Bestandsübertragung keine von den gesetzlichen Vorgaben abweichenden Rechte ausbedungen hat, ist grundsätzlich davon auszugehen, dass der Vorversicherer mit der gesetzlichen Regelung einverstanden ist und abweichende Vereinbarungen für nicht erforderlich erachtet hat. Dabei ist anzunehmen, dass der Vorversicherer die Möglichkeit einer Übertragung auf ein anderes Rückversicherungsunternehmen, das lediglich die gesetzliche Mindestsolvabilität erfüllt, gewissermaßen in den Vertrag eingepreist hat. Denn auch insoweit gilt, dass „der zum Ausdruck gebrachte übereinstimmende Wille der Vertragsparteien […] in der Regel auf einen durch den Vertrag hergestellten sachgerechten Interessenausgleich schließen [lässt], den der Staat grundsätzlich zu respektieren hat“1321. Soweit es im Einzelfall gleichwohl auch im Bereich der Rückversicherung zu einer faktischen Beeinträchtigung der privatautonomen Selbstbestimmung von Vorversicherern kommen kann, ist weiter zu fragen, ob die Privatrechtsordnung dafür nicht bereits ausreichende Schutzmöglichkeiten vorsieht. Auch wenn die Schwäche eines Vorversicherers im Ausgangspunkt durch eine gesetzliche Regelung bedingt sein mag, sind grundsätzlich die vom Bundesverfassungsgericht für die Bürgschaftsfälle herausgearbeiteten Grundsätze zu berücksichtigen.1322 Dort heißt es ausdrücklich: „Für die verfassungsrechtliche Würdigung genügt jedoch die Feststellung, daß das geltende Recht jedenfalls Instrumente bereithält, die es möglich machen, auf strukturelle Störungen der Vertragsparität angemessen zu reagieren. Für die Zivilgerichte folgt daraus die Pflicht, bei der Auslegung und Anwendung der Generalklauseln darauf zu achten, daß Verträge nicht als Mittel der Fremdbestimmung dienen. […] Sie müssen vielmehr klären, ob die Regelung eine Folge strukturell ungleicher Verhandlungsstärke ist, und gegebenenfalls im Rahmen der Generalklauseln des geltenden Zivilrechts korrigierend eingreifen. Wie sie dabei zu verfahren haben und zu welchem Ergebnis sie gelangen müssen, ist in erster Linie Frage des einfachen Rechts, dem die Verfassung einen weiten Spielraum läßt.“1323 Danach ist zunächst grundsätzlich eine einzelfallbezogene Vertragskorrektur über §§ 138, 242 BGB in Betracht zu ziehen.1324 Als Minimalkorrektiv kommt daneben bei Dauerschuldverhältnissen, zu denen auch Versicherungsverträge zählen,1325 im Falle der Unzumutbarkeit eines Wechsels des Vertragspartners auch ein außeror1321
BVerfG, Urteil vom 26. Juli 2005 – 1 BvR 782/94, 1 BvR 957/96 –, BVerfGE 114, 1 = VersR 2005, 1109 (1117); vgl. auch Schenke, in: Hdb. Versicherungsaufsichtsrecht (2011), § 1 Rn. 20. Diese Aussagen des Bundesverfassungsgerichts beanspruchen für alle Bereiche des Zivilrechts und damit auch des Privatversicherungsrechts Geltung, vgl. Armbrüster, in: MünchKomm-VVG, Bd. 1, 2. Aufl. (2016), Vorbem. §§ 6, 7 Rn. 7. 1322 Vgl. BVerfG, Urteil vom 26. Juli 2005 – 1 BvR 782/94, 1 BvR 957/96 –, BVerfGE 114, 1 = VersR 2005, 1109 (1117); Schenke, in: Hdb. Versicherungsaufsichtsrecht (2011), § 1 Rn. 22. 1323 Vgl. BVerfG, Beschluss vom 19. Oktober 1993 – 1 BvR 567/89 u. a. –, BVerfGE 89, 214 = NJW 1994, 36 (39). 1324 Di Fabio, in: Maunz/Dürig, 76. EL (2015), Art. 2 Rn. 111. 1325 Gaier, in: MünchKomm-BGB, Bd. 2, 7. Aufl. (2016), § 314 Rn. 6 m. w. Nachw.
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dentliches Kündigungsrecht des Vorversicherers nach § 314 BGB in Betracht.1326 Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass es Vorversicherern auch zumutbar ist, ihre vertraglichen Belange und Interessen gegebenenfalls auch auf prozessualem Wege durchzusetzen.1327 Aufgrund des Zusammenspiels zwischen der Schwäche der Schutzgebotsfunktion der Grundrechte1328 und den nochmals gesteigerten Anforderungen an die Begründung einer Schutzpflicht gegenüber juristischen Personen ließe sich im Ergebnis sogar annehmen, dass auch ungeachtet eines Sonderkündigungsrechts der Mindestschutz der Verfassung nicht unterschritten ist. Denn zum einen ist der Kreis von Unternehmen, die insoweit als übernehmender Vertragspartner in Betracht kommen, faktisch von Anfang an aufgrund der überschaubaren Anzahl von Rückversicherungsunternehmen stark beschränkt. Zum anderen kann eine Übertragung auch rechtlich nicht auf beliebige Unternehmen, sondern nur auf zugelassene und laufend überwachte Rückversicherungsunternehmen erfolgen, deren Solvabilität in Anbetracht der zu übernehmenden Verträge zwingend zu prüfen ist.1329 Zum Teil werden auch die Belange der Versicherungsnehmer der Vorversicherer zur Begründung einer staatlichen Schutzpflicht im Bereich der Rückversicherung herangezogen.1330 Eine Regelung zur Wahrung dieser Interessen ist gesetzlich nicht vorgesehen.1331 Da die Versicherungsnehmer von einer Rechtsnachfolge im Rückversicherungsbereich indirekt betroffen seien, sieht Bürkle darin einen mittelbaren Nachteil, der mit der Zielsetzung der Rückversicherungsaufsicht nur schwerlich in Einklang zu bringen sei.1332 Zwar trifft insoweit zu, dass die Rückversicherungsaufsicht maßgeblich auch den – jedenfalls indirekten – Schutz der Versicherten bezweckt.1333 Es ist auch nicht zu bestreiten, dass sich die Übertragung eines 1326
Vgl. zur Kündigung aus wichtigem Grund aufgrund Zuweisung eines unzumutbaren Vertragspartners im Wege einer Umwandlung vor der im Zuge der Schuldrechtsmodernisierung erfolgten Einführung von § 314 BGB Rieble, ZIP 1997, 301 (305) m. w. Nachw.; Gaier, in: MünchKomm-BGB, Bd. 2, 7. Aufl. (2016), § 314 Rn. 1. 1327 Vgl. Fiedler, in: Bähr, Hdb. Versicherungsaufsichtsrecht (2011), § 23 Rn. 45. 1328 Vgl. Teil 3, A.II.2.a)aa)(3)(d) (Fn. 1244). 1329 Zwar wendet Bürkle, VersR 2008, 1590 (1592) hiergegen noch ein, dass die Eigenmittelanforderungen zum damaligen Stand allgemein nicht mehr als ausreichend angesehen wurden, doch weist er zutreffend auch bereits darauf hin, dass Solvency II neue Solvabilitätsmaßstäbe vorsieht; diese neuen Maßstäbe sind nunmehr in Kraft getreten und bewirken tendenziell höhere Eigenmittelanforderungen, vgl. dazu bereits Teil 1, C.V. 1330 Bürkle, VersR 2008, 1590 (1592 f.); Bornschlegl, Die Bestandsübertragung nach dem VAG (2014), S. 462 f. 1331 Weber-Rey/Baltzer, WM 2007, 2184 (2187). 1332 Bürkle, VersR 2008, 1590 (1592 f.). 1333 Vgl. zutreffend Bürkle, VersR 2008, 1590 (1592 f.) m. w. Nachw. Gleichwohl soll die Rückversicherungsaufsicht nach Auffassung von Bähr nicht vorrangig die Belange der Versicherten beziehungsweise der Versicherungsnehmer zu schützen haben. Vorrangiger Zweck des VAG sei, das Verhalten der (Rück-)Versicherungsunternehmen bei ihrem Geschäftsbetrieb mit den dafür aufgestellten Ordnungsregeln in Einklang zu halten und auf diese Weise die Funktionsfähigkeit des Versicherungswesens sicher zu stellen. Die Rückversicherungsaufsicht
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Rückversicherungsbestands auf ein weniger solventes übernehmendes Rückversicherungsunternehmen im Einzelfall faktisch nachteilig auf die Versicherungsnehmer des Vorversicherers auswirken kann.1334 Für die hier zu beantwortende Frage einer staatlichen Schutzpflicht bedarf es insoweit jedoch einer verfassungsrechtlichen Grundlage. Eine solche setzt nicht lediglich mögliche wirtschaftliche Nachteile, sondern konkrete Rechtspositionen voraus, die durch die Übertragung eines Rückversicherungsbestands beeinträchtigt werden. Vertragliche Ansprüche der Versicherungsnehmer auf Leistung im Versicherungsfall sowie auf eine etwaige Überschussbeteiligung bestehen ausschließlich gegen den jeweiligen Vorversicherer. Zwar wird das vom Vorversicherer gegenüber dem jeweiligen Versicherungsnehmer getragene Risiko – sogenanntes Originalrisiko – regelmäßig auch den wesentlichen Gegenstand des entsprechenden Rückversicherungsvertrags darstellen.1335 Doch handelt es sich bei dem Rückversicherungsvertrag um eine echte und eigenständige Versicherung zwischen dem Erstversicherungs- und dem Rückversicherungsunternehmen;1336 Rechtsbeziehungen bestehen ausschließlich zwischen den beiden Vertragsparteien des Rückversicherungsvertrags.1337 Rechtsbeziehungen zu den Versicherungsnehmern selbst begründet ein Rückversicherungsvertrag – anders etwa als eine Mitversicherung – regelmäßig nicht.1338 Ein Anspruch der Versicherungsnehmer auf Rückversicherung besteht grundsätzlich ebenso wenig. Selbst für den Fall der obligatorischen Rückversicherung, bei der die Parteien verpflichtet sind, alle in einem Rückversicherungsvertrag nach allgemeinen Kriterien umschriebenen Risiken in Rückversicherung zu geben beziehungsweise zu nehmen,1339 ergibt sich insoweit kein anderes Ergebnis. Zwar könnte ein Versicherungsnehmer einen Versicherungsvertrag bei einem bestimmten Erstversicherungsunternehmen theoretisch gerade aufgrund dessen bestehender Vertragsbeziehung zu einem besonders solventen Rückversicherungsunternehmen abschließen. Eine für diese Betrachtung allein relevante grundrechtlich gesicherte oder zu schützende Position erlangt er daraus indes nicht. Denn der Versicherungsnehmer ist der jederzeitigen Änderung der Rückversicherungsbeziehungen des Erstversicherungsunternehmens ohnehin ausgesetzt. Auf die vertraglichen Bindungen im Verhältnis zwischen Erstversichesei in diesem Zusammenhang vorrangig dazu bestimmt, die Solvenz der Rückversicherungsunternehmen zu sichern, vgl. Bähr, in: FKBP, 5. Aufl. (2012), Vor § 119 Rn. 12. 1334 Dabei dürfte es sich indes um einen eher theoretischen Fall handeln. Denn eine faktische Auswirkung auf die Belange der Versicherten würde voraussetzen, dass der Vorversicherer ausfällt. Zudem müsste die Solvabilität des übernehmenden Rückversicherungsunternehmens so gering sein, dass es auch hinsichtlich der Deckung des rückversicherten Bestands zu einem den Versicherten treffenden – jedenfalls teilweisen – Ausfall kommt. 1335 Zur insoweit bestehenden Akzessorietät siehe Looschelders, VersR 2012, 1 (3). 1336 Die Weitergabe des Risikos berührt das zugrundeliegende Versicherungsverhältnis daher nicht, vgl. Seemayer, in: Brand/Baroch Castellvi, 1. Aufl. (2018), § 166 Rn. 24. 1337 Looschelders, VersR 2012, 1 (3). 1338 Vgl. BT-Drs. 16/3945, S. 115. 1339 Zur Differenzierung zwischen fakultativer und obligatorischer Rückversicherung Looschelders, VersR 2012, 1 (4).
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Teil 3: Grenzüberschreitende Bestandsübertragungen und Verschmelzungen
rungs- und Rückversicherungsunternehmen hat der Versicherungsnehmer keinen Einfluss. Diese können sich ohne sein Zutun auch etwa durch Vertragsablauf, Kündigung oder Anpassungsvereinbarungen ändern. Aus Sicht des Versicherungsnehmers stellt sich eine Rückversicherung – wenn und soweit sie besteht – folglich lediglich als eine ausschließlich wirtschaftliche Absicherung seiner Rechtsposition gegenüber dem Vorversicherer dar. Wenn der Rückversicherungsschutz aber regelmäßig ohnehin ohne Zutun des Versicherungsnehmers geändert – und damit etwa gänzlich gekündigt – werden kann, ist nicht ersichtlich, wie die Übertragung eines Rückversicherungsvertrags auf ein anderes, den gesetzlichen Solvabilitätsanforderungen unter Berücksichtigung der Übertragung genügendes, Rückversicherungsunternehmen den Schutz der Versicherungsnehmer grundrechtsrelevant schmälern sollte. Mag sich die Übertragung eines Rückversicherungsbestands gemäß § 166 Abs. 1 VAG (§ 121f Abs. 1 VAG a. F.) danach im Einzelfall auch mittelbar nachteilig auf die wirtschaftliche Position der Versicherungsnehmer auswirken, begründet dies gleichwohl ebenfalls keine verfassungsrechtlich gebotene staatliche Schutzpflicht. Denn die allein gegenüber dem Vorversicherer bestehende Rechtsposition des Versicherungsnehmers wird durch die Übertragung nicht berührt.1340 Soweit Bürkle bei der Hinausübertragung von Rückversicherungsbeständen anführt, dass „über das Solvabilitätsattest eine ausländische Behörde, die nicht an die deutsche Verfassung gebunden ist, über einen Grundrechtseingriff bei einem deutschen Vorversicherer zumindest wesentlich (mit)entscheidet“1341, ist nach den vorstehenden Ausführungen entgegenzuhalten, dass insoweit schon kein Grundrechtseingriff bei den Vorversicherern vorliegt. Darüber hinaus handelt es sich bei der Solvabilitätsbescheinigung um eine nach europarechtlichen Vorgaben – durch die als gleichwertig zu erachtende zuständige EWR-ausländische Aufsichtsbehörde – vorzunehmende Berechnung der Eigenmittelausstattung des übernehmenden Versicherungsunternehmens.1342 Die EWR-ausländische Aufsichtsbehörde hat dabei auch nicht etwa einen Ermessensspielraum, sondern es handelt sich um ein reines Zahlenwerk. (h) Beurteilung von Altverträgen Soweit es vor Implementierung des § 166 VAG (§ 121f VAG a. F.) und damit unter uneingeschränkter Geltung des allgemeinen zivilrechtlichen Grundsatzes von § 415 BGB abgeschlossene Rückversicherungsverträge betrifft, ist die Ausgangslage eine andere. Denn diese Verträge wurden regelmäßig unter der berechtigten Annahme 1340 Beurteilt man dies anders, müssten in der Folge grundsätzlich auch Übertragungen von Rückversicherungsverträgen mit Zustimmung des jeweiligen Vorversicherers sowie im Verhältnis zwischen dem Vorversicherer und dem jeweiligen Rückversicherungsunternehmen ausgeübte vertragliche Gestaltungsrechte hinterfragt werden. 1341 Bürkle, VersR 2008, 1590 (1593). 1342 Die Versicherungsaufsichtsbehörden der Mitglied- und Vertragsstaaten ein einheitliches Muster vereinbart, das als Annex II Bestandteil des General Protocol on Collaboration ist.
A. Grenzüberschreitende Bestandsübertragungen nach dem VAG
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geschlossen, sich aufgrund der gesetzlichen Ausgestaltung seines Vertragspartners grundsätzlich dauerhaft sicher zu sein. Aufgrund des zivilrechtlichen Zustimmungserfordernisses bestand bei Vertragsschluss kein Bedürfnis zu einer Vereinbarung von Sonderkündigungsrechten und wurde den Vorversicherern durch den Gesetzgeber mit Einführung von § 166 VAG (§ 121f VAG a. F.) – nachträglich – die Möglichkeit genommen, bei Vertragsschluss insoweit für einen sachgerechten Interessenschutz zu sorgen. Grundsätzlich dürfte mangels Übergangsregelungen, Bestandsschutzvorschriften oder anderweitiger Anwendungseinschränkungen von einer Anwendbarkeit von § 166 VAG (§ 121f VAG a. F.) auch auf vor Inkrafttreten dieser Norm bereits abgeschlossene Rückversicherungsverträge auszugehen sein. Daher könnte insoweit im Ergebnis mit Bürkle trotz des abweichenden Wortlauts von § 166 Abs. 1 VAG (§ 121f Abs. 1 VAG a. F.) aus verfassungsrechtlichen Gründen ausnahmsweise eine Einbeziehung der Belange der Vorversicherer in die aufsichtsbehördliche Entscheidung zu befürworten sein.1343 Die praktische Relevanz solcher Konstellationen wird jedoch unterschiedlich eingeschätzt. Vor dem Hintergrund der regelmäßig kurzen Laufzeit von Rückversicherungsverträgen1344 ist Lüttringhaus etwa der Ansicht, dass Sonderkündigungsrechte seitens der Vorversicherer auch relativ kurzfristig in einen Rückversicherungsvertrag eingefügt werden könnten, sodass der Ausschluss von § 415 BGB im Ergebnis leer liefe.1345 Wie bereits dargestellt, ist als Minimalkorrektiv jedoch auch das Eingreifen eines Sonderkündigungsrecht grundsätzlich ausreichend.1346 Insoweit ist insbesondere zu berücksichtigen, dass auch Rückversicherungsverträge, die vor Geltung von § 166 VAG (§ 121f VAG a. F.) geschlossen wurden, vertragliche Sonderkündigungsrechte vorsehen können. Dies ist zwar nicht für den Fall der Bestandsübertragung, jedenfalls aber für die klassischen Anwendungsfälle solcher Vereinbarungen – einschneidende Wechsel in der Gesellschafterstruktur des Vertragspartners oder Umwandlungen – anzunehmen. Denn mit solchen Maßnahmen bei einem Rückversicherungsunternehmen mussten Vorversicherer auch zuvor rechnen. Derartige Vereinbarungen könnten im Einzelfall über die Generalklauseln so auszulegen sein, dass sie auch auf die erst nach ihrer Vereinbarung gesetzlich ermöglichte Bestandsübertragung Anwendung finden. Im Übrigen käme auch insoweit als äußerste Grenze ein außerordentliches Kündigungsrecht gemäß § 314 BGB in Betracht. Dabei könnte bei der Prüfung der Unzumutbarkeit auch der Umstand zu berücksichtigen sein, dass eine Bestandsübertragung auf ein EWR-ausländisches Rückversicherungsunternehmen erfolgt. Dagegen spricht grundsätzlich jedoch die Internationalität der Rückversi-
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Bürkle, VersR 2008, 1590 (1592, 1595); gegen die Möglichkeit einer verfassungskonformen Auslegung von § 166 VAG (§ 121f VAG a. F.) jedoch Bornschlegl, Die Bestandsübertragung nach dem VAG (2014), S. 471. 1344 Vgl. Fn. 1319. 1345 Lüttringhaus, VersR 2008, 1036 (1038). 1346 Vgl. Teil 3, A.II.2.a)aa)(3)(g).
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cherung sowie die nicht zuletzt durch Solvency II intendierte Harmonisierung des Versicherungsaufsichtsrechts.1347 (i) Weitergehende Regelungsspielräume des Gesetzgebers Wenngleich die Privatautonomie der Vorversicherer durchaus berührt ist, lässt sich das Eingreifen einer pauschalen staatlichen Schutzpflicht zugunsten der Vorversicherer nach dem Vorstehenden nicht aus der Verfassung begründen. Der Gesetzgeber hat in den durch das Unter- und Übermaßverbot gesteckten Grenzen gleichwohl einen erheblichen Spielraum bei der konkreten Ausgestaltung des Schutzniveaus. Aus diesem Grund wäre eine pauschale Erhöhung des Schutzniveaus – auch vor dem Hintergrund von Solvency II –1348 grundsätzlich zulässig.1349 Daneben kämen etwa eine Beschränkung der Bestandsübertragung auf Sanierungsfälle, ein behördliches Einspruchsrecht, Ansprüche auf Sicherheitsleistung1350 oder – entsprechend der Erstversicherung –1351 ein gesetzliches Sonderkündigungsrecht bei einem mit einer Hinausübertragung einhergehenden Wechsel der Zuständigkeit für die Finanzaufsicht in Betracht. Für ein behördliches Einspruchsrecht oder ein gesetzliches Sonderkündigungsrecht insbesondere im Falle einer Hinausübertragung könnte etwa Part IV 5.2.4 General Protocol on Collaboration sprechen. Denn dort ist eine Informationspflicht der für das übernehmende Rückversicherungsunternehmen zuständigen Aufsichtsbehörde gegenüber der für das übertragende Rückversicherungsunternehmen zuständigen Aufsichtsbehörde vorgesehen, wenn erstere – ungeachtet der vorhandenen Mindesteigenkapitalausstattung – ernsthafte Bedenken hinsichtlich der künftigen Leistungsfähigkeit des übernehmenden Rückversicherungsunternehmens hat. De lege lata kann die BaFin eine derartige Information im Rahmen der Genehmigung jedoch nicht berücksichtigen. Bei derartigen Überlegungen handelt es sich jedoch um rechtspolitische Entscheidungen, auf die hier nicht abschließend eingegangen werden kann.1352
1347 Insoweit ist auch zu berücksichtigen, dass die Intention der Rückversicherungsrichtlinie, in deren Umsetzung die Bestandsübertragung im Bereich der Rückversicherung eingeführt wurde, gerade darin bestand, dass nationale Regulierung die Flexibilität des international geprägten Rückversicherungsgeschäfts nicht einschränkt, vgl. G. Bähr/Püttgen, ZfV 2008, 705 (706). Vgl. dazu auch Teil 1, D.II.4.a). 1348 Vgl. Teil 3, A.II.2.a)aa)(1). 1349 Vgl. bereits Teil 3, A.II.2.a)aa)(3)(f) zur pauschalen Konkretisierung der Schutzpflicht im Bereich der Erstversicherung. 1350 Vgl. insoweit zu Umwandlungen insbesondere Teil 3, B.I.2.f). 1351 Vgl. Teil 2, E.I.2. 1352 Insoweit sei verwiesen auf die ausführlichen Darstellungen zu den mit der Möglichkeit der Bestandsübertragung für Rückversicherer einhergehenden wirtschaftlichen und juristischen Risiken bei Bürkle, VersR 2008, 1590 (1591 f.); Bornschlegl, Die Bestandsübertragung nach dem VAG (2014), S. 458 ff.; Seemayer, Grenzüberschreitende Übertragung von Erst- und Rückversicherungsbeständen (2016), S. 85 f., 89 f.
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bb) Übertragung auf eine EWR-ausländische Niederlassung eines Drittstaatenunternehmens § 166 Abs. 2 VAG (§ 121f Abs. 2 VAG a. F.) gestattet die Hinausübertragung von Rückversicherungsbeständen inländischer Rückversicherungsunternehmen auch auf EWR-ausländische Niederlassungen von Erstversicherungs- oder Rückversicherungsunternehmen aus Drittstaaten.1353 Genehmigungserfordernisse und -verfahren entsprechen im Wesentlichen den vorstehend für Übertragungen auf EWR-ausländische Versicherungsunternehmen dargestellten Grundsätzen.1354 b) Inländischer Bestand eines EWR-ausländischen Rückversicherungsunternehmens Aufsichtsrechtlich nicht erfasst ist scheinbar der Fall, dass ein EWR-ausländisches Rückversicherungsunternehmen im Inland gemäß § 169 VAG (§ 121h Abs. 1 VAG a. F.1355) durch eine Niederlassung oder im Dienstleistungsverkehr erworbene Rückversicherungsbestände hinausüberträgt. Eine der Übertragung im Erstversicherungsbereich nach § 63 VAG (§ 111d VAG a. F.) entsprechende Regelung ist im Rückversicherungsbereich nicht vorgesehen. Dabei handelt es sich im Ergebnis jedoch nicht um ein Regelungsdefizit des deutschen Gesetzgebers. Denn die Gestattung einer derartigen Übertragung obliegt ausweislich Art. 39 Abs. 1 Unterabs. 1 Solvency II der Rechtsordnung des Sitzstaates des übertragenden Rückversicherungsunternehmens. Gemäß Art. 18 Rückversicherungsrichtlinie war eine Differenzierung zwischen inländischen und grenzüberschreitend erworbenen Beständen im Rückversicherungsbereich entgegen der dies suggerierenden – insoweit jedoch fehlerhaft übersetzten –1356 deutschen Sprachfassung nicht intendiert. Da gemäß Art. 39 Abs. 2 Solvency II die weiteren Verfahrensvorgaben – namentlich Konsultation und Zustimmung – für Übertragungen von Rückversicherungsunternehmen nicht gelten und die Solvabilitätsbescheinigung im Falle der Hinausübertragung von der für das übernehmende EWR-ausländische Versicherungsunternehmen zuständigen Aufsichtsbehörde auszustellen ist, besteht für derartige Hinausübertragungen 1353 § 166 Abs. 2 S. 1 VAG (§ 121f Abs. 2 S. 1 VAG a. F.) erfasst alle innergemeinschaftlichen Niederlassungen von Erstversicherungs- oder Rückversicherungsunternehmen aus Drittstaaten. Ermöglicht werden damit nur innereuropäische Übertragungen und nicht etwa Übertragungen in Drittstaaten. Nach § 166 Abs. 2 S. 2, 3 VAG (§ 121f Abs. 2 S. 2, 3 VAG a. F.) ist auch hier der Nachweis der gesetzlichen Mindestsolvabilität des übernehmenden Unternehmens erforderlich. Für den Fall der Hinausübertragung ist die Solvabilitätsbescheinigung ausweislich des in diesen Fällen regelmäßig einschlägigen § 166 Abs. 2 S. 3 VAG (§ 121f Abs. 2 S. 3 VAG a. F.) von der die Kapitalausstattung der Drittstaatenniederlassung überwachenden EWR-ausländischen Aufsichtsbehörde auszustellen. 1354 BT-Drs. 16/1937, S. 30; vgl. auch Bähr, in: FKBP, 5. Aufl. (2012), § 121f Rn. 3; Seemayer, in: Brand/Baroch Castellvi, 1. Aufl. (2018), § 166 Rn. 32. 1355 Vgl. BT-Drs. 18/2956, S. 274. 1356 Vgl. Teil 2, D.II.1.b)bb)(4); Teil 3, A.II.2.a).
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kein Regelungsbedürfnis seitens des deutschen Aufsichtsrechts. Solche Übertragungen können in der Praxis folglich ohne Beteiligung der BaFin erfolgen. c) Bestand einer inländischen Niederlassung eines Drittstaaten-Rückversicherungsunternehmens § 73 Abs. 1 S. 1 VAG (§ 121i Abs. 4 S. 1 VAG a. F.) ermöglicht unter anderem eine innergemeinschaftliche Hinausübertragung von Versicherungsbeständen der inländischen Niederlassung eines Rückversicherungsunternehmens mit Sitz außerhalb des EWR. Die Gestattung dieser Übertragungsmöglichkeit wird in weitgehender Anlehnung an Art. 39 Solvency II von Art. 164 Solvency II vorgeschrieben. Von der in Art. 164 Abs. 3 Solvency II optional vorgesehenen Möglichkeit der Übertragung derartiger Bestände auf EWR-ausländische Niederlassungen von Drittstaatenunternehmen hat der Gesetzgeber – wie auch im Erstversicherungsbereich –1357 keinen Gebrauch gemacht. Als übernehmende Versicherungsunternehmen kommen bei Hinausübertragungen folglich auch im Rückversicherungsbereich nur solche mit Sitz im EWR in Betracht.1358 Insoweit ergeben sich keine relevanten Besonderheiten gegenüber der entsprechenden Übertragung von einem inländischen Rückversicherungsunternehmen. 3. Schicksal der bestehenden Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb Überträgt ein inländisches Versicherungsunternehmen einen Bestand auf ein Versicherungsunternehmen mit Sitz in einem anderen Mitglied- oder Vertragsstaat, stellt sich die Frage, ob die nach § 8 VAG (§§ 5, 119 VAG a. F.) von der BaFin erteilte Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb bestehen bleibt.1359 Dabei ist grundsätzlich zwischen der Übertragung des gesamten Bestands eines Versicherungsunternehmens und Teilbestandsübertragungen zu differenzieren. a) Übertragung des gesamten Bestands Anlass zu Überlegungen betreffend das Schicksal der Erlaubnis des übertragenden Versicherungsunternehmens liefert § 222 Abs. 7 VAG (§ 125 Abs. 7 VAG a. F.1360). Danach erlischt mit der aufsichtsbehördlichen Anordnung der Übertragung des gesamten Bestands an Versicherungsverträgen auf den Sicherungsfonds die Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb des übertragenden Versicherungs1357
Vgl. Teil 3, A.II.1.d). Die Übertragung kann ausweislich § 73 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 VAG (§ 108 Abs. 1, § 121i Abs. 4 S. 1 VAG a. F.) auch auf die inländische Niederlassung eines Versicherungsunternehmens eines Drittstaates erfolgen. 1359 Diese Frage stellt sich allgemein infolge einer Bestandsübertragung und nicht exklusiv aufgrund der Hinausübertragung. 1360 Vgl. BT-Drs. 18/2956, S. 278. 1358
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unternehmens. Dies soll die logische Folge der Tatsache sein, dass der gesamte Versicherungsbestand übertragen wurde.1361 Abseits der hoheitlich angeordneten Bestandsübertragung auf den Sicherungsfonds ist eine derart ausdrückliche Regelung indes nicht ersichtlich. Außerhalb der bei Eintritt des Sicherungsfalls als ultima ratio1362 vorgesehenen Bestandsübertragung nach § 222 Abs. 2 VAG (§ 125 Abs. 2 VAG a. F.) lässt sich eine solche Rechtsfolge grundsätzlich auch nicht etwa aus den allgemeinen Vorschriften über das Erlöschen oder den Widerruf der Erlaubnis herleiten. Bei der rechtsgeschäftlichen Übertragung des gesamten Bestands eines Versicherungsunternehmens besteht das übertragende Unternehmen als solches grundsätzlich fort. Es verfügt nach der Übertragung indes – zumindest temporär – nicht über fortzuführende Versicherungsverträge. Im Bereich der Erstversicherung sah § 6 Abs. 5 S. 1 VAG a. F. die Erlaubnis betreffende Erlöschenstatbestände vor.1363 Danach sollte die Erlaubnis in den Fällen, in denen der Begünstigte von dieser keinen Gebrauch mehr machen wollte oder konnte, nicht bestehen bleiben.1364 Bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen erlosch die Erlaubnis mit Erlass eines entsprechenden feststellenden Verwaltungsaktes der BaFin.1365 Als mögliche Erlöschenstatbestände kamen insoweit nach § 6 Abs. 5 S. 1 Nr. 1 VAG a. F. ein ausdrücklicher Verzicht auf die Erlaubnis sowie nach § 6 Abs. 5 S. 1 Nr. 3 VAG a. F. die Einstellung des Geschäftsbetriebs in Betracht. Ein ausdrücklicher Verzicht musste indes von dem Versicherungsunternehmen erklärt werden. Aus anderem Verhalten – wie etwa der Übertragung des gesamten Versicherungsbestands – durfte nicht auf einen Verzicht geschlossen werden.1366 Für den Erlöschenstatbestand der Einstellung des Geschäftsbetriebs war grundsätzlich erforderlich, dass Bemühen und Bereitschaft zum Abschluss neuer und zur Verlängerung bestehender Versicherungsverträge seit mehr als sechs Monaten eingestellt waren.1367 Nach der Übertragung des gesamten Bestands ist eine Verlängerung bestehender Versicherungsverträge grundsätzlich nicht mehr möglich, sodass es insoweit maßgeblich auf Bemühen und Bereitschaft des Versicherungsunternehmens zum Abschluss neuer Verträge ankam. Ohne ausdrücklichen Verzicht des Versicherungsunternehmens kam ein Erlöschen der Erlaubnis frühestens ein halbes Jahr nach Übertragung des Versicherungsbestands in Betracht. Der BaFin stand insoweit jedoch nur ein sehr enger Ermessensspielraum zu, sodass das Erlöschen der Erlaubnis bei Vorliegen der gesetzlichen Vorausset1361
Pohlmann, in: FKBP, 5. Aufl. (2012), § 125 Rn. 11. Pohlmann, in: FKBP, 5. Aufl. (2012), § 125 Rn. 6 m. w. Nachw. 1363 Daneben konnte die Erlaubnis eines Erstversicherungsunternehmens grundsätzlich auch nach § 87 VAG a. F. widerrufen werden. Eine Bestandsübertragung allein erfüllte jedoch nicht die Voraussetzungen der dort normierten Widerrufsgründe. 1364 Kaulbach, in: FKBP, 5. Aufl. (2012), § 6 Rn. 10. 1365 Kaulbach, in: FKBP, 5. Aufl. (2012), § 6 Rn. 10. 1366 Kaulbach, in: FKBP, 5. Aufl. (2012), § 6 Rn. 11. 1367 Kaulbach, in: FKBP, 5. Aufl. (2012), § 6 Rn. 11. 1362
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zungen regelmäßig festzustellen war.1368 Solange die Aufsichtsbehörde trotz Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen keine Entscheidung nach § 6 Abs. 5 S. 2 VAG a. F. getroffen hatte, war die Erlaubnis als fortbestehend anzusehen.1369 Im Rückversicherungsbereich war ein Erlöschen der Erlaubnis nicht vorgesehen. In Betracht kam insoweit jedoch ein Widerruf der Erlaubnis.1370 Ausweislich § 121c Abs. 1 S. 1 VAG a. F. war die Erlaubnis bei ausdrücklichem Verzicht zu widerrufen. Ferner sollte die Erlaubnis nach § 121c Abs. 1 S. 4 Nr. 2 VAG a. F. im Falle der Einstellung des Geschäftsbetriebs seit mehr als sechs Monaten widerrufen werden. Die BaFin konnte dabei in besonderen Ausnahmefällen unter Würdigung des Einzelfalles von der gesetzlich grundsätzlich vorgesehenen Rechtsfolge des Widerrufs abweichen.1371 Es galten im Ergebnis also für die Erstversicherung und die Rückversicherung ganz ähnliche Grundsätze, die sich lediglich in verfahrenstechnischer Hinsicht auf der Rechtsfolgenseite unterschieden. Dies hat der Gesetzgeber erkannt und das bisherige Nebeneinander von Erlöschen und Widerruf beseitigt, indem er § 6 Abs. 5, 6, § 87 Abs. 1 bis 5, § 121c Abs. 1 bis 4 VAG a. F. einheitlich unter Wahl der Widerrufslösung in § 304 VAG zusammengefasst hat.1372 Die vorstehenden Ausführungen gelten folglich gemäß § 304 VAG nunmehr einheitlich für Erstversicherungsund Rückversicherungsunternehmen sinngemäß fort. Eine Bestandsübertragung wird daher regelmäßig nicht zu einem Widerruf der Erlaubnis durch die BaFin führen. b) Übertragung eines Teilbestands Wird nur ein Teilbestand (hinaus)übertragen, so verfügt das übertragende Versicherungsunternehmen auch nach der Übertragung denknotwendig noch über einen fortzuführenden Restbestand an Versicherungsverträgen. Die Problematik einer etwaigen Geschäftseinstellung stellt sich damit regelmäßig nicht. Zu berücksichtigen ist aber, dass im Erstversicherungsbereich das Erlöschen der Erlaubnis ausweislich § 6 Abs. 5 S. 1 VAG a. F. nicht nur auf den gesamten Geschäftsbetrieb, sondern auch auf einzelne Versicherungssparten bezogen sein konnte.1373 Setzte sich der Bestand eines Versicherungsunternehmens aus Verträgen unterschiedlicher Versicherungssparten zusammen und wurden durch eine Teilbestandsübertragung sämtliche Versicherungsverträge einer Sparte übertragen, kam insoweit grundsätzlich ein Teilerlöschen der Erlaubnis des übertragenden Versicherungsunternehmens in Betracht. 1368
Kaulbach, in: FKBP, 5. Aufl. (2012), § 6 Rn. 12. Kaulbach, in: FKBP, 5. Aufl. (2012), § 6 Rn. 13. 1370 Die in § 6 Abs. 5 VAG a. F. als Erlöschenstatbestände konzipierten Vorgaben stellten bis zum 21. Dezember 2000 bereits Widerrufsgründe dar, Erdmann, in: Bähr, Hdb. Versicherungsaufsichtsrecht (2011), § 26 Rn. 7. 1371 Erdmann, in: Bähr, Hdb. Versicherungsaufsichtsrecht (2011), § 26 Rn. 10. 1372 Vgl. BT-Drs. 18/2956, S. 292. 1373 Vgl. Präve, in: Prölss, 12. Aufl. (2005), § 6 Rn. 10. 1369
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Für ein derartiges Erlöschen aufgrund der Einstellung des Geschäftsbetriebs in einer Sparte galten die Voraussetzungen für das Erlöschen der Erlaubnis bei Übertragung des gesamten Bestands entsprechend. Für den nunmehr in § 304 VAG geregelten Widerruf der Erlaubnis findet sich eine derartige Anordnung nicht mehr. Lediglich für den ausdrücklichen Verzicht kommt ausweislich § 304 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 VAG (§ 6 Abs. 5 S. 1 Nr. 1, § 121c Abs. 1 S. 1 VAG a. F.) ein teilweiser Widerruf („soweit“) in Betracht. Im Übrigen wird eine Teilbestandsübertragung regelmäßig keinen Widerruf der Erlaubnis seitens der BaFin begründen.
III. Hineinübertragungen Hineinübertragungen von Versicherungsbeständen aus anderen Mitglied- oder Vertragsstaaten nach Deutschland sind aus nationaler aufsichtsrechtlicher Sicht regelmäßig von geringerer Bedeutung als Hinausübertragungen.1374 Denn die Sicherstellung der Versicherteninteressen bei derartigen Übertragungen ist grundsätzlich Aufgabe der insoweit jeweils zuständigen EWR-ausländischen Aufsichtsbehörden. Dies spiegelt sich auch in der Regelungsintensität des VAG betreffend Hineinübertragungen wider. Das VAG ist auf Bestandsübertragungen nach Maßgabe des deutschen Aufsichtsrechts und damit auf innerstaatliche Konstellationen und solche, die im Anwendungsbereich des VAG abgeschlossene Versicherungsverträge betreffen,1375 zugeschnitten. Die Regelungen mit grenzüberschreitendem Bezug erfassen daher primär Hinausübertragungen. Gleichwohl finden sich jedenfalls im Erstversicherungsbereich einige ausdrückliche aufsichtsrechtliche Vorgaben, die auch Übertragungen von Versicherungsbeständen aus anderen Mitglied- oder Vertragsstaaten auf inländische Versicherungsunternehmen erfassen. Die BaFin ist danach regelmäßig auch bei Hineinübertragungen zu beteiligen. Denn soweit ein Bestand von einem inländischen Versicherungsunternehmen übernommen wird, hat die deutsche Aufsichtsbehörde dessen ausreichende Solvabilität unter Berücksichtigung der Übertragung zu prüfen. Damit kommt der BaFin bei Hineinübertragungen im Wesentlichen die Aufgabe zu, die Leistungsfähigkeit der von ihr beaufsichtigten Versicherungsunternehmen unter Berücksichtigung etwa zu übernehmender Bestände sicherzustellen.1376 Da das VAG maßgeblich nach der Art der an einer Bestandsübertragungen beteiligten Versicherungsunternehmen differenziert, ist bei der Hineinübertragung danach zu unterscheiden, ob es sich bei dem übernehmenden Unternehmen um ein Erstversicherungs- oder ein Rückversicherungsunternehmen handelt.1377 1374
Vgl. Teil 1, D.II.4.b). Dies betrifft insbesondere die §§ 57 ff., 61 ff. VAG (§§ 13a ff., 110a ff. VAG a.F.). 1376 Vgl. Teil 1, D.II.4.b). 1377 Vgl. dazu auch Teil 1, B.II.1.a); Teil 3, A.II.1.; Teil 3, A.II.2. Aus Darstellungsgründen werden nachfolgend zunächst die Grundkonstellationen der Übertragung von Erstversicherungsbeständen zwischen Erstversicherungsunternehmen und der Übertragung von Rückver1375
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Teil 3: Grenzüberschreitende Bestandsübertragungen und Verschmelzungen
1. Übernehmendes inländisches Erstversicherungsunternehmen a) Grenzüberschreitend erworbener Bestand eines inländischen Erstversicherungsunternehmens Auch Bestandsübertragungen von einem inländischen auf ein anderes inländisches Erstversicherungsunternehmen können grenzüberschreitenden Bezug aufweisen. Eine Bestandsübertragung von der EWR-ausländischen Zweigniederlassung eines inländischen Erstversicherungsunternehmens auf ein anderes inländisches Erstversicherungsunternehmen lässt sich – aufgrund der Verwaltung derartiger Bestände durch die EWR-ausländische Zweigniederlassung – nach der hier zugrunde gelegten territorialen Betrachtung als Hineinübertragung verstehen.1378 Schwieriger verhält sich dies bei einer entsprechenden Übertragung des – regelmäßig im Inland verwalteten – Dienstleistungsgeschäfts.1379 Die Übertragung von grenzüberschreitend erworbenen Beständen eines inländischen Erstversicherungsunternehmens auf ein anderes inländisches Erstversicherungsunternehmen wird von § 13 Abs. 2 S. 1 VAG (§ 14 Abs. 2 S. 1 VAG a. F.) erfasst.1380 Da die Norm ihrem Wortlaut nach Konstellationen erfasst, in denen ein „inländisches Erstversicherungsunternehmen“ einen Bestand auf ein „Versicherungsunternehmen mit Sitz in einem Mitglied- oder Vertragsstaat“ überträgt, wird zum Teil angenommen, dass die Übertragung auf ein EWR-ausländisches Unternehmen erfolgen muss.1381 Dann aber hätte der Gesetzgeber formulieren müssen „mit Sitz in einem anderen Mitglied- oder Vertragsstaat“ wie etwa betreffend das übertragende Versicherungsunternehmen in § 63 Abs. 1 S. 1 VAG (§ 111d S. 1 VAG a. F.).1382 Auch Art. 39 Abs. 1 Unterabs. 1 Solvency II gibt insoweit lediglich sicherungsbeständen zwischen Rückversicherungsunternehmen dargestellt. Auf Besonderheiten der Beteiligung gemischter Versicherungsunternehmen an Bestandsübertragungen wird anschließend in Teil 3, A.III.3. eingegangen. 1378 Vgl. insoweit zur Hinausübertragung auf ein EWR-ausländisches Versicherungsunternehmen Teil 3, A.II.1.a)bb). 1379 Siehe dazu auch Teil 3, A.IV. Eine derartige Übertragung lässt sich in der gewählten Matrix nicht systematisch einordnen, für die Konsultations- und Zustimmungspflichten gelten die Ausführungen zum Niederlassungsgeschäft indes entsprechend. 1380 Diehl/Seemayer, in: Brand/Baroch Castellvi, 1. Aufl. (2018), § 13 Rn. 33; Seemayer, Grenzüberschreitende Übertragung von Erst- und Rückversicherungsbeständen (2016), S. 226. 1381 So Bornschlegl, Die Bestandsübertragung nach dem VAG (2014), S. 422; wohl auch Laars, VAG 3. Aufl. (2015) § 14 Rn. 3. Insoweit nicht eindeutig, jedoch ohne ausdrückliche Einschränkung Präve, in: Prölss, 12. Aufl. (2005), § 14 Rn. 33; Kaulbach, in: FKBP, 5. Aufl. (2012), § 14 Rn. 6, 19 f.; zutreffend präzisierend für den spiegelbildlichen Fall Pohlmann, in: FKBP, 5. Aufl. (2012), § 111d Rn. 4. 1382 Bornschlegl, Die Bestandsübertragung nach dem VAG (2014), S. 428, 449 begründet mit diesem Wortlautargument zutreffend die Übertragungsmöglichkeit auf inländische Versicherungsunternehmen im Rahmen des § 111d VAG a. F. (nunmehr § 63 VAG) und des § 121f Abs. 1 VAG a. F. (nunmehr § 166 Abs. 1 VAG); für die insoweit identische Formulierung in § 14 Abs. 2 S. 1 VAG a. F. (nunmehr § 13 Abs. 2 S. 1 VAG) zieht er dieses Argument indes nicht heran.
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die Übertragung „an ein übernehmendes Unternehmen in der Gemeinschaft“ vor. Es ist nicht ersichtlich, dass der Gesetzgeber insoweit eine Einschränkung hinsichtlich des übernehmenden Versicherungsunternehmens hätte vornehmen wollen.1383 Ein derart einschränkendes Verständnis würde zudem dazu führen, dass solche Übertragungen nach § 13 Abs. 1 VAG (§ 14 Abs. 1 VAG a. F.) zu beurteilen wären. Dies hätte jedoch zur Folge, dass insbesondere die verwaltungsverfahrensrechtlichen Vorgaben betreffend die Übertragung grenzüberschreitend erworbener Bestände aus Art. 39 Solvency II nicht voll zur Geltung kämen. Denn die Konsultations- und Zustimmungspflichten EWR-ausländischer Aufsichtsbehörden sind ausschließlich in § 13 Abs. 2 VAG (§ 14 Abs. 2 VAG a. F.) normiert. Daher ist § 13 Abs. 2 S. 1 VAG (§ 14 Abs. 2 S. 1 VAG a. F.) so auszulegen, dass er auch Übertragungen auf inländische Versicherungsunternehmen erfasst.1384 § 13 Abs. 2 VAG (§ 14 Abs. 2 1383 Der Gesetzesbegründung kann jedenfalls nicht eindeutig entnommen werden, dass der Gesetzgeber Übertragungen auf inländische Versicherungsunternehmen hätte ausschließen wollen. BT-Drs. 12/6959, S. 69 ist insoweit nur Folgendes zu entnehmen: „Die Sätze 1 und 2 Regeln die Übertragung des von einem inländischen Versicherungsunternehmen in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaft durch eine Niederlassung oder im Dienstleistungsverkehr erworbenen Versicherungsbestands auf ein Unternehmen, das entweder in diesem Staat seinen Sitz hat oder in einem der übrigen Mitgliedstaaten oder Vertragsstaaten ansässig ist, im letzteren Fall den Versicherungsbestand also über eine eigene Niederlassung oder im Dienstleistungsverkehr fortführen muß.“ Die Formulierung „in einem der übrigen Mitgliedstaaten oder Vertragsstaaten“ schließt Deutschland auch nicht zwingend aus, da es sich grammatikalisch auf „in diesem Staat seinen Sitz hat“ bezieht und folglich insoweit aus der Perspektive des Staates der Niederlassung beziehungsweise der Dienstleistungserbringung zu interpretieren ist. Auch ein inländisches Versicherungsunternehmen müsste einen derartigen Bestand nämlich – wie schon zuvor das übertragende inländische Versicherungsunternehmen – über eine eigene Niederlassung oder im Dienstleistungsverkehr fortführen. 1384 Dies wirft grundsätzlich die – für die hier angestellte Betrachtung indes unerhebliche – Folgefrage auf, was insoweit im Zusammenhang mit inländischen Beständen gilt. Denn § 13 Abs. 2 S. 3 VAG (§ 14 Abs. 2 S. 3 VAG a. F.) erweitert den Anwendungsbereich von § 13 Abs. 2 S. 1, 2 Nr. 1 VAG (§ 14 Abs. 2 S. 1, 2 Nr. 1 VAG a. F.) auf im Inland erworbene Bestände. Während § 13 Abs. 1 VAG (§ 14 Abs. 1 VAG a. F.) die Genehmigung(en) der für die beteiligten Versicherungsunternehmen zuständigen Aufsichtsbehörden erfordert, reicht nach § 13 Abs. 2 S. 1 VAG (§ 14 Abs. 2 S. 1 VAG a. F.) die Genehmigung der für das übertragende Versicherungsunternehmen zuständigen Aufsichtsbehörde. Damit würde eine Übertragung inländischer Bestände unter inländischen Versicherungsunternehmen bei formalrechtlicher Betrachtung höheren verfahrenstechnischen Vorgaben unterliegen als Übertragungen grenzüberschreitend erworbener Bestände. Dieses – den Fällen der Inländerdiskriminierung ähnelnde – Ergebnis würde bei Anwendung von § 13 Abs. 2 S. 3 VAG (§ 14 Abs. 2 S. 3 VAG a. F.) vermieden. Für die hier betrachteten Versicherungsunternehmen wirkt sich dies in der Praxis jedoch nicht aus, soweit ausschließlich von der BaFin beaufsichtigte inländische Versicherungsunternehmen beteiligt sind. Dogmatisch interessant gestaltet sich aber die Frage, ob bei rein innerstaatlichen Konstellationen und Beteiligung eines unter Landesaufsicht stehenden Versicherungsunternehmens über § 13 Abs. 2 S. 3 VAG (§ 14 Abs. 2 S. 3 VAG a. F.) eine Genehmigungskonzentration bei der für das übertragende Versicherungsunternehmen zuständigen Aufsichtsbehörde angeordnet wird. Dagegen spricht aber der jedenfalls insoweit eindeutige Wille des Gesetzgebers, BT-Drs. 12/6959, S. 69, S. 3 erweitert den Anwendungsbereich der Sätze 1 und 2 Nr. 1 auf den Fall, dass ein inländischer Versicherungsbestand auf ein Unternehmen mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat übertragen werden soll.
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Teil 3: Grenzüberschreitende Bestandsübertragungen und Verschmelzungen
VAG a. F.) beschränkt damit als Spezialvorschrift für Bestandsübertragungen mit EWR-Bezug im Ergebnis den Anwendungsbereich von § 13 Abs. 1 VAG (§ 14 Abs. 1 VAG a. F.) auf rein innerstaatliche Bestandsübertragungen ohne jeglichen grenzüberschreitenden Bezug und solche mit Bezug zu Drittstaatenunternehmen. Hineinübertragungen gemäß § 13 Abs. 2 S. 1 VAG (§ 14 Abs. 2 S. 1 VAG a. F.) unterscheiden sich von Hinausübertragungen nach Maßgabe dieser Vorschrift hauptsächlich darin, dass die Solvabilitätsbescheinigung des übernehmenden Unternehmens nach dem Wortlaut der Norm von der deutschen Aufsichtsbehörde auszustellen ist.1385 In dem für die hier betrachteten Versicherungsunternehmen unterstellten Regelfall einer Beaufsichtigung durch die BaFin bedeutet dies im Ergebnis, dass die Prüfung der Solvabilität mit der Prüfung der übrigen Voraussetzungen nach § 13 Abs. 2 S. 2 Hs. 1 i. V. m. Abs. 1 S. 2 VAG (§ 14 Abs. 2 S. 2 Hs. 1 i. V. m. Abs. 1 S. 2 VAG a. F.) zusammenfällt und insoweit ausschließlich die BaFin zuständig ist. Aufgrund dieser Behördenidentität erübrigt sich die Ausstellung der für das grenzüberschreitende Verwaltungsverfahren konzipierten Solvabilitätsbescheinigung.1386 Bei solchen Übertragungen ist gleichwohl gemäß § 13 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 VAG (§ 14 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 VAG a. F.) die Zustimmung der EWR-ausländischen Aufsichtsbehörde(n) nach Maßgabe des Kriteriums der Risikobelegenheit einzuholen. Für Übertragungen des Niederlassungsgeschäfts besteht insoweit ferner eine – subsidiäre – Anhörungspflicht gegenüber der EWR-ausländischen Aufsichtsbehörde des Niederlassungsstaates.1387 Art. 39 Abs. 3, 4 Solvency II ist nicht zu entnehmen, dass die Konsultationspflichten im Rahmen des grenzüberschreitenden Verwaltungsverfahrens nur für Übertragungen zwischen Erstversicherungsunternehmen unterschiedlicher Mitglied- oder Vertragsstaaten gelten sollten. Eine derartige Einschränkung wäre auch bedenklich, da die betroffenen Versicherungsverträge regelmäßig EWR-ausländischem Vertragsrecht unterfallen dürften.1388 Einen Ausschluss der § 415 BGB in der maßgeblichen EWR-ausländischen Rechtsordnung entsprechenden Vorschrift kann indes grundsätzlich nur diese Rechtsordnung selbst vorsehen beziehungsweise die nach dieser Rechtsordnung zuständige EWR-ausländische Aufsichtsbehörde verfügen. Dies liegt auch der insoweit spiegelbildlichen Vorschrift des § 63 Abs. 1 S. 1 VAG (§ 111d S. 1 VAG a. F.) zugrunde. Die dort statuierte Zustimmungspflicht der BaFin folgt allein aus der inländischen Risikobelegenheit. Sie besteht grundsätzlich, soweit von einer Übertragung Versiche1385 Im Übrigen wird auf die entsprechenden Ausführungen in Teil 3, A.II.1.a) – auch hinsichtlich der Wahrung etwaiger Überschussbeteiligung – verwiesen. 1386 Part IV 5.1.3 General Protocol on Collaboration lautet folglich auch: When the head office of the accepting Insurance Undertaking and that of the transferring Insurance Undertaking are not in the same Member State, the Competent Authority of the Home State of the transferring Insurance Undertaking, shall also obtain a certificate of solvency from the Competent Authority of the Home State of the accepting Insurance Undertaking […]. 1387 Vgl. insoweit die entsprechenden Ausführungen bei der Hinausübertragung in Teil 3, A.II.1.a). 1388 Vgl. Teil 3, A.I.2.b).
A. Grenzüberschreitende Bestandsübertragungen nach dem VAG
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rungsverträge betroffen sind, die gemäß § 61 Abs. 1 VAG (§ 110a Abs. 1 VAG a. F.) durch eine inländische Zweigniederlassung oder im Wege des Dienstleistungsverkehrs im Inland abgeschlossen wurden; soweit keine im Inland belegenen Risiken betroffen sind, entfällt diese Zustimmungspflicht ausweislich § 63 Abs. 2 VAG (§ 111d S. 3 VAG a. F.) zugunsten einer bloßen Stellungnahme.1389 Indes erfordert die derart konzipierte Konsultationspflicht gerade nicht die Beteiligung eines inländischen Versicherungsunternehmens. Vielmehr besteht sie auch in der Konstellation der Übertragung von einem EWR-ausländischen Versicherungsunternehmen auf ein Versicherungsunternehmen mit Sitz in demselben oder einem anderen – dritten – Mitglied- oder Vertragsstaat. b) Bestand eines EWR-ausländischen Erstversicherungsunternehmens Bei Übertragungen eines EWR-ausländischen Erstversicherungsunternehmens ist grundsätzlich nach den gemäß § 61 Abs. 1 VAG (§ 110a Abs. 1 VAG a. F.) grenzüberschreitend im Inland erworbenen Versicherungsverträgen, den grenzüberschreitend in anderen Mitglied- oder Vertragsstaaten als Deutschland und dem Sitzstaat des übertragenden Erstversicherungsunternehmens erworbenen Versicherungsverträgen sowie den im jeweiligen Sitzstaat des übertragenden Erstversicherungsunternehmens erworbenen Versicherungsverträgen zu differenzieren. aa) Grenzüberschreitend im Inland erworbener Bestand Die Übertragung des Versicherungsbestands, den ein EWR-ausländisches Erstversicherungsunternehmen im Inland gemäß § 61 Abs. 1 VAG (§ 110a Abs. 1 VAG a. F.) durch eine Zweigniederlassung oder im Dienstleistungsverkehr erworben hat, auf ein inländisches Erstversicherungsunternehmen, ist von § 63 Abs. 1 S. 1 VAG (§ 111d S. 1 VAG a. F.) erfasst.1390 Wie auch in § 13 Abs. 2 S. 1 VAG (§ 14 Abs. 2 S. 1 VAG a. F.) sieht der Wortlaut eine Übertragung „auf ein Unternehmen mit Sitz in einem Mitglied- oder Vertragsstaat“ vor. Darunter fallen nach hier vertretener Ansicht1391 auch inländische Versicherungsunternehmen. Anders als in § 13 Abs. 2 VAG (§ 14 Abs. 2 VAG a. F.) ergibt sich bei § 63 VAG (§ 111d VAG a. F.) der Einbezug inländischer Versicherungsunternehmen aus der Norm selbst. Denn § 63 Abs. 4 VAG (§ 111d S. 5 VAG a. F.) trifft ausdrücklich Anordnungen für den Fall, 1389
Vgl. Teil 3, A.II.1.c)aa). So auch Bornschlegl, Die Bestandsübertragung nach dem VAG (2014), S. 428; Pohlmann, in: FKBP, 5. Aufl. (2012), § 111d Rn. 4; Diehl/Seemayer, in: Brand/Baroch Castellvi, 1. Aufl. (2018), § 63 Rn. 2 f.; a. A. Kollhosser, in: Prölss, 12. Aufl. (2005), § 111d Rn. 2, der die Ansicht vertritt, dass „beide ihren Sitz in einem anderen EG- oder EWR-Staat haben“ müssen; ebenso wohl Kaulbach, in FKBP, 5. Aufl. (2012), § 14 Rn. 6, der von § 111d S. 1 VAG a. F. (nunmehr § 63 Abs. 1 S. 1 VAG) nur die Übertragung auf „ein anderes ausländisches EU/EWRVersicherungsunternehmen“ erfasst sieht. 1391 Vgl. insoweit zu § 13 Abs. 2 S. 1 VAG (§ 14 Abs. 2 S. 1 VAG a. F.) bereits Teil 3, A.III.1.a). 1390
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Teil 3: Grenzüberschreitende Bestandsübertragungen und Verschmelzungen
dass die nach § 63 Abs. 1 S. 1 VAG (§ 111d S. 1 VAG a. F.) für die Genehmigung zuständige Aufsichtsbehörde des übertragenden Versicherungsunternehmens von der BaFin die Solvabilitätsbescheinigung entsprechend § 13 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 VAG (§ 14 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 VAG a. F.) anfordert. Da die Solvabilitätsbescheinigung von der Aufsichtsbehörde des Sitzstaates des übernehmenden Versicherungsunternehmens auszustellen ist, betrifft § 63 Abs. 4 VAG (§ 111d S. 5 VAG a. F.) gerade Übertragungen auf inländische Versicherungsunternehmen.1392 Bei einer derartigen Hineinübertragung ist die BaFin danach zuständig für die Ausstellung der Solvabilitätsbescheinigung des übernehmenden Unternehmens. Diese war ausweislich des in § 111d S. 5 VAG a. F. enthaltenen Verweises auf § 13b Abs. 2 S. 4, § 13c Abs. 2 S. 5 VAG a. F. bislang zu versagen, wenn von dem übernehmenden Unternehmen ein finanzieller Sanierungsplan nach § 81b Abs. 2a VAG a. F. angefordert wurde.1393 Unter Berücksichtigung der im Rahmen von Solvency II neu geregelten Mindestkapitalanforderung findet § 81b Abs. 2a VAG a. F. seine inhaltliche Entsprechung nunmehr in § 134 Abs. 1, 2, § 137 Abs. 2 VAG.1394 Die Ausstellung der Solvabilitätsbescheinigung wäre danach zu versagen, wenn die Mindestkapitalanforderung nicht mehr bedeckt ist oder dieser Fall innerhalb der nächsten drei Monate einzutreten droht. Die durch den Verweis in § 111d S. 5 VAG a. F. in Bezug genommenen § 13b Abs. 2 S. 4, § 13c Abs. 2 S. 5 VAG a. F. finden sich indes inhaltlich unverändert in § 58 Abs. 2 S. 4, § 59 Abs. 2 S. 5 VAG.1395 Insoweit ist der Verweis in § 63 Abs. 4 VAG zwar technisch zutreffend, die in Bezug genommenen Regelungen verweisen ihrerseits jedoch nicht auf § 134 Abs. 1, § 137 Abs. 2 VAG, sondern auf den Art. 136 Solvency II umsetzenden § 132 VAG. Ausweislich § 132 Abs. 2 VAG haben Versicherungsunternehmen eine Verschlechterung der finanziellen Lage, die die Erfüllbarkeit der Verpflichtungen aus Versicherungen oder die Zahlungsfähigkeit des Versicherungsunternehmens gefährden könnte, nunmehr unverzüglich der Aufsichtsbehörde anzuzeigen. Gemäß § 58 Abs. 2 S. 4, § 59 Abs. 2 S. 5 VAG steht ein derartiger Fall der Ausstellung einer Solvabilitätsbescheinigung entgegen, solange die Rechte der Versicherungsnehmer gefährdet sind. Diese umständliche – nunmehr zudem uneindeutige – Verweisung ist nicht erforderlich. Denn Art. 142 Abs. 2 Solvency II gibt vor, dass die Solvabilitätsbescheinigung für Bestandsübertragungen gemäß Art. 39 Solvency II nicht auszustellen ist, solange die zuständige Aufsichtsbehörde der Auffassung ist, dass die Rechte der Versicherungsnehmer oder die vertraglichen Verpflichtungen des Rückversicherungsunternehmens gefährdet sind. Für den Bereich der Erstversicherung hat der Gesetzgeber diese Vorgabe in 1392
Pohlmann, in: FKBP, 5. Aufl. (2012), § 111d Rn. 8; Diehl/Seemayer, in: Brand/Baroch Castellvi, 1. Aufl. (2018), § 63 Rn. 8. 1393 Pohlmann, in: FKBP, 5. Aufl. (2012), § 111d Rn. 8. Dies war gemäß § 82b Abs. 2a VAG a. F. der Fall, wenn Rechte der Versicherungsnehmer – konkret: die Erfüllbarkeit der Verpflichtungen aus den Versicherungen – gefährdet waren, vgl. dazu auch Kollhosser, in: Prölss, 12. Aufl. (2005), § 111d Rn. 5; Bähr, in: FKBP, 5. Aufl. (2012), § 81b Rn. 26; Bornschlegl, Die Bestandsübertragung nach dem VAG (2014), S. 431. 1394 Vgl. BT-Drs. 18/2956, S. 269 f. 1395 Vgl. BT-Drs. 18/2956, S. 254.
A. Grenzüberschreitende Bestandsübertragungen nach dem VAG
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§ 136 Abs. 2 VAG umgesetzt.1396 Sofern der Aufsichtsbehörde von einem Versicherungsunternehmen ein Sanierungsplan oder Finanzierungsplan vorzulegen ist, darf nach dieser Norm die – auch in § 63 Abs. 4 VAG genannte – Bescheinigung nach § 13 Abs. 2 Nr. 1 VAG ausdrücklich erst dann ausgestellt werden, wenn die Aufsichtsbehörde der Auffassung ist, dass die Rechte der Versicherungsnehmer nicht mehr gefährdet sind. Bei der Übertragung von Dienstleistungsgeschäft ist nach § 63 Abs. 1 S. 1 VAG (§ 111d S. 1 VAG a. F.) ferner die Zustimmung der BaFin erforderlich.1397 Soweit Versicherungsverträge mit Überschussbeteiligung betroffen sind, gilt § 13 Abs. 4 VAG (§ 14 Abs. 4 VAG a. F.) in diesem Rahmen entsprechend.1398 Zwar gilt dies grundsätzlich auch für die Übertragung von Niederlassungsgeschäft; insoweit besteht jedoch die Besonderheit, dass § 63 Abs. 2 VAG (§ 111d S. 3 VAG a. F.) anstelle der Zustimmungspflicht nur eine Stellungnahme der BaFin vorsieht, wenn ein Niederlassungsbestand keine Inlandsrisiken enthält. In einem solchen Fall ist aber die Zustimmung anderer EWR-ausländischer Aufsichtsbehörden nach dem Kriterium der Risikobelegenheit erforderlich. Dies richtet sich nach Art. 39 Abs. 4 Solvency II und ist entsprechend durch die Rechtsordnung der jeweiligen Mitglied- oder Vertragsstaaten zu regeln. bb) Grenzüberschreitend im EWR-Ausland erworbener Bestand Die Übertragung des Versicherungsbestands, den ein EWR-ausländisches Erstversicherungsunternehmen durch eine Zweigniederlassung oder im Dienstleistungsverkehr außerhalb Deutschlands erworben hat, auf ein inländisches Versicherungsunternehmen, ist nicht explizit vom VAG erfasst.1399 § 13 Abs. 2 VAG (§ 14 Abs. 2 VAG a. F.) ist nicht einschlägig, da dieser nur Übertragungen von einem inländischen Erstversicherungsunternehmen erfasst. § 63 Abs. 1 S. 1 VAG (§ 111d S. 1 VAG a. F.) erfasst zwar prinzipiell die durch eine Zweigniederlassung oder im Dienstleistungsverkehr abgeschlossenen Verträge eines EWR-ausländischen Erstversicherungsunternehmens. Dies gilt indes nur, soweit diese Verträge auch im Anwendungsbereich des § 61 Abs. 1 VAG (§ 110a Abs. 1 VAG a. F.) abgeschlossen wurden. Da für die Zustimmung gemäß Art. 39 Abs. 4 Solvency II die Risikobele-
1396
Vgl. BT-Drs. 18/2956, S. 270. Die grundsätzlich unter den gleichen Voraussetzungen wie eine Genehmigung zu erteilende Zustimmung der BaFin wird im Wege der Anerkennung Bestandteil der transnational wirkenden Genehmigung der zuständigen EWR-ausländischen Aufsichtsbehörde und ersetzt die Zustimmung der insoweit betroffenen Versicherungsnehmer, vgl. dazu Teil 3, A.II.1.c)aa). 1398 Siehe dazu Teil 3, A.II.1.a)dd)(2); Teil 3, A.II.1.b)bb)(2); Teil 3, A.II.1.c)aa). 1399 So auch Seemayer, Grenzüberschreitende Übertragung von Erst- und Rückversicherungsbeständen (2016), S. 236 für den „EU-Bestand“ ohne Differenzierung zwischen grenzüberschreitend in anderen Mitglied- oder Vertragsstaaten und im Sitzstaat erworbenen Beständen. 1397
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Teil 3: Grenzüberschreitende Bestandsübertragungen und Verschmelzungen
genheit maßgeblich ist, entspricht diese Regelung auch den europarechtlichen Vorgaben.1400 Mangels insoweit spezieller Regelung käme grundsätzlich die Anwendung des § 13 Abs. 1 S. 1 VAG (§ 14 Abs. 1 S. 1 VAG a. F.) in Betracht. Dann bedürfte eine derartige Übertragung der Genehmigung der BaFin.1401 Diese Lösung würde jedoch verkennen, dass Art. 39 Abs. 1 Unterabs. 1 Solvency II insoweit keine Einschränkung hinsichtlich der im Rahmen der Niederlassungsfreiheit oder der Dienstleistungsfreiheit abgeschlossenen Verträge enthält. Daraus folgt zweierlei. Zum einen haben die Mitglied- oder Vertragsstaaten den – übertragenden – Versicherungsunternehmen mit Sitz in ihrem Hoheitsgebiet die Übertragung grenzüberschreitend erworbener Bestände zu gestatten. Diese Vorgabe hat der Gesetzgeber mit § 13 Abs. 2 VAG (§ 14 Abs. 2 VAG a. F.) vollständig umgesetzt.1402 Zum anderen unterfallen derartige Bestände uneingeschränkt dem harmonisierten grenzüberschreitenden Verwaltungsverfahren einschließlich der Genehmigungskonzentration bei der für das übertragende Unternehmen zuständigen Aufsichtsbehörde. Diesen – die Übernahme derartiger Bestände durch inländische Erstversicherungsunternehmen betreffenden – Teil der europäischen Vorgabe regelt das VAG jedenfalls nicht ausdrücklich. In Übereinstimmung mit Art. 39 Solvency II ist eine Zustimmung der BaFin in derartigen Fällen der Hineinübertragung weder erforderlich noch zulässig. Die Übertragung richtet sich primär nach den aufsichtsrechtlichen Vorgaben der Rechtsordnung des Sitzstaates des übertragenden Erstversicherungsunternehmens. Zustimmungs- und Konsultationspflichten sollten entsprechend den europarechtlichen Vorgaben in dieser EWR-ausländischen Rechtsordnung als Voraussetzung kodifiziert sein. Die inhaltliche Ausgestaltung dieser Zustimmungs- und Stellungnahmepflichten ist Sache der Rechtsordnung derjenigen Mitglied- oder Vertragsstaaten in denen die entsprechende Zweigniederlassung ansässig ist oder das Dienstleistungsgeschäft nach dem Kriterium der Risikobelegenheit geschlossen wird. Der deutschen Rechtsordnung kommt insoweit im Ergebnis nur die Aufgabe zu, Vorgaben hinsichtlich der Solvabilitätsbescheinigung des übernehmenden inländischen Unternehmens zu statuieren. Für die maßgebliche Eigenmittelausstattung des übernehmenden inländischen Erstversicherungsunternehmens dürfte es regelmäßig keinen Unterschied machen, ob die zu übernehmenden Verträge von dem übertragenden EWR-ausländischen Erstversicherungsunternehmen im Rahmen der Niederlassungsfreiheit oder der Dienstleistungsfreiheit im Inland oder im übrigen EWR-Ausland abgeschlossen wurden. Dafür spricht auch folgende Überlegung: Beinhaltet der Versicherungsbestand einer inländischen Zweigniederlassung eines EWR-ausländischen Erstversicherungsunternehmen keine Inlandsrisiken, sieht § 63
1400
Vgl. insbesondere Teil 3, A.II.1.a)cc). So Seemayer, Grenzüberschreitende Übertragung von Erst- und Rückversicherungsbeständen (2016), S. 236. 1402 Vgl. Teil 3, A.II.1.a)ff). 1401
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Abs. 2 VAG (§ 111d S. 3 VAG a. F.) nur eine Stellungnahme der BaFin vor;1403 zudem ist die BaFin bei der Übertragung eines derartigen Versicherungsbestands auf ein inländisches Versicherungsunternehmen – insoweit ausdrücklich – gemäß § 63 Abs. 4 VAG (§ 111d S. 5 VAG a. F.) für die Ausstellung der Solvabilitätsbescheinigung zuständig.1404 Das bedeutet aber nichts anderes, als dass das EWR-ausländische Erstversicherungsunternehmen über die inländische Zweigniederlassung lediglich Dienstleistungsgeschäft in anderen Mitglied- oder Vertragsstaaten gezeichnet hat. Soweit derartiges Dienstleistungsgeschäft im übrigen EWR-Ausland – wie hier – nicht über eine inländische Zweigniederlassung abgeschlossen worden ist, ist § 63 VAG (§ 111d VAG a. F.) indes grundsätzlich nicht anwendbar. Mithin bedarf es insoweit zwar auch keiner Stellungnahme der BaFin. Gleichwohl ist in solchen Fällen ausweislich Art. 39 Abs. 1 Unterabs. 2 Solvency II jedoch von der für das übernehmende Versicherungsunternehmen zuständigen Aufsichtsbehörde eine Solvabilitätsbescheinigung auszustellen. Fordert eine EWR-ausländische Aufsichtsbehörde von der BaFin für eine derartige Übertragung eine Solvabilitätsbescheinigung an, sollte daher mangels ausdrücklicher Regelung die Verfahrensvorschrift des § 63 Abs. 4 VAG (§ 111d S. 5 VAG a. F.) analoge Anwendung finden.1405 cc) Im EWR-ausländischen Sitzstaat erworbener Bestand Die Übertragung eines Versicherungsbestands, den ein EWR-ausländisches Erstversicherungsunternehmen in seinem Sitzstaat erworben hat, auf ein inländisches Versicherungsunternehmen ist ebenfalls nicht speziell im VAG geregelt.1406 Dies ist auch europarechtlich nicht zwingend geboten. Denn Art. 39 Solvency II harmonisiert im Erstversicherungsbereich grundsätzlich nur das Übertragungsverfahren für grenzüberschreitend erworbene Bestände.1407 Außerhalb des harmonisierten Bereichs, das heißt soweit es inländische Bestände inländischer Erstversicherungsunternehmen betrifft, ist es grundsätzlich allein Sache der jeweiligen nationalen Rechtsordnung, die Übertragungsmöglichkeiten und das 1403
Insoweit zutreffend Seemayer, Grenzüberschreitende Übertragung von Erst- und Rückversicherungsbeständen (2016), S. 236. 1404 Vgl. dazu Teil 3, A.III.1.b)aa). 1405 Da ein Zustimmungserfordernis der BaFin insoweit nicht besteht, entfällt auch die entprechende Anwendung von § 14 Abs. 4 VAG (§ 14 Abs. 4 VAG a. F.) über § 63 Abs. 1 S. 2 Hs. 2 VAG (§ 111d S. 2 Hs. 2 VAG a. F.). Soweit Versicherungsverträge mit Überschussbeteiligung betroffen sind, kann die BaFin dem übernehmenden inländischen Erstversicherungsunternehmen in derartigen Fällen eine getrennte Führung der Bestände aufgeben, um zu gewährleisten, dass die Überschussbeteiligung weiterhin verursachungsgerecht erfolgt; vgl. zu dieser Befugnis der BaFin BT-Drs 16/6518, S. 14. 1406 So auch Seemayer, Grenzüberschreitende Übertragung von Erst- und Rückversicherungsbeständen (2016), S. 236 für den „EU-Bestand“ ohne Differenzierung zwischen grenzüberschreitend in anderen Mitglied- oder Vertragsstaaten und im Sitzstaat erworbenen Beständen. 1407 Vgl. Teil 2, A.
