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German Pages 367 Year 1796
Geschichte des
französischen
Freiheitskrieges am
Obe r r h e i n. der Saar und der Mosel.
Zweiter Theil. Frankfurt, in der Behren s'schen Buchhandlung.
französische Freiheitskrieg an dem
Oberrhein/ der Saar SNd der
Mosel in den Jahren 1792, 179z und 1794.
Zweiter T h e i l. Desceuäs Iisut äes eieux, LuAuste verite, k>.e^riu6s LUi.' mes ee^ils t-r Lorcas ec ra elniTe;
I'oreiUe äss roiL L'.^coiitums ä r'eutenäi'e. 6'r:Zc ü t.oi ä'aunouQLr ce c^n'ils äoivenc -i^rcnäre;
«L'esr a toi wird mau um desto sicherer und billiger die Begebenhei-
ten am Oöerrhein beurtheilcn können, da nur allein
darin die Ursachen des unglücklichen Rückzugs der Verbündeten über den Rhein aufzufinden sind. Nach diesen vorausgeschickten Hauptgesichtspunkten,
welche dem Leser als Müaßstab zur philosophischen Beurtheilung dieses Feldzugs dienen können ---- mögen nun die Begebenheiten selbst reden. —--
Der Oberfeldherr, Graf Wurmser, hatte zwar nach der fruchtlosen Offensive gegen des Ferndes feste Stel-
lung bei Zabern, und genörhigt durch den Rückzug der verbündeten Vogescnarw.ee in die Position von Kai-
serslautern, sich zur Defensive entschlossen, und sich
Zweiter Theil. C
34 nach derMotter zurückgezogen, um die Kommunikation
mit dem so wichtigen Gebürgsposien und dem linken Flügel der Vogesenarmce zu erhalten und Zu verstärken.
Allein diese Position an der Motter war noch nicht praparirt.
Wer eö versteht, was das sagen will, ein Terrain bei aller Gunst der Natur zu einer festen Stellung zu prapariren — wie viel Zeit eine solche Arbeit erfordert,
wie bis in das kleinste Detail berechnet, waldichte und bergigte Gegenden gegen die geübten und kühnen Tirailleurs der Franzosen müssen behandelt werden, um nicht in der Defensive das Schicksal der ganzen Armee,
und den Erfolg eines ganzen Feldzugs zu hazardicren, der wird schon aus diesem Gesichtspunkte die Lage der
verbündeten Nheiuarmce, die sich in ihrem scheusten
Siegeslauf pldzlich aufgehalten — zur ängstlichsten Defensive zurückgeworfen sähe, bedauern, und die Standhaftigkeit eines Heers bewundern, das mit allerr
Schwierigkeiten kämpfte, jedem System sich willig Man denke sich die Stimmung der Elsässer gegen die Deutschen; nicht nur daß sie überall von ihnen verra-
ten waren, sie liefen auch von den Schanzarbeiten weg, und Graf Wurmser mußte seine, ohnehin durch
den Kampf ermattete und durch täglich blutige Gefechte,
geschwächte Truppen hingcben, um seine Linie zu ver-
schanzen. Man hat dem Grafen Wurmser den Vor-
35 hingab, und selbst den trügerischen Hoffnungen Blut und Leben mit rührender Treuherzigkeit und unvergeß-
licher Geduld opferte. Wurmser ließ daher seine Stellung verschanzen; und
während dieser Riesenarbeit, mußte er noch die auf 90,000 Manu angewachsene Rhein-und Moselarmee großtembeilö allein bekämpfen, um sich wenigstens nur
die Position zu sichern, in welcher er den ermüdenden
Todeskampf um Landau, gegen einen mächtigen und fanatischen Feind kämpfen sollte.
Mit tiefer Rührung entwerfe ich demnach das so große als schreckliche Gemälde, und zeichne in seinem tvurf gemacht, daß er nicht in Zeiten verordnet habe, eine wohlverschanzte und mit Blockhäusern versehene Linie zu der mählich eimrettenden Defensive zu prapariren. Nach der Eroberung der Vaubanslinien dachte man überhaupt an nichts weniger, als an eine Defensive; es war zureichender Grund, den versprengten
Feind zu verfoigen, und wie einst Friedrich der Lin« zige den Offensivkrieg gegen die Franzosen zu führen.
Man bekriegte ja Frankreich nicht, um Linien n diesem Lande zu bauen, oder hatte man dieß vorausgesshen, Lloyds Resultate gekannt und seine K a'e dage-
gen gehalten, so lag der Fehler an dem Operan'ons, plan, und an dem Verstoß, den Feldzug an dem Tbeil
der französischen Grenze zu eröffnen, wo er am schrvürigsten zu führen war, und das genaueste Einverständniß unter den Verbündeten hätte herrschen sollen.
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36 Detail die furchtbare Arbeit, mit welcher die verbündete Rheinarmee unter dem Grafen Wurmser kühn vor Deutschland hintritt, und von dem Zeitgenossen Achtung
— von der Nachwelt Bewunderung mit Recht fordert. Aber dicht neben diesem Gemälde deutscher Kraft er-
scheint auch das militairchche Frankreich in einer Große,
die unser Erstaunen verdient, wenn wir Uns gleichwohl gegen das politische Frankreich aufdas anfftrste empört
fühlen. Ncrratherei und Anarchie Hatter- Frankreich im Innern Zerrissen; an den Grenzen Niederlagen — in
der Vendee Wuth und Verzweiflung im Lodeskampfe
rrmKönigthum und Republik; Lyon, Marseille, Bourdeaur und Toulon im Aufruhr; Fusilladen undNoyaden,
Guillotine und Blutmcnscheu, überall Tod, Entsetzen und Verderben an der Tagesordnung; Millionen Fran-
zosen im Stillen über Roberspierre's Tyrannei empört
— die Wurh des Franzosen täglich durch unschuldige
Schlachtopfer der Tyrannei aufs höchste gereizt; und doch ganz Frankreich nieder-gehalten von eisernen Ges
wichtern — Lyon rmd Toulon zerstört — Frankreich
in der blutigsten Anarchie eins, und zwar vereinigt
für die Erhaltung der Republik, die unter den Iacobinern und dem Tyrannen Roberspierre weniger Frei-
heit und Bürgerrecht athmen durfte als Britt an nierr einst unter Cromwell: wie entsezlich!
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Und eben die Krieger von Gemappe, Dünkir-
chen, Honscoot und Wattig ny bleiben in dieser fürchterlichen Tyrannei, unter welcher sie ihr Vaterland bluten und sich selbst herabgewürdigt und beschimpft sahen — treu den Grundsätzen der Freiheit,
und anstatt sich zu empören, das eiserne Joch abzuschütteln — dem Eroberer die Hand Zu bieten, um die
Tyrannei zu stürzen, belebt sie Vaterlandsliebe, die bei den donnernden Befehlen von Paris und den Drohungen der Guillotine nur um so fanatischer auflvdert, und im Gewirre der sich durchkreuzenden Empfindungen
des Schreckens, der Furcht und der schimpflichsten Sklavenangst, noch immer wie der Weltgeist über dem
Chaos, über den Thaten der Republikaner oben an schwebte.
Nach diesen Linien ziehe ich demnach jenes merkwür-
dige Gemälde des Kampfes an den Motterlinien fort; ohne Anmaaßung gesagt; ich versuchtes. Oie Republikaner unter dem einsichtsvollen Oberfeld-
Herrn Pichegrü, harren sich endlich entschlossen, den
Verbündeten keine Ruhe zu gestatten, und sie um si>
eher jeden Lag mit blutigen Attaken zu necken, um ihnen keine Zeit Zu einer festen Defcnsivsiellung zu lassen.
Der Konventsbefehl, Landau oder Tod —. hatte ihnen jeden Ausweg versperrt; die hohe Aussicht auf
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Z8 den Jubel der Nation und auf eine große Belohnung, belebte ihren natürlichen Muth — und der Rückzug der
Verbündeten nach der Matter, stärkte ihre Kühnheit,
Der tiefblickende Feldherr Pichegrü, merkte die A! stcht des Grafen Wurmstrs; -die äußerst gewagte
und gedehnte Stellung au der Motter, war seinem früher gefaßten Entschlüsse, anzngreifeu, willkommen ;
Und bei einer solchen Konstellation der Dinge, konnte
er für feinen Kopf außer Sorgen, und des Entsatzes von Landau gewiß seyn, wenn er mit einem kraftvollen mächtigen Heere ein geschwachrcs Heer täglich angreifen, und endlich seine Reihen durchbrechen würde.
Mit dem lyten November begannen daher diese tägliche blutige Angriffe der Republikaner, und wuchsen
von dem 2Zten au, täglich an Heftigkeit und verzweifelter Anstrengung, bis Zur Durchbrechung der Linien.
Auf den 2zten griff Pichegrü mit seiner ganzen Macht die Verbündeten an.
Graf Wurmser hatte das Eentrurn seiner Armee auf
die sehr vortheilhaste Anhöhe vor Kurzeuhausen ver-
legt. Fcldmarschattlieutenant von Spleny, Prinz
Waldeck und Baron Kospoth, waren bei Weyers he im und Mommenheim postirr: Prinz
Koude und Graf Kl en au standen bei Schweich Hausen, der tapfere General Hotze bei Reich sho-
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fcn und hatte ferne Vorposten in Gumprechts-
Hofen und Uttenhofen ausgestellt, und Graf Keglevich kommandirte bei Offen dorf den linken Flügel, der sich auf den Rhein appuyirte. Des Feindes Absicht war, durch einen allgemeinen Angriff, die Stellung der Verbündeten zu erschüttern, und an irgend einem günstigen Punkte ihre Reihen zu durchbrechen — daher seine Artillerie ungemein zahl-
reich, seine Tnailleurs kühn, und seine Kavallerie verwegen war.
Der Feind eröffnete um n Uhr Vormittags den Kampf; marschirte gegen beide Flügel eri kronw vorwärts, und wüthete mit einer Menge Haubitzen, gegen den linken Flügel, wohin er seinen Hauptangriff richten zu wollen schien.
Allein Keglevich und Hotze blieben standhaft; ihre Mannschaft stand unerschütterlich — beide brave Feldherrn erhielten in Zeiten Unterstützung an Reuterei, und so scheiterten diese beiden Angriffe sehr bald an dem
kaltblütigen Benehmen und den wachsamen Anstalten dieser erprobten Krieger. Bei dieser Gelegenheit zeichneten sich auch die Hessen
unter dem braven Obrist Schreiber aus, und die Jager,
welche damals bei Ober- und Niederbrunn standen, bewiesen gegen den über Ainßweiler herange-
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HS
rückten Feind, daß die llebcrmacht ihren Muth nicht so leicht zu erschüttern vermag.
Der Feind schien sich zu schonen es fehlte ihm die ungestümme Kühnheit, womit er später gegen die um exsieiglichsien Redouten heranstürmte: wenigstens an
diesem Tage überließ er die Entscheidung des Angriffs
lediglich seiner Artillerie, die denn auch einen so verschwenderischen Gebrauch von ihrer schnellen und uner-
müdeten Bedienung wachte, daß diese Kanonade an Furchtbarkeit einem anhaltenden Donner glich, der in. einen ungeheuren Laut verschmolzen, in den fürchter-
lichen Gebürgen von 11 bis a. Uhr fortbrüllte. Da die Republikaner auf dem rechten und linken Flügel kräftigen Widerstand- gesunden hatten; so wendeten
sie sich nun mit ähnlichem Ungestümm gegen das Cenr
trum der Verbündeten, welchem leztere mit einer ahm
lieh lebhaften Kanonade antworteten, und somit den Angriff abschlugen.
Da die ganze Attake dieses Tages in einzelne, aber wohl kombiniere Gefechte zerfiel; so wurden auch der
Graf Klenau bei Oh l u n gen, der Prinz Waldeck
und F. M, L. Splen y bei Weyhershci m und Betlenheim nicht ungcnscht gelassen.
Bei Ohlungen waren die Republikaner am glück-
lichsten; der GrafKlenau mußte mit seinem kleinen
4! Haustein durch Ohlungsn sich zurückziehen. Keck folgte
nun die feindliche Reuterei, um den Rückzug zu dram
gen, und das Häuflein aufzureiben; aber hier sielen die Kaiser Karabiniers unter der Anführung ihres bra-
ven Obristlieutenants Monreau plötzlich und ent? schlossen auf die feindliche Neuterci, zersprengten die-
selbe , und überließen es nun den Dragonern ihres
Namens, unter , dem wackern Klenan den Feind zu. verfolgen, wobei dann die Republikaner mehr Todte, und noch mehr Verwundete bekamen»
Gegen Weyhersheim war der Feind eben so hartnäckig: er wollte seine kleinen Vortheile, die ihm
anfangs Spleny gestatten mußte, durchaus nicht aufgebeu. Aber Prinz Waldecks kluges BenehmenMP dessen rasche Vorrückung gegen Weyhersherm, nö-
thigten bald den Feind, sich zurückzuziehen, und den Sieg den standhaften Verbündeten zu überlassen, wozu auch der Generalmajor Baron Kospoth durch seine klgge
Dispositionen bei Brumptund feinemeisterhaftenMaNyuvres, auf das lobenswürdigste mit beigetragen hatte^
Weit entfernt, daß der Feind den darauf folgenden
Tag, den Verbündeten Ruhe gestattet hatte. Dev 26te war ein eben so heißer Tag wie der 2gte, und es
galt an diesem Tage, so wie an jenem, um nichts weniger, als um den Prerß dreses so blutigen Feldzugs»
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An diesem Tags richteten die Republikaner ihren Hauptangriff abermals auf den rechten Flügel der Verbündeten, welcher unter dem Generalmajor Hetze den
äußerst wichtigen Posten bei Reichs Hofen zu behaupten hatte.
Der republikanische Divisionsgeneral Burcy, der den linken Flügel der französischen Rhcinarmee kom-
mandirte, rückte nut semer 12000 Mann starken Division in verschiedenen Kolonnen gegen die Stellung bei
Reichshofen an. Die Republikaner drangen nach einigen Kvntremarschen in Utten Hofen ein, schlugen die dort stehende leichte Infanterie ans dem Dorfe, führten
Kanonen vor, und drangen der Zinselsbach entlang, mit ihrer Kavallerie auf die Ebene vor.
Sobald als die Republikaner aufmarschirt waren, rückten sie auf zwei über die Zinsel bei Uttenhofen ge-
schlageuen Brücken an der Zahl 8ovo Mann vor, und griffen mit Uugestümm die Redouten auf der Chaussee
bei Grießbach an, wahrend eine lebhafte Kanonade auf die Guntershofer Anhöhe diese Unternehmung deckte,
und den Feind zu sirircn versuchte. General Burcy hatte schnell dieRedouten genommen, und die Verbündeten genothigt sich auf dic Geutershofer
Anhöhe zuräckzuziehen. In diesem Augenblick schien es keinem Zweifel mehr unterworfen Zu seyn, daß dir
43 Franzosen heute Sieger bleiben würden, indem sie muthig und rasch bei ihren Angriffen waren. Der General Hotze versuchte alles mögliche, um dem
Feinde seine erhaltenen Borthcile streitig zu machen;
allein seine und seiner Krieger Standhaftigkeit wurde bald auf eine noch größere Probe gesezt. Sein Benehmen ehrt aber seine Geistesgegenwart und schnelle Fas-
sung, und die Kühnheit und Sicherheit seiner Maaßregeln, retteten an diesem Tage die Armee.
General Burcy sprengte mit der Kavallerie nun auf der Chaussee gegen Reichshofen vor, wendete sich schnell gegen das Thal zwischen Reichshofen und Gundershofen, um rasch durchzubrechen, und die Stellung des Generals Hotze im Rücken zu nehmen, General Hotze beschäftigte einstweilen den Feind mit
einer Kanonade aus Zwölfpfündnern, befahl aber einer
Division von Mack Kuirassiers, in die feindliche Kaval-
lerie cinzuhauen, und — es koste was es wolle —
dieselbe zu werfen. ,
. Dieser schnell und wohlüberdachte Entschluß wurde
denn auch sogleich ausgeführt. Wüthend sprengte die
kaiserliche Kavallerie auf die französische ein —. warf dieselbe — hieb ihren Anführer den rapfern Burcy und etliche vierzig Mann nieder, und versprengte die übrige
Mannschaft, welche bestürzt über den Tod ihres Anr
44 sülwers nicht mehr auf das Kommando der' Repräsen-
tanten hörte, sondern in Unordnung die Flucht ergriff, und üöer die Zinsel zurücksezte. — Der Feind ließ es an
Demonstrationen nicht fehlen, um seinen Plan heute
dnrchzusetzen. Allein Graf Gyulay schlug ihn bei Mertzweiler mit ansehnlichem Vcu'ust, und Graf Kleuau grif ihn zur nemlichenZcit auf den Anhöhen bei
Pfaffenderf, wohin er durch die Waldungen über Daugendorf dem Feinde unbemerkt vorgerückt war, mit Kavallerie an — bewürkte durch eine rasche Attacke
in des Feindes rechte Flanke, dessen Rückzug von den
vorthcilhafmr Pfaffcndorfer Anhöhen, und uörhigte
denselben durch Pfaffenhofen und Niedermoderen sich gegen Weikersheim auf fern Hauptkorps zuruckzuzichem
Graf Kleuau bcnuzte ss eilends als wachsam und geschickt diesen Vortheil; besezte mit leichter Infanterie
die vorwärts seiner Position gelegenen Waldungen, um
seine lmke Flanke Zu decken — und nchrete nun seine Aufmerksamkeit auf die so sehr bebrohcte Position bei Reichshofen, gegen welche der Feind seine Absicht immer noch nicht aufgeben zu wollen schien.
Die Republikaner hatten sich nemlich in den Waldungen vor Reichshofen festgesezt; und drohetcn nun aus der linken Flanke des Generals Hetze durchzubrechen,
45 und die Verbindung zwischen Merzweiler und Neuburg abzu schneiden.
Graf Klenau rückte demnach mit der Hälfte seiner
Mannschaft gegen Neuburg vor, und ließ nut zwei Flügeln von Hohenzvllern KuiraffieM undKaiserDrago-
ner in die leichte Infanterie und Kavallerie der Franzosen einhauen und dieselbe zurückwerfen. — Der tapfere
Klcnau war aber damit noch nicht zufrieden, den Feind entfernt Zu haben; er befahl ihn auch noch mit leichter Infanterie aus den Waldungen zu vertreiben — welches ihm auch gelang, wodurch denn endlich die beiden Flan-
ken des so wichtigen Postens bei Reichshofer: vollkommen sicher gestellt waren.
Klenau sollte heute überall Schuzgott, und Rettet und Sieger seyn; denn kaum hatte er den Posten bei Reichshofen und die Kommunication zwischen Neuburg
und Merzweiler gerettet, so mußte er sich auch schon
wieder gegen eine aus den Thalern von Huttendorf gegen Graffendorfvorgedrungene feindliche Kolonne wenden, um seinen bedroheten Rücken zu decken.
Der Feind verrieth in allen seinen Angriffen viel Plan,
und den wirklich großen Geist seines Anführers; allein
die deutschen Helden hatten ihm den größten Theil seiner Attaken verwirrt: darum war er weniger rasch und standhaft in seinem lezten Versuch gegen Klenau, ws
46 es ibm leichter hätte gelingen können, da Graf Kleran
mit semcr wenigen Mannschaft ihm nur Tirailleurs, aber keine kampfgerechte Reihen entgegensiellen kennte. Dieses lezte Gefecht endigte sich daher auch innerhalb einer
Stunde; die Republikaner Zogen sich über Altdorf zurück: ihr Verlust war auf allen Seiten beträchtlich -— der der Verbündeten weniger; ihnen war der Sieg, und so scheiterte abermals dis Absicht des rastlos thütigen
französchen Heeres an der kalten Entschlossenheit der verbündeten Krieger.
„Wir greifen täglich an" hatte Pichegru nach dem Verlust der Vaubanslmicn an derLauter—seinen Brüdern versprochen, und so durfte denn auch der 2?te November
nicht ohne Blut und Gefechte vvrübcrgeben.
F. M. L. Spleny und Prinz Waldeck hatten zwei feindliche Kolonnen bei Bi etl en heim und W e y-
hersheimzu bekämpfen, General Kospot mußte sich auf der Vernsheim er Anhöhe mit dem Feinde messen
— Prinz Conde und Graf Klenau wurden bei Berstheim und Pfaffenhofen angegriffen, und der brave General H o tze hatte wie gewöhnlich bei Reichshofen, den heftigsten Grimm der Republikaner zu bestehen.
Sp le ny fertigte seinen Feind mit einer Kanonade ab;
Prinz Waldeck ängstigte Weyhersheim mitHanbizgranaden, und somit war diese Attake bestanden.
47 General Kospoth hatte aber mehr Arbeit; die wallachischen Scharfschützen und etwas Kavallerie vertrieben zwarerlichema! den Feind; er wiederholte aber mehrmals
die Attake, bis sie sich endlich mit einer Kanonade endigte.
Mit eben so viel Einsicht schlugen Prinz Conde und
GrafKlenau den Feind zurück: allein, wie gewöhnlich, so war auch diesmal die Arbeit auf dem rechten Flügel am heftigsten und blutigsten.
Ohngefthr AOQo Mann Franzosen, unter welchen sich das bekannte und tapfere Husarenregiment C Ham-
borant befand, rückten gegen den linken Flügel der
Hotzeischen Stellung vor; drückten den Posten des
Grafen Gyulay zurück, drangen auf die Ebene vor, und wollten mit der Kavallerie durchbrechen. Der Graf ließ aber sogleich mit 2 Efcadronen von Erzherzog Leo-
pold Husaren in den Feind einhauen; worauf derselbe
nach einem Verlust von 156 Toden und einigen Gefangenen die Flucht ergrift
Der 2Zte Tag dieses Monats Zerfiel in ähnliche Gefechte und Neckereien, wobei auf dem rechten Flügel die Affaire zwischen dem Grafen Gyulay und dem Feinde
uicht unbemerkt bleiben darf, da der Graf den Feind dermaßen bis auf die Anhöhe von Mietesheim Zurückwarf, daß er den Siegern in seinem verlassenen Lager
48 nächst einem ansehnlichen Vorrath an Patronen , Brod
und Feuergewchre, etwas Haber, 2 Trommeln unv r 2 Gefangene überlassen mußte.
Mit dem Anfang des MonatsDecembcr wurden nun aber die Angriffe der Republikaner kühner und nach-
drücklicher. — Außerdem daß die Verbündeten auch den
29 und zoten November nicht einmal Ruhe und Erholung von diesen täglich mörderischen Gefechten genießen konnten, mußten sie sich den i reu December in ein äußerst
heftiges Gefecht engagiren, wobei der Feind jeden Punkt ansticß, um irgend eine Blöße zu merken, gegen
welche er spater seinen Hauptangrif richten möchte. Der Oberfeldherr der Republikaner schien wirklich erst den Punkt zum ernstlichen und entscheidenden Angriff
suchen zu wollen; darum wandte er sich heute gegen
den linken Flügel, statt daß er bei Rcichshofen, überhaupt bei den isolieren und schwach kombinieren Ges bürgsposten in dieser weitgedehnten Linie der Verbünde-
ten , den sichersten Angrifspunkt hätte suchen sollen.
Die Republikaner rückten an diesem Tage mit großer
Macht und 28 Stücken grobem Geschüz gegen den Grafen Keglevich an. —- Ihr Vorrücken war so rasch
—- ihr Feuer so heftig und nachdrücklich, daß Graf Keglevich alles cmsbieten mußte, um sich nicht vers drangen zu lassen. Dieser tapfere Mann verdiente sich an
49 au diesem Tage den Ruhm des Helden: überall war ee bei seinen Kriegern, Und sprach ihnen Much Zu, Mitte»
in seinen: beldenmüthigen Beruf, da er den Sieg für seine Wastenbrüder entscheiden wollte, ereilte ihn aber
der Tod. Er starb in dem Angesichte seiner Brüder als Held — eine Kanonenkugel hatte ihn getödtet.
In dieser äußerst schwängen Lage übernahm der Kommandant des wurmferischen Freikorps, Baron Kne-
rewich, das Kommando, und stellte mit vieler Einsicht
und Geistesgegenwart, die Ordnung, unter den übe? den Tod ihres braven Feldherrn bestürzten Truppen^ wieder her.
Die Republikaner sammelten sich aber nun mit ihrer Hauptstärke näher am Rhein, und drängten die leichten
Truppen bis nach Gambsheim Zurück, wo das Hauptkorps der Verbündeten aufmarschirt war. .Der Feind fand hier Herzhaften Widerstand; und als Prinz Waldeck zu mehrerer Sicherstellung des sinken
Flügels, die Truvpen hinter die Weinbach beorderte ,
zugleich aber auch das Korps mit einigen Divisionen Kavallerie und einigen Stücken von schwerem Kaliber, verstärkt hatte, kanouirten sich beide Theile auf das Hess
tigsie, bis die Nacht die Ruhe wieder herstellte, und die so rühmlich geschüzte Position, durch einen neues Sieg den Verbündeten zusichert^
Zweiter Theist D
Z3 Die Republikaner dcmoustrirteu zu der nemlichcn Zeit
gegen den F. M. L. Spleny, und auf der Bcrnshcimer Anhöhe gegen den General Kospoth. Aber gegen den Prinzen Conde welcher Verstheim zu verrheidigen hatte,
rückte der Feind mit seiner gewähltesten Truppe, und mit Macht und an Raserei grenzender Wuth an. Hier war die größte Krisis für diesen Lag ; der Feind
bot alle seine Kräfte auf —- der natürliche Haß gegen die Emigrirte stärkten seine Kühnheit, der Enthusiasmus
für Freiheit und Bürgerwurde erhöhete seinen längst gehegten Abscheu, und vermehrte seine Verachtung ge-
gen dieselbe; und sehr wahrscheinlich würde es den Republikanern heute gelungen seyn durchzubrechen, wenn nicht die Emigrirte mit ähnlichem Haß und gleich-
großer Verachtung gefochten, und in dem entscheiden-
den Augenblicke Unterstützung an Geschütz und Kavallerie erhalten hatten.
Bei allen Attaken dieses entsezlichen Krieges, zeich-
nen sich Wuth, gegenseitige Verachtung, und von Seiten der Franzosen vorzüglich, verzweifeltes Ringen nach dem Siege aus; aber bei den Gefechten zwischen den Republikanern und den Emigrirtcn, sind alleSchrek-
ken des Bürgerkrieges und die aus gleichem Interesse und den widerstreitenden Meinungen entstandene leiden-
schaftliche Vernichtungswmh und fanatische Todesver-
Zr achtung sichtbar: ein empörendes Schauspiel für den partheilvsen Zuschauer, und ein so schwerer als schrecke
licher Stoff für den Geschichtschreiber.
Die Republikaner kamen dem Dorfe Berstheim naher;
der Kanonendonner wüthete hier heftiger, und das Vordringen der Tirailleurs war kühner und ungestümmer.
— Das Gefecht begann, und schon lieferte es den ersten schrecklichen Zug zu diesem Mordgemälde. Die Mirabeauische Legion sprengte unter die republikanischen
Plänkler — hieb viele nieder, und stürzte sich nun auf
die aufmarschirten Reihen. Der Herzog von Bourbon focht' an ihrer Spitze —- die Erde erbebte unter dem
gewaltigen Stampfen der Rosse — und em wildes Geschrei erfüllte die Luft. Die geächteten aber stolzen Streiter des französischen Königthums, spotteten dem
bewaffneten Bauernhaufen, und es schien als sollte der Anblick dieser Königstruppen schon die Freiheitssohne vernichten. Aber die Republikaner standen wie
eine Mauer — eine Salve aus dem kleinen Gewehr bestrafte die allzukühne Legion, wvdnrch viele derselben
niedergeschmettert wurden, und die Kavallerie sich genbthiget sähe, um nicht zerstreut zu werden, sich wieder zurückzuziehen.
Die Republikaner — wüthender durch ihren Verlust und nun dreister durch den über die Legion erhaltenen
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52 Dorther! ---- drangen nun tiefer gegen Berstheim vor.
Sie führten eilends 72 Kanonen auf, und beschossen das ganze Condeische Korps von drei Seiten, wahrend ihre Infanterie das Dorf wegzunehmen trachtete. Hier wütheten nun die Schrecken des Bürgerkrieges am schrecklichsten. .Die Republikaner fochten wie Löwen,
und die Emigrirte stürzten in Menge unter dem verheerenden Feuer nieder, wichen aber keinen Schuh breit.
Verde Theilc schienen des Mordens nicht müde werden
Zu wollen —- kein Theil seine Absicht anfzugeben und den Schimpf des Rückzugs, und der Niederlage auf sich
laden zu wollen. Prinz Conde thar alles, was ein braver Feldherr thun konnte; kalt und standhaft ertrug er das gräßliche und feinem Korps so schädliche Kano-
yenfeuer der Republikaner; und vielleicht hatte er bei all seinem verzweifelten Muth doch noch den Wahlplatz raumen müssen, oder die Republikaner würden über die
Leichname der Emigrirtcn vorgedrungen und durchge-
brochm seyn, wenn nicht General Kospoth dem bedrängten Prinzenkorps zu Hülfe gekommen wäre. Kos-
poth übersähe schnell und richtig das Terrain — und Plan und Ausführung schienen eins zu seyn.
Eine Karabinierdivision drohete eine feindliche Batterie zu umgehen; einige wohlplazirte Kanonen beschossen die anderen feindlichen Batterien mit so vielem Glück,
LZ daß der Feind fern Geschütze zurückzuziehen genothiget
war, und die Fronte des Cvudeischen Korps etwgs Erleichterung gewann.
Allein die Republikaner wollten dennoch nicht weichen ; es schien als wollten sie sich eher vor Bcrstheim
Alle begraben lassen, als mit diesem Schimpf Zurück? Zugehcn.
Die Mirabeauischen Husaren drangen daher auf dm
Feind ein — wurden aber sogleich von demselben um-
rangen, und wütheud gedrängt. Die Husaren waren verloren — jeder Ausweg war ihnen von dem Bajonette der unversöhnlichen PrmZenfeiude versperrt; aber hiev
war es dem tapfcrn Grafen Szermasy aufbehalten, durch eine freiwillige Attacke mit 6 Zügen von Erdödp
Husaren — die Emigrirte Kavallerie zu retten, und Mit unvergeßlicher Bravour im Angesichte der feindlichen
Kavallerie in feine Infanterie einzuhauen, dieselbe zu zerstreuen, und somit diese blutige Attake siegreich zu endeg.
Mancher Republikaner und Emigrirter war in diesen^
heißen blutigen Gefechte gefallen, und schwer würde
es dem Kampfrichter fallen, welchem Thejlc er den. Preiß der Tapferkeit zugestchen wollte — ob dem Löwenmut!) der Republikaner oder der unbeschreiblichem Standhaftigkeit dieser Unglücklichen.
DZ
54 Doch in einem Bürgerkriege kämpft ja nur blutiger
Haß und herzlose Wuth — hier ringt nicht die schöne Tugend der Tapferkeit um den Sieg; schwarze Leidenschaften, vor denen sich der menschliche Krieger scheu abwendct, ringen hier um die scheußliche Ehre der Ver-
richtung. — Die Geschichte Zieht daher mit Recht den
Schleier vor die Schauerszene, wo Bruderblut den vaterländischen Byden benezt, der Emigrirte neben dem
Republikaner knirscht, und beide mit dem Tode ringend
sich noch an dem blutigen Scheidewege dieses Lebens,
um Meinungen — verfluchen. —Sie erlaubt aber dem leidenschaftlofen Menfchenherzen den blutigen Seufzer:
daß der arme Erdensohn bei feinen ohnehin schweren
Lebenslasten, so viel von den Furien der Herrschsucht
und Meinungswuth leiden muß, und die Menschheit verdammt ist, gleichgültig anZuseben, daß Tausende—>
ja Millionen diesem Fluche hmgeopfert werden. — Indessen verdienen die Enngrirts für die tapfere und
standhafte Verrheidigung des Dorfes Verstheim die
Achtung des Kriegers, und des Grafen Szermasy Kavallerieatrake kann unter die schönen tapfer^ Thaten
dieses Krieges mitgezahlt wertem
Der Prinz von Hessen - Homburg und Graf Gyulay Wurden an diesem Tage vom Feinde mchc vergessen;
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allein der tapfere Klenan harte nächst Conde und Keg-
lev ich den heftigsten Angriff der Republikaner zu be-
kämpfen, und fein kluges und tapferes Benehmen in diesen! Gefechte dürfte nicht unter die gleichgültigsten
seiner Krirgsarbeiten gezählt werden. Die Republikaner griffen nemlich die Verbündeten unter dem
Grafen Klcnau, von drei Seiten, gegen Ohlungen, Daugcndorf und Neuburg, mir 8ooo Mann an. —-
Die Kanonade war von allen Seiten lebhaft— die Angriffe heftig und anhaltend.
Graf Wurmfer sähe den Grafen von allen Seiten gedrängt; die Anhöhen von Daugendorf, auf welchen
sich der Feind posiirt hatte, verriethen seine Absicht,
die Straße, die von Schweickhausen nach Hagenau führt, gewinnen zu wollen. Wurmfer — schnell gefaßt — den Feind durch eine rasche unerwartete Kavallerieattake zu verwirren, ließ
einige Jüge Husaren von Erdödy, und eine Division von den Hohenzollerifchcn Kürassiers in die feindliche Reuterei einhauen, welches dis Republikaner nicht abwarteten, sondern die Daugendorfer Anhöhen verließen,
wodurch der etwas erleichterte Klenau Zeit gewann, und so rasch als geschickt den glücklichen Augenblick
D4
Z6 benutzen konnte, um nur seiner leichten Infanterie und
Kavallerie. die gelungene Kavallerieattake, zur völligen Iurückdrangung des Feindes zu unlersiützen.
Das Gefecht zwischen Klenau und den Republikanern war für leztere sehr blmig, und den Verbündeten kostete
ss einige wackere Leute, die. meistens ein Opfer ihrer mehr als kühnen Bravour wurden.
Allein, war der feindliche Angriff dieses Tages und
das allgemeine blutige Gefecht für die Positron der verbündeten Nheinarmee gefährlich; so war es das Treffen vom zweiten December noch mehr. Nur der Heldenmuth der Fcldherrn, und die beispiellose
Standhaftigkeit der verbündeten Krieger konnten eine so hartnäckige Anstrengung und den fanatischen Muth einer
Überlegenen Macht bezwingen.
Das Treffen bei Bersthcim gehört unter die blutig-
ffen dieses Feldzugs — weil der Kampf am längsten Zwischen den Republikanern und Emigrirten weilte.
Schon um 8 Uhr fetzte der Feind seinen Angriff auf dem lincken Flügel fort.
Kanonade und Angriff waren schrecklicher und muth-
voller als die vom vorigen Tage. — Die Republikaner hielten sich hart am Rhein, um die linke Flanke der Verbündeten unter dem Generalmajor H a h n zu gewinnen. Bei diesem kl ntemehmcu fanden sie aber unüberwindliche
57 Schwierigkeiten: P i ch e g r ü gab daher seinen Vorsatz
gegen den linken Flügel auf, und drehete sich schnell gegen den rechten.
Die Franzosen brachten Zs Kanonen — meistens schweres Geschütze vor, beschossen damit den vor deih..
Fielhofner Wald aufmarschirrenrechten Flügel der Vers kündeten, entwickelten nun ihreFronte, und marschirten
in Schlachtordnung auf. Hierauf rückten sie zum Kampfe
vor, aber das Geschütz der Verbündeten warf die vorgedrungenen Vatallione wieder auf die Linie zurück. Die Franzosen versuchten nun durch eine rasche Kavallerie?
attake der Infanterie den Weg zum Durchbrechen Zu bahnen, allein die waldeckischm Dragoner und Szskler
Husaren, warfen sie bald zurück. Ihr zahlreiches Geschütz gestattete indessen der geworfenen Kavallerie sich
wieder zu sammlen, und die Attake zu wiederholen, worauf aber die Kürassiers von Hobenzollern die Attake
entschieden, und in Verbindung der übrigen Reurerei, die französische Kavallerie zum zweitenmal zuräckwarfen^
Da der Feind mit seinem Manöuvre nichts auszurichten vermochte, so versuchten' seinen Angriff gründlicher und sichrer anzulcgen, und vorzüglich sich unter der Pro-
tektion seiner zo Kanonen des Waldes zu bemeistern.
Seine Kanonade war fürchterlich und wohl dirigirtz daß er den Verbündete» bald 6 Kanonen demontiere, uwp
Dz
58 , wahrscheinlich sich den Weg Zu einer ernsthaften: unglücklichem Action gebahnt batte, wenn nicht der Abend
seinen Unternehmungen Grenzen gesetzt und die unbe-
zwingliche Standhaftigkeit der leichten Truppen ihm Aweifel über den Ausgang eines zweiten Angriffs erregt hätten.
Gegen die übrigen Posten der Verbündeten machte der
Feind nur Demonstrationen, oder kanonirte und haubizirte
sich mit ihnen: aber gegen die Steilung des Condeischeu
Korps wälzte sich seine ganze Kraft hin. — Jeder Streiter schien sich heute für gestern rachen, jede Parthcr — es
koste was es wolle — den Sieg gewinnen zu wollen; als wollten sich beide Gatungen von Franzosen einen Wettkampf der Standhaftigkeit geben, und die große Angele-
genheit des Vaterlandes in dem Siege über Franzosen durchsetzen.
Von io bis i Uhr dauerte die schreckliche Kanonade, wobei sich die von Seiten der Republikaner durch Menge
und Kaliber des Geschützes suszcichnete. — Während diesem furchtbaren Kanonendonner marschirte die Repu-
blikanische Macht gegen dem Condeischen Korps auf, und versuchte durch Manvuvres die Emigrirten Truppen
Zu verwirren. Allein Prinz Conde, ein erfahrner Feldherr, wankte nicht, sondern erwartete kalt und stolz den
Angriff,
59 Gegen i Uhr eröfneten endlich die Republikaner das
Treffen, mir einer Arrake auf das ihre Operationen so sehr hemmende Dorf Berstheim.
Mit gefälltem Bajonette und einem fürchterlichen Geschrei, mehr laufend als marfchirend, stürzten sich dieRcpur
blikaner in das Dors: die Mirabeauische Legion und die Mannschaft vom Regiment Hohenlohe, mehrten sich wie
Verzweifelte; das Gemetzel war schrecklich —die Repu-
blikaner vermehrten sich, und was von den Emigrieren
nicht unter dem mörderischen Bajonette fiel, mußte eilends die Flucht ergreifen, und sich auf das vor dem
Dorfe anfmarschrrte Gros der Coudcischen Truppen zurückwerfen.
Prinz Conde berechnete leicht die schrecklichen Folgen,
welche die Wegnahme dieses Dorfs für feine Stellung, und für die Lage der ganzen Armee haben könnte, und da ihm kein anderer Ausweg übrig blieb, seine Position sicher Zu stellen, und den Absichten des nun mit Macht
vordrmgendeu Feindes ernstlich vorzubeugen, als die Wiedereroberung diefesDorfes, so befahl er seinem Sohne,
dem Herzog von Bourbon, mit zwei Bataillon Edelleuten das Dorf anzugreifen, und mit dem Bajonette wegzunehmen.
