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German Pages 401 [402] Year 2015
Wissenschaftliche Untersuchungen zum Neuen Testament · 2. Reihe Herausgeber / Editor Jörg Frey (Zürich) Mitherausgeber / Associate Editors Markus Bockmuehl (Oxford) · James A. Kelhoffer (Uppsala) Hans-Josef Klauck (Chicago, IL) · Tobias Nicklas (Regensburg) J. Ross Wagner (Durham, NC)
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Jens Gillner
Gericht bei Lukas
Mohr Siebeck
Jens Gillner, geboren 1976; 1995–2003 Studium der Ev. Theologie; 2003–2006 Vikariat; 2006–2009 Mitarbeit als Kandidat des Predigtamtes im KK Celle; Ordination; 2009–2014 Tätigkeit als Pastor in den Kirchengemeinden Handeloh und Tostedt im KK Hittfeld; 2007–2014 Promotion; seit 2014 Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Neues Testament der Universität Hamburg.
e-ISBN PDF 978-3-16-153752-3 ISBN 978-3-16-153751-6 ISSN 0340-9570 (Wissenschaftliche Untersuchungen zum Neuen Testament, 2. Reihe) Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar.
© 2015 Mohr Siebeck Tübingen. www.mohr.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Das Buch wurde von Laupp & Göbel in Nehren auf alterungsbeständiges Werkdruckpapier gedruckt und von der Buchbinderei Nädele in Nehren gebunden.
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Für Jenny und Johannes, unseren Sonnenschein
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Vorwort „ … von dort wird er kommen, zu richten die Lebenden und die Toten.“ In unzähligen Gottesdiensten habe ich diese Zeile des Apostolischen Glaubensbekenntnisses gesprochen. Jesus Christus, nach seinem Tod am Kreuz am dritten Tag auferstanden und in den Himmel aufgefahren, wird kommen, um Gericht zu halten. Diesen Glaubenssatz im Ohr lese ich nun in der Apostelgeschichte des Lukas Apg 17,31 die dazugehörige biblische Bezugsstelle: Gott hat einen Tag festgesetzt, an dem er den Erdkreis richten will mit Gerechtigkeit durch einen Mann, den er dazu bestimmt hat […], indem er ihn von den Toten auferweckt hat. Lukas bringt man im Allgemeinen nicht unmittelbar mit der Vorstellung vom Gottesgericht in Verbindung. Da fallen einem zunächst ganz andere Texte wie die Weihnachts- (Luk 2,1–20) oder die Pfingstgeschichte (Apg 2,1–13) ein. Daher war mein Interesse geweckt, dem Motiv von einem Gericht Gottes bei Lukas einmal mit größerer Aufmerksamkeit nachzugehen. Die hier vorgelegte Studie ist die geringfügig überarbeitete Fassung meiner Dissertation, die vom Fachbereich Theologie der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg im Jahre 2014 unter dem Titel: „Gericht bei Lukas. Untersuchung eines theologischen Topos im Lukasevangelium“, angenommen wurde. Meinem Mentor und Lehrer Herrn Professor Dr. Peter Pilhofer (Erlangen) danke ich hier an erster Stelle dafür, dass er sich bereit erklärt hat, diese Arbeit zu begleiten. Seine Gedanken und sein scharfsinniger Blick auf die von mir in Augenschein genommenen Texte haben mich stets ermutigt, immer tiefer in ihre Genese und ihre Interpretation im Kontext des lukanischen Gesamtwerkes einzusteigen. Für seine immer konstruktiv-kritischen Anfragen, für die lebhaften Diskussionen beispielsweise zur Feigenbaumperikope (Luk 13,6–9) und für seine stets hilfreiche akribische Prüfung des von mir erstellten Textes bin ich ihm zu größtem Dank verpflichtet. Sodann danke ich Herrn Professor Dr. Helmut Merkel (Osnabrück), dass er ohne zu Zögern das Zweitgutachten übernommen hat. Seine wertvollen Hinweise zur lukanischen Theologie und ganz besonders zur Schächerperikope Luk 23,39–43 haben mich noch einmal über das eine oder andere meiner Ausführungen neu nachdenken lassen.
VIII
Vorwort
Weiterhin danke ich Frau Professor Dr. Martina Böhm (Hamburg) für ihre kritische Durchsicht meiner Bemerkungen zum Gottesgericht im Alten Testament und im Frühjudentum. Ihre Anfragen haben mich vor manchen Fallen der Forschung bewahrt und mich noch einmal differenzierter auf die Texte schauen lassen. Tiefe Freude empfinde ich nun darüber, dass ich seit Oktober 2014 als Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Hamburger Fachbereich Theologie auch weiterhin mit ihr zusammen arbeiten kann. Viel zu verdanken habe ich auch den Teilnehmenden an dem regelmäßig in Heilsbronn tagenden Pilhoferschen Forschungskolloquium: Für die kritischen, aber stets wohlmeinenden Diskussionen und nicht zuletzt für die schönen und humorvollen gemeinsamen Stunden im „Kaiser“. Namentlich seien an dieser Stelle genannt: Dr. Jens Börstinghaus (Erlangen), Dr. Klaus-Michael Bull (Rostock), Christian Müller (Feucht), Philipp Oelschlegel (Nürnberg), Philipp Pilhofer (Berlin), Dr. Berthold Schwarz (Pohlheim), Paul Sörgel (Erlangen), Daniel Städtler (Erlangen), Martina Weingärtner (Nürnberg) und Dr. Axel Wiemer (Schwäbisch Gmünd). Großen Dank schulde ich auch Herrn Professor Dr. Jörg Frey (Zürich), der diese Arbeit als Herausgeber der Tübinger Reihe Wissenschaftliche Untersuchungen zum Neuen Testament (WUNT), 2. Reihe, freundlicherweise empfohlen hat. Herrn Dr. Henning Ziebritzki als Cheflektor für Theologie und Judaistik im Verlag Mohr Siebeck in Tübingen danke ich für sein Interesse an einer Veröffentlichung, sowie Frau Ilse König, die den Prozess bis zur Drucklegung mit Rat und Tat betreut hat. Wichtigen Menschen aus meinem persönlichen Umfeld bleibt mein ganz besonderer Dank am Schluss: Meinen Kolleginnen und Kollegen im Pfarramt für ihr Verständnis, dass ich wieder einmal völlig „abgetaucht“ bin; Frau Anja Baumann (Höckel) für ihre Hilfe bei zahlreichen technischen Problemen; meiner Supervisorin Frau Professor Dr. Dr. Marlies Bötnagel (Northeim) für Ermutigung und Zuspruch in chaotischen Zeiten; meinem Schwiegervater Professor Wilhelm Fahlbusch († 2014) für viele anregende Gespräche über Theologie und Kirche; meinen Eltern Edeltraut und Hans-Jürgen Gillner (Northeim), dass ich zeitweise noch einmal wieder bei ihnen einziehen durfte und sie mich in manchen heiklen Arbeitsphasen mit großer Liebe und Geduld ertragen haben. Meinen Dank an meine liebe Frau Jennifer Gillner vermag ich kaum auszudrücken. Sie hatte in den letzten sieben Jahren die meiste „Arbeit“ mit mir, und hat all ihr Verständnis und ihre Zuneigung aufgebracht, um mich in meinem Tun zwischen Kirchengemeinde und wissenschaftlicher Forschung zu unterstützen. Dass diese Arbeit zu einem guten Abschluss gekommen ist, ist in nicht zu unterschätzendem Maße auch ihr Verdienst. Unserem Sohn Johannes Max Ole danke ich, dass er in der heißen Schlussphase dieser Arbeit fröhlich und gesund in unser Leben getreten ist. Ihnen beiden ist dieses Buch gewidmet. Handeloh, im April 2015
Jens Gillner
Inhaltsverzeichnis
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Inhaltsverzeichnis Vorwort ........................................................................................................... VII
A. Einleitung ....................................................................................................... 1 I. Problemstellung und Zielsetzung der Arbeit ................................................ 1 II. Aufbau der Arbeit ......................................................................................... 5 III. Das Gericht bei Lukas in der neutestamentlichen Forschung ....................... 5
B. Der traditionelle Hintergrund der lukanischen Rede vom Gericht Gottes .... 10 I.
Von Jesaja zu Jesus .................................................................................... 10 § 1 Das Alte Testament.............................................................................. 10 § 2 Gottes Gericht im Frühjudentum ......................................................... 14 § 3 Johannes der Täufer ............................................................................. 20 1. Die Quellenlage ............................................................................... 20 2. Die Gerichtsbotschaft des Täufers in Q 3,7–9.17 ............................ 22 3. Die Ankündigung des „Stärkeren“ in Q 3,16 par. Mk 1,7f. ............. 24 4. Das Selbstverständnis des Täufers als Prediger ............................... 26 § 4 Jesus von Nazareth .............................................................................. 27 1. Hat der historische Jesus ein künftig bevorstehendes Endgericht verkündigt? ................................................................... 27 2. Das Erbe des Täufers ....................................................................... 28 3. Die Betonung der heilvollen Nähe der eschatologischen Gottesherrschaft als neues Paradigma in der Verkündigung Jesu ... 29 4. Die Gerichtsvorstellung bei Jesus von Nazareth.............................. 31 5. Die Intention des Gerichtsgedankens bei Jesus ............................... 32
II. Das Seelengericht in Griechenland und Rom ............................................. 33 III. Christliche Anfänge .................................................................................... 43 § 1 Die frühen Christen und Paulus ........................................................... 43 § 2 Die johanneischen Schriften ................................................................ 47
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Inhaltsverzeichnis
§ 3 Aspekte des Endgerichts in den übrigen neutestamentlichen Schriften............................................................................................... 49
C. Einzeluntersuchungen................................................................................... 51 I.
Die Gerichtsrede Johannes des Täufers in Luk 3,1–18 .............................. 51 § 1 Text und Gliederung von Luk 3,1–18 .................................................. 51 § 2 Literar- und redaktionskritische Textanalyse ....................................... 53 § 3 Die Gerichtspredigt des Johannes in der Logienquelle ........................ 58 1. Die Adressaten ................................................................................. 59 2. Die Umkehr- und Gerichtspredigt (Q 3,7–9.17) .............................. 60 3. Die Ankündigung des ivscuro,teroj (Q 3,16) .................................... 62 § 4 Die Gerichtspredigt des Johannes in der Lukasredaktion .................... 64 1. Der Rahmen Luk 3,1–6.18 und das Zitat Luk 3,4–6........................ 64 2. Die Gerichtspredigt des Täufers und die Rede vom Stärkeren bei Lukas ......................................................................................... 65 3. Die sog. Standespredigt des Täufers in Luk 3,10–14....................... 66 § 5 Zusammenfassung und Ertrag ............................................................. 69
II. Jesu Weherufe über galiläische Orte in Luk 10,13–16 ............................... 71 § 1 Einordnung in den Kontext und Umfang der Rede.............................. 71 § 2 Die Weherufe im Kontext der Aussendungsrede ................................. 73 § 3 Die Weherufe – Text und Gliederung, Tradition und Redaktion......... 75 § 4 Die Weherufe Luk 10,13–16 und ihre Bedeutung für das Gerichtsverständnis bei Lukas – Motive und Begriffe ........................ 76 1. Drei Dörfer, zwei Städte .................................................................. 76 a) Chorazin, Bethsaida und Kapernaum .......................................... 76 b) Tyrus und Sidon .......................................................................... 81 2. Die Terminologie in den Weherufen Luk 10,13–16 ........................ 82 a) Die kri,sij in V. 14 ...................................................................... 82 b) Das meta,noia-Motiv in V. 13 ...................................................... 83 c) … mh. e[wj ouvranou/ u`ywqh,sh|È e[wj tou/ a|[dou katabh,sh| in Luk 10,15................................................................................ 87 d) avkou,w – avqete,w in Luk 10,16 ...................................................... 90 § 5 Zusammenfassung und Ertrag ............................................................. 91 III. Das Zeichen des Jona Luk 11,16.29–32 ..................................................... 93 § 1 Der Kontext von Luk 11,29–32 ........................................................... 93 § 2 Das Zeichen des Jona Luk 11,29–32 ................................................... 96 1. Das Jonazeichen – Text, Tradition und Redaktion .......................... 96 2. Zur Deutung des Jonazeichens in Luk 11,29–32 ........................... 100 3. Das Jonazeichen als Offenbarung des endzeitlichen Richters ....... 103 4. Das Jonazeichen im Kontext von Luk 11 ...................................... 108
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§ 3 Zusammenfassung und Ertrag ........................................................... 110 IV. Ermutigungen und Ermahnungen in Luk 12 ............................................ 111 § 1 Gliederung von Luk 12 ...................................................................... 113 § 2 Einzelanalyse ausgewählter Textabschnitte ....................................... 113 1. Ermahnung zur Gottesfurcht in Luk 12,4–5 par. Mt 10,28 ............ 113 2. Der Menschensohnspruch in Luk 12,8–9 ...................................... 115 a) Zur ursprünglichen Gestalt von Q 12,8f. und zu seinem Verhältnis zu Mk 8,38 .............................................................. 116 b) `Omologei/n und avrnei/sqai als Schlüsselbegriffe in Luk 12,8f. . 120 3. Zwischenergebnis – Die Funktion von Luk 12,4f.8f. für Lukas .... 122 4. Die Knechtsrede in Luk 12,35–48............................................. 123 a) Luk 12,35–48 – seine Überlieferung und Gliederung ............... 123 b) Traditions- und redaktionskritische Analyse ............................ 124 aa) Luk 12,35–38 ...................................................................... 124 bb) Luk 12,39f.41–46 ............................................................... 127 cc) Luk 12,47f........................................................................... 128 dd) Ergebnis der traditions- und redaktionskritischen Analyse von Luk 12,39f.41–46.47f. .................................... 129 c) Zum Inhalt von Luk 12,35–48 und zur Intention des Lukas ..... 129 d) Zusammenfassung .................................................................... 137 5. Beurteilung der Zeit in Luk 12,54–59............................................ 137 a) Text und Gliederung ................................................................. 137 b) Literar- und redaktionskritische Analyse .................................. 138 c) Zur Deutung von Luk 12,54–59 und zur spezifisch lukanischen Intention im Kontext von Luk 12f. ...................... 139 § 3 Zusammenfassung und Ertrag ........................................................... 141 V. Zwei Unglücksfälle und ein Gleichnis – Luk 13,1–5.6–9 ........................ 143 § 1 Text, Gliederung und redaktionskritische Überlegungen .................. 143 § 2 Zusammen- oder Getrenntüberlieferung von Luk 13,1–5.6–9........... 147 § 3 Luk 13,1–5.6–9 in seinem Kontext .................................................... 148 § 4 Zur Historizität der Ereignisse in Luk 13,1.4..................................... 151 § 5 Der Tun-Ergehen-Zusammenhang und die lukanische Alternative der Umkehr ........................................................................................ 153 § 6 Drei Bilder im Gleichnis Luk 13,6–9 ................................................ 157 1. h` sukh/ ............................................................................................ 158 2. Der avmpelourgo,j ............................................................................ 163 3. Das Gnadenjahr als Gnadenfrist – Luk 13,8 und Luk 4,19 ............ 164 4. Das e;toj in Luk 13,8 – Lukanische Heils- und Gerichtskonzeption komprimiert.................................................. 169 5. Gnadenjahr = Gnadenfrist .............................................................. 170 § 7 Zusammenfassung und Ertrag ........................................................... 171
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VI. Die enge Pforte in Luk 13,22–30.............................................................. 173 § 1 Text, Gliederung und Einordnung in den Kontext ............................. 174 § 2 Tradition und Redaktion in Luk 13,22–30 ......................................... 175 1. Luk 13,24 par. Mt 7,13f. ................................................................ 176 2. Luk 13,25 par. Mt 25,10–12 .......................................................... 177 3. Luk 13,26f. par. Mt 7,22f............................................................... 178 4. Luk 13,28f. par. Mt 8,11f............................................................... 180 5. Luk 13,30 par. Mt 20,16 ................................................................ 181 § 3 Deutung der neu geschaffenen Rede Luk 13,22–30 und die Intention des Lukas ............................................................................ 182 1. Die Einleitungssequenz in V. 22f. ................................................. 182 2. Der dialogische Teil V. 24–27 ....................................................... 183 3. Endzeitschicksale und Schlusskommentar in V. 28–30................. 187 § 4 Luk 13,22–30 und das Gleichnis vom großen Gastmahl in Luk 14,15.16ff. .............................................................................. 191 § 5 Zusammenfassung und Ertrag ........................................................... 192 VII. Das große Gastmahl Luk 14,15.16–24 par. Mt 22,1–14; EvThom 64 ............................................................................................... 193 § 1 Text und Gliederung von Luk 14,15.16–24 ....................................... 193 § 2 Traditions- und redaktionskritische Analyse ..................................... 195 1. Synoptischer Vergleich von Luk 14,16–24 mit Mt 22,1–14 und EvThom 64 ............................................................................. 195 2. Traditions- und redaktionskritische Analyse von Q/Luk 14,16–24 ............................................................................ 198 § 3 Allegorie und Bildwelt in Luk 14,16–24 ........................................... 203 1. Die Rede vom dei/pnon in Luk 14,16f.24 als Sinnbild eschatologischen Heils und Unheils .............................................. 203 2. „Kommt, denn es ist schon bereit!“ (Luk 14,17) ........................... 206 3. Die Gäste ....................................................................................... 208 § 4 Zusammenfassung und Ertrag ........................................................... 212 VIII. Wider Erwarten? Postmortale Wendungen in Luk 16,19–31 ................. 213 § 1 Text und Textkritik, Gattungsbestimmung und Verortung im Kontext ......................................................................................... 214 § 2 Literar- und redaktionskritische Analyse ........................................... 218 § 3 Traditionsgeschichtliche Überlegungen zu Luk 16,19–26.27–31...... 221 § 4 Ein Fenster ins Jenseits – Zur Funktion von Luk 16,19–31 im Lukasevangelium .......................................................................... 225 1. Der „Reiche“ und der „Arme“ und die Umkehrung der Schicksale ............................................................................... 226 2. Abraham als Mittler zwischen „oben“ und „unten“ ....................... 228 3. Endgültiges oder Interimsurteil – Individuelles bzw. kollektives (Un-) Heil bei Lukas? ................................................. 231
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4. „Sie haben Mose und die Propheten!“ – Hören und Umkehren als Heilsvoraussetzungen bei Lukas .............................................. 237 § 5 Zusammenfassung und Ertrag ........................................................... 240 IX. Vom Kommen des Gottesreiches Luk 17,20–37 par. Mt 24 .................... 241 § 1 Text Luk 17,20–37 und Gliederung ................................................... 241 § 2 Traditions- und redaktionskritische Fragen ....................................... 244 1. Luk 17,20f. .................................................................................... 246 2. Luk 17,22 ....................................................................................... 247 3. Luk 17,23f.26f. .............................................................................. 248 4. Luk 17,28–30 ................................................................................. 250 5. Luk 17,31.33 .................................................................................. 253 6. Luk 17,34f. .................................................................................... 255 7. Luk 17,37b ..................................................................................... 257 8. Zwischenergebnis .......................................................................... 260 § 3 Die Rede vom Gottesgericht in der Kernüberlieferung Q 17,23–24. 26–30.31.33.34–35.37b und in ihrer lukanischen Bearbeitung ......... 261 § 4 Der Nicht-Q-Stoff in der ersten Endzeitrede Luk 17,20f.22.25. 32.37a ................................................................................................ 271 § 5 Zusammenfassung und Ertrag ........................................................... 279 X. Die zweite Endzeitrede Luk 21,5–36 ....................................................... 281 § 1 Die Stellung von Luk 21,5–36 im Kontext des Evangeliums und die Frage nach den Adressaten der Rede .................................... 281 § 2 Zur Frage nach den Quellen in Luk 21,5ff. ....................................... 282 § 3 Zur Gliederung von Luk 21,5–36 ...................................................... 285 § 4 Redaktionskritische Analyse der einzelnen Textabschnitte ............... 287 1. Luk 21,5f. par. Mk 13,1f.: Die Weissagung vom Ende des Tempels................................................................................... 287 2. Luk 21,7–11 par. Mk 13,3–8: Die Vorzeichen des Endes von Jerusalem....................................................................................... 288 a) Luk 21,7–9 par. Mk 13,3–7....................................................... 288 b) Luk 21,10f. par. Mk 13,8 .......................................................... 289 3. Luk 21,12–19 par. Mk 13,9–13: Die Verfolgung der Jesusjünger .................................................................................... 290 4. Luk 21,20–24 par. Mk 13,14–20: Die Weissagung von der Zerstörung Jerusalems ................................................................... 292 5. Luk 21,25–28 par. Mk 13,24–27: Das Kommen des Menschensohnes ........................................................................... 294 6. Luk 21,29–31 par. Mk 13,28f.: Das Gleichnis vom Ausschlagen der Bäume ................................................................ 295 7. Luk 21,32f. par Mk 13,30–32:Vom Vergehen „dieses Geschlechts“ und vom Bleiben der „Worte“ ................................. 296 8. Luk 21,34–36: Schlussparänese ..................................................... 296
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§ 5 Die zweite Endzeitrede Luk 21,5–36 – Vergewisserung für zweifelnde Christen ........................................................................... 299 § 6 Zusammenfassung und Ertrag ........................................................... 304
D. Ergebnisse: Das Gericht Gottes bei Lukas ................................................. 306 1. Was ist das Gericht Gottes bei Lukas und wann findet es statt? .... 306 2. Wer richtet? ................................................................................... 309 3. Wen trifft Gottes Gericht? ............................................................. 309 4. Was rettet im Gericht? ................................................................... 312 5. Was bedeutet das drohende Gericht für die lukanische Jesuserzählung? ............................................................................. 314 6. Welches Ziel verfolgt Lukas mit seiner Rede von einem göttlichen Gerichtshandeln? .......................................................... 315
E. Ausblick ...................................................................................................... 317 Die Umkehrpredigt und Gerichtsankündigung des Paulus in der Areopagrede Apg 17,22–32...................................................................... 317 § 1 Ein Gliederungsvorschlag der Areopagrede Apg 17,22–31 und die Funktion der V. 30f. innerhalb der Rede............................... 317 § 2 Die Areopagrede – eine lukanische Komposition.............................. 318 § 3 Apg 17,30f. als Fokussierung lukanischer Gerichtsvorstellung......... 320 Literaturverzeichnis......................................................................................... 325 Stellenregister.................................................................................................. 347 Autorenregister ................................................................................................ 377 Sachregister ..................................................................................................... 382
A. Einleitung Le,gw de. u`mi/n( pa/j o]j a'n o`mologh,sh| evn evmoi. e;mprosqen tw/n avnqrw,pwn( kai. o` ui`o.j tou/ avnqrw,pou o`mologh,sei evn auvtw/| e;mprosqen tw/n avgge,lwn tou/ qeou/\ o` de. avrnhsa,meno,j me evnw,pion tw/n avnqrw,pwn avparnhqh,setai evnw,pion tw/n avgge,lwn tou/ qeou/. Luk 12,8–9 Fobero.n to. evmpesei/n eivj cei/raj qeou/ zw/ntojÅ Heb 10,31
I. Problemstellung und Zielsetzung der Arbeit I. Problemstellung und Zielsetzung der Arbeit
Denkt man an den Evangelisten Lukas, werden die meisten Zeitgenossen unmittelbar die Weihnachtsgeschichte in Luk 2,1–20 vor Augen haben. In neutestamentlichen Vorlesungen zu Lukas sind zwei der grundlegenden Informationen, dass Lukas als einziger unter den Evangelisten mit der Apostelgeschichte eine Fortsetzung zu seinem Evangelium verfasst hat – beide bilden zusammen das sog. Lukanische Doppelwerk – und dass Lukas innerhalb seines Werkes offenbar ein heilsgeschichtliches Konzept verfolgt. Dieses teilt beispielsweise Hans Conzelmann in seiner einschlägigen Studie zur Theologie des Lukas ausgehend von Luk 16,16 in drei Perioden: „a) [Die] Zeit Israels (Lc 16,16). b) [Die] Zeit des Wirkens Jesu (nicht: seines „Lebens“), charakterisiert in Stellen wie Lc 4,16ff., act 10,38. c) [Die] Zeit seit der Erhöhung des Herrn, auf Erden Zeit der Kirche, in welcher die Tugend der Geduld gefordert ist.“1 Ein Kulminationspunkt lukanischer Theologie ist m.E. in der Einleitung zur Täuferrede in Luk 3,6 zu finden, wenn es dort heißt:
1
HANS CONZELMANN, Die Mitte der Zeit. Studien zur Theologie des Lukas, BHTh 17, 4. Aufl., Tübingen 1962, 9. In der gegenwärtigen Diskussion wird diese scharfe Trennung der Zeitabschnitte jedoch nicht mehr uneingeschränkt vertreten. Stattdessen zieht man der heilsgeschichtlichen Dreiteilung eher eine Zweiteilung vor. Grundsätzlich hat sich demzufolge die Grenzziehung zwischen einer „Zeit Israels“ und der ihr folgenden Heilszeit für den Entwurf des Lukas weitgehend durchgesetzt; vgl. INGO BROER, Einleitung in das Neue Testament, Bd. 1. Die synoptischen Evangelien, die Apostelgeschichte und die johanneische Literatur, Würzburg 2006, 143f.
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A. Einleitung
Kai. o;yetai pa/sa sa.rx to. swth,rion tou/ qeou/ (vgl. auch Luk 2,322).
Lukas geht es in erster Linie um die Heilsverkündigung an Juden und „Heiden“, um die sich besonders sein Protagonist Paulus in der Apostelgeschichte reichlich bemüht, indem er von Antiochien am Orontes ausgehend durch die halbe Mittelmeerwelt reist, um das Evangelium von Jesus Christus in den Synagogen der Juden und auf den öffentlichen Plätzen der „Heiden“ zu predigen und christliche Gemeinden zu gründen. Doch wo viel Licht ist, findet man natürlich auch den Schatten. Dieser ist bei Lukas in der Tat erkennbar. Man denke nur an die Sondergutgeschichte vom reichen Mann und vom armen Lazarus in Luk 16,19–313, in welcher ganz klar von einem ca,sma me,ga (V. 26) die Rede ist, das zwischen dem heilvollen Ort im „Schoße Abrahams“ und dem unheilvollen Hades trennt. Zudem legt Lukas die Erwartung eines göttlichen Gerichts auch ausdrücklich dem Apostel Paulus in der Areopagrede (Apg 17,22–314) in den Mund. Dort heißt es in V. 30f.: Tou.j me.n ou=n cro,nouj th/j avgnoi,aj u`peridw.n o` qeo,j( ta. nu/n paragge,llei toi/j avnqrw,poij pa,ntaj pantacou/ metanoei/n( kaqo,ti e;sthsen h`me,ran evn h-| me,llei kri,nein th.n oivkoume,nhn evn dikaiosu,nh|( evn avndri. w-| w[risen( pi,stin parascw.n pa/sin avnasth,saj auvto.n evk nekrw/nÅ
Gott hat einen Tag festgesetzt, an dem er über den Erdkreis Gericht halten will, und Jesus wird der von ihm eingesetzte Richter sein. Verbunden mit dieser Ansage ist jedoch auch der Auftrag an alle Menschen, umzukehren bzw. „Buße zu tun“. Was sich der dritte Evangelist konkret unter dem Topos der meta,noia vorstellt und wie man seiner Ansicht nach „gerettet“ werden kann, wird in Apg 16,30f.5 deutlich, wenn der Gefängnisaufseher Paulus und seine Begleiter fragt: Ku,rioi( ti, me dei/ poiei/n i[na swqw/È
und diese ihm antworten: Pi,steuson evpi. to.n ku,rion VIhsou/n kai. swqh,sh| su. kai. o` oi=ko,j souÅ
Wir sehen: Neben der universalen Heilsperspektive findet sich bei Lukas in dem Gedanken an ein Gottesgericht, das durchaus auch die Bestrafung des
2 Zur Funktion der Prophezeiung Simeons im lukanischen Doppelwerk vgl. B ART J. KOET, Simeons Worte (Lk 2,29–32.34c–35) und Israels Geschick, in: Frans van Segbroeck/Christopher M. Tuckett/Gilbert van Belle/Jozef Verheyden (Hrsg.), The Four Gospels. Festschrift Frans Neirynck, Bd. 2, Leuven 1992, 1549–1569. 3 Der Text ist auch wiederkehrende Evangeliumslesung sowie Predigttext der Perikopenreihe I am 1. Sonntag nach Trinitatis. 4 Auch die Areopagrede ist Predigttext der Perikopenreihe VI am Sonntag Jubilate, wobei der für uns interessante Teil, der die Ankündigung des Gottesgerichts enthält, „fakultativ“ ist; vgl. Erläuterungen zum Perikopenbuch mit Lektionar, hrsg. von der Lutherischen Liturgischen Konferenz Deutschlands, 5. Aufl., Hannover 1995, 15. 5 Apg 16,23–34 ist Predigttext der Perikopenreihe IV am Sonntag Kantate.
I. Problemstellung und Zielsetzung der Arbeit
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Einzelnen zur Folge haben kann, auch eine universale Unheilsperspektive, die aber offensichtlich vom Menschen selbst individuell beeinflusst werden kann. Die vorliegende Arbeit möchte zur Erhellung des Gerichtsmotivs bei Lukas einen Beitrag leisten. Ferner möchte sie darstellen, wie mit der Stimme eines neutestamentlichen Autors vom Gericht Gottes einerseits und von der Möglichkeit einer Rettung aus diesem Gericht andererseits zu reden ist. Innerhalb der neutestamentlichen Forschung sind die einschlägigen Texte des Lukanischen Doppelwerkes zwar jeweils für sich bereits in Augenschein genommen und z.T. auch schon in einen eschatologischen Horizont der lukanischen Schriften gestellt worden.6 Der Versuch aber, die Rede von einem Gottesgericht als ein die Theologie des Lukas – vor allem seine Soteriologie – maßgeblich mitbestimmendes Motiv zu untersuchen und nach ihrer Herkunft und Rezeption zu fragen, scheint noch auszustehen. Drei Fragen haben mich während der Lektüre vor allem des dritten Evangeliums beschäftigt: 1. Wie bringt Lukas das „Gericht Gottes“ in seinem Werk zur Sprache? 2. Welches Ziel verfolgt der dritte Evangelist mit Blick auf seine Adressaten, wenn er vom Gottesgericht spricht? 3. Wie verhalten sich Heilsverkündigung und Gerichtsandrohung zueinander? Mir über diese drei Fragen Klarheit zu verschaffen, darin liegt mein Interesse in dieser Arbeit, in der ich vor allem das Lukasevangelium ins Zentrum meiner Betrachtung gestellt habe. Da sich nämlich die meisten Texte zur Klärung dieser Fragen dort befinden, möchte ich mich in dieser Arbeit auf das dritte Evangelium beschränken. Lediglich Apg 17,30f. werde ich als einschlägigen lukanischen Referenztext aus der Apostelgeschichte in einem Ausblick am Ende der Arbeit kurz in Augenschein nehmen. Die Rede von einem (endzeitlichen) Gottesgericht begegnet den Rezipienten des Lukasevangeliums an zahlreichen Stellen. Zum einen sind es knappe Andeutungen, in denen Lukas das Gerichtsmotiv ins Spiel bringt wie z.B. im eingangs zitierten Abschnitt Luk 12,8f., in dem der lukanische Jesus seine Jünger zum Bekenntnis ermutigt und zugleich auf seinen Einfluss „im Himmel“ hinweist. Denn „jeder, der sich zu mir bekennt vor den Menschen, zu dem wird 6 So in zwei Beiträgen eines im Jahr 2011 erschienenen Aufsatzbandes zur Eschatologie des Neuen Testaments von MICHAEL WOLTER, Eschatology in the Gospel according to Luke, in: Jan G. van der Watt (Hrsg.), Eschatology of the New Testament and some related Documents, WUNT II/315, Tübingen 2011, 91–108, und von U LRICH BUSSE, Eschatologie in der Apostelgeschichte, ebd., 141–178; vgl. auch TAKASHI ONUKI, Christologie und Eschatologie in der lukanischen Theologie. Ein Vergleich zu Johannes und zugleich eine kritische Auseinandersetzung mit J. Ernst, in: ders. (Hrsg.), Heil und Erlösung. Studien zum Neuen Testament und zur Gnosis, WUNT 165, Tübingen 2004, 186–198, und die ältere Arbeit, mit der sich Onuki in seinem eben genannten Aufsatz auseinandersetzt, von JOSEF ERNST, Herr der Geschichte. Perspektiven der lukanischen Eschatologie, SBS 88, Stuttgart 1978.
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A. Einleitung
sich auch der Menschensohn bekennen vor den Engeln Gottes; wer sich aber von mir lossagt vor den Menschen, den wird auch er verleugnen vor den Engeln Gottes.“ Zum anderen widmet Lukas dem Thema auch längere Textpassagen, die er zum Teil seinen beiden wichtigsten schriftlichen Quellen Markus und Q entnimmt, zum Teil auch seinem Sondergut wie die bereits erwähnte bildhafte Erzählung vom Hadesaufenthalt des reichen Mannes in Luk 16,19–31. An der Anordnung und der redaktionellen Bearbeitung der Stoffe lässt sich vielfach die Hand des Lukas erkennen. Gerade an jenen Texten, die sich mit der Tatsache eines letztinstanzlichen Gerichts Gottes auseinandersetzen, kann gezeigt werden, dass Lukas hier große Sorgfalt darauf verwendet, diese für seine Gemeinde zu aktualisieren und so zu einem prägenden Aspekt seiner Botschaft werden zu lassen. Mir ist während des Studiums des Lukasevangeliums immer deutlicher geworden, dass das Gerichtsmotiv für den Verfasser von Luk/Apg eine wichtige Rolle spielt und nicht bloß einen Nebenschauplatz innerhalb seines theologischen Denkens darstellt. Mir ist allerdings auch klar, dass die Rede von einem zukünftigen Gottesgericht bei Lukas nicht allein für sich betrachtet werden kann. Um zu einem Gesamturteil über die Intention des dritten Evangelisten zu kommen, mit der er sein Werk schreibt, bedarf das Motiv des Gottesgerichts seiner Verortung innerhalb der lukanischen Eschatologie, Soteriologie und Christologie.7 Diese scheint mir jedoch ein eigener Arbeitsschwerpunkt zu sein, der hier nur in Ansätzen zur Sprache kommen kann. Ich betrachte mein Thema „Gericht bei Lukas“ folglich als einen Teilaspekt eines wesentlich größeren und differenzierter wahrzunehmenden neutestamentlichen Entwurfs einer Heilsgeschichte, zu dem hin jedoch immer wieder Querverbindungen und Anknüpfungspunkte gesucht und herausgearbeitet werden sollen. So hat beispielsweise der lukanische Jesus als irdischer Heilsbringer einerseits und himmlischer Richter andererseits zwei Schlüsselpositionen in der Theologie des Lukas inne. In Fortsetzung der Umkehrpredigt Johannes des Täufers ruft auch Jesus bei Lukas stets zur Umkehr auf, und an der Reaktion derer, auf die Jesus während seiner Wanderschaft von Galiäa nach Jerusalem trifft, entscheidet sich für sie ihr jenseitiges Schicksal. Diese Andeutungen mögen vorerst genügen, um hier einen Vorstoß in die Eschatologie des Lukas zu wagen und das Motiv des Gottesgerichts im Werk des Lukas genauer in den Blick zu nehmen.
7 Es wäre interessant, auch die ekklesiologischen Gesichtspunkte, die sich aus der lukanischen Eschatologie ergeben, zu verfolgen, führen aber im Rahmen dieser Arbeit zu weit.
II. Aufbau der Arbeit
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II. Aufbau der Arbeit II. Aufbau der Arbeit
Die vorliegende Arbeit ist so aufgebaut, dass ich im Rahmen dieser Einleitung (Teil A) zunächst einen Einblick in die jüngere Forschungsgeschichte geben möchte (§ 3), bevor ich dann in einem Teil B versuche, Lukas im Blick auf seine Vorstellungen zum Gottesgericht in seinen zeitgenössischen Kontext einzuordnen. Die leitende Frage wird sein: Was könnte Lukas an Gerichtsvorstellungen aus seiner (literarischen) Umwelt gekannt und beeinflusst haben? In einem dritten Teil (Teil C) folgen die Einzeluntersuchungen der einschlägigen Texte im Lukasevangelium.8 Dabei folge ich dem Aufbau des Evangeliums und werde die Texte gemäß dem Verlauf der Erzählung der Reihe nach behandeln. Grundlage für die Beurteilung zunächst der einzelnen „Gerichtstexte“, dann aber auch ihrer Funktion im Ganzen, die Lukas mit ihnen verfolgt, wird dabei stets der synchron zu lesende Text sein, denn dieser ist für Lukas selbst und seine Adressaten der allein maßgebliche. Zuvor aber müssen in jedem Textstück selbstverständlich Tradition und Redaktion sorgfältig voneinander abgehoben werden, um der viva vox Lucae näher zu kommen. Der abschließende Teil D beinhaltet die Ergebnisse und Schlussfolgerungen, die sich im Blick auf das Thema „Gericht bei Lukas“ ergeben. Darauf folgt in einem kurzen Abschnitt (Teil E) ein Ausblick auf Apg 17,30f., der zuletzt die für unser Thema zentrale Aussage im zweiten Teil des lukanischen Doppelwerkes zur Sprache bringt.