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Teil 3: Grenzüberschreitende Bestandsübertragungen und Verschmelzungen
dabei zu beachtende Verwaltungsverfahren auszugestalten. Soweit seine dahingehende Regelungskompetenz reicht, hat der nationale Gesetzgeber derartige Übertragungen – spiegelbildlich zu dem hier untersuchten Fall – mit § 13 Abs. 2 S. 3 VAG (§ 14 Abs. 2 S. 3 VAG a. F.) dem harmonisierten grenzüberschreitenden Verwaltungsverfahren unterstellt.1408 In diesem Zusammenhang wurde bereits dargelegt, dass die Rechtsordnungen der Mitglied- oder Vertragsstaaten insoweit grundsätzlich weitere Genehmigungserfordernisse statuieren können.1409 Vor diesem Hintergrund kommt hier grundsätzlich die Anwendung der allgemeinen Vorschrift des § 13 Abs. 1 VAG (§ 14 Abs. 1 VAG a. F.) in Betracht. Dann bedürfte eine derartige Übertragung der Genehmigung der BaFin.1410 Dies würde – anders als bei der Hineinübertragung grenzüberschreitend im EWR-Ausland erworbener Bestände EWR-ausländischer Erstversicherungsunternehmen –1411 auch nicht gegen die europarechtlichen Vorgaben verstoßen. Der Anwendung von § 13 Abs. 1 VAG (§ 14 Abs. 1 VAG a. F.) stünde indes entgegen, dass die Versicherungsaufsichtsbehörden die Erweiterung des Anwendungsbereichs des harmonisierten Verwaltungsverfahrens auf alle Fälle der Bestandsübertragung und damit auch auf Hinausübertragungen des rein inländischen Bestands inländischer Versicherungsunternehmen in Art. 3.1.6 Siena-Protokoll vereinbart haben.1412 Insoweit ist jedoch zu berücksichtigen, dass sich eine entsprechend ausdrückliche Vorgabe in dem inzwischen maßgeblichen General Protocol on Collaboration nicht mehr findet und es sich bei den Protokollen nicht um rechtsverbindliche Vorgaben handelt. Wenngleich europarechtlich nicht vorgeschrieben, spricht im Interesse der Einheitlichkeit des grenzüberschreitenden Verwaltungsverfahrens und damit der Effizienz der Verwaltung vieles auch in solchen Konstellationen für eine analoge Anwendung von § 63 Abs. 4 VAG (§ 111d S. 5 VAG a. F.),1413 sodass bei derartigen Übertragungen von der BaFin lediglich eine Solvabilitätsbescheinigung auszustellen ist.1414 Voraussetzung ist jedoch, dass die Rechtsordnung des übertragenden Versicherungsunternehmens eine derartige Übertragung überhaupt gestattet. Soweit sie dies gestattet, stünde die Praxis im Übrigen auch vor erheblichen Problemen bei 1408
Vgl. Teil 3, A.II.1.b)aa). Vgl. Teil 3, A.II.1.b)cc). 1410 So Seemayer, Grenzüberschreitende Übertragung von Erst- und Rückversicherungsbeständen (2016), S. 236. 1411 Dazu Teil 3, A.III.1.b)bb). 1412 Zens, Zusammenarbeit der Versicherungsaufsichtsbehörden (2005), S. 355 m. w. Nachw. 1413 Siehe dazu Teil 3, A.III.1.b)bb). 1414 Da ein Zustimmungserfordernis der BaFin insoweit nicht besteht, entfällt auch die entprechende Anwendung von § 14 Abs. 4 VAG (§ 14 Abs. 4 VAG a. F.) über § 63 Abs. 1 S. 2 Hs. 2 VAG (§ 111d S. 2 Hs. 2 VAG a. F.). Soweit Versicherungsverträge mit Überschussbeteiligung betroffen sind, kann die BaFin dem übernehmenden inländischen Erstversicherungsunternehmen in derartigen Fällen eine getrennte Führung der Bestände aufgeben, um zu gewährleisten, dass die Überschussbeteiligung weiterhin verursachungsgerecht erfolgt; vgl. zu dieser Befugnis der BaFin BT-Drs 16/6518, S. 14. 1409
A. Grenzüberschreitende Bestandsübertragungen nach dem VAG
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solchen Übertragungen. Denn die Differenzierung zwischen grenzüberschreitend im Inland, im Sitzstaat des übertragenden Versicherungsunternehmens sowie grenzüberschreitend im übrigen EWR-Ausland erworbenen Beständen kann zwar in der Theorie nach der gesetzlichen Konzeption eindeutig nachvollzogen werden. In der Praxis besteht diese Trennschärfe indes häufig nicht, sodass eine eindeutige Zuordnung erhebliche Schwierigkeiten bereiten kann.1415 2. Übernehmendes inländisches Rückversicherungsunternehmen Hineinübertragungen im Rückversicherungsbereich sind im VAG nur rudimentär geregelt. Zu differenzieren ist insoweit grundsätzlich zwischen Übertragungen grenzüberschreitend im EWR-Ausland erworbener Bestände eines inländischen Rückversicherungsunternehmens sowie Übertragungen eines EWR-ausländischen Rückversicherungsunternehmens jeweils auf ein übernehmendes inländisches Rückversicherungsunternehmen.1416 a) Grenzüberschreitend erworbener Bestand eines inländischen Rückversicherungsunternehmens Die Übertragung eines Versicherungsbestands, den ein inländisches Rückversicherungsunternehmen im EWR-Ausland durch eine Zweigniederlassung oder im Dienstleistungsverkehr erworben hat, auf ein anderes inländisches Rückversicherungsunternehmen, wird von § 166 Abs. 1 VAG (§ 121f Abs. 1 VAG a. F.) erfasst.1417 Die Vorschrift differenziert im Ergebnis in Übereinstimmung mit den europarechtlichen Vorgaben1418 nicht zwischen den inländischen und den grenzüberschreitend erworbenen Beständen des übertragenden inländischen Rückversicherungsunternehmen. Das übernehmende Versicherungsunternehmen muss seinen Sitz lediglich in einem Mitglied- oder Vertragsstaat haben. Diese Formulierung schließt einen Sitz in Deutschland mit ein.1419 Hinsichtlich der allgemeinen Genehmigungsvoraussetzungen gelten die Ausführungen zur Hinausübertragung nach Maßgabe des § 166 Abs. 1 VAG (§ 121f
1415
Vgl. dazu mit Beispielen Kaulbach, in: FKBP, 5. Aufl. (2012), § 14 Rn. 20. Aus Darstellungsgründen wird hier die Grundkonstellation der Übertragung von Rückversicherungsbeständen zwischen Rückversicherungsunternehmen dargestellt. Auf Besonderheiten der Beteiligung gemischter Versicherungsunternehmen an Bestandsübertragungen wird anschließend in Teil 3, A.III.3. eingegangen; siehe auch Fn. 1377. 1417 Vgl. Bornschlegl, Die Bestandsübertragung nach dem VAG (2014), S. 449; Seemayer, Grenzüberschreitende Übertragung von Erst- und Rückversicherungsbeständen (2016), S. 226;. 1418 Vgl. bereits Teil 3, A.II.2.a). 1419 Seemayer, in: Brand/Baroch Castellvi, 1. Aufl. (2018), § 166 Rn. 12; vgl. auch Teil 3, A.III.1.a). 1416
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Teil 3: Grenzüberschreitende Bestandsübertragungen und Verschmelzungen
Abs. 1 VAG a. F.) grundsätzlich entsprechend.1420 Eine Besonderheit derartiger Hineinübertragungen liegt jedoch darin, dass der gemäß § 166 Abs. 1 S. 3 VAG (§ 121f Abs. 1 S. 3 VAG a. F.) für die Erteilung der Genehmigung allein erforderliche Solvabilitätsnachweis des übernehmenden – inländischen – Versicherungsunternehmens in die Zuständigkeit der BaFin fällt.1421 Bei derartigen Hineinübertragungen kommt der BaFin insoweit folglich eine originäre – wenngleich rein finanzielle – Prüfungskompetenz zu. Die Genehmigung umfasst mithin auch die Solvabilitätsprüfung.1422 Trotz des grenzüberschreitenden Bezugs kann eine derartige Übertragung folglich grundsätzlich ohne Beteiligung EWR-ausländischer Aufsichtsbehörden erfolgen.1423 b) Bestand eines EWR-ausländischen Rückversicherungsunternehmens Die grenzüberschreitende Hineinübertragung des Bestands eines EWR-ausländischen Rückversicherungsunternehmens auf ein inländisches Rückversicherungsunternehmen ist im VAG nicht geregelt.1424 § 166 Abs. 1 VAG (§ 121f Abs. 1 VAG a. F.) erfasst lediglich Übertragungen von inländischen Rückversicherungsunternehmen.1425 Im Bereich der Rückversicherung kann – ungeachtet europarechtlicher Vorgaben – auch nicht etwa § 13 Abs. 1 VAG (§ 14 Abs. 1 VAG a. F.) als allgemeine Regelung herangezogen werden. Denn diese Vorschrift fand bereits vor der 10. VAG-Novelle keine Anwendung auf Rückversicherungsunternehmen. Der Gesetzgeber sah sich gleichwohl veranlasst, dies durch explizite Verwendung des Begriffs Erstversicherungsunternehmen in § 13 VAG nunmehr auch sprachlich klarzustellen.1426 Art. 39 Abs. 1 Solvency II schreibt vor, dass Bestandsübertragungen von Rückversicherungsunternehmen – entgegen dem Wortlaut unabhängig davon, ob die Verträge im Wege der Niederlassungsfreiheit oder der Dienstleistungsfreiheit ab-
1420
Dazu Teil 3, A.II.2.a)aa). Vgl. Seemayer, in: Brand/Baroch Castellvi, 1. Aufl. (2018), § 166 Rn. 16. 1422 Labes, in: Bähr, Hdb. Versicherungsaufsichtsrecht (2011), § 25 Rn. 18 (dort Fn. 27). Die Ausstellung der für die grenzüberschreitende Behördenkooperation konzipierten Solvabilitätsbescheinigung ist auch nach Part IV 5.2.1 General Protocol on Collaboration nicht erforderlich, da dort – wie in Part IV 5.1.3 General Protocol on Collaboration für den Bereich der Erstversicherung – insoweit vorausgesetzt ist, dass das übertragende und das übernehmende Versicherungsunternehmen ihren Sitz in unterschiedlichen Mitglied- oder Vertragsstaaten haben. Vgl. dazu auch Teil 3, A.III.1.a). 1423 Seemayer, Grenzüberschreitende Übertragung von Erst- und Rückversicherungsbeständen (2016), S. 226 f. 1424 Vgl. Lüttringhaus, VersR 2008, 1036 (1038); Bornschlegl, Die Bestandsübertragung nach dem VAG (2014), S. 7, 451 f.; Seemayer, Grenzüberschreitende Übertragung von Erstund Rückversicherungsbeständen (2016), S. 236. 1425 Vgl. Seemayer, in: Brand/Baroch Castellvi, 1. Aufl. (2018), § 166 Rn. 4. 1426 Vgl. BT-Drs. 18/2956, S. 237. 1421
A. Grenzüberschreitende Bestandsübertragungen nach dem VAG
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geschlossen wurden –1427 nur genehmigt werden dürfen, wenn die Aufsichtsbehörde des übernehmenden Unternehmens dessen ausreichende Solvabilität bescheinigt hat. Weitere Vorgaben enthält Art. 39 Solvency II für die Übertragung des Bestands von Rückversicherungsunternehmen nicht. Versteht man dies als bloße Mindestvorgabe, könnte der deutsche Gesetzgeber grundsätzlich weitergehende Erfordernisse wie etwa eine zusätzliche Genehmigung derartiger Übertragungen durch die BaFin statuieren. Dies widerspräche jedoch der in Erwägungsgrund 17 der Rückversicherungsrichtlinie zum Ausdruck gekommenen Intention, die Regelungen über die Übertragung des Bestands von Rückversicherungsunternehmen in Einklang mit dem Prinzip der Einmalzulassung zu bringen.1428 Folglich ist im Bereich der Rückversicherung ebenfalls eine Genehmigungskonzentration vorgesehen, sodass eine Normierung zusätzlicher Genehmigungserfordernisse europarechtswidrig wäre.1429 Dies deckt sich auch mit den Vereinbarungen der Versicherungsaufsichtsbehörden im General Protocol on Collaboration. Denn dort ist nur eine Informationspflicht der Aufsichtsbehörde des übernehmenden Versicherungsunternehmens gegenüber der für das übertragende Rückversicherungsunternehmen zuständigen Aufsichtsbehörde vorgesehen, wenn erstere – ungeachtet der vorhandenen Mindesteigenkapitalausstattung – ernsthafte Bedenken hinsichtlich der künftigen Leistungsfähigkeit des übernehmenden Versicherungsunternehmens hat.1430 Da § 166 Abs. 1 VAG (§ 121f Abs. 1 VAG a. F.) eine Genehmigung der BaFin vorschreibt, scheidet schon vor diesem Hintergrund eine analoge Anwendung auf Hineinübertragungen des Rückversicherungsbestands eines EWR-ausländischen Rückversicherungsunternehmens aus. In der Literatur wird für die aufsichtsrechtliche Behandlung derartiger Übertragungen eine – unterschiedlich weit reichende – Analogie zu § 63 VAG (§ 111d VAG a. F.) befürwortet.1431 Bornschlegl lehnt die Analogiefähigkeit der Vorschrift zwar grundsätzlich aufgrund der Systematik unter Verweis auf § 121a Abs. 1 S. 1 VAG a. F.1432 und den Zuschnitt des § 111d VAG a. F. auf die Übertragung von 1427
Vgl. dazu Teil 3, A.II.2.a). Vgl. Teil 2, D.II.1.b)bb)(4); Teil 3, A.II.2.a). 1429 Vgl. für Erstversicherungsunternehmen – soweit es grenzüberschreitend erworbene Bestände betrifft – entsprechend Teil 3, A.III.1.b)bb). 1430 Part IV 5.2.4 General Protocol on Collaboration: If the Competent Authority of the Home State of the accepting Undertaking has serious concerns about how that accepting Undertaking will perform in the future, it shall inform the Competent Authority of the Home State of the transferring Reinsurance Undertaking of those concerns as soon as they arise […]. 1431 Lüttringhaus, VersR 2008, 1036 (1037 f.); Bornschlegl, Die Bestandsübertragung nach dem VAG (2014), S. 452. 1432 § 121a VAG a. F. findet seine inhaltliche Entsprechung in §§ 47, 166, 286, 294 bis 310 VAG, vgl. BT-Drs. 18/2956, S. 253, 273, 287, 289 ff. Eine § 121a Abs. 1 S. 1 VAF a. F entsprechende Regelung, die spezielle Vorschriften über die Erstversicherungsaufsicht für entsprechend anwendbar erklärt, ist jedoch nicht ersichtlich. Dies dürfte sich mit der insgesamt stärkeren Angleichung von Erstversicherungs- und Rückversicherungsaufsicht und der dadurch bedingten gänzlich neuen Systematik des VAG erklären. 1428
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Teil 3: Grenzüberschreitende Bestandsübertragungen und Verschmelzungen
Erstversicherungsbeständen ab. Gleichwohl hält er eine weite Auslegung des Begriffs Versicherungsunternehmen für möglich und befürwortet aus Gründen der Europarechtskonformität letztlich eine eingeschränkte Analogie zu § 111d VAG a. F.1433 Die dazu erforderliche weite Wortlautauslegung verbietet sich inzwischen jedoch. Denn der Gesetzgeber hat insoweit eine redaktionelle Klarstellung vorgenommen. Der Wortlaut der inhaltlich unverändert in § 63 VAG übernommenen Vorschrift spricht nunmehr eindeutig von der Übertragung von einem Erstversicherungsunternehmen.1434 Im Gegensatz zu der entsprechenden sprachlichen Klarstellung in § 13 VAG ist der Gesetzesbegründung zu § 63 VAG dahingehend zwar nichts zu entnehmen.1435 In der Sache ist die nunmehr ebenfalls erfolgte Verwendung des Begriffs Erstversicherungsunternehmen in § 63 VAG indes nicht anders zu beurteilen. Damit ist eine analoge Anwendung von § 63 VAG auf EWR-ausländische Rückversicherungsunternehmen gesperrt. Soweit eine EWR-ausländische Aufsichtsbehörde in solchen Fällen nach Art. 39 Abs. 1 Unterabs. 2 Solvency II den Solvabilitätsnachweis von der BaFin anfordert, und die BaFin diese in Übereinstimmung mit Part IV 5.2.1 General Protocol on Collaboration ausstellt, fehlt es hierfür an einer nationalen aufsichtsrechtlichen Regelung. Hier ist folglich der Gesetzgeber gefordert, entsprechende Vorgaben zu statuieren. Damit stellt sich die Frage, welchen Inhalt eine derartige Regelung haben sollte. Soweit Bornschlegl die analoge Anwendung des § 111d VAG a. F. befürwortet, soll diese Vorschrift dahingehend einzuschränken sein, dass Regelungen betreffend die Übertragung eines Erstversicherungsbestands – wie insbesondere die Voraussetzungen des § 13 Abs. 4 VAG (§ 14 Abs. 4 VAG a. F.) betreffend die Übertragung von Versicherungsverhältnissen mit Überschussbeteiligung – nicht gelten.1436 Diese Auffassung grenzt den Inhalt einer erforderlichen Regelung für Übertragungen unter Rückversicherungsunternehmen zutreffend ein.1437 Der nationalen Rechtsordnung kommt nach der europarechtlichen Konzeption bei derartigen Übertragungen im Ergebnis nur die Aufgabe zu, Vorgaben hinsichtlich der Solvabilitätsbescheinigung des übernehmenden inländischen Unternehmens zu statuieren. Insofern ist Lüttringhaus zuzustimmen, der die Aufgabe der BaFin in derartigen Konstellationen allein darin sieht, analog § 111d VAG a. F. (nunmehr § 63 VAG) eine Solvabilitätsbescheinigung auszustellen.1438 Der Gesetzgeber sollte daher in § 166 VAG (§ 121f VAG a. F.) explizit auch den Fall regeln, dass ein EWR-ausländisches Rückversicherungsunternehmen seinen Bestand auf ein inländisches Rückversicherungsunternehmen überträgt und die für die Genehmigung zuständige EWR1433
Bornschlegl, Die Bestandsübertragung nach dem VAG (2014), S. 7, 452. Vgl. Teil 1, A. 1435 Vgl. BT-Drs. 18/2956, S. 255 und BT-Drs. 17/9342, S. 153 (dort zu § 58 VAG-E). 1436 Bornschlegl, Die Bestandsübertragung nach dem VAG (2014), S. 452. 1437 Zu Besonderheiten bei der Beteiligung von gemischten Versicherungsunternehmen an derartigen Übertragungen siehe jedoch insoweit einschränkend Teil 3, A.III.3. 1438 Lüttringhaus, VersR 2008, 1036 (1038); so wohl auch Seemayer, Grenzüberschreitende Übertragung von Erst- und Rückversicherungsbeständen (2016), S. 237. 1434
A. Grenzüberschreitende Bestandsübertragungen nach dem VAG
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ausländische Aufsichtsbehörde von der BaFin die in § 166 Abs. 1 S. 3 VAG (§ 121f Abs. 1 S. 3 VAG a. F.) bezeichnete Solvabilitätsbescheinigung anfordert.1439 Die Ausstellung dieser Bescheinigung ist nunmehr unter den Voraussetzungen des § 136 Abs. 2 VAG zu verweigern.1440 Insoweit hat der Gesetzgeber den Wortlaut von Art. 142 Abs. 2 Solvency II in § 136 VAG lediglich verkürzt umgesetzt. Die Solvabilitätsbescheinigung kann danach in dem Fall, dass ein Sanierungs- oder Finanzierungsplan vorzulegen ist, erst erteilt werden, wenn die Aufsichtsbehörde der Auffassung ist, dass die Rechte der Versicherungsnehmer nicht mehr gefährdet sind. Soweit es Rückversicherungsunternehmen betrifft, sieht Art. 142 Abs. 2 Solvency II die klarstellende Voraussetzung vor, dass die vertraglichen Verpflichtungen des Rückversicherungsunternehmens nicht mehr gefährdet sind. Anders als Art 142 Solvency II nimmt der diese Vorschrift umsetzende § 136 Abs. 2 VAG1441 indes ausdrücklich nur auf die Solvabilitätsbescheinigung nach § 13 Abs. 2 Nr. 1 VAG (§ 14 Abs. 2 Nr. 1 VAG a. F.) Bezug. Zur vollständigen Umsetzung von Art. 142 Solvency II sollte in diesem Zuge auch die Solvabilitätsbescheinigung nach § 166 Abs. 1 S. 3 VAG (§ 121f Abs. 1 S. 3 VAG a. F.) in Bezug genommen werden. 3. Besonderheiten bei gemischten Versicherungsunternehmen Für Bestandsübertragungen von gemischten Versicherungsunternehmen gelten die Vorgaben für Bestandsübertragungen von Erstversicherungsunternehmen.1442 Vertreten wird insoweit eine Beschränkung der Wahrung der Versichertenbelange „auf diejenigen Belange der Erstversicherten, die sich ausschließlich und unmittelbar aus dem vom gemischten Versicherungsunternehmen betriebenen Erstversicherungsgeschäft ergeben und dementsprechend nur von einer solchen Bestandsübertragung unmittelbar betroffen sein können, die die Übertragung eines Erstversicherungsbestands zum Gegenstand hat“1443. Relevant wird diese Einschränkung insbesondere dann, wenn ein Rückversicherungsbestand von einem gemischten Versicherungsunternehmen übertragen wird.1444 Darüber hinaus soll diese Einschränkung auch für den Fall einer derartigen Übertragung auf ein anderes gemischtes Versicherungsunternehmen gelten.1445 Zu berücksichtigen ist dabei jedoch, 1439
Auch Seemayer, Grenzüberschreitende Übertragung von Erst- und Rückversicherungsbeständen (2016), S. 236 geht davon aus, dass die Rechtsordnungen der Mitglied- und Vertragsstaaten aufgrund der Richtlinienvorgaben entsprechende Regelungen für diese Konstellation vorsehen. Wie damit nach deutschem Aufsichtsrecht umzugehen ist, bleibt jedoch unbeantwortet. 1440 Vgl. dazu Teil 3, A.III.1.b)aa). 1441 Vgl. BT-Drs. 18/2956, S. 270. 1442 Siehe dazu Teil 3, A.II.1; Teil 3, A.II.2. 1443 Bornschlegl, Die Bestandsübertragung nach dem VAG (2014), S. 148 ff. (162 f.) m. w. Nachw. 1444 Siehe Teil 3, A.II.2. 1445 Bornschlegl, Die Bestandsübertragung nach dem VAG (2014), S. 164.
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Teil 3: Grenzüberschreitende Bestandsübertragungen und Verschmelzungen
dass bei Anwendung der für Erstversicherungsunternehmen geltenden Vorschriften die Genehmigung oder Zustimmung der Aufsichtsbehörde nur unter Beachtung des § 13 Abs. 4 VAG (§ 14 Abs. 4 VAG a. F.) erteilt werden darf.1446 Sind Versicherungsverhältnisse mit Überschussbeteiligung betroffen, so darf die Genehmigung danach nur erteilt werden, wenn der Wert der Überschussbeteiligung nicht niedriger ist als vorher. Da gesetzlich nicht nur die Sicherstellung der Überschussbeteiligung der Versicherten des übertragenden, sondern explizit auch der Versicherten des übernehmenden Versicherungsunternehmens statuiert ist, sollte dies auch dann gelten, wenn ein Rückversicherungsbestand auf ein gemischtes Versicherungsunternehmen übertragen wird und dieses einen Versicherungsbestand mit Überschussbeteiligung führt. Hinsichtlich der Berücksichtigung der Überschussbeteiligung der Versicherten des übernehmenden gemischten Versicherungsunternehmens dürfte es zwar keinen Unterschied darstellen, ob die Übertragung von einem gemischten Versicherungsunternehmen oder von einem Rückversicherungsunternehmen erfolgt. Die Übertragung des Rückversicherungsbestands eines Rückversicherungsunternehmens auf ein gemischtes Versicherungsunternehmen richtet sich indes nach § 166 Abs. 1 S. 1 VAG (§ 121f Abs. 1 S. 1 VAG a. F.).1447 § 166 Abs. 1 S. 3 VAG (§ 121f Abs. 1 S. 3 VAG a. F.) sieht jedoch den Solvabilitätsnachweis als alleiniges Genehmigungskriterium vor. Weder die Berücksichtigung von Interessen der Vorversicherer oder deren Versicherten noch eine Anwendung von § 13 Abs. 4 VAG (§ 14 Abs. 4 VAG a. F.) betreffend eine etwaige Überschussbeteiligung der Versicherten eines übernehmenden gemischten Versicherungsunternehmens ist gesetzlich vorgesehen. Für die Hineinübertragung eines grenzüberschreitend erworbenen Bestands eines inländischen Rückversicherungsunternehmens gelten keine Besonderheiten. Bei ausreichender Solvabilität des übernehmenden gemischten Versicherungsunternehmens müsste die Übertragung ohne Berücksichtigung etwaiger Überschussbeteiligung von der BaFin genehmigt werden. Anderes könnte aber für die Übertragung des Rückversicherungsbestands eines EWR-ausländischen Rückversicherungsunternehmens auf ein inländisches gemischtes Versicherungsunternehmen gelten. Denn dieser Fall wird nicht von § 166 Abs. 1 VAG (§ 121f Abs. 1 VAG a. F.) erfasst.1448 Auch insoweit zeigt sich, dass eine Regelung dieser Hineinübertragung im deutschen Aufsichtsrecht erfolgen sollte.1449 Aufgrund des Bezugs zum Bereich der Erstversicherung wäre in solchen Konstellationen die Statuierung einer Zustimmungspflicht mit einem § 13 Abs. 4 VAG (§ 14 Abs. 4 VAG a. F.) entsprechenden Inhalt denkbar. Eine bloße Zustimmungspflicht würde 1446 Vgl. für die Genehmigung § 13 Abs. 2 S. 4 VAG (§ 14 Abs. 2 S. 4 VAG a. F.), für die Zustimmung § 63 Abs. 1 S. 2 Hs. 2 VAG (§ 111d S. 2 Hs. 2 VAG a. F.). 1447 Vgl. Bornschlegl, Die Bestandsübertragung nach dem VAG (2014), S. 151 f. Dies dürfte auch für die Übertragung eines Rückversicherungsunternehmens auf ein Erstversicherungsunternehmen, das in diesem Zuge zu einem gemischten Versicherungsunternehmen wird, gelten. 1448 Vgl. Teil 3, A.III.2.b). 1449 Vgl. grundsätzlich bereits Teil 3, A.III.2.b).
A. Grenzüberschreitende Bestandsübertragungen nach dem VAG
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– wie im Bereich der Erstversicherung – auch nicht den Bestimmungen der Einmalzulassung widersprechen. 4. Erlaubnispflicht Ungeachtet der Art der zu übertragenden Versicherungsbestände bedarf das übernehmende inländische Versicherungsunternehmen der Erlaubnis zum Betrieb des entsprechenden Versicherungsgeschäfts gemäß § 8 VAG (§§ 5, 119 VAG a. F.). Besteht eine derartige Erlaubnis zum Betrieb der Erstversicherung beziehungsweise Rückversicherung nicht, so sehen Part IV 5.1.6 beziehungsweise Part IV 5.2.5 General Protocol on Collaboration eine in ihrer Zielsetzung weitgehende, inhaltlich indes nur wenig konkretisierte, Kooperationspflicht der Aufsichtsbehörden vor: The relevant Competent Authorities shall co-operate to ensure that, as far as possible, their respective functions can be carried out concurrently, to enable the transfer to take place within a reasonable period. In einem derartigen Fall sollte der erforderliche Antrag auf Erteilung der Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb spätestens gemeinsam mit dem Antrag auf Genehmigung der Übertragung gestellt werden.
IV. Innerstaatliche Übertragungen mit grenzüberschreitendem Bezug Aufgrund der Divergenz zwischen dem klassischen Territorialitätsprinzip und dem Prinzip der Sitzlandaufsicht sowie dem Kriterium der Risikobelegenheit bestehen Überschneidungsbereiche, die eine strikte Unterteilung in Hinaus- und Hineinübertragung nicht möglich machen. Die hier vorgenommene Unterteilung soll der Veranschaulichung dienen und einen Vergleich der maßgeblichen aufsichtsrechtlichen Vorgaben ermöglichen. Sie ist jedoch nicht abschließend zu verstehen. So kann etwa eine Übertragung des im Inland verwalteten Bestands eines inländischen Erstversicherungsunternehmens auf ein anderes inländisches Versicherungsunternehmen – soweit Dienstleistungsgeschäft betroffen ist –1450 grenzüberschreitenden Bezug aufweisen und Konsultations- beziehungsweise Zustimmungspflichten EWR-ausländischer Aufsichtsbehörden begründen. Umgekehrt kann auch die vertragliche Übertragung eines im EWR-Ausland verwalteten Bestands eines EWRausländischen Versicherungsunternehmens auf ein anderes EWR-ausländisches Versicherungsunternehmen im gleichen Sitzstaat oder in einem anderen Mitgliedoder Vertragsstaat aus inländischer Perspektive als aufsichtsrelevant darstellen und Zustimmungspflichten der BaFin auslösen.1451 Dies ist gemäß § 63 Abs. 1 S. 1 VAG 1450 Zu der Übertragung des Niederlassungsgeschäfts eines inländischen Erstversicherungsunternehmens auf ein anderes inländisches Versicherungsunternehmen siehe Teil 3, A.III.1.a). 1451 Dabei handelt es sich aus Sicht der maßgeblichen EWR-ausländischen Rechtsordnung in erstgenanntem Fall um eine innerstaatliche, in letztgenanntem Fall um eine grenzüber-
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Teil 3: Grenzüberschreitende Bestandsübertragungen und Verschmelzungen
(§ 111d S. 1 VAG a. F.) etwa der Fall, wenn nach § 61 Abs. 1 VAG (§ 110a Abs. 1 VAG a. F.) im Inland abgeschlossenes Dienstleistungsgeschäft betroffen ist.1452
B. Grenzüberschreitende Verschmelzungen nach dem UmwG Neben dem spezialgesetzlich geregelten Institut der Bestandsübertragung stehen Versicherungsunternehmen auch andere – insbesondere gesellschaftsrechtliche – Instrumente zur Übertragung von Versicherungsbeständen zur Verfügung.1453 Das VAG nimmt zur aufsichtsrechtlichen Behandlung derartiger Umstrukturierungen von Versicherungsunternehmen in § 14 Abs. 1 S. 1, § 166 Abs. 3 S. 1 VAG (§ 14a S. 1, § 121f Abs. 3 S. 1 VAG a. F.) Bezug auf Umwandlungen nach §§ 1, 122a UmwG.1454 Als Umwandlungsarten sieht § 1 Abs. 1 UmwG für inländische Gesellschaften die Verschmelzung, die Spaltung1455, die Vermögensübertragung und den Formwechsel vor. Darüber hinaus eröffnet § 122a UmwG die Möglichkeit einer grenzüberschreitenden Verschmelzung, das heißt einer Verschmelzung unter Beteiligung mindestens einer dem Recht eines anderen Mitglied- oder Vertragsstaates unterliegenden Gesellschaft. Die in Umsetzung der Verschmelzungsrichtlinie durch das 2. UmwÄndG vom 19. April 20071456 eingefügten §§ 122a bis 122 l UmwG i. V. m. §§ 2 ff. UmwG ermöglichen daher – erstmalig –1457 eine rechtssichere Verschmelzung von Kapitalgesellschaften innerhalb des EWR im Rahmen eines stanschreitende Übertragung. Insoweit gelten die Ausführungen unter Teil 3, A.III.1.b)aa) mit Ausnahme derjenigen zu § 63 Abs. 4 VAG (§ 111d S. 5 VAG a. F.) entsprechend. 1452 Zur weitgehend entsprechenden Übertragung des Bestands einer inländischen Zweigniederlassung eines EWR-ausländischen Versicherungsunternehmens auf ein anderes EWR-ausländisches Versicherungsunternehmen siehe Teil 3, A.II.1.c). 1453 Rüdt, in: Bähr, Hdb. Versicherungsaufsichtsrecht (2011), § 14 Rn. 134 f.; Lüttringhaus, VersR 2008, 1036 (1041). Vgl. zu den unterschiedlichen formalen Anforderungen von – innerstaatlichen – Maßnahmen nach dem VAG und dem UmwG bereits Entzian/Schleifenbaum, ZVersWiss 1996, 521 (528 ff.). 1454 Grundlegend zur – innerstaatlichen – Umwandlung von Erstversicherungsunternehmen Schmid, Bestandsübertragung und Umwandlung von Versicherungsunternehmen (2010), Rn. 623 ff. 1455 In den Arten der Aufspaltung, der Abspaltung und der Ausgliederung. 1456 BGBl. I 2007, S. 542. 1457 Eine rechtssichere grenzüberschreitende Verschmelzung war zwar zuvor bereits nach Maßgabe von Art. 2 Abs. 1, 17 ff. SE-VO möglich, vgl. Krüger, in: Beck’sches Hdb. Umwandlungen international (2013), 1. Teil Rn. 1; Schäfer, in: MünchKomm-AktG, Bd. 7, 3. Aufl. (2012), VO (EG) 2157/2001 Art. 17 Rn. 1 m. w. Nachw. Indes steht eine derartige Verschmelzung nur Aktiengesellschaften offen und setzt zwingend die Gründung einer SE als übernehmende Gesellschaft voraus, vgl. Teil 4, A.III. (Fn. 1735). Die Verschmelzungsrichtlinie erlaubt den Zusammenschluss hingegen ohne Verwendung einer SE als Zielrechtsform, vgl. dazu Gutkès, in: Sagasser/Bula/Brünger, 4. Aufl. (2011), § 12 Rn. 23; Sagasser/Link, in: Sagasser/Bula/Brünger, 4. Aufl. (2011), § 14 Rn. 20 ff.
B. Grenzüberschreitende Verschmelzungen nach dem UmwG
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dardisierten Verfahrens.1458 Grenzüberschreitende Verschmelzungen haben seitdem in der Praxis immer stärker an Bedeutung gewonnen.1459 Aufgrund der danach zulässigen Beteiligung EWR-ausländischer Gesellschaften an einer Verschmelzung nach § 122a UmwG sowie deren ausdrücklicher Inbezugnahme durch das VAG werden nachfolgend zunächst die aufsichtsrechtlichen Vorgaben für diese Form der grenzüberschreitenden Umstrukturierung von Versicherungsunternehmen untersucht. Für eine vorrangige Darstellung der grenzüberschreitenden Verschmelzung spricht neben deren expliziter Kodifizierung im UmwG in dogmatischer Hinsicht, dass die Verschmelzung nach der Systematik des UmwG den Grundfall einer Umwandlung darstellt, auf den die anderen innerstaatlichen Umwandlungsarten weitgehend verweisen.1460 Ferner stellt die Verschmelzung auch die praktisch bedeutsamste Umwandlungsart des UmwG dar.1461 Auf die außerhalb des UmwG geregelte grenzüberschreitende Verschmelzung zur Gründung einer SE sowie die übrigen Umwandlungsarten nach dem UmwG in grenzüberschreitendem Kontext wird anschließend in Teil 4 eingegangen. § 122a Abs. 2 UmwG statuiert als zentrale Verweisungsvorschrift die Anwendbarkeit der für innerstaatliche Verschmelzungen geltenden Vorschriften unter anderem des Ersten Teils (Allgemeine Vorschriften) und des Dritten Abschnitts des Zweiten Teils (Verschmelzung unter Beteiligung von Aktiengesellschaften) des UmwG auf die Beteiligung einer deutschen Gesellschaft an einer grenzüberschreitenden Verschmelzung, soweit §§ 122a bis 122 l UmwG keine Sonderregelungen enthalten.1462 Grundsätzlich sind die beiden Konstellationen der Verschmelzung durch Aufnahme gemäß § 2 Nr. 1 UmwG und der Verschmelzung durch Neugründung gemäß § 2 Nr. 2 UmwG zu unterscheiden,1463 wobei erstere jedoch den ge1458
Rüdt, in: Bähr, Hdb. Versicherungsaufsichtsrecht (2011), § 14 Rn. 140; Lüttringhaus, VersR 2008, 1036 (1040). Zur diesbezüglichen Rechtslage vor Umsetzung der Verschmelzungsrichtlinie Louven, BB Beilage 2006, Nr. 13, 1 (3): „Als (Zwischen-)Ergebnis ist zunächst festzuhalten, dass die bestehenden national-rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten der wirtschaftlichen Bedeutung grenzüberschreitender Verschmelzungen nicht gerecht werden. Die Rechtsordnung stellt grenzüberschreitenden Verschmelzungen nicht die zur Gewährleistung der unverzichtbaren Rechtssicherheit erforderlichen Regelungen zur Verfügung. […] Bei ausschließlicher Betrachtung nationalen Rechts sind echte grenzüberschreitende Verschmelzungen daher kaum durchführbar, sondern auf sehr viel Wohlwollen der beteiligten Registergerichte angewiesen.“ 1459 Stiegler, DB 2014, 525 (529) m. w. Nachw. 1460 Vgl. Schmid, Bestandsübertragung und Umwandlung von Versicherungsunternehmen (2010), Rn. 32 m. w. Nachw.; Heidinger, in: Henssler/Strohn, 3. Aufl. (2016), § 2 UmwG Rn. 2 m. w. Nachw. 1461 Heidinger, in: Henssler/Strohn, 3. Aufl. (2016), § 2 UmwG Rn. 2 m. w. Nachw. 1462 Drinhausen, in: Semler/Stengel, 3. Aufl. (2012), § 122a UmwG Rn. 14; Bayer, in: Lutter, Bd. I, 5. Aufl. (2014), § 122a UmwG Rn. 27 ff.; Polley, in: Henssler/Strohn, 3. Aufl. (2016), § 122a UmwG Rn. 12. 1463 Siehe dazu Marsch-Barner, in: Kallmeyer, 5. Aufl. (2013), § 2 UmwG Rn. 2 ff.; Heidinger, in: Henssler/Strohn, 3. Aufl. (2016), § 2 UmwG Rn. 11 ff. m. w. Nachw.; Stengel, in: Semler/Stengel, 3. Aufl. (2012), § 2 UmwG Rn. 22 ff. m. w. Nachw.
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Teil 3: Grenzüberschreitende Bestandsübertragungen und Verschmelzungen
setzlichen Regelfall der Verschmelzung darstellt und in der Praxis deutlich überwiegt.1464 Das Vermögen des übertragenden Rechtsträgers geht bei einer Verschmelzung als Ganzes kraft Gesetzes und ohne gesonderten Übertragungsakt auf den übernehmenden oder neu gegründeten Rechtsträger über.1465 Für die grenzüberschreitende Übertragung des gesamten Versicherungsbestands von einem inländischen auf ein EWR-ausländisches Versicherungsunternehmen oder in umgekehrter Richtung bietet sich danach alternativ zur Bestandsübertragung auch eine grenzüberschreitende Verschmelzung nach § 122a UmwG an. Grenzüberschreitenden Bezug kann darüber hinaus grundsätzlich auch eine innerstaatliche Verschmelzung nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UmwG aufweisen. Dies ist – ähnlich wie bei einer entsprechenden Bestandsübertragung –1466 beispielsweise dann der Fall, wenn ein inländisches Versicherungsunternehmen mit einer EWR-ausländischen Niederlassung oder mit einem im Rahmen der Dienstleistungsfreiheit erworbenen Bestand auf ein anderes inländisches Versicherungsunternehmen verschmolzen wird. Nach dem UmwG zulässige Umwandlungen von Versicherungsunternehmen bedürfen – ungeachtet der Umwandlungsart und der Rechtsform der beteiligten Versicherungsunternehmen –1467 grundsätzlich einer Genehmigung der Aufsichtsbehörde.1468 Für Erstversicherungsunternehmen ordnet § 14 Abs. 1 S. 1 VAG (§ 14a S. 1 VAG a. F.) dieses Erfordernis uneingeschränkt an;1469 für Rückversicherungs1464 Heidinger, in: Henssler/Strohn, 3. Aufl. (2016), § 2 UmwG Rn. 12; Stengel, in: Semler/ Stengel, 3. Aufl. (2012), § 2 UmwG Rn. 23; Marsch-Barner, in: Kallmeyer, 5. Aufl. (2013), § 2 UmwG Rn. 7. Die Verschmelzung durch Aufnahme unter Beteiligung eines übertragenden und eines übernehmenden Rechtsträgers eignet sich zudem besser für einen Vergleich mit den Konstellationen der Bestandsübertragung. Die nachfolgende Darstellung bezieht sich daher auf diesen Regelfall. Zu den Besonderheiten einer – innerstaatlichen – Verschmelzung durch Neugründung unter Beteiligung von Versicherungsunternehmen siehe Schmid, Bestandsübertragung und Umwandlung von Versicherungsunternehmen (2010), Rn. 733 ff, 851 ff., 1036 ff., 1156 ff. 1465 Heidinger, in: Henssler/Strohn, 3. Aufl. (2016), § 2 UmwG Rn. 7 m. w. Nachw.; Stengel, in: Semler/Stengel, 3. Aufl. (2012), § 2 UmwG Rn. 35 m. w. Nachw. 1466 Vgl. Teil 3, A.IV. 1467 Unbeschadet der Ausführungen zur – erstmaligen – Gründung einer Versicherungs-SE gelten die Ausführungen zu Umwandlungen von Versicherungsunternehmen nach dem UmwG daher grundsätzlich auch für die – bereits bestehende – Versicherungs-SE, vgl. auch Teil 4, A. 1468 Dadurch soll eine effektive Versicherungsaufsicht in allen Fällen der Umstrukturierung von Versicherungsunternehmen sichergestellt werden, vgl. Koerfer, in: Semler/Stengel, 3. Aufl. (2012), Anhang § 119 UmwG Rn. 82. 1469 Die von Seemayer, Grenzüberschreitende Übertragung von Erst- und Rückversicherungsbeständen (2016), S. 173 f.; Rüdt, in: Bähr, Hdb. Versicherungsaufsichtsrecht (2011), § 14 Rn. 137 ff. und Wolf, VersR 2008, 1441 (1445) vertretene Einschränkung der aufsichtsbehördlichen Genehmigungspflicht nach § 14a VAG a. F. (nunmehr § 14 VAG) beschränkt sich im Wesentlichen auf die Fälle der Spaltung gemäß § 123 UmwG (dazu Teil 4, B.II.; Teil 4, B.V.), vgl. Diehl/Seemayer, in: Brand/Baroch Castellvi, 1. Aufl. (2018), § 14 Rn. 3 f. Wenngleich durchaus Gründe für eine derartige Einschränkung sprechen, ist sie de lege lata abzulehnen. Der Gesetzgeber hat mit Einführung einer eingeschränkten Genehmigungspflicht im Rückversicherungsbereich unter Kenntnis und Beibehaltung der Regelung im Erstversiche-
B. Grenzüberschreitende Verschmelzungen nach dem UmwG
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unternehmen schreibt § 166 Abs. 3 S. 1 VAG (§ 121f Abs. 3 S. 1 VAG a. F.) das Genehmigungserfordernis hingegen nur für den Fall vor, dass Rückversicherungsverträge zu den von der Umwandlung erfassten Vermögensgegenständen gehören.1470 Möglich ist daneben auch die Beteiligung von gemischten Versicherungsunternehmen an einer Verschmelzung oder die sogenannte Mischverschmelzung eines Erstversicherungsunternehmens mit einem Rückversicherungsunternehmen zu einem gemischten Versicherungsunternehmen. Bei Beteiligung eines inländischen gemischten Versicherungsunternehmens gelten für dieses – nach der Systematik des VAG betreffend Bestandsübertragungen und aufgrund der auf diese verweisenden Vorgaben zu Umwandlungen –1471 die nachfolgenden Ausführungen zu Erstversicherungsunternehmen entsprechend. Auch Mischverschmelzungen richten sich nach den für Erstversicherungsunternehmen geltenden Vorschriften. Letzteres ist explizit in Part IV 5.1.9 General Protocol on Collaboration vereinbart worden. Die Genehmigung kann ungeachtet aufsichtsrechtlicher Vorgaben ausweislich § 14 Abs. 2, § 166 Abs. 3 S. 3 VAG (§ 14a S. 3, § 121f Abs. 3 S. 3 VAG a. F.) auch versagt werden, wenn die Vorschriften über die Umwandlung nicht beachtet worden sind. Dies umfasst das UmwG sowie begleitende Regelungen und soll eine Divergenz zwischen umwandlungs- und aufsichtsrechtlicher Beurteilung verhindern.1472 Eine umfassende Prüfungspflicht der BaFin hinsichtlich der Einhaltung der umwandlungsrechtlichen Vorschriften folgt daraus indes nicht.1473 Für die versicherungsaufsichtsrechtlichen Genehmigungsvoraussetzungen einer Umwandlung von Versicherungsunternehmen verweisen § 14 Abs. 1 S. 2, § 166 Abs. 3 S. 2 VAG (§ 14a S. 2, § 121f Abs. 3 S. 2 VAG a. F.) weitestgehend pauschal auf die Vorschriften über die Bestandsübertragung. Die Reichweite dieser Verweise bei grenzüberschreitenrungsbereich implizit die auch von der BaFin vertretene Auffassung, nach der § 14a VAG a. F. (nunmehr § 14 VAG) – dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift entsprechend – auf jede Umwandlung von Erstversicherungsunternehmen anzuwenden sein soll, bestätigt; vgl. Schröder/Fischer, VersR 2011, 184. Für eine ausführliche Begründung mit ökonomischen Gesichtspunkten insbesondere unter Berücksichtigung der Belange von Versicherungsnehmern mit Anspruch auf Überschussbeteiligung siehe Schmid, Bestandsübertragung und Umwandlung von Versicherungsunternehmen (2010), Rn. 954 ff. 1470 In den keiner Genehmigungspflicht unterliegenden Fällen der Umwandlung von Rückversicherungsunternehmen nach §§ 1, 122a UmwG besteht gemäß § 47 Nr. 4, § 166 Abs. 3 S. 4 VAG (§ 121a Abs. 3 VAG a. F.) eine Pflicht zur Anzeige der Umwandlungsabsicht gegenüber der Aufsichtsbehörde. Diese bestand vor Einführung von § 121f Abs. 3 VAG a. F. für alle beabsichtigten Umwandlungen eines Rückversicherungsunternehmens, vgl. Schröder/ Fischer, VersR 2011, 184. 1471 Siehe zu der insoweit maßgeblichen Systematik Teil 3, A.II.1.; Teil 3, A.II.2. 1472 Präve, in: Prölss, 12. Aufl. (2005), § 14a Rn. 8. Gleichwohl soll eine Ablehnung der Genehmigung gemäß § 14a S. 3 VAG a. F. (nunmehr § 14 Abs. 2 VAG) ausschließlich unter dem Gesichtspunkt des Schutzes der Interessen von Versicherungsnehmern in Betracht kommen, vgl. Kaulbach, in: FKBP, 5. Aufl. (2012), § 14a Rn. 4; Wolf, VersR 2008, 1441 (1446). 1473 Vgl. Wolf, VersR 2008, 1441 (1446); ausführlich Hersch, NZG 2016, 611 (613 f.); Koerfer, in: Semler/Stengel, 3. Aufl. (2012), Anhang § 119 UmwG Rn. 92 ff.; a. A. wohl Hasselbach/Komp, VersR 2005, 1651 (1659); Präve, in: Prölss, 12. Aufl. (2005), § 14a Rn. 8.
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Teil 3: Grenzüberschreitende Bestandsübertragungen und Verschmelzungen
den Verschmelzungen von Versicherungsunternehmen und deren Implikationen für das grenzüberschreitende Verwaltungsverfahren werden nachfolgend analysiert.
I. Hinausverschmelzung Grundsätzlich werden von §§ 122a ff. UmwG sowohl die Hinein- als auch die Hinausverschmelzung erfasst.1474 Ausweislich § 122b Abs. 1 UmwG kommen als übertragende, übernehmende oder neue Gesellschaften inländische und EWR-ausländische Kapitalgesellschaften im Sinne des Art. 2 Nr. 1 Verschmelzungsrichtlinie in Betracht. Wenngleich die sachrechtliche Zulässigkeit von Hinausverschmelzungen nicht abschließend geklärt ist,1475 bestehen jedenfalls insoweit abstrakte Verfahrensvorschriften beziehungsweise Kollisionsnormen für grenzüberschreitende Verschmelzungen in beide Richtungen.1476 Für die hier betrachteten Hinausverschmelzungen relevant, erfasst § 122b Abs. 1 UmwG als übertragende inländische Gesellschaft Aktiengesellschaften einschließlich einer bereits bestehenden SE mit Sitz in Deutschland.1477 1. Übertragendes inländisches Erstversicherungsunternehmen a) Aufsichtsrechtliche Regelungssystematik Der Gesetzgeber hat es sich bei den Genehmigungsvoraussetzungen einer Umwandlung von Erstversicherungsunternehmen vermeintlich einfach gemacht und neben der Einhaltung der Vorschriften über die Umwandlung – ohne eine Differenzierung nach der Übertragungsrichtung – weitestgehend auf die entsprechenden Voraussetzungen der Bestandsübertragung von inländischen Erstversicherungsun1474
Vgl. Polley, in: Henssler/Strohn, 3. Aufl. (2016), § 122a UmwG Rn. 4. Vgl. etwa Lüttringhaus, VersR 2008, 1036 (1042 f.); Kindler, in: MünchKomm-BGB, Bd. 11, 6. Aufl. (2015), Internationales Handels- und Gesellschaftsrecht Rn. 844 ff. m. w. Nachw.; zum Meinungsstand auch Heckschen, in: Widmann/Mayer, 158. EL (2016), Vorbem. §§ 122a ff. UmwG Rn. 88 ff. 1476 Für die in dieser Arbeit allein untersuchten Aktiengesellschaften ist in allen Mitgliedund Vertragsstaaten eine grenzüberschreitende Verschmelzung auf Grundlage der Niederlassungsfreiheit zuzulassen, vgl. Kalss/Klampfl, in: Dauses, EU-Wirtschaftsrecht, 38. EL (2015), E. III. Rn. 120 ff. m. w. Nachw. Eindeutig für die sachrechtliche Zulässigkeit der Hinausverschmelzung aufgrund der Verschmelzungsrichtlinie und § 122b Abs. 1 UmwG etwa Reimann, ZEV 2009, 586 (587) m. w. Nachw.; Schäfer, in: MünchKomm-AktG, Bd. 7, 3. Aufl. (2012), VO (EG) 2157/2001 Art. 17 Rn. 1 m. w. Nachw.; vgl. ferner Lutter/Bayer, in: Lutter, Bd. I, 5. Aufl. (2014), Einleitung I Rn. 45; Bayer, in: Lutter, Bd. I, 5. Aufl. (2014), § 122a UmwG Rn. 11 ff. 1477 Vgl. BT-Drs. 16/2919, S. 14; Polley, in: Henssler/Strohn, 3. Aufl. (2016), § 122b UmwG Rn. 3 f; Kindler, in: MünchKomm-BGB, Bd. 11, 6. Aufl. (2015), Internationales Handels- und Gesellschaftsrecht Rn. 845; Reimann, ZEV 2009, 586 (588); Diehl/Seemayer, in: Brand/Baroch Castellvi, 1. Aufl. (2018), § 14 Rn. 16, 19. 1475
B. Grenzüberschreitende Verschmelzungen nach dem UmwG
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ternehmen nach § 13 VAG (§ 14 VAG a. F.) verwiesen.1478 Da sich Bestandsübertragungen und Umwandlungen – letztere zusätzlich in ihren unterschiedlichen Arten – erheblich unterscheiden, wurde dies jedoch durch einen erhöhten Interpretationsbedarf auf Seiten des Rechtsanwenders erkauft.1479 § 14 Abs. 1 S. 2 VAG (§ 14a S. 2 VAG a. F.) erfasst neben sämtlichen Umwandlungsarten nach § 1 UmwG, soweit an diesen ausschließlich (Erstversicherungs-)Unternehmen mit Sitz im Inland beteiligt sind, auch die grenzüberschreitende Verschmelzung nach § 122a UmwG, soweit an dieser mindestens ein Erstversicherungsunternehmen mit Sitz im Inland beteiligt ist.1480 b) Genehmigungskonzentration § 14 Abs. 1 S. 2 VAG (§ 14a S. 2 VAG a. F.) verweist – unter anderem – auf § 13 Abs. 2 VAG (§ 14 Abs. 2 VAG a. F.). Von diesem Verweis ist jedenfalls § 13 Abs. 2 S. 1 VAG (§ 14 Abs. 2 S. 1 VAG a. F) umfasst. Die dort für die Übertragung des grenzüberschreitend erworbenen Bestands eines inländischen Erstversicherungsunternehmens angeordnete Genehmigungskonzentration bei der für das übertragende Versicherungsunternehmen zuständigen Aufsichtsbehörde – hier folglich bei der BaFin – soll damit nach dem Willen des Gesetzgebers insoweit auch für die grenzüberschreitende Hinausverschmelzung gelten.1481 Würde man die Verweisung jedoch als auf diese in § 13 Abs. 2 S. 1 VAG (§ 14 Abs. 2 S. 1 VAG a. F.) normierte Rechtsfolge beschränkt verstehen,1482 könnte dies bei einer Hinausverschmelzung ein gespaltenes Genehmigungsverfahren hinsichtlich einer einheitlichen Transaktion 1478 Vgl. Laars, VAG, 3. Aufl. (2015), § 14a Rn. 1; Diehl/Seemayer, in: Brand/Baroch Castellvi, 1. Aufl. (2018), § 14 Rn. 5. Für Umwandlungen von gemischten Versicherungsunternehmen gelten nach dieser Systematik ebenfalls die Vorgaben für Erstversicherungsunternehmen. Für sogenannte Mischverschmelzungen zwischen Erstversicherungs- und Rückversicherungsunternehmen, in deren Folge gemischte Versicherungsunternehmen entstehen, ist dies auch in Part IV 5.1.9 General Protocol on Collaboration vereinbart. Vgl. zu Bestandsübertragungen insoweit insbesondere Teil 3, A.II.1.; Teil 3, A.II.2.; Teil 3, A.III.3. 1479 Vgl. auch Wolf, VersR 2008, 1441 (1443), der die Anwendung der auf die Übertragung von Versicherungsbeständen zugeschnittenen Vorgaben des § 14 VAG a. F. (nunmehr § 13 VAG) auf Umwandlungen von Versicherungsunternehmen insgesamt nur begrenzt für sinnvoll erachtet. 1480 Eine Umwandlung nach § 122a UmwG erfordert explizit die Beteiligung mindestens einer EWR-ausländischen Gesellschaft. Die Vorschrift unterstellt indes implizit zugleich die Beteiligung mindestens einer inländischen Gesellschaft, vgl. Heckschen, in: Widmann/Mayer, 158. EL (2016), § 122a UmwG Rn. 66; Bayer, in: Lutter, Bd. I, 5. Aufl. (2014), § 122a UmwG Rn. 21 f.; Hörtnagl, in: Schmitt/Hörtnagl/Stratz, 7. Aufl. (2016), § 122a UmwG Rn. 4; Polley, in: Henssler/Strohn, 3. Aufl. (2016), § 122a UmwG Rn. 6; Drinhausen, in: Semler/Stengel, 3. Aufl. (2012), § 122a UmwG Rn. 5; Marsch-Barner, in: Kallmeyer, 5. Aufl. (2013), § 122a UmwG Rn. 2. 1481 BT-Drs. 16/6518. S. 14; vgl. auch Lüttringhaus, VersR 2008, 1036 (1041); insoweit auch Kaulbach, in: FKBP, 5. Aufl. (2012), § 14a Rn. 3. 1482 So Kaulbach, in: FKBP, 5. Aufl. (2012), § 14a Rn. 3, der die Verweisung auf den gesamten § 14 Abs. 2 VAG a. F. (nunmehr § 13 Abs. 2 VAG) für unverständlich erachtet.
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Teil 3: Grenzüberschreitende Bestandsübertragungen und Verschmelzungen
zur Folge haben. Denn dann würde für die Genehmigung einer Hinausverschmelzung, soweit sie grenzüberschreitend erworbene Bestände des übertragenden Erstversicherungsunternehmens betrifft, das grenzüberschreitende Verwaltungsverfahren mit Genehmigungskonzentration bei der für das übertragende Erstversicherungsunternehmen zuständigen Aufsichtsbehörde gelten. Im Übrigen, das heißt soweit die Hinausverschmelzung eines Erstversicherungsunternehmens inländische Bestände betrifft, vollzöge sich diese grundsätzlich außerhalb des harmonisierten Rechtsrahmens.1483 Ein derart gespaltenes Genehmigungsverfahren wird vermieden, wenn man – dem Wortlaut entsprechend – auch § 13 Abs. 2 S. 3 VAG (§ 14 Abs. 2 S. 3 VAG a. F.) als von dem Verweis mitumfasst erachtet.1484 Die in § 13 Abs. 2 S. 3 VAG (§ 14 Abs. 2 S. 3 VAG a. F.) bewusst erfolgte überschießende Umsetzung1485 sollte über den Verweis in § 14 Abs. 1 S. 2 VAG (§ 14a S. 2 VAG a. F.) daher einheitlich auch für Umwandlungen von Erstversicherungsunternehmen gelten. Dieses Verständnis deckt sich mit der Vereinbarung in Part IV 5.1.9 General Protocol on Collaboration, nach der das Verfahren für grenzüberschreitende Bestandsübertragungen entsprechende Anwendung auf grenzüberschreitende Verschmelzungen von Erstversicherungsunternehmen finden soll. Dabei ist jedoch zu beachten, dass die Erstreckung des grenzüberschreitenden Verwaltungsverfahrens auf die Übertragung inländischer Bestände bereits für Bestandsübertragungen nicht verpflichtend europarechtlich vorgegeben wird.1486 Eine derartige Erstreckung ist zwar auch im General Protocol on Collaboration nicht ausdrücklich erwähnt, wurde aber von den Versicherungsaufsichtsbehörden in Art. 3.1.6 Siena-Protokoll vereinbart.1487 c) Grenzüberschreitendes Verwaltungsverfahren Der Verweis in § 14 Abs. 1 S. 2 VAG (§ 14a S. 2 VAG a. F.) ist auch nicht auf § 13 Abs. 2 S. 1, 3 VAG (§ 14 Abs. 2 S. 1, 3 VAG a. F.) beschränkt. Vielmehr ist er – dem Wortlaut entsprechend – vollumfänglich auf § 13 Abs. 2 VAG (§ 14 Abs. 2 VAG a. F.) zu verstehen.1488 Denn wenn die Genehmigungskonzentration gelten und die Genehmigung der BaFin damit wie bei der Bestandsübertragung transnationale Wirkung haben soll, erfordert dies grundsätzlich auch die Beachtung des grenz1483 Insoweit hätte sich die Erteilung der Genehmigung nach § 13 Abs. 1 S. 2 VAG (§ 14 Abs. 1 S. 2 VAG a. F.) zu richten und würde damit insbesondere nicht das Vorliegen des vereinheitlichten Solvabilitätsnachweises des übernehmenden Versicherungsunternehmens gemäß § 13 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 VAG (§ 14 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 VAG a. F.) erfassen. Da die Verschmelzung indes nur einheitlich erfolgen kann, macht der Solvabilitätsnachweis nur dann Sinn, wenn er im Hinblick auf die Übernahme des gesamten – das heißt des inländischen und grenzüberschreitend erworbenen – Bestands erfolgt. 1484 So auch Diehl/Seemayer, in: Brand/Baroch Castellvi, 1. Aufl. (2018), § 14 Rn. 7. 1485 Vgl. Teil 3, A.II.1.b)aa). 1486 Zens, Zusammenarbeit der Versicherungsaufsichtsbehörden (2005), S. 356. 1487 Vgl. dazu Teil 3, A.II.1.b)cc); Teil 3, A.II.1.a)ee). 1488 So auch Diehl/Seemayer, in: Brand/Baroch Castellvi, 1. Aufl. (2018), § 14 Rn. 7.
B. Grenzüberschreitende Verschmelzungen nach dem UmwG
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überschreitenden Verwaltungsverfahrens.1489 Dies gilt insbesondere für die in § 13 Abs. 2 S. 2 Nr. 2, 3 VAG (§ 14 Abs. 2 S. 2 Nr. 2, 3 VAG a. F.) statuierten Konsultations- und Zustimmungspflichten.1490 Folglich müssen bei einer grenzüberschreitenden Hinausverschmelzung – ebenso wie bei einer grenzüberschreitenden Bestandsübertragung – die Aufsichtsbehörden der Mitglied- oder Vertragsstaaten der Risikobelegenheit der Übertragung zustimmen und die Aufsichtsbehörden der Mitglied- oder Vertragsstaaten etwaiger Niederlassungen jedenfalls angehört werden. Zu berücksichtigen ist dabei, dass die Erstreckung des grenzüberschreitenden Verwaltungsverfahrens auf Verschmelzungen von Erstversicherungsunternehmen nicht auf einer europarechtlichen Vorgabe beruht.1491 Die Rechtsordnungen anderer Mitglied- oder Vertragsstaaten können daher grundsätzlich abweichende Regelungen vorsehen, sodass die BaFin bei derartigen Übertragungen zu prüfen hat, ob die insoweit zu berücksichtigenden Rechtsordnungen entsprechende Regelungen vorsehen. Indes sieht Part IV 5.1.9 General Protocol on Collaboration ausdrücklich vor, dass sich die beteiligten Aufsichtsbehörden bei Verschmelzungen von Erstversicherungsunternehmen in Übereinstimmung mit dem für grenzüberschreitende Bestandsübertragungen vereinbarten Verfahren konsultieren sollen. Dem in § 14 Abs. 1 S. 2 VAG (§ 14a S. 2 VAG a. F.) ebenfalls enthaltenen Verweis auf § 13 Abs. 1 S. 2 VAG (§ 14 Abs. 1 S. 2 VAG a. F.) kommt hingegen keine eigenständige Bedeutung bei grenzüberschreitenden Verschmelzungen zu. Denn der in Bezug genommene und insoweit speziellere1492 § 13 Abs. 2 S. 2 VAG (§ 14 Abs. 2 S. 2 VAG a. F.) nimmt seinerseits bereits auf diese Vorschrift Bezug. Unmittelbar ist § 13 Abs. 1 S. 2 VAG (§ 14 Abs. 1 S. 2 VAG a. F.) damit im Ergebnis ausschließlich für innerstaatliche Verschmelzungen ohne jeglichen grenzüberschreitenden Bezug maßgeblich.1493 d) Solvabilitätsbescheinigung Bereits vor der Neufassung von §§ 14, 14a VAG a. F. durch das VAGÄndG 9 und der Einführung von § 122a UmwG verwies § 14a S. 2 VAG in der bis zum 31. Dezember 2007 geltenden Fassung für innerstaatliche Umwandlungen ausdrücklich auf § 14 Abs. 1 S. 2 VAG in der bis zum 31. Dezember 2007 geltenden Fassung. Das übernehmende Versicherungsunternehmen hatte danach einen Nachweis dafür zu erbringen, dass es nach der Übertragung Eigenmittel in Höhe der
1489
Vgl. auch Lüttringhaus, VersR 2008, 1036 (1041). Koerfer, in: Semler/Stengel, 3. Aufl. (2012), Anhang § 119 UmwG Rn. 91. 1491 Vgl. Zens, Zusammenarbeit der Versicherungsaufsichtsbehörden (2005), S. 356. 1492 Präve, in: Prölss, 12. Aufl. (2005), § 14 Rn. 6. 1493 Vgl. zur Bestandsübertragung bereits Teil 3, A.III.1.a). Anders als bei der Bestandsübertragung ist eine Beteiligung von Drittstaatenunternehmen insoweit bereits durch das UmwG ausgeschlossen, vgl. Teil 2, B.II.1.; siehe auch Teil 3, B.II.1.b). 1490
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Teil 3: Grenzüberschreitende Bestandsübertragungen und Verschmelzungen
Solvabilitätsspanne besitzt.1494 Entsprechend erfasst der Verweis auf § 13 Abs. 2 VAG (§ 14 Abs. 2 VAG a. F.) nunmehr auch die für eine grenzüberschreitende Bestandsübertragung nach § 13 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 VAG (§ 14 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 VAG a. F.) von der Aufsichtsbehörde des übernehmenden Versicherungsunternehmens auszustellende Solvabilitätsbescheinigung.1495 e) Besonderheiten bei Verträgen mit Überschussbeteiligung Gemäß § 14 Abs. 1 S. 2 VAG (§ 14a S. 2 VAG a. F.) gelten die in § 13 Abs. 4 VAG (§ 14 Abs. 4 VAG a. F.) statuierten Vorgaben für die Werterhaltung der Überschussbeteiligung bei Umwandlungen von Versicherungsunternehmen entsprechend.1496 Insoweit könnten aufgrund der im EWR-Ausland nicht geltenden MindZV und ÜbschV grundsätzlich ähnliche Bedenken gegen die Genehmigungsfähigkeit derartiger Übertragungen vorgebracht werden wie bei der Hinausübertragung durch grenzüberschreitende Bestandsübertragungen. Auf die dazu bereits angestellten Überlegungen sei zunächst verwiesen.1497 Insbesondere wurde dort ausgeführt, dass der Wert der Versicherungsverträge vor und nach einer Bestandsübertragung von den zukünftig zu erwartenden Erträgen beziehungsweise Ergebnissen abhängt. Hinsichtlich der Wertvergleichs soll es ausreichen, dass das übernehmende Versicherungsunternehmen mindestens gleich hohe Erträge beziehungsweise Ergebnisse in Aussicht stellt wie bisher das übertragende Versicherungsunternehmen, was regelmäßig der Fall sein soll, wenn die maßgeblichen Überschussquellen im Rahmen der Bestandsübertragung mitübertragen werden.1498 Da bei einer Verschmelzung das gesamte Vermögen des übertragenden Unternehmens übergeht, wird diese Voraussetzung regelmäßig erfüllt sein.1499 Anders als bei der Bestandsübertragung stellt sich die Problematik der Überschussbeteiligung bei der Verschmelzung darüber hinaus nicht als allein aufsichtsrechtlicher Natur dar. Denn Versicherungsverträge mit vertraglich vereinbarter Überschussbeteiligung sind bei einer Verschmelzung – wie bei einer Bestandsübertragung – zivilrechtlich bereits aufgrund des Übergangs der Rechte und Pflichten im Wege der durch das UmwG angeordneten Universalsukzession unverändert bei dem übernehmenden Versicherungsunternehmen fortzu1494 Präve, in: Prölss, 12. Aufl. (2005), § 14 Rn. 23 und Präve, in: Prölss, 12. Aufl. (2005), § 14a Rn. 8. 1495 Für einen Verweis auch auf das Erfordernis einer Solvabilitätsbescheinigung spricht ferner der bei Umwandlungen von Rückversicherungsunternehmen explizit auf die entsprechende – in § 166 Abs. 1 S. 3 VAG (§ 121f Abs. 1 S. 3 VAG a. F.) normierte – Voraussetzung verweisende § 166 Abs. 3 S. 2 VAG (§ 121f Abs. 3 S. 2 VAG a. F.); siehe dazu Teil 3, B.I.2.d); vgl. auch Koerfer, in: Semler/Stengel, 3. Aufl. (2012), Anhang § 119 UmwG Rn. 91. 1496 Vgl. für innerstaatliche Umwandlungen von Versicherungsunternehmen Schmid, Bestandsübertragung und Umwandlung von Versicherungsunternehmen (2010), Rn. 943 f. 1497 Siehe dazu Teil 3, A.II.1.a)dd)(2); Teil 3, A.II.1.b)bb)(2). 1498 BT-Drs. 16/6518, S. 13; Laars, VAG, 3. Aufl. (2015), § 14 Rn. 9; vgl. Teil 3, A.II.1.a) dd)(2). 1499 Siehe dazu auch Teil 3, B.I.1.f); Teil 3, B.I.1.k).
B. Grenzüberschreitende Verschmelzungen nach dem UmwG
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führen.1500 Das UmwG enthält für Inhaber von Sonderrechten zudem eine eigenständige – dem Verwässerungsschutz dienende – Schutzvorschrift.1501 Ausweislich § 23 UmwG sind den Inhabern von Rechten in einem übertragenden Rechtsträger, die kein Stimmrecht gewähren, gleichwertige Rechte in dem übernehmenden Rechtsträger zu gewähren.1502 Begründet wird dieser Schutz damit, dass die Rechtsstellung der exemplarisch genannten Gläubiger – Inhaber von Anteilen ohne Stimmrecht, Inhaber von Wandelschuldverschreibungen, Inhaber von Gesamtschuldverschreibungen sowie Inhaber von Genussrechten – einerseits über eine lediglich schuldrechtliche Gläubigerstellung hinausgehe, andererseits den genannten Rechtsinhabern jedoch die Möglichkeit fehle, durch Ausübung eines Stimmrechts auf die Verschmelzung Einfluss zu nehmen.1503 Aufgrund der rechtsformneutralen Definition der Sonderrechte in § 23 UmwG kommt es grundsätzlich weder auf die Rechtsform der beteiligten Unternehmen, noch auf eine Verbriefung1504 der Rechte an.1505 Erfasst werden Rechte „in einem übertragenden Rechtsträger“. Diese Formulierung stellt klar, dass es sich nicht um Rechte an einem Rechtsträger im Sinne gesellschaftsrechtlicher Beteiligungen handeln muss, sondern auch schuldrechtliche Rechte erfasst werden können, die eine der Mitgliedschaft zwar ähnliche Rechtsstellung verschaffen, aber kein Stimmrecht gewähren.1506 Über den rein schuldrechtlichen Charakter hinaus ist aber jedenfalls ein partiarisches Element erforderlich.1507 Dieses liegt regelmäßig vor, wenn die 1500
Vgl. Entzian/Schleifenbaum, ZVersWiss 1996, 521 (537). Müller, in: Henssler/Strohn, 3. Aufl. (2016), § 23 UmwG Rn. 1; Marsch-Barner, in: Kallmeyer, 5. Aufl. (2013), § 23 UmwG Rn. 1 f.; Grunewald, in: Lutter, Bd. I, 5. Aufl. (2014), § 23 UmwG Rn. 1; Vossius, in: Widmann/Mayer, 158. EL (2016), § 23 UmwG Rn. 1. 1502 Die Vorschrift geht zurück auf Art. 15 der Dritten Richtlinie des Rates vom 9. Oktober 1978 gemäß Artikel 54 Absatz 3 Buchstabe g) des Vertrags betreffend die Verschmelzung von Aktiengesellschaften (78/855/EWG), ABl. EG 1978 Nr. L 295/36. Aufgrund dieser europarechtlichen Vorgabe ist davon auszugehen, dass die übrigen Mitglied- oder Vertragsstaaten entsprechende Regelungen für die Verschmelzung vorsehen, sodass diese Gläubigerschutzvorschrift auch bei der grenzüberschreitenden Verschmelzung uneingeschränkt anzuwenden ist. 1503 BT-Drs. 12/6699, S. 92; vgl. auch Müller, in: Henssler/Strohn, 3. Aufl. (2016), § 23 UmwG Rn. 1; Kalss, in: Semler/Stengel, 3. Aufl. (2012), § 23 UmwG Rn. 4; Vossius, in: Widmann/Mayer, 158. EL (2016), § 23 UmwG Rn. 9. 1504 Die vertragliche Überschussbeteiligung dürfte regelmäßig durch die Ausstellung des Versicherungsscheins verbrieft werden. Ob die Verbriefung auch die flankierenden aufsichtsrechtlichen Regelungen betreffend die Überschussbeteiligung erfasst, kann mangels Erforderlichkeit einer Verbriefung im Rahmen des § 23 UmwG dahinstehen. 1505 Müller, in: Henssler/Strohn, 3. Aufl. (2016), § 23 UmwG Rn. 2; Kalss, in: Semler/ Stengel, 3. Aufl. (2012), § 23 UmwG Rn. 4; Marsch-Barner, in: Kallmeyer, 5. Aufl. (2013), § 23 UmwG Rn. 5. 1506 Müller, in: Henssler/Strohn, 3. Aufl. (2016), § 23 UmwG Rn. 2; Kalss, in: Semler/ Stengel, 3. Aufl. (2012), § 23 UmwG Rn. 4; Stratz, in: Schmitt/Hörtnagl/Stratz, 7. Aufl. (2016), § 23 UmwG Rn. 4. 1507 Kalss, in: Semler/Stengel, 3. Aufl. (2012), § 23 UmwG Rn. 1. 1501
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Teil 3: Grenzüberschreitende Bestandsübertragungen und Verschmelzungen
Inhaber der Sonderrechte vom wirtschaftlichen Erfolg des Verpflichteten bei der Abgeltung der Kapitalüberlassung abhängig sind, das heißt insbesondere bei Vereinbarung ertragsabhängiger Verzinsung.1508 Zwar stellt sich die Überschussbeteiligung der Versicherungsnehmer grundsätzlich nicht als Verzinsung nach klassischem Verständnis dar.1509 Jedoch erwirtschaften Versicherungsunternehmen aufgrund der nach § 138 VAG (§ 11 VAG a. F.1510) gebotenen vorsichtigen Kalkulationsannahmen regelmäßig Überschüsse aus den vereinnahmten Beiträgen.1511 Soweit eine Überschussbeteiligung vereinbart wurde, steht ein erwirtschafteter Überschuss nur zu einem Teil den Versicherungsunternehmen zu; im Übrigen hat er etwa in Form einer Direktgutschrift oder Beitragsrückerstattung den Versicherungsnehmern zugute zu kommen.1512 Damit weist die Rechtsstellung von Versicherungsnehmern mit Überschussbeteiligung eine jedenfalls über den rein schuldrechtlichen Charakter hinausgehende Ertragsabhängigkeit auf.1513 Das Recht der Versicherungsnehmer auf Überschussbeteiligung wird daher zutreffend als Sonderrecht im Sinne des § 23 UmwG angesehen.1514 Den betroffenen Versicherungsnehmern sind danach im Zuge der Verschmelzung gleichwertige Rechte in dem übernehmenden Versicherungsunternehmen zu gewähren.1515 Ausweislich § 122a Abs. 2 UmwG ist § 23 UmwG auf grenzüberschreitende Verschmelzungen entsprechend anzuwenden.1516 Bei der Hinausverschmelzung stellt sich dann grundsätzlich ebenfalls das Problem, dass diese formalrechtliche Position mangels Geltung der MindZV und ÜbschV im EWR-Ausland 1508
Kalss, in: Semler/Stengel, 3. Aufl. (2012), § 23 UmwG Rn. 4. Vgl. zu den Wesensmerkmalen des Zinsbegriffes, insbesondere zur Gewinn- und Umsatzunabhängigkeit, etwa Grothe, in: BeckOK BGB, 40. Ed. (2016), § 246 Rn. 1. Beachte aber zur Uneinheitlichkeit des Zinsbegriffes, der fehlenden gesetzlichen Definition und dem daraus folgenden Erfordernis einer einzelfallbezogenen Auslegung Grundmann, in: MünchKomm-BGB, Bd. 2, 7. Aufl. (2016), § 246 Rn. 3 ff. 1510 Vgl. BT-Drs. 18/2956, S. 270. 1511 Kölschbach, in: Prölss, 12. Aufl. (2005), § 56a Rn. 4; Kaulbach, in: FKBP, 5. Aufl. (2012), § 11 Rn. 4. 1512 Kölschbach, in: Prölss, 12. Aufl. (2005), § 56a Rn. 4 f. 1513 Entzian/Schleifenbaum, ZVersWiss 1996, 521 (538). 1514 Grundlegend Entzian/Schleifenbaum, ZVersWiss 1996, 521 (537 ff.); vgl. auch Koerfer, in: Semler/Stengel, 3. Aufl. (2012), § 109 UmwG Rn. 47 m. w. Nachw. Dies trifft jedenfalls für die Überschussbeteiligung bei in der Rechtsform von Aktiengesellschaften organisierten Versicherungsunternehmen zu. Da § 23 UmwG nur Sonderrechte erfasst, die keine Stimmrechte gewähren, soll dies nach wohl überwiegender Ansicht jedoch nicht für den entsprechenden Anspruch der Mitglieder eines VVaG gelten; vgl. zum Meinungsstand Koerfer, in: Semler/Stengel, 3. Aufl. (2012), § 109 UmwG Rn. 47 m. w. Nachw. 1515 Entzian/Schleifenbaum, ZVersWiss 1996, 521 (539); Koerfer, in: Semler/Stengel, 3. Aufl. (2012), § 109 UmwG Rn. 47. 1516 Polley, in: Henssler/Strohn, 3. Aufl. (2016), § 122j UmwG Rn. 3; Vossius, in: Widmann/Mayer, 158. EL (2016), § 122j UmwG Rn. 3; Bayer, in: Lutter, Bd. I, 5. Aufl. (2014), § 122j UmwG Rn. 21; Hörtnagl, in: Schmitt/Hörtnagl/Stratz, 7. Aufl. (2016), § 122j UmwG Rn. 11 m. w. Nachw. 1509
B. Grenzüberschreitende Verschmelzungen nach dem UmwG
323
faktisch entwertet werden könnte.1517 Im Rahmen von § 23 UmwG ist jedoch zu berücksichtigen, dass die Gleichwertigkeit1518 der Rechte in dem übernehmenden Rechtsträger gerade nicht in formalrechtlichem Sinne zu verstehen ist.1519 Maßgeblich ist insoweit vielmehr eine wirtschaftliche Betrachtungsweise.1520 Zwar lässt sich die erforderliche Gleichwertigkeit bei Gewährung gleichartiger Rechte am ehesten bejahen; zwingend ist eine Gewährung gleichartiger Rechte indes nicht. Vielmehr soll es ausreichen, wenn wirtschaftlich vergleichbare Gestaltungen erreicht werden. Diese wirtschaftliche Gleichwertigkeit muss dabei aber in jedem Fall gewährleistet werden.1521 Nach den vorstehenden Grundsätzen ist es im Rahmen der maßgeblichen umwandlungsrechtlichen Vorgaben ausreichend, wenn die Überschussbeteiligung ungeachtet der Geltung von MindZV und ÜbschV im Ergebnis wirtschaftlich gleichwertig sichergestellt wird. Dies ist aber jedenfalls auch dann der Fall, wenn etwa die Vorgaben der MindZV und ÜbschV in die Versicherungsverträge inkorporiert werden.1522 Die im UmwG allgemein geltenden Grundsätze zur Sicherung von Sonderrechten nach ökonomischen Kriterien liefern dabei umgekehrt ein weiteres Argument für die Zulässigkeit einer Hinausübertragung von Versicherungsverträgen mit Überschussbeteiligung im Wege der grenzüberschreitenden Bestandsübertragung unter Verwendung der dort vorgeschlagenen Gestaltungsmöglichkeit. Denn die entgegenstehende Auffassung beruft sich ausschließlich auf formalrechtliche Argumente und verkennt damit das im Ergebnis maßgebliche Kriterium der wirtschaftlichen Gleichwertigkeit.1523 Der Werterhalt der Überschussbeteiligung findet bei der Hinausverschmelzung eines Erstversicherungsunternehmens sowohl nach Maßgabe des UmwG als auch im Rahmen der aufsichtsbehördlichen Genehmigung nach § 14 VAG (§ 14a VAG a. F.) und damit im Ergebnis in doppelter Hinsicht Berücksichtigung.
