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German Pages 338 Year 2015
Boris Michel Global City als Projekt
2010-02-05 12-07-55 --- Projekt: transcript.titeleien / Dokument: FAX ID 02b8233156504690|(S.
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) T00_01 schmutztitel - 1334.p 233156504700
Boris Michel (Dr.) ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Geographie in Erlangen. Seine Arbeits- und Forschungsschwerpunkte sind interdisziplinäre Stadtforschung, Diskurstheorie und Kulturgeographie.
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) T00_02 seite 2 - 1334.p 233156504738
Boris Michel
Global City als Projekt Neoliberale Urbanisierung und Politiken der Exklusion in Metro Manila
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) T00_03 titel - 1334.p 233156504786
Diese Arbeit wurde durch die Hans-Böckler-Stiftung gefördert. D6
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
© 2010 transcript Verlag, Bielefeld Die Verwertung der Texte und Bilder ist ohne Zustimmung des Verlages urheberrechtswidrig und strafbar. Das gilt auch für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und für die Verarbeitung mit elektronischen Systemen. Umschlaggestaltung: Alex Gürten Lektorat: Silvia Zenzen Satz: Boris Michel Druck: Majuskel Medienproduktion GmbH, Wetzlar ISBN 978-3-8376-1334-6 Gedruckt auf alterungsbeständigem Papier mit chlorfrei gebleichtem Zellstoff. Besuchen Sie uns im Internet: http://www.transcript-verlag.de Bitte fordern Sie unser Gesamtverzeichnis und andere Broschüren an unter: [email protected]
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INHALT
Einleitung Cultural Political Economy Die Global City und die Unternehmerische Stadt Global City Politiken in Südostasien Aufbau der Studie Zum Forschungsstand
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Historischer Abriss
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The White Man’s Burden. Manila als spätkoloniale Stadt
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Die Modernisierung des Orients – Der Burnham Plan Die spätkoloniale Hauptstadt
55 67
Postkoloniales City-Building. Marcos und die City of Man
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Quezon City als postkoloniales Nation-Building Philippine Dream Town – Ayala Inc. baut Makati City Das Marcos-Regime und die New Society Die City of Man Rationalisierung und Zentralisierung staatlichen Zugriffs Das Cultural Center of the Philippines Die City of Man und die Kriminalisierung der Armen Die Stadt in der Entwicklungsdiktatur Metro Manila nach 1986 Wirtschaftlicher und demographischer Wandel Repräsentationen von Armut, Slums und Räumen der 3. Welt Stadtbilder City of Slums „There is hope ... says urban planner“
71 74 79 83 85 88 95 100 103 109 117 119 123 127
Staat zwischen Neoliberalismus, Cronyism und Demokratisierung Dezentralisierung – der Local Government Code Administrative Struktur Metro Manilas Lokale Regierungen „Towards a Humane World-Class Metropolis“ Zusammenfassung Der Immobiliensektor – „The Neglected Builder of Global Cities“ Der Immobiliensektor in den Philippinen Immobiliensektor und Globalisierung der Finanzmärkte Zentrale Akteure des Immobiliensektors in Metro Manila Die Neuen Städtischen Mittelschichten Mittelschichten im sozialwissenschaftlichen Diskurs The Global Pinoy Urbane Oasen der Mittelschichten
129 130 134 138 141 147 149 150 152 155 159 162 172 175
Suburbanisierung – „Finally, a peaceful place you can call home“ 181 Die Suburbanisierung Metro Manilas Antiurbaner Eskapismus, Distinktion und Parkmetaphern Zusammenfassung Konsumlandschaften – The Call of the Mall Shoppingmalls in der Literatur Malling Manila Von der „grey box“ zum „First Filipino Lifestyle Center“ Urban Redevelopment und Gentrifizierung Die Globalisierung von Gentrifizierung und urban renaissance Redeveloping Metro Manila Vom „Isolationsort für Außenseiter“ zur „ultimate choice“ Kosmopolitischer Urbanismus Integrated Mixed-Use Communities Rockwell Center – „Where stylish Manila stays on top“ Tourismus und das Global City Projekt Metro Gwapo – Beautification 2.0
185 189 202 205 208 211 219 233 234 238 240 243 247 250 257 262
Make no little plans, they have no magic – Urbane Großprojekte 267 Urbane Mega-Projekte in Metro Manila Fort Bonifacio Global City Zusammenfassung
268 272 281
Schluss
283
Siglen
293
Literatur
295
ABBILDUNGEN
Abbildung 1: Manila (MN) im globalen Städtenetzwerk
26
Abbildung 2: City of Manila und die National Capital Region
45
Abbildung 3: Der Burnhamplan von 1905
59
Abbildung 4: Entwurf des neuen Zentrums von Manila
61
Abbildung 5: Staatliche Kolonialarchitektur in den Philippinen
63
Abbildung 6: Das Postamt
63
Abbildung 7: Makati in den 1960er Jahren
78
Abbildung 8: Entstehendes Central Business District von Makati
78
Abbildung 9: Makati City und Fort Bonifacio
79
Abbildung 10: Theater of Performing Arts
90
Abbildung 11: Theater of Performing Arts
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Abbildung 12: Philippine International Convention Center
92
Abbildung 13: Verwaltungsstruktur Metro Manilas
112
Abbildung 14: Metro Manila und Umgebung
113
Abbildung 15: Zufahrt zu Forbes Park
188
Abbildung 16: Checkpoint einer älteren Gated Community
189
Abbildung 17: Anzeige aus den 1930er Jahren
193
Abbildung 18: Werbetafel an einer der Haupteinfallstraßen
200
Abbildung 19: Luxus-Community Ayala Westgrove
202
Abbildung 20: Shoppingmalls und ältere Geschäftsviertel
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Abbildung 21: Die 1991 eröffneten SM Megamall
221
Abbildung 22: Filipino Lifestyle Center Greenbelt 3
221
Abbildung 23: Das suburbane Alabang Town Center
225
Abbildung 24: Gottesdienst in einem Flügel der Glorietta Mall
225
Abbildung 25: Gateway Mall
226
Abbildung 26: 1980er Jahre Luxus-Condominien in Makati
240
Abbildung 27: Blick auf Mittelschichts-Condominien in Ortigas
241
Abbildung 28: Werbezettel für South of Market
246
Abbildung 29: „If You're Not Here, You're Not In“
247
Abbildung 30: Megaworlds City Place
249
Abbildung 31: Power Plant Mall
252
Abbildung 32: Rockwell Center
253
Abbildung 33: Rockwell Center
255
Abbildung 34: Werbeanzeige für Rockwell
256
Abbildung 35: Großprojekte (Auswahl)
271
Abbildung 36: Zentrum des künftigen Fort Bonifacio Global City
275
Abbildung 37: Condominium Rohbauten in Fort Bonifacio
275
Abbildung 38: Ein Golfplatz als Grenze
276
Abbildung 39: Aktualisierter Masterplan von 2006
276
TABELLEN
Tabelle 1: Bevölkerungsentwicklung 1980-2007
110
Tabelle 2: Auswahl aktueller suburbaner Communities
195
Tabelle 3: Haustypen in drei unterschiedlichen Subdivisions
195
Tabelle 4: Auswahl vom Shoppingmalls in Metro Manila
216
Tabelle 5: Auswahl innerstädtischer mixed-use Developments.
250
Tabelle 6: Urban Mega Projects in Metro Manila.
271
EINLEITUNG
„Invisibility is a crucial feature of modern inequality.“ (WILSON 1995: 158)
In die Produktion städtischer Landschaften schreiben sich gesellschaftliche Diskurse und Machtverhältnisse ein. Wer darin sichtbar sein soll, welche Handlungen und Akteure ausgeschlossen werden, was als zulässig gilt und welche Vorstellungen von Ästhetik, Ordnung und Normalität darin repräsentiert werden, liefert Hinweise auf dominierende Denkweisen und Regierungsrationalitäten sowie reale Machtverhältnisse. Städtische Landschaften, verstanden als ein Ensemble materieller und sozialer Praktiken, als gebaute Umwelt und deren symbolischen Repräsentationen, so Sharon Zukin in Landscapes of Power, bilden die „Architektur“ sozialer Klassen, Geschlechterverhältnisse und rassifizierter Verhältnisse ab und wirken auf diese zurück (DUNCAN/DUNCAN 1988; ZUKIN 1991). Als etwas, das sozial produziert wird, sind urbane Landschaften und Räume weder neutral noch natürlich und dennoch ist eine wichtige Eigenschaft dieser gerade darin zu finden, als solche zu erscheinen (BOURDIEU 1991: 26f). David Harvey hat darauf hingewiesen, dass eine Besonderheit der Kontrolle über Raum darin liegt, in diesem soziale Hierarchien und Ordnungen mittels „spatial organization and symbolism“ zu fixieren, sie zu verstärken, aufrechtzuerhalten und durch die Unsichtbarmachung von Widersprüchen zu naturalisieren (HARVEY 1989b: 186; 1991: 158). Wie Winchester, Kong und Dunn in ihrem Buch Landscapes schreiben, stellt die Kontrolle und Strukturierung urbaner Landschaften einen wichtigen Mechanismus der Darstellung, Erhaltung und auch Verstärkung von Machtverhältnissen dar. „Powerful
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social groups will seek to impose their own visions of reality and practice, effecting their ideologies in the production and use of landscapes, as well as dominant definitions of their meaning. What they produce are therefore landscapes of power, that is, landscapes, that reflect and reveal the power of those who construct, define and maintain them“ (WINCHESTER u.a. 2003: 67). Ziel dieser Arbeit ist eine Untersuchung der Produktion urbaner Landschaften und insbesondere urbaner „Landschaften der Macht“ im Kontext einer postkolonialen und sich globalisierenden Metropole in einem Land der Peripherie Südostasiens. Als Beispiel dafür dient die philippinische Hauptstadt Metro Manila, eine mega-city, die aus einer Reihe von Gründen, auf die es im Laufe dieser Arbeit einzugehen gilt, als ein Extremfall ungleicher Entwicklung und neoliberaler Stadtpolitik angesehen werden kann. Bei einer Bevölkerung von gut 11, in einer erweiterten metropolitanen Region bis zu 20 Millionen EinwohnerInnen und einem weit überproportionalen Anteil an der nationalen Wirtschaftsleistung ist Metro Manila einerseits zentraler Knotenpunkt der Philippinen für deren Integration in die globale Ökonomie, erfüllt Kommandofunktionen gegenüber den Provinzen und dient zum anderen als Symbol und Speerspitze staatlicher und gesellschaftlicher Modernisierungs- und Entwicklungsversprechungen. Koloniale wie postkoloniale Regime haben umfangreiche Bemühungen unternommen, sich und ihre Modernisierungsprojekte durch den Bau ikonischer Architekturen und städtischer Landschaften in die gebauten Umwelten der Stadt einzuschreiben sowie gegenüber unterschiedlichen Akteuren – lokalen wie internationalen – zu legitimieren und als erfolgreiche Akteure zu positionieren. Seit den 1990er Jahren dominiert ein urbanes Regime, das von der Rhetorik einer neoliberalen Globalisierung, globalism (STEGER 2005) und dem Versuch und Bemühen geprägt ist, Metro Manila als global wettbewerbsfähige und globale Stadt, als eine Global City, zu produzieren und zu repräsentieren. Gleichzeitig ist der städtische Raum Metro Manila umkämpft und der Erfolg solcher Diskurse und Projekte ist immer nur partiell und bleibt instabil. Metro Manila ist nicht nur Ort der Repräsentation staatlicher und ökonomischer Macht, sondern war ebenso zentraler Schauplatz jener Auseinandersetzungen, die 1986 zum Sturz von Ferdinand Marcos führten. Die Stadt ist ein wichtiger Ort der Formierung und des Handelns vielfältiger sozialer Bewegungen. Die Stadt ist Ort der Konfrontation hegemonialer Programme und Vorstellungen mit gegenhegemonialen Projekten sowie mit marginalisierten und von diesen Programmen und Vorstellungen ausgeschlossenen bzw. zu Objekten des Regierens degradierten Bevölkerungen. Konflikte bestehen innerhalb des Feldes
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der dominanten Akteure wie auch sowohl gegenüber den Mittelschichten sowie den Subalternen. Während weite Teile der Literatur über Mega-Cities1 und Metropolen des globalen Südens auf marginalisierte Bevölkerungen fokussieren, etwa auf Möglichkeiten der Ermächtigung, auf Informalisierung, Armut und Ausgrenzung, auf soziale Kämpfe und städtische soziale Bewegungen (zu Manila beispielsweise: BERNER 1997; 2000; CONSTANTINODAVID 2002; PORIO 2002; RAGRAGIO 2003; RAMSAMY 2006; SHATKIN 2000; 2003; 2004; 2007), sollen mit dem hier verfolgten Ansatz die lokalen Machtverhältnisse mit Blick auf jene Akteure und gesellschaftlichen Felder betrachtet werden, die nicht marginalisiert sind, sondern über ein verhältnismäßig umfangreiches ökonomisches, (aktivierbares) soziales und (legitimes) kulturelles Kapital verfügen (BOURDIEU 1992).2 Städte wie Metro Manila sind – auch wenn massenmediale Repräsentationen und Teile der Literatur über große Städte im Süden dies manchmal nahe legen – nicht nur Orte extremer Armut, unsicherer Lebensbedingungen und Marginalisierung und Orte einer, wie Franz Nuscheler schreibt, von „Elend, Anarchie und Gewalt geprägten Monsterstadt“ (NUSCHELER 2005: 295) im schwarzen Loch des informationellen Kapitalismus, das alle dortigen Akteure auf eine Gebundenheit an den Ort zurückwirft (CASTELLS 2003b: 170).3 Der Planet of Slums, den Mike 1
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Gegen Teile der Forschung zu Mega-Cities – so sie den Begriff zu einer analytischen Kategorie erheben – lassen sich eine Reihe von Bedenken formulieren. Auch wenn die rein quantitative Klassifikation von MegaCities (üblich ist eine Grenze von 10 oder 8 Millionen EinwohnerInnen, manchmal liegt diese aber auch bei 4 oder 5, dem können dann noch Hypercities (DAVIS 2004b) oder große Megacities (BRONGER 1994) folgen) eine Reihe von Städten in den USA, Japan und Europa greifen könnte, bezieht sich die Forschung sich fast ausschließlich auf große Städte in Asien, Lateinamerika und Afrika (HUSA/WOHLSCHLÄGL 1999). Problematisch ist nicht der Fokus auf den globalen Süden, als vielmehr die Tatsache, dass damit meist eine differente Perspektive und Herangehensweise verbunden ist. Anders als gegenüber großen Städten im Norden dominieren hier quantitative Ansätze, werden Wachstum, Dichte und Bevölkerungszahlen zu erklärenden Faktoren und nicht selten beherrschen ein gewisser Exotismus und Alarmismus die Perspektive (ROBINSON 2006; SEABROOK 1996). Der Begriff des Sozialkapitals findet sich in unzähligen Verwendungen. Ich beziehe mich auf den Ansatz von Bourdieu (BOURDIEU 1992: 63) und nicht auf kommunitaristische oder bürgergesellschaftliche Ansätze wie die von Putnam (PUTNAM 2001), bei dem, so Portes, Sozialkapital zu einem Synonym wird, für „all things that are positive in social life“ (PORTES 2000: 3) Zur Debatte: (HARRISS 2005; PORTES 2000). Nach Castells würde es sich in diesem Sinne um einen Raum der Orte handeln, als räumliche Logik der Bindung an Orte auf der Grundlage identitärer, ökonomischer und politischer Gründe. Dem gegenüber steht ein
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Davis in seinem gleichnamigen Buch im Entstehen begriffen sieht (DAVIS 2006) und in dem „der Slum“ zum zentralen Paradigma aktueller Urbanisierungsprozesse erhoben wird, ist aber nur der eine Teil der Geschichte des rapiden Wachstums dieser Städte. „One of the truly interesting, if paradoxical, elements of these giant urban areas is that, despite this human suffering and despair, they are concurrently places of tremendous wealth and opulent consumption“ (SMITH, D., A. 1996: 1). Diese Arbeit entstand aus der Idee diese inwertgesetzten und ausgrenzenden städtischen Räume Metro Manilas zu untersuchen und nach den materiellen wie symbolischen Landschaften der so gebauten Stadt, den Diskursen und Plänen, die mit diesen verbunden sind, zu fragen. Das bedeutet, die Räume der Mittelschichten und Oberschichten, des transnationalen und des lokalen Kapitals sowie globalisierter bzw. glokalisierter (ROBERTSON 2007) Kultur, ihre Materialisierungen, Nutzungen und programmatischen Entwürfe in den Fokus zu rücken. Dabei interessieren zum einen der historische Wandel dieser Landschaften der Macht und die damit verbundenen Veränderungen der Rolle von Staat und anderen dominanten Akteursgruppen. Das Hauptinteresse dieser Arbeit gilt aber der Phase der letzten 20 Jahre und der Frage danach, welche Diskurse, Praktiken und Subjekte mit diesen Landschaften verbunden werden und welche darin keinen Platz zu haben scheinen. Hier wird die These vertreten, dass Diskurse über die neoliberale unternehmerische Stadt und die mit diesen verbundenen Praktiken eine entscheidende Rolle für gegenwärtige „Landschaften der Macht“ in Metro Manila spielen. Versuche von Gentrifizierung und innerstädtischer Revitalisierung, Privatisierung städtischer Räume sowie aggressive Strategien gegenüber informellen Siedlungen und dem informellen Sektor sind Elemente eines von Teilen des staatlichen und privaten Sektor betriebenen Projekts Metro Manila im Bild einer world-class city oder Global City zu produzieren und imaginieren. Hier besteht das Ziel darin, internationales Kapital und ausländische TouristInnen anzuziehen und das Projekt der neoliberalen Globalisierung und der gesellschaftlichen Reorganisierung unter neoliberalen Vorzeichen mit Legitimität zu versorgen. Dieses Bündel von Projekten, Programmen und Diskursen, das es im Folgenden genauer zu untersuchen gilt, soll unter dem Begriff des „Global City Projekts“ gefasst werden, dem Versuch städtische Räume zu produzieren und zu managen, die dem Bild einer global erfolgreichen Raum der Ströme, als ein Raum der Netzwerke und der Macht, der uneingeschränkten Mobilität und des Kapitals (CASTELLS 2003a: 484). Peter Marcuse kritisiert an Castells Raumbegriff zu Recht, dass dort „die Logik des Raums [...] zum Grund, nicht zur Konsequenz sozialen Wandels“ werde (MARCUSE 2002: 337).
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und von Zeichen der „Dritten Welt“4 befreiten Metropole entspricht. Diese Landschaften der Globalisierung sind materiell und imaginär, politisches Projekt und Realität. Diese können sich den verschiedenen Akteuren als neue Möglichkeiten oder verschärfte Zwänge und Unterwerfungen darstellen. Damit ist einerseits die Unsichtbarmachung von Hinweisen auf Armut und Marginalisierung verbunden, die charakteristisch sind für städtische Realitäten in der „Dritten Welt“. Andererseits bedeutet dies die Schaffung bestimmter städtischer Räume und Landschaften, die andocken an jene Räume, die im Diskurs dominierender Akteure als die fortschrittlichsten und im Rahmen neoliberaler Programme als die wettbewerbsfähigsten Städte der Welt erscheinen und die gleichzeitig eine zumindest symbolische Abtrennung von räumlich nahe gelegenen Orten vornehmen. Hinter dieser Fragestellung steht die Überzeugung, dass einerseits ein Mangel an Untersuchungen zu diesen städtischen Landschaften besteht, diese andererseits aber zentral für das Verständnis städtischen Regierens5 und gesellschaftlicher Hegemonie6 sind. Wird Prekarisierten, Ausgeschlossenen und Marginalisierten in aktuellen sozialwissenschaftlichen Arbeiten viel Aufmerksamkeit gewidmet, fallen, wie Peter Marcuse in einer Kritik am Funktionalismus von Castells Konzept des Informationszeitalters schreibt, jenseits abstrakter Ströme und Flüsse, die 4
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Der Begriff der „Dritten Welt“ wird hier als diskursive Kategorie und Zuschreibung verstanden, wie sie von unterschiedlichen lokalen Akteuren verwandt wird und die nur eingeschränkt mit realen ökonomischen Bedingungen verbunden ist (dafür gibt es andere Begriffe). Der Begriff der „Drittweltstadt“ evoziert dabei ein ganzes Bündel von wirkmächtigen Bildern städtischer Probleme, unkontrollierten Wachstums, Armut, Marginalisierung und Gewalt. Auf Debatten über das vermeintliche „Ende der Dritten Welt“ (MENZEL 1992) oder die generelle Ungeeignetheit des Begriffs wird damit nicht eingelassen. Ich verwende hier einen weit gefassten Regierungsbegriff, der sich auf Foucaults Konzept der Gouvernementalität bezieht und der eine Vielfältigkeit von Regulierungs- und Steuerungstechnologien beinhaltet und der weder auf den engen politikwissenschaftlichen Begriff staatlicher Regierung noch den der Governance zu reduzieren ist (FOUCAULT 2004; LEMKE 2007; MICHEL 2005; ROSE 2000). Gramsci folgend wird Hegemonie verstanden als eine auf Konsens beruhende Herrschaft. Hegemonie zeigt sich den Subjekten nicht als Zwang und Kontrolle, sondern als allgemeine oder erstrebenswerte Ideen, Werte und Vorstellungen, als Allgemeinwohl und natürlich. In hegemonialen Projekten wird das Allgemeine durch eine partikulare, umfassende Forderung repräsentiert. Hegemonie beseitigt dabei nicht unbedingt Widersprüche, sondern gibt diesen eine bestimmte Form, einen Rahmen des Denkund Sagbaren. Dabei kann es durchaus sein, dass sie sich „einen Teil der Antithese selbst [einverleibt], um sich nicht ‚aufheben‘ zu lassen“ (GRAMSCI 1996: 1728).
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aktiven Mechanismen und Akteure dieses Ausschlusses vielfach aus der Betrachtung heraus (MARCUSE 2002: 329). Hätte die „Segregation der sozial Schwachen“ lange im Zentrum kritisch-sozialwissenschaftlicher Betrachtung gestanden, wäre „die Segregation der sozial Stärkeren [...] kaum hinterfragt [... und] weitgehend unerforscht“ (GLASZE 2003: 19) geblieben. Auch wenn sich in den letzen Jahren ein größeres Interesse an der Segregation der oberen Schichten in der Stadtforschung entwickelt hat, wie sich etwa an der Fülle von Arbeiten zu Gated Communities oder neoliberal durchgesetzten Gentrifizierungsprojekten in Städten des Südens wie des Nordens zeigt, so ist die Geschichte der modernen Stadtforschung seit ihren Anfängen eine Geschichte der Untersuchung der „Anderen“ und „anderer Räume“, die dem hegemonialen Bild von Ordnung und Normalität entgegengesetzt wurden und diesem als Bedrohung erschienen. Eine Soziologie dessen, was nicht in Ordnung ist. So war es in den modernen Großstädten des alten Europas und Nordamerikas des späten 19. und frühen 20. Jahrhundert insbesondere die „räumliche Absonderung der unteren Klassen, die Anlass zu Sorge und damit zur Forschung“ gab (LINDNER 2004). Ein solcher Blick beherrscht auch gegenwärtig Arbeiten über Metropolen im Süden. Diese werden dominiert durch Untersuchungen von Informalität, Marginalisierung und schlechten Wohnquartieren, gleichgültig ob dabei Selbstermächtigung und Handlungspotentiale der Akteure in den Mittelpunkt gerückt werden oder Slums als die Lagerhäuser für die „surplus humanity“ unseres Jahrhunderts (DAVIS 2006: 201) zu dystopischen und apokalyptischen Orten der Gefahr und Gefährlichkeit und des nackten Lebens exotisiert, homogenisiert und reifiziert werden (zur Kritik an letzterem: GILBERT 2007; RAO 2006). Ohne die in jenen Arbeiten beschriebenen städtischen Realitäten, die Existenz und Persistenz von extremer Armut, Marginalisierung und Ausbeutung in Frage stellen zu wollen oder ihr Überwinden im Zuge einer auf Weltmarktintegration gerichteten Modernisierung zu erwarten, werden im Rahmen dieser Arbeit zumeist andere städtische Räume betrachtet. Die hier in den Blick genommenen städtischen Landschaften zeichnen sich durch Exklusivität (darin Exklusion eingeschlossen) und eine Symbolik „des Globalen“, einer „globalen Kultur“ und eines Bemühens aus, die Stadt nach dem Bild oder gemäß der Vorstellung von einer Global City zu produzieren. Ihre auffälligsten Architekturen sind die Central Business Districts, die bewachten und abgeschotteten Wohnquartiere in Form suburbaner Gated Communities oder innerstädtischer Condominien, privatisierte städtische Räume, wie die in Metro Manila allgegenwärtigen gigantischen Shoppingmalls, die Produktionsstätten der Informationstechnologien, edge cities und urban mega-
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projects (GRAHAM/MARVIN 2001: 267). Dies wird orchestriert von einem Diskurs des Neoliberalismus und einer unternehmerischen Stadtpolitik (HARVEY 1989a). Seit den späten 1990er Jahren gewinnen zudem Strategien der Gentrifizierung und der neourbanen Ästhetisierung städtischer Räume an Einfluss in Metro Manila. Begleitet wird dies von einer repressiven Politik gegenüber marginalisierten Gruppen, die eine Nähe zu den Politiken aufweist, die Neil Smith unter dem Begriff des Revanchist Urbanism gefasst hat (SLATER i.E.; SMITH, N. 1996; SMITH 1998; SWANSON 2007). Eine solche Stadtpolitik hat einen eminenten Einfluss auf die Rolle des Staates, des vormals wichtigsten Akteurs bei der Produktion hegemonialer Räume und ikonischer Architekturen in den urbanen Zentren postkolonialer und kolonialer Hauptstädte. Waren es bis in die 1970er Jahre in erster Linie staatliche Modernisierungsversprechen und Modernitätsvorstellungen, so wurden diese zu Gunsten der Bereitstellung guter Bedingungen für privates Kapital verschoben. Das neue Leitbild dieses städtischen Regierens in einem Kontext einer wachsenden intermetropolitanen Konkurrenz bestehe darin, so Shatkin, „to project an image of an economically successful global city, both to persuade its citizens that its strategies of globalization of the economy is correct, and to attract investment and tourism in order to fully realize this strategy“ (SHATKIN 2005: 581). Bevor darauf jedoch genauer eingegagen werden soll, sind einige Anmerkungen zum Ansatz dieser Arbeit notwendig.
Cultural Political Economy Methodisch-theoretisch orientiert sich diese Arbeit an Ansätzen, die eine Verknüpfung politökonomischer Theoriebildung mit dem herzustellen versuchen, was grob unter dem Begriff des cultural turn oder poststrukturalistischen Ansätzen im Weiteren gefasst werden kann. Dabei wird insbesondere im Konzept einer cultural political economy, wie es Bob Jessop gemeinsam mit einer Reihe anderer AutorInnen entwickelt, ein vielversprechender Ansatz gesehen. Der Begriff der cultural political economy wird in einer Reihe kürzerer Texte entworfen und kann eher als ein grober Rahmen verstanden werden, denn als eine kohärente und geschlossene Theorie. Gerade diese Offenheit ist attraktiv für die vorliegende Arbeit. Ein zentrales Anliegen dieses Ansatzes ist es, politökonomische Ansätze um zentrale Errungenschaften des cultural turn zu erweitern und diesen einerseits in seiner Reichweite und Bedeutung ernst zu nehmen, ohne dabei zugleich in die Falle dessen zu tappen, was Jessop als
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soft economic sociology bezeichnet. Letztere, der Jessop große Teile der sich überhaupt mit Ökonomie befassenden Ansätze aus der Nähe der Cultural Studies zurechnet, subsumieren Ökonomie unter einen allgemeinen Kulturbegriff und reduzieren diese auf kulturelle Zeichensysteme, ohne die spezifische Materialität ökonomischer Prozesse ausreichend zu berücksichtigen (JESSOP 2005b: 145; JESSOP/SUM 2001: 93ff). Unter dem recht vagen Begriff des cultural turn (BACHMANN-MEDICK 2006) werden dabei Ansätze verortet, welche den Blick richten auf die „complex relationships between meanings and practices and examine[ ] the role of discourse and discursive practices in the making and remaking of social relations as well as their contribution to the contingent emergence, provisional consolidation, and tendential logics of the various extra-discursive properties of social relations.“ (JESSOP 2005b: 145)
Drei zentrale Eigenschaften, so Jessop und Oosterlynck, machen diesen Ansatz einer cultural political economy aus.7 Eine historische Perspektive und eine Ablehnung „transhistorischer“ Analysen; ein Ernstnehmen des cultural turn und der komplexen Beziehungen zwischen Bedeutung und Praxis; Fokus auf die gegenseitige Hervorbringung semiotischer und außer-semiotischer Prozesse und deren gemeinsamer Einfluss auf die Konstitution und Dynamik kapitalistischer Gesellschaften (JESSOP/ OOSTERLYNCK 2008). In seinem Aufsatz Cultural Political Economy, the Knowledgebased Economy, and the State (2005b) differenziert Jessop zwischen einer ontologischen Ebene, einer epistemologischen und einer substantiellen. Auf der ontologischen Ebene wird die Bedeutung von Diskursen für die Produktion sozialer Objekte und Subjekte betont – in Abgrenzung zu „orthodoxer“ politischer Ökonomie, die ihre technologischen und ökonomischen Objekte naturalisiere und reifiziere sowie über einen reduktionistischen Zugang zu Subjekten und Subjektivierungsweisen verfüge. Insbesondere der Perspektive der actor-network-theory wird dabei ein Verständnis entnommen, das alle sozialen Aktanten – menschliche wie nicht-menschliche – als sozial konstruiert und historisch begreift und damit denaturalisiert. Ihr fehle zumeist aber ein Begriff von gesellschaftlichen Strukturen und der Spezifik kapitalistischer Gesellschaften (CALLON 2006; LATOUR 2008). 7
Es wird auf eine Reihe nicht unähnlicher Ansätze hingewiesen, die sich ebenfalls bemühen eine Verbindung politökonomischer mit stärker semiotisch arbeitenden Perspektiven zu verbinden, wie denen von Andrew SAWYER (2001) oder Don MITCHELL (2000). Anschließen ließe sich auch an jüngere Arbeiten aus dem Feld der Gouvernementalitätsstudien.
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Erkenntnistheoretisch wird die Situiertheit, Historizität und Kontextualität von Wissen betont. Ist eine solche Kritik der Kategorien des Denkens durchaus in älteren kritisch materialistischen Ansätzen und insbesondere bei Marx selbst angelegt, so war es doch insbesondere die postkoloniale Theorie, die dies im Anschluss an poststrukturalistische Ansätze ins Zentrum einer selbstreflexiven Sozialtheorie gebracht hat. Wenn auch eher implizit, so kann ein starker Einfluss einer an Foucault orientierten Linie des Poststrukturalismus und eine an Foucault angelehnte Machtkonzeption angenommen werden, den Jessop auch mit einem älteren Aufsatz über Macht und Strategie bei Poulantzas und Foucault nahe legt (JESSOP 2005c). Dabei ist zentral, dass die Materialität sozialer Beziehungen und Zwänge, die sich „‚behind the backs‘ of the relevant agents“ bewegen, betont wird, um damit dem „sociological imperialism of pure social constructionism and the voluntarist vacuity of certain lines of discourse analysis, which seem to imply that one can will anything into existence in and through an appropriately articulated discourse“ (JESSOP 2005b: 147) zu entgehen. Auf der substantiellen Ebene wird eine Unterscheidung zwischen einer real existierenden Ökonomie vorgenommen, „as the chaotic sum of all substantive economic activities“ und ‚Ökonomie‘ oder ‚Ökonomien‘ „as an imaginatively narrated, more or less coherent subset of these activities“ (JESSOP 2005b: 147). Diese Unterscheidung wird nicht zuletzt dadurch nötig, dass die Anerkennung der Komplexität der sozialen Welt und die Unmöglichkeit über alle notwendigen Informationen über die Totalität ökonomischer Prozesse zu verfügen, einen rein ökonomischen Zugang zum Markt verunmöglicht.8 „The totality of economic activities is so unstructured and complex that it cannot be an object of calculation, management, governance, or guidance. Instead such practices are always oriented to subsets of economic relations (economic systems or subsystems) that have been discursively and, perhaps, organizationally and institutionally fixed as objects of intervention.“ (JESSOP 2004: 162)
Selbst wenn die dominante Ordnung als primär durch ökonomische Strukturen bestimmt betrachtet wird, so muss diese Ordnung dennoch durch und für die einzelnen Akteure, die in diese Ordnung eingebunden sind und die von diesen perpetuiert werden muss, in einer sinnvollen Weise erzählt werden (JESSOP/SUM 2001: 97f). Es geht in diesem Sinne, wie Don Mitchell schreibt, der als marxistischer Geograph kaum im 8
Für eine Interpretation aus der Perspektive der Actor-Network-Theory und den Versuch diese einem Markttest zu unterziehen siehe CALLON (2006).
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Verdacht eines idealistischen Kulturalismus steht, „eigentlich nicht so sehr darum, ob das Kapital ‚wirklich‘ so funktioniert; es reicht vollkommen aus, dass diejenigen in machtvollen Positionen denken, dass es so funktioniert.“ (MITCHELL 2007: 274) „Adopting a strategic-relational approach to this process, it assumes that complexity reduction involves discursively-selective ,imaginaries‘ and structurally-selective institutions. Imaginaries are semiotic systems that provide the basis for the lived experience of an inordinately complex world; institutions provide the basis for the lived experience of an inordinately complex world; institutions provide the means of embedding lived experience in broader social relations and, perhaps, rendering it consistent across different social spheres.“ (JESSOP/OOSTERLYNCK 2008: 1157)
Zwischen beidem – Ökonomie und ‚Ökonomie‘ – besteht eine komplexe und sich gegenseitig stabilisierende und transformierende Beziehung, die aber nicht notwendigerweise widerspruchsfrei verläuft. Setzen diese economic imaginaries eine reale Unterlage ökonomischer Strukturen voraus, werden dort, wo diese Bilder erfolgreich institutionalisiert und eingesetzt werden, diese real wirkmächtig und naturalisiert. Diese Diskurse und economic imaginaries sind besonders wirkmächtig, wenn sie an verschiedenen Orten und auf räumlichen Maßstabsebenen agieren und mit umfangreicheren hegemonialen Projekten verbunden werden können (JESSOP/OOSTERLYNCK 2008: 1160). Eine ihrer Stärken gewinnen sie nicht zuletzt daraus, dass sie, gleich einem Rorschach Test, wie Jessop schreibt, von unterschiedlichen Akteuren, die an ihrer Produktion, Nutzung und Transformation beteiligt sind, mit vielfältigen, wenn auch nicht kontingenten Inhalten gefüllt werden können (JESSOP 2004: 168). „These imagined economies can be discursively constituted and materially reproduced at different sites, on different scales, and with different spatial and temporal horizons“ (JESSOP 2005b: 148). Je erfolgreicher ein solches imaginary, auf desto mehr Ebenen und Plätzen ist es diskursiv und materiell aktiv und entfaltet performative und konstitutive Effekte. Als ein solches machtvolles economic imaginary begreift Bob Jessop die knowledge-based economy. Dabei handelt es sich um einen Begriff, den er gegenüber dem prominenteren, aber einseitig negativ bestimmten Konzept des Postfordismus vorschlägt. Diese knowledgebased economy ist, so Jessop, darauf gerichtet, eine neue Regulationsweise zu schaffen, der es gelingt, die Kapitalakkumulation nach der Krise des Fordismus zu stabilisieren. Knowledge-based economy bezeichnet dabei nicht primär eine analytische oder zeitdiagnostische Kategorie, als
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vielmehr einen zunehmend dominanten und hegemonialen Diskurs und ein „increasingly hegemonic meta-object of governance“ (JESSOP 2005b: 144). Als solches ist diese sowohl real als auch imaginiert und kann sowohl „neo-liberal, neo-corporatist, neo-statist, and neo-communitarian“ (JESSOP 2004: 168) auftreten und politisch umgesetzt werden. Die Emergenz eines solchen wissensbasierten economic imaginary sieht Jessop in Auseinandersetzung und Zusammenhang mit den verschiedenen politischen und ökonomischen Krisen des massenkonsumorientierten Fordismus in den USA und Westeuropa, sowie den exportorientierten Wachstumsstrategien (süd-)ostasiatischer Entwicklungsstaaten.9 „The KBE [Knowledge-Based Economy] seems to have become a master economic narrative in many accumulation strategies, state projects and hegemonic visions and, through the 1990s, it gained a key role in guiding and reinforcing activities aiming to consolidate a relatively stable post-Fordist accumulation regime and corresponding mode of regulation.“ (JESSOP 2004: 168)
Geht man von der Diskursexplosion um „Wissen“, „Information“ und „Kultur“ in massenmedialen Diskursen ebenso wie in Wirtschafts- und Sozialwissenschaften aus, die sich in den unterschiedlichsten Feldern des Sozialen findet, liegt es nahe in wissensbasierter Ökonomie ein zentrales Element gegenwärtiger Narrative zu sehen. Dies gilt für Konzepte von Informations- oder Wissensgesellschaften, immaterielle Arbeit und e-government, staatliche Programme und ökonomische Diskurse über technopoles, information superhighways oder die Bedeutung von kreativen Milieus, creative industries und intelligenten Gebäuden für urbane Zentren. Dies bezieht sich nicht nur auf die ökonomischen Zentren des Nordens, sondern als eine Erzählung, die von verschiedenen Akteuren zu hegemonialisieren versucht wird, ebenso auf eine Reihe peripherer oder semi-peripherer Staaten. „Whether the KBE also offers a scientifi-
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Der Begriff des Developmental State sollte mit Vorsicht verwandt werden, da er droht zu einem catch-all Begriff für Staaten in (Süd-)Ostasien ausgeweitet zu werden. Die These vom Entwicklungsstaat geht davon aus, dass sich dieser durch rationale und technokratische Planung eines Staates auszeichnet, der über hohe Autonomie gegenüber anderen gesellschaftlichen Gruppen, auch den unterschiedlichen Einzelkapitalen verfügt. Auch wenn die empirische Basis für die Beschreibung (süd-) ostasiatischer Staaten als Entwicklungsstaaten teils dünn ist, so hatte ein EntwicklungsstaatsDiskurs und die Strahlkraft der ersten Generation so genannter Tigerstaaten einen erheblichen Einfluss auf eine Reihe staatlicher Programme der Philippinen (zum Konzept und zur Kritik des Entwicklungsstaats: BOYD/ NGO 2005; JESSOP 2005a).
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cally adequate description of today’s economy in all its chaotic complexity is another matter“ (JESSOP 2004: 169). Hier geht es mit dem Bezug auf Jessops Ansatz einer cultural political economy hauptsächlich darum den Fokus auf economic imaginaries zu richten und diese in ihrer Verbindung mit realen ökonomischen Prozessen zu betrachten. Das bedeutet keineswegs eine Vorrangigkeit oder auch nur die Möglichkeit einer klaren Distinktion zwischen beiden zu behaupten. Vielmehr lässt sich damit sowohl nach den Materialitäten als auch nach den imaginaries jener Landschaften fragen, die im Zentrum dieser Arbeit stehen. Diese Erzählungen spielen, wie im Verlauf dieser Arbeit deutlich werden wird, auch in Ländern wie den Philippinen eine wichtige Rolle. Sei es vermittels internationaler Organisationen, die dies in ihren Programmen und Forderungen nach einer good governance als Voraussetzung für finanzielle Unterstützung und positive Ratings einfordern; sei es in den Diskursen internationaler und lokaler Unternehmen auf der Suche nach Verwertungschancen und dem Angebot der für neoliberale Wirtschaftspolitiken so essentiellen ausländischen Direktinvestitionen (FDI); oder sei es in staatlichen Politiken, die gegenüber lokalen KonstituentInnen, internationalen Organisationen und Unternehmen Legitimationsfunktionen und Standortmarketing betreiben müssen. Verbunden sind diese mit Diskursen über das asian miracle und den Aufstieg der Region zu einem der Zentren der globalen Ökonomie. Bis zum Ausbruch der Asien-Krise 1997 wurden dafür gerne so genannte asian values verantwortlich gemacht (KESSLER 1999; THOMPSON 2004b). Die Rede von der Bedeutung des pacific-rim, die Diskurse über Tigerstaaten, NIChood und das Konzept der emerging markets10 sind wirkmächtige 10 Der in den 1980er Jahren im Umfeld der Weltbank eingeführte Begriff des emerging market, der in erster Linie als eine Rating-Kategorie von Märkten bezogen auf die in diesen bestehenden Investitionsrisiken und -anreize gedacht war, hat den Begriff der „Zweiten“ und „Dritten“ Welt oder der Entwicklungsländer ersetzt, stellt aber eine nicht weniger problematische geographische Imagination dar. „Some places once most commonly known as Third/underdeveloped/backward/developing or as a Second/ Communist world have now ‚advanced‘ to the status of 'emerging market'.“ (SIDAWAY/MICHAEL 2000: 189). Dieser „Fortschritt“ erhebt einst „unterentwickelte“ und marginalisierte Staaten in den Status eines Objekts für Erschließung und Eroberung, als frontier kapitalistischer Expansion. „The categorisation of ‚Frontier‘ and ,Emerging‘ Markets thus involves the rhetorical civilising of these ‚disorderly spaces‘ for capitalist expansion, a linear process of incorporation towards achieving ‚developed market‘ (DM) status“ (LAI 2006: 628). Dieses Konzept ist insbesondere seit den 1990er Jahren zu einem Mantra dominanter Diskurse in der Region geworden. „This particularly exuberant discourse of EMs emerged out of a
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imaginaries der Globalisierung und einer Globalen Ökonomie – diese ist ebenso real und imaginär. So wie die knowledge-based economy in erster Linie eine Reihe äußerst erfolgreicher Ökonomien und Sektoren als Essenz und Leitbild für ein Allgemeines nimmt, so fungiert die Global City als imaginary erfolgreicher Städte nach dem Fordismus. Das imaginary einer unternehmerischen Global City in einem emerging market Südostasiens wird im Weiteren als Rahmen der Diskurse, Politiken und Praktiken dominanter Akteure in Metro Manila verstanden und betrachtet.
Die Global City und die Unternehmerische Stadt Die Thesen zur Global City stellen den wohl prominentesten Versuch dar, ein Konzept der Verortung von Globalisierung in den urbanen Zentren und deren veränderter Rolle seit den späten 1970er Jahren zu entwickeln. Sie gingen aus einer Erweiterung des von Friedmann und Wolff zu Beginn der 1980er Jahre entwickelten Konzepts der world city formation hervor, das Ansätze von Autoren wie David Harvey und Manuel Castells mit denen der Weltsystemtheorie Wallersteins und der Neuen Internationalen Arbeitsteilung verknüpft (FRIEDMANN 1986). John Friedmann und Goetz Wolff richten in ihrem 1982 veröffentlichten und recht funktionalistischen Aufsatz World City Formation: An Agenda for Research and Action (FRIEDMANN/WOLFF 1982) den Blick auf Städte aus der Perspektive eines in Transformation befindlichen, ökonomischen Weltsystems (FRIEDMANN/WOLFF 1982: 309). Diese Transformationen, die sich an Begriffen wie Internationalisierung und Postindustrialisierung kristallisierten (WHITE 1998: 452), finden ihre materielle Form in erster Linie – bzw. am sichtbarsten für SozialwissenschaftlerInnen aus den Metropolen – in urbanen Zentren, die in je verschiedener Weise in dieses System integriert werden. Form und Ausmaß der Integration einer Stadt in dieses sich globalisierende Wirtschaftsystem und die ihr zugeschriebenen Funktionen in der neuen internationalen Arbeitsteilung sind entscheidend für alle strukturellen Veränderungen, die in ihr geschehen. Aus diesen verschiedenen Weisen der funktionellen Integration leitet sich eine urbane Hierarchie ab, an deren Spitze die Autoren unter dem Begriff der World City Städte wie Tokio, San combination of interests: the neo-liberal agenda of the International Financial Corporation and World Bank, the capitalist interests of fund managers and brokers, the media, and the representational strategies of governments seeking to represent their societies as of the 'right' type to attract investments – as ‚EMs' rather than 'Third World economies‘“ (LAI 2006: 629).
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Francisco, Frankfurt, London, New York, Singapur oder Kairo verorten (FRIEDMANN/WOLFF 1982: 310). Diese werden von globalem Kapital als Stützpunkte der räumlichen Organisation von Produktion und Märkten genutzt, und ihre globalen Kontrollfunktionen reflektieren sich direkt in Struktur und Dynamik ihrer Produktionssektoren und Arbeitsplätze. World-Cities sind Hauptorte der Konzentration und Akkumulation von internationalem Kapital und bringen dadurch die Hauptwidersprüche des „Industriekapitalismus“ in den Blick. In dem Maße, in dem diese Städte sich internationalisieren, sowohl durch Kapital, wie auch durch transnationale Migration, entkoppeln sie sich politisch und ökonomisch von den sie direkt umgebenden Territorialstaaten (FRIEDMANN 1986). Während die Arbeiten von Friedmann und Wolff, sowie die daran anschließenden Arbeiten (z.B. KNOX/TAYLOR 1995) zunächst kaum über einen engen Kreis wirtschaftsgeographischer und stadtsoziologischer Diskurse hinaus Beachtung erfuhren, wurde Saskia Sassens erstmals 1991 erschienenes The Global City (SASSEN 1991) in den unterschiedlichsten sozialwissenschaftlichen Feldern rezipiert und gilt als einer der einflussreichsten Beiträge zur Verknüpfung von Globalisierung und Stadt (Eine aktuelle und umfangreiche Übersicht über die Bandbreite der Debatten findet sich im von Brenner und Keil herausgegebenen Global Cities Reader: BRENNER/KEIL 2006). Zentral sind in Sassens Ansatz die Konstatierung eines Bedeutungsgewinns ausgewählter urbaner Zentren und die Entstehung eines hierarchischen Netzwerkes von wenigen ausgewählten Städten. In ihrem ersten Buch bezieht sie sich, was zu manchen Missverständnissen bezüglich der Reichweite ihres Ansatzes beitrug (SASSEN 2006; 2007), ausschließlich auf New York, London, Tokio. Diese Metropolen verfügen über die zentralen Steuerungs- und Kommandofunktionen in den avanciertesten Sektoren einer globalisierten Ökonomie. Dies betrifft insbesondere Finanzdienstleistungen, Versicherungen und die Immobilienwirtschaft. „The point of departure for the present study is that the combination of spatial dispersal and global integration has created a new strategic role for mayor cities. Beyond their long history as centres for international trade and banking, these cities now function in four new ways: first, as highly concentrated command points in the organization of the world economy; second, as key locations for finance and for specialized service firms, which have replaced manufacturing as the leading economic sector; third, as sites of production, including the production of innovations, in these leading industries; and fourth, as markets for the products and innovations produced. These changes in the functioning of cities have had a massive impact upon both international economic activity and urban form: cities concentrate control over vast resources, while finance and specialized service industries have restructured the urban social
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and economic order. Thus a new type of city has appeared. It is the global city.“ (SASSEN 2001: 3f)
Saskia Sassen gelang es mit diesem Ansatz, so Diane Davis, „[to] almost single-handedly put the study of cities back on the disciplinary map“ (DAVIS 2002: 4).11 Die wichtigsten Errungenschaften dieses Ansatzes waren, neben der von Diane Davis genannten generellen Rethematisierung von Fragen der Urbanisierung in den Sozialwissenschaften des Nordens, eine Perspektive der globalen Verschränktheit von Prozessen in Städten zu entwickeln, eine „Geographie strategischer Räume im Weltmaßstab“ zu erstellen (SASSEN 1996: 20) und eine Überwindung der ausschließlich auf den nationalstaatlichen Kontext blickenden Ansätze. Die Konzepte von Global City und World City stellen in der jüngeren Stadtforschung gewiss die einflussreichsten Repräsentationen gegenwärtiger Urbanisierungsprozesse im globalen Maßstab dar (KING 2006: 16).12
11 Generell steht Davis dem Ansatz von Sassen kritisch gegenüber, da sie die Beiträge zur abhängigen Urbanisierung nicht beachtet. Damit, so Davis, würde Sassen neu entdecken, was zwanzig Jahre zuvor Ausgangspunkt dependenztheoretischer Stadtforschung war (DAVIS 2002; 2005; DAVIS/ TAJBAKHSH 2005). 12 Die Kritik an Sassens Ansatz ist umfangreich, wenngleich einiges der Kritik einem selektiven Lesen und einer karikierenden Darstellung geschuldet ist. Das Modell simplifiziere gesellschaftliche und ökonomische Prozesse, seine empirische Realisierung ließe noch auf sich warten, es homogenisiere hochgradig differente Städte, beruhe auf ökonomischem Determinismus, sei postindustrielle Modernisierungstheorie und neoklassische Wirtschaftstheorie, gefüllt mit Ethnozentrismus, komme ohne Akteure, Fragen der Kultur und Identität aus und beanspruche den Status einer master narrative (zusammenfassend SMITH, M. P. 2001: 48-71; SOJA 2000: Kap 7; WHITE 1998: 455ff). Der Ansatz sei geprägt „structuralism, economism and inattention to questions of culture and agency“ (SMITH, M. P. 2001: 50). „Soziale Auseinandersetzungen und ihre institutionellen Verdichtungen auf den verschiedenen räumlichen Ebenen des Staates bleiben weitgehend unberücksichtigt. Die räumlichen Reartikulationsprozesse werden [...] mithin mehr als impact globaler auf lokale Prozesse konzeptionalisiert, denn als über soziale Kämpfe vermittelte Entwicklungen“ (WISSEN 2001: 79). Der Fokus auf die oberen Segmente des Dienstleistungssektors und die Unterschlagung von Industrie in diesen Städten lässt Soja von einer „tendency to condense the globalization and localization processes almost entirely around Wall Street omphalos and its immediate sphere of influence“ (SOJA 2000: 224) sprechen.
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Abbildung 1: Manila (MN) im globalen Städtenetzwerk. Darstellung der „connectivity“ im Atlas of Hinterworlds (http://www.lboro.ac.uk/gawc/visual/hw_mn.html). Global City kann aber auch als etwas anderes begriffen werden, als ein imaginary auf Seiten dominanter urbaner Akteure, lokaler PolitikerInnen, Immobilienunternehmen oder einer „transnationalen Elite“. Und darum soll es hier in stärkerem Maße gehen. Dass Manila schwerlich als eine Global City im Sinne von Sassen oder dem umfangreichen, aber stark funktionalistischen und fast ausschließlich quantitativ arbeitenden Global and World Cities Project (BEAVERSTOCK u.a. 1999; TAYLOR 2004) zu verstehen ist, lässt sich leicht darlegen. In The World City Network listet Peter Taylor 16 Klassifikationsschemata von Global und World Cities unterschiedlicher AutorInnen auf und vier von diesen führen Manila als eine solche (TAYLOR 2004: 40). In World City-Rankings erscheint Manila gelegentlich als eine semi-peripheral secondary city (FRIEDMANN 1986) oder als Gamma-Weltstadt – und damit auf einer Ebene mit so unterschiedlichen Städten wie Hamburg, Boston oder Bangkok – mit eingeschränkten Kontroll- und Kommandofunktionen in einzelnen Segmenten wichtiger Sektoren (BEAVERSTOCK u.a. 1999). Manila kann in diesem Sinne als ein regionales Sub-Zentrum in Abhängigkeit von den regionalen Zentren Singapur und Hong Kong verstanden werden (FRIEDMANN 1986). Gleichzeitig ist die Metropole von zentraler Bedeutung für die Integration der Philippinen in die globale Ökonomie und fungiert durch eine sehr starke primacy als Kommandozentrum gegenüber den Provinzen der Philippinen und den wenigen sekundären Städten (BRONGER 1999; HEINTEL/SPREITZHOFER 2002).
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Anstatt Global Cities allein in Begriffen der strukturell determinierten Antwort auf globale ökonomische Kräfte und Zwänge oder als notwendige Bedingung für eine Modernisierung der kapitalistischen Produktionsweise zu begreifen, wären jene Prozesse und insbesondere die Praktiken und Diskurse zu untersuchen, durch die versucht wird Städte in den Status einer Global City zu befördern. Nicht allein das „Ergebnis“ New York, London, Tokio, sondern die Prozesse und Politiken, die in diesen und gerade auch in anderen Städten zum Einsatz kommen, um ökonomisch und politisch eine Stadt als erfolgreich zu produzieren und imaginieren, gilt es in den Blick zu nehmen. Takashi Machimura schreibt bezogen auf Tokio: „Global city formation […] is not simply a response to economic restructuring; it is also a political strategy for urban growth in the postfordist era“ (MACHIMURA 1998: 183 ). Statt von Global Cities als einem mehr oder weniger kohärenten und klar bestimmbaren Typus von Stadt auszugehen und den Grad anderer Städte an Global Cityness – oder den Mangel dessen – daran zu messen, gilt es, „the politics of the global city“ zu untersuchen. Nicht nur in Städten wie New York, London und Tokio wurden neue Formen städtischer Politiken angewandt und ausprobiert, sondern diese haben in einer Reihe von Städten, auch solchen, die im Rahmen des GAWC Projekts keine Aussicht auf Erwähnung haben, an Popularität gewonnen (HAILA 1997: 54). Brenda Yeoh schlägt deshalb sinnvollerweise vor, von Global City eher als einer diskursiven Kategorie auszugehen, die großen Einfluss auf das strategische Handeln zentraler Akteure in diesen Städten hat. „The global city as a discursive category conjures up imaginaries of high modernity, megadevelopment, twenty-first century urbanity, progressive urban futures in the new millennium. Cities all over the world clamour to subscribe to this globalizing logic as they jostle for a place in the new urban Utopia“ (YEOH 1999: 612).
Das bedeutet eine Verschiebung von Strukturen zu den Prozessen, Praktiken und Akteuren vorzunehmen. In diese Richtung geht auch der von Marcuse und Van Kempen vorgeschlagene Begriff der Globalizing Cities, der Prozesshaftigkeiten in den Mittelpunkt rückt und eine Kritik an der engen Zuspitzung auf wenige herausgehobene Städte formuliert (MARCUSE/VAN KEMPEN 2000b). Das bedeutet auch, dass in dieser Arbeit weniger die akademischen Interpretationen und Ansätze zu Global Cities von Interesse sind, als vielmehr die politischen Programme und Projekte lokaler PolitikerInnen, staatlicher Entwicklungspläne, Unternehmensverbände oder zivilgesellschaftlicher Akteure.
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„In policy-related versions of these accounts cities either off the world-city map or low down the supposed hierarchy have an implicit injunction to become more like those on the top of the hierarchy of cites.“ (ROBINSON 2006: 94)
Wie auf diese „Aufforderung“ zu einer Global-Citysierung reagiert wird, gilt es im Konkreten zu untersuchen. Wichtig ist jedoch, dass das going global, wie Derel Paul schreibt, weltweit in Städten so „diverse and unlikely“ wie Shenzhen, Mumbai, Johannesburg, Helsinki und Charlotte, North Carolina, für städtische Eliten, lokale PolitikerInnen und unterschiedliche Interessensgruppen den „status of conventional wisdom in urban development strategy“ errungen hat und in dieser Funktion eine eigene Dynamik und Produktivität entwickelt (PAUL 2005: 2105). „Global city as a concept becomes regulating fiction. It offers an authorised image of city success (so people can buy into it) that establishes an end point of development for ambitious cities“ (Robinson 2006: 111).
Dies lässt sich am besten im Rahmen der Debatten über die „unternehmerische Stadt“ und die Konzepte aktiver städtischer Standortpolitik begreifen. Unternehmerische Stadtpolitik oder ein Aufkommen unternehmerischer Strategien städtischen Regierens bilden seit den 1980er Jahren ein wichtiges Moment im wachsenden Städtewettbewerb. Einer der ersten, der auf diesen Wandel aufmerksam gemacht hat, war David Harvey mit seinem Aufsatz From Managerialism to Entrepreneurialism (HARVEY 1989a). Ausgehend von Finanzkrisen in zahlreichen Metropolen der USA in den späten 1970er Jahren und dem Beginn postfordistischer Restrukturierungen und Deindustrialisierung der Zentren, beschreibt Harvey eine wachsende Konkurrenz zwischen einzelnen Städten und eine wachsende Bedeutung des lokalen Staates bei der Anwerbung von Unternehmen und Investitionen. Zentral ist dabei eine wachstumsorientierte Politik und der Übergang von einem Regime des urban government zu einem der urban governance (HUBBARD/HALL 1998: 4). Harvey geht davon aus, dass sich dieser neue unternehmerische Ansatz in einer Fokussierung auf public-private partnerships ausdrückt, die um die Anwerbung externer Finanzierungsmittel, Direktinvestitionen und Arbeitsplätze bemüht sind und dazu tendieren, die Risiken dieses unternehmerischen Handelns von der privaten auf die lokalstaatliche Ebene zu verschieben. Gleichzeitig wird das Feld möglichen Handelns für privatwirtschaftliche Akteure erweitert. Eine solche städtische Politik blickt stärker auf einzelne Orte und weniger auf Territorien. Diese Orte sollen positive Effekte bezüglich der jeweiligen Position innerhalb
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der inter-städtischen Konkurrenz haben. Harvey benennt vier zentrale Strategien oder Optionen der unternehmerischen Stadt, die allerdings weder als distinkt noch als exklusiv zu verstehen sind: 1) Wettbewerb um eine Position in der Internationalen Arbeitsteilung. Darunter finden sich Steuernachlässe oder -befreiungen, Sonderwirtschaftszonen, und die großzügige Bereitstellung von Infrastrukturen und Investitionsanreizen für Industrien als Strategien bei der Anwerbung von Industrien und Unternehmen. 2) Wettbewerb in Bezug auf die räumliche Konsumteilung. Festivalisierung der Stadtpolitik, Positionierung als Shopping und Tourismus Destination, die Schaffung eines Bildes von einer dynamischen und lebenswerten Stadt, Gentrifizierung und eine ambitionierte Kulturpolitik sollen helfen die „consumer dollar“ anzulocken. 3) Die Anwerbung von Kontroll- und Kommandofunktionen aus Finanzökonomie, Regierung, Informationstechnologien. 4) Wettbewerb um Verteilung staatlicher Zuwendungen und Investitionen, die trotz des starken Rückbaus staatlicher Programme in einer Vielzahl von städtischen Kontexten von großer Bedeutung bleiben (HARVEY 1989a). Urban Governance orientiert sich in Folge immer stärker an der Bereitstellung guter Geschäftsbedingungen und der Produktion symbolträchtiger Alleinstellungsmerkmale und weniger an sozial-politischen oder explizit gesellschaftspolitischen Fragen, wie sie während des nachfrageorientierten Regimes des Fordismus eine deutlich größere Rolle spielten. „In order to attract investments cities develop a strategy in which the creation of the image of the city has an important role. [...] One consequence of this image promotion and the use of the media is that local politics come to focus more on so called ‚big issues‘. This makes the politics of the global city symbolic politics in which rhetoric has an important role.“ (HAILA 1997: 54)
Zentral und neu, so Jessop und Sum am Beispiel von Hong Kong, sei dabei ein unternehmerisches economic imaginary, aus Diskursen, Strategien und Erzählungen. „The promoters of entrepreneurial cities adopt an entrepreneurial discourse, narrate their cities as entrepreneurial and market them as entrepreneurial“ (JESSOP/SUM 2000: 2289). Damit soll nicht ausgedrückt werden, und das ist auch weder Hailas noch Jessops und Sums Intention, dass materielle Praktiken unbedeutend wären und symbolische Politiken die einzigen seien, die zu den gewünschten Investitionen führten. Jessop und Sum betonen, dass Narrationen und Diskurse nur ein Element einer unternehmerischen Stadtpolitik oder eines
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unternehmerischen urbanen Regimes seien und die reale Ausgestaltung und Durchsetzung unternehmerischer Strategien durch dominante Akteure zentral ist. Dennoch ist die Bedeutung eines unternehmerischen Diskurses, einer narrative of enterprise von eminenter Bedeutung für die weltweite Durchsetzung derartiger Politiken. Diese weltweite Durchsetzung ist gleichzeitig regional und lokal unterschiedlich, trifft Europa in anderer Weise als Afrika und Südostasien, die Philippinen anders als Malaysia und Manila anders als Cebu, die zweitgrößte Stadt der Philippinen. Wie beispielsweise Fulong Wus Anwendung von Jessops Variante (JESSOP 1998; JESSOP/SUM 2000) der unternehmerischen Stadt auf die post-sozialistischen Transformationen des urbanen Regimes in Shanghai deutlich gemacht hat, bedarf der Transfer von einem Kontext zunehmend neoliberaler Politik in ein Feld intensiver staatlicher Planung einer Anpassung, kann dort aber durchaus ein geeignetes Instrumentarium zum Verständnis städtischer Politiken liefern (WU 2000; 2003: 1694). Ähnliches gilt, wenn auch in anderer Weise, für Metro Manila.
Global City Politiken in Südostasien Jene neue strategische Rolle der großen Städte im globalisierten Kapitalismus bedeutet unter anderem, dass diesen Städten innerhalb staatlichen Planungsdenkens eine zentralere Bedeutung zugesprochen wird und der ökonomische Rückzug des Staates großen Städten ein stärkeres Maß an finanzieller Selbstständigkeit abverlangt bzw. zugesteht. Aus dieser veränderten Rolle entsteht der Bedarf nach einer politischen Strategie gegenüber diesen Städten, die jener Bedeutungsverschiebung als angemessen gilt. So wurde in Metro Manila in den 1990er Jahren, um nach einer Phase der Dezentralisierung und der zaghaften politischen Versuche einer räumlich ungleichen Entwicklung entgegenzuwirken, eine erneute Rezentralisierung und Fokussierung auf Projekte in Gang gesetzt. Diese Entwicklung ist auf die Absetzung von Marcos und den anschließenden Demokratisierungsschub, ebenso aber auch auf die Rekonsolidierung der alten Eliten zurückzuführen. Als Folge dessen wurden Projekte unter neoliberalen und exportorientierten Gesichtspunkten entworfen. In diesem Rahmen werden Global- oder World Cities, so Tim Bunnell, zu einem „national means of ‚plugging in‘ to global political, economic and social networks“ (BUNNELL 2002a: 287). Damit wird der Status einer Global City oder World City zu einem zentralen Ziel unternehmerischer Stadtpolitik, die sich im Zuge der Durchsetzung neoliberaler Politiken weltweit als Strategie städtischen Regierens etabliert hat. Projekte wie Malaysias Multimedia Super Corridor, Hong Kongs Cy-
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berport, Singapurs Intelligent Island und die spektakulären Skylines neuer Central Business Districts werden dabei, so King, zu einem zentralen Symbol „of Asia’s entry onto the global stage of economic and political power“ (KING 1996: 97). Das Projekt der Global City wird damit als eine zentrale Voraussetzung dafür angesehen, die lokale und nationale Ökonomie in die – real oder imaginierte – „globale Netzwerkgesellschaft“ oder den „globalisierten Kapitalismus“ zu integrieren und einen Knotenpunkt mit diesen zu bilden. Manila solle, wie es in staatlichen Programmen seit den 1990er Jahren heißt, das Zentrum eines regionalen Wachstumsclusters, eine Transport- und DienstleistungsDrehscheibe und ein Gateway to Asia and the Pacific werden, das in der Lage sein solle mit Hong Kong oder Singapur zu konkurrieren. Am Beispiel der großen Industrieparks für IT-Unternehmen in der Region beschreiben Jessop und Sum den unternehmerischen Städtewettbewerb: „This process of siliconisation in east/south-east Asia marks one of the ways these cities aim to compete. Each is launching an aggressive public-relations campaign both locally and internationally to market a niche that goes beyond its (current or future diminishing capacity to provide) cheap land and labour.“ (JESSOP/SUM 2000: 2309)
Diese unterschiedlichen Politiken der unternehmerischen Stadt mit dem Ziel der Schaffung eines Bildes einer Global City, so scheint es, sind insbesondere für Metropolen in Ost- und Südostasien und stark regulatorisch eingreifende Staaten, wie sie als charakteristisch für developmental states gelten, attraktiv (DOUGLASS 1998: 111; DOUGLASS/HUAN 2007). Dies zeigt sich etwa in Arbeiten zu Hong Kong (JESSOP/SUM 2000), Jakarta (SILVER 2008), Shanghai (HE/WU 2009; POW 2009; WU 2003), Singapur (BUNNELL u.a. 2006; CHANG 2000a; HAILA 2000; YEOH 2004), Taipeh (WANG 2004), Shenzhen (CARTIER 2002), dem Multimedia Super Corridor bei Kuala Lumpur (BUNNELL 2004) oder Konsumräumen in Bangkok (BRODY 2006; WILSON 2004: 106). Diese Städte, die eine lange Phase eines starken wirtschaftlichen Aufschwungs erlebten, setzen diese Symbole der Modernität und des Fortschritts zur Positionierung als attraktive Orte für internationales Kapital ein. Dies gilt zunehmend auch für Bereiche jenseits industrieller Produktion und unternehmensorientierter Dienstleistungen. Wie Lily Kong am Beispiel Shanghais, Singapurs und Hong Kongs zeigt, können ebenso Versuche der Produktion kultureller Ikonen und kultureller flagship developments, wie weltweit anerkannter Museen und Theater, als Beleg für eine aufstrebende und international orientierte
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Global City, Teil dieses urban boosterism sein – besonders deutlich war dies auch an Städten wie Dubai, Doha oder Bahrain zu beobachten. Neben ökonomischen Funktionen, so lässt sich daraus schließen, bedarf die so gedachte globale Metropole eben auch einer spezifischen Form kulturellen Kapitals und einer als kosmopolitisch inszenierten Urbanität (KONG 2007: 384). „In other words, a city with significant cultural capital and therefore a greater likelihood to be deemed a global city is one that has imageable and striking buildings, often designed by famous international architects, distinctive heritage structures, world-renowned performances and exhibitions, a lively entertainment scene, a creative buzz in a highly liveable space, populated by a globally oriented population.“ (KONG 2007: 386)
Ein solches going global kann aber, wie Darel Paul in einem Aufsatz über die US-amerikanische Metropolregion Minneapolis-St.Paul deutlich gemacht hat, nicht als ein Automatismus begriffen werden und ein Erfolg solcher Bemühungen und Projekte – ob politisch, ökonomisch oder symbolisch – ist alles andere als ausgemacht. „’Going global‘ is a politically contested project and far from irresistible“ (PAUL 2005: 2107). So schreibt er bezogen auf Minneapolis-St.Paul: „Local ‚growth machine‘ élites with visions of global grandeur have been unable to attract local small and medium capital, middle-class citizens groups or labour into a class alliance organised around Twin Cities‘ ‚international calling’. Instead all these classes and class fractions have in one way or another refused to ‚go global’“ (PAUL 2005: 2105). Wenn also hier davon ausgegangen wird, dass ähnliche Diskurse und Strategien in unterschiedlichen Städten Anwendung finden, so bedeutet das nicht, dass dies das Resultat einer strukturellen Notwendigkeit ist und diese an all diesen Orten in gleicher Weise funktionieren, noch das gleiche bedeuten. Vielmehr ist davon auszugehen, dass sie bestimmten Akteuren als ein geeignetes Mittel scheinen, ihre jeweiligen Interessen durchzusetzen, vielfach gegen die Interessen von Akteuren, die in dieser Form eines going global kein Versprechen auf eine Verbesserung ihrer Position erkennen können – aus welchen Gründen auch immer. Im Folgenden soll deutlich werden, dass dominante Akteure in Manila, einer Mega-City, in der das Pro-Kopf-Einkommen deutlich niedriger ist, als in den meisten der benachbarten Länder und in der mehr als ein Drittel der Bevölkerung in informellen und unsicheren Verhältnissen lebt und arbeitet, bemüht sind, diese Stadt nach dem Bild einer Global City zu produzieren. Damit verbunden ist die Vorstellung von einer Stadt, die gereinigt ist von den hässlichen und bedrohlichen Realitäten
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eines Drittweltlandes und die sehr selektiv bestimmte Subjektpositionen anspricht, während versucht wird marginalisierte Positionen aus diesen städtischen Landschaften zu verbannen. Eine Konsequenz ist eine zunehmende Fragmentierung und Abschottung bestimmter städtischer Räume, die es zu untersuchen gilt. Mit Blick auf die von Harvey genannten vier möglichen Strategien zeigt sich, dass sie alle in der einen oder anderen Weise in Manila realisiert werden: Die in den 1990er Jahren aus dem Boden geschossenen Businessparks und die große Zunahme von Sonderwirtschaftszonen in den umliegenden Regionen, verbunden mit Versuchen des massiven Ausbaus von exportrelevanter Infrastruktur, der aggressive Wettkampf um globale Marktpositionen im Feld internationaler Serviceindustrien, Kampagnen zur Ankurbelung von internationalem Tourismus und Shopping etwa durch Revitalisierungsprojekte und nicht zuletzt Bemühungen der Aufrechterhaltung der starken primacy Metro Manilas gegenüber anderen Städten der Philippinen. Symbolisch schließen diese Projekte an die Vorstellung von einem global image der Stadt und ihrer städtischen Landschaften an.
Aufbau der Studie Den historischen Ausgangspunkt der vorliegenden Arbeit bildet die Machtübernahme der USA am Ende des 19. Jahrhundert. Mit dem Sieg der USA im spanisch-amerikanischen Krieg 1898 zur neuen Kolonialmacht auf den Philippinen aufgestiegen, stand dieser bis dato im Selbstverständnis antikoloniale Staat vor der Aufgabe, als eine Kolonialmacht aufzutreten, die sich entschieden von der Kolonialpolitik der Spanier absetzte. Im Rahmen der so genannten benevolent assimilation sollte Manila zum Symbol für den anderen, modernen Charakter des USamerikanischen Kolonialismus werden, der sich, nach Foucaults Unterscheidung zwischen souveräner Macht und Bio-Macht (FOUCAULT 1977), nicht allein auf die Abschöpfung von Reichtum, sondern die produktive Organisation und Optimierung der Bevölkerung konzentrierte. Unter kolonialistischen bzw. imperialistischen Vorzeichen war dies eng mit einer rassistischen Vorstellung einer „Bürde“ der Modernisierung und einer geschichtlichen „Zivilisierungsmission“ verbunden. Dieses Neue wird beispielhaft am 1905 vorgelegten Plan zur Umgestaltung Manilas dargestellt, der sich auf der Höhe zeitgenössischer moderner Stadtplanung bewegte und mit dessen Erstellung mit Daniel Burnham einer der einflussreichsten Architekten und modernen Stadtplaner der USA betraut wurde.
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Mit der Erlangung der Unabhängigkeit stellt sich für den neuen Nationalstaat die Aufgabe, dass dieser, um als Nation unter Nationen anerkannt zu werden, ebenso wie nach innen, in anderer Weise legitimiert werden muss, als dies für den Kolonialstaat galt. Die postkoloniale Hauptstadt sollte dazu einen Dialog mit der kolonialen Vergangenheit herstellen, an eine Narration von Nation anknüpfen, die einen antikolonialen und teilweise präkolonialen Bezug hat. Der Staat stand darüber hinaus unter dem Druck eines weltweiten modernisierungstheoretischen Entwicklungsparadigmas. Bereits in der recht langen Phase des Übergangs aus amerikanischer Kolonialherrschaft in die Unabhängigkeit wurde wenige Kilometer östlich Manilas der Bau einer neuen Hauptstadt begonnen, die weitgehend modernistischen und funktionalistischen Stadtplanungskonzepten folgen sollte. Insbesondere aber unter dem Regime von Ferdinand Marcos (1965-1986) wird Metro Manila unter dem Banner City of Man zum Zentrum und Objekt eines umfangreichen Modernisierungsprojekts unter dem Titel New Society, der philippinischen Version eines technokratischen Entwicklungsregimes. Die Absetzung von Marcos 1986, die mit dem Aufkommen eines Globalisierungsdiskurses und einer ersten Welle neoliberaler Politiken zusammenfällt, bildet die Basis für eine Machtverschiebung zwischen Staat, Privatsektor und Zivilgesellschaft. Auf dieser Phase liegt das Hauptaugenmerk der vorliegenden Arbeit. Staatliche Politik seit 1986 ist von einer Reihe bedeutsamer Brüche und Kontinuitäten gekennzeichnet und von ambitionierten, aber nie realisierten Modernisierungsversprechen, die größtenteils unter dem Banner neoliberaler Politikprogramme stehen. Während die Macht der alten Eliten sich gesellschaftlichen Reichtum anzueignen, nur geringfügig geschmälert und demokratische Rechte nur bedingt durchgesetzt wurden, hat sich die Bedeutung des Staates auf verschiedenen Ebenen geändert. Dies gilt einerseits gegenüber externen Akteuren, die den Handlungsspielraum peripherer Staaten wie den Philippinen weiter einschränken. Allerdings wäre es falsch daraus abzuleiten, dass ein solcher Staat je über eine Autonomie verfügte, die vergleichbar mit den Handlungsspielräumen von Staaten in den Zentren oder entwicklungsstaatlicher Regimes wäre. Dies gilt andererseits gegenüber lokalen Akteuren, wie lokalem Kapital oder neuen gesellschaftlichen Akteuren, etwa dem unter dem Begriff der Zivilgesellschaft zusammengefassten Feld. Und es gilt gegenüber einer Reihe transnationaler Akteure, sowohl transnationalem Kapital als auch transnationaler Migration. Bevor versucht wird, zentrale städtische Akteure und ihre Transformationen seit 1986 darzustellen und anschließend auf die Produktion von Landschaften der Macht übergeleitet wird, gilt es zunächst einen
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Blick auf jene Räume und Landschaften an den Rändern (WINCHESTER u.a. 2003: 128ff) und insbesondere deren Darstellung zu werfen, die dem Bild einer modernen und globalen Metropole entgegengesetzt werden und die als deren „Anderes“ fungieren. Informelle Siedlungen, Slums und städtische Armut sind nicht nur Realität für große Teile der Bevölkerung Metro Manilas, sondern auch ein zentrales Thema im Reden über die großen Städte in Ländern der Peripherie. Dazu wird der primär in den Medien der Mittelschichten stattfindende Diskurs, der Metro Manila und die Realitäten und Probleme dieser Stadt konstruiert, untersucht. In erster Linie geht es dabei um die Darstellung informeller Siedlungen und informeller Räume im Allgemeinen. Anstatt diese Räume und die in diesen handelnden Menschen selber zu betrachten, wie dies in zahlreichen Arbeiten getan wurde, wird hier das Reden über diese in den Mittelpunkt gerückt, um damit den Vorstellungen von diesen Räumen im Diskurs von Mittelschichten und politischen EntscheidungsträgerInnen auf die Spur zu kommen. Die Transitionen, die dem Sturz Marcos’ folgten und die zu einer zumindest formalen, wenngleich real stark eingeschränkten Demokratisierung führten, hatten erhebliche Folgen für die Struktur und die Rolle des lokalen Staates. In dieser neuen Rolle, die insbesondere aus einer umfangreichen Dezentralisierung politischer Macht resultiert, drücken sich sowohl lokale Auseinandersetzungen zwischen unterschiedlichen Fraktionen der lokalen Eliten sowie zivilgesellschaftlichen Akteuren aus wie auch veränderte Bedingungen, die mit der Durchsetzung neoliberaler Modelle in internationalen Organisationen verbunden sind. Der lokale Staat Metro Manilas bewegt sich in einem konflikthaften Spannungsfeld von Neoliberalismus, cronyism und Demokratisierung mit gelegentlichen Versuchen der Stärkung entwicklungsstaatlicher Ansätze. Ähnlich einer Reihe von Staaten in Südostasien wurden seit den 1990er Jahren mit erheblichem medialen Aufwand staatliche Modernisierungsprogramme inszeniert, die in erster Linie appellativen Charakters sind. Neoliberale Programme, wie der während der Ramos-Administration (19921998) ins Leben gerufene Plan Philippines 2000 oder dessen Nachfolger The Strong Republic unter der Arroyo-Administration (seit 2001), dienen gegenüber internationalem Kapital, Kreditgebern und Ratingagenturen sowie gegenüber lokalem Kapital und den lokalen urbanen Mittelschichten als Beleg für eine Übernahme der one-best-practice des neoliberalen Projekts. Eine zentrale Bedeutung für die Produktion städtischer landscapes of power kommt dem Immobiliensektor zu. Dieser hat weltweit wie auch in den Philippinen im Rahmen der globalen Restrukturierungen der Kapitalmärkte eine massive Transformation erfahren. Landbesitz und die
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Kontrolle über Grund und Boden stellen in den Philippinen eine zentrale Säule gesellschaftlicher Macht und das Fundament weiter Teile der traditionellen Eliten dar. Bis in die 1980er Jahre stark gegenüber ausländischem Kapital abgeschottet, ist es seit der Liberalisierungswelle der 1990er Jahre zu einer massiven Internationalisierung des Sektors gekommen. Für die im Folgenden betrachteten städtischen Landschaften sind insbesondere eine kleinere Zahl lokaler Immobilienunternehmen interessant, die über enorme ökonomische und politische Ressourcen und Durchsetzungsfähigkeiten gegenüber anderen städtischen Akteuren verfügen. Einen der Ausgangspunkte dieser Arbeit stellt die Frage nach der Rolle der städtischen Mittelschichten dar. Der Aufstieg einer Neuen Mittelschicht zu einer ökonomisch, politisch und sozial einflussreichen sozialen Klasse wurde vielfach als eines der bemerkenswertesten Ereignisse im Zuge des ökonomischen Aufstiegs Südostasiens seit den 1980er Jahren bezeichnet. Ihnen wird von verschiedenen Seiten eine zentrale Rolle für gesellschaftliche Modernisierung, für Demokratisierungsbestrebungen sowie die Durchsetzung eines konsumorientierten Lebensstils zugeschrieben. Gleichwohl nehmen die Philippinen auch darin wieder eine Sonderrolle ein, da die dortigen Mittelschichten bereits deutlich früher entstanden und deren Anteil an der Gesamtbevölkerung gleichzeitig relativ stabil und vergleichsweise niedrig blieb. In diesem Kapitel soll eine Annäherung an diese soziale Klasse, über deren Existenz bis in die 1990er Jahre keineswegs Konsens bestand, unternommen werden. Die anschließenden Kapitel befassen sich mit konkreten Räumen und Landschaften der Neuen Mittelschichten und einer imaginierten globalen Kultur. Zunächst wird dabei auf Suburbanisierung und die Durchsetzung von Gated Communities als wichtigstem Rückzugsort der Mittelschichten und Oberschichten von den Problemen und Bedrohungen der Stadt, eingegangen. Entscheidend für die Produktion alternativer städtischer Landschaften und Umwelten, die von den Verwerfungen und Problemen einer Stadt wie Metro Manila befreit und gereinigt sind, sind die privat errichteten und kontrollierten Konsumräume der großen Shoppingmalls. Diese haben insbesondere für die Mittelschichten wichtige Funktionen öffentlichen Raums und öffentlicher Stadt übernommen und diese unter den Bedingungen einer privaten Regulierung dieser Räume reorganisiert. Das, was Neil Smith als die Rückeroberung der Innenstädte durch die weißen Mittelschichten in den USA beschrieben hat, was mit Begriffen wie Gentrification und Revitalisierung zumeist für die Metropolen des Nordens diskutiert wird, hat auch in Städten wie Metro Manila Einzug gehalten und entfaltet dort eigene Wirkungen. Die
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Entstehung innerstädtischer Condominenkomplexe, abgeschotteter innerstädtischer Enklaven sowie die Aufwertung und Transformation innerstädtischer Quartiere für internationalen Tourismus sind insbesondere seit den späten 1990er Jahren umfangreich zu beobachtende Strategien, die eine massive Umgestaltung der Stadt zur Folge haben. Der Urban Revanchism, der Gentrifizierung und innerstädtische Revitalisierungen in Form repressiver Politiken gegenüber marginalisierten Bevölkerungen vielfach begleitet, scheint auf dem Weg in den Süden zu sein. Eine besondere Qualität findet sich dabei im Maßstab privater Planung und privater Kontrolle städtischer Räume. Urbane Megaprojekte wurden von unterschiedlichen AutorInnen als ein Charakteristikum städtischen Wandels in Ost- und Südostasien bezeichnet. Während diese unter entwicklungsstaatlichen Bedingungen oft mit erheblichem Einsatz staatlicher Akteure und im Rahmen staatlicher Entwicklungsplanung realisiert wurden, dominieren in Manila private Planung und Realisierung. Dies soll am Beispiel der Umwandlung eines ehemaligen Militärlagers in innerstädtischer Lage in ein neues Stadtzentrum durch private Immobilienunternehmen dargestellt werden.
Zum Forschungsstand Obgleich über die Philippinen zwischen 1970 und 2000 einer Studie von Evers und Gerke (2005) zu Folge mehr sozialwissenschaftliches Wissen produziert worden ist, als über alle anderen Ländern in der Region, ist der Umfang der Forschung zu Metro Manila, verglichen mit anderen Metropolen in der Region, stark begrenzt. Dies gilt insbesondere für die Zeit seit 1990 (MANILA STUDIES PROGRAM 1998). Während in dieser Zeit Südostasien verstärkt in den Blick westlicher Sozialwissenschaften geriet und eine Reihe umfangreicher soziologischer und geographischer Arbeiten zu Metropolen wie Bangkok, Kuala Lumpur oder Singapur erschienen, finden sich lediglich zwei soziologische Monographien, die Manila im Titel tragen. Erhard Berners Defending a Place in the City. Localities and the Struggle for Urban Land in Metro Manila (BERNER 1997) und Gavin Shatkins Collective Action and Urban Poverty Alleviation. Community Organizations and the Struggle for Shelter in Manila (SHATKIN 2007) untersuchen auf Grundlage detaillierter Feldstudien lokale Selbstorganisation und Armutsbekämpfung in informellen Siedlungen. Stärker auf das politische Management der Metropole beziehen sich Magno-Ballesteros’ Dissertation über The Urban Land and Real Estate Market in Metro Manila (MAGNO-BALLESTEROS 2000) sowie die Beiträge in dem von Ohmachi und Roman herausgegebenen Band Metro
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Manila: In Search of a Sustainable Future. Impact Analysis of Metropolitan Policies for Development and Environment Conservation (OHMACHI/ROMAN 2002). Trotz der Englischsprachigkeit des universitären Bildungssystems und des akademischen Diskurses sowie einer teils engen und lang anhaltenden Verknüpfung zu US-amerikanischen Universitäten wird die sozialwissenschaftliche Wissensproduktion über die Philippinen weiterhin in hohem Maße von „westlichen“ SozialwissenschaftlerInnen und einem „westlichen Blick“ dominiert, auch wenn dieser seit den 1990er Jahren zunehmend auf der Basis postkolonialer Kritik reflektiert wird. Diese postkoloniale Kritik wird in erster Linie von philippinischen, aber meist in den USA lehrenden Kultur- und LiteraturwissenschaftlerInnen, wie Vincente Rafael, Caroline Hau oder Neferti Tadiar formuliert (z. B.: HAU 2004; RAFAEL 2005; TADIAR 2004). Nach einer Reihe kolonialer Studien während des amerikanischen Kolonialregimes, von ethnographischen Untersuchungen bis zu verwaltungswissenschaftlichen Arbeiten, die der Wissensproduktion über die kolonisierten Subjekte und dem Regieren dieser dienten, kann als erste moderne sozialwissenschaftliche Arbeit Aprodicio Laquians The City in Nation-Building gelten. Der Autor geht in diesem in den 1960er Jahren in verwaltungswissenschaftlichem Rahmen entstandenen Buch der Rolle der Metropole im Nation-Building Prozess in erster Linie anhand lokaler politischer Kampagnen und Wahlkämpfe in Manila nach (LAQUIAN 1966). Während des Marcos-Regimes mit dessen starkem politischen Fokus auf dem technokratischen Management Metro Manilas und in einer Phase, in der auf internationaler Ebene das rapide Wachstum der Städte im Süden auf die Agenda gesetzt wird, expandierte die Zahl sozialwissenschaftlicher Publikationen und lokaler Publikationsorgane, welche als Teil des umfangreichen Versuchs einer stärkeren Regulierung und Technokratisierung von Gesellschaft verstanden werden können (GALUNG 1968; HOLLNSTEINER 1976; KOLB 1978; STONE 1973; VILLAMAYOR 1974).13 Die einzige ausführliche politikwissenschaftliche 13 Kolb, der in der bundesdeutschen Entwicklungsländerforschung nach 1945 eine wichtige Rolle spielte, etwa durch das Modell der „Kulturerdteile“, hat sich seit den 1930er Jahren mit den Philippinen befasst und zu Begin der 1940er Jahre deutlich nationalsozialistische Positionen vertreten. So kommentiert er den japanischen Angriff auf die Region als „kühne Waffentat“, als Akt „nationaler Selbsthilfe“, um die angelsächsische „Einkreisungsfront“ zu zerschlagen (KOLB 1942a: 436). Für die Philippinen, wo der US-Kolonialismus „ein bodenfremdes geistiges Proletariat heran[gezüchtet hatte], das dann in den Städten als dauernd schwelender Unruheherd herumlungerte, anstatt diese Menschen einem gesunden Berufe, vor allem dem stark unter Überfremdung leidenden Handels- und Wirt-
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Arbeit über Geschichte und Struktur Metro Manilas stellt Manuel Caoilis vor dem Ende des Marcos-Regimes zum Abschluss gebrachte The Origins of Metropolitan Manila dar, das 1988 erstmals erschien (CAOILI 1999). Ebenfalls auf das Marcos-Regime bezieht sich die politikwissenschaftliche Arbeit zu Politik und Verwaltung in Metro Manila von Jürgen Rüland (1982). Neben politik- und verwaltungswissenschaftlichen Arbeiten findet in dieser Phase eine wachsende Beschäftigung mit städtischer Armut sowie Programmen und Konzepten der Armutsbekämpfung statt (ESTIOKO 1977; JOCANO 1975; LAQUIAN 1971). Zu nennen ist weiterhin die zwischen Kulturwissenschaft und Essay anzusiedelnde Arbeit von Ronald Daus. Dessen Essay über die Karriere einer Weltstadt schafft eines der facettenreichsten, wenngleich nicht immer sonderlich an wissenschaftlicher Genauigkeit orientierten und oftmals stark exotisierenden Bilder der Geschichte Metro Manilas bis in die 1980er Jahre (DAUS 1987). Ähnliches ließe sich, wenngleich weniger aus der Brille eines befremdeten Europäers blickend, über die populäre Stadtgeschichte des philippinischen Schriftstellers Nick Joaquin Manila, My Manila schreiben (JOAQUIN 1999). In den 1990er Jahren verschob sich das Forschungsinteresse in Richtung der suburbanen Peripherie, die seit den späten 1980er Jahren Zentrum exportorientierter Industrialisierung wurde. An dieser Region zeigt sich in besonders deutlicher Weise die sozialräumliche Umwälzung im Zuge einer Rekonfiguration der globalen Arbeitsteilung und der damit einhergehenden sozialen Transformationen (ARMITAGE/ROBERTS 2003; KELLY 2000; MCANDREW 1994; MCKAY 2006). Seit der Mitte der 1990er Jahre erschien eine Reihe kürzerer Aufsätze betreffend das urbane Regime und Management dieser Stadt, die als ein Extrembeispiel von privatisierter Planung und sozialer Fragmentierung dargestellt wird (SHATKIN 2005; 2008; VAN DEN MUIJZENBERG/VAN NAERSSEN 2005; VAN NAERSSEN u.a. 1997).
schaftsleben zuzuführen. (KOLB 1942b: 39), bedeutete dies, so Kolb, dass diese „nach mehrhundertjähriger Zugehörigkeit zu fremden Reichen [..] nunmehr mit fremder Religion, überhöhtem Lebensstandard, verfälschter Kultur [...] in ihre alte Raum-, Bluts-, und Schicksalsgemeinschaft zurück [kehren]“ (KOLB 1942b: 75). Frei von Rassismen sind aber auch manche seiner späteren Arbeiten nicht (siehe unten).