III. Das Gericht bei Lukas in der neutestamentlichen Forschung III. Das Gericht bei Lukas in der neutestamentlichen Forschung
Um es gleich vorwegzunehmen: Das Thema „Gericht bei Lukas“ ist, soweit ich sehe, noch nicht monographisch behandelt worden.9 Auch innerhalb der Arbeiten zur Eschatologie des Lukas10 spielt es eine eher untergeordnete Rolle. Wal-
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Der griechische Text, der den Einzeluntersuchungen zugrunde liegt, ist ausschließlich der 27. Auflage des Nestle/Aland entnommen. Als der 2. korrigierte Druck der 28. Auflage im Jahr 2013 erschien, war ein Großteil meiner Textanalysen bereits abgeschlossen, so dass die eine oder andere textkritische Variante hier noch nicht aufgeführt wird. Ich bitte daher den Leser/die Leserin bei eigenen Forschungen zu den von mir behandelten Texten auch die neueste 28. Auflage des Novum Testamentum Graece zu berücksichtigen. 9 Gerade mal einen Aufsatz konnte ich ausfindig machen, in dessen Überschrift zumindest die Topoi „Gericht“ und „Theologie des Lukas“ in Kombination zu lesen sind: JINDRICH MÁNEK, Geschichte und Gericht in der Theologie des Lukas, Kairos 13 (1971), 243– 251. 10 Vgl. dazu die Literaturlisten zur lukanischen Eschatologie in: MARTIN RESE, Das Lukas-Evangelium. Ein Forschungsbericht, in: ANRW II 25.3 (1985), 2258–2328; hier: 2321f.; WALTER RADL, Das Lukas-Evangelium, EdF 261, Darmstadt 1988, 128f.; FRAN-
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A. Einleitung
ter Radl beispielsweise erwähnt in seinem Forschungsüberblick die Tatsache, dass Lukas ein endzeitliches Gottesgericht erwartet, nur ganz beiläufig: „Die aus der prophetischen und apokalyptischen Tradition bekannten Ereignisse des Endgeschehens, vor allem das Kommen des Menschensohnes, Auferstehung der Toten und Gericht, kennt auch Lukas.“11 Die Endereignisse scheinen seiner Meinung nach nicht von besonderem Interesse für den dritten Evangelisten zu sein, denn: „Sein [des Lukas] Interesse konzentriert sich auf die Verantwortung des Christen in der Zwischenzeit.“12 Auch in einem früheren Aufsatz von E. Earle Ellis zur lukanischen Eschatologie wird zwar dargelegt, dass ein Gericht und die Vollendung des Reiches Gottes bei Lukas aufgeschoben sind, ohne dass er jedoch näher auf die Bedeutung des Gerichtsgedankens in der Theologie des dritten Evangelisten eingeht.13 Heinrich Baarlink kommt in seiner Studie zur Eschatologie der synoptischen Evangelien auf den Gerichtsaspekt bei Lukas ebenfalls nur kurz im Zuge der Zerstörung Jerusalems zu sprechen: „(3) Der Untergang Jerusalems ist Gericht Gottes über Israel und Ausdruck seines Zornes; dieses Gericht bzw. dieser Zorn hat jedoch nicht einen definitiven, sondern einen zeitlich begrenzten Charakter: solange Gott es den Heiden erlaubt. (4) In der zeitlichen Verlängerung dessen liegt Gottes Gericht über die Völker, die die Juden unterdrückt haben werden (vgl. [Luk 21] V. 25 mit V. 24). Angst und Ratlosigkeit erfüllen die Völker, die als Feinde Gottes angedeutet werden. Sie werden mit dem kommenden Menschensohn konfrontiert werden.“14 Eine eingehendere Auseinandersetzung und theologische Bewertung der Erwartung eines endzeitlichen Gottesgerichts für die lukanische Eschatologie unternimmt auch Baarlink nicht. Mit dem Fokus speziell auf den Topos „Gericht Gottes bei Lukas“ könnten wir jetzt weitere (ältere) Arbeiten zur lukanischen Eschatologie durchgehen und
ÇOIS BOVON, Luke – The Theologian. Fivty-five Years of Research (1950–2005), 2. Aufl., Waco 2006, 1–10. 11 RADL, Lukas-Evangelium, 129. Vgl. auch THOMAS SCHMIDT, Das Ende der Zeit. Mythos und Metaphorik als Fundamente einer Hermeneutik biblischer Eschatologie, BBB 109, Bodenheim 1996. In seinem Abschnitt zur Eschatologie des Lukanischen Doppelwerkes (vgl. die Seiten 241–248) erwähnt er die lukanische Rede von einem Gottesgericht ebenfalls nur am Rande, ohne ihr einen größeren Stellenwert für die Theologie des Lukas beizumessen (245f.). 12 RADL ebd., 130. 13 Vgl. E. EARLE ELLIS, Die Funktion der Eschatologie im Lukasevangelium, ZThK 66 (1969), 387–402; hier: 397; wieder abgedruckt in: Georg Braumann (Hrsg.), Das LukasEvangelium. Die redaktions- und kompositionsgeschichtliche Forschung, WdF 280, Darmstadt 1974, 378–397. 14 HEINRICH B AARLINK, Die Eschatologie der synoptischen Evangelien, BWANT 120, Stuttgart/Berlin/Köln/Mainz 1986, 161f. Zum Gericht in der Apg findet Apg 17,31 Erwähnung; vgl. ebd., 169.
III. Das Gericht bei Lukas in der neutestamentlichen Forschung
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kämen zu ähnlichen Ergebnissen15: Er ist im Wesentlichen unterbelichtet und erfährt kaum nähere oder gar keine Beachtung. Stärker wahrgenommen und in seinen eschatologischen Kontext bei Lukas eingebettet wird das Endgericht Gottes dagegen in der oben erwähnten neuesten Darstellung zur lukanischen Eschatologie von Michael Wolter: „According to Luke 12:8–9, 42–46 and 47–48 a final judgment will be held where everybody will be jugded according to his or her deeds in the broadest sense; i.e. whether or not he or she has acknowledged The Son of man before others; and whether or not he or she has heard and done what was expected of him or her. Below this level the judgment scene in Luke 19:16–26 indicates that Luke was still expecting a judgment according to deeds even for believers.”16 Als ein eigener Untersuchungsgegenstand wird der Gerichtsaspekt allerdings auch von Wolter nicht behandelt. Er bleibt folglich auch bei ihm ein singuläres und unverbundenes Element innerhalb der Auseinandersetzung mit der lukanischen Eschatologie und ihrer theologischen Bedeutung für den Verfasser von Luk/ Apg. Im Hinblick darauf treten bei Wolter andere Fragen wesentlich deutlicher in den Vordergrund: Hat Lukas die ausgebliebene Parusie des Menschensohnes etwa durch eine Geschichtskonzeption ersetzt, in der die Kirche an die Stelle der alsbald erwarteten Heilsvollendung tritt und damit das Ende der Welt in weite Ferne rückt? Oder: Wie verhalten sich individuelle und kollektive Zukunftserwartung im Werk des Lukas zueinander? Oder: Wie kann man die bei Lukas spürbare Verzögerung der Parusie sowie seine dabei nicht aufgegebene Naherwartung zusammen denken? Diese und daran anknüpfende Fragen stehen bei der Beschäftigung mit der lukanischen Eschatologie im Vordergrund. Ist der Befund einer tiefergehenden Auseinandersetzung mit dem Topos des Gottesgerichts im Rahmen lukanischer Eschatologie bisher eher negativ ausgefallen, blicken wir nun auf die allgemeinen Darstellungen des Gerichts im Neuen Testament. Dabei ist festzustellen, dass auch hier die Rede von einem Gottesgericht innerhalb des Lukanischen Doppelwerkes nicht eigenständig in den Blick genommen wird. In der Regel stehen bei der Erörterung von Gerichtsvor15
Vgl. z.B. JAQUES DUPONT, Die individuelle Eschatologie im Lukasevangelium und in der Apostelgeschichte, in: Paul Hoffmann (Hrsg.), Orientierung an Jesus. Zur Theologie der Synoptiker, FS für Josef Schmid, Freiburg/Basel/Wien 1973, 37–47; JOSEF ERNST, Herr der Geschichte. Perspektiven der lukanischen Eschatologie, SBS 88, Stuttgart 1978; JOHN T. CARROLL, Response to the End of History. Eschatology and Situation in LukeActs, SBL.DS 92, Atlanta 1988. 16 MICHAEL WOLTER, Eschatology in the Gospel According to Luke, in: Jan G. van der Watt (Hrsg.), Eschatology of the New Testament and some related documents, WUNT II/315, Tübingen 2011, 91–108; s.a. den Beitrag von U LRICH BUSSE, Eschatologie in der Apostelgeschichte auf den Seiten 141–178 im selben Buch; vgl. ferner auch ANDREW J. MATTILL, Luke and the Last Things. A Perspective for the Understanding of Lukan Thought, Dillsboro 1979.
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A. Einleitung
stellungen im Neuen Testament vor allem dessen Protagonisten Johannes der Täufer, Jesus, Paulus sowie die johanneischen Schriften im Zentrum des Interesses.17 Belege bei Lukas werden dagegen zusammen mit jenen aus den anderen synoptischen Evangelien und aus Q allgemein unter die Überschrift „Die frühe Gemeinde“18 subsumiert und in ihrer jeweiligen Eigenständigkeit nicht wahrgenommen.19 Nach wie vor kann die Klage Egon Brandenburgers aus der ersten Hälfte der 1990er Jahre im Blick auf den Stand der Erforschung neutestamentlicher Gerichtskonzeptionen auch gegenwärtig noch aufrecht erhalten werden, wenn er schreibt: „In der neutestamentlichen Wissenschaft ist die Problematisierung des Begriffs Gericht Gottes vergleichsweise schwach entwickelt. Vom Gericht Gottes oder Christi wird in der Regel sehr pauschal und undifferenziert gesprochen, als gäbe es nicht recht unterschiedliche Konzeptionen und Funktionen. Untersuchungen zu Gerichtstexten sind rar; und was eine Untersuchung und Darstellung der Gesamtthematik anbelangt, so ist zum Neuen Testament etwa das gleiche zu vermerken, was zum Alten Testament lapidar festgestellt wurde: ‚Eine Monographie fehlt bisher‘.“20 Dementsprechend formuliert Werner Zager in der Einleitung zu seiner Untersuchung der Rede von der Gottesherrschaft und vom Endgericht in der markinischen Jesusüberlieferung wenige Jahre nach Brandenburger: „Für die neutestamentliche Exegese ist es von historischem Interesse, wie die Erwartung eines Endgerichts im Urchristentum aufgekommen ist und sich weiter entwickelt hat. […] Weiterhin gilt zu klären, auf welche Problemstellungen und Herausforderungen sich die synoptischen Endgerichtsaussagen beziehen und 17
Vgl. EGON BRANDENBURGER, Art. Gericht Gottes III. Neues Testament, TRE 12 (1984), 469–483. Eine der zuletzt erschienenen Arbeiten zur Darstellung der Gerichtsvorstellungen vom Alten Testament bis zu Jesus ist jene von CHRISTIAN STETTLER, Das letzte Gericht. Studien zur Endgerichtserwartung von den Schriftpropheten bis Jesus, WUNT II/299, Tübingen 2011; vgl. auch die Habilitationsschrift von M ARIUS REISER, Die Gerichtspredigt Jesu. Eine Untersuchung zur eschatologischen Verkündigung Jesu und ihrem frühjüdischen Hintergrund, NTA 23, Münster 1990, sowie die Arbeit von C HRISTIAN RINIKER, Die Gerichtsverkündigung Jesu, EHS.T XXIII/653, Bern 1999. 18 BRANDENBURGER, Gericht Gottes III, 470–474. 19 Vgl. auch die Kontroverse zwischen KURT ERLEMANN, Das „letzte Gericht“ – ein erledigtes Mythologumenon?, in: ZNT 9 (2002), 47–53, und LUKAS BORMANN, Das „letzte Gericht“ – ein abständiges Mythologumenon, 54–59, in der gleichen Ausgabe. Im zweiten Abschnitt stellt Erlemann Gerichtsaussagen in Mt/Q, Joh, 1. Joh, Röm und Eph/Kol vor. Luk/Apg hingegen fehlen. Auch Bormann bemüht Paulus und Matthäus, unterstreicht jedoch mit Stellen aus dem Lukasevangelium lediglich die „zentrale ethische Forderung nach dem Tun der Liebe im Horizont des Reiches Gottes bzw. der Parusie“, die bei Lukas nicht selten mit der Ankündigung eines „Gerichts nach Taten“ einhergeht; vgl. ebd., 57. 20 EGON BRANDENBURGER, Gerichtskonzeptionen im Urchristentum und ihre Voraussetzungen. Eine Problemstudie, in: ders., Studien zur Geschichte und Theologie des Urchristentums, SBAB 15, Stuttgart 1993, 289–338; hier: 302.
III. Das Gericht bei Lukas in der neutestamentlichen Forschung
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wie sich jene im Laufe des Traditionsprozesses von der mündlichen Stufe bis zur Endredaktion der Evangelisten verändert haben und daher neue Antworten erforderten.“21 Auch aus Zagers Anmerkung zu Beginn seiner Untersuchung ist ersichtlich, dass auf dem Gebiet synoptischer Endgerichtsaussagen noch grundsätzlicher Klärungsbedarf besteht. Als Fazit aus diesem Überblick kann festgehalten werden, dass der Stellenwert der lukanischen Aussagen zum Gottesgericht im Rahmen einer Auseinandersetzung mit der Eschatologie des Lukas bisher nur als sehr gering veranschlagt worden ist. Auch in Darstellungen zur Rede vom Gericht Gottes im Neuen Testament als Ganzem wird der Topos „Gericht bei Lukas“ meist nur sehr kurz und sehr allgemein als eine unter vielen anderen Aussagen zum Gottesgericht innerhalb des frühen Christentums subsumiert. In der Regel setzt man sich in den einschlägigen Theologien des Neuen Testaments stärker mit den Gerichtsaussagen Johannes des Täufers, des historischen Jesus, des Apostels Paulus sowie mit der Rede von einem Gottesgericht im Corpus Johanneum auseinander.
21 WERNER ZAGER, Gottesherrschaft und Endgericht in der Verkündigung Jesu. Eine Untersuchung zur markinischen Jesusüberlieferung einschließlich der Q-Parallelen, BZNW 82, Berlin/New York 1996, 4.
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B. Der traditionelle Hintergrund der lukanischen Rede vom Gericht Gottes
B. Der traditionelle Hintergrund der lukanischen Rede vom Gericht Gottes I. Von Jesaja zu Jesus I. Von Jesaja zu Jesus
§ 1 Das Alte Testament „Mit der Verwendung des Begriffs ‚Gericht Gottes‘ in der Exegese und Theologie des Alten Testaments wird versucht, traditionsgeschichtlich komplexe Vorstellungen auf einen Nenner zu bringen“, so eröffnet Klaus Seybold seinen Artikel in der TRE zum Gericht Gottes im Alten Testament.1 In der Tat verbergen sich unter diesem Oberbegriff eine ganze Reihe von inhaltlich wie zeitlich weit auseinanderliegenden Motiven, die von einem rechtssetzenden, richtenden und strafenden Handeln Gottes im Alten Testament berichten. Deutlich erkennbar ist, dass Lukas von ihnen beeinflusst ist und sie in seiner eigenen Gerichtsvorstellung eine maßgebliche Rolle spielen. Nicht immer zweifelsfrei nachweisbar ist dagegen, welche Schriften des Alten Testaments ihm bekannt waren und mit welchen er selbst gearbeitet hat. Am deutlichsten erkennbar sind hier noch aus der Tora die Bücher Gen, Ex, Lev und Dtn, sodann Ps, Jes und aus dem Dodekapropheton Joel, Am, Hab und Mal.2 Anspielungen auf alttestamentliche Erzählungen und Motive erfolgen bei Lukas jedoch weit über die direkten Schriftbezüge hinaus und sind als solche nicht immer unmittelbar zu erkennen (z.B. die Elia- Elischatradition 1. Kön 17,17– 24; 2. Kön 4,18–37 in der lukanischen Erzählung vom Jüngling zu Nain in Luk 7,11–17). Mit welcher Hermeneutik der dritte Evangelist Alttestamentliches in sein Werk aufnimmt und welche Funktion dem alttestamentlichen Material hierin zugeschrieben werden kann, darüber ist bisher noch kein Konsens in der Lukasforschung erzielt worden.3 Lange vor der neueren Arbeit von Dietrich Rusam 1
KLAUS SEYBOLD, Art. Gericht Gottes I. Altes Testament, TRE 12 (1984), 460–466; hier: 460. 2 Vgl. die Listen der eindeutigen Schriftzitate und Allusionen auf alttestamentliche Schriftstellen innerhalb des lukanischen Doppelwerkes bei DIETRICH RUSAM, Das Alte Testament bei Lukas, BZNW 112, Berlin/New York 2003, 2–5. 3 Zur Forschungsgeschichte und zur Beurteilung des lukanischen Schriftengebrauchs mit Blick auf genuin jüdische Auslegungsmethoden, wie sie z.B. in den Midraschim oder
I. Von Jesaja zu Jesus
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hat sich im deutschsprachigen Raum zuerst Martin Rese in seiner 1969 erschienenen Untersuchung speziell mit der Frage nach den alttestamentlichen Schriftzitaten und Anspielungen bei Lukas auseinandergesetzt.4 Er schreibt: „Zur Zeit des Lukas ist die Schrift des Alten Testaments kaum nur eine Fundgrube für ein mehr oder weniger zufälliges und beliebig ersetzbares Material zu zeitbedingten Glaubensaussagen. Wenigstens zeigt gerade der differenzierte Rückgriff auf die Schrift durch Lukas, daß für ihn die Schrift eine wesentliche Verstehenshilfe für Gottes Handeln in der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft darstellt.“5 In einem späteren Aufsatz zur Funktion alttestamentlicher Zitate in der Apostelgeschichte erörtert Rese dann die verschiedenen Möglichkeiten, wie sich Lukas die Schriften des Alten Testaments zunutze gemacht hat.6 Vor allem das prophetische Element ist in den lukanischen Schriften nicht zu übersehen. Prophetisch redet zuallererst Zacharias in seinem Lobgesang Luk 1,67–79. Hanna wird in Luk 2,36 als Prophetin vorgestellt und von (christlichen) Propheten ist auch in Apg 11,27f. die Rede. Im Blick auf den Gegenstand dieser Untersuchung – Gericht bei Lukas – ist es nicht notwendig, den z.T. weit auseinanderliegenden Thesen zur lukanischen Auslegungsmethode und zu seinem Gebrauch der alttestamentlichen Schriften im Lukanischen Doppelwerk weiter nachzugehen. Es genügt, hier festzustellen, dass die Gerichtsvorstellung des Lukas zu einem nicht unerheblichen Teil von alttestamentlichen Motiven beeinflusst ist, diese dem dritten Evangelisten also vertraut sind, obgleich er im Blick auf das Gericht Gottes an keiner Stelle direkt aus den „Schriften“ zitiert. Zu ihnen zählen maßgeblich die vor allem der Prophetie entstammenden Vorstellungen vom sog. „Tag Jahwes“7 als Bezeichnung eines universalen Endgerichts (vgl. Jes 2,6–22; 13; 34,8; Joel 2,1–11; 3,4; Am 5,18–20; 6,3 u.ö.) und von einem davon unabhängigen Zorn- und Strafgericht über Israel als Ganzes, über einzelne Gruppen innerhalb Israels (Jes 3,13f.; Jer 2,26; Ez 7; Hos in qumranischen Pescharim zu finden sind, vgl. RUSAM, Das Alte Testament bei Lukas, 15–39. 4 MARTIN RESE, Alttestamentliche Motive in der Christologie des Lukas, StNT 1, Gütersloh 1969. 5 Ebd., 209. 6 Vgl. MARTIN RESE, Die Funktion der alttestamentlichen Zitate und Anspielungen in den Reden der Apostelgeschichte, in: Jacob Kremer (Hrsg.), Les Actes des Apôtres. Traditions, rédactions, théologie, BEThL 48, Leuven 1979, 61–79. Die Erkenntnisse Reses aufgenommen und weitergeführt hat in der zweiten Hälfte der 1980er Jahre: DARRELL L. BOCK, Proclamation from Prophecy and Pattern. Lucan Old Testament Christology, JSNT.SS 12, Sheffield 1987. 7 Vgl. dazu die Studie von NICOLA WENDEBOURG, Der Tag des Herrn. Zur Gerichtserwartung im Neuen Testament auf ihrem alttestamentlichen und frühjüdischen Hintergrund, WMANT 96, Neukirchen-Vluyn 2003, 28–85. Dieser Tag kann auch ohne Nennung des Jahwenamens mit entsprechenden Attributen näher beschrieben werden, z.B. als Tag der Rache/der Finsternis/der Vergeltung/der Schlacht/des Verderbens etc.; vgl. ebd., 29.
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B. Der traditionelle Hintergrund der lukanischen Rede vom Gericht Gottes
4,1ff.; Mi 6,2 u.ö.) sowie über einzelne „Fremdvölker“ (Ps 7,9f.12; Jes 10,1– 19; 13; 23; Jer 46–51; Ez 25ff. u.ö.). Im Alten Testament wie auch in den lukanischen Schriften begegnet uns nicht nur Gott selbst in seiner Funktion als Weltenrichter (z.B. Gen 18,25; Ps 58,12; Mal 3,5 vgl. auch Gen 8,21), sondern auch eine von ihm auserwählte Richterfigur wie z.B. in Dan 12,1–3 der Engelfürst Michael. Zudem wird sowohl in den prophetischen Schriften wie auch im lukanischen Doppelwerk das Gottesgericht zwar stets als unausweichliches Schicksal angekündigt, doch wird in der Regel immer zugleich auch eine Möglichkeit der neuerlichen Umkehr8 zu Jahwe und die Aussicht auf eine neue Heilszeit eröffnet (vgl. Am 5,4.6; Joel 2,12f.; Jes 65,17f.). In zahlreichen Fällen verfolgen die Gerichtsworte der Propheten also ein doppeltes Ziel: Sie rufen a) die gegenwärtige Generation zur Reue und Umkehr auf und drohen b) das göttliche Gericht an, wenn der Einzelne oder das Kollektiv nicht zur Umkehr bereit ist. Dieser Kausalzusammenhang wird uns auch bei Lukas begegnen. Auch in der Zielsetzung der alttestamentlichen Gottesgerichte gibt es Parallelen zu Luk/Apg. Denn, so formuliert es Horst Dietrich Preuß in seiner Theologie des Alten Testaments: „Das Gericht ist nicht Endziel, schon gar nicht Endzweck des Weges JHWHs mit seinem Volk […]. So kann von dem kommenden Gericht nicht nur als Vernichtung, sondern auch als Läuterung gesprochen werden (z.B. Jes 1,24ff.), und Gericht wie bedingtes oder unbedingtes Heil sind sämtlich Aspekte der Botschaft vom kommenden Gott.“9 Es diene vielmehr der Durchsetzung von Gottes gerechter Ordnung und der Vernichtung des Bösen.10 Auf das Gericht folge immer eine Heilszeit, so Preuß weiter.11 Jahwe kann aus seiner Barmherzigkeit und Gnade heraus bisweilen Sünden vergeben und aus der Schuld erlösen, so dass es nicht automatisch zur Vernichtung des Sünders kommen muss (Ps 103; vgl. Mi 7,18). Wie unbarmherzig sein 8
Vgl. dazu MIHAMM KIM-RAUCHHOLZ, Umkehr bei Lukas. Zu Wesen und Bedeutung der Metanoia in der Theologie des dritten Evangelisten, Neukirchen-Vluyn 2008. 9 HORST DIETRICH PREUSS, Theologie des Alten Testaments, Bd. 2. Israels Weg mit JHWH, Stuttgart 1992, 88. 10 Nach der Analyse von Dan 2 und 7 kommt Karlheinz Müller zum gleichen Ergebnis: Das „Gericht“ Gottes dient als Metapher für „die Wiederherstellung der unlösbaren Korrelation von Herrschaft Gottes und Gesetz.“ Das erklärt auch, „warum den ‚Gerechten‘ das Gericht stets erspart bleibt: bei ihnen, die das Gesetz befolgen und den Willen Gottes in den Spuren der für sie jeweils gültigen Halacha befolgen, braucht die Herrschaft Gottes nicht durch die Wunder eines göttlichen ‚Gerichts‘ durchgesetzt zu werden. Sie tun längst, was Gott von ihnen will. Also herrscht Gott schon über sie“; KARLHEINZ MÜLLER, Gott als Richter und die Erscheinungsweisen seiner Gerichte in den Schriften des Frühjudentums. Methodische und grundsätzliche Vorüberlegungen zu einer sachgemäßeren Einschätzung, in: Hans-Josef Klauck (Hrsg.), Weltgericht und Weltvollendung. Zukunftsbilder im Neuen Testament, QD 150, Freiburg/Basel/Wien 1994, 23–53; hier: 49. 11 Vgl. PREUSS ebd., und STETTLER, Das letzte Gericht, 79f.
I. Von Jesaja zu Jesus
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Gericht auch niedergehen kann, so sicher ist doch auch Jahwes Bemühen um das Heil für Israel (Am 9,11–15) und die „Völker“. Für die Letztgenannten beispielsweise stellt Jes 25,6–12 (vgl. auch Jes 2,1–5; Sach 2,10–17; 8,20–23) die Sammlung aller Völker zum Freudenmahl mit Jahwe in Aussicht, wenn sie seine Herrschaft uneingeschränkt anerkannt haben. Darüber hinaus kann auch folgende Tendenz in den prophetischen Gerichtstexten beobachtet werden, die modifiziert auch bei Lukas begegnet: Ob persönliche oder universale Zueignung eines göttlichen Strafmaßes – die Verurteilung von Einzelnen, eines ganzen Volkes oder gar des Erdkreises ist wesentlich die Folge menschlichen Fehlverhaltens bzw. Versagens an den göttlichen Forderungen in der Tora (z.B. Hos 8–10 sowie 1. Kön 14,7–16: die sog. „Sünde Jerobeams“, an der in den Königebüchern die Könige von Israel und Juda gemessen werden; vgl. 1. Kön 16,1–3.18f.; 2. Kön 13,1f. u.ö.). Hält sich das Individuum bzw. Israel als Bundesvolk an die Tora, ist es gesegnet, erfährt Frieden und bleibt am Leben; gehorcht es der Tora hingegen nicht, trifft es Gottes Strafe.12 Das wird beispielsweise im Hiobbuch ausdrücklich zum Thema gemacht.13 Eine Folge davon ist wiederum ein anderes Merkmal alttestamentlicher Gerichtsvorstellungen: Die „Eschatologisierung der individuellen Vergeltung: Weil die von JHWH gesetzte Weltordnung gilt, sie aber im Diesseits nicht voll eingelöst wird, wird ihre volle Durchsetzung in Bezug auf das Individuum nach dem Tod bzw. im universalen Endgericht erwartet. Die allgemeine Auferstehung der Toten zum Gericht ist die Konsequenz dieser Sicht.“14 Sie hat damit auch maßgeblichen Einfluss auf die alttestamentliche Totenreichsvorstellung genommen. Hat man zuvor das Totenreich – die lAav.. bzw. griech. der a[|dhj – als ewigen Aufenthaltsort aller Toten gedacht (Hi 7,9f.; 16,22; Koh 12,5), so wandelte sich der Hades mit dem Aufkommen des Auferstehungsglaubens zu einem zeitlich befristeten Aufenthaltsort (Jes 26,19) bzw. durch den vom Diasporajudentum vermittelten Unsterblichkeitsglauben der Seele, bei dem man die Seelen der Gerechten unmittelbar nach ihrem Tode in die himmlische Seligkeit eingehen sah, zum jenseitigen Strafort für die im Gottesgericht verurteilten Seelen.15 Als solcher wird er uns auch im Lukasevangelium begegnen.
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Vgl. das Fazit von STETTLER, Das letzte Gericht, 108–111. Vgl. hierzu den Prolog Hi 1f. und den ersten Gesprächsgang Hiobs mit seinen Freunden in Hi 3–11. Hier sowie in den Konfessionen Jeremias, in einigen Psalmen und bei Kohelet wird jedoch auch die Aporie dieses Denkens deutlich, denn in vielen Fällen geht die Gleichsetzung Gehorsam = Leben, Ungehorsam = Krankheit und Tod nicht auf. 14 STETTLER ebd., 109; vgl. die redaktionellen Zusätze, die das Motiv einer Totenauferstehung eintragen, in Ps 49,16; Jes 25,8a; 26,19; Ez 37,7a.8b–10; Dan 12,1–3; OTTO KAISER, Der Gott des Alten Testaments. Wesen und Wirken. Theologie des Alten Testaments 3: Jahwes Gerechtigkeit, UTB 2392, Göttingen 2003, 308. 15 Vgl. JOACHIM JEREMIAS, Art. a[|dhj, ThWNT 1 (1933), 146–150; hier: 147. 13
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B. Der traditionelle Hintergrund der lukanischen Rede vom Gericht Gottes
Apokalyptisch geprägte Vorstellungen aus dem Alten Testament sind Lukas vor allem aus Jes und Dan vermittelt. Sie fallen bei ihm jedoch nicht allzu stark ins Gewicht. Ganz im Gegenteil versucht er apokalyptische Elemente eher zu entschärfen als hervorzuheben. Lukas rechnet nicht mit dem baldigen Untergang alles Bestehenden am Ende des gegenwärtigen Weltzeitalters, sondern fasst die Gegenwart vielmehr als eine von Gott gewährte Zeit auf, die vor der Parusie des Menschensohnes zur weltweiten Ausbreitung des Evangeliums von Jesus Christus und zur Umkehr des einzelnen Menschen zu ihm genutzt werden soll. Mit Blick auf sein deutliches Bemühen, christliche Existenz in der Welt und vor allem in Harmonie mit der römischen Herrschaft zu festigen, weil das Ende der Zeit noch nicht abzusehen ist und die Parusie Christi möglicherweise noch länger auf sich warten lässt, steht der dritte Evangelist apokalyptischen Erwartungen somit eher fern. § 2 Gottes Gericht im Frühjudentum Was für den lukanischen Gebrauch des Alten Testaments gilt, muss verschärft auch für den der frühjüdischen Schriften gesagt werden. Denn in Ermangelung irgendwelcher Hinweise in seinem Werk, welche Schriften des Frühjudentums Lukas bekannt waren, ganz zu schweigen davon, welche Motive er aus ihnen aufnimmt, oder auf welche er auch nur anspielt, ist jede Konkretion äußerst spekulativ. Dass Lukas die frühjüdische Literatur hingegen nicht gänzlich unbekannt gewesen sein dürfte, wird man mit hoher Wahrscheinlichkeit annehmen können. Anhaltspunkte dafür lassen sich im Verlauf unserer Untersuchung jedenfalls aufzeigen. Aufgrund der Pluralität innerhalb des Judentums im ersten Jahrhundert kann von einer „Lehre vom Endgericht“ im Sinne einer für alle Juden allgemeingültig verfassten Darlegung ihrer wesentlichen Aspekte überhaupt keine Rede sein. Der Stellenwert des Topos „Gericht Gottes“ ist in den zahlreichen frühjüdischen Texten zudem auch zu unterschiedlich und seine Traditionsgeschichte so komplex, dass der Versuch einer lehrmäßigen Systematisierung innerhalb des antiken Judentums m.W. nie unternommen worden ist, zumal ein solches Vorhaben auch nicht für alle frühjüdischen Gruppierungen von gleicher Bedeutung gewesen wäre.16 16
Vor einer ungebührlichen Verallgemeinerung und Überbewertung der Stellung des Gerichtsgedankens im Kanon frühjüdischer Theologie hat dementsprechend KARLHEINZ MÜLLER, Gott als Richter, 24, eindringlich gewarnt: „So gesehen bleibt dann aber von vornherein anzumerken, daß sich ‚das‘ Frühjudentum nirgendwo nach einer ‚Lehre von den letzten Dingen‘ ausstreckt. Und Bemühungen um ‚eschatologische‘ Erkenntniszugewinne melden sich nirgends mit vergleichbarem Druck oder mit ähnlicher Kompromißlosigkeit zu Wort wie etwa die Kämpfe der frühjüdischen Gruppierungen um die Aufspürung und um die Durchsetzung der jeweils vor Ort gültigen Halacha: die Ausfaltung der endzeitlichen Hoffnungen bleibt durchaus zweitrangig und zeigt sich auf die Felder der ethischen Anschübe und der Motive verwiesen.“
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Vor diesem Hintergrund ist es folglich angemessener, im Blick auf frühjüdische Gerichtsvorstellungen nicht uneingeschränkt von „Konzeptionen“ zu sprechen wie Egon Brandenburger im Titel seines einschlägigen Aufsatzes17, weil der Begriff mehrere, deutlich voneinander abgrenzbare Gerichtsideen suggeriert, die zeitlich entweder nacheinander oder nebeneinander bestehen. In Aufnahme und Modifikation des Brandenburgerschen Ansatzes spricht Karlheinz Müller deshalb lieber von der „horizontalen Diversität der frühjüdischen Aussagen über das ‚Gericht‘ Gottes“18 und sucht damit den Befund zu bezeichnen, dass in den meisten Texten recht unterschiedliche Aussagen über das Gottesgericht gleichzeitig und nebeneinander vorkommen und oft genug auch Mischformen ausbilden.19 In der Literatur des Frühjudentums aus der Zeit zwischen dem 3. Jh. v. und dem 2. Jh. n. Chr.20 sind jedoch stets wiederkehrende Motive erkennbar, die innerhalb der einzelnen Schriften in zahlreichen Varianten miteinander kombiniert werden können und sich gelegentlich auch zu widersprechen scheinen. Ein Beispiel dafür ist die Spannung zwischen Tatgerechtigkeit und Erwählungsgerechtigkeit als Voraussetzung für das Bestehen im Endgericht. Das Spektrum reicht in diesem Zusammenhang von der Hoffnung, dass Israel als erwähltes Gottesvolk (in großer Mehrheit) gerettet werde (mSanh 10,1), über ein Abwägen der guten gegen die bösen Taten21, bis hin zu der Angst, dass nur ein kleiner „Rest“ Israels bzw. ein abgesonderter Teil Toratreuer gerettet wird (4. Esra 7,20.59–61; 8,1).22 Weitere in der frühjüdischen Literatur immer wieder begegnende Motive sind das der Gerichtsverhandlung bzw. des forensischen Gerichtsverfahrens23, der Scheidung von Gerechten und Frevlern24, der Heilige Krieg25 und der kos17
Vgl. A, § 3, Anm. 20. MÜLLER, Gott als Richter, 40. 19 Vgl. hierzu vor allem die von Müller beigebrachten Beispiele aus Qumran; ebd., 42. Zu erwarten wäre doch, dass sich in dieser eng zusammengehörenden Gemeinschaft eine homogenere Endzeitvorstellung herausgebildet hätte. 20 Die relevanten Texte werden eingehend besprochen bei REISER, Gerichtspredigt Jesu, 1–152. 21 Am Tag des Gerichts werden drei Gruppen von Menschen zu unterscheiden sein: 1) Die vollkommen Gerechten, die mit dem ewigen Leben belohnt werden, 2) Die vollkommen Bösen, die zur Hölle verdammt sind (Dan 12,2) und 3) Jene, die zwar zur Hölle hinabsteigen werden, dort aber Läuterung erfahren (4. Esra 7,36; vgl. auch Sach 13,9); vgl. STETTLER, Das letzte Gericht, 164–171, und REISER ebd., 138f. 22 Vgl. STETTLER ebd., 178. Zum Gericht im 4. Esra vgl. REISER ebd., 99–110; hier: 103f. 23 Zum Beispiel in SapSal 1,8–11; 4,6; 6,9; vgl. REISER ebd., 28–31; äthHen 45,2f.; 47,3f.; 55,4; 61,8; 90,20–26; vgl. ebd., 36–54. 24 Zum Beispiel in äthHen 1,1; 5,5–8; 1 QH 7,12. In den Psalmen des „Lehrers der Gerechtigkeit“ entscheidet vor allem die Stellung zu seiner Person und seiner Verkündigung darüber, wer in Israel als „Gerechter“ bzw. als „Frevler“ zu gelten hat und damit im Ge18
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mische Endkampf26. Finsternis, „Abgrund des Feuers […] Qual und […] Gefängnis“ (äthHen 10,13), der Zorn des Herrn und seine Strafe (äthHen 91,7) und die ge,enna als endzeitliche Feuerhölle (4. Esra 7,36; syr Bar 59,10, Sib IV 186 u.ö.), in der die göttlichen Strafen vollstreckt werden, lassen erahnen, was dem im Gericht Verworfenen droht. Die Gemeinderegel aus Qumran malt dagegen auch aus, was den „Gerechten“ nach dem Gericht erwartet, nämlich „ewige Freude in immerwährendem Leben“, einen „Kranz der Herrlichkeit“ und ein „prachtvolles Gewand in ewigem Licht“ (1 QS 4,7f.). Ihre Seelen sind in „Gottes Hand, und keine Marter wird sie anrühren“ (SapSal 3,1). Sie sind „im Frieden“ (SapSal 3,3) und „leben in (himmlischer) Ruhe“ (SapSal 4,7). Von Josephus erfahren wir in Ant XVIII 14, dass nach Ansicht der Pharisäer „Gerechte“ wie „Gottlose“ den Hades bevölkern, während er – obgleich selbst ein Pharisäer – in Bell III 375 dafürhält, „daß die Seelen der Gerechten bis zur Auferstehung in der himmlischen Welt leben und nur die Seelen der Gottlosen nach dem Tode dem Hades anheimfallen.“27 Damit haben wir ein weiteres schönes Beispiel vor uns, wie innerhalb des Frühjudentums ganz unterschiedliche Vorstellungen über den gleichen Gegenstand nebeneinander bestehen können, wie es im Blick auf das Gottesgericht bzw. die Gottesgerichte immer wieder begegnet. All diesen Motiven ist als Grundannahme inhärent, dass das Gericht Gottes eine unmittelbare Folge menschlichen Ungehorsams gegenüber Gottes geoffenbartem Willen ist. Was damit konkret gemeint ist, lässt sich z.B. an einer umfangreichen Liste in 1 QS 4,9–11 ablesen: „Aber zum Geist des Frevels gehören Habgier und Trägheit der Hände im Dienst der Gerechtigkeit, Bosheit und Lüge, Stolz und Hochmut des Herzens, Betrug und Täuschung, Grausamkeit und große Gottlosigkeit, Jähzorn und Übermaß an Torheit und stolze Eifersucht, Greueltaten im Geist der Hurerei und Wege des Schmutzes im Dienst der Unreinheit und eine Lästerzunge, Blindheit der Augen und Taubheit der Ohren, Halsstarrigkeit und Hartherzigkeit, um zu wandeln auf allen Wegen der Finsternis und böser List.“ Gott agiert also nicht aus Willkür, sondern reagiert einzig und allein auf menschliches Verhalten, bewertet und vergilt es.28 In dieser Bilderwelt bewegt sich im Wesentlichen die frühjüdische Rede vom Gericht Gottes, die auch nur ansatzweise vollständig zu erfassen und in ihren gegenseitigen Abhängigkeiten, Beeinflussungen und Abgrenzungen disricht Gottes ein dementsprechendes Schicksal erfahren wird; vgl. REISER, Gerichtspredigt Jesu, 61f. 25 Beispielsweise in äthHen 1,4ff.; 50,2; Sib III 324ff.; vgl. REISER ebd., 82–93; 1 QM; zu den Gerichtsvorstellungen in Qumran vgl. ebd., 61–70; PsSal 8,1–3.15; vgl. ebd., 32– 35. 26 ÄthHen 1,1–9; Sib V 344ff., SapSal 5,17–23 u.ö. 27 JEREMIAS, a[|dhj, 147. 28 Vgl. STETTLER, Das letzte Gericht, 182.