1517
Siehe dazu Teil 3, A.II.1.a)dd)(2); Teil 3, A.II.1.b)bb)(2). Zur begrifflichen Problematik ausführlich Vossius, in: Widmann/Mayer, 158. EL (2016), § 23 UmwG Rn. 25 ff. 1519 Entzian/Schleifenbaum, ZVersWiss 1996, 521 (539); Marsch-Barner, in: Kallmeyer, 5. Aufl. (2013), § 23 UmwG Rn. 8. 1520 BGH, Urteil vom 28. Mai 2013 – II ZR 67/12 –, BGHZ 197, 284 = NZG 2013, 987 (991) m. w. Nachw.; vgl. auch Müller, in: Henssler/Strohn, 3. Aufl. (2016), § 23 UmwG Rn. 4; Kalss, in: Semler/Stengel, 3. Aufl. (2012), § 23 UmwG Rn. 12; Marsch-Barner, in: Kallmeyer, 5. Aufl. (2013), § 23 UmwG Rn. 8; Bayer, in: Lutter, Bd. I, 5. Aufl. (2014), § 122j UmwG Rn. 18. 1521 Müller, in: Henssler/Strohn, 3. Aufl. (2016), § 23 UmwG Rn. 4; Stratz, in: Schmitt/ Hörtnagl/Stratz, 7. Aufl. (2016), § 23 UmwG Rn. 9 m. w. Nachw.; Kalss, in: Semler/Stengel, 3. Aufl. (2012), § 23 UmwG Rn. 12; a. A. wohl Grunewald, in: Lutter, Bd. I, 5. Aufl. (2014), § 23 UmwG Rn. 5. 1522 Siehe dazu Teil 3, A.II.1.a)dd)(2). Eine entsprechende Vereinbarung (vgl. Fn. 1085) könnte hier etwa im Rahmen des Verschmelzungsvertrags zwischen den beteiligten Versicherungsunternehmen geschlossen werden. 1523 Vgl. bereits Teil 3, A.II.1.a)dd)(2); Teil 3, A.II.1.b)bb)(2). 1518
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Teil 3: Grenzüberschreitende Bestandsübertragungen und Verschmelzungen
f) Rechtsfolgen der Genehmigung Auf Rechtsfolgenseite sind die Besonderheiten von Umwandlungen nach dem UmwG – hier in Form der Verschmelzung – zu berücksichtigen. Das Vermögen des übertragenden Unternehmens geht nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 UmwG als Ganzes kraft Gesetzes und ohne gesonderten Übertragungsakt auf das übernehmende Unternehmen über.1524 Bei dem in § 14 Abs. 1 S. 2 VAG (§ 14a S. 2 VAG a. F.) enthaltenen Verweis auf § 13 Abs. 5 VAG (§ 14 Abs. 5 VAG a. F.) – namentlich auf die Anordnung des Übergangs der Rechte und Pflichten des übertragenden Versicherungsunternehmens aus den Versicherungsverträgen sowie auf den Ausschluss von § 415 BGB – handelt es sich daher nach einhelliger Meinung um ein Redaktionsversehen des Gesetzgebers.1525 Dem Verweis kann bestenfalls deklaratorische Bedeutung zukommen.1526 Denn der Übergang der bestehenden Versicherungsverhältnisse richtet sich bei einer Verschmelzung von Versicherungsunternehmen nicht nach dem VAG, sondern nach den Vorschriften des UmwG.1527 Die Rechte und Pflichten aus den Versicherungsverhältnissen gehen mit Wirksamwerden der Verschmelzung im Wege der Universalsukzession auf das übernehmende Versicherungsunternehmen über.1528 Der insoweit maßgebliche Zeitpunkt ist gemäß §§ 122a, 20 Abs. 1 Nr. 1 UmwG grundsätzlich die Eintragung der Verschmelzung in das Register des Sitzes des übernehmenden Unternehmens. Im Falle einer Hinausverschmelzung besteht dabei jedoch die Besonderheit, dass sich der Tag des Wirksamwerdens der Verschmelzung ausweislich § 122k Abs. 2 S. 3, Abs. 4, § 122 l UmwG nach der Rechtsordnung des übernehmenden Unternehmens richtet.1529 g) Verhältnis zwischen Genehmigung und Registereintragung Gesetzliche Beschränkungen der Singularsukzession – wie etwa das Zustimmungserfordernis des § 415 BGB – sind im Rahmen der Universalsukzession grundsätzlich unbeachtlich, soweit sie nicht ausdrücklich auch bei einer Univer1524
Vgl. etwa Heidinger, in: Henssler/Strohn, 3. Aufl. (2016), § 20 UmwG Rn. 4. Schmid, Bestandsübertragung und Umwandlung von Versicherungsunternehmen (2010), Rn. 1075 m. w. Nachw.; Kaulbach, in: FKBP, 5. Aufl. (2012), § 14a Rn. 3; Präve, in: Prölss, 12. Aufl. (2005), § 14a Rn. 9 m. w. Nachw. Diese Auffassung muss jedoch unterstellen, dass dem Gesetzgeber mit der durch das JStG 2010 eingeführten Genehmigungspflicht betreffend Umwandlungen von Rückversicherungsunternehmen erneut ein entsprechendes Redaktionsversehen unterlaufen ist, vgl. dazu Teil 3, B.I.2.b); Teil 3, B.I.2.e). Diehl/Seemayer, in: Brand/Baroch Castellvi, 1. Aufl. (2018), § 14 Rn. 9 lehnen die Einordnung als Redaktionsversehen mit Blick auf die nicht erfolgte Berichtigung im Rahmen der 10. VAG-Novelle ab, erachten den Verweis aber gleichwohl als unnötig. 1526 Hinsichtlich des Ausschlusses von § 415 BGB gilt dies im Ergebnis bereits für die Bestandsübertragung selbst, vgl. Teil 1, D.II.3. 1527 Vgl. Präve, in: Prölss, 12. Aufl. (2005), § 14a Rn. 9. 1528 Schmid, Bestandsübertragung und Umwandlung von Versicherungsunternehmen (2010), Rn. 1074 f. 1529 Vgl. Polley, in: Henssler/Strohn, 3. Aufl. (2016), § 122k UmwG Rn. 17. 1525
B. Grenzüberschreitende Verschmelzungen nach dem UmwG
325
salsukzession als Übertragungsbeschränkung eingreifen.1530 Dies gilt auch für diesbezügliche öffentlich-rechtliche Genehmigungen.1531 Die aufsichtsbehördliche Genehmigung nach § 14 Abs. 1 S. 1 VAG (§ 14a S. 1 VAG a. F.) könnte aber durch ihre explizite Bezugnahme auf Umwandlungen von Versicherungsunternehmen nach dem UmwG eine derart ausdrückliche Übertragungsbeschränkung darstellen. Durch das Gesetz zur Bereinigung des Umwandlungsrechts (UmwBerG) vom 28. Oktober 19941532 beabsichtigte der Gesetzgeber, die bereits zuvor bestehenden gesetzlichen Möglichkeiten der Umwandlung eines Unternehmens durch Übertragung seines Vermögens im Wege der Universalsukzession oder durch Wechsel seiner Rechtsform aus fünf verschiedenen Gesetzen – namentlich dem Umwandlungsgesetz 1969, dem Aktiengesetz, dem Kapitalerhöhungsgesetz, dem Genossenschaftsgesetz und dem Versicherungsaufsichtsgesetz – herauszulösen, für gleichgelagerte Sachverhalte aneinander anzugleichen und im Umwandlungsgesetz 1994 zusammenzufassen.1533 Die staatliche Aufsicht und behördliche Genehmigungen sollten auf das unvermeidliche Maß beschränkt werden.1534 Der Gesetzgeber ging maßgeblich von der Eigenverantwortlichkeit der Anteilsinhaber – Gesellschafter, Aktionäre, Genossen oder Mitglieder – der beteiligten Rechtsträger aus und wollte sämtliche Umwandlungsvorgänge deren freier Entscheidung unterwerfen.1535 Gleichwohl wurden die bereits zuvor separat statuierten speziellen Genehmigungsvorbehalte für Verschmelzungen, Vermögensübertragungen und formwechselnde Umwandlungen von Versicherungsunternehmen beibehalten und in § 14a VAG a. F. (nunmehr § 14 VAG) zusammengefasst.1536 Im Interesse der Versicherten sollte das Genehmigungserfordernis einheitlich für die in § 1 UmwG zusammengefassten – bereits zuvor bestehenden und neu geschaffenen – Möglichkeiten der Umwandlung gelten.1537 Vor diesem Hintergrund bedarf grundsätzlich jede Umwandlung eines Erstversicherungsunternehmens nach dem UmwG einer aufsichtsbehördlichen Genehmigung.1538 Die Genehmigung wird im versicherungsaufsichtsrechtlichen Schrifttum überwiegend – entsprechend ihrer Bedeutung bei der Bestandsübertragung –1539 als Wirk-
1530
Heidinger, in: Henssler/Strohn, 3. Aufl. (2016), § 20 UmwG Rn. 5 m. w. Nachw. Heidinger, in: Henssler/Strohn, 3. Aufl. (2016), § 20 UmwG Rn. 5 m. w. Nachw. 1532 BGBl. I 1994, S. 3210. 1533 BT-Drs. 12/6699, S. 1. 1534 BT-Drs. 12/6699, S. 79; vgl. auch Klemm/Hamisch, BB 2005, 2409 (2413), die die Intention des UmwBerG gerade in der Beseitigung von Zustimmungserfordernissen bei Umwandlungen sehen. 1535 BT-Drs. 12/6699, S. 79. 1536 Zu den zuvor bestehenden Umwandlungsmöglichkeiten unter Beteiligung von VVaG Wolf, VersR 2008, 1441 (1441 f.). 1537 BT-Drs. 12/6699, S. 180. 1538 Präve, in: Prölss, 12. Aufl. (2005), § 14a Rn. 1. 1539 Siehe Teil 3, A.II.1.a)ee); beachte insoweit einschränkend jedoch bereits Teil 3, B.I.1.f). 1531
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Teil 3: Grenzüberschreitende Bestandsübertragungen und Verschmelzungen
samkeitsvoraussetzung für die Umwandlung angesehen.1540 Gemäß Art. 14 Abs. 3 Verschmelzungsrichtlinie dürfen die Mitglied- und Vertragsstaaten insoweit auch die Erfüllung besonderer Formalitäten vorschreiben, bevor die Übertragung bestimmter von den sich verschmelzenden Gesellschaften eingebrachter Vermögensgegenstände, Rechte und Verbindlichkeiten gegenüber Dritten wirksam wird. Dies ist hauptsächlich für den Übergang von im Ausland befindlichen beweglichen Sachen und Grundstücken von Bedeutung.1541 Als für die Wirksamkeit einer Übertragung von Verbindlichkeiten gegenüber Dritten erforderliche besondere Formalität im Sinne des Art. 14 Abs. 3 Verschmelzungsrichtlinie lässt sich grundsätzlich auch ein aufsichtsbehördliches Genehmigungs- beziehungsweise Zustimmungserfordernis bei der Übertragung von Versicherungsverträgen verstehen. Der Genehmigungsvorbehalt des § 14 VAG (§ 14a VAG a. F.) steht jedoch in einem Spannungsverhältnis mit § 122a Abs. 2, § 20 Abs. 2 UmwG. Denn durch die Registereintragung genießt die Verschmelzung – über die in § 20 Abs. 1 Nr. 4 UmwG angeordnete Heilung von Formmängeln hinaus – ausweislich § 20 Abs. 2 UmwG auch bei sonstigen Mängeln Bestandsschutz. Welche Rechtshandlung im Zusammenhang mit der Verschmelzung mit Mängeln behaftet ist und wie schwer der Mangel wiegt, soll dabei regelmäßig unerheblich sein.1542 Dann könnte aber grundsätzlich auch das Fehlen oder die Fehlerhaftigkeit der aufsichtsbehördlichen Genehmigung durch die Registereintragung überwunden werden.1543 Mit dem Gesetz zur Umsetzung der Aktionärsrechterichtlinie (ARUG) vom 30. Juli 20091544 ist das zuvor in § 17 Abs. 1 UmwG a. F. enthaltene Erfordernis, der Anmeldung im Falle 1540 Rüdt, in: Bähr, Hdb. Versicherungsaufsichtsrecht (2011), § 14 Rn. 136; Präve, in: Prölss, 12. Aufl. (2005), § 14a Rn. 8; Diehl/Seemayer, in: Brand/Baroch Castellvi, 1. Aufl. (2018), § 14 Rn. 2; Kaulbach, in: FKBP, 5. Aufl. (2012), § 14a Rn. 2; Laars, VAG, 3. Aufl. (2015), § 14a Rn. 1; Bürkle, in: Bähr, Hdb. Versicherungsaufsichtsrecht (2011), § 9 Rn. 83; Koerfer, in: Semler/Stengel, 3. Aufl. (2012), § 109 UmwG Rn. 42; Koerfer, in: Semler/Stengel, 3. Aufl. (2012), Anhang § 119 UmwG Rn. 100; a. A. jedoch Schmid, Bestandsübertragung und Umwandlung von Versicherungsunternehmen (2010), Rn. 982 f., nach dessen Auffassung sich die rechtlichen Wirkungen der Genehmigung auf den Verschmelzungsvertrag beschränken, soweit dieser die zivilrechtlichen Aspekte der Verschmelzung regelt. Die Genehmigung sei daher eine Wirksamkeitsvoraussetzung für den Verschmelzungsvertrag. 1541 Für ausländisches Vermögen gilt grundsätzlich die lex rei sitae, der jedenfalls dann Vorrang zukommen soll, wenn die fremde Rechtsordnung die Universalsukzession als Folge der Verschmelzung nicht kennt, vgl. Heidinger, in: Henssler/Strohn, 3. Aufl. (2016), § 20 UmwG Rn. 9 m. w. Nachw. Innerhalb des EWR schreibt Insoweit jedoch Art. 14 Abs. 1 Verschmelzungsrichtlinie die Universalsukzession als Folge der grenzüberschreitenden Verschmelzung explizit vor, vgl. Kübler, in: Semler/Stengel, 3. Aufl. (2012), § 20 UmwG Rn. 10. 1542 Heidinger, in: Henssler/Strohn, 3. Aufl. (2016), § 20 UmwG Rn. 63 m. w. Nachw.; Stratz, in: Schmitt/Hörtnagl/Stratz, 7. Aufl. (2016), § 20 UmwG Rn. 109; Marsch-Barner, in: Kallmeyer, 5. Aufl. (2013), § 20 UmwG Rn. 33. 1543 So im Ergebnis Schmid, Bestandsübertragung und Umwandlung von Versicherungsunternehmen (2010), Rn. 1145, der die Genehmigung als Wirksamkeitsvoraussetzung für den Verschmelzungsvertrag ansieht und bei deren Fehlen eine Überwindung der schwebenden Unwirksamkeit des Verschmelzungsvertrags durch die Registereintragung befürwortet. 1544 BGBl. I. 2009, S. 2479.
B. Grenzüberschreitende Verschmelzungen nach dem UmwG
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der Genehmigungsbedürftigkeit einer Verschmelzung die staatliche Genehmigung beizufügen, entfallen; die Genehmigung ist damit grundsätzlich nicht mehr Eintragungsvoraussetzung.1545 Der von § 14 VAG (§ 14a VAG a. F.) intendierte Gleichlauf des Versichertenschutzes bei Umwandlungen von Versicherungsunternehmen und Bestandsübertragungen kann indes grundsätzlich nur dann erreicht werden, wenn sichergestellt wird, dass es frühestens mit Vorliegen der aufsichtsbehördlichen Genehmigung zu einer wirksamen Übertragung der Versicherungsverträge im Zuge der Verschmelzung kommt. Das wäre der Fall, wenn für Versicherungsunternehmen der Gebrauch umwandlungsrechtlicher Instrumente als solcher unter aufsichtsrechtlicher Genehmigungspflicht stünde.1546 Der Gesetzgeber hat demnach mit dem UmwBerG für die Umwandlung von Versicherungsunternehmen zeitgleich zwei sich diametral widersprechende Vorschriften geschaffen, ohne erkennen zu lassen, ob in letzter Instanz dem Gesellschaftsrecht oder dem Versicherungsaufsichtsrecht Vorrang eingeräumt werden soll. Die durch § 20 Abs. 2 UmwG bewirkte Einschränkung der Nichtigkeit von Verschmelzungen geht zurück auf die allgemeine – der Rechtssicherheit dienenden –1547 Tendenz, gesellschaftsrechtliche Akte möglichst zu erhalten.1548 Die Vorschrift ist Ausdruck eines allgemeinen gesellschaftsrechtlichen Grundsatzes, nach dem organisationsrechtliche Veränderungen nach ihrem Vollzug nicht mehr rückgängig gemacht werden sollen, weil dies im Zweifel alle Beteiligten mit übermäßigen Kosten belastet.1549 Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass bei einer Verschmelzung – anders als bei einer Bestandsübertragung – der übertragende Rechtsträger, hier mithin das inländische Erstversicherungsunternehmen, gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 2 UmwG mit der Eintragung erlischt. Zwar führte der Gesetzgeber als weiteren Grund für die Einführung von § 20 Abs. 2 UmwG an, dass eine Rückübertragung jedes einzelnen Vermögensgegenstands – eine sogenannte Entschmelzung – praktisch nicht möglich sei.1550 Dieses der Begründung zum Durchführungsgesetz zur Dritten Richtlinie Gesellschaftsrecht1551 entlehnte Argument verfängt indes jedenfalls nicht mehr in 1545 Es wird jedoch vertreten, dass es sich jedenfalls soweit es die Genehmigung nach § 14 VAG (§ 14a VAG a. F.) betrifft, um ein Versehen des Gesetzgebers handeln soll, vgl. Koerfer, in: Semler/Stengel, 3. Aufl. (2012), § 109 UmwG Rn. 42; Koerfer, in: Semler/Stengel, 3. Aufl. (2012), Anhang § 119 UmwG Rn. 100; Hersch, NZG 2016, 611 (613 f.). 1546 So Kaulbach, in: FKBP, 5. Aufl. (2012), § 14a Rn. 2. 1547 So auch ausdrücklich Erwägungsgrund 8 der Verschmelzungsrichtlinie. 1548 BT-Drs. 12/6699, S. 91. 1549 Kübler, in: Semler/Stengel, 3. Aufl. (2012), § 20 UmwG Rn. 84 m. w. Nachw. Zugleich dient die Norm auch der Rechtssicherheit, da die Wirksamkeit der Verschmelzung nach der Eintragung nicht mehr fraglich sein kann, vgl. BT-Drs. 9/1065, S. 20. Insofern besteht eine Ähnlichkeit zu § 242 AktG, der im Interesse der Rechtssicherheit die Heilung der Nichtigkeit von Hauptversammlungsbeschlüssen durch die Registereintragung des Beschlusses anordnet; dazu etwa Koch, in: Hüffer/Koch, 12. Aufl. (2016), § 242 AktG Rn. 1. 1550 BT-Drs. 12/6699, S. 91. 1551 Gesetz zur Durchführung der Dritten Richtlinie des Rates der Europäischen Gemeinschaften zur Koordinierung des Gesellschaftsrechts, BGBl. I 1982, S. 1425. Die Begründung
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Teil 3: Grenzüberschreitende Bestandsübertragungen und Verschmelzungen
seinem ursprünglichen Umfang. Denn mit dem UmwBerG wurde zugleich die neue Umwandlungsart der Spaltung eingeführt, die gerade eine Möglichkeit „für die wirtschaftliche Rückabwicklung einer Fusion, die sich nachträglich als unzweckmäßig erweist“1552 bieten sollte. § 14 VAG (§ 14a VAG a. F.) hingegen dient speziell dem Schutz der Interessen der Versicherungsnehmer bei nach Maßgabe des UmwG erfolgenden organisationsrechtlichen Veränderungen von Erstversicherungsunternehmen.1553 Dies könnte dafür sprechen, § 14 VAG (§ 14a VAG a. F.) als insoweit speziellere Vorschrift anzusehen. Dann könnte die von § 20 Abs. 2 UmwG angeordnete Heilung1554 im Falle einer fehlenden oder fehlerhaften aufsichtsbehördlichen Genehmigung nach § 14 VAG (§ 14a VAG a. F.) ausnahmsweise gesperrt sein. Dafür könnte sprechen, dass der Bundesgerichtshof der Wirkung von § 20 Abs. 2 UmwG grundsätzlich Grenzen gesetzt hat.1555 Wenngleich der Bundesgerichtshof damit § 20 Abs. 2 UmwG offenbar als nicht gänzlich uneingeschränkt geltende Vorschrift erachtet, bestätigt er im Ergebnis dennoch die überragende Bedeutung der Vorschrift. Denn die Wirkungen von § 20 Abs. 2 UmwG sollen nur dann nicht eintreten, wenn der Mangel der Umwandlung derart gravierend ist, dass die Verschmelzung als nichtig anzusehen ist. Das sei etwa dann anzunehmen, wenn die gewählte Umwandlungsform oder die Gesellschaftsform, in die umgewandelt werden sollte, nicht dem Gesetz entspricht.1556 Daneben wird es als unheilbar nichtig angesehen, wenn essentialia negotii des Verschmelzungsvertrags fehlen oder überhaupt keine auf eine bezog sich auf § 352a AktG a. F., der lautete: Mängel der Verschmelzung werden durch die Eintragung der Verschmelzung in das Handelsregister des Sitzes der übernehmenden Gesellschaft geheilt. Vgl. BT-Drs. 9/1065, S. 6, 19 f. 1552 BT-Drs. 12/6699, S. 92. 1553 Vgl. etwa Kaulbach, in: FKBP, 5. Aufl. (2012), § 14a Rn. 4. 1554 Kübler, in: Semler/Stengel, 3. Aufl. (2012), § 20 UmwG Rn. 86. Der Begriff der Heilung findet uneinheitliche Verwendung. So weist etwa Stratz, in: Schmitt/Hörtnagl/Stratz, 7. Aufl. (2016), § 20 UmwG Rn. 111 m. w. Nachw. darauf hin, dass der Gesetzgeber nicht beabsichtigt habe, mit § 352a AktG a. F. eine Heilungsvorschrift für fehlerhafte Rechtshandlungen einzuführen. Die Eintragung in das Register habe vielmehr lediglich unabhängig von Beschluss- und Verfahrensmängeln stets konstitutiv wirken sollen. Hingegen spricht auch Marsch-Barner, in: Kallmeyer, 5. Aufl. (2013), § 20 UmwG Rn. 33, von einer umfassenden Heilung der Verschmelzung. Der Gesetzgeber selbst bezeichnet die Wirkung von § 20 Abs. 2 UmwG als Einschränkung der Nichtigkeit von Verschmelzungen, vgl. BT-Drs. 12/6699, S. 91 f. Ungeachtet der unterschiedlichen Terminologie ist im Ergebnis entscheidend, dass etwaige Mängel der Verschmelzung durch die Eintragung grundsätzlich überwunden werden, für die Wirksamkeit der Verschmelzung letztlich also unbeachtlich sind. Bedeutung kann dieser Differenzierung jedoch bei weitergehenden Rechtsfolgen zukommen; vgl. dazu auch Grunewald, in: Lutter, Bd. I, 5. Aufl. (2014), § 20 UmwG Rn. 76 ff. 1555 BGH, Urteil vom 29. Juni 2001 – V ZR 186/00 –, ZIP 2001, 2006. 1556 BGH, Urteil vom 29. Juni 2001 – V ZR 186/00 –, ZIP 2001, 2006 mit Verweis auf BGH, Beschluss vom 3. Mai 1996 – BLw 54/95 –, BGHZ 132, 353 = ZIP 1996, 1146; vgl. auch Kübler, in: Semler/Stengel, 3. Aufl. (2012), § 20 UmwG Rn. 89; Vossius, in: Widmann/ Mayer, 158. EL (2016), § 20 UmwG Rn. 388 ff.; Heidinger, in: Henssler/Strohn, 3. Aufl. (2016), § 20 UmwG Rn. 65 m. w. Nachw.; selbst in derartigen Fällen noch einschränkend Grunewald, in: Lutter, Bd. I, 5. Aufl. (2014), § 20 UmwG Rn. 80.
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Verschmelzung gerichteten Willenserklärungen vorliegen, das heißt ein – auch nur formloser – Verschmelzungsvertrag nie zustande gekommen ist.1557 Im Übrigen soll eine Heilung nur dann nicht in Betracht kommen, wenn die Verschmelzung – etwa wegen der ausschließlich kriminellen Ausrichtung der beteiligten Organisationen – eklatant und offensichtlich gegen den ordre public, mithin gegen elementare Grundprinzipien der Rechtsordnung verstößt.1558 Die Bedeutung der versicherungsaufsichtsbehördlichen Genehmigung nach § 14 VAG (§ 14a VAG a. F.) für die Umwandlung ist an den vorstehenden Kriterien zu messen. Den Mindestinhalt eines Verschmelzungsvertrags regelt § 5 Abs. 1 UmwG. Um essentialia negotii handelt es sich jedoch nur bei den Vorgaben des § 5 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 UmwG.1559 Der aufsichtsbehördlichen Genehmigung liegt zwar der Verschmelzungsvertrag zugrunde, sie ist indes selbst nicht Bestandteil dieses Vertrages. Eine Verschmelzung von Versicherungsunternehmen wird allein aufgrund des Fehlens der versicherungsaufsichtsbehördlichen Genehmigung auch nicht gegen den ordre public verstoßen. Gegen eine Einordnung als derart gravierenden Mangel spricht, dass selbst der Verstoß des Verschmelzungsvertrags gegen ein gesetzliches Verbot oder unter Missachtung der Registersperre des § 16 Abs. 2 UmwG bei Anhängigkeit einer Anfechtungsklage gegen den Verschmelzungsvertrag durch die Eintragung unbeachtlich werden soll.1560 Ferner ordnet § 13 Abs. 2 UmwG an, dass in bestimmten Fällen der Vinkulierung von Anteilen eines übertragenden Rechtsträgers der Verschmelzungsbeschluss zu seiner Wirksamkeit der Zustimmung der betroffenen Anteilsinhaber bedarf. Auch dieses ausdrückliche Zustimmungserfordernis wird durch § 20 Abs. 2 UmwG überwunden.1561 Gleiches soll für den Vollzug eines vom Bundeskartellamt nicht freigegebenen Zusammenschlusses gelten.1562 In den genannten Fällen darf die Verschmelzung zwar grundsätzlich nicht eingetragen werden; bei gleichwohl erfolgter Eintragung sollen diese Mängel der Verschmelzung die Wirkungen der Eintragung indes nicht tangieren. Vor diesem Hintergrund ist im Ergebnis anzunehmen, dass auch das Fehlen der versicherungsaufsichtsbehördlichen Genehmigung nach Maßgabe von § 20 Abs. 2 1557 Vgl. dazu Kübler, in: Semler/Stengel, 3. Aufl. (2012), § 20 UmwG Rn. 89; Heidinger, in: Henssler/Strohn, 3. Aufl. (2016), § 20 UmwG Rn. 65 jeweils m. w. Nachw. 1558 Kübler, in: Semler/Stengel, 3. Aufl. (2012), § 20 UmwG Rn. 89. 1559 Schröer, in: Semler/Stengel, 3. Aufl. (2012), § 5 UmwG Rn. 127. Dabei handelt es sich um Firma und Sitz der an der Verschmelzung beteiligten Rechtsträger, die Vereinbarung über die Übertragung des Vermögens jedes übertragenden Rechtsträgers als Ganzes gegen Gewährung von Anteilen oder Mitgliedschaften an dem übernehmenden Rechtsträger und das Umtauschverhältnis der Anteile und gegebenenfalls die Höhe der baren Zuzahlung oder Angaben über die Mitgliedschaft bei dem übernehmenden Rechtsträger. 1560 Kübler, in: Semler/Stengel, 3. Aufl. (2012), § 20 UmwG Rn. 90 m. w. Nachw. 1561 Kübler, in: Semler/Stengel, 3. Aufl. (2012), § 20 UmwG Rn. 94. 1562 Kübler, in: Semler/Stengel, 3. Aufl. (2012), § 20 UmwG Rn. 90; entsprechendes soll für Verstöße gegen europäisches Kartellrecht gelten, vgl. Vossius, in: Widmann/Mayer, 158. EL (2016), § 20 UmwG Rn. 384 ff.
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UmwG die Wirkungen einer Verschmelzung von Versicherungsunternehmen bei erfolgter Eintragung unberührt lässt.1563 Damit stellt die aufsichtsbehördliche Genehmigung im Ergebnis zwar grundsätzlich eine Voraussetzung der Verschmelzung von Versicherungsunternehmen dar. Gleichwohl könnte eine Übertragung von Versicherungsverträgen im Wege der Universalsukzession durch Eintragung der Verschmelzung theoretisch auch ohne die Genehmigung wirksam erfolgen.1564 Es wird jedoch darauf hingewiesen, dass die rechtlichen Grenzen der in § 20 Abs. 2 UmwG angeordneten Wirkung in der Praxis irrelevant bleiben dürften, da bei derart gravierenden Mängeln kaum vorstellbar sei, dass es je zu einer Eintragung kommen wird.1565 Dies dürfte aufgrund der Vielzahl tangierter Interessen auch bei einer Verschmelzung von Versicherungsunternehmen gelten. Erteilt die BaFin hingegen eine Genehmigung, obwohl eine erforderliche EWR-ausländische Zustimmung fehlt,1566 stellt sich grundsätzlich die Frage, ob auch dieser Mangel von § 20 Abs. 2 UmwG überwunden wird. Insoweit dürfte anzunehmen sein, dass die fehlende Zustimmung im Rahmen eines transnationalen Verwaltungsaktes bei erfolgter Eintragung der Verschmelzung erst recht unbeachtlich ist, wenn schon das Fehlen des transnationalen Verwaltungsaktes selbst durch die Registereintragung überwunden
1563
So auch Hersch, NZG 2016, 611 (613 f.); Koerfer, in: Semler/Stengel, 3. Aufl. (2012), Anhang § 119 UmwG Rn. 101; Schmid, Bestandsübertragung und Umwandlung von Versicherungsunternehmen (2010), Rn. 1145. Eine andere Frage ist hingegen, ob mit Schmid, Bestandsübertragung und Umwandlung von Versicherungsunternehmen (2010), Rn. 981 ff. von vornherein eine Beschränkung der rechtlichen Wirkungen der aufsichtsbehördlichen Genehmigung nach § 14a VAG a. F. (nunmehr § 14 VAG) auf den Verschmelzungsvertrag, soweit dieser die zivilrechtlichen Aspekte der Verschmelzung regelt, anzunehmen ist. Dem ist grundsätzlich entgegenzuhalten, dass weder der Wortlaut noch die Gesetzesbegründung Anhaltspunkte für eine solche Einschränkung liefern. Durch ein derartiges Verständnis ließe sich zwar verhindern, dass die beteiligten Unternehmen zivilrechtlich wirksam an einen Verschmelzungsvertrag gebunden sind, der jedoch im Sinne des Registerrechts nicht eintragungsfähig ist. Dieses zur Begründung angeführte widersprüchliche Ergebnis lässt sich indes auch gestaltungstechnisch vermeiden, indem der Verschmelzungsvertrag entweder aufschiebend bedingt auf die Erteilung der aufsichtsbehördlichen Genehmigung geschlossen wird (so auch für Bestandsübertragungsverträge Diehl/Seemayer, in: Brand/Baroch Castellvi, 1. Aufl. (2018), § 13 Rn. 23 m. w. Nachw.) oder den beteiligten Unternehmen ein Rücktrittsrecht für den Fall eingeräumt wird, dass die Eintragung nicht erfolgt. Soweit es grenzüberschreitende Verschmelzungen nach § 122a UmwG oder nach Art. 2 Abs. 1, Art 17 ff. SE-VO betrifft, stellt sich dieser Auffassung ferner das Problem, dass ein § 4 UmwG entsprechender Verschmelzungsvertrag gesetzlich nicht vorgesehen ist; vgl. dazu Teil 4, A.III. 1564 Die von Seemayer, Grenzüberschreitende Übertragung von Erst- und Rückversicherungsbeständen (2016), S. 1, aufgestellte These, dass Zivil- und Aufsichtsrecht bei der Übertragung eines Bestands von Versicherungsverträgen unabhängig von der Art und Weise der zivilrechtlichen Übertragung in einem nicht voneinander zu trennenden Verhältnis stehen sollen und die Rechtsfolgen der vertraglichen Übertragung eines Versicherungsbestandes ohne eine öffentlich-rechtliche Genehmigung nicht eintreten können, ist insoweit folglich einzuschränken. 1565 Kübler, in: Semler/Stengel, 3. Aufl. (2012), § 20 UmwG Rn. 89. 1566 Dazu allgemein bereits Teil 2, E.II.1.b)aa)(1).
B. Grenzüberschreitende Verschmelzungen nach dem UmwG
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wird.1567 Zwar würde in diesem Fall deutsches Registerrecht im Ergebnis einen erforderlichen EWR-ausländischen Zustimmungsvorbehalt für unbeachtlich erklären. Indes geht auch die Einschränkung der Nichtigkeit von Verschmelzungen nach § 20 Abs. 2 UmwG auf europarechtliche Vorgaben zurück.1568 h) Anspruch auf Sicherheitsleistung Das UmwG enthält – auch aufgrund des Ausschlusses von § 415 BGB – Vorgaben zum Schutz von Drittinteressen. Vor dem Hintergrund der Auswechslung des Vertragspartners sieht § 21 UmwG für die Störung von gegenseitigen Verträgen eine Billigkeitsregelung vor.1569 Darüber hinaus soll die in §§ 22, 122j UmwG vorgesehene Sicherheitsleistung die Gläubiger des übertragenden Unternehmens gegen die finanziellen Risiken für den Fall, dass ihnen ein weniger liquider Schuldner aufgedrängt wird, schützen.1570 Nach § 22 Abs. 1 UmwG steht den Gläubigern der an der Verschmelzung beteiligten Rechtsträger ein Anspruch auf Sicherheitsleistung zu, wenn sie innerhalb von sechs Monaten ab dem Zeitpunkt der Bekanntmachung der Verschmelzung ihren Anspruch nach Grund und Höhe anmelden und glaubhaft machen, dass durch die Verschmelzung die Erfüllung ihrer Forderung gefährdet wird. Die für die grenzüberschreitende Hinausverschmelzung speziellere Vorschrift des § 122j UmwG verlagert diesen Schutz in zeitlicher Hinsicht nach vorne.1571 Unter im Übrigen identischen Voraussetzungen des § 22 UmwG besteht der Anspruch auf Sicherheitsleistung danach bereits bei Anspruchsanmeldung binnen zwei Monaten nach dem Tag, am dem der Verschmelzungsplan oder sein Entwurf bekannt gemacht worden ist.1572 Da die Gläubiger ihre Ansprüche ansonsten im EWR-Ausland geltend 1567
Dafür spricht auch, dass auch ausländische Genehmigungen keine Eintragungsvoraussetzung darstellen sollen, vgl. Koerfer, in: Semler/Stengel, 3. Aufl. (2012), Anhang § 109 UmwG Rn. 42. Zu der Wirksamkeit einer Genehmigung ohne erforderliche Zustimmung siehe auch Teil 2, E.II.1.b)aa)(1) (Fn. 803). 1568 Art. 22 lit. b der Dritten Richtlinie des Rates vom 9. Oktober 1978 gemäß Artikel 54 Absatz 3 Buchstabe g) des Vertrags betreffend die Verschmelzung von Aktiengesellschaften (78/855/EWG), ABl. EG 1978 Nr. L 295/36, sieht insoweit vor, dass eine wirksam gewordene Verschmelzung nur wegen Fehlens einer vorbeugenden gerichtlichen oder verwaltungsmäßigen Kontrolle der Rechtmäßigkeit für nichtig erklärt werden kann. Selbst wenn man die versicherungsaufsichtsrechtliche Genehmigung als vorbeugende verwaltungsmäßige Kontrolle der Rechtmäßigkeit in diesem Sinne verstehen wollte, kann in einem derartigen Fall jedoch nicht von deren Fehlen, sondern lediglich von einer Fehlerhaftigkeit die Rede sein. 1569 Heidinger, in: Henssler/Strohn, 3. Aufl. (2016), § 20 UmwG Rn. 12; Kübler, in: Semler/Stengel, 3. Aufl. (2012), § 20 UmwG Rn. 12. 1570 Kübler, in: Semler/Stengel, 3. Aufl. (2012), § 20 UmwG Rn. 12, 15. 1571 Parallelregelungen bestehen für die SE-Gründung durch Verschmelzung in § 8 SEAG und für die grenzüberschreitende Sitzverlegung einer SE in § 13 SEAG, Drinhausen, in: Semler/Stengel, 3. Aufl. (2012), § 122j UmwG Rn. 1. Siehe dazu insbesondere Teil 4, A.IV.2.b) cc). 1572 BT-Drs. 16/2919, S. 17; Drinhausen, in: Semler/Stengel, 3. Aufl. (2012), § 122j UmwG Rn. 6.
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Teil 3: Grenzüberschreitende Bestandsübertragungen und Verschmelzungen
machen müssten, soll ihnen insoweit die Möglichkeit gegeben werden, ihre Interessen bereits vor Vollzug der Verschmelzung geltend zu machen.1573 Zwar ist dieser Anspruch auf Sicherheitsleistung für Forderungen aus Versicherungsverträgen bei innerstaatlichen Verschmelzungen gemäß § 22 Abs. 2 UmwG ausgeschlossen, da ausweislich § 315 VAG (§ 77a VAG a. F.1574) i. V. m. §§ 125 ff. VAG (§ 66 VAG a. F.1575) im Falle der Insolvenz insoweit ein Recht auf vorzugsweise Befriedigung aus dem Sicherungsvermögen besteht.1576 Ein entsprechender Ausschluss ist in § 122j UmwG indes gerade nicht vorgesehen, sodass bei der Hinausverschmelzung von Versicherungsunternehmen auch die Gläubiger von Versicherungsforderungen anspruchsberechtigt sein können.1577 Diese Erweiterung des Gläubigerschutzes ist sachgerecht, da nicht einheitlich beurteilt werden kann, in welchem Umfang nach Maßgabe der auf das übernehmende Unternehmen nach Wirksamkeit der Hinausverschmelzung anzuwendenden EWR-ausländischen Rechtsordnung im Insolvenzfall Ansprüche auf vorzugsweise Befriedigung aus einer zum Gläubigerschutz geschaffenen staatlich überwachten Deckungsmasse bestehen.1578 Hinsichtlich einer etwaigen Überschussbeteiligung, bei der es den Versi1573 BT-Drs. 16/2919, S. 17; Drinhausen, in: Semler/Stengel, 3. Aufl. (2012), § 122j UmwG Rn. 1. Die Mitglieder des Vertretungsorgans des übertragenden Unternehmens haben ausweislich § 122k Abs. 1 S. 3 UmwG eine Versicherung abzugeben, dass allen Gläubigern, die nach § 122j UmwG einen Anspruch auf Sicherheitsleistung haben, eine angemessene Sicherheit geleistet wurde. Die unrichtige Abgabe dieser Versicherung ist gemäß § 314a UmwG strafbewehrt. 1574 Vgl. BT-Drs. 18/2956, S. 294. 1575 Vgl. BT-Drs. 18/2956, S. 267 f. 1576 Müller, in: Henssler/Strohn, 3. Aufl. (2016), § 22 UmwG Rn. 8; Grunewald, in: Lutter, Bd. I, 5. Aufl. (2014), § 22 UmwG Rn. 26; Maier-Reimer/Seulen, in: Semler/Stengel, 3. Aufl. (2012), § 22 UmwG Rn. 58; Marsch-Barner, in: Kallmeyer, 5. Aufl. (2013), § 22 UmwG Rn. 9; a. A. wohl Diehl/Seemayer, in: Brand/Baroch Castellvi, 1. Aufl. (2018), § 14 Rn. 46 f., die einen Anspruch auf Sicherheitsleistung in der Praxis gleichwohl mangels Glaubhaftmachung der erforderlichen Anspruchsgefährdung regelmäßig ausschließen wollen. 1577 Hörtnagl, in: Schmitt/Hörtnagl/Stratz, 7. Aufl. (2016), § 122j UmwG Rn. 6 m. w. Nachw.; Polley, in: Henssler/Strohn, 3. Aufl. (2016), § 122j UmwG Rn. 5; Drinhausen, in: Semler/Stengel, 3. Aufl. (2012), § 122j UmwG Rn. 14 m. w. Nachw.; a. A. jedoch Vossius, in: Widmann/Mayer, 158. EL (2016), § 122j UmwG Rn. 29; Bayer, in: Lutter, Bd. I, 5. Aufl. (2014), § 122j UmwG Rn. 18. Soweit die Gegenauffassung dazu anführt, dass Gläubiger auch bei einer grenzüberschreitenden Verschmelzung nicht schutzwürdig seien, sofern sie im Falle der Insolvenz ein Recht auf vorzugsweise Befriedigung aus einer staatlich überwachten Deckungsmasse haben, wird nicht klar, ob der Ausschluss auch greifen soll, wenn derartige Ansprüche gegen eine staatlich überwachte Deckungsmasse im EWR-Ausland bestehen. Da § 22 UmwG direkt nur für innerstaatliche Verschmelzungen gilt, kann der Ausschlusstatbestand aus Absatz 2 systembedingt ausschließlich Ansprüche gegen eine staatlich überwachte Deckungsmasse im Inland erfassen. Dann greift der Ausschluss hier auch inhaltlich nicht ein. 1578 Zu der über die allgemeine Insolvenzsicherung hinaus an die Zuständigkeit für die Finanzaufsicht geknüpften Mitgliedschaft von Erstversicherungsunternehmen in den national organisierten Sicherungseinrichtungen (Garantiefonds) und deren unterschiedlichem Schutzniveau siehe Teil 2, E.I.2.; Teil 3, B.I.1.j).
B. Grenzüberschreitende Verschmelzungen nach dem UmwG
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cherungsnehmern nicht möglich ist, ihre Ansprüche der Höhe nach zu konkretisieren, greift zudem § 23 UmwG.1579 i) Schadensersatzansprüche Weiter ist zu berücksichtigen, dass bei einer ohne die erforderliche Genehmigung nach § 14 VAG (§ 14a VAG a. F.) aufgrund Eintragung gemäß § 20 Abs. 2 VAG wirksamen Verschmelzung eine Inanspruchnahme der Verantwortlichen nicht gesperrt ist.1580 Soweit betroffenen Versicherungsnehmern trotz der Gläubigerschutzvorschriften des UmwG Schäden entstehen, kommen folglich insbesondere Schadensersatzansprüche gemäß §§ 25 ff. UmwG in Betracht.1581 Daneben ist bei einer ohne die erforderliche Genehmigung erfolgenden Eintragung der Verschmelzung grundsätzlich auch ein Amtshaftungsanspruch nach § 839 BGB i. V. m. Art. 34 GG in Betracht zu ziehen.1582 j) Kein Sonderkündigungsrecht Da im Rahmen der Verschmelzung das gesamte Vermögen des übertragenden Unternehmens übergeht, mithin auch sämtliche Aktiva übertragen werden, dürfte die Gefahr einer Schlechterstellung der Versicherungsnehmer regelmäßig geringer als bei einer Bestandsübertragung sein. Denn bei letzterer besteht die Möglichkeit, dass Vermögenswerte von dem übertragenden Versicherungsunternehmen zurückgehalten werden.1583 Indes besteht bei einer Hinausverschmelzung eines Erstversicherungsunternehmens grundsätzlich wie bei der Hinausübertragung im Wege einer Bestandsübertragung gemäß § 13 Abs. 2 VAG (§ 14 Abs. 2 VAG a. F.) die Gefahr eines geringeren Schutzniveaus in einem etwaigen Sicherungsfall. Gemäß dem neu eingefügten § 13 Abs. 7 S. 3 VAG können Versicherungsnehmer einen Vertrag deshalb innerhalb eines Monats nach Zugang der Mitteilung des Versicherers mit sofortiger Wirkung kündigen, wenn sich durch die Bestandsübertragung die für die Finanzaufsicht zuständige Behörde und damit regelmäßig die nationale Sicherungseinrichtung ändert.1584 Die Einführung des Sonderkündigungsrechts begründet der Gesetzgeber vor allem mit den bis auf Weiteres national organisierten Sicherungseinrichtungen, deren unterschiedlichem Schutzniveau und der besonderen Bedeutung der Sicherheit der Ansprüche von Versicherungsnehmern.1585 Insoweit 1579
Siehe dazu Teil 3, B.I.1.e). Vgl. BT-Drs. 9/1065, S. 20; Kübler, in: Semler/Stengel, 3. Aufl. (2012), § 20 UmwG Rn. 89 m. w. Nachw. 1581 Wolf, VersR 2008, 1441 (1444); Rieble, ZIP 1997, 301 (302). 1582 Koerfer, in: Semler/Stengel, 3. Aufl. (2012), Anhang § 119 UmwG Rn. 100; vgl. auch Fn. 1113. 1583 Vgl. dazu auch Teil 3, B.I.1.e). 1584 Siehe dazu Teil 2, E.I.2. 1585 BT-Drs. 18/2956, S. 237. 1580
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Teil 3: Grenzüberschreitende Bestandsübertragungen und Verschmelzungen
gilt jedoch bei einer Hinausverschmelzung eines inländischen Erstversicherungsunternehmens nichts anderes. Gleichwohl hat der Gesetzgeber trotz redaktioneller Neufassung kein entsprechendes Sonderkündigungsrecht in § 14 VAG (§ 14a VAG a. F.) für die Fälle der grenzüberschreitenden Umwandlung von Erstversicherungsunternehmen gemäß § 122a UmwG statuiert. Der Verweis in § 14 Abs. 1 S. 2 VAG (§ 14a S. 2 VAG a. F.) umfasst das Sonderkündigungsrecht des § 13 Abs. 7 VAG nicht. Anhaltspunkte dafür, ob es sich dabei um eine bewusste Entscheidung des Gesetzgebers handelt oder ein entsprechendes Regelungsbedürfnis insbesondere für Fälle der Hinausverschmelzung nach § 122a UmwG bei der Novellierung des VAG schlicht übersehen wurde, sind nicht ersichtlich. Da § 14 Abs. 1 S. 2 VAG (§ 14a S. 2 VAG a. F.) vollumfänglich auf § 13 Abs. 2 VAG (§ 14 Abs. 2 VAG a. F.) und dessen Genehmigungskriterien für innergemeinschaftliche grenzüberschreitende Bestandsübertragungen verweist, hätte es grundsätzlich nahegelegen, für die Fälle der grenzüberschreitenden Verschmelzung nach § 122a UmwG auf Rechtsfolgenseite auch auf das Sonderkündigungsrecht zu verweisen. Unter Berücksichtigung der vom Gesetzgeber für die Einführung des Sonderkündigungsrechts angeführten Gründe und mit Blick auf andere umwandlungsrechtliche Maßnahmen – wie insbesondere grenzüberschreitende Spaltungen – spricht de lege ferenda vieles für eine einheitliche Erstreckung dieses Sonderkündigungsrechts auf grenzüberschreitende Umwandlungen nach dem UmwG.1586 k) Zwischenergebnis Das VAG stellt über § 14 VAG (§ 14a VAG a. F.) einen Rahmen für die aufsichtsrechtliche Behandlung einer Hinausverschmelzung von Erstversicherungsunternehmen nach dem UmwG bereit.1587 Im Ergebnis werden derartige Umwandlungen von Erstversicherungsunternehmen weitestgehend den Vorgaben für die Hinausübertragung im Wege der Bestandsübertragung nach § 13 Abs. 2 VAG (§ 14 Abs. 2 VAG a. F.) und damit dem von Art. 39 Solvency II vorgegebenen grenzüberschreitenden Verwaltungsverfahren unterstellt. Ähnlich der Erstreckung dieses Verfahrens auf die Hinausübertragung inländischer Bestände im Wege der Bestandsübertragung durch § 13 Abs. 2 S. 3 VAG (§ 14 Abs. 2 S. 3 VAG a. F.) geht diese Regelung über die zwingenden Vorgaben des europäischen Sekundärrechts in Gestalt von Solvency II hinaus und wird insoweit nur durch eine entsprechende Vereinbarung in Part IV 5.1.9 General Protocol on Collaboration gedeckt.1588 1586 Unabhängig von einem derartigen spezialgesetzlichen Sonderkündigungsrecht wird von der Rechtsprechung und der Literatur bei Verschmelzungen in Einzelfällen zudem auch ein außerordentliches Kündigungsrecht nach § 314 BGB für möglich gehalten, vgl. etwa Gaier, in: MünchKomm-BGB, Bd. 2, 7. Aufl. (2016), § 314 Rn. 10; BGH, Urteil vom 21. 02. 2014 – V ZR 164/13, BGHZ 200, 221 = NJW 2014, 1447 (1450) m. w. Nachw. für den Fall einer Verschmelzung der Verwaltungsgesellschaft einer Wohnungseigentumsanlage. 1587 Lüttringhaus, VersR 2008, 1036 (1042). 1588 Zu den daraus resultierenden Konsequenzen siehe insbesondere Teil 3, A.II.1.b)cc).
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Die Verschmelzung von Versicherungsunternehmen stellt im Ergebnis einen der vollständigen Bestandsübertragung von einem Versicherungsunternehmen auf ein anderes Unternehmen wirtschaftlich weitgehend vergleichbaren Sachverhalt dar.1589 Versicherungsnehmer sind nach den vorstehenden Ausführungen bei der Hinausverschmelzung eines inländischen Erstversicherungsunternehmens im Ergebnis jedoch auch ohne eine versicherungsaufsichtsbehördliche Genehmigung nicht schutzlos gestellt.1590 Denn wesentliche Schutzbelange finden bereits im Rahmen der umwandlungsrechtlichen Vorgaben Berücksichtigung.1591 Die Gläubigerschutzvorschriften des UmwG sind gleichwohl nicht abschließend, sondern bedürfen kontextspezifischer – hier: versicherungsaufsichtsrechtlicher – Ergänzung.1592 Dies gilt insbesondere für die Belange der Versicherten, die nicht rein finanzieller Art sind.1593 Jedenfalls insoweit kommt der aufsichtsbehördlichen Genehmigung bei Umwandlungen von Erstversicherungsunternehmen folglich auch neben den umwandlungsrechtlichen Schutzvorschriften Bedeutung zu. 2. Übertragendes inländisches Rückversicherungsunternehmen a) Aufsichtsrechtliche Regelungssystematik Systematisch dem Erstversicherungsbereich entsprechend, verweist § 166 Abs. 3 S. 2 VAG (§ 121f Abs. 3 S. 2 VAG a. F.) für Umwandlungen von Rückversicherungsunternehmen nach dem UmwG hinsichtlich der versicherungsaufsichtsrechtlichen Genehmigungsvoraussetzungen auf die für Bestandsübertragungen von in1589 Vgl. auch BT-Drs. 16/6518, S. 13; ausführlich Entzian/Schleifenbaum, ZVersWiss 1996, 521 (526). Dies gilt jedenfalls dann, wenn neben der vollständigen Bestandsübertragung auch sämtliche Vermögenswerte übertragen werden. Die Verschmelzung bewirkt jedoch nach § 20 Abs. 1 Nr. 2 UmwG das liquidationslose Erlöschen des übertragenden Rechtsträgers, weshalb es anders als bei einer Bestandsübertragung nicht zu einem Zurückhalten von Vermögenswerten kommen kann. Gerade ein etwaiges Zurückbehalten von Vermögenswerten erachtete das Bundesverfassungsgericht indes als mögliche Beeinträchtigung der Belange der Versicherten im Rahmen von Bestandsübertragungen, vgl. BVerfG, Urteil vom 26. Juli 2005 – 1 BvR 782/94, 1 BvR 957/96 –, BVerfGE 114, 1 = VersR 2005, 1109 (1121). Vor diesem Hintergrund dürfte das Schutzbedürfnis der Versicherungsnehmer bei einer Verschmelzung im Vergleich zu einer Bestandsübertragung grundsätzlich als geringer einzustufen sein. 1590 Vgl. Wolf, VersR 2008, 1441 (1445). 1591 So auch Wolf, VersR 2008, 1441 (1444), der unter besonderer Berücksichtigung der Beteiligung von Versicherungsunternehmen zutreffend konstatiert, dass das Umwandlungsrecht grundsätzlich bereits ein ausgewogenes System zur Interessenwahrung im Verhältnis zwischen dem umzuwandelnden Unternehmen und seinen Gläubigern begründe. 1592 Kübler, in: Semler/Stengel, 3. Aufl. (2012), § 20 UmwG Rn. 12. 1593 Der Gläubigerschutz des UmwG ist primär als Vermögensschutz ausgestaltet, vgl. Rieble, ZIP 1997, 301 (302). Wolf, VersR 2008, 1441 (1444) hält eine über die umwandlungsrechtlichen Schutzinstrumente hinausgehende aufsichtsbehördliche Prüfung nur dann für gerechtfertigt, wenn die Interessen der Versicherungsnehmer „in besonderer und versicherungsspezifischer Weise berührt werden“.
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Teil 3: Grenzüberschreitende Bestandsübertragungen und Verschmelzungen
ländischen Rückversicherungsunternehmen geltenden Regelungen des § 166 Abs. 1 S. 3, 4 VAG (§ 121f Abs. 1 S. 3, 4 VAG a. F.). Neben sämtlichen Umwandlungsarten nach § 1 UmwG, soweit an diesen ausschließlich (Rückversicherungs-)Unternehmen mit Sitz im Inland beteiligt sind, erfasst § 166 Abs. 3 S. 1 VAG (§ 121f Abs. 3 S. 1 VAG a. F.) – wie § 14 Abs. 1 S. 2 VAG (§ 14a S. 2 VAG a. F.) –1594 auch grenzüberschreitende Verschmelzungen nach § 122a UmwG, soweit an diesen mindestens ein Rückversicherungsunternehmen mit Sitz im Inland beteiligt ist.1595 b) Genehmigungskonzentration In Umsetzung der Rückversicherungsrichtlinie mit der 8. VAG-Novelle vom 2. Juni 2007 hatte der Gesetzgeber in § 121f Abs. 1, 2 VAG a. F. (nunmehr § 166 Abs. 1, 2 VAG) zunächst nur Regelungen für die Bestandsübertragung im engeren Sinne1596 kodifiziert. Die in Erwägungsgrund 17 der Rückversicherungsrichtlinie vorgesehene Erstreckung der für die Bestandsübertragung geltenden Regelungen auf andere Formen der Übertragung eines Versicherungsbestands zwischen Rückversicherungsunternehmen wie etwa infolge der Verschmelzung von Rückversicherungsunternehmen oder aufgrund anderer gesellschaftsrechtlicher Instrumente hatte versehentlich keine Berücksichtigung gefunden.1597 Die bei der Umsetzung der Richtlinie in nationales Recht dadurch entstandene Regelungslücke wurde mit dem Jahressteuergesetz 20101598 durch den neu eingefügten und am 14. Dezember 2010 in Kraft getretenen § 121f Abs. 3 VAG a. F. (nunmehr § 166 Abs. 3 VAG) geschlossen.1599 Anders als § 14 VAG (§ 14a VAG a. F.) basiert § 166 Abs. 3 VAG (§ 121f Abs. 3 VAG a. F.) damit auf einer sekundärrechtlichen Vorgabe. Dass diese Vorgabe in Solvency II nicht mehr ausdrücklich enthalten ist, ändert daran nichts. Denn 1594
Vgl. Teil 3, B.I.1.a). Soweit in der Literatur zum Teil allgemein in Deutschland aufsichtspflichtige Rückversicherungsunternehmen als von der Norm erfasst angesehen werden, ist ausdrücklich klarzustellen, dass dies nicht für die gemäß § 67 VAG (§ 121i VAG a. F., vgl. BT-Drs. 18/2956, S. 256) in Deutschland ebenfalls aufsichtspflichtige inländische Niederlassung von einem Versicherungsunternehmen mit Sitz in einem Drittstaat gelten kann. Der Anwendungsbereich des UmwG umfasst nur Unternehmen mit Sitz im Inland (vgl. § 1 UmwG) sowie im Rahmen einer grenzüberschreitenden Verschmelzung EWR-ausländische Kapitalgesellschaften im Sinne des Art. 2 Nr. 1 Verschmelzungsrichtlinie (vgl. § 122b Abs. 1 UmwG). Damit werden von § 166 Abs. 3 S. 1 VAG (§ 121f Abs. 3 S. 1 VAG a. F.) im Ergebnis weder Rückversicherungsunternehmen mit Sitz in einem Drittstaat noch deren inländische Niederlassung erfasst, vgl. Teil 2, B.II.1. 1596 So ausdrücklich BT-Drs. 17/2249, S. 97. 1597 BT-Drs. 17/2249, S. 97; Schröder/Fischer, VersR 2011, 184; vgl. auch bereits Lüttringhaus, VersR 2008, 1036 (1041), dessen Ausführungen sich noch auf den Rechtsstand unter Geltung von § 121f VAG a. F. (nunmehr § 166 VAG) vor der Einfügung des die Umwandlung von Rückversicherungsunternehmen erfassenden § 121f Abs. 3 VAG a. F. (nunmehr § 166 Abs. 3 VAG) beziehen. 1598 Jahressteuergesetz 2010 (JStG 2010) vom 8. Dezember 2010, BGBl. I 2010, S. 1768. 1599 BT-Drs. 17/2249, S. 97; vgl. auch Schröder/Fischer, VersR 2011, 184. 1595
B. Grenzüberschreitende Verschmelzungen nach dem UmwG
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ähnlich der in Art. 18 Rückversicherungsrichtlinie – in den insoweit zutreffenden Sprachfassungen – vorgesehenen Erstreckung auf inländische Bestände lässt sich kein Indiz dafür finden, dass der Richtliniengeber mit Art. 39 Solvency II diese Vorgabe hätte zurücknehmen wollen.1600 Da eine solche Einschränkung der mit Solvency II angestrebten weiteren Harmonisierung des Versicherungsaufsichtsrechts diametral widersprechen würde, ist davon auszugehen, dass es sich auch insoweit um ein Redaktionsversehen bei der Konsolidierung der Versicherungsrichtlinien handelt.1601 Die über Art. 39 Solvency II hinausgehenden Vorgaben von Erwägungsgrund 17 und Art. 18 Rückversicherungsrichtlinie sind folglich bei der Auslegung zu berücksichtigen. Eine entsprechende Erstreckung der Vorgaben für die Bestandsübertragung jedenfalls auch auf Fälle der Verschmelzung von Rückversicherungsunternehmen sieht ferner Part IV 5.2.6 General Protocol on Collaboration vor. Festzuhalten ist in diesem Zusammenhang auch, dass die in § 166 Abs. 3 S. 1 VAG (§ 121f Abs. 3 S. 1 VAG a. F.) ausdrücklich enthaltene Einschränkung der Genehmigungspflicht von Umwandlungen von Rückversicherungsunternehmen auf solche, bei denen Rückversicherungsverträge zu den von der Umwandlung erfassten Vermögensgegenständen gehören, zutreffend auf Erwägungsgrund 17 der Rückversicherungsrichtlinie zurückzuführen ist. Denn dieser sieht die Verfahrenserstreckung nicht etwa auf gesellschaftsrechtliche Instrumente per se, sondern vielmehr auf die verschiedenen Formen der Übertragung des Versicherungsbestands vor. Auch die beispielhafte Auflistung stellt insoweit ausdrücklich auf die Übertragung infolge der Verschmelzung oder aufgrund anderer gesellschaftsrechtlicher Instrumente ab. Somit liegt eine bewusste Anknüpfung der Genehmigungspflicht an die Übertragung eines Versicherungsbestands vor. Dieser Vorgabe ist der Gesetzgeber mit der Regelung in § 166 Abs. 3 S. 1 VAG (§ 121f Abs. 3 S. 1 VAG a. F.) nachgekommen. Für eine Genehmigungspflicht umwandlungsrechtlicher Instrumente per se besteht bei Rückversicherungsunternehmen – insoweit anders als bei Umwandlungen von Erstversicherungsunternehmen –1602 mangels aufsichtsrechtlich gesondert zu berücksichtigender versicherungsspezifischer Interessen, insbesondere mangels etwaiger Überschussbeteiligung, grundsätzlich auch kein Grund.1603 c) Eingeschränktes grenzüberschreitendes Verwaltungsverfahren Zwar sieht Part IV 5.2.6 General Protocol on Collaboration vor, dass sich die beteiligten Aufsichtsbehörden entsprechend dem für Bestandsübertragungen vor1600
Vgl. dazu Teil 3, A.II.2.a). Vgl. entsprechend zur Erstreckung auf inländische Bestände Teil 3, A.II.2.a). 1602 Vgl. Fn. 1469. 1603 Zum Verständnis der Einschränkung sei ergänzend auf die Ausführungen von Wolf, VersR 2008, 1441(1445) zum aufsichtsbehördlichen Genehmigungserfordernis bei der Umwandlung von Erstversicherungsunternehmen verwiesen. 1601
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Teil 3: Grenzüberschreitende Bestandsübertragungen und Verschmelzungen
gesehenen Verfahren konsultieren.1604 Indes bestehen insoweit schon bei der Bestandsübertragung von Rückversicherungsunternehmen weder nach Solvency II noch nach dem VAG behördliche Zustimmungs- oder Anhörungspflichten. Die gesetzlichen Konsultationspflichten erschöpfen sich folglich grundsätzlich im Austausch der die beteiligten Rückversicherungsunternehmen betreffenden finanziellen Informationen.1605 d) Solvabilitätsbescheinigung Als einziges Genehmigungskriterium verweist § 166 Abs. 3 S. 2 VAG (§ 121f Abs. 3 S. 2 VAG a. F.) ausdrücklich auf den von § 166 Abs. 1 S. 3 VAG (§ 121f Abs. 1 S. 3 VAG a. F.) im Rahmen von Bestandsübertragungen vorgeschriebenen Solvabilitätsnachweis des übernehmenden Versicherungsunternehmens. Dieser ist von der zuständigen Aufsichtsbehörde des übernehmenden EWR-ausländischen Versicherungsunternehmens auszustellen.1606 e) Rechtsfolgen der Genehmigung Der in § 166 Abs. 3 S. 2 VAG (§ 121f Abs. 3 S. 2 VAG a. F.) enthaltene Verweis auf § 166 Abs. 1 S. 4 VAG (§ 121f Abs. 1 S. 4 VAG a. F.) ist unverständlich. Bei § 14 VAG (§ 14a VAG a. F.) herrscht in der Literatur Einigkeit darüber, dass es sich bei dem entsprechenden Verweis auf den Übergang der Rechte und Pflichten aus den Versicherungsverträgen und den Ausschluss von § 415 BGB um ein Redaktionsversehen handelt.1607 Gleichwohl hat der Gesetzgeber bei der nachträglichen Einfügung des § 121f Abs. 3 VAG a. F. (nunmehr § 166 Abs. 3 VAG) erneut einen solchen Verweis eingeführt. Insofern ist zu vermuten, dass der Gesetzgeber – nachdem er Erwägungsgrund 17 der Rückversicherungsrichtlinie zunächst gänzlich unberücksichtigt gelassen hatte – bei der Behebung der Regelungslücke im Zuge des JStG 2010 die Vorschrift des § 121f Abs. 3 VAG a. F. (nunmehr § 166 Abs. 3 VAG) der Vorschrift des § 14a VAG a. F. (nunmehr § 14 VAG) nachgebildet und somit den als Redaktionsversehen qualifizierten Verweis sinngemäß fortgeschrieben hat. Im Ergebnis kann dieser Verweis aber nicht anderes bewertet werden als bei § 14 VAG (§ 14a VAG a. F.). Dem Verweis kann somit bestenfalls deklaratorische Bedeutung zukommen. Die Rechtsfolgen der Umwandlung richten sich nach dem UmwG und treten demnach mit Wirksamwerden der Verschmelzung ein.
1604
Vgl. dazu Teil 3, A.II.2.a)aa)(2). Die maßgeblichen finanziellen Informationen sind im Wesentlichen in Part IV 5.2.3 General Protocol on Collaboration aufgelistet. 1606 Zu dem insoweit weniger eindeutigen Verweis bei Umwandlungen von Erstversicherungsunternehmen Teil 3, B.I.1.d). 1607 Siehe Teil 3, B.I.1.f). 1605
B. Grenzüberschreitende Verschmelzungen nach dem UmwG
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f) Umwandlungsrechtliche Besonderheiten Hinsichtlich des Verhältnisses zwischen der aufsichtsbehördlichen Genehmigung einer grenzüberschreitenden Verschmelzung und deren Eintragung im Register gemäß §§ 122a, 122 l, 20 Abs. 2 UmwG sei auf die diesbezüglichen Ausführungen bei der Hinausverschmelzung von Erstversicherungsunternehmen entsprechend verwiesen.1608 Gleiches gilt für den Anspruch der Vorversicherer auf Sicherheitsleistung gemäß §§ 122a, 122j, 22 UmwG sowie für etwaige Schadensersatzansprüche.1609 Denn aus der Art des von den Unternehmen betriebenen Versicherungsgeschäfts ergibt sich insoweit kein Unterschied.1610 g) Vertragliche Sonderkündigungsrechte Da für die Fälle der Bestandsübertragung von Rückversicherungsunternehmen – im Gegensatz zu grenzüberschreitenden Hinausübertragungen der Bestände von Erstversicherungsunternehmen – ein gesetzliches Sonderkündigungsrecht nicht vorgesehen ist, stellt sich die Frage der Erstreckung auf die Hinausverschmelzung von Rückversicherungsunternehmen nicht.1611 Über die umwandlungsrechtlichen Vorgaben hinaus werden die Interessen der Vorversicherer im Rahmen der rein finanziellen aufsichtsbehördlichen Kontrolle auch bei Umwandlungen von Rückversicherungsunternehmen nicht berücksichtigt.1612 Wie bei der Bestandsübertragung von Rückversicherungsunternehmen bereits dargestellt, können Vorversicherer indes ein Interesse daran haben, sich gegen einen derart ungewollten Schuldnerwechsel zu schützen. In der Praxis enthalten daher viele Rückversicherungsverträge change of control-Klauseln. Die darin vereinbarten vertraglichen Sonderkündigungsrechte werden grundsätzlich auch bei einem Austausch des Schuldners infolge einer grenzüberschreitenden Verschmelzung ausgelöst.1613
1608
Siehe Teil 3, B.I.1.g). Dazu Teil 3, B.I.1.h); Teil 3, B.I.1.i). 1610 Anders als das VAG differenziert das UmwG nicht zwischen Erstversicherungs- und Rückversicherungsunternehmen. 1611 Beachte aber insbesondere Teil 3, A.II.2.a)aa)(3)(i) zu Überlegungen für ein behördliches Einspruchsrecht respektive ein gesetzliches Sonderkündigungsrecht bei Bestandsübertragungen von Rückversicherungsunternehmen. Zu der Frage der Erstreckung des Sonderkündigungsrecht auf Umwandlungen von Erstversicherungsunternehmen siehe Teil 3, B.I.1.j). 1612 Soweit man bei der Bestandsübertragung von Rückversicherungsunternehmen eine Erhöhung des Schutzniveaus der Vorversicherer befürwortet, vgl. insbesondere Teil 3, A.II.2.a) aa)(3)(i), sollte auch auf eine Abstimmung mit den Regelungen für Umwandlungen von Rückversicherungsunternehmen geachtet werden. 1613 Hushahn, RNotZ 2014, 137 (139) m. w. Nachw.; Heidinger, in: Henssler/Strohn, 3. Aufl. (2016), § 20 UmwG Rn. 12. 1609
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Teil 3: Grenzüberschreitende Bestandsübertragungen und Verschmelzungen
h) Zwischenergebnis Die Interessen der Vorversicherer dürften bei der Hinausverschmelzung eines inländischen Rückversicherungsunternehmens regelmäßig bereits aufgrund der umwandlungsrechtlichen Vorgaben gewahrt sein. Da die aufsichtsbehördliche Genehmigung einer Umwandlung von Rückversicherungsunternehmen ebenfalls auf eine rein finanzielle Kontrolle beschränkt ist, stellt sich die Frage, ob neben den umwandlungsrechtlichen Vorschriften ein versicherungsaufsichtsrechtliches Genehmigungserfordernis überhaupt erforderlich ist.1614 Die Umwandlung von Rückversicherungsunternehmen unterscheidet sich grundsätzlich nicht von der Umwandlung anderer (Finanzdienstleistungs-)Unternehmen, für die eine gesonderte Genehmigung regelmäßig nicht erforderlich ist. Im Ergebnis erschöpft sich die Genehmigung inhaltlich jedoch in der Prüfung des Vorliegens der Solvabilitätsbescheinigung der EWR-ausländischen Aufsichtsbehörde. Dies könnte grundsätzlich auch registerrechtlich mit der Folge ausgestaltet werden, dass das Registergericht das Vorliegen der Solvabilitätsbescheinigung zu prüfen hätte. Die Versicherungsaufsichtsbehörden verfügen indes aufgrund des Prinzips der Einmalzulassung und der Häufigkeit von Bestandsübertragungen über eine langjährige Kooperationspraxis. Aus praktischen Gesichtspunkten erscheint die Einholung der Bescheinigung über die Versicherungsaufsichtsbehörden nach dem Verfahren zur Bestandsübertragung daher sinnvoll. 3. Schicksal der bestehenden Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb Anders als bei der Bestandsübertragung, bei der ein übertragender Rechtsträger grundsätzlich fortbesteht, erlischt dieser ausweislich § 20 Abs. 1 Nr. 2 UmwG bei einer Verschmelzung ipso iure. Damit stellt sich bei der Hinausverschmelzung die Frage, was mit der bestehenden Erlaubnis eines übertragenden inländischen Erstversicherungs- oder Rückversicherungsunternehmens nach § 8 VAG (§§ 5, 119 VAG a. F.) passiert. Eine explizite Regelung, nach der eine Erlaubnis in solchen Fällen etwa automatisch mit dem übertragenden Rechtsträger erlischt, besteht nicht.1615 Vielmehr sollen grundsätzlich auch öffentlich-rechtliche Rechtspositionen im Wege der von § 20 Abs. 1 Nr. 1 UmwG angeordneten Universalsukzession übergehen können.1616 Sofern die Erlaubnis auf das übernehmende Unternehmen überginge, wäre diese Verwaltungsentscheidung von der zuständigen EWR-aus1614 Bei Umwandlungen von Erstversicherungsunternehmen können insoweit jedenfalls die Belange der Versicherten, die nicht rein finanzieller Art sind, herangezogen werden, vgl. Teil 3, B.I.1.k). 1615 Für die ähnlich gelagerten Fälle der grenzüberschreitenden Sitzverlegung einer inländischen Versicherungs-SE in einen anderen Mitglied- oder Vertragsstaat und des Hinausformwechsels bereits Schröder/Fischer, VersR 2013, 686 (690); vgl. insbesondere Teil 4, D.I.2. 1616 Stratz, in: Schmitt/Hörtnagl/Stratz, 7. Aufl. (2016), § 20 UmwG Rn. 88 m. w. Nachw.; Marsch-Barner, in: Kallmeyer, 5. Aufl. (2013), § 20 UmwG Rn. 26.
B. Grenzüberschreitende Verschmelzungen nach dem UmwG
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ländischen Versicherungsaufsichtsbehörde aufgrund des Anerkennungsprinzips so anzuerkennen, als hätte diese sie selbst erteilt.1617 Die Universalsukzession erfasst jedenfalls alle privatrechtlich zugeordneten Vermögenspositionen. Soweit es öffentlich-rechtliche Rechtsverhältnisse betrifft, ist jedoch nach dem jeweiligen Zweck dieser Rechtspositionen zu differenzieren. So sollen etwa sachbezogene Verwaltungsakte, die einzelne Gegenstände des Vermögens eines übertragenden Rechtsträgers betreffen – beispielsweise Baugenehmigungen oder baupolizeiliche Beseitigungsanordnungen –, mit den Gegenständen automatisch auf den übernehmenden Rechtsträger übergehen.1618 Bei rechtsformgebundenen Erlaubnissen oder Zulassungen soll eine Verschmelzung mit einem Rechtsträger, der diesen Anforderungen nicht entspricht, hingegen zu einem automatischen Erlöschen der Genehmigung führen.1619 Letzteres gilt auch für unternehmens- und personenbezogene Erlaubnisse, die die Ausübung bestimmter Tätigkeiten von der Erfüllung konkreter Anforderungen – wie etwa an die Kapitalisierung, die Sachkunde oder die Zuverlässigkeit – abhängig machen. Soweit es sich nämlich um Erfordernisse handelt, die das Unternehmen betreffen, soll davon auszugehen sein, dass diese nicht von der Universalsukzession umfasst sind.1620 Insoweit kommt der Übergang einer unternehmensbezogenen Erlaubnis regelmäßig nicht in Betracht. Vielmehr hat grundsätzlich der übernehmende Rechtsträger – sofern er nicht bereits selbst über eine entsprechende Erlaubnis verfügt – eine neue Erlaubnis zu beantragen. Daran ändert auch nichts, dass die Erlaubnis gemäß § 10 Abs. 1 S. 2 VAG (§ 6 Abs. 1 S. 2, § 120 Abs. 2 S. 2 VAG a. F.) aufgrund des Prinzips der Einmalzulassung automatisch für das Gebiet aller Mitglied- oder Vertragsstaaten gilt.1621 Diese EWR-weite Geltung der aufsichtsrechtlichen Erlaubnis könnte zwar ausnahmsweise für einen Übergang im Wege der Universalsukzession sprechen. Jedoch handelt es sich im Ergebnis um eine nationale Erlaubnis, die lediglich mit einer automatischen örtlichen Erstreckung auf das Gebiet sämtlicher Mitglied- und Vertragsstaaten versehen ist. Die Erlaubnis nach § 8 VAG (§§ 5, 119 VAG a. F.) kann nach Maßgabe von § 8 Abs. 3 VAG (§ 7 Abs. 1a, § 120 Abs. 1 S. 2 VAG a. F.) ausschließlich inländischen Versicherungsunternehmen mit Sitz der Hauptverwaltung im Inland1622 erteilt werden.1623 Nach dem Sitzlandprinzip wird auch die durch 1617
Vgl. Neßler, NVwZ 1995, 863. Kübler, in: Semler/Stengel, 3. Aufl. (2012), § 20 UmwG Rn. 70 m. w. Nachw. 1619 Kübler, in: Semler/Stengel, 3. Aufl. (2012), § 20 UmwG Rn. 70 m. w. Nachw.; Stratz, in: Schmitt/Hörtnagl/Stratz, 7. Aufl. (2016), § 20 UmwG Rn. 89 m. w. Nachw. 1620 Kübler, in: Semler/Stengel, 3. Aufl. (2012), § 20 UmwG Rn. 71; Wicke, DStR 2012, 1756 (1759). 1621 Kaulbach, in: FKBP, 5. Aufl. (2012), § 6 Rn. 2 ff.; Bähr, in: FKBP, 5. Aufl. (2012), § 120 Rn. 5. 1622 Dazu Kaulbach, in: FKBP, 5. Aufl. (2012), § 7 Rn. 8 ff. 1623 Ausdrücklich gegen einen Übergang der Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb von Erstversicherungsunternehmen aufgrund der Rechtsformgebundenheit Grunewald, in: Lutter, Bd. I, 5. Aufl. (2014), § 20 UmwG Rn. 13. Ohne nähere Begründung verkennt ein derart 1618
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Teil 3: Grenzüberschreitende Bestandsübertragungen und Verschmelzungen
eine Erlaubnis begründete aufsichtsbehördliche Zuständigkeit an den Sitz des Versicherungsunternehmens geknüpft. Eine Aufsichtskompetenz der BaFin über ein auf ein EWR-ausländisches Versicherungsunternehmen verschmolzenes inländisches Versicherungsunternehmen infolge des Übergangs einer Erlaubnis nach § 8 VAG (§§ 5, 119 VAG a. F.) wäre systemwidrig. Gleiches gilt für eine Aufsichtskompetenz der zuständigen EWR-ausländischen Aufsichtsbehörde des übernehmenden Versicherungsunternehmens nach Maßgabe einer deutschen Erlaubnis. Ein Übergang der Erlaubnis nach § 8 VAG (§§ 5, 119 VAG a. F.) im Rahmen der Universalsukzession einer grenzüberschreitenden Verschmelzung ist daher abzulehnen.1624 Es ist folglich im Ergebnis davon auszugehen, dass eine Erlaubnis nach § 8 VAG (§§ 5, 119 VAG a. F.) bei einer grenzüberschreitenden Hinausverschmelzung mit dem Erlöschen des übertragenden inländischen Rechtsträgers ebenfalls erlischt.1625 So wird in der Praxis bei Verschmelzungen allgemein auch regelmäßig empfohlen, soweit rechtlich möglich, bereits bei der Abfassung des Verschmelzungsbeschlusses für die Einholung entsprechender Erlaubnisse durch das übernehmende Unternehmen zu sorgen.1626 Wenn man nach dem Vorstehenden nicht ohnehin bereits das Erlöschen der Erlaubnis aufgrund der Hinausverschmelzung annimmt, so wird die Erlaubnis regelmäßig von der BaFin zu widerrufen sein. Der Gesetzgeber hat sich im Zuge der 10. VAG-Novelle einheitlich für die im Rückversicherungsbereich bereits zuvor geltende Widerrufslösung entschieden.1627 Ausweislich § 304 Abs. 3 Nr. 1 VAG (§ 87 Abs. 1 Nr. 1, § 121c Abs. 2 Nr. 1 VAG a. F.) kann die BaFin die Erlaubnis ganz oder teilweise widerrufen, wenn das Unternehmen die Voraussetzungen für die Erteilung der Erlaubnis nicht mehr erfüllt. Für Versicherungsunternehmen legt § 8 Abs. 2 VAG (§ 7 Abs. 1, § 120 Abs. 1 VAG a. F.) den numerus clausus der zulässigen Rechtsformen fest. Danach darf die Erlaubnis nur – inländischen – Aktiengesellschaften im Sinne des § 1 AktG und der Europäischen Gesellschaft – in ihrer pauschaler Ausschluss jedoch, dass sich die Rechtsform bei einer innerstaatlichen Verschmelzung nicht zwingend ändert. 1624 So im Ergebnis auch Hushahn, RNotZ 2014, 137 (139) m. w. Nachw.; für innerstaatliche Verschmelzungen von Versicherungsunternehmen auch Schmid, Bestandsübertragung und Umwandlung von Versicherungsunternehmen (2010), Rn. 1095 ff (1099). Vgl. ferner Grennan, The Tools for Change (2011), 2 (4). 1625 So wohl auch Diehl/Seemayer, in: Brand/Baroch Castellvi, 1. Aufl. (2018), § 14 Rn. 41. Für die ähnlich gelagerten Fälle des Hinausformwechsels und der grenzüberschreitenden Sitzverlegung einer deutschen SE in einen anderen Mitglied- oder Vertragsstaat schlagen Schröder/Fischer, VersR 2013, 686 (690) zur Herstellung einer möglichst rechtssicheren Situation einen auf die Zulassung zum Geschäftsbetrieb im EWR-Ausland aufschiebend bedingten ausdrücklichen Verzicht der Versicherungsunternehmen auf die Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb in Deutschland gegenüber der BaFin vor, in dessen Folge die Erlaubnis gemäß § 304 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 VAG (§ 6 Abs. 5 S. 1 Nr. 1, § 121c Abs. 1 S. 1 VAG a. F.) zu widerrufen ist, vgl. Teil 4, D.I.2. 1626 Vgl. etwa Stratz, in: Schmitt/Hörtnagl/Stratz, 7. Aufl. (2016), § 20 UmwG Rn. 91. 1627 Zu dem Nebeneinander von Erlöschen und Widerruf nach Maßgabe des VAG a. F. siehe Teil 3, A.II.3.