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Wenig deutet auf den ersten Blick darauf hin, dass Manila die Stadt mit einer der weltweit längsten Kolonialgeschichten ist. Eine geläufige Charakterisierung der Geschichte und Erklärungsversuch gegenwärtiger Verfassung und „Identität“ der Philippinen besagt, dass diese drei Jahrhunderte in einem spanischen Konvent und 50 Jahre in Hollywood verbracht hätte. 1571 wurde Manila durch den spanischen Konquistador Manuel López de Legazpi gegründet, zum Zentrum der spanischen Besitzungen in Südostasien gemacht und als Hauptstadt der Philippinen 1945, nach über dreihundert Jahren spanischer Kontrolle, rund vier Jahrzehnten US-amerikanischer Kolonialherrschaft und einigen Jahren britischer Besatzung im 18. Jahrhundert sowie der japanischen Besatzung während des 2. Weltkriegs, unabhängig. Als Knotenpunkt des spanischen Interkontinentalhandels zwischen Lateinamerika und Ostasien stieg Manila im 17. Jahrhundert zu einer der wichtigsten europäischen Niederlassungen in (Süd-)Ostasien auf, war Ende des 19. Jahrhunderts Schauplatz der ersten Unabhängigkeitsbewegungen und nationalen Befreiungskämpfe in der Region, wurde bei der Befreiung 1945 zerstört wie kaum eine andere Stadt während des 2. Weltkriegs und wurde Mitte der 1980er Jahre zur Arena dessen, was oftmals als erste demokratische und gewaltfreie Revolution eines neuen Typus von Zivilgesellschaft bezeichnet wird. Von dieser Geschichte finden sich heute kaum sichtbare Spuren. Dennoch haben insbesondere die Entwicklungen seit dem Beginn des US-amerikanischen Kolonialregimes das politische System und die städtischen Landschaften dieser Stadt in entscheidendem Maße beeinflusst und geprägt, so dass ein Verständnis der Gegenwart nur unter Rückbesinnung auf zumindest einige Elemente dieser Geschichte zu gewinnen
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ist. Im Folgenden sollen zwei für das Verständnis Manilas im 20. Jahrhundert besonders wichtige Phasen etwas genauer betrachtet werden. Zum einen betrifft dies den US-amerikanischen Kolonialismus, der weite Teile der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts abdeckt, obgleich seit den 1930er Jahren ein langsamer Prozess der formalen Entlassung in die Unabhängigkeit und schrittweisen Demokratisierung stattfand. Gleichwohl blieb auch über die Unabhängigkeit 1946 hinaus eine enge und vielfach als neokolonial charakterisierte Bindung an die USA bestehen. Die zweite Phase betrifft das Marcos-Regime, das von der Mitte der 1960er Jahre bis 1986 bestand und das teilweise als Versuch eines autokratischen Entwicklungsregimes verstanden werden kann. Eines Entwicklungsregimes allerdings, das neben den für derartige Regimes üblichen diktatorischen und autokratischen Elementen in entscheidendem Maße von Korruption und Vetternwirtschaft sowie einem schuldenfinanzierten Wachstum geprägt war und das nur in einer kurzen Phase ökonomische Wachstumsraten vorweisen konnte. Diese waren vergleichbar mit Staaten wie Singapur, Südkorea oder Taiwan, obgleich die Ausgangslage nach der Befreiung und Unabhängigkeit des Landes zum Teil deutlich besser war. Daran, so Walden Bello, der von den Philippinen als einem Anti-Development State spricht, trug nicht zuletzt die Unfähigkeit des nationalen Staates Schuld, sich gegen die Interessen der Einzelkapitale und lokalen Eliten, insbesondere in Form einer Landreform, durchzusetzen und damit die Grundlage für einen starken Binnenmarkt zu schaffen, sowie eine enge Umklammerung durch IWF und Weltbank (BELLO 2004). Es wurde vielfach angemerkt, dass sich die Geschichte der Philippinen und deren politische Entwicklung oft konträr zu den dominanten Entwicklungslinien in der Region bewegt habe. Ein populärer Erklärungsversuch geht davon aus, dass die Philippinen auf Grund ihres Status als ehemals spanische Kolonie weniger im Kontext Südostasiens zu betrachten seien, einer Region, die als Einheit erst im Laufe des 20. Jahrhunderts gedacht und als Wissensobjekt konstruiert wurde, denn vielmehr als ein westlich verirrtes Anhängsel Lateinamerikas. Dafür sprechen sollte der Umstand, dass die Philippinen das einzige überwiegend christliche Land der Region sind und ihre ökonomische und politische Orientierung über Jahrhunderte in Richtung der spanischen Kolonien Lateinamerikas ausgerichtet war. Auch orientierten sich die Befreiungsbewegungen, die bereits in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts an Bedeutung gewannen, eher an der Dekolonisierung Lateinamerikas, als den Unabhängigkeitskämpfen Südostasiens, die ihre Hochphase nach dem 2. Weltkrieg hatten (ANDERSON 2004; ANDERSON, B. 2006; HEDMAN/SIDEL 2000). Dagegen wurde überzeugend argumentiert, die
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Rolle der spanischen Kolonialmacht nicht überzubewerten. Trotz der drei Jahrhunderte andauernden Präsenz der Spanier auf den Philippinen blieb deren Einfluss auf diese, an der äußersten Peripherie ihres Kolonialreichs liegenden Inseln, sieht man von der umfassenden und nachhaltigen Christianisierung und der von ihr begünstigten Entstehung einer landbesitzenden und ökonomisch herrschenden Klasse mit einer starken Position ethnischer Chinesen (Tsinoys)1 im Handel ab, in seiner Reichweite begrenzt. Die ökonomischen Interessen der Kolonialmacht konzentrierten sich lange Zeit auf den Galeonenhandel zwischen China und Acapulco. Erst im 18. Jahrhundert, als die Überlegenheit aufsteigender Kolonialmächte wie dem Britischen Empire immer deutlicher zu Tage trat, wurde mit dem Aufbau einer exportorientierten Kolonialökonomie, insbesondere dem Anbau von Zucker und Tabak, begonnen.2 Aufgrund der enormen Entfernung zum Mutterland – die Kommunikation zwischen Manila und dem spanischen Hof dauerte, da sie den Weg über Lateinamerika nehmen musste, bis zum Ende des 18. Jahrhunderts in der Regel zwei Jahre – blieb die direkte Kontrolle über die Kolonie stark eingeschränkt (HEDMAN/SIDEL 2000: 6f). Statt eines zu starken Fokus auf die spanische Kolonialpolitik ist Benedict Anderson zu folgen, der in seinem Aufsatz Cacique Democracy in the Philippines, welcher die Debatten über das politische System der Philippinen mehr geprägt hat als jeder andere Text in den letzten zwanzig Jahren, auf die umfangreichen Transformation im Rahmen des US-amerikanischen Kolonialregimes hinweist: „The American colonization changed everything“ (ANDERSON 1988: 10). Mit dem US-amerikanischen Kolonialismus wurden zunächst (äußerst gewaltsam) die Kontrolle und der Zugriff des Staates auf das gesamte Territorium der Philippinen ausgedehnt und konsolidiert, was der spanischen Kolonialmacht nur in eingeschränktem Maße gelang.3 Zudem wurde die Position der 1
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Der Begriff Tsinoy oder Chinoy setzt sich zusammen aus den Tsino resp. China und Pinoy. Mit rund 2 Millionen Mitgliedern handelt es sich um die prozentual kleinste chinesischstämmige Community in Südostasien. Wie in anderen Staaten Südostasiens spielt sie dennoch eine zentrale ökonomische Rolle. Gleichzeitig wurde diese Gruppe vielfach Objekt rassistischer Ausgrenzung, welche die ökonomische Rolle chinesischstämmiger Menschen essentialisiert und als Personifizierung des Kapitals imaginiert (HAU 1999; PALANCA 2006; SEE 1997). Während des 7-jährigen Krieges eroberten die Briten 1762 Manila und hielten die Stadt bis 1764 besetzt. Ziel dieses Unternehmens war die Öffnung des Hafens von Manila für andere europäische Mächte. Die endgültige Öffnung und Ansiedlung ausländischer Handelsgesellschaften erfolgte wenige Jahre später (ABINALES/AMOROSO 2005: 70ff; LEGARDA 1996) Zum spanischen Kolonialismus: (ANDERSON 1988: 5ff; ANDERSON, B. 2006; REED 1978).
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landbesitzenden Klasse sowohl aufgrund der Enteignung der christlichen Orden, wie auch der Struktur des neuen politischen Systems enorm gestärkt, beziehungsweise als sichtbare und einheitliche nationale Oligarchie erst geschaffen (ANDERSON 1988: 10ff). Gleichwohl läuft die Annahme, dass eine Geschichtsschreibung, die ihren Fokus auf Elitefamilien richtet und damit eine personalisierende Perspektive auf gesellschaftliche Prozesse richtet, adäquat zum Verständnis der hier betrachteten Phänomene philippinischer Politik sei (z.B.: MCCOY 1994b), Gefahr, strukturelle Prozesse zugunsten einer Geschichte großer Personen zu ersetzen. Das folgende Kapitel nimmt Rudyard Kiplings The White Man’s Burden zum Ausgangspunkt, um sich der Phase des US-amerikanischen Kolonialismus in Manila zu nähern. Dabei wird die These vertreten, dass dieser Kolonialismus insbesondere in der Art und Weise, wie er sich in den städtischen Zentren manifestierte, Züge einer „Zivilisierungsmission“ (BARTH/OSTERHAMMEL 2005) trug, eines kolonialistischen und imperialistischen Unternehmens, das – bei allen ökonomischen und geostrategischen Interessen der USA – eng mit der eurozentrischen Idee einer „Modernisierung“ und „Zivilisierung“ der unterworfenen Bevölkerungen und Territorien verbunden war. Darin stellt es gegenüber dem spanischen Kolonialsystem einen deutlichen Wandel dar. Nach einem kurzen Überblick über das US-amerikanische Kolonialsystem soll das koloniale Regieren von Stadt, deren Kontrolle und Regulierung insbesondere anhand umfangreicher Pläne und Diskurse um die Transformation Manilas in eine „moderne“ und „progressive“ Hauptstadt nach dem Vorbild „fortschrittlicher“, d.h. US-amerikanischer Städte, untersucht werden. Manila diente der neuen Kolonialmacht als Symbol für den anderen, modernen und fortschrittlichen Charakter des US-amerikanischen Kolonialismus, der von sich behauptete die notwendigen Vorbedingungen für Demokratie und Unabhängigkeit zu schaffen. Mit „Zivilisierungsmission“ einher gingen nicht nur koloniale Vorstellungen von Modernität und Fortschrittlichkeit, die rassifiziert, geschlechtlich strukturiert und nach sozialen Klassen hierarchisiert waren, sondern vielfältige Versuche, diese Vorstellungen in die städtischen Landschaften Manilas einzuschreiben. Verdeutlicht werden soll dies anhand des seit 1905 realisierten Plans für den massiven Umbau der Stadt, der von Daniel Burnham, einem der einflussreichsten US-amerikanischen Architekten der Zeit, entworfen wurde.
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Abbildung 2: City of Manila und die National Capital Region.
THE WHITE MAN’S BURDEN. MANILA ALS SPÄTKOLONIALE STADT
„Take up the White Man's burden Send forth the best ye breed Go bind your sons to exile To serve your captives’ need; To wait in heavy harness, On fluttered folk and wild Your new-caught, sullen peoples, Half-devil and half-child.“ (Rudyard Kipling 1899)
Im Zuge des spanisch-amerikanischen Krieges 1898 wurden die Philippinen US-amerikanische Kolonie. Rudyard Kiplings berüchtigtes Gedicht The White Man’s Burden, das dieser mit direktem Bezug auf die Übernahme der Philippinen durch die neue Kolonialmacht verfasste, stellt nicht nur eine der bekanntesten Manifestierungen der Vorstellung der Überlegenheit des Westens gegenüber dem Rest (HALL 1994) und eine plakative Form von „poetic imperialism“ (MAHAJANI 1971: 210) dar, sondern verweist auf die Rolle, in welcher sich die USA in ihrer neuen Kolonie sahen und gesehen werden wollten.1 Diese „Bürde des Weißen Mannes“, die Menschen in den Kolonien, „half-devil and halfchild“, zur Demokratie zu führen, diese als moralische Pflicht verstandene Aufgabe den „little brown brother“ zu „zivilisieren“ und zu „erhe1
Mahajani zitiert einen Briefwechsel zwischen Präsident Roosevelt und Senator Lodge, in dem Roosevelt sich explizit auf dessen propagandistischen Potentiale bezieht: „Rather poor poetry but good sense from the expansion standpoint“ (zitiert nach: MAHAJANI 1971: 210).
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ben“, spiegelt sich nicht nur in den Bemühungen des State- und NationBuilding der USA wider, sondern ebenso in deren Umgang mit dem urbanen Zentrum dieser neuen Kolonie. Kaum irgendwo zeigt sich dieses Element kolonialstaatlicher Macht so deutlich wie in ihrer Fähigkeit städtische Landschaften umzuarbeiten (KING 1976). Die Rolle der neuen Kolonialmacht unterschied sich in hohem Maße von jener, die von der über dreihundert Jahre herrschenden spanischen Macht eingenommen wurde und in der diese sich selbst sah. Der spanische Kolonialismus blieb bis zu einem Ende im Denken eines Kolonialismus verhaftet, der in Lateinamerika entstanden war und dort im Laufe des 19. Jahrhunderts weitgehend überwunden wurde. Für die USA, die sich als eine Nation verstanden, die aus antikolonialen Kämpfen entstanden war und die somit niemals die gleiche Rolle übernehmen könnten, wie die Kolonialmächte des alten Europas, waren die Philippinen, gemeinsam mit Cuba und Hawaii, die erste Kolonie. Die Unterschiede der Kolonialprojekte lagen sowohl im Bestehen einer relativ gut hörbaren Anti-Imperialist League in den USA begründet,2 wie auch in stark differenten ökonomischen und politischen Bedingungen und der Notwendigkeit gegenüber der philippinischen Unabhängigkeitsbewegung Zugeständnisse zu machen.3 Hier interessiert insbesondere die Vorstellung von diesem imperialistischen Projekt als einer „Zivilisierungsmission“. Zumindest im Diskurs der Kolonialmacht und teilweise auch in deren Praktiken kann dies als ein zentraler Aspekt des US-amerikanischen Kolonialregimes begriffen werden, insbesondere in Manila, dem urbanen Zentrum der Kolonie. Dass eine solche „Zivilisierung“ nicht unbedingt mit Zustimmung der zu den Objekten dieses staatlichen Machtdispositivs gemachten Menschen stattfindet, ist unbestritten und die Versuche haben neben passiver Übernahme sowohl gewaltsame wie subversive Strategien des Widerstands hervorgerufen. Die Vorstellung von der historischen Aufgabe der Zivilisierung und Modernisierung der Welt ist im Philippinendiskurs der Kolonialmacht zentral. Real mögen ökonomische, insbesondere aber auch geostrategi2
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Linke und rechte KritikerInnen der Expansion lehnten diese Projekte aus unterschiedlichen Gründen ab, u.a. aus internationalistischen und demokratischen, protektionistischen wie auch rassistischen (ausführlicher zu den Debatten: GLASER-SCHMIDT 1986). Es darf nicht vergessen werden, dass dem spanisch-amerikanischen Krieg in den Philippinen ein langer und brutaler Krieg der neuen Kolonialmacht gegen die Unabhängigkeitsbewegungen folgte, der hunderttausende Menschen, in der überwiegenden Zahl Zivilbevölkerung in den ländlichen Regionen, das Leben kostete (ABINALES/AMOROSO 2005: 117; siehe auch: SCHUMACHER 2007). Der Krieg klingt, obgleich er 1902 für beendet erklärt wurde, erst Mitte 1910er Jahre ab.
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sche Gründe entscheidend gewesen sein – zunächst auch die nicht unbegründete Befürchtung, die aufstrebenden Mächte Japan und Deutschland würden sich der Inseln bemächtigen und damit einen gestärkten Einfluss im Südpazifik erlangen (SCHULT 2008; SILBEY 2008: 52f). Dieser zivilisierende Anspruch wird deutlich im viel zitierten Ausspruch von Präsident McKinley: „The Philippines are not ours to exploit, but to develop, to civilize, to educate, to train in the science of self-government“ (zitiert nach MÜLLER 1986: 82). Jacob Schurman, Präsident der PhilippinenKommission erklärte 1899: „Wir wollen eine Treuhänderschaft über die Philippinen zum Nutzen der Filipinos übernehmen. Wir betrachten es als unsere Aufgabe, die Filipinos zu erziehen, sie hochzuheben und dabei zu unterstützen, sich selbst zu regieren“ (zitiert nach DAHM 1988: 80). Die Bürde dieses Projekts, so Robert Hart, liegt dabei auf Seiten der Kolonialmacht, die letztlich als Befreier, nicht Beherrscher imaginierte wurde, wenn er in den 1920er Jahren vom „great socio-political experiment which the people of the United States have endeavored to carry on in the Philippines“ (HART 1928: v) schreibt. Clayton Coopers Gedanken über die Philippinen, die dieser kurz vor Ausbruch des Ersten Weltkriegs in The Modernizing of the Orient verfasst, stellen ein bezeichnendes Beispiel eines solchen Diskurses dar. Der von rassifizierenden Annahmen beherrschten Beschreibung der BewohnerInnen der Philippinen folgt unter Bezug auf Kipling die Schilderung der „gigantischen“ Aufgabe des amerikanischen Militärs und der Verwaltung. Dieses Modernisierungsprojekt und das Zusammentreffen der Philippinen mit dem „magic wand of modernity“ (COOPER 1915: 261) stellt sich für Cooper in einem evolutionistischen und organizistischen Gesellschaftskonzept, als ein Unternehmen zur „Zivilisierung“ „Unzivilisierter“ dar, in dem sich die historische Aufgabe, Bürde und letztlich auch der Erfolg der USA festmacht. „In less than fifteen years, they have brought to a decadent, belated land, the rejuvenation of a scientific and industrial new birth“ (COOPER 1915: 260f). Jürgen Osterhammel spricht davon, dass sich ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zunehmend eine vertikale Dimension im Diskurs kolonialer Expansionen durchsetze, in der eine Rede von der Erhebung und der Erhöhung der Kolonien und kolonisierten Subjekte zentral wurde. Neben obigen Zitaten von McKinley und Schurman wird dies in Theodore Roosevelts Ausspruch von 1899 von der „great work of uplifting mankind“ deutlich, vor welche die USA mit der Übernahme der Philippinen gestellt worden waren (OSTERHAMMEL 2005: 364). Kolonialismus, verstanden als „Treuhandschaft, als Herrschaft im Interesse der unmündigen Eingeborenen mit erzieherischem Effekt“ (ZIAI 2004: 102) spielte bei der Legitimation und Begründung von Kolonisierungs-
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projekten des 19. Jahrhunderts vielfach eine gewisse Rolle, war dem spanischen Kolonialismus auf den Philippinen, der kaum Bemühungen zur Modernisierung und Anpassung an die Veränderung der globalen ökonomischen und politischen Verhältnisse dieser Epoche unternommen hatte, aber weitgehend fremd. Eine solche paternalistische und sozialevolutionistische Konzeption, die insbesondere in der frühen Phase des US-amerikanischen Kolonialismus auf den Philippinen mit stark rassistischen Vorstellungen und Topoi verbunden wurde (KRAMER 2006; VAN ELLS 1995),4 die politische Formulierung von Kiplings Gedicht, welche den BewohnerInnen der Philippinen Unzivilisiertheit und Unfähigkeit zu Selbstverwaltung zuschreibt – bei gleichzeitiger Möglichkeit sie aus diesem Zustand durch das selbstlose Eingreifen der neuen Kolonialmacht zu befreien –, machte eine Veränderung der Kolonialpolitik nötig und ist mehr als eine rhetorische Floskel, die ausschließlich der ideologischen Verschleierung primärer Ausbeutungsinteressen diente (ABINALES/AMOROSO 2005: 117). In Ansätzen sind dort Konzepte des Entwicklungsdiskurses angelegt, dem ab dem Ende des Zweiten Weltkriegs weltweit Bedeutung zukommt (FAST 1973: 70). Ausführlich zur Entstehung des Konzepts der Entwicklung in den USA in The Idea of Third World Development (ALCALDE 1987). Ein solcher Diskurs, der sich als ein „wohltätiger“ Kolonialismus begreift, beruht wie die meisten modernen Zivilisierungsmissionen auf der Annahme, dass der westliche Entwicklungspfad der universale und ein zu Verallgemeinernder sei. Die Aufgabe der neuen Kolonialmacht sei es nun, die Philippinen auf diesen Pfad zu setzen und zu geleiten und die für dieses Projekt notwendigen militärischen, organisatorischen und erzieherischen Faktoren zu bedienen. „Instead of annihilation, it called for the domestication of native populations and their reconstruction into recognizably modern political subjects. Rather than being conquered and enslaved, Filipinos were infantilized as racial others in need of nurturance and tutelage in the fundamentals of ‚Anglo-Saxon democracy‘ – not in order to turn them into Anglo-Saxons but rather into a ‚self4
Eine der sichtbarsten Formen eines solchen Rassismus bildet die Zurschaustellung der Philippinen und ihrer BewohnerInnen bei der Weltausstellung 1904 in St. Louis im Stile der Völkerschauen (FERMIN 2005). Diese Ausstellung, die eine der größten Kolonialausstellungen ihrer Zeit war, „did convey hegemonic messages about race, capitalism, and U.S superiority“ (KRAMER 2006: 230). Ausführlich betrachten das kolonialen Wissen über die BewohnerInnen der Philippinen und den Blick weißer Männer auf deren neue Besitz die Arbeiten Colonizing Filipinas (HOLT 2002) und The Blood of Government (KRAMER 2006).
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governing people‘ separate from but equal to white civilization“ (RAFAEL 1995a: 641)
In diesem Verständnis konnte Kolonialherrschaft nicht auf Dauer gestellt sein, eine erfolgreiche Modernisierungspolitik und nachholende Entwicklung musste, gegebenenfalls am Horizont einer immer fernen Zukunft, zu nationaler Selbstverwaltung führen. So war die USamerikanische Kolonialpolitik im öffentlichen Diskurs immer mit dem Versprechen verbunden, die Philippinen, so diese „reif“ für die Selbstverwaltung seien, in die Unabhängigkeit zu entlassen und bereits relativ früh wurde ein Fahrplan der Demokratisierung und formaler Unabhängigkeit vorgelegt. Die Frage nach dem genauen Zeitplan war insbesondere in den ersten Jahren in den USA stark umstritten und reichte von wenigen Jahren bis zu mehreren Generationen. Einigkeit bestand weitgehend nur darin, wer die Entscheidung darüber zu treffen habe. Von starkem Einfluss waren dabei protektionistische Positionen in den USA, die, insbesondere unter dem Eindruck der Weltwirtschaftskrise, gegen eine Öffnung der US-amerikanischen Märkte für philippinische Arbeitskräfte und Agrarprodukte Lobbyarbeit betrieben. Auf die erste, weitgehend durch Militärverwaltung geprägte Phase der US-amerikanischen Besatzung, folgte ab 1902 eine Aufbauphase mit kontinuierlicher Übertragung von Machtbefugnissen an philippinische Institutionen und Teile der philippinischen Bevölkerung. 1902 fanden die ersten Gouverneurswahlen und 1907 die Wahlen zur Philippine Assembly statt, allerdings beschränkte sich das Wahlrecht auf steuerzahlende Männer. 1935 erhielten die Philippinen als Commonwealth of the Philippines eine eigene Verfassung und weitergehende Freiheitsrechte und sollten nach zehn Jahren in die Unabhängigkeit entlassen werden. Gleichwohl war eine sehr enge Bindung an die ehemalige Kolonie vorgesehen, etwa durch Freihandel, bevorzugten Zugang zu den jeweiligen Märkten und formelle Gleichstellung philippinischer und US-amerikanischer Unternehmen sowie einen starken informellen Einfluss durch US-amerikanische Akteure auf die Politik der Philippinen (MÜLLER 1986: 83ff). Dieser langsame Übergang, der unterbrochen wurde von der japanischen Besatzung 1942-1945, trug zudem zu einer Stabilisierung der lokalen Eliten und der Schaffung von Kontinuität der gesellschaftlichen Machtverhältnisse bei. Unter dem Begriff der benevolent assimilation bemühte sich die USamerikanische Kolonialmacht darum, das Bild einer modernisierten Form von kolonialer Herrschaft zu prägen. „Americans in the Philippine government during the first decade of this century conceived themselves as engaged in building the foundations of a modern nation“ (STANLEY
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1974: 82). Dieses Projekt des State-Building, in dem sich das Kolonialregime sah, bedeutete den massiven Umbau des politischen Systems der Philippinen. Während insbesondere britisches und US-amerikanisches Kapital im 19. Jahrhundert eine Intensivierung des Handels und Modernisierung der Landwirtschaft herbeigeführt hatte und beide Länder ökonomisch längst wichtiger waren als die spanische Kolonialmacht, entsprach der öffentliche Sektor, die Infrastruktur sowie das Bildungs-, Rechts- und Finanzsystem kaum den Anforderungen, die von den USA an eine modernisierte Kolonialpolitik gestellt wurden (STANLEY 1974: 86). Für das Funktionieren einer solchen war vielmehr der Aufbau einer modernen Verwaltung und Bürokratie nötig. Das bedeutete in erster Linie: Demokratisierung des politischen Systems, Reformierung der Verwaltung und Ausbau sowie Säkularisierung des von der Kirche dominierten Staatsapparats und Erziehungssystems. Diese Reformen hatten ihr Zentrum in Manila, einer Stadt, die nicht nur als ökonomisches, politisches und administratives Zentrum von Wichtigkeit für die Kolonialverwaltung war, sondern als ein Symbol jenes anderen, modernen, demokratischen und fortschrittlichen Charakters des US-amerikanischen Kolonialismus dienen sollte. Wie in den meisten Fällen solcher Modernisierungskonzepte wurde Modernität mit Urbanisierung und urbaner Kultur kurzgeschlossen und Fortschritt als städtisch gedacht. Der Ausbau des Bildungssystems nahm eine zentrale Position innerhalb der amerikanischen Kolonialpolitik ein und ist eine der wichtigsten Besonderheiten dieses neuen Regimes. Er wurde als Grundlage für eine Reform des Verwaltungswesens, die Errichtung einer modernen Bürokratie und die Schaffung moderner staatlicher Institutionen angesehen und galt als wichtiges Element des Zivilisierungsdiskurses (ABINALES/ AMOROSO 2005: 120). Ein solches Verwaltungssystem, das der Partizipation und Integration der Bevölkerung bedurfte, erforderte in den Augen der amerikanischen Planer eine gemeinsame Sprache als Medium der Kommunikation. Die ethnische Heterogenität der Philippinen sowie die geringe Durchsetzung des Spanischen machten die Frage nach der offiziellen Sprache des Landes zu einem dringlichen Problem für die neue Kolonialmacht. Während in der Primarstufe des neuen Bildungssystems in den lokalen Sprachen unterrichtet wurde, gewann insbesondere Englisch eine zentrale Bedeutung im höheren Bildungswesen und in der Verwaltung, zu deren Einstellungsanforderungen die Beherrschung von Englisch oder Spanisch gehörte (GONZALES 1980: 29). Damit entwickelte die Sprache der neuen Kolonialmacht sich schnell zu einem wichtigen Mittel und Zeichen des sozialen Aufstiegs und der Distinktion, insbesondere der urbanen Mittelschichten und ist dies in hohem Maße noch immer (RAFAEL 1995b).
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Diese Reformen bildeten, in erster Linie in den urbanen Zentren, die ökonomische, soziale wie auch kulturelle Basis einer neu entstehenden Mittelschicht. Sie boten Teilen der urbanen Bevölkerung die Chance sozialen Aufstiegs durch Bildung und individuelle Leistung, ein zentrales Versprechen moderner Gesellschaften. Wenngleich dieses nur für kleine Teile der Bevölkerung realisierbar ist, im konkreten Fall eher städtische und männliche Jugendliche mit nichtarmen Eltern (DOEPPERS 1984: 65ff), bedeutet dies gegenüber der spanischen Kolonialmacht einen deutlichen sozialen Mobilitätsgewinn. Bis heute wird individueller Bildung als Mittel des Aufstiegs sowie sozialer Distinktion gerade von Mittelschichten eine zentrale Bedeutung beigemessen. In den 1930er Jahren lassen sich bereits knapp ein Fünftel der städtischen Arbeitskräfte einer „educationally-based Filipino middle class“ zurechnen. Der größte Teil dieser neuen Mittelschichten entstammte dem Staatsdienst, den Verwaltungen und dem Bildungssektor (DOEPPERS 1991: 516). All das bedeutet nicht, das Paradox einer anti-kolonialen und demokratischen Grundhaltung als Ursache für die Besonderheit der amerikanischen Kolonialpolitik zu betrachten. Stattdessen erschien eine solche Politik als angebracht zur Durchsetzung einer modernisierten Form kolonialer Herrschaft. Diese musste als ein attraktives Angebot an die Bevölkerung fungieren, mit dem diese von ihrer Unterstützung einer nationalen Befreiungsbewegung abgebracht werden sollte. Insbesondere mussten die alten Eliten mit dieser Politik davon überzeugt werden, dass für sie eine gewisse Autonomie unter US-amerikanischer Kolonialverwaltung, eine Art elitendemokratischser oder oligarchischer Kolonialismus, die besten Möglichkeiten des Machterhalts und -ausbaus bedeutet. Für Paul Hutchcroft ist der amerikanische Kolonialismus in den Philippinen somit weniger als die Gründung eines modernen Nationalstaats zu begreifen, denn vielmehr als Konsolidierung einer traditionellen Elite mittels nationalistischer Diskurse (HUTCHCROFT 1998: 26). Als wichtigste Institution dieser Einbindung der Eliten in das neue politische System dienten die zwei Kammern des Kongresses. „The new representational system proved perfectly adapted to the ambitions and social geography of the mestizo nouveaux riches. Their economic base lay in hacienda agriculture, not in the capital city“ (ANDERSON 1988: 11). Zu einer Zeit, da die Zentralbürokratie Manilas noch im Entstehen war, wurde auf diese Weise die Grundlage für ein auf den ländlichen Patronagebeziehungen beruhendes politisches System gelegt und verstetigt. (HUTCHCROFT 1998: 27ff; MCCOY 1994a; SIMBULAN 2005).5 Da-
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Anders als beispielsweise in Thailand mit seiner traditionell „urban centered nature of power and prestige“ (ASKEW 2002: 33), hat politische und
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mit wurde aus US-amerikanischer Kolonialverwaltung, katholischer Kirche und landbesitzenden Eliten ein dominanter Block von hoher Beständigkeit geschaffen, der erst in den 1960er Jahren von verschiedenen Seiten herausgefordert wurde. Diese veränderte Form des Kolonialismus, die sich in Manila vergleichsweise wenig gewaltsam und relativ integrativ darstellte, muss gleichzeitig verstanden werden als eine modernisierte Version dieses Herrschaftsverhältnisses. Der Kolonialismus des US-amerikanischen Kolonialregimes verlässt sich nicht mehr allein auf die souveräne Macht der Abschöpfung von Gewinn und der nackten Gewalt, sondern bezieht ebenso Techniken einer produktiven Disziplinarmacht und biopolitischen Regierung von Bevölkerung mit ein. Sie ist angewiesen auf die zumindest passive Bereitschaft und den Wunsch zur Teilnahme der unterworfenen Bevölkerungen. Wie der gegen die Unabhängigkeitsbewegung geführte Krieg zeigt, ist in diese Biopolitik auch die moderne Form des Kriegs mit eingeschlossen, der alles andere als eine Humanisierung bedeutet, sondern deutlich macht, dass die erzieherische Imagination der Zivilisierungsmission auch beinhaltet, diese gegen den Willen der zu zivilisierenden Subjekte durchzusetzen und jedweden Widerstand zu vernichten. Mit Zygmunt Bauman ließe sich in der gärtnerischen und biologisierenden Metaphorik solcher Staats- und Gesellschaftsvorstellungen sagen, dass das Pflegen und Hegen des Gesellschaftskörpers eben auch die Ausmerzung von Unkraut bedeuten kann (BAUMAN 1995) und den Ausschluss des als außerhalb stehend Positionierten. Auf eine solch biologisierende Metaphorik, insbesondere wenn sie das „Andere“ dominanter Modernitätsvorstellungen betrifft, wird im Laufe dieser Arbeit noch mehrfach zurückzukommen sein. Wenngleich sich die eingangs genannten Reformen dem Anspruch nach auf das gesamte Territorium der Kolonie bezogen und mit dem Projekt der Schaffung eines modernen Territorialstaats als einem homogenen Objekt der Machtausübung und Kontrolle verbunden waren, so nahm Manila in den Planungen der US-amerikanischen Kolonialverwaltung eine herausgehobene Position ein. Dies gilt einerseits für das in der Hauptstadt konzentrierte Verwaltungssystem, die höheren Bildungseinrichtungen und die anzusiedelnden Industrien. Andererseits finden sich eine Reihe spezifisch urbaner Politiken, welche die veränderte Rolle der neuen Kolonialmacht unterstreichen. Erste rudimentäre Ansätze eines öffentlichen Wohnungsbaus (STRASSMANN/BLUNT 1994) und Versuche ökonomische Macht auf den Philippinen eine sehr starke Bindung an Landbesitz und ist folglich nicht in einem vergleichbaren Maße an die Staatsbürokratien, die in Thailand wichtiger Ort der Reproduktion der Eliten waren, gebunden.
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der Erfassung, Kontrolle und Pazifizierung von Slums auf der anderen Seite (CAOILI 1999: 50), weisen auf einen aktiveren Staat hin, der in das Feld der Bevölkerung als einer zu regierenden, einer anzuordnenden und optimierenden, interveniert. Dieser Gedanke einer Macht, die biopolitisch und disziplinatorisch produktiv ist und nicht nur souverän, bedeutete gegenüber der spanischen Kolonialmacht eine radikale Veränderung. Als ein Beispiel dieses veränderten Umgangs soll im Folgenden das zentrale städtebauliche Projekt des US-amerikanischen Kolonialismus etwas ausführlicher betrachtet und an diesem dominante Vorstellungen und Diskurse dieser Zivilisierungsmission deutlich gemacht werden.
Die Modernisierung des Orients – Der Burnham Plan Die Bedeutung, die einer Modernisierung des Landes durch die USamerikanische Kolonialverwaltung beigemessen wurde, zeigt sich besonders deutlich an deren Umgang mit der Hauptstadt Manila. Hauptstädte und Regierungssitze sind nicht nur Verwaltungszentren, sondern übernehmen in den Augen staatlicher und um Hegemonie kämpfender Akteure die Rolle eines wichtigen Orts bei der Produktion von Bildern und Räumen der Inszenierung und Repräsentation von staatlicher Macht und der Produktion von Nation als einer imagined community.6 Wie Lawrence Vale in Architecture, Power, and National Identity schreibt, fungieren die ikonischen Architekturen und hegemonialen Räume in diesen als eine „spatial declaration of political control“ (VALE 1992: 10). Die USA sahen für Manila nicht nur die Errichtung eines neuen Verwaltungszentrums und Regierungssitzes vor, was für die Ausweitung staatlicher Institutionen unter dem neuen Regime technisch notwendig war, sondern den umfangreichen Neubau der Stadt als einem politischen Symbol. Das spanische Erbe, dessen steingewordene Materialisierung Intramuros, das festungsähnliche Zentrum der spanischen Kolonialmacht bildete, erschien der US-amerikanischen Verwaltung als ein zutiefst vormodernes, stagnierendes und antiquiertes, auf das wenig positiver Bezug 6
In Spaces of Global Cultures bemängelt Anthony King an Benedict Anderson die mysteriöse Abwesenheit des Gebäudes, die Rolle der Architektur und des Raumes bei der Erfindung der Nation (KING 2004: 5). Diese Abwesenheit verwundert, da Anderson in Imagined Communities insbesondere die Bedeutung von Zensus, geographischen Karten und Museen bei der Erschaffung von Nation hervorhebt (ANDERSON 1991).
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genommen werden konnte. Zu sehr erinnerte es doch an das alte Europa und dessen zu überwindende gesellschaftliche Verhältnisse. Intramuros, eine von Mauern und Gräben umgebene Stadt an der Mündung des Pasig, deren Architektur den militärischen, politischen und sozialen, aber auch hygienischen und sozialmedizinischen Konzepten des spanischen Kolonialismus des 16. Jahrhunderts entsprach und die Erfahrungen der conquistadores in Lateinamerika mit städteplanerischen Vorstellungen der europäischen Renaissance verband (VAN DEN MUIJZENBERG/VAN NAERSSEN 2005), hatte aufgrund seiner räumlichen wie sozialen Begrenzung und Abgeschlossenheit bereits im 18. Jahrhundert die Rolle als ökonomisches Zentrum Manilas verloren. Seither diente es in erster Linie als Sitz und Repräsentation kirchlicher und politischer Herrschaft und als Raum der ethnischen Segregation, welcher der indigenen und chinesischen Bevölkerung verwehrt blieb. Im Fort an der Mündung des Pasig wurde José Rizal – die zentrale Figur der frühen Unabhängigkeitsbewegung und seit den 1920er Jahren wichtigster Nationalheld der hegemonialen Geschichtsschreibung (ANDERSON, B. 2006; DAHM 1988) – bis zu seiner Hinrichtung eingekerkert. Intramuros und Manila wurden nicht nur wahrgenommen als Sitz einer vergangenen Macht und eines prämodernen Zustandes, sondern damit verbunden auch als ein Hort von Schmutz, Krankheit und Unordnung, dem es architektonisch und politisch wie auch hygienisch und sozial etwas Neues entgegenzusetzen galt (DAUS 1987: 90). Als positiver Gegenentwurf sollte Manila als eine moderne, geordnete und nach USamerikanischem Vorbild entworfene Stadt, die sich auf der Höhe zeitgenössischer Architektur und Stadtplanung befand, neu entstehen und damit den Anspruch der USA unterstreichen, die Philippinen in den Kreis der „entwickelten“ und „zivilisierten“ Nationen zu heben. Reflektieren sich in Intramuros die Ordnungsvorstellungen der Renaissance, Notwendigkeiten militärischen Festungsbaus und die Stärke der katholischen Kirche, so zeigen sich in der Stadtplanung des späten 19. Jahrhunderts, welche die Grundlage des US-amerikanischen Plans für Manila bildete, die Erfahrungen der Industrialisierung, moderner Sozialtechnologien und der bürgerlichen Gesellschaft sowie des modernen Imperialismus. 1904 wurde mit Daniel Burnham nicht nur ein Bewunderer von Rudyard Kipling (HINES 1972: 40), sondern einer der einflussreichsten USamerikanischen Architekten und Stadtplaner der Zeit und wichtiger Vertreter des city beautiful movement von Cameron Forbes, dem späteren Gouverneur der Philippinen, mit der Ausarbeitung von Plänen zur Neugestaltung und Modernisierung Manilas und einer geplanten Sommerre-
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sidenz in Baguio7 beauftragt. Neben Stadtplanung in Washington (1902), Cleveland (1903) und San Francisco (1904) wurde Daniel Burnham insbesondere als der Architekt des Flatiron Building in New York, einem der außergewöhnlichsten Wolkenkratzer dieser Zeit, und als maßgeblicher Planer der Weltausstellung in Chicago 1893 bekannt. Die das Zentrum des Chicagoer Ausstellungsgeländes bildende White City mit ihrer „classically inspired architecture and its ambience of imperial pomp and splendor“ (HINES 1972: 34) zeichnete sich nicht nur durch eine historizistische Architektur aus, die sich von den Fabriken der Industrialisierung und den Wolkenkratzern des Finanzkapitalismus explizit und deutlich abgrenzte, sondern markierte gleichzeitig die Entstehung der city beautiful Bewegung. Ähnlich wie Ebenezer Howards Entwurf der Garden City (HOWARD 1968) begriff sich die city beautiful als Gegenentwurf zur modernen Großstadt der Industrialisierung mit all ihren Problemen, der Enge, dem Schmutz, der Unübersichtlichkeit und der Anwesenheit und Sichtbarkeit der gefährlichen Klassen, den „great unwashed“. Diese Kritik wurde in erster Linie ästhetisch formuliert und ästhetisch zu lösen versucht mittels einer Reaktivierung klassischer Architekturen, einer Bezugnahme auf römische und griechische Ästhetikvorstellungen, die sich in neoklassischen Säulen und monumentalen stuckverzierten Prunkbauten, weitläufigen Hauptachsen und imperialer Größe ausdrückt. Die Chicagoer Weltausstellung wurde zudem, so wie andere Weltausstellungen, durch eine Fülle kolonialistischer und orientalisierender Repräsentationen nicht-westlicher Gesellschaften geprägt, die einen scharfen Kontrast zwischen einem modernen Westen, als dem Zentrum von Modernität und Entwicklung, und einem exotischen und wilden „Orient“ (zu dem auch die Länder des „Fernen Ostens“ und „Hinterindiens“ zu zählen waren) konstruierten.8 Dies wird sich sehr deutlich bei dem Versuch der Implementierung einer solchen Modernitätsvorstellung im städtischen Raum einer Kolonie wie den Philippinen zeigen. Lewis Mumford spricht von Burnhams Plänen für die umfangreiche Neugestaltung von Chicago, die wenige Jahre später folgten, als dem „großartigsten“ Projekt der von ihm scharf kritisierten „barocken“ Stadtplanung (MUMFORD 1979: 466). Jane Jacobs, deren einflussreiches 7
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Zu Baguio, dem nur in rudimentären Ansätzen realisierten Sommerregierungssitz und Sanatorium für Mitglieder der Kolonialverwaltung und des Militärs in den Bergen nördlich Manilas siehe Robert Reeds City of Pines (1976). Zeynep Çelik hat in einer Untersuchung der Repräsentationen islamischer Architektur auf Weltausstellungen des 19. Jahrhunderts auf die hochgradig rassifizierende Konzeption und Betonung der Überlegenheit des Westens gegenüber dem orientalisierten „Anderen“ bei dieser Ausstellung hingewiesen (ÇELIK 1992: 80ff).
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Buch Tod und Leben großer amerikanischer Städte gerade gegen diese Form der modernen Stadtplanung, von Howard bis Le Corbusier gerichtet ist, welche Städte entworfen hat, in denen „das Recht, irgendwelche Pläne von Bedeutung zu haben, nur den Planern vom Dienst“ (JACOBS 1963: 20) zukam, bezeichnet als das Ziel der city beautiful Bewegung die „city monumental“ (JACOBS 1963: 25). Ein solcher Fokus auf Größe, Erhabenheit und die massive Zurschaustellung gesellschaftlicher Macht, die im kolonialen Kontext ihre ganz besonderen Machtwirkungen entfaltet, wird besonders deutlich in einem viel zitierten Ausspruch von Daniel Burnham: „Make no little plans; they have no magic to stir men’s blood and probably themselves will not be realized. Make big plans; aim high in hope and work, remembering that a noble logical diagram once recorded will never die, but long after we are gone will be a living thing, asserting itself with ever growing insistence. Let your watchword be order and your beacon beauty.“ (Burnham, zitiert nach ALCAZAREN 2000: 42)
Der 1905 auf Grundlage eines mehrwöchigen Besuchs in den Philippinen vorgelegte Report on Proposed Improvements at Manila (BURNHAM 1921; MOORE 1921a; 1921b), der im selben Jahr durch den USKongress verabschiedet wurde, entspricht in weiten Teilen dem Ideal einer city beautiful und dem Vorsatz der großen Pläne. Abgesehen von Intramuros, das in seiner Form – nicht in seiner Funktion – in weiten Teilen belassen werden sollte und Teilen des Geschäftsviertels Binondo, sah dieser eine massive Umgestaltung und nahezu einen Neubau Manilas vor. Dabei wurde davon ausgegangen, dass die Stadt, bei einer aktuellen Bevölkerung von gut 220.000, ihre Einwohnerzahl im Laufe der folgenden Generationen vervierfachen könnte. Burnhams Entwurf sah eine stark zentralisierte Ausrichtung der Stadt vor, die bei aller demokratischen Rhetorik deutlich auf das Zentrum der staatlichen Macht ausgerichtet ist. Dieses Zentrum umschloss südlich und östlich das zur touristischen Attraktion reduzierte Intramuros.9 Alle wichtigen Institutionen kolonialer Herrschaft und staatlicher Macht sollten dort angesiedelt werden, abgesehen vom obersten Gericht, welches etwas pathetisch als Zeichen der Gewaltenteilung ein wenig abseits platziert wurde. In direkter Nachbarschaft des Regierungssitzes und der Ministerien, die in neoklassizistischer Architektur an Ideale monu9
In Reiseführern und populären Beschreibungen der 20er und 30er Jahre ist Intramuros – ganz im Sinne Burnhams – eine museale Touristenattraktion und Überbleibsel einer vergangenen Epoche, das primär der Unterhaltung und Freizeit der Kolonialelite diente (z.B.: HART 1928: 175ff).
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mentaler Bauwerke wie den Louvre oder Versailles, als Sinnbilder vollendeter staatlicher Machtzentren, erinnern sollten (BURNHAM 1921: 188), wurde die Errichtung wichtiger Institutionen und Einrichtungen der neuen Macht und der mit dieser verbundenen Technologien des Sozialen, wie Museen, Bibliotheken und Universität vorgesehen, um dort einen neues Zentrum der Nation und des Staates entstehen zu lassen.
Abbildung 3: Der Burnhamplan von 1905. Bestehende und zu erhaltende Gebäude sind schwarz, geplante staatliche Gebäude sind grau (Quelle: Lopez Museum, Pasig City).
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Die von diesem Zentrum ausgehenden Radialstraßen, die, gleich Arterien, das reibungslose Bewegen und Fließen von Waren und Menschen im städtischen „Kreislauf“ – wie es in organizistischen Vorstellungen vom Funktionieren von „Stadtkörpern“ gedacht wurde (SENNETT 1997: 326ff) – und die verwaltende Übersicht über diesen ermöglichen sollten, sollten neben den rein funktionalen Aspekten alle Teile der Stadt mit Blick auf das Zentrum und das „symbol of the Nation’s power“ (BURNHAM 1921: 188) ausrichten. Die zwischen diesen Radialachsen gelegenen Wohnquartiere wurden in Form eines strikten Gitternetzes angelegt. In Burnhams Entwurf großen Platz einnehmend sind hingegen Erörterungen über Räume der Erholung und des Müßiggangs und allgemein eine stärkere Fixierung auf ästhetische denn auf soziale Fragen. Die Anlage eines 80 Meter breiten und von Bäumen, Jachtclubs und Casinos gesäumten Boulevards entlang der Küste bis nach Cavite, die Verlagerung des Luneta-Parks, der Teil des neuen Regierungszentrums werden sollte, in Richtung einer neu aufgeschütteten Fläche an der Küste, schattige Promenaden entlang des Pasig Rivers und der Bau von einer Reihe miteinander verbundener Parks bilden eines der Hauptaugenmerke Burnhams. Diese Orte erfuhren deutlich mehr Beachtung als Wohnquartiere, soziale Infrastrukturen oder die Bedürfnisse der unteren Klassen, deren Existenz an keiner Stelle Erwähnung findet. Die gedachten Subjekte und idealen Bürger der Stadt sind Mitglieder der Kolonialmacht und einer lokalen Elite, die deren Lebensstile und Gewohnheiten zu übernehmen bestrebt sind. Die Implementierung des burnhamschen Plans wurde nicht von Burnham, sondern dem von ihm ausgewählten Architekten William Parsons organisiert, der einige Veränderungen und Anpassungen des Plans „that had been drawn from general impressions, rather than from accurate and detailed surveys“ (PARSONS 1915: 17) vornahm (REBORI 1917a; REBORI 1917b). Die Implementierung schritt bis Mitte der 1910er Jahre relativ zügig voran. In dieser Zeit wurden einige Hauptverkehrswege und repräsentative Gebäude, insbesondere in der Umgebung des „New Luneta“, heute der Rizal Park, errichtet. Diese anfängliche Umsetzung beruhte neben recht weit reichenden Kompetenzen für Parsons insbesondere auf der engen Verknüpfung zwischen nationalem und lokalem Staat unter den Bedingungen einer Kolonialverwaltung, die Widerstände und divergierende Interessen weitgehend ausschalten konnte (FIELD 1974). Im Zuge des Zugewinns an politischer Macht der landbesitzenden Eliten gegenüber der Kolonialverwaltung sowie der Etablierung semi-demokratischer Institutionen geriet dies Ende der 1910er Jahre ins Stocken (VAN NAERSSEN u.a. 1997: 170).
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Abbildung 4: Entwurf des neuen Zentrums von Manila. Links Intramuros; im Vordergrund der neue Luneta-Park; rechts Verwaltungs- und Regierungszentrum (Quelle: REBORI 1917b) Besonders eklatant an den Plänen und der Art und Weise, wie die neue Kolonialmacht den Raum der Hauptstadt ihrer Kolonie entwarf, sind zum einen die Inszenierung von demokratischer Öffentlichkeit, Transparenz und Zugänglichkeit staatlicher Institutionen und zum anderen die Konzentration auf ästhetische Fragen und Problemlösungsstrategien. Soziale Fragen tauchen darin nur in äußerst eingeschränktem Maße auf. Gegenüber dem nach innen gekehrten spanischen Zentrum Intramuros, aus dem die kolonisierten Subjekte ferngehalten wurden, sahen die Pläne für die Umgestaltung eine Hervorhebung und Inszenierung öffentlichen Raums vor. Statt innerhalb einer befestigten und nach militärischen Gesichtspunkten entworfenen Zitadelle angesiedelt zu sein, wurden Regierungsgebäude und öffentliche Einrichtungen gezielt als öffentliche und zugängliche Räume inszeniert.
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Manila wurde im Planungsdenken des US-amerikanischen Kolonialregimes in einer Weise, wie sie als typisch für Hauptstadtpläne um die Jahrhundertwende zum 20. Jahrhundert angesehen werden kann, als eine verkleinerte Version Washingtons gedacht, mit Anspielungen auf römische oder absolutistische Architektur und in Form dessen, was Wolfgang Sonne in einer Arbeit über Staatsrepräsentationen in Hauptstadtplanungen um 1900 als eine „Beaux-Art City“ bezeichnet hat (SONNE 2003: 387ff). Elemente einer präkolonialen Architektur, so ihre Existenz überhaupt anerkannt wurde (GALANG 1935: ff), kamen dabei nicht zur Geltung, anders als etwa in Indien unter britischer Kolonialherrschaft (KING 1976). Diese koloniale Stadtplanung wurde von ästhetischen Überlegungen geleitet und dem Wunsch, Manila zu einem Vorzeigebild des amerikanischen Kolonialismus und dessen humanitären Charakter zu entwickeln. Dies hatte einerseits legitimatorische Funktionen für eine in den USA nicht unumstrittene Kolonialpolitik wie auch gegenüber der lokalen Bevölkerung und den amerikanischen Kolonialbeamten. Manila sollte auf der Höhe moderner Stadtplanung – Burnham kann zu dieser Zeit als einer der wichtigsten Vertreter derselben gelten – entstehen und als „adequate expression of the destiny of the Filipino people as well as an enduring witness of the efficient services of America in the Philippine Islands“ (BURNHAM 1921: 195) dienen. Jenseits ihrer demokratischen Rhetorik diente diese Stadtplanung der Repräsentation imperialer Macht und deren kulturellen und politischen Überlegenheit. Der Plan für die Umgestaltung Manilas in eine moderne Groß- und Hauptstadt verdeutlicht, dass die Vorstellung gesellschaftlicher Entwicklung des Westens und Modernität miteinander identifiziert wurden und als universeller Maßstab galten. Dem orientalisierten Indigenen und dem überkommenen Spanischen sollte ein radikaler Gegenentwurf gegenüber gestellt werden. Während das „Orientalische“ und „Fremde“ in den Wäldern der Provinzen und auf den Inseln militärisch oder in Form von Polizeiaktionen bekämpft wurde und die dortigen Gegner exotisiert und dehumanisiert wurden (RAFAEL 2000), galt es im Zentrum die sichtbaren Zeichen dieses „Anderen“ zu tilgen bzw. zu domestizieren und eine Ordnung durchzusetzen, die als Voraussetzung für die Etablierung eines modernen Kapitalismus und moderner Nationalstaatlichkeit galt. Paul Rabinow hat über einen solchen Versuch der Durchsetzung eines westlichen Modernitätskonzepts im Zusammenhang mit dem französischen Kolonialismus des gleichen Zeitraums geschrieben, dass die dortigen Planer und Kolonialbeamten die von ihnen organisierten Städte als soziale und ästhetische Laboratorien ansahen, in denen neuartige moderne Sozialtechnologien an „unzivilisierten“ Gesellschaften erprobt und optimiert werden konnten (RABINOW 2003: 353).
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Abbildung 5: Staatliche Kolonialarchitektur in den Philippinen. (Quelle: GALANG 1935)
Abbildung 6: Das Postamt. Einer der zentralen noch bestehenden Repräsentationsbauten des amerikanischen Kolonialregimes (Foto: Boris Michel 2006).
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Der koloniale Blick, der sich in Burnhams „imaginary grid of architectural power“ und großen Teilen der US-amerikanischen Stadtpolitik zeigt, diente, wie David Brody mit Bezug auf Foucaults Bild des Panopticon schreibt, der disziplinierenden Kontrolle und Zurichtung der Beherrschten. Dies geschehe in erster Linie durch die Setzung von Norm und Normalität und die Ausrichtung der Individuen an diesen (BRODY 2001). Dass Stadtplanung eine wichtige Rolle bei der Produktion disziplinierender Architekturen spielt, wurde von zahlreichen AutorInnen deutlich gemacht. Moderne Stadtplanung schaffte nicht nur „the planned city as a regulator of modern society“, sondern kann selbst als „one of the most complete examples of modernity“ begriffen werden (RABINOW 1995: 12) und fungiert als ein Instrument der Normalisierung der Bevölkerung, der Kontrolle der gefährlichen Klassen und der unübersichtlichen Massen (ELLIN 1997: 22). Diese Stadtplanung sah vor sich einen a-sozialen und abstrakten Raum, der überall reproduzierbar und anhand wissenschaftlicher und funktionaler Notwendigkeiten zu formen sei (SENNETT 1991: 76). Die Produktion einer städtischen Landschaft, wie sie von Seiten der neuen Kolonialmacht entworfen wurde, kann selbstverständlich nicht auf die planerischen Entwürfe abstrakten Raums reduziert werden. Wurde der Ausbau des Bildungssystems bereits als eines der zentralen Projekte des Versuchs der Modernisierung des Landes erwähnt, so ist mehr noch der Ausbau einer Vielzahl staatlicher Institutionen und Regulationsinstanzen entscheidendes Charakteristikum dieses Projekts. Dessen Ziel war nicht weniger als die Umwälzung lokaler Subjektivierungsweisen – gleichwohl einer Umwälzung, die sich als eine naturgegebene Notwendigkeit darstellte. So schreibt Mary Fergusson, die Ehefrau eines hohen Mitglieds der Philippine Commission: „It is not proposed by any means to uproot entirely the Filipino habits of living, but only to adapt American civilization to Filipino needs, until by the working of the law of evolution the Filipino of the masses shall come into a recognition of the essential differences in the standards of living between a wholly civilized and a partly civilized people“ (Mary Fergusson, zitiert nach: HOLT 2002: 74).
Die US-amerikanische Journalistin und Autorin sozialreformerischer Bücher Katherine Mayo hielt sich zu Beginn der 1920er Jahre in den Philippinen auf, um dort der Frage nachzugehen, ob die Philippinen „reif“ für die Unabhängigkeit seien. „The question is one that the people of America must decide – a grave question, of grave responsibility“ (MAYO 1925). In ihrem 1925 erschienenen Buch The Isles of Fear. The
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Truth About the Philippines wird diese Reife angesichts mangelnder Durchsetzung demokratischer Institutionen, Bildung und dem Fortbestehen traditioneller Strukturen in Frage gestellt, gleichzeitig aber die durch die USA eingebrachten Errungenschaften hervorgehoben, die das Land auf den richtigen Weg in Richtung einer modernen Zivilisation gesetzt hätten. Bezogen auf diese Errungenschaften in Manila schreibt sie: „We made of Manila, that ancient pest-hole, a pleasant, almost clean city. Good public buildings, modern hospitals, prisons, schoolhouses and sanitary markets sprang up.“ (MAYO 1925: 84)
Neben der eurozentrischen Argumentation der Autorin,10 die sich ganz im Sinne eines Zivilisierungsprogramms, als „Bürde“, in diesem Falle der Weißen Frau bewegt, fällt auf, dass als Objekte des Fortschritts ausnahmslos Institutionen genannt werden, die im foucaultschen Sinne als Disziplinareinrichtungen verstanden werden können und in zentraler Funktion auf die Gelehrigmachung individueller Körper und die Einschreibung disziplinatorischer Machttechnologien in die Subjekte abzielen. Besonders deutlich werden diese Disziplinartechnologien nicht nur im Rahmen des Bildungssektors, der damit verbundenen Durchsetzung der englischen Sprache und US-amerikanischer Bildungskonzepte – etwas was unter nationalistischen AutorInnen lange als eine Kolonisierung der Köpfe durch ein dem Philippinischen fremdes Denken gebrandmarkt wurde (z.B.: CONSTANTINO 1978) – sondern ebenso im Bereich der Durchsetzung hegemonialer Ordnungs- und Normalitätsvorstellungen. Als ein besonders deutliches Beispiel dafür können Gesundheitsund Hygienepolitiken der neuen Kolonialmacht gelten. Warwick Anderson zeigt in seinem Buch Colonial Pathologies. American Tropical Medicine, Race, and Hygiene in the Philippines, wie sehr die Durchsetzung von Reinheits- und Hygienevorstellungen und die Verknüpfung dieser mit Vorstellungen von Entwicklung, Race und Zivilisierung ein wichtiger Teil des amerikanischen Kolonialprojekts war (ANDERSON, W. 2006). Swanson spricht bezogen auf aktuelle Politiken, die Unterentwicklung mit Race und Sauberkeit verknüpfen, von einem hygienic racism, „a racism that pathologizes indigenous bodies as sick, contaminated and dirty“ (SWANSON 2007: 710). Insbesondere im städtischen Raum waren Gesundheits- und Hygienekampagnen, die dem als dreckig und unzivilisiert wahrgenommenen Fremden die Ordnungs- und Reinheitskonzeptionen der neuen Kolonialmacht angedeihen sollten, zentral. 10 Ähnlich kritisch gegenüber der Unabhängigkeit argumentiert die Autorin in dem deutlich bekannteren und einflussreicheren Buch über Indien Mother India aus dem Jahr 1927 (MAYO 1927).
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Sowohl auf der materiellen wie diskursiven Ebene. Der Bau eines Abwassersystems, ein erstes modernes Krankenhaus, umfangreiche Hygiene- und Impfkampagnen wurden bereits in den frühen Jahren der USamerikanischen Verwaltung realisiert. Damit konnten die Zahlen von Cholera, Pocken und Malaria deutlich gesenkt werden und die Todesrate in Manila, einer Stadt, deren Fortbestehen bis dahin auf den beständigen Zustrom von Menschen aus den Provinzen angewiesen war, konnte zwischen 1899 und 1914 beinahe halbiert werden (MCCOY/ROCES 1985: 20). Der als Hort von Krankheitserregern wahrgenommene Wassergraben um Intramuros wurde zugeschüttet und zunächst in einen öffentlichen Park und Spielplatz, später in einen exklusiven Golfplatz – was er auch heute noch ist – verwandelt. Öffentliche Hygienekampagnen und Sauberkeitsvorstellungen nahmen aber auch eine diskursiv wichtige Rolle ein. Victor Heiser, amerikanischer Gesundheitsbeauftragter in den Philippinen, schrieb: „To transform them [the people of the Philippines] from the weak and feeble race we have found them into the strong, healthy and enduring people that they may yet become is to lay the foundations for the successful future of the country“ (zitiert nach: ANDERSON, W. 2006: 1). Seine Aufgabe, so Heiser, sei ein „washing up the Orient“ (zitiert nach: ANDERSON, W. 2006: 95). Diese Assoziation von Unterentwicklung und Unzivilisiertheit mit Schmutz, Krankheit und Unordnung wies den kolonisierten und in starkem Maße rassifizierten Subjekten die Position zu, die es zu überwachen und kontrollieren galt und die sowohl als individuelle Körper, wie auch als ganze „Rasse“ mittels Überzeugung, Zwang und Normalisierung neue Selbsttechnologien und Selbstverhältnisse inkorporieren sollten. Die damit einhergehende Durchsetzung eines amerikanischen Lebensstils als einem gesellschaftlichen Leitbild, als einer sozialen Praxis und einem Selbstverhältnis, das eng mit hoher sozialer Position und Aufstieg verbunden ist, hat insbesondere seit den 1930er Jahren an Bedeutung gewonnen, die bis in die Gegenwart fortbesteht.11 Nicht selten 11 Eine nicht zu unterschlagenden Bedeutung hatten neben den öffentlichen Räumen der Repräsentation der neuen Kolonialmacht, private Räume. Eine wichtige Rolle bei der Konstruktion kolonialer Häuslichkeit spielten bürgerliche weiße Frauen. Dies wird etwa in schriftlichen Zeugnissen einer Reihe von Ehefrauen US-amerikanischer Kolonialbeamten, wie Edith Moses (MOSES 1908) oder Helen Taft (TAFT 1902) deutlich. Diese Tagebücher, Briefwechsel und Reiseberichte gehören zu den ausführlichsten Schilderungen des Alltagslebens und der Selbst-wahrnehmung dieses Teils der neuen Kolonialmacht. „As if colonial superiority had to be on constant display“ (MILLS 2005: 114) wurden private Räume zu Räumen der Performanz einer kolonialen Subjektivität und sollten mittels der Zurschaustellung dieser als überlegen inszenierten Lebensweise, zur Legiti-
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hat dies zu einer Kritik an einem vermeintlich exzessiven, unkritischen und überaffirmativen „Amerikanismus“ geführt, dem traditionelle und „authentische“ Werte radikal geopfert würden und der gerade unter den gebildeten Schichten eine äußerst negative Einstellung gegenüber Land und Nation, ein regelrechtes filipino bashing, hervorgebracht hätte (CONSTANTINO 1978; MULDER 1996; QUIMPO 2000).
Die spätkoloniale Hauptstadt Die Repräsentation einer kolonialen Stadt ist auf das Engste verknüpft mit den Strategien und Ideen der Kolonialmächte. Herrschaftsarchitektur ist dabei integraler Bestandteil imperialistischer und kolonialer Unternehmen, da diese eine der sichtbarsten Manifestierungen kolonialer Vorstellungen in der gebauten Umwelt darstellt. Von der kolonialen Stadt zu sprechen ist gleichwohl problematisch, zeigen sich doch bereits am Beispiel Manilas große Unterschiede in den Vorstellungen und Programmen der jeweiligen Kolonialmacht. Gleichwohl spielen Hauptstädte und Verwaltungszentren in kolonialisierten Gesellschaften eine wichtige Rolle als Brückenkopf der ökonomischen, politischen und kulturellen Durchdringung (KING 1985). Während die spanische Kolonialpolitik in den Philippinen eine kaum überwindbare Grenze zwischen indigener Bevölkerung und weißer Kolonialmacht zog, in erster Linie über Ausschluss regierte und sich Kontaktzonen, abgesehen von der umfassenden Christianisierung, äußerst begrenzt darstellten, zeichnet sich die USamerikanische Kolonialpolitik durch ein starkes Inklusions- und Modernisierungsversprechen an Teile der städtischen Bevölkerung und die Ausweitung der Räume der Interaktion zwischen Kolonialmacht und Kolonisierten aus. Dies stand unzweifelhaft unter der Forderung der Assimilation und der Übernahme des dargebotenen zivilisatorischen Angebots und der Drohung mit Gewalt bei Ablehnung (OSTERHAMMEL 2005: 364). Damit liegt die amerikanische Kolonialpolitik an der Umbruchstelle zwischen einem Kolonialismus, welcher Territorien zu ihrer Ausbeutung und Integration in den Weltmarkt besetzt und einer neueren Form der Integration formal unabhängiger oder semi-autonomer, letztlich aber
mierung kolonialer Herrschaft beitragen. Die Räume der Kolonialeliten spielten eine Schlüsselrolle für die Artikulation zentraler Dimensionen europäischer bzw. US-amerikanischer Kultur und Positionierung dieser als gesellschaftlichem Ideal (ARCHER 1997: 27). Ausführlicher zur Frage kolonialer Häuslichkeit und der in diese eingelagerten Verknüpfung von whiteness und Weiblichkeit sei auf Colonial Domesticity: White Women and United States Rule in the Philippines verwiesen (RAFAEL 1995a).
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hochgradig abhängiger Staaten qua „Entwicklung“, wie sie nach dem Zweiten Weltkrieg weltweit an Bedeutung gewinnt. Im Folgenden wird auf diese Phase und insbesondere die Zeit zwischen 1965 und 1986 eingegangen. Unter der Präsidentschaft von Ferdinand Marcos, der zwischen 1972 und 1981 mittels Martial Law regierte und 1986 in einer friedlichen Revolution abgesetzt wurde, die unter dem Namen People Power ein zentrales Moment der kollektiven Erzählung der gegenwärtigen Philippinen bildet, wurden die intensivsten Versuche unternommen, ökonomische und gesellschaftliche Entwicklungen im Sinne des modernisierungstheoretischen Entwicklungsparadigma durch zentralstaatliche und technokratische Planung und Kontrolle zu realisieren. Ähnlich wie für das US-amerikanische Kolonialregime spielte Manila eine herausgehobene Rolle als Sitz staatlicher Macht, als ökonomisches Zentrum und als „Bühne, auf der sich der bürokratisierte Nationalstaat mit politischen Riten und Zeremonien inszenierte“ (KORFF 1999: 65).
P O S T K O L O N I A L E S C I T Y -B U I L D I N G . MARCOS UND DIE CITY OF MAN
„What we are trying to produce are dignified Filipinos. [...] We need Filipinos who can stand up on their own feet and say, I am proud to be a Filipino because I have a history of greatness and of nobility. I have a history that goes all the way back to the time before the Westerner came to my country, a history of dignity, of freedom. [...] Transformed by the New Filipinism, the Filipino people will no longer return to the sterility, mediocrity and timidity of the past.“ (MARCOS 1969: 115ff)
Bei Inbesitznahme Manilas durch die USA hatte die Stadt eine Bevölkerung von ungefähr 220.000 EinwohnerInnen. In Folge eines Bevölkerungswachstums, das aufgrund starker Migration, insbesondere aus den Visayas, deutlich über dem Landesdurchschnitt lag, wuchs die Bevölkerung bis 1939 auf über 600.000. Der erste Zensus nach der Unabhängigkeit gibt für die City of Manila eine EinwohnerInnenzahl von knapp unter einer Million an. Unter Einbeziehung der umliegenden Dörfer und Gemeinden, die heute die administrative Einheit Metro Manila bilden, lag die Bevölkerung bei gut 1,5 Millionen.1 Zwar stellte Manila nicht 1
Ab diesem Zeitpunkt ist es sinnvoll, den Begriff der City of Manila in Abgrenzung zur Metropole Manila zu verwenden. Bis dahin bestand weitgehende Identität von City of Manila und verstädtertem Gebiet. Im Folgenden bezeichnet Manila diesen Großraum, der eine größere Zahl von Städten und Gemeinden – darunter die City of Manila – umfasst und ab den
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mehr den einzigen internationalen Hafen des Landes dar und im Zuge des Wachstums im Agrarsektor, der sich in erster Linie auf den Süden der Philippinen konzentrierte, kam es seit den 1920er Jahren zu einer leichten Abnahme der ökonomischen Vormachtstellung Manilas. Dies führte dazu, dass Manila Ende der 1930er Jahre „nur noch“ für knapp die Hälfte der Exporte des Landes verantwortlich war (DOEPPERS 1991: 519), die Stadt blieb aber in nahezu allen Belangen Zentrum staatlicher Politik und staatlicher Modernisierungsprojekte. Die Befreiung Manilas von der japanischen Okkupation zu Beginn des Jahres 1945 kostete zehntausende Menschen das Leben und ließ die Stadt als ein Trümmerfeld zurück. Anders als die USA wenige Jahre zuvor übergab das japanische Militär Manila nicht kampflos. Der spätere US-Präsident Eisenhower wird mit dem Ausspruch zitiert, keine Stadt, mit Ausnahme von Warschau, wäre im Zweiten Weltkrieg in einem ähnlichen Ausmaße zerstört worden (FREE WORLD 1953). Aus dem amerikanischen Wiederaufbauprogramm des Philippine Rehabilitation Act wurden zwar einige der repräsentativen Gebäude restauriert, staatliche Interventionen in den umfassenden Wiederaufbau der City of Manila fanden aber kaum statt.2 „Instead of clearing the rubble, the new masters made the first in what became a series of attempts to leave the problems of one place behind and make a fresh start in another.“ (BERNER 1997: 12) Der nun unabhängige, aber kaum konsolidierte und von starken inneren wie äußeren Konflikten in Frage gestellte Staat konzentrierte seine Planungsanstrengungen in den folgenden Jahren auf den Bau einer neuen Hauptstadt und beließ weite Teile der Entwicklung der rapide expandierenden Metropole privatwirtschaftlichen Akteuren und informellen Siedlungen. Damit wurde der Grundstein für ein nachhaltiges Merkmal von Stadtentwicklung in Metro Manila gelegt. Bevor im Weiteren insbesondere die Phase des Marcos-Regimes seit der Mitte der 1960er Jahre betrachtet werden wird, sollen kurz zwei Beispiele eines solchen städtischen „Neuanfangs“, eines staatlichen und eines durch ein privates Immobilienunternehmen initiierten, betrachtet werden. Bei ersterem handelt es sich um ein bereits unter US-amerikanischer Verwaltung geplantes Prestigeprojekt des ersten Präsidenten des Commonwealth, Manuel Quezon, und den Bau der nach ihm benannten Stadt. Das zweite Bei-
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1970er Jahren als Metro Manila oder National Capital Region (NCR) bezeichnet wird. Um Entschädigungszahlungen zu erhalten, mussten Privatpersonen einen Mindestschaden angeben, der weit über dem Besitz großer Teile der Bevölkerung lag, so dass in erster Linie die oberen Schichten und USamerikanische Unternehmen von diesen profitierten.
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spiel, die Transformation einer Hazienda am südöstlichen Rand der City of Manila, in das dominierende Finanzzentrum und die reichste Stadt des Landes, bildet den Ausgangpunkt für die Dominanz privater developer und Immobilienunternehmen in Manila.
Quezon City als postkoloniales Nation-Building Der Bau neuer Hauptstädte wurde von einflussreichen Akteuren in einer Reihe postkolonialer Staaten als ein probates Mittel der Repräsentation und Produktion der neuen unabhängigen Nation erachtet, wurde darin doch ein wichtiges Mittel gesehen, die „mystical bond between people and place“ (PENROSE 1993: 29), die so untrennbar mit fast allen Erzählungen von Nation verbunden ist, zu reifizieren. Die moderne Großstadt ist nicht nur Verkörperung des neuen Kapitalismus und der Moderne, sondern zentraler Ort der Erschaffung von Nationen und ein „powerful vehicle through which political leaders and professional architects sought to ,imagine‘ the nation where it did not exist“ (BOZDOĞAN 2001: 294). Staatliche Modernisierungsprogramme, so Sibel Bozdoğan in seiner umfangreichen Arbeit über Modernism and Nation Building in den frühen Jahren der türkischen Republik, maßen Architektur, Urbanisierung bzw. dem Raum der Stadt und visible politics eine zentrale Rolle bei (BOZDOĞAN 2001: 9). Dies gilt für Washington, als der ersten postkolonialen Hauptstadt, für Brasilia, als dem Inbegriff modernistischer Stadtentwürfe, sowie jüngere Beispiele wie Abuja oder subnationale Zentren wie dem von Le Corbusier geplanten Chandigarh in Indien. Die Planung dieser neuen Regierungssitze zielte darauf ab, in diesen symbolischen Zentren der Nation Vorstellungen und Diskurse einer idealen postkolonialen und nationalen Identität in gebauter Umwelt einzuschreiben und zu realisieren (SONNE 2003; VALE 1992). „In the discourses of the postcolonial nation-state, the city is often ,overwhelmed with the onslaught of representational spaces‘ in attempts to produce the ,ideal of the post-colonial citizen‘“ (YEOH 2001: 458). Unter Auslöschung lokaler Bezugnahmen wurde dabei gleichzeitig affirmativ Bezug auf aktuelle, weltweit vorherrschende architektonische und planerische Diskurse genommen, um damit eine gleichberechtigte Position unter den souveränen Staaten zu markieren – so sind eine Reihe der ambitioniertesten Versuche utopisch modernistischer Stadtplanung in spät- und postkolonialen Kontexten entstanden. Diese Entwürfe, schreibt Vyjayanthi Rao in Bezug auf „the imagination of the modern city in South Asia“, wurden geprägt von einer „certain rejection of its specificity as a social
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space and its portrayal purely in relation to the exigencies of modernization and development“ (RAO 2006: 226). Abidin Kusno hat in Behind the Postcolonial diese staatlichen Projekte der Repräsentation von Nation im städtischen Raum am Beispiel der indonesischen Hauptstadt Jakarta untersucht (KUSNO 2000). Dabei zeigt er, wie in der frühen postkolonialen Phase Indonesiens die staatliche Hervorbringung einer neuen nationalen Identität unter diktatorischen Verhältnissen mit Architektur und Stadtplanung in einer Zusammenführung westlicher und indigener Architekturen und Diskurse verbunden wurde. Die modernistische Stadt wurde dabei als Abbild erreichter Modernisierung und Entwicklung sowie als Mittel zu dieser gedacht. „Urban Design is understood not simply as a method of representing cities in the postcolonial nation after the end of colonial rule, but is used rather as a technique for turning cites into fields of social, cultural, and national identity production that generates a particular form of modernity“ (KUSNO 2001: 15). Ähnliches gilt auch für den Versuch der Errichtung einer neuen Hauptstadt in den Philippinen, der an die Stelle der alten und zerstörten City of Manila, die zugleich ein Symbol kolonialer Herrschaft darstellte, einen deutlich sichtbaren Neuanfang setzen sollte. Dieses Bestreben bewegte sich ganz im Planungsdenken modernistischer Architektur und Stadtplanung. Bereits in den 1930er Jahren entstanden unter Manuel Quezon, dem ersten Präsidenten des Commonwealth, die ersten Ansätze und Pläne für den Bau einer neuen Hauptstadt im wenige Kilometer nordöstlich der City of Manila gelegenen Diliman. Diese wurden in Folge der massiven Zerstörungen der City of Manila nach der Erlangung der Unabhängigkeit verstärkt vorangetrieben. Entscheidend für die Entwicklung der City of Manila war die autokratische Politik Quezons, die das politische System des Landes nachhaltig beeinflusste sowie „Quezon’s desire to create his own Washington D.C.“ (ALCAZAREN 2000; MCCOY 1988). „The mayor impetus for the establishment of Quezon City after World War Two was its designation as the new seat of national government and symbolic centre of the country’s efforts at ‚nation building‘“ (PINCHES 1994: 17). Auch wenn in den späten 1930er Jahren, also unter weitgehend kolonialen Bedingungen, begonnen, so handelt es sich doch in erster Linie um ein postkoloniales Projekt, das eine Verkörperung der selbstbewussten und im Übergang begriffenen neuen Philippinen darstellen sollte. Die postkoloniale Hauptstadt versucht dafür in einen Dialog mit der kolonialen Vergangenheit zu treten, sie knüpft an eine Idee einer Nation an, die einen antikolonialen und oft präkolonialen Bezug hat und sie steht am Ende des Zweiten Weltkriegs unter dem Druck eines weltwei-
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ten und von einflussreichen Institutionen propagierten und protegierten Entwicklungsparadigmas. Der Staat, als die maßgebliche Kraft hinter der Entwicklung Quezon Citys, stand unter dem legitimatorischen Druck, eine Nation zu konstituieren und Selbstbewusstsein zu zeigen, in einer historischen Situation, in der dieser Staat alles andere als souverän war. Einerseits die weiterhin enge, neokoloniale Verknüpfung mit den USA im Kontext des kalten Krieges, und andererseits die Hukbalahap Guerilla ebenso wie eine die staatlichen Ressourcen plündernde Oligarchie, stellten diese Souveränität massiv in Frage (ABINALES/AMOROSO 2005: 167ff; KERKVLIET 1977). Der Neubau einer nationalen Hauptstadt und die deutliche Markierung eines Neuanfangs erschien in dieser Situation als dringliches Projekt und als angemessene Strategie des NationBuilding. Das neue Selbstbewusstsein und der neue Status der postkolonialen Nation sollten sich gerade in dem explizit westlichen bzw. amerikanischen – und dabei als universell inszeniertem – Charakter dieser Pläne ausdrücken. Anders als in den Großprojekten unter Marcos einige Jahre später finden sich hier keine Versuche der „Indigenisierung“ moderner Architektur und keine Anleihen an indigene Konzepte oder Symbole. Die Identifikation von Fortschrittlichkeit mit dem westlichen Entwicklungsmodell ist hierin ungebrochen. Widersprüchlichkeiten dieses Projekts werden dabei nicht thematisiert. Die Entwürfe für Quezon City stellten eine massive Erweiterung der älteren Pläne für die City of Manila dar. Auf 166 km2 weitgehend unbebauten Geländes, etwa dem vierfachen der Fläche der City of Manila, sollte die neue Stadt, ausgehend von einem kreisförmigen Memorial Park strahlenförmig angelegt werden. Nördlich davon, weit entfernt von bestehender Stadt, war die Anlage eines neuen Regierungszentrums vorgesehen und östlich erstrecken sich die 500 Hektar der University of the Philippines. Die zentralen Elemente, ein großes Verwaltungszentrum, Parks und Grünflächen und klare geometrische Linien, welche die Verteilung von Straßen, Gebäuden, Gebäudegruppen und funktionalen Elementen der Stadt vorsahen, bilden unübersehbare Anleihen an funktionalistischer Stadtplanung, dem Internationalen Stil und autoorientiertem Städtebau. Auch zeigt sich eine gegenüber dem Vorgänger gesteigerte Vorstellung von der technokratischen Planbarkeit von Gesellschaft (ELLIN 1997: 23f). Die Realisierung dieser Pläne wurde durch den Zweiten Weltkrieg nachhaltig unterbrochen und der Wiederaufbau mit Erlangung der Unabhängigkeit beschränkte die sowieso spärlichen Ressourcen. Quezon City, dessen Bevölkerung bis 1960 auf über 400.000 stieg, ist heute die größte und mit rund 2,5 Millionen EinwohnerInnen die be-
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völkerungsreichste Stadt Metro Manilas; die Pläne, eine neue und moderne Hauptstadt, ein symbolisches Zentrum des Landes, zu schaffen, können aber als weitgehend gescheitert bezeichnet werden. Begann die Umsiedlung wichtiger staatlicher Institutionen nur langsam und fand nur teilweise statt, so wurde unter der zentralistischen Politik von Marcos, trotz einiger Ansätze ein neues Regierungszentrum in Quezon City zu errichten, Manila wieder zur Hauptstadt der Philippinen. Einige Jahre später bildeten die diktatorischen Verhältnisse des Marcos-Regimes den Rahmen für einen erneuten Versuch, nicht eine neue Hauptstadt, aber ein symbolisches Zentrum einer modernen Nation, als einem „cult center […] of nationalism“ (MCGEE 1967) zu errichten. Zuvor soll aber noch eine weitere new town angesprochen werden, die insbesondere in der Zeit nach 1986 ein zentraler Ort der Produktion von Symbolen der Modernität Metro Manilas wird.
Philippine Dream Town – Ayala Inc. baut Makati City Quezon City blieb auch in den Jahren nach der Unabhängigkeit nicht die einzige neue Stadtgründung. Seit den 1950er Jahren zeigt der Bau von Makati eine neue Qualität städtischer Planung in Metro Manila an. Anders als das mit modernistisch-nationalistischen Diskursen und Symboliken überfrachtete Projekt der neuen Hauptstadt und die folgenden zentralstaatlichen Projekte unter Marcos, ist Makati in erster Linie eine privat geplante, entwickelte und unterhaltene Stadt, deren primärer Zweck weniger in der Repräsentation eines modernistischen Entwicklungsversprechens und eines modernen Staates liegt, denn im reinen Bekenntnis zum Markt, der Macht landbesitzender Eliten, internationalem Kapital und dem ökonomischen Nutzen. Als solches wurde Makati in den folgenden Jahren enorm erfolgreich. Unter der Regie von Ayala, einer der reichsten Familien und heute als Ayala Land Inc. größtes Immobilienunternehmen des Landes, entstand dort eine Stadt, die aus Sicht von PlanerInnen sowie der wohlhabenden Schichten, anders als die beiden bisherigen Versuche, meist als erfolgreiches Exempel moderner Stadtplanung in den Philippinen diskutiert wird. Bereits Ende der 1960er Jahre wird Makati im medialen Diskurs als ein besonderer Ort repräsentiert, der innerhalb der Region eine herausragende Position innehat (ABAO 1967; GADI-BALTAZAR 1967; GUZMAN 1967; VILLAMAYOR 1974). „The Philippine Dream Town“ (PESAYCO 1967) wird der City of Manila ebenso entgegengesetzt wie dem staatlichen Prestigeprojekt Quezon City. Zu einer Zeit, zu der das Primat staatlicher Stadt und Raumplanung welt-
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weit hegemonial ist, heißt es dort: „What the government could not do, private capital endeavored to accomplish“ (CORVERA 1969: 7). Makati erscheint den Autoren dieser Texte und zu einer Zeit vor der Krise modernisierungstheoretischer Perspektiven als Symbol moderner Stadtplanung und Stadtentwicklung und als Versprechen der Möglichkeit einer umfangreichen Modernisierung des Landes und der Nation. Als ein Ort, der frei ist von Hinweisen auf die Realitäten eines Landes der „Dritten Welt“ und der sich gleichzeitig durch seinen Inselcharakter von der umgebenden Stadt abhebt und abgrenzt. Den Bezugsrahmen stellen eher moderne Städte in den USA dar, als die direkte Umgebung (GADIBALTAZAR 1967). „Makati may well have provided the Philippines with a vision of the future, but set against the rest of the urban landscape, it also offered poignant testimony to the contrasting expenses of modernity in the urbanisation of Manila.“ (PINCHES 1994: 19)
Neben den ersten Gated Communities entstanden in Makati in den 1960er Jahren die ersten modernen Einkaufszentren, wurden die ersten, damals zwölfstöckigen, Wolkenkratzer des Landes errichtet. In Konkurrenz zum alten Finanzzentrum in der City of Manila wurde eine eigene Börse eröffnet und mittels strikter Regulation der Landnutzung und -entwicklung, sowie enorm hoher Grundstückswerte und einer stärkeren Unabhängigkeit gegenüber der wahlberechtigten Bevölkerung, das Entstehen eines deutlich sichtbaren informellen Sektors verhindert. 1851 erwarb die Roxas-Zobel-Ayala-Familie die östlich Manilas gelegene 1476 Hektar große Hazienda San Pedro de Makati. Mit Beginn des amerikanischen Kolonialregimes wurde diese, einschließlich des gleichnamigen Dorfs, Teil der Provinz Rizal. Bis in die 1920er Jahre wuchs die Siedlung ähnlich einer Reihe von Orten in der Umgebung Manilas zu einer Kleinstadt mit einigen tausend EinwohnerInnen. Die besondere Entwicklung Makatis setzt mit dem Übergang von der amerikanischen Kolonialverwaltung ins Commonwealth 1935 ein. 1936 wurde Don Jose Ayala unter Quezon Justizminister und damit zum Vorsitzenden der Nationalbank, der wichtigsten Vergabeinstitution von Immobilienkrediten und „by far the richest new source of booty for the emerging ‚national oligarchy’“ (HUTCHCROFT 1998: 27). In Ansätzen bereits vor dem Zweiten Weltkrieg, als auf dem Gelände der erste Flughafen des Landes errichtet wurde, umfangreich aber erst ab Ende der 1940er Jahre wurde unter der Aufsicht der Ayala Securities Corporation ein Entwicklungsplan mit einer projektierten Laufzeit von 50 Jahren für einen rund 900 Hektar großen, durch Ayala kontrollierten Teil Makatis
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entworfen und umgesetzt.3 Der Plan sah ein zentrales Geschäfts- und Verwaltungszentrum entlang der Hauptachsen des ehemaligen Flughafens, umgeben von ausgedehnten Wohnvierteln im Stil der USamerikanischen Suburbia und einem Gürtel von Industrieanlagen und ArbeiterInnenvierteln im Norden und Westen vor – die letzteren wurden allerdings im Laufe der Jahre zu Gunsten von hochverdichteten Oberschichtsquartieren und Geschäftsvierteln umgewandelt. Durch die längerfristige Verpachtung der Flächen statt eines Verkaufs an einzelne Bauunternehmen, behielt Ayala in hohem Maße die Kontrolle über die Entwicklung des Areals und trug zu einer relativ kurzen Lebensdauer von Gebäuden im Zentrum des Business Districts bei. Die ersten in Makati geplanten Viertel richteten sich zunächst an die obersten Segmente US-amerikanischer expatriates. Den Grundstein legte, neben dem Umzug der Golf- und Poloclubs, bereits Ende der 1930er Jahre die Errichtung von Forbes Park, einem luxuriösen und bewachten suburbanen Wohnviertel in direkter Nähe zum Militärlager McKinley (heute Fort Bonifacio). Im Laufe der 1950er Jahre entstanden mit San Lorenzo, BelAir und Urdaneta weitere bewachte Wohnquartiere und erste Geschäftsgebäude im Zentrum (DICK/RIMMER 2003: 268ff; DULDULAO 1996: 45). Diese neuen Villages bildeten für Teile der lokalen Elite aus Manila und anderen Teilen des Landes zunehmend attraktive Anziehungspunkte. Während der nationale Staat nur in geringem Maße in den Wiederaufbau von Infrastruktur investierte und das staatliche Gewaltmonopol nur partiell durchsetzte, verfügten die privaten Viertel von Beginn an über gesicherte Strom- und Wasserversorgung, wie auch private Wachdienste. In den 1960er Jahren beschleunigte sich diese Entwicklung. Es entstanden eine Reihe weiterer Wohnviertel, die sich allerdings zunehmend nicht allein an die Elite, sondern auch die oberen Mittelschichten richteten. Das ganze Jahrzehnt über lag das jährliche Bevölkerungswachstum über 8 %. Etwa zur selben Zeit setzte der massive Umzug von Unternehmen aus der alten City, insbesondere dem ehemaligen Geschäftsviertel Binondo nach Makati ein und trug so in den 1960er Jahren zum Abzug von Kapital aus dem alten Zentrum und dessen finanzieller Auslaugung bei (ILLY 1986: 175). In den 1980er Jahren, bevor Makati Konkurrenz durch den Bau neuer, ebenfalls privat geplanter Central Business Districts wie Ortigas Center, und in den letzen Jahren durch das ebenfalls von Ayala kontrollierte Fort Bonifacio Global City erhielt, befan3
Nicht das gesamte Areal des heutigen Makati City befindet sich unter Kontrolle von Ayala und damit privater Planung. Dies bezieht sich in erster Linie auf die zentral gelegenen Areale, das Central Business District, und die dieses umgebenden Villages, die heute überwiegend Gated Communities oder von gesicherten Condominien dominiert sind.
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den sich fast alle internationalen Unternehmenszentralen, Versicherungen, Banken und Botschaften sowie internationale Organisation wie ILO, UN und Weltbank in Makatis Central Business District, dessen Ausmaße mehrfach ausgedehnt wurden. Heute ist Makati die mit Abstand reichste Stadt Metro Manilas, deren Pro-Kopf-Einkommen deutlich über allen anderen Städten des Landes liegt und gilt in höchstem Maße als Symbol der extremen sozialen Unterschiede in der Metropole. Auch Makati selbst ist extrem stark gespalten. Lediglich 10 Prozent von dessen Bevölkerung lebt auf den 60 Prozent der Fläche, die Teil des von Ayala kontrollierten Areals sind. Die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung lebt in Quartieren und ökonomischen Verhältnissen, die sich nicht so sehr von der übrigen Metropole unterscheiden. Allerdings verfügt Makati über die Ressourcen für eine vergleichsweise ausgedehnte Sozialpolitik. Bürgermeister Binay, dessen Position auf die ärmeren WählerInnen angewiesen ist, spricht gar von Makati als einer „Total Welfare City“ (TORRE 2002a). Gleichwohl dient es als Vorbild und als Verweis auf die Vorzüge privater Planung sowie letzten Endes auf die Möglichkeit des erfolgreichen Aufstiegs der Philippinen zu einem global wettbewerbfähigen emerging market. Trotz mehrerer Konkurrenzprojekte gelang es Makati, seine dominante Position als „the Philippines’ only true Global City“ und städtischer Enklave frei von deutlichen Hinweisen auf die Realitäten einer Metropole in der Dritten Welt zu sichern. Der Aufstieg von Makati zum wichtigsten Geschäftsviertel und reichsten Gemeinde des Landes hat bereits in den 1960er Jahren einen Trend und Debatten über Stadtentwicklung vorweggenommen, die im Rahmen neoliberaler Stadtpolitiken ab den 1980er Jahren weltweit massiv an Bedeutung gewannen. Wenngleich auch der von Ayala kontrollierte Teil Makatis unter der Verwaltung des Lokalregierung von Makati City steht, so wird dessen Planung, Management und Kontrolle primär von privaten Organisationen übernommen. In den Gated Communities sind dies die jeweiligen homeowner associations und im Central Business District die Makati Commercial Estate Association, in der HausbesitzerInnen und MieterInnen organisiert sind. Die folgende Karte macht die Dimension privatisierter Stadt und städtischer Kontrolle im gegenwärtigen Makati City deutlich. Neben dem Central Business District und den Gated Communities in dessen Nähe betrifft dies Räume wie das zum Luxusquartier umgebaute ehemalige (nicht unter der Kontrolle Ayalas stehende) Kraftwerk Rockwell, das auf dem Weg zu einem neuen Central Business District befindliche ehemalige Militärlager Fort Bonifacio, sowie den Mall-Komplex um die beiden großen Einkaufszentren Glorietta und Greenbelt. Die Schnellstraße im Westen Makatis, die in die südliche Ausfallstraße Metro Mani-
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las übergeht, ist die ersten Kilometer mit einem kostenpflichtigen Skyway, der über direkten Anschluss an das Central Business District verfügt, überbaut.
Abbildung 7: Makati in den 1960er Jahren.
Abbildung 8: Entstehendes Central Business District von Makati. (Quelle: KOLB 1978)
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Abbildung 9: Makati City und Fort Bonifacio. (Eigene Darstellung unter Verwendung einer Karte aus: Makati City [2001])
Das Marcos-Regime und die New Society Wenngleich der Begriff der New Society (Bagong Lipunan) von Ferdinand Marcos primär im Zusammenhang mit dem 1972 ausgerufenen Martial Law Verwendung fand und legitimatorische Funktionen bei der Aufhebung demokratischer und rechtsstaatlicher Prinzipien übernahm, wird dieser Begriff hier auf das ganze politische Projekt Marcos’ seit dessen demokratisch legitimierter Präsidentschaft 1965 angewandt, auch wenn es durchaus möglich ist, diese in unterschiedliche Phasen zu unterteilen. Allerdings spielen diese, bezogen auf die städtischen Politiken, eine weniger wichtige Rolle. Martial Law kann als ein Hilfsmittel angesehen werden, das es erlaubte vorherige Politiken ohne Rücksicht auf Widerspruch durchzusetzen und zu verstärken. Trotz der Kriegsfolgen schien es in den 1950er Jahren, als hätten die Philippinen relativ gute ökonomische Vorraussetzungen für eine erfolgreiche Entwicklung entsprechend dem westlichen Entwicklungsparadigma. Verglichen mit anderen Ländern der Region, waren das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf und die Alphabetisierungsrate hoch und die Industrialisierung des Landes war relativ weit fortgeschritten. Die Philippinen rangierten bei wichtigen Indikatoren deutlich vor Korea und
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Taiwan und nur hinter Japan und dem späteren Malaysia (einschl. Singapur). Das Land verfügte über eine gut ausgebildete und vergleichsweise große Mittelschicht, eine etablierte moderne Verwaltung und Ansätze eines demokratischen Systems und war wichtiger regionaler Partner der USA im Kalten Krieg.4 Zudem verfügten die Philippinen über einen erleichterten Zugang zum US-amerikanischen Markt. Seit den 1950er Jahren wurde eine zunächst erfolgreiche Politik der importsubstituierenden Industrialisierung betrieben. In dieser Zeit lag das Wirtschaftswachstum des Lands über dem der benachbarten Staaten und verglichen mit diesen waren die innenpolitischen Konflikte durchaus überschaubar. Bis in die Mitte der 1960er Jahre, so Balisacan und Hill, „there was still little evidence that things were to go seriously wrong“ (BALISACAN/HILL 2003a: 3). Noch Ende der 1970er Jahre schrieb der deutsche Geograph Albert Kolb in einem umfangreichen Buch über Die Pazifische Welt, dass die Philippinen gegenüber Ländern wie Malaysia, Indonesien und Thailand die deutlich besseren Entwicklungschancen besäßen (KOLB 1981: 25f).5 1962 wurden vom IWF die ersten Kredite aufgenommen, um mit diesen die Aufhebung von Export- und Währungskontrollen zu erleichtern. Der bislang überbewertete Peso stürzte ab, was zu einem massiven Defizit in der Handelsbilanz führte. Die frühe Involvierung von IWF und Weltbank brachte manche Autoren dazu, bereits in den 1960er Jahren neoliberale Programme der gewaltsamen Liberalisierung und Öffnung von Märkten auf den Philippinen im Gange zu sehen (SCIPES 1999). In den späten 1960er und frühen 1970er Jahren verschärfte sich die ökonomische und politische Krise. Dies führte zu dem Versuch, diese Krise mittels einer Entwicklungsdiktatur und exportorientierten Programmen der Weltbank zu lösen (BELLO u.a. 1982; KELLY 2000: 32ff). Die ökonomische Situation stabilisierte sich in den 1970er Jahren und das Wirtschaftswachstum erreichte zunächst sehr hohe Raten, bevor die Philippinen Anfang der 1980er Jahre, in einer Mischung aus Schuldenkrise, Cronyism und veränderter internationaler Arbeitsteilung nach der Ölkrise in eine massive Wirtschaftskrise rutschten, welche die Wirt-
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Von Vietnam abgesehen, erhielten die Philippinen bis 1961 mit 950 Mio. US$ in Südostasien die höchste Wirtschaftshilfe sowie 220 Mio. US$ Militärhilfe (FREY 2005: 345). Eine Rolle für diese Bewertung mag für Kolb, der an unterschiedlichen Stellen offensiv antiislamische und rassistische Positionen vertritt, die Tatsache spielen, dass die Philippinnen durch die spanische Kolonisierung „zu einem katholischen Gotteshaus, zum einzigen christlichen Reich in der gelben und braunen Flut im Süden und Osten Asiens“ (KOLB 1981: 252) wurden.