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kutieren zu wollen, ein eigenes monographisches Unternehmen ist.29 In der hier gebotenen Kürze eines Überblicks beschränke ich mich im Folgenden auf fünf charakteristische Merkmale, die nahezu alle frühjüdischen Gerichtstexte miteinander verbindet. Sie bilden auch das Ferment, von dem auch Lukas sicher nicht völlig unberührt gewesen ist: 1. Die frühjüdischen Texte zum Gottesgericht nehmen in der Regel die alttestamentlichen Gerichtstraditionen auf und führen sie weiter. Zunehmend bekommt der Aspekt des läuternden Gerichts aus der Weisheitsliteratur des Alten Testaments (Hiob) größeres Gewicht. Gottes Gericht wird bereits im Diesseits als erzieherisches Instrument verstanden, indem gegenwärtiges Leid als vorweggenommene Strafe Gottes für die Sünden interpretiert wird (PsSal 8,7–32; VitAd 34).30 Vor diesem Hintergrund wurden ähnlich den Exilserfahrungen im Alten Testament die Katastrophen der Jahre 167 v. Chr., 63 v. Chr. und 70 n. Chr. als Gottesgerichte gedeutet.31 Jahwe züchtigt aber auch schon deshalb in der Gegenwart, damit alle noch die Möglichkeit haben, zu ihm umzukehren und so sein ganzes Erbarmen und seine Gnade zu erfahren.32 Der „Siegeskranz“ in syrBar 15,8 und TestHi 4,10 ist der bildhafte Ausdruck für die Ehrbezeugung, die dem Bußfertigen und Standhaften zuteil werden soll. In diesem auf Ausgleich ausgerichteten Denken liegt auch ein Trost derjenigen, die gegenwärtig Verfolgung erleiden (syrBar 78,5–7; 4. Esra 12,8), denn ihnen ist für die Zukunft eine Zeit der Freude und der Ruhe verheißen (4. Esra 7,36.38.75.91), während ihre Verfolger einst selbst bedrängt werden (syrBar 82,1–9; äthHen 62,11–13). Es ist Ausdruck von Gottes Gerechtigkeit und seiner Königsherrschaft, dass die Unbußfertigen im Gericht ihrer verdienten Strafe zugeführt werden und die Gerechten, die unter ihnen zu leiden hatten, nun ihren Lohn empfangen.33
29 Ein Versuch der systematischen Aufarbeitung der jüdischen Eschatologie hat zuletzt bekanntlich Paul Volz gestartet: PAUL VOLZ, Die Eschatologie der jüdischen Gemeinde im neutestamentlichen Zeitalter nach den Quellen der rabbinischen, apokalyptischen und apokryphen Literatur, Tübingen 1934 (Ndr. Hildesheim 1966). Das Werk erschien ursprünglich in Tübingen im Jahre 1903 unter dem Titel „Jüdische Eschatologie von Daniel bis Akiba“. 30 Auch in den Targumim und bei den Rabbinen heißt es sinngemäß: Gott übt seine Vergeltung in Lohn und Strafe schon in diesem Leben aus und greift damit dem Endgericht vor; vgl. TNGen 15,1; TNDtn 7,9f. sowie REISER, Gerichtspredigt Jesu, 127 Anm. 46. 31 Vgl. STETTLER, Das letzte Gericht, 181 Anm. 485. 32 Tob 11,15; 13,2.5f.9; syrBar 4; 78,6f.; 83,8; 84,8; 85,4. 33 „Ganz im Sinne ‚hellenistischer Eschatologie‘ erfolgt bereits unmittelbar nach dem Tod des einzelnen Menschen eine gerechte Vergeltung: Die Seelen der Gerechten bekommen Anteil an der göttlichen Unsterblichkeit (vgl. [SapSal] 3,1–4; 4,7.10f; 5,15), während die Gottlosen im Totenreich Qualen erleiden müssen und dem Vergessen anheimfallen (4,19). Daß das Buch der Weisheit neben der postmortalen Vergeltung noch ein Endgericht kennt, ist einerseits begründet im Festhalten überkommener eschatologischer Vorstellun-
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2. Gottes Gerichte erscheinen darum niemals nur als Strafgericht.34 Denn wie schon in bezug auf die alttestamentlichen Texte festgestellt werden konnte, liegen die eigentlichen Ziele des göttlichen Gerichtshandelns auch im frühjüdischen Schrifttum eher positiv im Drängen zur Umkehr und in der unumschränkten Durchsetzung von Gottes Ordnung und seiner (Königs-)Herrschaft über die Welt.35 In ihrer Universalität gilt sie für Juden und „Heiden“ gleichermaßen.36 Ein Indiz dafür, dass das Endgericht in der Literatur des Frühjudentums vielmehr im guten Sinne eine Zeitenwende bzw. eine Zäsur und weniger eine Endstation darstellt, zeigt die Vorstellung, dass der Gerichtstag die Geschichte in der Regel nur unterbricht, um dann eine Heilszeit heraufzuführen, die einzig von Gottes Herrschaft, seiner Ordnung und seinem Gesetz bestimmt wird. Die Beobachtung Reisers ist darum für die richtige Einschätzung der Absichten des endzeitlichen Richters von großem Wert, wenn er schreibt: „Die Geschichte geht nach dem Ende des Gerichts weiter – auf die zehnte Woche der Zehnwochenapokalypse folgen zahllose Wochen ohne Ende ([äth]Hen 91,7) –, aber mit neuer Qualität. Diese neue Qualität ist zunächst dadurch bedingt, daß es keine Sünder mehr gibt und die Feinde Israels ausgerottet oder unterworfen sind, sodann dadurch, daß paradiesische Zustände wiederkehren.“37 3. Unabhängig davon, wie das Gericht Gottes von seinem Wesen her gedacht ist, ob als kosmische Katastrophe am Ende der Zeiten oder als unmittelbares Gericht nach dem individuellen Tod38 – im Anschluss und Weiterführung des Motivs einer weltlichen Gerichtsszenerie mit Richterstuhl, einem höchsten Richter, Gerichtshelfern, Angeklagten und einer lückenlosen Beweisführung, gen (3,7f; 5,17–23). Andererseits hält der Autor der Sapientia Salomonis offenbar ein Endgericht für die uneingeschränkte Durchsetzung von Gottes Gerechtigkeit für notwendig: Die Gottlosen sollen – wenn auch in zu später Reue – erkennen, daß der von ihnen verspottete und bedrängte Gerechte mit seiner Lebensart im Recht war, weshalb dieser jetzt im Endgericht unter die ‚Söhne Gottes‘, d.h. unter die Engel gerechnet wird (vgl. 5,1–13)“; ZAGER, Gottesherrschaft und Endgericht, 113f. 34 Vgl. REISER, Gerichtspredigt Jesu, 144; ferner: BRANDENBURGER, Gerichtskonzeptionen, 326f., sowie MATTHIAS KONRADT, Gericht und Gemeinde. Eine Studie zur Bedeutung und Funktion von Gerichtsaussagen im Rahmen der paulinischen Ekklesiologie und Ethik im 1Thess und 1Kor, BZNW 117, Berlin/New York 2003, 16; dagegen STETTLER, Das letzte Gericht, 181. 35 Vgl. ROGER DAVID AUS, Art. Gericht Gottes II. Judentum, TRE 12 (1984), 466–469; hier: 466; ZAGER ebd., 106.112f.; STETTLER ebd., 130–138 und MÜLLER, Gott als Richter, 44ff. 36 Das Schicksal der letzteren behandelt ausführlich das um 140 v. Chr. in Ägypten entstandene 3. Buch der Sibyllinen: Die Erfahrung von Gottes Gericht wird die „Heiden“ lehren, dass Gott allein der „große König“ über die Welt ist und dass nur er aus dem Zorngericht retten kann (Sib III 556–561.616f.), sofern sie sich zu ihm bekehren und die geforderten Opfer darbringen (Sib III 564–572); vgl. auch ZAGER ebd., 110f. 37 REISER ebd., 141f. 38 Vgl. zu diesem Aspekt ebd., 139, und STETTLER ebd., 144f.
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wie es in Dan 7,9f. angedeutet wird, ist das Bild einer forensischen Gerichtsverhandlung der „Kulminations- und Abschlusspunkt“39 einer vielschichtigen motivischen Entwicklung, so wie es sich bis heute in die Vorstellungen der Volksfrömmigkeit und vor allem der Kunst eingeschrieben hat. Die Metapher von der Gerichtssitzung, so Christian Stettler, sei im Verlauf des frühjüdischen Literaturschaffens immer mehr zur bestimmenden Vorstellung für das Endgericht geworden (äthHen 47,3f.; 90,20–26; 4. Esra 7,33ff.).40 Er kommt zu dem Ergebnis: „Naturkatastrophen und Krieg sind Teil des Endgerichts, sozusagen vorauseilende Begleiterscheinungen der finalen Theophanie; alles gipfelt darin, dass Gott auf dem Gerichtsthron erscheint, die Bücher geöffnet werden, Gott sein ewig gültiges Urteil spricht und es vollstreckt, indem er die Gottlosen auf immer in die Gehenna verdammt und die Gerechten ewig an der Gottesherrschaft teilhaben lässt (so z.B. 1. [äth]Henoch 89f.). In einem solchen Szenario ist durch das forensische Gericht ‚das Endgericht zum Abschluss gebracht und die Voraussetzung dafür geschaffen, dass die Heilszeit beginnen kann‘.“41 So unterschiedlich die einzelnen Schriften auch vom Gericht Gottes sprechen, so einig scheinen sie sich doch in diesem Bild zu sein, das den eigentlichen Ausgangspunkt für alles weitere konkrete Unheil im Geschichtsverlauf (Kampf, Krieg, Katastrophe, Krankheit und Seuchen etc.) bildet. 4. Wie im Alten Testament so ist auch im Frühjudentum die Befolgung der Tora der alleinige Maßstab für Gottes Gerichtsurteil und die Tatgerechtigkeit maßgebliche Voraussetzung zur Erlangung des Heils.42 Die Mahnung zur Achtung und Hochschätzung, die man dem Gesetz zuteil werden lassen soll und zu der man als Jude verpflichtet ist, ist mehrfach belegt.43 Doch ist damit keinesfalls eine sklavische Bürde gemeint, die am Ende mit entsprechendem Lohn aufgewogen wird. Vielmehr gilt es, „Freude an der Tora“ zu haben, und ihr in der hr"AT tx;m.fi zu dienen.44 TNGen 3,22–24 fasst beispielsweise die Bedeutung der Tora so zusammen: „Der Baum des Lebens im Garten Eden ist die Tora, wer ihre Gebote in dieser Welt hält, ist gerecht und darf in der kommenden Welt ihre Früchte genießen; wer die Gebote in dieser Welt nicht hält, gehört zu den Bösen und wird in der kommenden Welt mit dem Schwert und Feuer (vgl. Gen 3,14) der Gehenna bestraft.“45 Die Bewertung des Toragehorsams war innerhalb des antiken Judentums freilich sehr unterschiedlich und hatte von
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STETTLER, Das letzte Gericht, 182. Ebd. 41 Ebd. 42 Vgl. ebd., 148–156, und REISER, Gerichtspredigt Jesu, 147. 43 2. Mac 6,8–7,42; Pseudo-Philo LibAnt 16,5; 39,6; Philo, SpecLeg 4,143; Migr 89ff.; mKid 1,10; 4,14. 44 Vgl. dazu SOLOMON SCHECHTER , The Joy of the Law, in: ders., Aspects of rabbinic Theology. Major Concepts of the Talmud, 5. Aufl., New York 1975, 148–169. 45 STETTLER ebd., 149; vgl. auch TNGen 3,23f. 40
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daher ganz verschiedene ethische Handlungsmuster zur Folge. Stettler beschreibt die frühjüdische Situation folgendermaßen: „Jede Gruppe setzt ihre Auslegung absolut. So verschärft das Jubiläenbuch biblische Gebote und deduziert neue Gebote auf exegetischem Weg. Der Brief Henochs (1. Hen 92–105) weist für seine Zeit auf beginnende Differenzen in der Toraauslegung hin. Nach den Qumran-Schriften ist die Lehre der ‚Gemeinde‘ für ganz Israel verbindlich (0Q CD 15,5), und die Treue zur Tora-Lehre des Lehrers der Gerechtigkeit ist der Maßstab des Endgerichts.“46 Zudem ist in einem gewissen Rahmen auch mit einem variablen Umfang dessen zu rechnen, was unter „Tora“ eigentlich zu verstehen ist.47 5. Ein letzter charakteristischer Punkt basiert ebenfalls auf der Fortführung eines alttestamentlichen Gedankens: Die Übertragbarkeit des Richteramtes. Auch im Frühjudentum sind Traditionen belegt, wonach Gott – sonst alleiniger, unangefochtener Richter – diese Funktion auch an andere Personen und Gruppen delegieren kann.48 ÄthHen 62 berichtet beispielsweise, dass der von Gott „Auserwählte“ bzw. der Menschensohn zu Gericht sitzen wird (vgl. auch äthHen 45,3; 51,3.5; 55,4; 69,26–29). In 4. Esra 13,37f.49 ist es „mein Sohn“, der das Gericht vollzieht. In einigen rabbinischen Texten hat der „Messias“ die Aufgabe zu richten (vgl. bSan 93b) oder leistet David in bHag 14a zumindest Hilfe bei der Durchführung des Gerichts.49 Andere Richtergestalten und Stellvertreter Gottes im Richteramt können der Erzengel Michael, Melchisedek, ja sogar Abel (TestAbr 13) sein.50 § 3 Johannes der Täufer 1. Die Quellenlage Es ist schon bemerkenswert, dass von einem jüdischen Asketen, der um 30 n. Chr. herum irgendwo in der judäischen Wüste predigte, gleich zwei Quellen berichten – und zwar jeweils sehr unterschiedlich. Da ist zum einen der Bericht des jüdischen Geschichtsschreibers Josephus in dessen Antiquitates (Ant XVIII 116–119), und zum anderen sind da die synoptischen Evangelien in Mk 1,4–8 sowie ausgehend von Q in Mt 3,4–12 par. Luk 3,7–9.16f.51 Die grundsätzliche Verschiedenheit zwischen dem Bericht des Josephus und dem der Evangelien über Johannes den Täufer beruht auf der Tatsa46
STETTLER, Das letzte Gericht, 150. Vgl. ebd., 151. 48 Vgl. AUS, Gericht Gottes II, 466f. 49 Ebd., 468. 50 Vgl. REISER, Gerichtspredigt Jesu, 146. 51 Die Gefangenschaft durch Herodes Antipas und die Hinrichtung des Täufers zählen ebenfalls zu den historischen Informationen, die sich bei den Synoptikern erhalten haben; vgl. Mk 6,14–29; Mt 14,1–12; Luk 3,19f.; 9,7–9. 47
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che, dass sie mit ihm offensichtlich ihre Mühe haben und unterschiedlich damit umgehen, was ihn als historische Figur nur umso interessanter macht. Beide Quellen kommen jedoch darin überein, „daß die Taufe das wesentliche Kennzeichen des Johannes ist: Beide bezeichnen ihn daher als baptisth,j“52 – eine Bezeichnung, für die vor Josephus und dem Neuen Testament keine Belege aufzuweisen sind.53 Werfen wir zunächst einen kurzen Blick auf das, was Josephus schreibt. Ich gebe den Text Ant XVIII 116–119 in der Übersetzung bei Charles K. Barrett54 wieder: [116] Manche aus den Juden erkannten indessen in dem Untergang von Herodes' Heer die Fügung des Herrn, der von Herodes für Johannes den Täufer die gerechte Strafe forderte. [117] Diesen hatte Herodes hinrichten lassen, obwohl er ein gerechter Mann war und die Juden anhielt, der Tugend nachzustreben, gegen ihre Nächsten Gerechtigkeit und gegen Gott Frömmigkeit zu üben und so zur Taufe zu kommen; die Taufe werde Gott dann angenehm sein, wenn sie sie nicht zur Beseitigung gewisser Verfehlungen, sondern zur Heiligung des Leibes anwendeten, da die Seele schon durch ein gerechtes Leben gereinigt sei. [118] Da man nun von allen Seiten ihm zuströmte, weil jeder sich durch solche Reden gehoben fühlte, fing Herodes an zu fürchten, der Einfluß eines solchen Mannes, von dessen Rat sich alles leiten ließ, könne einen Aufruhr herbeiführen, und hielt es daher für geratener, ihn vor Ausbruch einer solchen Gefahr unschädlich zu machen, als später bei einer Wendung der Dinge seine Unschlüssigkeit bereuen zu müssen. [119] Auf diesen Verdacht des Herodes hin wurde Johannes in Ketten geworfen, nach der Feste Machärus geschickt, die oben erwähnt ist, und dort enthauptet.
Josephus berichtet über den Täufer im Zusammenhang mit einem von Herodes Antipas gegen seinen Schwiegervater, den Nabatäerkönig Aretas, verlorenen Krieg55, der laut Josephus im Volk als „gerechte“ Gottesstrafe gedeutet wurde (116). Dass Herodes Johannes den Täufer verhaften und enthaupten ließ (119), ist vor dem Hintergrund des zuvor Berichteten jedoch unverständlich. Warum sollte ein „gerechter Mann“, der das Volk offensichtlich Tugend, Gerechtigkeit und Frömmigkeit vor Gott lehrte und die Menschen taufte, damit nicht nur die Seele, sondern auch der Leib „geheiligt“ sei (117), eine Gefahr für Herodes sein? Dieser fürchtete wohl aber den Einfluss des Johannes auf das Volk und wollte im Vorfeld handeln, damit er nicht Opfer eines Aufruhrs und einer „Wendung der Dinge“ werde (118). Hinter dem Täufer und seiner Botschaft scheint also mehr zu stecken, als Josephus preisgeben will – eine Botschaft, die wahrscheinlich auch politischen Zündstoff birgt. Denn einen harmlosen Tugendprediger gleich zum Tode zu 52 PETER PILHOFER, Das Neue Testament und seine Welt. Eine Einführung, UTB 3363, Tübingen 2010, 62. 53 Ebd., 64 Anm. 11. 54 CHARLES K. BARRETT, Die Umwelt des Neuen Testaments. Ausgewählte Quellen, hrsg. und übers. von Carsten Colpe, WUNT 4, Tübingen 1959, 209f. 55 Vgl. GÜNTHER BAUMBACH, Art. Herodes/Herodeshaus, TRE 15 (1986), 159–162.
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verurteilen, bestand doch eigentlich überhaupt kein Grund. Spuren der historischen Täuferpredigt haben dagegen Q und Mk bewahrt. 2. Die Gerichtsbotschaft des Täufers in Q 3,7–9.1756 Was Josephus offenbar aus political correctness von der Botschaft des Täufers verschweigt und was offensichtlich Menschenmassen in Bewegung versetzt hat, findet sich hingegen in deutlichen Worten in der synoptischen Überlieferung bzw. ihrer Quelle Q wieder. Dank dieses Materials lässt sich der Inhalt der Täuferbotschaft relativ gut nachzeichnen; es ergibt sich dabei ein völlig anderes Bild als das vom Tugendprediger in den Antiquitates. Ich gebe den Text in der Übersetzung bei Jürgen Becker57 wieder: [7] Schlangenbrut, wer hat euch gezeigt, dem kommenden Zorn zu entfliehen? [8] Bringt der Umkehr entsprechende Frucht! Und wähnt nicht, unter euch zu sagen: ‚Zum Vater haben wir Abraham!‘ Denn ich sage euch: Gott vermag aus diesen Steinen Abraham Kinder zu erwecken! [9] Schon ist die Axt an die Wurzel der Bäume gelegt; jeder Baum, der keine gute Frucht bringt, wird abgehauen und ins Feuer geworfen. [17] In seiner Hand liegt [schon] die Worfschaufel. Und er wird seine Tenne säubern. Und er wird seinen Weizen in die Scheune sammeln, die Spreu aber wird er im unauslöschlichen Feuer verbrennen.
Peter Pilhofer merkt zu diesem Textabschnitt an: „Solche radikalen Aussprüche wird man dem Johannes nicht zutrauen, wenn man die Darstellung des Josephus gelesen hat! Wir können uns glücklich schätzen, daß die christliche Tradition sich für den Täufer interessierte und uns eine Reihe charakteristischer Sätze von ihm überliefert hat.“58 Johannes der Täufer lebte nach diesen Worten geurteilt in der Gewissheit, dass der kommende Zorn Gottes (Q 3,7) Israel nun unmittelbar bedroht. Eine Begründung für den Zorn und für das Gottesgericht liefert die Q-Tradition auffälligerweise nicht. Wenn der historische Täufer sie in seiner Rede ebenfalls ausgespart hat, dann ist zu vermuten, dass er sie bei seinen jüdischen Adressaten als bekannt voraussetzen konnte.
56 Zur Analyse der Gerichtspredigt Johannes des Täufers ist ein breites Literaturangebot vorhanden. Ich greife folgende Werke heraus, die auch der folgenden Skizze im Wesentlichen zugrunde liegen: ERNST LOHMEYER, Das Urchristentum. I. Johannes der Täufer, Göttingen 1932; FRIEDRICH LANG, Erwägungen zur eschatologischen Verkündigung Johannes des Täufers, in: Jesus in Historie und Theologie. FS für Hans Conzelmann, hrsg. von Georg Strecker, Tübingen 1975, 459–473; ROBERT L. WEBB, John the Baptizer and Prophet. A socio-historical Study, JSNT.S 62, Sheffield 1991, und JÜRGEN BECKER, Jesus von Nazaret, Berlin/New York 1996, 37–58. 57 BECKER ebd., 40.52. 58 PILHOFER, Das Neue Testament und seine Welt, 66. Eine derart düstere Botschaft von Endzeit und Gericht war mit der hochgelobten römischen pax romana schlechterdings unvereinbar, weshalb sie Josephus in seinem Bericht an ein größtenteils römisches Publikum weitgehend eliminierte; vgl. ebd.
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Die Bedrohung und die Unmittelbarkeit des Gerichts wird von Johannes in zwei Bildern zum Ausdruck gebracht: 1. die Axt, die bereits an die Wurzel der Bäume gesetzt ist, so dass man nur noch zum ersten Schlag ausholen muss, um den Baum zu fällen (Q 3,9), und 2. die Worfschaufel, die schon in der Hand des Erntenden liegt, um sogleich die Spreu vom Weizen zu trennen (Q 3,17). Beide Bilder stammen aller Wahrscheinlichkeit nach aus der prophetischen Überlieferung des Alten Testaments.59 Der Gotteszorn, den Israel auf sich gezogen hat, ist der Grund, dass nun das Gottesgericht über sein auserwähltes Volk60 hereinbricht – mit doppeltem Ausgang. Ein unbußfertiger Teil Israels wird „im unauslöschlichen Feuer“ vernichtet, während jene, die die „Frucht der Umkehr“ erbringen, „in die Scheune“ gesammelt werden. Diese „Frucht“, die Johannes einfordert, ist die Taufe des Einzelnen, die Johannes seinen Beinamen „der Täufer“ eingebracht hat. Er verwirft damit entschieden die Berufung auf eine im Alten Testament verbürgte Erwählungstradition, wonach schon die Abrahamskindschaft allein ausreiche, „um sich nach einem Fehlverhalten erneut der göttlichen Gnade zu vergewissern.“61 Damit stellt Johannes nichts weniger als die gesamte heilsgeschichtliche Basis Israels in Frage und greift zugleich – nach dem Urteil Beckers – auch mehr oder weniger direkt den Jerusalemer Tempelkult an, der ja geradezu „auf der heilsgeschichtlich begründeten Wiederholung des Erflehens göttlichen Segens und göttlicher Gnade“62 beruht. Und um das Ganze noch auf die Spitze zu treiben, kündigt Johannes an, dass Gott an Israel vorbei quasi aus totem Material dem Abraham, und damit sich selbst, ein neues Volk schaffen könne, um seiner Verheißung an den Erzvater (Gen 12,2f.; 15,4f.; 17,4–8) treu zu bleiben (Q 3,8). Ernst Lohmeyer resümiert: „So hat das jüdische Volk durch seine Herkunft nichts vor anderen Völkern voraus, wenn jetzt der Tag des Zornes anbricht; alle Menschen stehen dann, weil sie staubgeboren sind, in der unendlichen Ferne von Gott. Dieser Gedanke ist in der Tat im jüdischen Glauben eine fast unerhörte Neuerung, weil er an die geheiligten Grundlagen des Volkes rührt.“63 Kein Wunder also, dass der Täufer mit seiner Rede zahlreiche Menschen innerlich wie äußerlich in Bewegung setzt und sie zu ihm in die judäische Wüste hinausströmen, um sich taufen zu lassen. 59 Für die „Axt an den Bäumen“ vgl. Jes 10,18f.; Jer 46,22f. Für die „Worfschaufel“ und das „Verbrennen der Spreu“ vgl. Jes 5,24; Nah 1,10; Mal 3,19. 60 Johannes verkündet kein „Weltgericht“ und auch keinen „Weltenbrand“, wie sie jeweils apokalyptische Strömungen innerhalb und außerhalb des Neuen Testaments sowie die Qumranschriften erwarten (vgl. 4. Esra 7; Mt 25,31ff.; 2. Petrus 3,7; 1QH 3). Das Gericht, das Johannes der Täufer ankündigt, ist überhaupt nicht als kosmische Katastrophe gedacht, sondern bleibt allein auf Israel beschränkt; vgl. BECKER, Jesus von Nazaret, 43f. 61 Ebd., 47. Belege für die Verbreitung einer solchen Auffassung innerhalb des Frühjudentums finden sich in LibAnt 9,4; TestLev 15,4; Av 2,2; vgl. auch PsSal 9,9–11. 62 Ebd., 51. 63 LOHMEYER, Das Urchristentum, 59f.
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Damit liegt die Taufe als einzige Rettungsmöglichkeit vor der endgültigen Vernichtung im Gottesgericht nicht mehr auf der Linie der vielen geschichtlichen Umkehrversuche Israels, denen auch noch viele weitere folgen können, sondern sie meint einen einmaligen Akt, eine eschatologische Neusetzung64, die aller Tradition entbehrt.65 „Das Novum der Taufe tritt an die Stelle der alten Erwählung“, folgert Becker.66 „Wie Wasser das Feuer bändigt, so löscht die Taufe den Gerichtszorn.“67 Damit steht Johannes der Täufer mit seiner Botschaft vom kommenden Gericht über Israel und vom Untergang der Unbußfertigen zwar in guter gerichtsprophetischer Tradition68, schafft aber mit dem Akt der Taufe etwas völlig Neues innerhalb der frühjüdischen Heilshoffnungen. Von daher „ist aber der Täufer nicht nur der düster ernste Verkünder eines göttlichen Zornes, der Mensch und Welt vernichtet, sondern er ist zugleich der Bote eines göttlichen Heiles, das in der Taufe Menschen errettet“, wie Lohmeyer sagt.69 3. Die Ankündigung des „Stärkeren“ in Q 3,16 par. Mk 1,7f. Das Wort vom „Stärkeren“ in Q 3,16 und Mk 1,7f. lässt sich als ursprünglicher Bestandteil der Täuferbotschaft wie folgt rekonstruieren: Ich taufe euch mit Wasser, der nach mir Kommende jedoch ist stärker als ich, für ihn bin ich zu gering, die Sandalen zu lösen. Er wird euch mit [heiligem Geist und] Feuer taufen.70
Sowohl Jürgen Becker als auch Robert L. Webb bestreiten nicht, dass es sich hier um ein historisches Täuferwort handelt, da der wesentliche Inhalt der Rede vom „nach ihm Kommenden“ keine Elemente enthält, die spezifisch christlich gefärbt sind.71 Er konnte im Kontext des Judentums zur Zeit Johannes des Täufers unmittelbar verstanden werden. 64
BECKER, Jesus von Nazaret, 50. Immer wieder ist der Vergleich der Johannestaufe mit den rituellen Bädern der Qumranessener gezogen worden. Da es sich bei diesen allerdings um ein täglich zu wiederholendes Ritual handelt, das zudem jedes Mitglied der Qumrangemeinde an sich selbst vollzieht, während die Johannestaufe ein einmaliger, unwiederholbarer Akt ist und zudem vom Täufer an anderen vollzogen wird, lässt sich beides nicht miteinander vergleichen. 66 BECKER ebd. 67 Ebd., 53. 68 Vgl. Jes 6,11; 22,14; Jer 1,14; Hos 1,6.9; Am 5,18–20; 8,2 u.ö. 69 LOHMEYER, Das Urchristentum, 69. 70 Übersetzung in BECKER ebd., 52. 71 Lediglich für den Zusatz evn pneu,mati a`gi,w| bleibt der Verdacht einer christlichen Interpolation m.E. bestehen. Zur Diskussion vgl. WEBB, John the Baptizer, 272–278, der es durchaus für möglich hält, dass die Johannesrede beide Elemente – Feuer und Heiliger Geist – enthielt (275); so auch JOSEF ERNST, Johannes der Täufer. Interpretation–Geschichte–Wirkungsgeschichte, BZNW 53, Berlin/New York 1989, 306–308. Auch für Friedrich Lang könnte die Geisttaufe zur ursprünglichen Täuferbotschaft dazugehören: „Dann hat der Täufer erwartet, daß der „Stärkere“ nicht nur das Gericht durchführen, sondern 65
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Der von Johannes erwartete „Kommende/Stärkere“ ist der Richter, der die Feuertaufe72 an den Unbußfertigen vollziehen wird und die „Worfschaufel“ bereits in die Hand genommen hat, um „die Spreu vom Weizen zu trennen“, damit die einen „mit unauslöschlichem Feuer verbrannt und die anderen in die Scheune gesammelt werden“ (Q 3,17). Johannes stellt sich zu ihm bewusst auf eine weit niedrigere Stufe, ist er doch nicht einmal würdig, ihm „die Sandalen zu lösen“. Die ersten christlichen Interpreten der Täuferbotschaft nahmen dies sodann zum Anlass, den evrco,menoj ivscuro,teroj (Q) mit Jesus zu identifizieren und damit den Täufer über das Mischzitat Jes 40,3 und Mal 3,1 in Mk 1,2f. zum Vorläufer und Wegbereiter Jesu zu machen. Auf die Frage, wen der Täufer nun eigentlich zum Gericht erwartet, gibt es in seiner Zeit mehrere Antworten. Grundsätzlich ist es in der Tradition vom „Tag Jahwes“ als dem endzeitlichen Gerichtstag (Mal 3,2) Jahwe selbst, der das Gericht vollstreckt. Jedoch ist Becker dahingehend Recht zu geben, dass sich die Anthropomorphismen (Sandale und Hand an der Worfschaufel) schwerlich auf Jahwe beziehen lassen. Er begründet seine Annahme so: „Man vermeidet lieber Aussagen über Gott, die in so menschlicher Weise von ihm sprechen. Dabei hilft es auch nichts, an Ps 108,10 [so z.B. bei Marius Reiser, Gerichtspredigt Jesu, 172] zu erinnern, weil der Psalm kein zum Täufer etwa zeitgleicher Beleg ist und nicht das geringste Indiz erkennbar ist, daß Johannes an diese Stelle anknüpfen wollte. […] Außerdem ist zu fragen, warum der Täufer eigentlich unter solchem Zwang stehen soll, sich so intensiv und gewagt von Gott abzustufen, wie es in Mt 3,11 par gleich zweimal geschieht, wo doch Gott im Frühjudentum selbstredend, ganz unbestritten, ausnahmslos und immer alle Menschen mit hohem qualitativen Abstand überragt. Der Täufer würde dann mit solchen Vergleichen längst sperrangelweite Türen einrennen!“73 Es muss sich also um eine von Jahwe unterschiedene Figur handeln, die zwar in seinem Auftrag und mit seiner Vollmacht das Gottesgericht heraufführt, aber nicht Gott selbst ist: „Therefore we may conclude that John’s expected figure is described in terms of the coming of Yahweh himself to judge and restore his people. But John did not actually expect Yahweh himself, but
vorher die Getauften in einem eschatologischen Reinigungsakt durch den ‚Geist der Heiligkeit‘ für die Existenz in der Heilszeit zurüsten wird. Die[se] zweite Möglichkeit verdient m.E. vom geschichtlichen Gesamtbild her den Vorzug“; LANG, Erwägungen, 472. Dagegen spricht Becker von der „Fremdheit der Geistaussage im [frühjüdischen] Kontext“ (BECKER, Jesus von Nazaret, 52): „Natürlich ist der ‚heilige Geist‘ als Mittel endzeitlicher Reinigung im Frühjudentum belegt (1QS 4,20f). Jedoch wäre diese Aussage als jüdische und speziell täuferische im Kontext unvermittelt und isoliert. Nur im christlichen Gedankenkontext gibt sie unmittelbar Sinn“; ebd., 53 Anm. 14. 72 Zum Motiv des Feuers als Mittel des göttlichen Gerichts im Alten und Neuen Testament vgl. FRIEDRICH LANG, Art. pu/r, puro,w etc., ThWNT 6 (1959), 927–953, hier: 935f. 942–946; vgl. auch LOHMEYER, Das Urchristentum, 84. 73 BECKER ebd., 54.
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rather, he expected an agent of Yahweh who, acting with God’s authority and power, would come to judge and restore.”74 Wer als diese von Jahwe unterschiedene Figur in Frage kommen könnte, dafür gibt es im Frühjudentum verschiedene Möglichkeiten75, von denen der Menschensohn im Kontext der Täuferpredigt nach den Charakterisierungen in den Quellen (vgl. Dan 7,13f.; Mk 13; äthHen 37–71) die wahrscheinlichste ist. Während die Erwartung des davidischen Messias76 eine eher politische Ausrichtung hatte mit dem Ziel, die römische Fremdherrschaft im Land zu beenden und das davidische Königreich wiederherzustellen, was überhaupt nicht im Interesse des Täufers lag, ist der Menschensohn aus Dan 7,13f. im frühjüdischen Schrifttum (z.B. in den Bilderreden des äthHen 46–62) ausdrücklich zum Richter und Retter geworden, „der Gericht hält über die gefallenen Engel ([äthHen] 55,4) und die sündigen Menschen ([äthHen] 46,4–6), die Gerechten aber aussondert ([äthHen] 51,2) und ihnen das Heil zuteil werden lässt.“77 Auch in 4. Esra 13 wird der Menschensohn als Richter gesehen, der seine Strafe mit „Feuerwogen, Flammenhauch und Funkensturm“ (4. Esra 13,10) niedergehen lässt.78 Die Analogie zur Täuferpredigt, wie sie im Neuen Testament festgehalten wurde, liegt auf der Hand, so dass eine Identifikation des Kommenden mit dem ui`o.j tou/ avnqrw,pou durchaus Sinn macht. 4. Das Selbstverständnis des Täufers als Prediger Es ist immer wieder die Frage gestellt worden, wie sich Johannes der Täufer als Prediger wohl selbst verstanden haben mag. Ein Selbstverständnis als Apokalyptiker kommt für Johannes nicht in Betracht. Er hat kein universales Weltende vor Augen, sondern allein Gottes Gericht über Israel. „Auch zeichnet Johannes das Gericht nicht als letzte Zäsur einer periodisierten Geschichtsauffassung, sondern schließt einfach Zukunft und Gegenwart kurz. Er fragt nicht wie ein Apokalyptiker, wann das Ende kommt, um die Antwort zu geben: bald, wenn 74
WEBB, John the Baptizer, 286. Zur Auswahl stehen neben dem Menschensohn und dem davidischen Messias (PsSal 17; MidrTeh 29,2 zu Ps 29,9: „Einmal kommt der Messias und bestraft die gottlosen Nationen der Erde […]; Übersetzung in ULRICH KELLERMANN, Das Achtzehn-Bitten-Gebet. Jüdischer Glaube in neutestamentlicher Zeit, Neukirchen-Vluyn 2007, 157) noch Michael (Dan 12,1; 1QM 17,6f.; TestDan 6,2; AssMos 10,2), Melchisedek (11Q 13) und Elia (Mal 2,17–3,15); vgl. BECKER, Jesus von Nazaret, 54f., sowie REISER, Gerichtspredigt Jesu, 171. 76 Diesen hält beispielsweise auch WEBB, John the Baptizer, 282f., für möglich. 77 STEPHANIE VON DOBBELER, Das Gericht und das Erbarmen Gottes. Die Botschaft Johannes des Täufers und ihre Rezeption bei den Johannesjüngern im Rahmen einer Theologiegeschichte des Frühjudentums, BBB 70, Frankfurt/M. 1988, 145. 78 Vgl. BECKER ebd., 35f., und HEINZ EDUARD TÖDT, Der Menschensohn in der synoptischen Überlieferung, 2. Aufl., Gütersloh 1963, 19.28. 75
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folgendes geschehen sein wird … (Dan 8,13f; 12,6f). Er weiß vielmehr das Gericht so diskussionslos nahe, daß eine sich bis zu ihm erstreckende Zeit keinen Platz mehr erhalten kann. Der Apokalyptiker hält von seiner Krisensituation aus Ausschau nach dem erlösenden Ende; der Täufer blickt vom nahen Ende auf die Gegenwart.“79 Diese und weitere Argumente Beckers80 machen deutlich: Der Täufer ist kein Apokalyptiker. Am ehesten ist er in der Tradition der alttestamentlichen Umkehr- und Gerichtsprophetie beheimatet. Das Verständnis des Täufers als Prophet hat sich schließlich bis in die synoptische Überlieferung hinein erhalten, denn in allen Schichten der Evangelienüberlieferung wird Johannes als Prophet bezeichnet.81 Und, wie wir gesehen haben, nimmt die Wendung vom kommenden Zorn die prophetische Ankündigung des „Tages Jahwes“ als ein „Tag des Zorns“ auf, der das Gericht über Israel (und die Völker) begründet. Von daher hat es eine große Wahrscheinlichkeit für sich, dass sich der historische Täufer als Gerichtsprophet in Kontinuität zu den alttestamentlichen Prophetengestalten wie Joel, Amos oder auch Jesaja verstanden hat. Insbesondere die Botschaft Jesajas enthält darüber hinaus auch eine Heilsperspektive, die gleichsam bei Johannes wiederzufinden ist. § 4 Jesus von Nazareth 1. Hat der historische Jesus ein künftig bevorstehendes Endgericht verkündigt? Die Frage, ob der historische Jesus ein künftiges Endgericht verkündigt hat, ist mit Werner Zager eindeutig zu bejahen.82 Und obgleich sich im kirchengemeindlichen Kontext Jesu Gerichtsrede zugunsten seiner Predigt von Gottes Liebe und bedingungsloser Annahme allmählich verflüchtigt hat, wird sie in der Forschungsliteratur am Ende des 20. Jahrhunderts wieder stärker in den Blick genommen.83 Jesus wird als Gerichtsprediger (wieder-)entdeckt und theologisch gewürdigt. Besonders den Fragen nach dem Verhältnis von „Gericht“ und „Heil“ innerhalb der Verkündigung des historischen Jesus sowie nach dessen Kontinuität und Diskontinuität zur Gerichtsrede Johannes des Täufers gilt die Aufmerksamkeit der mit dem Thema befassten Exegeten.84 79
BECKER, Jesus von Nazaret, 56. Vgl. ebd., 57. 81 Vgl. LANG, Erwägungen, 465. 82 Vgl. ZAGER, Gottesherrschaft und Endgericht, 311. 83 Vgl. die bereits zitierten Arbeiten von Werner Zager, Marius Reiser und Christian Riniker (Anm. 16.20); ferner: BECKER ebd., 58–99, und GERD THEISSEN/ANNETTE MERZ, Der historische Jesus. Ein Lehrbuch, 2. Aufl., Göttingen 1997, 241–250. 84 Exemplarisch nenne ich HELMUT MERKLEIN, Gericht und Heil. Zur heilsamen Funktion des Gerichts bei Johannes dem Täufer, Jesus und Paulus (1990), in: ders., Studien zu Jesus und Paulus II, WUNT 105, Tübingen 1998, 60–81, und MICHAEL WOLTER, „Ge80
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Es ist hingegen beim historischen Jesus ungleich schwieriger als bei Johannes dem Täufer, einen substantiellen Kern von Gerichtsaussagen auszumachen, da Jesu Gerichtsworte nicht so kompakt zusammenstehen wie die des Täufers in Q, sondern über den gesamten Textbestand verstreut sind. Zudem sind viele Gerichtsworte Jesu, die sich sodann bei den Synoptikern finden, stark überarbeitet, oder es ist überhaupt zweifelhaft, ob es sich hier jeweils um ein echtes Jesuswort handelt. Von daher ist es trotz der Materialfülle ratsam, sich bei der Rekonstruktion der Gerichtsrede Jesu eher auf wenige und dafür einigermaßen gesicherte Merkmale zu beschränken. Der Anfang zu einer Betrachtung der Gerichtspredigt des historischen Jesus liegt allerdings zunächst bei Johannes dem Täufer. 2. Das Erbe des Täufers Von der Taufe Jesu durch Johannes (Mk 1,9–11 par.) bzw. von einer Begegnung Jesu mit dem Täufer (Joh 1,29–34) berichten alle kanonischen Evangelien. Im Wesentlichen besteht ein Konsens darüber, dass Jesus eine Zeit lang Schüler des Täufers gewesen ist, obgleich die Evangelisten akribisch versucht haben, alle Hinweise darauf zu eliminieren. Es kann jedenfalls als historisch gesichert betrachtet werden, dass Jesus die Gerichtsbotschaft des Johannes kennen gelernt hat und sich von ihrem Inhalt überzeugen ließ, so dass er sich selbst mit vielen anderen auch der „Taufe der Umkehr zur Vergebung der Sünden“ (Mk 1,4 par. Luk 3,3) unterzogen hat. In Joh 4,1 hat sich zudem noch eine Tradition erhalten, wonach Jesus – wohl als Jünger des Johannes – selbst getauft hat. Folglich scheint Jesus der Gerichtsankündigung seines Lehrers Johannes sowie der Stellung der Taufe als einzig noch verbleibende Rettungsmöglichkeit im Gericht zunächst zugestimmt zu haben. Gemeinsam sind ihnen beiden folgende Überzeugungen85: a) Israel ist dem Gericht verfallen. Die Scheidung zwischen den Geretteten und den dem Unheil im Gericht Verfallenen wird mitten durch Israel hindurchgehen. Nur eine neuerliche Hinwendung zu Gott, die in der Taufe ihren sichtbaren Ausdruck findet, kann das Unheil vom Einzelnen noch abwenden (Luk 11,29– 32 par. Mt 12,39–42; Luk 13,1–5). b) Israels Gottesverhältnis ist von Grund auf zerstört und seine Erwählung „verbraucht“86, weshalb „ein Rückgriff und eine Berufung auf ein früheres Erwählungshandeln Gottes ausgeschlossen ist.“87
richt“ und „Heil“ bei Jesus von Nazareth und Johannes dem Täufer. Semantische und pragmatische Beobachtungen, in: Jens Schröter/Ralph Brucker (Hrsg.), Der historische Jesus. Tendenzen und Perspektiven der gegenwärtigen Forschung, BZNW 114, Berlin/New York 2002, 355–392. 85 Vgl. BECKER, Jesus von Nazaret, 61ff.; WOLTER, „Gericht“ und „Heil“, 359f. 86 BECKER ebd., 92.