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deutschen Form – gemäß Art. 1 SE-VO i. V. m. § 1 SEAG erteilt werden.1628 Bei einer Hinausverschmelzung handelt es sich bei dem übernehmenden Versicherungsunternehmen indes um einen nach dem Recht eines anderen Mitglied- oder Vertragsstaates inkorporierten Rechtsträger. Zwar basiert der numerus clausus zulässiger Rechtsformen auf europarechtlichen Vorgaben. Die für Versicherungsunternehmen grundsätzlich zulässigen Rechtsformen gibt insoweit Art. 17 Abs. 1 i. V. m. Anhang III Solvency II vor. Ferner ist die Zielrechtsform bei einer Hinausverschmelzung ausweislich § 122b Abs. 1 UmwG auf Kapitalgesellschaften im Sinne des Art. 2 Nr. 1 Verschmelzungsrichtlinie beschränkt. Praktisch relevante Zielrechtsformen sind damit der deutschen Aktiengesellschaft entsprechende EWR-ausländische Gesellschaften sowie die SE mit Sitz in einem anderen Mitglied- oder Vertragsstaat.1629 Wenngleich es sich damit weitgehend um gleichwertige Gesellschaftsformen handeln dürfte, entsprechen diese formalrechtlich nicht den Anforderungen des § 8 Abs. 2 VAG (§ 7 Abs. 1, § 120 Abs. 1 VAG a. F.), sodass – jedenfalls klarstellend – ein Widerruf der Erlaubnis gemäß § 304 Abs. 3 Nr. 1 VAG (§ 87 Abs. 1 Nr. 1, § 121c Abs. 2 Nr. 1 VAG a. F.) in Betracht kommt.1630 Darüber hinaus ist die Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb ausweislich § 304 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 VAG (§ 6 Abs. 5 S. 1 Nr. 4 VAG a. F.) zwingend zu widerrufen, wenn das betreffende Versicherungsunternehmen gemäß § 229 VAG von dem Sicherungsfonds ausgeschlossen wurde. Zwar dürfte im Rahmen einer grenzüberschreitenden Verschmelzung regelmäßig kein Ausschlussverfahren nach § 229 VAG erfolgen. Jedoch erlischt das inländische Versicherungsunternehmen und können EWR-ausländische Versicherungsunternehmen nicht Mitglied im Sicherungsfonds sein.1631 Folglich erlischt auch eine bestehende Mitgliedschaft im Sicherungsfonds, sodass die Erlaubnis in solchen Fällen auch gemäß § 304 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 VAG (§ 6 Abs. 5 S. 1 Nr. 4 VAG a. F.) zu widerrufen sein dürfte. Soweit das übernehmende EWR-ausländische Versicherungsunternehmen bereits über eine entsprechende Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb von der zuständigen EWRausländischen Aufsichtsbehörde verfügt, kann mit dieser der zu übernehmende Versicherungsbestand – im Wege der Niederlassungsfreiheit oder der Dienstleistungsfreiheit EWR-weit und damit auch in Deutschland – fortgeführt werden. Verfügt das übernehmende Unternehmen nicht bereits über die erforderliche Erlaubnis, 1628 Kaulbach, in: FKBP, 5. Aufl. (2012), § 7 Rn. 1; Bähr, in: FKBP, 5. Aufl. (2012), § 120 Rn. 1. Daneben kommen grundsätzlich die Rechtsformen des VVaG und der Anstalten des öffentlichen Rechts in Betracht. 1629 Die Beteiligungsfähigkeit des VVaG wird unterschiedlich beurteilt. Gegen eine Beteiligungsfähigkeit Drinhausen, in: Semler/Stengel, 3. Aufl. (2012), § 122b UmwG Rn. 6; Hörtnagl, in: Schmitt/Hörtnagl/Stratz, 7. Aufl. (2016), § 122b UmwG Rn. 6 jeweils m. w. Nachw.; dafür Lüttringhaus, VersR 2008, 1036 (1040 f.); Frenzel, RIW 2008, 12 (14); Frenzel, Grenzüberschreitende Verschmelzungen von Kapitalgesellschaften (2008), S. 136 f. 1630 Da die BaFin die Hinausverschmelzung genehmigen muss, hat sie von der den Widerruf der Erlaubnis insoweit begründenden Universalsukzession auf ein EWR-ausländisches Unternehmen auch Kenntnis. 1631 Vgl. Fn. 714.
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Teil 3: Grenzüberschreitende Bestandsübertragungen und Verschmelzungen
so schreiben Part IV 5.1.9 i. V. m. 5.1.6 General Protocol on Collaboration und Part IV 5.2.6 i. V. m. 5.2.5 General Protocol on Collaboration eine weitgehende Kooperation der beteiligten Aufsichtsbehörden vor, um eine reibungslose Fortführung des Versicherungsbestands zu gewährleisten.1632 Neben dieser Kooperationsvereinbarung könnte bei einer erforderlichen Erlaubniserteilung durch die zuständige EWR-ausländische Aufsichtsbehörde grundsätzlich die Tatsache zu berücksichtigen sein, dass das übertragende Versicherungsunternehmen bereits über eine EWR-weit geltende Erlaubnis verfügte.1633 Vor diesem Hintergrund kämen etwa Erleichterungen im Erlaubnisverfahren in Betracht.1634 Indes erfolgt eine grenzüberschreitende Verschmelzung – anders als etwa ein grenzüberschreitender Formwechsel oder die grenzüberschreitende Sitzverlegung einer SE –1635 nicht identitätswahrend.1636 Zwar bleibt das übernehmende Unternehmen in seiner Rechtspersönlichkeit unverändert bestehen. Der insoweit maßgebliche übertragende Rechtsträger erlischt jedoch. Folglich betrifft die Erlaubnis zwei unterschiedliche Rechtssubjekte, sodass eine Indizwirkung der bestehenden Erlaubnis bei einer grenzüberschreitenden Verschmelzung abzulehnen ist. Die Erteilung einer nach dem Vorstehenden etwa erforderlichen EWR-ausländischen Erlaubnis richtet sich damit nach den allgemeinen Vorschriften im Sitzstaat des übernehmenden Versicherungsunternehmens. Das Bestehen einer derartigen Erlaubnis sollte bereits im Vorfeld der grenzüberschreitenden Hinausverschmelzung sichergestellt werden, da ohne entsprechende Erlaubnis zur Fortführung der Verträge eine Übertragung jedenfalls von Erstversicherungsunternehmen grundsätzlich bereits mangels Wahrung der Versichertenbelange nicht genehmigt werden dürfte.1637
II. Hineinverschmelzung Neben den vorstehend dargestellten Fällen der Hinausverschmelzung erfassen §§ 14, 166 Abs. 3 VAG (§§ 14a, 121f Abs. 3 VAG a. F.), soweit inländische Versi1632
Vgl. Teil 3, A.III.4. So galt etwa im Arzneimittelrecht schon frühzeitig, dass zwar ein erneutes Zulassungsverfahren für in einem Mitgliedstaat zugelassene Medikamente in anderen Mitgliedstaaten zulässig war, über die Zweitzulassung jedoch unter gebührender Berücksichtigung der Erstzulassung innerhalb relativer kurzer Fristen entschieden werden musste, vgl. Engel, Die Verwaltung 1992, 439 (454). Im Bereich der Versicherungsaufsicht kommt indes hinzu, dass die bestehende Erlaubnis nicht nur national, sondern automatisch EWR-weit und damit auch zuvor bereits im Zielstaat galt. 1634 Für die Fälle des grenzüberschreitenden Formwechsels von Versicherungsunternehmen und der grenzüberschreitenden Sitzverlegung einer Versicherungs-SE befürworten Schröder/ Fischer, VersR 2013, 686 (690) eine derartige Indizwirkung der bereits bestehenden Erlaubnis; vgl. Teil 4, D.II.2. 1635 Vgl. dazu Teil 4, D.; Teil 4, E. 1636 Hushahn, RNotZ 2014, 137 (139). 1637 Vgl. Teil 2, C.V. 1633
B. Grenzüberschreitende Verschmelzungen nach dem UmwG
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cherungsunternehmen beteiligt sind, auch die von § 122a UmwG ebenfalls ermöglichte Hineinverschmelzung von Kapitalgesellschaften. Die sachrechtliche Zulässigkeit von Hineinverschmelzungen ist – im Gegensatz zu derjenigen von Hinausverschmelzungen – bereits frühzeitig durch den Europäischen Gerichtshof in der Rechtssache SEVIC vorgegeben worden.1638 Bei derartigen Umwandlungsmaßnahmen unter Beteiligung eines übernehmenden inländischen Versicherungsunternehmens – in der Rechtsform der AG oder einer bereits bestehenden SE –1639 ergeben sich jedoch erhebliche Auslegungsprobleme im Rahmen der aufsichtsrechtlichen Behandlung. 1. Übernehmendes inländisches Erstversicherungsunternehmen a) Aufsichtsrechtliche Regelungssystematik Die grenzüberschreitende Hineinverschmelzung eines EWR-ausländischen Unternehmens auf ein inländisches Erstversicherungsunternehmen nach Maßgabe von § 122a UmwG bedarf ausweislich § 14 Abs. 1 S. 1 VAG (§ 14a S. 1 VAG a. F.) der Genehmigung der Aufsichtsbehörde. Nach dem Wortlaut wird jede Umwandlung eines Erstversicherungsunternehmens nach dem UmwG erfasst. Danach löst auch die Verschmelzung anderer EWR-ausländischer Unternehmen als Versicherungsunternehmen auf ein inländisches Erstversicherungsunternehmen die aufsichtsbehördliche Genehmigungspflicht aus.1640 In einem solchen Fall kommt es zwar nicht zu einer Übertragung von Versicherungsbeständen. Gleichwohl wird nach zutreffender Auffassung bei der Beteiligung von inländischen Erstversicherungsunternehmen dem Wortlaut entsprechend jede Umwandlung als genehmigungspflichtig erachtet.1641 Handelt es sich bei dem an einer grenzüberschreitenden Umwandlung beteiligten EWR-ausländischen Unternehmen um ein Versicherungsunternehmen, kommt es im Rahmen einer derartigen Hineinverschmelzung jedoch regelmäßig auch zur Hineinübertragung eines Versicherungsbestands auf das übernehmende inländische Erstversicherungsunternehmen. Auch für einen solchen Fall verweist § 14 Abs. 1 S. 2 VAG (§ 14a S. 2 VAG a. F.) grundsätzlich auf § 13 Abs. 1 S. 2, Abs. 2, 4, 5 VAG (§ 14 Abs. 1 S. 2, Abs. 2, 4, 5 VAG a. F.).
1638 Forsthoff, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, EUV/AEUV, 58. EL (2016), Art. 54 AEUV Rn. 29 ff. 1639 Vgl. Polley, in: Henssler/Strohn, 3. Aufl. (2016), § 122b UmwG Rn. 3 f; Kindler, in: MünchKomm-BGB, Bd. 11, 6. Aufl. (2015), Internationales Handels- und Gesellschaftsrecht Rn. 845; Reimann, ZEV 2009, 586 (588). 1640 Eine solche Umwandlung ist – versicherungsaufsichtsrechtlich – ausschließlich von der BaFin zu genehmigen. Da ein übertragendes EWR-ausländisches Unternehmen, das kein Versicherungsunternehmen ist, keiner EWR-ausländischen Versicherungsaufsicht unterliegt, stellt sich die Frage einer Beteiligung anderer Versicherungsaufsichtsbehörden nicht. 1641 Vgl. dazu Teil 3, B.
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Teil 3: Grenzüberschreitende Bestandsübertragungen und Verschmelzungen
b) Auslegungsprobleme Zunächst enthält § 14 Abs. 1 S. 2 VAG (§ 14a S. 2 VAG a. F.) einen Verweis auf den auch für Bestandsübertragungen zwischen Erstversicherungsunternehmen allgemein geltenden § 13 Abs. 1 S. 2 VAG (§ 14 Abs. 1 S. 2 VAG a. F.). Danach wäre die Genehmigung zu erteilen, wenn die Belange der Versicherten gewahrt und die Verpflichtungen aus den Versicherungen als dauernd erfüllbar dargetan sind. Nach der Systematik von § 13 Abs. 1 VAG (§ 14 Abs. 1 VAG a. F.) würde die Genehmigung grundsätzlich nur für das übernehmende inländische Erstversicherungsunternehmen gelten. Soweit nach dem Recht der jeweiligen Mitglied- oder Vertragsstaaten erforderlich, bedürfte das übertragende Versicherungsunternehmen einer eigenen Genehmigung der zuständigen EWR-ausländischen Aufsichtsbehörde; soweit eine entsprechende Genehmigungspflicht nicht besteht, würde nach § 13 Abs. 1 VAG (§ 14 Abs. 1 VAG a. F.) die Genehmigung der BaFin ausreichen.1642 Der Verweis auf § 13 Abs. 1 S. 2 VAG (§ 14 Abs. 1 S. 2 VAG a. F.) ist systemgerecht, soweit sich die Übertragung außerhalb des harmonisierten Bereichs vollzieht. Neben rein innerstaatlichen Umwandlungen könnte das hier theoretisch bei der Verschmelzung von Drittstaatenunternehmen auf ein inländisches Erstversicherungsunternehmen der Fall sein. Diesen Fall erfasst § 14 Abs. 1 S. 1 VAG (§ 14a S. 1 VAG a. F.) jedoch bereits deshalb nicht, weil Drittstaatenunternehmen ausweislich § 122b UmwG nicht dem in Bezug genommenen § 122a UmwG unterfallen.1643 Gemäß § 122b UmwG kommen als übertragende Unternehmen nur als Kapitalgesellschaften inkorporierte EWR-ausländische Unternehmen in Betracht. Die durch eine Hineinverschmelzung solcher Versicherungsunternehmen bewirkte Übertragung eines Versicherungsbestands fällt insoweit zwar grundsätzlich in den harmonisierten Bereich der Bestandsübertragung. Jedoch besteht im Erstversicherungsbereich gerade keine – etwa Erwägungsgrund 17 der Rückversicherungsrichtlinie entsprechende – europarechtliche Vorgabe zur Erstreckung des harmonisierten Rahmens für Bestandsübertragungen auf Übertragungen von Beständen infolge einer grenzüberschreitenden Verschmelzung. Mangels derartiger Vorgabe ließe sich der Verweis auf § 13 Abs. 1 S. 2 VAG (§ 14 Abs. 1 S. 2 VAG a. F.) folglich als systemgerecht erachten. Dem widerspricht indes der weitere Verweis auf § 13 Abs. 2 VAG (§ 14 Abs. 2 VAG a. F.). Denn mit diesem Verweis gibt der Gesetzgeber zu erkennen, dass er – soweit es der Sache nach Übertragungen von Versicherungsbeständen im harmonisierten Bereich der Bestandsübertragung betrifft – das vereinheitlichte Verfahren auch auf Umwandlungen inländischer Erstversicherungsunternehmen erstrecken wollte. Die Verweisung des § 14 Abs. 1 S. 2 VAG (§ 14a S. 2 VAG a. F.) wurde im Zuge der 9. VAG-Novelle1644 geändert und als vorwiegend redaktionelle Folgeänderung auf-
1642
Rn. 4. 1643 1644
Vgl. insoweit zur Bestandsübertragung Kaulbach, in: FKBP, 5. Aufl. (2012), § 14 Vgl. Teil 2, B.II.1. BGBl. I 2007, S. 3248.
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grund der Neufassung des § 14 VAG a. F. (nunmehr § 13 VAG) bezeichnet.1645 Durch die Verweisung auf § 14 Abs. 2 VAG a. F. (nunmehr § 13 Abs. 2 VAG) sollte explizit berücksichtigt werden, dass durch Umsetzung der Verschmelzungsrichtlinie auch grenzüberschreitende Umwandlungen von Versicherungsunternehmen ermöglicht wurden.1646 Der Gesetzgeber hat damit eindeutig zum Ausdruck gebracht, dass grenzüberschreitende Umwandlungen von Erstversicherungsunternehmen aufsichtsrechtlich entsprechend den Vorgaben zu grenzüberschreitenden Bestandsübertragungen nach § 13 Abs. 2 VAG (§ 14 Abs. 2 VAG a. F.) behandelt werden sollen. Dieses Verständnis deckt sich auch mit Part IV 5.1.9 General Protocol on Collaboration, wonach auf grenzüberschreitende Verschmelzungen von Erstversicherungsunternehmen das Verfahren für grenzüberschreitende Bestandsübertragungen entsprechende Anwendung finden soll. Die Verweisung des § 14 Abs. 1 S. 2 VAG (§ 14a S. 2 VAG a. F.) erweist sich – wie oben ausgeführt –1647 für die Fälle der Hinausverschmelzung von Erstversicherungsunternehmen als sachgerecht und praktikabel. Für die Fälle der Hineinverschmelzung von Erstversicherungsunternehmen ist die Verweisung jedoch missverständlich.1648 Das ist im Wesentlichen darauf zurückzuführen, dass eine pauschale Verweisung für sämtliche Arten der Umwandlung von Erstversicherungsunternehmen auf § 13 Abs. 2 VAG (§ 14 Abs. 2 VAG a. F.) nicht im Einklang steht mit der für Bestandsübertragungen vorgenommenen Differenzierung zwischen Übertragungen von einem inländischen und Übertragungen von einem EWR-ausländischen Erstversicherungsunternehmen. § 13 Abs. 2 VAG (§ 14 Abs. 2 VAG a. F.) regelt innerhalb des harmonisierten Bereichs die Übertragung von einem inländischen Erstversicherungsunternehmen. Dabei kann die Übertragung zwar grundsätzlich auch auf ein anderes inländisches Versicherungsunternehmen erfolgen.1649 Maßgeblich intendiert ist sie indes für die Übertragung auf ein EWR-ausländisches Versicherungsunternehmen;1650 damit bildet § 13 Abs. 2 VAG (§ 14 Abs. 2 VAG a. F.) den oben dargestellten Fall der Hinausverschmelzung der Sache nach entsprechend ab.1651 § 13 Abs. 2 S. 1 VAG (§ 14 Abs. 2 S. 1 VAG a. F.) sieht seinem Wortlaut nach grundsätzlich eine Genehmigungskonzentration bei der für das übertragende Versicherungsunternehmen zuständigen Aufsichtsbehörde – bei von dieser Vorschrift 1645
Rn. 3. 1646 1647 1648
Rn. 3. 1649
BT-Drs. 16/6518. S. 14; vgl. insoweit auch Kaulbach, in: FKBP, 5. Aufl. (2012), § 14a BT-Drs. 16/6518. S. 14. Siehe dazu Teil 3, B.I.1. Lüttringhaus, VersR 2008, 1036 (1041); Kaulbach, in: FKBP, 5. Aufl. (2012), § 14a
Siehe dazu Teil 3, A.III.1.a). Zum Teil wird in der Literatur sogar vertreten, dass die Vorschrift ausschließlich Übertragungen von einem inländischen Erstversicherungsunternehmen auf ein EWR-ausländisches Versicherungsunternehmen erfasst, vgl. Teil 3, A.III.1.a) (Fn. 1381). 1651 Vgl. Teil 3, B.I.1. 1650
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erfassten grenzüberschreitenden Bestandsübertragungen inländischer Erstversicherungsunternehmen also regelmäßig bei der BaFin – vor.1652 Bei der Hineinverschmelzung erfolgt die Übertragung indes nicht von einem inländischen Erstversicherungsunternehmen. Vielmehr übernimmt ein solches gerade umgekehrt einen Bestand eines EWR-ausländischen Versicherungsunternehmens. Eine Genehmigungskonzentration bei der Aufsichtsbehörde des übernehmenden Versicherungsunternehmens – hier also der BaFin – stünde indes in diametralem Widerspruch zu der europarechtlich angeordneten Genehmigungskonzentration bei der Aufsichtsbehörde des übertragenden Versicherungsunternehmens.1653 Um die Konstellation der Hineinverschmelzung aufsichtsrechtlich sauber abzubilden, müsste der Verweis auf § 13 Abs. 2 S. 1 VAG (§ 14 Abs. 2 S. 1 VAG a. F.) – entgegen dem auf ein übertragendes inländisches Erstversicherungsunternehmen beschränkten Wortlaut – weit ausgelegt werden. Wenn die Vorschrift im Rahmen eines derart weiten Verständnisses auch die Übertragung von EWR-ausländischen Versicherungsunternehmen erfasst, würde eine Genehmigungskonzentration bei der für das übertragende Unternehmen zuständigen Aufsichtsbehörde – insoweit folglich in Übereinstimmung mit den europarechtlichen Vorgaben – die alleinige Genehmigungskompetenz der zuständigen EWR-ausländischen Aufsichtsbehörde begründen. Bei einem derartigen Verständnis würde § 13 Abs. 2 S. 2 VAG (§ 14 Abs. 2 S. 2 VAG a. F.) jedoch subsequent vorschreiben, unter welchen Voraussetzungen die EWR-ausländische Aufsichtsbehörde diese Genehmigung zu erteilen hat. Dazu fehlt dem deutschen Gesetzgeber indes die Kompetenz. Während die übrigen Voraussetzungen von § 13 Abs. 2 VAG (§ 14 Abs. 2 VAG a. F.) durch eine sinngemäße Auslegung grundsätzlich überwunden werden könnten,1654 sperren sowohl der eindeutige – im Zuge der Novellierung zudem unverändert gebliebene – Wortlaut der Vorschrift als auch die angeordnete Genehmigungskonzentration bei der inländischen Aufsichtsbehörde respektive die bei weitem Verständnis an eine EWR-ausländische Aufsichtsbehörde adressierten Genehmigungsvoraussetzungen eine entsprechende Anwendung von § 13 Abs. 2 VAG (§ 14 Abs. 2 VAG a. F.) auf die Fälle der Hineinverschmelzung.
1652
Lüttringhaus, VersR 2008, 1036 (1041). Lüttringhaus, VersR 2008, 1036 (1041; dort Fn. 66) diskutiert insofern die Möglichkeit eines doppelten Genehmigungserfordernisses aufgrund der durch § 13 Abs. 2 S. 1 VAG (§ 14 Abs. 2 S. 1 VAG a. F.) grundsätzlich begründeten Zuständigkeit der BaFin einerseits und der Zuständigkeit der Aufsichtsbehörde am Sitz des übertragenden Unternehmens nach dem Home-regulator-Prinzip andererseits. Dies wird zutreffend als Verstoß gegen die europarechtlich vorgeschriebene Genehmigungskonzentration gewertet und folgerichtig verworfen. 1654 Dies betrifft insbesondere die Voraussetzungen der Konsultations- und Anhörungspflichten sowie die Ausstellung der Solvabilitätsbescheinigung für das übernehmende inländische Erstversicherungsunternehmen durch die BaFin. 1653
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c) Lösungsvorschlag Der Gesetzgeber hat in § 63 VAG (§ 111d VAG a. F.) unter anderem den einer Hineinverschmelzung weitgehend entsprechenden Fall einer Bestandsübertragung von einem EWR-ausländischen Erstversicherungsunternehmen auf ein inländisches Erstversicherungsunternehmen normiert.1655 Die Übertragung des gemäß § 61 Abs. 1 VAG (§ 110a Abs. 1 VAG a. F.) im Inland erworbenen Bestands eines EWR-ausländischen Erstversicherungsunternehmens wird von § 63 Abs. 1 S. 1 VAG (§ 111d S. 1 VAG a. F.) erfasst.1656 Der Fall einer derartigen Übertragung auf ein inländisches Erstversicherungsunternehmen ist ergänzend ausdrücklich in § 63 Abs. 4 VAG (§ 111d S. 5 VAG a. F.) geregelt.1657 Bei der im Wege der grenzüberschreitenden Hineinverschmelzung eines EWR-ausländischen Erstversicherungsunternehmens erfolgenden Übertragung von Versicherungsbeständen auf ein inländisches Erstversicherungsunternehmen kommt der BaFin in der Sache ebenfalls die in § 63 VAG (§ 111d VAG a. F.) angeordnete Verfahrensbeteiligung zu. Die Genehmigung einer derartigen Hineinverschmelzung sollte entsprechend § 63 Abs. 1 S. 1 VAG (§ 111d S. 1 VAG a. F.) und in Übereinstimmung mit der für Bestandsübertragungen vorgeschriebenen Genehmigungskonzentration in die alleinige Zuständigkeit der für das übertragende EWR-ausländische Erstversicherungsunternehmen zuständigen Aufsichtsbehörde fallen.1658 Entsprechend § 63 Abs. 4 VAG (§ 111d S. 5 VAG a. F.) hat die BaFin im Rahmen des grenzüberschreitenden Verwaltungsverfahrens eine das übernehmende inländische Unternehmen betreffende Solvabilitätsbescheinigung auszustellen.1659 Soweit ein inländischer Bestand betroffen ist, bedarf die EWRausländische Aufsichtsbehörde für die Erteilung einer Genehmigung zusätzlich der Zustimmung der BaFin. Ausweislich § 63 Abs. 1 S. 2 Hs. 1 VAG (§ 111d S. 2 Hs. 1 VAG a. F.) ist die Zustimmung – entsprechend einer Genehmigung gemäß § 13 Abs. 2 S. 2 Hs. 1 VAG (§ 14 Abs. 2 S. 2 Hs. 1 VAG a. F.) –1660 zu erteilen, wenn die Belange der Versicherten gewahrt und die Verpflichtungen aus den Versicherungen als dauernd erfüllbar dargetan sind. Gemäß § 63 Abs. 1 S. 2 Hs. 2 VAG (§ 111d S. 2 Hs. 2 VAG a. F.) ist unter anderem § 13 Abs. 4, 5 VAG (§ 14 Abs. 4, 5 VAG a. F.) entsprechend anzuwenden.1661 Im Rahmen der Zustimmung hat die BaFin ausweislich § 13 Abs. 4 S. 1 VAG (§ 14 Abs. 4 S. 1 VAG a. F.) auch die Werterhaltung 1655
Lüttringhaus, VersR 2008, 1036 (1041 f.). Vgl. Teil 3, A.II.1.c). 1657 Pohlmann, in: FKBP, 5. Aufl. (2012), § 111d Rn. 8; vgl. dazu auch Teil 3, A.III.1.b)aa). 1658 Vgl. Lüttringhaus, VersR 2008, 1036 (1041 f.). 1659 Für die hier vertretene analoge Anwendung von § 63 Abs. 4 VAG (§ 111d S. 5 VAG a. F.) auf die Fälle der Übertragung von grenzüberschreitend im EWR-Ausland beziehungsweise im Sitzstaat des übertragenden EWR-ausländischen Versicherungsunternehmens erworbenen Beständen siehe Teil 3, A.III.1.b)bb); Teil 3, A.III.1.b)cc). 1660 Pohlmann, in: FKBP, 5. Aufl. (2012), § 111d Rn. 3; siehe auch Teil 3, A.II.1.c)aa). 1661 Die in § 14 Abs. 1 S. 2 VAG (§ 14a S. 2 VAG a. F) enthaltenen eigenständigen Verweisungen auf § 13 Abs. 4 und 5 VAG (§ 14 Abs. 4 und 5 VAG a. F.) wären damit bei der grenzüberschreitenden Hineinverschmelzung redundant. 1656
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der Überschussbeteiligung der Versicherten des übertragenden und des übernehmenden Versicherungsunternehmens sicherzustellen.1662 Auch dies spricht für eine entsprechende Anwendung von § 63 VAG (§ 111d VAG a. F.) auf die Fälle der Hineinverschmelzung.1663 Problematisch ist, dass § 63 Abs. 1 S. 1 VAG (§ 111d S. 1 VAG a. F) eine Zustimmungspflicht grundsätzlich nur begründet, soweit nach § 61 Abs. 1 VAG (§ 110 Abs. 1 VAG a. F.) im Inland erworbene Bestände übertragen werden. Für die Hineinverschmelzung bedeutet dies im Ergebnis streng genommen, dass eine Zustimmungspflicht der BaFin und damit insbesondere eine Prüfungskompetenz hinsichtlich der Werterhaltung der Überschussbeteiligung der Versicherten des übernehmenden inländischen Erstversicherungsunternehmens auch bei entsprechender Anwendung des § 63 VAG (§ 111d VAG a. F) wieder entfiele, wenn der zu übertragende Bestand des EWR-ausländischen Versicherungsunternehmens keine grenzüberschreitend im Inland erworbenen Versicherungsverträge beinhaltet. Aufsichtsrechtlich besteht indes grundsätzlich auch bei der Hineinverschmelzung ein Interesse daran, die Werterhaltung der Überschussbeteiligung der Versicherten des übernehmenden inländischen Erstversicherungsunternehmens sicherzustellen. Denkbar wäre dies etwa, indem § 63 VAG (§ 111d VAG a. F.) in Fällen der Hineinverschmelzung de lege ferenda – über § 14 VAG (§ 14a VAG a. F.) –1664 ungeachtet der Art des auf diesem Wege zu übertragenden Versicherungsbestands für entsprechend anwendbar erklärt würde.1665 Eine solche Ausweitung der Zustimmungspflicht wäre auch zulässig. Denn zum einen enthält das Unionsrecht keine – etwa Erwägungsgrund 17 der Rückversicherungsrichtlinie entsprechenden – Vorgaben für sich infolge einer grenzüberschreitenden Verschmelzung oder anderer gesellschaftsrechtlicher Instrumente vollziehende Übertragungen von Versiche1662
Siehe dazu Teil 3, A.II.1.a)dd)(2); Teil 3, A.II.1.b)bb)(2); Teil 3, A.II.1.c)aa). Würde man bei dem unter Teil 3, B.II.1.b) dargestellten weiten Verständnis eine Genehmigungskonzentration nach § 13 Abs. 2 S. 1 VAG (§ 14 Abs. 2 S. 1 VAG a. F.) bei der für das übertragende EWR-ausländische Versicherungsunternehmen zuständigen Aufsichtsbehörde annehmen, wäre eine Sicherstellung der Werterhaltung der Überschussbeteiligung der Versicherten durch die BaFin insoweit grundsätzlich nicht möglich. Zwar enthält § 14 Abs. 1 S. 2 VAG (§ 14a S. 2 VAG a. F.) einen eigenständigen Verweis auf § 13 Abs. 4 VAG (§ 14 Abs. 4 VAG a. F.). Die Einhaltung der dort statuierten Voraussetzungen kann der deutsche Gesetzgeber indes nicht einer EWR-ausländischen Aufsichtsbehörde vorschreiben. § 13 Abs. 4 S. 1 VAG (§ 14 Abs. 4 S. 1 VAG a. F) schränkt seinem Wortlaut nach lediglich die Erteilung der Genehmigung ein. Er ist nicht etwa als eigenständiger Untersagungstatbestand konzipiert. Da die Genehmigung aber allein der EWR-ausländischen Aufsichtsbehörde obliegt, hätte die BaFin in einem solchen Fall insoweit keine Prüfungskompetenz, sodass § 13 Abs. 4 VAG (§ 14 Abs. 4 VAG a. F.) im Ergebnis unterlaufen würde. 1664 Durch Anknüpfung an die Umwandlung und Verweisung auf entsprechende Anwendung von § 63 VAG (§ 111d VAG a. F.) ergäbe sich insoweit auch nicht das Problem hinsichtlich der Rechtsnatur eines Verschmelzungsplans, vgl. Teil 4, A.III. (Fn. 1746). 1665 Im Übrigen kann die BaFin dem übernehmenden inländischen Erstversicherungsunternehmen in derartigen Fällen bisweilen lediglich eine getrennte Führung der Bestände aufgeben, um zu gewährleisten, dass die Überschussbeteiligung weiterhin verursachungsgerecht erfolgt. Vgl. insoweit zu Bestandsübertragungen bereits Teil 3, A.III.1.b)bb); Teil 3, A.III.1.b) cc). 1663
B. Grenzüberschreitende Verschmelzungen nach dem UmwG
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rungsbeständen zwischen Erstversicherungsunternehmen. Zum anderen widerspricht eine bloße Zustimmungspflicht – anders als etwa ein doppeltes Genehmigungserfordernis –1666 nicht der jedenfalls für Bestandsübertragungen im engeren Sinne europarechtlich angeordneten Genehmigungskonzentration. Damit wäre eine derartige Regelung auch mit der in Part IV 5.1.9 General Protocol on Collaboration vereinbarten Erstreckung des Verfahrens für grenzüberschreitende Bestandsübertragungen auf grenzüberschreitende Verschmelzungen von Erstversicherungsunternehmen vereinbar. Der Gesetzgeber hat erkennen lassen, dass er mit der Neufassung von § 14a VAG a. F. (nunmehr § 14 VAG) auch grenzüberschreitende Umwandlungen unter Beteiligung von Versicherungsunternehmen aufsichtsrechtlich erfassen wollte. Dies sollte ausdrücklich durch die Verweisung auf § 14 Abs. 2 VAG a. F. (nunmehr § 13 Abs. 2 VAG) erfolgen.1667 Während die Verweisung die Fälle der grenzüberschreitenden Hinausverschmelzung aufgrund der regelmäßig übereinstimmenden Übertragungsrichtung sinnvoll erfasst, wird sie den Fällen der Hineinverschmelzung nicht gerecht. Die insoweit zu vermutende Intention des Gesetzgebers – eine einheitliche Anordnung des grenzüberschreitenden Verwaltungsverfahrens des Art. 39 Solvency II auf grenzüberschreitende Verschmelzungen – ist grundsätzlich zu begrüßen. Art. 39 Solvency II ist jedoch als abstraktes und damit richtungsneutrales Verfahren konzipiert. Die in § 13 Abs. 2 VAG (§ 14 Abs. 2 VAG a. F.) erfolgte Verfahrensabbildung ist hingegen nicht dieser Konzeption entsprechend bidirektional ausgestaltet, sondern grundsätzlich auf die Hinausübertragung aus Sicht des deutschen Aufsichtsrechts zugeschnitten worden. Aus diesem Grund führt die Verweisung auf § 13 Abs. 2 VAG (§ 14 Abs. 2 VAG a. F.) in Fällen der Hineinverschmelzung zu nicht durch Auslegung zu behebenden Unstimmigkeiten. Indes bedarf es auch für die Hineinverschmelzung einer eindeutigen Vorgabe betreffend die aufsichtsrechtliche Behandlung. Systemgerecht sollte die Hineinverschmelzung daher entsprechend den Vorgaben des ebenfalls Art. 39 Solvency II – in der zu § 13 Abs. 2 VAG (§ 14 Abs. 2 VAG a. F.) gerade spiegelbildlichen Richtung – abbildenden § 63 VAG (§ 111d VAG a. F.) erfolgen. 2. Übernehmendes inländisches Rückversicherungsunternehmen a) Aufsichtsrechtliche Regelungssystematik Die grenzüberschreitende Verschmelzung eines EWR-ausländischen Versicherungsunternehmens auf ein inländisches Rückversicherungsunternehmen nach Maßgabe von § 122a UmwG bedarf ausweislich § 166 Abs. 3 S. 1 VAG (§ 121f Abs. 3 S. 1 VAG a. F.) der Genehmigung der Aufsichtsbehörde. Dem Wortlaut nach 1666 Zur Unzulässigkeit eines doppelten Genehmigungserfordernisses Lüttringhaus, VersR 2008, 1036 (1041; dort Fn. 66). 1667 BT-Drs. 16/6518. S. 14.
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Teil 3: Grenzüberschreitende Bestandsübertragungen und Verschmelzungen
wird jede Umwandlung eines Rückversicherungsunternehmens nach dem UmwG erfasst, bei der Rückversicherungsverträge zu den von der Umwandlung erfassten Vermögensgegenständen gehören. Maßgeblich für die Genehmigungspflicht ist danach in Übereinstimmung mit Erwägungsgrund 17 der Rückversicherungsrichtlinie, dass es infolge der Umwandlung zu einer Übertragung eines Versicherungsbestands kommt. Anders als bei einer Hineinverschmelzung auf inländische Erstversicherungsunternehmen löst eine Hineinverschmelzung anderer EWR-ausländischer Unternehmen als Versicherungsunternehmen auf ein inländisches Rückversicherungsunternehmen keine versicherungsaufsichtsbehördliche Genehmigungspflicht aus.1668 Denn die Rückversicherungsverträge des übernehmenden Rückversicherungsunternehmens werden nicht von dem umwandlungsrechtlichen Übertragungsmechanismus erfasst. b) Auslegungsprobleme Der Verweis des § 166 Abs. 3 S. 2 VAG (§ 121f Abs. 3 S. 2 VAG a. F.) auf die Genehmigungsvoraussetzungen für grenzüberschreitende Bestandsübertragungen von Rückversicherungsunternehmen erscheint auf den ersten Blick verständlicher als das Pendant im Erstversicherungsbereich. Denn neben dem – im Ergebnis unbeachtlichen –1669 Verweis auf die Rechtsfolgen des § 166 Abs. 1 S. 4 VAG (§ 121f Abs. 1 S. 4 VAG a. F.) umfasst dieser Verweis lediglich das Erfordernis einer Solvabilitätsbescheinigung im Sinne des § 166 Abs. 1 S. 3 VAG (§ 121f Abs. 1 S. 3 VAG a. F.). Indem § 166 Abs. 3 S. 2 VAG (§ 121f Abs. 3 S. 2 VAG a. F.) folglich nicht auf den gesamten § 166 Abs. 1 VAG (§ 121f Abs. 1 VAG a. F.) verweist, stellt sich die Auslegungsproblematik zunächst nicht in demselben Ausmaß wie bei § 14 Abs. 1 S. 2 VAG (§ 14a S. 2 VAG a. F.).1670 Zwar erfasst auch § 166 Abs. 1 S. 1 VAG (§ 121f Abs. 1 S. 1 VAG a. F.) – entsprechend § 13 Abs. 2 S. 1 VAG (§ 14 Abs. 2 S. 1 VAG a. F) –1671 explizit nur übertragende inländische Rückversicherungsunternehmen.1672 Übertragende ausländische Versicherungsunternehmen werden von beiden Vorschriften nicht erfasst. Da § 166 Abs. 3 S. 2 VAG (§ 121f Abs. 3 S. 2 VAG a. F.) jedoch gerade nicht auf den für diese Einschränkung maßgeblichen § 166 Abs. 1 S. 1 VAG (§ 121f Abs. 1 S. 1 VAG a. F.) verweist, könnte dieser Wortlaut hier unschädlich sein. Gleichwohl ist auch der durch den Verweis insoweit isoliert in Bezug genommene § 166 Abs. 1 S. 3 VAG (§ 121f Abs. 1 S. 3 VAG a. F.) auf die Fälle der 1668 Vgl. zur Hineinverschmelzung auf ein inländisches Erstversicherungsunternehmen insoweit Teil 3, B.II.1.a). 1669 Vgl. zum Vorrang der Regelungen des UmwG betreffend den Übergang von Rechten und Pflichten eines übertragenden Unternehmens und den Ausschluss von § 415 BGB bereits Teil 3, B.I.2.e). 1670 Zur Auslegungsproblematik bei der Hineinverschmelzung von Erstversicherungsunternehmen siehe Teil 3, B.II.1.b). 1671 Vgl. Teil 3, B.II.1.b). 1672 Siehe bereits Teil 3, A.III.2.b).
B. Grenzüberschreitende Verschmelzungen nach dem UmwG
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Hinausübertragung zugeschnitten. Denn danach wird die Genehmigung erteilt, wenn durch eine Bescheinigung der zuständigen Aufsichtsbehörde des Mitglied- oder Vertragsstaates nachgewiesen ist, dass das übernehmende Versicherungsunternehmen unter Berücksichtigung der Übertragung über anrechnungsfähige Eigenmittel zur Einhaltung der Solvabilitätskapitalanforderung verfügt. Während unter diese abstrakte Formulierung grundsätzlich auch der Fall subsumiert werden könnte, dass die BaFin die Solvabilitätsbescheinigung eines übernehmenden inländischen Versicherungsunternehmens ausstellt, zielt die Anordnung doch auf eine Genehmigung durch die BaFin. Den umgekehrten Fall, die Genehmigung durch eine EWR-ausländische Aufsichtsbehörde als solche, kann das VAG grundsätzlich nicht regeln. c) Lösungsvorschlag Das VAG sollte die Beteiligung der BaFin an einer grenzüberschreitenden Hineinverschmelzung von Rückversicherungsunternehmen ausdrücklich regeln. Denn europarechtlich ist – anders als bei der Verschmelzung von Erstversicherungsunternehmen –1673 ausweislich Erwägungsgrund 17 der Rückversicherungsrichtlinie eine Erstreckung des für grenzüberschreitende Bestandsübertragungen geltenden Verfahrens auf andere Übertragungsinstrumente und explizit auf die Verschmelzung von Rückversicherungsunternehmen geboten. Für die Verschmelzung ist dies ferner in Part IV 5.2.6 General Protocol on Collaboration vereinbart. Bei der Umsetzung der Rückversicherungsrichtlinie hat der Gesetzgeber zunächst Erwägungsgrund 17 der Rückversicherungsrichtlinie gänzlich übersehen. Zwar sollte die Regelungslücke durch § 121f Abs. 3 VAG a. F. (nunmehr § 166 Abs. 3 VAG) nachträglich geschlossen werden. Da aber bereits bei der Bestandsübertragung eine ausdrückliche Regelung betreffend die Hineinübertragung von EWR-ausländischen Rückversicherungsunternehmen fehlt, wurde diese insoweit bestehende Lücke im Wege der Verweisung auf die Hineinverschmelzung fortgeschrieben. Wie im Rahmen der Bestandsübertragung bereits konstatiert,1674 sollte der Gesetzgeber in § 166 VAG (§ 121f VAG a. F.) den Fall regeln, dass ein EWR-ausländisches Rückversicherungsunternehmen einen Versicherungsbestand auf ein inländisches Rückversicherungsunternehmen überträgt und die für die Genehmigung zuständige EWR-ausländische Aufsichtsbehörde dazu von der BaFin die in § 166 Abs. 1 S. 3 VAG (§ 121f Abs. 1 S. 3 VAG) bezeichnete Solvabilitätsbescheinigung anfordert. Auf diese Regelung sollte dann für Fälle der Hineinverschmelzung unter Beteiligung von inländischen Rückversicherungsunternehmen verwiesen werden.
1673
Dazu Teil 3, B.II.1.c). Vgl. dazu und zu den inhaltlichen Anforderungen an eine solche Regelung Teil 3, A.III.2.b). 1674
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Teil 3: Grenzüberschreitende Bestandsübertragungen und Verschmelzungen
3. Erlaubnispflicht Das übernehmende inländische Versicherungsunternehmen benötigt – sofern nicht bereits vorhanden – eine entsprechende Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb in Deutschland gemäß § 8 VAG (§§ 5, 119 VAG a. F.).1675 Mit dieser EWR-weit geltenden Erlaubnis kann es auch EWR-ausländische Bestände fortführen.1676 Bestehende Erlaubnisse des übertragenden EWR-ausländischen Unternehmens gehen im Ergebnis nicht im Wege einer Universalsukzession über. Auch eine Indizwirkung der bestehenden Erlaubnis für eine Erlaubnis in Deutschland ist mangels Identität der Rechtsträger nicht angezeigt.1677
III. Innerstaatliche Verschmelzungen mit grenzüberschreitendem Bezug Neben den Fällen der grenzüberschreitenden Verschmelzung nach § 122a UmwG kann auch eine innerstaatliche Verschmelzung gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 UmwG grenzüberschreitenden Bezug aufweisen. Dies ist – wie bei der Bestandsübertragung –1678 beispielsweise dann der Fall, wenn ein inländisches Versicherungsunternehmen mit einer EWR-ausländischen Niederlassung beziehungsweise mit einem Dienstleistungsbestand auf ein anderes inländisches Versicherungsunternehmen verschmolzen wird. Das frühere Bundesamt für das Versicherungswesen hat in solchen Fällen im Erstversicherungsbereich bereits vor Einführung des § 122a UmwG und der durch diesen bedingten ausdrücklichen Verweisung des § 14a VAG a. F. (nunmehr § 14 VAG) den damaligen § 14 Abs. 1a VAG a. F. analog angewendet.1679 Nunmehr statuiert § 14 Abs. 1 S. 2 VAG (§ 14a S. 2 VAG a. F.) in solchen Fällen ausdrücklich die entsprechende Anwendung von § 13 Abs. 2 VAG (§ 14 Abs. 2 VAG a. F.). Soweit eine innerstaatliche Verschmelzung nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UmwG zu einer Übertragung von grenzüberschreitend erworbenen Beständen führt, sind folglich die zuständigen EWR-ausländischen Aufsichtsbehörden entsprechend § 13 Abs. 2 S. 2 Nr. 1, 2 VAG (§ 14 Abs. 2 S. 2 Nr. 1, 2 VAG a. F.) zu
1675 Der Klarstellung halber sei darauf hingewiesen, dass die Genehmigung einer Verschmelzung durch die BaFin nicht automatisch die zum Geschäftsbetrieb erforderliche Erlaubnis des übernehmenden Unternehmens beinhaltet, vgl. Schmid, Bestandsübertragung und Umwandlung von Versicherungsunternehmen (2010), Rn. 858, 993. 1676 Vgl. Teil 3, A.III.4. 1677 Vgl. für den umgekehrten Fall Teil 3, B.I.3. 1678 Siehe dazu Teil 3, A.IV. 1679 Zens, Zusammenarbeit der Versicherungsaufsichtsbehörden (2005), S. 355; Lüttringhaus, VersR 2008, 1036 (1041; dort Fn. 63). Zu den mit einer analogen Anwendung aufsichtsrechtlicher Genehmigungsvorschriften einhergehenden Problemen und der insoweit gebotenen einzelfallbezogenen Abwägungsentscheidung siehe Teil 4, A.IV.3.
B. Grenzüberschreitende Verschmelzungen nach dem UmwG
355
konsultieren.1680 Im Bereich der Rückversicherung bestehen insoweit hingegen bereits bei der Bestandsübertragung nach § 166 Abs. 1 VAG (§ 121f Abs. 1 VAG a. F.) keine Konsultations- und Zustimmungspflichten betreffend grenzüberschreitend erworbene Bestände.1681 Für eine Verschmelzung ausschließlich inländischer Rückversicherungsunternehmen nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UmwG gilt nichts anderes. Eine derartige Übertragung kann ohne Beteiligung von Aufsichtsbehörden anderer Mitglied- oder Vertragsstaaten erfolgen. Umgekehrt kann auch eine Verschmelzung ausschließlich EWR-ausländischer Versicherungsunternehmen nach den die Verschmelzungsrichtlinie umsetzenden jeweiligen nationalen Vorgaben im gleichen Sitzstaat oder in verschiedenen Mitglied- oder Vertragsstaaten eine Verfahrensbeteiligung der BaFin begründen, wenn infolge einer derartigen Verschmelzung gemäß § 61 Abs. 1 VAG (§ 110a Abs. 1 VAG a. F.) im Inland abgeschlossene Erstversicherungsverträge übertragen werden.1682 In solchen Fällen ist § 14 VAG (§ 14a VAG a. F.) nicht einschlägig. Die Anwendbarkeit dieser Vorschrift ist dem Wortlaut nach zwar grundsätzlich nicht auf inländische Versicherungsunternehmen beschränkt. Jedoch ist eine Umwandlung nach § 1 UmwG nur unter Beteiligung ausschließlich inländischer Rechtsträger möglich.1683 Eine Umwandlung nach § 122a UmwG erfordert explizit die Beteiligung mindestens einer EWR-ausländischen Gesellschaft; zugleich unterstellt die Vorschrift implizit jedoch die Beteiligung mindestens einer inländischen Gesellschaft.1684 Damit unterstellt § 14 VAG (§ 14a VAG a. F.) Umwandlungen von Erstversicherungsunternehmen im Ergebnis lediglich insoweit einer aufsichtsbehördlichen Genehmigungspflicht, wie sie inländische Unternehmen betreffen. Dies ist systemgerecht, da das VAG zwar Anforderungen an inländische Bestände EWRausländischer Unternehmen oder an die inländische Tätigkeit dieser Unternehmen stellen kann. Vorgaben betreffend gesellschaftsrechtliche Umstrukturierungen fallen jedoch grundsätzlich in die Zuständigkeit der Rechtsordnung des Sitzstaates. Die Verfahrensbeteiligung der BaFin ergibt sich in solchen Fällen im Ergebnis aus § 63 VAG (§ 111d VAG a. F.). Dem Wortlaut nach unterstellt § 63 Abs. 1 S. 1 VAG (§ 111d S. 1 VAG a. F.) grundsätzlich jeden Vertrag, durch den ein Versicherungsunternehmen mit Sitz in einem anderen Mitglied- oder Vertragsstaat einen Bestand an Versicherungsverträgen, die es gemäß § 61 Abs. 1 VAG (§ 110a Abs. 1 VAG a. F.) 1680
A.IV. 1681
Siehe für die Fälle entsprechender Bestandsübertragungen Teil 3, A.III.1.a); Teil 3,
Vgl. Teil 3, A.II.2.a)aa). Dabei handelt es sich aus Sicht der insoweit maßgeblichen EWR-ausländischen Rechtsordnung in erstgenanntem Fall um eine innerstaatliche Verschmelzung, in letztgenanntem Fall um eine grenzüberschreitende Verschmelzung. 1683 Decker, in: Henssler/Strohn, 3. Aufl. (2016), § 1 UmwG Rn. 10 ff. 1684 Vgl. Heckschen, in: Widmann/Mayer, 158. EL (2016), § 122a UmwG Rn. 66; Bayer, in: Lutter, Bd. I, 5. Aufl. (2014), § 122a UmwG Rn. 21 f.; Hörtnagl, in: Schmitt/Hörtnagl/ Stratz, 7. Aufl. (2016), § 122a UmwG Rn. 4; Polley, in: Henssler/Strohn, 3. Aufl. (2016), § 122a UmwG Rn. 6; Drinhausen, in: Semler/Stengel, 3. Aufl. (2012), § 122a UmwG Rn. 5; Marsch-Barner, in: Kallmeyer, 5. Aufl. (2013), § 122a UmwG Rn. 2. 1682
356
Teil 3: Grenzüberschreitende Bestandsübertragungen und Verschmelzungen
abgeschlossen hat, auf ein Unternehmen mit Sitz in einem Mitglied- oder Vertragsstaat übertragen will, der Zustimmung der BaFin.1685 Als derartiger Vertrag ließe sich grundsätzlich auch ein entsprechender – EWR-ausländischer – Verschmelzungsvertrag verstehen. Insoweit impliziert jedoch bereits die amtliche Überschrift „Bestandsübertragung“ eine Einschränkung. § 111d VAG a. F. (nunmehr § 63 VAG) wurde durch das Dritte Durchführungsgesetz/EWG zum VAG vom 21. Juli 1994 eingefügt und ist am 29. Juli 1994 in Kraft getreten.1686 Mit der Vorschrift wollte der Gesetzgeber den europarechtlichen Vorgaben zur Bestandsübertragung nachkommen.1687 Der Richtliniengeber hat Übertragungen im Wege anderer gesellschaftsrechtlicher Instrumente im Bereich der Erstversicherung – anders als im Bereich der Rückversicherung mit Erwägungsgrund 17 der Rückversicherungsrichtlinie – bislang nicht erfasst. Die Umwandlungstatbestände wurden durch das UmwBerG vom 28. Oktober 1994 mit Wirkung vom 1. Januar 1995 im UmwG vereinheitlicht.1688 In diesem Zuge hat der Gesetzgeber auch den – auf die zu diesem Zeitpunkt allein zulässigen innerstaatlichen Umwandlungen nach § 1 UmwG beschränkten – § 14a VAG a. F. (nunmehr § 14 VAG) eingeführt. Dessen Einführung wäre indes nicht erforderlich gewesen, wenn man einen Verschmelzungsvertrag der hier angedachten weiten Auslegung entsprechend als Vertrag im Sinne des § 13 Abs. 1 S. 1 VAG (§ 14 Abs. 1 S. 1 VAG a. F.), durch den der Versicherungsbestand eines Versicherungsunternehmens auf ein anderes Versicherungsunternehmen übertragen werden soll, verstehen würde. Systematisch unterscheidet der Gesetzgeber danach zwischen Bestandsübertragungen im engeren Sinne und Übertragungen im Rahmen von Umwandlungen.1689 Eine direkte Anwendung von § 63 VAG (§ 111d VAG a. F.) auf EWR-ausländische Verschmelzungsverträge ist daher abzulehnen.1690 § 63 VAG (§ 111d VAG a. F.) sollte bei Verschmelzungen EWR-ausländischer Versicherungsunternehmen jedoch analoge Anwendung finden, soweit gemäß § 61 Abs. 1 VAG (§ 110a Abs. 1 VAG a. F.) abgeschlossene Versicherungsverträge betroffen sind.1691 Ein solches Verständnis stimmt mit der Vereinbarung in Part IV 5.1.9 General Protocol on Collaboration überein, welche die Erstreckung des für Bestandsübertragungen geltenden Verfahrens auf Verschmelzungen vorsieht. Danach 1685
Vgl. Teil 3, A.II.1.c)aa); Teil 3, A.III.1.b)aa); Teil 3, B.II.1.c). BGBl. I 1994, S. 1630 (1669). 1687 BT Drs. 12/6959, S. 96. 1688 BGBl. I 1994, S. 3210 (3266); vgl. auch Entzian/Schleifenbaum, ZVersWiss 1996, 521. 1689 Siehe dazu auch Teil 4, A.III. 1690 Insoweit ist ferner zu berücksichtigen, dass Art. 5 Abs. 1 der Dritten Richtlinie des Rates vom 9. Oktober 1978 gemäß Artikel 54 Absatz 3 Buchstabe g) des Vertrags betreffend die Verschmelzung von Aktiengesellschaften (78/855/EWG), ABl. EG 1978 Nr. L 295/36, und Art. 5 Abs. 1 Verschmelzungsrichtlinie lediglich einen Verschmelzungsplan vorsehen, vgl. dazu Schäfer, in: MünchKomm-AktG, Bd. 7, 3. Aufl. (2012), VO (EG) 2157/2001 Art. 20 Rn. 8; Drinhausen, in: Semler/Stengel, 3. Aufl. (2012), Einleitung C Rn. 53. Innerstaatliche Verschmelzungen im EWR-Ausland müssen daher nicht zwingend einen Verschmelzungsvertrag vorsehen; zur grenzüberschreitenden Verschmelzung insoweit auch Teil 4, A.III. 1691 Siehe für die Fälle entsprechender vertraglicher Übertragungen Teil 3, A.IV. 1686
B. Grenzüberschreitende Verschmelzungen nach dem UmwG
357
sollten die Rechtsordnungen der übrigen Mitglied- oder Vertragsstaaten insoweit grundsätzlich auch § 14 Abs. 1 S. 2, § 13 Abs. 2 S. 2 Nr. 2, 3 VAG (§ 14a S. 2, § 14 Abs. 2 S. 2 Nr. 2, 3 VAG a. F.) entsprechende Regelungen enthalten.1692
1692 Zu den mit einer analogen Anwendung aufsichtsrechtlicher Genehmigungsvorschriften einhergehenden Problemen und der insoweit gebotenen einzelfallbezogenen Abwägungsentscheidung siehe Teil 4, A.IV.3. Die analoge Anwendung von § 63 VAG (§ 111d VAG a. F.) stellt sich im Ergebnis jedoch nicht als belastend dar, wenn die auf die Verschmelzung anwendbare EWR-ausländische Rechtsordnung in Übereinstimmung mit Part IV 5.1.9 General Protocol on Collaboration § 14 Abs. 1 S. 2, § 13 Abs. 2 S. 2 Nr. 2, 3 VAG (§ 14a S. 2, § 14 Abs. 2 S. 2 Nr. 2, 3 VAG a. F.) entsprechende Regelungen enthält.
Teil 4
Alternative Gestaltungsmöglichkeiten Neben den vom VAG spezialgesetzlich bereitgestellten respektive ausdrücklich erfassten Möglichkeiten der grenzüberschreitenden Bestandsübertragung und der grenzüberschreitenden Verschmelzung nach §§ 1, 122a UmwG stehen Versicherungsunternehmen weitere alternative Gestaltungsmöglichkeiten für grenzüberschreitende Unternehmensumstrukturierungen und damit einhergehende Übertragungen von Versicherungsbeständen zur Verfügung. Von besonderer Bedeutung ist dabei die Gründung einer Versicherungs-SE nach Maßgabe der SE-VO. Nachdem die deutsche Wirtschaft der SE zunächst hauptsächlich aufgrund der Vorgaben zur unternehmerischen Mitbestimmung skeptisch gegenüber stand1693 und die europäische Rechtsform anfänglich keine große Verwendung fand, konnte in den letzten Jahren ein starker Anstieg ihrer Bedeutung verzeichnet werden.1694 Der SE-Gründung kommt in der Praxis inzwischen hohe Bedeutung als Gestaltungsmöglichkeit für internationale Unternehmenszusammenschlüsse zu.1695 Der Versicherungs- und Bankensektor hat dabei bereits frühzeitig großes Interesse an dieser eigenständigen1696 europäischen Unternehmensrechtsform gezeigt.1697 Dieses Interesse wurde durch die zeitlich einhergehende Einführung des Euro als gemeinsames offizielles Zahlungsmittel in der Eurozone zum 1. Januar 2002 noch verstärkt.1698 Im Bereich 1693 Louven/Dettmeier/Pöschke/Weng, BB Beilage 2006, Nr. 13, 1 (12) mit Verweis auf die Stellungnahme der Spitzenverbände der deutschen Wirtschaft (Bundesverband der Deutschen Industrie, Bundesverband Deutscher Banken, Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände, Deutscher Industrie und Handelskammertag, Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft) zum Diskussionsentwurf eines Gesetzes zur Einführung der Europäischen Gesellschaft vom 11. Juni 2003. Zu fortbestehenden Vorbehalten gegen die SE Stiegler, DB 2014, 525 (527) m. w. Nachw. und Hopt, ZGR 2013, 165 (195). 1694 Dazu Grambow/Stadler, BB 2010, 977; Sagasser/Link, in: Sagasser/Bula/Brünger, 4. Aufl. (2011), § 14 Rn. 3; Stiegler, DB 2014, 525 (527). Einen Überblick über alle bislang gegründeten SE liefert ETUI, European Company (SE) Database. Danach wurden im EWR bislang insgesamt knapp über 3000 SE gegründet (Stand: März 2018). Zum Vergleich waren per Juni 2010 erst etwa 600 SE registriert, vgl. Europäische Kommission, Bericht über die Anwendung der SE-VO (2010). Deutschland ist hinter der Tschechischen Republik der Staat mit der größten Anzahl von in dieser Rechtsform organisierten Gesellschaften, vgl. dazu auch bereits Reflection Group on the Future of EU Company Law, ECFR 2013, 304 (324). 1695 Gutkès, in: Sagasser/Bula/Brünger, 4. Aufl. (2011), § 12 Rn. 22. 1696 Dazu etwa Wagner, NZG 2002, 985. 1697 Vgl. Europäische Kommission, Bericht über die Anwendung der SE-VO (2010), S. 4; Blanquet, ZGR 2002, 20 (36). 1698 Blanquet, ZGR 2002, 20 (36).
Teil 4: Alternative Gestaltungsmöglichkeiten
359
der Finanzdienstleistungen wurden mit Abstand die meisten SE-Gründungen verzeichnet.1699 Zwischenzeitlich haben auch einige große Versicherungsunternehmen die Rechtsform der SE angenommen.1700 Die SE-Gründung erfolgt regelmäßig durch Verschmelzung von mindestens zwei Aktiengesellschaften verschiedener Mitgliedoder Vertragsstaaten,1701 sodass eine strukturelle Nähe zu der in Teil 3, B. bereits untersuchten grenzüberschreitenden Verschmelzung nach § 122a UmwG besteht. Daneben sind grundsätzlich – im UmwG bislang jedoch nicht statuierte – grenzüberschreitende Spaltungen und Vermögensübertragungen in Betracht zu ziehen;1702 insoweit wird jedoch zu berücksichtigen sein, dass derartige Gestaltungsmöglichkeiten bereits mangels gesellschaftsrechtlicher Verfahrensvorgaben in der Praxis gegenwärtig noch mit Rechtsunsicherheit behaftet sind.1703 Zuletzt können grenzüberschreitende Umstrukturierungen von Versicherungsunternehmen auch ungeachtet einer Übertragung von Versicherungsbeständen im engeren Sinne aufsichtsrechtliche Implikationen hervorrufen. Die innergemeinschaftliche grenzüberschreitende Mobilität von Unternehmen ist in den vergangenen Jahren erheblich gewachsen.1704 Entscheidenden Anteil daran hatte zunächst die SE-VO mit der Möglichkeit der freien Sitzverlegung der SE innerhalb des EWR.1705 Nach der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs in Sachen VALE1706 kommt inzwischen jedoch auch für andere Kapitalgesellschaften – darunter insbesondere Aktiengesellschaften im Sinne des § 1 AktG – ein grenzüberschreitender Formwechsel, mithin eine identitätswahrende grenzüberschreitende Sitzverlegung bei gleichzeitigem Wechsel in eine Rechtsform des Zuzugsstaates in Betracht. Somit können auch Versicherungsunternehmen in der Rechtsform der SE oder AG ihren Sitz in einen 1699 Vgl. Sagasser/Link, in: Sagasser/Bula/Brünger, 4. Aufl. (2011), § 14 Rn. 2; siehe auch Teil 1, C.II. 1700 Dazu zählen ausweislich ETUI, European Company (SE) Database: Allianz, Allianz Global Corporate & Specialty, ARAG, AVIVA Europe, AXA ART Insurance UK, Balcia Insurance, Catlin Europe, Chubb Insurance Company of Europe, ERGO Insurance, ERGO Life Insurance, Great Lakes Reinsurance (UK), Hannover Rück, HDI Global, Partner Reinsurance Europe, SCOR, SCOR Global P&C, SCOR Global Life, Swedbank Life Insurance, Swiss Re, XL Insurance Company und XL Re Europe. 1701 Vgl. Oechsler, in: MünchKomm-AktG, Bd. 7, 3. Aufl. (2012), VO (EG) 2157/2001 Art. 2 Rn. 24 m. w. Nachw.; Schäfer, in: MünchKomm-AktG, Bd. 7, 3. Aufl. (2012), VO (EG) 2157/2001 Art. 17 Rn. 1 m. w. Nachw. 1702 Grundlegend zu den rechtlichen Rahmenbedingungen dieser Alternative zu grenzüberschreitenden Verschmelzungen und grenzüberschreitendem Formwechsel Kleba, RNotZ 2016, 273. 1703 Vgl. etwa Wachter, NZG 2017, 1308 (1313). Aus diesem Grund sind Unternehmen bei grenzüberschreitenden Spaltungen bislang insgesamt noch zurückhaltend, vgl. Kleba, RNotZ 2016, 273 (274). 1704 Schröder/Fischer, VersR 2013, 686; Wöhlert/Degen, GWR 2012, 432. 1705 Louven/Dettmeier/Pöschke/Weng, BB Beilage 2006, Nr. 13, 1 (8); Schäfer, NZG 2004, 785 (789). 1706 EuGH, Urteil vom 12. Juli 2012 @ C-378/10 –, ABl. EU 2012 Nr. C 287/3 = NJW 2012, 2715.
360
Teil 4: Alternative Gestaltungsmöglichkeiten
anderen Mitglied- oder Vertragsstaat verlegen.1707 Die Sitzverlegung kann in der Praxis eine alternative Gestaltungsform insbesondere zur grenzüberschreitenden Verschmelzung darstellen.1708 So kann durch eine grenzüberschreitende Sitzverlegung im Ergebnis das gleiche Ziel erreicht werden wie etwa durch eine grenzüberschreitende Verschmelzung auf eine allein zu diesem Zweck gegründete Zweckgesellschaft.1709 Bei derartigen Sitzverlegungen kommt es zu einem grenzüberschreitenden Übergang von Versicherungsbeständen.1710 Neben der Tatsache, dass sich die betroffenen Versicherungsnehmer auch bei einer grenzüberschreitenden Sitzverlegung im Ergebnis künftig einem EWR-ausländischen Vertragspartner gegenübersehen, bewirkt eine solche Migration insbesondere einen Wechsel der für die Finanzaufsicht zuständigen nationalen Aufsichtsbehörde. Damit einher geht regelmäßig die Mitgliedschaft der Erstversicherungsunternehmen in den bis auf Weiteres national organisierten Sicherungseinrichtungen. Dies hat der Gesetzgeber zum Anlass genommen, für grenzüberschreitende Bestandsübertragungen von Erstversicherungsunternehmen in § 13 Abs. 7 S. 2 bis 4 VAG ein Sonderkündigungsrecht einzuführen.1711 Ausdrückliche versicherungsaufsichtsrechtliche Vorgaben zur Behandlung einer grenzüberschreitenden Sitzverlegungen von Versicherungsunternehmen bestehen hingegen nicht.1712 Nachfolgend wird daher untersucht, wie die vorstehend genannten alternativen Gestaltungsmöglichkeiten aufsichtsrechtlich zu behandeln sind. Insbesondere ist zu klären, ob der analysierte aufsichtsrechtliche Rahmen für grenzüberschreitende Bestandsübertragungen und Verschmelzungen nach dem UmwG auf derartige Konstellationen übertragbar ist.
A. Gründung einer Versicherungs-SE durch Verschmelzung I. Rechtsgrundlagen der SE-Gründung Primäre Rechtsgrundlage der SE ist die am 8. Oktober 2004 in Kraft getretene SE-VO1713. Die unmittelbar anwendbare EU-Verordnung1714 wird in Deutschland 1707
Grundlegend dazu Schröder/Fischer, VersR 2013, 686. Hushahn, RNotZ 2014, 137 (139). Aufgrund der noch bestehenden Rechtsunsicherheit zurückhaltender, soweit es den grenzüberschreitenden Formwechsel betrifft, Böttcher/Kraft, NJW 2012, 2701 (2703 f.). 1709 Dazu Wicke, DStR 2012, 1756 (1759); Hushahn, RNotZ 2014, 137 (139); Wöhlert/ Degen, GWR 2012, 432 (434) jeweils mit beispielhafter Aufzählung von in der Praxis bei der Wahl der Gestaltungsform zu berücksichtigenden Unterschieden. 1710 Siehe auch Teil 1, B.III.3.; Teil 1, B.III.4. 1711 Vgl. zur Einführung dieses Sonderkündigungsrechts Teil 2, E.I.2. 1712 Vgl. Schröder/Fischer, VersR 2013, 686. 1713 Verordnung (EG) Nr. 2157/2001 des Rates vom 8. Oktober 2001 über das Statut der Europäischen Gesellschaft (SE), ABl. EG 2001 Nr. L 294/1. Der Anwendungsbereich der 1708
A. Gründung einer Versicherungs-SE durch Verschmelzung
361
durch das am 29. Dezember 2004 in Kraft getretene SEAG1715 komplementiert. Daneben findet auf den Gründungsvorgang unter den Voraussetzungen der Art. 15, 18 SE-VO insbesondere das jeweilige Aktien- und Umwandlungsrecht der Mitgliedoder Vertragsstaaten ergänzende Anwendung.1716 Die Gründung einer SE kann grundsätzlich auf unterschiedliche Weise erfolgen.1717 Anders als andere Unternehmensgründungen stellt sich eine SE-Gründung jedoch stets als Ergebnis einer Umstrukturierung bestehender Unternehmen dar.1718 Dies ist bei Versicherungsunternehmen von besonderer Bedeutung. Denn während neu gegründete Versicherungsunternehmen vor Aufnahme des Geschäftsbetriebs nach § 8 VAG (§§ 5, 119 VAG a. F.) zwingend zuerst eine Erlaubnis der Aufsichtsbehörde benötigen, stellt sich bei der SE-Gründung – ähnlich wie bei einer grenzüberschreitenden Verschmelzung durch Neugründung gemäß §§ 122a, 2 Nr. 2 UmwG –1719 zeitgleich regelmäßig die Frage der aufsichtsrechtlichen Behandlung der bereits im originären Gründungsprozess von der SE zu übernehmenden und fortzuführenden Versicherungsverträge.1720 Für diese Arbeit ist ausschließlich die Gründung einer SE durch SE-VO wurde durch Beschluss des Gemeinsamen EWR-Ausschusses Nr. 93/2002 vom 25. Juni 2002 zur Änderung des Anhangs XXII (Gesellschaftsrecht) des EWR-Abkommens, ABl. EG 2002 Nr. L 266/69 auf die Vertragsstaaten erstreckt. 1714 Dazu Wenz, AG 2003, 185; Spitzbart, RNotZ 2006, 369 (372). EU-Verordnungen sind allgemeine Regelungen mit unmittelbarer innerstaatlicher Geltung, die im nationalen Recht einem Gesetz entsprächen. 1715 Gesetz zur Ausführung der Verordnung (EG) Nr. 2157/2001 des Rates vom 8. Oktober 2001 über das Statut der Europäischen Gesellschaft (SE) (SE-Ausführungsgesetz – SEAG). Zugleich Art. 1 des Gesetzes zur Einführung der Europäischen Gesellschaft (SEEG) vom 22. Dezember 2004, BGBl. I 2004, S. 3675. 1716 Zum rechtlichen Rahmen der SE insgesamt Heckschen, in: Widmann/Mayer, 158. EL (2016), Anhang 14 Rn. 38 ff.; Sagasser/Link, in: Sagasser/Bula/Brünger, 4. Aufl. (2011), § 14 Rn. 4 ff.; Schäfer, in: MünchKomm-AktG, Bd. 7, 3. Aufl. (2012), VO (EG) 2157/2001 Art. 17 Rn. 1 ff.; Schäfer, in: MünchKomm-AktG, Bd. 7, 3. Aufl. (2012), VO (EG) 2157/2001 Art. 18 Rn. 1 ff.; Drinhausen, in: Semler/Stengel, 3. Aufl. (2012), Einleitung C Rn. 49 ff.; Hörtnagl, in: Schmitt/Hörtnagl/Stratz, 7. Aufl. (2016), SE-VO Vorbem. Rn. 1 ff.; Spitzbart, RNotZ 2006, 369 (372 f.); ausführlich zu dem – treffend als „mixtum compositum“ bezeichneten – auf die SE anwendbaren Recht Wagner, NZG 2002, 985. 1717 Vorgesehen sind die Gründung durch Verschmelzung (Art. 2 Abs. 1 SE-VO), die Gründung einer Holding-SE (Art. 2 Abs. 2 SE-VO), die Gründung einer Tochter-SE (Art. 2 Abs. 3 SE-VO), die Umwandlung in eine SE (Art. 2 Abs. 4 SE-VO; aufgrund Art. 37 Abs. 3 SE-VO allerdings nicht grenzüberschreitend, vgl. Schröder, in: Manz/Mayer/Schröder, SE, 2. Aufl. (2010), Art. 37 SE-VO Rn. 9 ff.) und die Gründung einer Tochter-SE durch eine bereits bestehende SE (Art. 3 Abs. 2 SE-VO); vgl. Spitzbart, RNotZ 2006, 369 (370); Drinhausen, in: Semler/Stengel, 3. Aufl. (2012), Einleitung C Rn. 50 f.; Heckschen, in: Widmann/Mayer, 158. EL (2016), Anhang 14 Rn. 55 ff. 1718 Wagner, NZG 2002, 985 (990); Schäfer, NZG 2004, 785 (789). In der Regel handelt es sich bei der Umstrukturierung um eine Umwandlung in Form der Verschmelzung oder des Formwechsels, vgl. Schäfer, in: MünchKomm-AktG, Bd. 7, 3. Aufl. (2012), VO (EG) 2157/ 2001 Art. 16 Rn. 6. 1719 Siehe dazu Teil 3, B. 1720 Vgl. Teil 2, C.V.; Teil 3, B.I.3.; Teil 3, B.II.3.