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schaft des Landes in den Jahren 1985 und 1986 um 20 % schrumpfen ließ. Eine Krise des politischen wie des ökonomischen Systems, das drohende Ende der zweiten und letzten Amtszeit Marcos’, ökonomische Schwierigkeiten und wachsender Protest, insbesondere von Seiten linker Studierender und der seit einigen Jahren agierenden National Peoples Army (NPA) trugen dazu bei, dass Marcos am 21. September 1972 das Kriegsrecht verhängte und zentrale demokratische Rechte außer Kraft setzte. Dieser Schritt war nicht spontan, sondern beruhte auf einer langen Planung und Vorbereitung und erfolgte mit Rückendeckung durch die USA und internationale Kreditgeber (MUEGO 1988: 147). Die Folgen des bis 1981 anhaltenden Martial Law waren die Zerschlagung der Opposition, Verfolgung von KritikerInnen und die Stärkung jener Fraktion der Elite, die über die besten Verbindungen zum Umkreis des Präsidenten verfügte. Im Rahmen dieser Arbeit beschäftigen weniger die Repressionen dieses Regimes,6 als Entwicklungskonzepte und Modernisierungsversprechen und damit in erster Linie die Strategien mittels derer das Regime bemüht war einzelne gesellschaftliche Gruppen, und sei es auch nur symbolisch, einzubinden und das bestehende System damit zu stabilisieren. Auch Gewaltherrschaft gelingt in der Regel nur dann, wenn diese in der Lage ist, weite Teile der Bevölkerung zumindest von der passiven Teilnahme zu überzeugen. Das Marcos-Regime ist nicht allein als eine repressive Diktatur mit dem Ziel der Aneignung des gesellschaftlichen Reichtums durch eine korrupte Clique im Umfeld des Präsidenten zu verstehen, sondern ebenso und insbesondere auf der Bühne der Hauptstadt, als ein populistischer Entwicklungsstaat und als der Versuch der Propagierung und Durchsetzung einer Vorstellung einer „Neuen Gesellschaft“. Dies kann als der umfassendste Versuch auf den Philippinen gewertet werden, eine mit zahlreichen Staaten Ost- und Südostasiens vergleichbare, staatlich gelenkte und autoritäre Modernisierungspolitik zu etablieren. Das Marcos-Regime gehört so zu jener Art von developmental movement Regime (MUEGO 1988: 34), in denen „old class relations in society, old patterns of land tenure, old customs, old traditions or thoughts and generally old ways of conducting the business of life“ durch eine „internal revolution of national renewal“ überwunden werden sollten (Tucker und Diament, zitiert nach: MUEGO 1988: 16). Marcos selbst sprach in Folge des im September 1972 ausgerufenen
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Verglichen mit ländlichen Regionen, insbesondere Mindanao, verhielt sich der Repressionsapparat in der Metropole deutlich zurückhaltender (BASHIRI-GOUDARZI 1990: 44).
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Kriegsrechts vom September 21. Movement (MARCOS 1973: 34). Die Rhetorik der Bewegung und einer Revolution von innen, der Revolution from the Center (MARCOS 1978) oder der „revolutionary reform“, wie ein Wahlkampfslogan 1965 lautete (BASHIRI-GOUDARZI 1990: 34), war ein zentraler Bestandteil des Selbstverständnisses des Regimes und durchzieht eine Vielzahl von Reden und Texten Marcos’ (MUEGO 1988: 55).7 Anders formuliert, die US-Marcos-Dictatorship, so der in antiimperialistischen Texten geläufige Terminus (z.B. AKTIONSGRUPPE PHILIPPINEN 1980), der das Marcos-Regime auf den Status eines QuasiVasallenstaats des „US-Imperialismus“ reduziert, bedurfte für ihre Legitimierung und Dauerhaftigkeit der Zustimmung wichtiger Teile der Bevölkerung und damit einer Ideologie, welche die Notwendigkeit der Aufgabe einer formalen Demokratie glaubhaft machten konnte – was ihr bis zum Ende der 1970er Jahre auch in gewissem Maße gelang. Zu diesem Diskurs gehörte neben der Propagierung eines Neuen Filipinos gerade die Kritik an der bestehenden Elitendemokratie und das Versprechen einer wirklichen Demokratie, die gleichwohl nur mittels eines starken Staates durchzusetzen sei (z.B. MARCOS 1969). Die Rede von „the privileged few“ und „the communists“, der Bedrohung von rechts wie links war wichtiger Bestandteil der Legitimierung des Martial Law. Mit seiner Kritik an den alten Oligarchien sicherte sich das Regime lange die Unterstützung urbaner Mittelschichten, der technokratischen Bürokratien und Teilen der ärmeren Landbevölkerung, der USA ebenso wie internationaler Institutionen und transnationaler Unternehmen. Von diesen unterschiedlichen Akteursgruppen wurde, aus durchaus unterschiedlichen Motivationen heraus erwartet, dass es Marcos mittels eines zeitlich befristeten Ausnahmezustandes gelänge, die Herrschaft der alten Eliten durch eine rationale Herrschaft der Bürokratien und eines planenden Staates zu ersetzen, wie dies in einer Reihe benachbarter Staaten geschehen war. Das Marcos-Regime schien 1972 dem Bild eines autoritären Entwicklungsregimes in Ansätzen zu entsprechen und von unterschiedlichen Akteuren wurde angenommen, dass ein solches geeignet 7
Aus der großen Fülle von Publikationen von Ferdinand Marcos, auch das ein Hinweis auf die Bedeutung, die der diskursiven Untermauerung und Legitimierung des Regimes zugesprochen wurde, seien nur einige Titel genannt: The Spirit of Revolution (MARCOS 1968), New Filipinism. The Turning Point (MARCOS 1969), Today’s Revolution: Democracy (MARCOS 1971), The Democratic Revolution in the Philippines (MARCOS 1977b), Marcos speaks: Quotations From the Man Who Leads the Democratic Revolution in the Philippines (MARCOS 1977a), Revolution from the Center (MARCOS 1978), The Marcos Revolution. A Progress Report on the New Society (NATIONAL MEDIA PRODUCTION CENTER. 1980).
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zur Initiierung einer ökonomischen Modernisierung des Kapitalismus sei. Verglichen mit anderen Regimes in der Region konnte Marcos, dem als erstem Präsidenten der Philippinen eine Wiederwahl gelang, durchaus als relativ demokratisch gelten (ausf.: BOYCE 1993; HAWES 1987; MANAPAT 1991; THOMPSON 1995: 65f). Ein wichtiger Bestandteil des in erster Linie direkt durch das Regime produzierten Diskurses dieser „neuen Gesellschaft“ war eine Retraditionalisierung, d.h. eine Erfindung von Tradition (HOBSBAWM 1992), die Suche und Konstruktion einer authentischen philippinischen Kultur und Geschichte und die symbolische Dekolonisierung – bei real weiter bestehender neokolonialer Bindung an die USA.8 Nirgends wird diese Politik deutlicher als in der Bedeutung, die dem Raum der Hauptstadt beigemessen wurde und in den Versuchen diesen nach Maßgaben jenes Projekts umzugestalten. Bereits in den ersten Jahren der Präsidentschaft wurden groß angelegte Programme unternommen städtische Räume zu produzieren, die das Bild eines neuen und moderneren Manilas begleiten und unterstreichen sollten. Diese Raumproduktionen wurden flankiert von einer Vielzahl diskursiver und symbolischer Inszenierungen, die Stadtpolitik zu einem zentralen politischen und repräsentativen Feld unter Marcos machte. Ab der Mitte der 1970er Jahre trägt dieses Projekt den Titel City of Man (PINCHES 1994: 29).
Die City of Man Betrachtet man die lokalen wie internationalen Diskussionen der 1960er Jahre um Modernisierung und Entwicklung in Bezug auf die Rolle der urbanen Zentren, wird deutlich, dass diesen eine eminente Bedeutung 8
Diese Suche nach einer Geschichte vor und jenseits der spanischen Kolonisation stellte eine wichtige legitimatorische Figur dar. Ferdinand Marcos gab eine mehrbändige Chronik der Geschichte oder, wie der Titel besagt, des Schicksals der Philippinen, unter besonderer Berücksichtigung der präkolonialen Geschichte, heraus. Imelda Marcos trug zur Verbreitung einer aktualisierten Fassung des philippinischen Ursprungsmythos über Malakas at Maganda bei, in deren Inszenierung nur unschwer Ferdinand und Imelda Marcos selbst (First Couple also nicht nur im politischen Sinne) zu erkennen sind (RAFAEL 1990). Diese Suche nach dem ursprünglichen und authentischen Filipino gipfelte in der Entdeckung der Tasaday 1971 (Die als „Steinzeitmenschen“ durch die großen Magazine wie Time, National Geographic bis zur GEO weltweit als Symbol des „Edlen Wilden“ inszeniert wurden (HEMLEY 2003)). Auch wurden Versuche unternommen, den Namen des Landes, der eine Reminiszenz an den Spanischen König und das koloniale Erbe darstellt, durch eine indigenisierte Variante zu ersetzen (QUIMPO 2000).
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für die gesellschaftliche Modernisierung beigemessen wurde. In diese Richtung argumentiert auch Aprodicio Laquian – später Technokrat unter Marcos, dann bei der UNO und im Jahr 2000 kurzfristig Chief of Staff unter Estrada – in seinem 1966 erschienenen The City in NationBuilding. Darin versucht der Autor gesellschaftliche Modernisierung (begriffen als Institutionalisierung, soziale Differenzierung und Stärkung nationaler Identität) mit Urbanisierung und einem spezifischen urbanen Lebensstil zu verknüpfen. Nicht allein eine ökonomische Entwicklung durch eine stadtbasierte Industrialisierung, wie es Credo früher Modernisierungsversuche war, sondern die politische, soziale und kulturelle Produktion von Nation und Modernität, so der Autor, seien Grundlage von Modernisierung und Entwicklung und im Sinne strategischer Stadtplanung gemeinsam anzugehen (LAQUIAN 1966: 19). Entwicklungsregimes wie das unter Marcos müssen, wenn sie einem solchen Ansatz folgen, großes Gewicht nicht nur auf die ökonomische Entwicklung legen, sondern ein ebensolches auf Symbolproduktionen im Sinne der Erfindung und Inszenierung von Nation und Moderne. Ein solches politisches Projekt, das sich in diesem Sinne als ein staatliches Modernisierungsprojekt begreift, stellt die Politik gegenüber der Hauptstadt dar. „More than anywhere else, it was in Manila that the Marcos-Regime attempted to construct an edifice of modernity and national pride“ (PINCHES 1994: 28). Rationalisierung der Planung und eine architecture of display sind, so Michael Pinches, die beiden zentralen Momente städtischer und raumbezogener Politiken unter Marcos (PINCHES 1994: 28). Rationalisierung der Planung war verbunden mit einer Stärkung technokratischer und zentralistischer Zugriffe und damit zentrale Forderung von Modernisierungsprogrammen. Eine Architektur der Sichtbarkeit und Darstellung politischer Programme fungierte als ein bedeutsames Mittel der Produktion von Räumen der Modernität und der Symbole eines New Filipinism (MARCOS 1969). Das gilt nicht allein für Metro Manila, auch wenn es hier seinen fraglosen Schwerpunkt hatte. Massive Infrastrukturprojekte ebenso wie der landesweite Ausbau von Straßen unter dem Wahl-Slogan „Marcos Means More Roads“, versuchten (zumindest diskursiv) das gesamte Territorium des Landes zu besetzen und damit nicht zuletzt die Rolle des nationalen Staates gegenüber lokalen und traditionellen Eliten und Machtnetzen zu stärken. In diesem Sinne kann das Marcos-Regime zum Teil als ein Konflikt zwischen jenen Fraktionen der lokalen Eliten, die ihre Ressourcen über Landbesitz und PatronClient-Verhältnisse sicherten und einer nationalen Elite, stärker gebunden an Bürokratie, Industrie oder Dienstleistungen (auch wenn eine klare Unterscheidung zwischen beiden an Schärfe verliert), verstanden
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werden (BASHIRI-GOUDARZI 1990: 57ff). Das Marcos-Regime bedeutete damit auch die Stärkung der Macht der urbanen und eng mit dem Regime verbundenen Eliten, insbesondere aus Manila (TURNER 1989: 30). „The Marcos-Regime, which began to entrench itself long before the declaration of Martial Law in 1972, was an instructively complex hybrid. From one point of view, Don Ferdinand can be seen as the Master Cacique or Master Warlord, in that he pushed the destructive logic of the old order to its natural conclusion. In place of dozens of privatized ‚security guards’, a single privatized National Constabulary; in place of personal armies, a personal Army; instead of pliable local judges, a client Supreme Court; instead of a myriad pocket and rotten boroughs, a pocket or rotten country, managed by cronies, hitmen, and flunkies“ (ANDERSON 1988: 20).
Die Auflösung des von alten Eliten dominierten Parlaments schien auch manchen kritischen BeobachterInnen als Chance auf eine unparteiischere, rationalere und progressivere, durch Technokraten organisierte Politik (HAWES 1992: 145). Neben dem Machtgewinn einer zentralstaatlichen Bürokratie bildete die Expansion des Militärs eine zentrale Säule von Marcos Machtapparat (ABINALES 1998). Das Marcos-Regime stellt damit auch den Versuch dar, eine nationale Herrschaft zu etablieren, ohne diese an die lokalen Machthaber außerhalb des Umfeldes des Regimes zu binden.
Rationalisierung und Zentralisierung staatlichen Zugriffs Bereits seit den frühen 1960er Jahren wurde die Notwendigkeit einer Verwaltungsreform Manilas diskutiert (LAQUIAN 1966: 45ff; PACHO 1974). Das rapide Wachstum der Stadt, zu dem maßgeblich die Expansion informeller Siedlungen beitrug, sowie eine überforderte Infrastruktur schufen in den Augen zahlreicher BeobachterInnen gegen Ende der 1960er Jahre dringenden Handlungsbedarf. Städte wie Manila und Quezon sowie Gemeinden wie Makati, Malabon und San Juan, obgleich ein mehr oder weniger zusammenhängendes urbanisiertes Gebiet, verfügten über keinerlei metropolitane Verwaltungsebene zur Regulierung und Planung der bis 1960 auf eine Bevölkerung von knapp 2,5 Million EinwohnerInnen angewachsenen Region. Laquian beschreibt Metro Manila in den 1960er Jahren als herausragendes Beispiel autonomer lokaler Regierungen innerhalb einer metropolitanen Region. Jede Stadt oder zu einer Provinz gehörende Gemeinde verfügte über eine eigene Charta und bemühte sich um eine eigenständige und vielfach konkurrierende Entwicklung. Die Diskussionen um die Schaffung einer Metropolverwal-
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tung und Zentralisierung der Aufgaben und Befugnisse fand unter dem Druck und durch Förderung insbesondere von Seiten der Weltbank statt, die auf die Etablierung einer starken Zentralstaatlichkeit zur Durchsetzung der von ihr geförderten Großprojekte drang (BELLO u.a. 1982: 103ff; VAN NAERSSEN u.a. 1997: 173). Schon wenige Tage nach der Verkündung des Kriegsrechts wurde mit dem Integrated Reorganization Plan die Basis für eine Zentralisierung von Entwicklungsaufgaben und die Schaffung der National Economic and Development Authority (NEDA) gelegt, die eine größere Zahl entwicklungsrelevanter Institutionen zusammenfügen sollte und der direkten Kontrolle des Präsidenten unterstellt wurde (HUANG/NAANEP 1982: 129). Bis zum Ende der 1970er Jahre wurde die Bedeutung und Macht zentralistischer Institutionen mehrfach deutlich verstärkt. Vor der Ausrufung des Martial Law wurden verschiedene Entwürfe einer Reorganisation der Region diskutiert. Diese reichten von einer Manila Bay Metro Region, welche zahlreiche der umliegenden Provinzen einschließen sollte, bis zur deutlich kleineren und 1975 durch präsidentielle Verordnung geschaffenen Metropolitanregierung der Metro Manila Commission und der National Capital Region (NCR).9 Aufgabe der Metro Manila Commission sollte die Optimierung von metroweiter Entwicklungsplanung und Organisation regionaler Dienstleistungen sein. Zur Durchführung dieser Aufgaben wurde die Metro Manila Commission mit umfangreichen exekutiven Befugnissen ausgestattet. Die Schaffung der Metro Manila Commission diente nicht zuletzt der Entmachtung der lokalen Regierungen und Eliten, die mehrheitlich in Opposition zu Marcos standen (RÜLAND 1982: 73). Ziel war es, an Stelle autonomer Städte und Provinzen untergeordneter Gemeinden eine zusammenhängende und zentrale Metropolregierung zu setzen. Metro Manila erhielt damit den Status einer eigenen Provinz und einer eigenen Region.10 Die Zusammensetzung der Kommission und die Einsetzung von Imelda Marcos als Gouverneurin Metro Manilas unterstellte die Verwaltung Metro Manilas faktisch der direkten Kontrolle des nationalen Staats. Ab 1978 wurde die Metro Manila Commission dem neu geschaffenen und mit weit reichenden Befugnissen ausgestatteten Ministry 9
Die National Capital Region, oder Metro Manila, umfasst eine Fläche von 617km2 und 17 administrative Einheiten. Darunter waren 1975 vier Städte (Manila, Quezon, Pasay, Caloocan) und 13 Municipalities (Las Piñas, Makati, Malabon, Mandaluyong, Marikina, Muntinlupa, Navotas, Parañaque, Pasig, Pateros, San Juan, Taguig und Valenzuela). Die Bevölkerung lag 1975 knapp unter 5 Millionen. 10 Die Philippinen sind in 16 Regionen und 77 Provinzen unterteilt. Einige dieser Regionen, wie die Autonomous Region in Muslim Mindanao verfügen über einen besonderen autonomen Status.
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of Human Settlements unterstellt, zu dessen Ministerin ebenfalls Imelda Marcos berufen wurde. Diese festigte damit ihre Position als eine der einflussreichsten PolitikerInnen des Landes, die nun nicht mehr nur über symbolisch wichtige Positionen, etwa im Kultursektor verfügte. Mit der Ausschaltung bestehender politischer Strukturen, der Schaffung einer pseudodemokratischen Barangay Democracy11 und Reorganisation der Verwaltung Metro Manilas, gelang es dem Regime erhebliche Macht zu konzentrieren und politische Widerstände in der Metropole weitgehend auszuschalten bzw. deren Bekämpfung zu vereinfachen. Die Erfolge der Metro Manila Commission bei der Etablierung einer neuen Verwaltung, der Schaffung neuer Infrastrukturen und der Organisation metropolitaner Dienstleistungen und Strukturen blieben, obgleich diese beständig mit der Ausrufung und Einsetzung neuer Projekte und Programme beschäftigt war, stark begrenzt. „Taking into account the announced purpose of the MMC of integrating public services at the metropolitan level, it has to be stated that, strictly speaking, only one service sector, namely refuse and garbage collection has been actually integrated.“ (RÜLAND 1985: 34)
Als Hauptursache dafür können neben der vielfach geäußerten These, dass das Regime mehr Wert auf das Ausrufen neuer Programme und erster Spatenstiche als auf längerfristige Durchführungen legte, die in den späten 1970er Jahren zunehmende ökonomische Krise und die von einem bereits hohen Niveau aus wachsende Korruption gelten. Im Folgenden sollen zwei Aspekte der städtischen Politik bzw. städtischer Projekte unter Marcos hervorgehoben werden, welche einen Fokus auf architectures of display und symbolische Politiken haben und Schwerpunkte der städtischen Politik bildeten. Der eine stellt das Vorzeigeprojekt eines modernen, fortschrittlichen und internationalen Mani11 Das Marcos Regime verstand sich in seiner publizierten Rhetorik durchaus als demokratisch. So wurde die New Society als „participatory democracy“ (TURNER 1989: 294f) und wirkliche Demokratie bezeichnet. Diese sollte die bestehende Elitendemokratie durch eine lokale und kleinräumig organisierte Demokratie ersetzen, die an eine präkoloniale philippinische Nation anzuschließen behauptete. Eine Antwort auf die Herrschaft lokaler Eliten stellte die Reform der Kommunalverwaltung und die Einführung der Barangay Democracy dar. Barangay democracy, wie sie in der Ratifizierung der neuen Verfassung durch nicht-geheime Wahlen in den Barangays 1973 oder in einer Reihe anderer streng kontrollierter Referenden (RÜLAND 1982: 35) zum Ausdruck kam, diente der symbolischen Integration. „Master political strategist that he was, Marcos tried to involve the people, if not in the actual decision-making process itself, at least symbolically“ (MUEGO 1988: 151).
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las dar, während der zweite Licht auf den Umgang mit Marginalisierung und städtischer Armut, also den Widersprüchen gegenüber Ersterem, wirft. Diese beiden sind gerade wegen ihres gegenseitigen Ausschlusses eng miteinander verbunden.
Das Cultural Center of the Philippines Der Komplex rund um das Cultural Center of the Philippines (CCP) bildet eines der Kernstücke der umfangreichen staatlichen Projekte, mit denen das Marcos Regime Vorstellungen der New Society in der Produktion neuer Räume zu verankern suchte. Bereits während der ersten Amtszeit von Marcos, aber mit zunehmender Energie nach Ausrufung des Martial Law und primär forciert durch die First Lady, die ab der Mitte der 1970er Jahre eine weit reichende Kontrolle über die zentralen Institutionen Metro Manilas erlangte, entstand auf künstlich gewonnenem Land an der Küste eine monumentale Repräsentation jener neuen Gesellschaft und ein umfangreiches Beispiel modernistischer Stadtplanung unter diktatorischen Verhältnissen. Die Symbolik der Landnahme, die sprichwörtliche Produktion von städtischem Raum, wo zuvor Wasser war, der Triumph moderner Technik über die Natur und deren Transformation in ein Symbol gesellschaftlicher Modernisierung, der Fokus auf internationale Architekturstile und internationale Großereignisse, bei gleichzeitiger Zelebrierung von Folklore und einer neovernakularen Ästhetik, zeigen deutlich, wie das Regime repräsentiert werden wollte und wie von diesem Nation und Modernität konstruiert wurden. Zu diesem Zweck wurden enorme finanzielle Summen aufgewandt. Die Schaffung eines sichtbaren und monumentalen Symbols der City of Man, „in the heart of expanded Metro Manila, as the nucleus from which all humanist progress and development shall radiate towards the rest of the metropolis and the country“ (METRO MANILA 1978), bildete, betrachtet man die offizielle Literatur, ein wesentliches Element des neuen gesellschaftspolitischen staatlichen Projekts. Der Komplex des Cultural Center of the Philippines wurde entworfen in einer Weise und mit dem Ziel, dem Rest des Landes ein Bild jener modernen Nation vorzuführen, zu der das Land nach den Plänen und in der Rhetorik des Regimes werden sollte und ähnelt in diesem Anspruch durchaus dem kolonialen Projekt des US-amerikanischen Kolonialregimes. Dieser Ort, der als Keimzelle der neuen Gesellschaft und Kultstätte des neuen Filipinos inszeniert wurde und der dazu beitragen sollte, einen Mythos von Gemeinschaft, nationaler Identität und Modernität zu generieren, bestand aus einer Reihe monumentaler, ins skulpturenhafte ge-
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hender Architekturen, die sich Daniel Burnhams Diktum, keine kleinen Pläne zu machen, zu Herzen genommen haben. Die intensiven Debatten um die Errichtung des Theater of Performing Arts (Abbildung 10/Abbildung 11), als dem ersten Teil eines größeren Komplexes aus Konferenzzentren, Hotels und (Hoch-)Kultureinrichtungen, die den Zeitraum vom Beschluss durch eine präsidiale Verfügung 1966 bis zur Eröffnung 1969 begleiteten, zirkulierten zwischen dem Vorwurf der megalomanen Selbstinszenierung der First Lady, die der später ermordete Ninoy Aquino mit Eva Peron verglich (MT 11.2.1969), sowie der illegalen und verschwenderischen Verwendung von Steuergeldern auf der einen Seite und der Behauptung einen Ort zu schaffen, von dem aus eine neue Nation wachsen könne, auf der Anderen (ST 17.4.1966). Imelda Marcos selbst sah sich im Gegenzug eher als Robin Hood, die den Armen die Wohltaten der Künste nahe bringt (PFP 13.9.1969). Nachdem kritische Stimmen in Folge des Kriegsrechts kaum mehr öffentlich artikulierbar waren, entstanden auf dem weitläufigen Areal in kurzer Zeit zahlreiche repräsentative Bauwerke. Dabei wurde, dank diktatorischer Befugnisse und der zunehmenden Macht der First Lady im Kultursektor sowie in der Stadtplanung und -verwaltung, der finanzielle Rahmen und der Umfang des Projekts beständig erweitert und rechtliche Beschränkungen überwunden – auch wenn die Schulden, die das Projekt auch während des Betriebs erwirtschaftete, beständig stiegen. Auf den ersten 77 von geplanten 3.000 Hektar trockengelegten Landes folgten dem Theater of Performing Arts (1969) das Folk Art Theater (1974), The Philippine Center for International Trade and Exposition (1976), The Philippine International Convention Center (1976), PhilTrade (1979), The Coconut Palace (1981) und das Manila Film Center (1982).12 Diese entstanden in der Regel unter hohem zeitlichem Druck, da ihre Fertigstellung oft mit internationalen Veranstaltungen verbunden wurde. Das Regime gab sich große Mühe, jede Gelegenheit zu nutzen, ein internationales Großereignis zu veranstalten. „Hosting meant achieving media coverage, the chance to promote the Philippines globally, in order to gain international acceptance.“ (LICO 2003a: 144). 1974 fand der Miss-Universe-Wettbewerb statt, 1975 der Thrilla in Manila, ein Boxkampf zwischen Muhammad Ali und Joe Frazier, 1976 die IWFWeltbank-Tagung im eigens errichteten Philippine International Convention Center. Das Internationale Film-Festival, dessen Ziel es sein sollte Manila mit seiner sehr produktiven Filmindustrie als „Cannes Asiens“ zu positionieren, richtete sich sowohl an ein internationales Pu-
12 Eine detaillierte Darstellung findet sich in Gerard Licos Edifice Complex (LICO 2003a).
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blikum, wie auch Teile der lokalen Bevölkerung. Das 65 Millionen Dollar teure Internationale Kongresszentrum, dessen Eröffnung für das gemeinsame IWF- und Weltbanktreffen 1976 vorgesehen war, seiner Zeit das größte in der Region (Abbildung 12), brauchte vom Beginn der Planung bis zur Eröffnung nur zwei Jahre (POLITES 1977: 15). Der Zwang, in enorm kurzer Zeit die gewünschten Gebäude zu liefern, kulminierte im Bau des letzen der sieben Gebäude auf dem Gelände, dem Manila Film Center. Diese modernistische Version des Parthenon, die 1982 Austragungsort des Manila International Film Festival werden sollte, wurde unter einem Zeitdruck errichtet, der dazu führte, dass die kollabierende Decke des sechsten Stockwerks über hundert Arbeiter in halbfestem Beton begrub. Eine Bergung der Leichen ließ der enge Zeitplan nicht zu (LICO 2003a: 121ff).13
Abbildung 10: Theater of Performing Arts. (Foto: Boris Michel 2005)
13 Ein solcher Zwang zur Geschwindigkeit und Beschleunigung – einer der zentralen Topoi der modernen Großstadt – scheint typisch für modernistische Projekte wie dieses. So wurde beim Bau von Brasilia die Durchsetzung des „36-Stunden-Tages“ propagiert, die den Weg zur Zukunft mittels einer zusätzlichen Schicht Enthusiasmus und der „Beschleunigung der Zeit“ abkürzen sollte (HOLSTON 2003: 257).
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Abbildung 11: Theater of Performing Arts. (Quelle: POLITES 1977: 113) Die massive Betonarchitektur des Architekten Leandro Locsin, der verantwortlich zeichnet für den Masterplan des gesamten Komplex wie auch die beiden Theater, das Design Center, das Philippine Plaza Hotel und das Konferenzzentrum auf dem Gelände, wurde geprägt von geometrischen Formen monumentaler Größe, wie es sie in diesen Dimensionen bisher in Manila nicht gab.14 „These buildings represented the latest developments in modernist architecture, and were designed to present a type of streetscape entirely new to the city, and to impress pedestrians with their scale and grandeur.“ (SHATKIN 2005: 586) Die zentrale Struktur des Theater of Performing Arts wird dominiert von einem gigantischen fensterlosen Betonblock, der einer relativ leichten Struktur aufliegt (Abbildung 10). Dieses, ebenso wie das außerhalb Manilas gelegene Makiling National Art Center, gilt als eine modernistische Abstraktion des bahay kubo, des traditionellen philippinischen Hauses, und wurde als eine Verbindung moderner und indigener Architektur diskutiert (LICO 2003a: 81). Das traditionelle, prä-spanische, in 14 Locsin gilt als einflussreichster Architekt der Philippinen. Seit den frühen 1960er Jahren prägten modernistische Architekten wie van der Rohe oder Le Corbusier sowie die den ökonomischen wie klimatischen Bedingungen der Philippinen näher liegenden Arbeiten von Niemeyer seine Entwürfe, die allerdings mit Abstraktionen lokaler Architekturen und historischen Bezüge indigenisiert wurden. (KULTERMANN 2003: 277; POLITES 1977).
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der Regel aus Bambus und Nipa gefertigte Haus weiter Teile der ländlichen Bevölkerung wurde hierbei in ähnlicher Weise wie dies neoklassizistische Architektur betreibt, zitiert. Diese traditionelle Form, die in weiten Teilen des Landes auch die aktuelle war, wurde dabei mittels monumentaler Größe und insbesondere Beton (der intensive Einsatz von Stahl und Glas schien ökonomisch nicht realisierbar) befreit von allen Bezügen auf die Realität eines Landes in der „Dritten Welt“.
Abbildung 12: Philippine International Convention Center. (Quelle: POLITES 1977) Die New Society und der neue Filipino sollten, so das Diktum des Regimes, auf der Basis der Inszenierung einer wiederentdeckten und ausgegrabenen authentischen Kultur entstehen und das Cultural Center of the Philippines sollte bei der Konstruktion und Rekonstruktion einer solchen nationalen Erzählung eine zentrale Rolle übernehmen. In den Worten von Imelda Marcos: „The revival of our cultural traditions in architecture, literature, handicraft and the performing arts will certainly strengthen our sense of national identity. Our agenda for national development includes this program so that we may rediscover and refurbish our Filipino identity.“ (MARCOS 1981: 36f)
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Mit dem Ziel eine solche philippinische Identität zu konstruieren bzw.
wiederherzustellen wurde eine ganze Heritage-Industrie in Stellung gebracht, um traditionelle Kunst zu fördern, folkloristische Traditionen wiederzubeleben und historische Architekturen zu renovieren. Jenseits des Cultural Center of the Philippines, das stark auf einer Mischung aus anti-kolonialer Inszenierung und modernistischen Ideen basierte, betraf dies insbesondere das alte Zentrum von Intramuros. Unterstützt durch die UNESCO und von dieser zum Weltkulturerbe erklärt, wurde Intramuros, das nach dem Zweiten Weltkrieg zunächst nicht wiederaufgebaut wurde, aufwendig renoviert. Die meisten der während des US-amerikanischen Kolonialismus verbliebenen Institutionen zogen in den Jahren nach dem Krieg weg und das Areal wurde von informellen Siedlungen übernommen. Ab dem Ende der 1970er Jahre wurde mit der Restauration von Intramuros und dem Umbau zu einem nostalgischen Freilichtmuseum begonnen. Während informelle Siedlungen geräumt oder zumindest aus der Sichtbarkeit verbannt wurden, wurden die verbleibenden kolonialen Wohnhäuser, Verwaltungsgebäude, kirchlichen Einrichtungen und Kopfsteinpflaster (einschließlich Pferdekutschen) restauriert (Maclaren/Villalon 2002: 15). Gegenüber der anti-kolonialen Ausrichtung des Cultural Center of the Philippines und weiter Teile der übrigen Rhetorik des Regimes konnte Intramuros als einer der wenigen Orte dienen, an denen die lokalen Eliten auf eine konkrete eigene Geschichte und damit die Legitimität der eigenen Position verweisen konnten (Pinches 1994: 14). Jenseits dieser spezifischen Geschichte, die das spanisch-koloniale Manila repräsentierte, war das Cultural Center of the Philippines der zentrale Ort dieser Inszenierungen und Spektakel der Wiederbelebung einer imaginierten Tradition und kollektiven Geschichte – in der unterschiedlichen ethnischen Gruppen durchaus eine (folklorisierte) Position und Repräsentation zugesprochen wurde, um daraus eine kohärente Idee von Nation zu konstituieren. Die Massenveranstaltungen zu den Eröffnungen, die intensive Medienberichterstattung, die umfangreichen Publikationen, die fast einhellig die Stimme des Regimes wiedergeben, weisen auf eine hohe symbolische Bedeutung hin. Zentral waren dabei die folkloristische Inszenierung von Authentizität und die Versuche eine mythische und in einem präkolonialen Zustand wurzelnde Vorstellung von nationaler Gemeinschaft, Fortschritt und Monumentalität zu konstruieren (LICO 2003a: 132). Trotz der nationalistischen Rhetorik, in der von dem „neuen Filipino“ die Rede ist, richtet sich dieses Projekt, das sich in erster Linie als Präsentationsort für Hochkultur darstellte, an ausgewählte AdressatInnen, in erster Linie die Mittelschichten, denen das Regime weite Teile
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seiner Stabilität verdankte, lokale Eliten und Oberschichten, die über das notwendige ökonomische und kulturelle Kapital verfügten sowie die international community. Gegenüber den urbanen Mittelschichten, auf deren Zustimmung das Regime deutlich stärker angewiesen war, als auf die der marginalisierten Bevölkerungsgruppen, denen gegenüber ein repressives Vorgehen dominierte (siehe unten), diente diese Inszenierung als Versprechen und Beweis von Aufstieg und Modernisierung. Als dieses Versprechen durch die ökonomische Krise seit späten 1970er Jahren und eine wachsende Unkalkulierbarkeit des Regimes an Glaubwürdigkeit verlor, entzogen die Mittelschichten ihre Unterstützung. Die international community, potentielle Investoren, internationale Organisationen oder TouristInnen, die von der Fortschrittlichkeit des Landes überzeugt werden sollten und für die eine Reihe von Luxushotels nahe der staatlichen Prestigeprojekte mit massiver finanzieller Unterstützung des Staates errichtet wurden,15 galt es in erster Linie mit internationalen Großereignissen anzusprechen. Deren Erfolge wurden gleichzeitig als Beleg des Erfolges der staatlichen Modernisierungsversprechen an die lokale Bevölkerung weitergereicht. Allerdings gelang es im Laufe der späten 1970er Jahre immer schlechter neues Kapital anzuziehen und internationale Zustimmung für das Projekt des Regimes zu erhalten. Ursächlich dafür war nicht zuletzt die immer stärker zunehmende Korruption und Vetternwirtschaft des Regimes sowie gerade diese Konzentration auf symbolische und weniger auf ökonomisch nachhaltige Investitionen. So erfolgte eine reale Öffnung für ausländisches Kapital nur eingeschränkt und nur in dem Maße, in dem es die Stellung der lokalen Eliten bzw. der Günstlinge des Regimes nicht gefährdete. Doch jenseits dieser symbolischen Politiken und Inszenierungen von Modernität durch die Produktion monumentaler Repräsentationen einer solchen, ist ein zweiter Strang auf den städtischen Raum gerichteter Politiken zu erwähnen, der sich an andere Bevölkerungsgruppen der Metropole richtet, eben jene, die von diesem Projekt ausgeschlossen wurden. Hierin zeigen sich Versuche, die Sichtbarkeit von Widersprüchen zum hegemonialen Staatsprojekt, zumindest für die dominanten Akteure und die anvisierten Zielgruppen des Regimes, zu reduzieren. 15 Der Metropolitan Manila Development Plan von 1977 verzeichnet mit 2,8 Mrd. Peso als größten Posten die Metro Manila Hotel Construction Industry, die für die Finanzierung einer Reihe von Fünfsterne-Hotels für die erwarteten BesucherInnen der großen Internationalen Tagungen und Kongresse zuständig war. Hinter dem Ausbau der städtischen Wasserversorgung stand mit 800 Mio. Peso weit abgeschlagen das Manila Urban Development Program, das sich sowohl um die Aufwertung der Slums von Tondo, als auch um metroweite Transport- und Verwaltungsprobleme kümmern sollte (MM 1.2.1978: 52).
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Die City of Man und die Kriminalisierung der Armen Die Bemühungen um die Schaffung einer technokratischen Verwaltung und die Produktion städtischer Landschaften, die als sichtbarer Beweis für die Erfolge des staatlichen Modernisierungsprojekts eines autoritären Entwicklungsregimes dienen, stehen vor der Frage nach dem Umgang mit dem „Anderen“ dieser Moderne. Ein Modernisierungsprojekt, wie das unter Marcos, welches zentralen Wert auf Symbole einer solchen Modernisierung legt und dessen ökonomischen Erfolge weit hinter den Behauptungen zurückblieben, in einem Land, in dem große Teile der Bevölkerung weiterhin unterhalb der Armutsgrenze leben und dies unübersehbar einen Widerspruch zum behaupteten Projekt darstellt, muss sich in irgendeiner Weise um die Beseitigung dieser Widersprüche bemühen. Dafür stehen repressive wie weniger repressive, ausschließende und einbindende Mittel zur Verfügung. Zu den einbindenden Strategien kann, neben Sozialstaatsprogrammen, die in Ländern wie den Philippinen kaum zu verwirklichen sind, insbesondere Nationalismus als integrativer Diskurs aktiviert werden, da er das Potential hat soziale Konflikte nach innen hin zu entschärfen und zu kanalisieren. Allerdings kann es als unwahrscheinlich gelten, dass dies längerfristig allein mit folkloristischer Rhetorik und romantic populism (HOGAN 2006: 127) und ohne die Beachtung der materiellen Bedürfnisse marginalisierter Bevölkerungsgruppen erreicht werden kann. Auch die Politiken gegenüber städtischer Armut und der als wachsendem Problem wahrgenommenen Informalisierung wurden von ähnlichen Vorstellungen und Annahmen geleitet, wie die oben beschriebenen Projekte. Sicherheit eines Obdachs und der Zugang zu grundlegenden Gütern stellen in Städten wie Metro Manila eines der zentralen Konfliktfelder mit erheblicher politischer Brisanz dar (PORIO 2002). Betrachtet man die offizielle Rhetorik, so scheint das Regime kaum Kosten noch Mühen gescheut zu haben, eine aktive Politik der Armutsbekämpfung zu betreiben. Und auch wenn erste Ansätze öffentlicher Interventionen in den Land- und Wohnungsmarkt sowie staatliche Programme zur Bekämpfung von informellen Siedlungen und schlechten Wohnverhältnissen bereits in den späten Jahren der amerikanischen Kolonial-Verwaltung stattfanden, so kann bis in die Zeit vor dem Martial Law kaum von einer konsistenten Politik gegenüber städtischer Armut gesprochen werden. Insbesondere nicht von einer, die das spezifisch Städtische dieser Armut berücksichtigt (VAN NAERSSEN 1989: 206). Informelle Siedlungen und Slums16 wurden zunächst nicht als politische Probleme wahrgenommen, 16 Die Begriffe Slums, Shanties, Squattersiedlungen oder informelle Siedlungen werden in den Philippinen meist synonym verwendet (der Begriff
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sondern in erster Linie als ein juristisches Problem verhandelt. Seit den 1950er Jahren wurden Tausende von Familien zwangsweise umgesiedelt, ohne dass diesen dafür adäquate Alternativen angeboten wurden. Ausweichareale, so sie bereitgestellt wurden, waren zumeist an der Peripherie der Metropole angesiedelt und verfügten weder über nötige Infrastrukturen noch über Zugangsmöglichkeiten zu den Arbeitsmärkten der Stadt. In der Regel wurden diese Ausweichareale von den Umgesiedelten meist recht schnell wieder in Richtung Stadt verlassen. Unter Marcos setzte dahingehend ein Wandel ein, dass städtische Armut und informelle Siedlungen erstmals als ein politisches Problem wahrgenommen wurden, was umfangreiche Konsequenzen, sowohl bezogen auf die politische Rhetorik als auch staatliche Politiken hatte. Ein Hinweis darauf findet sich in der Expansion der sozialwissenschaftlichen Beschäftigung mit Slums und informellen Siedlungen, die diese Orte erstmals nicht nur in Begriffen des Mangels, der Devianz und der Illegalität betrachtet, sondern deren Eigenständigkeit und innere Strukturen und Qualitäten zu verstehen bemüht war (z.B.: JOCANO 1975; LAQUIAN 1971). Zudem wurde in wachsendem Maße anerkannt, dass es sich dabei nicht nur um eine kurzfristige Verwerfung und notwendige Begleiterscheinung des Modernisierungsprojekts handelt; dies trug auch auf internationaler Ebene zu einer stärkeren Thematisierung der Problematik von Slums und informellen Siedlungen bei. Besonders wichtig im Kontext der Politiken des Marcos-Regimes in Manila ist die Wahrnehmung einer politischen Brisanz von Slums, die sich unter anderem in der Annahme wiederfindet, dass diese Räume einen idealen „Nährboden“ für politischen Widerstand und Rekrutierungsort kommunistischer Guerillas darstellten. Das Regime sah Squatter als eine zentrale Bedrohung an, sowohl als eher symbolische Bedrohung für dessen Modernisierungsprojekt, wie auch als reale Bedrohung in Form eines Agitationsfeldes der Guerilla und anderer sozialer Bewegungen, die zu einer Infragestellung des status quo beitrügen. So verschärfte das Regime auf verschiedenen Ebenen den Kampf gegen diese informellen Siedlungen. Neben Räumungen und dem Ausbau eines Überwachungsapparats durch das Barangay-System, das die Kontrolle und Überwachung durch Si-
der Marginalsiedlungen ist auf die deutschsprachige Geographie beschränkt, lokale Begriffe wie iskwater spielen in den aktuellen Diskursen keine Rolle). Hier sollen letztere in erster Linie in Bezug auf rechtliche Fragen und den rechtlichen Status dieser Siedlungen verwendet werden, erstere hingegen in Bezug auf die meist pejorative und mit Vorstellungen moralischer Verfehlung verbundene Beschreibung von Erscheinungsbild, Armut und schlechten Wohnbedingungen. Diese müssen nicht deckungsgleich sein.
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cherheitskräfte ausbaute, gehörte dazu die Unterbindung von Selbstorganisation, solange sie jenseits der staatlich vorgesehenen und kontrollierten Organisierung verlief (ARN 1995; SHATKIN 2004: 2478). Allerdings gab es die 1970er Jahre hindurch beständig Proteste gegen die staatliche Politik gegenüber informellen Siedlungen, was den Befürchtungen des Regimes einige Berechtigung verleiht. Ein herausragendes Beispiel solcher Selbstorganisation bildete die 1970 gegründete Zone One Tondo Organization, die als Basisorganisation mehrere zehntausend Menschen in den Slums von Tondo organisierte und deren Zerschlagung Mitte der 1970er Jahre nur in Ansätzen gelang (NOBLE 1977; RÜLAND 1986). Zudem wurden die Philippinen ein Pilotland der neuen WeltbankStrategie des slum upgrading (BERNER 1997: 29) und seit 1973 wurde der Umfang staatlicher Investitionen im Wohnungsbausektor massiv erhöht (RÜLAND 1982: 217). Insbesondere Tondo, einer der ärmsten Stadtteile und lange Zeit größter und bekanntester Slum der Metropole, wurde Objekt massiver politischer Interventionen (ALVAREZ 1978; LINDAUER 1981). Dennoch: „Despite the rhetoric of President Marcos, many of the developmental schemes undertaken in Manila can be shown to run contrary to the interests of the city’s underprivileged. The main beneficiaries are not the lowest income earners but some local and international business interests, together with sections of Manila’s small upper and middle class population“ (LAKHA/PINCHES 1977: 372).
Ebenso wie im Falle der oben genannten Projekte dominierten auch im Bereich der Armutsbekämpfung symbolische Politiken. Beispielhaft für die geringen materiellen Errungenschaften, die von einem erheblichen politischen Aktionismus begleitet waren, mag die 1975 gegründete National Housing Authority stehen, deren Ziel die Verbesserung der Wohnsituation des ärmsten Drittels der Bevölkerung darstellt. Dieser gelang es bis 1985 landesweit nur rund 4.000 Wohneinheiten zu produzieren, wesentlich weniger als die im Zusammenhang mit diesen zerstörten Häuser. Gleichzeitig erreichte die National Housing Authority aufgrund der relativ hohen Kosten, die für den Kauf der von ihr bereitgestellten Wohnungen aufzubringen waren, nicht die vorgesehenen Zielgruppen. Vielmehr konnten nur Familien der unteren Mittelschichten die notwenigen Mittel aufbringen (HEINTEL/SPREITZHOFER 2002: 37).17
17 Ausführlicher zum staatlichen Wohnungsbau und der Wohnungspolitik des Marcos Regimes siehe RÜLAND (1982: 217ff).
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Eines der aufwendigsten und auffälligsten Projekte dieses Unternehmens informelle Siedlungen zu bekämpfen erscheint als ein direkter Ableger der oben beschriebenen Politiken der City of Man. Im Rahmen des umfangreichen Tondo Foreshore Projekts, das mehreren zehntausend Familien aus dem ärmsten, und für seine berüchtigten Müllberge von Smokey Mountains bekannten Stadtteil Tondo bessere Wohnverhältnisse schaffen sollte, entstand wenige Kilometer nördlich von diesem ein aufwendiges und von einer großen medialen Inszenierung begleitetes Modellprojekt. Unter dem Namen Kapitbahayan (Nachbarschaftlichkeit) wurde mit Weltbankunterstützung für rund 500 Familien, die aus Tondo umgesiedelt werden sollten, in Dagat-Dagatan, einem erst jüngst trockengelegten Areal in Navotas, weniger eine verallgemeinerbare Lösung des Problems schlechter Wohnverhältnisse, als vielmehr ein imaginary des New Filipino, geschaffen. Im Magazin Metro Manila, einer Publikation, die in erster Linie Erfolgsmeldungen über die Politik Imelda Marcos verbreitete, heißt es zu diesem Projekt: „It defines the relationship between dwelling units, the community and the total environment with the Filipino lifestyle in mind“ (ALVAREZ 1978: 6). Und in einer Rede Imelda Marcos’ vom 17.1.1979 heißt es darüber: „Aimed to pave way for the birth of architectural styles which are truly our own to revive the value and use of native materials and to encourage the production of these materials as to suit our climate and the capacity of the poorest of poor to be able to buy a house“ (MARCOS 1981).
Während letzteres, die Erreichbarkeit für ärmere Bevölkerungsgruppen, kaum zutrifft – die Kosten der Häuser in all diesen auf Kosteneffizienz gerichteten Projekten lagen weit über den finanziellen Möglichkeiten unterer Schichten – scheint die Geburt eines neuen Stils, die Erfindung einer authentischen Architektur ausschlaggebend für das Regime gewesen zu sein (BELLO u.a. 1982: 109). Laut Michael Pinches richtete sich das Programm, neben seinem „symbolic appeal to a domestic audience“ als ein „showcase for local and foreign consumption“ in erster Linie an internationale Organisationen, wie die das Projekt stark unterstützende Weltbank und die 1976 stattfindende erste HABITAT Konferenz (PINCHES 1994). Dass es bei dem großen Aufwertungsprojekt in Tondo in erster Linie um eine symbolische Politik und weniger um Armutsbekämpfung geht und Kapitbahayan eher als ein Prototyp für das Wohnen und Leben des Neuen Filipino zu verstehen ist, wird deutlich in einem, stark an eine neoliberale Version einer culture of poverty erinnernden Ausspruch Imelda Marcos’: „I don’t believe in building houses for eve-
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ryone because I don’t want our people to be mendicant“ (nach: BELLO u.a. 1982: 107).18 Auf der repressiven Seite hingegen zeigte sich das Regime sehr aktiv – nicht zuletzt, da tatsächlich nicht davon ausgegangen werden konnte, dass die städtischen Armen sich dem Bild passiver Bettler gemäß verhielten, das von Imelda Marcos impliziert wurde, sondern aktive Forderungen und politische Organisierung hervorbrachten. Durch das 1975 erlassene Dekret PD 772 wurden Besetzungen privaten oder öffentlichen Landes zu Straftatbeständen und der repressive Druck auf informelle Siedlungen damit massiv erhöht. Wenngleich dieses Dekret unter Marcos nie juristische Anwendung fand – dies geschah erst im Jahr nach dessen Absetzung unter Corazon Aquino –, so diente es nicht zuletzt zur Legitimation eines energischen Vorgehens gegen informelle Siedlungen und zur massiven Einschüchterung deren BewohnerInnen. Insbesondere die für das Regime so wichtigen internationalen Veranstaltungen, bei denen Manila als moderne, internationale Stadt inszeniert werden konnte, stellten sich für die BewohnerInnen informeller Siedlungen als große Bedrohung dar. Zumal wenn deren Siedlungen gut sichtbar waren. „This meant the eradication of unsightly structures such as slums. Consequently, every international visit or event held in Manila resulted in the eviction of squatters or the relocation of their shanties from the site of the event or the routes to be taken by Imelda’s guests“ (TADIAR 2004: 82). So wurden im Rahmen der berüchtigten beautification-Kampagnen nicht nur Mauern und Sichtschutze um Slums und unansehnliche Kanäle errichtet (LICO 2003a: 54), sondern im Vorfeld zu Veranstaltungen wie dem Miss-Universum-Wettbewerb 1974 oder dem Besuch von USPräsident Ford 1975, wurden in den Jahren zwischen 1973 und 1980 insgesamt 400.000 Menschen in Metro Manila zwangsweise umgesiedelt (HEINTEL/SPREITZHOFER 2002: 37; SHATKIN 2000: 2364). Einen zynischen Höhepunkt bildeten die Vertreibungen und Umsiedlungen 1976 im Vorfeld der IWF/Weltbank-Tagung. Um den internationalen BesucherInnen vorzuführen, dass die 32 Millionen US$, die von der Weltbank zur Rehabilitierung von Tondo bereitgestellt worden waren, erfolgreich eingesetzt und auf dem Gelände Fortschritte bei der Beseitigung städtischer Armut erzielt wurden, wurden rund sechzigtausend 18 Das Konzept einer Culture of Poverty war in den 1960er Jahre von Oscar Lewis noch als Kritik an einer These der Atomisierung der Armen gedacht und sollte deren Subjektstatus unterstreichen. Erst mit der neoliberalen Kritik am Sozialstaat seit den 1980er Jahren wurde diese politisch gegen Arme und EmpfängerInnen von staatlichen Transferleistungen in Stellung gebracht.
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Menschen in die Peripherie der Metropole umgesiedelt. Nicht die Armut sollte damit zum Verschwinden gebracht werden, sondern die Armen (LICO 2003a: 146).
Die Stadt in der Entwicklungsdiktatur Unter Marcos dominierten Großprojekte. Nicht nur wurden Sinn und Zweck der Bereitstellung von billigen Wohnungen für die arme Bevölkerung durch den Staat in Frage gestellt, auch in anderen Bereichen wurde auf große Prestigeprojekte gesetzt und nicht auf Massenversorgung19 – auch hierin liegt ein Unterschied zu den als erfolgreich angesehenen Entwicklungsstaaten Ostasiens, die dem Regime offiziell als ein Vorbild dienten, in denen aber die Stärkung des Binnenmarktes und der nationalen Integration (auch gegen die Interessen von Einzelkapitalen) zentral waren. Das Modernisierungsprojekt des Marcos-Regimes, zu dem an zentraler Stelle die Transformation Manilas in eine moderne und „internationale“ Metropole gehörte, bestand in erster Linie aus symbolischen Politiken, einer repressiven Anti-Armenpolitik und einem nationalistischen Diskurs der Modernisierung und gesellschaftlichen Umwälzung. Während eine Erklärung der städtischen Politiken des MarcosRegimes, wie teilweise des Marcos-Regime insgesamt, mittels personalisierender Ansätze mit Kleptokratie und Exzentrik und insbesondere mit Imelda Marcos’ Selbstdarstellungsdrang (z.B. LICO 2000; ROMUALDEZ FRANCIA 1988) oder „Ferdinand and Imelda Marcos’s compulsion for dropping monumental concrete cubes all over Manila“ (SUDJIC 2005: 323) zu erklären versucht wird, scheinen doch eher gesellschaftliche und weniger personalisierte Gründe ursächlich zu sein Die auffälligen Parallelen zu nationalistischen Architekturen und den Stadtpolitiken in anderen postkolonialen Staaten, wie etwa in Indonesien unter der Guided Democracy Sukarnos (KUSNO 2000: Kap. 2), lassen es als näher liegend erscheinen, diese Politiken im Rahmen postkolonialen Nation-Buildings unter der Dominanz eines westlichen Entwicklungsparadigmas zu begreifen, als ein Versuch eines auf gesellschaftliche „Modernisierung“ dringenden „Entwicklungsregimes“, nationale Kohäsion
19 Etwa im Gesundheitswesen: Das 1975 fertig gestellte Heart Center of Asia kostete mit 300 Mio. Peso ein knappes Drittel des Gesundheitsbudgets des Landes, verfügte aber über nicht mehr als hundert Betten und war nur für einen winzigen Bruchteil der Bevölkerung erreichbar (AKTIONSGRUPPE PHILIPPINEN 1986: 73). Auf das Herzzentrum folgten das Lung Center, Kidney Center, Eye Center, Children’s Hospital, Population Center, Nutrition Center (ROMUALDEZ FRANCIA 1988: 316).
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und Stabilität auf der Grundlage einer starken und inkludierenden nationalen Erzählung zu schaffen. Das Projekt der New Society und dessen Materialisierungen in Metro Manila funktionierten nie in dem vom Regime propagierten Maße. Der Fokus auf elitäre Hochkultur und folkloristische Spektakel war nicht geeignet breitere Schichten zu überzeugen und zumindest diskursiv in die „neue Gesellschaft“ einzubinden. Als das Marcos-Regime auch ökonomisch in eine Schieflage geriet und diese auf Grund einer wachsenden Verschuldungskrise nicht mehr zu kaschieren war, gelang es zunehmend schlecht, einen Konsens mit den eingebundenen Akteuren herzustellen. Der Fokus auf symbolische Politiken und die weitgehende Vernachlässigung einer kohärenten ökonomischen Strategie können als Hauptgründe dafür angesehen werden, dass es in dem Moment, in dem durch die Ermordung von Ninoy Aquino das Regime auch international seine letzte Unterstützung zu verlieren begann, zum Entzug der Unterstützung durch gesellschaftliche Akteure – insbesondere Kirche, Unternehmertum, Mittelschichten und Militär – kam, die das Regime zuvor maßgeblich getragen hatten. Ein breites gesellschaftliches Bündnis, das ein autokratisches Entwicklungsregime getragen hätte, gab es ab den späten 1970er Jahren nicht mehr. Die Ermordung von Aquino 1983 bildete dann den Ausgangspunkt einer Massenmobilisierung in der Metropole und die Basis für die großen Demonstrationen, die 1986 das Absetzen des Regimes auslösten.
M E T R O M A N I L A N A C H 1986
„Nearly a century after the new American colonial regime introduced neo-classicist government buildings outside the Spanish-era walled city of Intramuros in Manila, as the first public architecture to rival the grandeur of its predecessor’s great cathedrals, the edifices of church and state no longer dominate this metropolitan landscape in the contemporary Philippines. Instead, spurred on by the construction boom of the post-Marcos era, corporate towers and residential condominiums have come to loom large in urban horizons well beyond the skyline of Makati, Metro Manila’s first business and commercial district. Lining the main thoroughfares of metropolitan Manila and provincial cities, moreover, immense malls and commercial complexes have emerged as perhaps the most familiar landmarks and spectacular monuments of urban Philippine society and culture today.“ (HEDMAN/SIDEL 2000: 118)
Bislang wurde der Staat, sei es der koloniale oder der postkoloniale, als einflussreichster Akteur beschrieben und Repräsentationen von Staat und staatlichen Entwicklungsprojekten als zentral für die Inszenierung gesellschaftlicher Macht in der Metropole dargestellt. Seit den 1980er Jahren ist dieser Staat deutlich in den Hintergrund getreten. Stattdessen dominieren Diskurse des freien Marktes, der Globalität, des entrepreneurialism und der NIChood. „The utopias of present-day Metro Manila“, schreibt Gavin Shatkin in einem Aufsatz, der versucht eine Unterscheidung zwischen Manila als einer kolonialen, einer modernistischen und einer globalen Hauptstadt vorzunehmen, „are being built by the private sector, and they are being built for profit“ (SHATKIN 2005: 599).
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Zwar gilt es die Annahme von einem allgemeinen Bedeutungsverlust des Staates im Rahmen von Globalisierung und Neoliberalismus kritisch zu betrachten, da dieser zum einen aktiv an den Restrukturierungen beteiligt ist, diese zum Teil energisch forciert sowie in einzelnen Feldern durchaus eine Stärkung erfährt. Außerdem handelt es sich bei Teilen dieses Verschwindens des Staates um eher symbolische Politiken und Diskurse, die sich nicht in realen Praktiken widerspiegeln. Zum anderen wäre es falsch anzunehmen, der philippinische Staat hätte in der nachkolonialen Phase über ein hohes Maß an Autonomie gegenüber dem privaten Sektor, oder gegenüber internationalen Akteuren, wie dem IWF, der Weltbank oder den USA verfügen können. Im Folgenden sollen einige dieser Änderungen angesprochen werden. Zudem werden einige allgemeine demographische und wirtschaftliche Entwicklungstendenzen Metro Manilas seit 1986 dargestellt, die zur Illustration und Rahmung der weiteren Kapitel dienen sollen. Die Anfang der 1980er Jahre einsetzenden Transformationsprozesse, die es sinnvoll machen, an dieser Stelle einen deutlichen Einschnitt in der Geschichte der Philippinen anzusetzen, ohne dass damit Kontinuitäten und Gemeinsamkeiten geleugnet werden, finden auf unterschiedlichen Ebenen statt, haben unterschiedliche Ursachen und Akteure zur Grundlage und unterschiedliche Konsequenzen. Sie betreffen Metro Manila auf verschiedene Weisen als eine rapide wachsende Mega-City, als eine nationale Hauptstadt eines semi-peripheren Staates oder als einem regionalen Knoten eines sich globalisierenden globalen oder regionalen Städtenetzwerks. Sie tangieren die städtischen Mittelschichten in anderer Weise als die nationalen Eliten, die städtischen Armen, lokales oder internationales Kapital. Hervorzuheben sind 1) die wechselhaften ökonomischen Entwicklungen der Philippinen, die in den 1980er Jahre ein Jahrzehnt erlebten, das vielfach als ökonomisch verlorenes beschrieben worden ist, 2) das Aufkommen und die Durchsetzung neoliberaler Diskurse insbesondere in den 1990er Jahren sowie 3) die Öffnung eines demokratischen Raums und die Entstehung demokratischer Bewegungen im Zuge des Sturzes des Marcos-Regimes. 1) Die Krise der 1970er Jahre, die in den Zentren des kapitalistischen Weltsystems eine Krise des Fordismus einläutete, hatte in Südostasien nicht weniger bedeutsame Konsequenzen. Die mit der neuen internationalen Arbeitsteilung, die ab den 1980er Jahren meist unter dem Begriff der Globalisierung verhandelt wird, einhergehende Verlagerung arbeitsintensiver Produktionsschritte aus den alten Industriezentren, trieb maßgeblich den ökonomischen Aufstieg der Region an, der nach 1985 durch die Aufwertung des Yen und die großen Mengen japanischen Kapitals beschleunigt wurde. Das asian miracle, aus dem sich der Diskurs
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von einem kommenden „Asiatischen Jahrhundert“ und dem Aufstieg des pacific rim zum Zentrum der globalen Ökonomie speist, bedeutete nicht nur die Verschiebung von Produktionsstätten in eine zweite Generation von Tigerstaaten, sondern, im Zuge der Ansiedlung auch kapitalintensiverer und hochqualifizierter Sektoren, gleichzeitig die Entstehung neuer Märkte und in Ländern wie Thailand oder Malaysia die Entstehung teilweise großer Mittelschichten mit entsprechender Kaufkraft und gesellschaftlichem Einfluss. Dies gilt allerdings für die Philippinen nur in deutlich eingeschränktem Umfang. Auf die massive Wirtschaftskrise zum Ende des Marcos-Regimes, in deren Rahmen das Bruttoinlandsprodukt um fast 20 % sank, folgte eine Phase des signifikanten Wachstums zwischen 1987 und 1991, das jedoch mit Wachstumsraten von höchstens 6 % gegenüber den Nachbarländern sowie gegenüber der Hochphase der 1970er Jahre zurückfiel. Die Aquino Administration, die über weite Teile ihrer Amtszeit primär mit Krisenmanagement befasst war, endete in einer leichten Wirtschaftskrise, zu der zudem Putschversuche, marode Infrastrukturnetze, der Ausbruch des Pinatubo und der Abzug des USMilitärs beitrugen (Letzteres hatte mit seinen Stützpunkten, insbesondere den beiden nördlichen von Manila gelegenen Clark und Subic Bay, einen Anteil von rund 5 % am Bruttoinlandsprodukt). Unter Ramos schien es in der Mitte der 1990er Jahre zu gelingen, zum Wachstum der benachbarten Länder aufzuschließen, um dann 1997 von der Asienkrise getroffen zu werden, die mindestens bis zum Sturz von Präsident Estrada Anfang 2001 andauerte (BALISACAN/HILL 2003a). Unter Gloria Macapagal-Arroyo kam es zu einem deutlichen ökonomischen Wachstum, wenngleich sich die soziale Verteilung gesellschaftlichen Reichtums in den ersten Jahren dieser Präsidentschaft weiter polarisierte. Zwischen 2001 und 2008 wurden jährliche Wachstumsraten von durchschnittlich über 5 % und 2007 von über 7 % erreicht, den höchsten Wert seit der Mitte der 1970er Jahre. Eine zentrale Rolle dabei spielten die Rücküberweisungen von ArbeitsmigrantInnen und weltmarktorientierte Serviceindustrien. Letztere konzentrieren sich fast ausschließlich auf Metro Manila. 2) Nach den ersten größeren Experimenten in den 1970er Jahren kam es ab der Mitte der 1980er Jahre zur weltweiten Durchsetzung neoliberaler Strategien in internationalen Organisationen, staatlichen Institutionen und politischen Diskursen. Dies bedeutete die Transferierung eines bisher eher theoretischen Konzepts ökonomischen und gesellschaftlichen Regierens in eine politische und ökonomische Strategie des Abbaus und der Bekämpfung keynesianistischer und kollektivistischer Ansätze sowie der Verhinderung ihrer Entstehung (PECK/TICKELL 2002). Diese Rede von Neoliberalismus als einer zentralen Strategie ökonomi-
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scher und gesellschaftlicher Restrukturierung seit den 1980er Jahren bedeutet nicht, dass von einem homogenen und geschlossenen System eines Neoliberalismus und einer neoliberalen Stadt ausgegangen wird. Wie von einer Reihe von AutorInnen deutlich gemacht wurde, sollte Neoliberalismus nicht nur als ein weltweites hegemoniales Projekt und als ein alles umfassender Diskurs verstanden werden, sondern als ein geographisch und sozial extrem ungleiches Projekt, das eingebunden ist in eine Vielzahl von „national, regional, and local contexts defined by the legacies of inherited institutional frameworks, policy regimes, regulatory practices, and political struggles“ (BRENNER/THEODORE 2002: 349). Die realexistierenden Neoliberalismen sind wesentlich heterogener und unterschiedlicher als die meisten Theorien dies nahe legen würden. So schreiben Peck und Tickell: „One of the most striking features of the recent history of neoliberalism is its quite remarkable transformative capacity“ (PECK/TICKELL 2002: 53). Dieses Potential ermöglichte vielfach erfolgreiche Anpassungen an lokale Bedingungen und historische Veränderungen, die zu einer Reihe von deutlichen Verschiebungen innerhalb neoliberaler Strategien seit den 1970er Jahren führten (LEITNER u.a. 2007; PECK/TICKELL 2002). Seit dem Ende der 1990er Jahre hat die diskursive Seite des Neoliberalismus einiges an Kraft und Selbstbewusstsein verloren, die hat sich allerdings bislang nur in Ansätzen auf die Ebene politischer Entscheidungen und städtischer Governance-Strategien niedergeschlagen. Neoliberale Politiken und Programme tragen an Länder wie die Philippinen – insbesondere wenn sie in ähnlichem Maße bei internationalen Kreditgebern verschuldet sind und über enge Verbindungen zur ehemaligen Kolonialmacht USA verfügen – Forderungen nach einer umfangreichen Öffnung der Märkte heran, nach Liberalisierung und Privatisierung, unter anderem im Bereich der Immobilien- und Finanzmärkte, aber auch der Gesundheits- und Sozialpolitik, nach politischer Dezentralisierung und Bekämpfung von Korruption und cronyism, nach einer Ausrichtung auf marktorientierte Strategien des Regierens (auf unterschiedlichsten Ebenen, darunter Sozial- und Armutspolitik) und nach einer Wachstumsorientierung, die mit einer Stärkung der urbanen Zentren, als den Wachstumsmotoren einer exportorientierten Ökonomie, einhergeht (SHATKIN 2004: 2475ff). Die erste Hochphase neoliberaler Programme stellt die Präsidentschaft von Ramos (1992-1998) dar,1 die zu1
Als hochdekorierter Militär, Zigarrenraucher, Protestant und pragmatischer Organisator, der das Land im offenen Helikopter bereist, wurde die Ramos-Regierung als eine Art Gegenentwurf zur „einfachen Hausfrau“ Corazon Aquino wahrgenommen und weniger mit den alten Eliten, die Aquino verkörperte, als einem neuen Typus von Politiker assoziiert
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sammenfiel mit einem vergleichsweise robusten Wachstum und einer Phase eines enormen Wachstumsoptimismus in der Region. Eine neoklassische Wirtschaftspolitik wurde dabei zum „new mantra of economic development“ (TADEM 2005: 16). „Indeed, under Ramos, a program of liberalization, deregulation, and privatization was pursued with almost messianic zeal“ (BELLO 2004: 92). Radikale Marktorientierung, Liberalisierung und ein „imperative of competitiveness“ (BAUTISTA/ TECSON 2003: 166) stellten die ökonomischen Säulen dieses neoliberalen Programms der Ramos-Administration dar, das mittels verstärkter Privatisierung, Aufbrechen von Monopolen und neuen Freihandelsabkommen durchgesetzt werden sollte. Die unter Aquino begonnene Privatisierung, die zunächst in erster Linie Unternehmen ehemaliger MarcosCronies betraf, wurde unter Ramos massiv intensiviert und auf weitere Unternehmen ausgeweitet.2 Unterbrochen von der uneindeutigen Präsidentschaft Joseph Estradas, wurde diese Politik unter Arroyo fortgesetzt, allerdings weniger offensiv von der entsprechenden neoliberalen Rhetorik flankiert, deren Ruf in Folge massiver Kritik von Seiten sozialer Bewegungen und allzu offensichtlichem Scheitern der sozialen Versprechen massiv gelitten hatte. 3) Manila war 1986 Schauplatz der Absetzung von Marcos, deren Final durch Massenproteste entlang der Epifanio Delos Santos Avenue, kurz EDSA, der Hauptverkehrsstraße der Metropole eingeleitet wurde. People Power, die massenhafte Organisierung einer breiten sozialen Bewegung gegen Diktatur und für Demokratisierung wurde im Nachhinein als erstes Aufscheinen einer neuen Form demokratischer und ge-
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(TADEM 2005: 93; THOMPSON 1992: 8ff). In Retrospektive wird Ramos meist in vergleichsweise positivem Licht gezeichnet, der nur das Pech hatte, dass seine Programme durch die Asienkrise in Mitleidenschaft gezogen wurden (zur Kritik daran: BELLO 2004: 91ff). In einem Resümee der Präsidentschaft lässt sich beispielsweise lesen: „Ramos will likely be remembered as one of the most effective presidents that the country has had to date. He turned the Philippines, once the ‚sick man of Asia‘, into a ‚tiger cub‘ through his liberalization, deregulation, and privatization of key industries“ (MONTINOLA 1999: 68). Das betraf Unternehmen wie den Mineralölkonzern Petron oder die Veräußerung des ehemaligen Militärlagers Fort Bonifacio, das später noch ausführlicher diskutiert werden wird, ebenso wie die Privatisierung bestehender Infrastruktur und die verstärkte Konzentration auf Public-PrivatePartnerships (LLANTO 1999). Auseinandersetzungen gab es besonders um die Privatisierung des Energiesektors und der Wasserversorgung in Metro Manila (BELLO 2004: 189ff; DUMOL 2000; WU/MALALUAN 2008). Insgesamt wurden während der Ramos-Administration 21 größere Reformprojekte bezüglich der Privatisierung und Liberalisierung von Infrastrukturen durchgesetzt (SERAFICA 1998: 13).
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waltfreier Revolutionen interpretiert (THOMPSON 2004a), die sowohl die Diktaturen in der „Dritten Welt“, wie auch die staatssozialistischen Regime überwinden sollten. Was vielen zunächst als ein erfolgreiches Demokratisierungsprojekt erschien und in hohem Maße zur Legitimierung des neuen politischen Systems beitrug, entwickelte sich zunehmend zu einem Projekt der Restauration eines politischen Systems, das sich stark an den prä-Marcos-Konstellationen des politischen Feldes orientierte. Trotz dieser stark restaurativen Elemente der nationalen Politik nach der Absetzung von Marcos, hat der Aufstieg zivilgesellschaftlicher Gruppen und Akteure – die Philippinen gelten als das Land mit der deutlich höchsten Anzahl von Nichtregierungsorganisationen und Basisbewegungen in der Region –, bei allen massiven Einschränkungen bezüglich des demokratischen Systems, der Pressefreiheit und der extensiven politischen Gewalt, eine Erweiterung der Handlungsspielräume für emanzipatorische Bewegungen geschaffen. Die Verfassung von 1987 und eine Reihe zentraler Gesetze räumen zivilgesellschaftlichen Akteuren, insbesondere auf lokalstaatlicher Ebene, einen wichtigen Stellenwert ein.3 Diese drei Prozesse trugen zu einer umfangreichen Transformation Metro Manilas bei, die es im Folgenden genauer zu betrachten gilt. Globalisierung unter neoliberalen Vorzeichen, massive Zunahme transnationaler (und zunehmend feminisierter) Migration von den Philippinen, Demokratisierung bei gleichzeitiger Restauration und Persistenz von Cronyism, ökonomischer Aufstieg Südostasiens in den 1990er Jahren und Asienkrise, Entstehung einer neuen Mittelschicht, die sowohl in Begriffen von consumerism und middle class lifestyles als auch als zivilgesellschaftliches und demokratisierendes Korrektiv diskutiert wird und Fortbestehen von Armut und Marginalisierung in kaum geändertem Maße, Durchsetzung unternehmerischer Strategien und Diskurse im Feld städtischen Regierens und Stärkung des Privaten Sektors, lassen Metro Manila in den Augen von staatlichen Akteuren, Mittelschichten und privatem Kapital zwischen dem Bild einer unkontrollierbaren Mega-City in der „Dritten Welt“ und einem Aspiranten auf Global City Status oszillieren.
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Allerdings gilt es zu berücksichtigen, dass die Einbindung des dritten Sektors und zivilgesellschaftlicher Akteure, quasi als Unterstützungs-, Legitimierungs- und Monitoringsinstanz für good governance, die als hoch aufgeladener Begriff eine zentrale Forderung internationaler Institutionen der Entwicklungszusammenarbeit ist, vielfach einen zentraler Bestandteil neoliberaler Strategien des Regierens bildet (BRAND 2004).
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Wirtschaftlicher und demographischer Wandel Als die National Capital Region in den 1970er Jahren gegründet wurde, lag deren Bevölkerung bei knapp 5 Millionen EinwohnerInnen. Schon damals wurde Kritik geäußert, dass in absehbarer Zukunft diese administrativen Grenzen die Hauptwachstumszentren der Metropole nicht mehr umfassen würden und entweder eine baldige Anpassung nötig sei oder mit einem erheblichen Verlust von Steuerungspotentialen (die damals deutlich höher eingeschätzt wurden) zu rechnen sei. Die Bevölkerung innerhalb der gut 600 Quadratkilometer großen National Capital Region – eine Fläche, die etwa ein Viertel kleiner als die Fläche von Berlin ist – liegt gegenwärtig bei gut 11 Millionen EinwohnerInnen – gut dem dreifachen von Berlin –, womit Metro Manila zu den am dichtesten besiedelten Großstädten der Welt zählt.4 Zwar hat die Wachstumsrate leicht abgenommen und liegt seit Ende der 1990er Jahre unter dem Landesdurchschnitt, in absoluten Zahlen ist jedoch kaum eine Abnahme des Wachstums zu verzeichnen. Seit den frühen 1990er Jahren findet zudem ein großer Teil des Wachstums der Stadt in der suburbanen Peripherie, außerhalb der Grenzen der National Capital Region statt (siehe Tabelle 1).5 So verzehnfachte sich beispielsweise die Bevölkerung der im Osten angrenzenden Stadt Antipolo in der Provinz Rizal in dieser Phase auf
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Die City of Manila wird gelegentlich als die am dichtesten besiedelte Stadt der Welt aufgeführt. Die etwa 1,6 Millionen EinwohnerInnen leben auf 36km2, was eine Bevölkerungsdichte von 41.000 Menschen pro Quadratkilometer bedeutet. Für die National Capital Region liegt die Zahl bei rund 18.000 (zum Vergleich: Mexiko D.F.: 5.700, Los Angeles 2.700 Berlin: 3.800, selbst Singapur hat eine Bevölkerungsdichte, die lediglich bei einem Drittel dieses Wertes liegt). Daher ist es problematisch die Stadt mit der administrativen Struktur gleichzusetzen. Eine Reihe von Begriffen versucht diesem Umstand in jüngerer Zeit gerecht zu werden. So berichten Heintel und Spreitzhofer von einer Hochrechung des UN-Population Report, wonach in der Metro Region Manila 2005 rund 52 % der philippinischen Bevölkerung leben (HEINTEL/SPREITZHOFER 2002: 33). Institutionen wie das Housing and Land Use Regulatory Board (HLURB) verwenden den Begriff der Extended National Capital Region (ENCR) oder der Greater Capital Region ohne diese genau zu bestimmen. Eher massenmedial verbreitet wird die weniger geographisch, dafür eher kulturell und symbolisch bestimmte Bezeichnung von Mega Manila. Wenn im Folgenden von Metro Manila die Rede ist und es nicht explizit um die Verwaltungsstruktur geht, so ist damit in der Regel ebenso eine erweiterte metropolitane Region gemeint, welche die suburbane Peripherie außerhalb der National Capital Region mit einschließt. Aufwendigere Definitionsversuche finden sich bei Bronger, allerdings auf Grundlage recht alter Daten (BRONGER/STRELOW 1996).
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knapp eine halbe Million. Dabei spielt (Binnen)Migration in die Metropole als Ursache für deren Wachstum nicht mehr die Rolle, die ihr in den 1970er Jahren und früher zugesprochen wurde. Die national Capital Region weist sogar eine negative Migrationsrate auf (HILL u.a. 2007: 26). 1980 Manila City (MM) 1.630.485 Makati City (MM) 372.631 Quezon City (MM) 1.165.865 Taguig City (MM) 134.137 Las Piñas City MM) 136.514 Caloocan City (MM) 467.816 San Juan City (MM) 130.000 Metro Manila (NCR) 5.925.884 CALABARZON 4.495.555 Antipolo City,Rizal 68.912 Dasmariñas,Cavite 52.000 Cavite (Provinz) 771.320 Philippinen 48.098.460
1990 1995 1.601.234 1.654.761 452.734 484.176 1.669.776 1.989.419 266.637 381.350 297.102 413.086 763.415 1.023.159 127.000 n.A. 7.948.392 9.454.040 6.198.826 7.593.211 210.588 345.512 37.000 262.406 1.152.532 1.631.082 60.703.206 68.616.526
2000 1.581.082 471.379 2.173.831 467.375 472.780 1.177.604 117.680 9.932.560 9.124.554 470.866 379.520 2.063.161 76.504.077
2007 1.660.714 510.383 2.679.450 613.343 532.330 1.378.856 125.338 11.553.427 11.743.110 633.971 556.330 2.856.765 88.574.614
Tabelle 1: Bevölkerungsentwicklung 1980-2007. Verzeichnet sind einige Städte Metro Manilas sowie eine Reihe umliegender Städte, Provinzen und Regionen (Quellen: NSCB 2004; www.census.gov.ph) Das Hauptzentrum des ökonomischen, wie demographischen Wachstums, hier liegen die meisten der neueren Industrie- und Gewerbeparks, zahlreiche der älteren Exportproduktionszonen (EPZ) sowie die meisten suburbanen Gated Communities der oberen Schichten, befindet sich in den südlich angrenzenden Provinzen, die unter dem Akronym CALABARZON zusammengefasst werden.6 In dieser Region, die seit den 1980er Jahren das höchste Bevölkerungswachstum des Landes verzeichnet, verdoppelte sich zwischen 1980 und 2000 die Bevölkerung von 4,5 Millionen auf 9 Millionen; das Bevölkerungswachstum liegt auf Provinzebene vielfach deutlich über 5 %. CALABARZON und NCR sind bei fast 20 % der Bevölkerung des Landes für knapp 50 % des Bruttoinlandsprodukts verantwortlich. Die herausgehobene ökonomische Bedeutung und Dynamik dieser Region südlich Metro Manilas zeigt sich auch daran, dass hier in den 1990er Jahren knapp die Hälfte aller formellen Landumwandlungen – „the innocent name given to the takeover of the land of small farmers“ (SEABROOK 1996: 274) – von
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Dies setzt sich zusammen aus den Provinzen Cavite, Laguna, Batangas, Rizal und Quezon. Ist vom Wachstumskorridor CALABARZON die Rede, so bezieht sich dies meist auf Teile der drei erstgenannten und weniger auf die östlich bzw. südöstlich gelegnen Provinzen Rizal und Quezon.
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agrarisch genutztem hin zu industrieller oder residentieller Nutzung stattfanden (MAGNO-BALLESTEROS 2000: 29). Im Jahr 2000 entfielen rund 63 % der ausländischen Direktinvestitionen und 52 % der Exporte des Landes auf diese Provinzen; 1988 lagen diese Werte noch bei 29 % resp. 4 % (PERNIA/QUISING 2002).7 Mitte der 1990er Jahre fanden sich 80 % der philippinischen Industrieparks in CALABARZON (KELLY 1999: 301). Eine administrative Einheit bildet diese Region allerdings nicht. Es besteht lediglich ein Koordinationsrat, der eine Verbesserung der Investitionsbedingungen internationalen Kapitals sicherstellen soll (KELLY 2000: 41). Seit Manilas Eingliederung in den europäisch dominierten Weltmarkt in Folge der Eroberung durch die spanische Kolonialmacht und die Etablierung als wichtigstem Stützpunkt für den Handel mit China, verfügt Manila über eine enorme ökonomische, politische und soziale Vormachtstellung gegenüber dem Rest des Landes. Hier konzentrieren sich, neben staatlichen Verwaltungen, Bildungs-institutionen und Gesundheitseinrichtungen, die Zentralen internationaler und nationaler Unternehmen, die als Kommandostellen gegenüber dem Hinterland und der Weltmarktintegration dienen (BRONGER 1999; BRONGER/STRELOW 1996). Die Liste der 100 größten Unternehmen des Landes führt 68 Unternehmen mit einem Firmensitz innerhalb der Nation Capital Region auf und unter Einbeziehung der angrenzenden südlichen Provinzen Laguna und Cavite mit ihren suburbanen Industrieparks und Exportproduktionszonen haben nur noch 8 der größten Unternehmen ihren Sitz nicht in dieser Region (THE PHILIPPINES' TOP 500 2005). Manila bildet nicht nur den historischen Knotenpunkt der Philippinen zum internationalen Handel, sondern gleichfalls den Ausgangspunkt der Industrialisierung des Landes. Auch staatlich initiierte Versuche diese Dominanz von Manila einzuschränken, regionale Zentren zu fördern und den Bau neuer Industrien in und um Manila zu unterbinden, wie das in den 1970er Jahren bestehende Verbot der Neuansiedlung in einem Umkreis von 50 Kilometern, waren nur in äußerst eingeschränktem Maße erfolgreich. Bereits zu Beginn der 1990er Jahre, bevor die neoliberalen Programme der Ramos-Administration eine weitere Stärkung der Metropole und der umliegenden Region durch die Konzentration auf ausgewählte Wachstumsregionen einleiteten, konzentrierten sich rund 70 Prozent der industriellen Produktionsstätten mit mehr als 10 ArbeiterInnen und ein ebenso großer Anteil der Gesamtzahl der in der Industrie 7
Der akkumulierte Anteil, den Metro Manila und die nördlich und südlich angrenzenden Regionen an den ausländischen Direktinvestitionen haben, blieb in diesem Zeitraum relativ konstant bei gut 90 % (PERNIA/QUISING 2002: 2).
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beschäftigten ArbeiterInnen auf Metro Manila und die umliegenden Regionen (allgem.: BALISACAN/HILL 2003b; KRINKS 2002: 148).
Abbildung 13: Verwaltungsstruktur Metro Manilas. (Eigene Darstellung) Während rapide Urbanisierung unter Bedingungen globalisierter Produktionsweisen vielfach zu einer Industrialisierung der Metropolen des Südens beigetragen hat, spielt industrielle Fertigung und der Produktionssektor in Metro Manila nicht die zentrale Rolle. Rund 60 Prozent der formellen Wirtschaftsleistung der Metropole gehen auf den Dienstleistungssektor zurück (KRINKS 2002), gut 70 % der formell Beschäftigten in dieser Region sind im Dienstleistungssektor beschäftigt (GONZALES u.a. 2003: 31). Das Wachstum des Produktionssektors, insbesondere der
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arbeitsintensiven Fertigung für den Weltmarkt, konzentriert sich in erster Linie auf die verschiedenen Exportproduktionszonen in CALABARZON und seit dem Ende der 1990er Jahre auf die Exportproduktionszonen auf den ehemaligen US-Stützpunkten Clark (Angeles City) und Subic Bay (Olongapo City).
Abbildung 14: Metro Manila und Umgebung. Hellgraue Flächen markieren die suburbane Peripherie und die wichtigsten Wachstumsregionen (Eigene Darstellung) Bereits unter Marcos wurde die Grundlage für die Schaffung von Exportproduktionszonen gelegt. Eine erste entstand ab 1972 auf Bataan, einer der Bucht von Manila vorgelagerten Halbinsel, gefolgt von Zonen nahe Cebu, Baguio und Cavite (KELLY 2000: 33). Seit der Übernahme neoliberaler Wachstumsstrategien in den 1990er Jahren ist deren Zahl massiv angestiegen. Exportproduktionszonen, von denen Sassen neben Global Cities und Offshore-Bankenzentren als einem jener „Standorttypen“ spricht, welche „wohl am besten die neuen Formen der wirtschaftlichen Globalisierung“ symbolisieren (SASSEN 1996: 37), bieten für in-
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ternationales Kapital und Produktion für den Weltmarkt bevorzugte Produktionsbedingungen. In fast allen Ländern der Region hat deren Bedeutung für die nationalen Ökonomien in den letzen Jahren zugenommen (JORDAN 2005). Insbesondere steuerliche Begünstigungen, Bereitstellungen von Infrastrukturen, vereinfachte staatliche Regulierungen und hohe Flexibilität machen diese attraktiv für internationales Kapital. In Folge haben staatliche oder private Exportproduktionszonen und Special Economic Zones (SEZ) in den letzten Jahren fast die gesamten ausländischen Direktinvestitionen auf sich gezogen (MCKAY 2006: 3). In der Provinz Cavite machen IndustriearbeiterInnen, die in Exportproduktionszonen beschäftig sind, fast zwei Drittel der gesamten IndustriearbeiterInnenschaft der Provinz aus (KELLY 2003).8 Im medialen und politischen Diskurs der letzen Jahre wurden unterschiedliche Formen von business process outsourcing (BPO) und besonders die boomende Call-Center-Industrie, die 70 % des gesamten Sektors von Dienstleistungsoutsourcing ausmacht, als die neuen Speerspitzen ökonomischer Entwicklung diskutiert und von staatlicher Seite wie den beteiligten Industrien als Eintritt der Philippinen in die informationalisierte „Wissensgesellschaft“ gefeiert. Anders als in den Zentren des Nordens stellen diese in den Philippinen relativ gut bezahlte und attraktive Arbeitsplätze dar. Neben Indien bilden die Philippinen – und bis vor kurzem dort ausschließlich Metro Manila – den größten Anbieter ausgelagerter Call Center. Zwischen zehn und zwanzig Prozent der weltweiten Umsätze dieses Sektors werden in den Philippinen getätigt. Bestanden vor wenigen Jahren nur eine Handvoll Unternehmen (in wenige Jahre alten Arbeiten über die philippinische Ökonomie findet dieser Sektor in der Regel keine Erwähnung (BALISACAN/HILL 2003b; KRINKS 8
Die Bewertungen und Interpretationen von Exportproduktionszonen in den Philippinen gehen weit auseinander. Armitage und Roberts sprechen in ihrem an Giorgio Agambens Begriff des Ausnahmezustandes (Agamben 2002) orientierten Aufsatz From the Hypermodern City to the Gray Zone of Total Mobilization in the Philippines, von der Exportproduktionszone von Cavite als einer „test site for the total mobilized hypermodern city“, in der sich die totalisierende und militarisierte Vorstellung einer vollständig mobilen Stadt und globalen Produktion durchsetzen (ARMITAGE/ROBERTS 2003). Ähnlich argumentiert auch John Sidel in The Underside of Progress (1998). Steven McKay zeichnet in seiner Arbeit Satanic Mills or Silicon Islands? ein stark abweichendes und heterogeneres Bild. ArbeiterInnen in der Elektroindustrie philippinischer Exportproduktionszonen seien teils wesentlich weniger prekär beschäftigt und verfügten vielfach über deutlich sichere, besser bezahlte und als angenehmer wahrgenommene Jobs als ArbeiterInnen außerhalb der Exportproduktionszonen. Auch sei die gewerkschaftliche Organisation zum Teil relativ stark (MCKAY 2006).
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2002)), die sich zumeist auf den lokalen Markt richteten, so fanden sich 2006 in Metro Manila mehr als hundert Unternehmen mit insgesamt mehr als 150.000 Angestellten, zumeist junge UniversitätsabsolventInnen mit guten Englischkenntnissen. Seit 2000 wächst dieser Sektor jährlich im deutlich zweistelligen Bereich und optimistischste Schätzungen gehen von mehr als einer Million Angestellten bis 2010 aus (BITUGAN 2006; FRIGINAL 2007). Dieses Wachstum hat sowohl zu einem Arbeitskräftemangel und der Entstehung eines großen Segments relativ gut bezahlter Jobs im Dienstleistungssektor geführt, wie auch die Nachfrage nach Büroimmobilien in innerstädtischen Lagen und den Bau neuer Büroflächen deutlich angeheizt (REESE 2007; SOLIDAR 2007). Mangelhafte Infrastrukturen, eine massive Verschlechterung der ökologischen Situation und Probleme bei der Bereitstellung zentraler öffentlicher Güter stellen ein erhebliches Hindernis für ökonomisches Wachstum und die Anwerbung ausländischer Direktinvestitionen dar. Verglichen mit anderen Ländern der Region liegt der Anteil von Infrastrukturinvestitionen am Bruttoinlandsprodukt sehr niedrig. Bis Ende der 1990er Jahre verfügte Manila über keine zuverlässige Stromversorgung und häufige Stromausfälle, die Anfang der 1990er Jahre Schäden von bis zu 5 Prozent des BIP verursachten (PINCHES 1996: 118), waren die Regel. Ähnliches galt, zumindest bis zu deren Privatisierung auch für die städtische Wasserversorgung. Der bereits unter Marcos anvisierte Aufbau eines städtischen Schnellbahnsystems konnte nur in ersten Ansätzen realisiert werden. Anstelle eines dichten Schnellbahnnetzes wurden bisher lediglich zwei Metro Rail (MRT) und eine Light Rail Linie (LRT) realisiert. Eine überregionale Bahnverbindung besteht fast gar nicht, auch wenn in den letzten Jahren mit dem Ausbau und der Erneuerung alter Strecken nach Norden und Süden begonnen wurde.9 Die drei bestehenden Schnellbahnlinien sind nur in der Lage einen Bruchteil des Verkehrsaufkommen zu absorbieren und deutlich teurer als Busse und Jeepneys. In den 1990er Jahren entstanden Pläne für den massiven Ausbau von kostenpflichtigen erhöhten Schnellstraßen und einer Ringautobahn. Bislang wurden, trotz hoher Nutzungsgebühren, die von den privaten Betreibern erhoben werden, lediglich 10 Kilometer des Metro Manila Skyway als eine zweite Etage über dem South Luzon Expressway von Makati in Richtung Süden fertig gestellt. Mittels chinesischer Entwicklungshilfegelder soll in den nächsten Jahren der Ausbau bis Alabang, wo seit den 1990 Jahren einige wichtige Gewerbeparks und ein 9
1991 lag das Passagieraufkommen der nationalen Eisenbahn – exklusive Metro Manila – bei der Hälfte des Wertes von 1903 und weniger als sieben Prozent des Wertes von 1960, der Anteil der Fracht noch deutlich darunter (DICK/RIMMER 2003: 152).
