Geschichte des französischen Freiheitskrieges am Oberrhein, der Saar und der Mosel in den Jahren 1792, 1793 und 1794 [1]


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Geschichte des französischen Freiheitskrieges am Oberrhein, der Saar und der Mosel in den Jahren 1792, 1793 und 1794 [1]

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i'ieiLOM

Geschichte des

französischen

Freih eitskrieges a in

Oberrhein/ der Saar und der Mosel.

Erster T h e i l. Frankfurt, in der Behrens'scheu Buchhandlung.

Der französische Freiheitskrieg an den;

Obeerhei n / der Saar und Lee

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Vorbericht.

^ine Geschichte des französischen Freiheitskrieg

ges jezt schon zu schreiben, dürste/wo nicht unr möglich — doch wenigstens ein gewagtes Unter?

nehmen seyn — und kann wegen seinem Ungeheuern Umfang, und seiner vielen auf politischen Geheimnißen ruhenden abentheu rlichen Begeben-

heiten, nur von einem grosen Genie spätrer Zeit, wahr und partheiloS geliefert werden, Uebersieht man das ganze furchtbare überra-

schende Abentheuer — wie viel ist noch unferm Blicke verborgen — wie viel unserm Urtheile ent-

rückt — wie vrel verwebt und verflochten zu einem Knäuel, den selbst die strengste Konftguenz der Begebenheiten unaufgelößt läßt! — wie viele sonderbare Fackten, zu deren (Luthüllung uns

die Diplomatik der Kabinetten fehlt — Welche

_____

schreckliche Wieöerspküche, — welche zu heben Bühl

mancher im Stand seyn dürfte, der uns aber den

Schlüssel dazu vorenkhalt, nud durch widrige Verhältnisse bedrängt , vielleicht ein ewiges Stillschweigen unfern unruhigen Wünschen entgegensetzen wird.

Das französische Ministerium und spater der

Heilsausschuß haben zwar das Interesse und die dahin zweckende politische und militainsihe Bewegungen der verbündeten Mächte angegeben, und in den öffentlichen Debatten des Konvents die gegenseitigen Negoziationen und Unterredungen det

einen oder der andern Macht dem ganzen Euro-

pa zur Schau ausgestellt; Allein muß das parrheilose Publicum schon mißtrauisch seyn gegen die

verräthrische Absichten der Jacsbiner Negierung -

welche gern das Interesse der Koalition und die Eintracht der Heere durch derley Kalomrüeü getrennt hätte — um wie viel mehr muß der Ges schichtschreibcr'yörsichtig seyn, und der glcißueri-

schen Sprache jener alle Gesetze der Wahrheit und der Moralität verlaugnenöen Fackrisn , keinen

Einfluß auf seine Feder verstauen ? Es ist Ihm vielmehr heilige Pflicht, gewählte und treuerzähl-

te Thatsachen dem künftigen Bearbeiter dieser großen Geschichtsepoche zu liefern, die Stimmung

V des Augenblicks, die Tendenz des Urtheilü anzugeben, aber jede zweideutige Begebenheit, trotz allem Wahrheitsschein, den eine Deutung derselben

haben mag, einer fernen Geschichtskritik zu überlassen, und sich' nicht eher ein dccisiveS Nr-

theil darüber zn erlauben, als bis Sie durch geheime — wenn welche da sind, oder durch verkannte naheliegende Ursachen aufgeklärt ist.

Vorübergerollt sind jene furchtbaren Jahre von 2- z- und 94. Eine Fülle von grosen unerwarteten Begebenheiten drängt sich in diesem klei-

nen Zeitraum; alles so groß, so ungeheuer und verwickelt! Ein Ringen menschlicher Kräften von der seltensten Anstrengung, wie sie kein Zeitalter je

sähe Leidenschaften im Sieg über Kunst und Politik, Despotismus der scheußlichsten Gattung, im Wettkampf mit dem edelsten und rührendsten Enthusiasmus —Verwirrung und Anar-

chie, Mord und Entsetzen, Tiegerwuth und Barbaren, im furchtbaren Bunde mit' 400000 der tapfersten Krieger Europens, mir Spaniens Schäz-

zen, Italiens Jntriguen, mit Pitts allmächtiger Staatsarglist und Grosbritanniens unüberwindlichem Trident — gegen ein ehedem unbeständiges,

wankelmüthiges in sich selbst veruneinteS Volk-^

und doch nur Siege durch den Ruf der Frei-

vr Heit — (Ziege und plötzliche Vereinigung aller getrennten Gemüther durch den Namen Vaterland — und Niederlagen auf Niederlagen dem übrigen Europa — ! — Ein Labyrinth für den Laien, ein leicht aufgelößteS, wenn schon schreckli-

ches Drama für den Geweihten! — Dieses Drama mit seinen grssen glänzenden Thaten, und schimmernden Rollen, mit seinen überraschenden

Veränderungen, mit seinen motivirenden Übergängen, mit seinem verworrnen Knoten und seiner brillanten Auflösung, liegt nun vor unsern Au-

gen — und — wir staunen mit recht! — Ja! meine deutsche Zeitgenossen — zu groß ist das Ganze — zu weit umfassend für uns der

unbeschreibliche Gehalt. — Unser Auge irrt umher auf der Fläche aller dieser erstaunlichen Dinge, deren verborgene Maschinerie so gern unser Verstand verstehen und aneinander reihen möchte;

Wir fragen, woher und wodurch dieß alles? — warum auf der einen Seite dieser glückliche Erfolg; warum auf der andern Seite bey all der Gunst der äußern Staatsverhältniffen in Europa, (welches damals einer allgemeinen Ruhe und einer

innigen Verbindung für ein gemeinschaftliches In-

teresse genoß) — bey dem ungeheuer» Aufwand

von Politik, und Kriegsmacht — ein ss Unglück-

licher Ausgang? — war es ein höheres moralisches Etwas — ein allgemeines Interesse (es heis-

se nun Freiheits- oder Vaterlandsliebe) welches für die französische Nation entschied, oder waren

eS ihre ungeheure Population, ihre Gebürge, Meere, Ströme und Festungen, welche den Sieg

über ihre Feinde ihr zusicherten? —> Die Verbündeten hatten ja auch ein gemeinschaftliches In-

teresse, der Partheygeist föchte auch wütend und

mit österm Glück für dasselbe, aber doch Nieder? lagen? Die Geschichte dieser merkwürdigen Zeitepo-

che ist auch zugleich die Auflösung eines großen

Problems wiewohl die Belgier im sechzehnten Jahrhundert, die Schweißer bey Sempach, Gu-

stav Adolfs Krieg für Gewissensfreiheit, und erst im iZten Jahrhundert die Nordamerikaner dieses Problem, so schrecklich als überzeugend, schon

aufgelößt haben. Wir wollen dieses aber der Geschichte selbst überlassen, und Ihrem Urtheile noch

nicht vergreifen, Beschäftigen wir unsre Wißber gierde durch ruhiges Forschen- und Zusammentra-

gen zerstreutliegender Thatsachen: eben weil die Auflösung diesesProblems aufJahrßunderte hinaus entscheidend werden dürfte, darum müssen wirtreu er-

zählen und die Geschichte mit Wahrheit bereichern.

vm ' Dsr Geist der Begebenheiten wird unsre nicht unwichtige Fragen, Warum? Wie? Wodurch? beantworten, In die Augen fallend sind Uns z, B. folgende rmläugbare Wahrheiten ; Die Franzosen hingen leidenschaftlich und über alle Hindernisse erhaben an der Revolution ihres

Vaterlandes, weil Jahrhunderte von Druck Md Elend, und ein Jahrhundert voll Hellen deutlichen Gefühls dieses Drucks und Elends

Sie für den kühnen ungeheurn Entwurf einer Staatsumwälzung vorbereitet hatten : Sie blieben in jeder Epoche dieser schrecklichen

Sraatsumwälmng bey allen Leiden und

Drangsalen — der nemlichen Meinung/ und bo-

ten willig sich und ihr Vermögen / zur Be-

hauptung dieser Meinung und für die Unabhängigkeit des Vaterlandes dar. Sie hatten meistens alle diesen Zweck -- und der Staat Frankreich war das Mittel ihn zu erreichen. Verfolgen wir nun die Begebenheiten, so nä-

hern wir uns dem Resultat, welches ein jeder Leser selbst erkennen, und die Menschheit dereinst von der Geschichte erfahren wird. So viel aber

gewiß— dieses Resultat dürfte auf die Systeme Her Gt-sezgebung und der Staatskunst einen vortheilhaften Einfluß haben, so wie dasselbe ein eignes

!X Licht auf die Politik und Moral dieser Epoche ver-

breiten wird,, Darum Heil der bessern Zukunst! — Ich hoffe in dem Verfolg dieser Arbeit mein Unternehmen zu rechtfertigen, und die Zufrieden-

heit des Publicumö zu verdienen.

Der Krieg am Oberrhein, an der Saar und der Mosel, wenn schon nicht so reich an glanzen-

den Thaten und auffallenden Begebenheiten wie der des Niederrheins, an der französischen Nordgrenße und an der Seeküste dieses Reichs, ist voll

und reich an Interesse und Aufklärung der übrigen KnegSbegebenheiten.

Der Krieg zwischen dem Rhein, der Saar und der Mosel, hielt nach dem verunglückten Krieg in der Champagne, gewissermaßen das Schicksal der

Koalition in der Hand; Sein unglücklicher Ausgang am Ende des Jahrs 179z entschied über alle

Operationen bis ans Meer, und war die unglück-

liche Veranlaßung der gänzlichen Räumung des linken Rheinufers. — Dahin heftete der bestürzte Deutsche seine sehnsuchtsvollen Blicks—-dortsä-

he er Verwicklungen Unbegreiflichkeiten — dahin heftet er noch zitternd seine weinende Augen, Lenkt er an das Schicksal seiner Brüder, fleht er die

Macht der Deutschen Nation, vor der der Römer und der Gallier sich beugten, von allen Punk?

X ten, wo deutsches Blut für den Sieg floß, weggedrängt.

Wir besitzen zwar viels einzelne Schriften darüber, deren Werth größtentheils zweydeutig ist, indem Partherlichkeit gegen oder für die Franzosen — oder hartsinnige Vorliebe für den Feldherrn und die Armee, zu welcher der Verfasser gehörte, die Feder desselben führte.

Unter den meisten auf diesen Krieg Bezug ha-

benden Schriften wird das Magazin der neuesten Kriegsbegebenheiten seinen verdienten Rang behaupten; Die würdigen Herausgeber dürfen sich schmeicheln, dem künftigen Geschichtschreiber, so wie der Sachs der kackrischen Kriegsführung, gleich groß gedient zu haben.

Ich versuche nach vorhergegangner kritischer

Würdigung jener zerstreuten einzelnen Erzählun-

gen, ein ganzes zu liefern, und die Tharsachen, so wie sie sind, uneingenommen, treu und parrheilos zu erzählen. Ich lebte wahrend diesem unglücklichen Kriege

auf dem Schauplätze desselben; von vielen wichti-

ger» Operationen war ich Augenzeuge, oder was vicüerchr nicht weniger bedeutend ist, ich erhielt aus sichern Händen umständliche und treue Rap-

Korts, wie sie an höhere Orte abgesandt wurden:

XI Der Leser würdige die Begebenheiten selbst, mein

Beruf ist, Sie im Zusammenhang zu erzählen, und hie und da seinem Urtheile Reflecktion und Winke zu geben.

Der Krieg har durch den preussischen Frieden

mit der französischen Republik eine andre Gestalt

gewonnen, und man kann die drey Feldzüge für einen geschloßnen Zeitraum und eine geendigte

Periode halten. Durch PreuffenS Austritt aus dem Bunde der Koalition — was hat das Deutsche Reich und sein vortreflicher Kaiser noch zu gewinnen übrig? bey der tapfersten Anstrengung

und dem größten Siegesglück — am Ende doch Verderben; denn der Feind hat alle Vorcheile in seinen Händen; und fanatischen Much, das noch einmal möglich zu machen, worüber Deutschland nur zu lange schon seufzt. Ich glaube daher, daß eine zusammenhängen-

de Darlegung der Kriegsbegebercheiren zwischen dem Rhein und der Mosel, dem dabey sosehr interef-

sirten deutschen Publikum nicht unwillkommen sryn möchte, und schon darum nicht zur Unzeit erscheine,

weil diese Schrift vielleicht manches Urtheil bekämpft, welches wüthende Libellisten durch ihre parkheilrchen Invccktiven gegen den einen oder den

andern Theil der Koalition oft in den besten Köpfen bewürkt haben.

xn Daß Sie aber vorzüglich dem künftigen Geschichtschreiber brauchbar seyn möge, dafür wird

sich der Verfasser nut dem redlichsten Fleiße beMuhen-

Geschrieben in der Herbstmesse 1795»

dörbenchd. S. I—X!!-. Einleitung« S. i —-12»

Kap. f- . , Uebergang der Oestreicher unter?dem FeldzeügrneistE

Fürsten von Hohenlohe über den Rhein , Versuch gegest

Landau; Hohenlohe wird mit zwey Drittheil seiner Armee abgerufcn; Bewegungen der Franzosen unter Kel-

lerinastn; Graf Erbach wird mit iovoo Mann nach

Thlvuvrtte abgefordert — Die Franzosen verstärken ihre

Rheiuaristee; Kurmainz stimmt Antheil an dem Krieg, und schickt ein schwaches Korps nach Speier zur Dek-

kung des Magazins.; Pfalz erkläre sich neutral. Die

Franzosen schlagen die Mainzer- erobern das Magazin-.

Invasion nach Worms. Eroberung der Stadt und Fe»

fnmg Mainz« S. 12—42-

Kap. ll. Üebe'rgastg der Franzosen über den Rhein bey Oppen»

Pim, Frankfurt öffnet ihnen seine Thore, BrandschazZung dieser Stadt— Anschlag auf Hanau — Brands schatznngm bis an den Lahnsiuß. S--1-2 —54,

Kap. !!I» Die Franzosen ziehen sich von Lahnstuße stach Kastel

zurück; Deutscher Angriff auf Frankfurt — Eroberung dieser Stadt durch die Hessen. . Äffaire zwischen den Preussen und Fmnzssen bcy Bockenheim, Rückzug der

Innhalr, Franzosen nach Höchst, und endlich «ach Kastel. Em Blick ans Trier und den Hnndsrückcn. Dir Deutschen erobern Hochheim: Position der Deutschen zur Blockade

von Kastel und Mainz auf dem rechten Rheinufer.

S. Z4—-64.

Kap. IVKurze Übersicht der dem zweyten Feldzüge vorhergegangiisn polit-scheu Eräugnissen. Szecknlis Bestimmung; Uebergang der Verbündeten über den Mein. Ast-urc bey Waldalgesheim; Rückzug der Franzosen von Kreutznach bis Landau; Kanonade bey Niederflbrsheim, Affaire bey Ahlebeim, bey Rheindürkheim: gänzlicher Rückzug der Franzosen auf ihre Grenzen, und

nach der Festung Mainz. S. 6z —86.

Kap. V. Kürze Würdigung des Betragens der Franzosen in den von ihnen eroberter; Provinzen am Ober-Hein:

Volksstimmuug, Einfluß dieses Betragens auf das

Kriegsherr; die Rhriuarmce besetzt dre Linien an der O.ueich , die Mvselarmee das Lager von Hornbach; Würdigung dieser Maaßregcln: Konvent zu Oppenheim wegen Mainz; Berennung und Blockade dieser

Festung. S. 86 —uz.

Kap. VI. Belagerung von Mainz, Kapitulation, Ucbergabe,

D. uz —142.

Kap. VII. Kurze Uebersicht des Schicksals der Französischen Rheinarmee, nach dem Uebergang der Verbündeten über

Innhal l. dm Rhein: Graf Wurmsers Ncgcziatwn wegen Lan-

dau: Stellung der Verbündeten zur Deckung der Belagerung von Mainz: Eintheilung der Kriegsoperationen an dem Oberrhein, der Saar und der Mdsel, -in dem

Feldzuge 179z. S. 143 — 151.

Kap. VHI. Operationen der Französischen Rheinarmee unter dem

General Beauharnois, gegen die Rheinarmee der Verbündeten unter dem Befehl des Generals Grafen Wurmfer — zum Entsatz der Festung Mainz. S. 152 —16Z.

Kape IX. Operationen der Französischen Moselarmee unter dem General Houchard, gegen die verbündete Vogesenarmee

unter dem Oberbefehl des Herzogs von Braunschweig.

S. 164— 169.

Kap. X. Blockade von Landau; Operationen der verbündeten

Nheinarmee unter dem Grafen Wurmscr, bis zur Eroberung der Weissenburger Linien. S. 170 — 198.

Kap. XI. Operationen der verbündeten Vogesenarmee unter dein

Oberbefehl des Herzogs von Braunschweig, bis zur Er-

oberung der Weissenburger Linien. S. 199 — LZ2.

Kap. XU. Die Eroberung der Weissenburger Linien, durch die Operationen und den gemeinschaftlichen Angriff der bei-

den verbündeten Armeen. S. 2ZZ —248»

Kap. XM Rückzug der. .KranWschen Rhei'narrn'ee in die festS

Stellung von Straßburg, Savcrne,.. Pfalzbürg und

Lüzelstein. Gefechte bey Druscnheim; Vie Verbünde-, ren passiren die Notier, Gefechte bch Brumpt nutz' bey Wnuzenan — Stellung der Verbündeten an'des

Sor'Z Blockade — Belagerung und Eroberung des Stadt ükd' FestüNghFortlouis. Merkwürdige Kriegsdegebenheiten bis zuin Rückzugs der Verbündeten m die

Stellung an der Motter. S, 249 — 275»

Kap. X!Vr Defensive und Kanonadcnrrieg derverschiednen Korbs Ser verbündeten Vogrsenarmee an den Ufern des SäärL

siuffes. Mißlungnes Unternehmen auf die Bergfestung Bitsch. Rückzug des Kalkrettthischen' Korps nach den Lohen von Bissingen, und . des Knobelsdoi'fscheü auf die Höhen von Billstöckekk Gefecht bey Bissingen Zwischen den Verbündeten unter Kalkrcntl,, und den Fran-

zosen unter Hoche. Writrer Rückzug dieses Kochs.

Rückzug des Hohenlohi'schett 'Korps von Eschweilcr über Zweybrückkn > Kanonade auf den Bubenhaußer Höhen.

Völliger Rückzug der Verbündeten in die Position von

Kaiserslautern, Schlacht bey Kaiserslautern. Kaürvknjrünßsquartiere. S, 276 — §05^

E i tt L e L L ü Lt A Frankreich — von tyrannischen Königen- Königinnen und KoNcubinen, Jahrhunderte lang gedrückt mch geplagt — Von einer herrschsüchtigen Geistlichkeit ausge« sogen- durch verschwendrische Prinzen und durch einen

größtentheils zügellosen Adel in allen seinen Rechten

und Freiheiten mißhandelt —- so verderblich als verächtlich in seinem blühendsten Wohlstand gekränkt und

allmählich vernichtet -- in seinen Finanzen erschöpftin seinen Sitten verwüstet, und öey dem ansserordentr lichen Talent und der lebhaften und feurigen Gemüths« stiMKung feiner Bewohner, nur z» lange schon in seiner

Geduld ermüdet warf bas Joch seiner Peiniger ab-

und erklärte sich im Julius 178Y für frei und unabhängig.

Ein so guter aber schwacher König wie Ludwig XVI vermochte diesem ungeheuew Werke, welches von

den größten und kühnsten Köpfen geleitet wurde, und

Sn denen Has Volk mit leidenschaftlicher Ergebenheit

hing —- nichts als guten Willen rntgeg'enzusetzen
Mann im Respeckt zu halten. Um das Unbegreifliche, wenn schon nothwendige die--

ser Vorkehr der Verbündeten ganz zu fühlen, so bedenke man dabey, daß Biron die Division bey Landau, oder die Armee der Vogesen, willkührlich von der seinigen verstärken konnte, um einen entscheidenden Angrif

Erster Theil. ' C

22 durchzusetzen, da er nun nach dem Abmärsche des Erba-

chischen Korps, von dem Esterhazyschen im Breisgau keinen Uebergang über den Rhein zu befürchten hatte;

ferner — daß die geschlagene Französische Armee un-

ter ihren Festungen Schutz, und aus ihren Nationaldepots Rekruten gewinnen konnte, da im Gegentheil der kleinen kombinirten Armee der gänzliche Untergang be-

vorstand -— oder im äußersten glücklichsten Falle, ein

Rückzug unter die Kanonen von Mainz, welche Festung nicht nur von allem Unentbehrlichen entblößt, vielweniger in Vertheidigungsstand gefetzt war.

Um diese Zeit bekam Labourdonnaye den Oberbefehl über die Nordarmee, und Dumourier der bisher

unter Dillon diente, erhielt das Kommando über die Centralarmee, weil Dillon und Lafayette keine Anhän-

ger des ro Augusts waren. Von Dumourier erwartete das bedrängte Frankreich

die Befteyung seiner Grenzen vom Feinde, und einen

großen Hauptschlag, wodurch Frankreichs Freiheit und Unabhängigkeit in weniger Zeit auf immer gegen äußre Angriffe gesichert wurde.

Dumourier, dieser Themistocles seiner Nation —° sammelte die zerstreuten Franzosen, ließ die wichtigsten

Pässe in aller Eile besetzen, und die neuangekommne

Truppen Tag und Nacht in den Waffen üben. Seine hinreißende Zusprache und sein humanes Air gab ihnen

2Z

Muth Und Selbstvertrauen; er weckte ihren Stolz, indem er sie seine Waffenbrüder nannte, Und befeuerte

ihren C'hrgeitz , indeNi er ihnen nur Siege und einen glanzenden AusgäNg des Feldzuges versprach.

Dumoüner ward wegen seines Patriotismus von seinen Truppen geliebt Und vergöttert; sein Genie wußte diese Stimmung des Kriegers Und diese schmeicheln-

de Hoffnung der Nation so zu gebrauchen, daß er nur wollen durste, Um über Frankreichs Schicksal zum zweytenmal zu entscheiden.

Allein Dunwurier ----- ein stolzer. Unersättlich ruhmsüchtiger und egoistischer Mann, dachte in diesem gros-

sen Augenblicke nur an sich —- nur au seine Lorbeeren;

ihm war die große Sache der Freiheit Und des VäterlandeSi Nur Mittel/ nicht Zweckt er konnte seinen guten

K-mig retten, seine Nation gegen die Anarchie in Schutz

nehmen, und doch daben die Würde des Französischen

Volks gegen die Anmaßungen fremder Machte so glän-

zend als möglich, vertheidigeN. Der Eroberungsgeist hatte sich zu tief in feiner Seele festgesetzt, Und sein schwankender Kopf balauzirre feig zwischen dem Za-

kodinism und der Sache Ludwigs und der Nation, Und folgte sklavisch Und verrätherisch dem Ideal des

Ruhms, weil er zu glänzen — herrschen — und einen -roßen Namen in der Geschichte zu haben wünschte,

ES

24 Dieser Dumourrer, so beredt, schlau, biegsam lind

heuchlerisch, wie einst der Grieche Themistokles, lokte listig den kühnen Braunschweig in die Tiefen der Champagne bis gegen Menehould, und betrog durch schmeich-

lerische Versprechungen die Wünsche der Verbündeten;

so wie bey Salamis der Griechische Feldherr auf ei-

ne ähnliche Art den König Xerres betrog, um die feindliche Flotte desto sicherer vernichten zu können —-

so auch der Französische, indem er die Verbündeten künstlich in dem Wahne zu unterhalten wußte, als fty er Willens, mit Frankreichs Feinden gemeine Sache zu

machen, gegen Paris zu marschirew, den König zu befreien, und die alte Konstitution wieder herzustellen,

da es doch sein geheimer Plan war, die Verbündeten

nur tiefer ins Elend zu locken, Sie von allen Lebensmitteln und Ressourcen zu entfernen, um Sie sodann

zu vernichten, und mit diesem Entwürfe größer und glänzender sich Frankreich und dem erstaunten Eu-

ropa als einen grosen Mann anzukündigen. Dumourier legte dem Kriegsminister diesen Entwurf

und einen Plan zur Eroberung des Rheinstrohms vor, und machte denselben vorzüglich auf die wehrlose Gren-

ze des deutschen Reichs zwischen dem Rhein und der

Saar aufmerksam. Gelungen war ihm seine List — mit Begeisterung

ausgenommen sein großer und kühner Plan; Vrisso!

25 schrie mit einem an Entzücken grenzende» Enthusias-

mus — saßt uns einen Schlag thun, daß Europa staune, und wofür selbst die Ewigkeit zittern soll!

General Biron erhielt Befehl in das Deutsche Reich einzufallcn, und dieser ertheilte dem General K li-

st ine diesen Auftrag, mit seiner Division das Korps

bey Speier zu schlagen, das Magazin zu nehmen, und sich alsdann zur Eroberung der Festung Mainz ge-

faßt zu halten. Kustiue sammelte zu dem Ende seine Truppen, und

bezog ein Lager bey Edesheim. Winkel mann, der mit seinem kleinen Haustein diesen Bewegungen des Französischen Kriegsheers zusa-

he, benachrichtigte hiervon den Gouverneur von Mainz,

Baron von Gimnjch, und bat um Verstärkung, vorzüglich nm Kavallerie, woran er gänzlichen Mangel hatte.

Man schikte ihm 52 Husaren, und tröstete ihn mit der Hofnung, daß die Franzosen sich blvs vertheidiguugsweise an ihrer Grenze halten würden.

Wie gesagt,— man hielt die Französische Armee

für zu schwach, uudisciplinirt und feig, als daß etwas von ihr zu befürchten wäre. In diesem Wahne wurde man auch noch täglich bestärkt, da die Nachrich-

ten ans der Champagne noch immer von dem Vordrin-

gen der Preussen sprachen, und man der Ankunft des

?ß Herzogs von Braunschweig in Paris täglich entgegen sah?.

Winkelmann, der indessen bey einer Recognofcirung sich vvn der Ueberlegenheit des Französischen

Heers nahcr überzeugt hatte, gab dem Gouverneur in

Mainz abermals Nachricht, «nd forderte dringend Verhaltungßbcfehle.

Die Klugheit hatte nun erfordert, von dem Magazine jn aller Eile so viel als möglich zu retten, das übri-

ge in Brand zu stecken, und sich dann bey herannaheuder Gefahr ngch Mainz zurückzuziehen, wo man die?

se Truppen sehr yvthwendig hatte.

Wein — wgs feit ewiger Zeit dje erste Kriegsregel war: ,,nicht zu sicher sich zu glauben — " sollte allen

Operationen dieses unglücklichen Feldzugs mangeln:

Winkelmgnn erhielt Befehl, sich mit seinen 2Zso Mainzern, welche noch nie einen Feind gesehen hatten,

und mit den 1200 Mann vom Regiment Giulay, nedst

zc> Husaren und etwa 8 Kanonen bis auf den letzten Mairn zu halten, Man versprach ihm zwar Verstärkung, welche man.

von Kurpfalz zu erhalten hoffte, und wiederholte daher

von Seilen Kurmainz die von dem Kaiser und dem König in Preussen angefangne Negoziationen, nm den

Kurfürsten von Pfalzbayern zur Theilnahme an dem Kriege gegen Frankreich, und zur mitwürkenden Pertheidigung der Deutschen Reichsgreuze zu bewegen.

27 Allein der Kurfürst von Pfalzbayern, dessen wich-

tige Besitzungen am linken Rheinufer dichte an der Französischen Grenze liegen, welche seit dem Orkanischen Kriege noch schreckliche Spuren jenes verderblichen

Krieges tragen, und jedesmal der unglükliche Kriegsschauplatz der Französischdeutschen Kriege sind, dachte

menschenfreundlich und klug genug, seine guten Pfälzer vor diesem entsetzensvollen Kriege schützen zu wollen, und hatte durch die Anerkennung des Französischen

Bothschafters d'Assigny, der Französischen Nation als Nachbar die Hand geboten, und ihr erklärt, keinen Antheil an diesem Kriege nehmen zu wollen. Die Kaiserlichen und Preussischen Minister machten

ihm zwar, so wie der Englische dem Großherzog von Toskana und der Schweizerischen Eidgenossenschaft, heftige Vorwürfe darüber: allem der wackere Fürst blieb

standhaft, und schlug ein für allemal die begehrte Un-

terstützung des Winkelmannischen Korps ab.*) Es *) Ma« hat dieses Benehmen des Kurfürsten von der Pfalz gelästert und getadelt; allein man fragt hier mit Recht — Wer hat das Deutsche Reich in diesen gefahrvollen Krieg gezogen? — Wenn ein Deutscher Reichsstand nicht so viele Truppen hält, um sein Land gegen eine große und mächtige Nation zu pertheidigen, soll

er das ungleiche Kricgsspiel wagen, oder die Hände rum Vergleich bieten? Kurmainz hatte durch den Schuz,

den es den Französischen Emigranten gab, den Haß der Französischen Nation auf sich geladen: Die Fran-

s8 . blieb also dem Obristen Winkelmann nichts anders übrig. als den Angrif der Franzosen abz uw arten, und sich

sodann, so gut aio möglich zu halten. zvsen faden hieß als eine Kriegserklärung an — ganz natürlich! Wer einem Theile Waffenpiätze und Rüstungen gegen den andern er aubt, der hat sich idb roiq mit ihm verstanden, und seine Pacchie genommen. In wiefern aber ein einzelner Reichsstand eine solche wichtige, aus das ganze Deutsche Reich Bezug habende Angelegenheit verfügen dürste, oder ob darüber der Reichsrarh zu Regen spurg hätte entscheiden sollen — diese

Frage durfte wohl Kurvfach aufwerscn. — Kurmainr halt kaum so viel Truppen, um die Buffenwerke seiner Festung gehörig besetzen zu können, und dennoch nahm

es Ankheil an dem Kriege. Noch war dem Reiche nicht der Krieg erklärt, obgleich die Besitzungen verschiedner Deutschen Fürsten im Elsaß im Prozeß lagen — noch war kein Reichsknes gegen Frankreich zu Regenspurg au gesprochen; mit welchem Rechte wollte man daher den Kurfürsten von der Pfalz zur Mitwürkyng gegen Frankreich nöthigen? — Mainz hat nur wenige Besitzungen am linken Rkeinuser — Karl Theodor hatte aber die wichtige Rhe niss e Pfalz, und die Festung Mannheim zu verlieren, da sein Miiitairetat nicht so ansehnlich ist, ms er seyn sollte und sepn könnte. — Ich glaube, daß Kurpmlz Lob, und nichr Tadelverdient. Hätte es Ankheil genommen, so wäre Mannheim verloren gewesen ; die Franzose» — wer wollte es ihnen wehren, sezten über den Rhein, nahmen das Kaiserliche Magazin hey Heidelberg, plünderten und brandschazten den schwäbischen Kraiß und das Breisgau aus, und wo — und womit hakte dann die ermattete Armee aus der Cham-

pagne den nächsten Fe>dzug cröfnct — woher Magazine,

welche den Franzosen alle in die Hände gefallenwaren?

Sy Seinem Entschlüße folgte bald die Probe, und war-

lich — besser konnte sich, Winkelmann nicht nehmen,

da er einmal Befehl hatte, sich mit den Franzosen in ein Treffen cinzulaffen.

Den LZ und 2y Sept, brachte Winkelmann damit zu, seine Position zu beobachten, und seine Truppen

wachsam zu erhalten. Er verstärkte seine PiketS und

Patrouillen, und ließ die Truppen die Nachte durch unterm Gewehre stehen.

Mit Anbruch des Morgens, am zo Sept, melde-, ten die Vorposten den Anmarsch der Feinde. Gegen acht Uhr entwickelte sich vor ihm eine Fronte

von lyOyo Mann Infanterie, goso Mann Kavallerie, und einer ansehnlichen Artillerie, Diese Macht theilte

sich hierauf in Kolonnen, und rükte nut abwechselnden

Manövres gegen Ihn an, Winkelmann ordnete sein kleines Heer — sprach

ihm Muth zu, befahl zu marschiren, und rükte so m geschloßnen Reihen dem Feinde entgegen.

Die Artillerie erofnete den Kampf, und das gute Musguetenfeuer der Mainzer unterhielt ihn bis gegen

Mittag, Die ungeübten Nationalgardcn und Bürger, welche nun auch zum erstenmal einen Feind sahen, wur-

den über die Standhaftigkeit dieses kleinen Heers be-

stürzt, und kamen in Unordnung. Kttsiine rief nun

Z2 seine Kavallerie, 2 wackere Chasseur-1 Dragoner- und

ein Kürassierregiment vor. Seine renkende Artillerie rückte auf seinen Ruf beherzt heran, und wüthete mit ganzen Batterien gegen die kleine Deutsche Armee. Die

Kavallerie überflügelte sie, schnitt sie vom Rheine ab,

sprengte einen Theil in einen Sumpf, und warf dey andern gegen die Stadt Speier.

Kusiine hatte gewonnen: Die Mainzer ergaben sich zu Gefangenen, und die Kaiserlichen, welche sich

noch immer aus den Hausern und Straßen in Speier vertheidigten, wurden von der Kavallerie thcils nieder-

gehauen, theilö zu Gefangenen gemacht. Nur wenige

von dem Winkelmannischen Korps retteten sich, und brachten diese Schreckensnachricht nach Mainz. Prahlend und übermüthig, aber nicht minder streng

und menschlich, benahm sich Kusiine bey diesem Siege.

Die Deutschen Gefangene wurden gut verpflegt: Kusiine hielt so viel wie möglich den unbändigen Haufen

in Ordnung; einige, die sich zu plündern erdreisteten, wurden erschossen — auch wurde das geraubte Kirchen-

silber wiedererstattet, und die Verbrecher dafür bestraft. Kuftine besetzte Speier — setzte dem geistlichen Adel

und der Stadt eine leidliche Brandschatzung an; er erließ ferner ein Aufgebot an die dortigen Landleute, das erbeutete Magazin nach Landau zu bringen, und marschirre Abends mit seiner Armee wieder nach dem Lager zurück»

Die Franzosen zauderten nicht lange, die Früchte ihres Sieges zn genießen, und von dieser Niederlage den

höchstmöglichsten Vortheil zu ziehen, Kustine rückte da-

her den zten Oktober mit einem Theil seines Heers nach

Oggersheim und Frankenthal, und schickte den General

Neuro inger, einen alten gedienten, tapfer» Knegsmann, mit 4000 Mann nach Worms, um diese Stadt zu brandschatzen.