362
Teil 4: Alternative Gestaltungsmöglichkeiten
Verschmelzung gemäß Art. 2 Abs. 1, Art. 17 ff. SE-VO von Interesse.1721 Ähnlich der grenzüberschreitenden Verschmelzung gemäß §§ 122a, 2 UmwG können nach Art. 2 Abs. 1 SE-VO zwei oder mehr Aktiengesellschaften im Sinne des Anhangs I der SE-VO, von denen mindestens zwei dem Recht verschiedener Mitglied- oder Vertragsstaaten unterliegen, miteinander verschmolzen werden und dadurch eine SE gründen. Handelt es sich bei den Gründungsgesellschaften um Versicherungsunternehmen, können im Rahmen eines derartigen Gründungsverfahrens grundsätzlich auch Versicherungsbestände grenzüberschreitend auf eine SE übertragen werden.1722
II. Zulässigkeit der Versicherungs-SE Voraussetzung dafür ist, dass die SE eine aufsichtsrechtlich zulässige Rechtsform für Versicherungsunternehmen darstellt. Im Rahmen der 8. VAG-Novelle hat der Gesetzgeber die SE in Übereinstimmung mit den europarechtlichen Vorgaben1723 mit Wirkung vom 2. Juni 2007 in den numerus clausus zulässiger Rechtsformen für Erstversicherungs- und Rückversicherungsunternehmen gemäß § 7 Abs. 1, § 120 Abs. 1 VAG a. F. (nunmehr § 8 Abs. 2 VAG) aufgenommen. Nach dem Willen des Gesetzgebers ist dieser Änderung jedoch lediglich klarstellende Bedeutung beizumessen. Denn bereits zuvor soll die SE mit Sitz im Inland unter die als zulässige Rechtsform aufgeführte inländische Aktiengesellschaft zu subsumieren gewesen sein.1724 Daraus folgt, dass die insoweit rechtsformneutralen1725 Vorgaben des VAG zur Bestandsübertragung jeweils auch für Übertragungen unter Beteiligung einer Versicherungs-SE gelten.1726 Weiterhin gilt, dass auch Umwandlungen unter Beteiligung einer bereits bestehenden inländischen Versicherungs-SE von §§ 14, 166 Abs. 3 VAG (§§ 14a, 121f Abs. 3 VAG a. F.) erfasst werden, wenn sie sich nach §§ 1, 122a UmwG vollziehen.1727 Denn ausweislich Art. 10 SE-VO ist eine SE mit Sitz in 1721 Die Gründung durch Verschmelzung stellt zugleich die in der Praxis geläufigste Gründungsform dar, vgl. Oechsler, in: MünchKomm-AktG, Bd. 7, 3. Aufl. (2012), VO (EG) 2157/2001 Art. 2 Rn. 24 m. w. Nachw.; Schäfer, in: MünchKomm-AktG, Bd. 7, 3. Aufl. (2012), VO (EG) 2157/2001 Art. 17 Rn. 1 m. w. Nachw. 1722 Möglich ist eine grenzüberschreitende Übertragung von Versicherungsbeständen daneben auch bei der Gründung einer Tochter-SE im Wege der Sacheinlage. Die Sacheinlagevereinbarung beziehungsweise der Einbringungsvertrag sind in diesem Fall indes nach §§ 13, 166 Abs. 1 VAG (§§ 14, 121f Abs. 1 VAG a. F.) zu behandeln, da diese nicht nach Rechtsformen differenzieren und ausweislich Art. 36 SE-VO auf diese Gründungform – ausschließlich – die Vorschriften über die Gründung einer Tochtergesellschaft in Form einer Aktiengesellschaft nationalen Rechts Anwendung finden. SE-spezifische Besonderheiten bestehen insoweit nicht. 1723 Vgl. nunmehr Art. 17 i. V. m. Anhang III Solvency II. 1724 Vgl. BT-Drs. 16/1937, S. 21 f., 27. 1725 Die Vorschriften des VAG über Bestandsübertragungen differenzieren primär zwischen Erstversicherungs- und Rückversicherungsunternehmen, nicht aber zwischen den Rechtsformen AG und SE. Besonderheiten gelten jedoch bei der Beteiligung von VVaG. 1726 Dazu Teil 3, A. 1727 Vgl. insoweit bereits Fn. 1467, Teil 3, B.I.; Teil 3, B.II.
A. Gründung einer Versicherungs-SE durch Verschmelzung
363
Deutschland – auch umwandlungsrechtlich – wie eine inländische AG zu behandeln.1728 Diese vorgenannten Umstrukturierungen setzen das Bestehen einer Versicherungs-SE jeweils voraus. Im Folgenden geht es um die Gründung einer Versicherungs-SE.
III. Fehlende aufsichtsrechtliche Erfassung Sowohl § 14 Abs. 1 S. 1 VAG (§ 14a S. 1 VAG a. F.) als auch § 166 Abs. 3 S. 1 VAG (§ 121f Abs. 3 S. 1 VAG a. F.) nehmen ausdrücklich Bezug auf Umwandlungen nach §§ 1, 122a UmwG. Die Verschmelzung zur Neugründung einer SE nach dem UmwG ist jedoch ausgeschlossen.1729 Die Regelungen für die erstmalige Gründung einer SE finden sich vielmehr in der unmittelbar anwendbaren SE-VO sowie ergänzend im SEAG. Die grenzüberschreitende Verschmelzung zu einer SE als dadurch zu gründende Zielrechtsform vollzieht sich unmittelbar nach Art. 2 Abs. 1, Art 17 ff. SE-VO. Wenngleich Art. 18 SE-VO für die beteiligten Gründungsgesellschaften ergänzend auf die nationalen Verschmelzungsvorgaben für Aktiengesellschaften – bei Beteiligung deutscher Aktiengesellschaften insbesondere auf das UmwG –1730 verweist, stellt sich die SE-Gründung nicht als Umwandlung nach §§ 1, 122a UmwG im Sinne von § 14 Abs. 1 S. 1, § 166 Abs. 3 S. 1 VAG (§ 14a S. 1, § 121f Abs. 3 S. 1 VAG a. F.) dar.1731 Die SE-Gründung setzt ausweislich Art. 2 1728
Heckschen, in: Widmann/Mayer, 158. EL (2016), § 1 UmwG Rn. 68; Heidinger, in: Henssler/Strohn, 3. Aufl. (2016), § 3 UmwG Rn. 14 m. w. Nachw.; Polley, in: Henssler/Strohn, 3. Aufl. (2016), § 122b UmwG Rn. 3 f; Kindler, in: MünchKomm-BGB, Bd. 11, 6. Aufl. (2015), Internationales Handels- und Gesellschaftsrecht Rn. 845; Reimann, ZEV 2009, 586 (588); Hörtnagl, in: Schmitt/Hörtnagl/Stratz, 7. Aufl. (2016), SE-VO Vorbem. Rn. 4. 1729 Heidinger, in: Henssler/Strohn, 3. Aufl. (2016), § 3 UmwG Rn. 14 m. w. Nachw.; gleiches gilt für einen Formwechsel in die Rechtsform der SE, vgl. dazu näher Teil 4, E.II. 1730 Schäfer, in: MünchKomm-AktG, Bd. 7, 3. Aufl. (2012), VO (EG) 2157/2001 Art. 18 Rn. 2. 1731 Vgl. auch Decker, in: Henssler/Strohn, 3. Aufl. (2016), § 1 UmwG Rn. 11. Die SE-VO kodifiziert mit der Umstrukturierungsform der SE-Gründung durch Verschmelzung gewissermaßen eine grenzüberschreitende „Umwandlung“ außerhalb des UmwG. Dies gilt zwar auch für die Gründung einer Europäischen Genossenschaft (SCE) durch Verschmelzung von Genossenschaften nach Art. 2 Abs. 1 Spiegelstrich 4 der Verordnung (EG) Nr. 1435/2003 des Rates vom 22. Juli 2003 über das Statut der Europäischen Genossenschaft (SCE), ABl. EU 2003 Nr. L. 207/1. Die SCE ist zudem in die Liste der grundsätzlich zulässigen Rechtsformen von Erstversicherungs- und Rückversicherungsunternehmen aufgenommen worden, vgl. Art. 2 Nr. 84 bis 86 der Richtlinie 2014/51/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. April 2014 zur Änderung der Richtlinien 2003/71/EG und 2009/138/EG und der Verordnungen (EG) Nr. 1060/2009, (EU) Nr. 1094/2010 und (EU) Nr. 1095/2010 im Hinblick auf die Befugnisse der Europäischen Aufsichtsbehörde (Europäische Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung) und der Europäischen Aufsichtsbehörde (Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbeho¨ rde), ABl. EU 2014 Nr. L 153/59 (Omnibus II-Richtlinie). Dies gilt indes nur soweit die jeweiligen Mitglied- oder Vertragsstaaten nationale Genossenschaften als zulässige Rechtsform für Versicherungsunternehmen vorsehen. In Deutschland ist die Genossenschaft indes nicht im numerus clausus des
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Teil 4: Alternative Gestaltungsmöglichkeiten
Abs. 1 SE-VO die Beteiligung mindestens einer dem Recht eines anderen Mitgliedoder Vertragsstaates unterliegenden Aktiengesellschaft voraus.1732 Demgegenüber gilt § 1 UmwG ausschließlich für Rechtsträger mit Sitz im Inland.1733 Zwar ermöglicht § 122a UmwG grenzüberschreitende Verschmelzungen unter Beteiligung EWR-ausländischer Kapitalgesellschaften; indes trat diese Vorschrift erst in Umsetzung der Verschmelzungsrichtlinie vom 26. Oktober 2005 durch das 2. UmwÄndG1734 mit Wirkung vom 25. April 2007 in Kraft. Damit ist eine Bezugnahme der SE-VO auf die Verschmelzungsrichtlinie respektive auf § 122a UmwG ausgeschlossen. Vielmehr stellt die bereits seit dem 8. Oktober 2004 durchführbare SE-Gründung nach Art. 2 Abs. 1, Art. 17 ff. SE-VO die Grundform eines rechtssicheren grenzüberschreitenden Unternehmenszusammenschlusses dar.1735 Der Gesetzgeber hat grenzüberschreitende Verschmelzungen von Erstversicherungsunternehmen nach § 122a UmwG im Zuge der 9. VAG-Novelle mit Wirkung vom 1. Januar 2008 in § 14a VAG a. F. (nunmehr § 14 VAG) aufgenommen. Die Gesetzesbegründung enthält insoweit lediglich die gleichsam zutreffende wie undifferenzierte Feststellung, dass „nunmehr auch grenzüberschreitende Umwandlungen möglich sind“1736. Umwandlungen von Rückversicherungsunternehmen – grenzüberschreitend wie auch innerstaatlich – wurden erst durch die nachträgliche Einfügung des § 121f Abs. 3 VAG a. F. (nunmehr § 166 Abs. 3 VAG) im Rahmen des JStG 2010 mit Wirkung vom 14. Dezember 2010 einer aufsichtsrechtlichen Genehmigungspflicht unterstellt.1737 Mit dieser Vorschrift wollte der Gesetzgeber ausdrücklich die seit der Umsetzung der Rückversicherungsrichtlinie durch die 8. VAG-Novelle vom 2. Juni 2007 bestehende Regelungslücke bei der Umwandlung § 8 Abs. 2 VAG (§ 7 Abs. 1, § 120 Abs. 1 VAG a. F.) enthalten. Übertragungen von Versicherungsbeständen im Rahmen der Gründung einer SCE durch Verschmelzung sind damit jedenfalls nicht unter Beteiligung deutscher Gesellschaften möglich. Zwar dürfte grundsätzlich nichts gegen die Beteiligung einer deutschen Versicherungs-AG als Gründungsgesellschaft bei der Neugründung einer Versicherungs-SCE nach Art. 2 Abs. 1 Spiegelstrich 2 oder 3 SCE-VO in einem anderen Mitglied- oder Vertragsstaat, der Genossenschaften die Erbringung des Versicherungsgeschäfts gestattet, sprechen. Eine denkbare Hinausübertragung von Versicherungsbeständen auf die SCE wäre dann indes nach §§ 13, 166 Abs. 1 VAG (§§ 14, 121f Abs. 1 VAG a. F.) zu behandeln. Im Übrigen stellt die Genossenschaft und damit auch die SCE – anders als die SE – keine Kapitalgesellschaft und insbesondere keine für diese Arbeit relevante Aktiengesellschaft dar, vgl. Sagasser/Link, in: Sagasser/Bula/Brünger, 4. Aufl. (2011), § 14 Rn. 246. 1732 Sogenanntes echtes Mehrstaatlichkeitserfordernis, vgl. Casper, in: Spindler/Stilz, Bd. 2, 3. Aufl. (2015), SE-VO Art. 17 Rn. 1; Sagasser/Link, in: Sagasser/Bula/Brünger, 4. Aufl. (2011), § 14 Rn. 28 f.; Spitzbart, RNotZ 2006, 369 (370). 1733 Decker, in: Henssler/Strohn, 3. Aufl. (2016), § 1 UmwG Rn. 10 ff. 1734 Zweites Gesetz zur Änderung des Umwandlungsgesetzes vom 19. April 2007, BGBl. I 2007, S. 542. 1735 Schäfer, in: MünchKomm-AktG, Bd. 7, 3. Aufl. (2012), VO (EG) 2157/2001 Art. 18 Rn. 1; vgl. Teil 3, B. (Fn. 1457); Krüger, in: Beck’sches Hdb. Umwandlungen international (2013), 1. Teil Rn. 1. 1736 BT-Drs. 16/6518, S. 14. 1737 BGBl. I 2010, S. 1768.
A. Gründung einer Versicherungs-SE durch Verschmelzung
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von Rückversicherungsunternehmen nach dem Umwandlungsgesetz schließen.1738 Die Gesetzesbegründung nimmt dabei wörtlich wie folgt auf Erwägungsgrund 17 der Rückversicherungsrichtlinie Bezug: Danach sollten die Regelungen für die Übertragung eines Versicherungsbestands die verschiedensten Formen der Übertragung eines Bestands wie die Verschmelzung oder andere gesellschaftsrechtliche Instrumente erfassen. Die bisherige Regelung umfasst jedoch lediglich die Bestandsübertragung im engeren Sinne.1739 Wenngleich somit in der Gesetzesbegründung explizit die Übertragung infolge anderer gesellschaftsrechtlicher Instrumente Erwähnung findet, wurde die Regelung wie bereits im Bereich der Erstversicherung auf Umwandlungen nach dem UmwG beschränkt. Spezielle Regelungen für die Gründung einer Versicherungs-SE enthält das VAG nicht. Die SE-Gründung durch Verschmelzung stellt in der Sache zwar einen Vorläufer der grenzüberschreitenden Verschmelzung nach Maßgabe der Verschmelzungsrichtlinie beziehungsweise des § 122a UmwG dar. Sie kann jedoch nicht – auch nicht für aufsichtsrechtliche Zwecke – als Umwandlung nach dem UmwG interpretiert werden. Mithin greifen insoweit – jedenfalls nach dem Wortlaut – auch nicht die jeweils ausdrücklich auf Umwandlungen nach dem UmwG beschränkten Genehmigungsvorbehalte aus § 14 Abs. 1 S. 1, § 166 Abs. 3 S. 1 VAG (§ 14a S. 1, § 121f Abs. 3 S. 1 VAG a. F.). Soweit im Rahmen einer SE-Gründung im Wege der Verschmelzung Versicherungsbestände von einem Versicherungsunternehmen übertragen werden, ist grundsätzlich auch eine aufsichtsrechtliche Erfassung durch § 13 Abs. 1 S. 1, Abs. 2, § 63 Abs. 1 S. 1, § 166 Abs. 1 S. 1 VAG (§ 14 Abs. 1 S. 1, Abs. 2, § 111d S. 1, § 121f Abs. 1 S. 1 VAG a. F.) in Betracht zu ziehen. Indes verbietet sich eine Anwendung dieser Vorschriften – gewissermaßen als Auffangtatbestand – aus zwei Gründen. Zum einen hat der Gesetzgeber durch die diesen – für Bestandsübertragungen geltenden – Vorschriften jeweils zeitlich nachgelagerte Änderung beziehungsweise Einfügung der §§ 14, 166 Abs. 3 VAG (§§ 14a, 121f Abs. 3 VAG a. F.) eindeutig zum Ausdruck gebracht, dass zwischen der Bestandsübertragung im engeren Sinne1740 und anderen Übertragungsformen – darunter insbesondere Übertragungen infolge von Umwandlungen – systematisch zu differenzieren ist. Schon aus diesem Grund wäre eine direkte Anwendung von § 13 Abs. 1 S. 1, Abs. 2, § 63 Abs. 1 S. 1, § 166 Abs. 1 S. 1 VAG (§ 14 Abs. 1 S. 1, Abs. 2, § 111d S. 1, § 121f Abs. 1 S. 1 VAG a. F.) auf Übertragungen im Wege einer Verschmelzung systemwidrig.1741 Zum anderen fehlt es auch an einer zentralen tatbestandlichen Voraussetzung der genannten Vorschriften. Nach nationalem Verständnis setzt die innerstaatliche Verschmelzung ausweislich § 4 Abs. 1 S. 1 UmwG zwingend einen Verschmelzungsvertrag voraus. Dieser könnte sich grundsätzlich – wäre die innerstaatliche Verschmelzung nach § 1 Abs. 1 Nr. 1, §§ 2 ff. UmwG nicht ohnehin bereits von § 14 Abs. 1 S. 1, § 166 Abs. 3 1738
BT-Drs. 17/2249, S. 97. BT-Drs. 17/2249, S. 97. 1740 So ausdrücklich BT-Drs. 17/2249, S. 97. 1741 Vgl. zu Verschmelzungen zwischen ausschließlich EWR-ausländischen Versicherungsunternehmen insoweit bereits Teil 3, B.III. 1739
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Teil 4: Alternative Gestaltungsmöglichkeiten
S. 1 VAG (§ 14a S. 1, § 121f Abs. 3 S. 1 VAG a. F.) erfasst – als Vertrag im Sinne von § 13 Abs. 1 S. 1, Abs. 2, § 63 Abs. 1 S. 1, § 166 Abs. 1 S. 1 VAG (§ 14 Abs. 1 S. 1, Abs. 2, § 111d S. 1, § 121f Abs. 1 S. 1 VAG a. F.) verstehen lassen.1742 Die SE-VO hingegen schreibt – wie die grenzüberschreitende Verschmelzung nach § 122a UmwG – einen solchen Verschmelzungsvertrag nicht vor. Vielmehr sieht Art. 20 SE-VO – insoweit übereinstimmend mit Art. 5 Abs. 1 Verschmelzungsrichtlinie und in der Folge § 122c UmwG –1743 lediglich einen Verschmelzungsplan vor.1744 Bei einem Verschmelzungsplan handelt es sich zwar wie bei einem Verschmelzungsvertrag nach § 4 Abs. 1 S. 1 UmwG primär um einen gesellschaftsrechtlichen Organisationsakt.1745 Anders als dem Verschmelzungsvertrag nach § 4 Abs. 1 S. 1 UmwG sollen einem Verschmelzungsplan nach herrschender Meinung jedoch keine schuldrechtlichen Wirkungen zukommen; ein Verschmelzungsplan soll mithin keinen bindenden Vertrag darstellen.1746 Zwar bleibt es den beteiligten Gesellschaften unbenommen, neben der Aufstellung des Verschmelzungsplans einen Vertrag zu schließen. Dies wird dringend angeraten und erfolgt in der Praxis auch regelmäßig.1747 Erforderlich ist ein Verschmelzungsvertrag nach der gesetzlichen Konzeption indes nicht,1748 sodass streng dogmatisch eine aufsichtsrechtliche Erfassung der Übertragung von Versicherungsbeständen im Rahmen einer SE-Gründung über § 13 Abs. 1 S. 1, Abs. 2, § 63 Abs. 1 S. 1, § 166 Abs. 1 S. 1 VAG (§ 14
1742
Vgl. zu dieser – im Ergebnis jedoch ohnehin abzulehnenden – Prämisse Teil 3, B.III. Drinhausen, in: Semler/Stengel, 3. Aufl. (2012), Einleitung C Rn. 53. 1744 Auch Art. 5 Abs. 1 der Dritten Richtlinie des Rates vom 9. Oktober 1978 gemäß Artikel 54 Absatz 3 Buchstabe g) des Vertrags betreffend die Verschmelzung von Aktiengesellschaften (78/855/EWG), ABl. EG 1978 Nr. L 295/36, sah lediglich einen Verschmelzungsplan vor. Anders als bei grenzüberschreitenden Sachverhalten, war es dem Gesetzgeber bei § 4 UmwG jedoch überlassen, vorzuschreiben, in welcher Form sich die Gesellschaften auf die Verschmelzung zu verständigen haben. Vgl. dazu Schäfer, in: MünchKomm-AktG, Bd. 7, 3. Aufl. (2012), VO (EG) 2157/2001 Art. 20 Rn. 8. 1745 Hörtnagl, in: Schmitt/Hörtnagl/Stratz, 7. Aufl. (2016), § 122c UmwG Rn. 5. 1746 So für den Verschmelzungsplan nach Art. 20 SE-VO Schäfer, in: MünchKomm-AktG, Bd. 7, 3. Aufl. (2012), VO (EG) 2157/2001 Art. 20 Rn. 8; Heckschen, in: Widmann/Mayer, 158. EL (2016), Anhang 14 Rn. 146; Casper, in: Spindler/Stilz, Bd. 2, 3. Aufl. (2015), SE-VO Art. 20 Rn. 3; Hörtnagl, in: Schmitt/Hörtnagl/Stratz, 7. Aufl. (2016), SE-VO Art. 20 Rn. 2. Für den Verschmelzungsplan nach § 122c UmwG Hörtnagl, in: Schmitt/Hörtnagl/Stratz, 7. Aufl. (2016), § 122c UmwG Rn. 5 m. w. Nachw.; zum wird Teil vertreten, dass der Verschmelzungsplan nach § 122c Abs. 1 UmwG nur eine Verpflichtung der Vertretungsorgane der an der grenzüberschreitenden Verschmelzung beteiligten deutschen Gesellschaften begründet, vgl. Drinhausen, in: Semler/Stengel, 3. Aufl. (2012), § 122c UmwG Rn. 1 m. w. Nachw. 1747 Schäfer, in: MünchKomm-AktG, Bd. 7, 3. Aufl. (2012), VO (EG) 2157/2001 Art. 20 Rn. 9; Casper, in: Spindler/Stilz, Bd. 2, 3. Aufl. (2015), SE-VO Art. 20 Rn. 4; Marsch-Barner, in: Kallmeyer, 5. Aufl. (2013), Anhang Rn. 16. 1748 Spitzbart, RNotZ 2006, 369 (388) m. w. Nachw.; Heckschen, in: Widmann/Mayer, 158. EL (2016), Anhang 14 Rn. 150. 1743
A. Gründung einer Versicherungs-SE durch Verschmelzung
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Abs. 1 S. 1, Abs. 2, § 111d S. 1, § 121f Abs. 1 S. 1 VAG a. F.) auch aus diesem Grund ausscheidet.1749
IV. Analoge Anwendung der aufsichtsrechtlichen Vorschriften Im Ergebnis kann die aufsichtsrechtliche Behandlung grenzüberschreitender Verschmelzungen von Versicherungsunternehmen nach dem Vorstehenden in Abhängigkeit von der gewählten Zielrechtsform divergieren. Um eine solche Divergenz zu vermeiden und eine einheitliche Versicherungsaufsicht für alle Fälle der Umstrukturierung von Versicherungsunternehmen zu gewährleisten,1750 ist eine analoge Anwendung von §§ 14, 631751, 166 Abs. 3 VAG (§§ 14a, 111d, 121f Abs. 3 VAG a. F.) in Betracht zu ziehen. 1. Planwidrigkeit der Regelungslücke Da der Gesetzgeber in den maßgeblichen Gesetzesbegründungen jeweils umfassend von der Möglichkeit der grenzüberschreitenden Umwandlung spricht und zudem ausdrücklich die jedenfalls im Rückversicherungsbereich nach Erwägungsgrund 17 der Rückversicherungsrichtlinie gebotene Erstreckung auf die verschiedensten Formen der Übertragung wie insbesondere gesellschaftsrechtliche Instrumente erwähnt,1752 ist vom Vorliegen einer planwidrigen Regelungslücke auszugehen. Die Möglichkeit der sich außerhalb des UmwG nach Maßgabe der SE-VO vollziehenden grenzüberschreitenden Verschmelzung zu einer SE hat der Gesetzgeber offenbar übersehen. Anhaltspunkte für eine bewusste Ausnahme von der Genehmigungspflicht sind jedenfalls nicht ersichtlich. 2. Vergleichbarkeit der Interessenlage Damit stellt sich die Frage nach dem Vorliegen einer vergleichbaren Interessenlage zwischen einer Verschmelzung von Versicherungsunternehmen nach dem UmwG und einer Verschmelzung von Versicherungsunternehmen nach Art. 2 Abs. 1, Art. 17 ff. SE-VO. Dazu ist insbesondere das Verfahren der Verschmelzung
1749 Vgl. zur tatbestandlichen Voraussetzung einer vertraglichen Regelung Diehl/Seemayer, in: Brand/Baroch Castellvi, 1. Aufl. (2018), § 13 Rn. 63. 1750 Zu dieser grundsätzlichen Intention der aufsichtsrechtlichen Regelungen Koerfer, in: Semler/Stengel, 3. Aufl. (2012), Anhang § 119 UmwG Rn. 82. 1751 Da nach hier vertretener Auffassung die Hineinverschmelzung von Erstversicherungsunternehmen nach § 122a UmwG in entsprechender Anwendung von § 63 VAG (§ 111d VAG a. F.) erfolgen sollte, vgl. Teil 3, B.II.1.c), wird diese Vorschrift auch insoweit einbezogen. 1752 BT-Drs. 16/6518, S. 14; BT-Drs. 17/2249, S. 97.
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Teil 4: Alternative Gestaltungsmöglichkeiten
nach der SE-VO näher zu untersuchen und mit dem Verschmelzungsverfahren nach dem UmwG zu vergleichen. a) Aufsichtsrechtliche Gleichwertigkeit der Rechtsformen AG und SE Aus aufsichtsrechtlicher Sicht bestehen hinsichtlich der in Betracht kommenden Rechtsformen grundsätzlich keine Besonderheiten, da es sich bei der AG wie auch der SE um Aktiengesellschaften und ausweislich § 8 Abs. 2 VAG (§ 7 Abs. 1, § 120 Abs. 1 VAG a. F.) zulässige Rechtsformen für Versicherungsunternehmen handelt. Zudem hat der Gesetzgeber vor der ausdrücklichen Aufnahme der SE in den numerus clausus bereits die Auffassung vertreten, dass die SE insoweit unter die Rechtsform der Aktiengesellschaft zu subsumieren gewesen sei.1753 Aufsichtsrechtlich ist folglich von einer Gleichwertigkeit der beiden Rechtsformen auszugehen. b) Verschmelzungsverfahren nach UmwG und SE-VO Die Gründung einer SE gemäß Art. 2 Abs. 1 SE-VO durch Verschmelzung hat mit Art. 17 bis 31 SE-VO von allen Gründungsarten mit Abstand die ausführlichste Regelung erfahren.1754 Primär erfolgt die Verschmelzung ausweislich Art. 17 Abs. 2 SE-VO direkt nach Maßgabe der beiden in der Dritten Richtlinie Gesellschaftsrecht1755 vorgesehenen Verschmelzungsverfahren. Ungeachtet ihres hohen Regelungsgrades sind die Vorschriften der SE-VO zur Verschmelzungsgründung gleichwohl nicht abschließend.1756 Ausweislich Art. 18 SE-VO kommt in den nicht erfassten Bereichen und Teilbereichen bei der Gründung einer SE durch Verschmelzung auf die Gründungsgesellschaften ergänzend das jeweilige nationale Verschmelzungsrecht zur Anwendung.1757 Dieser ergänzende Verweis ist jedoch nur deshalb möglich, weil auch die in Bezug genommenen Vorschriften – im nationalen Recht insbesondere die im UmwG statuierten Verschmelzungsvorschriften – bereits
1753
Vgl. BT-Drs. 16/1937, S. 22. Die Verschmelzungsgründung wird daher vielfach auch als das Herzstück der SE-VO bezeichnet, vgl. etwa Schäfer, in: MünchKomm-AktG, Bd. 7, 3. Aufl. (2012), VO (EG) 2157/ 2001 Art. 17 Rn. 1 m. w. Nachw.; Casper, in: Spindler/Stilz, Bd. 2, 3. Aufl. (2015), SE-VO Art. 17 Rn. 1 m. w. Nachw. 1755 Dritte Richtlinie des Rates vom 9. Oktober 1978 gemäß Artikel 54 Absatz 3 Buchstabe g) des Vertrags betreffend die Verschmelzung von Aktiengesellschaften (78/855/EWG), ABl. EG 1978 Nr. L 295/36; neu kodifiziert als Richtlinie 2011/35/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2011 über die Verschmelzung von Aktiengesellschaften, ABl. EU 2011Nr. L 110/1. 1756 Casper, in: Spindler/Stilz, Bd. 2, 3. Aufl. (2015), SE-VO Art. 17 Rn. 1. 1757 Drinhausen, in: Semler/Stengel, 3. Aufl. (2012), Einleitung C Rn. 53; Sagasser/Link, in: Sagasser/Bula/Brünger, 4. Aufl. (2011), § 14 Rn. 25. 1754
A. Gründung einer Versicherungs-SE durch Verschmelzung
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weitgehend harmonisiert wurden.1758 Diese Vorschriften basieren ebenfalls auf der Dritten Richtlinie Gesellschaftsrecht.1759 aa) Konzeptionelle Übereinstimmung Unter Verweis auf Art. 3 Abs. 1, Art. 4 Abs. 1 Dritte Richtlinie Gesellschaftsrecht sieht Art. 17 Abs. 2 S. 1 SE-VO die Gründungsverfahren der Verschmelzung durch Aufnahme1760 und der Verschmelzung durch Neugründung1761 vor. Beide Verschmelzungsarten finden sich in konzeptioneller Entsprechung auch in §§ 122a, 2 Nr. 1, 2 UmwG.1762 Die SE-VO selbst unterscheidet hinsichtlich der Voraussetzungen und des Verfahrens grundsätzlich nicht zwischen den beiden Verschmelzungsarten.1763 Auf deutsche Gründungsgesellschaften sind insoweit ergänzend die für eine Verschmelzung durch Aufnahme geltenden §§ 4 bis 35 und §§ 60 bis 72 UmwG beziehungsweise die für eine Verschmelzung durch Neugründung geltenden §§ 36 bis 38 und §§ 73 bis 76 UmwG anzuwenden.1764 Art. 17 Abs. 2 S. 2, 3 SE-VO stellt klar, dass im Falle der Verschmelzung durch Aufnahme die aufnehmende Gesellschaft die Rechtsform einer SE annimmt und im Falle der Verschmelzung zur Neugründung die neue Gesellschaft eine SE ist. Die Unterschiede zu §§ 2, 3 UmwG sind marginal. Bei der Verschmelzung zur Neugründung ist insoweit zu beachten, dass § 3 UmwG abschließend die verschmelzungsfähigen Rechtsträger festlegt. Danach können als übertragende, übernehmende oder neue Rechtsträger gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 2 UmwG unter anderem inländische Aktiengesellschaften beteiligt sein. Da gemäß Art. 10 SE-VO vorbehaltlich der Bestimmungen der SE-VO eine SE in jedem Mitglied- oder Vertragsstaat wie eine Aktiengesellschaft, die nach dem Recht des Sitzstaates der SE gegründet wurde, behandelt wird, ist die SE grundsätzlich unter § 3 Abs. 1 Nr. 2 UmwG subsumierbar. Während eine bestehende inländische SE danach als übertragender und übernehmender Rechtsträger gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 2 UmwG beteiligungsfähig ist, kommt sie als neuer Rechtsträger nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 UmwG nicht in Betracht.1765 Denn
1758
Vgl. Spitzbart, RNotZ 2006, 369 (387). Schäfer, in: MünchKomm-AktG, Bd. 7, 3. Aufl. (2012), VO (EG) 2157/2001 Art. 17 Rn. 1; vgl. auch Heckschen, in: Widmann/Mayer, 158. EL (2016), § 1 UmwG Rn. 67. 1760 Art. 17 Abs. 2 S. 1 lit. a SE-VO. 1761 Art. 17 Abs. 2 S. 1 lit. b SE-VO. 1762 Schäfer, in: MünchKomm-AktG, Bd. 7, 3. Aufl. (2012), VO (EG) 2157/2001 Art. 17 Rn. 2; Drinhausen, in: Semler/Stengel, 3. Aufl. (2012), Einleitung C Rn. 53; Casper, in: Spindler/Stilz, Bd. 2, 3. Aufl. (2015), SE-VO Art. 17 Rn. 2. 1763 Sagasser/Link, in: Sagasser/Bula/Brünger, 4. Aufl. (2011), § 14 Rn. 30. 1764 Sagasser/Link, in: Sagasser/Bula/Brünger, 4. Aufl. (2011), § 14 Rn. 31 f. 1765 Heidinger, in: Henssler/Strohn, 3. Aufl. (2016), § 3 UmwG Rn. 14 m. w. Nachw.; Bärwaldt, in: Semler/Stengel, 3. Aufl. (2012), § 36 UmwG Rn. 56a. Damit wird der in § 3 Abs. 1 Nr. 2 UmwG für übertragende, übernehmende oder neue Rechtsträger grundsätzlich 1759
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Teil 4: Alternative Gestaltungsmöglichkeiten
insoweit greift der Vorbehalt des Art. 10 SE-VO aufgrund der Regelungen der Art. 2, 17 ff. SE-VO. Eine im Übrigen grundsätzlich denkbare Verschmelzung zur Neugründung einer SE nach dem UmwG wird gerade durch die insoweit vorrangigen1766 Regelungen der SE-VO gesperrt.1767 Wenngleich damit die Neugründung einer SE als solche der SE-VO vorbehalten ist, wird die SE nach erfolgter Gründung aufgrund von Art. 10 SE-VO weitgehend wie eine entsprechende – etwa nach §§ 122a, 2 Nr. 2 UmwG neugegründete – nationale Aktiengesellschaft behandelt. Bei der Verschmelzung durch Aufnahme sind die Unterschiede noch geringer. Die Aufnahme durch eine inländische SE ist grundsätzlich auch bei einer Verschmelzung nach dem UmwG möglich. Im Unterschied zur SE-VO muss die aufnehmende SE bei einer Verschmelzung durch Aufnahme nach §§ 122a, 2 Nr. 1 UmwG indes bereits bestehen. Bei der Verschmelzung durch Aufnahme nach Art. 17 Abs. 2 S. 1 lit. a SE-VO handelt es sich bei der aufnehmenden Gesellschaft indes um eine nationale Aktiengesellschaft, die im Zuge der Verschmelzung zugleich die Rechtform einer SE annimmt.1768 Eine derartig simultane Kombination von Verschmelzung und Formwechsel1769 ist dem UmwG zwar fremd, bereitet konstruktiv aber keine Schwierigkeiten.1770 Handelt es sich bei der aufnehmenden Gesellschaft um eine inländische Aktiengesellschaft, könnte sich dieser Formwechsel zwar als grundsätzlich § 14 Abs. 1 S. 1, § 121f Abs. 3 S. 1 VAG (§ 14a S. 1, § 121f Abs. 3 S. 1 VAG a. F.) unterfallende Umwandlung nach § 1 Abs. 1 Nr. 4, §§ 190 ff. UmwG darstellen.1771 Indes kann die SE aufgrund der vorrangigen und abschließenden Regelung der Art. 2 Abs. 4, Art. 37 SE-VO auch nicht Rechtsträger neuer Rechtsform eines Formwechsels nach § 1 Abs. 1 Nr. 4, §§ 190 ff. UmwG sein.1772 identisch verwendete Begriff der Kapitalgesellschaft respektive Aktiengesellschaft aufgrund europarechtskonformer Auslegung aufgespalten. 1766 Vgl. etwa Drinhausen, in: Semler/Stengel, 3. Aufl. (2012), Einleitung C Rn. 49. 1767 Vgl. auch Heckschen, in: Widmann/Mayer, 158. EL (2016), § 1 UmwG Rn. 68; Bayer, in: Lutter, Bd. I, 5. Aufl. (2014), § 122b UmwG Rn. 7 m. w. Nachw. 1768 Drinhausen, in: Semler/Stengel, 3. Aufl. (2012), Einleitung C Rn. 53. 1769 Für eine Einordnung dieses Gründungsvorgangs als Kombination aus Verschmelzung und identitätswahrendem Formwechsel auch Casper, in: Spindler/Stilz, Bd. 2, 3. Aufl. (2015), SE-VO Art. 17 Rn. 2 m. w. Nachw.; Giedinghagen, in: Müller/Rödder, 2. Aufl. (2009), § 19 Rn. 29; ferner auch Sagasser/Link, in: Sagasser/Bula/Brünger, 4. Aufl. (2011), § 14 Rn. 31, die dabei jedoch von zwei Einzelvorgängen sprechen. 1770 Schäfer, in: MünchKomm-AktG, Bd. 7, 3. Aufl. (2012), VO (EG) 2157/2001 Art. 17 Rn. 2. 1771 Insoweit käme jedoch regelmäßig nur eine eingeschränkte aufsichtsrechtliche Prüfung in Betracht, vgl. Koerfer, in: Semler/Stengel, 3. Aufl. (2012), Anhang § 119 UmwG Rn. 88. 1772 Drinhausen/Keinath, in: Henssler/Strohn, 3. Aufl. (2016), § 191 UmwG Rn. 4 m. w. Nachw. Schwieriger gestaltet sich der Formwechsel in umgekehrter Richtung. Nach inzwischen überwiegender Auffassung soll der Formwechsel einer bestehenden SE in der SE-VO nicht abschließend geregelt sein, vgl. Drinhausen/Keinath, in: Henssler/Strohn, 3. Aufl. (2016), § 191 UmwG Rn. 3 m. w. Nachw. Zwar sieht Art. 66 SE-VO einen Formwechsel in eine nationale Aktiengesellschaft vor. Ein derartiger Formwechsel vollzieht sich folglich ebenfalls nach der SE-VO. Darüber hinaus soll der SE aber auch der Formwechsel in die anderen na-
A. Gründung einer Versicherungs-SE durch Verschmelzung
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Nach Art. 37 Abs. 3 SE-VO darf der Sitz der Gesellschaft anlässlich einer Umwandlung nach Art. 2 Abs. 4 SE-VO nicht in einen anderen Mitglied- oder Vertragsstaat verlegt werden. Dies hat auch für den im Rahmen der Verschmelzung durch Aufnahme simultan erfolgenden Formwechsel zu gelten.1773 Die SE-VO ermöglicht damit unter Beteiligung deutscher Versicherungs-Aktiengesellschaften wie die grenzüberschreitende Verschmelzung nach § 122a UmwG sowohl eine Hinausals auch eine Hineinverschmelzung.1774 Konzeptionell besteht somit weitgehend Übereinstimmung zwischen dem Verschmelzungsverfahren nach dem UmwG und demjenigen nach der SE-VO.1775 bb) Wirkungen der Verschmelzung Für die Frage nach der für eine analoge Anwendung der §§ 14, 63, 166 Abs. 3 VAG (§§ 14a, 111d, 121f Abs. 3 VAG a. F.) auf die SE-Gründung durch Verschmelzung erforderlichen Vergleichbarkeit der Interessenlagen sind ferner die Wirkungen der Verschmelzungsverfahren nach dem UmwG und der SE-VO zu analysieren. Wirksam wird die Verschmelzung ausweislich Art. 27 Abs. 1 SE-VO mit Eintragung der SE gemäß Art. 12 SE-VO in dem im Sitzstaat dazu bestimmten Register. Durch die Eintragung erlangt die durch die Verschmelzung gegründete SE gemäß Art. 16 Abs. 1 SE-VO zugleich Rechtspersönlichkeit.1776 Ausweislich Art. 29 Abs. 1 SE-VO bewirkt die Verschmelzung durch Aufnahme ipso iure gleichzeitig den Übergang des gesamten Aktiv- und Passivvermögens jeder übertragenden Gesellschaft auf die übernehmende Gesellschaft, das Erlöschen der übertragenden Gesellschaft und einen Formwechsel der übernehmenden Gesellschaft in die tionalen Rechtsformen, in die sich eine nationale Aktiengesellschaft umwandeln darf, offenstehen. Im Zusammenspiel mit § 8 Abs. 2 VAG (§ 7 Abs. 1, § 120 Abs. 1 VAG a. F.) kommen für Versicherungsunternehmen als insoweit zulässige Rechtsformen grundsätzlich auch VVaG sowie Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts in Betracht. Diese können indes ausweislich der abschließenden Auflistung in § 191 Abs. 2 UmwG nicht Rechtsträger neuer Rechtsform eines Formwechsels nach dem UmwG sein. Daraus folgt, dass sich der Formwechsel einer Versicherungs-SE in eine Versicherungs-AG genauso wie der entsprechende Formwechsel in umgekehrter Richtung ausschließlich nach Maßgabe der SE-VO vollzieht. Die Beteiligung einer Versicherungs-SE an einem Formwechsel nach dem UmwG ist ausgeschlossen. 1773 Schäfer, in: MünchKomm-AktG, Bd. 7, 3. Aufl. (2012), VO (EG) 2157/2001 Art. 17 Rn. 10. 1774 Vgl. Schäfer, in: MünchKomm-AktG, Bd. 7, 3. Aufl. (2012), VO (EG) 2157/2001 Art. 17 Rn. 10 f. Bei der Verschmelzung durch Neugründung soll die neu zu gründende SE ihren Sitz auch in einem Mitglied- oder Vertragsstaat außerhalb der Sitzstaaten der Gründungsgesellschaften nehmen können, wodurch bereits im Gründungsverfahren ungeachtet aufsichtsrechtlicher Anforderungen mindestens drei Rechtsordnungen zu berücksichtigen sind. 1775 Vgl. Drinhausen, in: Semler/Stengel, 3. Aufl. (2012), Einleitung C Rn. 53; Sagasser/ Link, in: Sagasser/Bula/Brünger, 4. Aufl. (2011), § 14 Rn. 23; Heckschen, in: Widmann/Mayer, 158. EL (2016), § 1 UmwG Rn. 67; Louven, in: Düsseldorfer Vorträge zum Versicherungsrecht (2015), S. 97 (104); Kleba, RNotZ 2016, 273 (276). 1776 Drinhausen, in: Semler/Stengel, 3. Aufl. (2012), Einleitung C Rn. 53.
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Teil 4: Alternative Gestaltungsmöglichkeiten
Rechtsform der SE. Dabei werden die Aktionäre der übertragenden Gesellschaft Aktionäre der übernehmenden Gesellschaft. Für die Verschmelzung durch Neugründung gelten ausweislich Art. 29 Abs. 2 SE-VO keine Besonderheiten;1777 insoweit bedarf es jedoch nicht eines zusätzlichen Formwechsels. Das gesamte Aktivund Passivvermögen der sich verschmelzenden Gesellschaften geht unmittelbar auf die neu gegründete SE über.1778 Als Rechtsfolge der Verschmelzung sieht die SE-VO damit ebenfalls eine Universalsukzession vor.1779 Abgesehen von dem zusätzlichen Formwechsel entsprechen die Wirkungen von Art. 29 Abs. 1 SE-VO im Ergebnis denjenigen der §§ 122a, 20 Abs. 1 UmwG.1780 Schreibt ein Mitglied- oder Vertragsstaat im Falle einer Verschmelzung von Aktiengesellschaften besondere Formalitäten für die Rechtswirksamkeit der Übertragung bestimmter von den sich verschmelzenden Gesellschaften eingebrachter Vermögensgegenstände, Rechte und Verbindlichkeiten gegenüber Dritten vor, so gelten diese ausweislich Art. 29 Abs. 3 SE-VO fort und sind entweder von den sich verschmelzenden Gesellschaften oder von der SE nach deren Eintragung zu erfüllen. Die Bedeutung dieser Norm ist im Einzelnen umstritten. Zum Teil wird sie als bloßer Vorbehalt des allgemeinen Zivilrechts aufgefasst. Nach überwiegender Auffassung soll sie sich indes auf besondere Wirksamkeitsbedingungen beziehen. Ihre wesentliche Funktion wird in der Wahrung bestimmter Formvorschriften beziehungsweise besonderer Genehmigungserfordernisse für Grundstücksübertragungen im Rahmen einer Universalsukzession gesehen.1781 Die Universalsukzession soll danach im Verhältnis zu Dritten beschränkt sein, sofern eine entsprechende Einzelübertragung nach dem Recht der Mitglied- oder Vertragsstaaten von bestimmten Förmlichkeiten abhängig gemacht wird. Im Verhältnis zu Dritten soll die Rechtsnachfolge der SE folglich erst dann Wirkung entfalten, wenn die SE oder die Gründungsgesellschaften diese besonderen Anforderungen an eine Einzelrechtsübertragung eingehalten haben. Die Einhaltung derartiger Förmlichkeiten soll aber weder dem Eintritt der Universalsukzession noch der Wirksamkeit der Verschmelzung entgegenstehen.1782
1777 Schäfer, in: MünchKomm-AktG, Bd. 7, 3. Aufl. (2012), VO (EG) 2157/2001 Art. 17 Rn. 11; Schäfer, in: MünchKomm-AktG, Bd. 7, 3. Aufl. (2012), VO (EG) 2157/2001 Art. 29 Rn. 8. 1778 Vgl. dazu Schäfer, in: MünchKomm-AktG, Bd. 7, 3. Aufl. (2012), VO (EG) 2157/2001 Art. 17 Rn. 5, 11. 1779 Schäfer, in: MünchKomm-AktG, Bd. 7, 3. Aufl. (2012), VO (EG) 2157/2001 Art. 29 Rn. 2. 1780 Schäfer, in: MünchKomm-AktG, Bd. 7, 3. Aufl. (2012), VO (EG) 2157/2001 Art. 17 Rn. 4; Drinhausen, in: Semler/Stengel, 3. Aufl. (2012), Einleitung C Rn. 53; Marsch-Barner, in: Kallmeyer, 5. Aufl. (2013), Anhang Rn. 91. 1781 Vgl. dazu nur Schäfer, in: MünchKomm-AktG, Bd. 7, 3. Aufl. (2012), VO (EG) 2157/ 2001 Art. 29 Rn. 9 m. w. Nachw. zum Meinungsstand. 1782 Casper, in: Spindler/Stilz, Bd. 2, 3. Aufl. (2015), SE-VO Art. 29 Rn. 7.
A. Gründung einer Versicherungs-SE durch Verschmelzung
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Versteht man das in §§ 14, 166 Abs. 3 VAG (§§ 14a, 121f Abs. 3 VAG a. F.) statuierte Genehmigungserfordernis als derartige Wirksamkeitsvoraussetzung der Umwandlung eines Versicherungsunternehmens,1783 ordnet der Richtliniengeber mit Art. 29 Abs. 3 SE-VO im Ergebnis die Fortgeltung dieser Vorschriften auf die SE-Gründung durch Verschmelzung an. Entsprechend § 20 Abs. 2 UmwG sieht jedoch Art. 30 SE-VO vor, dass eine Verschmelzung nach Eintragung der SE nicht mehr für nichtig erklärt werden kann. Zwischen den Wirkungen der Eintragung einer SE und etwaigen Genehmigungserfordernissen besteht damit ein Spannungsverhältnis entsprechend demjenigen bei Verschmelzungen nach dem UmwG.1784 Die Beschränkung der Universalsukzession aufgrund bestimmter Formvorschriften könnte sich insoweit entgegen der eigentlichen Intention dieser Formvorschriften im Ergebnis zulasten Dritter auswirken. Denn während bei Unwirksamkeit einer entsprechenden Einzelübertragung aufgrund der Nichteinhaltung bestimmter Förmlichkeiten die rechtliche Zuordnung unverändert bleibt, erlöschen die Gründungsgesellschaften mit Wirksamwerden der Verschmelzung gemäß Art. 29 Abs. 1 lit. c SE-VO und geht das gesamte Aktiv- und Passivvermögen im Übrigen auf die SE über. Im Falle der Verschmelzung von Versicherungsunternehmen könnte dies dazu führen, dass zwar sämtliche Vermögensgegenstände der Gründungsgesellschaften mit Wirksamwerden der Verschmelzung auf die SE übergingen, die Übertragung der Rechte und Pflichten aus den Versicherungsverträgen bei Fehlen der aufsichtsbehördlichen Genehmigung im Verhältnis zu den Versicherungsnehmern hingegen unwirksam wäre. Gegen die übertragende(n) Gründungsgesellschaft(en) könnten die Versicherungsnehmer ihre Rechte aus den Versicherungsverträgen jedoch aufgrund des liquidationslosen Erlöschens dieser Gesellschaft(en) nicht geltend machen. Allein die aus der Verschmelzung hervorgehende SE könnte in einem solchen Fall nach ihrer Eintragung noch die Erfüllung der Formvorschriften durch – nachträgliche – Einholung der entsprechenden Genehmigung bewirken. Da die Versicherungsnehmer ansonsten gänzlich schutzlos gestellt wären, dürfte anzunehmen sein, dass die zuständige Aufsichtsbehörde bei nachträglicher Genehmigungsbeantragung seitens der SE die Genehmigung zu erteilen hat. In der Praxis dürfte es zu einer solchen Konstellation jedoch kaum kommen. Denn es ist schwer vorstellbar, dass es im Zuge einer derart komplexen Umstrukturierung von Versicherungsunternehmen, deren Schwerpunkt gerade in der Übertragung von Rechten und Pflichten gegenüber Dritten liegt, zu einer Registereintragung der SE ohne Vorliegen der aufsichtsbehördlichen Genehmigung kommt. Auch weil ausweislich Art. 25 Abs. 2 SE-VO in jedem der betreffenden Mitglied- oder Vertragsstaaten das zuständige Gericht, der Notar oder eine andere zuständige Behörde eine Bescheinigung auszustellen hat, aus der zweifelsfrei hervorgeht, dass die der Verschmelzung vorangehenden Rechtshandlungen und Formalitäten durchgeführt wurden,1785 dürfte diese für Ver1783
Vgl. Teil 3, B.I.1.g); Teil 3, B.I.2.f). Siehe dazu Teil 3, B.I.1.g); Teil 3, B.I.2.f). 1785 Für deutsche Gründungsgesellschaften ist diese Bescheinigung ausweislich §§ 3, 4 SEAG von dem Handelsregister auszustellen, in dem der Gesellschaftssitz eingetragen ist, vgl. 1784
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Teil 4: Alternative Gestaltungsmöglichkeiten
schmelzungen nach dem UmwG postulierte Annahme für SE-Gründungen gleichermaßen zutreffen.1786 Nach Art. 19 SE-VO können die Rechtsvorschriften der Mitglied- oder Vertragsstaaten zwar vorsehen, dass die Beteiligung einer Gesellschaft, die dem Recht dieses Staates unterliegt, an der Gründung einer SE durch Verschmelzung nur möglich ist, wenn keine zuständige Behörde dieses Staates vor der Erteilung der vorgenannten Bescheinigung gemäß Art. 25 Abs. 2 SE-VO dagegen aus Gründen des öffentlichen Interesses Einspruch erhebt.1787 Es handelt sich bei Art. 19 SE-VO um eine Ermächtigungsnorm zur Statuierung eines Einspruchsrechts nationaler Behörden gegen die Verschmelzung zu einer SE.1788 Primär soll sich diese Möglichkeit an Steuer- und Wettbewerbsbehörden richten;1789 in Betracht kommen darüber hinaus aber auch andere Verwaltungsbehörden.1790 Folglich hätte der Gesetzgeber grundsätzlich ein entsprechendes Einspruchsrecht der BaFin für die Beteiligung von Versicherungs-Aktiengesellschaften an einer SE-Gründung statuieren können. Soweit mitglied- oder vertragsstaatliche Rechtsordnungen von der Ermächtigung Gebrauch gemacht haben, soll dieses Einspruchsrecht eine negative Wirksamkeitsvoraussetzung der Verschmelzung darstellen.1791 Der deutsche Gesetzgeber hat von der Ermächtigung jedoch keinen Gebrauch gemacht.1792 Zwar sollen grundsätzlich die nach § 37 Abs. 4 Nr. 5 AktG a. F. bei der Gründung einer Aktiengesellschaft – aufgrund des Unternehmensgegenstandes oder einer anderen Satzungsbestimmung – erforderlichen staatlichen Genehmigungen auch bei der Gründung einer SE durch Verschmelzung einzuholen gewesen sein.1793 Indes dürfte dies zum einen regelmäßig nur die Erdazu Casper, in: Spindler/Stilz, Bd. 2, 3. Aufl. (2015), SE-VO Art. 25 Rn. 4 ff.; Hörtnagl, in: Schmitt/Hörtnagl/Stratz, 7. Aufl. (2016), SE-VO Art. 25 Rn. 13 ff.; Schäfer, in: MünchKommAktG, Bd. 7, 3. Aufl. (2012), VO (EG) 2157/2001 Art. 25 Rn. 5 ff.; Marsch-Barner, in: Kallmeyer, 5. Aufl. (2013), Anhang Rn. 82 f. 1786 Vgl. insoweit zu Verschmelzungen nach dem UmwG Kübler, in: Semler/Stengel, 3. Aufl. (2012), § 20 UmwG Rn. 89; siehe auch Teil 3, B.I.1.g). 1787 Ähnliches gilt ausweislich Art. 8 Abs. 14 SE-VO für die Sitzverlegung einer SE, vgl. Casper, in: Spindler/Stilz, Bd. 2, 3. Aufl. (2015), SE-VO Art. 19 Rn. 1; dazu Teil 4, D.I.1. 1788 Casper, in: Spindler/Stilz, Bd. 2, 3. Aufl. (2015), SE-VO Art. 19 Rn. 1; Hörtnagl, in: Schmitt/Hörtnagl/Stratz, 7. Aufl. (2016), SE-VO Art. 19 Rn. 1; Schäfer, in: MünchKommAktG, Bd. 7, 3. Aufl. (2012), VO (EG) 2157/2001 Art. 19 Rn. 1. 1789 Casper, in: Spindler/Stilz, Bd. 2, 3. Aufl. (2015), SE-VO Art. 19 Rn. 1. 1790 Schäfer, in: MünchKomm-AktG, Bd. 7, 3. Aufl. (2012), VO (EG) 2157/2001 Art. 19 Rn. 1. 1791 Casper, in: Spindler/Stilz, Bd. 2, 3. Aufl. (2015), SE-VO Art. 19 Rn. 1 m. w. Nachw. Missverständlich Schäfer, in: MünchKomm-AktG, Bd. 7, 3. Aufl. (2012), VO (EG) 2157/2001 Art. 19 Rn. 1, der in diesem Fall eine Zustimmung als Wirksamkeitsvoraussetzung ansieht. Ein ausdrückliches Zustimmungserfordernis sieht der Verordnungstext aber gerade nicht vor. 1792 Casper, in: Spindler/Stilz, Bd. 2, 3. Aufl. (2015), SE-VO Art. 19 Rn. 3 m. w. Nachw.; Hörtnagl, in: Schmitt/Hörtnagl/Stratz, 7. Aufl. (2016), SE-VO Art. 19 Rn. 1; Schäfer, in: MünchKomm-AktG, Bd. 7, 3. Aufl. (2012), VO (EG) 2157/2001 Art. 19 Rn. 3; Marsch-Barner, in: Kallmeyer, 5. Aufl. (2013), Anhang Rn. 12; Spitzbart, RNotZ 2006, 369 (395). 1793 Spitzbart, RNotZ 2006, 369 (395).
A. Gründung einer Versicherungs-SE durch Verschmelzung
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laubnis zum Geschäftsbetrieb erfassen. Zum anderen wurde diese aktienrechtliche Vorgabe durch das MoMiG1794 aufgehoben, sodass auch eine neu gegründete Aktiengesellschaft grundsätzlich ohne Rücksicht auf etwaige Erlaubnis- beziehungsweise Genehmigungsverfahren einzutragen ist.1795 cc) Gläubigerschutz Bei grenzüberschreitenden Verschmelzungen nach dem UmwG könnte die durch Eintragung der Verschmelzung im Einzelfall mögliche Übertragung von Versicherungsbeständen ohne aufsichtsbehördliche Genehmigung neben der geringen praktischen Wahrscheinlichkeit einer derartigen Konstellation auch deshalb ausnahmsweise hinnehmbar sein, weil das UmwG bereits über ein jedenfalls in vermögensrechtlicher Hinsicht hinreichendes Instrumentarium zum Gläubigerschutz verfügt. Originäre Schutzbestimmungen für die Gläubiger der Gründungsgesellschaften enthält die SE-VO zwar nicht.1796 Gemäß Art. 24 Abs. 1 SE-VO findet auf die SE-Gründung durch Verschmelzung jedoch das für innerstaatliche Verschmelzungen von Aktiengesellschaften geltende jeweilige nationale Gläubigerschutzrecht der sich verschmelzenden Gesellschaften unter Berücksichtigung des grenzüberschreitenden Charakters der Verschmelzung Anwendung. Dies gilt ausweislich Art. 24 Abs. 1 lit. a, c SE-VO insbesondere zum Schutz der Interessen der Gläubiger der sich verschmelzenden Gesellschaften sowie der Inhaber von mit Sonderrechten gegenüber den sich verschmelzenden Gesellschaften ausgestatteten Wertpapieren mit Ausnahme von Aktien.1797 Für den Gläubigerschutz betreffend deutsche Gründungsgesellschaften ist danach zu differenzieren, ob die künftige SE ihren Sitz in einem anderen Mitglied- oder Vertragsstaat (Hinausverschmelzung) oder im Inland 1794
Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen vom 23. Oktober 2008, BGBl. I 2008, S. 2026. 1795 Koch, in: Hüffer/Koch, 12. Aufl. (2016), § 37 AktG Rn. 14; Limmer, in: Spindler/Stilz, Bd. 1, 3. Aufl. (2015), § 23 Rn. 17. Anderes gilt, soweit eine staatliche Erlaubnispflicht gesetzlich ausdrücklich als Eintragungsvoraussetzung konzipiert ist. Dies gilt nach § 43 Abs. 1 KWG für die Erlaubnis für das Betreiben von Bankgeschäften, nach § 3 Abs. 5 KAGB für auf die Verwaltung in- und ausländischer Investmentvermögen gerichtete Kapitalverwaltungsgesellschaften sowie nach § 186 Abs. 1 Nr. 1 VAG für Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit, vgl. Preuß, in: Oetker, 5. Aufl. (2017), HGB § 8 Rn. 94; Heinemann, in: Keidel, 19. Aufl. (2017), FamFG § 374 Rn. 60. Eine entsprechende Vorschrift für die Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb von Versicherungsunternehmen enthält das VAG nicht. Vgl. zu § 17 Abs. 1 UmwG auch Teil 3, B.I.1.g); a. A. wohl Koerfer, in: Semler/Stengel, 3. Aufl. (2012), Anhang § 119 UmwG Rn. 100. 1796 Hörtnagl, in: Schmitt/Hörtnagl/Stratz, 7. Aufl. (2016), SE-VO Art. 24 Rn. 5. 1797 Die Gläubigerbegriffe des Art. 24 Abs. 1 SE-VO sind grundsätzlich autonom auszulegen, entsprechen jedoch weitestgehend denjenigen der §§ 22, 23 UmwG; vgl. Casper, in: Spindler/Stilz, Bd. 2, 3. Aufl. (2015), SE-VO Art. 24 Rn. 4. Zwar geht § 23 UmwG über die europarechtlichen Vorgaben der Dritten Richtlinie Gesellschaftsrecht hinaus, soweit er Vorzugsaktien erfasst; dazu Schäfer, in: MünchKomm-AktG, Bd. 7, 3. Aufl. (2012), VO (EG) 2157/2001 Art. 24 Rn. 7. Dies berührt indes die hier allein interessierende Erfassung des Rechts auf Überschussbeteiligung nicht.
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Teil 4: Alternative Gestaltungsmöglichkeiten
(Hineinverschmelzung) hat. Ob die Verschmelzung durch Aufnahme oder durch Neugründung erfolgt, ist für den Gläubigerschutz insoweit hingegen unerheblich.1798 Die Hinausverschmelzung einer inländischen AG auf eine SE mit Sitz in einem anderen Mitglied- oder Vertragsstaat stellt aus der Sicht der Gläubiger der deutschen Gründungsgesellschaft zumindest aufgrund der Erschwerung der Rechtsverfolgung regelmäßig eine Interessengefährdung dar.1799 Bei Versicherungsunternehmen kommt dazu ferner ein Wechsel der zuständigen Finanzaufsichtsbehörde sowie gegebenenfalls des nationalen Sicherungsfonds. Für Hinausverschmelzungen nach § 122a UmwG hat der Gesetzgeber mit § 122j UmwG besondere Schutzvorkehrungen implementiert, wonach insbesondere Gläubiger von Versicherungsforderungen entgegen § 22 Abs. 2 UmwG grundsätzlich auch anspruchsberechtigt sind und der § 22 Abs. 1 UmwG weitestgehend entsprechende Gläubigerschutz in zeitlicher Hinsicht nach vorne verlagert wird.1800 Inhaber von Sonderrechten werden darüber hinaus durch §§ 122a, 23 UmwG geschützt.1801 Die vorgenannten Sonderregelungen für die grenzüberschreitende Verschmelzung nach dem UmwG wurden indes erst nach Inkrafttreten der SE-VO eingefügt. Der Gesetzgeber hat daher in § 8 SEAG spezifische Gläubigerschutzvorschriften für im Rahmen einer SE-Gründung erfolgende Hinausverschmelzungen statuiert.1802 Ausschlaggebend für die Einführung von § 8 SEAG war der Umstand, dass aufgrund des Erlöschens der deutschen Gründungsgesellschaften bei einer Hinausverschmelzung die bloße Anwendung der ausschließlich für innerstaatliche Umwandlungen konzipierten Schutzvorschriften des UmwG a. F. problematisch gewesen wäre, weil diese Vorschriften nur einen nachgeordneten Gläubigerschutz gewährt hätten.1803 Denn bei alleiniger Anwendbarkeit von § 22 UmwG könnten die Gläubiger bei der SE-Gründung grundsätzlich erst nach Wirksamwerden der Verschmelzung und damit ausschließlich von der SE, mithin einer EWR-ausländischen Gesellschaft Sicherheit verlangen.1804 Mit § 8 SEAG wollte der Gesetzgeber der gemäß Art. 24 Abs. 1 SE-VO gebotenen Berücksichtigung des grenzüberschreitenden Charakters der Verschmelzung beim Gläubigerschutz nachkommen.1805 Zwar enthält die SE-VO für die SE-Gründung abgesehen von der vorstehend zitierten Formulierung keine ausdrückliche Er-
1798
Rn. 7. 1799
Schäfer, in: MünchKomm-AktG, Bd. 7, 3. Aufl. (2012), VO (EG) 2157/2001 Art. 24
Casper, in: Spindler/Stilz, Bd. 2, 3. Aufl. (2015), SE-VO Art. 24 Rn. 4; Schäfer, in: MünchKomm-AktG, Bd. 7, 3. Aufl. (2012), VO (EG) 2157/2001 Art. 24 Rn. 10 m. w. Nachw. 1800 Siehe dazu Teil 3, B.I.1.h). 1801 Vgl. Teil 3, B.I.1.e); Teil 3, B.I.1.h). 1802 Spitzbart, RNotZ 2006, 369 (402). 1803 BT-Drs. 15/3405, S. 33. 1804 Hörtnagl, in: Schmitt/Hörtnagl/Stratz, 7. Aufl. (2016), SE-VO Art. 24 Rn. 9; Schäfer, in: MünchKomm-AktG, Bd. 7, 3. Aufl. (2012), VO (EG) 2157/2001 Art. 24 Rn. 10. 1805 BT-Drs. 15/3405, S. 34; vgl. auch Hörtnagl, in: Schmitt/Hörtnagl/Stratz, 7. Aufl. (2016), SE-VO Art. 24 Rn. 5, 9.
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mächtigungsnorm zur Statuierung besonderer Gläubigerschutzvorschriften.1806 Eine Regelungsbefugnis des nationalen Gesetzgebers betreffend den Gläubigerschutz sieht Art. 8 Abs. 7 SE-VO jedoch für die Verlegung des Sitzes einer bereits bestehenden SE in einen anderen Mitglied- oder Vertragsstaat vor. Von dieser hat der Gesetzgeber in § 13 SEAG Gebrauch gemacht.1807 Aufgrund der grundsätzlich vergleichbaren Interessenlage sollen die Gläubigerschutzvorschriften für die Sitzverlegung einer SE nach dem Willen des Gesetzgebers auch für die Gründung einer SE durch Verschmelzung gelten.1808 Der Schutz der Gläubiger einer deutschen Gründungsgesellschaft richtet sich damit bei einer SE-Gründung durch Verschmelzung nicht nach § 22 UmwG, sondern nach dem spezielleren § 8 SEAG.1809 § 8 S. 1 SEAG verweist vor diesem Hintergrund für den Gläubigerschutz bei einer Hinausverschmelzung auf den in § 13 Abs. 1, 2 SEAG geregelten Gläubigerschutz bei der Sitzverlegung einer SE. Indes orientiert sich § 13 SEAG seinerseits wiederum an den Vorschriften des UmwG.1810 Die Norm wurde inhaltlich an § 22 UmwG angelehnt. Dies erfolgte allerdings mit der Maßgabe der Gewährung eines präventiven Schutzes bereits gegen die deutsche Gründungsgesellschaft.1811 Die inhaltlichen Anforderungen von § 8 S. 1, § 13 Abs. 1, 2 SEAG entsprechen daher im Ergebnis denjenigen des erst später eingefügten § 122j UmwG.1812 Der SE-spezifische Gläubigerschutz sieht dabei – auch insoweit in Übereinstimmung mit § 122j UmwG – insbesondere keinen § 22 Abs. 2 UmwG entsprechenden Ausschluss vor.1813 Somit können auch Gläubiger von Versicherungsforderungen nach § 8 S. 1, § 13 Abs. 1, 2 SEAG anspruchsberechtigt sein.1814 Hinsichtlich der Inhaber von Sonderrechten – hier insbesondere des Rechts der Versicherten auf Überschussbeteiligung – verbleibt es ausweislich Art. 24 Abs. 1 lit. c SE-VO und mangels spe1806 Zu den aus diesem Grund an der Zulässigkeit von § 8 SEAG geäußerten Zweifeln Casper, in: Spindler/Stilz, Bd. 2, 3. Aufl. (2015), SE-VO Art. 24 Rn. 8 m. w. Nachw. 1807 Oechsler, in: MünchKomm-AktG, Bd. 7, 3. Aufl. (2012), VO (EG) 2157/2001 Art. 8 Rn. 34; Casper, in: Spindler/Stilz, Bd. 2, 3. Aufl. (2015), SE-VO Art. 8 Rn. 14. 1808 BT-Drs. 15/3405, S. 34. Wenngleich dogmatisch zweifelhaft, soll § 8 SEAG im Ergebnis nicht zu beanstanden sein, vgl. Casper, in: Spindler/Stilz, Bd. 2, 3. Aufl. (2015), SE-VO Art. 24 Rn. 8 m. w. Nachw.; Schäfer, in: MünchKomm-AktG, Bd. 7, 3. Aufl. (2012), VO (EG) 2157/2001 Art. 24 Rn. 10. 1809 Louven/Dettmeier/Pöschke/Weng, BB Beilage 2006, Nr. 13, 1 (10 f.); Hörtnagl, in: Schmitt/Hörtnagl/Stratz, 7. Aufl. (2016), SE-VO Art. 24 Rn. 9. 1810 BT-Drs. 15/3405, S. 34. 1811 Casper, in: Spindler/Stilz, Bd. 2, 3. Aufl. (2015), SE-VO Art. 24 Rn. 7. 1812 Hörtnagl, in: Schmitt/Hörtnagl/Stratz, 7. Aufl. (2016), SE-VO Art. 24 Rn. 9. 1813 Marsch-Barner, in: Kallmeyer, 5. Aufl. (2013), Anhang Rn. 64. 1814 Zur Absicherung des Anspruchs nach § 8 S. 1 SEAG macht § 8 S. 2 SEAG die Ausstellung der Bescheinigung nach Art. 25 Abs. 2 SE-VO vom Vorliegen einer Versicherung der Vorstandsmitglieder der deutschen Gründungsgesellschaft abhängig, vgl. dazu Spitzbart, RNotZ 2006, 369 (395). Darin haben die Vorstandsmitglieder zu versichern, dass allen anspruchsberechtigten Gläubigern eine angemessene Sicherheit geleistet wurde. Die Abgabe einer unrichtigen Versicherung ist flankierend nach § 53 Abs. 3 Nr. 1 SEAG strafbewehrt, vgl. Hörtnagl, in: Schmitt/Hörtnagl/Stratz, 7. Aufl. (2016), SE-VO Art. 24 Rn. 10.
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Teil 4: Alternative Gestaltungsmöglichkeiten
ziellerer Regelungen im SEAG bei der Geltung von § 23 UmwG.1815 Auch der Schutz etwaiger Rechte auf Überschussbeteiligung erfolgt damit bei der Hinausverschmelzung nach Maßgabe der SE-VO auf identische Weise wie bei der Hinausverschmelzung gemäß § 122a UmwG.1816 Eine Hineinverschmelzung stellt sich für die Gläubiger einer deutschen Gründungsgesellschaft grundsätzlich wie eine innerstaatliche Umwandlung dar.1817 Insoweit kommt es weder zu einer Erschwerung der Rechtsdurchsetzung noch zu einem Wechsel der zuständigen Aufsichtsbehörde oder des nationalen Sicherungsfonds. Der Verweis auf §§ 22, 23 UmwG ist folglich ausreichend.1818 SE-spezifische Besonderheiten bestehen insoweit nicht.1819 Der Schutz der Gläubiger beteiligter EWR-ausländischer Gründungsgesellschaften obliegt nach Art. 24 Abs. 1 SE-VO dem Recht des Mitglied- oder Vertragsstaates der jeweiligen Gesellschaft. Auch der Gläubigerschutz bei der SE-Gründung durch Verschmelzung entspricht damit im Ergebnis weitestgehend demjenigen bei der grenzüberschreitenden Verschmelzung von Aktiengesellschaften nach § 122a UmwG. dd) Zwischenergebnis Die SE-VO ermöglicht wie die grenzüberschreitende Verschmelzung nach § 122a UmwG unter weitgehender Entsprechung der Verschmelzungsverfahren sowohl eine Hinaus- als auch eine Hineinverschmelzung von Versicherungsunternehmen. Entsprechend der grenzüberschreitenden Verschmelzung werden bei einer SE-Gründung durch Verschmelzung lediglich versicherungsspezifische Belange, die nicht finanzieller Art sind, nicht ausdrücklich berücksichtigt. Dies spricht bei wertender Betrachtung dafür, dass die gerade der Wahrung derartiger Interessen dienende versicherungsaufsichtsbehördliche Genehmigung auch für die Verschmelzung zu einer SE gelten sollte. Danach sollten §§ 14, 63, 166 Abs. 3 VAG (§§ 14a, 111d, 121f Abs. 3 VAG a. F.) grundsätzlich analoge Anwendung auf die SE-Gründung finden. Hierfür sprechen neben Art. 29 Abs. 3 SE-VO auch die Vereinbarungen in Part IV 5.1.9 und 5.2.6 General Protocol on Collaboration, nach denen das Verfahren für grenzüberschreitende Bestandsübertragungen auch im Falle der Verschmelzung von Erstversicherungs- beziehungsweise Rückversicherungsunternehmen gelten soll. Denn diese Vorschriften enthalten weder eine Einschränkung hinsichtlich der Art der
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Hörtnagl, in: Schmitt/Hörtnagl/Stratz, 7. Aufl. (2016), SE-VO Art. 24 Rn. 11. Siehe dazu Teil 3, B.I.1.e). 1817 Vgl. implizit bereits BT-Drs. 16/2919, S. 17. 1818 Casper, in: Spindler/Stilz, Bd. 2, 3. Aufl. (2015), SE-VO Art. 24 Rn. 4 und 6; Schäfer, in: MünchKomm-AktG, Bd. 7, 3. Aufl. (2012), VO (EG) 2157/2001 Art. 24 Rn. 7. 1819 Casper, in: Spindler/Stilz, Bd. 2, 3. Aufl. (2015), SE-VO Art. 24 Rn. 6. Übersichtlich zum Gläubigerschutzsystem bei Gründung einer SE mit Sitz im Inland, Hörtnagl, in: Schmitt/ Hörtnagl/Stratz, 7. Aufl. (2016), SE-VO Art. 24 Rn. 6 ff. 1816
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Verschmelzung noch der an dieser beteiligten Rechtsträger.1820 Jedenfalls soweit es Rückversicherungsunternehmen betrifft, zeigt auch Erwägungsgrund 17 der Rückversicherungsrichtlinie deutlich, dass europarechtlich eine einheitliche verfahrensrechtliche Behandlung der Übertragung von Versicherungsbeständen unabhängig von den zugrundeliegenden Übertragungsmechanismen intendiert ist. 3. Grenzen der analogen Anwendung aufsichtsrechtlicher Vorschriften Die vorstehend angedachte analoge Anwendung von §§ 14, 63, 166 Abs. 3 VAG (§§ 14a, 111d, 121f Abs. 3 VAG a. F.) könnte jedoch die Grenze zulässiger Rechtsanwendung überschreiten. Die Analogie ist eine juristische Methode zur Schließung von Lücken im Gesetz. Der Rechtsanwender überträgt durch den Analogieschluss die für einen bestimmten Sachverhalt im Gesetz angelegte Regel beziehungsweise Rechtsfolge auf einen vom Gesetz nicht erfassten „ähnlichen“ Sachverhalt. Dem liegt im Wesentlichen das Postulat der Gerechtigkeit, Gleichartiges gleich zu behandeln, zugrunde.1821 Voraussetzung für eine Analogie ist, dass das im Gesetz angelegte Prinzip auch auf den nicht erfassten „ähnlichen“ Sachverhalt zutrifft, der Gesetzgeber keine bewusste Entscheidung gegen eine Erfassung des „ähnlichen“ Sachverhalts getroffen hat und kein Grund für eine Ausnahme von dem zu übertragenden Prinzip vorliegt. Doch auch wenn diese Voraussetzungen – wie hier –1822 erfüllt sind, ist der Analogieschluss nicht uneingeschränkt zulässig. Die rechtsmethodisch zulässige Analogie wird durch Analogieverbote begrenzt.1823 Prominentestes Beispiel eines Analogieverbotes ist das Verbot strafbegründender oder strafschärfender Analogie im Strafrecht. Dieses Verbot jeglicher den Täter belastender Analogie gilt absolut. Auch wenn das Postulat der Gerechtigkeit im Einzelfall nach Gleichbehandlung verlangen mag, ist es dem Rechtsanwender strikt untersagt, selbige mittels Analogieschlusses zulasten des Täters herbeizuführen. Es obliegt ausschließlich dem Gesetzgeber, eine gesetzliche Grundlage für eine – künftige – Gleichbehandlung des „ähnlichen“ Sachverhalts zu schaffen. Vor diesem Hintergrund ist zu prüfen, inwieweit im Verwaltungsrecht im Allgemeinen und speziell im Versicherungsaufsichtsrecht – wie im Strafrecht – ein Analogieverbot besteht oder ein Analogieschluss bei Vorliegen der Analogievoraussetzungen – wie im Zivilrecht – grundsätzlich zulässig ist.
1820 Vgl. Part IV 5.1.9 General Protocol on Collaboration: In case of a merger of Insurance Undertakings or Insurance and Reinsurance Undertakings, […]; Part IV5.2.6 General Protocol on Collaboration: In the case of a merger of Reinsurance Undertakings, […]. 1821 Larenz/Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 3. Aufl. (1995), S. 202 f.; ausführlich zum Begriff der Analogie Bach, Das Analogieverbot im Verwaltungsrecht (2011), S. 4 ff. m. w. Nachw. 1822 Siehe Teil 4, A.IV.1.; Teil 4, A.IV.2. 1823 Vgl. Bach, Das Analogieverbot im Verwaltungsrecht (2011), S. 180.