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suburbanes Geschäftszentrum (Filinvest Corporate City) entstehen, vorangetrieben werden. Manila, das ist deutlich, wird in starkem Maße von all jenen Problemen betroffen und steht vor all jenen Herausforderungen, die als charakteristisch für große Städte im globalen Süden, „Drittwelt-Städte“ oder Mega-Cities gelten (BRONGER 2004; PARNREITER 1999). Rapides Wachstum der Stadt, überlastete bzw. zusammengebrochene Infrastrukturen, Informalisierung der Arbeitsmärkte wie der Wohnsituation, extreme soziale Polarisierung, Unsicherheit, Verschlechterung der ökologischen Bedingungen und ein ökonomisch überlasteter und kaum handlungsfähiger lokaler Staat prägen dieses Bild. Da sich diese Realitäten den unterschiedlichen Akteuren in einer Stadt auf unterschiedliche Weise darstellen, individuelle ökonomische Ressourcen etwa in der Lage sind, bestimmte Probleme und Erschwernisse zu umgehen und ein klimatisierter PKW mit getönten Scheiben, der die Distanz zwischen zwei klimatisierten und abgeschotteten Orten überwinden hilft, nicht wenige Probleme auf Distanz halten kann, sollen im folgenden Kapitel weniger diese städtischen Realitäten selbst betrachtet werden, als vielmehr zunächst deren Repräsentationen im Diskurs der mittelschichtsorientierten Medien.
REPRÄSENTATIONEN VON ARMUT, SLUMS UND R Ä U M E N D E R 3. W E L T
„Most informal settlements are not out of sight— in many places, they spill over into public view and popular consciousness, clustered underneath an overpass, on an undeveloped lot on a residential street or propped on stilts above a canal.“ (SHATKIN 2004: 2470)
Bevor in den nächsten Kapiteln die Politiken und Räume der Global City in Metro Manila und die an deren Produktion beteiligten Akteure genauer untersucht werden, soll zunächst betrachtet werden, wie diesen gegenüber jene Räume konstruiert werden, die dem imaginary einer Global City und der Fortschrittlichkeit eines emerging markets auf dem Weg zur NIChood entgegengesetzt werden und als deren „Anderes“ fungieren. Denn dieses Projekt findet statt vor der Folie gänzlich anderer Repräsentationen der Metropole. Zwar sind diese Repräsentationen nicht ursächlich für die folgenden Politiken und Praktiken, aber sie stehen mit diesen in Verbindung und sie helfen bei einem Verständnis der Distinktionsstrategien städtischer Mittelschichten und dominanter Akteure. Sie verweisen auf Problematisierungen und Skandalisierungen und die Wahrnehmung gesellschaftlicher Verhältnisse sowie den Bereich des Denk- und Sagbaren im Umgang mit diesen. Zunächst wird versucht werden, den primär in den Medien der Mittelschichten geführten Diskurs über Metro Manila und die Realitäten und Probleme dieser Stadt auszubreiten und daran anschließend den Blick auf jene Räume zu richten, die als abweichend und antagonistisch gegenüber den staatlichen wie nicht-staatlichen Modernisierungs-
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projekten konstruiert werden. Dies betrifft in erster Linie die Darstellung informeller Siedlungen, deren BewohnerInnen und NutzerInnen sowie informeller Räume im Allgemeinen. Anstatt diese Räume und die in ihnen handelnden Menschen selber zu betrachten, so wie dies in zahlreichen Arbeiten getan wurde, gerade auch als eine Kritik an den verobjektivierenden Perspektiven, die diesen Menschen gegenüber von Seiten medialer und zum Teil akademischer Betrachtung eingenommen wurden,1 wird hier der Betrachtung des Redens über diese der Vorzug gegeben, um damit die dominanten Vorstellungen von diesen Räumen im Diskurs von Mittelschichten und politischen EntscheidungsträgerInnen auf die Spur zu kommen. Nicht wie diese Räume und die in diesen handelnden und lebenden Menschen „wirklich“ sind, sondern wie sie von jenen, die nicht dort leben, aber sich und ihre Position von diesen bedroht fühlen, ist hier also von Interesse. Die städtischen Mittelschichten haben darin als Subjekte (als Medienschaffende, Journalisten, Intellektuelle), wie auch als Objekte (als dominantem Signifikanten, als unmarkierte Norm) eine herausgehobene Stellung inne. Im Folgenden wird Bezug genommen auf die englischsprachigen Tageszeitungen und Magazine, wie den Philippine Daily Inquirer, Manila Times oder Philippine Star und Magazine wie Newsbreak oder Philippine Free Press. Dabei wurde auf Artikel bis 1995 zurückgegriffen, der Schwerpunkt liegt allerdings bei Texten jüngeren Datums. Englischsprachige Medien stellen sowohl die politisch einflussreichsten als auch auflagenstärksten Printmedien dar und bilden gleichzeitig aus ökonomischen, sozialen und sprachlichen Gründen ein Medium der Mittelschichten. Sie können deshalb als ein Klassenindikator verstanden werden.2
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Gemeint sind hiermit Ansätze, welche die Handlungsfähigkeit, Selbstorganisation und Selbstermächtigung subalterner und marginalisierter Akteure in das Zentrum ihrer Untersuchungen rücken. Dies gilt am Beispiel Metro Manilas insbesondere für die Arbeiten von Berner und Shatkin (BERNER 1997; SHATKIN 2007) oder für die älteren Arbeiten von Laquian und Lloyd (LAQUIAN 1971; LLOYD 1979). Das gilt in deutlich geringerem Maße für Medien wie Fernsehen, das sowohl eine größere Reichweite hat, als auch überwiegend nichtenglischsprachig sendet. Randy David macht sich für die These stark, dass die Demokratisierung des Fernsehens, mit der erstmals die nicht englischsprachige Bevölkerung angesprochen und partiell in den politischen Diskurs einbezogen wurde, zu einem verstärkten Bewusstsein über politische Rechte und Handlungsfähigkeit bislang marginalisierter Bevölkerungen geführt hat und damit entscheidenden Einfluss auf das politische System hat. Deutlich, so David, wurde dies am politischen Erfolg und der Wahlkampagne von Joseph Estrada (DAVID 2004). Zur Medienlandschaft sowie Rolle und Struktur der Presse des Landes, das einerseits über eine der freiesten Pressen der Region verfügt, andererseits aber als das neben dem
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Abgesehen von einigen wenigen Aufsätzen findet sich kaum sozialwissenschaftliche Literatur über die mediale Repräsentation Metro Manilas, und dies, obwohl die Metropole – die zudem Standort aller großen Medienunternehmen, Redaktionen und Sender des Landes ist – in massenmedialen Diskursen, Filmen und Texten, sowohl explizit wie auch implizit, eine äußerst prominente Rolle einnimmt. Die wenigen Ausnahmen entstammen so auch überwiegend literaturwissenschaftlichen Arbeiten und befassen sich mit der Repräsentation der Stadt in fiktionalen Darstellungen. E. San Juans Essay Encircle the City by the Countryside (SAN JUAN 1996) befasst sich mit dem Bild Manilas in der philippinischen Literatur seit deren Anfängen. Mehrere Beiträge thematisieren die Repräsentation Manilas im philippinischen Kino. Allerdings konzentrieren sich diese Arbeiten insbesondere auf Texte und Filme, die vor 1986 entstanden sind (LICO 2003b; TOLENTINO 2001).3 Diskursanalysen der massenmedialen Repräsentation Metro Manilas sind nicht bekannt. Für den weiteren Verlauf dieser Arbeit soll es ausreichen einige wichtige Diskursstränge hervorzuheben. Damit soll der dominante Blick auf Metro Manila verdeutlicht werden, dessen wahrgenommene Probleme, Herausforderungen und Möglichkeiten.
Stadtbilder Eines scheint dem dominanten Reden über Manila klar: Manila ist nicht mehr oder nicht mehr in erster Linie jener Ort des Versprechens auf Fortschritt und gesellschaftliche Modernisierung, als den postkoloniale wie koloniale PlanerInnen die Stadt entwarfen und imaginierten, sondern erscheint im Diskurs in erster Linie in Begriffen der Unordnung, des Verfalls und der Angst. Manila ist keine schöne, keine lebenswerte Stadt, nicht mehr die „Perle des Orients“ und kein Ort, der mit positiven Attributen belegt wird. Insbesondere ist Manila kein Singapur, kein Hong Kong und kein Kuala Lumpur, kein Symbol erfolgreicher Planung
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Irak gefährlichste Land für JournalistInnen gilt, sei auf Arbeiten aus dem Umfeld des Philippine Center for Investigative Journalism verwiesen (CORONEL 1997; 2006). Tolentino bezieht sich in erster Linie auf das mapping der Stadt in den beiden erfolgreichen philippinischen Filmen Maynila: sa mga Kuko ng Liwanag (1975) und Manila at Night (1980); Gerhard Lico untersucht anhand einer größeren Zahl von Beispielen seit den 1940er Jahren die Repräsentation von städtischer Armut und Slums – einem zentralen Motiv des philippinischen Kinos bis in die 1970er Jahre, wie nicht nur in den Filmen von Lino Brocka, sondern besonders auch in der berühmtesten Filmrolle des späteren Präsidenten Estrada deutlich wird.
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von Stadt und kein Zentrum eines modernen und entwickelten Landes: „In fact, most of Metro Manila is decaying“ (PDI 14.11.2001). Manila, das sind in diesem Diskurs Enge und verstopfte Straßen, das sind die Müllberge von Smokey Mountain und Payatas, das sind Armut und ungesunde Lebensbedingungen. Und zudem bietet die Stadt keinen schönen Anblick, ist ästhetisch ein Ärgernis. „The ugliness of our capital is a blight in our souls and an ache in our hearts that we have long suffered“ (PDI 04.05.1997). Manila erscheint als ein Moloch „full of gore and mayhem, scandals and tales of retribution“ (PG 30.06.2003) und stellt sich für die BewohnerInnen und LeserInnen von Hochglanzmagazinen als „crime, grime, and chaos“ (FEER 06.02.1997) dar. Wie das Eingangszitat von Shatkin formuliert, das aus einem Aufsatz über informelle Siedlungen und politische Strategien stammt, um diese unsichtbar und vergessen zu machen, ergießen sich informelle Siedlungen und ihre BewohnerInnen in den öffentlichen Raum, sammeln sich in Klumpen unter Hochbrücken und auf ungenutzten Parzellen, drängen sich entlang unsicherer und gefährlicher Hänge, an und über Abwasserkanälen und Wasserläufen und lassen angesichts ihrer Masse und Mobilität die meisten staatlichen Versuche sie zu vertreiben und zu verdrängen als ein hoffnungsloses Unterfangen erscheinen, das nicht selten in Metaphoriken des Kampfs gegen eine bedrohliche und aggressive Natur erscheint. Gleichzeitig, neben den zahlreichen und oftmals drastischen Erzählungen Manilas als einer Metropole der „Dritten Welt“, läuft ein Diskurs über andere Realitäten der Stadt, jener von Versprechen und Realität von Reichtum, Wohlstand und Modernität. Diese beiden Realitäten Manilas, als einem „would be center of global capitalism“ auf der einen Seite und als „dying city of poverty and disenfranchisement“ auf der anderen (TOLENTINO 2001: 159), sind nicht allein als zwei getrennte Welten zu verstehen, die über keine Kontaktstellen verfügen, sondern sie verweisen aufeinander und sind – sowohl materiell, ökonomisch als auch symbolisch und diskursiv – an ihrer gegenseitigen Hervorbringung beteiligt und nicht zuletzt durch den Fluss von Arbeit und Kapital eng aneinander gebunden. Eine weitere doppelte Bedeutung Manilas, die hier allerdings weniger interessiert, besteht in Bezug auf die übrigen Teile der Philippinen. Auf der einen Seite gilt Metro Manila – das wurde in den Kapiteln über die Rolle der Metropolen für Marcos wie auch das US-amerikanische Kolonialregime deutlich – als Zentrum des nationalen Projekts der Philippinen und als Vorzeigestadt, in der Ideen und Ideale von Fortschrittlichkeit und einer modernen Nation produziert werden und das als Symbol für die ganze Nation stehen soll. Auf der anderen Seite erscheint die Stadt als eine „semi-autonomous sphere“, die sich entlang gänzlich an-
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derer Entwicklungslinien als der Rest des Landes bewegt und in den meisten Belangen von diesem strikt getrennt ist bzw. einem kolonialistischen Verhältnis gegenüber steht (TOLENTINO 2001: 158). Das schafft einerseits die Vorstellung Manilas als einer Verkörperung von Chancen, als Versprechen von Wohlstand und Möglichkeit sozialen Aufstiegs für die verarmte Landbevölkerung. Manila zieht, wie viele andere wachsende Städte, zahlreiche aus den ländlichen Regionen vertriebene Menschen an und wird als Ort des besseren Lebens imaginiert, auch wenn dieses Versprechen auf Teilhabe in unzähligen Fällen gebrochen wird. Andererseits besteht bereits seit langem ein Diskurs, der insbesondere außerhalb der Metropole sowie von NGOs, die sich mit ländlicher Entwicklung befassen, geführt wird, in dem Imperial Manila oder Colonial Manila als parasitär und gleich einer herrschenden Kolonialmacht agierend begriffen wird, die den Provinzen Reichtum, Menschen und Entwicklungschancen entzieht. Insbesondere zwischen der Mitte der 1990er Jahre und etwa 2001 war der mediale Diskurs über die Metropole geprägt von Berichten über die Probleme und Mängel der Stadt, von Missmanagement, Armut und Vernachlässigung – sowohl durch lokale PolitikerInnen wie auch durch „normale“ Manileños (wenngleich dies eher für urban poor und jene zu gelten scheint, die gezwungen sind, ihre soziale Reproduktion im öffentlichen und sichtbaren Raum der Stadt zu organisieren) –, die Metro Manila als einen Inbegriff einer ungeplanten und chaotischen Mega-City erscheinen ließen (VILLALON 2002). Dieser Diskurs nahm einen zum Teil großen Raum der allgemeinen Berichterstattung ein. In den letzen Jahren sind Berichte über die verstopften Straßen, überschwemmte Stadtteile, Müll und Brandkatastrophen in informellen Siedlungen von den ersten Seiten der Zeitungen weitgehend verdrängt worden und werden nur gelegentlich zu Themen, von denen außerhalb der Lokalseiten berichtet wird. Dies mag mit leichten Verbesserungen der städtischen Infrastruktur und Versorgung in einzelnen Bereichen zusammen hängen. Allerdings ist eine Verbesserung der Situation bezüglich der regelmäßigen Überschwemmungen ganzer (meist ärmerer) Stadtteile und der Großbrände, die regelmäßig ganze Siedlungen in Schutt und Asche legen, kaum festzustellen. Viel eher kann diese Diskursverschiebung einerseits mit dem Erfolg eben jener, sozial sehr selektiven Räume erklärt werden, mit denen Verbindungen zwischen den alten öffentlichen Räumen, in denen diese Probleme weiterhin weitgehend ungemindert bestehen und der neu entstehenden privaten Stadt zunehmend gekappt werden. Andererseits trägt eine neue Art und Weise über städtische Probleme und ihre Lösbarkeit zu reden zu dieser Verschiebung bei, die sehr eng mit der Rhetorik neoliberaler Programme und Subjektivitätsvorstellungen ver-
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bunden ist. Was Shatkin als ein zunehmendes „Vergessen“ von informellen Siedlungen und städtischer Armut in den staatlichen Programmen und Modernisierungsprojekten der Philippinen beschrieben hat, als ein „planning to forget“ (SHATKIN 2004), findet sich nicht nur in diesen Programmen und Projekten. Vielmehr wird dies zunehmend Teil der dominierenden massenmedialen Diskurse und des Redens über die Stadt. Im September 2001 erschien in Newsbreak, einem optisch und inhaltlich an internationalen Vorbildern wie Time Magazine oder Newsweek orientierten Magazin, als Titelstory unter der Überschrift Mean Metro ein mehrseitiger Bericht über die städtischen Probleme und sozialen Konflikte in Metro Manila. Eingerahmt von Bildern verstopfter und überschwemmter Straßen, der Müllberge von Payatas und einer Gegenüberstellung von Menschen, die mit dem Reinigen von Dosen 50 bis 100 Peso am Tag verdienen können und tanzenden Yuppies in einem schicken Club, beschreibt die Autorin ihre Realität der Stadt: „Every morning for two years the roar of tricycles outside would jolt me from sleep at an apartment in a treeshaded compound in UP Village. The househelp would not join me for breakfast, for they had to line up pails to all functioning faucets before water supply for the day ran out. As I left the apartment, I would be sent off by the sight and stench of trash that had remained uncollected for a week more. Whenever there was a downpour, floods would greet me down the alley.“ (NB 12.09.2001)
Darauf folgt der Bericht über die Mühen mittels öffentlicher Verkehrsmittel Wege in der Metropole zurückzulegen und anschließend die Frage danach, wie „Order and the glory“ zurück in die Stadt gebracht werden können. Diese wird beantwortet mit dem Ruf danach, die unter Ramos in den frühen 1990er Jahren in die Wege geleiteten Programme und Projekte eines stärkeren zentralstaatlichen Zugriffs und professionalisierten Managements endlich zu realisieren und durchzusetzen (siehe unten). Das beschriebene und von der Autorin leicht überzeichnete Bild kondensiert die Ärgernisse einer Stadt, wie sie sich für die Mittelschichten darstellen. Verglichen mit Orten, an denen in der Regel Slums und schlechte Wohnquartiere entstehen, ist der von der Autorin beschriebene Ort, UP Village in Diliman, Quezon City, ein durchaus privilegierter. Weder ist er besonders überschwemmungsanfällig, noch sind diese Viertel in der Nähe der University of the Philippine, in denen ein Großteil der lokalen NGOs residieren, und der von freistehenden Häusern im Stil suburbaner Siedlungen der 50er Jahre dominiert wird, in einem Maße mit den beschriebenen Problemen konfrontiert, die vergleichbar wären
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mit jenen Teilen der Metropole, die nicht für die Mittelschichten erschlossen wurden. Dennoch zeigen sich in diesem kurzen Abschnitt weite Teile eines vorherrschenden Diskurses über Metro Manila. Den Rahmen dieses Diskurses bilden Erzählungen von überlasteter oder weitgehend zusammengebrochener Versorgung mit sauberem Wasser und Strom, eine Abfallentsorgung, die weder über die Ressourcen zur vollständigen Einsammlung, noch die Orte der Entsorgung verfügt, sowie einen chaotischen Straßenverkehr und nahezu durchgängigem Verkehrsstau auf den Hauptstraßen. Verbunden wird dies, wie Tadiar bereits zu Beginn der 1990er Jahre schrieb, mit einem Reden über ein „Zuviel an Menschen“ und ein „Zuwenig an Disziplin“ (TADIAR 1993: 156).4 Müll, Naturkatastrophen und arme Menschen, meist als MigrantInnen aus den ärmeren Provinzen mit einem Defizit an „Zivilität“ dargestellt, werden ununterscheidbar zu Ärgernissen, von denen die Metropole „überschwemmt“ und bedroht wird, und die damit alle wohlmeinenden und beherzten Modernisierungs- und Ordnungsversuche in Frage stellen. Verglichen mit dominierenden Diskursen städtischer Probleme, wie sie etwa bezogen auf zahlreiche Metropolen Lateinamerikas beobachtet werden und in denen Themen wie Kriminalität, Gewalt und Angst vorherrschen (z.B.: CALDEIRA 2000), spielen in Metro Manila in erster Linie grundlegende städtische Infrastrukturen, Versorgungsleistungen und Planung die zentrale Rolle im Reden über Stadt. Kriminalität und Gewalt erscheinen demgegenüber eher als nachgeordnete Probleme, abgesehen von Zeiten, in denen Entführungen, terroristische Bedrohungen und gewaltsame Autodiebstähle (carjacking) ein gewisses Medieninteresse auf sich ziehen – und durch drastisches Vorgehen und eine martialische Rhetorik seitens staatlicher Sicherheitsapparate beantwortet werden. Dezidiert angstbasierte Strategien sind insgesamt eher selten.
City of Slums Derjenige städtische Raum, welcher der Vorstellung einer modernen Metropole und Modernität im Allgemeinen entgegengesetzt wird und der vielmehr als dessen Negativfolie fungiert, ist der Slum, sind shanties, informal- oder squatter settlements. Slums, ein Begriff, der nach längerer Abwesenheit in den letzen Jahren ein (zweifelhaftes) Revival in 4
So wundert es auch nicht, dass die idealen Landschaften privater Shoppingmalls und innerstädtischer Enklaven der Oberschichten in erster Linie als geordnete und kontrollierte Räume beschrieben werden, die weder anstrengend, noch laut, noch „teemed with people“ seien.
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der Stadtforschung erlebt (GILBERT 2007), gelten als das Symbol von „Dritter Welt“ und unkontrollierten Mega-Cities in den Ländern des Süden par excellence. In kaum einem jüngeren Buch wird eine solche Perspektive deutlicher als in Mike Davis’ populärem Planet of Slums (2006), in dem dieser – unter ausführlicher Bezugnahme auf Metro Manila, insbesondere vermittels Erhard Berners Defending a Place in the City (1997) sowie des UN-HABITAT-Berichts The Challenge of the Slums (UN-HABITAT 2003) – den Versuch unternimmt eine Geschichte der Globalisierung des Slums zu schreiben. Galten in der Modernisierungstheorie Slums und Städte in der Dritten Welt als Blick in die Vergangenheit und als Nullpunkt der Modernisierung, so wird dieser Schematismus nun gewendet. Anders als für die meisten KommentatorInnen in Metro Manila, für die Slums als Hinweis auf „Unterentwicklung“, „Rückschrittliches“ und etwas zu Überkommendes gelten, stellt sich der Slum für Davis nicht nur als eine Folge von Modernisierung und kapitalistischer Globalisierung dar, sondern auch als die (apokalyptische) Zukunft des Städtischen weiter Teile der Welt (DAVIS 2004a; 2006). Aber für beide ist er Symbol von Unkontrollierbarkeit, Unordnung, Krankheit und Devianz, in dem ein geregeltes Leben nicht vorstellbar ist (zur Kritik: PITHOUSE 2008; RAO 2006). In diesem Blick von Davis – und zumindest an dieser Stelle unterscheidet er sich von Berner und den zahlreichen Arbeiten, die sich aus einer akteurszentrierten Perspektive mit informellen Siedlungen beschäftigen – und weiten Teilen des medialen Diskurses in Metro Manila erscheinen die BewohnerInnen von Slums im Plural, als Masse, als Objekte und Opfer und nicht als selbstbewusste Akteure mit der Fähigkeit selbst zu sprechen und zu handeln. Die Darstellungen dieser Bevölkerungen zeigen, dass deren Körper, wie Katja Diefenbach bezüglich medialer Repräsentationen von HollywoodFilmen schreibt, „für das hegemoniale Auge immer im Plural auftreten“ (DIEFENBACH 2003: 180), markieren einen Gegenentwurf zu den individuellen Gesichtern und Geschichten der produzierten Mittelschichtsnormalitäten und zu den präsentierten Akteuren der möglichen Lösung städtischer Probleme. „Bevölkerung“ wird so zur Metapher für „uncontainability, the inadequacy of civic services, the breakdown of law and order. The terms in which the cities are discussed – urban ‚explosion‘, ‚catastrophe‘ – tend to assimilate them to natural disasters, they are problems crying out first for relief, and then for solution“ (SEABROOK 1996: 5). In Mike Davis globaler Geschichte des Slums und der globalen surplus humanity bleibt wenig Platz für Akteure, vielmehr erscheinen die BewohnerInnen fast ausnahmslos als passive Opfer neoliberaler Strukturanpassungsprogramme ohne eigene Handlungsfähigkeit und Subjektstatus.
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Mediale Repräsentation erfahren Slums und die BewohnerInnen dieser Siedlungen Metro Manilas, von wenigen Ausnahmen abgesehen, in Problemberichten, in Erzählungen von Katastrophen, des Mangels und der Bedrohung. Dabei erscheinen diese vielfach nicht als gesellschaftliche Probleme, sondern als bedrohliche Natur und Naturkatastrophen. Schwerpunkte bilden Berichte über Brandkatastrophen in den engen und aus leicht entzündlichen Materialien errichteten Siedlungen,5 Überschwemmungen von Teilen der Metropole in der Regenzeit und gelegentlich über Auseinandersetzungen um Räumungen informeller Siedlungen. Neben Darstellungen von „Bedürftigen Armen“, also unverschuldet in Armut geratenen, finden sich vielfache Berichte über soziale Abweichung, Devianz und antisoziales Verhalten, die sich etwa an Berichten von Drogenküchen und -konsum (insbesondere shabu und Lösungsmittel), Kriminalität und Bandengewalt aber auch einem Desinteresse an sauberen und geordneten städtischen Räumen und einer Vernachlässigung des städtischen Raums festmachen. Armut, Müll, Gewalt und Überschwemmungen lassen sich in diesem Diskurs nicht voneinander trennen und werden zu einer äußerlichen Bedrohung eines geordneten Lebens und zu Zeichen eines „Anderen“. Das wird deutlich, wenn unter dem Label der Beautification Slums zwangsgeräumt werden, marginalisierte Menschen als „Fluten“ und „Ströme“ erscheinen und Slums als Orte von Seuchen und Krankheit (PG 29.1.2001) oder als unkontrollierte „Baby Factory“ (PFP 24.07.2004) biologisiert und pathologisiert werden. Informelle Siedlungen werden als Bedrohungen für Modernisierungsprojekte und städtische Großprojekte wahrgenommen, etwa für die weiter unten diskutierte Fort Bonifacio Global City (MT 10.1.1995) oder eine Reihe städtischer Infrastrukturprojekte (PHILIPPINE BUSINESS MAGAZIN 10/2003). „Slums“ stellen hier nicht nur oder gar nicht in erster Linie für deren BewohnerInnen eine Gefahr dar. Die Bedrohung, die von diesen „Brutstätten“ der Krankheiten, des Schmutzes und der Unordnung, was allesamt auch moralische Kategorien sind, gegenüber der Stadt, die nicht selten in biologischer und organischer Metaphorik als ein zu schützender und kranker Organismus präsentiert wird, ist sowohl physisch wie moralisch und erinnert an vielen Stellen an bekannte Topoi europäischer Großstadtkritik seit deren Anfängen (LINDNER 2004: 20; MACEK 2006). Diskurse des Niedergangs, in denen Masse – in der Regel assoziiert mit städtischen Armen, informellen HändlerInnen und MigrantInnen – mit
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Nicht selten sind diese auf hot demolitions zurückzuführen, Brandstiftungen, um langwierige juristische Auseinandersetzungen um Räumungen zu umgehen.
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moralischen Verfehlungen kurzgeschlossen werden, exotisieren Slums und deren BewohnerInnen und konstruieren diese als weniger zivilisiert. Ein solcher Diskurs hat auch in den Philippinen Tradition. Michael Pinches zitiert in seinem Aufsatz über Modernisation and the Quest for Modernity (PINCHES 1994: 26) zwei Artikel aus den 1960er und 70er Jahren, erschienen im Philippine Free Press: „To live in a slum or squatter area is punishment enough: but worse punishment is that which is inflicted not on the body alone, but also on the psyche. Slums are breeding places of crime, immorality, vice, disease and juvenile delinquency. They are a menace to society and a drain on the national economy.“ (PFP 29.04.1967)
Knapp zehn Jahre später, während des Marcos-Regimes und in einer Phase, in der Slums eine in staatlichen Programmen größere Aufmerksamkeit erfahren als dies gegenwärtig der Fall ist, nicht zuletzt weil sie als idealer Nährboden bewaffneten Widerstands galten, heißt es in der selben Zeitschrift: „In Manila alone, no fewer than 150.000 people live in slums and squatter areas, the spawning ground of immorality, criminality and diseases... In many a barong-barong there, families live, eat, sleep and mate in the same room. If there is hell on earth, it can be found in the barong-barong or jerry built shanties or slums where people live no better than animals.“ (PFP 07.01.1976)
Diese Verschränkung von Armut, Dreck, Devianz, Unordnung und „Rückschrittlichkeit“, die auch weiterhin dominant ist und im Konzept des Slum zusammengefasst wird, wie Peter Marris schon Ende der 1970er Jahre feststellte (MARRIS 1979: 419), fordert sowohl eine spezifische Kontrolle und Regulierung des Verhaltens der in dieser Weise angerufenen Akteure und Orte wie auch eine Regulierung und Kontrolle jener Räume, die als Verkörperungen von Modernität und Fortschrittlichkeit imaginiert werden, um diese von ersteren frei zu halten. Damit soll nicht der Eindruck erweckt werden, die in diesem Diskurs beschriebenen Realitäten hätten keine Entsprechungen in der Wirklichkeit. Etwa ein Drittel der Bevölkerung Metro Manilas lebt in informellen Siedlungen und ein etwa gleich großer – aber damit nicht identischer – Teil lebt unterhalb der Armutsgrenze. Extreme Formen von Armut und Marginalisierung sind Realität, und die damit vielfach verbundene Ausweglosigkeit bringt Gewalt, Kriminalität und andere zum Teil in den Medien skandalisierte Praktiken hervor. Die Kritik an dieser Repräsentation soll natürlich keineswegs die bestehenden Mängel, die
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Ausbeutung und Gewalt gegenüber marginalisierten Menschen negieren oder abwerten. Es wäre, wie Seabrook schreibt, „foolish to pass from one distortion – that the slums are places of crime, disease and despair – to the opposite: that they can be safely left to look after themselves“ (SEABROOK 1996: 197). Hier geht es vielmehr um eine Problematisierung der Art und Weise wie gesellschaftliche Probleme in diesen Diskursen verdinglicht und naturalisiert werden. Das Problem ist, wie Steve Macek in seinem Buch über Urban Nightmares schreibt, dass diese Darstellungen deren Ursachen und Bedeutungen verschleiern, zumindest teilweise zu deren Perpetuierung beitragen und nicht zuletzt dem Boom bewachter Wohnquartiere und abgeschotteter städtischer Räume der Mittelschichten und Eliten weitere Legitimität verschaffen, da sie als notwendiger Schutz vor den Bedrohungen dieser städtischen Umwelt erscheinen (MACEK 2006: 2).
„There is hope ... says urban planner“ Seit einigen Jahren lässt sich ein Wandel des Redens über Stadt in Metro Manila beobachten. Am auffälligsten stellt sich dies in Magazinen dar, die ausführlicheren Berichten einen größeren Raum einräumen, als dies in Tageszeitungen üblich ist. Gleichzeitig kann nicht übersehen werden, dass sich die sozialen Realitäten für die BewohnerInnen von Slums nicht in demselben Maße geändert haben, noch dass gar von einem Verschwinden von Slums und Informalität in Metro Manila die Rede sein kann. Vielmehr kann dieses veränderte Reden als ein Hinweis auf ein verändertes Verständnis gesellschaftlicher Probleme und deren Lösbarkeit angesehen werden. Dieser Wandel macht sich fest an einer Verschiebung von Problemberichten hin zu personalisierten Geschichten über individuelle Akteure, meist BürgermeisterInnen, developer oder ArchitektInnen, gelegentlich aber auch über „Squatters worth imitating“ (PFP 07.08.2004), denen es gelingt, auch gegen unterschiedlichste Widerstände und Hindernisse – meist behäbige und korrupte Bürokratien, alte Eliten und Traditionen – Stadt erfolgreich und auf der Basis eigenen Handelns zu managen. Individuen, wie Jejomar Binay, dem Bürgermeister von Makati City (DAMAZO 2002; TORRE 2002b; 2003) oder dem ehemaligen Bürgermeister von Marikina und heutigen Vorsitzenden der Metropolitan Manila Development Authority Bayani Fernando (DAVID 2007; LOPEZ 2007; REYES 2006) werden dabei die Rolle des Machers, des Visionärs oder einfach des urbanen Helden zugeschrieben, die sich erfolgreich den Widrigkeiten widersetzen. Der Tenor der Machbarkeit und Lösbarkeit
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städtischer Probleme durch das beherzte und energische Vorgehen gegen all jenes, was als „Schandflecken“ (ein häufig verwandter Begriff in Beschreibungen informeller Siedlungen in Sichtweite von Mittelschichtsräumen) sozialräumlich stigmatisiert, Hinweise auf urban decay liefert, findet sich beispielsweise in einer Vielzahl von Artikeln über die Revitalisierungsprogramme der beiden Bürgermeister der City of Manila Alfredo Lim und Lito Atienza (ALMARIO 2000; BAUMGÄRTEL 2007; CAGURANGAN 2003). Auf diese Politiken, die in erstem Falle von Lim und Fernando massive Repressionen und Vertreibungen, beispielsweise des Rotlichtviertels und eine Übernahme einer Nulltoleranz-Politik gegen Kriminalität und Unordnung bedeuten und im Falle von Atienza eine Politik und einen Diskurs der Gentrifizierung, die weniger auf Repression und mehr auf beautification setzte, wird weiter unten ausführlicher eingegangen. Die eigentlichen und einflussreichsten dieser „Visionäre“ eines neuen Manilas, einer städtischen Landschaft, die als Gegenbild zu dem eingangs beschriebenen Bild fungieren, sind aber die privaten developer, PlanerInnen und ArchitektInnen. Während staatliche Akteure sich der Unterstützung durch ihre WählerInnen versichern müssen und somit zumindest in Ansätzen auf Interessen und Bedürfnisse der Bevölkerungsmehrheit Bezug nehmen müssen, sind private Immobilienunternehmen von solcherlei Einschränkungen weitgehend befreit. Bevor diese Akteure und die auf die oberen Mittelschichten und Oberschichten gerichteten Landschaften eines Global City imaginary in den Fokus gerückt werden, ist es zunächst aber notwendig, etwas genauer auf staatliche Akteure und zentrale Entwicklungslinien staatlicher Politiken seit dem Ende des Marcos-Regimes einzugehen.
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In Hinblick auf die administrative Struktur stellt Metro Manila ein Beispiel für ein System relativ autonomer lokaler Regierungen dar. Während zahlreiche Städte in Südostasien über ein vergleichsweise stark zentriertes und vereinheitlichtes lokalstaatliches Governancesystem für die Metropole und eine weitere Metropolregion verfügen (NAS 2005), wird Metro Manila von Lokalregierungen geprägt, die formal über eine starke Eigenständigkeit gegenüber nationalstaatlichen oder metropolitanen Akteuren verfügen. Erhebliche Teile der Metropole liegen zudem außerhalb jeglicher metropolitanen Verwaltungseinheit und agieren als eigenständige Provinzen oder Städte (LAQUIAN 2005: 44). Die in der Phase des Marcos-Regimes etablierte Steuerung der Metropole durch die Metropolitan Manila Commission und die Schaffung einer National Capital Region, die den Vorstellungen einer technokratischen und zentralistischen Regierung, wie sie als notwendig für staatliche Modernisierungsprojekte angesehen wurde, genügen sollte, wurde nach 1986 durch eine landesweite Stärkung der lokalen Städte und Gemeinden, also durch ein downscaling politischer Macht, ersetzt. Im Folgenden soll es darum gehen, die Ebene des lokalen Staates im Spannungsfeld der Demokratisierung nach 1986, der Kontinuität von cronyism, Patronage und extensiver Korruption und der Dominanz neoliberaler Programmatiken, vorgebracht durch den nationalen Staat, internationale Institutionen, weltweit wirkende Diskurse und internationales Kapital, zu betrachten.
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Dezentralisierung – der Local Government Code Spielte Metro Manila als Objekt staatlicher Modernisierungsprojekte, als Symbol der Erfolge des Regimes und als lokale Machtbasis für das staatliche Projekt der New Society eine herausragende Rolle, so wurde diese Zentralität, die Manila ökonomisch, politisch und symbolisch zum Fokus der staatlichen Entwicklungsbemühungen machte und die Spaltung zwischen der Metropole und der Peripherie verstärkte, unter Corazon Aquino stark zurückgenommen. Ein erster Schritt dieser Neubewertung der Rolle Metro Manilas war die faktische Entmachtung der Metropolitan Manila Commission und die Auflösung des Ministry of Human Settlements. Diese Institutionen, die Metro Manila unter die direkte Kontrolle des nationalen Staates und konkret unter die Führung von Imelda Marcos stellten, galten als eines der herausragenden Symbole jenes Nepotismus, der das Regime charakterisierte. Sie wurde der umfangreichen Korruption beschuldigt und – obgleich die Ursachen anderswo lagen – vielfach verantwortlich für die sich insbesondere seit den frühen 1980er Jahren massiv verschlechternde ökonomische Situation in der Metropole gemacht (VAN NAERSSEN u.a. 1997: 177). Die Auseinandersetzungen um das Verhältnis von Zentralismus und Dezentralisierung politischer Macht und damit verbundener Fragestellungen formten in den Jahren nach der Absetzung von Marcos einen wichtigen Bestandteil der Debatten um die Restrukturierung und Demokratisierung des politischen Systems. Gegenüber Positionen, die sich insbesondere mit verwaltungs- und planungstechnischen Argumenten für eine Beibehaltung einer zentralen Koordination metropolitaner Politiken durch die Metropolitan Manila Commission oder eine dieser vergleichbaren Institution aussprachen, setzten sich letztlich VertreterInnen einer Dezentralisierung und eines downscaling politischer Kontrolle durch (BRILLANTES 2003; GONZALES u.a. 2003; MANASAN 2002; TAPALES u.a. 1996). Durch eine allgemeine Kritik am autoritären Zentralismus des Marcos-Regimes, das sich insbesondere bezüglich seiner Forcierung zentralstaatlicher Kontrolle und Koordinierung der Unterstützung der Weltbank, lokaler Mittelschichten und Verwaltungen sicher sein konnte, kann dies allein nicht erklärt werden. Vielmehr sind mehrere Faktoren damit verbunden, die sich aus veränderten Diskursen und Bedingungen von gesellschaftlicher Steuerung und staatlicher Organisation ergeben. Dies gilt besonders für den Aufstieg eines neuen gesell-
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schaftlichen Akteurs, dem weltweiten Bedeutungsgewinn neoliberaler Politiken sowie einer Reorganisation des Blocks an der Macht.1 1) Aufstieg eines neuen sozialen Akteurs: Wenngleich der Erfolg einer realen gesellschaftlichen Demokratisierung durch People Power bereits in den späten 1980er Jahren relativ skeptisch betrachtet werden muss, so war 1986 das Entstehungsmoment einer breiten und handlungsfähigen Zivilgesellschaft im bürgergesellschaftlichen Sinne (MAGADIA 1999). Die Philippinen sind das Land in der Region mit der höchsten Anzahl von Nichtregierungsorganisationen und Basisorganisationen. Spätestens seit der Absetzung von Marcos, wahrscheinlich aber auch schon vorher, besaßen die Philippinen starke und vielfältige soziale Bewegungen. Eine vergleichsweise lange Tradition formaler Demokratie, formaler Pressefreiheit und mannigfaltiger Widerständigkeiten – gegenüber den Kolonialmächten, lokalen Eliten, dem postkolonialen Staat, patriarchaler Strukturen oder Klassenherrschaft – sind wichtiger Bestandteil kollektiver Erzählungen. Diese reichen von militanten Gewerkschaften, der National People Army, radikalen Landarbeiterorganisierungen oder der radikalen feministischen Partei GABRIELA bis zu christlichen oder philantrophen Bewegungen. Der Sturz von Marcos spielt ebenso eine zentrale Rolle als Gründungsmythos der modernen Philippinen wie der Widerstand gegen die japanische Besatzung und die Unabhängigkeitsbewegung um 1900. Die Bedeutung zivilgesellschaftlicher Mobilisierung für das Selbstverständnis und die politische Legitimität des neuen politischen Systems – das insbesondere in den ersten Jahren aus einem relativ heterogenen Akteursfeld bestand – zeigt sich deutlich in der Rhetorik des nationalen Staates unter Aquino. Dem nationalen Staat, Verwaltungen und traditionellen Eliten gelang es in der Folge allerdings 1
Hieran lassen sich zwei der Diskurse deutlich machen, die seit dem Ende des Marcos-Regimes Untersuchungen zum politischen System der Philippinen dominieren. Auf der einen Seite wird eine nachhaltige Demokratisierung des politischen Systems angenommen. Die Entstehung einer lokalen Demokratie und die Stärke von Nichtregierungsorganisationen, die Präsenz marginalisierter Gruppen in lokalstaatlichen Gremien und eine lebhafte Zivilgesellschaft gelten als Hinweise darauf, dass ein auf der Macht lokaler Eliten basierendes System überwunden sei (z.B.: KARAOS 1999; KASABA 1991; MAGADIA 2003). Auf der anderen Seite steht die These, dass People Power letztlich in erster Linie der Restauration eines politischen Systems diente, welches die Phase vor der Machtübernahme durch Marcos prägte. Das Ende des Marcos-Regimes erscheint in dieser Perspektive weniger als eine Demokratisierung, als vielmehr als ein Machtkampf innerhalb der Eliten. Die Rede von Empowerment und Partizipation gilt darin primär als Rhetorik, um dies durchzusetzen (z.B.: ANDERSON 1988; BELLO 2004; HEDMAN 2006; HUTCHCROFT 1998; KERKVLIET/MOJARES 1991; SIDEL 1999).
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erfolgreich, den Handlungsspielraum und die Machtpositionen zivilgesellschaftlicher und linker Gruppen nachhaltig einzuschränken und/oder diese durch Kooptierung einzubinden. Letzteres, die Aktivierung zivilgesellschaftlicher Akteure und deren Einbindung in das kleinräumige Managen des Sozialen, gilt als eine wichtige Strategie neoliberalen Regierens. Diese Zivilgesellschaft ist in teils starkem Maße von urbanen Mittelschichten geprägt. 2) Bedeutungsgewinn des Neoliberalismus und die Krise der Entwicklungspolitik: Ein weiterer wichtiger Grund findet sich in den weltweiten Machtverschiebungen in Folge der ökonomischen Krise der 1970er Jahre und den Strategien und hegemonialen Projekten zu deren Lösung. Gemeint sind damit der Aufstieg neoliberaler Programmatiken und der Diskurs der Globalisierung. Ist es ein Allgemeinplatz in den Debatten über Globalisierung, dass mit dieser eine Bedeutungsverschiebung von der nationalen zur globalen Ebene in einer Reihe von Belangen verbunden ist (z.B. Intensivierung des Welthandels, transnationale Migration, Internationalisierung des Staates), so lässt sich ebenso ein downscaling, eine Nahraumorientierung und ein Bedeutungsgewinn des Lokalen konstatieren (in neuen – ökonomischen, diskursiven oder politischen – Lokalismen und Regionalismen sowie in Verschiebungen staatlicher Steuerungsmechanismen auf die lokalstaatliche oder subkommunale Ebene). Dies zeigt sich insbesondere in der Stärkung von Städten als politischen Akteuren und deren Hinwendung zu unternehmerischen Politiken innerhalb nationaler wie internationaler Standortpolitiken. Noch in den frühen 1970er Jahren hatte die Forderung internationaler Kreditgeber nach einem stärkeren staatlichen Zentralismus und einer Aufwertung technokratischer Verwaltung von Gesellschaft zur Schaffung der National Economic and Development Authority, der National Capital Region und der Metropolitan Manila Commission unter Marcos beigetragen und die Verhängung und Akzeptanz des Martial Law begünstigt (BELLO u.a. 1982: 103ff). Seit den späten 1970er Jahren hingegen, mit der Krise der Modernisierungstheorie und Planungseuphorie (ZIAI 2007: 66ff) und deren nun offensichtlichem Scheitern wurde ein Wandel in den Politiken dieser internationalen Organisationen eingeleitet. Anstelle eines Fokus auf technokratische Planung und Großprojekte wurden „Dezentralisierung“ und „Partizipation“ zu den neuen internationalen entwicklungspolitischen Schlagworten. Statt zentralstaatlicher Planung galten eine Community- und Graswurzel-Orientierung und die Einbeziehung lokaler Akteure und sozialer Bewegungen bezüglich Armutsbekämpfung und Grundbedürfnisbefriedigung – die gegenüber dem Primat des reinen Wirtschaftswachstums an Bedeutung innerhalb der internationalen Entwicklungszusammenarbeit gewannen – als die präfe-
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rierten Strategien (ZIAI 2004). Es spricht einiges dafür, dass die neue Regierung der massiv bei internationalen Kreditgebern verschuldeten und stark unter dem Druck von Strukturanpassungsprogrammen stehenden Philippinen sich bemühte, sich diesen Anforderungen anzupassen, nicht zuletzt im Bestreben sich international als mustergültig und vertrauenswürdig zu positionieren (EADIE 2005: 83). 3) Machtkonflikte innerhalb des dominanten Blocks und dessen Reorganisierung: Neben den externen Verursachungsfaktoren eines Umschwenkens auf eine Politik der Dezentralisierung, wie sie im Neoliberalismus und der Verschuldungskrise der 1980er Jahre liegen und einer Politisierung einer von Mittelschichten getragenen zivilgesellschaftlichen Mobilisierung, spielen Auseinandersetzungen innerhalb der lokalen politischen Elite eine wichtige Rolle. Das Marcos-Regime war in erheblichem Maße die Folge von Konflikten innerhalb des Blocks an der Macht und bedeutete für einzelne Fraktionen darin eine Abwertung und einen partiellen Ausschluss zu Gunsten von Fraktionen, denen es gelang durch Nähe zum engeren Kreis um den Präsidenten ihre Position zu stärken. Mit der Krise des Regimes und angesichts der Drohung einer weiteren Entmachtung wurde eine Dezentralisierung politischer Macht von Seiten des Blocks an der Macht als ein Hebel zur Restauration der Prä-Marcos-Verhältnisse begriffen. Diese sollte es erlauben, die bisherige Machtbasis, die durch die Politik unter Marcos zum Teil in Frage gestellt worden war, erneut zu sichern. Vor diesem Hintergrund wurde mit der Verfassung von 1987 und insbesondere dem Local Government Code von 1991 eine, im Vergleich zu anderen Ländern der Region sehr weit reichende Verschiebung von politischer Macht und Befugnissen auf lokale Ebenen durchgesetzt (PORIO 1997: 11). Zwar wurde 1995 mit der Metropolitan Manila Development Authority (MMDA) eine neue supralokale Institution für Metro Manila geschaffen, deren Macht und Befugnisse blieben aber weit hinter denen der Metropolitan Manila Commission zurück. Nach mehrjährigen Auseinandersetzungen zwischen BefürworterInnen zentralistischer und dezentralistischer Ansätze wurde 1991 mit der Unterzeichung des Local Government Code ein Gesetz verabschiedet, das eine weit reichende Dezentralisierung politischer Macht vorschrieb. Der Local Government Code sah insbesondere in den Bereichen Gesundheit, soziale Sicherung, Landwirtschaft, Umweltschutz und öffentliche Bauvorhaben einen umfangreichen Machttransfer auf die lokale Ebene, an die jeweiligen Local Government Units (Städte, Gemeinden, Barangays) vor, mit der eine gewisse Unabhängigkeit und Autonomie gegenüber dem nationalen Staat und den Provinzregierungen in politischen, wie auch fiskalischen Belangen erreicht werden sollte. Damit
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wurden Planungs- und Regulationsbefugnisse, von lokalen Verordnungen und Steuern bis zu zoning- und Stadtentwicklungsplänen sowie die Finanzierung bestimmter Infrastrukturen an die lokalen Regierungen von Städten und Gemeinden übertragen (KARAOS 1997: 70; LLANTO 2002: 131). Ebenfalls enthalten war eine Stärkung der Rolle von Nichtregierungsorganisationen und Basisorganisationen auf der lokalen Ebene, deren verstärkte Beteiligung an lokalen politischen Entscheidungsprozessen und in lokalen Gremien festgeschrieben wurde. Während der Local Government Code von Nichtregierungsorganisationen und sozialen Bewegungen vielfach als wichtiger Schritt in Richtung einer nachhaltigen Demokratisierung und einem Ende der Herrschaft Imperial Manilas gegenüber den Provinzen und dem Lokalen angesehen wurde (KARAOS 1997: 70; MAGADIA 2003), zeigt sich immer deutlicher, dass er bestehenden lokalen Eliten dabei half ihre Macht zu sichern und auszubauen, da zwar die Möglichkeit, nicht aber die Notwendigkeit zur lokalen Demokratisierung geschaffen wurde. Zwar konnte der Local Government Code ein Mittel dazu sein, unter den Bedingungen einer Konzentration politischer Macht in den Händen lokaler Eliten und einer schwachen Öffentlichkeit und Zivilgesellschaft ist dies jedoch nicht sehr wahrscheinlich. Hingegen hat der Local Government Code vielfach zur Stärkung bestehender Machtverhältnisse und Aufrechterhaltung lokaler Dynastien, warlords und strongmen beigetragen (ABINALES 2005: 136). Einerseits wurde die politische und ökonomische Autonomie lokaler Einheiten gestärkt, beispielsweise bei der Vergabe von Aufträgen oder durch die Erhöhung der finanziellen Mittel, insbesondere der stark umstrittenen pork barrel2 und andererseits die nationalstaatliche Kontrolle geschwächt (DE GUZMAN 2001).
Administrative Struktur Metro Manilas Diese landesweite Politik der Dezentralisierung, die unter Aquino einsetzte und mit Ausnahme einiger Versuche zur Umkehr unter Ramos bis heute fortbesteht,3 findet sich auch in einer Restrukturierung der admini2
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Kongressabgeordnete erhalten jährlich einige zehn Millionen Peso für öffentliche Projekte in ihren Distrikten. Rund ein Drittel dieser Gelder werden Schätzungen zu Folge als Bestechungsgelder verwendet, nur knapp ein Viertel wird real in Projekte investiert (CORONEL 1998). Eine Verschärfung erfuhr diese zumindest rhetorisch in Arroyos Bemühungen um eine neue Verfassung (Charter Change) (z.B.: ARROYO 2005). Allerdings ist unklar, ob daraus politische Konsequenzen gezogen wurden, oder ob es sich ausschließlich um einen Versuch handelte, die drohende Amtsenthebung wegen des Vorwurfs des Wahlbetrugs zu umgehen.
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strativen Struktur Metro Manilas nach 1986. 1990 wurde mit der Gründung der Metropolitan Manila Authority die entmachtete, aber formal auch nach 1986 weiter bestehende Metropolitan Manila Commission ersetzt. Diese neue Institution wies in weiten Bereichen gegenüber dem Vorgänger deutlich eingeschränkte Aufgaben und Kompetenzen auf. Besaß die Metropolitan Manila Commission umfangreiche fiskalische, gesetzgeberische und exekutive Kompetenzen und konnte beispielsweise Steuern erheben, diese eintreiben, Verordnungen mit bindender Kraft für die Lokalregierungen erlassen und zur Finanzierung eigener Projekte Anleihen ausgeben, so war all dies der Metropolitan Manila Authority nicht möglich. Darüber hinaus wurde die sehr enge Bindung an das Präsidentenamt aufgelöst und die Position der Gouverneurin Metro Manilas abgeschafft. Die in Verordnung EO 392, mit der die Schaffung und Struktur der Metropolitan Manila Authority geregelt wurde, festgelegten Kompetenzen erhielten durch den Local Government Code im folgenden Jahr eine weitere Einschränkung. Der Hauptaufgabenbereich wurde auf die Bereitstellung grundlegender städtischer Dienstleistungen, welche einer metropolitanen Organisation bedurften, beschränkt, unter der Prämisse, dass diese nicht in die Autonomie der lokalen Städte und Gemeinden eingriffen. Neben der Erstellung von übergreifenden Flächennutzungsplänen, die allerdings für die einzelnen Städte und Gemeinden keine bindende Kraft besaßen und so vielfach umgangen werden konnten, betraf dies in erster Linie Verkehrsmanagement und Müllentsorgung. Für letzteres – insbesondere in den 1990er Jahren eines der zentralen Probleme Metro Manilas – wurden rund 80 % des jährlichen Budgets, das auf einen Bruchteil des bis dahin zur Verfügung stehenden gekürzt wurde, aufgewandt (MANASAN/MERCADO 2003: 271ff). Während die Metropolitan Manila Commission gegenüber lokalen Verwaltungen und Regierungen in Metro Manila über relativ weit reichende Kompetenzen verfügte, hat sich mit der Einführung der Metropolitan Manila Authority und verstärkt durch den Local Government Code das Verhältnis zwischen metropolitaner Verwaltung und den Lokalregierungen geändert, zugunsten einer verstärkten Autonomie der lokalen Verwaltungen. Die starke Einschränkung politischer und finanzieller Ressourcen, das Fehlen einer klaren und kohärenten Strategie und die Aufwertung lokaler Verwaltungen führten dazu, dass zum Ende der Aquino-Administration kaum von einer metropolitanen Verwaltung Metro Manilas gesprochen werden konnte. Die Kritik an einem Zentralismus, wie er unter Marcos vorherrschte, führte dabei nicht zu einer umfassenderen Demokratisierung und Partizipation breiterer Bevölkerungen. Vielmehr trug dies zur Stärkung der vielfach bereits vor Marcos be-
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stehenden lokalen Eliten, sowie zur Stärkung einer innermetropolitanen Konkurrenz und einer wachsenden ökonomischen Ungleichheit zwischen den einzelnen Städten und Gemeinden bei (MANASAN 1995). In die Kritik geriet eine solche Politik unter der wachstumsorientierten Politik der Ramos-Administration, die sich neben neoliberalen Programmen auch entwicklungsstaatlicher Ansätze und Vorbilder bediente. Als zunehmend dysfunktional und als ein Hindernis für die umfangreichen und großflächigen staatlichen Modernisierungs- und Entwicklungsprogramme begriffen, wurde es von Seiten des nationalen Staates und insbesondere dessen Planungsinstitutionen wie der National Economic and Development Authority als opportun angesehen, eine Korrektur am Primat einer Dezentralisierung zu Gunsten einer Refokussierung auf städtisches Wachstum und zentralstaatliche Planung vorzunehmen. Als Versuch einer dauerhaften Regelung gegenüber der als Übergangslösung konzipierten Metropolitan Manila Authority, wurde 1995 unter Präsident Ramos die bis heute bestehende Metropolitan Manila Development Authority (MMDA) geschaffen. Die Metropolitan Manila Development Authority wurde mit weiter reichenden Befugnissen, insbesondere hinsichtlich Planung und Infrastruktur ausgestattet und aufgrund der Ernennung des Vorsitzenden durch den/die PräsidentIn gleichzeitig der demokratischen Kontrolle entzogen (Nach 1986 wurde der Vorsitz der Metropolitan Manila Authority alle sechs Monate unter den BürgermeisterInnen Metro Manilas gewählt). Darin markiert sie zwar einen weiteren Schritt in Richtung Zentralisierung, erreicht aber bei weitem nicht die Macht der Metropolitan Manila Commission unter Marcos. Es fällt auf, dass im Rahmen der Rufe nach einer erneuten Zentralisierung, die Politik der Metropolitan Manila Commission, sowohl von offizieller als auch akademischer Seite, in einem wesentlich positiveren Licht erscheint, als dies ein Jahrzehnt zuvor der Fall war, als diese in erster Linie mit Blick auf ihre diktatorischen Elemente betrachtet wurde (z.B. CABANILLA 1998: 221; MERCADO 1998: 3). Auch darin ist ein Hinweis auf die Konformität neoliberaler Diskurse mit der Forderung nach der Einschränkung demokratischer Strukturen zugunsten von Wachstumsund Entwicklungsimperativen – durchaus gestützt auf einen starken und autoritären Staat – und die Affinität gegenüber kulturalisierenden Erklärungen von „Marktversagen“ zu sehen.4 4
So findet sich, vielfach unter Verweis auf scheinbar erfolgreichere Metropolen in der Region, die Forderung nach oder zumindest Diskussion über eine benevolent dictatorship (CARANDANG 2002) oder einer honest dictatorship (YUCHENGCO 2002), als einer möglichen Strategie der Lösung aktueller Probleme des politischen Systems (der Autor der letzteren Forderung war langjähriger Botschafter der Phillipinen in Japan und bei der UN
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Dennoch stellt auch die Metropolitan Manila Development Authority eine relativ schwache und stark umstrittene Institution dar (ABALOS 2001). Ebenso wie die Vorgängerinstitution verfügt sie über keine legislativen Befugnisse oder Weisungskompetenz an die lokalen Regierungen; auch die Finanzmittel sind relativ gering. Im Republic Act 7924, mit dem die Metropolitan Manila Development Authority gegründet und ihre Aufgaben bestimmt werden, heißt es, ähnlich der Verordnung, über die Schaffung des Vorläufers: „The MMDA shall perform planning, monitoring and coordinative functions, and in the process exercise regulatory and supervisory authority over the delivery of metro-wide services within Metro Manila without diminution of the autonomy of the local government units concerning purely local matters.“ (RA 7924)
Diese relativ offene und im Gesetzestext nicht wesentlich präzisierte Formulierung bietet seither einigen Konflikten Zündstoff bezüglich der Frage, was unter Koordinationsfunktionen, Minderung der Autonomie lokaler Regierungen und rein lokalen Angelegenheiten zu verstehen ist. Ein Beispiel solcher Konflikte, das insbesondere 2005 und 2006 einiges an Aufmerksamkeit erregte, waren die Auseinandersetzungen um die Frage, ob die Metropolitan Manila Development Authority das Recht habe im Bereich des Verkehrsmanagements Polizeifunktionen auszuüben. Dabei ging es in erster Linie um die Möglichkeit, Bußgelder zu verhängen und einzutreiben. Dies wurde von den lokalen Polizeien der Städte und Gemeinden, sowie Abteilungen der Philippine National Police in Zweifel gezogen, nicht zuletzt aufgrund der damit einhergehenden relativ lukrativen formellen wie informellen Einnahmemöglichkeiten (ANTIPORDA 2006; REYES 2006). Hochwasserschutz, Verkehrsmanagement insbesondere entlang der Hauptstraßen, Straßenreinigung und Müllabfuhr stellen die Hauptaufgaben der Metropolitan Manila Development Authority dar, wobei letzteres rund die Hälfte des Budgets beansprucht (QUISMUNDO 2006). Rund 90 Prozent der etwa zehntausend ArbeiterInnen und Angestellten der Metropolitan Manila Development Authority arbeiten im Bereich der Environment Sanitation Center, überwiegend als StraßenreinigerInnen (MANASAN/MERCADO 2003: 275ff). Unter dem Vorsitz des ehemaligen Bürgermeisters von Marikina City, Bayani Fernando, nehmen in den letzten Jahren städtische PRProgramme und beautification-Kampagnen einen wichtigen Stellenwert und wurde unter Arroyo zu einer führenden Kraft bei der Planung einer Verfassungsänderung).
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in Rahmen der Programme der MMDA ein. Dazu gehören die entlang wichtiger Straßen plakatierten rosafarbenen Tafeln, auf denen Verhaltenshinweise und aufbauende Weisheiten prangen, die ebenfalls rosafarbenen, entlang der Hauptstraßen installierten, Urinale oder Versuche Bekleidungsvorschriften für Fahrer von Bussen und Jeepneys durchzusetzen. Hier finden sich deutliche Anleihen an die rigorosen Verhaltensregulierungen in Singapur, eine Stadt die auch von lokalstaatlichen Akteuren vielfach als ein Vorbild betrachtet wird. Zudem ist die Metropolitan Manila Development Authority neben den lokalen Stadtregierungen verantwortlich für die Vertreibung informeller HändlerInnen und informeller Siedlungen, was diese mit teilweise drakonischen Mitteln durchsetzt.
Lokale Regierungen Die Schwächung einer metropolitanen Ebene, die zudem durch das Wachstum der Stadt weit über die Grenzen der National Capital Region hinaus verstärkt wird, geht einher mit einem Autonomiegewinn der lokalen Städte und Gemeinden, bzw. den dortigen dominanten Akteuren. Während dies auf der einen Seite eine wachsende Konkurrenz zwischen lokalen Regierungen zur Folge hat und das, was als unternehmerische Stadt gilt, auch auf der Ebene unterhalb der Metropole und gerichtet auf die Städte und Gemeinden innerhalb Metro Manilas produziert, hat es zum Anderen zur Festigung relativ stabiler Patronagenetzwerke in den jeweiligen Städten und Gemeinden beigetragen. Zwar sah die neue Verfassung von 1987 eine strikte Begrenzung der Wiederwahl politischer Ämter vor, beschränkte etwa die Amtszeiten von PräsidentInnen von zwei auf eine Legislaturperiode und die von BürgermeisterInnen auf zwei aufeinander folgende Amtszeiten, dennoch gelangten seit 1986 in einer Reihe von Städten und Gemeinden Metro Manilas verwandtschaftliche Netzwerke an die Macht, die in diesen eine generationenübergreifende Kontrolle des lokalen Staats ermöglicht haben. In Makati City etwa wurde Jejomar Binay, Anwalt und politischer Aktivist während des Marcos-Regimes und nicht Teil alter Eliten, als eine der ersten Amtshandlungen Aquinos zum Bürgermeister ernannt. Auf seine zwei erlaubten Amtszeiten folgte 1998 für eine Legislaturperiode seine Ehefrau, die sich gegenüber dem Sohn des unter Marcos amtierenden Bürgermeisters durchsetzte. Im Anschluss übernahm der „Lord of Makati“ (GO 2001) das Amt wieder selbst. Binay gelingt es dabei sehr erfolgreich, sich gegenüber der WählerInnenbasis, die in erster Linie aus
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der ärmeren Bevölkerung besteht, als basisnaher Bürgerrechtler und aktiver Sozialpolitiker zu positionieren und gleichzeitig gegenüber dem Unternehmenssektor, der die ökonomische Basis der besonderen Position Makatis bildet, als wirtschaftsnaher Modernisierer (TORRE 2002a). Die Übergabe des BürgermeisterInnenamtes an die Ehefrau hat sich zu einer nicht unüblichen Praxis zur Umgehung der Beschränkung auf zwei aufeinander folgende Amtszeiten und Implementierung politischer Dynastien entwickelt. So wurde in Pasig City Vincente Eusebio 2001 von Soledad Eusebio abgelöst, bis 2004 Vincente wieder ins Amt trat und in Las Piñas City regieren seit längerem unterschiedliche Mitglieder der Familie Aguilar. In Taguig gelang es im Jahr 2001 Sigfrido Tinga, Sohn eines obersten Richters, der in den Jahren zuvor Taguig und die benachbarte Gemeinde Pateros im Repräsentantenhaus vertrat, eine bis dahin dominierende Familie abzulösen. Bayani Fernando, der 2002 zum Vorsitzenden der Metro Manila Development Authority ernannt wurde, war zuvor zehn Jahre Bürgermeister von Marikina. 2001 wurde mit Lourdes „Marides“ Fernando dessen Ehefrau zu seiner Nachfolgerin gewählt. Diese, weniger durch Parteien, als durch familienzentrierte Netzwerke erhaltenen Patronagesysteme haben zu einer starken Stabilität lokaler Regierungen beigetragen und ein gewisses politisches (gewiss kein ökonomisches) Gleichgewicht zwischen Wählerschaft und lokalen Eliten geschaffen. Eine zweite Konsequenz des Machtzuwachses des lokalen Staates ist eine starke ökonomische Differenzierung. Die relative Autonomie der Lokalregierungen in Metro Manila findet unter den Bedingungen einer extrem ungleichen Verteilung von Ressourcen innerhalb der Metropole statt. Der Local Government Code erhöhte einerseits den Anteil der den jeweiligen Lokalregierungen aus den in ihrem Territorium erhobenen nationalen Steuern direkt zur Verfügung gestellt wird, wies diesen aber damit große Teile der Verantwortung über zahlreiche Aufgaben, etwa Wohlfahrtsprogramme oder bei der Umsiedlung informeller Siedlungen zu. So betrugen 2005 die Ausgaben der Stadtregierung Makatis pro EinwohnerIn mehr als das Siebenfache dessen, was den Regierungen Caloocans, Navotas oder Pateros zur Verfügung stand und knapp das Dreifache des Durchschnitts der Metropole.5 Eine Folge dieser Heterogenität und der Betonung der Autonomie der lokalen Regierungen bei gleichzeitig enorm unterschiedlichen Ressourcen, die von diesen Regierungen eingesetzt werden konnten, ist eine
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Auf Grundlage des Statement of Income and Expenditure des Bureau of Local Government Finance (www.blgf.gov.ph/pages/listReportNCR.php (02.06.2007)).
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starke Konkurrenz zwischen den einzelnen local government units um staatliche und besonders private Investitionen und gute Positionierungen in den lokalen Städterankings bezüglich lokaler und globaler Wettbewerbsfähigkeit. Diese Konkurrenz drückt sich in der Übernahme unternehmerischer Politiken auf lokalstaatlicher Ebene in den jeweiligen Städten und Gemeinden Metro Manilas wie auch den umliegenden Regionen aus. Die unternehmerischen Strategien lokaler Regierungen richten sich nicht in erster Linie, wie dies bei Harvey scheint, auf eine regionale oder weltweite Konkurrenz mit anderen Metropolen, sondern ebenso auf lokale Einheiten innerhalb Metro Manilas. So heißt es in Makatis Jahresbericht von 2005, der nicht zufällig stark an die Aufmachung von Unternehmensberichten erinnert und dessen Bürgermeister Binay sich mehrfach darüber beschwerte, dass Makati in der internationalen Presse als ein Vorort von Manila und nicht als das eigentliche Zentrum der Philippinen erscheint (TORRE 2004): „Makati shall lead the Philippines in the 21st century: its global and national enterprises, leading the creation of a new, responsible and sustainable economy; its citizens are productive, empowered and God-loving“ (MAKATI CITY 2005).6 Eine seit den 1990er Jahren von Gemeinden vermehrt angewandte Strategie der Stärkung der eigenen Kompetenzen und Handlungsfähigkeiten waren Kampagnen zur Erlangung des Stadt-Status. Metro Manila wurde während des Marcos-Regimes als ein Zusammenschluss aus vier Städten (highly urbanized cities) und 13 Gemeinden (municipalities) gegründet. Während municipalities und component cities der Verwaltung von Provinzen unterstellt sind und fiskalisch stärker an diese gebunden sind, bestehen highly urbanized cities auf der gleichen Ebene wie Provinzen und verfügen über diesen sehr ähnliche politische Strukturen und Kompetenzen. Damit einher geht eine deutlich größere Autonomie bei der Gestaltung von Steuern und der Schaffung von Investitionsanreizen. Zwischen 1962, dem Jahr, in dem Caloocan (nach Manila, Pasay und Quezon) als vierte Stadt in der Region, die später Metro Manila werden sollte, den Stadtstatus erhielt, und 1993 fanden keine Aufwertungen von lokalen Einheiten in Metro Manila statt, trotz der massiven Verstädte6
In mindestens zwei Fällen drückt sich eine zwischenstädtische Konkurrenz auch in Territorialkonflikten aus. Caloocan City, dessen Territorium in zwei getrennte Teile, ein Caloocan North und ein Caloocan South gespalten ist, fordert von Valenzuela City eine Gebietsabtretung, um einen Korridor zwischen beiden Teilen zu erhalten. Ökonomisch deutlich gewichtiger war ein Streit zwischen Makati City und Taguig um die Frage, wem von beiden das Gelände des ehemaligen Militärlagers Fort Bonifacio zusteht und wer damit auf Steuereinnahmen aus dem dort im Bau befindlichen städtischen Großprojekt hoffen darf.
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rung und trotz des Bevölkerungswachstums. Erst mit dem Einsetzen des ökonomischen Reformprojekts der Ramos-Administration und der damit verbundenen Rede von lokaler und globaler Wettbewerbsfähigkeit entstanden, meist auf Betreiben lokaler PolitikerInnen und nicht selten gegen den Willen der lokalen Business-Community, cityhood movements (GLENDA 1995; PHILIPPINE FREE PRESS 2004). Seit Mitte der 1990er Jahre sind die größten Gemeinden in Städte umgewandelt worden, so etwa 1995 Makati, Pasig und Muntinlupa. Gegenwärtig setzt Metro Manila sich nur noch aus einer Gemeinde (Pateros – mit 60.000 EinwohnerInnen mit Abstand die kleinste lokale Verwaltungseinheit) gegenüber 16 Städten zusammen. Diese Cityhood-Kampagnen sind meist eingebettet in Projekte der Aufwertung der Stadt und Teil ambitionierter Modernisierungs- und Entwicklungsversprechen, die bei erfolgreicher Durchsetzung und Realisierung einen Aufstieg innerhalb der Hierarchie der Städte Metro Manilas oder, wie im Falle von Makati propagiert, innerhalb der Hierarchie des globalen Städtenetzwerks ankündigen.
„Towards a Humane World-Class Metropolis“ Neben diesen lokalstaatlichen Programmen, deren Bezugsrahmen in der Regel die Städte und Gemeinden in Metro Manila bilden, wurde ab Mitte der 1990er Jahre, im Rahmen der Schaffung der Metropolitan Manila Development Authority und der mit dieser verbundenen Versuche des nationalen Staates eine stärkere Kontrolle und neue Governancestrukturen für die Metropole durchzusetzen, ein Rahmenplan für die künftige Entwicklung Metro Manilas vorgelegt, der sich eng an staatlichen Modernisierungsplänen und –„visionen“ orientiert, die sich in den 1990er Jahren einer gewissen Prominenz in Südostasien erfreuten. Diese Modernisierungsprogramme, wie sie in den 1990er Jahren in einer Reihe von Ländern in Südostasien primär von Seiten nationalstaatlicher Akteure propagiert wurden, stellen den Versuch dar, den Entwicklungspfad des jeweiligen Landes an die wirkmächtigen imaginaries einer knowledge based economy, eines kommenden „Informationszeitalters“ und einer postindustriellen „Wissensgesellschaft“ anzukoppeln (gleichzeitig können gegenüber diesen Programmen die realen ökonomischen Entwicklungen und staatliche Politiken auf anderen Ebenen angesiedelt sein, etwa eher auf arbeitsintensive Exportproduktion zu zielen, denn auf hochqualifizierte Dienstleistungssegmente und Informationstechnologien). Diese globalistischen economic imaginaries sind zwar nicht beliebig von realen ökonomischen Bedingungen zu trennen und nicht vollständig kontingent, aber ebenso wenig durch diese determi-
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niert. Folgt man Evers und Gerke, dann dienen diese aufwendigen Inszenierungen staatlicher Entwicklungsbemühungen der symbolischen Produktion von Modernität (EVERS/GERKE 1997: 6). In ihnen repräsentieren sich dominante staatliche Vorstellungen von Modernität, Nation und Fortschrittlichkeit und sie stellen Versuche dar diese als einzige legitime Version solcher durchzusetzen. So wie diese Vorstellungen in hohem Maße mit urbanen Räumen verbunden sind und urbane Zentren im Mittelpunkt solcher Modernitäts- und Fortschrittskonzepte stehen, so sind auch diese Modernisierungsprogramme in starkem Maße auf die städtischen Zentren und deren unmittelbare Peripherie konzentriert. „An assessment of master plans and comprehensive strategic plans in Asian mega-urban regions today reveals the most common vision to be achieving ‚global city‘ or ‚world-class‘ status. This vision is reflected in the speeches and policy pronouncements of high government officials, business leaders, and civic boosters.“ (LAQUIAN 2005: 79)
Das wohl bekannteste und für den politischen Diskurs der Philippinen über den größten Vorbildcharakter verfügende Beispiel einer solchen Vision stellt die von Malaysias Premierminister Mahathir verkündete Vision 2020 dar, als deren Ziel die Transformation Malaysias in ein „fully developed country“ bis zum Jahr 2020 formuliert wurde (MAHATHIR 1993: 403). Der Fokus dieses Programms wurde angesichts Malaysias ökonomischer Position insbesondere auf Informationstechnologien und den Dienstleistungssektor gerichtet und weniger auf Industrieproduktion, welche die exportorientierte Wirtschaftspolitik der 1970er und 80er Jahre dominiert hatte (BUNNELL 2004: 51ff; SARJI 1993). Räumliche Manifestierungen dieser sich durch eine „new urban centrality“ (BUNNELL 2004: 60) auszeichnenden Pläne finden sich in Projekten wie dem Multimedia Super Corridor und insbesondere Cyberjaya, die den Kern postindustrieller und informationeller Ökonomie bilden und in denen sich ein „specifically high-tech strand of developmental utopianism“ (BUNNELL 2002b: 267) zeigt. „The project may be understood as a ‚technology of nationhood‘ in that it makes the nation visible and knowable through exemplary forms of Malaysian informational living and working. It is a specifically urban exemplar of national progress and, as such, follows a long line of ‚visions of perfection‘ conflating technological utopias with urban ones“ (BUNNELL 2002b: 274). Neben Malaysia wurden solche oder ähnliche staatliche Programme und Visionen in mehreren Ländern geplant und in Ansätzen in nationale Politik überführt. Bemerkenswert ist dabei insbesondere die enge Verknüpfung symbolischer Politiken mit ökonomischen Funktionen, die sowohl Pro-
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gramme wie die Vision 2020, als auch den Bau spektakulärer ikonischer Architekturen wie den Petronas Twin Towers durchziehen. Eine radikale Wachstums- und Marktorientierung, die an einen Diskurs von Globalisierung, internationaler Wettbewerbsfähigkeit und den Aufstieg der emerging markets andockt, wurde mit dem Programm Philippines 2000, das 1993 von Präsident Ramos vorgestellt wurde – ähnlich dem unter Arroyo folgenden Programm der Strong Republic (ABINALES 2003; ARROYO 2003; DIMOND 2006) –, zum zentralen Element von „Modernisierung“, einem Begriff der wieder verstärkt Teil des Selbstverständnisses staatlicher Programme und Diskurse wurde. Dieser Modernisierungsbegriff fußte primär auf Politiken der Liberalisierung und Privatisierung, mit einer engen Verknüpfung zu Diskursen der Globalisierung und der durch diese hervorgebrachten Sachzwänge, denen staatliche Politik unter allen Umständen anzupassen sei (KELLY 1997: 156f; 2000: 161). Darüber hinaus wurde darin eine Politik der Dezentralisierung, die nach 1986 im Zentrum der Restrukturierung des politischen Systems stand, durch eine erneute Zentralisierung politischer Entscheidungen und staatlicher Interventionen ersetzt. Damit wurde die Rolle der urbanen Zentren, insbesondere Metro Manilas, gegenüber einer von der Idee her auf Ausgleich zielenden Politik gestärkt. In wohl keiner Phase der philippinischen Politik findet sich von staatlicher Seite eine Rhetorik der unternehmerischen Stadt und des Versuchs, Manila in eine global wettbewerbsfähige Stadt zu verwandeln, deutlicher, als es in dieser Phase der Fall war. Dies ging einher mit einer verstärkten Forcierung von Privatisierung und Liberalisierung durch den nationalen Staat. Das Programm Philippines 2000, das flankiert wurde durch einen mittelfristigen Entwicklungsplan, der strategische Vorgaben sowie konkrete Projekte versammelt (NEDA 1995), diente wie Alex Magno schreibt, als ein icon, „a very powerful icon“ (MAGNO 1993: 1). „Philippines 2000, as icon, musters the imagery of high growth, higher valueadded production, greater efficiency, and a globally competitive economy. Call it NIChood […] As icon, Philippines 2000 captures the mood of optimism, the emerging sense of confidence in our abilities as a people, the willingness to work harder and achieve competitive excellence, the vision of achievable prosperity […] NIChood is the utopia of this age.“ (MAGNO 1993)
Im Stil neoliberaler Managementliteratur wird jede Kritik und jeder Vorbehalt auf die Seite des Überkommenen, des Starren und des Negativen gestellt und Fortschritt und Progressivität einzig im Erfüllen der neoliberalen Agenda möglich. Diese ist, je nach Adressat, gleichzeitig
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unvermeidlich und bedarf der großen Anstrengung. Auch hierin neoliberalen Management- und Selbstoptimierungsstrategien folgend, wird ein „optimistic mood“ der Erreichbarkeit aller gesteckten Ziele geschaffen, und die Regierung „on the side of positive thinking and the continually deferred dream of better days ahead“ platziert (KELLY 2000: 40). In seiner 1993 gehaltenen programmatischen Rede fordert Ramos Abstand zu nehmen von dem bisherigen „endlessly cataloguing what is wrong with the Philippines and the Filipino“ und stattdessen damit zu beginnen „to talk about our state of health [...] what is good in us [...] what we are good at [...] what we can do [...]. This morning is a good time for talking positively“ (RAMOS 1994: 118).7 Innerhalb dieser Rede von der „Road to NIChood“ oder dem Status eines aufsteigenden „Asian Tiger“ (oder zumindest eines „Tiger Cub“) wird der Metropole Metro Manila eine entscheidende Rolle zugeschrieben. Staatliche Investitionen wurden auf eine Reihe bevorzugter „Flagship Projects“ konzentriert, die in trickle-down Manier, so die von Gregorio Vigilar, Minister für Public Works & Highways, vertretene Auffassung, eine landesweite Entwicklung beflügeln sollten (VIGILAR 1996). Rund 90 Prozent dieser zu weiten Teilen mit privater Beteiligung finanzierten Projekte betrafen den Ausbau der veralteten und regional kaum wettbewerbsfähigen Infrastruktur in hervorgehobenen Regionen. Der Fokus auf wenige regionale Zentren (neben Metro Manila sind das Metro Cebu und Metro Davao) soll explizit die Rolle der Metropolen, sowohl ökonomisch als auch demographisch – es wird von einem „demo7
Diese Rhetorik geht einher mit der Forderung der Durchsetzung neuer Subjektivitäten und Selbsttechnologien, die fast direkt an koloniale Zivilisierungsvorstellungen und rassistische Diskurse andockt, die „Unterentwicklung“ in erster Linie als eine Frage eines kulturellen und individuellen Defizits versteht. Den alten Eliten wie auch der Bevölkerung im weiteren, wird dabei ein neuer Unternehmertypus und ein neuer Filipino entgegengesetzt, der nicht auf Pfründe und Monopole angewiesen ist oder sich passiv seiner Armut ergibt, sondern der fähig sei, sich im globalen Wettbewerb erfolgreich zu positionieren und zu behaupten. Im Medium Term Philippine Development Plan erscheint dieser neue ideale Staatsbürger als „the modern Filipino, empowered and globally competitive, who has risen above the selfdeprecating images of the indolent [and] submissive“ (NEDA zitiert nach KELLY 2000: 40). Statt dem faulen Juan Tamad (Tamad: Tagalog für „faul“) und dem traditionellen Juan de la Cruz (als dem Gläubigen, Unterwürfigen und Passiven – Juan de la Cruz ist der Inbegriff des traditionellen philippinischen Mustermanns oder John Doe, dem „kleinen Mann auf der Straße“) steigt der moderne und selbstbewusste Juan Kaunlaran (Kaunlaran: Tagalog für Fortschritt) zum unternehmerischen Gestalter der Zukunft auf. Als einzige Hindernisse, so Ramos, stehen diesem selbstverschuldete Barrieren gegenüber, die durch Liberalisierung und Deregulierung zu überwinden seien (RAMOS 1995).
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graphic approach“ zur Erreichung der NIChood gesprochen – stärken. „By placing infrastructure investments in and around these areas, government is encouraging people to move here“ (PHILIPPINE DEVELOPMENT 1994: 3). An die Stelle der dezentralen Ausrichtung unter Aquino wird damit eine Förderung weniger ausgewählter und geographisch ungleich verteilter Projekte gesetzt.8 Damit kommt es zu einer Veränderung der Rolle, die urbanen Zentren zugeschrieben wird, deren Wachstum in entwicklungs-politischen Debatten zuvor als problematisch angesehen wurde, als etwas, das es eher zu verhindern als zu befördern galt (etwa durch das Verbot der Neuansiedlung von Industrien in Metro Manila in den 1970er Jahren). Während Urbanisierung in alten modernisierungstheoretischen Ansätzen als Ausgangspunkt von Modernisierung begriffen wurde, wurde dieser Ansatz seit den 1960er Jahren kritisiert. Nicht nur erschienen Städte als Brückenkopf kapitalistischer Durchdringung peripherer Staaten, sondern diese Durchdringung findet unweigerlich unter hierarchischen und abhängigen Bedingungen statt. Anders als von ModernisierungstheoretikerInnen erwartetet, war damit kein tickle-down Effekt verbunden, sondern vielmehr eine Konzentration von Kapital ohne positive Ausstrahlung auf die ländlichen Regionen (POTTER 1990: 6). So wurde betont, dass Städte in der 3. Welt eine aktive Rolle bei der Unterentwicklung der sie umgebenden Länder spielen (ARMSTRONG/MCGEE 1985: 11). In der Politik der Aquino-Administration lassen sich Elemente dieser Kritik finden. Der Fokus auf eine geographisch weniger ungleich verteilte Entwicklung und eine Dezentralisierung politischer Entscheidungsprozesse lassen sich in diese Richtung lesen. Im Anschluss an Philippines 2000 und die Gründung der Metropolitan Manila Development Authority als der neuen zentralen Verwaltungsbehörde Metro Manilas wurde Mitte der 1990er Jahre mit dem Physical Framework Plan for Metropolitan Manila 1996-2016 ein längerfristiger Entwurf vorgelegt, mittels dem, so der Untertitel des Plans, die Grundlage der Entwicklung Manilas Towards a Humane WorldClass Metropolis gelegt werden sollte (PHILIPPINE DEVELOPMENT 1996). In diesem drückt sich nicht zuletzt die Neubewertung der Rolle Metro Manilas innerhalb nationaler Entwicklungsplanung aus. Dieser Rahmenplan, der die Grundlage für den Anschluss Manilas an die sich globalisierenden Städte der Region zu bilden beansprucht, 8
Der Trend zum stärkeren Zentralismus findet sich auch außerhalb Metro Manilas und in der Schaffung einer Reihe von Metro Regionen, wie Metro Cebu, Metro Iloilo oder Metro Davao, aber auch in bestimmten regionalen Zusammenschlüssen, die neue administrative Planungs- und Entwicklungsstrukturen erhalten (MERCADO/MANASAN 2002).
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sah in den Vorstellungen und Entwürfen der Planungsinstitutionen größeres vor als die Auseinandersetzungen um Müllabfuhr, Strafzettel und Vertreibungen informeller Aktivitäten, welche in der medialen Berichterstattung die Politik der Metropolverwaltung prägen. Die weit verbreitete und oft zitierte „Vision“, deren Rhetorik sich in beständiger Repetition durch eine Vielzahl amtlicher Veröffentlichungen zieht, formuliert diese neue Position Metro Manilas folgendermaßen: „Metropolitan Manila will become a humane, world-class metropolis renowned for its livability and sociocultural exuberance. It will be the center of a growth polygon which will influence the creation of socioeconomic opportunities for areas beyond metropolitan boundaries.“ (PHILIPPINE DEVELOPMENT 1996: 15)
In einer Sprache, die sich ausgiebig an einer Sprechweise bedient, die in internationalen Organisationen dominiert und die je nachdem eine Rhetorik der good governance, der Nachhaltigkeit, der wissensbasierten Ökonomien oder der globalen Wettbewerbsfähigkeit heranzieht, wird Metro Manila als ein aufsteigender Akteur im regionalen Städtesystem positioniert. Diese Positionierung Metro Manilas, einer Mega-City, in der zu dieser Zeit mehrstündige Wasser- und Stromausfälle täglich auch für Mittelschichten und internationale Unternehmen die Normalität sind, als einer „menschlichen Weltklassemetropole“, die sich in Konkurrenz zu Städten wie Singapur darstellt, dient in erster Linie einer symbolischen Ökonomie. Diese soll betonen, dass nach Jahren des geringen Wachstums und der als chaotisch wahrgenommenen Zustände im Land nun ein Regime der strengen Kontrolle und des technokratischen Managements übernommen hat, das ideale Bedingungen für Wachstum durch lokales wie internationales Kapital zu bieten bemüht ist. Als zentral wird dabei eine wachsende internationale Konkurrenz zwischen Städten angenommen. Nathaniel van Einsiedel, Regionalkoordinator des United Nations Centre for Human Settlements in einem Aufsatz für die Zeitschrift Philippine Development zufolge, stellt dieser Plan einen Versuch der Politik Metro Manilas dar, auf die wachsende Bedeutung der „competitiveness of cities“ gegenüber der „competitiveness of nations“ zu reagieren (VAN EINSIEDEL 1995: 24). In erster Linie bedeute dies, die Bedingungen für internationales Kapital zu optimieren, betrifft aber nicht allein Fragen wie Arbeitskosten, sondern ebenso politische, soziale und kulturelle Dimensionen städtischer Umwelt (VAN EINSIEDEL 1995: 24). Wie unter Marcos soll Metro Manila als Showcase für ein staatliches Modernisierungsprogramm fungieren. „[T]he symbolism of Metro Ma-
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nila as a capital and as a global city have become intricately intertwined, as the national government has sought to emphasize the nation’s preparedness for globalization, and it’s cosmopolitan nature, as defining national characteristics“ (SHATKIN 2005: 578). Dies findet nun unter den Bedingungen eines ökonomisch geschwächten Staates statt, der sich in Metro Manila neben dem Sicherheitsapparat, der insbesondere unter Arroyo ausgebaut wurde, und der Funktion des Staatsapparats als Ort der Aneignung von Reichtum, stark auf Managementfunktionen und Diskursproduktionen zurückgezogen hat. Werden Städte im neoliberalen Globalisierungsdiskurs als strategische Schaltstellen und Knotenpunkte für die Integration in die globalen Flüsse von Waren und Kapital interpretiert und von politischen Akteuren in der Folge auch als solche inszeniert, so ist die Utopie des Programms Philippines 2000, von der Magno schreibt – der Status eines neuindustrialisierten Landes binnen weniger Jahre – eine urbane Utopie. Ländliche Regionen und Widersprüche zu diesem Entwicklungsmodell, das auf Industrialisierung und Infrastrukturmaßnahmen setzt, haben darin wenig Raum und werden materiell und diskursiv stärker abgekoppelt als zuvor.
Zusammenfassung Das vorangegangene Kapitel diente dazu, einen Überblick über staatliche Akteure des urbanen Regimes in Metro Manila zu schaffen. Deutlich werden sollte die starke Fragmentierung des politischen Systems Metro Manilas, das weitgehende Fortbestehen traditioneller Eliten sowie ein deutlich neoliberal geprägtes Modernisierungsprojekt des nationalen Staates. Die Dezentralisierung politischer Entscheidungs-gewalt war insbesondere bis in die frühen 1990er Jahre eine der entscheidenden Bewegungen der Reorganisation des politischen Systems. Diese ist nur zu verstehen aus der spezifischen Verbindung von zivilgesellschaftlichen Demokratisierungsbemühungen, Restauration und Persistenz traditioneller Eliten – einschließlich einer gewissen Offenheit für neue Fraktionen – sowie der Rolle des Neoliberalismus als einem zunehmend globalen hegemonialen Projekt. Für den lokalen Staat, der sich in diesem Spannungsfeld von Demokratisierung, Neoliberalismus und crony-System befindet, bedeutet dies einerseits eine formale Aufwertung, diese geht aber gleichzeitig mit einer wachsenden Konkurrenz und Übernahme unternehmerischer Strategien des städtischen Regierens einher. Diese stehen unter äußerst prekären ökonomischen Bedingungen und sind nur selten erfolgreich bzw. er-
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fordern Ressourcen, über die nur wenige lokale Regierungen in Metro Manila verfügen. Auch von der Ebene des nationalen Staates wurde seit den 1990er Jahren die Forderung nach einer verstärkten unternehmerischen Ausrichtung an die lokalen Regierungen herangetragen. Dies zeigt sich in einer Privatisierung und Liberalisierung jener Sektoren, die für städtische Infrastrukturen und öffentliche Güter eine Rolle spielen, darunter auch die staatlich subventionierten Bereiche des Immobilienmarktes und des sozialen Wohnungsbaus9 sowie der diskursiven Inszenierung Metro Manilas als einem regionalen Aspiranten auf Global City Status. Ein solches fragmentiertes und dezentralisiertes politisches Umfeld bietet für marktgesteuerte Ansätze und die Dominanz des privaten Sektors bei der Bereitstellung städtischer Infrastrukturen wie auch umfangreicher städtischer Landschaften eine gute Grundlage. So schreiben van den Muijzenberg und van Naerssen in einem Aufsatz über das urbane Regime Metro Manilas etwas verallgemeinernd: „In a fragmented political environment the market automatically becomes dominant“ (VAN DEN MUIJZENBERG/VAN NAERSSEN 2005: 163). Ob dies tatsächlich eine Notwendigkeit ist oder ob es nicht auch eine Möglichkeit beinhalten kann einen demokratischen Raum zu öffnen, sei dahingestellt. Zutreffend ist, dass gegenüber einem lokalen Staat, der mit wenigen Ausnahmen nur über äußerst eingeschränkte Kapazitäten verfügt, private Akteure, etwa im Immobiliensektor, mit erheblichen Ressourcen und politischer Durchsetzungsfähigkeit ausgestattet sind. Diese sind es, wie deutlich werden wird, die maßgeblich große städtische Entwicklungsprojekte vorantreiben.
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Seit der Ramos-Administration ist dieser fast vollständig auf marktgesteuerte Strategien ausgerichtet. Diese ersetzten Strategien, bei denen der Staat selbst aktiv sozialen Wohnungsbau betreibt. Diese Reorientierung betrifft Subventions- und Kreditsysteme staatlicher Institutionen wie dem Home Development Mutual Fund, dem Government Service Insurance System, dem Social Security System oder der Philippinischen Entwicklungsbank (LLANTO/BASILIO 1999; LLANTO/ORBETA 2002). Diese Programme sind im Umfang sehr beschränkt und erreichen die ärmeren Schichten kaum. Unter Arroyo gab es zudem Versuche an de Sotos (DE SOTO 2002) Ansatz einer vollständigen Marktorientierung anzuschließen, die auch informelle Siedlungen mit Besitztiteln ausgestattet hätte (LABOG-JAVELLANA/CABACUNGAN JR. 2005; PORTER 2001).
