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German Pages 325 [328] Year 1995
Germanistik in Mittel- und Osteuropa 1945-1992
Germanistik in Mittel- und Osteuropa 1945-1992 Herausgegeben von
Christoph König
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Walter de Gruyter · Berlin · New York 1995
Eine Veröffentlichung der Arbeitsstelle für die Erforschung der Geschichte der Germanistik im Deutschen Literaturarchiv Marbach am Neckar Redaktion: Birte Giesler und Reiner Kornetta
® Gedruckt auf säurefreiem Papier, das die US-ANSI-Norm über Haltbarkeit erfüllt.
Die Deutsche
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CIP-Einheitsaufnahme
Germanistik in Mittel- und Osteuropa 1945—1992 : [eine Veröffentlichung der Arbeitsstelle für die Erforschung der Geschichte der Germanistik im Deutschen Literaturarchiv Marbach am Neckar] / hrsg. von Christoph König. — Berlin ; New York : de Gruyter, 1995 ISBN 3-11-014419-0 NE: König, Christoph [Hrsg.]; Arbeitsstelle für die Erforschung der Geschichte der Germanistik (Marbach, Neckar)
© Copyright 1995 by Walter de Gruyter &C Co., D-10785 Berlin Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Printed in Germany Einbandgestaltung: Friedrich Pfäfflin Satz und Druck: Arthur Collignon GmbH, Berlin Buchbinderische Verarbeitung: Lüderitz &c Bauer-GmbH, Berlin
Inhaltsverzeichnis CHRISTOPH KÖNIG
Eine Rekonstruktion nach dem Bruch
1
Geschichte, Wissenschaftspolitik, Kultur GERT RÖBEL
Das »sozialistische Lager« von 1948 bis 1990
9
PETER BACHMAIER
Die Wissenschaftspolitik in Osteuropa von 1945 bis 1993 . . . . R A I N E R ROSENBERG
Literaturwissenschaftliche Germanistik in der D D R
30 41
M I H Á L Y VAJDA
Die Bedeutung von »Mitteleuropa«
51
Die einzelnen Länder ALI DHRIMO
Deutsche Sprache und Deutschunterricht in Albanien
63
M I L O J E DJORDJEVIC
Zur Entwicklung der Germanistik an der Universität Sarajevo . .
71
PAVEL PETKOV
82
Zur Geschichte der Germanistik in Bulgarien
PENKA ANGELOVA
Erfahrungsräume erlebter Geschichte — Die Germanistik in Weliko Târnovo (Bulgarien)
92
R I T A TASA
Über die Entwicklung der Germanistik an der Universität Tartu (Dorpat)
99
Inhaltsverzeichnis
VI
VIKTOR ZMEGAC
Zur Geschichte der Germanistik in Kroatien
111
VALDIS BISENIEKS
Germanistik in Lettland
121
M I C H A E L H E I D B R E D E R / INA M E I K S I N A I T É
Zur Situation der Germanistik in Litauen
128
K A R O L SAUERLAND
Reflexionen zur polnischen Nachkriegsgermanistik
137
STEFAN H . K A S Z Y Ñ S K I
Methodologische Aspekte der germanistischen schaft in Polen nach 1945 .
Literaturwissen148
A N D R Z E J Z . BZDÇGA
Germanistische Sprachwissenschaft in Polen nach 1945 ANDREI
160
CORBEA-HOI§IE
Für eine richtige Auslandsgermanistik. Die Lage des Faches in Rumänien
168
ALEXANDER MICHAILOW
Zum heutigen Stand der Germanistik in Rußland. Ein vorläufiger Bericht
183
ROSTISLAW JU. DANILEWSKIJ
Zur Geschichte der Germanistik in Leningrad (Sankt Petersburg)
202
N I N A PAWLOWA
Die sowjetische Rezeption der deutschen Literatur des 20. Jahrhunderts
214
TOMISLAV B E K I C
Germanistik in Serbien
222
DAGMAR K O S Í Á L O V Á
Elemir Terray im Kontext der slowakischen Germanistik ANTON JANKO
Germanistik in Slowenien
. . . .
231 239
Inhaltsverzeichnis
VII
MILAN TVRDÍK
Die tschechische Germanistik nach 1945
248
ANTAL M Á D L
Deutsche Sprache und Germanistik in Ungarn zwischen Motivation und Gegenmotivation
256
Á R P Á D BERNÁTH
Das Wechselspiel zwischen Zentrum und Peripherie. Die Universitäten von Pécs, Debrecen, Szeged und die ungarische Germanistik
271
Anhang Germanistische Institutionen in den jeweiligen Ländern
287
Über die Autoren
301
Namenverzeichnis
307
CHRISTOPH KÖNIG
Eine Rekonstruktion nach dem Bruch Die Germanistik in Mittel- und Osteuropa seit ihren Anfängen ist für uns eine terra incognita. Nachrichten aus jener Welt waren in den letzten Jahrzehnten besonders schwer zu erhalten. Entweder wurden sie aus politischen Gründen zurückgehalten oder man verstand die Sprache nicht, in der sie vermittelt wurden, und konnte die Schrift nicht lesen, oder man durfte sich — wenn denn Nachrichten kamen und man sie zu lesen in der Lage war — auf die Informationen nicht verlassen. Die einfachsten Dinge sind deshalb wenig bekannt: wo Germanistik unterrichtet wurde, und seit wann, wie die Gelehrten und Dozenten hießen, was ihre Schwerpunkte waren, ihre Methoden und Leistungen, wo sie publizierten und in welcher Sprache, ob sie auf gute Bibliotheken zurückgreifen konnten, welchen gelehrten Vereinigungen sie angehörten. Nicht nur uns im Westen ist all das fast gänzlich unbekannt, sondern auch die Germanisten in den einzelnen Ländern wußten wenig voneinander, da die »sozialistischen« Staaten bilateral zu Moskau sich verhalten konnten, Freundschaften untereinander jedoch argwöhnisch verhindert wurden — wenn die kulturellen Unterschiede überhaupt den Wunsch danach aufkommen ließen. Bei allem Wissensdurst blieb nur die allmähliche Annäherung. Um wenigstens die Umrisse des Themas in Erfahrung zu bringen, tagte 1991 die Projektgruppe des Marbacher Arbeitskreises für Geschichte der Germanistik, bald darauf fand im Deutschen Literaturarchiv eine kleine Vorkonferenz mit einigen wenigen Kollegen aus jenen Landstrichen statt: aus Polen, Russland, Berlin und Kroatien. Und so wurde gemeinsam mit dem Institut für Auslandsbeziehungen (Stuttgart) im Herbst 1992 ein größeres Symposion veranstaltet. Der nun vorliegende Band über die Geschichte der Germanistik in Mittel- und Osteuropa seit dem Zweiten Weltkrieg geht schließlich über seine Vorgeschichte hinaus. Er erhebt den Anspruch, möglichst jedes Land nach aktueller politischer Landkarte vertreten zu sehen, auch wenn das zum Symposion wegen unzureichender Kommunikationswege, oder weil damals diese Welt noch nicht »so weit« war (etwa in der Tschechoslowakei oder in Teilen Jugoslawiens), nicht sein konnte. So enthält das vorliegende Buch Beiträge zur Ge-
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Christoph König
schichte der Germanistik in sechzehn Ländern: in Albanien, BosnienHerzegowina, Bulgarien, der D D R , Estland, Kroatien, Lettland, Litauen, Polen, Rumänien, Russland, Serbien, der Slowakei, Slowenien, Tschechien und Ungarn; einer Neuauflage muß es vorbehalten bleiben, auch über Makedonien und die Ukraine, woher uns trotz aller Bemühungen keine Antworten erreichten, zu berichten. Neuere Arbeiten zum kulturellen Gedächtnis belehren uns, daß die eigene Geschichte nach historischen Brüchen neu geordnet und rekonstruiert werden will. Weil gerade den Geisteswissenschaften eine kulturelle und identitätsstiftende Rolle abverlangt wird und weil die einzelnen Philologen mit ihrer Arbeit auch kulturelle Werte vertreten wollen, ist bei den hier vorliegenden fachgeschichtlichen Darstellungen zu bedenken, daß sie nach dem Zusammenbruch der sowjetischen Hegemonie und der kommunistischen Parteien im Land geschrieben und somit selbst eingebunden in dieses kulturelle Wirken sind. Aber das Besondere an unserem T h e m a ist, daß hier die kulturelle Rekonstruktion zu einem guten Teil darin besteht, sich von einer Periode zu lösen, in der das Fach ohne weitere Hemmungen und wissenschaftliche Skrupel in die Pflicht kultureller und kulturpolitischer Motive genommen wurde. Die neue, in den folgenden Beiträgen deutlich gewünschte Kultur, die man vielleicht besser eine »Wissenschaftskultur« nennt, setzt deshalb auf das Individuelle (gegen die Hegemonie) und auf Re-Philologisierung gegen die von der hegemonialen Macht erzwungene Parteilichkeit. Daher verflüchtigt sich in den Beiträgen zusehends das Thema, insofern es von einer Einheit der hier vertretenen Landes-Fächer ausgeht. Wenn Gert Röbel und Peter Bachmaier die politische, ökonomische und wissenschaftspolitische Entwicklung der Sowjetunion darstellen und von einer kräftigen Einflußnahme ausgehen, die Rückschlüsse auf davon betroffene Entwicklungen anderswo erlauben, so findet dieser Versuch, unterschiedliche Phänomene durch die Konstruktion einer allgemeinen Ebene zusammenzuführen und vergleichbar zu machen, und in der politischen Dominanz der Sowjetunion eben diese Abstraktionsebene zu sehen, in den Beiträgen keine reibungslose Resonanz. Beispielhaft dafür ist, wie oft in den Diskussionen der Tagung die zweifelnde Frage gestellt wurde, was das Wort »Sowjetisierung« eigentlich bedeute und ob es denn einen Sinn habe. Zu den Schwierigkeiten, denen jede Auslandsphilologie ohnehin zu begegnen hat (die Sprachkompetenz ist keine selbstverständliche Voraussetzung, die gesellschaftliche Rolle marginal, die scientific community der deutschsprachigen Länder weit weg), gesellte sich vielerorts der bewußt betriebene und bedrückend feindselige, historisch und politisch motivierte Entzug der Grundlagen germanistischer Arbeit: Auslandskontakte wurden unterbunden, Lehrstühle aufgelöst, die Sprachwissenschaft
Eine R e k o n s t r u k t i o n
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der (ideologisch gefährlicheren) Literaturwissenschaft vorgezogen, Karrieren nach politischem Wohlverhalten zugeteilt, die deutschsprachige Bevölkerung (in Rumänien etwa) vertrieben und anderes mehr. Man mag das Sowjetisierung nennen oder nicht: alle hier versammelten fachgeschichtlichen Darstellungen richten sich gegen die Geschichte dieser Jahrzehnte und sie tun das auf unterschiedliche Weise. Sie entwickeln Modelle und finden Zeugnisse dafür, Modelle, die so oder so, positiv oder negativ, die widrigen Umstände wahrnehmend oder bewußt vernachlässigend auf diese Bedingungen bezogen werden. Auch nach dem Bruch bleibt die neue Erinnerung an das Besondere des Bruchs gebunden. Resignation, Widerspruch und Z u k u n f t heißen diese Erinnerungen und sie mischen sich ordentlich, vor allem die Vorstellungen von Niedergang und H o f f n u n g nach dem Scheitern. Alexander Michailows Darstellung des Verfalls in Russland etwa läßt nur 5% der Literaturwissenschaftler gelten, deren herausragende Leistungen abseits entstehen konnten und sich dem Kampf der Einzelnen gegen das System seit 1922 verdankten, und nun, wie Michailow eindringlich schreibt, den großen marxistisch-leninistischen Rest verdrängen müssen: ihnen allein habe sich die Fachgeschichte zuzuwenden. Dem Verfall verwandt ist das schlichte Aufhören aus Protest, das uns aus Szeged (Ungarn) zugetragen wird, konstruktiv das Ende der Geschichte, die Andrei Corbea-Hoisie für Rumänien erzählt: w o das Abbröckeln bis zum Abbruch führt, und ein Neubeginn nur möglich ist, wenn das Fach sich nicht mehr auf die deutschen Minderheiten stützt, erhebt er die Forderung nach einer klaren Auslandsgermanistik. Neben den Verfall treten Erzählungen vom wahrhaftig heroischen Widerstand Einzelner, großer Charaktere und Persönlichkeiten (wie Gâlâbov in Bulgarien oder Terray in der Slowakei), die in einer uns nicht mehr selbstverständlichen Weise ihre Sache mit ihrer Person verknüpften, oder die, an besonders abgeschnittenen Orten, ihre Exzentrik entwickelten. Von anderswo wird dagegen standhaftes business as usual berichtet, mühsam aufrecht erhaltener disziplinarer Alltag (in Z a g r e b etwa, und in Polen überhaupt), dem der kontinuierliche Aufbau in Slowenien durchaus verwandt scheint, beneidenswert fast der fröhliche Neuanfang in Albanien am Tag der Tagung selbst. Die Kraft, diese Zeit zu überstehen, und die Lust weiterzuwirken beziehen viele aus einer länger zurückliegenden Vor-Vergangenheit: je länger die Geschichte ist, desto geringer wiegen die letzten Jahrzehnte. Deshalb enthält dieser Band nicht nur die Geschichte von 1945 bis heute, sondern eigentlich die ganze Geschichte von den — möglichst weit zurückliegenden — Anfängen an: Ungarn sei stellvertretend genannt, und Tartu auch. Für diese individuellen Reaktionen auf die allgemeine politische Lage gab es allgemeine Gründe, die nicht unbedingt politisch waren. Die geographische und kulturelle Entfernung von den Ländern des deutschen
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Christoph König
Sprachraums, insbesondere der D D R , Österreich und — in deutlich geringerem Maß — der Bundesrepublik Deutschland legt es nahe, die Auslandsgermanistik von einer Anrainergermanistik (das Wort prägte Antal Mádl) oder einer Inlandsgermanistik (Rumänien) zu unterscheiden. Die jeweils anderen Kontakte zu den Ländern der Muttersprache lassen sich auch nur verstehen, wenn man die kulturgeschichtlichen Traditionen mitbedenkt: Mihály Vajda erinnert an den großen mitteleuropäischen Kulturraum und daß dessen lingua franca — mit Ausnahme der letzten vierzig Jahre — Deutsch gewesen sei. Deshalb und aufgrund seiner Neutralitätspolitik figurierte Österreich als Brücke und als Alternative zur D D R ; als Symbol seiner Kultur- und Wissenschaftspolitik erweist sich das Warschauer Österreichische Kulturinstitut. Die Beziehungen zur D D R hingegen waren ungleichmäßig und konnten von fataler Nützlichkeit sein: nützlich, weil ihre Lektoren, Bücherspenden und Kongresse die Lage des Faches im Ausland lindern konnten, fatal, weil die relative Fremdheit im Land es den Auslandsgermanisten leichter machte, eine gewisse politische Distanz zu halten, wie dies kaum im Sinn der Germanisten aus Jena, Leipzig und Berlin sein konnte. Auch daß das Individuelle solche Bedeutung erlangen kann, hat einen allgemeinen Sinn. Regelmäßig werden in den hier versammelten Beiträgen die großen Figuren in den Mittelpunkt der Fachgeschichte gerückt. Die einen waren nur im Ausland groß, wie Zygmunt Lempicki, dem gegenüber die polnische Germanistik in der Schuld stehe (Karol Sauerland), da sie ihn bis heute trotz seiner Bedeutung und seines Todes 1944 im K Z Auschwitz nicht recht aufgenommen habe. Die anderen prägten und prägen das Fach; oft haben sie im Ausland studiert und die dort gewonnenen methodischen Einsichten an Generationen von Studenten und Kollegen vermittelt (wie gerne möchte man über den immer wieder angedeuteten Einfluß von Scherer, der Berliner Schule oder auch der Geistesgeschichte in diesen Ländern mehr wissen). Zu den bedeutenden Gelehrten gehören Karl Kurt Klein (Jassy), Otokar Fischer und Eduard Goldstücker (Prag), Konstantin Gâlâbov (Sofia), Zdendko Skreb (Zagreb) wie auch Viktor Zirmunskij (Sankt Petersburg), aber auch Beiträger zu diesem Band, die sich, wenn sie über ihr Land sprechen, eher zurückhalten, und deshalb an dieser Stelle genannt seien: Antal Mádl, Alexander Michailow und Viktor Zmegac. Soll man die Ideologisierung der Wissenschaft beklagen und daher vor allem anderen mit der internationalen Germanistik sich messen, oder einfach die kulturelle Aufgabe des Fachs im jeweiligen Land neu definieren, das heißt: zuerst überhaupt seine Aufgabe als kulturelle auffassen? Was als Bildungsdebatte die deutsche Philologie in den letzten hundert Jahren bewegt hat, bestimmt auch hier die Frage nach der »Auslandsgermanistik«. Zwei deutlich und engagiert vertretene Auffassungen lassen
Eine Rekonstruktion
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sich unterschieden. Die einen, denen etwa Victor Zmegac, Stefan Kaszynski und Pavel Petkov zuzurechnen sind, akzeptieren nur eine einzige Germanistik, deren Leistungen sich im internationalen Wettbewerb zu bewähren haben. Statt einer Germanistik im Land verlangen andere dagegen eine Landesgermanistik, die sich den nationalen Aufgaben, die ihr zukommen, stellt (so beispielsweise Karol Sauerland). Welche Unterrichtssprache man wählen soll (Deutsch: zugunsten der Sprachkenntnisse — oder die Landessprache, um das Niveau wissenschaftlichen Tuns zu heben und um Vertreter anderer Disziplinen zu integrieren), wie das Verhältnis von Sprach- und Literaturwissenschaft sich zu gestalten habe, inwiefern ein Germanist im kulturellen Leben, im Feuilleton, in öffentlicher Rede sich äußern soll, was unter einem »Germanisten« letztlich zu verstehen sei — an diesen Fragen scheiden sich die Geister. Werden die Standpunkte auch dezidiert vertreten, so würden sich ihre Vertreter zur Recht wehren, ordnete man den einen die Kompetenz zu werten, den anderen das Wissen zu. Dieses komplizierte Verhältnis soll hier nicht weiter bedacht werden, auch wenn es die wissenschaftsgeschichtlichen Beiträge dieses Bandes selbst betrifft. Denn der Geschichtsdeutung treten regelmäßig Daten in einer unverhofften Fülle zur Seite. Der Leser wird so an der neuen Identitätsbestimmung ebenso teilnehmen können, wie er selbst auch Wege in dieses unbekannte Land zu nehmen Lust bekommen darf: die unzähligen Namen von Gelehrten und Dozenten ordnen sich zu einer Landkarte, ebenso die Titel von Publikationsorganen, die Namen von Zeitschriften und Verlagen, Titel von Veröffentlichungen, dazu die nötigen biographischen, bibliographischen und institutionengeschichtlichen Ergänzungen, schließlich — wenn er direkt und heute das Gespräch suchen möchte — auch die aktuellen Bezeichnungen und Adressen der germanistischen Institutionen. Dank gebührt an erster Stelle dem Direktor des Deutschen Literaturarchivs, Ulrich Ott, und Reinhard Tgahrt, deren Neugierde die unsrige verstärkt hat, ebenso Erika Richter vom Stuttgarter Institut für Auslandsbeziehungen, die uns kräftige finanzielle Unterstützung vermitteln konnte und beim Knüpfen der Kontakte behilflich war; die Mitglieder der Projektgruppe des Marbacher Arbeitskreises für Geschichte der Germanistik rieten uns auf äußerst konstruktive und kollegiale Weise; zu Vorgesprächen waren unsere Marbacher Freunde Alexander Michailow, Rainer Rosenberg, Karol Sauerland und Viktor Zmegac eigens angereist, Stefan Kaszynski und Antal Mádl gaben manchen Hinweis; meine Mitarbeiterinnen Ilka Dobner und Karla Rommel setzten sich engagiert bei Planung und Durchführung des Kolloquiums ein, Birte Giesler und Reiner Kornetta redigierten diesen Band. Vor allem danke ich allen Beiträgern, und wünsche uns allen, daß dieses Buch jene vermittelnde Aufgabe erfüllen wird, die wir ihm zutrauen.
Geschichte, Wissenschaftspolitik, Kultur
GERT RÖBEL
Das »sozialistische Lager« von 1948 bis 1990 Mit dem Ende des Zweiten Weltkriegs begann in den Ländern Osteuropas ein gigantischer Transformationsprozeß, der dem sowjetischen Modell einer sozialistischen Gesellschafts- und Wirtschaftsordnung folgte. Es sollten nicht nur die agrarischen Gesellschaften in diesem R a u m modernisiert und ihre Entwicklungsdefizite überwunden werden, damit sie das sozio-ökonomische Niveau der westlichen Industriegesellschaften erreichten, sondern sie sollten — so die programmatische Zielsetzung — deren Entwicklungsstand letztendlich übertreffen. Osteuropa wurde daher einem tiefgreifenden Strukturwandel unterworfen, um all die politischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Probleme zu lösen, die diesen Raum seit Jahrhunderten belasteten. Dieser Transformationsprozeß ist mit hohen Kosten in allen Bereichen des öffentlichen und privaten Lebens verbunden gewesen. Er hat in einer Reihe von Bereichen der Bevölkerung beträchtliche Fortschritte gebracht, aber auch neue, drückende Lasten angehäuft. Die verheißene Erlösung der Menschheit hat er nicht näher gebracht, wohl aber viele Hoffnungen zerschlagen. 1 Bestimmt wurde dieser Transformationsprozeß von der Sowjetunion, die seit 1917 einem »sozialistischen« Modernisierungsmodell folgte. 2 Der Zweite Weltkrieg hatte das gesamte östliche und südöstliche Europa — mit Ausnahme Griechenlands — unter sowjetische militärische Kontrolle gebracht; Jugoslawien zeigte sich (bis 1948) als ebenso zuverlässiger wie militanter Weggefährte. Die Westmächte wurden de facto aus diesem Teil Europas ausgeschlossen, das ihnen in den Abmachungen von Jaita
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Grundlegend noch immer Gustav Wetter, Dialektischer und historischer Materialismus, Frankfurt/Main 1962. Die beste Überblicksdarstellung Georg von Rauch, Geschichte der Sowjetunion, 6. Aufl., Stuttgart 1977; zum Thema speziell Jörg K. Hoensch, Sowjetische OsteuropaPolitik 1945-1975, Kronberg/Taunus 1977; Gert Röbel, >Osteuropa unter der Herrschaft Stalins. Vom Tode Stalins zur Ära Breshnew. Die RGW-Staaten seit 1953Die Entscheidung von Schreiberhau/Sklarska Porçbas in: Sowjetisches Modell und nationale Prägung (Anm. 5), S. 286—305. Vgl. Alee Nove, An Economic History of the Soviet Union, London 1969; W. Brus, >Postwar Reconstruction and Socio-Economic Transformations in: Economic History of Eastern Europe, hrsg. von M. Käser und E. A. Radice, Bd. II, Oxford 1986, S. 4 9 5 - 6 4 1 .
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Das »sozialistische Lager«
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schaft, die Rückführung der Flüchtlinge und die Re-Integration der demobilisierten Soldaten. Dazu kam die notwendige Modernisierung der Produktionsstruktur durch Rationalisierung und Standardisierung, Einführung moderner Technologien und neuer Produktionszweige, die auch administrative Änderungen — u. a. Errichtung von G O S S N A B und G O S T E C H N I K A als selbständige zentrale Institutionen 8 — erforderlich machten. Auch nach dem überraschenden Ende des amerikanischen Lend-Lease-Programms im August 1945 und dem Ausbleiben der erhofften großen Auslandskredite 9 suchte Moskau die Option westlicher Wirtschaftshilfe offen zu halten. Die intensive Ausbeutung der wirtschaftlichen Ressourcen und des technologischen Potentials der von ihr beherrschten Gebiete — sowohl der ehemaligen »Feindländer« wie der »befreiten« Staaten — brachte der Sowjetunion zwar eine gewisse Entlastung und insbesondere im Bereich der modernen Technologien einen wirklichen G e w i n n , 1 0 doch war sie angesichts der Dimensionen des Wiederaufbaus gering und tat der Sowjetunion bei den westlichen Staaten Abbruch: Die Ausbeutung der befreiten Gebiete erhöhte das Konfliktpotential zwischen den ehemaligen Verbündeten. Der Interessengegensatz zwischen den Alliierten des Zweiten Weltkrieges wurde schon Anfang 1946 offenkundig. 1 1 Moskaus expansionistische Nahost- und Balkanpolitik, vor allem die Verweigerung des Rückzugs aus dem Norden des Irans, 1 2 die Pressionen gegenüber der Türkei und die Unterstützung des E S D , der Armee der griechischen Kommunisten, 1 3 sowie die zunehmende Unterdrückung der nichtkommunistischen s 9
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Im Dezember 1947. Die schwedischen, britischen und UNRAA-Kredite wurden als völlig unzureichend empfunden. Vgl. Röbel (Anm. 2), S. 228. Besonders aus der sowjetischen Besatzungszone Deutschlands und Österreichs sowie aus der Tschechoslowakei. Auch die »Gemischten Gesellschaften« — wie sie auch mit Jugoslawien gegründet worden waren — nutzten vorwiegend der Sowjetunion. Vgl. die Fallstudie von Jiri Kosta, >Die Eingliederung der tschechoslowakischen Volkswirtschaft in die Wirtschaft Osteuropas nach dem Zweiten Weltkriegs Der Marshall-Plan und die europäische Linke, hrsg. von Ο. N. Haberl und L. Niethhammer, Frankfurt/Main 1980, S. 2 6 5 - 286. Vgl. auch Wolfgang Zank, Wirtschaft und Arbeit in Ostdeutschland 1945—1949. Probleme des Wiederaufbaus in der Sowjetischen Besatzungszone Deutschlands, München 1987 (Studien zur Zeitgeschichte 11), S. 58 ff. Stalins Wahlrede vom 9. Februar 1946, in der er von der Fortdauer des »antagonistischen Gegensatzes« zwischen Kapitalismus und Sozialismus sprach und zur Erhöhung der Verteidigungsbereitschaft aufforderte, dazu Churchills Rede in Fulton vom 6. März 1946, in der er leidenschaftlich für den Zusammenschluß Europas zur Abwehr der kommunistischen Bedrohung aufrief. Vgl. Dietrich Geyer, Die Sowjetunion und Iran. Eine Untersuchung zur Außenpolitik der UdSSR im Nahen Osten 1917-1954, Tübingen 1955, S. 63 ff. George Kousoulas, Revolution and Defeat. The Story of the Greek Communist Party, London 1965; Christopher Montague Woodhouse, Apple of Discord, London 1948; ders., The Struggle for Greece 1940- 1949, London 1976, bes. S. 170 ff.
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G e r t Röbel
Parteien in den sowjetisch besetzten Ländern beantworteten die USA mit der am 12. März 1947 verkündeten Truman-Doktrin, die allen von Kommunisten bedrohten Ländern — gemeint waren hier vor allem Griechenland, das am 3. März ein Hilfeersuchen an Washington gerichtet hatte, 1 4 und die Türkei — die Hilfe der USA zusicherte. Damit war eine politische und militärische Konfrontation gegeben, 15 die die internationale Politik bis Mitte der achtziger Jahre bestimmte. Die Verkündung des ERP-Programms durch George C. Marshall am 5. Juni 1947 schien noch eine Möglichkeit des Ausgleichs zu bieten, doch wurde sehr bald klar, daß die britische und französische Regierung gegen eine Beteiligung der Sowjetunion waren, aus Furcht, Moskau werde das gesamte Wiederaufbauprogramm zum Scheitern bringen. 1 6 Als Folge dieser Distanzierung setzte sich in Moskau noch während der Verhandlungen in Paris, in der Molotov die Sowjetunion vertrat, auf der Politbüro-Sitzung vom 30. Juni die orthodoxe, klassenkämpferische Gruppe um Zdanov durch, 1 7 am 2. Juli verließ die sowjetische Delegation die Marshall-Plan-Konferenz. Massiver Druck auf die osteuropäischen Regierungen — vor allem in Polen, der Tschechoslowakei und in Ungarn war Marshalls Initiative begrüßt worden — zwang diese dazu, sich dem sowjetischen Verzicht auf eine Teilnahme am ERP-Programm anzuschließen. Als »Ausgleich« sicherte sich Moskau die Ressourcen der osteuropäischen Volkswirtschaften, indem es die einzelnen Staaten durch oktroyierte bilaterale Handelsverträge eng an die Sowjetunion band. 1 8 Die Machtübernahme des orthodoxen Flügels in Moskau, der den Primat des Klassenkampfes verfocht und die Unausweichlichkeit des militärischen Konflikts mit den »kapitalistischen« Ländern, wurde mit ihren innersowjetischen Konsequenzen der Weltöffentlichkeit spätestens durch Zdanovs Rede auf dem Moskauer Schriftstellerkongreß am 21. September 1947 verdeutlicht, er wirkte sich aber auch auf die anderen kommunistischen Parteien und ihre Politik aus: Auf der Kominformkonferenz von Sklarska Porçba ( 2 2 . - 2 9 . September 1947) verpflichteten Zdanov und Molotov die osteuropäischen kommunistischen Parteien zur Machtergreifung in ihren Ländern. 1 9 Als letzte Partei verwirklichte die tsche14 15
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William H a r d y McNeill, Greece: American Aid in Action 1947-1956, N e w York 1957. Wilfried L o t h , Die Teilung der Welt. Geschichte des Kalten Krieges 1941-1955, München 1980. J o h n G i m p e l , The Origins of the Marshall Plan, S t a n f o r d 1976. Vgl. Gavriel D . R a ' a n a n , International Policy Formation in the USSR. Factional »Debates« during the Zhdanovshchina, with a f o r e w o r d by R o b e r t C o n q u e s t , H a m d e n / C o n n . 1983. Eine Fallstudie gibt H o l m S u n d h a u ß e n : >Die Vorbereitung der sozialistischen Wirtschafts- und G e s e l l s c h a f t s o r d n u n g in U n g a r n 1945—1948Die Entscheidung< (Anm. 6).
Das »sozialistische Lager«
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choslowakische KP im Februar 1948 das kommunistische Machtmonopol. Die schon zuvor kommunistischer Kontrolle unterworfenen 2 0 und nun gleichgeschalteten »Blockparteien« dienten nur noch einer demokratischen Camouflage. Damit begann außenpolitisch die Phase des »Kalten Krieges«, 2 1 dessen Anfang von schweren, kommunistisch gelenkten sozialen Erschütterungen in Frankreich und Italien gekennzeichnet war. 2 2 Innerhalb des sowjetischen Herrschaftsbereichs wurden die einzelnen Staaten nun zu sowjetischen Befehlsempfängern, zu Satellitenstaaten, zugleich setzte unter Anwendung von Repression und Terror gegen die demokratische Opposition die offene Sowjetisierung der Staats- und Gesellschaftsordnung der osteuropäischen Länder ein, das heißt die forcierte Übernahme des sowjetischen Wirtschafts- und Gesellschaftsmodells. 2 3 Es hat für die Dauer von 4 0 Jahren die sozio-ökonomischen und politischen Grundstrukturen in Osteuropa bestimmt. Z w a r wurden einige nationale »Besonderheiten« — in Polen etwa im Bereich der Agrarverfassung — von Moskau zugestanden, doch war Sorge getragen, daß diese das Machtmonopol und die »leninistische« Struktur der kommunistischen Partei und die Unterordnung unter die Moskauer Zentrale nicht beeinträchtigten. 2 4 Dies war bis zum Zusammenbruch der kommunistischen Regime unantastbar, auch wenn mit dem Beginn der Menschen- und Bürgerrechtsbewegungen sich eine allmählich erstarkende Opposition dagegen formierte. Untrennbar mit dem kommunistischen Alleinherrschaftsanspruch war die Rezeption der herrschaftslegitimierenden Ideologie und des »geisti20
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Vgl. etwa die Ausführungen der ungarischen Delegation auf der Kominformkonferenz in: Informacionnoe sovescanie predstavitelej nekotorych Kompartij ν Pol'se sentjabrja 1947 g, Moskva 1948, S. 2 5 6 - 2 7 9 . Über die Methoden der Ausschaltung der nichtkommunistischen Opposition ebd., S. 203 — 232 (Referat Cervenkovs über die Entwicklung in Bulgarien). Eine ausgewogene Darstellung der Entstehungsgeschichte mit sorgsamer Wertung der apologetischen und revisionistischen amerikanischen Historiographie bei Jörg K. Hoensch, »Zielsetzungen sowjetischer Politik in Ostmitteleuropa 1944—1948 und der Ausbruch des »Kalten Krieges«. Versuch einer Syntheses in: Die böhmischen Länder zwischen Ost und West. Festschrift für Karl Bosl zum 75. Geburtstag, hrsg. von Ferdinand Seibt, München und Wien 1983 (Veröffentlichungen des Collegium Carolinum 55), S. 3 2 8 - 3 4 0 . Wilfried Loth, »Frankreichs Kommunisten und der Beginn des Kalten Krieges. Die Entlassung der kommunistischen Minister im Mai 1947«, in: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte 26 (1978), S. 9—65, hier S. 60 f.; K. Hänsch, Frankreich zwischen Ost und West. Die Reaktion auf den Ausbruch des Ost-West-Konflikts 1945-1948, Berlin und New York 1972, S. 109 ff. Ernst Birke und Richard Neumann, Die Sowjetisierung Ostmitteleuropas. Untersuchungen zu ihrem Ablauf in den einzelnen Ländern, Frankfurt/Main und Berlin 1957. Vgl. dazu die Beiträge in: Sowjetisches Modell und nationale Prägung (Anm. 5).
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G e r t Röbel
gen Überbaus«. Sie hatten in der Sowjetunion nach den kriegsbedingten Lockerungen erneut zentrale Bedeutung erlangt: Seit Herbst 1947 war hier eine ideologische Redisziplinierung im Gange, die die Wiederherstellung der geschlossenen sowjetmarxistischen Gesellschaft zum Ziel hatte, die Beseitigung der ideologischen Kriegsschäden. Zdanov trat aller »kapitalistischen Infiltration« rigoros entgegen, wobei er methodisch wie inhaltlich auf die Kulturpolitik der Jahre nach 1934 mit ihrer Uniformierung und Instrumentalisierung des Denkens zurückgriff. Die Kampagne richtete sich vor allem gegen die intellektuelle Führungsschicht. Die exemplarischen Maßregelungen von Künstlern wie Anna Achmatova, Sostakovic und Michail Soscenko, aber auch von ganzen Institutionen wie dem Juristischen Institut der Akademie der Wissenschaften der UdSSR wirkte nicht nur in Osteuropa abschreckcnd, sondern erregte auch im westlichen Ausland Aufsehen und Abscheu. Das Resultat war ein hypertropher Sowjetpatriotismus mit grotesken Nachweisen der historischen Progressivität und Überlegenheit des großrussischen Volkes unter partieller Leugnung der Realität. 25 Diese Umsetzung der Maxime des Morgensternschen Palmström, wonach nicht sein kann, was nicht sein darf, 2 6 hat der gesamten geistigen und kulturellen Entwicklung in der Sowjetunion und in den von ihr dominierten Ländern erheblich geschadet. Der Nachweis der Überlegenheit der Sowjetunion — und des »sozialistischen« Systems (womit die Satellitenstaaten partizipierten) — führte aber nicht nur zum intendierten Selbstwertgefühl, sondern mündete durch den Verlust der Relationen auch in eine monomane Selbstüberschätzung. Die Übernahme des sowjetischen Systems in den osteuropäischen Staaten, ihre Sowjetisierung also, und ihre Unterstellung unter die Moskauer Zentrale — ihre Satellitisierung — wurden durch den Abfall Jugoslawiens erheblich beschleunigt. Titos Selbständigkeitsbestrebungen sprengten die verlangte monolithische Geschlossenheit der kommunistischen Bewegung, die angesichts der Konfrontation mit den wirtschaftlich und militärisch überlegenen westlichen Staaten gefordert wurde. Da der widerspenstige Kroate nicht zum Einlenken, das heißt zur Unterordnung bereit war, traf ihn das Moskauer Anathema: Im Sommer 1948 kam es zum ersten Bruch innerhalb des kommunistischen Hegemonialbereichs, der auch trotz aller Pressionen — Moskau zog seine Berater ab, stellte seine Wirtschaftshilfe ein, seine Satellitenstaaten folgten, so daß Jugoslawien in eine schwere wirtschaftliche Krise geriet, der es nur unter großen Opfern, nicht zuletzt dank einer einsichtigen amerikanischen Politik 25
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So w u r d e e t w a die Relativitätstheorie bis z u m Kiever P h y s i k e r k o n g r e ß 1959 offiziell verfehmt. Christian M o r g e n s t e r n , >Die unmögliche Tatsache·, in: ders., Alle Galgenlieder, Leipzig 1944, S. 166.
Das »sozialistische Lager«
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H e r r zu werden vermochte — nicht mehr beseitigt werden konnte; erst nach Stalins Tod gelangte m a n allmählich wieder zu einer — nicht ungetrübten — Kooperation. 2 7 Dieser Abfall Titos, ein schwerer Schlag gegen die kommunistische Weltbewegung, führte in der Sowjetunion selbst zu einer politischen Wende, die durch den Sturz Z d a n o v s gekennzeichnet ist. Seine risikofreudige und konfliktverschärfende Außenpolitik — ihm wurde das Auslösen der Berlin-Krise 1948/49 angelastet, auch hatte er eine militärische Intervention in Jugoslawien g e f o r d e r t 2 8 — hatte die Sowjetunion in eine höchst bedrohliche K o n f r o n t a t i o n mit den USA geführt. Trotz des Triumphes M a o Zedongs in China und der A b r u n d u n g des westlichen sowjetischen Glacis mit der Proklamation der D D R konzentrierte M o s k a u angesichts des militärischen Kräfteverhältnisses seine Politik p r i m ä r auf die Sicherung seines Besitzstandes. Der »Titoismus« bedeutete hierfür eine ernsthafte Gefährdung, und so k a m es, während in der Sowjetunion »Kosmopolitismus« und »Zionismus« als Häresien verfolgt wurden, in den Satellitenstaaten zu massiven »Säuberungen« im Zeichen des Kampfes gegen alle Kommunisten, die verdächtig w a r e n , nationalen Interessen den Vorrang vor gemeinkommunistischen einzuräumen, nicht vorbehaltlos ihr Land den sowjetischen Weisungen unterzuordnen. So verdiente kommunistische Führer wie Koci X o x e in Albanien, Traico Kostov in Bulgarien, László Rajk in Ungarn, Rudolf Slánsky in der CSR, Anna Pauker in Rumänien zählten zu den O p f e r n . Daneben n a h m der Kampf gegen die Kirchen, die sich dem Totalitätsanspruch kommunistischer M a c h t a u s ü b u n g verweigerten, an Intensität zu: Bis Mitte der fünfziger J a h r e hatte auch hier der kommunistische Staat obsiegt, den Kirchen blieb nur noch eine geduldete Nischenexistenz. 2 9 Alle herrschaftsgefährdende Opposition war zum Schweigen gebracht. In den nun als »Volksdemokratien« firmierenden osteuropäischen Staaten vollzogen die kommunistischen Regierungen seit 1948 nach sowjetischem Vorbild die Umgestaltung aller Bereiche des öffentlichen Lebens zur »sozialistischen Gesellschaft«. Das brachte in den rückständigen Agrarländern Osteuropas auch sehr positive Resultate, etwa im Bereich des Bildungswesens, wo es gelang, des Analphabetismus H e r r zu werden, und durch den A u f b a u eines Gesundheitswesens. Und die Entwicklung
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R o b e r t Bass u n d Elizabeth M a r b u r y , The Soviet-Yugoslav Controversy. A Documentary Record, N e w York 1959; A d a m B. U l a m , Titoism and the Cominform, Cambridge/ M a s s . 1952. Vgl. d a z u : R a ' a n a n (Anm. 17). Church and State behind the iron Curtain. Czechoslovakia, Hungary, Poland, Rumania. With an Introduction on the Soviet Onion, hrsg. von Vladimir Gsovskij, New York 1955.
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der Volkswirtschaft durch die forcierte Industrialisierung zog das Überangebot von Arbeitskräften aus dem Agrarsektor ab und milderte so das überkommene Problem der Landarmut. Negativ wirkten sich dagegen neben der administrativen Zentralisierung der nationalen Volkswirtschaften auch die autarkistischen Tendenzen aus, die einer arbeitsteiligen Differenzierung der Produktion hinderlich blieben und erst durch die Intensivierung des 1949 gegründeten Rates für Gegenseitige Wirtschaftshilfe ab Mitte der sechziger Jahre allmählich überwunden werden konnten. 3 0 Und schließlich zeigte sich nach einer kurzen Phase des Enthusiasmus und hoher Wachstumsraten bald die negative Seite der Zentralverwaltungswirtschaft: Bürokratismus, Mangel an Flexibilität und Innovationsfreudigkeit sowie schwindende Leistungsbereitschaft und Arbeitsmoral und um sich greifende Korruption. Der Tod Stalins am 5. März 1953 markiert eine tiefe Zäsur in der Geschichte Osteuropas und einen Umbruch der Entwicklungslinien. Mit ihm verlor nicht nur die Sowjetunion, sondern die gesamte kommunistische Bewegung überhaupt ihre Identifikationsfigur und den Garanten für den »Sieg des Sozialismus«. 3 1 Dieser Verlust war aber zugleich eine Chance, dem erstarrenden System neue Impulse zu geben. Sie ist letztlich genutzt worden. Da kein designierter Nachfolger vorhanden war, präsentierte sich die Parteispitze angesichts der unausgetragenen Rivalitäten als »kollektive Führung«, um angesichts der inneren Labilität und der Unwägbarkeit westlicher Reaktionen auf den Tod des Diktators ein Höchstmaß an Zusammenhalt und Einmütigkeit zu demonstrieren. Die notwendige Unterstützung der Bevölkerung fand man dank der Inaugurationsgabe des »neuen Kurses«. Malenkov gab bereits am 1. April 1953 Preisreduzierungen von durchschnittlich 1 0 % (ζ. T. bis 5 0 % ) bekannt, und am 8. August beschloß der Oberste Sowjet vermehrte Investitionen im Konsumgütersektor. 3 2 Wesentlich aber war das Bemühen um eine neue Dynamik im verkrusteten Verwaltungssozialismus. Dieser Kurswechsel brachte nicht nur eine Erhöhung des Lebensstandards der Bevölkerung, die zu einer Konsensbildung von Bevölkerung und neuer Führung und zu einem Motivationsschub beitrug, er wirkte sich auch im geistigen Leben des Landes aus und sicherte den Reformern die Unterstützung der intellektuellen Elite des Landes. Im Sommer 1953 begann jene Entwicklung, die nach Ehrenburgs Kurzroman als »Tauwet-
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(Rat für gegenseitige
Wirtschaftshilfe).
Der
Integrationsversuch
sozialistischer Planwirtschaften, München 1975. Zu den Auswirkungen von Stalins Tod in den osteuropäischen Ländern siehe Karel Kaplan, Die Überwindung der Regime-Krise nach Stalins Tod in der Tschechoslowakei, in Polen und in Ungarn, Köln 1986. Pravda, 9.8.1953.
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ter« 3 3 bezeichnet wird. Sie f ü h r t e trotz harten »Zwischeneiszeiten« zu einer langsam wachsenden Emanzipation der intellektuellen und künstlerischen Eliten des Landes, bis Suslov Mitte der sechziger Jahre eine erneute Phase ideologischer Restriktionen zur A b w e h r unerwünschten Denkens einleitete. In den Satellitenstaaten wuchs nach dem Tod des alles beherrschenden Stalin die Bedeutung seiner nationalen Satrapen, denen seitens der Moskauer Zentrale im Zeichen der kollektiven F ü h r u n g erweitertes Gehör zugebilligt wurde. Hier begann der langsame und schwierige, oft von Rückschlägen unterbrochene Weg zur zunehmenden Selbständigkeit der einzelnen sozialistischen Länder. Die lange Dauer der moskauinternen Auseinandersetzung um die Nachfolge des Diktators erleichterte diesen Emanzipationsprozeß noch, wenngleich M o s k a u versuchte, seine Führungsrolle durch die Einbindung der einzelnen kommunistischen Staaten durch die bilateralen wirtschaftlichen und militärischen Verträge zu behaupten und später die sozialistischen Länder in die sowjetisch dominierten supranationalen Institutionen, den Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe u n d die Warschauer Pakt-Organisation (gegründet 1955) 3 4 einzubinden. 3 5 Z u r Herrschaftsstabilisierung w u r d e auch in den Volksdemokratien der »neue Kurs« eingesetzt, lediglich der intransingente Ulbricht verweigerte sich trotz aller Vorstellungen beharrlich. Er beschwor damit eine Krise der D D R herauf, die im Aufstand des 17. Juni 1953 kulminierte. Z w a r rettete ihn und das SED-Regime das militärische Eingreifen der sowjetischen Besatzungstruppen, doch durften die Reformk r ä f t e in dieser Eruption eine Bestätigung der Notwendigkeit ihrer Politik erblicken. Die Abkehr vom Stalinismus, zu dem auch die seit 1954 einsetzende Rehabilitierung seiner O p f e r zählte, fand in Chruscevs »Geheimrede« 3 6 auf dem X X . Parteitag im Februar 1956 ihren ersten H ö h e p u n k t . Für die Sowjetunion brachte sie, euphemistisch als »Kampf gegen den Personenkult« deklariert, den Sieg der R e f o r m k r ä f t e um Chruscev. In Polen und Ungarn jedoch führte diese Systemkritik zur Systemkrise. Die polnischen
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» O t t e p e k Er erschien im F r ü h j a h r 1954 in: Znamja 24 (1954), N o . 5, S. 1 7 - 8 7 , als M o n o g r a p h i e M o s k a u 1956; vgl. Alexander Steininger, Literatur und Politik in der Sowjetunion nach Stalins Tod, W i e s b a d e n 1965 (Veröffentlichungen des O s t e u r o p a Institutes M ü n c h e n 26), S. 35 ff. D o r t die E n t w i c k l u n g der sowjetischen Literatur bis 1963.
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M . Czismas, Der Warschauer Pakt, Bern 1972; G o t t f r i e d Zieger, Der Warschauer Pakt, H a n n o v e r 1974. Eine gute Übersicht der E n t w i c k l u n g bis E n d e der siebziger J a h r e bei C. Jones, Soviet Influence in Eastern Europe. Political Autonomy and the Warsaw Pact, N e w York 1981. Ihr Inhalt w a r n u r den F ü h r u n g s k a d e r n der Partei zugänglich, sie w u r d e nicht veröffentlicht, allerdings w u r d e der Text der westlichen Welt vermittelt.
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Kommunisten konnten sie durch die gegen erhebliche sowjetische Bedenken durchgedrückte Wiedereinsetzung des 1949 als »Titoisten« entfernten Nationalkommunisten Gomulka als Generalsekretär der Partei (19. Oktober 1956) abfangen, 3 7 in Budapest eskalierte die Situation jedoch: Imre Nagy wurde von einer antisowjetischen Bewegung mitgerissen und erklärte Ende Oktober Ungarns Neutralität und den Austritt seines Landes aus dem Warschauer Pakt. Die militärische Intervention der Sowjetarmee zugunsten einer sowjetorientierten kommunistischen »Gegenregierung« konnte den Abfall zwar rückgängig machen und dem willfährigen Regime zur Macht verhelfen, 3 8 doch war der außenpolitische Schaden groß, sowohl bei linken westlichen Intellektuellen wie in der Dritten Welt. Vor allem aber versetzte sie der »Entspannungspolitik« einen Rückschlag. Schon bald nach Stalins Tod hatte Moskau das Lenin zugeschriebene »Prinzip der friedlichen Koexistenz« entdeckt, mittels dessen es die direkte Konfrontation mit den NATO-Staaten abzubauen suchte. Der Abschluß des österreichischen Staatsvertrags am 15. Mai 1955 und die Aufnahme diplomatischer Beziehungen mit der Bundesrepublik Deutschland nach Adenauers Moskau-Besuch im Oktober des gleichen Jahres waren Bekundungen dieses Entspannungswillens, dessen Grenzen allerdings schon auf der Genfer Konferenz (18. —23. Juli 1955) offenkundig geworden waren. 3 9 Diese Politik der Détente wurde von intensiven Bemühungen begleitet, nach Titos Beispiel und mit dessen Hilfe Unterstützung in der Dritten Welt zu gewinnen, um sich angesichts des militärischen Patts zwischen den beiden Machtblöcken auf diplomatischer Ebene Vorteile in der Auseinandersetzung mit dem Westen zu verschaffen. Die Teilnahme der Sowjetunion an der Bandung-Konferenz des Jahres 1955 und die Reise Chruscevs und Bulganins nach Indien und Birma schreckten zwar die westliche Welt auf, doch die RGW-Staaten konnten besonders in Afrika, aber auch in der arabischen Welt (Südjemen, Syrien, Libyen und Algerien) in den sechziger und siebziger Jahren Erfolge erzielen. 4 0 Sie forderten allerdings Leistungen, die die Wirtschaft der osteuropäischen Staaten erheblich belasteten, nach 1988 sind sie dann als Fehlinvestitionen rasch liquidiert worden. Insgesamt aber war die Politik Chruscevs gegenüber den Westmächten trotz der Berlinkrise des Jahres 1959 und dem Bau der Berliner Mauer am 13. August 1961, trotz U-2-Affäre
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K. Syrop, Spring in October. The Polish Revolution of 1956, London 1957. The Hungarian Revolution, hrsg. von M . J . Lasky, New York 1958; P. E. Zinner, Revolution in Hungary, New York 1962. David J . Daliin, Soviet Foreign Policy after Stalin, Westport/Conn. 1961. Soviet and Chinese Influence in the Third World, New York, Washington und London 1975.