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c) Das Kommen der basilei,a tou/ qeou/ steht unmittelbar bevor. Somit verlangen sowohl der Täufer als auch Jesus die meta,noia als unbedingte Neuausrichtung auf Gott (Mk 1,15 par.; Luk 13,1–5). d) Wie Johannes rechnet auch Jesus mit einem doppelten Ausgang des Gerichts (Mk 9,43–48; Luk 17,34f.).88 Ihre wesentliche Prägung hat die Gerichtsrede Jesu hingegen aus den Unterschieden zu jener des Täufers bekommen. 3. Die Betonung der heilvollen Nähe der eschatologischen Gottesherrschaft als neues Paradigma in der Verkündigung Jesu Für den historischen Jesus ist im Gegensatz zu Johannes dem Täufer eine neue Grundgewissheit anzunehmen, die auch das Zentrum seiner Verkündigung und die Motivation seines Handelns bestimmt: Mit der Gottesherrschaft naht das Heil für Israel. Gott will der Gerichtsverfallenheit Israels mit der Gabe einer neuen Chance begegnen. Damit verbindet Jesus mehr noch als Johannes mit dem Kommen der basilei,a ein heilvolles Geschehen, das mit Jesu Auftreten gegenwärtig schon beginnt. Zager kommt am Ende seiner Untersuchung zu dem Ergebnis: „Bei aller Kontinuität zum Täufer vollzog Jesus gegenüber dessen Botschaft aber einen ‚theologische[n] Paradigmenwechsel‘: Stand in der Verkündigung des Täufers das nahe Gericht im Zentrum, so war es bei Jesus das andringende und sich bereits realisierende Heil der Gottesherrschaft.“89 Auch sonst ging Jesus bald eigene und im Vergleich zu Johannes auch völlig andere Wege: Er wirkte fortan nicht in der Wüste, sondern im galiläischen Kulturland und in Jerusalem. Er war kein Asket wie der Täufer. Er begegnete den Menschen vornehmlich als Heiler, Exorzist und Lehrer im weitesten Sinn. Charakteristisch für Jesus ist auch sein Umgang mit religiös und sozial Randständigen.90 Vor allem ist die Gottesherrschaft für Jesus keine rein zukünftige Größe mehr. Mit seiner Gegenwart ist sie bereits angebrochen, was sich zeichenhaft beispielsweise in den von Jesus initiierten Dämonenaustreibungen (Luk 11,20 par.) und seinen Mahlgemeinschaften (Mk 2,15–17 par.; 14,25; Luk 15,2) manifestiert. Gott selbst wird sie aber in naher Zukunft vollenden (Mk 4,26–29 par.; 9,1 par.). Damit ist die Bedrohlichkeit durch das Gottesgericht in Jesu Verkündigung hingegen nicht abgemildert oder gar getilgt. Folgt man aber ihrer Darstellung in den Evangelien, so scheint Jesus die Heilschance, die Gott jedem Einzelnen in
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HELMUT MERKLEIN, Jesu Botschaft von der Gottesherrschaft. Eine Skizze, SBS 111, 3. Aufl., Stuttgart 1993, 35. 88 Vgl. BECKER, Jesus von Nazaret, 70–73. 89 ZAGER, Gottesherrschaft und Endgericht, 311. 90 Vgl. WOLTER, „Gericht“ und „Heil“, 357.
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Israel einräumt, bevor das Gericht kommt, stärker betont zu haben als Johannes.91 Folglich rechnet Jesus auch mit einer anderen Zeitqualität. Geht der Täufer noch von einem unmittelbaren Hereinbrechen des Gottesgerichts in der Gegenwart aus, ist diese für Jesus durch sein heilvolles Wirken gekennzeichnet. Die basilei,a tou/ qeou/ bricht sich erst allmählich Bahn. Der Zeitpunkt ihrer Vollendung und damit einhergehend das Eintreffen des Gerichts über Israel ist für Jesus offensichtlich weiter nach hinten gerückt. Jürgen Becker schreibt: „Wegen dieser zwischen Gericht und Gegenwart hereinkommenden Aufrichtung der Gottesherrschaft wird auch aus der akuten Naherwartung des Täufers eine Naherwartung des Gerichts, die zwar dieser Generation der Zuhörer Jesu den Untergang androht, aber nicht mehr so zugespitzt redet, wie es der Täufer tat.“92 Christian Stettler bezeichnet diesen Sachverhalt als eine „Zwei-StufenEschatologie“93: Jesus erwartet die Gottesherrschaft demnach in zwei Schritten. Gegenwärtig kommt sie „durch ihn und mit ihm, zeichenhaft und noch verborgen und umkämpft, und sie wird in der Zukunft durch das Endgericht endgültig 91 Hier liegt einer der Hauptkritikpunkte Michael Wolters an der Beschreibung des Unterschiedes zwischen der Gerichtsrede des Täufers und Jesu: Die Reduktion auf bloße Gewichtungen innerhalb der Verkündigung beider Protagonisten relativiere die wirklichen Differenzen zwischen ihnen. „Was unter dem Strich übrig bleibt, sind darum auch keine inhaltlichen Differenzen, sondern lediglich ein unterschiedlicher Gestus im Spiel mit den bekannten Leitaffekten des rhetorischen Genus deliberativum der Furcht (metus) und der Hoffnung (spes): Dadurch, daß Johannes das „Gericht“ in den Vordergrund stelle, mobilisiere er den Affekt der Furcht, während Jesus mit seiner Betonung des „Heils“ den Affekt der Hoffnung evoziere“; WOLTER , „Gericht“ und „Heil“, 362f. Wolter ist darin Recht zu geben, dass sich der inhaltliche Unterschied zwischen dem Gerichtsprediger Johannes und dem Gerichtsprediger Jesus nicht allein in der Gewichtung von Gerichts- und Heilsaussagen erschöpfen kann, sondern die Frage nach ihrer jeweiligen Funktion und Intention im Blick auf die Hörerinnen und Hörer stärker in Betracht gezogen werden muss, um ein differenziertes Bild ihrer Gerichtsvorstellungen zu erhalten. Weiterhin ist Wolter darin zu folgen, dass für Jesus und den Täufer eine andere – nämlich die frühjüdische – Gerichtserwartung anzunehmen ist, als sie in den christlichen Zeugnissen der Evangelien zunächst erscheinen mag. Daran erinnert zu haben, ist ein Verdienst seines Aufsatzes. Dennoch bleibt für mich im Blick auf die einschlägigen Evangelientexte die unterschiedliche Gewichtung von Heils- und Gerichtsankündigung eine ganz offenkundige Differenz zwischen Jesus und dem Täufer, die es erst einmal wahrzunehmen gilt, auch wenn sie teilweise auf eine interpretatio christiana zurückgeht. Über die wahren historischen Schwerpunktsetzungen kann man ja bei beiden aufgrund der Textbasis ohnehin nur mutmaßen. Somit folge ich dem Diktum, das Wolter in seinem Aufsatz einleitend auch anmerkt: Es gibt „keine Geschichtsschreibung ohne Fiktion […] und […] jede Rekonstruktion vergangener Ereignisse [ist] immer auch Konstruktion“; WOLTER ebd., 355. Meine Vorstellung hinsichtlich der Verkündigung Jesu im Gegensatz zu jener des Täufer ist die, dass der Heilsaspekt bei Jesus einen wesentlich größeren Raum eingenommen haben muss als der Gerichtsaspekt. 92 Vgl. BECKER, Jesus von Nazaret, 65. 93 STETTLER, Das letzte Gericht, 200ff.
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durchgesetzt.“94 Mit Ausnahme von Qumran95 sei eine solche zweistufige Eschatologie in der Theologie des Frühjudentums ein Novum und scheint sich wohl erst mit Jesu Verkündigung weiter verbreitet zu haben.96 Demzufolge hätten wir es hier also mit einer spezifisch jesuanischen Neuinterpretation der Endzeitgeschehnisse zu tun. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang, dass bei Jesus als ehemaligem Schüler des Täufers die Taufe selbst als „Umkehrfrucht“ augenscheinlich keine Rolle mehr spielt. Zwar ruft auch er noch zur Umkehr auf, versteht darunter allerdings etwas ganz anderes als Johannes, nämlich die kompromisslose Hinwendung zu seiner Person und zu seiner Botschaft. Das wird besonders deutlich in den Reaktionen Jesu auf jene, die es ablehnen, ihm zu folgen. Beispielhaft stehen dafür die Weherufe über einige galiläische Orte Luk 10,13–15 par. und die Ablehnung einer Zeichenforderung Luk 11,29–31, in der jeweils denen die volle Härte im Gericht angedroht wird, die nach der Begegnung mit Jesus nicht umgekehrt sind bzw. nicht auf ihn gehört haben. „Jesus betont die Möglichkeit, angesichts der Verlorenheit Israels im Angebot der Gottesherrschaft eine in seiner neuen Grundgewißheit bestehende Heilschance zu haben. Das beinhaltet allerdings, daß die erwartete Umkehr eine Zuwendung zu seiner Botschaft sein muss. Umkehr ist Hinwendung zu ihm“, so beschreibt Becker den Sachverhalt.97 4. Die Gerichtsvorstellung bei Jesus von Nazareth Trotz des Gewichts, das die Ankündigung der basilei,a tou/ qeou/ und das ihrer Vollendung bereits vorausgehende Heil im Wirken Jesu in der Verkündigung des Nazareners unzweifelhaft haben, rechnete Jesus jedoch auch mit dem Gericht über das unbußfertige Israel. Jesus bewegt sich dabei von der Gerichtsbotschaft des Täufers herkommend ganz in den Bahnen frühjüdischer Gerichtsvorstellungen, wobei er neben dem Vernichtungsgericht (z.B. Luk 13,1–5; 17,27– 30)98, wie es der Täufer erwartete, offenbar auch das forensische Gerichtsverfahren vor dem Thron des himmlischen Richters kennt (Luk 11,31f. par.; vgl. äthHen 62). Beide Gerichte laufen auf das gleiche Ziel hinaus: Die Rettung der Gerechten durch ihre Aufnahme in die basilei,a tou/ qeou/ und die Verdammung
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STETTLER, Das letzte Gericht, 203; vgl. auch REISER, Gerichtspredigt Jesu, 307. Die Qumrangemeinde beanspruchte, durch ihre Lebensform schon jetzt den endzeitlichen Gotteswillen abzubilden und in der neuen Schöpfung zu leben, obgleich sie das Weltgericht und die neue Schöpfung erst zukünftig erwartete; vgl. STETTLER ebd. Anm. 31. 96 Ebd., 203. 97 BECKER, Jesus von Nazaret, 65; vgl. auch REISER ebd., 301f., und ZAGER, Gottesherrschaft und Endgericht, 315. 98 Vgl. Sach 14,12–16; AssMos 10,1–10 u.ö. 95
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B. Der traditionelle Hintergrund der lukanischen Rede vom Gericht Gottes
all derer, die nicht „umgekehrt“ sind, d.h. sich nicht von ihrem gottfernen Lebenswandel abgekehrt haben.99 Motiviert wird das Gericht bei Jesus ganz alttestamentlich vom „Zorn Gottes“ über den „Ungehorsam“ und die „Gottlosigkeit“ seines Bundesvolkes. Es darf angenommen werden, dass Jesus vor diesem Hintergrund entweder Gott selbst oder einen von ihm bestellten Richter wie z.B. den ui`o.j tou/ avnqrw,pou erwartete, der über Israel zu Gericht sitzen wird (Dan 7,13f.; Mk 13,26f. par.). Dass der historische Jesus neben dem „Gericht über Israel“ zudem auch ein „Gericht über die Völker“ im Blick hatte, ist m.E. eher unwahrscheinlich. Von seiner Herkunft aus dem Umfeld des Täufers her halte ich es für wahrscheinlicher, dass auch der historische Jesus seine Heils- und Gerichtsansagen ausschließlich an Israel adressiert hat.100 5. Die Intention des Gerichtsgedankens bei Jesus Die Rede vom Gericht Gottes hat weder bei Johannes und noch weniger bei Jesus von Nazareth den Selbstzweck, mit Gottes Zorn zu drohen und Angst zu schüren, um Israel zu einem bestimmten Verhalten seinem Gott gegenüber zu nötigen. Besonders Michael Wolter hat betont, „daß Gottes Gerichtshandeln immer als integraler Bestandteil seines Heilshandelns verstanden wird.“101 Anders als bei Reiser, der Gericht und Heil abschließend als die beiden „Seiten einer Medaille“102 bezeichnet, stehen sie für Wolter ganz eindeutig „immer auf ein und derselben Seite“103: „Die Vernichtung und Verurteilung der Sünder, das Unheil, das Gottes Gericht über die Frevler und Gottlosen bringt, ist vor allem aber auch darum nichts anderes als ein Heilsgeschehen, weil es die Verlorenheit des Heilsvolkes und der Gerechten in Heil transformiert. […] das Richten und das Retten Gottes sind ‚Korrelate‘ ein und desselben Handelns Gottes. Das Gericht ist darum auch nicht lediglich die ‚Voraussetzung‘ des Heils oder ein ‚notwendiger Schritt auf dem Weg zum Heil‘, sondern es ist der Vorgang, mit dem Gott seine heilvolle Schöpfungsordnung eschatisch aufrichtet und sie gegen alles ihr Entgegenstehende durchsetzt: Gottes Gerichtshandeln ist Heilshandeln.“104 Die Gerichtsrede Jesu als solche verfolgt mit Wolter gesprochen also zuletzt einen heilsdienlichen Zweck. Im Blick auf Israel will sie ihre Adressaten in ihrer gegenwärtigen Existenz verunsichern, indem sie die Gegenwart neu qualifiziert. Diese wird zur von Gott gewährten Entscheidungszeit, in der der Ein99
Vgl. WOLTER, „Gericht“ und „Heil“, 366–368. Diese Beurteilung legen auch die Ergebnisse der Reiserschen Untersuchung zur Gerichtspredigt Jesu nahe; vgl. REISER, Gerichtspredigt Jesu, 298ff. 101 WOLTER ebd., 367. 102 REISER ebd., 307. 103 WOLTER ebd., 367. 104 Ebd., 367f.; vgl. auch STETTLER, Das letzte Gericht, 201. 100
II. Das Seelengericht in Griechenland und Rom
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zelne sich auf das Wirken und Handeln Jesu hin bekehren kann. Im Kreis der bereits Bekehrten hat die Rede vom Gottesgericht zum einen eine stabilisierende und vergewissernde Wirkung, indem sie sie in der Richtigkeit ihrer Entscheidung bestätigt (Mt 12,41f. par.). Zum anderen hat sie ermahnenden Charakter, indem sie all jene, die Jesus nachfolgen, anhält, an ihrer neugewonnenen Orientierung festzuhalten (Mk 9,43–48 par.; Mt 10,28.32f. par.).105 Allein den konsequenten Verweigerern der Umkehr hat sie nichts Heilsames zu sagen außer, dass sie mit großem Unheil und Verdammnis rechnen müssen, die unumkehrbar sein werden, wenn das Gericht da ist (Mk 9,43.45.47 par.; Mt 7,13f. par.; Mt 8,11f. par. u.ö.).
II. Das Seelengericht in Griechenland und Rom II. Das Seelengericht in Griechenland und Rom
Im Gegensatz zur Rezeption eines göttlichen Gerichts in der alttestamentlichfrühjüdischen Literatur hat ein von den Göttern inszeniertes Gericht in der griechisch-römischen Eschatologie einen auffallend geringen Stellenwert. Wo es hingegen in der Literatur Erwähnung findet, ist es ausschließlich ein Gericht über Individuen, keinesfalls aber eines über bestimmte Gruppen geschweige denn über ganze Völker, wie es vor allem im Alten Testament zu finden ist. Es ist zudem, soweit ich sehe, immer auch die Vorstellung eines Gerichts post mortem, in dem der Einzelne seinem Lebenswandel gemäß be- bzw. verurteilt wird. Von einem endzeitlichen Universalgericht, wie wir es im Alten Testament und frühen Judentum kennen gelernt haben, weiß man weder im antiken Griechenland noch in Rom etwas. Und das aus gutem Grund, denn vor allem in der antiken griechischen Religion rechnet man nicht selten mit einem zirkulierenden Wechsel aus Tod und Wiedergeburt, da die Seele als unsterblich betrachtet wird. „Die Seele ist unsterblich; auch der Sünder und Unerlöste kann nicht untergehen. Hades und Erdenleben hält sie in ewigem Kreislauf gebannt, und das ist ihre Strafe. Aber der geheiligten Seele kann nicht Hades, nicht Erdenleben den höchsten Kranz bieten. Ist sie in orphischen Weihen und orphischem Leben rein und aller Flecken ledig geworden, so wird sie, von Wiedergeburt befreit, aus dem Kreise des Werdens und Vergehens ausscheiden. […] Nun ist sie frei und wird nie mehr den Tod erleiden, sie lebt ewig wie Gott, die sie selbst vom Gotte stammt und göttlich ist.“106 Vom orphischen Glauben an die Wiedergeburt der Seele schreibt Erwin Rohde weiter: „Aber die Tiefe [der gefürchtete Tartaros107] giebt zuletzt die 105
Vgl. WOLTER, „Gericht“ und „Heil“, 381–385. ERWIN ROHDE, Psyche. Seelencult und Unsterblichkeitsglaube der Griechen, 2 Bde., 7. und 8. Aufl., Tübingen 1921; hier: II, 130. 107 Vgl. hierzu: KARIN SCHLAPBACH, Art. Tartaros, DNP 12/1 (2002), 38f. Der Tartaros, aus dem sich unsere abendländische Höllenvorstellung entwickelt hat, war anders als 106
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B. Der traditionelle Hintergrund der lukanischen Rede vom Gericht Gottes
Seele dem Lichte zurück: drunten ist ihres Bleibens nicht. Dort lebt sie nur in der Zwischenzeit, die den Tod von der nächsten Wiedergeburt trennt. Den Verworfenen ist dies eine Zeit der Läuterung und Strafe; mit dem grässlich lastenden Gedanken ewiger Höllenstrafen können die Orphiker ihre Gläubigen noch nicht beschwert haben. Denn wieder und wieder steigt die Seele ans Licht hinauf, um in immer neuen Verkörperungen den Kreis der Geburten zu vollenden. Nach ihren Thaten im früheren Leben wird ihr im nächsten Leben vergolten werden; was er damals Anderen gethan hat, genau dieses wird der Mensch jetzt erleiden müssen. So erst zahlt er volle Busse für alte Schuld […]. So wird sicherlich auch dem Reinen [jenem, der die orphischen Weihen empfangen hat] durch steigendes Glück in künftigen Geburten gelohnt.“108 Zwar galt es als Ziel, diesen Kreislauf der Wiedergeburt zu durchbrechen, um einst für immer im Elysium bzw. auf den „Inseln der Seligen“ seine letzte Wohnstatt zu finden109, aber der Weg dahin war offensichtlich lang und führte zuerst durch immer neue Erdenleben, in denen der/die Einzelne stets neue Chancen bekam, sich als di,kaioj zu erweisen. Handelte es sich in Griechenland und Rom demnach um eine mehr dem Diesseits als dem Jenseits verhaftete Religiosität, wonach Vergehen gegen die Götter bzw. gegen die von ihnen gesetzten Ordnungen in der Regel durch eine „glückliche“ bzw. „unglückliche“ Wiedergeburt ins irdische Leben hinein belohnt oder bestraft wurden und nicht erst kollektiv am Ende der Zeit? Diese Frage lässt sich – auch in Anbetracht der langen Geschichte antiker Glaubensvorstellungen – nicht pauschal beantworten. Es ist daher nicht verwunderlich, dass man für Griechenland und Rom ebenso wenig wie für das antike Judentum von einer einheitlichen „Lehre“ über Wesen und Wirkung eines Jenseitsgerichts sprechen kann, denn die einschlägigen Belege in der Literatur sind viel zu disparat, als dass ihre Aussagen in eine inhaltliche oder historische Systematik gebracht werden könnten. Sicher ist auch hier wie bei vielen anderen Phänomenen der Antike mit zahlreichen lokader Hades der eigentliche Strafort für die zu ewiger Verdammnis verurteilten Seelen. Er liegt topographisch noch unterhalb des Hades und wird zum ewigen Aufenthaltsort für die schlimmsten Verbrecher. Prominente „Bewohner“ des Tartaros sind Sisyphos, Tantalos und Tityos (Homer, Od 11,576–600; Platon, Gorg 525e), die hier in ewiger Pein ihr jenseitiges Dasein fristen. Die Aufgabe der göttlichen Strafvollstreckung „fällt allerlei finsteren Wesen zu, von denen die Erinyen die bekanntesten sind. Von den Römern werden sie Furien genannt. Es handelt sich um furchterregende weibliche Wesen, die kein Mitleid kennen und keine mildernden Umstände gelten lassen. Sie werden stets als Frauen von grimmigem Aussehen dargestellt; sie tragen Fackeln, Geißeln und Schlangen […] Vergil nennt uns den Namen ihrer Anführerin: Tisiphone, ‚Mordrächerin‘ [Vergil, Aen 7,555]“; BERNHARD LANG, Himmel und Hölle. Jenseitsglaube von der Antike bis heute, München 2003, 23f. 108 ROHDE, Psyche II, 129f.; vgl. zum Phänomen der Seelenwanderung auch CHRISTOPH RIEDWEG, Art. Seelenwanderung, DNP 11 (2001), 328–330. 109 Vgl. ROHDE ebd., 124.
II. Das Seelengericht in Griechenland und Rom
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len und zeitlich begrenzten Ausformungen jenseits der uns bekannten literarischen Überlieferung zu rechnen, so dass sich schon von daher im Blick auf einen in der antiken Volksfrömmigkeit verankerten Glauben an ein Totengericht jede Art von Pauschalisierung ausschließt. Aus Mangel an neueren Darstellungen eines jenseitigen Totengerichts im alten Griechenland und Rom110 greife ich auf das Register des in der siebten und achten Auflage schon 1921 erschienenen und bereits zitierten zweibändigen Werkes von Erwin Rohde zurück, um einen ersten Überblick über die literarischen Belegstellen für ein solches Totengericht zu bekommen. Rohde verweist im Wesentlichen auf vier einschlägige Texte innerhalb der antiken griechischen Literatur, die nun im Folgenden kurz vorgestellt werden sollen: 1. Früheste Beispiele für einen Glauben an jenseitige Belohnungen und Bestrafungen und damit für eine grundlegende Voraussetzung eines Jenseitsgerichtes in der Unterwelt111 finden sich in den beiden Werken Homers – Ilias und Odyssee – sowie in einem Hymnus an Demeter aus dem siebten vorchristlichen Jahrhundert. Sie zeigen, dass dieser Glaube offensichtlich älter ist als die Hinweise, die wir beispielsweise bei Pythagoreern und Orphikern finden. Auf eine Bestrafung im Jenseits lassen Il 3,278f. (vgl. Il 19,259f.) schließen, wo es heißt: Auch ihr Ströme, du Erde, und die ihr drunten die Schatten büßen laßt von den Menschen, die falsche Eide geschworen!
Und in Od 11,576ff. berichtet Homer von den Bestrafungen der drei wohl berühmtesten Unterweltbüßer der Antike Tityos, Tantalos und Sisyphos. Im Demeterhymnus H. Dem. 480–482 wird dem Menschen die Darbringung der Opfer nahe gelegt, um das Schicksal nicht herauszufordern. Dort heißt es: Selig der Erde bewohnende Mensch, der solches [das Wachstum der Ackerfrüchte und die Schönheit der Bäume] gesehen! Doch wer die Opfer nicht darbringt, oder sie meidet, wird niemals teilhaft solches Glücks; er vergeht in modrigem Düster.112
Neben Homer und Pythagoras113 waren vor allem die bereits erwähnten Orphiker als religiöse Bewegung im 7. Jh. v. Chr. Multiplikatoren der Idee von einem dualistischen Jenseits114; sie haben „die Vorstellung von einem unterirdischen 110 Die Darstellung von ROBERT MUTH, Einführung in die griechische und römische Religion, 2. Aufl., Darmstadt 1998, ist für unser Thema leider nicht ergiebig. 111 Vgl. ERIC R. DODDS, Plato, Gorgias: A revised Text with Introduction and Commentary, Oxford 1959, 373 [Ndr. 1976]. 112 Einen Kommentar zur Stelle findet sich bei NICHOLAS J. RICHARDSON, The homeric Hymn to Demeter, Oxford 1974, 310–315. 113 Zu Pythagoras und dem Seelenglauben der Pythagoreer vgl. MARTIN P. NILSSON, Geschichte der griechischen Religion, Bd. 1, Bis zur griechischen Weltherrschaft, HAW V/2, München 1941, 662–665. 114 Vgl. ROBERT GARLAND, The Greek Way of Death, London 1985, 61f. In den nur sehr fragmentarisch erhaltenen Schriften der Orphiker findet sich beispielsweise die Kata,-
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B. Der traditionelle Hintergrund der lukanischen Rede vom Gericht Gottes
Gericht […] am wohl weitesten vorangetrieben“115. Platon scheint in seiner Darstellung des Jenseitsgerichts im Gorgias von ihnen nicht unwesentlich beeinflusst gewesen zu sein.116 Die Orphiker, so William K. C. Guthrie in seiner Studie zur orphischen Bewegung und ihrer Bedeutung für die antike griechische Religion, glaubten an ein jenseitiges Seelengericht im Hades und an eine ausgleichende Gerechtigkeit: „Orphism was a religion with a belief in immortality and in posthumous rewards and punishments. So far so good. But it had a more individual doctrine than that. Hades, with its prospect of torment or feasting, was not the end. There was also the doctrine of the circle of birth, or cycle of births, and the possibility of ultimate escape from reincarnation to the state of perfected divinity.”117 Zur Anthropologie im orphischen Denken und zur Begründung von Lohn und Strafe im Jenseits meint Guthrie weiter: „The beginnings of salvation lie within every one of us, since they are identical with the germ of divinity which it is our nature as human beings to possess. Yet it does not follow that everyone is assured of a blessed future simply by reason of his origin. By a life of adikia, of sinfulness, the divine element may be stifled and the ‚Titanic nature‘ in us brought to the surface […]. To misuse the divine is to use it to our own damnation. Hence the believer will try to lead Orphic life, to which we shall come later, and which aims at the exaltation and purification of our Dionysiac nature118 in order that we may in the end shake off the last trammels
basij eivj [Aidou (frg. 293–296; Text in: OTTO KERN, Orphicorum Fragmenta, 2. Aufl., Berlin 1963, 304–307) – ein Gedicht, das, wie der Name schon sagt, eine Unterweltsreise zum Thema hat. Vgl. auch WILLIAM K. C. GUTHRIE, Orpheus and Greek Religion. A Study of the Orphic Movement, 2. Aufl., London 1952, 171ff. Dort finden sich im Anhang auch eindrückliche Bilder von Vasen, die Unterweltsszenen abbilden (Fig. 16f.); vgl. hierzu auch AUGUST WINKLER, Die Darstellung der Unterwelt auf unteritalischen Vasen. Eine archäologische Untersuchung, Breslau 1888. 115 IMRE PERES, Griechische Grabinschriften und neutestamentliche Eschatologie, WUNT 157, Tübingen 2003, 62. 116 Vgl. GUTHRIE ebd., 156ff. 117 Ebd., 164; vgl. auch NILSSON, Religion, 642–662. 118 Der Begriff ist in diesem Zusammenhang überraschend. Eine „dionysische Natur“ ist doch eher bei den Mysten des Gottes Dionysos zu erwarten. Tatsächlich wissen auch sie wie die Anhänger des Orpheus um ihren besonderen Platz im Jenseits. Denn die in die bakchischen Mysterien Eingeweihten kennen die nötigen Worte, um sich im Hades zurechtzufinden und Persephone, der Herrin der Unterwelt, recht zu antworten. Wie die Figur des Orpheus ist somit auch Dionysos für seine Anhängerschaft ein Garant ihrer Erlösung und „zugleich Bürge eines glücklichen Lebens im Jenseits“; PETER PILHOFER, Dionysos und Christus. Zwei Erlöser im Vergleich, in: ders., Die frühen Christen und ihre Welt. Greifswalder Aufsätze 1996–2001 mit Beiträgen von Jens Börstinghaus und Eva Ebel, WUNT 145, Tübingen 2002, 73–91; hier: 79.
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of our earthly selves and become actually, what we are now potentially, gods instead of mortals.”119 Kommen die Seelen der Verstorbenen hinab in den Hades, werden sie nach rein moralischen Gesichtspunkten eingeteilt in „Fromme“ und „Frevler“.120 Das Liegen in einem Schlammloch121 oder das Wasserschöpfen mit einem Sieb in ein löchriges Fass122 sind solche Jenseitsstrafen, die auf einen frühen Vergeltungsglauben hindeuten. Pausanias (um 115–ca. 180 n. Chr.) beschreibt in seiner umfassenden Landeskunde Griechenlands im X. Buch diesbezüglich ein Gemälde des Polygnotos, um zu veranschaulichen, wie die Nichtauserwählten in der Unterwelt gepeinigt werden, indem sie beispielsweise in z.T. gebrochenen Krügen Wasser schleppen müssen und Sisyphos sich abmüht, immer wieder einen Felsblock einen Abhang hinauf zu wälzen, damit dieser – oben angelangt – sogleich wieder herunterrollt: Nach Kallisto und den weiteren Frauen bei ihr [von denen vorher in der Beschreibung des Gemäldes bei Pausanias die Rede ist] ist eine Art Abhang dargestellt und Sisyphos, der Sohn des Aiolos, der sich müht, den Felsblock den Abhang hinaufzuwälzen. Es ist auch ein Faß in dem Gemälde und ein alter Mann und noch ein Knabe und Frauen, eine junge unter dem Felsen und neben dem Alten eine, die ihm im Alter gleicht; die übrigen tragen Wasser, der Alten scheint offenbar der Wasserkrug zerbrochen zu sein, und was an Wasser in dem Bruchstück noch vorhanden war, das gießt sie wieder in das Faß aus. Ich vermutete, dass auch diese zu denen gehörte, die sich um die Mysterien in Eleusis nicht kümmerten.123 Und der griechische Dichter Pindar (522/518–ca. 445 v. Chr.) weiß in seiner zweiten Olympischen Ode von drei unterschiedlichen Schicksalen zu berichten, die die Menschen nach ihrem Tod ereilen können: […] aber bei gleichen Nächten für alle Zeit und gleichen Tagen Sonne erhaltend, empfangen müheloseres Leben die Guten […] die anderen aber schleppen Mühsal, nicht anzusehen. Soviele es aber vermochten […] fern ganz von Unrecht zu halten die Seele, ziehen hinauf den Zeusweg zum Kronosturm; dort umatmen die Insel der Seligen ozeanische Lüfte … .“124 Das Motiv „Belohnung und Bestrafung nach dem Tod“ erscheint sodann auch in Texten ab dem 5. Jh. v. Chr.125, so z.B. in Aristophanes Komödie „Die Frösche“. Darin gibt Herakles dem Dionysos Anweisungen, wie dieser in die Unterwelt hinabsteigen könne. Unter anderem beschreibt er, was Dionysos dort erwartet:
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GUTHRIE, Orpheus, 156; vgl. zum Schicksal der „gerechten Seelen“ auch die Seiten 183–187, und ROHDE, Psyche II, 125ff. 120 Vgl. FRITZ GRAF, Eleusis und die orphische Dichtung Athens in vorhellenistischer Zeit, RGVV 33, Berlin/New York, 1974, 94–121. 121 Ebd., 103ff. 122 Ebd., 107ff. 123 Pausanias, Beschreibung Griechenlands X, 31. 124 Pindar, Ol 2,61–73. 125 OUTI LEHTIPUU, The Afterlife Imagery in Luke’s Story of the Rich Man and Lazarus, NT.S 123, Leiden/Boston 2007, 66.