D E R I M M O B I L I E N S E K T O R – „T H E N E G L E C T E D BUILDER OF GLOBAL CITIES“
Innerhalb kapitalistischer Ökonomien kommt dem Eigentum an Grund und Boden und damit dem Immobiliensektor eine besondere Bedeutung für die Produktion städtischer Räume zu. Im Rahmen der weltweiten Restrukturierungen der Kapitalmärkte und der Deregulierungen der Immobilienmärkte hat dieser im globalen Maßstab wie auch in den Philippinen eine massive Transformation und einen Bedeutungsgewinn erfahren. Auch in der Literatur über Global Cities wird diesem eine zentrale Rolle zugeschrieben. Vor der Folie der beiden Stadtstaaten Hong Kong und Singapur schreibt Anne Haila in einem Aufsatz unter dem Titel The Neglected Builder of Global Cities, dass dem Immobiliensektor für das Projekt der Global City eine solch eminente Bedeutung zukomme, dass jene Politiken, die auf die Produktion einer Global City gerichtet sind, als solche definiert werden könnten, die nicht nur Investitionen (das Konzept der unternehmerischen Stadt und neoliberaler Stadtpolitiken), sondern primär Investitionen in den Immobiliensektor anzuziehen bestrebt sind. „The politics of the global city is defined as that which creates the image of the city in order to attract investments, especially real estate investment“ (HAILA 1997: 61). Städtisches Wachstum wird dabei in hohem Maße mit Wachstum im Immobiliensektor verknüpft und dieser als Motor des Wachstums der städtischen Ökonomien begriffen. Zweifelsohne stellen Singapur und Hong Kong deutliche Extrembeispiele dar und Haila verwendet in einem anderen Aufsatz den Begriff des „property state“, da deren ökonomische Basis im Immobiliensektor verankert sei (HAILA 2000). Als (ehemalige) Stadtstaaten mit einem stark interventionistischen Staat gerade im Bereich des Immobiliensektors,
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sind diese Städte kaum vergleichbar mit Städten wie Metro Manila oder auch Bangkok und Jakarta, weder in politischen noch ökonomischen Belangen. Gleichwohl kann auch für diese eine besondere und unter den Bedingungen neoliberaler Globalisierung weiter zunehmende Bedeutung des Immobiliensektors konstatiert werden. Allerdings ist im Fall von Metro Manila von einem erheblich geringerem Ausmaß an regulierenden sowie investierenden staatlichen Eingriffen in diesen ansonsten meist vergleichsweise stark regulierten und von staatlichen Investitionsprogrammen abhängigen Sektor (FAINSTEIN 2001: 198) auszugehen sowie einer starken Dominanz einer kleinen Anzahl lokaler Immobilienunternehmen (developer).1 Diese developer stehen an der Schnittstelle unterschiedlicher Interessen und verschalten diese miteinander mit dem Ziel Gewinne zu realisieren. Diese Gewinnrealisierung kann allerdings vergleichsweise langfristig angelegt sein und stark auf spekulative Elemente der Wertentwicklung aufbauen. Developer verbinden Finanziers mit zukünftigen NutzerInnen, LandbesitzerInnen und der Bauindustrie (HEEG 2008: 61ff; MACLARAN 2003: 11f). Allerdings weisen insbesondere die finanzstarken developer in Metro Manila eine starke vertikale Integration auf und agieren vielfach ebenfalls als Finanziers, Investoren und Manager.
Der Immobiliensektor in den Philippinen Landbesitz und die Kontrolle über Grund und Boden stellen in den Philippinen seit der späten Phase des spanischen Kolonialregimes eine der zentralen Säulen gesellschaftlicher Macht, Quellen ökonomischen Reichtums und Fundament weiter Teile der traditionellen Eliten dar. Fast alle der bis in die 1960er Jahre im politischen Feld auf lokaler wie nationaler Ebene dominanten Akteure konnten sich auf – oftmals spanisch- oder chinesischstämmige – Familiennetzwerke stützen, deren ökonomische Basis in der Plantagenwirtschaft der ländlichen Regionen lag und die daraus neben ökonomischer auch politische Macht zogen, etwa in Form von WählerInnenstimmen. Auch wenn es seit den 1960er Jahren zu einer Diversifizierung gekommen ist, sowohl der ökonomischen Grundlagen der traditionellen Familiennetzwerke wie auch der Aufstiegsmöglichkeiten zur ökonomischen und politischen Elite, so spielt Landbesitz gegenwärtig eine eminente Rolle, allerdings in höherem Maße außerhalb der urbanen Zentren. Die deutliche Mehrheit der großen Immobilienunternehmen in Metro Manila hat ihre Basis nicht im 1
Beide Begriffe werden hier synonym verwendet.
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Landbesitz, sondern entstammt meist lokalen chinesischstämmigen Unternehmen. Deren Wurzeln liegen traditionell im Einzelhandel. Dies wird vielfach als Beleg für den wachsenden ökonomischen Einfluss dieser Gruppe angeführt.2 Die größte Ausnahme bildet dabei Ayala Land, der unangefochtene Marktführer in Metro Manila. Dieses Unternehmen entstammt nicht nur dem Feld der traditionellen landbesitzenden Elite, sondern kann seine Position direkt auf den Grundbesitz eines großen Teils von Makati zurückführen. Vom Bestehen eines einflussreichen und modernen Immobiliensektors kann in Metro Manila und einigen sekundären Zentren wie Cebu3 seit den 1960er Jahren gesprochen werden (KRINKS 2002: 198). Erste Ansätze lassen sich allerdings bis in die Phase des US-amerikanischen Kolonialregimes zurückverfolgen. In den 1930er Jahren wurde ein stark am US-amerikanischen System angelehntes Eigentums- und Immobilienrecht eingeführt, das zur Entstehung von Immobilienunternehmen und Formen des Immobilienmarktes beitrug. Bis heute weist der Sektor große Ähnlichkeiten in Form, rechtlicher und ökonomischer Struktur zu dem der USA auf (VAN DEN MUIJZENBERG/VAN NAERSSEN 2005: 149ff). Neben der historischen Rolle von Landbesitz als Reichtumsquelle in den Philippinen ist die Stärke lokaler Immobilienunternehmen seit der Unabhängigkeit auch eine Folge protektionistischer Politiken. Wie in vielen postkolonialen Staaten bestanden bis zur Liberalisierungswelle der 1990er Jahre Beschränkungen gegenüber ausländischen Unternehmen, die insbesondere Restriktionen gegenüber dem Immobiliensektor und Einzelhandel4 beinhalteten. Dies verhinderte bis in die Mitte der 1990er Jahre eine höhere Beteiligung ausländischen Kapitals im philippinischen Immobiliensektor. Bis Ende der 1980er Jahre stark gegenüber ausländischem Kapital abgeschottet, ist es seit der Liberalisierungswelle der 1990er Jahre neben der allgemeinen Ausweitung zu einer massiven Internationalisierung einzelner Segmente dieses Sektors gekommen.
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Olds hat die besondere Bedeutung ethnisch-chinesischer Unternehmensnetzwerke im Immobiliensektor im pazifischen Raum deutlich gemacht. Die meisten philippinischen Immobilienunternehmen sind aber nicht international, sondern agieren lediglich auf dem lokalen Markt, meist nicht einmal außerhalb der Peripherie Metro Manilas (OLDS 2001: 57ff). Zum Immobilensektor und Immobilienboom der 1990er Jahre in Metro Cebu siehe Edsel SAJOR (2003a; 2003b; 2005). Die Restriktionen richteten sich primär gegen chinesischstämmige Unternehmen. Die Nationalisierung 1954 schloss alle Nicht-Filipinos vom Unternehmensbesitz im Einzelhandel aus. Zugang zur Staatsbürgerschaft erhielten Tsinoys erst unter Marcos (PALANCA 2006).
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Immobiliensektor und Globalisierung der Finanzmärkte Im Zuge der Transformationen der internationalen Finanzmärkte seit der Krise des Fordismus durchliefen insbesondere die Immobilienmärkte der großen Metropolen eine massive Umwälzung (FAINSTEIN 2001; HEEG 2008; KRÄTKE 1995: 222ff). Die Deregulierung von Finanzmärkten, der Bedeutungsgewinn von Pensionsfonds und spekulativem Kapital, der Trend von Banken und Unternehmen Immobilien als Finanzanlagen einzusetzen sowie die Liberalisierung lokaler Märkte und die Rolle global agierender Makler und Ratingagenturen verstärkten die Bedeutung von Immobilienmärkten für die globale Ökonomie ebenso wie für lokale Städte. Daraus resultiert die enorme Bedeutung, die TheoretikerInnen global verbundener Städtenetzwerke wie Sassen oder Castells neben dem Sektor der unternehmensbezogenen Dienstleistungen, dem Finanzsektor und dem Immobiliensektor für die Ökonomie und Struktur von Global Cities zusprechen (CASTELLS 2003a; SASSEN 1996) „Today one cannot make sense of the downtown residential and commercial property markets in cities such as Hong Kong, Sydney, London, Shanghai, or Vancouver without ‚taking sophisticated account of the very complex fiscal and investment flows‘ that link national economies through a global grid of currency speculation and capital transfer.“ (OLDS 2001: 23)
Diese Bedeutung bezieht sich auch in den von Olds genannten Städten insbesondere auf die oberen Segmente des Immobilienmarkts und in Manila fast ausschließlich auf diese, sind dort doch andere Segmente des Immobiliensektors stark von informeller Ökonomie geprägt und für kapitalstarke Investoren wenig attraktiv. Dies gilt folglich insbesondre für internationalen Standards genügende Büroflächen in den Central Business Districts – dem am stärksten internationalisierten Segment des Immobiliensektors –, für kapitalintensive Condominien-Projekte sowie für Exportproduktionszonen und städtische Großprojekte, auf die im Verlauf dieser Arbeit noch eingegangen werden soll. Der massive und vielfach spekulationsgetriebene Anstieg der Immobilienwerte in innerstädtischen Lagen in den 1980er Jahren in den Global Cities des Nordens, der 1989 bei sagenhaften $250.000 pro Quadratmeter Bürofläche in Tokio gipfelte (SASSEN 2001: 194), lässt sich auch in zahlreichen anderen Metropolen im Prozess ihrer zunehmenden Inkorporation in das System globaler Finanzströme beobachten und insbesondere in Phasen von Überakkumulation (HARVEY 2008). Im Zuge dieser Entwicklungen wurden Bodenwerte zunehmend von den realen ökonomischen Entwick-
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lungen der umgebenden Nationalstaaten abgekoppelt und stärker an Entwicklungen an den lokalen und internationalen Finanzmärkten sowie antizipierten Entwicklungen der Bodenmärkte in der Zukunft gebunden. In der jüngeren Geschichte Südostasiens steht insbesondere die Krise von 1997 für eine solche Immobilienblase, die in hohem Maße durch das Platzen dieser in Thailand und Indonesien ins Rollen gebracht wurde. Auch in Metro Manila – wenngleich auf einem ganz anderen Niveau – stiegen während des Immobilienbooms der Jahre nach dem Sturz von Marcos die Bodenwerte massiv an: zwischen 1986 und 1995 in Ortigas, neben Makati dem zweiten großen Central Business District, um gut 2100 %, in verschiedenen Vierteln Makatis weit über 1000 % und in einigen Wohnvierteln anderer Teile der Metropole noch deutlich stärker (RAGRAGIO 2003: 11). In Folge der Asienkrise stürzten diese Werte massiv ab und lagen im Jahr 2003 in Makatis Central Business District noch bei 60 % unter dem Höchstwert von vor 1997. Seither liegen die jährlichen Wertsteigerungen wieder im zweistelligen Bereich und 2007 wurde in etwa der Status vor Beginn der Asienkrise erreicht. In Folge der globalen Wirtschaftskrise stagnierten die Immobilienwerte Ende 2008, ein Einbruch wie Ende 1990er Jahre fand allerdings nicht statt (PDI 13.07.2009). In Folge der Liberalisierung, der Stärkung der Aktienmärkte als Quelle von Kapital und Öffnung der philippinischen Ökonomie für internationales Kapital und ausländische Unternehmen seit den frühen 1990er Jahren, kam es in den Philippinen zu einer massiven Expansion des Immobiliensektors. Bis dahin konnte privates Land sowie Wohnraum Eigentum philippinischer StaatsbürgerInnen oder von Unternehmen werden, die sich zu mindestens 60 % im Besitz philippinischer StaatsbürgerInnen befanden. Öffentliches Land konnte sowohl von philippinischen als auch ausländischen Unternehmen oder Personen nur gepachtet werden (NIERRAS u.a. 1992). Diese Beschränkungen wurden im Rahmen der Liberalisierungswelle der 1990er Jahre gelockert. Der Investor’s Lease Act von 1993 erleichtert die langfristige Pacht von öffentlichem und privatem Land für ausländische Investoren und der Condominium Act von 1996 erlaubt ausländischen Unternehmen und Einzelpersonen den Besitz von Einheiten in Condominien (sowohl als Wohnungen als auch Büro- oder Geschäftsflächen) und bis zu 40 % der Einheiten in einem Komplex (CORNELIO-PRONOVE/CHENG 1999: 186f). Die meisten der großen transnationalen Makler- und Beratungsunternehmen wie Jones Lang LaSalle, CB Richard Ellis oder Cushman&Wakefield, die eine erhebliche Rolle für Ratings und Benchmarking lokaler Immobilienunternehmen spielen, haben mittlerweile Dependenzen in den Philippinen (SCHARMANSKI 2007). Im Zuge dessen sowie des umfangreich
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vorhandenen Kapitals auf dem lokalen Markt, zu dem auch die Liberalisierung des Bankensektors erheblich beitrug, entstanden insbesondere südlich der Metropole ausgedehnte Industrie- und Gewerbeparks, wurde die Geschwindigkeit der Suburbanisierung sowie der Bau von innerstädtischen Condominien, sowohl als Gewerbe- wie auch Wohnflächen, angekurbelt. Dies erleichterte zudem die Realisierung kapitalintensiver und großflächiger Projekte. Die hohen Gewinnerwartungen und Wachstumsprognosen für die philippinische Ökonomie führten in den Jahren vor der Asienkrise zur Entstehung zahlreicher neuer Immobilienunternehmen und hochspekulativer Projekte und einer starken Überproduktion im Bereich von Gewerbeimmobilien. Nur wenigen der neuen Immobilien-unternehmen gelang es die massive Entwertung des Peso und den Zusammenbruch des Immobilienmarktes in den folgenden Jahre zu überstehen (KRINKS 2002: 200). Die Immobilienblase blieb in Manila, vergleichen mit Bangkok und dessen hunderten von Bauruinen und unvollendeten Großprojekten, die Ende der 1990er Jahre das dortige Stadtbild prägten (DOUGLASS/ BOONCHUEN 2006: 82), jedoch relativ moderat und Belegungsraten blieben sowohl nach 1997 als auch aktuell vergleichsweise hoch. Auf mittlere Sicht wurde der Immobilienmarkt der Philippinen durch die Asienkrise aber stärker getroffen als der anderer Staaten in der Region, da sich das Ende der Krise und das Sinken der Immobilienwerte deutlich länger hinzog. Erst 2003 begann eine deutlich Belebung einzusetzen. Die beiden Hauptquellen des jüngsten Immobilienbooms, der zu einem jährlichen zweistelligen Umsatzwachstum des Sektors von 2003 bis Ende 2007 und zu jährlichen Steigerungen der Grundstückswerte in den Central Business Districts ebenfalls im zweistelligen Bereich geführt hat (PHILIPPINE BUSINESS 2007), bilden neben dem massiven Zuwachs internationaler Investitionen im Immobilensektor und dessen rapider Globalisierung (SCHARMANSKI 2007)5 zwei recht unterschiedliche aber hochgradig globalisierte Segmente. Auf der einen Seite das Feld der business process outsourcings, die als eine der wichtigsten Zukunftsindustrien verhandelt werden und enorme Wachstumsraten verzeichnen und auf der anderen Seite die massiven Rücküberweisungen von ArbeitsmigrantInnen, von denen in den letzen Jahren groben Schätzungen zufolge (einschließlich Renovierungen und Ausbauten) knapp ein Drittel in Immobilien flossen (LUCAS 2007).
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Diese massive Internationalisierung wird auf globaler Ebene beispielsweise deutlich daran, dass sich zwischen 2003 und 2006 der Umfang der weltweiten grenzüberschreitenden Investitionen in Gewerbeimmobilien auf 288 Mrd. US$ verdreifachte (SCHARMANSKI 2007).
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Zentrale Akteure des Immobiliensektors in Metro Manila Für die im Folgenden betrachteten städtischen Landschaften sind insbesondere eine kleiner Zahl lokaler Immobilienunternehmen interessant, die über enorme ökonomische und politische Ressourcen und Durchsetzungsfähigkeiten gegenüber anderen Akteuren verfügen und enge Verbindungen zum Finanzsektor aufweisen. Es wurde bereits darauf hingewiesen, dass Metro Manila im Vergleich zu anderen Metropolen der Region als ein Extrembeispiel einer privatisierten Stadtplanung und einer unternehmensgesteuerten Stadtentwicklung verstanden werden kann, in der private Immobilienunternehmen aufgrund politischer und ökonomischer Stärke über eine hohe Autonomie und Handlungsfreiheit verfügen, die durch jene dezentrale staatliche Organisation und die Übernahme neoliberaler Strategien städtischen Regierens, die im Vorangegangenen beschrieben wurde, noch eine Verstärkung erfuhr. Diese Handlungsfähigkeit besteht sowohl gegenüber staatlichen Akteuren wie auch gegenüber jenen marginalisierten Bevölkerungsgruppen, die nicht als KonsumentInnen angesprochen werden, in einer Reihe von Fällen den Expansions- und Inwertsetzungsplänen desselben aber im Wege stehen. Diese Stärke drückt sich nicht nur an Orten wie dem oben dargestellten Makati und zahlreichen Nachfolgern aus, in denen staatliche Regulierung und Planung fast vollständig abwesend ist, sondern auch in der engen Verknüpfung von Infrastrukturprojekten mit großen Immobilienprojekten, die in der Regel als public-private partnerships finanziert werden. „Hence private sector firms do not just develop real estate but conceptualize and implement entire urban systems that are overlaid onto the existing urban form“ (SHATKIN 2008: 388). Dass diese „städtischen Systeme“ eine räumlich exklusive Stadtentwicklung vorantreiben und sich nicht an den Bedürfnissen marginalisierter Bevölkerungen orientieren, ist selbstverständlich, da diese anders als die urbanen Mittelschichten und privates Kapital, nicht in der Lage sind, Beträge aufzubringen, die für developer profitable Investitionsanreize schaffen. Während Immobilienunternehmen in den alten Industrienationen in der Regel nicht zu den größten Unternehmen gehören und der Markt meist von kleineren lokalen Unternehmen mit engen lokalen Netzwerkbeziehungen bestimmt wird (FAINSTEIN 2001), stellen sie in einer Reihe von NICs vergleichsweise große und umatzstarke Unternehmen dar (HAILA 2000: 2243). Auch in den Philippinen sind Unternehmen des Immobilien- und Bausektors vergleichsweise stark aufgestellt. Von den 238 am Philippine Stock Exchange (PSE) gelisteten Unternehmen sind 40 dem Immobiliensektor und 12 weitere dem Bau- und Infrastruktur-
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sektor zugeordnet.6 Kurz vor der Asienkrise befanden sich unter den 10 kapitalstärksten Unternehmen am PSE drei Immobilienunternehmen (GALANG 1996: 94). Zudem ist bemerkenswert, dass 2008 vier der fünf reichsten Filipinos Besitzer oder Vorstandsvorsitzende eines der großen Immobilienunternehmen des Landes waren.7 Zwar hat auch der Anteil internationalen Kapitals im Immobiliensektor Metro Manilas im Zuge der Liberalisierungen der 1990er Jahre stark zugenommen, die großen developer in diesem Sektor sind jedoch ausnahmslos lokale Unternehmen. Der Markteintritt für ausländische Unternehmen scheint hier relativ schwierig und verglichen mit benachbarten Ländern wenig attraktiv. Gleichzeitig spielen internationale bzw. globale Akteure auf der Ebene der Vermarktung und Symbolproduktion eine wichtige Rolle. Gerade bei prestigeträchtigen high-profile Projekten werden in der Regel „the same worldly superstars“ (ZUKIN 1992: 58) international renommierter Architekturbüros mit der Erstellung von Entwürfen beauftragt. Dabei handelt es sich um eine kleine Zahl großer und einflussreicher internationaler Architekturbüros wie Skidmore, Owings & Merrill, HOK oder Kohn Pederson Fox, die sowohl die Diskurse über zeitgemäße Architektur, wie auch die Produktion prestigeträchtiger Architekturen dominieren. Einerseits, darauf haben AutorInnen wie Leslie Sklair und Kris Olds hingewiesen, spielt dabei die interne Struktur der Profession, deren hierarchische Orientierung auf das Handeln einiger weniger „individual male egos“ (FAINSTEIN 2001: 4) und die hohe Geschlossenheit der Architekturdiskurse eine Rolle. Andererseits ist in diesem Akteursnetz, Olds spricht von einem Global Intelligence Corps, Sklair von einem Teil der Transnational Capitalist Class, die gebündelte Expertise und ökonomische wie symbolische Durchsetzungskraft (OLDS 2001; SKLAIR 2005; 2006) von Bedeutung. Seit den 1990er Jahren hat die Zahl von joint ventures und Beteiligungen ausländischer Unternehmen zugenommen – allerdings im regionalen Maßstab eher zurückhaltend – und einige internationale Unternehmen sind mit kleineren Projekten in Metro Manila aktiv.8 Dabei weist der Markt insbesondere in den oberen Marktsegmenten, bei Luxus-Wohnanlagen, Bürokomplexen in den Central Business Districts
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www.pse.com.ph/html/ListedCompanies/listedcompanies.jsp (2007) Platz 1: Henry Sy (SM-Prime), Platz 3: Jaime Zobel de Ayala (Ayala Land), Platz 4: Andrew Tan (Megaworld Corp.), Platz 5: John Gokongwei (Robinson Land) (www.forbes.com). Beispielsweise ist Mitsubishi mit einem 20 % der größte Aktionär bei Ayala (KRINKS 2002: 198ff). Gleichzeitig sind Unternehmen wie Ayala oder SM international aktiv, SM in erster Linie mit Shoppingmalls in China und Ayala mit einer Reihe von Projekten in Indonesien und den USA.
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und Shoppingmalls eine starke Konzentration auf. Kurz vor dem Ausbruch der Asienkrise kontrollierten die vier größten Immobilienunternehmen etwas über 40 % des formellen und nicht subventionierten Marktes (MAGNO-BALLESTEROS 2000: 199).9 Gegenwärtig kommen die fünf mit dem höchsten Aktienwert an der Börse gelisteten Immobilienunternehmen (in dieser Reihenfolge: Ayala Land, SM Prime Holdings, Megaworld, Filinvest, Robinson Land) auf 85 % des Wertes aller gelisteten Immobilienunternehmen.10 Stellte Fainstein für den Immobiliensektor in den Global Cities New York und London zwischen 1980 und 2000 nur eine geringe vertikale Integration und geringe Diversifizierung fest, so gilt dies für Metro Manila nur eingeschränkt. So kontrolliert die Ayala Corporation mit der Bank of the Philippine Islands eine der größten Banken des Landes, seit der Privatisierung der Wasserversorgung der Metropole mit Manila Water einen der beiden Versorger und mit Globe Telecom einen der drei großen Mobilfunkanbieter des Landes. Daneben war Ayala Corporation, neben anderen Immobilienunternehmen, insbesondere in der frühen Phase der Planung der zweiten Linie der Schnellbahn (MRT) an deren Konsortium beteiligt und konnte damit eine optimale Verbindung der eignen Grundstücke und Projekte mit dieser zentralen städtischen Infrastruktur durchsetzen (BRINGAS 2000). Ayalas Aktivitäten im Immobiliensektor gliedern sich in drei Unternehmen, die auf unterschiedliche Marktsegmente gerichtet sind. Ayala Land Premier zielt auf high-end Projekte, deren Wohneinheiten in der Regel im zweistelligen Millionen Peso Bereich angesiedelt sind, Community-Innovations richtet sich an die oberen Mittelschichten und der relativ junge Ableger Avida (ehemals LPHI) ist auf „affordable housing“ gerichtet. Neben dem Geschäftszentrum von Makati sind Ayala Alabang und Fort Bonifacio Global City die gegenwärtig größten Projekte und Landbesitze von Ayala. Mit dem Laguna Technopark, der 1990 mit Hilfe japanischen Kapitals eröffnet wurde, besitzt Ayala die größte private Sonderwirtschaftszone des Landes. Der Umsatz von Ayala Land lag 2005 bei 22 Mrd. Peso, der Marktwert 2006 bei 234 Mrd. 40 % der Umsätze wurden mit Wohnimmobilien getätigt, gefolgt von etwa 16 % durch Shoppingmalls. Auf Metro Manila und die Hauptinsel Luzon entfielen über 99 % der Umsätze.11 9
Die Konzentration der unteren Segmente, insbesondere im Bereich staatlich subventionierter Projekte, fällt deutlich niedriger aus (MAGNOBALLESTEROS 2000: 199f). 10 Marktkapitalisierung am PSE, Stand 31.01.2008. Gut zwanzig Unternehmen des Immobiliensektors sind an der Philippinischen Börse gelistet. 11 Ausführlicher zur Geschichte des Ayala-Konzerns während der ArroyoAdministration: (KOIKE 1993).
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Das 1989 von Andrew Tan (nicht zu verwechseln mit Lucio Tan, einem der führenden cronies und reichsten Industriellen des Landes, der insbesondere unter Estrada eine wichtige Rolle spielte) gegründete Immobilienunternehmen Megaworld gehört zu den wenigen erfolgreichen Aufsteigern aus der Zeit vor der Asienkrise, denen es gelungen ist sich auch nach 1998 am Markt zu halten. Wenngleich es mit einem Umsatz von unter 5 Mrd. Peso nur einen Bruchteil der ökonomischen Stärke von Ayala ausmacht, ist Megaworld insbesondere im Rahmen innerstädtischer Revitalisierungsprojekte einer der wichtigsten Akteure. Als Teil der Tan eigenen Alliance Global Group gehören insbesondere Nahrungsmittelproduzenten und Fast-Food-Ketten (darunter der Lizenznehmer von McDonald in den Philippinen) zum Unternehmen. Ähnlich wie Ayala bedienen eigene Tochterunternehmen die unteren und mittleren Segmente des formellen Immobilienmarkts, auch um eine klare Hierarchie zwischen den einzelnen Markennamen zu erhalten. Die von Henry Sy gegründete SM Prime Holding ist der mit Abstand größte Betreiber und developer von Malls in den Philippinen (ausführlicher dazu weiter unten). In den letzen Jahren verstärkte das Unternehmen seine Beteiligungen im Bereich von Gewerbeimmobilien und umfangreichen Redevelopmentprojekten, wie dem Bau von SM Bay City. Mit der Banco d’Oro gehört eine der großen Privatbanken der Philippinen zum Unternehmen. 2006 lag der Umsatz bei 13,2 Mrd. Peso. Robinson Land ist Teil von John Gokongweis JG Summit, zu dem eine der großen Inlandsfluggesellschaften (Cebu Pacific), der drittgrößte Mobilfunkanbieter (SunCellular) und Finanzdienstleister gehören. Robinson Land verfügt nach SM über die höchste Zahl von Shoppingmalls in Metro Manila und ist im Bereich von Wohnimmobilien insbesondere im mittleren Marktsegment von high rise Condominien aktiv. 60 % der Umsätze entfielen auf Shoppingmalls. Filinvest Development Corporation wurde 1955 von Andrew Gotianum gegründet und ist Teil des Gotianum Familienkonsortium. Anfang der 1990er Jahre begann das Unternehmen mit der Entwicklung von Filinvest Corporate City, einer edge city südlich von Manila. Seit 1994 gehört mit der East West Bank eine mittlere Privatbank zur Filinvest Development Corporation. Der Marktwert lag 2006 bei 86 Mrd. Peso und der Umsatz 2006 bei 6 Mrd. Auf die Bedeutung der einzelnen Immobilienunternehmen sowie die Frage, was dies für die städtischen Realitäten Metro Manilas bedeutet und wie diese Immobilienunternehmen ihre dominante Marktposition nutzen, wird in den späteren Kapiteln zurückzukommen sein.
DIE NEUEN STÄDTISCHEN MITTELSCHICHTEN
„Asiens neue Konsumenten haben das Interesse des westlichen Kapitals geweckt.“ (EVERS/GERKE 1999: 12)
Der Aufstieg einer „Neuen Mittelschicht“ zu einer der ökonomisch, politisch und sozial einflussreichsten sozialen Klassen1 wurde vielfach als eines der bemerkenswertesten Ereignisse im Zuge des ökonomischen Aufstiegs Südostasiens seit den 1980er Jahren bezeichnet und erregte nicht nur das Interesse „des westlichen Kapitals“, sondern ebenso das Interesse (westlicher) Sozialwissenschaften (z.B.: HSIAO 2001; PINCHES 1999a; ROBISON/GOODMAN 1996b). Nachdem modernisierungstheoretische Ansätze den Mittelschichten einen zentralen Platz für gesellschaftliche Modernisierungsprozesse und Entwicklung einräumten, wurde es mit dem Scheitern dieser Ansätze Ende der 1960er Jahre ruhiger um diese soziale Klasse. „When modernization theory held sway in the field of development, middle classes danced on center stage; when modernization theory fell out of favor, replaced initially by dependency or worldsystem theory and then a variety of state-centered paradigms, middle classes swiftly exited the theoretical limelight“ (DAVIS 2004 26). Seit den 1990er Jahren erlebte in der Literatur über Südostasien, das zu weiten Teilen vom massiven ökonomischen Aufstieg und einem gleichzeitigen Anwachsen urbaner Mittelschichten geprägt war, beides ein Revi1
Das deutsche Spezifikum der Unterscheidung von Schichten und Klassen, verbunden mit der These der größeren Mobilität und Durchlässigkeit von Schichten, wird im Rahmen dieser Arbeit nicht berücksichtigt. Hier wird der gebräuchlichere Begriff der Mittelschicht verwendet, gemeint ist damit aber in gleicher Weise die Middle Class.
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val: Neuauflagen modernisierungstheoretischer Erklärungsansätze erfreuten sich im Rahmen neoklassischer Entwicklungsprogramme hoher Beliebtheit in Ökonomie und Entwicklungstheorie und die urbanen Mittelschichten wurden ins Zentrum der Betrachtungen eines tief greifenden gesellschaftlichen Wandels in Südostasien gerückt. Ihnen wird eine entscheidende Rolle für die Restrukturierung städtischer Räume in Südostasien zugeschrieben (KRAAS/SCHOLZ 2000: 57). Gleichwohl nehmen die Philippinen auch hier eine Sonderrolle in Südostasien ein. Mittelschichten begannen sich dort in nennenswertem Maße bereits deutlich früher zu formieren, zum Teil im Rahmen des USamerikanischen Kolonialregimes und den durch dieses entstehenden Bürokratien und Verwaltungen, zum Teil während der in den 1950er Jahren einsetzenden importsubstituierenden Industrialisierung, welche die ökonomische Basis für einen Ausbau des White-Collar Sektors schuf. Trotz dieser relativ frühen Entstehung verharrte der landesweite Anteil von Mittelschichten an der Gesamtbevölkerung relativ lange bei etwa 10 % und wuchs wesentlich weniger deutlich an als im regionalen Durchschnitt. Zudem sind die philippinischen Mittelschichten weniger wohlhabend als die Mittelschichten der meisten benachbarten Länder. Ein weiterer zentraler Unterschied liegt in der enormen ökonomischen und sozialen Bedeutung transnationaler Migration für die philippinischen Mittelschichten. Diese bietet einen der wichtigsten Pfade sozialen Aufstiegs; Rücküberweisungen von ArbeitsmigrantInnen sind mit einem Anteil von deutlich über 10 Prozent des BIP zu einem erheblichen Teil am ökonomischen Wachstum der letzen Jahre beteiligt. Trotz religiös, ethnisch, sozial und politisch unterschiedlicher Entstehungskontexte und unterschiedlicher gesellschaftlicher Positionen, unterschiedlichen Beziehungen zu dominanten Klassen sowie zum Staat, sind sich die Mittelschichten in Südostasien, so Takashi Shiraishi heute, bezogen auf Habitus, soziale Praktiken, Vorstellungen und Ressourcen viel ähnlicher als vor einer Generation: „They work as business executives and managers, government officials, consultants, medical doctors, lawyers, accountants, journalists and other professionals; earn above average-income; are highly educated and often bilingual, sometimes trilingual; live in suburban new towns or urban condominiums: own their own cars; shop in shopping centers and malls; eat out in American fast food stores and posh Italian and Japanese restaurants; enjoy new urban life style; and invest some of their savings in the stock market“ (SHIRAISHI 2004).
Diese neuen Mittelschichten sind wie ihre Vorgänger, die primär mit staatlichen Verwaltungen und dem Ausbau der Bürokratien verbundenen
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Mittelschichten früherer Generationen, in hohem Maße ein städtisches Phänomen. Als KonsumentInnen und politische AkteurInnen sind sie dort von zentraler Bedeutung. Dies gilt umso mehr für jene städtischen Räume, die im weiteren Verlauf dieser Arbeit betrachtet werden sollen und für die oberen Mittelschichten noch weit mehr als für untere Mittelschichten. Abgesehen von solch allgemeinen Konstatierungen der Bedeutung urbaner Mittelschichten für die rapiden Transformationen südostasiatischer Metropolen seit den 1980er Jahren, besteht die Schwierigkeit einer genauen Fassung dieser sozialen Klasse nicht allein wegen hoher interner Fraktionierungen, Widersprüche und Statuskämpfe zwischen „alten“ und „neuen“ Fraktionen, zwischen Aufsteigern und Absteigern. Das große Interesse, das urbanen Mittelschichten entgegengebracht wurde, hat sich nur in geringem Umfang in detaillierten Studien zu diesem Thema niedergeschlagen. Zumindest über Mittelschichten in den Philippinen finden sich in erster Linie vage Andeutungen statt empirischer Untersuchungen und die Bewertungen und Interpretationen ihrer Rollen und Verfasstheit gehen weit auseinander. Mal gelten sie als wichtigstes demokratisierendes Korrektiv einer von populistischer Elitendemokratie geprägten Gesellschaft, mal als Akteure eines Wertewandels, der traditionelle Sozialstrukturen, die Bedeutung von Kirche, Familie und Nation zu Gunsten westlicher Statussymbole, Individualismus, Mobiltelefonen und McDonalds2 kollabieren lässt. Sie wurden ebenso als politisch wie ökonomisch einflussreichste Klasse bezeichnet wie ihre Existenz gänzlich abgestritten wurde. Für Metro Manila wurden sie sowohl als jene Akteure bestimmt, welche soziale Polarisierung, ökologischen Niedergang und mangelnde demokratische Kontrolle durch zivilgesellschaftliche Organisierungen am wirkungsvollsten bekämpfen können, wie auch als jene, die durch ihren Rückzug in suburbane Gated Communities, privatisierte Infrastrukturen bzw. Versorgungsleistungen und die kontrollierten Konsumräume von Shoppingmalls in entscheidender Weise zu genau diesen Problemen beigetragen haben. Im Rahmen dieser Arbeit ist es weder möglich diese Unklarheiten zu beheben, noch scheint es für diese Untersuchung notwendig ein genaues klassentheoretisches Konzept von Mittelschichten vorzulegen. Gerade Mittelschichten stellen ein großes definitorisches Problem dar, ist ihre „objektive“ Klassenposition doch deutlich diffuser und sind beispielsweise ihre Arbeitsverhältnisse wesentlich unterschiedlicher als dies für
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Der erste Band der in den 1990er Jahren erschienen Reihe Asia’s New Rich trug den Untertitel Mobile Phones, McDonalds and Middle-Class Revolution (ROBISON/GOODMAN 1996b).
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andere Klassen gilt (DAVIS 2004: 363). Stattdessen soll es reichen, von Mittelschichten als jenen Akteuren auszugehen, die von unterschiedlichen legitimierten Akteuren in Metro Manila als solche bezeichnet werden. Middle class ist in diesem Sinne in Manila in hohem Maße als eine Kategorie zu fassen, der bestimmte Habitus, Konsum- und Handlungsmuster sowie politische Einstellungen und Distinktionsstrategien zugeschrieben werden, wie etwa jene im obigen Zitat. Dabei handelt es sich sowohl um Selbst- als auch Fremdzuschreibungen, beziehungsweise aufgrund der starken Position von Mittelschichtsakteuren in öffentlichen Diskursen, Medien und Verwaltungen vielfach um Zuschreibungen, die von Mitgliedern der Mittelschichten selbst unternommen werden und damit Mittelschichten in hohem Maße als Norm und Normalität konstruieren. Eine klare Abgrenzung gegenüber anderen sozialen Klassen, sowohl nach oben als nach unten, ist dabei oft schwierig. Im Folgenden soll dennoch der Diskurs über städtische Mittelschichten und soziale Klassen in den Philippinen kurz nachgezeichnet werden, denn mindestens bis in die 1980er Jahre war es alles andere als Konsens unter SozialwissenschaftlerInnen, die Sozialstruktur der Philippinen in Begriffen von sozialen Klassen zu beschreiben. Vorstellungen einer zweigeteilten und von personalistischen Patronagebeziehungen determinierten Sozialstruktur waren lange dominierend.
Mittelschichten im sozialwissenschaftlichen Diskurs Bis in die 80er Jahre spielte der Begriff der middle class im akademischen wie auch im medialen Diskurs der Philippinen nur eine untergeordnete Rolle. Stattdessen dominierte in beiden Diskursen ein Zweiklassenmodell, das zwischen der breiten Masse (masa) und einer äußerst kleinen Schicht der Reichen (burgis) unterscheidet. Dieser Ansatz brachte eine Reihe von Arbeiten über Struktur und Rolle philippinischer Eliten wie auch der unteren Schichten mit sich, stellte aber die Frage nach einer intermediären Gruppe zwischen diesen beiden nicht (CARROLL 1965; 1968; LAKHA/PINCHES 1977; MCCOY 1994a; SIMBULAN 2005; WURFEL 1979). Diese beiden Gruppen seien, so die Annahme, primär durch Patron-Client Beziehungen verbunden (TURNER 1995: 89), die Klassenkonflikte durch reziproke und vertikale Verbindungen verunmöglichen oder die Rolle sozialer Klassen für die gesellschaftliche Stratifikation und soziale Konflikte abschwäche (KRINKS 2002: 5). Dies trug zu einer Perspektive auf die Geschichte der Philippinen bei, die anstelle von Strukturgeschichte oder die Interaktionen zwischen Staat, pri-
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vaten Akteuren und sozialen Bewegungen eine Geschichtsschreibung „through the paradigm of elite families“ in den Mittelpunkt setze, unter der Annahme, dass dies gesellschaftliche Prozesse in den Philippinen am besten greifen könne (MCCOY 1994b: 1). Ein solches Modell, das sich teils auch in aktuelleren Arbeiten findet und in Bezug auf zahlreiche ländliche Kontexte – in dem von McCoy herausgegebenen Band An Anarchy of Families geht es in erster Linie um landbesitzende Eliten – durchaus tragbar sein kann, ist auf die urbanen Zentren und insbesondere Metro Manila kaum anwendbar (HEDMAN/SIDEL 2000: 6; SIDEL 1999: Kap 1). Mittelschichten haben dort eine lange Geschichte und spielen eine wichtige Rolle in gesellschaftlichen und politischen Auseinandersetzungen. Sie in einfache PatronClient Verhältnisse einzuordnen, selbst wenn diese eine Rolle spielen mögen, verkennt qualitative Differenzen. Daniel Doeppers geht in seiner Arbeit über sozialen Wandel in Manila während des US-Kolonialismus davon aus, dass gegen Ende der 1930er Jahre knapp ein Fünftel der städtischen Bevölkerung Berufen zuzuordnen sei, die als White-Collar-Angestellte und bezüglich des Einkommens als Mittelschicht bezeichnet werden könnten und Teil einer differenzierten Klassengesellschaft seien (DOEPPERS 1984: 52).3 Ähnlich macht auch John Carrolls Studie über indigenous manufacturing entrepreneurs aus den 1960er Jahren deutlich, dass bereits in der Phase der importsubstituierenden Industrialisierungspolitik eine soziale Klasse jenseits der alten und auf Patronage gestützten Eliten Teil der dominanten Klassen war, diese sich also differenzierter darstellte und zum Teil Akteure umfasste, die sehr stark dem Bild klassischer kapitalistischer Unternehmer entsprachen (CARROLL 1965). Auch Dante Simbulans einflussreiche Arbeit über die herrschende Oligarchie, die erstmals Mitte der 1960er Jahren erschien und in erster Linie als eine Bestätigung eines Zweiklassenmodells gelesen wurde, geht von einer Mittelschicht aus, die landesweit rund zehn Prozent der Bevölkerung ausmache (SIMBULAN 2005: 80f). Albert Kolb sieht gar in der „Entwicklung einer Mittelschicht zusammen mit der Erweiterung der Oberschicht die bedeutendste Wandlung in der philippinischen Gesellschaft unseres Jahrhunderts“ (KOLB 1978: 67). Eine der differenzierendsten Auseinandersetzungen mit der Frage der sozialen Klassenstruktur der Philippinen in den 1960er Jahren entstammt der Frage und Suche nach den Möglich-
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Bereits in seiner Dissertation, in der Doeppers eine Klassenanalyse dreier Städte in den Philippinen unternimmt, wurde auf die Bedeutsamkeit einer differenzierten Mittelschicht außerhalb der Metropole hingewiesen (DOEPPERS 1972: 274).
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keiten zu deren grundlegenden Umwälzung. Amado Guerrero4 brachte zur Analyse der Bedingungen der sozialen Revolution gegenüber dem Zweiklassenmodell differenziertere Modelle in die Diskussion, in denen sowohl eine intermediäre Klasse von Kleinbürgertum angenommen wird, die wichtiger Akteur der erwarteten „volksdemokratischen Revolution“ sei, als auch eine Differenzierung innerhalb der Bauernschaft und des Proletariats vorgenommen wird. „Das Kleinbürgertum repräsentiert eine entscheidende Kraft der philippinischen Revolution und ist ein zuverlässiger Bündnispartner der Arbeiterklasse“ (GUERRERO 1973: 119ff). Allerdings weist Abinales in einer Kritik am Selbstbild von Sison und der NPA (SISON 1989) darauf hin, dass diese Analyse eher einer Adaption chinesischer Verhältnisse entsprach und eine arge Simplifizierung philippinischer Verhältnisse darstellte (ABINALES 1992: 29). Jenseits der Frage, wie diese für eine revolutionäre Umwälzung der bestehenden Produktionsweise gewonnen werden können, blieben die Mittelschichten weiterhin wenig beachtet und ausführlichere empirische Arbeiten zu diesen entstanden nicht (BAUTISTA 2001b: 42). Erst seit den 1990er Jahren und der intensivierten Rede von der road to NIChood, auf der die Philippinen mit benachbarten Ländern gleichziehen sollten und dem Bedeutungsgewinn des modernisierungstheoretische Annahmen reaktivierenden Neoliberalismus, spielen die Mittelschichten der Philippinen in sozialwissenschaftlichen Arbeiten sowie im medialen Diskurs zunehmend eine Rolle, wenngleich die Zahl der Veröffentlichungen weiterhin äußerst beschränkt ist (BAUTISTA 2001a; 2001b; 2001c; PINCHES 1996; RIVERA 2001). Die umfassendste vorliegende Untersuchung entstand 1997 wenige Monate vor dem Ausbruch der Asienkrise im Zusammenhang mit einem Projekt der taiwanesischen Academia Sinica und einem von Hsin-Huang Michael Hsiao herausgegebenen Sammelband über Mittelschichten in Südostasien (HSIAO 2001) durch eine Gruppe von SoziologInnen der University of the Philippines (BAUTISTA 2001a; 2001b; 2001c; RIVERA 2001). Arbeiten, die systematisch die gesellschaftliche Bedeutung urbaner Mittelschichten untersuchen und diese damit nach ihrer Rolle für soziale Transformationsprozesse befragen wie auch den spezifisch städtischen Charakter betrachten, finden sich nicht. Abgesehen von dieser einen Arbeit herrschen relativ ungenaue Einschätzungen auf der Grundlage sichtbarer Lebensstile und Konsumverhalten vor, wie die Assoziierung von middle class mit dem Besitz von Mobiltelefonen (in den 1990er Jahren ein wichtiger symbolischer Marker von Klassenpositionen in Südostasien), einem ei-
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Es handelt sich um ein Pseudonym von Jose Maria Sison, Gründer und langjähriger Führer der kommunistischen Partei und der NPA.
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genen Auto, der Verfügung über Hausangestellte und einem suburbanen Eigenheim sowie einem eher vage bestimmten consumerism oder bestimmter Formen politischer Organisation und Mobilisierung. Auch über vorhandenes Einkommen und notwendige materielle Ressourcen, derer es bedarf, um zu den Mittelschichten gezählt zu werden, herrscht wenig Einvernehmen. Dabei lassen sich neben der ökonomischen Rolle als KonsumentInnen zwei Interpretationslinien zur Rolle der philippinischen Mittelschichten unterscheiden – diese Interpretationslinien finden sich in ähnlicher Weise auch bezogen auf die benachbarten Länder. Die eine, mehr oder weniger in der Tradition früher Modernisierungstheorien stehende Linie, sieht in ihnen eine treibende Kraft der Demokratisierung und gesellschaftlichen Modernisierung in einem ökonomischen sowie sozialen Sinne. Modernisierung und Mittelschichten wurden in zahlreichen modernisierungstheoretischen Ansätzen verknüpft und gesellschaftliche Entwicklung mit der Etablierung einer breiten Mittelschicht als Ergebnis und Bedingung von Modernisierung verbunden.5 Modernisierungstheorie, so Diane Davis, schrieb den Mittelschichten eine „morally superior and generative role“ (DAVIS 2004 26) bei der gesellschaftlichen Entwicklung zu. Unter Rückschrittlichkeit einer Gesellschaft im Sinne dieses Entwicklungsparadigmas verstand man gerade den Mangel an einer modernen, meist urbanen Mittelschicht.6 Ihr relativer Wohlstand und ihr relativ umfangreiches kulturelles Kapital – so die These, die sich nicht nur auf Modernisierungstheorien beschränkt, sondern auch in Demokratisierungstheorien vertreten wird – ermögliche es ihnen, sich um gesellschaftspolitische Fragen jenseits der aus ökonomischer Not sowie familiärer Machtnetzwerke resultierenden Probleme zu kümmern und damit am stärksten das „Gemeinwohl“ und universelle Interessen im Blick zu haben (als Übersicht: BECKER u.a. 1999). Die Stärkung von philippinischen Mittelschichten wird in diesem Sinne als zentrale Strategie der
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Besonders populär vielleicht durch Huntington, der in Political Order in Changing Societies Ende der 1960er Jahre provokativ schrieb: „The true revolutionary class in most modernizing societies is, of course, the middle class. Here is the principal source of urban opposition to government. It is this group whose political attitudes and values dominate the politics of the cities.“ (HUNTINGTON 1968: 289) Folgt man Autoren wie Lipset oder Huntington, dann führt in einer kausalen Abfolge eine Politik der Modernisierung zu ökonomischem Wachstum, dieses diversifiziert die Gesellschaft ökonomisch und politisch und bringt eine Mittelschicht hervor. Eine solche bildet die Vorhut einer Demokratisierungsbewegung (HUNTINGTON 1968; LIPSET 1959). Demokratie wird damit aus ökonomischem Wachstum abgeleitet und letzteres geht ersterem voraus, bzw. kann diesem zu Gunsten zurückgestellt werden.
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Armutsbekämpfung und Demokratisierung begriffen (VIROLA 2007).7 Im Gegenzug werden, wie in einem Beitrag des – keineswegs modernisierungstheoretisch argumentierenden – philippinischen Soziologen Zialcita in der zivilgesellschaftsorientierten Philippine Democracy Agenda Armut, familism und eine weak sense of public good – die als radikal different zu Positionen der Mittelschichten gesetzt werden – als zentrale Hindernisse für Demokratie angenommen (ZIALCITA 1997). Als Beleg für diese These lässt sich die Bedeutung urbaner Mittelschichten für die großen politischen Auseinandersetzungen der letzten gut 30 Jahre oder diverse zivilgesellschaftliche Akteure betrachten. Allerdings finden sich sowohl in den Philippinen als auch in anderen Ländern der Region zahlreiche Beispiele für eine gegenteilige These für den konservativen und stabilisierenden Charakter von Mittelschichten. Wenngleich die Vorstellung von einer notwendigen Demokratieaffinität von Mittelschichten äußerst fragwürdig ist und weitestgehend zurückgewiesen wurde (BECKER u.a. 1999; HATTORI/FUNATSU 2003), so waren die zentralen oder zumindest spektakulären Momente zivilgesellschaftlicher Mobilisierung in den Philippinen stark von Gruppierungen der Mittelschichten geprägt (CARANDANG 2004). Der Sturz von Marcos 1986, die Absetzung von Estrada 2001 und die Versuche 2006 Arroyo in Folge von Korruptionsvorwürfen und Wahlbetrugsanschuldigungen zum Rücktritt zu zwingen, wurden ebenso maßgeblich von Akteuren der Mittelschichten getragen, wie eine Reihe zivilgesellschaftlicher Organisierungen im Rahmen städtischer sozialer Bewegungen und NGOs.8 Die Ermordung von Aquino 1983 markierte den Ausgangspunkt einer Mas7
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So schreibt der Generalsekretär des National Statistical Coordination Board: „Generally, it is believed that, for a country to be truly and sustainably prosperous, there must be a broad-based middle class that serves as a stabilizing influence on society. A middle-class that has the knowledge, the skills and the resources to foster economic growth and help generate employment for the poor. But so far, the poverty reduction programs we have crafted have focused mainly on being ‚pro-poor‘, ‚anti-poverty‘, helping the ‚poorest provinces‘, etc. We seem to have completely ignored the needs of and the strategic importance of building and expanding the middle class of Philippine society. Thus, while we all agree to want to help the poorest of the poor, a strategy that pays attention to the middle class may be more effective in achieving our MDG [Millennium Development Goal B.M.] goal to halve poverty by 2015! It is then of interest to find out what is happening to the Pinoy middle class.“ (VIROLA 2007) Das soll nicht bedeuten, alle zivilgesellschaftliche Organisierung und linke Politiken seien mittelschichtsorientiert oder beruhten maßgeblich auf Mittelschichtsakteuren. Wohl kann aber angenommen werden, dass Mittelschichten über deutlich mehr Ressourcen in Form sozialen, kulturellen und ökonomischen Kapitals verfügen und es ihnen in der Regel erfolgreicher gelingt dieses einzusetzen und hörbar zu werden.
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senmobilisierung, deren Massenbasis, so Thompson, die „middle- and upper-class Manileños who looked to big business (the so called Makati crowd) and the Catholic Church (in which Cardinal Sin played a leading role) in their moralistic anti-dictatorship stance“ (THOMPSON 2004a: 24) waren. „The Crame Revolution [Camp Crame ist das Militärlager der aufständigen Truppen vor dessen Toren die großen Demonstrationen stattfanden] was a middle-class revolution. It was the middle class who went to Crame with flowers, rosaries and statuettes. [...] people from the lower stratum of our society were not there and not represented“ (CRUZ 1989). Auch nach 1986 blieb die Rolle urbaner Mittelschichten als „central arena of political discourse and contention“ (PINCHES 1996: 123) bedeutend. Als im Januar 2001 Joseph Estrada bei People Power II abgesetzt wurde, waren es ebenfalls in erster Linie VertreterInnen und Organisationen der städtischen Mittelschichten, die als treibende Kräfte hinter den großen Demonstrationen auftraten (BAUTISTA 2001d). Sie wurden unterstützt von einem breiten Bündnis aus zivilgesellschaftlichen Akteuren, der katholischen Kirche und dem einflussreichen Makati Business Club, einer Art Arbeitgeberverband und Lobby Gruppe, der eine stark neoliberale Anti-Korruptions-Agenda9 und eine Politik sozialverantwortlichen Unternehmertums propagiert (www.mbc.com.ph). „Estrada was forced to resign by a largely middle-class people power campaign in Greater Manila, and by the withdrawal of military support. The rural poor played no part“ (LANDÉ 2001: 101). Wie Wolfgang Heinz schreibt, sind mittelschichtsdominierte Demokratisierungs-projekte, die meist nicht als spezifische Klassenprojekte benannt werden, sondern sich als universell positionieren, in der Regel weniger auf eine radikale Demokratisierung und Inklusion bisher marginalisierter Akteure gerichtet, als vielmehr auf eine effiziente, das heißt Sicherheit und ökonomische Prosperität versprechende Regierungsform, die dies sicherzustellen in der Lage erscheint. Diese kann demokratisch sein, aber auch anders (HEINZ 1999: 271).10 9
Diese korruptionskritischen Diskurse werden stark von urbanen Mittelschichten und Gruppen unterstützt, die einerseits mit westlichen Werten assoziiert werden können und anderseits nicht in so hohem Maße auf staatliche Ressourcen angewiesen sind wie JournalistInnen, AkademikrInnen und Wirtschaftsverbände (Pinches 1999: 15). 10 Dies wurde deutlich bei dem, was meist als Randbemerkung zu EDSA 2 erscheint. Wenige Monate nach People Power 2 fand People Power 3 statt. In erster Linie ärmere Menschen, die weiterhin Estrada unterstützten, versuchten mittels Demonstrationen (bei denen sich ein Vielfaches der TeilnehmerInnen der Demonstrationen gegen Estrada im Januar versammelten) dessen Wiedereinsetzung durchzusetzen. Während People Power 2 sich der Sympathie aller wichtigen Medien und zentraler Institutionen
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Eine zweite Interpretationslinie versteht die urbanen Mittelschichten der Philippinen, insbesondere jene Fraktionen, die im Zuge des schnellen ökonomischen Aufstiegs entstanden, nicht als einen zentralen politischen Akteur und Agenten der Demokratisierung, sondern eher als deren Gegenteil, als eine sich über consumerism definierende Klasse von Yuppies und der New Middle Class, mit denen ein Verfall traditioneller Werte wie Familie und sozialer Kohäsion zugunsten westlicher Lebensstile und einem rücksichtslosen Individualismus einhergehe. Consumerism sei das Leitmotiv dieser sozialen Klasse und westliche Lifestyles seien zu einem zentralen Marker ihrer Klassenidentität geworden, die explizit als eine Selbstbeschreibung verwandt wird. Was Solvay Gerke in einem Aufsatz über indonesische Mittelschichten als Lifestyling bezeichnet hat, beschreibt einen symbolischen Konsum von Mittelschichten, der in hohem Maße der Distinktion dient. Der Distinktion gegenüber den unteren Schichten ebenso wie den traditionellen Eliten und der Abgrenzung von Attributen die vielfach mit Ländern der „Dritten Welt“ und der Abwesenheit von Modernität assoziiert werden. Dies hilft erklären, warum diese Konsummuster in der Regel so stark an „westlichen“ imaginaries orientiert sind und gerade für die aufsteigenden Fraktionen der ostentative Konsum sichtbar westlicher Marken so wichtig zu sein scheint. „Consumption thus became a symbolic act signaling ‚modernity‘ and membership in the ascriptive category ‚middle class‘“ (GERKE 2000: 145). Als KonsumentInnen, so Robinson und Goodman in der Einleitung des Bandes The New Rich in Asia. Mobile Phones, McDonalds and Middle-Class Revolution, nicht als politische Akteure der Demokratisierung, haben die neuen Mittelschichten in Asien das Interesse westlicher ÖkonomInnen und SozialwissenschaftlerInnen auf sich gezogen (ROBISON/GOODMAN 1996a: 1). Es darf nicht überraschen, dass beide Interpretationslinien ihre Berechtigung haben. Da Consumerism und die Produktion städtischer Landschaften, die in vielfältiger Weise Bezugnahmen auf eine Vorstellung globaler westlicher Lebensstile darstellen, im Zentrum der folgenden Kapitel dieser Arbeit stehen, sollen hier im Weiteren einige Anmerkungen zur sozioökonomischen Struktur der Mittelschichten genügen. Der Mangel an Daten, der sich nicht nur auf sozialwissenschaftliche Untersuchungen, sondern ebenso auf verwertbare statistische Daten besicher war, wurde „Poor People’s Power“ – abgesehen von Teilen der radikaleren Linken – als gewalttätiges Lumpenproletariat, als „drug-crazed mob that was bought and made to do what hey did by [...] leaders who where not there“ repräsentiert, der Ausnahmezustand ausgerufen und Teile der Demonstrationen militärisch niedergeschlagen (ABINALES/AMOROSO 2005: 277; BELLO 2001).
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zieht, verbietet es hierin mehr als ein oberflächliches Orientierungsraster zu sehen. Eine kohärente und aktuelle Konzeption und Erfassung der urbanen Mittelschichten in den Philippinen bleibt ein Desiderat. Trotz der angedeuteten massiven Transformationen Metro Manilas in den letzten 20 Jahren weist die Sozialstruktur auf den ersten Blick eine starke Kontinuität auf. Während die späten 1980er und die 1990er Jahre in vielen Ländern der Region eng mit dem starken Anwachsen einer urbanen Mittelschicht und in Ländern wie Thailand mit dem deutlichen Rückgang städtischer Armut in Verbindung gebracht werden, hat sich in den Philippinen das quantitative Verhältnis der sozialen Klassen zueinander nur wenig geändert. So bewegt sich der Anteil von BewohnerInnen informeller Siedlungen und urban poor konstant bei etwa einem Drittel der städtischen Bevölkerung. 41 % der Bevölkerung Metro Manilas schätzen sich selbst als arm ein (gegenüber 51 % im Landesdurchschnitt).11 Nach staatlichen einkommensbasierten Statistiken sind hingegen landesweit 30 % und in Metro Manila 8,7 % der Bevölkerung arm, das heißt sie verfügen über ein monatliches Familieneinkommen von weniger als 6.200 resp. 8.600 Peso.12 Der Ginikoeffizient, der in den letzen Jahren landesweit leicht abgenommen hat (VIROLA u.a. 2007), liegt in Metro Manila mit 0,45 niedriger als im Landesdurchschnitt von 0,48 ist aber vergleichsweise stabil (NSCB 2004: 2-24). Wie in den meisten Ländern, so sind auch in den Philippinen die Mittel- und Oberschichten in hohem Maße städtisch geprägt, mit einer starken Konzentration in Metro Manila und dessen suburbaner Peripherie. Dies hat Ursachen in der historischen Rolle Manilas als ökonomischem und politischem Zentrum, als Zugangspunkt zum internationalen Handel, als Sitz der staatlichen Verwaltungen sowie der wichtigsten Bildungseinrichtungen, gegenüber einem agrarisch geprägten Land, auf dem es nie zu einer auf sozialen Ausgleich gerichteten Landreform und damit der Schaffung der Grundlagen für eine ökonomisch abgesicherte Bauernschaft kam (RIVERA 2001: 209). Lassen sich nach einem in den Philippinen gängigen sozioökonomischen Klassifikationsschema des 11 Daten für September 2007, nach einer Erhebung der Social Weather Station, dem wichtigsten, unabhängigen Sozialforschungsinstitut der Philippinen. Dabei handelt es sich um einen der niedrigsten Werte seit Anfang der 1980er Jahre (www.sws.org.ph/pr071105.htm (Zugriff 20.03.2008)). 12 www.nscb.gov.ph/pressreleases/2008/PR-200803-SS2-02_pov.asp (20.03.2008). Der staatliche Mindestlohn für Metro Manila liegt gegenwärtig bei 345 Peso pro Tag. Die Social Weather Station sowie andere unabhängige Quellen gehen von eine deutlich höheren Einkommen aus, um nicht als arm zu gelten. Durchschnittliche Selbsteinschätzungen der letzten Jahre rangieren eher zwischen 10.000 und 15.000 Peso.
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unabhängigen Sozialforschungsinstituts Social Weather Station landesweit knapp zehn Prozent der Bevölkerung den unterschiedlichen Fraktionen von Ober- und Mittelschichten zurechnen, so liegt deren Anteil in Metro Manila bei gut einem Drittel der Bevölkerung (SWS 2003; 2005).13 Einen ersten großen historischen Auftritt erfuhren die philippinischen Mittelschichten im Zusammenhang mit dem Aufstieg des MarcosRegimes, das seine Position insbesondere mit Unterstützung der urbanen Mittelschichten und der von diesen getragenen Verwaltungen absicherte. Das Regime versprach in seiner entwicklungsstaatlichen Rhetorik gegenüber der teils chaotischen Situation der frühen 1960er Jahre „Ruhe und Ordnung“ sowie eine Stärkung rationalistischer Planung und staatlicher Regierung, was eine Stärkung der städtischen Mittelschichten gegenüber traditionellen Eliten bedeutete. Dieses Versprechen einer effizienteren staatlichen Regierung bei einer temporären Aussetzung zentraler demokratischer Rechte wurde von weiten Teilen dieser Bevölkerungsschichten als legitim und zumindest der passiven Unterstützung würdig erachtet. Wie erwähnt, waren es aber im Rahmen des Vertrauensverlusts gegenüber dem Regime, gefördert durch die ökonomische Krise seit den späten 1970er Jahren, eine wachsende Unkalkulierbarkeit und ein immer krassere Ausmaße annehmender cronyism und in ebenso zentraler Weise die Mittelschichten, die diesem ihre Unterstützung entzogen und so maßgeblich zu dieser Absetzung beitrugen (PINCHES 1996). Die 1990er Jahre gingen einher mit dem Aufstieg einer neuen Fraktion urbaner Mittelschichten. Gegenüber den älteren Fraktionen der Mittelschichten, die sich zu größeren Teilen aus dem Staatsdienst rekrutieren und oft signifikante Nebeneinkünfte aus Kleingewerbe, etwa aus der 13 Die Zahlen beruhen auf dem in den Philippinen dominierenden ABCDE Klassifikationsschema, wobei A und B als Oberschichten in der Regel zusammengefasst werden, C1 und C2 die obere und untere Mittelschicht umfassen und D und E die unteren sozialen Schichten bezeichnen. In erster Linie werden dabei Konsummuster, Statussymbole, Bildungstitel und Besitz, insbesondere das Haus, als Grundlage genommen. Neben sozialwissenschaftlichen Forschungsinstituten in den Philippinen wird dieses Schema insbesondere von Seiten der Marktforschung eingesetzt. Zwar handelt es sich dabei um ein grobes Schema, ist aber gegenüber dem ausschließlich einkommensbasierten Schema, wie es vom staatlichen Statistikamt verwendet wird, vorzuziehen (ARROYO 1990; ROBERTO 2002). Einkommensbasierte Klassifikationen kommen zu deutlich anderen Verteilungen der sozialen Klassen. So gibt das National Statistical Coordination Board (NSCB) für 2007 den landesweiten Anteil der mittleren Einkommensklassen (jährliches Familieneinkommen oberhalb von rund 250.000 Peso) mit rund 20 % an (VIROLA u.a. 2007)).
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Vermietung von Jeepneys, erzielen oder einer unteren Mittelschicht, die sich insbesondere aus traditionellen Sektoren des Handels und Handwerks rekrutiert, sind diese „Neuen Mittelschichten“ im Durchschnitt deutlich wohlhabender als ihre Vorgänger. Sie sind kleinere Selbstständige oder rekrutieren sich aus den höheren Segmenten des Dienstleistungssektors und dem mittleren Management größerer Unternehmen. Diese neue Fraktion, die ihr Entstehen in hohem Maße der geänderten globalen Arbeitsteilung und dem ökonomischen Aufstieg der Region verdankt, steht im Zentrum des Interesses, wenn Mittelschichten als KonsumentInnen und als TrägerInnen eines consumerist-lifestyle betrachtet werden. Ostentatives Zurschaustellen des Konsums westlich kodierter Güter, suburbane Eigenheime mit Hausangestellten, Kleinfamilie, Mitgliedschaft in einem der zahlreichen Golfclubs, private PKW, Konsum in gehobenen Shoppingmalls und ein Selbstverständnis als politische Mitte bilden dabei den Rahmen dieses new middle class Diskurses. Dies ist geprägt von einer deutlichen Distinktion gegenüber den älteren Mittelschichten. Eine zentrale Erfahrung dieser sozialen Klassen ist eine deutliche Aufwärtsmobilität gegenüber der Elterngeneration und der Glaube an individuelle Leistung als Aufstiegsursache. Folglich spielt die Bildung der Kinder, in der Regel an Privatschulen und Privatuniversitäten, eine herausragende Rolle (BAUTISTA 2001a: 103; 2001c: 182ff), ebenso wie unternehmerische Erzählungen, Strategien und Selbstverständnisse. „More than any other group, new-rich entrepreneurs have come to embody and exemplify the new hope attached to a national identity build around the ideas of economic development, freedom and democracy“ (PINCHES 1999b: 283). Bevor auf diese Lebensstile und Diskurse der Neuen Mittelschichten, der neureichen AufsteigerInnen und all jener, die sich an diesen orientieren, in den folgenden Kapiteln ausführlicher zurückgekommen wird, ist noch auf die Rolle des massiven Exports von Arbeitskräften hinzuweisen. Angesichts eines akuten Mangels an gut bezahlten Jobs für Höherqualifizierte in den Philippinen wurde transnationale Migration in den letzen Jahrzehnten zu einem Massenphänomen. Die Rücküberweisungen philippinischer ArbeitsmigrantInnen bilden seit längerem eine der wichtigsten Grundlagen sozialen Aufstiegs. Dies betrifft insbesondere die Mittelschichten, da es den unteren Schichten in der Regel an den Ressourcen für die Anfangsinvestitionen mangelt (BAUTISTA 2001b: 47). Metro Manila ist dabei der zentrale Ort der Organisation dieser transnationalen Migrationsbewegungen und verfügt über ein ausdifferenziertes Netz formeller und informeller Institutionen (TYNER 2000: 63).
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The Global Pinoy „The large-scale export of filipino labor must surely count as one of the most significant developments in the Philippines over the past thirty years“ (HAU 2004: 277).
Wenngleich grenzüberschreitende Migration kein junges Phänomen ist, so hat sich deren Umfang in den letzten Jahrzehnten weltweit massiv ausgeweitet. Diese zunehmende Bedeutung gilt in besonderem Maße für die Philippinen, die zu einem der größten Entsendeländer globaler Arbeitsmigration gehören und wo diese, neben den individuellen Folgen für Millionen Menschen, zu einer unübersehbaren politischen Größe geworden ist. Eine entscheidende Rolle bei der Regulation von Migration spielt seit den 1970er Jahren der Staat. Handelte es sich zuvor in erster Linie um privat organisierte Migration, wurde nun aus internen wie externen Gründen der Staat zu einem der zentralen Akteure und aktiven Beförderer dieser. In zeitlicher Nähe zur Verhängung des Martial Law 1972 und der Ölkrise wurde mit dem New Labor Code 1974 der Grundstein für einen Staat gelegt, zu dessen zentraler ökonomischer Strategie der Export von Arbeitskräften gehört. 1982 wurde die Philippine Overseas Employment Administration als staatliche Agentur für die Organisation und Kontrolle von Arbeitsmigration gegründet (SASSEN 2002: 271) und seither zu einem „elaborate network[] of government agencies and private contractors“ (IOM 2005: 104) ausgebaut. In den 1980er und 90er Jahren trug das Wachstum der benachbarten Ökonomien in Südostasien zu einer verstärkten Nachfrage nach billigen Arbeitskräften, insbesondere als Haushaltshilfen und Pflegekräfte bei (PARREÑAS 2001; 2008), was zu einer zunehmenden Feminisierung und Prekarisierung führte. Seit der Mitte der 1990er Jahre stellen Frauen die deutliche Mehrheit der über offizielle staatliche Kanäle angeworbenen MigrantInnen.14 Neben den reichen Ländern der Region, insbesondere Japan, Hong Kong, Malaysia und Singapur sind Nordamerika und Saudi-Arabien die wichtigsten Zielländer philippinischer ArbeitsmigrantInnen. Dabei unterscheiden sich die Art der Migration und die Beschäftigungsverhältnisse der MigrantInnen stark nach Regionen. Rund 80 % der gut 2,7 Millionen Filipinos in den USA sind dauerhaft migriert, ihr Aufenthaltstatus ist also nicht an Arbeitsverträge gebunden, ein ähnlicher Prozentsatz der rund 350.000 MigrantInnen in Malaysia lebt dort in illegalisierten Verhältnissen, während die knappe Million Filipinas und
14 Siehe auch www.peoa.gov.ph
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Filipinos in Saudi-Arabien fast ausschließlich auf der Grundlage von temporären Arbeitsverträgen im Land ist. Einschließlich der rund 230.000 philippinischen Arbeiter auf See, leben gut 8 Millionen Filipinos und Filipinas temporär oder dauerhaft außerhalb des Landes. Das entspricht knapp 10 % der Bevölkerung oder über 20 % der Arbeitskräfte des Landes. Die ökonomische Bedeutung transnationaler Migration für die Philippinen ist bei einem gegenwärtigen Anteil von gut 10 % des BIP (DUMLAO 2005) evident. Während der Asienkrise in den späten 1990er Jahren halfen die Rücküberweisungen aus dem Ausland dabei deren Folgen abzufedern (ALCID 2002: 97). Der Geldwert dieser Überweisungen stieg kontinuierlich an und erreichte 2005 erstmals mehr als 10 Mrd. US$ und 2008 bereits 16,5 Mrd. US$. Hinzu kommen geschätzte 2-5 Mrd. US$ nicht registrierter Gelder (Malaya 03.01.2008).15 Ebenso ist die soziale Bedeutung von Migration offensichtlich. Sie hat nicht nur entscheidende Konsequenzen für Familien- und Geschlechterverhältnisse, sondern ebenso für Fragen nach Klasse und Nation, die durch die „Formation transnationaler Netzwerke und die Erfahrung der Diaspora, durch welche die Koordinaten von Identität und ‚Patriotismus‘ beständig aufgelöst und neu zusammengesetzt werden“ (MAZZADRA 2004: 227) Verschiebungen erfahren (LIEBELT 2006). ArbeitsmigrantInnen entstammen in erster Linie den unteren Mittelschichen mit Schwerpunkt in wenigen Regionen des Landes, darunter Metro Manila und die umliegenden Provinzen. Nach einem SWS Survey in Metro Manila von 2003 haben 41 % der Befragten Haushaltsvorstände aus den Klassen AB, 38 % aus C, 17 % aus Klasse D und 7 % aus Klasse E zum Zeitpunkt der Befragung im Ausland lebende Familienmitglieder (SWS 2003). Die durchschnittlichen Einkommen von solchen Familien, die Familienmitglieder besitzen, die im Ausland arbeiten, liegen fast doppelt so hoch wie der Landesdurchschnitt (VIROLA u.a. 2007). Rücküberweisungen spielen eine zentrale Rolle beim Wirtschaftswachstum der letzten Jahre, das zu einem erheblichen Teil auf steigende Nachfrage nach Konsumgütern zurückzuführen ist. Insbesondere der jüngste Boom im Wohn-Immobiliensektor wurde maßgeblich durch diese Gelder beflügelt. Um diese Rücküberweisungen in für staatliche Entwicklungspläne attraktivere Kanäle zu leiten, wurde unter Arroyo ver15 Jenseits relativ optimistischer Bewertungen im politischen und medialen Diskurs, sind Fragen wie die nach brain drain und den sozialen Kosten durch den staatlich beförderten Export von gut ausgebildeten Arbeitskräften und danach, inwiefern aus staatlicher Sicht, „long-term development objectives for short-term financial gain“ (BALL 1996) geopfert werden, selten.
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sucht, die Idee des Oversea Filipino Investors (OFI) zu etablieren und deren Rücküberweisungen in dauerhaftere Investitionen zu lenken. Die wachsende ökonomische Bedeutung der Arbeitsmigration bedeutete zugleich eine deutliche symbolische Umwertung der Bemühungen Arbeit im Ausland zu finden. Unter Marcos wurde Arbeitsmigration als eine temporäre Angelegenheit begriffen, die zur Lösung kurzfristiger ökonomischer Probleme beitragen sollte und gleichzeitig teils als ein unpatriotischer Akt sowie als brain drain kritisiert. Diese Umwertung zeigt sich in der während der Aquino Administration begonnenen Rede von overseas Filipino worker (OFW) als den „new heroes“, die für ihr Land im Ausland Arbeit suchen (GARDINER BARBER 2008; WEEKLEY 2006). Dies schuf einen notwendigen Mythos, der unter Arroyo deutlich verstärkt wurde, und der den Versuch darstellt, die migrierten Söhne und Töchter an die Philippinen zu binden und dafür Sorge zu tragen, dass die Rücküberweisungen aus der Diaspora auch nach Jahren und eventuell in der zweiten und dritten Generation nicht abreißen. „This discursive paradigm, whether deployed by the state or by different sectors of society, seek to integrate the OFW more closely into the ‚imagined community‘ [...] whose borders the OFWs’ departure threatens to breach“ (HAU 2004: 230). Begriffe wie global pinoy oder global nation weisen dabei auf ein Nationalitätskonzept hin, das in gewisser Weise die räumlichen Grenzen des Nationalstaats, zumindest temporär und partiell, überwinden muss und transnationale Räume eröffnet. Wie Hannerz in Transnational Connections betont hat, bedeutet dies aber nicht notwendig die Auflösung von Bindungen und nationalen Zugehörigkeitserzählungen (HANNERZ 1996: 99). Vielmehr kommt es zu Neujustierungen nationaler Erzählungen (AGUILAR 2004; TOLENTINO 2006; TYNER 2004).
URBANE OASEN DER MITTELSCHICHTEN
Nachdem in den vorangegangenen Kapiteln Diskurse über Metro Manila, die Repräsentation dieser Stadt im öffentlichen Diskurs sowie politische Programme staatlicher Akteure und zentraler Akteursgruppen im Zentrum des Interesses standen, gilt es in den folgenden Kapiteln einige jener Räume in den Blick zu nehmen, die als Räume einer imaginierten global culture (KING 2004) oder imaginaries einer Global City beschrieben werden können. Dabei geht es zunächst um solche Räume, die auf verschiedenen Ebenen einen Gegenentwurf zu den Repräsentationen und Realitäten der öffentlichen Stadt bilden. Es sind dies, wie Sharon Zukin in ihrem Klassiker in The Cultures of Cities über die Aufwertung innerstädtischer Gebiete in New York zu Beginn der 1990er Jahre schreibt, „urban oases where everyone appears to be middle class“ (ZUKIN 1995: 10). Diese „Oasen“ können eine solche Imagination einer geordneten Mittelschichtswelt und der Hegemonie von mit diesen assoziierten Lebensstilen vielfach nur aufrechterhalten, weil sie zugleich „Zitadellen“ (MARCUSE 1997; RONNEBERGER 1994) bilden, kontrollierte und abgeschottete Räume in einer städtischen Umwelt, die als bedrohlich und fremd wahrgenommen und repräsentiert wird. Solche Raumproduktionen helfen dabei Widersprüchliches dem Blick zu entziehen. Dies gilt in besonderem Maße für eine ökonomisch und sozial so stark polarisierte Stadt wie Metro Manila. Die Planung und Kontrolle dieser städtischen Räume ist in Metro Manila in hohem Maße privat organisiert. Wie deutlich werden soll, spielen staatliche oder auch semi-staatliche Akteure darin nur eine untergeordnete Rolle. Das gilt für die wichtigsten Central Business Districts wie Makati City und Ortigas Center, suburbane edge cities, wie auch für die wachsende Zahl innerstädtischer mixed-use communities
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oder die zahlreichen, die Hauptverkehrsrouten säumenden großen Shoppingmalls, die weite Teile öffentlicher städtischer Räume, zumindest für die Mittelschichten, ersetzen und einverleiben. Die wenigen großen lokalen developer, welche die Produktion dieser Räume bestimmen, bauen nicht nur einzelne Immobilien, sondern dominieren die Entwicklung, Realisierung und das spätere Management ganzer Stadtteile und städtischer Großprojekte. In nicht wenigen Fällen sind es diese privaten Akteure, die längerfristige Entwicklungspläne und Infrastrukturprojekte auf Metropolenebene entwerfen. Dazu tragen nicht zuletzt ein von traditionellen Eliten dominierter, äußerst heterogener und stark dezentralisierter lokaler Staat sowie ein politisch/administratives System bei, das über kaum eine handlungsfähige metropolitane Verwaltungs- oder institutionen verfügt und das eng mit den ökonomischen Eliten verflochten ist. Verstärkt wird diese Fragmentierung städtischen Raums und städtischer Politiken durch den massiven Trend zur Suburbanisierung und den großen Erfolg von Gated Communities in der Peripherie der umliegenden Provinzen sowie eine wachsende Zahl innerstädtischer Enklaven, die von ihrer städtischen Umgebung sozial und physisch abgeschottet sind. Als Konsequenz daraus wurde Manilas Urbanisierung, wie sie sich seit den frühen 1990er Jahren darstellt, als ein „bypass-implant urbanism“ (SHATKIN 2008: 384) beschrieben, als ein Kanalisieren und Herausheben der oberen sozialen Schichten aus dem Chaos der öffentlichen Stadt und eine Spaltung der Stadt in zwei scheinbar getrennte städtische Welten. Dies ist verbunden mit der weitgehenden Aufgabe und Umgehung letzterer, die weder durch private, noch staatliche Akteure Investitionen erfährt. „The wealthy increasingly experience the city as an archipelago of carefully planned consumer, residential and work spaces (malls, condominiums, gated subdivisions), connected by elevated, climate-controlled transport“ (SHATKIN 2005: 593). Sinnbildlich dafür, so Neferti Tadiar, stehen die zahlreichen Hochbrücken und Hochstraßen (flyover), welche die Bewegungen der Mittelschichten von ihrer Umgebung ablösen und ein reibungsloseres und ungehemmtes Fließen der Ströme zwischen diesen verinselten Zitadellen ermöglichen. „Flyover bring out the upper strata into relief, detaching them from the lower strata but not masking the latter, securing domination through bypasses and overpasses rather than through enclosure and censorship. The stratification of metropolitan space is, in other words, not a matter of masking, containment and repression, but rather, of accommodating and channelling flows.“ (TADIAR 2004: 97)
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Die hier gewählten Untersuchungsfelder und Beispiele, Gated Communities, Shoppingmalls, Gentrifizierung, städtische Großprojekte und eine Kontrolle städtischer Räume mittels deren Ästhetisierung und der Produktion einer konsumfreundlichen Urbanität, stellen „micro-experiments in ‚beautiful, wholesome and sustainable living‘ experiments designed for the happy few with buying power“ (VAN DEN MUIJZENBERG/VAN NAERSSEN 2005: 142) dar. Diese Auswahl ist, betrachtet man die umfangreiche Literatur, die seit den späten 1980er Jahren insbesondere in den USA unter dem Begriff des postmodern urbanism entstanden ist, zunächst nicht sehr originell, zeigen sich doch auf den ersten Blick zahlreiche Überschneidungen zwischen diesen und den hier betrachteten Themenfeldern. Am Beispiel von Los Angeles, jener Stadt, die vielfach als eine paradigmatische Stadt postmoderner Urbanität gilt, so ließe sich einwenden, wurde all dies schon zu Beginn der 1990er Jahre diskutiert (DAVIS 1994; SOJA 1996). In Beiträgen wie The Postmodern City (HANNIGAN 1995), The Postmodern Urban Condition (DEAR 2000: Kap. 7), Bastens Postmoderner Urbanismus (BASTEN 2005) Edward Sojas Arbeiten über Los Angeles (SOJA 1989) oder in einer globaleren und stärker auf technologische Prozesse blickenden Perspektive in Splintering Urbanism von Graham und Marvin (GRAHAM/MARVIN 2001) wurden ähnliche Formen gebauter Umwelt zu paradigmatischen Elementen eines neuen postmodernen und/oder postfordistischen Typus von Stadt erklärt. Als zentrale Momente ziehen sich durch diese Diskurse Vorstellungen von einer Fragmentierung von Stadt in eine Vielzahl von Räumen, die Bindungen und Brüche zu anderen städtischen Räumen in einer Weise realisieren, die sich deutlich von modernen oder fordistischen Formen von Stadt unterscheidet. So werden manche räumlich weit entfernte Orte enger aneinander gebunden, während es gleichzeitig zu einer Loslösung von bestimmten räumlich nahe gelegenen Orte kommt (KATZ 2007: 157f). Dies gilt etwa für transnationale Netzwerke, spaces of flow (CASTELLS 2003a) oder das first worlding (KATZ 2007; KOPTIUCH 1991) einzelner städtischer Räume in Metropolen des Südens. Weitere zentrale Gesichtspunkte einer solchen „Neuen Urbanität“ sind zudem eine Kulturalisierung und Ästhetisierung städtischer Landschaften, wie sie beispielsweise im Topos der „Disneyfizierung“ (ROOST 2000) zu fassen versucht wird wie auch der oben beschriebene Wandel in hegemonialen Weisen des städtischen Regierens (Vgl. auch: HEEG/ROSOL 2007). Dabei geht es nicht darum Metro Manila als eine postfordistische oder postmoderne Stadt zu bezeichnen, sondern vielmehr darum, dem Phänomen Aufmerksamkeit zu schenken, dass eine Reihe von städtischen Formen, Architekturen, Praktiken und Diskursen über Stadt, die in
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Städten erprobt und angewandt und als postmodern oder postfordistisch bezeichnet wurden, in äußerst differente Kontexte transferiert werden. Dabei ist es hier nicht die primäre Absicht, eine Angleichung dieser Städte zu behaupten, sondern es soll gerade darum gehen, auf den Prozess dieses Transfers hinzuweisen und auf die damit verbundenen Veränderungen und Anpassungen dieser entlang lokaler Verhältnisse. Sicherlich spielt die Vereinfachung von Technologietransfer und die in Metropolen wie Metro Manila omnipräsente massenmediale Repräsentation von „Globalität“ eine wichtige Rolle. Die Anlehnung an Diskurse, Symbole, Architekturen und Planungskonzepte insbesondere aus den USA, die weiterhin als Inbegriff dieser „Globalität“ gelten, ist aber weniger eine direkte Übernahme, als vielmehr eine Lokalisierung und Reterritorialisierung auf der Basis lokaler Verhältnisse, die mehr sind als nur eine Oberfläche, auf die sich determinierende globale Strukturen aufprägen. Abgesehen von einem Bereich von high-profile Projekten in dem international renommierte Architekturbüros, ein hochgradig selbstbezüglicher und globalisierter Fachdiskurs und „Große Namen“ (FAINSTEIN 2001; SKLAIR 2005; ZUKIN 1992: 58) dominieren, spielen bei der Produktion jener Räume, die im Folgenden untersucht werden sollen, fast ausschließlich lokale Unternehmen, überwiegend lokales Kapital bzw. Rücküberweisungen und lokale Konsumenten eine entscheidende Rolle. Diese Räume werden von lokalen Akteuren und hauptsächlich für lokale Märkte geschaffen und fungieren als eine Repräsentation lokaler Vorstellungen von gesellschaftlichem Aufstieg, Modernität und Entwicklung. Diese Vorstellungen orientieren sich an global imaginaries, aber diese müssen an konkreten Orten lokalisiert werden. Statt eines rein reaktiven Verhaltens gegenüber solch globalen Einflüssen werden Repräsentationen von Modernität von lokalen Akteuren, in der Regel solchen mit umfangreichem ökonomischen und/oder kulturellen Kapital, rekonstruiert und an jeweilige Kontexte und Interessen angepasst. Statt von einer Überformung von Lokalitäten durch globale Strukturen auszugehen, muss die Frage in den Mittelpunkt gerückt werden, wie und warum bestimmte Formen sich lokal erfolgreich durchsetzen und was ihre lokale Bedeutung ist – abgesehen davon, dass sie für die Angebotsseite attraktiv sind. So ließe sich als eine These formulieren, dass diese Räume weniger wie vergleichbare Räume in den USA, Singapur oder Hong Kong funktionieren,1 sondern dass sie vielmehr als USA, Singapur oder Hong 1
Die symbolische und kulturelle Ausstrahlungskraft von Europa oder auch Japan ist in diesen Bereichen eher zu vernachlässigen. Europa spielt in erster Linie im Bereich von Diskursen über kulturelles Erbe sowie der städtischen Tourismusindustrie eine Rolle, gelten die Städte des alten Europas
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Kong als Imaginationen erfolgreicher und moderner Orte funktionieren. Die Nutzung von Shoppingmalls, neoliberal aufgewerteten Innenstädten und gentrifizierten Waterfrontprojekten erlaubt, wie Emanuela Guano in einem Aufsatz über Transnational Imagination and Local Hegemonies in Neoliberal Buenos Aires schreibt, auch den unteren Mittelschichten und jenen Akteuren, die zum realen Konsum dieser auf die oberen Mittelschichten und Oberschichten zugeschnittenen Räume nicht in der Lage sind, „an imaginary emplacement in a North American space, it also offers them a certain socioeconomic mobility via an imaginary journey to the extravagant domains of the Argentine upper class“ (GUANO 2002: 197). Diese symbolische Integration, welche von diesen Räumen ausgeübt wird und die mit dem Versprechen verbunden ist, eines Tages auch real an diesen partizipieren zu können, und zwar dann, wenn das neoliberale Projekt und der Weg zur NIChood erfolgreich beschritten wurde, ist ein wichtiges Element einer Einbindung weiter Teile der Mittelschichten in die philippinischen Modernisierungsprojekte und deren Distinktion gegenüber den abgehängten städtischen Armen. Die Glaubwürdigkeit dieser Politiken ist gleichwohl weder sicher noch dauerhaft und muss beständig erneuert und erzeugt werden. Im Folgenden sollen einzelne dieser städtischen Räume betrachtet werden. Dabei soll in erster Linie auf dominante Diskurse und Vorstellungen eingegangen werden, die an diese Landschaften geknüpft werden und die diese zu Repräsentationen von Modernität, Aufstieg und Fortschritt machen.
dort doch in hohem Maße als museale Konservierungen einer vergangener Geschichte.
S U B U R B A N I S I E R U N G – „F I N A L L Y , A P E A C E F U L PLACE YOU CAN CALL HOME“
„Suburbia must be understood as an utopia in its own rights.“ (FISHMAN 1987: x)
Als die auffälligsten räumlichen Manifestierungen einer Globalisierung der gebauten Umwelten in den urbanen Zentren Südostasiens gelten sowohl in akademischen wie auch in massenmedialen Diskursen zumeist die Central Business Districts, die Bürotürme und Condominien, ikonische Architekturen wie die Petronas Tower in Kuala Lumpur, die räumlich gebundenen Infrastrukturen der Netzwerkgesellschaft oder die Symbole globaler Marken und Konzerne. Die Global City stellt sich bei Saskia Sassen zumeist in Gestalt der Skyline von Manhattan dar, als Ort transnationaler Finanz- und Dienstleistungsunternehmen, als Ort der konzentrierten Repräsentation von ökonomischer Macht, die aktuell insbesondere im Finanzkapital und den mit diesem verbundenen Industrien – in erster Linie dem so genannten FIRE Sektor aus Finanz-, Versicherungs- und Immobilienwirtschaft – lokalisiert wird. So ist es wenig überraschend, dass verantwortliche Akteure in zahlreichen jener aufstrebenden Metropolen in Ost- und Südostasien, die versuchen ihre Städte als global agierende und global wettbewerbsfähige Metropolen zu positionieren, bemüht sind insbesondere dort gleichzuziehen. Beispielhaft dafür stehen die staatlich forcierten Projekte in einer Reihe chinesischer Ostküsten-Metropolen, wie der Bau von Pudong in Shanghai oder der Um- und Neubau der Innenstadt von Shenzhen, die neben der klaren ökonomischen auch eine gewichtige symbolische Komponente enthalten (CARTIER 2002; WU 2000; 2003). Eine Stadt auf der Weltkarte global erfolgreicher Metropolen zu positionieren, bedeutet dann eben auch den
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Bau ikonischer Hochhäuser zu forcieren, die als civic marker im Rahmen postmoderner Urbanisierung an Bedeutung gewinnen (MCNEILL 2005: 46). Relativ wenig Aufmerksamkeit im akademischen Diskurs erfahren in diesem Zusammenhang hingegen die suburbanen Landschaften dieser Städte. Das mag einen ersten Grund darin haben, dass sich ein deutlicher Antisuburbanismus durch weite Teile der Stadtforschung von Mumford über Jacobs bis Jameson zieht (WILSON 1995: 152) und Stadtforschung die städtischen Zentren von Großstädten privilegiert. Zudem wurde Suburbanisierung in den Zentren des Nordens und insbesondere in den USA, die weiterhin als der Prototyp einer suburbanisierten Gesellschaft gelten, historisch (und kulturell) eher mit der Wachstumsphase des Fordismus verbunden als den diesem folgenden Transformationen. Die Neue Urbanität (HÄUSSERMANN/SIEBEL 1987), die seit den 1980er Jahren in den Zentren des Nordens, die auch weiterhin den vielfach unhinterfragten Bezugspunkt von Stadtforschung darstellen, ausgemacht wurde, wird vielmehr oftmals an einer scheinbaren Gegenbewegung, nämlich der Revitalisierung von Innenstädten und der Inwertsetzung entwerteter städtischer Räume festgemacht (z.B. HÄUSSERMANN/SIEBEL 1987; SMITH, N. 1996). In zahlreichen Metropolen Südostasiens hingegen ist die rapide Suburbanisierung und die Etablierung suburbaner Gated Communities1 eine der augenscheinlichsten Verkörperungen der gesellschaftlichen Verän1
Nachdem Gated Communities bis in jüngere Zeit überwiegend als ein USamerikanisches Phänomen behandelt wurden (z.B.: BLAKELY/SNYDER 1997; LOW 2003), sind diese in den letzen Jahren zu einem intensiv beforschten Thema einer vergleichenden Stadtforschung geworden (GLASZE u.a. 2006; MARCUSE 1998; WEBSTER u.a. 2002). Hier werden Gated Communities und suburbane Wohnquartiere weitgehend synonym verwendet (siehe auch: MCKENZIE 2006). Es ist davon auszugehen, dass neuere suburbane Quartiere in Metro Manila mittels irgendeiner Form der physischen Abschottung gegenüber dem umgebenden Territorium abgegrenzt werden. Allerdings variieren diese Technologien erheblich und reichen von hohen Betonmauern mit aufwendigen CCTV-Systemen und personalstarken Wachdiensten bis zu eher unscheinbaren und nur gelegentlich geschlossenen Gittern. Zudem wird die Frage, welche Rolle physischen Mauern beizumessen ist, alles andere als einheitlich diskutiert. Es scheint mithin wenig sinnvoll eine entscheidende Differenz zwischen gated und non-gated Communities anzunehmen, zumal räumliche, soziale, politische und kulturelle Trennung und Abschottung Kernelemente suburbanen Lebens bilden. Eine Fixierung auf Mauern und Tore kann den ausschließenden Charakter anderer als physischer Mauern vergessen machen. Schließlich sind „Gates and Guards [...] just one part of the bigger package“ (WEBSTER u.a. 2002: 315), das mit privat geplanten und kontrollierten Wohnquartieren einhergeht.
