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German Pages 443–476 [34] Year 2014
Mirjam Kappes
Graffiti als Eroberungsstrategie im urbanen Raum Abstract A city cannot only be defined in terms of its built topography or its urban spatial structure as it is also the place and product of social action. Struggles over the right to access, use, occupy and control urban spaces are repeatedly waged between different interest groups, individuals and institutions. This spatial-semiotic study investigates the ways in which appropriation and negotiation strategies of urban space become visually manifest in the city’s semiotic landscape, i.e. its multimodal aggregate of signs, codes and surfaces. Since the analysis of semiotic landscapes seems to be especially promising where the urban palimpsest has been damaged or disrupted, this essay will focus on graffiti: Graffiti signs purposely “pollute” the city’s “scrubbed” visual sphere, and in doing so they challenge assumptions about who sanctions and controls public space.
1 Wem gehört die Stadt?1 Wem gehört die Stadt? ist wohl eine der grundlegendsten und zugleich konfliktträchtigsten Fragen urbaner Gesellschaften. Sie steht für die immer wieder (neu) stattfindenden Auseinandersetzungen um Besitz, Zugänglichkeit und Zugehörigkeit von und zu städtischen Räumen, und ist daher ebenso häufig gestellt, diskutiert und verhandelt worden, wie sich Städte bzw. Stadtkonstellationen, urbane Raumstrukturen und -kontexte (fort)entwickelt haben, hergestellt und erschlossen worden sind. Angesichts aktueller Entwicklungen wie der zunehmenden Konzentration von Gesellschaften in städtischen Lebensumfeldern und der dadurch ansteigenden Bebauungs- und Bevölkerungsdichte urbaner Lebensräume stellt sich die Frage mit erneuter Dringlichkeit. So bedingt das stetige Anwachsen der Stadtbevölkerung einen voranschreitenden Strukturwandel des urbanen Lebensraums, der sich auf das soziale Leben auswirkt und Prozesse der funktionalen und sozialen Segregation verschärft (vgl. Klein/Friedrich 2003a: 104). Ebenso haben Prozesse der Globalisierung den Ausbau der Städte zu transnational || 1 Dieser Aufsatz basiert auf einer umfassenderen Studie, die sich theoretisch und empirisch mit dem Zusammentreffen von (munizipalen, kommerziellen, transgressiven) Zeichen im urbanen Raum (am Beispiel Hamburgs) und den darin visuell manifest werdenden Macht- und Aushandlungsstrategien auseinandergesetzt hat. Aus Platzgründen wird sich hier auf einen Zeichentyp, Graffiti, beschränkt.
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444 | Mirjam Kappes operierenden Kommunikations- und Handelszentren begünstigt, sodass sich Stadtpolitiker und -planer nun vermehrt entlang infrastruktureller Anforderungen einer globalisierten Ökonomie orientieren; z.B. werden funktionale Bereiche wie Wohnen, Leben und Arbeiten zunehmend an Erfordernisse der Standortkonkurrenz und Warenzirkulation angepasst (vgl. Klein/Friedrich 2003b: 90; Haubold 1999: 11; Zukin 1998: 28). Mit dem gestiegenen Wettbewerbsinteresse der Stadtpolitik geht die Musealisierung der Innenstadtbereiche einher, die als Touristenattraktionen aufbereitet werden und ein „störungsfreies Lokalkolorit“ (Klein/Friedrich 2003a: 106) präsentieren sollen: „Cities are always being cleaned, scrubbed […] to present an acceptable face to the world” (Pennycook 2010: 140). Die Aufwertung (inner-)städtischer Viertel (Gentrification) fördert soziale Segregationsprozesse: Durch den Zuzug einkommensstarker Bevölkerungsgruppen und die sich ihren Konsumgewohnheiten und Lebensstilen anpassende bauliche und ökonomische Gestaltung der Quartiere werden ansässige Haushalte geringeren Einkommens verdrängt (vgl. Farwick 2012: 385; Holm 2012: 662). Bestimmte Bevölkerungsgruppen werden so von (Teil-)Bereichen der Stadt ausgeschlossen; soziale Desintegration und Marginalisierung sind die Folge (vgl. Klein/Friedrich 2003a: 106). Angesichts dieser Entwicklungen kommt es immer wieder zu Auseinandersetzungen um urbane Räume, die in sozialer und symbolischer Hinsicht ausgefochten werden (vgl. Häußermann/Siebel 2004: 140). Bei sozialen Konflikten geht es um Fragen von Zugang zu (bzw. Gebrauch von) den als attraktiv bewerteten Räumen der Stadt, welche jedoch häufig (z.B. aufgrund ansteigender Mietpreise oder dem rückläufigen Bau von Sozialwohnungen) nur bestimmten Bevölkerungsgruppen zur Verfügung stehen und von diesen annektiert werden (vgl. ebd.; Bourdieu 1991: 30; Farwick 2012: 384). In symbolischen Konflikten treten dagegen die Verortungs- und Distinktionsbedürfnisse verschiedener sozialer Bevölkerungsgruppen zutage, die um Dominanz und Selbstrepräsentation im urbanen Raum ringen (vgl. Häußermann/Siebel 2004: 139). Die Eingangsfrage Wem gehört die Stadt? kann daher in zweierlei Hinsicht verstanden werden: zum einen im wörtlichen Sinne, die nach den Besitzverhältnissen des urbanen Raums fragt, zum anderen metaphorisch, die den Konflikt um die Deutungshoheit über die Stadt meint (also: wer welche urbanen Räume wie nutzen darf) (vgl. Bartetzky 2010: 15). Dabei gewinnen Strategien der Raumaneignung und -eroberung an Bedeutung, die in vielerlei Diskursen und Praktiken zwischen unterschiedlichen Akteuren bzw. Akteurskonstellationen ausgetragen werden (vgl. Klein/Friedrich 2003a: 106).
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2 Stadt als performatives Erlebnis Im Begriff Stadt sind zwei grundlegende Vorstellungen von Raum angelegt: zum einen die des öffentlichen, kollektiv geteilten und allen zugänglichen Raums, der nur „darauf wartet, […] erobert und angeeignet zu werden“, zum anderen die eines von Mauern, Zäunen, Wänden und Hindernissen ein- bzw. aufgeteilten, ‚zerstückelten‘ Raums, der machtvoll (distinktiv und selektiv) ein- und ausschließt, ab- und begrenzt (vgl. Hanzer 2009: 16/125; Flusser 1991: 22; Baudrillard 1978a: 19). Diese Ambiguität manifestiert sich nicht nur in der architektonischen Gestaltung und topographischen Bestimmung des städtischen Raums, sondern kennzeichnet ebenso die soziale Lebens- und Erfahrungswelt des Einzelnen: Denn Stadt-Raum ist nicht nur in seiner physisch-geometrischen Manifestation, als körperlich erfahrbares, objekthaft-erbautes Umfeld zu begreifen, sondern ebenso als Resultat und Austragungsort menschlichen Handelns. Henri Lefebvre ergänzt daher die Vorstellung des physischen Raums um den Begriff des ‚sozial konstruierten‘ Raums: „(Social) place is a (social) product“ (Lefebvre 2007: 26, Herv. i. Orig.). Der Analysefokus verschiebt sich dabei von „space“ zu „spatialization“; d.h. das Verständnis des abgrenzbaren, statischen Raums wird abgelöst durch die dynamischen, interaktiven Prozesse der Repräsentation, Organisation und Erfahrung von Raum (vgl. Jaworski/Thurlow 2010: 7). Durch diskursiv ausgehandelte, größtenteils konventionell verankerte Handlungsanweisungen und -deutungen, die im physischen Stadtraum Kondition und Kontext finden, wird bestimmt, von wem und in welcher Art und Weise urbaner Raum besessen, in Anspruch genommen und nutzbar gemacht werden kann. Verortungs-, Bezugs- und Annektierungsstrategien versehen den Raum mit Werten, Bedeutungen und Praktiken und konstituieren ihn so als „meaningful context of human action“ (Entrikin 1991: 10). Der derart – teilweise nur temporär – ausgehandelte Aktionsradius bzw. Ermächtigungsspielraum ist zugleich durch Distinktion bzw. wechselseitige Ausschließung der in ihm agierenden Akteure gekennzeichnet (vgl. Bourdieu 1991: 26). So überrascht es wenig, dass immer wieder divergierende bzw. konfligierende Bedeutungs- und Interpretationsentwürfe von urbanem Raum und dessen (legitimer) Nutzung aufeinandertreffen: „Sometimes the representation of space is commonly accepted by diverse individuals. Other times, people conflict over the meanings of space and the definitions of what is acceptable behaviour in public spaces” (Gottdiener/Budd 2005: 144).