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B. Der traditionelle Hintergrund der lukanischen Rede vom Gericht Gottes
„Herakles: Dann Moor und Sumpf [wirst du sehen], und Seen von Menschenkot, darin sich wälzt, wer je das Gastrecht frevlerisch verletzt, wer einen Knaben braucht und nicht bezahlt, die Mutter prügelt und ins Angesicht den Vater schlägt, wer einen Meineid schwört, und – abschreibt einen Vers von Morsimos. Dionysos: Bei Gott, da muß auch hin, wer je gelernt ein Waffentanzlied von Kinesias! Herakles: Dann wird dich süßer Flötenhauch umwehn und schönstes Sonnenlicht, wie hier, und Haine von Myrten, wo in sel’gen Scharen Frauen und Männer ziehn mit Sang und Händeklatschen. Dionysos: Wer sind denn die? Herakles: Das sind die Eingeweihten … .“126 Doch nicht nur literarische Zeugnisse handeln von einem Leben im Jenseits. Von ihm ist auch inschriftlich beispielsweise auf den sog. Orphischen Goldplättchen die Rede.127 Die bisher bekannten auf ihnen überlieferten und mit ihnen verwandten Texte „reichen vom 6. vorchristlichen Jahrhundert bis ins 3. nachchristliche Jahrhundert; sie umspannen mithin fast ein Jahrtausend.“128 Sie sprechen von Schicksalen in der Jenseitswelt. Qualen und Strafen werden zwar nicht beschrieben, dafür aber wird von einem Anspruch der Sterblichen berichtet, entweder göttergleich zu werden, oder doch zumindest im Elysium Ruhe zu finden.129 Ob diesem Anspruch stattgegeben wird, hängt von den nötigen „Kenntnissen“ im Jenseits und vom Reinheitsgrad des/der Verstorbenen ab, der ggf. durch einen kultischen Akt noch vollendet werden muss. Ich gebe hier einen entsprechenden Textausschnitt in der englischen Übersetzung bei Outi Lehtipuu wieder: From the pure I come, being pure myself, Queen of the dead Eucles, Eubouleus and other immortal gods. For I claim that I too belong to your blessed race, but I was doomed be destiny or the thrower of the thunderbolt. I escaped from the painful cycle, I gained the victor’s crown with swift feet, I fled into the bosom of the Queen of the dead. ‘O blessed and happy one, you will become a god instead of a mortal.’ A kid has fallen into milk. 130
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Aristophanes, Die Frösche, 136–158. Dass sich diese besondere Art von Inschriften weder den Orphikern noch den Pythagoreern zuordnen lassen, sondern dionysischen Ursprungs sind, dafür spricht sich Pilhofer in seinem Aufsatz „Dionysos und Christus. Zwei Erlöser im Vergleich“, 78–80 (s.o. Anm. 118) aus und beruft sich dabei auf einen älteren Aufsatz aus dem Jahr 1980 von SUSAN GUETTEL COLE, New Evidence for the Mysteries of Dionysos, GRBS 21 (1980), 223–238. 128 PILHOFER ebd., 80. 129 Vgl. PERES, Grabinschriften, 197–207. 130 Griechischer Text bei CHRISTOPH RIEDWEG, Initiation–Tod–Unterwelt. Beobachtungen zur Kommunikationssituation und narrativen Technik der orphisch-bakchischen Goldplättchen, in: Fritz Graf (Hrsg.), Ansichten griechischer Rituale. Geburtstags-Symposium für Walter Burkert, Stuttgart/Leipzig 1998, 359–398, hier: 392f.; Übersetzung bei LEHTIPUU, Imagery, 70; vgl. auch RADCLIFFE G. EDMONDS, Myths of the Underworld Journey. Plato, Aristophanes and the Orphic Gold Tablets, Cambridge 2004, 110. 127
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Andere Texte auf den Goldtafeln formulieren beides – den Appell der Verstorbenen für eine besondere Behandlung und den Endzustand der gesegneten Toten – ein wenig anders, doch erklären auch sie grundsätzlich, dass die Verstorbenen ihr Leben im Jenseits genießen können. Eine Beschreibung des elysischen Heilszustandes überliefert der zweite Teil einer lateinischen Inschrift aus Doxato bei Philippi, die wahrscheinlich ins 3. Jh. n. Chr. zu datieren ist: Du131 … lebst, in Ruhe verklärt, auf der Elysischen Au. So war es der Ratschluß der Götter, daß fortlebe in ewiger Form, der so hohes Verdienst sich erwarb um die himmlische Gottheit: Gnaden, die dir verhieß in dem keuschen Lauf dieses Lebens die Einfalt, die einst der Gott dir befahl. Ob dich nun des Bromius heilige Mystenschar zu sich ruft in den Kreis der Satyre auf blumiger Au, oder mit ihrem Korb die Naiaden zu sich winken in ähnlicher Art, um im Glanze der Fackeln den frohen Festzug zu führen: Sei doch Knabe, was immer, wozu dich dein Alter bestimmt hat, wenn du nur, wie du’s verdienst, im Gefilde der Seligen wohnst.132
Diese und weitere Texte133 geben interessante Einblicke in die mannigfaltigen Vorstellungen postmortaler Schicksale in griechisch-römischer Zeit. 2. Von einem Totenrichter ist auch in Pindars (ca. 520–440 v. Chr.) zweiter Olympischer Ode die Rede, wo in Zeile 75 bou,lai evn ovrqai/si `Radama,nquoj erwähnt werden (Ol 2,75). Jener Rhadamanthys ist einer der vier bekannten Totenrichter.134 Er ist wahrscheinlich auch gemeint, wenn der Dichter kurz zu131
Angesprochen ist der verstorbene Junge. PILHOFER, Dionysos und Christus, 81f. 133 Vgl. z.B. Vergils sechsten Gesang der Aeneis und Platon, Phaidon 113d–114c; Pol 614b–621d (dort wird in 614c auch von den ca,smata in der Erde und im Himmel gesprochen; vgl. auch ca,sma in Plutarch, De sera 27f.). Die Einsetzung eines Totengerichts durch Zeus und die Seelenzustände der Toten im Jenseits schildert Platon in Gorg 523a–527a; zu den Qualen in der Unterwelt vgl. Plutarch, De sera 30f. 134 PERES, Grabinschriften, 60, führt aus: „Der ‚König‘ der Richter ist Minos, der die schwierigsten Fälle und schwerwiegendsten Sünden verurteilt [vgl. Platon, Gorg 524a. 526c]. Andere, allgemeine Richtertätigkeiten führen Aiakos und Rhadamanthys aus. Eine Variante ist auch die Vorstellung, dass Aiakos die Toten aus Europa und Rhadamanthys die Toten aus Asien richtet, während Richter Minos mit der Überprüfung der Urteile beschäftigt ist [Gorg 524a].“ Die Namen der Totenrichter fehlen in den ältesten Belegen. Sie erscheinen zuerst bei Platon, Apol 41a, zusammen mit Triptolemus. Wie kam es zur Auswahl gerade dieser Gestalten? Zumindest für Minos, Rhadamanthys und Aiakos hält Eric R. Dodds folgende Erklärungen bereit: Minos wird bereits in Homer, Od 11,568ff., als Richter der Toten erwähnt. Rhadamanthys gilt Platon in Nom 624b, und Euripides in Zykl 273f., als äußerst gerecht. Als Richter bereits in irdischen Angelegenheiten setzte er in den von ihm geleiteten Gerichtsverhandlungen den Eid vor den Göttern als Mittel der Wahrheits- und Urteilsfindung ein und konnte damit zu seinen Lebzeiten im wahrsten Sinn des Wortes kurze Prozesse führen (Platon, Nom 948b). Zu Aiakos berichtet Pindar in Isthm 8,26, wonach dieser bereits für die Götter di,kaj gesprochen hätte; vgl. DODDS, Gorgias, 374. Rhadamanthys und Aiakos haben zudem auch unabhängig von ihrer richterlichen Tätigkeit im Jenseits noch aus anderen Gründen besondere Stellungen in der Unterwelt: In 132
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vor in Ol 2,59 von dem „Einen“ spricht, der im Hades richtet (kata. ga/j dika,zei tij). 3. Auch der Tragödiendichter Aischylos (525/524–456 v. Chr.) weiß in Eumen. 273f. (vgl. Suppl 230f.) von einem Totengericht zu berichten, in dem jedoch keiner der sonst üblichen Richter, sondern der Unterweltsgott Hades selbst richtet – in diesem Fall eine Gruppe von Muttermördern (me,gaj ga.r [Aidhj evsti.n eu;qunoj brotw/n e;nerqe cqono,j). 4. Einen detaillierteren Einblick in die Struktur und die Abläufe des Totengerichts bieten die Schilderungen Platons im Gorgias [Gorg 523a–526c]135, die zugleich die ausführlichste und wohl auch bekannteste Darstellung der Vision von einem Jenseitsgericht in der antiken Literatur ist. Darum soll sie im Folgenden eingehender besprochen werden. Die Vision ist eingebettet in eine lange Rede des Sokrates an Kallikles. Den Inhalt der Vision bezeichnet Sokrates selbst als einen mu/qoj (Platon, Gorg 523a–b). Grundsätzlich weist er Kallikles darauf hin, dass jeder, der sein Leben dikai,wj kai. o`si,wj geführt habe, nach seinem Tod zu den „Inseln der Seligen“ 136 gelangen und dort in vollkommenem Glück leben werde. Wer jedoch avdi,kwj kaiv avqe,wj gelebt hat, kommt zur Zucht und Strafe in den Tartaros137 (523b). In Gorg 523b–524a formuliert Pluto eine Klage an Zeus, dass es nicht gut sei, wenn „Lebende der Lebenden Richter [waren] und saßen zu Gericht an dem Tage, da jemand sterben sollte“ (523b). Denn es werde schlecht geurteilt, weil erstens die Seele des eben Verstorbenen noch vom Leib verhüllt und darum für die Richter nicht sichtbar sei, und weil auch die (selbst noch lebenden)
Homer, Od 4,564, gilt Rhadamanthys als Bewohner des Elysiums, Aiakos, ein Sohn des Zeus, wird hingegen als „Beisitzer“ Plutos (Isokrates, Evag 15) bezeichnet, der nach seinem Lebensende die Schlüssel zum Hades hütet (Apollodor, Bib 3,159). Beide kommen offensichtlich aus einem sehr alten Stratum der griechischen Mythologie; vgl. DODDS, Gorgias, 374. 135 Vgl. ROHDE, Psyche I, 310f. Anm. 1. 136 Die sog. „Inseln der Seligen“ bzw. das Elysium bilden das Gegenstück zum Hades bzw. zum Tartaros. Dieser Ort muss nicht unbedingt in den oberen Bereichen des antiken Weltgebäudes zu suchen sein. So gelten beispielsweise die „Inseln“ als im Weltenmeer verborgen oder schon ganz jenseits von ihm gelegen, wo das Firmament des Himmels mit der Erde verschmilzt. Sie können aber auch eine besondere Region innerhalb des Hades sein. In der Regel sind sie der jenseitige Aufenthaltsort für nicht gewöhnliche Menschen, die von den Göttern in besonderem Maße belohnt werden (Homer, Od 4,565–568). Später können auch die Mitglieder der höheren Gesellschaftsschichten mit einer Zukunft im Elysium rechnen; vgl. LANG, Himmel und Hölle, 13–15; zur Topographie des Hades vgl. GARLAND, Death, 49–51, und HANS DIETER BETZ, Lukian von Samosata und das Neue Testament. Religionsgeschichtliche und paränetische Parallelen. Ein Beitrag zum Corpus Hellenisticum Novi Testamenti, TU V/2, Berlin 1961, 81–84. 137 Interessant ist, dass Sokrates dem Kallikles offenbar etwas ganz Neues berichtet, wenn es in Gorg 523b heißt: o] dh. Ta,rtaron kalou/sin.
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Richter noch so an ihren Leib gebunden seien, dass auch ihre Seele getrübt sei, was allzu häufig zu Fehlentscheidungen und Falschurteilen führe. Zeus ist einsichtig und will Abhilfe schaffen. Er ordnet an, dass die Seelen der Verstorbenen fortan ohne ihre Leiber gerichtet werden. Ebenso sollen auch die Richter nicht mehr an den Leib gebunden sein, d.h. auch sie sollen Tote sein auvth/| th/| yuch/| auvth.n th.n yuch.n qewrou/nta (523e).138 Zeus plant weiterhin, Minos und Rhadamanthys aus Asien sowie Aiakos aus Europa als Totenrichter zu ernennen, wenn diese gestorben sind, damit sie fortan das Seelengericht halten evn tw/| leimw/ni139, evn th/| trio,dw||140 (524a). Hauptaufgabe der Totenrichter ist es, die Spuren, die der Charakter der/des Verstorbenen gleich einem Fotonegativ auf seiner Seele hinterlassen hat (524e– 525a), zu beurteilen und über die Gehrichtung am „Kreuzweg“ zu entscheiden. Darüber hinaus obliegt ihrem Urteil, ob eine Seele überhaupt „heilbar“ (iva,simoj), oder gänzlich „unheilbar“ (avni,atoj)141 und damit sogleich für den Tartaros bestimmt ist (525b; vgl. auch Platon, Phaidon 113d–114c). Dabei werden die Strafen weniger als Vergeltungsmaßnahmen für ein in den Augen der Richter verfehltes Erdenleben eingesetzt, sondern vielmehr als Mittel zur Besserung und Reinigung der Seele vor ihrem Wiedereintritt in ein neues Erdenleben oder auch als Abschreckungsmittel für andere (525b–526c)142. Dodds vermutet, dass diese Funktion der Unterweltsstrafen auch auf pythagoreische Lehre zurückgeht: „We have reason to think this is a Pythagorean invention: for the Greek Purgatory, unlike the Catholic one, prepared its victims not for Heaven but for a return to Earth.”143 Diese vier Beispiele zeigen, dass es in dem umfangreichen Literaturschaffen des antiken Griechenlands zwar wenige, aber mit Gorg 523aff. dennoch sehr
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Wie man sich das konkret vorzustellen hat, beschreibt Platon in Gorg 524d–525a (vgl. auch Platon, Phaidon 66aff.). 139 Bei Platon (und nur bei ihm) ist diese Wiese der Ort des Gerichts und nicht etwa „home of blessed souls“, wie Dodds meint; vgl. DODDS, Gorgias, 375. Den leimw,n erwähnt auch Platon, Pol 614e und Homer, Od 11,539. 140 Zur tri,odoj, an der sich die Wege zum Tartaros einerseits und zu den „Inseln der Seligen“ andererseits trennen, vgl. auch Platon, Pol 614c, und Platon, Phaidon 108a. 141 Unter den avni,atoi, die die schlimmsten und furchtbarsten Übel auf ewige Zeit (to.n avei. cro,non) zu erwarten haben, sind viele Tyrannen, Könige und Fürsten, u.a. auch die bereits genannten „Erzsünder“ Tantalos, Sisyphos und Tityos; vgl. Homer, Od 11,576–600. 142 Vgl. Platon, Pol 380b; Nom 382e. Man kann fragen, für wen die Unterweltsstrafen eigentlich als Abschreckungsmittel dienen sollen. Können denn die Lebenden die Toten in der Unterwelt „sehen“, wie es in Platon, Gorg 525c, heißt? Dodds erklärt, das sei letztlich nur möglich, wenn die Verstorbenen in ihr Erdenleben zurückkehren und dort davon erzählen (vgl. auch Luk 16,30f.); vgl. DODDS ebd., 381. 143 Ebd., 375; vgl. auch Platon, Phaidon 113a.
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eindrückliche Beispiele für ein jenseitiges Toten- bzw. Seelengericht gibt, das z.T. auch die antike Kunst inspiriert hat.144 Neben den literarischen Zeugnissen für ein Unterweltsgericht in der antiken Religion Griechenlands möchte ich abschließend noch auf eine weitere Quelle hinweisen: Die griechischen Grabinschriften bzw. Grabgedichte, die Imre Peres in seiner Habilitationsschrift gesichtet hat. In einem Unterpunkt Das Unterweltsgericht145 führt er Beispiele an, von denen ich im Folgenden zwei in der bei Peres angegebenen deutschen Übersetzung wiedergebe. So formuliert eine Grabstele aus Demetrias aus dem 3.–2. Jh. v. Chr. wie folgt: Wenn dein Urteilsspruch je eine andere Frau als gut befunden hat, Rhadamanthys, oder auch deiner, Minos, so geleitet auch des Aristomachos Tochter hier zu den Inseln der Seligen; denn Frömmigkeit [euvsebi,a] übte sie und deren Schwester, Gerechtigkeit [dikaiosu,nh]. Tylissos, die Kreter-Stadt, zog sie auf, diese Erde hier birgt sie nun auf ewig – dein Schicksal, Archidike.146
Die zweite Inschrift sucht die Unterweltsgöttin Persephone direkt zu beeinflussen. Auch bei ihr handelt es sich um eine Grabinschrift aus Demetrias vom Anfang des dritten vorchristlichen Jahrhunderts147: Schreckliche Persephoneia, als einen frommen Mann begrüsse Agathokles, der zu dir herabkommt, aller Tugend und Redlichkeit Vorbild. Auf der Aue der Frommen [euvsebe,wn leimw/na] lass ihn Wohnung nehmen; denn wahrlich: aufrichtig [avlhqh,j] und rein [kaqara,] und gerecht [di,kaioj] war seine Seele, als er auf Erden weilte.148
Diese beiden Beispiele lassen erahnen, dass der Gedanke an ein Totengericht, das belohnen und vor allem auch bestrafen kann, auch in der antiken Sepulkralkultur bzw. in der Volksfrömmigkeit verankert gewesen sein muss. Dem Textmaterial zu den griechischen Gerichts- und Jenseitsvorstellungen steht nun merkwürdigerweise kaum aussagekräftiges zur römischen Jenseitserwartung gegenüber. Sowohl die ANRW, ältere Arbeiten wie Georg Wissowas „Religion und Kultus der Römer“149, als auch die beiden neueren Monographien von Robert Muth150 und Jörg Rüpke151 zur römischen Religion behandeln das Thema „Totengericht“ nicht.152 Entweder gibt es über das römische Jenseits 144
Vgl. ROHDE, Psyche I, 312. PERES, Grabinschriften, 60–63; vgl. auch ROHDE, Psyche II, 381ff. 146 PERES ebd., 60. 147 Vgl. ebd., 62 Anm. 278. 148 Ebd., 62. 149 GEORG WISSOWA, Religion und Kultus der Römer, HKAW IV/5, 2. Aufl., München 1912. 150 S. Anm. 110. 151 JÖRG RÜPKE, Die Religion der Römer. Eine Einführung, München 2001. 152 Muth beispielsweise widmet der Eschatologie der Römer ganze zwei Seiten und konstatiert lapidar: „Die Ansichten der Römer über ein Jenseits waren viel weniger komplex als jene der Griechen. Die Toten wohnten demnach in ihren Gräbern. An diesen konnte (und 145
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wirklich nicht mehr zu sagen, oder das einschlägige Werk zu diesem Bereich römischer Religiosität muss noch geschrieben werden. Jedenfalls werden wir wohl zum jetzigen Zeitpunkt annehmen müssen, dass die Vorstellung eines jenseitigen Totengerichts in der römischen Religion keine, oder bestenfalls eine sehr untergeordnete Rolle gespielt hat.
III. Christliche Anfänge III. Christliche Anfänge
§ 1 Die frühen Christen und Paulus Aus den Evangelientexten und den neutestamentlichen Briefen lassen sich reichlich Rückschlüsse auf die nachösterliche Wirkung von Jesu Handeln und Lehre ziehen. So wird unter den ersten Christen im palästinischen Raum schon bald die Ankündigung der nahenden Gottesherrschaft fortgesetzt (Q 10,9.11) und ihre Nähe in Heilungen und Exorzismen sichtbar gemacht (Mk 6,7–13; Q 10,9). Auch die Forderung nach Umkehr wird in der Verkündigung christlicher Prediger weitergegeben. Wo sie jedoch zurückgewiesen wird, folgt die Ankündigung von Gottes Gericht offensichtlich „auf dem Fuße“ (Q 10,13–16 par.; 11,31f.49–51; 13,34f.). Gottes Gerichtstag wird zudem mit der Erscheinung des Menschensohnes erwartet – eine Vorstellung, die auch für den historischen Jesus angenommen werden darf (vgl. Luk 17,22.24.26–30.34f. par.).153 In christlichen Kreisen wird nun der auferstandene Jesus mehr und mehr mit diesem kommenden Menschensohn identifiziert. Im hellenistisch-römisch geprägten Raum, zu dem auch die von Paulus gegründeten Gemeinden gehören, scheint die Ansage von Gotteszorn und Gericht ein nicht zu unterschätzender Beweggrund für die Verkündigungstätigkeit der ersten christlichen Missionare und für ihr Wirken auch über „Israel“ hinaus gewesen zu sein, wie beispielsweise Röm 1,18ff.; 1. Kor 6,9–11 und Eph 2,3 nasollte) man mit ihnen Umgang pflegen. Darüber hinausgehende Vorstellungen, soweit in römischer Literatur bezeugt, sind von den Griechen übernommen“; vgl. MUTH, Einführung, 287f. Gefunden habe ich lediglich einen Beleg zu einer Gerichtsverhandlung vor Aiakos über Claudius in der Apokolokyntosis des Seneca (Apok 14f.): „Er [Pedo Pompeius] führt ihn [Claudius] zum Tribunal des Aeacus: Der führte Untersuchungen in Mordfällen auf der Grundlage der einschlägigen Lex Cornelia. Pedo beantragt die Zulassung der Klage und reicht die Anklageschrift ein: Ermordet worden seien 35 Senatoren, 321 römische Ritter, an sonstigen so viel, wie da Sand und Staub ist. Einen Rechtsbeistand kann Claudius nicht finden. […] Da trat plötzlich Gaius Caesar auf und forderte mit Nachdruck Claudius als Sklaven für sich […]. Er wird Gaius Caesar zugesprochen; Caesar schenkt ihm dem Aeacus. Der gibt ihn weiter an seinen Freigelassenen Menander, damit er Diener bei Gerichtsverfahren sei.“ Seneca beschreibt hier eindeutig ein jenseitiges Gerichtsverfahren, bei dem Aiakos offensichtlich den Vorsitz führt und – wie könnte es anders sein – nach römischem Recht urteilt. 153 Vgl. BRANDENBURGER, Gericht Gottes, 470f.
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helegen. Ein Ziel der ersten christlichen Missionsbestrebungen ist es demnach, die pagane Welt zur Absage an die „heidnischen Abgötter“ und zur Hinwendung zu dem einen Gott, dem Vater Jesu Christi, zu bewegen, um so vom „zukünftigen Zorn errettet“ zu werden (1. Thess 1,9f.). Doch nicht nur die „Heiden“, sondern auch Israel als Gottes Bundesvolk steht nach wie vor unter seinem Zorn (Röm 3,9–19) und hat wie die „Heiden“ auch nur darin eine Heilschance, wenn es zu Gott umkehrt, zum Glauben an Jesus Christus kommt und ihn als ku,rioj bekennt (Röm 10,9).154 Wohl aufgrund der sich abzeichnenden „Parusieverzögerung“ entsteht in der frühen christlichen Literatur allmählich auch eine neue Textgattung, die die Erfahrung des Ausbleibens des Menschensohnes allerdings produktiv verarbeitet: Die Gerichtsparänese155, die auch im Werk des Lukas anzutreffen ist. „Wachsamkeit und Bereitschaft für das Kommen des Herrn“ (Luk 12,35ff.; Mk 13,35), „gute Hausverwalterschaft im Gehorsam gegenüber dem abwesenden Herrn“ (Luk 12,42–44) und der „kluge Umgang mit den Talenten“ (Luk 19,12– 27) sind einige Stichworte aus dem Lukasevangelium, mit denen sich die geforderte Haltung von Christen der zweiten und dritten Generation beschreiben lässt. Denn, so schreibt Brandenburger, „[d]er aus dem Himmel kommende Sohn rettet die Gemeinde im Eschaton vom Zorn Gottes – doch nur sofern sie, auf ihn wartend, die Wende unter die Herrschaft des alleinigen und wahren Weltenkönigs und sein Recht (douleu,ein qew/| zw/nti kai. avlhqinw|/, I Thess 1,9) durchhält und im Wandel bewährt“.156 Eine solche Paränese formuliert also nicht nur im moralischen Sinne, was rechtes und unrechtes Verhalten ist, sondern ruft auch immer die eschatologischen Folgen in Erinnerung. Aus den Briefen des Apostels Paulus ist klar erkennbar, dass die Vorstellung eines bevorstehenden Gottesgerichts157 bei ihm eine Rolle gespielt hat.158 Paulus hat zwar keine systematische Lehre vom Gericht Gottes entwickelt, aber ihm bekannte Traditionen aufgenommen und verarbeitet. So rechnet Paulus in 1. Thess 5,2 wie die alttestamentlich-frühjüdische Tradition und die Synoptiker auch mit der h`me,ra kuri,ou, die „wie ein Dieb in der 154
BRANDENBURGER, Gericht Gottes, 471. Vgl. ebd., 472ff. 156 Ebd., 473. 157 Paulus denkt dabei nicht allein an ein endzeitliches Gericht Gottes. Er kennt sowohl immanente als auch transzendente Gerichte, die teilweise sehr verschiedene Personenkreise – vor allem innerhalb der frühen Christen selbst – betreffen; vgl. KARL P. DONFRIED, Justification and Last Judgement in Paul, ZNW 67 (1976), 90–110; hier: 103. Darum muss man bei ihm eigentlich im Plural von „göttlichen Gerichten“ sprechen. 158 Neben der bereits erwähnten Arbeit von Matthias Konradt (s. Anm. 34) und dem Aufsatz von Donfried zum Gericht in den paulinischen Schriften verweise ich aus der Fülle der Literatur ferner noch auf zwei ältere Untersuchungen zum Thema: LIESELOTTE MATTERN, Das Verständnis des Gerichtes bei Paulus, AThANT 47, Zürich/Stuttgart 1966, und ERNST SYNOFZIK, Die Gerichts- und Vergeltungsaussagen bei Paulus. Eine traditionsgeschichtliche Untersuchung, GTA 8, Göttingen 1977. 155
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Nacht kommt“ (vgl. Mt 24,43; Luk 12,39; 2. Petrus 3,10); sie ist eine h`me,ra ovrgh/j, die über die Menschen hereinbrechen wird (Röm 2,5ff.). Diese wird „Verderben“ und „Finsternis“ mit sich bringen, und es wird kein Entrinnen geben (1. Thess 5,3f.; Röm 2,3), es sei denn, man wird gerettet. In 1. Kor 3,12–15 erscheint dieser Tag auch als „Feuergericht“, in dem die „Werke“ auf ihre Beständigkeit hin geprüft werden und das Ergebnis dieser Prüfung den Maßstab für Strafe oder Rettung bildet (vgl. auch Röm 2,6–10).159 Nur die Glaubenden werden am Heil teilhaben und damit „gerettet“ werden, so Paulus in Röm 1,16– 18; 5,9; 1. Kor 15,23.51f.; 1. Thess 4,13–18 und 5,9. Dennoch sind die Christen damit nicht automatisch gegenüber dem Gericht Gottes immunisiert.160 Denn in 2. Kor 5,10 macht Paulus deutlich, dass alle (Christen) vor dem Richterstuhl Christi erscheinen müssen, wobei die Rede in der 1. Pers. Pl. zeigt, dass sich Paulus ganz selbstverständlich mit dazu zählt (vgl. Röm 14,10–13; Phil 4,17; 1. Kor 4,4f.). Der Apostel kennt jedoch nicht nur ein jenseitiges Vergeltungsgericht, sondern rechnet offensichtlich auch mit einem deutlich davon zu unterscheidenden immanenten Gericht, in dem der/die Einzelne für seine/ihre Vergehen bereits im irdischen Leben „gezüchtigt“ wird, um dann im endgültigen Gericht Gottes nicht verdammt zu werden. Ein Beispiel dieser „schwarzen Pädagogik“ findet sich in 1. Kor 11,27–34, wo jene, die das Herrenmahl avnaxi,wj genießen, mit Schwäche, Krankheit und sogar mit dem Tod gestraft werden können (dia. tou/to V. 30). Krankheit und Tod wertet Paulus folglich als Strafen Gottes für menschliche Vergehen und menschliche Schuld.161 Dass die Briefe des Paulus vornehmlich situationsabhängige Schreiben sind, ist augenscheinlich auch ein Grund dafür, dass er in ihnen auf das Gottesgericht immer nur sehr punktuell zu sprechen kommt und keine „Lehre vom Gericht“ entfaltet. Dabei kann es gelegentlich sogar zu handfesten Widersprüchlichkeiten kommen. So ist z.B. Jesus Christus in den paulinischen Schriften einerseits der Retter vor dem zukünftigen Zorn Gottes (1. Thess 1,10), übernimmt jedoch andererseits nach 1. Kor 4,4f. auch selbst das Richteramt.
159
„Dieses Gericht ist streng individuell. Jeder Christ muss für sein Werk genau vor Gott Rechenschaft ablegen und sein Tun vor Gott verantworten“; MATTERN, Verständnis, 192. Die Schwierigkeit für den Einzelnen besteht hingegen darin, dass Paulus ein kasuistisches Gesetz, das genau festlegt, welche Werke gut und welche böse sind, als Orientierungshilfe ablehnt. „Nach Paulus richtet erst Gott im Gericht über die Güte des Werkes. Dadurch ist dem Menschen jegliches Verdienstdenken und jegliche Lohnspekulation verwehrt und Gott wieder als souveräner Richter verstanden“; ebd. 160 Vgl. dazu MATTHIAS KLINGHARDT, Sünde und Gericht von Christen bei Paulus, ZNW 88 (1997), 56–80. 161 Vgl. die Gerichts- und Vergeltungsaussagen in Kombination mit Tugend- und Lasterkatalogen in Gal 5,19–21 und 1. Kor 6,9f., wo Paulus den Tätern der „Werke des Fleisches“ (Gal 5,19) ankündigt, o[ti a;dikoi qeou/ basilei,an ouv klhronomh,sousin (1. Kor 6,9); dazu SYNOFZIK, Gerichts- und Vergeltungsaussagen bei Paulus, 65ff.
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Die Sprache, die Paulus benutzt, wenn er auf das Gericht Gottes zu sprechen kommt, ist z.T. von Rechtsbegriffen geprägt, wenn es beispielsweise in Röm 14,10 heißt, dass „wir alle“ (pa,ntej) vor das bh/ma Gottes gestellt werden oder vor dem „Richterstuhl Christi“ erscheinen müssen (2. Kor 5,10). Der Begriff ersetzt hier „den sonst für den Sitz des endzeitlichen Richters gewöhnlich verwendeten Begriff qro,noj (vgl. Dan 7,9 LXX; äthHen 45,3; 47,3; Mt 19,28; 25, 31f.; Apk 20,4.11).“162 Auch das kleine Wörtchen e;mprosqen (2. Kor 5,10; 1. Thess 2,19; 3,13) ruft bereits die Vorstellung eines Rechtsverfahrens vor dem himmlischen Thronsitz auf.163 Vom kri,ma (tou/ qeou/) ist sodann in Röm 2,2.3 sowie in Gal 5,10 die Rede, das nach Röm 1,32 auch ein Todesurteil sein kann. Die o.g. Belege machen deutlich, dass der Apostel fest mit Gottes Gericht(en) rechnete, was seine Theologie auch in anderen Bereichen, man denke nur an seine Rechtfertigungslehre, von Grund auf geprägt hat.164 Für ihn ist es einerseits ein zukünftiges Geschehen, andererseits vollzieht sich Gottes Gericht auch schon in der Gegenwart, wenn jemand z.B. die Verkündigung des Evangeliums verfälscht (Gal 1,8f.), „den Herrn nicht lieb hat“ (1. Kor 16,22a), oder der Verkündigung des Paulus und seiner Begleiter keine Notiz schenkt (2. Kor 2,14–17).165 Für Paulus gibt es zudem auch keinen automatischen Anspruch Israels auf das Heil mehr. Gottes Zorn, aber auch sein Heil ergehen über Juden, „Heiden“ und Christen gleichermaßen (Röm 2,1–3,20), wobei der Apostel – ähnlich wie es bereits für das Alte Testament gesagt worden ist – den Zorn immer auch in Verbindung mit Gottes makroqumi,a und crhsto,n einhergehen sieht, die, statt die Menschen zu bestrafen und zu vernichten, sie in erster Linie zur Umkehr bewegen wollen (Röm 2,4). Demgemäß „häuft“ ein Herz, das zur Umkehr nicht bereit ist, Gottes Zorn regelrecht an (Röm 2,5). Im Blick auf Israel betont Paulus besonders im Röm nachdrücklich: „Werke des Gesetzes“ allein retten nicht im Gericht (Röm 3,19f.). Das starre Bestehen auf den Heilscharakter des Gesetzes (Röm 9,31f.) und die Ablehnung der aus Gottes Gnade geschenkten Rechtfertigung aus Glauben wertet der Apostel als Akte des Ungehorsams gegenüber Gott (Röm 10,16.21; 11,30f.), die die Verwerfung im Gericht unweigerlich nach sich ziehen. Dennoch bleibt es, so Paulus, Gottes Absicht, sein einstiges
162
BERNDT SCHALLER, Art. bh/ma, EWNT 1 (1980), 517f.; hier: 518. „Auch verstreute andere Motive bestätigen, wie Paulus das Endgericht zumeist als Rechtsgeschehen vor dem Richterthron Gottes oder Christi versteht: ständige Prüfung der Herzen (I Thess 2,4), Aufdeckung des Verborgenen (I Kor 4,5), Buch des Lebens (Phil 4,3), Beteiligung der Glaubenden am Gerichtsverfahren (I Kor 6,2f: über Menschenwelt und Engel)“; BRANDENBURGER, Gericht Gottes, 476. 164 Dieser Zusammenhang ist in dem in Anm. 157 erwähnten Aufsatz von DONFRIED, Justification and last Judgement, Programm. 165 Vgl. BRANDENBURGER ebd., 478. 163
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Bundesvolk nicht vergehen zu lassen, sondern es am Ende mit allen anderen zu retten (Röm 11,25ff.).166 § 2 Die johanneischen Schriften Innerhalb der johanneischen Schriften findet sich im Vergleich zum übrigen Neuen Testament eine recht eigenwillige Gerichtsvorstellung.167 Nach Joh 5,27 liegt die Vollmacht zur Durchführung des Gerichtes allein bei dem Sohn, o[ti ui`o.j avnqrw,pou evsti,n.168 Der Vater hat alle Vollmacht an den Sohn abgegeben (Joh 5,22). Folglich sagt der johanneische Jesus in Joh 9,39 von sich, dass er eivj kri,ma in die Welt gekommen sei. Sein Richten erscheint hingegen nicht als separater Akt, sondern als die Kehrseite seines eigentlichen Auftrages, nämlich die Welt zu retten (Joh 3,17), indem er sie zum Glauben an Gott führt. Darum kann der johanneische Jesus in Joh 10,9 programmatisch verkünden: evgw, eivmi h` qu,ra\ diV evmou/ eva,n tij eivse,lqh| swqh,setai kai. eivseleu,setai kai. evxeleu,setai kai. nomh.n eu`rh,seiÅ
Nicht gerichtet wird, wer an den „Namen des eingeborenen Sohnes“ glaubt. Gerichtet ist bereits jener, der das nicht tut (Joh 3,18), denn er entscheidet sich schon im irdischen Leben für die Finsternis und damit für die bösen Werke, obgleich er das „Licht“ (Gottes) kennen gelernt hat (Joh 3,19). „Für Joh[annes] gibt es nur das gegenwärtige, endgültig entscheidende Gerichtsgeschehen“, wie Egon Brandenburger mit Blick auf Joh 5,24f. feststellt.169 Denn „wer an den von Gott gesandten Sohn glaubt, wird nicht gerichtet (= verurteilt zur Verlorenheit, zum Tode 3,18); es gibt für ihn kein Gericht mehr (5,24). D.h. positiv: Er hat ewiges Leben (5,24; 3,36), und das ist für Joh[annes] ‚gerettetwerden‘. […] Wer nicht glaubt, hat bereits das Urteil zur Vernichtung empfangen (h;dh ke,kritai 3,18 […] Er wird das Leben nicht sehen, sondern der Zorn Gottes bleibt über ihm, 3,36).“170 Anders als bei den Synoptikern, die das Gericht erst zukünftig zusammen mit der Parusie des Auferstandenen einhergehen sehen, begegnet der Mensch
166
BRANDENBURGER, Gericht Gottes, 477. Ebd., 481. 168 Anders dagegen in Joh 8,16, wo dann doch auch der Vater zusammen mit dem Sohn richtet. 169 BRANDENBURGER ebd., 482. 170 Ebd.; vgl. auch FERDINAND HAHN, Theologie des Neuen Testaments, Bd. 2: Die Einheit des Neuen Testaments, UTB 3500, 3. Aufl., Tübingen 2011, 788. Klaus Wengst umschreibt den Maßstab im Gericht wie folgt: „Wer in diesem Vertrauen [zu Gott] lebt, wer ‚glaubt‘, wer sich sozusagen ganz und gar in die Hand Gottes begibt und sich von ihr den Weg weisen lässt, kann nicht verloren gehen, verfällt als solcher nicht dem richtenden Urteil Gottes und hat also schon ‚ewiges Leben‘. Der Überschritt vom Tod zum Leben wird hier nicht erst am Ende der Zeit erwartet, sondern vollzieht sich schon jetzt“; KLAUS WENGST, das Johannesevangelium, ThKNT 4,1, 2. Aufl., Stuttgart 2004, 211. 167
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im vierten Evangelium seinem Richter bereits im gegenwärtig handelnden Jesus. Deshalb kann es in Joh 12,31a auch heißen: nu/n kri,sij evsti.n tou/ ko,smou tou,tou. Gericht bedeutet für den vierten Evangelisten an dieser Stelle auch die Ausstoßung des „Fürsten der Welt“ (Joh 12,31b). An anderer Stelle spricht er von der Vertreibung der „Finsternis“, die dem „Licht des Lebens“ weichen muss (Joh 8,12; 12,35f.; 1. Joh 2,8–11). Dieses Licht ist im Johannesevangelium Jesus Christus. Seine Gegenwart „richtet“ die dunklen Mächte. Was für viele neutestamentliche Autoren als ein zeitliches Nacheinander gedacht wird – die alte Welt vergeht im Gericht Gottes, bevor eine neue Welt (Gottes) anbrechen kann – ist zumindest im Johannesevangelium als ein gleichzeitiges Geschehen gedacht, denn „Finsternis“ und „Licht“ sind im Kosmos gleichermaßen anzutreffen. Beide Mächte ringen um den Menschen, und es ist einzig und allein seine Entscheidung, welche Macht über ihn den Sieg behält (Joh 12,35f.; vgl. auch 1. Joh 5,11f.). In der klaren Trennung der Äonen der Apokalyptik folgend stellt sich dagegen das letzte Buch im Neuen Testament, die Offenbarung des Johannes, dar. Sie ist mit ihrer zum Teil bizarren Bilderwelt sicher das neutestamentliche Buch, das im Hinblick auf Gottesgericht, Weltende und Neuschöpfung im Lauf der Zeit in allen Bereichen der Kunst, der Medien und innerhalb der Volksfrömmigkeit die größte Aufmerksamkeit auf sich gezogen hat. Nach Apk 12,9 wird der satana/j vom Himmel auf die Erde geworfen, so dass seine Macht zwar schon gegenwärtig grundsätzlich gebrochen ist. Doch führt er auf der Erde in Gestalt des „Tieres“ (Apk 13,1f.) sein Werk vorerst weiter. Mit seinem Kommen in die Welt hat Jesus nun allerdings den Kampf gegen Satan aufgenommen, um ihn auch auf Erden zu entmachten. Damit ist das Gericht Gottes über die Welt in der Apk, wie auch schon im JohEv, in erster Linie „das Gericht an ihrem Herrscher, das heißt dessen Absetzung sowie die Vernichtung seiner Herrschaft.“171 Mit der Öffnung des „Buches mit den sieben Siegeln“ (Apk 6,1ff.) beginnt das Gerichtsgeschehen über die Welt, und das Unheil nimmt seinen Lauf172, bis es mit der Parusie Christi (in Apk 19,11–17 im Bild des Reiters auf einem weißen Pferd dargestellt; vgl. auch den Ausblick auf dieses Ereignis in Apk 14,14– 20) seinen Höhepunkt erreicht. Dessen Richten geschieht in zwei Etappen: Zuerst werden die Völker mit ihren Herrschern und Großen (Apk 19,15–21), sodann in einem universalen Endkampf alle anderen Mächte des Bösen vernichtet (Apk 20,7–10). Anschließend, so berichtet Apk 20,11–15, werden die 171 JOSEF B LANK, Das Evangelium nach Johannes, Bd. 1, GSL.NT 4/1, Düsseldorf 1981, 319. Zum Aspekt des Gerichts über den Kosmos und seinen Herrscher vgl. auch Blanks Dissertation: DERS., Krisis. Untersuchungen zur johanneischen Christologie und Eschatologie, Freiburg 1964, 264–296. 172 Vgl. TRAUGOTT HOLTZ, Die Offenbarung des Johannes, NTD 11, Göttingen 2008, 67ff.
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Toten und augenscheinlich auch der Tod selbst vor den Richterstuhl treten müssen, um ihr Urteil zu empfangen (Apk 20,11–15; vgl. auch 1. Petr 4,5f.). Im schlechtesten Fall erwartet sie der qa,natoj o` deu,teroj in der li,mnh tou/ puro,j (Apk 20,14).173 Auf die vom Verfasser der Offenbarung prophezeiten Vernichtungsorgie wird dann mit der universalen Neuschöpfung des Kosmos eine neue Heilszeit folgen (Apk 21,1–22,5). § 3 Aspekte des Endgerichts in den übrigen neutestamentlichen Schriften Zum Abschluss der Betrachtung des Gerichtstopos im Neuen Testament sei noch ein kurzer Blick auf die übrigen Schriften neben den Synoptikern, dem Corpus Paulinum und dem Corpus Johanneum geworfen. Wollte man hier grobe Linien einzeichnen, so lässt sich sagen, dass sich in ihnen die Rede vom Gottesgericht grundsätzlich in zwei Richtungen entfaltet: 1. Die Gerichtsvorstellungen werden im Gegensatz zu Paulus dahingehend modifiziert, dass der sog. „Parusieverzögerung“ verstärkt Rechnung getragen wird. Besonders in Heb 3,7–19; 10,23–27 (vgl. 2. Tim 4,1ff.) wird in Anbetracht der sich dehnenden Zeit dazu aufgefordert, am Bekenntnis des Glaubens festzuhalten und stets die „Stimme“ Gottes zu hören, um nicht dem Gericht zu verfallen. Denn der einmal Abgefallene hat keine Möglichkeit mehr, „gerettet“ zu werden (Heb 10,26). In 2. Petrus 3,8f. wird ähnlich wie in Apg 17,30 die Verzögerung der Parusie damit erklärt, dass jeder noch die Chance zur Umkehr nutzen solle, bevor der „Tag des Herrn“ kommt. Auch den in dieser Zeit vermehrt auftretenden yeudoprofh/tai (2. Petrus 2,1), die „Irrlehren“ verbreiten, wird in 2. Petr 2,3 und in Jud 3–19 das Verderben im Gottesgericht angesagt. 2. Parallel dazu bleibt jedoch die Naherwartung der Endzeit und des Gottesgerichtes weiterhin erhalten bzw. flammt erneut auf, da sich Christengemeinden zeitweise in akuter Bedrängnis oder in einer Verfolgungssituation befinden (vgl. Jak 5,7–12). Zuletzt ist festzustellen, dass auch die Maßstäbe, nach denen Gott sein Urteil im Gericht fällt, offensichtlich noch im Fluss sind. So propagieren 1. Petrus 1,17 und Jak 2,24 möglicherweise in bewusster Abgrenzung zur paulinischen Glaubensgerechtigkeit (vgl. Röm 3,21–4,25; Gal 3,1–14) vornehmlich die Gerechtsprechung „nach den Werken“. Als Ergebnis können wir festhalten: Von allen neutestamentlichen Schriften zeigen allein Kol und Eph ein deutlich geringeres Interesse an der Gerichtsthe-
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Zum individuellen Endgericht in Apk 20,11–15 vgl. HOLTZ, Offenbarung des Johannes, 131f.
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B. Der traditionelle Hintergrund der lukanischen Rede vom Gericht Gottes
matik.174 Alle anderen machen das Gottesgericht mal mit größerer, mal mit geringerer Akzentuierung zum Thema.
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HAHN, Theologie des Neuen Testaments 2, 786.