Der Kanonendonner wüthete immer heftiger, die Repu-
blikaner hatten das Dorf und alle Zugänge in großer
6o Anzahl besetzt; gerüstet mit Tod und Verderben erwar-
teten sie den ihnen so verhaßten und so tief von ihnen verachteten französischen emigrirten Adel, um in seinem
Untergangs ihren wüthenden Haß Zu kühlen. Prinz Bourbon rückte in drei Kolonnen jubelnd gegen
das Dorf heran; die Republikaner verstärkten immer
mehr ihr Kauonenftuer, je näher ihr verhaßter Feind zu kommen drohete.-— Die Edellente in Verbindung nut der Mirabeanischen Legion und der Mannschaft von
Hohenlohe, stürzten nun mit wildem Geschrei irr das
Dorf. Die Republikaner ließen die kühnen Stürmer auf 15 Schritte ankommen, und gaben alsdann eine Salve Musguctcnseuer auf sie. Dieses Feuer richtete vre! Verwüstung in den Gliedern
der Emigrirten an; allein diese Menschen, die nur Tod — oder den Gewinn ihrer verlohrnen Güter und Rechte in Frankreich kannten, stürmten über die Leich-
name ihrer Brüder gegen die Republikaner, und mor" deten sich nun mit ihren bürgerlichen Brüdern um die
Wette. Die Edelleute hatten jetzt zwar das Dorf überwältigt und dem fliehenden Feinde 4 Kanonen abgenonst
men; aber von Keffendorf aus bedroheten die Republikaner noch immer den erhaltenen Vortheil der Emigrir-
ten. Zwei Bataillons nebst Z Kanonen deckten nicht pur ihre zurückgedrängren Brüder, sondern sie verhinderten
6l auch den Herzog von Bourbon mit der Kavallerie weiter
vorzudringcn. —- Bourbon drang zwar zweimal gegen die durch einen Ravin gedeckten Republikaner vor, und blieb trotz seinem nahmhaften Verlust — entschloßen zu siegen oder zu sterben — im Angesicht des Feindes stehen: allein er konnte durch seinen Much nichts mehr als Vorsicht
bei dem Feinde bewürben--daß eruemlich seine Kanonen zurückzog.
Der Vortheil des Terrains war auf Seiten der Res publikaner — und waren sie tapfer gegen die Verbündeten,
so waren sie es im äußersten Grade gegen die Emigrirtcm
.Der Herzog von Bourbon hielt das Kartätschenfcuer der Franzosen aus — jetzt da er den Feind überrascht zu haben wähnte, streckte derselbe noch durch eine General-
salve aus dem kleinen Gewehr viele der Emigrirtett nieder, und ehe sich die äußerst bedrängte Truppen wieder sammlen konnten, da war auch noch die repua blikanische Kavallerie der emigrirten in der Flanke,
Kavallerie gegen Kavallerie— ohnehin das blutigste und schrecklichste Gefecht — aber Republikaner und Emi-
grirte in diesem blutigen Handgemenge — wer kann es
sich gräßlich genug denken ! Das Morden wurde nur durch Wuth und Rachsucht und nicht nach der Fechtkunst gelenkt; Franzosen gegen Franzosen — sie würgten
sich, als ob sie nur in ihrer gegenseitigen Vernichtung
62
Sieg und Frieden hofften. Der Herzog von Bourbon fiel verwundet, und mußte dem Herzog von Enghstn das Kommando überlassen.
Für die Republikaner schien anfangs die Waagschaale zu entscheiden; aber die nahe Hülfsmannschaft verwirrte
sie, und entschied für die Emigrirten. Allein als ob es den Republikanern noch einmal auf ihrer Flucht
eingefallen wäre, wie schimpflich es für sie fty, diese von ihnen so tief verachteten Menschen als Sieger
anzuerkennen, und als unüberwindliche Republikaner von Vaterlandsverrathern überwunden zu seyn: die re-
publikanische Kavallerie ermannte sich plötzlich, und sprengte wieder gegen die Condeischen an, welche aber
durch die Chevaliers de la Couronne und von Dauphin verstärkt — aufs neue gegen die Republikaner vorrückten, dieselben theils zusammenhieben, thetls versprengten und
ihre Kanonen eroberten. Der Herzog von Enghien hieb
mit seinen Siegern auch noch in die Infanterie ein—richtete eine große Niederlage unter derselben an, ver-
folgte den fliehenden Feind bis an seine Position, und Zog sich hierauf nach den Anhohen von Keffendorf zurück.
Die Republikaner harten nichts unversucht gelassen, um den Hauprangriffgegen das Condeische Korps zu un-
terstützen , und ihr Unternehmen — die Stellung der Verbündeten zu durchbrechen — es koste was es wolle
63 — durchzusetzen. — Sie griffen daher auch bei Qblungcn
und Daugendorf, den Graf Klenau mit 6ooo Mann an. Der Graf hatte früher einen Theil seiner Truppen dem bedrängten Prinz Conde zur Unterstützung gegeben,
es blieb ihm daher kein anderer Ausweg übrig, als ein Kavalleriemanöuvre mit 200 Husaren von Erdödy, welche denn auch mit ihrer gewöhnlichen Bravour dem
Feinde in die Flanke sielen, einige hundert Mann niedersabelten und einen Pulverkarrn eroberten. Allein bei
Daugendorf war der Feind nicht so leicht vertrieben; er
bemächtigte sich des Dorfes Daugendorf, kanonirte den Prinzen von Hessen-Homburg, und war auf dem
Punkte, mit seinen zahlreichen Twailleurs, den Wald wcgzunehmen, und Neuburg Zu bedrohen. Beide Feldherrn hielten sich aber mit ihren braven Truppen gegen
den so tapfern als mächtigen Feind gleich wacker und
standhaft; und nach einigen Kavalleriemanöuvres in die feindliche Flanken, waren die Republikaner genö-
thigt, sich nach Daugendorf, und von da wieder in ihre alte Position zurückzuziehen.
Dieses Treffen — welches die Republikaner an 2000
Menschen, 7 Kanonen, g. Pulverkarren, 2 Trommeln und anderes Feldgerathe kostete, war vorzüglich für das Condeische Korps äußerst blutig, und man kann den Verlust der Verbündeten an Tobten und Venvum deten über 8oc> Mann annehmem
6-s
.Da der Graf Wurmser seine Truppen durch diese täglichen 'Angriffe äußerst ermüdet sähe, und befürchten
mußte, daß der Feind, Mit seinen immer häufiger anlangenden Hülfskorps von der Nord-und Ardennenarmee
—- und vermöge dem wilden Enthusiasmus der Nativnalfreiwilligen — welchen die Repräsentanten durch die tägliche Wiederholung des Konvcutsdecrets, wegen
dem Entsatz der Veste Landau noch nährten, endlich gegen einen oder den andern Posten der gedehnten und
äußerst gewagten Stellung an der Motter glücklicher seyn dürfte; so gab er dem am Rhein stehenden linken Flügel, durch eine veränderte Position vor Drusenheim
mehr Sicherheit und vermöge des dortigen Terrains, und der sich daselbst befindlichen fürchterlichen Redoutm,
ein imposanteres und überlegeneres Verhältniß zu dm
kühnen, gewagten, und immer zudringlicher werden wollenden Versuchen der Franzosen.
Allein, war es nothig daß Graf Wurmser für den linken Flügel seiner Position besorgt war; so hatte fein rechter Flügel bei Reichshofen, Frefchweiler und Werbt, diese Vorkehrungen doppelt nöthig.
Es war von einem scharfsinnigen und klugen Feinds
nicht anderst zu erwarten, als daß er sein Hauptaugenmerk gegen diese Gebürgspostcn nehmen würde, da der
Gebürgskrieg dem Geist seiner Taktik entspricht, und e§
6z als gewiß anzuuehmen war, daß die Republikaner mit ihrer fanatischen Resignation aufs Leben, und mit eines dem franz ö . ..>cn Volkskarakter entsprechenden Schnel-
ligkeit -- in einem ernsthaften Angriffe, die-Defensivs der Verbündeten nicht nur erschüttern, sondern auch zum Nachtheil aller vorherigen und künftigen Operationen, ihre
Armeen zurückdrangen, und Landau entsetzen würden. General Hotze, ein so einsichtsvoller Feldherr als tapferes Krieger, sähe das Gewagte seiner Stellung sehr wohl em >
und wußte in seiner ganzen Wichtigkeit den Nachtheil Ztr
tariren, der aus der feindlichen Position — Reichshofer
gegenüber für ihn entstehen könnte, da der Feind mit
einer ernsthaftem Attake, und mit mehr Fassung und Geduld, endlich seinen Zweck sehr leicht erreichen würde-
indem er ihm bisher oft nahe war.
Da man den Fall der Festung Landau jeden Tag mit Gewißheit erwartete, so wollte man auch ein so mühsam errungenes'und mit so viel Blut uNd Anstrengung
bisher behauptetes Terrain wo möglich erhalten; die Arbeiten au der Wimerpostirung waren bald geendigt
und die Feinde bisher auf allen Punkten mit Verlust Zurückgeschlagen worden; man konnte über die meisten
Posten ruhig seyn, nur für die Stellung bei Reichshofen,
Freschweiler und Werdt, war alles Zu fürchten. Genera!
Hohe erbot sich daher an den Oberbefehlshaber, diese
Zweiter Theil» E
6Ä Posten von ihrer gefährlichen Nachbarschaft zu befreien, dem Feinde durch eine ernste Offensive zuvorzukommen ,
und fein Augenmerk über die Starke dieser Posten durch
eine kräftige Demonstration zu verrücken. Hetze hatte sich ber einer Rekognoscirung davon überzeugt, daß diese
Unternehmung mit Glück könne durchgesetzt werden, worauf denn auch Wurmser in diesen Plan einwilligte. Der General Hetze befahl daher dem hessischen Obrist
Schreiber, daß er sich in der Nacht vor dem ^teu mit seinemRegimeut, einer Kompagnie Grenadiers, 2Kanonen
und i Haubitze, in dem Walde gegen Niederbronn fest-
setzen solle: die hessische leichte Infanterie und eine Kompagnie Grenadiers ließ er an die Amsel vorrücken;
2 Divisionen Husaren und Kürassiers mußten am Abhange derReichshofen gegenüber liegendenAnhöhe in aller
Stille aufmarschieren, um unter der Protektion des Geschützes aufdie Anhöhe vorzurücken, und in den Feind
einzubrechen. Kaum dämmerte die Morgeuröthe, als der
Kanonendonner aus der Redoute bei Reichshofen und
aus dem Walde gegen Niederborn, der Kavallerie dis Vollziehung ihres Auftrags ankündigte. Die Franzosen, die von den Verbündeten keine Offensive
mehr erwartet hatten, liefen in ihrem Lager bestürzt untereinander, die Kavallerie stürzte wüthend über sie her,
und versprengte das ganze Lager. Die versprengten
Republikaner sammelten sich ab.erbald wieder unter dem
Schutze ihrer Batterie auf der Oberbrunner Anhöhe; die
allzukühne Kavallerie, welche von dem heftigen Feuer dieser Batterie zurückgehalten war, mußte sich zurück? ziehen. Dadurch gewannen die Franzosen neue Hoffnung ihre zurückgelassene Kanonen wieder zu eroberen; muthig
drangen sie auch vor, griffen den Wald an, und ervberteu z von ihren verlornen Kanonen wieder. Allein Hotze gestattete ihnen nur wenige Zeit diesen erhaltenen Vyrtheil;
dieKavallerie mußte aufseinen Befehl dieAttake wieder? holen; die Grenadiers und die leichte hessische Infanterie
stürmten zu gleicher Zeit von allen Seiten m den Wald ein
— dieKavallerie derOestreicher, wie der Hessen unter
ihrem tapfern Obrist Schreiber, wetteiferten um den Preist, das meiste zur Niederlage des Feindes, und zum
Siege dieses Tages beigetragen zu haben. Wüthe'nö hieben sie in die verirrte und bestürzte Franzosen ein —-
nur wenige verschonte das mörderische Schwerdt, alle
wurden zerstreut, und i Sechzehnpfündner, 2 zwölfpfündner, 4 vierpfündner Kanonen, 2 Pulverwägen > ein Leiterwagen mit Srückkugcln, eine Heömaschine und eine Fahne erbeutet.
Es ist hier der Ort, auch den Antheil zu erinnern/ den die braven Hessen an dem glücklichen Ausgang die-
ses Angriffs hatten.
68 Die Oestreicher und Hessen waren der täglichen blu-
tigen Neckereien längst müde, und wünschten durch einen Hauptsireich sich an dem Feinde zu rachen, der
von seinen Batterien auf den jenseitigen Anhöhen es
sich Zum täglichen Vergnügen machte, durch unaufhörliches Kanoniren das deutsche Lager zu allarrniren.
Die Lage der braven deutschen Krieger war die ent-
setzlichste; saßen sie bei ihren Töpfen, um ihrem ausgehungerten Körper Erquickung zuzuberciten—so zerr
sireuete sie plötzlich eine Kanonade; lagen sie Nachts beym Wachsen.er, u.m sich zu erwärmen oder ihr armes
Mahl, an dem sie Len Tag über durch Gefechte und Kanonaden verhindeer wurden, in der Nacht zu genies-
sen, so wurden sie abermals aufgcstört, und durch wohlgerichtere Kanonaden Zerstreut. Mit dem ersten
Strahl der Morgenröthe mußte auch der Schlaf, der sie nur selten erquickte— von ihnen fliehen: Ein solches
markervolles Leben — quaalvoller als der Tod, hatten sie Mvndenlang geführt, und war ihnen noch eben so lang gedrohet, wann sich nicht die Umstände änderten.
Täglich siedeten daher die Hessen ihren Obristen Schreiber an, ihnen doch zu erlauben, sich am Feinde rächen und auf einige Zeit Ruhe verschaffen zu dürfen. Eiti gleiches tharen die Oestreicher.
Der gute Witten der Truppen -- ihr natürlicher
6y Muth, und ihr laug und ticfgenahrter Haß gegen die Franzosen, kann daher dem Entschlüsse des Generals Hetze Zuvor, und sicherte auch des Feldhcrrn angenehme
Hofuung, den Feind zu schlagen. Die leichten Jäger der Hessen unter dem so braven als
talentvollen Eapitam von Münchhausen, hatten sich m dem dichten Gesträuche an der Zinses versteckt, und auf den ersten Signalschuß stürmten sie die Anböhe
hinan, und eroberten die erste Kanone. Diese Jager waren so kühn und unerschrocken, daß sie den Feind nicht mehr zum Stehen kommen ließen. Wollte er sich
wieder fvrmiren, so schmetterte der Halbmondblaser seine gräßliche dissonante Musik, und der Feind flöhe:
rückten die Republikaner von einer andern Seite vor, so decafchirten sie nur einige Mann mit dem Halbmondblaser in deo Feindes Rücken. — Die scheußliche Krchgs-
musrk schien ihren Nerven unerträglich, das Horn de§
Hüons würkte nicht mächtiger, und plötzlich ergriff
Bestürzung den Haufen, uny zerstreut lief er auseinander.
Der Kapitain von Münchhausen — ein so tapferer als
geistvoller Soldat — der nemliche, der bei Jorrrm
iin Bienwald eine Kanone eroberte und nur seltener Standhaftigkeit seine Leute gegen die französische Ka-
vallerie unter hem General Iller, welchen auch ein hessischer Jäger niedersireckte, Zu behaupten wußte.
D3
70 Daher nun der verzweifelte Muth, womit die Kavallerie der Oesireicher und Hessen in die feindliche Ba-
taillons einhieben, weil ein jeder sich für die tägliche Unbilde des Feindes rachen wollte.
Hotze rückte nach geendigter Attake wieder in feine
vorjge Position zurück. Die Republikaner hattkn be-
trächtlichen Verlust —nur wenig die Sieger. Erst-re waren auf der ganzen Lime allarmirt°—und da sie einen
allgemeinen Angriff befürchteten, und durch einige De-
monstrationen und, Manöuvres über den Hauptangriff getauscht wurden, so war es dem Genera! Hotze um so leichter, seine Operation durchzu setzen.
Hatte diese glückliche Operation auch keine andre Wirkung von Wichtigkeit, als eine dreitägige Muhe, so war schog genug für die Verbündeten gewonnen, da der ermüdete und täglich allarmirte Krieger sich doch einiger maßen erholen konnte. Diesem vortrefflichen Soldaten verdanke ich vieles über den merkwürdigen Feldzug in Niederelsaß. Er ist voll-
kommen das, was er jedesmal sepn soll — Krieger, dem das Herz schlägt für Vaterland und Ehre — ruft ihn Bellona; Dichter — biederer zartlicher Mensch, dem das Lied sanft aus der geweihten Brust quillt,
gönnen ihm die Musen jene stille Feierstunden der Ruhe,
an denen er sich an Freundin Natur anschließen kann. Die Gedichte dieses liebenswürdigen Mannes werden dem Publikum mehr von ihm sagen.
7! Auf den Ztcn December zeigte sich aber der Feind
wieder, wie vorher; er erschien vor allen Punkten irr großer Zahl und plänkelte. Er richtete aber jezt mehr wie vorher seine ernstlichen Angriffe gegen die Gebürgs«
posten von Reichshofen, Lembach und gegen das Sulzs
thal. Der Feind vertieth jezt, daß er entweder die Verbündeten über sernen eigentlichenOperationsplan habe
täuschen wollen, oder den schwächsten Punkt der Defenstvlinie erst gefunden habe.
Die Republikaner stürmten nemlich gegen das Sulzs
thal, und versuchten die Flanken des bei Lembach kvmmandirenden Grafen von Lichtenberg zu umger Heu. Fünfmal stürmten sie mit äusserster Wuth gegen
das Sulzthal; aber der tapfereGraf Lichtenberg wider-
stand mit rühmlicher Fassung diesen Angriffen, und
vereitelte des Feindes Absicht, durch das Sulzthal durchbrechen zu wollen.
Gegen Nahweiler über auf der Anhöhe deckte zwar der Feind sehr geschickt diese Unternehmung, auch
begrüßte er Reichshofen mit einer fürchterlichen Kano-
nade, und drang im Jägerthal vor; aber vergeblich
Die Verbündeten blieben standhaft, und unter ihnen haben besonders die Truppen des Landgrafen von Hes-
sen-Darmstadt, und die pfälzischen Chevaur Legers viel zum glücklichen Entscheid dieses Tages beigetragen.
E4
Zu der nemlichen Zeit griffen auch die Republikaner
das Dorf Verstimm au, stürmten wüthend in dasselbe,
und eroberten es. Aber Prinz Conde ließ dis aus dem Dorf zurückgcworfene nwabeamsche Legion, und die Infanterie von Hohenlohe, unter dem e-mgrirten General
Gelb, wieder Vordringen, und das Dorf mit Sturm wegnehmen; wobei Zwar viele Republikaner blieben,
über auch die Generäle Gelb, Mertignac und mehrere ihrer Truppen das Leben embüßten.
So wie diese Attake gegen Verstheim. nut der vom 2ten December Ähnlichkeit batte, so auch die bei Dan-
gendorf, woher der General Funck mit seiner treffli/ chen Artilleriedirektion dem Feinde viel Schaden zufügte,
und die Kavallerie ihre bewahrte Tapferkeit und lleberlegenheit über die feindliche abermals bewiest.
Die verschanzte Position des Grafen Wurmser an der
Motterwar nun vollendet, und auf den yten December rückte die Armee in die Verschanzungen ein. Diese fürchterliche Stellung erstreckte sich von Drusen-
heim in einer Krümmung über Hagenau bis an Neichsho-
fen, Werde und Matstatt — und dehnte sich bis Lemberg an das Gebürge aus. Z2 fürchterliche Nedouecn, verhauen
und verpailisadirt, und eine beträchtliche Artillerie beherrschten alle Zugangs und enge Thälcr; die Kavallerie
kantomrte, wo es möglich war; ihr Rendezvous war
7Z aber so wohl berechnet, daß der kühne Feind entweder
in seinen: Rücken bedroht, stcb mit dem Degen in der Fan st messen, oder dem reissenden Kartätschen- und Mnsttueksnfeuer zum Opfer fakten mußte.
Graf Wurmftr gedachte in dieser festen Stellung den
Fall von Landau abzuwarren, und alsdann.seine Winterquartiere im Elsaß nehmen zu können. Allein schon waren der Helden viele gefallen, die Rheinarmee hatch durch die ewige Anstrengung und in den nahrungslosen feindseligen Gegenden an der Motter übermenschlich ge-
litten. Kleider und Schuhe waren Zerrissen —- der wü-
thende Kampf am Tage, erhitzte den Krieger und in der kalten Winternacht starrte der ermüdete und unbe-
deckte Soldat an einem ärmlichen Feuer, welches, ihm
der unerbittliche Feind nur selten gestattete. Ihn erquickte keine Speise—kein Vrandweiu kraftete seinen zerrütteten Körper, weil sich in die unwegsamen Gcbür-
ge kein Marquerender hinein wagte. Sollte er am Tage Nahrung suchen? mit dem ersten Connenblick mußte er zu den Waffen greifen, und der unermüdete, unaufhörlich vordringende Feind gestattete ihm an die-
sen heißen Tagen kaum, aus einer Quelle Zu trinken. Seitdem ipten November standen die Truppen beinahe
täglich unter Blut und Verderben, und der dritte Theil
starb thells den Tod der Helden, theils schmachtete
EZ
74
v.'--
er an verheerenden Seuchen, und kränkelte in den Lazar rethen.
Mit welchen unstchern schwankenden Aussichten muß-
te daher der ehrwürdige Greis, Graf Wurmser, die Position betretten, in welcher er cingeschlossen in den
Zirkel des Popilius, diese Bluthahn statt zu enden 7—zu erneuern genötbigt war: Er —der so gern für Deutschlands Rettung sein Leben darbrachte — alles,
alles — auch das Unmögliche bcinabe zu wagen entschlossen war, da er nur zu sehr seinen Feind kannte,
und von einer retrograden Bewegung eben so wenig
Vortheil erwarten durfte, da der mächtige Feind Landau wollte, und diese Festung darum unerbittlich blieb —
Iunner schrecklicher und gräßlicher wurde nun der mörderische Kampf zwischen beiden Tbeilen; schon schau-
dern wir über die lezten Tage des vorigen, und die ersten dieses Monats — aber unser Erstaunen wird größer werden, hören wir den Verfolg der gegenseitigen Anstrengungen.
Zuerst aber noch einen Blick auf die Lage der Verbün-
deten : und jezt den zweiten aufdie—- der Republikaner.
Die Republikaner von der Nordgränze— die Sieger
von Honscoot und Wattigny, und die wehrbarsten und wüthendstsn aus dem Innern; wohlgenährte und ausgeruhteMamrer, verstärken täglich die Rhein-
75
und Moselarmee. Dem französischen Soldaten fehlt nichts; Speise bringt ihm sein fanatischer Landsmann im Ueberffuß; Getränke jeder Gattung spenden die Re-
präsentanten an ihn aus; der empörte Elsässer erhöht den Haß des Kriegers; der Landmann, den der leidende Deutsche unmillkährlich quälte, erhitzt seinen Desporenhaß und seine Verachtung gegen den sogenannten Skla?
ven; die Flüchtlinge von Weissenburg, Sulz, Hagenau und Brumpt ahnen die Roberspisrreaden und das furcht-
bare System der Guillotine nicht; sie schildern die Grausamkeiten der Freikorps, die Schreckengestalten
der Seressaner — sie wieglen Elsaß zum Verrath und
zur fanatischen Unterstützung der Republikaner auf: 9QOOO entschlossene, wohlgekleidet und wohlgenährte §
aufgereizte und durch große Belohnungen aufgemunterte
Franzosen, unter den Fahnen her Freiheit und Pichegrü'ß
Anführung? — Dies ist das Bild der republikanischen
Armee; man halte es gegen das der Verbündeten über — man denke an den kranken schrecklichen Zustand
dieser kleinen Anzahl Helden aus Disciplin — für Ehre
und Sold, und höre nun auf den Fortgang der Begebenheiten an der Motter vom yten December bis zum 2 8tem
Die Republikaner griffen vor dem Einrücken der Verbündeten Armee in die verschanzte Linie zuvor noch
76 die Posten von Daugendorf, Uhrweiler und Oblungen
au. Sw drangen in ungeheurer Anzahl, und mit vielen: Geschütz auf den Gra'en Klenau ein , und überwältigten sein Truppenkorps, worauf er mit bedeutendem Verlust sieh zurückzieben mußte. —- Die Republikaner — stolz auf diesen erhaltenen Vortheil über einen
Manu, der ihnen so manche Niederlage anrichtete, und
wie ein Fels aus den Höhen seiner Position trotzte, an dem sich ihre Wukh schaumend brach — drangen nun
mit einer Raserei ohne Gleichen und in geflügelter Eile auf das von allen Seiten bedrängte und in vollem Rückzug gewesene Klenamsche Hcldenkorps, weshalb der Feind auch keinen Augenblick mehr zweifelte, heute
seinen so oft mißglückten Dm-chbrechungsplan durch-
Kusetzen, und aus tausend Stimmen „Sieg" schrie.
Klenau zog sich Schritt vor Schritt zurück, und berechnete jede Bewegung und jede Evolution so glücklich,
daß die Republikaner zwar immer verdrängen, aber unter dem mörderischen Feuer in Menge uiederstürztem
Klenau wucherte mit seinem Terrain von Mittag bis gegen Abend, und schien mit seiner Mannschaft
eher den Tod des Leonidas sterben zu wollen, als daß er dem Feinde die Bahn zürn Siege über seine Krie-
ger hatte raumen sollen; darum blieb er, trotz seinem ansehnlichen Verlust, standhaft, und war auch endlich
so glücklich, seinen großen vaterländischen Muth gekrönt
zu sehen. ,
Graf Wurmser schickte dem äußerst bedrängten Klenau
Kavallerie zur Unterstützung. Rasch fielen die Hohenzollerischen Kürassiers, unter der Anführung des Grafen
DeSfours, in des Feindes Flanke, hemmten dadurch seiri Vordringen, hieben in die bestürzte Infanterie em, zerstreuten dieselbe, und erbeuteten eine Kanone.
Klenau rückte jetzt so rasch als möglich vor, drängte Len Feind bis Daugendorf zurück, und da er ihn aus dem
Dorfe selbst nicht mehr vertreiben konnte, so bezog er seine Position über Ohlungen und Uhrwesler, und besetzte
die Waldungen. Die Franzosen waren in ihrem heutigen Angriffe nicht
mehr fern vom Ziele — man mußte ihrer Tapferkeit und ihrer vaterländischen Bravour Gerechtigkeit wieder-
fahren lassen: sie drangen mit einer Anstrengung mit einem Ungesiümm, und mit einer so anhaltenden Ausdauer vor, und behaupteten sich in dem errungenem
Terrain so tapfer, daß es nur der an Manbvrirfähigkeit und Entschlossenheit überlegenen Kavallerie der Verbün-
deten gelingen konnte, ihnen den schon gewissen Sieg wieder aus den Händen zu reißen.
Bei Reichshofen und Selzbach war der Feind trotz seinem murhyvlien Vordringen in das Städtaen Reichs-
Hofen und gegen das Sulzthal eben so wenig glückliche
Seine Infanterie stürmte zwar muthig und keine Gefahr
scheuend vor; aber die Kavallerie der Verbündeten, worunter sich die pfälzischen Chevaur Legers rühmlich
auszeichneten, hieb bei Reichshofen in den kühnen Haufen ein, und richtete unter den in Bestürzung zurückweichenden Franzosen eine große Niederlage an.
Dieser für die Franzosen so blutige Lag, hatte zwar
die Verbündeten abermals als Sieger gesehen; aber dieser Sieg kostete den Deutschen viel braves Volk —
em für sie unersetzlicher Verlust — da im Gegentheil die weit beträchtlichere Niederlage der Republikaner den
folgenden Tag, durch ihre ansehnliche Requisitionstnannschaft, und die häufig aulangende Detaschemeins
Von der 9borö- und Ardennenarmee, wieder ersezt war. Die Niederlagen schienen den Feind nur täglich furcht-
Varsr und mmhvoller zu machen; für jeden Verlust erhielt er dreifachen Ersatz — statt daß die Verbündeten aus Mangel an Ersatzmannschaft muthloser werden mußten.
Man hoffte aber, wie gesagt, täglich auf den Fall der Festung Landau, und da es zu spät war, eine andere
von der Natur mehr begünstigtere — wenn schon con-
zentrirtere Stellung zu nehmen — so bezog man nmr die verschanzte Linie in der festen Hoffnung, der Feind
79 werde seiner so oft fthlgeschlagenen Versuche eingedenk,
mit einige!! Hauptangriffen sich begnügen, welche man denn so wie vorher tapfer abzuschlagen gedachte»
Allein die Söhne der Freiheit, dre wiedergehohrnen Franzosen waren keine gewöhnliche Menschen Mehr, so
bald der begeisternde Aufruf des Vaterlandes durch die schwärmerische und energievolle Stimme seiner Gesetz-
geber an sie ergieng; und dieser Aufruf Mi Namen des
Vaterlandes war ihre tägliche Parole, und die Dons nerworte: „Landau oder Tod " das Felögeschrell —
Die Republikaner waren auch am loten December nicht unthätig; aber mit mehr Hitze und Anstrengung griffen sie am i iten December die ganze Linie der Verbündeten und vorzüglich den Posten bei Reichshoftri an.
Der wackere General Fuuck, der an der Stelle des Generals Hohe diesen Tag das Kommando bei Reichs-
hofen übernommen hatte — um den Mit Heber-
macht vorrückenden Feind ZMÜckzuhülten. Die Franzosen beschossen auf das heftigste die Reichshofer
Stellung — stürmten unter der Protektion ihrer auf den Anhöhen aufgeführten Kanonen in NaheweK ler, und drückten überall die Verbündeten mir großem Verlust zurück.
Der brave Zunck ließ zwar -m Feind in der Flanke
8o nehmen, und das Dorf Naheweiler mir dem Bajonette augreiseu, welche Verkehr auch das feindliche Vodrin-
gen hemrnte, und sein Glück in etwas erschwerte und verzögerte, da die Verbündeten in dem Dorfe eins seiner
Bataillone theils zu Grund richteten, rheils verspreng-
ten, und seine 2 Kanonen erbeuteten. Aber der Fund drang Zum zweitcmuale mit steigender Wuth vor. Sein Kartätschenseuer drängte He Verbündeten zurück, der
brave Held Funck wurde verwundet; und da sich der Feindimmer mehr im Walde vorpoussirte, so eroberte er
seine 2 Kanonen wieder und erbeutete auch noch einen Cechspsündner von der; Verbündeten.
So heftig aber auch dieser Angriff, Und jener bei Schweickhauftn und Sulzbach vom Feinde unternommen
waren, so wenig hatten sie doch der Position geschadet. Indessen man erblickte immer mehr Geist, Leben und
kluge Wendung in der Direktion ihrer Operationsplane,
und mehr steigende Verzweiflung und Wuth in den Angriffen des Heers. Aber endlich hatten sie denn auch des Schicksals Gunst
Ertrotzt — das Glück kehrte Deutschlands Helden den
Rücken , und Schlag auf Schlag stürzte ihr Vertheidigungssystem ein.
Die Franzosen hatten sich in dem Walde an der Ha§
genauer Straße festgesetzt, rmd griffen von der Weitbruchex
8L / brucher Straße den Posten des F. M. L. Baron Spleny
an, drangen bis über den Verhau vor, und fochten mir zweifelhaftem Glücke um den Sieg des heurigen Tages. — Fünfmal waren sie über den Verhau herangestürmt, und jedesmal wurden srswon der braven Kavallerie znrückgeworfen.
Beide Theile büßten viel Mannschaft em> das Treffen war lebhaft und fürchterlich, aber nicht so glücklich wie bey Tamrörücke, welches wichtigen Postens sie sich heute bemeisierten, und sonritdie fürchterli-
che Bahn Zu den entscheidenden Siegen dieses blutigen
Feldzugs brachen. .Die Republikaner, gewohnt von ihren Vortheilcn einen schnellen Gebrauch zu machen,
griffen gleich den Tag darauf, als den laten, alle Gebürgspvstm nut äusserster Wuth an, und offtnbaßrtcu
jetzt dem deutschen Taktiker, daß sie den Hauptanä
griffspuukt gefunden hätten. Im Besitz des Marien-' thaler Waldes, aus welchem sie sich nicht mehr verdrängen ließen, setzten sie nun ihre Angriffe von der
Lannbrücke aus gegen die Glashütte und gegen den
Kranzberg und Engelsberg fort. — Der Feind wurde Vormittags und Nachmittags mit beträchtlichem Verlust zmäckgeworfen. Allein der Glashütte wußte er sich
durch sein Vordringen über den Roh an berg zu be-
mächtigen; da er sich aber gegen den Liebftauen?
Zweiter Theist Z -
82 berg wendete, so wurde er aus der Marstaller Red ou-
te heftig beschossen. Nichts g!ich aber seinem anhal-
tenden Ungejtümm, womit er heute angriss; seine
Tirailleurs erstiegen kühn die Hohen von Mat stall, und mit Sturm bemächtigte er sich der Krähende rge, trotz daß General Funck diese Posten durch eine Diversion zu unterstützen versuchte, und von Fresch w e i-
ler aus den Feind bedrohete. Die Republikaner hatten demnach durch die Wegnahme dieser Posten die so wichtige Gebürgrp- stcn von
Lembach und Reichshofen äusserst bedrohet, und es mußte dem Interesse der verbündeten Heere obliegen'
diese Posten wieder zu erobern, es koste was es wolle, wenn nicht die ganze Linie durchbrochen und dem Feinde sein furchtbares Vordringen sollte erleichtert werden.
Da der Posten von Lembach die Vereinigung der beiden verbündeten Armeen unterhielt und der Feind hier die schwächste Seite der verschanzten Linie gefun-
den hatte, so war es von der äussersten Wichtigkeit, diesen Posten zu erhalten, und durch die Wiedererobe-
rung des Engelsberges, ohne welchen der Posten von Lembach nicht behauptet werden konnte, zu sichern. Hier bewiest sich nun der unendlich wichtige Vortheil des
französischen Milltairsystems, und der Einheit des Interesse, an welches der Tambour wie der Oberfeldherr
83 gebunden war; und eben so sprechend offenbahrte sich die unglückliche Eigenheit eines verbündeten Heeres, wo jeder Hofund jede sogenannte Nation ihr eigenes Interesse
hat, und Zu einer Knegsoperarion erst umständlich die Zustimmung derInteressenten muß eingeholtwerden. Bei-
de Oberbefehlshaber sahen, daß Periculum in mora für die Linien sey — aber ehe man sich zu einer gemeinschaft-
lichen Mitwürlung verstand , oder auch verstehen konnte,
griffen die Franzosen den i zten December die ganze Linie
der Verbündeten mit einer so stürmischen Wuth an, daß
sie sich des Postens bei Lembach — der Engelsberg » bemächtigten.
Der Feind hatte der Festung Landau durch zo Signalschüsse diesen allgemeinen Angriff angekündigt, und
würklich war er nicht fern von dem Ziele, nach welchem er
sich mit so viel Anstrengung und Aufopferung sehnte.
Zwar wurde er beiReichshofen und Werbt geschlagen, und sein wiederholt stürmischer Angriff mit unvergeßlicher Bravour zurückgewiesen : aber auf dem Engels-
berg schien er sich behaupten zu wollen. Der Herzog von Braunschweig schickte daher in diesem Augenblicke der
höchsten Krisin 2 Bataillons vom Regiment von Kleist,
welche unter der Anführung des Generalmajors von
Kleist, den Berg wieder mir Sturm wegnahmen, und
den bei Zoos Mann starken Feind, m die Flucht zer-
sireueten, F 2
84 Der Graf von Lichtenberg unterstützte diesen Angriff
aufs beste, und als der Feind von der b i tsch c r Straffe entrückte und von einer Anhöhe Lewbach besehest, so
ließ ihn der Graf angrcisen und in die Flucht schlagen,
wobei denn auch den Siegern noch 2 Pulverwagcn in
die Hande fielen. Die Republikaner versuchten auch mit einer frischen Kolonne, die von der blutigen Arbeit ganz erschöpften deutschen Truppen, von dein Ob ern-
kranzbcrg Zu vertreiben , welches ihnen auch gelang; da sie sich aber von andern Punkten so nachdrücklich zurückgedrangt sahen, so zogen sie sich gegen MatsiallZn
rück, und wichen auch noch vor Abend, von demObcrn-
kranzberg, wovon sie die Verbündeten zum Theil vew trieben hatten, und sodann diesen Posten wieder besetzten.
Indem allgemeinen Angriffe aus den i6.Deoember
waren die Republikaner nicht viel glücklicher; der Engelsberg blieb abermals in den Händen der Verbündeten, auch wurden sie von dem Krähenberge, und andern
vortheilhaften Posten durch ein lebhaftes Gefecht vertrieben.
Da aber der Feind nicht nachließ mit seinen immer
wüthendern Angriffen täglich ja stündlich die Verbündeten zu allarmiren, und die Truppen über dieses tägliche Gewürge immer mißmuthigcr wurden; so entschloß
sich endlich der Oberfeldherr Graf Wurmser, dem Feinde
85 eine Schlacht anzrrbieten, um nach dem Wunsche seiner
braven Krieger, die lieber im heißen Schlachtgewühls ihr Leben verlieren, als täglich und allmählich sterben wollten, das Schicksal der einen oder der andern 'Armee
zu entscheiden. Dieser allgemeine Angriff war auf den
i§ten festgestzt, und man konnte mit Recht erwarten,
daß die Verbündeten in dieser Offensive wie in allen vorigen, den Feind schlagen würden. — Aber ein fürchterlicher Regen Zerstörte die ohnehin äusserst verdorbenen
Gebmgswege vollends; man mußte daher den Plan verschieben , weil man kein Geschütz fortbringcu konnte,
und die ohnehin sehr ermattete Truppen auf diesem Terrain gegen die leichten französischen Tiraillenrs nur wenig entscheidendes würden ausgerichtct haben. Dies;
hielt aber die Republikaner, welche mit frischen Truppen täglich verstärkt wurden, und mir Ablösungen ihre
Kolonnen unterstützen konnten, nicht ab, trotz Reger?
und verdorbenen Wegen, auch auf diesen Tag, die Verbündeten, bei Reichshoftn und Fischbach anzugrer-
fen, und endlich ihre Linien zu durchbrechen. Dieser Angriff war denn auch schaudervoll und überwäl-
tigend, und die Masse seiner wüthenden Stürmer würde die fürchterliche Scheidemaucr hinweg gedrückt Habend-
wenn nicht in dem Augenblick, wo der Feind beh Fisch-
bach die Linien durchbrochen hatte, das Manöuvre disciplinirter Truppen, seinem wilden unregelmäßigen
86 Vordringen Grenzen gesetzt hatte. Die Republikaner
gerieten nemlich bei Fischbach und Tann zwischen den rechten Flügel der Verbündeten Rhein - und
zwischen den linken Flügel der Vogesenarmee. Erstrer machte Fronte gegen die feindlichen Stürmer, und der
zweitere griff sie in der Flanke an. Dieß verwirrte die Franzosen; bestürzt flohen sie davon— viele wurden niedergeworfen, und bey diesem siegreich Zurückge-
schlagenen Angriff, eroberten die Sieger auch noch 2 Kanonen und mehrere Pulverwagen. Die Republikaner schienen über dieser Standhaftigkeit der Verbündeten bald die Hoffnung aufgeben zu wol-
len, je ihren Zweck zu erreichen. Denn wenn sie auch bisher mit aller Anstrengung gestritten, und dem Ziele
nahe gekommen waren, so wurden sie nur um so vielfältiger und schrecklicher zurückgeworfen. Allein ihre Volksrepräsentanten verstanden sich zu gut
auf den Volkskarakter, als daß es ihnen viele Mühe hätte kosten sollen, jede Schwierigkeit nicht auf die Rechnung der Streiter zu setzen, sondern den Fehlern
des Opcrationsplans zuzuschreiben, und dem Zweifel des gemeinen Kriegers über die Möglichkeit des projek-
tieren Entsatzes der Festung Landau, durch die Absetzung und Ausmusterung einiger nichtpatriotifchcn Feldherrn und Offiziere—welchen sie Verräthcrey Und
Feigheit schuld gaben, zu begegnen.
8? Der wankende Muth der Republikaner war daher in
weniger Zeit durch die Strenge gegen die Feldherrn, wieder hergestellt, und durch glühende Aufforderungen
an die kühne französische Titanen, ihr entschlofsuer Wille nur um so mehr entstammt.
Hoche, der das Vertrauen der Volksreprasentantcn zu verdienen gewußt hatte, versprach das grosse
Werk des Entsatzes der Veste Landau zu vollbringen. Durch kühne und wohlberechnete Bewegungen schloß er den rechten Flügel der Moselarmee immer näher gegen
den linkender Rheinarmee an-—die förmliche Vereinigung der beiden Armeen war nicht mehr fern:-—doch sehen wir zuerst, wie sich die Oberbefehlshaber der Verbündeten in ihrer kritischen Lage und bey diesen verzwei-
felten Aussichten benahmen, und welche Maaßi-egeln
sie ergriffen, oder zu ergreifen gedachten, um dem drohenden Einsturz ihres Vertheidigungsgebäudes vorzubeugen.
