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German Pages 368 Year 1778
Geschichte
des lehtern
Krieges zwischen
den Russen und den Türken, von dem
Hrn. von Keralio , Königl. Französ. Major von der Infanterie , Nitter deg
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Königl. und militairischen S. Ludwig Ordens, Mitgliede der königl. Schwediſchen Akademie,
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der Wissenschaften.
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Aus dem Franzöfifchen überfest.
Zweyter Theil .
Leipzig, " im Schwickertschen Verlage, 1778. Mit Churfürftl. Sicf. gnädigter Freebein
Inhalt
des zweyten Theils. Fortsehung der im rten Theile abgebrochenen Beylagen.
No. 13. Erklärung der Ruſſiſchen Kaiſerin an S. 3 den König und die Republik Pohlen 14. Schreiben des Hrn. von Panin an den Fürsten Repnin 18 15. Note für den Hrn. Pfarski , Residen ten des Königes von Pohlen , 25 16. Beyl. Litt. A. Pro Memoria , welches Hr. Psarski dem Russischen Ministerio übergeben 49 17 B. Beglaubigungsschreiben der Abgeordneten der Republik Pohlen 51 C. Deren Rede vor der 18. Kaiſerin, den 18ten Sept. 1767 56 D. Antwort der Kaiferin 58 19. E. Russisch Kaiserliche Declaration an alle Höfe Europens wegen des Verhafts ihres Ministers zu Con ftantinopel 60 20. F. Krieges-Manifest der . Pforte 63 21. G. Anmerkungen dari ber 68 -22. Russisch Kaiserliches Manifeft wider die korte 84 -23. Manifest des Fürsten Alex. Gallizin, commandierenden Generals en Chef der Russischen Armee 97 24. Nachricht von der Türkischen Kriegsmacht, ihrem Operations -Plane und ihren Anstalten zu Anfange dieses Feldzuges 103
Inhalt. No. 25. Auszüge aus verschiedenen Briefen aus Pera und Constantinopel vom 2ten Nov. 1768 bis zum 14ten April 1769. S. 108 26. Plan des Feldzuges für die Armee des Fürsten Gallißin 141 27. Anmerkungen über die Beschaffenheit des Landes , in welchem diese Armee agiren sollte, 149 28. Bertheilung der Magazine und Hoſpi= tåler, 156 -29. Operations-Plan der Türken und Con162 föderierten , 30. Betrachtungen über das Kriegswesen 164 der Türken, -31. Nachrichten von dem RussischenFelde herren , dem Fürsten von Gallißin, 173 32. Genealogie der Fürsten von Gallihin, 175 33. Liste der von dem Fürsten von Gallizin commandierten Armee 188 34. Liste der zweyten Armée unter dem Gra 194 fen von Rumanzon 35. Liste der unter dem General- Lieutenant von Weymarn nach Pohlen detaschierten 196 Truppen , 36. Journal der Operationen der Ruſſischen Arnice unter dem Fürsten von Gal 198 ligin von dem Jahre 1769,
Geschich
F
Geschichte
des leßtern
Krieg
e
s
zwischen den Türken und Ruſſen. Zweyter
Theil
Beylagen.
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No. 13.
Erklärung Ihrer Majestät, der Kaiserin aller Reussen, an Sr. Majestät und die Republik Pohlen.
ie Kaiſerin hat allen Fleiß und Sorgfalt Dieangewandt, der bedenklichen Lage vorzubeugen, worein die traurigen Folgen der Unterdrückung, welche die Dissidenten seit so langer Zeit von ihren eigenen Landesleuten erdulden, die Republik Pohlen verseht haben. Aus den Schrit ten, welche Ihre kaiserl. Majestät gethan haben, den traurigen Ausbruch der Mißhelligkeiten zwi schen beyden Partheyen der Nation zu verhindern, welche einander in ihren Gerechtsamen völlig gleich find, wovon aber die eine der andern an Anzahl überlegene Parthey diese endlich durch wiederhohlte Anwendung einer gemißbrauchten Gewalt aller bürgerlichen Vortheile beraubt, und fie in einen Stand der Knechtschaft verseket hat, hat man leicht abnehmen können, daß die Kaise rin sich lieber als Freundin und Nachbarin, als wie eine Garante der Verträge betragen wollen, und daß sie den Weg der Gelindigkeit und der freundschaftlichen Vereinigung der strengen Vollziehung der Verbindlichkeiten ihrer Krone allemahl vorgezogen hat. Allein, da alle Vorstellungen Ihrer kaiserli then Majeſtåt bisher vergebens geweſen, und man biefen Vorstellungen zuwider vielmehr den Ent
Beylagen.
schluß gefaßt hat, die beschlossene Unterdrückung und Vernichtung der Diſſidenten völlig in das Werk zu sehen : so konnten dieselben seit dem leh tern Reichstage nicht mehr daran zweifeln, daß die Umstände sie endlich einmahl nöthigen würden, in einer Angelegenheit, welche der pohlni fchen Nation eine allgemeine Verwirrung drohet, Fräftigere Maßregeln zu ergreiffen. Der rußische Hofhatin einem öffentlich bekannt gemachten Memoriale die Gründe angeführet, warum derselbe an der Wiederherstellung der Dissidenten einen fo lebhaften Antheil nimmt, und hat dem ganzen 3 Europa, so wie vorher sich selbst, die Gerechtig keit derjenigen Sache bewiesen, welche die Kaise rin bisher so oft empfohlen hat, und welche zu beschüßen sie fich jest gedrungen siehet. Da die lehte Hoffnung der Dissidenten durch die wenige Aufmerksamkeit, welche der lezte Reichstag gegen die dringenden Vorstellungen der Kaiserin und der übrigen Garants ihrer Gerechtsamen gezeiget hat, völlig vereitelt worden ; nachdem ihr Schicksal, an statt so lebhaften zu ihrem Besten eingelegten Vorstellungen gemäß , gemildert zu werden, durch die Schlüsse dieses Reichstages nur noch hårter gemacht worden , indem man, ungeachtet die Kaiserin ihre Vorstellungen noch dringender gemacht, alles dasjenige beſtåtiget hat, was zu verschiedenen Zeiten wider dieselben fest gefeßet worden: so haben sie in dieser äussersten Bedrückung, bey welcher sie ihren völligen Uns tergang vor Augen sehen, ihre Zuflucht zu dem.
Beylagen.
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einzigen Mittel genommen, welches die Natur, die Vernunft und die Regierungs - Ferm ihnen an die Hand geben konnten, das ist, sich zu con föderiren, das Unrecht von sich abzutreiben, und sich vor der Verfolgung in Sicherheit zu sehen. el Sie haben sich zu dieser Verbindung so wohl pi s durch die Gefeße , als durch das Beyspiel ey ihrer as B Vorfahren, als endlich auch durchd anderer Partheyen der Nation in allen Fållen einer dringenden Gefahr, berechtiget gesehen, und zugleich um die Handhabung desjenigen Schüßes Unsuchung gethan , welchen die Kaiserin aller Reussen Kraft des Vertrages von 1686 den Gliedern ihrer Kirche schuldig ist, welche wegen des gemeinschaftlichen Besten, und aus einer gemeinschaftlichen Nothwendigkeit, für ihre Sicher heit zu sorgen, mit den übrigen Dissidenten ver bunden sind. Die dringende Nothwendigkeit dieses Schußes wird so wie dessen Rechtmäßigkeit einem jeden in dieAugen leuchten, wenn man nur den Zuſtand erwåget , in welchem sich die Glieder der griechischen Kirche zur Zeit desjenis gen Tractates befanden, worin ihnen Rußland die Aufrechthaltung ihrer Religion versprochen hat. Es werden darin fünf Bischöfe erwähnet, welche in dem Besize ihrer Gerechtſamen und Sprengel bleiben sollten, und von allen diesen ist nur noch ein einiger übrig. Ist es wohl möglich, diese Verminderung andern Ursachen zuzuschreiben,
als den
vielfältigen Verfolgungen,
welchen sie ausgesehet waren,
und zwar zum
Beylagen.
Troße einem Tractate der sie vor allem Zwange zur Union hätte sichern sollen ? Ihre Majeſtåt, welche sich verbunden halten, für die Erfüllung so feyerlich eingegangener Verbindlichkeiten fråf tige Sorge zu tragen , können den Diſſidenten die Hülfe, um welche sie selbige anflehen, nicht verſagen ; allein indem sie ihnen selbige bewilli gen, so thun sie selbiges mit aller der Achtung, Mäßigung und Behutsamkeit, welche die aufrichtige Freundschaft, von welcher sie , der Republik schon so viele Proben gegeben, von ihnen erfordert. Vergebens wird man sich bemühen, die Con föderation der Diffidenten und den Antheil, wel chen die Kaiserin daran nimmt, mit dem verhaßten Nahmen einer Störung der Religion zu belegen, oder ihnen die Absicht beyzumessen, daß fie auf Unterdrückung der herrschenden Religion in Pohlen abzieleten ; indem es bekannt ist, daß die Mehrheit der Stimmen auf dem leßtern. Reichstage nicht einem aufrichtigen Eifer für die Echaltung der katholischen Religion zuzuschreiben ist, sondern vielmehr dem eigennüßigen Verlangrn, durch Ausschlieffung der Dissidenten, den Besitz der Vorzüge auf so wenig adelige Glieder der Republik als möglich einzuschränken. Die Kaiferin kann nicht ohne innige Bewe gung sehen, daß das Glück eines Staates, andessen Wohl sie so vielen Antheil nimmt, • durch die erzwungene Absonderung des sechsten Theiles der Staatsglieder in feinen Grundfesten angegriffen
Beylagen.
wird ; eine Lage, welche nothwendig die traurig ften Folgen nach sich ziehen muß. Mit eben so vielem Kummer wird sie gewahr, daß das nicht der einige Punct ist, welcher die pohlnische Nation trennet, ſondern daß ſie ſeit einiger Zeit den Samen der Zwietracht in ihrem Schoße nähret, welcher die öffentliche Ruhe alle Augenblicke mit dem Umsturze bedrohet. Wenn es bey einem Interregno, einem Zeit puncte, in welchem die Regierung eine bloß will führliche Verfassung hat, nothwendig ist, gewisse Geseze nicht zu handhaben, andere zu verändern, oft auch neue zu machen : so höret folche doch mit der Wahl eines Hauptes der Nation auf, und es ist natürlich, daß alsdann alles wieder in die gehörige Ordnung trete, und daß die Unterwerfung unter die alte Verfassung den Staat wieder seiSeit dem leßnen ersten Grundgesehen nähere. T tern Interregno ist es nicht fo. Gewisse Be müther, welche die Regierung in ihren Hånden zu erhalten suchten, wandten unter der Verbindung einer Conföderation alles an, diesen auſſerordentlichen Zustand zum Nachtheil der Grundgesehe des Reiches zu verlängern. Die wahren Patrio ten seufzeten über diesen Zwang ; aber auf der andern Seite schäßten sie sich glücklich, wünsch ten auch in ihrem Herzen ihrem Vaterlande Glück, daß man sich dieses Zustandes nicht zur Kränkung und Untergrabung der Freyheit miße brauchte. Aber ihr Erstaunen muß nicht geringe gewesen seyn, als sie aus den auf dem lehtern
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Beylagen .
Reichstage vorgeschlagenen Neuerungen wahre nahmen, daß diese Verlängerung am Ende auf weiter nichts abzielete, als eine völlige Verände rung der Grundverfassung zu erleichtern , die Stimmfreyheit zu unterdrücken, und in so we fentlichen Angelegenheiten, als die Schaltung mit den Gütern einzeler Perſonen und die Verwaltung der Macht der Nation ist, die Mehrheit der Stimmen einzuführen. Alle diejenigen, selbst von den Vornehmsten in der Nation, welche die fem Reichstage nicht beywohneten , hatten vermuthlich vorher gesehen, daß diejenige Parthen, welche sich die Herrschaft in einem freyen Lande anzumaßen beschlossen hatte, dergleichen Versu Sie wollten sich daher den che machen würde. Öffentlichen Angelegenheiten lieber ganz entziehen, als die Angriffe, welche man auf die Freyheit ihres Vaterlandes zu thun beschlossen hatte, mit ansehen. Auf einem Reichstage, auf welchem die wichtigsten Sachen entschieden werden sollten, wo besonders die Angelegenheit der Dissidenten, welche wegen ihres Einflusses im Innern, und wegen ihrer mächtigen Beschüßer von aussen, so wichtig war, auf das reiflichste überlegt werden follte, auf diesem Reichstage gewann der Geist der Herrschsucht so vielen Einfluß, daß auch diejenigen, welche wegen ihrer vollkommnen Erfahrung am meisten fähig waren, die Republik bey so bedenklichen Umständen zu regieren, sich gendthiget sahen, ihre Geschäftigkeit abzubrechen, und den Strohm des Ehrgeizes alle Achtung und
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Mäßigung in den Entschlüssen wegreiffen zu las fen.
Bloß der Entfernung einiger und dem
Stillschweigen anderer hat man den widerrechtlichen Schritt zuzuschreiben, nach welchem man die Entscheidung des Schicksales der Diffidenten den Bischöfen überließ, welche doch nicht die gering fte bürgerliche Gewalt haben, kein Reichsgefeß machen können, und mit Recht als der eigentli che Gegentheil der Dissidenten angesehen werden müſſen. Ihre Majestät übergehet die Gefahr, worin fich die Republik durch ein solches Verfahren, welches den Grundgesehen Pohlens eben so sehr zuwider ist , als der unter den Mächten gegen einander üblichen Achtung, stürzet, die Freundschaft der ehrwürdigsten Mächte zu verliehren. Sie will nicht das Unſehen haben, daß sie aus Empfindlichkeit handle, indem bloß die Freundschaft und dieMenschlichkeit sie in dem Gebrauche derjenigen Macht leiten sollen, welche Gott ihr in die Hånde gegeben hat. jeſtåt erklären daher,
Ihre kaiserliche , Ma
daß ſie, aus aufrichtiger
Empfindung gegen die Unruhen, welchen Pohlen ausgesehet ist, und aus wahrem Mitleiden mit den Bedrückungen der Diffidenten, den Ihrer Krone anklebenden Verbindlichkeiten gemåß , diejenige Conföderation in ihren Schuß nehmen, durch welche sie sich verbunden haben, ſich von ihren Mitbürgern Recht zu verschaffen; daß sie als ein ausserdem noch von der ganzen
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Nation aufgeforderter mitwirkender. Theil zu den
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Beylagen.
Mitteln, die Freyheit, die Ruhe und das Glück der Bürger wieder herzustellen, dabey keine an dere Absicht haben, als die Sachen zu einem alle jezt uneinige Theile befriedigenden Vergleich zu bringen, und daß sie daher nicht bloß als eine Macht betrachtet seyn wollen, welche ihre Garantie geltend machen will, indem die geheiligten Pflichten der Menschlichkeit eben so viel über ihr Herz vermögen, als die Sorge für die Würde ihrer Krone. In diesen so wohl auf ihre Achtung gegen die Republik, als auch auf ihre Pflichten gegrün deten Gesinnungen, ladet die Kaiserin den König, die gesammte Republik, und jeden pohlnischen Edelmann insbesondere ein , mit eben der Aufrichtigkeit und mit eben dem patriotischen Eifer, welcher die pohlnische Nation zu
allen Zeiten .
rühmlich bezeichnet, und ihre Freyheit gesichert und zur Vollkommenheit gebracht hat , aller Schicksale ungeachtet, welche die Geduld eines minder standhaften Volkes håtten ermüden kön nen, eine ernsthafte und reifliche Berathschlagung über den gegenwärtigen Zustand des Vaterlandes anzustellen , diesen für die Freyheit ,
Gleichheit
und folglich auch Glückseligkeit der Bürger so gefährlichen Stein des Anstoßes ein für allemaht zu heben, und den Beschwerden der Dissidenten durch einen gütlichen Vergleich, wie es Brüdern anständig ist, ein Ende zu machen. Zugleich ladet Ihre kaiserliche Majestät die pohlnische Nation ein, die Entfernung der vors
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nehmsten Glieder des Staates, die so merkliche Spaltung in der Republik, welche seit dem leßtern Reichstage so sehr zugenommen hat, die zu befürchtenden traurigen Folgen, wenn man solchen Versuchen nicht bey Zeiten vorbauet, und denenjenigen, welche ihreMacht auf den Umsturz der öffentlichen Freyheit zu gründen suchen, nicht alle Hoffnung zu einem glücklichen Erfolge ab schneidet, in Erwegung zu ziehen. In der festen Hoffnung, daß die pohlnische Nation diesen Gegenständen die gehörige Aufmerksamkeit widmen werde, thun Ihre kaiserliche Majestät derselben
mit der Versicherung der
ſtandhaſteſten , reinsten und uneigennügigſten Freundschaft den Vorschlag, einen aufferordentlichen Reichstag anzustellen , um die innern Unruhen beyzulegen, einem jeden Gerechtigkeit wider fahren zu lassen, und die Quelle alles Mißvergnügens und aller Spaltung auf immer zu vers stepfen ; indem dieses das einige Mittel ist, die Wohlfahrt der Republik auf einen dauerhaften Grund zu bauen. Diejenigen Tractaten, welche den Glaubensge nossen Ihrer Majestät die freye Uebung ihrer Religion versichern, legen derselben den Schuß, welchen sie der Conföderation der Diſſidenten angedeihen lässet, als eine Verbindlichkeit auf, und um diese zu erfüllen , hat die Kaiserin Befehl ge geben, das seit dem Interregno in Pohlen geblie bene Corps ihrer Truppen, welches daselbst zur Erhaltung der guten Ordnung so nüßliche Dieße
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Beylagent.
geleistet hat, zu verſtärken, um ihnen beyzustehen, und alle Ausschweifungen zu verhüten , welchen das von ihnen ergriffene Mittel, ihren Untergang zu vermeiden, ſie und ihre Gegner aussehen könnte. Ihre kaiserliche Majestät sehen zu viel Vertrauen auf Ihre Denkungsart und auf die Gerechtigkeit, welche man Ihnen schuldig iſt, als daß fie befürchten sollten, man werde diesem Schritte die Absicht beymessen, eine den pohlnischen Gesehen und Verfassungen zuwider laufende Unter nehmung zu unterstüßen. Dieselben wünschen weiter nichts, als daß kein Theil den andern angreiffen möge, und daß sie nicht hören dürfen, daß ein Bürger das Blut des andern vergoſſen habe. Die Conföderation der Diſſidenten wird sich nach diesem friedfertigen Systeme richten, in der Hoffnung, daß sie auch von ihrer Seite ihre Mitbürger geneigt finden wird, die Stimme der Gleichheit worauf sich ihre gegenseitige Verbindung gründet, zu hören, und sie wird sich nicht davon entfernen dürfen, wenn sie nicht den Schuß Ihrer kaiserlichen Majestät verliehren, und die Waffen wider sich selbst richten will, welche jeßt bloß zu ihrer Wohlfahrt, als unterdrückte Bürger, und beſonders als Glieder eines Staates, gegen welchen Ihre Majestät so viele Freundschaft heget, bestimmt sind. Indessen muß diese Mäßigung aus ihrem wahren Gesichtspuncte betrachtet undbloß der Ab neigung der Kaiserin von allen gewaltsamen Mit teln zugeschrieben werden ; einer Abneigung, wel
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che jederzeit in ihrem Herzen Statt finden wird, und welche sie nicht ehe, als im höchſten Noth, falle ablegen wird. Die Kaiferin verlanget und erwartet, daß der Ueberrest der Nation, dessen Glück fie eben so aufrichtig wünschet, ob sich gleich ihre Bemühung gegenwärtig zunächst auf dieje nigen erstrecket, welche vermöge der Tractaten zu ihrem Schuße berechtiget sind, von ſich ſelbſt menschlichen und friedfertigen Grundsägen folgen, und sie nicht durch einen Angriff zu Maßregeln zwingen werde, von welchen ſie ſo ſehr abgeneigt ist. Ihre kaiserliche Majestät ermahnen denſelben dazu auf das ernsthafteste, und erklären, daß jeder Pohle, welcher aus Haß gegen die Confö deration der Diffidenten und gegen die Hülfe, welche selbige von der Kaiserin erhalten, ihre Güter oder Personen angreiffen wird, von Ihr als der Anstifter eines bürgerlichen Krieges werde anges sehen werden, und daß Ihre Truppen Befehl haben, nicht allein alle Gewaltthätigkeiten zurück zu treiben, sondern auch die Angreiffer zu verfol gen, und sie zu einem vollständigen Erfaß alles zugefügten Schadens und Unrechtes zu zwingen. Die Kaiferin erwartet von der Weisheit des Königes und der Vornehmsten der Nation, welche im Nahmen der Republik die verschiedenen Theile der Regierung handhaben, daß sie, so viel an ihnen ist, einem bürgerlichen Kriege, welcher für Pohlen sehr traurig werden müßte, vorbeugen, zum Frieden rathen, und den einen Theil der Nation bewegen werden, mit dem an
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Beylagen.
dern wegen der streitigen Puncte zu unterhandeln. Es betrifft ein Stück des öffentlichen Staatsrechtes unter ihnen, welches zugleich die Verbin dung ihres Vaterlandes mit denjenigen Mächten, welche mit demselben Tractaten geschlossen haben, betrifft, und durch die bürgerlichen Conſtitutionen eines Theiles des Staates bey nahe völlig aufgehoben worden, daher die Kaiserin mehr mahls verlanget hat, und noch jegt verlanget, daß man diesen Punct durch gütlicheUnterhandlungen abthun möge, um die Diſſidenten durch die freye Uebung ihrer Religionen vor allen fernern Verfolgungen zu sichern und den Antheil zu bestimmen, welcher ihnen an der Regierungdes Staates und an denVortheilen der Krone gebühret. Es lieget darin nichts, was die katholische Kirche beunruhigen könnte. Die Wiederherstellung der Diffidenten in die Würden des Staates ist eine bloß bürgerliche Sache, welche die Religion nichts angehet. Wenn man ja befürchtet, daß die Gewalt, welche sie dadurch bekommen werden,
und welche
doch immer von den Gefeßen eingeschränkt seyn wird, die Gewalt und Anzahl der Katholischen verminern mögte, so muß die Erfahrung der vorigen Zeiten diese Furcht zerstreuen. Man darf fich nur an diejenigen Zeiten erinnern, da sie den Katholischen an Gewalt gleich waren, und gleichen Antheil an der Regierung hatten, wo nicht der katholische Reichstheil, sondern vielmehr sie selbst geschwächet, vermindert und aller ihrer Gerechtfamen beraubet worden.
Beylagen.
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Der Weg, welchen die Kaiserin vorschlägt, ist sowohl für ihre Würde als auch für das Beßte der Republik der bequemste und anständigste. Sie zweifelt nicht , jeder gute Patriot werde ihren Maßregeln beytreten ; damit aber die Furcht denselben nicht hindern möge , solches thätig zu zeigen, so erklären Ihre Majestät, daß sich Ihr Schuß nicht auf die Dissidenten allein einſchrånket, sondern daß jeder Pohle, welcher diesen Maßregeln beytritt, von diesem Augenblicke an ein Recht auf denselben hat, und ihn wohlthätiggenießen foll. Die pohlnische Nation wird diesen Schuß nicht verwerfen können , ohne das Vertrauen zu beleidigen , welches sie der Kaiserin schuldig ist, indem Dieselbe kein Bedenken tragen wird, ihren Edelmuth bey dieser Gelegenheit denenjenigen zum Beyspiele darzustellen, welche sich aus der Liebe zu ihrem Vaterlande eine Pflicht machen. Sie wünschet, die Republik frey, glücklich und beruhiget zu sehen , und zweifelt nicht, diese Absicht zu erreichen, wenn nur die pohlnische Nation die von ihr angebothene Vermitte lung und Hülfe annimmt, welche derselben nach dem neuesten Beyspiele, welches ſie davon vor fich hat, nichts weniger als verdächtig seyn kann. Der Gebrauch, welchen Ihre kaiserliche Majestät von Dero Gewalt gemacht haben, indem fie verhindert haben, daß die pohlnische Nation in dem leßtern Interregno nicht den innern Spaltungen zum Raube geworden, wird von derselben auch bey der gegenwärtigen Gelegenheit gemacht
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Beylageit.
werden, da ihr Ruhestand und Glück eben so sehr in Gefahr ist. Die Vortheile, welche Ihre Majestät alsdann davon haben werden, werden keine andern seyn, als welche sie bey der vorigen Veranlassung gehabt haben, das Vergnügen Gue tes gethan zu haben, die Ehre, daß eine benachbarte und freundschaftliche Nation ihr einen Theil ihres Glückes und die Achtung von ganz Europa zu danken hat, welches dadurch überzeugt werden wird, daß die Kaiſerin demjenigen Grundfaße, welchen sie zur Richtschnur aller Ihrer Handlungen angenommen hat, unverrückt treu bleibet, nåhmlich, daß das öffentliche Vertrauen die wichtigste Eroberung ist, welche ein Staat nur machen kann. Die Kaiferin fordert dieses Vertrauen, und glaubt es von dem Könige und der pohlnischen Nation zu verdienen , welche sich die von der Kaiserin vorgeschlagenen Auskunft desto freywilliger gefallen lassen muß, je deutlicher der gesundeste Theil der Nation einsehen muß, daß eben der Deckmantel der Religion, deſſen ſich der Eigennuß und die Herrschsucht bedienet haben, die Dissidenten nach und nach aller ihrer weltlichen Gerechtsamen zu berauben, auch auf dem leßtern Reichstage gebraucht worden, denselben zu verblen den, und eine Wiederherstellung zu verhindern, welche sowohl in Ansehung der Rechtsgründe, so gerecht, als auch in Ansehung der vorgeschlagenen Mittel, so rechtmäßig ist.
Der
Beylagen.
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Der Neid würde sich nur vergeblich bemüs hen, der Kaiserin besondere Absichten wider die Unabhängigkeit und das Beßte der Republik aufzubůrden. Sie ist über allen solchen Verdacht erhaben, und es geschiehet bloß aus einer über flüßigen Aufmerksamkeit, und um der Bedenk lichkeit einer republikanischen Regierungsart, für welche sie jederzeit Achtung haben wird, nachzugeben, wennsie erkläret, daß sie nicht das gerings ste von der Republik verlanget, daß sie keine Ans sprüche auf dieselbe macht, daß anstatt in den gegenwärtigen Unruhen ihre Vergrößerung zu sus chen, sie vielmehr bemühet ist, selbige in dem Augenblicke, da ihr Ausbruch unvermeidlich zu seyn fcheinet, zurück zu halten, daß wenn, ungeachtet aller ihrer Bemühungen, ungeachtet ihrer gegen wärtigen Aufforderung der pohlnischen Mation zu einer so nothwendigen und vortheilhaften Pacifica= tion, der Geist der Partheylichkeit und der Zwie fracht, die Republik in einen bürgerlichen Krieg verwickeln und sich in diesen Krieg eine fremde Macht mengen, und ihre Staaten in Gefahr sehen sollte, Ihre Majestät die Kaiſerin selbige sämmtlich der Republik garantieret, und auf eine andere Art in keinen auswärtigen Frieben willigen wird, so wie sie alle ihre Kräfte anwenden wird , um die Sachen im Innern des Reiches auf denjenigen Punct zurück zu führen, auf welchen das Glück aller Bürger eines freyen und unabhängigen Staates fie verlanget.
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14. Schreiben des Hrn. von Panin an den Fürsten Repnin.
Mein Herr!
Der Zustand, in welchem der
lehtere Reichstag die Angelegenheiten in Pohlen gelassen hat, erlaubet der Kaiserin nicht , die " Bekanntmachung ihrer Gesinnung in Ansehung der Gefahren, welche die Republik bedrohen, lånDer von der Herrschsucht gemachte Anschlag , das Gleichgewicht der Macht, ger zu verschieben.
worauf die Freyheit beruhet , aufzuheben , hat fich zu sehr verrathen, als daß nicht ein jeder gut gesinnter Pohle dasselbe sollte entdeckt haben. Schon in dem vorigen Zwischenreiche hatte man dazu den Grund gelegt , besonders durch die Errichtung der Schah- und Krieges - Commiſſionen, unter dem scheinbaren Vorwande , die Gewalt eines einigen in diesen vier wichtigsten Staatswürden einzuschränken. Wäre die Sache in ih ren Gränzen geblieben , so würden wahre Patrio ten weniger Ursache gehabt haben , sich über eine solche Neuerung in ihrer Grundverfaſſung zu beunruhigen ; allein indem man in Ansehung derje nigen beyden Stücke , welche eine Republik am merklichsten von einer Monarchie unterscheiden, die Mehrheit der Stimmen in Vorschlag gebracht hat, und zwar unter dem Schuße einer willkühr, lichen Auslegung der Constitution diefer Commis fionen : fo hat man sich nicht entblödet , der Nar tion die wichtigste Veränderung ihrer Regie-
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rungsart als eine Sache vorzuschlagen , welche dieselbe bereits bewilliget und bestätiget habe. Hat der Ehrgeiß kein Bedenken getragen , die ganze Nation, in Ansehung einer so augenscheinlichen Verlegung ihrer Gerechtsamen zu hintergehen , so ist nichts, was derselbe in Zukunft nicht sollte uns ternehmen können. Zwar hat die Stärke der Lie.. be für das Vaterland seine Absichten und Bemůhungen vereitelt, und zwar auf einem Reichstage, der am wenigsten im Stande war, ihmWiderstand zu leisten. Allein er hatſich mit beſſern Erfolge zu den Landtagen gewandt und daselbst durch die eingeführte Mehrheit der Stimmen zu der Wahl der Commiſſarien und Landbothen , einen entscheidenden Schritt zu dem Wachsthume seis ner Macht gethan. Die Folgen dieser Neuerung müssen nothwen dig eineNation muthlos machen, welche auf ihre Freyheit und Unabhängigkeit so eifersüchtig ist. Ihre kaiserliche Majestät ist von der Entfernung mehrerer angesehener Reichsglieder bereits unterrichtet, welche durch die Schwierigkeit den Strohm aufzuhalten abgeschreckt worden , aber unfähig find, denjenigen Absichten mit beyzutreten , wel che der Freyheit ihres Vaterlandes den Umsturz drohen. Man glaube nicht, daß diejenige Herrsch sucht , welche eine Macht wider die andere zu em poren sucht, es ungerne gesehen , daß eine so wich tige Angelegenheit,als die der Diſſidenten ist,gegen wärtig die Nation beschäftiget, weil sie hoffet, bey dieser Gelegenheit die ganze Aufmerksamkeit
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Beylagen.
der Nation auf diese Seite zu lenken , und ſelbige gegen ihre Unternehmungen desto unempfindli cher zu machen. Weil diese Angelegenheit in An fehung des Weltlichen der ehrgeißigen Abſicht, die höchste Gewalt immer auf eine so kleine Anzahl als nur möglich ist , einzuschränken , nachtheilig ist, so hat man ſie in Ansehung des kirchlichen Zustandes auf eine so verhaßte Art vorgeſtellet , und fich bemühet , in den Augen des Volkes eine Religions - Sache daraus zu machen. Allein man Lasse sich nicht hintergehen. Die Wiederherstellung der Diffidenten wird für die Katholiken ſelbſt vielleicht nothwendiger , als man glaubt , um die Gleichheit wieder einzuführen , welche unvermerkt verschwinden wird , wenn man nicht die Denkungsart , welche bey dem lehtern Reichstage die Oberhand behalten hat , ausrottet, und nicht allen Ingriffen auf die Freyheit einen dauerhaften Riegel vorschiebet. Es wird nicht leicht ein siche reres und natürlicheres Mittel dazu angegeben werden können , als die Zusammenberufung eines Reichstages ist , der sich aber in der von Ihrer kaiserlichen Majestät in derjenigen Declaration , welche sie dem Könige übergeben und der ganzen Nation bekannt werden sollen , vorgeschlagenen Gesinnung und Absicht versammlen muß.
Ihre
kaiserliche Majestät ſagen darin , was ſie denken, und Sie haben das Recht , es zu sagen. Sie fehen alles das Unglück vorher , welches kein Pas triot vor sich verhehlten kann , und Sie ſind von der Republik selbst berechtiget,
demselben vorzu .
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beugen.
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Der Ehrgeiß wird gewiß nicht die
Schwärmeren zu Hülfe rufen , um den Schritten , welche Ihre Majestát thun , einem Theile * der Nation durch einen allgemeinen gütlichen Vertrag das ihm entrissene Bürgerrecht wieder zu geben, den verhaßten Anstrich einer Unternehmung wider die katholische Religion zu geben. Eine Religion , welche von dem regierenden Oberhaupte ,
von den Vornehmsten im Staate , und von dem beträchtlichsten Theile der Nation bekannt wird , ist der Kaiserin alles
mahl ehrwürdig , und sie weiß eine Religion, welche diese Eigenschaften hat, allemahl von den verschiedenen Religionen der übrigen Bürger zu unterscheiden. Ihre kaiserliche Majestät verlangen nicht, daß ihrem Ansehen oder der Gleichför migkeit ihres Gottesdienstes irgend einiger Nachtheil zugefüget werde ; Sie würden vielmehr die. erste seyn , sie zu vertheidigen , wenn sie angegrif fen werden sollte, indem die Religion dasjenige in einem Staate ist, 115 wo die geringste Verände rung den ganzen Körper erschüttern kann. Die Kaiserin verlangt zwar , daß die Wiederherstelhung der Diffidenten nebst den übrigen streitigen Puncten von der Nation auf die von Ihrer Mas jestät verlangte Art entschieden werde ; allein, fie wird dabey alle nur mögliche Sicherheit bewilli gen , welche die Klugheit nur anrathen kann, das mit keine der in Pohlen gangbaren Religionen aus den ihr vorgeschriebenen Schranken trete. Die Religion der Dissidenten kann der Nation nature
Beylagen. licher Weise sehr gleichgültig seyn, allein die welt lichen Vortheile , welche aus dem Zustande eines Afreyen und gleichen Bürgers entspringen , können den Absichten einiger Ehrgeizigen hinderlich seyn, für welche die Gleichheit ein unerträgliches Joch ist. Aber auch diese Betrachtung wird verſchwin-
1 den, wenn man nur überlegt , daß , wenn die verhältnißmäßige Anzahl der Bürger von den verschiedenen Religionen , in Ansehung der Re- › pråsentanten der Nation durch die Landbothen, einmahl fest gesezt ist , solche nicht den geringsten Einfluß in die politische Verfassung des Staates hat, und daß, was die Ehrenstellen betrifft , als welche von dem Könige allein vergeben werden derselbe niemahls in den Verdacht gerathen kann, daß er in der Vertheilung seiner Gunstbezeigun gen das Verhältniß zum Nachtheit seiner Religion überschreiten werde. Ihre kaiserliche Majestät reden von der Wie-
derherstellung der Dissidenten als von einer Sa che, auf welche die zwischen ihrer Krone und der Republik bestehenden Verträge vorzüglich dringen. Allein eben so lebhaft find Sie auch überzeugt , wie nothwendig es ist , die Republik vor dem mit schnellen Schritten sich nähernden Umsturze ihrer Verfassung zu verwahren , und die Eintracht und Verbindung zwischen den Bürgern , zwischen de nen , welche ihre Hoffnung auf die Neuerungen , die ſie zu unterſtüßen suchen , und zwischen denen wieder herzustellen , welche sich diesen Neuerungen als eifrige Patrioten widersehen, aber nicht mäch
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tig genug sind, folches mit einem glücklichen Er Die Quelle dieser Spal folge thun zu können, tungen ist in dem Interregno selbst zu suchen. Damahls wurden die Angelegenheiten der Repus blik förmlich Ihrer kaiserl. Majestät empfohlen, welche sich auch anheischig machten , selbige zu einem für die Republik glücklichen Ende zu brine gen.
Ihr Versprechen ist ein Band,
welches
keine anderweitige Betrachtung auflösen kann, und aus welchem sie sich so lange eine unaufhörliche Pflicht machen wird , biß die ganze Republik, nach völliger Beruhigung des Staates, Ihr durch das Glück und die Ruhe ihrer Bürger zu erken . nen geben wird , daß sie Ihrer Majestät Hülfe nicht weiter bedarf. Das Vergnügen Ihrer Mas jestät , der Republik bereits wesentliche Dienste geleistet zu haben, würde sich nothwendig in Kummer verwandeln müssen , wenn der geringste Ver dacht entstehen könnte , daß diese Hülfe von einigen Ehrgeizigen zu kühnen Unternehmungen wi der die Regierungsform gemißbraucht worden. Die Kaiserin glaubt , sich nur dadurch vor einem folchen Verdacht in einerso kihlichen Sache sichern zu können , daß sie der Republik ihren Beystand und ihre Vermittelung anbietet , denselben bis Um auf die geringste Spur auszulöschen. daher alle diese Gegenstände zugleich zu untersu chen und abzuthun, thut die Kaiserin der pohlnifchen Nation den Vorschlag , einen PacificationsReichstag zu halten , und wenn der Ehrgeiß be reits eine so große Ueberlegenheit gewonnen ha
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Beylagen.
ben sollte , um eine so sehr wider seine Absichten streitende Versammlung zu hindern, so laden Jh re kaiserlicheMajestät jeden Pohlnischen von Adel, welcher seine Freyheit noch einiger Maßen zu ſchẳ= Ben weiß, ein, sich durch eine Union mit Ihr zu verbinden, und durch patriotischen Eifer und Er gebenheit gegen die Grundgefeße, aller Hindernis fe ungeachtet , den gegenwärtigen Uebeln abzuhels fen , und den Staat auf das künftige vor selbigen in Sicherheit zu sehen. Die Kaiferin will die Beurtheilung dieser Absicht gern der pohlnischen Mation selbst überlassen, weil sie versichert ist, daß der Partheygeist nicht so viele Gewalt über die Lie be zu dem Vaterlande gewinnen werde ,
um die
Schritte Ihrer Majestät verdächtig zu machen. Die Nation muß nunmehr zeigen , ob fie aufihre Gerechtsamen eifersüchtig ist, und ob es besser ist, sich unter dem Ehrgeiße zu schmiegen , oder mit Vertrauen viejenigen Mittel zu dessen Unterdrückung zu ergreiffen, die ihr eine Monarchin anbie tet, welche in der Hülfe , welche sie ihren Freun den leistet, so treu als großmüthig ist. Dieses ist es , mein Herr , was Sie allen denenjenigen fagen und erklären sollen, welche von
den Grundfäßen und Regeln , denen Ihre kaiserliche Majestät bey Ihren Schritten folgen, nåher unterrichtet zu werden verlangen , und wenn die Umstände es erfordern, so ertheile ich Ihnenhier mit Vollmacht, gegenwärtiges Schreiben seinem ganzen Inhalte nach bekannt zu machen, weil ich versichert bin, daß kein Zug in dem Betragen un
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ferer Monarchin deſſen Sinn und Ausdrücken zuwider laufen werde.
15.
Note
für den Herrn Pfarsky, Residenten Sr. Majestät des Königes von Pohlen. Da das von dem Herrn Reſidenten den 2 8ten des vorigen Monathes im Nahmen des Königes und der aufdem Reichstage versammelten Stande der Republik übergebene Pro Memoria einen so wichtigen Gegenstand betrifft, als die Befreyung vier ihrer Glieder ist , welche die auf Verlangen der conföderierten Republik und zu ihrer Unterstügung in Pohlen anwesenden Truppen Ihrer kaiserl. Majestät , auf Befehl ihres Am bassadeurs in Verhaftgenommen haben : so hat das kaiserliche Ministerium , indem es diese Schrift feiner Monarchin vorlegte, und felbige mit allen den Betrachtungen begleitete, welche aus der Sa che selbst herfließen , nicht allein feiner Pflicht Ge hör gegeben, sondern auch dem an daſſelbe zum glücklichen Erfolge dieser Sache geschehenen Anfuchen. Indessen hat es dessen Eifers nicht bedurft,
die ganze Aufmerksamkeit Ihrer kaiserli
chen Majestät auf eine so rührende aber für ihre Freundschaft gegen die Republik auch zu gleicher Zeit so bedenkliche Verbindung von Umständen zu lenken. Die Kaiſerin foll auf der einen Seite fich dem Könige und der Republik auf einen Au
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Beylagen .
genblick gefällig erweisen ;
aber auf der andern
Seite soll sie auch dem Vorſage entſagen , beyden den wesentlichsten und dauerhafteſten Dienst_zu leiſten.
Wird man wohl glauben , daß dieKai-
ferin einen Augenblick in ihrer Wahl unschlüssig ſeyn könne? Nein. Der Entschluß , welchen das Ministerium gegenwärtig dem Hrn. Reſidenten mittheilen muß, ist so , wie man ihn von einem zusammenhängenden Betragen , welches seiner Grundfäße gewiß ist, schon erwarten mußte. Die pohlnische Nation will Ruhe und Ordnung in ih rer Regierungsart haben. Ihre kaiserliche Majeſtät haben derselben gleichfalls nöthig , um der Unschuld und Gerechtigkeit den Sieg zu verschaf= Da sie verpflichtet und verbunden ist, die fen. Republik in ihrem Vorhaben zu unterſtüßen , ſo bezeichnet die Verwegenheit dererjenigen , . welche fich öffentlich für ihre und ihres Vaterlandes Feinde erklären , diejenigen Opfer selbst , welche ſie dem allgemeinen Beßten bringen muß. Man müßte die Kaiserin sehr schlecht kennen, wenn man noch an dem Eindrucke zweifeln wollte, welchen alle die Empfindungen , welche in der ihrem Ministerio übergebenen halten sind , zweifeln wollte.
Vorstellung entSie betrifft auf
der einen Seite einen König , welcher von seinen Pflichten durchdrungen ist und von Verlangen brennet , felbige zu erfüllen , seinen Unterthanen wohl zu wollen, und seine våterliche Liebe über jeden derselben zu verbreiten , der daher bey jeder ihrer Widerwärtigkeiten selbst erweicht wird.
Beylagen.
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Sie betrifft aber auch auf der andern Seite Men ſchen, deren Hartnäckigkeit alle ſeine Bemühungen fruchtlos macht. Da sie aus Neigung, aus angebohrner Gemüthsart und aus GewohnheitFeins de aller Art von Ruhe ſind , so ist das Glück nach welchem sie streben, mit dem Glücke des Staa tes allzu unvereinbar , als daß ein König im Stande seyn sollte, sie zu befriedigen. Ohne Bedenken kann man die vier Personen welche der Ambassadeur in Verhaft nehmen lassen, als solche vorstellen , als welche er nicht sowohl ihren Pflich ten als Senatores und Landbothen , als vielmehr ihren öffentlich zu Tage gelegten Bemühungen, die Stimme der Pflicht in einer Versammlung zu ersticken, wo felbige doch nothwendiger Weise den Vorsiß haben muß , entrissen hat. Weder Furcht noch Eigennuß bilden sich hier Es ist Ungeheuer welche sie bestreiten könnten. weder der Denkungsart noch der Staatskunft der Kaiserin gemäß, Schuldige aufzusuchen und zu verlangen. Seit dem sie den Thron bekleidet , zeuget alles von ihrer Gelindigkeit und Mäßi gung. Die Kaiferin hat , weit entfernet , den Glanz ihrer Regierung durch Empfindlichkeiten gegen einzele Personen zu beflecken , vielmehr oft aus Gnade diejenigen Regeln der Staatskunst überschritten , welche überall gebilliget , und als die einigen sichern Gegenmittel gegen ausgear tete Patrioten gehalten werden, die aber von Der ſelben für viel zu geringe gehalten werden ,
als
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Beylagen .
daß sie ihre Abneigung auch von der aller gerechte ften Strenge follten überwinden können.
Die pohlnische Nation ja das ganze Europa haben diese so sehr hervor stechenden Züge in dem Betragen der Kaiserin noch nie verkannt. Alles überzeuget sie, daß die Menschlichkeit die Rathgeberin und das Ziel aller ihrer Handlungen ist , und daß sie bloß durch selbige und für selbige regieret. Da sie sich nun in der Regierung ihrer Staaten , von welcher sie doch nur Gott allein Rechenschaft schuldig ist, niemahle von dieser Regel ihres Verhaltens entfernet hat , da sie ein so tief in ihr Herz gegrabenes Gefeß noch nie verles het hat , was sollte sie wohl bervegen können , in Ansehung eines freyen und unabhängigen Volkes davon abzuweichen , dessen Angelegenheiten sie ſich bloß als Freundin und Bundesgenoſſin an genommen hat ? Hier hat sie sowohl die Nation, zu deren Beßten ihre Hülfe wirken soll, als auch alle diejenigen Völker, welche Zeugen ihrer Maßregeln find , zu Richtern ; hier bedienet sie fich nicht des geringsten persönlichen Ansehens , um nur allein des Vertrauens zu genießen , welches ihre Tugenden einflößen müſſen. Wen müssen nicht schon diese Betrachtungen für die Bewegungsgründe einnehmen , welche den Ambassadeur einer solchen Monarchin geleitet haben, als er sich der Gewalt bedienete, welche er sowohl in ihrem Nahmen, als im Nahmen derjenigen Nation, bey welcher er refidiret, bekleidet ? Allein,
Beylagen.
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die Zärtlichkeit der Kaiserin läßt es bey dieser bloßen natürlichen Gesinnung nicht bewenden, das Verfahren ihres Ambassadeurs zu billigen. Sie will die unparthenische Republik augenscheinlich überzeugen, daß der gethane Schritt eben so noth wendig war , als gerecht er ist , daß er bey dies sem einigen ihm noch übrigen Hülfsmittel nicht voreilig gewesen , sondern sich desselben nicht ehe als in dem Augenblicke bedienet hat , da es im Begriffe war, ihm auf immer zu entwischen. Der Nußen, welchen das Ministerium von einer solchen Ueberzeugung erwartet , wird nicht bloß in der Widerlegung aller in dem gedachten Pro Memoria als beunruhigend vorgestellter Urtheile bestehen.
Diesen leeren Echreyern ,
welche die Unwissenheit ,
Partheylichkeit ,
der
Eigennut, und mehr noch als alles dieses , der mit allen großen und erhabenen Handlungen eines Monarchen unzertrennlich verbundene Neid , er reget, werden Ihre kaiserliche Majestät keiner Antwort würdigen , sich auch auf keine andereArt an ihnen råchen , als daß Sie unverrückt Nur ein fortfahren werden , Gutes zu thun. Umstand macht der Kaiferin Unruhe und verur facht Ihr fogar Bekümmerniß. Man sagt in dem gedachten Pro Memoria , daß die Verhaftneh mung der vier Unterthanen der Republik bey der Wenn Nation Bestürzung verursacht habe. Furcht und Niedergeschlagenheit das gewöhnliche Loos des Pöbels sind , welcher immer schlecht unterrichtet , immer ein Sclave des äußern Schei
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Beylagen.
so würde die Kaiserin nicht geglaubt ha nes ist dergleichen Eindrücke bey dem Adel daß ben , Plaß greifen würden , der ein Augenzeuge von dem Betragen des Bischofes von Cracau und seiner Anhänger gewesen , ein Augenzeuge von allen be hutsamen Maßregeln , welche der Ambassadeur angewandt, den Schlag der ſie bedrohete abzu, wenden , und von den verschiedenen Graden der Frechheit, durch welche er von ihrer Seite gereißet und aufgefordert worden. Doch dem fen wie ihm wolle, so ist die Kai serin entschlossen ,
auch
den geringsten Poh
len von dem ganzen Hergange nach der strengsten Wahrheit zu unterrichten. Ihre Ehre erfordert es, daß sie anstatt der ungegründeten Furcht, wenn sie ja dergleichen bey einer Nation , mit de ren Beßten sie sich beschäftiget,veranlaſſen können, das gegründete und verdienteste Vertrauen ers wecke. Ihr und der Republik Beßtes erfor dert es , die Blicke der ganzen Nation von einem Zufalle wegzuwenden , der bloß die Personen vier aufrührischer ihres Kummers unwürdiger Glieder betrifft, und ſichbloß mit dem großen Gegenſtande, um deßwillen sie versammelt ist, zu beschäftigen. Zu dem Ende versichert das kaiserliche Ministerium auf ausdrücklichen Befehl Ihrer kaiser lichen Majestät , daß der Ambassadeur in dem was er gethan, den Befehlen und den reinen Gesinnungen seiner Monarchin auf das genaueste nachgelebet hat,
und daß er nichts gethan , was er nicht schon in den vorigen Declarationen Ihrer
Beylagen. kaiserlichen Majestät geäußert hat.
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wiederhohlet das Miniſterium hier auf die feyerlichste Art im Nahmen seiner Kaiferin die von dem Ambassadeur ben Gelegenheit dieses Vorfalles gethane Declaration , und erkläret und ver fichert auf die förmlichste und bündigste Art, daß die Kaiserin niemahls gestatten werde , daß ihr Versprechen und die Hoffnung der Nation verei telt werde ,
und daß sie die Freyheit und Unab-
hängigkeit der Republik jederzeit sohoch schäße und schäßen werde, daß sie auch die Gerechtsamen und Vorrechte eines jeden einzelen Bürgers zu sichern und ehrwürdig zu machen wünschet.. Aber was für ein Gewicht werden diese neuen Versicherungen haben ,
da die feit fünfJah-
ren fo deutlich an den Tag gelegte gute Gefin= nung für das Beßte Pohlens , und die thätigste Aufmerksamkeit , dasselbe vor so vielen Samen der Zwietracht zu sichern , die Nation nicht überzeugen können,
daß sie von der Freundschaft der
Kaiserin alles zu hoffen, von ihrem Ehrgeize aber nicht das mindeste zu befürchten hat.
Die Gemüther können gegen Wahrheiten , welche so oft und so deutlich durch die That selbst bewiesen worden , unmöglich verschlossen seyn. Noch weniger werden Ihre kaiserliche Majestät sich bereden , daß die bedenkliche Lage, worinsich die Kaiserin in diesem Augenblicke gegen die Re publik befindet, keinen Eindruck auf dieselbe machen sollte,
daß sie nicht erwågen sollte , wie
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Beylagen.
dringend ihre mit der ganzen conföderierten Nation eingegangene Verbindlichkeiten zur Wiederherstellung ihrer Gesetze und des ursprünglichen Zustan des der Republik sind. Der Russische Hof stellet sich hier alle diejenigen Umstände wieder ver, welche diese Verbindlichkeiten vorbereitet und nothwendig gemacht haben , und wird dadurch von ihrer Stärke und verpflichtenden Kraft nur noch lebhafter überzeugt. Die Kaiferin ist eine Freundin , Nachbarin und Bundesgenoſſin der Republik.
Sie ist ur-
sprünglich und Kraft der feyerlichsten Tractaten der Garant der Gerechtsamen eines Theiles der Nation, dem diese Gerechtsamen entrissen worden. Die Aicht sowohl als die Menschlichkeit nöthi gen Ihre kaiserliche Majestät , sich zum Besten der Dissidenten zu verwenden. Ihr Recht ist aufeine unleugbare Art bewiesen ; allein die Kaiferin ist zur Zeit noch weit entfernt, solches als ein Recht gültig zu machen.
Freundschaftliche Vor-
stellungen, Rathschläge , verbindliche Vorstellun gen , bringendes Anhalten , Schilderungen der gefährlichen Folgen dieser Sache , ihr unversucht gelassen.
nichts ist von
Fünf Jahre lang haben
ihre Minister in Pohlen keine wichtigere Beschäf tigung gehabt, als die Sachen zu einem gütlichen Vergleich einzuleiten und alles Aufsehen zu ver meiden. Ungeachtet Ihre kaiserliche Majestät sowohl berechtigt, als im Stande ist , Zwang zu gebrauchen, so erwarten dieselbe doch geduldig den Zeitpunct,
da die Nation den gerechten Klagen berer
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derer , welche sie beschüßet , abhelfen wird. Sie erlaubet sich keinen einigen gewaltsamen Schritt, weil zu ihrer natürlichen Abneigung von alle dem, was sie und die Republik veruneinigen könnte , noch der Bewegungsgrund ihrer eigenen Ehre kommt , und weil ihr auch die gerechteste Sache verdächtig scheinen würde, so bald sie erzwungen ist. Das Mitleiden nöthiget Ihre kaiserliche Ma jeſtåt zu reden, und die Sorgfalt für ihre Ehre dictis ret ihr und erhält bey ihr den Ton der Mäßigung. Welchem unglücklichen Schicksale kann man nun wohl die hartnäckige Weigerung zuschrei ben, mit welcher man sich einer so langen Reihe von Maßregeln widerseßt , welche die ruhi ge Vernunft aufmuntern und bewegen sollten, der Wiederherrstellung der Dissidenten Gehör Man will nicht glauben , daß eine zu geben? welche in Ansehung der wichtigen Grundsäge der Freyheit und der Gleichheit, worauf ihre ganze Regierungsform gebauet ist, gegen die schreyende Ungerechtigkeit, über welche man Die Hoffsich beklagt, verblendet seyn sollte.
Nation ,
nung , die Standhaftigkeit der Kaiserinn in Be wirkung eines Gutes, von welchem Sieſelbſt nicht den geringsten wahren Nußen hat, kann die Gemüther nicht hintergangen haben , indem das Beyspiel des leßtern Interregni noch bey der gan zen Nation in frischem Andenken seyn muß, wo die so vielen Hindernissen ausgeseßte freye Wahl eben so schwer zu bewirken , und die Hülfe Rußlands eben so uneigennůßig war.
Auch ist nicht
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Beylagen .
der geringste Grund zu vermuthen, daß es Rußland anVertrauen auf seineMachtfehle, und daß essel bige nicht anders als mit Furcht und Behutsam keit gebrauchen würde. Diese Schwachheit ist demselben noch nicht vorgeworfen worden , und deffen Betragen , hat seitdem dessen Interesse mit dem Interesse des übrigen Europa verbunden ist, nichts was dem ähnlich wäre.
Kurz , manwür
de sich vergebliche Mühe geben, die wahren Ur fachen des Betragens der Republik gegen Ihre kaiserliche Majestät in der Sache der Dissidenten zu errathen , wenn man ſie in etwas anderm, als in den Mißbrauchen der Regierung suchen wollte. In dem Taumel der Spaltungen, von welchen sie zerrie wird, muß sich der weiseste oft unter dem Joch des stolzesen beugen. Die größte Anzahl, sest, daß auch diese allemahl auf der Seite der Gerechtigkeit und der Weisheit wäre , ist oft unnuh, wo die Einstimmigkeit in allen Stücken nothwendig ist , wo das geringste aber allemahl fichere Uebel, welches der , der Böses stiften will, verursachen kann, darin bestehet, daß er das Gute hindert. Bloß der Verwirrung , welche tausend einander entgegen gefeßte Absichten in den Berathschlagungen hervor bringen , bloß den Kunstgriffen und der Ueberlegenheit des Partheygeistes, welcher noch immer in dem Innern der Republik wirksam ist, um sichzum Herren und Schiedsrichter aller dieser Absichten zu machen, hat die Nation diese gewaltsame Gährung aller Stände und diesen bedenklichen Zustand zu verdanken, in
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welchem sie sich in Ansehung einer Sache befin det, die in ihrem Ursprunge so einfach und deutlich ist.
Bloß dieser Geist war es , welcher der
Gerechtigkeit selbst entgegen arbeitete, und auf eine Zeitlang über die Mäßigung einer mächti gen Monarchin triumphierte, alle gütliche Mittel in Ansehung solcher Ansprüche, deren Rechtmäßigkeit man nicht einmahl zu untersu chen wagte, ausschlug, und Ihre kaiserliche Mas jestät durch die Umstände der Verweigerung noch mehr beleidigte, als durch die Verweigerung ſelbſt. Wie sollsich nun wohl die Kaiſerin in einem so entscheidenden Augenblicke verhalten ? Soll fie ihre Zuflucht zur Ahndung nehmen, das einige Mittel, welches man ihr übrig låſſet, und welches man zu wünſchen ſcheinet ? Oder soll sie durch eine feige Verlassung der Sache der Dissidenten, welche durch einen lange fortgefeßten und so öffentlichen Schuß die ihrige geworden ist, wenn sie es auch nicht schon durch die übernommene Garan tie wåre, zu erkennen geben, daß sich das Recht nichts von ihr zu versprechen habe, und daß die Gewaltthätigkeit ihr ohne Gefahr troßen könne ? Ein offenbarer Bruch, eine Erzwingung dessen mit gewaffneter Hand, was man allen Vorstellungen und freundschaftlichen Maßregeln bisher versagt hat, ist also das äusserste Mittel, zu welchem man eine Monarchin zwinget, welche sich bisher so oft und so unleugbar als eine Freundin des Friedens erwiesen hat. Und wider wen ? Wider einen König, bey deffenWahl fie der Re
en
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lag
Bey
.
publik so wohl ihre Liebe als ihre Uneigennüßigkeit bewiesen hat; wider eine Nation, welche sie aus der augenscheinlichen Gefahr eines bürgerlichen Krieges geriffen hat. In dem Streite, welchen die Stimme ihrer eigenen Ehre, die hier so sehr mit im Spiele ist, und ihre unwiderstehliche Abneigung von einem Kriege zwischen zwey freundschaftlichen Nationen, für welche dieses gute Einverständniß so wichtig ist, Ihre Majestát empfinden lassen, sahen Diefelbe in der Ferne noch ein vielleicht noch mögli ches Mittel, alles ohne offenbare Gewalt beyzulegen und in Ordnung zu bringen. Es kam hier darauf an, daß Standhaftigkeit mit der Freundschaft, die Macht mit der Freyheit, und das Vertrauen mit der Gewalt verbunden würde ; die Spaltung würde alsdann aufhören, Gerechtigkeit und Weisheit würden in der Republik wieder Plas greiffen, der offene Abgrund würde von dem Patriotismus verstopfet , und der Staat von der Freundschaft und dem Edelmuthe von neuem belebet , werden.
aufgeklåret
und
unterſtüßet
Dieß waren die Absichten und der Entwurf eines von der Macht Ihrer kaiserlichen Majestät unterstüßten Reichstages. DieKaiſerin brachte ihn mit der Zuversicht in Vorschlag, welche das Bewußtseyn einer rechtschaffenen von allen Rånfen befreyeten Absicht gewähret. Sie zeigte, was fie noch f möglich hielt , wenn sie unterstüt würde, weil sie versichert war, daß sie von ihrer
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Beylagen . Seite in der Ausführung würde.
nichts
versäumen
Kaum war dieser Vorschlag geschehen, kaum hatte man ihre Absichten erfahren und eingesehen, als die ganze pohlnische Nation aus der Betäubung erwachte, worein die Partheyen, welche sich der Regierung bemächtiget haben, durch eine Menge von Angriffen wider ihre Freyheit sie gestürzt hatten. Alles klagte und beschwerete sich einhellig ; alles forderte mit lauter Stimme eine allgemeine. Verbesserung, worin die ursprüngliche Verfassung wieder hergestellet, und der Staat gesichert wür de, wo unter dem Schuße und der Garantie Ihrer kaiserlichen Majeſtät das Syſtem der Republik beſtimmt und ein für alle Mahl vor den gewaltsamen Erschütterungen verwahret würde, wodurch der Ungestüm der Leidenschaften ihr schon so oft den Untergang gedrohet hatte. Auf die Vorstellungen und Rathschläge Ihrer Majestät, und auf die Verſicherung ihres Schußes, wandte s die Nation in allen Theilen des Königreiches mit einem Eifer, einer Schnelligkeit und einer Be gierde, welche in den Jahrbüchern der Republik ohne Beyspiel ist, eine so plöhliche als allgemeine Kraft an, ihre Gefeße wieder herzustellen, und mit dieser Wiederherstellung auch zugleich die Beschwerden Ihrer Majestät auf eine gründliche Art zu heben. Ein unter dem Ansehen einer allgemeinen Conföderation gehaltener und von den Truppen Ihrer kaiserli chen
Majestät beschütter
Reichstag
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Beylagen.
wird als die einige Arzney wider die Gebrechendes Staates angesehen und ergriffen , und ihre Garantie wird für das einige Mittel gehalten, ihr Werk dauerhaft zu machen, und es vor allem Angriffe sicher zu stellen. Von diesem Augenblicke an ſtand es niche mehr in der Gewalt der Kaiſerin, die Bande zu zerreiffen, welche das Schicksal der Republik mit ihr verbinden. Die Erklärungen von ihrer Seite, worin ihre Besorgnisse für die Republik entwickelt waren, worin ſie ihre Verbindlichkeit vorstellete, die bis dahin verachteten Gerechtfamén gültig zu machen, die Entdeckung ihrer Wünsche, den ges genwärtigen Zustand Pohlens zu ändern, als das einige Mittel, den in augenscheinlicher Gefahr befindlichen Frieden zwischen beyden Nationen zu erhalten; von Seiten der Republ : Pohlen, die ses einmüthige Geschrey, welches ihre Wünsche billiget, dieser Eifer, mit welchem sich die Nation allenBewegungen überlåsset, welche sowohl ihren eigenen Wünschen als auch den Absichten der Kaiserin gemäß sind, die plögliche und gemeins fchaftliche Vereinigung aller Willen und Kräfte zu einem und eben denseiben Endzweck, die verlangte und bewilligte Zusammenberufung des Reichstages, die
versammelten
Landtage, auf
welchen allen eine allgemeine Verbesserung be schlossen wird, die von der Kaiſerin an fölchen Orten geleistete Hülfe, wo ein allzuheftiger Widerspruch den Patriotismus schüchtern macht;
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kurz, jeder Schritt ertheilet den ersten VerbindDas gegenseitige lichkeiten eine neue Kraft. Bedürfniß und das Vertrauen schloß diese Ver bindlichkeiten und die Erkenntlichkeit, welche sie noch enger knüpft, drückt das gültigste Siegel darauf. Alle besondere Conföderationen vers einigen sich in eine allgemeine Conföde ration ; die erste Bewegung der in ein Ganzes versammelten Republik beſtehet darin, der Kaiſerin ein unmittelbares und öffentliches Zeugniß und Denkmahl der Erkenntlichkeit für die zur Wiedererlangung der Freyheit so heilsame Hülfe abzulegen. Eine feyerliche und zahlreiche Gesandt schaft, deren Glieder aus den vornehmsten Geschlechtern der Nation gewählet werden, wird der Dollmetscher ihrer Empfindungen, und das Beglaubigungsschreiben worin die Republik selbst spricht, ist bloß der Ausdruck ihres Vertrauens auf die Hülfe und Garantie der Kaiſerin, um welche dieselbe so dringende Ansuchung thut. Nur durch sie hoffet die Republik, daß die auf die Freyheit und den Genuß aller Gerechtsamen der Bürger gegründete Frieden und Glück ihr auf immer werden gesichert werden. Die Hülfe Ihrer kaiserlichen Majeſtåt ist der Punct, von welchem die wieder vereinigten Bürger ausgehen ; er ist der Unfang, das Mittel und das Ende aller ihrer Unternehmungen. Die förmliche Ansuchung darum wird in einer öffentlichen Audienz von den
Beylagen .
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Ministern der Republik wiederhohlet, und die Kaiserin erneuert ihr Versprechen und drückt das durch ihren Verbindlichkeiten ein neues Siegel auf; so viel glaubet Ihre Majeſtåt einem Vers trauen ſchuldig zu seyn, welches bis auf dieſen Augenblick noch auf keine Weise war verleget worden! So sehr ist die Nation von den Zerrüt tungen durchdrungen, welche die geringste Erkal tung in Vollziehung desjenigen Vorhabens, von welchem sie fich so große Hoffnung gemacht, und um welches sie sich so viele Mühe gegeben hat, nothwendig nach sich ziehen muß. Die Kaiserin hat also der ganzen Nation für den glücklichen Erfolg eines Reichstages, der von ihr verlanget, und um ihretwillen zusammen berufen worden , die Gewähr geleistet.
Die geringste Nachsicht, die
geringste Nachläßigkeit von Seite.. des Ambaſſadeurs, welchem aufgetragen ist, die von der Kaiſerin der Republik bewilligte Hüife auf diesen Endzweck zu richten, würde ein Verrath wider die heiligste Verbindlichkeit seyn, welche einMonarch nur auf sich laden kann. Und was für ein Reichstag ! Was für Gerechtsamensollen auf demselben untersucht werden ! Es ist keine von den gewöhnlichen, von der Regierungsform und dem Gebrauche vorgeschriebenen Versammlungen, wo einige Streitigkeiten über den geringern oder größern Nußen dieser oder jenen Sache Bitterkeiten veranlaſſen und den Reichstag zerreiffen können, ohne daß dadurch
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dem Staate einige Gefahr zugezogen würde. Es ist hier vielmehr ein ganzer Theil der Nation, welcher darüber seufzet, daß ein Theil seiner Ges ſege umgestürzet, und an deren Stelle andere eingeführet worden, welche dessen Freyheit zu GrunEs ist hier ein anderer Theil eben de richten. derselben Nation , welcher aller feiner Gerechtsa men beraubt ist, deren Wiederherstellung er vers langet, und durch eben dasselbe Mittel, welches er zu dieser Anforderung gebraucht hat , in einen Stand des Krieges, wider einen jeden gesezt wird, Es der sich seinen Ansprüchen widersehen will. ist hier eine Monarchin unter deren Schaz alles bewerkstelliget werden soll,und welche das Schicksal der Verbindung und derFreundschaft zweyer großer Reiche dieser Versammlung anvertrauet hat. Was muß ein so wichtiger Gegenstand , als derjenige ist , welcher jeßt die pohlnische Nation versammelt , nicht für Vorstellungen in dem Gewenn er gleich müthe eines Fremden erwecken nur ein ruhiger Zuschauer dieser Begebenheit ist? Was muß das wohl für ein Bürger seyn , der nicht den glücklichen Fortgang einer so heilsamen Welcher PaUnternehmung wünschen sollte? triot wird nicht erschrecken, wenn er erwäget , daß die Nation nothwendig in der Sclaverey verbleiben muß , wenn ihre Bemühungen und ihr guter Wille an einem fo feyerlichen Tage scheitern sollten ? Aber zu welch einer Classe von Menschen gehören diejenigen , denen es noch nicht genug war, alle Bande , welche sie mit dem Staate ver
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binden, einer niederträchtigen Gleichgültigkeit gegen dessen Elend aufzuopfern , welche dasselbe sogar ewig dauernd , und durch die Zerreissung des Reichstages in so bedenklichen. Umständen noch Indessen ist dieses hårter zu machen suchen ? doch der fürchterliche Entwurf, welcher aus dem ganzen Betragen des Bischofs zu Cracau und 4 Es ist ihnen feiner Anhänger hervor leuchtet. sehr gleichgültig , ob der Staat an seiner Wohlfahrt oder an seinem Untergange arbeitet. Wenn die Absichten der Nation gelingen , so ist dieser unruhige Partheygeist, ihr natürlich, auf immer gefeffelt. Der fanfte u
Element, für wahre
Patrioten so preiswürdige Friede begråbt diese Menge von Rånken und ihre Urheber in eine ewis ge Vergessenheit.
Dieß ist für sie schon genug , fie wider den einmüthigen Wunsch der ganzen Nation zu dem auffersten zu verleiten, Nicht zufrieden, daß sie durch alle mur mögliche Mittel ein so weiss Vorhaben zu vergiften und auf den Landtågen die jeßt mehr als jemahls nothwendige Wahl rechtschaffener , unbestechlicher und von den Bedürfnissen des Staates durchdrungener Landbothen zu hindern gesucht, ſchåmeten ſie fich, daß sie den Funken der Unruhe und der Verwirrung , welchen ſie durch ihre aufrühriſche Reden und Schriften angefacht hatten , nicht so gleich in helle Flammen ausbrechen sahen ; ihre Beschåmung ist der Maßstab ihrer Frechheit. Sie erschienen auf dem Reichstage mit einer so kühnen Stirn,
als wenn fie für das Beßte aller flim
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men wollten , und ihre unerschrockene und stolze Seele verfolget auf demselben ihre traurigen Entwürfe, verdammet , befiehlet , drohet, und stellet mit der größten Ruhe das Joch auf, unter welchem sich alles biegen soll. Der erhabene Anz blick der versammelten Nation , welche durch eine Macht unterstüßt wird ,
welche bereit ist , ihre
Feinde zu schlagen , hat nichts , was ihre FrechEin eingewurzelter heit zurück halten könnte. Haß verschließt ihr Herz vor aller Vorstellung von dem Vaterlande, so wie vor jedem Gedanken einer Gefahr. Sie wissen , daß fie in ihr Berderben eilen, wollen ſich aber dafür mitten unter dem öffentlichen Elende an einer grausamen Rache weiden. Sie bekleiden diese Stellen , welche so ehrwürdig sind , heit fie leiten ,
wenn Eifer und Rechtschaffen-
die aber auch so gefährlich find ,
wenn alle Leidenschaften dieselben mit so vieler Wuth als Sicherheit mißbrauchen , bloß darum, um ſelbſt diejenige Acte, welche die Na tion vereiniget, bis in ihre Quellen zu tadeln und anzugreiffen. Sie ſind nicht nur Rebellen gegen die rechtmäßige Gewalt der conföderierten Repu blik , indem sie sich dem von ihr selbst beschlosse nen Entwurfe, und den von ihr selbst zu dessen Ausführung gewählten Mitteln auf die verwegenste und trohigste Art widersehen ; sondern sie vers rathen auch die ganze Schwärze ihrer Ubsichten noch deutlicher durch das unglückliche Vorhaben, fo gar den Minister derjenigen Macht anzugreif fen , welche sich so edelmüthig gegen die Nation
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Beylagen.
beweiset. Sie wollen durch eine öffentliche Be leidigung der Würde des ersten Repråſentanten einer mächtigen Monarchin ,
den Weg zu aller
Rückkehr zum Frieden völlig versperren, kurz, das Werk der Nation und ihrer kaiserlichen Majestät vernichten und das Vaterland in das Elend eines einheimischen und bürgerlichen Krieges stürzen. Es gibt keine Regierung , und keinen Umstand in der Regierung , wo ein so strafbares, und aller Empfindung , nicht der Liebe, sondern selbst des Mitleidens gegen das Vaterland beraubtes Verfahren , nicht einen jeden Bürger , wer er auchy sen , entwürdigen und in den Augenblick der Rache der Gefeße unterwerfen sollte. Und niemahls gab es ein ſtårkeres , ein ausdrücklicheres Gesch, als dasjenige ist , welches dem Ambassadeur befiehlet ,
für die Sicherheit der
allgemeinen Versammlung der Nation zu wachen. Zögert er , seine Pflicht zu erfüllen , so sind die schrecklichen Folgen ,
welche seine Schwachheit
• oder Nachlässigkeit haben muß , nachmahls nicht ~ mehr in seiner Gewalt.