I. Die Gerichtsrede Johannes des Täufers
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C. Einzeluntersuchungen I. Die Gerichtsrede Johannes des Täufers in Luk 3,1–18 I. Die Gerichtsrede Johannes des Täufers
Eine erste Begegnung mit dem Gerichtsthema bietet Lukas parallel zum Markusevangelium und zur Logienquelle mit der Darstellung des Wirkens und der Predigt Johannes des Täufers in Luk 3,1–18 (par. Mt 3,1–12; Mk 1,2–8). Im Zentrum dieses Textes stehen die Ankündigung des nahenden Gerichts Gottes (V. 7.9.16f.) über Israel, der Hinweis, dass die Abrahamskindschaft als solche keine Heilsgarantie mehr gewährt (V. 8), die Forderung nach „würdigen Früchten der Umkehr“ (V. 8.9) und ihre Konkretion in der sog. Standespredigt (V. 10–14) sowie die Ankündigung des „Stärkeren“, der nach Johannes kommen und „in heiligem Geist und Feuer“ (V. 16) taufen wird. Obgleich der ursprüngliche Wortlaut der Predigt aus Q von Matthäus und Lukas nahezu übereinstimmend wiedergegeben wird, birgt der Text in Luk 3 doch auch einige Besonderheiten, die im Folgenden betrachtet werden sollen. Nach der Textübersetzung, einem Gliederungsvorschlag und der Klärung der traditions- und redaktionskritischen Fragen werden die spezifisch lukanischen Textänderungen auf ihre Bedeutung für unser Thema „Gericht bei Lukas“ hin befragt.1 § 1 Text und Gliederung von Luk 3,1–18 1 Im 15. Jahr der Regierung des Kaisers Tiberius, als Pontius Pilatus Statthalter in Judäa und Herodes Tetrarch von Galiläa war, Philippus, sein Bruder, aber Tetrarch von Ituräa und dem Gebiet der Trachonitis, und Lysanias Tetrarch von Abilene 2 unter den Hohepriestern Hannas und Kajaphas, da erging das Wort Gottes an Johannes, den Sohn des Zacharias, in der Wüste. 3 Und er ging in die ganze Umgebung des Jordans und verkündigte die Taufe der Umkehr zur Vergebung der Sünden, 4 wie geschrieben steht im Buch der Worte des Propheten Jesaja: Es ist die Stimme eines Rufers in der Wüste: Bereitet den Weg des Herrn! Macht gerade seine Wege! 5 Jede Schlucht wird ausgefüllt werden und jeder Berg und jeder Hügel wird 1
Zur Frage nach der Historizität der Täuferbotschaft vgl. unter B, § 3 Johannes der Täufer und die dort angegebene Literatur. Darüber hinaus ist zu ergänzen: JÜRGEN BECKER, Johannes der Täufer und Jesus von Nazareth, BSt 63, Neukirchen-Vluyn, 1972, sowie ULRICH B. MÜLLER, Johannes der Täufer. Jüdischer Prophet und Wegbereiter Jesu, Biblische Gestalten 6, Leipzig 2002.
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C. Einzeluntersuchungen
eingeebnet werden, und das Krumme wird gerade und die unebenen Wege eben. 6 Und alles Fleisch wird das Heil Gottes sehen. 7 Er sprach zu den Mengen, die hinausgegangen waren, um von ihm getauft zu werden: Ihr Otterngezücht! Wer hat euch Weisung gegeben, vor dem künftigen Zorn zu fliehen? 8 Bringt also würdige Früchte der Umkehr und fangt nicht an, bei euch zu sagen: Wir haben Abraham zum Vater. Ich sage euch nämlich, dass Gott dem Abraham aus diesen Steinen Kinder erwecken kann. 9 Schon aber ist die Axt an die Wurzel der Bäume gelegt. Jeder Baum also, der keine gute Frucht bringt, wird abgehauen und ins Feuer geworfen. 10 Und die Mengen fragten ihn und sprachen: Was sollen wir tun? 11 Er aber antwortete ihnen und sprach: Wer zwei Untergewänder hat, der teile mit dem, der keines hat. Und wer zu essen hat, tue dasselbe. 12 Es kamen aber auch Zöllner, um sich taufen zu lassen. Und sie sprachen zu ihm: Lehrer, was sollen wir tun? 13 Er aber sprach zu ihnen: Fordert nicht mehr, als euch befohlen worden ist! 14 Auch Soldaten fragten ihn und sprachen: Was sollen denn wir tun? Und er sprach zu ihnen: Misshandelt niemanden! Schikaniert niemanden und begnügt euch mit eurem Sold! 15 Weil aber das Volk in Erwartung war und alle in ihrem Herzen Erwägungen über Johannes anstellten, ob er vielleicht der Christus sei, 16 antwortete Johannes ihnen allen und sprach: Ich taufe euch mit Wasser. Es kommt aber der, der stärker ist als ich, dessen ich nicht würdig bin, die Riemen seiner Sandalen zu lösen. Er wird euch in heiligem Geist und Feuer taufen. 17 Die Worfschaufel ist in seiner Hand, den Ausdrusch zu reinigen2 und den Weizen in seiner Scheune zu sammeln. Das Stroh3 aber
2 Die stets begegnende Übersetzung des diakaqari,zein th.n a[[lwna auvtou/ mit „seine Tenne fegen/reinigen“ wird der bezeichneten Sache nicht gerecht. Marius Reiser bemerkt zu Recht, dass jemand, der die Worfschaufel in der Hand hat, nicht die Tenne fegen will. Vielmehr ist er im Begriff, den vor ihm liegenden Ausdrusch zu worfeln, d.h. das Korn von Spreu und Stroh zu trennen. Durch das Aufwerfen des Ausdruschs gegen den Wind werden Spreu und Stroh vom Wind fortgetrieben, während das Korn auf die Tenne zurückfällt; vgl. REISER, Gerichtspredigt Jesu, 165f. Dieser Arbeitsgang ist die eigentliche Reinigung des Getreides; vgl. auch GUSTAF DALMAN, Arbeit und Sitte in Palästina, Bd. III. Von der Ernte zum Mehl. Ernten, Dreschen, Worfeln, Sieben, Verwahren, Mahlen, BFChTh.M 29, Gütersloh 1933, 126–139.188–206; PAUL VOLZ, Die biblischen Altertümer, 2. Aufl., Stuttgart 1925, 373–375, und HELGA WEIPPERT, Art. Dreschen und Worfeln, BRL², Tübingen 1977, 63–64; hier: 64. Dass mit a[lwn nicht nur die „Tenne“ bezeichnet werden kann, sondern auch das auf ihr liegende Getreide, belegt Reiser mit einigen Stellen aus der LXX: Ruth 3,2: likma/ to.n a[lwna tw/n kriqw/n; Iob 39,12; 4. Esra 4,32; vgl. REISER ebd., 166 Anm. 10–11. Reiser erwähnt dort auch eine direkte Parallele zu unserer Stelle aus den Briefen des Alciphron in Alciphr II 23, in der auch von der Reinigung des bereits gedroschenen Getreides gesprochen wird: a;rti moi th.n a[lw diakaqh/ranti kai. to. ptu,on avpotiqeme,nw| o` despo,thj evpe,sth. „Soeben hatte ich den Ausdrusch durchgereinigt und die Wurfschaufel aus der Hand gelegt, da trat mein Herr zu mir“; Text und Übersetzung ebd., 166. 3 Gegen die gewöhnliche Übersetzung von a;curon mit „Spreu“ spricht ebenfalls die landwirtschaftliche Realität. Die leichte Spreu fliegt ja beim Worfeln mit dem Wind davon. Allein die schwereren Teile des Getreides bleiben übrig. Das Korn fällt gleich wieder auf die Tenne zurück, weil es am schwersten ist. Die gröberen Halmteile, also Stroh bzw. Häcksel, bleiben beim Worfeln in einiger Entfernung liegen. Während dann das Korn in die Scheunen eingelagert wird, verwendet man den Häcksel als Viehfutter, zur Herstellung von Ziegeln oder als Brennmaterial weiter. Folglich ist, was im Bildwort verbrannt werden
I. Die Gerichtsrede Johannes des Täufers
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wird er mit unauslöschlichem Feuer verbrennen. 18 So verkündete er mit vielen anderen Ermahnungen dem Volk die Heilsbotschaft.
Der Text gliedert sich wie folgt: V. 1–2a Einleitung V. 2b–6 Einführung Johannes des Täufers und Summarium seiner Botschaft/ Legitimierung des Boten durch Jes 40,3–5 V. 7a Einleitung zur Umkehr- und Gerichtspredigt V. 7b–9 Gerichtsbotschaft des Johannes V. 10–14 Die sog. „Standespredigt“ des Täufers V. 15–17 Verhältnis des Täufers zum erwarteten „Stärkeren“/Gleichnis von der Ernte V. 18 Summarischer Schluss § 2 Literar- und redaktionskritische Textanalyse Im Vergleich mit seinen beiden Seitenreferenten Markus und Matthäus stellt Lukas seine Täuferpredigt mit V. 1–2a.18 in einen eigenen und zu Beginn sehr ausführlichen Rahmen. Wie in Luk 1,5 und Luk 2,1f. zeichnet der dritte Evangelist dabei das von ihm berichtete (Heils-)Geschehen von Gott her in den weltgeschichtlichen Kontext ein, um diese beiden Wirklichkeitsebenen miteinander zu verschränken.4 Zugleich setzt er das nun in Luk 3,1ff. Berichtete deutlich von den Geburtsgeschichten Luk 1–2 ab, indem er mit der ausführlichen Aufzählung der aktuellen römischen und jüdischen Amtsträger den zeitlichen Abstand zum Vorhergehenden markiert.5 Mit Luk 3,18 bildet der dritte Evangelist dann einen summarischen Schluss seiner Täuferperikope, indem er durch das von ihm hier eingefügte euvhggeli,zeto auch den Heilscharakter der Täuferbotschaft hervorhebt. Im ersten Abschnitt V. 2b–6 wird der Täufer selbst eingeführt und seine Botschaft summarisch vorgestellt. Hier lehnt sich Lukas stärker an seine Vorlage Mk 1,2–4 an. Die größten Übereinstimmungen zwischen Markus und Lukas liegen vor allem in den erzählenden Teilen: evge,neto–VIwa,nnhj–evn th/| evrh,mw| (Luk 3,2/Mk 1,4a); khru,sswn ba,ptisma metanoi,aj eivj a;fesin a`martiw/n (Luk soll, nicht die Spreu, sondern das Stroh bzw. der Häcksel; vgl. REISER, Gerichtspredigt Jesu, 165. 4 Vgl. ERNST, Johannes der Täufer, 88. 5 Auffällig ist die Auswahl der Personen, die Lukas nennt. Mit Pilatus, Herodes Antipas und den Hohepriestern sind bereits die Protagonisten der Passionsgeschichte in Luk 22f. auf den Plan gerufen, und mit der Nennung des Zacharias wird die Verknüpfung zu der Geburtsgeschichte des Johannes hergestellt (Luk 1,5–25.39.59–64.67–79). Hannas und Kajaphas werden erst wieder im Verhör von Petrus und Johannes vor dem Hohen Rat in Apg 4,6 eine Rolle spielen. Das heißt, das im Folgenden Berichtete steht in einem größeren Zusammenhang und eröffnet einen weiten Erzählbogen, der sich von Luk 1 am Anfang bis in den zweiten Teil des lukanischen Doppelwerkes, die Apg, erstreckt.
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C. Einzeluntersuchungen
3,3b/Mk 1,4b); w`j ge,graptai evn bi,blw| lo,gwn6 VHsai
Ier 8,13 LXX kai. suna,xousin ta. genh,mata auvtw/n le,gei ku,rioj ouvk e;stin stafulh. evn tai/j avmpe,loij kai. ouvk e;stin su/ka evn tai/j sukai/j kai. ta. fu,lla katerru,hken. Ich will ihnen ein Ende machen, Spruch JHWHs. Nicht sind Trauben am Weinstock, und nicht sind Feigen am Feigenbaum, und das Laub ist verwelkt, und ich will geben ihnen, [die] sie durchziehen.388
Wilhelm Rudolph deutet den Vers wie folgt: „An Israel ist nichts Gutes zu finden. Diese Erfahrung Jer[emia]s (8,6) wird hier als Erfahrung Jahwes selbst in das Bild des unfruchtbaren und kranken (verwelkte Blätter!) Weinstocks und Feigenbaums gekleidet. Und wie im Weinberglied Jesajas (Jes 5,1ff.) der Weinberg mit Verwüstung bedroht wird, wie Jesus im Gleichnis vom unfruchtbaren Feigenbaum den Besitzer sagen läßt: ‚haue ihn ab!‘ (Lc 13,7), so stehen nun auch hier zur Strafe für dieses Versagen die Verwüster schon bereit.“389 Somit steht hier der ganze Vers für Israel und sein Schicksal. Dieses prophetische Drohwort weist zu dem Feigenbaumgleichnis bei Lukas insofern eine Nähe auf, als es auf der Bildebene sehr ähnlich abläuft: Es wird von der Absicht des Besitzers berichtet, zu ernten. Dieser aber findet keine Frucht und droht mit Verwüstung.390 2. In Joel 1,6f. geht es um die Verwüstung, die Heuschrecken über Jahwes Land (V. 6 ycir>a:-l[;) gebracht haben. Dort heißt es: Joel 1,6f. (MT)
tA[L.t;m.W hyEr>a; yNEvi wyN"vi rP's.mi !yaew> ~Wc[' ycir>a;-l[; hl'[' yAg-yKi 6 `Al aybil' WnyBil.hi %yliv.hiw> Hp'f'x] @fox' hp'c'q.li ytin"aet.W hM'v;l. ynIp.G: ~f' 7 `h'ygW in V. 7 mit Israel zu identifizieren, besteht schlichtweg keine Veranlassung. Weinstock und Feigenbaum stehen an dieser Stelle vielmehr als Synonyme für das ycir>a: im davorliegenden V. 6. Wir können daher eine erste Schlußfolgerung ziehen: Von den beiden infrage kommenden Belegen bleibt bestenfalls Jer 8,13 übrig, der eine Identifikation des Feigenbaums mit Israel zulässt. Für Joel 1,6f. legt sich eine solche Deutung nicht nahe. Lukas hatte nun aber bekanntlich nicht den hebräischen, sondern den griechischen Text des Alten Testaments vor Augen, und da ergibt sich für Ier 8,13 LXX – und für Ioel 1,7 LXX gleichermaßen – ein anderer Befund: Statt des Singulars im hebräischen Text findet sich im griechischen der Plural tai/j sukai/j (bzw. ta.j suka/j), was laut Wolter eine Deutung auf Israel ohnehin erübrigt.392 Damit lautet die zweite Schlußfolgerung: Eine Gleichsetzung von sukh/ mit Israel legt sich an keiner Stelle der LXX nahe. Selbst für Ier 8,13 LXX hat sich mit der Setzung des Plurals ein letzter dahingehender Verdacht zerstreut. Von daher lässt sich vor dem Hintergrund des durchweg nichtallegorischen Gebrauchs von sukh/ in der LXX ausschließen, dass Lukas in Luk 13,6–9 den Feigenbaum vom Alten Testament her als eine Allegorie auf Israel verstanden hat. Ist nun die beispielsweise von Gerhard Schneider oben angeführte Beurteilung gänzlich falsch, wenn er schreibt, dass Luk 13,6ff. „im Blick auf Israel gesprochen“ ist? Stellt man die stete Auseinandersetzung des Lukas mit Israel als Gottesvolk innerhalb seines Doppelwerks in Rechnung, halte ich das für unwahrscheinlich. Helmut Merkel hat in seinem Aufsatz „Israel im lukanischen Doppelwerk“393 hinreichend dargelegt, wie intensiv sich Lukas mit Israel als vornehmlichem Adressaten des Evangeliums von Jesus Christus auseinandersetzt, erkennbar schon allein an der Tatsache, dass „die lukanische Jesusgeschichte […] ihren Ausgang bei jüdischen Menschen [nimmt], die als exemplarisch fromm geschildert werden.“394 Am Ende des Evangeliums sind es dann die Emmausjünger, die in Luk 24,21 der Hoffnung, die in der Vorgeschichte verkündigt wird, erneut Ausdruck geben: h`mei/j de. hvlpi,zomen o[ti auvto,j evstin o` me,llwn lutrou/sqai to.n VIsrah,l. 391
Übersetzung bei ALFONS DEISSLER, Zwölf Propheten. Hosea, Joel, Amos, NEB.AT, Würzburg 1981, 70. 392 Vgl. WOLTER, Lukasevangelium, 477. 393 HELMUT MERKEL, Israel im lukanischen Doppelwerk, NTS 40 (1994), 371–398. 394 Ebd., 382.
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C. Einzeluntersuchungen
Als Lukas hingegen anfing, seine Geschichte aufzuschreiben, wusste er natürlich, wie es um die Bekehrungswilligkeit des alten Bundesvolkes stand: Israel hat seinen Messias mehrheitlich abgelehnt, während sich die „Heiden“ zunehmend dem Evangelium geöffnet haben. Der Feigenbaum in Luk 13,6–9 ist vor diesem Hintergrund m.E. geradezu prädestiniert, um mit ihm diese Reaktion Israels, die künftige Bemühung darum sowie seine letzte Frist ins Bild zu setzen. Der größere Kontext des Feigenbaumabschnitts stützt diese Vermutung. Jesus ist auf dem Weg nach Jerusalem und durchzieht jüdisches Gebiet. In den Dörfern auf seinem Weg kommt es zu vielen Begegnungen mit den dort lebenden Menschen (ein Schriftgelehrter Luk 10,25, dem Jesus das Gleichnis vom barmherzigen Samariter erzählt; Maria und Marta Luk 10,38–42; ein Exorzismus an einem Stummen Luk 11,14; Pharisäer bitten Jesus zu Tisch Luk 11,37; 14,1) und ausführlichen Lehren vor großen Menschenmengen (Luk 11,14.29; 12,1.13.54; 14,25). Es kann somit kein Zweifel bestehen, dass Lukas sich mehrheitlich jüdisches Publikum vorgestellt haben muss, mit dem es Jesus auf seiner Wanderung zu tun bekam. Doch hat er längst nicht überall Erfolg (Luk 10,10–12.13–15; 11, 15f.23.29ff.; 12,9.11; 13,34f.). Hier sind es besonders die religiösen jüdischen Autoritäten, mit denen Jesus immer wieder in Konflikt gerät (Luk 11,37–53; 13,14ff.; vgl. auch Luk 12,11). In unmittelbarer Nähe zum Feigenbaumgleichnis steht auch das folgende Gleichnis vom großen Abendmahl (Luk 14,16–24; vgl. Luk 13,22–30), worin die Einladung des Gastgebers ebenfalls mehrfach abgelehnt wird. Beide Texte setzen sich mit dem gleichen Thema auseinander, und es ist anzunehmen, dass Lukas die Israelproblematik besonders in diesen und anderen Textabschnitten mitgedacht hat: Wie der Feigenbaum keine Frucht bringt, so verweigert Israel mehrheitlich die meta,noia (Luk 10,13–15; vgl. Luk 2,34; 3,8f.). Wie die erstgeladenen Gäste nicht zum Fest kommen (Luk 14,16ff.), folgt Israel Jesus zum großen Teil nicht nach, lehnt ihn als Messias ab, oder erkennt ihn nicht als solchen (vgl. die Austreibung der bösen Geister durch Beelzebul und Zeichenforderung Luk 11,15f.29–32; die Weherufe gegen die Pharisäer und Schriftgelehrten Luk 11,37–54; die Unfähigkeit, den kairo,j richtig zu deuten Luk 12,56; die Kritik des Synagogenvorstehers an der Heilung der verkrümmten Frau am Sabbat Luk 13,14ff.; Jerusalem tötet seine Propheten Luk 13,34f.; Pharisäer spotten über Jesus Luk 16,14; vgl. auch Luk 17,25; 19,27). Damit ist das Gleichnis vom unfruchtbaren Feigenbaum in Luk 13,6ff. – wie auch das Gleichnis vom großen Gastmahl in Luk 14,16ff. – nach meinem Dafürhalten eine Illustration der Prophezeiung, die Lukas bereits durch den Mund des greisen Simeon in seiner Vorgeschichte (Luk 2,34) zum Ausdruck bringt:
V. Zwei Unglücksfälle und ein Gleichnis
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ivdou. ou-toj kei/tai eivj ptw/sin kai. avna,stasin pollw/n evn tw/| VIsrah.l kai. eivj shmei/on avntilego,menon.395
Erwägenswert ist hier auch der Gedanke, dass der dritte Evangelist mit der in Luk 13,6–9 gesetzten Gnadenfrist die radikale Aussage aus dem Mund des Täufers in Luk 3,7ff. korrigieren oder wenigstens relativieren möchte. Ich komme daher zu dem Schluss, dass für Lukas und seinen Leserkreis auf der Sachebene eine Identifikation des Feigenbaums mit Israel durchaus denkbar ist, wohl wissend, dass er bei ihm nicht exklusiv für Israel steht. Zusammen mit Israel stehen für den dritten Evangelisten nämlich auch die „Heiden“ in der gleichen Situation wie der Feigenbaum, wenn sie die meta,noia (noch) verweigern. Lukas modifiziert – möglicherweise bedingt durch die Struktur und die Situation der Gemeinde(n), für die er schreibt – die nationale Heilserwartung Israels dahingehend, dass er die swteri,a aller Menschen (Luk 3,6) – also Israel inbegriffen – in der Umkehr, im Hören auf das Evangelium von Jesus Christus und in seiner Nachfolge sieht.396 Es zeigt sich an dieser Stelle, dass es ihm nicht nur um die kollektive Rettung eines vor Zeiten von Gott auserwählten Volkes geht, sondern um das individuelle Gottesverhältnis des Einzelnen, sei er Jude oder Nichtjude, das über das Schicksal im Gottesgericht entscheidet. Somit möchte ich Schneider in seiner Ansicht, Luk 13,6–9 sei „im Blick auf Israel gesprochen“, durchaus Recht geben und füge hinzu: Aber nicht nur. 2. Der avmpelourgo,j Während beispielsweise Heininger eine Deutung des Feigenbaumes auf Israel ebenfalls für plausibel hält, weist er doch die Möglichkeit weit von sich, „daß man in der Folge den Weinbergbesitzer allegorisch auf Gott, den Weingärtner auf Jesus […] zu beziehen hätte, wenngleich in dem von der Logik der Erzählung her nicht unbedingt zu erwartenden Vorschlag des Weingärtners, den Baum noch einmal umzugraben und zu düngen, eine Anspielung auf die Tätigkeit Jesu enthalten sein mag.“397 Desgleichen verwahrt sich auch Schneider gegen derartige Identifikationen. Er schreibt: „Die Erklärung der Bereitschaft, um den Baum zu graben und Dünger einzulegen, hat keine selbstständige Bedeutung, so daß sie allegorisch (auf Jesus als Fürsprecher) ausgelegt werden dürfte, sondern soll die Chance einer Gnadenfrist (V 9) illustrieren.“398 Dass es bei einigen Auslegern Vorbehalte gibt, die Figuren des Gleichnisses allegorisch zu verstehen, ist durchaus nachvollziehbar, setzt man sich doch der Gefahr einer Eisegese aus. Insbesondere gegen eine Identifikation Jesu als avmpelourgo,j spricht zuerst der Befund, dass es sich hier nicht um einen geprägten Begriff handelt, der 395
Vgl. MERKEL, Israel, 390. Ebd., 383f. 397 HEININGER, Metaphorik, 128f. 398 SCHNEIDER, Evangelium nach Lukas 3/2, 298. 396
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C. Einzeluntersuchungen
auch in anderen Zusammenhängen innerhalb des Neuen Testaments auf Jesus angewendet wird. Ganz im Gegenteil ist avmpelourgo,j Hapaxlegomenon im Neuen Testament, und auch in der LXX steht er nur viermal – immer im Plural als Übersetzung von ~ymIr>k.{ Auch der Gebrauch von mesi,thj im Neuen Testament bzw. in der LXX – der Ausdruck, der die Fürbitttätigkeit eines Einzelnen noch am ehesten trifft – ist in den kanonischen Schriften überaus selten.399 Albrecht Oepke fasst den Befund dahingehend zusammen: „Ein einheitlicher Ausdruck für den Begriff „Mittler“ existiert im h[e]b[räischen] und griech[ischen] A[lten] T[estament] nicht. […] Erst im nachbibl[ischen] H[e]br[äisch] und Aramäisch tritt der typische und dann auch religiös technisch gewordene Ausdruck für den uns beschäftigenden Begriff hervor: rAsr>s;, aram[äisch] ar'Asr>s;. Er entstammt nicht der Rechts-, sondern der Handelssprache und bezeichnet den Makler, dh den Unterhändler, der Geschäftsangelegenheiten nachweist und Abschlüsse vermittelt, also vorher beziehungslose Partner zusammenbringt.“400 Zum zweiten steht es einem Mittler oder Fürsprecher auch nicht gut zu Gesicht, wenn er sich am Ende der Frist mit dem Stärkeren solidarisiert, wie es der avmpelourgo,j in unserem Gleichnis zuletzt mit dem Weinbergbesitzer tut, wenn er in Luk 13,9 sagt: evkko,yeij auvth,n. Aus beiden Gründen schließe ich mit Heininger und Schneider aus, dass mit dem avmpelourgo,j tatsächlich Jesus gemeint sein kann. Dessen Erwähnung und seine Rede innerhalb des Gleichnisses haben stattdessen die Funktion, mit seinem Vorschlag an den Weinbergbesitzer in Luk 13,8 die Gewährung einer Gnadenfrist zu motivieren. 3. Das Gnadenjahr als Gnadenfrist – Luk 13,8 und Luk 4,19 Am Ende des Gleichnisses vom unfruchtbaren Feigenbaum in Luk 13,6–9 bittet der avmpelourgo,j den Besitzer des Weinbergs um die Frist eines Jahres, um dem seit drei Jahren fruchtlosen Feigenbaum noch einmal intensive Pflege angedeihen zu lassen. Verstreicht dieses Jahr, ohne dass der Baum Früchte getragen hat, könne der Weinbergbesitzer nach seinem ursprünglichen Plan handeln und den Baum abhauen. Dem Feigenbaum wird also eine Gnadenfrist gewährt. Zum Verständnis dieses Motivs in Luk 13,8f. soll an dieser Stelle auch ein Blick auf das Jesajazitat aus der Antrittspredigt Jesu in Luk 4,18f. geworfen werden. Von einem „Gnadenjahr“ – so übersetzt Luther die Wendung evniauto.j kuri,ou dekto,j – ist dort die Rede. Zu untersuchen ist daher, ob das Motiv des 399 In der LXX kommt mesiteu,w gar nicht, mesi,thj lediglich in Iob 9,33 vor; vgl. HATCH/ REDPATH II, 912. In den neutestamentlichen Schriften haben wir für das Verb nur einen Beleg in Heb 6,17 und für das Substantiv insgesamt sechs Belege, wovon die Hälfte ebenfalls auf den Heb fallen (Heb 8,6; 9,15; 12,24), zwei weitere auf Gal 3,19f. und einen letzten auf 1. Tim 2,5. 400 ALBRECHT OEPKE, Art. mesi,thj, mesiteu,w, ThWNT 4 (1942), 602–629; hier: 605.
V. Zwei Unglücksfälle und ein Gleichnis
165
sog. Gnadenjahrs aus Luk 4,19 in seiner theologischen Bedeutung für die lukanische Eschatologie möglicherweise identisch ist mit der Gnadenfrist innerhalb des Gleichnisses in Luk 13,8.401 Und was bedeutet dieser (jeweils gleiche) Zeitraum für die Eschatologie des Lukas? Wie unter § 3 gezeigt worden ist, befindet sich das Gleichnis vom Feigenbaum, in dem die Bitte des avmpelourgo,j in Luk 13,8 enthalten ist, innerhalb einer Komposition unterschiedlicher Redesequenzen Jesu, die in Luk 12,54 beginnt und mit der Klage Jesu über Jerusalem in Luk 13,35 endet. Trotz wechselnder Adressaten und Situationen stehen die einzelnen Texteinheiten unter einem gemeinsamen Thema: Israel erkennt den kairo,j zur Umkehr nicht und bringt sich so um das Heil Gottes. Die ihm verbleibende Frist zur Umkehr zu Jesus ist knapp. Doch ist sie allein der Weg, um ins nahende Gottesreich eingehen zu können (Luk 13,24) und im Gericht das Heil zu erlangen. Wer diese Chance jetzt verpasst, über den ist das Urteil schon gesprochen (Luk 13,3.5.9. 25–30.35a). Luk 4,19 bildet dagegen das Ende eines Jesajazitates im Rahmen der sog. Antrittspredigt Jesu in Nazareth, das aus mehreren Jesaja-Stellen zusammengesetzt ist (Jes 61,1.2a; 58,6). Jesus nimmt das Jesajabuch zur Hand, um daraus zu lesen, und schlägt – geradezu programmatisch – die Stelle auf, wo geschrieben steht: pneu/ma kuri,ou evpV evme. ou- ei[neken e;crise,n me euvaggeli,sasqai ptwcoi/j( avpe,stalke,n me( khru,xai aivcmalw,toij a;fesin kai. tufloi/j avna,bleyin( avpostei/lai teqrausme,nouj evn avfe,sei( khru,xai evniauto.n kuri,ou dekto,n (Luk 4,18f.).402 Der Geist des Herrn ist auf mir, der mich gesalbt hat, um den Armen frohe Botschaft zu verkünden, der mich entsandt hat, den Gefangenen Vergebung/Entlassung zu predigen, den Blinden die Wiedererlangung des Gesichts, die Zerbrochenen in die Vergebung zu schicken, zu verkündigen ein angenehmes Jahr des Herrn.
Schon die Tatsache, dass es sich hier um ein Mischzitat handelt, zeigt, dass es entweder Lukas selbst zusammengestellt hat, oder dass er es in der Form seinem Sondergut entnommen hat.403 Deutlich ist jedenfalls, dass Luk 4,18f. ein unmißverständlicher Hinweis auf den Sinn der Sendung Jesu ist. 401
Dass Lukas jeweils unterschiedliche Bezeichnungen wählt (Luk 4,19: evniauto,j; Luk 13,8: e;toj) liegt sicher daran, dass Lukas in 4,19 aus Is 61,2 LXX zitiert und aus diesem Grund den dort vorgegebenen Ausdruck übernimmt, während er sonst an allen Stellen, wo von „Jahr/Jahren“ die Rede ist, ausschließlich e;toj verwendet; vgl. MOULTON/GEDEN, 336. 395. 402 Text- und literarkritisch ist zu Luk 4,18f. Folgendes zu sagen: Es gibt bis auf die vom Codex Alexandrinus und weiteren Handschriften überlieferte Textergänzung iva,sasqai tou.j suntetrimme,nouj th.n kardi,an keine nennenswerten textkritischen Varianten. Die Zufügung vervollständigt das Jesajazitat, wie es in Is 61,1 LXX zu finden ist, ersetzt hingegen den dort zu lesenden Dativ th|/ kardi,a| durch den Akkusativ. 403 Im Vergleich zu Is 61,2a LXX hat Lukas wahrscheinlich das dort zu lesende kale,w durch khru,ssw ersetzt; vgl. JEREMIAS, Sprache, 122. KLEIN, Lukasevangelium, 185, geht
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C. Einzeluntersuchungen
Dem in Luk 4,18f. vorfindlichen Zitat steht nun mit Luk 13,8 eine Sonderguttradition gegenüber, die der dritte Evangelist um den Hinweis auf die Bemühungen des Winzers in V. 8c erweitert haben könnte.404 Jesu Ausspruch in Luk 4,21, heute habe sich dieses Schriftwort erfüllt, ruft starke Reaktionen bei seiner Hörerschaft hervor. Sie „legen Zeugnis von ihm ab“ bzw. „spenden ihm Beifall“405 und staunen über die lo,goi th/j ca,ritoj evk tou/ sto,matoj auvtou/ (Luk 4,22). Doch der Satz, dass kein Prophet in seinem Vaterland etwas gelte, und die daran anschließende Auslegung (Luk 4,24–27) quasi als Anklage Israels angesichts seines bisherigen Umgangs mit den von Gott Gesandten ruft den Zorn der Synagogenbesucher hervor, die Jesus gar einen Abhang hinunterstürzen wollen. Seine Rede vom Gnadenjahr des Herrn406 in Luk 4,19 und der Beidavon aus, dass Lukas das Zitat aus den entsprechenden Jesajatexten selbst zusammengestellt hat. Dass Lesungen aus den prophetischen Schriften zur Zeit Jesu in solcher Weise kombiniert wurden und Luk 4,16–30 damit eine historische Begebenheit in der Synagoge von Nazareth schildert, hält Klein für unwahrscheinlich. August Strobel schreibt die Kombination der Jesajazitate einer schriftlichen Vorlage zu, die Lukas nicht wesentlich verändert habe; vgl. AUGUST STROBEL, Die Ausrufung des Jobeljahrs in der Nazarethpredigt Jesu. Zur apokalyptischen Tradition Lc 4 16–30, in: ders./ Erich Gräßer/Robert C. Tannehill/Walther Eltester, Jesus in Nazareth, BZNW 40, Berlin/ New York 1972, 38–50; hier: 41. 404 Vgl. HARMANSA, Zeit der Entscheidung, 94. Jeremias hält dagegen die Konstruktion e[wj o[tou mit Konjunktiv Aorist zusammen mit Luk 12,50 für traditionell; vgl. JEREMIAS, Sprache, 228. Zu Luk 13,8 gibt es sonst keine nennenswerten textkritischen Varianten zu besprechen. 405 Marture,w tini negativ als „Zeugnis ablegen gegen jdn.“ zu verstehen, wie JOACHIM JEREMIAS, Jesu Verheißung für die Völker, FDV, 2. Aufl., Stuttgart 1959, 39, diesen Dativ anders als bei Luther übersetzt, wird jedenfalls ohne die ausdrückliche Präposition kata, nicht gedeckt (vgl. WbNT, 973–975). 406 August Strobel versucht nachzuweisen, dass die von Lukas in Luk 4,18f. in das Markus-Gerüst eingearbeitete Tradition vom Gnadenjahr einen historischen Aussagewert haben könnte, wonach dann das Sabbatjahr 26/27 n. Chr. liturgisch als zehntes Jobeljahr begangen worden sei und Jesu öffentliches Auftreten auf diese Weise am Beginn der Endzeit gestanden hätte; vgl. STROBEL ebd., 50. Dass nach der zehnten Jobelperiode die Endzeit eintreten und der Messias erscheinen würde (Dan 9,25) und damit also das Auftreten Jesu für Lukas messianisch-endzeitliche Relevanz besäße, hätten jüdische Chronisten und Rabbinen aus der sog. Wochenprophetie des Propheten Daniel (Dan 9,24) geschlossen, wonach über Israel und Jerusalem „70 Wochen“ verhängt sind, bis „dem Frevel und der Sünde“ ein Ende gemacht, die „Schuld gesühnt und ewige Gerechtigkeit“ gebracht werde. Daniel lege nun die in Jer 25,11f.; 29,10 erwähnten 70 Jahre neu als 70 „Jahrwochen“ aus. Jede dieser „Wochen“ umfasse sieben Jahre, woraus sich bis zum heilvollen Eingreifen Gottes ein Zeitraum von 490 Jahren ergebe. Ausgehend vom Eintreffen Esras in Jerusalem im 7. Jahr des Artaxerxes I. (vgl. Esra 7,8; Josephus, Ant XV 1.2; entspricht dem Jahr 458 v. Chr. Zur selben Zeit beginnt auch laut Maimonides die Zählung der Sabbatjahre; vgl. STROBEL ebd., 42) könnte die Zeit des Anfangs von Jesu öffentlicher Wirksamkeit, so Strobel, nach zehn „Jobelperioden“ (= 490
V. Zwei Unglücksfälle und ein Gleichnis
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fall seines Publikums (Luk 4,22) bekommen also noch in der gleichen Szene einen Dämpfer, als er ihm Israels mangelnde Erkenntnisfähigkeit vor Augen hält. Lukas als Kenner der LXX dürfte im Blick auf das „angenehme Jahr des Herrn“ in Luk 4,19 allerdings nicht entgangen sein, dass das Zitat aus Is 61,2 LXX einen zweiten Teil hat, der eine h`me,ra avntapodo,sewj, einen „Tag der Vergeltung“, heraufbeschwört. Somit ist es wahrscheinlich, dass er die Kehrseite von Gottes Gnadenhandeln – seine Vergeltung nämlich – durchaus schon zu Beginn des öffentlichen Wirkens Jesu vorbereiten wollte. Anfangs aber hat er die Ankündigung des göttlichen Vergeltungstages in Is 61,2 LXX an dieser Stelle bewusst ausgespart, um so zunächst einmal eine deutliche Grenze zwischen der Verkündigung Jesu und der Gerichtsrede Johannes des Täufers in Luk 3,4ff. zu ziehen.407 Trotzdem war ihm sehr daran gelegen, auch diesen Vergeltungstag nach Ablauf des Gnadenjahres zur Sprache zu bringen. Tatsächlich findet er sich dann in der zweiten Gerichtsrede des Lukas in Luk 21,22 im Plural als h`me,rai evkdikh,sewj – zwar nicht dem Wortlaut von Is 61,2b LXX entsprechend, so doch aber der Idee nach. Heinrich Baarlink hat in einem Aufsatz zu Luk 4,18–19408 vor diesem eben skizzierten Hintergrund eine sehr einfache Erklärung für das Vorgehen des dritJahre) wieder auf ein Jobeljahr gefallen sein (Beginn der ersten Sabbatjahrperiode wäre dann etwa das Jahr 464 v. Chr. + 490 Jahre = 26/27 n. Chr.). Dieses von Strobel errechnete Jahr als Sabbat- und Jobeljahr am Ende der zehnten Jobelperiode seit Esra sei dann zugleich „identisch mit dem 15. Jahr der Provinzialherrschaft (h`gemoni,a) des Tiberius, der 11/12 n. Chr. zum gleichberechtigten Mitkaiser auf Antrag seines Vaters und auf Beschluß des Senats erhoben worden war. Lc 3 1 dürfte eine diesbezügliche Überlieferung verarbeitet sein“; STROBEL, Ausrufung, 43. Das Todesjahr Jesu würde dann bei der Annahme einer etwa dreijährigen Wanderschaft auf das Jahr 30 n. Chr. fallen. Die Argumentation Strobels wirft eine Reihe von Fragen auf, da sie sich auf mancherlei nicht zweifelsfrei zu klärende Angaben gründet. So ist beispielsweise die Datierung von Esra(s Eintreffen in Jerusalem) ungeklärt, ebenso die Frage, ob bei ihm überhaupt der Beginn einer Jobeljahrzählung angesetzt werden kann. Strobels Theorie steht und fällt zudem mit der Datierung des Todesjahres Jesu auf das Jahr 30 n. Chr., über das die Meinungen in der neutestamentlichen Forschung auch auseinandergehen. Richtig hingegen scheint mir der von Strobel herausgearbeitete Zusammenhang von Gnade, Gericht und Endzeitstimmung zu sein, den Lukas bei der Zitatauswahl für Luk 4,18f. offensichtlich aufrufen wollte. 407 Vgl. dazu KARL BORNHÄUSER, Das Wirken des Christus durch Taten und Worte, 2. Aufl., Gütersloh 1924, 59. Die These Bornhäusers, Lukas habe absichtlich die Worte in Jes 61,2b ausgelassen und damit in jüdischen Ohren Befremden und Ärgernis ausgelöst, hat zuerst JEREMIAS, Verheißung, 35–39, wieder aufgenommen und weiter begründet. Eine ausführliche Auseinandersetzung mit Bornhäuser und Jeremias sowie mit ihrer späteren Rezeption findet sich bei HEINRICH BAARLINK, Ein gnädiges Jahr des Herrn – und Tage der Vergeltung, ZNW 73 (1982), 204–220. 408 S. Anm. 407.