Den esten Oktober, mit Anbruch des Tags, marschirr

te Neuwinger mit seinem Korps in Worms ein — besetzte die Thore, und setzte sogleich der Stadt yooooo,

dem Fürstbischof 400002, dem Domkapitel 200000, dem Kloster Mariamünster 40000, den Kollegiatstif-

tern Zoooo, und den Mönchsklöstern 450000 Livr. Brandschatzung an, welche unterm Androhen, die Stadt

mit Prand und Plünderung Heimzusuchen, gefordert wurde,

Diese Summen in der so kurzbestimmten Zeit her-

beyzuschaffen, war eine Unmöglichkeit jeder Theil. zahlte etwas, für das übrige wurden Geiseln genommen,

mit welchen die Franzosen den andern Tag, als den 7 Oktober nach Landau abzvgen.

Die Nachricht von dem Einmärsche der Franzosen in Worms, hatte die wehrlose und bestürzte Stadt Mainz

mit neuer Furcht erfüllt, und die guten Bürger in die traurigste Verlegenheit verseht.

3L Der Kurfürst von Mainz — ein achtungswärdiger

Staatsmann, und einsichtsvoller Regent, hatte sich

der Stadt Mainz durch viele treflichs Anstalten und Verbesserungen, ehrwürdig gemacht.

Da der Mainzer vom Hofe, von dem Adel, und dem sehr begüterten KlernS ansehnliche Summen verdient, und den glanzenden, prachtvollen Hofstaat seines Fürsten, unter allen Mainzischen Städten undDörfcrn, am

wenigsten zu beklagen Ursache hat; so war es ihm nicht

eingefallen, eine Regierungsveränderung zu wünschen,

da er bey der gegenwärtigen, als ein reicher und wohl-

habender Mann glüklich lebte. Allein, ein groser Thei! des minderbegüterteu Volks, war von diesem Interesse nicht beseelt. Die Unterthemen der Geistlichen Fürsten,

und die mehrerer kleinern Herrscher, fanden die Verheißungen der Franzosen „Friede den ruhigen Hütten,

über Krieg den Pallästcn" liebenswürdig. Was Sie unter Ihrer dermaligen Herrschaft am drückendsten quäl-

te , Frohnden, Abgaben u. ,d. gl. sollte abgeschafr werden — ein gvldnes Zeitalter sollte Sie für die Tage der Leiden entschädigen, und für alle diese Wohltha-

ten foderte man nicht mehr, als was dem Menschen so

leicht — so natürlich ist, Freiheitslicbe. Die ärmere Volksklasse, war demnach in und äusser

Mainz dieser Festung gefährlich. Es gab böse Menschen

— Schlangen, die sich der wohlthätige Kurfürst im Busen «ährte. Leider mußten es eben die Menschen

3.3

scyri, in denen Deutschland die Toleranz und Wißen-

schaftsliebe des aufgeklärten Fürsten verherrlichte. .Diese böse, chrgeitzige, unzufriedne Menschen, standen

niit Justine und seinen Emissarien in geheimer Ver^ dindung.

Justine — so wie seine verräthrische Helfershelfer, rechneten auf die kekste, stärkste und gefährlichste Par-

thei in jeder Stadt —- auf den Pöbel, Es war leicht Len Kurfürsten zu verlästern, das Volk über feine kör nigliche Pracht bey zwey Kaiferkrönungen zu empören,

seine Theilnahme an dem Kriege gegen Frankreich in dem gehäßigsten Lichte hinzustellen, und ihm Schuld zu geben, daß er durch die Duldung der Französischen

Emigranten, diesen Krieg über Mainz ja über Deutschland gebracht habe«

Dieß glükte den Bösewichtern insgeheim zu bewür-

fen; weißlich hielten Sie aber noch die Maske vor dem

Gesichte, kvnspirirten nur heimlich, bis zu dem Zeitpunkte, wo Sie unverhüllt ihre schändlichen Grundsätze zeigen könnten.

In diesem Instand befand sich Mainz — in dieser Stimmung der ganze Rheinstrohm, als eine Schreckens^

post nach der andern die Hoffnungen der Gutgesinnte»

niederschlug, und die Operationen der Verrather erleichterte,

34 Die verbündete Armee im Innern der Champagne«

von Üngewitter, Seuchen, und HungersNorh geplagt, von ansehnlichen Französischen Heeren bedroht, von

Dumonrier hintergangen, in ihrer stolzen Erwartung getauscht — ein Rückzug kranker, leidender Manner, hinter welchen das Gsspvrte und die Hvhnlache freude-

trunkner Krieger jolte -- welche fürchterliche Aussicht

für die dem Feinde bloßgegebene Stadt Mainz! Vonr-

nonvilles Einfall ins Trierische, die Plünderung der Abtei Wadgassen und die Wegnahme der

Kaiserlichen Magazine zu Mertz ig — welche Nach-

richt für Koblenz! Die Verratherey einer -eben Provinz lächelte den

Fahnen der Freiheit entgegen — jeder junge feurige

Kopf den chimärischen Hoffnungen der Gleichheit hmgegeben — selbst gesetzte Manner, hingerissen von

dem Zaubergemälde, welches in seinen grellen Nüanzen, selbst den Franzosen noch erschütterte; eine verspottete Nation ans ihrem tiefsten Verfalle so plotzlich zum glänzendsten Siegesglück erhoben — ihre Feinde,

vor denen man noch wenige Wochen zuvor in Paris

zitterte, räumen das Gebier dieser Nation — ja! die rächerischen Freyheitsvertheidiger wollen — und schwö-

rens, daß noch vor dem Schluß des Jahrs nur der Rhein die Fortschritte der siegenden Freiheit begrentze >

welche Schreckenskunde für Deutschlands wie

35

mußte dieß alles den Deutschen Patrioten beugen —-

den Freund der Ordnung betroffen machen, und der Regierung Furcht und Entsetzen mittheilen! —

So war es in Mainz : Der Kurfürst eilte nach Würzburg; man griff zu den Waffen, und hoffte auf den Beystand der Deutschen Fürsten, denen an der Er-

haltung der Stadt Mainz doch etwas gelegen seyn mußte. Hessendarmstadt wurde mit seinen 6ooo Mann

um Hülfe angesprochcn; allein es erklärte sich wie

Pfalz. Biebrich, Nassa u-Oranien, Weil-

burg und Fuld sandten redlich Hülfstruppen, 207

Husaren von Esterhazy rückten in Mainz ein, ein noch

unbewaffnetes Kaiserliches Depotbatallion von Zoo

Mann folgte nach. — Diese Truppen und etwas von dem Mainzischen Schützenkorps, waren die Besatzung

von der großen Festung Mainz. Man war indessen getröstet, die Bürger und Akademiker griffen auch zu den

Waffen, und hoffte nun auf baldigen Secours von den retirirendcn Armeen.

Am iy Oktob. mit Anbruch des Tages stand Kristine mit seiner Armee vor Mainz. Die Armee war in drey Kolonnen über Alzey und Oppenheim in einem Tage aus dem Lager bey Edesheim bis Mainz marschirt, und hatte überall beträchtliche Besatzungen zurückgelassen. Kustine wollte bestür-

zen und schrecken —- er war seiner Sache so gewiß,

36 daß er nur Mit lLoso Mann, nebst den Bataillonsstücken, gegen die wichtige Festung Mainz anrükte»

Wie sehr er von der Schwache der Garnison und der Bestürzung in der Stadr muß unterrichtet gewesen seyn,

beweisen seine Wagen mit Sturmleitern, womit er der

Verrätherei und der Bestürzung zu Hülfe kommen wollte.

Bald nach seiner Ankunft bey Mainz, erschienen 2

Barallivns Infanterie mit weißen Kokarden vor dem

Hauptsteine, gaben sich für Emigrirte aus, und wollten durch diese List das wichtige Aüssenwerk, de»

Hauptstein, wegnehmen. Allein, man erkannte in Zei-

ten den Betrug, und gab Feuer auf den Feind. Kustine ließ nun in einem sehr beredten Schreiben

Mainz auffordern, und erhielt — eine abschlagliche Antwort. Indessen vermehrte sich die Bestürzung in der Stadr

mit jedem Augenblicke: es fehlte an Kanoniere, bas Geschüz war nicht gehörig placirt, der wenige Vorrath

an Karrvuchen, war auch dem Kaliber nicht einmal angemessen; Die Garnison war zu schwach, um die Aussenwerke gehörig zu besetzen, und der Pöbel erklär-

te nach der Abreise des Kurfürsten, daß mau sich nicht solle beschießen lassen.

Davon war Kustine, durch den Arzt Wedekind, welcher dem feindlichen Generale unter einem lügenhaften

Vor«

1 37 Vorwand bis Oppenheim entgegen kam, aufs genaueste

unterrichtet. Schon früher war Kustine selbst, und später sein Adjutant Stamm als Metzger gekleidet in Mainz, wo sich beide, geführt von den Verrathern, über den wehrlosen Zustand der Festung zu unterrichten Gelegenheit hatten»

Der Gouverneur — dem eine hinreichende KenntUiß

der Festung und Ihrer Vcrtheidigung fehlen mochte, mußte sich daher gänzlich dem Obrisilieutenant EickenMayer anvertrauen« Dieser geschickte, talentvolle Inge-

nieur war aber leider ein Bundesbruvcr von Wedekind,

und zum Unglück für Mainz em Vcrräther« Eickeumayer kam den trotzigen Aufforderungen des

feindlichen Generals auf dem halben Wege entgegen,

indem er dem Gouverucnr und der Bürgerschaft verheuernd versicherte, daß die Belagerungsarmee 42002

Mann starr wäre, und Sturmleitern und Belagerungsgeschütz bey sich habe«

Eine solche Nachricht von dem einzigen Manne, der dicß beurtheilen konnte, zerrüttete vollends die ohnehin

betäubte Bürgerschaft, und schwächte den Muth der schwachen Garnison. Der Kommandeur des Kaiserlichen

Husarcndetaschements, ein wakrer braver Krieger, war

der Einzige, der sich dem lügnerischen Borgeben EickenmeycrS widersezte, und den Muth der Garnison wie-

Ersier Theil- D

38 der zu heben versuchte. Er verlangte von dein KriegS-

rathe, man solle sich halten, einen Ausfall unternehmen , welchen er mit der Kavallerie unterstützen wollte, .— aber vergebens! Kristines Drohungen, Eickenmeyers wiederholte Versicherungen von der überlegene» Macht

des Feindes —- das Bedenken des Gouverneurs, wegen der Entfernung der Preußifchrn Armee, welche in diesem Augenblicke erst das Französische Gebiet räumte,

ferner die Nachrichten über den Zustand dieser Armee , welche ermattet von einem beschwerlichen Feldzuge Ru-

he, Rekrurirung, Magazine, Munition, und einen gros-

sen Theil Waffen bedurfte — die Furcht vor einem Bombardement, und einem zu befürchtenden, von den Verrathern angezettelten Aufstand, wodurch dem Feinde,

wie ehedem dem abscheulichen Kurfürsten Adolph voll Nassau, ein Ucbersall mit stürmender Hand hatte gelin-

gen können; alle diese, theils gegründete, theils üngegründctc Besorgnisse für eine große, volkreiche Handels-

stadt, mit ihren Pallästen und kostbaren Waarenlagern,

bestimmten endlich den Gouverneur, den, Kriegsrath, und die Kurfürstliche Statthalterschaft, dem Feinde Ka-

pitularivnsvorschlage zu thuu. Der Kriegsrath sandte hierauf den Obristlieutenant

Eickenmeyer u nd den Geheimen Rath Kalckhoff nach

dem Französischen Hauptquartiere Marien.bvrn,

39 wo endlich folgende Kapitulation die so wichtige Deutsche Grenzfestung den Franzosen überlieferte.

i) Die Mainzische und sammtliche Kraistruppen, die sich hier befinden, ziehen ohne alle Ausnahme frei,

mit allen Ehrenzeichen des Krieges aus der Festung, und können sich hinbegeben, wohin es ihnett beliebt.

Sie führen mit sich ihre Kriegslasten Artillerie, Effek-

ten und Bagage, zu diesem Behuf wird man ihnen alle hierzu erforderliche Passeports/ deren sie benöthigt

seyn könnten, ertheilen.

L) Da die Garnison Nur äus vier Bataillons besteht, so kamt dieselbe mehr nicht, als vier Feldstücke,

mitnehmen, und man wird ihnen zu deren sowohl, als der Equipagetransportirung erforderliche Wagen und Schiffe anweisen.

z) Die besagten Mainzer und Kraistruppen verbinden sich- gegen die Französische Republik, und ge-

gen ihre Alliirten, ein ganzes Jahr durch, von dem heutigen Tage an gerechnet, nicht zu dienen.

H.) Die ganze Artillerie des Platzes, die Plane, die sich ans die Festung beziehende Schriften, der Munde

und KriegSvvrrarh, und andre militairische Magazine

und Einrichtungen, wie sie immer in der Sradr bestehen mögen, blciden zurück, und die Ucberlieferung geschieht an einen hierzu von dem Französischen Generale zu bestellenden Kommissarius.

'.D2

4« z) Alle Kranke, welche sich in den militairischen Hospitälern befinden, werden auf Kosten ihrer Korps fernerhin verpflegt, und nach ihrer Genesung mir den nöthigen Passeporten nnd Sicherheitsgeleiten zu ihrem Korps zurükgefandt werden»

6) Der Französische General wird sogleich nach bei-

derseitiger Ratification das Rhein- und Gauthor mit 2 Kompagnien Grenadiers besetzen lassem

7) Das Ministerium , die Dicasterialperfonen, der hohe und niedere Klerus, weniger nicht alle dem Kurfürstlichen Hofe zugethane Personen > , können mit ihren

Esseckten ungehindert ausziehen, alle Einwohner, einheimisch und abwesende, genießen gleiches Recht, und

sollen dießfalls auf Verlangen, jedem die nöthige Pafi seporte und Sicherheitsgeleite gegeben werden.

8) Der Französische General unterwirft dem Schutz des Gesetzes, das Privatvermögen eines jeden einzelnen

Einwohners in Gemäßheit der Grundgesetze der Französischen Konstitution, und garantirt die sichere Erhaltung derselben.

Diese Kapitulation war den irrten Oktob. zu StaNr de gekommen, und von dem Geheimenrath Kalckhoff, dem Zngenieurmajor Eickenmeyer, und dem Komman-

danten, Baron Gimmmch — Mainzischerseits, und pon dem General Marinier, dem Kriegskvmmissarms

42 Petigny und dem General Justine ----- Französischerseits unterzeichnet und ratificirt.

Wie wohl dem Mainzer bey Ansicht dieser schnellen

und übereilten Kapitulation anfangs mag zu Mnthe ge-

wesen schn, wenn er daran dachte, daß seine Stadt aus Mangel an Vertheidigüngsanstslcen, immer eine

Beute des Feindes wird? —

Vor- ioZ Jahren siand Bouffler mit 22000 Manu, 2Z Kanonen und 12 Mörsern vor Mainz: Mainz

hatte nur 802 Mann zur Garnison, der Feind drohte fürchterlich, und Mainz kapitulirte, da ihm auch seine Nachbarn nicht helfen wollten, den nemlichen Tag,

als den -ten Oktober des Jahrs 1689. Den 2vten Ort. 1792, befand sich Mainz mit seinen großer» und ausgebildetem Festungswerken, mit

einer etwas starker» Garnison, überall von Hülfstruppeu umgeben , und doch verlassen gegen 11000 Belagerer, ohne grobes Geschütz — ohne einen V0 u ffl e u r,

in der nemlichen schimpflichen Noch, kapituliren zu müssen! —Justine nahm den 21 ten Oktober Mainz in Besiz, und da entdeckte sich der abscheuliche Betrug : es wä-

re» »u» statt 40090 Mann nur iiooo, ohne Belagerungsgeschütz, ohne Magazin, die nur auf einen

Mu? cis muin, auf die sichere Rechnung der Verra-

4Z therey, und einer feigen unmännlichen Gegenwehr auSzegangen waren.

Nun berenten es wohl die leichtgläubigen Teilhaber dieser Kapitulation; allein diese Reue, eine treue

Gefährtin unmännlicher Furcht, wurde nur belacht, und von dem getauschten, betrogueu Bürger, mit bitter» Vorwürfen bestraft. Austine wußte bald die düster» Gesichter durch seihte prahlerische Versprechungen aufzuhcitern —-- er schmeir

chelte-dem Handelüstandx mit lieblichen Aussichten auf

dje nahe Große der Stadt Mainz , und den nahen Fall

der Stadt Frankfurt — Mainz werde das Deutsche Amsterdam, und Frankfurt komme von seiner Grhst

se herunter, wie A n t w erpen! —

So meinte der Französische Gcnersil — er versprach unendlich viel; hielt aber übrigens seine Kapitu-

lation so schlecht, wie Byuffienr einst die Seinjge,

-K a p, I I, Aebergang der Franzosen über den Rhein bep Opvcnhei m«

Frankfurt cffnet ihnen seine Thore, Brandschatzung dieser Stadt, — Anschlag aus Hanau — Brandschatzungen bis an den Lahnfluß.

d?an erwartete nun, daß Kustine, nachdem er im Besitz von Mainz war, dein Dumourieischen Plaue zur

43 Eroberung des Nheinstrohms getreu — Koblenz wegnehmen , und durch eine Bewegung an der Mosel hin-

aufwärts, den Angriff des Generals Bournoiwille auf Trier unterstützen würde. Koblenz hatte sich auch schon auf den Französischen

Besuch gefaßt gemacht, und zu dem Ende eine Depu-

tation nach Mainz geschickt, welche den General Kustine bey guter Laune erhalten solle.

Allein Kustine zauderte —- er wollte sich zu dieser

Erpedttion erst Geld von der Stadt Frankfurt holen, da der Kriegsminister ihn an diesem Hauptbednrfniß Mangel leiden ließ. Wer sich der damaligen kritischen Lage des Rhein-

strohms erinnert, der wird nicht daran zweifeln, daß

Kustine durch die Wegnahme von Koblenz, und die dadurch erleichterte Eroberung von Trier, für seine Armee würde Geld gewonnen, und dabey dem Interesse

seiner Nation mehr, als irgend ei» General gedient

haben. Frankfurt wäre am Ende doch gefallen, zumal da es für die Französische Armee keine größere Wich-

tigkeit hatte, als in Absicht auf sein Geld, und sein Arsenal.

Kustine blieb aber auf seinem Kopfe, er gedachte

nut seiner Ezpcdition auf Koblenz, noch zeitig genug zu kommen und wartete darauf, daß Kellcrmann von Verdun aus, ihm diese Arbeit erleichtern würde.

44 .Da ex ein ausschweifender Patriot war, und mit Herz und Munde dem Geschreis der Jakobiner — daß alle Thronen stürzen, und die ganze Welt sich der Frei-

heit und der Französischen Nation in die Arme werfen

würde — glaubte, so war es ihm gleichgültig, ob der

Rhei n st rohm oder dis W etterau zuerst die dreifarbige Fahne begrüßen sollte er überließ sich dem Sybarstismus, trank Johannisberger, liebte Weiber, And ließ Frankfurt brandschatzen,

Neuwinger erhielt sogleich nach der ratificirten Kapitulation der Festung Mainz, den Befehl vom Ge-

neral en Chef, in der Nacht auf den L2tcn Oktober Ley Oppenheim über den Rhein zu gehen, und Franks furt zu erobern,

Neuwinger vollzog diesen Befehl, und Houchard Verkündete frühe Morgens, den 2 2ten Okt., der Stadt

Frankfurt, daß das Neuwingerische Korps vor der Stadt lagere,

ßine Rathsdeputation, welche bey Houchard um die Absicht dieser Sendung anfragte, wurde von dem-

selben an den General Neuwinger gewiesen, welcher die Deputation mit der ernsten Aeußerung entließ, daß

er darüber nur innerhalb den Mauern der Stadt Frankfurt, Rechenschaft geben werde.

Die Frankfurter öffneten sogleich die Thore, ems pstengen freundlich die Franzosen, und brachten ihnen

45 Lebensmittel vollauf. Neuwingex übergab nun dem Frankfurter Magistrate den schriftlichen Befehl vom Ger

mral Kustine, nach welchem er zwey Millionen Gul? den Brandschatzung erheben sollte. In dem Kustinischen

Schreiben wurden der Handelsstadt Frankfurt, die Kai-

ser!. Königliche Geldnegocen, die Agyotage für die Emigrirten, und der Unfug der Zeitungsschreiber, als schwere Verbrechen aufgebürdet, von welchen sie sich

nur durch die baare Zahlung von zwey Millionen Glühen reinigen könnte.

Die Stadt Frankfurt erstaunte natürlich über diese gezwungene und lächerliche Vorwürfe des feindlichen

Generals, und ließ ihn durch eine Deputation auf den Ungrund seiner Beschwerden aufmerksam machen.

Allein der General beharrte auf seiner Meinung, nach welcher die Zeitungsschreiber, fammt dem Magistrate unrecht gehabt harten, in Absicht auf die Grundsätze der Freiheit und der Revolutionen dem Glaubensbekcnntnjße der Jacobiner entgegen zu seyu: auch blieb

es in seinen Augen ein Verbrechen, daß die Wcchsel-

komptoirs ihren Nahrungszweig das Geldnegoce für

den Kaiser!. König!. Hof, und für die Emigrirten getrieben hatten; übrigens erließ er eine halbe Million an der Brandschatzung unter der Kondition, daß die Französische Regierung diese Minderung gutheisse'.r werde.

46 Kaum war nun die Deputation in Frankfurt wieder angelangt, so wurde auch mit der Herbcischaffung

der Brandschatzung der Anfang gemacht. Es dauerte

nicht 24 Stunden, so war eine Million zusammenger bracht, und dem feindlichen Generale übergeben,

Dem General Austine fehlte Attilas Kopf, um wie dieser große siegreiche Barbar, Deutschlands Schrecken

zu werden. Kusiines Hamen verbreitete Schrecken bis

ins nördliche Deutschland. Nie hatte ein Feldherr vor ihm, durch Dcclamationen und prahlerische Drohungen

so viel unverdiente Celebrisät erhalten, wie dieser. Schande für Deutschland! — Mit gesetztem Murhe hatte man diesem Abentheurcr früher Grenzen gesetzt; das

Beispiel von Hanau, und den paar hundert Hessen zu

Nauheim, sind die Belege; allein der Schrecken hatte

alle verwirrt, und ein Emschloßner Mann fehlte, der sich mit patriotischem Murhc diesen Verrathereyen ent-

gegengesetzt, und seine Jncvnscqneuzcn zur frühem Rettung des Deutschen Reichs benuzc hatte.

ES war unvermeidlich, daö Betragen des feindlichen Generals mußte endlich den bisher betäubten Sach-

kundigen die Augen öffnen, die Deutschen von ihrer Verblendung zurückbringeu, und ihre Anhänglichkeit am ihre bisherige Verfassungen, beleben. -

Kustine brandschatzte Frankfurt, und schmeichelte

einige Lage darauf der armem Volksklasse, daß nicht

47 ihnen, sondern den reichen Wucherern, die Brandschatzung zu zahlen obliege. Welch ein Versio- gegen den Deutschen Volkssinn! >— Der von dem neuen Systeme seines Vaterlandes begeisterte General rechnete auf di? Theilnahme des Frank-

furter Pöbels, und gedachte aus ihm, und den mißvergnügten Hessen, eine Armee zn gewinnen, womit erden Preussen den Rückzug nach Deutschland abschnei-

den, und die Sache der Freiheit überall verbreiten zu kennen, wähnte. Allein der General irrte sich an dem kälter« SanSkällotism jener Menschen; beide geschworne

Feinde der Franzosen — arbeitsame, frugale Menschen, vermochten mit ihrer schwerfälligen Fassungskraft nicht dem Kustinischen Gedankenstuge nachzuschwehen; ge-

wohnt -— den-friedlichen TggeSunterhalt höher, als glänzende Versprechungen zri schgtzen, den Reichthum

ihrer glücklichem Mitbürger als Quelle ihrer Nahrung, als weife Anstalt in der menschlichen Gesellschaft anzu-

sehen, verachteten sie die lieblichen' Phantasien der Gleichheit, und schloffen sich mit Muth, und von einem glühenden Gcmeingeiste beseelt, an ihre Obrigkeit und

ihre reicheren Mitbürger an.

Kustine hatte einen Anschlag auf das Arsenal, welcher ihm bey dem ersten Schrecken, und mit einer starkem Macht kaum würde geglückt feyn. Nun, nachdem er das Volk durch Brandschatzung gegen sich em'

48 pört hatte, und selbst in den Augen des gemeinen Mannes als ein unkluger, zweydeutiger Mann erschien °— scheiterte er vollends mit feinem Gesuche, und hätte

d er Magistrat nicht die Ordnung in der Stadt erhalten,

und die aufgebrachten Bürger durch weife Vorkehrun-

gen besänftigt, der Pöbel würde Garnison und General massacrirt haben,

Kustine gab nun nach — verfügte sich nach Mainz,

rrm die Organisation des neuen Mainzischen Freistaats, und die Etablirung des Deutschen Jacobiner-

Klubös, zu betreiben. Auch ließ er es sich ernstlich angelegen scyn, das alte Römische Fort, Kastel, nach dem Plane der Eickenmeyer, Dubayet, d'Oyre und meh-

rerer andern treflichen Ingenieurs zu befestigen, und durch Wasserleitungen und Verhaue zu einem sichern

Hinterhalt seines Korps am rechten Rheinnfer, und zu einem festen Punkte bey einer künftigen Belagerung

einzurichten. Der stolze Mann ließ dieses Fort, nach

feinem Kamen, Fort Kustine nennen, weil er den bei fehlenden Antheil daran hatte: übrigens wird dieses Fort, welches ein Meisterstück der Befesiigungsknnst ist,

den Namen Kustine erhalten, und der Nachwelt — wenn sie die Schicksale des Rhcinstrohms unter diesem

Manne überlegt, eine warnende Lehre feyn, über sich zu wachen, nicht dem Abenthenrer zu trauen, sondern durch männlichen Muth dem prahlerischen Drohen zuwi-

49 verstehen, um nicht durch Feigheit das Glück einer Generation zu verrathen.

Mit der Brandschatzungserpedition auf Frankfurt, an welche sich die Uebergabe der Bsrgfesiung Könige-

stein anschließt, welche mit ihren paar Invaliden bcy der ersten Aufforderung an die Franzosen übergieng, schien der General Kustine keinen andern Plan wehr zu haben, als die Gegenden des platten Landes heimzusn-

chen — die feindlichen Städte zu brandschatzen, und den Pallästen den angedroheten Französischen Fluch zu überbringen.

Er schien noch nicht recht einig mit sich zu seyn, ober sich nach dem Niederrhein bewegen, oder weiter in das nördliche Deutschland vordringen sollte; an Koblmz

und an die Unterstützung der Operationen auf dem lin-

ken Rheinufer, wurde nicht mehr gedacht,

Dumouriers Plan war ein Meisterstück, in Einem Feldzüge nut raschen Schritten den Rheinstrvhm Zu er-

obern. Nichts war leichter als diesen Plan durchzusetzen, da die Armeen der Koalition von einander getrennt , und größtcntheils st abgematter waren, daß sie einen Winterfeldzug gegen die siegreichen Franzosen nicht

leicht hatten bestehen können. Allein der Kriegsministsr

Pache *) eifersüchtig über Dumouriers Siegesglück, *) Dumottrier sagt irgendwo: wären die Verbündeten im nächsten Feldzuge glücklicher gewesen, so hätte man

56 und hingerissen mit dem Pöbel über Knstiues Sieg bey

Speier, blieb unentschlüßig, welchen Anschlag er annehmen und begünstigen sollte.

Dumvnricr schrieb an den Kriegsminister, daß ec doch den unsinnigen Kustine vom rechten Rheinnfer ab-

rufen, und ihn zur Mitwürknng gegen Koblenz und

Trier ernstlich anhaltcu solle. Allein Kustine — der sich durch seine prahlerische Ankündigungen unbedeuten-

der Treffen, wie jenes bey Speier, wichtig gemacht hatte, und der Abgott des Elsässischen und Pariser Pöbels geworden war, wollte nach seinem Plan handeln -— ja er war so stolz und übermüthig, daß er an den Kriegsminister begehrte: Dnmourier solle nach Seinem Plane den Rheinsirohm erobeni.

In seinem Plane gehörte unter andern, daß er durch eine Diversion in das Deutsche Reich, den Kaiser zwingen wolle, seine Truppen nach seinen Erbstaa-

ten zurückzuziehen -- und daß er durch seine Stellung an der Nidda, die Kvmmumcation der Oestreichisehen Staaten mit der Niederländischen Armee hemmen würde.

Unstreitig hat sich Tsumouriers Plan in Pich egr ns Ausführung gerechtfertigt. Die Französische Nation schreibt dal,er diesen verfehlten grvfcn Plan mit in Amsterdam und am Rheinstrohme diesem Pache Ehren-

säulen setzen kennen, um seine gleich große Dummheit

und Bosheit zu verewigen.

Recht dem thörichten Stolze des Generals Kusiine,der

schändlichen Verratherey des Kriegsministers Pache,

den Meunie r nnd H a sse n fr a z zu, welche lezrere die Armeen absichtlich im Widerspruch ließen, ihr-e Desorganisation beförderten, tim dem bewunderten Dumourier seine Lorbeeren zu entziehen.

Durch Kusiines Operationen auf dem rechten Rhein-

ufer scheiterte daher Dnmouriers Plan: Kellerman n und Bournonville zögerten —und plötzlich hatte der tapfere Fürst Hohenlohe in den befestigten Stellungen

von Lu rem bürg, Trier und Koblenz Ihnen den Riegel vorgeschoben, und die Kommlinication der vier Armeen abgeschnitten. ")

Während dem Dumourier nach der Schlacht bey Gcmappe, über Mons, Brüssel und Namur vordraug,

und unter fast immer blutigen Treffen mit KlairfaitS tapferer Ärmee gegen Holland, und die Festung Mastricht heranrückte — marfchirte Kusiine am Main her-

auf, und ließ den 2üren Oktober mit 1000 Mann Infanterie, 2500 Mann Kavallerie und einiger Artillerie, unter dem Kommando des General Houchard >—

die Salzsiederei zu Nauheim, wo sich 128 Mann Hessen anfhielten, angreiffen. Die wenigen Hessen hielten sich durch ihr gutes Muöquctcnfeuer mehrere *) Man sehe Dumoüciers Schriften, und die gcheimt Kvrresvvndenz, zwischen Dumour. Kust. re.

Stunden, bis ihnen endlich die Kavallerie den RäckznH abschnitte, und sie zu Gefangnen machte.

ES schien nun, als ob sich der General gegen Hanau wenden würde, wo damals nur einige hundert Mann Besatzung waren; man zweifelte um so we-

niger daran, da Hanau in seiner damaligen Lage sich hatte ergeben müssen, indem es ohne eine starke Gar-

nison, welche durch Ausfälle den Feind von der Festung entfernt halt, und ihm die Anlegung seiner Wurf-

batterien streitig macht, sich nicht lange halten kann.

Allein hier hielt ihn der Geist der alten Karten zurück, ") Kustinc gab sein Projekt auf, dachte an die De-

fensive,—- weshalb er eine Position an der Nidda von Höchst bis Königstein prapariren ließ«

Der General Kustine hielt Frankfurt besezt, und, Nachdem er das Salzmagazin von Nauheim nach Mainz brinDie Hessen verachten die Franzosen — weil Sie diese'ben noch nach den Schmetterlingen des sieber.iährigcn Krieges beurthcilem Unter mehreren Anccktoden, die d icß

beweisen, nur die einziger Ein Detaschemcnt Chasseurs kommt an das Korf Marckkäbel, und forderte eingelassen zu werden. Der Schn theiß, ein gedienter Soldat, laßtvid Thore schließen, und spricht durch eine Oeffnung mit den Franzosen, daß sich ein Hessischer Schultheiß nicht so aufs

Geradewohl ergäbe; er, der Schu llwiß, »erstünde Lew Dienst, ohne Arpimlütisn würde ersichn.cht ergehen --Die Franzosen mußten abziehen! —

53 bringen,und die Abteien Ilmenscadt und A r u s b u r g harte brandschatzen lassen, warf er nun sein Augenmerk

nur die bey Main; gelegene Nassauische Herrschaften, welchen er den Despoteuhasser Hvuchard zum Besuch zuschickte.

W i ß b a d e n, Ußingen und Idstein mußten nun den schweren Arm der Republikaner fühlen: in dem ersten nahmen Sic den Bürgern die Gewehre und Fon-

rage, — in dem zweiten die herrschaftlichen Gelder, und in

dem leztern alles Silberwerk — Pferde und die Fürstlichen

Jagdgewehre — und sezten ausserdem nach eine Brand-

schatzung von 250002 Gulden an. De» yten November schickte der Französische Feld-

herr ein Korps von ^Ooo Mann nach Limburg, und sezre auch daselbst Brandschatzung an. Ein kleines Preußisches Detaschement widersezre sich in Limburg, mußte aber nach einer hartnäckigen Gegenwehr weichen.

Die Preussen waren aber nun im Anzug; eine klei-

ne Abrheilung bssezte am ivten November Nassau.

Montabauer, und N astadtcn; allein diese wenige Mannschaft kennte nicht verhindern, daß die Fran-

zosen Weilburg nahmen, und 500000 Gulden Brandschatzung ansezteii.

Hart und unmenschlich wurde der gute Fürst von

Nassau - Weilburg mttgenommeu. > Dieses Betragen bedcckc Austinen mit Schande, da er, treulos seinem VerErstcr Theil.

54 sprechen, sich und seine braven Kriegerzu dem verächt-

lichen Handwerk der Räuber hcrabwürdigre, während

er in den Mainzer Klubbs die Principien der Menschlichkeit und Gerechtigkeit docirte, und die Freiheit und

Rechte eines jeden Menschen ungekrankt zu lassen versprach.