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3 Kampf um Deutungshoheit: Zeichen und Codes Nach Jean Baudrillard ist die moderne Stadt „vorrangig der Ort der Exekution der Zeichen“, oder auch ein „zerstückelter Raum distinktiver Zeichen“ (Baudrillard 1978a: 19). Das bedeutet, dass jene machtvollen Bestimmungen und Begrenzungen von urbanem Raum anhand der in ihm angebrachten multimodalen Zeichen und Codes wahrnehmbar und erfahrbar werden. Baudrillard formuliert es so: Die „Konfiguration des Urbanen [als] ein immenses Zentrum der Auslese und Einschließung“ werde nicht nur durch räumliche und soziale Segregation, sondern vor allem „durch die Verzweigung der Zeichen und der Codes“ hergestellt und reproduziert (ebd.). Folgt man diesem Gedankengang, dann geben die im urbanen Raum anzutreffenden Zeichen Aufschluss über die heterogenen, machtvollen und häufig antagonistischen Interpretationsweisen von Stadt-Raum als „bedeutungstragendes Umfeld“ („the meaningful context of human action“ nach Entrikin 1991: 10). Sie sind sichtbare Manifestationen der diskursiven Aushandlungsprozesse von „spatial practice“ (Lefebvre 2007: 16), d.h. der (konventionalisierten) Nutzungsweisen von Raum. Prescriptions on how to travel, eat, live and have fun confront at the slightest opportunity, whilst directives on where to walk, talk and be hint at the underlying sanctions present in those spaces we encounter. This is the contemporary city; a space of signs and symbolism at once rich and prescriptive, ideal and imagined. A space of visually broadcast pronouncements, transmitted from the fronts of billboards, traffic signs, itinerant graffiti and similar other public communiqué, all made meaningful in acts of interpretation engaged in by those who read and consume the message sent (Hickey 2012: xiii).
Wie hier angedeutet, offenbaren sich in der Vielfalt der im urbanen Raum auftretenden Zeichen machtvolle Diskurse, die Handlungsanweisungen und Verhaltensregeln, aber auch tieferliegende kulturelle Aushandlungsprozess hinsichtlich dessen, wie Raum mit Bedeutung und Sinn versehen wird, formulieren (vgl. Hickey 2012: 3). Nach Auffassung der topologischen Semiotik bedeutet das: Durch die Einschreibung der Gesellschaft in den Raum wird gleichzeitig das ‚Lesen‘ dieser Gesellschaft durch den Raum ermöglicht (vgl. Greimas 1986: 30). Es wird daher davon ausgegangen, dass die interferierenden und ggf. kollidierenden Interpretationsentwürfe von und im urbanem Raum anhand der dort erfahrbaren „multimodalen Diskurse“ (nach Kress/van Leeuwen 2001), die sich in (semiotisch interpretierbaren) Zeichen manifestieren, nachvollzogen werden können. Der Fokus liegt dabei auf den materiellen Objekten der Semiose, die hinsichtlich ihrer Bedeutung(sstrukturen) in Relation zu den spezifischen Orten
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und Oberflächen ihrer Anbringung untersucht werden (vgl. Chmielewska 2010: 274). Die (visuellen) Aushandlungsprozesse von Raum(-bedeutung) werden insbesondere dort erfahrbar, wo Bruchstellen, Störungen oder Ungereimtheiten auftreten („where the continuity of the urban palimpsest had been disrupted“; Chmielewska 2005: 246) – denn dort offenbaren sich jene dissimulativen Machtprozesse und latenten Sanktionen, die zwar jedem urbanen Raum inhärent sind, aber zumeist nicht (mehr) bewusst wahrgenommen werden (vgl. Lefebvre 2007: 142; Hanzer 2009: 14; Baudrillard 1978b: 10). Bei der Untersuchung der mit Beschriftungen, Bildern, Textelementen, Symbolen und Markierungen bedeckten urbanen Flächen treten vor allem Graffiti als visuell wahrnehmbarer ‚Störfaktor‘ auf, da sie mit Vorliebe die Zeichen- und Orientierungssysteme des durchstrukturierten, durch „maximale Reizüberflutung der offiziellen ‚Zeichen‘“ gekennzeichneten Stadtraums angreifen (vgl. Mathis 1985: 147). In ihrer visuellen Präsenz, ihrer formal-ästhetischen Gestaltung, ihrem (potenziellen) Aussageimpetus sowie in Anbringungsweise und -ort widersetzen Graffiti sich den Regeln der „offiziellen“ Zeichensetzung und hinterfragen so (symbolhaft) die im Raum immanenten Kontrollfunktionen und hegemonialen Handlungsanweisungen, wer Raum wie wo nutzen darf, wer dort gehört (bzw. wahrgenommen) wird (vgl. Hanzer 2009: 26). Daher stellen sie einen besonders geeigneten Untersuchungsgegenstand für die Offenlegung interaktiver Herstellungsprozesse von Raumbedeutungen und -anwendungsweisen dar.
4 Kategoriale Erfassung von Zeichen im urbanen Raum: Graffiti Die Bezeichnung Graffiti fungiert als Oberbegriff für eine große Anzahl heterogener, vielfältiger ästhetischer Praktiken, deren Produkte sich in Darstellungsweise und -form, Materialität sowie Aussageimpetus in vielerlei Hinsicht unterscheiden. Dennoch sind Graffitizeichen in ihrer Gestaltung nicht vollkommen beliebig, denn auch hier haben sich bestimmte Darstellungskonventionen und Aussagemodalitäten durchgesetzt, an denen sich die Graffitiproduzenten in aller Regel orientieren – auch wenn dabei immer wieder neue Spielarten auftreten. Geht man von ihrer originären Wortbedeutung als „in Wände geritzte Inschriften“ aus (Kaya 2007: 130), dann finden sich Graffiti in den unterschiedlichsten Kulturkreisen und Zeiten wieder; von einer „Graffiti-Szene“ im heutigen Sinne, die qualitativ auch nach ganz anderen Maßstäben zu beurteilen ist, kann jedoch erst ab den 1970er Jahren die Rede sein (vgl. Tegethoff 2006:
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448 | Mirjam Kappes 252). In fast jeder Publikation über Graffiti wird dabei das in der Szene verwendete Vokabular und die zugehörigen Praktiken erläutert, wobei zumeist als erstes zwischen den beiden ‚Grundformen‘ tag und piece unterschieden wird. Der tag, also der Namenszug des Writers, verweist dabei wohl am deutlichsten auf Autorschaft, Ich-Performanz und Identitätsentwurf des Urhebers: „Der Tag markiert die soziale Existenz und die Teilhabe an der Graffiti-Szene. Ihn gilt es bekannt zu machen und durch die Werke zu repräsentieren“ (Schierz 2009: 239). Als Pseudonym wahrt der tag einerseits die Anonymität des Verfassers, wird aber andererseits (im Idealfall) zum wiedererkennbaren Markenzeichen, der individuellen „Handschrift“ eines Autors. Um seine Unverwechselbarkeit zu garantieren, investieren die meisten Writer viel Mühe in die aufwendige Gestaltung der Typographie ihres Schriftzugs (vgl. van Treeck 2003: 103). Dagegen bezeichnet das piece, vormals „ein Oberbegriff für polychrome, großformatige, gut ausgeführte Bild-Graffiti“ (Kreuzer 1986: 264), heute allgemein die „Bild“Elemente einer Arbeit (Samz 2003: 144).2 Neben diesen beiden Grundformen werden zu Graffiti noch weitere Techniken gezählt (die bisweilen auch als „Streetart“3 bezeichnet werden): darunter cut-outs, Kacheln (tiles), PäckchenAufkleber, Poster, Schablonen-Sprühwerke (stencils) und Sticker. Angesichts der Bandbreite der Graffiti-Darstellungen, die „[w]ie in allen sogenannten Künsten […] von kruden Schmierereien und zerstörerischen Frustaktionen bis hin zu Werken höchster künstlerischer Potenz und Könnerschaft“ (Tegethoff 2006: 252) reicht, wird schnell deutlich, dass Graffiti in ihrer jeweiligen Gestaltung für unterschiedliche Rezipienten mehr oder weniger gut verständlich bzw. interpretierbar sind (vgl. Auer 2010). Was schriftsprachliche Graffiti betrifft, so sind es in der Regel die „Wort-, Symbol- oder ParolenGraffiti“ (Klee 2010: 109), die auch nach außen hin verständlich sind (bzw. auf Verständlichkeit hin konzipiert werden), denn ihre Funktion liegt meist darin, || 2 Die von Kreuzer (1986: 24) vorgenommene Kategorisierung der Graffiti in drei „Gattungen“ (Symbole und Zeichen; Bilder; Schrift-Graffiti/verbale Graffiti) scheint jedoch problematisch, da eine derart suggerierte Trennschärfe bei vielen Text-Bild-Kompositionen nicht gegeben ist. 3 Die Differenz zwischen Graffiti und Streetart ist nicht eindeutig zu treffen. Norbert Siegl, Leiter des Wiener Instituts für Graffiti-Forschung (ifg), definiert Graffiti als einen dynamischen „Oberbegriff für viele thematisch und gestalterisch unterschiedliche Erscheinungsformen. Die Gemeinsamkeit besteht darin, dass es sich um visuell wahrnehmbare Elemente handelt, welche ungefragt und meist anonym, von Einzelpersonen oder Gruppen, auf fremden oder in öffentlicher Verwaltung befindlichen Oberflächen angebracht werden.“ Trotz unterschiedlichster Ausprägungen bleibe das wichtigste Klassifikationsmerkmal, „dass eine Botschaft ‚ungefragt‘ – ohne Genehmigung des Eigentümers – auf fremde Flächen gemalt, geschrieben, gesprayt, gekratzt, […] wurde“. Vgl. http://www.graffitieuropa.org/ definition1.htm [Zugriff 14.02.14].