Die verbündete Rheinarmee, die sich Monden lang mrt dem fürchterlichen Feinde jeden Tag blutiger her-
um gekämpft hatte, und stets auf allen Punkten angegriffen wurde, war zu schwach, um die Posten von
Reichshofen, Werdt und Fresch w eiler, welche vom Feinde am meisten bedroht waren, mit so viel Mannschafft zu besetzen als erfordert wurde, daß man
F4
88 über diese gefährlichen Punkte hatte sicher seyn kön-
nen. Der Oberfeldheer der Rheinarmcs, forderte daher den Herzog von Braunschweig Zur ernsthaften Mlt-
würkuug und Unter stützuüg auf, wozu sich denn auch dieser Feldherr endlich verstand. —- W u r m se r zog da-'
her feine Truppen von Lembach weg, und verstärkte
damit den Posten von Reichshofen ; und der Herzog
von Braunschweig übernahm mit 8 Bataillons Infanterie und 5 Escadrons Kavallerie den Posten von Lembach, nachdem man zuvor die Verbindung zwischen
den Posten vom Llebfrauenberg, Lembach und der Schesrhöhle (k^eoNier) sicher gestellt hatte. Da man aber trotz diesen Verstärkungen über diese Posten, so wie über den "ganzen weitgedchnten Cordon, nichts weniger als beruhigt seyn konnte, indem es Voraus-
zusehen war, daß der Feind die Kommnnicatlonen oer Ge-
bürgsposten von Reichshofen und Lembach mit feiner großen Macht so lang angreifcn wurde, bis ihm sein Plan,
endlich gänzlich gelungen wäre; so ließ der Herzog von
Braunschweig den Grafen Wurmser auf diese mißliche
Situation aufmerksam machen, und diesem Feldherr», den Antrag thun, diese Position zu verlassen, sich hinter
die Sur in eine conzeutrirtere Stellung, zwischen dem
Rhein und dem Llebfrauenberg zu ziehen, und den .Feind alsdann bei Werde und Neichshoftu auf den 2Zterz
89 qnzugreiftn, wozu der Herzog Mit der Vogensenarmee
auf das kräftigste mitwürleu wolle. Marr muß diesem Vorschlag eines der größten und erprobtesten Feldherrn die
Gerechtigkeit widerfahren lassen, daß derselbe der Ansicht
des Terrains entspricht, und der Wichtigkeit einer festen
Defensive vollkommen angemessen, im Geiß Friedrichs des Einzigen gedacht ist; ja daß cs eine Maasrcgel gegen
jeden Feind sey, und vorzüglich aber gegen die französische Republikaner von äusserster Wichtigkeit scyn dürfte—
Coxdons —- wenn die glücklichere Offensive nicht statt
hüben kanu , so viel wie möglich zu conzeutriren, um auf allen Punkten stark Zu feyn. Allein eine retrograde
Bewegung in die freilich conzeurrirtcre, aber gänzlich
unpräparirteStslluug an der Cur—in dem Augenblick,
wo sich die Rhein-und Mostlgrmee miteinander vereinigte, und eine Heeresmacht von 92220 rasender kei-
nen Tod scheuender Franzosen gegen die unvorbereitete, folglich unhaltbare Position, im Anzug war?
Unstreittig dürfte, nach dieser Ansicht der Lage der
Verbündeten zu den Republikanern, der partheilose Beobachter, ohne daß er frivol und unbescheiden gegen
die höhere Weisheit der Feldherrn seyn möchw, an den gefährlichen Faulsicberkrauken gedenken, dem der Arzt
das schreckliche Gift durch Campher und M 0 sch u s bekämpfen wich welche Gegengifte zwar gegen die Faulniß
,8S
wohlgewahlt, aber' auch zugleich blutanflöstnd — folglich
Palliative gegen den unheilbaren Schaden sind. Man hätte freilich im glücklichsten Fall durch den Rückzug
in die Position an der Su r etwas Zeit gewonnen ; wie lang Härte man aber in diesem waldichten und buschichten
Terrain dem französischen Tiraillcnr widerstanden? Ob
man des Feindes täglich mit immer gräßlicherer Wuth forcirte Angriffe lange hatte bezähmen können? Doch mögen die Begebenheiten selbst sprechen, da die Franzosen den kritischen Gehalt aller Vor,-und Nachberech-
nungen mit dem. Bajonette umgeworfen haben. Graf Wurmser willlgte in den Vorschlag des Rückzugs an die Sur; über noch vor dem Vollzug seiner dahin geeigneten
Befehle -- griff die in der Nacht auf den 2 2ten December sich vereinigte Rhein - und Moselarmee mit beispielloser Wuth die ganze Linie der Verbündeten an, und lieferte ihnen jene fürchterliche und folgenreiche Schlacht
Lei F re sch w e ile r. Wüthend stürzten sich Schüttren zu 6 und 10222 auf die Verbündeten: Landau oder Tod schrien die gräßlichen
Kampfer, und erstiegen waren dic Redonten beiReichsho-
fen und Werbt-- erstürmt der Posten vom Llebfraneu-
Lerg — undmit 18022MMM bei Freschweilerdie Linien
durchbrochen. — Verzweiflung gegen Verzweiflung kämpfte nun hier den Todeskampf; Hotze stand wie
YI ein Held — seine Krieger würgten in den Menschern
massen der Feinde —- aber loosoMann Rasender-— gegen das von Mangel, Elend, Kalte, Hanger und der ewigen Mordarbeit erschöpfte HäufleinOestreicher, Hessen-
darmstädter und Pfalzer? und dennoch kämpften die über-
wältigten Truppen fort: trotzig warfen die Preussen bei Lembach die Republikaner zurück — aber hier machten sie auch nur einen Scheinangriff; ihre Wuth stürmte nur gegen Rerchshofen, und ihre ganze Kraft walzte sich gegen
die Tbaler und Kommunicationswege bei Freschweiler und Reckenftein.
Bestürzung und Verzweiflung bemächtigten sich endlich
der so fürchterlich bedrängten deutschen Krieger; in der Verwirrung übersahen sie, daß der Feind mit seiner Kaval-
lerie durch das Jägerthal vordranq, die Redoute bei Freschweiler umgwng, und während seine Infanterie dieselbe überstieg, die Redoute in der Gorge packte, und
in die bestürzten Flüchtlinge einhieb. General Hetze vermochte nun auch nicht mehr der eingerissenen Unordnung
und der Verzweiflung seiner Truppen zu steuern: ein dichter Pulverdampf und Nebel umschlossen Freund und Feind
— jeder suchte einen Ausweg— blind und wahust'mrig stürzte einer über den andern her; Mord und Tod verfolg-
ten die geschlagenen Truppen noch auf der Flucht, die Kavallerie der Republikaner hieb ein, und gewonnen war
der Sieg für die Franzosen.
92 Zwar ließ der heldenmüthige Herzog von Braunschweig
wir einigen gesammelten Bataillonen von der Rheinarmee,
den Liebsrauenberg wieder weguchmen, und unterstützte
dadurch den Posten Lei Lembach. Allein eine geschlagene
Armee ist nur eine halbe Armee; der Feind griff in der Nacht den Posten hei Lembach mit einer heftigen Ka-
nonade an: Hetze'hatte die heilige Pflicht auf sich, seine braven Krieger nicht gänzlich dem Verderben Preist
zu gehen richtige oder unrichtige Sage — die ihm yon einen: heftigen Angriff aus diesen Posten Zu Ohren
kam, man denke an die Niederlage des vorigen Tagest an die Verwirrung und Zerstreuung seiner wenigen und
noch dazu aus allerlei Truppen komponirten Mannschaft : die Franzosen hatten einen allgemeinen Sieg erfochten —- der General Hetze verließ daher den wich-
tigen Posten , den Liebfrauenberg, ließ zwar ein Kavalleriedetaschenmrt darauf stehen, um den Posten von
Lembach zu sichern, im Fall der Feind seinen Angriff erneuern sollte — und zog sich hierauf nach dem Ge i st-
öxrg. zurück. GrafWurmser hatte früher feinen rechten Flügel und
Has Centrum aus den Linien der Motter hinter die Sur zurückgezogen, und unter dem vortrefflichen General
Baron von Lauer ein Korps in die Festung Fortlouis geworfen. Der Graf Wmmser vereinigte sich daher in
93 der Nacht auf den 2Zten wieder mitdem 'Zentral Hetze—
welches Leiden Feldherrn eine so wichtige Obliegenheit
war, da man gegen einen so schlauen Feind, der von jedem Vortheile einen so glücklichen als schnellen Gebrauch zu machen versteht, nicht wachsam und Vorsichtig genug scvn konnte. Der General Hotzs war noch nicht auf dem Gekßberge
angekommen, als sich auch die preussischen Posten von
Lembach und von Lobenthal, nach der Scheerst ö l) l e und nach Weiler zurückzogen, worauf denn auch
das Kavalleriedetaschement den Liebfrauenberg verließe
Die Franzosen eroberten in dieser Schlacht 16 Kano-
nen, machten ZOO Gefangene, und halten unter den Verbündeten eine beträchtliche Niederlage angerichtet.
Durch den Verlust des LiebsraueuLergs und des Postens bei Lembach, war nun auch die Stellung an der Sur nicht mehr gesichert: der Graf Wurmser zog sich daher mit seiner Armee nach den Weissenburger Hö-
hen zurück, und seLZte sich mit dem linken Flügel auf
den Höhen bei Lauterburg, und mit den: rechten auf dem Geißberg fest.
Die Republikaner rückten über Eschbach nach §. und versuchten über Matschthal und Lambertsloch? der Arrieregarde der Verbündeten in die Flanke zu fal-
len, wobei sie aber von den tapfsrn Generalen Jordis
94 und Aufseß verhindert-, und mit vielem Verlust zuräckgeschlagen wurden.
Da die Franzosen diesen Vortheil — dLr durch geschickte Märsche und schnelle Bewegungen erfolgten Ver-
einigung der Rhein- und Moselarmee zu verdanken hat-
ten, so ernannten die Volksrepräsentanten den Ober-
seldhcrrn der Moselarmee Hoche, zum Oberbefehlshaber der vereinigten Rhein - und Moselarmee; theils um den beiden Heeren mehr Centralltät zu geben, theils
durch die Centralisirung des Oberkommando's, mehr Einheit, Nachdruck und Energie in den Operationsplan zu brrngen.
95
Kap. IH. Feindliche Bewegungen an der Saar und der Bließ. Feindlicher Angriff der Franzosen auf den linken Flügel dec Verbündeten, u d Schlacht auf dem Geißberge. Die Rbeüiarmee zie't sich über die Lauter nach Fr eck en--
selb und Germersheim zurück. Die Rheinarmee
zieht sich hierauf gegen Speier zurück, und paffirt bei Philippsburg und Mannheim den Rhein.
Hagenau war vom Feinde erobert, und nach einem so vollkommnen Sieg, wie der vom 22ten December, durfte der Feind nicht mehr zweiflen, in wenigen Tagen die elsässische Grenze völlig von auswärtigen Feinden zu
reinigen, und Landau zu entsetzen.
Die Verfügung der Volksrepräsentanten, das Ober-
kommando der beiden Armeen dem Generale Hoche zu übergeben — gab der republikanischen Armee mehr
innere Konsistenz: mit vereinigter Kraft nach dem gros-
sen Ziele des Entsatzes der Festung Landau zu ringen^
war ein stolzer Beruf für den ohnehin thätigen und tapfern Hoche; und daß er den Gebrauch so vieler Kräfte
— und sie gehörig zu vertheilen, und streng anzuwen-den, verstand, hatte er bek Freschwerler bewiesen.
U
Hoche machte demnach von den vortheilhaften Eindrücken dieses Sieges auf seine tapfere Armee schnellen
Gebrauch: er legre seinen Plan, zu einem allgemeinen Angriff auf die deutschen Armeen, den Volksreprasen-
tauten vor, und befahl Zu dem Ende den linken Flügel
der Verbündeten bei Lautcrburg -- es koste was cs wolle—-zu schlagen, und,Lauterburg mit feinen Höhen zu erobern. Diesen wichtigen Auftrag Vertraueteer dem
General Dessair, einem der einsichtsvollsten und tapfersten Heerführer der Republikaner an. Pichegr ä
sobre das Ceutrum, Don adieu dis Kavallerie kommandiren. Und Hoche selbst bedielt sich dle Anführung des linken Flügels gegen den Geißberg vor.
Da der General Hoche nach seinem Operatiousplane, durch eine entscheidende Schlacht Landau zu entsetzen,
und den Untergang der Verbündeten zu beschleunigen verlangte; so wurden schleunigst Kouriere an alle Grenz-
kommandos bis gegen Trier abgeschickt, welche die
Drdre überbrachten', an der Saar und Blies Bewegungen zu machen, um die Aufmerksamkeit des Fein-
des zu theilen. — Es war den Republikanern vorzüglich
darum zu thun, die verbündete Vvgesenarmee in der
Defensive zu erhalten, und sie zu verhindern, an den Gefechten gegen die Rheinarmee Theil zu nehmen; und
ha die kvbmgifche äußerst sonderbar Winterquartiere
97
dem General Jourdan gestattet hatten, außer deü Verstärkungen für den Oberrhein, auch die Posten an
der Saar noch ansehnlich zu verstärken, so kamen dis Verstärkungen für die zwei ohnehin schon fürchterliche
republikanische Armeen, noch täglich in Schaaren zn Tausenden an, und bildeten bald einen Menschengurt § der sich von Hagenau an bis Trier fürchterlich ausdehnte.
Der bei Trier kommandiren.de k. k. General Graf Mercandin, hatte diese zahlreiche Lruppendetaschements beobachtet; und da er in seinem letzten Rapport abermals
den Anmarsch eines feindlichen Korps über Saarbrück gegen die Blies meldete, so versank die Vogesenarmes vollends in einen leidenden und defensiven Zustand.
Die Rheinarmee, gegen welche sich nun der Feind
mit seiner ganzen Kraft in Bewegung sezte, war also
von allen Seiten verlassen; von allen Seiten und Zu?
gangen, von der feindlichen Uebermacht bedroht e geschlagen — zum Theil durch verheerende Seuchen aufgerieben -—entblößt von Kleidung und Lebensmitteln
— mißmuthig aus Schwache, und verdrossen über die nwndenlangen blutigen und nutzlosen Gefechte — hatte
sie also keine andere Aussicht mehr, als gegen ihr allge-
meines Verderben, und gegen ihren gänzlichen Untergang zu kämpfen. In diesem Zustand und dieser Lage befand sich diese
Zweiter Theil» G
'G
98 brave Armee, als sie aufden Höhen von Weissenburg ihre
neue Stellung bezog.— Ein schrecklicher Regen — ähnlich demjenigen: der den preussischen Marsch gegen Paris
im Jahre 1792 hemmte, und den Transport der Lebens, mittel, Bagage und des Artillcriewesens erschwerte, hatte
das Ende dieses blutigen und fehlervollcn Feldzugs, mit
eben den gräßlichen Uebeln überhäuft, womit er einst die unglücklichen Krieger in dem allerfehlerhaftesten und tadclnswürdigsten aller Feldzüge, in der Champagne heim-
suchte. Die kaiserliche Generalität versammelte sich daher zn einem Kriegsrath, und stimmte cinmüthig auf
die augenblickliche Räumung des linken Rheinufers.Freilich ein schrecklicher Eutscheid, der für das Interesse der Verbündeten, vorzüglich des deutschen Reichs und des
Kaisers, die fürchterlichsten Folgen haben mußte, und so
viel heldemnüthige Anstrengung—- so viel seltene Aufopferungen und tapfere Thaten aufeinmcü vernichtete und
in Schatten setzte, die Früchte eines ruhmwürdigen Feld-
Zngs zerstörte, und ein treues braves Volk, die Bewohner des linken Ryeinuftrs, den Mißhandlungen und Erpressungen eines wüthenden Rache durstigen Feindes
prerß gab. Allein bei der traurigen Lage der Armee — wo die zärtlichsten Rücksichten des Menschenfreundes schweigen mußten, und nur das eiserne Gesetz der Notkwendigkeit sprechen durfte — in jener schreklichcu Sirua-
99 rion, die dem Feinde nm- zu bekannt war — ein weiser
und notwendiger Entschluß, der nur um so mehr den Beifallaller Sachkundigen würde verdient haben, wenn er
noch vor der Schlacht auf dem Geißberge wäre vollzogen worden, da die Verzögerung desselben die Armee in jenes schaudervolle Verderben stieß, daß ein großer Theil
in wilder und unordentlicher Flucht sich über den Rhein
stürzte, und ein braves tapferes Heer, dessen Geduld man aufs äusserste getrieben hatte, das so unentbehrliche
Selbstvertrauen auf lange Zeit verlor.
Der General von Funck, wurde mit dlesem Resultat des Kriegsraths an den Herzog von Braunschweig abgeschickt, um dasselbe dem Urtheil dieses großen Feldherrn
zu unterwerfen. Der Herzog weit entfernt, zu einer Retirade überden Rhein und der Aufhebung derBlokade
von Landau seine Zustimmung zu geben, erklärte vielmehr dem Abgesandten der wurmserischen Generalität^,
„daß man unter den gegenwärtigen Umständen an keine
„Reträte denken, sondern den Feind selbst angreifen
„müsse, wo und wie man ihn fände; daß er niemals „seine Genehmigung Zu einem Schritte geben würde,
„welcher beide Armeen vor den Augen der ganzen „Welt mit Schande bedecken würde; daß eine Rerrate * Kurze Uebersichr rc. zweite Hälfte, Seite 17.
G2
G
"so lang man nicht einmal einen Versuch auf d en Feind
„gemacht, gar nicht zu entschuldigen seyn wür^e; daß
„die unglücklichsten Folgen einer verlornen Schlackt, „nicht verderblicher, nicht ehreuloser seyn komuen, als
„diese Relrate."
Diese Erklärung wird von allen Schriftstellern, die über diese militairische Problemen im Feldzüge 179z
geurtheilt haben, angeführt. — Sie ehrt den per-
sön liehen Muth des Herzogs — den Helden des siebenjährigen Krieges, den Reichsfürsten und
den Deutschen Patrioten. Sollte aber dem Feld Herrn der Austand der verbündeten Nheinarmce,
ihr blutiges Tagewerk vom i/ten November bis zum 22ten December — ihr bis Zur Verzweiflung gestiegenes
Elend unbekannt gewesen seyn? oder wollte der große
Mann in dem Phrases , „ unter den gegenwärtigen Umstanden" blos das Gewicht der vaterländischen Rücksichten andeuren, welches die Oberbefehlshaber der verbündeten Armeen bestimmen müsse, das äußer-
ste zu thun — mehr als man in jeder andern Lage des
Vaterlandes thun würde? Ich halte diese Deutung für die wahrscheinlichste, denn dem großen Herzog mußte mn zu sehr bekannt seyn, daß man mit einer geschlagenen
und zerrütteten Armee — gegen einen siegreichen Feind,
der mit dem Fanatismus der Freiheiterfüllet, und von
ror allen Greueln des Schreckensystems getrieben und beglei-
Let — auf dem noch immer geliebten vaterländischm Boden kämpft, dem die Großthaken seiner Brüder bei
Toulon, Dünkirchen, Honscootund Wattigny das Herz hoch heben — dem Buschwerk und Gebärge der liebste
Kampfplatz ist, und dem der Raub eines reichen Landes —die schmeichelnde Willkühr einer ungebundenen
Freiheit— der Jubel .und Dank seiner 2Z Millionen Republikaner —- am naherrungenen Ziels gegenüber glanzt, und ihm die Schrecken des Todes vergessen macht
— keinen entscheidenden Schlag thun könnedaß man im Gegentheile die Armee aufs Spiel setzte, und dis Gefahren
des Vaterlandes vermehrte, wenn man ein Heer tapfrer
Streiter, gegen den Wink des unerbittlichen Schicksals, der Gefahr aussetzte, völlig aufgerieben und unbrauchbar gemacht zu werden.
Der Graf Wurmser den auch die schwächste Hoffnung
wiederauflebte, und zu allen Unternehmungen stärkte, um die Ehre seiner Armee zu verfechten, willigte indes-
sen in den Vorschlag des Herzogs von Braunschweig, und entschloß sich, dem Feinde eine Schlacht anzubieten, welche auf den 2 6tenDecemöer angesetzt wurde»
Graf Wurmser recogiwscirte daher auf den 2zten die
feindliche Stellung bis Seeburg ; — gleichwie die Sonne vor ihrem Untergang noch in ihrem schönsten Strahlen-
G3
ücht erscheint, und ihr allmahliges Hinabsinken zu fernen Welttheilcn dem Auge ein so erhabenes und rüh-
rendes Schauspiel gewahrt, als bei ihrem Aufgange am hohen Morgen" —so verherrlich re sich auch noch an diesem letzten Glückstage, die Tapferkeit der Verbündeten,
und die Manouvrirfahigke-t der Kavallerie.
Das Regiment Erdödy Husaren — der Greiß Wurm?
ser an der Spitze, machte nebst einigen andern Kaval-
lerieabtheilungen einen Schock aus drei französische Kavallerieregimenter, worunter dre braven französischen
Karabiniers waren.
Der Erbprinz von Hohenlohe, der dieser Attake beiwohnte und an der Spitze der Preußen mrtfochte, erstaunte mit Recht über die Gewandtheit und Sattel? festigtest der ungarischen Kavallerie, und bewunderte ihre
Überlegenheit, da die französische schwere Reucerel von
der leichten geworfen, und ein großer Theil davon niedergesabelt wurde.
Der Graf hatte feinen Aweck' erreicht, aber dabei die Franzosen fürchterlich an Zahl und wohlpostirt gefun-
den. Er ertbeilte aber sogleich die zweckmäßigsten Ve« * Freilich ein stolzes und für d-esen scheußlichen MordEckq
em zu liebenswürdiges Gemälde i allein gilt dieses B-ld dem Heldentodt, warum nicht der lechen patriotischen Anstrengung mehrerer Helden.
I2Z fehle, nach welchen die Nheinarmee in g Kolonnen, und das zur Mitwirkung bestimmte Korps der Vogesen-
armee in 2 Kolonnen auf den 2 6ten frühe gegen den Feind marschieren, und ihm eine Schlacht liefern sollten. Allein die Republikaner kamen diesem heldemnüthigen
Entschluß zuvor, da der General Hoche seinen allge-
meinen Angriff zum Entsaz der Festung Landau, auf den nemlichen Tag festgesezr hatte.
Kaum waren die Verbündeten nach der entworfenen
Disposition eine halbe Stunde vorgerückt, als sie plöz-
lieh aufWurmsers Befehl Halt machen mußten, indem
der Feind mir seiner ganzen Macht auf allen Punkten,
die Rhsinarmee, von Lauterburg bis Weisenburg, und im Gebürge den Geißberg mit verzweifelter Entschlossen-
heit angriff.
General Desfair stürmte zweimal die Lauterburgcr Döhen, die Verbündetest stritten wie Löwen, allein
— wäre auch ein jeder ein Kastor und Pollur gewesen
— diesem Menschenmeer und einer solchen fürchterlichen Bravour hatten sie weichen müssen. Dessair erstieg mit dem dritten Angriff die Lauterburger Höhen,
und durchbrach also auf dem linken Flügel die Weissen-
burger Linien.
In der nemlichen Zeit gelang es auch dem feindlichen Angriff auf den Geißbcrg, "die Deutschen zurück
G4
?O4 zu werfen, und sie von diesem wichtigen Posten zu vc;'/ drängen.
Die Verwirrung war freilich schon durch das Glück
der Republikaner bey Laurerburg in den Reihen der Verbündeten eingerissen, allein der Verlust des Geis-
bergeö war ein noch härterer Schlag für sie. Die Stellung derselben gegen Schlichtsial und dem Geisberge
war zu gewagt, und den feindlichen Angriffen zu sehr erponirt, daß es dem Feinde keine große Schwierigkeit
machte, eine solche Stellung durch einen muthvollcn Angnff zu erobern; aber feine schnelle Art vorzudringeu
— sein rascher Gebrauch-—den er von seinen Dorther/
len zu machen gewohnt ist?
Es blieb daher dem Grafen Wurmser nichts anders übrig, als seinen Rückzug so gut als möglich zu nehmen. Eine schwere und äusserst kritische Arbeit für «inen durch so manches widrige Geschick in diesem leideu-
Aollen Feldzug gebeugten Graukopf: war cs ein Wunder,
wenn in dieser verzweiflungsvolleu Lage, worin sich seine Truppen befanden, der Rückzug nicht so ordent-
lich und ruhig seyn konnte, als wenn derselbe nach dem Entschluß des Kriegsraths früher statt gefunden hätte? Denn in diesem schaudervollcn Augenblick, wo der französische General Donadieu mit der ganzen Kavallerie gegen Weissenburg vorsprengte, und das Eon-
roz derschs Korps mit seinem Geschütz und sammtliche bei Weissenburg postirte Truppen einzuschließen drohete, wel-
ches Unglück aber der tapfere Herzog von Braunschweig durch seine Geistesgegenwart und seine schnell getroffene
gute Maasregeln glücklich abzuwenden wußte — hörten
die Zersprengten und zerstreuten Truppen auf ein Gan-
zes zu bilden. In wilder Unordnung liefen sie durcheinander, und ein jeder war nur auf seine Rettung bedacht.
War die Schlacht bei Freschweiler und Reichshsfen
für die Verbündeten verderblich, so war die auf dem Geisbcrg und bei Lauterburg noch verderblicher. Den Franzosen fielen eine große Menge Geschütz, Bagage,
und viel Gefangne in die Hände, und das Bajonett und Schwer!) hatten noch ausserdem eine gräßliche Verheerung unter ihnen angerichtet.
Nach dieser unglücklichen Schlacht, blieb nun dem Grafen Wurmser kein anderer Ausweg mehr übrig, als
mit seiner Armee das linke Rheinufer zu verlassen, um sich nicht ganz aufreiben Zu lassen.
Der Herzog vsn Braunschweig trug zwar noch dar-
auf an, die Stellung bey Germersheim zu beziehen,
um den^all von Landau darin abzuwarten, allein blieb Landau bis zur Schlacht auf dem Geisberg standhaft, .welche Hoffnungen konnte man auf seinen gewiss
G5
io6 Ü-'u Fall haben, da es bisher, ohne daß der Feind der Festung nahe gewesen wäre, standhassl geblieben war?
Die Armee zog sich daher in'der Nacht zum 27ten über die Lauter gegen Freckenfeld— den ? 7ten bis Ger-
mersheim, den 28ten gegen Speicr und in den folgen-
den Tagen auf den schon geschlagenen Brücken bei Philippsburg und bei Mannheim über den Rhein, und
überließ sämtliche Magazine in Weissenburgund Kcutel dem Feinde« Der Rückzug der verbündeten Rheinarmee, der zum
Theil in eine förmliche Flucht ausartete, war wie ein feder Rückzug äusserst verheerend ; und für Niederelsaß und einen Theil der Pfalz äusserst schrecklich« Ein schauervolleres Schicksal kennt bieMenschheit nicht;
nur die Zerstückelung Polens liefert zu diesen Barbareien Belege, welche nur zu auffallend beweisen, daß die Menschheit noch weit entfernt von der Menschheit,
und der Krieg von jener Menschlichkeit weit zurück ist, welche der arme Erdenbcwohneran die höhere Philosophie
der gesetzgebenden Jahrhunderte, mit Recht zu fordern
glaubte. Der Oberbefehlshaber Graf Wurmser, und die fammtliche Generalität der Rhciuarmee boten allen ihren Kräften auf, um dieOrdnung wieder herzustellen,
und den Räubereien der Freikorps Einhalt zu thun; allem vergeblich: Hordenweise stürmten die wilden Flucht-
lmge irr den Dörfern der Essaßer und Pfalzer umher,
und —. Doch ein Vorhang über diese Greuel, welche die schrecklichen Vorboren des Ausleerungsn-stems der rasenden Franzosen waren, und von ihnen stets zum Vor-
wand und Motiv gebraucht wurden, an dem Pfalzer und seinem Nachbarn die mißhandelten Elsaßerzu rachen.
Unmenschlichkeiten und Barbareien können nie ent-
schuldigt werden; darum achtet sie hiermit feicrlichsi Verdeutsche Geschichtschreiber, und indem seine empör-
te Feder die Grausamkeiten des Feindes erwähnen wird, so darf auch seine Gerechtigkeit jene schimpfliche Epoche
nicht verschweigen, in welcher die wilden Flüchtlinge den
Namen der braven deutschen Helden brandmarkten, die
leidende Menschheit quälten, und den Saamen zu einem fürchterlichen Haß gegen den deutschen Krieger, in der Brust jener unglücklichen Elsässer und Germersheimer zurückließen.
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Kap. iv. Die Vsgesenarmee unter dem Oberbefehle des Herzogs von
Braunschweig in der Stellung von SarenSthal, Annweiler,. Trippstadt, Lautern und dgl. Kantsnnirungs^nartierc. Fortdauernde feindliche Belegungen gegen das Lbscrvationscorps unter Hohenlohe brr Annwci-
ler. Feindlicher Angriff bei Annweikr. Pregffi scher Ancheil 6-; den Gefechten bei Lembach. Kanonade hei Annweilek. Kampf des Obrifien von Götz auf der Scdeerhrhse. Rückzug nach Bergzabern, allgemeine Retirade nach den Höhen von Oppenheim und Odernhcim.
Gefechte bei Edenkoben, Frankenthal, und Kreuznach. Kamomrwungsquartiere; Winierposiiruug; Rückzug der Franzosen hinter die Rehbach; Winterquartiere. Französischer Ksnoentsdericht über die KricgZbegebcnheitefl am Obeerheiu und den Entsatz von Landau.
§)ie Vogesenarmee hatte sich durch die so rühmlich ge-
wonnene Schlacht bei Kaiserslautern, dermaßen in Respekt bei dem Feinde gesiezt, daß er von nun an seinen Plan gegen die so tapfer vcrtheidigte Position bei
Lautern arfgao. Die Preussen waren im siebenjährigen wie in diesem Kriege durch ihreOffensive dem Feinde groß und fürchterlich
— daß sie aber auch im Defensiv- oder Cordonkriege gleich
groß ftyu würden, daran harte man Ursach zu zweifeln, da
109 in dem heurigen Kriege, wo Klugheit und Fanatismus zugleich kämpfen, und beinahe alle Linien — auch die furchtbarsten — durchbrochen wurden — den Franzo-
sen keine Stellung zu fürchterlich w«rr, gegen welche sich nicht ihr Ungeheurer Muth gewagt, mrd über welche
nicht ihre glänzende Tapferkeit gesiegt hatte.
Es bleibt daher ein schätzbarer Moment in der Geschichte, diese tapfere Defensive ber Lau-ern, indem der
Feind mit den feinsten und gewandtesten Dispositionen
anrückte, und alle Vortheile des Angriffs auf seiner
Seite hatte, da den Verbündeten nur Gedult und Standhaftigkeit gegen so viel Macht und Klugheit übrig
blieb; und die Vogesenarmee kann stolz auf die Tage
des 28—29 und Zoten Novembers zurückblicken, da
das Casars- und Fawarslager, die Vaubansliuien an der Lauter und die Stellung bei Gemappe erobert und durchbrochen wurden, und nur die Position bei Lautern unüberwindlich blieb.
Schade nur, daß durch diese unsterbliche Kriegsthat
so wenig für das Vaterland gewonnen wurde — daß die spate Jahreszeit und die üble Witterung die Offensive in jenen steilen Gebürgsgegenden nicht Mehr gestattete; daß also so viel Heldenblut umsonst geflossen
war, und ihr Verdienst unverdienterweise durch den unglücklichen Ausgang des Felzuges, rmbelohnt blieb.
no Aber so wie kn der schwarzen grausigen Nacht, der drohende Komet das Gefühl des Erdensohnö erschüttert,
so ergreift auch unter dem Gewirre aller Mordbegebenher'ten dieses entsetzlichen Krieges, diese merkwürdige
Schlacht die Brust des Deutschen, daß er Aeugniß muß geben der Größe dieser Begebenheit, aber auch zugleich
mit empörtem Herzen jenes unerklärbare Etwas ächtet,
welches den Sieg nur an die Defensive wollte gefesselt
wissen, wodurch denn Deutschland bei all seinem ver-
schwendeten Blut, rine Beute des Feindes wurde. — Da der Herzog seine Position auf das fürchterlichste hatte verschanzen lassen, so konnte er es nun auch der Armee erlauben, die Kantonnirungsquartiere zu beziehen. Die Hauptarmee genoß daher die so längst gewünschte
Ruhe; wollte derFeind einen neuen Angriff wagen, so wur-
den seine Bewegungen von den detaschirten Posten, und
dem Szekulischen Korps beobachtet; die Armee wurde avisirt, ihre Allarmplätze und Rendezvous waren ange-
wiesen — die Truppen bezogen auf den Allarmschuß
die Position, und waren daher jede Stunde, durch diese unübertreffliche Verfügungen ihres heldenmüthigen
Oberbefehlshabers, zur Schlacht geschickt.
Allein der Feind wendete von nun an seine ganze Aufmerksamkeit gegen die Rhcinarmee; sein Operations-
plan entwickelte sich immer deutlicher, daß er es auf
III
die Posten Reichshofen und Freschweiler abgesehen habe.
Nach diesem Plane schien er nun freilich gegen die Vogesenarmee thests defensiv bleiben, theils demonftn-
ren zu wollen, welches der Herzog von Braunschweig hatte benutzen können, um die Rheinarmee Zu verstärken.
Da aber der Feind auf allen Punkten stark, und überall zu einem Angriff vorbereitet war, so erlaubte es die so nöthige Vorsicht nicht, sich Zu schwächen, indem man gegen einen überlegenen und schlauen Feind wie die Re-
publikaner , nie vorsichtig genug seyn kann.
Indessen ließ es der Herzog an seiner Mitwirkung doch nicht fehlen; er übernahm mit seiner Armee den wichtigen Posten von Lembach, wie wir schon gesehen haben, und entsprach demnach mit vollem Patriotismus
dem Ansuchen des Generals Wurmser, welcher durch
den General von Neu im Lager von Schweigen, dem Herzog die bedrohete Lage seines Heers eröffnen ließ.
Der Herzog verfügte sich auch in diesen Umständen nach Bergzabern, um überall selbst gegenwärtig zu seyn,
wenn die Lage der Sache eine schnelle Rücksprache mit Wurmser, oder eine gemeinschaftliche Verfügung, nothwendig gemacht hatte.
Mir rühmlicher Entschlossenheit unterstützte daher der
Herzog die Rheinarmee auf den izten December, seine Standhaftigkeit vereitelte des siegreichen Feindes
112 mrgestüimnes Vordringen; auf seinen Befehl stürmten die Grenadiere vom Regimen! von Kleist den Engelsberg,
und retteten dadurch den Posten von Lembach, und die ganze Position.
Eben so tapfer behauptete der Erbprinz von Hohenlohe aufden iHten.December den Posten von Annweiler, gegen welchen der Feind mit großer Macht anruckte, und
mit vielem Untcruehmungsgelste denselben angriff. —
Auch am i7ten wurde Hohenlohe vom Feinde wieder angegriffen; eine schrelliche Kanonade ließ einen anhal-
tenden und ernstlichen Angriff befürchten; allein der
Feind ließ es nur bei einer Kanonade bewenden; er schien nur von Zeit zu Zeit, jeden Posten recognosciren
zu wollen, wobei er aber in dem Angriff vom i7ten viel Volk cinbäßte.
Mit lobcnowürdigem Muth behauptete auch der wackere Obrist Götz die Scheerhöhle, und als derselbe verwundet wurde, da begab sich der große Herzog von
Braunschweig selbst auf diesen wichtigen Posten, um
nach dem Verlust des Engelsbergs, oder im Fall eines
neuen Angriffs, diesen Posten zu erhalten, damit die vorwärts liegende Gebürgsposten, vom Feinde nicht könnten abgeschnitten werden.
Wiewohl die Vogesenarmee nur korpsweise Antheil an diesen wichtigen Gefechten im Elsaß nahm, und nur
auf
HZ auf emz-^tterr Posten wie bei Lembach, der Scheerhohle,
Rendel, SarensthalundAnnweller vom Feinde angegrif-
fen wurden, so liegt doch in allen diesen Einzelheiten so viel Großes, eine so glänzende Tapferkeit der Trups
pen und der Heerführer, daß man darüber die Defen-
sive der ganzen Armee vergessen möchte. Auf allen obigen Punkten waren die Truppen glücklich und siegten,
überall tapfer in der Erfüllung ihrer Obliegenheiten, und am Ende genossen sie gar noch die stolze Ehre —
allein dem furchtbaren Feinde Trotz zu bieten, und die unglücklichere Rheinarmee zu retten.
Vorzüglich fand der Herzog von Braunschweig Gelegenheit, sich groß, persönlich tapfer, und überlegen
als Feldherr über den Feind zu zeigen. Co eroberte er den verlornen Lrebfrauenberg wieder, und widersetzte sich dem siegreichen Feinde bei Weissens
Lurg, wodurch er den Rückzug der Armee und die Rettung
ihrer Bagage und ihres Geschützes sicherte. Gewiß zwey große unsterbliche Kriegsthaten, welche schon allein dm
Namen des Herzogs verewigen dürften, trüge nicht det Vogesenkrieg schon seinen Namen an der Stirne.
Als die brave Rheinarmee ihr blutiges Tagewerk so schrecklich enden und den Schauplatz der tapfersten Kriegs-
thaten mir dem Rücken ansehen mußte, welch ein Schauspiel — die Vogesenarmse im Rückzug — alleitt
Zweiter Theil, H
iig gegen zwei große siegreiche Armeen! Und der Herzog
deckt erst noch den Rückzug der Rhcinarmee, indem er von der Scheerhöhle sich nach Bergzabern , und von
da nach Albersweiler zurückzog, wo er sich alsdann mit dem aus dem Vogesengebürge sich zurückziehenden Erb-
prinz von Hohenlohe vereinigte. —
Da der Herzog von Braunschweig mit der Vogesen-
ürmee nun nicht langer in der weitgedehnten Linie, vom Rhein bis Trier stehen bleiben konnte, und er bei
längerem Verweilen in beiden Flanken hatte können bedrohet und von dem furchtbaren Feinde aufgerieben
werden; so blieb ihm nichts weiter übrig als die Blokade von Landau aufzuheben, von den Magazinen so
viel als wie möglich zn retten, mid alsdann so eilends als möglich seinen Rückzug nach Mainz zn nehmen.
Die Franzosen sprengten nun auf Landau zu, die Repräsentanten zogen ein — lauter Jubel verherrlichte
Retter und Gerettete! der Kanonendonner pneß dem fernenFreund undFeind das Glück des entsetzten Landau's,
und die Ebre der republikanischen Armeen; die um die Festung umher gebauten Blockhäuser wurden in Brand gesteckt — eine schreklich schöne optische Täuschung für
den bestürzten Flüchtling, der der feindlichen Wuth in der Nacht entflöhe, als ob Landau mit Feuer (inondirt) überschwemmt wäre!-—
Die Vogesenarmee bewegte sich m stiller Majestät
nach Burrweiler, Edenkoben und Neustadt. Der siegreiche Feind lachte wie einst bei Roßbach über
das kleine Häuflein , und spottete sein. Aberwie groß wuchs sein Erstaunen, alsder Herzog von Braunschweig
stille stand, und ihm eine Schlacht anbot. Furchtbarer im Rückzug und gewandter im Manöuvre als eine
Armee, war der Feind keinen Tag seiner errungenen
Vortheile versichert; und griff er die Arriergarde der Vogesenarmee an, so wurde er mit Verlust zurückgeworfen.
Wiewohl die Magazine von Moßbach, Landstuhl u. dgl. dem Feinde in die Hände fielen, so gestattet^ ihm doch der Herzog keme beträchtlichere Beute; er zog sich mit der Armee so langsam zurück, daß Bagage und Geschütz gerettet wurden.