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a) Begünstigende Analogie im Verwaltungsrecht Die Zulässigkeit eines den Betroffenen begünstigenden Analogieschlusses wird im Verwaltungsrecht – wie auch im Strafrecht – zu Recht nicht ernsthaft in Frage gestellt.1824 Denn die gegen eine belastende Analogie vorgebrachten Argumente1825 werden weitgehend gegenstandslos, wenn die Verwaltung durch Rechtsfortbildung im Wege einer Analogie ihre eigenen Befugnisse gerade nicht zum Nachteil des Betroffenen, sondern zu dessen Vorteil erweitert. b) Belastende Analogie im allgemeinen Verwaltungsrecht Wenngleich sich einige Stellungnahmen zur belastenden Analogie auch auf das allgemeine Verwaltungsrecht erstrecken,1826 fokussieren sie sich weit überwiegend auf die Bereiche der Eingriffsverwaltung. Von vereinzelten Stimmen abgesehen werden in zentralen Bereichen des allgemeinen Verwaltungsrechts eine Vielzahl belastender Analogieschlüsse als nahezu selbstverständlich hingenommen. So wird die in § 42 Abs. 2 VwGO für Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen normierte Klagebefugnis in analoger Anwendung der Norm auch zur Voraussetzung für eine allgemeine Leistungsklage erhoben; die in § 80 Abs. 2 Nr. 2 VwGO statuierte sofortige Vollziehbarkeit von unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten wird von der herrschenden Ansicht über den Wortlaut hinaus auch Verkehrszeichen zugebilligt und § 49 VwVfG wird entgegen seinem eindeutigen Wortlaut („rechtmäßiger Verwaltungsakt“) von der überwiegenden Ansicht in analoger Anwendung auch als Ermächtigungsgrundlage zum Widerruf rechtswidriger Verwaltungsakte anerkannt.1827 Im allgemeinen Verwaltungsrecht hat sich ein Verbot belastender Analogie also nicht etablieren können. Dies liegt im Wesentlichen daran, dass das allgemeine Verwaltungsrecht – anders als das besondere Verwaltungsrecht – nicht vom Vorbehalt des Gesetzes1828 geprägt ist.1829 c) Belastende Analogie im besonderen Verwaltungsrecht Zur Frage der Zulässigkeit von belastenden Analogieschlüssen im besonderen Verwaltungsrecht besteht in Literatur und Rechtsprechung ein weit gefächertes Meinungsspektrum. Dass sich die Streitfrage primär in diesem Bereich entzündet, ist der Tatsache geschuldet, dass der Anknüpfungspunkt eines Analogieverbots im 1824
Vgl. Hänsle, Streik und Daseinsvorsorge (2016), S. 628 m. w. Nachw. Siehe Teil 4, A.IV.3.c)cc). 1826 Siehe zum Meinungsstand Teil 4, A.IV.3.c)aa). 1827 Eingehend mit weiteren praktisch relevanten belastenden Analogieschlüssen im allgemeinen Verwaltungsrecht Bach, Das Analogieverbot im Verwaltungsrecht (2011), S. 24 ff. 1828 Zum Vorbehalt des Gesetzes als zentrales Argument gegen eine belastende Analogie im besonderen Verwaltungsrecht Teil 4, A.IV.3.c)cc)(1). 1829 Vgl. Michael, VVDStRL 75, 131 (162 ff.) m. w. Nachw. 1825
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hoheitlichen Eingriff in der Rechtssphäre des Privaten liegt und die klassische Eingriffsverwaltung maßgeblich dem besonderen Verwaltungsrecht zuzuordnen ist. aa) Meinungsstand Bei der Betrachtung der divergierenden Meinungen fällt auf, dass vielfach nur sehr geringer Begründungsaufwand betrieben wird;1830 insbesondere die Befürworter der Zulässigkeit einer belastenden Analogie verzichten zum Teil – bewusst oder unbewusst – gänzlich auf eine Problematisierung der Thematik.1831 (1) Literatur Befürworter und Gegner der Zulässigkeit belastender Analogie im Bereich der Eingriffsverwaltung bilden in etwa gleich große Lager.1832 Zwischen expliziter Verneinung eines Analogieverbotes beziehungsweise gänzlich unterbleibender Thematisierung der Frage auf der einen Seite und einer an das Analogieverbot im Strafrecht gemäß Art. 103 Abs. 2 GG angelehnten Ablehnung jeglicher Erweiterung der Rechte der Verwaltung über das hinaus, was ausdrücklich im Gesetz geschrieben steht, auf der anderen Seite positionieren sich vermittelnde Ansichten, die eingeschränkte Analogieverbote befürworten und diverse Zulässigkeitskriterien formulieren.1833 Der vermittelnden Ansicht hat sich jüngst Bach mit der These angeschlossen, dass die Frage der Zulässigkeit einer belastenden Analogie im Verwaltungsrecht nicht allgemeingültig beantwortet werden könne, sondern einer einzelfallbezogenen Abwägungsentscheidung zwischen Rechtssicherheitsprinzip und Gleichheitssatz unterfalle.1834 (2) Rechtsprechung Auch die höchstrichterliche Rechtsprechung verhält sich uneinheitlich zur Frage eines Analogieverbotes im Verwaltungsrecht.1835 Das Bundesverfassungsgericht hat mit kurzen und steuerrechtsspezifischen Begründungen eine Schaffung oder Schärfung von Steuertatbeständen durch belas1830
Vgl. Bach, Das Analogieverbot im Verwaltungsrecht (2011), S. 36. Vgl. Konzak, NVwZ 1997, 872. 1832 Bach, Das Analogieverbot im Verwaltungsrecht (2011), S. 180. 1833 Ausführlich zum Meinungsstand in der Literatur m. w. Nachw. Konzak, NVwZ 1997, 872. f.; Bach, Das Analogieverbot im Verwaltungsrecht (2011), S. 35 ff.; Hänsle, Streik und Daseinsvorsorge (2016), S. 628 f.; Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. (2018) § 44 Rn. 54. 1834 Bach, Das Analogieverbot im Verwaltungsrecht (2011), S. 145 ff., 182 f.; siehe auch Teil 4, A.IV.3.c)dd). 1835 Für eine ausführliche Übersicht über die insoweit einschlägige Rechtsprechung von Verfassungs-, Verwaltungs-, Sozial- und Finanzgerichtsbarkeit siehe Bach, Das Analogieverbot im Verwaltungsrecht (2011), S. 39 ff. 1831
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tenden Analogieschluss abgelehnt.1836 In einem Beschluss zur Beitreibung von Gerichtskosten hat das Bundesverfassungsgericht darüber hinaus entschieden, dass die analoge Anwendung von § 121 Abs. 5 StVollzG als Eingriffsgrundlage für einen belastenden Verwaltungsakt gegen das Freiheitsrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG i. V. m. dem Rechtsstaatsprinzip verstoße.1837 Von diesen Beschlüssen abgesehen positioniert sich das Bundesverfassungsgericht in anderen Entscheidungen jedoch nicht eindeutig zu einem generellen Verbot der belastenden Analogie.1838 Das Bundesverwaltungsgericht hat im Bereich des Abgabenrechts ohne nähere Begründung oder Herleitung ein allgemeines Analogieverbot vorausgesetzt.1839 Im Übrigen stellt es im Eingriffsbereich besondere Anforderungen an das Vorliegen der rechtsmethodischen Analogievoraussetzungen.1840 Das Bundessozialgericht erkennt ein Verbot belastender Analogie im Bereich des Rentenversicherungsrechts an, lehnt ein allgemeines Analogieverbot jedoch ab.1841 Der Bundesfinanzhof hat lange Zeit ein Analogieverbot angenommen. Wenngleich auch die einzelnen Senate keiner einheitlichen Linie folgen, ist zuletzt jedoch eine Erosion dieser Annahme zu erkennen.1842 bb) Argumente für die Zulässigkeit einer belastenden Analogie Für die generelle Zulässigkeit einer belastenden Analogie im Verwaltungsrecht werden im Wesentlichen die folgenden drei Argumente vorgebracht: (1) Rechtsanwendungsgleichheit Zunächst wird Art. 3 GG für die Zulässigkeit einer belastenden Analogie angeführt. Danach soll bei Vorliegen der rechtsmethodischen Voraussetzungen ein objektiv-rechtliches Analogiegebot bestehen, das aus Gründen materieller Gerechtigkeit auch eine analoge Anwendung von Gesetzen zulasten von Privaten gebiete.1843
1836 BVerfG, Beschluss vom 30. Januar 1985 – 1 BvR 279/83 –, NJW 1985, 1891; vgl. Konzak, NVwZ 1997, 872; Bach, Das Analogieverbot im Verwaltungsrecht (2011), S. 51; Hänsle, Streik und Daseinsvorsorge (2016), S. 630. 1837 BVerfG, Beschluss vom 14. August 1996 – 2 BvR 2088/93 –, NJW 1996, 3146; vgl. Konzak, NVwZ 1997, 872; Bach, Das Analogieverbot im Verwaltungsrecht (2011), S. 52 ff.; Hänsle, Streik und Daseinsvorsorge (2016), S. 629. 1838 Bach, Das Analogieverbot im Verwaltungsrecht (2011), S. 39 ff.; Hänsle, Streik und Daseinsvorsorge (2016), S. 629 f. 1839 Bach, Das Analogieverbot im Verwaltungsrecht (2011), S. 59. 1840 Bach, Das Analogieverbot im Verwaltungsrecht (2011), S. 180. 1841 Bach, Das Analogieverbot im Verwaltungsrecht (2011), S. 61, 181. 1842 Bach, Das Analogieverbot im Verwaltungsrecht (2011), S. 62 ff., 181. 1843 Vgl. Bach, Das Analogieverbot im Verwaltungsrecht (2011), S. 38, 169 ff., 182 m. w. Nachw.
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(2) Umkehrschluss aus Art. 103 Abs. 2 GG Ferner soll die Zulässigkeit belastender Analogieschlüsse im Verwaltungsrecht aus einem Umkehrschluss aus Art. 103 Abs. 2 GG zu folgern sein.1844 Ein Verbot belastender Analogie ist verfassungsrechtlich ausdrücklich nur für den Bereich des Strafrechts verankert worden. (3) Wesensähnlichkeit zwischen Auslegung und Analogie Aus methodischer Sicht wird argumentiert, dass die Wesensähnlichkeit von Analogie und Auslegung eine trennscharfe Unterscheidung zwischen zulässiger Rechtsanwendung und unzulässiger Rechtsfortbildung verhindere. Aus diesem Grund seien Auslegung und Analogie gleichermaßen als zulässig anzuerkennen.1845 cc) Argumente gegen die Zulässigkeit einer belastenden Analogie Gegen die Zulässigkeit einer belastenden Analogie werden im Wesentlichen die folgenden vier Argumente vorgebracht: (1) Demokratieprinzip Zum Teil wird das aus Art. 20 Abs. 1 und 2 GG folgende Demokratieprinzip gegen die Zulässigkeit einer belastenden Analogie angeführt. Durch analoge Anwendung von Gesetzen durch die Behörden und Gerichte lockere sich deren Gesetzesbindung und damit ihre demokratische Legitimation, weshalb jedenfalls ausschließlich rechtspolitisch motivierte Analogiebildung unzulässig sein soll.1846 (2) Normklarheit und Rechtssicherheit Ferner werden der Grundsatz der Normklarheit sowie die Rechtssicherheit als verfassungsrechtliches Element des Rechtsstaatsprinzips gegen die Zulässigkeit einer belastenden Analogie herangezogen. Danach dürfe der durch ein Gesetz in Anspruch genommene Private erwarten können, dass dieses Gesetz ohne weitere Informationsquellen und über den Wortlaut hinausgehende Interpretation in sich verständlich sei. Denn anderenfalls sei es für ihn nicht vorhersehbar, ob der ihn betreffende Sachverhalt von dem Gesetz erfasst wird.1847
1844
Vgl. Bach, Das Analogieverbot im Verwaltungsrecht (2011), S. 38 m. w. Nachw. Vgl. Bach, Das Analogieverbot im Verwaltungsrecht (2011), S. 38 m. w. Nachw. 1846 Hänsle, Streik und Daseinsvorsorge (2016), S. 630 f. 1847 Hänsle, Streik und Daseinsvorsorge (2016), S. 631 f. m. w. Nachw.; Bach, Das Analogieverbot im Verwaltungsrecht (2011), S. 36 f. 1845
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(3) Divergenz zwischen Verwaltungsrecht und Privatrecht Einige Stimmen ziehen auch die divergierende Interessenlage im Privatrecht als Argument gegen eine belastende Analogie im Verwaltungsrecht heran. Im Privatrecht müsse ein Analogieverbot zwangsläufig zur Begünstigung der einen und zur Belastung der anderen Partei führen, während im Verwaltungsrecht ein Analogieverbot immer zulasten des Staates gehen müsse. Letzterer müsse sich den Mangel der Norm jedoch zurechnen lassen und könne diesen auch beheben.1848 (4) Vorbehalt des Gesetzes Zuvorderst wird gegen die Zulässigkeit einer belastenden Analogie in der Eingriffsverwaltung jedoch der Vorbehalt des Gesetzes angeführt. Der als traditioneller Bestandteil des Prinzips der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung (Art. 20 Abs. 3 GG) anzuerkennende Vorbehalt des Gesetzes verlangt in seiner durch die Wesentlichkeitstheorie gefundenen Ausprägung als Voraussetzung jeglichen grundrechtswesentlichen Verwaltungshandelns von Verfassungs wegen ein Gesetz und findet seinen klassischen Anwendungsbereich im abwehrgrundrechtlich geschützten status negativus, das heißt bei Eingriffen in Freiheit und Eigentum.1849 Bei jeder belastenden Analogie im Bereich der Eingriffsverwaltung wird jedoch entweder ein spezielles Grundrecht oder die allgemeine Handlungsfreiheit aus Art. 2 Abs. 1 GG berührt, obwohl das ermächtigende Gesetz seinem Wortlaut nach den konkreten Sachverhalt nicht erfasst.1850 dd) Einzelfallbezogene Abwägungsentscheidung Bach versteht die Problematik der belastenden Analogie im Verwaltungsrecht als Konflikt zwischen dem Rechtssicherheitsprinzip und dem Gleichheitssatz und will die Frage der Zulässigkeit selbiger im konkreten Einzelfall durch Abwägung der gegenläufigen Aspekte beantwortet wissen.1851 Dabei soll dem Grundsatz der Rechtsanwendungsgleichheit tendenziell der Vorrang einzuräumen sein, da ein Vertrauen des Betroffenen auf den bloßen Wortlaut des Gesetzes nur sehr bedingt schützenswert sei. Ferner sei dem Betroffenen insbesondere vor erheblichen, irreversiblen Dispositionen in komplexen Rechtsbereichen die Einholung professionellen Rechtsrates zuzumuten. Unzulässig könne eine belastende Analogie indes dann sein, „wenn der Grundrechtseingriff außerordentlich schwer wiegt, die Rechtslage dem Betroffenen wegen eines eindeutigen Wortlautes einer Regelung (vermeintlich) klar sein durfte und das Interesse der Allgemeinheit an der Aus1848
Vgl. Bach, Das Analogieverbot im Verwaltungsrecht (2011), S. 37 f. m. w. Nachw. Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. (2018) § 44 Rn. 46 ff.; vgl. Hänsle, Streik und Daseinsvorsorge (2016), S. 632 f.; Bach, Das Analogieverbot im Verwaltungsrecht (2011), S. 104 ff. 1850 Hänsle, Streik und Daseinsvorsorge (2016), S. 633 m. w. Nachw. 1851 Bach, Das Analogieverbot im Verwaltungsrecht (2011), S. 173 ff., 182 f. 1849
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dehnung des Eingriffstatbestandes so gering ist, dass entgegen dieser Vermutungsregel die Abwägungsentscheidung zugunsten des Rechtsunterworfenen ausgehen muss.“1852 ee) Multipolare Rechtsverhältnisse im Versicherungsaufsichtsrecht Das strafrechtliche Analogieverbot schützt den Täter vor dem für die Strafverfolgung verantwortlichen Staat. Rechte Dritter werden durch analoge Anwendung von Strafvorschriften beziehungsweise durch das Verbot selbiger nicht unmittelbar berührt. Ähnliches gilt grundsätzlich im Verwaltungsrecht, insbesondere in der Leistungsverwaltung. Im Bereich der Eingriffsverwaltung kann es ebenfalls Konstellationen geben, in denen eine belastende Analogie oder deren Unterbleiben nicht – oder jedenfalls nicht unmittelbar – in den Rechtskreis Dritter eingreift. Dabei ist jedoch zu differenzieren. Denn insbesondere im Gefahrenabwehrrecht besteht häufig ein multipolares Rechtsverhältnis zwischen Eingriffsadressat, Staat und einem oder mehreren Dritten.1853 In solchen Fällen kann sich ein den Eingriffsadressaten belastender Analogieschluss gegenüber dem Dritten als begünstigend darstellen; umgekehrt kann ein den Eingriffsadressaten begünstigender Analogieschluss einen Dritten belasten. Rechtspositionen des Dritten können in derartigen Konstellationen auch betroffen werden, wenn eine Analogie unterbleibt. Analogieschlüsse in multipolaren Rechtsverhältnissen, die zugunsten eines, aber zugleich zulasten eines anderen Betroffenen wirken, sind ebenfalls als belastende Analogie zu qualifizieren.1854 Um eine solche Konstellation handelt es sich bei der betrachteten Frage der analogen Anwendung versicherungsaufsichtsrechtlicher Genehmigungsvorschriften auf die Gründung einer Versicherungs-SE durch Verschmelzung nach der SE-VO: (1) Belastender Charakter der Analogie Bei den Wirkungen einer analogen Anwendung versicherungsaufsichtsrechtlicher Genehmigungspflichten ist zwischen Bestandsübertragungen und Umwandlungen von Versicherungsunternehmen – hier insbesondere Verschmelzungen – zu differenzieren. Die spezialgesetzliche Ermöglichung von Bestandsübertragungen beeinträchtigt die Rechtsposition der Versicherungsnehmer, erweitert jedoch die Rechtsposition der Versicherungsunternehmen.1855 Die Genehmigungspflicht stellt sich für die Versicherungsunternehmen bei Bestandsübertragungen nicht als – zusätzliche – Belastung dar, sondern ersetzt die erforderliche Zustimmung der betroffenen Versicherungsnehmer. Bei Umstrukturierungen von Versicherungsunternehmen ist die Ausgangskonstellation anders. Die gesellschafts- und umwandlungsrechtlichen Instrumente stehen auch Versicherungsunternehmen offen. Durch 1852 1853 1854 1855
Bach, Das Analogieverbot im Verwaltungsrecht (2011), S. 183. Herbst, Die lebensrettene Aussageerzwingung (2011), S. 126 ff. m. w. Nachw. Hänsle, Streik und Daseinsvorsorge (2016), S. 628. Siehe Teil 1, D.II.3.
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Teil 4: Alternative Gestaltungsmöglichkeiten
Statuierung einer versicherungsaufsichtsrechtlichen Genehmigungspflicht von Umwandlungen werden diese für andere Unternehmen ohne Weiteres zulässigen Maßnahmen, soweit sie Versicherungsunternehmen betreffen, einem präventiven Verbot mit Erlaubnisvorbehalt unterstellt. Anders als bei der Bestandsübertragung ersetzt die behördliche Genehmigung bei einer Verschmelzung nach dem UmwG auch nicht etwa die erforderliche Zustimmung der Versicherungsnehmer. Vielmehr gehen die Versicherungsverhältnisse nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 UmwG automatisch über.1856 Gleiches gilt für die Gründung einer Versicherungs-SE durch Verschmelzung nach Art. 29 Abs. 1 SE-VO.1857 Damit schränkt die spezialgesetzlich statuierte Genehmigungspflicht grundsätzlich zulässige rechtliche Gestaltungsmöglichkeiten ein. Mithin erweist sich die Ausweitung der gesetzlichen Genehmigungspflicht auf die Gründung einer SE durch Verschmelzung im Wege analoger Anwendung der aufsichtsrechtlichen Vorschriften als Eingriff in die verfassungsrechtlich geschützte unternehmerische Dispositionsfreiheit in Form der unternehmerischen Organisationsautonomie der Versicherungsunternehmen.1858 (2) Schutz der Versicherungsnehmer Aus Sicht der betroffenen Versicherungsnehmer stellt sich eine analoge Anwendung der versicherungsaufsichtsrechtlichen Genehmigungspflicht als begünstigend dar. Denn dadurch wird sichergestellt, dass auch die Belange der Versicherten, die nicht finanzieller Art sind und daher nicht bereits durch umwandlungsrechtliche Schutzvorschriften geschützt werden, Berücksichtigung finden.1859 ff) Zwischenergebnis Die vorstehend erörterte Besonderheit multipolarer Rechtsverhältnisse entkräftet das gegen die Zulässigkeit einer belastenden Analogie streitende Argument der divergierenden Interessenlagen im Verwaltungsrecht und im Privatrecht. Denn in derartigen Konstellationen kann ein Analogieverbot nicht nur zulasten des Staates, sondern auch zulasten eines privaten Dritten gehen. Die Multipolarität der Rechtsverhältnisse spricht für eine einzelfallbezogene Abwägungsentscheidung in Anlehnung an Bach.1860 Dabei stehen sich maßgeblich der Gleichheitssatz auf der einen Seite und die Grundsätze der Rechtssicherheit sowie des Vorbehalts des Gesetzes auf 1856
Siehe Teil 3, B.I.1.f). Siehe Teil 4, A.IV.2.b)bb). 1858 Zur verfassungsrechtlichen Herleitung und Gewährleistung der unternehmerischen Dispositionsfreiheit und insbesondere der unternehmerischen Organisationsautonomie aus einem komplexen Zusammenspiel von Art. 2 Abs. 1, Art. 9 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 GG instruktiv Spindler, Unternehmensorganisationspflichten, 2. Aufl. (2011), S. 445 ff.; Schwier, Der Schutz der „Unternehmerischen Freiheit“ (2008), S. 46 ff. 1859 Siehe Teil 3, B.I.1.k). 1860 Siehe Teil 4, A.IV.3.c)dd). 1857
A. Gründung einer Versicherungs-SE durch Verschmelzung
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der anderen Seite gegenüber.1861 In multipolaren Rechtsverhältnissen kann die subjektiv-rechtliche Seite von Art. 3 Abs. 1 GG für eine Analogie zugunsten des Dritten streiten.1862 Betroffen ist insoweit die Schutzgebotsfunktion der Grundrechte.1863 Ob die hohen Anforderungen an die Schutzgebotsfunktion hier erfüllt werden, erscheint zweifelhaft. Denn die Versicherungsnehmer sind bereits umfangreich durch die den Schutzvorschriften des UmwG entsprechenden Schutzvorschriften der SE-VO geschützt.1864 Auf Seiten des Eingriffsadressaten steht hingegen die traditionelle Abwehrfunktion der Grundrechte entgegen. Bach erkennt zwar zutreffend in der objektiv-rechtlichen Seite von Art. 3 Abs. 1 GG (objektives Gleichbehandlungsgebot) eine grundsätzliche Verpflichtung zur analogen Rechtsanwendung.1865 Es erscheint jedoch fraglich, ob der Gleichheitssatz für die Belastung eines Privaten im Wege analoger Anwendung durch den Rechtsanwender streitet, weil ein ähnlicher Fall gesetzlich geregelt ist und deshalb ein anderer Privater oder derselbe Private in einer ähnlichen Situation ebenfalls belastet wird. Dass das objektive Gleichbehandlungsgebot nicht uneingeschränkt gilt, zeigt sich zudem etwa darin, dass es keine Geltung für eine Gleichheit im Unrecht beansprucht. Letztlich steht es dem Staat jederzeit frei, die betroffenen Sachverhalte durch entsprechende Anpassung der Normen einheitlich zu erfassen. Einer analogen Anwendung der §§ 14, 166 Abs. 3 VAG (§§ 14a, 121f Abs. 3 VAG a. F.) auf die SE-Gründung durch Verschmelzung stehen damit gewichtige Einwände entgegen, die eine restriktive Auslegung der Normen gebieten. Bei wertender aufsichtsrechtlicher Betrachtung wäre eine Aufnahme der SE-Gründung durch Verschmelzung in die Genehmigungsvorschriften durch den Gesetzgeber indes zu begrüßen. Für eine ausdrückliche Aufnahme der SE-Gründung durch Verschmelzung nach der SE-VO in den Genehmigungskatalog des VAG spricht auch, dass der Gesetzgeber knapp drei Jahre nach Inkrafttreten der SE-VO die inländische SE ausdrücklich in den numerus clausus zulässiger Rechtsformen für Erstversicherungs- und Rückversicherungsunternehmen gemäß § 7 Abs. 1, § 120 Abs. 1 1861 In multipolaren Rechtsverhältnissen stellt sich der von Bach, Das Analogieverbot im Verwaltungsrecht (2011), S. 182 f. konstatierte Konflikt zwischen Rechtssicherheitsprinzip und Gleichheitssatz durch widerstreitende Grundrechtspositionen mehrerer Privater als nochmals komplexer dar. Eine einzelfallbezogene Abwägungsentscheidung erscheint daher umso mehr geboten. Soweit Bach, Das Analogieverbot im Verwaltungsrecht (2011), S. 183 dem Gleichheitssatz tendenziell Vorrang einräumen will, weil das Vertrauen auf den Wortlaut einer Rechtsnorm nur bedingt schützenswert sei und es gerade vor erheblichen Dispositionen in komplexen Rechtsmaterien zumutbar sei, professionellen Rechtsrat einzuholen, ist hier zu widersprechen. Denn zum einen verkennt dies die Bedeutung des Vorbehalts des Gesetzes im besonderen Verwaltungsrecht. Zum anderen beantwortet es nicht die entscheidende Frage, ob der Rechtsanwender den belastenden Analogieschluss ziehen darf, sondern lediglich, ob der Betroffene darauf vertrauen darf, dass der Rechtsanwender ebendies nicht tun wird. 1862 Vgl. Bach, Das Analogieverbot im Verwaltungsrecht (2011), S. 172 f. m. w. Nachw. 1863 Zur Dogmatik der grundrechtlichen Schutzpflichten siehe etwa Michael/Morlok, 5. Aufl. (2016), Rn. 510 ff.; vgl. in anderem Kontext Teil 3, A.II.2.a)aa)(3). 1864 Vgl. Teil 3, B.I.1.k); Teil 3, B.I.2.h); Teil 4, A.IV.2.b)dd). 1865 Vgl. Bach, Das Analogieverbot im Verwaltungsrecht (2011), S. 172 f. m. w. Nachw.
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Teil 4: Alternative Gestaltungsmöglichkeiten
VAG a. F. (nunmehr § 8 Abs. 2 VAG) aufgenommen hat, obwohl er davon ausging, dass die SE auch ohnedies unter die Rechtsform der AG subsumierbar gewesen sei.1866 Diese Ansicht des Gesetzgebers findet im Gleichbehandlungsgebot des Art. 10 SE-VO zwar eine Stütze. Für die Gründung einer Versicherungs-SE im Wege der Verschmelzung verfängt dieses Argument jedoch auch deshalb nicht, weil aufgrund der spezielleren Regelungen der Art. 2, 17 ff. SE-VO der Vorbehalt des Art. 10 SE-VO greift.1867 In dogmatischer Hinsicht stellt sich die Aufnahme dieser nach der SE-VO zulässigen Umstrukturierungsmaßnahme vor diesem Hintergrund somit als dringlicher dar als die vor über einem Jahrzehnt erfolgte Aufnahme der SE in den numerus clausus zulässiger Rechtsformen. Hinsichtlich der aufsichtsrechtlichen Behandlung der Gründung einer Versicherungs-SE durch Verschmelzung nach der SE-VO könnte im Falle einer entsprechenden Aufnahme durch den Gesetzgeber in den Genehmigungsvorbehalt des VAG auf die grenzüberschreitende Verschmelzung gemäß § 122a UmwG entsprechend verwiesen werden.1868 Insbesondere bedarf die neu gegründete SE unabhängig von der Art der Verschmelzung einer Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb von der zuständigen Aufsichtsbehörde ihres Sitzstaates.1869 Ohne eine entsprechende Aufnahme in den Genehmigungskatalog des VAG kommt vor dem Hintergrund der gegen eine analoge Anwendung der Genehmigungsvorschriften geäußerten Bedenken eine Beteiligung der BaFin an derartigen Umstrukturierungen de lege lata nur im Rahmen der mit einer Verschmelzung zu einer Versicherungs-SE einhergehenden Satzungs- und Geschäftsplanänderung in Betracht.1870
B. Grenzüberschreitende Spaltungen von Versicherungsunternehmen Als gewissermaßen spiegelbildlichen Vorgang und damit wirtschaftliches Gegenstück zur Verschmelzung sieht das UmwG die Spaltung vor. Die inhaltliche Nähe beider Vorgänge zeigt sich in systematischer Hinsicht bereits darin, dass das UmwG für die Spaltung weitgehend auf die Vorschriften über die Verschmelzung ver-
1866
Vgl. Teil 4, A.I.; Teil 4, A.II. Siehe dazu Teil 4, A.IV.2.b)aa). 1868 Siehe dazu insbesondere Teil 3, B.I.1.; Teil 3, B.I.2.; Teil 3, B.II.1.c); Teil 3, B.II.2.c). Aufgrund des Erfordernisses echter Mehrstaatlichkeit, vgl. dazu Teil 4, A.III. (Fn. 1732), kommt eine innerstaatliche Verschmelzung mit grenzüberschreitendem Bezug nach der SE-VO nicht in Betracht; zur Berücksichtigung inländischer Versicherungsbestände im Rahmen einer SE-Gründung durch Verschmelzung ausschließlich EWR-ausländischer Versicherungsunternehmen siehe Teil 3, B.III. 1869 Vgl. insoweit Teil 3, B.I.3.; Teil 3, B.II.3. 1870 Siehe dazu Teil 4, D.I.; Teil 4, D.II. 1867
B. Grenzüberschreitende Spaltungen von Versicherungsunternehmen
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weist.1871 Von besonderem Interesse ist hier die Frage, wie weit die Spiegelbildlichkeit dieser Umwandlungsvorgänge reicht. Denn nachdem die grenzüberschreitende Verschmelzung im UmwG kodifiziert wurde, ist insoweit zu prüfen, ob auch in umgekehrter Richtung im Wege der Spaltung eines Versicherungsunternehmens ein Bestand grenzüberschreitend übertragen werden kann und wie eine derartige Übertragung aus aufsichtsrechtlicher Sicht zu behandeln wäre. Wie bei der Verschmelzung bestehen auch bei der Spaltung auf Seiten des übernehmenden Unternehmens die Möglichkeiten der Aufnahme durch bestehende Rechtsträger sowie die gleichzeitig mit der Übertragung erfolgende Neugründung des übernehmenden Rechtsträgers. Unabhängig von dieser grundsätzlichen Differenzierung sieht § 123 UmwG drei Arten von Spaltungen vor. Die Spaltungsarten ermöglichen die Zerlegung eines Rechtsträgers in zwei oder mehrere Teile.1872 Die im Rahmen einer derartigen Zerlegung übertragenen Vermögensteilen gehen ausweislich § 131 Abs. 1 Nr. 1 UmwG einschließlich der Verbindlichkeiten jeweils als Gesamtheit – das heißt im Wege der (partiellen) Universalsukzession –1873 auf den übernehmenden Rechtsträger über. Damit kommt grundsätzlich auch eine Übertragung von Versicherungsbeständen im Wege einer Spaltung in Betracht.1874
I. Spaltungsarten nach dem UmwG § 123 UmwG sieht die Spaltungsarten der Aufspaltung, Abspaltung und Ausgliederung vor.1875 Die Übertragung von Vermögensteilen des übertragenden Unternehmens erfolgt dabei je nach Spaltungsart mit unterschiedlicher Zielsetzung.1876 Bei der Aufspaltung (§ 123 Abs. 1 UmwG) und Abspaltung (§ 123 Abs. 2 UmwG) liegt die Gegenleistung für die Übertragung von Vermögensteilen des übertragenden Unternehmens in der Gewährung von Anteilen oder Mitgliedschaften der oder des übernehmenden Rechtsträger(s) an die Anteilsinhaber des übertragenden Rechtsträgers. Demgegenüber erfolgt bei der Ausgliederung (§ 123 Abs. 3 UmwG) die Anteilsgewährung nicht an die Anteilsinhaber des übertragenden Unternehmens, sondern an das übertragende Unternehmen selbst. Die Ausgliederung ist daher als eigenständiges Instrument zu verstehen.1877 1871
Stengel, in: Semler/Stengel, 3. Aufl. (2012), § 125 UmwG Rn. 1; Wardenbach, in: Henssler/Strohn, 3. Aufl. (2016), § 125 UmwG Rn. 1. 1872 Wardenbach, in: Henssler/Strohn, 3. Aufl. (2016), § 123 UmwG Rn. 1. 1873 Zur insoweit uneinheitlichen Terminologie Wardenbach, in: Henssler/Strohn, 3. Aufl. (2016), § 123 UmwG Rn. 2. 1874 Grundlegend für innerstaatliche Spaltungen von Versicherungsunternehmen Entzian/ Schleifenbaum, ZVersWiss 1996, 521 (523 f.); Schmid, Bestandsübertragung und Umwandlung von Versicherungsunternehmen (2010), Rn. 1233 ff. Vgl. auch Diehl/Seemayer, in: Brand/ Baroch Castellvi, 1. Aufl. (2018), § 14 Rn. 61 ff. 1875 Anschaulich Kleba, RNotZ 2016, 273 (274 f.). 1876 Wardenbach, in: Henssler/Strohn, 3. Aufl. (2016), § 123 UmwG Rn. 4. 1877 Wardenbach, in: Henssler/Strohn, 3. Aufl. (2016), § 123 UmwG Rn. 7.
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Teil 4: Alternative Gestaltungsmöglichkeiten
Der wesentliche Unterschied zwischen Aufspaltung und Abspaltung liegt in dem Schicksal des übertragenden Rechtsträgers. Die Aufspaltung betrifft das gesamte Vermögen des übertragenden Rechtsträgers; dieses geht auf zwei oder mehrere übernehmende Rechtsträger über. Der übertragende Rechtsträger erlischt dabei ohne Abwicklung.1878 Die Aufspaltung lässt sich damit als Gegenstück zu einer Verschmelzung durch Neugründung verstehen. Bei der Abspaltung wird hingegen nur ein Vermögensteil des übertragenden Rechtsträgers auf einen oder mehrere übernehmende Rechtsträger übertragen. Der übertragende Rechtsträger besteht nach der Abspaltung mit dem verbleibenden Vermögensteil fort.1879 Dieser Vorgang lässt sich damit als Gegenstück zu einer Verschmelzung durch Aufnahme verstehen. Abgesehen von der Anteilsgewährung entspricht die Ausgliederung der Abspaltung. Auch bei der Ausgliederung wird nur ein Vermögensteil übertragen und besteht der übertragende Rechtsträger nach der Umwandlung fort. Die Ausgliederung stellt damit das Gegenstück zu einer sogenannten Aufwärtsverschmelzung1880 dar. Alle Spaltungsarten sind ausweislich §§ 123 ff., 141 ff. UmwG uneingeschränkt für Versicherungs-Aktiengesellschaften als übertragende, übernehmende oder neue Rechtsträger zulässig.1881 Eine bestehende inländische Versicherungs-SE kann ebenfalls übertragender oder übernehmender Rechtsträger bei allen Spaltungsarten nach dem UmwG sein.1882 Die Neugründung einer SE durch eine Spaltung nach dem UmwG ist indes nicht zulässig. Insoweit stehen – wie bei der Verschmelzung durch Neugründung –1883 die abschließenden Gründungsvorschriften aus SE-VO und SEAG entgegen.1884 1878
Wardenbach, in: Henssler/Strohn, 3. Aufl. (2016), § 123 UmwG Rn. 5. Wardenbach, in: Henssler/Strohn, 3. Aufl. (2016), § 123 UmwG Rn. 6. 1880 Auch als up-stream Merger bezeichnet, vgl. etwa Schlösser, in: Sagasser/Bula/Brünger, 4. Aufl. (2011), § 11 Rn. 45. 1881 Entzian/Schleifenbaum, ZVersWiss 1996, 521 (524). Besonderheiten bestehen indes gemäß § 151 UmwG bei Spaltungen unter Beteiligung von VVaG. 1882 Vgl. Teichmann, in: Lutter, Bd. II, 5. Aufl. (2014), § 124 UmwG Rn. 5 ff.; Hörtnagl, in: Schmitt/Hörtnagl/Stratz, 7. Aufl. (2016), § 124 UmwG Rn. 12 f.; Wardenbach, in: Henssler/ Strohn, 3. Aufl. (2016), § 124 UmwG Rn. 6; Stengel, in: Semler/Stengel, 3. Aufl. (2012), § 124 UmwG Rn. 9. 1883 Vgl. Teil 4, A.IV.2.b)aa). 1884 Wardenbach, in: Henssler/Strohn, 3. Aufl. (2016), § 135 UmwG Rn. 5; Teichmann, in: Lutter, Bd. II, 5. Aufl. (2014), § 124 UmwG Rn. 7; Bärwaldt, in: Semler/Stengel, 3. Aufl. (2012), § 135 UmwG Rn. 23a m. w. Nachw.; Wardenbach, in: Henssler/Strohn, 3. Aufl. (2016), § 124 UmwG Rn. 6 m. w. Nachw. Zum Teil wird insoweit zwischen den Spaltungsarten differenziert. Die SE-VO soll danach nur die Neugründung einer SE im Wege der Aufspaltung oder Abspaltung sperren. Die Ausgliederung von einer inländischen SE auf eine dadurch neu gegründete – ebenfalls inländische – SE soll hingegen einen nach nationalem Recht zulässigen Fall der Gründung einer Tochter-SE nach Art. 3 Abs. 2 SE-VO darstellen, vgl. dazu Hörtnagl, in: Schmitt/Hörtnagl/Stratz, 7. Aufl. (2016), § 124 UmwG Rn. 13, 35 jeweils m. w. Nachw.; Stengel, in: Semler/Stengel, 3. Aufl. (2012), § 124 UmwG Rn. 9. Diese differenzierende Ansicht erscheint vorzugswürdig. Da es sich bei einer derartigen Ausgliederung im Ergebnis indes um eine Umwandlung nach dem UmwG unter Beteiligung ausschließlich inländischer 1879
B. Grenzüberschreitende Spaltungen von Versicherungsunternehmen
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II. Innerstaatliche Spaltungen von Versicherungsunternehmen Soweit sich inländische Erstversicherungs- und Rückversicherungsunternehmen dem umwandlungsrechtlichen Instrumentarium der Spaltung bedienen, sind ungeachtet der gewählten Spaltungsart grundsätzlich die aufsichtsrechtlichen Genehmigungsvorbehalte aus § 14 Abs. 1 S. 1, § 166 Abs. 3 S. 1 VAG (§ 14a S. 1, § 121f Abs. 3 S. 1 VAG a. F.) zu berücksichtigen. Während jedoch bei Verschmelzungen von Versicherungsunternehmen aufgrund der Übertragung des gesamten Vermögens regelmäßig auch Versicherungsverträge zu den von der Umwandlung erfassten Vermögenswerten zählen,1885 ist dies bei Spaltungen von Versicherungsunternehmen nicht zwingend der Fall. So können durch Abspaltung und Ausgliederung auch ausschließlich andere Vermögenswerte von einem Versicherungsunternehmen übertragen werden.1886 Für derartige Umwandlungen bedürfen Rückversicherungsunternehmen ausweislich § 166 Abs. 3 S. 1 VAG (§ 121f Abs. 3 S. 1 VAG a. F.) keiner Genehmigung der Aufsichtsbehörde.1887 Eine entsprechende Einschränkung wird entgegen dem insoweit eindeutigen Wortlaut des § 14 Abs. 1 S. 1 VAG (§ 14a S. 1 VAG a. F.) zum Teil auch bei Spaltungen von Erstversicherungsunternehmen vertreten.1888 Die Einschränkung ist für diese Arbeit grundsätzlich nicht relevant, da die Übertragung von Versicherungsbeständen gerade den Untersuchungsgegenstand bildet, sodass lediglich solche Spaltungen betrachtet werden, bei denen Versicherungsverträge zu den von der Umwandlung erfassten Vermögenswerten zählen.1889 Für die aufsichtsrechtliche Prüfung insbesondere der Wahrung der Belange der Versicherten infolge der Spaltung bestehen im Vergleich zur Verschmelzung prinzipiell keine Besonderheiten.1890 Soweit die Belange der Versicherten bei einer entsprechenden Verschmelzung zu wahren sind, ist deren Wahrung daher auch bei Spaltungen erforderlich. Je nach konkreter Spaltungsart sind die Belange der von der Übertragung betroffenen Versicherten des übertragenden und des oder der überRechtsträger handelt, ergeben sich bei der aufsichtsrechtlichen Behandlung keine Besonderheiten im Vergleich zu einer derartigen Transaktion zwischen inländischen Aktiengesellschaften. 1885 Anderes kann aufgrund der im Rahmen einer Verschmelzung erfolgenden Übertragung des Vermögens als Ganzes nur gelten, soweit an der Verschmelzung Versicherungsunternehmen ohne Versicherungsbestand beteiligt sind. 1886 Sofern das übertragende Versicherungsunternehmen über einen Versicherungsbestand verfügt, ist dies bei einer Aufspaltung hingegen nicht denkbar. Denn bei der Aufspaltung kommt es zwingend zur Übertragung des gesamten Vermögens auf eine oder mehrere übernehmende Rechtsträger, vgl. Teil 4, B.I. 1887 Insoweit besteht lediglich eine Anzeigepflicht gemäß § 47 Nr. 4, § 166 Abs. 3 S. 4 VAG (§ 121a Abs. 3 VAG a. F.). Zur insoweit redundanten Regelung bereits Teil 1, A. (Fn. 94). 1888 Seemayer, Grenzüberschreitende Übertragung von Erst- und Rückversicherungsbeständen (2016), S. 173 f.; Rüdt, in: Bähr, Hdb. Versicherungsaufsichtsrecht (2011), § 14 Rn. 137 ff.; Wolf, VersR 2008, 1441. 1889 Vgl. insoweit aber Teil 3, B. (Fn. 1469). 1890 Vgl. Schmid, Bestandsübertragung und Umwandlung von Versicherungsunternehmen (2010), Rn. 1279.
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Teil 4: Alternative Gestaltungsmöglichkeiten
nehmenden Unternehmen(s) zu prüfen. Bei der Abspaltung und der Ausgliederung von Versicherungsbeständen sind zusätzlich auch die Belange der gegebenenfalls bei dem übertragenden Unternehmen verbleibenden Versicherten in die Prüfung einzubeziehen.
III. Innerstaatliche Spaltungen mit grenzüberschreitendem Bezug Entsprechend der Verschmelzung kann auch eine Spaltung unter Beteiligung ausschließlich inländischer Rechtsträger grenzüberschreitenden Bezug aufweisen, soweit Niederlassungsgeschäft oder Dienstleistungsgeschäft von der Übertragung betroffen ist. Bei Spaltungen von Erstversicherungsunternehmen gelten nach § 14 Abs. 1 S. 2 VAG (§ 14a S. 2 VAG a. F.) auch die Konsultationspflichten des § 13 Abs. 2 VAG (§ 14 Abs. 2 VAG a. F.).1891 Derartige Spaltungen stellen indes keine grenzüberschreitenden Spaltungen im engeren Sinne dar.
IV. Zulässigkeit grenzüberschreitender Spaltungen Für grenzüberschreitende Spaltungen im engeren Sinne stellt sich grundlegend die Frage der Beteiligungsfähigkeit EWR-ausländischer Kapitalgesellschaften an derartigen Umwandlungen. Denn grenzüberschreitende Spaltungen sind im UmwG gegenwärtig nicht vorgesehen.1892 § 125 S. 1 UmwG ordnet ausdrücklich nur die entsprechende1893 Anwendung der Vorschriften des Ersten Teils und des Ersten bis Neunten Abschnitts des Zweiten Buches des UmwG an. Die im Zehnten Abschnitt des Zweiten Buches enthaltenen Regelungen der grenzüberschreitenden Verschmelzung werden nicht in Bezug genommen.1894 Der Gesetzgeber hat sich mangels ausreichender Harmonisierungsregeln für andere Umwandlungsarten und aufgrund der nahezu unüberschaubaren Anzahl von Kombinationsmöglichkeiten, sowohl was die möglichen Umwandlungsarten als auch die beteiligten Rechtsformen angeht, bewusst gegen eine Regelung im UmwG entschieden.1895 Ferner hat der Gesetzgeber zum Ausdruck gebracht, dass die Grundprinzipien für grenzüberschreitende Umstrukturierungsvorgänge aus Gründen der größeren Rechtssicherheit in einer unmittelbar anwendbaren EU-Verordnung geregelt werden sollten.1896 Wenn auch 1891
Vgl. dazu Teil 3, B.III. Kleba, RNotZ 2016, 273 (274). 1893 Es soll sich dabei nicht um eine analoge, sondern eine unmittelbare Anwendung der Verschmelzungsvorschriften in der auf die Spaltung bezogenen Terminologie handeln, vgl. Stengel, in: Semler/Stengel, 3. Aufl. (2012), § 125 UmwG Rn. 3. 1894 Wardenbach, in: Henssler/Strohn, 3. Aufl. (2016), § 124 UmwG Rn. 6. 1895 Vgl. BT-Drs. 16/2919, S. 11; siehe auch Lutter/Bayer, in: Lutter, Bd. I, 5. Aufl. (2014), Einleitung I Rn. 46. 1896 Vgl. BT-Drs. 16/2919, S. 11. 1892
B. Grenzüberschreitende Spaltungen von Versicherungsunternehmen
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bislang weder im UmwG geregelt noch von europäischem Sekundärrecht erfasst, sind grenzüberschreitende Spaltungen nach zutreffender Ansicht bereits aufgrund der im europäischen Primärrecht verbürgten Niederlassungsfreiheit als zulässig anzusehen.1897 Die Ausübung der Grundfreiheiten setzt das Bestehen insoweit entsprechender sekundärrechtlicher Vorschriften nicht voraus.1898 Voraussetzung ist jedoch, dass die beteiligten nationalen Rechtsordnungen der Mitglied- oder Vertragsstaaten für inländische Gesellschaften jeweils die Möglichkeit einer entsprechenden Umwandlung vorsehen.1899 Der grenzüberschreitende Umwandlungsvorgang hat dann grundsätzlich durch sukzessive Anwendung der beteiligten nationalen Rechtsordnungen zu erfolgen.1900 Dies war bei der Verschmelzung bereits vor Erlass der Verschmelzungsrichtlinie aufgrund der insoweit verbindlichen Vorgaben der Dritten Richtlinie Gesellschaftsrecht unionsweit der Fall. Bei der Spaltung kann indes nicht ohne Weiteres von dem Bestehen entsprechender Vorgaben in den Mitglied- oder Vertragsstaaten ausgegangen werden.1901 Zwar gehen die Spaltungsvorschriften im UmwG auf die Spaltungsrichtlinie1902 zurück. Diese sieht jedoch zum einen nur Vorgaben zur Aufspaltung und zur Abspaltung vor. Zum anderen verpflichtet sie die Mitglied- oder Vertragsstaaten, in deren Rechtsordnung die Spaltung nicht vorgesehen ist, nicht zur Einführung dieser Umwandlungsart.1903 Insbesondere die Spaltungsart der Ausgliederung ist daher den Rechtsordnungen
1897 Ausführlich Kleba, RNotZ 2016, 273 (275 f.) m. w. Nachw.; vgl. auch Sagasser/Bultmann, in: Sagasser/Bula/Brünger, 4. Aufl. (2011), § 18 Rn. 195 f. m. w. Nachw.; Heckschen, in: Widmann/Mayer, 158. EL (2016), Vorbem. §§ 122a ff. UmwG Rn. 96; Marsch-Barner, in: Kallmeyer, 5. Aufl. (2013), Vorbem. §§ 122a-122 l UmwG Rn. 11; Rüdt, in: Bähr, Hdb. Versicherungsaufsichtsrecht (2011), § 14 Rn. 140; Hörtnagl, in: Schmitt/Hörtnagl/Stratz, 7. Aufl. (2016), § 1 UmwG Rn. 48 ff. m. w. Nachw.; Altmeppen/Ego, in: MünchKomm-AktG, Bd. 7, 3. Aufl. (2012), B. Rn. 330; Lutter/Bayer, in: Lutter, Bd. I, 5. Aufl. (2014), Einleitung I Rn. 46; Bungert/de Raet, DB 2014, 761 (765); Stiegler, DB 2014, 525 (529). 1898 So zuletzt für den grenzüberschreitenden Formwechsel EuGH, Urteil vom 12. Juli 2012 @ C-378/10 –, ABl. EU 2012 Nr. C 287/3 = NJW 2012, 2715 (2717 f.: Tz. 38, 43, 48); vgl. Böttcher/Kraft, NJW 2012, 2701 (2703); Hushahn, RNotZ 2014, 137 (138); Wicke, DStR 2012, 1756 (1757); Schröder/Fischer, VersR 2013, 686. Ausdrücklich für eine grundsätzliche Übertragbarkeit der Ausführungen des Europäischen Gerichtshofs zum grenzüberschreitenden Formwechsel auf grenzüberschreitende Spaltungen Wöhlert/Degen, GWR 2012, 432 (433). 1899 Vgl. EuGH, Urteil vom 12. Juli 2012 @ C-378/10 –, ABl. EU 2012 Nr. C 287/3 = NJW 2012, 2715 (2717 f.: Tz. 36, 41, 46); vgl. auch Wicke, DStR 2012, 1756 (1758). 1900 EuGH, Urteil vom 12. Juli 2012 @ C-378/10 –, ABl. EU 2012 Nr. C 287/3 = NJW 2012, 2715 (2717 f.: Tz. 36 f., 44); vgl. Kleba, RNotZ 2016, 273 (276). 1901 Vgl. Kalss/Klampfl, in: Dauses, EU-Wirtschaftsrecht, 38. EL (2015), E. III. Rn. 137. 1902 Sechste Richtlinie 82/891/EWG des Rates vom 17. Dezember 1982 gemäß Artikel 54 Abs. 3 Buchstabe g) des Vertrags betreffend die Spaltung von Aktiengesellschaften, ABl. EG 1982 Nr. L 378/47. 1903 Kalss/Klampfl, in: Dauses, EU-Wirtschaftsrecht, 38. EL (2015), E. III. Rn. 137, 169 f. m. w. Nachw.; Wardenbach, in: Henssler/Strohn, 3. Aufl. (2016), § 123 UmwG Rn. 3 m. w. Nachw.
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Teil 4: Alternative Gestaltungsmöglichkeiten
vieler Mitglied- und Vertragsstaaten fremd.1904 Ungeachtet der weiterhin nicht abschließend geklärten Frage der Zulässigkeit grenzüberschreitender Spaltungen nach dem UmwG als solcher, können derartige Umstrukturierungen gegenwärtig rein tatsächlich nur zwischen Unternehmen der Mitglied- oder Vertragsstaaten vorgenommen werden, deren Rechtsordnungen diese Umwandlungsmöglichkeit – wie etwa § 1 Abs. 1 Nr. 2, §§ 123 ff. UmwG – für inländische Gesellschaften vorsehen. Soweit diese Umwandlungsmöglichkeit entsprechend der vorstehenden Regelungen des UmwG in den Rechtsordnungen der Mitglied- oder Vertragsstaaten bereitgestellt wird, kommt danach grundsätzlich auch eine grenzüberschreitende Übertragung von Versicherungsbeständen im Wege der drei Spaltungsarten Aufspaltung, Abspaltung und Ausgliederung in Betracht.
V. Aufsichtsrechtliche Regelungssystematik Rechtssicherheit dürfte sich für andere Umwandlungsarten als die grenzüberschreitende Verschmelzung nur auf europäischer Ebene erreichen lassen.1905 In einer Konsultation der EU-Kommission vom 8. September 2014 hat sich die Mehrheit der Teilnehmer für eine grenzüberschreitende Spaltungen regelnde EU-Richtlinie ausgesprochen.1906 Da eine europäische Regelung gleichwohl bis auf Weiteres nicht ersichtlich ist, könnte der Gesetzgeber im Sinne der Rechtssicherheit und aufgrund der weitgehend an die Verschmelzung angelehnten Regelungssystematik jedenfalls ausdrückliche Vorgaben für die grenzüberschreitende Spaltung im UmwG und im VAG einführen.1907 Dabei wäre zunächst auf gesellschaftsrechtlicher Ebene zu klären, ob sich diese Erweiterung der Anwendbarkeit der Spaltungsvorschriften entsprechend der bisherigen Regelungssystematik der Spaltung grundsätzlich durch Verweis auf die grenzüberschreitende Verschmelzung nach §§ 122a ff. UmwG umsetzen lässt.1908 Sofern eine derartige ausdrückliche Regelung im UmwG erfolgen würde, bedürfte es nicht zwingend einer Folgeänderung in § 14 Abs. 1 S. 1, § 166 Abs. 3 S. 1 VAG (§ 14a S. 1, § 121f Abs. 3 S. 1 VAG a. F.), da diese Vorschriften 1904
Kleba, RNotZ 2016, 273 (288). Vgl. etwa Kalss/Klampfl, in: Dauses, EU-Wirtschaftsrecht, 38. EL (2015), E. III. Rn. 73; Lutter/Bayer, in: Lutter, Bd. I, 5. Aufl. (2014), Einleitung I Rn. 46; Wachter, NZG 2017, 1308 (1313). 1906 Vgl. Kleba, RNotZ 2016, 273 (274) m. w. Nachw.; zum Vorschlag einer künftigen – auch die grenzüberschreitende Spaltung und den grenzüberschreitenden Formwechsel erfassenden – grenzüberschreitenden Umwandlungsrichtlinie (sogenannte Mobilitätsrichtlinie) siehe Report of the Reflection Group on the Future of EU Company Law (2011), S. 21 f. 1907 Für eine Regelung durch den Gesetzgeber jedenfalls mit Blick auf das Gesellschaftsrecht auch Kleba, RNotZ 2016, 273 (288); Bayer, in: Lutter, Bd. I, 5. Aufl. (2014), § 122a UmwG Rn. 15. 1908 Für eine entsprechende Anwendung der §§ 122a ff. UmwG Kleba, RNotZ 2016, 273 (276 f.). Dabei sollen ergänzend §§ 125 ff. UmwG und – soweit diese darüber hinausgehende Regelungen enthält – die jeweiligen Rechtsgedanken der SE-VO heranzuziehen sein. 1905
B. Grenzüberschreitende Spaltungen von Versicherungsunternehmen
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bereits auf § 122a VAG Bezug nehmen und sich die grenzüberschreitende Spaltung dann insoweit nach Maßgabe dieser Vorschrift vollzöge. Klarstellend wäre eine entsprechende Folgeänderung gleichwohl zu begrüßen. Dadurch könnte der Gesetzgeber zugleich entscheiden, ob weiterhin jede Umwandlung von Erstversicherungsunternehmen eine Genehmigung erfordern soll oder eine maßgeblich für Spaltungen relevante Einschränkung entsprechend § 166 Abs. 3 S. 1 VAG (§ 121f Abs. 3 S. 1 VAG a. F.) vorzugswürdig ist.1909 Sofern die grenzüberschreitende Spaltung hingegen eine eigenständige Regelung ohne Verweis auf § 122a UmwG erfahren sollte, wären die vorgenannten Vorschriften des VAG in der Folge entsprechend anzupassen. Solange eine Regelung der grenzüberschreitenden Spaltung im UmwG unterbleibt und derartige Umstrukturierungen trotz insoweit bestehender Rechtsunsicherheit aufgrund des europäischen Primärrechts durchgeführt werden, sollten § 14 Abs. 1 S. 1, § 166 Abs. 3 S. 1 VAG (§ 14a S. 1, § 121f Abs. 3 S. 1 VAG a. F.) grundsätzlich (analoge) Anwendung finden.1910 Denn die grenzüberschreitende Spaltung stellt im Ergebnis einen zur grenzüberschreitenden Verschmelzung spiegelbildlichen Vorgang, mithin eine umgekehrte grenzüberschreitende Verschmelzung dar.1911 Dabei kommt es wie bei der grenzüberschreitenden Verschmelzung zur Übertragung von Vermögen – insbesondere zur Übertragung von Versicherungsbeständen – von einer Gesellschaft auf eine andere und unter Umständen zum Erlöschen des übertragenden Rechtsträgers.1912 Eine Gläubigergefährdung – insbesondere Gefährdung der Versichertenbelange – dürfte bei grenzüberschreitenden Spaltungen von Versicherungsunternehmen im Ergebnis jedenfalls in vergleichbarem Ausmaß wie bei grenzüberschreitenden Verschmelzungen anzunehmen sein.1913
1909
Vgl. zum Meinungsstand Teil 3, B. (Fn. 1469); Teil 4, B.II. (Fn. 1888). Im Falle der Einschränkung der Genehmigungspflicht durch den Gesetzgeber sollte für nicht erfasste Umwandlungsvorgänge von Erstversicherungsunternehmen jedenfalls eine Anzeigepflicht hinsichtlich der Umwandlungsabsicht entsprechend § 47 Nr. 4, § 166 Abs. 3 S. 4 VAG (§ 121a Abs. 3 VAG a. F.) statuiert werden. 1910 Zu den mit einer analogen Anwendung aufsichtsrechtlicher Genehmigungsvorschriften einhergehenden Problemen und der insoweit gebotenen einzelfallbezogenen Abwägungsentscheidung Teil 4, A.IV.3. Die dort gegen eine analoge Anwendung geäußerten Bedenken bestehen bei einer grenzüberschreitenden Spaltung indes nur eingeschränkt. Denn zum einen stellt die Spaltung gerade das wirtschaftliche Gegenstück zur Verschmelzung dar, vgl. Teil 4, B. Zum anderen ist nach der insoweit maßgeblichen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs eine sukzessive Anwendung der nationalen Rechtsordnungen geboten, weshalb sich die grenzüberschreitende Spaltung aufgrund der Dogmatik des UmwG jedenfalls auch nach Maßgabe von §§ 1, 122a UmwG richten und § 14 Abs. 1 S. 1, § 166 Abs. 3 S. 1 VAG (§ 14a S. 1, § 121f Abs. 3 S. 1 VAG a. F.) im Ergebnis sogar direkte Anwendung finden dürften. 1911 Kleba, RNotZ 2016, 273 (274) m. w. Nachw. 1912 Kleba, RNotZ 2016, 273 (277). 1913 Insoweit ist auch zu berücksichtigen, dass bei einer Verschmelzung die für den Versicherungsbestand zuständigen Mitarbeiter und die komplette operative Infrastruktur des übertragenden Versicherungsunternehmens grundsätzlich auf das übernehmende Unternehmen
396
Teil 4: Alternative Gestaltungsmöglichkeiten
Insoweit wird für grenzüberschreitende Spaltungen zum Teil in analoger Anwendung von § 122j UmwG ein Anspruch auf Sicherheitsleistung bejaht.1914 Bei der Verschmelzung vergrößert sich indes aus Gläubigersicht regelmäßig die zur Verfügung stehende Haftungsmasse, während sich diese bei einer Spaltung aufgrund der Zerlegung des Rechtsträgers im Einzelfall verkleinern kann.1915 Insoweit statuiert § 133 UmwG jedoch einen spaltungsspezifischen Gläubigerschutz in Form einer gesamtschuldnerischen Nachhaftung.1916 Dieser gilt auch für die zusätzlich durch §§ 125, 23 UmwG geschützten Ansprüche der Inhaber von Sonderrechten;1917 Besonderheiten gegenüber grenzüberschreitenden Verschmelzungen oder innerstaatlichen Spaltungen bestehen insoweit nicht.1918 Auch für das Verhältnis zwischen Genehmigung und Registereintragung gilt bei der grenzüberschreitenden Spaltung im Ergebnis nichts anderes als bei der grenzüberschreitenden Verschmelzung.1919
C. Grenzüberschreitende Vermögensübertragung Die Möglichkeit der grenzüberschreitenden Vermögensübertragung wird – anders als die Frage der Zulässigkeit grenzüberschreitender Verschmelzungen und Spaltungen – in Rechtsprechung und Literatur nicht explizit diskutiert.1920 Dies erklärt sich bei näherer Betrachtung der Regelung der Vermögensübertragung im UmwG jedoch schnell. Eine Vermögensübertragung kann in den zwei Arten der Vollübertragung und der Teilübertragung erfolgen. Bei einer Vollübertragung finden übergehen. Dies ist bei Spaltungen im Rahmen eines Betriebsübergangs zwar ebenfalls möglich, aber nicht zwingend. 1914 Vgl. zum Anspruch auf Sicherheitsleistung bei der grenzüberschreitenden Verschmelzung Teil 3, B.I.1.h). Zum Teil wird der Anspruch auf Sicherheitsleistung bei der Spaltung dogmatisch nicht analog § 122j UmwG, sondern gemäß § 125 S. 1, § 22 UmwG begründet, vgl. Kleba, RNotZ 2016, 273 (285 f.) m. w. Nachw. 1915 Vgl. Rieble, ZIP 1997, 301 (302), der ferner ausführt, dass auch die Verschmelzung mit einem verschuldeten Rechtsträger eine Gläubigergefährdung bewirken kann. Soweit es Versicherungsunternehmen betrifft, dürfte diese Gefahr aufgrund der zwingend erforderlichen Solvabilitätsprüfung regelmäßig nicht bestehen. 1916 Dazu etwa Wardenbach, in: Henssler/Strohn, 3. Aufl. (2016), § 133 UmwG Rn. 1 ff; Rieble, ZIP 1997, 301 (312). 1917 Wardenbach, in: Henssler/Strohn, 3. Aufl. (2016), § 133 UmwG Rn. 14 ff.; vgl. zum Schutz der Inhaber von Sonderrechten bei der grenzüberschreitenden Verschmelzung Teil 3, B.I.1.e). 1918 Kleba, RNotZ 2016, 273 (278). 1919 Dazu Teil 3, B.I.1.g). Sobald die Wirksamkeit einer grenzüberschreitenden Spaltung feststeht, wird diese nicht mehr rückabgewickelt werden können, vgl. Kleba, RNotZ 2016, 273 (288) m. w. Nachw. Für die innerstaatliche Spaltung folgt dies aus der § 20 Abs. 2 UmwG entsprechenden Regelung in § 131 Abs. 2, § 135 Abs. 1 S. 1 UmwG, vgl. etwa Kübler, in: Semler/Stengel, 3. Aufl. (2012), § 131 UmwG Rn. 66 f. 1920 Vgl. Heckschen, in: Widmann/Mayer, 158. EL (2016), Vorbem. §§ 122a ff. UmwG Rn. 97.
C. Grenzüberschreitende Vermögensübertragung
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ausweislich §§ 176, 178 UmwG grundsätzlich die Vorschriften über die Verschmelzung durch Aufnahme Anwendung; bei einer Teilübertragung sind ausweislich §§ 177, 179 UmwG grundsätzlich die Vorschriften über die Spaltung anzuwenden.1921 Soweit grenzüberschreitende Verschmelzungen und Spaltungen für zulässig erachten werden, dürfte folglich für eine grenzüberschreitende Vermögensübertragung nichts anderes gelten.1922 Insoweit wäre grundsätzlich auf die entsprechenden Ausführungen zu verweisen. Zu berücksichtigen ist jedoch, dass § 175 UmwG abschließend die beteiligungsfähigen Unternehmen und die zulässigen Fälle von Vermögensübertragungen auflistet. Zwar zählt die Versicherungs-Aktiengesellschaft grundsätzlich neben VVaG und öffentlich-rechtlichen Versicherungsunternehmen ausweislich § 175 Nr. 2 lit. a UmwG zu den zulässigen übertragenden Rechtsträgern sowie ausweislich § 175 Nr. 2 lit. b, c UmwG zu den zulässigen übernehmenden Rechtsträgern. Wenngleich nicht ausdrücklich genannt, wird aufgrund von Art. 10 SE-VO insoweit ferner von einer der VersicherungsAktiengesellschaft entsprechenden Beteiligungsfähigkeit einer bestehenden inländischen Versicherungs-SE auszugehen sein. Der übertragende und der übernehmende Rechtsträger dürfen bei einer Vermögensübertragung jedoch nicht typengleich sein.1923 Eine Vermögensübertragung unter Versicherungsunternehmen ist nur zulässig, wenn die beteiligten Unternehmen unterschiedliche Rechtsformen haben.1924 Insoweit ließe sich zwar argumentieren, dass eine grenzüberschreitende Vermögensübertragung regelmäßig zwischen Versicherungsunternehmen unterschiedlicher Rechtsform stattfinden würde und zudem auch AG und SE unterschiedliche Rechtsformen sind. § 175 UmwG stellt indes kein pauschales Verbot der Typengleichheit auf. Vielmehr listet die Norm enumerativ und abschließend die möglichen Fälle der Vermögensübertragung auf. Ausweislich § 175 Nr. 1 UmwG kann allgemein eine Übertragung von einer Kapitalgesellschaft auf den Bund, ein Land, eine Gebietskörperschaft oder einen Zusammenschluss von Gebietskörperschaften erfolgen. Gemäß § 175 Nr. 2 lit. a UmwG ist speziell die Übertragung von einer Versicherungs-Aktiengesellschaft auf VvaG oder auf öffentlich-rechtliche Versicherungsunternehmen gestattet. § 175 Nr. 2 lit. b, c UmwG erfassen umgekehrt Übertragungen von VvaG und öffentlich-rechtlichen Versicherungsunternehmen. Das bedeutet im Ergebnis, dass eine Vermögensübertragung von einer Versicherungs-Aktiengesellschaft oder einer inländischen Versicherungs-SE auf eine andere Versicherungs-Aktiengesellschaft oder eine andere inländische Versicherungs-SE nicht zulässig ist, es mithin in diesem Rahmen aufgrund der abschließenden Regelung von § 175 Nr. 2 UmwG in innerstaatlichem Kontext auch nicht zur Übertragung eines Versicherungsbestands zwischen als Aktiengesellschaften ein1921
Dazu im nationalen Kontext Entzian/Schleifenbaum, ZVersWiss 1996, 521 (525 f.); Diehl/Seemayer, in: Brand/Baroch Castellvi, 1. Aufl. (2018), § 14 Rn. 87 ff. 1922 Vgl. Kindler, in: MünchKomm-BGB, Bd. 11, 6. Aufl. (2015), Internationales Handelsund Gesellschaftsrecht Rn. 791. 1923 Decker, in: Henssler/Strohn, 3. Aufl. (2016), § 175 UmwG Rn. 2. 1924 Entzian/Schleifenbaum, ZVersWiss 1996, 521 (541).
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Teil 4: Alternative Gestaltungsmöglichkeiten
schließlich der SE inkorporierten Versicherungsunternehmen kommen kann. Soweit es grenzüberschreitende Umstrukturierungen betrifft, verlangt der Europäische Gerichtshof bislang aber regelmäßig nur die Gestattung derjenigen Maßnahmen, die die beteiligten Mitglied- oder Vertragsstaaten inländischen Unternehmen bereitstellen. Somit dürfte eine grenzüberschreitende Vermögensübertragung unter Beteiligung von Versicherungsunternehmen im Ergebnis zwar grundsätzlich denkbar sein. Selbst wenn die Vermögensübertragung aber grenzüberschreitend zuzulassen wäre, könnte daraus nicht die Möglichkeit der Übertragung von einer inländischen Aktiengesellschaft auf eine EWR-ausländische Aktiengesellschaft oder umgekehrt gefolgert werden. Aufgrund des Verbotes der Typengleichheit ist die grenzüberschreitende Vermögensübertragung für die in dieser Arbeit betrachteten Übertragungen im Ergebnis folglich nicht von Interesse. Zudem hat auch die innerstaatliche Vermögensübertragung unter Beteiligung von Versicherungsunternehmen bislang praktisch keine Bedeutung erlangt.1925
D. Grenzüberschreitende Sitzverlegung einer Versicherungs-SE Die SE-VO ermöglicht nicht nur die grenzüberschreitende Gründung einer SE, sondern eröffnet der SE auch die Möglichkeit, ihren Sitz in einen anderen Mitgliedoder Vertragsstaat zu verlegen. Gemäß Art. 8 Abs. 1 S. 2 SE-VO führt eine solche Sitzverlegung weder zur Auflösung der SE noch zur Gründung einer neuen juristischen Person im Zuzugsstaat. Mit anderen Worten erfolgt die Sitzverlegung einer SE identitätswahrend. Anders als grenzüberschreitende Bestandsübertragungen oder Verschmelzungen bewirkt die grenzüberschreitende Sitzverlegung einer Versicherungs-SE aus Versichertensicht insoweit folglich keinen Schuldnerwechsel. Die SE wechselt durch die Sitzverlegung auch nicht ihre Rechtsform. Sie unterfällt infolge der Sitzverlegung jedoch maßgeblich dem Recht des Zuzugsstaates.1926 Wenngleich Identität und Rechtsform somit erhalten bleiben, gilt die SE nach der Sitzverlegung nicht mehr als SE des Herkunftsstaates, sondern als solche des Zuzugsstaates. Sie wechselt damit gewissermaßen ihre Nationalität. Verlegt eine Versicherungs-SE ihren Sitz in einen anderen Mitglied- oder Vertragsstaat, erfolgt ferner ein Wechsel der Aufsichtszuständigkeit – jedenfalls soweit es die Finanzaufsicht betrifft – von der Aufsichtsbehörde des Wegzugstaates zu der Aufsichtsbehörde des Zuzugsstaa1925 Stratz, in: Schmitt/Hörtnagl/Stratz, 7. Aufl. (2016), § 175 UmwG Rn. 5; Koerfer, in: Semler/Stengel, 3. Aufl. (2012), Anhang § 119 UmwG Rn. 7; unabhängig von einer Beteiligung von Versicherungsunternehmen ebenso Heckschen, in: Widmann/Mayer, 158. EL (2016), Vorbem. §§ 122a ff. UmwG Rn. 97. Zu innerstaatlichen Vermögensübertragungen von Versicherungsunternehmen siehe Schmid, Bestandsübertragung und Umwandlung von Versicherungsunternehmen (2010), Rn. 1308 ff. 1926 Dies wirkt sich insbesondere auf das anwendbare Insolvenzrecht aus, vgl. Heckschen, in: Widmann/Mayer, 158. EL (2016), Anhang 14 Rn. 411.
D. Grenzüberschreitende Sitzverlegung einer Versicherungs-SE
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tes.1927 Es ist daher zu erörtern, ob eine solche Sitzverlegung einer aufsichtsrechtlichen Genehmigungspflicht unterliegt und wie der in diesem Rahmen erfolgende Wechsel der Aufsichtszuständigkeit abläuft. Entsprechend der Systematik der bereits betrachteten Umstrukturierungen ist bei der Sitzverlegung einer SE ebenfalls zwischen der Hinausverlegung und der Hineinverlegung zu differenzieren.1928
I. Hinausverlegung 1. Genehmigungserfordernis Eine deutsche SE kann ihren Sitz nach Maßgabe von Art. 8 SE-VO, §§ 12 ff. SEAG in einen anderen Mitglied- oder Vertragsstaat verlegen. Art. 8 Abs. 14 SE-VO erlaubt es den Mitglied- oder Vertragsstaaten, aus Gründen des öffentlichen Interesses ein behördliches Einspruchsrecht gegen die Sitzverlegung zu statuieren. Von dieser Ermächtigung hat der deutsche Gesetzgeber jedoch – ebenso wie von der entsprechenden Ermächtigung des Art. 19 SE-VO betreffend die SE-Gründung durch Verschmelzung –1929 keinen Gebrauch gemacht.1930 Allgemeine behördliche Einschränkungen für die Hinausverlegung des Sitzes einer Versicherungs-SE bestehen damit nicht. Der Gläubigerschutz richtet sich nach Art. 8 Abs. 7 SE-VO, § 13 SEAG. Dazu kann vollumfänglich auf die Ausführungen zum Gläubigerschutz bei der Hinausverschmelzung im Zuge einer SE-Gründung verwiesen werden.1931 Denn die Regelungen wurden originär für die Sitzverlegung geschaffen1932 und anschließend über § 8 S. 1 SEAG auf die Hinausverschmelzung für entsprechend anwendbar erklärt.1933 Anders als die SE-Gründung durch Verschmelzung stellt die bloße Sitzverlegung einer SE der Sache nach jedoch keine den Umwandlungsarten des UmwG ähnelnde Umstrukturierung dar. Ein Genehmigungserfordernis nach § 14 Abs. 1 S. 1, § 166 Abs. 3 S. 1 VAG (§ 14a S. 1, § 121f Abs. 3 S. 1 VAG a. F.) kommt folglich nicht in Betracht. Die Sitzverlegung erfolgt identitätswahrend. Im Falle einer SE heißt das aufgrund der eigenständigen europäischen Rechtsform, dass die juristische Person
1927
Grundlegend Schröder/Fischer, VersR 2013, 686 (687). Vgl. Schröder/Fischer, VersR 2013, 686 (687). 1929 Vgl. Teil 4, A.IV.2.b)bb) (Fn. 1792). 1930 Louven/Dettmeier/Pöschke/Weng, BB Beilage 2006, Nr. 13, 1 (8); Casper, in: Spindler/ Stilz, Bd. 2, 3. Aufl. (2015), SE-VO Art. 19 Rn. 3 m. w. Nachw.; Schäfer, in: MünchKommAktG, Bd. 7, 3. Aufl. (2012), VO (EG) 2157/2001 Art. 19 Rn. 3. 1931 Siehe Teil 4, A.IV.2.b)cc). 1932 Vgl. BT-Drs. 15/3405, S. 34. 1933 Der von § 8 S. 1 SEAG nicht in Bezug genommene § 13 Abs. 3 SEAG findet dabei seine inhaltliche Entsprechung in § 8 S. 2 SEAG. 1928
400
Teil 4: Alternative Gestaltungsmöglichkeiten
wirtschaftlich und vor allem auch rechtlich unverändert fortbesteht.1934 Die Sitzverlegung einer Versicherungs-SE fällt auch nicht in den Anwendungsbereich der die grenzüberschreitende Bestandsübertragung regelnden § 13 Abs. 1, 2, § 166 Abs. 1 VAG (§ 14 Abs. 1, 2, § 121f Abs. 1 VAG a. F.).1935 Denn diese Normen setzen voraus, dass ein Versicherungsbestand von einem inländischen Versicherungsunternehmen auf ein anderes Versicherungsunternehmen übertragen wird.1936 Diese Voraussetzung ist aber aufgrund der fortbestehenden Identität der migrierenden Versicherungs-SE nicht erfüllt. Zwar kann die Sitzverlegung einer Versicherungs-SE zu spezifischen Gläubigerbenachteiligungen führen, die denjenigen grenzüberschreitender Bestandsübertragungen oder Verschmelzungen ähneln. Gleichwohl kommt es bei der Sitzverlegung nicht zu einer Änderung der Organisationsform der Versicherungs-SE und auch nicht zu einem durch eine Übertragung von Versicherungsbeständen bedingten Schuldnerwechsel. Aus diesem Grund scheidet auch eine analoge Anwendung der §§ 13, 14, 166 VAG (§§ 14, 14a, 121f VAG a. F.) aus. Ein versicherungsaufsichtsrechtliches Genehmigungserfordernis der Sitzverlegung als solcher besteht danach de lege lata nicht. Gleichwohl läuft ein solcher Vorgang nicht ohne Beteiligung der BaFin ab. Denn wenngleich die Sitzverlegung – anders als Bestandsübertragungen und Umwandlungen – nicht ausdrücklich vom VAG erfasst wird, so führt sie regelmäßig zu einer Änderung der Satzung der SE. Satzungsänderungen eines inländischen Versicherungsunternehmens haben jedoch unabhängig von einer Umstrukturierung eigenständige aufsichtsrechtliche Implikationen. Denn die Satzung ist ausweislich § 9 Abs. 2 Nr. 1 VAG (§ 5 Abs. 3 Nr. 1, § 119 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 VAG a. F.1937) obligatorischer Bestandteil des Geschäftsplans von Versicherungsunternehmen, sodass die Satzungsänderung einer inländischen Versicherung-SE zugleich eine Änderung des Geschäftsplans im Sinne des § 12 Abs. 1 S. 1 VAG (§ 13 Abs. 1 S. 1, § 121a Abs. 3 VAG a. F.1938) darstellt.1939 Solange der Satzungssitz noch nicht wirksam in einen anderen Mitglied- oder Vertragsstaat verlegt wurde, finden diese Vorschriften auch Anwendung.1940
1934
Schröder/Fischer, VersR 2013, 686 (687); insoweit besteht grundsätzlich ein Unterschied zum identitätswährend erfolgenden grenzüberschreitenden Formwechsel, vgl. Teil 4, E.I. 1935 Schröder/Fischer, VersR 2013, 686 (687); Diehl/Seemayer, in: Brand/Baroch Castellvi, 1. Aufl. (2018), § 13 Rn. 31. 1936 Schröder/Fischer, VersR 2013, 686 (687) m. w. Nachw. 1937 BT-Drs. 18/2956, S. 235 f. 1938 BT-Drs. 18/2956, S. 237. 1939 Schröder/Fischer, VersR 2013, 686 (688). 1940 Schröder/Fischer, VersR 2013, 686 (688).