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dass sie als „alternative Kommunikation der Stadt“ Meinungen und Handlungsanweisungen artikulieren, die sonst kaum wahrgenommen bzw. vom öffentlichen Diskurs ausgeschlossen sind (vgl. Schierz 2009: 6; Northoff 2005: 122).4 Ein Scheitern der Decodierung der Graffiti mag sowohl der mangelnden Kenntnis des szeneüblichen Vokabulars als auch der grafischen Gestaltung des Textes geschuldet sein: „[…] die beabsichtigte ästhetische Wirkung der Schrift [beeinflusst, Anm. MK] ihre Lesbarkeit, also die Erkenn- und Unterscheidbarkeit der Buchstaben massiv“ (Dittmar 2009: 127).5 So haben bildliche gegenüber schriftsprachlichen Elementen den Vorteil der „Verdichtung und schlaglichtartigen Verkürzung des Informationsgehalts“ – dies rückt das Graffito in die Nähe des Icons, ein „durch Verallgemeinerung und ständige Wiederholung zur Metapher verkürztes Schlagbild“ (Tegethoff 2006: 251/253). Je nach Darstellung überwiegt also die informative oder symbolische Funktion des Zeichens (vgl. Androutsopoulos 2008). Es überrascht daher wenig, dass es v.a. die bildlichen Graffitielemente sind, die als ‚Kunst‘ im öffentlichen Raum toleriert werden und tendenziell eine höhere ‚Überlebenschance‘ aufweisen als ihr schriftsprachliches Pendant. Dies mag auch die Popularität der bildlastigen Streetart-Werke (und ihrer Produzenten) erklären. Obwohl die Urheber eines Graffitizeichens meist ebenso unbekannt bleiben wie jene eines institutionellen und kommerziellen Zeichens, rücken Autorschaft und Gestaltungswillen bei Graffiti viel stärker in den Vordergrund. Dies liegt nicht nur in der individuellen Aussagemodalität des Zeichens begründet, sondern genauso darin, dass ein Graffito immer auch als Identitätsentwurf seines Produzenten zu werten ist: als Geste der Existenzbehauptung (‚ich war hier‘), als Demonstration der eigenen künstlerischen Fähigkeiten, als territoriale Markierung, als Zugehörigkeits- und Abgrenzungsbekundung, als möglichst weiträumig zu distribuierendes Markenzeichen oder als Beweis der eigenen Wag|| 4 In der Forschung wird häufig wie selbstverständlich davon ausgegangen, dass Graffiti eine Minderheitenmeinung ausdrücken, die von Protest und Widerstand gegen den herrschenden Diskurs zeugt. Dagegen ist einzuwenden, dass sich der rücksichtslose Mitteilungswille der Graffiti nur äußerst selten in konkret formulierten politischen Standpunkten manifestiert; konsum- und systemkritische Schlagsätze werden zwar häufig vorgebracht, aber i.d.R. nicht konkretisiert und differenziert (vgl. Dittmar 2009: 100/103). 5 Dies hat auch die Forschung bisher vor einige Herausforderungen gestellt: Wenn sich überhaupt an der Deutung von Graffitizeichen versucht wurde, dann sind die textliche Elemente zumeist auf ihren semantischen Gehalt bzw. die bildliche Bestandteile auf ihr ikonisches Potenzial hin überprüft worden; die Interpretation scheitert jedoch bei unleserlichen oder unverständlichen Graffiti, deren „wahre“ Bedeutung – so betont es ein Großteil der Publikationen – nur den Insidern der Szene geläufig sei (vgl. van Treeck 2003: 103; Fix 2007: 467; Skrotzki 1999: 45).
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450 | Mirjam Kappes halsigkeit bei der Wahl des Anbringungsortes. Angesichts der gängigsten „Werkzeuge“ der Graffitiproduzenten, der Farbspraydose und dem schwarzen Edding, fällt auf, dass bei beiden kein vorher festgelegtes materielles Trägermedium existiert – dieses wird oftmals erst im urbanen Raum ausgewählt. Das Aussagepotenzial der Graffiti realisiert sich daher nicht nur im Zeichen an sich, sondern auch im Akt des Anbringens: Nicht unbedingt was, sondern wo und wie etwas gesagt wird, ist relevant. Diese Macht der Markierung hat schon Jean Baudrillard in seinem 1975 publizierten Aufsatz „Kool Killer oder Der Aufstand der Zeichen“ erarbeitet: Den vielfältigen Codes der industriellen Stadt, die jede Tätigkeit und jeden Moment des alltäglichen Lebens mit Sinn, mit einer „funktionalen Definition“ versehen (oder es zumindest vorgeben), setzen die GraffitiSprayer eine „Woge“ von „rudimentären oder verdrehten Graphismen“ entgegen, deren Inhalte austauschbar sind, bei denen „jedes Element nur entsprechend dem Code als variabler, struktureller Term Sinn annimmt“ (vgl. Baudrillard 1978a: 19-38): Denn Superbee Spix Cola 139 Kool Guy Crazy Cross 136 – das bedeutet nichts, ist nicht einmal Eigenname, sondern symbolische Matrikel, gemacht, um das gewöhnliche Benennungssystem aus der Fassung zu bringen. […] [W]eder Denotation noch Konnotation, derart entgehen sie dem Prinzip der Bezeichnung und brechen als leere Signifikanten ein in die Sphäre der erfüllten Zeichen der Stadt, die sie durch ihre bloße Präsenz auflösen (ebd.: 26).
Grundlegend ist bei Baudrillard die Erkenntnis, dass die Mauern (die „Schreibflächen“) des urbanen Raums dadurch, dass sie mit rein funktionalen, auf Decodierbarkeit angelegten Zeichen bedeckt wurden, qualitätslos geworden sind – erst durch die Offensive der Graffiti, die keinen Inhalt haben und auch keinen ästhetischen Kriterien folgen, wird der urbane Raum wieder territorialisiert, „zum kollektiven Territorium“ gemacht (ebd.: 28-37). Die an die Mauern angebrachten Namenszüge der Autoren, gelöst von jeder privaten Individualität, werden Teil einer kollektiven Anonymität, d.h. sie sind austauschbar und übertragbar – darin erkennt Baudrillard die Kraft eines symbolischen Rituals, bei dem Namens-Graffiti – gleich einer Initiation – den Eintritt in eine Gruppe Gleichgesinnter markieren (vgl. ebd.: 26/35; Schweitzer 2006: 244). Deutlich wird, dass schon der Akt der territorialen Graffiti-Markierung eine Neubestimmung bzw. -bewertung des urbanen Raums bedeuten kann – und sei es nur, dass eine bisher unbeachtete Fläche (eine Unterführung, ein Brückenpfeiler, ein Hauseingang) ins Sichtfeld rückt und Aufmerksamkeit bekommt. Dennoch wäre es zu kurz gegriffen, Graffiti nur auf ihren formal-räumlichen Bezug zu reduzieren und sie so in die Beliebig-, d.h. Belanglosigkeit zu drängen. Denn das Graffitizeichen ist insofern nicht völlig inhaltslos, da es als Zeichen
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seiner selbst präsent ist und als solches unmittelbar konnotiert wird (vgl. Dittmar 2009: 99). Zudem werden nicht alle Graffiti wahllos und willkürlich angebracht, sondern zeugen in vielen Fällen von der langfristigen Planung und dem sorgfältigen Gestaltungswillen ihrer Hersteller: Teilweise sind sie den topografischen Begebenheiten sogar spezifisch angepasst bzw. extra für sie entworfen. Das kommunikative Potenzial der Graffiti liegt also neben der visuellen Neugestaltung des urbanen Raums in den Bedeutungen und Sinnbezügen, die im Zusammentreffen mit anderen Zeichen und den raumspezifischen Kontexten, in denen sie stehen, hervortreten.