Der General der Infanterie von Kalkstein, wels eher die Position bei Lautern und Moorlautern komman-
dirte, verließ am Zoten auch diese Posten, und vereinigte sich bei Neustadt mit der Armee, welche hierauf
in mehreren Kolonnen sich über Worms, Alzei und
Kreuznach nach der starken Stellung von Opp en-
heim Odernheimund Brngen zurückzog. Der tapfere General von Rüchel, welcher unter dem Erbprinzen vonHohenlohe die Arrieregarde kommandirte-
war jeden Tag mit dem Feinde engagirt, und hatte mit seinem kleinen Korps nicht nur des Feindes Vordringen
gehemmt, sondern sehr ost seine Avantgarde, mit beträchtlichem Verlust zurückgeschlagen.
Der Herzog von Braunschweig — dieser rastlose Feldherr, befahl nun in aller Eile, die Höhen von O fi-
tz ofen, Oppenheim, Obernheim, und die Stellung hinter der Selz zu verschanzen, und mit Blockhäusern zu versehen.
Mainz wurde verproviantier, und in Vertheidigungsstand gesetzt; der Herzog warfeine ansehnliche Garnison
in die Festung, und richtete nun wieder seine Aufmerk-
samkeit auf die Lage der Armee, gegen welche der Feind mit seiner ganzen Macht vordrang.
General Hoche nahm sein Hauptquartier in Og-
gersheim, und ließ auf den zten Jenner durch den General Lefevre den General Rüche! bei Frankenthal angreifen. Rüche! hielt zwar den Feind mit männlichem
Muthe zurücke, da aber der Feind Frankenthal mit Haubizgrenaden beschoß, und das Stroh- und Heumw-
gazin von den Kommissairs in Brand gesteckt wurde, um es den Händen des Feindes zu entziehen, so verließ
endlich General Rüche! die Gegend von Frankenthal,
und zog sich nach Worms zurück, welche Stadt der General auch sogleich auf Befehl des Feldmarfchall^
LI7 raumen, und sich nach den Osthofer Höhen zmäck ziehen
mußte. .Dis Republikaner drangen sogleich vor, bes setzten diese Städte, pouffirten ihre Vorposten bis nach
Rheindürkheim, und General Hoche nahm sein Hauptquartier m Worms.
Während dem die Franzosen nicht ohne Verlust und bedeutende Schwierigkeiten am Rhem vordrangen, rück-
ten sie auch an dem Gebürge mit großer Macht vorv
Ihr linker Flügel unter dem General Moreau, bemühte sich vorzüglich, rasch und eilends über den Hunds-
rücken gegen Bingen vorzudringen, theils um das dor-
tige preussische Magazin zu erobern, theils um das dortige Gebürge zu gewinnen, wodurch die Preussen würden genvthigt worden seyn , sich hinter die Selz zu
ziehen. Moreau, ein so braver Republikaner als trefflicher Feldherr, drängte den Rückzug des rechten
Flügels der Vogesenarmee, welcher aus Sachsen und
Preussen bestand. Er detsschirte eine Kolonne über den Hundsrück gegen Birkenfeld, worauf sich die Ver-
bündeten nach Stromberg zurückzogen, um Bingen
zu decken. Mit einer andern Kolonne unter feiner Anführung drang er gegen Fürfeld vor, und warf das
SZekulische Korps nach Kreuznach. Moreau besetzte die Höhen des Galgenberges, dis Verbündeten postirreu
sich zwischen Bingen und Kreuznach an der Nahe, und
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ii 8 Szekuli versuchte mit seinem Korps, Kreuznach zu behaupten.
Der Graf Mercandin, der bei Merzig postirt war, hatte auch die Saar verlassen, und um Verstärkung angefucht, da der Feind ernstliche Bewegungen gegen -ie Mosel und den Hundsrücken machte. Die beide feindliche Armeen bedrohten das ganze Land
zwisch-n Mosel und Mein; gelang es ihnen die Preus-
sische Armee über den Rhein zu werfen, so war das Schicksal der Koburgischen Armee das schrecklichste, in-
dem der Feind gegen das Luxemburgische vorrückte, und ihren Rücken bedrohete. Die Gefahr schwebte aber
nur so lang über den verbündeten Armeen, als der Herzog von Braunschweig über die Vertheidigung des
linken Rheinufers zwischenOppe nheim und Bin gen kalkuliere, und endlich iw Kriegsrath zu Oppenheim, wo ec
sein Hauptquartier genommen hatte, seinen heldenmüti-
gen Entschluß erklärte, daß er diese Position gegen den
Feind, es koste was es wolle, zu behaupten gedachte. Der Herzog ertheilte hierauf auch sogleich die ernsthaftesten Befehle, um dem weitern feindlichen Vordrin-
gen Grenzen zrr setzen. General Wolfrath hatte den Auftrag die Osthofer Höhen zu pertheidigen, und im Fall der Feind ihn zurückdrückte, sich nach den Gnntzersblumer Höhen zu ziehen.—Szekuli sollte Kreuznach
- Hy zu behaupten suchen, welches er aber zu verlassen ge-
uöthigt wurde, als General Moreau mit seiner Kolonne
diese Stadt angriff.
Da die Preussen und Sachsen hierdurch gerrvthigt
wurden, sich naher gegen die Selz hinzuzieben, und der Posten von Bingen immer ernstlicher bedrohet werden
dürfte, wenn Moreau im Besitz des hungrigen Wolfs, und des gegen Stromberg hinlaufenden Gebürges bliebe
und sich also in Kreuznach und der dortigen Gegend festsetzen würde; so befahl der Feldmarschall Herzog von
Braunschweig, dem General Lindt, der die sächsischen Truppen kommandiere*, in Verbindung mit dem Gene-
ral von Rüchel, über Pstanig und Sprendlingen, den Feind von den Höhen beyWöl lstein zu werfen, und ihn durch diesesManövrezunöthigen,Kreuznach und seine Stellung auf dem Galgenberge und den Hakkenheimer Höhen zu verlassen.
Der General von Lindt entsprach auf den 8- Jenner
diesem wichtigen Auftrag; Rüchel griff den Feind auf den Wöllsteiner Höhen an, und eroberte dieselben; da aber
der Feind mit seiner ganzen Kavallerie und einer reiten* Man sehe auch darüber die Geschichte der vereinigten
Sachsen uud Preussen, während des Feldzugs 179z, ein so gut als unpacthciisch geschriebenes Tagebuchäber
diesen Feldzug.
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den Batterie gegen Bosenheim wiederanrückte, um das verlohrne Terrain nieder zu gewinnen, so konnte freilich der General Rachel, seiner ersten Absicht nach,
ihm den Rückzug nach Fürfeld nicht abschneiden; er wußte aber die Höhen bei Wöllstein so tapfer zu behaupten, und wurde von den über Pstanig vorgerückten
Sachsen so tapfer unterstützt, daß die Franzosen von ihrem weiteren Vordringen abgehalten, und genöthigt
wurden, in der Nacht Kreuznach wieder zu räumen, welches der Obrist Szekuli den folgenden Tag besetzte, und den feindlichen Rückzug über Altenbamberg beobachtete.
Gegen das Csntrum der Verbündeten rückten die
Franzosen auf den 8ten Jänner an, und standen in förmlicher Schlachtordnung aufmarschirt. Allein der Herzog ließ sie in dem nehmlichen Augenblick angreiffen,
und schlug sie bei Dahls he im zurück, worauf sich die Franzosen in ihre alte Stellung zurückzogen, und ihr Projekt aufgaben, dem Herzog in seiner furchtbaren
Stellung eine Schlacht zu liefern, da sie in dem negativen Falle, vor dieser Stellung, eine weit beträchtlichere und nachdrücklichere Niederlage würden empfun-
den haben, als die bei Lautern«
Der Herzog von Braunschweig konnte nun um so Zuehr seiner braven Armee die Winterquartiere erlauben,
Z2L als die beinahe unüberwindliche Defensive von etwa 6 Stunden Länge, keinen so großen Menschenaufwand er-
heischte, und in dem äussersten Falle die Truppen Duell zusammengezogen werden konnten, wenn etwa der Feind noch eine versteckte Absicht hegen sollte. Da-
für wacbten aber die R ü eh e l, W o l f r a t h, Szekuli
und Blücher, welche mit ihren leichten Truppen, die Vorpostenchaine besetzt hatten.
Der Herzog ließ demnach, als er feine Position im festen Vertheidigungsstande wußte, gegen das Gebürge
einige Bewegungen machen, und den Feind an der Prümm täglich beunruhigen, wodurch denn endlich der
Feind sich genöthigt sähe, um ruhige Winterquartiere
zu haben, Worms zu verlassen, und sich an die RehLach zurück zu ziehen.
Worms wurde daher mit leichten Truppen besetzt,
der Herzog verlegte sein Hauptquartier nach Mainz, und ließ die schwere Kavallerie und einen großen Theil
der Infanterie, des Fuhrwesens und der Artillerie, auf
dem rechten Rhemufer kautvniren, und die Truppen sich zum Theil an den Cordon der kaiserlichen Truppen
auf dem rechten Ufer anschlreßen. Und somit war denn dieser leidenvolle Feldzug zum größten Nachtheile
der Verbündeten geendigt. Der Feind war im ungestörten Besitz aller Ressourcen, welche das reiche Lantz
HZ
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zwischen Mein und Mosel darbietet. Seine Grenzen waren nicht nur vom auswärtigen Feinde gereinigt, sondern er baute auch noch seine erste Defensivlinie in
dem Herzen der Pfalz, und lebte auf Feindes Boden mir einer Willkühr, die so verheerend für das Land, als
wenig beträchtlich für die Republik war. Und die Verbündeten ? waren auf eben den Punkt wieder zurückge-
worfen, von welchem sie ausgegangen waren, um nun nicht mehr Frankreichs Revolution zu zerstören, sondern
das, durch die fürchterliche Rüstungen der jungen Republik bedrohete deutsche Vaterland zu retten und seine
Grenzen gegen räuberische Einfälle sicher zu stellen. Verloren hatten sie ungeheure Magazine, deren Erobe-
rung für den Feind ein nicht zu berechnender Gewinn
war; in einem aufgelösten Zustande, mußte die verbündete Rheinarmee, das mit fo vielem Blut errungene Terrain im Niederelsaß wieder räumen; trotz der Thaten
ber Pirmasenz, Hornbach, Schweygen, Herzogshand,
Bondenthal, Bissingen, Lautern und Lembach, wak die Vogesenarmee wieder nach den blutigen Gefilden von
Mainz zurückgedrängt, von wo aus sie ihre Laufbahn
so groß, und mit so schönen Aussichten in dein Merz
179Z begann. Man denke sich die Lage der verbündeten Armeen — Deutschland gegen Frankreich? Nun waren alle Friedens-
I2Z Hoffnungen dahin; die Republikaner hatten den Ver-
nichtungskrieg geschworen; Roberspierre's blutiger Heilsausschuß trat mit den Siegen bei Toulon, Angers, Honscoot, Wattrgny, Freschweiler und Geißberg, gegen das girondistische Frankreich auf; dieß sind unsere Thaten
— unser Werk! -— wer seinen Kopf der Guillotine entziehen wollte, mußte daher ihrem System und ibren
Fahnen zuschwören, das heißt, in den Vernichtungskrieg gegen die Könige und Fürsten.
Deutschland war also von allen Seiten bedrohet; vermöge der Verwirrung, die in seiner Kriegsverfassung herrscht, und dem parziellen Interesse der dabei interes-
sirten größern Mächte, in der traurigsten und abhans gigsten Lage, gegen die furchtbare Republik und gegen
die 1220022 Apostel ihres schrecklichen Systems. Was Deutschland zu furchten hatte, das konnte das
Betragen des Feindes in dem Lande zwischen Mosel und Rhein genugsam lehren; — wie die Republikaner gewohnt waren die disciplinirtestenTruppen der Welt an-
zugreifen und zu besiegen, darüber öffnete der Amtsbericht der bei der Rhein und Moselarmee angestellten
Volksreprasentamen, dem erstaunten Deutschen die Augen.
Ich nehme dieses wichtige Aktenstück hier auf, weil
cs in den wichtigsten, Kriegsbegebenheiten am Ober?
124 rhein, als Paralelle zu dem Obigen, die Aufmcrkfamkeit des Lesers und des künftigen Geschichtschreibers
verdient, und als Belege dienen kann, wie sorgfältigIren und unparteiisch der Verfasser die Ansprüche des
Feindes würdigte, um ja nicht ungerecht gegen ihn zu
seym „Bürger — so lautet dieser Amtsbericht -„ihr wißt, daß die Truppen der Republik, an den „Ufern der Saar und des .Rheins, nur zu lange dem „Mißvergnügen und der Verrät Herei pressgegeben waren.
„Ihr wißt, daß die Linien von Weissenburg an Oest„rcich durch die schändlichste Verrätherei überliefert wur-
„den, und daß der Boden der Freiheit, von Landau
„bis Strasburg, von Fort Vaubau bis nach Andern, §,von feindlichen Horden bedeckt war. Die Bestrafung
„der Vcrrather und der Schutzgott der Freiheit gaben „damals unfern Truppen eine kriegerische Stellung, die
„den Fortschritten des Feindes Grenzen setzte. Die „Division der Moselarmee, die unter Burcys Kommando
„stand, machte den Park, und die engen Passe von ^Aabern durch die Leichname der östreichischen Traban-
ten unbrauchbar; verfolgte die Feinde bis auf die Höchen von Puchsweilcr, wo sie durch einekombinirte Be-
legung von dieser, so wie vou allen Seiten bis in „der Wanzenau von der Armee des Pichegrü geschlafen wurden. Hohenlohe sähe sich gezwungen, sein La?
I2Z „gc-r bei Zubern zu verlassen, und versuchte, sich der „Veste von Bitsch zu bemeistern, und opferte dieser sei-
„ner verzweifelten Unternehmung iZoo Mann seines
„.Heeres auf; er war Zwar von inuern Feinden unter„stützt; aber der Muth der Republikaner siegte über die
„Bemühungen der Verrather, und er scheiterte, dieser
stelle Plan." „Von diesem Augenblick an, dachten die Feinde nur „darauf, sich in einen auffallenden VertheiLigungsstand
/-zu versetzen. Sie besetzten die ganze Linie, von Hage-
„nau an bis Werbt und Reichshofen, und befestig„ten nach allen Regeln der militairifchen Kunst, diese „durch sich selbst schon äusserst vortheilhafte Stellung."
„Die Armee der Mosel, durchbrach unter Anführung
„des Generals Hoche, die Damme der Saar - schlug „die Preussen bei Blieskastel und Hornbach, befreite „Busch und zwang den Braunschweiger, seine bekannte
„Stellung beiPirmasenz zu verlassen, und sich aufKack
„serslautern zurück zu ziehen. Die Fraukenarmee ver„suchte sich dieses Platzes zu bemächtigen; wäre es ihr
„gelungen, so wäre Landau befreit und zugleich auch „diePfalz eingenommen worden/'
„Alles was in der Natur von schrecklichen Tiefen „sich denken läßt, alles was die äusserste Kunst im „Kriegswesen darstellen kann, war hier vereinigt, und
126 ,'Und Preußens ganze Macht* war hier aufgeboten, ,,diesen Platz zu vertheidigen. All dieser Hindernisse „ungeachtet wäre Kaiserslautern dennoch eingenommen „worden, wenn die Befehle des Generals wären vollzogen
„worden. Kalkreuth, der ber diesem Vorfälle gefährlich „verwundet wurde, gestand seitdem selbst zu Neustadt,
faß er zum drittenmale auf dem Punkte war, seinen „Beseh! zum Rückzug zu geben.
„Drei Tage hintereinander that die Frankenarmee „Wmider der Tapferkeit; die leichte Artillerie besonders „zeigte einen beispiellosen Heldenmut!); allein die Uner-
fahrenheit einiger Uurergeneräle; ihre Furcht sich ver-
dächtig zu machen, die Hindernisse der Gegend und „eine aneinanderhangende Kette widriger Umstände er-
laubten es nicht, einen Hauptangriff zu wagen. „Kaum die Hälfte der Armee war in Bewegung; es ,fehlte an pünktlicher Ordnung; ein dreifach stärkerer
„Verbrauch der gewöhnlichen Artilleriemunition, ließ „für die Besorgung des Parks befürchten , und man sähe
„sich genöthigt, diesen Plan aufzugeben. Die nachläßis
,gen oder unfähigen Offiziere wurden abgefetzr; der
„Verlust ersetzt, und neue Stellungen mit Ordnung * Wie viel man bei dieser tropischen Sprache abrechnen müsse / um das Wahrscheinliche zu treffen / wird jeder Leser von selbst wissen.
127 „und Schnelligkeit genommen. Zwölf Bataillone der ,,Moselarmee stießen zur Rheinarmee, und alles war „zur Ausführung neuer Plane vorbereitet; dies war am
„i 2ten Frimaire. Seit diesem Tage bis auf den 2ten „Nivose wurden wir oft von ungedult ergriffen beim „Anblick der langsamen und stch widersprechenden
„Bewegungen der Armee. Alle Tage wurde der Entschluß zu einem Hauptangriff gefaßt, und jeden Tag ,,waren kleine und verderbliche Scharmützel, die Folge
„davon. In einem solchen planlosen Gefechte wurde „der General Burcy, nachdem er den Feinden eine Re„doute weggenommen hatte, Zu Gundershofen an der
,,Spitze seiner Division vor unfern Augen in Stücken
„zerhauen. Er starb als ein ächter Republikaner, feiere Aufopferung verdient das dankbare Andenken sei-
„nes Vaterlandes." „Seit lauge waren wir mitten unter unfern Waffen-
brüdern; sie sagten uns immer, daß die Unthätigkeir
„für sie ärger sey, als der Tod; und als wir in einige „unserer Generäle drangen, schnelle und entscheidende „Maasregeln zu ergreifen, so redeten sie uns von Schwie-
rigkeiten, von der ungeheuren Heeresmacht der Feinde,
„von ihrer furchtbaren Artillerie, von ihren unübersteig-
„lichen Verschanzungen; und sie vergaßen, daß die „Bajonette der Vertheid iger de'ö Vaterlandes verspra-
t28 rächen, allen Hindernissen zu trotzen« Wie oft äusser-
en wir unfern Unwillen, die Kühnheit und die Kraft „des fränkischen Soldaten so mißkannt zu sehen l "
„In dieser Epoche hielt sich em Divisionsgeneral,
„statt daß er dem Befehle, zu handeln, gehorchte, ,,unthätig unter dem ewigen Vorwande von Schwierig-
keiten, Wir setzten ihn ab, belegten ihn mit Arrest, „oh wir gleich seinen Patriotismus kannten. Auster „einigen hie und da gethanen Versuchen, ließ man „es bei bloßen Beratschlagungen und beunruhigenden „Bemerkungen bewenden, bis auf den 2ten Nivos. Endlich vereinigte sich die Moselarmee mit der Rheinarmee r
„dieVertheidiger der Freiheit erobern diefurchtbaren Re„douten von Reichshvfen, nehmen dem Feinde sechzehn
„Kanonen weg; schlagen ihn in die Flucht, und die Folge
„dieses Sieges ist die gänzliche Räumung der Linie bis ,-Hagenau. Die Division des GeneralsTaponier verfolgte „den Feind; aber sie war schlecht unterstützt, und darum,
„war der Vvrtheil dieser Niederlage nicht so vollkommen,
„als es Zu erwarten war. " „Die beiden Armeen der Republik marschirten gemein-
schaftlich mit einander; die Vermischung der Divisionen „konme die Verschiedenheit des Kommando'ö nicht mehr
„zulasten; die Eifersucht fteng an sich zu äußern, Verwirrung und Unordnung kary dazu, Landau war „Unser
Z29 „unser Hauptziel; um es zu befreien war eine einige „und entscheidende Bewegung des ganzen Heeres nöthig.
„Hoche schien uns der Mann zu seyn , sie ausznführen; „und wir übergaren ihm das Kommando bei den Armeen
„des Rheins und der Mosel. Diese Maasregel war
„ein kühnes, aber eben so dringendes Wagsiück. „ES stund uns nur em Weg auf Landau oss?n; zwey „Wegweiser konnten uns zu Grunde richten; das Wohl
„des Vaterlandes befahl uns, jede andere Rücksicht „mußte weichen; der General wurde ernannt, und zwey
„Tage darauf machte die Schlacht von Gcißberg den „glücklichen Fortgang dieses Feldzuges vollkommen. "
„Der Plan Zu dieser Schlacht, die den 6ten Nivos ^vorftel, war eben so M auSgsdacht, als er vortrefflich
„auSgeführt wurde. Der Feind wurde vonverschiedes „nen Seiten zugleich angegriffen, und geschlagen. Ei«
„ne Division griff die Preussen bei Kilberz, eine an„dere in den engen Passen bei Hain und Armweileran-
„indessen die ganze Armee den Oesirerchern auf dem
„Geisberge eine Schlacht lieferte. Die Feinde machten
„Parade mit ihrer ganzen Taktik, Evolutionen adf „Evolutionen, falsche Angriffe, Marsche und Kontres „Marsche; die Republikaner kannten nur Ein Spiel, das
„Spiel mit den Bajonrt.en. Sechs Stunden anhaltens „des Feuern und Eindringen auf den Feind entschieden
Zweiter Theil, I
7ZS ^chen Sieg, rm- Landaus Befreiung war gewiß. Nie „war die Bewegung einer Armee ordmmgsvollcr, furcht„loser und unerschütterlicher, als bei der so schrecklichen
„Schlacht auf dem Geißberge. " „Furcht und Schrecken drang in das Lager der Lestreu
„cher; sie hatten ihre Rettung bloS der Nacht zu dan-
„ken; ja Conde wäre mit Kanonen in Weissenburg „emgescblosten worden, wenn Douadicu an der Spitze
„der Kavallerie, dem Befehle gemäß, auf sie einge„drungen wäre. Die Dunkelheit der Nacht zwang uns
„die Einnahme von Weißenburg auf den morgenden „Lag zu verschieben. Hoche gab zu gleicher Zeit dem „DivisionSgeneral De starr den Befehl, Lauteröurg und
„den Posten von Hagenbach einzunehmen. Beides „geschah. Donadieu wurde auf der Stelle verhaftet, „und wird seine Strafe empfangen. "
„Den 8ten des Morgens frühe glaubte die Fran„kenarmee, daß sich der Feind auf die Höhen von Var-
„belrode, zwei Stunden vor Landau, zurückgezogen
„habe. Sr. Just, Lebas, Locoste und Baudot rechten „von Weißenburg ab. In der Absicht die Vorposten der
„Armee zu besuchen, und die Sellung des Feindes zu „beobachten, aber bei jedem Schritte erfuhren sie seine
„schnelle Flucht; sie kamen zugleich in Landau an, „mitten unter den leichten Truppen, die auf Kund/
IZL .schafr ansgcganqen waren. Hernach kamen die Genes
„rale; und die Lolksrepräsentanten einstimmig mir „dem General Hoche, befahlen immer weiter vorzs„dringen. Germersheim, dieser für die Erhaltung LanZ „dau's so wichtige Posten, war bald in unserer Gewalt;
„Speier und Neustadt, Kaiserslautem und Kreuznach, „Frankenthal und Worms fielen gleichfalls in die Gewalt
„der Republikaner. Sie haben alle diese Städte besetzt; „leben aufUnkosten des Feindes, nehmen ihm Millionen „weg, und errichten Magazine für neue Unternehmungen.
„Zu WormS fanden sie 100202 Sacke Früchten, und „eine unglaubliche Menge Leder."
„Wir haben das V .rgnügen euch zu melden, daß die „braven Republikaner im Augenblick unserer Abreise die
„Preussen bei Oppenheim ch vier Stunden von Mainz,
„geschlagen, und mit festem Murhe den Sieg zu behaupten gewußt haben." „Das Glück der fränkischen Waffen, längst den Ufern
„des Rheins hin ist eben so wichtig in Hinsicht auf die
* Wer den Repräsentanten dieß rapyortirt hatte, hat sehr fcevemlich gelogen; denn bei Oppenhe'm und noch drei
Stunden hinamwärts gegen Worms, geschähe kein Schuß; und beideTheilcverhielten sich, ein.ge Plänkeleien und die Affairen bei Dahlöhetm und Kreuznach ausgenommen, immer ruhig,
I2
rZ2 „Lebensmittel und den Gemeingeist, als» in Rücksicht
„auf die Befreiung der festen Platze der Republik. ,,Unsere Beute an Vorrats) von Dingen aller Art ist „unermeßlich, und das Auswandern der zwei Dritte! „von den Bewohnern des Niederrheins vergrößert noch
„unser Glück. Es ist unmöglich euch den hohen Grad „von Fanatismus und deutschen Vvrurtheilen, die dieses schöne Land bestecken, zu beschreiben. Diejenigen „die gestehen smd, kamen der Volksgerechtigkeit zuvor,
„und die Ohnehosen, welche für die Einführung der „Vernunft ihr Blut vergossen haben, werden zum größ-
ten Vortheil der Republik ihre hinterlassene Beute zu „benutzen wissen."
So weit der Amtsbericht von Baudot und Lacoste. Der heldcnmüthige Entsatz von Landau — diese große Angelegenheit der Republik — mußte freilich die Repräsen-
tanten begeistern; auch verdienten die Republikaner für diese denkwürdige Blutarbeit, jene declamatorische Wür-
digung, die ihre Verdienste um das Vaterland, die Nation und den Gesetzgeber anprieß: allein der Amtsbericht drückt leider nur zu gräßlich jene scheußlichen Grundsätze des Heilsausschusses unter Roberspierre aus,
nach welchen es für eine heilige Pflicht galt, die Grundveste eines vermachten und von moralischen Uebeln nie-
dergebeugten Landes zu erschüttern, und mit Hintan-
rZZ setzung der Menschenrechte und der so heilig angeloblen
Redllchkeits.- und Gerechtigkeitsliebe der großen franzö-
sischen Nation, an einem schuldlosen Lande eine die
Menschheit empörende Rache zu üben. Doch diese schaudcrvolle Tirade in dem nächstfolgenden Kapitel.
2Z4 -— " - - --
Kap. V. Feindliche Bewegungen vor Mannheim und gegen die Festung Fortlouis. Fortlouis wird geräumt / und gesprengt. Etwas über das feindliche Betragen in den von den Franzosen besetzten Provinzen zwischen Nbein
und Mosel. Politische Vorkehr und patriotische Anstalten der Ober - und Niederrbeinischen Kreisen gegen
die feindliche Drohungen. Feindliche Politik, Politik der Coalition.
^a der Rückzug der verbündeten Rheinarmee durch
den Drang der Umstände zum Theil in eine wilde Flucht ausartete, so hatte man Ursach für das wehrlose
Mannheim besorgt zu seyn, indem weder die Pfalz noch das Oberkommando der Reichsarmee an einen so schrecklichen Ausgang des Feldzugs am Oberrhein dachte.
Mannheim war weder verprovianlirt, noch war es in einen einigermaßen haltbaren Vertheidigungsstand gesetzt. Sein unbedeutendes Tete de Pont, konnte dem feindlichen Bombardement der Stadt, wenig Hindernisse
in den Weg legen, und ob man dem Feinde eine solche Diversion, um die Preussen von dem linken Rheinufer zu
vertreiben, zutrauen durfte, da er stark, siegreich, und
im Besitze einer vortrefflichen Artillerie war? —
r 55
Der Graf Wurmser welcher sein Hauptquartier in Schwetzingen genommen hatte, übertrug demnach diele erste und wichtigste Sorge über das veruachlaßigte Mann-
heim, dem würdigen Genera! der Artillerie von Funck.
Die Stadt wurde in Belagernngsstand gesetzt; Wurms scr legte eine ansehnliche Garnison hinein, auch wurde
die Rhciuschanze stark besetzt, da der Feind mit seinen leichten Truppen sich schon oft derselben genähert hatte.
Generalmajor von Funck veranstaltete auch, daß alle Gebüsche, Baume und Damme, so wie die Hemshöfe
und die Grästcnau rasirt und in Brand gesteckt wurden, damit der Feind sich nirgendswo festsetzen könnte.
Das fehlende Geschütz wurde aus dem kaiserlichen Park genommen, und auf die Batterien aufgefahren. Die Ingenieurs besorgten auch noch vorder Rheinschauze
einige av.anzirte Werke, welche freilich einem förmliche«
Angriffe nicht Widerstand leisten konnten, aber doch
den Neckereien Trotz boten, und die Besatzung der Rhciuschanze gegen das etwaige Allamüren des Zerns des protegirten. Die Franzosen machten indessen noch keine ernstlichen
Bewegungen, wiewohl in der Gegend vo« Mundenheim
öftere Scharmützel und Kanonaden sich ereigneten, in welchen von beiden Seiten Menschen getödtet und ver-
wundet wurden. Sie schienen aber erst die Absicht des
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Herzogs von Braunschweig, und ihr Gluck gegen die Oppenheimer Position abwarten zu wollen, bevor sie sich zu einem ernstlichen Angriffe entschließen dürften. Da aber der Herzog die feindlichen Versuche bei Kreuz-
nach, Dahlsheim und Obernheim, männlich a'ffchlng, sich zur Vertheidigung seiner gewählten Position entschlossen, und zu einer Hauptschlacht geneigt zeigte;
da ferner die Rheinarmee das rechte Rheinuser nicht nur aufs beste besetzt, und verschanzt batte, sondern ansehnlich verstärkt, Mannheim und die dahin einschla-
genden Unternehmungen, im Einverständnis; mir dem Herzog von Braunschweig, behaupten konnte: so gaben
die Franzosen nicht nur die Offensive auf, sondern sie zogen sich auch hinter die Rehbüch zurück, und gaben um so eher den Anschlag auf Mannheim auf, da sie noch
sm Korps vor der Festung Fortlorris nöthig hatten.
Nachdem der Genera! Hoche mm Worms auf den LZten Jenner mit seinem Truppenkorps verlassen, und
fein Hauptquartier wieder in Oggersheim genommen
chatte; so ließ dieser General auf den zoten Jenner
die Festung Mannheim auffordern Alle feine Trup* Hauptquartier der Mofelarmee zu Oggersheim den ulen
Pluviose/ im -een Jahre der Fran;, ein- uad unheilbaren Republik. — Der Vürger Hoche, K.mmaOanr her Moselarmec. Im Namrn der F^anz. Republik,
137 pm vom Friesenheimer Wäldchen ütt bis gegen Munden-
heim waren aufmarschirt; aber wahrschemliä) geschähe
diese und jene Vorkehr nur, um den Rückzug der feind-
lichen Armee zu decken, die Festung zu beschäftigen, und zu verhindern, demselben keine Hindernisse zu ma-
chen. Da der feindliche Genera! auf die abschlägige Antwort" keine ernstliche Anstalten gegen die Festung traf, so unterblieben auch von nun an alle weitere Feindseligkeiten,
//Ich fordere den Kommandanten, den Magistrat und
//das Volk der Stadt Mannheim auf, binnen einer „Stunde den Platz zu übergeben, und zu diesem Ende, „die Thore der Armee zuöfnen, welche ich kommandier.
„Die Sache dec Menschheit tnumphirr endlich; die „Armeen der Republik sind auf allen Setten siegreich? „wehe dem, der noch daran zweifelt. Um dem Volke „von Mannheim die Schmerzen einer blutigen Bels, „gcrung zu ersparen, taffe ich diese Aufforderung an „dasselbe ergehen; so bald die anberaumte Frist versin-
ken ist, har es nichts mehr zu erwarten, als die
„Wirkung dec gerechten Rache eines großmürhigen „Volks, -das aber seinen grausamen Feinden nicht mchr
„eher verzeiht, als bis es sie gänzlich zu Boden ge-
worfen hat."
„Festung Mannheim den zoten Jenner 1794. Mein „Herr! Ihr heutiges Schreiben ist uns zugesteüt wor„den, und wck glauben ganz und gar nichts auf der» „strichen Anträge zu antworten zu baden. Bar. v. Bel„derbusch, Gouverneur von Mannheim."
IZ8 Die Franzosen verließen hierauf Mundenheim und Friesenheim, die Kommunikation mir der preussischen Ar»
rnee und der Festung Mannheim war wieder hergestellt,
nnd Oggersheim nebst obigen Dörfern von den Kaiserlichen besetzt.
Nm desto nachdrücklicher rückten die Franzosen gegen
Fortlouis an, und machten alle Anstalten um sich die-
ser Veste in kurzer Zeitfrist zu bemeisiern. Zwar nnterhieuen dieKaisirlichen mittelst einer Schiffbrücke noch
die Kommunikation mit Fortlouis, und hatten die Besatzung noch verstärkt
Allein noch von dem ersten Bombardement her, waren die Munitlons - und Magazinsplatze so wie der Aufenthalt für eine ansehnliche Garnison völlig ruiuirt; die Franzosen machten Zu einer förmlichen Belagerung Anstalten: — diese Festung bis auf denkommenden Feld-
zug aufzubshalten, wie man anfangs wähnte, gehörte nicht mehr in den Operationsplan der Coalition, da
die Defensive am Rhein, und die Offensive an der Maas und der Sambre beschlossen war; man beschloß
demnach diese Festung zu raumen, und die Werker zu sprengen.
Die Garnison führte hierauf sämmtliches Geschütz und
die Magazine über den Rhein, verließ in der Nacht die Festung , und als die Mineurs die Minengange geladen
und in mehrere Zeitpunkte vertheilt hatten, verließen auch
diese die Festung; worauf dieselbe in der Nacht vom 17 ton auf den i Zten Febr. nach und nach von dem unter-
irdischen Donner erschüttert, in Trümmern Zusammen-
siürzte. Von nun an war die Ruhe zwischen den gegenseitigen
Armeen hergesiellt. Graf Wurmser und Herzog von Braunschweig, mißvergnügt über den unglücklichen Ausr
gang dieses Feldzugs, von der Parthcisucht angehaucht,
von Schmierern und Schwätzern getadelt und derVerrathcrei beschuldigt, überdrüßig in einer solchen abhängigen
und undankbaren Karriere länger denNubm ihrer Namen
und die Aufrichtigkeit ihrer Vaterlandsliebe, um fremder Intrigueu und geheimer Kabalen willen, der öffentlichen
Meinung preist zu geben; legten freiwillig das Kommando ihrer Armeen nieder und verließen die Armeen.
Sv wie einst Nom und Griechenland seine Sieger im Unglück gleichgültig aufnahmen, und wenn sie von der
öffentlichen Meinung oder irgend einem eifersüchtigen
Volksredner geächtet wurden, mit Verachtung, Eril oder dem Ostrazismus, bestraften — so Deutschland
Ein ansehnlicher Ver ust für Frankreich, da diese wichtige
Wasierfestuag nach der Vßubanischen Maurer an 20 Millionen Pfund gekostet.
damals, wo man sie um ihres Unglücks willen miß-
kannte, und nun nur auf Möl! endorf und Browne hoffte.
Wahrend demnach die Verbündeten sich von den Lei-
den dieses Feldzugs zu erholen suchten, und die Parthe-sucht von beiden Seiten über die Fehler des Ope-
rationsplans und der Feldherru krittelte, genossen die
Franzosen in dem Lande zwischen Rhein und Mosel,
die Früchte ihrer Siege; -— nicht aber daß sie allein schwelgten und sich bereicherten, sondern daß sie an der
Verheerung und Zernichtung dieses schuldlosen Landes
arbeiteten, Der Konvent war bei dem Cüstinischen Ein-
fall in die rheinischen Reichslanden, dem kosmopolitischen System Zugekhan, und man sprach damals von Organisation und Vereinigung mrt der Republik Frank-
reich. Da aber mit dem Sturz der Gironde - Parthel dieses schwärmerische, aber doch menschliche System von
dein des Schreckens und des Sankülotismus zernichtet
wurde, so verwarf der ganz jacobinische Heilsausschuß unter Roberspierre, den Kosmopolitis'm, und befahl die Ausleerung der'unglucklichen eroberten Lindem
Es wurde daher eine allgemeine Ausleerungskommis-
fion niedcrgesetzt, welche mit der höchsten Vollmacht des Heilsausschusses, unabhängig von der Generalität, diesen schaudervcllen Beschluß vollstrecken sollte. Diese
I4i Kommißion wählte nun zur Vollstreckung dieses Be-
schlusses Untercommissairs, welche zum Theil aus deutschen Ausgewanderte^, Klubbistcu und Metzgern aus dem Elsaß bestanden. Daß dieser schreckliche Auftrag unter den Händen
solcher Menschen für die eroberten Lande doppelt schrecklich war, kann man aus der eraltirten Stimmung
derselben 3 schließen. Allein es würde dennoch für die armen Bewohner weniger hart gewesen seyn, wenn die Kommission ihrer Erklärung vom yten Jenner
1^94 gemäß ", das Eigcuthum des Bürgers in Schutz
genommen hätte; allein nach der Prvelamation des * Die von den Vorgesetzten des franz. Volks für die Ausleerung aller von den Feinden verlassenen Gegenstände,
ernannten Kommiffairs haben in Betrachtung gezogen,
daß die Ehre des Namens der franz. Nation darunter leide, wenn einer oder der andere übelgesinnte So dvt, der es nicht verdient Republikaner Zu seyn, fortfahren sollte, sich solchen Ausschweifungen zu überlassen, gegen
welche brave Krieger mir Eifer ernstliche Justiz fordern;
sie verordnen daher r Jeder Soldat, der die Grenzen Der Subordination überschreitet, soll vor das Kriegsgericht geführt, und'auf der Stelle gestraft werden. 2) Da die verlassenen Wohnungen unter dem Schutze der franz. Republik stehen, so wird jeder Soldat oder jeder Anderer, wer es auch sepn mag, der etwas von den darinn beßndlichen Effekten verderben oder entwen-
den sollte, mir dem Tode bestraft werden. ;) Die
142 Kommistair Mounier, eben desjenigen, der auch die erste Erklärung unterschrieb, wurde die Ausleerung auf
das ganze Land und jeden Eigmthümer ausgedehnt. Auf eine ganz eigene, die Menschheit empörende und
dre französische Nation herabwürdigende Art, wurden
demnach sämtliche Pfälzische und Bischöfliche ProvinWohnung des ruhigen Bürgers soll geschützt seyn, und
jeder Soldat, der sich dahin eindringt,, um Lebenssnitte! Lurch Drohungen zu erpressen, soll auf das Zeugniß zweier Bürger milttairisch gestraft werden. 4) Alle diejenigen Einwohner, weiche irgend etwas von Effekten aller Art, welche den Adelichen, Geistlichen, Magistratsgliedcrn, oder einer andern Person, die bei Annäherung der franz. Armeen ihren Hecrd und ihre Wohnung verlassen haben, gehören, sich bemächtigt, oder auch solche zur Verwahrung empfangen Halen sollten, find gehalten, diese Effekten auf der Stelle an ihre Munizipalität abzuliefern, bei ansonstzu gewartenhaben-
der militairischer Strafe. Worms den 9. Jenner 1794. Die Glieder der Kommission der Sektion von Speyer,
Remr Legrand, Präs. Perersen. Mounier-
* Die Zrankenrhaler Munizipalität wird ersucht, auf ihre Verantwortung anzuf-chaffen, und in zweimal 24 Stunden zu liefern : i) 5220 Mannshembder so gut als sie zu bekommen sind, 2) 50^ wollene Decken, g) 250s Paar hän-
fene oder werkene Leintücher, 4-700 Paar neue Schuhe, welche mir Nageln müssen versehen seyn. 5) 720 Paar gute
wollene Strümpfe. 6) Web auchbare wolleneTücher, die bei den Kaufleuten oder in Magazinen sich vorfinden. Alle Hüte. Alles stegechte und perferristeLedk^ 7)Allch Gv
143 Zen ausgeleert, zum Theil förmlich geplündert, zum Thcil aber auch weniger grausam, jedoch mit drückenden Brandschatzungen heimgesuchtt
Speier, Neustadt und Frankenthal, mußten lange und
fürchterlich die schwere Hand der Ausleerer empfinden,
Worms und Kreuznach —reißend und schnelldarum
weniger Zerstörend. Das platte Land wurde von dm ruchlosen Menschenaufs ärgste mißhandelt; die Schlös-
ser der Fürsten giengen in Rauch auf; die Geistlichkeit wehr, als Flimm, Pistolen, Säbel, Sattel, Zäume u. dgft 8) Die Munizipalität wird Schuh und Strümpfe paarweis sondern. 9) Alle Schuhmacher müssen für die Solda-
ten dec Republik arbeiten, und bis auf weitern Befehl nichts als Mannsschuhe, io) Wenn dir zweimal 24 SrrrnLen vorüber, und die Aufforderungen nicht befolgt sind,
so wird der Maire aufder Stelle verhaftet, und so nach und nach von Stunde zu Stunde alle Munizipalbeamre und die reichsten Einwohner,, bis alles angeschaffr ist, oder sie beweisen, daß es ohnmöglich zu thun sey. n) Nach Verlauf dieser Frist wird Haussuchung gerhan, und wenn ein einziger dieser Artikel gesunden wird, wenn die Anzahl noch nicht geliefert ist , die Personen, Lei denen es gefunden wird, als Rebellen gegen die aus. übende Gewalt behandelt werden. 12) Ein gleiches an alle
die abhängige Munizipalitäten von Frankenthal z i?) die Frankenthaler sollen die schon umerm 2?tendiefes Monats
«ngezeigten Früchte aus allen Häusern dieses Orts nach
dem Magazin bringen. 14) Diese Proklamation soll in Leiden Sprachen gedruckt, und 15) an die Munizipalitäten hinreichend« Exemplakien gesandt werden. —
-44 und der Atel verlohren alles; Glocken und Orgel — das Metall jeder Gattung mußte abgelicfert werden, eine unermeßliche Summe Vieh — überhaupt ein nicht zu berechnender Werth von jeder Gattung des Volksei-
gernbums, wurde auf das grausamste nach dem Elsaß
abgeführt. Der Soldat betrug sich zwar im Ganzen gut und Menschlicher; allein da er seine Waffen, die er
von dem Vaterlande für die Freiheit empfangen hatte, zum Schutz dieser Unmenschlichkeiten leihen mußte, so
zog ihm dieß den Haß und Abscheu der unglücklichen
Einwohner zu, wiewohl er sie nicht verdiente, und der Abscheu allein den unmenschlichen Kommissairs gebührte.