Kap. I!! Die Franzosen ziehen sich vom Lahnsiuße nach Kastel zurück^

Deutscher Angriff auf Frankfüct-Eroberung dieserStadt durch die Hessen: Affaire zwischen den Preussen und Franzosen bei) Böcke nhsim, Rückzug der Franzosen

nach Höchst, und endlich nach Kastel: Ein Blick auf Trier, und den Hundsrücken: Die Deutschen erobern Hochheim: Position der Deutschen zur Blockade von Kastel und Mainz, auf dem rechten Rheinufer.

^er tapfere Feldzeugmeister Fürst Hohenlohe, deckte

Trier und Köllnt Graf Klairiait, beharrlich und wachsam, wie Tu renne, hielt den ungestümen Du-

mvurier von der Roer ab — die Hessen besezten

Rheinfels und Hanau, die preussische Armee ermattet, und durch verheerende Seuchen stark ge-

schmolzen, besezte Koblenz, passirte daselbst den

Rhein, und zog sich über Nassau Dietz, und We i l-

burg gegen Friedberg, und von da gegen Frank» f u r r.

55 Die Franzosen zogen sich bey dem Heranrücken der

Preussen, vom Lalmfluß gegen Kastel zurück, und je naher die Preussen Frankfurt kamen, desto mehr kom

zcntrirten sich die Franzosen bis Sie endlich in ihre Position an der Nidda, sich ftstsezten, und in Frankfurt eine Besatzung warfen«

Kustine hatte bisher unausgesezt um Verstärkung

nachgefucht; allein sie kam sebr sparsam. — Nun — da die Preussen und Hessen zur Schutzwehre Deutsch-

lands herangenaht waren, und es vorauszufehen war,

daß Sie nach einigen Wochen Ruhe, das rechte Rhein-

ufer von dem Feind reinigen wurden, Um ruhige Winterquartiere zu haben — hatte Kustine das unhaltbare,

Frankfurt verlassen, und sich nach Kastel zuruckzichcn

sollen, da er bei einer Schlacht alles wagte, und selbst bep einem guten Ausgange nicht viel gewann.

Man hatte ihn von Paris aus darauf aufmerksam gemacht, und ihm deshalb die begehrte Verstärkung

verweigert. Der einsichtsvolle General Biron wurde besonders an Ihn abgesandt, um Ihn zu warnen; allein der äbermüthige Mann war nicht zu bewegen, er hielte

sich mit seinen 24000 Mann, meistens Nationalgarden, den zahlreichen Preussischen Und Hessischen Truppen gewachsen, und in feiner vortheilhasten Position an der

Nidda, um so mehr unüberwindlich, da er den schänd-

Es

§6 liehen Anschlag hegte, auf Unkosten der Stadt Frankfurt, Lorbeers zu gewinnen.

Kustine befahl dem Kommandanten del- Stadt,

van Helden, sich des Frankfurter Arsenals zu bemächtigen; diesem Begehren widersezte sich der Pöbel,

und Kustine mußte abermals nachgcben. Van Helden bekam indessen de» strengsten Befehl , sich zu vertheidi-

gen, und Kustine versprach ihm augenblickliche Unterstützung.

Frankfurt wurde nun den Zoten Nov. aufgesvrdert; die Verbündeten erhielten eine adschlägliche Ant-

wort; van Helden ließ seine Truppen nach dem Walle

niarschircn. '

Endlich aber war der Tag der Befreiung Frankfurts gekommen — es war der 2te Dec. Frühe Morgens marschirten die Preussen und Hessen in mehreren

Kolonnen gegen Frankfurt an.

Der Plan war —sich der Stadt, ohne Blutvergiessen zu bemeisiern, welches auch geglückt wäre, wenn das Hessische Regiment von Kospoth in Fahrzeugen zu gehöriger Jett am Mainthor, welches unbefezt geblieben

war, eingetroffcn wäre, um den Franzosen auf dein Wall in Rücken zu kommen, und die Thore zu öffnenDarauf schien der Oberbefehlshaber gerechnet zu

haben , denn die Hessen marschirten in geschloßneu

Gliedern gegen das Neu- und Merheiligenthor, Hier

57 mußten nun die braven Truppen, well die Brücken aufgezogen, und die Thore versperrt waren, dem heftigen

Muoguetenfener der Franzosen bloßstehen, ohne daß

Sie dein Feinde hätten schaden können. Da man auf diesen Widerstand nicht gerechnet hatte, so wurden

endlich Kanonen gegen die Thore vorgefahren, und die Stadt mit Wurfgeschütz geaugstiget. Dieß entschied,

und war das Signal für die Handwerksbursche und den Pöbel — die Franzosen zu entwaffnen, die Thore

zu vfnen, den Heffen die Brücke uiederzulasscn, und

selbst die 2 Französische Kanonen, welche der Kom-

mandant aus den Wall zu führen befohlen hatte, z» zerschlagen.

Nun stürmten die Hessischen Grenadiere und die Kavallerie wüthend in die Stadt; viele Franzosen sielen,

wie es bey einem Sturm zu gehen pflegt , der ersten Wnth des erbitterten Kriegers, viele wurden gefangen;

die Französische Kavallerie hatte sich aber in Zeiten noch durch die Flucht gerettet, und dem General Kusiine die Nachricht von der Eroberung Frankfurts, und dem Schicksal der Garnison hinterbracht.

Kustüre wollte nuu der Stadt noch zu Hülfe kom-

men — allein es war zu spat; gegen die Preussische Manövrirfähigkeit war sein Plan zu sicher berechnet.

Kustine glaubte nemlich, die Atacke der Verbünde-

ten auf Frankfurt, durch Turrmen zu vereiteln und sei-

58 nc Schlacht dadurch zü gewinnen, wenn er Sie zwischen zwey Feuer brachte, und dadurch dem General

Hvnchard Gelegenheit gäbe, von Bonnames und

Oder urschel aus, mit der Kavallerie zu agil en. Allein der Herzog von Braunschweig ließ in der uemli-

chen Zeit der Attacke auf Frankfurt, alle Französische

Posten angreifen, und hielt Sie theilS unthaiig, theils

warf er Sie hinter die Position der Nidda. Kustineu blieb also nichts übrig, als — der Rückzug. Um diesen zu decken, ließ er, eine Viertelstunde nach der stebergabe, Frankfurt wieder auffordcrn. Statt

der Antwort, entwickelte sich eine furchtbare Fronte Preussischer Infanterie und Kavallerie, in der Gegend von Bockcnheim,

General Biron und Kustines Sohn, riechen zum Rückzug, nm dem talentvollen Herzoge von Braunschweig, nicht Zeit zu lassen, die Plame zu benutzen, auf welcher die Französische Armee um so mehr alles wagen müßte, da Sie von Kastel könnte abgefchnitten

werden, wenn eine Kolonne der Verbündeten, von Koblenz aus «ach Wißbaden, und der dortigen nur schwach bedeckten Gegend, vordränge.

Kustiue rückte aber, aller Vorstellungen zum Trotze, gegen Bvckenheim vor, und versuchte mit der reutenden

Artillerie die andringenden Preussen, zurückzuwerfen: eins lebhafte Kanonade Heschgstigte einige Zeit die bei-

Ay derseitigen Korps, bis endlich die Preus. Kavallerie die Franzosen in ihren Flanken bedrohte, und den Feind

zum Rückzug nach Höchst, nvthigte.

Was Biron und der junge Kustine ahndeten, hatte nun eintrcffen können, denn ein Panischer Schrecken, ergriff die Französische Armee; eine Kolonne stürzte sich

bey Oppenheim über den Rhein, die andere Abtheilun-

gcn eilten gegen Kastel, wohin Ihnen denn auch Kuftine den andern Morgen nachfylgte, nachdem er Königstein noch zuvor mit einer Besatzung versehen hatte.

Den Preussen fehlte es an Munition — auch war die Armee noch zu sehr ermattet — sonst würde der Herzog von Braunschweig wahrscheinlich seinen Sieg

verfolgt haben — wenigstens würde Kastel der Preist dieses Tages gewesen seyn.

Dicß tadelte man anfangs, und wunderte sich, warum nicht der Erbprinz von Hohenlohe, von der Lahn

herauf, gegen Kastel, operirt habe; allein diese Operation war durch ungeheueres Gebürg, und schlechte We-

ge, erschwert. Der Herzog begnügte sich damit, an

diesem Tag das Schicksal der Knsiinischcn Armee, auf dem rechten Nheinufer, entschieden Zu haben, und

stand um so mehr von dem weitern Verfolgen der Fran-

zosen ab, indem die Wegnahme von Kastel, den dabey zu wagenden Menschenverlust, nicht entschädigt hatte ,

da die Franzosen von Ihren Rheinbatterien, welche das

6D

Fort Austine dommimren, die Preussen aus Kastel würden vertrieben haben. Nach einem fo leidenvollen Feldzüge, wie der der Ver-

bündeten, m der Champagne, in welchem Magazine,

Munition u, d. gl. und ein groser Theil des Feldetats,

verloren giengen, verdienten Sie Ruhe und Retabli-

rung, wenn Sie mit Nachdruck wieder etwas gegen den Feind unternehmen sollten.

Der König von Preussen und der Herzog von Braun-

schweig, nahmen hierauf in Frankfurt das Hauptguar-

kier, und ließen die Truppen in die Kautvnniruugssuartire rücken«

Während sich die Hessen und Preussen am Main den schönen Namen, Erretter, von der Stadt Frankfurt und von dem Fränkischen Kreise, verdienten; rang der

würdige Fürst Hohenlohe, mit seinen Zooo Manrr Kaiserlichen, an der Mosel, um gleichen Ruhm-. Die Geschichte dieses Kriegs nennt mit Entzücken

' den Namen Hohenlohe, und bekennt unpartheiisch, daß nächst der Vertheidiguug von Luxemburg unter dem

grauen Fcldmarschall Bender, die Vertheidiguug von

Trier, und der Pcllinger Verschanzungen, die tapferste und größte That der Verbündeten ist.

Bonrnonvills blutete den ganzen Decembcr durch

vor den Pellinger Schanzen, und opferte zwey Dritrheile seines Zooos Manu starken Heers, gegen Trier

auf. -— Die Kaiserlichen litten übermenschlich — Sie thaten, was nur brave Krieger thun konnten, und ein glücklicher Ausgang krönte ihre wahrhaft Spartanische

Tapferkeit, mit Sieg und Ruhm. Kustine bedrvhete wahrend diesen täglichen Angrif-

fen auf Trier, den Hundsrück, und wartete auf den Rückzug der Kaiserlichen über den Rhein, wo er dann mir stürmender Hand, Koblenz würde erobert haben.

Da aber dieß nicht erfolgte, so ließ er auch seinen

Anschlag, auf Koblenz und Rheinfcls, fahren, besezte aber die Position bcy Kreuznach an der Nohe und auf dem hungrigen Wolf, und erwartete das beßre

von dem künftigen Frühjahr.

Kusiines Aufmerksamkeit wurde bald nachher auf das rechte Rhcinufer gezogen, wo er einen Stillstand der Feindseligkeiten zwischen beiden Heeren vermuthct hatte.

Die Preussen hatten nämlich eine feste Stellung hey Wickert, welche durch Anhöhen und Berge, gegen

jeden feindlichen Angriff, gesichert war. Kalkreuth hatte in Haddersheim sein Hauptquartier, und komr mandirte diesen Truppenkordon. Da aber der Posten von Hochheim, welcher für die Sicherheit der Winterr quartiere, und für die Operationen deS nächsten Feld-

zugs, von großer Wichtigkeit war, noch täglich stark

vom Feind bcsezt wurde, so befahl der Herzog von Braunschweig, die Wegnahme desselben.

62 Del' 6te Jan. war der für die Atacke festgesetzten Tag; der König von Preussen wohnte der Attacke, mit seiner gewöhnlichen Bravour, bey.

Houchard, der in Kostheim kommandirte, mogte von dem Vorhaben der Verbündeten unterrichtet worden seyn, denn er verstärkte, Abends vor dem Angriffe,

diesen Posten, und rückte mit einer Abtheilung von

Kosthenn aus vor, Hochheim nvthigenfalls zu Hülfe eilen zu können»

Mit Anbruch des Tages marschirten nun zooo Preussen gegen Hochheim an; die Hessischen Füsselicr-

batallious, unter dem Kommando des Hbristeii Lentz, warfen die feindlichen Vorposten zurück, und drangen

zu dem Frankfurter Thor, in Hochheim ein, wahrend die Preussen den Franzosen in den Rücken fielen,

und das Dorf von den übrigen Seiten aktackirten. So vorsichtig auch Houchard gewesen seyn mogte,

so war doch diese Attacke auf Hochheim ein Ueberfall

für die Franzosen, da ihre Kavallerie die Pferde kaum erreichen konnte, als die Preussen und Hessen schon im

Dorfe waren. Nach einigen Vatallionssalven rissen die Franzosen

aus, Houchard blieb unthatig. —- Kustine horte in Mainz die Kanonade, er eilte nach Kastel, empfteng die Flüchtlinge, und befahl den Rückzug, Bey dieser

6z Affaire, haben die Franzosen zoo Mann und 12 Kanonen verlor?«.-) Die Preussen besezten nun Hochheim, und gingen

wieder nach Ihrer Position, bey Wickert, zurück.

Vcy dieser Affaire war der König von Preussen in grosser Lebensgefahr. Die Kalte und Unerschrockenheit,

womit er sich dabey benahm, besichtigt abermals das

Urtheil über des Königs persönliche Tapferkeit. Die Sache verhielt sich so: Einige fanatische Franzosen retteten sich wahrend

dem Eindringen der Hessen, in Hochheim, auf den

Kirchenthurm. Als der König mit seiner Suite in Hochheim einzog, da feuerten Sie auf den König, ohne

weder Ihn, noch einen aus der Suffe, beschädigt zu haben.

Die Preussen, wütend über diesen Frevel, der ihrem guten König beinahe das Leben gekostet hatte — stiegen

den Thurm hinauf, und stürzten die Franzosen von oben herab,

*) Merkwürdig war D. Böhmers Aeußerung in seiner N. Zeircug über den Vorfall bey Hochheim — „ Daß Kustine — noch Kanonen genug, und in Mainz viele

gefunden habe, weshalb er die 12 verlorne leicht verscherzen könne. Die Deutschen sollten aber einmal'var

Mainz kommen, dort würden Sie gewiß ihr Grab finden. — Die Freiheit macht den Menschen groß,

stark, und männlich — unbegreiflich! Diesen Mann machte Sie kindisch und einfältig.

64 Die Franzosen schrankten sich rum nach dem Ver-

lust von Hochheim, auf die beiden Dörfer, Kostheim

und Kastel, ein. An lezterem arbeiteten Sie mit anhaltendem Fleiß, und einem solchen Kostenaufwand,

daß die Summe der Unkosten, nach den Rechnungen

des Kriegs-Bureau, in Paris, auf 21 Millionen Livres sich belief.

Auch legten die Franzosen bey Kostheim-Verschan-

zungeu an, und zogen eine Kommunikativnslinie von Kastel bis Kostheim, um ihre Avlösungstruppen ungehindert dahin bringen zu können.

Die Preussen und Hessen bezogen dagegen, von Wißbaden aus über Wickert, Hochheim, und auf dem linken Mainufer, bis nach Einßheim und Rüsselsheim,

eine Winterposition. Die Armee ging in dis Winterquartiere, die Verbündeten hielten das rechte, Pie Fran-

zosen das linke Rheinufer besezr; beide Theile verhielten sich, einige Vorposteugcfechte ausgenommen, den

Winter durch ruhig, und so war mit der EroberungVon Hochheim, dieser Feldzug zu Ende.

65

Kap, IV,

-— — i.

Kürze Übersicht der dem zweiten Feldzüge vorhscgegangene«

völkischen Eräagniffen Sreckulis Bestimmung; Uc-

bergang der Verbündeten über den Rhein; Affaire bey Waldalgesheim; Rückzug der Franzosen von Kieutznach bis Landaü; Kanonade bey Ni^derstvrshelm, Ast-

faire bey Ahlsheim, bey Rheindürkheim; gänzlicher Rückzug der Franzosen auf ihr« Grenzen, und nach det Festung Mainz.

§)aZ Glück und die errungenen Siege der Französischen Nation, bewürkten in ganz Europa eure mächti-

ge Sensation, und beschäftigten alle Kabinette. —Vor einem halben Jahre schmeichelte man sich mit Sie-

gen, und einem stolzen Frieden, und nun sähe Man den Frieden aus lange Zeit entfernt, und einem unab-

sehbaren, alles zerstörenden Kriege, die fürchterliche

Bahn gebrochen, Die Könige zitterten für Ihre Kronen und Sonverainitatörechte, und die Völker für ihre ruhige, gesetzliche Verfassungen.

Der rasche Gang dieser ausserordentlichen Vorfälle

und Begebenheiten — das Große, Plötzliche und Erstaunliche, welches in dem schreckl-chcn Kampfe der Fran-

zösischen Nation, mit ihren innern und äußern Feinden,

liegt — das ganze blutige Wechselspiel der Revolution mit seinen trügerischen Hoffnungen, womit es die kühne

66 Verbündeten lockte — mit seinen fürchterlichen Nüanzcn, wodurch es die kämpfenden Theile der gefährlich-

sten .Krise, alles zu verlieren, oder alles zu gewinnen,

immer näher brachte — reißt den Beobachter hin -—

und nur langsam vermag er, sich von feinem Erstau-

nen zu erholen, um einer ruhigen Uebersicht, Raum zu geben. —>

Flandern, Brabant und Lüttich, waren kurz nach dem Rückzüge der Verbündeten, von Französischen Kriegern und Freiheitsmemungen, überschwemmt-

Dumourier drang immer vor; das neue System seiner

Nation, hatte in das Interesse aller Volker gegriffen, welche schon öfters den Versuch, sich unabhängig zu

machen, gewagt hatten. Holland erwartete die Fran-

zosen mit eben der Sehnsucht, mit welcher Brabant ihrer Ankunft entgegen sähe. Nur die Eifersucht des Kriegsministers, und die Facktionen im Konvent, welche nach dem Blut des unglücklichen Ludwigs dürsteten,

und den Ruhm einer solchen Eroberung, dem unwürdigen Prozeß dieses unglücklichen Mannes, nachsezten,

hemmten den kühnen Lauf der Armee, und schwächten

den Kredit der Französischen Verfassung, selbst in den Augen ihrer wärmsten Verehrer.

Montesqniour hatte das Herzogthum Savoyen,

und die Grafschaft Nizza, der Französischen Bothmäßigkeit unterworfen.

6?

Die Sch Weitz und die kleine Republik Genf, zitterten vor den Anstalten und Absichten der Klaviere

und Dubois deCrance; Kustine stand am Rhein, Mainz in seinen Händen — Welche Aussicht — welche Zukunft für Volk und Fürsten, wenn nicht in dem Augenblicke der höchsten Krise, der Nationalkonvcnr selbst

die mächtige Zauberbanden, durch welche Sie das Volk an ihr System gefesselt hielte, getrennt, und den Deutschen seinem ruhigen Urtheile, und seiner gesezlichen

Verfassung entgegcngeführt hätte.

Das berüchtigte Decrck vom isten Dee. stürzte Frankreich in einen allgemeinen verderblichen Krieg,

und dem Ungeheuer Anarchie in die Arme. — Frankreichs Freiheit erschien in diesem Decret, als eine Despo-

tin, gegen die unveräußerlichen Rechte des Menschen,

und als eine Furie, welche den Frieden der Volker, und die schone Eintracht, zwischen Ihnen und Ihren Fürsten auflösen wollte.

Eden die Nation, welche Friede den ruhigen Hütten— zu bringen versprach, drohete nun, alle diejeni-

ge auf das grausamste zu mißhandeln, welche ihrem Willen entgegen, eine andre, als die Französische Kon-

siitutirn, verlangten. Dieses unglückselige Decret mißstimmte den Bel-

gier und den Mainzer — der siegreiche Dnmvuriex

68 wurde von dm erster» verlassen, und Kusu ne von den. lezrern verachtet und gehaßt.

Noch nicht genug, daß der Nationalkonvent durch dieses widersinnige, und seinen erstem Grundsätzen widersprechende Decret, die Volker von sich stieß , und die

Könige gegen Frankreich allarmirte — daö ungerechte

Nrtheil über den armen, wehrlosen, unglücklichen Kö-

nig Ludwig, empörte vollends das ganze Europa. Sein

Tvdesurtheil und die Kriegserklärung an England, Holland und Spanien, entschied über das Schicksal der Nation, welche nun von äußern Feinden gedrängt, durch einen blutigen Bürgerkrieg verwüstet, der Wueh einer Unmenschlichen, blutdürstigen Facktiou Prciß gegeben wurde.

Nun traten die Könige und Fürsten zusammen—

und die Völker, welche Freiheit und Frieden, nicht aber Tyranney und Sklaverey, erwarteten — traten auf die Seite der Fürsten, um ein Volk zu bekregen, welches die Völkerrechte mißhandelte, sich von allen übrigen polizirten Staaten losriß, und Anarchie, Krieg und Elend, weit über feine Grenzen hinaus verbreiten wollte.

Der Konvent glich damals dem Chaos vor der Weltschopfung. Die Facktionen arbeiteten gleich wü-

tenden Elementen gegen einander, Es fehlte ein höherer

6H höherer Geist, der die bestem Kräfte dieser Menschen«

mässe in sich vereinigt, allmächtig das Ganze belebt,

und ihr Konsistenz, Weisheit, und Gebrauch ihrer Kräfte, gegeben hätte! —Unstreitig hat Frankreich diesen Verfügungen des Konvents, sein Unglück im zweiten Feldznge zuzuschrei-

ben. Da keine Ordnung Und kein Verhältnis; die kon--

stituirtc Gewalten leitete, da schaltete das Kriegsmiuisierinm eigenmächtig, erstattete falsche Berichte, und

sorgte nur für sein eignes Interesse, Die Generalität haßte und entzweite sich, Insubordination in allen Thei-

len der Französischen Armeen, war eine natürliche Fol-

ge dieses Zwists — Die Konventsdeputirten bey denselbem — statt Ordnung und Gesetzlichkeit herzustellen, ließen die Generalität ihre unumschränkte Gewalt fühlen.

— Sie lebten wie Nabobs in den eroberten reichen Provinzen an der Schelde, Maas, und an dem Rhein, tirannisitten das Volk nach dem Decret vom izten Dec. und empörten dergestalt die Gemürher, daß der Name

Franzose, zum Abscheu, und die Sache der Freiheit durch Lächerlichkeiten und Barbareien herabgewürdigt wurde.

Während daher die Franzosen in Paris, und in den

von ihnen eroberten Provinzen, sich mit diesen unge^ rechten, und einer freien Nation unangemessenen, Vers-

Erster Theist F

76 fügungen, den Haß und den Abscheu Europens zuzo. gen — ließ der Römische Kaiser seine Armeen in Italien,

am Oberrhein und an der Roer ansehnlich verstärken:

auch ließ der König in Preussen noch ein Korps von

loooo Mann, unter dem Kommando des Prinzen Friedrichs von Braunschweig, nach dem Niederrhein marschiren, welches nicht nur die Klevische Besitzungen des Königs, vom Feinde reinigen, sondern auch bey dem

Kaiserlichen Heere, unter Koburg, den neuen Feldzug in den Niederlanden, mitmachen sollte.

Beiden Monarchen gelang es auch, das Deutsche

-Reich um so leichter zum Beitritt zü bewegen, als die Franzosen das Gebiet des Deutschen Reichs feindlich

behandelt, und sich geweigert hatten, dir in dem Elsaß gelegne Besitzungen, bey der in Frankreich erfolgten

neuen Staatsverandcrung, wieder herauszugebcn. Auch

waren die politischen Verfügungen des Konvents, in

Absicht der eroberten Lander, von der Art, daß das Deutsche Reich unmöglich ein gleichgültiger Zuschauer dabey bleiben konnte.

Auf Betrieb des Konvents wurden nemlich die Provinzen, zwischen Landau und Mainz, nach Französischer Sitte organisirt, und der Republik Frankreich

einverleibt. Das Decret vom izten Dec. versprach jeder Rebellion Schutz und Unterstützung; was konnte

man von Seiten des Deutschen Reichs für Glück von

fr Len Unterhandlungen erwarten, welche man mit dein Konvent, der sich solche Ausschweifungen, und solche unerhörte Ungerechtigkeiten und Barbareien örlaribteetwa versucht hätte? Düs Deutsche Reich schloß sich demnach an dm Kai-

ser und den König von Preussen an, und ließ Truppen gegen Frankreich märschirell.

Der General Kustine wollte den Feindseligkeiten des

Deutschen Reichs zuvörkommen, lind Mannheim am

greifen — dä eröffnete der König voll Preussen und der Herzog von Braunschweig, mir der Verstärkten Preus-

sischen Armee, den Feldzllg,

Düs Glück hatte schon die Kaiserlichen Waffen mit

Sieg gekrönt, da Sie den iten Marz die Franzosen von der Roer Vertrieben, Mastricht entsezt, und den Feind an Menschen, Geschütz Und Magazine, ansehn-

lich geschwächt hatten. Eine Siegesnachricht folgte nun auf die andere — Dumourier zog sich nach der Schlacht bcy Neerwindcn zurück, Kobllrg drang vor > England und Holland rüsteten sich fürchtMich- ümdie

feindliche Secküstc zu blockiren, und m Verbindung mit den Royalisten, eine Landung zu versuchen. Alle diese, für die Franzosen so widrige Nachrichten,

schwächten das Vertrauen ihrer Armee ans den Kon-

Kent, und ihre Anhänglichkeit an die mit so Vieleck

Fs

7L unschuldigen Blut begründete Sache der Republik, so

wie sie von der andern Seite dem Müthe der Verbün-

deten neue Kraft und Hoffnung gaben, die Schande des vorigen Feldzugs durch eine siegreiche Kampagne dem geliebten Deutschen Vaterlandevergessen zu machen.

Zufolge den in Frankfurt «r.i Main gehaltenen Konferenzen der verbündeten Machten, sollte demnach

die Preußische Armee, unter den Befehlen des Herzogs

von Braunschweig, den Rhein zwischen Bacherach und

Rheinfels Paffiren, die Franzosen aus Ihrer Position.zwischen BingSn und Kreütznach vertreiben, über den Hundsrück gegen Lautern und Iweybrücken, und über

den Älzeier Gau, gegen Frankenthal und Worms an? dringen, um den Feind von Mainz abzuschneiden, und

seinen Truppenkorvon üm Rhein zu schlagen. Hierauf

werde der Feldmarschall, Gräf WnrMser, mit der Kai-

serlichen Armee bey Mannheim und Kehl, den Rhein Jassiren, die geschlagene Rhemarmce gegen die Preussische hindrücken, und den Feind bis hinter seine Limen

ander Lauter, zurückwerfen. Dieses Meisterstück einer Kriegsoperation, wurde

in den lezten Tagen des Monats Merz, und in den ersten des Aprils, glücklich ausgeführt. Kustine hatte auf seiner Seite nicht unterlassen, den etwaigen Absichten der Verbündeten, ernstlich zu begeg-

nen, Mainz war proviantirt, und im fürchterlichste»

73 Mrtheidigungsstande, das fehlende Geschütz.wurde von

< Landau herbeigeführt, und dem Kommandanten der nachdrückliche Gebrauch aufgegeben.

Von Mainz bis nach Germersheim, mar das link? Rheinufer außerordentlich verschanzt, und von einem

starken Truppenkordon bewacht. M annheim hatte

der General Mounnier mit i^ooo Mann zu be? vbachten, wahrend Kusti ne, Neuwinger und Houchard den Feind gegen den Hundsrücken im Auge hielten.

Eine vortheilhaftere Stellung, wie diese, bieten

nur die Ar gönn en und Vogesen dar; es finden sich Defileen, welche der Feind passiren muß, und wel-

che man mit 2 Kanonen dem stärksten Feind streitig machen kann. Der rechte Flügel dieser Stellung grün-

dete sich auf den Rochusberg bey Bingen, der linke

auf das Gebürg bey Kreuznach, und Neuwinger stand mit der Avantgarde bey Waldalgesheim, Schon vor einiger Zeit war der Preussische Obrist

Szeckuli mit ohngefähr Foo Mann leichter Truppen, bey Rheinfels überden Rhein gegangen, um die Stellung und Bewegungen der Kustinischen Armee zu beobachten.

Der General Kustine wurde durch die Bewegungen

der Preussen, welche bey Oppenheim über den Rhein zu gehen drohten, irre geführt, und vernachlaßigte seine

74. , Operationen gegen den HundSrück, Nun, da sich S;e-

fu!i schon auf dem linken Rheinufcr befand, eilte Kusiine den 2?ten Merz nach Kreuznach, nahm daselbst sein Hauptquartier, und unternahm mit dem General Ncuwjnger gegen Stromberg eine Reeognvftirung vor. —

Szeckuli benuzte das ihm günstige Terrain, legte seine Kavallerie Truppenweise hinter die Abhänge, und

seine Infanterie ließ er en prailleurs vvrrncksn, nutz den Feind beschäftigen. -°»

Der Feind kam naher —> von allen Seiten zeigten sich plötzlich Preussische Husaren, welche mit fnrchter? sichem Geschrei heransprcngten, und das bestürzte feind-

liche Korps verjagst». Es mußte dem Obristen Szeckuli alles daran gelegen

seyn, dem Feinde das Vorrücken zp erschweren, um den ^ebergang der Armee bey Vacherach, decken zu können.

Seins kühne Unternehmung verherrlichte der Lieu-

tenant Gobin, welcher an diesem Tag, den Tod der Helden starb. — Dieser wackre Preusse hatte mit eini-

gen Gemeinen die Fa'ustburg, bey Stromberg, zu

vertheidigen. Der Feind lief mehrmals Sturm auf ihn, wurde aber mit großem Verlust zurückgeworfen.

Endlich gelang es ihm aber, mit überlegner Zahl sich

des Postens zu bemcistern. Die Preussen — wenige ausgenommen, welche sich gefangen ergaben — nah-

Mn keinen Pardon. Ihr kühner Lieutenant sprach zu

75

/. dem Offizier, der ihm Pardon anbot — „von einem

Schurken, wie du, nehme ich keinen Pardon an," und schoß ihm eine Kugel vor den Kopf, worauf aber die Franzosen über ihn herfielen, und ihn niederstachen.

Nach und nach bekam Szeckuli mehr Verstärkung

so, daß er den 2 8ten Merz bey Waldalgesheim den General Neuwinger angreifen, konnte. — Neuro inger, an der Spitze der Chasseurs, that den Preus-

sen heftigen Widerstand; aber endlich verließen ihn

seine Truppen. Vergebens schrie ihnen der tapfere

Mann Muth zu, und munterte Sie durch fein Beispiel zur Standhaftigkeit auf —- sie. flohen; und Neu-

wingerschwer verwundet, weil er anfangs, aus Verzweiflung über sein, Schicksal, kehren Pardon wollte,

fiel den Preussen als Gefangener in die Hande. Wahrend, diesen Scharmützeln passirte die Preussi-

sche Armee bey Bacherach den Rhein. Der General-

lieutenant, Graf Kalkreuth, marschirte von Trier aus

mit einer Kolonne über Oberstein, Baumholder, gegen Lautere ck. Die Hauptarmee hatte sich noch

nicht gegen die Position von Kreuznach fvrmirt, als Kustine — besorgt für seine Flanken — da auch

Wurmfer Anstalten, bey Speier über den Rhein zu

gehen, machte, eilends den hungrigen Wolf bey Kreuznach verließ.

f6 , Kustine hätte zwar von feinem Rhcmksrdon Hülss-

truppen ziehen können; allein es war zu spar, dem Korps des Grafen Kalkreuth, welches seine linke Flanke

bedrohte, eine hinreichende Macht cntgegenzustellcn;

es blieb ihm daher nichts anders und zweckmäßigeres übrig, als nach dem Elsaß zmückzugehcn. Kustine nahm seinen Rückzug über Alzei und Speierz

Houchard deckte mit der Arriergardc, so tapfer als eim fichtsvoll, diesen Rückzug.

Auf den Höhen von Niederfiörsheim, unweit Alzei,

sezte sich Houchard, und versuchte durch eine heftige Kanonade die Preussen zurückzudrangen- welches ihm auch m. so weit gelang, daß seine Kavallerie wieder vor,

rücken konnte, und die Infanterie bis in die Nacht auf dem Gebürge stehen blieb.

Die Preussen wendeten sich aber nun gegen Dürks

heim, eine Kolonne nahm den Weg nach Kaiserslautern, eine andere, an deren Spitze sich der König von Preussen selbst befand, rückte grad aus von Kreuznach

über Flonheim und Alzei, gegen Oppenheim vor. Houchard mußte sich daher mit seinem Rückzüge eilen.

Um den Kriegskommissairs etwas Zeit zu gönnen,

> die Bagage, und was vom Magazin in N euhauße n

und Worms Zu retten möglich war, fortzuschaffen; hieß Houchard seine Truppen auf den Höhen von Pfiff-

ligheim, zwischen Pfeddersheim und Horch-

77 heim, aufmarfchiren auch zog er die Besatzung von Worms, und die Truppen vom Rhein 7 bis 8002 Mann an sich, und bivouackirte die Nacht hindurch.

Auf den zoten, Morgens um y Uhr, gab endlich ein Kanonenschuß das Signal zur gänzlichen Retirade, nachdem zuvor das ansehnliche Magazin, Heu

und Stroh, in Neuhaußen in Brand gesteckt, und das Frucht- und Vicktualiemnagazin in WormS, theilö verkauft , theils Preiß war gegeben worden.

Eine Abtheilung von dem Houchardischen Korps,

Zog sich nun nach Grünstadt, die andre blieb stehen,

Lis um Mitternacht, wo sie sich dann nach Frankenthal , und von da nach Neustadt in aller Stille, zurückzvg.

Das beträchtliche Frankenthaler Magazin, welches

auf 2ZOOO Scheffel Haber und Spelz, 100000 Zentner Heu, und 2OOOOO Gebund Stroh, geschazt wurde, konnte nicht mehr gerettet werden. Es wurde da-

her auch noch vor dem Abzüge der Franzosen, dem Feuer übergeben.

Frankenthal war so, wie die Stadt Worms, mehrere Tage in äußerster Gefahr; der Brand war fürchterlich, und konnte nicht mehr gelöscht werden. Zum Glück für diese beiden Städte blieb es windstille, denn

Mer Thatigkeit und guten Anstalten -er Bürgerschaft

78 ungeachtet, würde Frankenthal gewiß ein Opfer dieses verderblichen Brandes geworden seyn.