5 Eroberungsstrategien Der Begriff ‚Eroberung‘ impliziert eine Auseinandersetzung zwischen mehreren Protagonisten. In der Graffiti-Szene entbrennt der Kampf nicht nur um die, sondern auch auf den Flächen: Zum einen geraten die Sprayer und Writer durch die Illegalität ihres Tuns immer wieder in Konflikt mit öffentlichen Trägern und privaten Eigentümern (vgl. Tegethoff 2006: 252; Hoffmann 1985: 19), zum anderen kämpfen die Protagonisten um die visuelle Annektierung der Fläche selbst, und zwar gleichzeitig an zwei Fronten: Ihre Graffiti müssen sich sowohl gegen die öffentlich legitimierten Zeichen (z.B. Verkehrs- und Werbeschilder) behaupten, als auch gegen die Konkurrenz der anderen Graffitizeichen. In der Forschung wurden Graffiti (häufig undifferenziert) mit dem von Scollon/Wong Scollon (2003) geprägten Begriff der „transgressiven Zeichen“ gleichgesetzt, unter den die Autoren entweder „Zeichen am falschen Ort“ oder „unautorisierte“ bzw. „illegale“ Zeichen (ebd.: 146/188) fassen. Diese Definition beachtet weder, dass Graffiti sowohl ortsflexibel als auch ortsstabil angebracht sein können, noch ist die Einteilung ‚legal‘ und ‚illegal‘ so selbstverständlich, wie sie auf den ersten Blick scheinen mag.6 Angesichts der vermehrt im Stadtraum zu beobachtenden wechselseitigen Adaption der formalen Ausdrucksarten und Anbringungsweisen von Werbe- und Graffitiproduzenten ist fraglich, ob die – zunehmend permeablen – Kategorien überhaupt noch derart bestimmt
|| 6 Dazu: „To label graffiti as ‘transgressive’ or ‘illegal’ is an oversimplification [...]. Graffiti can only be transgressive if one privileges the hegemonic order as the ‘legitimate’ order” (Jaworski/Thurlow 2010: 22f.). Ähnlich bemängelt Pennycook (2010) die Distinktion zwischen „Erlaubtem“ und „Verbotenen“; er plädiert stattdessen für den Begriff „counterliteracy“ als einer Artikulationsform, die die semiotische Kontrolle öffentlichen Raums herausfordert, nachahmt und karikiert (ebd.: 140).
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452 | Mirjam Kappes werden können. So nutzen Werbemacher nicht selten die Aussagemodalitäten der Graffiti-Szene, um junge Zielgruppen anzusprechen, wobei den Sprayern v.a. die illegale Werbung (im Szenejargon „kommerzielle Shit-Invasionen“) ein besonderer Dorn im Auge ist, da Graffiti hier gezielt für kommerzielle, aber szenefremde Interessen genutzt werden (Samz 2003: 68/70; Suter 1994: 85; Jaworski/Thurlow 2010: 22).7 Als Gegenreaktion machen sich viele Sprayer die Darstellungsmodi der illegalen Werber spielerisch zunutze und verbreiten ihre Produkte inflationär in der Stadt. Diese Arbeiten, die sich formal und ästhetisch an den Werbeplakaten und -botschaften annähern, werden nun zur „Eigenwerbung“ der Writer, zu ihrem Markenzeichen (vgl. Samz 2003: 68). In Layout und Typographie kommen sie den Anforderungen nach, die auch an herkömmliche Markennamen und -logos gestellt werden: Sie sind einprägsam, eindeutig, leicht erkennbar, unverwechselbar, kurzsilbig sowie aufmerksamkeitsstark (vgl. Pepels 2006: 362). Daher tragen sie zugleich auch kontextunabhängigen Wiedererkennungswert (vgl. Scollon/Wong Scollon 2003: 145). Visuelle Raumbesetzung hat also konstitutiv mit Machtaushandlungsprozessen und Aufmerksamkeitsstrategien zu tun: Das dominierende Zeichen erhält Beachtung, sein Produzent den „Fame“ (vgl. Friedrich 2010: 147). Auch im Wettbewerb der Graffiti-Hersteller gilt es, den Bekanntheitsgrad zu steigern und das eigene Können unter Beweis zu stellen, um Respekt, Anerkennung und Status zu erlangen (vgl. ebd.; Ley/Cybriwsky 1985: 178). Das Graffiti lässt sich dabei zugleich als Identitätsentwurf seines Autors deuten: Es kann ihn als Einzelkämpfer, aber auch als Teil einer Gruppe oder Crew ausweisen (vgl. Friedrich 2010: 147/149; Northoff 2005: 124). Betrachtet man die Verteilung der Graffiti im Stadtraum, so lassen sich teilweise bestimmte ‚Reviere‘ und ihre Grenzen lokalisieren: So dienen Graffiti ebenso der Verortung der Protagonisten, die mit ihren Zeichen bestimmte Stadtgebiete für sich in Anspruch nehmen (vgl. Ley/Cybriwsky 1985: 176). Dass die Markierung des Raums verboten ist und die beständige Gefahr droht, gefasst zu werden, stellt für die Hersteller meist einen zusätzlichen Reiz dar: Identität und Status der Produzenten werden nicht nur durch ihr Können, sondern auch durch die Waghalsigkeit der Aktion, bei der Graffiti angebracht werden, hergestellt (vgl. Tegethoff 2006: 252). Nicht nur der trill wird zum konstitutiven Faktor des Werkprozesses, sondern auch der ephemere Charakter der Graffiti: Durch die Flüchtigkeit des Zeichens, das jederzeit entfernt oder übermalt werden kann, erhält es eine ganz eigene Wertigkeit (vgl. ebd.: 253; Schildwächter/Eggers 2007: 5). Die Auslöschung der Zeichen droht aber nicht nur || 7 Diese Strategie wird branchenintern „Guerilla-Marketing“ genannt (vgl. Levinson 2011).
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durch die Obrigkeit, sondern auch von anderen Szeneangehörigen. Thomas Northoff interpretiert diesen szeneinternen Kampf um urbane Flächen ebenfalls als Äußerungseinheit: Mir ist außer Graffiti keine schriftliche Äußerungsform bekannt, bei der Botschaften allein so oft durch andere graffitierende Personen – also durch die ‚eigene‘ Öffentlichkeit – Durchstreichungen, Verstümmelungen bis zur Unkenntlichkeit und genauso radikale Löschungen erfahren wie sonst nur durch Löschtrupps in sogenanntem öffentlichen Auftrag. Zweifelsohne ist aber auch das Kommunikation (Northoff 2005: 123).