Vorzüglich litte die rheinische Pfalz mehr, als alle ihre Nachbarn : die Volksreprasentanten hatten Recht, daß dieses Land von dem Fanatismus und andern Vorurthellen besteckt sey. Allein wenn man auch nach dem
Sinn der Franzosen diesem liebenswürdigen Lande den
Diensihandel und den Rcligionszwist, Partheisucht, Intoleranz gegen den Akathvlicken, Beamtendruck und Ver-
fall der Volksbildung, vorwerfen wollte, war es wohl der Gerechtigkeitsliebe der großen französischen Nation
entsprechend, diese allgemeine moralischen Nebel mit
Barbareien zu rügen, und die bedaurungswürdigen
Flüchtlinge—Opfer dieser Vorurrheile, als Widersacher der Republik mit dem Verlust ihres Eigenthums
-45 rhums zu bestrafen ? So viel über das feindliche Betragen in den eroberten Ländern.
Da die Republikaner durch ihren zweiten verheerens Len Einfall in die deutschen rheinischen Reichslande ganz
Deutschland in Schrecken gesetzt hatten, und in wieder-
holten Versuchen bei Hünningen, theilS das -rechtRheinufer bedroheten, rheils für den bevorstehenden Feld-
zug ernstliche Absichten auf Mainz und zu uucm RheiuüHergang blicken ließen, so war e-- Zeit, daß man in Deutschland auf die ernsilichfte Verthenngungs-
anstalten gegen den mächtigen Nachbarn um so mehr Bedacht war, als man von seiner Macht und seinen Besu-
chen alles zu befürchte« hatte.
Der Feind hatte sich unerwartet Lurch ungeheure Schwierigkeiten durchgekämpft — alles was er leistete,
Mar der Coalmon so außerordentlich als unerwartet;
Ker Punkt seines größten Versals war zugleich der Punkt seiner furchtbarsten Größe, seiner kühnsten Hoffs
* Der Verfasser verwelßt über dieses wichtige Kapitel/ so wie über das Schicksal der Pfalz «n cksrail, auf das -wichtige und bis jezr einzige Werk, „das Betragen deo Hranzosen in der Rheinischen .Pfa z, " welches den unPartheiischen Beobachter befriedigen wird, und dem Ge-
schichtschreiber MaasAab eines reinen philosophisches Unheils über diese wichtige Epoche ieyn dürfte-
Mkittk Lkil» H
nungen; wie von einer Allmacht belebt, und vereinigt stand dieses ins wilde ordnungslose Chaos versunkne Reich, neu belebt und furchtbarerwie einst unter seinen
Königen da, und trotzte Europa: Ja —- und diese höhe-
re Götterkraft, die ihm wieder Leben, Konsistenz und
Energie gab-— was war sie anders, als jener schreckliche Bund gegen alle bürgerliche Ordnung, jene furcht-
bare Verschwörung gegen die Kronen, die aber auch zugleich den Staaten, der Verfassung und dem Bürger-
glück galt? — Diesen so furchtbaren als gefährlichen Feind zu be-
kämpfen- — ihm den Eintritt ins deutsche Vaterland zu verwehren , war nun das schnurrige Problem für die Gewalten in Deutschland: vermochten die disciplinirtesten
Truppen der Oestreicher, Preußen und Sachsen, nicht
ihm zu widerstehen — gelang es ihm diese so gar zu
besiegen; — womit sollte das deutsche Reich seine
Rettung erwärken, da man auf dem Reichstag zu Regenspurg noch mit den zu stellenden Reichskontingen-
ren verschiedener Reichsstände zu kämpfen hatte, und
der Reichstag zu einem ausserordentlichen Beschluß
vermöge der Form und der weitläuftigen Einholung der Instruktionen, offenbar ein Vierteljahr später nach-
kommen mußte, als die Gefahr eingctretten war. Es traten demnach die vordem Reichskreise in Frank/
§47 furt zusammen, faßten unterm yten Jenner einmäthig folgenden — die Vertheidigung des rechten Rheinufers
bezweckenden Schluß: „ i) Daß alle siändrsche Unter-
ethanen der rechten Rheinseite aufgehoten, auch zu „der vorbesagten Deckung und Bewahrung des rechten
„Rheiuufers bewaffnet, und mit erforderlicher Munition
„hinlänglich versehen, sofort auf diesen Nothfall an, „den bedroheten Platz beordert werden sollten, wobei „2) die Verpflegung derselben einem jeden Stand nach
„eigener Konvenienz für die Seinige zu reguliren und
„beizuschaffen, überlassen bleibe, z) Daß die naheliegende Gemeinheiten den vorliegenden auf deren An-
„rufen, auf beschehene Kanonenschüsse oder Sturm-
läuten, auch sonstige zu verabredende Signale, mit „aller Macht und bestmöglichst bewaffnet zu Hilfe eile»
„sollen; weswegen denn auch 4) jene Stände, welche „mit einem entbehrlichen Vorrath von Waffen und Ka„nonen, auch dazu gehöriger Munition versehen sind, „hiermit geziemend ersucht werden, den andern, sonder-
lich den vorliegenden, wenn sie dessen benöthiger seyn
„sollten, gegen einversiandliche Vergütung damit an „Händen zu gehen. Dabei wird nun 5) weiters für billig „angesehen, daß die Entfernte den Vorliegenden in Aufhellung der Wachten und Errichtung nörhiger Verschan-
zungen vorzügüch bereitwillige Hilfe, leistem 6)
K2
,,Sollte em dringender Fall erheischen, daß die folcher„maßen aufgcbotene bewaffnete Gemeinden, mit jenen ,,der vor - oder nachliegenden Gegenden, in einer verein-
barten Operation zu handeln hätten, so werde, die ,,desfallstge nöthige Einleitung, allenfals unter vorlaur „figer Rücksprache mit dem nächstgelegenen militame,scheu Kommando Zu treffen, der ständischen Behörde
„lediglich überlassen u. dgl."
Nachdem nun der Oberrheinisch - wie der Niederrheinische Kreis diese reichspatriotische Vorkehr getroffen
hatte, so wetteiferten Fürst und Volk, um sich dem ehrwürdigen Eifer für die Erhaltung der Verfassung des theuern Vaterlandes nicht übertreffen zu lassen.
Würtemberg, Baden, das Breisgau und Darm stadt verdienten sich durch ihre Bereitwilligkeit
und ihren Patriotismus den Dank des Vaterlandes, wobei es erinnert zu werden verdient, daß die Stadt Stuttgardt so wie sammtliche Würtemberger,' ohne auf-
gefordert worden zu ftyn, sich freiwillig an den Herzog
erklärten, daß sie die Waffen für das Vaterland ergreifen wollten; und daß der brave Prinz Georg von Darmstadt die aufgebotene Bürgerschaft selbst an den Rhein
begleitete, und mit lobenswürdigem Bürgersinn oft die
Beschwerden der Rheinwache m:l ihnen getheilt habe. Am meisten aber erweckten die militairischen Anstal-
K49 ten des Herrn Landgrafen vonHessen-Cassel Ehrfurcht und
Bewunderung, und gewiß hat nicht leicht ein Reichsfürfi durch dieselbe dem Feinde mehr Aufmerksamkeit abge-
wonncn, als der Landgraf durch feine Landbataillone —
eine Macht von beiläusig 40222 Mann". Da mau nun von beiden Seiten durch den sonderbaren Verfolg.der Begebenheiten, über das eigentliche Interesse dieses Krieges immer mehr Aufschluß erhielte,
und nothwendig von Seiten der Coalirion, ein anderer Gesichtspunkt eintrat, aus welchem man die französische Revolution, ihre Dauer, und ihr tiefeindringendes
System in die Staatsverhaltnisse von Europa, beurthcilen mußte, so war es unvermeidlich, daß der Krieg mit entschiedenerem Nachdruck würde fortgesetzt werden,
und ganz Europa war mit Recht auf den Ausgang einer Fehde gespannt, da Frankreich den Fehdehandschuh
ganz Europa hinwarf, und mit der Coalition den Ths deskampf zu kämpfen beschlossen Hütte. Uederhaupt har dieser Fürst seiner Regierung und seiner strengen Spa-samkeit dadurch eine schöne Lobrede gehal-
ten, welches um so höher verdient angepriesen zu wer» den, da Deutschland nur alsdann ein furchtbarer Staat, und seine Verfassung gegen jeden Feind zu veriheidigen
im Stand ist, wenn seine Fürsten ihre Einkünfte nützlich verwenden, ihren reichsftändischen Obliegenheiten
gemäß, Festungen und Miiitair in gutem wehrbaren Stand erhalten.
KZ
Der Knoten in dem großem Drama war erst geschürzt-
— wie wird er aufgelöst werden—-wen wird der Sieg krönen, sprach der Deutsche? —>
Es rst nötW in die Geheiinnisse der Politik beider Partheien einzudringen, damit unser Unheil den Gang der Begebenheiten sicher berechnen, und die Verhältnisse der gegenseitigen Kräfte und Verdienste, parthei-
los wagen möge. Frankreichs Epoche unter den Jakobinern und unter der Diktatur Roberspierre^s ist die größte, aber auch zu-
gleich die schrecklichste der Weltgeschichte. So ordnungslos und verworren das ganze Staatsgebaude —
und doch so viel Plan—, so viel treue Methode! Ein Schrff im wilden Sturme, überall unruhige Geschäftigkeit unter dem Schiffsvolke — Kühnheit und Kleinmutch
— Standhaftigkeit und Verzweiflung, — gesetzter Ernst und kindischer Leichtsinn —> auf den Gruppen
der Segler sichtbar; jetzt wirft es ein Orkan in die Hohe, der Sturmwind beugt seine Masten, man schreit und jubelt, je nachdem die Gcmüther der Gefahr erliegen
oder über sie fanatisch erhoben sind. Nur der Steuermann siebt kalk und schrecklich über alles erhoben an
dein. Steuerruder—- schaut furchtlos in die schwarze Nacht — bleivt ruhig bei dem tobenden Wellenkampf—
rhn rührt nicht Jammer und Tod — lächelnd sieht er
izr Schätze und Menschen über Bord werfen; er verlangt nur, daß er mit dem Schiff gerettet in den Hafen laufe, wenn auch Menschenleer, weil sein Herz von allen Lei-
denschaften frei nur nach dem Triumph dürstet, den man seiner Kunst und seiner Standhaftigkeit bringen
müffel —Sv Frankreich unter Roberspierre. Der Plan dieses entsetzlichen Menschen war lange, tief und fein angelegt; vermochte fern Genie gleichwohl
nicht, wie Casar und Cromwell, über die Umstände und Vorfälle zu gebieten — seine Größe selbst zu schaf-
fen , so war er doch großer und seltner Mensch genug,
die Umstände und Vorfälle zu leiten — zu nutzen, die größten Köpfe Frankreichs nieder zu halten, und so um seiner teuflischen Unsterblichkeit willen unter
Fluch und Tod, den Namen seiner Nation groß, und sich schreckbar und fürchterlich zu machen.
Frankreichs Kraft und Energie im Jahr 1794, die Siege seiner Armeen — waren das Werk Roberspierre's, die Folge der centralistrten Gewalt des Heilsausschuffes.
Was schon Rousseau in seinem gesellschaftlichen
Vertrage sagt " : „U est coEe l'oecUe nutuecll, gue
„le Zranci ncundre Aoriverne, et le xetit soit »ori* vu Lonn-. Zocisl. I4l>. III. Cd-rx. IV-
K g.
Onrie ^uelspenpls raste lrice«^
^,S3M6irt ÄksenMe pour V3(j^er a!.ix Ask^ires pndllgntzs -
Wclr auch bald in Frankreich leicht aufgslößtes Problem. Die reine Demokratie erlag bald unter den Ge-
fahren, die das Volk bedroheteu z die ruhige Staatsweisbeit der Gn-outisien wägte zu langsam für den uns
geaultiqcm Franzosen--die wilde Entschlossenheit der
Zacol incr griff mehr in den Volkskarakter ein, darum w 'n- bald der Sieg der Jakobiner über die Gironde entschieden.
Der schlaue Heilsausschuß verband nun um so enger
seine Macht mit dem Volksmteresse, um desto einiger herrschen zu können, je leichter sich das Volk mit dem Wahne einer unmittelbaren Therlnahme an der Staatsregierung begnügen ließ.
Es konnte nicht fehlen, daß der Heilsausschuß mit so mächtigen Belegen seines reinen Republikanismus,
ülö wie die Siege bei Toulon, Honscoot, Wattigny und Freschweiler sich der Memgewalt im Staate versichern würde; allein daß es seiner empörenden Despotie so lange gelungen ist, darüber wird Frankreich je
langer je mehr —seufzen. Frankreichs Diplomatie mußte alles daran liegen, die
einmal gewählte Regirungsform zu erhalten — weil die
Stimmung der Majorität, für Konstitution und Frieds
?53 Dieses große Interesse gegen innere und äussere Feinde zu vertheidigen, konnte natürlich unter den Händen
delsIacobiuer und ihrem System nicht anders als schnell
und rühmlich gedeihen. Da sie aber aus Herrschsucht dieses Interesse mißdeuteten, und ihren wilden Idealen die schrecklichsten Opfer brachten, so mußten freilich jene
Extreme entstehen, daß Frankreich in seinem höchsten
Glanze, dem Verderben und der Verzweiflung am Nahesten kam. Blicken wir etwas schärfer in die Maschinerie der Verschworenen, um einen Gesichtspunkt zu gewinnen, ans welchem wir die dem dritten Feldzuge
vorhergegangne Politik Frankreichs übersehen können.
Der Heilsausschuß arbeitete mit unwandelbarem Eifer,
i) an der Verwirrung des Interesse der Coalition* Seine Emissaire ließen nichts unversucht, um unter den
Verbündeten ein Schisma zu bewürben. Die Stimmung der Völker wie die Feder der Politiker kamen ihm auf dem halben Wege entgegen, allein §als Freun-
de des Friedens, mit dem Oelzweig als Freunde Franktelchs und nicht der Iacobiner, welche nur ihre Absicht
zum Umsturz der Thronen und der bisherigen Verfassungen durchsetzen wollten.
2) An Negozen mit den nordischen Höfen, mit den italienischen Republiken und den schweizerischen Eid-
genossen, um sich ihrer Neutralität zu versichern, und
K5
554 ihren-allgemein bedroheten Handel zur Herbeischaffung
der uncntbebrlichsicu Bedürfnisse für die Armeen mir denselben zu erhalten.
3) An Anzettelungen der Revolten in den feindlichen
Staaten, besonders in England, nm ihre Kraft zu lähmen, und sie mit ihrem heiligsten Interesse in Kol-
lision zu bringen. Da sich nun ein Theil desHciksausschnsses und beinahe
alle Pressen mir diesem Detail beschäftigten, vergaß der
Convent nicht die Angelegenheiten der Ausschüsse als
Angelegenheiten der Nation zu unterstützen, wiewohl er denselben täglich mehr Vorzüge einräumte, und von
seiner höchsten Gewalt mehr einbüßte, bis endlich der Heilsausfchuß die volle und unumschränkte Gewalt über
die Armeen, folglich über ganz Frankreich, an sich riß,
und dem Convent nur noch der Schein und die Form seiner ehemaligen Hoheit übrig blieb.
Der Hcilsausschuß rückte nun mit feinem großen
Projekte immer mehr ans Licht, der Convent sprach
den Vertilgungskriez gegen England aus, decretirte den für den Handel so gefährlichen Corsarenkrieg, und drohere mit einer Landung auf Großbrirtanniens Küsten,
wahrend er die Schwachheit sich über dieses lächerliche
Projekt ängsten ließ, und mit vielem Scharfsinn den Landkrieg auf eine verschwenderische Art unterstützte,
*55 Das erste und wichtigste war demnach , sammtliche Armeen der Republik zu verstärken/ weshalb die Rhein-
armee unter dem Oberbefehl des Generals Michaud,
mir 47220, die Moselarmee unter Morau mit 32222, die Ardennenarmce unter Jourdan mit 40022 und die
Nordarmee mit 152222 Mann unter Pichegrü, nebst einem eben so starken Depot, den Feldzug eröffnen
sollten. Um die große Masse, nebst den Millionen im Innern, welche vermöge dem gesunkenen Handels-
und Fabrikenzustand verarmt waren, zu erhalten, den Gahrungen zu steuern, und die Gunst des Pöbels
nicht zu verscherzen, wurde das Marimum decretirt. Ein gezwungenes Anlehen und die allgemeine Kirchenaus-
leerung fanden nun keine Hindernisse mehr, und der
Heilsausschuß war im Stande, die Politik und den Handel nach den neutralen Staaten zu bestreiten.
Sobald der Heilsausschuß das mächtige Frankreich in seiner Gewalt sähe, und in allen seinen Unternehmungen
der Unterstützung des Volkes gewiß war, so konnte er nun auch das kühnste und gräßlichste wagen.
Sein fürchterlicher Zweck' war demnach, die Gren-
zen vom Feinde zu befreien, und Belgien, H 0 lland
und den Rheinstrohm zu erobern, den Credit der Coalition zu stürzen, milden Assignaten den Lirkel' lauf des Geldes zu hemmen, alle Schatze nach dem
iZ6 Nationalschütz zu bringen, und somit Frankreichs Feinden
denHerzstoß zu geben: ferner dis fürchterliche Ve nder
zu vernichten und nur mit einem Mittel — mit dem Per m anenten M o rd jede Gahrung zu dampfen« Mit diesem verwegenen schaudervollen Zweck trat
Frankreichs Diplomatie vor Eröffnung des Feldzugs
2794 g°gen Europa auf —> und man fürchtete — aber man hoffte auch alles von dem Franzosen, eine
Stimmung, worauf der Heilsausfchrrß rechnete, und worauf er eigentlich die Sicherheit seines kühnen Entwurfs stützte«
Nach der Ansicht dieser so kühnen als weitreichenden
Politik und der Energie, womit man ihr Detail in Absicht auf den dritten Feldzug bearbeitete, konnte man
von der Politik der Coalition nichts anderst erwarten,
als daß sie mir gleicher Tiefe und Gründlichkeit den feindlichen Absichten werde begegnet haben. Allein der unpartheiische Beobachter findet nichts weniger als diese
Einheit des Zwecks', und diese Kraft der Mittel, mit welcher die Politik der Coalition hätte auftretken sollen.
Zwar verstärkte der Kaiserffeine Armeen, und forderte
das Reich zur Stellung der Kdu^ingente in Natura auf. Aber in dem Augenblick der entscheidendsten Krise drohete Preußen die Hälfte seiner Truppen zurückzuziehen.
wenn nicht das Reich die Verpflegung derselben, welche
täglich m 41966 Rationen und 82154 Portionen bestunden, vom r ten Febr. übernehmen würde. Das Reich blieb zum Tbeil mit den Contingenten Zurück,und behan-
delte mit unverzeihlicher Schläfrigkeit die Forderungen
des Kaisers. Selbst Pitt, der doch für seine Nation so viel Interesse an der Fortsetzung des Krieges hatte,
betrug sich in dem Subsidrentraktat mit Preußen so
langsam, und zauderte, wie ein gewisser Schriftsteller" sagt, mit kaufmännischer Kargheit, an der Abschliessung und Beschleunigung desselben.
Rußland versprach immer rhätigen Antheil Zu neh-
men, hier war die Gefahr da—-und cs leistete nichts, als daß es die Revolution in Polen hemmte, und etwas spät das ausgebrochene Feuer zu löschen ansieng. Und
was thar die Politik für die Volksstimmung- die so sehr für die französischen Prinzipien eralrirt war? Frankreichs Decreke weckten Väter wie der messenische Aristo-
demus'"", Jünglinge wie der spartanische Jsadss'^'";
* Nähere Beleuchtung des dem K.K. Obersten von Mack zugeschriebenen Operanousplans für den Fe'd^ug ^794.
Der, um den Enthusiasmus der Meffenier gegen die Lazedämonier zu entflammen/ dem Ausspruch des Delphischen Orakels gemäß/ seine Tochter selbst ermordete.
*** Lin junger Sparrgner^ der in der Schlacht gegen >
7Z8 und die ehrenvolle Erwähnung im Konveutsprotocoll so
wie die Triumphgesänge im Musikiuftitut, galten ihnen
mehr als die griechische Hekatomphonia Die Eoalition vermochte über den ernstern Deutschen, und den
nur aus Disciplin, und weil.es Krieg ist, interessirteu Preussen, Ungarn und Böhmen, nicht so leicht, ihn zu
diesem Schwung zu erbeben; allein man hatte durch glänzende Versprechungen, würkliche Belohnungen,
patriotische Steuern für die Wittwen und Kinder der Gefallenen—Freiheiten für den aufgebotenen Bürger
und Landmann, und Aufhebung der Leibeigenschaft, bald den Deutschen zu einem Grade enlltiren können, daß er dem Franzosen an Kraft und Beharrlichkeit wäre gleich gekommen. Ausserordentliche Uebel und Hinder-
nisse muß man ja auch mit ausserordentlichen Mitteln
bekämpfen. Es war demnach leicht zu urtheilen, welche Politik siegen werde.
die Thebaner umer Evaminondas, die in Sparta eingedrungenen Thebaner, unbekleidet aber mit Spieß und
Degen bewaffne: angriff und für seine viele. Wunden von den Ephoren zwar mit einer Krone belohnt, aber
auch wieder um Drachmen gestraft wurde, weil er in einer so großen Gefahr ungerüstet kämpfte.
* Ein Opfer , welches denen zu Ehren angestellt wurde, welche lOo Feinde mit eigner Hand im Treffen
erlegten.
^59 Der Deutsche blickte daher mit bangem Herzen bald
auf diese, bald auf jene Bewegung hin, und starrte düstern auf die Gefahren hin, womit er sein Vaterland umgeben sähe, während dem der militairische Theil der
deutschen Politik nicht den vortrefflichen Plan des Fein-,
des im Auge hatte, sondern nur mit der endlichen Eroberung von Paris sich beschäftigte.
6o
Kap. VI.
Operationsplan der Verbündeten. Operatjonsplao der Republikaner.
Ebährend dem diePolitik der Coalition sich mit Negozen
zur eifrigsten Fortsetzung des Krieges, und zur Vermeh ruug der bisher gegen Frankreich ausgetretenen Truppen-
macht beschäftigt hatte, waren die Kabinette von Wien
und London gleichgeschäftig, einen Operationsplan zu kalkuliren, nach welchem man sich nicht nur die errungenen
Vortheile sicherte, sondern auch den Feind immermehr enger und tiefer in seinen Grenzen einschließen, und ver-
mittelst der gehofften Kontrerevolution sein republikani-
sches System stürzen dürfte.
Allein durch den Entsatz der Festung Landau, und
den Rheinübergang der Graf Wurmftrischen Armee, hatte der Feind die Rhein- und Vogesen-Armee in die
uachtheiligste Defensive zurück geworfen, und Zeit gewonnen, sich an der Rebbach festzusetzen, die Linien an der Speierbach und der Queich herzustellen, und das
für die Erhaltung Landau's so wichtige Germersheim zu
befestigen. An welchen Tbeil der überall fürchterlichen französischen Grenzen die Offensive wenden, war dahex
-as wichtige Problem der Taktiker! —
Ohnstreitig gegen die Nordgrenze, wo man an
Balenziennes schon eine Festung von Wichtigkeit besaß. — In ^Verbindung mit einer Holländischen und
Englischen Eskadre D ü nkir ch e n nehmen, Lille und
Douai erobern, von Charleroi bis Arlon die Sambre decken, mrd auf allen Punkten defensiv bleiben,
bis Belgien und Holland gegen jede feindliche Unternehmung gesichert sey -- war der ohngefähre Kalkül, den sich der Geograph dachte.
Da der Feind auf die Nordgrenze sein Augenmerk
richtete, und daselbst seine gewähltesten Truppen in großer Zahl versammelte, so war man um so mehr von der Notwendigkeit dieses Angriffsplans überzeugt; und
da der Wiener Hof einen Mann von entschiedenen Verdiensten , den Obrist von Mack, Zn diesem Entwürfe auserscheu, und dieser Taktiker mit seinem Opsrationsplane
England in Erstaunen gesetzt hatte, so zweifelte man um
so weniger an der Vollkommenheit jenes Entwurfes, indem beide Höfe so vorzüglich dabei interefsirt waren»—
Folgender Operationsplan, welcher dem Herrn Obristen
von Mack zugeschrieben wird, erschien endlich, und
wurde zur Basis aller Operationen des so wichtigen dritten Feldzuges gelegt. Derselbe zerfallt in folgenden Hauptsätzen:
Zweiter Theil, L
lÜ2 1) „Se. königl. großbrittannische Majestät und „ Höchstderselben Ministerium haben dem kaiserl. königl. „ kommandirenden Hu.Feldmarschall durch den nach Lon„ don abgeschickt gewesenen Obristen von Mack dieAusiche-
„ rung ertheilet, daß man mit moralischer Gewiß„ heit annehmen könne: Se.königl. Preussische Majestät
„würden nicht nnr Ihre dermalige im Felde stehende „Kriegsmacht fernerhin belassen, sondern auch solche
„annoch mit 15 bis 20OOQMann zu vermehren aller„gnädigst geneigt seyn; wie hierüber eben dermalen das
„Ansuchen an Höchstgedachte Se. königl. preussische „ Majestät geschiehet, dessen Gewährung man sich sowohl
„von Sr. Majestät erhabenstem, bisher so rühmlich „erprobtem Eifer für das allgemeine Beste, als auch „vvn denen Negotiationen, welche hierüber bereits im
„Gange sind, zu London verspricht. 2) „Nicht nur der kommandirende kaiserl. königl. „ Hr. Feldmarschall, sondern auch die Chefs der beiden—
„mit der kaiserl. königlichen kombinirten Armeen haben
„nach reifer Ueberlegung erklärt, und erklären müssen:
„daß sie, weit entfernt, sich mit einer thätigen und entscheidenden Campagne zu schmeicheln, auf die unglück-
lichste Defensive gleich bei Eröffnung des Feldzuges „würden geworfen werden, wenn nicht die dermalen
„ zwischen der Maas: und dem Meere bis Nieuport
' Löz „stehende Kriegsmacht wenigstens um lovovo Mann „ vermehrt werden würde. Die Zurüstungen des Feindes
„ auf dieser Seite sind beinahe unermeßlich ; er hat die
„beidenArmeen, öu l^orä er auf eine
„Stärke von zoovoo Mann bereits wirklich gebracht; „seine Augmentations-Mannschaft befindet sich schon
„wirklich bei den Bataillons, ist größtentheils schon „gekleidet und bewaffnet, und wird Tag und Nacht in
„den Waffen geübt. Von Paris sind zoovo Mann, „welche von denen gegen die Vcndee und gegen Toulon
„verwendeten Truppen gesammelt werden, annoch im
„Anzuge, und die Hälfte der Moselarmee, ebenfalls „ZOOva Mann stark, hat sich bereits links gegen die „Maaß gezogen, um auf dem rechten Ufer dieses Flusses
„gegen das Lüttichsche verwendet zu werden. Es unter-
liegt keinem Zweifel mehr, daß der Feind in einigen
„Wochen, vielleicht in vierzehn Tagen, wenn es die „Witterung erlaubt, gegen die kombinirte Armee mit „g.OOOOQ Mann im Felde erscheinen, auf allen Seiten ,> angreifen, und auf allen Seiten durchdringen werde,
„wenn mam auf allen Seiten zu wenig har." „Diesem unabsehbaren Unglücke vorzubeugen, hat „der kaiserl. konigl. kommandirende Herr Feldmarschctll
„ seiner Seits die dringendsten Bitten und Vorstellungen
„an Se. kaiserl. konigl. Majestät gemacht, um den
L2
164 ,, größten Theil Ihrer dermaligen Rheinarmee und das
„ zu Trier befindliche Korps an die Maaß abrücken zu ^lassen, und an den Rhein, zu dem Reste der Truppen
„welche dort verbleiben, aunoch ein Korps von 12 bis „ 15000 Manu aus dem Innern Ihrer Lander zu bestimm
/-men, wenn es anders aunoch möglich ist, solche auf-
„ zufinden." Z) „ Von einer allen Ausdruck übersteigenden Noth„ Wendigkeit ist es dermalen, gleich, und wenn es möglich
„wäre, augcnbliklich, ein respektables Korps an das „ rechte Ufer der Maaß hmzuschicken. Se» Durchlaucht, ,, der Herr Feldmarschall, lassen daher den königl. preussir
„sehen Hrn. Feldmarschall auf das inständigste bitten,
?,bei dem Besten der allgemeinen Sache beschwören, ,daß Dieselben geruhen möchten, das bei Trier stehende
„kaiserl. königliche Truppenkorps unverweilt ablösen zu
„ckasscn, und diesen, seiner Lage nach ohnehin zu der „königl. preussischen Armee gehörigen Posten zu über„ nehme»; damit dieß crstgedachte kaiserl. königl. Korps
„m schleunigsten Marschen an das Ufer der Maaß „geschafft werden könne,"
4) „ Nach dem Anrarhen des kaiserl. königl. Herrn „ Feldmarschalls sollte man sich an dem Rhein, der Saar,
„und der Mosel blos auf die Defensive sehen, jedoch auf
„eine respektable und imposante Defensive, um von
165 „dieser in eine glückliche Offensive zu fallen, welche die
„hohen militärischen Talente Sr.Ere. des kön. Preußis.
„Hrn. Feldmarschalls, im Falle der Feind die Mosel
„und den Rhein noch mehr degarmreu, und seine „ Truppen gegen die kombmirte Armee hinziehen sollte,
„ gewiß benutzen werden. Diese respektable Defensive
„würde nach Sr. Dnrchl. Erachten vorhanden seyn,
„wenn nach dem effektiven Stande an kaiserlichköniglichen Truppen, mit Inbegriff des condeischen
„Korps, 42222 Maru^
„ an Pfalzbaierischen, mit Inbegriff
der Garnison von Mannheim, 20202 „an Hessenkassel- und Darmsrädti-
schen Truppen, 4022 —
„an Schwäbischen Kreistruppen, 6222
zusammen also 72222 Mann „an dem Rhein verbleiben sollten; wovon ein Korps
„von 8 bis 12222 kaiserl. kön. Truppen mit einigen „Pfälzern, senseits des Rheirrs, vorwärts von Manns
„heim, verwendet werden, und welche Se. Epcellenz „ gebrauchen könnten, um zu allen offensiven Operation
„neu, die der königl. Preussische Herr Feldmarschall „vielleicht zu machen, die Möglichkeit finden würden,
„ mitzuwirken. Hiervon dürfte allerdings der beßte „Erfolg zu erwarten seyn, wenn die königl. Preussische 0
i66 „ Ariuee durch eigene Vermehrung und durch ein noch
„zuwachsendes Korps von etlichen tausend Sachsen, „ worauf man sich Hoffnung macht, eine Zahl von 90222
„Mann erreichen sollte." 5) „Se. Durchs, der kommandirende kaiserl. kon.
„Feldmarschall sind zwar weit entfernt, des königl. „ Preussischen Herrn Feldmarschalls Erc. in dcren Ent„ würfen, welche Sie gemeinschaftlich mit dem kaiserl. „königlichen kommandirenden General der Rheinarmee „festzusetzen gesumst sind, im Geringsten vorgreifen zu
„ wollen. Nur erlauben sich Höchstdieselben, als eine»
„Gedanken in freundschaftlicher Vertraulichkeit zu „ eröffnen: ob es nicht von hoher Wichtigkeit für das „künftige Beste der gemeinen Sache seyn dürfte, wenn
„ Se. Ercellenz nach und nach den Posten von Trier „mehr und mehr verstärkten, und vor Trier, etwa in „der Gegend von Sierk, eine Armee von 42 bis 5220s „Mann versammelten, wodurch für die Operationen in
„Flandern, weil Saarlouis, und noch mehr Thionvi'lle, „bedroht ist, immer der wesentlichste Vortheil, daß der „ Feind nicht alles aus den dortigen Gegenden wegziehen
„könne, erwachsen würde; vielleicht aber auch noch ein „weit wichtigerer erwachsen könnte, dieser nämlich, daß
„ die Operationen der kombinieren Armee, wenn sie von „glücklichem Erfolge sind, des konigl. Preussischen Herrn
„ Feldmarschalls Exc. die Möglichkeit verschaffen dürften,
„ sich von Sierk auf einem nach der Festung Luxemburg „ zu sich mittlerweile richtenden geraden Kommunikatious-
„wege, und von dort über Dipach und Aubange, auf „der vorhandnen Chaussee, mithin in zwei starken Mar-
„ scheu, plötzlich vor die Festung Lougwy zu werfen, zu
„gleicher Zeit das kaiserl. königliche Korps von 6 bis
„8200 Mann, welches zu Arlon ausgestellt bleiben „wird, nach Lougwy vorrücken zu lassen, und mit einem
„Belagerungstrain, welcher nach und nach von Mainz
„ganz im Stillen nach Luxemburg verschafft werden „könnte, Longwy wegzunehmen, und auch vielleicht „weitere glücklichere Vorschritte in dieser Gegend und
„bis an die Maaß zu machen. Hierauf dürfte man „ um so zuverläßiger rechnen, weil der Feind auf seine
„Posteuplatze jener Gegend ganz gewiß die wenigste „Aufmerksamkeit verwenden, und solche weder hinläng-
lich approvisionniren, noch auch mit starker Garnison „versehen wird, da er im Luxemburgischen nur wenige „Truppen aufgestellt sieht, und überhaupt der Meinung
„ist, daß man, wegen der unglüklichen Ereignisse deS
„ersten Feldzuges, niemals mit einer Armee in diesen „Gegenden wieder vorzurücken wagen würde; welches ..jedoch wirklich keinem Bedenken unterworfen ist.weun
man die Vorrückung bei guter Jahreszeit unternimmt,
L4
i68 „und gute Anstalten wegen der Subsistenz vorbereitet»
„und wäre, wie es der Fall seyn würde, die ganze „Hauptmacht des Feindes jenseits der Maaß, und „vielleicht in einer beträchtlichen Entfernung von diesem
„Flusse, so sehr beschäftigt, daß sie die Möglichkeit, sich
„mit einem Theil loszuwickeln, um die Operationen der „Preussischen Armee zu hindern, wohl schwerlich finden
„dürfte." „ Se. Durch!, der kaiserl. köm'gl. Herr Feldmarschall
,, glauben sogar, daß man sich, ohne Ueberspannung, „einige Hoffnung machen dürfte, dereinst, wenn durch „ glücklichen Erfolg die kombinirten Armeen die Möglich-
keit, ans der letzten Reihe der Festungen in das Innere „des feindlichen Landes vorzubrechen, erlangen sollten,
,,sich mit der königl. Preußischen Armee die Hande zu
„bieten, und alsdann gemeinschaftlich dem Haupt-
punkte Paris zuzueilen." Dieser Operationsplan hatte em großes Ziel im Auge, und. man wird betroffen, denkt man sich den Löwenrachen, wl> der große Friedrich die Französische
Nordgrenze nannte, der die Eugen und Marlborough zermalmte, und den man nach diesem Operationsplane
wie ein zahmes Lamm zu behandeln die Kühnheit hat,
um über kurz oder lang Hand in Hand Paris zuzucilen.
Wahr ist es, die Overationsplane von 1792 und 1704
lassen die kühnen Projekte des Mazedonischen und Nordi«-
schen Alexanders weit hinter sich zurück; aber selbst in der tolldreisten Waghalserei dieser Helden sinden wir doch
einen gewissen Plan, nach welchem sie ihr Riesenprojekt verfolgten, eine gewisse Vorsicht, die freilich nur schwach
durch ihre wilden Anmaßungen durchblikt.
In dem Operatiousplane der Coalition fehlt aber jene feste konsistente Vereinigung aller Interessenten zu
Einem Zwecke-— Einheit und Übereinstimmung gestützt
aufRealitäten und mathematische Gewißheit- In einem militärischen Plane muß man nichts von der Konvenieuz hoffen — moralische Gewißheit ist bei der durchkreuzens
den Politik der Europäischen Machte— Ungewißheit, und in einem Kriege gegen Frankreich sollte man wenigs
steus feiner Kraft versichert sepn, wenn man em so viel bedeutendes Unternehmen wagen will.
Iween Monate vor Eröffnung des so entscheidenden
Feldzuges hofft man noch, und weiß es nutzt gewiß, daß
Preussen noch mit 20200 Mann seine Armee vermehren
würde; ja man gedenkt erst über die zu beobachtende
Defensive am Rhein sich zu besprechen, und hat sich noch nicht unwiderruflich dazu entschlossen, daß eine Operation in die andre eingreifen, und in dem genauesten
Einverständnisse alle Glieder der großen Maschine, unter
Einer Leitung, nach Einem Ziele hinwürkcn! —
Lz
Da der Feind sich an der Nordgrenze stark häufte, und die Verbündeten in den Niederlanden die feindliche Offensive zu erwarten hatten, so war die Idee, den Posten
von Trier zu verstärken, und eine Diversion an der Maaß zu machen, unübertrefflich wahr und gut; die Defensive am Rhein war wohlgewählt, und der Preussischen Armee eine schöne rühmliche Laufbahn vorgezeich-
net: allein nach diesem Operationsplane scheinen die Preussen mir dem Entwürfe noch nicht einverstanden
gewesen zu seyn; man erwartete erst noch ihren Bey-
rritt — es hieng noch von dem Oberkommando ab, welchen Antherl sie nehmen wollten; man war also in der Hauptsache nicht einig, und der unglückliche Erfolg bewiest es nur zu auffallend, wie viel von dem Unglücke der Verbündeten auf die Rechnung dieses unsicher« Plans
und der Uneinigkeit der Heerführer— oder der Politik vielmehr, kommt. Werfen wir dagegen einen Blick auf den Operationsr
plan der Republik, und wir werden Plan, Konsequenz, riefe Verschwiegenheit, Übereinstimmung und dw vollkommenste Einigkeit finden.