Der Rückzug der Franzosen von Worms, war so schnell, daß es der Preußischen Avantgarde unmöglich

war, denselben zu beunruhigen, und Vorthcile davon zu ziehen.

Die verschied»? Kolonnen der Preussischen Armee, waren diesen Tag so glücklich, ungehindert dem Feinde

nachzurücken, und im eigentlichen Sinne des Worts, die Pfalz und ihre Nachbarn vom Verderben zu retten,

daß der größt? Theil de? Truppen, nicht einmal den Feind zum Gesicht? bekam.

Mehr Hindernisse fand ab?r die Kolonne, hey wel-

cher sich der König selbst befand — der, wie wir bald

hören werden, in der größte» Gefahr war, den Franzosen in die Hande zu fallen.

Dem Könige wurden Rapports über Rapports gebracht, daß der Feind auf allen Seiten sich zurückzöge,

und zum Theil flüchtete. Der Monarch nahm daher

keinen Anstand in dem stillen Dörfgen Ahlsheim, Ley Gundersblum, sein Hauptquartier zu nehmen, und seinen, von einem beschwerlichen Marsche ermüde-

ten Truppen, Ruhe zu erlauben. — Die Preussen wurden daher beyOdernhei m, und in den dortigen Dörfern,

?inquartirt ---- man hörte und sähe nichts vom Feinde,

und der König begab sich mit einer kleinen Bedxcktmg stach Ahsshecht.

Kaum war er daselbst eingcrückt, als gegen ihm

über von Gemsheim aus, ein Batallion Nationalgarden aufmarschirte, und seinen Weg nach Eich nahm, wo cs sich, mir einen! zweiten vereinigt, nach Worms ziehen wollte.

Der König detaschirte sogleich seinen Sohn, den

Prinzen Louis, mit einigen Eskgdrons von den^ Dragonern Anspach Bayreuth, den Republikanern entgegen , welche dem Altrhein entlang ihren Marsch unge-

stört fortsezten, und ihren Feind mit Kanonen - und Musguetenfeuer, heftig begrüßten.

Obrist Berg, ein wackrer Kriegömgnn, komman-

dirte diese 1200 Mann: er hoffte aus Unterstützung von Worms und Oppenheim; allein in Oppenheini zö,

gerte man — Justine war dahin, Houchard eilte — und wahrscheinlich fehlte ihm die Hauprdisposrrion, nach

welcher der Rhcinkordon, von Oppenheim bis Worms sich bewegen, zurückziehen, und in diesen Bewegungen nnterstüzt werden sollte.

Berg, der sich mit seinen Republikanern, so tapfer

als möglich, hielte, sähe sich endlich gcnöthigt, an der

Rheinecke von Rheindürkheim, sich an den Prinzen zu ergeben.

8-s

Der König war entzückt über diese Nachricht, und wollte sich eben der süßen Darerfreude über seines Soh-

nes glänzende That überlassen/ als ein Kanonenschuß

in der Nahe fiel, und gleich darauf ein Husar mit der Nachricht von dem Anmarsche einer Französischen Armee

diese süße Beschäftigung auf das unangenehmste unterbrach.

Der König sähe erstaunt auf— „Die Franzosen sind ju heute überall" sprach er lächelnd, und willfahrte endlich seinen Getreuen, die ihn flehentlich baten,

sich doch so lange wegzubegeben, bis man Scconrs erhalten habe. Die Sache verhielt sich so: — Der General Kustine hatte zwar dem Kommandan-

ten zu Mainz, d'Oyre befohlen, Batallions nach Oppenheim marschiren zu lassen, ohne die Bewegungen des Rheinkordons, im Bezug auf die Hauptarmee, zu bestimmen. Von allen Seiten kamen nun niedcrschla-

gende Nachrichten für die Franzosen am Rhein — von Neuwingers Niederlage, von dem Anmarsche einer star-

ken Preussischen Armee; aber keine Splbe von dem Oberfeldherrn, und dem Schicksale seiner Armee.

General ds Blou hatte die Truppen aus de»? Kantonniruugsquartieren gesammelt, dieselbe auf den

Oppenheimer Höhen postirt, und wartete nur auf Befehle vom General Kustine,

8t Endlich, nach langem Harren, kam ein Chasseur Nach Oppenheim, dem Hauptquartiere der National-

repräsentanten, Merlin,Hausmann und Reub el, Mit einem Schreiben von dem General Kustine, wel-

ches der Obrist Vimeur seiner Division laut vorlas» „ Ähr scyd abgeschuitten," war der Inhalt dieses Schrei-

bens: ,,, auf dem Wege nach Worms trest ihr die Prcus-

„ siu. Franzosen! ich verweise eure Tapferkeit auf das

„Bajonett — schlagt euch wie brave Republikaner — :c." Ein groser Theil der Truppen war bestürzt —- viele klatschten frohlockend in dis Hände, und schrien,

„wir werden uns als brave Franzosen schlagen."

Man war nun in dein gehaltenen Kriegsrath übereingekommen, sogleich den Feind aufzusuchen, sobald

die von Mainz erwarteten vier Bataillons Grenadiere würden angskommen scyn. Zu diesem Ende solle der

Obrist Berg mit dem vierten Bataillon der Vogesen, rind dem zweiten des Niederrheins, den Feind auf der Rheinseits beschäftigen, und den linken Flügel des auf

ihn stossenden Hauptkorps decken. Sobald als der Obrisi Berg mit dem Feinde würde engagirt seyn, solle

das Hauvtkorps in zwcy Kolonne» — eine über das Gebürg, die andre auf der Chaussee, vorrücken, und das Ganze in dieser Disposition nach Worms Vordringen.

Gegen Mittag Zeigten sich einige hundert Preussische Husaren, und entfernten sich schnell wieder. Dieß

82 bestärkte die Franzose» in der Meinung , daß die Straffe

nach Worms, nur schwach vom Feinde bedeckt sch» durfte.

Äie Grenadiere von Mainz kamen —eine Eskat dron Dragoner, rind etwa iz6 Chasseurs, waren früher angekoinm^.i. Nun kehrte wieder neuer Müth zu den bestürzten Fraiizosen zLrück. Äidse ihre frohlocken-

de Stimmung würde, bald zur tküüknen Freude — alle schritn: „wir siegen! wir siegen!" Ein Chasseur sprengte bey beul Quartiert der Re-

präscnränken an, und brächte die Nachricht, daß der König von Preußen, in dein Dorfe Ahlsheirü üük schwach

bedeckt, sein Hauptquartier habe.

Ein Batallivn Nätionalgarden, welches m Gunbersöküm kantvnin'rte- wurde von deri Prdüsseii versprengt, Und diese Flüchtlinge bcstattigten jette Nachricht

Plötzlich kam der Befehl Zürn Aufbruch: es wurde

keine Trommel gerührt — die rcutende Artillerie jagte

im Galopp durch Oppenheim, die Wüthendsten unter den Dolontairs und die Kühnsten der Grenadiere bekä-

men die Avantgarde. Die Truppen liefen, und auf ihren Gesichtern war eine heimliche Freuds — eine unge-

dultige Sehnsucht, ausgedrückt.

Eine Kolonne eilte über den Berg von Gündershlunst um das Dorf Ahlsheim im Rücken zu nehmen; Die größte und stärkste Kolonne^ geführt von den GeZ

neralen Sch aal und de Blou, marschirte auf der Chaussee nach Gukdersblum hin. In ihrem Gefolge waren die Z Repräsentanten, mehrere Klubbisien, und viele Kostbarkeiten aus dem Kurfürstlichen Schloße Zu

Mainz. Die Franzosen kamen nach Gundersblum, und for-

mirten sich gegen Ahlsheim, ehe die Preussen davon avertirt waren» — Der Ueberfall würde geglückt seyri, wenn nicht Mißhelligkeitcn unter der Generalität vorge-

failen waren.

Merlin von Thwnville nahm dem alten de Blou das Kommando ab, und wollte die Armee selbst kvmmandiren.

Diese Zwietracht theilte sich den Truppen mit, und vermehrte die Erbitterung der Linientruppen-gegen die

Natwualßarden. Die Kolonne, welche über den Berg 'gieng, war zu schwach, und blieb ünthatig. Auch war

die Masse von 8üoo Mann gegen den Altrhei ü gepreßt, die Fronte konnte sich nicht gehörig entwickeln,

das Terrain war für Manövres zu beschrankt, weil dis Höhen von Ahlsheim ün,d Hangenwahlheim von den Preussen occüvirr waren«

Der König, in seiner missichen Lage nur von Zo

Mann gedeckt —befahl in aller Eile einige Kanonen

ans die Höhe von Hangenwahlheim zu führen, und dieß entschied. Die Franzosen ließen sich auf eine

84 Kanonade ein, statt daß sie mit dem Bajonette ihren Endzweck hatten erreichen mästen, da es schon spat am

Tage war. Der König benuzte diesen Vvrtheil, und gewann dadurch so viel Zeit, daß er einige Eseadrons von den Wolfrathrschen Husaren, und das Grenadierbarallion vom Regnnente Erbprinz Hohenlohe, an sich ziehen konnte. Mit diesen Truppen, welche noch durch

einige Füsselierbatallions, die. Prinz Louis nach der Ex-

pedition bey Rheindürkheim? dem Könige zu Hülfe sandte, biS muf 2000 Mann verstärkt wurden, ließ der

König die 8oc>o Mann Franzosen angreifen, und in weniger als einer Stunde, Zurückschlagen. Den Husaren gelang es, den Theil der Königlichen Eguipage, welche schon in feindliche Hände gerüthen war, wieder zu retten, und dem Feinde in Gunderöblum eine Kriegskasse abzunehmen.

Den Franzosen blieb nun nichts anders übrig, als sich nach Mainz zuräckzuziehen. Die Nacht begünstigte diesen Rückzug, obgleich er nicht in aller Ordnung geschähe.

So war denn die Französischs Rheinarmee unter Kustine,nach einem so glorreichen Einzuge, und einem

Aufenthalte von 8 Moyaten, in weniger als drey Tagen — nicht geschlagen, wohl aber durch merkwürdige

Manövres versprengt, und aus allen ihren Eroberungen Mainz ausgenommen —. vertrieben» Würde

85Würde der General Wurmfer, der erst den iten April

nut keiner Armee über den Rhein gieng, diesen liebergang haben beschleunigen können, dann wäredaS Schick-

sal der Kustinischen Armee noch viel schlimmer gewesen,

indem die Kaiserliche Armee den Rückzug der Franzosen

nicht nur beunruhigt, sondern ihr auch die Besetzung

der Qucicher Linien erschwert, und der Preussischen Armee ihre Operationen erleichtert hätte, den Franzosen in der Stellung bey Hornbach zuvorzukommeu.

Allein leztere Armee war zu schwach, weil Sie gegen Mainz ihre Hanptsiarke richten mußte. Es fehlte

Ihr an Magazinen, mir deren Anlegung man sich erst beschäftigte: und die Kaiserliche Armee hatte die Fran-

zosen, unter dem Genera! Mounnier gegen sich, wel-

che Ihr den Uebergang über den Rhein, nicht ohne großes Blutvergießen würde gestattet haben,

Die Verbündeten hatten mit ausserordentlichen Schwierigkeiten Zu kämpfen —- man sehe das Terrain,

und bedenke, was ein Uebergang über den Rhein, im Angesichte der Französischen Artillerie, sagen will. Wenn

cS schon leicht war, den General Kustine zu werfen, so waren doch die Französischen Festungen und ihre Vogesen, nicht zugleich miterobert; denn jenes Terrain

ist starker und unüberwindlicher, als ein Heer von ilooOvo Mann, weil der Feind an dieser Grenze mit

Erster Theil, G

86 seiner Subsistenz, mit steilen Gebürgswegen und wilden,

unzugänglichen Bergen, zu kämpfen hat, welche fürch-

terlicher sind, als rin Heer von iooooü Man» auf der Ebene.

, Kap. V. Kurze Würdigung des Betragens der Franzosen l in den von Ihnen eroberten Provinzen am Qberrhein; Volksstimmung/ Einfluß dieses Betragens aiif das Kriegsherr; Die Äheinärmee besezt die Linien an der Queich, die Moselatmee das Lager von Hornbach; Würdigung

dieser Maaßregeln: Konvent zir Ovvenheim wegett Mainz; Berennüng Und Blockade dieser Festung:

Das berüchtigte Decret vom iZteu Dec. hat auch in den, von den Franzosen am Lbcrrhein besezlcn. und für eine Eroberung erklärten Provinzen, seine zerstören-

de Würkungen nicht verfehlt. Die drei) Konventsde-

putirte, Reubel, Haußmann und Merlin, drangen mit Schwerdt und Feuer darauf, daß sich die Bewoh-

ner der Grafschaft Falkenstein, Grünstadt, GunderS-

blum, des Bisthums Worms und Speier, des FürstenthumS Kirchheim Bolanden, und des Kurfürsten-

thums Mainz, nicht nur znm Konstitutionseide, son-

dern gar zur Organisirung eines mit Frankreich verbundenen Freistaats bequemen möchten. Die Bekeh-

87 rungswuth dieser drey Deputirten — damals Jacobi?

uer, wurde von der Zerstorungs- und Neuerungs-

sucht ihrer Bundesbrüder in Mainz —- der Wede-

kind, Forster, Böhmer, Hofmann, Patocki, Metternich und Rüffel, zur blutigenVerfolgungswuth entflammt«

Die Bewohnerder Grafschaft Falken st ein wir derseften sich den Anforderungen der Deputaten, und mehrere Tausende griffen zu den Waffen, um Ihre Frei-

heit zu vertheidigen, und den Franzosen zu versichern,

daß Sie mit ihrer Verfassung zufrieden waren. Allein Merlin, begleitet von einigen Mainzer Zacobinern, rückte

mit einem Batallion Infanterie, 2 Kanonen und los Chasseurs gegen den bewaffneten Bauernhauffen, und zerstreute denselben.

Gr ünstadt wollte sich auch nicht fügen: Mer-

lin, von Forster und Blessma n n begleitet, marschirte abermals mit bewaffneter Macht dahin. Die Grafen sollten, nach ihrer Meinung, an dieser Widersezlichkeit Schuld seyn; Merlin ließ Sie daher arretiren,

und nach Landau bringen. Den Bürgern versprach man ihre Lvslassung, wenn Sie sich zum Eide bequem-

ten, die Bürgerschaft willigte ein; aber man hielt Ihnen nicht Wort.

Gr

88 Ääö Gräfliche Schloß und -äs KapUziuer. Klöster wurden nun ausgclcert, die gcfundne Esseckten verweigert, und eine ansehnliche Summe daraus erloßt.

Worms und Spei er leisteten dem Ansinnen der Franzosen einen ähnlichen Widerstand; es wurden indessen von Ihren Anhängern doch FreiheitSbaumc gepflanzt,

Munizipalitäten errichtet-, und Deputierte Zum Rheinischdeutschen Nationalkonvente nach Mainz gesendet.

Allein -damit waren die Konventsdeputirten nicht zu-

frieden— Sie verlangten, daß sich alle Bürger und die privilegirte Kasten- dazu verstehen sollten. Merlin ließ

zu dem Ende viele der angesehensten Männer nach

Mainz bringen; weigerten Sie sich, so wurden Sie Entweder verbannt, oder auf die Rheiuinseln gebracht^

um durch die Tvdtesangsi belehrt, oder von den Preus-

sischen Batterien am rechten Rhcinufer getödtct zu werden,

Diese Barbareien empörten nun die unglücklichen

Provinzen in dem Grade, daß eine allgemeine Rebellion gegen die Französische Armee würde auSgebrocheu

seyn, wenn die gekrankten Bürger dazu Wink und Unterstützung von den Verbündeten erhalten hatten.

Einen weit starker« Einfluß hatten aber diese Bar-

bareien auf den gmmüthigen Franzosen- und auf die gebildeten Liuientruppen. Laut bezeugten Sie ihren Ab-

scheu, wenn solche Mißhandlungen unter ihren Augen

8vorgiengen; mit dem größten Widerwillen bequemten

Sie sich zu den Henkersdienstcn, und hielten es unter der Würde des Kriegers, gegen wehrlose, unschuldige Menschen, Waffen zu trägem Die Kustinisthe Armee, mißvergnügt mit den Kon» . ventsdeputirtcn, unzufrieden mit Kusime, dessen Beruf

zum Feldherrn Sie feit der Affaire bey Hochheim beizweifelten — war nun das sprechende Bild einer des'

vrganisirten Armee. Das Vertrauen auf die gerechte

Sache der Freiheit, war seit Ludwigs Tod, und der allgemeinen Kriegserklärung des Konvents, bey vielen

gesunken; der Royalism, der viele taufend stille Anhänger in der Armee hatte, gewann durch den Widerstand der Deutschen , wodurch Sie die Güte ihrer Verfassung , und die Zufriedenheit mit ihren Fürsten zu bethcuern schienen, ein immer stärkeres Gewicht. — Gern

verließen daher die Franzosen ihre Eroberungen — Ihr

Herz hatte keinen Antheil daran, Ihre empfindliche

Phantasie war zu sehr empört, Ihr Stolz durch Kustines Thaten zu wenig gehoben, und durch die Kouveutsdecrete zu tief gebeugt — Sie bezeugten wenig

Muth — feig liefen Sie nach den Grenzen ohne feig gewesen zu seyn, um Ihren zerrütteten Enthusiasmus

in der Nähe Ihres vaterländischen Heerds wieder Zu erwärmen, und durch ein heiligeres Interesse wieder ÄNzuftifchen,

9« Hätten die verbündeten Armeen diese Periode der

Rheinarmec benutzen wollen oder können, würden alle Reichskontingente damals eingetroffen scyn, und gegen

die flüchtige Armee mitgewürkt haben — treu dem alten Sprüchworte, welches bey den Franzosen muß beob-

achtet werden, „was du thun willst, thue bald/ gewiß die Eröffnung dieses Feldzuges am Obcrrhein würde über den ganzen Krieg entschieden haben.

Allein die Periode verstrich ungenützt; die Verthei-

digung von Mainz wurde nun Eh rensache, und die

der Grenzen, Naterlandssache. Die Rheinarmce bekam Zeit, sich zu erholen; Kustine besezte die Linie an der Queich , und Houchard, der den Oberbefehl über

die Mofelarmee bekam, besezte die Position von Horn-

bach, nm Bitsch zu decken, und die Kommunica? tion zwischen Elsaß und Lothringen zu erhalten, Diese unübertrefliche Maaßregeln der beiden feind-

lichen Generale, offenbar das Resultat der Memoiren

von Grandpre und Vaub an, und dirjgirt von den

d'Arcvn und Fichte — gewahrte den Franzosen den doppelten Vortheil, erstens Landau auf 6 Monate

zu verproyianriren, und zweitens, während einem so sicheren Defensivkrieg in diesen festen Positionen, die

Linien an der Lauter zu verschanzen, und Verstärkung

aus dem Innern erwarten zu können. —-

yi Die Verbündeten mußten die Defensive wählen, um

die Belagerung vvn Main; zu decken, und den Ver.» suchen der Franzosen, Mainz zu entsetzen, mit Nachdruck begegnen zu können.

Di? Kaiserliche Armee bezog nach ihrem Uebergange über den Rhein, ein Lager den Spoier, und die

Preussische Armee hey Edenkoben. Der Erbprinz von Hohenlohe sezte sich mit seinem Korps bey Kaisers.-

lautern fest, um die Bewegungen des Feindes, welche

er gegen die Mosel und über den Huudörücken zum Einsätze der Festung Mainz machen dürste, zu beobachten.

Di? Franzosen , welche sich durch die Defensive der

Vrrbündeten in heg Stand versezt sahen, mit Muse die

Linien an der Lauter zu befestigen, waren klug genug,

sogleich zur Deckung der rechten Flanke des Horn bu-

ch er Lagers, ein Lager an der Blicß bey Limbach, zu beziehen, und in dieser festen Stellung sich durch kein Manövre irre machen zu lassen? In dieser gegenseitigen Stellung verhielten sich die

Armeen, an der Elsaßischen Grenze — wahrend die Verbündeten ihr Hauptaugenmerk auf Mainz richteten,

und alles in Bewegung sezten, um diese wichtige, und durch die Französische Fortificationskunst fürchterlich ge-

wordene Festung, mit aller Heftigkeit anzugreifen.

yr Der König von Preussen nahm sein Hauptguartier zu Gundersblum bey Oppenheim, und da derselbe Viole

Hoffnung haben Mochte, Mainz durch Güte zu gcwin-

uen so ließ er seine Kolonne auf dem Berg bey Oppenheim ein Lager schlagen, welches aber nur zum Scheine da stand, da die Regimenter kantomürten, und

das Lager bloß durch Znfanccriewachr und Artilleriexosten hesezt wurde,

General Graf Kalkreuth rückte mit seinem Korps gegen Mainz , und hielt die Französische 2Z000 Mann

starke Armee, mit nicht mehr als 17002 in der Po-

sition von Laubenheim nach Walluf bmkirt, Mährend der General von Schönfeld auf dem rechten M hei nufer, von Hochheim bis Wißbadcn und Biebrich, Mik einer vermischten Preussisch- Sächsisch-Hessisch- und

Hessendarmstadtischen Armee Kastel im Respeckt hielte«

Der König von Preussen ließ nun den Französischen

Kommandanten in Mainz, von dem Schicksale der Nord-

armee, von Dumonriers Uebergang zu der Kaiserlichen Armee, und von den Gefahren, welche gegenwärtig der französischen Ration von allen Seiten drohcteu, bcnach-

rtchtigen; und lud ihn ein, mitzuwürken, und die guten Absichten der Verbündeten für Frankreich, gegen

Frankreich zu unterstützen. Der König äußerte ferner den Wunsch, wegen Uebcrgahe der Festung Mainz, in gütliche Unterhandlung zu treten, und schlug eine Kon-

, 93 ventron zwischen betdeu Th eilen in der Oberamtsstadt

Oppenheim vor.

Die Französischs Volksreprascntanten, und dre Generalilat, über diese Neuigkeiten nicht wenig betroffen,,

fanden sich willig dazu,, und nahmen mit der größten Willfährigkeit diesen Vorschlag an,

Auf den 4ten April erschien demnach der Vslksro-

Präsentant Reubel, begleitet von dem Abrißen der

Artillerie, Douay, und einem Divisionsgeueral, in Op pen heim; General Kalkreuth traf zur uemlichen Zeit daselbst ein.

Reubel gab eine detallirte Ijebersicht von dem vortheilhasten Zustands der Französischen Armee in

Mainz, und versicherte, daß die größten Drangsalen

und dce äußerste Noch, den Much und die Ehrliche

der raptcru Garnison nicht besiegen könnten. Man

erwiederte ihm auf diese Sprachemir Kvburgs Siegen, und mit Darlegung aller Gefahren, welchen dis Französische Nation, bedroht von allen Machten, un-

fehlbar unterliegen müßte. Reubel wiederholte, wie Dumouriers Verräthorey den Republikaner in seinen Psticyteu gegen das Vaterland nicht wankend machen-

könnte, daß Mainz nur dann an eine Kapitulation denken würde, wenn von einem Frieden die Sprache

wäre, und erbot sich deshalb zu einer Reise nach Pa-

ris, um diesen Frieden bey dem Nationalkonveme M

94 vermittelst. Reubel versprach, und, worauf er viel zu setzen schien, verpfändete sein Ehrenwort, daß er wieder in die Gefangenschaft zurückrchren wurde, wofern ihm seine Friedensnegoziativn nicht geglückt wäre«

Was «her die Gefahren für seine Nation betrafen, ver-

sezte er so ernst als beredt, daß seine Nation Kräfte

genug habe, mit ihren Feinden, so viel Ihrer auch seyn möchten, im -Wettkampfe bestehen zu können.

Ob dieser Antrag annehmbar war-, fragt der Menschenfreund? diese Frage wird dereinstens die Geschichte

beantworten, wenn Eie alle. Acktenstücke dieses unselft gen Krieges besizt.

Man Höfte in diesem Feldzuge das, was man im «origen Feldzuge verabsäumte, um so sicherer zu er-

halten, da Frankreich zu Wasser und zu Land, im Ju«xrn und an den Grenzen mir Glück befehdet wurde. Die Koalition war durch feste und gegenseitige Gelübde enge zusammengehalten, und bey all Ihrem durch-

kreuzenden Interesse, an welchem Preussen, auch im glücklichsten Falle, keinen portheilhaften Antheil haben

konnte, würde es doch von demselben nicht wenig ge-

wagt worden seyy, die Hoffnungen der Perbündeten zu vereiteln, und mit dem unbeständigen Konvente in

politischen Verkehr zu treten. Der Konvent war zu verachtet, und sein Betragen verdiente Verachtung; Rsnbcl hatte sich durch sein Benehmen- gegen die»«-

Y5 glücklichen Mainzer, nichts weniger als Achtung ver-

dient; man zweifelte zwar nicht, daß er für die Rolle desRegulus, Standhaftigkeit und Mnth genug habe, man mußte aber mit Recht seinem Einflüße und sei-

ner Macht, die Sache Frankreichs — Europens, ja der Menschheit zu vertreten, und den Konvent von dein

abscheulichen Jacobiuenhum zu reinigen, mißtrauen. Genug! dieser unglückliche Krieg sollte hier noch nicht

fein Ende finden; aus den Unterhandlungen in Oppenheim wurde nichts, und die Feindseligkeiten von Seiten

der Franzosen, begannen nun mit mehr Anstrengung,

als bisher. d'Oyre entwarf gleich anfangs der Blockade einen

sehr treflichen Plan, um Mainz fy lang als möglich, gegen eine Belagerung zu yertheidigen, und wo möglich,

bis auf den äußersten Grad der Möglichkeit, seiner Nation , durch die hartnäckigste und muthyollste Vertheidi-

gung zu dienen. Die Volkörepräseutanten gaben diesem

Entwürfe, und allen Vorschlägen der so einsichtsvollen

als unternehmenden Generalität,*) ihre volle Bcysiim*) Die Vertheidigung der Festung Mainz, har dein General d'Oyre den Ruf eines talentvollen, grasen Mannes erworben; Sie hat den Operationen des Französischen Militairs sehr gcnuzt, und war noch ausserdem die Bildungsschule vieler, wenigstens glücklicher Feld-

herren. Bey einem so verwickelten und schwierigen Kampfe, von Seilen der Belagerer und der Belagertem

y6 numg, und übernahmen für ihren Therl, die Sache der

Administration, und in Verbindung mit den Klubbisten, die Reinigung der Stadt von den Nichkpatrieten

das Heist, von den Adelichm, Geistlichen und Reichen.

Die Stadt Mainz hat in den schauervollen Zeiten der Ritterfehden, und des Faustrechts, durch die Aninas^

Zungen des Römischen Hofs, m der Sache des so gro-

sen als unglücklichen Erzbischofs D i e t h e r sonIsen-

burg, der Schrecken und Drangsalen viele erlitten. Der von Pius ! !. gesezte treulose, und despotische

Gegenbischof Adolf von Nassan, bemächtigte sich des neutralen Mainz, nahm der Stadt ihre Freiheiten, und trieb die besten und reichsten Bürger fchaarenweise

zur Stadt hinaus, wahrend seine blutdürstigen Krie-

ger die Haabe der unglücklichen Verbannten plünderten.

hatten sie Gelegenheit, das övctresiiche System der Fein-

de, und das berechnete und feine eines d'Oyre zu be-

vbachten. Äusser Schaal, Dübayet, und Vi-

m eu x,. haben Müller, ein Pfalzer, und Kleber/

Heide noch Obristliemegants in Mainz, in dem Pendeekriege als Heerführer gefochten; Müller endlich als Obcr^ seldherr der östlichen Pyräneenarmee, der ein Spanisches Lager mit 200 Kanonen eroberte, und leztrrer als General vor Landrecy, Valencienneö, Kvnhe, Nastrich^

«nh nun vor Main-.

y? Das harte Jahrhundert, und die ihm Eigenen bsir-

öürifchen Sitten, die Zeiten des Hildebründismus und

der Mönchsmacht, mildern das Urthcil der bessern

Nachwelt über diese Greuel. -— Was vermag aber düs Urtheil unsrer Nachwelt zu mildern?

Eine große Nation — die kultivirteste in Europa —- die sich zu den heiligen Rechten der Menschheit nut

brennendem Enthusiasmus und Mit heißer Wahrheits-

liebe feierlich bekennt —' die den gedrückten Völkern Liebe, Brüderschaft, ewigen Frieden und Erleichterung

ihrer Lasten versprüht — Diese Nation, die sich ankün-

diZt, daß sie einer philosophischen Gcsezgrbung nahe

und würdig wäre, die groß und erhaben seyn wollte über die scheußlichen Zwangsmittel eines wütenden

menschenfeindlichen Fanatismus, die mit Fluch

den D,espotismus, Feudal undUlleingewalt . nennt, und mit Empörung an Karls IX blutige

Hochzeit und an Ludwigs XlV Dragonnaden erinnert — und Merlin - Rclibel und Haußmann

im Namen dieser Nation verbannen, kranken, mißhandeln — Greise- denen Wahn oder Kirchenglaube

bisher ihre Starke und Trost war, und die an dem ,

was ihnen recht, wahr und gut schien, mit Wärme

hicngen — gute Bürger, die sich um ihr Gewerbe, und nicht um Verfassung und Gesetzgebung bekümmer-

ten — Weiber und Kinder, Schwangere und

Säuglinge, deren Todesangff Und Schrecken im Angesichte der feindlichenBatterien, die hartherzigen Be-

fehlshaber nicht erweichen konnten? —,

Der yte April und der L/fte Junius waren schreck-

liche Tage für Mainz. — Es schien, als habe der Genius der Menschheit dett reihenden Provinzen des linken Rheinufers den Rücken gekehrt, um nicht Zcuge zu seyn der empörendsten Handlungen, womit sich die aufgeklärte und gesittet seyn sollende Menschen dieses

Jahrhunderts, brandmarkten. Die politische Intoleranz, diese Furicnschwestcr der

Religiösen, hielt das Schwerdt der Verfolgung über den glücklichen Erdstrich zwischen Mainz und Landau^

und wetteiferte Mit dem abscheulichsten aller Kriege, dieses gute Land zu verderben, Und feine schuldlosen Bewohner in das härteste Elend zu stürzen.

In Mainz trieb man die Nichtp a trio tcn (ruhige, friedliebende Menschen) schaarem und rausend-

weise zur Stadt hinaus, und verbannte sie von ihrem Eigenthume— weck sie Nicht schworen wollten; und auf

dem platten Lande, als ob der Feind nicht C'lend genug gestiftet habe, trieb der Deutsche seine unglückli-

chen Brüder /die Patrioten (meistens Leute, welche den Drohungen und der Gewalt unterlagen — irregeführte -— wenig Verräther) wie eine Heerde Vieh nach den Gefängnissen, und zerstörte, mit Hülfe der Prr-

99 vatrache und der Bosheit heuchlerischer, verratherifcher

Menschen, blühende Dörfer und glückliche Familien, weil sie geschworen hatten.

Die Gerechtigkeit der Geschichte zeigt mit ernster

Rührung üüf jenes schauervolle Gemälde hin — weil

ihre heilige Pflicht, Unvartheilichkcit ist, welche die Nachwelt ün den redlichen Zeitgenossen fordert. Noch schweigt sie über und deutet nur, bis das fürchterliche Ganze in einer ungetheiltenUebersicht vor ihrünf-

gerollt liegt: über dann wird ihre richtende Waage entscheiden , Und Recht, Wahrheit und Unschuld rachen. —>

Einige Tage zuvor, ehe die Konvention in Oppen-

heim von beiden Theiltn bewilligt wurde, befahl der

Französische Kriegsrath in Mainz einen Ausfall, wel-

cher mit iovao ManN in drey Kolonnen, unter der

Anführung der Generale Aubert, Dubayet, Sch aal und DaZin tourt gegen die Moßbacher Warthe, Vibrich und Kostheim, sollte unternommen werden.

Sowohl das Lager auf dem rechten, als Ws dem

linken Rheinufcr, war gegen die Macht von 2ZO00

Mann zu schwach. Es fehlte an grobem Geschütz, und die Franzosen altackirten unter der Protecktivn ihrer vortreflichen Artillerie.

Die Franzosen griffen die Preussen und Hessen an,

überwältigten sie— nahmen eine Schanze den Hessen

los weg, rind rückten gegen düs Läger an, Wer da ermann-

ten sich die Hessen, stürmten gegen ihre verlohr-

ne Batterie, und schlugen die Franzosen mit vielem Verlust zurück , auch erbeuteten sie dabey zwey

Kanonen-- Wenig hatten die Hessen gelitten; der Hauptverlüst war auf Seiten der Franzosen , da sie

ihren Zweck — Vieh zu erbeuten, nicht erreiche» konnten.

Den Tag nach der Konvention in Oppenheim ----

den izten stritten die Kaiserliche« und Franzosen um Weissenau; dies Gefecht dauerte z Tage, der beiderseitige Verlust war unbedeutend; allein Weis-

senau wurde bey dieser Affaire zum Theil eingcäschertt

Auf den tZten April wollten die Franzosen bcp Mombach fouragiren, welches ihnen auch zunr Theil gelang.

Auf den Loten wär eins abermalige Konvention in Oppenheim angesezt, welche der Französische Geschäfts-

träger in Mainz, Korb sa u, negoziren wollte; allem die Französischen Volksrepräse,-tauten schlugen einem

Beschlüße des Kriegsraths zufolge — so lang als Munition und Lebensmittel vorrathig wären, an keine UeLergabe zu denken — dieses Begehren ab, und fertigten

mit dieser verneinenden Antwort den an sie geschickten

Trompeter ab. , Bis

T0I

Bis zum 29ten April waren die Gefechte unbedeutend ; allein nun wurden sie mit jedem Tag ernstlicher und blutiger. —-

In der Nacht auf den syten landeten die Franzosen unter der Anführung des Generals Meusnier m

drey Fahrzeugen auf der Mainspitze — überfielen die Batterien — tödteten die Kanoniere, nahmen mehrere

Gefangene mit, überrumpelten die Sächfen, tvdwten mehrere, nahmen ihnen eine Kanone und 2 Haubitzen ab, und vernagelten das übrige Geschütz.

Auf den ersten Mai nach Mitternacht griffen die Franzosen das Preussische Lager bey Hochheim, ohne

Erfolg an — steckten hierauf das schöne Dorf Kostheim in Brand, und plünderten dasselbe.