Der im Graffitizeichen so visuell erfahrbare Kampf um und auf den Flächen der Stadt zeugt von Machtaushandlungsprozessen, bei denen die Teilnehmer bestimmte Rollen einnehmen, die ihnen Handlungskompetenzen zu- oder absprechen. Hierarchisierungs- und Statuskompetenzen werden sowohl innerhalb der Szene als auch nach außen hin immer wieder neu verhandelt und bestimmt. Neu hinterfragt wird dabei auch die Kategorie von Besitz bzw. Besitzaufteilung, wobei das ökonomische Ungleichgewicht ästhetisch, (selbst-)ironisch und nicht selten humoristisch kommentiert wird (vgl. Hoffmann 1985: 19; Friedrich 2010: 165). Um die Eroberungsstrategien des urbanen Raums – bzw. deren Wirksamkeit und Reichweite – nachvollziehen zu können, muss verschiedenen Analyseebenen Rechnung getragen werden, die in einem engen reziproken Verhältnis zueinander stehen. Diese wurden im Rahmen der eingangs erwähnten ausführlicheren Studie anhand des erhobenen Datensatzes von urbanen Zeichenlandschaften erarbeitet. Darunter fällt bei der Gestaltung des Zeichens: – – – – –
die materielle, formale sowie (typo-)grafische Gestaltung; der „Typ“ des Graffitizeichens: tag, piece, stencil, cut-out, tile etc. die Anbringungsweise: klein oder groß, versteckt oder deutlich sichtbar; typografische, symbolische, ikonische und ikonografische Elemente; möglicher Aussagegehalt bzw. kommunikative Funktion des Zeichens.8
Hinsichtlich des Ortsbezugs der Graffiti kann im Wesentlichen zwischen drei Grundpositionen unterschieden werden (nach Mügel 2003: 137-138):
|| 8 Dittmar (2009: 124) verortet dabei die verschiedenen Gestaltungsweisen auf einer Skala von „dekorativen“ bis zu „diskursiven“ Graffiti-Typen. Vielversprechender ist der Ansatz von Auer (2010), der unterschiedliche Granularitätsstufen der Zeichen ausmacht (wie zugänglich sind die Zeichen und an welchen Rezipienten/intendierten Leser richten sie sich?).
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2. 3.
Der Ortsbezug kann in der Suche und Nutzung irgendeiner geeigneten (freien) Fläche bestehen, wobei der Ausgangsimpuls in der Verbreitung der eigenen Botschaft oder des persönlichen Zeichen liegt. Die Wand wird primär als zur Verfügung stehendes Medium genutzt. Das Graffito weist inhaltliche Bezüge zwischen Bild/Text-Elementen und dem Anbringungsort bzw. der Umgebung auf. Die Graffiti machen den Eindruck, als seien sie erst unmittelbar durch die vor Ort anzutreffenden Gegebenheiten angeregt oder hervorgerufen worden.
Bei dem visuellen Kampfspiel auf und um die Flächen der Stadt ist zu untersuchen: – – – –
Welche Akteure werden im Medium Graffiti sichtbar bzw. thematisiert? Welche Zugehörigkeiten, Gruppen, Hierarchien und Statusdefinitionen sind zu finden? Wie wird Identität (im Sinne von „Ich“ bzw. „die Anderen“) hergestellt (oder inszeniert)? Welche Mechanismen und Strategien wählen die Akteure zur Wahrnehmung und Erhaltung ihrer bzw. Auslöschung fremder Zeichen?
Die genannten drei Analyseebenen sind eng miteinander verwoben und bedingen sich größtenteils gegenseitig. Die Eroberung des urbanen Raums kann sich dabei in verschiedenen Abstufungen vollziehen: Die Graffiti können hinsichtlich ihrer visuellen Präsenz und ihrer Verteilung in der Stadt, ihrer formalen und inhaltlichen Gestaltung, ihrem Bezug auf lokale Gegebenheiten sowie ihrer Funktion für Hersteller und Rezipienten entschieden divergieren. Analog dazu wird von verschiedenen Stufen der Eroberung ausgegangen, die sich primär durch die Funktion des Graffitizeichens im urbanen Raum herleiten ließen. Anhand des erhobenen Datensatzes ließen sich folgende, besonders dominant hervortretende Eroberungsstrategien9 ausmachen: || 9 Es sei hier angemerkt, dass noch weitere Eroberungsstrategien ausfindig zu machen sind, die insbesondere im Konglomerat urbaner Zeichenlandschaften auftreten. Im Rahmen der eingangs genannten ausführlicheren Arbeit wurde das (machtvolle) Zusammentreffen unterschiedlicher Zeichentypen, die gleichsam symbolisch für Interessen und Vorstellungen bestimmter Nutzer(-gruppen) im urbanen Raum stehen, anhand sogenannter „umkämpfter Zonen“ („contested zones“ nach Conquergood 2005: 358) dokumentiert und ausgewertet. In den Zeichenlandschaften der umkämpften Zonen traten Annektierungsformen des urbanen Raums besonders signifikant hervor; es konnten so exemplarisch soziale Ordnungen identifiziert
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Eroberung durch Markierung und Absteckung des urbanen Raums: An dieser Stelle steht weniger die inhaltliche Komponente des Graffitizeichens als seine Funktion der formalen Kennzeichnung von Flächen und der Grenzziehung und Festlegung von Territorien im Vordergrund. Eroberung durch (Neu-)Bestimmung und (Neu-)Evaluation des Raums: Hier greift die formal-inhaltliche Seite des Graffitizeichens meist spielerisch vorhandene örtliche Gegebenheiten und Bedeutungsstrukturen auf/an und schafft so neue semantische Bezüge vor Ort. Eroberung durch Ansprache der Öffentlichkeit: Diese Graffiti richten sich nicht nur an Szeneangehörige, sondern explizit auch an Außenstehende. Sie manifestieren sich meist in Botschaften, Parolen, Appellen, Statements, Zitaten sowie bestimmten Symbolen und Zeichen und artikulieren meist Handlungsaufforderungen, Unwillensbekundungen und/oder das Feststellen von Missständen in Gesellschaft und Politik. Eroberung durch den Kampf unter den Akteuren: Hier geht es um Aushandlungsprozesse von Macht, Autorität und Status bei der visuellen Annektierung des Raums.
Die hier vorgestellte Schematisierung erhebt nicht den Anspruch disjunkter Merkmalskategorien, sondern dient primär als Ordnungsprinzip. Zur Verdeutlichung der hier vorgestellten Eroberungsstrategien sollen im Folgenden Einblick in den gesammelten Datensatz gegeben werden, der in den Jahren 2011-2012 in Hamburg erhoben wurde.
6 Eroberung durch Markierung und Absteckung des urbanen Raums Die Markierung des Raums ist die wohl grundlegendste Funktion der Graffiti. Der Begriff „Markierung“ soll hier – in Abgrenzung zur semiotischen Interpretation des Zeichens – die primär formal-ästhetische Gestaltung der urbanen Flächen bezeichnen. Wie bereits angedeutet, trägt schon der Akt des GraffitiAnbringens Aussagepotenzial: Er zeugt davon, dass ein einzelner oder mehrere Graffitiproduzenten vor Ort waren, eine bestimmte Stelle ausgewählt und dort ihr – wie auch immer gestaltetes – Zeichen hinterlassen haben. Graffiti mit pri|| werden, anhand derer bestimmte Akteure (anhand spezifischer Ein- und Ausschlussmechanismen) einen Raum als den „ihren“ ansehen und visuell annektieren.
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456 | Mirjam Kappes märer Markierungsfunktion sind meist schnell dahingeworfene Zeichen, die einen geringen Elaborationsgrad aufweisen und kaum eigene Bedeutung tragen; vielmehr wird die Verteilung bzw. Anbringungsweise des Zeichens bedeutsam. Beispiele für solche minimalen Äußerungseinheiten sind die an vielen Hamburger Hauswänden zu findenden „Farbbomben“ (an die Wand geworfene, mit Farbe gefüllte Beutel, die aufplatzen, sodass die Farbe in langen Fäden herabläuft):
Abb. 1: Farbbombing einer Werbefläche (Foto: Mirjam Kappes 2011)
Abbildung 1 zeigt, wie Farbbomben auf eine Hauswand geworfen wurden, auf der eine großflächige „McDonald’s“-Werbung angebracht ist. Dabei zeugt die Kraft des Wurfs, die offensichtlich nötig war, um die Höhe des gemalten Logos zu erreichen, von einer gewissen Aggressivität; die Werbefläche ist nun verunstaltet.10 Ob sich die Markierung als Kritik an der Fastfood-Kette oder als bloße „Lust am Spurenhinterlassen“ (Mügel 2003: 137) deuten lässt, sei dahingestellt: Es wird jedoch deutlich, dass die Funktion des Graffitos vor allem in der Kennzeichnung der Fläche liegt. Ähnlich fungieren die an Hauswände oder auf den Boden gesprayten oder gemalten waagerechte Linien, die wie im Vorbeigehen angebracht werden und sich über mehrere Blocks ziehen können (Abb. 2/3). Im Szenejargon werden sie ‚Terrorlinien‘ oder auch ‚Destroylines‘ genannt und dienen zur visuellen Un-
|| 10 Eine weitere, niedriger angebrachte Plakattafel wurde hier unkenntlich gemacht, zumal sie für Analysezwecke keinen weiteren Belang hat.