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samt wohlkalkuliertem spektakulären Auftritt auf der UNO-Vollversammlung im Oktober 1960 von streng kontrollierter Risikobereitschaft und -bewußtheit gekennzeichnet, wie die Cuba-Krise 1962 zeigte. 4 1 Die Détente-Politik stieß jedoch bald auf Schwierigkeiten im eigenen Lager. Das Eingeständnis der Verbrechen des Stalinismus hatte die Glaubwürdigkeit der Unfehlbarkeit der Moskauer Zentrale zerstört; Togliattis Forderung eines »Polyzentrismus« der kommunistischen Bewegung, nach Berücksichtigung der nationalen Besonderheiten bei der Ausformung kommunistischer Politik, führte schließlich zu einem Mitspracherecht der einzelnen kommunistischen Parteien. Die von Chruscev unter dem Schlagwort »Gleichberechtigung« initiierte Beteiligung der Volksdemokratien an der Entscheidungsfindung versetzte Moskau aus seiner bis dahin (außer von Belgrad) unbestrittenen Alleinführungsrolle in den Status eines primus inter pares. Ein Mitspracherecht wurde vor allem von China beansprucht, das gegen Ende der fünfziger J a h r e an die zweite Stelle der Hierarchie kommunistischer Länder aufgestiegen war. Doch während Moskau politisch auf den »Leninismus« zurückgegriffen hatte, hielt die chinesische Führung, deren Land einen erheblich niedrigeren sozio-ökonomischen Entwicklungsstand, den eines Entwicklungslandes aufwies, am Stalinismus und dem Primat des »Klassenkampfes« fest. An der Entspannungspolitik entzündete sich der Konflikt. 4 2 Mit der Radikalität des Habenichts forderte M a o Zedong einen militanten Konfrontationskurs gegenüber den USA, ein Vabanquespiel, dem sich der Kreml in Kenntnis der Risiken eines atomaren Krieges verweigerte. 1962 kam es zum offenen Bruch zwischen den beiden kommunistischen Rivalen, der Streit eskalierte bis hin zu den Kämpfen am Ussuri und an der kasachischen Grenze im Jahre 1969. Dieses erzwungene Engagement Moskaus an seiner ostasiatischen Grenze erleichterte den osteuropäischen Staaten die Emanzipation. Im europäischen Vorfeld ging Albanien, in dem Enver H o x h a unbeirrt am Stalinismus festhielt, ganz verloren, 4 3 wurde zum Mitkämpfer Pekings, die Sowjetunion büßte damit ihren wichtigen Flottenstützpunkt in der Adria ein. Aber auch Rumänien suchte zunehmend eigene Wege, 4 4 besonders unter Ceaugescu, der nach
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Am 28. Oktober zog die Sowjetunion nach massiven Drohungen Kennedys ihre Raketen von Cuba ab. Zum sino-sowjetischen Konflikt Edward Crankshaw, The New Cold War. Moscow vs. Peking, Baltimore 1963; Adam B. Ulam, Expansion and Coexistence. The History of Soviet Foreign Policy, New York 1968, S. 6 1 9 - 6 2 1 . William Griffith, Albania and the Sino-Soviet Rift, Cambridge/Mass. 1963; Peter R. Prifti, Albania and Sino-Soviet Relations, Cambridge/Mass. 1971. Stephen Fischer-Galati, The Socialist Republic of Rumania, Baltimore 1969; J. Levesque, Le conflit sino-soviétique et l'Europe de l'Est. Ses incidences sur les conflits soviéto-polonais et soviéto-roumain, Montreal 1970.
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Gheorghiu-Dejs Tod (19.3.1965) die Nachfolge als Parteiführer angetreten hatte. 4 5 Das Verhältnis Moskau-Bukarest hatte sich spürbar verschlechtert, nachdem sich Rumänien 1962 weigerte, den auf der XV. RGW-Tagung in Warschau vorgelegten sowjetischen Plan einer arbeitsteiligen Spezialisierung der nationalen Volkswirtschaften zu akzeptieren. Er hätte dem Lande — ebenso wie Ungarn und Bulgarien — die Rolle eines bloßen Agrarproduzenten zugewiesen. Die Rumänen machten zu Recht geltend, daß damit ihr Kapitalaufkommen relativ zu jenem der als Industrieländer vorgesehenen Staaten — neben der Sowjetunion Polen, die Tschechoslowakei und die DDR — immer mehr zurückbleiben mußte, obwohl gerade die schwächer entwickelten Länder einen höheren Kapitalbedarf besaßen. Bukarest erzwang damit die Erarbeitung einer neuen Konzeption, die diese Integrationsbemühungen beträchtlich verzögerten. Der Bukarester Alleingang bei der Anerkennung der Bundesrepublik Deutschland im Jahre 1967 (gegen den erbitterten Widerstand der DDR), der ihm massive Schelte aus Moskau einbrachte, war nur eine weitere Demonstration rumänischer Unabhängigkeit. Entscheidend für das Schicksal des »real existierenden Sozialismus« aber blieb der Vergleich mit den westlichen Industrieländern. Wenn die sozialistische Mangelgesellschaft überwunden, gar der Wettbewerb mit dem Kapitalismus gewonnen werden sollte, bedurfte es gründlicher Reformen und Mobilisierung der Reserven. Chruscev, der vom »Gulaschkommunismus« gesprochen hatte, bemühte sich mit untauglichen Mitteln, die landwirtschaftliche Produktion 4 6 zu heben und die Lebensmittel- und Konsumgüterversorgung der Bevölkerung zu verbessern. Seine Experimente schlugen fehl, am 14. Oktober 1964 entsetzte ihn das Politbüro seines Amtes. Die von Ministerpräsident Kossygin durchgeführte Wirtschaftsreform, die Erfahrungen der DDR-Wirtschaftspolitik berücksichtigte und einige zentrale Kompetenzen verlagerte, verbesserte die ökonomische Situation und führte zu einer vorübergehenden Entspannung im Wirtschaftsbereich. 4 7 Sie war eng mit einer Öffnung gegenüber dem Westen verbunden. Das Zugeständnis der »Gleichberechtigung« der RGW-Staaten hatte den osteuropäischen Staaten erlaubt, im Gegensatz zur Stalinzeit eigene ökonomische Präferenzen zu setzen. Seit Anfang der sechziger Jahre begannen sie, in steigendem Maße westliche Ausrüstungen und Technologie zu importieren, um ihrer stagnierenden Volkswirtschaft aufzuhelfen. Dies 45
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Zum Aufstieg Ceaugescus und seinen ersten Herrschaftsjahren vgl. D. Catchlove, Romania's Ceauçescu, Kent 1972. Das Agrarproblem der RGW-Länder bei K.-E. Wädekin, Sozialistische Agrarpolitik in Osteuropa, Berlin 1974. Alee Nove, The Soviet Economic System, London 1977.
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führte zu einer allmählichen Veränderung der terms of trade: Die Notwendigkeit der Devisenbeschaffung für Technologie-Importe zwang zu wachsenden Exporten in nichtsozialistische Länder, Polen und Rumänien verschuldeten sich durch ebenso ehrgeizige wie verfehlte Investitionsprogramme dabei bei den westlichen Industrienationen stark. Die hier zutagetretenden nationalen Egoismen, die vom Intra-RGW-Wettbewerb beeinflußt waren, haben den Integrationsbemühungen des »sozialistischen Lagers« Abbruch getan, doch hat sich seit den sechziger Jahren ein RGW-Binnenmarkt entwickelt. Stabilisierende Faktoren waren dabei die Energie- und Rohstofflieferungen der Sowjetunion, die weit unter Weltmarktpreisen erfolgten und den Importländern beträchtliche Gewinne ermöglichten. Die Intensivierung der Kontakte mit dem Ausland, zu der auch die Entwicklung der devisenträchtigen Tourismusbranche gehörte, 4 8 ließ sich nicht auf den bloßen kommerziellen Bereich beschränken. Insbesondere in Polen wurde seit Ende der fünfziger und Anfang der sechziger J a h r e westliches Denken rezipiert, wobei der Nationalökonomie auf ihrer legitimierten Suche nach Reformmöglichkeiten eine Art Schrittmacherrolle zufiel. Von den polnischen Wirtschaftswissenschaftlern (Oskar Lange) gingen Impulse nach Ungarn und der Tschechoslowakei, aber auch in die Sowjetunion (Liberman) aus. Die Suche nach neuen, effektiveren Methoden im volkswirtschaftlichen Bereich, nach wirksameren makro- und mikroökonomischen Modellen bildete jedoch nur einen, wenn auch legitimierenden Teilbereich der Rückkehr zur traditionellen Westorientierung der polnischen Intelligenz. 4 9 Sie hat — insgesamt und auf Dauer gesehen — die kritische Distanz der geistigen Elite zum System und ihre Abkehr vom parteilichen Konformismus gefördert, indem die intellektuelle Führungsschicht die gesellschaftlichen und schließlich auch die politischen Defizite des Systems artikulierte und Wirklichkeiten sichtbar machte, die die Parteielite und die mit ihr Verbundenen nicht wahrhaben wollten oder — weil unfähig, sie zu beheben — gar verdrängten. Die polnische Entwicklung hat zumindest partiell, analog zum ökonomischen Denken, wenigstens als Vorbild die geistige Entwicklung in den anderen osteuropäischen Staaten beeinflußt, besonders in der Tschechoslowakei, in der die Prager Kafka-Konferenz des Jahres 1963 einen Markstein der Emanzipation darstellte, und später auch in Ungarn. Die geistige Elite Osteuropas hat damit ideell wesentlich zur — ökonomisch unerläßlichen — Überwindung des Systems und der gesellschaftlichen Fehlentwicklungen beigetragen, wenn auch die »sozialistische« Gesell-
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Besonders in Rumänien und Bulgarien, auch Ungarn (seit 1963). Ein Überblick bei Peter Raina, Political Opposition in Poland 1945 — 1977, 1977.
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schaft bis Ende der siebziger Jahre grundsätzlich nicht in Frage gestellt werden durfte. In der Tschechoslowakei hat diese Kritik in der Auseinandersetzung mit der spätstalinistischen Herrschaftspraxis Antonin Novotnys auch große Teile der Parteielite erfaßt, die Reformbewegung des Jahres 1967 mündete schließlich in den »Prager Frühling«, der seinen Ausdruck im »Manifest der 2 0 0 0 Worte« und in der Forderung nach einem »demokratischen Sozialismus« fand, also eine Absage an das sowjetische Vorbild und damit an die Moskauorientierung bedeutete. Das war mehr, als Moskau zu dulden gesonnen war; die durch die sogenannte Breznev-Doktrin »legitimierte« Intervention der WarschauerPakt-Staaten — nur Rumänien verweigerte sich — erstickte diesen Reformversuch, die Integrität der Moskauer Hegemonialsphäre blieb gewahrt, das Imperium unversehrt. 5 0 Allerdings war es ein Pyrrhussieg: Kein Jahrzehnt später sahen sich die ideologischen Wächter der Parteien erneut mit den Herausforderungen nichtkonformen Denkens konfrontiert — diesmal aber beschränkten sie sich nicht auf ein Land, sondern ergriffen schließlich ganz Osteuropa. Es hat bei dieser Emanzipation der intellektuellen Eliten erhebliche Unterschiede zwischen den einzelnen Ländern gegeben. Neben den von Suslov, dem ideologischen Papst der sowjettreuen Kommunisten, geführten Gralshütern des Marxismus-Leninismus in Moskau zeichnete sich etwa die angespannt um Abgrenzung gegenüber der Bundesrepublik Deutschland bemühte D D R durch besondere Prinzipienfestigkeit aus. Auch Bulgarien blieb getreuer Vasall Moskaus. Rumänien gar tendierte zu einer nationalen Wiedergeburt des Stalinismus in Ceaugescuscher Fassung, und in der Tschechoslowakei gelang es der grauen Eminenz Bilak, unerwünschtes Denken bis Mitte der siebziger Jahre zu unterdrücken. Im abtrünnigen Albanien, seit der amerikanisch-chinesischen Annäherung gänzlich isoliert, erstickte Hoxhas eiserne Faust, die berüchtigte Geheimpolizei, alle Opposition schon im Ansatz. Der Wandel hing auch hier letztlich von Moskau ab. Als entscheidendes Stimulans wirkte die »materielle Interessiertheit«, das heißt in diesem Falle die Reduzierung der drückenden Rüstungsausgaben, dieses toten Kapitals. Daran waren sowohl die östliche 5 1 wie die westliche Vormacht interessiert. 5 2 Das SALT-I-Abkommen des Jahres 1972 war ein erster Schritt zum Abbau dieser Lasten und des beiderseitigen Mißtrauens, 50
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Galia Golan, The Czechoslovak Reform Movement. Communism in Crisis, 1962 — 1968, London 1971; The Soviet Invasion of Czechoslovakia, ¡ts Effects on Eastern Europe, hrsg. von E. J . Czerwinski und J . Piekalkiewicz, New York 1972. Alexander Yanov, Détente after Brezhnev. The Domestic Roots of Soviet Foreign Policy, Berkeley/Calif. 1977. Wilfried Loth, >Der schwierige Weg zur EntspannungPolenDie Hochschul- und Wissenschaftspolitik in der Sowjetunions in: Bildungspolitik in Osteuropa — Systemwandel und Perspektiven, hrsg. von P. Bachmaier, Wien 1991, S. 61 ff. (Reihe des Ludwig BoltzmannInstituts für Schulentwicklung und international vergleichende Schulforschung 1). K. Vodicka, >Metamorphose der tschechoslowakischen WissenschaftZum Verhältnis von Hochschulforschung und Wirtschaft in osteuropäischen Staaten — Aspekte der Reformdiskussion vor dem Hintergrund westlicher Erfahrungens in: Bildungspolitik in Osteuropa, hrsg. von P. Bachmaier, Wien 1991, S. 126.
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Literaturwissenschaftliche Germanistik in der D D R Wenn die Geschichte der Germanistik in den ehemals sozialistischen Ländern zur Debatte steht, darf die DDR-Germanistik sicher nicht fehlen. Allerdings gibt es einen gewichtigen Unterschied zwischen ihr und dem Studium von deutscher Sprache und Literatur in den anderen Ländern: Die Wissenschaften von der Sprache und der Literatur des eigenen Volkes haben in dem jeweiligen Land eine andere Stellung und auch andere Funktionen als die sogenannten Fremdphilologien, so daß ein Vergleich der Germanistik in der DDR mit der polnischen Polonistik, der tschechischen Bohemistik oder der bulgarischen Bulgaristik einerseits, der Germanistik in der alten Bundesrepublik andererseits wahrscheinlich in vielem aufschlußreicher wäre. Die Stellung als Nationalphilologie und deren Funktion bei der Bestimmung der nationalen Identität sind für den Verlauf der Geschichte der DDR-Germanistik jedenfalls von entscheidender Bedeutung gewesen. Anders als in der Bundesrepublik, wo die Germanistik ihren »Sündenfall« in den Nationalsozialismus durch die Aufgabe dieser Funktion vergessen lassen wollte, was sich am deutlichsten im fast völligen Verzicht auf literaturgeschichtliche Forschung in der Nachkriegszeit zeigte, traten die Germanisten in der sowjetischen Besatzungszone und der späteren DDR ihren Weg in der bewußten Wahrnehmung einer kollektiven identitätsbildenden Funktion an. Bei den Antifaschisten, die aus dem Exil oder aus dem Widerstandskampf in den Osten Deutschlands kamen — einer kleinen Gruppe meist dem Marxismus zugeneigter Wissenschaftler, die bald zahlreiche Schüler um sich versammelte, ging es zunächst allerdings keineswegs um eine nationale Identitätsbestimmung. Ihr erklärtes Ziel war es, die Wurzeln des faschistischen Ungeists in der deutschen Geschichte freizulegen, die humanistischen Traditionen der ganzen Menschheit und das »andere« Deutschland wieder einzubürgern. Sie befanden sich damit durchaus in Übereinstimmung mit der kulturpolitischen Strategie der Besatzungsmacht und der KPD- bzw. SED-Führung, durch die Berufung auf die humanistischen Traditionen auch in den bürgerlichen Schichten, vor allem unter den Intellektuellen, der neuen Macht Akzeptanz zu verschaf-
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fen. Das Schlagwort hieß »Bündnispolitik«. Dem entsprach, daß »bürgerliche« Germanisten, sofern sie sich im Dritten Reich nicht besonders exponiert hatten, ihre Lehrstühle behielten oder neu berufen wurden. Die Weiterbeschäftigung »bürgerlicher« Wissenschaftler ergab sich freilich auch aus Gründen der Wiederaufnahme des Lehrbetriebs. Man hat darüber gestritten, ob die sowjetische Außenpolitik von Anfang an auf eine vollständige Sowjetisierung des östlichen Teils Deutschlands ausgerichtet war oder nicht. Fest steht jedenfalls, daß die Errichtung der Vorherrschaft der kommunistischen Partei (das Schlagwort hieß »führende Rolle der Arbeiterklasse«) unmittelbar in Angriff genommen und daß die Verbreitung ihrer »Lehre«, des Marxismus-Leninismus, im Geburtsland von M a r x und Engels sofort mit missionarischem Eifer betrieben wurde. Die marxistische Durchdringung der Geisteswissenschaften als einer der wichtigsten Institutionen des Ideologietransfers stand auf der Tagesordnung. Sie war aber nicht im Handumdrehen zu erreichen. In der D D R gelang es erst im Laufe der fünfziger Jahre, die »bürgerlichen« Germanisten bis auf einige wenige durch junge Wissenschaftler zu ersetzen, die — zumeist der HJ-Generation angehörig — in ehrlicher antifaschistischer Überzeugung sich für diesen Staat engagierten, der eine Gesellschaftsordnung aufzubauen versprach, die die Rückkehr zu Faschismus und Krieg ein für allemal ausschloß. In den Seminaren von Ernst Bloch, Hans Mayer, Gerhard Scholz oder Werner Krauss oder an den Schriften Georg Lukács' ausgebildet, verstanden sie sich als Vertreter einer marxistischen Literaturwissenschaft. Diese erste in der D D R ausgebildete Wissenschaftlergeneration, die jetzt abgetreten ist, hat die Entwicklung der DDR-Germanistik nach dem Weggang Mayers von den sechziger Jahren bis in die achtziger Jahre maßgeblich bestimmt. Einige ihrer Vertreter haben auch im Ausland wissenschaftliches Ansehen erlangt. Sie sehen sich nun wie auch viele Jüngere in der Lage, auf den Vorwurf antworten zu müssen, daß sie in dem Vorsatz, die Fehler der Vätergeneration nicht zu wiederholen, ein anderes totalitäres System angenommen haben, weil sie dieses oder vielmehr sein — wie sie meinten — noch nicht ganz zu sich selbst gekommenes Wesen: den Sozialismus und nicht die bürgerliche Demokratie für die wirkliche Alternative hielten. Und das war schließlich auch die Sicht ihrer Lehrer gewesen, wie eines großen Teils der in die D D R übergesiedelten deutschen Schriftsteller, die Einfluß auf die Weltanschauungsbildung der jungen ostdeutschen Intellektuellen hatten. Die Attraktivität der »Lehre«, die mit dem Anspruch auftrat, die Geschichtsnotwendigkeit des Sieges des Sozialismus wissenschaftlich zu begründen, lag aber nicht nur in der moralischen Befriedigung, die sie verschaffte. Der Marxismus als Gesellschaftstheorie und als Methode oder jedenfalls ein von M a r x ausgehendes Denken, wie es Bloch oder Mayer
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vermittelten, eröffneten — wie man ja aus deren Werken ersah — auch der Literaturwissenschaft Aspekte, für die die deutsche Geistesgeschichte blind gewesen war, bot Erklärungsmöglichkeiten und stellte Zusammenhänge her, die bisher unerkannt geblieben waren. Bei allen Einseitigkeiten und allem Reduktionismus der Kausalverbindungen, die man sich auf diesem Wege leicht einhandelte, wird man kaum sagen können, daß die wirklichen Forschungsleistungen der DDR-Germanistik, die ja meines Wissens von keinem westdeutschen Germanisten bestritten werden, nur trotz der marxistischen Herangehensweise zustandekamen. Daß die Doktrinen der marxistisch-leninistischen Ästhetik, wie sie seit den dreißiger Jahren in der Sowjetunion ausgebildet worden war und ab Anfang der fünfziger Jahre auch zur Richtschnur der Kulturpolitik in der D D R wurde, der Entwicklung der Literaturwissenschaft schwer geschadet haben, unterliegt freilich auch keinem Zweifel. Unter dem Paradigma der Realismustheorie mit der aus ihr folgenden Abwertung der Moderne blieben große Bereiche der deutschen Literatur, von der Romantik bis zur Gegenwart, in der D D R lange Zeit so gut wie unbearbeitet. Mit der Übernahme des Dekadenzschemas und des Kosmopolitismusvorwurfs kam in der Literaturwissenschaft der D D R — entgegen den Auffassungen von Bloch, Mayer oder Krauss — ein Urteil über die moderne Kunst zur Geltung, das dem faschistischen bedenklich ähnelte. Dabei muß gesagt werden, daß das nicht allein der in Kulturpolitik umgesetzten offiziellen Sowjetästhetik geschuldet war. Diese hatte ihre antimodernistische Ausrichtung zu einem guten Teil von Georg Lukács bezogen, dessen ästhetische Anschauungen in der D D R von vielen noch lange vertreten wurden, nachdem er selbst dort zur Unperson geworden war. Und diese Ausrichtung hatte auch das ästhetische Denken von Gerhard Scholz, von dessen Schülern mehrere in der D D R einen Lehrstuhl für neuere deutsche Literatur erhielten. So ist es zu erklären, daß die Leistungen der DDR-Germanistik bis Ende der sechziger Jahre vornehmlich auf Feldern liegen, die durch die von der Realismustheorie konstruierte Aufstiegs- oder Fortschrittslinie miteinander verbunden waren: in Forschungen und Editionen zur Literatur der Aufklärung, des Sturm und Drang, der deutschen Klassik, des Vormärz, zur realistischen Erzählliteratur des 19. und 20. Jahrhunderts, insbesondere zur Exilliteratur, und zur Literatur der deutschen Arbeiterbewegung. (Besonders die Arbeiten auf den beiden zuletzt genannten Forschungsfeldern waren natürlich auch behaftet mit den im »sozialistischen Lager« generell geltenden Tabuisierungen.) Forschungen, die auf dieser Linie lagen, wurden von der Wissenschaftsadministration auch am meisten gefördert. Gefragt waren Bausteine für ein Geschichtsbild, in dem die humanistischen Ideale der Aufklärung ihre Verwirklichung in der sozialistischen D D R fanden. Dagegen hatte die Wissenschaftsadmi-
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nistration an der Forschung zur deutschen Literatur von den Anfängen bis zum Barock so gut wie kein Interesse. Sie w u r d e als nicht ideologierelevant angesehen und deshalb bis auf kleine Reste abgeschafft. Von Ende der sechziger/Anfang der siebziger J a h r e datiere ich d a n n einen Prozeß der Bemühungen um eine Erweiterung des Erbe-Kanons, um eine Ö f f n u n g hin zur Moderne, in dem die Literaturwissenschaft in einen z u n e h m e n d e n Widerspruch zur Wissenschaftsadministration und zur Kulturpolitik geriet. DDR-typisch w a r vielleicht, d a ß diese angestrebte Ö f f n u n g theoretisch begründet und also legitimiert werden sollte durch eine U m a r b e i t u n g der Realismustheorie. Z u einem Z e i t p u n k t , da in Polen oder Ungarn k a u m mehr ernsthaft über diesen Gegenstand gestritten w u r d e , versuchte man im Anschluß an Brecht, dessen theoretische Schriften damals gesammelt erschienen, einen funktionalen Realismus-Begriff zu konstituieren, das heißt einen Realismus-Begriff, der wirkungsästhetisch gedacht war: Realistisch sei ein Werk, das beim Leser eine »realistische« H a l t u n g erzeugt. Mit solchen Gedankengängen k o n n t e m a n zwar die damals maßgebenden Kulturpolitiker nicht umstimmen (eine vorsichtige Ö f f n u n g zur M o d e r n e hin begann erst um die Mitte der siebziger Jahre), sie bereiteten jedoch den Boden für die A n v e r w a n d l u n g der westdeutschen Rezeptionsästhetik (eine eigene Variante der DDR-Literaturwissenschaft — die »funktional-kommunikative« Literaturbetrachtung — präsentierte sich 1974), die dann allmählich ein allgemeines ästhetisches Umdenken bewirkte. Mit anderen Worten: Das Paradigma der Realismustheorie w u r d e in der D D R nicht einfach beiseite geschoben, sondern die Literaturwissenschaft arbeitete sich so lange daran ab, bis es sich verflüchtigt hatte. Ü b e r h a u p t hielten die Bemühungen, eine b r a u c h b a r e marxistische Literaturtheorie zu entwickeln, in der D D R mit a m längsten an. Während z. B. der westeuropäische Neomarxismus f ü r Polen oder die Tschechoslowakei, so weit ich sehe, ohne Bedeutung war, spielten die Schriften eines Althusser oder Sève — ungeachtet der betonten Distanz der Parteiideologen — in den Diskussionen der DDR-Literaturwissenschaftler eine große Rolle. Und auch die kritische Germanistik der westdeutschen Neuen Linken, die sich teilweise an der Germanistik in der D D R orientiert hatte, erzielte dort einen — mit der kritischen Theorie der Frankfurter Schule angereicherten — erstaunlichen Rückkopplungseffekt. Selbst bei den nachfolgenden westlichen Theorieangeboten — Strukturalismus, Systemtheorie, Poststrukturalismus —, die, wenn auch zum Teil nur b r u c h s t ü c k h a f t u n d mit gehöriger Verspätung, rezipiert w u r d e n , gab es noch Versuche, sie marxistisch zu interpretieren oder mit dem Marxismus zu vermitteln. Wissenschaftler aus der D D R — ich denke an den Anglisten Robert Weimann oder an den Germanisten H a n s Georg Werner — sind auf diesem Wege zu eigenen literaturhistorischen Konzeptio-
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nen gelangt, die — wie schon gesagt — international Beachtung gefunden haben. Inwieweit diese Wissenschaftler sich selbst noch als Marxisten verstehen, weiß ich nicht. Es ist eine über die Germanistik-Geschichte natürlich weit hinausgehende und daher in diesem Zusammenhang auch nicht zu beantwortende Frage, warum die D D R eine so starke Intelligenzschicht hervorgebracht hat, die von marxistischen Grundüberzeugungen aus das realsozialistische System prinzipiell akzeptierte und von innen heraus zu reformieren strebte. Das von mir eingangs erwähnte Faschismus-Trauma und der Umstand, daß prinzipiell Andersdenkenden bis 1961 ja der Weg in den Westen offen stand, reichen als Erklärung dafür wohl nicht aus. Denn auch für die zweite und dritte in der D D R ausgebildete Generation von Geisteswissenschaftlern gilt noch, daß sie mehrheitlich reformieren, nicht umstürzen wollten. Nicht wenige Wissenschaftler-Existenzen — Existenzen keineswegs von Dissidenten, sondern von SED-Mitgliedern, die nie daran gedacht hätten, aus dieser Partei auszutreten — sind in dem Bestreben, die politische Führung von der Kontraproduktivität ihrer Kulturpolitik, ihrer engherzigen Erbe-Auffassung und ihres repressiven Umgangs mit kritischen Gegenwartsautoren (die zum größten Teil auch keine Dissidenten waren) zu überzeugen, zerstört oder beschädigt worden. Man kann natürlich sagen, gerade Germanisten hätten wissen müssen, daß das Programm der Fürstenerziehung schon im Zeitalter der Aufklärung gescheitert ist. Zusammenfassend läßt sich feststellen, daß die Literaturwissenschaft in der D D R insgesamt wie alle Geisteswissenschaften unter der Kontrolle der SED-Ideologen stand, die ihre vollständige politische Instrumentalisierung betrieben. Das hat sie deformiert, und es wird wohl kaum eine Arbeit zur neueren Literaturgeschichte oder zu literaturtheoretischen Fragen geben, die von Spuren dieser Deformation ganz frei ist. Die Deformation ist aber, glaube ich, insgesamt nicht so groß gewesen wie bei der Philosophie, der neueren Geschichte, der Ökonomie, die das Herrschaftswissen und die Herrschaftsstrategien stärker tangierten und deshalb auch schärfer kontrolliert wurden. Mindestens seit Anfang der siebziger Jahre war ein differenzierteres Herangehen an die meisten Gegenstände, auch ein Eingehen auf westliche Theorieansätze möglich und wurde diese Möglichkeit auch genutzt. Schwierigkeiten gab es bis zuletzt bei der Behandlung der DDR-Literatur. Auf positive Stellungnahmen zu den Arbeiten regimekritischer Autoren oder auf Darstellungen, die Zweifel an der Richtigkeit der Kulturpolitik der SED aufkommen lassen konnten, reagierten die Wissenschaftsadministratoren auch in den achtziger Jahren noch mit massiver Repression. Die meisten Wissenschaftler sind vor dieser Repression bis zuletzt zurückgewichen, ausgewichen auf weniger brisante Forschungsfelder. Eine Widerstandshaltung war in der
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institutionalisierten Wissenschaft nicht aufzubauen, sie ist von einzelnen bezogen worden, die aus den Institutionen herausfielen. Freiwillig verlassen haben sie jedoch nur ganz wenige. Der Einsicht in die Notwendigkeit von politischen Reformen hat sich in den achtziger Jahren kaum mehr ein Wissenschaftler, der mir bekannt war, verschlossen, auch kaum einer von denen, deren literaturwissenschaftliche Konzeption man eher als dogmatisch bezeichnen würde. Aber es hat Parteiideologen gegeben, die schon die schmalen Konzessionen des Regimes nicht ertrugen. Ich denke an Hans Koch, Mitglied des Z K der SED, der, nicht einverstanden mit der Kulturpolitik seiner Partei, sich das Leben nahm. Wie hat die Germanistik angesichts des geschilderten Verhältnisses zur Macht die Funktionen wahrgenommen, in die sie als Nationalphilologie eintrat? Literaturgeschichtsschreibung und Literaturinterpretation — ich meine hier zunächst einmal die Aufbereitung des wie es in der D D R hieß: literarischen Erbes — standen weitgehend im Zeichen der Traditionsbildung und Identitätsfindung. Das erklärt auch den hohen Rang der Literaturgeschichtsschreibung im Vergleich zur Germanistik in der alten Bundesrepublik. Es sollte bewiesen werden, daß die Arbeiterklasse und später die D D R die (einzig) rechtmäßigen Erben aller »progressiven«, humanistischen Kunstleistungen seien, die deutsche Schriftsteller in der Vergangenheit erbracht hatten. Identifizierung der Arbeiterklasse/ D D R mit den positiven Werten, den »guten« Traditionen der gesamten deutschen (Literatur-)Geschichte. Aus der in der D D R produzierten neuen Literatur sollte dann seit der Abgrenzung und der Verkündung der Doktrin von den zwei Nationen auf deutschem Boden herausgelesen werden, was diese Doktrin bestätigen konnte. Identifizierung der D D R Bevölkerung mit dem realsozialistischen Gesellschaftssystem. Die Inanspruchnahme der »guten« Traditionen ist von der D D R - G e r manistik tatkräftig unterstützt worden. Es geschah das bis in die siebziger J a h r e hinein in direkter Frontstellung gegen die westdeutsche Germanistik, der eine Vernachlässigung dieser Traditionen (wenn es sich um die feudalkritischen, plebejischen oder proletarischen handelte) oder deren Fehlinterpretation (bei der deutschen Klassik, bei Heine und Büchner usw.) angelastet wurde. Wie ja überhaupt die DDR-Germanistik — als Gesellschaftswissenschaft definiert — nicht anders als die anderen Gesellschaftswissenschaften ihr Soll an »ideologischer Auseinandersetzung« zu erfüllen hatte. Diese »ideologische« Auseinandersetzung fand allerdings noch mehr im Theoriebereich statt. Sie hatte dort ihre Spezialisten, die denn auch die immer vorausgesetzte Überlegenheit der »marxistischleninistischen Literaturwissenschaft« über die »bürgerliche« in erster Linie als eine theoretische zu erklären versuchten. »Marxistisch-leninistische Literaturwissenschaft« lautete der offizielle Terminus, unter dem
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auch die literaturwissenschaftliche Germanistik subsumiert war. Es gab in der D D R Schriftsteller, die es sich öffentlich verbeten haben, daß ihre Werke dem »sozialistischen Realismus« zugerechnet werden. Mir ist kein Germanist bekannt, der sich explizit von der »marxistisch-leninistischen Literaturwissenschaft« distanziert hätte. Aber man mußte dieses Etikett nicht jeder seiner Arbeiten aufkleben. Und auf die Bemühungen von DDR-Literaturwissenschaftlern um die Annahme auch jenes Erbes, das nicht auf der genannten »Fortschrittslinie« lag, und damit auch um die Durchsetzung eines komplexeren (Literatur-)Geschichtsbildes habe ich schon hingewiesen. Auch die Interpretation der DDR-Literatur im Sinne der Herausbildung einer eigenen DDR-Identität hat die Germanistik fleißig betrieben. Nur muß man nicht glauben, daß die Literaturwissenschaftler das gegen ihre Überzeugung getan hätten. Zwischen dem Mauerbau und der Mitte der siebziger Jahre entstand in der D D R eine Literatur, die tatsächlich ihre Eigenart hatte, eine spezifische DDR-Befindlichkeit zum Ausdruck brachte. Die Auffassung, daß sich hier eine eigene DDR-Literatur entwickelt habe, die auch eine eigene Identitätsbildungsfunktion ausübe, wurde in den siebziger Jahren auch von vielen westdeutschen Literaturwissenschaftlern geteilt. Die Frage: eine, zwei oder vier deutschsprachige Literaturen? wurde auch im Westen kontrovers beantwortet. Wie ließe sich aber das Verhältnis der DDR-Germanistik zu den Schriftstellern beschreiben? Ich würde sagen, sie litt darunter, daß sie von den meisten Schriftstellern ignoriert oder gar verachtet wurde. Sicher war einer der Gründe dafür auch der, daß das regimekritische, wenn nicht systemkritische Potential, das in der DDR-Literatur entstanden war, durch die Literaturwissenschaft kaum Unterstützung erfuhr. Welcher Germanist hat 1976 gegen die Ausweisung Wolf Biermanns und die Ausschlüsse aus dem Schriftstellerverband protestiert? Stattdessen haben Germanisten als Literaturkritiker durchaus auch die Kulturpolitik bedient, wenn es der darum ging, die Literaturentwicklung in der D D R zu »kanalisieren«. Aber schon Ende der siebziger J a h r e mochte eigentlich keiner mehr, der auf sich hielt, die Einwände der Parteiideologen gegen die Werke einer Christa Wolf, eines Heiner Müller oder Volker Braun artikulieren. Und schließlich waren da auch einige Literaturwissenschaftler, die zu diesen und anderen regimekritischen Autoren engen Kontakt hielten, gewissermaßen zu deren Kreisen gehörten. Das Gesamtbild ändert das nicht. Es wird dadurch bestimmt, daß die Literaturwissenschaft für die Schriftsteller einfach uninteressant war, daß sie von ihr keine Anregung erhielten. Sie holten sie sich aus der Literatur selber — man denke an die Romantik-Rezeption, die von der Wissenschaft schlicht nachvollzogen wurde. Nur war das kein DDR-Spezifikum. Die wechselseitige Entfremdung von Literatur und Literaturwissenschaft hat
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auch unter den ganz anderen Bedingungen der Bundesrepublik eher zugenommen. Keineswegs DDR-spezifisch war auch, daß neue Erkenntnisse und Methoden der Literaturwissenschaft, wenn überhaupt, nur mit großer zeitlicher Verzögerung in den Deutschunterricht der allgemein bildenden Schulen eingingen. Darüber klagen auch westdeutsche Hochschullehrer. In der DDR war die Situation für den Wissenstransfer insofern noch sehr viel ungünstiger, als organisatorische Barrieren eingeschoben worden waren. Erstens wurde nach sowjetischem Muster die Forschung schon von der Hochschullehre getrennt und in der Akademie der Wissenschaften, deren Mitarbeiter in der Regel keine Lehrmöglichkeit hatten, konzentriert. Daß einige Hochschullehrer aus der DDR dennoch auch beachtliche Forschungsleistungen aufzuweisen haben und innovativ in ihrem Fach wirkten, steht auf einem anderen Blatt. Zweitens hatte sich das Volksbildungsministerium seine eigene »Pädagogische Akademie der Wissenschaften« geschaffen. Die Fachwissenschaft war bei der Lehrplangestaltung wenig gefragt. So erreichte der Paradigmawechsel von der Realismustheorie zur »funktional-kommunikativen« Literaturbetrachtung die Schulen meines Wissens nur vereinzelt, in der Beschreibung der Lehrinhalte schlug sie sich bis zuletzt nicht nieder. Bleibt die Frage nach der Rolle der DDR-Germanistik im Ausland. Natürlich war diese Rolle ebenfalls in erster Linie politisch bestimmt. Gastprofessoren und Gastdozenten wurden in die sozialistischen Länder, in die Länder der Dritten Welt und in den achtziger Jahren auch in den Westen entsandt. Sie sollten mit ihrem Lehrangebot für die DDR und den Sozialismus werben und vor allem in der Dritten Welt, dann aber auch im Osten den westlichen Einflüssen entgegenwirken. Eine ernsthafte Konkurrenz zur westdeutschen Germanistik mit ihrer internationalen Vernetzung und ihrer Einbindung in weltweit operierende Kulturund Wissenschaftsinstitutionen wie DAAD und Goethe-Institut dürfte die DDR-Germanistik aufs Ganze gesehen dabei kaum gewesen sein. Als die politische Führung nach der internationalen Anerkennung der DDR die Bedeutung germanistischer Auslandstätigkeit erkannt zu haben schien, waren weder genug qualifizierte Wissenschaftler noch die finanziellen Mittel vorhanden, um die Präsenz in dem wünschbaren Maße auszuweiten. Daß die DDR-Wissenschaftler nichtsdestoweniger dort, wo politische Grenzen den westdeutschen den Zugang versperrten, eine anerkennenswerte Arbeit bei der Vermittlung deutscher Literatur und Kultur und beim Aufbau oder dem Erhalt germanistischer Hochschuleinrichtungen geleistet haben, wird man ihnen nicht absprechen können. Ein Beitrag über die Rolle der DDR-Germanistik in dem Rahmen eines solchen Bandes macht Pauschalierungen unvermeidlich. Sie werden manchem Leistungs- und Verhaltenskritiker der DDR-Wissenschaftler, der
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nur Untergrund oder Flucht gelten läßt oder dem die Wissenschaftslandschaft der D D R nur als eine Wüste erschien (von westdeutschen Germanisten haben wir diese Meinung über die DDR-Germanistik allerdings bisher nicht zu hören bekommen), vielleicht nicht radikal genug erscheinen. Von Insidern bekommt man dagegen zu hören, daß doch alles viel komplizierter gewesen und differenzierter zu betrachten sei. Und überhaupt: Was heißt die DDR-Germanistik? Waren da nicht in Wirklichkeit sehr unterschiedliche Individuen am Werk, mit divergierenden literaturwissenschaftlichen Konzeptionen und einem sehr unterschiedlichen M a ß an Skepsis und Vorbehalt? Wer kann das leugnen? Und doch: Wer im Amt war, war im System und hat in diesem System eine Funktion erfüllt. Und sei es die Alibi-Funktion eines parteilosen Germanistik-Professors, der in den letzten Jahren der D D R auf Einladung seiner Gastgeber auch ins westliche Ausland reisen durfte. Wenn so einer über die DDR-Germanistik redet, dann merkt er bald, daß er sich auf einem schmalen Grat bewegt zwischen Selbstapologie und Selbstdenunziation. Aber es ist ja vielleicht auch einiges zu entschuldigen, und zu denunzieren ist das ganze System. Es hat zwar nicht jede Leistung verhindern können, doch es hat Produktivität und Kreativität gehemmt und in der Germanistik wie in den meisten anderen Bereichen einen Zustand herbeigeführt, in dem zu viele zu wenig zustande brachten.
Literatur Petra Boden, >Fachentwicklung und Selbstreflexion in der literaturwissenschaftlichen Germanistik in der D D R in den achtziger JahrenWendezeitDer Zweifel am Einheitsdiskurs. Intellektuelle Arbeit und gesellschaftlicher Auftrag der LiteraturwissenschaftZur Geschichte der literaturwissenschaftlichen Germanistik in der DDRZur Geschichte der Literaturwissenschaft in der DDRDer ritualisierte Diskurs. Das Modell der offiziellen sowjetischen Literaturtheorie der fünfziger JahreOb es »Mitteleuropa« gibt?«, in: Lebensverhältnisse und soziale Konflikte im neuen Europa. Verhandlungen des 26. Deutschen Soziologentages in Düsseldorf 1992, hrsg. im Auftrag der Deutschen Gesellschaft für Soziologie von Bernhard Schäfers, Frankfurt/Main und New York 1993, S. 2 6 2 - 2 6 6 .
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und Silvester in größeren Gesellschaften, die Franzosen hingegen beides, man könnte sagen, auf der Straße, und warum bleiben die Holländer wiederum auch in der Silvesternacht zu Hause? »Ursachen« könnte man natürlich finden, die Traditionen blieben doch grundsätzlich unerklärlich. Literatur und Sprache gehören deshalb zur Germanistik und zur Romanistik und zur Anglistik usw., weil dazu seit je eben Literatur und Sprache gehören (die Ursache ist bestimmt, daß in den Gymnasien als Fach einerseits deutsche Sprache und Literatur, andererseits Musik, Kunstgeschichte, Philosophie, Politik usw. unterrichtet werden. Dann könnten wir aber weiterfragen: nach der Ursache der letzterwähnten Tatsache usw. — eine schlechte Unendlichkeit). Traditionen ist — wie gesagt — nicht nachzufragen, sie sind aber vielleicht zu ändern. Und ich, meinerseits, sehe gute Gründe, die erwähnten Traditionen womöglich zu ändern und in einer bestimmten Hinsicht alles als Germanistik aufzufassen, wo es im weiteren Sinne des Wortes um die deutsche Kultur geht. Meines Erachtens hätten nämlich die Germanisten2 die Aufgabe, die deutsche Kultur oder die deutschsprachige Kultur in ihrem eigenen Land bekannt zu machen: natürlich sollen sie vor allem die deutsche Sprache unterrichten, da ohne sie die deutsche Kultur, die deutsche Lebenswelt kennenzulernen im Grunde genommen unmöglich ist. Dann sollen sie aber auch deutsche politische und Sozialgeschichte, den heutigen Stand der deutschen Kultur im engeren Sinne des Wortes (Kunst, Literatur, Philosophie usw.), sogar deutsche Politik von heute, die Probleme, die mit der sogenannten »Aufarbeitung« der NS-Vergangenheit zusammenhängen, die Probleme der Zweiteilung Deutschlands nach dem letzten Krieg, die, die mit der Wiedervereinigung an die Oberfläche emporgekommen sind usw., vermitteln. Wer sonst könnte das alles in einem überblickbaren Zusammenhang vermitteln, als der Germanist, der am meisten sich im »Germanentum« auskennt? In diesem Sinne bin auch ich bestimmt ein Germanist, nicht, weil ich mich seit meiner Jugend mit der neuesten deutschen Philosophie beschäftige (ich habe zwei Bücher über die Phänomenologie von Edmund Husserl geschrieben, mit jungen Kollegen Heideggers Sein und Zeit ins Ungarische übersetzt usw.), auch nicht nur, weil ich zudem ein Buch über den Faschismus verfaßt habe, wo die NS-Bewegung selbstverständlich eine wichtige Rolle spielt, sondern vor allem, weil mir außer der ungarischen die deutsche Kultur am nächsten steht. Und das ist nicht nur aus persönlichen Gründen so. Damit bin ich aber beim zweiten Punkt angekommen, bei einer Frage, die viel komplizierter und, ich könnte sagen, heikler ist, als die bisher erörterte.
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Ich spreche selbstverständlich über die »Auslandsgermanisten« und gar nicht über die G e r m a n i s t e n , die in Deutschland oder im deutschen Sprachgebiet leben und tätig sind.
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Es geht um die Germanistik in Mitteleuropa — das klingt noch immer harmlos. Es geht um die Frage, oh Mitteleuropa zum deutschen Kulturkreis gehört — und so formuliert, scheint die Frage gar nicht mehr so harmlos zu sein. Vor allem nicht, wenn man darüber mit Deutschen oder vor Deutschen spricht, die sich dann gleich unangenehm berührt fühlen. Ich spreche selbstverständlich über Deutsche, die die »guten« und »bösen« Tendenzen in der Geschichte und in der Kultur der Deutschen unterscheiden möchten, und ich weiß ganz genau, daß die überwiegende Mehrheit der deutschen Intellektuellen zu dieser Gruppe gehört. Ich meine aber — und einem ungarischen Juden ist es vielleicht erlaubt, das zu sagen —, daß dieser Wunsch in sich selbst schon problematisch ist. Eben die »anständigen« Deutschen sollten der Welt ziemlich laut sagen: »Hört mal endlich auf, uns als die Bösen zu verdächtigen! Wir sind Menschen wie die anderen.« Fordert man vielleicht von einem Franzosen, einem Engländer, oder von einem Russen, daß sie sich vom Bösen ihrer Nationalgeschichte oder ihrer nationalen Kultur distanzierten? Fragt man einen Franzosen, ob er sich von den Greueltaten der jakobinischen Diktatur abgrenzt? Es wäre lächerlich, so etwas zu fordern. Das ist eine alte Geschichte. Fragt man einen Russen, ob er die Tötung von -zig Millionen in der GULAG verurteilt? Man fragt so etwas nicht. Es ist nämlich selbstverständlich — solange das Gegenteil nicht bewiesen wird —, daß er das tut. Ich will hier nichts lösen, ich will auch nicht über »die deutsche Frage« schreiben. Ich wollte nur andeuten, warum diese Kulturkreisfrage so peinlich zu sein scheint. Meine These lautet: »Mitteleuropa« 3 umfaßt nicht nur das Gebiet der alten Donaumonarchie, sondern auch die baltischen Länder oder Polen. Es gehörte ursprünglich zum deutschen Kulturkreis, und wenn es nicht mehr dazugehört, so ist das ein kultureller und sogar politischer Verlust, und ich würde alles mögliche tun, um aus den >Überresten< der deutschen Kultur in Mitteleuropa den deutschen Kulturraum (dieses Wort klingt noch heikler: siehe >LebensraumUn Occident kidnappé oder die Tragödie ZentraleuropasUn Occident kidnappé oder die Tragödie ZentraleuropasAnstelle einer Zusammenfassungs in: ders., Russischer Sozialismus in Mitteleuropa, Wien 1991.
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gebiet« zwischen dem Westen, wozu die frühere Bundesrepublik bestimmt schon gehört (oder gehörte?), und dem Osten. Die östliche Grenze von Mitteleuropa steht, wie gesagt, ziemlich fest, da sie eine kulturelle ist. Das orthodoxe Christentum ist doch eine andere Kultur. Die westliche Grenze ist hingegen immer schwankend, stets von der politischen Lage in Europa bestimmt. Sie ist keine kulturelle, sie ist eine politische.
Die einzelnen Länder
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Deutsche Sprache und Deutschunterricht in Albanien
Kulturtraditionen Die Kultur eines Volkes ist genauso alt wie ihr Urheber selbst. Es gibt kein Volk ohne Kultur, wenn wir uns einig sind, daß unter Kultur die Gesamtheit der geistigen, gestaltenden Leistungen eines Volkes zu verstehen ist. Jedoch wird das Bild der Gegenwart in beträchtlichem Maße von der allgemeinen öffentlichen Meinung über ein Volk oder ein Land geprägt. Die bis vor kurzem schlechte wirtschaftliche und politische, und jetzt hauptsächlich die schlechte wirtschaftliche Lage Albaniens verdunkelt das allgemeine Bild dieses Landes. Da das totalitäre kommunistische System Albanien für 50 Jahre von der ganzen Welt isoliert und ferngehalten hat, ist nicht nur in Deutschland der Begriff des »weißen Flecks« für dieses Land entstanden, dessen Volk der ständige Nachbar der alten und heutigen Griechen und der Gegner und dann der Untertan des alten Rom gewesen ist. Da sich im wesentlichen seit den dreißiger Jahren, als der berühmte albanische Dichter, Historiker, Übersetzer und Musiker Fan S. Noli für das albanische Volk geschrieben hat: »Am Meer besudelt, / Im Lichte ungeachtet und blind, / Im Überfluß ausgehungert, / Im Wissen ungebildet, / Entblößt und krank, / Körper und Seele lahm« , wenig geändert hat, wurde also darüber vergessen, daß sich eine ganze Reihe von Persönlichkeiten der deutschen Kultur über Generationen hin mit diesem Land und seinem Volk befaßt, Artikel und sogar Werke über ihre Geschichte, Kultur und Sprache herausgegeben hat. Es seien hier nur einige Namen erwähnt: der Philosph G. W. Leibniz, die Historiker G. B. Niebuhr, T h . Mommsen, J . Ph. Fallmerayer, G. Stadtmüller, F. Babinger, die Sprachforscher J . Adelung, A. Schleicher, A. Pott, A. W. Schlegel, F. Bopp, J . G. von Hahn, M . Vasmer, G. Rohlfs, der Archäologe P. Franke u. a.m. Die deutsche Übersetzung und Herausgabe des Werkes des albanischen Humanisten M . Barleti (1505) im 16. Jahrhundert über das Leben und Werk unseres Nationalhelden G. Skanderbeg gehört zu den ersten Publikationen über diesen großen Albaner
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in E u r o p a . Auch die besten Werke des zeitgenössischen albanischen Schriftstellers I. Kadare sind inzwischen ins Deutsche übersetzt worden. Als untrennbarer Bestandteil E u r o p a s hat das albanische Volk seinerseits ein ständiges Interesse gezeigt, nicht nur die Geschicke und die Kultur seiner Nachbarvölker, sondern auch der übrigen Völker Europas, d a r u n t e r auch des deutschen Volkes, kennenzulernen, um mit der deutschen Kultur in Kontakt zu k o m m e n , von den Errungenschaften des deutschen Volkes, von seiner E r f a h r u n g , von seinen großen D e n k e r n , von seiner Wissenschaft und Technik möglichst viel zu profitieren. Wie man weiß, ist Albanien ein kleines Land mit begrenzten Möglichkeiten, das sicher nicht imstande ist, alles übersetzen zu k ö n n e n , was heute in der Welt erscheint. Im übrigen ist heute der Informationsfluß so g r o ß , daß in keinem Land der Welt alles übersetzt werden k a n n , was i r g e n d w o gedruckt wird. Andererseits aber ist Albanien ein Land, wo sowohl das wertvolle Erbe vergangener Generationen als auch das heute fortschrittliche Schaffen aller Völker, d a r u n t e r auch des deutschen, sehr hoch geschätzt und gewürdigt werden. Das hat dazu geführt, d a ß die Albaner viele f r e m d e Sprachen gelernt haben. Schon vor d e m Zweiten Weltkrieg lernte man, sieht m a n von den vereinzelten privaten Bemühungen einmal ab, in den Gymnasien in Tirana und Shkodra Italienisch, im Lyzeum in Korça und in den Gymnasien in Gjirokastra u n d in Shkodra Französisch und an der technischen bzw. landwirtschaftlichen Schule in Tirana bzw. Kavaja Englisch. N u r Deutsch wurde nicht gelehrt. Unterdessen gab es in der ganzen Periode des unabhängigen albanischen Staates 1912—1939 eine beachtliche Z a h l von Albanern, die in verschiedenen Branchen der Wissenschaft und Technik in Österreich und Deutschland studiert haben. N a c h dem Zweiten Weltkrieg hat die albanische Regierung fast alle diese Fachleute mißhandelt. Anstatt sie als eine Brücke der Freunds c h a f t zwischen dem deutschen, österreichischen und albanischen Volk u n d als Multiplikatoren der deutschen und österreichischen Kultur zu betrachten, hat m a n sie als »Vertreter und Verfechter der Deutschkultur« im bürgerlichen und nazistischen Sinn verfolgt. Sie endeten entw e d e r in Gefängnissen und Arbeitslagern oder wurden einfache Übersetzer von Archivdokumenten. N u r zweien von ihnen ist es gelungen, einen guten Ruf zu erlangen und sich im Bereich der Wissenschaft einen N a m e n zu machen: d e m bekannten Etymologen E. Ç a b e j — einem ehemaligen Schüler n a m h a f t e r österreichischer Professoren Anf a n g der dreißiger J a h r e an der Wiener Universität — und Aleks Buda, Historiker und Präsident der Akademie der Wissenschaften der Republik Albanien.