Da dieses Dorf das Preussische Lüger beunruhigte, / weil es durch wichtige Verschanzungen, und durch eine

starke Garnison — welche unter dem Schutze des Forts Kastel agiren konnte- gedeckt war, und mit jedem Tage

den Belagerern gefährlicher zu werden schien, so wur-

de die Wegnahme dieses Dorfes auf den Zten Mai angefezt.

Die Preussen fochten tapfer, die Franzose» nicht minder — leztüre erhielten Verstärkung, Und behaup-

teten das Schlachtfeld — bedeckt mit gefallnen Preus-

sen, deren Anzahl aus 420 gesezt werden kaum

Erster Theih H

Noch immerfort dauerten die Angriffe und Ausfalls

ber Franzosen, und es war noch weit davon entfernt, baß die Verbündeten diesem blutigen, nutzlosen Schau-

spiel, durch eine förmliche Belagerung ein Ende Machten,

Die Mlagerungsärmee würde nun zwar täglich

verstärkt, und war endlich im Stande, es mit der star-

ken Garnison aufzunehmen. Mein noch immer fehlte das schwere Belagerungsgeschütz, und eine Kommuni-

kationsbrücke, an der man freilich arbeitete.

Man hatte sich den Winter durch mit dem Entwürfe zum nächsten Feldzuge beschäftigt. Und die Be-

lagerung der Festung Mainz, als die erste nnd wichtigste Operation, anerkannt — und doch währten dis

blutigen Ausfälle des Feindes noch immer fort, die Uebergabe wurde verzögert, und der Feind hatte Zeit — sich zu verstärken, Und nachdrückliche Versuche zum

Entsatz zu wagen,

Im Jahr i68y wurde Mainz von den Verbünde-

ten den itzteii Juli berennt, den 22ten schon die Laufgräben eröfnet, und den nämlichen Tag die Stadt hef-

tig beschossen, Mainz fiel innerhalb 7 bis 8 Wochen, trotz der Tapferkeit der Belagerten, und der Geschicke lichkeit und Feinheit ihrer Vertheidigung. Man überlege, welche Dvrtheile für das Deutsche

Reich, ja für die gemeinschaftliche Sache der Verbüß

rüg beten, hatten gewötittiti WSkdtn können, würden die

Verbündeten im Geiste ihrer großen Ahnen mit eben

der rastlosen Thatigkeit die Belagerung der FestunZ Mainz betrieben haben.

ZU Anfang des Monats April wurde Mainz eingeschlossen, Und erst in der Nacht auf den >. 7re» Junius?

wurden die Laufgraben eröfnet. Das Belagerungskorps

war zwar nur Z7000 ManU stärk, da 60200 Mann zNr Belagerung dek Festung Mainz erfordert werden?

Weissenau blieb aber zu lange in Feindes Händett daher der blutige Jnselkrieg; der EiUschliessungs-, bogen hinter Heiligkkeutz, Marienborn bis Gonsenheim ?

wär zu gedehnt - das Korps war zu schwach, Um jeden Punkt stark zu besetzen; daher die häufigen und bluti-

gen Ausfälle der Belagerten, daher ihre neuen Werks

vor der Festung, welche jedesmal Blut kosteten, dew raschen Gang der Belagerung hemmte»/ Und die Arbeiten, Kosten und Anstrengung der Truppen- unends' lieh drückend machtew

Dabey müß man aber bedenken, daß die Verbundes

ten lange die Hoffnung hatten, Mainz durch Güte M gewinnen, oder doch durch eine weniger kostspielige und

wenschenschonende Blockade, in kurzer Zeit zu erhal-

ieN. — In wiefern man diesen Hosinmgen nicht M Ml Zutrauen hatte schenken sollen, darüber schweif

H 2,

124 der Zeitgenosse bescheiden, und überläßt auch hierüber der Geschichte den gültigen Entscheid.

Während dem sich die Verbündeten in die Notwen-

digkeit versezt sahen mit ihrer kleinen Armee bloß de-

fensiv zü gehen, bis das schwere Geschütz , Faschinen u. d. gl. auf dem langsamen und beschwerlichen Wege der Achse würde» herangekvmmen seyn, und ihnen dieOffen-

sive möglich gemacht haben, beunruhigte der Feind durch

tägliche Ausfälle das Belagerungskorps, und machte verschwendrischen Gebrauch von dem Scharfsinn seiner

Ingenieure, um die Anhöhe von Aahlbach zu befestigen,

und Kostheim mit Kastel, durch fürchterliche Redouten

und Einschnitte, in Verbindung zu erhalten. Lobenswürdig ist der ausharrende Muth der braven

Deutschen, welche weder Tag noch Äächt der Ruhe genossen, sondern unaufhörlich in schrecklicher und

gefahrvoller Thatigkeit bleiben mußten«

In der Mitte des Monats Mai, wurde endlich bey

Ginßheim eine Kommunikationsbrücke geschlagen, welche die Unternehmungen der Belagerer unendlich

erleichterte, und den rapfern Obristen Räche! auf der Gustavsburg unterstüzte.

Der Oberfeldherr der Verbündeten, Graf Kalkreuth,

ließ sogleich die Mainspitze mit Truppen verstärken,

und den Ften Mai den Feind, durch den General von

Vitting hof, aus Kostheim werfen, welcher Anschlag

rsz auf das beste ausgeführt wurde —- und wiewohl beide Theile ansehnlichen Verlust erlitten, so eroberten doch

die Preussen 2 Kanonen, vernagelten eine Haubitze, und kehrten hierauf wieder nach ihrem Lager zurück, da Kostheim nicht behauptet werden konnte. Der Feind

rächte sich dafür durch fortdauernde Ausfälle, welche jeden Theil Menschen kosteten, ohne daß die Belagerer auch nur um einen Schritt ihrem Hauptendzwecke näher gekommen wären,

Der Feind, welcher die Wichtigkeit des Inselkriegs immer mehr kennen lernte, da er den Verbün-

deten so viel Verlust zuzog; unternehmend — weil er wußte, daß es den Verbündeten noch an Belagerungsgeschütz fehle — dreist, weil er die Defensive für Muth-

losigkeit hielte, landete den Loten, einen Tag nach

der Viktoria über Prinz Koburgs Siege — auf der Mainspiße. Von, der Redoute bey Weißenau wurde zwar auf die Fahrzeugs gefeuert; allein die Franzose»

landen, — werfen ein Preussisches Picket, werden zwar von dem, aus dem Lager von Bischofsheim herbeygeeilten Secours, nicht ohne Verlust zurückgeworfen,

besteigen aber wieder ihre Schiffe, und fahren von Aue

zu Aue mit abwechselnden Vertheidigungssalven, wie-

der nach Mainz zurück; jedoch büßten sie einen Kahn ein , welcher von einigen Kanonen auf der Weissenauer Chaussee in Grund gebohrt wurde.

Bon nun an machten die Franzosen jeden Tag

Ausfälle —Sie wiederholten den 2Mn die Landung auf der -Mainspitze, und den L/zten macht?« sie gegen

Bretzenheim einen Ausfall,

Einer ihrer merkwürdigsten Ausfälle, war der in Der Nacht auf den Ziten Mai gegen Marienborn, wo Graf Kalkrcuch das Hauptquartier hatte, und wo auch Zugleich, äusser mehreren Generalen und zum Hauptquartier gehörigen wichtigen Subjekten, der Prinz Lsuis

-Ferdinand von Preussen, und der Herzog vor, Wimatz wohnten,

Die Franzosen waren, wie bekannt, hey allen ihren Unternehmungen von Deutschen Bcrrathern begünstig^.

Md dieß war auch diesmal der Fall, wo sie sechstausend Mann aufs Spiel sezten, von welchen nur wenige wieder zurückgekehrt seyn würden, wenn dis Verbündeten nur einigermaßen vorsichtig gewesen waren,

Den Franzosen gelang es uemlich, mit Hülfe deH Feldgeschreyes, die Vorposten zu übergehen, und zwi-

schen den Batterien durchzukvmmen, ohne daß man

sie gemerkt hätte, Viele waren isst Brandwerkzeugen

Versehen — die meisten ohne Waffen, Ihr Auftrag war, das Hauptquartier zu empörtsten, einige Schanzen

ßU nehmen, und die Kanonen zu vernageln,

Der Feind kam glücklich in Marienborn an da tzerrieth ihn sein vivß la Issulion; weg war seins Beu-

te, das Lager wurde allarmirt, und die überraschte»

Preussen, wie ehemals bey Hochkirch, rückten m finstrer Nacht dem Feinde entgegen, der sich aber nun

nicht lange aufhielt, sondern eiligst nach Mainz zurück flüchtete.

So tapfer und beherzt such die Preussen sich bey

diesem Ueberfall benahmen, so war doch ihr Verlust sehr beträchtlich, und um so viel schmerzhafter für sie,

weil ihre eigene Batterien, und nicht der Feind, die wackern Krieger getödtet hatten.

Das schone Preussische Knraffirregiment Herzog

Weimar, sollte nemlich des Feindes linke Flanke gewinnen, und in seine getrennten Glieder einhauen; —

um diesen Zweck zu erreichen , mußte das Regiment

unweit Marienborn eine Redoute paffircn. In dex Dunkelheit hielte der Befehlshaber dieser Batterie seine

Preussischen Brüder, für feindliche Kavallerie, und ließ

einige Salven auf dieß Regiment geben. Durch diese unglückliche Täuschung büßte mancher brave Offizier

und Gemeine, sein Leben ein, und wahrscheinlich würde das Unglück noch weit größer geworden seyn, hätte

nicht das Grschrey der Verwundeten „wir sind ja Preussen" die Batterie zum Schweigen gebracht.

Die Preussische Kavallerie brachte unter andern Gefangenen auch den verrätherischen Gerichtsschreiber

von Oberolm ein, welcher die Französische Kolonnen

rc>8

zwischen den Schanzen durch, nach Marienborn geführt

hatte. Der Bösewicht hatte den Abend vor diesem Aus-

fälle in dem hohen Getraide, unweit einer Feldwache, versteckt gelegen, und wie er sich das Fcldgeschrey ge-

merkt harre, so lief er nach Mainz, und sein von Rüfei und Merlin untersuchter Antrag bewog den Kom-

mandanten, in diesen Ausfall zu willigen. Der Verräther wurde dafür den andern Tag aufgeknüpft,.

Der König von Preussen, der sich damals noch in

Bodenheim aufhielte, und der Graf Kalkreuth, sahen nun immer mehr ein, wie viel die Belagerungsarmee von einem so unternehmenden, ja beyuahe tollkühnen Feinde zu befahren habe, wenn man langer unterlassen würde, dem Feind mit Nachdruck auf den Leib

zu gehen, und jede Kommunikation mit der belagerten

Stadt auszugcbsn.

Es wgrde daher alle Gemeinschaft mit der Stadt, fluf das strengste untersagt, das DA'f Marienborn mit einer Circumvallationsljnie umgeben, und die äußerste Wachsamkeit anbefohlen.

Die Franzosen wählten von ihrer Seite auch einen klüger», und ihrer, sich immer mehr verändernden Lage

angemeßnern Plan.

Der Kriegsrarh fand die Ausfälle nach einem all-

zuentfernten Punkt, wie Marienborn, fo nuzlos als

roy gefährlich für die Truppen, und entschloß sich daher, ins künftige davon abzusiehen.

Dem Kommandanten nnd dem Kriegsrathe mußte

nun alles daran gelegen seyn, die Verbündeten an der Eröffnung der Laufgraben zu verhindern, und die Stadt gegen ein Bombardement so lang als möglich zu schützen.

Durch die Verschanzungen auf der Petersaue und

zu Kastel, waren zwar die Brücke, und die der Stadt wie der Garnison, so wichtige Rheinmühlen, gegen das

feindliche Feuer verwahrt; allein von Weissenau aus,

dem linken Rheinufer entlang. war viel für sie zu besorgen,

Da der Mehlvorrath immer kärglicher zu werden begann, und die so starke Garnison bey allen ihren Le-

bensmitteln, über kurz oder lange, sich hätte zur Ka-

pitulation verstehen müßen; so mußte alles gewagt werden, um dem Feinde seine ernsthaften Operationen

gegen Mainz, von der Rhein- und Mainseite, zu erschweren.

Da die Franzosen im Besitze von Kostheim und der

Hälfte von Weissenau waren, so war es nöthig für sie,

sich so lange als möglich zu behaupten. Beide sehr wichtige Posten, dominirt von Mainz und Kastel, erleichterten den Franzosen eine Unternehmung, die die Verbündete sehr viel Blut kostete, und lange ihre ernste liehe Operationen hinderte.

r ro Bisher hatte ihnen zwar der Jnselkrieg noch wenig erhebliche Vortheile verschaft; allein nach näherer An-

sicht der Ingenieure war er die kräftigste Gegenwehr der Belagerten, und wurde demnach allen übrigen Maaßxegeln der Verrheidigung vorgezogen.

Wer die Lage von Mainz kennt, und den Aufwand von Kunst und Kraft, den die Verrheidigung Dieser weitläuftigen Festung erfordert, zu würdigen ver-

steht, der wird den Französischen Jngenirurs Gerech-

tigkeit wiederfahren lassen, und den Kampf auf den

Inseln, wenn schon blutig, doch kühn und groß nennen.

Schon am 4W» Junius landeten die Franzosen, auf

Dem Dreimüllers Wartchen — gruben sich schnell ein, warfen Batterien auf, und führten in der Nacht, vermöge einiger Kommunikationsbrücken, Geschütz in dieselben«

Die Verbündeten feuerten zwar auf die Arbeiter; allein da diese Aue sehr mit Bäumen und Gesträuchen

Hedeckt ist, so war dieses Feuer von keiner grosen Würkung.

Die Französischen Tirailleurs und Scharfschützen beunruhigten nun die Ablösung der Verbündeten; täg-

lich zahlte man von beiden Seiten viele Todte und Verwundete, und alle angewandte Versuche, den Femd

you der Insel zu vertreiben, waren fruchtlos«

Die Franzosen wollten nun auch Gebrauch machen

von ihrer vortheilhaftcn Stellung, und den Deutschen Posten auf der Gustavsburg, welcher Ihnen viel Schaden und Gefahr brachte, aufhcben, Gie unternahmen

deswegen in der Nacht auf den 6ten Junius eine Landung auf der Gustavsburg. Aber hier war man vorhexeitet, denn hier kommandirte der wachsame Rüchel, Er empsieug sie mit einem so kräftigen Kartätschenseucitz

daß sie nicht nur von ihrem Vorhaben abstehen, sondern

auch ihren Rückzug mit vielem Verlust erkaufen mußten. Diese Kanonade war eine der fürchterlichsten bey

Mainz« Die Franzosen, mit ihrer fertigen Geschützbedienung, feuerten von Kastel, Kostheim und den Inseln

Mit anhaltender Heftigkeit, und die Verbündeten wüte-

ten aus allen Main - und Rheinbatterien , und von der Gustavsburg, gegen die verwegenen Segler,

Der Obnst von Rüchel verdiente hier die Achtung

des Feindes und die Ehrfurcht jedes Kriegers, denn seiner Tapferkeit und Einsicht verdankten die Verbündeten die Erhaltung des so unendlich wichtigen Postens

der Gustavsburg. Meusnier, der tapfere geschickte

Kommandant von Kastel, wurde bey dieser Affaire schwer verwundet, und starb einige Tage nachher dm

Tod der Helden. In diesen Tagen zündete eine Hauöitzgrsnads ein

Pulvermagazin in Mainz, und eine Grenade Ws hex

rir

Festung, einen Pulverkasten der Verbündeten den Momhach.

In der Nacht auf den roten Juni überfielen 500 Frgnzosen ein Kaiserliches Picket von zo Mann hey Heiligkreuz, tvdteten 8 Mann, und versprengten die übrigen; schnell nach dieser Acktiyn versuchten sie gefüll-

te Bomben unter die Kirche und Hausier einzugraben* Die Kaiserlichen kamen aber bald verstärkt zurück, und

vertrieben den Feind» Hierauf feuerten die Franzosen mit Wursgeschütz auf die Kirche und Hausier und legten beide in Asche.

Den yten Junius, einen Tag vor diesem Uebersalle, versuchten die Franzosen zu Wasser und zu Lande

einen Ausfall nach Bibrich, welcher aber sehr unglück-

lich für sie ablief; Sie kamen dabey zwischen zwey Feuer, und mehrere ihrer Schiffe wurden in den Grund gebohrt.

Ein Beweist, wie wenig auch das widrigste Ges schick, die Kühnheit des heurigen Franzosen niederzu-

schlagen vermag. Gleich den andern Tag nach diesem unglücklichen Vorfälle, überfiele» sie die Sachsen

bey Gonsenheim, und tödteten und verwundeten mehrere.

Glücklicher als diese Ausfälle , waren ihre Opera-

tionen auf den Auen. Nachmittags den roten Juni, kanonirten sie heftig auf die Belagerer; leztere

I!3 beantworteten die Kanonade mit gleicher Heftigkeit; litten aber ausserordentlich dabey. — Mancher brave Offizier starb an diesem Tage den Heldentodt, und man,

. cher Gemeine bedauerte seine graben Glieder, die er in

diesem häßlichen Kanonenkriege, wo nicht Kraft gegen

Kraft sich mißt, einem Feinde dahinopfern mußte, der

dem Tode wie eitwr Braut, in die Arme zu rennen» entschlossen war.

Kap» VI. Belagerung von Mainz, Kapitulation , Uebergabe.

(Endlich war das Belagerungsgeschütz bey der Verbün-

deten Armee vor Mainz und Kastel angekommen. Wäh-

rend der Blockade mußte dasselbe erst von Magde-

burg, Würzburg, Frankfurt, Anspach, und aus Holland herbeygeschaft werden. — Faschinen

und Arbeitszeug kamen nun in Mengs an. Auf der Anhöhe zwischen Hechtsheim und Laubenheim, baute

man Hütten für die Munition jeder Gattung, welche in groser Menge aus dem Laboratorium bey Hanau zugefahren wurde.

Bcy Gern sh eint beschäftigte sich der Preussische Major von Kaißerling mit dem Baue einer schwimmen--

Lr4 den Batterie; aus Holland waten Kauönierschaluppen angekommen. Beide, die fthwimmendc Baterie und die

Kauönierschaluppen- waren mir Seeleuten bemanntMit Geschütz ausgerüstet , Und dazu bestimmt- die In-

seln Son den Franzosen zu reinigen- dis Schiffbrücke

Zwischen Mainz Und Kastel Zn zersprengen, und die ^heinmühlen wo möglich zU verderben.

Nun herrschte neues Leben und heitre Thätigkeit in den Lägern der Verbündeten. Der Deutsche Krieger, müde des nächtlichen Gewürzes beh den Ausfällen, wo

er den verwundeten Bruder nur trösten, aber nicht rächen konnte — freute sich, daß die Zeit endlich gekommen Ware, sich Mit dem Feinde zu messen- und Beharrlichkeit und Tapferkeit dem leichtfertigen Kriegsspiele enkAegenzüsetzeNi,

Alles deutete auf etwas Groses hm; Kunst und Genie, im schwesterlichen Bünde vereint —- schienen der

Welt ein Schauspiel geben zu wollen, welches den Unternehmungen der Republikaner gegenüber stehen, und

die Epoche dieser Zeit, in künftige Jahrhunderte hinausverherrlichen könne

Groß bleibt immer der Wettkampf der Kunst. Tue Erfindung, so verderblich sie auch für den einen Theik

seyn mag, ehrt immer die Anstrengung des Genies , Weiches den kühnen berechneten Entwurf gebar.

Die schöne Griechische Ficktion des Gygantsn-Sturms,

umschreibt die grenzenlose Kühnheit des menschlichen

Geistes, womit er alle Linien der Gefahr übersteigt — und durch alle Schrecken des Todes, den steilen Pfad zur Größe hinanklimtnt«

Die Gefahr ist die Wiege groser Geister; Krieg und allgemeine Noth ist der Spielraum, worin das große Genie raffinirt, Pläne entwirft, Groses beginnr, Gefährliches wagt, nur den kühnen Zweck — den glänzenden Erfolg, und nicht düs Verderben berechnet« Ein solcher Kopf—Herr aller Ressourcen, dem der verfchwendnsche Gebrauch aller Möglichkeiten erlaubt war»

um Möglichkeiten würklich zu machen — war der große Herzog von Parma im röten Jahrhundert als

Belagerer der Stadt Antwerpen. Wem fällt nicht bey dieser Gelegenheit jener grose Wettkampf der Kunst

und der Erfindung jene Kühnheit der Entwürfe —jene Anstrengung—-jenes genialische, vermessene Wage-

stück des einen, und jener gleichgroße Kampf der Ver-

zweiflung , und des ehrwürdigsten Patriotismus des Kudern Theils ein?'') Daß disß alleswagende, unternehmende Genie nicht

«in Erbthei! freier Volker ist- lehrt diese Geschichte^ Unter andern Geschichtschreibern dieser Zeit ist

äs dello Semico Oso- II, Ub, VI' MN reichsten über se-s erhabne Süjet«

riß daß es nicht immer das Werkzeug der gerechten Sache

ist — beweißt Sie abermals: daß es aber der Vater-

landsliebe der Einheit des Interesse, und dem allgemeinen Enthusiasmus fürs Große angehdrt, —- dar-

über giedt uns das heurige Frankreich, Mehr als eine beweisende Probe.

Mit Brand- und MineNschiffeN wollte Giani belli das kühne Meisterstück des Herzogs von Parma -— die Brücke über die Schelde verbrennen.

Man glaubte dieses kühne Prbjekt in dem Plane der Verbündeten gegen Mainz erwarten zu dürfen. Es

erfolgte Nicht wahrscheinlich fehlte es an einem Giambelli- deren es eben so wenig - wie Ärchimed e gicbt. Die schwimmende Batterie war ein unbeweglicher

Kolosse; eine hölzerne Batterie, der aber jene leicht zu bewegende Mechanik fehlte, die dem Steuermanns Eine willkühtliche Richtung Möglich macht.

Wir werden in dem Verfölge der Geschichte erfah-

ten, welchen Gebrauch man von der schwimmenden Batterie und den KaNönietschalüppen Machte.

Nur so viel zum voraus. Kurz nach der Ankunft der Schaluppen bei Ginßheim, riß sich eme Schaluppe

Horen IV St. iw § pse- "i.

pe los, schwamm nach Mainz, und entdeckte so den Belagerten, die Absichren und Anstalten der Belagerer

gegen die Schiffbrücke. —

Man war aber nun in der Hauptsache über alle Nothwendigkeiten zu der Belagerung äusser Zweifel gesezt> und man weilte nun auch nicht langer mehr, Mainz

auf das nachdrücklichste zu belagern.

Zu der Eröffnung der Laufgraben wurde daher

die Nacht auf deu i7ten Junius angcftzt. -- Mehrere hundert Schritte Von der heiligen Kreutz Kirche gegen Mainz zu, sollte eine Arrierc Parallele angelegt werden, auch waren Arbeiter und Bedeckung glücklich, und vom

Feinde unbemerkt auf ihren bestimmten Posten ange-

komureu. Allein plötzlich wurde ein grofer Theil der Truppen, von einem panischen Schrecken ergriffen und

lief davon. Bey «»brechendem Tage» wo man die Linie zu erblicken hoffte, sähe man von allen Seiren die Truppen znm Lager zurückkehreu; und nur wenige uvch

auf ihren Posten, welche wegen der Nähe des Feindes vtrd feinem Kanoncnfever auch zurücklehren mußten»

Dieser widrige Zufall hatte den Belagerern großen

Nachtheil bringen können, da der Feind von ihrem Vorhaben, und von der für die Laufgraben bestimm-

ten Distanz unterrichtet war. Der Feind begnügte sich aber nur damit, die zurückgelaßne Werkzeuge und

Erster Theil, I

ri8 Faschinen abzuholen, und unweit der welschen Schanze eine Flesche zu bauen.

Endlich in der Nacht auf den iyteu Juni, gelang den Verbündeten dieß wichtige Unternehmen, welches

von dem Feinde fast gar nicht beunruhigt wurde, weshalb auch der Verlust der Belagerer sehr unbedeutend

war. — Die Arriere Parallele mit ihren Kommunikatio-

nen, betrug 9400 Schritte. Die Artillerie hatte bis

gegen 4 Uhr einige Wurfbatterien fertig, die 14 Bataillons Bedeckung besezten die Brustwehre, und

mit dem Schlag 4 Uhr würde von allen fertigen Batterien Mainz beschossen.

Die Belagerten betnüheten sich das angefangene Werk durch eine heftige Kanonade zü stören, auch hat-

ten sie einen Ausfall mit 8e>üc> Mann auf die nächste Nacht gegen den Laufgraben beschlossen, welcher aber

wegen dem eingetretenen heftigen Regenwetler unterbleiben mußte.

Die Belagerer arbeiteten nUtt fleißig fort, und vollendeten in der Nacht auf den 24WN Junius zwey Crochets, wovon das eine von den Oestreichern besezt, und auch sogleich von den Franzosen überfallen wurde.

Vier Iwölfpfüuder wurden von dem Feinde vernagelt, sieben Mann getödtet, und eben so viele Kanoniereverwundet.

H9 Iezt waren aber den feindlichen Ausfällen und Fonragirungen Grenzen gefezt. Nun begann der Bat-

terienkampf, die Garnison mußte nun für Leben und

Sicherheit und nicht um den flüchtigen Raub der Lebensmittel streiten. — Der Feind mochte dieses fühlen, und in der Berechnung seiner Lebensmittel grosen Auf-

wand und grose Lücken wahrnehmen. Dafür fand sich

denn nun in dem Revolutionsprinzip der Konventsde-

putirten eine günstige Aushülfe. Zwar waren die Maaßregeln grausam und empörend; allein der teufli-

sche Skeptizifm der Mainzer Jakobiner wußte dem Gesetze des izten Dec. und der Despotie der Deputieren die Schminke der Gerechtigkeit zu geben, und die

Barbareien gegen die Rechte der Menschheit mit den gewöhnlichen Gemeinsprüchen — Gesetz und Vaterland,

zu rechtfertigen. Da viele Mainzer sich dem abgeforderten Eidschwure

der Franzosen widersezten, und trotz aller Drohungen

und Verbannungen nicht zu bewegen waren, dem Willen der Konventsdeputirten und den Aussprüchen des sogenannten Rheinischdeutschen Nationalkonvents

zu gehorsamen — so wurden sie bey Strafe der Verbannung noch einmal eingeladen, den Eidschwur zu leisten. Die Mainzer blieben standhaft, und unterwar-

fen sich dieser Strafe. Die Franzosen waren aber klug

I2

L2S

genug, den Schein der Graufamkelt von diesem Be-schluß zu entfernen, und seztcn hierauf fest, daß wer nicht

schwören wolle, freiwillig sich entfernen könne,, jedoch

ohne etwas mehr mit sich zu nehmen—als eine Klei-

nigkeit ün Wld und Leinwand, Der 2gte Junius sollte dieser schauervolle Tag der

freiwilligen Verbannung von mehr als 1500 Menschen

seyn. Weiber, Kinder, Greife verließen die geliebte Heimach — und wanderten mit der Ärmnth eines Bettlers — die glückliche Hütte und den blühendsten Wohlstand mit dein Rücken ansehcnd, den Deutschen Lagern

zu» Allein hier wurden sic zurückgcwiesen, weil man unmöglich von der gewöhnlichen Regel bcy Belagerungen abgehen, und die schlauen Absichten eines hartnä-

ckigen Feindes begünstigen durfte. — Sie müßten also

Len Rückweg wieder antreten der ihnen versperrt wurde»

Viele dieser Unglücklichen --- meistens Kinder flar--

Len in dieser Schreckensnacht; der größte Theil rtnxfieng wahrend einer heftigen Kanonade, welche die ganze Nacht über ihren Häuptern wütete, den Saainen

eines baldigen Todes» — Ohne Lebensmittel — der Verzweiflung nahe, kamen endlich die mitleidigen Sol-

daten, erquickten die Leidende, nahmen sie auf ihren Pferden nach der Stadt zurück, und der allgemeine Unwille über diese scheußliche Handlung, bestimmte auch

isr endlich die Tyrannen, den Unglücklichen die Thore Wieder zu öffnen»

Offenbar würde die Garnison an Geld und Mundvorrath gewonnen haben, wenn ihr die Habseligkeiten der verbannten Einwohner zu. Theil geworden wäre.

So ist der Franzose im Allgemeinen der gutmüthi-

ge, edle Menschund nur das herrschsüchtige Individuum hat die Menschheit abgelegt, und ist Tiegen. Wahrend dieser Greuelihaten der Französisch Klubbi-

stischen Regierung in Mainz, welche die Erbitterung

des Bürgers und die Wuth des Deutschen Kriegers nährten —- wurden die gegenseitigen Feindseligkeiten Mit ununkerörvchmr Heftigkeit fortgesczt.

Die Franzosen machten alle Mehr Ausfälle, um die Arbeiten der Belagerer zu hindern; allein vergeb-

lich; sie kamen ihrer Vollendung immer naher, und das Blut der Franzosen floß vergebens. Ihre Tapferkeit war freilich nicht ohne allen Sucres ; denn die Be, lagercr litten beträchtlich, aber sie mußten doch immer

dem standhaften , avsharrendrn Muth der Belagerer weichen.

Nun war es auch Zeit, durch die Wegnahme der ,

Inseln, der Nedouten vor Weißenau und Zahlbach, und der Verschanzungen bey Kostheim, die Flanken der

Laufgraben zu sichern, und mit den Wurfbattcmn n-äs.

her an den Rhein zu rücken, um den Feind bloß auf die Vertheidigung von Kastel und Mainz einzuschränken.

Es wurde daher mit der sehr wichtigen Redoute bey Weissenau der Anfang gemacht. Diese Expedition

überkam der würdige Obrist vom K. K. Regiment von

Gemmingen — Graf Heister. Einige Wurmser Husaren unter dem Kommando

des tapfern Obristen von Wangenheim unterstüzten diesen Angriff; indem sie die Redoute umgiengen, und

gegen das Neuthor vorrückten. Der so tapfere als vor-

trefliche Kapitain von Kampz vom Generalstaabe der Preussen an der Spitze der Freiwilligen, grif die Schanzen in der Gorge an, die Kaiserlichen stürmten von allen Seiten darauf los, die Besatzung wurde niedergcstossen, und die eroberte Schanze demolier und für den Gebrauch der Belagerer bearbeitet.

Nm diese Attacke zu decken, machte man aus allen

fertigen Wurfbatterien ein fürchterliches Bomben- und Haubitzenfeuer, und alle Lager beschäftigten den Feind, dessen Aufmerksamkeit zwar das Schicksal der Weiffenauer

Redoute nicht entgieng, auf welche er nur zu bald von

der Karlsschanze ein schreckliches Feuer richtete, der

aber äusser diesem Feuer picht für rathsam fand, die

Redoute durch Sccourö zu retten. . Das Feuer der Belagerer zündete an mehreren Or-

ten; einen Hauptverlusi erlitte aber die Garnison in

rrz dieser Nacht «n dem würdigen Greis dem General d e

Vlou, welcher von einer Haubitzgrenade erschlagen wurde.

In der Nacht auf den 2 und die damalige politische Situation der Franzo-

sen so wie die der Verbündeten Machten hätten jede Unternehmung begünstigen können.

Die Oesrreicher siegten im Piemoutesischen; und in

Belgien war die tapferste Armee der Franzosen — die

Nordarmee durch Koburgs Siege—7 durch Dum 0 urierS Wankelmuth — durch die Kvnventsdccrete

und die Verrathereyen der Pache, Hassenfratz und R 0 n si n, zerstreut und aufgelößt; daß sie Kristine

mit Recht — die ehemalige Nordarmee neu- > nen konnte. Alle südliche, Departements waren inr

*44

Aufstand — Marseille trozte dem Konvent mit unerschrocknen Addrcssen — Toulon war für die monarchifchdemocratifche Verfassung, und Männer wie

Wimpfen der Verthcidiger von Thionville, begünstigten die Empörung der Departement«? — und drohe^

ten dem Konvent mit einer Armee gegen Paris zu marr schiren.

Die ersten Köpfe des Konvents, die Part hei der Gironde, arbeiteten für Liefe Departew.cntalfvderation, und schwiegen über die Gefahren der Vens

dee. Die Zarobincr, Frankreichs despotische Belerrscher, calculirten in der ncrnlichen Zeit über einen allgemeinen Volksanfstaud in Masse, und empörten das

Volk in allen Theilcn des Reichs mit ihren abscheulichen Maaßregeln, wozu der Franzose Leben, Blut und Vermögen darleihen sollte.

Großbritannien nahm alle Französische Besitzungen

in Westindien und unter dem Winde weg; der Konvent

in dein Enthusiasmus für seine neue Politik veruach-

laßigte das Mercantile der Nation, und begünstigte das Mißvergnügen der Städte Marseille, V o u

Leaur und Nantes, und folglich auch die Tendenz der Koalition. Frankreich lag in diesem Augenblick niedergefchmet-

tert, in einer fürchterlichen Betäubung — und allmählich erwachte es mehr durch die Gunst der äußern Um»

r45 stände, als durch die Energie feiner Gesetzgeber, aus die-

ser Betäubung.

In dieser Lage befand sieh Frankreich, als Ko«

bürg Valenciennes blc-ckiren und Kvnd e bombardieren ließ. So hatte man auch am Oberrhein Main; belagern und Landau blockiren können. Kustine hatte nemlich die kostbaren Magazine zu

Frankenthal Und Neuhaußen dem Feuer überlasten

müssen. ,

Geschütz und Proviant wurden aus Landau nach

Mainz geführt, um jene Veste auf ein halb Jahr in wehrbaren Stand zu setzen.

Landau war also — so wie Las ganze Elsaß ohne Lebensmittel, die Erndte war noch fern, und da man Strasburg nicht entblößen konnte, so hatte Landau nach'

einer nachdrücklichen Blockade und Bombardirurg von

einigen Wochen fallen mässen; denn im April, wie wir im Verfolge der-Geschichte erfahren werden, wur-

de erst Landau in Vsrrheidkgungsstand gcsezt, woran die Franzosen nicht selten von den Qestrerchem gehindert wurden.