Es giebt eine Frage , welche man in Gegenwart des großen Haufens , deſſen Einsichten allemahl sehr kurz find , nie ohne Gefahr untersuchen kann. Es sollen Menschen von einer andern Kirche als der größte Theil der Nation ist , die ihnen entrissenen Bürgerrechte wieder gegeben werden. Das Feld ist für einen unruhigen Bischof zu groß und zu fruchtbar ,
als daß er nicht alle
Waffen der Schwärmerey auf demselben auskra-
Beylagen. men sollte.
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Dieses Ungeheuer, welches so sehr
gewöhnt ist, über eine jede Macht zu triumphis ren, und die schwärzesten und ruchlosesten Mittel zu heiligen , reisset sich los und stürmet von allen Seiten herein. Ohne sich durch Ueberredung gewinnen zu laſſen , erschrecken auch die ruhigsten L Gemüther über die Empörungen , welche es in Man stellet sich auf die feinem Gefolge hat. Stimme eines Menschen, der vermöge seiner Würde über die Schwachheit der Gemüther herrschet, Man höret das Vaterland in Flammen vor. nichts als ein allgemeines Geschrey für das Beßte der Religion , da man doch eigentlich und zunächst von bürgerlichen Vorrechten der Bürger handelt. Man vergiffet alle Versicherungen Ih rer Majestät, diese Religion aufrecht zu erhalten, alle von der Nation zu eben diesem Zwecke genommenen Maßregeln.
Endlich reisset eine all
gemeine Ueberströmung alle getroffene Anstalten auf einmahl ein, und die Furcht vor einem eingebildeten Uebel verschließt aller Augen vor den wahren und gegenwärtigen Uebeln. So vielė Bürger follten ihren Eifer und ihre Bemühung nur dazu angewendet haben, um unter den Streichen der Schwärmerey zu erliegen ? Und der Zeitpunct, welcher der Republik Pohlen den Frieden und die Freyheit wiedergeben sollte, sollte ihr in derjenigen Macht , von welcher sie diese Wohlthat erwartete, nur eine erklärte Feindin übrig laſſen ? Dießsind die Umstände, dieß ist der Augenblick, unter welchen und in welchem der Ambassadeur,
en
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lag
Bey
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die vier Personen in Verhaft nehmen ließ , wel che ungescheut und mit harter Stirn nichts als Hier bliebihm Empórung zu verbreiten suchten. kein anderer Weg zu gehen übrig ; er mußte entweder einen gerechten und nothwendigen Ernst zeigen, oder alles der Zerrüttung und Verwirrung Er hat die Störer der öffentlichen überlassen. Ruhe in Verhaft nehmen laſſen , und dadurch die seiner Monarchin zugefügte Beleidigung ge rochen ; alles dieſes wurde ihm durch das Geseßz Denn der Bischof feiner Pflicht vorgeschrieben. von Cracau , welcher eine so unnatürliche Unternehmung geschmiedet hat ,
besaß noch so viele
Klugheit, daß er durch Verachtung des von Ihrer kasserlichen Majeftät bewilligten Schußes seiEr trug ne Absicht nicht zu erreichen glaubte. kein Bedenken, sich an die geheiligten Worte ihrer Declarationen zu halten ; allein er verdrehete den Verstand derselben in den Augen des Volks, und suchte Verdacht wider ihre Aufrichtigkeit zu erwecken, um diese glückliche Uebereinstimmung des Vertrauens der pohlnischen Nation mit dem Edelmuthe ihrer kaiserlichen Majestät, wovon al les abhänget, zu zernichten. Dieser lehte Zug wird hier nur um deswillen angeführet, um das unparthenische Publicum in Ansehung des von dem Am bassadeur der Kaiserin gethanen Schrittes völlig zu entscheiden. Persönliche Rache ist sowohl von. ihr als von allen Ministern , welche ihr zu gefale. len suchen, sehr weit entfernt ; ihre Seele iſt eis ner solchen fleinen Schwachheit nicht fähig , wel
1 Beylagen,
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che sich zu den großen Gegenständen , die sie ganz allein beschäftigen , sehr schlecht reimen würde. Nachdem nun hier der Wahrheit gemäß gezeiget worden , daß die Verhaftnehmung der vier Unterthanen der Republik , um deren Bes freyung der Hr. Resident anzusuchen befehliget ist, bloß aus der stärksten Neigung für das wahre Wohl der Republik geschehen , so sehet das Kaiserliche Ministerium ohne Bedenken hinzu , daß es selbige aus eben dieser Ursache auch im Ver hafte behalten muß.
Weit entfernet, diese Gna
be, Achtung oder Freundschaft zu empfinden , aus welcher Ihr kaiserliche Majestät ihnen die Freyheit wieder schenken würden , würden sie solche bloß als einen Triumph ansehen ,
welchen sie der
Wichtigkeit ihrer Perſonen zu verdanken håtten, ſie würden mit noch mehrerm Stolze wieder auf den Schauplatz treten, und ausser den zur Vera führung bereits angewandten Mitteln noch dieses, welches auf schwache Gemüther gemeiniglich ſo vielen Eindruck macht , vor sich haben , daß sie das Opfer ihrer Ergebenheit entweder für dieFreyheit oder für die Religion gewesen. Alle Sicherheit des Reichstages , alle Hoffnung der Nation den Frieden zu schenken , würde alsdann ein Ende haben, und wenn man sie dem Staate wieder geben wollte so würde man in der That den Staat ihnen selbst Preis geben. Das Kaiserliche Ministerium kann daher ohne Bedenken behaupten , daß dessen Monarchin durch ein solches Betragen dem Könige und der
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Republik einen wesentlichen Dienst leistet ,
und
daß sie ihre Achtung für die Unabhängigkeit ihrer höchsten Gewalt weit besser durch den Schuß, welchen sie wahren Bürgern und würdigen Patrioten angedeihen låſſet, als durch eine nachtheilige Gefälligkeit gegen Personen, welche desselbenunwürdig sind , an den Tag legen kann. Mit noch mehrerer Zuversicht erkläret dasselbe zugleich, daß Ihre kaiserliche Majestät , je mehr Schwierigkeiten Sie bey dem von Ihnen und der Republik
angefangenen Werke antreffen werden ,
nur desto mehr Klugheit, Standhaftigkeit und Behutsamkeit im Gebrauche der von Ihnen bewilligten Hülfe anwenden werden ; daß dieselben nicht zweifeln , mit Hülfe des guten Willens der ganzen Nation, auf welchen Sie sich verlassen, die Nation in kurzem frey , glücklich und ruhig zu sehen ;
daß alle Ihre Wünsche nur darauf
gerichtet sind , und daß keine Nebenabsicht ihre Reinigkeit beflecken könne , und daß , wenn das einige Hinderniß , welches sich der Vereinigung beyder Nationen widerseßet , einmahl gehoben worden ,
und diese Vereinigung vermittelst der
Garantie, welche Rußland noch genauer mit dem Glücke Pohlens verbindet , für sie ein allgemeines und unveränderliches System geworden , solches die einige Belohnung und die einige Ehre seyn wird , nach welcher die Kaiſerin strebet. Moss kau den 23ten Nov. 1767. GrafLikita Panin. Fürst Alexan= der Galligin . 16.
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Beyl.
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Litt. A.
Pro Memoria, welches der Hr. Resident Psarsky dem rußischkaiserl. Ministerio übergeben.
Der Unterzeichnete hat Kraft der erhaltenen Befehle die Ehre ,
Sr. Excellenz , dem Oberst Hofmeister Grafen von Panin , gegenwärtiges Memorial zu übergeben, und selbigen zu bitten, bey Ihrer kaiser Hrn.
lichen Majestät im Nahmen Sr. Majestät des Rönigs und der auf dem Reichstage versammelten Stände derRepublikpohlen, auf die nachdrücklichste und dringendste Art um die Befreyung der Bischöfe von Cracau und Riow, des Woiwoden von Cracau und seines Sohnes des Landbothen von Podolien anzuhalten , welche zu War schau in der Nacht vom 14ten auf den 15ten October N. St. von den Kaiserlichen Truppen, in Verhaft genommen und von denselben außer halb der Stadt geführet worden. Ihre Kaiserliche Majestät werden sich leicht vorstellen können, wie fehr alle Gemüther einer auf ihre Freyheit so eifersüchtigen Nation bestürzt worden, als sie drey Senateurs und einen Landbothen mitten aus ihrer Hauptstadt und während eines Reichstages aufheben sehen. Es würde überflüßig seyn, hier die Urtheile zu wiederhohlen, welche dieser Vorgang veranlasset hat, und die Folgerungen, die man dar aus herleitet.
Ihre kaiserliche Majestät ſind das D
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Beylagen.
von ohne Zweifel unterrichtet, und Dero Weisheit Der Unterzeich hat sicher alles vorher gesehen. nete hat vielmehr Befehl, seine Zuflucht zu Dero Güte, Großmuth und Billigkeit zu nehmen ; on diese soll er alles dasjenige richten, was die Bitte eines Königes und einer Nation nur dringendes hat, für deren Freundin ſich Ihre kaiserliche Majestät so bestimmt und so nachdrücklich erkläret has ben, eines Königes, der ein wahrer Vater seiner Unterthanen ist, und dessen Gemüth auf das em pfindlichste gekränkt werden würde, wenn er sich vorwerfen müßte, daß seine Regierung der Zeit punct des Leidens für einen seiner vornehmsten Sollten sie sich ja die UnUnterthanen gewesen. grade Ihrer kaiserlichen Majestät zugezogen ha, ben, so hoffet der König, daß wenn Ihre Ma jestät die Bewegungsgründe, die Würde, oder die Umstände jedes der vier Gefangenen zu erwågen geruhen wollen, dieselben Ursache finden wer den, Dero Mitleiden und große Seele vorwalten zu lassen, und zugleich auf die von ihnen bekleidete Aemter Rücksicht zu nehmen, als welche mit niemanden besetzet werden können. Zwey Biß thümer befinden sich jest ohne Hirten, eine Bib liothek, die Ehre der Wissenschaften in Pohlen, verliehret ihre Stüße und ihren Vater, eine Woiz wodschaft klaget um ihr Haupt und die andere Ein tugendhafter, um ihren Repräsentanten. bejahrter
und kränklicher Mann, fein junger
Sohn, welcher die kaum angefangene Laufbahn auf einmahl versperret siehet; alles dieses sind
Beylagen.
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Gegenstände , welche die erhabene und große Seele Ihrer kaiserlichen Majestät rühren und erweichen können, und welche der Unterschriebene durch Sr. Excellenz , den Hrn. Oberst Hofmeister, Grafen von Panin,
dieser
großen Monarchin vorzustellen befehliget ist, deren Macht der König und die Republik so wohl geliebt als auch verehret zu sehen wünschen, Moskau den 28ten Octbr. 1767. Pfarsky.
17. Beyl. Litt. B. Beglaubigungsschreiben, Der außerordentlichen und gevollmächtigten Abge ordneten der conföderiertenRepublik Pohlen, gegeben Warschau den ziten Aug. 1767.
Madame, Nachdem die ganze conföderierte Republik fich vereiniget hat, so ist ihr erster Schritt der, Ew. kaiserlichen Majestät den demüthigsten Dank für die großmüthige Art abzustatten, mit welcher dieselben geruhet haben, sich der Wiederherstel lung der alten Gerechtsamen, Freyheiten, Vorrechte und Regierungsart unferer Republik, als einer Nachbarin und Bundesgenoßin von den Staaten Ew. kaiserl. Majestät, so werkthätig anzunehmen. Die Herren Ludwig Pociey , General der Avant Garde von Litthauen , Michael Wielhorsky, Groß - Marschall von Litthauen,
52
Beylagen .
Joseph Potocki, Groß- Kron - Vorschneider, und Joseph Offolinsky, Starost von Sendo'mir, welche wegen ihrer vorzüglichen Geburt und persönlichen Verdienste von der conföderierten Republik zu außerordentlichen und gevollmächtigten Abgeordneten an Ew. kaiserl. Majestät.erwählet worden, haben Auftrag, denenselben unsere lebhaftes fte Erkenntlichkeit für die uns bewilligte Hülfe und Truppen zu versichern, und im Nahmen der Republik um die Fortsetzung derselben zu bitten, indem wir uns die ersprießlichsten Früchte für unsere Freyheit und unser Glück davon versprechen. Diese zum unsterblichen Ruhme Ew. Majeståt geschöpften Hoffnungen können unsere Ruhe nur durch die bloße Wirkung der Gnade Ew. kaiserlichen Majestät sichern, welche Dieselbe unferer Nation zu schenken geruhen. Die Republik wünſchet, ihr dauerhaftes Glück, und die Gründung ihrer Freyheit bloß Ew. kaiferlichen Majestät schuldig zu seyn, und da nur allein Dero hohe und mächtige Garantie unsere Gerechtsamen dauerhaft machen kann , so bittet die Republik auf die feyerlichste Art um selbige, zu Festseßung und Sicherung der Regierungsform, und der Gerechtsamen,
Freyheiten und
Vorrechte aller Bürger. Den Abgeordneten ist aufgetragen, diese Wünsche der ganzen Nation vor den Thron Ew. kaiserlichen Majestät niederzulegen , und Diesel-
ben zu bitten, felbigen die Erfüllung zu gewähren. Ew. kaiserliche Majestät geruhen also die
Beylagen.
53
Wünsche einer alliirten Nation, welche jederzeit die gerechteste Erkenntlichkeit dafür hegen wird, zu erhören und zu erfüllen. Ew. kaiserliche Majestät haben die Gewogenheit gehabt, durch Dero eigene in dem Schreiben Ihres ersten Ministers wiederhohlte Decla ration zu versichern , daß sie Pohlen glücklich machen wollen ; wir zweifeln daher keines Weges, daß Dieselben in dieser gnädigen Gesinnung verharren werden, um das Glück und die Ruhe in diesem Königreiche auf immer wieder herzustellen und zu befestigen. Die Größe der Seele Ew. kaiserlichen Majestät leistet uns dafür die sicherste Gewähr, und wir bitten Dieselbe, unfern Abge ordneten die Urkunde dieser hohen und mächtigen . Garantie anzuvertrauen ,
damit sie bey ihrer
Rückkunft in ihr Vaterland durch dieses schäßbare Geschenk die Wünsche der Nation befriedigen, durch diese Urkunde des hohen und mächtigen Schußes Ew. kaiserlichen Majestät die Conſti tution des Reichstages befestigen, und dessen Unordnungen zur Aufrechthaltung der Freyheit und der Regierungsform dauerhaft und beständig machen mögen. Wir haben zugleich die Ehre zu versichern, daß das Original dieser so sehnlichst gewünschten Urkunde in unserm Archive als ein kostbarer und heiliger Schah, wodurch uns unsere Freyheit versichert worden, und als ein ewiges glorreiches Denkmahl von Ew. kaiserlichen Majestät Güte, aufbehalten werden soll,
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Beylagen. Die gnädigen Gesinnungen Ew. kaiserlichen
Majestät, welche durch Dero Declaration jedermann bekannt gemacht worden , haben unsere `ganze Nation auf das lebhafteste durchdrungen, indem selbige überzeugt ist, daß die großmüthi gen Bemühungen Ew. kaiserlichen Majestät bloß auf die öffentliche Glückseligkeit und Ruhe abzielen.
Es hat daher auch diese Nation durch ihre vereinigten Conföderationen an den Tag gelegt, wie schäßbar ihr diese Gnade ist, und wir sind be fehliget, die Urkunden von diesen Conföderationen Ew. kaiserlichen Majestät zu überreichen. Es werden Dieselben daraus zu ersehen ge
ruhen, wie viele Ehrerbietung und Achtung die Republik für Ew . kaiserlichen Majestät Vermit telung in Ansehung der nicht- unierten Griechen, und der Diffidenten, von welchem Stande und Beschaffenheit sie auch seyn mögen, heget. Wir durften nur wissen, daß diese nicht unierten Griechen und Dissidenten des erhabenen Schußes Ew. kaiserlichen Majeſtåt genossen, um uns zu bewegen, ihnen unsere Freundschaft zu beweisen, und alles anzuwenden, um ihnen eine billige Genugthuung zu verschaffen. Es soll einem jeden die vollkommſte Gerechtigkeit widerfahren, und diese soll uns mit Hülfe der brüderlichen Liebe in den Unterhandlungen über das , Beßte und die Ansprüche gedachter nicht - unierter Griechen und Diſfidenten, von welchem Stande und Beschaffenheit sie auch seyn mögen, leiten.
Beylagen.
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Wir haben die Ehre, Ew. kaiserl. Majeſtåt zu versichern, daß wir ihren Gerechtsamen die Strengste und vollkommenste Gerechtigkeit widers fahren zu laffen geneigt sind. Wir, die Abgeordneten, find daher befehliget, solches zum Zeichen unserer aufrichtigsten Gesinnung vor dem Throne Ew. Majestät zu bezeugen, indem wir überzeugt sind, daß Dieselben, so wie Dero naz türliche Neigung zur Wohlthätigkeit und Großmuth Sie bewogen, das Glück der ganzen Nation überhaupt zu befördern , ays eben diesen Bewegungsgründen auch das Glück der gedachten Diffidenten und nicht unierten Griechen zu gründen suchen.
Wir bitten daher Ew. kaiserl. Majestät auf das ehrerbietigste , demjenigen , was unsere Abgeordneten Denenselben mündlich oder schriftlich vorstellen werden, völligen Glauben beyzumessen, und die Klagen und Wünsche der ganzen Nation, welche sie vor den Thron Ew. kaiserlichen Majestát bringen sollen, gnådig anzunehmen. Da die Republik Ew. kaiserlichen Majestät ihr Glück, die Erhaltung ihrer heilsamen Geseze, und die Verbesserung der schädlichen zu danken " haben will : so wünſchet ſie auch selbige durch die mächtige Garantie Ew. Majeſtåt beſtätiget und dauerhaft gemacht zu sehen. Geruhen Ew. Majeſtåt also, ihre Wünsche zu erfüllen, und Dero gnädigen Versicherungen durch Deromächtige Hülfe werkthätig zu machen.
4
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lag
Bey
,
Da der Reichstag die unter der Garantie Ew. kaiserlichen Majeſtåt in Ordnung gebrachten Wünsche der Nation bestätigen soll, so bitten wir, daß diese schäßbare Sache unter dem Schatten Dero Macht, und vermittelst der Unterhandlun gen mit Dero hier befindlichen Ambassadeur zu Stande gebracht werde, damit alles, was von denen, die zu diesen Unterhandlungen werden ernannt werden, oder auch von uns selbst, wird be schlossen oder bewilliget werden, eine unveränder liche Kraft haben möge, wodurch denn zugleich die heilsamen Absichten Ew. kaiserlichen Majestät werden erreichet werden. Diefelben geruhen, sich die ehrfurchtsvollesten Empfindungen gefallen zu lassen, mit welchen wir die Ehre haben, zu seyn, Ew. kaiserl. Majestät. Carl Fürst von Radzivil, Marschall der General Conföderation der Krone. Stanislaus Brzosłowsky , Marschall der General - Conföderation des Großher zogthums Litthauen .
18. Litt. C. Rede der aufferordentlichen und gevollmächtigten Abgeordneten der conföderierten Republik Pohlen, in ihrer öffentlichen Audienz vor der Kaiserin den 18ten Sept. 1767. Madame, Die beyden unter dem glücklichsten Schuße Ew. kaiserl, Majestät vereinigten conföderierten pohlnischen und litthauischen Nationen empfinden
Beylagen.
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mit der lebhaftesten Erkenntlichkeit, daß sie ihre Freyheit und die Wiederherstellung der Gleichheit aller Bürger, deren Glück die höchste Stufe er. reicht hat, indem es durch die von Ew. kaiserl. Majestät uns gnädigst versprochene Garantie auf immer gesichert worden, bloß den großmüthigen Bemühungen Ew. kaiserlichen Majeſtåt für die Republik zu danken häben. Die Stimme Ew. kaiserl.Majestät, welche den Geist derHerrschsucht beschämet und zu Boden geschlagen hat, hat zugleich beyde Nationen aus Schon bey ihrer Muthlosigkeit wieder erwecket. dem ersten Laute dieser Stimme, welche aller Herzen zu gewinnen bestimmt ist, fahe das erstaunte Europa zum ersten Mahle, alle Woiwodschaften, Gebiete und Districte ſich faſt an einem und eben demselben Tage conföderieren, ohne daß ein eini ger Edelmann wäre gezwungen oder durch etwas anders als durch Liebe und Vertrauen geleitet worden. Ew. kaiserl. Majestät geruhen sich sowohl die Aufrichtigkeit als auch die Dauer beyder gefallen zu lassen.
Möchten sie doch in Dero großmüthi-
gen Herzen und für Dero Reich zwey zuverläßzige Unterpfänder der unverbrüchlichen Ergebenheit der Nationen, der unverleglichen Erkenntlichkeit eines jeden rechtschaffenen Patrioten, und unserer gemeinschaftlichen Wünsche für das Glück und den Ruhm Ew. kaiserl. Majestät und Dero Regierung feyn!
58
Beylagen . 18. Litt. D. Antwort
Ihrer Kaiserlichen Majeſtåt an die aufferordentli chen und gevollmächtigten Abgeordneten der Republik Pohlen , durch Ihren ViceKanzler. Die Versicherung der Erkenntlichkeit der Durchlauchtigsten conföderierten Republik Pohten, welche ihre Abgeordneten eben jest gegeben haben , ist der Kaiserin desto angenehmer , da die Verbindlichkeit der Tractaten , welche Ihre kaiserliche Majestät mit derselben verbinden ,
die
Freundschaft einer guten Nachbarin und ihre uneigennützigen Absichten die einigen Bewegungsgründe ihres gegenwärtigen Betragens gegen die Republik find. Eben so angenehm ist es Ihrer kaiserlichen Majestät von der Republik durch ihre Abgeordne te die Freyheit und Gleichheit unter den Bürgern als die Quelle ihres Glückes erkennen zu hören. Eben diese Gleichheit rechtfertigt auch die Schritte Ihrer Majestät und der Nation , demjenigen Theile der Bürger , welcher sich mit Ihrer Ma jestät zu einer und eben derselben Religion befens net, und den übrigen so genannten Diffidenten , die Gerechtsamen wieder zu geben , Vorfahren erworben haben ;
welche ihre
Gerechtsamen, wel-
che ben ihrem Ursprunge in der allgemeinen und einstimmigen Einwilligung beyder Nationen der Republik auf die gültigste Art gegründet sind, und
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Beylagen.
welcher sie nur in den bürgerlichen Unruhen durch die Gewaltthätigkeiten des einen Theiles zum Nachtheile des andern beraubt worden . Die allgemeine Menschenliebe ,
welche so
tief in das Herz der Kaiserin gegraben ist , verHattet derselben ausser den Grånzen ihres Reiches keinen andern Gebrauch ihrer Macht und der ihr von Gott anvertrauten Mittel, als zu dem wahren Beßten der benachbarten Nationen mitzuwirken , Friede und Ruhe im Innern derselben aufrecht zu erhalten , und ihnen zur Wiederherstellung der unterbrochnen guten Ordnung in der Regierungsform behülflich zu seyn. Sie wird nicht eher aufhören ,
an dem ge
genwärtigen Schicksale der Republik Theilzu nehmen, + als bis auch die übrigen in ihrer Regierungsart eingeſchlichenen Mißbräuche abgestellet, die Grundverfassung des Staates wieder in ihre vorige Kraft geseket , und die Freyheit und Sicherheit eines jeden Bürgers auf eine dauerhaf te und unveränderliche Art gegründet worden. Die Republik kann versichert seyn ,
daß sie
in der Uneigennütigkeit Ihrer kaiserl. Majestät, und in ihrer aufrichtigenFreundschaft für die pohlnische Nation , den kräftigsten Schuß finden wird , die gemeinschaftlichen Bemühungen Ihrer kaiserl. Majestät und der conföderierten Republik in Ansehung dieser beyden Gegenstände zu einem glücklichen Ende zu bringen. Die Kaiserin vere spricht auf ihr kaiserliches Wort , daß sie die aus einer solchen Verbindung entspringenden Pflich
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Beylagen.
ten mit so vielem guten Willen als aufrichtiger Gesinnung erfüllen und alles dasjenige garantieren wird , was der nächste Reichstag zufolge der aufrichtigen und uneigennüßigen Rathschläge Jh rer kaiserl. Majestät und mit Dero Einwilligung, zur Gründung des Glückes der ganzen Republik in Ansehung dieser beyden wird.
Stücke
beschließen
19. Litt. E. Russisch- Kaiserliche Declaration an alle Höfe Europens wegen des Verhaftes ih res Ministers zu Conſtantinopel. Als Jhre kaiserl. Majestät sowohl aus Menschlichkeit als auch aus Verbindlichkeiten , welche ihrer Krone obliegen an den Angelegenheiten der Republik Pohlen Theil nahmen , so ließen es fich Dieselben förgfältig angelegen seyn , der Em pfindlichkeit eines eifersüchtigen und mächtigen Nachbars zu ſchonen. Alle ihre Schritte geſchahen nicht nur öffentlich, sondern die Kaiserin hatte auch die besondere Aufmerksamkeit , ihre Entschließungen auf alle Fälle, und das Betragen , welches sie bis zu Wiederherstellung des Friedens und der Ruhe in diesem Königreiche beobachten würde , der ottomannischen Pforte aufrichtig zu eröffnen.
Indessen entblödeten sich die Feinde
des Friedens beyder Reiche nicht, die Handlun* gen Ihrer kaiserl. Majestät bey der Pforte anzuſchwärzen , und durch die grundlosesten Beschuldi-
Beylagen.
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gungen daselbst den Samen der Zwietracht auszustreuen.
Die Pforte, welche durch das offen-
herzige Betragen , welches der Russische Hofzegen diefelbe fortsetzte , eingenommen war , gab der Verläumdung nicht anders als mit Vorsicht Gehör ; ein wenig Aufmerksamkeit auf die Angelegenheiten Pohlens und eine unparthenische Untersuchung deſſen , was Rußland gethan hatte, in Vergleichung mit deffen eigenen Eröffnungen an die Pforte ,
hatten allen Verdacht zerstreuet ,
und die öffentliche Ruhe schien nicht den gering. Allein die sten Anstoß zu befürchten zu haben. gemeinschaftlichen Feinde griffen das Werk mir desto größerer Kühnheit und Wuth an , nahmen die Leichtgläubigkeit des türkischen Volkes ein, verleiteten dasselbe zu einem Murren , welches der Aufmerksamkeit der Regierung würdig war, und drangen so gar in das Serail selbst. Die Vers ånderung in dem Ministerio der Pforte , welche durch diese Umstände nothwendig wurde , wirkte gar bald eine völlige Veränderung in dem bey den 7 Nationen so schäßbaren friedfertigen Syste me: Kaum war der neue Vezier in seine Würde eingeseßt,so ließ er den 4ten Octob. N. St.den Hn. Obreskow, reſidierenden Miniſter Ihrer kaiserl. Majestät bey der Pforte, zusich rufen. Er ließ in dessen Gegenwart eine Declaration ablesen, welche voll Beschuldigungen wider seinen Hofwar, wovon ein Theil durch die freundschaftlichen Eröffnun gen bereits war widerlegt worden , der andere Theil aber niemahls statt gesunden hatte, nochje-
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Beylagen.
mahls vorher war erwähnet worden. Er brang hierauf in den Minister, den Augenblick und unter der Garantie der mit seiner Monarchin alliirten Mächte die beleidigendsten Bedingungen zu unterschreiben , welche man in der ganzen Zeit, so lange die gegenwärtigen Angelegenheiten Pohlens dauern,
noch nie in Vorschlag gebracht hatte. Im Falle diese Bedingungen, welche für die Eh re einer Monarchin , die nicht gewohnt ist, sich
Gefeße vorschreiben zu laſſen , ſo erniedrigend wa= ren , und mit einem Tone und auf eine Art vorgetragen wurden, welche die bey allen Mächten übliche Freyheit der Unterhandlungen vernichtet, nicht bewilliget würden ,
sollte der zwischen bey-
den Reichen bestehende ewige Friede sogleich und Der Russische unmittelbar gebrochen werden. Minister , welcher sich auf die Rechtschaffenheit der Gesinnungen seines Hofes, und auf dieRedlichkeit verließ ,
mit welcher er für seine Person
alle Pflichten seines langen Miniſterii erfüllet hatte, war unfähig , die Würde seines Hofes und feinen eigenen Character durch einen so erniedri genden Schritt zu entehren , welcher über dieß die Vollmacht eines jeden Ministers , so ausgedehnt felbige auch seyn mag , weit überschritt. Seine ganze Antwort bestand in einer förmlichen Weigerung, zu welcher ihn sowohl seine Ehre , als seine Pflicht bewog, und der Divan faßte hierauf sogleich den Entschluß, ihn mit einem Theile seis nes Gefolges in Verhaft nehmen und in die sie ben Thürme führen zu laſſen. Es würde übers
Beylagen.
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fluffig seyn , sich hier in eine Untersuchung eines Die That selbst folchen Vorganges einzulaffen. redet; die eigene Ehre und Würde Ihrer kaiser lichen Majestät und die Uchtung für ihr Reich schreiben Ihnen die Parthey vor , welche sie zu In dem völligen Vertrauen ergreiffen haben. auf die Gerechtigkeit Ihrer Sache geben Sie al len christlichen Höfen von derjenigen Lage Nachricht, worin Sie sich in Ansehung des gemeinschaftlichen Feindes des christlichen Nahmens be finden , indem Sie überzeugt find , daß Ders Betragen von allen auf eine gleiche Art werde gebilliget werden , und daß sich Ihre Majeståt außer dem göttlichen Schuhe auch des gerechten Beystandes ihrer Freunde und der guten Wün» sche der ganzen Christenheit werden zu erfreuen haben. 20. Num. F.
Uebersehung des Krieges Manifestes der erhabenen Pforte.
Die erhabene Pforte hat die Bedingungen des zwischen ihr und Rußland bestehenden Fries dens jederzeit unverbrüchlich erfüllet , hingegen hat der Russische Hof solche nicht gehalten , wie aus folgenden Umständen erhellet. Denn zu ge= schweigen, daß dieser Hof wider die errichtete Freundschaft beständig fortgefahren hat , eine Menge Festungen an den Gränzen anzulegen, und selbige mit Truppen und Kriegesvorrath zu versehen , so hat derselbe auch im Jahr 1177
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Beylagen .
nach dem Tode Augusts 3 Königes in Pohlen, an statt daß die Wahl nach den Grundgesehen der pohlnischen Freyheit von der Republik geschehen follte, derselben mit Gewalt einen König aufgedrungen, welcher ein bloßer Kriegs-Officier und der königlichen Würde unwürdig ist , weil keiner von seinen Vorfahren oder aus seinem Geschlech te jemahls König gewesen. Der Ruſſiſche Hof hat eine solche K Person der Republik wider ihren Willen aufgedrungen und ihr dadurch unendlichen Verdruß verursacht. Als der Russische Resident deshalben befragt wurde , gab er zur Antwort, daß die Republik Pohlen zu Behauptung ihrer Freyheit um einige Truppen ohne schweres Geschuß und Kriegesbedürfnisse angehalten hätte , daher der Russische Hof 6000 Mann zu Pferde und 1000 Rosaken , in allem 7000 Mann für Pohlen bestimmt habe, welche unter den Befeh len der Republik stehen sollten, und daß man auf ſer diesen Truppen keine weiter nach Pohlen schi'cken wurde. Indessen ist bekannt , daß die Ruſsen seit dieser Zeit eine weit größere Anzahl be waffneter Truppen nach Pohlen geschickt , und die Pohlen gezwungen haben , den Sohn des Poniatowsky , einen der Vornehmen des Landes, zu ihren König zu erwählen , wobey sie noch die schriftliche Versicherung von sich stelleten , daß der Russische Hof keinen vor dem andern begünstiget, noch die Pohlen gezwungen habe , ir gend jemanden zu ihren König zu erwählen. Es ist aber bekannt , daß sie gleich anfänglich, Truppen , wel
Beylagen.
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welche von ihren eigenen Befehlshabern angefüh ret wurden, mit schwerem Geschüße und Kriegesbedürfnissen nach Pohlen geschickt, dadurch die Freyheit Pohlens zu Grunde gerichtet , und die Pohlen gezwungen haben, sich einem Manne zu unterwerfen , den sie nicht erwählet haben , und der nicht einmahl der Sohn eines Königes ist. Ueberdieß haben sie diejenigen umbringen lassen, welche nicht gehorchen wollten, und haben ihnen ihre Güter und ihr ganzes Vermögen genommen. Nach dem siesich nun nicht entblödet , dergleichen Dinge vorzunehmen , welche ihrem eigenent bekannt ge machten Manifeste zuwider laufen , und wodurch ſie an den ottomannischen Gränzen allerley Unru hen und Verwirrungen verursacht haben : so gab man ihnen den Rath, den åltern und neuern Kaiserlichen Tractaten zu Folge, ihre Truppen aus Pohlen zu ziehen. Der gedachte Resident ver sprach auch in vielen von ihm unterzeichneten Memorialien , daß die Truppen Pohlen völlig verlas sen sollten , welches bald im Februar , bald zu ei« ner andern Zeit geschehen sollte. Ferner haben sie Truppen mit schwerem Ge schüße und kleinen Gewehre nach Balta an den ottomannischen Gränzen geschickt, die Musel månner unvermuthet überfallen , und über tau fend Personen, sowohl Männer, als Weiber und Kinder niedergemacht.
Als wir Nachricht davon
erhalten , hat sowohl die erhabene Pforte , als auch der tapfere und muthige Khan der Krimm den Russischen Hof deswegen zur Rede gesteller,
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Beylagen.
der aber leugnete, daß er Truppen mit Geſchüß und Gewehr abgeschickt habe, ungeachtet dieSache jedermann bekannt ist ; ~ er gab daben auf die unschicklichste Art zur Antwort , daß die Haidas macken ,
welche einigen Schaden angerichtet
håtten, dafür bestraft werden sollten. Indessen ist der ganzen Welt bekannt , daß die boshaften Haidamacken niemahls ſchweres Geſchüß bey fich führen. Es wurde daher der Ruſſiſche bey der erhabenen Pforte residirende Minister ,
der
sich in den von ihm unterschriebenen und besiegelten Memorialien einen wirklichen Rath und ge.. vollmächtigten Minister des Russischen Hofes nennet , auf die erhabene Pforte gerufen , . und befragt, was für Ursachen man zu einemso friedbrüchigen Verfahren habe, und warum die Ruf fischen Truppen Pohlen nicht schon vor drey oder vier Jahren verlassen hätten , zumahl da in den Tractaten von 1138 und 1152 gesagt wird, daß wenn sich etwas zutragen sollte, was dem ewigen Frieden nachtheilig seyn könnte , solches sogleich abgestellet werden sollte. Es wurde also der ge= dachte Resident gefragt , warum man den zu Balta verursachten Schaden geleugnet habe und fich weigere , diejenigen öffentlich zu strafen, welche die Verwegenheit gehabt, dieſe ſtrafvare That zu begehen, und warum man wider den Inhalt der Verträge seine Truppen nicht aus Pohlenziehe. Nachdem er nun auf diese Art befraget worden, und er nicht die geringste Antwort geben, konnte, so ist sein Stillschweigen als ein voliſtân-
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diges Geständniß des gebrochenen Friedens anzufehen. Als man ihn ferner fragte , wenn die Russischen Truppen Pohlen verlassen würden , so sagte und erklärte er , daß solches nicht eher geſchehen würde , gehorchten.
als bis alle Pohlen dem Könige
Man fragte ihn ferner , ob der Ruf-
fische Hof, den alten und neuen Kaiserlichen Tra ctaten zu Folge,
davon abstehen würde , sich in
die Angelegenheiten Pohlens und der Pohlen zu mischen , und ob er seinen Ansprüchen auf die Garantie und auf die neue Einrichtung Pohlens entſagen wolle : allein der gedachte Reſident wollte darauf nicht antworten , sagte aber endlich, daß ſeine Vollmacht eingeschränkt sey , und daß ſein Hof die Sache am besten wisse. Aus allem dieſem erhellet nun, daß die Schande des Friedensbruches auf ihn fällt. Es haben daher dem dauerhaften Gesetze zu Folge die großen Ullemas durch ihr heiliges Fetfa geantwortet , daß der Krieg wider die Russen nothwendig sey ; da sol ches nun auch einmüthig beslåtiget worden , so hat man für nöthig gehalten, die Person des Re sidenten dem alten Gebrauche der Pforte zu Folge in Verhaft zu nehmen , und ihn in die sieben Thürme zu sperren. Die erhabene Pforte hat bisher nicht das mindeste gethan, was der Freundschaft und den Kaiserlichen Verträgen zuwider wäre , indem sie diese Sache so gar aus Freundschaft so lange auf geschoben hat. Es sey daher allen Höfenhiermit kund gethan,
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Beylagen.
daß der Russische Hof auf diese Art den Frieden gebrochen hat.
Diese Erklärung und Entschluß
ist gefasset u. f. f. 21. Num. G. Anmerkungen
über das von der Pforte wider Rußland heraus. gegebene Manifest. Die Ursachen , welche die Pforte anführet , warum fie dein Russisch Kaiserlichen Hose den Krieg zu erklären für gut gefunden , hat demsel ben so viel Erstaunen els Kummer erwecket. Es gibt kein schrecklicheres Bild für die Menschheit , als wenn man sehen muß, daß ein Monarch von dem Verderben seines Hofes so sehr gemißbrau cher wird , daß er seine Augen auch vor den wefentlichsten Vortheilen seiner Unterthanen verschließet , und sowohl ihre Sicherheit , als auch feine eigene Ehre den Leidenschaften anderer aufDiese Betrachtung fehet das von der opfert. ottomannischen Pforte heraus gegebene Manifest in sein ganzes Licht. Da es den gemeinsten und gewöhnlichsten Begriffen ihrer Politik schnue ftracks entgegen gefehet ist, so herrschet darin von Anfang bis zu Ende eine fremde Staatskunst, welche man an ihren geheimen Kunstgriffen , an ihren Ränken und Cabalen ,
welche ihre vor
nehmsten Triebfedern sind , schon so oft erkannt hat. Man muß vor allen Dingen alle Begriffe
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Beylagen.
von unmittelbaren Klagen der Pforte gegen Rußland fahren lassen ; das Manifest weiß deren keiz ne einige anzuführen , welche einigen Erund hat te.
Die Beschuldigung , daß Rußland Feſtungen an den türkischen Gränzen bauen lassen , fällt von sich selbst hinweg. Es ist ein bloßes Vorgeben ohne Beweis und ohne alle Umstände, daher man es auch sogleich verläßt , und sich zu dem einigen Zwecke wendet, welchen sich die Feinde beyder Reiche vorgefehet haben. Man sagt nicht, .
wo diese mit Geschüß und Kriegsvorrath versehe welche wider den Inhalt der Verträge gebauet seyn sollen ; man erwähnen Festungen liegen ,
net keiner bey Rußland deshalb geführten Be1 schwerde, noch einer verweigerten Genugthuung im Fall man die Verträge auf einige Art überschritten hätte. In dem Tractate des ewigen Friedens , oder vielmehr in der Grånzberichtigung , welche Kraft des Tractates von den Commissarien beyderMäch te geschlossen worden , ist ausgemacht, daß um Azow ein gewiffer Strich Landes unangebauet bleiben und beyden Reichen zur Vormauer dies nen foll. Dieses ist von dem Russischen Hofe auf das punctlichste beobachtet worden , und dies fes ist auch das einige , welches Rußland in An sehung der Verträge zu beobachten hatte , als welche demselben in feinem eigenen Lande nie . mahls die Hånde gebunden haben.
Indeffen
hat es auch in dem Innern seiner Staaten nicht das mindeste vorgenommen, was der Pforte eini
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Beylagen.
ge Unruhe machen könnte , und diese Macht hat eben so wenig Ursache, sich darüber zu beschwe ren , als Rußland haben würde , wenn es die Pforte wegen ver in ihren Staaten gemachten Po lizeyanstalten und guten Ordnung zur Rede sehen wollte. Eine andere Thatsache, welche als eine unmittelbare Beschwerde der Pforte wider Rußland angeführet wird , ist der unglückliche Vorgang bey Balta. Diese Sache ist so neu und der Pforte so bekannt , daß man nicht begreifft , wie fie so gröblich verunstaltet werden können. Die Haidamacken sind zu allen Zeiten eben sobeschwer liche Nachbarn als schwer im Zaume zu haltende Unterthanen gewesen. Die Pforte weiß zuverlässig , daß sie allein die Ausschweisungen bey Balta begangen haben. Sie hatten eine eiserne Kanone bey sich , welche sie von den Gütern eines pohlnischen Herren mitgenommen hatten ; Und das ist eine jedermann bekannte Sache. nun das ganze schwere Geschüß , welches in dem Manifeste der Pforte so erstaunlich vergrößert wird. Die eremplarische Bestrafung dieser Ausschweifung , welche vorgenommen wurde, che noch von Seiten der Pforte die geringste Klage geführet worden ,
ist ein deutlicher Beweis von
der Unschuld Rußlandes und von deſſen Bestrebung ,
den Buchstaben der Verträge auf das
pünctlichste zu erfüllen ,
indeki es die schleunig-
ſte und größte Genugthuung gegeben hat , die So bald man von man nur verlangen konnte.
人
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diesem Vorgange an den ruſſiſchen GränzenNach-. richt erhielt, ließ man die Schuldigen durch TrupEs ist kein einiger von ihnen pen verfolgen. entwiſchet , und ſie und ihre Anführer haben die · Sirengste Züchtigung erlitten , welche in Rußland nur den Verbrechern zugefüget wird.
Um das
Beyſpiel deſto auffallender und für das gegenwårtige und künftige desto abschreckender zu machen, hat man die Schuldigen in drey Haufen getheilet, wovon der eine an der Gränze vor Balta , ein anderer an der pohlnischen Gränze und der dritte mitten in dem Lande dieser Räuber geſtrafet worden.
Es ist nicht allein diese Bestrafung der
Pforte von dem Ruſſiſchen Minister bekannt gemacht worden, sondern es ist selbige auch von tauſend Türkischen Unterthanen , welche sie mit ans Rußland gesehen haben , bekräftiget worden. hat ſich alſo auch in Ansehung dieses Vorganges als einen gewiſſenhaften Beobachter der Tractaten bewiesen, als welche in solchen Fällen die Bestrafung der Schuldigen nicht aber den Bruchdes Friedens verordnen. “ Sonst müßten zwey folche Reiche als Rußland und die Türkey find , welche so viele verschiedene Nationen unter sich haben, wovon einige noch nicht gesittet sind , einander beDas Glück der ständig in den Haaren liegen. Völker verlanget , daß der Krieg , diese Geißel des « menschlichen Geschlechtes nicht so leichtſinnig unternommen werde. Die Pforte empfindet es auch wirklich selbst , daß diese beyden Beschuldigungen auch nicht den Schatten eines Ver
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wandes zum Kriege wider Rußland abgeben fönnen.
Sie hat bloß zum Nugen eines dritten die Fahne Mahomeds aufgesteckt und den Entschluß Es gefaßt , Strohme Blutes zu vergießen. geschiehet also zum Beßten eines der Pforte nicht bloß gleichgültigen Interesse, sondern welches dem ihrigen so gar gerade entgegen gefeßet ist, daß ein Monarch, dessen Gerechtigkeit und Menschenliebe die Fortdauer der Süßigkeit und der angeneh men Früchte des Friedens hoffen ließen , densel ben auf einmahl bricht, und seine Unterthanen dem Elende eines Krieges ausseher, welcher desto grauſamer und hartnäckiger und ohne Zweifel auch unglücklicher seyn muß, je ungerechter er augenfcheinlich ist. Diejenigen , welche der Pforte dasjenige Intereffe, für welches sie fechten will , aus einem ſo falschen Gesichtspuncte vorgestellet haben, hätten sich bey Lesung des bloßen Manifestes schämen follen. Wenn man nicht wüßte , daß die Verblendung an dem Türkischen Hofe den höchsten Grad erreicht hat , so würde man gewiß nicht glauben können , daß die Pforte um deßwillen einen Krieg anfängt, weil in Pohlen ein König erroåhlet worden , der kein Königssohn ist, oder In deffen Vorfahren keine Könige gewesen.
dessen ist dieses doch alles, was in dem von der Pforte heraus gegebenen Manifeste enthalten ist. Man will hier keine Umschweife suchen , um der Pforte zu sagen , daß sie durchBehauptung eines
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folchen Sahes auf die augenscheinlichste Art alle demjenigen entfaget , was ihre Staatskunst nur Gründliches und Vernünftiges in Ansehung eines angränzenden Staates hat, welcher von Natur fo mächtig und folglich ein beständiger Gegenstand ihrer Aufmerksamkeit ist , sie mag nun ihre Eroberungen in Europa noch weiter ausbreiten, oder bloß für ihre eigene Sicherheit sorgen wollen. Indem das wesentliche Interesse der pohlnischen Freyheit erfordert , daß Pohlen jederzeit ein Wahlreich sey , so stimmet das unveränderliche Interesse der Pforte , und überhaupt aller Nachbarn der Republik eben so wesentlich damit überein. So unumschränkt auch die Gewalt iſt welche die Verblendung gegenwärtig über den Rath des Sultans gewonnen hat , so wird man ihn doch nie für so unwissend in Ansehung der Vortheile feinesHerren, noch für so feindselig gesen die Sicherheit seiner Unterthanen halten, daß er wünschen sollte,
der Thron eines solchen Reis
ches, als Pohlen in Ansehung der Pforte ist, môWenn es unmöglich ist, diege erblich werden. fe Wahrheit der Pforte zu verbergen ,
wie hat
man ihr denn verhehlen können , daß eine Wahl, welche sich nach den Grundsäßen ihres Manife stes, auf Königssöhne, oder aufsolche, deren Vorfahren Könige gewesen , einschränkte ,
der
schnellefte und sicherste Weg zu dem Erbrechteseyn würde ? Aber sollte der Sultan, welcher sichso eifersüchtig in Ansehung der Freyheit Pohlens stellet, und vor welchem man Rußland der Ein
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Beylagen.
griffe in diese Freyheit beschuldiget, außer dieſem so handgreiflichen Intereffe, welchem man ihn so schnurstraks zuwider handeln und reden låsset, nicht gewußt haben, daß durch eine solche Ein schränkung er selbst dieser Freyheit den tödtlichsten Stoß benbringen, und das schönste Vorrecht des pohlnischen Adels mit Füßen treten würde ? Das wichtigste Recht der Menschen, welches vornehm. lich eine Zierde des pohlnischen Adels ist, bestehet darin, daß jeder, wenn ihn die Reihe trifft, zur Dieß ist der Grund Regierung gelangen kann. der pohlnischen Freyheit und Staate erfaffung. So bald der Thron erlediget ist, hat jeder pohl nische Edelmann ein gleiches Recht zur Krone. Titel, Würden, Reichthum, Herkunft aus königlichem Geblüte oder von bloßem Adel, machen nicht den geringsten gefeßmåßigen Unterschied unter ihnen. Bloß die persönlichen Eigenschaften geben nach dem Urtheite der Nation den Vorzug; und dieß ist in Ansehung des gegenwär tigen Königes geschehen. Noch nie ist eine Wahl Die Türkey, freyer und einstimmiger gewesen. en Königreiches dieses Begebenheit den an welche so vielen Antheil nimmt, und in jedem Interregno gesehen hat, ven wie vielen Zerrüttungen und Unruhen dasselbe verheeret worden, muß die Ruhe und Ordnung, durch welche sich die lette Wahl ausgezeichnet hat , nothwendig mit Bes wunderung angesehen haben. Zwey Umstände haben dazu vornehmlich mitgewirket.
Es war
kein eifriger Bürger over vernünftiger Mensch in
Beylagen.
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Pohlen, welcher nicht überzeugt gewesen wäre, daß es jeht die höchste Zeit sey, eine Thronfolge zu unterbrechen, welche auf eine allzu augenscheinliche Art in der Familie der lehten Könige erb lich wurde. Jeder pohlnische auf sein Recht eifersüchtiger Edelmann, hielt es für die höchste Zeit, dem Adel seinen ursprünglichen Glanz und Ruhm wieder zu geben, und das Recht, welches ihn zur Krone ruft, wieder gültig zu machen. Die Ausschließung, welche man dieses Mahl einem Fremden gab, und die Wahl eines Piasten war ein Staatsbedürfniß, welches der Staat selbst empfand.
Alle Woiwodschaften des Königreichs
riefen ihn einmüthig zum König aus, und es wurde daben so wenig an Gewalt oder Verfüh rung gedacht, daß sich auch kein einiger anderer Candidat darstellete oder nur in Vorschlag ge bracht wurde.
Der Rußische Hof leugnet den
großmüthigen und uneigennüßigen Beystand nicht, welchen er der Republik in so bedenklichen Zeiten geleistet hat ; allein, anstatt den Vorwurf zu fürchten, daß er wider den Willen und die Freyheit der Nation Gewalt gebraucht, erwartet er vielmehr von dem ganzen Europa, und beson ders von den Nachbarn Pohlens so wie von der ganzen Nation die gerechtesten Lobsprüche, daß er eine Begebenheit unterstüßet,
welche bewiesen
hat, daß wenn eine Republik einmahl vor Partheyen undRänken gesichert ist, sie ihrerVerfassung zu Folge auch einer Einmüthigkeit fähig ist,
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Beylageit.
wenn ihr wichtigstes und angelegentlichstes Ge schäft sie in Bewegung seßet. So geschahe die Wahl des Königes von Pohlen ,
indem keine
einige Woiwodschaft war, welche derselben nicht bengewohnet und ihm nicht ihre Stimme gegeben. håtte; ein Vorgang, wovon man in den Geschichten aller pohlnischen Wahltage auch nicht ein einiges Beyspiel findet. Der größte und vernünftigste Theil der Republik Pohlen war bey der leßten Erledigung des Thrones auf das lebhafteste überzeugt, wie wichtig es für seine Freyheit sey, einen Piasten zu feinen König zu wählen ,
und wünschte daher, ´
daß ein solches Vorhaben von seiner Seite von einigenRußischenTruppen unterſtüget und wider auswärtige Unternehmungen
gesichert
würde;
und bloß auf deſſen Unsuchen sind diese Truppen in Pohlen eingerückt, und zwar eben so wenig wider das Interesse der Pforte, als der Republik. Ueberdieß würde keine Ursache in der Welt das Rußische Reich abhalten, seinen Nachbarn und Bundesgenossen Hülfe zu leisten, und wenn der RußischeHof der Pforte davon Nachricht gegeben • hat, so geschahe folches bloß aus Freundschaft, und aus Ueberzeugung, daß dieselbe in Ansehung der pohlnischen Angelegenheiten nie anderes den fen könnie, als Rußland.
Man erstaunet, daß
fich dieselbe auf Verträge beruft, welche Rußland in diesem Stücke einige Verbindlichkeit aufle gen sollen; man darf mir den Tractat des jest
Beylagen.
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gebrochenen ewigen Friedens nachsehen, so wird man von diesem Irrthume überzeugt werden. Bey Gelegenheit dieser Sendung der Rußischen Truppen nach Pohlen und der davon der Pforte gegebenen Nachricht siehet man, wie sehr diejenigen, durch deren Hänte diese Sache gegan gen ist, alles verdrehen und verunſtalten. Man beschweret sich darüber, daß die Rußiſchen Truppen schweres Geschüß und Kriegesbedürfnisse bey fich führen, als wenn sie nach dem gegenwärtigen Zustande aller europäischen Truppen ohne dieses von einigen Nugen seyn könnten.
Alle seit der Wahl in Pohlen vorgefallenen Vorgänge find in demManifeste mit dieser Wahl vermenget worden, ob sie gleich nicht die geringste Beziehung darauf haben, und daher sorgfäl tig hätten davon abgesondert werden sollen. Die Türken würde es, wenn sie sich selbst überlassen gewesen wäre, auch gewiß gethan haben, indem fie den König feyerlich erkannt hat, und weiß, baß kein König jemahls auf eine rechtmäßigere Art erwählet worden ; allein diejenigen, welche der Pforte die Waffen in die Hände geben, far den ihre Rechnung bey einer solchen Vermischung. Man mag nun diese Vorgänge mit einander verbinden, oder man mag einen nach dem andern untersuchen , so hat Rußland dabey , so wie es folches noch jest thut, eine Uneigennüßigkeit an den Tag gelegt, welche jedermann von den ſchånds lichen Verläumdungen seiner Feinde und von
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Beylagen.
dem großen Unterschiede zwischen seinem und ihrem Betragen überzeugen können. Es ist dem ganzen Europa so wie der Pforte, welche lettere sorgfältig davon unterrichtet wor den, hinlänglich bekannt, daß die beyden Nationen, die pohlnische und die litthauische , welche die Republik ausmachen, eine General -= Conföderation errichtet haben , die eingeschlichenen Mißbrauche abzustellen , und daß sie sich dazu den Beystand Rußlandes durch eine feyerliche Gefandschaft erbeten haben. Rußland hat also an diesen innern Anstalten , welche von allen Stånden des Staates verlanget worden,
bloß
auf Verlangen der Republik Antheil genommen. Seine Truppen haben keine andern Befehle ge= habt, als die Absichten beyder Nationen zu un-terstüßen. Sie haben nichts unternommen, was ihnen nicht wäre von den Conföderations - Marschållen anbefohlen worden, und man hat die Ordnung und Ruhe, mit welcher diese so schwere als heilsame Sache zu Ende gebracht worden, Sie war im bloß ihrer Gegenwart zu danken. Begriffe auf dem leßtern Reichstage zu Warschau zur Vollkommenheit gebracht zu werden, als einige unruhige Köpfe, welche zu allem fähig find, die Fahne der Empörung wider die höchste und gefeßgebende Gewalt der Republik aufpflanzten und diejenigen Schlüsse zu vernichten suchten, wodurch selbige ihre alte Grundverfassung wieder hergestellet, die Mißbräuche im Staate abgestel let, die allgemeine und besondere Freyheit durch
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Beylagen,
unveränderliche Verordnungen befestiget , und fich) in den natürlichsten und zu ihrer Sicherheit nothwendigsten Zustand , welcher zugleich für ihre Nachbaren der vortheilhafteste war, geseßt. hatte. Dergleichen Leute werden von der Pforte für Conföderierte gehalten, und diese bemühen sich,. ihre Armeen in ihr Vaterland zu ziehen, und ihre Empörung durch Feuer und Schwert zu unterſtüßen. Man überläßt es der Pforte selbst, aus den Anträgen, welche sie derselben zu thun, sich nicht entblödet haben, von ihren Absichten wider ihr Vaterland, von den despotischen Entwürfen, welche sie geschnnicdet haben,
von der
allgemeinen Zerrüttung, welche darauf in
ohlen
gefolgt seyn würde, und von dem unerſeßlichen Schaden zu urtheilen, welchen die Türkey felbst N Davon gehabt haben würde, wenn sie den Meister gespielet hätten , und wenn nicht die Rußischen Truppen, welche mit den Truppen der Republik jederzeit gemeinschaftlich agieret haben, ihre Haufen zerstreuet hätten. Es ist der höchste Grad der Verblendung, wenn man vorgibt, man habe die Rebellen bloß deßwegen verfolgt, weil sie den Kör nig nicht erkennen wollen.
Die Sache ist so sehe
von aller Wahrheit entblößt, daß auch die Rebellen in allen ihren Manifeſten, worin ſie doch niemandes schonen, solches zu behaupten sich noch: nicht erkühnet haben. Es rühret solches bloß von der Bosheit her, womit man alle pohlnische Ungelegenheiten bey der Pforte verwirret und unter
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Beylagen.
einander gemenget hat.
Man bringet die vor
fünf Jahren geschehene freye Wahl des jeßt regierenden Königes, seine von dieser Zeit an geſche, hene Anerkennung für das rechtmäßigeHaupt des Staates, welche von keinem einigen Pohlen oder Litthauer auch nur auf einen Augenblick bestritten worden, und die neuere aufrührische Empórung wider den leßten Reichstag, das ist, wider die höchste geseßgebende Macht der Republik, unter Da sie einen und eben denselben Gesichtspunct. für Rebellen gegen ihr Vaterland erkläret wor den, so haben die Truppen der Republik und Rußlandes, ihres Bundesgenossen, fie verfolget, um sie zu dem den Gefeßen schuldigen Gehorsam zu zwingen, nicht aber, um sie dem Könige zu unterwerfen. Rußland, welches, und zwar wiederum zum Vortheil des wesentlichen und unveränderlichen Interesse der beyden Reiche, Rußlandes und der Pforte, und überhaupt aller Nachbarn der Res publik, so sorgfältig zu verhindern gesucht hat, daß der Thron nicht erblich werden möge, wird. sich nicht so weit vergessen, daß es die pohlnische Freyheit zernichten und sie dem jezt regierenden Könige aufopfern follte, indem es gar wohl weiß, daß die allzu große Macht eines Königes schon der Thronfolge Fesseln zubereitet, daß aus einer natürlichen Neigung zu seinen Verwandten der König eines Wahlreiches sich seiner Gewalt als dann nur bedienen wird, um sie seiner Familie zu versichern, und daß, wenn man die Wahl auf einen
Beylagen,
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einenKönigsfohn oder auf solche, deren Vorfahren Könige gewesen, einschränken wollte, solches gar bald eben so viel seyn würde, als wenn man die Krone erblich machen wollte. Aus diesen Bemerkungen erhellet, daß die Pforte, welche mit Grunde keine einige unmittel bare Beschwerde wider Rußland führen kann, auch in Ansehung der Ungelegenheiten Pohlens nicht über dasselbe zu klagen hat ; weil dieses zwar auf Einladung der Republik an ihren Angelegens heiten Theil genommen, sich aber dabey auf eine folche Art betragen hat, als es die Türken, wenn sie ihr wahres Interesse kennen, nur wünschen müssen ; folglich hat es ihr nicht die geringste Ur sache, ja nicht einmahl den geringsten Vorwand zum Kriege gegeben. Indessen verräth die auffallende Art, mit wel cher sie mit demselben bricht, alle Bitterkeit, die man nur gegen einen unverföhnlichen Feind an den Tag legen kann, von welchem man auf die gröbste und persönlichste Art beleidiget worden, und an welchem man sich nicht geschwinde und ernstlich genug råchen kann. Der Rußische Miniſter ist in Verhaft genommen und in die fieben Thürme geführet worden ; man hålt ihn daselbst auf eine schimpfliche und unmenschliche Art in einen Kerker eingesperret, und hat ihm bloß darum einen Ort bewilliget , wo er des Tages Licht sehen kann, weil sein Leben in augenscheinlicher Gefahr war.
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Beylagen. Man will keinem Staate seine Gebräuche
und seine Gewohnheiten streitig machen ; allein, es bleibt einmahl ausgemacht, daß die Natur, die Menschlichkeit und sogar die gefimde Vernunft wider diese Gewaltthätigkeit schreyen.
Das Völ
ferrecht, welches unter allen gesitteten Nationen beobachtet wird, gründet sich nicht auf Verträge, fondern auf die ewigen Grundsätze der Natur, und die Pforte selbst hat in dem vorigen Kriege die unstreitige Gerechtigkeit dieses Rechtes aner kannt. Obgleich Rußland ihr damahls den Krieg ankündigte, so vergriff sie fich doch nicht an die Person des Rußischen Ministers, sondern ließ ihn bloß durch eine Bedeckung an die Gränze bringen, wo er den Befehlshabern der Rußischen Armeen übergeben wurde. Man zweifelt nicht, die Pforte selbst werde, wenn sie von dieser ersten Bewegung der Ueberraschung wieder zu sich selbst gekommen, eine solche Härte wider einen bey derselben unter dem Schuße der Verträge refidierenden Minister verdammen, welcher die Pflichten seiner Würde mit der
größten Si
cherheit ausübte, indem ihm noch nie das geringfte aufgetragen worden , was nicht dem augenscheinlichsten Interesse des Hoses, an welchem er sich befand, gemäß war.
Eben so wenig zweifelt
man, daß ein Monarch, welcher gegen seine perfönliche Ehre und gegen die Würde seiner Krone empfindlich ist, nicht einsehen sollte, wie sehr bey de beleidiget worden, indem man ihn wider die Gerechtigkeit, wider die Heiligkeit der Verträge,
Beylagen.
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und wider das wesentliche Interesse seines Reiches in einen den Musulmannen fowohl inAbsicht. der Bewegungsgründe als auch des Endzweckes ganz fremden Krieg verwickelt, und einen friedliebenden Fürsten gezwungen hat, ein Beschüßer der Friedensstöhrer ihres Vaterlandes zu werden, und seine Würde eines Monarchen durch die Unterstüßung, " welche er den Rebellen wider die höchste Gewalt angedeihen läſſet, zu beflecken.
Was Rußland betrifft, welches überzeugt ist, daß es alle Artikel des zwischen ihr und der Pforte bestehenden ewigen Feindens auf das gewissenhaf teste beobachtet hat, welches überzeugt ist, daß essich in seiner von den Frieden beyder Reiche so sehr vergifteten Theilnehmung an die Angelegen heiten Pohlens nicht anders betragen hat, + als die Gefeße der Ehre, der Menschlichkeit, der augenscheinlichsten Uneigennüßigkeit, der untadelhaftesten Treue und der Würde eines Monarchen es erfordern : so überlässet es das Urtheil über feine Sache, und den Erfolg der Waffen , zu welchen es gezwungen wird, der Vorsehung des Höchsten.
Kommt es ihm gleich schwer an, daß es seinen getreuen Unterthanen und dem menschlichen Geschlechte die Ströhme Blutes
nicht ersparen kann, welche der Zwist zweyer mächtiger Nationen nothwendig vergießen muß : so hat es doch den Trost, daß es weder vor Gott noch vor den Menschen von dieſem Unglücke Rechenschaft geben darf.
Beylagen.
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22 .
Russisch -Kaiserliches Manifest wider die Pforte. Von Gottes Gnaden, Wir Kátharma die zweyte, Kaiſerin und Beherrscherin aller Reuſſen u. f. f. thun kund und zu wiſſen allen unsern getreuen Unterthanen . Der Antheil, welchen wir an die Angelegenheiten der Republik Pohlen genommen haben, gründet sich sowohl auf die alten und feyerlichen Verträge zwischen derselben und unserm Reiche, als auch auf das gemeinschaftliche und wesentliche Interesse, welches alle mächtige Nachbarn ohne Ausnahme an der Aufrechthaltung der gesetzmäßigen Grundverfassung der Republik nehmen.
Der Tractat von 1686 hat
diese Verbindlichkeiten ihrem ganzen Umfange nach der Welt bekannt gemacht. Es wurde darin nahmentlich und ausdrücklich verordnet, daß die rechtgläubige griechiſche Religion und diejenigen, welche sich in dem Königreiche Pohlen und dem Großherzogthum Litthauen zu derselben bekennen, die ihnen zugehörigen Freyheiten , Gerechtsamen und Vorrechte ohne Unterbrechung und auf im mer genießen sollen. Anstatt der durch diesen Artikel der griechischen Kirche bedungenen Vor theile hat vielmehr eine traurige Erfahrung seit fiebzig Jahren gelehret, daß die rechtgläubige Religion, wennsie gleich in Pohlen nicht völlig ausgerottet worden, doch auf eine unerhörte Art gedrücket,
Beylagen.
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* und von der Geſellſchaft und den Gerechtsamen
des Staates, so zu sagen völlig ausgeſchloſſen worden, und zwar nicht nur wider den klaren Inhalt des gedachten Tractates , sondern auch wider die Grundgefeße und Verfassung der Res publik, welche die Freyheit und Gleichheit aller Bürger fest sehen, und an deren Erhaltung auf der andern Seite allen Nachbarn Pohlens wefentlich gelegen ist, indem ihre eigene und gemein schaftliche Sicherheit wesentlich mit der Dauer und unveränderlichen Erhaltung dieser Gesehe verbunden ist. Je augenscheinlicher dieser doppelte Bewe gungsgrund ist, desto weniger konnten wir, Kraft unferer gerechten Verbindlichkeit, die rechtgläu bige Religion zu vertheidigen, und für das wichtigste Interesse unsers Reiches zu machen, umhin, uns sowohl der Kirche, als zu gleicher Zeit auch Der Grundverfassung Pohlens anzunehmen, deren Erhaltung mit diesem Interesse unzertrennlich verbunden ist. Ob wir nun gleich durch das Beßte dieser beyden Gegenstände zu einem solchen Schritte bewogen wurden, so war doch dabey unsere Absicht nicht, uns die Ehre des guten Erfolges, welchen wir uns versprachen, allein zuzueignen. Wir schränkten uns daher bloß auf . freundschaftliche Vorstellungen ein, gründeten . fölche auf die Billigkeit und auf das eigene Beßte der Republik und ließen sie alles selbst in Ordnung bringen, damit diese Sache desto geschwin
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Beylagen.
der und mit der wenigsten Bitterkeit zu Ende gebracht werden mögte. Dem zu Folge ließen wir keinen der lektern Reichstage vorüber gehen, ohne die dringendſten Vorstellungen und unsere Fürsprache für die rechtgläubige griechische Kirche und für die Dif fidenten, welche sich mit derselben in einem und' eben demselben Falle befinden, zu wiederhohlen.. Allein der Aberglaube, der Eigennuß und die Herrschsucht seßten alle Achtung bey Seite, welche man den heiligen Verbindungen der Re-publik umimgänglich schuldig war, und machten sowohl alle unsere Bemühungen, als auch die Bemühungen der angesehenften protestantischen Mächte fruchtlos, als welche sich mit uns vereiniget hatten, die deutlichen und bestimmten Ver bindungen zu unterstüßen, welche von Alters her unter allen Diffidenten (worunter man auch die Rechtgläubigen in Pohlen begreift) bestehen, sich einander anzunehmen, und sich auf eine bestån dige und unauflösliche Art unter einander zu verbinden.
Nachdem wir nun mit Mißvergnügen sehen müſſen, daß unsere Bemühung und die Bemühung der mit uns verbundenen Höfe völlig fruchtlos war, hingegen der Zustand der Dissidenten von Tag zu Tage unerträglicher und bedenklicher wurde, indem man die Verfolgungen und ohne Ursache wider sie ausgeübten Gewaltthätigkeiten verdoppelt, und sie besonders von der allen Pohlen gemeinschaftlich zustehenden Freyheit und Gleich.
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Heit ausgeschlossen wurden , welche Ausschließung n e sse der Republik auf eine von einem Theile despoti ng s hlo ler tre d c t t e s n i i o r S s v m , u be in a sche auch ihnen daß in das Werk gefeßet worden , l nicht der geringste Anthei mehr an den gemeinschaftlichen Wohlthaten ihres Vaterlandes gelas fen und ihnen kaum etwas mehrers übrig ist , als die Freyheit, mit ihren Mitbürgern eine und eben dieselbe auft zu athmen : so erforderten so wohl die Menschlichkeit als auch die Pflichten unserer Krone ganz natürlich von uns , daß wir die kråftigsten und nachdrücklichsten Mittel anwendeten , nachdem wir alle gütliche Mittel und selbst Drohungen bisher vergebens versucht haben. Nunmehr ließen wir zwar einen Theil unse rer Truppen in das Gebieth der Republic Poh len rücken ; allein welchem Pohlen ist unbekannt, daß diese Truppen nicht ehe über die Gränzen ſeials bis die un nes Vaterlandes gegangen sind , vermeidliche Gefahr eines bürgerlichen Krieges mit seinem ganzen schrecklichen Gefolge von allen Seiten ausbrach , indem die Dissidenten , nachdem fie alle Hoffnung , die geringste Erleichterung zu erhalten , verlohren hatten , sich gezwungen fahen, sich zu conföderieren. Es ist fast noch nie eine Conföderation errichtet worden , welche nicht Pohlen in einen größern oder geringern Abgrund von Unordnungen und Zerrüttungen gestürzet hätte. Und dieses war nun auch unausbleiblich von der Conföderation der Ossidenten zu erwar ten ; sindem kein Zweifel war, daß sich nicht eine
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Beylagen.
ungleich größere Anzahl Katholiken wider sie auf geworfen haben sollte , welches denn nothwendig einen bürgerlichen Krieg hervor bringen mußte, welcher sich vielleicht nicht ehe als mit der völli gen Zerstörung des Staatskörpers der Republik geendiget haben würde, weil man da , wo Aberglaube und blinder Eifer wider die Verzweifelung streiten, keinen andern Ausgang zu erwarten hat, Die Gegenwart unserer Truppen verwahrete Pohlen vor diesem Elende. Ihr hat man es auch zuzuschreiben ,
daß die lehte allgemeine Conföde
ration fo ruhig und glücklich errichtet, und dadurch die Heilung der innern Gebrechen bewerkstelliget worden ; indem die auf dem Reichstage versam melten ind von dem wahren Deßten ihres Va terlandes gerührten Stånde des Reiches unter dem Banve dieser Conföderation , welche uns durch eine feyerliche Gesandtschaft um unsere Beyhülfe und Garantie ersuchte , die innern Angelegenhei ten der Republik in Ordnung zu bringen , nicht allein die Diffidenten in alle ihre Gerechtsamen und Freyheiten völlig wieder herstelleten, sondern auch noch ardere nüßliche und heilsame Gesehe maten.
alle
Nachdem nun nach unserm exigen Wunsche nern Unordnungen abgefellet waren , hats
tenere Truppen bereits Befehl erhalten, wies Rusland zurück zu kehren , und viele der
Den
nents waren dahin schon willich auf لانالم ng als der ganzen Eleps
Beylagen..
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von Aufrührern aus dem geringsten Adel plöglich unterbrochen wurde, als welche in Podolien an den Gränzen des ottomanniſchen Gebietes zum Vorscheine kamen, und auf boshafte Aufhehung der Feinde und Neider des Ruhknes und des guz ten Erfolges unserer Unternehmungen , sich nicht nur erfrecheten , fich den neuen Gefeßen und der gefeßgebenden Gewalt ihres Vaterlandes zu widersehen , sondern sich auch in ihrer Wuth für offenbare Feinde unsers Reichs erklåreten , unſere Truppen mit gewaffneter Hand bey Vinig und andern Orten angriffen , und dur…) ihre elenden Schriften unsere getreuen Unterthanen zu einer Als ähnlichen Empörung zu verleiten fuchten. dieser Aufstand ruchtbar wurde , nahm die Regies rung der Republik,
um die Ausbreitung dieses
Uebels zu verhindern, zu Folge der Grundverfaffung des Reiches , ihre Zuflucht schriftlich zu un ferer Freundschaft und Garantie, und bat uns , unsere Truppen noch so lange im Reiche zu laſſen, bis die entstandenen Unruhen gedämpfet, und die gewünschte Ruhe völlig wieder hergestellet worden. Wir entschloffen uns hierauf, diese Bitte der Regierung Pohlens zu bewilligen , so wie wir dazu bereits durch den neuen mit der Republik geschlossenen Tractat, durchdie Sicherheit der Grånzen unsers Reichs , dessen Würde , so wie unsere 4. eigene Ehre von den Aufrührern so empfindlich war gekränket worden , dazu verbunden waren. Es fiel unsern Truppen nicht schwer , die erste Rotte der Aufrührer zu zerstreuen.