< Der Entwurf des Heilsausschusses war gleichgroß
und kühn; aber er liest es auch an den Mitteln nicht fehlen, das große Ziel, trotz aller Schwierigkeiten, zu erreichen, Pichegrü sollte mit der Nordarmee in West«
flandern einfallen, sich der Städte Tournai, Men in und Ppern bemächtigen; Jourdan mit der ArdennenArmee die Sambre forciren, Charleroi nehmen, gegen
Brüssel und an der Maaß gegen Lüttich sich wenden; deyde Armeen sollten sich in dem Herzen von Belgien
vereinigen, die Verbündeten von den vier eroberten Festungen abschneiden, und so ins Herz von Holland eindringen, wahrend alsdann eine Division der Ardennen-
Armee sich an der Maaß festsetzen, die Mosel-Armee Trier wegnehmen, und vereinigt mit derM'dennen-Armee an der Mosel die Operationen zur Vertreibung des Feindes
von dem linken Rheinufer forrsetzen, Mastricht belagern, und endlich mit der verbundnen Rhein-Armee den großen
Entwurf zur Eroberung des linken Rheinufers bewürken werde.
Uebersehen wir diesen Plan, und sein gründlich
berechnetes Detail, die Sicherheit aller getroffenen
Massregeln, die Wahrheit seiner Hülfsmittel: so können wir ihm unsere Bewunderung nicht versagen. Nehmen wir dazu, daß der Heilsausschuß mit unerbittlicher Strenge über die Feldherren wachte, wie nur seine
Vertrauten in das Geheimnis seines Plans eingeweihct waren, mit welcher Zuversicht er auf die Treue der sub-
ordinirten Feldherren rechnen konnte, da nur das all-
mächtige Muß sie zügelte, und Ehre oder Tod ihr
172 Benehmen belohnte; vergessen wir seine Waffenplatze
nicht, den Fanatismus nicht, der in seinen Hundert' tausenden flammte, und n ie werden im Voraus für die Sache der Verbündeten zittern, weil wir kein Verhaltniß in ihren Anstalten zu denen der fürchterlichen Republik
finden; ja — wir werden um so mehr für sie besorgt §eyn, da wir das unruhige Belgien und das ausrührerifiche Holland in ihrem Rücken wissen, sie von Verrathern
umgeben sehen, und das Schicksal dieser Lander, wie ihrer Vercheidiger von einer Schlacht abhängig berechnen dürfen.
-7Z
Kap. VH. Kurze Üebersicht der Kriegsvorfälle bis Zur Eröffnung dss Feldzugs. Feindliche Deraschirungen zur Nord- und Ardennen - Armee. Deraschirungen der Verbündeten
zur iniederländischen Armee. Stellung der Rhein-
und Mosel-Armee. Stellung der Verbündeten. Vorrückung eines Preussischen Korps! auf den Hunds-
rücken. Abmarsch der Preussen bis auf 20220 Mann
Kontingent. Bleiben stehen. Verschanzungen Ley Montroyal und Trarbach« Feindlicher Anschlag auf Trier. Die Franzosen besetzen den Hammelsberg. Affaire bei Perl. Bauernkrieg auf dem Hundsrücken.
Franzosen erobern Arlon — erstes und zweites Gefecht.
Angriff auf die Stellung von Merzkirchen. Wiedereroberung von Arlon durch Beaulieu. Vertreibung des Feindes aus der Gegend von Trier. Eröffnung des Feldzugs in den Niederlanden, im Bezug auf den
Krieg am Rhein und der Mosel.
Won Worrsss bis Ostende genoßen die verbündeten Truppenkorps die so nothwendige Winterruhe, um sich
von einem schrecklichen Feldzuge zu erholen, und zu einem noch schrecklichem sich gefaßt zu machen. Der scheußliche Krieg, der nur immer auf Tod und Verderben
sinnt, arbeitete nun im Stillen an seinem menschenverderblichen Plaue, und da er des Mords und Elends
-74 nie satt werden kann, verbreitete er in den Lazarethen nnd unter den Bewohnern des Kriegsschauplatzes seine
Schrecken, während dem Freund und Feind die Stunden
der Ruhe eifersüchtig zählten, und, müde des abscheuiichen Würgekrieges, den goldncn Frieden herbeiseufzten.
Eine verheerende Seuche raffte die Franzosen zu Tausen-
den hinweg, und in den Preussischen und Kaiserlichen Lazarethen schmachteten Tausende an den Folgen jenes leidenvollen Feldzuges, und starben reissend dahin.
Die Koburgische Armee hatte weniger mit diesen Uebeln zu kämpfen, wiewohl sie den Feldzug um sieben
Wochen früher, als die Armeen am Rhein, eröffnete, aber auch um 2 Monate eher Ruhe genoß. Desto früher
begangen nun auch wieder die Feindseligkeiten an der
Nordgrenze, und am Ober- und Mittelrhein waren sie von weniger Bedeutung. Ueberfälle, Rekognoscirungen und Postengefechte
trugen sich fast täglich bei Orchies in der Gegend von
B 0 uchain und Maubeugezu, wobey man sich von
beiden Seiten nutzlos Schaden zufügte. In Weststandcrn verbrannte man sich einander Dörfer und
Maicrhöfe nach alter Sitte; bei Pope ring en und Fürnes war der Feind am unruhigsten; auch verrieth er immer mehr seinen Plan gegen Westflandern, wo sich seine Truppen am zahlreichsten sammelten.
175
Man hatte zwar das Clairfaitsche Korps bei Lournai verstärkt, nichts destoweniger griffen die Franzosen den 12ten März die Verbündeten bei WerwicL
und den 2ysten bei.Chateau Cambresis an, bei welchem
letztem sie aber mit einem Verluste von 1000 Mann und 4 Kanonen sich zurückziehen mußten. So ereigne-
ten sich auch ähnliche blutige Auftritte an der Sambre und der Maaß, auch machten die Feinde öftere Ausfälle
aus Givet und Sedan, wobei von beiden Seiten immer einige Mann blieben.
Bei Trier machte der Feind blos Bewegungen, und auf der Preussischen Vorposten-Chaine gab es öfters Ueberfalle, um den Feind vom Plündern zu ver-
treiben, wobei sich der Generalmajor von Dehrmann und der Obrist von Blücher vorzüglich auszeichneten, dem
Feinde vielen Abbruch thaten, und unter andern der
Obrist von Blücher in Morschheim ein feindliches Bataillon überfiel, größteutheils zusammenhieb, versprengte, und viele Gefangene machte. Bei Mannheim und in der Gegend von Frankenthal,
Oggersheim und Dürkheim fielen fast täglich Gefechte
vor, wobei die Franzosen sich oft an Kühnheit auszeichneten, und nicht selten den Verbündeten Abvruch thaten.
Eine Hauptbeschäftigung der Republikaner wahrend den eingestellten Feindseligkeiten war aber hauptsächlich,
ihre besten Truppen, vorzüglich Kavallerie, nach der Nord- und Ardennenarmee zu detaschiren. Schon unterm
28sten Jänner wurden die gelehnten Divisionen zum Entsatz der Festung Landau wieder abgegeben; da aber
die Rhein-Armee gänzlich auf die Defensive gesetzt wurde, so zogen die Repräsentanten fast alle^ Truppen,
bis auf einige Korps, zu der Nord-Armee. Um den feindlichen Anstalten gleichkräftig widerstehen zn'können, so wurden demnach auch die beßten
Regimenter von der Kaiserlichen Rheinarmee nebst der Ersatz- und der Zur Verstärkung aus dem Innern gezvg-
rlen Rekrutirungs-Mannschaft zu der Koburgischen Armee detaschirt.
Da sich der Feind nun am Oberrhein geschwächt
hatte, so errichteten die Franzosen zwischen Speier und Neustadt eine fürchterliche Defensive, um an der Spcierbach die zur Verstärkung aus dein Innern abgeschickle Mannschaft abzuwarren. Ihre Vorposten poussieren sich bis gegen Mannheim, und zwischen Wachen-
heim und Dürkheim, in welcher Stellung sie auch viele
Redouten anleqten, und die alten wieder herstellten< Daber harren sie aber auch den wichtigen Hauprpaß zu
dem Vogesischen Gebürge, Lautern— nicht vergessen;
-77 dort, und Hey Morlautern warfen sie die fürchterlichsten
Verschanzungen auf, in welcher eine Abtheilung der Rhein-Armee unter dem General Ambert kantonnirte.
In dieser Stellung dehnte sich die Rhein r Armee
unter Michaud bis gegen St. Wendel hin, wo die Mosel- Armee unter Jourdan sich snschloß und sich längs
den Ufern der Maaß bis gegen Givet erstrekte. Dieser furchtbaren Truppenkette, welche Elsaß und
Lothringen deckte, gegenüber ftand auf dem rechten
Rheinufer von Bafel bis Mannheim das Condeischs Korps, die Kaiser!. Rhein-Armee und die Pfälzer unter
dem Oberbefehl des Kaiser!. König!. Feldmarschalls
Browne; sie bewachte das rechte Rheinnfer, hatte
Philippsburg und Mannheim besetzt, und auf dem linken Rheinufer die Preussische Armee und die Sachsen in der Position von Oppenheim, welche Mainz
besetzt hatte, und ein Korps von Zooo Mann unter dem General Köhler auf dem Hundsrücken verrücken ließ, um die Kommunikation mit dem wichtigen Posten
von Trier zu erhalten. Möllendorf, der Stolz der Preussischen Armee, kommandirte sie en Chef, und man hoffte alles von diesem so gründlichen als unternehmen-
den Krieger.
Allein bald sanken die Hoffnungen der bedrängten Deutschen — und tiefer konnten sie nur bey der Preussi-
Aweiler Theil. M
-
scheu Retkrade vom roste« Oktober sinke«, da dek -» nothwendig, die Eröffnung des Feldzuges und die Lage der Begebenheiten in den Niederlanden zn nberseben, uno
jrn Bezug auf den Krieg an dem Rhein und 1)er Mosel zu würdigen. 2genu einstens spaterer Zeit ein Plutarch in dieser
Periode Deutschlands sich nach der kleinen Zahl groß-
denkender und verdienter Manner um das Vaterland umsteht, so wird er mit Entzücken einen Kaiser darunter
finden, der neben Maximilian und Joseph II. gestellt zu werden verdient, — Und hatte FranzII. nichts Großes in seinem Leben, das seinen Namen verherrlichte, so ist dem Philosophen
und der Geschichte genug gesagt, wenn man ihn an der
Spitze seiner Armee als Held, in Brüssel als klugen Staatsmann, auf dem Schlachtfelde als Mensch, in seinen Anstrengungen gegen einen fürchterlichen Feind
als Patriot, und bedroht von Emissarieu ynd Verrathem als großen Menschen dem Urtheilc der uneingenommenen
Welt übergiebt. Der Kaiser bietet allen feinen Kräften
auf, um Belgien und die Sache, des Vaterlandes zu. vertheidigcn. Er erscheint in Brüssel, nm durch Urbanität
ein bethörtes, unruhiges Volk zu gewinnen, seinen beleidigten Stolz durch Pracht zu lüzzsln, und anf eine gerade und biedere Art ihn: seine Verthe'r.digunK un'-
Rettung wichtig zu machen.
M4
r84 Der Kaiser unterstützt denPreussischen Verpsiegsantrag
bei dem Reichstage, organisirt eine Reichsarmee, und eilt unn muthig dahin, wo die Gefahr am größten war. Daß der Operationsplan ihn auf der kühnen Linie an der
Oise über Gnise und Noyon, in dem Augenblick nach Paris sollte führen, wo der Feind mit seinen Hundert"
tausenden nichts geringeres und ausführbareres im Schilde führte, als die Verbündeten zu umwickeln, und
wie jenes gräßliche Schlangenpaar von Tenedos * die Macht der Verbündeten zu zerdrücken — vermochte der
Kaiser nicht; das Projekt war groß und kühn, angenehme Erwartungen schmeichelten das Gefährliche Hurweg , und man hoffte noch alles von einem großen Haupt-
schlag. Mit diesem Hauptschlage eröffnete denn auch die Koburgische Armee den Feldzug in den Niederlanden.
Auf den i7ten mit Tagesanbruch rückte die ganze Armee in 8 Kolonnen vorwärts, und griff die feindliche
Stellung von Bouchainbis Guise an. An dem Sellesiuß bei Montay und Forets hatten sich sämmtliche Verbündete in drei Hauptkorps getheilt, welche Prinz
Koburg , der Herzog von Yorck und der Erbprinz von Dramen anführten.
Eine Kolonne forcirtc zwischen Ors und Catillon die Sambre, die zweite drang auf Femy und Oisy, die dritte Laokoons Echicklat rn der IliiHe.
r85 auf die Anhöhen bei Grandplans, die vierte gegen Vou-
chain, die fünfte gegen Preumonr, die sechste nach Crevecoeur, die siebente gegen Cambrai, und die achte
bis Naves vor; der Feind hatte seine Stellung auf das fürchterlichste verschanzt, und war überall stark und
tapfer. So tapfer er aber auch war, so wurde er doch von dem Ungestümm der tapfern Verbündeten überall
geworfen, und ihm ZO Kanonen i Fahne und viele Gefangene abgenommen. Landrecy wurde sogleich blo-
kirt, und man konnte auf den Fall dieser Veste um so eher rechnen, da es nur eine Festung der zweiten. Linie rst.
Pichegrü wußte das gefährliche Wagestück der Verbündeten in seinem ganzen Detail zu berechnen, und rückte
rmverweilt gegen Weststandern vor. 'Vandamme bemächtigte sich der Stadt Fmnes, und auf den 2öten
April rückten die Franzosen in Cortrik ein, nachdem sie den General Wallmoden aus der Stellung von Mou-
ckon vertrieben hatten. Pichegrä sammelte sich zum Entsatz der Festung Landreci, um die Hauptmacht der Verbündeten auf sich zu lenken, während aber die Ar»
dcnnenarmee ihre Absicht aufEharleroi, und Vandanr-
me auf Ipern, mit dem größten Nachdruck ins Werk zu setzen, vorck.hm befehligt waren.
Werfen wir einen scharfen Blick auf die Anlage dieses Feldzugs, so können wir seinen unglücklichen
MZ
i86 Ausgang vorher sagen. L-ndreev fällt; das bek'nnr wert die Franzosen nicht; getreu ihrem Plan dringen neue Schämen qn die Schelde und Sambre — und so
war nach ihrem Plane der Marsch nach Paris nicht nur g'hemmt, den Verlust der Niederlanden für die Kaiserlichen konnte man auch noch um so leichter berech-
nen, da sic in den Festungen der zweiten Lime beschäf-
tigt waren, während die Franzosen mit ihrer Haupte macht die Flandrischen Festungen, und die Magazine
der Verbündeten bedroheten, und zwar ohne Gefahr abgeschmtteu zu werden, indem Festungen ihre Opera-
tionen deckten, und im äussersten Fall? ihr? Retirade sicheren. Nach dieser übelgerichteten nnd fehkgeschlagenen Of-
fensive an der Nvrdgran.ze Frankreichs, wurde die ernstlichste Offensive an dem Rhein und der Mosel um so nothwendiger, da die Verbündeten in den Niederlan-
den auf die Defensive zurückgeworfen waren , und der
Feind mit Raserey die Posten von Ipern und Eharleroi
angriff. Es war nöthig, durch eine nachdrückliche Diversion die Armeen in den Niederlanden zu erleichtern, und dem Feinde Besorgnisse über einige seiner weniger
gedeckten Vesten ag der Lothringisch- und Elsässischen GränZe zu erregen. --
Kap. VM. Gefechte bei Frankenthal und Eppstein. Allgemeine Vorrückung .der preussischen Truppen an die Prüm. Gefecht bei Merzig. Lager dec k. k. und Reichsarmee bei Schweztngen. Fortdauernde feindliche Einfälle in die Gegenden von Frankenthal. Nheinübergang eines Trup-
penkorps unter dem F. Z. M. Fürst Hohenlohe bei
Mannheim. Treffen bei Lautern und allgemeiner Angriff vom Rhein bis ans Gebürge. Affairebei Kirrweiler. Gänzlicher Rückzug des Feindes hinter die Biles?
Saar und Queich.
Abährend sich die verschiedenen Armeen der Verbün-
deten an der Sambre und Schelde jeden Tag in den blutigsten Gefechten mit der feindlichen Uebermacht herumschlugen, lagen die verschiedenen Truppenkorps
an dem Oberrhein äusser dem Kvhlerischen auf dem Hundsrücken, in den ruhigsten Winterquartieren, und auf dem Reichstage zu Regcnspurg eiferte man gegen
die morosen Stande, und drang auf die Stellung des
Lriplums in Natura. Der kleine Krieg dauerte den ganzen Winter über, nur wurde er mit dem Ausgange des MonatS April blutiger, ernsthafter und für den unglücklichen Rhein-
bewohner täglich auffallender, da er steh in dem Angesichts
seiner 72002 Manu Preußen, Sachsen, Destreicher, und Hessen, von kleinen feindlichen Korps mußte un-gerächt mißhande! nund plündern sehen-
.Der Feind trieb seine mmhwitlige Neckereien bis uns
ter die Kanonen der Rheinschatize — der Landman?,
griff zu den Waffen, um sein Eigcnthum zu vertheidiger:. Dafür straften ihn nun die Marodeurs nm dests
eurpfiudlicherz Verzweiflung und Unmuth hatten sich aller Bewohner des Gaues nud der Gebnrge bemächtigt,
und es lchwu als wolle der Dag der Erlösung für diese unglückliche Menschen nie kommen«.
Da die Verbündeten trotz aller widrigen Nachrichten
aus Belgien in der fortdauernden Defensive blieben, und der Feind immer mehr Zeit gewann sich zu verstär-
ken, so zweifelte man mit Recht, daß Deutschland in diesem Feldzuge eine solide Vertheidigung gewinnen dürfe, da der Feind noch immer ausserhalb seiner Gren-
zen den Krieg führte«
Die Republikaner wurden täglich dreister, und in ihren Einfällen in die Gegenden zwischen der Prümm
und der Rchbach kühner. Die Preussen patroullirten
zwar jene Distrikte, aber der Feind streifte Corpöwcffe in deusilbcn, um zu fvuragiren.
Frankenthal, Lambsheim und Friesenheim, haben
r89 dabey viel gelitten, bey ersterer Stadt ereigneten sich über die heftigsten Gefechte.
Der Feind rückte unter andern auf den ersten May, in zwei Kolonnen von Schifferstadt und Durckheim vor.
Eine Kolonne von 2 Bat. Infanterie, 1200 Mann Kavallerie und einer beträchtlichen Artillerie kam über Mutterstadt, und marschirte in 2 Abheilungen gegen
Lambsheim und Frankenthal. Die zweite Kolonne, drang von Herrheim bis Grünstadt vor. -
Das in Frankenthal gestandene Husarenpiquct ver-
langte um sich zu halten, daß man die'Thore schliessen mochte: worauf die Franzosen die Stadtthors mit Kanonen öffneten, und gegen Bobernheim vordrangen.
Die Stadt wurde hierauf gebrandschatzt, fouragirt,
zum Theil geplündert, Geißeln fvrtgeschleppt, und bei dieser Gelegenheit in die schrecklichste Lage versetzt.
Die französische Kavallerie drang beherzt vor, fand,
aber bei Bobernheim an dem General Wolfrath einen
kräftigen Widerstand. General Wolfrath hatte das Bataillon Renouard, und zoo Mann seines Regiments
gesammelt, womit er aufden Feind eindrang, uni? denselben mit einem beträchtlichen Verlust an Tvdtem Verwundeten und Gefangenen Zurücktrieb, worauf der
Feind Frankenthal wieder raumen mußte. — Mir gleicher Tapferkeit wurden die Republikaner bei Grünstadt -
LSS empfangen; allein sie blieben standhaft und wichen
nicht eher, als bis der Obrist Blücher mit seinen Husaren auf den Feind einhieb, und mit seiner kleinen
über tapfern Anzahl Truppen das Feld erhielte. Da man aber den Feind nicht weiter verfolgte, und die VvrpostenchanW Noch nicht weiter vorpoussirt werden
konnte, so wiederholte derselbe feine Einfalle nach wie
vor, und so dauerten diese Räubereien und die damit
verknüpften Kanonaden und Gefechten fort, bis der Zeitpunkt einer nachdrücklichen Offensive heran genahet
wat. Dieser glückliche Zeitpunkt rückte denn auch immer
naher; man sähe es aus allen Bewegungen und Anstal-
ten der Verbündeten, daß der Antheil, den sie an dem Feldzuge nehmen sollten , wenigstens mir lobenswärdi-
ger Bebachtfanckeit und enschitdenem Nachdruck, ins Werk gefetzt werden solle.
Feldmarfchall Möllcndorf wenn ihm auch das Schicksal kein größeres Verdienst zur Rettung Deutschlandes gestatten wollte — Hütte um desto mehr für den
Krieger gearbeitet. Und gewiß wird sein Name als Feldherr dem Sachkundigen unvergeßlich bleiben.
Es wäre ein Verbrechen gegen das Verdienst und den
Ruhm des Preußischen Heereo, und ihres genievollen Oberfeidherrn, wenn der Beobachter dieser wichtigen
Kriegsvorfalle,sie nicht in ihrem ganzen Umfang würdigen
würde, um den künftigen Geschichtschreiber in den Staus
zu setzen, nach dein strengeren Detail den Ruhm des Preußischen Kriegs Heers um so wärmer der Nachwelt
anzupreiscn, da dieses Heer durch seine Operationen wahrhaft Bewunderung verdient. Ein tiefes Schweigen lag über Möllendorfs Absichten
und dreß führte den Feind irre, Laß er nicht wucht, ob sich der Hauprangriffgegen Saarlouis oder Landau wenden dürfte.
Die allgemeine Vorrückung der Preußischen Armee
erfolgte endlich gegen die Mitte des Monats May. Das Hohen! o h i sch e Corps verließ die Osthvfer und
Oppenheimer Poften und bezog an der Prümm bei Pfeddersheim ein Lager. Die Hauptarmee gieng bis Alzei vor und eantonnirke, so wie das K alkrenth sch e
Corps in und bei Lichtenberg und Kussel — das Nüchel sch e Corps in und bei Kirchheim-Bvlanden, daö
Kleistis ch e Corps bei Alzei, das K ö h l e r i sch e bei Wadern auf dem Hunöörücken, und das RoMder Kusche bei Meissenheim.
Da der Feldmarschall von Möllendbrf den Feldzug mir einer eurs heidcndeu Aktion eröffnen wollte, und den
Feind aus seinen mächtigen Verschanzungen bei Laurern bis in seine Grenzen zu verjagen gedachte, so wurde dies
IY2 ser Plan unvermerkt angelegt, und die Bewegung der verschiedenen Corps so kunstvoll undverhältnißmäsig nach
den Punkten hmgelenkt, daß es nur auf das allmächti-
ge Marsch ankam, um ohne Widerspruch den Feind zu schlagen.
Das Kalkreutbsche Corps hatte seine Bewegungen auf dem Hundsrücken so einzuleuken, daß der Feind über den eigentlichen Angriff sollte getäuscht wer-
den. Seine eigentliche Theilnahme an dem großen Nur
rernehmen sollte eä hieranf in zwei Kolonnen bewerk-
stelligen, welche auf der nach Homburg führenden
Straße, und von Kussel über Rehweiler gegen Kaiserslautern und zwischen Weilerbach und Ramstein an den Reichswald vorrücken sollten.
Das Rombcrgische Corps hatte sich im Bezug auf die Bestimmung des Kalkreuthschen zu bewegen, und
sich in dem Walde bei Schellotenbach zu postiren, und die Nacht über verdeckt und stille zu halten.
Von der Hauvtarmee mußte sich die Abtheilung unter dem General von Kleist hinter das Rucheksche Corps an der Hardterhütte setzen, und die Abtheilung
unter dem General der Infanterie von Knobelsdorf
marschirte auf der Straße von Winnweiler aus den Kantonnirungsquartieren von Kirchheim, und sollte in dem waldigten Terrain bei Alsebrück u,nd Winnweiler, eine
verdeckte Stellung nehmen, und die Nacht über dis tiefste Stille beobachten. General Rüchel sollte den 22ten aufden Schelmen-
köpfen sich fetzen, und auf der von Hochspeier nach
Kaisern üteru führenden Straße fortmarfchiren, um
auf dem Tage des allgemeinen Angriffs, wenn der Feind sich zuräckziehen müßte, bei der Papiermühle die
Lauter zupafnren, und aufder Straße von Lantern nach Trippüadt t em Feinde Abbruch zu rhun,oder ihn vielleicht
gar abzuschneiden. Der Erbprinz von Hohenlohe hatte diesen Anschlag auf die feindliche Stellung bei Lautern nicht nur zu unterstützen, sondern auch bem Aeinde gegen Neüsiadt eine so nachdrückliche De-
monstration zu machen, daß der Feind diese Stadt zrt verlassen genöthigt wmde. Der Erbprinz bezog deshalb
bet Dirmstein ein Lagir; der Obrist von Blücher zog sich mit 2 Grenadierbataillons/ Z Compagnien Jager, einem Füsselierbataillon und 5 Escadrons seiner Husaren bei Leiningeu zusammen: seine Bestimmung gieüg dahin,
auf den coupirten Wegen von Neuleiningen nach Kai-
serslautern bis ans den eine Stunde von Alseborn gelegenen Kohlenberg vorzugehen, und sich in dem dortigen Buschwerk festzusetzen, ferner von dem Schorle-
berge gegen die Kaiserslauterer Strüße vorzurücken/ nm die Communication zwischen Neustadt abzuschneidm-
Zweiter ThM N
-94 Von Dirmstein aus rückte der Erbprinz gleichzeitlich mit dem Gros seines Corps an die Fuchsbach vor;
dort sollte er den Posten von Ungstein nehmen, und
sein Lager beziehen. — Die übrigen Truppenabtheilungen hatten sich an dem Tage des allgemeinenAngriffs
erst auf den angewiesenen Punkten zu formircn.
Man nehme die Charte m die Hand — und bewundere. 2 Wjp erblicken die Armee in dieser fürchterlichen
Disposition— ehe wir aber den Ausgang ihrer drohenden Anstalten naher würdigen, zieht uns noch der Feind
mit seinen Bewegungen an der Saar an sich; als wollte er den drohenden Donner ableiten, oder als fürchtete er für die Ufer der Saar, so erscheinen uns seine'Bewegungen, die den Posten von Trier abermals bcdroheten, und die Beschleunigung der deutschen .Offensive aufforderten.
Auf den 6ten May. rückte er nemlich mit einem beträchtlichen Corps gegen Merzig, und beschoß dieses
Dorf aus 12 Kanonen. Unter der Protektion dieses Kanonenfeuers stürmte er die Merziger Verschanzungen/
welche nur mir 4 Kanonen und einem Bataillon des k. k. Regiments Bender, unter dem Obristlieuteuant * Das Detail für den gelehrten Krieger findet man in dem Magazin der n. Kr. Begebenheiten, -rer Band,
E- 7- -- -6,
I9Z Lufflgnan vertheidigt wurden; zu gleicher Zeit trach-
tete der Feind die Besatzung im Rücken zu nehmen.
Der Feind bewies viel Standhaftigkeit, da er bis Abends in dem Gefechte engagirt blieb, und erst in
der Nacht das Schlachtfeld räumte. Aber um desto preißwürdiger war der Heldenmuth des kleinen Corps der Oestreicher, welches den Feind überall zurückschlug,
vnd ihm sein Unternehmen durch einen nahmhaften
Verlust vergällte. Trotz dieses mißlungenen Angriffs
gab der Feind seinen Plan nicht auf — er sammelte sich bald darauf vor Merzkirchen, und man hatte noch
immer für den Posten von Trier alles zu befürchten. Allein durch die Anstalten der preußischen Armee schon
bedrohet, konnte man nun um desto sicherer alles für denselben hoffen, da auch auf dem rechten Rheinufer
die k. k. und Reichsarmee sich in Bewegung setztenum an dem großen Entwürfe der Preußischen Armee
Theil zu nehmen. In dem Lager bey Schwetzingen sammelten sich Oestreicher und Reickstruppen, über
welche der brave Krieger der F. I. M.- Fürst von Hohenlohe, den Oberbefehl erhielt.
Dieses Truppenkorps hatte die Bestimmung den
Rhein zu passiren, den festen Posten bey Oppau unweit Oggersheim zu nehmen, und eine nachdrücks liche Rekognoscirung gegen die Rehbach zu machen;
N2
iy6 theils um die Aufmerksamkeit des Feindes zu si'riren,
wenn der Angriff bey Lautern erfolgte, theils auch im Fall eines glücklichen Ausgangs der projektirtcn allge-
meinen Vorrückung, den Feind zurückzudrängen und
Speyer zu erobern.
Auf den 2 2ten passirte demnach das in 12 Bataillons Infanterie und 22 Schwadrons Kavallerie bestandene Korps Oestrcicher unter den Befehlen des Fürsten
von Hohenlohe bey Mannheim den Rhein, und fetzte
sich mir dem linken Flügel an die Rheinfchanze, mit dem rechten lehnte es sich auf das Dorf Ruchheim.
Die Republikaner hatten die Rehbach stark verschanzt, an vielen Orten überschwemmt, und jeden
Uebergang äusserst erschwert. Ihre ganze Position über Frankenstein hin war durchgängig durch Verhaue
und abgegrabcne Wege unzugänglich. Vorzüglich aber hatten sie durch ihre Arbeiten bey Lautern bewie-
sen, wie sehr sie diesen wichtigen Posten zu schätzen
wüßten. Ihre Ingenieure benutzten frühe schon das coupirte und waldigte Terrain, und die sich durchkreu-
zende Thäler und Hohlwege, so daß General Ambert mit seinen 1200O Mann eine zwiefach stärkere Armee
abzuhalten im Stande war. Allein ein so gründliches und durchdachtes Manövre zu bestreiten, war ein zu
starkes und schwürigeö Problem für den Feind. Auf
den 2Zten May marschirten demnach jämmtliche Kolonnen der Preußischen Armee nach der entworfenen
Disposition gegen den Feind. Der General Graf Kalkreuth griff des Feindes linken Flügel an, wahrend
die Generäle von Schmettau und Bittiughof gegen Saarlouis und Homburg demoustrirten, wobei
dem Feinde viel Nachtheil zugefügt, und mehrere Kanonen abgenommen wurden. Da die Kolonnen der Hauptarmee zur bestimmten Zeit eintrafen, so vertrieb
man den Feind bald aus seiner ersten Position an der
Otterbach, indem die Knobelsdorfische Kolonne den Angriff in der Fronre durch einen nachdrücklichen Angriff
in des Feindes rechte Flanke unterstützte. General Rüchel, der indeß auf der Chaussee von Hochspeyer
nach Lautern vordrang, und General Romberg, der auf dem von Vogelweh nach Lautern führenden Wege
anrückte, bewirkten nun schnell des Feindes Rückzug
aus der zweyten Position des Kaiserberges, worauf
sich der Feind in seine dritte nach der, Galgenre-
doute und dem Lämmchens berg zurückwarf.
Hier war alles vereinigt — Kunst und Natur im schrecklichsten Aufgebot; Kaiserslautern und die Lauter
lagen vor dieser seiner Position; beide obige Posten
waren auf das fürchterlichste verschanzt, die Wege verhauen, und mit vielem Geschütze ausgerüstet. --
Nz
ry8 Der Feind war überall rasch zurückgedrangt, aber nm desto standhafter hielt er sich in seiner letzten Position.
Trotzend auf seine Unzugänglichkeit donnerte er mit
feiner Artillerie auf die Preussen, und blieb aller Manövres ungeachtet unerschütterlich in seiner Stel-
lung. Der tapfere General v. Rüchel marschierte aber
nun in des Feindes rechter Flanke auf Die Nombergische Kolonne zeigte sich in der linken: Rüchel ließ Mit dem Bajonette angreifen, 6 Kanonenschüsse gaben
das Signal, der Verhau wurde weggeräumt, die Infanterie stürmte, und die Kavallerie hieb in den flüchtigen Feind ein. Dieß hatte entschieden. Der Feind verließ die Galgenredoute und den Lammchens-
berg; -flüchtig stürzte er sich auf der Straße nach
Pirmasens hin, die Kavallerie verfolgte ihn -- die Infanterie passirte bei der Oclmühle die Lauter, alles rückte vor und der Feind war geschlagen.
Da der Generalmajor v. Blücher mit gleicher Raschheit wie der genievolle Rüchel hier den Feind drängte,
so war derselbe um seinen Rückzug nicht wenig ver-
legen; der General v. Blücher hatte sich bei Frankenstein und auf den Höhen von Weidenthal festgesetzt,
dadurch war dem Feinde der Rückzug nach Lautern abgefchnitten; der General v. Kleist hatte den Posten von Trippstadt geschlagen und erobert, und so war ihm
§99 auch dieser Ausweg versperrt: der Feind mußte also dse
Pirmasenser Straße wählen, wo ihn aber dennoch die
Kavallerie vom Kalkrcuthischen Korps erreichte, und chrn nächst einer beträchtlichen Niederlage, noch einen
großen Verlust an Bagage und Geschütz zufügte.
Der Feind ließ 2002 Mann auf dem Platze; den Siegern fielen 2 Obristen, 65 Offiziers, 20zZ Unteroffiziers und Gemeine in die Hände; erbeutet wurden
15 Kanonen, 2 Haubitzen, iv Fahnen, zi Munir lionSwagen, 6o Bagagewagen, Z Feldschmieden, 2
Rädcrwagen und viele Pferde. Sämtliche Korps der Preußischen Armee zahlten an Tobten und Verwunderen
iz Offiziers, iy Unteroffiziers, zvz Gemeine, und an Vermißten 24 Mann. — Die Preußische Armee hatte demnach einen großen
rühmlichen Sieg erfochten, der — wenn er in seinen gehabten Folgen hätte benutzt werden können, den ganzen Operationsplsn des Feindes würde verändert
haben; da der Feind alle feste Stellungen des Vogesischen Geöürges in der ersten Verwirrung verließ , und sich erst nn der Saar wieder sammelte.
Weniger glücklich aber waren die Verbündeten an
der Rehbach und der Deidesheimer Bach. Hier war der Feind standhafter, heldenmüthiger und uuerschrok-
keuer, da die bravourvollen Republikaner Defsaiv
N4
L0Q
und Ci fee - von Neustadt bis Schifferstadt kommam dirten.
Das Erbprinz Hohenlohische Korps marschierte in mehreren Kolonnen über Wachenheim und Dürkheim, welche beide Posten geworfen, und der erstere mit dem
Bajonette erobert wurde. Die Preussen forcirten die avanzirte Posten, warfen überall den Feind und machten
viele Gefangene. Aber als sie gegen Deidesheim und Niederkirchen kamen, da wurden sie des Feindes eigent-
liche Hauptposition, und seine große Verschanzungen
auf dem Ruppertsberge und bey Moßbach ansichtig. Die Deidesheimer Vach stoß vor dieser Stellung, welche durchaus mir vielem schwerem Geschütze garnirt war.
* Dieser wackere General war durch die Wucherische Stellung auf den Höhen von Weidenthal, von Lautern abgeschnitten; er hatte Frankenstein tapfer vertheidigt,
und nun wollte er sich durchschlagen. Seine Dispo-
sition ehrt se n kühnes Unternehmen. Blücher forderte
ihn auf, sich L» ergeben, allein diese Aufforderung erwiederre er mit einer Generals« ve. Cisee schlug sich glücklich durch, allein er verlohr viel Leute und seine 2 Kanonen. Die Bravour, womit er und seine Leute fochten, verdienen so viel Bewunderung, als
die tapfern Preussen unter Blücher, welche nur durch Standhaftigkeit und Unerschrockenheit sich gegen den Feind in ihren Posten erhalten konnten.
20!
Der Feind versieht Berge zu verteidigen, seine Artillerie wird lebhaft und gut bedient, seine Manor
vres werden schlau und wohl dirigirt; in diesem Vewußtseyn ließ er daher seinen Feind gegen sich aüfr
marschiren, und wich keinen Schritt breit. Beide Theile kanonirten sich hierauf — die Preussen
wucherten mit ihrer Taktik, und wußten nicht wenig
die Republikaner zu beeinträchtigen. Allein es war alles fruchtlos; der Feind behauptete seine Position,
und es blieb bei der Kanonade. Der Erbprinz von Hohenlohe würde zwar in feilten Angriffen noch ernsthafter und unternehmender gewesen seyn; aber er mußte
darüber wachen, daß ex mit dem Kaiserlichen Korps die
Verbindung erhielte, und da der Feind an der Rehbach
sich noch fürchterlicher verteidigte, so war er endlich genöthigt, zur Sicherstellung seiner linken Flanke den
Ausgang des Angriffs an der Rehbach abzuwarten,
und da dieser, wie wir gleich hören werden, nichts weniger als glücklich ablief, sich endlich nach Ungstein
zurückzuziehen. Mit Tages Anbruch marschirte der Fürst von Hohenlohe aus seiner Stellung am Rhein in drey Kolonnen nach Maudach, Mutterstadt und Rhein-
gehnheim, und ließ auf die Nachricht, daß der Erbprinz von Hohenlohe die Republikaner von Deidesheim,
Forst und Wachenheim vertrieben habe, die zwey wich§
N5
2O2 trge Posten an der Rehbach, die Rehhütte und Schisser-
stadt angreifen, um daselbst die Nehhütte zu passiren.
Aber hier fanden die braven Oestreichcr bemahe alles
unzugänglich -— der Feind hatte die Rehbach ange-
schwellt, überall war Sumpf und Untiefe — jedes Dorf verschanzt, und mit breiten Intervallen und einer
unersteiglichen Verpallisadirung gedeckt« Der Feind
kannte die Festigkeit seiner Stellung in der Fronte, darum hatte er in seine Batterien schweres Geschütz placirt.
Ob es dem Führer an Terrainkenntniß mangelte
gnug, der Angriff apf die Rehhütte und auf Schifferstadt geschähe in der Fronte, und konnte daher auch
nicht anders als blutig für die Oestreichcr ablaufen.
Aber diese Truppen kennen ja weder Tod noch
Gefahr, wenn Ehre und Dienstpflicht es befehlen; Graf Erbach erstürmte unter dem gräßlichsten Kartätfchenfeuer die Rehhütte, die Oestreichcr rückten gegen
Mutterstadt vor, aber hier wurden sie von verdeckten Batterien angefallen, und auf das schrecklichste zurück-
gedrängt. Vergebens wagte die Infanterie alles — vergebens wüthcten die braven Husaren des Regiments
Vecsay, der Feind wich nicht — überall war e» unzugänglich, schrecklich riß sein Kartätschenfeuer in
die Glieder der Infanterie ein, und das Husarenre, giment verlohr viel Menschen und Pferde,
Hetze und Erbach rhaten, was brave Krieger thun
.— Messaros wurde verwundet; — aber man würde nur nutzlos Menschen aufgeopfert haben, da der Feind
doch ohnehin wegen der glücklichen Vorrückung der Preußischen Armee seine Stellung nicht länger behaup-
ten konnte; der Fürst von Hohenlohe gab daher Befehl
zum Rückzüge, und rückte in sein voriges Lager bei Mundenheim, Maudach und Scham um wieder ein, Die Oestreicher hatten an diesem Tage viel Menschen
verloren; aber sie mußten auch mit Schwierigkeiten
kämpfen, deren Kampf — auch wenn ihn nicht das Glück krönt, doch Ruhm und Ehre verdient. -— Der Feind hatte auf dem rechten Flügel zwar siegZ
reich jeden Angriff abgeschlagen — aber um desto mehr war sein rechter Flüge! geschlagen, und beinahe
aufgerieben. Es blieb ihm daher trotz, seiner Bravour
kein anderer Ausweg übrig, als die Stellung an der Rehbach und Deidesheimer Bach zu verlassen, ja —« sich selbst von der Speierbach hinter die damals noch nicht vollendeten Linien an der Queich zurückzuziehen -
da sein Rücken durch die Stellung der Preussen bei Lautern nicht mehr sicher war. Das Erbprinz Hohenlohische Corps rückte daher gegen Neustadt vor, und
224 besetzte diese Stadt. — Der Fürst von Hohenlohe zog
zu gleicher Zeit in Speier ein, besetzte diese Stadt, und bezog in der dortigen Gegend ein Lager, welches
noch täglich aus dem von Schwetzingen verstärkt wurde?