D. Grenzüberschreitende Sitzverlegung einer Versicherungs-SE
401
a) Erstversicherungsunternehmen aa) De lege lata Die Geschäftsplanänderung eines Erstversicherungsunternehmens bedarf ausweislich § 12 Abs. 1 S. 1 VAG (§ 13 Abs. 1 S. 1 VAG a. F.) der Genehmigung der BaFin, um in Kraft gesetzt werden zu dürfen.1941 Somit besteht bei der Sitzverlegung einer Erstversicherungs-SE im Ergebnis eine Prüfungskompetenz der BaFin bezüglich eines derartigen Vorgangs. Als Genehmigungsmaßstab ist dabei jedoch ausweislich § 12 Abs. 1 S. 4 VAG (§ 13 Abs. 1 S. 3 VAG a. F.) lediglich § 11 VAG heranzuziehen. Diese Norm entspricht im Wesentlichen § 8 VAG a. F.1942 Dabei handelt es sich aber gerade um den vom Bundesverfassungsgericht im Hinblick auf die Bestandsübertragung gemäß § 14 VAG a. F. (nunmehr § 13 VAG) für nicht ausreichend erachteten Prüfungsmaßstab.1943 Ausweislich § 11 Abs. 1 Nr. 1, Nr. 4 lit. a VAG (§ 8 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 VAG a. F.) dürfte die BaFin die Genehmigung der Sitzverlegung einer Versicherungs-SE in einen anderen Mitglied- oder Vertragsstaat danach insbesondere dann versagen, wenn die Belange der Versicherten nicht ausreichend gewahrt oder die Verpflichtungen aus den Versicherungen nicht ausreichend als dauernd erfüllbar dargetan sind.1944 bb) De lege ferenda Es stellt sich die Frage, ob nicht darüber hinaus de lege ferenda eine Aufnahme der grenzüberschreitenden Sitzverlegung einer Erstversicherungs-SE in die Genehmigungspflicht der §§ 13, 14 VAG (§§ 14, 14a VAG a. F.) zu begrüßen wäre. Hintergrund für den über § 8 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 VAG a. F. (nunmehr § 11 Abs. 1 Nr. 1, Nr. 4 lit. a VAG) hinausgehenden novellierten Prüfungsmaßstab der §§ 14, 14a VAG a. F. (nunmehr §§ 13, 14 VAG) war maßgeblich der gesetzliche Ausschluss von § 415 BGB und die dadurch im Gegenzug begründete besondere staatliche Schutzpflicht. Voraussetzung für eine Übertragung dieses Prüfungsmaßstabs auf andere Bereiche der laufenden Aufsicht – wie etwa die Sitzverlegung einer Versicherungs-SE in einen anderen Mitglied- oder Vertragsstaat – ist das Vorliegen besonderer Umstände, die ebenfalls für eine nur durch Änderung des VAG zu erfüllende Schutzpflicht des Gesetzgebers sprechen.1945 Im Bereich der Zulassungsaufsicht wird das Vorliegen dieser Voraussetzung zutreffend verneint.1946 Gleiches gilt für die laufende Aufsicht,
1941
Schröder/Fischer, VersR 2013, 686 (688 f.). Vgl. BT-Drs. 18/2956, S. 236. 1943 Dazu insbesondere Teil 1, D.II.3. 1944 Ausführlich zu diesem gegenüber den Anforderungen der §§ 13, 14 VAG (§§ 14, 14a VAG a. F.) eingeschränkten Prüfungsmaßstab Schröder/Fischer, VersR 2013, 686 (689). 1945 Vgl. Eilert, VersR 2009, 709 (711). 1946 Eilert, VersR 2009, 709 (711). 1942
402
Teil 4: Alternative Gestaltungsmöglichkeiten
soweit es nicht um Umstrukturierungen geht.1947 Bei der Sitzverlegung einer SE in einen anderen Mitglied- oder Vertragsstaat handelt es sich jedoch um eine Umstrukturierung. Im gesellschaftsrechtlichen Schrifttum wird zudem ein zumindest vergleichbares Gefährdungspotenzial zwischen der Sitzverlegung einer SE und grenzüberschreitenden Verschmelzungen konstatiert.1948 Die nach dem UmwG und der SE-VO auf grenzüberschreitende Verschmelzungen anzuwendenden Gläubigerschutzvorschriften entsprechen daher weitestgehend denjenigen bei der Sitzverlegung einer SE.1949 Dann liegt es aber nahe, auch versicherungsaufsichtsrechtlich den gleichen Prüfungsmaßstab anzulegen.1950 Gegen eine Übertragung des aufsichtsrechtlichen Prüfungsmaßstabs wird vorgebracht, dass die potentielle Gefährdungslage der Versicherten bei der Sitzverlegung einer Versicherungs-SE nicht mit der Gefährdungslage von Bestandsübertragungen oder umwandlungsrechtlichen Vorgängen zu vergleichen sei.1951 Daran ist zutreffend, dass die grenzüberschreitende Sitzverlegung – ungeachtet des Schutzes durch § 13 SEAG – regelmäßig keine unmittelbare finanzielle Gläubigerbenachteiligung begründen wird. Denn insoweit besteht zunächst grundsätzlich wirtschaftliche Identität und Kontinuität. Anders als bei der Bestandsübertragung greift auch nicht etwa ein primär im Interesse der Versicherungsunternehmen liegender gesetzlicher Ausschluss von § 415 BGB ein, der eine gesteigerte staatliche Schutzpflicht gegenüber den Versicherten begründen könnte. Auch kommt es anders als bei Umwandlungen nach dem UmwG nicht aufgrund einer gesetzlich angeordneten Universalsukzession im Ergebnis zu einem Ausschluss von § 415 BGB. Bei der Sitzverlegung einer SE besteht per se kein Zustimmungserfordernis der Gläubiger. Die Versicherungsnehmer einer Erstversicherungs-SE haben keinerlei Möglichkeit, sich gegen eine Sitzverlegung zu wehren.1952 Bei einer rein innerstaatlichen Sitzverlegung besteht dafür auch kein Grund. Denn dadurch ändert sich nicht das auf die Gesellschaft anwendbare Recht. Dies ist bei der grenzüberschreitenden Sitzverlegung einer SE indes anders.1953 1947
Eilert, VersR 2009, 709 (711). Casper, in: Spindler/Stilz, Bd. 2, 3. Aufl. (2015), SE-VO Art. 24 Rn. 8. 1949 Vgl. BT-Drs. 15/3405, S. 34; Schäfer, in: MünchKomm-AktG, Bd. 7, 3. Aufl. (2012), VO (EG) 2157/2001 Art. 17 Rn. 1. 1950 Pragmatisch erscheint der von Schröder/Fischer, VersR 2013, 686 (689) vertretene Ansatz, nach dem zwar grundsätzlich der Prüfungsmaßstab der §§ 14, 14a VAG a. F. (nunmehr §§ 13, 14 VAG) Anwendung finden soll, eine Versagung der Genehmigung aufgrund der Identität des Rechtsträgers indes nur in Einzelfällen in Betracht zu ziehen sein soll. Damit könnte regelmäßig eine unkomplizierte Sitzverlegung gleichzeitig aber auch das Bestehen einer umfassenden Prüfungskompetenz bei Einzelfällen gerade im Bereich der Lebensversicherung gewährleistet werden. 1951 Schröder/Fischer, VersR 2013, 686 (689). 1952 Hierbei ist auch zu berücksichtigen, dass für viele Versicherungsnehmer die Sicherheit ihrer Ansprüche einen ausschlaggebenden Grund bei der Entscheidung, einen Versicherungsvertrag abzuschließen, spielt, vgl. BT-Drs. 18/2956, S. 237. Dabei kann es für den Versicherungsnehmer von Bedeutung sein, mit einem inländischen, das heißt hier deutschen Unternehmen – sei es auch einer SE in ihrer deutschen Form – zu kontrahieren. 1953 Vgl. Heckschen, in: Widmann/Mayer, 158. EL (2016), Anhang 14 Rn. 411. 1948
D. Grenzüberschreitende Sitzverlegung einer Versicherungs-SE
403
Gerade aus diesem Grund sieht Art. 8 Abs. 14 SE-VO die Ermächtigung zur Statuierung eines behördlichen Einspruchsrechts vor. Der Gesetzgeber hat zudem bereits im Zusammenhang mit § 13 SEAG auf die Gefahren einer Sitzverlegung für Gläubiger abgestellt.1954 Neben der Erschwerung der Rechtsdurchsetzung1955 ist insbesondere darauf hinzuweisen, dass der Kapitalschutz noch nicht vollständig harmonisiert ist.1956 Für Versicherungsunternehmen gelten insoweit zwar EWR-weit harmonisierte Solvabilitätsvorgaben. Erhebliche Divergenzen bestehen indes in den nationalen Sicherungseinrichtungen beziehungsweise Garantiefonds.1957 Durch den im Rahmen der Sitzverlegung erfolgenden Wechsel des anwendbaren Rechts sowie der für die Finanzaufsicht zuständigen Behörde ändert sich regelmäßig auch die Mitgliedschaft in derartigen Sicherungseinrichtungen. Für die Fälle der Bestandsübertragung im Erstversicherungsbereich hat der Gesetzgeber aus diesem Grund mit dem neu eingefügten § 13 Abs. 7 S. 3 VAG ein Sonderkündigungsrecht der betroffenen Versicherungsnehmer eingeführt.1958 Im Wege der Sitzverlegung einer Erstversicherungs-SE kann eine grundsätzlich vergleichbare Gefährdungslage jedoch ebenfalls entstehen, ohne dass dieser ein Sonderkündigungsrecht der Versicherungsnehmer oder zumindest eine insoweit umfassende aufsichtsbehördliche Prüfungsbefugnis gegenüberstünde. Darüber hinaus besteht auch die Gefahr, dass sich eine Erstversicherungs-SE durch grenzüberschreitende Sitzverlegung den gesetzlichen Vorgaben zur Überschussbeteiligung entzieht. Insoweit ist bei einer Prüfung lediglich nach Maßgabe von § 12 Abs. 1 S. 4 i. V. m. § 11 Abs. 1 Nr. 1, Nr. 4 lit. a VAG (§ 13 Abs. 1 S. 3 i. V. m. § 8 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 VAG a. F.) insbesondere keine Wahrung der Überschussbeteiligung nach den Vorgaben des § 13 Abs. 4 VAG (§ 14 Abs. 4 VAG) vorgesehen. Zwar ist dies bei einer bloßen Sitzverlegung aufgrund der wirtschaftlichen Identität des Unternehmens grundsätzlich auch nicht erforderlich. Durch eine grenzüberschreitende Sitzverlegung könnte eine Erstversicherungs-SE bei bestehenden Verträgen mit Überschussbeteiligung jedoch die Geltung der MindZV und ÜbschV umgehen.1959 Dahingehende aufsichtsbehördliche Prüfungen über den Umweg der Genehmigung der Satzungsänderung nach § 12 Abs. 1 S. 4 i. V. m. § 11 Abs. 1 Nr. 1, Nr. 4 lit. a VAG (§ 13 Abs. 1 S. 3 i. V. m. § 8 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 VAG a. F.) vorzunehmen, erscheint jedenfalls unzweckmäßig. De lege ferenda 1954
BT-Drs. 15/3405, S. 35. Hier können sich schon vorgelagerte versicherungsspezifische Probleme wie etwa erschwerte Schadenabwicklung oder verschlechterte Kundenbetreuung im Versicherungsfall ergeben. An der Zuständigkeit deutscher Gerichte für Streitigkeiten aus den Versicherungsverträgen, die jedenfalls immer dann besteht, wenn der Vertrag in Deutschland mit Privatkunden abgeschlossen wurde, vgl. bereits Hohlfeld, VersR 1993, 144 (145), ändert sich durch eine Hinausübertragung hingegen nichts. In die bestehenden Verträge wird abgesehen vom Austausch des Schuldners nicht eingegriffen. 1956 Oechsler, in: MünchKomm-AktG, Bd. 7, 3. Aufl. (2012), VO (EG) 2157/2001 Art. 8 Rn. 34a m. w. Nachw. 1957 BT-Drs. 18/2956, S. 237. 1958 BT-Drs. 18/2956, S. 237; vgl. dazu Teil 1, D.II.4.a); Teil 2, E.I.2. 1959 Zu den sich daraus ergebenden Besonderheiten Teil 3, A.II.1.a)dd)(2). 1955
404
Teil 4: Alternative Gestaltungsmöglichkeiten
dürfte vor diesem Hintergrund eine Aufnahme der grenzüberschreitenden Sitzverlegung einer Erstversicherungs-SE in die Genehmigungspflicht der §§ 13, 14 VAG (§§ 14, 14a VAG a. F.) zu befürworten sein. Mit Blick auf die Beteiligung weiterer Aufsichtsbehörden – etwa bei der Sitzverlegung einer Erstversicherungs-SE mit Niederlassungen in anderen Mitglied- oder Vertragsstaaten – wäre insoweit eine europäische Vorgabe zu begrüßen. b) Rückversicherungsunternehmen Die durch die Sitzverlegung einer Rückversicherungs-SE bedingte Satzungsänderung und damit einhergehende Änderung des Geschäftsplans ist ausweislich § 47 Nr. 4 VAG (121a Abs. 3 VAG a. F.1960) lediglich anzeigepflichtig.1961 Damit besteht auch über den Umweg der Satzungsänderung kein aufsichtsbehördliches Genehmigungserfordernis bei der Sitzverlegung einer Rückversicherungs-SE. Ausweislich § 47 Nr. 4, § 166 Abs. 3 S. 4 VAG (§ 121a Abs. 3 VAG a. F.1962) ist darüber hinaus auch die Absicht der Umwandlung eines Rückversicherungsunternehmens nach §§ 1, 122 UmwG, die nicht der Genehmigungspflicht des § 166 Abs. 3 VAG (§ 121f Abs. 3 VAG a. F.) unterliegt, lediglich anzeigepflichtig. Diese Vorgabe zeigt, dass der Gesetzgeber im Bereich der Rückversicherung bewusst nicht sämtliche Umwandlungen einer Genehmigungspflicht unterstellen wollte. Hierunter fallen namentlich solche Umwandlungen, bei denen Rückversicherungsverträge nicht zu den von der Umwandlung erfassten Vermögenswerten zählen. Zwar sind von der Sitzverlegung unweigerlich auch die Rückversicherungsverhältnisse betroffen. Indes stellt die grenzüberschreitende Sitzverlegung einer Rückversicherungs-SE im Ergebnis keine Gefährdungslage dar, die – dem Erstversicherungsbereich entsprechend – de lege ferenda eine Genehmigungspflicht begründen würde. Denn im Unterschied zu einer grenzüberschreitenden Sitzverlegung einer Erstversicherungs-SE bestehen weder nationale Garantiefonds noch sind Ansprüche auf Überschussbeteiligung oder andere Belange der Versicherten zu berücksichtigen. Für eine Genehmigungspflicht der Sitzverlegung einer Rückversicherungs-SE besteht auch praktisch kein Bedürfnis. Dies wird besonders deutlich, wenn man sich vor Augen führt, was eine Anwendung der Vorgaben des § 166 Abs. 1, 3 VAG (§ 121f Abs. 1, 3 VAG a. F.) zur Folge hätte. Einziges Genehmigungskriterium des § 166 Abs. 1 VAG (§ 121f Abs. 1 VAG a. F.) ist das Vorliegen einer Solvabilitätsbescheinigung des übernehmenden Versicherungsunternehmens. Ungeachtet der rechtlichen Identität kann es aber allein aufgrund der isolierten Sitzverlegung einer Rückversicherungs-SE wegen der wirtschaftlichen Kontinuität nicht zu einer Verschlechterung der Solvabilität des Unternehmens kommen. Damit läge das einzige Genehmigungskriterium zwingend vor,
1960 1961 1962
BT-Drs. 18/2956, S. 253. Schröder/Fischer, VersR 2013, 686 (690). Zur insoweit redundanten Neuregelung bereits Teil 1, A. (Fn. 94).
D. Grenzüberschreitende Sitzverlegung einer Versicherungs-SE
405
sodass insoweit auch eine bloße Anzeige gegenüber der Aufsichtsbehörde ausreicht.1963 2. Schicksal der bestehenden Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb Im Rahmen der identitätswahrenden grenzüberschreitenden Sitzverlegung einer Versicherungs-SE stellt sich hinsichtlich der bestehenden Erlaubnis – anders als bei der grenzüberschreitenden Verschmelzung –1964 nicht die Frage der Übertragbarkeit dieser öffentlich-rechtlichen Rechtsposition, da das diese Rechtsposition innehabende Rechtssubjekt dasselbe bleibt. Aufgrund dieser Identität steht dem Fortbestand der Erlaubnis grundsätzlich auch nicht die Unternehmensbezogenheit entgegen. Eine explizite Regelung, nach der eine Erlaubnis in solchen Fällen automatisch erlischt, besteht nicht.1965 Für Versicherungsunternehmen legt indes § 8 Abs. 2 VAG (§ 7 Abs. 1, § 120 Abs. 1 VAG a. F.) den numerus clausus für zulässige Rechtsformen fest. Danach darf die Erlaubnis nur Aktiengesellschaften im Sinne des § 1 AktG und der SE in ihrer deutschen Form gemäß Art. 1 SE-VO i. V. m. § 1 SEAG erteilt werden.1966 Die Sitzverlegung führt aber dazu, dass die SE zu einer Gesellschaft des Zuzugsstaates wird. Damit entspricht sie formalrechtlich nicht mehr den Anforderungen des § 8 Abs. 2 VAG (§ 7 Abs. 1, § 120 Abs. 1 VAG a. F.), sodass die Voraussetzung für die Erteilung der Erlaubnis mit Wirksamwerden der Sitzverlegung entfällt und die BaFin diese folglich gemäß § 304 Abs. 3 Nr. 1 VAG (§ 87 Abs. 1 Nr. 1, § 121c Abs. 2 Nr. 1 VAG a. F.) widerrufen kann.1967 Darüber hinaus kann die Erlaubnis auch nach § 304 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 VAG (§ 6 Abs. 5 S. 1 Nr. 4 VAG a. F.) zu widerrufen sein. Im Interesse der Rechtssicherheit wird die Erklärung eines auf die Zulassung zum Geschäftsbetrieb im Zuzugsstaat aufschiebend bedingten Verzichts der Versicherungs-SE auf die bestehende Erlaubnis gegenüber der BaFin angeregt.1968 Ausweislich § 304 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 VAG (§ 6 Abs. 5 S. 1 Nr. 1, § 121c Abs. 1 S. 1 VAG a. F.) ist die Erlaubnis im Falle eines derartigen ausdrücklichen Verzichts zwingend zu widerrufen.
1963
Anderes kann jedoch gelten, wenn man bereits die für Bestandsübertragungen von Rückversicherungsunternehmen bestehende Regelung für unzureichend erachtet, vgl. dazu Teil 3, A.II.2.a)aa)(3). 1964 Vgl. zur Übertragbarkeit dieser Rechtsposition im Wege der Universalsukzession bei einer grenzüberschreitenden Verschmelzung Teil 3, B.I.3. 1965 Vgl. Schröder/Fischer, VersR 2013, 686 (690). 1966 Kaulbach, in: FKBP, 5. Aufl. (2012), § 7 Rn. 1; Bähr, in: FKBP, 5. Aufl. (2012), § 120 Rn. 1. Daneben kommen grundsätzlich die Rechtsformen des VVaG und der Anstalten des öffentlichen Rechts in Betracht. 1967 Vgl. Teil 3, B.I.3. 1968 Schröder/Fischer, VersR 2013, 686 (690).
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Teil 4: Alternative Gestaltungsmöglichkeiten
II. Hineinverlegung 1. Genehmigungserfordernis Der Gläubigerschutz und die aufsichtsrechtliche Behandlung der Sitzverlegung einer EWR-ausländischen Versicherungs-SE nach Deutschland unterfällt bis zum Wirksamwerden der Sitzverlegung allein der Rechtsordnung des Wegzugstaates. Die bei grenzüberschreitenden Bestandsübertragungen und Verschmelzungen im Rahmen der Behördenkooperation erforderliche Mitwirkung der Aufsichtsbehörde des Zuzugsstaates in Form der Ausstellung einer Solvabilitätsbescheinigung entfällt bei der Sitzverlegung einer Versicherungs-SE.1969 2. Erlaubnispflicht Spiegelbildlich zum Schicksal der bestehenden Erlaubnis bei der Hinausverlegung wird regelmäßig auch die bestehende EWR-ausländische Erlaubnis nicht fortbestehen.1970 Auch wenn eine EWR-ausländische Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb im Inland im Wege der Niederlassungsfreiheit oder der Dienstleistungsfreiheit berechtigt, kann die zuziehende Versicherungs-SE nicht ohne Weiteres auf der Grundlage der Erlaubnis einer EWR-ausländischen Aufsichtsbehörde das Versicherungsgeschäft in Deutschland betreiben.1971 Mit Wirksamwerden der Sitzverlegung wird die SE zu einer inländischen Gesellschaft. Als solche benötigt sie die für den Geschäftsbetrieb nach § 8 VAG (§§ 5, 119 VAG a. F.) erforderliche Erlaubnis. Mit der Erteilung dieser Erlaubnis vollzieht sich formal der Wechsel der Aufsichtszuständigkeit. Vor dem Hintergrund der Harmonisierung der Zulassungsvoraussetzungen zum Betrieb des Versicherungsgeschäfts sowie der Identität und Kontinuität der Versicherungs-SE im Zuge der grenzüberschreitenden Sitzverlegung dürfte jedoch die erneute Durchführung eines vollumfänglichen nationalen Erlaubnisverfahrens – anders als bei grenzüberschreitenden Verschmelzungen –1972 ausscheiden.1973 Insoweit ist eine diesem Versicherungsunternehmen in einem anderen Mitglied- oder Vertragsstaat bereits erteilte Erlaubnis zu berücksichtigen. Der bestehenden Erlaubnis wird daher Indizwirkung beizumessen sein,1974 sodass eine Erlaubnisversagung durch die BaFin nur in Ausnahmefällen in Betracht zu ziehen sein dürfte. 1969
Schröder/Fischer, VersR 2013, 686 (688). Vgl. Teil 4, D.I.2. 1971 Schröder/Fischer, VersR 2013, 686 (690). 1972 Siehe zum insoweit unveränderten Prüfungsmaßstab mangels Identität der Rechtsträger Teil 3, B.I.3.; Teil 3, B.II.3. 1973 Vgl. zu der ähnlich gelagerten Frage einer erneuten inhaltlichen Prüfung der gesellschaftsrechtlichen Unterlagen im Registerverfahren Wöhlert/Degen, GWR 2012, 432 (434) m. w. Nachw. 1974 Schröder/Fischer, VersR 2013, 686 (690). 1970
E. Grenzüberschreitender Formwechsel von Versicherungsunternehmen
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III. Sitzverlegung einer Versicherungs-SE außerhalb Deutschlands Soweit gemäß § 61 Abs. 1 VAG (§ 110a Abs. 1 VAG a. F.) abgeschlossene Versicherungsverträge betroffen sind, können Bestandsübertragungen und Umwandlungen von Versicherungsunternehmen auch dann Zustimmungs- oder Anhörungspflichten der BaFin begründen, wenn sich diese Transaktionen ausschließlich zwischen EWR-ausländischen Unternehmen vollziehen.1975 Auch eine außerhalb Deutschlands erfolgende Sitzverlegung einer Versicherungs-SE von einem Mitgliedoder Vertragsstaat in einen anderen kann inländische Versicherungsverträge betreffen. De lege lata setzt die Prüfungskompetenz der BaFin lediglich an der Satzungsänderung der SE aufgrund der Sitzverlegung an.1976 Bei einer Sitzverlegung außerhalb Deutschlands kommt danach eine Berücksichtigung der Interessen derart betroffener Versicherungsnehmer durch die BaFin grundsätzlich nicht in Betracht. Sofern man de lege ferenda einen Einbezug der grenzüberschreitenden Sitzverlegung einer Erstversicherungs-SE in §§ 13, 14 VAG (§§ 14, 14a VAG a. F.) befürwortet,1977 käme insoweit grundsätzlich entsprechend § 63 VAG (§ 111d VAG a. F.) auch eine Berücksichtigung im Wege der dargestellten Behördenkooperation in Betracht. Dazu bedürfte es jedoch einer einheitlichen europäischen Regelung. Denn die Übertragung des grenzüberschreitenden Verwaltungsverfahrens lässt sich zwar bei weitem Verständnis auf weitere Mechanismen übertragen, die zu einer Übertragung von Versicherungsbeständen führen. Eine solche Übertragung liegt bei der grenzüberschreitenden Sitzverlegung einer Versicherungs-SE indes nicht vor.
E. Grenzüberschreitender Formwechsel von Versicherungsunternehmen Nach der VALE-Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs ist auch ein identitätswahrender grenzüberschreitender Formwechsel einer Kapitalgesellschaft bei gleichzeitiger Verlegung des Satzungs- und Verwaltungssitzes zulässig, sofern sowohl der Wegzugstaat als auch der Zuzugsstaat den jeweiligen inländischen Gesellschaften die Möglichkeit des Formwechsels bereitstellen.1978 Eine sekundär1975
Vgl. Teil 3, A.IV.; Teil 3, B.III. Vgl. Teil 4, D.I.1.a)aa). 1977 Vgl. Teil 4, D.I.1.a)bb). 1978 Dazu eingehend Hushahn, RNotZ 2014, 137; Kindler, EuZW 2012, 888 (890); Wöhlert/Degen, GWR 2012, 432 (433); Wicke, DStR 2012, 1756 (1758); vgl. auch Schröder/Fischer, VersR 2013, 686. Zwischenzeitlich hat der EuGH an die VALE-Entscheidung angeknüpft und in der Rechtssache Polbud entschieden, dass ein grenzüberschreitender Formwechsel auch zulässig ist, wenn die Gesellschaft nur ihren satzungsmäßigen Sitz, nicht auch ihren tatsächlichen Verwaltungssitz in einen anderen Mitgliedstaat verlegt, EuGH, Urteil vom 25. Oktober 2017 @ C-106/16 –, ECLI:EU:C:2017:804 = NZG 2017, 1308 (mit Anm. 1976
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Teil 4: Alternative Gestaltungsmöglichkeiten
rechtliche Verpflichtung zur Bereitstellung des Formwechsels im nationalen Recht besteht nicht.1979 Der innerstaatliche Formwechsel nach §§ 190 ff. UmwG sieht keine Übertragung von Vermögenswerten vor,1980 sondern führt regelmäßig nur zu einer Änderung des Rechtskleids der Trägergesellschaft.1981 Dies gilt grundsätzlich auch für den grenzüberschreitenden Formwechsel. Wie schon bei der Sitzverlegung einer Versicherungs-SE erfolgt daher bei einem grenzüberschreitenden Formwechsel einer Versicherungs-AG keine Übertragung von Versicherungsbeständen. Der grenzüberschreitende Formwechsel beinhaltet indes neben dem – den innerstaatlichen Formwechsel allein ausmachenden – Wechsel der Rechtsform zwingend auch eine Verlegung des Satzungs- und Verwaltungssitzes vom Wegzugsstaat in den Zuzugsstaat.1982 Dadurch erhält der grenzüberschreitende Formwechsel gegenüber dem innerstaatlichen Formwechsel eine zusätzliche Dimension, die sich mit der grenzüberschreitenden Sitzverlegung der SE vergleichen lässt.1983 Aufgrund des im Rahmen dieser Migration faktisch erfolgenden grenzüberschreitenden Übergangs von Versicherungsbeständen stellen sich vergleichbare Fragen wie bei der grenzüberschreitenden Sitzverlegung einer Versicherungs-SE.1984
I. Hinausformwechsel Das UmwG sieht einen Formwechsel unter gleichzeitiger Sitzverlegung in einen anderen Mitglied- oder Vertragsstaat (Hinausformwechsel) nicht vor.1985 Auch die in § 45 AktG statuierten registergerichtlichen Verfahrensvorgaben gelten allein für Sitzverlegungen im Inland.1986 Mangels entsprechender europarechtlicher Vorgaben Wachter). Kritisch zu der Anerkennung dieser isolierten Satzungssitzverlegung etwa Kindler, NZG 2018, 1 (2), der prägnant konstatiert, dass dadurch Regulierungsarbitrage zu einer Ausübungsform der Niederlassungsfreiheit wird. In der Praxis wird vor dem Hintergrund dieser Entscheidung eine weitere Zunahme von Herausformwechseln prognostiziert, vgl. etwa Wachter, NZG 2017, 1308 (1314). 1979 Vgl. etwa Kalss/Klampfl, in: Dauses, EU-Wirtschaftsrecht, 38. EL (2015), E. III. Rn. 129. 1980 Stratz, in: Schmitt/Hörtnagl/Stratz, 7. Aufl. (2016), § 202 UmwG Rn. 2; Drinhausen/ Keinath, in: Henssler/Strohn, 3. Aufl. (2016), § 202 UmwG Rn. 3. Zum innerstaatlichen Formwechsel von Versicherungsunternehmen siehe Schmid, Bestandsübertragung und Umwandlung von Versicherungsunternehmen (2010), Rn. 1351 ff. 1981 Entzian/Schleifenbaum, ZVersWiss 1996, 521 (523; dort Fn. 7). 1982 Wicke, DStR 2012, 1756 (1758); Böttcher/Kraft, NJW 2012, 2701. Regelmäßig ist in der Praxis die Verlegung des Satzungs- und Verwaltungssitzes das eigentliche Ziel der Unternehmen und der Wechsel in die entsprechende Rechtsform des Zuzugsstaates lediglich deren Folge. 1983 So auch Hushahn, RNotZ 2014, 137 (140 f.); Oechsler, in: MünchKomm-AktG, Bd. 7, 3. Aufl. (2012), VO (EG) 2157/2001 Art. 8 Rn. 3 m. w. Nachw. 1984 Siehe Teil 4, D. 1985 Wicke, DStR 2012, 1756 (1756 f.) m. w. Nachw. 1986 Vgl. etwa Wardenbach, in: Henssler/Strohn, 3. Aufl. (2016), § 45 AktG Rn. 1.
E. Grenzüberschreitender Formwechsel von Versicherungsunternehmen
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bestehen damit für einen Hinausformwechsel bislang keinerlei Verfahrensvorschriften.1987 Der Europäische Gerichtshof hat insoweit eine sukzessive Anwendung der beteiligten Rechtsordnungen angeordnet.1988 Dabei dürfen nach Maßgabe des vom Europäischen Gerichtshof in Bezug genommenen Äquivalenzgrundsatzes die Modalitäten zur Durchsetzung der durch die Unionsrechtsordnung verliehenen Rechte nicht ungünstiger sein als bei gleichartigen innerstaatlichen Sachverhalten.1989 Auf gesellschaftsrechtlicher Ebene ist daher mit Blick insbesondere auf den Gläubigerschutz die Anwendung der einschlägigen umwandlungsrechtlichen Bestimmungen über den Formwechsel europarechtlich geboten.1990 Hinsichtlich der Koordination der Registerverfahren wird eine Orientierung an vorhandenen europarechtlichen Regelungen angeregt. Insoweit sollen vor allem die Bestimmungen über die grenzüberschreitende Verschmelzung und zur Sitzverlegung der SE heranzuziehen sein.1991 Im Interesse der Rechtssicherheit wird jedoch eine europäische Lösung in Gestalt der von der Europäischen Kommission mehrfach angekündigten Sitzverlegungsrichtlinie1992 gefordert.1993 Der Richtlinienentwurf orientiert sich dabei seinerseits an Art. 8 SE-VO.1994 Während die inländische SE bei einer Sitzverlegung ihre rechtliche und wirtschaftliche Identität uneingeschränkt beibehält
1987 Wachter, NZG 2017, 1308 (1313); Wöhlert/Degen, GWR 2012, 432 (434); Wicke, DStR 2012, 1756 (1759). Eine ausführliche Darstellung des nach den Vorgaben des Europäischen Gerichtshofs indizierten Verfahrensablauf für den Hinaus- und Hineinformwechsel insbesondere aus notarieller und registergerichtlicher Sicht bietet Hushahn, RNotZ 2014, 137 (142 ff.). 1988 EuGH, Urteil vom 12. Juli 2012 @ C-378/10 –, ABl. EU 2012 Nr. C 287/3 = NJW 2012, 2715 (2717: Tz. 36, 37, 44); vgl. auch Hushahn, RNotZ 2014, 137 (138); Kindler, EuZW 2012, 888 (889). 1989 Vgl. Wicke, DStR 2012, 1756 (1757) m. w. Nachw.; Kindler, EuZW 2012, 888 (891). 1990 Vgl. etwa Wachter, NZG 2017, 1308 (1313); Kindler, EuZW 2012, 888 (892); Hushahn, RNotZ 2014, 137 (139); Wicke, DStR 2012, 1756 (1758) m. w. Nachw.; a. A. Schröder/ Fischer, VersR 2013, 686 (688), die eine (analoge) Anwendung der §§ 190 ff. UmwG unter Verweis auf das in § 190 Abs. 2 UmwG statuierte Analogieverbot ablehnen. 1991 Wicke, DStR 2012, 1756 (1758 f.); Kindler, EuZW 2012, 888 (892); Wöhlert/Degen, GWR 2012, 432 (434). Ausführlich zur dogmatischen Frage, ob insoweit von §§ 190 ff. UmwG ausgehend Art. 8 SE-VO ergänzend heranzuziehen ist, oder gerade umgekehrt Art. 8 SE-VO zu Grunde zu legen und durch §§ 190 ff. UmwG zu ergänzen ist Hushahn, RNotZ 2014, 137 (140 f.). 1992 Vorschlag für eine Vierzehnte Richtlinie des Europäischen Parlamentes und des Rates über die Verlegung des Sitzes einer Gesellschaft in einen anderen Mitgliedstaat mit Wechsel des für die Gesellschaft maßgebenden Rechts vom 20. April 1997, veröffentlicht in ZIP 1997, 1721; vgl. dazu Sagasser/Link, in: Sagasser/Bula/Brünger, 4. Aufl. (2011), § 32 Rn. 117 ff. 1993 Wicke, DStR 2012, 1756 (1759) m. w. Nachw.; Kindler, EuZW 2012, 888 (892); Wöhlert/Degen, GWR 2012, 432 (434). Auch der Europäische Gerichtshof hat ausdrücklich betont, dass sekundärrechtliche Regelungen grenzüberschreitende Umwandlungen gewiss erleichtern würden, EuGH, Urteil vom 12. Juli 2012 @ C-378/10 –, ABl. EU 2012 Nr. C 287/3 = NJW 2012, 2715 (2717: Tz. 38); vgl. Böttcher/Kraft, NJW 2012, 2701 (2703 f.). 1994 Vgl. Hushahn, RNotZ 2014, 137 (141).
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Teil 4: Alternative Gestaltungsmöglichkeiten
und sich lediglich das auf die Gesellschaft anwendbare nationale Recht ändert,1995 nimmt eine inländische AG bei einem grenzüberschreitenden Hinausformwechsel eine Rechtsform des Zuzugsstaates an. Dieser Vorgang erfolgt indes ebenfalls identitätswahrend.1996 Für den innerstaatlichen Formwechsel folgt dies aus § 202 Abs. 1 Nr. 1 UmwG.1997 Soweit das nationale Recht eine derartige rechtliche und wirtschaftliche Kontinuität vorsieht, soll sich diese nach Auffassung des Europäischen Gerichtshofs auch auf den grenzüberschreitenden Kontext erstrecken können.1998 Zwar führt der Europäische Gerichtshof ebenfalls aus, dass die grenzüberschreitende Umwandlung im Zuzugsstaat unstreitig zur Gründung einer Gesellschaft nach dem Recht dieses Staates führe.1999 Aufgrund der insoweit zugleich angenommenen Kontinuität kann dies aber nicht so verstanden werden, dass damit eine andere Gesellschaft im Sinne der § 13 Abs. 1, 2, §§ 63, 166 Abs. 1 VAG (§ 14 Abs. 1, 2, §§ 111d, 121f Abs. 1 VAG a. F.) gemeint sein sollte.2000 Eine Genehmigungspflicht aufgrund einer Bestandsübertragung scheidet damit aus.2001 Bei einem grenzüberschreitenden Formwechsel eines Versicherungsunternehmens ist weiter zu berücksichtigen, dass der numerus clausus zulässiger Rechtsformen durch Art. 17 Abs. 1 i. V. m Anhang III Solvency II harmonisiert ist. Der Formwechsel kann folglich nur in eine im Wesentlichen vergleichbare Rechtsform des Zuzugsstaates erfolgen. Aufsichtsrechtlich dürfte es daher maßgeblich auf die in einem grenzüberschreitenden Formwechsel zwingend enthaltene grenzüberschreitende Sitzverlegung ankommen. Daher sollte sich die aufsichtsrechtliche Behandlung grundsätzlich an der Sitzverlegung der SE orientieren.2002 Für die bei der Sitzverlegung einer Erstversicherungs-SE de lege ferenda befürwortete Genehmigungspflicht entsprechend 1995
Hushahn, RNotZ 2014, 137 (140); vgl. auch Teil 4, D.I.1. Hushahn, RNotZ 2014, 137 (139); Schröder/Fischer, VersR 2013, 686 (688). 1997 Drinhausen/Keinath, in: Henssler/Strohn, 3. Aufl. (2016), § 202 UmwG Rn. 3; Stratz, in: Schmitt/Hörtnagl/Stratz, 7. Aufl. (2016), § 202 UmwG Rn. 2; Kübler, in: Semler/Stengel, 3. Aufl. (2012), § 202 UmwG Rn. 7; Kindler, EuZW 2012, 888 (890). 1998 EuGH, Urteil vom 12. Juli 2012 @ C-378/10 –, ABl. EU 2012 Nr. C 287/3 = NJW 2012, 2715 (2718: Tz. 55); vgl. Böttcher/Kraft, NJW 2012, 2701 (2702). 1999 EuGH, Urteil vom 12. Juli 2012 @ C-378/10 –, ABl. EU 2012 Nr. C 287/3 = NJW 2012, 2715 (2718: Tz. 51). 2000 Wohl a. A. Kindler, EuZW 2012, 888 (890), der die Ausführungen des Europäischen Gerichtshofs dahin deutet, dass von zwei Gesellschaften die Rede sei und sodann konsequent eine Universalsukzession annimmt. Gegen diese Auffassung spricht aber die zwischenzeitlich ergangene Entscheidung des EUGH in der Rechtssache Polbud, EuGH, Urteil vom 25. Oktober 2017 @ C-106/16 –, ECLI:EU:C:2017:804 = NZG 2017, 1308 (mit Anm. Wachter). Danach darf der Wegzugstaat selbst bei isolierter grenzüberschreitender Verlegung nur des Satzungssitzes die Durchführung eines Liquidationsverfahrens nicht in allen Fällen, sondern nur bei tatsächlicher Gefährdung einzelner verlangen, vgl. Wachter, NZG 2017, 1308 (1313). Legt man das Verständnis zugrunde, dass es sich um zwei – nicht identische – Rechtspersönlichkeiten handelt, erschließt sich nicht, warum das Erfordernis der Auflösung der Gesellschaft aus dem Wegzugstaat eine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit darstellen sollte. 2001 Schröder/Fischer, VersR 2013, 686 (687 f.). 2002 Grundlegend Schröder/Fischer, VersR 2013, 686 (687 ff.). 1996
E. Grenzüberschreitender Formwechsel von Versicherungsunternehmen
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§§ 13, 14 VAG (§§ 14, 14a VAG a. F.)2003 spricht im Falle eines grenzüberschreitenden Formwechsels zusätzlich dessen umwandlungsrechtliche Komponente. Denn insoweit geht der grenzüberschreitende Formwechsel über die bloße Sitzverlegung einer SE hinaus.2004 Zwar begründet diese umwandlungsrechtliche Komponente jedenfalls nach dem Wortlaut von § 14 Abs. 1 S. 1, § 166 Abs. 3 S. 1 VAG (§ 14a S. 1, § 121f Abs. 3 S. 1 VAG a. F.) keine aufsichtsbehördliche Genehmigungspflicht, da es sich nicht um eine Umwandlung nach §§ 1, 122a UmwG handelt.2005 Im Unterschied zu der Sitzverlegung einer SE spricht indes aufgrund der sich jedenfalls teilweise nach Maßgabe der Vorschriften des UmwG vollziehenden Umstrukturierungsmaßnahme wie bei der SE-Gründung durch Verschmelzung und bei der grenzüberschreitenden Spaltung dogmatisch auch einiges für eine (analoge) Anwendung der §§ 14, 166 Abs. 3 VAG (§§ 14a, 121f Abs. 3 VAG a. F.).2006 Eine Klarstellung durch den Gesetzgeber wäre daher zu begrüßen. Hinsichtlich des Schicksals der bestehenden Erlaubnis kann im Ergebnis auf die grenzüberschreitende Verschmelzung beziehungsweise die Sitzverlegung der SE verwiesen werden.2007 Zwar bleiben die öffentlich-rechtlichen Beziehungen eines Rechtsträgers bei einem Formwechsel nach §§ 190 ff. UmwG grundsätzlich unverändert. Anderes gilt jedoch für Zulassungserfordernisse, die – wie hier § 8 VAG (§ 7 Abs. 1, § 120 Abs. 1 VAG a. F.) – bestimmte Betätigungen an bestimmte Rechtsformen knüpfen. In diesen Fällen des Rechtsformzwangs erlischt die Erlaubnis, wenn eine Rechtsform gewählt wird, für die sie nicht erteilt werden kann.2008 Dies ist bei einem grenzüberschreitenden Formwechsel jedoch der Fall, denn die deutsche Aufsichtsbehörde kann eine Erlaubnis nach § 8 Abs. 2 VAG (§ 7 Abs. 1, § 120 Abs. 1 VAG a. F.) nur den dort abschließend aufgeführten inländischen Gesellschaften erteilen. Jedenfalls klarstellend kommt darüber hinaus ein Widerruf der Erlaubnis gemäß § 304 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, Nr. 3, Abs. 3 Nr. 1 VAG (§ 6 Abs. 5 S. 1 Nr. 1, Nr. 4, § 87 Abs. 1 Nr. 1, § 121c Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 1 VAG a. F.) in Betracht.2009
2003
Vgl. Teil 4, D.I.1.a)bb). Vgl. Hushahn, RNotZ 2014, 137 (140). 2005 So auch Schröder/Fischer, VersR 2013, 686 (688). 2006 Insoweit a. A. Schröder/Fischer, VersR 2013, 686 (688). Zu den mit einer analogen Anwendung aufsichtsrechtlicher Genehmigungsvorschriften grundsätzlich einhergehenden Problemen und der insoweit gebotenen einzelfallbezogenen Abwägungsentscheidung siehe Teil 4, A.IV.3. Zu dieser Thematik bei SE-Gründung und grenzüberschreitender Spaltung siehe Teil 4, A.IV.3.c)ff); Teil 4, B.V. 2007 Siehe Teil 3, B.I.3.; Teil 4, D.I.2. 2008 Kübler, in: Semler/Stengel, 3. Aufl. (2012), § 202 UmwG Rn. 11, 17 m. w. Nachw. 2009 Vgl. Teil 3, B.I.3. 2004
412
Teil 4: Alternative Gestaltungsmöglichkeiten
II. Hineinformwechsel Durch die Vorgabe der sukzessiven Anwendung der beteiligten Rechtsordnungen richtet sich ein Formwechsel eines EWR-ausländischen Unternehmens unter gleichzeitiger Sitzverlegung ins Inland (Hineinformwechsel) im ersten Schritt nach dem Recht des Wegzugstaates. Insoweit bestehen in den Mitglied- oder Vertragsstaaten zum Teil bereits ausdrückliche Regelungen für einen grenzüberschreitenden Formwechsel.2010 Sodann kann in einem zweiten Schritt der Zuzugsstaat die Beachtung der Bestimmungen über innerstaatliche Umwandlungen einschließlich der Gründungsvorschriften verlangen.2011 Auch bei einem Hineinformwechsel sind damit die einschlägigen umwandlungsrechtlichen Bestimmungen betreffend den Formwechsel anzuwenden.2012 Aus Art. 8 SE-VO sind ergänzend die Bestimmungen insbesondere über die für die Eintragung erforderliche Bescheinigung, die Offenlegung und den Wirksamkeitszeitpunkt heranzuziehen.2013 Aus dem Zusammenspiel von § 191 Abs. 2 UmwG und § 8 Abs. 2 VAG (§ 7 Abs. 1, § 120 Abs. 1 S. 1 VAG a. F.) sowie dem Vorrang der SE-VO hinsichtlich der Gründung einer SE folgt, dass der Hineinformwechsel eines EWR-ausländischen Versicherungsunternehmens ausschließlich in eine AG im Sinne des § 1 AktG zulässig ist.2014 Der Wechsel der Aufsichtszuständigkeit von der zuständigen EWR-ausländischen Aufsichtsbehörde zur BaFin vollzieht sich formal durch Erteilung der zur Fortführung des Geschäftsbetriebs erforderlichen Erlaubnis nach § 8 VAG (§§ 5, 119 VAG a. F.). Aufgrund der anzuerkennenden Indizwirkung der bestehenden Erlaubnis sowie der Kontinuität des Rechtsträgers wird eine Erlaubnisversagung seitens der BaFin nur in Ausnahmefällen in Betracht kommen.2015
III. Grenzüberschreitender Formwechsel außerhalb Deutschlands Ebenso wie bei der Sitzverlegung einer SE kann auch ein sich außerhalb Deutschlands vollziehender grenzüberschreitender Formwechsel eines EWR-ausländischen Versicherungsunternehmens inländische Versicherungsverträge betref2010
(2703).
So etwa in Luxemburg, Spanien und Portugal, vgl. Böttcher/Kraft, NJW 2012, 2701
2011 EuGH, Urteil vom 12. Juli 2012 @ C-378/10 –, ABl. EU 2012 Nr. C 287/3 = NJW 2012, 2715 (2718: Tz. 52); vgl. Wicke, DStR 2012, 1756 (1758); Schröder/Fischer, VersR 2013, 686; Kindler, EuZW 2012, 888 (889). 2012 Wicke, DStR 2012, 1756 (1759); Hushahn, RNotZ 2014, 137 (139); Kindler, EuZW 2012, 888 (890). 2013 Hushahn, RNotZ 2014, 137 (141). 2014 Zur Zulässigkeit eines solchen rechtsformkongruenten grenzüberschreitenden Formwechsels Kindler, EuZW 2012, 888 (890) m. w. Nachw. 2015 Vgl. schon zur Sitzverlegung einer Versicherungs-SE Teil 4, D.II.2.
E. Grenzüberschreitender Formwechsel von Versicherungsunternehmen
413
fen.2016 Soweit man aufgrund der umwandlungsrechtlichen Komponente des grenzüberschreitenden Formwechsels eine (analoge) Anwendung der §§ 14, 166 Abs. 3 VAG (§§ 14a, 121f Abs. 3 VAG a. F.) befürwortet,2017 käme insoweit entsprechend § 63 VAG (§ 111d VAG a. F.) auch eine Berücksichtigung im Wege der dargestellten Behördenkooperation in Betracht. Dazu bedürfte es jedoch einer einheitlichen europäischen Regelung. Die Übertragung des grenzüberschreitenden Verwaltungsverfahrens lässt sich zwar bei weitem Verständnis auf weitere Mechanismen übertragen, die zu einer Übertragung von Versicherungsbeständen führen. Eine solche Übertragung liegt bei einem grenzüberschreitenden Formwechsel eines Versicherungsunternehmens indes nicht vor.2018
2016 2017 2018
Vgl. Teil 4, D.III. Siehe Teil 4, E.I. Vgl. Teil 4, D.III.
Teil 5
Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse Die Untersuchung hat gezeigt, dass ein einheitlicher rechtlicher Rahmen für infolge von grenzüberschreitenden Umstrukturierungen von Versicherungsunternehmen erfolgende Übertragungen von Versicherungsbeständen im EWR zwar intendiert ist, bisweilen aber noch nicht vollständig realisiert wurde. Insbesondere bei der aufsichtsrechtlichen Erfassung der alternativ zur spezialgesetzlich im VAG geregelten Bestandsübertragung in Betracht zu ziehenden gesellschaftsrechtlichen Übertragungsmechanismen bestehen – primär aufgrund insoweit unzureichender Abstimmung zwischen Versicherungsaufsichtsrecht und Gesellschaftsrecht – sowohl auf europäischer als auch auf nationaler Ebene Regelungsdefizite. Auch das Verwaltungsrechtsschutzsystem weist Lücken auf. Richtlinien- und Gesetzgeber sind daher in mehreren Bereichen dazu aufgerufen, aktiv zu werden. Nachfolgend werden die wesentlichen Ergebnisse der Untersuchung zusammengefasst. Der durch die Dritte Richtliniengeneration auf dem Gebiet der Erstversicherung eingeführte einheitliche verwaltungsrechtliche Rahmen galt ausschließlich für Übertragungen der grenzüberschreitend erworbenen Versicherungsbestände von Erstversicherungsunternehmen. Die nationalen Versicherungsaufsichtsbehörden der Mitglied- und Vertragsstaaten haben im Siena-Protokoll die Anwendung dieses Verfahrens auf die Übertragung der inländischen Bestände sowie auf Verschmelzungen von Erstversicherungsunternehmen vereinbart. Eine an diesen Rahmen grundsätzlich angelehnte Regelung zur Übertragung des Bestands von Rückversicherungsunternehmen folgte mit der Rückversicherungsrichtlinie. In Erwägungsgrund 17 der Rückversicherungsrichtlinie ist zudem die ausdrückliche Forderung enthalten, das Verfahren nicht auf die Bestandsübertragung zu beschränken, sondern auch auf Übertragungen infolge einer Verschmelzung von Rückversicherungsunternehmen oder aufgrund anderer gesellschaftsrechtlicher Instrumente zu erstrecken. Im General Protocol on Collaboration haben die nationalen Versicherungsaufsichtsbehörden eine nochmals erweiterte Erstreckung des Verfahrens auf Verschmelzungen zwischen Erstversicherungsunternehmen und Rückversicherungsunternehmen vereinbart. Der nunmehr einschlägige Art. 39 Solvency II gebietet ausdrücklich jedoch nur eine Gestattung der Übertragung der von Erstversicherungsund Rückversicherungsunternehmen im Rahmen der Niederlassungsfreiheit oder der Dienstleistungsfreiheit abgeschlossenen Verträge auf ein übernehmendes Unternehmen im EWR.
Teil 5: Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse
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Ziel von Solvency II ist es, im Bereich der europäischen Versicherungsaufsicht die schwerwiegendsten Unterschiede zwischen den für Erstversicherungs- und Rückversicherungsunternehmen geltenden Rechtsvorschriften zu beseitigen und einen einheitlichen Überwachungsstandard durch Konvergenz sowohl der Aufsichtsinstrumente (Regulierung) als auch der aufsichtsbehördlichen Praktiken herzustellen. Auch wenn Solvency II selbst keine ausdrückliche Aussage zum angestrebten Harmonisierungsgrad enthält, wird in der Literatur überwiegend von einer auf einem Regel-Ausnahme-Verhältnis basierenden Vollharmonisierung ausgegangen. Die grenzüberschreitende Bestandsübertragung, die ausweislich Art. 39 Abs. 1 Solvency II ausdrücklich nach Maßgabe des nationalen Rechts zu gestatten ist, stellt insoweit eine Ausnahme dar. Mit Wirkung vom 1. Januar 2011 wurden drei Europäische Aufsichtsbehörden errichtet, die gemeinsam mit dem Europäischen Ausschuss für Systemrisiken das neue Europäische Finanzaufsichtssystem bilden. Der Vorschlag einer an die Stelle der nationalen Versicherungsaufsichtsbehörden tretenden europäischen Versicherungsaufsichtsbehörde, die unmittelbar und exklusiv die Beaufsichtigung bedeutender grenzüberschreitend tätiger Finanzinstitute übernehmen sollte, wurde jedoch abgelehnt. Damit verbleibt die laufende Beaufsichtigung der Versicherungsunternehmen dezentral auf nationaler Ebene. Unmittelbare Kompetenzen der EIOPA bestehen im Zusammenhang mit grenzüberschreitenden Übertragungen von Versicherungsbeständen innerhalb des EWR infolgedessen nicht. Im nationalen Recht bildet § 13 Abs. 2 VAG (§ 14 Abs. 2 VAG a. F.), soweit er Übertragungen der grenzüberschreitend erworbenen Bestände inländischer Erstversicherungsunternehmen und eine diesbezügliche Konzentration der Genehmigungskompetenz bei der regelmäßig zuständigen BaFin betrifft, den von Art. 39 Solvency II vorgegebenen Fall ab. Zwingend erforderlich für die Erteilung der Genehmigung ist dabei die Ausstellung einer das übernehmende Unternehmen betreffenden Solvabilitätsbescheinigung durch die jeweils zuständige EWR-ausländische Aufsichtsbehörde. Hinsichtlich etwaiger Zustimmungspflichten der Aufsichtsbehörden anderer Mitglied- oder Vertragsstaaten kommt es regelmäßig nicht auf eine Differenzierung zwischen Niederlassungsgeschäft und Dienstleistungsgeschäft, sondern auf das Kriterium der Risikobelegenheit an. § 13 Abs. 2 S. 1 VAG (§ 14 Abs. 2 S. 1 VAG a. F.) ist so zu interpretieren, dass er auch eine Übertragung des grenzüberschreitend erworbenen Bestandes eines inländischen Erstversicherungsunternehmens auf ein inländisches Versicherungsunternehmen erfasst, da die zu berücksichtigenden Konsultations- beziehungsweise Zustimmungspflichten EWRausländischer Aufsichtsbehörden ausschließlich in § 13 Abs. 2 VAG (§ 14 Abs. 2 VAG a. F.) normiert sind. Mit § 13 Abs. 2 S. 3 VAG (§ 14 Abs. 2 S. 3 VAG a. F.) hat der Gesetzgeber die Übertragung des inländischen Bestands eines inländischen Erstversicherungsunternehmens im Wege überschießender Richtlinienumsetzung derjenigen des grenzüberschreitend erworbenen Bestands eines inländischen Erstversicherungsunternehmens gleichgestellt. Aufgrund dieser Anordnung haben inländische Erstversicherungsunternehmen grundsätzlich unter den gleichen Bedin-
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Teil 5: Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse
gungen wie bei der Übertragung eines grenzüberschreitend erworbenen Bestands einen Anspruch auf Erteilung der Genehmigung durch die BaFin. Bei den Rechtsfolgen einer Genehmigung nach Maßgabe von § 13 Abs. 2 S. 3 VAG (§ 14 Abs. 2 S. 3 VAG a. F.) ist jedoch zu differenzieren. Erfolgt eine Übertragung in einen Mitglied- oder Vertragsstaat, der zu der überschießend umgesetzten Regelung eine insoweit komplementäre Genehmigungskonzentration vorsieht, bestehen im Ergebnis keine Unterschiede zu einer Übertragung im harmonisierten Bereich. Mangels verbindlicher europäischer Vorgaben ist es jedoch grundsätzlich zulässig, dass eine EWR-ausländische Rechtsordnung ein – zusätzliches – Genehmigungserfordernis vorsieht. Im Vorfeld der Erteilung einer Genehmigung nach § 13 Abs. 2 S. 3 VAG (§ 14 Abs. 2 S. 3 VAG a. F.) hat die BaFin daher auch das Vorliegen einer etwa erforderlichen zusätzlichen Genehmigung zu prüfen. Vor diesem Hintergrund wäre eine verbindliche Regelung auf europäischer Ebene zu begrüßen. Im Ergebnis beschränkt § 13 Abs. 2 VAG (§ 14 Abs. 2 VAG a. F.) den Anwendungsbereich von § 13 Abs. 1 VAG (§ 14 Abs. 1 VAG a. F.) auf rein innerstaatliche Bestandsübertragungen und solche unter Beteiligung von Drittstaatenunternehmen. Bei Übertragungen eines EWR-ausländischen Erstversicherungsunternehmens ist zwischen einem grenzüberschreitend im Inland erworbenen Bestand, einem grenzüberschreitend in anderen Mitglied- und Vertragsstaaten als Deutschland und dem Sitzstaat des übertragenden Unternehmens erworbenen Bestand sowie einem im Sitzstaat des übertragenden Unternehmens erworbenen Bestand zu differenzieren. Soweit ein Bestand Verträge beinhaltet, die nach Maßgabe von § 61 Abs. 1 VAG (§ 110a Abs. 1 VAG a. F.) im Inland abgeschlossen wurden und im Inland belegene Risiken decken, ist zu dessen Übertragung ausweislich § 63 Abs. 1 S. 1 VAG (§ 111d S. 1 VAG a. F.) in Übereinstimmung mit Art. 39 Abs. 4 Solvency II die Zustimmung der BaFin erforderlich; decken die über eine Niederlassung im Inland abgeschlossenen Verträge keine im Inland belegenen Risiken, nimmt die BaFin lediglich Stellung. Die Genehmigungskonzentration liegt bei diesen Übertragungen bei der für das übertragende EWR-ausländische Unternehmen zuständigen Aufsichtsbehörde. Erfolgt die Übertragung auf ein inländisches Unternehmen, ist die BaFin gemäß § 63 Abs. 4 VAG (§ 111d S. 5 VAG a. F.) für die Ausstellung der Solvabilitätsbescheinigung zuständig. Diese Verfahrensvorschrift sollte analoge Anwendung finden, soweit ein EWR-ausländisches Erstversicherungsunternehmen beabsichtigt, einen in anderen Mitglied- und Vertragsstaaten als Deutschland und seinem Sitzstaat respektive einen in seinem Sitzstaat erworbenen Bestand auf ein inländisches Unternehmen zu übertragen. § 166 Abs. 1 S. 1 VAG (§ 121f Abs. 1 S. 1 VAG a. F.) erfasst im Ergebnis in Übereinstimmung mit den europäischen Vorgaben die Übertragung sämtlicher Bestände eines inländischen Rückversicherungsunternehmens auf inländische oder EWR-ausländische Unternehmen. Die Annahme einer entsprechend zum Erstversicherungsbereich erfolgten überschießenden Umsetzung im nationalen Recht beruht auf einer fehlerhaften Übersetzung der deutschen Fassung des insoweit maßgeblichen Art. 18 Rückversicherungsrichtlinie. Jedenfalls soweit er Übertragungen
Teil 5: Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse
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von Rückversicherungsunternehmen betrifft, ist Art. 39 Abs. 1 Solvency II vor dem Hintergrund der Rückversicherungsrichtlinie über seinen ausdrücklichen Wortlaut hinaus so zu interpretieren, dass er auch die Gestattung der Übertragung inländischer Bestände gebietet. Der Gesetzgeber sollte in § 166 VAG (§ 121f VAG a. F.) zusätzlich den Fall regeln, dass ein EWR-ausländisches Rückversicherungsunternehmen einen Bestand auf ein inländisches Unternehmen überträgt und die für die Genehmigung dieser Übertragung zuständige EWR-ausländische Aufsichtsbehörde von der BaFin eine Solvabilitätsbescheinigung anfordert. Anders als im Bereich der Erstversicherung begründet der mit dem Institut der Bestandsübertragung durch den Gesetzgeber angeordnete Ausschluss der Anwendbarkeit von § 415 BGB im Rückversicherungsbereich grundsätzlich keine über das bestehende Genehmigungserfordernis hinausgehenden staatlichen Schutzpflichten zugunsten von Vorversicherern. Während die aufsichtsrechtlichen Regelungen im VAG zu grenzüberschreitenden Bestandsübertragungen auf Vorgaben der Versicherungsrichtlinien zurückgehen, hat der Gesetzgeber mit den Regelungen in § 14 VAG (§ 14a VAG a. F.) zu grenzüberschreitenden Verschmelzungen von Erstversicherungsunternehmen auf die gesellschaftsrechtlichen Vorgaben der Verschmelzungsrichtlinie reagiert. Seit deren Umsetzung durch §§ 122a ff. UmwG stehen Versicherungsunternehmen derartige Umwandlungen offen. Anders als § 14 VAG (§ 14a VAG a. F.) basiert die entsprechende Vorgabe für Rückversicherungsunternehmen in § 166 Abs. 3 VAG (§ 121f Abs. 3 VAG a. F.) hingegen zumindest auch auf einer Vorgabe der Rückversicherungsrichtlinie. Dass eine derartige Vorgabe in Solvency II nicht mehr enthalten ist, ändert daran nichts. Denn es lässt sich kein Indiz dafür finden, dass der Richtliniengeber diese Vorgabe mit Art. 39 Solvency II hätte zurücknehmen wollen. Da eine solche Einschränkung der mit Solvency II angestrebten Harmonisierung des Versicherungsaufsichtsrechts widersprechen würde, ist davon auszugehen, dass es sich um ein Redaktionsversehen bei der Konsolidierung der Versicherungsrichtlinien handelt. Auch die Vorgaben von Erwägungsgrund 17 Rückversicherungsrichtlinie sind folglich bei der Auslegung von Art. 39 Solvency II zu berücksichtigen. Die Verschmelzung von Versicherungsunternehmen stellt einen der vollständigen Bestandsübertragung wirtschaftlich weitgehend vergleichbaren Sachverhalt dar. Die Genehmigung der Aufsichtsbehörde ist zwar Wirksamkeitsvoraussetzung der Verschmelzung von Versicherungsunternehmen. Bei erfolgter Eintragung der Verschmelzung im Register kann die Übertragung eines Versicherungsbestands im Wege der Universalsukzession aber theoretisch auch ohne Genehmigung wirksam erfolgen. Wesentliche Schutzbelange der Versicherungsnehmer finden bei Verschmelzungen von Versicherungsunternehmen bereits im Rahmen der umwandlungsrechtlichen Vorgaben Berücksichtigung. Die überwiegend auf den Vermögensschutz ausgelegten Gläubigerschutzvorschriften des UmwG sind gleichwohl nicht abschließend, sondern bedürfen aufsichtsrechtlicher Ergänzung.
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Teil 5: Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse
Der Gesetzgeber hat die aufsichtsrechtliche Erfassung grenzüberschreitender Verschmelzungen unter Beteiligung inländischer Erstversicherungsunternehmen mit § 14 VAG (§ 14a VAG a. F.) durch Verweis auf § 13 Abs. 2 VAG (§ 14 Abs. 2 VAG a. F.) geregelt. Die in § 13 Abs. 2 S. 3 VAG (§ 14 Abs. 2 S. 3 VAG a. F.) bewusst erfolgte überschießende Richtlinienumsetzung sollte für Verschmelzungen von Erstversicherungsunternehmen auch vor dem Hintergrund der Einheitlichkeit einer solchen Umwandlung entsprechend gelten. Während sich der Verweis für die Hinausverschmelzung von Erstversicherungsunternehmen aufgrund der regelmäßig übereinstimmenden Übertragungsrichtung als sachgerecht und praktikabel erweist, wird er der Hineinverschmelzung nicht gerecht. Die insoweit vermutlich intendierte einheitliche Erstreckung des grenzüberschreitenden Verwaltungsverfahrens von Art. 39 Solvency II auf grenzüberschreitende Verschmelzungen ist grundsätzlich zu begrüßen. Art. 39 Solvency II ist jedoch als abstraktes und damit richtungsneutrales Verfahren konzipiert. Die in § 13 Abs. 2 VAG (§ 14 Abs. 2 VAG a. F.) erfolgte Verfahrensabbildung ist indes nicht dieser Konzeption entsprechend bidirektional ausgestaltet, sondern auf die Hinausübertragung aus Sicht des deutschen Aufsichtsrechts zugeschnitten worden. Aus diesem Grund führt die Verweisung auf § 13 Abs. 2 VAG (§ 14 Abs. 2 VAG a. F.) in Fällen der Hineinverschmelzung zu nicht durch Auslegung zu behebenden Unstimmigkeiten. Systemgerecht sollte die Hineinverschmelzung entsprechend den Vorgaben des ebenfalls Art. 39 Solvency II – in der zu § 13 Abs. 2 VAG (§ 14 Abs. 2 VAG a. F.) gerade spiegelbildlichen Richtung – abbildenden § 63 VAG (§ 111d VAG a. F.) erfolgen. Unter Berücksichtigung der vom Gesetzgeber für die Einführung des Sonderkündigungsrechts bei grenzüberschreitenden Bestandsübertragungen von Erstversicherungsunternehmen angeführten Gründe – bis auf Weiteres national organisierte Sicherungseinrichtungen mit unterschiedlichem Schutzniveau; besondere Bedeutung der Sicherheit der Ansprüche von Versicherungsnehmern – und mit Blick auf andere umwandlungsrechtliche Maßnahmen wie insbesondere grenzüberschreitende Spaltungen spricht de lege ferenda vieles für eine Erstreckung des in § 13 Abs. 7 S. 3 VAG statuierten Sonderkündigungsrechts auf grenzüberschreitende Umwandlungen von Erstversicherungsunternehmen. Die in § 166 Abs. 3 S. 1 VAG (§ 121f Abs. 3 S. 1 VAG a. F.) ausdrücklich enthaltene Einschränkung der Genehmigungspflicht von Umwandlungen von Rückversicherungsunternehmen auf solche, bei denen Rückversicherungsverträge zu den von der Umwandlung erfassten Vermögensgegenständen gehören, ist auf Erwägungsgrund 17 der Rückversicherungsrichtlinie zurückzuführen. Dieser sieht die Verfahrenserstreckung nicht auf gesellschaftsrechtliche Instrumente per se, sondern auf die verschiedenen Formen der Übertragung eines Bestands vor. Für die Hineinverschmelzung auf ein inländisches Rückversicherungsunternehmen sollte § 166 Abs. 3 VAG (§ 121f Abs. 3 VAG a. F.) auch auf den zu regelnden Fall, dass ein EWRausländisches Rückversicherungsunternehmen einen Bestand auf ein inländisches Rückversicherungsunternehmen überträgt und die für die Genehmigung zuständige
Teil 5: Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse
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EWR-ausländische Aufsichtsbehörde von der BaFin eine Solvabilitätsbescheinigung anfordert, verweisen. Der SE-Gründung kommt in der Praxis inzwischen allgemein hohe Bedeutung als Gestaltungsmöglichkeit für internationale Unternehmenszusammenschlüsse zu. Auch einige große Versicherungsunternehmen haben bereits die Rechtsform einer SE angenommen. Die insoweit rechtsformneutralen Vorgaben des VAG zur Bestandsübertragung gelten auch für Übertragungen unter Beteiligung einer bestehenden Versicherungs-SE. Umwandlungen unter Beteiligung einer bereits bestehenden inländischen Versicherungs-SE werden ebenfalls von §§ 14, 166 Abs. 3 VAG (§§ 14a, 121f Abs. 3 VAG a. F.) erfasst, soweit sie sich nach §§ 1, 122a UmwG vollziehen. Wenngleich die SE-VO für die beteiligten Gründungsgesellschaften ergänzend auf die nationalen Verschmelzungsvorgaben für Aktiengesellschaften verweist, stellt sich eine SE-Gründung hingegen nicht als Umwandlung nach §§ 1, 122a UmwG im Sinne von § 14 Abs. 1 S. 1, § 166 Abs. 3 S. 1 VAG (§ 14a S. 1, § 121f Abs. 3 S. 1 VAG a. F.) dar. Mithin greifen auch nicht die ausdrücklich auf Umwandlungen nach dem UmwG beschränkten Genehmigungsvorbehalte aus § 14 Abs. 1 S. 1, § 166 Abs. 3 S. 1 VAG (§ 14a S. 1, § 121f Abs. 3 S. 1 VAG a. F.). Spezielle Regelungen für die Gründung einer Versicherungs-SE enthält das VAG nicht. Auch eine im Rahmen einer SE-Gründung im Wege der Verschmelzung grundsätzlich anzudenkende aufsichtsrechtliche Erfassung der Übertragung von Versicherungsbeständen durch § 13 Abs. 1 S. 1, Abs. 2, § 63 Abs. 1 S. 1, § 166 Abs. 1 S. 1 VAG (§ 14 Abs. 1 S. 1, Abs. 2, § 111d S. 1, § 121f Abs. 1 S. 1 VAG a. F.) scheidet sowohl aus systematischen als auch aus tatbestandlichen Gründen aus. Die aufsichtsrechtliche Behandlung grenzüberschreitender Verschmelzungen inländischer Versicherungsunternehmen kann daher in Abhängigkeit von der gewählten – weitestgehend ähnlichen – Zielrechtsform divergieren. Die SE-VO ermöglicht wie §§ 122a ff. UmwG unter weitgehender Entsprechung der Verschmelzungsverfahren sowohl eine Hinaus- als auch eine Hineinverschmelzung von Versicherungsunternehmen. Entsprechend der grenzüberschreitenden Verschmelzung nach dem UmwG werden bei einer SE-Gründung durch Verschmelzung lediglich versicherungsspezifische Interessen nicht ausdrücklich berücksichtigt. Die gerade der Wahrung derartiger Interessen dienende versicherungsaufsichtsbehördliche Genehmigung sollte daher bei wertender Betrachtung auch für die Verschmelzung zu einer SE gelten. Um eine Divergenz zu vermeiden und eine einheitliche Versicherungsaufsicht für alle Fälle der Umstrukturierung von Versicherungsunternehmen zu gewährleisten, könnten §§ 14, 63, 166 Abs. 3 VAG (§§ 14a, 111d, 121f Abs. 3 VAG a. F.) entsprechend der grenzüberschreitenden Verschmelzung nach § 122a ff. UmwG analoge Anwendung auf die SE-Gründung finden. Einer analogen Anwendung aufsichtsrechtlicher Genehmigungsvorschriften stehen indes gewichtige Einwände entgegen, die eine restriktive Auslegung der entsprechenden Normen gebieten. Eine Beteiligung der BaFin an derartigen Umstrukturierungen kommt daher de lege lata nur im Rahmen der mit einer Verschmelzung zu einer Versicherungs-SE einhergehenden Satzungs-
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Teil 5: Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse
und Geschäftsplanänderung in Betracht. Eine Aufnahme der SE-Gründung durch Verschmelzung in §§ 14, 166 Abs. 3 VAG (§§ 14a, 121f Abs. 3 VAG a. F.) durch den Gesetzgeber wäre zu begrüßen. Wenn auch bislang weder im UmwG noch von europäischem Sekundärrecht erfasst, sind grenzüberschreitende Spaltungen bereits aufgrund der im europäischen Primärrecht verbürgten Niederlassungsfreiheit als zulässig anzusehen. Die grenzüberschreitende Spaltung stellt im Ergebnis einen zur grenzüberschreitenden Verschmelzung spiegelbildlichen Vorgang, mithin eine umgekehrte grenzüberschreitende Verschmelzung dar. Unter Beteiligung von Versicherungsunternehmen kann es dabei wie bei der grenzüberschreitenden Verschmelzung zu einer Übertragung von Versicherungsbeständen und unter Umständen zum Erlöschen des übertragenden Rechtsträgers kommen. Eine Gefährdung der Versichertenbelange dürfte bei grenzüberschreitenden Spaltungen von Versicherungsunternehmen im Ergebnis jedenfalls in vergleichbarem Ausmaß wie bei grenzüberschreitenden Verschmelzungen anzunehmen sein. Solange eine Regelung der grenzüberschreitenden Spaltung im UmwG unterbleibt und derartige Umstrukturierungen allein aufgrund des europäischen Primärrechts durchgeführt werden, dürften sie sich wegen der gebotenen sukzessiven Anwendung der nationalen Rechtsordnungen und der Dogmatik des UmwG jedenfalls auch nach Maßgabe von §§ 1, 122a UmwG vollziehen und folglich § 14 Abs. 1 S. 1, § 166 Abs. 3 S. 1 VAG (§ 14a S. 1, § 121f Abs. 3 S. 1 VAG a. F.) unterfallen. Sofern eine Regelung der grenzüberschreitenden Spaltung im UmwG unter ausdrücklichem Verweis auf die Vorschriften zur grenzüberschreitenden Verschmelzung erfolgt, bedürfte es nicht zwingend einer Folgeänderung in § 14 Abs. 1 S. 1, § 166 Abs. 3 S. 1 VAG (§ 14a S. 1, § 121f Abs. 3 S. 1 VAG a. F.), da diese Vorschriften § 122a VAG bereits erfassen. Sofern die grenzüberschreitende Spaltung hingegen eine eigenständige Regelung ohne Verweis auf § 122a UmwG erfahren sollte, wären die vorgenannten Vorschriften des VAG in der Folge entsprechend anzupassen. Eine ausdrückliche Regelung für die grenzüberschreitende Sitzverlegung einer Versicherungs-SE ist im VAG bislang nicht enthalten. Bei der Sitzverlegung einer Erstversicherungs-SE ist jedenfalls die mit einer Sitzverlegung zwingend einhergehende Satzungsänderung als Geschäftsplanänderung gemäß § 12 Abs. 1 S. 1 VAG (§ 13 Abs. 1 S. 1 VAG a. F.) eingeschränkt genehmigungspflichtig. Die durch die Sitzverlegung einer Rückversicherungs-SE bedingte Satzungsänderung und damit einhergehende Änderung des Geschäftsplans ist ausweislich § 47 Nr. 4 VAG (§ 121a Abs. 3 VAG a. F.) hingegen lediglich anzeigepflichtig. Neben der Tatsache, dass sich die betroffenen Versicherungsnehmer auch bei einer grenzüberschreitenden Sitzverlegung einer Versicherungs-SE im Ergebnis künftig einem EWR-ausländischen Vertragspartner gegenübersehen, bewirkt eine solche Sitzverlegung insbesondere einen Wechsel der für die Finanzaufsicht zuständigen nationalen Aufsichtsbehörde. Damit einher geht regelmäßig die Mitgliedschaft von Erstversicherungsunternehmen in den bis auf Weiteres national organisierten Sicherungseinrichtungen. Für die grenzüberschreitende Bestandsübertragung im Erstversicherungsbereich hat der
Teil 5: Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse
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Gesetzgeber aus diesem Grund mit dem neu eingefügten § 13 Abs. 7 S. 3 VAG ein Sonderkündigungsrecht der betroffenen Versicherungsnehmer eingeführt. Durch die grenzüberschreitende Sitzverlegung einer Erstversicherungs-SE kann eine vergleichbare Gefährdungslage entstehen, ohne dass dieser ein Sonderkündigungsrecht der Versicherungsnehmer oder zumindest eine insoweit umfassende aufsichtsbehördliche Prüfungsbefugnis gegenüberstünde. De lege ferenda dürfte vor diesem Hintergrund eine Aufnahme der grenzüberschreitenden Sitzverlegung einer Erstversicherungs-SE in die Genehmigungspflicht der §§ 13, 14 VAG (§§ 14, 14a VAG a. F.) zu befürworten sein. Mit Blick auf die Beteiligung weiterer Aufsichtsbehörden wäre insoweit eine europäische Vorgabe zu begrüßen. Die grenzüberschreitende Sitzverlegung einer Rückversicherungs-SE stellt hingegen grundsätzlich keine Gefährdungslage dar, die de lege ferenda eine Genehmigungspflicht begründen würde. Nach der VALE-Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs ist auch für Versicherungs-Aktiengesellschaften ein grenzüberschreitender Formwechsel, das heißt eine identitätswahrende grenzüberschreitende Sitzverlegung im EWR bei gleichzeitigem Wechsel in eine entsprechende Rechtsform des Zuzugsstaates zulässig. Aufsichtsrechtlich dürfte es insoweit maßgeblich auf die in einem grenzüberschreitenden Formwechsel zwingend enthaltene grenzüberschreitende Sitzverlegung ankommen. Daher sollte sich die aufsichtsrechtliche Behandlung an der Sitzverlegung einer Versicherungs-SE orientieren. Die EWR-weit gültige Zulassung von Versicherungsunternehmen und die Genehmigung von Bestandsübertragungen im harmonisierten Bereich sind transnationale Verwaltungsakte. Sie stellen die Verwirklichung der dem Anerkennungsprinzip zugrundeliegenden Idee dar und wirken als effizientes Integrationsmittel auf dem Europäischen Binnenmarkt. Soweit EWR-ausländische Rechtsordnungen zu den im deutschen Recht überschießend umgesetzten Verfahrenserstreckungen komplementäre Vorschriften samt entsprechender Genehmigungskonzentration vorsehen, kann eine Genehmigung der BaFin auch mittelbar transnationale Wirkung haben. Rechtsdogmatisch stellt sie in diesen Fällen jedoch nicht automatisch einen transnationalen Verwaltungsakt dar. Die Überprüfung und eine gegebenenfalls daraus resultierende Beseitigung eines transnationalen Verwaltungsaktes können grundsätzlich nur von den Behörden und Gerichten des Staates, nach dessen Recht der Verwaltungsakt erlassen wurde, vorgenommen werden. Aufgrund der Kompetenzverteilung des Art. 39 Solvency II hat die BaFin bei einer Verweigerung erforderlicher Mitwirkungsakte durch EWRausländische Aufsichtsbehörden weder im Genehmigungs- noch in einem etwaigen Widerspruchsverfahren die Befugnis, diese zu ersetzen. Zu berücksichtigen ist insoweit insbesondere, dass das Kompetenzgefüge gerade durch diese Mitwirkungsverpflichtungen erheblich zur Legitimation der transnational wirkenden Genehmigung beiträgt. Ein deutsches Verwaltungsgericht kann in diesen Fällen nicht EWRausländisches Recht zur Anwendung bringen und folglich auch nicht die für den
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Erlass eines Verpflichtungsurteils erforderliche abschließende Prüfung sämtlicher Tatbestandsvoraussetzungen vornehmen. Die Prüfungskompetenz ist grundsätzlich auf das Vorliegen der in § 13 Abs. 2 S. 2 VAG (§ 14 Abs. 2 S. 2 VAG a. F.) statuierten Voraussetzungen beschränkt, sodass das Verwaltungsgericht das Fehlen einer Solvabilitätsbescheinigung beziehungsweise einer erforderlichen Zustimmung feststellen und damit die Verpflichtungsklage als unbegründet abweisen muss. Die grundsätzliche Einschränkung der Gewährung von Verwaltungsrechtsschutz ausschließlich bei vorhandener Außenwirkung von Mitwirkungsakten einer inländischen Behörde beziehungsweise daraus resultierender direkter Verletzung subjektiver Rechte und die bei verweigerten oder verzögerten Mitwirkungsakten insoweit ebenfalls fehlende Ersetzungskompetenz EWR-ausländischer Gerichte rufen im grenzüberschreitenden Verwaltungsverfahren bei der Übertragung von Versicherungsbeständen eine systembedingte Rechtsschutzlücke hervor. Zur Wahrung der in Art. 19 Abs. 4 GG verbürgten Rechtsweggarantie spricht insoweit einiges dafür, ausnahmsweise eine isolierte Anfechtbarkeit der Verweigerung von Mitwirkungsakten der BaFin im grenzüberschreitenden Verwaltungsverfahren anzuerkennen. Der eingeschränkte Prüfungsmaßstab für erfolgte inländische Mitwirkungsakte hält den zwingenden Vorgaben des Art. 19 Abs. 4 GG hingegen grundsätzlich stand. Da Art. 19 Abs. 4 GG jedoch nur eine verfassungsrechtliche Mindestgarantie darstellt, käme aus allgemeinen Rechtsschutzüberlegungen gleichwohl eine Erweiterung des Prüfungsmaßstabs hinsichtlich inzidenter zu prüfender Mitwirkungshandlungen EWR-ausländischer Behörden im grenzüberschreitenden Verwaltungsverfahren in Betracht. Eine Erweiterung des Prüfungsmaßstabs könnte etwa auf kooperativem Wege erfolgen. Entsprechend der im Widerspruchsverfahren bestehenden Möglichkeit der BaFin, im Kooperationswege eine inzidente Prüfung des Mitwirkungsaktes durch die insoweit zuständige EWR-ausländische Aufsichtsbehörde einzufordern, wäre auch eine Kooperation der insoweit grundsätzlich zuständigen Gerichte der Mitglied- oder Vertragsstaaten vorstellbar. Darüber hinaus könnte eine Übertragung nationaler Hoheitsgewalt auf die Mitglied- und Vertragsstaaten erfolgen. Ferner könnte im Zuge weiterer Harmonisierung grundsätzlich eine Statuierung entsprechender Prüfungs- und Ersetzungskompetenzen der EIOPA in Betracht gezogen werden. Derartige Kompetenzen der EIOPA könnten sich an Art. 19 EIOPA-VO anlehnen, der gerade die Beilegung von Meinungsverschiedenheiten zwischen zuständigen nationalen Behörden in grenzübergreifenden Fällen regelt. Dabei sind jedoch zum einen gegenüber derartigen Kompetenzen der EIOPA bestehende Vorbehalte zu berücksichtigen, zum anderen sollten die Voraussetzungen, unter denen insbesondere eine Zustimmung im grenzüberschreitenden Verwaltungsverfahren verweigert werden kann, harmonisiert werden. Gerichtlicher Rechtsschutz wäre insoweit in der Folge ebenfalls auf europäischer Ebene zu gewährleisten.