Sie wurden
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Beylagen.
überall geschlagen , wo man sie nur antreffen konnte; allein der verführerische Bewegungsgrund , welchen sie anführeten , als wenn fie bloß die katholische Religion zu vertheidigen suchten , welche doch durch die neuen Gefeße der Republik in ihrer ganzen Reinigkeit auf das sorgfältigste beybehalten worden , breitete den Geist des Aufruhrs une ter dem kleinen Adel und in dem ganzen Königreiche so weit und mit so vieler Schnelligkeit aus, daß regulåre Truppen nicht immer an dem be-
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stimmten Orte seyn konnten , um ihnen Einhalt zu thun. Nichts desto weniger hatten wir , nach bem unsere Truppen Cracau eingenommen , die Ruhe in Litthauen wieder hergestellet , und Po dolien von dem Reste der Aufr ihrer gereiniget hatten , gegründete Hoffnung , in kurzer Zeit das Ende der Unruhen in Pohlen zu sehen , und alsdann unsere Truppen ohne Gefahr zurück ziehen zu können , indem wir nach der Rechtschaffenheit unserer Grundsäße und Handlungen voraus sehten, daß die übrigen Nachbarn der Republik, und vornehmlichdie ottomannische Pforte, nicht gemeis net seyn würden, sich ihres zerrütteten Zustandes au Nuge zu machen. Zeit und Umstände haben gezeiget , daß wir uns von Seiten der Pforte mit keiner falschen Hoffnung geschmeichelt haben. Sie sahe seit lans
ger Zeit unsern Schritten in Pohlen gelassen zu, weil sie überzeugt war , daß sie ihrem Interesse eben so gemäß waren , als dem unsrigen. Sie würde auch ein so weises Betragen bis an das En
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Beylagen.
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de der Inruhen in Pohlen fortgefehet haben , wenn es nicht endlich den Feinden des zwischen uns und ihr bestehenden Friedens durch ihre Ver låumdungen und Kunstgriffe gelungen wäre, das Türkische Volk aufzuheßen , und nach und nach auch die Regierung auf ihre Seite zu bringen , und wenn nicht die aufrührischen Pohlen, welche nach den türkischen Gränzen geflüchtet wären, den Sultan selbst mit der thörichten Hoffnung geschmeichelt hätten , daß fie, und mit ihnen ganz Podolien und die pohlnische Ukråne sich ihm freywillig und zwar auf eben dem Fuße, wie die Walachey und Moldau unterwerfen würden. Der der Pforte angebohrne Stolz erlaubte ihr um so viel weniger einen so verführerischen Untrag zu widerstehen, da das Gesetz Mahomeds jede von den Christen gemachte Eroberung billi get;
daher entschloß sie sich sogleich, ein solches
Anerbieten anzunehmen , ohne lange zu überle gen, ob es gerecht sey oder nicht. Indessen mußte die Pforte doch nothwendig empfinden, daß ein solcher Vorwand vor derWelt. nicht hinreichte, und daß sie einen andern Zeitpunct erwarten müsse, um ihre Absichten aufKoWenn ften der Republik Pohlen auszuführen. man alle ihre Schritte von diesem Augenblicke an bis hieher untersucht , so kann man nicht zweifeln, daß sie nicht vorſeßlich gesucht haben ſollte , mit Denn aus was für uns Krieg zu bekommen. einer Ursache würde sie sonst , ohne allen rechts mäßigen Bewegungsgrund , und ohne den ge
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Beylagen.
ringsten von unserer Seite gegebenen Anlaß die heiligen Bande des ewigen Friedens gebrochen , und mit offenbahrer Verlegung der öffentlichen Treue und Glaubens den Hrn. Obrestoff, unfern geheimen Rath und reſidierenden Miniſter zu Conftantinopel in Verhaft nehmen und mit ſeinem ganzen Gefolge in das Gefängniß ſehen lass fen; ein Verfahren , welches wider alle Regeln des Völkerrechts streitet , welches auch die unge. fittesten Barbaren, fowohl in Krieges- als Friedenszeiten zu beobachten pflegen , und welchem sich die türkische Regierung in unserm leßtern Kriege mit der Pforte ſelbſt vollkommen gemåß bezeiget hatte , sowohl in Ansehung der Person als auch des Gefolges unfers Residenten Wech. niatoff, ungeachtet wir damahls der angreiffende Theil waren. Dessen ungeachtet zog die Pforte die Larve nicht auf einmahl ab. Bis auf den Tag , da sie unsern Minister in Verhaft nehmen ließ, gab sie uns unaufhörliche Versiche rungen ihrer Freundschaft und Liebe zum Frieden, vermuthlich in der Absicht ,
uns einzuschläfern ,
und Zeit zu gewinnen , alle ihre Anstalten zumachen. Anfänglich begnügte sie sich damit, daß fie den Aufrührern aus Podolien , wenn sie von unfern Truppen verfolgt wurden , eine Zuflucht in ihrem Gebiete verstattete ; als sie aber sahe, daß wir wider ihre Absicht und Wünſche bey unfern friedfertigen Gesinnungen verharreten ,
und
baß unsere Truppen ihre Grånzen niemahls be rühreten, selbst nicht, wenn sie die Aufrührer ver
Beylagen. folgten,
so verstattete sie ihnen ,
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Zufluchtsorte in die pohlnischen Provinzen zu streifen , und daselbst unsere Truppen anzugreiffen , um uns dadurch auf eine oder die ande re Art, sollte es auch nur aus einem Versehenseyn, zu verleiten, ihr Gebiet zu betreten, undihr dadurch einen Vorwand zu dem so sehr gewünschten Frie Als sie aber endlich sahe, densbruche zu geben. daß alle ihre Versuche an den unveränderlichen Regeln unserer Staatskunst scheiterten : so kam fie auf den Einfall, sich einen ganz fremden Vors gang zu Maße zu machen , nähmlich die von einer Bande Straßenrauber in dem dem krimmiſchen Khan gehörigen Flecken Balta verübten Ausschweifungen ,
ohne zu erwägen ,
daß wir , so
bald dieser Vorgang bekannt wurde , und ſelbſt noch ehe von türkischer Seite einige Klage daru ber geführet wurde, bereits unfern Truppen Befehl gegebenhatten, sich der Aufrührer zu bemäch. tigen , und die Zaporovischen Kosaken , welche Unterthanen von Rußland sind , und sich unter ihnen befunden hatten, zu bestrafen, so wie fol ches auch nach dem Maße ihres Verbrechens an der Gränze selbst , und im Angesichte des gedach ten Fleckens geschehen. Auf diese Art hat nun die Verheerung des tartarischen Fleckens Balta von Straßenräubern, welche von der Pforte fälschlich unsern Truppen Schuld gegeben wird ,
nebst dem eingebildeten
Vorwande die Freyheit Pohlens wider unsere vor gegebene Bedrückung zu vertheidigen ,
aber im
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Beylagen .
Grunde die für dieſe treulose Nation und ewige Feindin des christlichen Nahmens so schmeichelhafte Hoffnung,
ihre unerfättliche Habsucht zu
nähren , und sich der Anerbietungen der aufrüh rischen Pohlen zu Nuße zu machen , von ihrer Seite den Bruch des ewigen Friedens und die Erklärung des Krieges wider unser Reich hervor gebracht , indem die Pforte öffentlich die Fahne Mahomeds aufgesteckt und ihren Truppen Befehl gegeben hat , sich unsern Grånzen zu nåhern. Wir konnten ein so ungerechtes und verhaß
tes Betragen um so viel weniger vermuthen , da wir uns seit unserer Gelangung auf den Thrones uns auf immer zu einem unveränderlichen Grundgefehe gemacht haben , mit allen Mächten , welche unser Reich umgeben ,
eine gute Nachbarschaft und beständigen Frieden zu unterhalten, so wie es die glücklicher Weise mit jeder derfelben geſchloſſenen Verträge erfordern, wir auch in Ansehung der ottomannischen Pforte eine ganz besondere Sorgfalt angewendet haben , nicht nur diese Verträge ihrem ganzen Umfange nach zu erfüllen und zu bes obächten , sondern auch nicht die geringste Ursache zu Klagen und zur Kaltsinnigkeit zwischen beyden Höfen zu geben. Diesen Grundfäßen zu Folge haben wir nun bey verschiedenen Gelegenheiten , wo wir gerech te Ursachen hatten , uns zu beklagen , keine andere Genugthuung gesucht , als die uns die Ges rechtigkeit der Pforte selbst geben würde , und
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haben uns gemeiniglich mit dem, was sie zu thun für gut befunden, begnüger, Da nun aber alle unsere Mäßigung und Liebe zum Frieden fruchtlos gewesen, und der unversöhnli che Feind des christlichen Nahmens die heiligen Bande des ewigen Friedens auf eine sobeleidigen de Art zerrissen, und die Würde unserer Krone durch den Verhaft unsers Ministers so gröblich verlehet hat : so bleibet uns vor Gott, vor der Welt, vor uns selbst und vor unsern getreuen Un terthanen die innere Ueberzeugung , daß wir der Pforte nicht nur nicht die geringste rechtmäßige Ur sache zum Bruche gegeben, sondern auch zu keiner Zeit kein dienliches und unserer Würde angemes fenes Mittel ungebraucht gelassen haben, diesen Bruch zu verhüten , und die so schäßbare Ruhe , welche wir als den höchsten Gipfel der menschlis chen Glückseligkeit ansehen , unaufhörlich zu unterhalten,
Da wir nun an den Folgen dieses ungerech ten Krieges wider unser Reich völlig unschuldig find, so haben wir die feſte und gewiſſe Hoffnung zu der Gerechtigkeit Gottes des Erhalters aller Dinge, welcher Rußland ſo lange Zeit und auf eine so augenscheinliche Art beschüßet hat , daß er unsere gerechte Waffen , welche wir bloß zu Vertheidigung seiner heiligen Kirche und unsers Vaterlandes ergriffen , auch jest segnen und ſie mit einem glücklichen Erfolge krönen , den Stolz und die Ränke der Boshaften , welche die Heiligkeit der Eide mit Füßen treten, stürzen , und uns
t
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ager
Beyl
.
zur Ehre seines Nahmens einen baldigen, guten und rühmlichen Frieden schenken werde. Wir versprechen uns von dem Eifer unserer getreuen Unterthanen und von ihrer Liebe zum Vaterlande,
daß sie in dieser wichtigen Sache ihre
Herzen und Gedanken mit uns vereinigen , und nicht nur ihr inbrünstiges Flehen zu dem Könige der Könige schicken, daß er die Beschüßer des Vaterlandes segnen und selbst ihr Führer seyn walle, sondern daß auch ein jeder von ihnen in allen Fällen nach Maßgabe seines Standes und feiner Würde mit willigem Herzen und einem wahren Eifer , alles dasjenige beytragen werde, was unumgänglich erfordert wird, unserer Ver theitigung Kraft und Nachdruck zu geben. Endlich hoffen wir mit einem völligen Vertrauen auf die Tapferkeit und den bewährten Muth unserer nur zu Siegen gewöhnten Truppen , daß sie auch in diesem neuen und gerechten Kriege wider den treulofen Feind und grausamen Verfolger der Christen, ihrem bisher erworbenen Ruhme durch neuen Eifer und durch neue Siege einen neuen Glanz ertheilen werden.
Gegeben
zu St. Petersburg den 18ten Nov. 1768.
Catharina (L.
S.)
23.
Beylagen,
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23. Manifest des Fürsten Alexander Galigin , comman dierenden Generals en Chef der RussischKaiserlichen Armee.
Kund und zu wissen sey allen denen daran ge legen.
Die Ursachen, um welcher willen meine
Kaiserin an den innern Angelegenheiten Pohlens Theil genommen , ſind aus den verschiedenen von meinem Hofe deshalb erlassenen Schriften dem ganzen Europa, am besten aber der Durchlauch= tigsten Republik Pohlen bekannt. Das leştere Interregnum, ein Zeitpunct, welcher für die Republik jederzeit gefährlich ist, bewog den vernünftigsten und angesehenſten Theil der Nation , Rußland um Hülfe zu ersuchen, um die von den Unternehmungen eines Fremden augenscheinlich bedrohete Wahlfreyheit zu sichern. Die Kaiserin bewilligte das Verlangen der Nation und diente derselben in diesen bedenklichen Umständen mit einer Uneigennüßigkeit und einer Liebe, welche dem Vertrauen der Republik auf 1
ihre Rechtschaffenheit und Gerechtigkeit sowohl als auf die Zuverlässigkeit eines Bündnisses mit derselben zu einer ewigen Grundſtüße dienen müſfen. Die Absicht der Nation wurde erfüllet. Ein Piast wurde einmüthig zum Könige erwählet, und dieses wesentliche Stück der Grundverfassung des Staates, die Einmüthigkeit der Stimmen, wur de in seine ursprüngliche und wesentliche Kraft $
Beylagen.
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wieder hergestellet ,
und zwar zu einer Zeit, da
dasselbe auf immer vernichtet zu werden schien. Indessen war es nicht allein das Anfuchen der eifrigsten , vernünftigsten und angesehenſten Patrioten im Staate , was die Kaiſerin , meine Monarchin, bewog , die auf dem legten Reichstage zur Verbesserung verschiedener in die Regierungsform eingeschlichener Mißbräuche,
wider welche
die ganze Nation ſchrie , gemachten Schlüſſe zu garantieren. Schon die Vorsicht wider die Abfichten eines Fremben schrieb dieses Betragen vor, und jeder vernünftiger und unpartheyiſcher Bürger muß solches eingestehen und billigen. Auf der andern Seite haben Ihre Kaiserlithe Majestät bloß das Geschrey der Menschlichkeit erhöret,
wenn Sie auf eben diesem Reichs-
tage die Wiederherstellung eines unrechtmäßiger Weise unterdrückten und durch Gewalt , Leiden. schaft und blinden Religionseifer alles gesetzmäßigen Daseyns beraubten Theiles der Bürger bewirket haben.
Die Kaiserin hat hierin bloß die
Pflichten der alten Garantie ihres Reiches erfüllet, welche sie zu der Vertheidigung dieses Their Eben so sehr sind les der Bürger berechtiget, alle protestantischen Höfe durch feyerliche Vertra ge zu dem Schuße dieses Theiles der Staatsbürger verpflichtet , so wie sie denn auch wirklich die dringendste Fürsprache für denselben eingeleget haben, und mit Ihrer Kaiserlichen Maje ståt gemeinschaftlich bemühet gewesen sind , ihnen Recht zu verschaffen.
Beylagen.
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Indem nun die Durchlauchtigste Republik durch eine so gesehmäßige als nothwendige Handlung ihre enge Freundschaft mit dem Russischen Reiche besiegelte , alle Ursache zur Spaltung unter den Bürgern auf immer ausrottete , die Fehler der Regierung abstellete, und ihre Verfassung wieder aufeinen festen und unwandelbaren Grund feste: so hoffte sie die Früchte ihrer Weisheit und ihrer Billigkeit in einem dauerhaften Frieden von Allein in eben innen und aufsen zu genießen. diesem Augenblicke vereitelte die Bosheit der Feinde ihres Glückes sowohl als auch des Ruhmes der Kaiferin alle diese schönen Hoffnungen. Kaum hatte der Reichstag dieses heilsame Werk vollendet, als ein Haufe Aufrührer , von seiner eigenen Leidenschaft und durch fremde Bestechung verleitet, die Fahne der Empörung wider die höch ste und gesetzgebende Gewalt des Reichstages , welche dieselbe allein besiket , und davon einen fo nüßlichen Gebrauch gemacht hatte , aufpflanz Nicht zufrieden , daß ſie ſich für Aufrüh. te. rer wider die höchste Gewalt und für Feinde ihres Vaterlandes erkläreten , so haben ihre Frechheit und die traurigen Kunstgriffe , denen sie sich überlassen haben, sie so sehr verblendet , daß sie sich auch für unmittelbare Feinde des Russischen Reis ches erkläret, die Hülfstruppen , welche die Republik von demselben aus Freundschaft und bloß zu ihrer eigenen Sicherheit hatte , mit gewaffneter Hand angegriffen , und die Unanständigkeit und Verwegenheit so weit getrieben haben , daß sie
100
Beylagen.
den Geist des Aufruhrs auch unter die getreuen, Unterthanen
Rußlandes
Sie sahen bald ein ,
auszubreiten fuchten.
daß sie zu schwach waren,
ihre thōrichte Unternehmungen auszuführen ; al lein , da sie kein anderes Mittel vor sich sahen, ihren Verlust zu ersehen , als den Verlust des Staates selbst , dessen gebohrne Unterthanen und Bürger ſie ſind , und überdieß weder für Schan de, noch für Vaterland , noch für Religion einige
1
Empfindung mehr hatten , so begingen sie die Treulosigkeit, dem beständigen Feinde des christlichen Nahmens eine Zerstückelung der Provinzen der Republik anzubieten , deren Erhaltung Pohlen und der ganzen Christenheit so vieles Blut gekostet hat , damit derselbe sich ihres Streites annehmen , und Rußland in ihrem eigenen Lande bekriegen möchte. Sie verbergen dieſen unwürdigen Handel zur Zeit noch vor den Augen ih rer Mitbürger, und wollen so gar den Krieg, welchen der Zerstörer des christlichen Glaubens mit ihnen führet , und dessen eingebildeter glückli= ther Erfolg nicht anders als durch die niedrigste Sclaveren so vieler tausend Chriſten und freyer Bürger bezahlet werden kann , mit dem Nahmen des Schußes der christlichen Religion schmůcen. Und so groß ist die Mächt der Schwär merey , daß der betrügerische und künstliche Vorwand der Vertheidigung der Religion , so sehr er auch durch ihre eigenen Handlungen widerleget wird, wie ein Gift in den schwachen Gemüthern des gemeinen Volkes Wurzel gefaffet ,
und sich
Beylagen. daselbst so fest gesehet hat ,
ΙΟΙ
daß auch die augen-
scheinlichste Gefahr jedes einzelen Pohlen und des ganzen Staates denselben nicht ausrotten kann. Die Raubsucht nåhrer sich von dieser Gesinnung des großen Haufens und wird wieder von ihm genåhret. Sie ist es, welche sich in allen Theilen Pohlens bewaffnet, und das Leben, das Vermögen und die Ehre der Mitbürger ungestraft angreiffet.
Die Gefeße sind zu ohnmächtig , ihs
rer Wuth Einhalt zu thun ,
alle Handlung ist
aufgehoben ; alle Sicherheit ist verlohren ; alles ist dem Willkühr zugellofer Haufen Preis gegeben , welche kein ander Gut noch Daseyn kennen, als Rauben und Morden. Bey diesen traurigen Umständen der pohlnischen Angelegenheiten sowohl von außen , als innen, haben Ihre Kaiserl. Majestät Ihre Truppen in den an das oftemannische Reich gränzenden Provinzen zusammen ziehen lassen. Ihre Mas jestät haben geruhet , mir die Anführung Ihrer Armee anzuvertrauen , und haben mir befohlen, die treulosen Absichten ihres Feindes zu vereiteln, und zwar sowohl des Erbfeindes des christlichen Nahmens ,
als auch derjenigen Friedensstörer,
welche einen so hohen Preis auf ihre strafbare Verbindung mit ihm geſehet haben. Jest da mit dem Beystande der göttlichen welche noch allemahl die Unschuld, und die christliche Religion beGerechtigkeit die meiner Aufsicht anvertrauete die , schüßet hat
Vorsehung ,
Russisch- Kaiserliche Armee , ihre Unternehmun-
102 Beylagen,
gen anfängt: so halte ich es für eine Pflicht meis ner Würde , jeden rechtschaffenen Bürger , welcher ein Freund seines Vaterlandes ist, zu ermah nen, daß er zu diesen Unternehmungen , mit wel chen das Wohl der Republik so augenscheinlich verknüpfet ist , so viel an ihm ist , mitzuwirken fuche. Die meinen Befehlen untergebene Armee streitet nicht allein für das Russische Reich , sondern auch für die Sicherheit der pohlnischen Na tion, und zurVertheidigung ihrer Freyheit und Gü ter, daher ich jeden pohlnischen Bürger bloß zum unmittelbaren Dienste seines Vaterlandes und ſeiner eigenen Person auffordere , wenn ich ihn einlade , meine Unternehmungen zu unterſtüßen. Ich verspreche mir von einer so gerechten Eintadung allen guten Erfölg ; zugleich bin ich aber auch verpflichtet und berechtiget, zu erklåren, daß so bald sich jemand von dieser Regel entfernet , die wider den Feind der Christen und wider die Friedensstörer, ihre Bundesgenossen , bestimm ten Truppen meiner Kaiferin teinen Unterschied unter denjenigen machen werden, welche meine Unternehmungen auf mittelbare und unmittelbare Art hindern , oder welche die Unternehmungen des Feindes auf eine mittelbare oder unmittelbare Art begünstigen. Nur seiner Unbesonnenheit, Verwegenheit und Treulosigkeit wird der Schuldigedas Schicksal, welches ihn erwartet, zuvanken haben, und niemand wird mein Betragen in diesem Stücke tadeln können , indem der ganze glückli che Erfolg meiner Unternehmungen davon ah-
Beylagen.
103
hångt , und die lage der mir anvertrauten Truppen solches erfordert, weil ich sonst Gefahr laufen würde, den wesentlichen Gegenstand der Aufmerke ſamkeit meiner Kaiſerin zu verfehlen , nåhmlich die von derselben geleistete Garantie über die Untheilbarkeit der Länder der Republik, deren Zerstückelung ihrem Feinde versprochen worden. Gegeben im Haupt - Quartier zu Kiow den 14ten März 1769.
P. A. Galigin. (L.
S.)
24. Nachricht von der Türkischen Kriegesmacht , ihrem Operas tions - Plane und den verschiedenen Anstalten, welche sie zu Anfange dieses Feldzuges trafen. Ehe ich hier die aus Conftantinopel ſelbſt erhaltenen Nachrichten mitheile, bemerke ich über haupt, daß die türkische Armee mit alle dem überflüßigen Troß , welchen sie bey sich führete , aus bey nahe sooooo Mann bestand, welche wirk lich über die Donau gegangen find. Freylich was ren dieses nicht alle streitbare Soldaten , und auch von diesen gingen wieder viele in ihre Provinzen zurück, ohne das Ende des Feldzuges abzuwarten. Man kann annehmen, daß ungefähr 300000 Mann bewaffnet waren ; minderte sich gar bald.
aber diese Anzahl verDie Unternehmung der
Türken in Neu- Rußland kostete ihnen auch viel ,
104
Beylagen.
indem viele vor Kålte und Elend umkamen. Der damahlige Khan fiel daher auch in die Ungnade des Sultans ',
welcher ihn beschuldigte , daß er
entweder unbesonnener , handelt habe.
oder treuloſer Weise ge
Man schreibt diese Unternehmung
gemeiniglich den Tartarn zu ; allein es ist gewiß, daß der größte Theil der Armee aus Türken bestand. Man kann sich leicht vorstellen , wie eine folche Unordnung bey einer ohne Ordnung zusam men gezogenen Armee ſtatt finden könne , welche ohne alle Mannszucht ist , und deren Befehlshaber sich von ihren Truppen nur einen willkührlichen Gehorsam versprechen können, ungefähr eben einen solchen Gehorsam, als sie selbst gegen ihren Oberherren haben ; kurz bey ganz zügelloſen Truppen, welche sich um des geringsten Bedürfnisses willen empören , besonders wenn bey den langſamen Operationen , oder bey einer Niederlage die Hoffnung zur Beute verschwindet. Außer dieser zahlreichen Armee rückte der Khan der Tartarn noch mit 80 bis 100000 Mann von seiner Nation in das Feld, deren sich die Türken zu ihrem Vortrabe als leichter Truppen , oder auch zu Diversionen zu bedienen pflegen. Diese ungeheure Menge war eben so schwer zuregieren als zu ernähren. Die zu beyden Seiten der Donau gelegenen ottomannischen Provinzen hatten die großen Magazine zu Isackzia ans gefüllet , wo sich die Truppen bey ihrem Uebergange mit Lebensmitteln verfahen.
Auch in der
Beylagen.
105
Moldau waren viele Vorråthe auf dem Wege der Armee angeleget ,
und ein anderes wichtiges
Magazin befand sich in Chotzim , wo der commandierende Baſſa zugleich eine Krieges-Caffe zu Ueberdieß hatten die feinem Gebrauche hatte. Einwohner dieses Landes auf Befehl des Groß. herren und aus Vorsicht eine Menge Getreide in den Gebirgen und Wäldern vergraben ,
wovon
aber nachmahls ein großer Theil den Ruſſen in die Hände fiel. Die Türken versichern, daß ihre Bachas immer vielen Unterschleif machen, wenn fie ihre Truppen in das Feld führen , und ihre Anzahl immer größer angeben , als sie ist , um an den Rationen, welche ihnen in den Magazinen ausgetheilet werden , etwas zu gewinnen . Der Plan , welchen die Pforte bey dem Anfange des Krieges gemacht hatte , bestand nach verschiedenen einstimmigen davon bekannt gewordenen Nachrichten , darin , daß ſie Rußland mit drey großen Armeen angreiffen wollte. Die erste, welche in die Moldau rücken sollte , sollte aus 113 Regimentern oder Haufen Janitscharen , jeden von 2000 Mann und einigen tauſend Bosniaken und Arnauten bestehen. Der Groß- Ve zier commandierte diese Armee nebst sechs BaDie zweyte chas, welche unter ihm standen. Armee hatte der Khan der Krimm mit seinen Tartarn , und diese sollte einen Einfall in die Ufråne thun. Die dritte, deren Stärke auf verschiedene Art angegeben wurde ,
welche aber gar nicht zum Vorscheine kam, sollte nach Astras
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Beylagen.
Ean gehen, und in dem Innern der Russischen Provinzen
eine Diversion
machen.
Zugleich
hatte die ganze türkische Flotte , ob sie gleich seit vielen Jahren war vernachlässiget worden , Be fehl erhalten, das schwarze Meer zu decken , und ihre Operationen an der Mündung des Don bey Azow anzufangen. Zu Ende des Jahres 1768 hatte man zu Conftantinopel zwey Kriegesschiffe von Stapel gelassen ;
sieben andere waren an-
gefangen, und man hoffete bis auf 60 Halb-GaAllein snan hat von leren ausrüſten zu können. dieser Flotte eben so wenig etwas gehöret, als von der Armee , welche ben Arakan auftreten ſollte. So viel weiß man doch , daß sie von dem Sturme sehr übel zugerichtet worden , indem man sowohlauf dem schwarzen Meere, als an denUzowis schen Küsten eine Menge Trimmer von gescheiterten Schiffen gefunden. Indeſſen war dieFlotte sehr unbeträchtlich u. bestand nur aus kleinen Schiffen *) *) Sie wahr wohl nicht so unbeträchtlich , als der Verfaffer will. Nicolaus Ernst Reeman, der sich um diese Zeit in der Krimmi aufhielt , und noch den Uebers reft davon sabe, gibt einige Nachricht von ihr. Sie bes Hand aus 200 Schiffen, hielt sich aber den ganzen Sommer 1769 in dem Asovischen Meere auf, ohne das gerings fte zu unternehmen , weswegen der Capitän Bacha nachmabis zu Conftantinopel in Verhaft genommen wurde. Den 6ten Auguft wurde sie von einem heftigen Sturme überfallen , als ſie in dem Kanale bey Arabat und Jaz mikale vor Anker lag , wo in einer Stunde foff 60 Gaz leeren , Fregatten und andere Schiffe an den Felfen scheiterten und über 6000 Manu ersoffen. Den 7ten Sept. kam der Reßt diefer Flotte , welche noch aus 60 bis 70 großen Kriegesschiffen , Fregatten , Galeeren und andern Schiffen bestand, von Janikale in dem Hafen von Raffa auf der Halbinsel Krimm an. Bleemanbeschreibt
Beylagen.
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Der Großherr stellete sich anfänglich , als wenn er sich in Person zu der ersten Armee beges ben wollte ; allein es wurde bald darauf nicht mehr daran gedacht, und er reisete nicht einmahl nach Adrianopel. Man unterhielt das Volk indessen mit dieser Hoffnung , um es bey guter Laune zu erhalten und um den Truppen Muth zu machen.
Die Gegenwart des Sultans war
zu Constantinopel nothwendiger , theils um der innern Ruhe willen, theils auch, um die ſchon ungeheuernKosten nicht nochzu vermehren ; indem die Zurüstungen zu dem Kriege, die Bezahlung der Janitscharen, und die Belohnung der Trup pen und ihrer Befehlshaber gleich anfänglich eine Summe von 14 Millionen Piafter erforderte, welche der Kaiser aus seinem Schahe nehmen ließ. Es schien, daß man Constantinopel dafür auf eine andere Art bereichern wollte, indem der Großherr allen Bojaren und wohlhabenden Leuten in der Moldau und Wallachey befehlen ließ, alle ihre Reichthümer und Kostbarkeiten in die Hauptstadt zu schicken , wo sie während des Krieges verwahret werden sollten. Die Türken find gewiß zu stolz, als daß man diesen Befehl eines dieser Kriegesschiffe, welches 60 Kanonen führete, aber noch nicht das größte bey der Flotte war. Die größte Galeere führete 62 Kanonen und 600 Mann, und auf Derselben segelte Kleeman mit nach Constantinopel, als Die ganze Flotte, den iten Oetbr. dahin unter Seget ging. Sie wurde zwar hier wieder von einem fürchters lichen Grurme überfallen, lief aber doch den 6ten Octbr. glücklich in den Kanal ein, wo der Capitán Bacha so gleich in Verhaft genommen wurde. S. Aleemanns Reife in die Krimm. Der Ueberf.
108
Beylagen.
einer Furcht, ihre Provinzen von dem Feinde geplündert zu ſehen, zuſchreiben ſollte ; es ist daher glaublicher, daß solches eine List wider die Wals lachen und Moldauer war, von welchen die Pforte glaubte, daß ſie es heimlich mit den Ruffen hielten. Sie hielten es daher für rathſamer, ihre Schäße selbst zu verwahren. 25. Auszüge aus verschiedenen Briefen aus Pera und Constantinopel. a. Auszug aus einem Briefe aus Pera vom zten Nov. 1768. Was die Entwürfe und Anstalten zum Krie ge betrifft, so kann ich ihnen von den ersten nichts Gewisses melden, weil ich nichts davon weiß ; überdieß herrschet bey der Pforte in Ansehung derselben ein geheimnißvolles Stillschweigen. Das allgemeine Vorhaben ist der Krieg ; die Anstalten dazu sind ungeheuer, und die Geschwindigkeit, mit welcher man sie ausführet, ist unglaublich.
Der Großherr verschwendet große Geld-
fummen, man legt die wichtigsten Magazine langs der Donau an, und die Gränzfestungen von Chohim an bis in die Tartaren werden bis zum Lieberfluffe mit allen Nothwendigkeiten verfehen. Was die Unternehmungen betrifft, so scheinet es, daß man die Ruſſen in Pohlen selbst
Beylagen.
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angreiffen will, wenn sie es für rathsam finden, daſelbſt zu bleiben.
Die Armee, welche sich zu
Anfange des Frühlinges versammeln soll, wird, so viel man aus der Menge Truppen, welche von allen Seiten her, und so gar von Erzerum, zuſammen gezogen werden, urtheilen kann, aus mehr als 200000 Mann, die Tartarn nicht mitgerechnet, bestehen. Diejenigen, welche gegenwärtig wider den
Stephano agiren, sollen dazu stoßen, und es befinden sich jest wenigstens soooo Mann an der Gränze. Die stärksten Pläge sind erfahrnen Männern anvertrauet worden, das ist, solchen, welche bisher die Janitscharen
commandieret
haben. Der Khan der Tartarn, welcher den 29ten Octobr. abgereiset ist, soll von dem Großherren eine unumschränkte Gewalt verlangt haben, das mit er nicht unter dem Vezier oder Seraskier ftehen dürfe, und folglich mit desto mehr Nach druck agiren könne. Sein åltefter Sohn iſt zum Seraskier über 30000 Mann ernannt worden ; man glaubt, daß er diesen Winter suchen werde, Riow einzunehmen.
Indessen fagt man mir, daß die Rußischen Kosaken in dieser Gegend ſehr ſtark, und für Kosaken sehr gut discipliniert sind. Ungeachtet der Khan schon 55. Jahr alt ist, so besigt er doch noch viele Leb haftigkeit und Muth. Er haffet die Ruffen von Natur, und im vorigen Kriege wünschte er mehrmahls,
daß er sie nur einmahl schlagen
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Beylagen.
möchte, da er denn gern den andern Tag sterben Sie werden sich erinnern , daß er dawollte. mahls viele Bewegungen an der Grånze machte, welche zu nichts halfen, und nachmahls seine Un-gnade veranlaſſeten. Man hat Ihnen ganz richtig gemeldet, daß der vorlegte Vezier Nuzrun Zade den sten abgefeßet worden, und sie haben auch die Ab sehung des Veziers Hamza Bacha erfahren, deffen Regierung nur einen Monath dauerte. Er war von dem Fieber ausgemårgelt, und zu den auswärtigen Angelegenheiten sehr schlecht aufge. legt; kurz die Last war für ihn zu schwer. Er ist zum Bacha von Canea ernannt worden, und fein Vorgänger hat das Gouvernement von Egypten erhalten. Fichandgi Emir Mehemed ist an feine Stelle ernannt worden. Er hat bereits verschiedene Ehrenamter bey der Pforte bekleidet, ist standhaft, ein Mann von Geist, sehr arbeits fam, und der Günſtling und Schwiegersohn fei= nes Herren. Er fennet die Macht des türkischen Reiches sehr genau. Am vorigen Sonntage ließ man die Droge manns auf diePforte kommen, und stellete einem jeden einen Beutel mit einer Schrift zu, welche eigentlich das Krieges Manifest des Großherren wider Rußland ist.
Man ließ die Miniſter bit-
ten, es so bald als möglich an ihre Höfe zu schi cken, ich lege eine Abſchrift davon bey.
Beylagen.
III
Der Hospodar der Wallachey ist abgesezt worden, und der Fürst Gregorius, ehemaliger Hospodar derMoldau, welcher nachmahls entfeht wurde, hat seine Stelle erhalten. An die Stelle des Mufti ist Osman: Molla, Haupt der Gesehverständigen, gekommen. Der Großherr hat Befehl gegeben, daß die Unterthanen (die Griechen) entwaffnet, und ihre Waffen auf den Markt gebracht werden sollten. Dieß ist zum Theil schon in Constantinopel gefchehen, allein die beſten ſind nicht zum Vorschein gekommen. Man sagt mir, die Griechen auf Scio und in Mores haben die ihrigen nicht ausliefern wollen, weil sie derselben gegen dieRäuber, welche fie beunruhigten, benöthiget wären.
Der Tefterdar ist abgesehet, und der Chiour Bacha an seine Stelle ernannt worden. Das Brot wird auf Befehl der Regierung kleiner ge backen, weil das Getreide anfängt, zu mangeln. Alles ist hier aufferordentlich theuer und man muß befürchten, daß die Theurung im Winter oder in dem Kriege noch größer wird. > Fachschr. Ich hatte vergessen , ihnen zu melden, daß vor kurzem ein Rußischer Courier in Verhaft genommen worden. Man sagt, doch kann ich es nicht für gewiß versichern , daß man von dem Reſidenten den Schlüſſel zu den in Ziffern geschriebenen Briefschaften verlangt habe. Wir hören, daß er sich unpaß befindet; ich glau
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Beylagen.
be es, denn er ist immer sehr frånklich, und der Verdruß ist eben kein bequemes Mittel, ihn gefund zu machen. Der abgefeßte Vezier, Hamza Bacha, ist unter Weges gestorben.
b. Auszug eines Schreibens aus Constantinopel vom 16ten Nov. (N. St.) 1768. Was die Bestimmung der Flotte betrifft, so muß ich Ihnen antworten, daß ihre Ausrüstung nicht mehr mit so vielem Eifer betrieben wird, als anfänglich. Vermuthlich wollte man die ganze Macht des Reichs in fertigen Stand ſeßen ; indessen werden zwey Kriegesschiffe und sechs Galeeren für das schwarze Meer hinlänglich seyn, der Ueberreft wird vermuthlich im Hafen bleiben.' Es wurden dieser Tage zwey neue Kriegesschiffe, jedes von 40 Kanonen von Stapel gelaſſen . Die französischen Officiers , welche sich hier befinden, haben die Geschicklichkeit der Türken dabey bewundert, indem diese Arbeit bey ihnen geschwin. der von flatten gehet, als bey den Christen . Der Krieg wider die Montenegriner scheint geen= diget zu seyn ; Stephano und die Bischöfe haben, wie man ſagt, die Flucht ergriffen . Der Beglerbey und der Bacha von Albanien ſind mit ihren Truppen zurück gegangen . Der Ba cha von Bosnien ist noch da geblieben, um ſie noch eine Zeitlang zu beobachten, und man glaubt, daß man den Winter über einige Truppen in den dasigen
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dasigen Gegenden werden cantonniren laſſen, um fie im Zaume zu halten, so wie die Venetianer sie von ihrer Seite beobachten. Dieser Tage find 3000 Kanonier und Artilleristen nach Orchakof und Azof abgegangen; andere Truppen sind aus Asien über den Kanal gegangen, und noch andere ſind über das schwarze Meer in Europa eingetroffen , deren nächstens noch weit mehrere folgen werden. Das ist aber noch nicht alles ; über 1000co Mann sind zu Bagdad, Schirwan und Kurdistan aufgeboten , welche zwischen dem schwarzen und Easpischen Meere vorrücken und Astrakan angreiffen fol len.
Ein rußischer Courier, welcher vor 14 Tas
gen hier ankam, iſt in Verhaft genommen und in die sieben Thürme geschickt worden, nachdem man ihm seine Briefschaften abgenommen hatte. Man sagt, daß die Tartarn mit den Kosaken handgemein geworden ; allein es hålt hier schwer, von solchen Nachrichten Gewißheit zu bekommen.
Sechstausend Janitscharen aus Egypten haben gleichfalls Befehl aufzubrechen ; ich weiß nicht, ob sie zu der europäischen oder aſiatiſchen´ Armee stoßen werden.
•. Abschrift eines Schreibens aus Conſtantinopel vom 26ten Nov. N. St. 1768 . Ich kann Ihnen heute seit meinem legten wenig Wichtiges berichten.
Die Anstalten zu
dem Kriege dauern noch immer fort, und es
Beylagen.
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werden fast tåglich kleine Haufen von hier abges Das Geschüß, welches von hier fortgeschickt. schaffet wird, ist beträchtlich. Personen, welche es wiſſen können, versichern mich, daß die Kosten, welche der Großherr bisher gehabt hat, sich auf 20 Millionen Piafter belaufen ; der neue Khan der Tartarn hat bey seiner Abreise von hier allein So schwer zwey Millionen mit sich genommen. es auch ist, es vorher zu sagen, wie es der hiesige Hof anfangen werde, die Ruffen aus Pohlen zu treiben , so scheinet es doch , daß solches mehr durch einen Einfall in Rußland selbst, als durch Schlachten, die man ihnen in Pohlen liefern könnDie Armee, welche an den te, geschehen wird. agiren soll, wird Königreiches dieses Gränzen fich,
wie ich
glaube, auf 250000
Mann
belaufen. Das ist eine schreckliche Macht, welche viele Verwüstung wird anrichten können. Was das Geld und die Truppen betrifft, so glaube ich, daß es hier nicht fehlen wird. Der Reichsschaß beträgt,
ohne den kaiserlichen
Schat zu rechnen, 350 Millionen Piaster, und daß die türkischen Armeen zahlreich sind , darf nicht erst bewiesen werden. Allein Sie wissen, mein Herr, daß nicht große, sondern gute Armeen etwas großes ausrichten.
Der neue Groß- Ve-
zier, welcher die Armee anführen wird, ist ein Mann von Geist und vieler Thätigkeit. Es scheinet jest entschieden zu seyn, daß der Großherr die Hauptstadt nicht verlassen wird ; welches
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uns denn besto angenehmer ist, weil wir sonst hier Mangel an Lebensmitteln und folglich eine große Theurung haben würden, Der Tefterdar ist abgesezt, und der ChiauxBachi an feine Stelle ernannt worden. An die Stelle des lehtern ist der Boujouk - Teskeraggi, oder ersterSecretår des Divans gekommen. Den 14ten dieses Monaths hat der Kaiser diejenigen ernannt, welche in der Abwesenheit des Rejs Efsendi und des Kichaja des Groß - Veziers, wel che sich bey der Armee befinden werden, ihre Stelle vertreten sollen.
Das Amt des erstern
wird Ismael - Bey , ehemahliger Secretar des Hissar Uga, jeßt Auffeher über das Münzwesen, und des lehtern, Resmi - Achmet Effendi, ver walten, welcher lettere vor einigen Jahren gewisse Auftråge an den Höfen zu Berlin und Wien auszurichten hatte, jeht aber Aufseher über das Seewesen ist. Diese lettere Stelle ist dem abgesetzten Tefterdar gegeben worden. Mit der Aufsicht über Das Archiv ist gleichfalls eine Veränderung vor gegangen. Der jeßige Aufseher ist der Sohn des Caimak - Mustapha
Bacha ,
Groß - Admiral
Dieses Reiches, welcher in dem legtern Aufstande getödtet wurde.
d. Auszug eines Schreibens aus Pera vom 16ten Decbr. 1768. Ich kann Ihnen heute wenig Neues berich ten.
Ich glaube gern, daß die Armee an den
ก
116
Beylagen .
Gränzen jestschon über 100c00 Mann ſtark iſt, weil sich unzählich viele Jamaks oder Freywillige bey derselben eingefunden haben. Abdi, Bacha von Cigni, ist dieser Tage mit 2000 Reutern, welche größtentheils Räuber aus Asien sind, hier durchgegangen ; er hatte über 4000 derselben ange= worben, allein die meiſten wollten nicht über den Kanal gehen. Man erwartet noch den Beglerben aus Natolien mit 6000 Mann , und einen gewissen Habil Bey mit 7000. 6000 Janitscharen aus Kairo sollen gleichfalls aufbrechen, und man fagt, daß auch die Truppen aus Bosnien, Albanien und Romelien zur Armee stoßen werden, da indessen 100000 Asiaten Astrakan angreiffen follen. Die ganze ungeheure Maschine dieſes Reiches ist in Bewegung, und man glaubt, daß die europäische Armee über 200000 Mann ſtark feyn wird, ohne die Tartarn zu rechnen. Man hütet sich hier sehr, die geringste Gelegenheit zum Mißvergnügen an den ungaris fchen Gränzen zu geben. Ich weiß aus zuver läßigen Nachrichten, daß man doo Spahis, welche der Bacha zu Belgrad bey dieser Stadt hatte campiren laſſen, fogleich zur Armee geschickt hat, und daß man überdieß in dieſem Stücke alle nur mögliche Behutsamkeit anwenden werde. Die Pforte, welche wöchentlich zweymahl Couriers von der Gränze bekömmt und wieder
dahin 'abschickt, beobachtet auch in Ansehung der geringsten Kleinigkeiten ei 1 tiefes Stillschweigen.
Beylagen. Bisher habe ich noch nicht gehöret ,
117 daß fremde
Officiers hier wären , welche Beförderung ſuchDer Ritter von Cort , welcher französis ten. scher Conful in der Reimm ist, wird dem Feldzuge des Khan beywohnen , welcher ein kriegerischer Fürst ist, und sich in dem Winter der Stadt Riow zu bemächtigen suchen wird. Seit einigen Tagen hat der Ruffische Resi dent mit den Seinigen ein wenig mehr Freyheit Man hat der Pforte vorgestellet , bekommen. daß Repressalien gebraucht werden könnten , im Falle den Russen einige vornehme Türken in Man hat ihm das die Hände gerathen sollten. , her das Haus des Dis-Dar Castellans der fieben Thürme eingeräumt , welches mitten im Schlosse liegt, geräumig genug ist , und einen Er befindet sich leidlich, ob kleinen Garten hat. Er låsfet von er gleichsonst immer krånklich ist. dem Tage seines Verhaftes an feinen Bart wachsen. Zum Glück besißt er viele Standhaftigkeit; ich habe seines Gleichen noch nicht gesehen. Ge stern wurde ein geheimer Rath in dem Pallaste gehalten ;
man weiß aber die Ursache nochnicht.
e. Abschrift eines Schreibens aus Conſtantinopel vom 17ten Febr. N. St. 1769 . So ungeſtum auch der Pöbel aus der ihm eigenthümlichen Begierde zum Kriege ist , die Leute auf den Gassen zu mißhandeln , so hat dochdie Pforte für nöthig befunden ,
mit den gewöhnli-
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Beylagen.
chen Ceremonien , Opfern und Gebeten für das Glück der ottomannischen Waffen, den 9tenFebr. am dritten Tage ihres Bairam- Festes einen der drey Roßschweise des Groß - Veziers unten an der Treppe des Hofes vor dem Pallaſte des Groß-Veziers aufpflanzen zu lassen ; das gewöhnliche Zei= chen, daß ein jeder sich mit Ernst zu dem Aufbruche gefaßt halten soll. Einige Tage vor der Abreise des Groß- Veziers wird der Kihaja -Bey mit diesem Roßschweiffe in das Lager des Ba= rud- Bey rücken , welches sich eine Stunde von dieser Stadt befindet , um das lager abzustecken. Der ganze Hof und die Armee , welche man 100000 ftreitbare Mann angibt, werden sich zwey Wochen daselbst aufhalten. Die christlichen Minister werden sich , jeder nach seinem Range, gleichfalls dahin begeben , um dem Groß- Vezier eine glückliche Reise zu wünschen , dessen Aufbruch aus Constantinopel auf den 15ten Mirz bestimmt ist , und wie gewöhnlich sehr prächtig ſeyn wird. Vor ihm werden noch alle Zünfte von Handwerkern ,
welche der Armee folgen sol-
len , um sie mit allen Nothwendigen zu versehen, aus der Stadt ziehen ; einige Tage nach ihnen werden die Janitscharen folgen , und nach ihnen foll tåglich ein besonderes Corps Truppen, als die Topgis , Gibegis und andere, nach Maßgebung ihres Alters ausrücken. Indessen werden die Unstalten sowohl hier als anderwärts, sowohl zu Lans de als zu Waſſer mit dem größten Eifer fortgefegt. Der erste Sammelplag der Armee wird
Beylagen.
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bey Adrianopel seyn ; der Groß- Vezier wird sie daselbst mustern , und sich etwa zehen Tage dafelbst aufhalten. Zum zweyten Sammelplage ist Isatchia, ein Flecken an der Donau, bestimmt, wo man glaubt , daß die Pferde daselbst grünes Futter bekommen werden, weil die Türken die Gewohnheit haben , daß sie ihre Pferde den Monath May über auf die Weide treiben. Der engländische, holländische , preussische und venetianische Minister suchen die Erlaubniß zu erhalten , daß ihre Dellmetscher der Armeefol gen dürfen. Der Kihaja = Bey bat den wienerischen und französischen Minister selbst, ihre Dollmetscher mit zu schicken ; allein in Ansehung der übrigen gab er zu verstehen , daß sie nicht ihre völlige Bequemlichkeit haben würden , und da überdieß die Pforte die Stelle aller derjenigen Personen , welche bey der Armee seyn müssen, durch andere ersehe, so könnten sie sich an diese wenden , und sollte ja eine Sache von Wichtigkeit vorfallen , so wollte man ihnen Firmans geben, daß sie zur Armee gehen , und die Sache dem Groß- Vezier vorstellen könnten, von welchem alles abhängt, ungeachtet seiner Entfernung von dem Groß- Sultan. Der venetianische und holländische Miniſter ſcheinen es dabey bewenden zu laffen; allein der engländische und preussische hoffen noch, ihre Absicht zu erreichen. Der erstere hat bereits Vorschläge zu einem Vergleiche zwis schen der Pforte und Rußland gethan , welche die erstere nicht ganz abgewiesen hat , ungeachtet
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Beylagen.
ſie in ihren Rüstungen schon so weit gekommen ist , und die Höfe beyder Minister ſo genau mit Die Bedingungen , Rußland verbunden sind. unter welchen sich die Pforte zu einem Vergleiche verstehen will, sind, wie man sagt, folgende : 1. daß die Russischen Truppen Pohlen räumen ; 2. daß England die Gewähr leiste, daßsichRußland auf keine Weise in die Regierungsform Pohlens mengen wolle , sondern diesem Reiche seine alte Freyheit lasse ; 3. daß es die neuen Festungen bey Constantinow schleiffe , bey Balta verursachten Schaden ,
und 4. den und die auf
die bisherigen Kriegesrüstungen verwandten Ko ſten ersehe. Man glaubt , daß wenn Rußland nur die beyden ersten Bedingungen eingehet, der Friede nicht weit mehr entfernet seyn wird.
Die-
fer Vorschläge ungeachtet , sehet die Pforte ihre Anstalten fort , um sich einen rühmlichen und vortheilhaften Frieden zu verschaffen. Man be merket auch ,
daß die Pforte viel Vertrauen ge-
gen den Wiener Hof blicken låffet, und ſich wegen des gemeinschaftlichen Interesse, welches beyde Höfe verbindet , gar sehr auf dessen Freundschaft verlässet. Der französische und wieneriſche Minister hoffen beyde , daß der Friede durch ihre Vermitte lung geschlossen werden soll.
Der erstere grün-
detsich auf das Beyspiel des leßtern Belgrader Friedens ,
und der zweyte auf die Freundschaft
und das gegenwärtige Vertrauen der Pforte, vor nehmlich aber auf das Gewicht, welches sein Hof
121
Beylagen.
Der Unterhandlung geben kann ,
wenn sie zum
Vortheil der Pforte ausschlagen sollte. Der Khan der Tartarn ist mit einem Haufen Türken und Tartarn , welche er unter seinem Befehle hat, neulich zu Balta gewesen. Man sagt, daß er den beschlossenen Einfall nicht gewaget habe, weil ihm die Russen zuvor gekommen waren, deren Cordon er gesehen , und von der Richtung ihres Marſches Nachricht erhalten hat. Er entschuldiget sich damit , daß die Pforte ih= nen zu viele Zeit gelaſſen , ſich in Verfaſſung zu sehen, und daß sie ihnen den Krieg nicht eher als Der * im fünftigen März håtte erklären follen. Groß-Sultan ist entschlossen ,
den Krieg mit
der größten Lebhaftigkeit fortzusehen, und , wenn die Sachen nicht die gewünschte Wendung bekom men sollten ,
sich selbst zur Armee zu verfügen.
Für jest wird er nicht nach Adrianopel gehen, ob solches gleich sein Wunſch war. Der Russische Minister ist bey seiner ohnehin schwachen Gesundheit ein wenig unpåßlich , ob man ihm gleich eine neue Wohnung eingeräumet Ein hat , worin er alle Bequemlichkeit hat. Aufseher liefert ihm täglich die nöthigen Lebensmittel und gibt auch seinen Kindern von seinem Befinden Nachricht. Die legern befinden sich bey feinem Schwager About, einem englischen Kauf manne, welcher ihn zugleich mit dem nöthigen Gelde versiehet , daher er auch von seiner Wache sehr Es ist auch kein Zweifel, gut behandelt wird,
122
Beylagen.
daß er vermittelst des Geldes an die mit seinem Hofe alliirten Minister schreiben kann , weil sie oft Nachricht von ihm erhalten. Man sagt, daß er ein schwedisches Schiff gemiethet hat , aufwel chem er nach Triest segeln will ,
weil er hoffet ,
daß er von der Pforte die Erlaubniß zu Wasser abzureisen erhalten werde , unter dem Vorwande, daß seine Gesundheit ihm nicht verstatte, zu lande zu reisen , zumahl mit seinen vier kleinen Kindern. Er hat Freunde, welche für ihn arbeiten, und hoffer überdieß auch , seine Absicht durch die Bermittelung des englischen Gesandten zu erreichen. £. Abschrift eines Schreibens aus Constantinopel vom zten März 1769.
Die Reiterey , welche von Trebiſond kam, ist dieser Tage mit einigen tausend Mann zu Fuß über den Kanal gegangen. Jladgi Ali Bey, welcher ſie commandiret , hålt gute Mannszucht. Zu Smirna, wo man viele Recruten wirbt, geschiehet solches gleichfalls. Vor einigen Ta= gen berichtete der Bacha von Bender , daß die Tartarn einen Einfall gethan hätten , und heute erfahren wir, daß der Khan in Lleu- Servien eingedrungen ist , ein land , welches erſt ſeit 15 oder 20 Jahren angebauer wird. Es hatte sich bey diesem Einfalle ein Deta schement Kosaken gezeigt , aber nur von weitem, und hatte sich sogleich wieder in die Schanzen ges zogen. Diesen Morgen ist hier ein Abgeordneter
Beylagen.
123
von den Leschis angekommen , einem Volke, welches den Caucafus nach dem schwarzen Meere zu bewohnet , tapfer und seit langer Zeit ein -Feind der Russen ist, und dem Großherren 50000 Man könnte sich ihrer wider . Mann anbietet. Aftrakan oder andere russische Provinzen be dienen. Den 22ten starb Shah - Sultane, die Toch ter des Großherren an den Blattern. Den zoten hatten wir des Morgens um halb neun Uhr eine sehr merkliche Erderschütterung, die aber keine weitern Folgen hatte.
g. Abschrift eines Schreibens aus Conftantino pel vom 3ten Apr. 1769. Seit einigen Tagen vermindert man die Beu te , welche die Tartarn bey ihrem Einfalle in Neu- Servien gemacht haben sollten, gar sehr. Die Anzahl der Sclaven kann gleichfalls nicht sehr beträchtlich seyn ,
weil die Russen den größ-
ten Theil der Einwohner bey Zeiten in die Städte gezogen hatten. Die Türkenreden von einem Wunder, welches sich bey dem Rückzuge der Tartarn zugetragen haben soll.
Eine Brücke, über
welche sie mußten , brach ein, die meisten Sclaven erfoffen, aber kein einziger Türk oder Tartar في Dieses Mährchen wird kam dabey ums Leben. hier von dem gemeinen Volke für Wahrheit ges halten, und daher wundert es sich auch nicht, daß die gemachte Beute nicht mehr so beträchtlichist;
124
Beylagen.
ein großer Theil davon ist nåhmlich in das Waffer gefallen. Auf der andern Seite streuen die Griechen aus , daß sich der Khan der Tartarn sehr krank befindet.
Man ſehet im Vertrauen hinzu ,
daß
solches von dem Verdrußfe herrühre , daß er ge= fchlagen worden , daß auch der Sultan Galga von den Kofaken geschlagen worden , daß die Rus fen an fünf verschiedenen Orten in die Moldau eingedrungen sind, und verſchiedene türkische Detafehementer vertrieben haben, und daß sich die Stadt Bender durch Capitulation ergeben habe. Wenn dieses zuverlässig seyn sollte , so müßte man annehmen , daß der Seraskier und der Khan der Tartarn , welche nur vier Stunden davon entfernet sind , geschlagen worden ; wovon Man scheinetseit
man doch keine Nachricht hat.
einigen Tagen sehr unruhig deswegen zu seyn doch wollen die Türken noch nichts Wort haben.. Uebrigens sind die hiesigen Neuigkeiten zum Die vielen Soldaten, Theil sehr unangenehm . welche in den hiesigen Gegenden über den Kanal um sich zur Armee zu begeben, haben das ganze Land ausgeplündert; in Constantinopel fehlete das Brot seit vielen Tagen , und man mußte es mit dem Såbel in der Hand von gegangen sind ,
den Bäckern erzwingen ; das Fleisch ist, ob es gleich fast gar nicht zu genießen ist , kaum mit Gelde zu bezahlen, desgleichen das Gemüse , die Das Fütterung , das Holz und die Kohlen. Murren des Volkes wider die Christen iſt un-
Beylagen.
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Es läuft bewaffnet in den Gaffen glaublich. herum , ungeachtet der Großherr die strengsten Befehle gegeben hat, und alle nur mögliche MitDer Pótel anwendet, Unglück zu verhüten. bel schieffet auf den Gaffen unter jeden Haufen Menschen , so daß auch viele Türken getödtet worden . Endlich nahm der Auszug der Truppen den 21ten des vorigen Monaths seinen Anfang, nachdem der Kiaja - Bey den Tag vorher drey Roßschweiffe im Lager hatte aufpflanzen lasfen. Die verschiedenen Zünfte Handwerker be gaben sich an diesem Tage nach Davud - Pacha, fie waren insgesammt gut gekleidet , und jede Zunft führete eine Art von Wagen, aufwelchem Ein Bauer ihr Handwerk vorgestellet wurde. fing den Zug an , welcher Getreide fåete, worauf Dann kam Hirten mit ihren Herden folgten. der Haufe der Handwerker, welche für den GroßHerren beteten , und Verwünschungen wider seine Feinde und alle Christen ausstießen ; das Volk wiederhohlte dabey von Zeit zu Zeit das Wort Amen , worauf eben dieselben Gebete und Verwünschungen wieder von vornen angefangen wur den. Den 27ten folgte endlich der Groß-Vezier mit seinem Hause, mit den Wachen zu Pferde und zu Fuße, mit den Beamten der Pforte und der Kanzley , welches insgesammt einen Haufen von wenigstens 3000 Personen ausmachte. Die Pracht dieses Auszuges übertraf alle vorhergeVor dem Vezier wurde die große Fah hende. ne des Mahomed, welche Sandgiak - Cherifheißt,
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Beylagen.
von Nakib, dem Haupte der Emirs , unter einer Bedeckung von 2 oder 3000 Emirs , getragen , welche insgesammt von Mahomeds Familie ab zustammen glauben. Diese Familie , unter welcher man das elendeſte Geſindel antrifft, behauptet, daß kein Ungläubiger diese Fahne bey Todesstrafe ansehen dürfe , oder wenigstens die mahomedanische Religion annehmen müsse. Daher macht man allemahl vorher bekannt, daß alle Ungläubigen sich entfernen sollen, welches auch 1730 und 1737 geschahe, da die Zuschauer auf einen Augenblick von den Fenstern gingen, bis dieFahne vorüber war , da sie denn wieder zum Vorscheine kommen durften , den Zug mit anzusehen, ohne daß ihnen das geringste Leid widerfahren wäre. Allein dießmahl ging die Wuth diefer Leute, ohne daß man diewahre Ursache davon errathen kann, so weit, daß sie auch die Thüren der Häufer und Kramlåden aufsprengten, in welchen ſie Christen oder Juden vermutheten , und alle diejenigen, wel che sie daselbst antrafen, ohne Unterschied des Geschlechtes auf das grausamste mißhandelten , und selbst der Türken nicht verschoneten , welche sie aufgenommen hatten. Man glaubt , daß über tausend gefährlich verwundet worden ; andere mußten , um ihr Leben zu retten, ihre Religion abschwören. Viele Türken , welche man für verkleidete Armenier hielt, wurden gleichfalls nieder gemacht. Der Kaiserliche Internuncius , und deffen ganze Familie, von welcher die meisten, selbst das Frauenzimmer nicht ausgenommen,
Beylagen.
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schwer verwundet sind, mußten ihr Leben mit dem Verluste ihrer Uhren und Börsen erkaufen ; obgleich dieser Minister von der Pforte ein eigenes Haus und eine starke Wache erhalten hatte, welche aber von den Nachkömmlingen Mahomeds überwältiget wurde. Diese Wuth wider den Internuncius , als einen Keher, hatte schon den Tag vorher ihren Anfang genommen, indem der Pöbel ihn mit dem Såbel und verschiedenen Pistolenschüssen aus einem andern Hauſe trieb.
Vielleicht würde er
mit seiner ganzen Familie seyn ermordet worden, wenn nicht ein Haufe Arnauten und Albaneser ihm zu Hülfe gekommen wäre, und ihn einer Thorwache übergeben hätte.
Auf Befehl der
Pforte wurde ihm ein anderes Haus und eine starke Wache angewiesen , welches ihm indessen auch wenig half. Zwey Personen aus * seinem Gefolge, welche, ob sie gleich verwundet waren, Mittel fanden, zu entwischen, brachten diese Nachricht den Abend vor dem Aufbruche des Groß- Veziers nach Pera, und gaben den übri gen fremden Miniſtern Nachricht davon , welche sich gleichfalls nach Conſtantinopel begeben wollten , die Ceremonie mit anzusehen, aber nunmehr zu Hause blieben, und dadurch einer ähnli chen Mißhandlung entgingen. Der Großherr ist sehr aufgebracht über diesen Vorgang, und der Groß - Vezier hat den Substituten des Drogemann zu dem Internuncius geschickt, und ihm sein Mitleid bezeugen lassen.
Der Nakis ist ab-
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Beylagen.
gefeht worden, und viele Emirs find verschwunden; vielleicht hat man sie in Verhaft genommen und hingerichtet. Nach demAbzuge der Armee, welche seit vier Tagen in Divifionen auf dem Marsche ist, und welcher bereits der Groß - Ve= zier gefolget ist, den der Großherr selbst auf einige Entfernung begleitet hat, wird man die Bestrafung der Schuldigen erfahren. Indessen hat der Großherr bekannt machen lassen, daß alle, welche nicht der Armee folgen, sogleich alles Gewehr bey Todesstrafe ablegen sollen. Endlich hat man dem Russischen Residenten angedeutet, daß er sich gefaßt halten soll, ſich in das Lager zu begeben und dem Groß- Vezier, nebst dem Geschäftträger, den Dollmetschern, feinen Hausbeamten, Bedienten, Frauenzimmern und Kindern zu folgen ; welches denn auch geftern geschehen ist. Sie haben zu ihrer Wache eine Artas von 400 Mann , und der Resident erhält täglich von der Pforte 250 Piaster zu seinem Unterhalte. Er hoffet, daß man ihn an der Gränze an feine Nation ausliefern werde; allein so sehr man es gleich wünschet, so sehr befürchter man doch, daß er die rauhe Witterung, den langen Weg und die Beschwerden der Reise bey sei ner schwachen Geſundheit nicht ausstehen werde. Omar Effendi, ehemahliger Kiaja - Bey ist den 21ten plöslich gestorben. Den 29ten hatten die Ambassadeurs von Frankreich, England und Venedig und der kai-
ferliche Internuncius in dem Lager bey dem Grog
Beylagen.
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Groß - Vezier Audienz, und den folgenden Tag die übrigen fremden Minister, um ihm eine glücklicheReise zu wünschen. Bey dieser Gelegenheit sahe man den ganzen aſiatiſchen Pomp in seiner Größe, ſo daß jedermann erstaunte. Die Schiffe segeln nach und nach ab. Der Capitain Bacha, welcher gestern den Titel eines Bacha von drey Roßschweifen erhielt, wird in dreyen Tagen nach dem schwarzen Meere absegeln, und die nach dem Archipelagus bestimmte Flotte wird unter den Befehlen seines Subſtituten im Monath May auslaufen. Den Augenblick höre ich, daß die Kinder und ein großer Theil der Bedienten des rußischen Re-
sidenten mit ihren Weibern, Kindern und PrieStern aus dem Lager zurück geschickt worden, und zu Wasser abreifen sollen, weil die Landreise zu beschwerlich ist. Der Reſident behålt nur sein gewöhnliches Gefolge und die unentbehrlichsten Leute zu seiner Bedienung bey sich. Heute sagt man, daß der Khan todt ist, oder sich doch sehr krank befindet, und daß der Großherr dem zuleht abgefeßten Khan den königlichen Mantel nebst einem Capichi - Bachi geschickt hat, der ihn in diese neue Würde einsehen soll. h. Abschrift eines Schreibens aus Constantinopel vom 4ten April 1769.
Die Truppen des Hai 3 Uly Bey, Herrn von Gianik, welche neulich über den Kanal gegangen
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Beylagen.
find, bestanden aus 4000 Mann , alles sehr reinlich gekleidete und gut disciplinierte Leute. Sie haben nicht die geringste Unordnung began gen, weil sie mit Geld und allen Bedürfnissen hinlänglich versehen waren. Der Khan der Leschis, welcher hierher ge kommen war, wegen seiner Unternehmungen wider die Russen Abrede zu nehmen, ist vor eini gen Tagen wieder von hier abgereiset, nachdem er einige Hülfsgelder von dem Großherren erhalten hatte, um seine Truppen in fertigen Stand zu seDen Ort seiner Bestimmung hat man hen. noch nicht erfahren können. Den 29ten März begab sich der Kiaja - Ben nach Davud - Bacha, um daselbst das Lager für die Truppen abzustecken ;
er ging mit einem
Roßschweife dahin, welcher vorher an der Pforte war geweihet worden. Einige Tage vorher wurde er unter dem Krachen des kleinen Ges wehres und unter Bedeckung der Wache des Groß - Veziers , welche ihn begleitet hatte, das selbst aufgestecket. Den 21ten März begaben sich die Zünfte der Handwerker nach dem Serail, wo der GroßHerr sie aus dem Fenster vorben ziehen sahe. Den Zug fieng der Groß- Profoß mit seiner Milik an, worauf ein von Ochsen gezogener Wagen folgte, den ein Mann führete , welcher Getreide fåete, anzudeuten, daß dieß das erste Handwerk sen, welches schon Adam getrieben ; eben dieser Mann betete zugleich für das Glück der ottomannischen
Beylagen.
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Waffen. Ihm folgte ein junger Mensch unter einem Himmel ; er faß auf einem Kamehle und hatte den Alkoran in seiner Hand.
Die sechzig
Zünfte folgten nach ihrem Range, und vor jeder Sie wa ging eine bewaffnete Miliß vorher. ren alle von Triumphwagen begleitet, welche die Arbeiten eines jeden Handwerkes vorstelle: ten, und den Abend begaben sie sich alle wieder nach Hause. Den 23ten begab sich der Aga der Janits scharen mit 20000 Janitscharen, welche in 101 Compagnien getheilet waren, vor deren jeder sich ihre Officiers zu Pferde befanden, mit klingendem Spiele und fliegenden Fahnen in das Lager. Vor jeder Compagnie gingen zwey Dervische oder Pries ster, welche aufInstrumenten spielten, fie anfeuers ten und ihnen den Sieg verhießen. Den Tag darauf hielten 10000 Gebegis ihren Auszug. Den Abend darauf ließ man unvermuthet .
alles, was von der Flotte fertig war, nåhmlich drey Galeeren und 40 Halb Galeeren nach dem schwarzen Meere und nach Otchakow absegeln, wo, nach den von dem Tartar - Khan eingegan genen Nachrichten ihre Gegenwart nöthig ist, ehe die Ruſſen dahin kommen. Den 25ten begaben sich die Topgis oder die Kanonierer, die Topargis und andere Truppen in das Lager. Den 27ten hielt der Groß- Vezier feinen Auszug , welcher wegen der Kostbarkeit seiner Equipage einer der prächtigsten war. Fr wurde von allenMiniſtern und vornehmen Beain=
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ten begleitet, welche mit ihremzahlreichen Gefolge prächtig gekleidet waren, und deren Anzahl mit Einschluß der 1000 Spahis und 10CO Janit scharen, welche die Leibwachs des Veziers ausVor dem machen, auf 5000 Mann betrug. Groß- Vezier her wurde die Fahne Mahomeds in einem grün ſeidenen Futteral von einem Emir zu Pferde getragen, welchen mehr als
1000
Emirs zu Fuße begleiteten. Wo sie in den Gaſſen vorbey kamen , da ſchrien ſie, daß alle Ungläubigen, das ist, alle die keine Türken sind, sich wegbegeben und die Fahne nicht ansehen sollten, widrigenfalls würden sie jeden, den sie anträfen, zu Tode prügeln. In dieser Verwirrung wurden über 200 Personen getödtet. Die großen Anstalten, welche man ſeit einiger Zeit vorkehrte, um denAuszug des Groß- Veziers recht prächtig zu machen, machten alle christliche Minister begierig, denselben mit anzusehen, so wie einige schon den Auszug der Handwerker und Janitscharen mit angesehen hatten, Es hatte sich zu dem Ende jeder Minister Häuser und Kramläden gemiethet.
Die Pforte
selbst hatte dem Hrn. von Brognard, kaiserli, chen Internuncius, aus Achtung ein eigenes Haus angewiesen. Er begab sich den Tag vorher mit seiner ganzen Familie und seinem ganzen Hause dahin; allein ein unvermuthetes Unglück, deffen ich hernach gedenken will, hinderte die übrigen Minister dahin zu gehen, weil sie ver-
Beylagen.
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muthlich eben so übel würden feyn behandelt worden. Den 29ten begaben sich der franzöſiſche, englische und venetianische Umbassadeur und der kaiserliche Internuncius, der Gewohnheit zu Fols ge, nach einander in das Lager, um dem GroßVezier eine glückliche Reise zu wünschen. Den folgenden Tag geschahe ein gleiches von dem schwedischen und preußischen Envoye , und dem holländischen Geschäftträger , und den Tag daraufvon dem Envoye von Neapel. Die Krankheit
des
rußischen Residenten
schien eine politische Krankheit zu seyn ; " indessen hattesie die gewünschte Wirkung. Denn die Pfor te ließ die engländischen und preußischen Dollmetscher hohlen, und sagte ihnen, daß der Großherr auf die Vorbitte ihrer Höfe den rußischen Minister in Freyheit sehe. Dem zu Folge ist ihm ein Capigi - Bachi oder Kammerherr zum Führer nebst einer Compagnie von 1000 Janit scharen zur Bedeckung gegeben worden.
Den 30ten März ging er aus den sieben Thurmen und begab sich mit seinem ganzen Gefolge, welches bisher in Verhaft war, in das Lager zu Davud - Bacha. Zu desto größerer Sicherheit ließ der Groß- Vezier die Gezelte des Residenten neben den ſeinigen sehen , und sie zugleich von seiner Leibwache umgeben. Man gab ihm Wagen und Pferde zur Fortbringung feines Gepäckes, und man wird allen
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Beylagen .
nöthigen Unterhalt bis an die Grånze, wo man hofft, daß er den Ruſſen wird übergeben werden, unentgeldlich liefern . Seine Kinder und sein übriges Gefolge werden zu Waffer über Venedig oder Triest abreifen. Es gehet ein Gerücht , daß ſich ein Corps Ruffen der Stadt Aſow, ein anderes der Stadt Dichzakoff, und ein drittes der Gegend von Bender nåhere, und daß ein viertes von 30000 Mann die Linien von Kotchim angegriffen und erobert, und sich der Stadt bemächtiget habe ; daß ein Corps Kosaken in die Moldau eingedrungen sey, wo es 1000 Türken bey Sorofa geschlagen und alle Einwohner mit ihrem Vieh und ihrer Habe mit fortgeführet habe ; daß diese Kosaken Jassy, die Hauptstadt der Wallachen, welche ohne alle Befestigung iſt, håtten verbrennen wollen , daß sie aber den Rückweg genommen , als sie gehöret , daß der Hospodar der Wallachen eine Verstärkung von 3000 Türken erhalten habe. Man sagt auch, daß der Khan der Tartarn verwundet worden. Allein alle diese Gerüchte bedürfen noch Be stätigung; denn die unangenehmen Nachrichten werden aus Furcht vor einem Aufstande hier sehr geheim gehalten.