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mutsbekundung über die markierte Fläche bzw. örtlichen Gegebenheiten. Die Linien, die nur schwer wieder entfernt werden können, vollziehen quasi die Bewegungen der Graffitiproduzenten in der Stadt nach und können eventuell auch als Grenzmarkierung interpretiert werden.
Abb. 2: Auf den Boden geträufelte Linie (Foto: Mirjam Kappes 2011)
Den hier gezeigten Beispielen ist gemein, dass sie ‚an sich‘ kaum interpretierbar sind, sondern erst in ihrem spezifischen Anbringungsort relevant werden. Sie tragen selbst wenig Bedeutung. Da ihnen der individuelle Gestaltungswille fehlt, sind ihre Autoren kaum identifizierbar.
7 Eroberung durch (Neu-)Bestimmung und (Neu-) Evaluation des Raums Ebenfalls erst durch ihren Anbringungsort wirksam werdende Graffiti sind jene, die in ihrer inhaltlich-formalen Gestaltung den Raum mit neuen Relevanzen und Bedeutungen versehen und so in der Regel deiktische bzw. indexikalische Funktion tragen. Im untersuchten Datensatz ließen sich dabei grob zwei Gruppen bestimmen: Erstens jene Graffiti, die in ihrer Gestaltung (Platzierung, Abmessung, Abständen zu umgebenden Objekten und in der Formgebung selbst) die baulichen Strukturen, die Materialität der Fläche und generell die Beschaffungsart des Anbringungsort berücksichtigen bzw. diese nach dem Trägermedi-
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458 | Mirjam Kappes um ausrichten (vgl. Dittmar 2009: 113); zweitens jene, die bereits im Raum angelegte Bedeutungsstrukturen (neu) besetzen und definieren. Die formale Anpassung des Graffitizeichens an die architektonischen bzw. materiellen Gegebenheiten des Ortes wird deutlich in Abbildung 4 und 5.
Abb. 4: Tragende Hände (Foto: Mirjam Kappes 2012)
Abbildung 4 zeigt eine Brücke, die von zwei überdimensionalen Händen getragen zu werden scheint; bei Abbildung 5 wird die Mülltonne durch das Aufsprühen eines Gesichts zur Kopfform. Es handelt sich hier um spezifisch ortsgebundene Graffiti, bei denen das Trägermedium bzw. die räumliche Umgebung für die Interpretation des Graffitizeichens konstitutiv sind. Bezeichnend ist, dass hier wenig ansehnliche Orte bzw. Objekte bemalt werden und so von den Sprayern zur künstlerisch zu gestaltenden Fläche erkoren werden – ein in der Szene nicht unübliches Verfahren: „Viel eher noch als der sozialökonomische Status eines Raums bestimmt diesen seine Unzulänglichkeit als lohnendes Arbeitsobjekt“ (Ley/Cybriwsky 1985: 178; vgl. auch Schildwächter/Eggers 2007: 5). Abbildung 6 und 7 dagegen stehen exemplarisch für eine ganze Reihe von Graffiti, die nicht nur räumliche Gegebenheiten spielerisch aufgreifen, sondern die auch gezielt semantische Bezugnahme zur Umgebung aufweisen. Abbildung 6 zeigt ein cut-out, das an einer Filiale eines Blumengroßhändlers angebracht wurde: Ein Mann ist im Begriff, eine Bombe zu werfen – aus der jedoch ein bunter Blumenstrauß sprießt. In Abbildung 7 hat der Graffitiproduzent neben ein „McDonald’s“-Geschäft eine kleine „Ronald McDonald“-Clownsfigur angebracht, die das Gesicht böse grinsend verzieht. Das groß angebrachte Schild des Fastfood-Konzerns und das nebenstehende Logo (das gelbe M) stehen dabei in semantischer Wechselwirkung mit dem cut-out.
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Abb. 6: Blumenbombe, Künstler: Marshall Arts (Bildvergrößerung zoom-in rechts) (Foto: Mirjam Kappes 2012)
Die Beispiele illustrieren, dass Graffiti sowohl in formalästhetischer Gestaltung als auch semantischer Bezugnahme ihren räumlichen Kontexten angepasst werden und diese gleichzeitig umdeuten bzw. evaluieren können. Von den machtspielerischen Graffiti-Annektierungen sind besonders häufig kommerzielle Zeichen betroffen, die den Unmut der Sprayer über den zunehmend von Werbemaßnahmen gekennzeichneten Raum ausdrücken. Dies tritt besonders in einer eigenen Spielart des Graffiti, dem sogenannten Adbusting hervor. Adbusting ist deswegen so effektiv, weil es sich die Aussagemodalitäten der Werber zunutze macht: Der Code wird also nicht zerstört, sondern subversiv entstellt (vgl. Kriechhammer 2012: 4). In Abbildung 8 ist ein Adbust zu sehen, bei dem die Augen des „American Apparel“-Models ausgeschnitten und durch die entstehenden Löcher rote Farbe gegossen wurde, die (wie Blut) die gesamte Länge des Plakats heruntergelaufen ist. Deutlich wird, dass Zeichen des gewerblich bzw. kommerziell erschlossenen Raums gezielt von den Graffitiproduzenten angegriffen und neu evaluiert werden. Aber diese Annektierungsstrategien der Graffiti betreffen nicht nur kommerzielle, sondern auch institutionelle Zeichen, die Verbote, Weisungen, Richtlinien, Mahnungen und andere Handlungsanweisungen im urbanen Raum definieren.11 Zum Beispiel steht Abbildung 9 für die zahlreichen Graffiti, die
|| 11 Klassischerweise „munizipale Zeichen“ (vgl. Scollon/Wong Scollon 2003: 167).
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460 | Mirjam Kappes spielerisch Orte und dort verankerte konventionalisierte Handlungsweisen umdeuten: Die gezeigte Wand wird ‚offiziell‘ als autorisierte Graffiti-Zone bestimmt.
Abb. 8: Adbust „Apparel“-Model (Foto: Mirjam Kappes 2012)
Abb. 9: „Authorised Graffiti Area“ (Foto: Mirjam Kappes 2012)
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Ähnliches ist bei Abbildung 10 zu beobachten, wobei hier besonders der deiktische (bzw. indexikalische) Charakter des Graffitizeichens evident wird: Eine nur durch schematische Umrisse angedeutete menschliche Figur (die jedoch statt einem Kopf eine Gitarre trägt) weist auf eine Stelle unterhalb des in die Hauswand eingelassenen Fensters; daneben steht in Großbuchstaben „DON’T“ – ein klar artikuliertes Verbot, dessen Bezug jedoch vom Objekt (oder der Person) abhängt, die sich an der angegebenen Stelle befindet.
Abb. 10: „Don’t“ (Foto: Mirjam Kappes 2011)
Öffentlich legitimierte Zeichen werden jedoch nicht nur imitiert, sondern auch umgedeutet und umbesetzt. Die wohl einfachste Form ist das Durchstreichen eines Zeichens zur Markierung der Außer-Kraft-Setzung; (Neu-)Evaluationen finden ebenso durch Überschreibung, Übermalung, Überklebung oder auch externer Kommentierung statt (Abb. 11-13).
Abb. 11: Durchgestrichene Gedenktafel (Foto: Mirjam Kappes 2011)
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Abb. 12: Haltestelle „Dragonerstall“ wird zu „Dragon-Ball“ (Foto: Mirjam Kappes 2011)
Abb. 13: Piraten-Verkehrsschild (Foto: Mirjam Kappes 2012)
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Durch (teilweise nur minimale) Veränderungen werden Zeichen eigenmächtig mit neuen Relevanz- und Sinnbezügen versehen und so die im Raum vorhandene Bedeutungsstrukturen und Handlungsanweisungen spielerisch-subtil hinterfragt. Die sich dabei manifestierenden Prozesse der Machtaushandlung – Aufmerksamkeit und Anerkennung gelten dem dominierenden Zeichen – hinterfragen zugleich die hegemonialen Bestimmungen darüber, welche sozialen Akteure den vorhandenen (Zeichen-) Raum wie besetzen dürfen (Pennycook 2010: 140).