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Die d e u t s c h e S p r a c h e Gleich nach dem Zweiten Weltkrieg herrschte in Albanien, trotz guter Beziehungen zu der damaligen DDR, ein allgemeiner H a ß gegen alles Deutsche, auch gegen die deutsche Sprache selbst. Erst 1955 entsandte man Studenten in die DDR und die Zahl der Deutschkenner nahm wieder erheblich zu. Es gab Studenten in den verschiedensten Fachrichtungen, von Markscheidewesen und Geologie bis zu Germanistik und Musik. Als aber Albanien die diplomatischen Beziehungen zur Sowjetunion abbrach, verschlechterten sich auch die Beziehungen zu der damaligen DDR. Wenn sie auch nicht abgebrochen wurden, so mußten doch alle albanischen Studenten ihr Studium aufgeben und ohne Studienabschluß nach Albanien zurückkehren. Einige, die in der DDR Germanistik studiert hatten, obwohl ihnen eigentlich die notwendigen schulischen Voraussetzungen dafür fehlten, weil sie von albanischen Abendschulen kamen, wurden dennoch durch improvisierte Prüfungen zu Germanisten diplomiert, übernahmen jedoch keine entsprechenden Stellen. Die anderen Germanistikstudenten wechselten nach der Rückkehr ihr Fach und studierten Englisch bzw. Albanisch. Auch diejenigen, die während ihres Studiums in Deutschland mehr oder weniger gut Deutsch gelernt hatten, hat man nach dem Examen in Albanien über das ganze Land verstreut, in den verschiedensten Lebensbereichen beschäftigt; da sie von jeglichem Kontakt mit der deutschen Sprache abgeschnitten waren, sprechen sie heute meistens nur noch gebrochen Deutsch, mit geringem Wortschatz und mit zahlreichen grammatischen und stilistischen Fehlern. Jetzt, unter ganz anderen Umständen, leiten diese Leute oft Privatkurse für Deutsch, wobei sie einen bescheidenen Beitrag zur Erlernung dieser Sprache durch die junge Generation leisten und gleichzeitig ihre eigenen Kenntnisse auffrischen. Im Jahr 1960 wurde in Albanien auch ein Werk zur Erlernung der deutschen Sprache — Wir lernen Deutsch — in zwei Bänden herausgegeben. Es wurde von zwei Albanern, Z. Rama und M. Pobrati, unter der Redaktion von A. Duhanxhiu erarbeitet. In der Folgezeit sind diese Autoren weder durch weitere Publikationen noch als Lehrer in Erscheinung getreten. Das genannte Lehrbuch, das in der DDR herausgegeben wurde, sollte vor allem in den Gymnasien unserer Hauptstadt eingesetzt werden, wo Deutsch als zweite Fremdsprache eingeführt worden war und von verschiedenen ausländischen und einheimischen Lehrkräften gelehrt wurde. Inzwischen sind die Bücher überholt und vergessen. Der Deutschunterricht dauerte nur eine kurze Zeit, und die Ergebnisse waren sehr bescheiden, wenn auch nicht gleich Null. Nach diesem ersten Versuch wurde zwanzig Jahre lang jeder Kontakt mit der deutschen Sprache in Albanien wegen politischer Meinungsverschiedenheiten zwischen den Regierungen unterbunden.
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Übersetzen ins Albanische Albanien blieb jedoch mit der deutschen Kultur vor allem durch die schöngeistige Literatur verbunden. Man übersetzte Werke von mehr als sechzig deutschen Autoren ins Albanische — es handelte sich dabei allerdings ausschließlich um Klassiker und linke Autoren. Zu denen, deren Werke übersetzt wurden, zählen die Brüder Grimm, J. W. von Goethe, F. Schiller, G. E. Lessing, H. Heine, H. von Kleist, Th. Mann, H. Mann, H. Fallada, St. Zweig, H. Boll, G. Grass, S. Lenz, B. Brecht, Ε. M. Remarque, M. von der Grün, A. Seghers, B. Apitz, P. Weiss, E. Kästner. So sind bei uns Goethes Ausgewählte Werke in vier Bänden erschienen, darunter Faust, Götz von Berlicbingen, Die Leiden des jungen Werthers, Iphigenie auf Tauris, Egmont, Torquato Tasso, Goethes Gespräche mit Eckermann und ein Band mit Gedichten. Übersetzt wurden auch Wilhelm Teil, Die Räuber, Kabale und Liebe, Fiesko, Emilia Galotti, Nathan der Weise, Der zerbrochene Krug, Michael Kohlhaas, Zweigs Novellen, Deutschland, ein Wintermärchen, Die Buddenbrooks, Der Untertan, Kleiner Mann, was nun?, Im Westen nichts Neues, Drei Kameraden, Are de Triomphe, Der Funke Leben, Stellenweise Glatteis, Die verlorene Ehre der Katharina Blum, Wo warst du, Adam?, Ansichten eines Clowns, Und sagte kein einziges Wort, Deutschstunde, Die Ermittlung, Nackt unter Wölfen. Die Übersetzer dieser schöngeistigen Literatur waren hauptsächlich Autodidakten, die die deutsche Sprache nur passiv beherrschten und Albanien nicht ein einziges Mal verlassen hatten. Es gab nur wenige Ausnahmen, wie den Hochschulprofessor S. Luarasi und den bekannten Dichter L. Poradeci, die ihr Studium vor dem Zweiten Weltkrieg absolviert hatten. Viele Gedichte und kurze Erzählungen wurden aus einer zweiten Sprache übersetzt, wobei sie oft an Originalität, Formschönheit und Inhalt verloren. Unter diesen Übersetzern ragt besonders der Name von S. Luarasi hervor, der schon 1936 Schillers Wilhelm Teil übersetzt und mit seinen Schülern aufgeführt hatte. In den sechziger Jahren beendete er die Übersetzung von Goethes Faust. Für genaue und sprachlich gelungene Übersetzungen aus dem Deutschen sind in Albanien auch R. Shvarc und B. Doko bekannt. R. Shvarc hat aber einen Namen als Übersetzer nicht nur aus dem Deutschen, sondern auch ins Deutsche. Wir verdanken ihm unter anderem die hervorragende Übersetzung der Werke Remarques und von Lion Feuchtwangers Der arge Weg der Erkenntnis. Doko wiederum hat eine schöne Neubearbeitung der FaustÜbersetzung vorgenommen. In diesem Zusammenhang ist von Interesse, daß der oben erwähnte albanische Dichter F. Noli, dem die albanische Kultur vor allem die unübertreffliche Übersetzung der Hauptwerke Shakespeares und vieler anderer Meisterwerke der Weltliteratur verdankt, nicht der Versuchung widerstehen konnte, einige bekannte Gedichte Goethes zu übersetzen, ob-
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wohl er, als er gefragt wurde, warum er nicht den Faust übersetze, geantwortet hat: »Dafür reicht mein Leben nicht, denn vorher müßte ich mich mit der deutschen Folklore vertraut machen.«
Deutschunterricht Obwohl die Abkapselung und Selbstisolierung Albaniens durch die kommunistische Führung weiterging, haben die Machthaber aus rein egoistischen Gründen, nämlich um ihrer Sippe, ihren Kindern und Enkeln eine bessere Zukunft zu sichern, im Jahre 1979 erlaubt, daß an der Fremdsprachenschule in Tirana neben dem Englischen, Französischen und Russischen, die schon seit längerer Zeit unterrichtet wurden, auch die deutsche Sprache eingeführt wurde. Dabei bekamen auch einige ausgezeichnete Schüler aus einfachen Familien das Recht, diese Sprache dort zu erlernen. Deutsch wurde an dieser Schule allerdings nur vier Jahre unterrichtet, dann hörte man wieder auf damit. Als Lehrbuch diente die Einführung in die deutsche Sprache. Ein Lehrbuch für Ausländer, das aus der D D R kam. Lehrer waren zwei Albaner und einige Deutsche aus der Bundesrepublik, die sich jeweils drei Jahre im Land aufhielten. Als diese Schüler an die Universität kamen, hat man ihnen nur einige Stunden für das Deutschstudium eingeräumt, sonst hatten sie Albanisch bzw. Geschichte oder Geographie als Hauptfach. Während des Deutschunterrichts an der Universität wurde nur deutsch gesprochen. Am Anfang war ich die einzige Lehrkraft, später gab es noch zwei Deutsche aus der Bundesrepublik. Man vermittelte den Studenten hinreichende Kenntnisse in der deutschen Grammatik, angefangen mit der Phonetik, Formenlehre und Syntax, bis zu den wichtigsten Elementen der Wortbildung und Stilistik, um umgangssprachliche, mundartliche und hochsprachliche Formen bzw. Schattierungen unterscheiden zu können. Außerdem bekamen sie einen Überblick über die deutsche Literatur, wobei die bekanntesten deutschen Autoren — wieder nur Klassiker und Linke — anhand von ausgewählten Lesestücken behandelt wurden. Vermittelt wurden daneben Kenntnisse aus den Bereichen der Geschichte und Erdkunde. Man gab sich also Mühe, daß die Studenten nicht nur die deutsche Sprache, sondern mehr oder weniger auch die deutsche Welt kennenlernten. Sie hatten 12 Stunden Deutschunterricht in der Woche. Als Lehrbücher dienten ganz verschiedene Werke aus den beiden damaligen deutschen Staaten. Dank einer Verbindung mit dem Goethe-Institut in München haben wir auch zeitgenössische und ältere deutsche Literatur bekommen, die den Studenten zur Verfügung gestellt wurde. Auf diese Weise erlangten die Studenten relativ gute Kenntnisse der gesprochenen und geschriebenen Sprache. Es wurden auch Diplomarbeiten über Fragen der kontrastiven Grammatik geschrieben: Umlaut im Deutschen und Albanischen,
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Ableitungen im Deutschen und Albanischen usw. Jedoch wurden durch die deutschfeindliche Regierungspolitik der damaligen Zeit alle diese ausgebildeten Fachkräfte als Lehrer der albanischen Sprache bzw. der Geschichte und Geographie über das Land verstreut und verloren bald jede Verbindung mit der deutschen Sprache, obwohl in ihrem Diplom »Lehrer der albanischen Sprache und Literatur« bzw. »Lehrer der Geschichte oder Geographie und der deutschen Sprache« geschrieben stand. Erst nach dem Beginn der neuen politischen Umwälzungen haben sie wieder, mehr aus eigener Initiative, Kontakt mit verschiedenen deutschen Institutionen, hauptsächlich mit dem DAAD, aufgenommen oder Sommerkurse des Goethe-Instituts besucht. Einige dieser ehemaligen Studenten sind auch nach Deutschland gekommen, wo sie entweder weiterstudieren oder ganz verschiedene, ζ. T. sehr einfache Tätigkeiten ausüben. Erst seit zwei Jahren ist es wieder möglich, die deutsche Sprache in der Fremdsprachenschule, in einigen Berufsschulen und in wenigen Gymnasien zu erlernen. Dafür fehlt aber jede Unterstützung, es fehlt an Büchern und anderem Material. Im J a h r 1992 wurde es zum ersten Mal in der Geschichte des*"albanischen Staates erreicht, daß an zwei unserer Universitäten (in Tirana und in Elbasan) neben den anderen »großen« Sprachen — Englisch, Französisch, Italienisch und Russisch — auch die deutsche Sprache gelehrt wird, und zwar nicht als Nebenfach, sondern als Hauptfach. An der Universität Tirana ist in der deutschen Abteilung, die ich leite, ein Wettbewerb organisiert worden, wobei man die besten Bewerber für den ersten Lehrgang ausgewählt hat, 15 bis 20 Studenten. Sie sollten gute Vorkenntnisse in Deutsch und Albanisch aufweisen, wobei Deutsch der Schwerpunkt war. Es ist bereits ein gut durchdachter Unterrichtsplan erarbeitet worden; er umfaßt analytisches und synthetisches Lesen, Entwicklung des Sprechens, Hören, deutsche Phonetik, Lexikologie und Grammatik, deutsche Stilistik und Literatur, deutsche Philosophie, Einführung in die deutsche Geschichte und Kultur — wobei der ganze deutsche Sprachraum berücksichtigt werden soll —, Übersetzung, Methodik, Psychologie des Spracherwerbs, Geschichte der westeuropäischen Länder, außerdem eine zweite Fremdsprache und Latein. Das Studium wird vier J a h r e dauern. Bisher haben wir nur zwei Lehrkräfte.
Wörterbücher Wichtig nicht nur für die Studenten und Schüler, sondern für alle diejenigen, die Kontakt zur deutschen Literatur, Wissenschaft und Technik suchen, sind die Wörterbücher. 1976 haben Z. Simoni und P. Zheji ein bescheidenes deutsch-albanisches Wörterbuch mit ca. 10000 Stichwörtern verfaßt. Nach meiner Begutachtung sollte es gründlich überarbeitet und
Albanien
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erweitert werden, und so geschah es. Simoni hat das Wörterbuch erneut bearbeitet, und ich habe es redigiert. Es wurde 1978 mit ca. 2 5 0 0 0 Stichwörtern herausgegeben. Es war ein erster Versuch, der sehr bald den Erfordernissen der Zeit nicht mehr genügte. Trotzdem war es sehr schnell vergriffen, und inzwischen ist es rar geworden, obwohl es noch einmal aufgelegt wurde. Um diesem Mangel abzuhelfen, haben schon vor zehn Jahren H. Bezhani und ich mit der Arbeit an einem umfangreichen deutsch-albanischen Wörterbuch begonnen. Mit über 8 0 0 0 0 Stichwörtern ist es nicht nur das größte deutsch-albanische, sondern das größte albanische Wörterbuch überhaupt. Es erfaßt den wichtigsten Wortschatz aus Kultur, Kunst, Literatur, Wissenschaft, Technik, Philosophie, Musik, Finanz-, Rechts-, Bau-, Verkehrswesen u. a.m. Dieses Wörterbuch, das wir schon im vorigen J a h r im Institut für Deutsche Sprache in Mannheim abschließend redigiert haben und das mit Unterstützung der Alexander von Humboldt-Stiftung vom Verlag Otto Harrassowitz herausgegeben wird, soll für jeden an der deutschen Sprache interessierten Albaner ein nützliches Mittel sein, das ihm ermöglicht, mit dem größten Teil des heute verwendeten allgemeinen und fachsprachlichen deutschen Wortschatzes sinnvoll umzugehen. Wir sind der Meinung, daß dieses Wörterbuch auch für die deutsche Welt, insbesondere für Indogermanisten und Balkanologen durch die den albanischen Teil kennzeichnende Fülle an Synonymen und Ausdrucksmöglichkeiten von Interesse sein wird. Es spiegelt auch die Entwicklung der albanischen Gegenwartssprache, ihren Reichtum und ihre Standardisierung.
Rundfunk Eine weitere Möglichkeit für einen Kontakt mit der deutschen Sprache in Albanien ist Radio Tirana. Es sendet schon seit Jahren zwei Programme je 30 Minuten dreimal am Tag auf deutsch, wobei die Sprecher ursprünglich Deutsche und auch Albaner waren. Jetzt arbeiten dort zwei Albaner, die Deutsch in China gelernt haben. Vor kurzem gab es auch im albanischen Fernsehen ein Programm zur Erlernung der deutschen Sprache mit dem Titel »Alles Gute«.
Dringend Notwendiges Was könnte man über unsere Bedürfnisse sagen? Am nötigsten wäre ein Goethe-Institut in Albanien, worüber die Gespräche unseres Wissens seit längerer Zeit im Gange, jedoch immer noch nicht erfolgreich abgeschlos-
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sen sind. Darüber hinaus benötigen wir dringend eine enge und rege Zusammenarbeit mit deutschen Fach- und Lehrkräften. Wir brauchen so schnell wie möglich neue, junge, ausgebildete Germanisten, die den Bedarf unserer Universitäten decken können. D a f ü r sind nicht nur kurzfristige Seminare an den Goethe-Instituten in Deutschland, sondern auch ein ordentliches langfristiges Studium der Germanistik an deutschen Universitäten nötig. Was die Arbeit an unserer Universität betrifft, so haben wir nur je ein Exemplar des Lehrbuchs Themen (1, 2, 3). Wir besitzen keine auf den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen basierenden Lehrbücher für die deutsche Sprache, die deutsche Phonetik, Lexikologie, Stilistik, Syntax usw. Ebensowenig für die deutsche Philosophie, Landeskunde, Geschichte usw. Unsere Studenten haben auch keine Möglichkeit, derartige Literatur in unseren Bibliotheken zu finden. Sie haben nicht einmal ein Grundwörterbuch der deutschen Sprache wie das von Gerhard Wahrig oder den Duden. Die deutsche Botschaft in Tirana setzt ihre Bemühungen fort, d a ß wir bis Ende dieses Jahres einen gut ausgestatteten Lesesaal an der Universität bekommen, so wie es die Engländer gemacht haben, und wir hoffen sehr, daß diese Bemühungen erfolgreich sind, damit unseren Studenten bessere Möglichkeiten gegeben werden, sich mit der deutschen Welt im allgemeinen vertraut zu machen. Jetzt erst sind die politischen Voraussetzungen dafür geschaffen worden, d a ß die Studierenden nach dem Examen sowohl als Schul- bzw. Hochschullehrer als auch in verschiedenen Institutionen und in deutschen Firmen in Albanien arbeiten können, wo sie in ständigem Kontakt mit Deutschland und dadurch auch mit der deutschen Sprache stehen werden. Erst von dieser Generation an kann man H o f f n u n g auf künftige Germanisten hegen. Das also mein sehr allgemeiner Überblick über die deutsche Sprache und den Deutschunterricht in Albanien — ihre Vergangenheit, Gegenwart und Perspektive. Wir sind entschlossen, jetzt, nachdem wir einen guten Anfang gemacht haben, weitere Schritte zu unternehmen, die deutsche Sprache in Albanien zu einem wichtigen Instrument des gegenseitigen Kennenlernens, zu einem Hilfsmittel des Fortschritts für unsere Kultur, Wissenschaft und Technik zu machen. Möge uns die nötige Hilfe künftig nicht versagt werden.
M I L O J E DJORDJEVIC
Zur Entwicklung der Germanistik an der Universität Sarajevo Die Einladung, eine Überblicksdarstellung der Entwicklung der Germanistik an der Universität Sarajevo 1 bis Ende der achtziger J a h r e zu liefern, habe ich zwar mit großer Freude, aber auch mit einer gewissen Dosis Angstgefühl angenommen. Zum einen glaubte ich nämlich, die einzelnen Entwicklungsstationen der bosnisch-herzegowinischen Universitätsgeschichte gut zu kennen, weil ich ihren bisherigen Verlauf fast zur Gänze miterlebt habe, zum anderen mußte ich bald feststellen, daß meine Kenntnisse nur bis zu einem gewissen Grad ausreichen, und die Komplexität der Materie viel mehr Zeit und Raum verlangt, als mir zur Verfügung stehen. Die folgende Darstellung wird aus diesem Grunde bestenfalls einige Schlaglichter auf die Problematik werfen und kann keinesfalls Anspruch auf Vollständigkeit erheben. Wichtig ist jedoch die Bemerkung, daß hier von der Germanistik in einem fremdsprachlichen Umfeld die Rede sein wird, die bemüht ist, als wissenschaftliche Disziplin mit der Germanistik im »Mutterland« Schritt zu halten, um nach Möglichkeit auf internationaler Ebene konkurrenzfähig zu sein. Denn nur als solche ist sie imstande, die deutschsprachige Kultur im weitesten Sinne des Wortes an Nichtdeutsche in einem nichtdeutschen Land zu vermitteln und ihre »internationale« und »nationale« Aufgabe zu erfüllen. In diesem Falle kann ohne weiteres von der sogenannten interkulturellen Germanistik gesprochen und das Fach »Deutsch als Fremdsprache« als eine Variante dieser komplexen Disziplin bezeichnet werden, zumal dieses Fach u. a. auch die Funktion des Mittlerdienstes zwischen
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Einige, teilweise auch ausführlichere Informationen über die Germanistik in Sarajevo befinden sich in: M. Mojasevic, >Germanistik in Jugoslawien nach dem Zweiten Weltkriegs in: Deutsche Vierteljahrsschrift für Literaturwissenschaft und Geistesgeschichte 36, 1962, H. 3, S. 383—400; Z. Skreb, »Der heutige Stand der germanistischen Forschung in Jugoslawiens in: Lenau-Almanack, Wien 1967/68, S. 54—60; S. Zepic, »Sprachgermanistik in Jugoslawiens in: Deutsche Sprache 1, 1979, S. 57—73; Miloje Djordjevic, »Die germanistische diachrone Linguistik einschließlich der Dialektologie in Jugoslawien·, in: Zbornik radova Instituía za strane jezike i knjizevnosti, sv. 8, Filozofski fakultet, Novi Sad 1987, S. 7 5 - 1 0 6 .
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Miloje Djordjevic
der Kultur in den deutschsprachigen Ländern und der Kultur des Landes ausübt, in dem die deutsche Sprache und Literatur, die deutsche Landesund Kulturkunde in allen ihren Spielarten gelehrt werden. Daß hier zahlreiche Hürden auftreten können, versteht sich schon aufgrund der Tatsache, daß sich die fremdsprachige Umgebung auf das Fach als Ganzes sehr unterschiedlich auswirkt. In diesem Zusammenhang sind wichtige Faktoren zu berücksichtigen: fremdsprachliches Milieu, fremdsprachlich kompetente Lehrkräfte, Vorkenntnisse der Studienanwärter, Vorhandensein oder Fehlen von Lehrmaterialien u. ä. Genauso bedeutend sind aber auch Faktoren wie das politische und wirtschaftliche Klima im In- und Ausland, zwischenmenschliche Beziehungen, Abhängigkeit von der Technologie in deutschsprachigen Ländern und insbesondere die Tradition der deutschsprachigen Kultur. Die meisten der genannten Faktoren haben auch bei der Entwicklung der Germanistik in Bosnien-Herzegowina eine Rolle gespielt, obwohl gleich gesagt werden muß, daß die Intensität ihrer Einwirkung auf die Gestaltung der gesamten Lehre und Forschung verständlicherweise sehr unterschiedlich war. Die folgende Darstellung beschränkt sich auf einige Schwerpunkte bosnisch-herzegowinischer Germanistik, die in diesem Fall mit der Germanistik an der Philosophischen Fakultät der Universität Sarajevo zusammenfällt. Ich werde versuchen, die Entwicklung der einzigen germanistischen Abteilung in Bosnien-Herzegowina zumindest skizzenhaft darzustellen. Die Universität Sarajevo, die im Vergleich zu vielen europäischen Universitäten auf keine reiche und vor allem lange Tradition wie Bologna, Paris, Prag, Heidelberg u. a. zurückblicken kann, wurde erst nach dem Zweiten Weltkrieg im J a h r e 1949 gegründet. Damit tat man dem Prinzip »jeder Republik eine eigene Universität« Genüge, was im Falle des unterentwickelten Bosnien-Herzegowina sogar unerläßlich war. Ein J a h r später, genau mit Erlaß der bosnisch-herzegowinischen Regierung vom 11. Februar 1950, wurde die Gründung der Philosophischen Fakultät beschlossen. Die besten Gymnasiallehrer aus Bosnien-Herzegowina, aber auch qualifizierte Fachleute aus anderen Teilen des Landes wurden nach Sarajevo berufen und mit der Organisation des Lehrbetriebes in geisteswissenschaftlichen (Sozial-, Literatur- und Sprachwissenschaft) und mathematisch-naturwissenschaftlichen Disziplinen beauftragt. Innerhalb der Philosophischen Fakultät entstanden einige Lehrstühle für Fremdsprachen, darunter auch der Lehrstuhl für Germanistik und Anglistik, dem die Ausbildung künftiger Deutsch- und Englischlehrer übertragen wurde. Heute sind das zwei selbständige Abteilungen. In den ersten Jahren wurden nur zehn bis 15 Studierende aufgenommen. Von J a h r zu J a h r stieg diese Zahl auf 20 bis 30, was u. a. auch damit zusammenhing, daß Deutsch allmählich in die Lehrpläne der Schulen zuerst als zweite, dann aber auch als erste Fremdsprache aufge-
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n o m m e n und von den Schülern freiwillig als Unterrichtsfach gewählt werden konnte. Das Interesse am Deutschen ist in den meisten Teilen des Landes historisch begründbar, auch wenn das »Deutschlandbild« in verschiedenen Regionen und Zeiten unterschiedlich und nicht immer positiv war. Ungeachtet dessen hat sich die Z a h l der Studenten an der jetzigen Abteilung f ü r Germanistik seit Ende der siebziger J a h r e auf 50 bis 60 ordentliche H ö r e r pro J a h r eingependelt. Z u den Aufgaben der Abteilung gehört vor allem die Ausbildung von künftigen Deutschlehrern, die d a n n als Multiplikatoren an Grundschulen, an zahlreichen Fachschulen und Gymnasien unterrichten. Jeder Absolvent des Germanistikstudiums m u ß sein Staatsexamen (auch Diplomp r ü f u n g genannt) ablegen, w o m i t er die Lehrbefähigung erwirbt. Es ist aber auch eine Tatsache, d a ß ein großer Teil der Absolventen in die besser bezahlende Wirtschaft als Übersetzer geht. Für besonders Begabte und wissenschaftlich Interessierte besteht innerhalb der Philosophischen Fakultät der Universität Sarajevo seit etwa zehn Jahren auch das Aufb a u s t u d i u m (Nachdiplomstudium) in Sprach- und Literaturwissenschaft, das mit einer Magisterarbeit (also anders als in Deutschland) abgeschlossen wird und den Absolventen befähigt, die Arbeit an einer Dissertation aufzunehmen. Als Gründerinnen des Lehrstuhls, an dem seit 1950 die deutsche Sprache, Literatur und Landeskunde gelehrt und erforscht werden, gelten zwei Frauen: Emilija Grubacic (1912—1994) und Marija Kon (1894—1986). Emilija Grubacic k a m aus Belgrad, w o sie als Angehörige einer deutschstämmigen Familie aus dem Banat im Südosten der Vojvodina ihr Germanistikstudium bereits vor dem Zweiten Weltkrieg an der Belgrader Universität abgeschlossen hatte. Deutsch war ihre M u t t e r s p r a che, und es lag nichts näher, als sie nach Sarajevo zu berufen, zumal sie schon einige Berufserfahrung als Deutschlehrerin hatte und Autorin einiger Lehrbücher für den Deutschunterricht an Mittelschulen und G y m n a sien war. Von A n f a n g an w a r sie f ü r den Bereich der deutschen Sprache zuständig, deckte in den ersten zwei Jahren nahezu den gesamten Lehrbetrieb auf diesem Gebiet ab, b e m ü h t e sich nach besten Kräften, den Unterricht zu organisieren und die ersten Lehrpläne und -materialien auszuarbeiten. Ein J a h r nach der A u f n a h m e des Lehrbetriebs erhielt sie k o m p e t e n t e Unterstützung von Dr. Marija Kon, die in der N ä h e von Sarajevo geboren war, ihre Hochschulausbildung jedoch an der Universität Wien erhalten hatte. D a ß es vor dem Ersten Weltkrieg keine Selbstverständlichkeit war, ein aus einem Balkanland stammendes M ä d c h e n zum Studium an die Universität und zwar gleich nach Wien zu entsenden, zeugt von der Weltoffenheit der Familie. M . Kon w a r die erste promovierte Frau in der bosnisch-herzegowinischen Geschichte. Sie studierte an der Wiener Universität Slawistik und Germanistik und Schloß
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Miloje Djordjevic
ihr Studium im Jahre 1917 beim Wiener Slawisten M . Resetar ab, nachdem sie ihre Doktorarbeit über die deutschen Gedichte des kroatischen Dichters P. Preradovic vorgelegt hatte, die wegen der damaligen Kriegsereignisse nicht gedruckt werden konnte. 1951 wurde sie zur Dozentin für deutsche Literaturwissenschaft gewählt und als einzige Promovierte unter den Kollegen am Lehrstuhl mit der Leitung der Abteilung für Deutsch und Englisch betraut. In diesem Amt blieb sie bis zu ihrer Emeritierung im Jahre 1968. Die Begründerinnen der Germanistik in Sarajevo haben also ihre Ausbildung an zwei verschiedenen Schulen, eine im fremdsprachlichen, eine im muttersprachlichen Umfeld erhalten, was sich auch auf ihre Tätigkeit an der Universität Sarajevo als positiv und als fruchtbare gegenseitige Ergänzung erwiesen hat. Beide waren zweisprachig aufgewachsen, beherrschten sowohl Deutsch als auch Serbokroatisch mit muttersprachlicher Kompetenz und verfügten über alle Voraussetzungen für eine verantwortungsvolle Lehr- und Forschungstätigkeit auf dem Gebiet der Germanistik. Als erster Schritt galt es, fehlende Lehrmaterialien auszuarbeiten wie ζ. B. ein Standardwerk für den Grammatikunterricht, das E. Grubacic in Zusammenarbeit mit dem neuangestellten, damals in Sarajevo weilenden Lektor für Deutsch Wolf Wald unter dem Titel Grama-
tika savremenog
njemackog
che der Gegenwart,
jezika I dio (Grammatik
der deutschen
Teil I, Sarajevo 1956) herausgab.
Gleichzeitig arbeitete sie an ihrer Dissertation Laut-
und
Spra-
Formen-
system der Mundart des Dorfes Gudurica im Banat. Da sie selbst aus
dem Banat kam, kannte sie die dortigen Mundarten der aus Deutschland und Österreich stammenden Siedler aus nächster Nähe, hatte schon vor dem Ausbruch des Zweiten Weltkrieges das für die Untersuchung erforderliche Sprachmaterial gesammelt und konnte ihre Dissertation im Jahre 1958 an der Universität Zagreb verteidigen und damit den Doktortitel als Voraussetzung für den Einstieg in die Hochschulhierarchie nachweisen. Sie wurde zuerst Dozentin, dann Professorin für deutsche Sprache an der in der Zwischenzeit selbständig gewordenen Abteilung für deutsche Sprache und Literatur (also ohne Anglistik), die sie bis zu ihrer Emeritierung mit viel Geschick und Begabung für ein harmonisches Zusammenwirken aller Mitglieder der Abteilung leitete. Ein bedeutendes Datum in der Entwicklung der Germanistik in Sarajevo ist die Promotion von Ivan Pudic (1909—1981), der sein Germanistikstudium schon vor dem Zweiten Weltkrieg an der Universität Belgrad abgeschlossen, an verschiedenen Schulen in mehreren Städten Jugoslawiens gearbeitet und die Doktorarbeit Das Präfix ga- im Gotischen. Ein Beitrag zur Erforschung des Verbalaspekts im J a h r e 1954 an der Universität Sarajevo verteidigt hatte. Die Arbeit wurde in serbokroatischer Sprache verfaßt und gedruckt, so daß sie leider nur wenigen interessier-
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ten Lesern zugänglich ist. Als ausgezeichneter K e n n e r des Griechischen und Lateinischen mit germanistischen Kenntnissen auf dem G e b i e t der Mediävistik wurde Dr. Ivan Pudic zum D o z e n t e n für das Fach » G e schichte der deutschen S p r a c h e mit historischer G r a m m a t i k « gewählt. O b w o h l ζ. B. sein Kolleg » H i s t o r i s c h e G r a m m a t i k des Deutschen« hieß und als E i n f ü h r u n g in die deutsche S p r a c h g e s c h i c h t e gedacht war, hielt er Vorlesungen über die vergleichende G r a m m a t i k des I n d o g e r m a n i s c h e n und e r h ö h t e dadurch das Interesse an der Philologie im allgemeinen, so d a ß in seinen Lehrveranstaltungen neben G e r m a n i s t e n auch zahlreiche H ö r e r anderer Fachrichtungen s a ß e n . M i t ihm erhielt die G e r m a n i s t i k in S a r a j e v o den dritten, für die Stabilität des germanistischen G e b ä u d e s einer Universität unerläßlichen Pfeiler. I. Pudic gilt aufgrund seiner Arbeiten auf dem G e b i e t der Altgermanistik und des Sprachvergleichs, zum Teil auch der B a l k a n o l o g i e , als Begründer der Altgermanistik in J u g o s l a wien. Seine Publikationen sind o h n e jegliche Ü b e r t r e i b u n g mit den besten Leistungen der inländischen G e r m a n i s t i k f o r s c h u n g vergleichbar, w o v o n s o w o h l die Arbeiten vor seinem Wechsel nach Belgrad ( 1 9 6 2 ) als auch aus der Z e i t danach beredtes Z e u g n i s ablegen. Wenn man berücksichtigt, d a ß zu den drei in der ersten E n t w i c k l u n g s phase wirkenden Dozenten ( M . K o n , E . G r u b a c i c , I. Pudic) auch für den S p r a c h u n t e r r i c h t unersetzliche Assistenten und L e k t o r e n wie ζ. Β. H . P o padle, H . Perovic, H . S a m a n e k , M . M i h a c und H . S t a m p a r k a m e n , so wird deutlich, d a ß die G e r m a n i s t i s c h e Abteilung der Universität S a r a jevo hinsichtlich der qualifizierten L e h r k r ä f t e innerhalb von zehn J a h r e n nahezu voll ausgerüstet war, um die Z a h l der Studierenden von J a h r zu J a h r erhöhen zu k ö n n e n . W ä h r e n d die Begründer der S a r a j e v o e r G e r m a nistik ihre H o c h s c h u l a u s b i l d u n g a u ß e r h a l b Bosniens und der H e r z e g o wina e r w a r b e n , Berufserfahrung an anderen Institutionen g e s a m m e l t hatten und sie nach S a r a j e v o m i t b r a c h t e n , um diese an der Universität weiterzuentwickeln, wurde die zweite G e n e r a t i o n der teilweise auch heute noch aktiv Lehrenden an der Abteilung in S a r a j e v o selbst ausgebildet. M a n m u ß wissen, d a ß in B o s n i e n - H e r z e g o w i n a , a b e r auch in den anderen Teilen des Landes grundsätzlich die Regel gilt, d a ß der wissenschaftliche N a c h w u c h s und die N a c h f o l g e r von den Professoren der betreffenden Abteilung selbst »erzogen« und nicht von außen berufen werden. Dr. H a n n a M o r s k o y - P o p a d i c k a m als bereits p r o m o v i e r t e L e k t o r i n für D e u t s c h aus Österreich und habilitierte sich nach langjähriger L e k t o renpraxis als fest Angestellte der Universität S a r a j e v o mit einer rein germanistischen Arbeit, die unter dem T i t e l Untersuchungen zur Frage der
Nominalisierung
des Verbalausdrucks
im heutigen Zeitungsdeutsch
als
neunter B a n d der Forschungsberichte des M a n n h e i m e r Instituts für deutsche S p r a c h e (Tübingen 1 9 7 1 ) publiziert wurde. D a m i t setzte sie die einzig richtige Praxis fort, germanistische Arbeiten in deutscher S p r a c h e
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und nach Möglichkeit auch in einem deutschsprachigen Land erscheinen zu lassen, denn nur auf diese Weise können die Forschungsleistungen der Auslandsgermanistik mit den Ergebnissen der Inlandsgermanistik konfrontiert und im internationalen Wettbewerb gemessen, schließlich auch geschätzt werden. Man kann sagen, daß diese Praxis vor allem im Bereich der Sprachwissenschaft im großen und ganzen später eingehalten wurde. Als hemmende Einflüsse auf die Internationalisierung der einheimischen Germanistikforschung sind unter anderem die administrativen Regelungen zu nennen, nach denen die Doktorarbeiten an den meisten jugoslawischen Universitäten (ausgenommen Ljubljana und Zagreb) ausschließlich in der Landessprache verfaßt werden müssen. Positiv daran ist einzig die Tatsache, daß das einheimische Lesepublikum mit internationalen, in diesem Falle germanistisch ausgerichteten Leistungen direkt und ohne jegliche Vermittlung vertraut wird. Die Forschungsergebnisse bleiben jedoch international gesehen nur einem kleinen Leserkreis zugänglich und die Autoren müssen meistens über eine lange Zeit hin auf Resonanz aus dem Ausland verzichten, weil die erste wissenschaftlich bedeutende Arbeit in einer international wenig benutzten Sprache geschrieben werden muß. Der jetzige Ordinarius für deutsche Literaturwissenschaft Prof. Dr. Predrag Kostic studierte Germanistik und Anglistik an der Universität Sarajevo, ging gleich nach dem Abschluß seines Studiums nach Berlin, um dort in eigener Regie an seiner Dissertation über B. Brecht und dessen episches Theater arbeiten zu können. Die in Jugoslawien noch immer übliche öffentliche Verteidigung von Doktorarbeiten fand an der Universität Belgrad statt, und die Dissertation wurde erst mehrere J a h r e danach unter dem Titel Drama i pozoriste B. Brehta (Das Drama und das Theater B. Brechts, Sarajevo 1976) veröffentlicht. Auch Prof. Dr. Mira Djordjevic ist ehemalige Studentin der Germanistischen Abteilung in Sarajevo. Nach dem Studium der Germanistik und Anglistik konnte sie einen längeren Studienaufenthalt in Deutschland absolvieren, aber auch sie schrieb sowohl ihre Magisterarbeit über die deutsche Kurzgeschichte innerhalb des Aufbaustudiums an der Universität Belgrad als auch ihre Dissertation zur Entwicklung des deutschsprachigen Hörspiels (Zagreb 1974) in serbokroatischer Sprache und mußte sich damit abfinden, die beiden ziemlich umfangreichen Arbeiten nur in Auszügen in verschiedenen deutschsprachigen Zeitschriften und Sammelbänden der internationalen wissenschaftlichen Kritik zugänglich zu machen. Ähnlich erging es auch dem Referenten, der seine wissenschaftlichen »Erstlinge«, die Magisterarbeit über den Umlaut in der Kaiserchronik und die Dissertation Entwicklung der analytischen Verbformen im Deutschen (Sarajevo 1974), ebenfalls in der Muttersprache einreichte. Nach dem Wechsel von der historischen zur kontrastiven Grammatik
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fing er an, die Ergebnisse seiner Forschungen gleich in deutscher Sprache zu verfassen. Es geht nämlich darum, daß die ersten in Sarajevo studierenden Generationen wenig Möglichkeiten hatten, wenigstens zum Teilstudium in ein deutschsprachiges Land zu fahren, um dort ihr Fachwissen zu erweitern. In den fünfziger und Anfang der sechziger Jahre waren die deutschsprachigen Länder für die meisten Studierenden unseres Landes nicht zugänglich — Kultur und Bildung haben auch in diesem Fall der Politik ihren Tribut zollen müssen. Dieser Nachteil wurde jedoch allmählich beseitigt, so daß ζ. B. schon der damalige junge Absolvent der Sarajevoer Germanistik und der jetzige Ordinarius der Universität Belgrad Prof. Dr. Slobodan Grubacic nach seinem in Zagreb abgeschlossenen Aufbaustudium und kurzer Assistentenzeit in Sarajevo einen längeren Studienaufenthalt an der Universität Stuttgart antreten und über das Thema Heines Erzählprosa. Versuch einer Analyse, Stuttgart 1975, promovieren konnte. Mit der Zeit verbesserten sich die Verbindungen zu den deutschsprachigen Ländern wesentlich, trotzdem entschieden sich unsere jüngeren und jüngsten Germanisten für die Promotion an den einheimischen Universitäten, unter anderem auch deswegen, weil sie schon fest angestellt und nicht immer bereit waren, der Wissenschaft zuliebe ihre Familie für längere Zeit zu verlassen und ins Ausland zu gehen. Studienaufenthalte wurden vorwiegend zur Vorbereitung der Dissertationen genutzt, promoviert wurde jedoch zu Hause. Aus dieser jüngsten Generation sind folgende Mitglieder unserer Abteilung zu nennen, die in den letzten Jahren ihren Doktortitel erworben haben: Doz. Dr. R a n k o Sladojevic promovierte über das T h e m a Izmedju apokalipse i kabarea. Motivsko istrazivanje ranog ekspresionizma na primjeru Jakoba van Hoddisa (Zwischen Apokalypse und Kabarett. Zur Motivforschung des frühen Expressionismus am Beispiel Jakob van Hoddis, Sarajevo 1988). Ihm folgten Erminka Zilie mit der Dissertation Izrazavanje odredjenosti i neodredjenosti u njemackom i srpskobrvatskom jeziku (Ausdrucksmöglichkeiten der Bestimmtheit/ Unbestimmtheit im Deutschen und Serbokroatischen, Sarajevo 1992), und Snjezana Zuljevic mit der Arbeit Relativna recenica u njemackom i srpskobrvatskom jeziku (Der Relativsatz im Deutschen und Serbokroatischen, Sarajevo 1992), Arbeiten, die für die Beschreibung der beiden vom Sprachtyp her unterschiedlichen Sprachen und insbesondere für den Fremdsprachenunterricht von großer Bedeutung sind. In dieselbe Germanistengeneration gehört auch Rada Stanarevic, die ihre Dissertation Montaza, avangarda, knjizevnost {Montage, Avantgarde, Literatur, Belgrad 1993) vor allem der Montagetechnik in der deutschen Literatur der Gegenwart gewidmet hat. Im Laufe der Zeit kam es zum notwendigen Generationenwechsel, manche Kolleginnen und Kollegen wurden emeritiert bzw. pensioniert,
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manche wiederum an andere Universitäten (I. Pudic, S. Grubacic) berufen. Obwohl man grundsätzlich sagen kann, daß sich die Germanistik in Sarajevo aus eigener Kraft entwickelt hat, konnte sie besonders in der ersten Zeit ihres Aufbaus mit der Hilfe anderer germanistischer Lehrstühle Jugoslawiens rechnen und davon Gebrauch machen. In Zagreb promovierten ζ. Β. E. Grubacic und Mira Djordjevic, schlossen S. Grubacic und R . Stanarevic das Aufbaustudium ab. In Belgrad promovierte P. Kostic, und eine ganze Gruppe von Germanisten aus Sarajevo machte dort ihren Magister. Dr. Marija Bacvanski kam als willkommene Verstärkung aus Novi Sad, wo sie vor ihrer Berufung nach Sarajevo ihre Doktorarbeit über die Valenz der Verben im Deutschen und Serbokroatischen verfaßt hatte. Mit der Zeit wurde diese Hilfe weniger benötigt, zumal auch in Sarajevo allmählich qualifizierte Wissenschaftler heranwuchsen und andere Bedingungen geschaffen wurden, um ein Aufbaustudium in Literatur- und Sprachwissenschaft zu absolvieren und Magister· bzw. Doktorarbeiten betreuen zu können. Hier sei ausdrücklich betont, daß die angebotene Hilfe anderer jugoslawischer Lehrstühle von den Kollegen in Sarajevo nicht nur in Dankbarkeit und mit Freude entgegengenommen, sondern auch sehr gerne gewährt wurde. Im Unterschied zu den meisten germanistischen Lehrstühlen im Inund Ausland, wo die germanistische Forschung und Lehre auch nach dem Zweiten Weltkrieg weitgehend die traditionelle Struktur dieser Disziplin behielt, entwickelte sich die Germanistik in Sarajevo von Anfang an völlig frei und unabhängig von jedem vorgegebenen Modell. Will man auf die wichtigsten Schwerpunkte der germanistischen Forschung und Lehre in Sarajevo hinweisen, so zeigt sich eine große Spannweite der Themen. Sie erstreckt sich von den ältesten literarischen und sprachlichen Denkmälern des deutschen Schrifttums über das Mittelalter und alle Epochen der deutschen Literatur bis hin zur zeitgenössischen Sprache und Literatur. So las M. Kon über die Literatur des deutschen Barock, schrieb über Grimmelshausen, übersetzte ihn sogar ins Serbokroatische, verfaßte Beiträge über den Humanismus im Werk H. Heines, über A. Seghers und G. Lukács, verehrte T h . Mann, R . Huch, F. Werfel und G. Grass und versuchte, ihren Studenten die deutsche Literatur in ihrer Komplexität näher zu bringen. P. Kostic dagegen widmete seine wichtigsten Abhandlungen dem modernen deutschen Drama, dem epischen Theater B. Brechts, schrieb über F. Dürrenmatt, M . Frisch und T h . W. Adorno und deren Rezeption in Jugoslawien. M . Djordjevic hielt Vorlesungen über die älteste deutsche Literaturgeschichte, schrieb jedoch hauptsächlich über Themen aus dem Bereich der neuesten deutschen Literatur und Literaturtheorie, insbesondere über Fragen der Rundfunkund Medienforschung. Auch die jüngste Generation unserer Abteilung blieb in der D o m ä n e der neuen deutschen Literatur. Zu ihren Hauptthe-
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men gehören die Bearbeitung der Motive in der expressionistischen Lyrik (R. Sladojevic), Peter Weiss, Erzähltechniken in der modernen deutschen Literatur (R. Stanarevic), der geistige Z u s a m m e n h a n g zwischen der Philosophie und der modernen deutschen Literatur (D. Nikolic) u. ä. Seltener wurden bis jetzt Themenkreise aus der Germanoslawistik bearbeitet, was vielleicht als gewisses M a n k o unserer germanistischen Literaturforschung bezeichnet werden kann. Denn wer soll ζ. B. viele interkulturelle Querverbindungen bearbeiten, wenn nicht diejenigen Wissenschaftler, die beide Stränge (einheimische und ausländische) mit ausreichender Kompetenz überblicken? Themen sind zahlreich und brauchen nicht unbedingt in der fernen Vergangenheit gesucht zu werden. Auch die nahe Vergangenheit und die Gegenwart bieten sich zur Bearbeitung und Klärung an. Die sprachwissenschaftliche Forschung hat ihre Aufmerksamkeit auf mehrere Teildisziplinen der Germanistik gerichtet, vor allem auf die Phonetik/Phonologie, Morphologie, Morphosyntax und Syntax, auf die deutsche Wortbildung und Semantik bis hin zur Sprachgeschichte, historischen Grammatik und nicht zuletzt auf die deutsche Dialektologie. In diesem Z u s a m m e n h a n g sind die Arbeiten von E. Grubacic auf dem Gebiete der deutschen Gegenwartssprache zu erwähnen, besonders ihre Untersuchungen zur Frage der Wortstellung in der deutschen Prosadichtung der letzten Jahrzehnte, Zagreb 1965, in der sie feststellt, daß die sogenannten Ausklammerungen selbst in der geschriebenen Sprache so oft vorkommen, daß sie nicht als Ausnahme anzusehen sind. Besonders wichtig sind die Arbeiten über die Verbvalenz und den modernen Sprachvergleich, in denen unter Anwendung der kontrastiven Analyse mehrere Teilaspekte des Deutschen und des Serbokroatischen verglichen werden. In diesem Z u s a m m e n h a n g sind in erster Linie die Untersuchungen von H. Popadic, M . Djordjevic, M . Bacvanski, E. Zilie und S. Zuljevic zu nennen, die in Form von Vorstudien für die große Kontrastive Grammatik Deutsch-Serbokroatisch, München und Novi Sad 1986, verfaßt wurden. Nach den hervorragenden Leistungen von I. Pudic auf dem Gebiet der germanistischen Philologie und des Sprachvergleichs in älteren Sprachperioden kamen einige nennenswerte Publikationen von M . Djordjevic, in denen aus historischer Sicht die Entwicklung des deutschen Lautsystems und der althochdeutschen Lexik unter dem Einfluß des Lateins dargestellt und auf die Tendenzen des Deutschen zur analytischen Ausdrucksweise nicht nur im nominalen, sondern auch im verbalen Bereich hingewiesen wurde. Z u r Sprache k a m auch die immer wieder aktuelle Problematik der Lehnbeziehungen zwischen dem Deutschen und Serbokroatischen in einigen Arbeiten von H . Samanek (Deutsche Lehnwörter in der Eisenhütte Zenica, Novi Sad 1980) und Miloje Djordjevic ('Transkription und Adaption deutscher Namen im Serbokroatischen, Sa-
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Miloje Djordjevic
rajevo 1979). Verhältnismäßig viele Publikationen zur deutschen Dialektologie haben wir ausschließlich E. Grubacic und H. Popadic zu verdanken, die als Muttersprachler und authentische Mundartsprecher die Überreste der auf jugoslawischem Boden bis 1945 existierenden deutschen Mundarten erforschten und die Ergebnisse in der Phonai-Lautbibliothek (Marburg und Tübingen) drucken ließen. Wenn jemand eine Fremdsprache im Ausland lehrt, ist er nicht nur zur Lehre und Forschung an seiner Institution verpflichtet, sondern auch darauf angewiesen, Lehrbücher für Studenten, aber auch für den Schulunterricht zu verfassen. Dieser Verpflichtung sind vor allem die Lehrenden für Didaktik Ana Bozanovic und Mr. Ljiljana Masal in lobenswerter Weise nachgegangen. In vorbildlicher Zusammenarbeit mit den an der Abteilung tätigen in- und ausländischen Lektoren haben sie besonders für den Deutschunterricht an Grundschulen in Bosnien-Herzegowina das Bestmögliche geleistet und zahlreichen Schülern das Deutschlernen erleichtert. Unter diesem Gesichtspunkt sind auch die Aufgaben der Germanisten im Bereich der Übersetzungstätigkeit zu sehen, denn von den Germanisten wird erwartet, zwischen der deutschsprachigen und der einheimischen Kultur Brücken zu schlagen. Der Bogen der aus dem Deutschen ins Serbokroatische übersetzten Werke ist sehr weit. Übersetzt wurden vor allen Dingen: H. J. Ch. Grimmelshausen, H. Heine, H. v. Kleist, A. Seghers, G. Lukács (M.Kon), B.Brecht und Chr. Wolf (P. Kostic), W. Benjamins Moskauer Tagebuch, Schriften zur sprachanalytischen Philosophie von E. Tugendhat, zahlreiche Hörspiele (Mira Djordjevic), philosophische Schriften E. Blochs, Texte aus dem Bereich der philosophischen Anthropologie von K. Löwith, H. Plessner, E. Fromm u. a. (Miloje Djordjevic), K. Hamburger, A. Seghers, P. Sloterdijk, S. Wiesenthal, sogar deutschsprachige moderne Poesie (R. Sladojevic), um nur die bekanntesten Werke zu nennen. Diese Übersetzungen ebenso wie zahlreiche wissenschaftliche Arbeiten der Sarajevoer Germanisten sind in vielen Zeitschriften und Schriftenreihen in ganz Jugoslawien publiziert worden. Eine eigene Zeitschrift haben die Germanisten in Sarajevo nicht. Die hier gegebene Darstellung kann natürlich nicht alle Aspekte der germanistischen Lehre und Forschung am Fachbereich für Germanistik der Universität Sarajevo berücksichtigen. Nicht eingegangen wurde auf einige vom komplexen Charakter zeugende Teilaspekte des Germanistikbegriffs wie z. B.: Differenzierung der In- und Auslandsgermanistik; Abgrenzung und nähere Determinierung des Begriffs Deutsch als Fremdsprache; Hochschulzugang und seine Modelle; Numerus clausus; Germanistikabsolventen und kulturelles Leben des Heimatlandes; Bedeutung und Stellung der Germanistik in der europäischen Integration; Erwerb von fremdsprachlichen, landeskundlichen und allgemein kulturellen
Bosnien-Herzegowina
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Kenntnissen, o h n e die diese Integrationsprozesse schwer d e n k b a r sind. Aber auch dieser Überblick läßt erkennen, daß die Interessen und Aufgaben der an Lehre und Forschung Beteiligten sehr unterschiedlich sind. In ihren bisher vorgelegten Publikationen haben sie verschiedene und dem Fach dienliche T h e m e n bearbeitet. Schade, d a ß viele interessante und anregende Untersuchungen nur in der Landessprache veröffentlicht wurden. Die kurzen Z u s a m m e n f a s s u n g e n in deutscher Sprache am Ende der Arbeit reichen bei weitem nicht aus, um sich ein objektives Urteil über den Wert der durchgeführten Analyse bilden zu können. Vieles k a n n jeder wissenschaftlichen Kritik standhalten, vieles jedoch ist auf der Ebene der I n f o r m a t i o n geblieben. Grundsätzlich k a n n m a n aber feststellen, d a ß die Germanistik in Sarajevo ihr bisheriges Bestehen gerechtfertigt und ihre interkulturelle Aufgabe erfüllt hat. Als N a c h t r a g sei noch folgendes bemerkt: Wegen der Kriegsereignisse in Bosnien-Herzegowina haben die meisten Studierenden und sehr viele Lehrende der Abteilung für Germanistik Sarajevo verlassen und ihr Studium bzw. ihre Lehr- und Forschungstätigkeit unterbrochen. Der sehnlichste Wunsch des Autors dieser Zeilen ist, d a ß sich die Lage im Land so bald wie möglich normalisiert u n d der Lehrbetrieb in früherer H a r m o n i e wieder a u f g e n o m m e n wird. Wichtig ist dabei, d a ß im Sinne H u m b o l d t s die Bildung durch wissenschaftliche Arbeit, die Freiheit der Lehre und der Forschung u n d die Entwicklung aller im Menschen vorhandenen Fähigkeiten als Leitgedanken immer und bei allen Beteiligten im Vordergrund stehen.