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C. Einzeluntersuchungen
ten Evangelisten gegeben409: In der ersten öffentlichen Predigt Jesu möchte Lukas noch nicht über das Gericht Gottes sprechen. Das Vorzeichen, das er an den Beginn von Jesu Wirken gestellt wissen will, ist in Anlehnung an Lev 25,10 „Gnade und Heil“.410 Demnach ist auch vor allem der ganze erste Teil des Evangeliums von der Antrittspredigt bis zum Aufbruch Jesu nach Jerusalem (Luk 4–9) durchweg vom Erweis der Barmherzigkeit Gottes und der intensiven Bemühung Jesu um Israel gekennzeichnet, bis dann, wie wir gesehen haben, mit den Weherufen Luk 10,13–15 erste Gerichtsworte fallen.411 Sinnbildlich, so Baarlink, gehe erst mit Jesu Weg nach Jerusalem ans Kreuz auch das Volk dem Ende des evniauto.j kuri,ou dekto,j entgegen (vgl. Luk 19,41– 44)412, obgleich der lukanische Jesus auch in den letzten Tagen nicht müde wird, im Tempel zu lehren und zu predigen (Luk 19,47; 20,1) und das Volk auch weiterhin zu ihm hinströmt und ihm zuhört (Luk 19,48; 21,38). Gerichtsaussagen macht Lukas innerhalb seines Evangeliums folglich erst da, wo er mit der Ablehnung Jesu und seiner Jünger rechnen konnte (vgl. Luk 13,10–15.16; 11,29ff.; 13,1–5.34–35; 14,24; 21,20–24 u.ö.).413 Daher sind die Gerichtsworte Jesu erst in der zweiten Hälfte des Evangeliums anzutreffen und ergänzen zu den Heilsaussagen der ersten Hälfte eine weitere – diesmal negative – Zukunftsperspektive, die Israel und den Völkern ebenfalls drohen kann. Als Ergebnis halte ich fest: Die Rede vom sog. „Gnadenjahr“ in Luk 4,19 hat ihren Grund in der Jobeljahrgesetzgebung Lev 25,10ff., in dem Gott nach Ablauf von sieben Sabbatjahren im darauffolgenden Jahr ein „Erlassjahr“ anordnet, das dazu dient, Schulden zu erlassen, Sünden zu vergeben und Gefangene freizulassen. Die Ausführungen Baarlinks, der sich zunächst mit den Fragen auseinandersetzt, ob Lukas die Rede vom Vergeltungstag in Is 61,2b LXX absichtlich ausgelassen habe und aus welchem Grund, können plausibel machen, dass Lu-kas die Themen „Heil“ und „Gericht“ in seinem Evangelium aufzuteilen sucht. Dabei betont er mit der Antrittspredigt Jesu bis etwa zum Beginn seines Weges nach Jerusalem vor allem das Heil, die Gnade und die Barmherzigkeit Gottes
409
BAARLINK, Gnädiges Jahr, 208–219. Ebd., 209. 411 Ebd., 209f. Deutlich wird diese Voreinstellung auch an der lukanischen Erweiterung des Zitates Jes 40,3 aus Mk 1,3 um die V. 4–5: kai. o;yetai pa/sa sa,rx to. swth,rion tou/ qeou/ in Luk 3,6 (vgl. auch Luk 2,30) und an dem ausgeprägten Fokus des Evangeliums auf Jerusalem und den Tempel (z.B. Luk 2,29–32); vgl. auch Luk 4,44; 7,3.5 (Lukas lässt an dieser Stelle auch die Warnung aus Mt 8,12 weg, dass die Juden als „Kinder des Reiches“ zugunsten anderer ausgestoßen werden. Vermutlich um zunächst Konfliktpotential mit Israel auszuschalten, lässt Lukas auch den Abschnitt über wahre und falsch verstandene Reinheit in Mk 7,1–23 aus); Luk 13,16; 16,22; 19,9. 412 Vgl. ebd., 211. 413 Vgl. ebd., 213. 410
V. Zwei Unglücksfälle und ein Gleichnis
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mit Israel, die zu verkündigen und erfahrbar werden zu lassen Jesus gesandt ist (Luk 4,18). Erst mit der Erfahrung der Ablehnung Jesu und der Verweigerung der Nachfolge auf jüdischer Seite bringt Lukas das Gerichtsmotiv ins Spiel, ohne dabei jedoch die anfängliche göttliche Erwählung Israels und der Völker zum Heil aus dem Blick zu verlieren. Mit dem Zitat von Is 61,2a LXX und der Auslassung des „Vergeltungstages“ aus Is 61,2b LXX in Luk 4,19 fällt der Gerichtsgedanke im ersten Teil des Lukasevangeliums jedoch nicht stillschweigend weg. Gedanklich nimmt Lukas ihn mit, bis die Ablehnung Jesu in Israel offenkundig geworden ist. Dann nimmt er ihn allerdings wieder auf und führt ihn allmählich seinem Höhepunkt entgegen: Das Gericht über Jerusalem in Luk 21,20–24, in dem nun auch ausdrücklich in Anlehnung an Jes 61,2b LXX von den „Tagen der Rache/der Bestrafung“ die Rede ist. Die Rede von einem Gerichtstag bzw. von Gerichtstagen nach Ablauf des Gnadenjahres bereitet Lukas also gezielt vor, um den Gerichtsaspekt zu gegebenem Anlass ins Spiel bringen zu können. Folglich legt sich für das Lukasevangelium im Blick auf Heil und Gericht Gottes eine klare Aufteilung nahe: Luk 1–9 betonen vor allem das Heil für Israel und die Völker (keine Gerichtsworte), während Luk 10–21 stärker von der Gerichtsthematik geprägt ist. 4. Das e;toj in Luk 13,8 – Lukanische Heils- und Gerichtskonzeption komprimiert Das e;toj in Luk 13,8 ist attributiv nicht näher bezeichnet wie das Gnadenjahr in Luk 4,19. Erst der Kontext qualifiziert es zu einem Jahr des Aufschubs, der Gnade und der Bewährung, weil es den Wunsch nach Urteilsvollstreckung auf Seiten des Weinbergbesitzers, nämlich den Feigenbaum abzuhauen, auf die Bitte des avmpelourgo,j hin vorerst aussetzt. Dennoch ist das Urteil nicht aufgehoben, sondern bleibt in Geltung, was in V. 9 noch einmal nachdrücklich bekräftigt wird. Ein endgültiger Straferlass im Gericht ist nun aber an die Bedingung geknüpft, dass der Feigenbaum in naher Zukunft Früchte trägt. Allein der Weingärtner scheint darum zu wissen, dass es der Baum nicht aus eigener Kraft schaffen werde, diese Bedingung zu erfüllen. Denn V. 7 betont ausdrücklich, dass man seit drei Jahren schon nicht von ihm ernten konnte. Nun soll der Baum von ihm eine besondere Pflege erfahren. Die Antwort des ku,rioj auf das Ansinnen des Weingärtners wird nicht geschildert. Der Ausgang der Parabel bleibt offen, doch liegt die Vermutung nahe, dass sich der Weinbergbesitzer umstimmen lässt und dem Baum noch eine letzte Chance gibt. Petra von Gemünden macht an dieser Offenheit den „appellativen Charakter“414 der Parabel fest: „Der Hörer soll die ihm geschenk-
414
VON GEMÜNDEN, Vegetationsmetaphorik, 133.
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C. Einzeluntersuchungen
te Gnadenfrist wahrnehmen als letzte Möglichkeit zu einer grundlegenden Verhaltensänderung zu einer fruchtbringenden Existenz.“415 Damit lässt sich das Gleichnis wie folgt deuten: Weil Israel und mit ihm auch alle anderen Völker in ihrer Bestimmung „fruchtlos“ geblieben sind, sollen sie vernichtet werden. Ihnen bleibt hingegen eine letzte Frist zur „Umkehr“. Die Vollstreckung des bereits ergangenen Gottesurteils ist damit aber nur gestundet und nicht aufgehoben. Nach Ablauf dieser Gnadenfrist werden sie wieder neu auf dem Prüfstand stehen. Werden sie dann immer noch „fruchtlos“ angetroffen, wird es um sie keine Bemühungen und für sie keine Rettung mehr geben. Was genau soll nun nach Lukas in diesem „Jahr“ geschehen, damit das Urteil zur Vernichtung in Heil verwandelt werden kann? Das wiederum erschließt sich aus dem vorhergehenden Abschnitt Luk 13,1–5: Umkehr ist gefordert. Und wer sie verweigert, wird umkommen, so wie der Feigenbaum abgehauen wird, wenn er auch in diesem Jahr keine Frucht trägt. Grund und Anlass der Umkehr sind für Lukas unzweifelhaft die Verkündigung und das Wirken Jesu, die einerseits das Sündersein des/der Einzelnen aufdecken und von ihm/ihr die Erkenntnis über sich selbst erwarten (Luk 18,9–14; 19,7ff.; 23,41) und die ihm/ihr andererseits Gottes Barmherzigkeit tröstend entgegenhalten (vgl. Luk 15,11–24; bes. V. 21ff.). In der Hinwendung des lukanischen Jesus zu den Sündern, Ausgestoßenen, Kranken und sonstwie Verachteten sucht Lukas zuerst die Gnade Gottes als Movens für Jesu Sendung hervorzuheben, bevor er das Gerichtsmotiv einführt. Denn aus Gnade hat Gott sein Volk besucht (Luk 1,68.78; 7,16). Wer sich hingegen der Erkenntnis seines Sünderseins verweigert und Gottes Barmherzigkeit ausschlägt (wie beispielsweise Chorazin, Bethsaida und Kapernaum in Luk 10,13ff.), für den schlägt das Evangelium irgendwann in ein Gerichtsurteil um, weil er damit zuletzt Gott missachtet (Luk 13,16). Die fristgerechte meta,noia ist für Lukas somit die einzig angemessene Antwort auf Gottes Heilsabsicht. Dass gerade Israel im dritten Evangelium trotz der in der Sendung Jesu sich manifestierenden Gnade Gottes sich der notwendigen Umkehr verweigert und das ihm angebotene Heil ablehnt, darin liegt seine unwiderrufliche Schuld, die, so Lukas, nach Ablauf der Gnadenfrist kompromisslos geahndet wird.416 Damit steht vor allem Israel nach lukanischer Theologie vor einer eschatologischen Entscheidungssituation, die zeitlich begrenzt ist. 5. Gnadenjahr = Gnadenfrist Obgleich es zuviel wäre, eine direkte literarische Verbindung zwischen Luk 4,18f. und Luk 13,8 zu postulieren, so sind doch auf der Bild- und Sachebene 415 416
VON GEMÜNDEN, Vegetationsmetaphorik, 133. Vgl. KIM-RAUCHHOLZ, Umkehr bei Lukas, 58.
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einige Bezüge zwischen beiden Texten offensichtlich, die mich zu dem Schluss kommen lassen, dass der evniauto.j kuri,ou dekto,j aus Luk 4,19 und das e;toj aus Luk 13,8 den gleichen heilsgeschichtlichen Zeitraum meinen und daher für die lukanische Eschatologie die gleiche Funktion erfüllen. Sowohl Luk 4,19 als auch Luk 13,8 sprechen von einer „Gnadenzeit“ (ein „Jahr“). An ihrem Ende steht Gottes Gerichtstag für jene, die die ihnen geschenkte Zeit nicht für sich zur Umkehr genutzt haben (für Jerusalem in Luk 13,34f.; 21,22; für alle in Luk 13,3.5). Alle Bemühungen Jesu in Luk 4,18f. zielen auf Befreiung: Befreiung der Gefangenen und Geknechteten, Befreiung von Schuld und Schulden. In Luk 13,8 ist es der avmpelourgo,j, der den Feigenbaum von dessen Fruchtlosigkeit zu befreien sucht.417 Mit der beginnenden Gnadenzeit ist ein Zeitfenster und damit eine Möglichkeit geschaffen, die Umkehr zu vollziehen und so des Heils Gottes teilhaftig zu werden. Aber Israel verweigert sich (Luk 4,28f.; 13,34f.). Zwischen Luk 4,18f. und Luk 13,8 besteht folglich ein theologischer Zusammenhang. Beide Stellen sprechen von einer „Gnadenzeit“, die in der Eschatologie des dritten Evangelisten entscheidende Bedeutung hat. Somit ist der auffallend gleich lange Zeitraum von einem „Jahr“ ein charakteristischer Baustein im eschatologischen Fahrplan des Lukas. Eng mit der Funktion dieses „Jahres“ verbunden ist die Rolle Jesu im Lukasevangelium zunächst als Verkündiger von Gottes Heilsabsicht für Israel, dann aber auch als jener, der zur Umkehr mahnt sowie das Gericht Gottes ankündigt. Die Annahme, dass Luk 4,19 und Luk 13,8 im dritten Evangelium den gleichen Zeitraum meinen, der dem unausweichlichen Gottesgericht als Gnadenjahr bzw. Gnadenfrist vorangeht, scheint mir daher hinreichend begründet. § 7 Zusammenfassung und Ertrag Der Text Luk 13,1–9 stammt im Wesentlichen aus dem lukanischen Sondergut. Er beruht auf zwei ursprünglich voneinander unabhängigen Überlieferungen, den Berichten über zwei tragische Unglücksfälle in Jerusalem in den V. 1–5 und dem Gleichnis vom unfruchtbaren Feigenbaum in den V. 6–9, die Lukas über V. 6a miteinander verbindet und in den Kontext Luk 12,54–13,35 einstellt. In ihm wird verschiedentlich deutlich gemacht, dass Gottes Urteil über die Nichtumkehrwilligen – vornehmlich Israel/Jerusalem – bereits gesprochen ist, 417
Anders RAINER ALBERTZ, Die „Antrittspredigt“ Jesu im Lukasevangelium auf ihrem alttestamentlichen Hintergrund, ZNW 74 (1983), 182–206; hier: 198, der die Sendung Jesu zu den Menschen am unteren Rand der Gesellschaft nicht heilsgeschichtlich, sondern ganz konkret in ihrer sozialen Ausrichtung verstanden wissen will. „Das Bild von der ‚Freilassung‘ und vom ‚Gnadenjahr des Herrn‘ bekommt bei ihm [Lukas] eine klare soziale Ausrichtung im Sinne des alttestamentlichen Sabbat- und Jobeljahres; mit den Armen, Blinden und Gefangenen sind bei ihm Menschen in realer sozialer bzw. körperlicher Notlage gemeint.“
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C. Einzeluntersuchungen
dass jedoch die Gegenwart als eine von Gott gewährte Frist und Chance genutzt werden soll, um angesichts des drohenden Gerichts doch noch umzukehren und damit das Heil Gottes zu erlangen. Der auf den ersten Blick in den V. 1–5 mitschwingende Tun-Ergehen-Zusammenhang, der in der alttestamentlichen Talionsformel Ex 21,23–25; Lev 24, 18–21 und Dtn 19,21 Gestalt angenommen hat, wird bei Lukas an zwei entscheidenden Stellen modifiziert: 1. Der Mensch wird nicht nur an anderen Menschen schuldig, sondern wird in seinem Verhalten und Dasein Gott selbst gegenüber schuldig. Die sonst nur im juristisch-zivilrechtlichen Sprachgebrauch vorfindliche Formel wird nun in den kultischen Bereich übertragen. 2. Anders als der ursprüngliche Sinn der Talionsformel, im Falle einer Einzelschuld Gleiches mit Gleichem zu vergelten, wird nun die Kollektivschuld eines ganzen Volkes bzw. aller Menschen in den Blick genommen, für die Gott zur Rechenschaft ziehen wird. Nicht nur jene, die von den in Luk 13,1–5 genannten Unglücksfällen betroffen sind und darin den Tod gefunden haben, sondern jede und jeder ist in den Augen des lukanischen Jesus ein a`martwlo,j, dem ein ähnlich schreckliches Schicksal im Endgericht bevorsteht, wenn er oder sie die Umkehr jetzt nicht vollzieht. Die Bildwelt des Gleichnisses Luk 13,6–9 birgt ebenfalls einige interessante Aspekte. Da ist zum einem die zentrale Stellung von h` sukh/ innerhalb des Gleichnisses. Die Situation des Feigenbaums ist die Israels und gleichzeitig die aller Menschen. Sie bleiben ihrem ku,rioj seit drei Jahren ihre „Frucht“ schuldig. Überraschend ist auch, dass sich der avmpelourgo,j dennoch dafür verwendet, um beim Weinbergbesitzer eine Frist von einem Jahr zu erbitten. Allen Zweifeln von ökonomischer und landwirtschaftlicher Seite her zum Trotz wird die Hoffnung auf das gänzlich Unglaubliche nicht aufgegeben: Dass der Baum doch noch Frucht trägt. Charakteristisch für Lukas und seine Theologie ist auch die Rede vom „Gnadenjahr“ bzw. von der Gnadenfrist, wie sie in der Antrittspredigt Jesu in Nazareth in Luk 4,18f. sowie in Luk 13,8 zum Ausdruck kommt. Das Motiv entstammt der alttestamentlichen Jobeljahrgesetzgebung aus Lev 25,10ff. Mit Beginn von Jesu öffentlichem Auftreten geht nun zugleich ein Zeitfenster auf, in dem vor allem Jesu Predigt von der Gnade und vom Gericht Gottes verbunden mit dem Umkehrruf vor allem an Israel (und von da aus an alle Völker) ergeht. Ähnlich wie in der Täuferrede Luk 3,8f., den Weherufen Luk 10,13ff. sowie der Ankündigung des Jonazeichens Luk 11,29–32 macht der dritte Evangelist mit dem Feigenbaumgleichnis erneut deutlich, dass Israel auf das Wort und das Wirken Jesu bisher ablehnend reagiert hat und damit der Vernichtung im eschatologischen Gottesgericht anheim fallen wird. Allein der hier symbolisch zu verstehende Zeitraum von „einem Jahr“ wird noch gewährt, um die meta,noia zu vollziehen und so dem drohenden Schicksal im Gericht zu entgehen.
VI. Die enge Pforte in Luk 13,22–30
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Lukas lässt den Ausgang des Gleichnisses offen. Gottes Urteil über den „Feigenbaum“ steht allerdings unumstößlich fest. Folglich gibt es für den dritten Evangelisten nur die eine Voraussetzung, um an Gottes Heil teilzuhaben: Die Umkehr und Hinwendung zu Gott bzw. – um im Bild zu bleiben – die Verwandlung des Einzelnen vom „fruchtlosen“ zum „fruchtbringenden Baum“ (vgl. Luk 3,8). Es ist m.E. nicht zu viel gesagt, dass Luk 13,6–9 in nuce wesentliche Aspekte des dem Lukas eigenen eschatologischen Ansatzes enthält: Das Volk Gottes ist „fruchtlos“ geworden. Jesus als „Sohn des Höchsten“ (Luk 1,32) wird in die Welt geboren, um Gottes Barmherzigkeit und Gnade in Wort und Tat zu verkündigen (Luk 4,18). Teile Israels erscheinen jedoch nach wie vor als unbelehrbar und verweigern die Umkehr zu Gott. Gottes Geduld hat allerdings ein klares Ende. Die Vollstreckung seines Urteils wird zwar vorerst für einen begrenzten Zeitraum ausgesetzt. Bis dahin ist es allen noch möglich, umzukehren. Die Entscheidung für oder gegen die Umkehr wird aber nach Ablauf der Frist entweder zur vollen Teilhabe am Gottesheil oder zur endgültigen Vernichtung im Gericht führen. Es ist diese Fristgewährung vor dem Hereinbrechen des Gottesgerichts, dieses „Heils- und Entscheidungsjahr“, das die Eschatologie des Lukas auszeichnet. Denn allein die fristgerechte meta,noia ist in seinem theologischen Entwurf die wirklich angemessene Antwort auf Gottes Heilsangebot in Jesus Christus. Damit steht zuerst das Gottesvolk Israel im Werk des Lukas vor einer existentiellen Entscheidungssituation, die in Luk 13,1–5.6–9 ganz klar benannt wird und eindeutig zeitlich begrenzt ist.
VI. Die enge Pforte in Luk 13,22–30 VI. Die enge Pforte in Luk 13,22–30
Die kurze Redeeinheit Luk 13,22–30 ist nach Luk 12,54–59 und Luk 13,1–9 eine erneute eindringliche Warnung an einen nicht näher spezifizierten Adressatenkreis, die Zeit, die noch bleibt, zum eigenen Heilserwerb zu nutzen. Die in V. 23 von einem Unbekannten an Jesus gerichtete Frage nach der Zahl derer, die „selig“ werden, zieht diese kurze Rede Jesu nach sich, die mit starken Worten an die Eigeninitiative jedes/jeder Einzelnen appelliert, dia. th/j stenh/j qu,raj zu gehen. Unter literar- und redaktionskritischen Gesichtspunkten ist dieser Abschnitt auch deshalb interessant, weil ihn der dritte Evangelist aus Traditionsmaterial – vorwiegend Einzelsprüche aus Q – offenbar selbst geschaffen hat. Dabei scheint sie sich formal wie inhaltlich an der in Luk 14,15.16–24 folgenden Gastmahlperikope zu orientieren und diese weiterführen zu wollen. Eine sachgerechte Untersuchung von Luk 13,22ff. wird also das Gastmahlgleichnis mit berücksichtigen müssen. Vor allem wird die Frage zu bedenken sein, wer „drinnen“ und wer „draußen“ sein wird.
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C. Einzeluntersuchungen
§ 1 Text, Gliederung und Einordnung in den Kontext 22 Und lehrend durchzog er die Städte und Dörfer und machte sich auf die Reise nach Jerusalem. 23 Einer aber sprach zu ihm: Herr, sind es wenige, die gerettet werden? Er aber sprach zu ihnen: 24 Ringt danach, durch die enge Tür hineinzugehen! Denn viele, sage ich euch, werden danach trachten, hineinzukommen und werden es nicht können. 25 Sobald der Hausherr aufstehen und die Tür verschließen wird, und ihr anfangen werdet, draußen stehen zu bleiben und an die Tür zu klopfen und zu sprechen: Herr, öffne uns!, wird er euch antworten: Ich kenne euch nicht und weiß nicht, woher ihr seid. 26 Dann werdet ihr anfangen418 zu sagen: Wir haben vor dir gegessen und getrunken, und du hast uns auf den breiten Straßen gelehrt. 27 Und er wird zu euch sprechen: Ich kenne euch nicht und weiß nicht, woher ihr seid. Steht alle ab von mir, ihr Übeltäter! 28 Dort wird Heulen und Zähneknirschen sein, wenn ihr Abraham und Isaak und Jakob und alle Propheten im Reich Gottes sehen werdet – ihr aber seid jene, die nach draußen hinausgeworfen werden. 29 Und sie werden von Osten und Westen und Norden und Süden kommen und sich zu Tisch legen im Reich Gottes. 30 Und siehe, es sind Letzte, die Erste sein werden, und es sind Erste, die Letzte sein werden.
Luk 13,22–30 lässt sich in zwei Teile gliedern: Einleitung V. 22–23 V. 22 Situationsbeschreibung V. 23 Frage
Antwort Jesu V. 24–30 V. 24a Appell, durch die „enge Tür“ zu gehen V. 24b–27 Beschreibung des Schicksals der „Vielen“ als Dialog zwischen dem Hausherrn und jenen, die draußen stehen. V. 28–29 Endzeitbilder: Heulen und Zähneknirschen/Festmahl im Reich Gottes V. 30 Schlusskommentar
Nach Luk 9,51.53 erinnert Lukas erstmalig wieder daran, dass sich Jesus auf dem Weg nach Jerusalem befindet (vgl. Luk 17,11; 18,31; 19,28.41). Aus Jerusalem stammen auch die Nachrichten vom Tod galiläischer Pilger und vom Einsturz des Siloahturms, der 18 Todesopfer forderte (Luk 13,1–5). Wie wir im vorigen Paragraphen gesehen haben, macht sich der lukanische Jesus diese Berichte für seine Umkehrforderung zunutze und warnt davor, dass die ihn umgebende Menge im bevorstehenden Gericht Gottes nicht genau so schmählich umkommen wird wie jene in Jerusalem Getöteten. Viel Zeit ist nicht mehr, das Gebotene zu tun (Luk 12,58; 13,6–9), und irgendwann in naher Zukunft wird es dazu auch zu spät sein (Luk 12,59; 13,9). Der Rede von der „engen Tür“ in Luk 13,22ff. gehen unmittelbar die Erzählung von der Heilung einer
418
Ich verwende hier die im Nestle/Aland-Apparat gut bezeugte Lesart a;rxhsqe zu V. 26 (vgl. auch V. 25: a;rxhsqe).
VI. Die enge Pforte in Luk 13,22–30
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gebeugten Frau am Sabbat (Luk 13,10–17) und zwei Gottesreichsgleichnisse (Luk 13,18–21) voraus – Beispiele für Jesu Lehre in Tat und Wort.419 Mit der weiteren Zuspitzung seines Themas von einem eschatologischen Heils- bzw. Unheilsweg in unserem Abschnitt Luk 13,22–30 bereitet Lukas zum einen die Klage Jesu über Jerusalem (Luk 13,31–35) und zum anderen das Gastmahlgleichnis (Luk 14,15.16–24) vor, das wie Luk 13,24.28 ebenfalls Menschen vom Eintritt ins Gottesreich ausschließt (Luk 14,24). Für den dritten Evangelisten ist zwar unbestritten, dass das Reich Gottes noch weiterhin wachsen und stark werden wird. Heilsentscheidend wird jedoch sein, dass sich der/die Einzelne an diesem Wachstumsprozess beteiligt und seine/ihre „Chance zur Teilnahme daran rechtzeitig wahrnimmt“420. § 2 Tradition und Redaktion in Luk 13,22–30 Auf den ersten Blick meint man, es bei Luk 13,22–30 mit einer lukanischen Sondergutüberlieferung zu tun zu haben.421 Der Vergleich mit dem Seitenreferenten Matthäus weist hingegen Parallelüberlieferungen auf, die im ersten Evangelium zwar weit verstreut liegen, aber auf eine Q-Grundlage der Texte in Luk 13,22ff. schließen lassen. Unter den Exegeten herrscht daher ein weitgehender Konsens dahingehend, Lukas habe die Rede Luk 13,22–30 aus ihm vorliegenden Q-Einzelsprüchen mehr oder weniger selbst komponiert, mit einer Einleitung versehen und an der vorfindlichen Stelle in sein Evangelium eingebaut.422 Dass die Rekonstruktionsvorschläge der Q-Sprüche und solche zu ihrer Bearbeitung durch die Evangelisten im Einzelnen sehr unterschiedlich ausfallen, mag vor allem daran liegen, dass Matthäus und Lukas in ihrer Überlieferung z.T. stark voneinander abweichen, so dass im Einzelfall die Frage berechtigt sein mag, ob der erste und dritte Evangelist überhaupt denselben Q-Text „adaptieren“.423 Da es sich, wie gesagt, in Luk 13,22ff. um einzelne, voneinander unabhängige Sprüche handelt, die größtenteils aus der Logienquelle stammen, soll auch im Folgenden ihre vermeintliche Ursprungsfassung in Q einzeln rekonstruiert und die redaktionellen Änderungen davon abgehoben werden. Weil jedoch die jeweiligen Überlieferungen im Matthäus- und Lukasevangelium teilweise sehr disparat sind, können im Rahmen dieser Arbeit nicht alle wesentlichen Änderungen diskutiert werden. Zur besseren Orientierung habe ich für diesen Text-
419
Vgl. ECKEY, Lukasevangelium, 630. Ebd. 421 Vgl. WALTER GRUNDMANN, Das Evangelium nach Lukas, ThHK 3, 6. Aufl., Berlin 1971, 284. 422 Vgl. BOVON, Evangelium nach Lukas III/2, 430; WOLTER, Lukasevangelium, 489. 423 So BOVON ebd., 428, beispielsweise für Luk 13,24 par. Mt 7,13f. 420
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C. Einzeluntersuchungen
abschnitt den lukanischen die entsprechenden matthäischen Parallelen gegenübergestellt und die diskutierten Textdifferenzen hervorgehoben. 1. Luk 13,24 par. Mt 7,13f. Luk 13,24
Mt 7,13f.
avgwni,zesqe eivselqei/n dia. th/j stenh/j qu,raj( o[ti polloi,( le,gw u`mi/n( zhth,sousin eivsel-
13 Eivse,lqate dia. th/j stenh/j pu,lhj\ o[ti platei/a h` pu,lh kai. euvru,cwroj h` o`do.j h` avpa,gousa eivj th.n avpw,leian kai. polloi, eivsin oi` eivserco,menoi diV auvth/j 14 ti, stenh. h` pu,lh kai. teqlimme,nh h` o`do.j h` avpa,gousa eivj th.n zwh.n kai. ovli,goi eivsi.n oi` eu`ri,skontej auvth,nÅ
qei/n kai. ouvk ivscu,sousinÅ
Ob Matthäus oder Lukas die ursprüngliche Fassung des Logions bewahrt hat, ist umstritten. Ulrich Luz u.a. gehen davon aus, dass Matthäus den von Lukas originalgetreuer überlieferten Q-Spruch um das Bild von den beiden Pforten bzw. den beiden Wegen sekundär erweitert habe.424 Umgekehrt kann man vermuten, Lukas habe das ihm vorliegende Doppelbildwort gekürzt,425 um die Aussage auf den Appell und das Bild von der „engen Tür“ zu fokussieren. Auf rein sprachlicher Ebene lässt sich hier keine befriedigende Argumentation für das eine und gegen das andere führen, da davon auszugehen ist, dass beide Evangelisten in ihre Vorlage redaktionell eingegriffen haben. Die gegenwärtige Q-Forschung hält jedoch die kürzere lukanische Fassung für ursprünglich.426 Ähnlich schwierig ist die Antwort auf die Frage, ob qu,ra (Lukas)427 oder pu,lh (Matthäus) in Q gestanden hat. Zur inhaltlichen Aussage passender wirkt die bei Lukas überlieferte qu,ra, stellt man sich doch unter pu,lh eher eine größere Toranlage vor wie z.B. ein Stadttor (vgl. Luk 7,12; Apg 9,24; 16,13; Tore des Hades Mt 16,18).428 Beide Begriffe können aber auch genauso gut synonym
424 ULRICH LUZ, Das Evangelium nach Matthäus, EKK I/1, 5. Aufl., Düsseldorf/Zürich 2002, 516f. 425 Vgl. MICHAEL G. STEINHAUSER, Doppelbildworte in den synoptischen Evangelien. Eine form- und traditionsgeschichtliche Studie, fzb 44, Würzburg 1981, 150f., und SCHULZ, Q, 309. 426 Vgl. CEQ, 406f.; HEIL, Lukas und Q, 51. 427 Einige Handschriften bieten dann auch in Luk 13,24 gemäß matthäischem Text die varia lectio pu,lhj. 428 Vgl. REINHARD KRATZ, Art. pu,lh, EWNT 3, (1983), 474–476; hier: 475. Unter qu,ra ist entsprechend unserem heutigem Verständnis eher eine Haustür zu verstehen; vgl. GUSTAF D ALMAN, Arbeit und Sitte in Palästina VII, 50–56.67–74.
VI. Die enge Pforte in Luk 13,22–30
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verwendet werden.429 Als dem Bild zuträglicher halte ich dennoch die qu,ra für das ursprünglichere Wort in Q (vgl. auch Luk 13,25).430 Wie der Schluss des Q-Logions gelautet haben könnte, ist nicht mehr zu rekonstruieren. Die CEQ nimmt mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit einen matthäisch-lukanischen Mischtext an, der wie folgt gelautet haben könnte: kai. ovli,goi eivsi.n oi` eivse,rcontej diV auvth/j.431 Nachweisen lässt sich das nicht. Sicher scheint mir aber, dass Lukas kai. ovli,goi nicht in seiner Vorlage gelesen hat. Da es die direkte Antwort auf seine Frage in V. 23: ku,rie, eiv ovli,goi oi` sw|zo,menoi* gewesen wäre, ist zu fragen: Warum hätte er es streichen sollen? Auf die Hand des Lukas sind dagegen sicher der durch avgwni,zesqe betonte Anfang des Spruches, sowie der Einschub des le,gw u`mi/n zurückzuführen.432 Q 13,24 enthielt unter Berücksichtigung des oben Gesagten eine Aufforderung, durch die „enge Tür“ ins Reich Gottes einzugehen, was offensichtlich nicht vielen gelingen wird. 2. Luk 13,25 par. Mt 25,10–12 Luk 13,25
Mt 25,10–12
avfV ou- a'n evgerqh/| o` oivkodespo,thj kai. avpoklei,sh| th.n qu,ran kai. a;rxhsqe e;xw e`sta,nai kai. krou,ein th.n qu,ran le,gontej\ ku,rie( a;noixon h`mi/n( kai. avpokriqei.j evrei/ u`mi/n\ ouvk oi=da u`ma/j po,qen evste,.
10 avpercome,nwn de. auvtw/n avgora,sai h=lqen o` numfi,oj( kai. ai` e[toimoi eivsh/lqon metV auvtou/ eivj tou.j ga,mouj kai. evklei,sqh h` qu,raÅ 11 u[steron de. e;rcontai kai. ai` loipai. parqe,noi le,gousai\ ku,rie ku,rie( a;noixon h`mi/nÅ 12 o` de. avpokriqei.j ei=pen\ avmh.n le,gw u`mi/n( ouvk oi=da u`ma/j.
Die Reihe an Gemeinsamkeiten zwischen Luk 13,25 und Mt 25,11f. ist so spärlich, dass es geradezu abenteuerlich erscheint, hierfür einen Q-Wortlaut näher bestimmen zu wollen. Zudem handelt es sich beim Gleichnis der zehn Jungfrauen (Mt 25,1–13) um einen Sonderguttext des Matthäus, in dem man Material aus der Logienquelle zunächst nicht vermuten würde und der gerade in den V. 10–12 starke Spuren redaktioneller Bearbeitung aufweist.433 „Hier werden Leser/innen sofort die Reminiszenzen an den Schluß der Bergpredigt auffallen, nämlich an 7,21 (le,gwn … ku,rie ku,rie) und 7,23 (ouvde,pote e;gnwn u`ma/j). 7,22f. stammt aus einem Abschnitt der Logienquelle Q 13,22–29, den M[a]t[thäus] fortlaufend exzerpiert und dabei stark bearbeitet hat.“434 429
KRATZ, pu,lh, 475. Vgl. HEIL, Lukas und Q, 51, und PAUL HOFFMANN, Pa,ntej evrga,tai avdiki,aj. Redaktion und Tradition in Lc 13,22–30, ZNW 58 (1967), 188–214; hier: 195, gegen STEINHAUSER, Doppelbildworte, 150, und SCHULZ, Q, 310. 431 Vgl. CEQ 406f. 432 Vgl. HEIL ebd., 51; SCHULZ ebd.; STEINHAUSER ebd., 150–152. 433 Vgl. LUZ, Evangelium nach Matthäus I/3, 468. 434 Ebd. 430
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C. Einzeluntersuchungen
Luz geht in seinem Kommentar zu Mt 25,1ff. davon aus, dass der erste Evangelist Q 13,25 dazu benutzt habe, um in Mt 25,10–12 einen Verweis auf Mt 7,21–23 zu erstellen.435 Einen Q-Spruch als Vorlage für Luk 13,25 par. Mt 25,11f. anzunehmen, scheint für Luz folglich nicht allzu abwegig zu sein.436 Christoph Heil reklamiert für Q 13,25 folgende Textbestandteile437: 1. Eine Form von klei,w + h` qu,ra; 2. Eine Form von le,gw + ku,rie, a;noixon h`mi/n; 3. avpokriqei,j + Form von le,gw + u`mi/n ouvk oi=da u`ma/j. Aller Wahrscheinlichkeit nach stammen dann die Änderung von (ev)klei,s(q)h (Mt 25,10) in avpoklei,sh| sowie die Ergänzung des po,qen evste, von Lukas.438 Q 13,25 enthielt einen Hinweis darauf, dass die „Tür zum Heil“ irgendwann verschlossen ist und niemand mehr hindurch gelangen wird. Der Hausherr wird sie auch auf das Flehen und Bitten derer, die draußen stehen bleiben, nicht mehr öffnen. 3. Luk 13,26f. par. Mt 7,22f. Luk 13,26f.
Mt 7,22f.
26 to,te a;rxesqe le,gein \ evfa,gomen evnw,pio,n sou kai. evpi,omen kai. evn tai/j platei,aij h`mw/n evdi,daxaj\
22 polloi. evrou/si,n moi evn evkei,nh| th/| h`me,ra|\ ku,rie ku,rie( ouv tw/| sw/| ovno,mati evprofhteu,samen( kai. tw/| sw/| ovno,mati daimo,nia evxeba,lomen( kai. tw/| sw/| ovno,mati duna,meij polla.j evpoih,samenÈ 23 kai. to,te o`mologh,sw auvtoi/j o[ti ouvde,pote e;gnwn u`ma/j\ avpocwrei/te avpV evmou/ oi` evrgazo,menoi th.n avnomi,anÅ
27 kai. evrei/ le,gwn u`mi/n\ ouvk oi=da u`ma/j po,qen evste, \ avpo,sthte avpV evmou/ pa,ntej evrga,tai avdiki,ajÅ
Auch der Vergleich von Luk 13,26f. mit Mt 7,22f. zeigt erhebliche Textabweichungen. Wie für Q 13,24 anzunehmen ist, dass Matthäus seine Vorlage ausgebaut hat und Lukas den eher schlichteren Q-Text als Grundlage beibehalten hat, so scheint das hier der gleiche Fall zu sein. Schon der Zusatz des dreimaligen 435
LUZ, Evangelium nach Matthäus I/3, 468; vgl. auch GNILKA, Matthäusevangelium I/2, 349. 436 Vgl. auch CEQ, 408f. Anders HOFFMANN, Pa,ntej, 200, und SCHULZ, Q, 424, zu Luk 13,25: „Eine M[a]t[thäus]-Parallele fehlt. L[u]k[as] hat wahrscheinlich, um das Logion von der engen Tür Lk 13,24 mit der Abweisung der Zeitgenossen Lk 13,26f zu verbinden, den Übergangsvers 13,25 aufgrund des Stichwortes qu,ra gebildet, wobei er ein trad[itionelles] Motiv aufnimmt, das auch Mt 25,1–13 erhalten ist. Der Versuch einer Scheidung von Tradition und Redaktion in Lk 13,25 braucht hier nicht unternommen zu werden, da der Vers nicht Q zuzurechnen ist.“ Dass Lukas hier nicht völlig selbstständig formuliert, sondern auf der Basis einer ihm bekannten (schriftlichen?) Tradition, will jedoch auch Schulz gelten lassen. 437 HEIL, Lukas und Q, 52. 438 Ebd., und CEQ, 409.