Die Französische Armee etwa 40200 Mann, hatte den großen Strich Landes von H ü n n i u g e n bis Bits ch

zu besetzen, da die Moselarmee unter BouruonvilLe

runürtwar, und kaum 12000 Man» samtder Metzer Besatzung mehr stark war. Diese Armee hätte man

146 an der Saar vollends unthatig machen kennen, wenn

Beaulieu bey Luremburg verstärkt, von Arlon aus eine nachdrückliche Diversion gemacht hätte, welche spater die Franzosen init der Moselarmee und der Be-

satzung von Metz nutet dem General Lange bey Arlon

gegen den General Schroder unternahmen, wo sie dabey noch ein ansehnlich Magazin erbeuteten, welches

den Franzosen in ihrer damaligen Lage entschiedene Dienste geleistet hat.

Ein großer Theil der Natiönalgarden, war so wie bey der Nordarmee nach ihren Departements znrückgc-

gangen, da sie dem Versprechen des Konvents gemäß

nicht länger als bis zu Ettde des Jahrs 1792 zu dienen verbunden waren. Später hat sie zwar ein feuriges Konventödecret wieder an die Grenzen beordert;

allein in der bedrängtestett Lage der Nation, war die Armee am Oberrhcin, so wie die an der Nvrdgrenze zu schwach, um dem Feind mit Ernst zu widerstehen.

Sezt matt nutt noch ztt allem diesem, daß die Ver-

bündeten sich den Winter durch auf diese Arbeit vorbereiten konnten, und mit ihren wohldisciplinirten und

durch Kobn rgs Siege aufgcmunterren Truppen, alles hätten versuchen können, um einen von ihnen verspot-

teten und verachteten Feind, tief in das Elsaß zu ver.

jagen; so muß man Pichegrus Urtheil, womit er seine Landsleute nach dem Verlust der Weißenburger

147 Linien tröstete „die Verbündeten haben ihren Vortheil „ versehen unterschreiben.

Graf Würrtiser kam zwar zn spat über den Rhein — allein nach immer harte man etwas gegen den Feind

unternehmen können, da seine Stellung bey Horn-

bach zwar fest- er aber zu schwäch war, diese Stellung gehörig zu besetzen,

Kustine gewann dadurch — wie das Sprüchwort

sagt — int Krieg Zeit gewonnen, heißt alles gewon-

nen— Jeit: Er konnte seine Armee verstärken, und ihr bey der fortwährenden Defensive der Verbündeten

den verlornen Muth zusprechen, um einen Entsatz der

Festung Mainz, zur Rettung ihrer Brüder zu wagen. Man wär gleich iiü Anfang dieses unsceligen Krie-

ges gewohnt, zu viel von dem Wankelmuth und der Unbeständigkeit der Französischen Nation zu erwarten.

Schon hatte mM sich im ersten Feldzuge allzuviel auf die prahlerischen Versprechungen der Emigrirten

verlassen, und war weit davon entfernt zu glauben, daß die Franzosen jene Prinzen vom Gehlüt so haßten wie sie dieselbe wirklich hassen: man erwartete von dem

gutmürhigen Franzosen, daß er willig seinen Arm zur

Rache an den Mördern seines Königs darbieten wür-

de; und nun litten abermals die militairische Operationen darunter,, daß man sogar in dem verrathrischen

Uebergang des von den Franzosen sonst vergötterter?

-48 Geriekals Dunjvttkieks ernö HaLptepöchc findett wollte.

Man batte foeilich ganz richtig calculirt, düß Paris erobern so gut sey, als ganz Feankre'ch erobern , da

diese Stadt den Ton für das ganze Reich angab, ün) jeder Versuch gegen dis Revolution nichtig war, wenn

man nicht ln Paris die Quelle der öffentlichen Meinungen verstopfte« Jedoch konnte man unmöglich die.« ft KontrcrevolUtivn von einen! einzelnen Franzosen erwarten, der schon nm deswillen den Haß der ganzen Nation auf sich geladen hatte, da er über ihr Schicksal despotisch befchr

len wollte, — doch! wir kommen wieder zur Geschichte

selbst. , chb

Um die nchmliche Zeit, als Dunlouriers Uebergang zu

den Öestreichcrn, und die allgemeine Niederlage der Französischen Armeen, eine Konvention Zwischen den Französischen VolksrepräscntaNten in Mainz , und de n

PreusscschelrGeudraleGrafknKalkreuth,inOppenbei in

veranlaßte, versuchte auch der Oberseldherr der Ver-

bündeten RheinarrUee Graf Wurniser, mir dem Ävmruaudaurcn von Landau wegen der Uebergabe dieser

Festung in Unterhandlung zu treten. Aber der Komniandank-— begleitet von mehreren seines Generalsiaabs,

verneinte im stolzen Republikanischen Tone dieses Ansin-

nen, und das vivv lr üsrioa war die Antwort auf

Wurmsers Vorschläge. Krieg

149 Krieg wär hier nöthig Und keine Mwziat'onen!—Dünn während dieser Unterhandlung ermannte sich schon

wieder der niedergeschlagne Franzose. Landau erhielte nun einen Kommandanten NameNsLanbade're, einen gra-

sen Patrioten undeinettgrosenIngenieur: Ueberrli inganz

Frankreich wiederhallte der schauerliche Ruf gux nrmLS

Bürger zu den Waffen! — Von den Tlmrmen zu Straßburg wehste die Trauerfahne, zum Zeichen, daß

das Vaterland in Gefahr sey — mit einem Wort, dis

Franzosen h atten Zeit gewonnen» Da zwischen den Franzosen und dem General Wurm-

set keine gütliche Ucbcreinkunft statt fand, so bezogen

die Verbündeten nun die Position bey Edenkoben zwi-

schen dem Rhein Nnd dem Gebürge. Der Herzog von

Braunschweig besezte den wichtigen Posten von Kaiserslautern , und der Erbprinz von Hohenlohe lagerte

bey Ramstein, nm die Bewegungen des Feindes vom Gebürge her zu beobachten.

Bey einem so schlauen Feind Mußte Mau auf seiner Huth seyu, und da man sich nun einmal dahin ent-

schieden hatte- Mit beiden Armeen, die Belagerung von Mainz zu decken, so war die Defensive meisterlich gewahlt» Wollte der Feind bey Germersheim durchbre-

chen, so cMpfr'eng ihn die Kaiserliche Armee. Und er

mußte für seine linke Flanke besorgt seyn; wagte er

Erster Theist H

izo es über Albersweiler und von Seite der Anweller Tha«

ler, so fand er bcy den Preußischen Manövres in der Position von Lautern und Neustadt, Widerstand; woll-

te er mit der Moselarmee über Neunkirchen, Waldmohr gegen Kusel heran, so konnte ihm der Erbprinz bry Lantereck und Meißenheim entgegen kommen, und

seinen Rückzug nach Homburg und Meisenheim abr schneiden.

Der Feind verstärkte sich nun mit jedem Tage ; seine feste Hornbacher Stellung, die er anfangs nicht gehörig besetzen konnte, wurde allmählich fürchterlich.

— Er wußte wohl, daß die Vogesen wie die Ärgvnne» seine TherMopylen sind , und daß sich jede Arbeit dorr belohne, weil nur hier das Elsaß bedroht werben konnte,

und es nur hier einem zweiten Hannibal gelingen dürfte von dem Gebürge aus Frankreich fürchterlich zu werden.

Um nun die Operationen der gegenseitigen Heere

en cketLil übersehen zu können, so erzähle ich unter

der Ueberschrift Operationen der verbündete»

Rheinarmee, bep welcher sich Oestreicher, Hessen, Pfälzer und Darmstadter befanden, -iS' D'iegsbegebenheiten zwischen der Französischen und

Verbündeten Rheinarmee, und unter der Ueberschrift

— perationen der verbündeten Vogesen

Armee bey w eist er si h Preussen, Sach se n, Hessen und Pfalzer befanden, die Kriegsbege»

Lenheiten zm-fchen dieser und der Französischen Moselarmee.

Der Krieg an deM'Oberrhein, der Saar und der Mosel zerfallt also von Seiten der Verbündeten — in die Defensive bis zur Eroberung der Festung Mainz

-— in die Offensive bis auf den Rückzug derFrans zvsischen Rhein- und Mofelarmee hinter die Saar und

Sor—' und m die Defensive bis zur allgemeinen Rerirade: und von Seiten der Franzosen, in die Offensive zum Entsatz der Festung Mainz, in die Tiefen sive bis zum Rückzug hinter die Sor und Saar,

und in die Offensive bis zum Entsaz der Festung Landau, und dem Rückmarsch in die Winterquartiere-

lZT .. M>0»> . . >, ..i..n.« ...A...

K a p» VIH. Operationen der Französischen Meinarmec unter deck General BeauharnoiS gegen Vie Rheinarmee der Verbündeten unter dem Oberbefehl des Genörals Grafen Würm-

sek — zum Entsatz der Festung Mainz.

^on dem Ueöergang der verbündeten RheiNarnice über

den Rhein an, die Monate April und Mai durch bis zum 2iten Junius, hat der Krieg am Oberrhein nicht eine importante Ackkivn anfzüweisen. — Die gegenseia tigen Armeen wurden verstärkt und verschanzten sich ; Kustine nahm über R ü h l s h e i m uüd B e r g z a b e r n

eine Attacke gegen die Verbündete Rhciuarmee vor-

welche über weiter nichts zum Erfolg hätte, als daß

sich KUstine und Laffarriere mit einander über die Fehler des Angriffs zankten, und einer dem andern bep

dem Nationalkonvrnt den Vorwurf machte, daß er an dem verunglückten Manövre schuld sey.

Kurze Zeit darauf wurde Kustine gegen seinen, Wunsch als Oberbefehlshaber der Rordarmee abgeru-

fen, und Beauharnois erhielte unter dem 2 Sten Mar den Oberbefehl über die Rheinarmee. Vermöge diesen Veränderungen im Kommando und

wegen Mangel an Magazinen mußte daher die Fra»

zösische Nheinarmes diesen langen Stillstand beobachten, welcher den Verbündeten um. so willkvmmner war,

da sie sich einmal für die Dcchcnsive während dey Bela-

gerung von Mainz erklärten, und am Ende z-u derselbigen genöthigt waren , da die Belagerung von Mainz

mehr Schwierigkeiten fand, und blutiger wurde, als man es. sich, anfangs mochte vorgestellt haben.

Graf Wurmfer, dieser rastlose thattge Greis,, übergab daher wahrend dieser thatenlosen Aeit dem Feld--

marfchall Sple-ny das Kommando, und beschäftigte sich in scinenr Hauptpuartier zu Rastadt nnt der Bit-dung einer Reservearmee,, woraus er nach Md. nach die Nheinarmee verstärkte.

Da aber nun gegen die Mitte des Monats Junius der Feind sich ansehnlich verstärkt, und überall Bewe-

gungen gemacht hatte, welche auf ernstere Austritts hindenteteu, so verlegte Graf Wurmfer den 2«!en fein Hauptquartier nach. Weingarten, und nach vorheriger Rücksprache mit dem Herzog von Braunschweig wegen einem bevorstehenden feindlichen Angriff, begab er sich endlich nach Altdorf.

Der Herzog von Braunschweig, um den wichtigen

Posten von Kaiserslautern und die dortige Position zn verstärken, weil man voraussahe, daß der Feind von der

Gebürgvfeire alles versuchen dürfte — ließ daher alle

Preussische Truppen, bis auf Z Batallious und > z

r54 Escadrons unter den Generalen von Thadden, und

von Karte, aus der Edenkober Position nach Kaiserslautern aufbrcchen, welche Lücke der Graf Wurmscr mit O streichern ausfüllte.

Auf den ?.yren Junius wollte sich also Veaular-

nois zum erstenmal versuchen um die Kräfte der Rheinarmce, die nun feit drei Vierteljahre in keiner bedeutenden Acktion mehr gewesen war, zu erfahren, und sie für deu bevorstehenden hohen Zweck des Ent-

satzes der Festung Mainz vorznberciten. — Würklich glich auch das ganze einem bloßen Versuch.

Die Franzofen rückten nämlich am 2yten Junius

über Rohrbach und Herxheim - und von Herd und Mühlsheim mit etwa 18002 Mann gegen Offenbach an, und vertrieben die Oestreicher aus diesem Dorf« Der dort kvmmandircnde Kaiserliche General Messaxos bekam aber in dem nemlichen Augenblick Verstär-

kung an Kavallerie, und vertrieb sehr bald den Feind wieder aus Offenbach.

Die Franzosen, welche auf den Höhen von Herxheim en ft onre standen, begannen nun mit einem fürch-

terlichen Kanonen- und Haubitzenfeucr, und wendeten

sich schnell rechts gegen den Posten von Germers-

heim, um daselbst durchzubrechen. Aber auch hier

wollte es Ihnen nicht glücken, Kavallerie und Infanterie entfernten sich nicht von den Kanonen; es hsieh

155 dahex bey einer Kanonade, und sie mußten sich Abends

wieder in ihre Stellung zurückziehen.

Der unternehmende feurige Geist der Franzosen,

welcher sonst bey allen ihren Angriffen > urchblickt, schien ganz verschwunden zu feyn, —- Was die Desorganisation der Armee vermehrte, war ihre Vermischung

mit Bauern, und die Austalken des übennüthigen und in dem Kriegswesen völlig unkundigen Konventsdeputirten Denzel, der durch seinen Stolz die Generalität beleidigt und durch sein Schrcckenssystem das ganze

Elsaß empört hatte. Man vermißt daher jene Entschlossenheit im Angriff,

wodurch sich spater der Franzose ausgezeichnet hat,

Unterm Zten Julius versuchten, die Franzosen aber-

mals , durch einen allgemeinen Angriff Mainz zu entsetzen.

Beauharnois hatte die Nheinarmee von der Masse ansehnlich verstärkt, und bedrohte von Rühls-

heim aus, den Posten von. Germersheim. Er ließ die Anhöhen von Herxheim verschanzen, und rückte nun in

drey Kolonnen gegen Landau, Offeiibach und Germers-

heim vor. Allein es blieb abermals bey einem bloßen

Engagement der Vorposten, und bey einigen Ma-

yovres. — Inzwischen war man doch auf Seiten der Verbündeten immer mehr darauf bedacht, ein wachsames Au-

,Z6 ge auf den sich täglich verstärkenden Feind zu habe«,

und verstärkte zu dem Ende die Rheinarmee. Man konzentriere die Truppen in der Stellung bey Edenkoben, die Preussen zogen sich naher gegen Landau und Neustadt, und die Gebürgsposteu wurden verstärkt.

Die Franzosen, denen am Entsatz der Festung

Mainz viel gelegen war, und täglich schärfere und strengere Befehle dazu vom Konvent erhielten, versuch-

ten nun durch falsche Attacken von Wanzeuau und

Fortlouis aus gegen das rechte Rheinufer, die Auf-

merksamkeit der Verbündeten zu ehesten, uni sie glauben zu machen, als hätten sie einen Ucbcrgang

Aber den Rhein im Sinne, Au dein Ende kauonirtcn sie beständig auf die Oestreichische Vorposten, und fuhren mit bemannten Fahrzeugen mehrere Tage nach der,

Diersheim gegenüber gelegenen Insel, das scharfe Eck genannt, jedoch ohne eine bestimmte Absicht zu

verrathen, Die wachsame Destreicher unter den Ge-

nerälen Jordis und Wolckenstein, benahmen ihnen aber nachdrücklich die Meinung, daß ihnen in ihrer

jetzigen Lage, eine Diversion gegen das rechte Rheinufer etwas nützte.

Die Franzosen wiederholten nun unterm Uten und 12tcn Julius ihren bisher fehlgeschlageneu Versuch,

Mainz zu entsetzen; aber es Mb auch dießmal nur hey der Drohung: ihre Kolonnen marschjrten auf^

man plänkelte, und kanonirte sich, und am Abend bezogen beide Theile ihre vorige Steilung wieder.

Es scheint beinahe, als hatten die Franzosen die Verb »deren zur Offensive locke» wollen, nm sie sodann

in ihrer unangreifbaren Linie an der Lauter zu empfan-

gen, und durch ihre etwaige Niederlage sich den Weg

zum Enksaz der Festung Mainz zu bahnen. Denn m her Periode vom 1700» bis zum 27ten Julius erscheinen die Franzosen plötzlich umgewandt.

Ohne eine» Vortheil über ihre Feinde erfochten zu haben der ihnen Muth gegeben, und ihren gesunkenen

Enthusiasmus aufs neue belebt hätte — wetten sie inir einer Anstrengung und Entschlossenheit auf, die ih-

nen 6 bis 8 Tage früher, den Ruhm würde erworben haben, Mainz zu entsetzen. - Doch; was sie auch immer zu dieser ausserordentlichen Anstrengung vermocht

haben mag — die Sache selbst mag sprechen.

Die Franzosen eryfnetcn ihre Hauptattacken zum Entsatz der Festung Mainz mir einer nachdrücklichen Demonstration gegen das rechte Rheinufer,

Am 17te» Julius fuhren sie am Hellen Tage mit zehn Bräckenfchiffe im Angesichte aller Deutschen Bat-

terien, ohuweit Stollhofen gegen eine dentiche Batterie, und feuerten auf der ganzer, Linie von Stras-

burg bis Fvrtlonis auf das heftigste mit Kartätschen, Es war ihnen damit nicht genug/ bloß den Feind wach-

^58 sam zu erhalte», sie fuhren daher auf den i8ten Jul. einen Theil einer Schiffbrücke auf und bedrohten das rechte Rbeinufer mit einein förmlichen Uebergang über

den Rhein, um die Aufmerksamkeit der Verbündeten dorthin zu lenken. Auf den i y. verriethen sie aber ihre eigentliche Absicht.

Sie ruckten von Herdt aus gegen den linken Flügel der

Verbündeten mit Infanterie und Geschütz vor, und vertrieben alle Posten bis hinter den ersten Verhau;-—

Sie festen sich hierauf fest, zogen noch aus dem Wald

viel Infanterie und Geschütz an sich, und kanonirten nun den Tag über. Die Verbündeten mußten dem andringenden ungestümen Angriffe und dem heftigen Feuer

weichen, jedoch gelang eo ihrer Standhaftigkeit, Abends

den Feind wieder zum Rückzug zu nöchigen.

Z r nemlichen Zeit drang auch von Merlheim und

Damheim aus eine Kolonne gegen das Centrum der V rbüudeten; auch diese grif mit unbegreiflicher Ent.' schlossenheit an; allein mit weniger Glück als jene beide Kolonnen, welche von Arzheim gegen Siebeldingen, und nach dem Albersweiler Thal den rechten Flügel der

Verbündeten angriffen, und in Verbindung mit einer dritten das Anweiler Thal oecupirten. Die Franzosen griffen jene Gebürgspvsten mit Ungestüm und überlegener Mannschaft an; sie erstiegen den

rechts bey Franckweiler am Wald liegenden Berg, und

brachten Kanonen ans denselben, womit sie den Wald

von allen Seiten bestreichen, und dem Vordringen der

Infanterie Schutz gaben.

Der tapfere General Hohe zog sich nun meisterhaft zurück, weil der Feind seinen Rücken bedrohte. Der

Feind verfolgte ihn heftig, und grif ihn jedesmal mit immer mehr steigender Wuth an, wenn er sich irgendwo

festfetzen wollte, Indessen gelang es ihm doch endlich bcy Burrweiler sich festznsetzen, und mit der äußersten

Anstrengung seiner Truvpen, dem Feind das weitere Vordringen zu verwehren, Wit ähnlichem Glücke nah-

men die Franzosen das Auweiler Thal weg, und warfen die Preussen aus Romberg in das Medebacher Thal.

Die Franzosen waren an diesem Tage Sieger: Meister der Anweiler Gebürgsvasse bedrohten sie den rechten Flügel der Verbündeten; und bezogen hierauf bei

Godramstein ein Lager, und machten Anstalten, hie Hdenkober Position anzugreifen.

Dieser Tag kostete Freund und Feind viele Menschen;

Männlich und tapfer war der Widerstand der Verbün-

deten, ungeheuer und an Wuth grenzend der Angriff der Franzosen.

Die Verbündeten sahen nun, daß alles für Mainz zu fürchten sey, und der Feind nächstens einen entschei-

denden Angriff wagen dürfte, der aller Wahrscheinlichkeit nach, vermöge seiner Uebermacht und seiner fsna?

lüo tischen Resignation auf das Leben zum Nachthcil der Verbündeten ausfallen könnte. Die Oberbefehlshaber der verbündeten Armeen kon-

zcntrirtcn demnach die Truppen, und zogen von der

Bclagerungsarmee bey Mainz und von dem rechten Rheinufer Verstärkung an sich.

Aber auch Gen »al Beauharnois verstärkte feine Armee aus dem Lager von Weissenburg, so daß man dieselbe auf esgooo M nde im Hennegau war am roten Julius gefallen, Prinz Kc bürg hatte die Nordarmce unter dem General

Dampierre bcyFamars geschlagen; auch war er Sie-

ger über die Franzosen in dem Casarslager; Valen-

ziennes sich selbst überlassen — verlangte untern, 26ten zn kapituliren, und Mainz war untcrm 22ten Julius in den Dandcn der Verbündeten. Der unermüdete Greiß Graf Wurmser, vergnügt daß ihm endlich nach so vielen glücklichen Fortschritten

der Verbündeten, die Offensive gestattet war, beschloß

daher einen allgemeinen Angriff auf den 2/tcn Julius,

theils um Landau eiuznschließcn, und den Feind von seinem weitern Vordringen gegen das Gebürge abzu-

halten , theils ihn aus seinen bisher errungenen Vortheilen zu vertreiben.

Wurmser ließ auf den festgesetzten Tag durch den

General MessaroS, die Franzosen in dem Wald gegen Offenbach, und in seiner Lime bey Essingen angreiffen.

Graf Wurmser selbst rückte zur nehmlichen Zeit gegen

17 l Herdt, Rühlsheim und Bellheim, in 2 Kolonnen mit einer ansehnlichen Artillerie vor. Prinz Konde, welcher

die zweyie Kolonne führte, hatte den Auftrag, de» Graf Wurmser in seinen verschiedenen Angriffen zu nur

terstützen, und der General Hetze war bestimmt, mit dem rechten Flügel den Rückzug des Feindes zu dran-

gen, und von demselben so viel Vortheile als möglich Zu ziehen.

Die Franzosen hielten sich auf ihrer ganzen Linie wacker , und kämpften tapfer und entschlossen. General Messaros hatte einen fünf stündigen Kampf mit dem

Feinde, der das Terrain wohl verstand, und überhaupt waldigtc und Gebürggegenden sehr gut zu vertheidigen

versteht. Allein alles rapfern Wiederstaudes ungeachtet, mußten endlich^ die Franzosen weichen, und auch

zugleich Ihre errungene Vortheile am Gebürge, Weyher , Romberg und Roth verlassen.

Die Franzosen zogen sich von nun an nach ihrem Lager auf dem Geißberge bey Weißenburg zurück, und

Wurmser bezog den 2ten August ein Lager auf den Hohen von Rühlsheim, und ließ die Festung Landau von Bornheim aus bis hinter Nusdorf, durch em ansehnliches

Korps beobachten. Der rechte Flügel besetzte Frank-

weiler, Siebeldingen, Burrweiler und Albersweiler, und das Preussische Korps ruckte in seine vorige Poste»

wieder ein.

Die Franzosen welche eine Blockade von Landau nicht mehr verhindern konnten, waren von nun an be-

müht, der be-roheten Festung noch Proviant und Mu-

nition zuzuführen, weshalb sie täglich einen Versuch wagten, die zwischen Impflingen und Billikam pvsiir-

ten Oeüreicher zurück zu drängen. Auch wurde der Volksrepräsentant Denzel, ein wüthender Demokrat, dem Kommandanten mit uneingeschränkter Vollmacht

vom Konvent an die Seile gesetzt, um die Schritte des Kommandanten zu beobachten, und einen so wich? tigen Posten gegen die Verrätherep zu bewachen.

Die verbündeten vereitelten untcnn gten August den ersten feindlichen Versuch Landan Proviant zuzuführen; sie eroberten den Transport, und machte» die Bedeckung zu Gefangenen,

, Die Franzosen aber — immer thatig wenn es dis

Sache des Vaterlandes bctrift und unverdrossen, wenn ihnen auch ein Versuch mißglückt, erneuerten unterin r sten diesen Angriff, und zwar in starker Anzahl.

Sie rückten an genanntem Tage in aller Frühe mit einer starken Kolonne gegen Rheinzabern, und mit einer

noch weit starker» über Billikam gegen Landau an.

Die Garnison in Landau, welche von den Absichten ihrer Brüder mochte unterrichtet gewesen seyn, unter-

stützte diesen Angriff, und machte in den; Augenblick

I7L einen heftigen Ausfall, als die Franzosen bey Billikam anrükten.

Der Angriff gegen Rheinzabern war ein falscher Angriff —- den Hauptangriff richteten sie von Billickam

gegen Landau, und kanonirten mit vielem schweren Geschütze, von den Höhen gegen die Hestrcicher hey Lan-

dau, . Die Garnison von Landau unterstützte diese Kanonade, indem sie die Oesireichische Fronte aus das hef-

tigste beschoß. Es war ihre Absicht, sich mit der von Weissenburg anrückenden Kolonne zu verbinden, dis Oestreichcr durch eine heftige Attacke zu trennen, und

den Transport an Proviant und Munition, Himer der Fronte einrücken zu lassem

Allein die Wachsamkeit der beyden dort postirten

Korps, unter den Generalen Messaros und Brunn e r, vereitelte das feindliche Vorhaben. Dem Feinde wurde mit schwerem Geschütz geantwortet, und seine

Flanken von der Kavallerie bedrohet, Da die Franzosen aber einmal ihren Zweck erreichen wollten, so versuchten sie nun durch verschicdne Manövers die Ocstrcicher

irre zu machen, Sie zogen auch noch beträchtliche Verstärkungen an sich — wiederhohlten dje Attacke und cs

fehlte nicht viel, so würde ihnen diejelbe gelungen seyn — denn beynahe hatte die Kolonne von Billickam mit einigen der Festung sehr wichtigen Bedürfnissen, die

Landauer Garnison erreicht, Die Oesircicher beschossen

174 aber die Bedeckung, ihre Kavallerie sprengte nach und

erbeutete einen Wagen, welcher mit Arzney und Flintensteinen beladen war.

Es war natürlich voraus zu sehen, daß die Franr zosen es bey dieser Attacke nicht würden bewenden lassen,

sondern dieselbe bald mit überlegner Macht, und vielleicht

nut mehr Glück erneuern dürften. Diesem Angriff nun zuvorzukommcn — beschloß der wackre Graf Wnrmscr, überzeugt von den überwiegenden Vortheilen der Offen-

sive, und den unausbleiblichen Uebeln, welche aus einer

langer» Defensive entstehen wurden, den Feind durch

einen allgemeinen Angriff, aus seinen Jockrimer Vcrschantzungen und aus dem Bienwald zu vertreiben, um die Blockade von Landau, gegen ähnliche feindliche Versuche zu sichern.

Die Franzosen hatten den Jockrimer und den Bienwald auf das fürchterlichste verschanzt, und wie bekannt,

verstehen sie durch ihre Tirailleurs, Waldungen und Berge, treflich zu vertheidigen. — Die verschicdne Streif-

korps der Verbündeten waren zwar täglich darauf aus-

gegangen , dem Feinde Abbruch zu thuu — auch stoß

in diesen Scharmüzekn täglich deutsches Blut; allein die Franzosen wichen um kein Haarbreit, und die Eroberung dieser Waldungen, schien nur durch eine allgemeine kräftige Attacke bewerkstelligt werden zu können.

Wurmfer brach daher mit 5 Kolonnen, unter dem

Kommando der Generäle v. Hotze, Prinz v, Wal-

?75deck, von Me sfa r o s, Graf Kavann agh und Printz Konde den 2oten August gegen den Feind auf. Der rechte Flügel oder die bcyden ersten Kolonnen, marschirten am Gcbürge nach den Hohen von Erlenbach

und Barbelroth, vertrieben den Feind aus Erlenbach,

And von dem Wege nach Bergzabern. — Die dritte ' Kolonne zog sich »ach Langeukandcl. — Die vierte Kolonne, welche über Rheinzabern vvrgedrungcu war, griff den Feind in seinen Verschantzungcn und Verhauen,

an der Jockrimer Waldspitze au.

Die Franzosen kanonirten heftig, aber die leichte Infanterie, und vorzüglich die Hessische unrer dem Obkisten Lentz hatten kühn und unerschrocken die feindlichen

Jäger im Walde über den Haufen geworfen — da zog sich der Feind zurück, und die Verbündeten eroberten

Jockrim, und Z Kanonen nebst 6 Munikionswagen. Die Franzosen zogen sich nun nach dem Bienwald

zurück. Dieser Wald wurde sogleich auf allen Seiten angegriffen, und nach einigem Widerstand erobert. Printz Konde bewiest hier, daß er ein tapfrer Krieger

sey. Er fand mit seiner Kolonne die größte» Schwierigkeiten , da die Franzosen bcy ihrer Nettrade die kleine

Brücke chey Werth abgetragen hatten. Der Print; ließ sogleich unter dein heftigsten Kanonenfeuer die Brücke wieder Herstellen, verfolgte hierauf den fliehenden Feind,

seine Husaren hiebe» mehrere nieder und erbeuteten

T?6 I Kanone, Durch diese Attacke kam er dem Feinde bey

Jockrim in die Flanke, und bewürkte dadurch, daß die Attacke auf den Vieuwald so glücklich von statten S'eng.

Die Republikaner fochten tapfer und verloren auch

an diesem Tage viele Menschen. General Iller, der seine zurückweichende Division öfters wieder zum stehen

brachte, starb den Todt des Helden.

Dieser Angriff -— so verwickelt und fchwürig er

auch in seinem Detail war, heweißt offenbar für die offensive, und vorzüglich gegen die Franzosen, so tapfer

sie auch ihre Redouten zuwerthsidigM wissen. Graf Wurmser blieb in seiner neuen Stellung stehe»,

um siine errungenen Vortheile den folgenden Tag, um so mehr zu behaupten, da der Feind entweder angreif-

fen, oder in seine Linien an der Lauter zurückgehen mußte,

Die Franzosen konnten die Vortheile des Bienwalds

nicht verschmerzen, und da sie für ihre Stellung an der

Lauter von dem Gebürge her, noch nichts zu befahren hatten, so wendeten sie ihre Hauptstärke gegen den lin-

ken Flügel der Verbündeten, um sich des Vicnwalds wieder zu berueistern« Sie griffen daher den 2 iten in

aller frühe, die Avantgarde der Kolonne des Grafen gon Kavaunagh an, drangen durch den Bienwald vorwurden aber durch eine rasche Attacke der Verbündeten

177 in der Fronte und in den Flanken zum weichen gebracht,

daß die Kavallerie ihnen mehrere Gefangne und einige Kanonen abjagen konnte.

Printz Konds, der die linke Flanke der Kavannaghischen Kolonne zu decken hatte, wurde ebenfalls nachdrücklich angegriffen, und etwas zurück gedrängt, allein

es gelang ihm doch am Ende, die Republicaner zurück zu schlagen, und ihnen nach einem zugcfügten beträcht-

lichen Verlust eine Kanone abzunehmen.

Die Verbündeten hatten einen beträchtlichen Verr Kist — jedoch konnte man den der Franzofen auf 2000 an Tvdte und Verwundete annehmen, auch erbeuteten

die Sieger an diesem heissen Tage 6 Kanonen und 9 MunitionswageN. Graf Wumsser ließ nün die Armee die Nacht durch

unterm Gewehr sichen, und bezog den folgenden Taz

ein Lager auf den Anhöhen von Bichelberg und in der Ebene von Hagenbach, nachdem sich die Franzosen hinter Lauterburg Zurückgezogen hatten.

Auf den 2 2ttn August mit Tagesanbruch, allär« mieten die Franzosen den rechten Flügel der Verbünde-

ten unter dem General Hotze, drangen etwas vor, zogen sich aber nach einigem scharmuzieren wieder zurück.

Eine ähnliche falsche Attacke machten sie auf den linken Flügel: Während diesem stürmten sie aber ans dem Lager

von Weissenburg mir 20020 Mann und sehr vielem

schweren Geschütze vor, und griffen das Centrum der

Armee unter dem General von Brunner an. Die Franzosen, ungeachtet des heftigen Kartätschen-

feuerö der Verbündeten, stürmten viermal untrr der Prorektion ihrer Artillerie die Position deS Centrums,

aber jedesmal fruchtlos. Die Kavallerie hieb endlich in die kühne Stürmer ein, nahm ihnen eine Kanone, tvdtete mehrere, und machte viele Gefangene.

Bey dieser Gelegenheit bewiesen die Franzosen abermals, daß sie tapfere Krieger sind; ihre ausserordentliche Kühnheit kostete sie an diesem Tage wieher viele Menschen, aber auch die Verbündeten hatten alle

Anstrengung nvthig, ihre Position zu behaupten — und nur durch Blut und Tod bahnten sic sich den Weg vorwärts. Der rechte Flügel unter dem- General Hotzs, mußte

sich näher gegen Bergzabern anschließen, um den täglich ernster werdenden Angriffen des Feindes nachdrück-

licher zu begegnen, welches auch den 2Zten vermittelst einer äusserst heftigen Attacke zu stände gebracht wurde.

Bey Bergzabern verlheidigtcn sich die Franzosen mit einer unbeschreiblichen Standhaftigkeit, welche General

Hotze nur durch ein geschicktes Manövrc zu bekämpfen vermochte.

Bergzabern hatte noch in jedem Kriege an der Elsaßi-

schen Grenze viel Blut gekostet; das Gebürgc und die

Defilsen kosten jeden Theil gross Anstrengung, »m nur das Geschütz forrzubringen.

Diese Attacke gereicht daher den beiderseitigen Ar-

meen zur Ehre; die Verrheidigung der Franzosen ver-

diente Achtung, und der unbeugsame Muth der Verbündeten —> Vewundrung.

In den folgenden Tagen dieses Monats, welche durch tägliche , und meistens blutige Gefechte bezeich-

net wurden, ließ Graf Wurmser unter andern vom rechten Rheinuser aus, dem Feinde aus zweyfacher Ab-

sicht eine Demonstration machen; theils um seine Auf-

merksamkeit auf die Defensive des linken Rbeinufers

zwischen Straßburg und Fbrtlouis zu lenken, theils um seine unaufhörliche Attacken zu schwachen, und ihm

seine Versuche zu erschweren — den Theil des Bienen-

walds gegen Steinfeld zu, zum groscn Nachthcil des linken Flügels der verbündeten Rheinarmce zu besetzen.