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derungen seit den 1980er Jahren und des Aufstiegs der neuen Mittelschichten zu einem der zentralen städtischen Akteure (ASKEW 1999: 170; DICK/RIMMER 1998). Suburbanisierung, Zersiedlung ehemals ländlicher Regionen in unmittelbarer Nähe zu agroindustriellen Nutzungen und die Transformation ehemals agrarischer Flächen in suburbane Quartiere bilden mindestens in dem Maße wie die Central Business Districts oder Exportproduktionszonen eine der zentralen räumlichen Manifestierungen aktueller Urbanisierungsprozesse in Südostasien. T.G. McGee sieht in der Auflösung einer klaren Unterscheidbarkeit von urbanen und ruralen Räumen an den Rändern der Metropolen Südostasiens ein zentrales Charakteristikum seines Konzepts von desakota, das er in den 1990er Jahren als die spezifische Form der Urbanisierungsprozesse in dieser Region beschrieben hat und worin Suburbanisierung neben periurbaner Landwirtschaft eine entscheidende Rolle spielt (MCGEE 1991; MCGEE/GREENBERG 1992). Dies gilt, auch wenn man McGees Konzept einer distinkten Form südostasiatischer Urbanisierung so nicht übernimmt (zur Kritik: DICK/RIMMER 1998; 2003: 224f), auch in hohem Maße für Metro Manila und zunehmend auch für sekundäre Städte in den Philippinen, wie Cebu (BERNER 2001; SAJOR 2003a; 2003b; 2005). In Manila hat dieser Trend allerdings bereits deutlich früher eingesetzt und kann mindestens bis in die frühen Jahre der Unabhängigkeit und in Ansätzen auch bis in die Spätphase des US-amerikanischen Kolonialismus zurückverfolgt werden. Während diese in den 1950er und 1960er Jahren in erster Linie ein Phänomen der Oberschichten darstellten, bilden suburbane Wohnquartiere spätestens seit den 1970er Jahren einen zentralen Bezugspunkt urbaner Mittelschichten und Symbol sozialen Aufstiegs. Suburbs, so Taylor in Modernities, müssen als eine der zentralen „Landscapes of Consumer Modernity“ (TAYLOR 1999: 59) verstanden werden. Mit ihrer globalen Verbreitung, der Globalisierung des Suburbs (LEAF 1994: 342) oder dem globurb (KING 2004: 98), wurden diese Landschaften in sehr unterschiedlichen städtischen Kontexten zu einer für neue Mittelschichten erstrebenswert erscheinenden Landschaft und Form häuslichen Raums sowie einem zentralen Signifikanten von kollektiver wie individueller Modernität, Fortschritt und sozialem Aufstieg (FISHMAN 2003). „The particular form that suburbs take varies between countries but the ideal of suburbia as collective comfort remains: people who can afford it move to suburbs for a better family life“ (TAYLOR 1999: 58f). In Metro Manila, so eine These, stellen die Suburbs der oberen Mittelschichten und der Oberschichten eine der sichtbarsten und wichtigsten Räume der Repräsentation von Modernität und Globalität dar und dienen in hohem Maße der Darstellung von Aufstieg und Erfolg sowie der Distinktion gegenüber den „städtischen Massen“ –
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oder genauer, sowohl dem Städtischen als auch der masa. Bilden diese Räume für die neuen urbanen Mittelschichten ein probates Mittel der Distinktion und der Repräsentation sozialen Aufstiegs, einer zentralen Erfahrung großer Teile dieser sozialen Klasse, so dienen sie dem Staat, der diese durch unterschiedliche Maßnahmen unterstützt, zur eigenen ökonomischen Entlastung und als Beleg für den Erfolg seiner Modernisierungs- und Entwicklungsversprechen (LEAF 1994). Und nicht zuletzt profitiert der private Immobiliensektor in hohem Maße davon. Trotz dieses starken Einflusses auf die gebauten Umwelten von Metropolen wie Manila, der sich weit über Fragen des Wohnens hinaus erstreckt und soziale Polarisierung ebenso tangiert wie Konsummuster oder Konzepte von Öffentlichkeit und Privatem, ist der Umfang der sozialwissenschaftlichen Literatur zu diesen in Südostasien recht übersichtlich. Neben historischen Arbeiten über koloniale Suburbs in Südostasien (ARCHER 1997) finden sich methodisch wie theoretisch recht unterschiedliche Arbeiten zu Städten wie Jakarta (z.B. HOGAN/HOUSON 2002; LEAF 1994; LEISCH 2002) oder Bangkok (z.B. ASKEW 1999; 2002). Zu Manila lassen sich, obwohl dort besonders virulent, nur wenige kurze Beiträge auffinden, die sich mit Suburbanisierung und Gated Communities befassen (CONNELL 1999; MICHEL 2006a; 2006b; TANATE 2005). Hinzu kommen einige Beiträge, welche den Wandel in den südlich Metro Manilas gelegenen Provinzen thematisieren (KELLY 1998; 2003: 173; MAGNO-BALLESTEROS 2000) sowie ethnographische Arbeiten zu den am stärksten von Suburbanisierung betroffenen und ehemals agrarisch dominierten Regionen von CALABARZON (MCANDREW 1994). Eine dezidierte Befassung mit der Geschichte und der sozialen wie politischen Bedeutung von Suburbanisierung bei der Produktion von globalisierten städtischen Landschaften in Metro Manila und der Rolle der neuen Mittelschichten dabei fand bislang nicht statt. Arbeiten, die sich expliziter mit Politiken und Vorstellungen solcher städtischer Landschaften befassen, verweisen nur gelegentlich und am äußersten Rande auf Suburbanisierung, allerdings ohne dieser weitere Aufmerksamkeit zu schenken (z.B. HEDMAN/SIDEL 2000: 123ff; SHATKIN 2005: 590ff; TADIAR 1993). Diesem verhältnismäßig geringen Interesse von akademischer Seite steht eine eminente Bedeutung dieser Form gebauter Umwelt in und um Metro Manila gegenüber. Suburbanisierung, als ein soziologisch relevantes Phänomen, ist nicht so sehr die räumliche Erweiterung der Stadt in der Fläche, sondern eine andere Form von Stadt und – damit verbunden – Ort anderer sozialer Praktiken und Diskurse. Robert Fishman geht in Bourgeois Utopias. The Rise and Fall of Suburbia, dem einflussreichsten und dezidiertesten Beitrag zur Geschichte der Suburbanisierung in
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den alten Industriestaaten – die, wie Anthony King immer wieder betont, schon immer eine transnationale Geschichte war – soweit anzunehmen, dass Suburbia uns mehr über die Kultur und Gesellschaft, welche die Fabriken und Wolkenkratzer erbaut hat, erzählen kann, als diese selbst dies können (FISHMAN 1987: 3). Nach einem Abriss der historischen Entwicklung soll im Folgenden der Fokus auf die Repräsentationen und Diskurse über diese städtischen Landschaften in Metro Manila und die darin enthaltenen Momente der Distinktion, der Stadtkritik und des Antiurbanismus gerichtet werden.
Die Suburbanisierung Metro Manilas Der „trek to the Suburbs“ (GLEECK 1977: 316), die neben dem schieren Wachstum der Stadt wahrscheinlich folgenreichste Veränderung der städtischen Form seit der Unabhängigkeit des Landes, begann mit dem Bau von Forbes Park, der „first major fully zoned-and-planned subdivision“ in einer an US-amerikanischen Vorbildern orientierten „supermarket-and-country club atmosphere“ (GLEECK 1977: 316). Forbes Park, die erste Subdivision Makatis, der durch die Ayala Land Corporation privat errichteten und geplanten Stadt, war nicht nur die erste, sondern ist auch die bis heute prestigeträchtigste Gated Community in Metro Manila. Auf einer Fläche, die etwa ein Zehntel der Fläche von Makati City ausmacht, leben gegenwärtig weniger als 3500 BewohnerInnen. Das entspricht einer Bevölkerungsdichte, die bei gut einem Prozent des Wertes des nur wenige hundert Meter nördlich gelegenen, ebenfalls zu Makati – allerdings nicht zum von Ayala kontrollieren Teil – gehörenden, Viertels Cembo liegt. Umgeben von hohen Betonmauern, mit eigenem Polo- und Golfclub, sowie eigener Kirche und Supermarkt –zum Zeitpunkt des Baus ein klares Zeichen von Luxus und amerikanischem Lebensstil – wurde Forbes Park zu einer Matrize kommender Projekte. Benedict Anderson sah noch Mitte der 1980er Jahre darin eine bemerkenswerte Ausnahmeerscheinung, die ihresgleichen in Südostasien nicht kennen würde. „Forbes Park was the first, and still the most celebrated, of these beaux quartiers, which remain sociologically unique in Southeast Asia. Elsewhere in the region luxurious houses are jumbled together with the dwellings of the poor. But the golden ghetto of Forbes Park was policed, as a complex, by armed security guards; access even to its streets required the production of identification papers.“ (ANDERSON 1988: 17)
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Zunächst an reiche US-Amerikaner gerichtet, wurde Forbes Park relativ schnell auch zu einer bevorzugten Adresse lokaler Eliten, die im Zuge der Reorganisation des Staatsapparats und der Diversifizierung der ökonomischen Möglichkeiten für diese Akteure in die Metropole zogen, um dort Teil des sich verschiebenden nationalen Machtzentrums zu werden bzw. dies zu bleiben. Anders als die erste Hauptphase der Suburbanisierung in den USA, war diese nicht eine Phase eines kontinuierlichen und gesellschaftlich vergleichsweise breit gestreuten ökonomischen Wachstums, sondern in erster Linie eine des rapiden Bevölkerungswachstums Manilas, überwiegend verursacht durch Binnenmigration. Dies fand statt in einer vom Krieg weitgehend zerstörten Stadt. Darüber hinaus waren die Nachkriegsjahre von politischer Instabilität gekennzeichnet und der postkoloniale Staat, wie er weiter oben beschrieben wurde, war weder daran interessiert noch dazu in der Lage, seine Regulationsmacht effektiv durchzusetzen. Als besonders bemerkenswert an Forbes Park erschienen zeitgenössischen Kommentatoren so nicht allein die weitläufigen und luxuriösen Wohnhäuser und die durch private Sicherheitsdienste und eine hohe Mauer gewährleistete Abgeschiedenheit und Sicherheit vor Kriminalität und den bis in die unmittelbare Nähe agierenden Huk-Rebellen, sondern ebenso das Vorhandensein einer sicheren Wasser- und Stromversorgung und befestigter Straßen (ALCAZAREN 2005; CONNELL 1999: 422f; GLEECK 1977: 316). Das Unvermögen des philippinischen Staates diese als kollektive und öffentliche Güter bereitzustellen, verstärkte die Tendenz, dass ökonomisch starke Akteure diese in Form von exklusiven privaten Club-Gütern organisierten. Damit wurde lange bevor der Diskurs der Privatisierung, sowohl in den Philippinen als auch global, hegemonial wurde, ein Grundstein gelegt für eine hochgradig privatisierte Form städtischen Regierens. Suburbanisierung wurde in Form großflächig geplanter Subdivisions in den 60er und 70er Jahren zur vorherrschenden Form des formellen Immobiliensektors und zielte zunehmend auf Mitglieder der oberen und später auch der breiteren Mittelschichten (GALUNG 1968). Während die private Versorgung mit Gütern wie Energie und Sicherheit den Oberschichten dank des Vorhandenseins billiger Arbeitskräfte auch jenseits einer kollektiven Organisierung in privaten bewachten Subdivisions immer schon offen stand, konnte der proaktiv in die Planung städtischen Raums eingreifende Immobiliensektor dies mittels großflächiger Planung auf breitere Teile der oberen Mittelschichten ausweiten, ohne dass der Staat hierzu in die Verantwortung gezogen wurde. Das rapide Wachstum der Stadt, das zu einem nicht unerheblichen Teil mittels suburbaner Expansion erfolgte, trug zur massiven flächenmäßigen Ausdehnung der Metropole weit über deren Verwaltungsgren-
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zen hinaus bei. An den Rändern breitete sich ein Patchwork informeller Siedlungen, agrarisch genutzter Flächen, Industrie- und Gewerbeparks, sowie Subdivisions aus. Neue Suburbs entstanden in immer weiterer Entfernung vom Zentrum. Die bis in die 1960er Jahre neu entstehenden Subdivisions der Mittelschichten in Quezon City, wie das heute eines der Zentren der NGO-Szene bildende Diliman südlich der University of the Philippines oder die exklusiven Viertel wie La Vista oder Forbes Park liegen heute in innerstädtischer Lage und oft in direkter Nähe zu den wichtigsten Geschäfts- oder Verwaltungszentren. Auch dies, weitläufige und exklusive Gated Communities, die nur durch eine Straße von Central Business Districts getrennt sind, dürfte international eine Ausnahme darstellen. Ein erheblicher Teil des städtischen Verkehrschaos wird oftmals dem damit einhergehenden Umstand zugeschrieben, dass große Areale entlang der Hauptsverkehrsrouten für den privaten Autoverkehr gesperrt sind und dieser so auf wenige Straßen gedrängt wird (PALAFOX 2004; TANATE 2005). Wie oftmals angemerkt, stellen Gated Communities eben auch eine einfache Form von Verkehrsberuhigung für die AnwohnerInnen dar. Der Ausbau insbesondere der südlichen Ausfallstraßen in Richtung der angrenzenden Provinzen Cavite und Laguna und das Vorhandensein billigen Baulandes außerhalb der National Capital Region hat seit den 1970er Jahren zur massiven Suburbanisierung der Provinzen beigetragen. Zwischen 1970 und 1990 nahm der Urbanisierungsgrad in der Provinz Cavite von 50 % auf 75 % zu und die Landpreise stiegen während der ersten Boomphase zu Anfang der 1990er Jahre jährlich durchschnittlich um über 20 % (KELLY 2000: 115). Die äußeren Grenzen dieser Suburbanisierungsbewegung werden dabei, anders als zu Zeiten, in denen die Grenzen der Peripherie durch umgesiedelte informelle Siedlungen, die von staatlicher Seite möglichst weit aus der Stadt verbannt werden sollten, gebildet wurden, in der Regel von den teuersten und exklusivsten Gated Communities markiert und solchen, die sich zwischen Wohn- und Ressort-Communities bewegen (zur Zeit etwa Ayala Westgrove und die Golf-Community Forbes South oder eine Reihe von Ressorts im Bergland von Tagaytay, 40-50km südlich des Zentrums). Luxus und Exklusivität zeigen sich damit auch darin, sich eine große Distanz zum Arbeitsplatz leisten zu können und diesen Weg mittels privater Transportmittel, teurer Tollways oder Zweitwohnungen zu überwinden. Pure Distanz zum städtischen Zentrum fungiert hier als Exklusionsmechanismus. Aktuell besteht, analog zu den Städten und Gemeinden innerhalb der National Capital Region ein soziales Gefälle von Norden nach Süden. Entlang der nördlichen Ausfallstraßen in Richtung der Exportzonen von Clark und Subic in der Provinz Bulacan entstehen in
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erster Linie Mittelschichtssiedlungen der unteren Marktsegmente. Dies gilt auch für weite Teile der Projekte in Richtung der bergigen Region östlich der Metropole jenseits von Antipolo City. Der Süden, der über eine deutlich bessere Verkehrsanbindung an die Metropole, an Makati, Bonifacio, die Businessparks in Cavite und Alabang verfügt, war lange Zentrum von Suburbanisierung und weist traditionell eine stärkere landwirtschaftliche Nutzung auf, so dass das Feld hier heterogener ist, gleichzeitig sind dort die meisten der high-end Projekte angesiedelt. Bereits Ende der 1990er Jahre schätzte John Connell im ersten Aufsatz über Gated Communities in den Philippinen den Anteil von Gated Communities auf 10 % der bestehenden Wohneinheiten in Metro Manila (CONNELL 1999). Tanate gibt an, dass sich im Jahr 2001 allein in Quezon City unter 615 privaten Subdivisions 239 Gated Communities befanden. Die Gesamtzahl innerhalb Metro Manilas gibt Tanate für 2001 mit etwas mehr als 1.000 an. Ein Drittel der Gesamtfläche Metro Manilas, das entspricht rund 210 km2, bestehen damit aus privaten Subdivisions (TANATE 2005). Dieser hohe Anteil älterer Communities weist weniger auf eine Abnahme des Trends und weniger neue Projekte hin als auf eine Verlagerung auf Regionen außerhalb Metro Manilas. Berücksichtigt man die ungleiche räumliche Verteilung, die Konzentration insbesondere im Süden und Osten, sowie die Tatsache, dass diese innerhalb des formellen Immobiliensektors dominant sind, wird die zentrale Bedeutung bewachter suburbaner Siedlungen deutlich. Dies gilt insbesondere für die urbanen Mittelschichten, aber auch für die von diesen Ausgeschlossenen.
Abbildung 15: Zufahrt zu Forbes Park. (Foto: Boris Michel 2006)
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Abbildung 16: Checkpoint einer älteren Gated Community. (Foto: Boris Michel 2005)
Antiurbaner Eskapismus, Distinktion und Parkmetaphern „As a place apart the suburb offers a space of freedom, imagination, escape and fantasy. A place for the consumption of the globally produced, locally assembled, supermalled, hypermarketed cornucopia of goods.“ (KING 2004: 106)
Der Wunsch nach und weltweite Erfolg von Suburbia war von Anfang an verbunden mit einer Kritik an der modernen Großstadt und mit einer Angst vor Masse, Enge, Dreck, Krankheit und Unordnung. Die historische Suburbia war ein expliziter Gegenentwurf zu den urban nightmares, welche die Bilder der Großstädte prägten und vielfach weiterhin prägen (LINDNER 2004; MACEK 2006). Galt die Stadt des europäischen Mittelalters, verglichen mit dem umgebenden Territorium, als ein Ort der Sicherheit und der Freiheit, so wurde die moderne Stadt zunehmend als ein Ort der Unsicherheit und Bedrohung wahrgenommen und beschrieben (ELLIN 1997: 13). Dafür bedurfte es nicht zuletzt der Durchsetzung des staatlichen Gewaltmonopols und der Beherrschung der Natur, mit der „das Land zu einer bukolisch-friedlichen Idylle und die Stadt zum gefährlichen Ort“ wird (SIEBEL/WEHRHEIM 2003: 17). Die Gefahren drohten nun nicht mehr von außen, sondern primär von den „gefährlichen Klassen“, Armut, Unordnung und Unübersichtlichkeit im Innen.
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Die Entstehung von Suburbias in Großbritannien im 19. Jahrhundert war Folge der Flucht des Bürgertums vor den Folgen seines eigenen Erfolgs. „For in suburbia the conquering bourgeoisie has chosen to re-create an invented version of the ‚feudal, patriarchal, idyllic‘ village environment it was destroying“ (FISHMAN 1987: 71). Denn: „Every true suburb is the outcome of two opposing forces, an attraction towards the opportunities of the great city and a simultaneous repulsion against urban life“ (FISHMAN 1987: 26). Diesem urbanen Lebensstil mit seiner räumlichen Vermischung sozialer Klassen, dem unübersichtlichen Durcheinander privater und öffentlicher Räume, von Arbeit und Privatem, der charakteristisch auch für jene Räume des kolonialen Manilas war, die außerhalb der direkten Machtzitadelle lagen, wurde eine neue Vorstellung einer geordneten Landschaft des europäisch/amerikanischen Bürgertums und „westlicher Zivilität“ entgegengesetzt. Dies betraf Vorstellungen von Familie, Klasse, Ethnizität und Natur und von häuslich, privat, geschäftlich und öffentlich. So drückt sich in dieser Form gebauter Umwelt beides aus, die Macht einer neuen gesellschaftlichen Elite, die weniger eng an personale face-to-face Machtbebeziehungen gebunden war, deren Konzepte von Ästhetik der gebauten Umwelt und häuslichen Architektur wie auch deren Furcht vor dem „Anderen“ in der Stadt, vor Masse und Großstadt. Möglich war der Erfolg von Suburbia aber nur, weil diese sich für die daran beteiligten Akteure, private Immobilienunternehmer, spekulatives und produktives Kapital, Mittel- und Oberschichten sowie den Staat als ein politisch, sozial und ökonomisch lohnenswertes Projekt darstellte. Diese Räume, die zunächst Räume der englischen Oberschichten betrafen, diffundierten in mindestens zwei Richtungen. Vertikal in Richtung der mittleren Schichten und teilweise auch der ArbeiterInnenklasse und horizontal aus den Zentren der Industrialisierung in die Kolonien und später in die post-koloniale Peripherie. Suburbia ist eng mit dem Aufkommen neuer technischer Möglichkeiten der Raumüberwindung verbunden. Bereits im 19. Jahrhundert mit dem Ausbau des Eisenbahnnetzes, aber insbesondere mit dem massiven Ausbau des Straßennetzes und der Verbreitung des Autos wurde das suburbane Eigenheim für breitere Teile der Mittelschichten im Norden zu einer realen Möglichkeit. Zeitlich früher fand ein Transfer suburbanen Wohnens in die Kolonien statt. So errichteten beispielsweise die Briten in Indien suburbane Enklaven für die oberen Segmente der Kolonialverwaltung. Neben der Segregierung nach sozialer Klasse und Arbeitsteilung kam damit ein Element der ethnischen Segregation hinzu, die eine der zentralen Funktionen kolonialer Stadtplanung bildete (ARCHER 1997; KING 1985: 20ff). Zusätzlich zu dieser Exklusionsfunktion wurden koloniale
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suburbane Wohnquartiere bereits sehr früh mit einer Symbolik von Modernität und mondänem Lebensstil verbunden. Dies wird deutlich etwa am performativen Charakter dieser privaten Räume, die ihnen eine äußerst öffentliche Funktion zuschoben, wie es Sara Mills in Gender and Colonial Space beschrieben hat (MILLS 2005) und wie es sich auch im Rahmen des US-amerikanischen Kolonialismus in Manila zeigte. Zwar ist der Erfolg von Suburbia, als dem Inbegriff geordneter Landschaften der Mittelschichten und ihrer Durchsetzung als „paradigmatic embodiment of modernity“ (KING 2004: 98) auf das Zusammenspiel von verschiedenen Faktoren zurückzuführen, im Folgenden interessieren aber in erster Linie die Art und Weise, in der diese Räume im öffentlichen (mittelschichtsdominierten) Diskurs und durch die Marketingstrategien der Immobilienunternehmen repräsentiert werden. Dabei ist klar, dass dieser Erfolg nur möglich war, weil sich Suburbanisierung für dominante Akteure, auf der Ebene der Nachfrage, des Angebots und des Staates als sinnvolle Strategie darstellte. Es bedurfte einer wachsenden urbanen Ober- und Mittelschicht, die über notwendiges Kapital sowie die entsprechende Nachfrage verfügte, eines stark konzentrierten Immobiliensektors, der eng mit den lokalen politischen Eliten verbunden war und eines staatlichen Systems, das diese Entwicklung aus unterschiedlichen Beweggründen fördert. Während die Attraktivität für private developer angesichts niedriger Bodenpreise in der suburbanen Peripherie, einfach in Bauland zu überführender Grundstücke und Verfügbarkeit großer Flächen auf der Hand liegt (MAGNO-BALLESTEROS 2000; TAN 2004), sind Subdivisions für den philippinischen Staat insbesondere attraktiv, weil sie diesen von der Notwendigkeit der Bereitstellung öffentlicher bzw. kollektiver Güter befreien und dem liberalen Ideal einer Nation von HausbesitzerInnen folgen. Subdivisions stellen auch im Bereich staatlich subventionierten Wohnungsbaus, der auf untere Mittelund obere Unterschichten zielt, den bevorzugten Typus dar. Folglich sind die staatlichen Regularien bezüglich Flächennutzungsplänen und Mindeststandards relativ locker,2 wenngleich in der Regel hohe Zahlungen für Genehmigungen sowie das Wohlwollen der zuständigen BeamtInnen notwendig sind (MAGNO-BALLESTEROS 2000). Im folgenden Kapitel soll auf verschiedene Aspekte der Repräsentation suburbanen Lebens eingegangen werden. Dabei interessieren die darin enthaltenen Vorstellungen von Modernität, Repräsentationen von
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Es gibt Mindeststandards und Beschränkungen im Bereich staatlich subventionierter Projekte, die sich insbesondere auf Mindestgrößen von Wohn- und Freiflächen und Kostenrahmen beziehen (LLANTO/ORBETA 2002).
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Natur und Stadt, von Familie und Privatheit und letztlich dem idealen bzw. „normalisierten“ Suburbaniten. Der Zugang zu diesen wird mittels der Untersuchung ihrer Repräsentationen in den umfangreichen Werbekampagnen und Entwürfen einer Reihe von aktuellen Projekten gelegt. Stephen Ward hat in seinem umfangreichen Band Selling Places über Stadtmarketing und -werbung seit der Mitte des 19. Jahrhunderts, gezeigt, dass die Repräsentation von Suburbia mittels der in der Werbung konstruierten alternativen Realitäten und medialer Diskurse von eminenter Bedeutung für die Wunschproduktion der angesprochenen Klassen war. „More than any other form of place marketing, the selling of the suburb touched the very soul of popular aspiration. Although the intent was almost completely mercenary, to achieve a sale, the suburban promotional message spoke of much more than a material or functional notion of house or neighbourhood woven into the mundane detail of prices, number of bedrooms and train services was an altogether more poetic vision of how a widening section of the population thought they wanted to live. At best, the words of the copywriter or the images of the advertising artist or designer expressed that vision with a far greater clarity than that which existed in the minds of the recipients“ (WARD 1998: 110).
Die ältesten bekannten Darstellungen dieser Art in Manila erschienen bereits in den 1930er Jahren, wenige Jahre nachdem das philippinische Immobilienrecht mittels des Homesite Act stark an das US-amerikanische System angepasst wurde. Hier liegt auch die Entstehung erster Ansätze eines modernen Immobiliensektors, der nordöstlich des alten Stadtzentrums mit dem Bau erster subdivisions begann. So finden sich beispielsweise im Philippine Magazine, einer Zeitschrift primär für Mitglieder der Kolonialverwaltung in der Mitte der 1930er Jahre, mehrfach Werbungen für „that home and garden which you always dreamed of“ in den Stadtteilen San Juan oder Rosario Heights (Abbildung 17). Allerdings bleibt die Prominenz dieser Darstellungen deutlich hinter der allgegenwärtigen Werbung von Lebensmittelkonserven und Hygieneartikeln für die weiße und moderne Frau in den Tropen zurück. Aktuell nehmen in den großen englischsprachigen Tageszeitungen unter den Werbeanzeigen solche für exklusive Subdivisions und innerstädtische Condominien, neben jenen der großen Mobilfunk- anbieter, den größten Raum ein. Unter Hinzunahme der zahlreichen redaktionellen Beiträge in diesen Zeitungen, die vielfach in engem Zusammenhang zu geschalteten Anzeigen stehen und die inhaltlich oft Werbetexten oder Presseerklärungen gleichen, machen Darstellungen der oberen Segmente
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des Immobiliensektors einen nicht unerheblichen Teil dieser Printmedien aus. Eine weitere wichtige Rolle spielen Werbeveranstaltungen an öffentlichen und halb-öffentlichen Orten, in erster Linie in großen Shoppingmalls. Bei sichtbarem Interesse an Projekten des oberen Marktsegments werden potentiellen KäuferInnen gegebenenfalls 1:1 Modelleinheiten und private Präsentationen in den oftmals ebenfalls in Malls gelegenen Präsentationsräumen der einzelnen Projekte vorgeführt. Große lokale Immobilienunternehmen wie Ayala werben zudem auf Werbetouren in den USA und Europa mit speziellen Finanzierungsmodellen unter philippinischen OFWs um potentielle KäuferInnen. Ich stütze mich im weiteren auf die Auswertung zu rund 60 Projekten, die 2005 und 2006 in dieser Weise beworben wurden. Hinzu kommt eine ähnliche Anzahl nicht öffentlich oder ausschließlich in elektronischen Publikationen beworbener Projekte über die im Rahmen von Interviews, Internetrecherchen oder bei Präsentationen Informationen gesammelt wurden. Entsprechend der ökonomischen Lage des jeweiligen Projekts reichen die Materialien von einfachsten Kopien bis zu großformatigen Werbemappen und aufwendigen Videopräsentationen in eigens zu diesem Zweck errichteten Präsentationsräumen und von viertelseitigen Anzeigen an wenig prominenten Stellen in Tageszeitungen bis zu vierseitigen Anzeigen in den Immobilien- und Lifestyle Beilagen.
Abbildung 17: Anzeige aus den 1930er Jahren. (Quelle: Philippine Magazine, November 1937).
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Anders als es für Gated Communities in anderen Regionen der Welt und insbesondere für Lateinamerika beschrieben wurde (CALDEIRA 2000) und wie es angesichts der Debatten über städtische Probleme in Metro Manila durchaus erwartbar gewesen wäre, spielen Sicherheit vor Kriminalität und Kriminalitätsfurcht kaum eine explizite Rolle. Deutliche Hinweise auf Bewachung durch Wachdienste, CCTV-Systeme und Alarmsysteme, auf bewachte und teils elektrisch geladene Zäune und Tore mit „24 hours and 7 days a week security for your peace of mind“ finden sich in erster Linie bei Projekten für die unteren Segmente des freien (d.h. nicht staatlich subventionierten) Marktes oder bei älteren Projekten aus den 1990er Jahren (CONNELL 1999). Die oberen Mittelschichten, so ist anzunehmen, können solche Überwachungs-, Sicherheits-, und Kontrolltechnologien voraussetzen und es besteht kein Bedarf diese zu explizieren. Marketingstrategien, die auf angstbasierten Erzählungen beruhen, wie sie zentral für die Vermarktung des Suburbanen in den USA geworden sind (MACEK 2006), finden sich nicht. Vielmehr scheint es, als würde ein stärkerer Bezug auf Sicherheit und damit der Verweis auf das Bestehen von Unsicherheit, die inszenierten suburbanen Landschaften, die zum Verkauf dieser Projekte geschaffen werden, in ihrer inszenierten Makellosigkeit und Harmonie bedrohen. Wie im weiteren deutlich wird, stellen die Bilder und Diskurse, mit denen dort gearbeitet wird, Versuche der Produktion einer suburbanen Landschaft dar, die gereinigt ist von Hinweisen auf städtische Probleme. Die Minimierung der Verweise auf den umgebenden Raum und die dortigen Verhältnisse wird durch Bemühungen geschlossene und widerspruchsfreie suburbane Landschaften zu produzieren ergänzt. Es dominieren Rückzugs- und Eskapismusmetaphoriken, Gemeinschaftsvorstellungen und Privatismus sowie ein deutlicher Diskurs der Distinktion durch eine offensiv exklusive Ästhetisierung dieser suburbanen Wohnlandschaften. So wie die Benennung der Straßen- und Ortsnamen einer Stadt Auskunft darüber geben kann, welcher und wessen Geschichte erinnert werden soll und diese oft Objekt von Auseinandersetzungen sind, so kann auch die Toponymie von Subdivisions, derjenigen Namen, die Immobilienunternehmen ihren Projekten geben und von denen sie erwarten, dass sie mit den von ihnen entworfenen Landschaften harmonieren, einen ersten Hinweis bieten (KONG/YEOH 2003: 118ff). Namen der Projekte, Bezeichnungen von Orten und Haustypen dienen als Zusammenfassung und Kondensat einer imaginierten Wohnlandschaft und sollen Wünsche zusammenfassen, von denen Immobilienunternehmen erwar-
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ten, dass sie denen potentieller KäuferInnen entsprächen und diese in ihrer Kaufentscheidung positiv beeinflussen.3 Zunächst lässt sich eine Kontinuität oder Adaption älterer Trends suburbaner Siedlungen feststellen. In Fortress America, einer der ersten ausführlichen Arbeiten über Gated Communities in den USA und bezogen auf die Namen der ersten dortigen Suburbs schreiben Blakely und Snyder: „Names of developments were usually built around words like ‚park‘, ‚forest‘, ‚river‘, ‚hills‘, or ‚valley‘, mixed with ‚view‘, ‚park‘, or ‚estates‘. The resulting Forest Parks and Green Valley Estates were meant to conjure up bucolic rural imagery and only coincidentally to reflect the actual landscape“ (BLAKELY/SNYDER 1997: 14). Begriffe der Natur, parks, islands, woods und springs und eine Reihe nicht-endemischer und kaum lokalen Klimaverhältnissen angepasste Baumarten und Pflanzen auf der einen Seite sowie Symbole des sozialen Status und Aufstiegs, von Klasse, Erfolg, Internationalität und anderer, prestigeträchtiger Orte auf der anderen dominieren bestehende und im Bau befindliche Projekte in der suburbanen Peripherie Manilas – in meist willkürlicher oder unwahrscheinlicher Verknüpfung. Dies gilt ebenso für die zur Auswahl stehenden Gebäudetypen, bei denen ein Bezug zwischen architektonischer Form und Thema mit dem als Werbeargument eingesetzten Namen vielfach nicht ersichtlich ist. Natur Island Park Park Spring Spring Country La Montagna Estates Cottonwood
Simulacra Vita Toscana Amalfi Victorianne Row Georgia Club Dream Crest
Prestige/Status Brentville International Grand Royale The Legacy Forbes South Golden Hills
Tabelle 2: Auswahl aktueller suburbaner Communities. South Forbes (high-end) Oxford Manors Tokyo Mansion Bali Mansion Miami Towers
Maia Alta (Mittelklasse) Amber Dogwood Willow Chestnut
Grand Royale (medium cost housing) Princess Caroline Princess Margaret Queen Elizabeth Queen Sophia
Tabelle 3: Haustypen in drei unterschiedlichen Subdivisions. Die Tradition der Garden City, die, wie McKenzie in Privatopia (MCKENZIE 1994) gezeigt hat, zentral für das Verständnis Suburbias ist, reflektiert sich in einem deutlichen Antiurbanismus, der ein zentrales 3
Diese Vorstellungen basieren bei größeren Immobilienunternehmen auf intensiver Marktforschung, auf deren Grundlage auch das screening und die Auswahl der potentiellen KäuferInnen vorgenommen wird. Homogenität und eine harmonische Community-Struktur sollen nicht nur mittels ökonomischer sondern auch habitueller Schranken sichergestellt werden.
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Element der Darstellungen suburbanen Lebens in Metro Manila bildet. Diese Repräsentationen sind aufgeladen mit Bildern des Eskapismus, einem ausschließenden Naturbegriff und einer elitären Kritik an Stadt. Gegenübergestellt wird dieser eine harmonische und homogene Gemeinschaft der Privilegierten und eine Flucht vor der Stadt, hinein in eine Oase der Ruhe und der intakten Natur.4 Der in diesem Diskurs der Rückkehr zur Natur enthaltene Naturbegriff fungiert wie Nancy und James Duncan schreiben, als eine „ästhetische Ideologie“ (DUNCAN/DUNCAN 1997: 173) und als Mittel der Distinktion. Als solches Mittel der Distinktion ist „Natur“ ein zentrales symbolisches Element von Suburbanisierung und spielt bei dem, was weiter oben als postmoderne oder postfordistische Urbanität bezeichnet wurde, eine wichtige Rolle. Roger Keil und John Graham gehen in ihrem Aufsatz Reasserting Nature davon aus, dass gegenwärtig städtisches Wachstum und städtische Entwicklung in erster Linie durch und mittels Natur, nicht gegen diese stattfindet. Damit ist weniger gemeint, dass aktuelle Urbanisierung ökologisch nachhaltiger und verantwortlicher geschieht, als dies in den vergangenen Jahrzehnten fordistischer Urbanisierung der Fall gewesen sei. Vielmehr wird Natur, oder vielmehr „nature©“ wie die Autoren schreiben (KEIL 1998: 119), zu einem zentralen Element der räumlichen Regulation und städtischer Politiken. „At the close of the twentieth century, forms of urban growth are being articulated in new ways with discourses on environment, nature and sustainability“ (KEIL 1998: 101). Dies gilt, auch wenn es auf den ersten Blick nicht so scheinen mag und als seien alle Hinweise auf Natur und natürliche Umwelt unter dem Asphalt und hinter dem Smog der Stadt verborgen, auch für Manilas Suburbia. Bereits auf den ersten Blick fällt auf, dass die Rhetoriken der Werbung und Repräsentationen suburbaner Siedlungen, wie auch einer Reihe innerstädtischer Luxus-Projekte in Metro Manila, auf die in späteren Kapiteln zurückgekommen wird, massiv mit Naturbildern und Naturmetaphoriken arbeiten und der Topos der „Natur“ einen der wichtigsten Bezugspunkte dieser Landschaften darstellt. Natur steht als ein Zeichen für die Möglichkeit der Flucht aus der Stadt und wird dieser und den mit ihr assoziierten Verwerfungen entgegengesetzt. Die Repräsentationen suburbanen Lebens fokussieren deshalb auf unverbrauchte Landschaften 4
Dass eine solche Verbindung nichts oder nur wenig mit tatsächlichen Architekturen zu tun hat, wird deutlich angesichts des Umstandes, dass ähnliche Diskurse einer oasification in anderen städtischen Kontexten auch mit high-rise Condominien und innerstädtischen Projekten verbunden werden können, wie David Fraser am Beispiel von Shanghai gezeigt hat (FRASER 2000).
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und unverbaute Natur, auf üppiges Grün und sanfte Hügel. Kein Topos findet sich in den untersuchten Projekten häufiger als jener eines Rückzugs zu einer imaginierten Natur. Diese wird, insbesondere in den ausführlicheren und redaktionellen Beiträgen scharf mit Bildern und Darstellungen von Metro Manila, wie sie weiter oben beschrieben wurden, kontrastiert. Natur wird in Opposition zu Stadt und Urbanität gesetzt und als deren Gegenstück inszeniert. Während die Stadt als Raum sozialer Konflikte und einer teils unbestimmten Bedrohung konstruiert wird, bildet die so als unkontaminiert konstruierte Natur den Rahmen sowohl für Privatismus als auch für Gemeinschaftskonzepte, die sich gegen Stadt und die dieser zugeschriebenen Probleme richten. In einer solchen Naturmetaphorik und Idealisierung des Lokalen und des Ortes erscheint die suburbane Landschaft als „a ‚natural‘ utopian setting where families grow and become rooted in place“ (TILL 2001: 225) und als eine Insel der Ruhe „where nature bathes you with calm“ (La Montagna Estates). „Slow Down. Relax. Live under a Tuscan Sun“ (Vita Toscana). Es ist eine Natur der Flucht vor der Alltäglichkeit der Stadt und des Rückzugs in eine exklusive Welt der Kleinfamilie und ökonomisch und sozial Seinesgleichen: „At Cottonwoods, you come home to nature“ (Cottonwoods). Natur repräsentiert hier einen diskursiven Bezug auf eine imaginierte prämoderne und nicht-städtische Gesellschaft – nicht selten wird gar das Bild des Garten Eden bemüht –, in der Menschen und Natur eng und harmonisch verbunden waren. Eine solche natürliche Umwelt bietet somit die ideale Umgebung für eine kleinräumige, lebensweltliche und harmonische Gemeinschaft. In diesem Rahmen ist auch zu verstehen, dass der eher technische Begriff der Subdivision, der lange als Synonym für Siedlungen im Stil suburbaner Communities stand – für eine flächenintensive Bebauung mit freistehenden Einfamilienhäusern auf geschlossenen Arealen durch einen einzelnen developer –, vielfach durch den emotionaler konnotierten Begriff des village ersetzt wurde, mit dem ein Bezug auf „traditionelle“ soziale Beziehungen, village values und soziale Nähe hergestellt wird. Neben dem Begriff des Village findet jener der masterplaned community, der nach einem einheitlichen, kohärenten und insbesondere „professionellen“ Plan entworfenen und realisierten Siedlung, die frei ist von Kontingenzen und Unsicherheiten, eine häufige Verwendung. Zentraler Bezugspunkt ist die Kleinfamilie mit selten mehr als zwei Kindern und in der Regel zwei arbeitenden Elternteilen – ab der oberen Mittelschicht wird, folgt man den üblichen Grundrissen, angenommen, dass diese Familien über im Haus wohnende Hausangestellte verfügen, die meist in einem fensterlosen 3-4m2 Raum hinter der Küche unterge-
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bracht werden. Dieses Familienbild entspricht dem Bild von Mittelschichtsfamilien, das sich in Familienstruktur, geschlechtlicher Arbeitsteilung und Arbeitsverhältnissen an die Mittelschichten der reicheren Länder angepasst hat. Denen gegenüber gelten die ärmeren Bevölkerungsgruppen als charakterisiert durch Kinderreichtum, unübersichtliche und uneinheitliche Arbeitsverhältnisse und „traditionelle“ erweiterte Familienstrukturen. Dieser Topos der Ländlichkeit und die Idealisierung des kleinstädtischen Lebens orientieren sich gleichwohl an einem Bild von Ruralität und Kleinstadt, das eher einem westlichen Bild entspringt und sich explizit von philippinischer Lokalität abgrenzt. Denn trotz dieser Bezüge auf das Nicht-Urbane darf nicht der Eindruck entstehen, dass es sich hierbei um eine Ländlichkeit handelt, die etwas damit gemein hat, was vielfach unter dem pejorativen Begriff der provinces gefasst wird. Diese nämlich, die Ländlichkeit der agrarisch geprägten Provinzen von Luzon, den Visayas oder gar Mindanao, jener Regionen, aus denen, zumindest im medialen Diskurs, die MigrantInnen (und andere Formen der Disruption des geordneten Lebens der Mittelschichten) stammen, die das massive Wachstum Metro Manilas verantworten und die als ursächlich für zahlreiche der damit verbundenen Probleme gelten, sind als Inbegriff von „Unterentwicklung“, Unordnung und Armut der zweite Pol, gegenüber dem sich diese suburbanen Landschaften der Mittelschichten abgrenzen müssen. Es ist also nicht die romantische Flucht zurück zu einem rustikalen, „einfachen Leben“, zurück zu Wasserbüffeln und Reisterassen, die hier verkauft werden soll, sondern nur ein „ideal getaway for those seeking sanctuary from the daily city grind“ (Crosswinds). Bezugspunkte stellen nicht philippinische Lokalitäten und Historizitäten dar, sondern „globale“ Stile und „weiße“ Landschaften der „gemäßigten Breiten“, das heißt Europas und Nordamerikas, die sich in erster Linie durch eine parkähnliche Domestizierung und geographische Dislokation auszeichnen. Natur und eine Rede von ökologischer Reinheit fungieren hier als Mittel der Distinktion und der Aufrechterhaltung von Klassenunterschieden. Natur ist dabei in erster Linie exklusiv und ausschließend, da sie auf unverbaute Landschaften und dünne Besiedlung angewiesen ist und insbesondere auf die Abwesenheit von Menschen, die eine Gefahr für den Wert der Immobilien darstellen, weil sie arm sind oder eine Form von Ländlichkeit und Ruralität repräsentieren, die nicht den suburbanen Parklandschaften entspricht, sondern allzu deutlich auf die ökonomischen und sozialen Realitäten für weite Teile der nicht-städtischen wie städtischen Bevölkerung hinweist. Da dieser Diskurs sich ästheti-
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scher und ökologischer Argumente bedient, eignet er sich bestens, um die exklusiven und exkludierenden Praktiken zu verschleiern. Eine so gedachte Natur dient als ein zentrales Element eines umfassenderen Sets an Diskursen und Praktiken, die diese Communities gegenüber der Umgebung und insbesondere der Metropole materiell und symbolisch abgrenzen. Dabei spielt Ästhetisierung dieser Räume eine entscheidende Rolle. Diese erstreckt sich aber über eine Ästhetisierung und Konstruktion von Natur und Antiurbanismus hinaus. Vielmehr findet dies Anwendung auf die gesamte suburbane Landschaft dieser Communities, die vielfach beanspruchen, materiell wie symbolisch einen „total way of life“ (CONNELL 1999: 431) bereitzustellen. Das zeigt sich in besonderem Maße bei überwiegend jüngeren Projekten, die sich durch elaborierte Formen von Themenwohnen auszeichnen. Nicht nur die suburbanen Parklandschaften, die eine Metapher für Natur bilden, sondern Gegenwart, Vergangenheit und Zukunft dieser suburbanen Landschaften werden gemäß einem als Verkaufsargument dienenden Thema konstruiert, das in erster Linie der sichtbaren Distinktion von den städtischen Realitäten Metro Manilas und der Anbindung an solche Orte dient, die einem Imago der globalisierten Suburbia entsprechen. Die Abgrenzung von den Problemen der Stadt und den städtischen Massen spiegelt sich in der Verbannung aller Hinweise auf lokale Verhältnisse und einem intensiven Gebrauch von Symbolen und Zeichen von Internationalität und Globalität wieder. In einer Reihe sozialwissenschaftlicher Arbeiten wurde auf eine spezifische Form von Nostalgie und Traditionalismus hingewiesen, die in zahlreiche suburbane Landschaften eingeschrieben werden. Als zentraler Begriff fungiert hier die Planungsbewegung des New Urbanism, der zunächst in den USA und von diesen ausgehend weltweit großen Einfluss auf die Planung suburbaner sowie innerstädtischer Städtebauprojekte gewann (BASTEN 2005: 181ff; MARCUSE 2000; STEUTEVILLE 2000). Häufig angeführte Extrembeispiele suburbaner Siedlungen, die diesem Konzept folgen, sind das neotraditionalistische Seaside, das zu einer wichtigen Vorlage neourbanistischer Vorstellungen und Programme der 1990er Jahre wurde oder das zum Disney-Konzern gehörende Celebration (ROOST 2000; TILL 2001). Neben Naturmetaphoriken und -bezügen stellt der Rückgriff auf solche erfundenen Traditionen ein zentrales Motiv einer Vielzahl suburbaner Communities dar, die in Begriffen der Internationalität und Globalität inszeniert werden und deren Landschaften in Form von Simulacra enttemporalisierte und delokalisierte Bezüge auf Imaginationen anderer Zeiten und Orte herstellen. Insbesondere dominieren auch hier die aus der Literatur zu Suburbanisierung weltweit bekannten mediterranen, neo-viktorianischen oder Südstaaten-Architek-
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turen und -Stile.5 Deren expliziter Rückgriff auf eine prämoderne Architektur verknüpft nicht nur eine Nostalgie gegenüber den Sicherheiten einer vergangenen Epoche mittels des Bemühens und Konstruierens einer städtischen Tradition, in der Grenzen von Klasse, Ethnizität und Geschlecht noch deutlich stabiler schienen. Interessanter ist vielmehr, dass dafür eine Tradition herangezogen wird, die nicht als eine lokale, sondern als eine globale erzählt wird, die eine enge Anbindung an die ehemalige Kolonialmacht besitzt und als Symbol für eine besondere Form von Internationalität dient. Diese suburbanen Traumlandschaften werden nicht nur von der Stadt, sondern auch dem Ländlichen eines postkolonialen und semiperipheren Landes abgegrenzt. Der häufige Bezug auf „traditionelle“ Vorstellungen und Werte von Familie und Gemeinschaft und deren Anrufung verweisen nicht auf lokale philippinische Traditionen oder geographische Lokalitäten, seien sie architektonisch, symbolisch, historisch oder sprachlich, sondern auf „Internationalität“, global lifestyles und world-class amenities.
Abbildung 18: Werbetafel an einer der Haupteinfallstraßen. (Foto: Boris Michel 2005)
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Zu den ungewöhnlichen Projekten gehören die „Swiss Chalets“ in einem schweizerischen Berg- bzw. Hügelambiente („You’d think you were in Switzerland.“ (Crosswinds)), einschließlich vieler Nadelbäume südlich Metro Manilas oder die „Tokyo-“ und „Bali-Mansion“ der leisurecommunity von South Forbes.
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Von Süden den South Super Highway, eine der beiden Hauptausfallstraßen aus Metro Manila auf die Metropole zufahrend, begegnete AutofahrerInnen 2006 neben unzähligen anderen großformatigen Werbetafeln am Straßenrand eine, auf der neben vier in Pastelltönen gehaltenen Einfamilienhäusern festgestellt wurde: „You’d think you were in San Francisco“. Bei dem an dieser Stelle, sowie mittels mehrseitiger Anzeigen in Tageszeitungen, beworbenen Brittany Bay handelt es sich um ein Projekt des philippinischen developers Brittany Corporation. Dieses mittlere Immobilienunternehmen zielt mit seinen Projekten an der südlich Metro Manilas gelegenen Peripherie hauptsächlich auf die oberen Mittelschichten. Die in hohem Maße mit Symbolen imaginärer Landschaften aufgeladenen Communities werden in Werbematerialien und Gesprächen als „themed lifescapes“, thematisch gestaltete suburbane Landschaften beschrieben, die nicht nur Häuser, sondern eben lifescapes verkaufen und der „distinguished class“ einen „First Taste of Success“ versprechen. Das beworbene Brittany Bay besteht aus zwei „San Francisco inspired“ Communities und einer Reihe von townhouses in einer „neovictorianne architecture“. Fungieren Natur- und Historitätskonstruktionen als Zeichen der Distinktion und Homogenität von sozialer Klasse, unterstrichen durch eine Konstruktion „weißer“ Landschaften, in denen (sub)tropische Vegetation, insbesondere Palmen, als der in der „Imagehierarchie der Bäume an oberster Stelle stehenden“ (Wagner, zitiert nach: LEGNARO/BIRENHEIDE 2005: 121) Pflanze, eher an einem imaginären Kalifornien orientiert ist, so werden Elitismus und Klassenhomogenität in einer Reihe von Fällen auch expliziter als Marketingstrategie eingesetzt. Dies gilt meist für Projekte, die am oberen Ende des ökonomischen Spektrums angesiedelt sind. So stellen die Anzeigen für Portofino, eine der zahlreichen „italienisch inspirierten Subdivisions fest: „Everyone Can Desire It. Only A Selected Few Will Own It“ und fordert auf „Be Among the Selected Few Who Can Live the Italian Life“ (Portofino). Die Ergänzung der individuellen Häuser stellt die Produktion eines suburbanen Raumes nach dem Ideal der Kleinstadt dar. Teil dessen sind neben der Bereitstellung grundlegende Versorgungsinfrastrukturen, kollektive Einrichtungen, die je nach Projekt von einem Kinderspielplatz, Pool und Gemeinschaftsraum bis zu kompletten Dorfzentren mit entsprechender Infrastruktur, verschiedenen Konsummöglichkeiten, Schulen und umfangreichen Sportanlagen, wie Golfplätzen, reichen. Als das, was Blakely und Snyder als prestige amenities bezeichnen, gestalterische Elemente in der gebauten Umwelt dieser Projekte, die eine Distinktionsfunktion erfüllen sollen (BLAKELY/SNYDER 1997: 42), finden sich neben künstlichen Seen, thematischen Vegetationen und einem an Feng
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Shui orientierten Masterplan am oberen Ende des Spektrums, Hinweise auf ein impressive guard house oder die unterirdische Verlegung von Leitungen und Kabeln. Häufig wird zudem auf nahe gelegene Einrichtungen hingewiesen, von denen angenommen wird, dass sie in den mental maps potentieller KäuferInnen eine Rolle spielen. Darunter insbesondere Ableger prestigeträchtiger Privatuniversitäten und Privatkrankenhäuser, Golfplätze oder suburbane Malls.
Abbildung 19: Luxus-Community Ayala Westgrove. (Foto: Boris Michel 2005)
Zusammenfassung Dieses Kapitel hat sich auf einige Elemente und eine bestimmte Interpretation suburbanen Lebens und bewachter Wohnquartiere in Metro Manila konzentriert. Dabei wurden einige Aspekte, die insbesondere mit Gated Communities verbunden werden, nur am Rande angesprochen, obwohl manchen von diesen eine große Bedeutung zukommt. Dies gilt etwa für Fragen der Gemeinschaftskonstruktion und -konstitution und die Rolle von home owner associations, der Verhaltensregulierung und Normierung durch Vorschriften und Verhaltensmaßgaben, wie sie in den covenants, conditions & restrictions festgelegt sind oder für Fragen der Homogenisierung der BewohnerInnen durch die teils ausgiebigen screenings, die von Immobilienentwicklern vor Vertragsabschluss vorgenommen werden. Auch wurden die Einstellungen der BewohnerInnen nicht befragt.
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Stattdessen wurden Distinktionsstrategien in den Mittelpunkt gerückt, die auf einer Ästhetisierung suburbaner Landschaften fußen. Stadtflucht und Antiurbanismus, die Abgrenzung von philippinischen Lokalitäten sowie städtischer Armut und die Hinwendung zu Bildern und Diskursen einer Kultur einer gedachten globalen Mittelschicht oder globalen Elite wurden dabei als die zentralen Momente beschrieben. Abgrenzung und Separation, so Anthony King in Spaces of Global Cultures, einem Buch, in dem dieser ähnlichen Formen der Globalisierung von Urbanisierung und Architektur nachgeht, wie es hier versucht wird, sind der Kern von Suburbia. „Though we can interpret the economic, political and social meaning of modern suburbs in many different ways, the essence of the modern suburb is physical, social and spatial separation.“ (KING 2004: 99) Dies bezieht sich auf die Separation von der Stadt, wie auch die Separation einzelner Familien, die Separation von Arbeit und Wohnen, Öffentlichem und Privatem. Die Ästhetisierung von Raum, die sich durch umfassende Masterpläne großer Communities optimal planen und durchsetzen lässt, ist ein probates Mittel der Homogenisierung und Exklusion aus städtischen Räumen. Dies wird sich auch im weiteren Verlauf dieser Arbeit immer wieder zeigen, in der ästhetisierende und distinktive Strategien als Mittel der Exklusion im Mittelpunkt stehen und die zum Teil deutlich elaborierte Formen einer exkludierenden Ästhetisierung und Regierung städtischer Räume aufweisen.
KONSUMLANDSCHAFTEN – THE CALL OF THE MALL
Als am 21. Mai 2006 mit der SM Mall of Asia das neue Vorzeigeprojekt des größten Shoppingmallbetreibers der Philippinen auf einem Landgewinnungsareal südlich des Cultural Center of the Philippines eröffnete, wurde dies von einem beachtlichen öffentlichen und medialen Interesse begleitet. Fast eine Millionen Menschen, darunter Präsidentin Arroyo, waren bei der Einweihung zugegen. Wenngleich aufgrund einer Reihe von Widrigkeiten wie den Folgen, welche die Asienkrise für den Bau-, Finanz- und Einzelhandelssektor zeigte, sowie technischer Probleme, hervorgerufen durch die Lage auf trockengelegtem und weichem Boden, mit einigen Jahren Verspätung und deutlich kleiner als ursprünglich anvisiert, wurde SM Mall of Asia mit einer Fläche von immerhin gut 400.000m2 und über 900 Mietern als größte Shoppingmall der Philippinen eröffnet. Vorgesehen war die Eröffnung ursprünglich bereits für das Jahr 2003 mit einer Gesamtfläche, die dieser Mall zu jenem Zeitpunkt den Status der größten Mall der Welt verliehen hätte (DUMLAO 2000) – was ihr allerdings bereits wenig später von zwei chinesischen Malls streitig gemacht worden wäre. Die Mall of Asia verfügt nicht nur über eine beeindruckende Zahl von Geschäften, darunter rund 150 Restaurants, mehreren Kaufhäusern, die üblichen Filialen internationaler Einzelhandelsketten und die bei Projekten dieser Größe obligatorischen Unterhaltungseinrichtungen. Kaum ein Zeitungsartikel wird es müde zu betonen, dass sich hier ebenso das erste iMax Kino des Landes mit der weltgrößten Leinwand in einem solchen sowie die erste olympic-size Schlittschuhbahn der Philippinen befindet und der Unterhaltungsdistrikt der Mall of Asia als erster Mall einen freien Blick auf die berühmten Sonnenuntergänge über der Manila Bay bietet. Die Mall of Asia ist Teil einer ersten Phase eines umfangreichen Bauvorhabens auf einem südlich
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des Cultural Center of the Philippines gelegenen rund 60 Hektar großen Landgewinnungsareals in Pasay City, in dessen Rahmen, unter dem Namen SM BayCity, in den nächsten Jahren ein neuer Stadtteil entstehen soll. Dessen ökonomische Standbeine werden neben der Mall insbesondere Dienstleistungsunternehmen und business process outsourcing Industrien bilden.1 Die täglichen Besucherzahlen der, bisher eher schlecht zu erreichenden, weil als südwestlicher Endpunkt der EDSA etwas abseits der großen Verkehrswege liegenden Mall, rangieren zwischen 200.000 und 400.000 BesucherInnen, an Wochenenden bei über einer Million (MCLINDEN 2007). Bereits im ersten Jahr wurden Erweiterungen von einigen tausend Quadratmetern vorgenommen, ein großes angeschlossenes Technik- und Wissenschaftsmuseum ist im Bau. Die großen Shoppingmalls, die seit dem Ende des Marcos-Regimes entlang der Hauptverkehrsrouten Metro Manilas entstanden, bilden, wie Hedman und Sidel schreiben, gegenwärtig eine der spektakulärsten und wahrscheinlich einflussreichsten Manifestierungen von Urbanität und gesellschaftlichem Wandel in den Philippinen (HEDMAN/SIDEL 2000: 118). Es sei, so Vincente Rafael, nicht übertrieben davon zu sprechen, dass die späten Jahre der Aquino-Administration im kollektiven Gedächtnis des Landes als die „era of the ‚mega-malls‘“ haften bleiben werden (RAFAEL 1995b: 117). Nicht nur in den Philippinen wird diese Bedeutung so gesehen: Wolle man wirklich „interessante“ und „innovative“ Malls sehen, so der Vize-Präsident des International Council of Shopping Center (ICSC), müsse man die Philippinen besuchen, die trotz ihrer ökonomisch schwachen Position seit Jahrzehnten über eine von lokalen Immobilienunternehmen geprägte Tradition von Shoppingmalls verfügten (GROOVER 2006). Mehr noch als bewachte Wohnquartiere haben Shoppingmalls, deren Erfolg auch im Zusammenhang mit diesen monofunktionalen Quartieren steht, in den letzten zwei Jahrzehnten Vorstellungen städtischer Landschaften und Repräsentation von Modernität in der gebauten Umwelt der Philippinen verändert und geprägt. „The Philippines has become a Mall Republic, as shopping malls dominate the lifestyles and landscapes of Filipinos who live in cities“ (BALGOS 2002). Als zentrale Räume der Mittelschichten und der Repräsentation eines mit dem Konsum der Mittelschichten assoziierten Lebensstils haben Malls sowohl einen großen Einfluss auf die Vorstellungen von Modernität als auch auf die Konzepte von öffentlichem städtischen Raum, bzw. auf das Verhältnis von öffentlicher und privater Stadt.
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SM BayCity ist wiederum Teil des wesentlich größeren Bay City Projekts, in dessen Rahmen eine Reihe neuer, privat geplanter Stadtteile auf dem trockengelegten Land vor der Küste entstehen.
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Wie Ken Young in einem emphatischen Aufsatz über Consumption, Social Differentiation and Selfdefinition of the New Rich in Industrialising Southeast Asia schreibt, müssen Malls, neben den suburbanen Communities, als einer der zentralen strategischen Orte für die Konstruktion, Inszenierung und Kommunikation individueller und kollektiver sozialer Identitäten der neuen urbanen Mittelschichten und der Consumer Class in Südostasien angesehen werden (YOUNG 1999: 76). Seit dem Bau der ersten großen geschlossenen und klimatisierten Malls in der Mitte der 1980er Jahre und dem Immobilienboom während der Aquino-Administration haben diese in zunehmend hohem Maße Funktionen übernommen, die zuvor dem öffentlichen, das heißt formal allen offen stehenden und als konstitutiv für Öffentlichkeit geltenden, Raum zugedacht wurden. Dabei produzieren diese eine spezifische Form eines solchen quasi-öffentlichen, d.h. öffentlich gebrauchten Raums unter den Bedingungen privatisierter Kontrolle und Planung, der sich einer klaren Zuordnung zu öffentlich oder privat versperrt, bzw. auf Unschärfen dieser Begriffe verweist. Malls bilden neben Suburbia, so Peter Taylor, im Rahmen dessen, was er als eine globale consumer modernity bezeichnet, den „focal modern place“ (TAYLOR 1999: 34). Stärker als die suburbanen Wohnquartiere der Mittelschichten, die von den Unbilden der Metropole befreite Landschaften des Häuslichen und Privaten zu schaffen beanspruchen, bilden Shoppingmalls Räume, die eine von Widersprüchen befreite Warenwelt und die Verheißungen eines globalisierten Kapitalismus repräsentieren. Die Konsumlandschaften der großen Shoppingmalls Manilas sollen hier – neben der ökonomischen Funktion, die sie für deren EigentümerInnen, BetreiberInnen und MieterInnen erfüllen – als mindestens zweierlei verstanden werden. Auf der einen Seite als Orte der Repräsentation von Macht, der Zurschaustellung von Teilhabe an ökonomischem Aufstieg und symbolischem Konsum und damit der Distinktion und der Abgrenzung. Sie integrieren qua Konsum und sind bestrebt Praktiken und Akteure auszuschließen, die dazu nicht in der Lage oder nicht willens sind. Auf der anderen Seite sind Malls relativ offene Räume. Die Notwendigkeit, diese in einer Weise zu gestalten, dass potentielle KonsumentInnen dort viel Zeit verbringen, wie auch die von den Produzenten dieser durchaus gewünschten vielfältigen Nutzungen von Malls zu anderen Zwecken als dem unmittelbaren Konsum führt dazu, dass Malls als öffentliche und soziale Räume genutzt werden und der Call of the Mall (UNDERHILL 2005) als Verheißung und place of otherness auch breitere soziale Schichten anspricht und anzieht. In einer Stadt, die sich, zumindest aus der Perspektive der Mittelschichten, durch einen Mangel an und
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Niedergang von öffentlichem Raum und eine „growing meanness of the street“ auszeichnet, bieten Malls und ähnliche privat kontrollierte und organisierte Enklaven ein ungleich größeres Maß an Attraktion als Orte, die üblicherweise als öffentlicher Raum begriffen werden. Als einerseits ausschließende, gleichwohl aber weiten Teilen der Bevölkerung formal offen stehende innerstädtische Räume, schaffen diese dem tropischen Klima, den ökologischen Zerstörungen, dem städtischen Chaos und den Sichtbarkeiten von Armut enthobene Orte.
Shoppingmalls in der Literatur Shoppingmalls haben in frühen Arbeiten, wie Mark Gottdieners Semiotic Analysis of Shopping Malls (GOTTDIENER 1986), Jon Goss’ The ‚Magic of the Mall (GOSS 1993) oder Margarete Crawfords The World in a Shopping Mall (CRAWFORD 1992) international großes Interesse von SozialwissenschaftlerInnen auf sich gezogen und gelten dort als paradigmatische Orte postmoderner Urbanität oder als Stätten der späten Moderne (LEGNARO/BIRENHEIDE 2005). Obwohl seit den 1990er Jahren eine recht umfangreiche Literatur zu Malls und malling (als der Aktivität des Mallbesuchs) in Südostasien entstanden ist, fehlt es weitgehend an Arbeiten zu den Philippinen. Dies ist umso verwunderlicher, als im öffentlichen Diskurs der Philippinen immer wieder deren besondere Bedeutung für Alltagspraktiken und die Populärkultur betont wird und die Mall eine der sichtbarsten Materialisierungen eines lokalen Modernisierungsdiskurses und neoliberaler Urbanisierung in den Philippinen darstellt. Dennoch scheint der akademische Diskurs zwischen einem Desinteresse an Malls als Orten eines hauptsächlich US-amerikanischen „Kulturimperialismus“, den es durch Ignorieren zu bekämpfen gilt und einem Desinteresse an Malls als alltäglichen Orten, die keiner besonderen Thematisierung bedürften, zu pendeln. Wenngleich John Connells oft zitierter Aufsatz Beyond Manila. Walls, Malls and Private Space (CONNELL 1999) Malls ebenso wie das Kapitel Malling Manila. Images of a City, Fragments of a Century in Hedman und Sidels Philippine Politics and Society in the Twentieth Century (HEDMAN/SIDEL 2000) im Titel trägt, beschränkt sich die Auseinandersetzung mit Shoppingmalls als einer neuen und bedeutsamen Form städtischen Raums bei ersterem auf etwas mehr als eine Textseite (CONNELL 1999: 433f) und bei letzterem weitgehend auf die Darstellung vom Aufstieg des Unternehmens von Henry Sy, dem Gründer und Besitzer von SM Prime Holdings, zu der unter anderem die Mall of Asia gehört. Neben einer größeren Zahl massenmedialer Artikel, einem eher
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essayistischen Sammelband über einzelne Shoppingmalls (HIDALGO 2000b) und einigen kürzeren Beiträgen aus der Unternehmens- und Immobilienliteratur sowie einigen Artikeln von ArchitekturkritikerInnen finden sich lediglich einige kritische Artikel aus dem Umfeld des Philippine Center for Investigative Journalism. Eine Problematisierung oder auch Skandalisierung, wie sie anfangs für die akademischen Diskurse in den USA und Deutschland kennzeichnend war und die darin eine Rekonfiguration des Sozialen sahen, sich mehr oder weniger kulturpessimistisch über Konsum und den Verlust bürgerlicher Öffentlichkeit oder simulierte und kommodifizierte Warenwelten beklagten, findet sich nicht. In den Debatten über consumerism und den Aufstieg der neuen Mittelschichten im übrigen Südostasien gelten Malls vielfach als paradigmatische Orte dieses gesellschaftlichen Wandels und der veränderten Rolle von Konsum in den urbane Zentren. AutorInnen, die aus dieser Perspektive zu Shoppingmalls schreiben, haben hervorgehoben, dass diese zu verstehen seien als „social spaces, where people meet, display themselves, communicate and interact“ (GERKE 2000: 148), dass sie dem symbolischen wie realen Konsum und Lifestyling der neuen Konsumentenschichten in diesen Gesellschaften dienen und dass sie nicht allein als Orte der „acquisition of things“, sondern ebenso des „buying of identity“ (Clammer, zitiert nach: YOUNG 1999: 69) zu verstehen seien. John Connell schreibt, dass sich die privaten Shoppingmalls und Konsumräume Metro Manilas seit den 1990er Jahren zum „new central places for the visible consumption of modernity“ entwickelt hätten, einer Modernität, als deren TrägerInnen in erster Linie die urbanen Mittelschichten gedacht werden und die sich insbesondere durch den Konsum westlich konnotierter Waren, Symbole und Praktiken auszeichnet (CONNELL 1999: 433). Diese Perspektive weist auf den Distinktionscharakter von Konsum hin und hebt hervor, dass sich diese neue aufsteigende soziale Klasse in erster Linie mittels spezifischer, meist als „westlich“ konnotierter Konsummuster gegenüber unteren und oberen Schichten abgrenzt und positioniert. Gleichzeitig wird in diesen Debatten überraschend wenig Bezug auf Bourdieu genommen und wenn, wird sehr kritisch gegenüber der Anwendbarkeit seiner Arbeiten Stellung bezogen (z.B. GERKE 2000).2 Zudem wird der Frage nach der Produktion von den mit Shoppingmalls einhergehenden Machtverhältnissen nur in geringem Maße Aufmerksamkeit geschenkt. Anders als etwa Gated Com-
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Dass Bourdieu durchaus für asienwissenschaftliche Fragestellungen und Arbeiten hilfreiche Ansätze bereitstellt, machen beispielsweise die Arbeiten von Boike Rehbein deutlich (REHBEIN 2004).
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munities werden Malls in diesen Arbeiten, die oft in der Phase des Aufstiegs und Wachstumsoptimismus vor 1997 entstanden, nur selten als ausschließend beschrieben und der Frage der Sichtbarkeiten und SprecherInnenpositionen kaum Beachtung geschenkt. Ken Young spricht gar davon, dass Malls nicht nur als Konsumtempel und öffentliche Parks, sondern auch als „open-access academies of middle-class consumerism“ (YOUNG 1999: 70) zu verstehen seien und als solche auch jenen Akteuren offen stünden, die nicht über die Mittel zum realen MittelschichtsKonsum verfügen, dort aber am symbolischen und kulturellen Kapital dieser Waren partizipieren könnten. Exklusion erscheint dabei ebenso wenig eine Rolle zu spielen wie der Unterschied zwischen Windowshopping und dem realen Erwerb und Konsum der entsprechenden Waren. Was diese Arbeiten vielfach nur in eingeschränkten Maße in den Blick nehmen, ist die Frage nach der Produktion dieser Räume und nach Machtverhältnissen jenseits der Machteffekte, die von einem imaginierten westlichen Lifestyle und dessen Durchsetzung als Norm und Vorbild ausgehen. Wer warum Malls und für wen baut, dass diese in erster Linie „machines for shopping“ (GOSS 1993) sind, dass ihr primärer Zweck es ist, einen Profit für Mallbetreiber und die dort lokalisierten Geschäfte zu erwirtschaften und Malls somit bemüht sein müssen widersprüchliches Verhalten, zumindest ab dem Punkt, an dem sich dieses negativ auf die Umsätze der Mieter niederschlägt, zu verunmöglichen oder auszuschließen, taucht darin kaum auf. Vielmehr erscheinen sie als beinahe naturalisierte Räume, als eine logische und notwendige Folge des wirtschaftlichen Wachstums großer Städte in der Region. Wie Bareis abschließend in ihrer Studie über Malls in Deutschland schreibt, in der es der Autorin sehr gut gelingt diese Ambivalenzen aufzuzeigen und aufrechtzuerhalten, sind urbane Shoppingmalls „keine open spaces und sollten auch nicht zu solchen verklärt werden. Sie müssen aber auch nicht per se als anders, überformt, kolonialisiert, kontrolliert gedacht werden“ (BAREIS 2007: 229). Letzteres richtet sich gegen Ansätze, die ausschließlich den artifiziellen Charakter von Malls betonen und diese, wie beispielsweise Marc Augé mit dem Begriff der non-places zu a-historischen und asozialen Orten machen. Non-places, wie Shoppingmalls, gelten dabei als Räume „which cannot be defined as relational, or historical, or concerned with identity [...] spaces which are not themselves anthropological places“ (AUGÉ 1995: 77f). Als privat errichtete und kontrollierte städtische Landschaften unterliegen Malls gleichwohl einem Zugriff und einer Planung, die diese von anderen städtischen Räumen unterscheidet. Kontingenzen gilt es zu minimieren und Malls dergestalt zu produzieren, dass sie dem primären
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Zweck der Mall dienlich sind. Ihre Gestaltung ist bestrebt diese als widerspruchslosen Raum zu inszenieren, als Simulacra und „places made over to be something they never where“ (GOSS 1993: 43). Sie stellen eine Extremform einer „commodification of reality“ (GOSS 1993: 20) dar und diese warenförmige Realität verfügt über weit reichende Techniken des Ausschlusses von unerwünschtem Verhalten wie auch der Schaffung neuer, und spezifischen Regierungsrationalitäten unterliegenden, städtischen Landschaften. Insbesondere Arbeiten zu Malls aus europäischen Ländern fokussieren die aus dem privaten Hausrecht resultierenden Möglichkeiten von Ausschluss. Darunter fallen CCTV-Überwachung oder rigorose und durch private Sicherheitsdienste durchgesetzte Hausordnungen. Im Interesse stehen außerdem symbolische Techniken und Verhinderungsarchitekturen, welche unerwünschte Handlungen erschweren (WEHRHEIM 2002). Während diese Arbeiten Malls in der Regel als eine Bedrohung für einen demokratischen öffentlichen Raum und eine demokratische Stadt diskutieren, wird dies in den – meist aus Akteursperspektive argumentierenden – Arbeiten zu Südostasien in der Regel deutlich positiver gelesen. Hewison beschreibt die neuen Malls Bangkoks als die öffentlichen Parks der Stadt (HEWISON 1996: 151) und Ara Wilson sieht in ihnen die vorherrschenden Räume für Freizeitgestaltung und Erholung (WILSON 2004: 106). Sie bieten einen klimatisierten und vor der Außenwelt geschützten Raum für eine Vielzahl von Unterhaltungsangeboten. „Families wander through their halls and corridors, absorbing instruction in consumption behavior and developing status association with brand names. Many come simply to window-shop, often a reasonably serious activity and a costless form of consumption“ (YOUNG 1999: 69).
Malling Manila Bis in die 1950er Jahre blieb das Geschäftszentrum Manilas weitestgehend auf jenen kleinen Teil der City of Manila beschränkt, der auch zu Zeiten des spanischen Kolonialismus ökonomisches Zentrum der Stadt war. Dieses lag zunächst in Binondo, Manilas Chinatown, und verlagerte sich Ende des 19. Jahrhunderts in die nahe gelegenen Straßenzüge rund um die Escolta und die Avenida Rizal. Dominiert wurde der dortige Einzelhandelsektor von chinesischstämmigen und später auch USamerikanischen Einzelhändlern. In der Mitte der 1920er Jahre wurde hier das erste moderne Kaufhaus des Landes errichtet (DOEPPERS 1984; HEDMAN/SIDEL 2000: 122f).
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Abgesehen von einigen wenigen modernen Einkaufszentren in Makati (Abbildung 8), der nach Muhammad Alis Kampf gegen Joe Frazier in Manila 1975 benannten Ali Mall in Quezon Citys Geschäftsviertel Cubao und dem Harrison Plaza in Pasay, ist der Boom großer Einkaufszentren ein relativ junges Phänomen. Als das Initial des aktuellen malling of Manila gilt der Bau von SM City North, der ersten Mall des Kaufhausunternehmers Henry Sy. Der in den 1930er Jahren aus Südchina eingewanderte Sy eröffnete Ende der 1950er Jahre in der City of Manila ein erstes Warenhaus und baute dies durch massive Expansionen und eine rabiate Anti-Gewerkschaftspolitik bis in die späten 1970er Jahre zu einer größeren Kette aus (HEDMAN/SIDEL 2000: 130ff; RECKORDT 2006). Die 1985 am nördlichen Ende der EDSA in Quezon City eröffnete SM City North markiert den Beginn der Entstehung eines MallImperiums, zu dem heute nicht nur mehr als 30 Shoppingmalls gehören, sondern mehrere lokale Banken, Immobiliengeschäfte und Beteiligungen an einer Reihe lokaler Unternehmen. SM Prime Holding besitzt in Metro Manila 14 Malls mit einer Gesamtfläche von 2,2 Millionen m2, sowie rund zehn Malls im suburbanen Umfeld der Metropole. Landesweit, so die aktuellen Pläne, sollen jährlich zwei neue Malls eröffnen, die bestehenden kontinuierlich ausgebaut und die Expansion in den chinesischen Markt, die mit dem Bau mehrerer Malls in Südchina begonnen wurde, vorangetrieben werden. SM ist das mit Abstand führende Unternehmen in diesem Markt und verfügt, bezogen auf soziale Schichten sowie KonsumentInnen, über die größte Reichweite. Die landesweit mehr als 30 Malls des Unternehmens verfügen im Jahr 2008 über eine Fläche von mehr als 4 Millionen Quadratmetern, 125.000 Kinosessel, knapp 10.000 Geschäfte und werden täglich von 2,5 Millionen Menschen besucht. Neben SM sind allerdings eine Reihe weiterer Betreiber in Metro Manila aktiv, darunter die großen Immobilienunternehmen. Allein Anzahl und Ausmaße der Shoppingmalls in Metro Manila sind enorm. Von der Mall of Asia ausgehend, die den südwestlichen Endpunkt der EDSA markiert, der wichtigsten Verkehrsroute Metro Manilas, entlang derer eine der drei städtischen Schnellbahnlinien verläuft, passiert man auf den knapp 20 Kilometern, die diese ehemalige Stadtumgehungsstraße bis zur SM North EDSA in Quezon City, der ältesten der großen Shoppingmalls zurücklegt, zehn Malls bzw. Komplexe mit mehreren Malls, die ihrer Größe nach allesamt als super-regional center3 bezeichnet werden können. Darunter befinden sich mit der SM 3
Entsprechend der Definition des International Council of Shopping Centers für die USA, gelten als Super-Regional-Center geschlossene Malls mit über 800.000 Quadratfuß (ca. 75.000m2) Verkaufsfläche und über 100 Geschäften. Ihr Einzugsbereich erstreckt sich über einen Radius von 100
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Mall of Asia, SM Megamall und der SM North EDSA die drei größten Malls von SM, deren 2300 Geschäfte täglich nach Unternehmensangaben zusammen mindestens 700.000 BesucherInnen zählen; das Ayala Center in Makati, welches die 255.000m2 große Glorietta Mall – das ehemals offene Einkaufszentrums Makatis –, zwei Kaufhäuser und die high-end Malls Greenbelt 1-5 samt dem Ayala-Museum und einem zugehörigen Park zusammenfasst und diese durch erhöhte skywalks mit einer Reihe von Bürotürmen im Central Business District verbindet; etwa ein halbes Dutzend größerer Malls in Ortigas Center, dem zweitgrößten Central Business District, darunter SM Megamall, mit Shangri-La Plaza eine der wenigen Malls, die von ausländischen Unternehmen geführt wird; die high-end Mall The Podium, die eher auf untere Schichten zielende Starmall mit über 600 kleinen Ständen und an jener Stelle, an der 1986 sich die Massen zu People Power versammelten, Robinson Galleria mit mehr als 400 Geschäften; sowie das vor einer umfangreichen Renovierung stehende Araneta Center Cubao in Quezon City zu dem mit der Gateway Mall, der Ali Mall und dem New Farmers Plaza mehrere Malls des Araneta-Konsortiums gehören und das nach einer umfangreichen Umgestaltung in wenigen Jahren über eine Mallfläche von rund einer Million Quadratmetern verfügen soll. Hinzu kommt, neben einer Reihe kleinerer Malls, die über knapp 200.000m2 Verkaufsfläche verfügende, 2007 eröffnete und zu Ayala gehörende TriNoMa in direkter Nachbarschaft und Konkurrenz zu SMs North EDSA.4 In Metro Manila und der suburbanen Peripherie lassen sich mindestens dreißig Malls einer Größe von über 50.000m2 und/oder mehr als 200 Geschäften finden (Abbildung 20). Abgesehen von Lebensmittelmärkten, Nachbarschaftsläden (sari-sari)5 und einigen Teilen der alten Geschäftsviertel ist der weit überwiegende Teil des formellen städtischen Einzelhandels, insbesondere jener, der auf die ökonomisch wohlhabenden Schichten bezogen ist, auf diese Räume gerichtet.
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Meilen hinaus. Für Europa gelten andere, auf kleinere Zentren gemünzte Definitionen. Das centrO in Oberhausen, das in Deutschland als ein solches verhandelt wird, würde nicht in diese Kategorie fallen. Als einer der Hauptgründe für Ayalas Beteiligung am Konsortium der Schnellbahn MRT 3 gilt , dass damit sichergestellt werden sollte, dass diese, wie auch andere Malls von Ayala – nicht jedoch die einiger Konkurrenten – über eine direkte Anbindung verfügen. Sari-Sari-Läden sind kleine Gemischtwarenläden, die Dinge des alltäglichen Gebrauchs verkaufen. Vielfach in sehr kleinen und damit günstigen Packungsgrößen, wie einzelne Portionen Instant-Nudeln oder Waschpulver. Sari-Sari-Läden bieten in marginalisierten Vierteln vergleichsweise gute Einkommensmöglichkeiten und werden von vielen Familien nebenbei betrieben (DUEÑAS-CAPARAS/LOURDES E. DES PRADO 2006).
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Im Weiteren interessieren in erster Linie die insbesondere in den späten 1980er und 1990er gebauten megamalls, sichtbar abgeschlossene und nach innen gerichtete Malls mit Größen meist zwischen 100.000 und über 300.000m2 sowie die in den letzten Jahren entstehenden so genannten lifestyle-center, die sich viel stärker als erstere um eine symbolische Integration in einen städtischen Raum bemühen und die Produktion einer urbanen Atmosphäre anstreben, welche eng mit einer generellen Aufwertung einzelner städtischer Viertel verbunden ist. Eine Unterscheidung zwischen großen suburbanen und meist kleineren, nachbarschaftsorientierten innerstädtischen Malls, wie sie für die USA und Europa oft vorgenommen wird, scheint bezogen auf Metro Manila wenig sinnvoll. Die meisten großen Malls liegen relativ zentrumsnah, bzw. bilden wie im Fall zweier großer Malls im südlichen Alabang, das Zentrum der größeren edge city Filinvest Corporate City. Das Ausweichen auf die Grüne Wiese, (oder auf die brownfields von Industriebrachen) wie es in Folge hoher Bodenpreise in Europa und den USA bei großen Malls in der Regel üblich ist, ist in Metro Manila eher selten. Ähnlich dem auf Suburbanisierung orientierten Immobiliensektor sind es einige wenige große Unternehmen, die den lokalen Markt dominieren. Zwar haben eine Reihe von Immobilienunternehmen einzelne Malls errichtet, darunter auch internationale Unternehmen wie die aus Singapur stammende Hotelkette Shangri-La, lokale Unternehmen, wie das mit kleineren Malls auf untere Schichten zielende Ever Gotesco oder lokale Unternehmen im Rahmen integrierter Projekte wie Rockwell Center (die zur Lopez-Familie gehörende Rockwell Corp.) oder Eastwood City (Megaworld Corp.). Das Gros, insbesondere der großen und hohe Investitionen erfordernden Projekte bilden jedoch Malls der vier großen Unternehmen SM Prime Holdings, Robinson Land, Ayala Land und Araneta Center Inc. Allein diese Unternehmen betreiben in Metro Manila 25 große Shoppingmalls (OLARTE 2002; SAMONTE-PESAYCO 2002). Dabei zeichnet SM Prime als unangefochtener Marktführer für etwa die Hälfte aller Einnahmen durch Shoppingmalls unter diesen vier Unternehmen verantwortlich. Mit 18 Mrd. Peso lagen 2008 die Einnahmen von SM Prime bei Weitem vor Ayala (5 Mrd. Peso). Diese Einnahmen entstammen in der Regel den Lizenzen und Anteilsbeteiligung am Umsatz der Mieter sowie unternehmenseigenen Ketten und Joint Ventures. Anders als die Entwicklung von Subdivisions, bei denen Unternehmen durch hohe Anzahlungen der KäuferInnen einen Teil der Kosten bereits vor Baubeginn decken können, erfordern Malls sehr hohe Investitionen und eine deutlich längere Amortisierungsdauer, sind also für kleinere und kapitalschwächere Unternehmen mit deutlich größeren Risiken verbunden (KRINKS 2002: 203). Abgesehen von einigen Unter-
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nehmen, die eher auf die unteren Marktsegmente zielen, wie Uniwide, das in Folge der Asienkrise nahe an den Bankrott geriet oder Ever Gotesco, das regelmäßig hohe Verluste verbucht, können Mallbetreiber jedoch mit durchgängig sehr hohen Gewinnen und Wachstumsraten deutlich über dem BIP-Wachstum des Landes rechnen (SAMONTE-PESAYCO 2002). Zweistellige jährliche Umsatzsteigerungen stellen, auch während ökonomischer Krisen, die Regel dar. SM beispielsweise hat den Umsatz zwischen 2004 und 2007 um 50 % gesteigert.
Abbildung 20: Shoppingmalls und ältere Geschäftsviertel. Aufgeführt sind Malls ab einer Größe von ab 50.000m2 (eigene Darstellung)
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Name
Betreiber
Ort
SM Mall of Asia SM Megamall SM City North Glorietta Robinsons Place SM South Mall Festival Mall Ayala North Triangle SM City Market!Market Shangri-La Plaza ALI Mall Greenbelt 1-5 Rockwell Power Plant
SM SM SM Ayala Land Robinson Land SM Filinvest Ayala Land SM Ayala Land Shangi-La Araneta Center Ayala Land Rockwell
Pasay/EDSA Mandaluyong/EDSA QuezonEDSA Makati/EDSA Manila Las Piñas Muntinlupa Quezon/EDSA Manila Taguig Mandaluyong/EDSA Quezon/EDSA Makati Makati
Fläche 2 (m ) 386.000+ 331.000 331.000+ 255.000 240.000 205.000 200.000 195.000 179.000 179.000 175.000 62.000 53.000+ 50.000
Eröffnung 2006 1991 1985 1999 1997 1995 1998 2007 2005 2005 1991 1975 1994 2000
Tabelle 4: Auswahl vom Shoppingmalls in Metro Manila. (+ bezeichnet aktuelle Ausbauten, die in den Flächenangaben noch nicht erfasst sind) Im Rahmen des in Manila mit der Entstehung von Elementen einer Öffentlichkeit im Sinne moderner bürgerlicher Gesellschaften einhergehenden US-amerikanischen Kolonialregimes findet eine Übernahme städtebaulicher und architektonischer Diskurse und Politiken statt, welche sich explizit auf eine demokratische Tradition beziehen und dabei ein besonderes Gewicht auf eine dominante Form und Vorstellung öffentlichen Raums legen und diesen als zentrales Element von Stadt inszenieren. Nicht zuletzt erfüllt dieser eine wichtige Funktion als Raum der Repräsentation des modernen Staates und der Praktiken des modernen Staatsbürgers. Im Entwurf von Burnham wird die Bedeutung der Plaza – dem zentralen städtischen Platz in den Stadtkonzepten des spanischen Kolonialismus (ALARCON 2001; VAN DEN MUIJZENBERG/VAN NAERSSEN 2005) – betont, gleichwohl aber diese in erster Linie auf ihre Funktion als Ort der Inszenierung moderner bürgerlicher Subjektivitäten reduziert (BURNHAM 1921). Öffentlicher Raum ist in diesem Sinne ein Raum für Erholung und Unterhaltung einer Öffentlichkeit, die diesen Raum nicht zu anderen Zwecken, wie etwa der sozialen Reproduktion oder für die Repräsentation anderer als Mittelschichtsidentitäten nutzt (MITCHELL 1995: 115). Ein solcher Begriff öffentlichen Raums ist zutiefst an dominante soziale Klassen und hegemoniale Vorstellungen von „Rasse“ und Geschlecht gebunden. Zwischen Unabhängigkeit und Verhängung des Kriegsrechts 1972 erlebten öffentliche Räume eine Aufwertung als Orte politischer Auseinandersetzung. Orte wie Plaza Mendiola, wo 1970 militante Studierendenproteste begannen oder Plaza Miranda, wo 1971 ein Anschlag auf eine Wahlkampfveranstaltung den Ausgangspunkt einer Dynamik bilde-
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te, die von Marcos zum Anlass genommen wurde, das Kriegsrecht auszurufen, haben zu einer engen Verzahnung politischer Konflikte und deren Geschichte mit konkreten Orten beigetragen (HEDMAN/SIDEL 2000: 126f; SUMSKY 1992). Während des Martial Law verloren diese ihre Funktion als Orte der politischen Konfrontation. Sie wurden durch Verfall und Öffnung für den Autoverkehr ihrer Funktion als öffentlichem Ort enthoben, konnten kaum mehr als Orte der politischen Artikulation verwendet werden und verloren zudem an ökonomischer Basis und Funktion. Wie Alarcon betont, haben auch gegenwärtig nur wenige lokale Politiker ein Interesse daran, an die Geschichte dieser Orte und die politischen Kämpfe um diese anzuschließen (ALARCON 2001: 97). Seit der Absetzung von Marcos sind öffentliche Räume als Orte kollektiven politischen Handelns, wie auch als Orte der Interaktion verschiedener sozialer Klassen, abgesehen vom Akt dieser Absetzung selbst (sowie dessen Epigonen EDSA 2 und EDSA 3 im Jahre 2001) weitestgehend aus dem Diskurs verschwunden (LANDÉ 2001; SUMSKY 1992). Der öffentliche Raum der Stadt erscheint meist in der Beschreibung von Mangel oder Verfall. Dies gilt sowohl für akademische wie massenmediale Thematisierungen. Dieser Verlust wird in akademischen Beiträgen in erster Linie durch politische Repression, Privatisierung oder Vernachlässigung erklärt (ALARCON 2001; MATEJOWSKY 2000; PABICO 2002), in massenmedialen durch mangelndes Verantwortungsbewusstsein auf Seiten politischer Akteure und städtischer Armer, als ein kulturelles und pädagogisch zu lösendes Problem. In ersterem Bild tragen die urbanen Mittelschichten entscheidend zum Verlust des öffentlichen Raums bei, in letzterem hängt an ihnen die Hoffnung auf eine Revitalisierung öffentlicher Räume. An die Stelle öffentlicher Plätze sind mit Shoppingmalls Räume getreten, die auf eine Unsichtbarmachung solcher sich widersprechender und widerständischer Geschichten zielen und in denen es deutlich einfacher als in dem von Kontingenzen und Unkontrollierbarkeiten beherrschten öffentlichen städtischen Raum ist, deren Spuren gegebenenfalls verschwinden zu lassen. Gleichwohl haben Malls bestimmte Funktionen dieser Räume übernommen und bilden eine spezifische Variante öffentlicher Räume, die etwa mit Begriffen wie pseudo-öffentlich, semiöffentlich oder halb-öffentlich beschrieben werden sollen. Dabei zeigt sich bei allen Untersuchungen, dass die Frage nach den Möglichkeiten für nichtkonsumistisches Handeln auf der Aushandlung zwischen Akteuren und Management beruht und Spielräume möglich sind. So ist Hedman und Sidel zuzustimmen, dass für den Erfolg von Shoppingmalls in Metro Manila nicht nur die Verblendung von KonsumentInnen als Argument gilt und einzig ein Verlust einer Öffentlichkeit (die es in die-
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ser Form nie gegeben hat) zu beklagen ist, sondern diese Räume unterschiedlichsten NutzerInnen Freiräume auch jenseits von Konsum schaffen, also durchaus eine eigenständige Qualität öffentlichen Raums bieten. „As enclaves of enchanted convenience and safety, malls thus may most closely approximate something akin to a ,civil society‘ for the vast majority of the Philippines’ urban population who endure daily experiences of routine overcrowding, pollution, logjams, brownouts, floodings, heatwaves, crime and violence in the outside city“ (HEDMAN/SIDEL 2000: 134).