Der Augenblick dieser allgemeinen Errettung und Erlösung vom Feinde wurde von den dortigen Bewoh-
nern mit lauten Segnungen gepriesen. Der Zustand dieser Gegenden war der kläglichste; von Wein und Vieh war ein großer Theil in das Elsaß gebracht wor-
den; — da war keine Uhr und keine Glocke mehr plles so öde und verheert, daß die Pfalz und angränzende Gegend abermals das alte Sprüchwort auf eine
schreckliche Art bewahrheitet hatten — krancum
smicutn Hubs, vicinum ne !r?.ds.
Die Republikaner blieben nicht lang^ nach der allgemeinen siegreichen Vorrückung der Verbündeten ruhig.
Ihre Generalität sammelte so schnell als möglich die zerstreuten Corps, um den Verbündeten an den Quer-
cher Linien Widerstand zu leisten, für welche sie Ursache hatten, Besorgnisse zu hegen, da diese Linien noch nicht vollendet waren, und den Preussen der Weg
ins Gebürge offen stand, um dieselbe durch ein Mauövre, wie der Herzog von Braunschweig bey Bonden-
thal, zu erobern.
225 Der General Dessair, überzeugt von der Wichtigkeit den Posten von Neustadt zu besitzen, entschloß sich daher,
auf den 28. Mai diesen Posten wieder zu erobern. Die Republikaner rückten zu dem Ende über Edenkoben
vor, und griffen die Preussen unter dem Erbprinzen
von Hohenlohe daselbst, Und hey Kirrweiler in dem Augenblik an, als dieser Prinz in Neustadt eiuziehen wollte. Da der Feind äußerst murhig und bravourvoll vordrang, so mußten sämtliche Truppen dieses Korps aufmarschiren, um den Posten von Neustadt, es koste,
was es wolle, zu behaupten. Allein der tapfere General v. Blücher wußte dem Feinde ohne Hülfstrup-
pen Grenze zu setzen. Ohne sich auf eine langweilige
Kanonade einzulasseU, hieb er ün der Spitze seiner Husaren in den Feind ein; die Infanterie ging mit dem
Bajonette auf ihn los, wodurch er in Verwirrung gerieth. Blücher benutzte diesen Augenblick, und stürmte nun von allen Seiten nach Edenkoben, ero-
berte 6 Kanonen, und 5 Pulverwagen. Dem Feinde blieb hierauf nichts weiter übrig, als sich unter die Kanonen von Landau zu retten, nachdem er an 422
Mann auf dem Platze ließ, und Z65 Gefangene den Siegern hatte überlassen müssen.
Mit gleichem Glücke und ähnlicher Bravour vertrieb
General Hvtze die Republikaner aus Schweigenheim,
rs6 Lingenfeld und Wesihekm, worauf dieselben gänzlich bis
auf ihre Linien an der Queich beschrankt wurden. So waren also mit einemHauptschlage dieRheinischen
Reichslande bis an die Elsaßische und Lotharingische
Grenzen vom Feinde befreit. Der Beobachter gibt der republikanischen Tapferkeit ein ehrenvolles Zcugniß —
aber er muß die Überlegenheit der disciplinirten und kampfgerechten Deere der Verbündeten gleichfalls ein-
gestehen. Auch in dem Treffen bey Lautern glänzen die
Wunder der Offensive; der Feind flüchtete über Saarbrücken hinaus, wo er sich erst wieder sammelte, und
dies hatte ein Manövre bewürkt — was konnte man nicht erst hoffen, wenn in dem Geiste dieses Angriffs der Angriffskrieg würde fortgesetzt werden? —-
Die Erwartung war aufs stärkste gespannt, da sich
an der Sambre die blutigsten Gefechte hausten, und
an der Schelde jeder Tag eine Schlacht zahlte. Der Zeitpunkt war endlich gekommen, wo man alles gewinnen oder verlieren sollte; die Geschichte fragt daher,
was har man gethan, wie hat man es gethan, und --- hätte man mehr thun können?
2V7
Kap. ix. Zustand der Dinge in den Niederlanden. Bewegungen der Preussen gegen Saarlouis. Die Franzosen sammlen und verstärken sich. Offensive der Franzosen, um durch das Zrvepbrückische durchzubrechen. Blutige Gefechte. Angriff dec Franzosen auf die Preussische
Stellung bei Edesheim, wo die Preussen aus aller; Posten verdrängt werden. Gefechte bei Gommersheim
und Weingarten. Treffen bei dem Schänzel. Rückzug dec Oestreicher auf das rechte Rheinufer. Rückzug der Preussen nach Mainz.
vAn Fehler veranlaßt mehrere; ist es eine Maschine, so stockt sie, ist es ein denkendes Wesen, so geben sie ihm Blößen, die schädlich und verderblich werden kön-
nen. Ein Haus ohne ein gutes Fundament ist in die
Luft gebauet. Um etwas vollkommenes, großes, dauerhaftes und ruhmwürdigeö zu thun oder zu unternehmen, so hüte man sich vor den ersten — vor Hauptsehlern.
Diese einfachen Satze werden in dem Verhalrniß zu wichtigem Zwecken und schwängern Unternehmungen,
um so wichtiger, je mehr der Erfolg von ihrer strengen Anwendung abhänat.
LO8
Em Land mit Krieg überziehen, heißt, die vorhandenen Vertheidigungskrafte desselben schwachen — zerr
nichten, unschädlich zu machen, alle Hindernisse vor
sich hinweg zü dringen, um an den Ort zu gelangen,
wo der Feind lebte und herrschte. Sind die Kräfte dieses Landes wohl dirigirt, hat man mit ungewöhnlich vielen eigenthümlichen und durch die Kunst verursachten
Schwierigkeiten zu kämpfen, so muß dieser Kampfwohl
berechnet, und der mögliche Gebrauch der feindlichen
Kräfte streng im Auge gehalten werden, um nach diesem einzigmöglichen Maasstabe sein Unternehmen zu bemessen, mit feinen Kräften und ihrer Anwendung
wohl hauszuhalten , und seine eigene Sicherheit und Wohlfahrt nicht auf das Spiel zu seirem Geht man von diesem untrüglichen Gesichtspunkte aus, so ist der Operationsplcm der Verbündeten in den Niederlanden nicht nach diesen Prämissen berechnet ge-
wesen, und die Kunst muß lhll mißbilligen. Allein die Begebenheiten selbst überheben den Beob-
achter einer weirlauftigen Analyse — Sie selbst sprechen
das nachtheiligste Urtheil über ihn ans.
Mit lebendiger Rührung verdienen die Tharen der Verbündeten gewürdigt zu werden; unbegreiflich, daß
man so viele kostbare Kräfte nach einem so köstlichen
Ziel, das der Landesvertheidigung, ringen ließ, ohne
.2 Sy
sie'zu unterstützen,. Laß, da man nun einmal nicht dm gehörigen Gebrauch in der Offensive von ihnen machte,
man sie am Ende in der Defensive bis zur tödtlichen Ermattung konnte aufrcibcn sehen, ohne noch im Zeit? punkt der äußersten Gefahr ihnen mir den schicklichsten
Mitteln zu Hülfe zu kommen.
Glorreich war der Steg gegen die Rhcmarmee etrungen; eine große und tapfere Armee bedrohet« das
Elsaß. Abeo man verfiel auf der Stelle wieder in die Defensive. Ganz recht —- aber nur nicht zu dem stoßt verunglückten Cordonkriege hatte man aus diesem
glänzenden Siege zmückfallen sollen. -- Wer alles
decken w i ll, deckt nicht s. Mari hätte eine conaemrirtere Stellung nehmen mässen, und wie es der
Auge Franzose bisher mit vielem Glücke als möglich erprobte , mit den besten Kräften dem bedrohten Platz
zu Hülfe kommen sollen. Und wo war dieser be-
Lrohete Posten? An der Sambre — S harter oft Man konnte es aus der ungeheuren Anstrengung schon
beurrlwilen, wie wichtig dieser Poste» siyn mnsse^ Der Feind ließ sich schlagen — verlohr Tausende, und
kam immer wieder, um Charleroi zu bezwingen. War diese Vestung in seiner Gewalt , so hatte er sein großes
Projekt — die Bereinigung der Nord- und Ardennenarmee — erreicht, die Niederlande sielen in feine Ge-
Zweiter Theil, O
L.!S
walt, alle Magazine waren bedroht, und den Verbündeten blieb nichts als ein verderblicher Rückzug übrig, dessen Folgen unübersehbar, und nicht zu berechnen waren.
Konnte man Charleroi erhalten, so mißlang das feindliche Projekt, und man konnte dann das im folgenden Feldzuge nachholen, was man in diesem ver-
absäumt hatte. Allein die Engländer trachteten nur nach der völligen Vernichtung der französischen Marine — sie ließen die Verbündeten in Westflandern sich
aufreiben, ohne zur See oder auf der Schelde nach-
drücklich mitzuwirken. Man blieb am Rhein in der gedehnten Linie, statt daß man bei Namur mit einem ansehnlichen Corps durch Diversionen den Posten von
Charleroi hätte erleichtern sollen. — Die Fehler waren einmal gemacht— Mau beuge nicht genom-
men, Lille der Eroberung von Landrecy, und der Idee nach Paris, nachgesetzr. Aber diese Fehler weniger schädlich und verderblich zu machen — das große
Werk großer Köpfe — der unsterbliche Entwurf seltner Anstrengungen — war gewiß an die Verbündeten keine zu strenge Forderung, da die tapfersten Krieger und die genievollsten Feldherrn derselben zu entsprechen
hatten, und das gelungene Unternehmen die Absichten
eines fürchterlichen Feindes vereitelt zu haben, wäre
2H
immer so glanzend gewesen, als die siegreichste Kamr
pagne. So aber sehen wir die Verbündeten in den bedrangtesten Augenblicken ohne Unterstützung. Der
Feind kannte seine Besinn gen und Linien im Elsaß — er verließ sich auf das schwürige Terrain seiner Vogesen,
wo der geschlossene Krieger undankbar kämpft, und
nur der Lirailleur den rühmlosen Sieg gewinnt. — Diep erschütterte daher sein Projekt nicht,daß seineArmee
dort geschlagen war — nur beschleunigte es sein Unternehmen, um es durch Standhaftigkeit und Aufopferungen jeder Art, bald durchznsetzen. Viermal schlugen ihn die Oesireicher bei Charleroi
aber was hatten sie damit gewonnen? Der Feind fluch-
tete nach seinen Hohen von Connillet, in das Ge-
holze von Alues, die Posten von Thuin und LobLe s sicherten seine Retirade, es blieb ihm Maubeuge übrig; nichts wog also das Blut der tapfern Oesireicher auf, kein Sieg entschädigte sie für ihre schrecklichgroße
Standhaftigkeit, im Gegerrtheil war nur jeder Sieg em
neuer Sporn für den Feind, alles daran zu wagen, um in ihren Siegen ihre gänzliche Niederlage zu berei-
ten, welches ihm bei seiner Trnppenmenge sehr leicht
war. Mit ähnlicher Wurh schlug man sich in West, flaudern; Schlachten, in denen das Blut von 20020
O2
2?
Opfern rauchte, waren dem Feinde nur eine Kleinig-
keit, um Tvurnai und Vpern zu erobern. In diesem schrecklichen gefahrvollen Zustand besam
Hen sich die Angelegenheiten in den Niederlanden, als
Graf Kalkreuth dem Feinde eins Diversion gegen Saar-
louis machte. Man glaubte durch diese Diversion den Feind in seinem Ungestümm an der Sambre Zu lahmem
Kalkreuth war auch Saarlouis sehr nahe gekommen, die Festung wurde ernstlich bedrohet, und der Feind mußte seine Schleusten ziehen, und das Terrain inou-
diren. Allein es blieb bei Hin-und Hcrbewegungcn; der Feind ließ sich nicht irre machen, und gewann end-
lich die Zeit, daß seine Verstärkungen von der Alpenarmee ankommen konnten.
Die Rheinarmee wurde allmählich mit 15 200 Mann verstärkt, sie besetzte die Stellungen von Hornbach und Blieskastel wieder; auch schlugen verschiedene Corps ein
Lager bei Saarbrücken; Pirmasens hielten sie besetzt, und ihre Vorposten nebst einigen Detaschements beobach-
teten vor Webenheim, bei Bierbach und St. Ingbrecht tue Bewegungen der Preussen. Durch die Kalkreuthifche
Stellung waren sie zwar sehr beschränkt, und in ihren Bewegungen genirt, allein sie arbeiteten sich plötzlich
Zu einer so respektablen Macht empor, daß sie in welligen Wochen wieder zu der Offensive bereit ftnn konm
len. Der Monat Junius verstrich auch gänzlich unter Marschen, und unbedeutenden Gefechten, und nur zu
schnell war der Augenblick herbcigeeilt, daß auch die bisher unbesiegten Preussen vor der republikanischen Tapferkeit weichen mußten.
Die Republikaner wußten die Kalkreuthschen Bewe-
gungen nur zu gnr zu deuten; da eine Belagerung von
Saarlouis nicht Statt haben kann, ohne daß man zugleich Meister des Vogestschen Gebürges ist, und zu einer solchen Unternehmung ein ungeheures Proviant-
suhrwesen, beträchtliche Magazine und außer der agirenden Armee, ein ansehnliches Observationscorps erfordert werden, so ließen sie sich nicht irre machen, und
warteten ruhig ihre Verstärkungen ab.
Mir dem Ausgang des Monats Junius rückten daher die Franzosen wieder vor. Ihr erstes Geschäft war, das Aweybrückische zu besetzen, und alsdann den Preussischen Cordon bei Trippstadt zu durchbrechen.
Diesem Beginnen suchten zwar die Preussen durch
öftere Vorrückungen zu widerstehen, worin sie auch
meistens glücklich waren. Aber mit dem Anfang des
Monats Julius zeigte sich der Feind in seiner vollen
Starke. Auf den 2ten rückte er in drei Kolonnen gegen Aweybrücken, Lautern und Trippstadt mit 25
bis ZvOOO Mann am Mit seiner stärksten Kolonne
OZ
2
wandte er sich gegen Lautern. Sein Anmarsch war so rasch, daß er schon um 12 Uhr an dem Oberhammer
und der Mosalbermühle, dein Posten von Trippstadt gegen über aufmarschirt war. Eine lebhafte Kanonade eröffnete den Kampf, und der republikanische Feldherr
Moreau verstand sich sehr wohl aufs Terrain, weshalb er sich in den Waldungen zuerst ftstznfetzen suchte,
um außer dem unternehmenden Muth seiner Truppen
auch noch das chikanöse Terrain auf das Veste gegen die Stellung der Preuffen zu benutzen.
Moreau hatte in der Thar nichts Gewöhnliches unternommen; die Preuffen waren der dortigen Gegend
sehr kundig , jeder Offizier hatte dieses Terrain ßudirt,
auf welchem Preußens Krieger unter dem Herzog von Braunschweig eine der denkwürdigsten Schlachten dieses
Krieges gewonnen harren. Dieses Terrain sähe sie erst vor wenigen Wochen noch als gepriesene Sieger —-
und zwar als Sieger, die alles ihrer Kunst, der liefen Einsicht ihrer FWherrn, der treuesten Te^rainkenimnß rmd dem subtilsten Unheil des Taktikers — und nichts
dem Aufalle zu verdanken hatten. —- Diese Truppen angeführt von diesen Feldherr«, jetzt zu schlagen, und
von der Position zu verdrängen; welche sie jederzeit gegen die Uebermacht tapfer zu vertheidigen wußten, war in der That ein rühmliches Unternehmen, das auch
215 rm Fall des Nichtgelingens seinen Unternehmer nicht schänden konnte.
Allein Moreau, vertrant mit denVortheilen derOffenstve rechnete, auf die Nachtheile deS Eordons, und dieß
nmchte ihn und feine Truppen beherzt, auf den Aken Julius den Angriff svrtzusetzen , der auf den 2ten erst angelegt war. Die Preussen hattea sich in der Erle conzentrirt, den
Posten von Tripppadt ansehnlich verstärkt, und erwarteten gleich beherzt den Angriff.
Als der Tag graute, da erneuerten die Franzosen
das Gefecht; es blieb aber nur bei einer Kanonade, bis eure Abrheilung Republikaner durch den Haderwald dnrchgeschlichen war, und an dem Kübeleck herauf das
stäche Feld gewonnen hatte. Jetzt erneuerte sich der
Angriff, die Kanonade wurde heftiger, die Franzosen rückten beherzter vor, wurden aber trotz ihrer muth-
vollen Anstrengung in das Schmelzrhal geworfen. Aber weit entfernt, daß dieß sie hatte abschrecken sol-
len , wiederholten sie bey der Baummühle den 2ten Angriff, und stürmten mit den; Bajonette eine Batterie. Aber hier donnerten Kattatschen und Pelotonfeuer
im fürchterlichen Wechsel, von dem MÜhlfeld und
von demPosten zu Will sie in, auf die kühnen Stürmer, und schrecklich schleuderte sie der tausendfache Tod
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Lr6. von ihrem verwegenen Begimrerr zurück. Wer auch das vermochte noch nicht chre Geduld, und ihre wahr-
haft achtungswürdigL Standhaftigkeit zu ermüden; das Signa! zum Sturm war gegeben, und somit wares für die Armee genug, trotz Tod und Zerstückelung ,,
nur einen andern Angriffspunkt nr suchen, um das
Bajonette zum Siege oder Tod zu nage». Die Republikaner versuchten von dem neuen Hammer gegen die
Ziegel Hütts den Corden nut Sturm zu durchbrechen. Einen Augenblick schien das Glück von so viel Ausireitt gung hsswchen, sich den Republikaner» hold bezeigen
zu wollen , aber plötzlich wurde ihnen auch dies« Hoff-
nung zernichtet. Der.Donner einer renkenden Batterie
rcotzle ihnen den erhaltenen Vorthsil wieder ab, und setzte auch hier dein Üngestümm des Feindes Grenzen.
Moreau mufft«.also für diesmal besiegt mit semcn Truppen zmückw eichen, und, den Siegern das Schlacht-
feld und Bents überlasten, Virl Leute hatte der Semd cherlohrerr, und nebst mehreren Gefangenen freien auch
inige K. m-neu den Preussen m die Hände.
Der Feind hatte die Stellung der Kaiserlichen Rhein-
armes bisher wenig allsrmntt, überhaupt schien er an
der LPreich sich defensiv halten zu wollen. Indessen L.cxsuchte er doch einige Aufmerksamkeit von dieser Seite
zu erregen , mrd nscktZ sich deshalb wie nw vorigen Feld-
ri7 zuge auf den Rheininseln, um eine etwaige Absicht auf das rechte Rhelnnfer vorzuspiegeln, und das Detaschiren des Schwetzinger Lagers zu verhindern.
Einige kühne Republikaner wagten sich nervlich auf die zwischen Goldscheier und Altenheim gelegene Rhein,
insel; wo sie den ersten Tag vertrieben, gleichwohl den
folgenden als den ümi Junius imt 200 Mann sich behaupten zu wollen schienen. Allein der Generalvon
Stain ließ die Insel heftig beschiessen; 150 Mamr von dem Schwäbischen Kreisregiment Wolffeg schifften
sich ein, und vertrieben den Feind wieder. Der Feind hatte einigermassen seinen Zweck erreiche und seinen Absichten einen ernstlichen Anstrich Zu geben
gewußt, da die Landleute sammtlich mit Waffen erschienen, und einen Nebergang befürchteten. Es war indeß nichts mehr und nichts weniger als diese Necke,
rei; wie Dümomier irgendwo von seinen Landsleuten sagt: der Franzose ist nicht für die Defensive geschaffen;
er weiß sie gut anzulegen, aber es macht ihm zu vickl
Langweile, unrichtig darin zu bleiben. Um sich nun zu beschäftigen, so muß er sich necken, und sollte es gleichwohl nicht mehr ftyn, er wird doch in Spannung erhalte». Vertraut mir dicser Eigentbümlichkeit des französischen
Nationalkarakters unterließ daher Moreau nicht,
O5
2k8 von dem günstigen Zeitpunkte und der konzemrirten Kraft seiner Armee, den bestmöglichsten Gebrauch zu
machen. Das Stürmen, Angrcifen und Drangen, war einmal bei den französischen Armeen an der Tages-
ordnung; laut ertönte derConvcntssaal von den Siegen
der Nord-, Ardennen-, Pyränecn- und Alpeuannee; die Rheinarmee sollte bei diesen herzcrhcbeuden Verherr-
lichungen nicht mikgenannt werden? Eine solche Jalousie war für den französischen Republikaner zu peinigend.
Moreau führte in dieser Stimmung seine Armee Zum Angriff der Preussischen Stellung bei Edesheim und
Venningen. Der Erbprinz von Hohenlohe hatte diese Posten und die wichtigen Plätze, den Saukopf bei Tripp-
stadt, und das Schänzel zu vertheidigen. —Der Feind
hatte in seinen Attaken vom 2ten und Zten Julius auf
Trippstadt auf eine offne bravourvolle Art bewiesen, daß ein mächtiges Interesse und eine achtungswürdige
Standhaftigkeit seinen kühnen Kampf leite, und daß die größten Aufopferungen und die unüberwindlichsten
Schwierigkeiten, nicht leicht seinen fanatischen Much zu lähmen vermöchten.
Die Preussen waren indessen darauf gefaßt, wie
wir sogleich in dem Ausgang der Attake vom i gten Julins wabrnehmen werden. Entschlossen zn siegen oder zu sterben, rückten zu dem
2!Y Ende die Republikaner in mehreren Kolonnen vor, und griffen jeden Posten der ganzen Linie mir der ihnen ei-
genen Unerschrockenheit an. Eine Kolonne warf die Lest reich, ich.' Avantgarde und kanvnnre sie aus Westheim,
Lustart und Weingarten. Auch drückten sie die Preussischen Vorposten aus FreimeDhenn. Da aber der Feind
sich nur mir Scheinangriffen hier engagiere, und seine schuvtstarkc gegen den rechten Flügel des Hohenlobischen
Truppcncorps wandte, so erleichterte der Rcichsgcneral-
feldmarfchall Erzherzog Albrecht von Sachsen-Teschen
den Erbprinzen Hohenlohe, besetzte dessen Posten zu
Böbingen und Altdorf, und erlaubte ihm so nach seine ganze Aufmerksamkeit auf den bedroheten Punkt hinzuwenden.
Von derErhaltnug des S ch ä n ze ls hieng die Sicher-
heit der Position ab. Eine Kolonne Franzosen griff den Posten zu Trippstadt, und eiue^ andere, beinahe lauter
Tirailleurs von der Alpenarmee, rückte gegen das Schänzel an.
Die Preußen batten den lezrern Posten mit 16 Kanonen und 2 Haubitzen besetzt: fürchterlich verschanzt
und durch Verbaue unzugänglich, trotzten 2 Bataillons
Grenadiers auf diesem Felsennest. Es war keine Retirade möglich, das kurze Gebüsch erlaubte nicht das Geschütz abzuziehen. Hier sollte also das Thermo-
pi!ä der Preussen seyn. — Der Feind mußte alles wagen — Verzweiflung gegen Verzweiflung setzen, und dem Glücke den Entscheid mir blutigem Losegeld abzwingen.
Der Feind führte viel Artillerie vor, und General Labossiere unterstützte den Angriff mit einigen Chasseur-Regimentern. Die reitende Artillerie warf die Preus-
sen aus Edesheim, die Kavallerie drang nach, wurde
aber hier von dem tapfern General von Blücher angegriffen, und zurückgeschlagen, wobei den Siegern Z Haubitzen und eine Kanone in die Hände sielen , und äusser mehreren Gefangenen und Verwundeten der Ge-
neral Labossiere und der Chef der Artillerie zu Gefangenen gemacht wurden. Der Verlust dieser zwei Männer verursachte eine Stockung bei den Republikanern,
> und unstreitig raubte ihnen dieser mißgünstige Zufall einen kostbaren Zeitpunkt, in welchem sie einen noch beträchtlicheren Vorthei! wurden erfochten haben, als sie
nun bei aller Aufopferung würklich erfochten.
Der Feind drang gegen das Neustadter Thal vor, um das Schänzel 6N eLÜec zu nehmen, nach mehreren Hin- und Hermärschen, wodurch er die Preussen irre zu
führen trachtete, formirte er sich zum Sturm. Mit Geschrei und einem an Raserei glänzenden Ungestüm, stürmten jetzt seine Bataillonen das steile Gebürg hinauf.
22t Und das Kartätschenfeuer der Preussen riß Tausende nieder. Aber die Tirailleurs der Alpenarmee trachteten nur unter die Kanonen zu kommen, dieß war ihnen gelungen. Auf dem Bauche krochen diese kühne Menschen
den Berg hinauf, und schossen mit ihren Büchsen die
sammtlichen Artilleristen der Preussen nieder. Ais
sie sich auf diese Art festgesetzt, und andere den Verhau aufgeräumt hatten, so rückten die Bataillone
von allen Seiten vor, drangen mit dem Bajonette in die Thäler, die Tirailleurs stürmten nun in die Schanzen ein und würgten diejenige, welche von der BesaZ; znng noch nicht entflohen waren.
Kaum war der Posten vom Schänzel in dem Besitz
der Franzosen, als sie nun siegreich in Schaaren Zn Tausenden überall vordrangen, um von der Verwirrung
der Preussen Vortheil Zu ziehen. Die Lage dieser Armee war die schrecklichste — da dle Franzosen über-
all ihren Rücken bedroheren. Eine dicke Dampfwolke
verflnstcrte die Gegend, überall Berg, Thal, durchschnittene Wege, Wald und Geholze, überall gedrängt
von einem rasenden Feinds, der diesen Tag kein Par-
don geben wollte, verwirrt uud flüchtig die Helden von Lautern! Wen beugt nicht das Schicksal einer braven Armee, die dem abscheulichen Cvrdonsystem dasselbe
zufchreiben Laos; wen empört nicht das schreckliche
22 r
Schauspiel, die Heldensöhne Friedrichs des Einzigen, in einem Labyrinthe unstät und flüchtig zu sehen, und
sie durch eine ihnen bisher fremde Art Krieg zu führen, überwunden zu wissen? Die Republikaner richteten eine beträchtliche Nieder-
lage unter den Preussen an, mit jedem Schritte, den sie vorwärts thaten, schien cs ihremStolze zu schmeich-
le«, endlich auch die Preussen geschlagen zu haben. Nichts hielte sie zurück, überall kühn und fürchterlich zu
erscheinen: bei Trippstadt blutete Kleist, Thadden war auf dem Punkte mit vier Bataillons gefangen zu werden, denn schon hatte ihn der Feind umgangen, und nur das Quarree dieses geschickten Generals über-
wand die Gefahren des Tournirtwerdens. Der brave
Kunizky,der General des braven Regiments, von welchem das Grenadier-Battaillon Wunder der Tapferkeit in diesem Treffen gethan hatte, war schwer ver-
wundet—die Verwirrung war allgemein und nur die Nacht sammelte die zerstreuten Truppen wieder, welche der Erbprinz von Hohenlohe bennzte, um sich nach
dem Lager von Mußbach zurück zu ziehen.
Die Oestreichische-und Reichsarmee wußten zwar
ihre Position mit vieler Anstrengung und nicht ohne
Aufopferungen zu behaupten. Da aber der Feind im
Gebärge durchgebrschLn war, so war ihre linke Flau-
ke bloß, und es war Zeit auf den Rückzug zu denken. Der Erzherzog Albrecht von Sachsen - Tesrhen, verlegte daher das Hauptquartier von Speier nach Schwezr zingen, ließ eine Brücke bey Loßhcim über den Rhein schla-
gen, und einige Abtheilungen Reichstruppen Zur Deckung
des rechten Rheinufers hinüber gehen, und ließ hierauf
nach dem Entwürfe des geschickten Generalquartierrneisiers vog Neu die Armee nach der Rehöach sich Zurück-
ziehen. Noch vor der wärcklichen Rückbewegung kün-
digte sich der Feind Morgens um 4 Uhr an, und versuchte den noch nicht bewürckten Rückzug der Oestrei-
cher zu drängen. Er griff den F. M. L. Graf Wartenslebcn beySchweigenheim mit einer lebhaften Kano-
nade an, wüthend drang er in Freimersheim ein, und
attakirte zugleich Fraischbach, um durchzubrechen. Schon waren mehrere Kolonnen gegen Mußbach an dem Gebürge vorgerückt, und Erbachs rechte Flanke
war förmlich tournirt. Die Oestreicher brachen also von allen Seiten auf, und zogen sich mit vielen Schwierigkeiten fechtend aus diesem chikanösen Terrain ;
vft war das Gefecht blutig, und viele von der Infanterie sanken von der ermattenden Hitze Zu Boden. Der Feind machte bei dieser Gelegenheit viele Gefange-
ne, wiewohl es ihm nicht glücken wollte, der renri-
224 renden Arrues einen empfindlichem Rachtheil znzufügem
Graf Warte nsleben und General H otze erprobten abermals durch ihre treffliche Manöuvres, daß sie im Angriff wie im Rückzug gleich tapfere Manner sind, welche die Gegenwart des Geistes in dem entscheiden-
den Moment nie verlieren: Siedeckten den Rückzug der verschiedenen Kolonnenund hielten den Feind so
lang im Respekt, bis sich die Armee an der Rchbach
wieder formirt hatte.
Die Armee war kaum aufmarschirt, als der Feind
mit Macht vvrdrang, und die Stellung vor Schifferstadt mit einer fürchterlichen Kanonade angriff. Als man diese mit ähnlichem Kaliber beantwortet, und mur
thig den Angriff abgeschlagen hatte, so wiederholte er
seinen Versuch zum öfter» , und fuhr immer mehr
zahlreicheres Geschütz auf. Allein die Nacht legte bald -erden Thellen Stillstand auf; die Franzosen zogen sich etwas zurück, die Verbündeten machten aber Anstalten zu einer Retirade über den Rhein gegen Mainz,
da es nicht zu bezweifle» war, der Feind werde seinen allgemeinen Angriff den folgenden Tag wiederholen.
Auf den t Zten Julius erschien nun der Feind wieder, stark und unternehmend auf allen Punkten, und griff vor-
züglich die Oestreicher an der Rehbach an, während er Mik einer Kolonne gegen d'c Preussen bei Mußbach anrückte»
22Z rückte. Er kanvnirte die Posten an der Rebhütte und von Neuhof auf das heftigste, ohne die Oestreicher einen
Fußbreit verdrängt zu haben. Der Erbprinz vonsdohenn
lohe hielt auch Leu Feind im Respekt; allem auf dm Befehl des Feldmarschalls Zog er sich durch Dürkhenn ge-
gen diePrümm zurück, worauf die Ocsireicher dao links
Rhemuser verließen, die Fleschen bei Mannheim vor der Rheinschanze besetzten, und sich bei Neckcrau in ein
Lager sammelten, um weitern Befehl zn erwarten. Feldmarschall Möllendorf, nur zu nachdrücklich von
dem Nachtheile einer wertgedehuten Linie überzeugt,
hatte Zwar noch immer den Feind in jenen Gegenden
üngriffswcise bekämpft, da sich aber mittlerweile die Angelegenheiten in den Niederlanden stündlich verschlim-
merten , und der Posten von Trier abermals bedrohet wurde, so mußte dieser tapfere Feldherr seine Defensiv-
linie Märzen, umdas noch nichtverprovramirte Mainz zu decken, und in einer eonzentrirten Stellung Zeit za gewinnen, sich mir der Oestreichischen Generalität zu be-
nehmen, was man von Seiten der Armeen am Rhein thun mäste, um die sich stündlich nähernde Gefahr für die Rheinischen Reichslande in Zeiten abzuwendem Der
Feldmarschall zog sich demnach mit der Hauptarmee gegen Niederstorsheim, Graf Kalkreuth gegen Kreuz?
Zweiter Theil. P
226 nach und schloß sich an das auf dem Hundsrücken po-
sillte Köhlersche Corps.
So waren asiv die so glorreich erretteten Lande zwi-
schen Elsaß und Worms, nach einer Befreiung von 7
Wochen, abermals wieder in feindlicher Gewalt. Die Verbündeten haben mehrere tausend Mann an Todtem
Verwundeten und Vermißten eingebußt; nur allein die
Preussen hatten drey Schiffe voll Verwundete, ohne
was dem Feinde auf dem Schlachtfelds blieb. Auch war dem Feinde eine Batterie von 18 Kanonen in die Hände gefallen. .Der Verlust an Magazinen in Lautern und Frankenthal, wiewohl diese meistens unter die Bürger und Soldaten vertheilt wurden, war äusserst beträchtlich»
Die französische Rhein - und Moselarmse hatte einen
entscheidenden Sieg gewonnen, der aber nur darum
entscheidend war, weil Moreau ihn so einsichtsvoll gegen Trier Zu benutzen wußte.
22?
Kap- XFranzösischer Angriff auf die Stellung der Preussen an der Prümm. Ausland der Dinge in den Niederlanden. Kriegsrat!) zu Schwetzingen.
Die Republikaner rasteten wenige Tage nach ihrem Sieg beim Schänzel; ihre erste Sorge war, die Deferrsive an der Rehbach wieder herzustellen, und alsdann weiter vorzudringen.
Auf den r oten Julins rückten sie zu dem Ende über Frankenthal in mehrern Kolonnen gegen die Preussen, und
griffen ihre Stellung von Bobernheim bis Hochheim an.
Eine lebhafte Kanonade eröffnete dieses Gefecht; m dem nervlichen Augenblick formirten sich auch die Fran-
zosen bei Mundenheim, um diese Attakke gegen dis Bewegungen der Kaiserlichen bei Mannheim zu decken.
— Die Preussen waren aber hier auf ihrem Terrain; die Kavallerie unter Blücher und Wolfrath wußte mit den durchdachtesten Manöuvers die Franzosen zu ermüden,
und sie endlich mit Verlust znm Rückzüge zu nvthigen.
Die Franzosen verhielten sich nun ruhig, Waren die Angelegenheiten an dem Rhein nicht die besten, so
P2
waren sie in den Niederlanden noch uiederfchlagender.
Eharleroi und Ipern waren gefallen — Vandamme verfolgte den Herzog Porck und drang gegen Holland vor; Pichegrü hielt seinen Einzug in Druffel und rückte
jn Brabant ein; Jourdan wandte sich gegen die Maas und bedrohete Namür^
DieOestreichifche Armee hatte sich an die Maas gezogen um Mastricht zu decken, der Femd sammelte sich
mit der Mofelarmee gegen das Luremburgifche, be-
drohte Trier, um alsdann die Stellung an der MaaS auzugrerfen, und die Ocstrelchcr über den Rhein zu drangen.
Die Franzosen führten ihre Offensive mit drey starken
Armeen; man konnte erwarten, wohin ihr verwegener
Zweck Ziele. Holland Zu retten, mußte die wirbligste unter allen Absichten seyn; die Oestreicher durften
also die Maas und Mastricht nicht verlassen; um ihnen diese große theure Aufgabe möglich zu machen, war es
unumgänglich nöthig die Mosel zu decken, und Trier,
es koste was es wolle, zu vertheidigen. Ucberfehen wir daher die Stellung der Verbündeten
von Venlo bis herauf an den Rhein bis Worms, so werden wir sehen, daß der Feind Zwei Hanprangriffspunkte wählen dürfte, gegen welche die Verbündeten mit den durchdachtesten Vorkehrungen sich rüsten mußten«
22Y Der Feind durfte auf der Seite von Rüremonde und Venlo durchzndringen versuchen, um dierechteZlankeder ostreichis. Armee unter dein Grusen Clerfart zu gewinnen.
Um diesen Angriff zu unterstützen und einen Hauptschlag
zu thun, wird er sich der Mosel und namentlich des Postens von Trier zu bemeistern suchen.
In dieser kritischen Lage befanden sich die Verbündeten nach den unglücklichen Schlachten vonTournai und
Flerus. Uebcrall waren Blößen — schwache Punkte in der weitgedehuren Linie, und eine gewiße langsame Methode gegen den raschen Feind. Man kalkulirte über
die Wichtigkeit des Postens von Trier. -— Es schien als
ob irgend ein Unstern über den Verbündeten waltete,
und ein bößer Genius alle Gesichtspunkte verdrehen und den Gang der Angelegenheiten hemmen wollte. Koburg hatte die Armee verlaßen — in Brüssel wehe-
re die dreifarbige Fahne, und lauter Jubel empfieng die kürzlich verabscheuten und nun hochgeprießnen Sieger,
Verratherei und Zwietracht spuckten auf allen Seiten; das Gerücht davon schlug den Krieger nieder, und entwaffnete seinen Murh.
In Holland freute man sich auf die Ankunft des Feindes, und ein drohendes Manifest von Koburg, anstatt den Gemcingeist zu befördern, mißstimmte die
Gemüther, weil es nicht auf die Eigenheiten des Volkskarakters berechnet war.
2ZO
Also Unglück von allen Selten" — Verratherei, Zwietracht, Mißmuth und drey siegreiche feindliche Armeen, die die tapferen Verbündeten auf einer befchwerlichen Retirade drängten —- was war zu thun, irre diesem Unglücke und seinen noch schrecklichen Folgen
vorbeugen? —Diese Lage dek Verbündeten veranlaßte eine Zusam-
menkunft der am Oberrhein kommandrrenden Oberbe-
fehlshaber, welche auf den 26ten Julius zu Stande kam» Der Geschichtschreiber fordert dieses wichtige
Aktenstück, und zur Uebersicht und Würdigung der Begebenheiten vor dem Ausgange dieses so blutigen als
unglücklichen Feldzuges, muß ich es hier iu seinem ganzen Detail aufnehmen.
„Da die kaiserl. kömgl.Armee unter des Prinzen von
Coburg Durchlaucht über die Maas zurückgegangen,
und der Herr Generalfeldmarschall von Möllendorf dringend ersucht worden, für die Sicherheit des Postens
von Coblenz dich möglichste Sorgfalt zu tragen, um m
allen widrigen Fällen, daß die Maas nud selbst das Land zwischen der Maas und dem Rheme verlassen werden müßte, mit Sicherheit über den Rhein zurückgehen zu können, (ein Füll, den man jedoch durch alle
ersinnllche Anstrengung zu verhüten suchen wird), so
haben der Prinz von Coburg den lass, löuigl. General,
LAI Fürsten Rsuß, zu gedachtem Herrn Feldmarschall, dieser aber den kön. preuss. Olristen von Grawert Zu
Sr. königl. Hoheit dem Herzoge zu Sachsen-Teschen
geschickt, uw über die für jetzt und für die Zukunft Zu nehmenden Maasregeln die nöthige Uebereinkunft
zu trefft n, damit alle drei Armeen zu Erreichung des gemeinschaftlichen Endzweckes planmässig Zu Werk« gehen, um den Vertheidigungskricg mit dem mögliche sicn Nachdrucke fortfetzen Zu können.
Der Endzweck der beiden Armeen Sr. Kon. Hoheit des Herzogs von, Sachftn-Teschcn, und des Hm. Feld-
marschalls von Mellendorf bestehet also darum, das Terrain Zwischen der Mosel und dem Rhein, oder dem
Hundsrück, wodurch der Hauptpunkt von Eo.blenz gedecket wird, ferner den eben so wichtigen Punkt von
Mainz, zu decken,, und endlich den Rhein bis Basel zu verthcidigem
DaS erste, worauf Se. Kon, Hoheit der Herzog zu
Sachsen-Teschen, und der Herr Feldmarschall von
Möllendorf vor allen Dingen dringen,, ist, daß des Prinz von Coburg mit äußerster Anstrengung die-Maas
zu behaupten suchen, da. der weitere Rückzug in rmlft tückischem und politischem Betrachte von den uachtyei/
ligsen Folgen ist»,
B4
2ZD
Die erste Bemühung- des Herzogs und des Feldmarschalls wird dagegen auch dahin gehen,, dem Prinzen von Coburg die Erreichung dieser Absicht zu erleich-
tern. Unstreitig ist die Erhaltung der Mosel aus diesem Grunde von der andersten Wichtigkeit, und diese kann, nur dann- erhalten werden, wenn der Poster von..