8 Eroberung durch Ansprache der Öffentlichkeit Bereits eingangs wurde von der Ambivalenz der Graffitizeichen hinsichtlich ihrer Les- und Deutbarkeit gesprochen: Verschließt sich ein großer Teil von ihnen der Interpretation des Szene-Unkundigen, so gibt es doch Typen von Graffiti, der sich explizit an die Öffentlichkeit richten – und daher natürlich auch von dieser verstanden werden will: Darunter fallen (politische) Botschaften, Parolen, Appelle, Statements, Zitate sowie Symbole, Zeichen und Bilder, wobei letztere meist schon als gängige Motive im öffentlichen Diskurs verankert sind. Häufig prangern diese Aussageformen Missstände an, zeigen sich unzufrieden mit gesellschaftlichen und politischen Entwicklungen und tragen nicht selten (mehr oder weniger explizit formulierte) Handlungsaufforderungen in sich. Die Autoren erhoffen sich dabei häufig auch die Mitgestaltung der öffentlichen Meinung (vgl. Northoff 2005: 107). Meist schließen sich diese Graffiti bestimmten Diskursen an, die bereits gesellschaftlich verankert sind (z.B. „Atomausstieg“). Hier werden bereits etablierte Symbole und Zeichen aufgegriffen (in diesem Fall das Warnzeichen für Radioaktivität) oder Forderungen an die Verantwortlichen gestellt. Zugleich erregen die Graffiti die „public awareness“ des Themas. Widerstand, Unruhen und Aufstände sind ebenfalls ein häufiges Thema dieses Graffiti-Typs. Ebenso lässt sich Kritik an Regierung, Staat, Nation, politischem System oder der Entscheidungsmacht der Obrigkeit ausmachen (Abb. 14-17). Diese wird unterschiedlich elaboriert ausgedrückt: Sie kann von bloßen Schlagworten („AntiMerkel, Anti-Sarkozy“) über Parolen („Deutschland ins Gesicht spucken“) bis zu lyrisch ausformulierten Beanstandungen reichen (Abb. 15). Größtenteils wird die Botschaft schnell angesprayt, gemalt oder geschrieben und nur in wenigen Fällen mit besonderer Typografie gestaltet oder mit zusätzlichen Symbolen (z.B. roter Stern, Anarchy-A) und Personendarstellungen (z.B. Lenin, Fußballer
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464 | Mirjam Kappes Frank Rijkaard; Abb. 14, 15) angereichert. Sozialistische bzw. kommunistische Zeichen verweisen meist auf Protagonisten aus der linken Szene (Abb. 15, 16).
Abb. 14: „Antimerkel, Antisarkozy – Deutschland ins Gesicht spucken“ (Foto: Mirjam Kappes 2011)
Abb. 15: „Die Wahrheit….“ (Foto: Mirjam Kappes 2011)
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Abb. 16: „Stopp dem Nato-Bombenterror…“ (Foto: Mirjam Kappes 2012)
Abb. 17: „Gentrifidingsbums abschalten” (Foto: Mirjam Kappes 2012)
Neben diesen primär politisch und gesellschaftskritisch geprägten Aussagen tragen die Graffiti in ihrer formal-inhaltlichen Gestaltung auch häufig identifikatorisches Potenzial für Jugendliche und junge Erwachsene, da sie oftmals relevante Themen und Aktivitäten aus deren Lebensalltag aufgreifen. Dazu zählt z.B. die Bezugnahme auf Nachtleben, Party, Musik, Feiern und Trinken, Liebe, der Wunsch, sich von der Norm abzugrenzen, sowie die Verwendung jugendsprachlicher Ausdrücke. Viele dieser Graffiti drücken so implizit einen gewissen Lebensstil und/oder bestimmte Ansichten und Einstellungen aus, die den Szenemitgliedern als Identitätsentwurf und Zugehörigkeitsbekundung dienen und derer man sich performativ immer wieder versichert (vgl. Schierz 2009: 213).
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9 Eroberung durch den Kampf unter den Protagonisten Ein wesentlicher Punkt zum Erfolg der urbanen Eroberung im Medium Graffiti stellt das Ausfechten (bzw. Gewinnen) des Kampfs um städtischen Raum dar. Anerkennung, Ruhm und Status werden nur erlangt, wenn das eigene Zeichen genug Beachtung findet – und dafür muss es gesehen werden und sich möglichst lange auf der Fläche halten, ohne abgelöst, übermalt oder unleserlich gemacht zu werden. Wie eingangs ausgeführt wurde, kämpfen Graffitiproduzenten dabei an mehreren Fronten: gegen die Konkurrenz aus der eigenen Szene, gegen die Konkurrenz öffentlich legitimierter Zeichen (vgl. Abschnitt 7),12 und gegen Hausbesitzer, öffentliche Träger und die strafrechtliche Verfolgung. Angesichts des hohen Konfliktpotenzials überrascht es nicht, dass Kampfhandlungen auch immer wieder motivisch illustriert werden. Bevor es zu einer Auseinandersetzung kommen kann, muss sich der Writer erst eine eigene Identität erschaffen bzw. erarbeitet haben. Ausgangspunkt ist dabei meist der tag als die individuelle Handschrift bzw. das persönliche Markenzeichen des Protagonisten. In der Gestaltung ist der tag meist textlicher Natur, wobei jedoch die Schrift so elaboriert und ornamentiert ausgeführt sein kann, dass sie auch unter bildlichen Gesichtspunkten untersuchbar ist (vgl. Dittmar 2009: 121). Aber nicht nur schriftbildliche Elemente, sondern auch selbst entworfene Symbole, Logos, Grafiken und Ikons dienen den Graffitikünstlern als Markenzeichen, die entweder gesprayt oder als cut-outs, stencil und Sticker in der Stadt verteilt werden. Diese haben meist hohen Wiedererkennungswert und werden aufgrund ihres ikonischen Gehalts häufig auch von Außenstehenden „verstanden“ bzw. als ästhetisch empfunden (vgl. Abschnitt 4). Abbildung 18-21 zeigen unterschiedlich elaborierte Formen von tags, die dadurch, dass sie nur wenig Platz benötigen, an vielen verschiedenen Orten der Stadt platzierbar sind – es handelt sich also um ortsflexible Zeichen. Die in Abbildung 22 gezeigten pieces sind dagegen elaboriert ausgeführt und großflächig exponiert angebracht – eine Arbeit, die mehrere Tage erfordert und so ein erhöhtes Risiko in sich birgt. Deutlich wird hier der Unterschied in der quantitativen und qualitativen Annektierung des Raums – mit den tags des Typs
|| 12 Während bei der bereits vorgestellten Annexion öffentlich legitimierter Zeichen die Graffitiproduzenten weitestgehend anonym bleiben, sollen in diesem Abschnitt gezielt jene Graffiti betrachtet werden, bei denen Autorschaft, Identitätsentwurf und Selbstbehauptung eine tragende Rolle spielen.
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von Abbildung 18-21 können Hauswände und andere Flächen schnell und flächendeckend bedeckt werden (bombing), wohingegen die pieces der Abbildung 22 vereinzelter auftreten, dafür aber durch Farbigkeit und kunstvolle Ausfertigung Aufmerksamkeit auf sich ziehen.
Abb. 18: „OZ“-Smiley, „USP“-Kürzel (Foto: Mirjam Kappes 2011)
Abb. 19: Sticker der Gang „Los Piratos“ (Foto: Mirjam Kappes 2011)
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Abb. 20: Stencil „Funk 25“ (Foto: Mirjam Kappes 2012)
Abb. 21: 3D-tag „Push“ (Foto: Mirjam Kappes 2011)
Abb. 22: pieces (Foto: Mirjam Kappes 2011)
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Verweisen die bisher genannten Formen zumeist auf den einzelnen Graffitiproduzenten, so darf jedoch nicht vergessen werden, dass die Szene ebenso von Gruppen, Gangs und Crews geprägt wird, die im Verbund ebenfalls bestimmte Flächen annektieren. Der interne Szenekampf zwischen den Crews kann sich in zwei Formen manifestieren: Durch den Nachweis der fortentwickelten Kunstfertigkeit oder durch die möglichst rasche Annektierung des Raums mit der riskanten und/oder weiträumigen Verbreitung des eigenen Zeichens (Getting-Up) (vgl. Skrotzki 1999: 25; Klee 2010: 110). Die beiden im dokumentierten Gebiet am dominantesten vertretenen Gruppen „187“ (= der Paragraph im US-amerikanischen Gesetzbuch für Mord) und „USP“ (= „Ultra St. Pauli) bzw. „FCSP“ (= „Fanclub St. Pauli“) machen dabei – soweit erkenntlich – ausschließlich von letzterer Strategie Gebrauch: Sie markieren jede noch so kleine Fläche mit ihrem Kürzel; durch die konstante Wiederholung des eigenen Namens werden ganze Gebäude besetzt (Abb. 23). Da offensichtlich beide Gruppen im untersuchten Gebiet aktiv sind, bleiben Konflikte nicht aus: Häufig wurde dokumentiert, wie USP-Zeichen von einem 187-Mitglied (und umgekehrt) durchgestrichen wurden (going over).