Indessen müssen
fich die Ruffen wohl den Städten Otchzakow und som genähert haben, weil man die Abse gelung der Flotte vor der gewöhnlichen Jahreszeit beschleuniget.
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Einige griechische Priester aus einem Dorfe an dem nikomedischen Meerbusen , nicht weit von hier , find in Verhaft genommen worden , weil man den berüchtigten Stephano als einen Priefter verkleidet bey ihnen gesehen haben wollte. Es ſcheinet, daß dieses Gerücht von den Anhängern der Ruffen ausgestreuet worden , um die Türken glauben zu machen , daß er sich nicht mehr zu Montenegro befinde , aus welcher Gegend man seit einiger Zeit keine zuverlåßigen Nachrichten hat, so wenig als aus Perſien und Georgien. Weil der Hr. von Brognard, Römisch-
Kaiserlicher Internuntius, den Auszug des GroßVeziers , welcher sehr prächtig seyn sollte , gern mit ansehen wollte , so erbat er sich, nach dem Beyspiele seines Vergångers im Jahre 1736, von der Pforte ein eigenes Haus vor Constanti nopel. Man wies ihm das Haus einer türkischen Wittwe außer der Stadt nahe an einem Thore an , aus welchem er den Auszug bequem mit anfehen konnte. Der Minister begab sich aus Vorficht , um nicht dem Pöbel zu begegnen, mit seiner Gemahlin , vier Töchtern und seinem ganzen Gefolge, in allem 28 Personen , schon den Tag vorher dahin. Er kam ungehindert durch die Gasfen ;
allein eine Stunde nach seiner Ankunft in dem Hause kam ein Emir , welcher in dem nåchſten Hause daran wohnete , und neidisch darüber war , daß man nicht sein Haus gemiethet hatte, daher er auch zu der Wittwe sagte , daß es sie geindem er das ganze Viertel auf1. reuen würde
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Beylagen .
wiegeln wollte, die Fremden zu verjagen, zu dem Dollmetscher des Ministers , und sagte zu ihm, daß er das Haus den Augenblick räumen müſſe, Gleich weil er daſelbſt nicht sicher seyn würde. darauf brach ein Haufe von dreyßig bewaffneten Perfonen in das Haus ein, welche den Miniſter und fein ganzes Gefolge mit Stockschlägen und mit den flachen Säbeln aus dem Hauſe trieben, mit Flinten und Pistolen unter fie schoffen , und die Janitscharen des Ministers in die Flucht trie ben. Einer von diesen begegnete einem Officier mit zehen Albaniern , und bat ihn , dem Minister Allein ungeachtet diese zu Hülfe zu kommen. Albanier sich seiner annahmen und für den Minister fochten , so bekam doch deſſen Geistlicher einen Säbelhieb , und viele von seinem Gefolge wurden bey nahe um das Leben gebracht , kamen auch nicht eher davon , als bis sie alles hergaben, was sie bey sich hatten.
Der Minister und sein
Gefolge wurden in die Thorwache geführet , wo man ſie willig aufnahm . Man gab von dieſem Aufstande dem Seimen - Bacha, welcher die Stelle des Janitscharen Uga versiehet , Nachricht, der sogleich zwey Officiers mit 20 Janitscharen zu ihrer Sicherheit abschickte, und sie in das benachbarte Haus bringen ließ , damit sie den folgenden Tag den Auszug ungeſlöhrt mit anſehen könnten. Der Minister hielt es indessen nicht für klüglich, mit Frauenzimmern daselbst zu bleiben, und schickte sie daher in einen Kramladen , den Zug mit anzusehen , und ging mit den Manns-
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personen in ein anderes Haus. Zur Vorsicht ließ er überall Jalousien vor die Fenster sehen , damit er nicht gesehen würde , wenn die Fahne Mahomeds vorbey kåme. Der Zug ging bis auf die Mitte, da die Fahne vor dem Vezier hergetragen wurde, ruhig vorbey. Als die Fah ne kam, hörte man schon von weitem ein fürchter liches Geschrey, weil man alle diejenigen mißhandelte, welche man als Zuſchauer des Zuges ans traf. Als die Fahne nåher kam, wurde geschrien, daß sich alle Ungläubigen wegbegeben sollten, und daß jeder , • der einen irgendwo verborgen wüßte ihn angeben sollte , widrigenfalls würde er an Tage des Gerichts davon Rechenschaft geben müfsen. Alle Fremden, welche man antraf, wurden geprügelt, und einige sogar ermordet. Als die Emirs an den Kramladen kamen, in welchen sich die Frau von Brognard mit ihren Töchtern befand, schrien die Zuschauer , daß ſich daſelbſt Ungläubige befänden; so gleichbrach derHaufe daselbst ein, trieb sie mit Stöcken und Säbeln hins aus, fchleifte siebey denHaaren, undſlicß siemit den Fäusten und Füßen. Man trieb ſie auf die Gafse, und sie konnten kaum mit vielem Gelde, welchessie denen gaben, welche sie mißhandelten, erhalten, daß man sie in einem erbårntlichen Zustande in das Haus brachte, in welchem ſich der Internuntius befand. Zum Glück wurde niemand von seinem Gefolge getödtet ; einige sind leicht ver wundet , alle aber wacker zerschlagen worden. Das Geschren und die Ermordung vieler Frem
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Beylagen.
den gab diesem Vorgange mehr das Ansehen ei nes Aufruhres als einer gottesdienstlichen Feyerlichkeit. Man fürchtet sich vor einem Aufstande, und hat daher alle Nachtwachen auf den Gassen der Stadt, so wie in dem Hauſe des Miniſters, aufBefehl der Pforte verstärkt, welche über die fen Vorgang sehr aufgebracht ist, und den Minifter den folgenden Tag mit einer Bedeckung in fein Haus bringen ließ. Sie schickte auch den Dollmetscher der Pforte an ihn, ließt sich entschuldigenund ihm gehörige Genugthuung versprechen. Als der engländische Ambassadeur den 23ten
März den Auszug der Janitscharen mit ansehen und durch den Zug fahren wollte , um sich in ein von ihm gemiethetes Haus zu begeben , so wurde er gleichfalls gemißhandelt. Man zerriß ihm die Manschetten und gab ihm einige Stoße ; måre nicht noch ein Officier herben geeilet , so weiß ich nicht, was ihm würde wiederfahren seyn. Ehegestern Morgens begab sich der Großherr in feyerlicher Pracht in das Lager zu Davud-Bacha , und ließ , nachdem er gespeiset hatte, das Lager abbrechen, und befahl dem Groß - Vezier zu marschieren. Er begleitete die Fahne des Mahomed einige Schritte weit zu Pferde , und be gab sich hierauf wieder in den Pallast. i. Schreiben aus Constantinopel vom 1 4ten April N. St. 1769. Seit einigen Tagen ist alles was sich hier noch von Truppen,
welche zur Armee bestimmt
Beylagen. waren , befand, abgegangen.
139 Der Groß- Ve
zier ist mit dem Lager zu Davud - Bacha aufge brochen, und auf dem Wege nach Adrianopel. Die ganze türkische Artillerie befindet sich zu Satcha. Indessen gehet hier ein Gerücht, daß sich die Russen der Stadt Bender bemächtiget ha ben und in diesem Falle würde Satcha ihnen leicht vor der Ankunft des Groß- Veziers in die Hånde fallen können , wenn sie Pontons haben follten , um über die Donau zu gehen ; welches denn mehr werth seyn würde , als der Gewinn ei ner Schlacht. Man versichert , daß der Khan Der Tartarn gestorben ist *).
Der Auszug der
Truppen ist in guter Ordnung geschehen; desto unruhiger war dafür der Auszug des Groß - Ve ziers , und sehr traurig für die in dieser Gegend wohnenden Christen. Was dem Wienerischen Gesandten begegnet ist , kann ein Beweis von der Wuth des Volks seyn. ren die gesandtschaftlichen
Zum Glück erfuh Kanzelleybedienten
dieses Unglück bey Zeiten , daher sie ihr Vorha ben, sich nach Constantinopel zu begeben, und den Zug mit anzusehen, bey Zeiten ändern konn ten. Der Cordon, welchen der Wiener-Hof långs seiner Gränzen ziehen lassen , erweckt der Pforte Verdacht, welche daher unweit Verdin ein Obs ſervations - Corps von 40000 Mann zusammen. *) Von diesem Khan und ſeinem Tode, der allerdings verdächtig ist , kommen in Kleemanns schon angeführs ten Reifen gleichfalls gute Nachrichten vor. Der Ueberfeger.
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Beylagen.
ziehen wird. Uebrigens gibt sich Hr. de SaintPriest alle Mühe, den wieneriſchen Miniſter wegen des ihm widerfahrnen Unglückes zu besänftigen, und da dieses eine Beleidigung ist, welche bloß von dem wüthenden Pöbel herrühret , so wird die Pforte dem Hn. von Brognardgewiß alle nur mögliche Genugthuung geben.
Erweiß
indessen, daß man dabey behutsam verfähret, um das Volk nicht noch mehr zu erbittern und einen Aufruhr zu erregen.
Den Tag , als der Groß-
Bezier seinen Auszug aus der Stadt hielt , ließ er die Dollmetscher des preußischen und engländischen Ministers rufen, und sagte zu ihnen , daß er den Hrn. Obreskoff mit an die Gränzen nehmen, und ihn als seinen Gast halten würde. Indeffen hat man sich nicht erkläret , was man hernach mit ihm anfangen will. Ein Theil der Bedienten des Gefangenen sind in den sieben Thürmen geblieben ,
weil sie mit dessen Kindern zu
Waſſer nach Venedig gehen sollen. Der preußfische Minister, Hr. von Zegelin, hat der Gewohnheit zu Folge, den 30ten März einen öffentlichen Beuch bey dem Groß-Vezier im Lager zu Davud-Bascha abgestattet. Der Hr. von Obres Eoff war damahls neben dem Groß-Vezier gela• gert, und hatte ein Regiment Janitscharen zu seiner Wache. Der Groß-Vezier sollte anfäng lich zehen Tage in diesem Lager bleiben ; allein da er nur sechs daselbst verharret ist , so vermu thet man ,
daß die Neuigkeiten von der Gränze
eben nicht die besten ſind.
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26.
Plan des Feldzuges für die Armee des Fürften von Galligin.
Die Ursachen , warum die Pforte Rußland den Krieg ankündigte ,
ließen in Ansehung der vornehmsten Absicht des zu Constantinopel entwor fenen Operations - Planes keinen Zweifel übrig. Potocki und der Bischofvon Kaminiec Kras finsky, hatten die Leichtgläubigkeit der Musulmannen so sehr gemißbraucht , daß sie sich schon mit der Hoffnung schmeichelten , die Russen mit Hülfe der Conföderierten aus Pohlen vertreiben , fich Podolien und Dollhynien , welches dies se Schwärmer ihnen zur Belohnung versprochen hatten, unterwerfen , und überdieß noch einige Eroberungen jenseit des Dniepers machen zu Wenn die ottomannische Macht Poh können. len mit ihren unzähligen Truppen überschwemmet hätte, so hatte diefer Entwurf furchtbar werden fónnen , zumahl, da sich damahls alles zu vereis nigen schien , deſſen Ausführung zu erleichtern. Die Partheyen waren damahls in der größten Gährung; man hörte von nichts als von neuen Conföderationen, von zuſammen gezogenen Trupe pen , von ihren Thaten in den Provinzen , von gewaltsamen Werbungen , von Aufständen und Plünderungen. Indessen sollte sich die Russische Armee in diesem Lande behaupten , und zugleich die weitere Ausbreitung des Uebels hindern, und
3 142
Beylagen.
einen mächtigen Feind schlagen, dessen Unterneh mungen durch alle diese Bewegungen unterſtüßet Die verstellten friedfertigen Versichewurden. rungen , welche die Pforte bis auf den Augenblick des Bruches gegeben hatte , waren Ursache, daß die Armee des Fürsten Gallişin noch nicht beyfammen war , und nöthigten ihn , seine Unter nehmungen anzufangen , ehe ſie vollzählig war. Die Regimenter, aus welchen sie bestehen sollte, marschierten mitten imWinter, und einigé hatten 500 Meilen zu reisen. Die größte GeschwindigSelbst auf Feit konnte hier alles entscheiden. Es den Anfang des Feldzuges kam alles an. war augenscheinlich , daß derjenige , welcher ihn zuerst mit Nachdruck eröffnen , und die Unternehmungen des Feindes gewisser Maßen von den ſeinigen abhängig machen konnte , ſich die vortheilhaftesten Folgen von einem solchen Anfange zu versprechen hatte. Wenn die Türken diesenVortheil hatten,so war wahrscheinlich, daß der Aufſtand in Pohlen allgemein und vollständig seyn würde, und daß ſich tausend und aber tauſend Arme für sie bewaffnen würden , dagegen sich die russische Armee in den bedenklichsten Vertheidigungsstande befunden hätte.
Ihre Zufuhren wären höchst
unsicher gewesen , so wie ihre Magazine , Hoſpi Sie hätte tåler und Vorråthe von aller Art. keinen Mittelpunct in der gehörigen Entfernung gehabt, und die freye Gemeinschaft mit dem Dniefter würde überaus schwer zu erhalten gewesen seyn. Diese Umstände nebst andern sowohl militärischen
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Beylagen.
als politischen Ursachen machten einen ganz of fensiven Plan für Rußland unumgånglich nochwendig. Allem Ansehen nach hatte dasselbe auch kein anderes Mittel, den Türken das Eindringen in Pohlen zu verwehren. Ihnen nur den Ueber gang über den Dniester streitig zu machen , war ohne
Zweifel
ein allzuschwaches Hülfsmittel
Man ſtelle sich nur die große Weite vor, welche man håtte besehen müssen , und die Unmöglichkeit , eine Armee ven 200000 Mann jenseit eines Flusses zu halten , der an mehrern Orten sehr leicht passiret werden kann.
Dagegen war der
gemachte Entwurf unendlich weiſer , nåhmlich den Feind anzugreiffen, ehe diese unzählbare Menge beyſammen , und im Stande war , mit ganzer Macht über ihre Grånzen zu ströhmen.
Die
Russische Armee war brav und gut diſciplinieret ; allein sie war doch um zwey Drittheile schwächer. Sie mußte daher diesen Abgang durch, Thätigkeit und geschickte Bewegungen ersehen , und sich die entscheidensten Augenblicke und bequemsten Ge genden wählen , etwas mit Vortheil zu unterneh men. Wenn die Muthlosigkeit des Feindes der glücklichste Erfolg ist , welchen man von dessen Niederlage haben kann , so ist dieser Vortheil be sonders bey dem Anfange eines Feldzuges wich Man kann sich den besten Erfolg verspretig. chen, wenn man denselben mit einer kühnen und wichtigen Unternehmung eröffnen kann ,
welche
gleich von Anfange Furcht und Ehrerbietung ein
Beylagen.
144 flößt.
Diesen Eindruck hatten die Russischen
Waſſen ſeit den lezten Kriegen zurück gelaſſen. Bey Erneuerung der Feindseligkeiten durfteman es nur da wieder anfangen , wo man es gelaſſen hatte. Man hat es auch in den Kriegen anderer Nationen mehrmahls erlebt, daß eine von beyden Armeen mit dem Andenken der vorigen Siege, als dem Vorboten neuer Lorbern in das Feld ge n In den gegenwärtige Umſtånden gangen ist.
war es für die Ruſſen überaus vortheilhaft , daß die vornehmsie Absicht des Feindes ihnen zum voraus bekannt war , und daß die Mittel , dieselbe zu vereiteln , gerade eben dieselben waren, weluß aller übrigen Umſtånde che der Zusammenfi ig nd te we mach . noth Niemahls kann man den Unternehmungen eines Feindes mit mehrern Vortheile zuvor kom men, als wenn er sich nicht nur außerhalb der Sphäre seiner Entwürfe geworfen siehet , sondern auch einem Plane folgen muß, welcher dem seiWenn ihm nigen gerade entgegen gefeßet ist. nun noch dazu ein unvermutheter Schrecken Gese Be vorschreibt,
und ihn mit Ungestům zringet,
wider feinen Willen zu handeln , ſo ſind die Folgen noch vortheilhafter. Dieß waren die Gründe, nach welchen die Uns ternehmungen der Armee des Fürsten Gallişin beſtimmt wurden. Er entschloß sich , über den Dniester zu gehen , den Feldzug in des Feindes Land zu eröffnen , und demſelben trokig entgegen zu gehen, ehe er noch seine ganze Macht beyfam men
Beylagen.
145
men hatte. Ein Theil der türkischen Armee war bereits über die Donau gegangen , und rückte in verschiedenen Divisionen durch die Moldau nach Ein beträchtliches den pohlnischen Gränzen. und beseßte Kotchim bey Corps befand sich die Stadt, die Festung und die Verschanzungen, welche einander auf der Mittagsseite vertheidig. Es bot sich also von selbst die Gelegenheit ten. dar , die feindlichen Entwürfe durch einen unver mutheten Angriff zu vereiteln , und ihn zu nothiOhne gen bloß vertheidigungsweise zu gehen, Zweifel wäre es für die Ruſſiſche Armee sehr vortheilhaft gewesen, wenn sie sich zu eben derselben Zeit der Stadt Kotchim , welche der Schlüffel zur Moldau iſt, håtte bemächtigen können. Allein da ihre Unternehmung die größte Geschwin digkeit erforderte, so konnte sie sich nicht mit die fer Hoffnung schmeicheln , außer nur , wenn es ihr gelingen follte , mit den Türken, nachdemsie aus den Verschanzungen getrieben worden , zugleich in die Festung zu bringen ,
oder sie durch
ein heftiges Feuer daraus zu vertreiben , oder endlich auch den Ort durch ein anderes Mittel in die Hände zu bekommen ,
als durch eine förmli-
che Belagerung , zu welcher sie weder die nöthi ge Zeit noch auch das gehörige Geschüß und die nöthigen Kriegesbedürfnisse hatte , indem sie fei nen einigen Mörser, kein einiges Batterieſtück Bey der Unternehmung des bey sich führete. Fürsten Gallisin mußte seine Armee leicht und von allem entblößt seyn, was sie auf dem Marsche R
146
en .
Beylag
aufhalten konnte ; er wollte den Feind , nicht aber seine Festung überraschen , und ihm nicht sowohl Land, als vielmehr Zeit abgewinnen. EinVersuch auf! Kotchim war nur ein zufälliges Stück seiner Hauptabficht, welche darin bestand , sich der bey. den Ufer des Dniesters zu bemächtigen, die Türfen zu schlagen,
ehe sie über diesen Fluß gehen
könnten, und dadurch den von ihnen beſchloſſeren Einfall und ihre Vereinigung mit den Aufrührern dieses Königreichs zu hindern. Die übrigen Hindernisse, welche der Russische Feldherr zu überstei gen hatte, sind leicht von selbst zu errathen, wenn man auf die bedenkliche Lage acht hat , worin er fich zu Anfange dieses Krieges befand , und auf die große Uebermacht der Feinde , welche er zu schlagen hatte. Den Abgang an der Anzahl durch die vortheilhaftesten Stellungen ersehen, nichts wagen, die kleinen Scharmüßel vermeiden , welche nur Zeit und Menschen kosten ,
und nichts ent-
scheiden , sich desto häufiger in große Gefechte einlaffen , wo die Kriegskunst einem Haufen, der ohne Regel und Ordnung ficht, den Rang ablaufen kann, einen Feind in der Nähe beobachten der die Gränzen, die man ihm vorgeschrieben hat, überschreiten will ,
aber auch dabey nicht ver-
geffen daß man den Rücken nicht ganz frey hat, daß die Magazine und Zufuhren durch eine allzugroße Entfernung der Armee in Gefahr gerathen können , und daß es zwiſchen Kotchim und Kiow an einem guten Waffenplage fehlet ; alle dieſe Umstände verdienten die sorgfältigste Auf-
Beylagen.
merksamkeit
147
und wenn man sie in allen ihren
Verhältnissen erwäger , so wird man eingestehen müssen, daß sie mit einem jeden andern Operas . Es haben tions - Plane nicht bestehen konnten. die Russische Armee hätte lieber in die Moldau eindringen und diese Provinz einige behauptet ,
erobern sollen ; allein , alles was bisher gefaget Man sehe worden, beweiset das Gegentheil. noch hinzu, daß man nicht ſo in einem feindlichen Lande vorrücken kann , wenn man starke Plähe und zahlreiche Besagungen im Rücken hat, und daß man wenn man solche Pläße einnehmen will, keine Belagerungen unternimmt , wenn ei ne dreymahl stärkere Armee sie entseßen kann. Man erwåge endlich noch , daß die Türken und Tartarn alle Fütterung in der Moldau , so wie das Gras gefeimet war , aufgezehret hatten , da her die Russische Reiterey gar bald außer Stand zu dienen würde seyn gesetzet worden. Ueberdies beweiset das Unglück , welches Petern dem Großen 1711 widerfuhr , wie gefährlich es iſt, fich zu tief in ein feindliches Land zu wagen, wenn man von allen Nothwendigkeiten entblößt iſt. Es könnte scheinen , daß die Armee des Fürften Galligin wenigstens 60000 Mann betragen hatte, und das Verzeichniß der Regimenter beAllein es ist dessen ungeachtet stätiget solches. gewiß , und die preussischen Freywilligen, welche diesem Feldzuge beywohnten , haben es bekräfti® get , daß der Fürst niemahls mehr als 30000 Mann in Bewegung sehen können , und zwar
148
Beylagen,
aus folgenden Ursachen.
Die Bedeckung der
Magazine und Hospitåler und die Befahungen in einigen kleinen pohlnischen Städten nahmen der Armee viele Leute weg , so wie die Detaſchementer , welche wider die Conföderierten und die Haidamacken ausgeschickt würden; wider die erstern mußten oft ganze Regimenter gebraucht werden. Die Krankheiten schwächten die Zahl der Streitenden auch, obgleich eben nicht sehr. Bey andern Armeen gibt es allemahl Leute , welche allein dazu bestimmt sind , das Brot zu backen , das Geråth zu waschen und andere Sachen zu verrichten ; bey der Ruſſiſchen muß alles dieses der Soldat thun , daher immer einige Compagnien zu Fuß beschäftiget sind, das für die ganze Armee nöthige Brot zu backen. Man sehe noch hinzu , daß die schwer bes
waffnete Russische Reiteren gegen die Türken ganz unbrauchbar ist. Der Fürst Galligin hat sie daher auch nie zu seiner Schlachtordnung in einem Bierecke gebraucht. Indessen muß man ihre Anzahl nicht ganz von der Armee abziehen, ob sie gleich Da die dieselbe nicht beträchtlich vermehrete. Armee oft lange Zeit in einem und eben demsel ben Lager blieb, so daß die Fütterung oft auffünf Meilen in die Runde völlig aufgezehret war , so verlegte der Fürst einen großen Theil der schweren Reiteren in die benachbarten pohlnischen Provin zen, um sie desto leichter zu unterhalten. Nach diesen Erläuterungen wird die kleine Anzahl wirklich zum Gefecht tauglicher Soldaten,
149
Beylagen.
welche kaum die Hälfte dessen austrågt , auf der Liste der Armee stehet , fremdlich scheinen.
was
nicht mehr ber
27. Anmerkungen über die Beschaffenheit des Landes , in welchem die Armee des Fürsten Gallihin agiren follte. Wenn man die Unbequemlichkeiten
auss
nimmt , welche die innern Unruhen Pohlens der Russischen Armee verursachten , so konnte sie zu ihrem Unterhalte und zu Führung ihres Krieges kein besseres Land finden , als Volhynien und Podolien ist. Die Fruchtbarkeit dieser Provins zen an allen Arten von Getreide macht, daß die Lieferanten die Magazine sehr leicht anfüllen kön nen; die Menge Vieh , welches die Landleute unterhalten , erleichterte die Transporte, und der Ueberfluß an trockner und grüner Fütterung ist hinlänglich, eine zahlreiche Reiteren zu unterhalten. Es gibt daselbst viele Flecken und Dörfer, und man findet sie wenigstens nach einer jeden deutschen Meile.
Der dritte Theil der Einwoh
ner bestehet aus Juden , und ob ſie gleich die Blutigel der andernUnterthanen sind , so verschaf fen fie doch gegen einen mäßigen Gewinn alles , was der Officier und Soldat mir brauchen. Das Clima ist in diesen Gegenben nicht so gelinde, als mart aus der lage vermuthen sollte.
Die Luft
150
Beylagen.
ist daselbst sehr frisch ;
es frieret daselbst oft noch
zu Ende des Aprill , und es gibt sogar im Sommer noch kalte Nächte. Diese unangenehme Wit terung ist in der Moldau noch empfindlicher, und es scheinet , daß sie jenseit des Dniesters zunimmt. Ohne Zweifel trägt die große Kette von Bergen hinter dem Pruth das ihrige dazu bey . Man bemerket noch einen andern Unterschied unter die ſen Provinzen in Ansehung des Bodens,
In
Podolien und Vollhynien ist er ausserordentlich fett und schwarz ; ein Regen von zwey Stunden macht die Wege so schlüpfrig und kothig , daß auch der kürzeste Weg für Menschen und Pferde äusserst beschwerlich wird. In der Moldau hingegen ist das Erdreich mehr mit Sande vermischt und folglich fester , aber nicht so sehr angebauet. Was die Beschaffenheit der beyden pohlnischen Provinzen betrifft , so ist sie gar sehr verschieden , folglich zu Lågern für eine Armee überaus bequem. Die An Holz und Wasser fehlet es nirgends. Eich - Buch- und Birkenwälder , welche man das ſelbſt antrifft, und eine Menge kleiner Bäche sind zu diesen Bedürfnissen hinlänglich. Wenig Fluf fe find ſchiffbar , aber durch viele kann man im Sommer durchwaten. Die Flüsse , welche sich gegen das Ende Podoliens befinden , fließen nahe an einander fast inParallel - Linien in die Donau. Der Boden, Ihre Ufer sind steil und steinig. welcher in dieser Gegend sehr abwechselnd iſt, hat viele Hohlwege und Schluchten.
Aus einer sehr
ungeſchickten Haushaltigkeit pflegen die Pohlen
Beylagen.
151
zuweilen die kleinen Flüsse durch Dämme aus Erde Stroh und Reisbündeln abzudämmen , und mur in der Mitte einen kleinen Strohm zu lassen , welcher einige Mühlen in der Nähe treibt. Die ſe Damme dienen ihnen statt der Brücken ; allein Sie haben den Nachtheil , daß das Wasser auf der einen Seite einen Teich macht , welcher sich oft erglesset, und sie mit wegschwemmet , und auf der andern einen Morast, wo sich der Fluß un vermerkt in dem Rohre verliehret. Auch für den Marsch einer Armee sind sie sehr unbequem, besonders für Reiterey , Geschüß und Gepäck. Die Landstraßen find breit und erträglich. Man kommt auf denselben bequem fort , so lange es die Unternehmungen erlauben , sich derselben zu bes Allein , da das Land übrigens mehr. dienen. durchschnitten , als eben und offen ist, so siehet man daselbst wenige von den großen Ebenen , auf welchen sich eine Armee ausbreiten , und in mehrern parallelen Colonnen fortrücken könne. Außer den fumpfigen Stellen , welche von dem schon gedachten Gebrauche der Flüsse herrühren, findet man daselbst noch weit mehr Moräfte in den Schluchten und in den Vorhölzern der Wålder ; allein man kann fie leicht wegbar machen , weil überall Holz in der Nähe ist. Aus allen ers hellet, daß der Boden dieser Provinzen viele gu te Lagen zur Vertheidigung hat. Die Hügel, welche sich überall in den Flächen erheben , dienen gleichfalls dazu, und es gibt deren, von welchen
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Beylagen.
man die Gegenden rings herum bestreichen und beobachten kann. Obgleich die pohlnischen Herren selten aufihs ren von der Hauptstadt entfernten Gütern wohnen, ſo haben sie doch überall Schlöſſfer oder Herrenhäuser , welche ihre Verwalter oder Amtleute bewohnen, die den Nahmen der Gouverneurs führen. Diese Gebäude , welche größtentheils sehr schlecht sind, sind doch zuweilen einer VerSie liegen gemeiniglich auf theidigung fähig. Anhöhen und sind mit Pallisaden oder spanischen Reutern befestigt ; andere haben eine Mauer mit Zinnen , oder einen Graben mit Zugbrücken. Einige können mit leichter Mühe in den Stand daß man Vorråthe daselbst nieViele Klöster sind auf åhnliche Art gebauet und befestiget, werden aber in beffern Stande erhalten, als diese Residenzen.
gesezt werden , berlegen kann.
Da der vornehmste Schauplag des Krieges 1769 an den beyden Ufern des Dniesters war, so wird es nicht undienlich seyn ,
hier eine Be
schreibung von diesem Flusse zu geben ,
welcher
die Unternehmungen beyder Armeen bald begun. ftiget, bald aber auch gehindert hat. Der Dnies fter oder Tiras , welchen die Türfen Turla nennen ,
entspringt aus einem See in Pokutien
nicht weitvon Lemberg und demKarpathischen Gebirge, welches Ungarn von Pohlen scheidet. fließet von Nordwest nach Südost ,
Er
macht die
Gränze zwischen Pohlen und der Moldau, fließt
Beylagen.
153
hieraufdurch Bessarabien zwischen den oczakowschen und bielgorodsitzen Tartarn , und ergieffet fich über Bielgorod in das schwarze Meer. Er macht auf diesem Wege sehr wenig Inseln , weil er faſt überall von Bergen und Felſen eingeschränkt wird. Ecine steilen Ufer und fein ungleiches Bett machen seinen Lauf auſſerordentlich reissend. Eine Armee , welche mit allem ihren Gepäcke über dieſen Fluß gehen will, findet dazu wenig bequeme Stellen ; selbst diejenigen , welche die Ruffen dazu erwähleten , festen sie durch ihre Schluchten und Wasserriffe mehrmahls in Verlegenheit. Es gibt auch sehr gute Uebergänge zwischen Kominieck und Kalus , und noch weiter nach Mohilow Ungeachtet der vielen kleinen Flüsse, welche
zu.
sich in den Dniester ergießen , und deren man auf einer und eben derselben Seite an die dreyßig zåhlet , wird er doch oft ſo ſeicht , daß man hindurch reiten und an manchen Orten den Grund ſehen kann. Dieß geschiehet, wenn der Sommer nur ein wenig trocken ist. Hingegen darf es in den Gebirgen Pokutiens auch nur ein wenig stark regnen, so schwillet er aufferordentlich an, und wird alsdann sogar für die Brücken gefährlich. Ueberdieß ist es alsdann sehr schwer , die Pontons zu ankern , weil sein Bett mit Felsen und Steinen befået ist. Wenn das Waſſer plöglich wächset , so wer den die Pontons gehoben , und die Taue långer , da sie denn dem ungestümen Strohme ganz na-
Beylagen .
154
türlich nicht so gut widerstehen können,
und die
Anker Gefahr laufen , aus dem Grunde geriffen zu werden. Eben dieser steinige Boden ist auch zu hölzernen ſtehenden Brücken und zu einem Stacketenwerke , eine schwimmende Brůcke damit vor dem Feinde zu sichern , sehr unbe quem. Was die Schiffahrt auf dem Dniester betrifft, so macht dieNatur dieses Flusses solche sehr schwer, und zu sehr von der Jahreszeit abhangend, als daß man sich ihrer beständig und mit Sicherheit bes dienen könnte.
Es ist gewiß , daß sie in einem
Kriege in Podolien und der Moldau ſehr nüßlich feyn würde , die Lebensmittel aus einer Provinz in die andere zu schaffen ; allein da das Vieh und die Fütterung daselbst nicht selten sind , be ſonders in der ersten Provinz, fich eben so leicht der Wagen.
so bedienet man Das Land zwi
schen dem Dniester und dem Pruth ist auf der Nordseite größtentheils ungebauet , fo fruchtbar auch der Boden ist.
Wiesewachs gibt es daſelbſt
in großer Menge , allein übrigens wächſet daselbst auch nichts , als einiges Gemüse , und faſt gar kein Getreide. Die Einwohner , welche eine Vermischung von Wallachen sind ,
Pohlen ,
Moldauern und
bekommen es aus Podolien.
Sie wohnen in armseligen Dörfern , weil der Druck, worin fie unter den Türken leben , den Fleiß und die Liebe zur Arbeit in ihnen er sticket.
Beylagen.
155
Dieses Land ist zum Unterhalte der Besaßung in Kotchim bestimmt, und wird von dem Großherren oft an türkische oder tartarische Officiers verschenkt, welche sich im Kriege hervor gethan haben. Wenn man über den Dniester gehen will, um nach Pokutien zu rücken, so kommt man anfänglich durch einen schönen Buchenwald, wel cher Bukowina genannt wird, und der für Reisende so angenehm ist, als er für eine Armee gefährlich ist , weil er voller Hohlwege rad zu Wenn Hinterhalten bequemen Stellen ist.
man aus diesem Walde kommt, so wird man durch die Ungleichheit des Bodens von neuem auf seinem Wege aufgehalten ; man findet viele kleine mit Hügeln eingeschlossene Ebenen, wo die in den Pruth fließenden Bäche hier und da MoWeiter hin, wenn man sich rechman an diesen Fluß, und kommt hålt, Hand ter jenseit desselben entdeckt man schon die Kette von Bergen, welche sich in der Breite bis nach Sie råste machen.
benbürgen erstrecken und bis an die Donau fort gehen; zur linken hingegen wird der Boden im mer ebener, so wie man sich Kotchim nåhert. Der Boden zwischen dieser Stadt und Kalus hat auch nurWiesewachs und wenig Getreidebau. Ueberdieß sind die Wiesen hier nicht die besten, und nicht so fett, als weiter unten hin nach Jaffn zu. Das Ufer des Dniesters in der Moldau ist aufferordentlich hoch, so wie das entgegen gesehte. Um Kahus ist es, mit einem sehr lichten Gehölze bewachsen, weil das Holz hier ohne Schonung
156
Beylagen .
Gefället und nach Bender verkauft wird, wo es Die Wege durch das Holz sind enge
mangelt.
und krumm, und ob man gleich auf der andern Seite weder Anhöhen noch ein beträchtliches Ge-hölz antrifft, so kann doch der Boden zu allerley Verlegenheiten genußt werden. An vielen Orten betriegt er das Auge fo, daß man ihn für völlig eben ohne alle Unterbrechung hält, da er doch zur rechten und linken durch Schluchten und Thåler zerschnitten ist, welche man nicht che erblicket, als bis man daran kömmt. Leichten Truppen wird es in dieſen Gegenden sehr schwer, die feindlichen Partheyen auszufundschaften und den Zug der Armee zu sichern.
28. Vertheilung der Magazine und Hospitåler. Der Unterhalt einer Armee und die geschickte Vertheilung der Magazine und anderer nöthigen Vorråthe sind Gegenstände, welche an und für fich selbst so wichtig, als wegen der unendlich vielen damit verknüpften Umstände schwer find. Demjenigen, welcher den Krieg in ſeinem eigenen Lande führet, wird solches weit leichter, weil er deffen Producte, die Wege und Zugange kennet, des guten Willens feiner Unterthanen versichert ist, und überdieß das Recht hat, ihnen zu befeh len. Ein feindliches Land gibt einer Armee, welche den Krieg in dasselbe spielet, den Vorthell
Beylagen. der Kriegssteuern ,
157
und viele Bedürfnisse , ohne
Kosten zu erhalten. Allein ganz anders verhält es sich mit einem Lande, wie Pohlen zu Anfange dieses Krieges in Rücksicht auf die Russen war. Es versagte ihnen alle Bequemlichkeiten und ließ ſie alle nur mögliche Unbequemlichkeiten empfins den. Die Schwierigkeit beſtand nicht darin, die nöthigen Vorräthe an Lebensmitteln und Fütte* rung zusammen zu bringen, weil Pohlen daran einen Ueberfluß hat ; sondern vielmehr darin, die Magazine an Orten anzulegen, welche nicht nur sicher, sondern auch in der Nähe der Unterneh mungen waren, und die Zufuhren und Transporte. außer Gefahr zu sehen. Da der Krieg plöglich ausbrach, und die Pohlen den Russen immer abgeneigter wurden, so bestand das schleunigste und sichersteMittel zur Unterhaltung der Armee darin, Da die daß man sich an Lieferanten wandte. Kaiserin von Rußland in ihren Declarationen versprochen hatte, daß ihre Trupen das Land so ſehr als möglich schonen, und alles was zu ihrem Unterhalte würde geliefert werden, mit barem Gels de bezahlen sollten, so konnte man weder Kriegssteuern fordern, noch dem Abel und den Bauern Lieferungen anbefehlen.
Vielmehr wurde alles
von ihnen unmittelbar gelieferte Getreide entweder bar bezahlet, oder es wurden Scheine dafür gegeben, welche das Commissariat der Armee zu Polonne auslösete. Allein alles das war sehr unbeträchtlich, daher die Magazine durch die Lieferanten angefüllet werden mußten. Die
Beylagen .
158
Armee war noch nicht beysammen, als schon alle durch Contracte bebungene Lieferungen an Lebensmitteln und Fütterung, und zwar in weit größerer Menge, als zu dem ganzen Feldzuge nöthig war, an verschiedenen Orten Pohlens, als zu Alt- Constantinow , Lefowiß , Olik , Brodi , Kremenek, Belozerkiew , Stobodischtsche , Dubno , Ostro, Biechew ,
Fastow und an andern Orten bey-
fammen waren.
Diese zerstreueten und von dem
Schauplage des Krieges entfernten Orte foll ten nicht zu Magazinen dienen , sondern waren nur die ersten Niederlagen der erkauften Vorrathe, und erst kurz vor der Eröffnung des Feldzuges wurden sie in die großen Magazine zu Polonna , Mendzibos und Berditchev gebracht. Die Ruſſen hatten daselbst die alten Festungswerke ausgebeſſert, und sie mit neuen vermehret, besonders zu Polonna, welches vor einem Uebers falle hinlänglich gesichert war.
Berditchen ist
ein großes steinernes Kloster auf einer Anhöhe, welche die ganze umliegende Gegend bestreicht, und mit dem Geschüße befeßt war, welches die Russen den Conföderierten abgenommen hatten, und dessen sie sich nunmehr wider sie selbst bedien ten.
Mendzibos war zwar nicht so stark, als
die beyden übrigen Orte, allein es wurde durch eine nach Maßgebung des Bedürfnisses starke Befagung hinlänglich gedecket. Uebrigens war die Vorsicht, daß man die Klöster und Schlösser der vornehmen Pohlen befehte ,
gleichfalls ein
Hülfsmittel gegen die Verrätherey.
Diese in
Beylagen.
359
einer Linie hinter einander gelegene Magazine befanden sich zu desto bequemerer und sicherer Forts schaffung insgesammt an der Landstraße. Es war auf keine Art rathsam, sie eher, als bis der Feldzug eröffnet war, näher an den Dniester zu verlegen.
So lange die Flüſſe noch gefroren wa-
ren, mußte man sich vor den Streifereyen fürchten, welche die Tartarn im Winter zu thun pflegen, so wie man noch zu Anfange des Jahres 1769 auf der Seite von Savran und Uman davon ein Beyspiel hatte.
Allein sobald die Armee an dem
linken Ufer des Dniesters festen Fuß gefasset hatte, so hielt es der Fürst Gallizin für rathſam, kleinere Magazine zu Stanislavor und Jaslovih nahe an dem Fluffe und bey seinen Unterneh mungen anzulegen. Diese Magazine wurden aus den großen Niederlagen angefüllet, und zwar nach dem Maße, so wie die Armee selbige verbrauchte.
Inde en blieben sie beständig in ihrem
Rücken, und wenn es überhaupt ein Fehler iſt, die Magazine vor der Armee anzulegen, so ist folches ein noch größerer in einem Kriege mit den Türken, weil die große Menge und Flüchtigs keit ihrer Truppen solche Magazine alle Augenblicke in Gefahr sehen würde, wenn man sich nicht noch größern Bedenklichkeiten aussehen, und die Armee durch starke Detaschementer schwächen wollte.
Die bedenkliche Lage ,
worin sich die
Russen in Pohlen, mitten unter öffentlichen und geheimen Feinden befanden , war ein sehr drin. gender Bewegungsgrund für sie, ihre Vorräthe
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Beylagen.
糖 in mehrere Magazine zu vertheilen, damit ein Unglück, welches ihnen leicht begegnen konnte, ſie nicht in Gefahr sehte, allen ihren Unterhalt zu Es war nicht zu vermuthen, daß verliehren. ihren Magazinen und Zufuhren in dem ganzen Feldzuge gar kein widriger Zufall begegnen sollte. Sie mußten selbige sowohl wider offenbare Gewalt, als auch wider heimliche Verräthereyen in Einige Nachrichten , welche Sicherheit sehen. . man im Hauptquartiere erhielt , berichteten dem Feldherren, daß einige Einwohner zu Eense das Vorhaben geschmiedet hätten, eines feiner großfen Magazine in Brand zu stecken. Außer den beyden jezt gedachten Arten von Magazinen befand sich bey der Armee noch ein bewegliches Magazin , welches derselben folgte, besonders, wenn sie in des Feindes Land einrückte. Diese Vorräthe wurden aus den kleinen Magazinen zunächst bey der Armee genommen und blieben gemeiniglich bey dem schweren Gepäcke unter einer hinlänglichen Bedeckung, welche sich hinter einer Verschanzung von Wagen und Palliſaden befand, deren Zugänge mit Gråben und spanischen Reutern bedeckt waren. Wenn derFeind in großer Anzahl in der Nähe war, so brauchte der Fürst Galligin die Vorsicht, daß er alle Fuhr knechte, Officiers- Bedienten, Invaliden und andere bey dem schweren Gepäcke befindliche Leute bewaffnen ließ, damit 15000 Mann im Noth fall nicht ganz unnuß wären, Aus
Beylagen.
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Aus allem, was bisher gesagt worden, erhel let, daß die vornehinſte Beschwerde, welche die pohlnischen Provinzen von der Anwesenheit der Russen empfanden, in den Fuhren bestanden, welche sie sowohl zur Anlegung der Magazine, als auch zu Anfüllung der kleinen Vorräthe thun mußten. Allein obgleich nichts unentgeldlich von den Pohlen geliefert wurde, so war es doch unmöglich, fie von der Vorspann zu befreyen. In dessen suchte man sie dadurch schadlos zu halten, daß die Lieferanten sich in ihren Contracten an heischig machen mußten, ihnen die Fuhren bar zu bezahlen, und sich überhaupt aller Erpressung und Gewaltthätigkeiten zu enthalten. Die Ursachen, welche den Fürsten Galligin bewogen, die jest gedachten Orte zu Magazinen zu erwählen, nöthigten ihn auch, die Hospitåler der Armee eben daselbst oder doch in ihrer Nähe anzulegen. Das Haupt- Hospital war zu Salav, und ein anderes kleineres zu Mendzibos, wo auch die große Feld - Apotheke befindlich war. Die Kranken, welche einer langwierigen Cur bes durften , wurden nach Kiow geschafft , wo die Kaiserin große Häuser für sie hatte zubereiten laſ fen. Man hatte in dieser Stadt auch noch große Vorråthe von Lebensmitteln, Fütterung, und allen Arten von Kriegesbedürfnissen zusammen gebracht, damit die Armee auf allem Nothfall einen Rückenhalt hätte, wenn ihr derselbe in des Feindes Lande fehlen sollte.
1
"3
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Beylagen. Es ist bereits gesagt worden, daß es den Ruf-
fen an einem guten Waffenplaße in der gehörigen Entfernung von der Armee fehlte. Kiow würde sehr bequem dazu gewesen seyn, allein es war zu weit von dem Schauplage des Krieges entfernet. Sie hatten also kein anderes Mittel, als zu Pofonna, wo ihr großes Magazin war, einen Waf fenplag anzulegen, weil dieser an der Landstraße, und in der Nähe der Unternehmungen gelegene Ort, wider Ueberfälle und fliegende Unternehmun gen stark genug war.
29. Operations - Plan,
so wie solcher zwischen den Türken und Conföde rierten verabredet worden. Es ist bereits der Absichten der Türken und Conföderierten bey dem Anfange des Krieges Erwähnung geschehen.
Ihr vorgegebener Operations -Plan konnte um so viel weniger unbekannt bleiben, da sie die Anschläge, die ein ungebån digter Stolz ihnen eingeflößt hatte, selbst bekannt machten. Man findet ihn am umſtändlichſten in einem Schreiben des Seraskiers, welcher die turkische Armee in der Moldau commandierete, an einen der vornehmsten Conföderierten, von dem Unfange des Jahres 1769. Diese merkwürdige. Schrift, welche in schlechten Latein, und vermuthlich von einem Pohlen in dem Gefolge der turkischen Armee geschrieben ist, wurde in der Cha-
Beylagen.
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tulle des Pulawsky, als derselbe im September eben desselben Jahres von den Ruffen geschla gen wurde, nebst vielen andern Papieren, Planen und Briefen von Personen gefunden, welche größtentheils weder Pohlen noch Türken waren 2). Dieser Brief war folgendes Inhaltes. " Nach einem langen feyerlichen Geschwäge wider Rußland und dessen Unternehmungen in Pohlen folgt ein großes Wortgeprånge von der ottomannischen Macht, welche wider dasselbe auftreten sollte. Hierauf wird die Armee geschildert, welche den Conföderierten zu Hülfe eilen, und aus 150000 Mann bestehen sollte, welche insge fammt von erfahrnen Feldherren angeführet wür den, und mit einer zahlreichen Artillerie, mit vor treflichen Kanonierern , mit Pontons und allem versehen wären, was zur lebhaften Führung des Dagegen werden die Krieges nothwendig fen. Conföderierten aufgefordert, die Unternehmungen dieser Armee mit ihrer ganzen Macht zu unterſtüßen, der türkischen Armee den Uebergang über den Dniester zu erleichtern, daſelbſt hinlångliche Magazine in Bereitschaft zu halten , und eine Armee von 80000 Mann zu versammeln, welche bey Eröffnung des Feldzuges mit den Tür ken gemeinschaftlich agiren könnte, so wie man folches der Pforte versprochen habe. Der verglichene Plan bestand darin, daß sich die türkische
a) Also ohne Zweifel Franzosen, welche in großer Menge ben den Birken und Conföderierten Dienkte nahmen. Der Uebers.
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Beylagen.
Armee zu Kotchim verſammeln und zwiſchen dies fer Stadt und Kaminieck über den Dniester gehen sollte; indessen sollten sich die Conföderierten diesem Flusse gleichfalls nåhern, und bey Kaminieck zu den Türken stoßen, da sich denn diese Stadt nach allen davon erhaltenen Versicherungen unfehlbar sogleich ergeben würde.
Indessen sollten
die Pohlen nicht aufhören, die rußischen Truppen anzugreiffen, ihnen den Unterhalt in Pohlen un möglich zu machen, und sie, wenn es möglich wåre, zwischen zwey Feuer zu bringen. Nach der Einnahme von Kaminieck, welches die erste Unternehmung seyn sollte, wollte man die Russen aus Pohlen vertreiben, und in ihr eigenes Land einfallen, welches die türkischen Armeen an meh rern Orten zugleich thun sollten. Alle diese schö nen Sachen waren in dem Briefe mit so vieler Zuversicht und Gewißheit eines guten Erfolges erzählet, daß sich damahls weder die Türken noch die Conföderierten einbildeten, daß sie beyde von einander hintergangen wurden.
30.
1 Betrachtungen,
über das Kriegeswesen der Türken. Wenn die Türken in der Kriegeskunft eben so sehr erfahren wåren, als sie brav und unerschrocken sind : so wäre zu befürchten, daßsie ihre Eroberungen einmahl bis an das andere Ende von Europa ausbreiteten , von welchem sie sich
Beylagen,
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schon die besten Provinzen unterworfen haben. Dieß müßte man von einem Volke befürchten, A welches von Natur ſtolz, wild und kriegerisch, immer in Bereitschaft ist, die benachbarten Lân-. der mit ungeheuren Armeen zu überschwemmen, und seit Jahrhunderten gewöhnt ist, seine Macht auf Kosten der benachbarten Mächte zu vergröffern.
Nur allein die Kriegskunst kann dessen
Ueberströmungen båndigen und einſchrånken. Wenn man den türkischen Soldaten für sich und außer der Armee betrachtet, von welcher er ein Theil ist, so bekommt man einen bessern Begriff von ihm, als wenn man diese im Ganzen betrachtet. Die ihm natürliche kriegerische Hiße und Verachtung des Todes verschwinden, sobald die Armee ein ordentliches Treffen wider gut disciplinierte Truppen
liefern foll;
selbst die
Güte ihrer Gewehre und selbst ihre Geschicklichkeit im Gebrauche des Säbels helfen ihnen wenig mehr.
Man weiß, daß die Türken, so
wie alle morgenländische Völker sich weit weniger des Feuergewehres bedienen, obgleich das ihrige von der besten Art ist, und viel weiter trägt, als das unfrige, weil es gemeiniglich gezogen, långer, ſtårker und von besserm Eisen ist. Aber sie gehen ſehr langsam damit um, besonders im Laden. Sie ſind zu ungeduldig, sich dessen zu bedienen, denn fo bald sie einige Schüſſe gethan haben, greiffen fie zu dem Såbel, in welchem sie besser geübt sind, und daher auch nicht gerne zu Fuße dienen. 素
1
166
Beylagen.
Hieraus erhellet zugleich, warum die angreifende Art zu Kriegen für sie die liebste und ſicherste ist.
Allein ihre Angriffe, so higlg und brau-
send sie auch sind, haben zu wenig Ordnung und Uebereinstimmung, als daß die ungestümen Bewegungen so vieler Kräfte, alle ihre Wirkung thun könnten. Man kann dasjenige auf die Türken anwenden, was Florus ehedem von den Galliern sagte: Gallis primus impetus maior eft quam virorum, fed fequens minor quam feminarum. Der erste Angriff der Gallier war wüthend und entschied gemeiniglich das Schicksal der ganzen Schlacht. Sie gewannen durch die- ´ ſen Ungestům, dem nichts widerstehen zu können schien, viele Schlachten wider die Römer, bis endlich diese aus Erfahrung lerneten, daß man sich vornehmlich vor ihrem ersten Angriffe sichern mußte.
S. des Hrn. Guischard Mémoires
militaires, Th. 1. Kap. 4.
Da die Gallier ge-
wohnt waren, herzhaft durch einen Regen von Wurfpfeilen durchzugehen, und ihren Feind mit. dem Sabel in der Fauft anzugreiffen, so bedien ten sich die Römer mit Nußen ihrer kurzen Degen, welche nur stachen. Man kann unserFeuer mit den Wurfpfeilen der Römer
vergleichen;
doch muß man unser schweres Geschütz ausneh, men, dessen Wirkung unter eine Menge Angrei fender, welche von allen Seiten, wie ein Bienenschwarm anrücken, erstaunend ist.
Uebrigens
muß man gestehen, daß sich die Türken aus un- s ferm Musketen-Feuer eben so wenig machen, als
Beylagen. die Gallier aus den römischen Pfeilen.
167 Dage
gen ist nichts geschickter, ihre Wuth aufzuhalten, und ihnen Ehrfurcht einzuflößen, als das Bajo Man hat Beyspiele, daß ein kleiner Haufe net. von ungefähr 200 Grenadierern auf diese Art 2000 türkische Reiter, welche dieselben umrin gen wollten, über den Haufen geworfen hat. Der Gebrauch der spanischen Reuter ist gleichfalls zu empfehlen, um die Schnelligkeit ihres Angriffes aufzuhalten und die Truppen vor nåcht. lichen Ueberfällen zu sichern. Es ist zuweilen rachsam, sich ihrer so gar auf dem Marsche zu bedienen. Wenn die Türken entschlossen sind, zu schlagen, so muß man von ihnen keinen nach den Regeln der Kunst verbundenen Plan erwar ten, welcher die Mittel so wohl zum Siege, als auch zum sichern Rückzuge in sich faffet ; ihre ganze Geschicklichkeit bestehet darin, daß sie sich den Boden zu Nuße zu machen wissen, eine unzähliche Reiteren zu entwickeln. Anstatt alle Triebfedern , welche zugleich wirken follen , auf eine übereinstimmige Art mit einander zu verbin den, an statt sie so zu vertheilen, daß keine un brauchbar bleibe, und sie nach dem Verhältnisse der vortheilhaften oder nachtheiligen Stellung des Feindes zu bestimmen, ist ihr erster Grundsaß, mit so viel Truppen, als der Boden fassen kann, schnell über denselben herzufallen ; gemeiniglich umringen fie nach und nach seine ganze Armee. Dieser Bacha hålt es, z. E. für rathſam, den linken Flügel mit seinen Truppen anzugreiffen;
, 168
gen
Beyla
.
er greifft an und wird zurück geschlagen ; frische Truppen unterſtüßen ihn, oder låsen ihn ab, und haben eben dasselbe Schicksal. Wenn die Ueberbleibsel beyder Corps nicht auch andere auf ihrer Flucht mit sich fortreiffen, so hindern sie selbige wenigstens zu agiren, und werfen fie sogar oft über den Haufen, wenn sich von ungefähr die Reiterey mit dem Fußvolke durchkreußet. Indem nun dieses bey dem linken Flügel vorgehet, wird die ganze übrige Armee auf gleiche Urt mit einer Wuch angegriffen, welche im Stande ist, alle Standhaftigkeit zu überwinden. Die Angriffe werden wechselsweise an verschiedenen Orten wiederhohlet, aber je öfter folches geschiehet, desto mehr verliehren sie von ihrer Heftigkeit , und desto allgemeiner wird endlich die Verwirrung bey der Armee, von welcher sie herkommen. Wir müssen hier bemerken, daß es unter den Türken eine Art von Freywilligen gibt, welche in dem Augenblicke der Schlacht ganz allein der ganzen feindlichen Armce Troß bieten wollen, immer in einiger Entfernung auf dieselbe feuern, und zuweilen beschwerlich werden.
Sie nähern
fich vielleicht nur in der Hoffnung, daß man nicht Es mit Kanonen nach ihnen schießen werde. würde unnüß seyn, wenn man auch das ganze
erste Glied aufsie wollte feuern lassen, weil unser Kleines Gewehr nicht so weit trågt, als das türfische; rathsamer aber ist es, daß man von einer Entfernung zur andern Jäger mit gezogenen
Beylagen.
169
Röhren stellet, um dieser Wagehålſe los zu wer den. Man muß den türkischen Officiers auch dieſes zum Ruhme nachsagen, daß sie ihre Truppen mit vieler Herzhaftigkeit auf den Feind anführen, und selbst an ihrer Spike fechten. Da sie bey ihrer Armee eine Menge Fahnen haben, so siehet man deren sehr viele in den ersten Gliedern und vor den Colonnen, um den Soldaten Muth zu machen, ihnen zu folgen. Eelten entscheiden dergleichen Schlachten das Schicksal eines Landes oder auch nur eines Krieges. Indeffen würde nichts entscheidender seyn, als eine solche Schlacht auf ebenen Felde wider die Türken zu verliehren. Es würde den völligen Untergang der ganzen Armee nach sich ziehen, wenn sie einmahl in dieselbe eindringen und sie über den Haufen werfen sollten ; denn es ist unbe greiflich, wie man auch nur einen Theil vor ihnen würde retten können. Da ihre Pferde weit flüch tiger als die unfrigen ſind, so würde die Flucht vergebens seyn , und niemand würde dem Tode oder der Eclaverey entgehen können. Wenn diese Vorstellungen tief in das Gemüth des Soldaten eingepråget roerden, so tragen ſie viel dazu bey, dessen Much zu stärken und zu unterhalten. Indeffen wird eine kriegerische und gut discipli nierte Armee den Türken in einem ordentlichen Treffen allemahl weit leichter Widerstand leisten können, als in kleinern Gefechten, und noch leich ter als in Scharmügeln.
Diese Arten von Ges
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Beylagen.
fechten geben ihnen Gelegenheit , wiederhohlte Angriffe zu thun, und immer frische Truppen anrücken zu laſſen, ohne zu befürchten, daß Bewe gungen, welche nach verschiedenen Richtungen und Abfichten gehen, sich durchkreuzen, und einander schwächen. Was die Gefechte zwischen Detaſchementer betrifft, so ist es der Klugheit gemåß, ſie ſo ſehr als möglich ist, zu vermeiden, weil die türkische Armee dreymahl so viel Truppen, als die feindliche abschicken und dadurch die Ueberlegenheit behaupten kann. Noch mehr muß man die Scharmüßel vermeiden, indem die ganze türkische Armee gewiffer Maßen nicht anders als ein zahlloser Haufe leichter Truppen zu Pferdé von der besten Art betrachtet werden kann, deren vornehmste Geschicklichkeit in der Führung des Sabels, und in der Fertigkeit, den Feind von allen Seiten zu umringen, bestehet. Man wůr. de feine Truppen vergeblich aufopfern, und allemahl dabey verliehren, wenn man auch als Sieger den Plak behaupten sollte.. Die Türken wif fen es auch sehr wohl, daß sie in diesem Stücke das Uebergewicht haben. Sie streifen unaufhörlich auf dem Felde herum, um Gelegenheit zu fcharmußieren zu bekommen. Oft wird ein . Haufe von 30 Reutern , fångt ,
der das Gefecht an-
nach und nach bis zu etlichen tausen-
den verstärkt , so daß man endlich die Infan terie mit schwerem Geschüße abschicken muß, um sie zu vertreiben.
&
Beylagen,
171
Wir haben bisher von den 1 Angriffen der Türken geredet ; wir müſſen nunmehr auch et In festen was von ihrer Vertheidigung sagen. Pläßen ist sie vortrefflich , und es ist erstaunend, daß ein Volk, welches mehr als ein anderes an `ein weichliches und bequemes Leben gewöhnet ist, die größten Beschwerden mit so vieler Geduld ertragen kann , und es ehe auf das alleräußerste an kommen låsset, ehe es capitulieret. Auf demfreyen Felde ist ihr Widerstand unendlich schwächer. besonders in großen Treffen , und der Angriff gibt um so viel mehr das Uebergewicht über sie, da es sehr leicht ist, ihnen die Anstalten zu dem Treffen zu verbergen , sie durch verstellte Mårſche zu hintergehen , und den wahren Ort des Angriffes zu verstecken.
Sie studieren und ver
gleichen die Bewegungen des Feindes mit allzu weniger Sorgfalt , und glauben vielleicht , daß er eben den Grundsaß habe, welchen sie als einen Glaubens -Artikel beobachten , daß man nåmlich auf dem kürzesten Wege gerade auf den Feind Bey dem losgehen und ihn schlagen müsse. allen bedienen sie sich doch der Wachen, der Pas trouillen und der Spione, und bedienen sich zu den leztern gemeiniglich der Juden , der Ar menier oder der Griechen , welche sich als Marfetender oder Ueberläufer in das Lager zu schlei chen suchen. Wir haben an einem andern Orte schon der Magazine für die türkische Armee gedacht. Wir könnten noch verschiedener andern Umstände er
172
Beylagen.
wähnen , als ihrer Art sich zu lagern , zu fouragieren , zu marschieren , über die Flüsse zu gehen Allein da alle diese Gegenstände schon u. j. f. von andern Schriftstellern hinlänglich beschrieben find , so wollen wir mit einigen Anmerkungen Es ist über das türkische Geschüß beſchließen. gut und zahlreich, fast insgesammt von Metall und von verschiedenen Kalibern , von zwey bis zu Das Metall da= hundert Pfund und darüber. ran ist aufferordentlich dick , und das Rohr långer als gewöhnlich ; es trägt daher auch weiter, als ein anderes von eben dem Kaliber , und überdies haben die Türken die Gewohnheit , oft in Bogen zu schießen, und die Ladung zu verdoppeln.
Oft
Find ihre Kugeln von 18 Pfund drey Viertelstun den weit geflogen , und daher ist es auchsehr gewöhnlich , daß man bey ihnen gesprungene Kanonen findet , ihrer ungeheuern Dicke ungeachtet. Die Caffetten sind sehr grob gearbeitet ; die Råder find insgesammt aus einem Stücke , und es gibt ihrer mit Gabeln, um die Richtung der KanoUeberdieß wird es sehr lang= ne zu verändern. fam bedient, und hat seiner Gabeln ungeachtet, Die Kunst das fast unmer einerley Richtung. Feuer des groben Geſchüßes ſo zu verbinden , daß dessen Wirkung vervielfältiget werde , ist ihnen völlig unbekannt. Eben so wenig bedienen ſie fich des Geschüßes , ihren Rückzug zu decken, das her es gemeiniglich dem Sieger zu Theile wird.
Beylagen,
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3 . Nachrichten von dem Russischen Feldherren, dem Fürsten von Galligin.
Der Fürst Alexander von Galligin, welchem die Kaiserin die Anführung der Armee anvertrauete, ſtammet von einer berühmten Fa milie dieses Nahmens her , welche zu allen Zeiten vornehme Würten in Rußland bekleidet hat, Sein Vater war der Feldmarschall, Fürſt Mis chael, welcher unter Peter I. wider die Türken, und in ſeinem ganzen großen Kriege wider die Schweden dienete , wo er sich vielen Ruhm erDer Fürst Alexander , sein Sohn , warb. machte seine ersten Feldzuge am Rheine , Freywilliger bey der Armee ,
als
welche der Prinz
Lugen von Savoyen commandierete. Er be gleitete hierauf den Grafen von Romanzov , Russischen Ambassadeur nach Constantinopel, und blieb nach seiner Rückkunft immer in Krieges diensten. Der lehte Krieg mit dem Könige von
1
Preussen gab ihm neue Gelegenheit , wichtige kriegerische Unternehmungen zu sehen. Erwoh nete allen Feldzügen mit Ruhme bey, und bekam in der Schlacht bey Frankfurt eine Schußwunde. Nach dem Frieden erhielt er das Commando über die Truppen in Liefland , und die Wahl , welche die Kaiſerin in seiner Person traf, da sie ihm in fo bedenklichen Umständen ihre vornehmste Armce
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Beylagen.
anvertrauete , beweiset das besondere Vertrauen , womit dieselbe ihn beehrete.
Wenn man diesen würdigen Feldherrn schilbern will , so hat man nicht nöthig , seine Zu= flucht zu den Farben der Schmeicheley zu nehmen. Die Rechtschaffenheit seiner Gemüthsart macht ihn desto ehrwürdiger, da diese Eigenſchaft in ihm durch Sanftmuth und Bescheidenheit , den gewöhnlichen Gefährten des wahren Verdienstes , erhöhet wird. Diese Denkungsart und seine Liebe zu den Soldaten macht ihn unaufhörlich aufmerksam, sowohl für alle ihre Bedürfnisse zusor Wenn er gen, als auch ihr Blut zu schonen. in Bestrafung der Ausschweifungen ſtrenge ist, so ist er dazu um so viel mehr berechtiget , je mehr er ihnen in seiner Person das beste Beyspiel der Enthaltsamkeit und der Ausharrung in Beschwerden gibt. Ueberdieß haben seine scharfsichtige Behutsamkeit und sein kaltes Blut , welches sich in den größten Gefahren eben so gleich bleibt, als in den gewöhnlichsten Vorfällen , die Armee oft für verdriesliche Zufälle bewahret , welchen sie unter der Anführung eines voreiligen und hißigen Geistes ausgefeßet gewesen seyn würde. Die Geschichte dieses Krieges , und die Betrachtungen , welche Kenner der Kriegskunst dabey anstellen werden , überheben uns der Mühe , hier noch et was von den kriegerischen Verdiensten eines Feldherren hinzu zu sehen, dessen Dienste, Fähigkei ten und Vorzüge ihm die gerechtesten Lobsprüche erworben haben.
175
Beylagen. 32. Genealogie. der Fürsten von Galligin *).
Dieses Haus stammet von den alten Herzogen von Litthauen her ,
und zwar von Nari-
mond , dem Sohne des Großherzogs Ghe. dimin , welcher 1341 ſtarb, nicht aber von Co. ribut , wie man gemeiniglich glaubt. Im Jahre 1331 trat die Republik Novogrod , deren Erzbischofsich in Litthauen im Verhafte befand, dem Narimond beträchtliche Güter ab , um dadurch ihren Erzbischof loszukaufen.
Die Städe
te Orekov und Ladoga , ganz Carelien und halb Ingermannland machten dieſes anſehnClarimond besaß dasselbe liche Gebiet aus. als ein Lehen , mit der Bedingung , daß er die Gränzen wider die Schweden und deutschen Herren vertheidigen sollte. Um die verschiedenen Jahrbücher mit einander zu vereinigen , muß man annehmen ,
daß
Alerander Narimonds Sohn gewesen , und Er resis 1333 zu Novogrod belehnet worden. dierte fünf Jahre zu Orekov , weil er aber der Unruhen überdrüssig war, von welchen die Re publik unaufhörlich zerrüttet wurde , ſo ging er wieder zu seinem Vater zurück, nach dessen Tode *) Diefer Nahme wird im Ruſſiſchen eigentlich Gol ligin geschrieben. Weil aber das Russische o faft wie a Elinget , so schreibt man ihn in andern Sprachen gemeis niglich Galligin .
176
Beylagen,
1336 er die Regierung Podoliens bekam. fimir der Große König von Pohlen ,
Ca
vertrauete
ihm auch Volhynien an. Sein Sohn Patricius , Fürst von Svez nigorod (einer Stadt in Volhynien , welche seine Apanage war, und jeßt nicht mehr vorhanden ist ,) wurde mit den seiner Würde gebührenden Ehrenbezeugungen zu Novogrod empfangen. Er trat 1408 in den Dienst des Großfürsten Basis Patricius hatte drey lius Demetrievitsch . Söhne, Theodor, Georg, und Alexander. Von dem ersten stammen dieFürsten RhovansEi , von dem zweyten die Raligin und Rurakin, und von dem dritten, welche leßtern sich
die Roretski her,
in Pohlen niedergelassen
haben. Der Fürst George heurathete Annant, die Schwester des Großfürsten Baſilius Baſis levitsch des Blinden. Sein Sohn Bafilius war Bojarin bey dem Großfürsten Johann Ba filevitsch. Diese Würde war die erste im Reis che ; zweyte.
die Würde eines Ocolnitchei war die Dieser hatte zwey Söhne, Johann
Bulgack und Daniel mit dem Zunahmen Scherchena. Von dem leßtern ſkammeten die nunmehr ausgestorbenen Fürsten Schetches niatew her. Hier haben wir zugleich die erste Spur von den in den Geschlechtern eingeführten Zunahmen. Johann hinterließ zwey Söhne, Michael mit dem Zunahmen Boritsa (welches eine Art lederner Handschuhe bezeichnet, die man über
Beylagen.
177
über die wollenen ziehet ;) und Andreas zugenannt Ruraka , welche die beyden Stammvåter der Häuser Galligin und Rurakin ſind. Michael Golitsa hatte nur einen Sohn Georg Mikaelovitsch Galligin , welcher Okalnitchei und hernach Bojarin unter Basilius Ivanowitsch war.
Dieser hinterließ zwey Söh-
ne, Johann und Bafilius , welche Feldherren der Truppen des Johann Baſilevitſch waren, und wovon der erste gleichfalls die Würde eines Bojarin bekleidete. Der zweyte hatte einen Sohn Bafilius Basilevitsch Galligin , welchem die Krone bestimmt wurde, als der falsche Demetrius ſelbige verlohr , und welcher in Pohlen zurück behalten wurde , als er als Gesandter zu Sigismundo ging, die Bedingungen in Richtigkeit zu bringen, unter welchen Uladislaus auf dem Russischen Throne folgen sollte *).
Der Fürst Johann Georgevitsch hatte zwey Söhne, Johann und Andreas, und eine Toch ter Nahmens Eudoria, welche mit Alexander Llikitich Romanow , dem Bruder des großsen Mannes , der den Tschar (ſo wird das Work Czar ausgesprochen) Michael Federovitſch, zum Sohne hatte. Sie starb 1597. Johann und Andreas waren Bojarins Der erste starb ohne unter Boris Godunov. Kinder. Der zweyte hattezwey Söhne Johann *) S. Vlotaire und Strahlenberg. M
178
Beylagen .
und Andreas , beyde Bojarins unter Michael Federovitsch. Der Fürst Andreas Andrevitsch hatte
vier Söhne, Bafilius , Johann , Alexis und Michael , welche insgesammt Bojarins Da jeder unter Aleris Mikaelovitsch waren. von ihnen Kinder hinterließ , so theilete sich das Haus Galligin in vier Linien.
Erste
Linie.
Bafilius hatte eine Tochter und zwey Sóh ne, wovon der jüngste Bafilius Bafilevirsch nur der große Galligin genannt wurde. Er war Bojarin unter Theodor Alexievitsch im Jahre 1676 und commandierete die Truppen in der Ukråne. Er war es , der dem Tschar den Rath gab , die auf die Würde der adelichen Geschlechter haftenden Vorrechte aufzuheben. Er führete dieses Vorhaben 1682 in einer großen Versamm lung der Stände aus , welche den Ausspruch that, daß alle Geschlechter einander gleich seyn sollten, damit die Subordination zu Kriegeszeiten de sto besser beobachtet werden könnte.
Alls in eben
diesem Jahre die Tsharen Johann und Peter nebst der Sophia zur Regierung kamen , so hat te der große Galligin die Verwaltung der auslän= dischen Angelegenheiten.
Hierauf bekam er das
Reichssiegel und ward Großkanzler , ohne den Nahmen zu führen. Er errichtete einen ordent lichen Briefwechsel mitfast allen europäischen HöSein Meisterstück war der ewige Friede , fen.
Beylagen.