PAVEL PETKOV
Z u r Geschichte der Germanistik in Bulgarien D a s I n t e r e s s e f ü r d i e d e u t s c h e S p r a c h e und f ü r die d e u t s c h e L i t e r a t u r b e s t a n d in B u l g a r i e n bereits v o r der B e f r e i u n g ( 1 8 7 8 ) v o n d e r t ü r k i s c h o s m a n i s c h e n H e r r s c h a f t . In den f ü n f z i g e r und s e c h z i g e r J a h r e n des v o r i gen J a h r h u n d e r t s sind die ersten Ü b e r s e t z u n g e n v e r s c h i e d e n e r W e r k e v o n G o e t h e , S c h i l l e r , Lessing und H e i n e e r s c h i e n e n . N a c h d e r E n t s t e h u n g des b u l g a r i s c h e n S t a a t e s w u r d e D e u t s c h an allen S c h u l e n g e l e r n t . A u c h in der ersten b u l g a r i s c h e n U n i v e r s i t ä t in S o f i a , die 1 8 8 8 g e g r ü n d e t w u r d e , w a r ein d e u t s c h e s L e k t o r a t v o r g e s e h e n . B e r e i t s 1 9 0 4 w u r d e b e s c h l o s s e n , G e r m a n i s t i k als U n i v e r s i t ä t s f a c h e i n z u f ü h r e n . D i e s e r B e s c h l u ß konnte aber erst nach dem Ersten Weltkrieg verwirklicht werden. D i e N a c h k r i e g s j a h r e in B u l g a r i e n , das im K r i e g a u f d e r V e r l i e r e r s e i t e w a r , z e i c h n e n sich d u r c h w i r t s c h a f t l i c h e n Verfall, s c h a r f e p o l i t i s c h e K ä m p f e , a b e r a u c h d u r c h B e s i n n u n g a u f u n v e r g ä n g l i c h e W e r t e aus, w o d u r c h d e r geistigen K u l t u r trotz d e r g r o ß e n w i r t s c h a f t l i c h e n S c h w i e r i g keiten ein b e m e r k e n s w e r t e r A u f s c h w u n g g e g e b e n w u r d e , in d e m d a s bulg a r i s c h e V o l k vielleicht e i n e K o m p e n s i e r u n g f ü r die b i t t e r e K r i e g s e n t t ä u schung suchte. An d i e s e m k u l t u r e l l e n Aufstieg b e t e i l i g t e sich a u c h die U n i v e r s i t ä t S o fia. W e n n sie n a c h d e m Krieg, m e h r als 3 0 J a h r e n a c h i h r e r G r ü n d u n g , i m m e r n o c h a u s n u r drei F a k u l t ä t e n b e s t a n d , e i n e r h i s t o r i s c h - p h i l o l o g i s c h e n , einer p h y s i k a l i s c h - m a t h e m a t i s c h e n u n d einer j u r i s t i s c h e n , e n t s t a n d e n in den z w a n z i g e r J a h r e n vier w e i t e r e F a k u l t ä t e n : eine m e d i z i n i s c h e , eine v e t e r i n ä r - m e d i z i n i s c h e , e i n e a g r o n o m i s c h e u n d eine t h e o l o g i s c h e . A u c h die e i n z e l n e n F a k u l t ä t e n e r w e i t e r t e n sich d u r c h viele n e u e L e h r s t ü h l e und F a c h r i c h t u n g e n . G e r a d e in dieser Z e i t e n t s t a n d e n in der h i s t o r i s c h - p h i l o l o g i s c h e n F a k u l t ä t die neuen P h i l o l o g i e n : die R o m a n i s t i k ( 1 9 2 0 ) , die G e r m a n i s t i k ( 1 9 2 3 ) und die A n g l i s t i k ( 1 9 2 8 ) . B e g r ü n d e r des L e h r s t u h l s f ü r G e r m a n i s t i k ist K o n s t a n t i n G â l â b o v ( 1 8 9 2 — 1 9 8 0 ) , der n a c h einem G e r m a n i s t i k s t u d i u m in G ö t t i n g e n und Kiel und n a c h Verteidigung s e i n e r D o k t o r d i s s e r t a t i o n ü b e r F r i e d r i c h Schlegel 1 9 1 5 ( 5 0 J a h r e später, 1 9 6 5 , erhielt e r v o n d e r U n i v e r s i t ä t Kiel das g o l d e n e D o k t o r a t ) und n a c h e i n e r k u r z e n B e t ä t i g u n g als G y m n a s i a l lehrer 1 9 2 1 z u m L e k t o r für D e u t s c h , 1 9 2 3 z u m o r d e n t l i c h e n D o z e n t e n , 1926 zum außerordentlichen Professor und 1931 zum ordentlichen Pro-
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Bulgarien
fessor der Universität Sofia berufen wurde. Er blieb Inhaber des Lehrstuhls bis 1958, aber auch nach seiner Emeritierung hielt er fast bis zu seinem Tode Oberseminare. 1 Die Verdienste Konstantin Gâlâbovs um die Entwicklung der bulgarischen Germanistik, aber auch um die bulgarische Literatur und Kultur können in diesem Beitrag nicht einmal in Ansätzen gewürdigt werden. 2 Er verfügte über ein universelles Wissen, zeichnete sich durch breitgefächerte wissenschaftliche Interessen aus und hatte eine ausgeprägte literarische Begabung. Er war nicht nur Literatur-, sondern auch Sprachhistoriker, nicht nur ein Kenner der deutschen, sondern auch der bulgarischen Literatur, nicht nur Literaturkritiker, sondern auch Schriftsteller. Seine Monographien über Lessing, Schiller, Goethe und Heine, seine Universi-
tätslehrbücher: Gotische Grammatik, Historische Grammatik schen Sprache, Neuhochdeutsche Grammatik, Phonetik der
der deutdeutschen
Sprache, seine Wörterbücher: Deutsch-bulgarisches und Bulgarisch-deutsches phraseologisches Wörterbuch, seine literaturkritischen Publikationen in bulgarischen Zeitschriften, seine Essay- und Erzählbände, sein humoristischer Roman Gologaniada haben unvergänglichen Wert. In der Geschichte der bulgarischen Germanistik ist die Zeit zwischen 1923 und 1944 eine erste Periode. Es ist die Zeit, in der durch die unermüdlichen Bemühungen von Professor Gâlâbov das germanistische Studium an der Universität Sofia mit all seinen grundlegenden Disziplinen voll entwickelt wurde. Bereits im Studienjahr 1925/26 geschieht die Ausbildung nach folgendem Studienplan: 3 Vor der ersten Universitätsprüfung nach dem 4. Semester: 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7.
Vergleichende Literaturgeschichte Prinzipien der Literaturwissenschaft Prinzipien der Sprachwissenschaft Einführung in das Studium der germanischen Philologie Grammatik des Neuhochdeutschen Geschichte der deutschen Sprache Geschichte der deutschen Literatur seit dem 18. Jahrhundert.
Vor der zweiten Universitätsprüfung (nach dem 8. Semester): 1. 2. 3. 4.
Vergleichende indoeuropäische Sprachwissenschaft Vergleichende Grammatik der germanischen Sprachen Grammatik des Gotischen und des Althochdeutschen Geschichte der deutschen Literatur bis zum 17. Jahrhundert.
Vgl. Bio-Bibliographia na prepodavatelite ot fakulteta po zapadni filologii, Sofia 1973, S. 119 ff. 2 Vgl. dazu Nadezda Andreeva, >Literaturnoto nasledstvo na Prof. Konstantin Gâlâbov», in: Literaturna misal, 29, 1985, H . l , S. 27 ff. ' Vgl. Sgoda: 994k (Archiv der Stadt Sofia: Archivbestand der Universität), 994 K, 2,16, S. 32. 1
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Pavel Petkov
Neben diesen Kerndisziplinen des Faches mußten die Studenten klassische und neue Sprachen lernen und Vorlesungen in vielen sogenannten Hilfsdisziplinen besuchen: Psychologie, Ästhetik, Soziologie, Geschichte der bulgarischen Literatur, Geschichte der griechischen und römischen Literatur, Geschichte der Literatur eines anderen slawischen Volkes, einzelne Literaturepochen der französischen und der englischen Literatur. Dieser Studienplan, der den Abschluß auf einem klassischen G y m n a s i u m zur Voraussetzung hatte, k o n n t e ein beachtliches Ausbildungsniveau gewährleisten. Vergleichbar hohe Anforderungen an die Studenten wurden um diese Zeit in allen Universitätsfächern gestellt, was dazu führte, d a ß bereits 1928 die D i p l o m e der Universität Sofia von Frankreich u n d später auch von anderen Staaten anerkannt w u r d e n . 4 Ein Hauptcharakteristik u m der damaligen Wissenschaft und des ganzen kulturellen Lebens in Bulgarien u m diese Zeit w a r das heute wieder aktuell gewordene Streben nach Europäisierung, die von Professor Gâlâbov in seinen Publikationen als eine organische Verbindung von nationalen und übernationalen unvergänglichen Werten verstanden w u r d e . 5 Selbst die faschistische Ideologie konnte einen großen Teil der bulgarischen Intellektuellen, zu denen auch der Begründer der bulgarischen Germanistik gehörte, nicht von dieser Idee abbringen, die selbstverständlich auch eine demokratische Gesinnung und H a l t u n g in sich einschloß. Am Lehrstuhl f ü r Germanistik waren in dieser ersten Periode seiner Geschichte neben Konstantin Gâlâbov noch folgende Lektoren für praktischen Sprachunterricht tätig: Jivka Dragneva seit 1923, Dr. Simon Pierheger vom Slawischen Institut in Berlin von 1927 bis 1931, Dr. Rudolf Jentsch von 1931 bis 1944, Jana Nikolova von 1938 bis 1942. Von 1939 bis 1942 erhielt der spätere Professor Stefan Stantschev eine Assistentenstelle. Prof. Gâlâbov hielt Seminare über das Gotische, das Althochdeutsche, das Neuhochdeutsche, die Geschichte der Sprache und der Literatur, J. Nikolova über Literaturgeschichte und Dr. Pierheger über Dialektologie. Die anderen im Studienplan vorgesehenen Disziplinen wurden von bedeutenden Wissenschaftlern aus anderen Lehrstühlen abgedeckt: von Prof. Ivan Sismanov, Prof. Stefan Mladenov, Prof. Michail Arnaudov. Z u Beginn der zwanziger J a h r e bot als ordentlicher Dozent der Universität Sofia auch N . S. Trubeckoj eine Einführung in die allgemeine Sprachwissenschaft an. Eine zweite Periode in der Geschichte der bulgarischen Germanistik u m f a ß t die Zeit von 1944 bis 1958, als Prof. Gâlâbov emeritiert w u r d e . Es ist eine Zeit der politischen Verfolgung, der unheilvollen Ideologisierung der Wissenschaft und der wissenschaftlichen Verflachung des Universitätsstudiums. Der Archivbestand der Uni4 5
Ebd., 2,15, S. 63. Vgl. dazu Andreeva ( A n m . 2), S. 33.
Bulgarien
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versität Sofia und der persönliche Archivbestand von Prof. Gâlâbov enthalten Informationen über Ereignisse, deren Wiederholung in allen kommunistisch regierten Staaten keinesfalls das Interesse für das, was in jedem einzelnen Land stattgefunden hat, erlahmen lassen sollte. Prof. Gâlâbov blieb zwar Inhaber des Lehrstuhls, aber er mußte ständig um seine Stelle bangen und politische Angriffe abwehren. Er gehörte zu einer Liste von alten Professoren, die unbedingt entlassen werden sollten. 6 In seinem Nachlaß sind vier Anträge an die kommunistisch dominierte Organisation »Vaterländische Front« von 1944, an das Ministerium der Kultur von 1949, an das Stadtbezirkskomitee der kommunistischen Partei von 1954 und an den Generalsekretär der K P W Cervenko von 1955 aufbewahrt, in denen er darum bat, seine Professorenstelle behalten zu dürfen, indem er auf seine wissenschaftlichen Verdienste, seine demokratische Gesinnung und seine Distanzierung vom Faschismus hinwies. 7 Im Unterschied zu anderen Professoren, die ihre Stellen verloren haben oder ins Gefängnis gingen oder gar zum Tode verurteilt wurden, wie das mit vier ehemaligen Rektoren geschah, 8 hat Professor Gâlâbov Glück gehabt. Sehr energisch haben sich für ihn die in dieser Zeit einflußreichen Professoren Assen Kisselintschev, J a k Natan und Konstantin Baiscinskij eingesetzt. Weniger Glück hatte seine spätere Gemahlin und langjährige Mitarbeiterin, die Deutschlektorin J a n a Nikolova, deren anstehende Dozentenberufung nicht stattgefunden hat und die 1945 die Universität verlassen sollte und erst nach mehr als 4 0 Jahren 1987 wieder vor Studenten auftreten durfte, was um diese Zeit noch nicht selbstverständlich war, obwohl sie durch ihre frühen Untersuchungen über Hölderlin, Novalis, Goethe und Kleist, durch die von ihr verfaßte Grammatik der deutschen Sprache, durch ihre entscheidende Mitarbeit an den schon erwähnten phraseologischen Wörterbüchern wie auch durch andere Publikationen beachtenswerte Beiträge zur Entwicklung der bulgarischen Germanistik geleistet hatte. Eine echte Würdigung des Lebenswerks von Prof. Gâlâbov, aber auch seiner Lebensgefährtin J a n a Nikolova konnte erst nach der demokratischen Wende in Bulgarien 1 9 8 9 vorgenommen werden, als aus Anlaß der 100. Jährung seines Geburtstages 1992 vom Lehrstuhl für Germanistik ein Symposion stattfand. Ein Sammelband mit den Beiträgen wird demnächst erscheinen. Es war aber ein bitteres Glück, daß Prof. K. Gâlâbov seine Stelle an der Universität behalten durfte. Er mußte seine literaturhistorischen Vor-
Vgl. Georgij Siskov, >Imalo e i naredba-zakon za rasprava s ucenite0 krytyce literackiej< (>Über die LiteraturkritikZum Problem der Begründung einer reinen Poetik< 6 in der internationalen Literaturwissenschaft wegweisend gewirkt hätte, wenn dieser in einer der Weltsprachen verfaßt worden wäre. Diese Poetik habe nicht nur auf der H ö h e der philosophischen Strömungen und Anschauungen über das Wesen und die Funktion der Kunst gestanden, sondern sie bilde auch eine Vorwegnahme der Konzeption der russischen Formalisten, der Theorie vom mehrschichtigen A u f b a u des literarischen Kunstwerks, der Bücher im Stile Kaysers und Dufrennes, Suzanne Langers Feeling and Form u n d der Arbeiten aus der G r u p p e des N e w Criticism. 7 Diese Rehabilitation hatte allerdings nur wenig Auswirkung auf die polnische Germanistik. Wahrscheinlich w a r es dazu zu spät. Außerdem gingen weiter die w a h r scheinlich vom Sicherheitsdienst stammenden Gerüchte u m , Lempicki h a b e mit der Gestapo zusammengearbeitet. So erzählte man mir, daß er zum damaligen Besatzungschef recht gute Beziehungen gehabt, aber dieser zu spät erfahren hätte, d a ß er wegen Benzinhandels verhaftet worden sei. Als ich Lempickis Schüler Florian Witczuk und Barbara Placzkowska auszufragen suchte, wie sich das alles wirklich verhalten hätte, b e k a m ich ausweichende A n t w o r t e n . Erst 1974 erzählte Placzkowska auf einer von mir veranstalteten Lempicki-Konferenz, wie gefährdet dieser im okkupierten Warschau war. 8
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So e r k l ä r t e er zu Beginn der dreißiger J a h r e , d a ß der Stalinismus k a u m noch etwas mit d e m »marxschen Sozialismus« zu t u n h a b e . D e m D e u t s c h l a n d des Dritten Reiches, w o er viele Freunde und Kollegen hatte, stand er von J a h r zu J a h r kritischer gegenüber. 1936 schrieb er in einem Bericht ü b e r den 13. Kongreß der D e u t s c h e n Philosophischen Gesellschaft, d a ß »[...] diejenigen, die in D e u t s c h l a n d philosophieren [...] h e u t z u t a g e in D e u t s c h l a n d e n t w e d e r keinen M u t z u m Sprechen u n d Schreiben h ä t t e n o d e r d a r ü b e r sprächen und schrieben, w o r ü b e r sie vor einigen J a h r e n kein Wort verloren h ä t t e n [...]«(vgl. Kurier XVarszawski v o m 27.9.1936). Und 1937 k o m m t er nach d e r E i n f ü h r u n g des Vierjahresplanes im Dritten Reich zu d e m Schluß, d a ß wir es hier mit einem Kriegskapitalismus zu tun h a b e n . Dieser sei d u r c h M ä n g e l eingeleitet w o r d e n , d u r c h »Mängel an Devisen, an Lebensmitteln u n d R o h s t o f f e n « (vgl. Drogi Polski, W a r s z a w a 1937, H . l ) . Der Begriff Kriegskapitalismus war, was jeder K o m m u n i s t im O s t e n s o f o r t begriff, eine Parallelbildung zu K r i e g s k o m m u n i s m u s , w o m i t Lempickis Schriften gleichsam ein f ü r allemal v e r b o t e n oder zumindest verschwiegen g e h ö r t e n .
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Peter L a c h m a n n hat den polnischen T e x t >W s p r a w i e uzasadnienia poetyki czystej< f ü r Poetica. Zeitschrift für Sprach- und Literaturwissenschaft im H . 3, 1971, Bd. 4, S. 378 — 397, unter d e m oben angegebenen Titel übersetzt. Vgl. R o m a n Ingarden, >Zygmunt Lempicki jako teoretyk literartury«, in: Z y g m u n t Lempicki, Wybór Pism, Bd. 2, W a r s z a w a 1966, S. 13. Vgl. B a r b a r a Placzkowska, »Zygmunt L e m p i c k i s in: Przeglad Humanistyczny, 1976, H . 4, S.3.
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Karol Sauerland
Gleich nach Kriegsende wurden Germanisten polnischer Herkunft 9 aus der Zwischenkriegszeit, Adam Kleczkowski (1883 — 1 9 4 9 ) 1 0 und Z o fia Ciechanowska ( 1 8 9 6 - 1 9 7 2 ) 1 1 in Krakau, Jan Berger ( 1 8 8 9 - 1 9 5 7 ) 1 2 9
Vor dem Ersten Weltkrieg gab es nur im österreichischen Teil Polens germanistische Lehrstühle (an den Universitäten in Krakau und Lemberg), an die nur Deutsche (im damaligen Wortsinn) berufen wurden. Es handelte sich allerdings um hervorragende Professoren, wie Richard Maria Werner, der von 1883 bis 1910 in Lemberg lehrte (ihm folgte der Sprachwissenschaftler Viktor Dollmayr, von dem die Bearbeitung der Wortgruppen Stele bis Stellzunge und Sterb bis Sterbung in Grimms Wörterbuch stammt), und Wilhelm Creizenach, der 1914 pensioniert wurde. In der neuen Republik Polen wurden an zwei weiteren Universitäten germanistische Lehrstühle eingerichtet (Warschau und Posen), an die man Professoren polnischer Herkunft berief (Lempicki, Kleczkowski), während man in Krakau und Lemberg die alten Besetzungen beibehielt. (In Krakau lehrte Creizenachs Nachfolger Spirydon Wukadinovic, der kein Serbe war, wie viele meinen, sondern ein Deutsch-Österreicher (vgl. Michal Ciesla in Ζ dziejów..., Anm. 13, S. 93), und in Lemberg der schon genannte Dollmayr. Der zu Beginn der dreißiger Jahre an der Universität in Wilna eingerichtete Lehrstuhl für Germanistik wurde mit Professoren deutscher Herkunft (Franz A. Doubek, der aus Graz hierher »bestellt« war, wie Zofia Ciechanowska in der Slawischen Rundschau, Berlin, 1935, H. 4, S. 247, schrieb, und H. Anders, ein Schüler Kleczkowskis) besetzt.
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Kleczkowski hatte in Freiburg und Krakau Germanistik und Polonistik studiert. Er doktorierte und habilitierte sich in Krakau. 1919 wurde er zum außerordentlichen Professor an die Universität Posen berufen, wo er den Lehrstuhl für Germanistik übernahm. 1933 wurde er an der Jagiellonen-Universität Nachfolger von Wukadinovic. Seine wichtigsten Publikationen betreffen Fragen der deutsch-polnischen bzw. deutschslawischen Sprachkontakte und Spracheinflüsse; (vgl. Polski Slownik Biograficzny, Bd. 12, Wroclaw, Warszawa und Krakow 1966, S. 554 f. (Vf. Olga Dobijanka-Witczakowa) und Wielkopolski Slownik Biograficzny, Warszawa und Poznan 1981, S. 334 (Vf. Danuta Pçdzinska)).
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Ciechanowska studierte in Wien und Krakau Germanistik und Romanistik. Ihre Doktorarbeit widmete sie den Anfängen der Goetherezeption in Polen. Sie hatte sie in polnischer Sprache geschrieben. Einige Jahre später publizierte sie eine deutsche Fassung unter dem Titel: Die Anfänge der Goethe-Kenntnis in Polen, in: Germanoslavica, Jg. 1 (1931/32) und Jg. 2 (1932/33). 1935 gab sie in der Slavischen Rundschau einen Überblick über den Stand der polnischen Germanistik (vgl. Anm. 9). Sie arbeitete Zeit ihres Lebens immer wieder über Fragen der Aufnahme deutscher Literatur in Polen. Ihre letzte große Studie war der Beziehung zwischen Stefan George und Waclaw RoliczLieder gewidmet. Sie interessierte sich insbesondere für deren gegenseitige Übersetzungen. 1925 hatte sie an der Bibliothek der Jagiellonen-Universität zu arbeiten begonnen. Sie brachte es bis zum stellvertretenden Direktor. Darüber hinaus unterrichtete sie Germanistik an der Krakauer Universität. Gleich nach dem Kriege fiel ihr nach dem Tod von Professor Kleczkowski die unangenehme Aufgabe zu, die Schließung des Lehrstuhls für Germanistik zu überwachen. Später war sie an der Katholischen Universität in Lublin als zureisende Germanistin tätig, aber auch dort mußte der Lehrstuhl aufgelöst werden. Jerzy Starnawski bemerkt zu Recht, daß sie als Germanistin nie entsprechend ihren Möglichkeiten eingesetzt worden war, obwohl gerade sie die polnische und deutsche Kultur in ihrer Forschung zu verbinden wußte. (Vgl. Jerzy Starnawskis Nachruf auf Ciechanowska in: Pamiçtnik Literacki, 65, 1974, H. 3, S. 413—420.)
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Berger hatte an der Jagiellonen-Universität in Krakau Germanistik studiert und dort 1914 den Doktortitel erlangt. 1932 habilitierte er sich an der Universität in Posen. 1936
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in Posen, Zdzislaw Zygulski ( 1 8 8 8 — 1 9 7 5 ) 1 3 in L ó d z und J a n Piprek ( 1 8 8 7 - 1 9 7 0 ) 1 4 in Breslau und Gustaw Foss ( 1 9 0 7 - 1 9 5 6 ) 1 5 in T h o r n aktiv. D o c h das zentralistisch gesinnte Ministerium für Volksbildung löste schnell einen Lehrstuhl nach dem anderen auf und beschloß schließwurde er an die Stelle von Kleczkowski, der nach Krakau gegangen war, berufen. 1944/ 45 nahm er an dem Unterricht im polnischen Untergrund teil. Nach der Befreiung Posens von der deutschen Besatzung kehrte er dorthin zurück. 1949 wurde er zum ordentlichen Professor ernannt. 1953 übernahm er die Leitung des Lehrstuhls für deutsche Literaturgeschichte. Er veröffentlichte u. a. Grabbe a romantyka (Grabbe und die Romantik), Poznan 1932, Jerzy Büchner (Georg Büchner), Poznan 1934, Przeklady Kasprowicza (Die Übersetzungen von Kasprowicz), Poznan 1948; vgl. u. a. Wielkopolski Slownik Biograficzny, Anm. 10, S. 49 f. "
Zygulski studierte erst in Lemberg und dann in Wien Germanistik, wo er 1914 den Doktortitel mit der Arbeit Über die Gleichnisse in den Gesprächen Goethes erwarb. Noch vor dem Einmarsch der sowjetischen Truppen habilitierte er sich im Juni 1939 an der Universität in Lemberg über Schillers tragisches Pathos. Am 30.1.1940 wurde er Dozent an der dortigen Germanistik bis zum Einmarsch der deutschen Truppen. Nach dem Rückzug der deutschen Truppen aus Lemberg wurde er erneut Dozent für Germanistik. Nach dem Krieg ging er zusammen mit einem Teil der polnischen Universität in Lemberg nach Lodz, wo er vom Ministerium für Hochschulwesen zum Leiter des neu gebildeten Lehrstuhls für Germanistik ernannt wurde. Nach dessen Schließung übernahm er den Lehrstuhl für Germanistik an der Universtität in Breslau bis zu seiner Pensionierung im Jahre 1960. Zygulskis wichtigste wissenschaftliche Veröffentlichung in der Vorkriegszeit war A. Gryphius' »Catharina von Georgien« nach ihrer französischen Quelle untersucht (Lwów 1932). Nach 1945 veröffentlichte er u . a . Bücher in polnischer Sprache über Friedrich Hebbel und Gerhart Hauptmann. Über Zygulskis Leben und Wirken informiert u. a. Anna Stroka in: Ζ dziejów germanistyki historycznoliterackiej w Polsce. Studia i materialy, Lódz 1991, S. 65—78.
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Piprek hat an den Universitäten in Breslau, Leipzig, Prag und München Germanistik, Slawistik, klassische Philologie und allgemeine Sprachwissenschaft studiert. 1912 erwarb er sich mit der Dissertation Slawische Brautwerbungsund Hochzeitbräuche in München den Doktortitel. 1919 wurde er verhaftet, weil er dem fliehenden Ernst Toller Unterkunft gewährt hatte. 1920 half er den polnischen Aufständischen in Schlesien. Als er als polnischer Gesandter nach Paris fuhr, wurde er in Berlin von deutschen Chauvinisten tätlich belästigt. 1922 wurde er Direktor eines klassischen Gymnasiums in Chorzów, später lehrte er an der Warschauer Universität Didaktik für den Deutschunterricht. Während der deutschen Okkupation nahm er am illegalen Unterricht als Lehrer teil. 1945 wurde ihm die Leitung des Lehrstuhls für Germanistik an der Universität in Wroctaw/Breslau übertragen. Er ist in Polen vor allem durch sein Deutsch-Polnisches und Polnisch-Deutsches Wörterbuch bekannt. Vgl. Marian Szyrocki, >Jan Piprek (1887—1970)Barometer und Instrument. Literatur der Bundesrepublik in Polens in: Die Rezeption der polnischen Literatur im deutschsprachigen Kaum und die der deutschsprachigen in Polen 1945 — 1985, hrsg. von Heinz Kneip und Hubert Orlowski, Darmstadt 1988, S. 339, wie auch meinen Artikel bundesdeutsche Literaturkritik aus der Ferne betrachtet^ in: Heinz Ludwig Arnold, Literaturbetrieb in der Bundesrepublik Deutschland. Ein Handbuch, München 1981, S. 295 — 301; eine gekürzte Fassung in: Text und Kritik 100. So meint er, daß Anna Seghers in Transit von ihrem Entwicklungsweg hin zum großen Realismus abgekommen sei (vgl. S. 154). Ähnliches hatte er auch in dem Buch von 1955 behauptet (vgl. dort S. 226). Martin Opitz, Berlin (Ost) 1956, und Der junge Gryphius, Berlin (Ost) 1960; Die deutsche Literatur des Barock. Eine Einführung, Reinbek bei Hamburg 1968. Eine vollständige Bibliographie seiner Veröffentlichungen bis zum Jahre 1987 befindet sich in der von Norbert Honsza und Hans-Gert Roloff herausgegebenen Festschrift Daß eine Nation die andere verstehen möge, Amsterdam 1988, S. 873—913.
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Märtyrer- und Jesuitendrama 21 gehören zweifelsohne zu den Errungenschaften der polnischen Germanistik zwischen den fünfziger und siebziger Jahren. Der Großteil der wichtigen Essays über deutsche Literatur in polnischer Sprache stammt dagegen von Nicht-Germanisten, wenn man die an und für sich bedeutsamen Vorworte zu klassischen Werken der deutschen Literatur, die im Rahmen einer Reihe für Kleinode der Weltliteraur vergangener Zeiten erschienen sind, nicht einbezieht. So schrieben der Dichter Mieczyslaw Jastrun einfühlsam, wenngleich nicht ohne Mißverständnisse über Rilke und der Kritiker Egon Ludwik Naganowski über Musil, der sich übrigens von seinen Kollegen Szewczyk und Szydlowski günstig abhob. Wilhelm Szewczyk äußerte zum Beispiel zu Beginn der achtziger Jahre auf einer Konferenz in Posen, daß Horst Bienek seinem Workuta-Aufenthalt die Kenntnis der russischen Sprache zu verdanken habe. Szewczyk war stets linientreuer und dogmatischer als man in polnischen Intellektuellenkreisen zu sein pflegte. Roman Szydlowski, ein Theaterkritiker, langjähriger Redakteur des Parteiorgans Trybuna Ludu hatte wenigstens kurz vor seinem Tod zu Beginn der achtziger Jahre ein wenig vom neuen Geist der »Solidarnosc« eingesaugt. Er wurde daher auch in der Trybuna Ludu von Micha} Misiorny verdrängt, der sich mit seinen offenen Angriffen auf die Blechtrommel in die Annalen der polnischen Kulturgeschichte eingetragen hat, worüber Norbert Honsza in seinem jüngsten Artikel > »Ich sag es immer, Polen sind begabt«. Zur ästhetischen Motivation bei Günter Grass< 22 kein Wort verloren hat. Misiorny war es Ende der siebziger Jahre gelungen, die Veröffentlichung der seit einigen Jahren fertig vorliegenden Übersetzung der Blechtrommel wieder zu verhindern. Ich hatte noch vor seinen Angriffen das Einverständnis von Günter Grass erhalten, einige Kapitel dieses Romans in der Zeitschrift Literatura na Swiecie Vorabdrucken zu dürfen. 23
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Künstler, Grübler und Rebellen. Studien zum europäischen Märtyrerdrama des 17. Jahrhunderts, Bern und München 1967; Lohensteins »Arminius« als Zeitroman. Sichtweisen des Spätbarock, Bern und München 1970; Geschichte, Politik und Gesellschaft im Drama des 17. Jahrhunderts, Bern und München 1976. Eine vollständige Bibliographie ihrer Veröffentlichungen bis zum Jahre 1982 befindet sich in der von Richard Brinkmann u. a. herausgegebenen Festschrift Theatrum Europaeum, München 1982, S. 6 4 4 - 6 4 8 . Vgl. auch den Nachruf von Wilhelm Kühlmann in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 4.2.1992.
22
In: Amsterdamer Beiträge zur neueren Germanistik, Bd. 35, 1992, hrsg. von Gerd Labroisse und Dick van Stekelenburg, S. 73 — 83. Er erinnert nur in Anmerkung 11 (S. 80), sich auf B. Fac, der in Günter Grass im Ausland (Frankfurt/Main 1990) einen Artikel veröffentlicht hatte, berufend, an einen Angriff des einst namhaften polnischen Schriftstellers Zukrowski gegen die Blechtrommel im Jahre 1963. Zukrowski fand, daß Grass die Polen als die Dummen dargestellt habe.
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Dieser Vorabdruck erschien in der Nummer 3 von 1976 zusammen mit einem Interview, das Günter Grass mir 1975 m Danzig gegeben hatte.
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Ich und auch die Redaktion der Zeitschrift hatten gehofft, daß damit das Eis gebrochen sei, daß es nun schnell zu einer Veröffentlichung des ganzen Werkes kommen werde, was aber Misiorny und andere vereitelten. Ich gehörte übrigens auch zu denjenigen, die von diesem Mann in recht widerwärtiger Art namentlich angegriffen wurden. Ich hatte es gewagt, auf einige sachliche Fehler in einem seiner Trybuna Ludu-Artikel zu verweisen. Ich nenne hier den Fall Misiorny, um durchscheinen zu lassen, unter welchem Druck jene polnischen Germanisten standen, die sich in nicht vorgeschriebener Weise in das Geistesleben des Landes einmischen wollten. Stefan Kaszynski hat am Fall Boll in einer Darmstädter Publikation 1988 demonstriert, wie man über einen deutschen Autor auf polnisch zu schreiben pflegte: »[...] er erntete in Polen immer dann Zustimmung, wenn er mit seiner Prosa gegen den deutschen Militarismus zu Felde zog [ . , . ] « 2 4 ; sonst konnte Boll sich leicht Kritik einholen, etwa für Die Ansichten eines Clowns, die wegen seines demonstrativen 2 5 Indifferentismus getadelt wurden. Ein anderer Druck auf die polnische Germanistik kam von außen, nämlich aus der D D R , deren Bildungs- bzw. Hochschulminister mit dem entsprechenden polnischen Minister vereinbart hatten, daß an jedem polnischen Lehrstuhl ein bis zwei Dozenten arbeiten sollten. Diese Dozenten waren an einigen Lehrstühlen eine wichtige Kraft und bestimmten, wenn ihre polnischen Partner schwach waren, das geistige Profil nicht unerheblich, was sich vor allem durch ein Übergewicht der sogenannten fortschrittlichen Literatur in Forschung und Lehre kundtat. Noch in den achtziger Jahren konnte der D D R - G e r m a n i s t Frank Wagner in Lublin ein Kolloquium über den Spanienkrieg organisieren, auf dem die Ermordung der Anarchisten durch die mit dem K G B zusammenarbeitenden Kommunisten mit Stillschweigen übergangen wurde, was natürlich nicht ohne Mitwirkung der polnischen Teilnehmer möglich war. 2 6 Es gab eben auch eifrige polnische Germanisten, die fortschrittlich und marxistisch sein wollten, obwohl der Marxismus seit den sechziger Jahren eine immer geringere Rolle im polnischen Geistesleben spielte. Als besonders negativ habe ich von Anfang an den Entschluß des polnischen Wissen-
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Stefan Kaszynski (Anm. 18), S. 345. Ebd. In der 1991 erschienenen, hier mehrmals zitierten Publikation Ζ dziejów... findet J a n P a p i ó r nur gute Worte dafür, daß die polnischen Germanistikstudenten (die von der Katholischen Universität in Lublin ausgeschlossen) in der zweiten Hälfte der achtziger J a h r e zu einem einsemestrigen Aufenthalt an einer jeweils vorbestimmten D D R - H o c h schule zu fahren hatten, obwohl es klar war, d a ß es sich hier um eine politische Absprache zwischen den Ministerialbeamten des Jaruzelski- und D D R - R e g i m e s handelte
(vgl. Ζ dziejów..., Anm. 13, S. 54).
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schaftsministers empfunden, an die Spitze des erst 1960 wiedereröffneten Lehrstuhl für Germanistik der Universität Warschau 2 7 den D D R - G e r m a nisten T h o m a s Höhle zu stellen, 2 8 der gerade sein linientreues Buch über Franz Mehring als Literaturkritiker veröffentlicht hatte. 2 9 Als er über die Literatur der zweiten Hälfte des 18. und des beginnenden 19. Jahrhunderts las, tat er dies auf dem Niveau der Erläuterungen, die zu Schulzwecken in der D D R herausgegeben worden waren und nichts mit Wissenschaft zu tun hatten. Wenn es nicht Professor Elida Maria Szarota mit ihrer damals exzentrisch wirkenden Vorlesung über den deutschen und europäischen Barock und ihren Seminaren zur Romantik gegeben hätte, stünde es heute schlecht um die Germanistik in der Hauptstadt Polens. Den Druck von Seiten der D D R konnte man jedoch seit der Eröffnung des österreichischen Kulturinstituts in Warschau in der Mitte der sechziger Jahre und nach der Anstellung von österreichischen Lektoren an
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Jan Papiór gibt mit 1961/62 ein falsches Datum der Wiedererrichtung dieses Lehrstuhls an (sowohl in: Daß eine Nation die andere verstehen möge, Anm. 20, S. 568, wie auch in: Ζ dziejów..., Anm. 13, S. 53). Er verkennt auch die wahren Gründe, warum die Germanistik in Warszawa nicht reaktiviert wurde, wenn er schreibt, daß dies geschehen sei, da Z. Lempicki, der in Auschwitz ermordet worden war, keine Nachfolger ausgebildet hatte. Immerhin gab es Florian Witczuk, der Lempicki-Schüler war und nach dem Krieg die Abteilung für Germanistik verwaltete und sogar deren Bibliothek mit neuen Ankäufen anfüllte, um die Kriegsverluste auszugleichen, und es gab Elida Maria Szarota, die sich 1956 an der Humboldt-Universität mit ihrer Arbeit über Lessings Laokoon (erschienen als Buch 1959 in Weimar unter dem Titel: Lessings Laokoon — Eine Kampfschrift für eine realistische Kunst und Poesie) habilitiert hatte, und zwar mit dem klaren Ziel, als Dozent bzw. Professor an der Warschauer Universität deutsche Literatur zu lehren. Die Ministerialbeamten ließen sich aber noch vier Jahre Zeit, bis sie sich, man möchte sagen, gnädigst entschlossen, den Lehrstuhl in Warschau zu reaktivieren; mit einem Wort: die Nicht-Eröffnung der Germanistik hatte rein politische Gründe.
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Neben ihm wirkten zwei habilitierte polnische Dozenten (die schon erwähnte Elida Maria Szarota und Emil Adler) sowie der Lempicki-Schüler Florian Witczuk. Thomas Höhle, Franz Mehring. Sein Weg zum Marxismus 1869 — 1891, Berlin 1956 (Schriftenreihe des Instituts für deutsche Geschichte an der Karl-Marx-Universität, hrsg. von Ernst Engelberg, Bd. 1). Er beginnt das Buch mit den Sätzen: »Die fortschrittliche deutsche Geschichtsschreibung, die sich bemüht, die materialistische Geschichtsauffassung von Karl Marx und Friedrich Engels als Leitfaden beim Studium der Geschichte zu benutzen, hat die Aufgabe, die großen progressiven Traditionen des deutschen Volkes zu erforschen. Dadurch kann sie einen wichtigen Beitrag im gegenwärtigen Kampf der Nation für die Erhaltung des Friedens und die Gestaltung eines einigen, souveränen, demokratischen und sozialistischen Deutschlands leisten. Die marxistische Geschichtsschreibung muß Verbindungslinien zwischen den vergangenen Leistungen und heutigen Aufgaben ziehen und so die Durchführung des historischen Auftrags unserer Zeit befruchten. Zugleich muß es das Anliegen der fortschrittlichen Historiker sein, die reaktionären Strömungen der Vergangenheit in ihrer Gefährlichkeit zu enthüllen und dadurch mitzuhelfen, ihr Weiterwirken bis in unsere Tag zu verhindern.« (S. 9)
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germanistischen Lehrstühlen abwehren, indem man die österreichische Literatur zu favorisieren begann, was nicht nur die in diesem Band Vertretenen mit Freude taten. Dabei ließ sich die Waffe der DDR-Kulturpolitiker, daß es nicht nur eine deutsche Literatur und Kultur, sondern mehrere deutschsprachige Literaturen und Kulturen gäbe, weswegen die D D R als etwas Gesondertes angesehen werden müsse, umdrehen, indem man von der Sonderrolle der österreichischen Literatur und Kultur sprach. Uns erschien eine Zeit lang diese sogar die wichtigste; immerhin hatte sie die Wiener Moderne, einen Musil und Wittgenstein, eine Bachmann und vor allem die damals erfolgreichen jungen Autoren wie Bernhard und Handke hervorgebracht. Vielleicht gibt es aus diesen historischen Gründen heute so viele polnische Germanisten, die sich in der österreichischen Literatur gut auskennen. Persönlich war ich der Erfinder der österreichisch-polnischen Germanistentreffen, die ich in den siebziger Jahren recht bewußt als Gegengewicht gegen die alljährlich stattfindenden Treffen von polnischen und DDR-Germanisten eingefädelt hatte. Sie haben recht schnell ihre Eigendynamik gewonnen. Mit der Schweiz ließ sich Ähnliches nur in Ansätzen durchführen. Die Schweiz ist zu dezentralisiert, als daß sie eine Kulturpolitik nach außen durchführen könnte. Ein gesondertes Kapitel stellt die Erforschung der revanchistischen deutschen Literatur, speziell der antipolnischen Heimatromane dar. Man könnte meinen, daß sie aus einem natürlichen Bedürfnis der Polen erwachsen war, mit dem grausamen deutschen Nationalismus abzurechnen und dessen Wurzeln aufzudecken. Das war nur zum Teil der Fall. Bei vielen Arbeiten handelte es sich darum, sich der offiziellen Linie der politischen Machthaber anzugleichen, die antideutsch war, weil sie prorussisch sein mußte. Trotz meines sehr kritischen Verhältnisses zu der deutschen engstirnigen, den eigenen Nabel beschauenden nationalistischen Literatur habe ich nie Forschungen dieser Art bei meinen Magis t r a t e n und Doktoranden unterstützt, denn die Wahrheit erfährt man erst, wenn man auch ähnliche Tendenzen in der eigenen Kultur aufzudekken vermag. Recht eindrucksvoll war für mich in dieser Hinsicht eine öffentliche Doktorverteidigung, die unlängst in Warschau stattfand. Die Doktorandin hatte eine Arbeit über die Anhänger der konservativen Revolution in Deutschland verfaßt, ohne diese rechte Bewegung in einem europäischen Kontext zu sehen. Auf meine Frage, wie sie denn die Ansichten der »Action française« oder die eines Céline sowie die der polnischen »Endecja« im Vergleich mit dem Tatkreis einschätze und wie sie zum damaligen linken Radikalismus stehe, erhielt ich von der Doktorandin eine recht ausführliche und interessante Antwort, aus der hervorging, daß so manches für die Anschauungen der Anhänger der konservativen Revolution spreche. Die Doktorandin gab mir zu verstehen, daß
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sie darüber nachgedacht hätte, aber sie meinte, streng germanistisch verfahren zu müssen, das heißt diese Dinge in einer Dissertation nicht erw ä h n e n zu dürfen. Sie hatte so unrecht nicht, denn weder der D o k t o r v a ter noch die Gutachter hatten ihre M e t h o d e bemängelt. Sie hätten aber wahrscheinlich auch nichts gesagt, wenn sie anders vorgegangen wäre. Dieses »streng germanistisch« n i m m t der Auslandsgermanistik viele Möglichkeiten, im eigenen Land Teil des Geisteslebens zu werden. Es ist das Erbe nationaler Literaturgeschichtsschreibung, eines künstlichen Gebildes, wie ich 1985 in einem kurzen Referat, das ich leider in Göttingen auf dem Internationalen Germanistenkongreß nicht selber vortragen d u r f t e , 3 0 zu zeigen versuchte. 3 1 Literatur ist an und f ü r sich immer eine internationale Erscheinung, was die Autoren und Leser ja am besten wissen. Die ersteren lassen sich gern von sogenannten ausländischen Dichtern beflügeln und trachten selber nach internationalem Ansehen, die Leser lesen dagegen zumeist so, d a ß sie einfach das vorziehen, w a s ihnen das Bessere oder Spannendere zu sein d ü n k t . »Streng germanistisch« wirkt im Ausland auch deswegen beschränkend, weil es häufig so etwas wie die deutsche Geistesgeschichte ausschließt, was von Übel ist, denn die deutsche Kultur ist nun einmal nicht nur wegen ihrer Dichter, sondern auch und vor allem wegen ihrer Denker anziehend. D a s trifft sowohl auf die Vergangenheit (Leibniz, Kant, Hegel, Dilthey, M a x Weber, Jaspers etc.), wie auch auf die Gegenwart (Habermas, L u h m a n n , O d o M a r q u a r d usw.) zu. Ich glaube, daß sich die Auslandsgermanistik auf ein Studium hin bewegen muß, bei dem deutsche Geistesgeschichte und anderes mehr Berücksichtigung findet. Bei aller Kritik an der sogenannten Auslandsgermanistik, von der ich die italienische und vielleicht auch die englische ausschließen w ü r d e , k a n n m a n der polnischen Germanistik auch eine Menge positiver Seiten abgewinnen. Polen ist ein Land, in dem die Studenten am Ende ihres Studiums ein, verglichen mit anderen Ländern, recht gutes Deutsch sprechen, es ist ferner das Land, in dem die Germanisten im allgemeinen über gute Kenntnisse der deutschen Literatur und Kultur verfügen. Die polnischen Germanisten sind darüber hinaus recht beweglich, sie haben nicht die geringste Schwierigkeit, das D D R - E r b e über Bord zu werfen und sich auf die neuen Bedingungen einzulassen.
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Ich war der einzige Germanist aus Polen, dem die Reise zum IVG-Kongreß von den Behörden verweigert wurde, obwohl ich dem IVG-Vorstand angehörte. " >Gibt es eine nationale Literaturgeschichte?Zur Geschichte der polnischen Germanistik«, in: ders., in die Literaturwissenschaft. Wydawnictwo UAM, P o z n a n 1981, S. 270.
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Posen neue germanistische Lehrstühle und Seminare, in den dreißiger Jahren k a m noch die Germanistik an der Universität in Wilna hinzu. Die Neugründungen in Warschau und Posen hatte man schon mit polnischen Germanistik-Professoren (Zygmunt Lempicki und Adam Kleczkowski) besetzt. Somit wurde die Germanistik in Polen zunehmend zu einer polnischen Germanistik umfunktioniert, was sich deutlich an der thematischen Ausrichtung der Forschung und Lehre erkennen ließ. Die Forschungsstrategien resultierten weitgehend aus der geographischen und politischen Lage Polens. Man versuchte vor allem das deutsch-polnische literarische und sprachliche Umfeld aufzuarbeiten. In der Sprachwissenschaft untersuchte man deutsche Inseldialekte (Adam Kleczkowski, Posen), in der Literaturwissenschaft die Polenthematik in der deutschsprachigen Literatur (Jan Berger, Posen), die Rezeptionsproblematik in bezug auf deutsche Literatur in Polen (Zofia Ciechanowska, Krakau), die Einflüsse der deutschen Literatur auf die polnische Kultur. Gelegentlich befaßte man sich auch mit der Erforschung der deutschen Literatur und Literaturwissenschaft im allgemeinen, germanistischen Sinne. In der Didaktik dominierte die traditionelle Literaturgeschichte, ausgerichtet auf die Vermittlung von Grundinformationen. M a n bildete im Prinzip Deutschlehrer aus, in geringerem M a ß e auch Kulturvermittler und Übersetzer, beides im Haupt- oder Nebenfach. Eine derartig konzipierte und vom Bildungsministerium befürwortete Germanistikstrategie bevorzugte im Rahmen der literaturwissenschaftlichen Forschung bestimmte methodische Aspekte. Man huldigte damals vor allem positivistischen Methoden im Sinne von Wilhelm Scherer und Georg Brandes, die sich besonders für die Quellenforschung der Polenliteratur eigneten. Thematisch und methodologisch könnte man, mit wenigen Ausnahmen, fast die ganze damalige polnische Germanistik als eine periphere Wissenschaftsdisziplin sowohl im Bereich der polnischen Neuphilologie als auch im Hinblick auf die europäische Germanistik bezeichnen. Von dieser allgemeinen Misere, die historisch durchaus begreiflich war, zeichnete sich deutlich im positiven Sinne die wissenschaftliche Position von Zygmunt Lempicki in Warschau ab. Seine moderne, geisteswissenschaftlich, später auch phänomenologisch orientierte Forschungsmethode brachte ihm ein hohes Ansehen bei den deutschen Germanisten ein, und seine Abhandlung Geschichte der deutschen Literaturwissenschaft bis zum Ende des 18. Jahrhunderts (Göttingen 1920) gehörte lange Zeit zu den Standardwerken des Faches in Deutschland. Das literaturtheoretische Gedankengut des vornehmlich in deutscher Sprache schreibenden Philosophen Roman Ingarden aus Lemberg blieb so gut wie unberücksichtigt von der polnischen Germanistik der Vorkriegszeit. Der Zweite Weltkrieg und die deutsche Besatzung haben der Germanistik in Polen großen Schaden zugefügt. Abgesehen von der Ermordung
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Lempickis und den weiteren personalen und materiellen Verlusten, sank auch das Ansehen der Germanistik in breiten Kreisen der Bevölkerung. Trotz der psychologisch ungünstigen Situation versuchte man gleich nach dem Kriegsende, die wichtigsten polnischen Germanistikzentren zu rekonstituieren. Es fehlte an allem, besonders aber an ausgebildeten Hochschullehrern und brauchbaren germanistischen Bibliotheken. Zudem kamen noch die aus der Nachkriegszeit resultierenden notwendigen Transfers polnischer Universitäten aus den Ostgebieten, das heißt aus Lemberg und Wilna, die jetzt ihren Sitz in Breslau und Thorn gefunden haben, gleichzeitig hatte man auch eine germanistische Abteilung an der Universität Lodz installiert. Die organisatorischen und psychologischen Komplikationen haben, trotz des Verständnisses seitens der Behörden, für mehrere Jahre eine normale wissenschaftliche Entwicklung der polnischen Germanistik erheblich behindert. Aber erst die stalinistische Hochschul- und Wissenschaftsreform hatte Anfang der fünfziger Jahre entscheidend an der Substanz der Germanistik gerüttelt. Im Zuge dieser »Reform« hatte man die meisten germanistischen (übrigens nicht nur germanistische, sondern auch anglistische, soziologische etc.) Lehrstühle eingezogen, bis auf zwei, nämlich in Posen und in Breslau. In Folge der Wende im Oktober 1956, aber erst Ende der fünfziger J a h r e und dann in den sechziger und siebziger Jahren hatte man die Germanistikzentren in Krakau, Warschau, Lodz und Thorn restituiert. Später kamen Neugründungen an den neuen Universitäten Lublin, Danzig, Stettin und an den Pädagogischen Hochschulen in Grünberg, Bromberg, Tschenstochau und Rzeszów hinzu. In den achtziger Jahren gab es in Polen zehn germanistische Zentren, an denen man mehr oder weniger systematisch germanistische Forschungsarbeit betrieb, in den neunziger Jahren sind es schon 15 Lehrstühle oder Institute. 3 Dieser kurze geschichtliche Überblick ist notwendig, um gewisse Prozesse in der Bildungs- und Forschungspolitik der polnischen Germanistik richtig zu verstehen und einzuschätzen: der schwierige Anfang nach 1945, die unterbrochene Kontinuität in den fünfziger Jahren, die erschwerten Kontakte zu den deutschsprachigen Ländern, die sich bis zur Mitte der sechziger Jahre sowieso nur auf die Zusammenarbeit mit der DDR-Germanistik beschränkten; dazu die restriktive Wissenschaftspolitik der kommunistischen Machthaber, die sowohl in die Bildungsprogramme als auch in die Forschungsprofile autoritär eingriffen. Nicht zu-
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In den neunziger J a h r e n gründete man in mehreren G r o ß s t ä d t e n Polens dreijährige Sprachkollegs, um den steigenden B e d a r f an Deutschlehrern zu decken. Im P r o g r a m m dieser Kollegs wird auch deutsche Literaturgeschichte und Sprachwissenschaft unterrichtet.