Abb. 23: Getting-up (187) (Foto: Mirjam Kappes 2011)
Aber auch bildliche Graffiti treten immer wieder in Konkurrenz zueinander: Durch farbige Gestaltung, großflächige Anbringung oder originelles Design versuchen sie sich gegen die anderen Zeichen durchzusetzen. In Abbildung 24 ist zu sehen, was passiert, wenn das absolute Maximum an bildlicher Annektierung erreicht ist: An der gezeigten Wand herrscht nicht nur eine fast schmerzende Buntheit und eine reizüberflutend-unübersichtliche Vielzahl an Zeichen und Symbolen; es ist auch beim besten Willen keine freie Stelle mehr zu finden, sodass ein nachfolgender Writer zwangsweise bisher bestehende Werke übermalen müsste.
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Abb. 24: Wall of Fame (Foto: Mirjam Kappes 2011)
Nicht zu vergessen ist, dass Graffiti-Sprayen in der Regel eine strafrechtlich verfolgte Aktivität ist. Auch dies wird in der Graffiti-Szene spielerisch aufgegriffen und motivhaft illustriert, wobei entweder die eigene untergeordnete Rolle humoristisch karikiert oder das Gegenüber entschieden abgewertet wird (Abb. 25-26). Die mittels Graffiti stattfindende Anprangerung der mit Knüppeln dargestellten Ordnungskräfte und der überwachenden Maßnahmen der Staatsgewalt gelangt so in die Augen der Öffentlichkeit und zeugt zugleich davon, dass sich die Writer und Sprayer der Illegalität ihres Tuns vollauf bewusst sind und dennoch auch angesichts möglicher Konsequenzen weiter sprühen. Die kriminelle Handlung wird dabei oftmals von den Graffitiproduzenten ironisch thematisiert.
Abb. 25: Verfolgungsjagd (Foto: Mirjam Kappes 2011)
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Abb. 26: „Big Brother“ (Foto: Mirjam Kappes 2011)
Die Annektierung der urbanen Flächen vollzieht sich nicht nur indirekt durch das Anbringen des eigenen Zeichens, sondern wird oftmals auch explizit artikuliert: Dazu gehören lokale Zugehörigkeitsbekundungen („Here lives…“) wie dezidierte Ausschlussmechanismen („Yuppies raus“). Dass Hausbesitzer das anders sehen, ist vor allem an den zahlreichen Überstreichungen der Hauswände zu erkennen, die sich meist durch verschiedene Nuancen von älteren Farbschichten abheben und so visuell den visuellen Wettstreit von GraffitiAnbringung und deren erneute Überstreichung illustrieren. Um der potenziellen Auslöschung zu entgehen, wählen die Graffitiproduzenten nicht selten schwer erreichbare, risikoreiche Stellen für ihre Graffiti, sodass ihre Markierungen nicht ohne Weiteres entfernt werden können.
10 Fazit Es wurde der Frage nachgegangen, wie machtvolle Auseinandersetzungen um Besitz, Zugang und Zugehörigkeit von und zu urbanen Räumen semiotisch ausgehandelt werden bzw. sich anhand urbaner Zeichenlandschaften nachvollziehen lassen. Als Ausschnitt aus einer umfassenderen Arbeit (s. Fußnote 1) wurde dazu exemplarisch der Zeichentyp Graffiti gewählt, welcher in seiner Funktion als ästhetische Aneignungsform bestimmt und anhand verschiedener Eroberungsstrategien des urbanen Raums analysiert wurde.
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472 | Mirjam Kappes Anhand der hier vorgestellten Untersuchung wird deutlich, wie urbaner Raum in sozialer Praxis (immer wieder neu) beschrieben und erschrieben wird. Zum einen wird er in seiner materiellen Objekthaftigkeit beschriftet, markiert und gekennzeichnet, sodass er (anhand wissensgeleiteter Diskurse) interpretiert, mit Bedeutung und Sinn versehen werden kann. Zum anderen wird er aber auch Projektionsfläche eigener, autonomer Raumentwürfe, anhand derer er Austragungsort der Konstruktion von Identität, von „Ich“ und „den Anderen“ wird. Dadurch, dass bestimmte Nutzergruppen ihren Raumentwurf, ihre „kohärente Vision“ von Raum durchsetzen können, erlangen sie Macht über diesen (vgl. Zukin 1995: 279). Dennoch bleibt der urbane Raum in seiner materiellen wie auch symbolischen Annektierung immer in einer dynamischen Prozesshaftigkeit begriffen: „The question of who can occupy space, and so define an image of the city, is open-ended“ (ebd.: 11).
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474 | Mirjam Kappes
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Graffiti als Eroberungsstrategie im urbanen Raum | 475
Webseite http://www.graffitieuropa.org/definition1.htm .
Abbildungsverzeichnis Abb. 1: Farbbombing einer Werbefläche (Foto: Mirjam Kappes 2011) Abb. 2: Auf den Boden geträufelte Linie (Foto: Mirjam Kappes 2011) Abb. 3: An Hauswand entlang gezogene Linie (Foto: Mirjam Kappes 2011) Abb. 4: Tragende Hände (Foto: Mirjam Kappes 2012) Abb. 5: Mülltonnen-Gesicht (Foto: Mirjam Kappes 2012) Abb. 6: Blumenbombe, Künstler: Marshall Arts (Bildvergrößerung zoom-in rechts) (Foto: Mirjam Kappes 2012) Abb. 7: „McDonald’s“-Clown (Foto: Mirjam Kappes 2012) Abb. 8: Adbust „Apparel“-Model (Foto: Mirjam Kappes 2012) Abb. 9: „Authorised Graffiti Area“ (Foto: Mirjam Kappes 2012) Abb. 10: „Don’t“ (Foto: Mirjam Kappes 2011) Abb. 11: Durchgestrichene Gedenktafel (Foto: Mirjam Kappes 2011)l Abb. 12: Haltestelle „Dragonerstall“ wird zu „Dragon-Ball“ (Foto: Mirjam Kappes 2011) Abb. 13: Piraten-Verkehrsschild (Foto: Mirjam Kappes 2012) Abb. 14: „Antimerkel, Antisarkozy – Deutschland ins Gesicht spucken“ (Foto: Mirjam Kappes 2011) Abb. 15: „Die Wahrheit….“ (Foto: Mirjam Kappes 2011) Abb. 16: „Stopp dem Nato-Bombenterror…“ (Foto: Mirjam Kappes 2012) Abb. 17: „Gentrifidingsbums abschalten” (Foto: Mirjam Kappes 2012) Abb. 18: „OZ“-Smiley, „USP“-Kürzel (Foto: Mirjam Kappes 2011) Abb. 19: Sticker der Gang „Los Piratos“ (Foto: Mirjam Kappes 2011) Abb. 20: Stencil „Funk 25“ (Foto: Mirjam Kappes 2012) Abb. 21: 3D-tag „Push“ (Foto: Mirjam Kappes 2011) Abb. 22: pieces (Foto: Mirjam Kappes 2011) Abb. 23: Getting-up (187) (Foto: Mirjam Kappes 2011) Abb. 24: Wall of Fame (Foto: Mirjam Kappes 2011) Abb. 25: Verfolgungsjagd (Foto: Mirjam Kappes 2011) Abb. 26: „Big Brother“ (Foto: Mirjam Kappes 2011) Anmerkung: Alle hier gezeigten Abbildungen sind von der Beitragsverfasserin selbst und ausschließlich von öffentlichen, frei zugänglichen Verkehrswegen aus aufgenommen worden; damit fallen die Abbildungen nach § 59 UrhG unter die Straßenbildfreiheit.
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