Graf Giulay sezte zu dem Ende bey Graffern über den Rhein; Graf Wolkenstein ließ zwischen Fort-

louis und Stvllhofen falsche Attacken machen, und Giulay war so glücklich, dem Feinde ein Blockhaus abzunehmcn, eine Rcdonce zu erobern, und von den darinn gefundenen 2 achtpfündigen Kanonen eine zu ver^ senken und die andre auf das rechte Rheinufer herüber zu bringen.

Allein diese einzelne kühne und tapfere Unternehmungen vermochten nicht, das feine und gründlich geordnete Vcrtheidignngsgebaude der Franzosen zu erschüt-

tern. U>u die Blockade von Landau zu decken und sei-

nen Fall zu beschleunigen -— mußte von Seiten der Verbündeten ein allgemeiner Angriff, auf die feste Stel-

lung der Franzosen bey Steinfeldett, und auf den Höhen von Weissenburg und Lauterburg gewagt werden.

Die Franzosen hüttttl nemlich die ungeheure Ge-

burgskette von Laurerburg, Hagenau, Weissenburg und Bondenthal auf das fürchterlichste verschanzt. Das ganze Gebürge an der Lauter bildete einen Zickzack von

Redouten — ein Lager war mit dem andern in der natürlichsten Verbindung; an diese furchtbare Linie schloß

stch das furchtbare Hornbacher Lager, und an der Hornbach und Bließ entlang Lager an Lager, auf steilen fürchterlichen Gebürgsmaßen — natürlichen Horntverken, gegen welche ein Angriff in der Fronte unmög-

lich war, Und durch welche der Feind alle Gebürgs-

pässe, die nach Elsaß und Lothringen zuführen, zu dominiren im Stünde war. Diese sogenannten Linien an der Laurer— oder die

Weissenburger Linien waren ferner durch Verhaue und künstlich angelegte breite Intervallen Unzugänglich ge-

macht, und jede Attacke in der Fronte war nicht nur gewagt,

i8r gewagt, sondern sie kostete auch so viel Menschen, als r

der Sturm auf eine Festung, zu welchem die Bresche

keinen Weg gebahnt hat. Ein Suwarow hätte zwar, so wie auf Dckzakvw, Ismail und Prags, auch auf die

Linien einen Stürm gewagt, und den bcy feiner Nation leicht zu ersehenden Menschenverlust nichts geach-

tet. Allein in der Lage der Verbündeten war der Angriff auf diese Linien, ein in jeder Rücksicht wichtiges Problem, Mit dessen Auflösung sich dis größten Ingenieure beschäftigten.

Man mußte mit den Truppen, welche die Verbündeten zu dem Ungeheuern Entwürfe gegen Frankreich

hcrgaben, wohl haushalten. Die Ersatz-Mannschaft kam sparsam, und vermöge der Entfernung der Depots

dauerte es lange, bis mau auf sie zahlen konnte, und

dann waren es Nccruten, denen der Geist und das Interesse der Franzose:', fehlte, wenn sie schon an Ges'

horfam und an Geübtheit in den Waffen den erstem überlegen seyn mochten.

Eine Hauptschlacht, welche die Verbündeten an den Feind verloren, zerriss auch zugleich den Zusam-

menhang der verbündeten Armeen; daS Terrain zwischen Landau und Mainz bot keine andere Ressource für die geschlagene Armee dar, als eine Rerirade über den Rhein, und Schutz unter den Kanonen von Wainz^

Erster Thcil- N

r82 Ganz anders verhielt es sich aber mit den Franzosen;

— ihr Depot war die ganze Nation — und die ErsatzMannschaft lieferte jeder Disirickt, wo der Kriegsschau-

platz war. Wurden sie von emem Punkt weggcschlagen so blieben ihnen die viele festen Punkte und Festungen,

deren sich der siegreichste Feind nicht anders als mit der Zeit bemächtigen, und wo sich die zerstreute Armee wieder sammlen und festsctzen konnte.

Die Franzosen fochten innerhalb ihrer Grenzen —welches mächtige Interesse für den durch Freiheit eksta-

sirten Franzosen! Jede Festung bot ihnen den Ersatz des verlornen Geschützes dar. Die Derbündetett muß-

ten dieses aus der Ferne herbeziehen; ein Verlust von

Zo bis Kanonen vernichtete auf Monate hinaus die Operationen der Verbündeten —- und darauf mußte man rechnen.

Liefe bedenkliche Konkurrenz widriger Verhältnisse kostete eine theure kostbare Zeit — und da sich die Verbündeten nicht in Josuas Zeiten befanden, und ihnen die

allmächtige Kunst jenes denkwürdigen Feldherrn fehlte,

so blieb kein andrer Ausweg für die Eroberung der Linien übrig, als ein gemeinschaftlicher Operationsplan, Nach welchem die beiden Heere zwischen dem Rhein und

der Saar, in alIer Eile und in dem subtilsten Einverstandniß zur Erreichung jenes großen Zwecks hinwürkten. Aber das feindselige Schicksal wendete den

r83 Verbündeten den Rücken zu — nicht so wohl über den

Entwurf der projecktirten Operation, als über die Zeit der Ausführung zögerte wie es mit seinen wenigen Helden die Hundertlaussende des Persischen Despoten besiegt, und gegen

diese ungeheure Monarchie seine Freiheit und Unabhän-, tzigkeit verthcidigt!

Friedrich der einzige mit seinen 200002 Preussen —-

verlassen von seinen Alliirten, verbannt und geächtet — bedroht von geweihten Degen und dem Fanatis-

mus der Mönchswelt — im Kampfe mit der ungeheuren Kriegsmacht des übrigen Europa; und durch sein Genie und durch die Tapferkeit seiner Helden Sie-

ge r Welch Schauspiel! und wie er der Verspottete, Geächtete, aber nun fürchterlich Gerächte und Ange-

staunte, nach sieben blutigen Jahren — Europa dm Frieden schenkt?

Athen und Preussen unter Friedrich dem einziger! erregen unser Erstaunen — und der Französische Frei-

heitskrieg nur unsre Bewundrung, weil die Republick mit grosern Vortheilen, mit ihrer Menschenmasse, mit dem Genie und dem Feuer ihrer zahllosen Krieger, Und

von dem Beystande ganzer Nationen begünstigt, die

mit ihr gleiches Interesse hatten, gegen die kleine,

getheilte und überall verrathne Armeen den Sieg erföchte,

2Z4 Der Französische Freyheitskrieg bildet eine eigene

thümliche Zettperiode — und wenn wir ihn gleich dem

stolzen Athen, und der Epoche Friedrichs nicht an die

Seite stellen dürfen, so wird er doch unter den merkwürdigsten auf diesem Erdenrunde ewig seinen Rang

behaupten - auch bietet er uns so wie Roms Krieg gegen Carthago, so viele einzelne ausserordentliche ThaZ ten an, welche unter dem allgemeinen Gewirre der Barba-

reyen, des kannibalischen Mordens, und so mancher vaterlandsverrathrischen Begebenheiten, wie Meteore an

dem schwarzen Horizonte hervorglänzen.

Eben so tragt auch der Krieg der Koalition seinen eignen Karackter: noch steht derselbe dem Tadel eines

jeden zünftigen und nicht zünftigen Krittelers blvs; er steht freylich im Schatten gegen das Französische Waf-

fenglück -- und ein groser Theil davon dürfte vielleicht

rm Schatten stehen bleiben. Aber der Geschichte wird

es hereinstens gelingen, über das grofe Detail ein Ur-

theil zu sprechen, und auch ihm seinen Rang anzuWeisen.

Was den Krieg der Koalition an dem OberRhein und der Saar bereist, da stehen gewiß beyde Theile gleich; die Franzosen haben zwar mir den VerLündcren die Lorbeer» getheilt, aber ich mochte wohl

bezweifle«, ob die Franzosen sich mit den GroßrhatM der Verbündeten gleichstelien könnten? -----

235 Hier glänzen einzelne ausserordentliche Handlungen,

die das Herz des treuen Patrioten mit Wonne füllen, und die der Geschichtschreiber mit süßem heiligem Entzücken dem Preiße der Menschheit aussieüt.

Der Vogesenmarsch des Herzogs von Braunschweig, und der Uebcrgang des Prinzen Waldeck über den Rhein, im Angesichte der feindlichen Armee, sind zwey grose hervorstechende Tha-

ten, welche die Namen dieser Helden verherrlichen, und die Operationen der Verbündeten unendlich erheben.

Der izte Ocktob. war der so wichtige Tag, an dem beyde verbündete Heere sich an der öffentlichen

Meinung der Französischen Nation auf eine so fürchterliche als grose Art rächten, und der Deutschen Na-

tion, die Bcwundrimg ihres alten langst bewahrten Ruhms — der Tapferkeit, und des großen militairifchen

Genies ihrer Heerführer, abnöthigten. Lange schon hatte die Rhemarmee nach einer großen

entscheidenden Thar gedürstet; mancher tapfre Mann

war gegen die furchtbaren Linien gefallen, und wurde

von seinen Brüdern beweint, die aber sein Blut zu rachen schwuren. Der Ungar kochte Haß und Rache gegen die Nation, die Marie Theresiens Tochter mißhandelte, und seine Religion verhöhnte; und sehnte sich

nach Gelegenheit, seinen Grimm jm Blute der Franzosen zu kühlen, und die beleidigte Gottheit zu rachen»

Das sähe Wübinfer, Und mit Ungeduld erwartttö iet den griffen Ta^> an.dem er den heissen Drang feiner tapferu Krieger beschäftigen könnte.

Die Difpositiön zur Eroberung der Linien, ehrt die Unlitairifchen Kenntnisse des grauen Kriegers.

Der Herzog von Braunschweig stand den Lagern von Bondenthal und Limbach, und Hoheirlode dem Lager

von Herzogshand nun im Rücken. Auf diese erhaltne Nachricht befahl Wurmfer den Angriff auf die Weissen-

burger Linien Mit dem Bajonett, und den Uebcrge.ng

des Prinzen Waldeck über den Rhein - um die rechte FläNke der Linien zu tournircm Die Armee setzte sich

daher um t Uhr Nachts m 6 Kolonnen in Marsch. „Drey Haubitzschäße geben das Signal zum An-

„griss General Irllachirh rückt mit dem äussersten „linken Flügel gegen Laucerburg vor — macht einen

„falschen Angriff auf Lauterburg, und wenn Prinz „Waldeck durch den Angriff im Rücken bey LauterburK „die Linien fordirt hat, dann vereinigen sich beyde Korps „und handeln gemeinschaftlich."

„Generäl Höffe' MM.die feindlichen Verhaue im

„OimwÄd auf, vertreibt den Feind, förcirt feine Der/ „schünztingeir Auf der VienwalöSWÜhle, wendet sich

„dann rechts gegen St. Renn, stürmt'die dortigen kBrrfthimzungm,' und geht so über die Linien. Gene-

äA7

„ral Messaros stürmt die beyden gköfeit -Keboütft« „beh Niederotterbach und Steinfelden."

/»General von Köspoth greift die Linien zwischen

„Steinfclden und dem Haftelhof an." „Prinz Milde schließt sich an,Die Köspötische Ko-> „könne an, rückt von Bergzabern und Otterbach gegen

„das Gebütge vor» greift dis Waldungen alt, und »»halt sich an der Grenze des Waldes gegen Weift „senburg zti." Nach dieser Disposition Marschirten niln sämtliche

Kolonnen in der Nacht auf den. i ftcn Ocktob» Vor, Und

auf das gegebene Signal stürmten sie von allen Seiten,

gegen die feste Stellung der Franzvsem Ein fürchterliches Geschrei) von Maria Theresia—-

vivo le koi und vivn In ticirion aus mehr denn yo tauieNd Kehlen dröhnte auf der ganzen 2inie vott LanrerbNrg bis Bondenthal, und der Kanonendonner aus mehr denn ^oo TodirsschlündeU, verkündigte den

Bewohnern des Rheins, der Saar, der Mosel, des ' Neckars und des Mains —- daß die Verbündeten jetzt das gross Unternehmen gegen die Weissenburger Linien

Äagte-tt

Prinz Waldeck Mär mit 2dooo Mann bey Plittersdorf über den Rhein gegangen, Und hatte öenFeind von

dem linken Ufer Vertrieben. Allein der tapfre Prinz -nachdem er die größten Gefahren beständen hätte, könnte

2Z8 wegen der Entfernung und dem hicken Nebel, die Signalschüsse, und noch weniger die stille Attacke mit dem

Bajonette vernehmen. Er wähnte, daß die projektirte Attacke Hindernisse müßte gefunden haben , und da ihn

der General Jellachich, aus ähnlichen unverschuldeten Ursachen nicht von seinem Verrücken benachrichtigte, so

entschloß sich der Prinz das linke Rheinufer wieder zu

verlassen, da er nach seiner Meinung und auch nach

jenen natürlichen Vermuthungen befürchten mußte, mit seinen Truppen vom Rhein abgeschnittcn zu wer-

den. General Jellachich hatte Lauterburg links umgangen ; würde er nun den Prinzen davon unterrichtet

haben, dann wäre derselbe bis Mottern vorgerückt,

hatte die Niederlage des Femdes vermehrt, und die Garnison von Lauterburg gefangen gemacht. Da aber dies nicht erfolgte, so zogen sich die Franzosen aus Lauterburg heraus — griffen den sorglosen

Jellachich an, und würde» sein Korps wahrscheinlich zurückgedrangt haben, wenn nicht hie Hessische Ka-

vallerie mit unsterblicher Bravour den Feind zurückgeworfen, und diesem Unglück vvrgebeugt hatte.

Indessen hatte doch die Garnison von Lauterburg Zeit gewonnen, sich auf den Geißberg zurückzuziehen,

welches die beiden Feldherren nun nicht mehr verhin-

dern konnten. Man bedenke aber, wenn diese beiden Korps gegen den rechten Flügel in dem Grade glücklich

2ZY gewesen wären, wie der Herzog von Braunschweig durch seine strenge Pünktlichkeit und Wachsamkeit gegen den lin-

ken, was würde aus der Französischen Armee geworden seyn? Äusser dem daß sie all ihr schweres Geschütz verloren

hatte, würde sie eine solche Niederlage erlitten haben,

die auf alle folgende Operationen sehr viel Einfluß gehabt hatte; und vielleicht wäre der Verlust der Verbünr beten im Centrum nicht so bedeutend geworden, als er nun leider bedeutend werden mußte.

Das Schicksal — wiewohl es seine Günstlinge nicht

ganz verließ — konnte aber so vieler Standhaftigkeit und Treue nicht langer widerstehen; der Muth der Verbündeten überwand alle Schwierigkeiten, und sogar die

Hindernisse des widrigen Zufalls.

General Meffaros vertrieb den Feind mit dem Ba-

ivnette aus seiner Redoute bcy Niederotterbach. Die Kavallerie wollte diesen Vorlheil zum Einhauen nützen,

allein mit Blitzesschnelle hatte sich der Feind in eine andere geworfen, und aus der fürchterlichen Redoute

bcy Steinfelden mit y Kanonen und i Haubitze die Kavallerie sowohl, als die vorgedrungcne Jnfancerie zurückgeschlagcn.

Wurmser befahl den zweiten Angriff — den blutigsten in der ganzen gemeinschaftlichen Attacke. Der

Obrist Suel, ein zweyter Schwerin, griff nun an der Spitze des Pellegrinischen Regiments unter dem

LchÄ

fürchterlichsten Kartatschenfeucr der Franzosen die Stein-

selber Redoute an> Der Feind flöhe, und überließ den Siegern sein Geschütz. Snel siche seinen Tod vor

Äugen, aber Pflicht und Ehre ermannten ihn, daß er wie ein Held dem Tode entgegen gieng. Er starb den

schönen Tod fürs Vaterland, und 6oo seiner tapfer» Waffenbrüder sielen gröstentheils an seiner Seite.

General Hohe stürmte so rasch als glücklich die feindliche Verschanzungen au der Menwaldsmühle, und

Dey St. Remi; und durchbrach die Linien. Die Franzosen vertheidigteu sich mit vieler Einsicht — und

wiewohl sie von dem General en Chef keine weitere Verhaltunzsbefchle erhalten konnten, so wußten sie sich doch glücklicherweise unter abwechselndem Kanvncnfeuer

Kvu Redoute zu Redoute zurnckzuziehen, daß die Vers Kündeten bey weitem nicht den beabsichteten Vortheil

über sie erhalten konnten, den mau bey einer solchen Verwirrung als möglich vorausgesehen hatte.

Genera! Kospoth und das Kondeische Emigrantens

Dorps fanden bey dem Hafttlhofe,einen rapftrn Wider/

stand, wobey die Emigranten einen Verlust von 20-z Tobten und Verwundeten erlitten. Die Franzosen mrrßten über, ihrer heftigen Gegenwehr ungeachtet, dein heft

tigen Artilleriefeuer der Kospvtischen Kolonne weichen, Und ihre sämtlichen Verschanzungen mit HinterlaffuNA

vieler schwerer Kanonen, Zelten und Bagage vsrs

L4r lassen. Die Kaiserlichen fochten wie Löwen, sie frans

den wie eine Mauer, und stürmten, ungeachtet des mörderischen Kartatschenfcuers der Franzosen, immer

vorwärts. Nichts konnte ihren Muth beugen; viele ihrer Brüder wurden erschlagen —- allein Sieg oder Tod schien der Wahlspruch eines jeden gewesen zu sepn -----

und mit Recht krönte der Sieg ihre Tapferkeit. Aber auch die Franzosen hatten keineswegs durch

Muthlosigkeit ihr Vaterland verrathen. Sie warm bey dem allgemeinhefrigen —-an Wuth grenzenden An-

griff, der in so viel einzelne nachdrückliche Attacken zerfiel — nichts weniger als feig- Bedroht in den Flanken und in dem Rücken, verließen sie keinen festen Punkt,

ohne ihn den Verbündeten theuer gemacht zu haben.

Freilich hatte daran die Kunst ihrer Ingenieure und die unübertreflich kunstvolle Anlage ihrer Verschanzun-

gen viel Antheil. Aber die Tapferkeit und Kontenance

der Truppen haben bewiesen, daß sie es wenigstens

verstehen, diese Vvrtheile mit aller möglichen Nachdrücklichkeit und.Gegenwart des Geistes zu benutzen.

Wie schon gesagt — ohne den kühnen Marsch des

Herzogs von Braunschweig durch das Vogesische Ge-

bürg, würde abermals die tapfre und über alles Lob erhabene muchige Attacke der verbündeten Rheinarmee,

ohne glücklichen Erfolg geblieben seyu. Der Faden Lieser grosen Begebenheit führt mich daher ganz natür«

242 lich auf die gleichzeitige Operationen der verbündeten Vogesenarmee, um auch ihr Tagewerk zu würdigen. Auf die von Wunnfer gegebenen Signale, griffen nun auch die Preussen unter dem Erbprinzen von Hohenlohe

das Lager von Herzogshand, und der Herzog die Läger

von Bondenthal und Limbach au.

Hohenlohe hatte an und hinter der Abrei auf der

Strasburger Chaussee, Infanterie , Geschütz und Kavallerie placirt, um den Franzosen den Rückzug abzuschneideu. Die Preussen drangen nun durch den Verhau durch, und vertrieben den Feind nach einigen Sal-

ven aus dem kleinen Gewehre aus'seinem Lager. In diesem Augenblick hatte auch der General von Schla-

den ein feindliches Korps auf der rechten Seite von Lemberg angegriffen, dasselbe zersprengt, und alle La-

gergeräthschaften, selbst das Fleisch in den Töpfen er-

beutet. Gleichermaßen eroberte der Herzog das Lager

bey Boudenthal, und delogirte den Feind aus seinem Limbacher Lager.

Da nun die Französische feste Stellung bey Weißen-

burg im Rücken bedroht, in der Fronte gestürmt, und durch den Ucbergang des Prinzen Waldecks über den

Rhein auch in der rechten Flanke umgangen war, so mußten die Franzofen diese Stellung plötzlich verlassen,

um ihr zahlreiches Geschütz zu retten. Dieses geschähe

denn auch gleich nach der Eroberung der Steinfelder Redvutc.

243 Die Verbündeten sollten nun gleich nach der Eroberung jener Redoute gegen Weißenburg aufbrechcn. hierzu war aber die genaueste Vereinigung sammtlicher

Kolonnen erforderlich. Dieses Manövre kostete eine volle Stunde Zeit, weil die Truppen durch die beschwerlichen Gebürgsmarsche äusserst ermattet waren.

Der Feind bcnuzte so einsichtsvoll als gewandt diese kleine Frist, und rettete den größten Theil seines Ge-

schützes. — Die Sieger fanden aber demohngeachtet

noch Z i Kanonen, viele Zelte und Bagage — 12 Fahnen und ys Trommeln.

Kaum war nun die Linie der Armee gebildet, als Wurmser wieder Vordrucken befahl. — Die Franzosen

hatten sich rheils nach Weißenburg, theils nach dem Geißberg zurückgtzogen. Eine gegenseitige Kanonade

eröffnete den Angriff. Wurmser ließ Weissenburg auffordern , und erhielt von dem Kommandanten zur Ant-

wort, „daß er wegen der Ucbergabs der Stadt zuerst Befehl vom Nationalkonvent einholeu müsse."

Weißenburg wurde daher mit Haubitzgrcnaden bei

schossen und in Brand gesteckt. Da die Stadt nicht

haltbar war, so zog- sich gegen 7 Uhr Abends der Kommandant mit der Garnison in aller Stille nach dem Geißberg zurück. —Der abziehenden Garnison wurden Kavalleriederaschements nachgeschickt, welche aber dem

vorsichtigen Feinde keinen Abbruch thun konnten, da er

§44 Ken Rückzug dieser Garnison durch seins Batterien auf dem Geißberge unterstüzte.

Die Verwirrung in Weißenburg über den Abzug Her Franzosen und dem an einigen Orten ausgebrochenen B,raiid wcrr auf das höchste gestiegen^ da die Bürger aus Furcht vor Freund und Feind sich zum Theis

Versteckt hatten, Es blieb also den Verbündeten nichts

Weiter übrig, als die Stadtthore einzufchießen, worauf die leichte Infanterie, Wallachen und Setessancr in die Stadt stürmten, und plünderten. GrafWurwser eilte aber bald der bedrängten Stadt

zu Hülfe , und stellte die Ordnung wieder her. Die Nacht endigt« diesen grostu und merkwürdige»

Kampf, welcher die Ansirmigung der Verbündeten mit

Ehre und Ruhm krönte. Wurmfer ließ die Armee hinter Weißenburg unter dem Gewehre bleiben -— befezts

Weißenburg mir 2 Batallious, und nahm hierauf fei» Hauptquartier auf dem Haftelhofe. Die Verbündeten hatten nur wenige Gefangene ge-

macht , da der Feind sich entweder unter dem Schutz seiner Artillerie zurückzog, oder dem mörderischen Ba-

jonette erlag. Man kann daher auch den Verlust der Franzosen nicht genau angeben — beträchtlich muß er

aber auf jeden Fall gewesen seyn. Den Verlust der Verbündeten kann man auf 120s Mann angeben — «in Verlust der mit den zu bekämpfenden Ungeheuern

- Schmie«

245 Schwierigkeiten in keinem Verhaltniß steht. Alle fochten wie brave Männer— jeder einzelne kannte zwar die

gefahrvolle und bisher für unüberwindlich gehaltne feindliche Stellung; aber jeder einzelne schien auch mir Verachtung des Lebens nach dem Ruhm zu dürsten, der

dem Siege über ausserordentliche Schwierigkeiten zü

Theil wirbt Die Französische Armee wurde nur versprengt —> ans ihren verschiedenen Positionen und Lägern heraus

Manövrirt, und nicht geschlagen. Freilich wurde sie aufs Haupt geschlagen worden seyn, wenn der so wohl berechnete als kühn unternommene Angriff in allen Thei-

len geglückt wäre. Aber man bedenke die Entfernung der verschiedenen Kolonnen — die gar nicht vorherzu-

sehende Schwierigkeiten, Hindernisse wie diejenige,

welche Prinz Waldeck gefunden hat, und man wird in seinen Forderungen billiger Werdenr Der Franzose

ist auf Terrains dieser Art, wie bey Weißenburg und in dem Gebürgt, Meistert Vermöge seiner Artillerie— seiner milchigen leichten Infanterie, Und seiner geübten

Tirailleurs, verthcidigt er gegen die geschloßne Infante-

rie der Verbündeten, dis Waldungen und Gebürge mit

Sickerü Glück, ünd weiß durch solche Chickänen eine Zeit zu gewinnen, welche die tharige Französische mee so schnell als geschickt benutzt.

Erster Theis B

246 Die Nertheidigung von Weißenburg, hielt die Ver-

bündeten bis gegen Abend auf — der Feind gewann dadurch Zeit sich auf das Gebürg znrückzuziehen, und

sich von seiner Bestürzung zu erholen. Hatte man an diesen Rückzug das Blut mehrerer Tausend braver Krie-

ger wagen sollen? Wohl, so hatten die Verbündeten durch ein geschicktes Manövre und einen neuen Sturm, vielleicht die Garnison von Lauterburg aufreiben können. Aber eine solche Menschenverschwendung findet bey den

Verbündeten nicht statt, da es ihnen an der Französischen Requisitionsmannschast fehlt.

Diese eigenthümlichcn Vortheile der Franzosen, und diese so unvermeidliche als wichtige Schwierigkeiten

verursachten, daß auch die denkwürdigsten und tapfersten Operationen der Verbündeten in einem falschen Lich-

te erschienen. — Ein groser Theil des Publikums beurtheilte das Französische Militair nach den Franzosen

des siebenjährigen Krieges und nach der Schlacht bey

Roßbach; viele halten von der Tapferkeit der Verbündeten gar nichts, und sprechen ihnen alles ab, indem

sie den erstem alles zugestehen. Ein andrer sehr beträchtlicher Theil verachtet den disciplinlosen Nationalgarden , urtheilt nach Schirachs Arithmetik über Frankreich als über einen welken, marklosen und ausgehunger-

ten StaatSkdrper, in dessen Eingeweide« die physikalische

und moralische Pest alle gesunde Theile verzehrt habe.

247 dessen höhere Kräfte vom Freiheitswahnsinn verwüstet

seyen, und schreit darum über Verrätherey und ächtet

die Feldherren, wenn nicht bey jeder Attacke ein Franzvsischcs roooüü Mann starkes Heer aufgerieben wur-

de, da der politische Kannegießer mit einem Mundvoll Raucytaback den ganzen Staatt-körper bey seiner Zeitung nmzublaßen wähnie.

Wirft man einen Blick auf diese durchaus falsche Meinungen des Publikums, so wird man die Feldherrn bemitleiden, deren so sauer erworbene Verdienste bis jezt so mißkannt wurden.

Die Äerbündeim haben alles gethan, was tapfere Truppen vermögen, und in den Thaten und Operationen der Feldherrn findet man Talent, patriotische An-

strengung und guten Willen. Aber was sie unternahmen, haben sie gegen einen Feind versucht, der brav,

tapfer und thatig war, gegen einen Feind , der mit Jupiters Donnerkeulen zu streiten versteht, dem nichts zu

groß und zu fürchterlich ist — den das Ausserordentliche reizt, weil es mit gefahrvollen Schwierigkeiten be-

gattet ist, der zwar ftei und petulant äusser Dienst ist, aber streng und sklavisch den Befehlen seiner talentvol-

len Feldherrn huldigt, so bald es der Sache des Vaterlandes gilt.

Es ist Zeit, daß man endlich einmal von dem Wahne zurückkommt, und aufhört mit sehenden Augen blind

Rs

248 zu seyn- Die Verbündeten verdienen Lob, Und kernen

Tadel- denn sie haben bey dein Angriff auf die Weif» senburger Linie alles gethan,was sie vermochten; und denen die dieses bezweifelten sey dieß zu einer beßern

Ueberzeugung gesagt. —

Den andern Morgen, als den 1410« Lowber marschierte die ganze Armee wieder vorwärts, üm den Feinst

von dein Grißbcrge zu versagen: Wie es aber zu erwarten war, daß derselbe in seiner jetzigen Lage sich nicht" aüf die Vertheidigung einzelner Gebürgsposicn einlassen-

sondern eine sichere und feste Position suchen würde -

uni seine zerstreuten Truppen wieder zN sammeln — so wurde deM Grafen Wurmser noch in Jeiten die Nachricht gebracht, daß der Geißberg vo« den Franzosen ver-

lassen sey, und dieselbe sich auf eire weite Strecke zurückgezogen Hütten.

Wurmser ließ hierauf seins Armes auf den Höhen

von Sulz ein Lager beziehen, und nahm in Sttlz sein Hanptguartier. Zn dieser Stellung ließ er die Truppen

bis zum r6ren anSruhen, an welchem Tage auch der glorreiche Sieg über die Französische Rheinarmee bey Weißenburg —- in Gegenwart des .Herzogs von Br gegen einen so kühnen und chatigen Feind,

Nicht leicht statt fand.

Man war also endlich von Seiten der Verbündetem dahin übereingekommen, offensiv zu handeln -—einem

Versuch gegen jenen festen Punkt zu wagen, wahrend die Armee in dem Vogesischen Gebürgt den Feind vom der Saar zu vertreiben, üird Bitsch zu gewinnen suchen

werde-. Auch kannte Man seht wohl die Gefahren dee Defensive gegen die Franzosen, und die entschiednem

Vorzüge der Offensive, da man bisher mit einer kleis tteN Macht angriffsweift den doppellstärkern Feind be«

siegte» Unstreitig liegen jene Vordersätze in der Fran-

zösischen Art Krieg zu führen - in der Größe und Vermischung ihrer Armee, so wie auf Seiten der Verbün-

deten in der Disciplin-, dem Manövre und der Kvnte-

inance der Truppen» Auch hätten die Verbündete« durch eine Verstärkung von 52000 Mann diese Unternehmung trotz der ungestümen Jahreszeit mit vielem Glück bestanden. Da aber eine solche Verstärkung vermög der politischen und geographischen Verhältnissen

Erker Neil, L

278 Her verbündeten Mächten nur frommer Wunsch seyn

konnte, so war das Vordringen derselben so kühn als

gewagt — so nothwendig als gefährlich.

Das Glück der Verbündeten an der Elsässischen Grenze hieng nun einmal von dem Fall der wichtigen

Festung Landau ab. Landau war auf 6 Monathe verproviantirt — der Fall dieser Festung konnte sich

bis in den Winter hinaus verlängern — man mußte

auf eine Winterblockade rechnen, und mit der Zeit wuchern, um auf einem solchen Terrain und in einer solchen langen Linie dasselbe behaupten zu können.

Der Herzog von Braunschweig unterstützte daher die Operationen der Rheinarmee gegen des Feindes feste

Stellung bey Pfalzburg und Savernc — und versuchte von seiner Seite sich der Bergfestung Bitsch zu bemächtigen. Den ganztn Ocktober durch standen die verschied-

nen Korps der Vogeseuarmee wie eine Mauer an den

Ufern der Saar, und hielten den Femd von Saarlouis

an bis Bonquenon im Respcckt. Allein weiter vorzurücken — die Franzosen von dem linken Saarufer zu vertreiben — dieß vermochten sie nicht, und diese Un-

ternehmung war in dieser Jahreszeit bey einem anhaltenden heftigen Regen, der die Gevürgopässe und enge

Wege fast unbrauchbar gemacht Harle, beinahe unmöglich — auch durfte man sich nicht zu weit von den

27Y Magazinen entfernen, deren TransportirüNg mit Unge-

heuern Schwierigkeiten verknüpft war. Die Verbündeten bildeten daher folgenden verschanz-

ten Kordon. Das Korps des Generals von Knobelsdorf, welches den rechten Flügel bildeten lehnte sich bey Dnttweiler an den grosen Nassauer Wald anj und

hielt diesen Wald zum Theil besetzt. An dieses Korps schloß sich das Kalkreuthische an,

welches 'däö Terrain von der Strasse, die von Saar-

brücken nach Frankfurt führt bis zur Blies; und der Strasse die von Saargemünd nach Iweybrücken geht — besetzt hatte;

Die Intervallen zwischen dieseni Korps und dem Korps des Erbprinzen von Hohenlohe waren von den detaschirten Korps der Obristen Szeckuli- Stranz und dem General Kohler besetzt —welche die Verbindung

über Bewelsheint, Ärmesweiler und Wollmünster mit Hohenlohe unterhielten. Das Erbprinz HvheNlohische

Korps und die Hauptärmee unter dein Herzog von Braunschweig lagerten bey Kitsch? Eschweilet, und erstreckten sich über die Strasse von Bitsch nach Zwcy-

drücken und von dem Dorfe Wollmünster bis zu dem kleinen Schweitzerwälöcheni

Die Intervallen von hier aus über den Kettrichee Hof bis zü den Anweiler Thalern waren ebenfalls von Detaschements besetzt/ wodurch die Verbindung mit

T2

L8o dem Vlockadekorps vor Landau unter dem Kronprinzen von Preussen unterhalten wurde-

General von Kleist war in das Gebürge detafchirr/ und als sich der rechte Flügel der Rheinarmee unter dem

General Hetze den GebürgspasseN von Lichtenberg und

Pfalzburg näherte, so rückte Kleist von Matschthäl nach

Oberbrmm und Urweiler, und unterhielt auf die Art beständig die Verbindung der beiden Armeen.

In dieser festen Stellung stand die Vogesenarmee

der Verbündeten meistens defensive/ weil der Feind

nut aller Tapferkeit das linke Saarufer behauptete, und vermög seiner fürchterlichen Verschanzungen uni

so weniger konnte vertrieben werden, da seine Armee

konzentrirt — die der Verbündeten aber so vereinzelt war, daß sehr wichtige Punkte nur mit DetaschsmentS

besetzt waren, und zwischen dem Blankensteinischm

Korps und dem General von Knobelsdorf eine ganze Merlen lange Lücke ihrer eignen Verrheidigung überlassen

blieb, weshalb diese so weit gezogene Linie überall dem

Feinde Blößen bieten, und man auf eine kräftige und nachdrückliche Attacke Verzicht thun mußte;

Die Operationen an der Saar zerfallen daher wäh-i rend dieser ganzen Periode in kleine unbedeutende Gefechte, und in einen ununterbrochnen Kanonadenkrieg.