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letzt hatte m a n aus politischen Gründen seit den sechziger J a h r e n mehr in die germanistische Sprachwissenschaft als in die Literaturwissenschaft investiert 4 (Planstellen, Programmerweiterungen, Stipendien), w a s wissenschaftlich d u r c h a u s respektable Resultate bei den Linguisten brachte, m a n d e n k e e t w a an die strukturalistische Schule in Posen. Der Literaturw i s s e n s c h a f t blieb a u s den gleichen G r ü n d e n der Z u g a n g zu literarischen Neuerscheinungen und zu theoretischer Fachliteratur a u s dem Westen verwehrt, m a n w a r im G r u n d e auf die D D R - A u s g a b e n angewiesen. Die L a g e änderte sich erst in den siebziger J a h r e n , als es erlaubt wurde, Bücherspenden aus Österreich und später auch a u s der Bundesrepublik offiziell entgegenzunehmen. Unter solchen U m s t ä n d e n w a r zunächst eine n o r m a l e literaturwissenschaftliche Forschungsarbeit, s o wie m a n sie an den westlichen Universitäten betreibt, fast unmöglich. Z u g e g e b e n , E n d e der fünfziger J a h r e lockerte sich ein bißchen der politische D r u c k auf die Germanistik, vertrauenswürdige Wissenschaftler durften ins A u s l a n d , selbst in die Bundesrepublik reisen. Diese Leute bestimmten d a n n für mehrere J a h r e d a s wissenschaftliche Profil der G e r m a nistik in Polen, und sie waren auch d a n k ihrer Reisen und Publikationen die polnischen G e r m a n i s t e n , die man im A u s l a n d w a h r g e n o m m e n hat. In den siebziger J a h r e n hatte sich d a s k o m m u n i s t i s c h e R e g i m e in Polen dermaßen liberalisiert, daß es möglich wurde, ausländische Stipendien in g r o ß e m M a ß e in Anspruch zu nehmen, w o v o n eine ganze junge G e n e r a t i o n von Germanisten reichlich G e b r a u c h machte, w a s sich auch b a l d an der Q u a l i t ä t der germanistischen Forschungen bemerken ließ. Nicht unbedeutend ist in diesem K o n t e x t die Rolle der D D R - G e r m a n i stik. Diese G e r m a n i s t i k hat sich auf die E n t w i c k l u n g der germanischen Philologie in Polen s o w o h l positiv als auch negativ ausgewirkt. Ihre Anwesenheit im germanistischen Betrieb in Polen w a r d a s Ergebnis politischer Entscheidungen. M a n konnte es d a m a l s , in den fünfziger J a h r e n , als großzügige Hilfe des Nachbarn interpretieren. M a n konnte es aber auch als eine I n a n s p r u c h n a h m e oder Ü b e r w a c h u n g begreifen, beides ist, wenigstens in Teilaspekten, d o k u m e n t a r i s c h nachzuweisen. In Folge der politischen Vereinbarung, die zwischen den Parteizentralen und entsprechenden Ministerien in der D D R und in Polen getroffen wurde, verschickte m a n nach Polen sowie auch in die übrigen »sozialistischen« L ä n d e r fachlich und politisch erprobte Lektoren und Dozenten, um beim A u f b a u der germanistischen Studien und Forschungsinstitute zu helfen. 4
N o c h in d e n s p ä t e n a c h t z i g e r J a h r e n d u r f t e n die G e r m a n i s t e n a u s den l i t e r a t u r w i s s e n s c h a f t l i c h e n A b t e i l u n g e n ausschließlich m i t der G e n e h m i g u n g d e s U n t e r r i c h t s m i n i s t e r i u m s D i e n s t r e i s e n in d i e B u n d e s r e p u b l i k D e u t s c h l a n d a n t r e t e n , den g e r m a n i s t i s c h e n S p r a c h w i s s e n s c h a f t l e r n reichte für eine d e r a r t i g e R e i s e d i e G e n e h m i g u n g d e s entsprec h e n d e n H o c h s c h u l r e k t o r s . Vgl. a l l g e m e i n den B e i t r a g v o n A n d r z e j Z . B z d ç g a in diesem Band.
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Viele, besonders die neugegründeten Seminare, waren wegen Mangels an Fachkräften von dieser Hilfe abhängig. In den sechziger Jahren ging man noch einen Schritt weiter und gründete eine gemeinsame DDR-Polen-Germanistenkommission, die u. a. zur Aufgabe hatte, die Forschungsprojekte und Bildungsprogramme zu koordinieren. 5 D a ß dies eine Art politischer Steuerung war, bleibt heute unbestritten. Viele polnische Germanisten haben es aber schon sehr früh gesehen und sich auch dementsprechend kritisch geäußert. Die Sache ist aber nicht ausschließlich in negativen Dimensionen zu sehen und auszuwerten. Das in Warschau genauso wie in den übrigen Hauptstädten der »sozialistischen« Länder wirkende Kultur- und Informationszentrum der DDR betreute die germanistischen Initiativen, hat aber auch bei der Integration durch gemeinsame Veranstaltungen, Bücherlieferungen, Konferenzen und durch die Vermittlung von DDR-Schriftstellern und Germanistikprofessoren zu Symposien und Gastvorträgen wesentlich mitgeholfen. Das System war gewissermaßen perfekt organisiert, da unter den gegebenen Bedingungen beide Seiten aufeinander angewiesen und an einer effektiven Zusammenarbeit interessiert waren. Daß man von der D D R Seite besonders Druck auf die Propagierung der sozialistischen Tradition der deutschen Literatur ausübte, war genauso selbstverständlich wie die Tatsache, daß man großen Wert auf ganz bestimmte literaturwissenschaftliche Methoden legte, die vor allem die politische und ästhetische Überlegenheit des sozialistischen Realismus nachzuweisen ermöglichten. Man könnte bei dieser Gelegenheit ohne weiteres eine ganze Reihe von Namen und Fakten anführen, die diesen Zustand bestätigen. Es soll hier aber nicht nach einer Denunziation im nachhinein aussehen, Übereifrige und Mitläufer gab es übrigens nicht ausschließlich auf der DDR-Seite, viel wichtiger scheint in diesem Zusammenhang das Aufzeichnen einer politisch kalkulierten Entwicklungstendenz zu sein. Daß sich die polnische Germanistik der Nachkriegszeit nicht ganz dem Diktat der DDR-Methodologen, die dort eher als Ideologen fungierten, unterordnen ließ, davon legen viele durchaus souveräne Publikationen Zeugnis ab. Das methodologische Spannungsfeld kommt sehr überzeugend im Titel einer Publikation zum Ausdruck, die Annäherung und Distanz (Halle 1983) heißt, und die in der Auswahl von Manfred Diersch und Hubert Orlowski der DDR-Öffentlichkeit die Ergebnisse polnischer Germanistik und Literaturkritik vorstellt. Man soll aber nicht aus allen Fakten sofort negative Schlüsse ziehen, schließlich haben viele heute in Europa angesehene polnische Germani5
Vgl. J a n Papiór, >Zur G e s c h i c h t e der G e r m a n i s t e n k o m m i s s i o n der V R P und D D R « , in:
Powstanie i rozwój NRD w pierwszytn cwiercwieczu
jej istnienia. Wydawnictwo
hrsg. von Antoni Czubiñski, Poznan 1976, S. 183 — 191.
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sten ihr Studium an der Karl-Marx-Universität absolviert und es hat ihnen, wie ihre spätere wissenschaftliche Produktion zeigte, nicht sonderlich methodologisch geschadet, ganz im Gegenteil, sie profilierten sich in Opposition zu dem, was sie dort gelernt haben. Schlimm war es um die polnische Germanistik nur dann bestellt, wenn einige Forscher und Didaktiker aus opportunistischen Gründen ideologisch überzogen haben. Wertlose Abfallprodukte in der Forschung gibt es leider in jeder Germanistik, die deutsche nicht ausgenommen. Mißlungene Forschungsergebnisse bilden auf die Dauer keine Gefahr, weil sie meistens ignoriert werden, gefährlicher sind hingegen bewußt ideologisch verstellte Lehrbücher, im Literaturunterricht können diese großen Schaden anrichten, da sie einer ganzen Generation von Studenten ein falsches Bild von der deutschen Literatur vortäuschen. Die Kontakte zur österreichischen und etwas später zur westdeutschen Germanistik, die sich in den siebziger Jahren intensiviert haben, zeigten sich sehr bald besonders einflußreich im methodologischen Sinne. Man differenzierte jetzt bewußt und kompetent das Blickfeld und griff zu modernen Forschungsinstrumenten, es kamen neue Synthesen und Analysen nach westlichen Maßstäben zustande und, was vielleicht noch wichtiger ist, es zeichneten sich langsam eigenständige methodische Grundpositionen ab, z. B. in der Betrachtung der Barockliteratur, in der Auswertung der Literatur im Dritten Reich oder in der Behandlung der österreichischen Literaturtradition. Wenn man heutzutage auf die gesamte literaturwissenschaftliche Produktion der polnischen Germanistik einen kritischen Blick wirft, so sieht man vorerst keine deutlichen methodologischen Richtlinien. Verblüffend ist zum Beispiel, daß die neuen methodologischen Ansätze der Vorkriegszeit, das heißt das Erbe von Lempicki und Ingarden, kaum fortgesetzt werden. Eine Erklärung dafür ist mit Sicherheit in der polnischen Wissenschaftspolitik der Nachkriegszeit zu finden. Es war allerdings nicht so, daß man es verboten hatte, denn es gab offiziell nie den Zwang, marxistisch orientierte Literaturwissenschaft in Polen zu betreiben. Es gab deshalb Versuche, in verschiedenen methodischen Richtungen zu arbeiten, es fehlte aber sicherlich bis in die siebziger Jahre ein methodologisches Selbstverständnis der Literaturwissenschaftler, die sich mit deutscher Literatur in Polen auseinandersetzten. Wenn man den historischen und politischen Kontext ihrer Produktion betrachtet, so kann man von den damals entstandenen Büchern und Aufsätzen sehr viel über ihre Entstehungszeit, über die Wissenschaftspolitik und über die Charaktereigenschaften der einzelnen Literaturforscher erfahren. Aufschlußreich ist in diesem Zusammenhang die Analyse der damals verfaßten und im Literaturunterricht immer noch verwendeten Literaturgeschichten und Lehrbücher.
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Wie eingangs e r w ä h n t , fehlte es nach dem Kriege an allem: an »Kader«, an Material, an Vorbildern, an Richtlinien, an Publikationsmöglichkeiten, an Kontakten z u m Ausland. Das alles m u ß t e m a n mehr oder weniger zunächst im Alleingang erarbeiten, und wenn Hilfe von außen angeboten wurde, so w a r es angebracht, sie d a n k b a r aber sorgfältig zu ü b e r p r ü f e n , denn es ging ja schließlich um die Identität u n d die Glaubwürdigkeit der polnischen Germanistik in ideologisch und politisch komplizierten Zeiten. Es ist in Polen nicht anders als in den übrigen europäischen Ländern, d a ß der fachliche Aufstieg eines wissenschaftlichen Mitarbeiters durch seine Forschungsarbeit bestätigt werden m u ß . So sind d a n n die meisten literaturwissenschaftlichen Produkte eben Dissertationen, Habilitationen und M o n o g r a p h i e n , die das Talent und die Fähigkeit eines Forschers nachweisen. Dazu k o m m e n Synthesen erfahrener Wissenschaftler und eine Menge didaktisch behilflicher Publikationen wie H a n d b ü c h e r , Literaturgeschichten, Textbearbeitungen, Lexika etc. G r o ß e Universitäten, wie die in Breslau u n d Posen, führen ihre eigenen germanistischen Buchreihen, die inzwischen insgesamt mehr als 130 Buchtitel vorzuweisen haben.6 Es w u r d e an sich sehr viel publiziert, wenn man noch die unterschiedlichsten Konferenz- und Sammelbände und die germanistischen J a h r b ü cher der Universitäten Breslau, Posen, Lodz dazuzählt. Quantitativ gesehen ist die germanistische Wissenschaftsproduktion in Polen eher optimistisch einzuschätzen. Das hing nicht zuletzt vom politischen System ab. Der sozialistische Staat h a t t e zwar alles ideologisch fest im Griff, er hatte aber auch materielle Mittel f ü r die Publikation wissenschaftlicher Forschungsarbeiten bereitgestellt. D a ß dabei oft die Q u a n t i t ä t wichtiger als
6
An der Universität in Breslau existiert die in Polen älteste germanistische Buchreihe » g e r m a n i c a Wratislaviensia«, in der bis 1992 ca. 85 Buchtitel herausgegeben w o r d e n sind, d a r u n t e r auch d a s u n t e r gleichem N a m e n erschienene J a h r b u c h . Die A d a m - M i k kiewiecz-Universität in Posen f ü h r t ihre eigene »Seria Filologia G e r m a n s k a « , in der bis 1992 36 M o n o g r a p h i e n erschienen sind, d a n e b e n wird v o m Posener Institut für germanische Philologie seit 1971 ein J a h r b u c h unter d e m Titel Studia Germanica Posnaniensia ediert, von d e m inzwischen 22 H e f t e vorliegen. Auch die Universität in L o d z hat seit 1978 ihre eigene Reihe »Folia Litteraria«. An den übrigen Universitäten u n d H o c h s c h u l e n erscheinen germanistische Publikationen in allgemeinen Universitätsbuchreihen. Gelegentlich erscheinen a u c h germanistische L e h r b ü c h e r an den Universitäten in K r a k a u , W a r s c h a u , D a n z i g u n d Stettin. 1993 w u r d e mit H i l f e des D A A D das Deutsch-Polnische Jahrbuch der Germanistik als eine für alle polnischen G e r m a n i s t e n o f f e n s t e h e n d e P u b l i k a t i o n s m ö g l i c h k e i t gegründet. Dieses J a h r b u c h ist in gewissem Sinne eine Fortsetzung des v o m Warschauer D D R - K u l t u r z e n t r u m herausgegebenen J a h r b u c h s Skamanstros. M a n m u ß hier noch h i n z u f ü g e n , d a ß in Polen seit 1954 in Warschau die neuphilologische Vierteljahresschrift Kwartalnik Neofilologiczny herausgeben wird, w o ebenfalls germanistische Beiträge erscheinen.
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die Q u a l i t ä t w a r , ist s y s t e m i m m a n e n t , die B u c h h a l t e r des Systems verlangten Z a h l e n , nicht Q u a l i t ä t . U m diese steht es nicht sonderlich, es ist aber in Polen a u c h nicht schlechter als in a n d e r e n nicht-deutschen Ländern. Wenn w i r v o n den verschiedenen M e ß m ö g l i c h k e i t e n der Q u a l i t ä t einer l i t e r a t u r w i s s e n s c h a f t l i c h e n P r o d u k t i o n a u c h n u r die primitivste herbeizitieren, das h e i ß t solche, die von einer P u b l i k a t i o n verlangt, d a ß sie e t w a s N e u e s d a r b i e t e t o d e r d a s schon B e k a n n t e auf eine neue Weise darstellt, so verringert sich die Z a h l der anspruchsvollen P u b l i k a t i o n e n auf wenige im i n t e r n a t i o n a l e n W i s s e n s c h a f t s t r a n s f e r k o n k u r r e n z f ä h i g e Bücher. N u n heißt d a s a b e r gar nicht, daß die übrige P u b l i k a t i o n völlig wertlos ist, ein g r o ß e r Teil d a v o n sicherlich, aber es gibt d a r u n t e r sehr viele Bücher, die im inländischen Wissenschaftsbetrieb d u r c h a u s b r a u c h b a r sind, vor allem w e g e n ihres i n f o r m a t o r i s c h e n u n d d i d a k t i s c h e n Gehaltes. D e m n a c h arbeitet der polnische L i t e r a t u r w i s s e n s c h a f t l e r auf vier verschiedenen E b e n e n : er m a c h t S p i t z e n f o r s c h u n g , er m a c h t Q u e l l e n a r b e i t , er p o p u l a r i s i e r t die Ergebnisse f r e m d e r Forscher u n d er arbeitet schließlich als Vermittler f ü r die breite literarisch interessierte Ö f f e n t l i c h k e i t in seinem L a n d e , d a r ü b e r hinaus schreibt er, w i e alle H o c h s c h u l l e h r e r , L e h r m a t e r i a l . An der Spitzenforschung sind insgesamt nicht m e h r als 5 % d e r Forscher beteiligt, es gehören hierzu n a m h a f t e , in E u r o p a u n d A m e r i k a b e k a n n t e polnische G e r m a n i s t e n u n d d e r u m diese Individuen v e r s a m m e l t e N a c h w u c h s . Das f u n k t i o n i e r t in Polen g e n a u s o wie in anderen L ä n d e r n , n u r mit der Beschränkung, d a ß der polnische Spitzenforscher h a u p t s ä c h l i c h auf ausländische Quellen angewiesen ist, s o w o h l im stofflichen als a u c h im finanziellen Sinne. D e r Anteil der polnischen Germ a n i s t i k an i n t e r n a t i o n a l a n e r k a n n t e n F o r s c h u n g s p r o j e k t e n , an bedeutenden S a m m e l b ä n d e n u n d Buchreihen ist nicht sehr g r o ß , aber d u r c h a u s vergleichbar mit einigen westeuropäischen Leistungen (Frankreich, England, Italien). Die übrigen polnischen Forscher m a c h e n selbstverständlich a u c h von den ausländischen Quellen in F o r m von Stipendien, Beihilfen, P r a k t i k a o d e r Forschungsreisen reichlich G e b r a u c h . Die E f f e k t e ihrer Arbeit dienen a b e r meistens i h r e m eigenen wissenschaftlichen A u f stieg u n d der inländischen germanistischen Ö f f e n t l i c h k e i t . Die p o l n i s c h e literaturwissenschaftliche G e r m a n i s t i k h a t , wie jede A u s l a n d s g e r m a n i s t i k , ihre thematischen S c h w e r p u n k t e . Die G e o g r a p h i e dieser S c h w e r p u n k t e ist teilweise historisch, teilweise p e r s o n a l determin i e r t . 7 In einer 1988 in D a r m s t a d t v e r ö f f e n t l i c h t e n Studie Germanistik in Polen w i r d d a s aus d e r Vogelperspektive f o l g e n d e r m a ß e n e r f a ß t : »Ne7
Dem F o r s c h u n g s p r o f i l a n e r k a n n t e r G e r m a n i s t i k p r o f e s s o r e n schließt sich vor O r t der germanistische N a c h w u c h s an. Auf diese Weise entstehen t h e m a t i s c h u n d m e t h o d o l o gisch orientierte Forschungszentren in Polen.
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ben den typischen Forschungsbereichen, wie sie in jeder Muttersprachenund Auslandsgermanistik einen festen Platz gefunden haben, gibt es auch solche, die in erster Linie nur für die polnische Germanistik charakteristisch sind. Z u den ersteren gehören unter anderem die Barockforschung (Breslau, Warschau), die A u f k l ä r u n g (Warschau), die Weimarer Klassik (Krakau), die R o m a n t i k (Breslau) und die Literatur des 20. J a h r h u n derts, unter der Berücksichtigung der Spezifik aller vier deutschsprachigen Länder (Posen, Breslau, Lodz, Warschau, Krakau). D a r ü b e r hinaus sind es die Sonderforschungsbereiche: Komparatistik (Warschau, G r ü n berg), Literaturtheorie (Posen, Warschau, Rzeszów) u n d die Erforschung faschistischer Tendenzen in der Literatur (Posen, Breslau).« 8 Z u den spezifisch polnischen Forschungszweigen gehören auch die an fast allen germanistischen Instituten betriebene Rezeptionswissenschaft und die Erforschung der deutsch-polnischen literarischen Beziehungen. Es gibt selbstverständlich auch völlig ausgefallene Problemfelder, die die zitierte Synthese außer acht läßt, so befassen sich z. B. Forschungsgruppen in Posen und Krakau mit der österreichischen Literatur oder der Literatur in und über Galizien. Es gibt auch in Warschau und T h o r n ein stark philosophisch orientiertes Forschungsprogramm und in Posen enstehen gelegentlich Arbeiten über das deutsche Mittelalter. Aus diesem kurzen Überblick geht deutlich hervor, daß ein Großteil der polnischen Germanistik, besonders die jüngere Generation, sich mit der Literatur des 20. J a h r h u n d e r t s befaßt, in diesem Z e i t r a u m sind auch die meisten Dissertationen und Magisterarbeiten thematisch angesiedelt. O b das gut oder schlecht ist, bleibt dahingestellt, es ist aber mit Sicherheit ein charakteristisches Zeitzeichen, dem ein Generationswechsel zugrunde liegt. Das Verschieben des Schwerpunktes der Literaturwissenschaft von der Erforschung der klassischen deutschen Literatur auf die Literatur der Gegenwart ist keine Erfindung der polnischen Germanistik, sondern eine allgemeine Entwicklungstendenz der Auslandsgermanistik seit den späten sechziger Jahren. Die neue Akzentsetzung in der germanistischen Literaturforschung in Polen bedeutet nicht automatisch, d a ß m a n die übrigen Betätigungsfelder vernachläßigt. Das Spektrum bleibt an sich offen. Bei einer globalen Betrachtung der Germanistik in Polen darf m a n allerdings nicht noch eine wichtige Funktion aus d e m Auge verlieren, nämlich die Rolle des Germanisten im Kulturtransfer u n d in der Vermittlung deutschsprachiger Literatur an die polnische literarische Öffentlichkeit. Diese etwas im Schatten der Universitätsgermanistik stehende 8
H u b e r t O r l o w s k i , >Germanistik in P o l e n s Rezeption der polnischen Literatur im deutschsprachigen Raum und die der deutschsprachigen in Polen 1945—1985, hrsg. von H e i n z Kneip u n d H u b e r t O r t o w s k i , D a r m s t a d t 1988, S. 4 6 6 - 4 7 2 , hier: S. 470 f.
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Funktion hat durchaus respektable Ergebnisse vorzuzeigen. 9 Es gehörten hierzu die in polnischer Sprache publizierte Essayistik, die Herausgabe von Anthologien deutscher Lyrik und Prosa, die Betreuung von Verlagsreihen und Verlagsprojekten, die Tätigkeit als Rezensent von Neuerscheinungen und Theateraufführungen, schließlich die Übersetzung von literarischen, philosophischen und wissenschaftlichen Texten ins Polnische. An dieser kulturvermittelnden Arbeit beteiligen sich aktiv sowohl die Universitätsgermanisten als auch an den namhaften Universitäten ausgebildete Kritiker und Übersetzer. Daß die Rezeption der deutschen Literatur in Polen unbestrittene Erfolge hat, die sich in der großen Zahl übersetzter Bücher und in Theatern aufgeführter Stücke äußert, daß die Klassiker und die moderne deutschsprachige Literatur von Kafka, Rilke, Brecht und Thomas Mann bis Grass, Bernhard, Handke und Christa Wolf im Bewußtsein der polnischen Intelligenz einen festen Platz haben, ist nicht zuletzt der außergewöhnlichen Aktivität der polnischen Germanistik zu verdanken. Die polnische Germanistik ist also in ihrer Qualität und Ausstrahlung eine durchaus europäische Germanistik, sie hat einiges vorzuzeigen, sie muß aber noch viel leisten, sie muß in der gegenwärtigen politischen Lage ihre methodologischen Standpunkte erneut überprüfen und korrigieren, sie muß ihre fachliche Glaubwürdigkeit durch neue Quellenarbeit bekräftigen, der gute Anfang ist bereits getan, alles andere hängt im Augenblick von den finanziellen Möglichkeiten des Staates ab. Das intellektuelle Potential ist, denkt man vor allem an die jungen, talentierten Nachwuchsgermanisten, vorhanden.
Literatur (Auswahl) Ζ dziejów germanistyki historycznoliterackiej tv Polsce (Aus der Geschichte der literaturwissenschaftlichen Germanistik in PolenJ, hrsg. von Krzysztof A. Kuczyñski, Lodz 1991, (darin Abhandlungen von M . Ciesla, M . Holona, K. A. Kuczyñski, J . Papiór, A. Stroka, G. Zszwczyk, Ζ. Zygulski, dort auch eine umfassende Bibliographie). Zofia Ciechanowska, >Die polnische GermanistikHistoria Katedry Germanistyki na Uniwersytecie Jagiellonskim (Geschichte des Lehrstuhls für Germanistik an der Jagiellonen Universität)Die polnische Germanistik. Schwerpunkte und Problèmes in: Colloquia Germanica, 1967, H. 2, S. 206—220. Zdzislaw Zygulski, >Die polnische Germanistik in den Jahren 1945-1965Dzieje germanistyki na Katolickim Uniwersytecie Lubelskim (Die Geschichte der Germanistik an der Katholischen Universität Lublin)Caracterul nafional-german al operei literare a lui Goethes ¡n: Revista germani$tilor romàni, 1, 1932, S. 14—25). Traian Bratu hat dagegen eine konsequent demokratische Haltung vertreten und wurde 1937 als Rektor der Jassyer Universität zum Opfer eines von einer Gruppe faschistischer Studenten verübten Attentats (vgl. Fassel, Anm. 2). 6
Vgl. u. a. den 1904 in Halle promovierten Essayisten und späteren Herausgeber der Revista funda{iilor regale Paul Zarifopol, den 1920 in Wien promovierten Philosophen und Dichter Lucían Blaga, der während seiner »inneren Emigration« in den fünfziger Jahren eine der besten Fa«5i-Übersetzungen ins Rumänische verfaßte, oder den Bukarester Ordinarius für Ästhetik Tudor Vianu, der in Tübingen 1923 mit einer Dissertation über Das Wertungsproblem in Schillers Abhandlung »Über naive und sentimentalische Dichtung« promovierte.
7
Beispielhaft sind in diesem Sinne die Arbeiten eines Ion Sän-Giorgiu (Michael Eminescu und Goethe, Craiova 1930; >Deutscher Geist in der rumänischen Literatur«, in: Deutsche Vierteljahrsschrift für Literaturwissenschaft und Geistesgeschichte, 17, 1939, S. 456 — 502) oder Ion Gherghel, Goethe in literatura romàna, Bucuregti 1931; »Schiller in literatura românàDie Germanistik an der Universität Czernowitz«, in: Alma Mater Francisco Josephina. Die deutschsprachige Nationalitäten-Universität in Czernowitz, hrsg. von Rudolf Wagner, München 1975, S. 1 4 5 - 1 7 9 . Der einzig noch erhaltene Lehrstuhl blieb lange vakant und wurde gelegentlich von dem Romanistik-Professor Eugen Herzog oder dem Deutschlektor Franz Lang vertreten. Die Tatsache, daß der Gymnasiallehrer Victor Morariu trotz seiner durchaus qualifizierteren Gegenkandidaten Oskar Netoliczka und Karl Kurt Klein zum Ordinarius berufen wurde, steht in direkter Verbindung mit den lokalen politischen Interessenspielen, aber auch mit dem ausdrücklichen Willen des national-liberalen Rektors und Politikers Ion Nistor, den Lehrstuhl mit einem Rumänen besetzen zu lassen. Vgl. Emanuel Turczynski, >Die Universität CzernowitzGermanist in CzernowitzGëte i Stern — Κ 225 — letiju so dnja rozdenija I. W. GëteGoethe und Sterne — Zum 225. Geburtstag J. W. GoethesJean Pauls Theorie des Komischen in russischer Beleuchtung«, in: Jean-PaulBlätter, 3, 1928, H. 2; dies., >Gejne w ozenke revoluzionno-demokratitscheskoj kritikiHeine in Bewertung der revolutionär-demokratischen Kritik', in: Wissenschaftliche Beiträge der Leningrader Universität, Philologische Reihe, 17).
Rußland
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daß deutsch-russische Literaturbeziehungen hin und wieder von Germanisten erforscht wurden. Gelegentlich wurde die »reine« Germanistik allmählich zu einem Nebenfach, und an die erste Stelle traten die vergleichende Literaturforschung oder sogar die Beschäftigung mit der eigenen Nationalliteratur. Es sind in dieser Hinsicht Professor Andrej Fëdorov zu nennen, Lexikologe und Stilforscher, der über Theorie und Praxis der Übersetzungskunst schreibt und unter anderem auch über die russischen Nachdichtungen der Werke Heines, und ebenso Professor Georgi) Fridlender, Mitglied der Akademie der Wissenschaften Rußlands, der sich durch ein großartiges Unternehmen — die mehrbändige Akademie-Ausgabe der sämtlichen Werke von Dostoevskij — internationalen Ruhm erworben hat. Außerdem ist er als Lessing-Forscher bekannt und führender Kenner der deutschen klassischen Ästhetik. 18 In einem Grenzgebiet der Leningrader Germanistik, wo ihre Mitarbeiter auch das russische Literaturgut aktiv in Arbeit nehmen, können von Zeit zu Zeit Leistungen entstehen, welche dem philologischen Denken Rußlands Ehre machen. Gemeint ist hier vor allem das posthum herausgegebene Buch von Professor Naum Berkovskij (1901 — 1972), Die Romantik in Deutschland (russisch 1973). Es besteht aus großen Einzelessays über Novalis, Tieck, Hölderlin, A. von Arnim, Brentano, H. von Kleist und E. T. A. Hoffmann. Die Manier des Verfassers ist frei, etwas impressionistisch, ähnlich einer Musikinterpretation, aber sehr plastisch, indem der Prozeß des dichterischen Schaffens gleichsam momentan wiedergegeben wird. Hier ein Muster: »Hölderlin sucht nach einem endgültigen Wort, beginnt aber von einem Zustand des menschlichen Wissens und der Kultur, als ob es noch keine Worte gäbe, und man dunkle und überdunkle Urwälder einer Halbrede durchhauen müsse, um zu Licht und Sinn gelangen zu können. Bei Hölderlin wird alles wie von neuem geschaffen, ja die Sprache selbst, diejenigen Wörter, an welche man sich als an etwas immer Vorhandenes bisher gewöhnt hat und welche man für etwas Festes und Stabiles in Ewigkeit hält. Wenn Goethe die moderne oder auch die alte Welt darstellt, gibt er sie in einer schon ausgereiften Form wieder, diese Form nur variierend. Deshalb benutzt Goethe gern ein fertiges, überliefertes Wort. In Hölderlins Schreibweise dagegen ist alles fließend, bis eine Gestalt ausgeformt ist, alles strebt nach dem Urstoff [...]. Ein schönes und vollendetes Bild wird bei Hölderlin manchmal durch ein anderes und noch schöneres verdrängt, ihm bloß als Vor-
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Vgl. G. M. Fridlender, G. E. Lessing. 1729-1781, Leningrad und Moskwa 1958 (russ.). Von Fridlender sind die Ausgewählten Werke (übers, unter Aufsicht von A. Fëdorov, 1953) und Laokoon von Lessing (1957) veröffentlicht worden; Fr. Schillers ästhetische Schriftcn in der russischen Sammlung seiner Werke (Bd. VI, 1950) wurden von G. Fridlender kommentiert.
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bote dienend. So im Gedicht Pathmos: »Und schläfrig fast von Blumen der Garten, / Ein stilles Feuer«. Bettina hat die dichterische Absicht des späten Hölderlin treffend erraten. Die Sprache und der Vers seien bei ihm eng an die Wirklichkeit gerückt, physisch und geistig, wenig bleibt, daß sie mit ihr vermischt würden. Für Hölderlin sind Mensch, Natur, Wort, Vers — alles das Leben selbst.« 19 Berkovskij führte die Germanistik in einen Bereich, wo eine akademische Wissenschaft ins Literarische übergeht. In seinem Vorwort zum Buch betonte Professor A. Anikst, dieser Forscher zeichne vor uns »kein psychologisches Bild eines Menschen, welcher diese und jene Schriften hergestellt hat, sondern das eines Dichtergenies, dessen künstlerisches Wesen uns erklärt wird, welche persönliche Rätsel er nicht haben möchte.« 20 Eine andere bemerkenswerte germanistische Leistung ist die neue — und ausgezeichnete — Übertragung des Simplicius Simplicissimus Teutscb von H. J. Ch. Grimmelshausen, vorgelegt in den sechziger Jahren von Dr. Aleksandr Morozov. Dieser Folkloreforscher, Kritiker und Übersetzer hat dem deutschen Satiriker viele Jahre gewidmet und eine monographische Arbeit hinterlassen — das Buch Simplicissimus und sein Dichter (russisch 1984), das erste Buch in Rußland über Grimmelshausen, eine gründliche Untersuchung der Entstehungsgeschichte, Konstruktion und Nachwirkung des Romans, ergänzt durch bibliographische Anmerkungen, wobei die Fülle der deutschen Grimmelshausen-Literatur berücksichtigt wird. Morozov hat auch eine Sammlung satirischer Zaubermärchen von deutschen Autoren (Wieland, Tieck, Hoffmann) in seiner guten Übersetzung mit einem großen Nachwort über das Kunstmärchen der Deutschen 1972 veröffentlicht. Die Ausgaben von Literaturwerken, angeregt und vorbereitet von Leningrader Germanisten, wurden größtenteils in der Newa-Stadt gedruckt, in der dortigen Abteilung des Akademie-Verlags. Als Bände der »Literaturnyje pamjatniki« (»Literaturdenkmäler«) sind erschienen: Das Nibelungenlied (1972), besorgt von V. Admoni, V. Zirmunskij mit Frau Dr. Nina Zirmunskaja (Sigal) in der Nachdichtung von Jurij Korneev; Die Legende von Doktor Faust (1978), eine frühere Arbeit von V. Zirmunskij; Wilhelm Meisters theatralische Sendung (1981), vorbereitet von N. Zirmunskaja und E. Volgina; die Elixiere des Teufels (1984), redigiert von N. Zirmunskaja und Dr. N. Lewinton, übersetzt von N. Slavjatinskij u. a. Allen Übersetzungen in dieser Reihe ist ein philologisch-geschichtlicher Apparat beigegeben. Außerhalb dieser Reihe wurden auch einige Ausgaben unternommen, welche man der Leningrader Germanistik als 19
20
N. Berkovskij, Romantism Deutschland). Ebd., S. 11.
w Germanii,
Leningrad 1973, S. 318 — 319 ( R o m a n t i k in
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Verdienst anrechnen darf. Das sind ζ. B. der Band Rilke und Rußland von Dr. Konstantin Azadovskij (deutsch 1986, russisch 1990) 2 1 und eine Sammlung von Novellen Hermann Brochs (1985) in der Übersetzung einer Autorengruppe, eingeleitet und kommentiert von Frau Professor Ada Berezina. Seit den siebziger Jahren wächst auf dem Lehrstuhl der Universität für ausländische Literaturen das Interesse für die Kultur Österreichs. Die Initiative geht auf Frau Professor Antonina Russakova und Frau Professor Berezina zurück. Es wurden Doktordissertationen zum Thema verteidigt und Artikel geschrieben. Auch Bücher sind schon entstanden: Die Poesie und Prosa des jungen Rilke von A. Berezina (1985), Robert Musil. Die Methode und der Roman von A. Belobratov (1990), Die »Schlafwandler«-Trilogie und ihr Platz im Schaffen H. Brochs von Frau N. Chrustalova (1991). Dieser russische Beitrag zur österreichischen Literaturforschung wird durch ein inoffizielles Literaturseminar ergänzt, das seit 1988 existiert und von Frau Berezina geleitet wird. Ein wichtiges Ergebnis dieser Arbeit ist die Österreichische Bibliothek an der Universität Petersburg, die dank der Unterstützung der Wiener Gesellschaft für Literatur und ihres Leiters Dr. Wolfgang Kraus gegründet werden konnte. Der Themenkreis der germanistischen Studien, welche von Professoren und Aspiranten in Leningrader Hochschulen während der letzten beiden Dezennien ausgestaltet wurde, läßt schließen, daß, die letzten paar Jahre ausgenommen, zwei Gruppen den Vorzug erhielten. Einerseits die Klassiker im weitesten Sinne und andererseits die DDR-Schriftsteller, wie A. Seghers, E. Weinert, auch J. Bobrowski, H. Kant, J. R. Becher. 22 Es wurde einiges über den Modeautor der sechziger und siebziger Jahre, E. M. Remarque geschrieben, später auch über L. Feuchtwanger. 23 Frau
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Rilke und Rußland — Briefe, Erinnerungen, Gedichte, hrsg. von K. Azadovskij, Berlin und Weimar 1986. Vgl. A. G. Berezina, >Roman I. Bobrowskogo Melniza Lévinas, in: Westnik Leningr. uniwersiteta, No. 14, vypusk 3, 1974, S. 100—110 (>J. Bobrowskis Roman Levins Mühles in: Nachrichten der Leningrader Universität)·, V. A. Fortunatova, >Klassitscheskoje nasledije w prose GDR (O romanach Kanta)Das klassische Erbe in der DDR-Prosa (zu Kants Romanen)Komposizionnoje woploschtschenije idejnogo samysla w prose RemarkaDie kompositionelle Verwirklichung eines Ideenplans in der Prosa von Remarque·); G. W. Sokolova, >K problème charaktera w istoritscheskich romanach Liona Fejchtwangeras in: Westnik Leningr. uniwersiteta, Serija 2, vypusk 4, 1990, S. 81 — 84 (>Zum Problem des Charakters in den historischen Romanen von Lion Feuchtwanger·, in: Nachrichten der Leningrader Universität).
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Professor A. Russakova schrieb über Thomas Mann 2 4 und hat auch 1989 einen Band von Werken G. Hauptmanns herausgegeben. Der Professor an der Pädagogischen Universität, Gennadij Stadnikov, verfolgt weiterhin sein Thema >Heine »Roman odnogo romana« T. Manna (Issledowanije awtorskogo samoissledowanija)s in: Westnik Leningr. uniwersiteta, No. 2, vypusk 1, 1973, S. 96 — 106 (»Roman eines Romans« von Th. Mann (Eine Untersuchung der Selbstuntersuchung eines Autors)Gez fon Berlichingen Gëte. Κ woprosu o tipologii dramys in: Iswestija AN SSSR, Serija literatury i jasyka, T. 41, oypusk 5, 1982, S. 454—459 (>Götz von Berlichingen von Goethe. Zur Frage nach einer Typologie des DramasFaust Gëte w swete istoritscheskogo pereloma na rubeze 18 i 19 w.Goethes Faust vom Standpunkt eines historischen Umbruchs an der Grenze zwischen dem 18. und 19. Jahrhunderts in: Wissenschaftliche Beiträge der Leningrader Pädagogischen Hochschule »A. I. Gerzen«), Vgl. M . P. Alekseev, Zur Geschichte russisch-europäischer Literaturtraditionen. Aufsätze aus vier Jahrzehnten, Berlin 1974; ders., Puskin i mirowaja literatura, Leningrad 1987 (Puskin und die Weltliteratur). Vgl. z. B. R. J u . Danilewskij, >Die erste Aufnahme der Ideen zur Philosophie der Geschichte der Menschheit in Rußland«, in: ]. G. Herder. Zur Herder-Rezeption in Ostund Südeuropa, Berlin 1978, S. 243 — 245; ders., »Schiller und PuskinAlfred Döblin: Berlin Alexanderplatz< zeigt sich ihr Interesse für Döblins Roman Berlin Alexanderplatz, in: International'naja literatura, 1936, Nr. 7, S. 1 9 6 - 1 9 8 .
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Volkes im J a h r 1918 demonstrieren sollten. Ebenso hielt er es für unvereinbar, politische Reden in den Mund Verliebter zu legen. Lunacarskij war ein Mensch, der der Literatur ein lebhaftes Interesse entgegenbrachte. Anfang der zwanziger Jahre schrieb er mit Verständnis über den deutschen Expressionismus, so auch die Vorworte zu den russischen Ausgaben von Kaisers Dramen (1923) und Tollers Lyrik (1925). Ende der zwanziger Jahre schätzte er Piscators Theaterarbeit sehr hoch ein und lobte in einem brillanten Artikel Brechts Inszenierung der Dreigroschenoper in Berlin. Seine ablehnende Haltung gegenüber der Bitte von Korschs Theater ist verständlich. Stark muß der politische Druck gewesen sein, wie er durch eine für die damalige Zeit durchaus typische Forderung nach einer Umarbeitung des Stücks Karl und Anna entstehen konnte! Ende der zwanziger Jahre erhielten die Artikel über deutsche Literatur mehr und mehr eine aggressive revolutionäre Färbung, die Bewertung erfolgte mehr und mehr nach oberflächlichen soziologischen Kriterien. Gründe für einen solchen Umschwung gab es viele. Um im Rahmen der deutschen Kultur zu bleiben, möchte ich an Lenins vernichtenden Brief an das Z K über den russischen Sammelband Oswald Spengler und der Untergang des Abendlands (Moskau 1922) erinnern. Die Autoren dieses Buches sowie russische Philosophen religiöser Prägung wurden unter der Drohung, erschossen zu werden, aus Rußland ausgewiesen. Am Ende der zwanziger Jahre begann Stalin die Vernichtung der Kulaken anzuordnen, auch führte er die Kollektivierung und Industrialisierung des Landes ein. Schon damals begannen spektakuläre politische Prozesse, die die tatsächliche oder fiktive Opposition vernichteten. Große Bedeutung kam damals aggressiven literarischen Vereinigungen wie RAPP oder WAPP 7 zu. In kritischen Abhandlungen über die deutsche Literatur spiegelten sich diese Ereignisse unmittelbar wider. Ich möchte bei dieser Gelegenheit an eine Diskussion über den autobiographischen Roman in der ausländischen und eben auch in der deutschen Literatur, die die Zeitschrift Na literaturnom postu führte, erinnern. Die Diskussion bildete einen Teil der Debatte jener J a h r e über die Verkörperung der Innenwelt des Menschen in der revolutionären Prosa. 8 In dieser Diskussion stand auf der einen Seite Naum Berkovskij, der im Artikel Stilistische Probleme der proletarischen Prosa< 9 die Meinung vertrat, daß man die russische Klas7
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RAPP ist die Russische Assoziation Proletarischer Schriftsteller (Rossijskaja assoziazija proletarskich pisatelei) und WAPP steht für Allunions Assoziation Proletarischer Schriftsteller (Wsezossijskaja assoziazija proletarskich pisatelei). Die Zeitschrift Na literaturnom postu erschien in Moskau von 1926 bis 1932. Sie war das offizielle Organ von RAPP und WAPP. Nr. 23/24, 1927, S. 2 3 - 2 4 .
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sik des 19. Jahrhunderts studieren müsse — sie sollte zu einem neuen sozialen Psychologismus in der sowjetischen Literatur führen. Dieser Position standen Ivan Anissimov und Sergej Dynamov nahe. In der siebten Nummer dieser Zeitschrift (1928) versuchten sie mit allen Mitteln, das autobiographische Genre (eines Alfons Petzold und Martin Anderson Nexö) als Möglichkeit der Darstellung der Innenwelt des Menschen zu retten: »Der Künstler spricht von der Klasse, doch die Klasse erlebt er durch seine eigene Erfahrung.« 10 Der Beitrag Berkovskijs erhielt am gleichen Ort vom deutschen Kommunisten Alfred Kurella 11 eine vernichtende Kritik. Kurella erklärte den Psychologismus für politisch schädlich, er verteidigte die überragende Bedeutung der Fakten. Gegen Anissimov und Dynamov stellte sich Anna Zaprovskaja (sie wurde später in den dreißiger Jahren arretiert und kam in einem Lager um). In den Romanen Ο. M. Grafs, Daudistels, Petzolds finde man — so Zaprovskaja — anstelle eines kämpferischen Helden einen leidenden, in seine Träumereien vertieften kleinbürgerlichen Menschen. Zu der dem Proletariat nicht nötigen kleinbürgerlichen Literatur zählte sie die autobiographischen Romane Gorkijs sowie aus der deutschen Literatur die Werke solch »bourgeoiser Autoren wie Thomas Mann, Hesse und Leonhard Frank.« Das war — und deshalb spreche ich darüber — der Tiefpunkt. Was blieb übrig? War dem russischen Leser überhaupt etwas vom Reichtum der deutschen Literatur des 20. Jahrhunderts zugänglich? Wurde sie überhaupt mit irgendwelchen objektiven wissenschaftlichen Kriterien gelesen? Von 1933 bis 1943 erschien in Moskau die Zeitschrift Internationale Literatur.12 Außer den Werken deutscher proletarischer und ihnen nahe10
Weder Naum Berkovskij noch viel weniger Ivan Anissimov waren völlig frei von der sowjetischen Ideologie. In der Zeitschrift Zvezda (Nr. 1, 1931) publizierte Berkovskij eine Rezension über den Roman Aufstand der Fischer von St. Barbara von Anna Seghers. Zwar wies er auf die künstlerische Meisterschaft der Autorin hin, doch gleichzeitig bezichtigte er sie des Objektivismus und Empirismus. In seinen späteren Arbeiten änderte Berkovskij seine Ansichten. 1934 gab er die Anthologie Literarische Theorie der deutschen Romantik (Leningrad) und die Anthologie Die deutsche romantische Novelle (Moskau und Leningrad 1935, 2 Bde.) heraus. 1973 erschien sein für die damalige Zeit sehr bedeutendes Buch Romantik in Deutschland. Anissimov hingegen schrieb seine besten Arbeiten in den zwanziger Jahren.
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Gegen den Psychologismus (Nr. 5 / 6 , 1928). Die Zeitschrift erschien in russischer (1933—43), deutscher (1932—45), französischer (1932—45) und englischer (1932—45) Sprache. Seit 1955 setzt die Zeitschrift Inostrannaja literatura die Tätigkeit der Zeitschrift Internationale Literatur fort. Sie erscheint in russischer Sprache in Moskau. Die späteren Arbeiten von Tamara Motyljowa wurden viel differenzierter im analytischen Blick auf die Literatur. Zu ihren besten Büchern gehört Der erste antifaschistische Roman. Heinrich Manns »Der Untertan«, Moskau 1974; »Krieg und Frieden« im Ausland. Rezeption, Moskau 1977; Roman als freie Form, Moskau 1982.
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stehender Schriftsteller (Becher, Weinert, Kisch, Friedrich Wolf, Seghers, Arnold Zweig, Brecht u. a.) publizierte die Zeitschrift vor allem nach 1935, als sich nicht ohne M ü h e die Taktik der Einheitsfront im Kampf gegen den Faschismus durchsetzte, Werke wie die Romane Bruno Franks, Döblins, Heinrich und T h o m a s Manns. Von 1934 bis 1938 erschien in Moskau das Gesamtwerk Thomas Manns in sechs Bänden. In großen Auflagen wurden die Gesamtwerke Feuchtwangers und Stefan Zweigs herausgegeben. Zahlreiche Artikel über die zeitgenössische deutsche Literatur stammen von den wohl aktivsten Autoren Evgenija Knipovic und Tamara Motelova. Aber das Unglück bestand darin, daß es in diesen Artikeln nicht um Literatur ging, sondern darum, ob dieses oder jenes Werk der sowjetischen Ideologie entsprach. Deshalb waren diese Artikel in einem sehr herablassenden Ton gehalten, der der Behauptung Stalins entsprach, daß jeder Sowjetbürger jeglichen bürgerlichen Intellektuellen haushoch überlegen sei. In der heutigen Zeit wirkt der Artikel Vera Gurevics >Über den Z a u berberg Th. Manns< 13 schrecklich. Die Kritikerin beschuldigte den Schriftsteller des Mystizismus, einer apolitischen Haltung und des Formalismus. Aber über T h o m a s Mann gab es auch andere Meinungen. Gerade über sein Werk versuchte man ernst und ehrlich zu schreiben. Einen solchen Versuch — leider blieb es beim Versuch — stellt die große Arbeit Vladimir Admonis Thomas Mann als Kunsttbeoretiker, Philosoph und Publizist dar, welche als Vorwort zum sechsten und letzten Band von T h o m a s Manns Gesamtausgabe gedruckt wurde. Z u m ersten Mal in der Sowjetunion ging ein Kritiker auf die realen Probleme in T h o m a s Manns Schaffen ein, ziemlich genau analysierte er die den Schriftsteller beschäftigende Frage über die Beziehungen zwischen der Kunst und der Wirklichkeit und die bipolare Aufnahme des Seins. Er war der erste, der mit Verständnis über den Mythos sprach (darin half ihm der Schriftsteller selbst, indem er erklärte, daß er den Mythos den Faschisten entwinden wolle). Auch war er der erste, der den metaphorischen Bau von Manns Werken erklärte. Es gab auch noch andere seriöse Literaturforscher. Brillante Artikel über Brecht schrieb dessen Freund Tretjakov (1939 arretiert und umgekommen). Z u m ersten Mal wurde gerade bei uns das noch nicht publizierte Stück Brechts Leben des Galilei rezensiert. 1 4 Eine seriöse Arbeit über den deutschen antifaschistischen Roman schrieb 1938 Tamara Chmelnickaja (sie ist außerdem Spezialistin für das Werk von Andrej Belyj). Besondere Beachtung verdient Franz Schiller, ein Rußlanddeutscher, der Schüler des Philologen und Akademiemitglieds Matwei Rozanov war. Unter den Arbeiten Schillers sticht 11 14
In: Das Buch und die proletarische Revolution, 1935, Nr. 7. Michail G e l f a n t in der Z e i t u n g Sovetskoe iskusstvo v o m IB. August 1939.