179
welcher 1686 mit Pohlen geschlossen wurde, und worauf das Bündniß zwischen Oesterreich, Poh len , Rußland und Venedig wider die Türken folgte. Seine beyden fruchtlosen Unternehmungen wider die Krimm und seine Ergebenheit ge gen den Tshar Johann und die Prinzeßin Sophia , brachten ihn bey Petern in Ungnade. Er wurde 1689 in das Elend geschickt , und seine Güter eingezogen. Er starb 1713.zu Pinech. foivolok in dem Gouvernement Archangel, in einem Alter von fast achtzig Jahren. Seine Ge mahlin war eine Dolgorucki, von welcher er zwey Söhne hatte , Aleris und Michael , welche nach dem Tode ihres Vaters Erlaubniß erhielten, wieder nach Moskau zu kommen,
Zweyte Linie. Die drey Söhne des Johann und Johann der jüngere, waren Bojarins unter den Tsha Diese Linie erlosch ren Johann und Peter. mit Johann Andrevitsch und Nicolaus , feinem Sohn,
Dritte Linie. Boris Alerievitsch Galligin , einer der Söhne des Alexis , war Großschenk , hernach Bojarin unter der Regierung der beyden Tsharen , und endlich Gouverneur von Cafan und Astrakan. Er war auch Hofmeister Peters des Ersten , welchem er ganz besonders ergeben war, ungeachtet er sich in den ersten Unruhen einer
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Beylagen .
großen Gefahr aussette.
Er errettete ihn aus
vielen Gefahren, und benahm ihm auch die aufferordentliche Furcht, welche er vor dem Waſſer hatte, wenn man dem Strahlenberg glauben kann , welcher der einige ist , der diese Anekdote erzählet. Er schäßte die Gelehrten sehr hoch, und war ſelbſt ein Gelehrter. Er sprach das Griechische und Lateinische sehr gut.
Der Schuß, welchen er
den Wissenschaften angedeihen ließ , jog viele Fremde nach Rußland. Er starb 1713 imKlofter Frolichscheva , wo er einige Monathe vorher ein Religiofe geworden war. Seine Familie hat fich sehr ausgebreitet , so wie die Familie feines Bruders Johann , von welcher der Fürst Des metri Galligin herſtanımet , welcher Minister in Frankreich war , und jezt diese Würde in den vereinigten Niederlanden bekleidet. Dieser hat von Boris Alerievitsch den Geschmack an den Künſten und Wissenschaften geerbt; er ist einsehr gründlicher und aufgeklärter Liebhaber derselben, und beſißet ben sehr ausgebreiteten Kenntniſſen die einfachsten Sitten, das verbindlichste Betragen und die rechtschaffenften und menschlichsten Gefinnungen. Die Familie des dritten Bruders Peter Alexievitsch , welcher 1660 gebohren war, hat sich gleichfalls sehr ausgebreitet. Er ist aus seiner Gesandtschaft an den Wiener Hof bekannt, und aus den verschiedenen Gouvernements , welche ihm nach seiner Rückkunft nach Rußland anvertrauet wurden.
Beylagen.
18!
Vierte Linie. Michael hatte vier Söhne Demetrius, Michael ,
Peter und Michael den jún-
Demetrius ein Herr von vielemMugern. the und Geiste, bekleidete unter Peter 1. verschie dene wichtige Aemter , und hatte einen großen Nach Einfluß in den geheimen Staatsrath. dem Tode Peters 2. war er einer der vornehmsten Urheber von der Erhebung der Herzogin Anna. unter gewiſſen Bedingungen, welche die Vorrech te des Adels vermehreten , und die höchste Ges walt einschränkten. Diese zu Mietau angenommenen , zu Moskau wieder aufgehobenen Bedin gungen waren die einige Ursache seiner Ungnade. Er starb im Erilio zu Schlüsselburg 1738 und hinterließ eine Tochter und zwey Söhne, von welchen der eine , Nahmens Sergius, Gefandter zu Berlin und Madrit , nachmahls Am bassadeur in Persien und endlich Gouverneur von Caſan war ,
wo er 1738 von dem Donner er,
Der andere, Nahmens Aleris , war Senator , geheimer Rath, und Ritter der Russischen Orden. Seine Tochter Anastas schlagen wurde.
fia, welche an den Fürsten Cantemir , Hospo bar der Wallachey vermählt wurde , starb 1742. Michael Mikalovitsch , welcher 1674 gebohren war, war Kammerherr und diente 1687 als gemeiner Soldat unter den Garden , nach dem Beyspiele seines Monarchen ,
deffen
Gesellschafter er war , und daher Gelegenheit hatte,
ihm seine Fähigkeiten und seinen Eifer vor
182
Beylagen.
züglich bekannt zu machen.
Sechs Jahre dar aufbefand er sich als Fähndrich bey der ersten Bes lagerung von Aſow, und die Tapferkeit , welche er in einem Sturme blicken ließ , machte, daß er Lieutenant wurde. Er wohnte auch der Belas gerung und Einnahme dieser Stadt im folgenden Jahre bey.
1698 hatte er Theil an dem Siege ,
über die Strelißen bey dem Kloster Voskreffenskoi. Als der Tshar im folgenden Jahre einen Feldzug nach dem schwarzen Meere unternahm , fo begleitete er denselben. 1700 erhielt er eine Compagnie bey dem Regiment der Garde , und that sich , so wie sein Regiment , dem er einen vorzüglichen Muth einflößte , bey der ersten Belagerung von Narva durch seine Tapferkeit hervor. 1701 wurde er Majer und Oberst - Lieutenant und zeigte sich 1702 auf eine eben ſo vorzügliche Art in dem Sturme auf Schlüffelburg, worauf der Kaiser ihm den Titel eines Oberſten der Semenovskischen Garde gab ; eine Ehre , welche er nur allein genossen hat , indem diese Wür Er de dem Monarchen selbst vorbehalten war. bat zwar nachmahls den Kaiser sie wieder zurück zu nehmen ;
allein 1725 bestätigte ihm die Kaiferin Katharina dieselbe in einem eigenen Diplom von neuem. Er befand sich 1703 dey derEroberung von Nienschans und bey der Gründung von Sanct Petersburg, 1704. bey der Eroberung von Narva, 1705 bey der Einnahme von Mietau , wo er eine Brigade commandierte, und in Grodno, als
1 selbiges von den Schweden belagert wurde.
Beylagen.
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1706 führete er als General Major die Russischen Truppen von Grodno in die Ukråne, hielt sich eine Zeitlang zu Kiow auf, und ging mit einem starken Corps nach Pohlen. Er schlug i den 19ten August 1708 ein schwedisches Detaſchement bey Dobren , einem Dorfe an dem klei nen Flusse Tschernaja - Nay. Dieser vieler Umstånde wegen wichtige Vorfall wurde mit dem Andreas - Orden belohnet ; und dieß ist das einige Beyspiel , daß derselbe einem General - Major gegeben worden. Einen Monath daraufgewann er die Schlacht bey Lesno wider den Genes ral Löwenhaupt , und wurde darauf General-Lieutenant. Damahls war es , daß der Tshar ihm befahl, sich eine Gnade auszubitten, da er denn den Kaifer bat , den General *** wieder zu Gnaden anzunehmen. Dieser Officier war we gen des Vroloursinschen Vorganges feiner Würde entfekt worden, und war kein Freund von dem Der Tshar Peter bewunderte diesen
Gallihin.
Edelmuth, gewährete ihm seine Bitte und schenk te ihm viele Güter. Er ging in dem folgenden Frühlinge wieder nach Pohlen ,
erfocht verschiedene Vortheile wi-
der den General Crassau , und den Starosten Bobrowiski , schlug den Sapieha, nahm dem Feinde verschiedene Standarten ab , und befand sich 1709 bey der Schlacht bey Pultawa. Der Ueberreft der schwedischen Armee ergab sich ihm drey Tage nach der Schlacht zu Perevolochna, obgleich der Fürst
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Beylagen.
Mentschikof, als oberster Feldherr die ganze Eh. re davon hatte. Nachdem er die Galeeren commandieret hatte, welche 1710 die Eroberung von Wiborg erleichterten , vertheidigte er die Ukràne in dem folgenden Jahre wider die zaporoviſchen Kosaken , welche sich empöret hatten , und von den krimmischen Tartarn unterstüßt wurden. Er begleitete hierauf den Kaiser auf seinem Feldzuge an dem Pruth, dem einigen , wo seine Klugheit und Tapferkeit vergebens waren , und wurde voir 1712 bis zum Nystädter Frieden 1721 nach Finnland geschickt. Der Vorgang bey Wasa erwarb ihm 1714 die Würde eines Generals en Chef und er befand sich noch in eben diesem Jahre in dem Seegefechte bey Anguru , wo die Rusfische Flotte der Schwedischen eine Fregatte, sechs Galeeren und drey andere Fahrzeuge abnahm . In einem andern Seetreffen , welches 1710 ben Grenham vorfiel,
eroberte er vier Schwedische
Fregatten , welcher Sieg ihm vorzügliche Ehrenbezeigungen erwarb. Die Landung , welche er 1720 durch den General-Lieutenant Laſci auf die schwedischen Küsten unternehmen ließ , war das Ziel ſeiner Arbeiten , weil noch in eben demſelben Jahre Friede geschlossen wurde. Er hatte Finnland bis an die lappländischen Gränzen erobert, und würde zu den Zeiten des alten Noms den Namen des Finnländers bekommen haben ; allein es war weit rühmlicher für ihn , daß alle Einwohner der eroberten Provinzen ihn ihren Vater und Wohlthäter nannten , welche Nahmen er sich
Beylagen.
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durch seine Menschlichkeit und Gerechtigkeit er warb. Als der Kaiser zum Kriege wider Perfien aufbrach, so vertrauete er ihm das Commando in 1 Petersburg an. Als der Hof wieder zurück kam, commandierete er die sämmtlichen Truppen in der Ukråne, und die Kaiſerin Katharina ernannte ihn 1725 zum Feldmarschall, und zwar in einem Diplome, welches alles dasjenige enthält, was bisher zu seinem Lobe gesagt worden, daher das felbe die sicherste und unstreitigste Urkunde ist. Peter 2 berief ihn 1728 aus der Ukråne nach Moskau und machte ihn zum Pråſidenten im Kriegesrathe.
Dieser berühmte Mann schloß
feine Laufbahn 1730. Aus seiner zweyten Ehe mit einer Prinzeßin Kurakin hatte er die Söhne Alexander, welล cher 1769 oberster Feldherr der Rußischen Truppen und Ritter der Rußischen Orden war; Des metrius , ehemaliger Ambassadeur zu Wien, welcher mit der Prinzeßin Katharina Cantemir, Tochter des Hospodars von der Wallachen , vermåhlt gewesen ist , Nicolaus, oberster HofMarschall, und Andreas, General - Major. Peter dienete mit vielem Ruhme în dem Kriege wider die Schweden als General und Oberst - Lieutenant der Garden. Seine redliche und rechtſchaffene Gemüthsart erwarb ihm die Neigung feines Herren. Michael der jüngere,
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en
Beylag
.
welcher 1685 gebohren war, legte sich von Jugend auf, auf das Seewesen und brachte verschie dene Jahre in Holland und England zu. Er kam 1706 wieder zurück , ward Schiffs - Lieutenant, hernach Capitán , und 1727 Chef d' Escadre, ferner 1728 Senator und geheimer Staatsrath, Abgeordneter und zweyter Gevollmächtigter des geheimen Rathes und der Großen des Reiches nach dem Tode Peters 2 nach Mietau, die Krone der Herzogin Anna anzutragen, 1730 Prå fident in dem Justis- Collegio, 1732 General. Krieges - Commiffarius für die Flotte und Mit glied der Admiralitåt. Fünf Jahre darauf commandierete er die kleine Flotte zu Woronets, welche wider die Türken auf dem Don und ſchwar, zen Meere gebraucht werden sollte. Er wurde 1740 Gouverneur von Aftrakan, 1745 GroßAmbassadeur in Persien, 1746 Admiral, 1747 Ritter des Andreas - Ordens , 1750 Präsident der Admiralität, 1753 in Abwesenheit der Kaiferin General - Commendant ju Petersburg, und 1756 Groß- Admiral. Unter Peter 3 legte er 1762 alle ſeine Würden nieder, nahm sie aber noch in demselben Jahre unter Katharina 2 wieder an. Allein das Jahr darauf nöthigte ihn fein hohes Alter, selbige zum zweyten Mahle nie. derzulegen. Er beſchloß hierauf 1764 ein Leben, welches er mit vielem Ruhme in dem Dienſte fieben Monarchen zugebracht hatte. Der Großfürst folgte ihm in den Würden eines Groß - Ad-
Beylagen.
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mirals und Präsidentens der Admiralitåt. Seine Gemahlin war eine Narischkin. Sein Sohn aus der zweyten Ehe ist derFürst Alerander Mikaelowitsch, Vice- Kanzler, ehemahliger gevollmächtigter Minister zu London, 1 und weissen Ritter des Alexander - Newsky Adler - Ordens. Nach dem Ruhme, welchen große Thaten und Würden gewähren , müssen wir auch des. Glanzes gedenken , welchen die Verwandschaften gewähren.
Das Haus Gallisin ist nicht allein
mit den Rußischen Monarchen, sondern auch mit den vornehmsten regierenden Häusern Europens verwandt. Dieß erhellet aus dem vorher gehen. den, wo gezeigt worden, daß die Mutter Peters des Großen eine Marischkin war, welches Ge schlecht, so wie das Rumanzowische , welches dem Rußischen Reiche eine lange Reihe von Be herrschern gegeben hat, durch häufige Vermählungen mit den Galligin verwandt ist. Was die Verwandtschaft mit den vornehmsten Mächten Europens betrifft, so wird solche aus folgender Tabelle erhalten.
Eudoria Der. Große
Theodor. Lapuchin
Ludwig -Peter Rudolph Herz v. Braunschs
Fußvölker . Grenadiers, das erste, dritte u.vierte. Kurink.
Regiment
Arinia Boris Fürft Kus, Ambassarakin deur, in Holland und Frankreich.
Charlotta Chriftina Elifabeth Tatiana Fürft. Michael Sophia v. Chriſtina; Mikaelowitsch GalBraunGemahl lisin Feld , Mar schweigKaiser fchall. WolfenCarls 6 büttel. Fürst Galligin Alex. wels, Maria Thes der 1769 wider die Türken . refla . commandierte
Vefe2r. RufüKa scis heer r.
VetroAleri vitscsh Efcharewetsch.
Beylagen.
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33. Liste,
der von dem Fürſten Galligin commandierten Armee.
Beylagen. (Siberien. Butirsk. Wiborg. S. Petersburg, Wermeland. Upcheron. Ingermannland. Kiow . Rostow. Newski.
Astrakan.
Regiment
Befolerski. Murom. 1 Troizke. Navaginske. Thenginske. Zweytes Moskauisches. Novogrob. Schirvansk. Jaroslaw. Nisow. Alsow. Archangel - Gorodske. Erstes Moskauisches. K 'aporske. Kabardinske. Reiterey.
Curassier
von Kiow. Novo- Troizke.
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Beylagen. Permske. Twer. Siberien.
Astrakan. Ingermannland. Carabiniers Nije - Gorodske. Moskau. Riga. Tobolst. Viatsk. Cafan. Kargapol.
(Servien.
Husaren
Ungarn. Achtirske. Charkow. Oftro Gotske.
Jvom Don , 6000 Mann. Cofafen Laus der Ukråne, 3000 Mann.
Artillerie. 110 Feldstücke. 100 Pontons. General Stab. Der Fürst Gallihin , oberster Feldherr.
Generals. Olik, General en Chef.
General Lieutenants.
Von Stoffeln.
Beylagen.
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Plemiannikow. Von Effen. Grafvon Soltikow. Der Baron Elmpt.
Soltikow . ! Rennenkampf. Der Grafvon Bruce. Der Fürst Repnin. General - Majors Der Fürst Peter Dolgoruki.
Tscherepow . Von Transe. Stupichine. Gortschakow. Glebow. Cheraskow. Ismailow.
Der Fürst Proforowski. Samiatine. Kamenskoi. Der Fürst Alexis von Galligin. Podgoritschany. Tschernojevitsch. Artillerie.
Ein General - Major mit einer hinlänglichen An zahl Ober- und Unter - Officiers von der Ara tillerie, mit dem nöthigen Gepäcke.
Ingenieurs Wesen. 1 General Major und 12 Officiers , sowohl Ober - Officiers , oder von dem Etat Ma jor, als auch subalterne.
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Beylagen. Commissarien. 1 General - Commiſſarius.
2 anordnende Commissarien. 3 gewöhnliche Commissarien . Zu den Lebensmitteln. 1 Brigadier.
2 Directeurs , General - Lieutenants. 4 Ober- Directeurs. Zum Lager. T General - Quartier - Meister. 1 General- Quartier - Meister- Lieutenant. 2 Ober- Quartier - Meister. 6 Diviſions -Quartier - Meister, 6 Colonnen - Officiers.
Freywillige sowohl einheimische als Fremde. Ruffen. Der General - Major Potemkin. Der Fürst Repnin. Der Fürst Sherbatow. Der Fürst Meshersky. Zwey Grafen Münnich. Der Graf Woronzow. Der Baron Tscherkassow.
Officiers von den Garden
Khotiaenzor. Korsakow. Batturine. Rjewski. Bachmetiem, Deutsch
Beylagen.
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Deutsche. Der Fürst Morih von Isenburg. Der Baron von Stein , Commandeur des deutschen Ordens. Preussen.
Der Fürst von Anhalt - Dessau, Der Baron Linkersdorf, Oberster. Von Uesedom, Oberst - Lieutenant. DerGraf von Henkel, Major und GeneralAdjutantdesPrinzenHeinrichs v .Preussen. Von Pfau,Capitán u.Adjutant desKöniges. Won Durant, Capitán von der Artillerie, Dänen . Der Grafvon Schmettau. Von During.
Von Falkenskiold. Adler.
Oberst-Lieute nants und Ad
Gahler.
jutanten
des
Stricker, Capitán von dem Königes, General- Quartier - Meifter -Stabe. Nebst vielen andern , welche unter dieRegi= menter vertheilt worden. Pohlen.
Der General - Major Sauerzapf, GeneralUdjutant des Königes vonPohlen. DerGeneral-Major von Eie, ein Engländer in Pohlnischen Diensten Der Baron von Often. Von Grabowsky. n
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Beylagen.
34. Liste, der zweyten Armée unter den Befehlen des Grafen von Romanzoff.
Fußvölker. (Grenadiers, das zweyte. Wolodimir.
Woronege. Tschernigow. Starosfol. Belevsk, Regiment
Jelek. anbow . Koslow. Orel. Kachin. Briansf
Sevste. Kursk,
Reiterey. (Pleskau. Rostow, Carabiniers Jamburg,
Borissoglebom, Husaren und andere
Ifume. Sumske.
leichteTrup. Bachmuth. pen Samarine.
Beylagen.
Husaren und andere
leichteTrup pen
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(Schwarze. Gelbe.
. Elisabeth. vom Dnieper. vom Dones, Lugau. vom Don, 4000 Mann.
Cosaken
Laus der Ukråne, 6000 Mann .
Artillerie.
40 Feldstücke. 10 kleine Mörser. General , Stab.
Der Graf von Rumanzof, Befehlshaber der Armee. Der Fürst Dolgorucki, General en Chef. General Lieutenants.
Von Berg. Dalfe. Wernes. Ismalow.
General: Majors. Johann Romanius, Der Graf von Witgenstein. Carl von Stoffeln.
Abraham Romantus. Iffakow. G. Muffin Puschkin Olfuffiew. Soritsch.
Beylagen.
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Artillerie. Ein General - Major. 12 Ober- Officiers und von dem Etat
Major. Rriegs- Commissarien. ■ General Commiſſarius. ■ anordnender Commiffarius. gewöhnliche Commissarien.
Zu den Lebensmitteln. 1 Directeur General - Lieutenant, 2 Ober - Directeurs. Zum Lager. General Quartier - Meister. ■ General - Quartiermeiſter - Lieutenant. 2 Ober- Quartier - Meiſter. 4 Diviſions -Quartier -Meister, Colonnen-Officiers.
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Liste; ber nachPohlen unter den Befehlen des General Lieutenants von Weymarn detaschierten Truppen. Sußvölker. f 'uglitsch. Casan. Regiment Marva.
Nacheburgi
1
Beylagen.
€9%
'Reiterey.
(S. Petersburg. Carabiniers Narva. Novogrod.
Cosaken
vom Don 2000 Mann. von Tschuguew , 500 Man, Artillerie.
10 Feldstücke. General - Stab. Der Herr von Weymarn Befehlshaber des Corps.
General Majors. Von Colonna. Tschertorilskoi. Der Graf Uprarin. Commissarien.
Ein anordnender Commiſſarius. Zu den Lebensmitteln. Ein Ober- Directeur.
Zum Lager. ■ Ober -Quartier - Meister. · • Divisions Quartier - Meister.
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Beylagen. 136. Journal
der Operationen der Russisch- Kaiserlichen Armee unter den Befehlen des General Feld-Marschalls , Fürsten Alexander Mikaelowirsch virsch ( Galligin. Den 11ten April 1769 ging die Armee aus ihren Cantonierungs- Quartieren in Pohlen, und rückte in das für sie in Podolien in der Gegend von Mirkowiß bey dein Dorfe Antonowka abgesteckte Lager. Die detaschierten Corps, nåhmlich der Vortrab imter den Befehlen des GeneralMajors und Ritters Fürsten Proforowsky, und die Reserve unter dem General 2 Lieutenant und Ritter von Stoffeln, feßten sich ganz nahe an dem Dniester, um die Urmee zu decken und den Feind zu beobachten. Man erfuhr , daß außer der Besaßung zu Kotchim, welche aus 12000 Mann bestand, sich zwey bis drey Meilen über dieser Stadt noch ungefähr 20000 Mann unter vier Bachas befänden, welche sich nach den Berichten des Fürsten Proforowski ruhig verhielten , und keine andere Bewegungen machten,
als daß sie einige Par
theyen an den Dniester schickten , die feichten Stellen des Flusses auszufundſchaften. fen Partheyen und den unsrigen,
Zwiſchen diewelche jenseit
des Fluffes geschickt wurden, fielen zwey Scharmü kel vor , in welchen einige der ihrigen blieben. Man nahm ihnen auch einen Haufen Pferde weg,
1
Beylagen.
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welche sie von dieser Seite zusammen getrieben hatten. Die aufrührischen Pohlen, welche sich an dem andern Ufer befanden , nahmen bey unserer Annäherung , mit den Türken , welche sie beglei teten, die Flucht , weil sie einen plöslichen An griffim Innern der Moldau und auf Bender be fürchteten. Ein Ober - Officier, welcher mit einem De taſchement Cosaken auf Verlangen der Einwohner in die pohlnische Ukråne geschickt wurde , dieHaidamaken zu vertreiben , welche daselbst die größten Ausschweisungen begingen , plünderten , morde ten und die schrecklichsten Unmenschlichkeiten ausübten, berichtete , daß er in Smelezinst , ben dem Dorfe Rofmitverska einen Haufen Räuber angetroffen habe , woben sich zehn Haidamaken befunden håtten ; daß er sie angegriffen , fünf da von gefangen bekommen , und die übrigen , welche sich zur Wehre sehen wollen , niedergemacht habe. Er sehte hinzu , daß er den 6ten einen andern Haufen diefer Rauber von 180 Mann angetroffen ; daß er 23 davon gefangen bekom. men , die übrigen aber , wobey sich auch ihr Ans führer Nahmens Guba befunden , weil sie sich nicht ergeben wollen, auf der Stelle niedermachen. laffen. Den 12 Apr. musterte der Feldherr ſeine Truppen in dem lager zu Antonovka. Man hielt den Gottesdienst, weil esPalmsonntag war,worauf die Wasserweihe vorgenommen und um den götts
200 Beylagen.
lichen Beystand zu Besiegung der Ungläubigen Hierauf wurden die Fahnen zur gebetet wurde. Kirche gebracht, und mit Weihwasser besprengt, wobey alle Stabs - Officiers und Freywillige ge genwärtig waren. Den 13ten befand sich die Armee noch in eben´ demselben Lager , machte sich aber zum Aufbru che fertig. Den 14ten brach die Armee Morgens um fünf Uhr auf und bezeg das lager , welches bey Kalus für sie abgestochen war, in welches sie Nachmittags um 2 Uhr rückte. An eben dieſem Tage ließ der Feldherr, nachdem er den Fluß be fichtigt hatte, zwey Pontons über den Dniester m mit der Urmee darüber zu gehen. Ge schlagen , Gegen Abend seßten der Fürst Proforewski mit den leichten Truppen und der General Stof feln mit der Reserve schwimmend und auf Flößen
über den Fluß , den Uebergang der Firmee zu de cken und die nöthigsten Posten zu besehen. Den 15ten brach die Armee Morgens um sechs Uhr aus ihrem Lager auf und fing den Uebergang in der besten Ordnung an. Gegen Abend war sie völlig hinüber , worauf sie die Nacht in einem jenseits bezeichneten Lager nicht weit von dem Der General Major ChvasUfer zubrachte. fow wurde an dem linken Ufer mit zwey Regimentern Infanterie , einem Regimente Carabiniers , und einem Detaschement Cosaken, gelassen, fowohl die Brücken , als auch das daſelbſt gelasjene schwere Gepäck zu bebecken. Die Urmeehate
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te aufihren Regimentswagen nur auf acht Tage Lebensmittel und auf fünf Tage Fütterung bey fich. Den 16ten Morgens um fünf Uhr brachdie Armee auf, um zwey Meilen vorwärts zu rücken, woraufsie sich bey dem Dorfe Romankowiß laDer General - Lieutenant Stoffeln rück» gerte. te bis zu dem Dorfe Serbiſſina vor, und der Fürst Proforowski bis nach Novofelih. So bald der Feind erfahren hatte, daß wir über den Fluß gegangen waren , zog er sich von allen Seiten nach Kotchim zurück , ſo daß man niemand mehr inder Nähe der Armee sahe. Wähe rend des Marsches des General Stoffeln griff ein feindlicher Hause seinen Vertrab an , welcher aus den Cofafen aus Klein- Reussen bestand. Allein er wurde so gleich zurück getrieben , und hatte, den Einwohnern des Landes zu Folge, einige Tod te und zwey Verwundete. Ein anderer feindlicher Haufe, welcherdem Corps des Fürftes Proforowski begegnete , wurde gleichfalls geschlagen , bey welcher Gelegenheit man auch einige Gefangene machte. Den 17ten brach die Armee Morgens um fechs Uhr auf und lagerte sich zu Novofelis. Den
felben Abend fiel ein Gefecht zwischen dem Corps des Fürsten Proforowski und dem Karaman Ba cha vor, welcher sich in Kotchim warf, nachdem er 400 Mann, 4 Fahnen, 2 Paar Pauken und Wir hatten 20 einige Pferde verlohren hatte. Mann Todte von den Donischen Cosafen, worun
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Beylagen.
ter sich auch ihr Oberster Puchkarov befand , und ungefähr 30 Verwundete , worunter auch der Oberste Fedorinv war , welcher hernach an seinen Wunden ftarb.
Den 18fen rückte die Armee ohne einiges Hinderniß bis nach Kotchim vor , ob sich gleich von Zeit zu Zeit einige Haufen auf ihrem Wege zeigten, und sich so gar einzele Reiter sehen ließen, wovon doch wenige mit dem Leben davon kamen. Gegen Abend befand sich die Armeebey der Stadt, indem der Feldherr Willens war , nicht allein den Feind anzugreiffen , sondern auch, wenn es mög lich wäre, etwas aufden Ortselbstzu unternehmen. Allen Berichten der ftreifenden Partheyen, der Landeseinwohner und der Gefangenen zu Folge, befanden sich 20000 Mann in Kotchim, und ein Corps von goooo Mann , welches unter dem Karaman Bacha vor kurzem von der Donau ans gekommen war, stand in einem verschanzten Lager unter den Kanonen von Kotchim. Weil aber die Nacht einbrach , so konnte man die Stellung des Feindes nicht besichtigen. Die Armee cams pierete bey dem Flusse , ungefähr fünf Werste von Kotchim. Die drey leßten Mårſche waren beschwerlich gewesen , weil wir durch ein gebirgis ges Land mußten , wo man das Geſchüß oft mit Tauen herablassen mußte. Es fehlte uns auch an gutem Waffer,
und wir hatten bey Tage eis
ne auſſerordentliche Hiße, empfindliche Kätte.
und bey Nacht eine
Den 19ten feste der Feldherr, nachdem er
Beylagen.
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den Feind und den- Plaß in Augenschein genommen hatte, die Armee in Bewegung, und machte , nachdem er die vortheilhaftesten Posten eingenoms men und die Batterien aufgeworfen hatte , fol Er beorderte zur Reiterey seis gende Anstalten. ner ersten linie die Regimenter Kiow ,
Curaffi
ers , Tobolsk , Viatſe, Moskay, Twer , Riga, Cafan , Niegorodske Carabiniers , Kargapol und Ingermannland ; zur Infanterie in der ersten Linie ,
das
erste ,
dritte
vierte Regiment Grenadiers , Nevski , vansk, Ingermanland ,
und
Echie
Jaroslav , Wiburg ,
Apcheron , Kurinsk, Sanct Petersburg , vier Bataillons Grenadiers von der Armee , alle Jås ger, und die Husaren- Regimenter Servien,Ach tirske , Ungarn , Ostrogetske, und Charkow, nebst drey Schwadronen schwarzer und gelber Husaren und einer gewiffen Anzahl donischer Cofaken. Die Truppen standen unter den Befeh len des Hrn. von Olis , unter welchem die Ges neral- Lieutenants Stoffeln , Effen , Bruce und Soltikow, die General - Majors , Fürst Dotgoruki, Stupichine, welcher die Jour hatte, Fürst Gotchakow, Glebow, Ismailow , Fürst Prosorowski, Fürst Gallihin , Kamenskoi , und der Artillerie - Oberste Meliſſino commandiereten.
Der Angriff hatte allen erwünschten Erfolg, obgleich der Feind allen Widerstand that und ſein Feuer sehr heftig war. Das Retranſchement der Türken war noch nicht ganz fertig , und be : stand aus einer schlecht aufgeworfenen Erde, ohne
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Beylagen .
Banquette, mit einer Art Graben, welches Af les einen Halbzirkel in einem Raume von mehr als eifer Werste oder einer Viertelmeile machte. Sie hatten dasselbe blos aufgeworfen, um einige Anhöhen einzuschließen , welche den Plaß beftris daher sie für dießmahl auch eine große Menge metallener Kanonen dahin gepflanzt hat. ten. Die größten Kanonen befanden sich auf den chen ,
Wallen ; aber es thaten uns sowohl diese, als die in der Verschanzung nicht den geringsten SchaUnser Geschüß brachte das in der Verden. schanzung sehr bald zum schweigen, und das Ge schüß in der Festung that keine Wirkung mehr fo bald wir diese Verschanzung in Besih hatten. Der Feind , welcher unsern Angriff nicht lâns ger aushalten konnte, flohe Abends gegen sechs Uhr sehr eilfertig und in der größten Unordnung in die Stadt , und nahm alles was er von Geschuß und Gepäck mit fortbringen konnte ,
mit
fich. Unsere Truppen konnten ihm nicht bis auf Seine Reieinen Flintenschuß nahe kommen. terey stellete sich , als wenn sie unfern rechten Flügel angreiffen wollte ; allein sie wurde durch unser Geschüß sogleich über den Haufen geworfen und zerstreuet Man schickte sogleich die Hrn. Stoffeln und Dolgorucki, mit der Reserve , welche aus acht Bataillons Grenadiers beſtand ab, den Feind zu verfolgen ;
ferner den Hrn. von Essen und den
Fürsten Galligin mit den Infanterie - Regimen
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tern Newski, Schirvansk und Ingermannland und dem ersten und zweyten Regimente Grena diers und den Hrn. Ismailow mit den Carabi niers Riga , Viaffe , Kargapol, Nijegorodske und Ingermannland. Sie verfolgten den Feind bis an die Pallifaden der Stadt , und feßten da. selbst einige Posten aus.
Allein da er, um seinen
Rückzug zu decken , und uns von dem Nachseßen abzuhalten, die Vorstädte in Brand gestecker hat te, und auch unser Geschüß an mehrern Orten zündete : so wurde die Flamme so heftig , daß fie auch bis an den andern Morgen dauerte , und alle Häuser in die Afche legte. Die bey den Pallisaden gelassenen Detaſchementer waren also dem ganzen Feuer aus dem groben Geſchüße und kleinem Gewehre von den Wällen, aus denHäus fern und Gärten ausgesetzt , und daher genöthi get , sich in die von dem Feinde verlassenen Ver fchanzungen zu ziehen. Sie brachten die Nacht und den folgenden Tag daselbst zu , um die bey der Vorstadt errichteten Batterien, von welchen man die Stadt beschießen und zur Uebergabe nöthigen wollte , zu bebecken. Eie machte die ganze Nacht und den folgenden Tag , und zwar noch da das unsrige schon nachgelassen hatte, ein unaufhörliches Feuer , * welches uns aber nicht ben geringsten Schaden verursachte. Der Feind flohe aber nicht allein nach Kot chim, sondern zerstreuete sich auf allen Seiten, bes fonders nach Bender zu und in das Innere der Moldau, Man verfolgte ihn bis auf eine ge
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wiffe Entfernung, da denn noch einige Türken getödtet und andere gefangen wurden. Wir fanden in ihrer Verschanzung siebenKa nonen, worunter drey metallene wären, drey Fahnen, viele Gezelte, fünf Kamehle, einige hundert Pferde, viele kupferne Geschirre nebst vielem Gepåcke. Wir machten nur 14 Türken gefangen, acht Wallachen, zwey Pohlen und einen Arme nier. Man fand nur wenig Todte auf dem Wahlplaße, weil die Türken nach dem einstim migen Berichte aller Gefangenen , sie ihrer Ge wohnheit zu Folge, mit in die Stadt geschleppet hatten. Man sahe bey dieser Gelegenheit ein Beyspiel von dem Hasse der Türken gegen die Christen. Ein Janitschar kam an eine unserer Batterien, warfsein Gewehr weg, und wollte sich gefangen geben.
Als er aber sahe, daß der commandie
rende Officier die Kanonierer aufmunterte, auf feine Landesleute zu feuern, so zog er so gleich ein Pistol aus seinen Kleidern, und schoß damit nach dem Officier. Allein die Kugel traf nur deſſen Degen, und der Janitschar wurde so gleich mit Bajonetten niedergestoßen. Unser Verlust war sehr geringe, wie man aus den von den im Gefechte gewesenen Regimentern eingegebenen Listen der Todten und Verwundeten sehen kann. Der Fürst Dolgorucki, welcher die Grenadiers commandierete, wurde in der Vorstadt gefährlich verwundet, und die ganJe Armee war für sein Leben besorgt.
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Als der Feind die Vorstädte in Brand ſteckte, fo jagte er eine große Menge christlicher und judisayerFamilien hinaus, welche von allem entblößt, und in den elendesten Umständen in unser Lager famen. Bor) Alle, sowohl hohe als niedere Befehlshaber, welche bey diesem Angriffe gebraucht wurden, bewiesen in demselben, so wie alle Truppen, so viel Muth und Standhaftigkeit, daß ſie alle gleiches Lob von ihrem Feldherren verdieneten. Indeffen hatte man den glücklichen Erfolg, in Betrach tung der guten Wirkung des groben Geschüßes vornehmlich dem Obersten Meliſsino zu danken, welcher die vornehmste Batterie commandierte, ingleichen dem Major Ludwig , dem Lieutenant Baſſin, und besonders dem Capitän Karaúlow , welcher das feindliche Geschüß zum schweigen brachte.
Bey dem Einbruche der Nacht näherte sich die Armee der Stadt Kotchim 3 und brachte die Nacht ruhig in ihrem Lager zu; allein die deta schierten Regimenter blieben in der Verfchanzung. Den zoten blieb die Armee in eben demsel ben Lager, sowohl sich auszuruhen, als auch um die Bewegungen des Feindes zu beobachten. Ge gen acht Uhr des Morgens sang man ein Te Deum, welchem alleStabs Officiers beywohneten worauf die unter den Waffen befindliche Armee wegen des gestern erfochtenen Sieges eine drey mahlige Salve aus dem kleinen Gewehr und
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groben Geschüß machte. Gegen Übend fließen die Regimenter, welche bis dahin die Verschanz zung befeht hatten, wieder zur Armee, ohne auf ihrem Marsche von dem Feinde beunruhiget zu werden, welcher sich außer der Stadt nicht bli» cken ließ. Man fahe nicht die geringste Möglichkeit fich der Festung zu bemächtigen, indem sie eine Fehr starke Befagung hatte, mit Lebensmitteln, Kriegsvorrathe und einem zahlreichen Geschüße versehen war, und eine Armee zu ihrem Entsahe erwartete, wenn man sie nicht förmlich belagerte, wozu es doch an ſchwerem Geſchüße fehlete. Ue berdieß war es nicht möglich, länger in der Mola dau zu bleiben. Das Land war verheeret, und die Türken selbst hatten es verwüstet. Die Einwohner hatten das Land in dem vorigen Herbste nicht bestellet, und hatten, weil es ihnen an Getreide und Unterhalt fehlte, ihre Felder verlassen. Es waren ihrer nur sehr wenige nach dem Fluſſe zu, Kalus gegen über, zurück geblieben, welche in halb verwüsteten Häusern wohnten, von ihren Heerden lebten, aber sich auch bald verlohren. Kurz es befand sich in diesem verwüsteten Land nichts als einiges Getreide und Futter, welches in die Erde vergraben war, und einiges in den Wäldern irrendes Vieh. Da nun die Armee noch Futter, weder schweres wedensmittel Re Geschüß noch Kriegsvorrath hatte, so mußte sie fich ohne Zeitverlust mit ihrem schweren Gepäcke zurück ziehen, und bey Kalus wieder über den Dniester
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Dniester gehen, um daselbst ihren Unterhalt zu finden. Sie brach zu dem Ende den 21ten April in aller Frühe auf und lagerte sich zu Novoselik, ohne von dem Feinde auf ihrem Marsche beunru higet zu werden; ja es kam nicht einmahl ein eini ger Türk aus der Stadt. Man machte die nöthigen Anstalten, um von demjenigen Corps, welches nach den in dem türFischen Lager gefundenen Briefen und nach der Aussage der Gefangenen der Stadt Kotchim zum Entsage herben eilete , Nachricht zu bekommen. Die Armee war auch kaum anderthalb Meilen von der Stadt, als unsere Partheyen berichteten, daß sich auf der Seite des Pruth ein beträchtliches feindliches Corps sehen lasse. Da solches Reis terey war, so kam es bald zum Vorscheine und griff unser Gepäck an , welches von dem Infan terie Regimente Arkangelgorod bedeckt wurde, bemächtigte sich einiger größtentheils leerer Wågen, hieb einige Fuhrknechte nieder, und nahm einige mit allen Juden und Christen, welche die Besagung zu Kotchim aus den Vorstädten getrieben hatte, gefangen. Eine Compagnie unter den Befehlen des Ca pitån Tregubov und des Lieutenant Juchkov machte den Nachtrab. Diese beyde Officiers hielten Stand, und erwarben sich durch ihre Tapferkeit das Lob des Feldherren, welcher sie nachmahls um einen Grad avancierte. Dieser schickte die Cüraffiers von Kiow, und die Carabiniers von
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Twer, Tobolsk, und Moskau unter dem Com mando des Generals Soltikom und des General Majors Glebov, mit den Infanterie - Regimen tern Novogorod und Murom unter dem General Major Samiatine, ihnen zu Hülfe. Diese Trups pen nöthigten den Feind, sich mit einem Verluste von etwa 100 Mann zurück zu ziehen, und zwar nicht nach Kotchim, ſondern nach dem Pruth. pen ckt Der wurde igenden leich rup Fürst gProforowski schi chtmit T n e ab e t , die Flü zu verfolgen, und von den Carabiniers von Twer und Moskau, unter Anführung des Herrn von Gle bor unterstüßt. Der Fürst hohlete den Feind glücklich ein, und griff ihn mit so vielem Erfolge von neuem an, daß er ihm über 300 Mann tödTete und einige Gefangene machte, ohne daben einen einigen Mann zu verliehren, oder auch nur einen Verwundeten zu bekommen. Der Rest nahm in der größten Verwirrung die Flucht jen feit des Flusses, und ließ die vorher erbeuteten Wagen, alle Gefangene, die abgehauenen Köpfe, welche er im Triumphe mit sich nehmen wollte, und eine große Menge feines eigenen Gepäckes im Stiche.
Man bekam 50 Kamehle, welche
das Gepäck des Bacha führeten, ungefähr roo beladene Maulesel, drey Fahnen, zwey Paar Pauken, drey Roßschweife, den silbernen CommandoStab des Bacha, eine großeMenge Pferde, Gezelte, Harnische, Kleider, Geld und Lebensmittel. Die Gefangenen fagten aus, daß dieſes Corps aus fünf bis sechstausend Mann der auserlesen-
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ften türkischen Truppen, welche unter dem Nahmen der levantischen Reiteren bekannt sind, bestanden habe. Es war im Januar unter dem Abati, Bacha von drey Roßschweifen, aus Natolien aufgebrochen, und sollte der Stadt Kot dim zum Entsage eilen. Sie sekten hinzu, daß noch ein anderer Bacha gleichfalls aus Natolien mit 5000 Mann zu Satchki angekommen sey, und zu dem Groß - Vezier stoßen sollte, welcher mit der großen Armee und der Fahne Mahomeds in vierzchen Tagen über die Donau gehen würde. Der Fürst Proforowski gab überhaupt den.
Husaren und Kosaken das Lob, daß sie in diesem Gefechte den größten Muth blicken lassen. Be fonders aber empfahl er den Brigadier der Hufaren Tekely, und den Obersten der Kosaken Putchkarew, welcher an die Stelle des den 17ten gebliebenen Obersten gekommen war, und mit dem Attaman Posdege dem Bacha den Commando - Stab aus den Händen geriſſen hatte. Man erfuhr von den leichten auf die andere Geite des Dniesters gefchickten Truppen, daß sie den 17ten den pohlnischen Flecken Kuta angegriffen hatten, wo sich die aufrührischen Pohlen Pu lawsky und Twaroski mit einigen Türken und Conföderierten fest gefehet hatten. Sie wurden mit einem Verluste von 40 Todten und 18 Ge fangenen, sowohl Türken, als Conföderierten aus dem Orte verjagt ; alle übrigen wurden zerstreuet, und wir hatten von unserer Seite nur 4 Husaren und einen Kosaken todt, und einige Verwun
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dete, worunter sich auch der Capitán Tolovitsch befand. Zu gleicher Zeit erfuhr man von dem nach der Ukråne wider die Haidamacken geschickten Major, daß, nachdem er den Attaman Sulnia mit einem Detaschement abgeschickt, um zu dem Fürsten Prosorowsky zu stoßen, dieser Officier in einemWalde bey dem Flecken Liſamka einenHaufen Haidamacken angetroffen habe, von welchen er ungefähr 40 Mann nieder gemacht und 80 gefangen genommen habe. Da sie aber größten theils, so wie die, welche man vorher bekommen hatte, Leibeigene adeliger Pohlen waren, so wur den sie nach Belatserkow geschickt , um an ihre Herren abgeliefert zu werden. Wir verlohren bey dieser Gelegenheit einen Kosaken und den Kofaken Obersten Turoverow ; ein Jeskul und ein Cotaik aber wurden verwundet.
Den 22ten blieb die Armee im Lager zu Novoselig, um auszuruhen. Den 23ten lagerte sie sich zu Serbetſina, wo sie den 24ten des Morgens aufbrach, und nach dem Dniester und ihren Brücken rückte, über welche sie noch denselben Tag ging und sich bey Kalus lagerte.
Allein der Herr von Stof-
feln wurde mit der Reserve, so wie der Fürst Pro forowsky mit den leichten Truppen jenſeits gelaf fen, um den Feind zu beobachten. Denselben Tag erhielt man auch Nachricht von dem Major Heiking ,
welcher mit leichten
Truppen nach dem Pruth_geschickt war.
Uls
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diefer Officier bis an den Flecken Dubasar vor. gerücket war , erhielt er zuverlässige Nachricht, daß ein Corps von 5000 der auserlesensten Reiter unter dreyen Bachas nach Kotchim zu rückte, und daß ſie ſich damahls an dem Pruth, da wo der Schurgur in denselben fällt, befänden. Er schickte zu gleicher Zeit zwey Türken ein, welche von Bender kamen, und die er gefangen bekom. men hatte. Beyde ſagten aus, daß der GroßVezier in kurzem mit einem zahlreichen Heere und mit der Fahne des Mahomed nach Satsky kommen würde ; daß sich die türkischen Truppen täglich zu Bender versammelten, so wie die Tar tarn zu Asow, und daß man zu Küchan bey Ben der den krimmischen Khan , den Neffen des Deulet = Gerei mit einem beträchtlichen Corps erwarte. Den 25ten 26ten und 27ten ruhete die Armee in ihrem Lager bey Kalus von den Be schwerden aus , welche sie jenseit des Dniesters ausgestanden hatte.
Sie hatte hinter einander
zwey Märsche einen von sechzehen und den andern von zwey und zwanzig Stunden gemacht, und war dabey einer abwechselnden Hige und Kalte ausgefeht gewesen , welche gefährliche Krankheiten verursachen konnte. Das wenige Gras, welches gekeimet war, war von den Feinden abgeweidet worden. Die Pferde waren sehr abgemattet, und mußten aus Mangel an Fütte rung mit Baumblåttern unterhalten werden. Man nahm auch die nöthigen Ausbefferungen
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Beylagent.
vor, und sobald alle jenseit des Dniesters gelafſe ne Detaſchementer in das Lager gekommen wa ren, wurden die Brücken abgebrochen. Da die zu Kalus zusammen gebrachten Lebensmittel und besonders die Fütterung nicht lange hinreichen konnten, man dergleichen auch aus Podolien nicht ziehen konnte, und es über dieß gefährlich war, fie bey der gegenwärtigen Jahreszeit aus unsern Magazinen kommen zu laſſen: so hielt man es für rathfamer, sich in kleinen Märschen den nächsten Magazinen zu Mendzi bos und Gaslovit zu nähern. Die Armee brach also den 28ten in aller Frühe auf und rückte nach Kutcha, wo sie die Nacht zubrachte. Man bekam daselbst Nachricht von dem Fürsten Proforowsky, daß der Capitán Krekitsch, welcher zu recognofcieren an den Pruth geschickt war, als er gehöret, daß nahe bey ihm an der andern Seite des Pruth ſich einige Reiter von dem Corps des Abati befånden, einige Kos saken dahin geschickt habe , welche daselbst aber nur zwey Türken angetroffen , die sie niedergemacht. Er berichtete ferner, daß der Capitán Nargachitsch , als er den Fluß hinab gezogen, einen Haufen Lipcanier angetroffen, von welchen er fünf Mann niedergehauen, die übrigen aber in die Flucht geschlagen habe; und daß endlich der Lieutenant Rhode, der mit leichten Truppen nach Tchetchelnick geschickt worden, eine Parthey von 60 Mann jenseit des Dniesters geschickt, welche auf ein beträchtliches feindliches Corps
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gestoßen sen, dasselbe angegriffen und geschlagen, 5 Mann und 8 Pferde getödtet und 3 Gefange ne gemacht habe. Diese fagten aus, daß man auffer den 2000 Mann, welche sich zu Dubafar befanden , noch 6000 Mann erwarte, welche von einem Bache commandieret würden , und sich in dem Dorfe Balta sehen sollten. Den 29ten brach die Armee nach Kapuſteu auf. Hier starb der General- Major Peter Sericas vits Dolgorucki , Fürst und Ritter des S. Annen - Ordens, Wunde, dauert.
an der zu Kotchim erhaltenen
und wurde von der ganzen Armee be-
Den zoten blieb die Armee im Lager und ers wies ihm die lehte Ehre. Der Generalstab, die Freywilligen und eine große Menge hoher und niedriger Officiers wohnten der Feyerlichkeitbey. May.
Den Iten rückte die Armee von Kapusteu. nach dem Dorfe Oslanov , zu ihrem vornehmsten Magazine zu Mendzibos. Die Ursachen, warum man sich demselben nähern mußte , waren theils der Mangel des Mundvorrathes und besonders der Fütterung in Podolien, und theils der beſchwerliche Transport bey der gegenwärtigen Jahreszeit , wo die wenigen noch im Lande gebliebenen Einwohner mit den Feldarbeiten zu thun hatten. Es trafen viele pohlnischen Edelleute bey dem Fürsten ein , und baten ihn , die Einwohner ih rer Güter durch ein Manifest zu beruhigen , in
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Beylagen.
dem sie selbige bey Annäherung der Ruffen aus Furcht verließen. Der Fürst willigte in ihre Bit te, und ließ folgendes Manifest bekannt machen, welches in pohlnischer Sprache in allen Kanzelleyen niedergeschrieben , und überall auf dem Lande bekannt gemacht wurde.
Manifest des Fürsten Galligin nach seiner ersten Rückkunft aus der Moldau nach Pohlen. Jeder rechtschaffene Bürger der Durchlauch tigsten Republik Pohlen muß über die unſinnigen Ausschweifungen eines Theils seiner Brüder erstaunen. Sie sind auf des höchste gestiegen, seits dem sich diese sogar das Verbrechens schuldig ges macht , den Feind ihrer Nation und des christli chen Nahmens einzuladen, das Innere ihres Vaterlandes zu verheeren , und ganze Provinzen da von abzureiffen. Nichts gleicht dem Kummer wahrer Patrioten als der Trost,
welchen sie in
ber schäßbaren Freundschaft der Kaiserin ,
mei
ner gnädigsten Monarchin finden. Ihre Maje. stat geben der Republik davon einen Beweis, wel cher desio überzeugender ist, je dringender die Gefahren sind, in welchen sich dieselbe befindet. Das Publicum ist hinlänglich unterrichtet, daß Ihre Kaiserliche Majestät , indem sie die meinen Be fehlen anvertrauete Armee an den Grånzen des gemeinschaftlichen Feindes zusammen ziehen ließ ,
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daben keine andere Absicht hatte , als die angrånzenden Provinzen bey Pohlen zu erhalten , welche die Wuth der Aufrührer davon abreiſſen und ſie dem Joche der Barbaren unterwerfen wollte. Wenn die pohlnischen Einwohner diese großmü紧 thigen Absichten der Kaiſerin aufmerkſam erwågeten , so würde es unnöthig seyn , sie zum Vertrauen und zu Ablegung aller Furcht zu ermahnen, oder sie der freundschaftlichen Begegnung zu versichern, welche sie sich von den Truppen ih rerMajestät ungezweifelt versprechen können. Ich habe meiner Armee ausdrücklich anbefohlen , die Strengeste Kriegeszucht zu beobachten , und alles, was sie braucht, mit barem Gelde zu bezahlen. Allein dieser Vorsicht ungeachtet gibt es noch viele Einwohner, welche entweder aus Furcht oder aus einer geheimen Neigung zur Unordnung ihre Haufer , Güter , Felder und Gewerbe verlassen haben, und zu beyderseitigen Schaden von ihren Herren geflohen find. Man ermahnet zu dem Ende alle Einwohner in den Städten und auf dem flachen Lande, ruhig in ihren Wohnungen zu bleiben, ihr Gewerbe nach wie vor fortzusehen, und in der gegründeten Hoffnung , daß Gott der Beschüßer der gerechten Sache, die Unternehmungen der Kaiserlichen Armee auch zu ihrem Beßten segnen werde, ihr die nöthigen Lebensmittel und Wahren für den gewöhnlichen Preis und gegen bare Bezahlung, willig zu verkaufen. Sollte es sich zutragen, daß die meinen Befehlen anvertraute Truppen durch Gewaltthätigkeiten, säumige Be
Beylagen . *
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zahlung oder andere Unordnungen zu Klagen Ge Jegenheit geben sollten , so stehet es einem jeden frey, seine Beschwerden deshalb bey mir anzubringen, da er nicht nur alle Genugthnung bes kommen wird , sondern die Schuldigen follen alsdann auch auf das härteste bestraft werden. Gegeben im Lager zu Derajnia , den 6ten May 1769.
Denselben Tag kam ein Pohle ,
welcher in
Kotchim in Verhaft gehalten wurde, und welcher entwiſcht war , zur Russischen Armee und sagte, daß nach unserem Abzuge das Schloß verschiedene Tage verschlossen gewesen ; daß sich so viele Menschen in der Festung befånden , daß sie ein ander beynahe erstickten ; daß man deſſen ungeachtet noch 2000 Tartarn und bald hernach den Man Khan selbst mit 40000 Mann erwarte. hatte der Gewohnheit zu Folge , ihm bereits die Trompeter entgegen geschickt. Der Brigadier Banner , welcher nach Pos
fonna geschickt war , unser Magazin zu bedecken. berichtete , daß die pohlnischen Aufrührer nebſt einigen Einwohnern den Anschlag gemacht, unfere Magazine zu Olits und Mendzibos in Brand Er habe daher die Besahung beyder zu stecken. Orte verstärkt, und dadurch die Gefahr abgewendet. Die Aufrührer selbst hätten sich zerstreuet, aus Furcht verfolgt zu werden. Banner sehte hinzu ,
daß der Brigadier
Beylagen.
219
Balewiß, welchen er in die Woiwodschaften Kiow und Bracton geschickt habe, Lebensmittel und Füt terung zuſammen zu bringen ,ihm berichtet, daß die Einwohner einen Ueberfluß an Getreide håtten, und da fie für ihre Lieferungen bar und hinlänglich bezahlet würden, so zeigten sie zwar den besten Wils len ; allein er sinde bey seinen Auftrage doch sehr wichtige Hindernisse , indem die Haidamacken, deren Anzahl täglich zunehme , die Einwohner unaufhörlich plünderten , beraubten ,
marter.
ten und niedermachten , ihnen verböthen , nichts Russen zu liefern , und die in das Land an die Ruſſen geschickten Partheyen unaufhörlich beunruhigten. Er berichtete ferner , daß sie in Amanchtchina viele mit Lebensmitteln und Fütterung beladene Wagen weggenommen håtten ; daß sie alle Rus welche ihnen in kleiner Anzahl fische Kosaken , aufstießen , anhielten, fie prügelten , ihnen ihr Pulver und Bley abnahmen , und sogar einige Um diesen Haufen derfelben ermordet hätten. bestand , zuzere Art aller Räuber der aus Leuten fireuen , schickte Banner auf dazu erhaltenen Bes fehl von dem Feldherren , in aller Eilein neues Detaschement dahin , das Land und dessen Einwohner zu schützen und zu sichern. Der Fürst Proforowski meldete aus den Be richten des Oberst - Lieutenants Brink, daß der Lieutenant Schagiß, welcher bis an den Flecken Tschernauts in der Moldau vorgegrücket fey , daselbst ein dem Feinde gehöriges Magazin an Getreide gefunden habe ; daß er einen Theil davon
220
Beylagen.
verbrennen , das übrige aber in das Waffer wers fen lassen. Den zten lagerte sich die Armee bey dem Dorfe Schickova , wo man das Journal von den Operationen des Majors Heiking erhielt , der mit einigen leichten Truppen war an den Dnie fter geschickt worden. Er ftieß den 1oten April auf einen feindlichen Haufen , welcher Stand hal. ten wollte. Unsere Kosaken griffen ihn daher an, trieben ihn bis nach Jeſſaul Lenow zurück und téð. teten sechs Mann. Wir hatten nur einen eini gen Verwundeten , welcher ein Kosake vom Don war. Den 17ten stieß eine von seinen Patrouillen unter dem Capitain Rackmannowauf eine Parthey von 22 Türken , schlug fie in die Flucht , tödtete ihrer zwey und bekam dabey nur zwey Verwundete , welches 2 freywillige pohlnische Kosaken aus der Ufråne wa ren. Den 18ten schlug ein von dem Capitain
L
Palalow commandiertes Detaſchement 30 Mann und tödtete ihrer fünfe. Den zoten befand sich diefer Officier gegen dem Gehölze über , welches sich von Dubasar bis an den Flecken Lakabul erStrecket
und entdeckte daselbst einen feindlichen
Posten von 15 Mann.
Er ließ ihn sogleich von den pohlnischen Kosaken unter dem Donischen Ut taman angreiffen, welche ihrer sieben tödteten und Eben diese die übrigen in die Flucht trieben. Kosaken machten den 24ten die zwey von Bender kommende Türken gefangen. Den 3ten blieb die Armee in eben demselben
221
Beylagen.
Lager, und rückte den 4ten nach dem Dorfe Ja blonovfe. Den sten kam fie nach Derajnia ,
einem
Flecken zwey Meilen von Mendzibos , wo unser nächstes Magazin war. Um den Transport der Lebensmittel und Füt terung zu erleichtern , und ter Reiteren grünes Futter zu verschaffen , vertheilte der Fürst die Armee folgender Gestalt. Er lagerte sich bey Mendzibos mit der Infanterie von der zweyten Linie. Die Infanterie der ersten Linie unter dem General Olik begab sich nach Schumevrsa ; der Hr. von Stoffeln segte sich mit der Reserve nicht weit von beyden Linien in den Flecken Tcherejna; der Graf von Soltikor mit der Hälfte Reiterey. in den Flecken Schmelinsk und deſſen Gegend; der General - Major Ismailow mit der andern Hälfte der Reiteren zu Litin und in dessen Ge gend; die Artillerie kam nach Mendzibos ; der Fürst Proforowski und seine leichten Truppen nach Bar und in die dasige Gegend , damit er Parthehen abschicken konnte , bachten.
den Feind zu beo-
In dieser Stellung schöpfte die Armee die nöthige Ruhe. Die nöthigen Bedürfniſſe konnte fie reichlich aus ihren Magazinen haben , und aus Rußland erhielt ſie die nöthigen Rekruten die Regimenter vollzählich zu machen. Aus den Bewegungen des Feindes am Dnifter und aus der Unkunft neuer Truppen zu Kotchim war zu vermuthen , daß er willens sey, über
223
Beylagen.
den Fluß zu gehen , und in Pohlen einzurücken allein der Erfolg lehrete das Gegentheil. Wir erfuhren durch unsere Partheyen , von den jenseit des Dniesters gemachten Gefangenen , und durch andere Wege, daß von mehr als 20000 Mann, welche sich in Kotchim befanden, nur noch ungefähr 3000 Türfen und einige 100 Tartarn übrig waren ; alle übrigen hätten sich empöret , den Bacha Mehmed ermordet , und wåren hierauf nach Jassi gegangen; in der Gegend dieser Stadt befanden sich andere z0000 Mann, welche nach Kotchim rücken, und die größten Verwüstungen anrichten follten , besonders in den Klöstern , deren Vorgesehte sie schon auf die grauſamſte Art hingerichtet hatten ; der Groß - Vezier Osmann sey zwar mit der Hauptarmee und der Fahne Ma homeds an der Donau angekommen , werde aber nicht über den Fluß gehen.
Der Khan der
Tartarn habe gleichfalls zu Kauchan Halte ges macht. Der Fürst fuhr fort sich mit dem Unterhalte feiner Armee , mit der Vertheilung der Rekru ten, und mit einem Worte mit der allgemeinen Wiederherstellung seiner Truppen zu beschäftigen. Er ließ zugleich den Feind und deſſen Bewegungen mit der größten Sorgfalt beobachten; weil aber der Fluß seit einigen Tagen durch den vielen Regen sehr aufgeschwollen war , so verhin derte folches den Uebergang der beyderseitigen Partheyen.
Beylagen,
223
Der Fürst Proforowski berichtete den 1 4ten, daß der Capitain Kreketsch , Befehlshaber einer unferer Partheyen, welche unaufhörlich an dem lin Fen Ufer herumstreiften, den 1 1ten an dem andern Ufer nicht weit von Kotchim , dem pohlnischen Dorfe Bebchine gegen über , ein Corps von uns gefähr 500 Türken entdeckt habe, von welchen einige bis an den Fluß gefommen wären und auf ihn gefeuert hätten. Dieser Officier ſtellete ſein Detaschement gleichfalls an den Fluß ,
und ließ
einige Flintenschüsse aufsie thun. Sogleich erhoben sie ein großes Geschrey , brachen ihre Gezelte ab, nahmen einige zerstreut herum gehende Pfer de und flohen nach Kotchim , obgleich auf ihr Geschrey und auf die geschehenen Schüsse, einige Rei teren aus der Stadt ihnen zu Hülfe kam. Die Russische Parthen sette ihre Patrouille fort, und als sie über Dvanets gekommen war , ward sie noch ein feindliches Detaſchement gewahr , wel ches sich aber auch sogleich in die Stadt warf. Den 15ten da der Fluß gefallen war, schick te man zwey Detaſchementer eines nach Mohilow und das andere nach Verjbovets ; aber keines von beyden brachte einige Nachricht von dem Feinde Das erste, welches aus Donischen Komit. faken bestand , stieß auf eine Patrouille , welche fich so tapfer vertheidigte , daß es keine Gefangene von ihn machen konnte ; indeſſen wurden einige getödtet , und die andern in die Flucht getrieben. Zwey Kosaken blieben in diesem Gefechte und zwey andere wurden verwundet.
224
Beylagen.
Ein wallachischer Bauer und ein Janitschar, welche aus Kotchim kamen , und auf die benach barten Dörfer wollten , wurden von einer unserer Patrouillen gefangen genommen, und bestätigten die vorigen Nachrichten.
Sie sagten , daß sich
bey dem Aufbruche unserer Armee
ungefähr
30000 Mann in der Festung befunden hätten, welche , weil es ihnen an vielen Nothwendigkei ten gemangelt , aus der Stadt gegangen wåren , so viele Mühe sich auch der Befehlshaber gege ben, sie zurück zu behalten ; so daß nur noch3000 Mann daselbst befindlich wären , welche von drey Bachas commandieret würden , von welchen fie aber nur den Ali und Karaman nennen konnten.
Sie festen hinzu , daß dieſe Beſaßung von
Mangel und Krankheiten sehr leide , und so sehr in Furcht lebe, daß man auch nur das Thor nach dem Dniester öffne. Beyde Personen waren schon vor acht Tagen aus der Stadt gegangen; bis dahin war nichts von türkischen oder tartariman ſchen Truppen in die Stadt gekommen hatte auch nicht gehöret , daß solche erwartet würden. Den 17ten kam zu einem unserer Vorposten an dem Dniester , ein Grieche , welcher aus der Stadt entwischet war , und gleichfalls versicherte, daß nur 3000 Mann unter der Anführung bon drey Bachas sich in der Stadt befänden. Allein drey Tage vorher , ehe er aus der Stadt gegangen , wåren achtzehen türkische Compagnien, die er ungefähr 1000 Man stark schäße , in Diesel
Beylagen.
225
dieselbe eingerückt, welche ungefähr 1000 Wagen mit Lebensmitteln mitgebracht hätten. Es wå ren auch 8000 Tartarn unter der Anführung eines ihrer Sultane in die Stadt gerückt, so daß die Besatzung nunmehr aus 12000 Mann beste hen könne. Man sage, daß noch mehr Truppen erwartet würden, nach deren Ankunft die Türken auf die Russische Armee und auf Kaminieck losgehen würden. Den 18ten erfuhr man , daß ein Corps von 2000 Türken, welches von dem Seraskier und vielen andern Bachas unter ihm angeführet wur de, eine halbe Meile von der Stadt gelagert ſen ; daß man den Groß- Vezier , welcher mit ſeiner Armee zu Satski stehe, nicht weiter erwarte, daß sich der krimmische Khan zu Kauchan befinde, und ſeine Truppen hinter sich gelaſſen habe , mit dem Befehl , nach der Ankunft des Veziers zu ihm zu stoßen ; und endlich , daß Potoski mit 1000 Conföderierten den Flecken Kapauka, zwen Meilen von Kauchan beseßt halte, und daß sich zu Dubasar ein türkischer Befehlshaber mit 200 Man befinde. Die Umstände dieser Conföderierten was Ob sie gleich von dem ren die elendesten. Groß- Vezier zum Scheine geschüßt wurden , so wurden sie doch von den Musulmännern verabs ſcheuet , die sie nur råudige Hunde zu nennen pflegten. Der Vezier ließ ihnen von Zeit zuZeit einige Beutel reichen ; allein so bald die Lebensmittel nur ein wenig abnahmen , gab man ihnen p
226
Beylagen .
nur den halben Theil.
Man beobachtete sie sehr
genau, und ließ ihnen allemahl ein türkisches De taschement nachfolgen , fogar wenn einige von ih nen nach Jaffi wollten , daselbst etwas einzu Faufen. Ungeachtet die türkische Armee zu Satski an der Donau 70000 Mann stark war, so machte sie doch, am 17ten erhaltenen Nachrichten zu Folge , nicht die geringste Bewegung, und der Bezier befand sich noch nicht einmahl bey dersel ben. Die Krankheiten waren bey derselben ein geriffen , und rafften viele Menschen weg. Man erwartete zu Kotchim 20000 Tartarn, und die Soldaten sowohl diefer Nation als auch die Türe Fen riffen in großer Anzahl aus, sowohl zu Kota Es ging auch ein Ges chim als auch zu Jaſſi. rucht, daß sich Potoski und der BischofKrasins Fy mit Gift aus der Welt geholfen hatten , und daß man sie in Jassi begraben habe. Den 20ten erhielt man von dem Fürsten Proforowsky folgende Nachrichten in Ansehung einiger von ihm in dieWoiwodschaft Reuffen gefchickten Partheyen , um Lebensmittel und Fütte Ein rung in derselben zusammen zu bringen. Corps von 6000 Mann ,
sowohl Türken als
Pohlen, (die lehtern konnten von denjenigen ſeyn, welche sich schon vor langer Zeit durch Ungarn in Pocutien eingeschlichen hatten, ) drang bis Lvov vor, bemächtigte sich der Vorstadt , umringte die Stadt, und forderte sie zur Uebergabe auf. der Commendant ,
Da
dessen Trompeter von unge-
Beylagen.
227
fähr erschossen wurde , solches abschlug, so brann ten sie die Vorstadt ab , und kanonierten diê Stadt.
Auf diese Nachrichten ließ der Fürst Proforowski starke Detaschements leichter Truppen nach ¿vov rücken , mit dem Befehl , dieſes Corps Rebellen genau zu recognofcieren , und es anzugreiffen, wenn es möglich wäre ,
sie mit Vor-
theil zu schlagen. Zu mehrerer Sicherheit bes fahl der Fürst Gallißin den Officiers, welche diese Detaschements anführeten , ihre Berichte nicht ell allein an den Fürsten Proforowski, fondern auch gerades Weges an ihn zu schicken, damit er ihnen nach Befinden der Umſtånde eine ſchleunige Hülfe an Fusvolk und Geſchüß von der Armee ſchicken und ſie in den Stand ſehen könnte , die Aufrührer zu zerstreuen , welche seine Zufuhr sehr beunruhigen konnten ; ob es gleich kaum glaub lich war , daß sie Türken bey ſich haben sollten , indem diese keinen offenen Weg vor sich hatten , zu ihnen zu stoßen. Den ziten berichtete der Fürst Proforows ki, daß der Capitån Angelov, der ein Detasche ment zu Pokuts commandierete, aufseinem Po-¨ ften drey Capitans in Diensten des Hospodars der Moldau, mit drey Fahnen und 63 wohlgekleide ter und gut ausgerüsteter christlicher Arnauten bekommen habe , welche in Ruſſiſche Dienſte tres Zwey von ihnen wären verwundet, ten wollten. weil sie bey ihrem Auszuge aus Jassi ein Gefecht mit einigen Türken gehabt hätten.
228
gen
Beyla
.
Diese Albanier oder Arnauten, unter welchen fich auchviele Wallachen , Moldauer und Bulgaren befinden, find fast insgesammt griechischer Religion , und nach Art der Türken ganz gute Soldaten, aber ohne Ordnung und Kriegszucht.. Sie dienen gemeiniglich zu Pferde , und ihre Waffen bestehen in einer Flinte, einem Sábel , einem großen Meffer und Pistolen. Einige füh ren auch noch alte Waffen , als Streitärte, Sie find geschuppte Panzer und Waffenröcke. allein an statt des auf türkische Art gekleidet ; Turbans tragen sie eine Müße von Rauchwerk und von cylindrischer Gestalt , so wie die Franken So bald sie zu den Russen: zu Constantinopel. kommen , stecken sie einen kleinen weissen Federderbusch auf ihre Müße , so wie ihn unsere Ko faken an statt der Schleiffe tragen.
Man unter
scheidet sie von den Türken auch an den Fahnen , in welchen sie das Kreuz neben dem halben MonEs sind leichte Truppen von der Art de führen. der Kosaken; sie sind gut den Feind zu beobach-ten, ihn zu beunruhigen , zu verfolgen , und ver Da sie ihre Schwäche stellte Angriffe zu thun. tennen, so wollen fie immer von andern leichten Truppen unterſtüßt ſeyn. Sie haſſen dieMuſul månner um der Religion willen. Der Feldherr machte aus ihnen , so wie aus denen, welche schon vorher zu ihm übergegangen waren, eine Escadron von ungefähr 100 Mann, welche er wie Husaren bezahlen ließ, und um diese Milig an sich zu ziehen, ließ er jedem Rei
}
1
Beylagen.
229
ter einen , und jedem Capitán zehn Ducaten zahlen. Den 22ten bekam eine unserer Partheyen,
welche von dem Lieutenant Starvißkoi angeführet wurde, einen alten tartarischen Edelmann und Officier gefangen, welcher sich in Kotchim befand, als unſere Armee jenseit des Dniesters ſtand, und welcher, als er gefangen wurde, auf die Güter gehen wollte, welche der Sultan ihm zu Beloh Er sagte, nung feiner Dienste geschenkt hatte. die Truppen , welche sich in der Stadt befunden , håtten selbige verlassen , sowohl wegen Mangel an Lebensmitteln , als auch weil die Bezahlung ausgeblieben sen ; es befänden sich jest nur noch 3000 Mann unter drey Bachas darin , worun ter Karaman der vornehmste sey. Nach der Aussage eben dieses Officiers wäre zehen Tage vorher ein anderer Bacha mit ungefähr 10000 Mann aus Rumelien angekommen, welcher vor der Stadt campiere ; überdieß sey vor zwey Ta gen ein tartarischer Sultan mit 15000 Mann
1
1
größtentheils Tartarn nebst einigen Türken o Rumelien eingetroffen , welche 40 Comparten ind dieſes jede von 150 Mann ausmachten In Corps campiere gleichfalls vor der Stadt. der Stadt befandensich brey Magazine von Reiß Die Stadt en so voll Menschen, und Grüße. daß die meisten Weiber sich in den Kellern , die meisten Männer abe auf den Wällen aufhalten Vor funfzehen Tagen sey ein Curier müßten. von dem Groß- Vezier angekommen, welcher die
230
Beylagen.