Da nun jede Unternehmung gegen die feindliche

Stellung bey Saverne und Pfalzburg mißlang — der

281 Feind sich aber täglich verstärkt? und mit unbeschreibli-

cher Wuth die Rheinarmee von der Gebürgsseite angriff und durchzubrechen drohete, so mußte man darauf den-

ken, die Armee zu konzentrirsn, und die 40 Stunden

lange Linie von Wanzenau bis Saarbrücken abkürzen. — Die Verbündeten, vorzüglich die im Vogesischen

Gcbürge, litten Mangel an Lebensmitteln; — der Transport der Lebensmittel durch die Engpässe jener schrecklichen Berggruppen war mit fürchterlichen Schwie-

rigkeiten verbunden. Die Gegenden an der Blieö, Er-

bach, Saar und der Motter, waren vom Femde hart Mitgenommen, und erstere auf den Befehl der abscheu-

lichen Tyrannen Maribon Montaut, Soubrany und la Cvste (der früher schon den Antrag machte, das ganze Land zwischen derSaar und demRhein zu verheeren)

gänzlich ausgeleert. — Auch war die Zeit gekommen, die Kantonnirungsquartiere zu beziehen; die Truppen hatten übermenschlich in den öden Gebürgsgcgendcn von der harten Ishrszeit, dem häufigen Regen und dem

ewigen Marin der feindlichen Lirailleurs, die ihnen

keine Stunde Ruhe ließen — gelitten. Man mußte also auch darauf Rücksicht nehmen, damit nicht die Epidemische Krankheiten, welche schon eingerisse» wa-

ren, über Hand nahmen, und die Verbündeten mit eben dem schauervvllcn Schicksale einer zweyten Champagne heimfuchten.

?8L Der grose Herzog hon Braunschweig kannte wohl

alle die Schwierigkeiten— diese unausweichliche, den Verbündeten so nachtheilige Folgen, welche aus einem

Rückzüge von der Saar eintretten würden — auch hatte er nicht vergeben,,was sein groser Lehrer, Friedrich

der Einzige, sagte : „Wer zu viel decken will, deckt gar

„nichts," Aber er — der den Gang dieses Kriegs von seinem Ursprung an bis auf diesen kritischen Augenblick

jetzt tief durchschaute, war auch sehr wohl überzeugt, wie wenig sich dieser kathegorische Imperativ der Tack-

tick, in der ganz eignen Lage der Verbündeten, anwen-

den ließ, Die Kriegskunst mußte sich nach dem Interesse der Kabinetten richten : vermög diesem Interesse waren die

Armeen auf eine festbestimmte Zahl gebracht, die kein

Theil erhöhen wollte und konnte; und mit dieser kleinen AnzalF sollte nun einmal das vorgesieckte Ziel er-

reicht werden, weil drey Theile von Europa der Mei-

nung waren, daß man schon mit der Hälfte dieser Krieger die Französischen Armeen schlagen konnte.

Ganz anders verhielt es sich mit dem Feinde. Die Kriegskunst der Franzosen war das Interesse der gan-

zen Nation; der Konvent befahl — und Hunderttausende strömten an die Grenzen, oder wurden auf Post-

wagen dahin gebracht; und diese unternehmende zahlreiche Cohorren begleiteten tauseyd Tvdtesschlünde

. 283 gegen die Verbündeten, weit der Heilsausschuß den Grundsatz hatte, mit einer grvsen Masse und viel Ge-

schütz einen Punkt so lang anzugrcifen, bis die Linie durchbrochen wäre. Wie ungleich war dieser Kampf, in

den man sich einmal cngagirt hatte! — sich zurückziehen, ohne das äusserste versuch! zu haben? Es galt der

Ehre der Deutschen Nation, dem Ruhm jedes FeldHerrn — und das Schicksal des Deutschen Reichs hieng von dem klugen Benehmen in dieser kritischen Lage ab.

Der Herzog mußte sich aber einmal vor allemal dazu entschließen, die Truppen von der Saar abzuziehen, und die Kantonnirungsquartiere zu bezie-

hen. Da aber dieser Ausweg die Bedenklichkeiten vermehrte statt verminderte, so entschloß sich der Her-

zog zu dem frcylich aus mancher Rücksicht tadelnswür-

digen Unternehmen, die Bergveste Bitsch durch einen

6oup ste irmin zu erobern.

Freylich hatte dieses alles früher schon geschehen

müssen; denn da die Armee sich in jedem Falle zurückziehen mußte, so konnte auch in dem glücklichsten Falle

Bitsch dem Vordringen der Franzosen so wenig Hinder-

nisse in den Weg legen, als die Bergfestung Königstein den Verbündeten bey Wickert und Hochheim. Man kann also diese Unternehmung nach der eigentli-

chen und wahren Lage der Verbündeten für nichts mehr

anseheu, als für eine redliche Aeusserung des gütest

L84 Willens, auch das äusserste zu wagen, um dem gemein-

schaftlichen Interesse der Verbündeten zu dienen: auch

darf man dem grosen. Genie des Herzogs von Braun-

schweig zutrauen, daß er, n> dem Fall die Unternehmung geglückt wäre, diesen. Vor.theil vielleicht so uner-

wartet als ausserordentlich benutzt hatte. Bitsch rvar in jeder Hinsicht den Verbündeten wich--

tig; man denke, welche Vortheile sie erlangt hätten,, wenn nach der Eroberung der Linien bry Weissenburg Diese Festung ihnen zu Theil geworden wäre. Bitsch, der Schlüssel des Vogesischen Gebürgs ver-

einigt die Straffen von Laydau, Pirmasens, Weiffens

lhnrg, Strasburg, Pfalzburg, Bouquenon, Saarlouis und Aweybrncken — also acht Hauptstrassen, und war

also sehr wichtig, da. ein fürchterlicher, unerstiiglicher Felsen in der Mitte dieselbe bedrohet? und beherrschte^ Vielleicht hätte auch noch in dieser Iahrszeit das bekannte

Talent des Herzogs davon Gebrauch gemacht; man

schließt dieses mit Recht daraus, da. das Knobelsdorffche und Kalkreutsche Korps zwar Befehl zum Rück-

zug hatten , aber nach dieser mißlungnen Expedition

sich erst würklich zurückzogen. Die Garnison der Fe-

stung bestand aus 1220 Mann, Seit der Eroberung des Hornbacher Lagers waren die Preussen oft in der Stadt — und man schien gegenseitig einverstanden ge-

wesen zu seyn, sich nicht vergeblich zu allarmiren, und

285 nutzlos Menschen zu morden, da der Vortheil ohnehin stuf Seiten der Festung würde gewesen seyn.

Mehrere Französische Ingenieurs, welche einen treuen Plan der Festung befassen —bemühtten sich schon

langst den Herzog zu einer Unternehmung ans Bitsch zu

bewegen, Da aber der Herzog die Emigrirte zum Theil als Verrqther und als unwissende phantastische Men-

schen kannte, so lehnte er den Antrag ab, weil ihm

das Blut seiner braven Truppen wichtiger war, als daß er es einer tollen Grille dieser Menschen aufgeopfert

hätte. Indessen war kurz vor dem röten Nov., auf welchen Tag die Unternehmung nachher festgesetzt wurde,

ein Offizier von der Garnison zu den Verbündeten über-

gegangen, — Der Herzog befahl demnach, daß ein

auserlesenes Korps von 1600 Mann bey Nutzweiler sich den Abend vor den, löten versammle» sollte. Nur

wenige trugen Waffen, der größte Theil war mit Aerten, Beilen, Bruch-und Hcbciscn versehen. Sämt-

liche Truppen mußten ein weißes Tuch um den Arm tragen —ein Beweist daß man mit sehr wichtigen Perso-

nen aus der Festung im Einverständnis war, Der Graf von Wartensleben, Kommandeur des Regiments Prinz Heinrich, und der Adjutant des Herzogs,

der Lbristlieutenansvon Hirschfeld, führten di? beiden

Kolonnen, welche sich in iv Attacken theilten, wovon

286 9 gegen die Festung, pnd i gegen die Stqdt bestimmt waren. Da der Abmarsch der Verbündeten auch der Festung

mochte kund geworden seyn — so vermuthete der Kom-

mandant um so weniger einen Angriff.

Die Preussen näherten sich stille der Festung. In

der Stadt wurde ein Posten von 62 Mann gefangen genommen. Sämtliche Attacken überstiegen die Pallisa-

den, kletterten den Berg hinan, und kamen glücklich in

den bedeckten Weg. Das erste Thor der Festung war

weggenommen — allein nun kamen die Stürmer an daö letzte eiserne Hauptthor, welches sie vergeblich auf-

zusprengen trachteten ' ).

Die Garnison wurde nun allarmirt — alles schrie zu den Waffen. Die Preussen konnten aber nicht wieder zurück, und von den Wallen herab warf der Feind

Handgrenaden, Steine, Balken, Kugeln, gehaktes Eisen, Laveten, und bald darauf erfolgte ein mörderisches Haubitzen und Kartätschcnfeuer -—und somit war

die ganze Unternehmpng fehlgeschlagen. — Die Preus-

sen bewiesen dabey einen Gehorsam und eine Unerschrockenheit, die das Deutsche Vaterland mit Jrührung *) Nach einigen Nachrichten soll der Führer dieser Kolonne tn der Finstcrniß niedergestoßcn worden seyn, weshalb die Verschwvcne in der Festung kein Signal bekamen.

287 ttkenys, und die der Disciplin des Preussischen Militairs, so wie der persönlichen Tapferkeit der Preussen,

und der Bravour ihrer Anführer unsterbliche Ehre zusichern

Die braven Truppen sollten die Festung überrum-

peln, aber nicht stürmen; jn der Hitze des Kampfs erfolgte das letzrre — daher der beträchtliche Verlust an

Tobten und Verwundeten, der in 24 Offiziere, 21 Unteroffizieren und s iZ Gemeinen bestand. Beyde Anfüh-

rer wurden verwundet — Hirschfeld durch einen Stein-

wurf, der ihn zum Dienst unfähig machte. Da diese Unternehmung fehlgefchlagcn war, so zogen sich die

Knobelsdorfsche und Kalkreuthjschen Korps, den BeBey dieser Gelegenheit verdient die Römische Tugend des ivackern K. K. Feldmarschallicutenant Grafen von

Wartensleben erinnert zu werden. Dec ehrwürdige Mann führte den Abend vor der Unternehmung auf Bitsch seinen einzigen Sohn, einen Jüngling von iz Jahren, zu dem Herzog von Braunschweig, und bat

denselben, seinem Sohne zu erlauben, daß er der Unter-

nehmung bepwohnen dürfe, indem er hinzufügte: — Da diese Unternehmung zum gemeinschaftlichen Besten

der Verbündeten abzweckt, so wäre cs billig, daß man Oestrcichischer Seils auch etwas dazu gäbe. ,,H>er ist

das Lheuerste, was ich habe — mein Sohn." Der

Jüngling kehrte gesund wieder in die Arme seines er-

habenen Vaters zurück. — Mag. d. n. Kr. Begeben-

he ten. Erster Band S. -51.

288 fehlen vom izten gemäß, am i6ten von dem Saarufer zurück, und trafen am 17WN das erstre auf den Billstöckler Höhen, und das zweyte auf den Biesinger Höhen ein.

Graf Kalkreuth hatte nicht mehr Zeit übrig als eine Position zu wählen, und sich mit dem durch die Unterneh-

mung auf Bitsch allarmirten, und durch den Rückzug muthig gewordneu Feind in ein Gefecht einznlassen.

Die Stellung der Verbündeten unter Kalkreuth von dem Lautzkirchner und Niederwurzbacher Grund, als dem

rechten Flügel, üher die Gebürgshöhen bis an das Boll-

weiler und Wecklingcr Thal, als dem linken Flügel — war zwar treflich gewählt; allein das schreckliche Regenwctter hatte die Wege so verdorben, daß man von dem Geschütz nicht überall Gebrauch machen konnten-.

Einige Wochen zuvor hatte General Hoche der, Oberbefehl über die Moselarmes erhalten, da Schombourg, als deutscher Edelmann, wegen dieser Erbsünde, dem Heilsausschusse verdächtig geworden war. Hoche, ein kalter, verschloßner Feldherr, empfänglich

für das neue Kriegssystem des Heilsausschusses, und «in rechtgläubiger Republikaner, schien den Repräsentanten der rechte Mann zu seyn, der das grose Projeckk des Entsatzes der Festung Landau durchsetzen möchte.

Hoche kam und mit ihm ein andrer höherer Geist —

den er so geschickt als leicht der Armee mirzmheilm

289 wußte. Er verstärkte seine Armee — und folgte sogleich

mit 2QOos Mann dem Kalkreuthischen Korps auf dem Fuße nach-

Auf den i?ten rückte Hoche in 5 Kolonnen um Mittag gegen die Bicsinger Position vor, und warf die bey -Wiedersheim und Ersweiler avanzirte kleine

Lager, unter dem General von Vittinghof, gegen die Hauptstellung, wohin sich auch dieselben in aller Ords Uulig repliirten»

Der Feind verbünd sich nun mit der zweyten Kolonne, und griff , unter der Protecktion seines zahlreichen Geschützes, die Hilscheider Höhe und den linken Flü-

gel an. Seine Truppen fochten mit einer Bravour und einer so anhaltenden Wuth> daß weder das Kartätschenfeuer noch die Preussische Batall'ivnssalven die

kühne» Stürmer zurückhalten konnten. Die Hilscheider- Hohe wurde mit einigen Batallions

Infanterie und Z Escadrons Kavallerie verstärkt. Beyde Tbeile kämpften nun wie Löwen — der Französische Ge-

neral Lombard griff das Bollweiler und Wecklinger Thal

an, und ein Korps Kavallerie paffirte das Bliesthal, nm Blieskastel anzugreifen und den Verbündeten den Rückzug abzuschneiden.

Der feindliche Plan war Wohl berechnet und nach gründlicher Terrainkenntniß entworfen. Unstreitig würde

ihm auch derselbe gelungen sepn; allein em junger

2YO

Held, der Lieutenant von Röder, hielt mit 20 Mann den überle-men Feind so lange ab, bis der wichtige Posten bey Blieskastel Verstärkung an Mannschaft und

Geschütz erhalten hatte — wodurch dann dem Feinde

das weitere Vordringen verwehrt wurde. —- Noch ga-

ben die Franzosen ihr Vorhaben nicht auf, sie wollten

durchbrechen —» es koste auch was es wöbe; sie erneuerten daher Abends den Angriff gegen die Kömmü-

rsteatwn zwischen Bisingen und Blieskastel: — Ihre Kavallerie brach vermittelst einer plötzlichen Attacke

durch die Infanterie, und umzingelte dieselbe. Dieser Vorgang hatte für den Feind entscheidend werden könr

neu, wenn seine fünfte Kolonne den rechten Flügel, welcher äusserst schwach besetzt war, zu gleicher Zeit

angegriffen hätte. Allein diese Kolonne zauderte. Der kaltblütige Held Graf Kalkreuth benutzte diese kostbare

Zeit, und verstärkte den rechten Flügel. Im Cenr trüm wurde der Feind mit nahmhaftem Verlust geschla-

gen, und da der General Lombard und der Artillerie-

vbrist Buchet nebst 60 Mann durch den Obristen Szeckuli gefangen eingebracht wurden, da nahm dec Feind die Flucht, und setzte sich erst wieder auf den Hö-

hen von Ormesweiler, wo er die Nacht über blieb, und auf den andern Tag einen neuen Angriff befürch-

te» ließ. Die Franzosen büßten an diesem Tage 820, mrd di« Verbündeten 202 Mann ein.

2YI Dieses Gefecht bey Bisingen verherrlicht abermals die Preussische Manövrirfähigkeir und das gross Talent

des Grafen Kalkreuth, der mir 10022 Mann den 20222 Mann starken Feind zurückschlug.

Sv glanzend aber auch dieser Sieg des kleinen Korps über die vielen Tausende tapferer und verwegner

Republikaner war: so durften die Verbündeten dennoch

den zweiten Angriff nicht abwarten. GrafKalkreuth zog sich daher unterm 18ten Novemb.

über Blieskastel und Schwarzenacker in die Position bey

Altstadt und Limbach, und zur nämlichen Zeit zog sich

auch die bey Eschweiler und Schweygen gelagerte

Hauptarmee in das Zweybrückifche zurück. — Die Franzosen rückten den Verbündeten auf dem Fuße nach,

und kaum war der Erbprinz von Hohenlohe auf den Bubenhäussr Höhen angekommen, als der Feind eine Kanonade, ähnlich der bcy Vallmy, begann, welche von

den Preussen eben so heftig erwiedert wurde. Mit hereinbrechender Nacht schwieg das Geschütz. Der Feind ließ aber die ganze Nacht durch noch Geschütz auf-

führen , und schien dem Herzoge von Braunschweig eine

Schlacht anzubietcn. Da aber, vermög des Terrains und der wichtigen Obliegenheit, den Entsatz vvn Landa»

zu verhindern — der Herzog keine Schlacht wagen konnte, so mußte sich der Erbprinz von Hohenlohe jn der Nacht aus dem Zweibrückischen zurückziehen»

2YL Der Feind drängte immer weiter vor; er lagerte sich an der Vlies, besetzte sein Hornbachcr Lager wieder, und

schickte einige Detach.mmts gegen Schmalscheid Und Waldhausen > welche den Rücken der Preussen bey PirMascns bcdrohete».

Ließ bewog den Herzog, die ganze Armee zurückzüziehen, und in der fast unüberwindlichen Position vott

Lautern die Armee zu konzentriren, und dem Feind eine

Schlacht zu liefern, der in gleicher Absicht ihm auf dent Fuße folgte» Der Konvent hatte nämlich den beiden Armeen deS

Oberrheins und der Mosel den laconischen Befehl

I^Lriclau, ou In Morr — zugeschicktt Bey jeder Armes befanden sich Dolksreprasentante», welche diesen Befehl

unter beständigem Drohen mit der Guillotine den Oberfeldherren einscharften, und ihnen einen verschwendrischen

Menschengebrauch erlaubten, da es des Konvents Wille

sey, es koste, was es wolle, Landau zu retten» .Der Rhein- und Moselarmee wurde» dis Siege der Moselarmee bey Lmcelles, der Ardennenarmee bey Wat-

tigny, und die Verdienste sämtlicher Republikanischen Armeen um das Vaterland borgeworfen, und ihrem Ehr-

Aeize mit dem stolzen Anliegen des Vaterlandes gee schmeichelt — daß es feine Rettung von ihrem Muth erwartete. Groß und begeisternd für jeden einzelnen im

29s im Heere war dieser erhabne Ruf des Valerlaudes 'n Gesängen, w.r in Addreffcn, hauchte dieser Geist Tod oder das Pantheon: Verachtung oder Unsterblichkeit! Man denke sich den Franzosen und berechne ihre Armeen nicht bloS nach der Zahl, sondern nach dem fürchterlichen

Fanatismus, m dem jeder sich Held glaubend, nach dem

grvsitt Lohn des Vaterlandes ringt, und raufend Leben

verschwenden würde, um die Ehre-— das Vaterland gerettet zu haben — miterringeu zu helfen. Eine so l ch e Armee von Zoooo solcher Menschen, HOO Kanonen in ihrem Gefolgt unter dein Oberfeldherrn

Hoche näherte sich dem Herzog von Braunschweig, der

an der Spitze seiner Z2ooo Mann, mit nicht mehr

denn 202 Kanonen, groß, wie Friedrich der Einzige am Tage der Roßbacher Schlacht — aber nicht so des Sieges gewiß , wie der Held des siebenjährigen Krieges —- da die Franzosen keine verrarßne Minister-

sklaven, sondern Republikanische Krieger waren, die,

vertraut mit dem Tode, Sieg oder Tod wollten —dieser entscheidenden Schlacht entgegen sähe« Den 28sten November kündigten die Ailarmkanonen die Annäherung des Feindes an. Die Armee bezog die Position;

Die Posten bey Trippstadt und auf der Hohenecker Hohe wurden verstärkt, die Bagage nach Neustadt znrückgesaudt, und so erwartete inan nun den Feind;

Erster Theisi ls

2Y4 Um n Uhr zeigte sich seine Avantgarde gegen den

linken Flügel der Verbündeten; sie griff den Obristen Szekuü bcy Vogel w ehe an, nbrhigte denselben, nach dem Verlust einer Kanone von der reitenden Artillerie,

sich nach dem Lothringer Hofe zurück zu ziehen — öffnete den Verhau, und besetzte die dortigen Hohen. Der Herzog befahl hierauf dem Obristen Szekuü, das; er-

sieh auf den Hohen bey Otterberg setzen sollte, nm dem Feinde von daher das Verrücken zu erschweren. Nachmittags marschirte der Feind in z Kolonnen nach Katzweiler, und drohete durch abgeschickte Detasche-

mcnts gegen M e hlba ch und S ch n e ck Hause n das Kospothische Korps von der Armee abzuschneiden, und

den rechten Flügel zu umgehen. Der Herzog befahl hierauf weiter, daß sich das Kospothische Korps auf die

Hohen von Schelloteuba ch setzen, und sich mit dem Obristen Szekuli vereinigen möchte. Der Feind postirte

sich nun auf dem Homberg, und so blieb es auf beiden Seiten für diesen Tag ruhig. Auf den 2 ysten mit Tagesanbruch ruckten die Franzo-

sen in Z Kolonnen, eine über Otterberg, wo sie auf den

Hoben eine Batterie von 8 Kanonen plazirte, und den

Obriften Szekuli vöm Schloßberge vertrieb; und eine

gegen Orrer b.a ch; und eine dritte über Vogelwehe «ach dem Kreutzhof vor, wo sie mit einer Batterie von

16 Kanonen den Grafen Kalkreuth auf dem Osterberz

29Z . in der Flanke beschossen/ und denselben köthiglen, sich

nach Moor lautern zurückzuwersen. Der Feind konnte nun das Otterbacher Thal glücklich vassiren.

Er formirte sich daher ans dem Oster bergt, und pflanzte 40 Kanonen auf demselben auf.—- Von hier aus eröffnete der Feind die Schlacht, mit einer Kanonade

.gegen die Mckorlautrer Redöute, welche iii gleicher Heftigkeit von der Redöute aus beantwortet wurde.

Unter dem Schütze dieses fürchterlichen Kanonendonners marschirtc seine Jiifanterid auf, kam durch das

Lautcrkhal gegen die Redoure zum Vorschein, und formirte sich mitten unter dem mörderischen Kartätschen-

feuer der Verbündeten zum Sturm.

Gleichwie ihre Brüder das Fort Pharon bei) Toulon, Toulon selbst/ und die Verschanzungen bey Pont de C e, mit einer beispiellosen Entschlossenheit und

Verachtung des Todes stürmten — eben so beherzt rückten auch diese gegen die fürchterliche Redöute bey

Woor lautern an. Hier war der gefährlichste' Punkt/ von dem das Schicksal der Schlacht abhieng, und dessen Verheidigung einen neuen Lorbeer um Kalkreuths Schläfe

windet, und die unerschütterliche' Standhaftigkeit der Verbündeten verewigt.

Da die Schlacht bey Kaiserslautern unter den denkwürdigsten K'riegsbegebenheiten glanzt, und dieser Sieg

U2

2y6 über die zahlreiche Französische Armee dem kleinen Heer-

haufen der Preussen und Sachsin angehört: jo verdient diese tapfre Truppe um so mehr eine deraillirte Angabe

in der Geschichte, als ein jedes Individuum in diesen Lrey schrecklichen Tagen um den Preist dcS Vaterlandes

und um den Beyfall der Nachwelt gerungen hat.

z Bataillon Königlicher Garde. -z Vatallion vom Regiment Herzog von Braunschweig» 3 3 A

3 3 3 3 3 2

I I I

Priirz Heinrich.

Bataillon --

Vatallion -' Vatallion Vatallion Vatallion Vatallion Vatallion Vatallion Vatallion -

-

rr

von Kalkstein.

von Knobelsdorf.

r

von Kunitzky.

s

von Anhalt - Köthen»

s

von Mttinghosi

Z

von Crousatz.

-

von Romberg. von Wedel und Legats

Grenadierbatallion Sachsen von Christrani.

Grenadierbatallion Sachsen 'von Churfnrst. Grenadierbatallion Sachsen Prinz Anron.

Pvir ^'omens. I Grenadlerdarallion Sachsen ->n j inz Gotha. Sachsen Grenadierbatallion I

5

Eftadron LeibkaradinierS,

5 Eftadroy Leibrcgiment.

5 Escadron von Borsiel.

5 Escadron von Bost.

297 5 Escadron von Lotrnm.

io Escadron von Eben, Z Escadron von Golz. 2 Escadron Sachsen Husaren. ej. Escadron Sachsen Karabiniers»

4 Escadron Sachsen Dragoner von Kurland, Graf Kalkreuth behauptete nächst dem Herzoge von

Braunschweig den ersten Rang: Kalkreuths Standhaftigkeit und Geistesgegenwart gewannen die Schlacht, Der Graf wurde durch ein Stück von einer Haubitzgrenade

an der rechten Schulter verwundet , aber bald zur Freude

feiner Verehrer wieder hergesielll.

Ein Schauspiel bietet sich jezt unsrem Auge dar, hey dem uns Erstaunen und bald Entsetzen ergreift.

Jezc stürmt ein Batallion gegen den Berg, wo sich

die Redoute befindet; es erreicht nicht fernen Fuß, da reißt eine Kartatschensalve aus' einer ganzen Batterie die

Stürmer darnieder. — Die Dampfwvike zerfließt in der

Luft, und die Erde ist Mit Lodden und Zerstückelten

bedeckt. Ihm folgt ein zweytes: es nähert sich den Leichnamen feiner Brüder, da wächst abermals die Batterie Tod und Verderben, und das Auge erblickt es auf den Leichnamen der erster«. Allein der Tod hat keinen Schrecken für sie. — Der Feldherr befahl, die Redoute zu nehmen, und nun bedarf

es keines zweiten Befehls mehr. Der Sturm geht fei'

2Y8 fürchterlichrn zerstörenden Gang fort- Dis Schaaren

verdoppeln sich. Sie sind glücklicher, als die erstem. Sie stürmen den Berg hinan —- da stürzt sie aber eine MuSquetensalve der Preussischen Infanterie den Berg

wieder hinab. Neue Schaaren drangen vor. — Sie suchen den Tod, und finden auch das blutige Schicksal

der vorigen. Andere steigen über die Leichname ihrer Brüder, und der Donner des Geschützes straft in diesem

Augenblick ihren verwegnen Willen. Die aufgethürmtcn Leichname gleichen einem Verhaue, Die Stürmer haben

sich durch die Menge der Opfer den Weg versperrt; —

allein die Freyheit kennt keinen Tod— sie schaudern

nicht einmal— sie stürmen — neue Tausende— sie kommen der Nedoute näher. — Dieser fürchterliche,

schauervolle Muth, der durch Blut und über Leichen

daher stürmt, und den Sieg nicht aufgeben will, macht selbst die Besatzung der Redoute bestürzt, — Sie

wankt. — Die Artillerie will sich zurückziehen. — Da

- erscheint aber General von Gersdorf an der Spitze der Sächsischen Karabiniers und des Regiments Kurland

Dragoner. Was der Feuertod nicht vernichtet hat, das

fallt nun durchs Schwerdt. Ein fürchterliches Gewürze zwischen Kavallerie und Infanterie legt auf einige Zeit dem Geschütze Stillschwei-

gen auf,— Beide Theile starren dem schrecklichste»

Kampfe zu,— Die Republikaner müssen fliehen.—

2YY

Die Kavallerie hat sie in das Lauterthal geworfen. Nun übernimmt das Geschütz den Kampf wieder. Unter einem fürchterlichen Kanonendonner rückt die Französische

Kavallerie, 4000 an der Zahl, vor, und umringt die Sächsische. Kavallerie gegen Kavallerie. — Die Sachsen . fochten wie Helden — Fürchterlich hallt das Eeschrey —>

Die Schwerter blinken, und ihr Klirren vermehrt das Entsetzliche — Freund und Feind Mit — Die Franzosen stürzen mir Wuth und Verzweiflung über die Sachsen —

Sie scheinen zu unterliegen— Das sieht der Herzog, und schickt sogleich 2 Preussisch? Infanterieregimente?

' der bedrängten Kavallerie zu Hülfe. Infanterie gegen

Kavallerie. — Mit gefälltem Bajomret stürzen die Helden auf den wütheuden Feind ein, und retten die Kavallerie. Die Moorlautrer Redoute faßt neuen Muth, und die Sieger ziehen sich unter ihrem Schutze wieder

zurück. Der Feind will aber durchsetzen. .Den Wider-

stand, den die Helden für Vaterland und Ehre an der Morlautrer Redvute leisten, kann er nicht beugen; schnell

wendet er sich nun mit einer Kolonne gegen den rechten

Flügel auf dem Buchberge; aber die Preussischen Karabiniers und die Dragoner von Voß empfangen 2

Bataillons bey Erleba ch — die Franzosen retiriren

sich in eine mit Pallisaden umgebene Meierey — Die Kavallerie steigt vom Pferde, reißt die Pallisaden, trotz dem feindlichen Muöquetenfeiicr, nieder, dringt

Zoo ein. haut ein — verwüstet fürchterlich-— zersprengt den Feind — und wirft die Flüchtlinge in den Erlcbacher^

Grund. Hier finden aber die verjagten Franzosen Verstarkung — sie rücken wieder mit neuem Muthe vor —-

die Kavallene rnuß weichen; — aber in diesem Augen-

blicke donnert eine Batterie von den Höhen von Erleid a ch. —- Der Feind staunt — er darf sich nicht in den Erlcbacher Grund vorwagen , sonst findet er seinen Unter-.-,

gang Aber auch auf dem Osterbcrge wankt er, trotz ferner g.o Kanonen, da ihm der wackere Artillerielieutc-

narrt von Sch ölte n heftig,die Flanke beschießt.

Aber der Feind weicht nicht— Landau oder der

Tod! hallt fürchterlich m seinen Reihen: er bleibt stehen. Awey andre Kolonnen rücken gegen K a i s-e r ss.

lautern, setzen sich am Lorhringerhofe fest, und wollen eine Wurfbatterie gegen Lau te.ru und gegen die.

Galgenschanze errichten— woran man sie hindert. Iwey andre Kolonnen kommen aus der Pirmasenser,

und Hohenecker Straße — allein die Nacht endet, den Kampf. Der Herzog von Braunschweig — der aus den Bewegungen der Franzosen auf den kommenden Tag als

Len goren Nov. einen wo nicht ungestümer«, doch gewiß ähnlich heftigen Anguss zu befürchten hat — verstärkt den linken Flügel mit der« bcy Trippstadt ge-

standenen Korps, urrd den rechten Flügel nur s Sach-

Zor stfchen Bataillons, welche bey Moorlmttem sich posiirten. Ueberhaupt kouzentrirt er die Armee, um dem über-

legnen Feinde noch kräftigem Widerstand zu leisten. Der

Tag bricht an — und der Kanonendonner ans der ganzen feindlichen Linie verkündet den zweyten Schlachttag,

der über das Schicksal von Landau -— der verbündeten Armeen, und der Rheinischen Rcichslanden eutsthci-

den sollte.

Mit feinen 40 Kanonen auf dem Osteröerg be-

schießt der Feind abermals die Moor lautrer Retz oute. Der Feind wird heute überall sichtbar; Berge,

Thälcr, Waldungen und dickigt sind ihm kein Hinderuiß; auch greift er mit beispielloser Wuth den rechten

Flügel der Verbündeten an, als wollte er seine gefall-

ncn Brüder heute rächen. Aber die Sachsen und dis

Garde von Rodig gehen ihm in den Er leb ach er Grund entgegen — und greisfen ihn in dem Gehölze

am Buch berg mit dein Bajonett an. Der Femd versucht das äusserste ---- er kämpft mit immer mehr-

steigender Anstrengung — aber er muß weichen, da

sein linker Flügel durch die Stellung der Sachsen auf dem Buch berg überflügelt ist.

Der Feind verlaßt hierauf den Osterb erg —r - sein G-schütz, und zieht sich durch das Osters

r Thal zurück. Borstel! und Szeckuli hauen in

tt me ein, und sprengen viele in dir Lanftr;

sie dürfen sich aber nicht lange verweilen, da die feind-

liche Batterie jenseits der Lauter auf dem Kreutz Hof die Retirade des Feindes deckt.

Der Feind hatte geschworen —- es koste was es wolle durchzubrechen — er wendet sich nun in ungeheurer Anzahl gegen den linken Flügel der Verbünde-

ten. —- Während er einzelne Posten mit Wzrrh an-

fallt, und die ganze Linie beschäftigt, stürmt er die Galgenschanze mit eben der verzweifelten Bravour, mit

welcher er Tags zuvor die Moorlautrer Redoute anfiel. Aber hier findet er den uehmlichen fürchterlichen- Wi-

derstand; er haust Leichname auf Leichname. >— Sie dienen ihm zur Brustwehr gegen den Feind — er über-

steigt die Hügel seiner gefallenen Brüder, nm die Schanze zu ersteigen —- aber der Todt wirft ihn zurück — er schaudert nicht einmal — er wütet nur, die tausend Opfer vermehren seine Verzweiflung — er will das Unmögliche thun — aber der Donner des Geschützes

straft seinen erhabnen Entschluß — er muß weichen, und den Verbündeten den Sieg überlassen. >—

Seine Niederlage würde schrecklicher geworden seyn, wenn man in die betäubte und zerstreute Masse»

mit der Kavallerie eingehauen hätte. — Auch würde sein schweres Geschütz unstreitig den Siegern zu Theil

geworden seyn, da er über Knüppclbrücken, die Lautcr, die Mooslauter und den Glann, zurück gehen mußte.

ZO3

-Allein die kleine Armee des Herzogs von Braunschweig

hatte durch viertägige ungeheure Strapatzeu, Nachts

wachen, Marschen und Gefechten — wozu noch der

Mangel an Lebensmitteln kam — sehr gelitten, und die ermatteten braven Truppen verdienten Ruhe. Auch schien der Feind den andern Tag noch einmal angreifen

zu wollen — seine Retirade war schlau