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das Buch Literaturwissenschaft in Deutschland (Moskau 1934) hervor sowie das dreibändige Werk über die Geschichte der westeuropäischen Literatur, 1 5 welches mehreren Generationen von Germanistikstudenten als Studienmaterial diente. Änderungen zeigten sich erst in den sechziger Jahren. Es fällt mir schwer, über die Germanistik jener J a h r e zu sprechen, da ich damals selbst begann, auf diesem Gebiet zu arbeiten. Ich wage jedoch zu sagen, d a ß sogar die besten Arbeiten jener Zeit (ich denke nach wie vor an die Arbeiten über das 20. Jahrhundert) sich durch ihren essayistischen C h a r a k t e r auszeichnen. Dies ist einigermaßen berechtigt. M a n k ä m p f t e — oft zwischen den Zeilen — gegen die herrschenden politischen und ästhetischen N o r m e n und tat alles, um sie zu zerstören. Die Germanisten fühlten sich als Vermittler zwischen ihrer eigenen und der f r e m d e n Kult u r und m a n c h m a l als Vermittler zwischen dieser fremden Kultur und dem politischen Leben des eigenen Landes. Trotz der scharfen Z e n s u r bemühten sich unsere Germanisten bereits in den sechziger und siebziger J a h r e n , unseren Lesern die deutsche Literatur nahe zu bringen. Das w a r eine andere Welt. In ihr wurden O p t i m i s m u s und Aktivität, die hier von der Literatur unbedingt gefordert wurden, nicht bevorzugt, statt dessen Passivität, Nachdenklichkeit und Pessimismus. Die N o r m e n des sozialistischen Realismus zerfielen. Das war die große Zeit f ü r die Übersetzungen. H a r t n ä c k i g k ä m p f t e man f ü r die Editionen von Kafka, Musil, Broch usw. und später für die Publikation von Werken Hesses, Canettis und Grass', wie auch d a r u m , in den Vorwörtern zu den Ausgaben dieser Autoren die Wahrheit über sie schreiben zu dürfen. Allmählich begannen auch die wissenschaftlichen Germanisten sich zu konstituieren. Es kamen akademische Forschungsberichte heraus. Ich erinnere an die im Gorkij-Institut f ü r Weltliteratur erschienene siebenbändige Geschichte der deutschen Literatur. 1 6 Die Bände sind nicht alle von gleichem Niveau, aber der Schritt vorwärts w u r d e — vor allem in den zuletzt erschienenen Bänden — gemacht. Ich hoffe, daß die Geschichte der Schweizer Literatur u n d auch die Geschichte der österreichischen Literatur, an denen jetzt die Germanisten im Gorkij-Institut f ü r Weltliteratur arbeiten, von noch h ö h e r e m Niveau sein werden. Es wurden das fundierte Buch Ilja Fradkins über Brecht (Moskau 1965) und die Arbeiten Sergej Averencevs über O s w a l d Spengler, C. G. Jung, Hesse und ihre Bedeutung f ü r die deutsche Literatur ins Russische übersetzt. 1 7 Im S u h r k a m p Verlag 15
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F. Schiller, Istszija zapadno-erzopeiskoi literatury norogo vzemeni (Geschichte der westeuropäischen Literatur der neuen Zeit), Bde. 1 — 3, M o s k a u 1935—37. Istozija nemetzkoi literatury. (Geschichte der deutschen IJteratur), Moskau 1962-1982. Sergej Averencev, >Nelly SachsHermann Hesses Wegs in: Hermann Hesse. Ausgewählte Werke, Moskau 1978, S. 3—26.
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Germanistik in Serbien Die Themenstellung — Germanistik in Serbien — mutet einen Germanisten, der seine Ausbildung im Laufe der fünfziger und sechziger Jahre erhalten und seine ganze wissenschaftliche Laufbahn im Rahmen einer jugoslawischen Germanistik verwirklicht hat, ziemlich fremdartig an, da die Germanistik hierzulande bis Anfang der neunziger Jahre als eine, trotz aller geringfügiger Unterschiede, komplexe jugoslawische wissenschaftliche und akademische Disziplin gegolten hat. In diesem Sinne erörterten Miljan Mojasevic und Zdenko Skreb in ihren diesen Themenkreis betreffenden Beiträgen die geschichtlichen Aspekte und Perspektiven einer jugoslawischen Germanistik. Vom gesamtjugoslawischen Rahmen geht vor allem Miljan Mojasevic aus, was bereits aus den Titeln seiner Beiträge zu diesem Themenkreis zu ersehen ist, 1 wie auch Zdenko Skreb in seinem auch heute noch lesens- und bedenkenswerten Beitrag über die Zielsetzungen einer jugoslawischen Germanistik diese von einem umfassenden jugoslawischen Aspekt aus festlegt. 2 Noch unlängst hat der Belgrader Germanist Jovan Djukanovic in seinem Beitrag über die Aufgaben einer sprachwissenschaftlichen Germanistik dieselben vom Standpunkt einer gesamtjugoslawischen Germanistik erörtert und bestimmt. 3 Nun gilt es, aus diesem vielschichtigen, aber dennoch mehr 1
Vgl. »Germanistik in Jugoslawien nach dem Zweiten Weltkriegs ¡ n : Deutsche Vierteljahrsschrift für Literaturwissenschaft und Geistesgeschichte, 36, 1962, S. 383—400; 'Jugoslawische Germanistik. Forschungsstand der letzten zehn Jahres in: Akten des V. Internationalen Germanisten-Kongresses. Jahrbuch für internationale Germanistik, Reihe A, Bd. 2, 4, Cambridge 1975, S. 326—332; »Jugoslawische Germanistik. Versuch einer Akzentsetzungs in: Germanistik international. Vorträge und Diskussionen auf dem internationalen Symposium »Germanistik im Ausland« vom 23. bis 25. Mai 1977 in Tübingen, hrsg. von Richard Brinkmann, Tübingen 1978, S. 5—23.
Zdenko Skreb, »Der heutige Stand der germanistischen Forschung in Jugoslawiens in: Lenau-Almanach, Wien 1967/68, S. 5 4 - 6 0 . Auf S. 58 heißt es: »Es ist nun eine nationale Pflicht der jugoslawischen Germanistik, die vielfältigen, oft verschlungenen und verzwickten Verbindungsfäden zwischen deutscher Sprache, deutscher und österreichischer Kultur und Literatur und den jugoslawischen Ländern bloßzulegen, aufzuzeigen und in ihrer Gesamtheit darzustellen.« ' Jovan Djukanovic, »Zadaci nase lingvisticke germanistikeKatedra zu nemacki jezik i knjizenost«, in: Sto godine! Filozofskog fakulteta, Beograd 1963, S. 4 3 1 - 4 4 6 .
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im historischen Rückblick von drei gesprochen werden, da es in der Zwischenkriegszeit (1921 — 1941) auch einen Lehrstuhl für deutsche Sprache und Literatur an der Philosophischen Fakultät in Skopje, einer Zweigstelle der Universität in Beograd, gegeben hat. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde 1954 die Philosophische Fakultät in Novi Sad gegründet und unter den ersten fünf Lehrstühlen dieser neuen Hochschulanstalt befand sich auch ein Lehrstuhl für deutsche Sprache und Literatur. Die Seminare für deutsche Sprache und Literatur in Beograd und Novi Sad wurden vor allem für die Ausbildung von Deutschlehrern errichtet. Die Studierenden haben nach einem Studium von acht Semestern in der nach einer Reihe von Zwischenprüfungen erfolgenden Abschlußprüfung (Diplomprüfung) ein umfassendes Wissen in den Fächern Deutsche Sprache der Gegenwart, Geschichte der deutschen Sprache und Geschichte der deutschen Literatur von den Anfängen bis in die Gegenwart nachzuweisen. Dieses Grundmuster des Germanistikstudiums hat sich im Laufe der Zeit nur geringfügig geändert, insofern man nun im Rahmen von verschiedenen Spezialkursen die Studierenden auch in bestimmte Problemkreise einzuführen sucht. Da man jedoch von Anfang an die Germanistik nicht nur als ein Lehrfach mit ausschließlich pädagogischer Funktion, sondern auch als eine wissenschaftliche Disziplin mit bestimmten Forschungsaufgaben auffaßte, stellt sich zwangsläufig die Frage, inwiefern sie sich als eine eigene wissenschaftliche Disziplin profiliert hat, bei der sich bestimmte Forschungsschwerpunkte feststellen lassen. Ausgehend von einem historischen Rückblick auf den Entwicklungsgang der serbischen Germanistik vom Anfang dieses Jahrhunderts bis in die Gegenwart, wären grundsätzlich zwei in die Augen springende Merkmale festzuhalten: daß sie etwa bis in die sechziger J a h r e fast ausschließlich literaturwissenschaftlich orientiert war, und daß sie sich zu einem großen Teil im Grenzbereich der Germanoslawistik bewegte, indem sie in sich Elemente und Anregungen der Germanistik wie der Slawistik vereinigte. Dies ist durch den Umstand bedingt, daß die neuere serbische Literatur und Kultur vom Ende des 18. Jahrhunderts an gewichtige Anregungen gerade aus dem deutschen Kulturraum erhielt, und daß die deutsche Romantik mit ihrem Interesse für die serbischen Volkslieder, das bereits mit Goethes und Herders Vermittlung einsetzte, das serbische Volksgut in die europäische Kultur eingeführt hat. Obwohl der gewichtigste Teil der serbischen germanistischen Forschungsbeiträge diesem Problemkreis gewidmet ist, hat man sich keineswegs nur auf diesen engen Problemkreis beschränkt. Das soll nun in skizzenhafter Weise aufgrund der Tätigkeit der wichtigsten serbischen Germanisten belegt werden, wobei es sich um drei mehr oder weniger profilierte Generationen handelt.
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Die erste Generation der serbischen Germanistik, deren Tätigkeit sich auf das Jahrzehnt vor dem Ersten Weltkrieg und die Jahrzehnte zwischen den zwei Weltkriegen erstreckt, wird durch vier Gestalten repräsentiert, wobei zwei von ihnen — Milos Trivunac und Pero Slijepcevic — zu den Gründungsvätern der serbischen Germanistik gehören. Milos Trivunac (1876—1944) war von 1905 bis zu seinem Tod ohne Zweifel die führende Gestalt der serbischen Germanistik und darüber hinaus eine der agilsten Gestalten des kulturellen und wissenschaftlichen Lebens in Serbien. Trivunac hat ursprünglich eine romanistische Ausbildung erhalten und in Romanistik auch promoviert, dann aber in Deutschland (München und Leipzig) sein Germanistikstudium aufgenommen und es gleichfalls mit einer Promotion abgeschlossen. 1906 wurde er zum Dozenten für deutsche Sprache und Literatur an der Universität in Beograd gewählt, wo er mit einer Unterbrechung während des Ersten Weltkrieges von 1921 bis 1944 als ordentlicher Professor wirkte und somit für fast vier Jahrzehnte die Geschicke der serbischen Germanistik bestimmte. 6 Obwohl er Abstecher in die germanistische Sprachwissenschaft machte, 7 war er seinen bedeutendsten Arbeiten nach vor allem Literaturwissenschaftler. Sein Interesse galt der deutschen Klassik und dem Schaffen Goethes, dem er seine wichtigsten und umfangreichsten Arbeiten gewidmet hat. Seine Bücher Goethes Faust (1921) und Goethe (1932) bilden auch heute noch die einzigen Bücher dieser Art, die dem serbischen Leser zur Verfügung stehen. Im großen und ganzen war Trivunac, der sonst keinerlei Interesse für methodologische Probleme der Literaturwissenschaft zeigte und von den bis in die zwanziger Jahre hinein charakteristischen methodologischen Auseinandersetzungen in der deutschen Literaturwissenschaft nicht berührt wurde, mit seinen auch heute noch lesenswerten Aufsätzen ein glänzender Vermittler der deutschen Literatur. Im Vergleich zu M. Trivunac bewegte sich Pero Slijepcevic (1888 — 1964), der verhältnismäßig spät als Germanist zu wirken begann, da er erst 1926 an den Lehrstuhl für deutsche Sprache und Literatur in
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M . Mojasevic, >Razvitak germanistike kod Jugoslovena. Do Drugog svetskog rataGete o Kraljevicu MarkuSta je Gete video u nasoj narodnoj poeziji«, in: Letopis MS, Novi Sad, 106, 1932, Nr. 1 - 3 , S. 7 2 - 8 0 . »Pogledi Tomasa ManaNjemacki prijevodi nasih narodnih pjesama«, in: Rad JAZU, Zagreb, 1906, Bd. 166, S. 1 - 5 4 ; 1911, Bd. 187, S. 2 0 9 - 2 6 0 , diesem Themenbereich angehört, sowie auch die Arbeit seiner Schülerin Camilla Lucerna, Die südslavische Ballade von Assan Agas Gattin und ihre Nachdichtung durch Goethe, Berlin 1905. Die Arbeit Curcins hat der aus der Beograder Germanistik hervorgegangene Jevto Milovic (1908 — 1991) fortgesetzt, der in Berlin bei M. Vasmer mit der Arbeit Goethe, seine Zeitgenossen und die serbokroatische Volkspoesie, Leipzig 1941, promovierte. Jevto Milovic wirkte ab 1956 bis zu seiner Emeritierung am Lehrstuhl für Germanistik an der Philosophischen Fakultät in Zadar. La Serbie dans l'opinion allemande contemporaine, Paris 1919. Dazu in meinem Beitrag >Germanista Momcilo Seleskovic. Prilog razvoju domace germanistikes in: Godisnjak Filozofskog fakulteta u Novom Sadu, 13/2, 1970, S. 6 8 5 - 7 1 0 .
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in M ü n c h e n mit einer Arbeit über den österreichischen Schriftsteller Charles Sealsfield und entfaltete erst nach dem Zweiten Weltkrieg seine germanistische Tätigkeit. Sein Interesse reichte vom Mittelalter bzw. dem Nibelungenlied bis in die Gegenwart, wovon seine Studien über Goethe, Heine und insbesondere T h o m a s M a n n ein beredtes Zeugnis ablegen. 1 5 Dagegen w a r O g n j a n Radovic (1900—1976) der erste Germanist, der (ohne Habilitation) die sprachwissenschaftliche Germanistik vertrat und, ausgehend von praktischen Forderungen, eine Reihe von nützlichen Lehrbüchern der deutschen Sprache veröffentlichte. 1 6 M a n darf die Forschungstätigkeit der zweiten Generation der serbischen Germanisten nicht nur nach den T h e m e n der Habilitationsschriften beurteilen. So habilitierte sich Miljan Mojasevic mit einer Arbeit über das serbische Volksmärchen in deutschen Übersetzungen, 1 7 Strahinja Kostic über deutsche Übersetzungen von serbischen Kunsterzählungen u n d R o m a n e n bis zum Zweiten Weltkrieg, 1 8 Dragoslava Perisic über G o e t h e bei den Serben 1 9 und Z o r a n Konstantinovic über deutsche Reisebeschreibungen über Serbien und M o n t e n e g r o . 2 0 M a n m ü ß t e feststellen, d a ß sich diese Generation ausschließlich in jenem engen, den jugoslawisch-deutschen oder serbisch-deutschen Beziehungen gewidmeten Forschungszweig bewegt hätte. Die Interessen dieser Generation waren im Vergleich mit der ersten Generation viel breiter und differenzierter, da sie darüber hinaus der komplexen literaturgeschichtlichen und m e t h o d o logischen Problematik galten. Diese Feststellung läßt sich vor allem mit einem kurzen Blick auf die Tätigkeit von Miljan Mojasevic (geb. 1918) belegen, der Zentralgestalt der serbischen Germanistik nach d e m Zweiten Weltkrieg. Mit seinem umfangreichen germanistischen Werk — vor allem mit seiner Hölderlin-Studie, seiner Geschichte der deutschen Literatur der Aufklärung, Klassik und R o m a n t i k , seiner E i n f ü h r u n g in die Wissenschaft von der deutschen Dichtung, und seinem opus m a g n u m über Jacob Grimm u n d die serbische Volksdichtung 2 1 — hat die serbi15
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Über Djordjevics germanistische Tätigkeit in meinem Beitrag »Milos Djordjevic i njegov doprinos razvoju domacde germanistikeGoethe bei den SerbenZur Geschichte der slowakischen G e r m a n i s t i k · , ein an der Philosophischen Fakultät der Comenius-Universität im D e z e m b e r 1991 gehaltenes R e f e r a t .
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erzwungene Unterbrechung fruchtbarer Kontakte mit der tschechischen strukturalistischen Literaturwissenschaft (Frantisek Saida, O t o k a r Fischer, Ján Mukarovsky), die durch importierte geisteswissenschaftliche Methoden der Diltheyschen Schule ersetzt wurden, versuchten die jungen Germanisten durch ihre Teilnahme an Lehrveranstaltungen der slowakischen Literarhistoriker (Andrej Mráz, Milan Pisüt) zu umgehen. 3 Nach zwei Staatsprüfungen und der Verteidigung seiner Dissertation Hero-und-Leander-Motiv in Schillers und Grillparzers Bearbeitung beendete Elemir Terray 1946 sein Studium als Doktor der Philosophie. Er unterrichtete daraufhin kurz an der Lehrerbildungsanstalt in Spiská Nová Ves und arbeitete fünf weitere Jahre als wissenschaftlicher Bibliothekar in der Universitätsbibliothek in Bratislava. 1953 begann seine Laufbahn als Hochschullehrer an der eigenen Alma mater. Inzwischen hatte die Bratislavaer Germanistik im Einklang mit der nach 1945 stufenweise erfolgten totalitären Umgestaltung des gesamten Gesellschaftssystems ihre bereits dritte Entwicklungsphase durchlaufen. Die Vernichtung wertvoller Bestände der Seminarbibliothek, die mit dem hinterlassenen und während des Rückzugs aus der Stadt angezündeten deutschen Armeeproviant mitverbrannten, symbolisierte nach dem Zweiten Weltkrieg die Gesamtverfassung der germanischen Philologie. Mit einem Rest verbliebener Studenten sah sie sich zuerst mit undifferenzierter Feindseligkeit gegenüber allem Deutschen konfrontiert. Nach 1948 wurde sie mit anderen Gesellschaftswissenschaften marxistisch-leninistisch ausgerichtet und im Zuge der Hochschulreform 1950 organisatorisch in den Riesenlehrstuhl für nichtslawische Philologien eingegliedert. Günstig auf ihre Existenzbedingungen im neuen gesellschaftlichen Rahmen wirkte sich die Gründung der D D R aus. Bis 1989 war diese aufgrund ideologischer Einschränkungen das wichtigste deutschsprachige Kontaktland und Brücke zum internationalen Kontext. Trotz jahrelanger fruchtbarer Zusammenarbeit und wertvoller persönlicher Kontakte bedeuteten die erzwungene Eingrenzung und Ideologisierung jedoch langfristig uneinholbare Verluste an allgemeiner Orientierungsund internationaler Konkurrenzfähigkeit. Günstige Folgen dieses Umstandes waren andererseits 1953 die Entstehung des Lehrstuhls für Germanistik und Anglistik, 1958 die Unterzeichnung des Freundschaftsvertrages mit der Martin-Luther-Universität Halle-Wittemberg und 1966 schließlich die Wiedererrichtung des selbständigen Lehrstuhls für Germanistik und Nordistik. In diesem Jahr wurde Elemir Terray Leiter des Lehrstuhls und blieb in seiner Funktion bis 1985. Methodologische »Brüche« im Z u g a n g zum eigenen Forschungsgegenstand, die mit totalitärem Anspruch von oben angetragen wurden, wirk3
Vgl. ders., A n m . 2.
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ten sich in der Germanistik härter in der Literatur- als in der Sprachwissenschaft aus. Für Professor Terray bedeutete dies nach Antritt seiner Assistentenstelle eine offizielle Zwangsumorientierung von erfahrenen strukturalistischen und geisteswissenschaftlichen Ansätzen auf die marxistische Interpretation der Literatur, die eine Neubewertung der deutschen Literaturgeschichte nach sich zog. Versucht man sich im nachhinein zu vergegenwärtigen, wie schwer es gewesen sein muß, den Reichtum dieser Literatur durch ideologische Z w ä n g e und akademische Unfreiheit hindurch den Studenten trotzdem zu vermitteln, dann verdienten Elemir Terrays pädagogische Tätigkeit und Forschung große Anerkennung. Er hat uns, seine Hörer und späteren Mitarbeiter, nie die enge Sicht und Borniertheit marxistischer Interpretationsverfahren erfahren lassen, sondern war stets bemüht, das humanistische Erbe dieser Literatur im gesamten Kulturkontext der Weltgeschichte in den Vordergrund seiner Überlegungen zu stellen. Davon zeugt von Anfang an sein wissenschaftliches Interesse an der Literatur der deutschen Aufklärung und Klassik. Im Jahre 1963 verteidigte er an der Karlsuniversität Prag seine Kandidatendissertation J. G. Herder und seine Humanitätsidee, ein Jahr später an der Comenius-Universität Bratislava die Habilitationsschrift J. G. Herder und seine Humanitätsidee. Beitrag zum Humanismus der deutschen Klassik. Anhang: Die Resonanz von Herders Ideen in der slowakischen Literatur der nationalen Wiedergeburt. Dieses T h e m a leitet eine Reihe weiterer Arbeiten ein, die Terrays Beitrag sind zur Herausarbeitung der Spezifik der slowakischen Germanistik. Das, was in Form konfrontativen sprachwissenschaftlichen Studiums weniger der ideologischen O b h u t unterstand, nämlich die Erforschung deutscher Sprachinselmundarten und der mittelalterlichen Kanzleisprache in der Slowakei (Professor Frantisek Kalda, Professor Viliam Schwanzer, Dr. Irena Vaverková u. a.), war auf dem Gebiet literarhistorischer Erforschung interkultureller Zusammenhänge (deutschsprachige Literatur in der Slowakei) wiederholt als Forschungsprojekt abgelehnt worden. So orientierte sich Terray auf komparatistische Untersuchungen der Rezeption deutschsprachiger Literatur im slowakischen Kulturkontext (im Prozeß der Herausbildung des slowakischen Nationalbewußtseins spielte die Rezeption klassischer deutscher Literatur und Philosophie eine wichtige Rolle). Von Herder aus galt seine Aufmerksamkeit in der Folge allen Großen der deutschen Klassik — Klopstock, Lessing, Schiller und immer wieder Goethe — wie auch theoretischen Fragen der Rezeptionsforschung im allgemeinen. Bereits vom T h e m a seiner Dissertation leitet sich sein fortwährendes Interesse am österreichischen Literaturkontext ab, dem ebenfalls mehrere Arbeiten gewidmet sind und woher sich die eigentlichen, tiefsten Verwurzelungen unserer eigenen Kultur herleiten. Was heute auf den er-
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sten Blick nur als Produkt marxistischer Neubewertung der deutschen Literaturgeschichte erscheinen mag, was sich jedoch in der Folge im allgemeinen f r u c h t b a r auf die G e s a m t b e t r a c h t u n g ihrer gewichtigsten Leistungen ausgewirkt hatte, das repräsentieren im Werk von Terray Arbeiten zu jenen Gestalten der deutschen Literatur, die man im Gegensatz zu ihrer Leistung in manchen westlichen Darstellungen noch lange nach dem Zweiten Weltkrieg nicht gebührend behandelt fand: Heine u n d Büchner. Als verdienstvoll ist sein gleichzeitiges Engagement in jener politischen U m b r u c h p h a s e zu werten, als sich im Z u g e des anbrechenden Prager Frühlings Anfang der sechziger J a h r e die dogmatischen Z w ä n g e zu lokkern begannen und Diskussionen geführt wurden, die den bestehenden Sozialismus und seine Ideologie in ihren i n h u m a n e n und deformierenden Zügen bloßzustellen und gesamtgesellschaftlich eine Korrektur der falschen Entwicklungsrichtung einzuleiten versuchten. Die Arbeiten zum deutschen und slowakischen Expressionismus als literarischen Ausd r u c k s f o r m e n europäischer Avantgarde-Bewegung am A n f a n g unseres J a h r h u n d e r t s verbindet im Unterton ein roter Faden mit den sich wiederholenden Ausbruchsversuchen aus der marxistischen Z w a n g s j a c k e in der b e r ü h m t e n Expressionismus-Debatte, im Formalismus-Streit der fünfziger J a h r e sowie in den zwei b e r ü h m t e n Mitinitiatorinnen des Prager Frühlings, in der Kafka-Konferenz 1963 und der Konferenz zur Prager Deutschen Literatur 1965, deren Teilnehmer Professor Terray war. Für diese so hoffnungsvollen ideologiekritischen Prager Versuche zahlte 1968 die tschechoslowakische Germanistik mit einem M a n n wie Eduard Goldstücker, dem ebenfalls Ausdruck unserer höchsten Anerkennung gehört. Die Einschränkung von Elemir Terrays Forschungstätigkeit in den siebziger und achtziger Jahren ist wiederum vor dem Hintergrund der Gesamtlage unserer Disziplin und in größeren gesellschaftspolitischen Z u s a m m e n h ä n g e n zu betrachten. Im Unterschied zu unseren N a c h b a r ländern Polen und Ungarn, die a u f g r u n d der anscheinend größeren Inkonsequenzen in der Durchsetzung marxistischen Ideengutes »Verstecke« fanden für akademische Freiräume, hatte die verhältnismäßig späte antitotalitäre Auflehnung in unserem Land umso fatalere prosozialistische Folgen. Die äußere kulturelle Totenstille der siebziger und frühen achtziger J a h r e w a r einerseits Resultat der sich anbiedernden Konf o r m i t ä t einer großen Anzahl sogar jüngerer Kulturschaffender, andererseits der bewußten und grundsätzlichen Unwilligkeit (bei einigen leider auch getarnte Unfähigkeit, die oftmals von der N o t zur Tugend umgestaltet wurde!) der anderen, sich die marxistische Methodologie konsequent anzueignen — wie wir das übrigens in der D D R jahrzehntelang
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immer wieder in erstaunlicher Perfektion beobachten konnten — und systematisch in ihrer Arbeit anzuwenden. Neben der erzwungenen weiteren Emigrationswelle und dem später verhältnismäßig kleinen Umkreis der Charta '77 kann man nach 1968 bei den Intellektuellen im Gegensatz zu der eifrigen Bereitschaft zur Konformität der einen zugleich von einer Art »innerer Emigration« der anderen sprechen. Es ging ums Überleben, um die Rettung des Bestehenden, der Tradition, um den wissenschaftlichen Nachwuchs. Als Mitglied der Internationalen Vereinigung für Germanische Sprach- und Literaturwissenschaft, der Association International de Littérature Comparée, der Internationalen Lenau-Gesellschaft, der Goethe-Gesellschaft in Weimar, der Deutschen Schillergesellschaft u. a. reiste Professor Terray nun und hielt Gastvorträge in Wien, Salzburg, Halle, Leipzig, Berlin, Bonn, M ü n ster, Cambridge, pflegte Kontakte mit dem Ausland. Seit 1966 leitete er wie schon erwähnt den Lehrstuhl in Bratislava. Als Prodekan für Forschung und Auslandsbeziehungen (1966—1970) und seit 1969 ordentlicher Professor für deutsche Literaturgeschichte leistete er für die Fremdsprachenphilologien in der gesamten Tschechoslowakei Unersetzliches; Anglisten, Romanisten, Germanisten im ganzen Land verdanken ihm eine selten wohlgeneigte und aufopfernde Förderung, wir die Hörer sein fundiertes Wissen, Elan und Menschlichkeit, auch seine Stunden am Klavier, als er uns in seinen Vorlesungen deutsche Literaturepochen musikalisch zu illustrieren suchte. Wenn wir uns an die im allgemeinen düsteren Jahre als Germanisten gerne zurückerinnern, dann unter anderem an die vielen Fachtagungen, wo Professor Terray als Vorsitzender der 1975 gegründeten Bilateralen Germanisten-Kommission C S S R - D D R auf tschechoslowakischer Seite von Anfang an stets die aktive Teilnahme junger Nachwuchswissenschaftler unterstützte. Nach 1974 machte er sich neben Professor Schwanzer um die Aufrechterhaltung und Weiterentfaltung des Dolmetscher- und Übersetzerstudiums verdient (gegründet 1969 an der Universität des 17. November in Prag und Bratislava, aufgelöst 1974), das als zweite Studienrichtung der Lehrerausbildung an die Philosophische Fakultät angeschlossen wurde. Er sorgte für rege Kontakte mit der Akademie der Wissenschaften in Prag und Bratislava, mit Germanisten an allen Universitäten des Landes, forderte unsere aktive Teilnahme an der Vortragstätigkeit im Neuphilologischen Verband in Bratislava. Daß im Zeitraum 1945 — 1990 insgesamt über 3 0 0 Titel der deutschsprachigen Literatur in slowakischer Übersetzung erschienen sind (ein Umstand, der im Ausland beträchtliche Anerkennung findet), daneben zahlreiche Artikel in Zeitungen und Zeitschriften, ist die Leistung vieler engagierter Verlagslektoren, Redakteure, Mitglieder von Redaktionsräten, Übersetzer und wissenschaftlicher Mitarbeiter der Akademie der
Slowakei
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Wissenschaften, die mehrheitlich aus den Reihen der Bratislavaer Germanistik-Studenten — also auch Terrays Studenten — hervorgegangen sind. Und vor allem: seit Professor Kaldas Tod (1969) war er — mit seinem sprachwissenschaftlich orientierten Gegenpart, Professor Schwanzer (gest. 1985) — einer der wenigen, der uns stets ein noch selbst erfahrenes komplexes und wissenschaftlich anspruchsvolles Bild der germanischen Philologie als Studienfach vor Augen führte und zwar in dessen interdisziplinärer Vernetztheit mit der gesamten Geschichte der Weltkultur (das Thema seiner sprachwissenschaftlichen Klausurarbeit lautete einst »Das gotische Personalpronomen«!). So sentimental das klingen mag, er war für uns jemand, der als junger Nachwuchswissenschaftler noch die »Großen« der Germanistik erlebt und in Leipzig ζ. B. Hans Mayers Seminare besucht hatte. Die eigene Forschungsarbeit galt in den letzten beiden Jahrzehnten vor allem seinem zweiten bevorzugten T h e m a , der älteren Literatur, dem Barockroman, Walther von der Vogelweide, aber auch Autoren wie T h o mas Mann und Hermann Hesse. 1974 erschien ein literarisches Lesebuch zur deutschen Literaturgeschichte mit kurzen Darstellungen einzelner Epochen. Seit einigen Jahren schreibt er im Rahmen einer Kollektivarbeit an einem mehrbändigen Lehrbuch der deutschen Literaturgeschichte. Überlastet mit organisatorischen und Verwaltungsarbeiten als Leiter des Lehrstuhls, betroffen durch tragische Verluste innerhalb des eigenen Kollektivs (sein Schüler und Nachfolger Dr. Peter Hrivnák starb 1976 unerwartet mit 4 2 Jahren, Doz. Ernest M a r k o , eruditer Sprachwissenschaftler und Nachfolger von Professor Schwanzer, wurde aufgrund seiner religiösen Weltanschauung 1985 seiner Stelle enthoben) und die daraus resultierende Unmöglichkeit, zumindest einen Teil seiner Aufgaben weiterzuleiten, waren jedoch zusammen mit fortschreitendem Alter physisch und psychisch Grund genug, seine Kräfte allmählich immer mehr der Aufrechterhaltung der eigenen Vorstellung von einem gut funktionierenden Fachbereich und der wissenschaftlichen Profilierung von Mitarbeitern in und außerhalb von Bratislava zur Verfügung zu stellen. Wer sich einmal in einer westeuropäischen Universitätsbibliothek umgesehen und Arbeiten der mit der westdeutschen Wissenschaft so unermüdlich wetteifernden ehemaligen DDR-Germanistik auch zwischen den Zeilen zu lesen verstanden hatte, wußte lange vor 1989 bzw. bald nach 1949, wie fest und weitreichend die uns angelegten ideologischen Fesseln und wie mühsam und zugleich immer wieder aussichtslos unsere Versuche waren, den herbeigesehnten internationalen Kontakt aufrechtzuerhalten. Gäbe man sich jedoch jetzt, im Anflug der sich grenzenlos gebenden Freiheit, der Illusion hin, man müsse sich in den »westlichen« Kontext integrieren und zuerst einmal die 40 Jahre nachholen, um dann irgendwann mitgehen zu können, liefe man von vornherein einer verlöre-
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Dagmar Kostálová
nen Illusion nach. Der Riß in uns kann sich auch als ein produktiver zeigen. In unserem Teil der Welt ist eine »realisierte Utopie« — eben weil Utopie — grausam gescheitert. Unser Wissen darum haben wir damit dem anderen Weltteil voraus. Ein Teil meines Wissens erinnert sich, wie bei allen Germanistik-Studenten der Welt, wehmütig an die ersten Liebesbeziehungen zu Lessing, Storm, Rilke, T h o m a s Mann, an das uns von Terray vermittelte und von ihm selbst gleichsam vorgelebte humanistische Vermächtnis der Literatur; der andere Teil — auf der anderen Seite des Risses — befindet sich im Moment — gerade aufgrund des von niemand außerhalb je nacherlebbaren negativen Vorwissens — in der latenten Bereitschaft zu synthetisierenden Sprüngen im Denken über das für alle noch Mögliche, zumal zu unser aller Rettung so Notwendige hinaus — auch der Literatur. Analog betrachtet, sehe ich hier Parallelen mit Deutschland nach 1945, als sich der innere »Riß« bei vielen ebenfalls, bis heute als humanisierend und damit fruchtbar erwies. Zu hoffen ist deshalb, daß unsere um Jahrzehnte verspätete Beschäftigung mit dem deutschsprachigen Schrifttum, mit der hiesigen jüdischen Kultur, heute in beträchtlich globaleren Dimensionen des aktualisierenden weltweiten multikulturellen Zusammenlebens möglich sein wird und einen Beitrag zur Diskussion der westlichen Trends unseres Jahrhunderts leisten wird. Elemir Terray hat in dieser Richtung mit seiner Rezeptionsforschung wichtige Bausteine geliefert. Mit seinem fundierten Vorwissen über Leben und Kultur der deutschen Minderheit in der Slowakei ist er heute erneut ein wichtiger Informationsträger, der uns in seiner Begeisterung und seinem hilfsbereiten Kollegialgeist an die Zukunft unserer Germanistik glauben macht. Die in postmoderner Konsequenz nicht mehr genau differenzierbare und definierbare Pluralität methodologischer Zugänge der Literaturwissenschaft, der vorherrschende »Methodendschungel« 4 , wo jeder sich, um zumindest das individuelle Chaos zu vermeiden, unausweichlich einer der vielen Methoden mehr oder weniger systematisch zu verpflichten hat, wird uns, obwohl wir formalistisch und strukturalistisch vorgeprägt und teilweise in hermeneutischen und literatursoziologischen Ansätzen sowie den ersten Gehversuchen mit postmodernen Denkweisen erfahren sind, den methodologischen Einstieg in das Chaos sicher nicht unmöglich machen. Prof. Terray bezeichnet sich in dieser Hinsicht — ich zitiere ihn hier — »als einen bescheidenen Ratgeber im Prozeß der Bewältigung verschiedener wissenschaftlicher Verfahren und Methoden, die zur sukzessiven Annäherung der Wahrheit führen sollen.«
4
Wendelin Schmidt-Dengler, >Um eine Krise von innen bittend. Zur Pathologie der Germanistik im letzten VierteljahrhundertSlovenacko-nemacki k u l t u r n i odnosi u s r e d n j e m vekuDie deutsche Literatur im mittelalterlichen Slowenien^ in: Acta Neopbilologica, 20, 1987, S. 9 - 1 8 . 9 Ljubljana 1957. 10 Srednjeveske in staronemske verzne oblike. Literarni leksikon, Bd. 4, Ljubljana 1978; Aliteracija in aliteracijski verz. Literarni leksikon, Bd. 17, Ljubljana 1982. " Unter diesen ist Gert Hofmann der bekannteste. Sein Roman Die Fistelstimme, Salzburg 1980, spielt in Ljubljana und befaßt sich mit dem Schicksal eines deutschen Lektors am Institut für Germanistik. 8
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Anton Janko
ten zählt hier die erste in slowenischer Sprache verfaßte Geschichte der deutschen Literatur, die Helena Stupan unter dem Titel Nemska knjizev-
nost (Deutsche Literatur)
1968 herausgegeben hat.
Die moderne Literatur blieb wenig erforscht, es fehlte an selbständiger kritischer Betrachtung und Bewertung, vieles wurde einfach nicht registriert. Obgleich verschiedene slowenische Literaturzeitschriften oft Grundlegendes — meistens von Nicht-Germanisten geschrieben — über die moderne deutsche Literatur berichteten, und das lesende Publikum in Slowenien anhand von Übersetzungen moderner Autoren mit der zeitgenössischen Entwicklung in der deutschen Literatur bekanntgemacht wurde, hielt man sich allzu oft an die Bestsellerlisten, vermittelte dadurch ein unvollkommenes und vor allem ein falsches Bild, das zwar faktographisch korrekt sein mag, ansonsten aber unkritisch und unselbständig ist. Eine solche Betrachtungsweise ist natürlich eine Aufgabe, die in erster Linie den Auslandsgermanisten zukommt. Der erste, der diese Aufgabe in Slowenien zu bewältigen suchte, war Drago Grah (1937—1980), ein Germanist der dritten Generation. Er promovierte mit der Doktorarbeit
Cas kot oblikovalna pruina ν Döblinovem romanu Berlin Alexanderplatz (Das Zeitgerüst in Döblins Roman Berlin Alexanderplatz, 1977). Zu diesem Problemkomplex veröffentlichte er mehrere Abhandlungen. 1 2 Sein Interesse galt hauptsächlich der gesellschaftskritischen Komponente in der modernen deutschen Literatur. Er erwarb sich jedoch auch als Übersetzer große Verdienste. Grah war der erste, der die DDR-Literatur in sein Lehrprogramm einbezog und sich mit der Rezeption dieser Literatur in Slowenien befaßte. Das war nicht ohne Reiz, da Slowenien damals noch ein sozialistisches Land war. Überdies verfaßte er zu einigen Übersetzungen (ζ. B. zu Goethes Werther) einführende Essays. Diese meistens mit der Bezeichnung »Vorwort« oder »Nachwort« versehenen Studien sind oft von großer Bedeutung, vor allem weil sie Brücken bauen zwischen verschiedenen Kulturen. Fast alle slowenischen Germanisten hatten sich in dieser Art der Vermittlung versucht und dazu beigetragen, die Vielfalt der Interpretationsmöglichkeiten wie auch der Rezeption in verschiedenen Zeitabschnitten zu veranschaulichen. In diesem Sinne war Grah trotz seines frühen Todes ein erfolgreicher Germanist; seine Bedeutung beruht auch darauf, daß er »seine wissenschaftliche Arbeit mit seiner Tätigkeit als Übersetzer aus der deutschen Literatur ins Slowenische« 1 3 verband.
12
"
Drago Grah, >Das Zeitgerüst in Döblins Roman »Berlin Alexanderplatz«In memoriam Drago GrahA nibelungen monda német feldolgozásai< (»Deutsche Bearbeitungen der NibelungensageA Nibelungen-ének magyar vonatkozásai< (>Die Ungarnbezüge des Nibelungenliedes^, in: Szazadok, Budapest 1978, H. 2, S. 2 8 8 - 3 0 6 ; György Walko, Nibelungok (Die Nibelungen), Budapest 1984.
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Ungarn
Nach der Jahrhundertwende setzten sich besonders zwei weitere Themenbereiche durch, einmal die deutsch-ungarischen bzw. österreichischungarischen Literaturbeziehungen in der gesamten Geschichte der deutschsprachigen Literatur und zum zweiten die Inventaraufnahme und Bearbeitung der deutschen Sprach- und Kulturtraditionen im Karpatenbecken. Sprachgeschichtliche Studien, Mundartforschung, literatur- und kulturgeschichtliche Untersuchungen liefen dabei parallel. Da lange Zeit ein beträchtlicher Teil der Studierenden aus der deutschen Minderheit Ungarns kam, lag es auf der H a n d , das Thema zur Facharbeit oder/und zur Promotion aus der unmittelbaren Umgebung zu wählen. Eine große Zahl von Dorfmonographien über deutsche Gemeinden in Ungarn entstand auf diese Weise, die heute trotz politischer Erschütterungen der Kriegs- und Nachkriegszeit doch wieder eine Fortsetzung finden. In den dreißiger Jahren sind außerdem auch Tendenzen zu verfolgen, die einen wesentlich weiteren Horizont anstrebten und sich auf ihre Weise und mit ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln dem entgegenzusetzen versuchten, was sich damals in Deutschland ausbreitete. Als eine Möglichkeit bot sich an, von der Geistesgeschichte ausgehend sich litcraturtheoretisch zu betätigen und durch die Herstellung europäischer geistesgeschichtlicher Zusammenhänge den faschistischen Mythos zu enthüllen. Als bedeutendster Vertreter ist in diesem Z u s a m m e n h a n g Tivadar Thienemann zu nennen. Ein anderer Versuch, auch in politischer Hinsicht eine Gegenposition zur deutschen Germanistik der dreißiger Jahre zum Ausdruck zu bringen, zeichnete sich in einer intensiven und akzentuierten Beschäftigung mit der österreichischen Literatur ab. Die von Béla Pukánszky im Jahre des Anschlusses erschienene Geschichte der modernen österreichischen Literatur demonstrierte diese Sonderstellung. 10 Das Kriegsende und die darauffolgenden Jahre bewirkten in der Budapester Germanistik eine tabula rasa. Die zwei vakanten Ordinariate wurden zusammengelegt und die gesamte Germanistik bestand einige Jahre lang aus einem neu ernannten Professor und einem einzigen Assistenten. Mit der Mundartforschung der deutschen Minderheiten wurde radikal Schluß gemacht, das alte Fach völlig lahmgelegt und die eigentliche Forschungsarbeit erwartete man von nun an von der Ungarischen Akademie der Wissenschaften, an der 1955 ein Literaturwissenschaftliches Institut gegründet worden war, das sich aber ausschließlich mit der nationalen Literatur zu beschäftigen hatte. Die Fremdsprachenphilologien wurden zum Vegetieren verurteilt.
Bela Pukánszky, A mai osztrák pest 1938.
irodalom
(Die heutige
österreichische
Literatur),
Buda-
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Antal Mádl
Erst in der zweiten Hälfte der fünfziger Jahre begann ein langsames Vortasten auf thematischem Gebiet und damit verbunden auch ein Suchen — verständlicherweise innerhalb des sehr eng gesteckten ideologischen Rahmens — nach Arbeitsverfahren und Methoden. Publikationsmöglichkeiten boten sich noch vor allem im Zusammenhang mit der Verlagstätigkeit an. Das Produkt konnte bestenfalls eine populärwissenschaftliche Betätigung in der Form von Vor- und Nachworten zu Übersetzungen und Buchbesprechungen sein. Ohne Kontakte zu deutschen Germanisten und bei nur sehr spärlichem Bücherankauf war man in der Forschung ausschließlich auf die ungarischen Bibliotheken und auf die Fernleihe angewiesen. Eine kontinuierliche wissenschaftliche Arbeit und bescheidene Publikationsmöglichkeiten ergaben sich dann von den sechziger Jahren an. In der Arbeitsmethode herrschte aber nach wie vor völlige Unsicherheit. An die unmittelbare Vorkriegszeit war nicht anzuknüpfen, weder im eigenen Land noch an die Methoden, die die deutsche Literaturwissenschaft à la Josef Nadler betrieben hatte. Pflichtgemäß wurde eine marxistische Literaturwissenschaft erwartet, nur herrschte völlige Ungewißheit, worin die zu bestehen habe. Meistens half man sich mit Zitaten von M a r x und Engels aufgrund der Anthologie von Michail Lifsic aus der Klemme. Diese Unsicherheit wurde noch gesteigert durch das Wirken von Georg Lukács, dessen soziologische Theorien bis zu einem gewissen Grad auf die jüngere Generation anziehend wirkten. Seine Widerspiegelungstheorie, seine Ausrichtung auf den Klassenkampf und seine völlige Ablehnung der deutschen Romantik und der einzelnen Ismen bis an die Gegenwart heran, all das noch verbunden damit, daß er von den Herrschenden bald als Vorbild hingestellt, bald wieder verboten wurde, machte die Situation noch komplizierter. Das Ergebnis all dieser Faktoren war zwangsläufig der Versuch, selbst einen Weg durch den Wald zu finden. Blicke ich heute auf diese Jahrzehnte zurück, so entdecke ich — auch in den eigenen Arbeiten und in denen meiner Kollegen und ersten Schüler —, daß viele Versuche parallel nebeneinander liefen, von denen sich vielleicht der literatursoziologische Aspekt am ehesten durchgesetzt hat. Er konnte ohne größere Gefahr ausgeübt werden. Reste der alten positivistischen Schule bewährten sich darin ebenso, wie auch ständige Bemühungen immer wieder auftraten, mit Hilfe der Geistesgeschichte eine ideologisch akzeptable oder mindestens geduldete Linie einzuschlagen. Lukács wurde gerade wegen des Widersprüchlichen in der Beurteilung seiner Leistungen bald als legitimierende Autorität herangezogen, bald wieder scharf kritisiert. Auf etwas ironische Weise hat man ihn — nach einer mündlich verbreiteten Bezeichnung eines bekannten ungarischen Wissenschaftstheoretikers — als »den größten marxistischen Geisteswissenschaftler« betrachtet.
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Ungarn
Neue Möglichkeiten und Wege zeichneten sich erst ab, nachdem von der Mitte der sechziger Jahre an die Kontakte zu Fachkollegen und zu deutschen Universitäten der Bundesrepublik Deutschland wieder möglich waren. Für uns in Budapest erwiesen sich bei dem Suchen nach geeigneten speziellen Aufgaben die gegenseitig geistigen Berührungen, Rezeptionstheorie und Komparatistik am ergiebigsten (wesentlich anders verlief dieser Prozeß an den anderen ungarischen Universitäten). Die Anwesenheit und Wirkung der deutschen Literatur in Ungarn in Vergangenheit und Gegenwart boten ein Terrain, auf dem man nach wie vor etwas zu finden glaubte. Waren dann über das Werk hinausgehend noch persönliche Kontakte von deutschen Autoren zur ungarischen Kultur und zum Geistesleben auszugraben, so konnte man von Budapest aus zu diesem oder jenem Autor, zu diesem oder jenem Einfluß, zur Wirkung oder zu Parallelerscheinungen mit ergänzenden Aspekten etwas beisteuern. In diesem Sinne bemühte ich mich in Zusammenarbeit mit Judit Gyóri um Thomas M a n n s Werk und Ungarn, 1 1 wobei ich mich besonders auf den Aspekt konzentrierte, der bei der Rezeption seines Werkes in Ungarn eine ganz besondere Rolle spielte, nämlich auf seinen Humanismus. Das neue Aufblühen der Komparatistik seit den sechziger Jahren hat besonders die unmittelbar benachbarte deutschsprachige Literatur, die österreichische in den Vordergrund gerückt. Den Anlaß dazu gaben Merkmale, die in beiden Literaturen zur gleichen Zeit auftraten und sicher über die Nachbarschaft hinaus auch damit eng zusammenhängen, daß beide Völker über mehrere Jahrhunderte hinweg zum selben Staatsgebilde gehört haben. Eine Zusammenarbeit mit österreichischen Kollegen hat uns bisher bestätigt, daß hier ein noch unbeackertes Feld gefunden wurde, das spezielle Beiträge aus ungarischer Sicht ermöglichte. M a n wurde so aufmerksam auf weitgehende Ähnlichkeiten zwischen der österreichischen und der ungarischen Literatur in der Zeit vom Josefinismus bis 1848 und in noch stärkerem Maße bei der Wende vom 19. in das 20. Jahrhundert. Beispiele dieser Art wären auch aus früheren Zeiten noch anzuführen. Ein Vergleich zwischen Karl Kraus und seinem ungarischen Zeitgenossen Frigyes Karinthy — in einer Promotionsschrift von mir angeregt — hat bereits zur Entdeckung von gemeinsamen GenreEigenschaften innerhalb der einzelnen Literaturen des K.u.k.-Staates aufmerksam gemacht. Die Schriftenreihe der Österreichisch-Ungarischen Gemischten Kommission für Literaturwissenschaft an der Österreichischen Akademie der Wissenschaften und der Ungarischen Akademie der
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Thomas Mann und Ungarn. Essays, einer u m f a n g r e i c h e n Einleitung.
Dokumente,
Bibliographie,
Budapest 1977, mit
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Antal Mádl
Wissenschaften eröffnete durch ihre bisherigen Hefte neue Gebiete für die gemeinsame Forschung. 12 Ich wollte damit nur die speziellen Möglichkeiten einer Auslandsgermanistik andeuten, die von konkreten Aufgaben ausgehend sich auch jedesmal die entsprechenden Methoden selbst erarbeiten muß. All das soll nicht heißen, daß in den vergangenen Jahrzehnten nicht zur Kenntnis genommen wurde, was in der deutschen Germanistik als Methodenstreit vor sich ging. Jene Bewegung, die mit dem Strukturalismus und der Semiotik einsetzte, hat bedeutende Verdienste, weil auch damit ein massiver Angriff gegen die marxistische Literaturwissenschaft möglich war. Erst dadurch öffnete sich der Weg zum Pluralismus in der Literaturwissenschaft, und der Blick richtete sich auf den Text, auf dessen Struktur und Auslegungsmöglichkeiten. Verständlicherweise wirkten diese neuen Tendenzen in der Literaturwissenschaft vor zehn oder noch mehr Jahren ganz anders als heute: als »verbotene Früchte«. Ihren »oppositionellen Inhalt« haben sie inzwischen verloren. Sie bieten neben den traditionellen Verfahren und den inzwischen von Übersee neu zu uns stoßenden Methoden eine der vielen frei wählbaren Möglichkeiten. Eine Elastizität und eine gründliche Überlegung bei der Wahl einer Methode, die man verfolgen will, scheint mir aber für einen Auslandsgermanisten ganz besonders wichtig zu sein. Er steht nämlich immer zwischen der deutschen bzw. der internationalen Germanistik und der nationalen Philologie des eigenen Landes, seine Leistung wird von beiden Seiten gemessen. Er muß in beiden Richtungen die Prüfung bestehen können, und dies darf nicht ohne Einfluß auf die Wahl seines Gegenstandes und der Methode seiner Forschungstätigkeit sein. 1 3 Die unter der Leitung von Gideon Petz und Elemér Schwartz vor allem als Sprachgeschichte und Mundartforschung betriebene Sprachwissenschaft hatte es nach der Zusammenlegung der beiden Lehrstühle noch schwerer als die Literaturwissenschaft. Ihre Notwendigkeit und Nützlichkeit für die Lehrerausbildung wurden immer wieder in Frage gestellt. Erst nach zähem Kampf konnte sich in kleinen Etappen Károly Mollay als Mediävist durchsetzen. Das von ihm vertretene alte Fach wird heute von Károly Manherz weitergeführt, der sich in einer völlig veränderten Situation bereits vor Jahren wieder der Mundartforschung und der deutschen Folklore in Ungarn zuwenden konnte. 12
"
Besonders der Band 2, der sich mit dem Titel Kakanien den literarischen Beziehungen der Jahrhundertwende widmet, hrsg. von Eugen Thurnher u. a., Budapest und Wien 1991, gab mit seinen 20 Aufsätzen dazu wertvolle Anregungen. In zwei von mir begründeten Schriftenreihen (Budapester Beiträge zur Germanistik — bisher 20 Bände, und Studia Philologica Moderna — bisher sechs Bände) gelang es den Autoren der einzelnen Hefte zum Teil thematisch und auch in der Methode, diesen Prinzipien zu folgen.