Anhang: Synopse relevanter VAG-Vorschriften (VAG n. F. – VAG a. F.) VAG in der Fassung vom 1. April 2015
VAG a. F. bis 31. Dezember 2015
§ 8 Erlaubnis […]
§ 5 Erlaubnis […]
(1) Versicherungsunternehmen bedürfen zum Geschäftsbetrieb der Erlaubnis der Aufsichtsbehörde.
(1) Versicherungsunternehmen bedürfen zum Geschäftsbetrieb der Erlaubnis der Aufsichtsbehörde. […]
(2) Die Erlaubnis darf nur Aktiengesellschaften einschließlich der Europäischen Gesellschaft, Versicherungsvereinen auf Gegenseitigkeit sowie Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts erteilt werden. (3) Der Ort der Hauptverwaltung muss im Inland liegen. […]
§ 7 Zulässige Rechtsformen […] (1) Die Erlaubnis darf nur Aktiengesellschaften einschließlich der Europäischen Gesellschaft (SE), Versicherungsvereinen auf Gegenseitigkeit sowie Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts erteilt werden. (1a) Der Ort der Hauptverwaltung muß im Inland gelegen sein. […] § 119 Erlaubnis […] (1) Unternehmen mit satzungsmäßigem Sitz oder Hauptverwaltung im Inland, die ausschließlich die Rückversicherung betreiben, bedürfen zur Aufnahme oder Erweiterung des Geschäftsbetriebs der Erlaubnis der Aufsichtsbehörde. […] § 120 Zulässige Rechtsformen […] Die Erlaubnis darf nur Aktiengesellschaften einschließlich der Europäischen Gesellschaft (SE), Versicherungsvereinen auf Gegenseitigkeit sowie Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts erteilt werden. Der Ort der Hauptverwaltung muss im Inland gelegen sein. […]
§ 10 Umfang der Erlaubnis
§ 6 Umfang der Erlaubnis […]
(1) Die Aufsichtsbehörde erteilt die Erlaubnis unbefristet, wenn sich nicht aus
(1) Die Erlaubnis wird, wenn sich nicht aus dem Geschäftsplan etwas anderes ergibt,
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Anhang: Synopse relevanter VAG-Vorschriften
dem Geschäftsplan etwas anderes ergibt. Die Erlaubnis gilt für das Gebiet aller Mitglied- oder Vertragsstaaten. […]
ohne Zeitbeschränkung erteilt. Ungeachtet einer Beschränkung des Antrags wird sie für das Gebiet aller Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft und aller anderen Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR-Abkommen) (Mitglied- und Vertragsstaaten) in der Fassung des Anpassungsprotokolls vom 17. März 1993 (BGBl. 1993 II S. 1294) erteilt. […] § 120 […] Umfang der Erlaubnis […] (2) Die Erlaubnis wird ohne Beschränkung erteilt, wenn sich nicht aus Antrag oder Tätigkeitsplan etwas anderes ergibt. Der Umfang der Erlaubnis richtet sich im Übrigen nach Artikel 4 Abs. 1 der Richtlinie 2005/ 68/EG.
§ 13 Bestandsübertragungen
§ 14 Bestandsübertragung
(1) Jeder Vertrag, durch den der Versicherungsbestand eines Erstversicherungsunternehmens ganz oder teilweise auf ein anderes Versicherungsunternehmen übertragen werden soll, bedarf der Genehmigung der Aufsichtsbehörden, die für die beteiligten Unternehmen zuständig sind. Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn die Belange der Versicherten gewahrt sind und die Verpflichtungen aus den Versicherungen als dauernd erfüllbar dargetan sind; § 9 Absatz 5 über die Anhörung der zuständigen Stellen eines anderen Mitglied- oder Vertragsstaats und § 8 Absatz 4 sind entsprechend anzuwenden. (2) Überträgt ein inländisches Erstversicherungsunternehmen einen Bestand an Versicherungsverträgen, die es nach § 57 durch eine Niederlassung oder im Dienstleistungsverkehr abgeschlossen hat, ganz oder teilweise auf ein Versicherungsunternehmen mit Sitz in einem Mitglied- oder Vertragsstaat, ist abweichend von Absatz 1 Satz 1 lediglich die Genehmigung der für das übertragende
(1) Jeder Vertrag, durch den der Versicherungsbestand eines Versicherungsunternehmens ganz oder teilweise auf ein anderes Versicherungsunternehmen übertragen werden soll, bedarf der Genehmigung der Aufsichtsbehörden, die für die beteiligten Unternehmen zuständig sind. Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn die Belange der Versicherten gewahrt sind und die Verpflichtungen aus den Versicherungen als dauernd erfüllbar dargetan sind; § 5a über die Anhörung der zuständigen Stellen eines anderen Mitglied- oder Vertragsstaates und § 8 Abs. 1a sind entsprechend anzuwenden. (2) Überträgt ein inländisches Versicherungsunternehmen ganz oder teilweise einen Bestand an Versicherungsverträgen, die es nach § 13a durch eine Niederlassung oder im Dienstleistungsverkehr abgeschlossen hat, auf ein Versicherungsunternehmen mit Sitz in einem Mitglied- oder Vertragsstaat, ist abweichend von Absatz 1 Satz 1 lediglich die Genehmigung der für das übertragende Versicherungsunternehmen zuständigen
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Versicherungsunternehmen zuständigen Aufsichtsbehörde erforderlich. Die Genehmigung wird erteilt, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 2 vorliegen und wenn
Aufsichtsbehörde erforderlich. Sie wird erteilt, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 2 vorliegen und wenn
1. durch eine Bescheinigung der Aufsichtsbehörde des Sitzstaats des übernehmenden Versicherungsunternehmens der Nachweis geführt wird, dass dieses nach der Übertragung ausreichende anrechnungsfähige Eigenmittel zur Einhaltung der Solvabilitätskapitalanforderung hat,
1. durch eine Bescheinigung der Aufsichtsbehörde des Sitzes der Nachweis geführt wird, dass das übernehmende Versicherungsunternehmen nach der Übertragung Eigenmittel in Höhe der Solvabilitätsspanne besitzt,
2. die Aufsichtsbehörden der Mitgliedoder Vertragsstaaten, in denen die Risiken des Versicherungsbestandes belegen sind, zustimmen und
2. die Aufsichtsbehörden der Mitglied- oder Vertragsstaaten, in denen die Risiken des Versicherungsbestandes belegen sind, zustimmen und
3. bei Übertragung des Versicherungsbestandes einer Niederlassung die Aufsichtsbehörde dieses Mitgliedoder Vertragsstaats angehört worden ist. Die Sätze 1 und 2 Nummer 1 gelten auch für die Übertragung eines im Inland erworbenen Versicherungsbestandes. In den Fällen der Sätze 1 und 3 ist Absatz 5 entsprechend anzuwenden; die Absätze 3 und 4 bleiben unberührt. (3) Verlieren durch die Bestandsübertragung Mitglieder eines Versicherungsvereins auf Gegenseitigkeit ganz oder zum Teil ihre Rechte als Vereinsmitglied, darf die Genehmigung nur erteilt werden, wenn der Bestandsübertragungsvertrag ein angemessenes Entgelt vorsieht, es sei denn, das übernehmende Versicherungsunternehmen ist ebenfalls ein Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit und die von der Bestandsübertragung betroffenen Mitglieder des übertragenden Vereins werden Mitglieder des übernehmenden Vereins. (4) Sind Versicherungsverhältnisse mit Überschussbeteiligung betroffen, darf die Übertragung nur genehmigt werden, wenn der Wert der Überschussbeteiligung
3. bei Übertragung des Versicherungsbestandes einer Niederlassung die Aufsichtsbehörde dieses Mitglied- oder Vertragsstaats angehört worden ist. Die Sätze 1 und 2 Nr. 1 gelten auch für die Übertragung eines im Inland erworbenen Versicherungsbestandes. In den Fällen der Sätze 1 und 3 gilt Absatz 5 entsprechend; Absatz 3 und 4 bleiben unberührt. (3) Verlieren durch die Bestandsübertragung Mitglieder eines Versicherungsvereins auf Gegenseitigkeit ganz oder zum Teil ihre Rechte als Vereinsmitglied, darf die Genehmigung nur erteilt werden, wenn der Bestandsübertragungsvertrag ein angemessenes Entgelt vorsieht, es sei denn, das übernehmende Versicherungsunternehmen ist ebenfalls ein Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit und die von der Bestandsübertragung betroffenen Mitglieder des übertragenden Vereins werden Mitglieder des übernehmenden Vereins. (4) Sind Versicherungsverhältnisse mit Überschussbeteiligung betroffen, darf die Übertragung nur genehmigt werden, wenn der Wert der Überschussbeteiligung der
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der Versicherten des übertragenden und des übernehmenden Versicherungsunternehmens nach der Übertragung nicht niedriger ist als vorher. Dabei sind die Aktiva und Passiva des übertragenden Versicherungsunternehmens unter der Annahme, die betroffenen Versicherungsverhältnisse würden bei diesem Versicherungsunternehmen fortgesetzt, und die Aktiva und Passiva des übernehmenden Versicherungsunternehmens unter der Annahme, dass es die Versicherungsverhältnisse entsprechend dem Vertrag übernimmt, dessen Genehmigung beantragt wird, zu ihrem beizulegenden Zeitwert zu vergleichen, soweit sie Einfluss auf die Überschussbeteiligung haben können. (5) Die Rechte und Pflichten des übertragenden Versicherungsunternehmens aus den Versicherungsverträgen gehen mit der Bestandsübertragung auch im Verhältnis zu den Versicherungsnehmern auf das übernehmende Versicherungsunternehmen über; § 415 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ist nicht anzuwenden. (6) Der Bestandsübertragungsvertrag bedarf der Schriftform; § 311b Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ist nicht anzuwenden. (7) Die Genehmigung der Bestandsübertragung ist im Bundesanzeiger zu veröffentlichen. Sobald die Bestandsübertragung wirksam geworden ist, hat das übernehmende Versicherungsunternehmen die Versicherungsnehmer über Anlass, Ausgestaltung und Folgen der Bestandsübertragung zu informieren, insbesondere über einen mit der Bestandsübertragung verbundenen Wechsel der für die Rechts- oder Finanzaufsicht zuständigen Behörde und eine Änderung hinsichtlich eines Anspruchs gegen eine Sicherungseinrichtung im Fall der Insolvenz des Versicherers. Ändert sich die für die Finanzaufsicht zuständige Behörde, so kann der Versicherungsnehmer den
Versicherten des übertragenden und des übernehmenden Versicherungsunternehmens nach der Übertragung nicht niedriger ist als vorher. Dabei sind die Aktiva und Passiva des übertragenden Versicherungsunternehmens unter der Annahme, die betroffenen Versicherungsverhältnisse würden bei diesem Versicherungsunternehmen fortgesetzt, und die Aktiva und Passiva des übernehmenden Versicherungsunternehmens unter der Annahme, dass es die Versicherungsverhältnisse entsprechend dem Vertrag, dessen Genehmigung beantragt wird, übernimmt, zu ihrem beizulegenden Zeitwert zu vergleichen soweit sie Einfluss auf die Überschussbeteiligung haben können. (5) Die Rechte und Pflichten des übertragenden Versicherungsunternehmens aus den Versicherungsverträgen gehen mit der Bestandsübertragung auch im Verhältnis zu den Versicherungsnehmern auf das übernehmende Versicherungsunternehmen über; § 415 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ist nicht anzuwenden. (6) Der Bestandsübertragungsvertrag bedarf der Schriftform; § 311b Abs. 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ist nicht anzuwenden. (7) Die Genehmigung der Bestandsübertragung ist im Bundesanzeiger zu veröffentlichen. Sobald die Bestandsübertragung wirksam geworden ist, hat das übernehmende Versicherungsunternehmen die Versicherungsnehmer über Anlass, Ausgestaltung und Folgen der Bestandsübertragung zu informieren.
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Vertrag innerhalb eines Monats nach Zugang der Mitteilung des Versicherers mit sofortiger Wirkung kündigen. Der Versicherer hat den Versicherungsnehmer in der Mitteilung auf das Kündigungsrecht hinzuweisen. § 14 Umwandlungen
§ 14a Umwandlung
(1) Jede Umwandlung eines Erstversicherungsunternehmens nach den §§ 1 und 122a des Umwandlungsgesetzes bedarf der Genehmigung der Aufsichtsbehörde. § 13 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 2, 4 und 5 ist entsprechend anzuwenden. (2) Die Aufsichtsbehörde kann die Genehmigung auch versagen, wenn die Vorschriften über die Umwandlung nicht beachtet worden sind.
Jede Umwandlung eines Versicherungsunternehmens nach den §§ 1, 122a des Umwandlungsgesetzes bedarf der Genehmigung der Aufsichtsbehörde. § 14 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2, 4 und 5 gilt entsprechend. Die Genehmigung kann auch versagt werden, wenn die Vorschriften über die Umwandlung nicht beachtet worden sind.
§ 57 Versicherungsgeschäfte über Niederlassungen oder im Dienstleistungsverkehr
§ 13a Versicherungsgeschäfte über Niederlassungen oder im Dienstleistungsverkehr
(1) Erstversicherungsunternehmen dürfen nach Maßgabe der §§ 58 und 59 das Versicherungsgeschäft in den anderen Mitglied- oder Vertragsstaaten über Niederlassungen oder im Dienstleistungsverkehr betreiben. (2) Als Niederlassung gilt eine Agentur oder Zweigniederlassung eines Erstversicherungsunternehmens im Hoheitsgebiet eines anderen Mitglied- oder Vertragsstaats. Um eine Niederlassung handelt es sich auch, wenn das Versicherungsgeschäft durch eine zwar selbständige, aber ständig damit betraute Person betrieben wird, die von einer Betriebsstätte in dem anderen Mitglied- oder Vertragsstaat aus tätig wird. (3) Dienstleistungsverkehr im Sinne dieses Gesetzes liegt vor, wenn das Erstversicherungsunternehmen mit Sitz in einem Mitglied- oder Vertragsstaat von seinem Sitz oder einer Niederlassung in einem Mitglied- oder Vertragsstaat aus Risiken deckt, die in einem anderen Mitgliedoder Vertragsstaat belegen sind, ohne dass das Unternehmen dort von einer Nieder-
(1) Das Versicherungsunternehmen darf nach Maßgabe der §§ 13b und 13c das Direktversicherungsgeschäft in den anderen Mitglied- oder Vertragsstaaten über Niederlassungen oder im Dienstleistungsverkehr betreiben. Als Niederlassung ist es auch anzusehen, wenn das Versicherungsgeschäft durch eine zwar selbständige, aber ständig damit betraute Person betrieben wird, die von einer Betriebsstätte in dem anderen Mitglied- oder Vertragsstaat aus tätig wird. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht für Sterbekassen; für sie gilt § 13 Abs. 3 mit der Maßgabe, daß er bei jeder Tätigkeit im Ausland anzuwenden ist. (2) Dienstleistungsverkehr im Sinne dieses Gesetzes liegt vor, wenn das Versicherungsunternehmen mit Sitz in einem Mitglied- oder Vertragsstaat von seinem Sitz oder seiner Niederlassung in einem Mitglied- oder Vertragsstaat aus im Wege der Direktversicherung Risiken deckt, die in einem anderen Mitglied- oder Vertragsstaat belegen sind, ohne daß das Unternehmen
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lassung Gebrauch macht. Mitglied- oder Vertragsstaat, in dem das Risiko belegen ist, ist
dort von einer Niederlassung Gebrauch macht. Mitglied- oder Vertragsstaat, in dem das Risiko belegen ist, ist
1. bei der Versicherung von Risiken mit Bezug auf unbewegliche Sachen, insbesondere Bauwerke und Anlagen, und den darin befindlichen, durch den gleichen Vertrag gedeckten Sachen der Mitglied- oder Vertragsstaat, in dem diese Gegenstände belegen sind,
1. bei der Versicherung von Risiken mit Bezug auf unbewegliche Sachen, insbesondere Bauwerke und Anlagen, und den darin befindlichen, durch den gleichen Vertrag gedeckten Sachen der Mitgliedoder Vertragsstaat, in dem diese Gegenstände belegen sind,
2. bei der Versicherung von Risiken mit Bezug auf Fahrzeuge aller Art, die in einem Mitglied- oder Vertragsstaat in ein amtliches oder amtlich anerkanntes Register einzutragen sind und ein Unterscheidungskennzeichen erhalten, dieser Mitglied- oder Vertragsstaat; abweichend hiervon ist bei einem Fahrzeug, das von einem Mitglied- oder Vertragsstaat in einen anderen überführt wird, während eines Zeitraums von 30 Tagen nach Abnahme des Fahrzeugs durch den Käufer der Bestimmungsmitgliedoder Bestimmungsvertragsstaat als der Mitglied- oder Vertragsstaat anzusehen, in dem das Risiko belegen ist,
2. bei der Versicherung von Risiken mit Bezug auf Fahrzeuge aller Art, die in einem Mitglied- oder Vertragsstaat in ein amtliches oder amtlich anerkanntes Register einzutragen sind und ein Unterscheidungskennzeichen erhalten, dieser Mitglied- oder Vertragsstaat; abweichend hiervon ist bei einem Fahrzeug, das von einem Mitglied- oder Vertragsstaat in einen anderen überführt wird, während eines Zeitraums von 30 Tagen nach Abnahme des Fahrzeugs durch den Käufer der Bestimmungsmitglied- oder Bestimmungsvertragsstaat als der Mitglied- oder Vertragsstaat anzusehen, in dem das Risiko belegen ist,
3. bei der Versicherung von Reise- und Ferienrisiken in Versicherungsverträgen über eine Laufzeit von höchstens vier Monaten der Mitglied- oder Vertragsstaat, in dem der Versicherungsnehmer die zum Abschluss des Vertrags erforderlichen Rechtshandlungen vorgenommen hat, und
3. bei der Versicherung von Reise- und Ferienrisiken in Versicherungsverträgen über eine Laufzeit von höchstens vier Monaten der Mitglied- oder Vertragsstaat, in dem der Versicherungsnehmer die zum Abschluß des Vertrages erforderlichen Rechtshandlungen vorgenommen hat,
4. in allen anderen Fällen,
4. in allen anderen Fällen,
a) wenn der Versicherungsnehmer eine natürliche Person ist, der Mitglied- oder Vertragsstaat, in dem er seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, und
a) wenn der Versicherungsnehmer eine natürliche Person ist, der Mitgliedoder Vertragsstaat, in dem er seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat,
b) wenn der Versicherungsnehmer keine natürliche Person ist, der Mitglied- oder Vertragsstaat, in
b) wenn der Versicherungsnehmer keine natürliche Person ist, der Mitgliedoder Vertragsstaat, in dem sich das
Anhang: Synopse relevanter VAG-Vorschriften dem sich das Unternehmen, die Betriebsstätte oder die entsprechende Einrichtung befindet, auf die sich der Vertrag bezieht. § 61 Geschäftstätigkeit durch eine Niederlassung oder im Dienstleistungsverkehr (1) Erstversicherungsunternehmen mit Sitz in einem anderen Mitglied- oder Vertragsstaat (Herkunftsstaat) mit Ausnahme der in den §§ 65 und 66 genannten Unternehmen dürfen das Versicherungsgeschäft im Inland durch eine Niederlassung oder im Dienstleistungsverkehr nur nach Maßgabe der Absätze 2 bis 4 betreiben. § 57 Absatz 2 und 3 gilt sinngemäß. (2) Will das Unternehmen seine Tätigkeit durch eine Niederlassung ausüben, hat die Aufsichtsbehörde des Herkunftsstaats der Bundesanstalt die in Artikel 145 Absatz 2 und 3 der Richtlinie 2009/138/EG bezeichneten Angaben unter Benachrichtigung des Unternehmens zu übermitteln. Die Aufnahme der Geschäftstätigkeit der Niederlassung ist erst zulässig, wenn seit Eingang dieser Benachrichtigung zwei Monate vergangen sind. Dies gilt nur, wenn die Bundesanstalt dem Unternehmen keinen früheren Zeitpunkt mitteilt. Änderungen des Inhalts der in Artikel 145 Absatz 2 Buchstabe b, c oder d der Richtlinie 2009/138/EG bezeichneten Angaben teilt das Unternehmen der Bundesanstalt und der Aufsichtsbehörde seines Sitzes einen Monat vor der beabsichtigten Durchführung der Änderung mit. Sind Erweiterungen der Geschäftstätigkeit damit verbunden, sind diese erst zulässig, wenn seit Eingang der Mitteilung des Unternehmens an die Bundesanstalt ein Monat vergangen ist.
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Unternehmen, die Betriebsstätte oder die entsprechende Einrichtung befindet, auf die sich der Vertrag bezieht. § 110a Geschäftstätigkeit durch eine Niederlassung oder im Dienstleistungsverkehr (1) Versicherungsunternehmen mit Sitz in einem anderen Mitglied- oder Vertragsstaat (Herkunftsmitgliedstaat) mit Ausnahme der in § 110d genannten Unternehmen dürfen das Direktversicherungsgeschäft im Inland durch eine Niederlassung oder im Dienstleistungsverkehr durch Mittelspersonen nur nach Maßgabe der Absätze 2 bis 2b betreiben. § 13a Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 gilt sinngemäß. (2) Will das Unternehmen seine Tätigkeit durch eine Niederlassung ausüben, hat die Aufsichtsbehörde des Herkunftsmitgliedstaates der Bundesanstalt die in Artikel 10 Abs. 2, Abs. 3 Unterabs. 2 der Richtlinie 73/239/EWG in der Fassung von Artikel 32 der Dritten Richtlinie Schadenversicherung oder die in Artikel 40 Abs. 2, Abs. 3 Unterabs. 2 der Richtlinie über Lebensversicherungen bezeichneten Angaben unter Benachrichtigung des Unternehmens zu übermitteln. Die Aufnahme der Geschäftstätigkeit der Niederlassung ist erst zulässig, wenn seit Eingang dieser Benachrichtigung zwei Monate vergangen sind. Dies gilt nur, wenn die Bundesanstalt dem Unternehmen keinen früheren Zeitpunkt mitteilt. Änderungen des Inhalts der unter Artikel 10 Abs. 2 Satz 1 Buchstabe b, c und d der genannten Richtlinien bezeichneten Angaben teilt das Unternehmen der Bundesanstalt und der Aufsichtsbehörde seines Sitzes einen Monat vor deren beabsichtigter Durchführung mit. Sind Erweiterungen der Geschäftstätigkeit damit verbunden, sind diese erst zulässig, wenn seit Eingang der Mitteilung des Unternehmens an die Bundesanstalt ein Monat vergangen ist.
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(3) Die Aufnahme oder Änderung der Tätigkeit des Unternehmens im Dienstleistungsverkehr ist erst zulässig, wenn die Aufsichtsbehörde des Herkunftsstaats der Bundesanstalt die in Artikel 148 Absatz 1 und 2 der Richtlinie 2009/138/EG bezeichneten Angaben übermittelt und das Unternehmen hiervon in Kenntnis gesetzt hat.
(4) Der Betrieb der Krankenversicherung im Sinne des § 146 Absatz 1 sowie von Pflichtversicherungen in den in den Absätzen 2 und 3 bezeichneten Fällen ist erst zulässig, wenn das Unternehmen der Bundesanstalt die allgemeinen Versicherungsbedingungen eingereicht hat.
(5) Die Bundesanstalt unterrichtet die Aufsichtsbehörden der anderen Mitglied- oder Vertragsstaaten fortlaufend über solche Rechtsvorschriften, die Versicherungsunternehmen mit Sitz in diesen Staaten bei Ausübung einer Geschäftstätigkeit nach Absatz 1 zu beachten haben und deren Befolgung in Wahrnehmung der Aufsicht mit Ausnahme der Finanzaufsicht überwacht wird. Vorschriften, die nicht gemäß Satz 1 bekannt gegeben wurden, teilt die Bundesanstalt innerhalb von zwei Monaten nach Zugang der in Absatz 2 oder 3 bezeichneten Angaben den
(2a) Die Aufnahme oder Änderung der Tätigkeit des Unternehmens im Dienstleistungsverkehr ist erst zulässig, sobald die Aufsichtsbehörde des Herkunftsmitgliedstaates der Bundesanstalt die in Artikel 16 Abs. 1 oder Artikel 17 der Zweiten Richtlinie 88/357/EWG des Rates vom 22. Juni 1988 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Direktversicherung (mit Ausnahme der Lebensversicherung) und zur Erleichterung der tatsächlichen Ausübung des freien Dienstleistungsverkehrs sowie zur Änderung der Richtlinie 73/239/EWG (Abl. EG Nr. L 172 S. 1), zuletzt geändert durch Artikel 35 und 36 der Dritten Richtlinie Schadenversicherung, und in Artikel 42 Abs. 1 oder Artikel 43 der Richtlinie über Lebensversicherungen bezeichneten Angaben übermittelt und das Unternehmen hiervon in Kenntnis gesetzt hat. (2b) Der Betrieb der Krankenversicherung im Sinne des § 12 Abs. 1 sowie von Pflichtversicherungen in den in den Absätzen 2 und 2a bezeichneten Fällen ist erst zulässig, wenn das Unternehmen der Bundesanstalt die allgemeinen Versicherungsbedingungen eingereicht hat. § 111a Unterrichtung über Rechtsvorschriften und Daten zur Krankenversicherung (1) Die Bundesanstalt unterrichtet die Aufsichtsbehörden der anderen Mitgliedstaaten oder Vertragsstaaten fortlaufend über solche Rechtsvorschriften, die Versicherungsunternehmen mit Sitz in diesen Staaten bei Ausübung einer Geschäftstätigkeit nach § 110a Abs. 1 zu beachten haben und deren Befolgung in Wahrnehmung der Aufsicht mit Ausnahme der Finanzaufsicht (§ 110a Abs. 3 Satz 1, § 81 Abs. 1 Satz 1) überwacht wird. Vorschriften, die nicht gemäß Satz 1 bekanntgegeben wurden, teilt die Bundesanstalt innerhalb von zwei Monaten seit Zugang der in § 110a Abs. 2 oder Abs. 2a bezeichneten
Anhang: Synopse relevanter VAG-Vorschriften Aufsichtsbehörden der Herkunftsstaaten mit. [Die Übermittlung statistischer Daten regelt § 159.] § 62 Beaufsichtigung der Geschäftstätigkeit (1) Die Finanzaufsicht über die Geschäftstätigkeit im Sinne des § 61 obliegt allein der Aufsichtsbehörde des Herkunftsstaats, die Aufsicht im Übrigen auch der Bundesanstalt. [Die Zusammenarbeit bei örtlichen Prüfungen – einschließlich der Maßnahmen der Finanzaufsicht gemäß § 111c VAG a. F. – regelt § 327.]
Für die Aufsicht der Bundesanstalt nach Satz 1 sind neben § 61 Absatz 1 und 2 entsprechend anzuwenden: 1. von den Allgemeinen Vorschriften § 1 Absatz 1 und 2 sowie die §§ 3 und 4; 2. von den Vorschriften über grenzüberschreitende Geschäftstätigkeit § 68 Absatz 2 Satz 4;
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Angaben der Aufsichtsbehörde des Herkunftsmitgliedstaats mit. (2) Die Bundesanstalt übermittelt die gemäß § 103a Abs. 1 veröffentlichten Daten zur Krankenversicherung den Aufsichtsbehörden der Herkunftsmitgliedstaaten. [Fortsetzung von § 110a] (3) Die Finanzaufsicht über diese Geschäftstätigkeit obliegt allein der Aufsichtsbehörde des Herkunftsmitgliedstaats, die Aufsicht im übrigen auch der Bundesanstalt. Soweit es zur Ausübung der Finanzaufsicht erforderlich ist, ist die Aufsichtsbehörde des Herkunftsmitgliedstaates in Begleitung der mit der Aufsicht beauftragten Bediensteten der Bundesanstalt befugt, in den Geschäftsräumen der Niederlassung durch eigenes Personal oder durch Beauftragte Prüfungen des Geschäftsbetriebs vorzunehmen; § 81 Abs. 1 Satz 3 und § 83 Abs. 3 und 6 gelten entsprechend. Im Hinblick auf eine Angleichung der bewährten Aufsichtspraktiken haben die Mitarbeiter der Europäischen Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung gemäß Artikel 21 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 1094/2010 das Recht, sich an Prüfungen der in der Richtlinie 2009/138/EG genannten Aufsichtskollegien in den Geschäftsräumen der Niederlassung zu beteiligen, die gemeinsam von der Aufsichtsbehörde und mindestens einer zuständigen Behörde eines anderen Mitglied- oder Vertragsstaates durchgeführt werden. (4) Für die Aufsicht der Bundesanstalt nach Absatz 3 gelten neben den Absätzen 1 und 2 entsprechend 1.
von den einleitenden Vorschriften (I.) § 1 Abs. 1, 3 und 4 sowie § 2,
2.
von den Vorschriften über die Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb (II.) die §§ 10, 10a, 11b, 11c, 12 Abs. 1, 4 bis 5, §§ 12a, 12b Abs. 1 bis 3, §§ 12c
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3. von den Vorschriften über die Geschäftstätigkeit die §§ 48 und 51; 4. von den Vorschriften über die Verhinderung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung § 53 Absatz 1 bis 3 sowie die §§ 54 und 55, sofern es sich um Niederlassungen im Sinne des § 57 Absatz 2 handelt, die die in § 52 genannten Geschäfte betreiben;
bis 12e, § 12f, mit Ausnahme der Verweisung auf § 12 Abs. 2 und 3, und § 13d Nr. 7, 2a) von den Vorschriften über die Zusammenarbeit mit Versicherungsvermittlern (IV.3) §§ 80 und 80a, 3.
a) § 81 Abs. 1 Satz 2, 3 und 4 sowie Abs. 2, die §§ 81 f, 83 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 4, Satz 3, Abs. 4 und 5 Nr. 1 und 2, Abs. 6, die §§ 83b, 89a,
5. von den Vorschriften für einzelne Zweige die §§ 142, 144, 146, 147, 149 und 150 Absatz 1 bis 3, § 152 Absatz 1 bis 4, die §§ 155 und 156 Absatz 1, § 157 Absatz 1, § 159 mit Ausnahme der Verweisung auf § 160; 6. den Vorschriften über die Aufsicht § 294 Absatz 2 Satz 2 bis 4, die §§ 298 und 299 Nummer 1, die §§ 303, 305 Absatz 1, 2 Nummer 1 und 2, Absatz 3 bis 5, § 306 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 3, Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 und 2, Absatz 4 bis 8 sowie die §§ 308 und 310 sowie
von den Vorschriften über die Aufgaben und Befugnisse der Aufsichtsbehörden (V.1.)
b) zusätzlich für eine bestehende Niederlassung § 81 Abs. 4 Satz 1 Buchstabe a und § 83 Abs. 3, 4.
von den Vorschriften über Versicherungsunternehmen mit Sitz im Ausland (VI.) § 106 Abs. 3 Satz 4 und § 111b Abs. 1 Satz 2 und 3,
5.
§ 17 des Finanzdienstleistungsaufsichtsgesetzes.
7. § 17 des Finanzdienstleistungsaufsichtsgesetzes. (2) Hat die Bundesanstalt Gründe für die Annahme, dass die finanzielle Solidität eines nach § 61 Absatz 1 tätigen Unternehmens beeinträchtigt sein könnte, unterrichtet sie hierüber die für die Finanzaufsicht zuständige Behörde des Herkunftsstaats. (3) Kommt ein Erstversicherungsunternehmen bei einer Geschäftstätigkeit nach § 61 Absatz 1 Aufforderungen oder Anordnungen der Bundesanstalt, einen Missstand (§ 298 Absatz 1) zu beseitigen, nicht nach, so unterrichtet die Bundesanstalt die Aufsichtsbehörde des Her-
§ 111b Maßnahmen der Rechtsaufsicht (3)2019 Hat die Bundesanstalt Gründe für die Annahme, daß die finanzielle Sicherheit eines nach § 110a Abs. 1 tätigen Unternehmens beeinträchtigt sein könnte, unterrichtet sie hierüber die für die Finanzaufsicht zuständige Behörde des Herkunftsmitgliedstaates. (1) Kommt ein Unternehmen bei einer Geschäftstätigkeit nach § 110a Abs. 1 Aufforderungen oder Anordnungen der Bundesanstalt nach § 81 Abs. 2, § 81f oder § 83b nicht nach, so unterrichtet die Bundesanstalt die Aufsichtsbehörde des Herkunftsmitgliedstaates über die nach Satz 2 beabsich-
2019 Für die Zwecke der inhaltlichen Gegenüberstellung im Rahmen dieser Synopse wurde die Reihenfolge der Absätze von § 111b VAG a. F. geändert.
Anhang: Synopse relevanter VAG-Vorschriften kunftsstaats über die nach Satz 2 beabsichtigten Maßnahmen und ersucht um Zusammenarbeit. Bleibt dieses Ersuchen erfolglos und sind Versuche, Anordnungen mit Zwangsmitteln durchzusetzen oder wegen Zwangsgeld zu vollstrecken, aussichtslos oder erfolglos, kann die Bundesanstalt, wenn andere Maßnahmen nicht zum Ziel führen oder nicht angebracht sind, die weitere Geschäftstätigkeit im Inland ganz oder teilweise untersagen. In dringenden Fällen können die in Satz 2 genannten Anordnungen ohne Unterrichtung der Aufsichtsbehörde des Herkunftsstaats ergehen. Darüber hinaus kann die Bundesanstalt gemäß Artikel 19 der Verordnung (EU) Nr. 1094/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 zur Errichtung einer Europäischen Aufsichtsbehörde (Europäische Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung), zur Änderung des Beschlusses Nr. 716/2009/EG und zur Aufhebung des Beschlusses 2009/79/EG der Kommission (Abl. L 331 vom 15. 12. 2010, S. 48) die Europäische Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung mit der Angelegenheit befassen und um Unterstützung bitten. § 326 Allgemeine Grundsätze für die Zusammenarbeit der Aufsichtsbehörden (1) Die Aufsichtsbehörde arbeitet mit der Europäischen Kommission und den Aufsichtsbehörden der Mitglied- oder Vertragsstaaten eng zusammen, um die Aufsicht auf Gemeinschaftsebene zu erleichtern. (2) Ersucht die Aufsichtsbehörde eines anderen Mitglied- oder Vertragsstaats um Zusammenarbeit bei der Ausübung der Aufsicht, so trifft die Bundesanstalt die zweckdienlichen Maßnahmen unter Anwendung der §§ 298, 305, 306 und 309
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tigten Maßnahmen und ersucht um Zusammenarbeit. Bleibt dieses Ersuchen erfolglos und sind Versuche, Anordnungen mit Zwangsmitteln durchzusetzen oder wegen Zwangsgeld zu vollstrecken, aussichtslos oder erfolglos, kann die Bundesanstalt, wenn andere Maßnahmen nicht zum Ziel führen oder untunlich sind, die weitere Geschäftstätigkeit im Inland ganz oder teilweise untersagen (§ 81 Abs. 2, § 110a Abs. 4 Nr. 3). In dringenden Fällen können die in Satz 2 genannten Anordnungen ohne Unterrichtung der Aufsichtsbehörde des Herkunftsmitgliedstaates ergehen.
(2) Beabsichtigt die Aufsichtsbehörde des Herkunftsmitgliedstaates eine Niederlassung nach § 110a Abs. 3 Satz 2 zu prüfen, leistet die Bundesanstalt auf Verlangen Amtshilfe. Sie kann sich an der Prüfung
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und unterrichtet davon die ersuchende Behörde. (3) Erlässt die Aufsichtsbehörde des Herkunftsstaats gegenüber einem Unternehmen Verfügungsbeschränkungen gemäß Artikel 137 oder 138 Absatz 5, Artikel 139 Absatz 3 oder Artikel 144 Absatz 2 Unterabsatz 2 der Richtlinie 2009/138/EG, so trifft die Bundesanstalt auf Ersuchen dieser Behörde hinsichtlich der im Inland belegenen und in dem Ersuchen bezeichneten Vermögenswerte des Unternehmens in dem Umfang, wie es in dem Ersuchen bezeichnet ist, die gleichen Maßnahmen.
beteiligen; § 83 Abs. 3 und 6 gilt entsprechend. (4) Erlässt die Aufsichtsbehörde des Herkunftsmitgliedstaates gegenüber einem Unternehmen Verfügungsbeschränkungen gemäß Artikel 20 Abs. 1, Abs. 2 Unterabs. 2 oder Abs. 3 Unterabs. 2 der Richtlinie 73/ 239/EWG oder gemäß Artikel 37 Abs. 1, Abs. 2 Unterabs. 2 oder Abs. 3 Unterabs. 2 der Richtlinie über Lebensversicherungen, so trifft die Bundesanstalt auf Ersuchen dieser Behörde hinsichtlich der im Inland belegenen und in dem Ersuchen bezeichneten Vermögenswerte des Unternehmens die gleichen Maßnahmen.
[Fortsetzung von § 62] (4) Verliert ein nach § 61 Absatz 1 tätiges Unternehmen die Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb, so trifft die Bundesanstalt nach Unterrichtung durch die Aufsichtsbehörde des Herkunftsstaats die zur Unterbindung der weiteren inländischen Geschäftstätigkeit geeigneten und erforderlichen Maßnahmen.
(5) Verliert ein nach § 110a Abs. 1 tätiges Unternehmen die Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb, so trifft die Bundesanstalt nach Unterrichtung durch die Aufsichtsbehörde des Herkunftsmitgliedstaates die zur Unterbindung der weiteren inländischen Geschäftstätigkeit geeigneten und erforderlichen Maßnahmen.
§ 63 Bestandsübertragungen
§ 111d Bestandsübertragung
(1) Ein Vertrag, durch den ein Erstversicherungsunternehmen mit Sitz in einem anderen Mitglied- oder Vertragsstaat ganz oder teilweise einen Bestand an Versicherungsverträgen, die es gemäß § 61 Absatz 1 durch eine Niederlassung oder im Dienstleistungsverkehr abgeschlossen hat, auf ein Unternehmen mit Sitz in einem Mitglied- oder Vertragsstaat übertragen will, bedarf zur Genehmigung durch die für das übertragende Unternehmen zuständige Aufsichtsbehörde des Herkunftsstaats der Zustimmung der Bundesanstalt. Die Zustimmung ist zu erteilen, wenn die Belange der Versicherten gewahrt sind und die Verpflichtungen aus den Versicherungen als dauernd erfüllbar dargetan sind; § 13 Absatz 4, 5 und 7 Satz 1 ist entsprechend anzuwenden.
Ein Vertrag, durch den ein Versicherungsunternehmen mit Sitz in einem anderen Mitglied- oder Vertragsstaat ganz oder teilweise einen Bestand an Versicherungsverträgen, die es gemäß § 110a Abs. 1 durch eine Niederlassung oder im Dienstleistungsverkehr abgeschlossen hat, auf ein Unternehmen mit Sitz in einem Mitgliedoder Vertragsstaat übertragen will, bedarf zur Genehmigung durch die für das übertragende Unternehmen zuständige Aufsichtsbehörde des Herkunftsmitgliedstaates der Zustimmung der Bundesanstalt. Die Zustimmung ist zu erteilen, wenn die Belange der Versicherten gewahrt sind und die Verpflichtungen aus den Versicherungen als dauernd erfüllbar dargetan sind; § 14 Abs. 4, 5 und Abs. 7 Satz 1 gelten entsprechend. Betrifft der Versicherungsbestand einer Niederlassung keine im Inland belegenen Risiken, nimmt die Bundesanstalt zum Ver-
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(2) Betrifft der Versicherungsbestand einer Niederlassung keine im Inland belegenen Risiken, nimmt die Bundesanstalt zum Vertrag lediglich Stellung. (3) Äußert sich die Bundesanstalt nicht innerhalb von drei Monaten zu dem Ersuchen um Zustimmung oder Stellungnahme, gilt dies als stillschweigende Zustimmung oder positive Stellungnahme. (4) Fordert die gemäß Absatz 1 Satz 1 für die Genehmigung zuständige Aufsichtsbehörde von der Bundesanstalt die in § 13 Absatz 2 Satz 2 Nummer 1 genannte Bescheinigung an, sind § 58 Absatz 2 Satz 4 und § 59 Absatz 2 Satz 5 entsprechend anzuwenden.
trag lediglich Stellung. Äußert sich die Bundesanstalt nicht innerhalb von drei Monaten zu dem Ersuchen um Zustimmung oder Stellungnahme, gilt dies als stillschweigende Zustimmung oder positive Stellungnahme. Fordert die gemäß Satz 1 für die Genehmigung zuständige Aufsichtsbehörde von der Bundesanstalt die in § 14 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 genannte Bescheinigung an, gelten § 13b Abs. 2 Satz 4 und § 13c Abs. 2 Satz 5 entsprechend.
§ 73 Bestandsübertragung (1) Ein Vertrag, durch den der Versicherungsbestand einer inländischen Niederlassung im Sinne des § 68 Absatz 1 ganz oder teilweise übertragen wird auf
§ 108 Bestandübertragung (2)2020 Ein Vertrag, durch den der Versicherungsbestand einer Niederlassung (§ 106 Abs. 2) ganz oder teilweise auf ein Unternehmen mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaft oder einem anderen Vertragsstaat des EWRAbkommens übertragen werden soll, bedarf der Genehmigung der Bundesanstalt. Sie darf nur erteilt werden, wenn die Aufsichtsbehörden der Staaten, in denen die Risiken des Versicherungsbestandes belegen sind, zustimmen.
1. ein Versicherungsunternehmen mit Sitz in einem Mitglied- oder Vertragsstaat oder 2. die inländische Niederlassung eines Versicherungsunternehmens eines Drittstaats, bedarf der Genehmigung der Bundesanstalt. Die Genehmigung darf nur erteilt werden, wenn die übernehmende Drittstaatenniederlassung oder das übernehmende Versicherungsunternehmen mit Sitz in einem Mitglied- oder Vertragsstaat nachweist, dass es nach der Übertragung genügend anrechnungsfähige Eigenmittel zur Einhaltung der Solvabilitätskapitalanforderung besitzt. Der Nachweis erfolgt durch eine Bescheinigung 1. der zuständigen Behörde des anderen Mitglied- oder Vertragsstaats, wenn das übernehmende Unternehmen sei-
2020 Für die Zwecke der inhaltlichen Gegenüberstellung im Rahmen dieser Synopse wurde die Reihenfolge der Absätze von § 108 VAG a. F. geändert.
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Anhang: Synopse relevanter VAG-Vorschriften nen Sitz in einem anderen Mitgliedoder Vertragsstaat hat, oder
2. der gewählten Aufsichtsbehörde im Sinne des § 70 Absatz 1 Satz 4, wenn die Kapitalausstattung der Drittstaatenniederlassung von dieser überwacht wird. Für Erstversicherungsunternehmen gilt § 63 Absatz 4 entsprechend. (2) Gehören Erstversicherungsverträge zu den von der Genehmigung erfassten Vermögensgegenständen, darf die Genehmigung nur erteilt werden, wenn die Aufsichtsbehörden der Staaten, in denen die Risiken des Versicherungsbestandes belegen sind, zustimmen. Es gilt als Zustimmung, wenn diese Aufsichtsbehörden sich innerhalb von drei Monaten nach Erhalt des Antrags nicht geäußert haben. (3) Die Bestandsübertragung bedarf der Schriftform; § 311b Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ist nicht anzuwenden. Die Rechte und Pflichten des übertragenden Unternehmens aus den Versicherungs- oder Rückversicherungsverträgen gehen mit der Bestandsübertragung auch im Verhältnis zu den Versicherungsnehmern oder Vorversicherern auf das übernehmende Unternehmen über; § 415 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ist nicht anzuwenden. Die Genehmigung der Bestandsübertragung ist im Bundesanzeiger zu veröffentlichen. Sobald die Bestandsübertragung wirksam geworden ist, hat die übernehmende Niederlassung die Versicherungsnehmer oder die Vorversicherer unverzüglich über die Bestandsübertragung schriftlich oder elektronisch zu informieren. (4) Wird der Versicherungsbestand einer inländischen Niederlassung auf die inländische Niederlassung eines Versicherungsunternehmens eines Drittstaats
(3) Für Verträge nach den Absätzen 1 und 2 gilt § 14 Abs. 1 Satz 2, Abs. 4 bis 7 entsprechend.2021
(1) Wird der Versicherungsbestand einer inländischen Niederlassung (§ 106 Abs. 2) auf die inländische Niederlassung eines Versicherungsunternehmens eines Drittstaates im
2021 Der Verweis entspricht inhaltlich weitgehend § 73 Abs. 3 VAG, vgl. BT-Drs. 18/2956, S. 257. Ersatzlos entfallen ist offenbar der zuvor enthaltene Verweis auf den die Sicherung der Überschussbeteiligung gewährleistenden § 14 Abs. 4 VAG a. F. (nunmehr § 13 Abs. 4 VAG).
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übertragen und wird die Kapitalausstattung der Niederlassung des letztgenannten Unternehmens von der Aufsichtsbehörde eines anderen Mitglied- oder Vertragsstaats überwacht, so bleiben die von einer Niederlassung für den übertragenen Bestand gestellten Sicherheiten bestehen, sofern die für das übernehmende Unternehmen zuständige Aufsichtsbehörde nichts anderes bestimmt.
Sinne des § 105 Abs. 1 Satz 1 übertragen und wird die Kapitalausstattung der Niederlassung des letztgenannten Unternehmens von der Aufsichtsbehörde eines anderen Mitgliedstaats der Europäischen Gemeinschaft oder eines anderen Vertragsstaats des EWR-Abkommens überwacht, so bleiben die von einer Niederlassung für den übertragenen Bestand gestellten Sicherheiten bestehen, sofern die für das übernehmende Unternehmen zuständige Aufsichtsbehörde nichts anderes bestimmt.
[Zur Gegenüberstellung erneut auszugsweise § 73] (1) Ein Vertrag, durch den der Versicherungsbestand einer inländischen Niederlassung im Sinne des § 68 Absatz 1 ganz oder teilweise übertragen wird auf
§ 121i Unternehmen mit Sitz in einem Drittstaat (4) Ein Vertrag, durch den der Versicherungsbestand einer inländischen Niederlassung im Sinne des Absatzes 2 ganz oder teilweise auf die inländische Niederlassung eines Erstversicherungsunternehmens eines Drittstaates im Sinne des § 105 Abs. 1 Satz 1 oder eines Rückversicherungsunternehmens im Sinne des Absatzes 2 oder auf ein Unternehmen mit Sitz in einem Mitglied- oder Vertragsstaat übertragen wird, bedarf der Genehmigung der Bundesanstalt. Sie darf nur erteilt werden, wenn die übernehmende Drittstaatenniederlassung oder das übernehmende Unternehmen mit Sitz in einem Mitglied- oder Vertragsstaat nachweist, dass es nach der Übertragung Eigenmittel in Höhe der Solvabilitätsspanne besitzt. Der Nachweis hat durch eine Bescheinigung der zuständigen Behörde des anderen Mitglied- oder Vertragsstaates zu erfolgen, wenn
1. ein Versicherungsunternehmen mit Sitz in einem Mitglied- oder Vertragsstaat oder 2. die inländische Niederlassung eines Versicherungsunternehmens eines Drittstaats, bedarf der Genehmigung der Bundesanstalt. Die Genehmigung darf nur erteilt werden, wenn die übernehmende Drittstaatenniederlassung oder das übernehmende Versicherungsunternehmen mit Sitz in einem Mitglied- oder Vertragsstaat nachweist, dass es nach der Übertragung genügend anrechnungsfähige Eigenmittel zur Einhaltung der Solvabilitätskapitalanforderung besitzt. Der Nachweis erfolgt durch eine Bescheinigung 1. der zuständigen Behörde des anderen Mitglied- oder Vertragsstaats, wenn das übernehmende Unternehmen seinen Sitz in einem anderen Mitgliedoder Vertragsstaat hat, oder
1. die Kapitalausstattung der Drittstaatenniederlassung von der Aufsichtsbehörde eines anderen Mitglied- oder Vertragsstaates überwacht wird oder
2. der gewählten Aufsichtsbehörde im Sinne des § 70 Absatz 1 Satz 4, wenn die Kapitalausstattung der Drittstaatenniederlassung von dieser überwacht wird.
2. das übernehmende Unternehmen seinen Sitz in einem anderen Mitglied- oder Vertragsstaat hat.
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Für Erstversicherungsunternehmen gilt § 63 Absatz 4 entsprechend. (3) Die Bestandsübertragung bedarf der Schriftform; § 311b Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ist nicht anzuwenden. Die Rechte und Pflichten des übertragenden Unternehmens aus den Versicherungs- oder Rückversicherungsverträgen gehen mit der Bestandsübertragung auch im Verhältnis zu den Versicherungsnehmern oder Vorversicherern auf das übernehmende Unternehmen über; § 415 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ist nicht anzuwenden. Die Genehmigung der Bestandsübertragung ist im Bundesanzeiger zu veröffentlichen. Sobald die Bestandsübertragung wirksam geworden ist, hat die übernehmende Niederlassung die Versicherungsnehmer oder die Vorversicherer unverzüglich über die Bestandsübertragung schriftlich oder elektronisch zu informieren. § 124 Anlagegrundsätze […] (3) Gehören Versicherungsverhältnisse zu einem selbständigen Bestand eines Versicherungsunternehmens in einem Staat außerhalb der Mitglied- oder Vertragsstaaten, sind die Absätze 1 und 2 anzuwenden, soweit nicht ausländisches Recht Abweichendes vorschreibt.
§ 166 Bestandsübertragungen; Umwandlungen (1) Jeder Vertrag, durch den ein Versicherungsbestand eines inländischen Rückversicherungsunternehmens ganz oder teilweise auf ein anderes Versicherungsunternehmen mit Sitz in einem Mitglied- oder Vertragsstaat übertragen werden soll, bedarf der Genehmigung der Bundesanstalt. Der Bestandsübertra-
Die Bestandsübertragung bedarf der Schriftform; § 311b Abs. 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ist nicht anzuwenden. Die Rechte und Pflichten des übertragenden Unternehmens aus den Rückversicherungsverträgen gehen mit der Bestandsübertragung auch im Verhältnis zu den Vorversicherern auf das übernehmende Unternehmen über; § 415 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ist nicht anzuwenden. Die Genehmigung der Bestandsübertragung ist im Bundesanzeiger zu veröffentlichen. Sobald die Bestandsübertragung wirksam geworden ist, hat die übernehmende Niederlassung die Vorversicherer unverzüglich über die Bestandsübertragung schriftlich zu informieren.
§ 54c Ausländischer Versicherungsbestand Gehören Versicherungsverhältnisse zu einem selbständigen Bestand eines Versicherungsunternehmens in einem Staat außerhalb der Europäischen Gemeinschaft und der anderen Vertragsstaaten des EWR-Abkommens, so sind für das aus diesen Versicherungsverhältnissen entstandene gebundene Vermögen, soweit das ausländische Recht nichts Abweichendes vorschreibt, die §§ 54 und 54b entsprechend anzuwenden. § 121f Bestandsübertragung (1) Jeder Vertrag, durch den ein Versicherungsbestand eines inländischen Rückversicherungsunternehmens ganz oder teilweise auf ein anderes Versicherungsunternehmen mit Sitz in einem Mitglied- oder Vertragsstaat übertragen werden soll, bedarf der Genehmigung der Bundesanstalt. Der Bestandsübertragungsvertrag bedarf der
Anhang: Synopse relevanter VAG-Vorschriften gungsvertrag bedarf der Schriftform; § 311b Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ist nicht anzuwenden. Die Genehmigung wird erteilt, wenn durch eine Bescheinigung der zuständigen Behörde des Mitglied- oder Vertragsstaats nachgewiesen ist, dass das übernehmende Unternehmen unter Berücksichtigung der Übertragung über anrechnungsfähige Eigenmittel zur Einhaltung der Solvabilitätskapitalanforderung verfügt. Die Rechte und Pflichten des übertragenden Unternehmens aus den Rückversicherungsverträgen gehen mit der Bestandsübertragung auch im Verhältnis zu den Vorversicherern auf das übernehmende Unternehmen über; § 415 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ist nicht anzuwenden. Die Genehmigung der Bestandsübertragung ist im Bundesanzeiger zu veröffentlichen. Sobald die Bestandsübertragung wirksam geworden ist, hat das übernehmende Versicherungsunternehmen unverzüglich die Vorversicherer über die Bestandsübertragung schriftlich zu informieren. (2) Die vollständige oder teilweise Übertragung eines Versicherungsbestandes durch ein inländisches Rückversicherungsunternehmen auf eine Niederlassung eines Versicherungsunternehmens eines Drittstaats bedarf der Genehmigung durch die Bundesanstalt. Die Genehmigung darf nur erteilt werden, wenn die übernehmende Drittstaatenniederlassung nachweist, dass sie nach der Übertragung über anrechnungsfähige Eigenmittel zur Einhaltung der Solvabilitätskapitalanforderung verfügt. Wird die Kapitalausstattung der Drittstaatenniederlassung von der Aufsichtsbehörde eines anderen Mitglied- oder Vertragsstaats überwacht, hat der Nachweis durch eine Bescheinigung der zuständigen Behörde des anderen Mitglied- oder Vertragsstaats zu erfolgen. Absatz 1 Satz 2, 4 bis 6 ist entsprechend anzuwenden.
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Schriftform; § 311b Abs. 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ist nicht anzuwenden. Die Genehmigung wird erteilt, wenn durch eine Bescheinigung der zuständigen Behörde des Mitglied- oder Vertragsstaates nachgewiesen ist, dass das übernehmende Unternehmen unter Berücksichtigung der Übertragung über Eigenmittel in Höhe der geforderten Solvabilitätsspanne verfügt. Die Rechte und Pflichten des übertragenden Unternehmens aus den Rückversicherungsverträgen gehen mit der Bestandsübertragung auch im Verhältnis zu den Vorversicherern auf das übernehmende Unternehmen über; § 415 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ist nicht anzuwenden. Die Genehmigung der Bestandsübertragung ist im Bundesanzeiger zu veröffentlichen. Sobald die Bestandsübertragung wirksam geworden ist, hat das übernehmende Versicherungsunternehmen unverzüglich die Vorversicherer über die Bestandsübertragung schriftlich zu informieren.
(2) Die vollständige oder teilweise Übertragung eines Versicherungsbestandes durch ein inländisches Rückversicherungsunternehmen auf eine Niederlassung eines Erstversicherungsunternehmens eines Drittstaates im Sinne des § 105 Abs. 1 Satz 1 oder eines Rückversicherungsunternehmens im Sinne des § 121i Abs. 2 bedarf der Genehmigung durch die Bundesanstalt. Diese darf nur erteilt werden, wenn die übernehmende Drittstaatenniederlassung nachweist, dass sie nach der Übertragung über Eigenmittel in Höhe der Solvabilitätsspanne verfügt. Wird die Kapitalausstattung der Drittstaatenniederlassung von der Aufsichtsbehörde eines anderen Mitglied- oder Vertragsstaates überwacht, hat der Nachweis durch eine Bescheinigung der zuständigen Behörde des anderen Mitglied- oder Vertragsstaates zu erfolgen. Absatz 1 Satz 2, 4 bis 6 gilt entsprechend.
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(3) Jede Umwandlung eines Rückversicherungsunternehmens nach den §§ 1 und 122a des Umwandlungsgesetzes, bei der Rückversicherungsverträge zu den von der Umwandlung erfassten Vermögensgegenständen gehören, bedarf der Genehmigung der Aufsichtsbehörde. Absatz 1 Satz 3 und 4 ist entsprechend anzuwenden. Die Genehmigung kann auch versagt werden, wenn die Vorschriften über die Umwandlung nicht beachtet worden sind. [Fortsetzung von § 166 Abs. 3] Die Absicht der Umwandlung eines Rückversicherungsunternehmens nach den §§ 1 und 122a des Umwandlungsgesetzes, soweit sie nicht der Genehmigungspflicht nach Satz 1 unterliegt, ist der Aufsichtsbehörde unverzüglich anzuzeigen.
(3) Jede Umwandlung eines Rückversicherungsunternehmens nach den §§ 1 und 122a des Umwandlungsgesetzes, bei der Rückversicherungsverträge zu den von der Umwandlung erfassten Vermögensgegenständen gehören, bedarf der Genehmigung der Aufsichtsbehörde. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend. Die Genehmigung kann auch versagt werden, wenn die Vorschriften über die Umwandlung nicht beachtet worden sind. § 121a Laufende Rechts- und Finanzaufsicht […] (3) Änderungen bezüglich der Angaben nach § 119 Absatz 2 Nummer 1, 2, 4 und 5 sowie die Absicht der Umwandlung eines Rückversicherungsunternehmens nach den §§ 1 und 122a des Umwandlungsgesetzes, soweit sie nicht der Genehmigungspflicht nach § 121f Absatz 3 unterliegen, sind der Aufsichtsbehörde unverzüglich anzuzeigen.
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Stichwortverzeichnis Allokation wirtschaftlicher Ressourcen 61 Amtshaftungsanspruch 250, 333 Analoge Anwendung aufsichtsrechtlicher Vorschriften 367 ff. – Grenzen (Analogieverbot) 379 ff. Anerkennungsprinzip 132, 135 ff., 146, 341 Anhörung der Aufsichtsbehörde 130, 175, 231 f., 246, 298, 338 Aufsichtsarbitrage 57, 68 ff. Aufsichtskollegien 123 f., 134 f. BaFin – Internationale Kompetenz 112 ff. – Nationale Kompetenz 111 f. – Rechtsschutz 163 ff. Bestandsübertragung 46 f. Binnenmarktverwirklichung 133, 136 ff. Corporate Governance
86 ff.
De Larosière-Bericht 71 ff. Delegationsmodell 146 Demokratieprinzip 121, 146, 383 Dienstleistungsgeschäft 226 ff., 246, 252, 296, 301 ff., 311 f., 392 Dienstleistungsverkehr 227 ff. Diversifikation 36, 76, 81 f., 85 Dritte Richtliniengeneration 19, 108 ff., 140 ff., 200 Drittstaatenunternehmen 40, 112 ff., 253, 291 f., 298, 346 Eigenmittelausstattung – unter Solvency I 80 – unter Solvency II 81 ff., 262, 288, 302 Einspruchsrecht – behördliches 290, 374, 399, 403 – der Versicherungsnehmer 157 f., 161 Eintragung der Verschmelzung 153, 324 ff., 339, 371 ff., 396, 417
EIOPA 25, 71 ff., 74, 109 ff., 217 – Befugnisse 117 ff. – Rechtsgrundlagen 117 Erfüllbarkeit der Verpflichtungen 90, 98, 114, 300 Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb 99, 130 f., 148, 292 ff., 311, 340 ff., 354, 361, 374 f., 388, 405 f., 411 Ersetzungsbefugnis 177 ff. – ausländischer Aufsichtsbehörden 189, 192 – der BaFin 178 ff. – der EIOPA 179 – des Verwaltungsgerichts 182 ff. Erwerb eines Versicherungsunternehmens 36 f., 121 ff. Europäische Corporate Identity 63 Europäischer Binnenmarkt 19 ff., 44, 57, 61, 103, 106, 109, 132 f., 136 ff., 141, 147 Europäischer Wirtschaftsraum (EWR) 18 Europäisches Finanzaufsichtssystem 72 Europäisches Verwaltungsrecht 15, 132, 144 f., 240 Feindliche Übernahme 65 ff. Fiktion der Zustimmung 177, 195 ff., 253, 262 Finanzaufsicht 68 ff., 89 f., 159 f., 191, 197, 238, 333, 360, 376, 398 f., 403 Finanzmarktintegration 70 Finanzwirtschaftliche Vorteile 63 f. Flexibilität 62 f., 94, 96, 275, 290 Fungibilität 44, 141, 247, 265 Funktionsfähigkeit der Versicherungswirtschaft 89 ff., 106 f., 129 Garantiefonds 103, 160 f., 277, 332, 403 f. Gemischte Versicherungsunternehmen 39, 223 f., 254, 309 f., 315, 317 Genehmigung der Aufsichtsbehörde 94 ff., 113, 125, 128, 141, 148 ff., 170, 175 ff.,
460
Stichwortverzeichnis
183 ff., 243 f., 270 f., 314 ff., 324 ff., 345 ff., 352 Genehmigungsbedürftigkeit 113 ff., 128, 149, 327 Genehmigungskonzentration 125, 127, 148 ff., 163, 166, 235 ff., 246 ff., 258 f., 302, 307, 317 f., 336 f., 347 ff. Genehmigungsvoraussetzungen 128, 225 f., 232 f., 246 ff., 257 f., 305 f., 315 f., 335 f., 348, 352 General Protocol on Collaboration 108, 135, 147, 151 ff., 176, 198 ff., 248, 261 f., 290, 304, 306 ff., 311, 315 ff., 334, 337, 344, 347, 351 ff., 378 f. Geschäftsplanänderung 388, 400 f., 404 Gläubigerschutz 332 ff., 375 ff., 396, 399, 406, 409 Grenzüberschreitende Bestandsübertragung 19 ff., 34 ff., 149 ff. – allgemein 47 – innerhalb des EWR 48, 218 ff. Grenzüberschreitende Sitzverlegung einer SE 46, 53 f., 359 f., 398 ff., 410 ff. Grenzüberschreitende Spaltung 35, 51 f., 54 f., 334, 359, 388 ff. Grenzüberschreitende Umstrukturierung 16 ff., 34 ff., 57 ff., 88, 110 f. – außerhalb des UmwG 51 ff., 358 ff. – Begriff 35 Grenzüberschreitende Umwandlung 18 ff., 49 ff., 91, 115, 121 ff., 218 f., 312 ff., 364 ff., 392 ff. Grenzüberschreitende Vermögensübertragung 52, 359, 396 ff. Grenzüberschreitende Verschmelzung nach dem UmwG 18 ff., 35, 50 f., 115, 122, 151 ff., 218 f., 312 ff., 359 f., 364 ff., 395 Grenzüberschreitende Verschmelzung nach der SE-VO 52 f., 360 ff., 368 ff. Grenzüberschreitender Formwechsel 53 f., 344, 359, 407 ff. Grenzüberschreitendes Verwaltungsverfahren 21, 109, 134 f., 147 ff., 162 ff., 170, 191 ff., 216, 261 f., 298, 302, 318, 337, 349, 407, 413 Grundrechtsausgleich 268, 272 f., 281 f., 284
Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit 133, 155 Gründung einer SE durch Verschmelzung 22, 35, 50, 52 f., 66 f., 358 ff., 399 Gruppeninterne Umstrukturierung 64 f. Gruppensolvabilität 82 ff. Harmonisierung 136 f. – Versicherungsaufsichtsrecht 140 ff. – Versicherungsvertragsrecht 139 High-Level Group on Financial Supervision 71 ff., 164 Hinausformwechsel 54, 408 ff. Hinausübertragung 101 ff., 113, 125, 128, 131, 149, 159, 219 ff., 231, 233, 235 ff., 251 ff., 288, 290 ff., 323, 333 ff., 353 Hinausverlegung des Sitzes einer Versicherungs-SE 399 ff. Hinausverschmelzung 51, 154, 162, 219, 316 ff., 371, 375, 399 Hineinformwechsel 54, 412 Hineinübertragung 56, 106 f., 114, 125 f., 129, 131, 148, 219 ff., 236, 295 ff., 345, 353 Hineinverlegung des Sitzes einer Versicherungs-SE 399, 406 Hineinverschmelzung 51, 344 ff., 371, 375 f., 378 Home regulator 125 Identitätswahrende Migration 46, 53 ff., 219 Immaterielles Wirtschaftsgut 44 Initiativmodell 140, 166, 173 Integrative Wirkung 109 Internationales Versicherungsaufsichtsrecht 112 Internationales Verwaltungsrecht 112 f., 144 Isolierte Anfechtbarkeit 167, 172 ff., 189 ff., 202 ff. Justiziabilität
169 f., 189, 205 f., 216
Kapitalanforderungen 80 ff. Klagebefugnis 163 Kompetenzen der Versicherungsaufsichtsbehörden 109 ff.
Stichwortverzeichnis – Besonderes europäisches Kompetenzgefüge 116 ff. – Internationales Kompetenzgefüge 112 ff. – Nationale Kompetenz der BaFin 111 f. – Weitergehende Kompetenzen nach dem VAG 127 Konsolidierung 17 ff., 61 ff., 76, 81 Konsultation der Aufsichtsbehörde 110, 121 f., 126, 155, 174, 176, 253, 259, 261, 297 ff., 311, 319, 338, 355, 392 Konzentration der Finanzaufsicht 68 ff., 80 Kooperation der Aufsichtsbehörden 21, 84, 101, 109 f., 133 ff., 154, 163, 168, 175 f., 179, 216, 311, 340, 344, 406 Kooperationsprinzip 132 ff., 138, 147 ff. Letztentscheidungskompetenz Level Playing Field 72
123, 126
Marktöffnung 144 f. Mindestharmonisierung 143 ff. Mischverschmelzung 108, 315, 317 Missstandsaufsicht 97, 105, 118, 237 ff. Mobilität 17, 21, 53, 359 f. Motive für Umstrukturierungen 57 ff. Multipolare Rechtsverhältnisse 385 ff. Niederlassungsgeschäft 301, 392
228, 230 ff., 298,
Öffentlich-rechtliche Versicherungsunternehmen 37, 397 Organisationsautonomie 263, 386 Organisationsrecht 85 ff. Originalrisiko 287 Part VII Transfer 37 Partielle Universalsukzession 45, 54 f., 389 Privatautonomie 94 ff., 263 ff., 290 Privatrechtsgestaltender Verwaltungsakt 128, 148 f., 153, 163, 260 Prüfungskompetenz – BaFin 164 ff., 261 – Verwaltungsgerichte 169 ff., 214 Prüfungsmaßstab 99, 114, 168 ff., 184, 187, 191, 208, 214, 216 f., 401 ff.
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Rechtsanwendungsgleichheit 382, 384 Rechtsaufsicht 69, 89, 111, 191, 238 Rechtsschutz 105, 109, 155 ff. – der Versicherungsnehmer 156 ff. – der Versicherungsunternehmen 175 ff. Rechtsstaatsprinzip 382 f. Rechtsweggarantie 109, 156, 207 ff. Regulierung 24, 70 ff., 85 ff., 133 Regulierungsarbitrage 69 ff., 408 Risikobelegenheit 220 ff., 227 ff., 253, 298, 301 f., 311, 319 Risikoträger 220 f. Rückversicherungsaufsicht 30, 142, 223, 254, 286, 307 Rückversicherungsrichtlinie 20, 58, 78, 109, 142 f., 148, 151, 250, 255 ff., 258, 291, 307, 336 ff., 346, 350 ff., 364 ff. Run-off 75 ff., 84 f. Sanierungsinstrument 28, 42, 58 ff., 161, 276 Schuldnerwechsel 97, 103, 114, 156 ff., 249, 260, 398, 400 Schuldübernahme 92 ff., 249, 266 f. Schutz der Versicherten 17, 21, 89 ff., 129, 216, 233, 262, 273, 276, 286, 327, 335, 386, 401 Sicherheitsleistung 263, 290, 331 ff., 339, 396 Sicherungseinrichtung 103, 105, 159 f., 252, 360, 403 Siena-Protokoll 108, 121, 135, 150, 152, 248, 304, 318 Single Rule Book 71, 73 Single-License-Prinzip 57 f., 140 f. Sitzlandaufsicht 197, 311 Sitzlandbehörde 69, 83, 123, 126, 191, 220 f. Sitzlandprinzip 125, 167, 172, 216, 219, 221, 238, 341 Soft Law 16, 109, 198 Solvabilitätsbescheinigung 96, 125 f., 127 ff., 134 f., 154, 167 f.,170, 173, 175 ff., 181, 186, 196 f., 200 ff., 220, 226, 249, 257, 261 f., 288, 291, 298, 300, 302 ff., 319 f., 338, 340, 348 f., 352 f., 404, 406 Solvabilitätskapitalanforderung 31, 33, 96, 100, 129, 353
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Stichwortverzeichnis
Solvabilitätsspanne 31, 33, 98, 100, 257, 320 Solvency II-Richtlinie 28 ff. Sonderkündigungsrecht – gesetzlich 30 f., 56, 103, 158 ff., 252, 285 f., 290, 333 f., 339, 360, 403 – vertraglich 100, 282 f., 289, 339 Sonderrechte 321 ff., 375 ff., 396 Souveränitätsprinzip 113, 131 f., 136, 146, 211 Sozialstaatlicher Auftrag des Gesetzgebers 265, 277 Spaltungsrichtlinie 393 Staatliche Schutzpflichten 98 ff., 236, 262 ff., 387, 401 f. Stellungnahme der Aufsichtsbehörde 130, 155, 174, 199 f., 226, 253, 262, 299, 301, 303, Steueroptimierung 67 Territorialitätsprinzip 125, 131 f., 149, 311 Tochterunternehmen 65, 69, 122 f. Transnationale Wirkung 131 ff., 163 ff., 211 ff., 260 Transnationaler Verwaltungsakt 145 ff., 165 ff., 211 ff., 330 Überschießende Richtlinienumsetzung 147 ff., 245 ff., 255 f., 318 Überschussbeteiligung 44, 99, 225, 233 ff., 247, 252, 273, 301, 308, 310, 320 ff., 350, 378, 403 f., 350, 377 f., 403 Übertragungsformen 18, 45 ff., 109, 365 Übertragungsmechanismen 34, 45 ff., 143, 157, 219, 379 Umwandlung 18 ff., 24 f., 32 ff., 45 ff., 91, 96, 100, 115, 121 ff., 153, 218 ff., 312 ff., 351 f., 355 f., 362 ff., 389 ff., 399 ff. Unionstreue 133, 144, 155, 180 Universalsukzession 18, 45, 47, 49 ff., 54 f., 324 ff., 340 ff., 354, 372 f., 389, 402 Untätigkeit der Aufsichtsbehörde 200 ff. Untätigkeitsklage 202 ff. VAG-Novelle (2016) 28 ff. VALE-Entscheidung 17, 22 f., 53, 359, 407 Verfahrensverzögerung 198 ff. Verschmelzungsplan 331, 366
Verschmelzungsrichtlinie 20, 218, 312, 316, 326, 343, 347, 355, 364 ff., 393, 417 Verschmelzungsvertrag 92 f., 328 ff., 356, 365 f. Versicherungs-Aktiengesellschaft 37, 371, 374, 390, 397 Versicherungsaufsicht 88 ff. – Allgemeine Ziele 89 ff. – Bedeutung bei der Übertragung von Beständen 91 ff. – Bedeutung bei Hinausübertragungen 101 ff. – Bedeutung bei Hineinübertragungen 106 f. – Konflikt der Aufsichtsziele 96 ff. – Rangfolge der Aufsichtsziele 96 ff. Versicherungsbestand 38 ff. – Grenzüberschreitend erworbener Bestand 39 f., 110, 126, 141 ff., 149 ff., 191, 224 ff., 244 ff., 255 ff., 291 ff., 305 ff., 317 f., 350, 354 f. – Inländischer Bestand 39, 48, 149, 152, 245 ff., 255 ff., 291 ff., 299 ff., 311, 318, 334, 349 – Selbständiger ausländischer Bestand 40 – Teilbestand 41 ff., 235, 292 ff. Versicherungsbinnenmarkt 21, 139, 143 Versicherungs-SE 37, 51, 219, 358 ff., 390, 397 ff. Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit (VVaG) 37, 44, 61, 322, 371, 397 Vertragsrecht 220 ff., 234, 244, 247, 298 Vertragsübernahme 266 f. Verwaltungsinternum 155, 171 ff., 178, 186, 189 ff., 194 f. Verwaltungsrechtsschutz 109, 162 ff., 175 ff., 207 ff., 261 Verwaltungsvereinheitlichung 144 Vollharmonisierung 72 ff., 140, 225 f. Vorbehalt des Gesetzes 380, 384 Vorversicherer 100, 260 ff., 310, 339 f. Wechselseitige Beteiligung 66 Wettbewerbsfähigkeit 62 f., 275 Wirksamkeitsvoraussetzung 111, 153, 325 ff., 373 f. Wirtschaftsverwaltungsrecht 15, 34, 105, 112, 132 f., 144
Stichwortverzeichnis Zusammenarbeit der Aufsichtsbehörden 116 f., 124, 133 f., 138 Zustimmung der Aufsichtsbehörde 126 f., 129 f., 154 ff., 167 ff., 175 ff., 182 ff., 188 ff., 195 ff., 221, 226, 229 ff., 251 ff., 261 ff., 291, 301 ff., 349 ff. Zustimmungserfordernis nach § 415 BGB 18 ff., 91 ff., 114, 130, 244, 251 f., 266 ff., 280, 298
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– Substitution der Zustimmung nach § 415 BGB 19, 91, 94 ff., 262 Zustimmungsverweigerung – der Aufsichtsbehörde 156, 177 ff., 185 ff. – der Versicherungsnehmer 50, 94 Zweigniederlassung 32, 48 f., 65, 69, 80, 83, 111, 125 ff., 130, 164, 172, 174, 221, 224 ff., 251 ff., 296, 299, 301 ff. Zweite Richtliniengeneration 140 f., 145, 158