Erscheint der öffentliche städtische Raum im Diskurs der Mittelschichten und politischen EntscheidungsträgerInnen als ein Raum der Unkontrollierbarkeiten und Bedrohungen, als das „Andere“ eines Modernisierungsprojekts und wird dieser der Vorstellung einer global konkurrierenden und erfolgreichen Metropole gegenübergestellt, so bilden die geordneten, kontrollierten und sauberen Räume der Malls ein Versprechen eines Ortes, an dem ideale städtische Landschaften und Räume realisiert werden. Shoppingmalls erscheinen in einem solchen imaginary als idealisierte Mikrowelten, die potentielle KonsumentInnen mit einem Gegenentwurf zur real existierenden Stadt anziehen und von dieser befreien. Sie reaktivieren für die urbanen Mittelschichten das verloren geglaubte Bild der idyllischen Kleinstadt und deren Einkaufsstraßen, als einem idealisierten sozialen Raum, frei von den Widrigkeiten der städtischen Umwelten, von Verkehr, Verschmutzung, Kriminalität und den unteren Klassen. So sind, wie Zygmunt Bauman in Flaneure, Spieler und Touristen über diese Räume schreibt, diese „von allem gereinigt, was aus Sicht des Spaziergängers den Spaß verdarb, von Unreinheit, Redundanz oder Abfall“ (BAUMAN 1997: 152). Dies wird maßgeblich ermöglicht durch Privatbesitz, private Kontrolle und Planung dieser Räume. Statt einer Zerstörung eines öffentlichen Raums und Beschränkungen von Handlungsmöglichkeiten, wie es vielfach von Seiten kritischer AutorInnen heißt, schaffen diese Räume so – folgt man den NutzerInnen und ProduzentInnen – für bestimmte soziale Gruppen einen besseren öffentlichen Raum. Dies folgt einem in neoliberalen Programmen dominanten Verständnis von öffentlichem Raum, nach dem ein Raum gerade dadurch öffentlich wird, dass er kontrolliert ist und all das ausschließt, was den Aufenthalt darin beeinträchtigen könnte. Dazu kann die Anwesenheit Obdachloser, Furcht vor Kriminalität oder die Abwesenheit von Sicherheitspersonal und sichtbaren Kontrolltechnologien beitragen. In diesem konservativen Verständnis von öffentlichem Raum gilt, dass „um wahrhaft öffentlich zu sein, [...] ein Raum ordentlich genug sein muss,
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um eine große Mehrheit zu seinem Gebrauch einzuladen.“ (Ellickson, zitiert nach: BELINA 2006: 205). Erst durch diese Kontrolle und den Ausschluss von Unerwünschtem, so dieser Begriff des öffentlichen Raums, der hinter einer Vielzahl aktueller Kriminal- und Sicherheitspolitiken sowie städtischer Armutspolitiken weltweit steht, wird ein Raum zu einem öffentlichen, das heißt für Mittelschichten unbeschwert nutzbaren (BELINA 2006: 196ff; MITCHELL 1995: 115). Gegenüber den alten „‚downtowns‘ with all their reminders of secular and ecclesiastical power hierarchies, social fragmentation, and political struggles“ (HEDMAN/SIDEL 2000: 133) schaffen Malls einen Raum, der von solcherlei Zwängen und Widrigkeiten befreit ist. Wenngleich weniger explizit als dies für suburbane Communities beschrieben wurde, so konstruieren Malls eine eigene Historizität und löschen die Historizitäten städtischer Räume und die Hinweise auf Konflikte um diese und in diesen aus. Gerade aufgrund ihrer formalen Offenheit für unterschiedlichste Akteure und NutzerInnen – aber eben nicht für alle Praktiken und Nutzungen – gelingt eine solche Auslöschung in diesen Räumen in stärkerem und nachhaltigerem Maße als in suburbanen Communities. Daraus folgt, dass Shoppingmalls einen zentralen Ort der Performanz eines Mittelklassen-Konsumismus und mit einem solchen verbundenen hegemonialen Vorstellungen von Modernität darstellen. Sie sind Ausdruck von Middle-Class Lifestyles und diese grenzen sich sehr deutlich von allem ab, was mit der masa, als Inbegriff der Realitäten von „Dritter Welt“ und Armut, verbunden wird. Zentral ist dabei die Art und Weise in den Vorstellungen von Ordnung und Sauberkeit, die mit Modernität und Zivilität verknüpft werden und die soziale Ungleichheit damit einer Kulturalisierung unterziehen. Dazu gehört auch, dass der primäre Zweck dieser idealen städtischen Landschaft, nämlich Ort des Konsums zu sein, verschleiert wird, und die Illusion erzeugt und im Alltagshandeln der NutzerInnen durchgesetzt wird, „that something else other than mere shopping is going on“ (GOSS 1993: 19).
Von der „grey box“ zum „First Filipino Lifestyle Center“ Wie anderen Waren auch, stehen warenförmige Räume unter dem ständigen Druck zur Anpassung an sich verändernde und von diesen selbst veränderte Konsumbedingungen und KonsumentInnenbedürfnisse (ARCEO-DUMLAO/REY 2005). Mallbetreiber sind beständig mit der Optimierung ihrer Malls, der Mieteinnahmen, Verkaufszahlen, Mietermixe und Anreize für KonsumentInnen beschäftigt, um nicht gegenüber anderen
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hart konkurrierenden Unternehmen ins Hintertreffen zu geraten und den Weg eines bedauernswerten greyfield zu gehen, einer „sterbenden“ Mall mit niedrigen Umsätzen je Fläche und wenig attraktiven Geschäften. So zeichnen sich aus der Sicht selbsternannter mall-addicts, sowie auch den am Bau dieser Malls beteiligten Unternehmen und ArchitektInnen die letzten 20 Jahre durch eine Reihe spektakulärer Innovationen im Bereich der Architektur, Struktur und Gestaltung privater Konsumlandschaften in den Philippinen aus (CRUZ 2005; JIMENEZ-DAVID 2007). Dominierten bis Ende der 1990er Jahre grey boxes, so ist in den letzten Jahren die Architektur der Mall selbst zu einem aufwendig inszenierten Objekt geworden, das es in Konkurrenz zu anderen zu verkaufen gilt. Die klassischen Malls finden ihre Aktualisierung in den unterhaltungs- und lebensstilorientierten Projekten der urban entertainment center, des lifestyle center oder der festival mall. Neben Spezialisierung auf einzelne ökonomische Segmente sind Festivalisierung und die Integration von Funktionen, die nicht originär mit Einkaufen verbunden sind, seit langem schon Strategien dieses Wettbewerbs. Die 1991 eröffnete SM Megamall verkörpert den älteren Typ wie kaum eine andere, auch wenn in den letzten Jahren versucht wurde, das Erscheinungsbild umzugestalten. Deren Vorbild ist die klassische umschlossene Shoppingmall als einem fensterlosen Container, meist in der suburbanen Peripherie städtischer Ballungszentren. Die Verlagerung von Werbung und Darstellung von Waren in das Innere der Mall und die Anlage weitläufiger Parkplatzareale explizieren deren Abgrenzung von der Umgebung und treten dieser nur als Antithese gegenüber. Die Verheißungen der Warenwelten warten im Inneren. Zu Beginn der 1990er Jahre, bevor Festivalisierung und eine Revitalisierung innerstädtischer Areale die dominanten Strategien städtischer Ökonomien und Politiken wurden, beschreibt Margarete Crawford die US-amerikanische Mall als „an inverted space whose forbidding exteriors hide paradisiacal interiors“ (CRAWFORD 1992: 22). SM Megamall ist ein fünfstöckiger weißer Kasten von etwa 500 mal 100 Meter Kantenlänge. Lediglich auf einer Etage, in der hauptsächlich Cafés und Restaurants angesiedelt sind, ist eine Reihe von Fenstern eingesetzt. Die Geschäfte sind, mit Ausnahme einiger Parallelgänge, die spezielle Sparten wie Unterhaltungselektronik oder Internetcafés bedienen, entlang einer breiten und geraden Hauptstraße mit Lichthof und Galerien angeordnet. Die Innenarchitektur ist schlicht, auf besondere eyecatcher oder Atrien wurde verzichtet und die Gänge sind vergleichsweise niedrig. Rund 600 Läden, 200 Restaurants und etwa ein Dutzend zentraler Ankermieter, von denen einige zum Unternehmen SM selbst gehören, sowie eine Eisbahn und die üblichen Unterhaltungseinrichtungen – Multiplex-Kino, Bowlingbahnen, Bingo-
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halle, Bühnen für Musik- und Informations-Veranstaltungen sowie diverse Kunstgalerien – sind darin versammelt. Die Mall zielt in erster Linie auf die breiteren Mittelschichten und hat seit ihrer Eröffnung eine leichte Abwärtsbewegung vollzogen. Wenige Meter entfernt befinden sich mit The Podium und Shangri-La Plaza zwei deutlich oberschichtsorientierte Konkurrenten.
Abbildung 21: Die 1991 eröffneten SM Megamall. (Foto: Boris Michel 2006)
Abbildung 22: Filipino Lifestyle Center Greenbelt 3. (Quelle: www.ayalamalls.com.ph)
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Seit den späten 1990er Jahren ist ein Trend zur Diversifizierung und Festivalisierung deutlich sichtbar. Insbesondere am oberen ökonomischen Ende des Spektrums wurde eine Reihe von Projekten realisiert, die sich explizit vom Modell der grey box absetzen. Das bedeutet zunächst mehr Tageslicht, mehr Wasser und mehr Pflanzen sowie, was interessanter ist, eine stärkere Aufweichung der Grenze zwischen dem Innen und dem Außen der Mall und eine stärkere Inszenierung einer kosmopolitanen Urbanität. Die Architekturen sind offener, verspielter und wirken weniger funktionalistisch. Als Beispiel und Pionier dafür kann der nahe dem Central Business District von Makati gelegene Mall Komplex, bestehend aus den von Ayala gebauten Malls Greenbelt 1-5 und Glorietta sowie den damit verbundenen Kaufhäusern gelten. Seit etwa 2000 finden sich ähnliche Konzepte auch bei einer Reihe aktueller Neu- und Umbauten. Insbesondere Greenbelt 3 wurden nach einem Um- und Ausbau seit 2002 national und international mit einer Reihe von Preisen für innovatives Einkaufszentrendesign bedacht. Dazu trug nicht zuletzt bei, dass dieses stark an Diskursen ökologischer Verantwortung und Nachhaltigkeit, neourbaner Architektur und inszenierter Kleinstadt orientiert ist (TAKESUYE 2004; VILLARICO 2002). Anstelle der Geschlossenheit und Abgegrenztheit gegenüber der städtischen Umgebung, die bislang ein entscheidendes Charakteristikum von Shoppingmalls und eigentlich fast allen exklusiven Räumen in Metro Manila darstellten, weicht sich in Greenbelt diese Grenze auf, die Mall „breaks free from four concrete walls and embraces nature to become an urban oasis“ (LICHAUCO 2002: 70ff). Aber auch hier gilt, was Peter Marcuse über den New Urbanism geschrieben hat: „Despite the often progressive rhetoric, then, what the New Urbanism has in fact produced thus far is a series of insulated, homogeneously middle and upper middle class communities, exclusionary in practice and gated in concept if not in fact walled, appealing to a nostalgia for a past never experienced, reflecting a fear of the urban rather than a new urbanism“ (MARCUSE 2000). Zentrales Element des Komplexes, der sowohl als urban wie auch als Flucht vor der Stadt beschrieben wird, ist ein mehrere Hektar großer Park mit Brunnen und Bächen und den obligatorischen Wasserspielen, sowie einer halboffenen Kirche, in der mehrmals täglich gut besuchte Gottesdienste stattfinden. Umgeben wird dieser Park von einem losen Ensemble von mittlerweile fünf, teilweise mit Brücken verbundenen und zwei bis drei-stöckigen Gebäuden. Darunter finden sich high-end Malls, wie die relativ kleine Greenbelt 4, in der Filialen von Unternehmen wie Prada, Gucci und Bulgari untergebracht sind oder die 2007 eröffnete Greenbelt 5, sowie eher freizeitorientierte Komplexe. Diese Gebäude sind in warmen Farben gehalten und deren relativ leichte und von offe-
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nen Terrassen unterbrochene Architektur ist mit postmodernen Zitaten von Lokalität (bzw. einem „tropischen Charakter“ (LICHAUCO 2002)) und Internationalität angereichert. Ein Großteil der zahlreichen, meist gehobenen Restaurants, Bars und Coffeeshops verfügt über Freiluftplätze, was bezogen auf die Räume der oberen Schichten in Manila als ein bedeutsamer Wandel beschrieben wurde, markierte doch wenig den Rückzug von der öffentlichen Stadt stärker als der Luxus klimatisierter städtischer Landschaften (DICK/RIMMER 2001). Ein großes, vergleichsweise gut finanziertes und auf internationale Ausrichtung sowie internationale Kunstdiskurse ausgerichtetes Museum, das wahrscheinlich modernste Museum Metro Manilas, ein Neubau des alten Ayala Museum, ist an den Komplex angeschlossen und unterstreicht den urbanen und kosmopolitischen Charakter. Skywalks, erhöhte und überdachte Fußgängerwege, verbinden die Malls nicht nur untereinander und mit Parkhäusern, Jeepney-Station und der Schnellbahn, sondern ebenso einer Reihe von Bürokomplexen und Condominien im Central Business District von Makati. Damit wird einerseits der Fußgängerverkehr dem Raum der Straße und dem städtischen Raum enthoben und anderseits, durch die Tatsache, dass diese Wege angenehmer, trockener und kühler sind, als der Straßenraum, die Räume der Malls, die nun fast notwendigerweise durchquert werden müssen enger an die öffentlichen städtischen Räume herangerückt. „Greenbelt 3 is the Philippines’ first lifestyle center. With its indigenous architecture and respect for the historic and beloved park, the 300,000-square-foot center establishes a sense of place amid the bustle of the community. It offers a new model for retail and entertainment, with an intimacy that responds both to Philippine culture and to the demands of international standards. Located within the mixed-use Ayala Center, the design goals for Greenbelt 3 were very complex: keep all the trees, integrate a church, museum and other nonretail features, connect to the city’s elevated walkway system and deal with a harsh environment of heat, humidity and rain.“ (ICSC 2005)
Ziehen die älteren Shoppingmalls wie SM Megamall eine scharfe Grenze zwischen dem Innen und Außen und versuchen eine Warenwelt im Inneren gegen das chaotische der Stadt abzugrenzen, so werden Projekte wie Greenbelt als Teil einer kosmopolitischen Urbanität inszeniert. Wichtige Elemente sind Freiluftareale und Parkanlagen und deren Nutzung durch gastronomische Einrichtungen. Architektonisch kann dies als eine postmoderne und verspielte Antwort auf die sichtlich nach rein funktionalen Kriterien des unmittelbaren Verkaufs von Waren ausgerichteten Projekte der 1980er und 1990er Jahre angesehen werden. So
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bedeutet die Abwesenheit von Fenstern größere Flächen für die Ausstellung von Waren und verhindert sich ändernde Lichtverhältnisse, die negative Folgen für die Präsentation von Waren haben können. Räume wie Greenbelt hingegen werden selbst als Spektakel und eine ästhetisierte Stadtlandschaft inszeniert. Die neue Offenheit zum städtischen Raum bzw. das Übergreifen in diesen, auch wenn dies auf Grund der Präsenz von Sicherheitsdiensten eher architektonisch und symbolisch relevant ist, bedarf eines städtischen Umfeldes, dem gegenüber eine solch harte Abgrenzung – real oder symbolisch – nicht nötig ist und in dem Fußgängerfreundlichkeit und Freiluftcafés nicht erwarten lassen, dass damit Menschen, die sich weder private, noch öffentliche Verkehrsmittel leisten können, der Zutritt ermöglicht wird. Der private Charakter muss deutlich sichtbar bleiben. Greenbelt und Glorietta sind nur im Kontext hochgradig kontrollierter Orte wie den Central Business Districts oder privaten Großprojekten, wie Rockwell Center oder Fort Bonifacio, denkbar. Dies sind Orte, wo Informalität und Armut bereits zuvor verdrängt oder unsichtbar gemacht wurden. Sie bedürfen also eines großflächigeren und umfassenderen Planungsprozesses und einer aktiveren Gestaltung und Produktion von Urbanität durch deren EigentümerInnen als die klassische Mall, um die städtischen Kontingenzen auf Distanz zu halten, aber gleichzeitig eine kosmopolitische Urbanität zu inszenieren. Solche großen Mallprojekte der letzten Jahre stehen vielfach in Zusammenhang mit umfangreicheren Revitalisierungsprojekten der Nachbarschaften dieser Malls, die in der Regel von den gleichen Immobilienunternehmen durchgeführt werden und neben diesen Konsumräumen privatisierte städtische Landschaften, Condominienanlagen und Bürokomplexe umfassen. So wird seit 2005 das Araneta Center Cubao, das in den 1970er Jahren mit der Ali Mall, dem New Farmers Plaza und dem Araneta Colliseum ein wichtiges städtisches Zentrum für den Konsum der oberen Mittelschichten war, aber in den 1980er Jahren einen ökonomischen Niedergang erlebte und dessen Malls vergleichsweise geringe Auslastungen aufwiesen, aufwendig und mit Blick auf ein integriertes Konsum-, Freizeit-, und Wohnquartier für die oberen Mittelschichten ausgebaut. Dazu gehört die Renovierung der alten Malls, der Neubau der Gateway Mall, einer auf die oberen Mittelschichten zielenden Mall und Manhattan Garden, einem ausgedehnten Hochaus-Cluster unter der Regie von Megaworld (ALINGOD-GUITTAP 2005; MANINGAT 2003). Auf diese Art der produzierten neuen Urbanitäten, die neourbane Diskurse, Gentrifizierung und eine Kulturalisierung städtischer Landschaften verbinden, wird in einem späteren Kapitel ausführlicher eingegangen.
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Abbildung 23: Das suburbanes Alabang Town Center. (Foto: Boris Michel 2005)
Abbildung 24: Gottesdienst in einem Flügel der Glorietta Mall. (Foto: Boris Michel 2006)
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Abbildung 25: Gateway Mall. (Foto: Boris Michel 2005) In den 1990er Jahren dominierten Perspektiven auf Shoppingmalls, die diesen mit semiotischen Analysen entgegentraten und Malls als Texte zu lesen versuchten. Auch Don Mitchell schreibt in seiner Cultural Geography, dass Textmetaphoriken am Besten geeignet seien, um das Funktionieren von Malls zu beschreiben: „Malls are landscapes that are all about signs: they are clearly meant to be read“ (MITCHELL 2000: 129). Dies verliert leicht die konkreten Nutzungen dieser Räume aus dem Blick, die sich nicht aus den Zeichen, die in diese eingeschrieben werden, ableiten lassen. „Sicherlich handelt es sich um machtvolle Versuche, Orte zu fixieren, sie mit Identitäten aufzuladen, sie abzuschotten und die Bildproduktionen zu kontrollieren. Mit der – zu ihrer Produktion notwendigen – ‚affektiven Arbeit‘ bringen die Nutzerinnen aber persönliche Konflikte und soziale Kämpfe ebenso in den Raum der Mall ein, wie sie ihn zur Zerstreuung, zum Konsum von Zeichen der Distinktion oder zur Bearbeitung ihrer Lebenssituation in den Beschränkungen, Zumutungen und Ausschließungssituationen der gesellschaftlichen Bedingungen nutzen.“ (BAREIS 2007: 229f)
Eine der ersten Auffälligkeiten, zumindest in den größeren und gehobenen Malls Metro Manilas ist nicht nur, dass sie im Vergleich zu Ländern wie Deutschland fast immer äußerst gut besucht sind und sich an Wo-
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chenenden vielfach Staus an Eingängen und Rolltreppen bilden, sondern auffällig ist auch der Umfang von gastronomischen Einrichtungen. Diese reichen von teuren Restaurants bis zu einer Vielzahl von Fastfoodketten zu günstigen eateries. Hinzu kommt eine größere Zahl von Coffeeshops, die sich alle mehr oder weniger am Vorbild von Starbucks orientieren.6 Liegt deren Anteil am vermieteten Raum in US-amerikanischen Shoppingmalls meist bei unter 10 %, so sind dies in den Philippinen oftmals zwischen 30 und 40 % (SORIANO 2007). Dies macht deutlich, wie sehr Malls nicht in erster Linie als Orte für Shopping, sondern primär als Orte der Freizeit und des Zeitvertreibs wahrgenommen werden und wie sehr sie zentraler Bestandteil einer städtischen Alltagskultur sind. Die Schulklassen, die nach Schulschluss in die Malls strömen und diese erst verlassen, wenn die Temperaturen außerhalb zu sinken beginnen, die Familienausflüge, die an Feiertagen und Wochenenden die Malls in volksfestähnliche Orte verwandeln oder auch die unzähligen WindowshopperInnen oder BesucherInnen von Konzerten und Informationsveranstaltungen konsumieren zwar, diese Orte dienen aber in erster Linie als Orte der Freizeitgestaltung und als öffentlichen Orte. „Malling has permeated the entire culture and is now a favorite pastime for millions of Filipinos“ (HIDALGO 2000a: 2). Zum Umstand, dass Malls als dasjenige verhandelt und genutzt werden, was am ehesten als öffentlicher Raum in Metro Manila wahrgenommen wird, hat die zielgerichtete Inszenierung von Malls als öffentlichem Raum durch die Betreiber beigetragen. Es handelt sich bei diesen Nutzungen also kaum um Aneignung oder gar subversive Umnutzung. Die Konsumlandschaften der Malls sind in hohem Maße mit Verweisen auf ein Ideal von öffentlichem Raum versehen, wie es in neourbanen Planungs- und Architekturdiskursen dominant ist. Ein zentrales Atrium etwa, wie es sich als eine Anspielung auf öffentliche städtische Plätze in den meisten Malls findet, ist ein wichtiges Element einer solchen Insze-
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Starbucks ist eines der besten Beispiele für die Räume der neuen Mittelschichten und die Performanz der damit verbundenen Lebensstile in den urbanen Philippinen. In keiner Stadt Südostasiens finden sich mehr Filialen dieser Kette (www.starbucks.com), der es recht geschickt gelingt Diskurse der sozialen Verantwortung, ökologischen Nachhaltigkeit (PELAYO 2005) mit kosmopolitischer Urbanität und teurem – Standardgetränke kosten etwa ein Drittel des täglichen Mindestlohns – hochqualitativen Kaffee zu verbinden. Ende 2007 lag die Zahl bei 113 Filialen, dreimal so viele wie in Singapur oder Jakarta und etwa genauso viele wie in Deutschland. Wie Michael D. Smith in The Empire Filters Back betont, bietet Starbucks ein hervorragendes Beispiel für gentrifizierte und ästhetisierte städtische Konsumräume sowie der damit verbundenen globalen Geographien des Kaffees (SMITH, M. D. 1996).
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nierung. Neben marktähnlichen Verkaufsständen und Kiosken sind dort Sitzgelegenheiten, Wasserinstallationen, echte oder künstliche Pflanzen, Kinderspielplätze und Bühnen für Veranstaltungen versammelt. Regelmäßig finden Veranstaltungen statt, die einerseits als Werbeveranstaltungen dienen, andererseits einen öffentlichen Charakter dieser Räume inszenieren. So werden neben Verkaufsveranstaltungen und Messen auch regelmäßig Kultur- und Informationsveranstaltungen abgehalten, die nicht primär profitorientiert sind. Es sind dies oft die einzigen Orte, an denen kostenlose Konzerte lokaler Bands stattfinden können. Diese Offenheit trägt so zu dem bürgergesellschaftlichen und öffentlichen Image der Mall bei, das sie als öffentlicher, demokratischer und nicht zuletzt interessanter als die nicht-privaten städtischen Räume erscheinen lässt. Gleichwohl findet eine Homologisierung statt, bei der Kunst, Politik und Neueröffnung einer Filiale eines Bekleidungsgeschäfts auf derselben Ebene angesiedelt sind. Und natürlich sind die meisten Formen kollektiver politischer Artikulation verboten oder verunmöglicht. Das zeigen die wenigen Versuche, den Raum der Malls für Demonstrationen oder politischen Protest zu nutzen und die in den meisten Fällen zu Konflikten mit den lokalen Sicherheitsdiensten führen. Auch wenn Shoppingmalls auf vielfältige Weisen genutzt werden, darunter auch solchen, die von Seiten der Betreiber nicht intendiert waren, so sind diese dennoch in erster Linie ausschließende und hochgradig kontrollierte Orte. Malls sind nicht nur Räume des Spektakels und der Inszenierung einer „westlichen Modernität“, sondern ebenso Räume der Segregation, deren Erfolg eng mit der Angst der Mittelschichten vor dem öffentlichen Raum der Stadt und den „gefährlichen Klassen“ in diesem verbunden ist (GUANO 2002: 194). Widersprüchliches oder auch nur störendes Verhalten – Bettelei, informeller Handel oder Sichtbarkeit von Armut – werden hier sehr niederschwellig bekämpft. Innerhalb städtischer Kriminalitäts- und Angstdiskurse werden Manilas Shopping Malls, von wenigen Ausnahmen abgesehen, als sichere Orte, bzw. als umfangreich gesicherte Orte wahrgenommen. Diese Wahrnehmung von Sicherheit wird durch die starke Präsenz von privaten Sicherheitskräften vermittelt und durchgesetzt. Das vergleichsweise kleine Greenbelt beispielsweise wird je Schicht von rund 50 Sicherheitsbediensteten kontrolliert (RECKORDT 2008). Der Schwerpunkt der Kontrollen liegt in der Regel bei den obligatorischen Einlasskontrollen, bei denen die Tascheninhalte aller BesucherInnen kontrolliert werden. Als Hauptgrund für diese strenge Kontrolle wird insbesondere Terrorismus angeführt, seit im Jahr 2000 eine islamistische Gruppierung einen Anschlag auf SM Megamall verübte. Die Vorstellung von Malls als sicheren Orten hat darunter aber kaum gelitten, auch weil in Metro Manila, anders als in den süd-
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lichen Provinzen, weitere Anschläge weitgehend verhindert werden konnten.7 Für den alltäglichen Gebrauch fungieren diese Kontrollen in erster Linie als Marker für den Übergang von einem öffentlichen Raum in den privaten und kontrollierten Raum der Mall. Hier wird unterstrichen, dass der Zugang zu diesen Räumen nicht als ein Recht zu verstehen ist, sondern von Seiten der EigentümerInnen an erwünschte Verhaltensweisen gebunden ist und eine Normalität vorschreibt. Damit wird eine räumliche Trennung von formellen und informellen Sektoren und von Mittelschichten und Marginalisierten fixiert, die letzteren den Zugang zu den potentiellen KundInnen erschwert (auch in der näheren Umgebung von Malls werden informelle HändlerInnen häufig vertrieben). Die Rolle, die Unordnung und Dreck, Unübersichtlichkeit und „Masse“ als ein Symbol von Unterentwicklung und ein Marker von Klassenunterschieden im Diskurs der Mittelschichten und für ein hegemoniales Konzept von Modernität und Fortschrittlichkeit spielen, wurde deutlich im Kapitel über die Repräsentationen Metro Manilas wie auch beim Umgang des US-amerikanischen Kolonialregimes gegenüber der neuen Besitzung. Die makellose Sauberkeit und Ordnung der Shoppingmalls Metro Manilas ist als ein expliziter Gegenentwurf dazu zu verstehen und der große Aufwand, der betrieben wird, um diese aufrechtzuerhalten, ist wesentlicher Bestandteil ihrer Inszenierung. Dies gilt insbesondere für die gehobenen und high-end Shoppingmalls, in denen auch der Lärm und die Enge, die vielen der großen Malls eigen ist, zu verhindern und zu kanalisieren versucht wird. Als einem „repository of cultural images of utopia“ im globalisierten Kapitalismus (GOSS 1999: 46), gilt es diese Räume von allen Hinweisen auf Verfall und Widersprüchlichem gegenüber dem Versprechen einer globalisierten Modernität zu befreien. „The utopia is kept scrupulously clean and orderly, without any material contamination nor hint of the gradual obsolescence that characterizes material objects“ (GOSS 1993: 32). So ist die ständige Präsenz von Reinigungskräften und Sicherheitsdiensten im Raum der Mall auch als ein strategischer und verstärkender Hinweis darauf zu verstehen, dass Verfall und Vernachlässigung dieser Ordnung augenblicklich 7
Insbesondere in der deutschsprachigen Stadtforschung werden Malls neben dem Thema der Privatisierung öffentlicher Räume meist unter Gesichtspunkten der Kontrolle und Überwachung diskutiert. Sie „gelten bei räumlicher Verdrängung von Randgruppen oder generell ärmeren Bevölkerungsschichten sowie bei Privatisierung von Sicherheit als das Studienobjekt par excellence“ (WEHRHEIM 2002: 119). In und zu Metro Manila ist ein solcher Diskurs nicht zu finden. Auch ein Diskurs zu Überwachung städtischen Raums ist nur rudimentär vorhanden.
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bekämpft werden. Bereits kleine Anzeichen von Unordnung und Dreck werden als Bedrohungen wahrgenommen, die, ähnlich wie es broken windows-Theorien für städtische Kriminalität behaupten, die Schleusen für Verwahrlosung und Entwertung öffnen. Die Sichtbarkeit der Unordnungsbekämpfung, hygienische Missstände oder unerwünschtes Verhalten betreffend, ist, wie Alyson Brody schreibt, „very much key to the projection of a certain degree of modernity in the space of the shopping mall“ (BRODY 2006: 540). Ähnlich den suburbanen Communities bieten diese städtischen Räume eine Flucht vor der Stadt und den Realitäten eines Landes der „Dritten Welt“. „I go to malls to take a vacation from being Filipino“, schreibt die Journalistin Jimenez-David in einer Wochenendbeilage des Philippine Daily Inquirer, ,,this is one place where one can truly forget one’s Third World roots“ (JIMENEZ-DAVID 2007). Diese gegenüber Armut, Unordnung und widrigem Klima abgeschotteten Räume ermöglichen es, wie Dick und Rimmer schreiben, den Reichen und den Mittelschichten in Südostasien, dass diese nicht mehr von den lokalen Bedingungen gezwungen würden „to live like ‚natives‘“ (DICK/RIMMER 2001: 305). Und einen Schritt weiter gehend schreiben sie mit Bezug auf die Privatisierung des Klimas und die Produktion abgeschotteter und klimatisierter städtischer Landschaften: „the urban middle class in Southeast Asia is no longer part of the Tropics“ (DICK/RIMMER 2001: 322). Zentral ist dabei die Art und Weise, in der Vorstellungen von Ordnung und Sauberkeit mit Modernität und Zivilität verknüpft werden und soziale Ungleichheit damit einer Kulturalisierung unterzogen wird. Shoppingmalls haben den städtischen Raum Metro Manilas in den letzten Jahrzehnten in hohem Maße geprägt und zu dessen Transformation beigetragen. Sie haben sich für breite Teile der Bevölkerung zu einer neuen Form öffentlichen Raums entwickelt. Auch wenn dieser nicht den Vorstellungen eines demokratischen und öffentlichen Raums entspricht, wie er in der Tradition westlicher Stadtforschung gedacht wird, wo er nicht selten als zentrale Voraussetzung demokratischer Öffentlichkeit angenommen wird, so hat dieser zentrale Funktionen öffentlichen Raums übernommen und andere Funktionen ausgeschlossen. Statt unter dem Topos des Verlusts öffentlichen Raums werden die Räume der großen Shoppingmalls primär als ein Rückgewinnen öffentlichen Raums diskutiert – begriffen als einem, der frei von Gefahren und Ärgernissen ist. Die Mall fungiert zum einen als ein Ort, welcher die Illusion schafft, außerhalb des Alltäglichen zu stehen, produziert aber gleichzeitig eine veränderte Form von Alltäglichkeit und Alltagsleben, die genau auf diese Räume zugeschnitten ist. So ist die Mall „weder ein ‚Theater‘ noch eine ‚Bühne‘, sondern ein als ‚Bühne‘ und ‚Theater‘ ge-
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managter Raum, der kapitalistischen Rationalitäten unterliegt und das alltägliche Leben wie eine touristische Attraktion einzuschließen sucht“ (BAREIS 2007: 224). Als Orten einer Inszenierung von Modernität und Fortschrittlichkeit, die sich sehr deutlich von allem abgrenzen, was mit der masa, als Inbegriff der Realitäten von „Dritter Welt“ und Armut, verbunden werden kann, als Versuch der Produktion eines Raums einer globalisierten Moderne und Teilhabe an einer imaginären Reise in diese spaces of flow, gelten Malls vielfach als zentrale Orte der Kommunikation und Performanz eines Lebensstils der neuen Mittelschichten. Während „the real protagonist of the mall’s putative travel to the First World“ (GUANO 2002: 198) primär die lokalen Oberschichten, Expats und oberen Mittelschichten sind, welche über die ökonomischen Mittel zum umfangreichen Konsum in diesen Räumen verfügen, richtet sich deren symbolische Bedeutung in hohem Maße an die mittels des Versprechens auf zukünftige Teilhabe eingebundenen breiteren Mittelschichten. Auch wenn diese in erster Linie als ZuschauerInnen auftreten und angesprochen werden.
URBAN REDEVELOPMENT UND GENTRIFIZIERUNG
Suburbanisierung und die Konzentration auf meist verkehrsgünstig gelegene Malls haben zu einem Abzug von Kapital des formellen Sektors und einer Entwertung weiter Teile innerstädtischer Räume Metro Manilas beigetragen. Wie dies auch für die inner-cities in zahlreichen Städten der USA vor dem Aufkommen umfangreicher Revitalisierungsprojekte und Gentrifizierungen seit den 1980er Jahren galt, so haben die innerstädtischen Quartiere Metro Manilas an ökonomischem Wert und an symbolischem Kapital verloren. Mittelschichten sowie unternehmerisches Kapital zogen in Richtung der Peripherie der Metropole, und dies nicht allein wegen vermeintlich günstigerer Bodenpreise im Umland, sondern auch weil dies ein Entkommen von den realen und zugeschriebenen Problemen der Stadt bedeutete. „Those who stayed did so not out of choice but by sheer necessity“ (ALFORNON 2004: 35), fasst es ein philippinischer Journalist zusammen. Für diejenigen, die über ausreichend ökonomisches Kapital verfügten und sich in einer sozialen Aufwärtsbewegung sahen, bot die Stadt keinen statusadäquaten Wohnraum. Stattdessen wird diese, wie Manuel Castells in einem Aufsatz über die „Zweigeteilte Stadt“ schrieb, „den Barbaren überlassen, und man selbst zieht sich in den Komfort einiger Wohnenklaven zurück“ (CASTELLS 1991: 205). Seit dem Ende der 1990er Jahre ist jedoch neben der Persistenz suburbanen Wohnens ein verstärkter Trend zur Aufwertung einzelner innerstädtischer Areale durch unterschiedliche Luxus-Projekte und Revitalisierungsprogramme zu beobachten. Dabei handelt es sich weniger um ein Umschwenken als ein selektives Hinzukommen einer neuen Strategie, die ältere nicht ersetzt, sondern ergänzt. Die daraus entstehenden Konflikte zwischen Mittelschichten und Oberschichten auf der einen
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Seite und marginalisierten Gruppen auf der anderen, etwa um den Zugang zu und das Recht auf Stadt, sind dabei weit unmittelbarer als im Falle von Suburbanisierung. Im Folgenden soll eine Reihe der Facetten dieser urban renaissance betrachtet werden.
Die Globalisierung von Gentrifizierung und urban renaissance Aufwertung innerstädtischer Areale, Gentrifizierung und die Produktion von Räumen einer Neuen Urbanität (HÄUßERMANN/SIEBEL 1987) wurden von unterschiedlichen AutorInnen als zentrale Elemente postfordistischer bzw. postmoderner Urbanisierung beschrieben (z.B.: HACKWORTH 2007; HANNIGAN 1995: 173; SMITH, N. 1996: 40; ZUKIN 1995). In den letzten Jahren ist zudem eine Diskussion über eine mögliche Globalisierung von Gentrifizierung und urban renaissance entstanden. Dies betrifft sowohl eine Globalisierung im Sinne einer weltweiten Verbreitung und Ausweitung des Maßstabs als auch einer Globalisierung im Sinne einer Veränderung der Form, etwa durch eine Internationalisierung der Finanz- und Immobilienmärkte und einer grenzüberschreitenden Vernetzung gentrifizierter städtischer Räume (ATKINSON/ BRIDGE 2005b; HOYT 2006). Neil Smith spricht von einer „generalization of gentrification as a global urban strategy“ (SMITH 2002: 437) und Carpeter und Lees sehen im transnationalen Charakter von Gentrifizierung einen der sichtbarsten Ausdrücke einer „globalization of culture in a postmodern world“ (CARPENTER/LEES 1995: 288). Eine kosmopolitane Ästhetik und ein Diskurs eines kosmopolitanen Urbanismus, die Gentrifizierungsprozesse und Debatten der urban renaissance vielfach begleiten (in kulturalisierenden Lesweisen gar als Kern von Gentrifizierung verstanden werden (zur Kritik: SLATER 2009)), werden von GentrifiziererInnen (developer, lokalstaatlichen Akteuren und NutzerInnen) als Zeichen einer globalisierten und global orientierten Kultur genutzt (SÖDERSTRÖM 2006). Gentrifizierung, so Smith, entwickelte sich in den 1990er Jahren weltweit zu einer bedeutsamen städtischen Strategie von lokalstaatlichen Akteuren und privatem Kapital und zu einem zentralen Bestandteil des weltweiten Exportschlagers der „revanchistischen Stadt“. Die Aufwertung innerstädtischer Quartiere und alter Stadtviertel wurde in unterschiedlichsten urbanen Systemen als ein probates Mittel einer wettbewerbsorientierten städtischen Wachstumsstrategie angesehen. „In ways that could hardly have been envisaged in the 1960s, the construction of new gentrification complexes in central cities across the
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world has become an increasingly unassailable capital accumulation strategy for competing urban economies“ (SMITH 2002: 443).1 Diskurse der Revitalisierung und der urban renaissance sowie umfangreiche Gentrifizierungsprojekte finden sich in zahlreichen Metropolen Südostasiens. Sie reichen von kleinen Projekten historische Innenstadtquartiere aufzuwerten, die oft auch im Zusammenhang mit einer tourismusorientierten Entwicklungsstrategie stehen, bis zu städtischen Großprojekten mit massivem Kapitaleinsatz von staatlicher und privatwirtschaftlicher Seite. Entscheidend für diese Generalisierung der Gentrifizierung, einem Phänomen, das lange Zeit primär anhand von Städten Europas und der nordamerikanischen Ostküste diskutiert wurde, sind nach Smith eine veränderte Rolle des Staates, ein wachsender Einfluss des globalisierten Finanzsektors auf Immobilienmärkte, eine zunehmend intolerante städtische Politik gegenüber marginalisierten Bevölkerungsgruppen, räumliche Ausweitung von Gentrifizierung innerhalb von Städten sowie eine allgemein wachsende Rolle des privaten Sektors für städtische Ökonomien und die Produktion städtischer Landschaften (HACKWORTH 2007; SMITH 2002: 441). Dieser Versuch, die Stadt, wie Smith es in The New Urban Frontier schreibt, für und durch die Mittelschichten zurückzuerobern (SMITH, N. 1996),2 setzt dabei zunehmend auf große und integrierte Projekte, welche die städtische Landschaft umfassend umarbeiten. „Retaking the city for the middle classes involves a lot more than simply providing gentrified housing“ (SMITH 2002: 443). Diese Rückeroberung und Umarbeitung städtischer Landschaften, weist auf allgemeine Veränderungen der Rolle innerstädtischer Zentren und die Debatten hin, die um die These geführt werden, dass „Kultur“, im Rahmen gegenwärtiger Stadtentwicklung, zunehmend an Bedeutung gewinnt. Dies gilt sowohl für eine Ästhetisierung und Kulturalisierung städtischer Landschaften wie auch für die Annahme, dass Kulturindustrie und Kulturproduktion als ein zentraler städtischer Standortfaktor zu fungieren habe und dass Kreativität, Informationalisierung und so genannte weiche Standortfaktoren zentrale Ressourcen im internationalen Städtewettbewerb seien. Dass Ästhetisierung und Kulturalisierung zunehmend als städtische Standortfaktoren 1
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Zu dieser neuen Qualität von generalisierter oder globalisierter Gentrifizierung siehe auch Davidson (2007), Clark (2005), Hackworth/Smith, N. (2001), Slater (2009), Rofe (2003), Atkinson/Bridge (2005a). Smith bedient sich dabei nicht zufällig der Frontier Metaphoriken und des Verweises auf den US-amerikanischen Frontier-Mythos, der nicht nur eine scharfe Grenze zwischen dem „Innen“ und dem unzivilisierten und wilden „Außen“ zieht – hinter der Frontier liegt „Indianerland“ –, sondern zentrales Moment der Konstruktion und Erzählung einer hegemonialen weißen Identität war.
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betrachtet werden und ein probates Mittel zur Durchsetzung von Gentrifizierung und neuen städtischen Landschaften sind, steht spätestens seit Sharon Zukins The Cultures of Cities (ZUKIN 1995) an einer zentralen Stelle der Stadtforschung in den Zentren des Nordens. Was aber interessant und neu scheint, ist die Tatsache, dass dies sich nicht nur in Städten wie New York, sondern auch zunehmend in bestimmten städtischen Räumen in der Peripherie zeigt. „Weiche Standortfaktoren“, „kreative Klassen“,3 die Ästhetisierung städtischer Landschaften und die Aufwertung innenstadtnaher Quartiere sind Teil dessen, was Zukin als „a model of pacification by cappuccino“ (ZUKIN 1995: 28) bezeichnet hat, eine Befriedung und Erschließung ehemals „aufgegebener“, das heißt der Informalisierung und Marginalisierung überlassener Areale durch einen mittelschichtsorientierten Urbanismus. Das going global von Städten wie Metro Manila wird dabei in zunehmendem Maße mit innerstädtischen Aufwertungsstrategien verbunden, die, wie Susan Fainstein in The City Builders ironisch angemerkt hat, von der Annahme ausgehen, dass besser aussehende Städte auch die besseren Städte seien (FAINSTEIN 2001: 1). Wie sich zeigen soll, bedeutet dies die aktive Produktion und Sicherstellung einer neuen Form von Urbanität, die als Leitbild in die städtischen Landschaften eingeschrieben wird. Ist Suburbia durch einen dezidierten Antiurbanismus geprägt, so rückt hier eine Vorstellung von Urbanität ins Zentrum der Restrukturierungsbemühungen städtischer Landschaften, welche die Vorstellung eines „urban lifestyle“ von einem recht abschätzigen Begriff zu einem deutlichen Träger von kulturellem Kapital gewandelt hat (ZUKIN 1998: 825). Was zunächst als paradox erscheint, die aktive Produktion von Urbanität – die immer ein Mythos ist, der einen äußerst unscharfen Begriff des guten und schönen Lebens in der Stadt liefert (WÜST 2004) – wird so zu einer wichtigen Aufgabe privater developer und Stadtplaner. Diese Urbanität einer kosmopolitischen Ästhetik setzt sich gegen eine modernistische und funktionalistische Vorstellung von Stadt und inszeniert Dynamik, Fußgängerfreundlichkeit und konsumierbare aber kontrollierte Vielfalt (BUSÀ 2007). Eine solche 3
Dieser von Richard Florida geprägte und popularisierte Begriff (FLORIDA 2002) hat einen enormen Einfluss auf Stadtpolitiken weltweit, auch in solch unwahrscheinlichen Städten wie Manila. Insbesondere in dem Buch Cities an the Creative Class (FLORIDA 2005) versucht Florida als eine Art Ratgeberliteratur für StadtmanagerInnen eine direkte Beziehung zwischen ökonomisch erfolgreichen Städten und einer recht vage gehaltenen kreativen Klasse bzw. kreativen Milieus zu belegen. Dies soll Städte dazu anhalten Kreativindustrien, KünstlerInnen und kosmopolitische Urbanität als den wichtigsten Wachstumsmotor der Gegenwart zu begreifen. Zur Kritik siehe Peck: Struggling with the Creative Class (PECK 2005).
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Urbanität kommt weitestgehend ohne die Unwägbarkeiten und Unkontrollierbarkeiten, die Städte immer ausmachen, aus und steht letztlich im Widerspruch zu dieser. Der Begriff des Kosmopolitischen, der hinter dieser Vorstellung eines kosmopolitischen Urbanismus steht, stellt weder ein politisches noch philosophisches Programm oder Konzept dar, sondern ist in erster Linie, wie auch der hier verwandte Begriff des Urbanen, eine Marketingstrategie für Gentrifizierer und zielt auf finanzstarke Urbaniten (POPKE 2007). Nicht das Bewusstsein von der Welt als einem einzigen Ort, der Essenz eines liberalen Konzepts von Kosmopolitismus (ROBERTSON 1992: 132), nicht „universalism plus difference“ (APPIAH 2001: 202), ein kritischer Kosmopolitismus, der die postkoloniale Erfahrung und Kritik reflektiert (MIGNOLO 2000) oder ein subalterner Kosmopolitismus von unten , wie er von Appadurai stark gemacht wird (APPADURAI 2001), sondern gerade die Abgrenzung von Orten – und deren BewohnerInnen – die nicht dem Bild einer solchen grenzenlosen und konsumierbaren globalen Welt entsprechen und somit die Unsichtbarmachung von Widersprüchen, sind zentral. Während damit, zunächst auf der Ebene von Habitus und Lebensstil, eine Verbindung zwischen transnationalen Eliten, international orientierten lokalen Eliten und Mittelschichten, Expats und Mitgliedern der creative class angeboten wird, wird die Anerkennung von Differenz, die ein stärker theoretisch fundierter Begriff des Kosmopolitischen evoziert und in der eine Chance von Demokratie und Emanzipation angelegt ist, negiert. Ola Söderström schreibt angesichts der jüngeren Debatten zum Begriff des Kosmopolitischen in der anglophonen Geographie (HARVEY 2000; YEOH 2004) und anlässlich einer Fahrradfahrt durch Beijing: „What the use of the term in this context shows is that ,cosmopolitan‘ or ,cosmopolitanism‘ have become suitable buzzwords and categories in the minds and mouths of developers, after having been debated concepts in the social sciences of the past 15 years. For these actors, these discursive categories obviously capture something of the ethos of the contemporary city or, at least, something of the tastes and expectations of their customers. So they mould an urban landscape according to their specific definition of what a cosmopolitan city should be. These terms have been used outside academic language-games in the past of course, to condemn the influence of communism in the period of fascism or, closer to us, to give its title to a magazine. What is interesting here, however, is that they work as performative categories […]. In sum, the cosmopolitanism which is at stake here is far from the sophistication of contemporary social theory, but all the more interesting because it is directly related to the shaping of urban forms.“ (SÖDERSTRÖM 2006: 555)
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Solche imaginaries einer globalen kosmopolitischen Urbanität sind verbunden mit Bildern einer Urbanität, wie sie die Repräsentationen belebter, verdichteter und aufregender städtischer Zentren wie Manhattan, als dem Symbol für Urbanität par excellence, hervorrufen. Eine solche kosmopolitische Urbanität bildet auch die Folie, vor der eine Reihe städtischer Revitalisierungsprojekte und Aufwertungen in Metro Manila zu betrachten sind. Dabei handelt es sich um eine von privaten developers produzierte und kontrollierte Urbanität, die unter dem Primat eines neoliberalen Elitismus und sozialer Exklusion steht und die all jene ausschließt, die mangels ökonomischen aber auch kulturellen Kapitals nicht über die Mittel zum Konsum in einer Stadt verfügen, deren Raum in zunehmendem Maß als Ware entworfen und realisiert wird.
Redeveloping Metro Manila In Manila finden Gentrifizierung und Revitalisierung in erster Linie in Form von luxuriösen – in den letzen Jahren auch zunehmend mittelschichtsorientierten – high rise Condominien und innerstädtischen mixed-use Communities statt. Zu einer Umnutzung und Aufwertung alter Bausubstanz und einer schrittweisen Aufwertung entwerteter Stadtteile auf der Basis einer Vielzahl kleiner und individueller Projekte – dem Normalfall älterer Gentrifizierungsprozesse – kommt es nur in einer geringen Zahl von Fällen.4 Auch ein Phasenmodell der Abfolge einzelner Etappen eines Gentrifizierungsprozesses, wie es beispielsweise Jürgen Friedrich für Gentrifizierung in Deutschland betont, spielt in Metro Manila keine nennenswerte Rolle (FRIEDRICH 1996). Dies lässt sich insbesondere mit der hohen Konzentration des Immobiliensektors und der weitgehenden Abwesenheit von Pionieren, als den individuellen Initiatoren von Gentrifizierungsdynamiken, erklären. Die einzigen, wenn auch kleinen und in ihrem Ausgang unklare Ausnahmen bilden Ansätze einer Aufwertung einzelner historischen Wohnhäuser in Malate und Ermita, zwei Stadtteile, die seit längerem ein Zentrum des Tourismus in Metro Manila bilden. Auch staatliche Potentiale sind meist zu schwach, als dass diese eine signifikante Rolle bei der Initiierung und Steuerung von Gentrifizierungsprozessen spielen könnten. Vielmehr handelt es sich in 4
In einer Reihe von Ansätzen wird nur dann von Gentrifizierung gesprochen, wenn die Aufwertung innerstädtischer Quartiere mit einer Aufwertung alter Gebäude einhergeht. Wie aber Clark zu Recht feststellt, gibt es aus einer sozialwissenschaftlichen Perspektive eigentlich kein „convincing argument why renovated buildings can be sites of gentrification, but not new buildings replacing demolished buildings“ (CLARK 2005: 258).
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fast allen Fällen um eine explizite Strategie einzelner Immobilienunternehmen, veränderte ökonomische Bedingungen und kulturelle Vorstellungen bezüglich eines guten und statusadäquaten Wohnens aufzugreifen und durch Schaffung hochverdichteter innerstädtischer Luxusquartiere ökonomisch nutzbar zu machen. Entgegen den Prozessen der ersten Gentrifizierungswellen ist festzustellen, dass die Verknüpfung aufzuwertender Räume mit kulturellem Kapital hier als intendierter und aktiv von einzelnen Unternehmen vorangetriebener Prozess mittels der Produktion einer umfassenderen urbanen Einfassung betrieben wird. Nur in wenigen Fällen kann von einer staatlichen Intervention in eine Revitalisierung städtischen Raums gesprochen werden. Ausnahmen finden sich in der City of Manila, auch wenn diese Versuche nach der Wahl eines neuen Bürgermeisters 2007 zurückgenommen wurden, sowie an den nördlichen Ausläufern von Makati. Deren Maßstab und Intensität sind aber vergleichsweise bescheiden und mit wenig Kapital ausgestattet. Neben der ökonomischen Attraktivität für developer bedarf es für den Erfolg derartiger innerstädtischer Aufwertungsprojekte der neuerlichen Durchsetzung einer Vorstellung davon, dass innerstädtische Quartiere überhaupt über einen hohen sozialen Status verfügen und damit adäquate Räume für aufstiegsorientierte Akteure bilden können. Gerade daran, so Daus, seien die ersten Versuche innerstädtische Condominiumprojekte für finanzkräftige KonsumentInnen während des MarcosRegimes zu verkaufen, gescheitert (DAUS 1987: 142f). Seit den 1990er Jahren hat sich dies sichtbar geändert. Dies ist eng mit zirkulierenden Bildern über moderne und erfolgreiche Städte und kosmopolitische Urbanität verbunden, die wiederum sowohl medial als auch in Form von Arbeitsmigration erfahren und kommuniziert werden. Hochqualifizierte und ökonomisch gut gestellte OFWs, insbesondere solche, die in Nordamerika arbeiten, young urban professionals und expats bilden folglich den Kern der Zielgruppe (LUCAS 2007). Sowohl staatliche beautification-Kampagnen, tourismusorientierte Revitalisierungsprojekte als auch die Gentrifizierungsprojekte großer Immobilienunternehmen sind bemüht, wenn auch aus zum Teil unterschiedlichen Motivationen und gelegentlich konflikthaft, globalisierte und kosmopolitische „images of vibrance, excitement and innovation“ zu produzieren. All dies ist sozial äußerst selektiv und ausschließend und richtet sich in erster Linie an „investors, residents, foreign talents, tourists, conventions, enterprises, or all of the above“ (CHANG 2000b: 35). Im Folgenden soll auf einige dieser Projekte eingegangen werden.
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Vom „Isolationsort für Außenseiter“ zur „ultimate choice“ Daus beschrieb in den 1980er Jahren die erste Generation von LuxusCondominien in Makati (Abbildung 26) als einen „Isolationsort für Außenseiter“, als Residenzen für Menschen ohne lokale Sozialbindungen und als inkompatibel mit lokalen Vorstellungen der Repräsentation von Macht und sozialer Positionierung (DAUS 1987: 143). Diese Condonomien haben sie sich in zunehmendem Maße zu einem neuen Ideal städtischen Lebens für wohlhabendere Schichten gewandelt und wurden zugleich zu einem beliebten Investitionsobjekt. Die seit den frühen 1990er Jahren steigenden Landpreise in der Peripherie sowie im Zentrum, wie auch ein wachsendes Interesse an einem „urbanen Lebensstil“ sind dafür ebenso Voraussetzung wie Veränderungen der rechtlichen Rahmenbedingungen, die eine Beteiligung internationalen Kapitals im Immobiliensektor erleichtert haben. Hinzu kommt die Existenz kapitalstarker und politisch durchsetzungsfähiger developer, die in der Lage sind in einem Maßstab städtische Projekte zu realisieren, der geeignet ist, die bedrohlich scheinende Stadt auf Distanz zu halten.
Abbildung 26: 1980er Jahre Luxus-Condominien in Makati. (Foto: Boris Michel 2005) Seit etwa Mitte der 1990er Jahre hat die Zahl von Eigentumswohnungen, meist in Form hochgeschossiger Condominien in Metro Manila,
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ähnlich wie in anderen Metropolen in Südostasien – allerdings in weitaus kleinerem Umfang als in Städten wie Shanghai, wo Condominien im Bereich von Neubauten mit deutlichem Abstand gegenüber suburbanen Communities dominieren – massiv zugenommen, so dass diese gegenwärtig das Stadtbild in zentral gelegenen Stadtteilen entscheidend mitprägen. Bereits der Immobilienboom der letzten Jahre der AquinoAdministration ging zu einem nicht unerheblichen Teil auf den Bau von high rise Condominien zurück, so dass bereits zu diesem Zeitpunkt von einem ersten „Condominium Fever“ (LOMBOS 1989) die Rede war. Das Fookien Yearbook etwa, ein aufwendiger Bildband, der seit mehreren Jahrzehnten als eine Art offizieller Jahresbericht staatlicher und ökonomischer Eliten – als „Internationally Recognized Chronicler of Philippine Progress“, so der Untertitel – fungiert, verwendete 1990 zur Titelgestaltung Abbildungen zahlreicher Condominientürme und stellte diese als Symbol des endlich einsetzenden Anschlusses an die ökonomische Entwicklung der Region und als Zeichen einer fortschrittlichen und aufstrebenden Stadt dar, der es endlich gelungen sei, die Probleme der vorherigen Jahre zu überwinden.
Abbildung 27: Blick auf Mittelschichts-Condominien in Ortigas. (Foto: Boris Michel 2006) Zudem erfuhr der Immobiliensektor, und insbesondere jene Segmente mit einem hohen Anteil an spekulationsgetriebenen Investitionen, durch die Liberalisierung der Ramos-Administration eine Dynamisierung. Mit
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dem Condominium Act von 1996 wurde der Zugang für ausländisches Kapital erleichtert, was dazu beitrug, dass internationales Kapital sowie ausländische Immobilienunternehmen in diesem Sektor des Immobilienmarktes stärker vertreten sind als in den übrigen. Anders als etwa in Bangkok kam es Mitte der 1990er Jahre allerdings nur in geringem Maße zur Bildung einer Spekulationsblase. Letztlich ist dies mit einem für die Region noch immer recht beschränkten Immobilienmarkt und geringer Spekulation verbunden. Sowohl im Bereich von Gewerbeimmobilien als auch von Wohnimmobilien liegt die Auslastung in Manila durchgängig vergleichsweise hoch (CORNELIO-PRONOVE/CHENG 1999; JONES LANG LASALLE 2007). Auf der Nachfrageseite spielen neben Expats, die in den 1980er Jahren einen großen Teil der Nachfrage bestritten, außerhalb von Makati aber nur eine sehr kleine Gruppe darstellen (keineswegs vergleichbar mit Expat-Städten wie Singapur), insbesondere OFWs eine entscheidende Rolle. Die Rücküberweisungen von ArbeitsmigrantInnen sind für etwa ein Viertel der Transaktionen im Immobiliensektor verantwortlich. In einigen Segmenten und Projekten, beispielsweise solchen in Fort Bonifacio Global City, liegt der Anteil relativ wohlhabender Fil-Ams – in die USA migrierte Filipinos – bei über 50 %. In Interviews mit Immobilienunternehmen wurde immer die Ansicht vertreten, dass insbesondere die Erfahrungen bestimmter Segmente der OFWs und Assoziierung dieser mit sozialem Aufstieg dazu beigetragen hätten, bestimmte Formen innerstädtischer Quartiere zu einem Symbol von Erfolg und Internationalität werden zu lassen, gerade weil sie mit Hinweisen auf eine kosmopolitische Urbanität verbunden werden, die Suburbia weder in den USA, noch den Philippinen liefert. Developer bemühen sich, ihre Projekte in Anlehnung an solche Diskurse und Symbole zu vermarkten und reichern sie mit Verweisen auf erfolgreiche Global Cities und ikonische Orte in diesen an. Auch hier finden sich vielfach gezielte Vermarktungstrategien gegenüber diesen Gruppen, wie Werbeveranstaltungen in den USA und spezielle Finanzierungsmodelle (SALAZAR 2006; SANCHEZ 2006). Ebenso wie suburbane Communities haben sich Condominien in den 1990er Jahren diversifiziert. Ausgehend von einem Phänomen für Oberschichten und Expats entstanden zunehmend auch Projekte, die auf die breiteren Mittelschichten zielen und mit relativ kleinen Wohnungen – nicht selten sind Einheiten nur 35m2 groß –, die mit monatlichen Zahlungen deutlich unter 10.000 Peso und Förderungsmöglichkeiten durch staatliche Subventionsprogramme werben. Lag die durchschnittliche Wohnungsgröße in den 1980er Jahren bei 150m2, so sank diese in den 1990er Jahren auf etwa die Hälfte (TAN 2004). Neubauten rangieren in den oberen Marktsegmenten und in Nähe der Central Business Districts
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mit hohen Bodenpreisen in der Regel zwischen 30 und 50 Stockwerken und verfügen über vergleichsweise viele Apartments für Familien ohne Kinder und Alleinstehende. Neben dem klassischen Zentrum Makati und den dortigen ehemals dünn bebauten Vierteln Legazpi Village und Salcedo Village, die westlich an das Central Business District anschließen und Teil des von Ayala kontrollierten Gebiets sind, entstanden in den letzen Jahren eine Reihe weiterer Zentren. Dies betrifft einige südliche Viertel in der City of Manila, Viertel entlang EDSA und das Central Business District von Ortigas Center. Außerdem dominieren sie die meisten innerstädtischen mixed-use Communities und Großprojekte wie Fort Bonifacio oder Eastwood City. Diese all-inclusive Städte, die Neubauten von Wohnquartieren, Konsumeinrichtungen und Bürokomplexe in meist zentraler Lage und unter starker Abgrenzung vom umgebenden städtischen Raum verbinden, werden weiter unten noch eigenständig zu behandeln sein.
Kosmopolitischer Urbanismus Das dominierende Thema in den medialen Repräsentationen dieser Räume – in ähnlichen Publikationen wie sie bezüglich Suburbanisierung betrachtet wurde – ist ein kosmopolitischer urbaner Lebensstil. Weniger die Flucht vor der Stadt und der Rückzug zu Natur, Familie und Gemeinschaft herrschen hier vor, als vielmehr die Produktion eines neuen urbanen Leitbildes, das aber nicht weniger exklusiv ist als die abgeschotteten Gated Communities von Suburbia. Die Familien im Grünen wurden ersetzt durch junge kinderlose Paare, Kleinfamilien und Gruppen junger dynamischer Menschen. An Stelle von Natur und Ruhe, statt Rückzug und Privatismus, beherrschen Bilder der Interaktion mit dem umgebenden städtischen Raum, der als eine Vielfältigkeit von Konsumund Unterhaltungsmöglichkeiten dargestellt wird, die Szenerie. Als Aktivitäten der dargestellten Personen dominieren Konsumhandlungen in einer als dynamisch und bunt erscheinenden städtischen Landschaft. Diese Stadt stellt sich nicht als jener Moloch dar, wie er eingangs beschrieben wurde, sondern ein Raum der Möglichkeiten, der Kreativität und der Begegnung von Menschen die, da es sich bei diesen urban achievers, um die „richtigen“ Menschen – in Abgrenzung zu den „städtischen Massen“ – handelt, mit positiven Attributen aufgeladen ist. Das städtische Chaos scheint verwandelt in eine dynamische, lebenswerte und aufregende Stadt. Typischerweise werden die imaginierten BewohnerInnen beim Einkaufen in Shoppingmalls, beim socializing mit FreundInnen in internationalen Cafés und Bars abgebildet, oder bei Tä-
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tigkeiten der Reproduktion für die Arbeit als erfolgreiche young urban professionals – statt Golf, dem Sport der neuen suburbanen Mittelschichten, wird insbesondere der Ort des Fitnesscenters und des Spa, die meist Teil der jeweiligen Condominien sind, als Ort der individuellen physischen Selbstoptimierung dargestellt. In noch stärkerem Maße als dies bei suburbanen Communities der Fall ist, dominieren als „weiß“ markierte Personen und „detropifizierte“ städtische Landschaften. Ein zentraler Topos sind Vorstellungen von dynamischer Internationalität und world-class. Ob es sich dabei um die neben einer teuren Kamera sorglos im Raum verstreuten Reiseführer und Bildbände von anderen Orten auf der Welt handelt oder Bezug genommen wird auf eine „World-class architecture“ (FairwaysTower), geschaffen von „WorldClass Developers“ (SoMa), auf „World-Class Amenities“, oder einen „international style“ (St. Franscis Shangri-La Place). Nicht die imaginierte Reinheit einer „mediterranen“ oder „neo-viktorianischen“ suburbanen Landschaft, sondern die „vibrant hues of cosmopolitan living“ (Palmdale Heights) prägen die Repräsentationen dieser Räume. Teilhabe an diesen verspricht Teilhabe an den avanciertesten Orten der Welt und deren sozialem wie kulturellem Kapital. So ist auffällig, dass sich eine Vielzahl luxuriöser Condominien auf unterschiedlichen Ebenen mittels Zitaten und Bezügen an Bilder und Diskurse dieser Orte anschließen. Gramercy Residence in Makati, so das Werbematerial, „is inspired by the great city of New York“ und einem dortigen, gleichnamigen „ultraexclusive, hyper-amenitized hi-rise residential project“. South of Market (SoMa) liegt nicht nur in dem im Bau befindlichen Fort Bonifacio Global City, der wie es dort heißt, „most modern and cosmopolitan City“ in Metro Manila und künftiger „premier city“ des Landes, sondern der Projektname South of Market zitiert den gleichnamigen Stadtteil in San Francisco. San Franciscos South of Market kann unter international orientierten young urban professionals und insbesondere unter PlanerInnen und ArchitektInnen als Inbegriff eines gentrifizierten Quartiers gelten, das mit kosmopolitischem urbanem Lebensstil, hohem ökonomischen und kulturellen Kapital sowie spektakularisierten Architekturen verbunden wird. Ein ähnlicher Bezug wird durch ein Condominium Projekt hergestellt, auf dessen Referenz sich das Akronym von South of Market, SoMa, bezieht, New Yorks oder Londons Soho (South of Houston Street). Südlich des Central Business District von Ortigas und als Teil eines umfangreichen Redevelopment Projekts in einem ehemals industriell geprägten Areal – eine der „liveliest and most cosmopolitan locations“ – entsteht mit soho central das erste „transport-oriented development in the Country“, das sich neben „one of the hippest neighborhoods in New York and London“, wie es heißt, an Hong Kongs integrierten
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Verkehrssystemen orientiert und als erstes Condominium über einen eigenen privaten Zugang zur städtischen Schnellbahn verfügt. Als „ultramodern [...] epitome of superior living […] will it measure up with the best in Asia“. Flankiert werden diese Images einer kosmopolitischen Globalität in einer bunten und vielfältigen Stadt durch ein Vokabular eines HightechUrbanismus. Die Diskurse von Informationalisierung und Netzwerkgesellschaft reflektieren sich in der Vorstellung von „intelligenten Gebäuden“, in denen world-class Technologien bei Bau, Erhalt und Ausstattung zum Einsatz kommen und eine beständige und globale Vernetzung ermöglichen. Diese Technikzentrierung ist eingebettet in das Bild einer realen oder imaginierten 24/7-City (als scheinbare Steigerung wird bei einem Projekt gar von 24/365 gesprochen), einer in ständiger Dynamik und Transformation befindlichen Metropole. High rise Condominien fungieren nicht zuletzt als ein solches Symbol und eine solch sichtbare Repräsentation eines globalisierten urban way of life und zur Schau gestellter Internationalität der neuen Mittelschichten in Südostasien, da sie an jene Architekturen anschließen, die mehr als alle anderen die Verkörperung von Stadt im Kapitalismus nach dem Fordismus darstellen und die, wie King schreibt, als eine Metapher für eine globalisierte Modernität, als dem „sign of modernity“ (KING 2004: 6ff) fungieren. Der Wolkenkratzer, diese erste originär USamerikanische Architektur, welche die Kathedralen der alten Welt durch das Symbol eines fortschrittsgläubigen Kapitalismus ablöste, wurde zu einem zentralen „signifier of modernity in other parts of the world“ (KING 2004: 12). Wolkenkratzer und Skylines sind seit den 1990er Jahren zentrale Marker aufstrebender Städte in der Region und fungieren, wie McNeill in Skyscraper Geography schreibt, als „obvious candidates for housing globalized flows, whether metaphorical or material“ (McNeill 2005: 43). Dieser Diskurs einer kosmopolitischen Mischung und Internationalität ist gleichwohl mit einer scharfen Politik der Exklusion verbunden, die noch deutlich offensiver formuliert wird, als dies im Rahmen suburbaner Quartiere der Fall ist. Eine solch offene Exklusion und Distinktion scheint nötig, da die Linie zwischen dem Innen und dem Außen hier bedrohter und leichter zu überwinden erscheint. Zumindest auf den ersten Blick liegen die meisten dieser Luxusquartiere im öffentlichen Raum der Stadt und sind damit, in den Augen von PlanerInnen und Werbefachleuten, stärker bedroht als suburbane Quartiere. Deutlich wird dies angesichts monumentaler und fortifizierter Eingangsbereiche und allgemein abschottender Architektur. Zudem gehören auch hier Wachdienste ebenso dazu wie CCTV-Anlagen.
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Das zentrale Moment ist auch hier Distinktion. Distinktion gegenüber den städtischen Bevölkerungen, den weniger Wohlhabenden und jener Vorstellung von Stadt, die nicht Teil der kosmopolitischen Imagination ist. Eastwood Le Grand, ein Luxusprojekt in Eastwood City, einer 16 Hektar großen self-contained Community in Quezon City, die sich durch eine hohe Zahl internationaler IT-Unternehmen und Informationsdienstleistungen in den letzen Jahren als ein wichtiges Zentrum in Metro Manila etabliert hat (insbesondere zu Beginn firmierte Eastwood unter dem Begriff „Cyber City“), wirbt: „If you’re not here, you’re not in“. Ein solcher Distinktionsgewinn wird auch jenen versprochen, die ökonomisch nicht zum obersten Segment gehören und wird diskursiv von einer Frage des ökonomischen Kapitals in eine des kulturellen transferiert. In Fort Bonifacio wird Fifth Avenue Place mit „Affordable Lifestyles on Millionaire’s Row“ und mit der Behauptung beworben, dass Wohnen eine Frage von Stil und nicht Geld sei und potentielle Kunden werden in einer Werbeanzeige für South of Market in Fort Bonifacio mit dem Hinweis angesprochen: „You don’t have to be very rich to live at the Fort. Just very smart“. Besonders deutlich zeigen sich diese Landschaften und deren Einschlüsse und Ausschlüsse im Rahmen so genannter integrierter mixeduse Communities.
Abbildung 28: Werbezettel für South of Market. (Quelle: Century Property)
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Abbildung 29: „If You’re Not Here, You’re Not In.“ (Quelle: Megaworld Corporation)
Integrated Mixed-Use Communities Die Romantisierung von Macht und Urbanität, die McNeill (MCNEILL 2005) in der Architektur der Wolkenkratzer und aktuellen Skylines angelegt sieht, findet seine Weiterführung in integrierten mixed-use Communities, die in den letzen Jahren ein wichtiger Bestandteil der oberen Segmente des Marktes geworden sind. Diese ermöglichen privaten developern eine Kontrolle und einen Spielraum bei der Produktion von städtischen Landschaften, die suburbanen Communities ähneln, diese aber mit innerstädtischen Aufwertungsprojekten verbindet. Dieser Trend zu großflächigeren Projekten ist eine auffällige neue Form städtischer Restrukturierungen in Metro Manila seit dem Ende der 1990er Jahre. Dabei handelt es sich um Versuche, nicht nur monofuktionale Gebäude und Quartiere zu errichten, sondern in sich geschlossene und integrierte Stadtteile bis hin zur Größe ganzer Städte auf der Grundlage eines einzigen und strikt durchgesetzten Masterplans. Solche cities-within-a-city stellen eine deutliche Steigerung sowohl gegenüber monofunktionalen Quartieren als auch gegenüber Städten wie Makati dar, da sie beanspruchen, eine totale städtische Landschaft auf der Grundlage privater Kontrolle und Management zu produzieren und ihre Kompaktheit eine deutlich stärkere Geschlossenheit ermöglicht. Eine sozialräumliche Abgren-
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zung wird vielfach auch dadurch verstärkt, dass die produzierten Räume, denen Funktionen öffentlichen Raums zugedacht werden, wie Fußgängerzonen, Parklandschaften oder andere Freizeiteinrichtungen, einem Gebäudesockel aufgesetzt werden und damit keine direkte Verbindung zum umgebenden städtischen Raum sichtbar wird (siehe unten). Der Zugang zu diesen beschränkt sich auf diejenigen Akteure, die in der Lage sind, als KonsumentInnen in den deutlich auf die oberen Schichten zugeschnittenen Räumen aufzutreten. Ihre Realisierung geht einher mit einem noch stärkeren Zugriff auf den städtischen Raum. Solche urbanen Räume zu schaffen, zu kontrollieren und zu erhalten ist weit schwieriger als eine Gated Community oder eine Mall zu bewachen. Der These zum Trotz, dass Stadt immer ambivalent und bedrohlich sei, da sie mehr Reize sende als für das Subjekt zu bewältigen sind – ein Thema, das sich von Georg Simmel und Walter Benjamin bis Zygmunt Bauman und Richard Sennett zieht – scheinen die avanciertesten Projekte in Metro Manila genau dies zu beanspruchen, weltstädtische Urbanität und deren strikte Kontrolle zu verbinden. Auch wenn dies im engeren Sinne paradox erscheinen mag, so wird hier Urbanität produziert und gemanaged, eine Urbanität gleichwohl, die eine Ware ist. Im Folgenden soll etwas ausführlicher exemplarisch auf ein solches Projekt eingegangen werden. Rockwell Center war der erste Versuch dieser Form privater Stadtplanung in Metro Manila. Seither sind weitere vergleichbare Projekte realisiert worden und zahlreiche befinden sich im Bau oder im Planungszustand. Bei den meisten dieser Projekte handelt es sich um relativ begrenzte innerstädtische Areale zwischen 10 und 20 Hektar, die eine Umnutzung erfahren. Gemein ist ihnen zudem, dass sie in der Regel auf die obersten Segmente des Marktes zielen, die dortigen Büroflächen einen Schwerpunkt vielfach auf Informationstechnologien und klassische FIRE Unternehmen legen und massive Versuche der Inszenierung einer neuen Urbanität in einer abgeschotteten Umwelt unternommen werden. Sie bedienen sich ausführlich der international dominierenden architektonischen und städtebaulichen Diskurse. Insbesondere neourbane Ansätze der Planung mit deren Fokus auf Multifunktionalität, Dichte und Mischung, verbunden mit einer Rhetorik von Nachthaltigkeit, sozialer Offenheit und Vielfältigkeit sowie eine gute Portion Hightech-Urbanismus und Informationsgesellschaftsdiskurs prägen diese Projekte. Während City Place (siehe Abbildung) eines der wenigen Projekte darstellt, das explizit ethnisch markiert ist und in erster Linie auf chinesischstämmige KonsumentInnen sowie eine Verbindung zu Manilas „Chinatown“ abzielt, weisen die meisten Projekte Bezugnahmen zum Lokalen scharf zurück und behaupten Globalität des Ortes sowie der
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NutzerInnen. Beispiel eines solchen ist Century City, ein Bauvorhaben nördlich des Central Business Districts von Makati, das auf dem Gelände einer ehemaligen internationalen Schule errichtet wird. Century City, zu dem einige der höchsten Gebäude der Stadt gehören werden, wird inszeniert als ein „true vertical village“ und eine „organic futurecity that fuses nature and technology“, als „ultra-exclusive“ „hyper-amenitized residences, state-of-the-art corporate complexes [...] and a lifestyle center unlike anything ever built“, die durch ihre „global 24/365 dynamic“ in Kürze zu „one of Asia’s most exciting destination“ aufsteigen solle.
Abbildung 30: Megaworlds City Place. (Quelle: http://www.cityplace.com.ph)
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Name
Developer
Rockwell Center Eastwood City Manhattan Garden City Newport City Place Century City Celadon Manila
Rockwell Megaworld Megaworld Megaworld Megaworld Century Ayala Land
Fläche Vorherige (ha) Nutzung 15 Industriell 16 Industriell 35 Redevelopment 25 Militärisch 5 Redevelopment 5 Bildung 11 Sport
Initiierung
Ort
1995 1999 2005 2005 2006 2007 2007
Makati Quezon QC/Cubao Pasay Manila Makati Manila
Tabelle 5: Auswahl innerstädtischer mixed-use Developments.
Rockwell Center – „Where stylish Manila stays on top“ Auf dem gut 15 Hektar großen Gelände des in den 1980er Jahren geschlossenen und 1994 an MERALCO – ein Unternehmen der LopezFamilie – zurückgegebenen Rockwell Terminal Plant entsteht gegenwärtig ein neuer luxuriöser Stadtteil, der sich als Speerspitze eines neuen, urbanen Lebensstils präsentiert und einen der ersten Versuche der Revitalisierung und Gentrifizierung innerstädtischer Areale in Metro Manila darstellt. Der zugrunde liegende Plan folgt Idealen neourbaner Stadtplanung wie Fußgängerfreundlichkeit, kurzen Wegen, offenen Plätzen und Grünflächen, der Verbindung alter und neuer Bausubstanz und bedient sich an Diskursen ökologischer Nachhaltigkeit, sozialer Mischung – allerdings in einer abgewandelten Interpretation – und eines „weichen“ Urbanismus. Gesäumt von gleichmäßigen Palmen und sanft gewellten Grünflächen mit wohl getrimmtem und intensiv gepflegtem Gras, inmitten einer lauten, dreckigen und verstopften Stadt, wird Rockwell Center als eine Oase des guten Lebens angepriesen und dargestellt (PDI 2000a). Zu Gute kommt diesem dabei eine zentrale innerstädtische Lage nördlich des Central Business Districts von Makati, unweit einer Reihe weiterer Wachstumszentren und die Nähe zum Pasig, dem Fluss, der die Metropole von Ost nach West durchzieht. Rockwell grenzt im Norden an den Fluss, im Süden an eine der ältesten Gated Communities des Landes und im Osten und Westen an zwei deutlich ärmere Stadtteile, welche ursprünglich einen Teil des Industriegürtels Makatis bilden sollten. Die westlich gelegenen Viertel, welche die Verbindung zum Central Business District bilden und wo sich seit längerem das Rotlichtviertel Makatis befindet, erfahren in den letzten Jahren durch eine Reihe von Condominien, Hotels und weitere geplante mixed-use Developments, wie Century City oder a.venue eine ökonomische Aufwertung. An dieser ist die Stadtverwaltung von Makati, deren monumentale neue City Hall an die Ausläufer des Areals anschließt, im Rahmen von Verschöne-
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rungsmaßnahmen beteiligt. Eine eigene Hochbrücke verbindet Rockwell Center mit der wichtigsten Durchfahrtsstraße der Metropole und bietet einen Anschluss an die nahe gelegene Fort Bonifacio Global City. Die 1995 gegründete Rockwell Land Corporation, die sich im Besitz zweier Unternehmen der Lopez-Gruppe befindet, ist das erste Immobilienunternehmen dieser diversifizierten Unternehmensgruppe (MCCOY 1994c). Sie ist verantwortlich für Planung, Erhalt und Management des ab 1998 errichteten Rockwell Center. Momentan befindet sich das Projekt, das seit dem Jahr 2000 geöffnet ist, in der zweiten Bauphase. Der Komplex besteht aus neun Condominien mit Höhen meist um die vierzig Stockwerke, mehreren Bürotürmen und einer der teuersten und exklusivsten Shoppingmalls des Landes. Hinzu kommen ein Ableger einer renommierten privaten Universität, verschiedene Sport- und Freizeiteinrichtungen – die zum Teil nur BewohnerInnen, zum Teil allen zahlenden KundInnen offen stehen – und eine Reihe Franchise-Straßencafés, die sich in für Metro Manila bis dahin ungewöhnlicher Weise zum städtischen Raum hin öffnen. Das Areal verfügt im Vergleich zum Rest der Metropole über ausgedehnte und sorgfältig gepflegte Grünflächen, Parkanlagen und Fußwege. Die in den 1990er Jahren entworfenen Pläne sahen darüber hinaus eine Fußgängerbrücke zu einem geplanten Erweiterungsgelände auf der gegenüberliegenden Flussseite vor sowie die umfangreiche Umgestaltung des Flusses, von einem ökologisch toten, ökonomisch ungenutzten und ästhetisch trostlosen Gewässer in eines, das luxuriösen Waterfront Projekten zuträglich ist. Der Bau des 320 Meter hohen Lopez Tower, als der herausragenden Architektur des ursprünglichen Plans, wurde Ende der 1990er Jahre auf Eis gelegt und erst 2008, wenn auch in etwas reduzierter Form, wiederbelebt. Die etwa 1.000 Apartments der Condominien Rockwells zielen mit Quadratmeterpreisen zwischen 75.000 und 120.000 Peso auf die Budgets der Oberschichten und Expats. Diesen wird neben aufwendigen und mit teuren Materialien ausgestatteten Wohnungen, in eher thematisch und ästhetisch als ökonomisch differenzierten Condominien, Zugang zu einem auf die BesitzerInnen beschränkten Club sowie Sport- und Freizeiteinrichtungen wie Tennisplätze, Swimmingpools und Fitnesscenter ermöglicht. Gegenüber diesen durch direkte Zugangskontrollen restringierten Räumen erscheint insbesondere der Raum der im Zentrum des Areals gelegenen Shoppingmall als ein öffentlicher Raum. Die neoklassizistisch gehaltene Power Plant Mall im ehemaligen Kraftwerksgebäude, die mit gut 200 Geschäften und einer Verkaufsfläche von etwas über 50.000m2 zu den kleineren Malls in Metro Manila zählt, zeichnet sich, verglichen mit den großen Malls der Metropole, durch starke Exklusivität aus. Der vierstöckige Haupttrakt, der entlang einer zentralen
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Geraden orientiert ist, beherbergt in erster Linie Filialen teurer USamerikanischer und europäischer Marken. Im Untergeschoss finden sich, neben einem der am stärksten auf Expats zugeschnittenen Supermarkt des Landes zahlreiche Themen-Restaurants. Neben rund 60 Restaurants und Cafés innerhalb der Mall werden durch ein Multiplexkino, diverse Sport- und Freizeiteinrichtungen sowie eine Kirche umfangreiche Bemühungen zur Verlängerung des Aufenthalts und Generierung eines alle Konsumhandlungen abdeckenden Umfeldes unternommen. Hinzu kommen Kulturveranstaltungen, die sich durch einen Fokus auf distinguierte Elemente von Hochkultur deutlich vom Kulturprogramm anderer Malls abgrenzen. Neben regelmäßigen Kunstausstellungen in den Eingangsbereichen und einem Pianospieler im Untergeschoss wird beispielsweise jährlich ein internationales Jazzfestival veranstaltet. Gerade Jazz Festivals sind, wie Paul schreibt, weltweit zu einem wichtigen Marker kosmopolitaner und gentrifizierter Urbanität geworden. „Today nearly every world city or ,wannabe‘ hosts one; even Beijing has its own jazz festival to help the city climb the global urban ladder“ (PAUL 2004: 588f).
Abbildung 31: Power Plant Mall. (Foto: Boris Michel 2005)
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Abbildung 32: Rockwell Center. (Foto: Boris Michel 2006) Der Umbau alter deindustrialisierter Hafenareale und alter Industrieanlagen in aufgewertete Freizeit-, Dienstleistungs- und Wohnviertel wurde seit den ersten Versuchen solcher Revitalisierungen „zu einem Muss für große und kleine Städte, selbst für solche, die kaum Zugang zum Wasser hatten“ (MERRIFILED 2007: 209). Manila, so einer der für das Projekt verantwortlichen Architekten, habe diesen weltweit praktizierten Trend bislang vernachlässigt und die Waterfront, am Fluss wie an der Küste, zu einer „Müllkippe“ verkommen lassen (Abbildung 33). Unter Bezug auf „die fortschrittlicheren Städte der Welt“ fordert dieser Architekt eine ökologische Revitalisierung mit dem Ziel „the stark realities of a Third World country“ zum Verschwinden zu bringen. Diese Realitäten manifestieren sich nicht allein in ökologischem Niedergang, sondern primär in der Anwesenheit informeller Siedlungen und des von diesen in den Fluss geleiteten sichtbaren Mülls und Abfalls (PALAFOX 2006). Diese sozialen und ökologischen Probleme, Armut, schlechte Wohnverhältnisse und ökologische Zerstörung werden als ästhetische Probleme, als „Schandflecken“ in den Augen wohlhabender potentieller Käufer wahrgenommen und, da sie drohen, den Wert luxuriöser Projekte zu gefährden, als solche behandelt: „By creating lush and inviting promenades and parks, esplanade, and areas for socializing like al fresco dining, cafes and riverside restaurants, informal settlements may be eliminated“ (PALAFOX 2006). Informelle Siedlungen als Zeichen von Armut werden dabei auch als Zeichen bekämpft, die es wegen ihrer Sichtbarkeit, die dem Bild einer global erfolgreichen modernen Stadt widerspricht, zu be-
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seitigen gilt. Armut, Unordnung, Krankheit und Dreck werden miteinander identifiziert und auf Seiten der „Unterentwicklung“ der eigenen Vorstellung von „Modernität“ und „Fortschrittlichkeit“ gegenübergestellt. Betritt man Rockwell Center durch den westlichen Eingang zu Fuß, wird der Übergang vom öffentlichen städtischen Raum in den privaten Raum dieser „City within a City“ (so einer der älteren Werbeslogans) weniger durch das tagsüber kaum sichtbare Tor markiert, als vielmehr durch die landschaftsgärtnerisch gestaltete Parklandschaft, die geschwungenen und gepflegten Straßen und ein Hinweisschild, auf dem das Rockwell Center Association Estate Management darauf aufmerksam macht, dass mit Rockwell Center ein Privatgelände betreten wird und in Folge dessen die Verkehrsregeln zu befolgen seien. Ausschluss vollzieht sich eher subtil, statt mittels abschreckender Tore, hoher Mauern und allzu sichtbarer Sicherheitsdienste, die dem Image eines kosmopolitischen und offenen Stadtzentrums widersprächen. In einem Gespräch (Anfang 2006) macht es einer der verantwortlichen Planer deutlich: „If there is any exclusivity it is through landscaping, it is not an unfriendly gate. Through landscaping you know that it is a private residential area, … maybe you are not invited. But by design, not by a gate.“
Wurden Tricycles, Pedicaps und Jeepneys als die wichtigsten Transportmittel der unteren Schichten bereits vor einigen Jahren von Hauptstraßen und aus weiten Teilen der Finanzzentren verbannt, so ist Rockwell von öffentlichen Transportmitteln weitgehend abgeschnitten. Direkte Zugänge zu den umliegenden ärmeren Stadtteilen gibt es keine. Kaum jemand ohne einen eigenen PKW passiert diesen städtischen Raum. Dieser Inselcharakter Rockwells, der räumlich, sozial und bezüglich städtischer Infrastruktur besteht, wurde eindrucksvoll auf dem Titelblatt des Philippine Daily Inquirer vom 28.09.2006 illustriert. Taifun Milenyo, der im September 2006 in Metro Manila massive Zerstörungen verursachte, legte die Stromversorgung weiter Teile der Metropole lahm. Das Titelbild, das wenig später (wenn auch etwas nachbearbeitet) durch die Betreiber von Rockwell im Rahmen einer Werbekampagne wiederverwendet wurde, zeigte eine dunkle Metropole, aus der lediglich die er- und beleuchteten Condominien des über eine eigene Strom- und Wasserversorgung verfügenden Rockwell-Gebäude herausragten.
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Abbildung 33: Rockwell Center. (Quelle: www.e-rockwell.com) Jenseits der erdrückenden Hitze, Enge und Autoabgase Metro Manilas erscheint die städtische Landschaft Rockwells als eine grüne Insel der Ruhe und der Natur in der hochverdichteten Stadt, als eine suburbane „Softscape“ (PDI 2000a). Geordnete Parklandschaften, die nicht als öffentliche Freiflächen zu verschiedenen Aktivitäten einladen, sondern als Verhinderungsarchitektur nicht intendierte Nutzungen verunmöglichen und einen Puffer zwischen der umgebenden Stadt und dem damit aufgewerteten Raum Rockwell schaffen sollen, fungieren nur als Bild eines Parks, zu genießen von den umliegenden Straßencafés. Gleichzeitig wird eine Vielfältigkeit von potentiellen Handlungen und Nutzungen als ein zentrales Merkmal dieser geplanten Räume behauptet. Darin mit der Kritik an der sozialen und kulturellen Trostlosigkeit von Suburbia übereinstimmend, wird ein kosmopolitischer Lebensstil beschworen, der an die Stelle von Familie und suburbanem Privatismus einen offensiven Konsumerismus und eine Zurschaustellung von Reichtum, sozialem Aufstieg und globaler Mobilität setzt. Dieser zeichnet sich durch die Sichtbarkeit und Präsenz jener Symbole und Zeichen aus, die als prestigeträchtig innerhalb einer imaginierten globalen Kultur angesehen werden. Zu diesen Zeichen und Symbolen gehört einerseits die Produktion selbiger durch die private Planung und Kontrolle wie auch, wie es in einem Zeitungsartikel über Rockwell heißt, „a healthy and very interesting mix of people from all over the world“ (SALAZAR 2000). Ein solcher „healthy and interesting mix of people“ bezieht sich weniger auf Menschen unterschiedlicher sozialer Klassen oder als abweichend markiertes Verhalten, beispielsweise das Sitzen auf Grünflächen ohne zu konsumieren, als vielmehr eine Mannigfaltigkeit an Waren und gleich diesen konsumierbare Lebensstile. Soziale Mischung ist hier, wie alles, ein Verkaufsargument und dient als Beleg für ein buntes, aber
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nicht bedrohliches urbanes Setting, in dem eine kontrollierbare Diversität ein notwendiges Accessoire darstellt. Diese Vielfältigkeit ist hochgradig ausschließend und basiert primär auf der Abwesenheit von Zufälligkeiten und Widersprüchen. Die „relaxed atmosphere“ Rockwells, heißt es in einem Zeitungsartikel, rühre in erster Linie daher, dass dieser Ort „not cramped, not teeming with people, not complicated“ sei (SALAZAR 2004). Dieser ästhetisierte Ausschluss transformiert soziale Differenzen zu Fragen von Geschmack und Stil und erklärt Rockwell zum Ort guten Geschmacks. Explizit wird dies in einer Werbeanzeige für Rockwell unter dem Titel „Where Stylish Manila Stays on Top“: „If you want to chill out while keeping the unstylish out, come to Rockwell.“
Abbildung 34: Werbeanzeige für Rockwell. (Quelle: www.e-rockwell.com 2005)
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Tourismus und das Global City Projekt „Tourism is the new favorite strategy for central city planners and is a central component of the economic, social and cultural shift that has left its imprint on the world system of cities in the past two decades. As a result, urban culture itself has become a commodity.“ (FAINSTEIN 2007)
Die Aufwertung von Innenstädten, die Ästhetisierung und Kommodifizierung urbaner Räume und die Kulturalisierung städtischer Landschaften, die ein zentrales Element unternehmerischer Stadtpolitik und neoliberaler Programme in zahlreichen Städten darstellen, zielen vielfach auch darauf ab, die Stadt als eine Destination von nationalem oder internationalem Tourismus zu positionieren und zu vermarkten. Einnahmen aus Tourismus und tourismusnahen Industrien machen in den Ländern der Region oft einen großen Anteil der Deviseneinnahmen aus. Tourismuskampagnen und die Produktion einer Stadt, die sich als attraktiv für zahlungskräftige BesucherInnen präsentiert, ist ein wichtiger Bestandteil von Global Cities Projekten in Städten wie Bangkok oder Singapur. Die Revitalisierung von historischen Quartieren und heritage waterfronts – dem „global cliché“ urbaner Revitalisierungsbemühungen, so Brian Graham (GRAHAM 2002: 1009) –, der Bau und die Anwerbung international renommierter Kultur- und spektakulärer Freizeiteinrichtungen oder die Etablierung als Knotenpunkt zu den Urlaubsressorts in der Nähe dieser Städte gehören zu Strategien, die von städtischen Akteuren zum Einsatz gebracht werden, um an der starken Zunahme von Tourismus in der Region zu partizipieren. „As governments and planners strive to transform their Southeast Asian Cities into international ‚command posts‘ for finance, technology, markets, media, and creative genius, a relatively consistent theme has been the reimaging and touristic promotion of these cities. For a number of Southeast Asian cities, then, becoming a destination for international tourists appears to simultaneously contribute to and underscore one’s status as a so-called global city“ (ADAMS 2003: 38).