Ungarn
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Der Bedarf auf dem Gebiet der praktischen Sprachkenntnisse hat außerdem die A u f m e r k s a m k e i t auf die Gegenwartssprache und die allgemeine bzw. die a n g e w a n d t e Sprachwissenschaft gelenkt. Es gibt bedeutende Untersuchungen auf dem Gebiet der Valenztheorie und der Lexikologie, und doch d r o h t heute die G e f a h r der Verzettelung auf einzelne praktische Fragen des unmittelbaren Sprachunterrichts und dadurch eine Auflockerung der wissenschaftlichen N o r m , eine Verwischung der Grenzen zwischen wissenschaftlichen Abhandlungen und Hinweisen auf didaktische Verfahren beim Sprachunterricht.
Z u r gegenwärtigen Situation Mit dem J a h r 1989 begann auch in der ungarischen Germanistik eine neue Phase. M a n k o n n t e die Z w a n g s j a c k e ablegen; vor allem ein angenehmes Gefühl des Freisprechen-Dürfens stellte sich ein. Die neue Situation brachte aber auch neue Aufgaben, und die Frage besteht f ü r manche heute darin, ob sie sich in der Z w a n g s j a c k e nicht schon allzu bequem eingerichtet hatten, ob sie den neuen H e r a u s f o r d e r u n g e n gewachsen sind. Solche neue Forderungen sind meines Erachtens u. a. folgende: 1. Die Unterrichtstätigkeit — nach einer völligen Freiheit der Lehre bei einer Studentenzahl, die in drei Jahren mindestens um das Sechsfache angestiegen ist — erfordert quantitativ und qualitativ ein anderes Herangehen als bisher. Erschwert wird diese Arbeit einerseits dadurch, d a ß Wirtschaft, Technik und Politik über praktische Fremdsprachenkenntnisse hinaus für Literatur, Kultur und Wissenschaft heute allzu wenig Motivationen aufbringen, andererseits durch die soziale Lage und den sinkenden Lebensstandard, die selbst einen Hochschullehrer zum harten Existenzkampf zwingen. 2. H a t eine Auslandsgermanistik den Ehrgeiz, ihr eigenes Profil zu erhalten bzw. neu zu gestalten, ist sie heute gezwungen, ihren Gegenstand neu zu überprüfen. Sie soll hierbei Rücksicht auf alle Tendenzen nehmen, die auf ein einheitliches E u r o p a hindeuten und leider auch auf solche, die dagegen wirken. M a n c h e Bereiche haben an Aktualität verloren, andere neue Aktualität gewonnen, und manches, was jahrzehntelang verboten war, m u ß schleunigst nachgeholt werden. 3. Ein solches T h e m a scheint mir f ü r unsere Verhältnisse und für unser Fach die Aufgabe zu sein, Spuren der deutschen Sprache, Literatur und Kultur in Ungarn von den frühesten Zeiten bis heute neu zu erfassen u n d nochmals in Erinnerung zu rufen. Mit diesem Themenbereich w u r d e in der Vergangenheit M i ß b r a u c h getrieben. Dennoch scheint er, noch vor der zwölften Stunde geeignet, einer Z u k u n f t entgegenzuarbeiten, die sich
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f ü r gegenseitige Toleranz einsetzt und zu einer europäischen Einheit in Vielfalt führen kann und soll. Manche Voraussetzungen dazu sind gegeben. Das wiedervereinte Deutschland k o m m t schrittweise zu der richtigen Überzeugung, daß es auch im eigenen Interesse handelt, wenn es nach Kräften deutsche Sprachkenntnisse und das Wissen über die deutsche Literatur und Kultur bei den osteuropäischen Völkern fördert. Deutsch ist heute dabei, in Riesenschritten wieder zur lingua franca zu werden. Sie zieht einzelne Gesellschaftsschichten der Bevölkerung ganz besonders an. Der Deutschlehrer ist heute in Ungarn von den Kindergärten bis zur Universitätsgermanistik »Mangelware«. Selbst bei der hohen Studentenzahl, die leider (hoffentlich nur vorübergehend) auch die Gefahr mit sich bringt, d a ß das Ausbildungsniveau sinkt, wird es noch Jahre dauern, bis in allen Schulen Deutschlehrer in ausreichender Zahl und mit entsprechender Qualifizierung die deutsche Sprache unterrichten werden. M a n ist dabei, mit fremder Hilfe, mit finanzieller Unterstützung von außen sowie mit Sprachlektoren und Gastprofessoren, geschickt vom Goethe-Institut bzw. vom Deutschen Akademischen Austauschdienst, und mit eigenem Einsatz, die gestiegenen Aufgaben zu bewältigen. Die Z a h l der Mitarbeiter unserer Germanistik hat sich in kurzer Zeit bedeutend vergrößert, und anstelle eines einzigen Lehrstuhls, den von 1948 bis 1962 József Turóczi-Trostler, dann zwei Jahre lang Jenö Krammer, zwischen 1964 und 1989 ich, anschließend Regina Hessky leiteten, wurde im Studienjahr 1991 — 1992 ein Germanistisches Institut unter der Leitung von Károly Manherz mit besonderen Abteilungen für Literaturwissenschaft, Sprachwissenschaft, praktischen Sprachunterricht und Deutschmethodik gegründet. Auch die junge Skandinavistik und Niederlandistik schlossen sich als je eine selbständige Abteilung dem neugegründeten Institut an, das somit wieder den Platz einnimmt, den die Germanistik viele Jahrzehnte hindurch bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs an der Budapester Universität innehatte.
ÁRPÁD BERNÁTH
Das Wechselspiel zwischen Zentrum und Peripherie. Die Universitäten von Pecs, Debrecen, Szeged und die ungarische Germanistik Die Anfänge In Buda (deutsch: Ofen), in dem rechtsdonauischen Teil des heutigen Budapest w u r d e 1784 der erste Lehrstuhl für Germanistik gegründet, aber nicht die erste Universität Ungarns: diese Ehre gebührt der südungarischen Stadt Pécs (deutsch: Fünfkirchen). 1367 genehmigte Papst Urban V. auf Initiative des ungarischen Königs Ludwigs des Großen die G r ü n d u n g dieser Universität in der einstigen H a u p t s t a d t der römischen Provinz Pannonien, die im Mittelalter eines der religiösen und kulturellen Zentren Ungarns wurde. Wenn wir bedenken, d a ß die ersten Universitätsgründungen auf deutschem Reichsgebiet gleichfalls im 14. J a h r h u n dert zu verzeichnen sind (in Prag um 19 J a h r e früher, in Wien u m zwei J a h r e früher, in Heidelberg um 18 J a h r e später, in Köln und Erfurt u m 21 J a h r e später), d a n n sehen wir, d a ß das mittelalterliche Ungarn nicht n u r politisch, sondern auch kulturell ein gleichrangiges Glied Mitteleuropas war. H u n d e r t Jahre später, unter dem Renaissance-König M a t t h i a s Corvinus, blühte die Kultur in dieser Stadt noch immer. Hier wirkte J a n u s Pannonius, ein Poet und H u m a n i s t von überregionaler Bedeutung. Die heutige Universität in Pécs trägt seinen N a m e n . Durch ihn gelangte der italienische Geist der Medici, der Geist der Universitäten Ferrara u n d Padova, wo J a n u s Pannonius studiert hatte, nach Südungarn.
Die Unterbrechungen Die weitere Geschichte der Universität Pécs ist symptomatisch f ü r die Geschichte der ungarischen Universitäten überhaupt: eine organische Entwicklung w u r d e durch lange Kriege, durch Fremdherrschaft in großen Gebieten Ungarns und Gebietsverluste an benachbarte Staaten un-
I l l
Arpad Bernáth
möglich gemacht. Die Türken besetzten 1543 Pees und beherrschten es bis 1686. Das bedeutete zugleich die Unterbrechung des Universitätsbetriebes — bis 1923. Die nächste ungarische Universitätsgründung erfolgte 1635 in Oberungarn, also noch in einer Zeit, in der die Türken den Großteil Ungarns unter ihrer Herrschaft hatten, und zwar gerade in der Stadt, wo der Initiator der Universitätsgründung in Pees, Ludwig der Große, einst gestorben war. Die Stadt heißt Nagyszombat (deutsch Tyrnau, slowakisch Trnava) und war zu dieser Zeit als »Klein-Rom« bekannt, denn hierher wurde vor den eindringenden Türken der Sitz des Domkapitels aus Esztergom (Gran, 1543 — 1820) verlegt, und hier gründeten die Jesuiten unter der Leitung des Kardinals Péter Pázmány ihre Universität. Diese Universität wurde dann unter Maria Theresia von der geographischen Peripherie in das Zentrum des Landes, eben nach Ofen verlegt; sie blieb lange Zeit die einzige Universität Ungarns. Die Bedingungen für einen produktiven Wettbewerb in verschiedenen Fächern wurden erst etwa 200 J a h r e später geschaffen: denn weitere Gründungen erfolgten auf ungarischem Boden erst nach dem Ausgleich mit Österreich im Jahre 1867. So bekam 1872 Kolozsvár (deutsch: Klausenburg, rumänisch: Cluj) eine Universität, und 1912, unmittelbar vor dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges, Debrecen und Pozsony (deutsch: Preßburg, slowakisch: Bratislava). Der Friedensvertrag in Trianon trennte Klausenburg und Preßburg von Ungarn ab, und damit wurde eine heftige Bewegung an der Peripherie ausgelöst. Die »Franz-JosephUniversität« aus Klausenburg wurde 1921 »provisorisch« nach Szeged, die »Elisabeth-Universität« aus Preßburg 1923 gesetzlich nach Pécs verlegt. Damit entstand eine Universitätslandschaft in Ungarn, die (mindestens in Hinsicht auf die Germanistik) im wesentlichen bis heute bestimmend ist. 1 Der Anfang der neunziger Jahre brachte auf der universitären Ebene neue Veränderungen, die aber voraussichtlich erst am Ende des Jahrtausends eine neue Situation schaffen werden. Es sind neue Gründungen im Gange, und die pädagogischen Hochschulen wachsen in Richtung Gesamthochschule. Die Entscheidung für Debrecen und Preßburg im Jahre 1912 (denn auch die Städte Szeged, Pees und Kassa — deutsch Kaschau, slowakisch Kosice — nahmen am Standortwettbewerb teil) war auch konfessionell begründet. Debrecen war seit dem 16. Jahrhundert (1558) geistiger Mittelpunkt des ungarischen Calvinismus, und unter dem Schutz der ungarischen Fürsten von Siebenbürgen konnte hier ein »celeberrimum colle-
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Vgl. Andor Devich, A szegedi tudomänyegyetem sität Szeged), Szeged 1986, S. 276.
törtenete
(Die Geschichte
der
Univer-
Ungarn
273
gium« ausgebaut werden, das von A n f a n g an enge Kontakte mit der Schweiz, mit den Niederlanden und England pflegte. Preßburg w a r dagegen katholisch. Als Landeshauptstadt Ungarns w ä h r e n d der türkischen Bedrohung und der zeitweiligen Besetzung von Ofen (1526—1784) und nicht zuletzt als O r t der Krönungskirche der ungarischen Könige (bis 1830) w a r diese Stadt Symbol der Verbindung Ungarns mit dem katholischen H a u s H a b s b u r g . Hier waren auch bereits Institutionen wie die Academia Istropolitana untergebracht, die ihren N a m e n nach dem antiken N a m e n der D o n a u bekam. Sie bildeten die Grundlage der damaligen Universität. D a r u m hatten Szeged und Pécs nach dem Ersten Weltkrieg nicht allein die verlorene universitäre Ausbildungskapazität zu ersetzen, sondern auf dem Gebiet der Geisteswissenschaften auch f ü r das konfessionelle Gleichgewicht auf dem Gebiet der Bildung zu sorgen.
Die Germanistik an den neugegründeten Universitäten Der hier skizzierte historische H i n t e r g r u n d ist sehr wichtig für das Verständnis der Entwicklung der Germanistik an den ungarischen Universitäten. Sie ist jedoch nicht völlig determiniert durch diesen H i n t e r g r u n d . Der erste Professor der Germanistik in Szeged, Henrik Schmidt (1921 — 1946), k a m zum Beispiel, wie zu erwarten ist, aus Klausenburg. Der letzte Professor in Debrecen, der seine Ernennung noch vor dem Ende des Zweiten Weltkriegs erhielt, w a r dagegen ein Schüler des Budapester Germanisten J a k o b Bleyer und stammte aus dem katholischen Preßburg. Mehr entsprach der geistigen Grundeinstellung ihrer Universitäten dagegen die Lehr- und Forschungstätigkeit der Professoren Richard Huss in Debrecen (vor Pukánszky, zwischen 1914 und 1941) u n d H u g o Meltzl in Klausenburg, der der erste Professor und einer der bedeutendsten Professoren an dieser Universität war: sie waren Siebenbürger Sachsen. Meltzl gründete die erste wissenschaftliche Zeitschrift für Vergleichende Literaturgeschichte in Ungarn. Er versuchte sogar, »zur Semisaecularfeier des Todes Goethes als Erblasser der Weltliteratur« eine Gesellschaft für Vergleichende Literaturwissenschaft ins Leben zu rufen. Seine Zeitschrift w a r zugleich ein O r g a n der ungarischen Germanistik, da sie Meltzls Meinung nach »entsprechend unserer geographischen Lage [...] in erster Linie dem ungarisch-deutschen Literaturverkehr dienen« sollte. 2 Richard Huss arbeitete in Debrecen Jahrzehnte lang an dem siebenbür-
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Z i t i e r t bei György Mihály Vajda, >A m a g y a r osszehasonlitó i r o d a l o m t u d o m á n y t ô r t é netének vázlata« (>Grundriß der Geschichte der ungarischen vergleichenden LitcraturwissenschaftDeutsche Sprache in Ungarn einst und jetzt. Vortrag auf der Tagung der Wiener Urania »Kulturraum Donau« am 4. November 1990% in: Kulturraum Donau, hrsg. von Wilhelm Petrasch, Wien 1991, S. 51 — 60, und Csaba Földes (Pädagogische Hochschule Szeged), »Zur gegenwärtigen Situation des Deutschen als Fremdsprache in Ungarn. Dargestellt im osteuropäischen Kontext«, in: Zielsprache Deutsch, 23, 1992, H. 1, S. 3 0 - 4 0 .
Ungarn
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drás Kertész, Piroska Kocsány) einbezog und vielfältige Kontakte zu anderen Kollegen im In- und Ausland pflegte. Mittel dazu waren die jährlich organisierten wissenschaftlichen Konferenzen, eigene Schriftenreihen (Studia Poetica und Acta Germanica) und die Erstellung von Lehrmaterialien. Das Gebiet der Forschung u m f a ß t e die Wissenschaftstheorie (Kanyó, Kertész), Textlinguistik und Einfache Formen (Kanyó, Kocsány), Fiktionalität (Bernáth, Kanyó), Interpretationstheorie (Bernáth, Bonyhai, Csúri) und literaturgeschichtliche Untersuchungen von Mitgliedern der Forschungsgruppe zu Goethe, Hölderlin, E. T. A. H o f f m a n n , H o f m a n n s thal, T h . M a n n , Broch, Trakl, Werfel, Brecht, Boll, Borchert, D ü r r e n m a t t etc. Diese Arbeit hat auch die H u m b o l d t - S t i f t u n g a n e r k a n n t u n d gefördert: Zoltán Kanyó, Arpád Bernáth, Károly Csüri und Eva Kocziszky erhielten Forschungsstipendien. Die Universität-Gesamthochschule Siegen mit H e l m u t Kreuzer stand seit 1974 in ständiger Verbindung mit dieser G r u p p e und eröffnete Publikationsmöglichkeiten in der Bundesrepublik. Später wurden auch mit der Universität Göttingen und persönlich besonders mit H o r s t Turk Kontakte g e k n ü p f t . Auch die Beziehungen zu Österreich wurden gepflegt. So w u r d e die erste Österreich-Bibliothek an einer ungarischen Universität 1991 in Szeged errichtet. Im Gegenzug w u r d e in Szeged 1993 das erste Seminar f ü r österreichische Literatur und Kultur unter Leitung von Károly Csúri ins Leben gerufen. O h n e die Hilfe Deutschlands und Österreichs, o h n e die verschiedenen Aktionen, die von der Entsendung von Lektoren über die Organisation von Studienreisen und die W a h r n e h m u n g von Kurzzeitdozenturen bis zum Teilstudium an deutschen Universitäten reichen, k ö n n t e das ungarische Hochschulwesen nicht die gegenwärtige Z a h l der Germanistikstudenten a u f n e h m e n und ausbilden. In Debrecen, Pees und Szeged studierten Anfang der neunziger J a h r e in verschiedenen Ausbildungsformen etwa 1500 Studenten das Fach Deutsch bzw. Germanistik — fast f ü n f m a l so viel wie vor gut zehn Jahren. Und es k o m m e n neue Ausbildungsstätten dazu: An der Technischen Universität Veszprém, einer G r ü n d u n g nach dem Zweiten Weltkrieg, die bisher vor allem Chemiker ausbildete, w u r d e im J a h r e 1990 eine Fakultät f ü r Lehrerausbildung eingerichtet. Im September 1991 hat hier auch ein Lehrstuhl für deutsche Sprache und Literatur seine Tätigkeit begonnen. Der Ausbau einer Seminarbibliothek erfolgt gegenwärtig teils aus eigenen Mitteln, teils durch verschiedene Bücherspenden aus Deutschland und Österreich. Die fünf vollbeschäftigten und zehn teilbeschäftigten Mitarbeiter, sowie je ein Lektor aus Deutschland und Österreich haben in den ersten zwei Studienjahren bisher 150 Studenten zu betreuen. In der Z u k u n f t rechnet m a n p r o Studienjahr mit der Immatrikulation von etwa 120 Germanistik-Stu-
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Árpád Bemáth
denten. Als wissenschaftlicher Berater steht dem neugegründeten Lehrstuhl — neben der Bewahrung seiner Budapester Professur — Antal Mádl zur Verfügung. Dies berichtet das 9. Jahrbuch der ungarischen Germanistik 1992, das mit der Unterstützung des Deutschen Akademischen Austauschdienstes seit 1993 erscheint — zur Zeit unter der Mitherausgeberschaft von Hans-Werner Gottschalk, dem DAAD-Lektor in Szeged. Eine andere Technische Universität, die in Miskolc, die bereits in den siebziger und achtziger Jahren um eine ökonomische und eine juristische Fakultät erweitert wurde, konnte unlängst durch ein Philologisches Institut verstärkt werden. Man hat vor, dieses Institut zu einer vollwertigen Fakultät auszubauen. Eine bedeutende Phase in der Realisierung dieses Vorhabens war die Errichtung eines Lehrstuhls für deutsche Literatur und eines Lehrstuhls für deutsche Sprache im Jahre 1992. Ihre Hauptaufgabe ist die Ausbildung von Sprachlehrern für Deutsch. Die gegenwärtige Ausbildung in einer einzigen Fachrichtung dauert sechs Semester und soll mit der Zeit auf zehn Semester erweitert werden. Auch die Pädagogischen Hochschulen in Eger, Nyiregyháza, Pécs, Szeged, Szekesfehérvár, Szombathely bilden Deutschlehrer für die Primärstufe und für die Nationalitäten-Grundschulen aus. Wo wurden und wo werden die Dozenten für diese Schulen ausgebildet? Der Engpaß liegt eindeutig in diesem Bereich. Daher ist besonders für die Modernen Philologien und speziell für die Germanistik das neue Programm des Ministeriums für Kultur und Bildungswesen höchst willkommen, das den begabtesten Studenten ermöglicht, in einer dreijährigen postgradualen Ausbildung sich wissenschaftlich zu qualifizieren. Dieses Programm hat eine gewisse Ähnlichkeit mit dem der Graduiertenkollegs in Deutschland. Eine Landesakkreditationskommission bewertet zunächst die einzelnen Programme. Promovieren kann man in nächster Zeit nur an einer Universität, wo ein entsprechendes Programm von der Kommission zugelassen ist. Zur Zeit ist eine Promotion in Germanistik (Literaturwissenschaft oder Sprachwissenschaft) in Budapest und Szeged möglich. 1993 haben in Szeged vier Doktoranden ihr Studium aufgenommen, und jedes Jahr werden neue Stellen ausgeschrieben. Dieses Programm vereinigt wieder Lehre und Forschung — ein Nachwuchs mit solider Ausbildung und Kreativität in der Forschung scheint gesichert zu sein. Damit wird auch der Unterschied zwischen Zentrum und Peripherie immer weniger geographisch definierbar. Der letzte Schritt in diesem Zusammenhang war die Gründung einer »Gesellschaft für ungarische Germanisten« auf Szegeder Initiative, um für die Lösung der riesigen Aufgaben die besten Kräfte landesweit zusammenzufassen. Es muß aufwärts gehen.
Ungarn
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Lehrstuhlinhaber der ungarischen Germanistik (Universitäten) Budapest:
(siehe Mádl in diesem Band)
Kolozsvár (Klausenburg), Gründung: 1872 Hugo Meltzl 1 8 7 2 - 1 9 0 8 , Jakob Bleyer 1 9 0 8 - 1 9 1 1 , Henrik Schmidt 1 9 1 1 - 1 9 2 0 , von 1918/1920 bis 1940: Rumänien, Cluj (Klausenburg), von 1 9 4 0 - 1 9 4 4 : Ungarn, Kolozsvár (Klausenburg), 1 9 3 9 - 1 9 4 4 : Karl Kurt Klein. Ab 1944 Rumänien (vgl. S. 182 in diesem Buch). Debrecen, Gründung: 1912 Henrik Schmidt 1 9 1 2 - 1 9 1 3 , Richard Huss 1 9 1 4 - 1 9 4 0 , Béla Pukánszky 1 9 4 1 - 1 9 5 0 , Unterbrechung, László Országh 1 9 5 7 - 1 9 6 5 (Institut für Germanische Sprachen und Literaturen), Lajos Némedi 1965 — 1982 (Lehrstuhl für deutsche Sprache und Literatur), Sándor Gárdonyi 1 9 8 2 - 1 9 9 0 , Tamás Lichtmann 1 9 9 0 - 1 9 9 3 , Tamás Lichtmann seit 1994 (Literaturwissenschaft und Institutsvorstand), András Kertész seit 1994 (Sprachwissenschaft). Szeged, ab 1921 Henrik Schmidt 1 9 2 1 - 1 9 4 6 , Jenö Koltay-Kastner 1 9 4 6 - 1 9 4 8 , Elöd Halálsz 1 9 4 8 - 1 9 4 9 , Unterbrechung, Elöd Halálsz 1 9 5 6 - 1 9 8 3 , Miklós Salyámosy 1 9 8 4 - 1 9 8 7 , Károly Csúri 1 9 8 7 - 1 9 9 1 , Péter Bassola 1 9 9 1 - 1 9 9 3 , Péter Bassola seit 1993 (Sprachwissenschaft) Árpád Bernáth seit 1993 (Literaturwissenschaftler), Károly Csúri seit 1993 (Österreichische Literatur und Kultur). Pécs (Übersiedlung von Pozsony; deutsch Preßburg, slowakisch Bratislava), dort gegründet 1912, ab 1923 Tivadar Thienemann 1923 — 1940, Unterbrechung, János Szabó 1 9 9 0 - 1991, Zoltán Szendi 1 9 9 0 - 1 9 9 3 , Zoltán Szendi seit 1994 (Literaturwissenschaft), Katalin Wild seit 1994 (Sprachwissenschaft).
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Germanistische Institutionen in den jeweiligen Ländern Albanien Universiteti i Tiranes Fakulteti i Gjuhere te Huaja Deutsche Botschaft Rruga Skanderbeg Nr. 8 Tirana Albanien
Bosnien-Herzegowina Odsjek za Germanistiku Filozofski fakultet Univerziteta u Sarajevu Rackog 1 71000 Sarajevo Bosna i Hercegovina
Bulgarien Lehrstuhl für Germanistik (1923) St.-KIiment-Ochridski-Universität Sofia Zar-Osvoboditelstr. 15 1000 Sofia Lehrstuhl für Germanistik St.-Kyrill und Methodius Universität Weliko Târnovo Teodosi-Târnovskistr. 2 5000 Weliko Târnovo Institut für neue Philologien Sektion für Germanistik (1992) Universität Schumen Alexi-Welitschkovstr. 66 9700 Schumen
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Institut für angewandte Linguistik Sektion für deutsche Sprache Neue Bulgarische Universität Wasil-Lewskistr. 60 1000 Sofia Lehrstuhl für Fremdsprachen Sektion für Germanistik Paisi-Hilendarski-Universität Plovdiv Zar-Assenstr. 2 4 4 0 0 0 Plovdiv
Estland Universität Tartu Ülikoolistraße 18 E E 2400 Tartu Pädagogische Universität Tallinn Narvachausée 25 E E - 0 0 1 0 Tallinn
Kroatien Abteilung für Germanistik Philosophische Fakultät Universität Zagreb Ulica Dure Salaja 3 4 1 0 0 0 Zagreb Kroatien Filozofski fakultet Zadar Obala 1 Kroatien Pedagoski fakultet 5 4 0 0 0 Osijek Jägerova 9 Kroatien
Lettland Väcu filologijas katedra (Lehrstuhl für deutsche Philologie)
G e r m a n i s t i s c h e Institutionen
Väcu valodas katedra (Lehrstuhl für deutsche Sprache) Ärzemju literatüras katedra (Lehrstuhl für ausländische Literatur) Svesvalodu fakultäte (Fremdsprachenfakultät) Latvijas Universitäte (Lettische Universität) Visvalza iela 4a LV—1050 Riga Goethe-Institut Riga Torpu iela 1 LV—1050 Riga
Litauen Lehrstuhl für deutsche Philologie Universität Vilnius Universiteto 3 2734 Vilnius Litauen Lehrstuhl für deutsche Philologie und Methodik Pädagogische Universität Vilnius Studentu 41 2054 Vilnius Litauen
Polen Instytut Filologii Germanskiej Uniwersytet Jagiellonski, Krakow (Institut für germanische Philologie Jagiellonen-Universität-Krakau) 1. Zaklad jçzykoznawstwa germanskiego (Abteilung für germanische Sprachwissenschaft) 2. Zaklad wspólczesnego jçzyka niemieckiego (Abteilung für deutsche Gegenwartssprache) 3. Zaklad literatury niemieckiej (Abteilung für deutsche Literatur)
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4. Z a k l a d filologii szwedzkiej (Abteilung f ü r schwedische Philologie) Al. Mickiewicza 9/11 3 1 - 1 2 0 Krakow Instytut Filologii Germanskiej Uniwersytet im A d a m a Mickiewicza, Poznan (Institut f ü r germanische Philologie Adam-Mickiewicz-Universität-Posen) 1. Z a k l a d historii literatury niemieckiej (Abteilung für deutsche Literaturgeschichte) 2. Z a k l a d literatury i kultury austriackiej (Abteilung f ü r österreichische Literatur und Kultur) 3. Z a k l a d jçzyka niemieckiego (Abteilung f ü r deutsche Sprache) 4. Z a k l a d gramatyki opisowej jçzyka niemieckiego (Abteilung f ü r beschreibende G r a m m a t i k der deutschen Sprache) 5. Z a k l a d kultury k r a j ó w niemieckiego obszaru jçzykowego (Abteilung für Kulturkunde des deutschen Sprachraums) 6. Z a k l e d metodyki nauczania jçzka niemieckiego (Abteilung für Methodik des Deutschunterrichts) Al. Niepodleglosci 4 Coll. N o v u m 6 1 - 8 7 4 Poznan Instytut Filologii Germanskiej Uniwersytet Warszawski (Institut für germanische Philologie Universität "Warschau) 1. Z a k l e d jçzykoznawstwa ogólnego (Abteilung für allgemeine Sprachwissenschaft) 2. Z a k l a d literatury niemieckiego obszaru jçzykowego (Abteilung für Literatur des deutschen Sprachraums) 3. Z a k l a d metodyki nauczania jçzyka niemieckiego (Abteilung f ü r M e t h o d i k des Deutschunterrichts) 4. Z a k l a d k u l t u r y niemieckiego obszaru jçzykowego (Abteilung f ü r Kulturkunde des deutschen Sprachraums) 5. Z a k l a d nauki jçzyka niemieckiego (Abteilung f ü r Deutschunterricht) ul. Browarna 8/10 0 0 - 3 1 1 Warszawa Instytut Filologii Germanskiej Uniwersytet Wroclawski (Institut f ü r germanische Philologie Universität Breslau)
G e r m a n i s t i s c h e Institutionen
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1. Z a k l a d jçzyka niemieckiego (Abteilung f ü r deutsche Sprache) 2. Z a k l a d lingwistyki stosowanej (Abteilung f ü r angewandte Linguistik) 3. Z a k l a d literatury niemieckiej d o 1848 (Abteilung f ü r deutsche Literatur bis 1848) 4. Zakled literatury i kultury wspólczesnej Niemiec, austrii i Szwajcarii (Abteilung f ü r gegenwärtige Literatur und Kultur Deutschlands, Österreichs und der Schweiz) 5. Z a k l a d literatury niemiec, Austrii i Szwajcarii XIX i X X w. (Abteilung f ü r deutsche, österreichische und schweizerische Literatur des 19. und 20. Jahrhunderts) 6. Z a k l a g wiedzy o krajach niemiecko-jçzycznych (Abteilung f ü r Landeskunde des deutschen Sprachraums) 7. Pracownia badan nad literatura i kultura okrescu b a r o k u (Arbeitsstelle für die Erforschung der Literatur und Kultur der Barockzeit 8. Pracownia skandynawistyki (Arbeitsstelle für Skandinavistik) PI. Nankiera 15 5 0 - 1 4 0 Wroclaw Instytut Filologii Germanskiej Uniwersytet Sl^ski, Sosnowiec (Institut für germanische Philologie Schlesische Universität Sosnowitz) 1. Z a k l a d historii literatury niemieckiej (Abteilung f ü r deutsche Literaturgeschichte) 2. Z a k t a d historii literatury i komparatystyki literackiej (Abteilung f ü r Literaturgeschichte und Komparatistik) 3. Z a k l a d jçzyka niemieckiego (Abteilung f ü r deutsche Sprache) 4. Z a k l a d dydaktyki jçzyka niemieckiego (Abteilung f ü r Deutschunterricht) ul. Pulaskiego 6 41—205 Sosnowiec Instytut Filologii Germañskiej Uniwersytet Szczecmski (Institut f ü r germanische Philologie Universität Stettin) ul. Rycerska 3 70—573 Szczecin
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Katedra Filologii Germanskiej Uniwersytet Mikolaja Kopernika, Torun (Lehrstuhl für germanische Philologie Nikolaus-Copernikus-Universität Torn) Fosa Staromiejska 3 6 7 - 1 0 0 Torun Katedra Literatury Niemieckiej Uniwersytet Lódzki (Lehrstuhl für deutsche Literatur Universität Lòdi) Katedra Jgzykoznawstwa Niemieckiego Uniwersytet Lódzki (Lehrstuhl für deutsche Sprachwissenschaft Universität Lodz) (Es handelt sich hierbei um zwei getrennte, selbständige Lehrstühle an der gleichen Universität.) ul. Sienkiewicza 21 9 0 - 1 1 4 Lodz Katedra Filologii Germanskiej Katolicki Uniwersytet Lubelski (Lehrstuhl für germanische Philologie Katholische Universität Lublin) Al. Raclawickie 14 2 0 - 9 5 0 Lublin Zaklad Filologii Germanskiej Uniwersytet im. Marii Curie-Sklodowskiej Lublin (Abteilung für germanische Philologie Maria-Curie-Sklodowska-Universität Lublin) Pl. Marij Curie-Sklodowskiej 4 2 0 - 0 3 1 Lublin Katedra Filologii Germanskiej Uniwersytet Gdanski (Lehrstuhl für germanische Philologie Universität Danzig) 1. Zaklad literatury niemieckiej (Abteilung für deutsche Literatur) 2. Zaklad jçzykôw germañskich (Abteilung für germanische Sprachen) 3. Zaklad historii i kultury Niemiec (Abteilung für deutsche Geschichte und Kultur) ul. Wita Stwosza 55 8 0 - 9 5 2 Gdansk
G e r m a n i s t i s c h e Institutionen
Instytut Filologii Germanskiej Wyzsza Szkola Pedagogiczna, Opole (Institut für germanische Philologie Pädagogische Hochschule Oppeln) ul. Oleska 48 4 5 - 0 5 2 Opole Instytut Filologii Germañskiej Wyzsza Szkola Pedagogiczna, Zielona Gòra (Institut für germanische Philologie Pädagogische Hochschule Zielona Gòra) Al. Wojska Polskiego 69 65—077 Zielona Gòra Katedra Filologii Germanskiej Wyzsza Szkola Pedagogiczna, Rzeszów (Lehrstuhl für germanische Philologie Pädagogische Hochschule Rzeszów) ul. Rejtana 16 Β 35 — 310 Rzeszów Zaklad Filologii Germañskiej Wyzsza Szkola Pedagogiczna, Bydgoszcz (Abteilung für germanische Philologie Pädagogische Hochschule Bromberg) ul. Grobowa 2 8 5 - 0 6 4 Bydgoszcz Zaklad Filologii Germanskiej Wyzsza Szkola Pedagogiczna, Czçstochowa (Abteilung für germanische Philologie Pädagogische Hochschule Tschenstochau) ul. Waszyngtona 4/8 42—201 Czçstochowa Rumänien Lehrstuhl für Germanistik Universität Bukarest Str. Pitar Mog 7 - 1 3 70151 Bukarest Tel.: 40/1/6111817; 6111819. Fax: 6131760 Lehrstuhlleiterin: Prof. Dr. Doina Sandu
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Lehrstuhl für Germanistik Universität Hermannstadt Calea Dumbravii 34 2440 Sibiu Tel.: 40/92/423670. Fax: 6131760 Lehrstuhlleiter: Prof. Dr. Gerhard Konnerth Lehrstuhl für Germanistik Alexandru loan Cuza-Universität Jassy Bulevardul Copou 11 6600 Iagi Tel.: 40/32/144760. Fax: 146330 Lehrstuhlleiter: Prof. Dr. Andrei Corbea-Hoigie Lehrstuhl für Germanistik Babeg-Bolyai-Universität Klausenburg Str. Mihail Kogälniceanu 1 3400 Cluj-Napoca Tel.: 40/95/116101. Fax: 111905 Lehrstuhlleiter: Prof. Dr. Petru Forna Lehrstuhl für Germanistik Universität Temesvar Str. Vasile Pârvan 4 1900 Timigoara Tel.: 40/56/112805; 112806. Fax: 116722 Lehrstuhlinhaberin: Dr. Angelica Ionag
Rußland Aus einem Brief Alexander Michailows vom 16. Mai 1994: »[...] Was aber den Stand der germanistischen Institutionen in Russland anbetrifft, so bitte ich Sie und alle Kolleg/innen, die für das Erscheinen des Sammelbandes zuständig sind, damit zu rechnen, daß der Band ohne Zusammenstellung solcher erscheinen soll, weil ja mein Aufsatz eben nachweist, daß aus bestimmten Gründen die literaturwissenschaftliche Germanistik in Rußland nicht die Möglichkeit hatte, sich zu institutionalisieren und folglich keine entsprechende Institutionen vorfindlich sind (im Unterschied zu den sprachwissenschaftlichen Lehrstühlen usw.). Wie ich jetzt klar einsehe, sollte die diesbezügliche »Volkszählung« zunächst im Lande selbst vorgenommen werden, wobei sich herausstellt, daß so und so viele Personen wirklich, als Literaturwissenschaftler, Germanisten sind oder solche zu sein vermeinen, aber während ein König Hero-
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des dieses Land längst und mehrmals heimgesucht hatte, mutato nomine, die Zahl der Philologen stark und in mehreren Schiiben dezimiert hatte, so war er noch nicht auf den Gedanken gekommen, die übrigbleibenden Germanisten, denen eigene Institutionen zu haben versagt war, Kopf für Kopf zu zählen. Der Mohr habe nun das Seinige getan, muß der besagte Herodes sich gesagt haben... Ich bin unglücklich, daß ich dem mehrmaligen Auffordern nicht Folge leisten kann und wir zusammen die ganze Sache vorläufig auf sich beruhen lassen müssen.«
Serbien Filoloski fakultet 11000 Beograd Studentski trg. 3 Serbien Filozofski fakultet 21000 Novi Sad Stevana Musica bb. Serbien
Slowakei Katedra germanistiky a nordistiky Filozofická fakulta Univerzita Komenského Bratislava (Lehrstuhl für Germanistik und Nordistik Philosophische Fakultät Komensky-Universität Preßburg) Gondova 2 SK —818 01 Bratislava Katedra germanistiky Filozofická fakulta Univerzita P. J. Safárika (Lehrstuhl für Germanistik Philosophische Fakultät P. J. Safárik-Universitat Eperies) ul. 17. novembra 1 SK —081 78 Presov
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Katedra modernych jazykov Oddelenie nemeckého jazyka Pedagogická fakulta Univerzita Komenského Bratislava (Lehrstuhl für moderne Sprachen Abteilung für deutsche Sprache Pädagogische Fakultät Komensky-Universität Preßburg) Moskovská 3 SK —813 3 4 Bratislava Katedra germanistiky Fakulta humanitnych vied Vysoká skola pedagogická Nitra (Lehrstuhl für Germanistik Geisteswissenschaftliche Fakultät Pädagogische Hochschule Neutra) Trieda A. Hlinku 1 SK —949 7 4 Nitra Katedra germanistiky a romanistiky Fakulta humanitnych a prirodnych vied Univerzita Mateja Béla (Lehrstuhl für Germanistik und Romanistik Geistes- und naturwissenschaftliche Fakultät Matej-Bél-Universitât Neusohl) Komenského 20 SK —974 0 0 Banská Bystrica Katedra jazykov Oddelenie nemeckého jazyka Pedagogická fakulta Univerzita P. J . Safárika (Lehrstuhl für Fremdsprachen Abteilung für deutsche Sprache Pädagogische Fakultät P. J . Safärik-Universität Eperies) ul. 17. novembra 1 S K - 0 8 1 78 Presov Slowenien Filozofska fakulteta Askerceva 12 61000 Ljubjana Slowenien
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Pedagoska fakulteta 62000 Maribor Koroska cesta 160 Slowenien
Tschechien Filosofická fakulta University Karlovy katedra germanistiky nám. Jana Palacha 2 CZ-11638 Praha 1 Filosofická fakulta University Palackého katedra germanistiky Krízkovského 10 CZ-77180 Olomouc Filosofická fakulta Masarykovy University katedra germanistiky Arne Nováka 1 CZ-66088 Brno Universita Jana Evangelisty Purkynë katedra germanistiky Ceské mládeze 8 CZ-40096 Ústí nad Labern Jihoceská università katedra germanistiky Jernoymova 10 CZ-37115 Ceské Budëjovice Slezská università katedra germanistiky Bezrucovo nám. 13 CZ-74601 Opava Západoceská università katedra germanistiky Veleslavinova 42 CZ-30619 Plzeñ Es formieren sich noch Abteilungen für Germanistik an zwei Hochschulen, die in neue Universitäten umgewandelt werden sollen, in die Ostböhmische Universität in Hradec Králové (Königgrätz) und in die Ostrauer Universität in Ostrava (Mährisch Ostrau).
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Ungarn Germanisztikai Intézet Eötvös Loránd Tudomány egyetem, Budapest (Germanistisches Institut Eötvös Loránd-Universitat Budapest) 1. Német Nyelvészeti Tanszék (Bereich für deutsche Sprachwissenschaft) 2. Német nyelvü Irodalmak Tanszéke (Bereich für deutschsprachige Literaturen) 3. Német Nyelvdidaktikai Központ (Bereich für deutsche Sprachdidaktik) 4. Német Nyelvoktatási Központ (Bereich für Sprachunterricht) 5. Skandinavisztikai Tanszék (Bereich für Skandinavistik) 6. Niederlandisztikai Központ (Bereich für Niederlandistik) Ajtósi Dürer sor 19 — 21 H - 1 1 4 6 Budapest Tel.: (361) 2 5 1 - 0 1 - 5 5 ; (361) 1 5 3 - 4 7 - 2 2 . Fax: (361) 1 4 2 - 2 3 - 1 1 Germanisztikai Intézet Kossuth Lajos Tudományegyetem (Germanistisches Institut Kossuth Lajos Universität) Egyetem tér 1 Pf. 47 H - 4 0 1 0 Debrecen Tel.: (36-52) 3 1 6 - 6 6 6 Kl. 2347. Fax: (36-52) 1 2 - 3 3 6 Német Nyelvi és Iroda'mi Transzék József Attila Tudományegyetem (Lehrstuhl für deutsche Sprache und Literatur József Attila-Universität) Egyetem u. 2 H - 6 7 2 2 Szeged Tel.: (06-62) 2 1 - 1 1 1 . Fax: (06-62) 2 1 - 8 4 3 Német Nyelv és Irodalom Tanszék Janus Pannonius Tudományegyetem (Deutscher Lehrstuhl Janus Pannonius-Universität) Ifjuság utja 6 H - 7 6 0 4 Pécs
Germanistische Institutionen
Német Nyelv és Irodalom Tanszék Veszprémi Egyetem (Lehrstuhl für deutsche Sprache und Literatur Universität Veszprém) Füredi u. 2 H—8201 Veszprém Tel.: ( 3 6 - 8 8 ) 3 2 5 - 2 3 0 . Fax: (36-88) 3 2 6 - 0 1 6 Német Zanszék Berzsenyi Dániel Tanárképzó Fóiskola (Lehrstuhl für deutsche Sprache und Literatur Pädagogische Hochschule Berzsenyi Dániel) Károlyi Gáspár tér 4 H - 9 7 0 0 Szombathely Német Tanszék Eszterházy Károly Tanárképzó Fóiskola (Lehrstuhl für deutsche Sprache und Literatur Pädagogische Hochschule Eszterházy Károly) Eszterházy tér 1 H—3300 Eger Német Nyelv és Irodalom Tanszék Bessenyei György Tanárképzó Fóiskola (Lehrstuhl für deutsche Sprache und Literatur Pädagogische Hochschule Bessenyei György) Sóstói u. 31/b Pf. 166 H-4401 Nyiregyháza Tel.: (42) 4 1 - 2 2 2 . Fax: (42) 4 1 - 2 0 2 Német Nyelv és Irodalom Tanszék Juhász Gyula Tanárképzó Fóiskola (Lehrstuhl für deutsche Sprache und Literatur Pädagogische Hochschule Juhász Gyula) Hattyas sor 10. Pf. 396 H—6701 Szeged Német Nyelv és Irodalom Tanszék Kodolányi János Idegennyelvü Fóiskola (Lehrstuhl für deutsche Sprache und Literatur Hochschule für Fremdsprachen Kodolányi János) Mátyás király krt. 59 H - 8 0 0 0 Székesfehérvár
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Anhang
Pázmány Péter Katolikus Egyetem (Katholische Hochschule Pázmány Péter) Ménesi ut 27 H - 1 1 1 8 Budapest Német Nyelvi tanszék (Lehrstuhl für deutsche Sprache) Német Irodalmi Tanszék (Lehrstuhl für deutsche Literatur) Universität Miskolc Egyetemváros H - 3 5 1 5 Miskolc
Über die Autoren Penka Angelova, geboren 1949, Dozentin für Neuere deutsche Literaturwissenschaft an der Universität Weliko Târnovo, Bulgarien. Studium der Germanistik und Russistik. Promotion über Hermann Hesse, Habilitation über Franz Kafka. Forschungsschwerpunkte: Erzähltheorie, deutschsprachige Literatur des 20. Jahrhunderts (insbesondere Canetti, Broch, Musil), Frauenforschung, Literaturdidaktik (DaF). Peter Bachmaier, geboren 1940, Leiter der Abteilung für Bildungs-, Wissenschafts- und Kulturpolitik am Österreichischen Ost- und Südosteuropa-Institut in Klosterneuburg (Österreich). Lehrbeauftragter für Politikwissenschaft an der Universität Wien. Forschungsschwerpunkte: Rußland und der Balkan. Tomislav Bekic, geboren 1935, ordentlicher Professor für Deutsche Literatur und Literaturwissenschaft an der Universität Novi Sad und Leiter der Abteilung für Germanistik. Studium der Germanistik in Novi Sad, Hamburg und Wien. Forschungsschwerpunkte: Deutsche Literatur vom 18. Jahrhundert bis in die Gegenwart (besonders der deutsche Roman des 20. Jahrhunderts), jugoslawisch-deutsche literarische Beziehungen, Geschichte der Germanistik im serbokroatischen Sprachbereich, Übersetzung von rund 20 Büchern aus dem Deutschen. Arpad Bernáth, geboren 1941, Lehrstuhlinhaber für Deutsche Literaturwissenschaft an der Universität Szeged (Ungarn). Studium der Germanistik und der ungarischen Literatur und Sprache. Forschungsschwerpunkte: Goethezeit, österreichische Literatur des 20. Jahrhunderts (besonders Broch), Literatur nach 1945 (besonders Boll und Nádas), Theorie der literarischen Texterklärung. Valdis Bisenieks, geboren 1928, Studium der Germanistik und bis 1990 Dozent für deutsche Philologie an der Lettischen Universität. Forschungsschwerpunkte: allgemeine Sprachwissenschaft, Phonetik, Syntax, Übersetzungstheorie, Lexikographie. Andrzej Z. Bzdçga, geboren 1927, Professor für germanistische Linguistik an der Adam-Mickiewicz-Universität Posen (Polen). Studium der Germanistik und Anglistik. Forschungsschwerpunkte: Syntax und Wortbildung des Deutschen, kontrastive Linguistik, Phonologie.
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Über die Autoren
Andrei Corbea-Hoisie, geboren 1951, Professor für Germanistik an der Alexandru loan Cuza-Universität Jassy (Rumänien). Studium der Germanistik, Rumänistik und Geschichte, längere Forschungsaufenthalte in Konstanz als Stipendiat der Alexander von Humboldt-Stiftung, Fellowship des Internationalen Forschungszentrums Kulturwissenschaften Wien, Gastprofessur an der Universität Paris VIII. Forschungsschwerpunkte: Literaturtheorie (Rezeptionsästhetik), deutsche Exilliteratur, deutsch-rumänische Kulturinterferenzen, Kulturgeschichte der Bukowina. Rostislaw ]u. Danilewskij, geboren 1933, wissenschaftlicher Oberassistent am Institut für russische Literatur (Puskin-Haus) der Akademie der Wissenschaften Rußlands zu Sankt Petersburg, Sektor Interliterarische Verbindungen. Studium der Germanistik an der Staatsuniversität Leningrad und D o k t o r a n t u r im Fach Komparatistik bei der Akademie der Wissenschaften. Veröffentlichungen zur Geschichte der Wechselbeziehungen der russischen Literatur und des deutschen Kulturbereichs vom 18. bis 20. Jahrhundert. Ali Dhrimo, geboren 1939, Studium der albanischen Sprache und Literatur, von 1963 — 1992 wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Akademie der Wissenschaften (Tirana), Dekan und Leiter der Fremdsprachenfakultät der Universität Tirana, Herausgeber einer sprachwissenschaftlichen Zeitung, Mitherausgeber der albanischen Grammatik und Verfasser des größten deutsch-albanischen Wörterbuchs (82 000 Stichwörter). Miloje Djordjevic, geboren 1938, Professor für Germanistische Linguistik an der Abteilung für Germanistik der Universität Sarajevo. Studium der Germanistik und Slawistik in Sarajevo, Belgrad und Berlin. Forschungsschwerpunkte: deutsche Sprachgeschichte, historische G r a m m a tik, kontrastive Linguistik. Michael Heidbreder, geboren 1941, Fachbereichsleiter Deutsch in Berlin, H o n o r a r p r o f e s s o r an der Pädagogischen Universität Vilnius. 1991 bis 1993 DAAD-Gastdozentur an der Pädagogischen Universität und der Universität Vilnius. Studium (Germanistik, Geschichte, Philosophie) in Tübingen, Berlin und München. Arbeitet zur Zeit über die Geschichte der Germanistik in Litauen zwischen den Weltkriegen. Anton Janko, geboren 1939, Professor für Deutsche Literatur an der Philosophischen Fakultät Ljubljana (Slowenien). Studium in den Fächern Germanistik und Anglistik (im Postdiplomstudium zusätzlich Geschichte) an den Universitäten Waterloo und Toronto (Kanada). Forschungsschwerpunkte: höfische Epik, Minnesang, DDR-Literatur, deutsch-slowenische Kulturbeziehungen.
Über die Autoren
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Stefan H. Kaszyñski, geboren 1941, ordentlicher Professor für Neuere deutsche Literaturwissenschaft an der Adam-Mickiewicz-Universität in Posen (Polen). Studium der Germanistik in Posen und Wien. Gründer und Inhaber des Lehrstuhls für österreichische Literatur und Kultur. Forschungsschwerpunkte: deutsche und österreichische Literatur im 19. und 20. Jahrhundert. Herausgeber von Anthologien, Literaturkritiker, Herderpreisträger 1992. Christoph König, geboren 1956, ist Leiter der Arbeitsstelle für die Erforschung der Geschichte der Germanistik im Deutschen Literaturarchiv (Marbach am Neckar). Studium der Philosophie, Germanistik, Amerikanistik und Psychologie in Innsbruck. Veröffentlichungen über Literaturästhetik, Regionalismus, wissenschaftliche Erschließung von Nachlässen, Geschichte der Literaturwissenschaft, besonders in ihrem Verhältnis zur Literatur ihrer Zeit. Dagmar Kostälovä, schen Literatur am phischen Fakultät Germanistik und Deutsche Literatur
geboren 1950, Dozentin für Geschichte der deutLehrstuhl für Germanistik und Nordistik der Philosoder Comenius-Universität Bratislava. Studium der Anglistik in Bratislava. Forschungsschwerpunkte: des 20. Jahrhunderts, Frauenliteratur.