Nachricht überbracht habe , daß Abati ,
wegen
feines tapfern Verhaltens in dem lehtern Gefech te mit den Russen zum Bacha von drey Roßschweiffen und zum Bacha von der Reiterey er Er habe über diefes noch hun hoben worden. dert Beutel für sich und seine Truppen erhalten , mit dem Befeh!, mit 10000 Mann , die er von dem Groß- Vezier bekommen würde , ungefäumt nach Kotchim zu gehen , wo er nebst eis, nem großen Vorrathe von Mehlbereits angekomMan sage in Kotchim , daß men seyn müsse. ein Janitscharen- Aga , der vor 14 Tagen mit 40000 Mann und einem zahlreichen Geschüße von Satski aufgebrochen , nach Kotchim unter Weges sey , und daß der Bezier selbst mit einem Heere von 240000 Mann seit vier Tagen auf dem Marsche sey ; er habe einige Fremde bey sich und unter andern auch den Russischen Umbassa.. deur ; seine Absicht sey , sich zwischen Bender und Kotchim zu sehen , damit er im Stande sey , beySen Plätzen zu Hülfe zu kommen , vornehmlich a in Pohlen einzudringen , die Kuhe daselbst wiede herzustellen , und die Russen zum Frieden Endlich sage man , daß der krimmi zu zwinge, sche Khan, nicher sich mit allen seinen Truppen Conföderierten zu Kauchan und den pohlnis befinde , zu dem Vez
stoßen solle.
Den 23ten nahm ene Patrouille , welche von Mohilow auf die andere Seite des Dniesters geschickt wurde , drey mit Getreide, Tobak, Rofinen , Nüssen, Feigen , Seiffe, Sehl und Zwie-
Beylagen.
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back beladene Wagen weg , welche von Bender Die türkischen Solda nach Kotchim wollten. ten, welche sie begleiteten , retteten sich mit der Flucht, und man bekam nur einige Knechte, wel che aussagten , daß die Tartarn auf dem Wege von Bender nach Kotchim wären. Den 24ten ward , nach den Berichten des Fürsten Proforowski , eine von dem Capitán Cre kich geführte Patrouille auf dieser Seite des Dniesters einige Tartarn gewahr , welche bey dem pohlnischen Dorfe Braga nicht weit von der Stadt wieder über den Dniester zurück gingen , undvon den unfrigen, die sie verfolgen wollten, nicht ein gehohlet werden konnten. Sie hatten einige pohl nische Bauern mitgenommen , welche der Bacha Karaman, der in der Festung commandierete, so gleich wieder zurück schickte , und ihnen und ih ren Landesleuten anbefahl , ruhig zu seyn , mit entgegen gehen, daß er den Ruſſen ungesäumt dem Beyfügen den Er befahl ihnen, Schaden zufügen würde.
überall auszubreiten , daß eine große türkische Ara mee in Pohlen einrücken würde. Den 25ten berichtete eine von unsern Par thenen, welche bis an den Pruth gekommen war, wie sie von den Mönchen und übrigen Einwoh nern dieser Gegend gehöret habe ,
daß man seit
langer Zeit von den Türken und Tartarn nichts, als einige kleine Haufen gesehen habe, welche das Vieh wegzutreiben pflegten ; daß noch keine Tür fen, wohl aber einige Tartarn zu Kotchim ange
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Beylagen.
kommen waren ; daß zwar einige türkische Trup pen in der Gegend von Tchernauts in der Moldau gesehen worden , daß man aber nicht wiſſe, wohin sie ihren Weg genommen hätten , weil die Einwohner fie verfolget und verjaget håtten.
Bald nach der Eröffnung des Feldzuges fchlugen sich in der Moldau zahlreiche Haufenvon Räubern zusammen , welche die gebirgigen Gegenden jenseit des Pruth beunruhigten. Diese Räuber griffen ohne Unterschied sowohl die Moldauer als die Türken an, und hatten mit denlehtern öftere Gefechte. Den 26ten erfuhr man , daß die Conföde ration zu Litik in Volhynien erneuert worden, und daß Potoski , Starost von Kanewsk zum Marschal derselben sey erwählet worden. Dadie fe Conföderation für unsere Magazine in Volhy nien, besonders zu Olig, gefährlich werden konn te, so schickte der Feldherr dem Banner, welcher Polonna deckte , Befehl zu , auf dieſen Haufen ein wachsames Auge zu haben. Den 27ten erhielt man von dem Fürsten Proforowski folgende Berichte. Der Oberst . Lieutenant Schander , welcher mit einem Haufen leichter Truppen wider die Conföderierten geschickt worden ,
stieß bey Lvov auf ein Corps Pohlen
von ungefähr 5000 Mann unter verschiedenen Anführern , worunter sich auch die beyden Pu lawski befanden. Sie hatten keine Türken bey fich, sondern bloß 15 Lipcanische Tartarn, Da
Beylagen.
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fie fich der Stadt nicht bemächtigen konnten , so steckten sie einen Theil der Vorstadt in Brand, und zogen sich nach Chulka , wo ein Officier mic 37 Mann pohlnischer Infanterie zu ihnen stieß. Den folgenden Tag gingen sie nach dem Flecken Christianopol, zehn Meilen von Lvov, wo einige hundert Mann , sowohl Fußvolk, als Dragoner und Ulanen , nebst einigem Geschüße, zu ihnen stoßen sollten. Ihre Absicht war , wieder nach Lvov zu kommen , und diesen Ort anzugreiffen, dessen Befehlshaber sich in der äußersten Verles genheit befand, weil schon bey dem ersten Angrifs fe ein Theil der Besaßung mehr Neigung , sich zu ergeben , als sich zu vertheidigen , bezeiget und sich sogar schon wider ihre Officiers empöret hatte. Es war nothwendig, dem Oberst- Lieutenant
Schander,
wider diese Conföderation , welche
fich täglich verstärkte und gefährlich werden konn Allein, da diese te, Verstärkung zuzuschicken. Truppen sehr schnell von einem Orte zum andern streiften , und sich bey Annäherung unserer Infanterie ohne Zweifel zerstreuet haben würden, so daß man sie nicht würde einhohlen können : fo schickteder Feldherr dem Hrn. von Weimarn Be fehl , Lvov mit einigen Compagnien Fußvolks befeßen zu lassen, und dem Hrn. Schander, zu den zwey Eskadrons Carabiniers und der Eska. dron Dragoner zu stoßen , welche Banner wider die Aufrührer nach dem Flecken Broda geschickt habe, mit allen diesen Truppen auf die Conföde
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Beylagen.
rierten los zu gehen , ſie anzugreiffen und zu verfolgen , und im Nothfalle die Dragoner abfißen zu lassen, und sie als Fußvölker zu gebrauchen. Den 28ten gingen von dem, Fürſten ProDer Capítån forowski folgende Berichte ein. Angelow , welcher in die Woiwodschaft Reussen geschickt worden, berichtete ihm, daß, als die Conföderierten vor Lvov gewesen , und ihre Partheyen auf den benachbarten Dörfern herum gestreift, und Lebensmittel gesucht , sen einer derfelben, un gefähr 200 Mann stark, auf einer Russische Pa trouille gestoßen, welche der Fähnrich Rakevsky geführet. Die Conföderierten håtten ihn angegriffen, allein unsere Husaren und Kosaken hatten ihnen 15 Mann getödtet , zwey Gefangne gemacht, und den Ueberrest in die Flucht getrieben.
Von
Seiten der Russen seyen nur drey Kosaken-Pfer de verwundet worden. Nach den Berichten vom 29ten hatte der Hr. von Weimarn den Major von Drewiß mit einem Detaschement wider die Conföderierten bey Lvov abgeschickt , und als dieser bey Janov nicht weit von dieser Stadt ankam , verlangte er von den Oberst- Lieutenant Schander eine Verstår kung von 200 Kosaken. bige, weil er glaubte ,
Dieser schickte ihm seldaß die Conföderierten
nunmehr zuverlässig geschlagen und werden
müßten ,
zerstreuet
zumahl da ihnen nach dem
Dniester oder den ungarischen Gebirgen zu kein Schlupfwinkel mehr übrig sey, und sie sichbloß
Beylagen.
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nach Lublin und der Weichsel ziehen konnten, welche Gegend von unsern Truppen bescht war. Schander blieb bey Lvov, die Bewegungen des Feindes zu beobachten, und feine Partheyen mach ten einen Haus- Marschal, vier Husaren, und zwey Edelleute gefangen. Den 30ten ging eine unserer Partheyen bey dem pohlnischen Dorfe Rubniß über den Dniester, und berichtete, daß 9000 Türfen unter der An führung von sieben Bachas bey dem Dorfe Tscher naja - Dolina angekommen wåren, daß noch eine Verstärkung nebst der ganzen tartarischen Armee zu ihnen stoßen sollte, und daß sie alsdannn durch Pohlen nach den Rußischen Gränzen rücken wolls ten.
Ob nun gleich diese Nachricht noch Bestä
tigung bedurfte, so nahm doch der Fürst Proſorowsky die nöthigen Maßregeln, die Bewegung gen zu beobachten, welche der Feind machen konn te, wenn er in Pohlen eindringen wollte. Den 31ten berichtete er, daß da er selbst eine Besichtigung längs des Dniesters vorgenommen, so habe er in den äußern Werken nach dem hỏ hern Theil der Stadt und hinter den Pallifaden, ein Lager von ungefähr 1000 Mann, und außer den Werken auf dem freyen Felde , eine große Menge tartarischer Hütten entdeckt, worin sich gleichfalls 1000 Mann befinden möchten. Die Gezelte des Sultans habe man nicht erblicken Fönnen, weil sie hinter der Anhöhe gestanden.
#36
en
Beylag
.
Junius. Den iten erfuhren wir, daß der Capitán Krekitsch, welcher mit einigen leichten Truppen abgeschickt wurde , Nachrichten von dem Feinde einzuziehen, die ganze Nacht zugebracht , einen fichern Uebergang über den Fluß zu finden. Bey Anbruche des Tages wurde er von einem Haufen von ungefähr 500 Türken und Tartarn entdeckt, welche anfingen durch diefeichten Stellen zu gehen, und ihn anzugreiffen. Er entschloß sich, sich mit feinem kleinen Haufen zurück zu ziehen, und dem Fürsten Proforowsky Nachricht davon zu geben. Dieser schickte ihm Befehl, ſich nach Kitaigorod. zurück zu ziehen, wo er unfern Detaschementern nåher war, und ihm fernere Nachrichten von dem Marsche dieses Corps zu überschicken, gegen welHes er zu gleicher Zeit noch ein anderes Detaschement abschickte, um dasselbe zu beobachten. Der Capitán Krekitsch berichtete bald darauf, daß dies fer Haufe Türken und Tartarn, welcher ungefähr 1000 Mann stark gewesen, ihm eine Zeitlang gefolget, hernach aber wieder zurück gegangen fen, und sich eine Viertelstunde von Kaminieck gefeßt habe.
Es blieben in diesem kleinen Ge
fechte nur ein Rußischer Husar und vier Türken. Allein es kamen noch mehrere Türken und Tar tarn diesseits des Flusses, und nach den Aussagen ber pohlnischen Bauern wuchs dieses Corps bis auf 4000 Mann an.
Die Patrouillen, welche
Krekitsch ausschickte ,
machten vier Gefangene,
Beylagen.
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und berichteten, daß sie das Land verwüsteten, die Dörfer abbrenneten, und keine Anstalten zum Rückzuge machten. Auf diese Nachrichten machte der Fürst Pro forowsky Unstalten, dieses feindliche Corps an greiffen zu lassen. Allein er erhielt von der zu dessen Beobachtung abgeschickten Parthey die Nachricht, daß es, nachdem es einige Dörfer ab gebrannt, wieder über den Dniester gegangen sen und einige Einwohner beyderley Geschlechts ge fangen mit sich fortgeschleppt habe. Den 2ten erfuhr man von dem Major Heie
fing,welcher mit einemHaufen leichter Truppen in einen Posten Balta gegen über geschickt worden, daß ein großer Haufe Tartarn inPohlen eingefallen sen, zehen Menschen umgebracht, und viele Einwohner, ſowohl Månner als Weiber mit ſich fortgeschleppt habe. Ein zu Kisnih postierter Offi cier berichtete, daß sich der Feind an dem andern Ufer sehen lassen, und den Fluß an verschiedenen Orten untersucht habe. Um einen so wichtigen Posten zu sichern, schickte der Major Heiking den Capitán Palalof mit einer Eskadron freywil liger Pohlen und 50 donischen Kosaken dahin, und begab sich bald darauf mit zwey pohlniſchen Eskadrons, 150 donischen Kosaken, einigen Hu faren und einer Eskadron Arnauten ſelbſt dahin, Da diese leßtere nicht mehr Arnauten heiffen wollten, so bekamen sie den Nahmen der Frey willigen. Dieser Officier faßte den Entschluß, über den Fluß zu gehen, und den Feind anzugreif
Beylagen.
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fen, welcher nach allen Berichten, besonders des Wolcheninof, welcher bis an ihr lager gekommen war, nicht über 400 Mann stark war. Er be fahl den Capitáns Raimanow und Margachig ihn mit den übrigen Kosaken von der Seite des Fleckens Dmitrachkowsky zu unterstüßen. Da das Wasser des Flusses sehr hoch war, so mußte er theils schwimmend, theils auf kleinen Fahrzeu gen über denselben gehen, worauf er auf das feind liche Lager los ging, welches sich eine halbe Meile hinter dem Dorfe Lakobil, nicht weit von dem Flecken Tchernaja Dolina, eine Meile von dem Dniester, zwischen Jawresk und Rachkowa, denr pohlnischen Dorfe Rubinza gerade gegen über be fand.
Allein, jekt sahe er wider feine Erwar
tung, daß die Feinde an die tausend Mann stark. waren, ohne was sich noch hinter dem Gehölze befinden konnte.
Nichts desto weniger griff er
fie an, trieb sie zweymahl aus ihrem Lager und zerstreuete sie. Allein ungeachtet dieſes guten Erfolges, zu welchem die Tapferkeit und der Eifer der Arnauten vieles beytrug, mußte er sich zu rück ziehen, weil die Feinde sich von neuem feßten, und aus dem Hauptlager zu Tschernaja Dolina Er bis auf 3000 Mann verstärkt wurden. machte seinen Rückzug, ungeachtet der unge-
ftumen
Angriffe
eines
an
Anzahl
so sehr
überlegenen Feindes und ungeachtet des bes Ständigen Feuers desselben, in der beſten Ordnung und ohne einigen Verlust, indem er so gar von dieser Seite des Dniesters 300 der fettes
.Beylagen. -
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ften Ochsen mit nahm , welche er in dem türki schen Lager erbeutet hatte. Die Türken verlohren in dem Angriffe 60 Mann, die Russen aber einen Arnautischen Capitan , acht Soldaten, 2 Husaren, 19 Pohlen und i donischen Kosa. ken. Zwen Husarenpferde waren verwundet. Der Major Heifing meldete dem Fürsten Proforowsky, daß das Lager zu Tschernaja - Dolina aus 9000 Mann bestehe, welche von 7 Ba chas commandieret würden ; daß die gegen Rach kowa über befindlichen Truppen gleichfalls zu ih nen gestoßen wåren, und daß nach dem allgemei. nen Gerüchte sie zu den Tartarn stoßen sollten, um durch Pohlen einen Einfall in das Rußische Gebiet zu thun.
Den 3ten sahen unsere Vorposten unter dem Obersten Keasmatchokov zwey Arnautiſche Capi tåns mit 30 Reitern und 2 Fahnen ankommen, welche durch Snaitin von Jaſſi kamen. Der Fürst Proforowsky schlug sie zu der schon vorher errichteten Eskadron , und ließ ihnen nach dem von dem Feldherrn erhaltenen Befehle eben die selbe Zahlung reichen. Denselben Tag bekam man unmittelbar. Nachricht, daß die türkische Armee, 160000 Mann stark, wirklich über die Donau gegangen fen, daß sie sich mit denjenigen Truppen, welche zu Jaffi und an andern Orten der Moldau standen, vereinigen und nunmehr ihre Unternehmun. gen anfangen wolle, daß er Großherr Befehl gegeben habe, alle Wallachen nieder zu machen,
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Beylagen.
besonders die in den gebirgigen Gegenden nach Siebenbürgen zu, weil sie sich unter den Schuß der Kaiserin begeben hatten ; dieser Befehl wurde von den aus Kotchim abgeschickten Türken und Tartarn auch wirklich vollzogen.
Man erfuhr
auch, daß Potosky, von welchem es geheissen, daß er sich mit Gift umgebracht habe, sich in der Moldau befände, und mit seinem Haufen durch Moilow in Pohlen einzudringen fuche; daß die Conföderierten den Anschlag gemacht , sich der Stadt Kiow zu bemächtigen, einen Marschall in Podolien zu erwählen, und eine allgemeine Con föderation zu errichten. Vier Tage vorher machte die Stadt Ketchim eine Salve aus dem schweren Geschüße, woraus der Fürst Proforowsky vermuthete, daß der Groß vezier mit seiner Armee oder doch mit einem be trächtlichen Corps angekommen seyn müsse. Man sagte auch wirklich, daß vier Bachas mit ihren Truppen bey Kotchim angelanget wåren. Der Fürst Prosorowsky ſezte zu dieſen Nachrichten hinzu, daß er sich zwar alle Mühe gebe, die Befehle des Feldherren zu vollziehen , und die geringsten Bewegungen des Feindes durch be ständige Partheyen und Patrouillen beobachten laffe : allein es wäre ihm doch jest fast unmöglich, folches mit eben der Genauigkeit in das Werk zu richten ; indem die Macht des Feindes sich so sehr vermehret habe, daß er kein Mittel vor sich sehe, Partheyen jenseit des Dniesters zu schicken . Der Feldherr befahl ihm von neuen die geringsten Bewe
Beylagen.
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Bewegungen des Feindes, so stark er auch sen, auf das genaueste zu beobachten , und ihm von 1
den Unternehmungen, die er an dem linken Ufer veranstalten könnte, Nachricht zu ertheilen, damit, wenn er mit Macht über den Fuß ginge, die Rußische Armee die nöthige Zeit bekäme, fich ihm zu widerseßen.
Die Streifereyen der Rußischen
Partheyen jenseit des Dniesters waren also völlig unterbrochen , und sie machten ihre Patrouillen bloß auf dieser Seite, um den Feind zu beobach ten. Was den Major Heiking betrifft, so erhielt er alles Lob, welches ſein Muth und besonders fein kluger Rückzug verdieneten, so wie ihm denn auch die vollige Grade der Kaiserin versichert wurde.
Die Nachricht von den zu Kotchim angelang. ten Verstärkungen wurde noch denselben Tag von zwey Janitscharen bestätiget, welche den 30ten als Ausreisser aus der Stadt gegangen waren. Ihre Mütter waren Chriſtinnen in Pohlen, und sie wollten sich wieder zu dem Christen thume bekennen. Beyde bestätigten einhellig, daß ein tartarischer Sultan vor ungefähr drey Wochen mit 40000 Tartarn bey Kotchim anges kommen sey, und bey der Stadt im Lager stehe, daß vor sechs Tagen auch 20000 Türfen einge troffen wären, welche sich in der Nähe gelagert Håtten, und endlich, daß man den Tag vor ihrer Flucht auf den folgenden Tag 12000 Türfen angesagt habe, welche voir fünf Bachas befehliget würden, wovon der eine Abast heisse, und daß sie
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Beylagen.
ohne Zweifel angekommen seyn müßten ,
weil
man das Geschüß in der Festung gelöset habe. Sie sehten hinzu, der Vezier sey mit der Fahne Mahomeds über die Donau gegangen, und woll te sich 12 Werste von Jassi zwischen Bender und Kotchim postieren.
Ihnen zu Folge bestand die
Besagung in der Stadt aus nicht mehr als 2000 Mann, welche von drey Bachas commandieret wurden, wovon der eine Karaman, der zweyte aber derEmir Ali sey ; den Nahmen des dritten wußten sie nicht. Die Stadt wäre so voll Ein wohner, sowohl Männer als Weiber, daß die Luft dafelbst sehr ungesund sey, die Krankheiten riffen häufig ein, es zeige fich fogar schon die Pest, und es stürben tåglich an die 60 Personen. Denselben Tag erhielt man auch von dem Ober . Lieutenant Schander Nachricht. Die Conföderierten, welche sich bey Lvov eingefunden, Der eine hatten sich in zwey Haufen getheilt. ging nach Belts und Samostie' und von da nach Mostiky, und diesem folgte der Major Drewiß, welcher von dem Corps des Weimarn abgeſchickt war; der andere Haufe wandte sich nach Rolodu, " Roblovo, Bucht und Chlotsev. Da er sich von hier nach Broda schlagen, oder durch Stanislas wow wieder nach Pokutien und in das Gebirge gehen, und zu den Türken stoßen konnte, fo folgte ihm Schander mit seinen meisten Truppen von Jaroslow und Pranislov bis zu dem Flecken Ra va, und schickte zwey Detaſchements eines auf dem Wege nach Chlotcher und das andere nach 3
Beylagen.
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Beretch zu. Zu gleicher Zeit folgten die von Banner abgeschickten Dragoner und Carabiniers einem starken Haufen Conföderierten , welcher von dem ältern Pulawsky und einem gewissen $ Burinsky angeführet wurde. Dieses Corps stand den 27ten May in der Gegend von Broda, und unsere Truppen beobachteten dasselbe , um unser Magazin zu Olika in Sicherheit zu seßen. Zu gleicher Zeit erhielt man von dem Brigadier Banner Nachricht, daß unsere entfernten Magazine, befonders das zu Berditchen den Anschlägen gewisser Anhänger der Conföderation ausgefeßt wåren, welche sich königliche Truppen nenneten, und sich in dem Flecken Kodna bey
T
Berditchen befänden. Als der Feldherr erfuhr, daß alle pohlnische Truppen, welche von den Conföderierten reden hören, und sich in ihrer Nachbarschaft befänden, ohne Verzug zu ihnen stoßen, und hernach vorgeben wollten, daß sie mit Ge walt dazu gezwungen worden : so schickte er ein Regiment Carabiniers ab, welches zu seinen in diesen Gegenden befindlichen follte.
Truppen stoßen
Den 4ten befand sich der Vezier, unmittel baren Nachrichten zuப Folge, an dem Pruth, in demjenigen . Lager ,
welches chedem Peter der
Große inne gehabt hatte, 20 Meilen von Bender, 12 von Jaſſi und 48 von Kotchun. Diese Armee bestand aus 80000 Mann , hatte aber kein Geschuß bey sich.
Der Seraskier Bacha
befand sich mit einem Corps gleichfalls an dem
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Beylagen.
Pruth, aber nur 8 Meilen von Jasst. Alle unter dem Groß- Vezier befindliche Truppen, die an dem Dniester mit einbegriffen, bestanden aus 190000 Mann.
Hier wurde der Firman, oder
der ausdrückliche Befehl des Großherren bekannt gemacht, daß der Vezier den 15ten nach Kami nieck - Podolsky rücken und sich dieser Stadt be mächtigen sollte. Den sten berichtete der Fürst Proforowsky, daß der Vezier in Pohlen einrücken, und Kami nieck einnehmen wolle ; daß einige hundert Türten gerade unter dem Geſchüße von Kotchim über ben Fluß gegangen wåren, und daſelbſtHalte ge macht, und so gar einige Gezelte bey dem Dorfe Braga aufgeschlagen hätten. Der Feldherr be fahl , fie anzugreiffen und sie wieder über den Dniester zu jagen, wenn ihrer nicht viel wären, und ihm unverzüglich Nachricht zu geben, wenn fie unterstüßt und verstärkt würden, damit er von feiner Seite die leichten Truppen mit Infanterie und Geschuß unterstüßen könne. Indessen ließ er diesen Nachrichten zu Folge, den General Stab der Armee zusammen kom men, und einen Kriegesrath halten, wo für nothig befunden wurde, die Armee eine Bewegung nach Kaminieck machen zu lassen , um sich den Unternehmungen des Feindes zu widerseßen. Den 6ten bekam die Armee Befehl, sich zu dem in dem Kriegesrache beschlossenen Marsche vorzubereiten.
Beylagen.
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Den 7ten brach die Armee in mehrern Colonnen nach Jarmoling, den zum allgemeinen Sammelplage beſtimmten Ort, auf.
Der Feld .
herr beschäftigte sich mit verschiedenen Anordnungen in Ansehung der Magazine und Hospitaler, welche er zurück laſſen mußte. Denselben Tag erhielt er von dem Fürsten
Proforowsky Nachricht, daß der feindlicheHause, welcher ben Kotchim über denFluß gegangen fen, aus 3 oder 400 Tartarn bestehe, welche sich noch in dem benachbarten Gehölze befänden ; unter der Festung befande sich ein Corps von 4000 Mann, welches bestimmt sen, sie zu unterstützen, und wel ches schon angefangen habe, über den Fluß zu ge hen, so bald es unsere Partheyen erblickt. Er berichtete ferner, daß nach den Aussagen seiner langs dem Dniester geschickten Partheyen die Türs fen sich zu Tschernaja-Dolina täglich verstärkten, und schon angefangen hätten, bey Dubasar über den Fluß zu gehen, um gerades Weges in Neu Rußland einzufallen , ohne erst durch Pohlen zu gehen. Auf diese Nachrichten gab der Fürst seinen leichten Truppen Befehl, dieses Corps Tartarn anzugreiffen, und es zu verjagen und zu zerstreuen zu suchen ; allein er empfahl zugleich, diesen Angriff in Betrachtung der zur Unterstüßung der Tartarn bestimmten Truppen mit vieler Vorsicht zu thun, und ſo, daß unsere leichten Truppen zu rechter Zeit unterstüßet werden könnten, befon ders mit Fußvölkern und Geſchüß, damit man
en
6
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lag
Bey
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keinen Mißfall veranlasse, der den Feind zu küh nern Unternehmungen aufmuntern könnte. In Ansehung der zu Tschernaja - Dolina an gekommenen Verstärkungen, und der türkischen Truppen, welche bey Dubafar über den Dniester gegangen waren, erhielt der Fürst Proforowsky Befehl, den im Innern Pohlens, zu Nemirow und an andern Orten befindlichen Detaſchements anzubefehlen, die Bewegungen des Feindes mit der größten Sorgfalt zu beobachten, und feinen Augenblick zu verliehren, von allem was sie ent decken würden, besonders in Ansehung des Marsches der Türken nach Neu-Rußland, sowohl dem Fürsten Galligin, als auch dem General - Major Soritels, welchen der Graf von Romanzow vor einiger Zeit mit einem Detaschement zu S. Elifabeth postieret hatte, Nachricht zu ertheilen. Den folgenden Tag erhielt man unmittelbar von der feindlichen Armee folgende Nachrichten. Den 3ten gingen 10000 Mann von der Armes des Veziers über den Pruth nach Kotchim. Der Vezier, welcher sich damahls an diesem Fluffe bes fand, sollte sich in kurzem nach Bender begeben, und den Seraskier Bacha mit einem beträchtli chen Corps nach Kotchim schicken , um daselbst das oberge Commando zu führen. . Ein Pohle, welchen Karaman Bacha aus Kotchim geschickt hatte, um unfere Armee zu re cognofcieren , ging zu unseren Vorposten über, und sagte aus, daß inan den Bezier täglich er warte, indem er bereits von Jaſſi aufgebrochen
Beylagen.
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ſey, und mit seiner Armee vorrücke, um in Poh. len einzufallen; in Kotchim und den dasigen Ge genden befanden sich 20000 Türken und 30000 Tartarn ; der Mangel und die Enge des Raums verursachten in dieser Stadt viele Krankheiten ; es lasse sich so gar schon die Pest spüren, es stürben täglich an die 60 Personen, und man könne fie faum alle begraben. Zu gleicherZeit meldete der General Banner, daß er von den Oberst - Lieutenant Rorta , der mit drey Eskadrons Carabiniers abgeschickt wor den, die aufrührischen Pohlen zu zerstreuen, Nach richt erhalten habe. Dieser Officier meldete ihm, daß der von dem Corps des Hrn. von Weimarn detaschierte Major Drewiß den 2 Sten des vorigen Monaths einen Haufen Conföderierten unter ihrem Marschall , dem Starosten Kanewsky Potosky, bey Christianopel angetroffen, über 200 von ihnen niedergemacht, 50 Gefangene ges macht und den Ueberreft zerstreuet habe.
Den
Tag darauf fen er auf ein anderes Corps gestos sen, welches der Marschall Berchinsky commandierte, habe sie gleichfalls angegriffen, ihrer 40 niedergemacht, und 60 gefangen genommen, auch 7 Kanonen erbeutet. Der Ueberreft habe sich zu Krasnoslav wieder gesezt, wo noch andere Con föderierte, und nahmentlich 30 Compagnien regu lårer Infanterie und zwey Regimenter pohlnischer Dragoner zu ihnen gestoßen wåren, da sie denn insgesammt denWeg nachLublin genommen, und nach Warschau gehen wollten, wohin der Major Drewiß ihnen folge.
1
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Beylagen.
Den 8ten und 9ten ſezte die Armee ihren Marsch in mehrern Colonnen nach dem allgemei nen Sammelplage Jarmoling fort. Den 1oten rückten der Fürst und das ganze..
Haupt- Quartier , welches der zweyten Linie ge folget war , gegen Mittag in das bey Mikelpol abgezeichnete Lager ein , wo man von dem Für ften Proforowski zugleich folgendeNachrichten erDie Tartarn , welche bey Braga über den hielt. Dniester gegangen waren , fiengen an , wieder über den Fluß zurück zu gehen; folglich hielt er für ráthſam , diesen Posten zu befeßen. Ein anderer feindlicher Hause , welcher diesseits Braga bis nach einem Dorfe Jamnis gekommen war, hatte die Schenke in Brand gestecker , die darin befindlichen Leute mit fort geführet , und sich hier , Ein anderes Corps auf wieder zurück gezogen. Don ungefähr soo Mann war bey Okapi über den Fluß gegangen , hatte einige Dörfer geplün dert , und viele Männer und Weiber mit fortges schleppt , sich aber auch sogleich wieder über den Zu Kotchim wurde eine starke Fluß gemacht. Salve aus dem groben Geschüße gegeben , ents weder wegen der Ankunft eines neuen Corps Truppen mit einem Bacha , oder auch um den Marsch des Veziers zu verbergen , wenn er etwa nach Bender gehen wollte , anstatt sich nach Kaminiec zu wenden. Den 11ten lagerte sich der Feldherr mit der zweyten Linie und einiger Reiteren bey Jarmo ling.
Man erhielt denselben Tag das Journal
Beylagen.
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von unsern leichten Truppen. Der General Pro forowski hatte sich mit 100 Mann selbst in die Gegenden von Braga und in das nahe gelegene. Gehölz Rachkov begeben, um die feindlichen Vor posten in der Nähe zu besichtigen. So bald die . se das Ruffische Detaſchement sahen, kamen fié fowohl aus Braga, als aus Svanes, undschick ten sich an , das Gehölz von beyden Seiten anzu greiffen. Da fie an Anzahl fehr überlegen wa ren so hielt der Ruffische General es für das beßte, sich zurück zu ziehen. Zualueto Den folgenden Tag berichtete der Capitán Pifcarev, welcher mit 100 auserlesenen Kosaken an eben diesen Ort auf Kundschaft geschickt wor den, daß er in den Wald Rachkom , nach Svaz neh und Braga gegangen , und an allen dieſen ~ Orten keine Seele von dem Feinde gesehen habe, weil sie in der Nacht zuvor insgesammt wieder über den Fluß gegangen wåren. Die pohlnische Bauern versicherten es dem Capitán und setzten hinzu, daß die Türken und Tartarn mehrmahls, bald in starker , und bald in ſchwacher Anzahl herüber kámen, unfere Truppen zu beobachten, oder vielmehr nur zu plündern , und daß sieHun de bey sich hätten, um die in die Wälder geflos henen Bauern und deren Vieh aufzusuchen. Den 12ten erfuhr man , das ein wallachis scher Ausreiffer zu den Vorposten des Capitán Wargachig gekommen sey , und gesagt habe, daß 3 uach dem Scharmügel des Major Heifing alle zu Tschernaja - Dolina befindliche Türken ,
über
اعر
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Beylagen,
6000 Mann an der Zahl nach Bender gegangen wåren , daß er ihnen hätte zu Pferde folgen müs ſen , und daselbst eine große Menge Türken und Tartarn gesehen habe.
Man sage daſelbſt, daß
dieſes Corps durch den Vorposten Orlov gehen , über den kleinen Fluß Rodinien feßen, und in Eine Patrouille Neu Rugland einfallen folle. eben dieses Officiers berichtete ,
daß ein Haufe
Tartarn , nachdem derselbe über den Dniester ge gangen, zu dem Dorfe Krutak gekommen sen , die Kirche nebst einigen Häusern ,
und ein benach-
bartes Dorf geplündert und abgebrannt habe, und hieraufwieder zurück gegangen sey.
Der Major
Heifing meldete auch, daß ein Haufe von unge fähr 1000 Türken gegen Werbka über den Fluß passieret sey , das Dorf geplündert, einige Bauern und Kosaken niedergemacht , und viele Månner und Weiber mit fortgeschleppt habe. . Von dem Oberst- Lieutenant Kervat erfuhr man , daß er auf einenHaufen Feinde bey Tsvanet und Oko pi gestoßen sey, und mit demselben ein Schar müßel gehabt , worin von Seiten der Türken 6 Mann geblieben wåren und ein verwundeter Janitschar gefangen worden ; worauf ter Feind wies der über den Fluß gegangen sey. Den 13ten war die ganze Armee bey Jars moling beyſammen , da man denn wegen der ferhern Unternehmungen einen Kriegesrath hielt. son Den 14ten blieb die Armee stehen , und den 15 ten rüchte sie in verschiedenen Colonnen in das bey Tinna abgesteckte Lager.
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Den 16ten lagerte sie sich bey Selintfica, einem Dorfe zwey und eine halbe Meile von Ka minieck. Den 17ten hielt sie wegen der auffer ordentlichen. Hiße des vorigen Tages vaſelbſtRaſttag , zumahl da es den ganzen Tag regnete, und die Wege sehr beschwerlich wurden , "wobey es zu® gleich empfindlich, kalt war, i
Der Fürst Proforowski meldete, daß sich auf dieser Seite des Dniesters keine feindlichen Poften mehr befanden , sondern daß sich nur einzele Partheyen fehen ließen , welche keine andere Ab ficht als zu plündern håtten. Den Tag vorher famen gegen 2 500 Türken bey Okopi über den Fluß, gingen bis an den pohlnischen Flecken Melitsa und fingen an zu plündern und Menschen und Vieh wegzuführen, cis ungefähr 400 Mann der unfrigen, größten Theils Kosaken, welche von den Oberst - Lieutenants Korvat und Tchofskof angeführet wurden, fie nicht allein wieder über den Dniester trieben , sondern auch 40 Mann von ihnen tödteten, 4 gefangen nahmen , und ihnen den mitgeschlepten Menschen und Vieh wieder abnahmen. Wir hatten blos 6 leicht verwundete Ko faken und zwey todte und fünf verwundete Pfer de. Die Gefangenen sagten , daß sie 1500 Mann start über den Fluß gegangen wåren, und fich zur Plünderung vertheilet hätten , daß aber bey Annäherung der Russischen Truppen einige andere wieder über den Fluß gegangen wären, aber sich in das Gehölz versteckt hätten.
Dem
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zu Folge machten unſere leichten Truppen Anſtalt, fie aufzusuchen. Able
Ein moldanischer Capitån, welcher vor einis gen Tagen aus Jassi gegangen war, um nicht von den Türken niedergemacht zu werden , und glücklich zu Mohilow ankam , wurde von dem Fürsten Proforowski zu dem Feldherrn geschickt, und bestätigte, daß sich der Groß - Vezier mit der türkischen Armee noch zwölf Meilen von Jassi bes fände , und Willens fey, den größten Theil sei ner Truppen über den Dniester nach Kaminiec zu schicken. Diesem Entwurfe zu Folge hatte der Seraskier von Romelien mit fieben Bachas und Locao Mann den Weg nach Kotchim genom men , und führete einen beträchtlichen Zug schwe res Geschüßes bey sich ; allein der Moldauer wußte nicht , aus wie viel Stücken es bestand. Den Sten feste die Kaiserliche Armee ihren
Marsch fort und lagerte sich ungefähr zwen Stunden rechts von Kaminieck und zwey Mei len von dem Dorfe Scherdin , welches an dem Dniester liegt. Denoten lag fie stille und beschäftigte fich mit den nöthigen Ausbesserungen an dem Gepåe de.
Der vorher gegangene Regen hatte die We-
ge ausgewaschen ; der Boden , welcher hier ohues nehin feucht und moraftig ist, war fo weich und fchlüpfrig geworden , daß Menschen und Vich nicht weiter fonnten. Man erhielt hier unmittelbare Nachrichten
von dem Feinde.
Der Vezier war den isten
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nach Bender aufgebrochen , um zu den Tartarn zu stoßen, und durch ) Orlov in das Ruſſiſche Gebiet zu rücken. Er hatte aus seinem Lager nach Bender einen Weg von 24 Stunden. Die 2rmee marschierte tåglich) 4 Meilen und führte, to Kanonen bey sich.
Der Vezier hatte bey der Brücke zu Isaktſcha einen Bacha mit 10000 Mann gelaſſen , und schickte den Seraskier Bacha mit einem beträcht lichen Corps und Geschüß nach Kotchim. Die Brücke zu Jfaktscha war von Holz , mit Nahe an einem Geländer auf beyden Seiten. diesem Orte befand sich das große Magazin, aus welchem die Türken bey ihrem Uebergange über die Donau ihre Vorråthe nahmen. Zwischen dem Pruth und Kotchim waren be
ständige Patrouillen, jede von ungefähr 50 Mann Endlich hatte auch der Vezier bey angeordnet. feinem Aufbruche einigen Conföderierten die Képs fe abhauen laſſen , und bey der türkischen Armee ging das Gerücht , daß sie alle dasselbe Schick fal gehabt hätten.
Die Türken zu Kotchim rich-
teten auf eben diefelbe Art verschiedene Conföde rierten und eine Menge pohlnischer Bauern hin, deren Wohnungen sie verwüsteten. Sieverkauf ten nachmahls diese Köpfe dem commandierenden Bacha in der Stadt für Kofaken- Köpfe, da fie denn für jeden Kopf fünf Löwenthaler be famen. Noch denselben Tag berichtete der Fürſt Proforowski einen beträchtlichen Vortheil ,
welchen
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unsere leichten Truppen über ein sehr zahlreiches feindliches Corps , welches von einem Bacha und einem gewissen Tschali - Beck commandieret worDiese Truppen fuchten den , erhalten hatten. einen feichten Ort , um über den Dniester zu ge hen , gerade zu der Zeit, da sich die Russische Urmee dem Flusse näherte. Unsere leichten Trup pen hatten eben dieselbe Bewegung gemacht, und einige Poſten an dem Ufer befeht , sowohl um die Bewegungen des Feindes desko genauer zu beobachten , als auch, um die unter Kotchim gelager. ten feindlichen Truppen auf diese Seite zu locken, und sie mit Vortheil anzugreiffen. Als die Türken unsere Truppen sahen , und von ihnen anges griffen zu werden befürchteten , so faßten sie wirk tich den Entschluß , ihnen zuvor zu kommen, und Den Morgen fingen einige fie anzugreiffen. von ihnen an, über den Fluß zu gehen, wurden aber sogleich von unsern leichten Truppen in die Flucht gejagt. Dieß geschahe gerade in dem Augenblicke da der Feldherr , Fürst Gallihin , Kotchim und die Ufer des Dniesters besichtigte.
Der Feind kam bald in größerer Anzahl wieder, und war, so viel man urtheilen konnte, unDer Feldherr ließ gefähr 20000 Mann stark. die Reserve unter dem Hrn. von Stoffeln, welche fich bereits in einiger Entfernung vor der Armee befand , und aus 10 Bataillons Grenadiers und 5 Batallions Carabiners bestand, vorrücken, um die leichten Truppen im Nothfalle zu unter ftüßen.
Der Feind griff zuerst die Kosaken an,
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welche sich bey der Heftigkeit des Angriffes und bey der überlegenen Anzahl des Feindes würden haben zurück ziehen müssen , wenn unfere in der Nähe mit schwerem Geſchüße befindlichen Jäger nicht die Türken aufgehalten hätten. Der Fürst Proforowski ließ sie hierauf sogleich von unsern Husaren und den übrigen mit Geschüß versehenen Jägern auf mehrern Seiten zugleich angreiffen. Die türkische Reiteren hatte sich in einer moraſtigen Gegend eingelaffen , wo sie sich nicht bewegen konnte , und war in diefer Lage dem ganzen Feuer der Ruffen ausgeseht , daher sie es auch nicht lan gé aushielt , fondern sich in der größten Unordnung über den Fluß zurück zog. Achtzehen Mann ersoffen , und die übrigen flohen ohne anzuhalten bis auf eine halbe Meile von Kotchim. Indes fen verfolgten die Russen sie nicht weiter , als bis an den Dniester. Die Türken verlohren in diefem Gefechte 402 Mann , welche den folgenden Tag begraben wurden. Einige Verwundete fchlichen sich in das Gehölz und starben daselbst; andere wurden daselbst lebendig gefunden und ge fangen gemacht. Wir bekamen auch einen Ba graftar oder Fähnrich , 10 türkische Soldaten, und zwey Fahnen , und hatten in diesem ganzen Gefechte nur 38 Todte, und 24 Verwundete , an Unter - Officier , Corporalen , Husaren , Donis nischen Kofaken , und freywilligen pohlnischen Kosaken. 30 Pferde wurden uns getödtet und 46 verwundet,
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Beylagen.
Dieser beträchtliche Vortheil über einen fo zahlreichen Feind war vornehmlich den guten Anftalten des Fürsten Proforowski und dem Betra-
44 gen des General Majors und Kammerherren, Hrn. von Potemkin zuzuschreiben , wie sich denn auch vornehmlich }folgende Officiers dabey rühm lich hervor gethan haben ; nähmlich der Bri gadier Tekeli, der Oberste Tchorba , die Oberst Lieutenants Bring und Pichewig , die Capitans Picharem und Fürst Gangarine , der Lieutenant Lubimov, der Kosaken - Attaman Polsdejev , der Kosaken Obersie Puchkarev , der zweyte Capis tån der Baturinschen Garde, der Lieutenant Po temkin von den Freywilligen , und endlich der Fähndrich Elber , welcher auf die Empfehlung feines Generals zum zweyten Lieutenant gemacht wurde. Den zoten und 21ten blieb die Armee im Lager und zwar 4wegen des beständigen Regens , welcher seit zwey Tagen die Wege fo ausgerissen hatte, daß man den Marsch nicht fortsehen konn te, ohne Menschen und Vieh zu sehr abzumats ten. Der Feldherr wandte diese Zeit zu den nós thigen Anstalten an, den unter Kotchim sehrzahl reich versammelten Feind an der Ausführung sei ner Absichten auf Kaminieck zu hindern ,
das
feindliche Land der siegreichen Waffen der Kais ferin zu unterwerfen, und feine durch unüberwind liche Hindernisse unterbrochenen Unternehmun gen fortzusehen. Den 22ten rückte die Armee vor Cherdni nach
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nach dem Flecken Tchernokosenska, einen wegen seiner Schönheit sehr merkwürdigen Ort, welchen aber die Türken und Tartarn auf das barbarischte verwüstet hatten ,
ob er gleich dem Bischof von
Kaminieck gehörte , der sich als ihr Freund und Ueber tausend Bundesgenoß bey ihnen befand. Bauern bewohnten diese fruchtbare Gegend , als diese Unmenschen denselben in einem einigen Tage entvölkerten. Nicht einmahl die wenigen wur den von ihnen verschonet , welche sich bey einem Bache verborgen hatten.
Die Türfen entdeckten
fie, als sie ihre Pferde getränket hatten , und Einige dieser machten ſie insgesammt nieder. unglücklichen Landleute irreten noch in den Ber als die Russische Armee daselbst durchzog , und verfluchten ihren Bischof und die Türken , welche die schrecklichsten Grausamkeiten bey ihnen verübt hatten. Die von dem General = Lieutenant Rennen
gen umher ,
kampf und von den Major Kamensfoi comman dierte Division , welche aus, 4 Regimentern Carabiniers , und einem Regimente Kosaken bestand, wurde nach Jantchinsk geschickt , um zwischen diefem Dorfe und Dolichka , über Braga , und Kotchim gegen über Posto zu fassen, um den Ue bergang der Ruſſiſchen Armee über den Dniester zu bezeichnen , und die Stadt von dieser Seite Diese lift that ihre des Flusses zu beschiessen. Wirkung ; die Türken glaubten in allem Ern ste, daß das Corps des Hrn. von Rennenkampf, welcher sein Lager aus Vorsicht durch leere Ge R
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Beylagen .
zelte und Wågen ausgedehnt hatte , die große Armee sen , welche zu Cherdni gestanden war. Den 23ten rückte die Urmee gerades Weges nach Samochine , einem Dorfe an dem Ufer des Fluffes bey Outche. Sie lagerte sich auf den An höhen und schlug eine Brücke, welche hinlänglich von Truppen bedeckt, und noch denselben Tag zu Stande gebracht wurde , ohne daß die Arbeiter von dem Feinde wåren beunruhigt worden. Den 24ten ging die Reserve mit allen leich ten Truppen über den Dniester. Allein da das Waffer stieg, und die Pontons der Armee nur zu einer Brücke hinreichten, so konnten die Truppen erst gegen Mittag völlig hinüber kommen. Die Armee folgte ihnen sogleich, marschierte den ganzen Abend und die ganze Nacht, und traf den 25ten gegen Mittag an dem zum Lager bes ſtimmten Orte eine Stunde vom Dniester ein. Hier brachte sie die Nacht zu. Die Reserve und die leichten Truppen wurden so gestellet , daß sie die Armee bedeckten , und alle Posten nach dem vor ihr befindlichen Bukowiner Wald befeßte. Sie schickten auch Patrouillen aus , um von dem Feinde Nachricht einzuziehen.
Die Lebensmittel der Armee und das schwere Gepäck wurden unter einer Bedeckung von Fußvolk und Reiteren zu Samochine gelaffen. Eben daselbst bauete man die Oefen zu dem Brote und Zwiebacke auf, und der Oberst Chirkov wurde nach Stanislawow , einem festen und bequemen
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Flecken in Pokutien abgeschickt , daselbst ein neu• es Magazin anzulegen. Da der Bukowiner Wald, welcher gerade auf dem Wege nach Kotchim lag , - sehr beschwerliche Wafferrisse und Hohlwege hatte, so wollte der Fürst lieber einige Märsche mehr machen , und diesen Wald linker Hand liegen lassen.
Errück-
te also nach dem Dorfe Rogosi , so daß er den Pruth höchstens auf eine halbe Meile zur Rech ten hatte. Den 26ten lagerte sich die Armee bey dem Dorfe Saftaona , welches sie von dem Feindeverwüstet fand. Dieser Ort liegt zwey und eine halbe Meile von dem Lager , welches sie verlassen hatte. Den 27ten rückte sie bis zu dem Dorfe Sadabraona, und den 28ten bis nach Rogosi , wel ches ungefähr noch zwey Meilen von Kotchim liegt. An diesem Orte hatte sie den Wald ſchon völlig im Rücken. Man erhielt keine andere Nachrichten von dem Feinde , als durch den Hrn. von Rennenkampf. Seine Patrouillen wurden einige schwa the Partheyen gewahr , welche über den Flußwollten; allein fo bald sich die Russen näherten , 301 gen sie sich zurück , woraus man schließen konnte, daß sie nur plündern wollten. Den folgenden Tag ,
den 24ten erfuhr er
burch eine seiner Partheyen , daß sich ein zahlrei ches Corps Türken långs dem Dniester nach dem Bukowiner Walde zu beweget habe , ohne das
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ganze nahe an der Stadt befindliche Lager zu be rühren ; daß denselben Tag gegen Mittag Trups pen aus Bender gekommen wären , welche mit Dem Geschuhe auf den Wällen wären begrüßer worden. u gleicher Zeit erfuhren wir durch unsere Zu B llen u o , daß 3000 Türfen über den Dnie Patr i n aren hen lecken e F , und die pohlnisc w fter gegang k c i n a l e k f a b t g d e r ll st h u n e fa vö ig verL , u , V Tc t e t e g e h e r , und die Einwoh gel und in die Asc hee eppt l h r e c e g s r d e e e g r d w t e t e r r t ni , od mi fo ne en n s e r g e i e n d t n h e n e h c r j o t l c e e f t , we di ab , be hä ma n e g z r n l e e a ö b l h g s r l h . wo ve um lu fic in da Ge et Man feste hinzu , daß dieser Haufe campier . kung rwarte , um hernach e habe , und eine Verstär na i h c t n h a g c r , nach Neu Urn dur übe den Bu d n a n l e e n zu geh ; ma hab bereits nach Bal Ruß che n Anzahl türkischer Truppe ca zu eine beträchtli n e h c r s n e e i Fleck n in dem pohln gefehe ; der Richt n e a l d l a i h berich, habe durch unsere Patrou Bertc tet, daß in der Nacht vom 20ten ein großer Haub fe Türken und Tartarn , als der Vortra eines Corps von vielen tausend Mann dafelbſt angehaber dieses Vortra- : kommen fen. Der Befehls ich fohlen l k r c e ü t r e h d m c s b s , alle be au de Ri be ha r n e e n m h m t e o h , zugeno , welch die Fluc Einw rn rück kommen zu laſſen , und ihnen zeun versiche , ert i r e l d h ö e e f d s b ß n e f n e o a i b on u , d C h da er Be i n k e r s n e o o d s h t s n r e e u c o e ä ; d r Ve,z s d P di L de n e n g e i l n r h e e j a o in Freyheit zu , die zier hab fog bef t r e n e ü h n e f vorh wär , ent hre worden. fehe , welc
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Allein so bald diese Unglücklichen nur zu Savra na ankamen,
wurden sie auch sogleich niederge
macht, oder gefangen fortgeschleppt. Uebrigens erhielt man nicht die geringste Nachricht von den unter Kotchim befindlichen Truppen, und die Ruffen konnten sich nicht genug verwundern , da sie sahen , daß ein Feind , wel cher mit den größten Unternehmungen schwanger ging, sich nicht nur nicht zeigte, sondern sich auch in seinem Lager eingeschlossen hielt, so daß nicht nur die Reserve und die leichten Truppen, welche alle Posten vor der Armee befeht hielten , sondern ´auch die Partheyen , welche auf Kundschaft auss geschickt wurden, und welche bis auf eine Meile vor Kotchim ſtreiften, weder einen Türken sahen, noch das geringste von ihnen erfahren konnten. Endlich meldete der Fürst Proforowski den 28ten Abends , daß sein weitester Posten vier Türken gesehen, welche sogleich Feuer aufihn ge geben und die Flucht genommen håtten ; es wåren hieraufan verschiedenen Orten einige Truppen zum Vorschein gekommen , welche mit unsern Leichten Truppen zu scharmußieren angefangen, allein da sie von den unfrigen jederzeit zurück getrieben und verjaget worden , fo hätten sie sich endlich insgesammt zurück gezogen , besonders bey dem Einbruche der Nacht. Den 29ten zeigte sich der Feind unsern teichten Truppen wie den Tag vorher ; allein da ſich die Russische Armee in völligen Marsch gefeßthat. te, so verschwand er , wie eine Staubwolfe , so
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Beylagen.
daß die Armee ohne einiges Hinderniß, obgleich der Weg bergig und voller Wasserriffe war, durch das Ende des Bukowiner Waldes bey dem Dor fe Rakitine kam, bey welchem sie sich lagerte. Die Türken glaubten auf den Bericht einiger Juden noch immer , daß das Corps des Generals Rennenkampf die große Armee , diese aber nur ein starkes auf Kundschaft ausgeschicktes Corps sey. Der Feind sharmugierte den Abend mit unsern leichten Truppen , und zog sich gegen die Nacht, nicht ohne Verlust , wieder zurück.
Der Feld
Herr besichtigte unsere Vorposten , und gab dem Fürsten Proforowski die nöthigen Befehle auf allen Fall , nebst einer Verstärkung an Infanterie und Geschüß. Der Fürst Proforowski berichtete denselben Tag, daß der Capitán Petrowiß, der mit einem Detaschement leichter Truppen nach Pocutien ge schickt war , fowohl um Lebensmittel und Fütte rung für das Magazin zu Stanislawow zu hohlen, als auch den Feind zu beobachten , ihm gemeldet habe , daß einer der vornehmsten pohlnifchen Aufrührer, Nahmens Twarowski, mit seinem Haufen an den ungarischen Gebirgen herum streife, um seine kleinen zur Herbeyschaffung der ke bensmittel ausgeschickten Partheyen anzugreiffen. Er habe sich entschlossen , ihm das Handwerk zu legen, habe ihn daher bey dem Dorfe Nadvorne, eine halbe Meilevon dem Gebirge aufgesucht, ihn anaegriffen , is Mann von ſeinen Leuten getödtet, den Twarowski selbst mit zwey seiner Sol.
Beylagen.
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daten gefangen genommen , 20 Pferde erbeutet, und zwey gefangene russische Soldaten befreyet.
Den zoten machte sich die Armee des More gens auf den Weg , so daß die Reserve und die leichten Truppen den Vortrab machten.
Dieße
mahl erschien der Feind sehr zahlreich)_und griff die leichten Truppen mehrmahls an, folgte ihnen, beunruhigte sie und scharmuzierte ohne Aufhören ; allein er wurde durch unser Geschüß jederzeit zu 1: rück getrieben , und im Angesichte der ganzen Russischen Armee von einer Anhöhe zur andern ges Allein da er ohne Aufhören neue Verstär kung erhielt, so daß er sich nach dem Berichte der
jagt.
Gefangenen, und so viel man urtheilen konnte, auf 10000 Türken und 20000 Tartarn belaufen mochte , so zeigte er sich unserer Armee mit ſeis ner gewöhnlichen Verwegenheit und ohne schwe res Geschütz, und stellete sich, als wenn er angreifDie Russische Armee sahe sich also fen wollte. gezwungen,
sich mitten auf dem Marsche in
Schlachtordnung zu stellen , welche freylich nicht regulår seyn konnte ; auch nicht aus einem Vierecke, sondern aus zwey Linien bestand , weil ihre Flügel gedeckt waren,
und sie einen an Anzahl
schwächern Feind vor sich hatte. Das Feuer aus zehen kleinen Kanonen, und zwey oder drey Bomben, welche auf dieſen Haufen geworfen wurden, trieben ihn gar bald nach Kotchim in die Flucht. so daß er den ganzen Tag nicht wieder zum Vors fcheine Fam. Die Armee folgte ihm und lager.
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Beylagen.
Der bergige te ſich bey dem Dorfe Tcherleni. Boden , und der Regen , welcher gegen Mittag frel und die Wege verderbte , machte, daßsie nicht ehe, als mit Einbruch der Nacht daselbst anlan gen fonnte.
Nach dem Berichte der Gefangenen verlohr der Feind in diesem Scharmützel ungefähr 100 Maim ; allein er führete fie auf Wagen , wet che er zu dem Ende bey sich hatte , mit sich fort, so daß man deren nur fünf auf dem Wahiplake fand. Wir nahmen zehen Mann gefangen, und erbeuteten zwey Fahnen und einige Pferde mit Gepäck. Wir verlohren dabey den braven Husaren - Lieutenant Starriffki , einen Unter-Officier, 34 Husaren , einen Trompeter , einen Karonchi oder Fähndrich und 10 Kosaken, nebst 67 Husaren oder Kosaken Pferden. Verwun det waren die Kofaken- Capitáns Demenkowis und Totowih, der Lieutenant Stankeviß und der Fähndrich Safrewski , 7 Unter $ Officiers oder Corporale, 72 Husaren, ein Trompeter, 2 Fähn driche, 32 Rosaken, 3 Arnauten, und 128 Hu faren oder Kosaken E Pferde. Die Officiers , wel che sich durch ihren Muth am meisten hervor thaten , waren nach dem Zeugnisse des Fürsten Proforowski, der Brigadier Tekeli, der Oberst - Lieu- · tenant Tchernichef, der Major Heifing, der Ca pitán Unrez, die Second ፡ Lieutenants Volcons ki und Bichov , Hr. Bak, Officier von der Ar tillerie , der Kofaken - Attaman Sulin und der Oberst Pazov. Der General legte ihnen die vers
Beylagen.
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bienten Lobeserhebungen bey um den Nacheiferzu unterhalten und anzufeuern. Julius. Den iten feste die Kaiserliche Armee ihren
Marsch nach Kotchim fort und erreichte das Dorf Dolmen eine und eine halbe Meile von dem Plas Be. Der Feind folgte den leichten Truppen und beunruhigte sie während des Marsches der Armee und bey ihrem Einrücken in das Lager ; allein er wurde jederzeit zurück getrieben , und zog sich ge. Einige den Abend gen die Nacht völlig zurück. vorher gemachte Gefangene fagten aus , daß die Türken bloß darum den Ruffen entgegen gegangen wåren, weil man ihnen gesagt habe , daß es nur ein Corps von 10000 Mann wäre, welches von der großen jenseit des Dniesters gelagerten Armee abgeschickt worden , und daß sie erst bey dem Angriffe ihren Irrthum eingesehen. Ein conföderierter Pohle, welcher aus Kots chim entwischt war , und diſſeits des Dniesters gefangen genommen wurde, sagte aus , daß der Anführer der pohlnischen Aufrührer Potoski, nachdem er zu Jafsi zu dem Seraskier gestof fen, welcher ungefähr 100000 Mann commane diere, zu Kotchim angekommen sey, wo man noch 2000 Conföderierte unter dem Regimentarius Marofoviski erwarte; als welche gleichfalls von Jaſſi kommen , und hernach nach Kaminiec rus cken sollten. Diese Aussagen wurden einhellig von allen Gefangenen und Ueberläufern aller Art
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Beylagen .
bestätiget, als welche noch hinzu festen, daß der Seraskier auch Pontons bey sich führe. Den zten verließ der Fürst das Lager bey Dolmen , um dem Plage noch näher zu rücken und den Feind anzugreiffen , der sich nach seinem Verluste am 30ten Junii in seine Verschanzungen geworfen hatte. Er schickte daher das unnu ße Gepäck unter einer hinlänglichen Bedeckung zurück. Kaum war die Reserve , welche den Vortrab ausmachte , durch einen Hohlweg gekommen , und fing an, die Anhöhen zu beseßen ,
als sich
ein Haufe von einigen 1000 Türfen ohne Ge ſchüß auf unserm linken Flügel zeigte ,
und an-
fänglich die leichten Truppen , hernach aber auch die Reiteren und das Fußvolk zweymahl mit groffer Verwegenheit angriff. Er rückte bis an die 4 Fronte der Grenadiers vor, streifte auf allen Seiten um unſere ſpaniſchen Reuter herum , und zerhieb sie mit den Såbeln . Die Ruſſen litten ans fänglich einigen Verlust ; allein die gewöhnliche Standhaftigkeit der Grenadiers , das Feuer aus dem groben Geschüße , und das regelinåßige und beständige Feuer des kleinen Gewehres , trieben denFeind zurück und nöthigten ihn fogar, eine seiner Fahnen vor unserer Infanterie im Stiche zu laſſen. Dieser Angriff war sehr lebhaft , und hätte
gefährliche Folgen haben können, wenn nicht der Feldherr sich selbst der Gefahr bloß gestellet, und durch sein Beyspiel und kluge Anstalten den Un gestüm der Türken vereitelt hätte.
Beylagen.
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Der Boben war für die Ruſſen ſehr nach theilig. Sie mußten durch einen moraſtigen Hohlweg, der mit Gesträuch bewachsene Anhöhen vor sich hatte. Jenseit derselben fanden sie die feindliche Reiteren, welche sie auf beyden Flügeln angriff. Die leichten Truppen und die Reiterey der Reserve, welche die Anhöhe bereits gewonnen. hatten, wurden von derselben wieder vertrieben und genöthiget, sich durch die Zwiſchenräume der Colonnen auf die Infanterie zurück zu ziehen, Doch dieser Verwirrung ward so gleich abgehol fen. Die Grenadiers von der Reserve rückten Uls geschlossen und mit starken Schritten vor. fie auf die Hälfte der andern Anhöhe gekommen. waren, machten sie einen stumpfen Winkel, da es ihnen denn durch ein lebhaftes und gut unterhaltenes Musketen Feuer gelang, ven Feind in einer halben Stunde über den Haufen zu werfen. Zu gleicher Zeit verdoppelten die beyden Linien, welche hinter der Reserve in Colonnen marschier ten, ihre Schritte, um sich zu beyden Seiten dieſes Corps in Ordnung zu ſtellen, und dehneten fich hinterwärts aus, um die Seiten desto besser zu bedecken und den Hohlweg frey zu machen. In dieser Stellung langte die Armee glücklich auf der Anhöhe an, machte daselbst aus Vorsicht ein langes Viereck und sehte auf diese Art ihren Weg fort. Ungefähr eine halbe Stunde weiter, stieß fie wieder auf den Feind, welcher jeßt nicht nur sehr zahlreich war, sondern auch grobes Geschuß und
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Beylagen.
Mörser bey sich hatte.
Nach Aussage der Ge-
fangenen bestand dieſes Corps aus 70000 Tür fen und Tartarn größtentheils Reiterey, und wurde von dem, von dem Vezier abgeschickten BachaMes hemed, Seraskier von Romelien, commandieret. Sie verbreiteten sich sogleichrings um uns herum, und griffen uns mit einer unbeschreiblichen Hef tigkeit von allen Seiten an, da indessen ihre Ka nonen und Mörfer auf unsere leichte Truppen spieleten, welche sie von der Seite angreiffen und zurück treiben. Dieser Angriff verzögerte den Marsch der Armee um einige Stunden. Der Feind wurde überall mit vielem Verluste zurück getrieben, und` da er sahe, daß wir immer auf ihn vorrückten, und unsere Kanonen und Bomben eine schreck liche Verwüstung in feinen Gliedern anrichteten, so ergriff der ganze Haufe auf einmahl und eben so schnell als er angegriffen hatte , die Flucht, einige in die Verschanzungen und unter Kotchim, andere aber bis hinter den Pruth, worauf die fiegreiche Armee der Kaiserin ihren Weg in eben derselben Ordnung und mit klingendem Spiele und fliegenden Fahnen fortsette. t Der Feldherr entschloß sich, sich die Flucht und den Schrecken des Feindes zu Muße zu mas chen, und gerade auf die Verſchanzungen los zu gehen. Da indessen die Nacht herein brach, und feine Soldaten der Ruhe nöthig hatten, so ließ er fie zu Bachkivsa, einem Dorfe, eine halbe Meile von Kotchim campieren.
Beylagen.
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So lebhaft auch unsere leichten Truppen den flüchtigen Feind, so wohl nach den Verschanzun gen, als auch nach dem Pruth zu verfolgten, so konnten sie doch nur dessen Gepäck einhohlen, wel ches sie größtentheils erbeuteten , nähmlich 250 Wagen, eine große Menge Kamelle, Gepäck, Gezelte, Pferde, Ochsen und Hammel. Der Verlust des Feindes muß sehr beträchts lich gewesen seyn. Man fand über 300 Todte 1 und mehr als 50 Pferde auf dem Schlachtfeld ; indeſſen hatten sie ihre meisten Todten und Verwundeten, der einhelligen Aussage der Gefangenen zu Folge, mit fortgeschleppt. Unser Verlust war sehr unbeträchtlich. Der Lieutenant von den Carabiniers Stirman , und
24 Unter - Officiers, Corporale oder Carabiniers, 9 Grenadiers oder Soldaten, 15 Kanoniers oder Fuhrknechte, und 5 Husaren wurden getödtetz der Oberst- Lieutenant von den Carabiniers Leontiev wurde gefährlich verwundet ; leichter ver wunder waren der Capitån von der Reiterey Likatchew , der Lieutenant Liakov , der Adjutant Bemrevskoi, der Unter- Lieutenant von der Ins fanterie Manteufel, der Lieutenant von den Huſaren Rakchani, 46 Carabiniers, so wohl Gemeine als Sergeanten und Corporale, 59 Grenadiers, Soldaten, Kanoniers oder Fuhrknechte, und 15 Husaren. 140 Carabiniers 3 Husaren- oder Ar tillerie -Pferde wurden getödtet, und 47 verwun det oder vermisset. Man konnte nur zwey Gee fangene machen, indem der Feind flüchtig hin
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Beylagen.
und ¿ her streifte, und mit verhängtem Zügel flohe. Wir nahmen ihm indessen 7 Fahnen, einen filbernen und vergoldeten Commando -Stab, ein Paar Pauken und 7. Trommeln ab. Ali Ben ein Herr aus Asien, welcher aus ſeinem Lan-
be mehr als 3000 Freywillige herben geführet hatte, wurde mit einer Pike im Rücken gefähr $ Řich verwundet, und rettete ſich auf dem Wagen eines Conföderierten. Sein ganzer Hause zer fireuete sich und die meisten gingen wieder nach Hause; nur einige hundert blieben bey ihrem Ans führer zurück, der sich gegen sie beklagte , daß ihre Cameraden ihn verlassen hätten. Das sind bey den türkischen Truppen die gewöhnlichen Folgen einer Schlacht. Der Feldherr ließ den Generals für den un ermüdeten Eifer, mit welchem sie zu dem Siege dieses Tages das ihrige beygetragen hatten, die gebührende Gerechtigkeit widerfahren , und legte ihnen das verdiente Lob bey.
Alle Ober- Officiers thaten ihre Schuldigkeit vollkommen ;
vornehmlich aber zeichneten sich nach dem Zeugniſſe des Hrn, von Stoffeln, die Oberst - Lieutenants Pil, Udam, Graf Natali, Stafelberg, Klitchka, und vornehmlich Bock und der Fürst Galligin, auf dessen Haufen der Feind mit der größten Wuth lossiel, und der da 3 Capitán Butskovsky,
ben befindliche Artillerie aus,
Die sämmtlichen Truppen legten bey dieser Gelegenheit neue Proben ihres Muthes und ihrer
Beylagen. Unerschrockenheit ab.
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Sie brannten vor Be-
gierde, diesen Feind, der sie nur scharmugierend angriff, in der Nähe zu haben, und ihn zu ſchla. gen. Viele Grenadiers baten, daß man sie aus den spanischen Reutern lassen möchte, damit sie in der Nähe auf den Feind feuern könnten, Der Feldherr lobte zugleich die freywilligen Officiers , welche sich bey der Armee befanden, und zuvorderst den General Potemkin , der sich bey den leichten Truppen befand, und durch sein Betragen und seine Erfahrenheit nicht wenig zu dem glücklichen Erfolge des Gefechtes beytrug; ferner die Capitans von den Garden, Tcherkosov und Bakmeter, den Unter - Capitån von der Reiterey Baturin, den Fürsten Mechtcherskoi, den Capitan - Lieutenant Rajevsky, den Unter- Lieus tenant Potemkin, den Prinzen Tcherbatov, Rims koi und Corsakow, den Cornet, Grafen von Woronzow, den Fåhndrich, Grafen von Münnich, und den Baron von Fersen, Adjutant des Generals, Grafen von Panin, weil sie in allen Posten, in welchen sie sich befanden, Eifer und Muth blis cken ließen. Bey dem Angriffe der Reserve wurde dem Capitán Bakmeter fein Pferd getödtet und das Pferd des Rajewsky verwundet. Was die Herren Tcherfakow , Baturin , Fürsten Mechtchersfoi, Potemkin, Prinzen Tcherbatov, Corsakov, den Grafen Woronzow, den Grafen Münnich, und den Baron von Fersen betrifft, so wurden fie in dem hißigsten Gefechte von dem
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Beylagen.
Feldherren gebraucht , verschiedene Befehle hin und wieder zu bringen. Den zten blieb die Armee in eben demsel
ben Lager bey Bachkivtsa, weil der Feind, als er erfuhr, daß wir ihn angreiffen wollten, ſeine Verschanzungen verließ , und sich theils nach Kotchim, theils aber auch hinter den Pruth zog, und zwar mit einer solchen Eilfertigkeit, daß er auch eine große Menge Kanonen , Kugeln, Bomben, Gezelte und anderes Gepäck im Stiche ließ. Der Weg aus der Verschanzung bis zur Armee, war daher voll Kosaken und Fuhrknechte, welche das was sie fanden unaufhörlich in das Lager brachten. Der Feldher ließ so gleich die Verschanzung mit einigen Regimentern beſeßen , und machte alle Anstalten, den Plaß von beyden Seiten des Dniesters zu bombardieren. Man arbeitete da her, die Batterien an den dienlichen Orten zu errichten, und die Armee näherte sich der Stadt Kotchim , so daß sich ihr linker Flügel an den Fluß lehnete. Die sechs Regimenter Infanterie, welche in der Verschanzung festen Fuß gefasset hatter, nåhmlich, auf dem rechten Flügel Kiov und Rostov, unter dem General - Lieutenant von Effen, auf dem linken Murom und Novogrod, unter dem Brigadier Grotenhilm , und in der Mitten Nevsky und Moskau unter dem General Major Cheraskov, bedeckten drey Batterien, welche der Oberst Meliſſino , und die Majors Chufen und Ludwig errichteten. Man machte fie
Beylagen.
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fie den 4ten sichtbar, und fing sogleich die Canonade und das Bombardement sowohl von dieser Seite, als von der Seite des Hrn. von Rennen kampf an. Beyde wurden einige Stunden lang ohne Unterbrechung fortgeseßt, vornehmlich zu ver suchen, ob der Feind , der aus Schrecken das Schlachtfeld und seine Verschanzungen verlaſſen hatte, sich nicht aus eben dem Schrecken auch zur Uebergabe wollte bewegen lassen. Ueberdieß hatte man von seinen Gefangenen vernommen, daß der Seraskier Bacha, als er von unsern Husaren verfolgt wurde, und weder Bender noch den Pruth erreichen konnte, ſich mit einigen tauſend Mann zu Fuß und zu Pferde in die Stadt geworfen hatte, ungeachtet sie mit einer großen Menge Truppen und anderer Einwohner schon angefüllet war. Allein die Türken , welche in festen Posten hartnäckiger find, und sich überdieß auf das schwere Geschüß verließen, welches die Wälle vertheidigte,
und wovon einige Kanonen 48
Pfund schoffen, schienen geneigt zu seyn, fich zu vertheidigen. Der ་ Fürst hielt es also für ratly famer, das Bombardement in eine Bloquade zu verwandeln, um den Feind, der in einen sehr engen Raum eingesperret war, und von Mangel und Krankheiten sehr leiden mußte, zur Ueber gabe zu zwingen. In der folgenden Nacht hielt man mit dem Bombardement von dieser Seite inne, und ſeßte es nur von der andern Seite des Fluffes fort. Die Türken, welche ſahen, daß ihre
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Beylagen.