Trier behauptet wird, oder» da dieses nicht zu verbürgen seyn dürste» wenigstens ein starkes Corps auf
dem Hundsrnckisi, um dem Feinde das wertere Vordringen auf Coblenz unmöglich zu machen.,
. Nach aller Wahrscheinlichkeit ist dermalen zwischenMannheim und Basel am wenigsten zu besorgen, vielmehr ist. zu. vermachen, daß der Feind seine Offensive-
gegen die Armee des Prinz m von Coburg und gegen die Preussische Armee des Feldmarschails von Möllen-.
dorf mit Nachdruck fortsetzen werde. Die Hauptsache
ist also, zwei starke Corps zu bestimmen, eins, uw, auf dem Huudsrück zwischen der Mosel und dem Rhein-
Zu. agireu, Coblenz zu decken, und allenfalls durch Detaschements und mit drohenden Bewegungen den.
Feind zu verhmdcrn, am linken elfte der Mosel gegen Coblenz vorzudrnigen-, und den allenfalstgen Rückzug
des Prinzen Cvhurg. zu erleichtern; das andere Corps hingegen müßte Mainz decken, und so stark seyn» daß.
es das Terrain, wo jetzt die Prmssssche. Armee stehen
rZZ. ft längs behaupten könne, bis den Feind es mit einer entscheidenden Ueherlegenheit zum Rückzüge zwinget;
zuletzt aber müßte es doch uoch im Stande seyn, reine
Stellung unter den Kanonen von Mainz zu nehmen,, und sich daselbst zu behaupten.
Die Preussische Armee ist nicht stark genug, um
Heide Corps zu fvrmiren. Man ist daher übsreiugekommen, daß von dieser nur das Corps des Erbprins
zcn von Hohenlohe zur Deckung von Mainz stehen
bleibe, und mit 182.00 Mann k. k. Truppen von der Armee des Herzogs zu Sachsen-Teschen dadurch ver-
stärkt werden solle, daß zn dem dermalen Beujows-
kyschen Corps annoch 8000 Mann stossen.. Dieses Corps von Zoooo Mann würde unter Kommando des Herrn Erbprinzen von Hohenlohe in seiner Eigenschaft
eines Reichsgenerals der Kavallerie stehen; gedachter
Herr Erbprinz hingegen an Se. K. Hoheit den Reichs-
generalfeldmarschall angewiesen bleiben. Mir dem
übrigen Theile der K. Pr. Armee will sich der Generalfeldmarschall rechts gegen die Mosel ziehen, die Deckung von Coblenz- übernehmen, und im widrigsten
Falle Truppen in dem Posten der Cartbause stehen lassen, wenn dagegen der Prinz von. Coburg eine Besatzung in Venlo laßt.
Pz
234 Bei der Überlassung der zur Deckung von Mainz bestimmten 18000 Mann wird sich von kaistrl. kon-gl. Se-Le bedungen: i) daß, wenn Mannheim angegriffen
wird,. Se. Durchlaucht der Prinz von Hohenlohe mit
ihrem ganzen kvmbimrten Corps d'Armes auf dem Unken Rheirutfer gegen den Rhein vorrücken, nachdem
Hochdi-.-selben zur Deckung von Mainz, nebst den da
befindlichen ro Compagnien Preußen, und Z EhnrMKinrischen Regimentern, auuoch 2 K. K. Bataillons,
oder so viel als es der Herr Erbprinz den Umstanden angemessen findet, zmäckgelassm haben werden.
2) Daß, wenn nnbezweiselte Nachrichten vorherig
den, daß der Feind den Rhein über Mannheim passi-
ven wolle, es also zu verum wen ist, daß er nicht zugleich eben so stark gegen den Feldmarschall von Mel-
lendorf und den Erbprinzen von Hohenlohe bleiben werde., man k. k. Seils berechtigt sep, den erforderli-
chen Thell oder das ganze Corps von 18002 Mann zur Vectheidigung des Lberrhcms zurück zu ziehen. Ungeachtet der Herr Feloms'.schall von Möllendorf durch
ferne Stellung auf dem HunLsrück, ssoblenz besonders
zwischen dem rtchlcn Usch der Mosel und dem Shmr
deckt, so sollen. Mch die. nach Coblcnz bereits beor-
derten 2 Bataillons Cölln er, 240 Manu Kavallerie vsrr Münster, mch die 2 Kreisregimemer Zwcpbrück
2ZZ
und Solms-Braunfels für die Position von Cobleyz bestimmt bleiben, und darneben gleich den Besch! er-
halten, die Chaussee bei Wittlich an den Deffilses bei
Martinsthal und der Oelsbach zu besetzen. Der Gc^ .ueral der Kavallerie, Baron Blankenstein, wird belehret, daß er sein Reservegefchütz dermalen gleich nach
Wirtlich sende, um, wann diese Neichötruppen da anlangen, auf die eben benannten Posten verwendet
zu werden. Gedachter Herr General erhalt noch von hier aus den Befehl, wenn er gegründete Besorgnisse
hat, von einem überlegenen Feinde angegriffen zu werden, sich, ohne den Angriff abzuwarten, mit den
bei sich habenden Z Bataillons Infanterie, a. Compagnien Croaten, und z Cscadrons Cavaüerie m die bei Wittlich befindlichen Posten Zurückznzffhen, diese, si-
lange, wie mhglich, zu behaupten, im äussersten Falls
aber sich mit seinen und den ReichStruppcn m dis zwischen dem linken Ufer der Mosel und dem Rhein vor Coblenz befindliche Stellung zu setzen, und diese
auf das hartnäckigste zu behaupten. Um jedoch der Festung Luxemburg dis erforderliche Garnison zu vem
sichern, und den General der Cayallerie Blankenstein
in der: Stand zu setzen, die Verbindung mit dem Prinzen von Eoöurg auf den: linken Ufer der Mosel M
erhalten, wäre es nc-lhwerrdrg, daß Se. Durchlaucht
HZ 6
der Feldmarschall Prinz von Coburg dem dermalen sich
an der Ourte befindlichen Feldmarschalllieutenant von
Melas beföhle, von Durbay näher nach Luxemburg, mithin nach Bastonge zu rücken, und seine ihm nur lästige Reserveartillerie an den Herrn General der Kavallerie von Blankenstein nach Trier zu senden; so wie der Herr Genera! von Blankenstein den Befehl von hier-
aus erhalt, seine Stellung bei Trier nicht unnbtbigcrr
weise zu verkästen: so wäre Feldmarsthalllieutenant von Melas ebenfalls zu belehren, daß er in Bastonge
bleibe, bis ihn der Feind verdränge, oder bis der General von Blankenstein von Trier wegräcke, dann aber in die Festung Luxemburg, oder vor dieselbe, nach
Anweisung des Feldmarfchalllieutenanrs Bender, mit
der Infanterie und zvo Mann Cavallerie marschiere,
den Uebcrrest der Cavallerie hingegen nach St. V«L und Hildesheim sende, damit sie der General der K. von Blankenstein zur Erhaltung der Communications-
kette zwischen der Coburgischen Armee und seinem Corps verwende.
Durch diese Verabredung zwischen beiden Armeen
des Herzogs von Sachsen?Teschen, und des Feldmar-
schalls von Möllendorf wird die Mosel, der Posten von Coblenz, und das Terrain zwischen dem rechten Ufer der Mosel und dem Rhein gedeckt; und zu nreh-
2Z7 rerer Versicherung des Hundsrücks , hat der Herr Herzog vo» Sachseu-Teschen von hier aus veranlaget, daß das zu Trier stehende Churtrierische Bataillon, die
2 Compagnien Feldjäger, und das Commando des Mitrowskyschen Hauptmanns Schulz, bei der Retraite
des Generals Blankenstein aus dem rechten Ufer dev Mosel an den General Köhler angewiesen bleiben solle,
um mit der armirten Landmiliz, diese Gegend zu besetzen; dagegen wird aber bedungen, daß das Churtrier
rische Bataillon nebst den Feldjägern, immer als ein Theil der Besatzung von Ehrenbreitsiein betrachtet werden sollen.
St. Durchlaucht dem Prinzen von Coburg bliebe auf diese Art Las Terrain zwischen dem linken Ufer der Mosel, und der Maas zu beobachten, mithin Unverständlich mir dem General der Cavallerie von Blankenstein diejenigen Vorkehrungen zu treffen, welche zur
Sicherheit seiner linken Flanke und seines allenfalstgen
Rückzuges uorhwendig sind; wobei jedoch als ausgemacht angenommen wird, daß das Corps des General
Melas unabänderlich zur Besatzung von Luxemburg gehöre.
Man setzt zwar seine ganze Hoffnung auf die Mög-
lichkeit, die Maas zu behaupten: sollte aber, wider
Vermuthen, der Prinz von Coburg geuvthigt seyu.r
diese Stellung zu verlassen, so ersuchen ihn desHerzogs
K. Hoheit sowohl, als der Herr Fcldmarschall von
Msllendors Ercellenz dringend, bei seinem etwaigen , Rückzüge auf dasjenige Memoire Rücksicht Zu nehmen-
weiches demselben unter Einem zugesertiget wird, und
worin die Stellungen bestimmt sind, in denen der Prinz noch so lange Widerstand thun> Und den Verr theidigungskrieg mit Vvrtheil führen kann, ehe er dein
Gedanken Raum läßt, über den Rhein zu gehen. Wäre das letztere aber gar nicht mehr Zu vermeiden, als wodurch der Rückzug der Preussischen Armee über
den Rhein ebenfalls nothwcndig gemacht würde; so Wird hiermit festgesetzt, daß alsdann die Armee des -Prinzen von Coburg den Rhein bei Cölln passren, und diesen Fluß zwischen Bonn und Wesel, die Preussische
Armes aber selbigen zwischen Bonn und Gernsheim, die cömbinirte Rsichsannee hingegen diesen Strom bis
nach Bast! decken würde, und daß alsdann alle in Coölenz befindliche Reichötruppen, und jene des Ge-
nerals von Blankenstein, in die Garnison nach Mainz zu stehen kommen. Da bei diesem Rückzüge die Ver-
pflegung der Armee zwischen Bonn und Wesel mit großen Schwierigkeiten verbunden styn würde, wenn
Lnan versäumet hätte, vorher die nöthigen Magazine AM rechten Ufer anZttlegen; so wird, um keine Zeit zu
verlieren, der Herr Reichsgeneralkrkgscomwistair, Feldmarschalllieutenant Baren von Lilien- sich vorläufig mit dem >K. Preussifthen - Feldkriegscommissariat
über die Mittel, wie diese Verpflegung aus den Kön. P. Wesiphalischen Ländern erleichtert werden könnte,
mit dem Herrn Gcnerallrcurenant Gras von der Schm
leuburg Ercelleuz zu vernehmen haben; der Gcneralkricgskommissaw der Cobürgischcn Armes aber, dem dieses Geschäft völlig obliegt, wird wohlchun, sogleich Commissarien abzuschicken, um die mit der Totalitär zu vereinbarenden Massregeln Zu nehmen»
Nachtrag» Es wurde in der Versammlung die Frage aufgewörs
fen, ob Mainz, wenn es ganz eingeschlvsscn, odrk nur dann, wenn es am linken Rhemnfer angegriffen würde,
in unsrer dermaligen Verfassung verteidiget werden
könnte? Gleich in der Confcrenz vom agten dieses,
wurde der erste Fall als unmöglich verworfen, der zweite hingegen als unabänderlicher Gruudsa^ angenommen, nnd beschlossen, daß nach diesen Verhältnissen
die Verschanzungen von Castei lästig und schädlich schon,
mithin rassirr werden müßten.
Die Versammlung beschloß ferner: daß für das Hvhenlohische Zur Deckung von Mainz bestimmte Corps
2H0 von ZOOOV Mann nach Anweisung des Hrn. Erbprin-
zen sogleich ein Lager an der Selz, und ein zweites unter Len Canonen von Mainz verschanzt werden sollte.
Daß es ferner bei den Beschlüssen vom 2g. dieses sein Bewenden habe, und daß man unter die für diesf Festung aufzubringenden Mittel rechnen könne:
Die Armirung der erercirten Bürger zu Mainz; Die Armirung der dasigen Studenten ;
Die Armirung der Rheingauer Schützen;
Die Stellung aller in der Disposition des Herrn Kurfürsten stehenden Landmiljzen.
Die genaue Untersuchung der vielleicht von den Franzosen zu Canoniers geübten Bürger.
Dre Aushebung von goo Mann aus dem Mainzer Contingent, welche zu Artillerichandlangern abgerichter werden.
Den Auszug vom zehnten Mann bei jedem Reicher
bataillon zu eben Diesem Ende, wobei sich verstehet,
daß jener, von den für Eoblenz bestimmten Reichstruppen auf die Festung Ehrenbreitstcin kommender Auszug, der zur Artillerie Geschickten, aus den kaiserl. königl. Grenzregimentern und dem Condeischcn Corps
mit inbegriffen sev; Endlich die mögliche Abgabe von Königl. Preussis.
Seite,,,
A lbre ch t.
24 L
Ob ich zwar mit dem Inhalt des Me Moires vollkommen einverstanden bin, und alles darinnen Gesagte
den Umstanden nach -ganz passend finde, welches ich durch meine Namcnsuutcrzeichnung zu erkennen gegeben
habe; so sehe ich mich dennoch geuöthiget, folgenden Separatartikel diesem Memoire anzuhangen, auf dessen Anerkennung ich antragen muß.
Da ich den Nebergaug des Prinzen von Coburg über dm Rhein für das größte Unglück ansehe, wovon dieGr'ündeattznführcn zu weitläuftig (der wichtigste
aber der, bei Verlust der Benutzung des Rhemstroms
entstehende Mangel an Subsistenz für die Armee ist,
auch die Entblößung der kömglichen Provinzen am Unken Rheiuufer nach sich Ziehen muß); so bin ich ge-
nbthiget, in allem Betracht, als erste Bedingung dieses Evucerts die Behauptung des linken Rheinufers von Seiten des Prinzen Evdurg anzuschen; fonstwürde ich mich von den Verbindungen lossagen müssen, und
durch Entblößung der königl, Provinzen mich gezwungen sehen, mir der unter meinem Cvmmaudo stehenden
Armee die hiesige Gegend zu verlassen, und nach dem Niederrhein zu eilen,
von Möllcndorss
Awel't erTheil» A
242
Kap. XI. Preußischer Rückzug nach den Osthofer und Oppenheimer
Hohen. Rheinüberzang eines Oestreichischen Korps
-'Armee von loovs Mann unter dem F. M. L. Benjowsky. Lager bey Dürkheim und Westhofen. Rekognvscirung und Gefechte bey Mannheim» Vorrückung an die Prümm und Bewegungen gegen Lautern und
St. Wendel. Die Moselarmee der Franzosen unter Mo eau erobert Trier. Bewegungen der Preussischen
Armeen diesen Posten wieder zu erobern. Kleiner Krieg am Rhein und in dem Gebürge. Betragen des Feindes bei seiner dritten Invasion in die Rheingegcnden. Verbrennung der Stadt Kusel.
9?ach dieser Uebereinkunst der verbündeten Feldherru
der Armeen am Rhein hatte also die preussische Armee
die Vettbeidlgung des Landes zwischen der Mosel und
der Nahe übernommen, und sich nächst der Deckung von Koblenz auch zu der Offensive anheischig' gemacht,
um die Generale Blankenstein und Melas in der Vertbeidigung des Postens von Trier nachdrücklich zu unterstützen.
Der Feind sammelte feine ganze Stärke in der Ge-
gend von Trier. Noch war cs Zeit Trier zu retten.
243 welches nur von kleinen Corps vertheidigt wurde; die ganze preussische Hmrptarmce mußte die Positionen auf
dem rechten Ufer der Mosel besetzen, da Trier nur durch
seine feste Stellungen, wozu aber viel Mannschaft und Geschütz erfordert werden, ein fester Posten iss
Auch durfte nicht lange gezaudert werden, um dem
bedroheten Trier zu Hülfe zu kommen. Die dabitt geeigneten Truppen sollten mit forcirten Märschen Nach
ihren Bestimmuugsörrern abgehen, wenn der Entwurf nicht eine leere milttairische Farce bleiben solle?
Der Feldmarschall von Mellendorf ließ auch sogleich
die Hauptarmes gegen Lautern sich vorbewegen, und der Erbprinz von Hohenlohe conzentrikte sich noch mehr
gegen Mainz, auf den Osthofer und Oppenheimer Hös
hen, das versprochene Corps von iOOQo Mattn, welches bei Rheindürkheim über den Rhein gegangen war,
folgte, um der Armee des Feldmarschalls ihren unmits
telbaren Anthei! an der Vertheidigung von Trier zu erleichtern, und eigentlich möglich zu machen.
Der Herzog Albert, überzeugt von der Gefahr, welche für Trier vorhanden sey, beschleunigte mit patriotischem
Eifer die Detaschirung mehrerer Truppen, welche 'dann auf den 27ten Julius und folgende Tage ebenfalls bei Rheindürkheim den Rhein paffirtett, und das selbst nebst dem wieder vorgerückten Benjowskpschm
L2
244 Corps ein Lager bezogen. Der Erbprinz von Hohen!ohe bezog zu gleicher Zeit ein Lager bei Westhofen,
da ihm diese Vorrückung theils durch die erhaltene Verstärkung möglich, theils durch die Bewegungen der Hauptarmee nöthig gemacht wurde.
Da der Feind die Absichten der Verbündeten am
Rhein — dem Posten von Trier mit Macht Zur Unterstützung Zucilen zu wollen, bald erriethc, so säumte er
auch nicht lange einen so feinen, als wohl berechneten
Gebrauch davon zu machen. Mannheim war nemlich nur durch ein reke- 6s pom und dieses durch Fleschen geschützt; da es dem feinen Auge des französischen In-
genieurs nicht entgangen war, daß man aus diestn Fleschen ein Bombardement auf die Stadt nicht verwehren kann, die Verbündeten aber viel darauf rechnen dürften, und deshalb ihre besten Truppen gegen Trior und zur Besatzung der von der Hauptarmee der Preussen verlassenen Posten gebrauchen mögten, so wurde die Rheinarmee angewiesen, diese schwach ge-
gründete Defensive zu chikaniren, welches um so sichrer ausführbar zu seyn schien, da der Anstützungspunkt
für den linken Flüge! der Verbündeten unbeträchtlich 4md man nur durch Demonstrationen das Detaschiren zu verhindern gememt war.
245 Der Feind unternahm deshalb unter dem Zi. Jul. eine große Rel'ognoscirung gegen die Rheinlchanze bei
Mannheim. Nachdem er sich bis 8 Uhr mit Plänkeleien und Kavallerieattaken beschäftigt hatte, rückte ec
mit 6aos Mann, worunter 16 Eskadrons Kavallerie waren, bei Mundenheim vor, fuhr Geschütz auf, und wagte sich mit der Kavallerie bis an die Fleschen.
Graf Wartcnsleben ließ ihn zwar heftig kanoniren,
und hatte zu seinem Empfange die besten Anstalten getroffen; allein die ernstlichen Feindseligkeiten unter-
blieben , und der Feind zog sich gegen Abend wieder
zurück. Der Feind hatte freilich damit nichts gewonnen , indessen rückte der Erbprinz von Hohenlohe doch
an die Prümm vor, nahm sein Hauptquartier in Pfed-
dersheim , und poussirte seine Vorposten bis gegen Frankenthal um in der Nähe zu seyn, wenn etwa der Feind ernstlichere Absichten sollte blicken lassen.
Die Preussische Hauptarmee zog sich indessen immer
mehr gegen den Hundsrücken, Graf Kalkreuth schloß
sich an das Kohlerschc Corps an, um mit vereinter Kraft dem bedroheten Trier zu Hülse zu eilen. Allein die HülfscorpS kamen zu spat.
Schon unterm 6ten August war Moreau durch kühne und wohlbercchnete Märsche dermassen gegen den Posten
von Trier im Anmarsch, daß er vermittelst eines leb»-
2^6 haften Gefechts sich des Postens von Remich bemei; stert, die Truppen unter dem Obristlieutenant la Morte
von Oettringeu nach Luxemburg gedrückt, und bis an dle Straße von Gravemachern seine Vorposten vvrpous-
sirt, mithin die Kommunikation zwischen Luxemburg und Trier abgeschnitten hatte. Da die Republikaner den folgenden Tag schnell gegen
Gravemachern vvrrückren, um der Stellung bei Merz-
kirchen die Flanke abzugewinneu, so mußte sich der Graf Mercandin an die Consarbrücke ziehen, und die Position zwischen Saar und Mosel aufgeben. Blankenstein machte die treflichsten Vorkehrungen, pm den Feind nut Nachdruck abzuweisen, aber er hatte
zu wenig Mannschaft, um die komplizirte Stellungen,
welche Trier verrhejdigen , gehörig zu besetzen, und zur Offensive fehlte ihm vollends alle Möglichkeit, da
das Kalkreuthische Korps noch zu weit entfernt warAM den Feind zu schrecken.
Auf den Sten August erschien hierauf der Feind in
Mehreren Kolonnen, formirte sich vor den Pellingex Verschanzungen mit großer Macht, brach in diesem
Augenblick durch das Thal von Emmel durch , harre
also die rechte Flanke gewonnen, und in der linke« sianden zur nemlichen Zeit ZOOO Mann.
Diesep rasche Angriff, womit er die so wichtige Pcllinger Verschanzungen gleichsam umschlossen batte,
brachte Verwirrung unter die Oestreicher, und der Feind
hatte zu viel Blut schon in dieser Gegend verschwendet,
als daß er nicht mit dem Aufgebot seiner leidenschaft-
lichsten Anstrengung jetzt halte von seinen günstigen
Aussichten Vortheil ziehen sollen. Wnthend stürzten sich daher die Republikaner auf das kleine Haustein; von allen Seiten umrungen, die Position durchbrochen,
erstürmt und umgangen, kämpften nun die braven Helden um den Rückzug, der ihnen auch noch bestritt
reu werden sollte. Die Kavallerie der Republikaner hieb nemlich in die Infanterie ein, und schon war es
um sie geschehen, eben wollte sie unterliegen, da sprengten aber mit unvergeßlicher Bravour 2 Escadrons des vorrresiichen GrafWurmserischen Husareuregiments
unter der Anführung des Obristlieutenants Barbaczy,
auf die ^feindliche Kavallerie ein, warfen dieselbe, hieben ein, gestatteten der zerstreuten Infanterie sich
wieder zu sammlen, eroberten die verlorne Kanonen
zum Lcheil wieder, und deckten fo den Rückzug des Blankelcheinischen Korps.
Kaum hatten sich die Republikaner der so wichtigen
pcllinger Verschanzungen bemächtigt, als sie nun auf den Posten an der Consarbrücke eindrangen, und den-
-Q 4
248 selben auf der Straße nach Matlbeis abzuschncidenfuchs-
teu. General Melas hielt ibn aber von dieser Straße
ab, und Graf Merkandin hatte Zeit gewonnen, sich zurück zu ziehen, ehe ihn der- Feind aus dem Mannebacher Thal angreifen konnte.
Blankenstein deckte nun den Rückzug der verschiß denen Corps auf dem Gerskellerund Karthcuser Berge,
welches um so wichtiger war, da der Feind den Posten von Wasserbillich mit einer wahrhaft fürchterlichen
Artake erobert, und dieses Commando nut gros.nr Verluste an Menschen und Geschüz geschlagen batte. Die Nackt fetztL endlich dem siegreichen Vordringen
der Republikaner Grenzen; Blankenstein verließ Trier,
der Feind zog siegreich ein; staatliche Corps ans dem linken and rechten Ufer zogen sich zurück in die Stellung
von Kaisersesch und Montroyal, wo sich die Preussen
ünfchlossen, und Graf Kalkreuth m Wiesweiler fein Generalguartier nahm. Dieser für die Angelegenheiten der Verbündeten Machs
Le so empfindliche Verlust mußte schon um deswillen
ftden Sachkundigen m Bestürzung setzen, da die Fol-
gen davon nicht zu berechnen waren. War aber je ein Zeitpunkt in dem ganzen Kriege, wo die Verbündeten. auf das innigste miteinander einverstanden allen
Kräften hatten ambieten sollen, um diesen für die
49 Deckung des linken Rheinufers in Hinsicht auf Mann-
heim, Mainz und Lnremburg, so wichtigen PostenDon Trier dem Feinde wieder abzunehmen, 'und sich an der Mosel zu behaupten, so war es dieser. Allein-—-
irrt sich der Beobachter nicht, so muß er in der lieberficht der Anstalten und Bewegungen Zur Wicdererobe-
nrng von Trier manches für wenigstens räthselhaft und au stallend erklären. Denn während sich der Feind
auf dein Marcusöerg fesisezte, und diesen Posten sehr
verschanzte, sollten bald Preußen bei Wittlich stehen,
bald bei Trarbach die Mosel passiven; die Pontons kamen an, wurden über kurz oder lang wieder abge-
führt, Verschanzungen angelegt, wieder rasirt, und zum zweitennurl wieder angelegt! Wenn sich such hier-
über der gelehrte Krieger, der Geweihte in den Opera-
tioaSplaucn des Hauptquartiers, Aufklärung zu geben
vermag, so vermag es nicht so leicht der Beobachter, der aus dem wichtigsten Gesichtspunkte rechnet, und den rascheri Gebrauch der vorhandenen Kräfte fordert,
weil es eine Angelegenheit betrifft, die über das politische und militärische Verhältnis Deutschlands entscheidet.
Wenn uns daher die Bewegungen der Verbündeten
an der Saar und Mosel weniger auffallendes und groß §es während dem Monat August darbieten, und nur der
ÄZ
2Z0 alte graue Bender im Hintergründe durch seinen glän-
zenden Ausfall aus Luremburg unterm 2vten worin er dem Feinde Menschen kostete und Kanonen und Le-
bensrnittel wegnahm, ja sogar seinen Rückzug von Ha-
zenradt nach Trier bewürkte, unfern bangen patriotischen Wünschen schmeichelt — so überrascht uns der
kleine Krieg am Rheine um so mehr, weil er sich wenigstens durch brapourvolle Thaten und Züge des muthigsten Unternehmungsgeistes karakterisirt, und mithin
unsere Spannung mehr erhalt, als der kalte Blick auf das Gewirre durchkreuzender Märsche, wo das Große
durch fruchtlose Anstrengungen mißstellt ist, und bei
allem Kraftaufwand des Taktikers uns nur das Kämpfen und Ringen in Anspruch nimmt, unsere Geduld
darum ermüdet, weil wir den heiß erwünschten Entwurf, zur Erreichung unserer Wunsche statt sich dem Ziele nähern — sich davon immermehr entfernen sehen.
Der Feind war bei Mannheim jeden Tag unruhig; er allarmirte die Garnison, plänkelte mit den Posten
hei Mundenheim, und unterhielt sich während der Defensiven der Verbündeten, mit dem nutzlosen Mord-
krieg auf den Vorposten, wobei er fast jedesmal seine
Absicht—die Gegenden des platten Landes zu fouragieren, erreichte.
2Zl Mehr Schwierigkeiten hatte hingegen der Feind tie-
fer hinab gegen die Prümm, nnd an dem Gebürge zu bekämpfen, und hier verdienten sich die tapfer« Man?
ner Blücher, Karaczay, und Wolfrath, durch ihre bravourvolle Wachsamkeit den Dank des leidenden Landmanns, indem sie oft den Feind harr für feine Ungerechtigkeiten straften,
So griff unter andern der tapfere Blücher mit seinen Husaren und den braven pfälzischen ChevaurLegers auf
den i/ten August den Feind auf der Höhe von Wat?
tenheim an, und schwer fiel der rächende Arm des Pfälzers auf die feindlichen Grenadiers, welche aufmar-
schirt waren, nm eine Fouragjerung in Hettenheim Md Eisenberg zu decken, . Bei Eppstem mußte der Feind auch die Gewandtheit
dieser Feldherrn, und das unübertreffliche Manoevre der Preusifchen und Destreichischen Kavallerie zu seinem
großen Nachrhcil anerkennen. Die feindliche Kavalle-
rie 2YO Mann, hatte zwar anfangs die Deutschen PM trouillen und Feldwachen geworfen, und sich an dem
Frankenthaler Kanal formirt. Allein die Vecsayische und Wolffrathikche Husaren von ihren Regimentern
verstärkt, griffen den Feind an, und warfen ihn über die Brücke; und als er sich nochmalen sammelte, so hier
ben die Preussen und Oestreichsr ein, uud machten
2Z2 6o Mann und 2 Offiziers zu gefangnen. Auch überfielen Wolfrath und Blücher den Feind in Freinsheim
bei einer Fonragierung, zerstreuten ein Lager bei Kalstadt von zoo>o Mann, und Zerstörten die äugefaugenen Verfchanzrurgen,
So Heldenm ^hig aber auch diese detaschirten Corps,
so viel wie möglich den armen Landmann gegen die Räubereien schützten, und so sehr sie den Feind auf
allen Punkten im Respekt Zu erhalten wußten, so litte doch daS eroberte und vom Feinde besttzte Land unaussprechlich, und zwar um dieses rächenden Schutzes
willen, da der Feind über seinen Verlust wüthend, summ Groll den Bürger empfinden ließ, und sich Zu einer
Art von Rache berechtigt hielte.
Die Franzosen betrugen sich zwar bei ihrvr dritten
Invasion im Ganzen menschlicher; d ie AusleerungsKommission, wwlche unter der RoberSpicrrischcn Tyrannei ihr Wesen in Feindes Land auf eine so grausame und
empörende Weise trieb, hörte auch auf — die VolksRepräsentanten schauderten selbst über die verübte Barbareien in diesem schönen Lande, und versuchten
den Konvent zum Mitleiden zu bewegen. Merlin von Thionville hat sich mit diesen menschlichen Gesiiunngen
ausgezeichnet — aber bei der Moselarmee lebte noch
ein Ungeheuer, das im Geiste des gräßlichsten aller
25 3
Tyrannen — Roberspierres — nur auf Verderben und Menschenelend raffinirte.
Der Name H entz wird dem Bewohner des glücklichen Himmelstrichs zwischen Mosel und Rhein so neu
bleiben, als der Name Melac dem Pfalzer noch nach
hundert Jahren »reu ist» Er —- der fühllose Barbar, vernichtete mit einem Federstrich das Glück von 2220
Menschcir. Die Stadt Kusel loderte auf seinen Be-
fehl in Flammen auf; General Renand mit seiner Division Hütte diesen schrecklichen Befehl zu eregniren; der Republikaner beschimpfte sich durch die Plünderung
des unglücklichen Städtchens; grausam wurden die
Klagen der Schwängern und Säuglinge verhöhnt, fühllos und unmenschlich der Jammer so vreler Unglück-
lichen mchts geachtet, weil der Repräsentantnicht
der gutmüthige Soldat — es so haben wollte. Man
hatte Kusel den Vorwurf gemacht, daß cs Affignatenfabriken in seinen Mauern geduldet habe. Wex schaudert nicht über eine so unmenschliche Strafe ? Wer
flucht nicht dem Unmenschen, daß er den Namen Fran-
zose , den Vertheidiger des Rechts und der Menschheit, wie ihn der Convent angekündigt hat, so tief mit einer unvergänglichen und ewigschreienden Ungerechtigkeit gegen die Menschheit beschimpfte?
2Z4 Doch in diesem Augenblicke blutete ja der Tyrann
tn Paris für seine Greueltharen; Pichegrü verdiente
sich mit den TallieU, Bourdon deL'Oise, LeCointre, Boissy, und Merlin Vie Bürge-kröne, den göttlichen Ruhm, sein Vaterland von den Tyrannen befreit und die grausame Freiheit des Iacobinism zer-
stört zu haben. Es war ja nur nöthig, daß die Negierung menschlicher wurde, der Soldat war gut; nur Gesetz und Disciplin — und sein Ruhm war größer. Spuren dieses menschlichem Betragens findet mau
daher schon viele, bei der dritten Invasion der Republikaner m die rheinischen Reichslande; der Landmann kehrte wieder nach seiner Heimath zurück, und konnte
doch wenigstens darauf rechnen, daß man ihn zwar erobern, aber doch nicht mehr wie vorher zerstören wolle.
Lieser Moment in dem Französischen Freiheitskriege
war zu wichtig, als daß wir seiner nicht erwähnen sollten; und nun können wir wieder nach dem großen Schauspiel des Französischdeutschen Krieges Hinblicken,
nachdem wir die Republik als Erobererin auf mensch-
lichem Pfaden, und aus menschlichem Grundsazen waudlen und handlen sehen.
255
K a p. xit. Gefechte bei Trier, und Bewegungen der Verbündeten, diese Stadt wieder zu ervdern. Rheinübergang der Oeftreicher bei Rheindürkheim mit ioooo Mgnn unter
dem F. M. L. Graf WattenMben. Gefecht auf dem
Schotleberg. Treffen bei Fischbach. Vereinigung der
Rhein-uud Moselarmee in Lautereck, nachdem der An-
schlag auf Trier nicht statt haben konnte. Rückzug
der bei Trier und auf dem Hundsrück poftirten Corps nach Koblenz und Simmern, und Rückzug der Preuffen
unter F. M. Möllendorf nach Bingen und des Erb'
Prinz Hvhenlvhischen Corps nach Oppenheim.
§)ie Republikaner benutzten ihre erhaltenen Vorteile über die Verbündeten in den Niederlanden auf das Ve-
ste. Die vier eroberten Festungen, Valenziennes
Landrecy, Conde und LeOuesnoi fielen sehr bald, da sie sehr schwache Hoffnungen zum Entsaz hatten.
Die Oestreichische Hauptarmee hatte sich zwar an der
Maas festgesetzt, und, Ma stricht deckend von der Carthause bis Venlo eine fürchterliche Defensive formirt«
Allein die Nordarmee der Republikaner drang mit vielem
Glücke gegen Holland vor - ; gleiches System und die Mojoritat der Bataver erleichterten und rechtfertigten
sz6 ihre kühnen Schritte; Die Festungen, wofür Ludwigs
X!V. Krieger einst zitterten, wurden m:t einer Dichtigkeit bedrohet, und das ganze vermessene Wagestück
gegen ein Land wie Holland, auch so gleichgültig von dem Publikum ausgenommen, als ob es schon entschie-
denwäre, daß dem Republikaner kern Hinderniß in den
Weg könne gelegt werden. Jourdan mit der Maas und Sambrearmee umwölkte mit seinen siegreichen Schaaren unmerklich die Stellung der Verbündeten an
der Maas, und drohete mit dem letzten verzweifelten
Schlag, der nichts weniger als die Trennung der Verbündeten, und die Verdrängung der Oestreichcr von dem linken Rheinufer galt. Trier war genommen, bei Lüttich häufften sich die blutigsten Gefechte — und
waren di'e Verbündeten mit ihrem Anschlag ans Trier
nicht bald glücklich, so hatten sie in jedem Betracht nichts als schwarze ungünstige Aussichten, welche des
Feindes Schnellkraft nur zu bald erreichen und realisiren durfte.
Die Marsche der Köhler-und Kalkreuthischcn CorpS
zur Wiedereroberung von Trier waren wohlberechnet,
und mit vieler Terramkenntniß entworfen; aber sämt-
liche Truppencorpö hatten mit vielen Schwierigkeiten zu kämpfen, und ihre Verpflegung war die schwierigste
und bedenklichste aller Hindernisse, womit die Corps
257 auf dem Hundsrücken, denen alles auf Wagen mußte zugeführt werden > in den ausgeplünderten und vom
Feinde harr mitgenommenen Gegenden cm der Saar
nichts fand, zu kämpfen hakten-. Durch diese und dergleichen Umstande > so wie durch andere bis jetzt noch nicht aufgeklärte Ursachen, wurde der Anschlag
auf Trier sd langsam betrieben, daß der Feind sich während diesem Zeitraum beträchtlich verstärken, und
seine Position auf dem Manus- und Grüneuberg in den fürchterlichsten Vertheidigungsstand setzen onnte.
Der Feind war also nach einer dreiw chemüchen De-
fensive schnell wieder zur Offenste vermögend, und
jetzt war die Aufgabe -- Trier wieder zu erobern, UM so schwüriger, da man emen standhaften Feind innerhalb ferner kreflichen und mit vieler Einsicht angelegten
Verschanzungen angreifen und schlagen mußte, um Zn
dem Awecke zu gelangen, Nimmt man noch dazu, daß sich in eben diesem Zeitraum in Frankreich und cm
Len Grenzen alles vereinigte, um den Franzosen zu einem muthigen Krieger umzuschaffen, so wird es uns
kein Räthsel mehr seyn, warum aller Versuche ungeachtet die deutschen Angelegenheiten sich täglich ver-
schlimmerten. Der Convent benahm sich bei dem Sturz Rvberspierres und seiner bisher so fürchterlich
gewordenen Faktwn nm einer Energie, die in Crstau-
Zweiter Theill R
2Z8 rren setzt. Diese bisher uiedkrgetretene, ohnmächtige verlachte und verachtete Volksversammlung erhebt sich
plötzlich in dem Moment ihres tiefsten Verfalls, und steht in der erhabenen Majestät Frankreichs Nation reprasentirend als Gesetzgeberin und Beherrscherin der
Franzosen da. Freiheit — die wiedergekehrte Freiheit enthusiasmisirte nun um so mächtiger den empfindlichen
Franzosen, je tiefer und schmerzlicher er jezt seinen In-
stand und sein Schicksal unter Noöerspierre empfand. Mf der Tribüne wurde diese Freiheit der bessern Gesetz-
geber wieder begrüßt — in den Mauern dieses veränderten und würdigem Volksgerichts wiederhallte jetzt dieser stolze begeisternde Ausruf: „tzu'ils apprsnnem
„äone css Z^oZraplies poliu^uss, hus äans un „rrwis, ä un stZUal äorme par la Lonvetuion
^,N2tion2l6- les creareurs äanAsreux äs 1z ^n/ramüs - ces allies lr^pocrirss äss k.ois onr „peri 85 le rsrriroirs iraucais s'ell Z^ranäi au
,,^orä äs la ös!Zic;us äe la äVsllstanäre; „au kvlim, äs les boräs L äu kalaunar; au
„miäi, ä'une parüs rlu klemonr; aux ^ipss, „äss plus belles vallees; aux p^renees, äs la „(leräagne, äs la province äeOuipuscova; stur „l'Vcean ä^llemaZne, äetz Ports äs ^Lsuporr „Le ä'Oüenäe; sur l'Ocesn ä'Lspa^ne äuporr
259 „äupEZs Sc äe saim 8sbassiSn: Lt c;u'ils v!en-
„nenr enluirs vanter leurs troupes, leurs
„plans äs campSAne, Lc lurrour leur renZre ar-
„racbSmenr au Üon pour leurs bZsles lui>,)el8." Dieser stolze an Uebermuth grenzende Preiß der republikanischen Krieger müßte sie mit Verrichtung
füllen, und die Vorstellung von ihrem Werth und ihrer
Leberlegenheit erhöhen. Wie Mächtig müßte diese
Sprache den Republikaner an das Interesse seines
Vaterlandes binden. — 1.3 voilä Zone csrrs ke„publlyue 6 touvenr Luise en Probleme äans les
„Lonsells Zes kois erranZers, Zans Zes voeux „Zes ^riüocrares en Francs! l.a voila cerre na„rion appellee barbars psrce cju'elle veUr errs „libre Lr Zonr le rerrirolre Zevair etrs morcele
„psrraZe enrrs les volj — s courounes xaree
z^u'elle avair puni le tien!" — und seine Anhänglichkeit an die Sache der Freiheit ünd der Repu-
blik vermehren! Um Wie viel mehr mußte der ohnehin schön fanatische Republikaner für sein schönes Frank-
reich eraltirt werden, da ihm der Spott „ab! lans
„Zome les inZsnieurs — AeoZrapbss Zss Kols Zes Lmpsreurs ns connaiilsnr pas sncore „I'ecbelle Ze Proportion Zonr ss servsnr Zss „kcpubliLjuss äemoerari^ues L imxemsusss, R2
26a
UN so! Immenfü A Bertils, une
„pulnüon enorme, clöF lumieres 6e plntieurs „sicclsZ, je Aenrs 6e rous les urrs, les t'nvours „6e 1s vi