Antal Mádl, geboren 1929, Professor für Neuere deutsche Literatur an der Universität Budapest, wo er über 25 Jahre die Germanistik leitete. Gegenwärtig ist er neben seiner Professur in Budapest beauftragt mit dem Aufbau einer Germanistik an der neugegründeten Philosophischen Fakultät der Universität Veszprém. Studium der Germanistik und im Nebenfach Hungarologie. Forschungsschwerpunkte: 19. und in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, besonders Heine, Lenau und die österreichische Literatur, die Brüder Mann, die antifaschistische Exilliteratur, sowie deutsch-ungarische und österreichisch-ungarische Literaturbeziehungen. Ina Meiksinaitè, geboren 1921, Dozentin für deutsche Philologie (emeritiert) an der Universität Vilnius. Studium der Germanistik in Kaunas, Vilnius und Nishnij Nowgorod. Promotion bei Viktor Zirmunskij. Forschungsschwerpunkt: Historische Grammatik. Alexander Michailow, geboren 1938, Leiter der Abteilung Theorie im Institut für Weltliteratur in Moskau, Professor am Moskauer Konservatorium (Hermeneutik, Kulturtheorie). Studien zur Literaturgeschichte des 17. bis 19. Jahrhunderts (Schwerpunkte: deutscher Barockroman, Goethezeit, A. Stifter); Übersetzungen deutschsprachiger philosophischästhetischer Texte von Herder über Hegel und Schelling bis Heidegger. Nina Pawlowa, geboren 1932, Professorin für deutsche Philologie an der russischen staatlichen humanitären Universität Moskau. Studium der
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Über die A u t o r e n
Germanistik an der Lomonosow-Universiät in Moskau. Veröffentlichungen zu Hesse, Döblin, Heinrich und T h o m a s M a n n , H a n s Henny J a h n n , Expressionismus, Literatur der Schweiz. Pavel Petkov, geboren 1936, Studium der Germanistik an der Universität in Sofia, Promotion 1962, Habilitation 1970, seit 1972 Inhaber des Lehrstuhls für deutsche Philologie an der Universität Sofia, seit 1973 stellvertretender Chefredakteur der Universitätszeitschrift Konfrontative Linguistik. Forschungsschwerpunkte: Grammatik und Lexikologie der deutschen Gegenwartssprache, Konfrontative Linguistik, Sprachphilosophie, Bulgaristik. Gert Röbel, geboren 1927, Mitarbeiter am Osteuropa-Institut München, a.o. Professor. Forschungen zur Geschichte Ost- und Südosteuropas, insbesondere zur Geschichte der Kulturbeziehungen in Mittel- und Osteuropa des 18. und beginnenden 19. Jahrhunderts sowie zur Zeitgeschichte Osteuropas. Rainer Rosenberg, geboren 1936, Professor am Forschungsschwerpunkt Literaturwissenschaft der Fördergesellschaft Wissenschaftliche Neuvorhaben in Berlin. Studium der Germanistik in Jena. Veröffentlichung zur deutschen Literatur des 19. Jahrhunderts, zur Geschichte der literaturwissenschaftlichen Germanistik und zur Literaturtheorie. Karol Sauerland, Professor für deutsche Literaturwissenschaft und Ästhetik an den Universitäten in Warschau und T h o r n , Vorsitzender der Philosophischen Gesellschaft in Warschau. Studium der Philosophie, Mathematik und Germanistik in Berlin und Warschau. Veröffentlichungen insbesondere über Diltheys Erlebnisbegriff, die Ästhetik Adornos, zur Geschichte der deutschen Ästhetik und über die deutsche Philosophie und Literatur des 20. Jahrhunderts. Rita Tasa, geboren 1930 in Viljandi (Estland). Studium der Germanistik und Anglistik an der Universität Tartu. Magisterarbeit 1957; Doktordissertation 1963. Dozentin für deutschsprachige Literatur 1957—1972 an der Universität Tartu und 1973 — 1985 an der Pädagogischen Hochschule Tallinn. Z u r Zeit Privatdozentin und Übersetzerin deutschsprachiger Literatur. Milan Tvrdik, geboren 1953, Lehrbeauftragter für Neuere deutsche und österreichische Literatur an der Universität Prag. Studium der Germanistik und Bohemistik. Forschungsschwerpunkte: Barock, Biedermeier, Realismus, Wiener Moderne, böhmischdeutsche Literatur, Literatur nach 1945, tschechisch-deutsche und österreichische kulturelle und literarische Beziehungen, Geschichte der Germanistik.
Über die Autoren
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Mihály Vajda, geboren 1935, Professor für Philosophie an der Kossuth Lajos Universität, Debrecen (Ungarn). Studium der Philosophie und Germanistik an der Eötvös Loränd-Universität, Budapest (Ungarn). Forschungsschwerpunkte: Phänomenologie, Heidegger, Totalitarismus und totalitäre Regime. Viktor Zmegac, geboren 1929, Professor für Deutsche Literatur an der Universität Zagreb (Kroatien). Studium der Germanistik in Zagreb und Göttingen. Forschungsschwerpunkte: Poetik des Romans, Theorie der Literaturgeschichtsschreibung, Literatur der Jahrhundertwende (um 1900), besonders die Literatur der Wiener Moderne.
Namenverzeichnis Achmatova, Anna Adamus, Marian 163 Adelung, Johann Christoph 63 Adenauer, Konrad 18 Adler, Emil 145 Admoni, Vladimir 125, 133, 206, 210, 219 Adorno, Theodor W. 78 Aichinger, Ilse 245 Ailes, C. P. 35 Akuljanc, Sanducht 206 Albrecht, Günter 192 Alekseev, Michail 212 Alexander II., Zar von Rußland 101 Alexandrov, Aleksandr 110 Alge, Sines 131 Alminauskis, Kazys 130, 132 Althusser, Louis 33, 44 Amelung, Arthur Heinrich Julius 104, 110 Anders, Henryk 140 f., 162 Andersen-Nex0, Martin 218 Andreeva, Nadezda 83 f., 88 Andres, Stefan 245 Andropov, Jurij 25 Angelova, Penka 88, 9 2 - 9 8 , 301 Anikst, Aleksandr 210 Anissimov, Ivan 218 Anweiler, Oskar 31 Apitz, Bruno 66 Apt, Salomon 221 Arany, János 264 Armbruster, Adolf 175 Armin, Bettina von 210 Arnaudov, Michail 84 Arnim, Achim von 209 Arnold, Heinz Ludwig 142 Arvinte, Vasile 175, 181 Aseev, Nikolaj 216 Astner, Michael 175 Auerbach, Erich 194 Augstein, Rudolf 58 Augustaitis, Pranas 129 Ausländer, Rose 175 Averencev, Sergej 200, 220
Avis, George 38 Awedyk, Slawa 163, 166 Azadovskij, Konstantin 211 Azadovskij, Mark 216 Babinger, Franz 63 Bachmaier, Peter 2, 3 0 - 4 0 , 301 Bachmann, Ingeborg 146, 245 Bacvanski, Marija 78 f. Bahr, Egon 276 Bahr, Hermann 214 Baiscinskij, Konstantin 85 Bajarüniené, Jadvyga 134 f. Balaisis, Vytautas 133 f. Balkány, Magda 280 Barjakterevic, E 223 Barleti, M. (Barletius, Marinus) 63 Baske, Siegfried 31, 36 Bass, Robert 15 Bassola, Péter 280, 283 Batarunienè, Genovaite 133 Becher, Johannes R. 211, 215 f., 219 Bekic, Tomislav 222 - 230, 301 Belobratov, Aleksandr 211 Belyj, Andrej 219 Benediktov 34 Benes, Milan 31 Benfey, Theodor 103 Benjamin, Walter 80 Benn, Gottfried 277 Berezina, Ada 211 Berger, Jan 140, 150 Berger, Michael 231 Beric, Vesna 229 Berkovskij, Naum 209 f., 217 f. Bernáth, Arpád 2 7 1 - 2 8 3 , 301 Bernhard, Thomas 146, 158 Beyer, Manfred 95 Beyrau, Dietrich 26 Bezhani, Hamlet 69 Bibó, István 55 Bicnek, Horst 143 Bienkowski, Wtadyslaw 36
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Namenverzeichnis
Biermann, Wolf 47 Bilak, Vasil 22 Binder, Stefan 181 f. Birke, Ernst 13 Bischoff, Heinrich 263 Bisenieks, Valdis 1 2 1 - 1 2 7 , 301 Blaga, Lucian 169 Bleyer, Jakob 259, 264, 273, 283 Bloch, Ernst 36, 42 f., 80 Blok, Aleksandr 214 Bobrowski, Johannes 134, 211 Boden, Petra 49 Bodi, László (Leslie) 277 Boeckh, August 100 Boll, Heinrich 66, 122, 144, 281 Bok, Václav 255 Boite, Johannes 263 Boltzmann, Ludwig 38 Bonyhai, Gábor 279, 281 Bopp, Franz 63, 100, 102 Borchert, Wolfgang 281 Borisevic, Pavel 88, 95 f. Borissova, Bagrelia 96 f. Bosl, Karl 33 Bozanovic, Ana 80 Bracic, Stojan 245 f. Brandes, Georg 150 Brandt, Willy 276 Bratranek, Franz Thomas 149 Bratu, Traían 169, 181 f. Braun, Volker 47 Brauneck, Manfred 89 Brecht, Bertolt 44, 66, 76, 78, 80, 158, 215, 217, 219 f., 279, 281 Brentano, Clemens Breznev, Leonid 22, 24 f. Brinker, Klaus 89 Brinkmann, Hennig 116 Brinkmann, Richard 143, 222 Britz, Nikolaus 36 Brjusov, Valerij 215 Broch, Hermann 211, 220 f., 281 Bröll, Werner 16 Brugmann, Karl Friedrich Christian 105 Brus, Wlodzimierz 10 Brzozowski, Stanislaw 138 Buda, Aleks 64 Büchner, Georg 46, 141, 235, 245 Bühler, Karl 160 Bulganin 18 Burneva, Nikolina 88, 97 Byron, George Gordon 204 Bzdçga, Andrzej Z. 152, 1 6 0 - 1 6 7 , 301
Çabej, E. 64 Campe, Rüdiger 184 Camus, Albert 123 Canetti, Elias 220 Capesius, Bernhard 174 Carp, Petre 168 Carrère d'Encausse, Hélène 27 Cassirer, Ernst 185 Castle, Eduard 172, 240, 263 Catchlove, Donald 20 Ceaugescu, Nicolac 19 f., 22, 28, 178 Celan, Paul 175 Céline, Louis-Ferdinand 146 Cervantes, Miguel de 114 Cervenkov, Vâlko 13, 25 Chifanu, Sorin 181 Chmelnickaja, Tamara 219 Chodera, Jan 159, 166 ChrusÉev, Nikita S. 17—20, 34, 36 Chrustalova, Natalja 211 Churchill, Winston S. 11 Ciechanowska, Zofia 140, 150, 158 Ciesla, Micha! 140, 158 f. Cizevskij, Dmitrij 201 Clajus, Johannes 134 Clemens, Diane Shaver 10 Clement, Hermann 23, 27 Conquest, Robert 12, 32 Conrady, Karl Otto 49 Corbea-Hoijiie, Andrei 3, 1 6 8 - 1 8 2 , 302 Corvinus, Matthias, König von Ungarn 271 Courtenay, Jan Baudouin de 160 Crankshaw, Edward 19 Cranz, Claus 162 Creizenach, Wilhelm 140, 149 Croce, Benedetto 138 Crohmalniceanu, Ovid S. 176 Csaki, Richard 171 Cseijka, Gerhard 173 Csúri, Károly 281, 283 Curcin, Milan 226 Curtius, Ernst Robert 138, 193 f. Curtius, Georg 102 f. Cutton, Athony C. Cysarz, Herbert 248 Czarnecki, Tomasz 165 Czerwinski, Edward J. 22 Czismas, Michael 17 Czochralski, Jan 164—166 Czoppelt, Helmut 181 Czubinski, Antoni 153
Namenverzeichnis Dahlke, Günther 192 D a k o v a , Nadezda 88 f. Dallin, David J . 18 Danilewskij, Rostislaw J u . 2 0 2 - 2 1 3 , 3 0 2 D a n t e Alighieri 1 1 4 Darski, J ó z e f 1 6 1 , 164 D a r w i n , Charles 1 0 4 Daudistel, Albert 2 1 8 Davies, R o b e r t W. 2 6 Dehmel, Richard 2 1 4 Delhaes, Karl 10 Deliivanova, Bozidara 88 f. Denis, M i c h a e l 2 4 0 Devich, Andor 2 7 2 D h r i m o , Ali 6 3 - 7 0 , 3 0 2 Dickens, Charles 2 0 6 Diepenthal, Wolfgang 10 Diersch, M a n f r e d 153 Dietrich, Franz Eduard Christoph 1 0 3 Diksaité, J ú r a t e 1 3 4 Dilthey, W i l h e l m 147 D i m a , Al. 171 Dimitrova, Marijka 88, 96 D i m o v a , Anna 88 Djordjevic, M i l o j e 7 1 - 8 1 , 3 0 2 Djordjevic, M i l o s 2 2 7 f. Djordjevic, M i r a 7 6 , 7 8 , 80 Djukanovic, Jovan 222, 229 D o b i j a n k a - W i t c z a k o w a , Olga 1 4 0 , 158 D ö b l i n , Alfred 2 1 6 , 2 1 9 , 2 4 4 Doinag, Stefan Aug. 1 7 6 D o k o , B. 6 6 Dollmayr, V i k t o r 1 4 0 Dornhof, Dorothea 4 9 D o s t o e v s k i j , Fëdor 2 0 9 D o u b e k , Franz A. 1 4 0 f. Dragneva, J i v k a 8 4 Drews, J ö r g 5 0 D r i m m e l , Heinrich 3 6 D ü r r e n m a t t , Friedrich 7 8 , 2 8 1 Dufrenne, M i k e l 1 3 9 D u h a n x h i u , A. 6 5 Dumitrescu-Busulenga, Z o e 1 7 6 D y n a m o v , Sergej 2 1 8 Dzonov, Bojan 88 Ehrenburg, Ilja 16 Ehret, J o s e f 1 2 9 , 1 3 2 Eichendorff, J o s e p h von 2 0 1 Eis, Gerhard 2 3 2 Eisner, Pavel 2 4 9 El'cin, Boris 2 6
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Eliade, Pompiliu 168 Elischer, H a n n e s 175 Emeritzy, Aurel 2 3 2 Eminescu, M i h a i 168 f. Endzelïn, J ä n i s 1 2 1 Engel, Károly 171 Engel, Ulrich 1 6 4 , 176, 2 2 9 Engelbert, M a t h a 3 1 Engels, Friedrich 1 4 5 , 2 6 6 Engert, H o r s t 1 3 0 - 1 3 2 , 135 Etkind, Efim 2 0 4 f. Evlachov, Aleksandr 2 1 5 Evtimij, Patriarch (Euthymios) 9 2 Fac, Bolestaw 143 Fallada, H a n s 6 6 Fallmerayer, J a k o b Philipp 63 Fassel, H o r s t 168 f., 1 7 2 , 1 7 5 , 1 8 1 Fëdorov, Andrej 3 3 , 2 0 9 Felsberg, Ernst 1 1 0 Feuchtwanger, Lion 6 6 , 2 1 1 , 2 1 9 Fischer, Alexander 10 Fischer, Ernst 2 5 1 Fischer, O t o k a r 4 , 2 3 3 , 2 4 9 Fischer-Galati, Stephen 19 Földes, C s a b a 2 7 9 f. Fogarasi, Béla 3 3 Fohrmann, Jürgen 50, 192 Forster, G e o r g 1 3 4 , 2 0 4 Fortunatova, Vera Foss, G u s t a w 1 4 1 , 161, 1 6 4 Fradkin, Ilja 2 2 0 Frank, Bruno 219 Frank, Leonhard 2 1 5 f., 2 1 8 Franke, P. 6 3 Franz II., Kaiser des Heiligen r ö m . Reiches 258 Franz J o s e p h I., Kaiser von Österreich und König von Ungarn 1 4 9 Freidbergaitè, L o r e 1 3 2 Fridlender, Georgij 2 0 9 Frisch, M a x 7 8 , 1 4 2 F r o m m , Erich 8 0 Gaál, Márta 279 G a b á n y i , Ute 173 G a c a , Alicja 1 6 2 , 165 Gärtner, Wilhelm 2 5 8 G â l â b o v , Konstantin 3 f., 8 2 — 8 7 Gamziukaité-Maziuliené, Raminta 135 Garaudy, Roger 2 5 1 Gárdonyi, Sándor 276, 2 8 3
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Namenverzeichnis
Gasparov, Michail 193 f. Gehl, H a n s 180 Gejman, Boris 212 Gelfant, Michael 219 Geliert, Christian Fürchtegott 240 Genin, Lazar' 203 George, Stefan 140 Gesemann, Wolfgang 89 Gey, Peter 23, 25 Geyer, Dietrich 11, 26 f. Gheorghiu-Dej, Gheorghe 20 Gherghel, Ion 169 Gierek, Edward 25 Gimpel, John 12 Gizova, Anastasia 93 Göllner, Carl 175 Goethe, Johann Wolfgang von 66, 82 f., 85, 113, 115, 122, 127, 130, 140 f., 167, 169, 176 f., 195, 198 f., 205 f., 208, 210, 212, 225 f., 2 2 6 - 2 3 0 , 243 f., 249, 273, 281 Golan, Galia 22 Goldstücker, Eduard 4, 36, 148, 235, 249, 251 f. Gomulka, Wladyslaw 18 Gorbacev, Michail 25, 27, 34, 38, 126 Gorkij, Maksim 215, 218, 220 Gottschalk, Hans-Werner 282 Gottsched, Johann Christoph 134, 239 f. Grabarek, Józef 162, 165 Grabbe, Christian Dietrich 141 Graf, Oskar Maria 218 Gragger, Robert 263 Grah, Drago 244 Grass, Günter 78, 143, 158, 220 f. Graßhoff, Wilhelm Wilhelmi von 212 Gray, T h o m a s 208 Gregor-Chirifa, Gertrud 176 Griffith, William 19 Grillparzer, Franz 115, 117, 233 Grimm, Jacob 66, 1 0 0 - 1 0 2 , 112, 140, 228 f., 240, 242 Grimm, Wilhelm 66, 112, 140, 242 Grimmelshausen, H a n s Jacob Christoffel von 78, 80, 207, 210 Grothusen, Klaus Detlev 30 f. Grubacic, Emilija 7 3 - 7 5 , 7 8 - 8 0 Grubacic, Slobodan 77 f. Grucza, Franciszek 162—164 Grün, Max von der 66 Gryphius, Andreas 141 f. Gsovskij, Vladimir 15 Gurevic, Vera 219
Gutus, George 175 Gvozdev, Aleksej 216 Gyóri, Judit 267 Haberl, O t h m a r Nikola 11 Habermas, Jürgen 57 Hänsch, Klaus 13 H a h n , Johann Georg von 63 Halász, Elöd 275, 277 f., 280, 283 Halbach, Uwe 27 Haliczky, Andreas 258 Haller, Albert 240 Haltrich, Josef 171 Hamburger, Käte 80, 278 Handke, Peter 146, 158 Harach, Lubomir 32 Harich, Wolfgang 35 Harmat, Márta 279 Harrassowitz, Otto 69 H a r t m a n n von Aue 229 Hasenclever, Walter 215 Haubrichs, Wolfgang 89 H a u p t m a n n , Gerhart 130, 141, 212, 214, 263 Havemann, Robert 23 Hebbel, Friedrich 141 Hegel, Georg Wilhelm Friedrich 147, 176 Hehn, Victor Amadeus 100 f., 110 Heidbreder, Michael 1 2 8 - 1 3 6 , 302 Heidegger, Martin 52, 176 Heine, Heinrich 46, 66, 78, 80, 82 f., 2 0 6 - 2 0 9 , 212, 228, 235, 249 f. Heinemann, Wolfgang 95 Heinrich, Gustav 259, 263 f. Heinrich von Melk 115 Heißenbüttel, Helmut 277 Heitmann, Klaus 176 Heibig, Gerhard 95 Helfand, Natalja W. 221 Herder, Johann Gottfried 103, 167, 195, 204, 212, 227, 234, 253 Herzen, Aleksandr 206, 212 Herzog, Eugen 170 Hesse, Hermann 97, 135, 142, 218, 220 f., 237 Hessky, Regina 270 Heukenkamp, Ursula 97 Heym, Georg 216 Heyne, Moritz 103 Hillgruber, Andreas 57 Hillmann, Karlheinz 89 Hippel, Theodor von 207
Namenverzeichnis H o d d i s , J a k o b van 77 Höhle, T h o m a s 145 Hölderlin, Friedrich 85, 209 f., 228, 281 Hoensch, J ö r g K. 9, 13, 3 2 H o f f m a n n , Ernst T h e o d o r A m a d e u s 97, 198, 209 f., 281 H o f f m a n n , Leopold Alois 257 f. H o f m a n , Alois 253 H o f m a n n , Gert 243 H o f m a n n s t h a l , H u g o von 115, 214 f., 281 Hofstädter, Friedrich 171 H o l o n a , Marian 158 H o m a n , Bálint 264 H o m e r 194 H o n s z a , Norbert 142 f., 159 H o x h a , Enver 19, 22, 28 Hrivnák, Peter 237 H r u s k a 34 Huch, Ricarda 78 H u m b o l d t , Alexander von 69, 81 H u m b o l d t , Wilhelm von 33 H u m m e l , Gert 89, 90 H u s s , Richard 171, 273, 283 Husserl, Edmund 5 2 Hutterer, Miklós (Claus Jürgen) 276, 278 Hyrslová, Kvëta 2 5 5 Ibrovac, M i o d r a g 223 Ibsen, Henrik 206 Ilieva, Anna 86 Ingarden, R o m a n 138 f., 150, 154, 278 Ippoldt, Juliusz 166 Isbäsegcu, Mihai 176, 180, 182 Ivanov, Vjaceslav 192 Ivanova, Ivanka 92 Jäger, Manfred 36 Janikowski, Krzysztof 163 J a n k o , Anton 2 3 9 - 2 4 7 , 3 0 2 Jaruzelski, Wojciech 25, 144 J a s p e r s , Karl 147 J a s t r u n , Mieczyslaw 143 J a u s s , Hans Robert 138 J a w o r s k a , Weronika 159 Jean Paul 207 f. Jentsch, Rudolf 84 Jespersen, Otto 86 Jirát, Vojtëch 249 J o n a s , Angelika 182 J o n e s , Christopher D . 17 Joravsky, David 33 J o s e p h II., Kaiser von Österreich 258
311
J u m u g ä , Margareta-Sigrid 175, 182 J u n g , Carl G u s t a v 220 f. Kádár, J á n o s 275, 277 Kadare, Ismail 64 Kästner, Erich 66 K a f k a , Franz 97, 123, 142, 158, 220, 234, 243, 251 f., 277 Kaindl, Raimund Friedrich 172 Kaiser, Georg 215—217 Kalda, Frantisek 234, 236 Kaleta, Slawomira 163 Kalnipa, Dzidra 1 2 2 - 1 2 4 , 126 Kalnipa, Kira 126 Kànceva, R â d k a 96 Kant, H e r m a n n 97 Kant, Immanuel 51, 147, 176, 211, 227 Kanyó, Zoltán 2 7 9 - 2 8 1 Kaplan, Karel 16 Karalaschwili, Rezo 221 Karelskij, Albert 221 Karinthy, Frigyes 267 Karp, Hans-Jürgen 10 Karpova, Ksenia 121 f., 124 Karst, R o m a n 142 Karszniewicz, Alicja 163 Käser, Michael 10 Kasprowicz, J a n 141 Kaszynski, Stefan H . 5, 142, 144, 1 4 8 - 1 5 9 , 160, 302 K^tny, Anrzej 161 Kayser, Wolfgang 116, 139 Keinzel, Friedrich 171 Kelemina, J a k o b 2 3 9 - 2 4 2 Keller, Werner 34 Kellermann, Bernhard 215 Kelp, Helmut 1 7 4 - 1 7 6 Kennedy, J o h n F. 19 Kertész, András 2 7 9 - 2 8 1 , 283 Kidric, France 240 Kieckers, Ernst 106 Kilius, J o n a s 134 Kisch, Egon Erwin 253 Kisch, G u s t a v 171 f., 182, 219 Kisselintschev, Assen 85 Kittner, Alfred 175 Klaster-Ungureanu, Grete 176 Kleczkowski, A d a m 140 f., 150, 161 f., 165 Klein, Karl Kurt 4, 1 6 9 - 1 7 2 , 1 8 0 - 1 8 2 , 274, 283 Kleiner, Juliusz 137 Kleininger, T h o m a s 176
312
Namenverzeichnis
Kleist, H e i n r i c h von 66, 80, 85, 130, 209, 249 Kliche, Dieter 50 Klopstock, Friedrich G o t t l o b 130, 234 Kluge, Friedrich 105 Knauer, Friedrich 110 Kneip, H e i n z 142, 157 Knipovic, Evgenija 219 Koch, H a n s 46 Kocsány, Piroska 279, 281 Kocziszky, Eva 281 König, C h r i s t o p h 1 - 5 , 201, 205, 303 Köster, Udo 89 Kogalniceanu, Mihail 168 Kolaczkowski, Andrzej 159 Koltay-Kastner, J e n ó 283 Kon, M a r i j a 73, 75, 78, 80 Koniuszaniec, G a b r i e l a 165 K o n n e r t h , G e r h a r d 182 K o n r á d , György 35 Konstantinovic, Z o r a n 171, 223, 227f. Kopitar, Jernej (Bartholomäus) 239 Korneev, J u r i j 210 Korsch, Karl 215, 217 Kosch, Wilhelm 170, 182 Kossygin, Alexej 20 Kosta, Jiri 11, 25 Kostálová, D a g m a r 231—238, 303 Kostic, P r e d r a g 76, 78, 80 Kostic, Strahinja 227 f. Kostov, Traico 15 Kostova, H a r i t i n a 88 Kottier, Peter 181 f. Kousoulas, G e o r g e 11 Kovacevic, Katalin 229 Kovács, József 276 K o z l o w s k a , H a i i n a 162 f. Kozlowski, A l e k s a n d e r 159 Kramer, J e n ö 270 Krasser, H a r a l d 182 Kratochvil, A n t o n i n 31 Kraus, A r n o s t 248 Kraus, Karl 267 Kraus, W o l f g a n g 90, 211 Krauss, Werner 42 f. Kreisky, Bruno 36, 275 Krejci, J a n 232, 249 Kreuzer, H e l m u t 281 Kridl, M a n f r e d 138 Krivokapic, M i r k o 229 K r i z m a n , M i r k o 246 Krogoll, J o h a n n e s 89
Krolop, Kurt 231, 251, 2 5 4 Kroner, Michael 173 Kruszewski, M i k o l a j 160 Kubica, Stefan 162, 166 Kubilius, Vytautas 134 Kuczyñski, Krzysztof A. 158 f. Kudrjavski, Dimitri 110 K ü h l m a n n , Wilhelm 143 Kundera, Milan 5 5 - 5 8 Kurella, Alfred 218 Kurytowicz, Jerzy 163 Labroisse, G e r d 143 L a c h m a n n , Karl 100 L a c h m a n n , Peter 139 Lakienè, Elena 133 Lang, Franz 170 Lange, O s k a r 21 Langfelder, Paul 173 Lapinskas, Saulius 134 Lasatowicz, M a r i a K a t a r z y n a 162 Lasky, Melvin J. 18 L a u e n b a u c h , J ê k a b 110 L a v a n t , Christine 246 Lecourt, D o m i n i q u e 33 L e h m a n n , Christian 50 L e h m a n n , J o a c h i m 49 Leibniz, G o t t f r i e d W i l h e l m 63, 147 Lemberg, H a n s 10 Lempicki, Z y g m u n t 4, 1 3 7 - 1 3 9 , 140, 145, 150 f., 154, 159 Lenau, N i k o l a u s 36, 261, 2 6 4 Lenin (Vladimir Uljanov) 18, 217, 277 Lenz, Siegfried 66, 261 Lessing, G o t t h o l d E p h r a i m 66, 8 2 f., 145, 206, 209, 234, 238 Levesque, J a c q u e s 19 L e w i n t o n , N . 210 L i b e r m a n , Evsej 21 Lichaccv, D m i t r i j 205 L i c h t m a n n , T a m á s 279, 283 L i e b h a r d , Franz 173 Lifsic, Michail 266 Liiceanu, Gabriel 176 Lipczuk, Ryszard 166 L i p o w s c h e k , A n t o n 30 Livescu, Jean 176, 180, 182 L ö w i t h , Karl 80 L o t h , Wilfried 12 f., 22, 24 L o t m a n , Jurij 201 Luarasi, S. 66 L u c e r n a , Camilla 113, 227
Namenverzeichnis L u c u f a , Yvonne 181 f. Ludvik, Dusan 2 4 2 f. Ludwig der G r o ß e , 2 7 1 f. L ü b b e , Peter 3 7
König
von
Ungarn
L u k á c s , G e o r g 3 5 , 4 2 f., 7 8 , 8 0 , 1 1 6 , 142, 199, 266, 2 7 8 L u k m a n , Franc Ksav. 2 4 0 L u n a c a r s k i j , Anatolij 2 1 6 f. Lupu, l o a n 1 6 8 t u s z c z y k , Stanislaw 164 Luther, M a r t i n 2 3 3 Lysenko, T r o f i m 33 M a c h á c k o v á - R i e g r o v á , Vera 2 5 2 M á d l , Antal 4 f., 3 6 , 2 5 6 - 2 7 0 , 2 7 4 , 2 8 2 f . , 303 M a g o n , Leopold 2 6 3 M a h l e r , Gustav 2 1 4 M a i o r e s c u , T i t u 168 M a l e n k o v , G e o r g i j 16 M a n d e l , Ernest 2 5 M a n d e l k o w , Karl R o b e r t 8 9 M â n d r e s c u , Simion 1 6 9 , 1 8 2 M a n h e r z , Károly 2 6 8 , 2 7 0 M a n n , Heinrich 6 6 , 2 1 5 f., 2 1 8 f. M a n n , T h o m a s 6 6 , 7 8 , 115, 1 1 7 , 1 2 7 , 1 3 5 , 1 4 2 , 1 5 8 , 2 0 6 , 2 1 2 , 2 1 4 f., 2 1 8 f., 2 2 1 , 2 2 6 , 2 2 8 - 2 3 0 , 2 3 7 f., 2 5 3 , 2 6 7 , 2 7 7 , 279, 281 M a o Z e d o n g 1 5 , 19 M a r b u r y , Elizabeth 15 M a r i a T h e r e s i a , Kaiserin von Österreich 272 Markel, Michael 182 M a r k o , Ernest 2 3 7 M a r q u a r d , O d o 147 Marshall, George C. 12 M a r x , Karl 4 2 , 1 4 5 , 1 5 4 , 2 6 6 , 2 7 7 f. Masal, Ljiljana 80 M a s á t , András 2 7 9 M a s i n g , Voldemar 1 1 0 M a u z i e n é , Luda 133 M a y e r , H a n s 4 2 f., 2 3 7 M c N e i l l , William H a r d y 12 Meckova-Atanasova, Zdravka 86—89 M e c n e r , Pawel 165 Medici 2 7 1 M e h r i n g , Franz 145 Meiksinaitè, Ina 1 2 8 - 1 3 6 , 3 0 3 M e i k s i n a i t è - B u c h , T a m a r a 133 Meltzl, H u g o 1 7 1 , 181 f., 2 7 3 , 2 8 3
313
Mendel, G r e g o r 3 3 Meyer, G . 28 Meyer, L e o 1 0 2 - 1 0 5 , 1 1 0 Meyer, R i c h a r d M . 2 6 3 M e y r i n k , Gustav 2 1 5 M i c h a i l o w , Alexander 3 - 5 , 1 8 3 - 2 0 1 , 3 0 3 M i c h a j l o v s k i j , Boris 1 9 6 M i c k i e w i c z , Adam 1 5 5 , 159 M i e l k e , C h . G . 134 M i e m i t z , Bärbel 164 Mihac, Mira 75 M i k l o s i c , Franz 2 3 9 Miladinovic, M i r a 2 4 5 f. Milovic, Jevto 227 M i l o w , Stephan 2 2 9 Minor, J a c o b 263 M i r o n o v , Sergej 2 0 3 Mirtschev, Bodgan 88 Misiorny, M i c h a l 143 f. M l a d e n o v , Stefan 8 4 M o j a s e v i c , M i l j a n 7 1 , 2 2 2 , 2 2 5 , 2 2 7 f. M o j m i r , H e r m a n 162 Mollay, Károly 2 6 8 , 2 7 6 M o l o t o v , Vjaceslav 12 Mommsen, Theodor 63 M o r a r i u , Victor 170, 1 8 2 M o r c i n i e c , Norbert 163 f. Morgan, Thomas 33 Morgenstern, Christian 14 M o r i t z , Karl Philipp 2 0 7 M o r o z o v , Aleksandr 2 1 0 Motelova, Tamara 219 Motyljowa, Tamara 218 M o t z a n , Peter 1 7 3 , 1 7 5 , 181 f. M o u r e k , Václav Emanuel 2 4 8 M o z a r t , Wolfgang Amadeus 5 1 M r á z , Andrej 2 3 3 M r a z o v i c , Pavica 2 2 7 , 2 2 9 M r o w k a , Heinrich 10 Müller, Friedrich M a x 103 Müller, G ü n t h e r 2 7 8 Müller, Heiner 4 7 Müller-Guttenbrunn, Adam 36 Mukarovsky, Jan 233, 255 M u r a r k a , Dev 2 5 Musil, R o b e r t 1 4 2 f., 1 4 6 , 2 1 1 , 2 2 0 f., 2 4 5 , 277 M u s i n a , Irina 2 1 2 N a b o k o v , Vladimir 2 1 5 Nadler, J o s e f 1 7 2 , 2 6 6 N a g a n o w s k i , E g o n Ludwik 1 4 2 f.
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Namenverzeichnis
N a g l , J o h a n n Willibald 2 4 0 Nagy, Imre 1 8 , 2 7 5 Nahaylo, Bohdan 27 Natan, J a k 85 N a u m a n n , Friedrich 13, 5 6 Némedi, Lajos 2 7 9 Netoliczka, Oskar 170 N e u s t a d t , Vladimir 2 1 6 Nicolae, Octavian 176, 180 Niebuhr, Barthold Georg 63 N i e t h a m m e r , Lutz 11 Nietzsche, Friedrich 2 4 9 Nikolic, Danka 79 N i k o l o v , Boris 8 6 Nikolova, Jana 8 4 - 8 6 Nistor, Ion 1 7 0 Noica, Constantin 176 N o l i , Fan S. 6 3 , 6 6 N o r k a i t i e n é , Irena 133 Novalis 8 5 , 2 0 9 N o v e , Alec 10, 2 0 N o v o t n y , Antonín 2 2
O b e r l i n , J o h a n n Friedrich 2 4 5 O g n j a n o v , L j u b o m i r 8 6 f. O k s a a r , Eis 8 9 Opitz, Martin 142 Oresnik, Janez 246 Orlov, Roman 211 O r l o w s k i , H u b e r t 1 4 2 , 1 5 3 , 1 5 7 , 159 Orosz, Magdolna 2 7 0 O r s z á g h , László 2 8 3 O t t , Ulrich 5 , 2 0 1 P a j a u j i e n è , Egle 133 Palionis, J o n a s 1 3 4 Pannonius, Janus 271 P a p a d i m a , Ovidiu 1 7 1 P a p a s o v a , Silvia 9 7 Papiór, J a n 1 4 2 , 1 4 4 , 1 4 9 , 153, 158 f. Paraskevov, Boris 88 Paraschiv, F. E . 181 Pardee, Arthur E. 3 5 Pauker, A n n a 15 Pavidis, Silvija 127 Pawlowa, Nina 2 1 4 - 2 2 1 , 303 Pázmány, Péter 2 7 2 Pçdzinska, D a n u t a 1 4 0 Perez, H e r t h a 1 7 6 , 181 f. Perisic, D r a g o s l a v a 2 2 7 Perovic, Hilda 7 5 Peter I., Z a r von R u ß l a n d 2 0 2
Petersen, Karl Friedrich Ludwig 1 1 0 Petkov, Pavel 5, 8 2 - 9 1 , 3 0 4 Petöfi, Sándor 1 7 1 Petrasch, W i l h e l m 2 8 0 Petravicius, Leonas 133 Petz, G i d e o n 2 5 9 , 2 6 8 Petzold, Alfons 2 1 8 Philippi, Paul 181 Piekalkiewicz, J a n u s z 2 2 Pierheger, S i m o n 8 4 Piotrovskij, Adrian 2 1 6 Piprek, J a n 1 4 1 , 1 6 6 Piscator, Erwin 2 1 7 Pisút, M i l a n 2 3 3 Placzkowska, Barbara 139 Plessner, H e l m u t h 8 0 Pobrati, M . 65 Pötschke, H . J . 1 5 9 P o l á k , Karel 2 4 9 f. Polczynska, Edyta 159 Popadic, H a n n a (d. i. M o r s k o y - P o p a d i c ) 7 5 , 7 9 f. Popovic, J o h a n n Sigismund Valentin 2 3 9 f. Poradeci, L . 6 6 P o t t , August Friedrich 6 3 , 1 0 0 , 1 0 2 Povilaitis, G i n t a s 133 P r ç d o t a , Stanislaw 163 f., 1 6 6 Preradovic, P. 7 4 Prifti, Peter R . 1 9 P r o k o p , Izabela 1 6 5 Proust, M a r c e l 1 1 4 Pudic, Ivan 7 4 f . , 7 8 f. Pudic, Ivo 2 2 7 , 2 2 9 Pütz, Anne 4 9 Pukánszky, Béla 2 6 5 , 2 7 5 , 2 8 3 Purisev, Boris 1 9 6 Puskin, Aleksandr 1 9 0 , 199, 2 0 4 , 2 1 2 Quaisser, Wolfgang 2 5 R a ' a n a n , Gavriel D . 12, 15, 3 2 Rädäceanu, Lothar 182 R a d i c e , E d w a r d Albert 10 R a d o v i c , O g n j a n 2 2 7 f. R a d u c a n u , Sevilla 182 R a i n a , Peter 21 R a j k , László 15 R a j n i k , Eugeniusz 163 Rama, Ζ. 64 R a t h , R a i n e r 89 R a u c h , G e o r g von 9 R a u p a c h , Karl Eduard 1 0 0 , 1 1 0
Namenverzeichnis Reich-Ranicki, Marcel 142 Reichrath, Emmerich 173 Reimann, Pavel 253 Rein, Kurt 170 Reinhardt, Max 214 Remarque, Erich Maria 66, 211 Reseta, Johann 258 Resetar, Milan 74 Richter, Erika 5 Riedl, Mansvetus 258 Riemenschneider, August 100 f., 110 Rilke, Rainer Maria 115, 122, 143, 158, 211, 221 f., 238 Röbel, Gert 2, 9 - 2 9 , 304 Rohlfs, Gerhard 63 Rokyta, Hugo 253 Rolicz, Waclaw 140 Roloff, Hans-Gert 142 Rojsca, D. D. 176 Rosenberg, Rainer 5, 4 1 - 5 0 , 304 Roth, Viktor 171 Rozanov, Vasilij 219 Rubiner, Frieda 216 Russakova, Antonina 211 f. Ryzka, F. 28 Sacharov, Andrej 23, 37 Sachs, Hans 206 Sachs, Nelly 200, 220 Sadalska, Genowefa 163 Sadzinski, Roman 159, 165 Sahánek, Stanislav 232 Salambaschev, Atañas Salda, Frantisek Xaver 232 f. Salyámosy, Miklós 283 Samanek, Heda 75, 79 San-Giorgiu, Ion 169 Sandig, Barbara 89 Sandu, Doina 176 Sarlov, Stoja 88, 96 Satonskij, Dmitrij 221 Sauer, August 248 Sauerland, Karol 4 f., 1 3 7 - 1 4 7 , 159, 304 Saussure, Ferdinand de 198 Savel'ev, Aleksandr J. 38 Savic-Rebac, Anica 223 Savin, Emilia 176 Scerba, Lev 207 Schäfers, Bernhard 51 Schalk, Fritz 194 Scharff, Roland 40 Schatte, Czeslawa 165
315
Schatz, Joseph 149 Scheiner, Andreas 171 Schelling, Friedrich Wilhelm Joseph 201 Scherer, Anton 36 Scherer, Wilhelm 4, 113, 150, 193, 248, 259 Schikaneder, Emanuel 51 Schiller, Franz 219 f. Schiller, Friedrich 51, 66, 82 f., 121, 130, 141, 169, 209, 212, 226, 233 f., 253 Schlegel, August Wilhelm 63 Schlegel, Friedrich 82 Schleicher, August 63, 102 f., 105, 134, 258 Schlögel, Karl 54, 57 Schlüter, Wolfgang 106, 110 Schmaus, Alois 223 Schmidt, Erich 169, 263 Schmidt, Henrik 273, 283 Schmidt-Dengler, Wendelin 238 Schmidt, S. J. 98 Schnitzler, Arthur 115, 214 f. Scholz, Gerhard 42 f. Schreinert, Kurt 106 Schrettl, Wolfram 23, 26 f. Schroeder, Leopold von 105, 110 Schubart, Christian Daniel Friedrich 204 Schubert, Eva 93 Schuller, Johann Karl 171 Schullerus, Adolf 171 f. Schwanzer, Viliam 234, 236, 237 Schwartz, Elemér 259, 268 Schwarz, Wolfgang 89 Schwöb, Anton 181 Sealsfield, Charles 228 Sedlar, Antun 114 Seghers, Anna 66, 78, 80, 142, 211, 218 f. Seibt, Ferdinand 13 Seleskovic, Momcilo 226 f. Sengle, Friedrich 184 f. Setényi, J. 37 Seuffert, Bernhard 113 Seume, Johann Gottfried 204 Sève, Lucien 44 Sgoda 83 Shakespeare, William 66, 199 Shvarc, R. 66 Siebenschein, Hugo 249, 252 Sienerth, Stefan 173, 175 Silman, Tamara 133, 206 Simeonova, Ruska 88 f. Simon, Péter 264 Simoni, Z. 68 f. Sinder, Lev 125, 203, 207
316
Namenverzeichnis
Sinowatz, Fred 36 Siskov, Georgij 85 Siskova, Larissa 133 Sismanov, Ivan 84 Sismarev, Vladimir 194 Skanderbeg, Gjergj Kastriota 63 Skreb, Z d e n k o 4, 7 1 , 1 1 5 - 1 1 7 , 222 Sladojevic, R a n k o 7 7 , 79 f. Slánsky, Rudolf 15 Slavjatinskij, Nikolaj 210 Slibar, Neva 245 f. Slijepcevic, Pero 225—227 Slivkova, Diana 88 Sloterdijk, Peter 80 Smirnickaja, Olga 198 Söllner, Werner 175 Sokolova, G . W. 211 Solms, Wilhelm 173, 175 Solomon, Petre 175 Sommer, Ernst 252 Soros, G e o r g e 40 Soscenko, Michail 14 Sostakovic, Dmitrij 14 Sowinski, Adolf 142 Spangenberg, Wolfhart 264 Spengler, O s w a l d 217, 2 2 0 Spitzer, Leo 138 Stänescu, Heinz 173 Stadnikov, Gennadij 212 Stadtmüller, G e o r g 63 Städtke, Klaus 50 Staiger, Emil 116 Staitscheva, Emilia 8 8 - 9 0 Stalin, Jossif 11, 1 5 - 1 8 , 32, 34, 86, 217, 219, 260, 274 f., 277 S t a m m , Friedrich L u d w i g 103 Stampar, Hela 75 Stanarevic, R a d a 77—79 Stanonik, J a n e z 242 — 244, 2 4 7 Stantschev, Stefan 84, 86 f. Starnawski, Jerzy 140 §tefänescu, Cornelia 168 Steininger, Alexander 17 Stekelenburg, Dick van 143 Stephan, Inge 98 Sterne, Lawrence 208 Sternheim, Carl 214 Stojanova-Jovceva, S t a n k a 88 Storm, T h e o d o r 238 Strauß, Richard 214 Streit, Karl 182 Strobl, J o s e p h 182
Strojeva, Tatjana 203, 207 Stroka, Anna 141, 158 Studerus, Gottlieb 1 2 9 - 1 3 2 Stupan, Helena 244 Suchsland, Peter 95 Sudermann, H e r m a n n 135 Sugareva, Tekla 86 f. Sundhaußen, H o l m 12 Surdu, Alexandru 176 Suslov, Michail 17, 2 2 Sutton, Antony C. 34 Swiatlowski, Zbigniew 159 Syrop, Konrad 18 Szabó, J á n o s 283 Szarota, Elida M a r i a 142, 145, 159 Szász, Károly 264 Szelényí, Iván 35 Szendi, Z o l t á n 279, 283 Szentpétery, Imre 257 Szewczyk, Wilhelm 142 f. Szilagyi, M a r i a 182 Szücs, J e n ö 55, 57 Szulc, Aleksander 163 — 165 Szydtowdki, R o m a n 143 Szyrocki, Marian 141 f., 159 Tarantowicz, Alfred 166 Tarnai, Andor 264 Tasa, Rita 9 9 - 1 1 0 , 304 Tekorius, Alfonsas 133 Tempeanu, Virgil 182 Ternes, Elmar 89 Terray, Elemir 3, 231—238 Terzan, Karmen 246 Teutsch, Friedrich 171 Teutsch, G e o r g Daniel 171 Tgahrt, Reinhard 5, 201 Thienemann, T i v a d a r 259, 265, 283 Thierse, Wolfgang 50 T h u n , Graf L e o 258 Thurnher, Eugen 268 Tieck, Ludwig 209 f. Tito, J o s i p 14 f., 18 Tjutcev, Fëdor 201 Togliatti, Palmiro 19 Toller, Ernst 141, 2 1 5 - 2 1 7 Tomiczek, Eugeniusz 166 Toporov, Vladimir 200 f. Tóth, Pài Peter 30 Trakl, G e o r g 281 Tretjakov, Sergej 219 Trivunac, M i l o s 225 f.
Namenverzeichnis Tronskaja, Marija 196, 207 f. Trops, Stjepan 112 f., 227 Trubeckoj, Nikolai 84 Tugendhat, Ernst 80 Turczynski, Emanuel 170 f. Turk, Horst 281 Turóczi-Trostler, József 270 Tvrdik, Milan 2 4 8 - 2 5 5 , 304 Twardowski, Kazimierz 139 Ulam, Adam B. 15, 19 Ulbricht, Walter 17 Updike, John 123 Urban V., Papst 271 Urzidil, Johannes 252 Václavek, Ludvik E. 254 Vaisnoras, Vytautas 134 Vajda, György Mihály 4, 5 1 - 5 9 , 273, 304 Valentinavicienè, Danguole 135 Vapordziev, Vesselin 88 Vargha, Károly 280 Vasmer, Max 63 Vaverková, Irena 234 Veinerte, Bixuta 127 Vesely, Jiri 254 Veselovskij, Aleksandr 189, 193-195, 204 f. Vianu, Tudor 169, 176 Vicentz, Volkhart 23, 26 Viorel, Elena 182 Vischer, Friedrich Theodor 184 Vizkelety, András 264, 276 Vodicka, Karel 38 Vogel, Heinrich 24 Voicikaitè, Haiina 133 Volcaneckij, Michail 215 Volgina, Elena 210 Voronkova, Olga 129, 133 f. Vossler, Karl 138, 194 Vostokova, Sofie 216 Voßkamp, Wilhelm 50, 192 Wädekin, Karl-Eugen 20 Wagner, Frank 144 Wagner, Rudolf 170 Wahrig, Gerhard 70 Wald, Wolf 74 Waldapfel, Josef 36 Waldberg, Max von 170, 182 Walkó, György 264 Walter, Hilmar 95
317
Walther von der Vogelweide 237 Walzel, Oskar 113, 278 Wawrzyniak, Zdzislaw 164 Weber, Max 147 Weber, Walter 131 Wedekind, Frank 214 Wedel, Grigorij 122, 124 Weigel, Sigrid 98 Weimann, Robert 44 Weimar, Klaus 137, 192 Weinert, Erich 211, 219 Weingärtner, Wilhelm 103 Weiss, Peter 66, 79 Werfel, Franz 78, 252, 254, 281 Werner, Hans Georg 44 Werner, Richard Maria 140, 149 Wetter, Gustav 9 Weyrauch, Heinrich von 110 Wezel, Johann Carl 207 Wichner, Ernest 175 Wickram, Jörg 229 Wiedemann, Oscar 105, 110 Wieland, Christoph Martin 103, 113, 210 Wiesenthal, Simon 162 Wiktorowicz, Józef 162 Wild, Katalin 279, 283 Willems, Gottfried 184 Witczuk, Florian 139, 145 Wittgenstein, Ludwig 146 Wittstock, Joachim 175 Wolf, Christa 47, 80, 97, 158 Wolf, Friedrich 219 Wolf, Johann 171 f., 176, 180 f. Wolpert, Ruth 126 Woodhouse, Christopher Montague 11 Wukadinovic, Spirydion 140, 149 Wundt, Wilhelm 160 Wurzer-Rädäceanu, Lothar 173 Xoxe, Koci 15 Yanov, Alexander 22 Young, Edward 208 Zabrocki, Ludwik 162—165 Zamackas, Antanas 134 Zank, Wolfgang 11 Zaprovskaja, Anna 218 Zarifopol, Paul 169 Zdanov, Andrej 12, 14 f., 32 Zech, Paul 215 Zeidler, Jakob 240
318 Z e p i c , S t a n k o 71, 117 Z h e j i , P. 68 Zieger, G o t t f r i e d 17 Ziletic, Z o r a n 229 Zilie, E r m i n k a 77, 79 Zillich, Heinrich 172 Zingerle, O s w a l d 182 Z i n n e r , P a u l E. 18 Z i r m u n s k a j a , N i n a 210, 2 1 2 Z i r m u n s k i j , Viktor 4, 133, 2 0 3 - 2 0 7 , 210, 212, 2 7 6
Namenverzeichnis
194 f.,
201,
Zivojinovic, Branimir 230 Z m e g a c , Viktor 4 f., 1 1 1 - 1 2 0 , 305 Zszwczyk, G. 158 Z u b , Alexander 168 Z u k r o w s k i , Wojciech 143 Zuljevic, Snjezana 77, 79 Z w e i g , A r n o l d 134, 219 Zweig, Stefan 66, 219 Zygulski, Z d z i s t a w 141 f., 158 f.
ULRICH
AMMON
Die internationale Stellung der deutschen Sprache X X , 633 Seiten. Mit div. Abbildungen, div. Tabellen und 2 Karten, 1991. Ganzleinen. ISBN 3-11-013179-X
Deutsch als Verkehrssprache in Europa Herausgegeben von J o a c h i m Born und Gerhard Stickel
VI, 342 Seiten. 1993. Broschur. ISBN 3-11-014006-3 (Institut für deutsche Sprache — Jahrbuch 1992)
1870/71-1989/1990 German Unifications and the Change of Literary Discourse Edited by Walter Pape
VI, 382 Seiten. 1993. Gebunden. ISBN 3-11-013878-6 (European Cultures — Studies in Literature and the Arts, Band 1)
Walter de Gruyter
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Berlin · New York
MARGRIT S T R O H B A C H
Johann Christoph Adelung Ein Beitrag zu seinem germanistischen Schaffen mit einer Bibliographie seines Gesamtwerkes XII, 290 Seiten. 1984. Ganzleinen. ISBN 3-11-009612-9 (Studia Linguistica Germanica, Band 21)
ECKHARD GRUNEWALD
Friedrich Heinrich von der Hagen 1780—1856 Ein Beitrag zur Frühgeschichte der Germanistik XII, 426 Seiten. Mit Frontispiz. 1988. Ganzleinen. ISBN 3-11-010785-6 (Studia Linguistica Germanica, Band 23)
ULRIKE HASS-ZUMKEHR
Daniel Sanders Aufgeklärte Germanistik im 19. Jahrhundert XVI, 640 Seiten. 1995. Ganzleinen. ISBN 3-11-014331-3 (Studia Linguistica Germanica, Band 35)
F R A N Z XAVER SCHEUERER
Zum philologischen Werk J. A. Schindlers und seiner wissenschaftlichen Rezeption Eine Studie zur Wissenschaftsgeschichte der Germanistik XII, 255 Seiten. Mit 5 Abbildungen. 1995. Ganzleinen. ISBN 3-11-014650-9 (Studia Linguistica Germanica, Band 37)
Walter de Gruyter
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Berlin · New York