Wälle beschädiget und ihre Truppen von unserm Feuer und den Krankheiten gar sehr vermindert waren, machten von ihrer Seite ein unaufhörlies, aber unnüßes Feuer auf uns, um uns we-
nigstens ein wenig zu entfernen, und sich mehr Raum zu verschaffen. Der Fürst suchte also blos ſie enger einzufchränken. Er ließ die zu Samchine gelafsenen Pontons långs des Dniesters herab brin gen, und zwey neue Brücken bey Okopi, im Angesichte unsers linken Flügels und faſt demselben * gerade gegen über schlagen, um eine freye Gemeinschaft mit Pohlen und dem linken Lifer zu haben. Er ließ hierauf noch einige Kanonen herben führen, neue Batterien aufwerfen, und den Plaß von neuem beſchieſſen, um dem Feinde keinen Augenblick Ruhe zu laſſen , und ihn dadurch zur Uebergabe zu nöthigen. Um diesen Endzweck desto eher zu erreichen, ordnete er die Vorposten von leichten Truppen an, die Bewegungen des Feindes, nicht nur von der Seite des Pruth, sondern auch weiter in die Mol. dau hinein, zu beobachten. Er unterſtüßte ſie mit Infanterie und Artillerie, und ließ Posten auf denWegen nach Bender und Jassi aussehen, damit der Feind nicht Mittel finden möchte, we der von dieser Seite, noch von dem andern Ufer des Dniesters Lebensmittel in den Plaß zu beingen. Er befahl auch dem Hrn. von Rennenkampf, Batterien gegen Kotchim über zu errichten, das mit die Türken nicht zum Wasser kennten, und
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besonders, daß sie ihre Pferde nicht zur Tränke führen konnten, welches sie denn auch in keine geringe Verlegenheit seßte, weil sie viel Menschen und Pferde verlohren, so oft sie an den Fluß kathen, und das Geſchüß von unsern Batterien so gar einige Gaffen der Stadt bestrich. Indessen, da es den Ruffen an schwerem Geschüße fehlte, so konnten sie keine förmliche Belagerung unter nehmen.
Als die Brücken bey Okopi fertig waren, wurde das schwere Gepäck nebst dem Proviant Wesen und der Bäckerey herben geschaffet, weil folches jest ohne Hinderniß geschehen fonnte. Es wurde ferner ein neues Magazin zu Stanislovov in Pokutien unter dem Hrn, von Tchirkov, Ober ften von dem Troitskischen Infanterie- Regimente, auf allen Nothfall errichtet. Einige der vornehmsten Edelleute begrüßten den Fürsten Galligin, und bothen ihm ihre Dien ste an. Sie meldeten ihm , daß sich im Innern der Provinz an verschiedenen Orten Vorräthe von Getreide und Vieh befänden, und erbothen sich, felbige anzuzeigen. Der Fürst schickte sogleich einige Detaschements mit ihnen ab, sich ihrer zu bemächtigen , obgleich schon vieles Vieh bey der Armee angekommen war, welches unter dieſelbe vertheilet wurde. Den sten, nachdem der Herr von Rennenkampf eine Verstärkung an Geschüß erhalten hatte und neue Batterien errichten laſſen, wurde der
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Plaß von neuem mit der größten Heftigkeit be schoffen und bombardieret ; der Feind erwiederté solches eben so lebhaft, aber ohne einige Wirkung. Da die Türken von unsern Vorposten in dem Plage sehr enge eingeschränket waren, so gaben sie ſich mehrmahls Mühe, ſolche durch häufige Uusfälle zu entfernen, wurden aber durch das Feuer unserer Artillerie und unsers kleinen Gewehres jederzeit zurück getrieben. Von dem Anfange der Bloquade an bis heute wurden uns in der Ver schanzung und auf den Vorposten in der Vorſtadt sechs Fuseliers und ein Jäger getödtet, und 22 Mann leicht verwundet, und unter andern auch Ueberdieß wurden der Lieutenant Chessakow. uns vier Pferde getödtet und drey verwundet. Den 6ten berichteten unsere in die Moldau nach Bender, an den Pruth und selbst nach Jaſſi ftreifenden Partheyen, daß sie nirgends etwas von dem Feinde gehöret hätten, und von dessen Annäherung nichts erfahren können. Viele Umstände hatten bis dahin verhindert, wegen des am 2ten erfochtenen Sieges ein Te Man beging daher diese Deum zu ſingen. Feyerlichkeit den 7ten mit den Salven aus dem groben Geschüße und mit einer dreymahligen Abfeuerung des kleinen Gewehres , welches die Armee in Schlachtordnung vor ihrem Lager machte und zugleich die feurigsten Wünsche für die Erhaltung Ihrer kaiserlichen Majestät und
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für den fernern Erfolg ihrer siegreichen Waffen abschickte. Einige vornehme Personen aus der Provinz berichteten denselbigen Tag, daß nicht allein die Tartarn, sondern auch der Vezier nicht die ges ringſte Bewegung machten, sondern daß sich die erstern noch immer in der Gegend von Kauchan, und der lettere nicht weit von Bender befänden, und durch Furcht und Schrecken an weitern Vors rücken abgehalten würden. Den 8ten fing der Feind an, das Feuer aus
unfern Mörfern an dem linken Ufer des Fluffes, welches noch mit der größten Lebhaftigkeit fortge.. ſeht wurde, sparsamer zu beantworten. Ob er gleich auf dieser Seite sehr enge eingeschränket war, so kam er doch zuweilen so wohl zu Fuß als zu Pferde aus der Stadt, aber in keiner andern Absicht, als frische Luft zu schöpfen. Sobald er aber einige Bewegungen von unsern äußersten Posten sahe, ging er wieder in seinen Schlupf winkel zurück. Man brachte an diesem Tage vieles Horn und anderes Vieh zur Armee , welches die Einwohner aus Furcht vor den Türken. in die Wålder verborgen hatten, und vertheilete es bey den Truppen. Der Fürst Proforowsky berichtete, daß der Capitán Angelov, den er auf dem Wege nach Jassi abgeschickt gehabt, 100 Arnauten angetrof fen habe, welche mit ihrem Capitán aus der Stadt gekommen waren, welche ihm berichtet,
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Beylagen .
daß noch ein anderes weit zahlreicheres Corps Arnauten, welches eben daher käme, gleichfalls flüchtige Türken aus Kotchim angetroffen, und eine große Anzahl derselben nieder gefäbelt habe. Viele Christen von allerley Art, welche aus Kotchim kamen, und worunter fich auch Pohlen ' befanden, welche bey den in dem Plaße einge fchloffenen Conföderierten gedienet hatten, berich teten einhellig, daß der Feind so wohl wegen Mans gel an Wasser und Lebensmitteln, als auch von unserm Bombardement, welches durch seine unnüge Canonade weder gehindert noch geschwächet worden, ungemein viel leide. Sie schtenhinzu, daß den Tag vorher, um Mittag eine unserer Bomben in die Küche des Seraskiers gefallen sey, und den Koch getödtet habe, wodurch die ganze Mahlzeit des Türken und des Potosky , der sich bey ihm befunden, vereitelt worden.
Uebrigens habe der Feind schon viele Leute verlohren, und die Festung
fey inwendig gar sehr beschädiget werden.
Der
Zwang worin er sich befinde, sey ihm außerordenttich låſtig, und überdieß herrschte in der Stadt ein fast unerträglicher Gestank. Unsere Partheyen berichteten, daß sie bis auf etliche Meilen rings herum gestreifet wåren, aber weder von dem Feinde noch von einigem nach Kotchim geschickten Entsake das geringste gehö ret øder gesehen hätten. Der Feldherr entschloß sich also, um den Plaß noch enger einzuschränken, und die Besaßung entweder durch Zwang oder
Beylagen.
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durch Schrecken zur Uebergabe zu bringen, die Truppen in der Verschanzung und auf den äußern . Posten vor Kotchim zu verstärken.
Er schickte
daher den General, Grafen Bruce, mit einigen Regimentern dahin, Den 1oten fand Gregorius Drekalevitsch, Montenegrinischer Archimandrit , welchen die Venetianer gefangen genommen , ihn sirr den Stephano Piccolo gehalten, und an den Sez. raskier Bacha von Komelien ausgeliefert hatten, Gelegenheit, aus der Stadt zu entwischen, da er denn in unser Lager kam.
Da er einen Wund-
arzt bey dem Seraskier abgegeben hatte , so wußte er alles, was vorging . Er sagte, daß unsere Bomben viele Menschen in der Stadt tödteten, und besonders die Gebäude sehr beschådigten ; sie hätten bereits fünfmahl in der Stadt gezündet, man habe aber noch immer Mittel ge funden, das Feuer zu löschen . Seinem Berichte zur Folge, hatten der Seraskier und drey Bachas ihre Verschanzungen verlassen und sich mit 12000 Mann in die Stadt geworfen. Man leide daselbst einen empfindlichen Mangel, und habe nur noch ein Magazin von Getreide und Mehl, welches aber auch schon angebrochen sey. Zwey andere, welche man bey der Ankunft dieser Truppen angebrochen hätte, wären bereits aufge zehret.
Es fehle auch an Waſſer, weil man daf-
ſelbe nicht anders als mit der außersten Gefahr aus dem Dniester bekommen könne. Unser Ge schüß habe schon eine große Menge Menschen an
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dem Ufer des Dnieſters getödtet , und tödte ihrer noch täglich. Der Feind habe seine geschickteften Constabler verlohren, und habe viele Mühe, ihre Stelle zu ersehen. Der Seraskier sey an der den zten erhaltenen Wunde noch immer krank. Potoski muntere die Türken auf, sich bis auf das äusserste zu wehren ; allein die Truppen wären so mißvergnügt, und zeigten so wenig Vertrau en gegen ihren Anführer, daß eine allgemeine Em pörung bey nahe unvermeidlich wäre. Unsere Partheyen und Patrouillen berichteten noch immer , daß sie nichts von einem Entsaße höreten , und schickten vieles Vieh ein , welches den Türken gehörete , funden worden.
und in den Wäldern ge-
Denselben Tag wurden der Graf von Bruce und diejenigen Regimenter, welche die Verscan zung und die äußersten Poſten nach der Stadt zu befeßten , von dem General - Lieutenant Soltikov und eben so vielen andern Truppen abgelöset. Der Graf von Bruce hatte den General-Major, Fürsten Galligin , unter sich mit 4 Regimentern zu Fuße, 1 Regimente Carabiniers , 2 Bataillons Jägern , dem nöthigen Geſchüße und einigen leichten Truppen.. Er berichtete dem Feldherren, daß er seiner Vorschrift gemäß , gesucht habe , den Feind sowohl aus den Gårten zu vertreiben , als aus der Vorstadt , wo er sich hinter den Ruinen einiger Häuser noch immer behauptet habe.
Es sey ihm auch noch den 9ten, den Tag
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feiner Ankunft, gelungen , fie um Mitternacht zu vertreiben , indem er sie durch die Jåger und Freywilligen angegriffen und hinter ihre Pallisaden gejagt habe. Allein den folgenden Tag, Mittags um 1 Uhr sey der Feind unter dem Schuße seines Geschüßes in den Gårten nahe an der Feftung in weit größerer Anzahl wieder zum VorEr habe unsere Jäger, unge fchein gekommen. adhtet sie von einem kleinen Detaschemente unterstüket wurden , genöthiget , sich zurück zu ziehen, und sogleich habe sich vor der Verschanzung nicht nur feindliches Fußvolk , sondern zur linken auch einige Reiterey gezeiget. Unser mit Kardätschen geladenes Geschüß und unsere Mörser , aus welchen Granaten geworfen wurden , hätten sie bald zum Rückzuge bewogen , worauf unsere Jeger 4 und Freywillige ihre Posien sogleich wieder in Besitz genommen und sich theils in der Vorstadt an der rechten Seite , theils in den Gårten zur linken , und an verschiedenen Orten bis vor den Unter diesen Umståns Pallisaden gefeßt hätten. den wäre das Detaschement abgelöset worden. Den 12ten versuchte der Feind , der in der Stadt allzu enge eingesperret war, einen Ausfall, und wollte sich mit einem großen Haufen Fußvolk und Reiterey durch die Russischen Truppen durch schlagen. Dieses an Anzahl überlegene Corps trieb anfänglich unsern kleinen Posten Jäger , welche in der Vorstadt waren , zurück , ob sie gleich von zwey Compagnien Grenadiers unterstügt wurden. Sie nöthigten sie zum Rückzuge, sie-zum
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indem fie felbige auf beyden Flügeln angriffen. Hierauf näherte sich dieses Corps der Verschanzung und griff unfern linken Flügel, welchen der General Samatin commandierete , sowohl mit Fußvolk als mit Reiterey an , indem er bis auf Allein er wurde einen Flintenschuß anrückte. durch das grobe Geſchüß und durch das Feuer des kleinen Gewehres jedeɛmahl zurück getrieben, und endlich genöthiget , sich wieder in die Vorstadt zu werfen. Hier ließ ihn der Herr von Soltikov von 2 Bataillons und 2 Compagnier Grenadiers mit ben Jågern und einigen Kanonen unter der Anführung der Majors Fabrician und Kinlock angreiffen, welche denn den Feind nöthigten , sich nach einem starken Verluste wieder in die Stadt zu ziehen, worauf sie ihre vorige Posten wieder einnahmen. Wir hatten bey dieser Gelegenheit 6 UnterOfficiers und Gemeine an Todten und 23 an Verwundeten. Der Verlust des Feindes war ohne Zweifel weit beträchtlicher , allein man konnre ihn nicht schäßen, weil er von den Gårten be deckt war. Indessen sahe man , daß sie ihre Todten und Verwundeten ihrer Gewohnheit zu Folge fortschleppten.
Der Hr. von Soltifov
wurde von dem General-Lieutenant, Fürsten Repnin abgelöset. Die Canonade aus der Stadt ward immer fchwächer und unterbrochener.
Es entwischten
auchviele Christen, meistentheils Pohlen im Diens fte der Conföderierten , und die übrigen , moldaui-
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sche Fuhrleute, welche Lebensmittel in die Stadt gebracht hatten.
Alle fagten einhellig ,
wie sie
gehöret hätten , (denn man ließ sie nicht nahe an die Wälle kommen , ) daß unser unaufhörliches Feuer von dem andern Ufer des Dniesters und vornehmlich unsere in einen so engen und voll gepfropften Ort geworfene Bomben , viele Men fchen und Pferde tödteten ;
daß man kaum Zeit
habe, sie in großen Gråben , welche man in der niedrigen Vorstadt hinter den Palliſaden mache, zu begraben , und daß in der Vorſtadt und in der Stadt selbst ein unerträglicher Gestank herrsche ; der Feind leide den äußersten Mangel an Lebensmitteln und Waffer; er habe anfänglich gehoffet, von dem Vezier entfeßet zu werden ; allein wenn dieser Entsah ausbleibe, so fey man entschlossen , den 15ten alle Thore zu öffnen , auf einmaht auszufallen ,
und fich durch die Russische Ar
mee durchzuschlagen . Den 13ten hatten unſere Patrouillen nichts Indessen von dem Feinde gehöret noch gesehen. berichteten die nach Jafsi zu ausgefchickten Par theyen, so wie die Einwohner , daß der Bezier ungesäumt den Khan der Tartarn mit 10000 Türken nach Kotchim schicken wolle. Denselben Tag erhielt der Feldherr einige geistliche und weltliche Abgeordnete von dem Erzbischof der Moldau , Jacob, unb den Bischof Jofest, welche ihm Brot, Salz und Briefe überreichten. Nach einem Glückwunsche über den guten Erfolg der siegreichen Waffen der Kaiſerin , und einen fur
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zen Gebethe an Gott um Fortsehung desselben wi der die Ungläubigen, bathen ſie um die Gnade und um den Schuß der Kaiserin. Der Feldher ver ficherte sie beyder und gab ihnen Sicherheitsbriefe für ihre Güter. Als wir uns der feindlichen Verschanzungen bemächtigten , fanden wir daſelbſt 130 Bomben von 30 bis 45 Pfund, 110 an Dere kleinere und . 3105 Kanonenkugeln. Da wir sie nicht brauchen konnten , ^ so ließ der Fürſt fie vergraben.
Den 14ten berichtete der Fürst Repnin, daß der Feind den ganzen Tag auf unser Flügeln fleis ne Versuche gemacht habe , vielleicht in der Abficht einen größern Angriff zu thun, sich an irgend einem Orte durchzuschlagen, und zu entwischen ; allein er habe keine von beyden Absichten vollzo gen. Er feste hinzu, daß von uns ein Sergeant geblieben sey und vier Soldaten verwundet worWas den feindlichen Verlust betrifft, so den. konnte man denselben nicht wissen , weil er von den Garten und Thürmen in der Vorstadt bedeckt wurde. Indessen fahen unsere Soldaten oft Türweggetragen ken fallen , welche von den Ihrigen n en einige , den sie ei nur ein Man wurden. aus Mangel der Zeit nicht wegschaffen können. Er hatte einen Sack voll Blätter ben sich, welche er aus Mangel an Fütterung ohne Zweifel in den Gårten für die Pferde gehohlet hatte. Wir be kamen auch einige Wallachen mit Wagen, wel che der Feind aus der Stadt gelaffenhatte. Nach-
Beylagen.
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dem sich die Feinde endlich mit Anbruch der Nacht zurück gezogen hatten , nahmen unsere Jager ih re Posten bis an die Pallisaden wieder ein, und der Fürst Repnin , fand rathsam, in der Nacht, • die nahe an der Stadt befindlichen Gärten bis auf eine gewisse Entfernung nieverreiffen zn lassen, damit der Feind nicht bedeckt zu uns kommen Fonnte. Den 15ten berichtete der Hr. von Stoffeln , welcher den Fürsten Kepnin ablösete , daß der Feind die ganze Zeit , so lange er in der Ber ſchanzung geweſen , fortgefahren habe , nicht nur unsere åuffersten Posten an der Seite des Dniefters zu beunruhigen, sondern, daß er sich unserm Truppen auch an mehrern andern Orten zeige; daß er aber allemahl durch das Feuer aus unserm Geschüße und kleinen Gewehr mit vielem Verlus ste zurück gewiesen, und so gar mit aufgepflanzWir ver ten Bajonetten angegriffen worden. lohren den Capitán Pisarewski mit drey Solda ten und bekamen 16 Verwundete.
Unsere Patrouillen und in die Moldau undnach Jassi geschickten Partheyen höreten noch immer noch sonst von einem
nichts von dem Feinde ,
Corps , welches der Festung zum Entsaße zu kommen gedächte. Dev Hr. von Stoffeln blieb in der Verschanzung mit dem Major Cheraston , weil der General - Lieutenant von Essen , welcher ihn ablösen sollte , unpaß war. Dieser Officier berichtete , daß die gewöhnliche Canonade aus ber Festung und der kleine Krieg der Befagung
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Beylagen.
nichts erhebliches bewirket habe , daß er aber ein nahe an derFestung gelegenes Gehölz hundert Ru then weit habe umhauen lassen , damit der Feind bey seinen Ausfällen unsern Poften nicht mehr ſo " nahe kommen könnte. Einige christliche Ueberläufer , Bulgaren und Wallachen , so wie zwey gefangene Türken , wel che sehr einfältig und unwissend waren , fagten einhellig , daß die Besaßung , welche den åusserften Mangel litte, entschloffen wäre , einen Ausfall zu thun und sich durch die Ruſſiſche Armee zu schlagen , wenn der Vezier ihr nicht bald zu Hülfe fame. Den 17ten meldete der Hr. von Rennenkampf,
daß die Canonade des Feindes ihm
bisher weiter nichts als 3 Todte und 5 Verwundete gekostet habe. Der Fürst Proforowskischick, te denselben Tag folgenden Bericht ein. Der Major Misurew , welcher mit einem
Detaschement Husaren und Kosaken zwischen dem Dniester und Pruth geschickt worden , stieß den 15ten ungefähr 3 Meilen von Kotchim auf3000 Türken, Tartarn oder Conföderierte. Da er viel zu schwach war, so zog er sich nach lipchane zurück, welcher Flecken vier Stunden hinter ihm lag, um zu dem Major Heiking zu stoßen. Da der Feind seine Schwäche merkte, so schickte er 400 Mann ab, ihm zu folgen.
Als Misurev
fie in einer guten Entfernung von dem Haupt Corps fahe, so machte er Halte, griff ſie an, fchlug fie, verfolgte sie eine halbe Stunde, und
Beylagen.
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tödtete ihnen 10 Mann, ohne einen einzigen Mann oder Pferd zu verliehren. Der Capitán Angelov , welcher über den Pruth auf dem Wege nach Jassi geschickt wur de, sahe gleichfalls 300 Tartarn , welche von diefer Stadt her kamen und bis auf 4 Meilen disfeits des Fleckens Batuchani vorgerücket wa Er zog sich ein wenig zurück , und hiele ren. fich in einiger Entfernung jenseit des Flusses , um ihre fernere Bewegungen zu beobachten. Endlich meldete auch der Major Heiling , daß er den Tag vorher zwey Meilen von seinem Posten Feinde gesehen und ein Detaschement abges schickt habe, 6 fie in Augenschein zu nehmen. Auf diese Berichte schickte der Feldherr dem Fürsten Proforowski Befehl , sogleich neue und weit stärkere Detaschements abzuschicken , um zuverlässige Nachrichten von dem Feinde einzu ziehen, damit man genau wiſſe, woher er kåme, wie stark er sey, was er im Schilde führe, ob er fich zurück ziehe , oder Halte mache, und ob er willens zu seyn schien , festen Fuß zu fassen, um die Bewegungen der Russen zu beobachten, und den Vezier davon zu benachrichtigen. Man erfuhr nunmehr gar bald, daß sich der Khan der Tartarn mit 80000 Mann nicht nur in dem Gehölze befände , welches der Groß- Ve zier befeht hielt , ehe er sich nach Bender zog, sondern, daß er auch Anstalt mache, ohne Auf Der Feldherr schub nach Kotchim zu rücken, befahl daher dem Anführer seiner leichten Trup
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Beylagen.
pen , diejenigen , welche die nächsten Posten befesten , wieder zur 4 Armee zu schicken , mit allen • übrigen aber dem Feindeentgegen zu gehen , und keine Mühe zu sparen , um die Truppen , welche genau zu besichtigen und ihre Ab • fichten zu ergründen , ihm auch fleißige Berich
fich zeigten,
te einzuschicken , und diesen Wortrab , so sehrihm Zu gleicher Zeit möglich sey , anzugreiffen. machte er alle nöthigen Anstalten , diese antů ckende Armée in seinem Lager , welches gut und gewisser Maßen verschanzt war , nicht nur zu empfangén , sondern sie auch nach Befinden der Umſtåñde ſelbſt anzugreiffen , und ihr den Entsah der Stadt Korchini desto schwerer zu machen. Der Grafvon Bruce , welcher denselben Tag aus der Verschanzung, fam , •berichtete, daß un ter seinem Commando nichts erhebliches vorges gangen fey. Der Feind habe bloß unsere Jäger und äussersten Posten beunruhiget wobey einer un ferer Jäger verwundet worden. fohr 2 Mann ,
Der Feind ver-
und die unfeigen machten z Ge
fangenen. Da ein heftiger Regen und die von den Ges birgen in den Dniester fallenden Bäche diesen Fluß aufschwelleten , so wurden die Brücken fu Okopi abgerissen ; allein man fiellete sie ohn An ſtand wieder her, und schlug eine neue; " so hoch "auch das Waffer war , so daß die Gemeinschaft So bald nur einige Stunden unterbrochen war. das Wasser gefallen war, ließ man auch die Pons tons zur andern Brücke herbey bringen. Deit
$
289
Beylagen.
Den 18ten meldete der Hr. von Soltikov, als er aus dem Retranſchement kam , daß sich der Feind stärker als gewöhnlich vor der Stadt gezeiget, und die Gärten der Verschanzung gegen über besest , nach einem leichten Scharmüßel mit unfern Jågern aber sich wieder in die Stadt ge. macht habe.
Von dem Fürsten Proforowski erfuhr man , daß eine unserer Partheyen unter dem Capitán Pisarev auf dem Wege nach Bender nicht weit von Soroka acht Conföderierte gefangen genommen, welche ausgesagt ,
daß sie sich mit allen
übrigen bey der Armee des Khants der Tartarn befånden , welcher zum Entsage von Kotchim auf dem Wege sey , daß sie ihn aber verlassen håtten, als er bey Jassi stille gelegen. Der Fürst Pro醬 forowski meldete auch , daß , da er sich den Be fehlen des Feldherren zu Folge , dem Feinde genähert , so sey er 15 Stunden von Kotchim auf ein beträchtliches Corps gestoßen ,
welches seine
aussere Posten genöthiget habe, sich zurück zu zieDer Fürst Repnin , welcher in der Verhen. schanzung commandierete , meldete , daß der Feind nur mit unsern Jågern ſcharmuzieret habe , und bey Anbruch derNacht wieder in die Stadt gezo. gen sey. Den 19ten ließ der Anführer der leichten Truppen zweymahl melden ,
daß die feindliche
Armee wirklich im Anzuge begriffen , noch zwey Meilen entfernt fey. Z
und nur
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Beylagen.
Alle diese Nachrichten ließen es nicht mehr * zweifelhaft, daß der Feind nächstens zum Vorscheine kommen, und uns mit seiner ganzenMacht angreiffen würde. Diese Vermuthung hatte de sto mehrern Grund da ein von unsern leichten Truppen eingeschickter Gefangener und alle Be3 richte es von allen Seiten bestätigten , daß ein großer Haufe feindlicher Truppen auf dem Wege nach Kotchim begriffen sey. Der Feldherr sahe fich also genöthiget , noch diesen Tag gegen Mit tag die Regimenter , welche die Verschanzung besekten und die Stadt einschlossen , an sich zu ziehen, damit er desto besser im Stande seyn möch, den Feind zu empfangen. Es war desto nothwendiger, diese Truppen zurück kommen zu lassen, indem solches wegen des Hohlweges , welcher sich zwischen der Verschanzung und dem Lager befand, bey der Ankunft des Feindes nicht ohne Beschwer de und Verwirrung geschehen konnte. Der Fürst Proforowski meldete ferner, daß der Feind fünf Stunden davon Halte gemacht habe, entweder um die Pferde weiden zu laſſer oder auch um ihn von der Armee abzuschneiden. Da es gefährlich werden konnte, die Verschan zung von neuem zu beseßen , ehe man zuverläſſige Nachrichten von den Bewegungen des Feindes hatte, so hielt der Feldherr seine ganze Arme in dem Lager beysammen , und machte folgende Anftalten. Er gab dem Fürsten Proforowski Befehl,
nicht allein die Verfaffung, die Anzahl, die Be
Beylagen. wegungen und Maßregeln der Tartarn auf das genaueste zu erforschen , sondern auch mit ſeinen leichten Truppen , mit Zuziehung seiner Infante rie, ſeiner Grenadiers und ſeines Geſchüßes dem Feinde alle Gemeinschaft mit der Stadt abzuschneiden, und zu hindern , daß er nicht durchbrechen und sich mit der Besagung vereinigen könne. Er schickte den Grafen von Bruce mit drey Regimentern Infanterie und zwen Bataillons Grenadiers ,
und die General - Majors Jsmai.
low und Potemkin mit sechs Regimentern Carabiniers ab, nicht nur die leichten Truppen zu unterstüßen, sondern auch den Feind , im Falle er nicht zu stark wåre , mit ihnen anzugreiffen, und gab das Commando über dieses ganze Corps dem Grafen von Bruce. Den Hrn. von Stoffeln schickte er mit vier Regimentern Infanterie , drey Bataillons Gre nadiers und zwey Regimentern Cüraſſiers aufſei* ren rechten Flügel , mit dem Befehl zu hindern, daß die Besaßung nicht aus Kotchim entkommen und zu den Tartarn stoßen könnte , und zugleich den Fürsten Proforowski im Nothfalle zu unterstügen. Endlich gab er von seinen Maßregeln dem Hrn. von Rennenkampf Nachricht, mit dem Be fehle, alle mögliche Vorsicht und Behutsamkeit anzuwenden , im Falle die Tartarn etwa sollten über den Dniester gehen , und etwas entweder auf ihn, oder auf unser schweres Geschüß und die Brücken zu Okopi unternehmen wollen. Er folle
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Beylagen.
indeffen die Canonade und das Bombardement ununterbrochen fortseßen. Der Hr. von Rennenkampf befand sich in einem vortheilhaften Lager auf einer kleinen Anhöhe , welches mit Reduten · Gråben und spanischen Reutern umgeben war. Er konnte daher einen überlegenen Feind und besonders Tartarn ohne einige Furcht erwarten. Den 20ten meldete der Graf von Bruce, daß sich der Feind bey seiner Annäherung bis auf fünf Stunden weit hinter sehr beschwerliche Hohl wege zurück gezogen habe, und daß er neue Be fehle erwarte ,
ob er ihm folgen und angreiffen
folle. Aus diesen Bewegungen des Feindes urtheilte man, daß solches ein voraus geschicktes Corps sen, welches sich bey Annäherung der Russen zur Haupt- Armee zurückgezogen habe.
Da derFeld-
herr überdieß Nachricht hatte , daß die feindliche Armee aus 30000 Tartarn unter der Anführung ihres Khans, und aus 20000 Türken unter dem Seraskier Bacha Moldavangi bestand , so hätte der Grafvon Bruce ohne große Gefahr nicht weiter vorrücken , oder diesem Haufen folgen kön nen. Er konnte eine überlegene Macht vor sich finden; er wäre zu weit von der Russischen Armee "entfernet gewesen ; feine Truppen würden zu sehr feyn abgemattet worden , es würde seinen Pferden an Fütterung, und ihm selbst an Lebensmit teln gefehlet haben.
Es schien also rathſamer, zu
warten, bis der Feind von ſelbſt kommen und ſich mit Gottes Hülfe schlagen lassen würde. Er ent
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Beylagen.
schloß sich also , den Plaß von neuem einzuschlieffen, und gab dem Grafen von Bruce und dem Fürsten Proforowski Befehl , ohne Verzug zu rück zu kommen ; dem erstern befahl er hierauf wieder in das Lager zu kommen, und dem leßtern, ſeine vorigen Posten bey Kotchim wieder einzuneh.. men , und häufige Partheyen und Patrouillen , besonders in der Nähe der Stadt auszuschicken, um die Bewegungen des t Feindes auszukundschaften und zu hindern, vor allen Dingen aber unsere Fouragen bey Bukoviß zu bedecken. Den 21ten famen beyde Befehlshaber mit ihren Detaſchements wieder zurück , und nahmen die ihnen angewiesenen Posten ein. Sechs Arnauten, welche aus Kotchim mit ihren Pferden zu uns übergingen , sagten aus daß außer unserer Canonade und Bombardement die Besagung von dem Mangel,
dem en
gen Raume, und dem unerträglichen Gestanke, welcher die Luft vergifte, sehr viel leide ; daß unsere Bomben über 2000 Menschen getödtet håtten ; daß von der ganzen Reiteren nur noch 300 Pferde übrig wären , indem alle übrige entweder vor Hunger gestorben, oder von unsern Bomben wa ren getödtet worden ; die Besaßung habe nur noch ein wenig Mehl und Reiß , weil sie aber Hoffnung habe , von einer starken Anzahl Truppen mit vielem schweren Geſchüße entfehet zu werden, so sen sie entschlossen , sich bis auf das äusserste zu wehren.
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Beylagen.
Denselben Tag erfuhr man durch besondere Wege, daß der Khan der Krimm den 13ten mit ? 80000 Tartarn nach dem Pruth zu aufgebrochen sey, und sich daselbst mit den Truppen eben derselben Nation vereinigen wolle, welche 27000 Mann stark von dem Flecken Tsotsora , nach dem: Dorfe Tabor zu, welches acht Meilen von Jaſſi liegt, dahin kommen sollten ; daß er daselbstauch den Seraskier Bacha Moldavangi und sieben ans dere Bachas mit drey Beys , 20000 Türken, und einen beträchtlichen Zug Artillerie vorfinden würde, und endlich , daß alle diese Truppen nach Kotchim gehen sollten. Man erfuhr auch, daß der Vezier selbst den 14ten von Bender nach dem Walde Rabaja - Mohila , eilf Meilen von Jassi gerückt sey , und daß sich in dieser Stadt nur noch einige vornehme Officiers nebst 2000 Türfen be fänden , welche den Einwohnern zur Sicherheit wider die Gewaltthätigkeiten der durchziehenden Truppen dienen ſollten. Den 2 2ten erwartete der Feldherr den Feind, welcher nur noch zehen Stunden entfernt war , und machte neue Anstalten,
welche er für noth
wendig hielt, sowohl den Feind zurück zu treiben, als auch zu verhindern , damit die Besatzung zu Kotchim nicht entwischen möchte. Er erhielt zu gleicher Zeit die sehr unwahrscheinliche Nachricht, daß die feindlichen Truppen , welche hinter dem Dorfe Liptchina im Lager ſtünden, 25000 Mann stark wåren, größtentheils aus Tartarn bestånden, und von dem Khan der Krimm commandieret
Beylagen.
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würden, und daß sich daselbst auch türkische Trups pen unter einigen Bachas befanden ; daß dieses Corps fast aus lauter Reiterey bestehe , und 12 kleine Kanonen bey sich führe ; daß es den Se raskier Bacha Moldavangi mit einer Verstår kung an Geschüß erwarte , und sich indessen ge faßt mache , nach Kotchim zu зи rücken , bis an die Festung vorzubringen , und Getreide und andere Lebensmittel in dieselbe zu schaffen . Kurz dar auf erhielt der Feldherr von unsern äußersten Poften wirklich die Nachricht , daß sich der Feind schon seit Morgens früh zeige , und willens sen, mit seiner ganzen Macht anzurücken. Gegen Mittag erschien er im Angesichte der ganzen Armee und fing an mit den äussersten Poften unserer leichten Truppen zu ſcharmußieren . Gegen zwey Uhr verbreitete und vertheilte er fich rings um uns herum , in der Absicht , uns auf diese Art anzugreiffen ; allein er hielt sich vornehm lich an unsere leichten Truppen , welche vor der Armee standen. Ob er gleich von der Reiterey, welche diefelben deckte , und durch ein beſtåndiges Feuer von beyden mehrmahls mit einem beträchtlichen Verluste zurück getrieben wurde : so bediente er sich doch des Augenblicks , da die unsrigen feiner Anzahl , welche mit jedem Augenblicke ſtårFer wurde , weichen mußten , und griff nicht nur das Haupt - Corps unserer leichten Truppen mit aller Macht und der größten Lebhaftigkeit an, sondern fiel auch an mehrern Orten über unsern rech ten Flügel her, und griff so gar die Reduten an,
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Beylagen .
Allein er wurde durch welche denselben deckten. das Kanonen- und Bomben - Feuer aller unserer Batterien jedes mahl zurück getrieben . Die leichten Truppen zogen sich zurück , aber so, daß der Feind auf das Feuer unserer Artillerie gelocket werden sollte. Weil aber dieser Rückzug das erste Mahl zu gerade auf unsere Batterien gefehabe, so hinderte er einen Theil ihrer Wirkung. In dem Augenblicke , da der ganze linke Flügel in Gefahr war , umringet zu werden, machte die ganze Reiterey unter der Anführung des Hrn. von Soltikov eine Schwenkung , stellte sich in Fronte vor die Tartarn, und trieb sie zurück, worauf sie von unsern leichten Truppen verfolget wurden. Da endlich der Feind , bey Unbruch der Nacht fahe, daß ihm alle seine Versuche , nach einander mißlangen, so fing er an , sich nicht nur von der Russischen Armee zu entfernen , fon dern auch so eilfertig zu fliehen , daß die leichten Truppen, welche ihm nachsehten, ihn nicht ein hohlen konnten, da denn die Nacht , welche sehr dunkel war, ihn völlig unfern Augen entzog. Während des Gefechtes kam ein großer Hau fe Fußvolk mit einiger Reiteren aus Kotchim , um zu dem Entsaße zu stoßen, oder wenigstens die Lebensmittel, die derselbe mitbrachte , an sich zu ziehen. Allein die Vorsicht, welche der Feld. herr auf diesen Fall gebraucht hatte, vereitelte diesen Ausfall eben so sehr , als den Angrif der Tartarn. Das Corps wurde zurück getrieben und mußte sich wieder in die Stadt begeben, oh-
Beylagen.
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ne daß es das geringste von den für dasselbe be ſtimmten Lebensmitteln bekommen håtte. Wenn man den Verlust des Feindes nach der Anzahl der Todten beurtheilen will, welche er auf dem Plage ließ, so muß derselbe sehr beträchtlich gewesen seyn.
Denn man fand ihrer einige tau
send , welche begraben wurden , und erkannte dar, unter einige pohlnische Conföderierte an ihrer Kleis dung. Allein ihrer Gewohnheit zu Folge hatten sie den größten Theil ihrer Todten mitsich genom men.
Von der RussischenArmee blieben der Su
faren- Capitán Demenkovitsch ,
15 Husaren, z
Kofaken 14 Fusiliers und 26 Pferde ; verwundet wurden der Husaren - Lieutenant Teufeli, 49 Hus faren oder Kosaken, und 28 Pferde. Unsere Husaren , welche in diesem Gefechte den hihigsten Angriff des Feindes aushielten, zeig
ten dabey so viel Muth und Unerschrockenheit, daß auch der Feldherr ihnen und allen ihren Officiers öffentlich alles Lob ertheilete , welches sie so sehr verdienet hatten. Nach dem Rückzuge des Feindes , wurde die Festung wieder wie vorher eingeschlossen. Das Bombardement war noch keinen Augenblick un terbrochen worden. Den 23ten Morgens berichteten die zum Nachsehen ausgeschickten Partheyen, daß sie bis
auf fünf Meilen von der Armee gewesen , aber keineneinigen Türken angetroffen håtten. Die Eins wohner des Landes håtten ihnen gesagt, daß der Feind noch weiter geflohen sey. Den 24ten be
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richteten eben dieselben Detaschementer , daß die Türken und Tartarn an dem Pruth Halte gemacht und sich daselbst gefeßt hätten. Man muthmaßete , daß sie tafelbft den Seraskier Bacha Moldavangi erwarten wollten , der, den vorigen Nachrichten zu Folge , mit einem neuen von dem Vezier abgeschickten Corps zum Entsage Was den von Kotchim unter Weges war. Vezier betrifft, so sagte man , daß er von Bender in den Wald Ribaja- Mojila , eilf Meilen von Jaffi gerückt sey. Er hielt sich in diesem La ger ganz ruhig, und man sagte bloß, daß er die Fahne Mahomeds in Sicherheit bringen , und unter einer hinreichenden Bedeckung wieder über die Donau zurück ſchicken wolle. Die Bloquade und das Bombardement wurden fortgefeßt , weil man immer noch hoffte , den Feind dadurch zur Uebergabe zu nöthigen. Die Unbequemlichkeiten und derMangel bewegten vies le Christen, heimlich aus der Stabt zu entwischen, und es kam sogar ein Janitschar als ein Ausreis'fer zu uns. Alle versicherten einmüthig , daß in der Festung viele Menschen geblieben und vor Mangel umgekommen wåren ; indessen was ren noch viele Truppen unter der Anführung des Serastier , des Afan Bacha, und des Ali Ba cha übrig. ~Aſan Bacha håtte einem Scharmů. Bel seiner Truppen mit den Ruffen von dem WalTe zusehen wollen , wäre aber von einer Bombe getödtet worden.
Die Besaßung litte den em
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pfindlichsten Mangel, ſelbſt die Janitscharen hätten zwey Tage ohne Essen zubringen müssen, undhier auf weiter nichts als ein wenig Grüße bekommen, welches sie in Waffer gefotten hätten. Ihr Ber fehlshaber habe sie zwar gehindert , sich zu erge ben, weil er ihnen versichert, daß der Vezier selbst ohne Aufschub ihnen zum Entsaße herben eilen würde; allein sowohl die Türken , als die pohlninischen Conföderierten wåren wegen des mißlun genen Angriffes vom 22ten äusserst niedergeschla= gen, und würden sich gewiß ergeben, wenn nicht die Furcht niedergemacht zu werden , sie daran verhinderte.
Um der Besaßung diese Furcht zu benehmen, und die Uebergabe des Plages zu beschleunigen , ſuchte man einen Anschlag des Feldherren in tur kischer Sprache in die Stadt zu bringen, worin er ihnen versicherte , daß wenn sie sich ohne Anstand ergåben, sie nicht nur das Leben behalten, fondern auch mit aller nur möglichen Menschlich Man schlug diese keit behandelt werden sollten. Zettel in der Nacht an die Pallisaden an, und ein Spion des Potoski, welchen die Ruſſen bekamen, und mit diesem Auftrage wieder in die Stadt schickten , mußte sie daselbst ausstreuen. Die Befagung würde sich auch wirklich ergeben haben, wenn ihr der Befehlshaber nicht versichert hätte, daß sich dessen ungeachtet die Ruffen wegen des langen Widerstandes unstreitig an ihr råächen würden ; dieß bestätigten alle Ueberläufer einmüthig. Der
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Feldherr ließ daher neue Zettel in der Stadt ausstreuen , in welchen man sagte, daß, da der Entsah geschlagen und zerstreuet worden , die Fe fung sich in kurzem werde ergeben müſſen , das her sowohl die Soldaten und andere Einwohner. nicht nur bey dem Leben gelassen ,
sondern auch
mit aller Nachsicht behandelt werden sollten. Man erfuhr , daß das Corps Tartarn , welches sich nach dem Pruth gezogen hatte , zu dem Seraskier gestoßen sey , und daß ihre Absichtsey, die Tartarn unter Unführung des krimmischen Khans über den Dniester zu schicken , um unser schweres Gepäck zu überfallen , da inzwischen der Seraskier mit den Türken die Russische Armee Der Feldherr gab daher dem Hrn. von Rennenkampf von diesem Vorhaben Nachricht, und befahl ihm , wenn die Tartarn angreiffen wolle.
wirklich über den Fluß gehen sollten, sogleich aus feinem Lager aufzubrechen , sich nach· Okopi zu begeben, und sich so zu stellen , daß er ſowohl unfere Magazine, als auch unser Gepåck und unſere Brücken bedecken könne. Den 25ten erhielt man von verschiedenen Partheyen Nachricht , welche der Oberste Tirkov von Stanislavov überschickt hatte , die aufrüh rischen Pohlen zu vertreiben und die Hindernisse zu heben, welche sie dem Transporte unserer Magazine in den Weg legten. Eines dieser Deta ſchementer , welches von dem Hauptmann Petrovich und dem Lieutenant Ghersevanow comman
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dieret wurde,folgte den Conföderierten von Sam bor nach Lvov , griff ſie in dem Augenblicke an, da sie nach dieser Stadt zurück wollten ,
nahm
ihnen gleich anfänglich alles Gepäck ihres Anfüh rers des Fürſten Lubomirski ab , trieb sie in das Gebirge nach dem Flecken Chulkov zu, verfolgte fie bis dahin, griff sie von neuem an , nahm ih nen einige Pauken und sechs Trommeln ab , befreyete einige Donische Kosaken ,
welche sie ge-
fangen gemacht hatten , hieb ungefähr 30 Mann von ihnen nieder , und nahm ihnen 13 Mann 2 nebst 50 Pferden ab. Die Aufrührer flohen längst der Reihe Berge bis nach Janov , und konnten von den unsrigen nicht so weit verfolget werden. Das erbeutete Gepäck bestand in leinen Geråth Flinten, Husaren- Monturen , Zelten , Lebens mitteln, Fütterung und einigen dem Fürſten Lubomirski gehörigen Wågen, mit einigen Karren, worauf sich unter andern auch für 450 Rubel bares Geld befand, welches unter das Detaschement vertheilet wurde. Unsere äußersten Posten meldeten denselben Tag, daß der Feind drey Meilen von uns von neuem zum Vorschein komme , und man schloß daraus, daß der Seraskier zu den Tartarn gestoffen sen , oder daß sie eine Verſtärkung von der Urmee des Groß- Veziers erhalten hätten. Der Graf von Bruce , der Graf Soltikov, der
Baron von
der
General - Major Jsmailov und der Fürst
Elmt , der Fürst
Repnin,
2 Proforowski , welche den Feind recognofciret hat-
302 ten,
Beylagen. schrieben dem Feldherren denselben Abend,
daß er sehr stark sey.
Der Fürst hielt es also für
rathfam , die Corps des Hrn. von Rennenkampf und des Fürsten Prosorowski 'an sich zu ziehen, und machte die nöthigen Anstalten , den Feind nachdrücklich zu empfangen. Beyde Corps brachen also in der folgenden Nacht auf, und um die Magazine, das Gepäck und die Brücken zu Okopi zu bedecken , stellete der Fürst in die Brückenschanze auf der andern Seite des Dniesters ein Regiment Infanterie und zwey Regimenter Ca= rabiniers mit ihren Feldstücken und zwey Zwölfpfündern , alles unter der Anführung des General -Majors Kamenskoi. Die dieſſeitige Brückenschanze wurde mit einem Regimente Infan terie mit seinem Geschüße befeßt. Den 26ten gegen Mittag kam der Feind zum Vorschein. Er scharmuzierte anfänglich mit unsern leichten Truppen, umringete hierauf unsere Armee und schickte mehrmahls starke Haufen Reiterey auf dieselbe, besonders aber auf die Batterien und Reduten, welche unsere Seite bedeckten. Sie wurden durch das Feuer aus unsern Kanonen und Bomben mit einem beträchtlichen Verluste zurück geschlagen , und von unsern Truppen verfolgt.
Auf diese Art wurde der ganze
Tag bis in die Nacht zugebracht, bey deren Einbruch sich der Feind in einige Entfernung_ſeitwarts der Festung zurück zeg, und sich hinter hohe Felsen und Hohlwege sette , wo regulåre Truppen unmöglich in Ordnung marschieren konn-
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ten, und wo es gefährlich gewesen seyn würde, einen so zahlreichen Feind anzugreiffen. Was dieses Corps selbst betrifft, so bestand es, so viel man schließen konnte, aus Reiterey, welche Ge schüß bey sich führete ; allein man konnte nicht erfahren, wie stark es war , indem die Ausfagen fowohl der Ueberläufer aller Art als auch der Conföderierten niemahls mit einander überein famen. Den 27ten machte dieses Corps nicht die geringste Bewegung , sondern schickte bloß einige Partheyen gegen unsere leichten Truppen ab, wel che mit ihnen scharmußierten und sich allemahl mit Verlust zurück zogen. Die Ruſſiſche Armee blieb in eben derfelben Stellung. Den 28ten schickte der Feind gleichfalls nur einige Detaschements ab,
welche mit
unsern
åußersten Posten , und mit den wider sie abgeschickten Partheyen ſcharmußierten. Den 29ten veränderte der Feind seine Stel-
lung , und lagerte sich vor uns bey Kotchim, långs des Dniesters , wo er vielleicht eine neue Verstärkung erwartete, wie ein Bosniack, der als Ueberläufer zu uns kam, versicherte. Dieser verficherte, daß außer den Türken unter dem Moldavangi und den krimmiſchen Tartarn unverzüglich noch eine Verstärkung von der Armee des Groß- Veziers bey ihnen eintreffen sollte. Den zoten blieb der Feind in seiner neuen Stellung, machen,
ohne eine
andere
Bewegung ju
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Beylagen.
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Den 31ten erfuhr man,
daß er sich ver-
schanzte. August. Den 1ten blieb das zahlreiche unter dem Se
1
raskier Moldavangi Bacha und dem frimmischen Khan zum Entsag von Kotchim angekommne Corps in seiner unzugänglichen Stellung und fing fo gar an, sich zu verschanzen. Man sagt auch, daß es eine Verstärkung von der großen Armee erwarte. Die kaiserliche Armee hatte zwar Lebensmittel im Ueberflusse; allein es fehlte derselben an Fûtterung. Die Gegend war zu beyden Seiten des Dniesters in einem Bezirke von fünf Meilen von beyden Armeen verheeret, so daß unsere Furagierer allemahl 24 Stunden aus dem Lager blieben. Die Ruſſen und Türken fingen um der Fütterung willen oft kleine Gefechte an, um derer willen man
oft Infanterie und
Geschüß
abschicken
mußte, und endlich zehrete die große Menge Pferde und Vieh alles auf, was man nur an dem Ufer des Flusses antreffen konnte. Da der Feldherr seine Stellung nicht länger behaupten, noch einen so zahlreichen und so gut gelagerten Feind angreiffen konnte : so versam melte er den Kriegesrath, welcher die Unmöglichkeit des Angriffes einsahe, und es für nothwendig hielt, mit der Armee wieder über den Dnie ster zu gehen.
Diese Bewegung war desto noth, wendiger, da der Feind mit einem Theile seiner zahl
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zahlreichen Reiteren hätte über den Fluß gehen, unsere Gemeinschaft mit unsern Magazinen in Pohlen beunruhigen und sogar auf dieſe Magazine selbst und auf unsere Furagierer etwas unternehmen können.
Es ist wahr, die Stellung der Ruſſen war ungemein vortheilhaft. Ihr Lager war auf der einen Seite durch tiefe Wasserrisse und jähe An höhen und auf der andern Seite durch Reduten gedeckt, deren Feuer das Feuer der Batterien vor der Fronte der Armee durchkreußte. Allein diefer Vortheile ungeachtet konnte man sich keine Hoffnung machen, den Plaß in seine Gewalt zu bekommen, dessen Befaßung zur Vertheidigung immer noch hinreichend war. Es wahr wahr. scheinlicher, daß wenn die Ruſſiſche Armee wie der über den Dniester zurück ginge, die türkische ihr folgen und sie angreiffen, und ſich dadurch der Gefahr aussehen würde , zwischen dem Feinde und dem Flusse zu gerathen, eine Stellung, welche ihnen in der von dem Prinzen Eugen gewonne nen Schlacht bey Zenta so unglücklich war. , Die Armee fezte sich also den Abend nach dem Zapfenstreiche in Bewegung, marschierte die ganze Nacht im Mondenscheine, begab sich zu ihren Brücken bey Okopi, und ging fast völlig hinüber , ohne einen Feind zu Gesichte zu be kommen. Den zten kam des Morgens gegen sechs Uhr ein starker Haufe Tartarn zum Vorscheine , als der größte Theil der Russischen Armee ihr Lager
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n Beylage .
jenseits des Dniesters bereits aufgeschlagen hatte. Diese Reiterey wollte unsere leßte Colonne unter dem Herrn von Rennenkampf angreiffen, wurde aber durch die Artillerie zurück gewiesen , unter deren Schuße diese Colonne über die Brücken ging, ohne angegriffen zu werden. Der Feind griff zwar hierauf das Regiment Jngermanns land, welches unter dem General - Kamenskoi die Brückenschanze decken mußte, mehrmahls an ; allein neun an dem diesseitigen Ufer errichtete Batterien deckten deffen Rückzug, so daß es gleich, falls ohne Verlust über den Fluß kam, worauf wir unsere Brücken zurück nahmen , und zwar im Angesichte der Tartarn , welche bis gegen. Abend an dem andern Ufer blieben und bloße Zuschauer unsers Ueberganges abgaben. Den 3ten lagerte sich die Armee eine halbe
Meile von Kaminieck bey dem Dorfe Knagina, fowohl um den Feind in der Nähe beobachten zu können, als auch um die Fütterung desto beques mer aus den benachbarten Gegenden zu ziehen. Da sie auf diesem Marsche über Berge und zwey beschwerliche und mit steilen Ufern versehene Flüs se mußte, so kam sie erst Nachmittags in ihrem Lager an. Eben dieselben feindlichen Truppen, welche fich den Tag vorher an dem andern Ufer gezeiget hatten, kamen auch jest daselbst wieder zum Vorschein und fahen unsern Marsch mit an. Den 4ten schickte man die nöthigen Parthehen aus, die Bewegungen des Feindes zu beo bachten, sowohl der bey Kotchim campierenden
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Truppen, als auch der Verstärkung, welche man daselbst erwartete. Es wurden Posten von leichten Truppen errichtet, welche da, wo der Feind über den Fluß gehen konnte, durch Infanterie un terſtüßt wurden, und unsere jenseit des Pruth bes findliche Partheyen erhielten Befehl, ihre Patrouillen nach wie vor fortzusehen. Den sten erfuhr man von einem pohlnischen Bauer, welchen die Tartarn gefangen genommen hatten, welcher ihnen aber wieder entwischt war, daß die unter Kotchim befindliche Truppen ihre Pferde von der Weide zurück nåhmen , in der Abficht über den Fluß zu gehen, und daß ſie, nicht eine Verstärkung von 4000Mann, sondern den Vezier selbst mit der ganzen Armee erwar teten.
Den 6ten meldete der Fürst Prosorowsky, daß der Feind vor Kotchim , und an mehrern andern Orten über den Fluß gehe, und daß einige tausend Mann Reiterey größtentheils Tartarn, bereits wirklich über denselben gegangen wåren ; und zwar unter dem Schuße eines beständigen Feuers aus der Festung , welches doch unsern Truppen nicht den geringsten Schaden gethan habe, weil das diesseitige Ufer höher ist, als das jenseitige. Um seine leichten Truppen zu unterſtüßen, und diesen feindlichen Haufen zurück zu treiben, ließ der Feldherr vier Regimenter Infanterie und zwey Regimenter Carabiniers unter der Ar führung des General - Lieutenants , Herrn Von
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Beylagen.
Soltikov, und der General - Majors, von Glebov und Fürſt Gartezakov, gerades Weges nach Kots chim rücken, und schickte auch von der andern Seite den Fürsten Repnin, den General - Major Potemkin, und den Brigadier Grotenhelm, mit einem beträchtlichen Corps Infanterie und Reiterey dahin ab. Den 7ten erfuhr er von dieſen Detaſchements, welche wieder in das Lager zurück kamen, daß der Feind mit einem beträchtlichen Verlust an Todten, Verwundeten und Ertrunkenen vóllig wieder über den Fluß zurück gegangen sey. Zu gleicher Zeit berichtete der Fürst Proforowsky, daß die leichten Truppen, welche den Feind ver folgt hatten, nur allein den Lieutenant Radoniets von dem Husaren - Regimente Servien verlohren hätten, und daß nur 7 Husaren oder Kosaken nebst drey Pferden leicht verwundet worden.
V
Während dieses Gefechtes griffen die Türken in dem Dorfe Svansk den Oberst - Lieutenant Tchernichev an, welcher an diesem Orte mit einem Bataillon Grenadiers stand. Obgleich der Feind sehr zahlreich war, so trieb ihn doch dieser Officier durch seine guten Anstalten und durch die glückliche Wirkung feiner Artillerie mit einem beträchtlichen Verluste zurück, so daß er selbst nur einen Kanonier verlohr, der Lieutenant Rofenberg aber nebst sechs Grenadiers oder Füseliers verwundet wurden. Der Fürst Proforowsky empfahl in seinem Berichte dem Feldherren dies fen Officier nicht nur wegen des von ihm bewies
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fenen Muthes, fondern auch als einen Officier, der der Kriegskunst vorzüglich kundig sen, seine Kenntnisse mit Geschicklichkeit zu gebrauchen wif fe, und dem man wichtigere Posten anvertrauen fönne. Er lobte zugleich den Second-Lieutenant Bichov, wegen seines bey dieser Gelegenheit be wiesenen guten Verhaltens. Denselben Morgen gab die Festung zum Zei. chen der Freude eine Salve aus dem schweren Geschüße. Den Sten erhielt man von Jaſſt die gewiffe Nachricht , daß bey der türkischen zu Ribaja. Mojla befindlichen Armee ein Courier mit einem Befehle von dem Groß-Sultan angekommen sey, worin der Vezier zurück berufen, und der Seraskier , Bacha Moldavangi , welcher sich da mahls in Kotchim befand, an seine Stelle er nannt wurde.
Eben derselbe Courier überbrachte
ihm sogleich diesen Befehl und das Siegel, und die Armee blieb unter dem Commando des Aga der Janitscharen.
ば
Moldavangi war von einer ganz verschiedenen Gemüthsart, als sein Vorgånger.
Dieser schien
mehr für das Cabinet als für das Feld gemacht zu seyn. Jener hingegen war kriegerisch, stolz, ungestum, thårig und unternehmend ; allein es
2 fehlete ihm die Klugheit des abgeſeßten Veziers. Obgleich der Adel in der Türkey fast gar nicht geachtet wird, so sagt man doch, daß sich Moldavangi auch in diesem Stücke bey der Pforte einiAges Ansehen zu verſchaffen gewußt habe.. 1
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Beylagen.
Den sten fuchten viele türkische und fartarische Detaschementer über den Fluß zu gehen, um zu plündern.
Sie wurden von unsern leich-
ten Truppen zurück getrieben, und man bemerkte, daß sich ein Haufe Tartarn hinter der Festung gesezt hatte. Man wußte nicht , ob er diese Stelle bloß um der bequemern Fütterung willen genommen hatte, oder in der Absicht über den Fluß zu gehen, und man mußte befürchten, daß er jin Pohlen einfallen möchte, besonders in die Woiwodschaft Braclau, wo die Conföderierten felbft angefangen hatten, alles zu verwüſten, um den Ruffen den Unterhalt zu entziehen. Man erfuhr ferner von den Partheyen und Patrouillen, daß sich zu Rachkova ungefähr 2000 Türken befanden. Der Feldherr schrieb daher an dem 1 Grafen von Romanzow, und bat ihn, die Tür ken und andern Truppen, welche diese Woiwodſchaft durchstreiften, durch seine leichten Truppen verjagen zu laſſen, und dadurch die Unternehmungen des Feindes diesseits des Fluffes vereiteln zu Helfen. Man erfuhr auch von dem zuBedeckung unſerer Magazine abgeschickten Detaschement Carabiniers, daß zwey Partheyen Russen, welche von den Majors Salemen und Kurojedov angeführet wurben, und anfänglich an zwen verschiedene Orte abgeschickt waren, sich aber nachmahls vereiniget hatten, in der Gegend von Lvov, bey dem Flecken Rechova einen neuen Haufen Aufrührer, unge fähr 1000 Mann stark, unter der Anführung
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des Fürsten Lubomirsky und des Regimentarius Radiminsky angetroffen hatten. Die Ruffer griffen ſie an, machten 100 von ihnen nieder, verwundeten ihrer eine große Menge, machten fünf Mann gefangen, nahmen ihnen zwey sechs, pfündige metallene Kanonen und eine dreypfün, dige eiſerne ab, und verfolgten den Ueberrest, der sich in das Schloß eben desselben Dorfes flüchtete. Den 10 berichteten zwey Moldauer, welche aus Kotchim entwischet waren , daß die Beſakung großen Mangel an Lebensmitteln leide ; daß man sie aber auf heute von der großen Armee zu Riabaja - Mojla erwarte Diese Nachricht konnte zum Theil wahr seyn ; allein man muß bemerken , daß die Moldauer und Pohlen, welche aus Kotchim kamen, mehr von dem Mangel an Lebensmitteln sprachen, als die Türken, weil sie kaum die Hälfte von demjenigen bekamen, was man den Musulmännern gab. Beyde Personen fagten auch , daß es den Türken an Fütterung fehle ; daß sie solche so weit hohlen müßten, daß fie erst in 48 Stunden wieder kämen ; daß sie folche auch zuweilen des Nachts diesseits des Flusſes hohleten, da sie denn in großen Barken hinüber führen. Sie sehten hinzu, daß Moldavangi das Commando über die bey und in Kotchim befindliche Truppen , deren Anzahl sie aber nicht wußten, übernommen habe ; daß er nur noch das Geschüß von Riabaja - Mojla erwarte , und ſo bald dasselbe angelangt sey , eine Brücke gegen
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Beylagen .
der Stadt über schlagen, auf die Ruffen losge hen, und sich der Stadt Kaminieck bemächtigen wolle; der Bacha Ubaſt, welcher zum Seraskier ernannt worden, würde mit einer gewiſſen Anzahl Truppen in der Stadt bleiben, und der Khan der Krimm, welcher mit einer großen Anzahl Tar- : tarn bey Kotchim stehe , werde mit dem Vezier und den türkischen Truppen über den Fluß gehen. Den 11ten ward man einige Bewegungen in dem lager der Tartarn gewahr ; jallein man konnte nicht entdecken, was ihre Absicht sey. Die feindliche Reiterey war sehr zahlreich ; sie machte ihre häufigen Patrouillen sehr erdentlich, so daß unsere leichten Truppen, welche auf Kundſchaft ausgeschickt wurden, ihnen nicht nahe kommen, folglich auch die Ursache der Bewegungen dieser Reiteren nicht erfahren konnten.
Indessen da
unsere nach Jafsi zu geschickten Partheyen nichts neues berichteten, ſo muthmaßete man, daß die Tartarn ihre Pferde um der Fütterung willen weiter hinter Kotchim schickten. Den 12ten behielt der Feind eben dasselbe Lager bey Kotchim ; allein man bemerkte, daß er einen größern Raum einnahm. Dieſes beobach tete der Feldherr selbst, als er diesen Morgen die Ufer des Fluffes besichtigte, und sowohl die Stellung seiner leichten Truppen, welche von zwey Regimentern Carabiniers und dem Infanteries Regimente Chirnem unter Anführung des Ge neral-Majors Potemkin , als auch die an ver
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Beylagen. schiedenen Orten ,
besonders
an den feichten
Stellen des Flusses errichteten Batterien und Re duten besichtigte. Den 13ten ging der Feind ungefähr 1000 Mann Reiterey stark über den Fluß, ſcharmußierte mit unsern leichten Truppen, nahm aber nach einis gen Kanonenschüssen die Flucht und begab sich wieder über den Fluß. Den 14ten erfuhr man von dem Fürsten Proforowski, daß der Feind die. Pontons aus der Stadt an den Fluß führen laffe,
um eine Bru , cke zu schlagen , und daß zu gleicher Zeit ein star
" kes Corps Infanterie und Cavallerie angefangen habe, unter den Kanonen der Festung über den Fluß zu gehen.
Der Feldherr hielt es daher für, nöthig, mit der ganzen Armee von Kniagine bis
nach Gavrilovtcha , eine halbe Meile von dem Fluffe gegen Kotchim über , vorwärts zu rücken. In dieser Stellung konnte er ſeine leichten Truppen , welche sehr häufig angegriffen wurden, weit leichter unterstügen ,
und den Feind hindern sich
diſſeits fest zu ſehen. Ehe die Armee ihr neues Lager bezog, wurden die Tartarn schon mit einem beträchtlichen Vere luste zurück geschlagen , womit es sich folgender Gestalt verhielt. Um ein UhrNachmittags gin gen ungefähr 60 Reiter über den Dniester , und fingen an mit unsern Koſaken zu ſcharmußieren; allein da sich der feindliche Haufe unaufhörlich verstärkte , so mußten sie sich nebst der Eskadron Husaren, welche ihnen zu Hülfe geschickt wurde,
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Beylagent.
hinter den Berg zurück ziehen. Da der Feind hierauf nåher fam , fo feuerte man auf ihn aus zwey auf den Flügeln der leichten Truppen errich teten Batterien , ſo daß er sich bis auf eine gewißſe Weite zurück ziehen mußte. Allein er griff hierauf den Major Fabrician an , welcher mit einem Bataillon in einem Gehölze auf dem rech ten Flügel stand, und machte sich zugleich an die Redute , welche der zweyte Lieutenant von der 氨 Artillerie Bichov vertheidigte , ohne fast einen einigen Schuß zu thun, sondern bloß mit dem Så bel in der Faust. Der Ungriff war so heftig, daß fich auch der Major Fabrician mit ſeinem Bataillon auf die Redute zurück ziehen und zu der Hinter derselben postierten Compagnie stoßen muß te. Indessen wurde der Feind durch das beſtånbige Feuer unsers schweren Geschüßes und derjemigen Truppen, welche die Redute vertheidigten, vertrieben , so daß er nicht einmahl die Todten, •· wie er sonst gewohnt war , mit sich nehmen konn te, sondern selbige an der Zahl 30 auf dem Wahlplage zurück lassen mußte. Zu gleicher Zeit erHielten die Husaren - Regimenter Befehl, sich dem Gehölze zu nähern ; allein da man während des Aufenthaltes des Hrn. von Rennenkampf an die-' fem Orte viele Gruben gemacht hatte ,
um die
Reiteren aufzuhalten ,
so konnten die Husaren. Der nicht gerade auf die Reduten zu gehen.
Brigadier Tekeli rückte vaher mit seinem Regimente rechts , um den Feind im Rücken anzu. greiffen.
Die Regimenter Afirsk, Ungarn und
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Ostgothland , welche dem Dorfe. Babchina ge gen über standen, wandten sich ein wenig rechts , und ließen das Gehölz zur linken , um den Feind, welcher sich zwischen dem Flusse und dem Gehölze befand , gleichfalls anzugreiffen , und aufsolche Art den Truppen, welche das Gehölz befeßten, zu Hülfe zu kommen. Allein, da das Geſchüß aus der Festung bis dahin reichte, so zogen sich unsere Husaren ein wenig zurück, und machten im Angesicht des Feindes Halte, deffen Anzahl unaufEr stellete sich, als wenn hörlich stärker wurde. er die Husaren angreiffen wollte , fiel aber über die Infanterie her , welche das Gehölz beseßte. 6 Einige Batterien und das Bataillon des Capi tåns Anrep wurden so lebhaft angegriffen , fie fich auf zwen Compagnien Infanterie,
daß wel
che hinter der Batterie waren, zurück ziehen, und die Kanonen mitsich nehmen mußten, ihrenRückDa die Tartarn sehr zahlreich zug zu decken. waren , fo umringten sie gar bald den Capitán Anrep mitten in dem Gehölze , ob sich gleich der Major Fabrician und einige freywillige Grenadiers in Bewegung setzten, ihn zu befreyen. Das ganze Infanterie - Regiment Aftrakan wurde ihnen also zu Hülfe geschickt, und indem der Major Rosen das zweyte Bataillon in zwey Abthei lungen anführete, marschierte der Oberste Hundovitsch mit dem ersten linker Hand längs dem Ge hölze, um den Feind zu umgehen, und ihn im lin Als er Fen Flügel und im Rücken anzugreiffen. fahe, daß sich die feindliche Reiteren gesezt hatte,
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unsere Husaren anzugreiffen , rückte er aus bent Gehölze heraus , und machte ein heftiges MusFeren -Feuer auf dieſen Haufen, wodurch derselbige genöthiget wurde , sich zurück zu ziehen. Hieraufschwenkte er sich gegen denjenigen , wel cher das zweyte Bataillon zum Weichen brachte, Als dieser ihn und griff ihn von der Seite an. anrücken fahe , fiel er mit dem Såbel in der Fauſt aiber ihn her , wurde aber durch ein lebhaftes Kanonen7 und Musketen . Feuer so gleich zum Weichen gebracht. Nunmehr fing diefe ganze Reiterey an , sich zurück zu ziehen und wieder über Der Feind hatte unge Den Dniester zu gehen. fähr 1000 Todte und Verwundete.
Alle Ueber-
Laufer versicherten solches , und dieser Verlust wird auch sehr wahrscheinlich, wenn man erwåget, daß ein Haufe von ungefähr 10000 Mann unferm Artillerie- und Musketen Feuer über eine Stun▪ で Wir verlohren dabey den De ausgefeßet war. Husaren - Capitán Margachits , zwey Corporale Verwundet und 15 Grenadiers oder Fusiliers. waren der Lieutenant Meier ,
der Unter - Lieute
nant Demianov, der Fähndrich Gernitely , und 45 Unter - Officiers , Grenadiers , Corporale, Fusiliers oder Husaren. Aus den Bewegungen des Feindes war zu vermuthen, daß er unter den Kanonen der Festung über den Fluß gehen wolle. Erhatte eine Brücke angefangen , und brauchte sie nur zu dem schweren Geschüße, weil man durchden Fluß waten konn
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te. zu,
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Indessen brachte er den ganzen Tag damit daß er ein sehr unnüßes Feuer aus der Fe
ſtung und aus den amUfer errichteten Batterien auf uns machte. An verschiedenen Orten zeigten sich zwar einige Partheyen, sie wurden aber sogleich mit Verlust zurück gewiesen. Vielleicht wollte der Feind den Russen mit dieser Canonade bloß einen Schrecken einjagen. Was die Pontons betrifft, die er aus Kotchim an den Dniester hatte führen laffen , so schlug er deren nur zwen auf.
Man erfuhr von der türkischen Armee, welche fich noch immer zu Riabaja - Mogila befand, daß der Vezier , seine Secretairs Drago und der Kigaja, ingleichen der Bacha Karaman inVerhaft genommen worden und unter einer Bedeckung nach Constantinopel geführet würden ; daß diese Armee höchstens nur noch aus 40000 Mann so wohl Fußvolk als Reiterey bestehe ; daß sienur 30 schwere Kanonen und über dieß zwey von uns geheurer Größe bey sich habe ; daß sich auch eini ge hundert pohlnische Conföderierte mit Geschuß bey ihr befånden.
Man sagte, daß die bey Kot
chim unter der Anführung des neuen Beziers Moldavangi , befindliche Armee aus 80000 Mann , sowohl Türken als Tartarn bestehe; daß der neue Seraskier Abafi , Bacha von drey Roß schweiffen , sich bey dieser Armee befinde , so wie der Khan der Krimm und der Sultan det No. gaischen Tartarn ;
daß sie 20 große Kanonen ,
und 240 kleinere bey sich hätten ,
welche von
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Beylagen.
Mauleseln und Kamehlen getragen würden , de ren jedes aufjeder Seite eine an Riemen hangen. hätte. Man ſeßte hinzu , daß die Türken von beyden Armeen häufig ausriffen , neue Vezier Befehl habe,
und daß der
über den Dniester zu
f gehen. Denselben Tag erhielt man folgende Nachrichten aus Pohlen.
Die pohlnischen Aufrührer,
welche, nachdem sie geschlagen und zerstreuet worden, in das Schloß Rekova geflohen waren, blieben einige Zeit daselbst , wurden aber endlich aus Mangel an Lebensmitteln genöthiget, laffen. chev.
dasselbe zu ver
Sie zogen sich nach dem Dorfe Kolbu Der Major Saleman , welcher sie beob
achtete , folgte ihnen , hohlte sie ungefähr sechs Meilen von Refova ein, griff sie von neuem an, fchlug fie , tödtete ihrer 200 Mann , nahm 30 gefangen und bekamsieben metallene Kanonen von verschiedener Größe , nebst einer beträchtlichen 1 Anzahl Flinten und andere Kriegsbedürfnisse. Die Anführer dieses Haufens, der Fürst Lubos mirski und ein gewiſſer Radzimirski, fanden Mittel zu entwischen , und sich in das benachbarte Ges Hölz zu verbergen. Uns wurden nur zwey Carabiniers verwundet und zwey Pferde getödtet. Da die Aufrührer zu Lublin ſehr zahlreich wurden , und bis nach Broda streiften , so gingen unsere Detaschementer ihnen entgegen.