Die intensivsten Bemühungen eine Stadt in Südostasien durch die Produktion kultureller icons als eine Tourismusmetropole, eine „Global City for the Arts“ (CHANG 2000a), und als regionales Zentrum von Städtereisen zu produzieren, wurden zweifelsohne in Singapur unternommen (MULLINS 1999). Wie eine Reihe weiterer Programme und Projekte in unterschiedlichen Sektoren Singapurs, stellen diese zumeist staatlich in-
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szenierten Projekte den Versuch dar, die ökonomische wie symbolische Vormachtstellung Singapurs als regionales Zentrum aufrechtzuerhalten, auch unter sich verändernden ökonomischen Bedingungen, insbesondere dem Wandel von einer Industrie- zu einer Dienstleistungsmetropole und der wachsenden Konkurrenz durch andere Städte in der Region (BUNNELL u.a. 2006; CHANG 2000a; 2000b; KONG 2007; YEOH 2004). Wenngleich in einem ganz anderen Maßstab, was Planung und ökonomische Ressourcen betrifft, so finden sich auch in Metro Manila seit den 1970er Jahren eine Reihe von Projekten, die auf die Stärkung eines Städtetourismus und das Anziehen von Touristen-Dollars zielen. Singapur dient auch hier, wie so oft, als ein Referenzpunkt und Symbol erfolgreicher städtischer Politiken. Fainstein und Judd haben in The Tourist City (FAINSTEIN/JUDD 1999), einem der wenigen ausführlicheren Beiträge über Tourismus aus dem Bereich der Stadtforschung und dessen Rolle für gegenwärtige Stadtpolitiken, unterschieden zwischen Ressort-Städten, touristischhistorischen Städten und umgewandelten Städten – „in which specialized tourist bubbles are carved out of areas that otherwise would be hostile to or inconvenient for tourists“ (FAINSTEIN/JUDD 1999: 266). Für Metro Manila relevant sind die letzteren beiden Typen. Dies drückt sich in einer seit den 1970er Jahren entwickelten tourist-bubble in einigen küstennahen Vierteln der City of Manila aus, sowie in bereits etwas älteren Versuchen den historischen Stadtkern für internationalen Tourismus zu erschließen. Wenn auch die Philippinen im Vergleich mit den Tourismusmetropolen der Region nur eine marginale Rolle spielen und weniger als 5 % des TouristInnenaufkommen in ASEAN verbuchen können, trägt internationaler Tourismus zu einem erheblichen Teil der Deviseneinnahmen des Landes bei. Mit jährlich zwischen 2,5 und 3 Mio. TouristInnen (2000-2005) liegen die Philippinen weit abgeschlagen hinter den Tourismuszentren der Region. Noch in den frühen 1990er Jahren lag deren Anteil bei knapp 10 % des ASEAN Tourismus. Dies ist allerdings weniger auf einen Rückgang in absoluten Zahlen zurückzuführen, als vielmehr auf ein nur marginales Wachstum.5 Dennoch stellt Tourismus neben Rücküberweisungen von MigrantInnen und dem Export von Elektrotechnik eine der wichtigsten Devisenquellen dar. Allerdings spielt Metro Manila dabei überwiegend die Rolle als Eingangstor, da fast der gesamte internationale Flugverkehr über dessen internationalen Flughafen abgewickelt wird. TouristInnen verbringen in der Regel nur eine sehr kurze Zeit in der Metropole und nutzen sie primär als Sprungbrett 5
www.asean.org/Stat/Table28.pdf (10.3.2009)
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in Richtung der Inseln in den Visayas oder Palawan (MACLAREN/ VILLALON 2002: 13). Dennoch wurden auch in den letzen Jahren, also unter den Bedingungen eines deutlich weniger proaktiv agierenden lokalen Staates als dies in den 1970er Jahren der Fall war, verschiedentlich Versuche unternommen, ausgewählte Räume Metro Manilas verstärkt für internationalen Tourismus zu öffnen und die Position der Metropole gegenüber den Inseln und Stränden wie auch im internationalen Wettbewerb zu stärken. Die stark begrenzten ökonomischen Mittel lassen allerdings für nicht viel anderes als primär symbolische Politiken Raum. Die ersten Tourismuskampagnen gehen auf die Phase des USamerikanischen Kolonialregimes zurück. Nahe dem heutigen Rizal-Park und dem damaligen Zentrum des neuen Manila, direkt an der Bucht gelegen, sahen die Pläne für die Umgestaltung Manilas den Bau eines luxuriösen Hotels vor, das es mit den berühmten Luxushotels der Region, wie dem Oriental Hotel in Bangkok, aufnehmen sollte. Das Manila Hotel, das auch gegenwärtig als eines der prestigeträchtigsten Hotels in Metro Manila ist, verfügte als erstes Gebäude in Manila über eine Klimaanlage und sollte die Stadt auf die Weltkarte des im Entstehen begriffenen internationalen Tourismus zu setzen (BURNHAM 1921). Intensivere Bemühungen setzten jedoch erst in den 1970er Jahren während des Marcos-Regimes ein, in einer Phase, in der sowohl der internationale Tourismus sich zu einem Massentourismus zu entwickeln begann, als auch im Rahmen des Vietnamkriegs, der die Philippinen verstärkt zu einem Erholungsort US-amerikanischer Soldaten werden ließ. „Before 1973 the Philippines was not much of a tourist spot. The combination of street crime and well-organized demonstrations against American imperialism and the Vietnam war created a less-than-friendly environment for a fun seeker“ (NEUMANN 1987: 182).
Erst mit der Verhängung des Kriegsrechts, der gewaltsamen Unterdrückung politischer Opposition sowie Erfolgen bei der Durchsetzung des staatlichen Gewaltmonopols gelang es ein Umfeld zu erzwingen, auf dessen Grundlage eine tourismusorientierte Politik erfolgreicher werden konnte. In Folge dessen verzehnfachten sich die Besucherzahlen bis zum Ende der 1970er Jahre auf mehr als eine Million (NEUMANN 1987: 181), sanken dann bis zum Ende des Marcos-Regimes aber wieder um mehr als ein Viertel. Das Projekt der City of Man war zu einem nicht unerheblichen Teil eine an internationale TouristInnen gewandte PR-Kampagne. So war der wegen seiner Kosten und der enormen Schmiergeldzahlungen skandalisierte Bau einer größeren Zahl von Luxus-Hotels, die den
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mit weitem Abstand größten Budgetposten im Stadtentwicklungsplan Metro Manilas im Jahr 1977 einnahmen, ein zentrales Element des Cultural Center of the Philippines (RICHTER 1989: 51ff; TADIAR 2004: 50ff). Mit finanzieller Unterstützung durch die UNESCO wurde in Manila das historische spanische Erbe restauriert und in eine touristische Landschaft umgebaut. Intramuros, das nach dem Krieg weitgehend informellen Siedlungen überlassen wurde, wurde so zu einem folkloristischen Freiluftmuseum transformiert. Diese Kommodifizierung und traditionalistisch neovernakulare Inszenierung eines kulturellen Erbes, bei gleichzeitigem Versuch die bisherigen NutzerInnen auszuschließen (vollständig gelungen ist dies nie), drückt sich in erster Linie im Einfrieren von Historizität zu Gunsten einer imaginierten Tradition und Geschichte und aktiven Konstruktion eines nationalen Mythos als Teil des Projekts der New Society aus (siehe oben). Eine besonders wichtige Rolle für den städtischen Tourismus spielte diese Form einer touristisch-historischen Stadt in Metro Manila allerdings nie. Berühmtheit erlangte Manila als Tourismusmetropole nicht aufgrund historischer Bausubstanz und seiner Geschichte, sondern in erster Linie aufgrund seiner Stellung im entstehenden internationalen Sextourismus. Neben rest & recreation US-amerikanischer Soldaten während des Vietnamkriegs beförderte insbesondere der seit den 1970er Jahren aufkommende Massentourismus und die Tourismuspolitik während des Marcos-Regimes (RIEDER 1997) die Entstehung einer Sexindustrie in Manila, die die Stadt zu einem der regionalen Zentren des internationalen Sextourismus machte. Dieser konzentrierte sich insbesondere auf die Viertel Ermita und Malate in der City of Manila. Manila galt neben Bangkok als herausragende Global City des internationalen Sextourismus und, wie es in einem Artikel des Philippine Daily Inquirer heißt, als das „flesh center of Asia“ (zitiert nach: TADIAR 1993: 167). Zu einer Zeit, als eine neue Generation von „Tigerstaaten“ durch einen rasanten ökonomischen Aufstieg von sich Reden machte und einmal mehr ein kommendes pazifisch-asiatisches Jahrhundert beschworen wurde, schien das internationale Image Manilas von den Müllbergen von Smokey Mountain, Kinderprostitution und einer extremen Armut, welche einem maßlosen Reichtum einer korrupten PolitikerInnenkaste entgegengestellt wurde, dominiert zu werden. Erste Versuche diesem Image, das zunehmend als ein Problem betrachtet wurde, zu entkommen, wurden in den frühen 1990er Jahren unternommen. Für diesen Wandel steht insbesondere der als extremer ordnungspolitischer Hardli-
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ner geltende damalige, und seit seiner Wiederwahl 2007 wieder aktuelle, Bürgermeister der City of Manila, Alfredo Lim (TADIAR 1993: 159).6 In medial aufwendig inszenierten Kampagnen und begleitet von einem Diskurs der Nulltoleranz gegenüber Kleinkriminalität und Unordnung, wurden zahlreiche Bars und Clubs in Ermita und Malate geschlossen und weite Teile deutlich sichtbarer Sexindustrie und damit verbundener Orte und Ökonomien aus dem Blick dieser städtischen TourismusLandschaften verdrängt. Die ökonomische Bedeutung von Sextourismus und dessen Verflechtungen mit den lokalen Machtstrukturen und Netzwerken lassen dies aber in erster Linie als eine kosmetische Korrektur erscheinen, welche die dortige Sexindustrie weniger sichtbar, keineswegs aber weniger ausbeutend und gewaltsam, macht – zumeist wurde die Sexindustrie in die südlich anschließenden Viertel und in weniger sichtbare Räume verdrängt (LAW 2000). Ziel dieser Maßnahmen war es, die Viertel in Einkaufs- und Unterhaltungsviertel umzuwandeln, die weniger auf einer sichtbaren Sexindustrie und den damit verbundenen Ökonomien beruhen, als auf Konsumund Unterhaltungseinrichtungen für Mittelschichten und einem weniger offensiv an Sexindustrie orientierten Tourismus. Zu den Diversifizierungsstrategien innerhalb des Tourismussektors zählten dabei, wie auch in anderen Städten der Region, neben Sprungbrett auf tropische Inseln, das Vermarkten von Konsumräumen wie Malls, Casinos oder Freizeiteinrichtungen als internationale Tourismusmagneten (MULLINS 1999: 260). Seither wurde in Ansätzen eine Umgestaltung eines ehemals mit Kriminalität und Sexindustrie, aber auch einer lebendigen KünsterInnenszene und einer sichtbaren schwulen Subkultur identifizierten Quartiere, in eine Tourist Bubble unternommen (COLLINS 2005: 185). Eine Reihe neu entstandener Condominien und Luxus-Hotels, verschiedene Versuche der Renovierung von Straßen und Plätzen entsprechend einer Tourismusenklave und eine hohe Präsenz von Sicherheitskräften haben mit dazu beigetragen, dass diese Quartiere eine deutliche Aufwertung erfuhren. Dennoch, oder gerade wegen der Nähe zu internationalem Tourismus, bleibt Armut um ein Vielfaches präsenter als an den in den vorherigen Kapiteln geschilderten Orten. 6
Seit der Wiederwahl von „Dirty Harry“, ein Spitzname, den der Bürgermeister nicht als negativ versteht, obwohl der Bezug auf den Selbstjustiz übenden Polizisten aus dem gleichnamigen Clint-Eastwood-Film klar ist (GMANEWS 2007), hat nicht nur eine offensive und aggressive Politik gegen Drogenhandel und -konsum, sondern auch die Zahl der Vertreibungen informeller SiedlerInnen und die staatliche Gewalt gegenüber diesen stark zugenommen.
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Neben repressiven Strategien gegenüber den allzu sichtbaren Formen von Sexindustrie und Informalität kamen in den späten 1990er Jahren Elemente einer staatlichen Politik des urban revivals in den tourismusrelevanten Quartieren hinzu, die eine Befriedung und ästhetische Aufwertung dieser Quartiere anstrebt. Dafür stand insbesondere der ehemalige Bürgermeister der City of Manila Atienza, dessen Politiken sich deutlich von denen seines Vorgängers und Nachfolgers unterschieden, allerdings ohne dass diese nachhaltig Bestand gehabt hätten. Erstmals wurden in nennenswertem Maße Versuche unternommen öffentliche Räume im alten Zentrum durch staatliche Maßnahmen aufzuwerten, ohne dass direkt private Investoren die Regie übernehmen (wohl auch in dem Wissen, dass diese kaum zur Verfügung standen). In diesem Rahmen wurde unter anderem die ehemalige Geschäftsstraße Avenida Rizal in eine Fußgängerzone umgewandelt, etwas durchaus außergewöhnliches, zumal hier gerade nicht mittelschichtsorientierte Geschäfte und große Einzelhandelsketten dominieren (CAGURANGAN 2003; LOPEZ 2002).
Metro Gwapo – Beautification 2.0 Wie Neil Smith betont hat, sind Gentrifizierungsprojekte und „revanchistische“ Politiken oft eng miteinander verbunden und es bedarf beider, um innerstädtische Quartiere für Mittelschichten und KonsumentInnen „zurückzuerobern“ (ATKINSON/BRIDGE 2005b; SMITH 2002). Loïc Wacquant vertritt in seinen Arbeiten zum „strafenden Staat“ die These, dass unter den Bedingungen einer Dominanz neoliberaler Formen des städtischen Regierens repressive Politiken gegen städtische Armut zu einem der zentralen Handlungsfelder des lokalen Staats werden. Während sich, so Wacquant, der Staat aus Feldern wie sozialer Wohlfahrt, der Regulierung des Arbeitsmarktes oder des Wohnungsmarktes unter der Ägide neoliberaler Vorgaben zurückzieht, sei Sicherheitspolitik eines der wenigen Felder, auf denen der lokale Staat aktiv agiere, auch um damit seine eigene Handlungsfähigkeit unter Beweis zu stellen. Der Staat nutze repressive Politiken gegen Kriminalität, Unordnung und die urban underclass (oder die urban outcasts, wie Wacquant es nennt), um deutlich zu machen, dass er weiterhin Handlungsmacht besitzt und weiterhin gebraucht wird. Zugleich dienen diese Politiken dazu, soziale Ungleichheiten, die durch die genannten Rückzugsbewegungen verschärft werden, zu bearbeiten, wo andere Ansätze diskreditiert sind (WACQUANT 1997). Wenn auch Wacquant primär vor der Folie der USA argumentiert und in erster Linie die Frage im Blick hat, was dies für mög-
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liche Entwicklungen in Europa bedeuten kann, so ist ein solcher Blick auf das Regieren städtischer Armut auch in Metro Manila aufschlussreich. Solche Politiken machen gegenüber den städtischen Mittelschichten sowie potentiellen Investoren deutlich, dass „etwas“ passiert, dass der Staat aktiv Bestrebungen unternimmt die städtischen Probleme zu bekämpfen und städtische Räume zu revitalisieren. Deutlich wird dies im Rahmen einer jüngeren beautification-Kampagne in Metro Manila. Begriffe der beautification und Revitalisierung haben in Metro Manila für BewohnerInnen informeller Siedlungen und für informelle StraßenhändlerInnen seit vielen Jahren einen bedrohlichen Klang, insbesondere, wenn sie von StadtplanerInnen, nationalen oder lokalen PolitikerInnen eingesetzt werden. Sie fungieren oftmals als „code word for the unceremonious clearance of the fragile shelters of the poor“ (SEABROOK 1996: 267). Während des Marcos-Regimes bezeichnete beautification die Durchsetzung von Vertreibungen und der Zwangsräumung informeller Siedlungen. Beautification bedeutete die Unsichtbarmachung von „Schandflecken“ und war Kern der staatlichen Anti-Armen-Politiken im Rahmen der New Society. So wie sich das aktuelle politische System unter Arroyo auf unterschiedlichen Ebenen immer stärker an den repressiven Elementen des Marcos-Regimes orientiert, so sehr finden sich auch repressive Vertreibungspraktiken wieder, die in hohem Maße ästhetisch, „zivilisierend“ und kulturalistisch oder ökologisch argumentieren. Hierbei handelt es sich um einen zentralen Beitrag des Staates zur Unterstützung innerstädtischer Aufwertungsprojekte privater Immobilienunternehmen. Auch wenn Vertreibungen informeller Siedlungen auch unter Arroyo weiterhin stattfinden, etwa im Zusammenhang mit dem Ausbau und der Wiederbelebung von Teilen des alten Eisenbahnnetzes,7 so haben in den letzten Jahren Diskurse der Ordnung, Sauberkeit und Sichtbarkeiten an Bedeutung gewonnen. Beispielhaft dafür kann ein 2006 gestartetes Programm stehen, das je nach AutorIn unter dem Titel Metro Gwapo (oder Guapo) oder Investor’s Route läuft. Metro Gwapo, das sich auf das philippinische Wort für „gut aussehend“ und „hübsch“ bezieht, ist auf 5 Jahre angelegt und mit einem Budget von knapp 25 Mrd. Peso ausgestattet. Hauptverantwortlich für die Realisierung des Projekts ist die Metro Manila Development Authority, was eine gemeindeübergreifende Planung und Durchsetzung erleichtern soll. Metro Gwapo ist das Vorzeigeprojekt des Vorsitzenden der MMDA Bayani Fernando, der
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Im Rahmen der Reaktivierung zweier Eisenbahnstrecken sollten rund 200.000 Menschen umgesiedelt werden, die entlang der 80 Kilometer langen Strecke wohnten (ANSON 2005; PABICO 2005; VELASCO 2004).
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sich auch zuvor schon einen Namen durch ein repressives Auftreten gegenüber dem informellen Sektor gemacht hat (DAMAZO 2002; DAVID 2007). Metro Gwapo, so Fernando, sei „the blueprint for the physical transformation of Metro Manila, by cleaning it literally, and ridding it of squatters, sidewalk vendors, grime and crime“ (LOPEZ 2007). Das Programm, so heißt es, „seeks to beautify, clean and civilize the metropolis principally for foreign tourists, businessmen and transients“ (ABS-CBN 2006). Neben Infrastrukturprojekten in Bereichen wie Hochwasser- und Katastrophenschutz sowie Verkehrsmanagement gehört eine Reihe von Programmen, die sich an informelle Siedlungen und informelle HändlerInnen richten, zum Kern von Metro Gwapo. Unter diesen sind Umsiedlungsprogramme für BewohnerInnen gefährlicher Lagen, wie an Wasserwegen oder Steilhängen oder von Bürgersteigen an zentralen und repräsentativen Straßen.8 Während diese Programme wenig Neues im Umgang mit informellen Siedlungen und Menschen bedeuten, denen zum Leben keine anderen Orte als Hochbrücken, Kanäle und Bürgersteige bleiben, zeigt der Ordnungsdiskurs, der diese Projekte begleitet, eine neoliberale Wendung an. Im Zentrum dessen steht eine veränderte Perspektive auf Armut und Arme, die sich einreiht in Debatten über underclass, culture of poverty und broken windows, wie sie neoliberale Stadtpolitiken prägen. Dazu gehört etwa das Street Nomads Care Programm, dessen Ziel ein „removal of street nomads, beggars, vagrants and homeless persons, including ‚rugby boys‘ from the streets of Metro Manila“ (MMDA)9 ist oder das Pook na Bulok Programm, welches eine Verschönerung heruntergekommener und wenig ansehnlicher Straßenzüge anstrebt. „This is to improve the general environment in Metro Manila in terms of aesthetics and order (QUISMUNDO 2005). Neben der Vertreibung informeller Siedlungen oder dem Verbergen unansehnlicher Stellen hinter neu errichteten und gestrichenen Mauern, Kleidungsvorschriften für die Fahrer von Jeepneys und Bussen, gehört die Zerstörung der Waren informeller StraßenhändlerInnen ebenso zu dem breiten Angebot an Vorgehen, wie 8
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Auch wenn offiziell von Umsiedlung und der Bereitstellung alternativer Flächen die Rede ist, hat Fernando immer wieder deutlich gemacht, dass er Umsiedlungen als eine Belohnung für Gesetzesbrecher ablehnt und die adäquate Vorgehensweise in der Zerstörung informeller Siedlungen liegt. Anders als lokale PolitikerInnen, ist er als Vorsitzender der MMDA, der durch die Präsidentin ernannt wird, nicht abhängig von WählerInnenstimmen, was ihm, als „possibly the Filipino poor’s most hated figure“ die Durchsetzung solcher Maßnahmen erleichtert (DAVID 2007). http://www.mmda.gov.ph/mgwapo.html. Der Begriff „rugby boy“ ist eine lokale Bezeichnung für Jugendliche die Lösungsmittel schnüffeln.
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die Platzierung aufbauender Slogans und Verhaltenshinweise entlang großer Straßen. Dabei geht es nicht nur darum, eine Art „Unser Dorf soll schöner werden“-Kampagne zu lancieren, die aus Metro Manila eine „good-looking Metro“, wie es auf manchen dieser Schilder heißt, macht, sondern um ein Projekt, das neben Blumenkübeln und frisch gestrichenen Fassaden auf ordnungspolitische Sauberkeit und Reinheit setzt, die als kulturelle und pädagogische Aufgabe verstanden werden. In Anlehnung an eine neoliberale Interpretation einer Theorie der Kultur der Armut (LEWIS 1968: 4ff), wird die Grundlage für eine fortschrittliche Stadt dabei in einer pädagogischen Besserung der sich abweichend gegenüber dominanten Werten verhaltenden Schichten gesehen. Nicht Armut, als eine Entmächtigung, die meist mit dem Entzug bürgerlicher sowie wirtschaftlicher, sozialer und kultureller Menschenrechte verbunden ist, wird problematisiert, sondern Verhaltensweisen, die als eine Kultur der Armen begriffen werden. Nicht der gesellschaftliche Kontext, der Armut produziert, sondern ungebührliches Verhalten, das sich darin ausdrückt, dass Gehsteige zum Wohnen, Arbeiten und Waschen verwendet bzw. angeeignet werden. Dabei wird, wie Randy David über die Anti-ArmenPolitik der Metro Manila Development Authority schreibt, das Ausblenden eines größeren gesellschaftlichen Kontextes zur Bedingung (DAVID 2007). Die Verschiebung hin zu einer Kulturalisierung ökonomischer Probleme (siehe auch: BELINA 2008) wird deutlich an Aufzählungen, die das Ziel dieses Programms umreißen, wie „no obstructions, no litter, no decay, no diseases, no stink, no discourtesy, […] social transformation or cultural reorientation“ (LOPEZ 2007) und in der an die BewohnerInnen Metro Manilas gerichtete Forderung: „maintaining the cleanliness of their surroundings to uplift the country’s economy from the doldrums of poverty (MB 17.3.2005). Diese mit viel medialem Aufwand inszenierten und gut sichtbaren Politiken richten sich explizit in erster Linie an internationale Gäste, potentielle InvestorInnen und TouristInnen. Die geographischen Schwerpunkte der Verschönerungsprogramme betreffen die Zufahrtsstraßen zum internationalen Flughafen und die Zugänge zum Malacañan Palast, dem Amtsitz der Präsidentin. „The drive involves the continuous cleaning and clearing of sidewalks to project an image of a business friendly atmosphere that has eluded the metropolis with the recent rallies and demonstrations“ (MB 17.3.2005). Die hinter diesen Versuchen stehenden Ansätze und Bestrebungen, internationales Kapital anzuziehen und unternehmerische Strategien der Stadtpolitik zu verfolgen, sind verbunden mit ordnungspolitischen Konzepten wie jenem des internationalen Exportschlagers der Nulltoleranz-
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politik auf der Grundlage der so genannten broken windows Theorie, die von New York ausgehend seit den 1990er Jahren eine beachtliche Globalisierung erfahren hat (AGUILERA 2005; WACQUANT 2000). Die broken windows Theorie, die von der Annahme ausgeht, dass bereits sehr kleine Verstöße gegen Vorstellungen von Wohlanständigkeit und hegemonialen Wertvorstellungen zu einem nachhaltigen Niedergang städtischer Räume und öffentlicher Ordnungen führen, lässt sich als ein Plädoyer dafür lesen, kriminal- und ordnungspolitisch äußerst niederschwellig anzusetzen und in erster Linie sichtbare Abweichung – von einer gesetzten Norm oder einer empirischen Normalität – zu ahnden. Auch hier scheint die Annahme, dass eine schöne und saubere Stadt eine bessere Stadt sei, von der aus ökonomische Entwicklung und Modernisierung ausgehe, von Seiten privater Unternehmen und staatlicher StadtpolitikerInnen ausgemachte Sache zu sein. Neben Nulltoleranz und broken windows spielt der Vorbildcharakter einer Stadt wie Singapur eine wichtige Rolle, wenn es um den Transfer und die Verbreitung solcher Strategien des städtischen Regierens geht. Der Erfolg der „air-conditioned nation“ wird aus der spezifischen Verbindung von Ordnung, Disziplin und Kontrolle erklärt und auch so diskutiert. „The idea that a clean and orderly city attracts investors and tourists comes from Lee Kuan Yew, the father of Singapore, who says that his priorities when he founded the Lion City were an honest bureaucracy, a strong defense force and an attractive and disciplined city.“ (ABS-CBN 2006). Die Rückeroberung innerstädtischer Räume durch die Mittelschichten und Oberschichten bedeutet auch, dass Räume, die in den letzten Jahrzehnten von staatlichen und privaten Akteuren weitestgehend aufgegeben worden waren, erneut einer Pazifizierung und Kontrolle unterworfen werden. Metro Gwapo ist in diesem Sinne auch der Versuch die Kontrolle über eine Stadt wiederzugewinnen, die von Seiten der städtischen Mittelschichten und staatlicher Politik verloren geglaubt ist, um damit die Grundlage für eine weitergehende Inwertsetzung herzustellen. Im letzten Kapitel soll, nachdem die vorherigen Kapitel auch als eine Steigerung gelesen werden können, insbesondere ein städtisches Großprojekt in Metro Manila betrachtet werden, das in den letzten Jahren eine rapide Entwicklung genommen hat, das sich mit solchen Problemen aber nicht primär beschäftigen muss, da hier, zumindest in der Vorstellung der PlanerInnen, auf einem weißen Reißbrett angefangen werden konnte.
MAKE NO LITTLE PLANS, THEY HAVE NO MAGIC – URBANE GROSSPROJEKTE
In zahlreichen sozialwissenschaftlichen Arbeiten zur rapiden Urbanisierung und Globalisierung urbaner Zentren in Südostasien wurde auf eine umfassende Transformation räumlicher Ordnung und räumlicher Skalierung hingewiesen. Als wichtiger Teil einer solchen veränderten räumlichen Ordnung gelten städtische Großprojekte. Diese sind oftmals in regionale oder grenzüberschreitende Wachstumsregionen eingebunden. Solche reichen von internationalen Wachstumszonen wie dem Wachstumsdreieck, das Teile von Indonesien, Malaysia und Singapur umfasst, oder dem geplanten Clark-Subic-Kaohsiung Growth Corridor, der eine Verknüpfung der philippinischen Export-produktionszone Subic Bay mit dem taiwanesischen Hafen von Kaohsiung anstrebt. Zu nennen sind weiterhin regionale Wachstumskorridore wie der Multimedia Super Corridor in Malaysia, Eastern Seaboard östlich von Bangkok oder eine Reihe von projektierten Wachstumskorridoren an der Peripherie Metro Manilas ebenso wie städtische Großprojekte wie Shanghais neue Zentrum in Pudong, die zur Lippo Bank gehörenden neuen Städte nahe Jakarta oder die weiter unten behandelte Fort Bonifacio Global City (BOEY 2002; BUNNELL 2004; CHOE 1998; DICK/RIMMER 1998; 2009; DOMINGO 2005; DOUGLASS/BOONCHUEN 2006; HOGAN/HOUSON 2002; OLDS 2001; YEUNG/LO 1996). Unter dem Begriff der urban mega projects, die sowohl von akademischer Seite wie auch von wichtigen Akteuren lokaler urbaner Regime als ein zentraler Bestandteil der Veränderungen städtischer Landschaften und Politiken in Städten (Süd-) Ostasiens angesehen werden, werden umfangreiche Infrastrukturprojekte – Flughäfen und Landgewinnungsprojekte – global vernetzte IT-Zentren
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und Wachstumskorridore, neue suburbane oder innerstädtische Business Districts und große mixed-use developments vom Umfang ganzer Städte gefasst. In der Regel werden diese durch public private partnerships oder staatliche Akteure langfristig entwickelt und gemanaged. In den Philippinen sind es meist private Immobilienunternehmen, die hinter diesen Projekten stehen. „They are effectively designed to act as functional districts within global cities that are integrated into ‚stretched out‘ development corridors at a regional level and the lattice of global cities. From the developer’s perspective (be it the public or private sector) these UMPs simultaneously (and theoretically) enable the process of capital accumulation to occur in the medium to long term while boosting each city’s socio-political comparative advantage at a regional and global scale.“ (OLDS 2001: 30)
Neben dem räumlichen Maßstab dieser Projekte ist der Umstand von Interesse, dass sich in ihnen die weiter oben dargestellten Elemente eines Global Cities Projekts in höchstem Maße zeigen. Wie Kris Olds schreibt, stellen sie eine „clear functional and symbolic manifestation [...] of the emergence of the globalizing city“ dar (OLDS 2001: 30). Diese großflächigen und von den beteiligten Akteuren als high profile Unternehmungen dargestellten und intensiv diskutierten Großprojekte, die vielfach eng mit nationalen Modernisierungs- und Wachstumsprogrammen assoziiert werden, enthalten sowohl eine reale, wie auch eine starke symbolische Dimension. Sie zielen auf eine reale wie symbolische Anbindung der Stadt an die Flüsse und Netzwerke der globalen Ökonomie. Da diese als immer flüssiger, raumloser und dynamischer wahrgenommen wird, werden Ankerpunkte benötigt, um Lokalitäten darin einzubinden. Projekte wie das unten diskutierte Fort Bonifacio Global City sind eng verbunden mit der Internationalisierung von Produktionsnetzwerken und den Transformationen der internationalen Finanz- und Immobilienmärkte und ohne diese nicht vorstellbar. Sie bilden die realen und imaginierten Räume einer transnational mobilen Elite, was in einer Stadt wie Metro Manila gleichzeitig eine Dislokation von den umgebenden, als „Dritte Welt“ markierten Räumen bedeutet.
Urbane Mega-Projekte in Metro Manila Aus dem bisher Beschriebenen wurde die Dominanz großer developer bei der Realisierung städtischer Großprojekte in Metro Manila deutlich. Die Central Business Districts von Makati und Ortigas beispielsweise
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können als im internationalen Vergleich historisch relativ frühe Formen solcher Projekte verstanden werden, die weitgehend unter privater Kontrolle realisiert wurden und in denen staatliche Akteure kaum Einfluss auf Planungsentscheidungen genommen haben. Liberalisierung unter neoliberaler Ägide und der Bedeutungsgewinn transnationaler Unternehmen und transnationalen Kapitals, das eine entscheidende Rolle bei der Realisierung solcher Großprojekte spielt, insbesondere in Ländern, die vielfach von Kapitalmangel geprägt sind, haben diese Entwicklungen seit den 1990er Jahren maßgeblich beschleunigt. Unter den seither realisierten bzw. in Realisierung befindlichen Projekten finden sich edge cities, wie die am südlichen Rand der Metropole in Alabang gelegene Filinvest Corporate City. Mit Businessparks, Malls und Wohnquartieren wurde diese durch das namensgebende Unternehmen auf dem knapp 250 Hektar großen Areal einer ehemaligen Farm entwickelt.1 Auf den Landgewinnungsarealen, die südlich an das Cultural Center of the Philippines anschließen und mit deren Trockenlegung, die ursprünglich fast für die gesamte Strecke bis Cavite vorgesehen war, bereits vor dem Marcos-Regime begonnen wurde, liegt die wesentlich größere, aber noch weitgehend im Planungs- und Erschließungsstadium befindliche und staatlich geplante Bay City (VAN NAERSSEN u.a. 1997). Dieses Projekt, das in den 1990er Jahren, als noch von einer Realisierung vor der Jahrtausendwende ausgegangen wurde, unter dem Titel Boulevard 2000 lief, befindet sich unter der Kontrolle der eigens dafür geschaffenen staatlichen Public Estates Authority (PEA). Das Gelände soll mehreren Großprojekten Platz bieten, darunter SM Bay City, Centennial City und Asiaworld City. Verzögert durch Korruptionsvorwürfe sowie die ökonomischen Folgen der Asienkrise fand eine Realisierung in nennenswertem Umfang bislang in erster Linie auf der nördlichsten der Inseln durch SM statt, die dort neben der SM Mall of Asia eine Reihe von Büroflächen für die boomende BPO-Industrie errichtet haben (PHILIPPINE ESTATES AUTHORITY 2006; TIGLAO 1997). Außerhalb von Metro Manila fiel in den 1990er Jahren insbesondere die Transformation der beiden gut hundert Kilometer nördlich liegenden ehemaligen Stützpunkte des US-amerikanischen Militärs, Subic Bay und Clark Airfield 1
Wie Marcuse und van Kempen betont haben, ist es sinnvoll den Begriff der Edge City nicht in der engen quantitativen Fassung und dem emphatischen Gebrauch von Garreau zu verwenden (GARREAU 1991), sondern ein weiteres Konzept anzuwenden. Der Begriff der Edge Cities, so Marcuse und van Kempen, bezieht sich auf „cluster of residence, business, commerce, and recreation on an urban scale, removed from major central cities but related to them, whose independence in daily life from those central cities is in large part their reason for being“ (MARCUSE/VAN KEMPEN 2000a: 255f).
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nahe Olongapo City resp. Angeles City in Exportproduktionszonen durch umfangreiche und extrem ambitionierte Pläne auf. Liest man die Pläne und Verlautbarungen etwa der Subic Bay Metropolitan Authority aus den Jahren der Ramos-Administration, so findet sich dort ein neoliberal unternehmerischer Wachstumsdiskurs, der Subic Bay als das kommende Hong Kong und gemeinsam mit mehreren hunderttausend zu schaffenden Arbeitsplätzen in Clark als zentralem Logistik Knotenpunkt in Asien imaginiert und als „hottest ticket in developing Asia“ (PS 25.8.1994) inszeniert. Auch wenn zwischen 1992 und 1994 über zwei Drittel aller ausländischen Direktinvestitionen in den Philippinen auf Subic Bay entfielen, so ist von den großen Plänen der 1990er Jahre relativ wenig übrig geblieben und neben einem Mangel an ausländischen Investitionen überschatteten Auseinandersetzungen zwischen dem Vorstand der zuständigen staatlichen Entwicklungsinstitutionen und dem nationalen Staat sowie Korruptionsvorwürfe und cronyism das Projekt (ISIP 2002; SASPA 2003). Als einem der bekanntesten und bislang ökonomisch erfolgreichsten und einflussreichsten solcher Großprojekte in Metro Manila soll im Weiteren etwas ausführlicher auf die Transformation des ehemaligen Militärlagers Fort Bonifacio in ein neues und privat geplantes innerstädtisches Zentrum eingegangen werden. Dieses Projekt trägt den wenig zurückhaltenden und programmatischen Namen Fort Bonifacio Global City.
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Abbildung 35: Großprojekte (Auswahl). Name Filinvest Corp. City Fort Bonifacio SM Bay City CBD Quezon City Bay City
Filinvest Ayala SM PPP diverse
Fläche Vorherige (ha) Nutzung 244 agrarisch 214 militärisch 60 Landgewinnung 250 divers. ~1.500 Landgewinnung
Baubeginn Ort 1990er 1995 2000 2007 ~1980er
Tabelle 6: Urban Mega Projects in Metro Manila.
Muntinlupa Taguig Parañaque Quezon Parañaque/Pasay
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Fort Bonifacio Global City „The Philippines is now positioning itself as an alternative to the exodus of investments from Hong Kong after 1997. It is also poised to serve as the entry to Asia being at the frontier for economic growth for the next century. The Fort Bonifacio Development Corporation is committed to creating a globally competitive metropolis with the best urban environment that will serve the needs and aspirations of the communities of tomorrow.“ (PDI 2.3.1997)
Eines der sichtbarsten Großprojekte in Metro Manila ist Fort Bonifacio Global City. Dieses wurde Mitte der 1990er Jahre auf dem Gelände des ehemaligen Militärlagers Fort Bonifacio initiiert, seine Realisierung hat aber erst in den letzten Jahren an Geschwindigkeit zugenommen. 1902 akquirierten die USA ein gut 25 km² großes Areal östlich Manilas im heutigen Taguig City und errichteten auf diesem Gelände das Militärlager Fort McKinley. Nach der Unabhängigkeit wurde Fort McKinley 1949 an die philippinische Armee übergeben und später unter dem Namen Fort Bonifacio, benannt nach Andrés Bonifacio, dem Gründer der Katipunan, der ersten revolutionären Unabhängigkeitsbewegung der Philippinen, zu deren Hauptquartier ausgebaut. Während des MarcosRegimes diente Fort Bonifacio unter anderem als Gefängnis für prominente politische Gefangene. Der Bedeutungsverlust der Philippinien für die US-amerikanische Geopolitik zu Beginn der 1990er Jahre und eine anhaltende Kritik an der Präsenz US-amerikanischer Truppen im Land führten zum Abzug der US-amerikanischen Streitkräfte und zu einer massiven Umstrukturierung des philippinischen Militärs. 1992 wurde die Bases Conversion Development Authority (BCDA) gegründet, deren primäre Aufgabe in der Umwandlung der großen ehemaligen Stützpunkte des US-Militärs in Exportzonen besteht. Darüber hinaus wurde diese mit der gewinnbringenden Veräußerung und Privatisierung von Teilen Fort Bonifacios und weiteren in Metro Manila liegenden Flächen des philippinischen Militärs betraut. 1995 verkaufte die philippinische Regierung in einer recht spektakulären Versteigerung die ersten 214 Hektar des Geländes von Fort Bonifacio an die Metro Pacific Group. Teile des übrigen Areals wurden in kleineren Parzellen durch die BCDA versteigert; große Flächen befinden
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sich weiterhin im Besitz des philippinischen Militärs2 oder stehen noch vor einer Veräußerung. Diese erste Versteigerung fand während der Hochphase des Immobilienbooms in Südostasien statt, der nicht nur zu einem massiven Ansteigen der Immobilienwerte und Grundstückspreise führte, sondern auch zu einem starken Wachstumsglauben im Immobiliensektor und der Erwartung dauerhafter und ungebrochener Wertsteigerungen. Spektakulär war nicht nur das Ausmaß des zur Versteigerung angebotenen Areals, immerhin ging es bei dieser Versteigerung der letzten großen Freifläche in zentraler Lage in Metro Manila um eine der größten Versteigungen eines innerstädtischen Geländes in Südostasien, sondern ebenso der Preis, der selbst optimistische Beobachter überraschte. Für über 39 Mrd. Peso, zu diesem Zeitpunkt etwa 1,6 Mrd. USDollar, erhielt ein Konsortium unter der Führung von Metro Pacific, einem Ableger des in Hong Kong ansässigen und unter Kontrolle der indonesischen Salim-Familie stehenden Finanz- und Immobilienunternehmens First Pacific, den Zuschlag. Der Preis war um rund ein Drittel höher als die ewigen Favoriten von Ayala Land und eine Reihe weiterer Bewerber geboten hatten, und was angesichts der notwendigen Investitionen als wirtschaftlich galt. In dem Konsortium, das schließlich den Zuschlag erhielt, waren zudem eine Reihe der traditionellen Konkurrenten von Ayala, wie Filinvest oder Philrealty, vereint, die darin die Chance sahen, die enorme Dominanz von Ayala zu brechen. Die Vorstellung, wenige hundert Meter östlich des von Ayala kontrollierten Central Business District von Makati ein Areal von solchen größeren Ausmaßen zu kontrollieren, erschien äußerst verlockend. Dafür erhielt das Konsortium ein weitgehend unerschlossenes Gelände, das kaum über Infrastrukturanbindungen verfügte, militärische Altlasten trug und in Teilen von informellen Siedlungen in Besitz genommen worden war – die Grundstückspreise nach der Erschließung wurden ähnlich denen im bereits seit Jahrzehnten etablierten Central Business District von Makati erwartet (TIGLAO 1995). Juristische Auseinandersetzungen um die Rechtmäßigkeit des Gebots, die von Seiten des unterlegenen Ayala Unternehmens angestrengt wurden,3 die Asienkrise von 1997, die das Metro Pacific Konsortium
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Der Status dieser verbleibenden Flächen ist zum Teil umstritten. Insbesondere um einige vermutlich nicht legal errichtete Offiziersquartiere ist vor wenigen Jahren heftiger Streit zwischen der BCDA als staatlicher Institution, die diese Flächen inwert zu setzten bemüht ist, und einer Reihe höherer Militärs entbrannt (GLORIA 2003; JIMENEZ 2003). Ayala kritisierte 1995, dass Teile des Kaufpreises für Fort Bonifacio durch Kredite finanziert wurden, die das zu erwerbende Grundstück als Sicherheit angeben und dies unzulässig sei. Die Klage wurde im Folgenden ab-
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massiv in Mitleidenschaft zog und die Nachfrage nach Immobilien fast zum Erliegen brachte sowie die Räumung informeller Siedlungen und einiger hochrangiger Militärs, die sich weigerten ihre Privathäuser auf dem ehemaligen Militärgelände aufzugeben, trugen zu einer verhältnismäßig langsamen Entwicklung des Geländes bei. Ende der 1990er Jahre drohte das Projekt, ähnlich zahlreichen anderen in der Region, der Finanzkrise zum Opfer zu fallen. Neben der Erschließung durch die Grundlegung moderner Strom- und Wasserversorgungsinfrastrukturen sowie eines Straßennetzes wurde in den ersten Jahren nach der Asienkrise lediglich eine kleine Zahl von Luxus-Condominien an der Westseite des Geländes errichtet. In direkter Nachbarschaft lag der Golfplatz von Forbes Park und ein kleinerer Block von Konsum-, Unterhaltungs- und Kultureinrichtungen, darunter die Studios von MTV Philippines – Ende der 1990er Jahre durchaus eine Ikone globalisierter kosmopolitischer Urbanität in der Region. 2005 eröffnete die erste große Mall auf dem Gelände, die zu Ayala gehörende knapp 180.000m2 große Mall Market!Market! (BACANI/PARAS 1996; SIPIN 1995; VILLANUEVA 2002). Ein weiterer Rechtsstreit, der die Geschwindigkeit der Erschließung des Geländes allerdings weniger beeinflusste, betraf die territoriale Zugehörigkeit und wurde zwischen Makati City und Taguig ausgetragen. Beide Städte beanspruchten die Zuständigkeit für dieses Territorium, das zuvor als militärisches Gelände außerhalb der zivilen Verwaltung lag und bei der Gründung Metro Manilas nicht eindeutig einer der beiden Lokalregierungen zugeschlagen wurde. Dabei geht es für die beiden Lokalregierungen um sehr viel. Für Makati City um den möglichen Verlust der ökonomischen Vormachtstellung in Metro Manila und als dominantem Finanz- und Dienstleistungszentrum des Landes, und für Taguig um die Möglichkeit, seine bisher sehr randständige Stellung unter den Gemeinden und Städten in Metro Manila durch einen zu erwartenden starken Ressourcenzuwachs aufzuwerten. Die 2003 gerichtlich gefällte und 2008 bestätigte Entscheidung, dass Fort Bonifacio Taguig zuzuschlagen sei, legte die Basis für eine cityhood-Kampagne und eine Reihe größerer Infrastrukturprojekte in diesem bisher marginalisierten Stadtteil. Seither verfolgt Taguig City unter dem Titel Forward Taguig ein ambitioniertes und in hohem Maße medial inszeniertes Modernisierungsprogramm, dessen Ziel ein trickle-down und eine Streuung der Effekte von Fort Bonifacio ist. Eines der ersten sichtbaren Ergebnisse war auch hier der Bau einer neuen Town Hall (CABER 2006; HICAP 2004).
gewiesen (MT 15.6.1995). Eine ähnliche Klage durch Ayala verzögerte zu Beginn der 1990er Jahre den Baubeginn von Filinvest Corporate City.
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Abbildung 36: Zentrum des künftigen Fort Bonifacio Global City. (Foto: Boris Michel (2006)
Abbildung 37: Condominium Rohbauten in Fort Bonifacio. (Foto: Boris Michel 2006)
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Abbildung 38: Ein Golfplatz als Grenze. (Foto: Boris Michel 2006)
Abbildung 39: Aktualisierter Masterplan von 2006. (Quelle: Fort Bonifacio Development Corporation)
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Die ökonomischen Folgen der Asienkrise für den Immobiliensektor hielten bis ins Jahr 2002 an und ein erstes größeres Projekt seit Beginn der Krise wurde erst Anfang 2003 in Fort Bonifacio an den Start gebracht. Im selben Jahr sah sich Metro Pacific, die anders als Ayala in Makati die einzelnen Grundstücke direkt an andere developer verkauften und so Teile der Kontrolle über die Entwicklung von Fort Bonifacio aus der Hand gaben, aufgrund einer Krise des Mutterkonzerns First Pacific und der Salim-Familie gezwungen, die verbleibenden zentral gelegenen 150 Hektar (ungefähr die gesamte auf der Abbildung sichtbare Freifläche) an Ayala Land und Evergreen Holdings zu verkaufen; ein größeres Areal, auf dem das Immobilienunternehmen Megaworld mit McKinley Hill eine Gated Community mit Townhouses und freistehenden Häusern errichtet, schließt südöstlich (außerhalb des Bildrands) an. Ayala und Evergreen Holdings übernahmen damit für einen Bruchteil des 1995 gebotenen Betrags die Mehrheit der Fort Bonifacio Development Corporation (ABADILLA 2002; DUMLAO 2003; VALINO 2002). Als Besitzerin der größten Teile des Grundstücks ist die Fort Bonifacio Development Corporation (FBDC) wichtigster Akteur bei der Entwicklung des Projekts. Sie setzt sich aus BCDA als staatlichem Akteur und passivem Teilhaber sowie dem Ayala/Evergreen Konsortium als Mehrheitseigentümer zusammen. Die Übernahme durch Ayala/Evergreen, die zeitlich mit dem Einsetzen eines deutlichen Booms im Immobiliensektor Metro Manilas zusammenfiel und zusätzlich zu den Ressourcen der neuen Besitzer massiv Kapital in dieses Projekt pumpte, hat die Entwicklung von Fort Bonifacio Global City als Inbegriff hegemonialer Vorstellungen über eine moderne und global erfolgreiche Metropole beschleunigt, deren städtische Landschaft wie kaum eine andere in Metro Manila den Bezug auf die transnationalen Räume einer global vernetzten und global agierenden Elite verkörpert. Ähnlich wie in Makati werden die einzelnen Parzellen mittels längerfristiger Verträge vermietet und anders als unter den Vorgängern nicht verkauft, mit dem Ziel, eine längfristige Kontrolle über die Entwicklung und Steuerung von Fort Bonifacio zu behalten. Fort Bonifacio Global City richtet sich als eine city-within-the-city an die obersten sozialen Schichten, wird dabei aber diskursiv als allgemeines Vorbild künftiger Entwicklungen Metro Manilas und als die Verkörperung einer guten Stadt produziert. Das gut 2km2 große Areal, das die erste Phase von Fort Bonifacio Global City umfasst, liegt seit der Fertigstellung der Ringstraße C-5 an einer der für die angesprochenen Schichten attraktivsten Stellen der Metropole. Verbunden durch einen direkten Flyover, mit dem nur durch einen Golfplatz und Forbes Park getrennten Central Business District von Makati, sechs Kilometer süd-
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lich von Ortigas Center (auf obiger Abbildung am rechten oberen Rand) und mit direkter Verbindung zum internationalen Flughafen und dem South Super Highway, der die Verbindung zu den suburbanen Communities im Süden herstellt, ist Fort Bonifacio einer der am zentralsten gelegenen Orte der Metropole. Trotz zentraler Lage grenzt Fort Bonifacio sich räumlich deutlich von den urbanen Problemen der Stadt ab. Während im Süden ein großer amerikanischer Soldatenfriedhof und im Westen der Manila Golf Club das Gelände durch ausgedehnte Grünflächen abschließen,4 wird das Gelände im Norden hinter einer Mauer von dicht gedrängten Quartieren der ärmsten Stadtteile Makatis und im Osten von einer kaum überwindbaren Schnellstraße – die eine Schneise zwischen den ärmeren und reicheren Teilen von Taguig City zieht – umfasst. In der Tradition des Militärlagers bleibend, sind die Zugangsmöglichkeiten zu Fort Bonifacio stark beschränkt. Die Tore und Zufahrtswege sind auf den Autoverkehr, nicht aber auf Fußgänger zugeschnitten und unterliegen, wie das gesamte Gelände, der Kontrolle durch den privaten Sicherheitsdienst. Diese Sicherheitsdienste übernehmen in starkem Maße Polizeiaufgaben, die normalerweise in den Aufgabenbereich städtischer Polizeien fallen und sind besser qualifiziert und besser bezahlt als die städtische Polizei von Taguig – weswegen die Lokalregierung von Taguig auf eine Unterstützung der städtischen Polizei durch die Sicherheitskräfte von Fort Bonifacio drängt. Für das Management von Fort Bonifacio ist die Bonifacio Global City Estate Association, Inc., die homeowner association der Grundstückseigner, verantwortlich. Der von HOK – einem der international führenden Architekturbüros, das für eine Reihe von high-profil Projekten in Metro Manila verantwortlich zeichnet – entworfene Masterplan, der nach der Übernahme durch Ayala durch eine weniger zentralistisch (ursprünglich war ein kreisförmige Ausrichtung des Areals vorgesehen) und stärker auf Fußgängerorientierung hin ausgerichtete Variante modifiziert wurde, sieht bei Fertigstellung eine Tagesbevölkerung von einer halben bis einer Millionen Menschen und 200.000-250.000 permanenten BewohnerInnen von Fort Bonifacio Global City vor (LISS-KATZ 1998; RUBIO 2006). Dieser Plan, dem eine geplante Realisierung innerhalb von 25 Jahren zu Grunde liegt, sieht eine hochverdichtete und primär aus hochgeschossigen Gebäuden bestehende Bebauung vor. Eine Ausnahme bildet in erster Linie die zentrale Achse, die nach den veränderten Bebauungsplänen eine 40 Meter breite und 500 Meter lange Fußgängerzone namens 4
Golfplätze bilden die größten Frei- und Grünflächen im städtischen Gebiet. Metro Manila verfügt im innerstädtischen Gebiet über rund 10 private oder im Besitz des Militärs befindliche Golfplätze. Öffentliche Parks hingegen sind äußerst rar, klein und schlecht gepflegt.
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High Street mit niedriger Bebauung vorsieht. Hierbei handelt es sich um die einzige größere offene Fußgängerzone Metro Manilas. Solche, einer idealisierten Vorstellung der high streets US-amerikanischer Kleinstädte entlehnte Stadtzentren, wurden von unzähligen neotraditionalistischen und neourbanen Planungskonzepten als zentrales städtebauliches Element aufgenommen und drücken in hohem Maße die darin gedachte Vorstellung von Urbanität aus (siehe auch: JACKSON 1998). Dies reflektiert das hier zugrunde liegende Konzept von öffentlichem Raum in einer privaten Stadt, fungiere diese Fußgängerzone doch als „a dynamic social hub for participative activities organized by the merchants in the area“ (FBDC). Die vorgesehene Wohnbebauung, die ebenso wie die Büroflächen von unterschiedlichen Investoren und lokalen Immobilienunternehmen erfolgt, besteht von wenigen Ausnahmen abgesehen aus hochgeschossigen Condominien, die in erster Linie die obersten KäuferInnenschichten ansprechen sollen. Die Grundlage einer sozialen Infrastruktur, die sich ausschließlich auf die oberen sozialen Schichten richtet, bilden mehrere private, meist internationale Schulen und mit St. Luke Medical Center, nach Selbstdarstellung „one of the top five hospitals in Asia by 2010“. In den nächsten Jahren ist als symbolisch wichtiger Schritt der Umzug der Börse und mehrerer Botschaften von Makati nach Fort Bonifacio geplant.5 2010 sollen sowohl das erste 6-Sterne-Hotel des Landes, das höchste Gebäude der Philippinen wie auch ein neues und zentral gelegenes Technik- und Wissenschaftsmuseum – auch eines der must-haves global ausgerichteter und high-tech orientierter städtischer Großprojekte – eröffnen. Ein größeres Areal wurde unter dem Namen E-Square als Exportproduktionszone für Service Industrien ausgewiesen und bietet exportorientierten Serviceunternehmen damit Bevorzugungen und Steuerbegünstigungen. Eine eigens gegründete Stiftung hat die Versorgung des öffentlichen Raums von Fort Bonifacio mit öffentlicher Kunst und Kunst am Bau zur Aufgabe. Durch öffentliche Kunst, „art for everyone ... everywhere ... everyday“, soll die Bonifacio Art Foundation nicht nur „the Soul of Bonifacio Global City“ stärken, sondern den kosmopolitischen und weltstädtischen Charakter unterstreichen und dem Ort gleichzeitig eine Historizität einschreiben. Dabei bleibt diese oberflächliche und ästhetisierende Historisierung, die nicht mehr als ein Markenzeichen und Ver5
Die Frage der Lokalisierung des Philippine Stock Exchange war schon öfters Konfliktpunkt, da damit reale wie symbolische Gewichtungsverschiebungen des jeweiligen Standorts verbunden sind. Bis 1992 bestanden die 1927 gegründete Börse in der City of Manila, die auf Betreiben der Ortigas Familie nach Ortigas Center umzog, und die 1963 eröffnete Börse in Makati – die heute Haupthandelsplatz ist – parallel.
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kaufsargument sein soll, eng den international dominierenden Kunstund Ästhetikdiskursen und der Idee einer „internationalen Identität“ dieser Global City verbunden. Internationalität und die behauptete internationale Identität meinen auch hier in erster Linie die Verbannung alles Lokalen und den Versuch möglichst viele nicht-philippinische ArchitektInnen und Marken anzuziehen. So ist es wenig verwunderlich, dass Sara Liss-Katz, stellvertretende Vize von HOK einen Aufsatz, in dem Idee und Konzept von Bonifacio Global City dargestellt werden, einleitet mit Burnhams Zitat, dass keine kleinen, sondern große Pläne zu machen seien (LISS-KATZ 1998). Es zeigt sich einmal mehr ein Aufscheinen der Dauerhaftigkeit kolonialer Narrationen, wenn nach knapp hundert Jahren ein US-amerikanisches Unternehmen den Kolonialarchitekten zum Vorbild eines Projekts nimmt, dass wie kaum ein anderes in den Augen neoliberaler Akteure die erwünschte Zukunft der Philippinen repräsentiert. Die symbolische Dimension dieses „image-enhancing mega-projects“ (Dick/Rimmer 2003: 319) hat Präsident Ramos bereits kurz nach der Veräußerung des Geländes und der Veröffentlichung des ersten Masterplans deutlich formuliert und in dessen nationales Modernisierungsprojekt Philippines 2000 eingeschlossen: „Bonifacio’s symbolic national role is demonstrating to the world the Filipino’s ability to carry out projects of magnitude“ (zitiert nach: LICO 1999). Ein solch gewichtiger Beweis für den Erfolg des Projekts, die Philippinen auf den Weg der NIChood zu setzen und als global wettbewerbsfähig zu positionieren, ist sowohl materiell wie auch diskursiv ein aufwendiges Unterfangen. Wie angesichts des wenig zurückhaltenden Namens des Projekts zu erwarten ist, zeichnet sich der dieses betreffende Diskurs durch eine Rhetorik der Internationalität und globalen Wettbewerbs-fähigkeit aus, der Fort Bonifacio in Bezug setzt zu den weltweit „fortschrittlichsten“ Städten. Auch hier werden als Beispiele erfolgreichen Stadtmanagements in erster Linie Singapur, Hong Kong oder Kuala Lumpur genannt, Städte, denen es gelungen ist, sich als ebensolche global erfolgreichen Metropolen zu positionieren (LICO 1999). Der Begriff der globalen Wettbewerbsfähigkeit, der hier auf den Neubau eines städtischen Zentrums angewandt wird, dient als zentraler Bezugspunkt weiter Teile der Repräsentationen von Fort Bonifacio Global City. Als global wettbewerbsfähig gelten dabei sowohl die städtische Infrastrukturen, Bildungs- und Gesundheitseinrichtungen, Architekturen und Stadtmanagement. Mit anderen Worten: „A visit to Fort Bonifacio captures the feel of a globally competitive metropolis“ (PDI 2000b). Dieses „Gefühl“ globaler Wettbewerbsfähigkeit, das in diesen städtischen Raum eingeschrieben werden soll und die BesucherInnen und NutzerInnen befällt – wohlgemerkt zu einem Zeit-
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punkt, zu dem das Gelände kaum ein Dutzend Gebäude beherbergte – wird verbunden mit international einflussreichen neourbanen Diskursen. Dabei werden internationale Wettbewerbsfähigkeit und kosmopolitische Urbanität kurzgeschlossen mit Diskursen ökologischer Nachhaltigkeit und sozialer Heterogenität. Internationale ArchitektInnen und StadtplanerInnen und all solche, die internationale Debatten verfolgen, wissen nicht nur, dass Urbanität, dieses „mantra in urban rhetoric“ (BUSÀ 2007: 2), der Schlüssel zu einer „großartigen“ Stadt ist, sondern auch, dass Heterogenität ein zentrales Moment dieser Urbanität ist (LICO 1999). Sie wissen aber auch, dass Heterogenität zu kontrollieren und befrieden ist, damit sie die lokale wie internationale consumerclass anspricht und eine „subalterne Urbanität“ und die Urbanität eines urban decay ausschließt. Das was von Nöten ist, ließe sich beschreiben als eine planerisch produzierte Urbanität auf der Ebene eines abstrakten Raums. Während also die Zugänge zu einem Raum wie Bonifacio reguliert werden und Handlungen innerhalb ausgeschlossen werden – durchgesetzt durch Bodenpreise und private Kontrolle – scheint die Architektur im Inneren äußerst offen und wird konzipiert als die „ antithesis to Manila and Makati [...] thus seeking to become an ideal city“ (FAIX 2007). So verfügen, ganz im Gegensatz zu weiten Teilen Metro Manilas, fast alle größeren Gebäude über Ladenzeilen im Erdgeschoss, die sich und die dort zur Schau gestellten Waren zur Straße bzw. dem von FußgängerInnen genutzten Raum öffnen und eine lebendige Atmosphäre behaupten. Fußgänger-freundlichkeit ist hier, wie im deutlich kleineren Rockwell Center und ähnlichen neueren Projekten, ein zentrales Element, das modernistischen oder anti-urbanen Konzepten entgegengestellt wird. Ein solcher Raum soll gleichzeitig als urbane Oase und Rückzugsort dienen wie auch einen entertainment hub, ein „powerful statement about your stature“ und eine Cosmopolis darstellen.
Zusammenfassung Während solche Großprojekte in der Region keine Seltenheit sind und etwa Satellitenstädte rund um manche chinesischen Metropolen oder auch an den Rändern von Jakarta in deutlich größeren Dimensionen entstehen, so scheint doch die Dominanz des privaten Sektors außergewöhnlich. Fort Bonifacio kann, wie so vieles in Metro Manila, als ein Extrembeispiel einer privaten Stadtplanung und -entwicklung verstanden werden. In diesem Sinne muss sie zwei Aufgaben erfüllen, nämlich als Stadt wie als Anlageobjekt überzeugen. „The Bonifacio Global City (BGC) is a cosmopolis of offices, residential areas, commercial blocks,
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and civic centers that look good on the asset sheet as they do on the land“ (www.fbdcorp.com). Nach der Krise der ersten Jahre scheint es, dass Fort Bonifacio Global City von der Übernahme durch den kapitalstärksten und durchsetzungsfähigsten lokalen developer, sowie in besonders starkem Maße vom aktuellen Immobilienboom profitiert und sich anschickt zum wichtigsten Wachstumszentrum Metro Manilas sowie eine profitable Anlage zu werden. Bereits Ende 2006 befanden sich gut hundert Gebäude im Bau oder in Planung und bis 2010 sollen weitere 400.000m2 vermietbare Büroflächen entstanden sein. Folgt man den teuren Lifestyle-Magazinen und Lifestyle Beilagen in den großen Tageszeitungen, so ist Fort Bonifacio auch als Stadt, als neues urbanes Zentrum auf einem erfolgreichen Weg. Etwa zur selben Zeit, zu der im hochgradig exkludierenden Fort Bonifacio der Bau der High Street als eine privatisierte Fußgängerzone für die Konsuminteressen der oberen Mittelschichten begonnen wurde, ließ der neu gewählte Bürgermeister der City of Manila Alfredo Lim eines der Vorzeigeprojekte seines Vorgängers, die zu einer öffentlichen, wenig restringierte und auch für informelle StraßenhändlerInnen zugänglichen Fußgängerzone umgebaute Avenida Rizal wieder für den Autoverkehr öffnen (BAUMGÄRTEL 2007).
SCHLUSS
Ziel dieser Arbeit war es, die exkludierenden Landschaften urbaner Mittelschichten und dominanter Akteure in einer Stadt zu untersuchen, die in den meisten Fällen in Begriffen einer „Drittweltstadt“ oder einer unkontrolliert und unkontrollierbar wachsenden Mega-City des globalen Südens beschrieben wird und in der die Rolle urbaner Mittelschichten vernachlässigbar erscheint. Stattdessen dominieren Forschungen über extreme Armut, Slums und Marginalisierung auf der einen Seite und Diskurse über exzessiven Reichtum korrupter PolitikerInnen und cronies auf der anderen Seite. Nicht selten bedienen sich diese Darstellungen exotisierender Bilder und Diskurse, wie es etwa bezogen auf Ferdinand und Imelda Marcos der Fall ist oder wie es sich teilweise in jüngeren Beiträgen zur Globalisierung des Slums findet. Um den Blick auf andere Realitäten Metro Manilas zu lenken, wurden im Verlauf dieser Arbeit staatliche Politiken und Akteure auf verschiedenen Maßstabsebenen, konkrete städtische Räume sowie Repräsentationen von Stadt betrachtet. Dies zielte darauf, auf unterschiedlichen Ebenen einen Zugang zu diesen städtischen Landschaften zu gewinnen. In einem Aufsatz über die historische Veränderung des dominanten „political symbolism“ des städtischen Raums von Metro Manila unterscheidet Shatkin zwischen Manila als einer kolonialen, einer modernistischen und einer globalen Hauptstadt (SHATKIN 2005). Diese Unterscheidung der Rolle, welche der Hauptstadt für die Repräsentation von Nation und Modernität von Seiten des nationalen Staates zugeschrieben und zu dessen Legitimation eingesetzt wurde, weist auf drei, auf der Ebene der Symbolik und der dominierenden Diskurse, deutlich trennbare Phasen der philippinischen Geschichte hin. Dabei verschob sich, wie Evers und Korff in Southeast Asian Urbanism schreiben, die Rolle der
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Hauptstädte Südostasiens in den letzen Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts von der Position „cult centres of nationalism“ zu sein, hin zu „centres of modernisation in a globalizing world“ (EVERS/KORFF 2000: 45). Letzteres steht unter dem Diktum von Liberalisierung, Globalität, Markt und Wettbewerb. Als Hauptstadt eines US-amerikanischen Kolonialregimes, das sich signifikant von der spanischen Herrschaft, welche Manila gut dreihundert Jahre unter ihrer Kontrolle hatte, abzusetzen bemühte, wurde die Stadt Objekt eines umfangreichen staatlichen Modernisierungsprojekts. In diesem Projekt, das hier mit dem Begriff einer Zivilisierungsmission zu fassen versucht wurde, reflektieren sich imperialistische und rassistische Diskurse der Überlegenheit der USA (und allgemeiner des „Westens“) gegenüber deren neuen „Besitzung“. Während die Zustimmung der philippinischen Bevölkerung insbesondere in den Provinzen vielfach gewaltsam erzwungen wurde, sollte der „wohlwollende“ Charakter des US-amerikanischen Kolonialprojekts insbesondere an Manila unterstrichen werden. Die Pläne für die Transformation Manilas in eine moderne Hauptstadt sollten diese in eine „adequate expression of the destiny of the filipino people“ verwandeln und Zeugnis der „efficient services of America in the Philippine Islands“ (BURNHAM 1921: 195) ablegen. Dies zielte neben einer innenpolitischen Stoßrichtung der Kolonialmacht darauf, die lokale Bevölkerung von den „Segnungen“ der neuen Kolonialmacht zu überzeugen – der Erfolg dieses Unterfangens wird gerne in der Persistenz einer starken Affinität philippinischer Alltagskultur gegenüber US-amerikanischen Symbolen und Praktiken gesehen bzw. als ein Mangel an nationalem Selbstbewusstsein beklagt. Neben der architektonischen Umgestaltung der Stadt entsprechend zeitgenössischen Leitbildern moderner, demokratischer und fortschrittlicher Städte, die sich insbesondere dem Vorbild von Washington D.C. und den Planungsidealen der city beautiful Bewegung bediente, spielte die Durchsetzung moderner disziplinatorischer Sozialtechnologien, etwa in den Bereichen Verwaltung, Ordnungspolitik und städtischer Hygienekampagnen eine zentrale Rolle. Mit der formalen Unabhängigkeit der Philippinen und der Etablierung einer auf der Basis der durch das US-amerikanische Regime geschaffenen Dominanz lokaler Eliten beruhenden Demokratie gewann das Nation-Building (materiell wie diskursiv) an politischer Bedeutung. Dies wurde insbesondere während des Marcos-Regimes deutlich. Dessen Stadtpolitik wurde in dieser Arbeit in den Mittelpunkt gerückt. Das Marcos-Regime wurde dabei als der deutlichste, wenn auch gescheiterte, Versuch interpretiert, in den Philippinen einen autokratischen Entwicklungsstaat zu etablieren und eine technokratische Regierung von Gesell-
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schaft durchzusetzen. Stand bereits der Diskurs des US-amerikanischen Kolonialregimes an der Schwelle zu einem sich weltweit durchsetzenden Entwicklungsparadigmas, so wurde ein solches nach dem Zweiten Weltkrieg für zahlreiche postkoloniale Staaten äußerst wirkmächtig. Das Marcos-Regime und das Projekt der New Society sind nicht allein als eine von Exzentrik, Kleptokratie und cronyism geprägte Diktatur zu verstehen, sondern auch als ein gesellschaftliches und ökonomisches Modernisierungsprojekt und als ein Versuch der Schaffung nationaler Kohäsion – ähnlich wie beim Konzept der asian values wurde hier ökonomische Prosperität eng mit kulturellen Einstellungen verbunden. Bezogen auf städtisches Regieren sollte dies in erster Linie mittels Politiken der Sichtbarkeit erreicht werden, die Bilder von Modernität zu schaffen bestrebt waren, bei gleichzeitiger Verbannung all jener Akteure und Praktiken, die dazu im Widerspruch liegen. Als neue AdressatInnen dieser Politiken traten dabei die lokalen Mittelschichten sowie die international community (insbesondere in Form von internationalen Organisationen, Geldgebern und TouristInnen) auf. An keinem Ort wurden diese Politiken deutlicher als in Metro Manila, der Stadt, die dem Regime als Schauplatz und Bühne dieses politischen Projekts diente und die zum Objekt einer Vielzahl modernistischer Großprojekte wie auch umfangreicher beautification-Kampagnen wurde. Sowohl die US-amerikanische Kolonialverwaltung als auch das Marcos-Regime waren bemüht, staatliche Modernisierungsversprechen und Gesellschaftsentwürfe mittels großflächiger und monumentaler Planung in den städtischen Raum einzuschreiben und diesen entsprechend ihrem Ideal von moderner Nation und Staatlichkeit umzugestalten. Hierin verbanden sich modernistische Ingenieurskunst mit teils utopischmodernistischen Vorstellungen von social engineering und funktionalistischer Gesellschaftsplanung. Beide Entwürfe wurden von ästhetischen Überlegungen dominiert und der antizipierte „neue Filipino“, als idealer und moderner Staatsbürger, erschien als direktes Ergebnis einer „erhebenden“ (um im Bild der Zivilisierungsmission zu bleiben) Architektur und staatlichen Planung. Den Bruch hin zu einer dritten Phase im politischen Symbolismus Metro Manilas verortet Shatkin 1986. Dieser Bruch macht sich an dem Aufkommen neoliberaler Politiken und verstärkter Privatisierung, an Globalismus und einem Diskurs globaler Wettbewerbsfähigkeit sowie einer Demokratisierung und Entmachtung des nationalen Staates fest. Dies bedeutet einerseits einen Bedeutungsverlust des Staates, der Teile seiner Regulierungsmacht einbüßt sowie zugleich eine relativ starke Persistenz anderer dominanter Akteure. Dies gilt insbesondere für den Fortbestand traditioneller Eliten auf lokalstaatlicher Ebene wie auch auf Sei-
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ten des privaten Kapitals und der gegenseitigen Verzahnung dieser beiden Gruppen. An Einfluss gewonnen haben sowohl die städtischen Mittelschichten als auch eine eng mit diesen verbundene bürgergesellschaftliche Zivilgesellschaft sowie internationales Kapital. Besonders deutlich ist der Bruch auf der Ebene der Diskurse und Legitimationsstrategien zu beobachten. Anschließend an den historischen Teil wurde versucht ein Verständnis von zentralen Akteuren seit dem Ende des Marcos-Regimes zu gewinnen. Trugen die urbanen Mittelschichten zu einem erheblichen Teil zur Stabilität des Marcos-Regimes bei und profitierten diese stark von der Expansion der staatlichen Verwaltungen während des US-amerikanischen Kolonialismus, so ist diese soziale Klasse, die in den 1990er Jahren zu einem wichtigen Objekt sozialwissenschaftlichen Interesses in der Region aufstieg, auch im Rahmen der für die vorliegende Arbeit interessierenden Politiken und städtischen Räume wichtig. Diese Zentralität ergibt sich neben der Rolle der urbanen Mittelschichten für die städtische Ökonomie gerade auch aus deren sozialem und kulturellem Kapital. Dieses ist eng verbunden mit einem consumerist-lifestyle, der sich in hohem Maße an „globalen“ Symbolen, Marken und Diskursen festmacht. Während damit symbolisch an eine Vorstellung einer globalen Mittelschicht bzw. einer global identity angedockt wird, wird der reale Konsum aufgrund der ökonomischen Beschränkungen der philippinischen Mittelschichten vielfach auf eine symbolische oder prekäre Ebene zurückgeworfen. Dies macht eine Besetzung städtischer Räume, die eine solche Globalität suggerieren – in erster Linie aber glokalisiert funktionieren – umso wichtiger. Eine besondere Bedeutung für die Konstruktion einer in solch hohem Maße auf Globalität gerichteten Mittelschichten kommt dabei der transnationalen Migration zu, deren geographisches Ziel, zumindest im Idealfall, genau diese „globalen“ Orte sind. Gleichzeitig wurde deutlich, dass eine Reduzierung urbaner Mittelschichten auf eine apolitische und sich über consumerism definierenden Klasse nicht ausreicht, sondern diese ein erhebliches politisches Potential besitzen. Dies wurde sowohl 1986 beim Sturz von Marcos, 2001 bei der Absetzung von Estrada und 2006 bei den Versuchen durch eine vierte Auflage von People Power Präsidentin Arroyo aus dem Amt zu drängen, deutlich. Von nicht zu unterschätzender Bedeutung ist auch die Rolle der Mittelschichten für zivilgesellschaftliche Organisationen. Die veränderte Rolle des lokalen wie des nationalen Staates in Manila wurde mit Blick auf das Spannungsfeld zwischen neoliberalem globalism, cronyism und Demokratisierung betrachtet. Hervorgehoben wurde die umfangreiche Dezentralisierung des politischen Systems nach dem Sturz des Marcos-Regimes, die zur weitgehenden Auflösung einer me-
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tropolitanen Verwaltungsebene in Metro Manila geführt hat. Zentrales Element dieses downscaling war der Local Government Code aus dem Jahr 1991, der lokalen Regierungen auch in Metropolregionen eine sehr starke Eigenständigkeit zumaß. Es weist auf die Komplexität und Widersprüchlichkeit des politischen Systems hin, dass diese Dezentralisierung sowohl von wichtigen Fraktionen des lokalen Kapitals, lokalen Eliten, zivilgesellschaftlichen und demokratischen Bewegungen sowie Akteuren eines neoliberalen Umbaus von Ökonomie und Gesellschaft vorangetrieben und befürwortet wurde. Dennoch stand letzteres, die Durchsetzung neoliberaler Politiken und unternehmerischer wie wettbewerbsorientierter Strategien, insbesondere während der Ramos-Administration, im Mittelpunkt des Interesses. Dies wurde anhand des Philippines 2000 Programms und den damit verbundenen Politiken gegenüber Metro Manila dargestellt. Während die ambitionierten städtischen Modernisierungsprojekte, wie sie in einer Reihe von Städten in der Region unternommen wurden, in den meisten Fällen von einem starken Einsatz staatlicher Planung begleitet werden und in der Regel von urbanen Regimes initiiert werden, die ein gewisses Maß an entwicklungsstaatlicher Struktur aufweisen (man denke etwa an Singapur, Kuala Lumpur oder Metropolen der chinesischen Ostküste), so ist Manila ein Extrembeispiel für ein Regime, dass von privater Stadtplanung geprägt wird. Dies gilt in besonderem Maße seit der Durchsetzung neoliberaler Regierungsweisen, die zu einem fast vollständigen Verschwinden großer staatlicher Projekte geführt hat. Ausnahmen sind die ambitionierten, aber nur rudimentär realisierten Infrastrukturprojekte unter Ramos und Arroyo, die sich aber von der großen symbol- und prestigeträchtigen Planung der vorherigen Epochen gerade dadurch absetzen, dass sie einzig als Zubringer ökonomischen Wachstums und besserer Verwertungschancen für ausländisches Kapital vorgestellt werden und alle anderen politischen Interessen delegitimiert wurden. Zudem handelt es sich fast immer um eine Form von public private partnerships. Innerhalb der Literatur zu Global Cities und der Bedeutung der Globalisierung der Finanzmärkte für die städtischen Zentren wird dem Immobiliensektor eine herausgehobene Bedeutung beigemessen. Dies kann auch am Beispiel Manilas unterstrichen werden. Gegenüber einem Staat, der sich seit den 1980er Jahren weitgehend aus Planung und Produktion städtischer Räume verabschiedet hat, dominiert eine geringe Zahl lokaler Immobilienunternehmen sowohl die Konzeptionalisierung als auch Realisierung großflächiger und umfangreicher Stadtentwicklungsplanung. Diese Unternehmen befinden sich meist im Besitz lokaler Familienunternehmen und verfügen über eine diversifizierte Struktur mit Ver-
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bindungen zu Finanzdienstleistern, Versorgungsunternehmen sowie lokalen politischen Netzwerken. Im Rahmen der Liberalisierungswelle der 1990er Jahre hat internationales und spekulatives Kapital zwar an Bedeutung gewonnen, allerdings ohne dass es im Immobiliensektor dominierend geworden wäre. Das Hauptinteresse dieser Arbeit galt jenen Räumen, die mit einem Zitat von Sharon Zukin als „urbane Oasen“ beschrieben wurden, in denen die Mehrheit der NutzerInnen dem Bild und den Vorstellungen von dominanten Mittelschichtsidentitäten zu entsprechen scheinen (scheinen, da sichtbares Verhalten, Auftreten und Habitus, nicht reale Klassenzugehörigkeit entscheidend für den Zutritt zu manchen dieser Räume sind). Dabei wurde deutlich, dass sich, ähnlich wie dies von Dick und Rimmer in Beyond the Third World City in Bezug auf Urbanisierungsprozesse in Südostasien vertreten wird, eine wachsende Konvergenz bestimmter Formen der gebauten Umwelt sowie einer Reihe politischer Strategien ankündigt (DICK/RIMMER 1998; 2009). Die vorliegende Arbeit sollte auch als ein Beitrag zu einer Debatte über die Globalisierung neoliberaler städtischer Regierungstechniken und revanchistischer Stadtpolitiken begriffen werden und zur Frage beitragen, wie solche Transferbewegungen über sehr unterschiedliche politische und städtische Systeme hinweg stattfinden. Als ein erster Bezugsrahmen dienten Diskurse um postmoderne und postfordistische Urbanisierung, wie sie insbesondere in den Zentren des Nordens aufzufinden sind, in denen Vorstellungen von einer zunehmenden Fragmentierung städtischer Landschaften, eine zunehmende Kommmodifizierung und Privatisierung städtischer Räume und ein mehr oder weniger neoliberal gerahmtes System urbaner Governance zentral sind. Ein besonderes Interesse galt der Frage nach der Lokalisierung von Politiken, Technologien, Praktiken und Diskursen, die als global gedacht und repräsentiert werden und damit Teil eines Global City imaginary sind. Dieses Global City imaginary verbindet spezifische ökonomische Praktiken, Politiken und Subjekte unter der Maßgabe eines dominanten neoliberalen Diskurses unternehmerischer Konzepte städtischer Governance. So ist dieses Global City imaginary nicht zu verwechseln mit den Konzepten von Global City, wie sie (jeweils unterschiedlich) von Sassen (1991) oder Taylor (2004) konzipiert wurden. Vielmehr interessierte Global City hier als eine diskursive Kategorie, die Vorstellungen einer urbanen Zukunft und Zielperspektive von Stadtpolitik evoziert, welche nicht nur in Metro Manila mit dem Status von NIChood und emerging market, von Wachstumsglauben und Informationsgesellschaft verbunden sind (YEOH 1999: 612). Im Verlaufe dieser Arbeit wurden Diskurse von Globalität, kosmopolitischer Urbanität, Exklusion und einer konservati-
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ven Stadtkritik als zentrale Elemente der mit diesem imaginary verbundenen städtischen Landschaften benannt. All diesen ist gemein, dass sie Bezug nehmen auf eine Vorstellung von Globalität, die sich dadurch auszeichnet, dass sie in erster Linie durch Abgrenzung vom Lokalen hergestellt wird und einen weitgehenden Ausschluss von allem bedeutet, was als „philippinisch“ und „lokal“ markiert ist. Dieses „global“, das ein höchstmögliches symbolisches Kapital zu tragen beansprucht, steht in den meisten Fällen synonym für nordamerikanisch. „,Symbolic capital‘ [...] is clearly tied up in the Philippines with command over the goods, gestures, and language of America. [… This] imagined America – is s place of power, wealth, cleanliness, beauty, glamour, and enjoyment“ (CANNELL 1995: 225ff; 2001: Kap. 5). Damit wird diesen Räumen und den mit ihnen verknüpften imaginaries ein symbolisches Kapital eingeschrieben, das den legitimen NutzerInnen einen Disktinktionsgewinn verspricht (BOURDIEU 1991: 32). Ein solches first worlding einzelner städtischer Räume bedeutet dabei weniger, dass es darum geht Räume zu schaffen, die identisch sind mit jenen, die als Referenzen dienen, die Global Cities und „fortschrittlichen“ Städte der Welt, sondern vielmehr eine imaginäre Anbindung an reale und imaginierte Orte. Statt wenig mehr als eine rein reaktive Übernahme metropolitaner Einflüsse im Sinne eines simplifizierenden Begriffs von Kulturimperialismus darzustellen, handelt es sich bei diesen Repräsentationen um spezifische und lokale Produktionen einer Vorstellung von diesen Räumen durch lokale dominante Akteure auf der Basis und im Sinne lokaler Bedingungen, Diskurse und Machtverhältnisse. Um diese imaginaries zu realisieren, ist es wichtig, dass Widersprüche unter Kontrolle gehalten werden und ein erheblicher Aufwand betrieben wird, diese Räume, die nicht zuletzt einen Versuch darstellen, der öffentlichen Stadt zu entkommen, in ihrer inszenierten Makellosigkeit zu erhalten. Daran beteiligt sind repressive Strategien der Verdrängung unerwünschter Praktiken und Akteure sowie Formen einer Privatisierung städtischer Räume und ästhetische und visuelle Ansätze der Unsichtbarmachung von Hinweisen auf Realitäten, die als „Dritte Welt“ markiert sind. Die Frage, wer und was darin sichtbar sein kann und was nicht, ist von erheblicher Bedeutung, stellt doch, wie Elizabeth Wilson (1995) im Eingangszitat dieser Arbeit betont, Unsichtbarkeit ein zentrales Charakteristikum moderner Ungleichheit dar. Gleichzeitig ist dieses Global City Projekt in hohem Maße auf genau jene Akteure und Praktiken angewiesen, die es unsichtbar machen möchte. „The Cleaners You Aren’t Meant to See“, wie der Titel eines Aufsatzes von Alyson Brody über Reinigungs- und Sicherheitsbedienstete in Bangkok lautet (Brody 2006), die aber funktional notwendig sind, machen eine inhärente Wi-
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dersprüchlichkeit solcher Unterfangen deutlich. Der informelle Sektor, sowie die extrem niedrigen Lohnkosten ermöglichen viele dieser exkludierenden Orte erst, ist doch nicht nur ihre Produktion kapitalintensiv, sondern insbesondere ihr Erhalt äußerst arbeitsintensiv. Als erste Form solcher Räume wurde die seit den 1970er Jahren dominante Form residentieller Quartiere für aufstrebende Mittelschichten betrachtet, die massive Suburbanisierung der Ränder Metro Manilas. Suburbanisierung wurde in erster Linie unter der Perspektive eines antiurbanen Eskapismus gelesen, der vom Bemühen geprägt ist, widerspruchsfreie Enklaven zu schaffen, in denen Hinweise auf wert- und prestigemindernde städtische Realitäten, die mit der Vorstellung von einer „Drittweltstadt“ verbunden sind, minimiert werden. Diese städtischen Realitäten der informellen Siedlungen, Slums und Armut, die als das Andere der globalistischen Räume der Mittelschichten fungieren und als deren Negativfolie dienen, wurden zuvor in ihrer medialen Repräsentation betrachtet. Jenseits des Ausschlusses qua privater Kontrolle, bewachter Tore und sozialer Homogenisierung mittels Grundstückswerten wurden symbolische Distinktionsstrategien dieses Verschleierns sozialer Ungleichheiten im suburbanen Raum in den Mittelpunkt gerückt. Die von exkludierenden Naturmetaphoriken begleiteten Landschaften stellen neben einem Rückgriff auf erfundene Traditionen ein zentrales Motiv einer Vielzahl suburbaner Communities dar, die in Begriffen der Internationalität inszeniert werden und deren Landschaften in Form von Simulacra enttemporalisierte und delokalisierte Bezüge auf Bilder anderer Zeiten und Orte herstellen. Eine wichtige Rolle spielen dabei Gemeinschaftsimaginationen, die auf kleinräumliche Organisierungen, Kleinfamilie und Lokalität abzielen. Gegenüber diesen hochgradig geschlossenen und abgeschotteten Räumen stellen sich die Konsumlandschaften der großen Shoppingmalls als formal relativ offene Räume dar. Seit den 1990er Jahren haben diese zahlreiche Funktionen übernommen, die im Diskurs der Stadtforschung gemeinhin dem öffentlichen Raum zugedacht werden. Damit stellen diese privat kontrollierten und dem Interesse privater Unternehmen angepassten Räume jene städtischen Orte dar, die der Vorstellung eines öffentlichen Raums in Metro Manila am stärksten entsprechen. In einer Reihe von Fällen können diese sogar als eine der sozial heterogensten städtischen Räume angenommen werden. Zugleich wurden Malls als der Versuch begriffen, ideale städtische Landschaften zu produzieren, in denen der Konsum von Waren mit einer urbanen Modernität und einem „imaginary emplacement in a North American space“ (GUANO 2002: 197) verknüpft wird, um das diesen Räumen im Rahmen eines mittel-
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schichtsorientierten Lebensstils zugesprochene kulturelle Kapital nutzbar für den Erfolg dieser Warenwelten zu machen. Seit dem Ende der 1990er Jahre, als suburbane Expansion zunehmend an eine Grenze der Praktikabilität stieß, da günstiges Bauland in Stadtnähe kaum mehr vorhanden war und Transportinfrastrukturen mangels staatlicher Ressourcen kaum ausgebaut wurden, gewinnen Reinvestitionen in Teile des städtischen Zentrums an Bedeutung. Dies zeigt sich an einem Boom im Bereich innerstädtischer Condominien sowie innerstädtischer Großprojekte wie sie am Beispiel von Rockwell Center oder Fort Bonifacio Global City aufgezeigt wurden. Dies ist aber auch mit einem gesteigerten Interesse lokalstaatlicher Akteure verbunden, als „Schandflecken“ wahrgenommene Orte, Praktiken und Menschen, die hier viel unmittelbarer mit den geordneten Räumen der Mittelschichten und internationaler BesucherInnen zusammenzuprallen drohen, aus der Sichtbarkeit der Stadt zu verbannen, so diese als Hindernis für weitere Investitionen begriffen werden. Die Bekämpfung von Armen ist dabei oft deutlich wichtiger (und einfacher zu bewerkstelligen) als die Bekämpfung von Armut. Condo-living, städtische Großprojekte, Gentrifizierung und internationaler Tourismus sind eng mit Vorstellungen und Diskursen eines kosmopolitischen Urbanismus verknüpft, den zu produzieren und sicherzustellen zentraler Anspruch all dieser Projekte ist. Diese Produktion von Urbanität und dem, was in stärkstem Maße beansprucht als öffentlicher städtischer Raum zu funktionieren, kulminiert in Großprojekten wie Rockwell und Fort Bonifacio, ist aber ein recht weit gestreuter Trend von städtischen Landschaften, die auf die oberen Schichten zielen. Zu verstehen ist dieser Trend der Aufwertung innerstädtischer Quartiere und ein neuer Trend hin zu einer positiven Aufladung der Vorstellung von Urbanität aber nur im Rahmen einer global zu beobachtenden urban renaissance. Die repressiven Politiken, die insbesondere im letzten Teil dieser Arbeit eine Rolle spielten, und Strategien eines whitenings städtischer Räume können als ein Beispiel dafür gelesen werden, was Kate Swanson in Anlehnung an Neil Smiths Arbeit über Revanchist Urbanism im New York der frühen 1990er Jahre als Revanchist Urbanism Heads South bezeichnet hat (SWANSON 2005; 2007). In ihren Arbeiten über Ecuadors städtische Zentren vertritt Swanson die These, dass diese veränderte Version eines revanchistischen Urbanismus’ darauf abziele, städtische Landschaften – sie bezieht sich dabei primär auf tourismusbezogene Projekte – zu schaffen, die alle Zeichen von Armut, Marginalisierung und „Unterentwicklung“, insbesondere verkörpert durch die Zuwanderung ländlicher und indigener Bevölkerungen, verbergen. Smith selbst vertrat die These, dass das New Yorker Modell von Null-
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Toleranz als globale Vorlage eines postliberalen Revanchismus dienen würde, hatte dabei aber in erster Linie Länder in Europa im Blick (Smith, N. 2001). Spielt Ethnizität in Manila nur eine geringe Rolle – abgesehen von der besonderen Rolle der chinesischstämmigen Bevölkerung und einem hegemonialen Schönheitsideal, das Hellhäutigkeit privilegiert, normalisiert und vielfach mittels chemischer Aufhellung herstellt (LINDLEY 2009; ZAFRA 2005) –, so ist diese Anpassung von Smiths Konzept auch für die Philippinen äußerst nützlich. Es bietet die Möglichkeit, zentrale Entwicklungen Manilas in einen breiteren Rahmen aktueller Urbanisierungsprozesse einzuordnen und auch hier auf die Globalisierung unterschiedlicher städtischer Regierungsweisen hinzuweisen. Ein zentrales Ziel dieses Projekts ist es, innerhalb eines zunehmend auf intermetropolitane Konkurrenz ausgerichteten globalen Städtesystems, Standortpolitik mittels symbolischer Politik zu betreiben, um internationales Kapital und ausländische TouristInnen anzuziehen und zudem das Projekt neoliberaler Globalisierung gegenüber den Konstituenten mit Legitimität zu versorgen. Während der Staat insbesondere in den 1990er Jahren durch umfassende Privatisierungs- und Liberalisierungsprogramme einen Rahmen für dieses Projekt geschaffen hat, sind fast alle der hier betrachteten Beispiele privat. Wurde vielfach betont, dass die verstärkte städtische Konkurrenz im Rahmen unternehmerischer Stadtpolitiken zu einer Betonung und Produktion von sicht- und vermarktbaren Differenzmarkern und Alleinstellungsmerkmalen führt, „um Städte im Wettbewerb unterscheidbar zu machen“ (HEEG 2008: 241f), so stellt sich für Städte wie Metro Manila nicht nur die Aufgabe Differenzen zu konkurrierenden Städten herzustellen. Vielmehr gilt es für die entsprechenden Akteure zunächst einmal die Stadt überhaupt als teilnehmend in diesem Wettbewerb zu positionieren. Es gilt also deutlich zu machen, dass man mitspielen möchte in der globalisierten Ökonomie und darin einen Platz einzunehmen beansprucht. Dieser Anspruch wird sowohl gegenüber internationalem wie lokalem Kapital als auch gegenüber den lokalen Konstituenten, insbesondere den urbanen Mittelschichten, formuliert. Die Produktion eines imaginary von Globalität und Internationalität, das sich orientiert an einer Vorstellung von erfolgreichen Städten innerhalb dieses Wettbewerbs, kann als eine Strategie verstanden werden, genau dies zu erreichen. Werden also einerseits Differenzen (niedrige Arbeitskosten, strategische Lage, besondere Kultur oder schwache Gewerkschaften) betont, so gilt es auch Gemeinsamkeiten (ähnliche Spielregeln, erprobte Strategien, bekannte Sichtbarkeiten und Warenförmigkeit möglichst vieler gesellschaftlicher Felder, einschließlich des städtischen Raums), stark zu machen.
SIGLEN
MB MT NB PDI PFP PG PS
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