Den 16ten sagte ein Christlicher Bulgar, ber aus Kotchim zu uns über ging , daß die bey ber Festung befindliche Armee an Türken, Tar
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tarn und andern Nationen aus 150000 Mann bestehe ; daß sie 30 Kanonen bey sich habe, wovon jede von zwey Pferden gezogen würde ;
daß
man noch zwey schwere Kanonen aus Kotchim ge zogen habe ; daß man in der Stadt Barken oder Kähne in Gestalt der Pontons verfertiget ha be, und sich ihrer zu Verfertigung einer Brücke bedienen , hierauf über den Fluß gehen und uns angreiffen wolle.
Ihm zu Folge hatte der Vor-
gang vom 14ten den Türken ungefähr 1000 Mann gekostet. Der Bezier wåre in Beglei tung der vornehmsten Türken und Tartarn selbst bey diesem Gefechte gegenwärtig gewesen , indem er demselben von dem andern Ufer zugesehen habe. Allein da eine Bombe aus Svaniets nicht weit von ihm niedergefallen , so habe er sich in der größten Eil in fein an dem Ufer befindliches Gez zelt geflüchtet. Man sage , daß er Willens sen fich in sechs Tagen zur zweyten Armee bey Riabaja - Mojla zu begeben , in 14 Tagen mit sei ner ganzen Macht aufzubrechen , und nur einige tausend Mann in Kotchim zu lassen. Aus diesen Nachrichten konnte man ſchließen, daß der Feind ohne Anstand über den Fluß gehen würde, und die angefangene Brücke konnte baldfer Da sich nun der Feldherr in Stand tig seyn. sehen wollte , ihn anzugreiffen und zu ſchlagen ehe er sich in Schlachtordnung stellen könnte , so verließ er das Lager bey Gavrilutfa und lagerte fich gerade gegen Kotchim über , einen Kanonenschuß von dem Ufer. Diese Stellung war sehe
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nüßlich, indem man aus derselben auch die kleins ften Bewegungen des Feindes beobachten konnte. Der rechte Flügel lehnte sich an Svanies.
Von hier übersahe man ihr Lager und ihre Brus cke ,
und
es gab auch vor dem linken Flügel
Stellen , wo man beydes ſehr gut ſehen konnte. Sie konnten nun auch nicht mehr zu leicht zu fous ragieren nach Pohlen kommen. Endlich war die Fronte von einem Gehölze bedeckt, wo die Ruffen Verhacke machten, die sie beffer deckten als eine Verschanzung. Indessen wandte der Feind noch den ganzen Tag dazu an, so wohl aus der Festung als auch von den am Ufer errichteten Batterien , bald auf Svaniek , A bald aber auch auf das Russische Lager , überall aber ohne Wirkung zu feuern. Den 17te seßte der Feind feine unnüße Ca nonade fort, die er zuweilen aufdie Kosaken rich tete, die sich dem Flusse nåherten, um ihn desto Allein es fam keine von genauer zu beobachten. feinen Kugeln zu uns herüber , und die ganze Arbeit an der Brücke bestand darin , daß zwey oder drey neue Pontons aufgeschlagen wurden. Den 18ten wurde die Canonade eben so fruchtlos fortgesett ; allein der Feind arbeitete fleisfiger an seiner Brücke. Da man aus allem ſchließen konnte, daß der Feind Willens ſey , hinüber zu gehen, so machte die Russische Armee An stalt, ihn zu empfangen.
Sie befeßteauf Befehl
des Feldherren alle nöthige Derter und befestigte ihr Lager auf allenSeiten. Gegen
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3.21
Gegen die Nacht berichteten die leichten Truppen, daß die Feinde auf dieser Seite , ihrer Brü cfe gegen über
ein Corps von ungefähr 200
Mann gelassen hatten. Der Feldherr befahl so gleich dem General - Major Kamenski , der sich auf dem nächsten Poſten befand, dieses Corps noch. in derselben Nacht anzugreiffen, und der Major Seliger, von dem Regiemente Beloferski , wurde mit drey Compagnien Grenadiers gleichfalls zu dem Ende abgeschickt. Als das feindliche Detaschement unsere Grenadiers gewahr wurde, ging es mit einem fürch terlichen Geschrey auf sie los , wodurch das ganze Lager bey Rotchim in Bewegung gebracht wurde, und das Geschuß in der Festung und aufden Bat terien, längs des Fluffes machte ein heftiges Feu Allein unsere er, um dieses Corps zu decken. Grenadiers gingen ohne sich dadurch schrecken zu lassen , mit aufgepflanzten Bajonette auf den Feind los , warfen ihn über den Haufen und ver folgten ihn bis in den Fluß, so daß sie bis andie Knie im Wasser waren. Sie tödteten viele der
felben, und der Ueberrest, dem die seichten Stel len bekannt waren, entkam mit der Flucht. Wir verlohren nur einen einigen Grenadier , welcher Am Flusse fand fich vermuthlich verirret hatte. man Pfähle , Balken und Bohlen , woraus eine Brücke gebauet werden sollte, und welche man in das Wasser warf. Dieser Umstand verzögerte die Arbeiten des E
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Feindes , welcher sich den ganzen Tag mit seiner imnüßen Canonade beschäftigte. Den soten fuhren die Türken mit Anbruch des Tages an dem Baue ihrer Brücke fort, welche gegen Abend völlig fertig war. Sie ließen 100 Mann darüber gehen, welche sie bedecken sollten , und einige Reiter, welche gleichfalls über den Flug gingen , scharmußierten mit unsern Kosaken, die fie endlich bey Anbruch der Nacht wieder über den Fluß zurück trieben.
Den 21 ten blieb der Feind in seinem Lager, ohne die geringste Bewegung zu machen , und ſeßte bloß seine Canonade fort. Man sahe bloß eie nige einzele Soldaten, welche auf der Brücke hin und wieder gingen. Indessen konnte man glauben , daß er nächstens mit seiner ganzen Macht darüber gehen würde , und bloß in Erwartung einer Verstärkung an Truppen oder Geschüß unthatig sey. Indessen melderen uns die Partheyen, welche bis in das Innere der Moldau ſtreiften nichts Neues , und die Ueberläufer , welche zu uns kamen , sagten , daß es den Türken an Fut ter fehle. Den 22ten mit Unbruch des Tages fingen fie an , sowohl über ihr Brücke , als auch über Den die feichten Stellen den Fluß zu paſſiren. Abend befanden sich , so viel man urtheilen konnre, etwa 4000 Mann mit einigem Geſchüße dies. feits des Flusses , und zwar an eben dem Orte, welchen der Hr. von Rennenkampf mit ſeinem LaEs war noch ungewiß, ger inne gehabt hatte.
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ob dieses Detaschement festen Fuß fassen , (: oder nur Fütterung hohlen und wieder zurück gehen würde ; zumahl da einige wirklich wieder zurück gegangen waren. In der Nacht erfuhr man , daß der Feind nicht nur in diesem Posten blieb sondern daß er auch in der Eil eine Verschanzung vor seiner Brücke aufgeworfen, und sich in dersel ben gelagert habe. Der Feldherr, der diese Vers wegenheit nicht ungestraft laſſen wollte , hielt es für nöthig , sie ohne Zeitverlust anzugreiffen , und fich dieser Gelegenheit zu bedienen , ihre Brücke zu verbrennen , und den Feind zu lehren , daß man sich nicht so mit getheilter Macht der Ges fahr aussehen müsse. Der Fürst bestimmte zur Ausführung dieser Absicht die vier Obersten Weismann , Sukotin, Kretscheninkon und den Baron von Igelströhm, welche wegen ihrer Geschicklichkeit in der Kriegskunst, ihres Muthes und ihrer Erfahrenheit vorzüglich bekannt waren. Jeder von ihnen führete 1000 Mann, meistentheils Grenadiers , ohne Geschütz. Der Feldherr gab ihnen den Befehl, daß jes der zur bestimmten Stunde mit seiner Colonnne aus dem Lager aufbrechen , ohne sich aufzuhalten und in der größten Stille auf den Feind anrücken, und wenn sie an demselben wären , um ein Uhr nachMitternacht mit dem Feldgeschrey : es lebe Ratharina!
zugleich an verschiedenen Seiten angreiffen , und sich daben bloß des Säbels und der Bajonette bedienen sollten , um nicht die
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Maßregeln des Angriffes zuverrathen und sich nichtdem Kanonenfeuer aus Kotchim und von den türkischen Batterien auszusehen. Er befahl ihnen ferner, wenn sie den Feind geschlagen hätten, alle Mühe anzuwenden , um die Brücke mit denjenigen Materialien , welche die Officiers von der Artillerie ihnen liefern würden , zu verbrennen , und alle Kanonen ,
welche sie nicht mit fortbein
gen könnten, zu vernageln. Die vier Obersten brachen mit ihren Colonnen sogleich aus dem Lager auf, und griffen , als ſie ſich demselben in der größten Stille genahet hatten, den Feind an verschiedenen Orten mit so vieler Lebhaftigkeit an , daß die Türken nicht eins mahl so viel Zeit hatten, zu ihren Waffen zu greif fen, indem unsere Grenadiers mit dem Feldgeschreyes lebe Ratharina ! plöhlich in die Sie stießen die Verschanzung hineinstürzten. ersten, welche ihnen begegneten ,
mit den Bajo-
netten nieder , griffen hierauf diejenigen an , welche sich noch in dem Lager bey der Brücke befan den , machten die meiſten nieder und bemächtigten sich der Brücke , ungeachtet man aus der Fe stung mit dem großen und kleinen Gewehr aufsie feuerte. Es blieben auf dem Wahlplage ungefähr 500
Türken, diejenigen nicht mitgerechnet , welche entfliehen wollten, und kein anderes Mittel wußten, als daß sie sich in den Fluß ſtürzten und ersoffen. Die Ruffen erbeuteten in diesem Gefechte 17 Fah nen, und verlohren bloß den Unter-Lieutenant von
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dem Regimente Kurinsk, Nahmens Anton Ja culev und 17 Grenadiers oder Füsiliers. Der ·Oberst- Lieutenant Lukin, die Capitåns Stefanow, Minkov und Muchkov, die Lieutenants Bogdanov und Heinton, die Unterlieutenants Chichkin und Philippi und 94 Unter Officiers , Corporale oder Soldaten waren verwundet , doch die mei ften nur leicht.
Zwölf Mann verließen die Co-
lonnen und verirreten sich in der Nacht. Nachdem unsere Truppen die Brücke beseßt hatten, versuchten sie dreymahl , dieselbe in Brand zu stecken, welches ihnen aber nicht gelingen wollte, weil das Holz zu naß war. Sie konnten nur zwey Pontons verbrennen ,
und das übrige nicht
einmahl unbrauchbar machen ,
weil zu beyden
Seiten starke Pfähle in den Fluß geschlagen waren. Unsere Partheyen bekamen denselben Tag in derMoldau einen Hofmarschall des Potoski, NahEr war aus Kot• mens Hokenski, gefangen. nach Ungarn geschickt worden, chim zu seiner Frau um Geld zu hohlen.
Er sagte aus, daß der Ve-
zier Moldavangi von seiner Armee zu Riabaja Mogila ein Corps von 20000 Janitscharen und 30000 Reitern erwarte, und Willens sey, den größten Theil seiner Macht über den Fluß zu ſchicken, und uns durchden neuen Seraskier Abafi angreiffen zu lassen, mit dem Ueberreste aber, andem andern Ufer bey seiner Brücke zu bleiben.
Nach
feiner Aussage mußte diese Verstärkung schon den
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18ten angekommen seyn; er seßte hinzu , daß, ob mangleich die Armee unter Kotchim für 180000 Mannstark ausgebe , so schäße er sie doc) nur ungefähr 100000 Mann ſtark. Siehabe nur 60 Kanonen von verschiedener Größe bey sich, erwarte aber weit mehrere von der andern Armee. Potoski habe nur 150 Conföderierte beysich; allein nicht weit von Jassi befanden sich ihrer 1000 , und diese håtten Befehl bekommen , nach Als unsere Armee dieſe Kotchim zu kommen. Festung das legte Mahl angegriffen hätte, hätten fich bey derselben 15000 Türken und 120000 Tartarn befunden. Endlich erwarte man noch Truppen von der andern Armee mit dem Aga der Janitscharen, dessen Stelle der Kaimakan bekom. men habe. Den 23ten stellte der Feind seine Brücke wieder her , zeigte sich aber nur in ſehr geringer
Anzahl auf unserer Seite , und ſeßte ſeine Canonade fort, obgleich nicht mehr so heftig. Den 24ten ward man in dem türkischen Lager große Bewegungen gewahr , woraus man schließen konnte, daß fie Willens waren , über den Fluß zu gehen. Indessen begnügten sie sich mit diesen Bewegungen und mit ihrer fruchtlosen Canonade , die sie bloß noch in der Absicht forts zusehen schienen , um ihre Brücke zu bedecken , und uns einen Schrecken einzujagen. Den 25ten machte der Feind nicht die geringfte Bewegung. Er schickte bloß einige kleineHaufen sowohl über die Brücke als auch durch die
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feichten Stellen, um an dem disseitigen Ufer Futter zu hohlen , und ſezte übrigens feine Caronade fort.
Den 26ten in der Nacht war das ganze tur fische Lager in einer unaufhörlichen Bewegung , woben man ein beständiges Geschrey hörete. Wir erwarteten alle Augenblicke , daß sie mit ihrer ganzen Macht über den Fluß gehen und uns aus greiffen würden ; viele Ueberläufer versicherten es gleichfalls. Indessen schickte der Feind nur 500 Mann herüber, welche auf unsere leichten Trup. pen stießen.
Nach einigen Schüffen von beyden
Seiten zog sich dieses Detaschement zurück, und die Festungfuhr bis spår in die Nacht wie gewöhn lich fort, zu feuern. Der 27te wurde mit kleinen Scharmügeln zwischen den Partheyen der Türken und den un frigen zugebracht, und der Plak fuhr fort zu ka noniren. Man rechnet, daß er in dieſer Canonade ungefähr 10000 Kugeln oder Bomben ver gebens verschoffen.
Die meisten kamen nicht bis Einige, an die Fronte des Ruſſiſchen Lagers.
welche durch doppelte Ladung übertrieben wurden, gingen über beyde Linien weg , andere fielen zwischen benden nieder. Einige Grenadiers saßen bey dem Feuer und kochten Wasser, um sich ihre Grüße zu sieben ; eine Kanonenkugel fam aus der Festung und zerschmetterte den Keffel. Die Grenadiers sprangen plößlich auf, bis auf einen, welcher figen blieb und ganz kaltblütig sagte : „ es
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„war ein Glück, daß die Grüße noch nicht dars ,in war.,, Den 28ten dauerte das Kanonieren sowohl aus der Festung als aus Zvaneck und von den übrigen Batterien ununterbrochen fort. Einige hundert Türken kamen auf unsere Seite, um zu Sie wurden aber von unfern leichfouragieren. ten Truppen angegriffen , und ihres Widerstan des ungeachtet mit einem Verluste von zwey Mann, welche sie mit sich nahmen , zurück ge trieben. In der Nacht erfuhr man , daß der Feind sowohl über die Brücke, als auch durch die feichten Stellen sehr stark über den Fluß gehe. Die Russische Armee setzte sich in Verfassung, ihn zu empfangen, und der Feldherr ließ aufsei nem linken Flügel das Gehölz Katchevich , auf welchem wichtigen Posten sich bereits ein Regis ment befand, mit drey Regimentern Infanterie, nähmlich dem vierten Regiment Grenadiers, Petersburg und Kurinsk, und mit einigen Jågern besehen , und vertrauete sie den Befehlen des Grafen von Bruce und des Fürsten Gallihin an. Aus den Bewegungen des Feindes , welcher bald in großer Anzahl , bald aber auch nur in kleis nen Partheyen über den Fluß ging , konnte man muthmaßen , daß er nur fouragieren wollte, indem és ihm in seinem Lager gar sehr an Fütterung fehlte. Der Feldherr schickte daher noch die Herren Soltikov und Kamenskoi mit 20 Compagnien Grenadiers unter den Obersten Kchewski , und Kochkin, die Curassiers von Kiow, und die Ca-
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rabiniers Siberien, Casan , Ustrakan und To bolsk unter den Herren von Glebov und Potemkin in eben dasselbe Gehölz , mit Befehl , die Nacht daselbst zuzubringen , und sich nicht nur der Fou ragierung , die der Feind unternehmen könnte, zu widersehen , sondern ihm auch den Rückzug nach dem Flusse abzuschneiden. Diese Anstalten erreichten zwar nicht die vorgefeßte Absicht, hatten aber eine andere weit vortheilhaftere Wirkung, weil sie uns den folgenden Tag den vollständigsten Sieg verschafften. Den 29ten zeigte sich der Feind mit Anbruch des Tages in großer Anzahl an dem disseitigen Ufer des Flusses , rückte in Colonnen nach dem Gehölze und dem Russischen rechten Flügel zu, und rüstete sich zum Angriffe.
Dieser nahm des
Morgens gegen sieben Uhr, auf das mit seinem sämmtlichen Geschüte längs dem Dniester gegebene Zeichen den Anfang. Die unserm rechten Flügel gegen über befindliche Reiteren fing denselben an. Gie rückte anfänglich mit vieler Hiße auf uns an; allein die Haupt - Batterie des Obersten Melissino, und das Feuer aus den beyden Reduten hielten fie nicht nur auf , sondern brachten sie auch zum Weichen, und das türkische Fußvolk, welches fich in Bewegung setzte, die Reiteren zu unterstüßen, machte Halte. Nach dieser erſten Schlappe wandte der Feind seine vornehmste Macht, sowohl an Reite rey als an Fußvolk, gegen den Poften in dem
Beylagent.
330
Gehölze, welchen er von allen Seiten mit solcher Wuth angriff, daß auch unser Detaſchement getheilet wurde. Das Regiment Grenadiers wandte fich rechts, die von Petersburg und Kurinsk aber links. Der Feind griff sie sogleich auf den Flü geln und im Rücken an, und nöthigte sie, sich hinter den letzten Verhack zu ziehen, wo diese beyden Regimenter mit dem größten Muthe festen Fuß hielten.
Allein das vierte Regiment Gre
nadiers, dem der Rückzug zu dem Verhacke ab geschnitten wurde,
griff den Feind mit aufge
pflanzten Bajonette an und warf ihn über den Haufen, konnte ihn aber nicht verfolgen, weil er alle Augenblicke neue Verstärkung erhielt. Der Graf von Bruce, welcher sowohl von der Armee, als auch von dem Corps des Herrn von Soltikow war verstårket worden, wandte alles an, den Feind sowohl hier völlig zu vertreis ben, welcher den Verhack fünfmahl angriff, aber auch eben so oft zurück geschlagen wurde, als auch von einem andern Posten, welchen er gleich an fänglich besegt hatte, und von denen, welcher er fich beym Anfange des Angriffes bemächtiget hatte, und welche von uns besest waren, um das Gehölz zu decken. Er wurde endlich auch wirklich auf allen Seiten vertrieben, und unsere Re gimenter nahmen ihre äußersten Poſten ait eben den Stellen wieder ein, wo sie sich anfänglich befun " Das Gefecht bey dem Gehölze den hatten. dauerte von des Morgens fieben Uhr an bis Nachmittags um zwey.
Beylagen.
331
Als einHaufe türkischer und tartarischer Reis terey von etwa 20000 Mann zur linken des Ges Hölzes unsere leichten Truppen und hinter ihnen ein Detaſchement Reiteren gewahr wurde , so griff er fie mit der größten Hiße an.
Sie hielten
den Angriff aus, griffen hierauf den Feind von ihrer Seite an, und verfolgten ihn eine ziemliche Weite. Da er aber immer von neuen Truppen unterstüßt wurde, so that er, ungeachtet seines or littenen Verlustes einen neuen Angriff und fiel sehr hißig über unsere Reiterey her, welche sich nach den aufunserm linken Flügel errichteten Bats terien zurück zog ,
und ihnen Gelegenheit gab,
auf diesen Haufen Feuer zu geben, worauf fie ihn von neuem angriff und ihn völlig zerstreuete. Ungeachtet num der Feind den schlechten Erz folg aller feiner Versuche auf unsere
einzelne
Corps sahe, so beharrete er doch auf das hartnäckigste bey dem Angriffe , umringte die ganze kaiserliche Armee, und griff sie von allen Seiten an, ob es ihn etwa gelingen möchte, an irgends einem Orte
einzubrechen.
Allein
als
er die
schreckliche Wirkung unsers schweren Geschüßes unter seinen Haufen gewahr ward, und fahe, daß alle seine Angriffe vergebens waren, und es vermuthlich auch fernerhin seyn würden, so gab er gegen sieben Uhr alle seine Hoffnung auf, und ergriff die Flucht, so daß bey dem Anbruche der Nacht kein einiger Türke mehr difseits des Dniefters war,
Unsere leichten Truppen und selbst
Beylagen .
332
dieReiteren verfolgten den Feind bis an den Fluß. Der Verlust des Feindes muß sehr beträchtlich gewesen seyn , wegen der erstaunenden Wirkung fowohl unsers groben Geschüßes, als auch unsers kleinen Gewehres welches das feinige sehr weit übertraf.
Es gab unter dem Grafen von Bruce
Regimenter, bey welchen jeder Solbat über hundert Patronen verschoffen hatte ; allein, da er ſeiner Gewohnheit zu Folge, seine meisten Todten mit sich nahm , welches ihm jest wegen der Nähe seiner Brücke nicht schwer fiel, so konnte man sei nen Verlust unmöglich berechnen. Indessen hatte man bey dem Abgange des Fürſten von Galligin, welcher der Kaiserin die Nachricht von diesem Siege überbringen sollte, schon ungefähr 3000 Todte und eine große Menge Pferde gefunden. Gefangene wurden nur wenig gemacht, weil die Ruffen in der Hiße des Gefechtes alles niedermachten. Die wenigen , welche man bekam, fagten einhellig aus, daß alle feindlichen Truppen unter dem Groß- Vezier Moldavangi Bacha, dem Seraskier, dem Bacha Ubasi, vielen andern Bachas und des pohlnischen Aufrührers, Potosky, über den Fluß gegangen wåren. Die Ruſſen verlohren in diesem Gefechte den Oberst Lieutenant Beklechow, den Second-Major Hagmeister , den Lieutenant Lagnovov von dem Regimente Petersburg, den Fähnrich Mökenin von Koper, und 177 Unter Officiers, Corporale und Gemeine.
Verwundet waren, 14 Officiers,
Beylagen.
333
nähmlich der Capitån Harber von den Curaſſiers Kiom, der Capitán Kurach von dem ersten Res gimente Grenadiers, Taktacher von Wiborg, Berger von dem vierten Regimente Grenadiers, Alalikin von Petersburg, der Lieutenant Galactio now von den Ostgothischen Husaren, Bak von Wiborg, Kurojedom, Adjutant der Curassiers von Kiom, Teifer und Tarabonow, Lieutenants von dem Regimente Petersburg , Bervet und Durnon von Kurinsk, Araktcheier von Beloferk, Durgefow von Novogrod, und 323 Unter - Offi ciers , Corporals und Soldaten. Die leichten Truppen verlohren 2 Kosaken und r Arnautenz verwundet waren von ihnen ein Capitán , ein Fåhndrich, vier Kosaken und zwey Arnauten. Ein Arnaute wurde vermiſſet,
Wir erbeuteten von dem Feinde neun Fahnen, welche der Feldherr durch den General - Major, Fürsten Galigin , an die Kaiserin schickte. Er ließ den Grafen von Bruce und Soltikov, welche den größten Theil an den Beschwerden und an dem Siege dieses Tages hatten, die gehörige Gerechtigkeit wiederfahren, und empfahl der Kais serin zugleich diejenigen Officiers , welche sich nach dem Zeugnisse ihrer Vorgeseßten am meisten hervor gethan hatten ; nåhmlich nach dem Zeug nisse des Grafen von Bruce, die General -Majors, Fürsten Gallihin und Kamenskoi , die Obersten Sukotim und den Fürsten Roslevskoi , den Oberst Lieutenant Udam, die Majors Rosen von S. Petersburg, Jourie , Bibikov, von Kabar-
334
Beylagen.
dinske, und Breskin von Archangelogorob, die Capitans Stephanov und Rebinder von dem vierten Regimente Grenadiers , und Unrep von den Jågern, die Capitáns Evanov von Belofersk, Wokrinski von Murom, Sergraf und Mascorøv von Kurinsk, die Unter - Lieutenants, Bichof von der Artillerie, Narikow von dem vierten Regimente Grenadiers, Graf Golowin von Asoro, Captilov von S. Petersburg, Arafigevskoi von Belofersk, Grars von Navaginsk und Kolibskoi von Murom, den Sergeanten Safen von dem Regimente Kopor, den Fürften Singni Galligin, Capitán von Jaroslaw, Major de Jour, und den Fürsten Wolskomkoi, Lieutenant von der Artillerie, welche aus eigenem Antriebe den Grafen von Bruce zu der Batterie begleiteten ; den Fürsten Mecherskoi, zweyten Capitån der Garden zu Pferde und den Fähndrich Kotinzov von dem Garte - Regimente Ismailow , welche als Freywillige dienten; nach dem Zeugnisse des Gra fen von Soltikom, die Obersten Rchevskoi und Kachkin, den ersten Major Breskin von Argangelogorod, den zweyten Major Kackelberg von Siberien, und den Major Zigeler von Chirvan, die Capitáns Rebinder von Upcheron und Umrep von den Jågern, den Baron von Fersen, Uide-de-Camp, Die Lieutenants Jvomov von Belofersk, und Mokrinskei von Murom, die Unter - Lieutenants Araservskoi von Belofersk, wbilskoi von Mus rom, Grev von Navaginsk, und Oldehaner, Sergeanten von den Bombardiers,
Beylagen.
335
Der Feldherr empfahl der Kaiſerin ferner, nach den Zeugnissen der Grafen von Bruce und Soltikom, den General - Lieutenant, Baron von Elmt, den General- Major de Jour Stupichin, und den Ingenieur General - Major von Molina, welche in ihren mühsamen Poſten viel zu dem Siege beytrugen ; die General - Majors Glebov und Potemkin , welche die Reiteren anführeten, und Proben ihrer Einsicht, Tapferkeit und Herz haftigkeit an den Tag legten ; und endlich die beyden Majors de Jour Elias und George Bibikow. Der Fürst legte endlich denBemühungen und dem Eifer der fremden bey der Armee befindlichen Mas die Volontärs das verdiente Lob bey. Officiers von den Leib- Garden, der Kaiserin be trifft, so legten sie bey dieser Gelegenheit neue Proben ihres Eifers an den Tag, indem sie sich am häufigsten an den angegriffenen Orten befan den. Besonders wurden der Capitån Tcherkosow, der Capitán- Lieutenant Rojeskoi, der zweyte Ca pitán Fürst Meschersky, und der Lieutenant, Fürst Repnin, gebraucht, die Befehle an die gefährlichften Derter zu überbringen. Endlich empfahl er der Kaiserin besonders als einen Officier voller Eifer den Obersten, Fürsten Wolodimer Galligin, welchen er an dieselbe schickte, ihr die Nachricht von diesem Siege zu überbringen. Während der Zeit, daß die Türken die Ruf fen angriffen, und das Feuer aller ihrer Batterien mit vielem Muthe aushielten, streiften die Ear
336
n Beylage .
tarn auf demWege von der Armee zu dem schwe ren Gepäcke. Man machte während des Ge fechtes zwen Gefangene, wovon der eine ein schwarzer, und der andere ein türkischer Unter Officier war. Als man diesen befragte, und der felbe viele unwahrscheinliche Dinge in Ansehung der Zahl der Türken und anderer Umstände bes richtete, so drohete man ihm mit der Baſtonnade, um ihn zum Geständnisse der Wahrheit zu brin gen, wobey man noch hinzu seßte, daß wenn man nachmahls entdecken würde, daß er die Wahrheit verschwiegen, man ihm den Kopf herunter fäbeln würde. An statt dadurch in Furcht zu gerathen, wiederhohlte der Musulmann seine vorigen Aus fagen, und sehte hinzu : Man soll mir nicht ,, nur den Kopf abhauen, wenn ich die Sachen ກ anders sage, als ich sie zu wiſſen glaube, ſon„ dern ich will alsdann auch noch vorher ein " Christ werden. „ Den 30ten machte der Feind nicht die ge
ringste Bewegung ;
er blieb in ſeinem vorigen
Lager, und fing ſeine Canonade von neuem an. Er schickte einige Partheyen auf unsere Seite zu fouragieren; allein sie gingen bald wieder zurück, theils von sich selbst, theils auf Antrieb unserer leichten Truppen. Man erfuhr denselben Tag von der Bede ckung unsers schweren Gepäckes , daß während der Schlacht sich ein beträchtliches Corps türki scher und tartarischer Reiterey geftellet habe, als wenn es sie angreiffen wollte ; als es aber die um daffelbe
Beylagen.
337
dasselbe gemachte Wagenburg geschen , habe es sich nicht näher zu kommen getrauet. Sie tod 7 teten indessen einige Marketänder und Officier Bedienten und trieben ungefähr 1600 Stüc Vieh weg. Denselben Tag sang man, in Gegenwart der ganzen Armee das Te Deum, und begleitete dasselbe mit einer dreyfachen Salve aus unserer ganzen Artillerie und dem sämmtlichen kleiner Gewehre . Den 31ten sette der Feind seine Canonabe fort, machte aber übrigens nicht die geringsto Bewegung. Man erfuhr von unsern Detasche mentern in Pohlen, daß die vor kurzem unter der Anführung des Pulavsky, Brezinskoi und anderer Befehlshaber aus Litthauer gekommene Rebellen, 8000 Mann stark,
die wichtige Fe-
ftung Samvsie beseßt hätten, daß sie aber selbige auf Annäherung unserer Truppen auch sogleich wieder geräumer und sich nach Lublin gezogen hatten. Da sie bis dahin von den unſrigen verfolge wurden, so theileten sie sich in zwey Haufen, wo von der eine nach Sendomir, und der andere nach Brets ging.
Der Oberst- Lieutenant Dre-
wih folgte ihnen und machte einige Gefangene. Der Graf von Caſtelli, Capitán von dem Caras binier - Regimente Cargapol, stieß auf einen Haufen derselben bey dem Flecken Kolbuchev , griff ihn an, hieb 30 Mann nieder und machte 10 Gefangene,
338
Beylagen. September.
Den 1ten. Die Russische Armee blieb in ihrem Lager an dem pohlnischen Ufer des Oniefters, Kotdim gegen über, und der Feind bes hauptete seine Stellung ohne einige Veränderung. Er feste seine Canonade fort, und schickte einige hundert Mann auf unsere Seite, um daselbst zu fouragieren, welche sich aber nach einem Scharmühel mit unsern leichten Truppen wieder zurück ziehen mußten.
Den zten blieb der Feind in feinem Lager und feste feine Canonade fort, besonders auf ་ ར་ Svanietz, welchen Posten sie den ganzen Tag fehr hißig kanonierten und des Nachts Bomben Dahin warfen. Diese kleine Stadt war gleich zu Anfange des Krieges abgebrannt worden, und diente jeht der Russischen Armee zur Bedeckung Ihres rechten Flügels . Sie hatte daselbst ein Fleines Detaſchement, welches hinter den verwůfteten Häusern und hinter den am Ufer des Waffers errichteten Batterien stand. Dieser Posten war sehr wichtig ; er bestrich die Landstraße und Die vornehmsten Zugänge, und sicherte die Seite Einige confoderierte Officiers, der Armee. # welche sich bey der türkischen Armee befanden, näherten fich eines Morgens diefem Posten, um auszufundschaften. Bey dem ersten Kanonenschiffe fielen sie auf die Erde, schossen ihre Pistolen auf die Batterie ab, und machten sich
Beylagen. auf das geschwindeſte wieder davon. hatte der Feind ,
339 Vielleicht
nachdem er schon vergebliche
Versuche auf den linken Flügel und den Mittel punkt der Armee gemacht hatte , etwas auf den rechten Flügel vor. Es giengen die fen Tag wenig Türken über den Fluß, vielleicht weil es die vorige Nacht sehr geregnet hattte, und es fehr windig und kalt war. Den zten that der Feind bloß einige Kano.
Eine sehr kleine Parnenschüsse auf Svaniets . they ging über den Fluß, wurde aber auch sogleich von unsern leichten Truppen wieder zurück getrie ben. Der Regen , die Kälte und der Koth hiel ten den Feind in feinem Lager zurück. Den 4ten feßten die Türken ihre Canonade fort, und schickten einen kleinen Haufen auf un Gegen Mitternacht sere Seite zu fouragieren. feuerten die Batterien und das Geſchüß in KotHim auf Svaniets , bloß in der Absicht , uns zu beunruhigen. Nach einigen Bomben, welche keine Wirkung thaten, hörete aber auch dieses Feuer wieder auf. Den sten fing der Feind bey guter Zeit an, über den Fluß zu gehen, ohne Zweifel einige Fou rage zu hohlen , weil er sehr viele Pferde undKas mehle bey sich hatte. Unsere leichten Truppen stelletensich ihm zwis schen dem Flusse und demGehölzeKatvichentgegen, und zwangen ihn, anstatt zu fouragieren, sich zu vertheidigen, Allein, da ſichdieserHaufe während
340
Beylagen.
des Scharmützels unaufhörlich vermehrte , so daß er gegen Mittag einige tausend Mann stark seyn mochte, so schickte der Feldherr den General Major Samatin mit drey Regimentern Infanterie, zur rechten des Gehölzes , und den Gra fen von Soltikov mit der ganzen Reiterey zur lin Fen desselben ,
die leichten Truppen zu unterſtů.
hen , und wenn sich Gelegenheit dazu fånde, Indem der Feind mit unfelbst anzugreiffen. fern Kosaken sharmußierte, ward er unsere übri gen Truppen gewahr , und suchte zwischen der Reiteren und dem Fußvolke durchzubrechen, und fich diesem zu nähern ; allein er wurde vonunserm schweren Geschůze empfangen , wo ihm besonders Die die Kartätschen vielen Schaden zufügten. fer Unfall brachte ihn in eine solche Unordnung, baß er sich nachdemFluffe zu auf dieFlucht mach te, und von unsern Husaren bis an die Brückenschanze verfolgt wurde, so daß sich gegen sechs Uhr auch nicht einer diesseits des Flusses befand. Es läßt sich nicht genau sagen, wie stark die fes Corps gewesen ; allein nach der Aussage eines Armeniers , welcher während des Gefechtes zu uns überging , bestand es aus ungefähr 5000 Mann , welche von einigen Bachas angeführet wurden , und der Vezier selbst befand sich diſſeits hey der Brücke. Von der feindlichen Armee Fonnte er weiter nichts ſagen , als daß es ihr an Fütterung und Lebensmitteln fehlete. Der Man gel an Sütterung muß auch in der That bey ihr
Beylagen.
341
fehr groß gewesen seyn , weil sie alles auftafften, was die Ruffen als untauglich zum Pferdefutter hatten liegen lassen ; vielleicht glaubten sie aber auch, uns dadurch zum Rückzuge zu nöthigen. Den 6ten that der Feind keinen einigen Kas vielleicht weil es in der Nacht sehr
nonenschuß,
stark geregnet hatte ; indessen schickte er doch ein Corps von 9000 Mann, sowohl Fußvolk als Reiterey über den Fluß,
verlohr aber gar bald alle
Mittel dasselbe zu verſtärken und zu unterſtüßen. Der Fluß, welcher von dem heftigen Regen, und durch die Bäche , welche von den Bergen in den felben fielen , angeschwellet wurde , konnte nicht mehr durchwatet werden , und der Strohm , der immer stärker wurde, riß die Brücke in der Mitte entzwen , so daß alle Gemeinschaft mit dieser Seite völlig unterbrochen wurde. Der Feindhatte also auf der linken Seite zur Bedeckung ſeiner Brücke ein beträchtliches Corps. Der Ruſſiſche Feldherr , wollte sich diese Gelegen heit nicht entgehen lassen , dasselbe anzugreiffen, weil es weder Verstärkung bekommen , noch fich zurück ziehen konnte, wollte ihm auch nicht so viel Zeit laffen, die Brücke auszubessern , oder auf Indeffer Kahnen Verstärkung zu bekommen. ließ sich dieses Vorhaben bey Tage nicht ausführen , ohne sich dem Geschüße aus Kotchim und von den übrigen Batterien des Feindes auszusehen. Man mußte also feine Zuflucht zu einem
Beylagen.
342
nächtlichen Ueberfalle nehmen, der dem vom 2zten August ähnlich war. Nachdem diese Art des Angriffes beschlossen war, bestimmte der Feldherr , ausser den den 23ten Aug. dazu gebrauchten vier Obersten , noch dazu den Obersten Katchkin , der eben so geschickt und erfahren war , als die übrigen , und gab Befehl, daß die Obersten Weisman , Sukotin , Baron Igelström und Katchkin acht Bataillons Grena diers von der Reserve und zwölf Compagnien Gre nadiers von den Regimentern nehmen , und den Feind ohne Geschüß insgesammt zu der beſtimmten Stunde angreiffen sollten , da indessen der Oberste Kretchennikov mit seinen drey Regimen tern Infanterie den Angriff unterstügen sollte, in Die bem ihm die Gegenb bereits bekannt war. übrigen Berhaltungsbefehle , welche der Feldherr ihnen gab, waren denen vom 23ten August ähn lich, nur daß ihnen befohlen wurde , die Unters nehmung des
Abends um neun Uhr anzu-
*fangen.
Sie brachenzur bestimmten Stunde auf, und kaum hatten sich die fünf Colonnen der Brückenfchanze , als dem vornehmsten zum Angriffe be ftimmten Orte genähert , als der Feind , der die mißliche Lage merkte , worin ihn die Beschädigung der Brücke versehte , und daher aufseiner Hut war, ein heftiges Feuer aus dem kleinen Gewehre und groben Geschüße machte. Allein weil
Beylagen.
343
dieses Feuer bey der Dunkelheit der Nacht wenig Wirkung that, fo gelangten die Grenadiers ohne vielen Verlust an die Verschanzung , doch nur in geringer Anzahl , weil ben dem anhaltenden Regen die Wege ausgewaschen und schlüpfrig , und die Gråben ſchwer zu paſſiren waren. Nichts desto weniger erstiegen sie unter dem Geschreye : es lebe Ratharina ! das Parapet , ungeach tet des Feuers aus der Verschanzung und Festung, machten in der ersten Hige über tausend Mann nieder, jagten die übrigen in die Flucht , bemächtigten sich des ganzen feindlichen Lagers nebst zweyer Kanonen , verfolgten die Flüchtigen , ohne einen Schuß zu thun , so wie sie selbige auf eben diese Art angegriffen hatten , und bedeckten in kurzer Zeit das Schlachtfeld mit Todten und Verwundeten . Nachdem der größte Theil dieſes Corps aufgerieben war, zerstreuete sich der Ueberrest . Einige warfen sich in das benachbarte Gehölz, und viele Reiter fuchten durch den Flußß zu ſchwimmen, wovon aber nur wenige das andere Ufer erreichten ,
indem die meisten von dem schnellen
Strohme mit fortgerissen wurden. Der Anblick des Schlachtfeldes war schreckMan fand in manchem Gezelte bis auf sechzehen Todte über einander liegen. Das ganze Lich.
Lager und besonders die Gegend längs dem Fluffe, par dergestalt mit Todten bedeckt,
1
daß man da
344
Beylagen.
selbst nicht gehen konnte, ohne aufsie zu treten. An den Orten , wo das Wasser des Dniesters niedrig war , sahe man eine Menge Ertrunkener, Deren Habseligkeiten von den russischen Soldaten im Ganzen verkauft wurden, so wie etwa die Fifcher die Beute eines Fischzuges zu verkaufen pflegen. Der Verlust des Feindes sowohl an Todten als Verwundeten , welche auf dem Schlachtfelde blieben , muß sich auf mehrere tausend erstrecket haben. Man konnte sie nicht zählen , theils we gen der Dunkelheit der Nacht , theils aber auch wegen des Feuers aus der Festung und von den Feindlichen Batterien , welches bis zu Anbruch Nichts desto we bes Tages fortgefeßct wurde. niger blieb unser Detaschement bis Morgens um Wir verloh zwey Uhr aufdem Schlachtfelde. ren dabey den erſten Major Bresquin , den Capitán Vodovohov , die Unter- Lieutenants Alatfajew , Mikitin, und Samstrelov und 89 UnterOfficiers und Soldaten. Der Oberste Katchkien, der zweyte Major Adlerberg , die Capitáns likatchev, Selavin , Bogdanov , Heimer, Belufov, und Scanghel , die Lieutenants Reinikinn , Soforev und Svanov ,
die Unter - Lieutenants
Vernitfober von der Artillerie , Neninkov , Ferfen, Havstal , Polybin , Kobilskol, Tchaglin , Grews , Polfikov und Garantchenkov, die Fahnoriche Selanin ,
1
Roselov, Wunkov, und
"
Beylagen.
345
Fosbeck, nebst 486 Unter - Officiers und Geg meine waren verwundet. Wir erbeuteten zwey Cemmando-Stäbe, 150 Fahnen, und eine große Fahne, welche vermuth lich dem obersten Befehlshaber gehörte. Der Feldherr schickte sie als Denkmahle des erfochtenen Sieges an die Kaiſerin. Wir beka men ferner das ganze feindliche Lager, viele Pfer de und zwey Kanonen, welche unsere Soldaten mit sich nahmen , so schlecht auch die Wege was ren. Der Ueberrest , welcher wegen Dunkelheit der Nacht und wegen des schlechten Weges nicht fortgebracht werden konnte, ward vergraben.
Man bekam وauch einen Janitscharen gefan gen, welcher eidlich aussagte, daß das feindliche Corps aus 9000 Mann beſtanden håtte, wovon 3000 Mann Fußvolk, 6000 aber Reiterey gewesen wäre, welche von verschiedenen Bassen commandieret worden , worunter der Bacha von zwey Roßschweifen Orajuglu der vornehmste ge= wesen, der aber , wie er glaube, in dem Gefechte geblieben sen. Nachmahls erfuhr man aus genauern Berichten, daß es aus wenigstens 12000 Mann sowohl zu Fuß als zu Pferde bestanden. Der Feldherr ließ bey der Kaiserin den zu diesem Angriff gebrauchten Obersten alle Gerechtigkeit widerfahren, besonders aber dem Hrn. Katchin, welcher eine so heftige Quetschung bekam, daß er
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Beylagen.
fich aller Mühe ungeachtet nicht auf dem Pferde crhalten konnte, sondern fallen mußte. Diejenigen, welche sich nach dem Zeugnisse waren ihrer Obersten am meisten hervorthaten , die Befehlshaber der Grenadier - Bataillons , die Oberst Lieutenants , Fürst Mentshikof, Piehl, Livan , Udam, der Graf Natali, Stafelberg , der Fürst Gallisin und Petersen , welche nicht nur viele Klugheit,
sondern auch den rühmlich-
ſten Eifer an den Tag legten , ſich an die gefährs lichsten Orte zu verfügen. Den 7ten stellte der Feind seine Canonade ein,
und blieb in seinem Lager an dem andern Ufer, ohne die geringste Bewegung zu machen. Denfelben Tag ließ der Feldherr allen Russischen Truppen eine Ergöglichkeit von einem Pfunde Fleisch und einem Glafe Brantewein für jeden Mann austheilen, weil sie bisher wegen des nasfen Wetters und der Kälte vieles ausgestanden hatten. Den 8ten hielt der Feind aus Bestürzung über den erlittenen Verlust mit seiner Canonadę völlig ein. Der Feldherr machte sich daher diese Bestürzung zu Nüße , diesen Schrecken zu ver mehren und ihn aus seinem Lager gegen uns über In dieser Absicht ließ er in der zu.verjagen. Nacht von dem 7ten auf den 8ten einige Batte rien an dem diesseitigen Ufer errichten , das feindliche Lager zu fanonieren und einige Bomben
Beylagen.
hinein zu werfen.
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Das Feuer fing fich mit den
Anbruche des Tages an , und hatte eine so gute Wirkung, daß der Feind ungeachtet des Gestivihes aus der Festung sein Lager in der größten Eil verlassen und sich weiter rückwärts ziehen mußte, wobey er denn viele Gezelte aufgeschlagen stehen ließ. Man schickte einige Kefaken ab, Nachricht einzuziehen, welche mit Mühe und Gefahr über den Dniester gingen , und die Nachricht brachten , daß die Türken ihr Lager weiter hinter der Stadt aufgeschlagen hätten.
Unsere Patrouillen brach ten einige Gefangene ein , welche von dem am 6ten geschlagenen Corps waren und sich in die Ge-
hölze und in die Ruinen der lange vorher von den Türken verwüsteten Stadt Braga geflüchtet hatten. Die meisten dieser Unglücklichen , welche fich aus wilder Hartnäckigkeit nicht ergeben wollten, mußten niedergemacht werden.
Ein Detaſchement von 100 Mann Infante rie unter dem Unter - Lieutenant Isakov fand bey der verwüsteten Brücke einen Haufen von 400, Türken , welche nach dem andern Ufer zuschrieen, daß man ihnen Kähne schicken sollte. Der Offi= cier forderte sie auf, sich zu ergeben; allein, als er sahe, daß sie sich statt dessen zur Wehre sehen wollten , so mußte er sie niederschießen oder mit den Bajonetten niederstoffen lassen ,
so daß er
nicht mehr als 15 von ihnen gefangen nehmen
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Beylagen.
konnte, und dabey 12 Fahnen erbeutete , wel che an den Hof geschickt wurden. Der Unter Lieutenant Jfakom ward von dem Feldherren zur Belohnung zum Lieutenant , und ein Sergeant Ein dieser Parthen , zum Officier gemacht. Grenadier , welcher bey einem getödteten Türken einen Beutel voll Ducaten fand , both felbigen feinem Sergeanten an ; dieser schlug ihn aber aus, und sagte , daß er ihn zu Belohnung seiner Tapferkeit behalten sollte , und für diese gute Den Fungsart ward er zum Officier gemacht. Die Gefangenen wurden vor den Fürsten geführet, und ob sich gleich wenig Hoffnung zu ihrem Leben machten ,
so bathen ſie doch um dasselbe,
und
flebeten hierauf um ein wenig Brot, weil sie schon in drey Tagen nichts gegessen hatten.
Es wurde
ihnen daher sogleich Brot und Fleisch gegeben. Denselben Tag kamen einige Ober - Officiers als Abgeordnete von dem Befehlshaber zu Ka minieck bey dem Fürsten an, ihm wegen des lehe tern Sieges und wegen der Befreyung des Lan des von dem Feinde Glück zu wünschen , als wo ran nicht allein der Befehlshaber, sondern auch die ganze Gegend den größten Antheil nåhme. Der Feldherr ertheilte ihnen hierauf eine ſchickliche Antwort , und versicherte sie, daß die Kaiferin ihren Schuß gegen sie fortseßen würde. Er erlaubte ihnen hierauf auf ihr Ansuchen ,
das
Schlachtfeld zu befehen , und sich nach den An
Beylagen.
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stalten , welche von Russischer Seite gemacht wa Uebrigens war aus dem ren, zu erkundigen. bisherigen Betragen des Generals von Witte, welcher in Kaminieck Befehlshaber war, und der Einwohner der Stadt , zu schließen, daß sie dies fen Schritt bloß auf Veranlassung der Umstände thaten, und sich allemahl für den siegenden Theil erklärten. Den 9ten hörete die Canonade aus der Feftung völlig auf, und da man nicht die geringste Bewegung in dem neuen Lager des Feindes hin ter Kotchim wahrnahm , so schickte man gegen acht Uhr einige Kosacken auf Kundschaft aus. Diese schwammen hinüber und berichteten , daß fie bis an den Thoren der Stadt gewesen, sie vers schloffen gefunden,
und keine Seele hinter der
Stadt gesehen hatten. Auf diesen Bericht nahm der Feldherr keinen Unstand , die Stadt in Besit nehmen zu laſſen. Er befahl daher dem General - Lieutenant, Ba ron von Elmt, dem Obersten Meliſsino , Be fehlshaber der Artillerie , dem General- Major Kamenskoi und andern Officiers von dem Genes ral -Stabe , so viel Pontons und Barken als möglich wäre, zusammen zu bringen , mit dem ersten und dritten Regimente Grenadiers über den Fluß zu gehen , und die verlassene Stadt- zu besehen , wenn die Umstände es wirklich er *** faubten .
350
Beylagen.
Die Officiers gingen gegen ber Festung über über den Fluß , und kamen bis an die ThoMan mußte re, welche sie verschlossen fanden. daher nicht nur das eine von dem Detaſchement von der Artillerie unter dem Hrn. von Meliſſi no auffprengen, sondern auch einige Grenadiers unter dem Major Morangel und den Capitáns Hänsel und Stakelberg , über die Mauern klettern lassen.
Nachdem man solcher Gestalt die Thore ge öffnet hatte , rückte der Baron Elmt mit seinem Detaschement in die Stadt , und fand nur ungefähr 30 Personen sowohl Männer als Weiber in derselben.
Er ließ sogleich die Russisch - Kai
serliche Fahne auf der vornehmsten Baſtey aufpflanzen , und die vornehmsten Posten besehen, worauf der General - Major de Jour , Stupichin, sogleich abging, diese Nachricht der Kai ferin zu überbringen. Die Kosaken , welche die erste Entdeckung gemacht hatten , berichteten ferner , daß der Feind drey Mörser an dem Ufer des Flusses ha Der Fürst versprach ihnen zebe stehen lassen. hen Rubel für jeden Mörfer , welchen sie an Das diesseitige Ufer bringen würden , worauf sie sogleich ein Floß machten , darauf luden.
und einen derselben
Den 1oten ging der Feldherr mit dem Ge geral. Stabe und den fremben und Ruffiſcher
Beylagen.
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Freywilligen, auf einigen Pontons, welche von der Brücke des Feindes noch übrig waren, t über den Fluß, und sein erstes Geschäft war , dem Höchsten für diese ohne allen Verluft und ohne alles Blutvergießen geschehene wichtige Erobe, Es geschahe solches ver rung Dank zu sagen. mittelst eines feyerlichen Te Deum, welches von einer Salve aus dem Geschüße der Festung, von einer dreyfachen Salve aus dem kleinen Gewehre der ganzen Armee, welche vor ihr Lager gerückt war, und von einem eben so oftmahligen, es lebe die Raiserin ! begleitet wurde. Das Te Deum wurde in dem Hofe eben desselben Hauses gefim gen, welches der in der Stadt commandierende Bacha bewohnet hatte. Der Fürst besichtigte hierauf die Werke und das Innere der Stadt, welche er in dem besten Vertheidigungsstande fand, vornehmlich in Be trachtung des vielen Geschüßes, womit die Wälle befeßt waren. Mörser,
Man fand daselbst 13 metallene
164 metallene und 5 eiserne Kanonen ;
ferner in der Stadt, eine große Menge Kriegs vorrath an Bomben, Kugeln, Pulver, Salpeter, Bley, Laffeten, Rädern, Flinten, Bogen und Pfeilen, Eisen, Pech, Kalk, an allen Arten zur Vertheidigung gehöriger Materialien und Werk zeuge, an Lebensmitteln, eingesalzenem Fleische, Getreide und Zwieback. auch 6 Fahnen, wurden,
Auffer dem fand man
welche an den Hof geschickt
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Beylagen. Die Minen waren nicht geladen. Vermuth
lich nahmen die Türken, die zu ihrer Canonade, welche von dem April bis in den September dauerte, viel Pulver brauchten, dasjenige heraus, womit sie geladen waren. Die in der Stadt gebliebenen Einwohner konnten nicht sagen, warum der Feind mit so vie Sie hatten nur ler Eilfertigkeit geflohen sen. sagen hören, daß nach dem Vorgange vom 6ten ein Aufruhr entstanden sen, welcher so heftig ge worden, daß auch die Türken in dem Lager auf einander geschossen hätten. Alles was sie sehen können, sen dieses gewesen, daß sowohl die ganze Armee, als auch die Befagung spåt in der Nacht in aller Eil aufgebrochen sey, und gemeinschafts lich die Flucht ergriffen habe. -Denselben Tag legte der Feldherr die Infan terie- Regimenter Belofersk , Ingermannland, Nifov und Asov unter dem Brigadier Weismann, zu Belohnung feines Eifers und feiner Pünctlich, keit, in die Stadt. Ein Ober- Officier von der Artillerie und einer von den Ingenieurs wurde gleichfalls hinein gelegt, um für die Erhaltung der Festungswerke zu sorgen. Die Regimenter lagerten sich anfänglich bey der Stadt, bis die von den Bomben beschädigten Häuser ausgebeffert und wohnbar gemacht, und die ganze Stade von dem vielen Unflathe, womit sie angefüllet war, gereinigt seyn würden. Der Fürst ließ Diefe
Beylagen.
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diese Arbeit von der Hälfte der Bedienten bey jebem Regimente verrichten. Die meisten Häufer waren verwüstet, daher man eines von Holz für den Befehlshaber aufbauen mußte. Die ganze Stadt war, so zu sagen, nur ein Kirchhof, indem 10 bis 12000 Todte in derselben begra ben roaren. Die Russen mußten daher den Bo den erhöhen, um eine noch größere Ansteckung der Luft zu verhüthen.
Die wahrscheinlichsten Ursachen
von
der
Flucht der Türken waren die beständigen Widerwärtigkeiten , welche die Armee in dem ganzen Feldzuge ausgestanden hatte , der Schrecken, welchen die lehte . Niederlage verursacht hatte, worin der Kern der ottomannischen Armee war aufgerieben werden , die Canonade ihres Lagers und die Furcht, die Ruffen möchten die Stadt von neuem bombardieren ,
die angesteckte Luft,
der Mangel , welchen die Besaßung seit sechs Monathen empfand, der Mangel an Fütterung, welche sie sehr weit hohlen mußte, die den Türken natürliche Neigung zur Empörung,
die späte
Jahreszeit, und die kalte und feuchte Witterung, an welche die Asiaten nicht gewohnt sind. Endlich schickte der Fürst den Baron von Elmt mit den Grenadiers jedes Regiments, drey Regimentern Truppen ab,
Carabiniers und allen leichten in die Moldau cinzudringen und
A
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Beylagen.to
den Feind zu verfolgen, die Stadt Jassi zu bese . hen, und nach Erlassung der nöthigen Manifeste alle Einwohner dieser der Kaiſerin bereits unterworfenen Gegend huldigen zu laſſen. Den 11ten brachte man die von dem Feinde in ihrer Brückenschanze verlassenen Kanonen mit In der Dunkelheit vieler Mühe in das Lager. daß sie von Eisen geglaubt, der Nacht hatte man waren; sie waren aber wirklich von Metall, und aufferordentlich dick und plump ; ihre Laffeten waren sehr schwer und 10 bis 12 Fuß lang, Eine schoß 12 und die beyden übrigen & Pfund.
Die zur Verfolgung des Feindes abgeschick ten leichten Truppen berichteten , daß sie einen Haufen von 15 Reitern angetroffen , und den felben aufgefordert hatten, sich zu ergeben. Weil sie sich aber zur Wehre gefeßt, so hätte man sie angreiffen und niederfäbeln müssen, so daß man ihrer nur vier gefangen nehmen können. Man habe auch einen Fußgänger bekommen, der sich in den Gråben in der Gegend des Lagers versteckt gehabt.
Man erfuhr ferner, daß ein diesseits
des Dniesters gebliebener Haufe Türken, långs dem Fluſſe bis nach dem Dorfe Sokol gegangen ſen, und an einem Orte, wo sich eine kleine Insel in dem Fluffe befindet, über denselben zu kom men fuche. Es befanden sich auch noch wirklich ihrer 30 auf dieser Insel, welche sich nicht an
Beylagen.
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das rechte Ufer zu kommen getraueten, weil die meisten, welche solches versucht hatten, waren.
ersoffen
Man schickte daher ein kleines Detachement leichter Truppen und Jåger mit zwey Kanonendahin, welche theils durch Drehungen theils durch Vorstellungen 28 diefer Leute bewogen , sich zu ergeben, und sich auf diese Seite des Dniesters führen zu lassen.
Die beyden übrigen, welche an
das andere Ufer schwimmen wollten, erſoffen vor den Augen ihrer Cameraden. Man brachte diese Gefangene, worunter sich Sie auch Officiers befanden , in das lager. zitterten vor Furcht, weil sie glaubten, daß man fie zum Tode führe, und waren überdieß gag ausgehungert. Der Feldherr sprach ihnen selbst Muth ein, und sagte ihnen, daß die Ruffen nicht gewohnt wåren , ihre Gefangenen hinzurichten, fondern ihnen vielmehr auf das menschlichste be gegneten, und ihnen alles reichten, was sie zu Er ließ ihnen soihrem Unterhalte brauchten. gleich eine Mahlzeit nach ihrer Art zurichten, Die Unund ihnen Taback und Kaffee reichen . glücklichen waren über diese Begegnung so ge. rührt, daß ihnen auch die Thränen aus den Au gen quollen.
Der Fürst ließ hierauf einen alten Mann, welcher 12 ein Officier bey den türkischen Truppen
Beylagen .
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gewesen war, vor ihnen bringen, und schenkte ihm die Freyheit, damit er feinen Landesleuten sagen könnte,
wie die Ruffen ihren Gefangenen be
gegneten. Denselben Tag wurden noch 332 gefangene Türken in das lager gebracht, worunter sich auch einige Officiers, und ein Mohr, welcher gleich falls ein Officier war, befanden. Man bekam auch einige vornehme türkische Frauenzimmer und einige Kinder beyderley Geschlechts.
Sie gehöreten zu einem Haufen, der
aus mehr als über rooo Mann, sowohl Infan terie ais Reiteren, bestand, und der einige Ueberrest von dem am 6ten geschlagenen Corps war. Sie irreten långs dem Dniester herum , und suchten mit Schwimmen hinüber zu kommen. Der Oberst - Lieutenant Genden , welcher einen Haufen Jäger und leichter Truppen führete, stieß den Sten dieses Monaths bey dem Dorfe Uskie auf sie und griff sie an. Sie wehreten sich bis auf das äusserste.
Das Feuer unserer Artillerie
und des kleinen Gewehres erlegte ihrer 293, der Ueberreft stürzte sich in den Fluß. Ungefähr 15 erreichten das andere Ufer, die übrigen erfoffen. Man erbeutete 20 Fahnen, welche an den Hof gefchickt wurden. Wir verlohren bey dieser Ge legenheit nicht einen Mann ; einige Husaren und Kofaken wurden verwundet, und man nahm dem Feinde 11s Pferde ab.
Die Gefangenen und
Beylagen.
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besonders die Officiers sagten einhellig aus, daß das Corps, welches geschlagen worden, aus 1200 Mann bestanden habe. Denselben Tag kamen auch zwey Türken, welche zwey Wagen mit Lebensmitteln führeten, vor den Thoren von Kotchim an, und wunderten fich gar sehr, daß sie in unsere Hånde geriethen. Sie sagten, da die Fütterung bey der Armee und in der Stadt gemangelt habe, so wåren ſie vor drey Tagen einige Meilen weit verschickt worden, um solche zu hohlen, und hatten weder von dem Abzuge der ihrigen, noch von unserer Einnahme der Stadt das geringste gewußt. Den 12ten erhielt man Nachricht, daß die zur Verfolgung der Türken abgeschickten Kosaken sechs metallene Kanonen , und viele mit Gepäck beladene Wagen erbeutet hatten. So sehr man auch eilte, so war doch das Corps, welches der Baron von Elmt, der Genes ral -Major , Fürst ; Gallihin , der Brigadier, Kchemskoi, ein geschickter und braver Officier, und der Baron Igelström mit den leichten Truppen unter dem Fürsten Proforowsky, anführeten, noch nicht ganz abgegangen.
Der Auftrag, wel-
chen dieses Corps hatte, war sehr wichtig. Es follte die Furcht der vorher gegangenen Siege einärnten, und die Moldau völlig der Kaiserin unterwerfen.
Es wurde also nichts versäumt,
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Beylagen.
die Anstalten dazu zu beschleunigen, und in wenig Tagen ging diefes Corps, welches aus 10000 Mannsowohl zu Fuß als zuPferde bestand, und 40 Kanonen, nebst feinem Gepäcke, den nöthigen Lebensmitteln und Fütterung mit sich führete, ohne einigen widrigen Zufall auf Flößen , wozu man die Trümmer der feindlichen Brücke brauchte, über den Fluß. મ Die in das Innere des Landes geschickten Partheyen berichteten, daß man keine Seele von dem Feinde mehr daselbst antreffe ; es wåre also ein långerer Aufenthalt in dem Lager, worin fich die kaiserliche Armee befand, unnüg und so gar schädlich gewesen. Die Fütterung wurde immer feltener. Die Kälte des Herbstes ward sowohl denMenschen als den Pferden empfindlich. Der Feldherr beschloß daher aufzubrechen, und sich in kleinen Tagereifen nach dem Dorfe Emotrich, fechs Meilen von dem Eniester, zu ziehen. Er welcher in Kotchim commandier , e Weismann denselben Brigadier Weismann, ließ Tag dem fellte, 120b Rubel zu den außerordentlichen Ausgaben ausz zahlen, damit er für seine Tafel und für die Ta fel der unter ihm befindlichen Officiers , so rele zu den Gastmahlen an Festtagen , monathlich 300 Rubel aufwenden könnte. Diese Summe war an einem von Einwohnern entblößten Orte, wo die Lebensmittel felten und theuer waren, nothwendig.
Beylagen.
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Zur Erleichterung der Officiers von der Befahung befahl der Feldherr, daß ihnen aus den kaiserlichen Magazinen die nöthigen Lebensmittel unentgeldlich geliefert, und jedem Ober - Officier zur Ergöglichkeit ein, jedem Officier von dem General 3 Stabe aber zwey Pajoks gereichet werden sollten. Was die Soldaten betrifft, so konnten sie keine Noth leiden, weil außer den in der Festung gefundenen Lebensmitteln, noch fo viel erkauft waren, daß die Besaßung zwen Monathe baran genug hatte. Denselben Tag erfuhr man von unfern Pare theyen, daß sich einige feindliche Truppen nach Bender zu hätten sehen lassen, daß sie daselbst nach Mohilom, Kitaigorod und Tomachpol zu über den Dniester gegangen wären, daß sie aber mit Verlust zurück geschlagen worden, und daß unsere Truppen einige Gefangene von ihnen gemacht hätten. Da wir aber in dieser Gegend nicht stark genug waren, um dieses Corps Türe ken , welches man auf 5000 Mann schäßte, zurück zu treiben, der Fürst Galligin auch keine Verstärkung dahin schicken konnte, so schrieb er an den Grafen von Numanzow, welcher die zweyte Armee commandierete, daß er unfern leich ten Truppen einige Verstärkung zuschicken und fie dadurch in den Stand sehen möchte, diesen feindlichen Haufen zu verjagen, welcher vermuth lich keine andere Absicht hatte, als zu plündern + oder etwas an Fütterung zu ertappen .
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n Beylage .
Den 13ten verließ die Armee die Ufer des Dniesters und lagerte sich zwey Stunden weiter nach Kaminieck zu. Man erfuhr denselben Tag, daß der Oberste Neunne , welcher wider die Aufrührer nach Pohlen geschickt worden , bey dem Dorfe Woladov ein Corps von 2500 Poh-. len unter dem Marschal Pulawsky angetroffen, fie mit drey Eskadrons Carabiniers und funfzig Kofaten angegriffen, und geschlagen, über 500 Mann, worunter sich auch ihr Anführer befunden, getödtet, 300 Mann nebst einem Obersten ge fangen genommen, ihnen drey dreypfündige me tallene Kanonen abgenommen, und ihr ſåmmtliches Gepäck erbeutet habe. Wir verlohren in diesem Gefechte nur vier Carabiniers, einen Kofaken, und 25 Pferde ; 16 Carabiniers und 37 Pferde wurden verwundet. Den 14ten blieb die Armee in ihrem Lager fiegen, um auszuruhen und ihr Gepäck zu erwar ten. Unsere leichten Truppen brachten noch acht Janitscharen ein, welche an dem Ufer des Fluffes herum irreten , und zu dem an der Bruchenschanze geschlagenen
Corps gehöret hatten.
Man fand auch denselben Tag in dem Dniester, als derselbe fiel , und dadurch einige Sandbån fe und andere hohe Stellen sichtbar wurden , 4 Fahnen und einen filbernen Commando - Stab , welche an den Hof geschickt wurden.
Ein doni
fcher Kofat, welchen die Türken gefangen hatten,
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Er kam in fand Mittel ihnen zu entwischen. dem Lager an, und sagte aus , daß die ganze feindliche Armee , welche unter Kotchim befind lich gewesen,
nach Bender zu gehe , und in der
größten Eil Tag und Nacht marschiere. Den 15ten campierte die Armee bey dem Dorfe Tchertchi.
Den 16ten lag sie daselbst
stille ,
um ihren neuen Feldherren den Grafen von Rumanzow zu erwarten. Indessen nahmen unsere leichten Truppen nach dem Pruth zu viele Wågen weg ,..welche allerley Arten Lebensmittel , und besonders Früch=" te zu der bey Kotchim befindlich geweſenen türkischen Armee führen wollten. Denselben Tag langte der Graf von Ruman Den folgenden Tag , den zow im Lager an. 18ten , übergab der Fürst Gallihin ihm das Commando der Armee , und brach gegen MitBey tag auf, um sich an den Hof zu begeben. Mzensk erhielt er die Nachricht , daß der Ba= ron von Elmt, seinen Befehlen zu Folge, Jassi befeht habe , und daß die ganze Moldau der Kaiserin sey unterworfen worden. Der Baron von Elmt ließ ihm diese Nachricht durch den Quar . tier-Meister Rzevski überbringen , welchen der Er set
Fürst sogleich nach Petersburg schickte.
te indessen seine Reise dahin gleichfalls fort , und Er warf sich
Langte den 2zten Oct. daselbst an.
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Beylägen.
fo gleich der Kaiserin zu Füßen und dankte ihr auf das ehrerbietigste für die Würde eines Feldmar schalles, zu welcher sie ihn erhoben hatte. Die Kaiserin empfing ihn sehr gnädig , und gab ihm die schmeichelhafteften Beweise ihrer Zufrieden heit mit seinem Dienst , mit seinem an den Tag gelegten Eifer, mit den erfochtenen wichtigen Sie gen und mit der wichtigen Eroberung, mit welcher er den Feldzug befchloffen hatte.
Ende des zweyten Theils.
Nachstehende Bücher sind bey mir verlegt. ergmanns G. Geschichte von Liefland , nach ' Boguetischer Art entworfen, mit vielen Kupfern, 1 Shir. 12 gr. gr. 8. 1776.
Italianische Biographie, oder Lebensbeschreibung der berühmtesten Italiäner und Italianerin 1 Thlr. 12 gr. nen, 2 Theile , 8. 1772. des Gefchichte die oder Brooke, Julie Grenville, dem Englischen, Aus Herzens. menschlichen 22 gr. 3 Cheile, 8. 1774. Briefe eines Italiåners über eine im Jahr 1755, angestellte Reise nach Spanien , nebst einem Verzeichniß der vornehmsten auf dieser Reise 16 gr. angetroffenen Gemälde, gr. 8. 1774. Der Briefwechsel keine Erdichtung. Aus dem Eng9 gr. lischen 8, 1776. De la Croir Geschichte des Osmannischen Reichs von seiner Stiftung an bis auf gegenwärtige Zeiten, aus dem Französischen übersetzt, und verbessert von J. C. F. Schulz, nebst einer neus en illuminirten Charte von dem türkischenMeis che, 3 Bånde, gr. 8. 1772. Druckp. 3 Thlr. 4Thl. 8 gr. Schreibp. Denina C. Staatsveränderungen von Italien, in 24 Büchern entworfen, aus dem Italiänischen überfest, von D. J. A. Volkmann, 3 Bände, gr. 8. 1773. Druckp. 3 Thlr. 16 gr. Schreibp. 4 Thlr. 8 gr. Des Freyherrn von Espagnac Geschichte Mörißens Grafen von Sachsen. Aus dem Franzöſiſchen, i Thl. 8 gr. 2 Båndè, gr. 8., 1774. Die alte Frau, oder die weise Schriftstellerinn zum Besten junger Frauenzimmer, 6 Bände , E. 2 Thl. 12 gr. 1774.
Gefneri Ioh. Matth. Chreftomathia Pliniana , oder auserlesene Stellen aus C. Plinii Secundi hiftoria naturali , nach den besten Ausgaben Harduini und Gronovi angeführet, hin und wieder verbeffert und weitläuftig erkläret, auch mit einem Register versehen , neue und in An fehung des deutschen Ausdrucks verbesserte Ausgabe , 8. 1776. Druckp. 1 Thl. 8. gr. Schreibp. 1 Thl. 12 gr. Geschichte des berühmten Predigers Bruder Gerundio von Campazas , sonst Gerundio Zotes genannt, überseht von Bertuch, neue verbesserte Aufl. 2 Bände, 8. 1777. Druckp. 1 Thl. 18.gr. Schreibp . 2 Thl. 4gr. Goldsmiths Geschichte der Griechen von den frühe ften Zeiten bis auf den Tod Alexanders des Großen. Mit nöthigen Berichtigungen. Aus dem Englischen, 2 Bånde, gr. 8. 1777. 1 Thl. 8. gr. Frontini , S. Iulii , libri quatuor Strategematicon cum felectis Oudendorpii , Scriverii , Tennulii , aliorumque notis. His accedunt Io. CuFr. Herelii adnimaduerfiones criticae. rante Nicolao Schwebelio , med . 8. 1772 . Druckp. 1 Thl. 8. gr. Schreibp. I Thl . 12 gr. Guys Litterarische Reise nach Griechenland , oder Briefe über die alten und neuern Griechen, nebst einer Vergleichung ihrer Sitten, aus dem Französischen, 2 Theile, 8. 1772. 1 Thl. 6gr. Häßlers, Johann Wilhelm , sechs Sonaten fürs Clavier, gr. Fol. 1776. I Thlr. Handbuch zum Zeitvertreibe für das schöne Ges fchlecht, 8. 1777. 18 gr . Die Handlung von Holland, oder Abriß von der holländischen Handlung in denvier Theilen der Welt, gr. 8. 1771. 1 Chl. 8 gr.