VI. Die enge Pforte in Luk 13,22–30
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tw/| sw/| ovno,mati in Mt 7,22 scheint eine sekundäre Erweiterung zu sein, um die „Vielen“ als Christen auszuweisen, während die Verfasser der Logienquelle wohl eher Juden im Blick hatten.439 „Entsprechend ist die Beschwerde bei L[u]k[as] [sinngemäß so] formuliert: ‚Waren wir nicht deine Bekannten?“, während es bei M[a]t[thäus] heißt: ‚Waren wir nicht deine Beauftragten?‘ […] Die L[u]k[as]-Fassung ist zunächst darin primär, daß sie sich an ungläubige Juden wendet, während M[a]t[thäus] in 7,15–23 Sprüche zusammenstellt, die Kriterien nennen, an denen man den wahren und den falschen Jünger erkennt […].“440 Auch die gegenwärtige Q-Forschung sieht in der Fassung, wie sie Luk 13, 26f. überliefert, den ursprünglichen Wortlaut besser bewahrt als in der matthäischen Parallele.441 Ungeachtet der Redaktion des ersten Evangelisten werden für Lukas folgende redaktionelle Eingriffe in den Text Q 13,26 in Betracht gezogen: 1. Die Ergänzungen von evnw,pio,n442 sou und evn tai/j platei,aij443 sowie 2. die kunstvollere Einleitung mit to,te a;rxesqe le,gein444. In Q 13,27 wird Lukas wie schon in Luk 13,25 das po,qen evste, ergänzt haben. V. 27b zitiert aus Ps 6,9a LXX (avpo,sthte avpV evmou,, pa,ntej oi` evrgazo,menoi th.n avnomi,an), wobei Matthäus in der ersten und Lukas in der zweiten Hälfte vom LXX-Text abweichen.445 Für das bei Lukas zu lesende evrga,tai avdiki,aj als Abschluss dieses QAbschnittes spricht sich überzeugend Bernd Kollmann aus: „Abwegig ist die Annahme, L[u]k[as] habe evrgazo,menoi th.n avnomi,an in evrga,tai avdiki,aj abgeändert (Hoffmann, evrga,tai 202; Schulz, Q, 426, Anm. 169). vAdiki,a begegnet zwar in den Evv ausschließlich bei L[u]k[as], doch ausnahmslos traditionell, nämlich neben 13,26 in Sondergutgleichnissen (16,8f.; 18,6). Umgekehrt ist avnomi,a in den Evv ausschließlich bei M[a]t[thäus], und zwar durchweg redaktionell belegt (neben 7,23 noch 13,41; 23,28; 24,12).“446 Folglich sind es nicht 439
Vgl. SCHULZ, Q, 424. Ebd., 424f. 441 Vgl. CEQ, 410f.; HEIL, Lukas und Q, 52–55. 442 Die Präposition verwendet Lukas mit 22 Belegen als einziger unter den Synoptikern. 443 VON BENDEMANN, DOXA, 425, sieht darin eine von Lukas geschaffene „erzählerische Querverbindung“ zu Luk 14,21. 444 Vgl. SCHULZ ebd., 425. 445 Einen Rekonstruktionsversuch der Q-Fassung von Ps 6,9a LXX hat CHRISTOPH HEIL, „Pa,ntej evrga,tai avdiki,aj“ Revisited. The Reception of Ps 6,9a LXX in Q and in Luke, in: Rudolf Hoppe/Ulrich Busse (Hrsg.), Von Jesus zum Christus. Christologische Studien. FS für Paul Hoffmann, BZNW 93, Berlin/New York 1998, 261–276, vorgelegt, die an dieser Stelle im Einzelnen zu diskutieren zu weit führen würde. 446 BERND KOLLMANN, Jesus und die Christen als Wundertäter. Studien zu Magie, Medizin und Schamanismus in Antike und Christentum, FRLANT 170, Göttingen 1996, 332 Anm. 53. 440
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C. Einzeluntersuchungen
die „Täter der Gesetzlosigkeit“, sondern die „Täter der Ungerechtigkeit“, die bei Lukas vom „Hausherrn“ weggejagt werden.447 Dieser Befund liegt durchaus in der Intention des dritten Evangelisten, weshalb er auch den Wortlaut von Q beibehalten hat (vgl. Luk 1,6.17; 2,25; 12,57; 14,14; 23,47 u.ö.). Q 13,26f. deutet an, dass die persönlichen Zusammenkünfte mit dem „Hausherrn“ allein für den Heilserwerb keine Bedeutung haben. Wer das dort Erfahrene und Gehörte nicht selbst in einem entsprechenden Handeln umsetzt, d.h. trotz der Begegnung ein a;dikoj bleibt, wird vor dem „Hausherrn“ für immer weichen müssen. 4. Luk 13,28f. par. Mt 8,11f. Luk 13,28f.
Mt 8,11f.
28 evkei/ e;stai o` klauqmo.j kai. o` brugmo.j tw/n ovdo,ntwn( o[tan o;yhsqe VAbraa.m kai. VIsaa.k kai. VIakw.b kai. pa,ntaj tou.j profh,taj evn th/| basilei,a| tou/ qeou/( u`ma/j de. evkballome,nouj e;xwÅ 29 kai. h[xousin avpo. avnatolw/n kai. dusmw/n kai. avpo. borra/ kai. no,tou kai. avnakliqh,sontai evn th/| basilei,a| tou/ qeou/Å
11 le,gw de. u`mi/n o[ti polloi. avpo. avnatolw/n kai. dusmw/n h[xousin kai. avnakliqh,sontai meta. VAbraa.m kai. VIsaa.k kai. VIakw.b evn th/| basilei,a| tw/n ouvranw/n( 12 oi` de. ui`oi. th/j basilei,aj evkblhqh,sontai eivj to. sko,toj to. evxw,teron\ evkei/ e;stai o` klauqmo.j kai. o` brugmo.j tw/n ovdo,ntwn.
Mit Luk 13,28f. par. Mt 8,11f. gelangen wir bei der Rekonstruktion einer QVorlage wieder in ein „sichereres Fahrwasser“. Es gibt größere wortwörtliche und inhaltliche Übereinstimmungen als in den Versen zuvor. Die verbleibenden Textdifferenzen lassen sich leicht erklären448: 1. Das meta, (Mt 8,11) ist gegenüber dem o[tan o;yhsqe (Luk 13,28) ursprünglicher. Lukas schafft mit der Änderung einen Anschluss zu den in V. 24ff. Angesprochenen. 2. Lukas ergänzt in V. 28 zu den Namen der drei Patriarchen das kai. pa,ntaj tou.j profh,taj sowie in V. 29 kai. avpo. borra/ kai. no,tou und evn th/| basilei,a| tou/ qeou/. 3. Das in Mt 8,11 zu findende polloi,, das wohl das ursprüngliche Subjekt des Q-Textes war, streicht Lukas, da es zu seiner Intention, dass nur „wenige gerettet werden“ (V. 23) nicht passt.449 4. Die basilei,a tw/n ouvranw/n ist eindeutig matthäischer Sprachgebrauch. 5. Mt 8,12 hat mit der Richtungsangabe eivj to. sko,toj to. evxw,teron und der finiten Verbform evkblhqh,sontai den Q-Text wahrscheinlich besser bewahrt als Lukas mit seiner Partizipialkonstruktion und dem e;xw.450 447
Gegen HEIL, Lukas und Q, 54f.; vgl. auch DERS., Pa,ntej, 271. Vgl. HEIL, Lukas und Q, 57ff., und SCHULZ, Q, 323f. 449 Gegen SCHULZ ebd., 323f. 450 HEIL ebd., 58.61. 448
VI. Die enge Pforte in Luk 13,22–30
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Die Vertauschung der Reihenfolge geht sicher auf Lukas zurück, der für seine Komposition in Q 13,28 einen inhaltlich günstigeren Anschluss an die negative Aussage in Luk 13,27 sah als in dem Motiv von der Völkerwallfahrt in Q 13, 29.451 Christoph Heil stellt fest: „In Q stand zuerst die Heilsverheißung an die polloi, (13,29.28a), und darauf folgte die Verstoßung der u`mei/j (13,28b).“452 Q 13,29.28 beinhalten zwei parallele Endzeitbilder: In dem ersten klingt das alttestamentliche Motiv der eschatologischen Völkerwallfahrt zum Zion an (Jes 2,2f.; 60,3.11 [vgl. auch Apk 21,24–27]; Mi 4,1f.), auf dem JHWH allen Völkern sein Heilsmahl bereiten wird (Jes 25,6). Das zweite macht deutlich, dass jene, die „hinausgeworfen“ sind, ein düsteres Schicksal erwartet, wenngleich die Auserwählten im Reich Gottes verweilen dürfen. 5. Luk 13,30 par. Mt 20,16 Luk 13,30
Mt 20,16
kai. ivdou. eivsi.n e;scatoi oi] e;sontai prw/toi kai. eivsi.n prw/toi oi] e;sontai e;scatoiÅ
ou[twj e;sontai oi` e;scatoi prw/toi kai. oi` prw/toi e;scatoiÅ
Der Spruch von den „Ersten und Letzten“ ist in der synoptischen Tradition mehrfach bezeugt (neben den beiden hier genannten Stellen vgl. Mk 10,31 par. Mt 19,30453; s.a. EvThom 4,2). Dass ausgerechnet Luk 13,30 und Mt 20,16 auf die gleiche Q-Tradition zurückgehen, wird damit begründet, dass in beiden Fassungen das bei Markus vorfindliche polloi, nicht zu lesen ist.454 Matthäus überliefert mit großer Wahrscheinlichkeit seine Q-Vorlage. Lukas verändert sie dahingehend, dass er sie in eine Haupt- und Relativsatzkonstruktion umwandelt, die bestimmten Artikel streicht und ivdou, als Signalwort voranstellt.455 Der Effekt dieser kleinen Veränderungen ist eine Relativierung seiner eschatologischen Härte und Unausweichlichkeit. Paul Hoffmann deutet diesen Befund so: „In den Parallelen sind die Ersten bzw. die Letzten generell gemeint, bei Lukas sind es jeweils >einige< von ihnen: >es gibt welche, die …Letzten< wird also keine Heilsgarantie gegeben, die >Ersten< werden nicht einfachhin verurteilt, sondern sowohl die Drohung als auch die Verheißung gilt jeweils nur für eine unbestimmte Anzahl aus jeder Gruppe.“456 Auch indem Lukas in den Hauptsätzen ausdrücklich Präsens gebraucht, bringt er zum Ausdruck, dass es ihm um Zustände geht, die nicht erst zukünftig, sondern be-
451
Vgl. HEIL, Lukas und Q, 57. Ebd. 453 Lukas hat den Spruch in Luk 18,30 weggelassen, um eine Dublette zu Luk 13,30 zu vermeiden. 454 Vgl. BOVON, Evangelium nach Lukas III/2, 429. 455 HOFFMANN, Pa,ntej, 211. 456 Ebd. 452
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C. Einzeluntersuchungen
reits gegenwärtig wirksam sind im Sinne von: (Schon jetzt) gibt es Letzte, die … . (Schon jetzt) gibt es Erste, die … .457 Das Wanderlogion Q 13,30 par. Mt 20,16 erwartet in naher Zukunft eine eschatologische Wende, bei der sich im Blick auf die Schicksale der Menschen die irdischen Verhältnisse umkehren werden. § 3 Deutung der neu geschaffenen Rede Luk 13,22–30 und die Intention des Lukas 1. Die Einleitungssequenz in V. 22f. Lukas beginnt den Abschnitt, indem er in V. 22 den Gesamtkontext in Erinnerung ruft, in dem Jesus hier spricht: Jesu Weg nach Jerusalem. Bemerkenswert ist sein Hinweis, dass Jesus diesen Weg „lehrend“ geht (dida,skwn Part. Präs.).458 Die Rede von Jesus als Lehrendem ist dem dritten Evangelisten auf der einen Seite bereits aus Markus wohl vertraut, und an drei Stellen übernimmt er sie auch von ihm (Mk 1,21f. par. Luk 4,31f.; Mk 12,14 par. Luk 20,21).459 Auf der anderen Seite erscheint sie bei ihm in zahlreichen redaktionellen Stücken (Luk 4,15; 5,3.17; 6,6; 13,10.22; Apg 1,1 u.ö.), womit angezeigt ist, dass für ihn die Lehre Jesu und Jesus als Lehrer durchaus große Bedeutung haben. Vor dem Hintergrund, dass Jerusalem auch der Ort von Jesu Leiden und Sterben sein wird, gebührt der Notiz, dass Jesus „lehrend“ nach Jerusalem zieht, zusätzliche Aufmerksamkeit, wie Wilfried Eckey schreibt: „Daß er [Jesus] nach Jerusalem geht, ist wichtig für das Verständnis der Antwort, die er gibt: Die Zeit, sich auf seine Botschaft einzulassen, ist begrenzt. Die Gelegenheit, den Eingang zum ewigen Leben zu finden, gibt es nicht jederzeit.“460 Von daher zeugt also schon die Stellung der Rede von der „engen Tür“ in Luk 13,22ff. innerhalb des Reiseberichts von einer theologischen Intention des Lukas. Nach der Warnung vor der Vernichtung aller Nichtumkehrwilligen in Luk 13,3.5 und der Verkündigung im Rahmen der Gleichnisse vom Senfkorn und vom Sauerteig in Luk 13,18–21, dass das Gottesreich allmählich wächst und immer mehr an Größe gewinnt, legt sich die Frage eines Anonymus nach der Zahl derer, die gerettet werden, inhaltlich nahe. Die redaktionell formulierte Frage in Luk 13,23 bildet den Anlass für die aus mehreren Einzelsprüchen von Lukas komponierte Rede, wobei Jesus die direkte Antwort nach einer konkreten Zahl von Geretteten schuldig bleibt und stattdessen auf einen anderen Aspekt hinaus will. 457
Vgl. HOFFMANN, Pa,ntej, 211. Vgl. ECKEY, Lukasevangelium, 633. 459 Auffällig ist dagegen, dass er sie gelegentlich auch aus seiner Mk-Vorlage streicht (vgl. Mk 2,13 diff. Luk 5,27; Mk 4,1f. diff. Luk 8,4; Mk 6,2 diff. Luk 4,16 u.ö.); zur Rolle Jesu als Lehrer und zur Herkunft der Lehrerrolle vgl. RIESNER, Jesus als Lehrer, 70–74. 246ff. 460 ECKEY ebd. 458
VI. Die enge Pforte in Luk 13,22–30
183
Belege aus der frühjüdisch-apokalyptischen Literatur zeigen, dass die Beantwortung einer solchen Frage durchaus im Interesse mancher Gruppierungen innerhalb des Judentums lag, zumal schon aus Is 37,32 LXX zu schließen ist, dass oi` sw|zo,menoi461 nur noch wenige (kataleleimme,noi) sein werden. Die gleiche Information von einer kleinen Schar, die der eschatologischen Erlösung teilhaftig wird, enthält beispielsweise das 4. Esrabuch.462 Und in TestAbr 11 (Rez. A) heißt es: Denn es sind viele, die verlorengehen, wenige aber, die gerettet werden. Auf 70000 wird kaum ein geretteter Gerechter und eine unbefleckte Seele gefunden.
Lukas stellt sich mit seiner Frage folglich in eine jüdisch-apokalyptische Tradition hinein, um auch seinen Adressaten den Ernst der Lage begreiflich zu machen: Die Gefahr ist immer noch groß, das Heil im Gottesreich zu verwirken. Aus dem folgenden Inhalt der Rede wird ersichtlich, dass jene Frage in Luk 13,23 die Antwort bereits vorweg nimmt: Es sind in der Tat „wenige“, denen das Heil Gottes zuteil wird, während „viele“ von ihm ausgeschlossen sein werden.463 2. Der dialogische Teil V. 24–27 Die erste bemerkenswerte inhaltliche Veränderung des Lukas gegenüber der Parallelüberlieferung Mt 7,13 ist gleich am Anfang von V. 24 die Einfügung des avgwni,zesqe. Obgleich Michael Wolter die pointierte Konnotation, die avgwni,zomai im klassischen wie im Koine-Griechisch des Neuen Testaments hat, völlig negiert464, halte ich es im Gegensatz dazu für äußerst unwahrschein461
Der Ausdruck oi` sw|zo,menoi bezeichnet schon im griechischsprachigen Judentum die Teilhaber am endzeitlichen Heil. Dabei wird er auch im Zusammenhang der Rede von einer Erwartung der endzeitlichen Sammlung Israels verwendet (vgl. neben Is 37,32 auch Is 45,20 LXX und Tob 14,7a u.ö.). Als „Gerettete“ werden die Christinnen und Christen dann erstmalig bei Paulus angesprochen (1. Kor 1,18; 2. Kor 2,15; vgl. Apg 2,47), vgl. WOLTER, Lukasevangelium, 490. 462 „Und jetzt sehe ich, daß es [das Gebet Esras] sich nur auf wenige beziehen wird, daß (ihnen) die künftige Welt Wonne bereitet, vielen aber Qualen“ (4. Esra 7,47). Oder: „Diese Welt hat der Höchste wegen vieler gemacht, die künftige aber wegen weniger. Ich will aber vor dir ein Gleichnis erzählen, Esra: Denn wie du die Erde fragen kannst und sie dir antworten wird, daß sie viel mehr Erde bietet, woraus irdene Gefäße werden, wenig Staub aber, woraus Gold wird, so ist auch das Geschehen der gegenwärtigen Welt. Denn viele sind zwar geschaffen, wenige aber werden gerettet werden“ (4. Esra 8,1–3). Oder: „Ich [Esra] habe es früher gesagt und sage es jetzt und werde es danach sagen: daß es mehr gibt, die zugrunde gehen, als die gerettet werden, so wie die Flut mehr ist als der Tropfen“ (4. Esra 9,15f.). 463 Vgl. WOLTER ebd. 464 „Die Aufforderung avgwni,zesqe wird in der Regel von der hellenistischen Agon-Metaphorik her interpretiert, die das Bemühen um ein ethisch vollkommenes Leben in Analo-
184
C. Einzeluntersuchungen
lich, dass Lukas diesen Ausdruck hier gebraucht, ohne bei seinen Adressaten das Bedeutungsspektrum aufzurufen, mit dem es sonst verwendet wird. Allein die Tatsache, dass Lukas es in seiner Vorlage geändert hat und avgwni,zomai in den Evangelien neben Joh 18,36 nur hier in Luk 13,24 vorkommt, zeigt m.E., dass er das Agon-Motiv hier ganz bewusst eingesetzt hat. Denn christliches Leben ist für Lukas ein steter irdischer Kampf um die Teilnahme am Heil Gottes. Und es gilt, nicht müde darin zu werden, jederzeit die Voraussetzungen zu erfüllen, die dazu erforderlich sind (Luk 12,35–38). Die Wortgruppe avgw,n entstammt der griechischen Kampfarena und ist Ausdruck für den öffentlichen Wettkampf und (Rechts-)Streit.465 In der hellenistisch-jüdischen und christlichen Literatur wird sie auch im übertragenen Sinn als Bezeichnung des „heldenhaften Glaubenskampfes der Frommen“ verwendet, den sie gegen ihre irdischen Widersacher oder gegen ihre eigenen inneren Leidenschaften zu bestehen haben. Prominentes Beispiel für den erstgenannten Aspekt ist hier das Martyrium der sieben Brüder in 4. Mac 8–14, wo einer der Gefolterten sein erlittenes Schicksal als i`eropreph.j avgw,n bezeichnet (4. Mac 11,20; vgl. 17,11ff.; vgl. auch Hiobs Kampf mit dem Satan TestHi 4,10; 27).466 Ethelbert Stauffer meint, es sei diese Art von Literatur gewesen, die die Verwendung des Agon-Motivs auch im Urchristentum weithin beeinflusst habe.467 Bereits in den ersten christlichen Zeugnissen, bei Paulus, wird die Einschätzung Stauffers bestätigt, wenn es bei Paulus in 1. Kor 9,24ff. bildhaft heißt: Der Christ/die Christin läuft während seines/ihres Erdendaseins wie in einer Kampfbahn, um am Ende das brabei/on zu erlangen. Und in 1. Thess 2,2 tut der Apostel den Thessalonichern im Rückblick kund, dass er ihnen gegen große Widerstände, evn pollw/| avgw/ni, das Evangelium gepredigt habe.468 Es wäre m.E. also sehr verwunderlich, wenn Lukas diesen Bedeutungshorizont nicht aufrufen wollte, wenn er in Luk 13,24 das avgwni,zesqe einsetzt. Die Bereitschaft, die Lehre Jesu zu hören, die Umkehr als Folge der Annahme seiner Worte und Taten und der Eintritt in die Nachfolge, die ein entspregie zum sportlichen Wettkampf darstellt […]. Dabei ist jedoch übersehen, dass avgwni,zesqai hier mit einem finalen Infinitiv konstruiert ist (eivselqei/n). Die Parallelen für diesen Sprachgebrauch zeigen, dass in solchen Fällen die agonale Konnotation gänzlich verloren geht und avgwni,zesqai ‚einfach s. bemühen, bestrebt sein‘ heißt (WbNT 27)“; WOLTER, Lukasevangelium, 491. 465 Vgl. die jeweiligen Lexikonartikel von ETHELBERT STAUFFER, Art. avgw,n, ThWNT 1 (1933), 134–140, und GERHARD DAUTZENBERG, Art. avgw,n, avgwni,zomai, EWNT 1 (1980), 59–64. 466 Vgl. STAUFFER ebd., 136. 467 Ebd. 468 Zur Agon-Terminologie bei Paulus vgl. VICTOR C. PFITZNER, Paul and the Agon Motif. Traditional athletic imagery in the Pauline Literature, NT.S 16, Leiden 1967. Ferner findet sich dieser Sprachgebrauch noch in Kol 1,29, Heb 12,1–3, Jud 3 sowie in den Pastoralbriefen in 1. Tim 6,12; 2. Tim 4,7f.
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chendes ethisches Handeln als eine „Praxis der Liebe“469 und der Barmherzigkeit aus sich heraussetzt, sind für Lukas die Waffen im Kampf um das eschatologische Heil Gottes. Somit ist es auch nicht zufällig, wenn es in Luk 22,44 heißt, Jesus habe in Gethsemane evn avgwni,a| gestanden und sei trotzdem nicht von seinem ihm vorbestimmten Weg abgefallen, sondern im Gebet standhaft geblieben. Damit wird Jesus zum Vorbild für alle, die wegen ihres Glaubens in ähnliche Situationen kommen werden oder deren Glaube anderweitig angefochten ist (z.B. durch die Parusieverzögerung). Für Lukas ist folglich das größte Glück zugleich auch mit der größten Anstrengung verbunden470, was es in meinen Augen völlig unwahrscheinlich macht, avgwni,zesqe + Infinitiv in Luk 13,24 wie Wolter einfach mit „sich bemühen, bestrebt sein“ zu übersetzen, obgleich auch dafür einige Belege beigebracht werden können.471 Wiederum ein Bild aus der jüdischen Apokalyptik nutzend472 macht der lukanische Jesus deutlich, warum nur „wenige“ gerettet werden können: Der Eingang zum himmlischen Festsaal473 ist zu eng. Durch die „enge Tür“474 einzutreten ist demnach eine Metapher für den Zugang zum endzeitlichen Heil, das sich Lukas, wie im Folgenden noch zu zeigen sein wird, als ein Festmahl im Reich Gottes vorstellt (vgl. Luk 12,37b; 13,28f.; 14,16–24; 22,30). Auffällig ist jedoch die Aussage, dass „viele“ danach drängen, diese Tür zu passieren. Obgleich nur „wenige“ gerettet werden, ist es doch nach Lukas offensichtlich den „Vielen“ nicht gleichgültig, am Heilsmahl teilzunehmen. In der Antwort des lukanischen Jesus auf die Frage des Anonymus in V. 24 wird deutlich, worum es Lukas vor allem geht: Statt über Zahlen zu spekulieren und sich den Kopf darüber zu zerbrechen, ob es wenige oder viele sind, die an der künftigen Rettung teilhaben werden, liegt sein Fokus gänzlich auf dem Appell, alles zu tun, um auf jeden Fall zu denen zu gehören, die durch die stenh. qu,ra in den Festsaal Gottes Eingang finden „und nicht in Heillosigkeit zu enden 469
BOVON, Evangelium nach Lukas III/2, 432. Ebd. 471 Vgl. WOLTER, Lukasevangelium, 491. 472 Zum Beispiel in TestAbr 11 Rez. A: „Und ich sah viele Seelen, von Engeln getrieben, die durch die breite Pforte geführt wurden, und sah wenige andere Seelen, die von Engeln durch die enge Pforte gebracht wurden. […] Wenn er [der Wunderbare auf dem goldenen Thron] viele Seelen durch die enge Pforte eingehen sieht, dann steht er auf und setzt sich auf seinen Thron, freut sich und frohlockt in Freude, weil das die enge Pforte der Gerechten ist, die zum Leben führt. Die durch sie eintreten, gelangen zum Paradies. […] Wenn viele Seelen durch die breite Pforte eintreten, rauft er sich sein Haupthaar, wirft sich zur Erde nieder und klagt bitterlich. Denn die breite Pforte ist die der Sünder, die zum Verderben und zur ewigen Pein führt.“ 473 Vgl. FRANZ MUSSNER, Das „Gleichnis“ vom gestrengen Mahlherrn (Lk 13,22–30). Ein Beitrag zum Redaktionsverfahren und zur Theologie des Lukas, TThZ 65 (1956), 129– 143; hier: 131. 474 Vgl. JOACHIM JEREMIAS, Art. qu,ra, ThWNT 3 (1938), 173–180; hier: 177f. 470
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C. Einzeluntersuchungen
(24b)“475. Noch steht diese Tür offen, aber wie sich schon aus dem folgenden Vers ergibt, bleibt sie nicht allzeit geöffnet und lässt sich zudem auch „nur von innen öffnen“476. V. 25 wird über das Stichwort qu,ra an V. 24 angeschlossen. Über den Anschluss mit avfV ou- a;n wird bei Lukas eine fortschreitende Handlung suggeriert, bei der die ursprünglich verschiedenen Türen in V. 24.25 nun zu ein und derselben Tür werden, die anfangs noch geöffnet ist, dann aber zu einem bestimmten Zeitpunkt vom oivkodespo,thj (für immer) verschlossen wird.477 Wolter sieht in Luk 13,25–27 eine Entfaltung der Szene aus V. 24bc, wobei das zhth,sousin eivselqei/n aus V. 24 mit der Bitte der draußen Stehenden um Einlass in V. 25b korrespondiert und das kai. ouvk ivscu,sousin am Ende von V. 24 mit der doppelten Zurückweisung des Hausherrn in V. 25.27.478 Damit schafft Lukas mit V. 25 einen Handlungsfortschritt gegenüber V. 24 und bildet zugleich die Ausgangsszene ab, in welcher der folgende kurze Dialog zwischen dem Hausherrn und denen, die draußen stehen, stattfindet. Die V. 26.27 werden über to,te mit V. 25 verbunden. Die Rede Jesu geht weiter, denn jene, die in V. 25 vor der Tür stehen bleiben müssen, und die, die sich in V. 26 beschweren, sind bei Lukas nun identisch.479 Das einzige Argument, das sie anführen, ist die Bekanntschaft mit dem Hausherrn, wobei die Beziehung nicht sonderlich tiefgehend gewesen sein kann, haben sie doch nicht mit ihm gegessen und getrunken, sondern bloß evnw,pio,n sou. Auch die Betonung, dass er sie evn tai/j platei,aij belehrt habe, zeugt nicht gerade von großer räumlicher Nähe. Die Begegnung zwischen ihnen und dem Hausherrn wird hier also als eher zufällig dargestellt. Nichts deutet darauf hin, dass diese Lehre eine nachhaltige Konsequenz in ihrem Leben gehabt hätte, was damit auch die Antwort des Hausherrn in V. 25.27 verständlich macht: ouvk oi=da u`ma/j po,qen evste,. Bovon kommentiert Luk 13,26 wie folgt: „Die Einlaß Begehrenden erinnern an räumliche Nähe, machen gegenseitiges Bekanntsein geltend und widersprechen so dem Lehrer, der sagte: ‚Ich weiß nicht, woher ihr seid.‘ Sie geben sogar vor, daß sie seine Botschaft gehört hätten. Auf jeden Fall haben sie sie nicht angenommen. Deshalb haben sie keine Argumente vorzubringen, höchstens äußerliche, die wertlos sind in den Augen des Lukas. Ohne daß es ihnen bewußt 475
ECKEY, Lukasevangelium, 634. Ebd. 477 MUSSNER, „Gleichnis“, 133. Die verschlossene Tür steht ja bis heute sprichwörtlich für eine verpasste Chance, eine Trennung oder eine unwiderruflich abgebrochene Beziehung. 478 WOLTER, Lukasevangelium, 491. Eine inhaltliche Diskrepanz zwischen V. 24 und V. 25 bleibt jedoch bestehen: Während nämlich die „Vielen“ in V. 24 noch „danach trachten“, in den Festsaal Gottes zu kommen, werden sie im folgenden Vers ausgeschlossen, weil sie offensichtlich zu spät gekommen sind. 479 Vgl. MUSSNER ebd., 135. 476
VI. Die enge Pforte in Luk 13,22–30
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würde, verraten diese Leute ihre Verkennung des Evangeliums und führen eine schreiende Anklage gegen sich selber. Sie waren in der Nähe Jesu und verstanden seine Botschaft nicht. Sie blieben vor der Pforte seiner Lehre stehen und kämpften nicht darum, in ihren Sinn einzudringen.“480 Doch gerade Letzteres wäre nach Ansicht des dritten Evangelisten nötig gewesen, damit ihnen der oivkodespo,thj nun Einlass und Teilhabe am Festmahl im Reich Gottes gewährt (vgl. hierzu beispielsweise das Gleichnis vom Hausbau Luk 6,47–49 par. Mt 7,24–27). V. 27 wiederholt noch einmal die Ablehnung, ergänzt um eine Verwerfungsformel aus dem Bußgebet Ps 6,9 LXX, die Lukas in seiner Q-Vorlage vorgefunden hat. Damit sind alle Unklarheiten für die draußen Stehenden beseitigt: Für sie ist es zu spät! Nicht einmal mehr vor der Tür zum Festsaal dürfen sie sich aufhalten. Sie sollen einfach verschwinden. 3. Endzeitschicksale und Schlusskommentar in V. 28–30 Auch hier gelingt Lukas die Verbindung zweier voneinander unabhängiger Texte zu einem fortschreitenden Sinnzusammenhang. Der Anschluss von V. 28 an die vorhergehenden Verse erfolgt über das Ortsadverb evkei/, das mit dem e;xw in V. 25 korrespondiert, indem es die Situation „draußen“ näher beschreibt.481 Luk 13,28 schildert eine Situation, in der die draußen Stehenden wie durch ein Fenster in den Festsaal hineinsehen und das Geschehen „drinnen“ mit verfolgen können (vgl. auch Luk 16,23)482, was ihr Unglück durch den Anblick der Auserwählten nur umso größer macht. Darum wird ihre Reaktion verständlicherweise klauqmo.j483 kai. brugmo.j tw/n ovdo,ntwn484 sein, was ihre Verzweiflung und ihre Wut äußerst anschaulich macht. Im 480
BOVON, Evangelium nach Lukas III/2, 434f. In V. 28 selbst ist ebenfalls ein e;xw vorhanden, das wohl von der Hand des Lukas stammt, um den Bezug zu Luk 13,25 herzustellen; vgl. HEIL, Lukas und Q, 58 Anm. 7. 482 Zum Sehen der an der Tafel Gottes Versammelten vgl. auch syrBar 51,6, wo es von den Verworfenen heißt: „Zuschauen werden sie zuerst, dann aber gehen sie dahin, um Pein zu leiden“, und 4. Esra 7,83, wo die dritte von sieben Arten der eschatologischen Martern wie folgt beschrieben ist: „[S]ie sehen den Lohn, der denen hinterlegt ist, die an die Bundesschlüsse des Höchsten geglaubt haben.“ 483 „Weinen“ (klauqmo,j) als natürliche Reaktion auf Unheilserfahrungen ist auch ein Element innerhalb prophetischer Unheilsansagen und -schilderungen (Is 15,3; 22,12; Ier 3,21; Mich 7,4 LXX; vgl. auch äthHen 108,3.5); vgl. WOLTER, Lukasevangelium, 493. 484 Zähneknirschen ist zum einen als ein Zeichen der Reue zu deuten, zum anderen scheint es aber auch Wut und Aggressivität auszudrücken. Im Alten Testament dient dieser Ausdruck auch zur Beschreibung der Aggressivität, die die Feinde dem „Frommen“ gegenüber zeigen (Ps 34,16; 36,12; Iob 16,9; Thren 2,16 LXX). Brugmo.j tw/n ovdo,ntwn „ist aber auch in Ps 112,10 [LXX Y 111,10] in einem ganz analogen Kontext [zu Luk 13,28] belegt: In V. 1–9 wird zunächst das Wohlergehen des Frommen und Gerechten beschrieben […]. Hiermit wird dann abschließend das Geschick des „Sünders“ konfrontiert: Er 481
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C. Einzeluntersuchungen
Festsaal anwesend sind die Patriarchen Israels Abraham, Isaak und Jakob sowie von Lukas hinzugefügt „alle Propheten“ – mit François Bovon gesprochen: „die Besten des Alten Bundes“485. Gegen diesen Anblick protestieren die „vor der Tür“ heftig, wird ihnen doch der von ihnen für selbstverständlich gehaltene Anspruch, zusammen mit den Erzvätern am Tisch im Reich Gottes zu sitzen, gänzlich verweigert. Hier sei vor allem an Luk 3,8 par. Mt 3,9 erinnert, wonach aus Sicht Johannes des Täufers die bisher für natürlich gehaltene Gleichsetzung von Nachkommenschaft Abrahams und Prädestination zum Heil endgültig erledigt ist. Ins Bild gesetzt wird dieser Tatbestand mit dem aus dem Alten Testament bekannten Motiv von der sogenannten Wallfahrt der Völker zum Zion in V. 29.486 Bevor wir es aber sogleich für die Interpretation des Verses heranziehen, sei zuvor der Einwand Wolters erwähnt, der davor warnt, die Aussage in Luk 13, 29 ohne Einschränkung mit dem Völkerwallfahrtsmotiv zu identifizieren.487 Denn „h[xousin steht im A[lten] T[estament] sowohl für das endzeitliche Herbeiströmen der Völker (1. Kön 8,42; Y 85,9; Jes 2,2; 60,5f.; 66,18; Jer 1,15; 16,19; Sach 6,15; 8,20.22; s. auch Apk 15,4) als auch für die erwartete Sammlung Israels (Tob 14,7a; Y 125,6; Jes 27,13; 35,10; 51,11; Jer 3,18; 31 [38],12; 50 [27],4f; Mi 7,12).“488 Demnach würden bei der allgemein gehaltenen Formulierung in Luk 13,29 auch beide Größen – Israel und die „Heiden“ – in den Blick genommen werden. Damit würde sich der Vers recht gut bei Lukas einfügen, für den sich Heil und Unheil in der Endzeit ja bekanntlich nicht mehr an der Zuordnung „Israel“ und die „Völker“ orientiert, sondern einzig an der Reaktion bzw. die positive oder negative Antwort auf Jesus. An die Woltersche Unterscheidung ist hingegen zuerst die Frage zu richten, ob die Leserinnen und Leser des Lukasevangeliums eine derart feinsinnige Nuancierung erkannt hätten. Ich halte das für unwahrscheinlich, zumal es im Kontext von Luk 13,29 heißt, dass es ja gerade die jüdischen Zeitgenossen Jesu sind (vgl. V. 26.28), die dazu verurteilt sind, vor dem „Festsaal“ Gottes stehen bleiben zu müssen und lediglich von außen hineinsehen zu dürfen. Nimmt man sodann mit Wolter an, dass mit V. 29 neben dem Völkerwallfahrtsmotiv auch eine endzeitliche „Sammlung Israels“ intendiert sei, müsste man im Denken des Lukas (zumindest in diesem Textabschnitt) zwei Größen „Israel“ voraussetzen: Jenes „Isra‚wird es sehen und wütend werden, mit seinen Zähnen wird er knirschen, und er wird vergehen‘ “; WOLTER, Lukasevangelium, 493. 485 BOVON, Evangelium nach Lukas III/2, 436. 486 Die Auslassung von polloi, (diff. Mt 8,11) trägt Luk 13,24 Rechnung, wo es gerade heißt, dass es eben nicht „viele“ sein werden, die am eschatologischen Heilsmahl teilnehmen werden; vgl. SCHNEIDER, Evangelium nach Lukas 3/2, 307. 487 So beispielsweise BOVON ebd., 437; ECKEY, Lukasevangelium, 635; JEREMIAS, Verheißung, 53ff., sowie DIETER ZELLER, Das Logion Mt 8,11f/Lk 13,28f und das Motiv der „Völkerwallfahrt“, BZ.NF 15 (1971), 222–237; hier: 225ff. 488 WOLTER ebd.
VI. Die enge Pforte in Luk 13,22–30
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el“, das „draußen vor der Tür“ bleiben muss und jenes, das zum Heil gesammelt wird. Eine solche Unterscheidung ist jedoch an keiner Stelle im lukanischen Doppelwerk plausibel zu machen. Von daher deute ich Luk 13,29 so, dass sich die „Völker“ (das sich zu Jesus bekennende Israel inbegriffen) mit Israels Patriarchen zum Heilsmahl sammeln werden, während das unbußfertige „Israel“ ausgeschlossen wird.489 Wie bereits in den Weherufen (Luk 10,13–15) und in der Ankündigung des Jonazeichens (Luk 11,29–32) erkennbar war, sind auch in Luk 13,23ff. erneut die „Heiden“ die unzweifelhaften Nutznießer von Israels Verweigerungshaltung. Dieses immer wieder deutlich zu machen, ist Lukas offenbar ein Anliegen. Schon zur Charakterisierung „Israels“ auf der Ebene der Logienquelle schreibt Schulz zu Q 13,28f.: „Das Prophetenwort ist also nicht nur eine Verheißung für die Heidenvölker, sondern in erster Linie ein Gerichtswort an die Angeredeten der gegenwärtigen, unbußfertigen Generation. Diese zeitgenössische [jüdische] Generation wird vom apokalyptischen Festmahl der Basileia definitiv ausgeschlossen, weil allein die radikale Nachfolge Jesu über Gericht oder Rettung bei dem apokalyptischen Erscheinen des Menschensohnes entscheidet, nicht aber die bloßen Vorrechte der Abrahams-Kindschaft oder die Verdienste der Väter. Diese Nachfolge Jesu vollzieht sich in der gläubigen Anerkennung seiner Worte und Wundertaten als des eschatologischen Heilspropheten und dem rigorosen Toragehorsam. […] Nicht das ganze Israel der gegenwärtigen Generation verfällt schon jetzt aufgrund der prophetischen Ansage dem eschatologischen Gericht […]. Israel bleibt für Q das auserwählte Volk, aber die Erwählung vollzieht sich jetzt in der Jesus-Nachfolge der Zöllner und Sünder […]. Mit anderen Worten: Das auserwählte Israel repräsentieren in der Endzeit allein die von Jesus Berufenen unter Einschluß der Zöllner und Sünder!“490 Diese Idee lässt sich so auch für Lukas übernehmen. Lösen wir uns bei der Deutung von V. 29 einmal von seinen alttestamentlichen Hintergründen, rückt auch wieder seine Offenheit jenseits der Frage nach dem Ausschluss Israels zugunsten der „Völker“ in den Vordergrund. Gesagt wird zunächst einmal nur dies: Die Wenigen, die zum Mahl491 im Gottesreich kommen werden, kommen
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Ähnlich rigide ist das Fazit von DIETER ZELLER, Das Logion Mt 8,11f/Lk 13,28f und das Motiv der „Völkerwallfahrt“ (Schluß), BZ.NF 16 (1972), 84–93; hier: 87f., der Luk 13,29 auf die „Verwerfung Israels“ hinauslaufen und „über das endzeitliche Heil der Heiden den Ausschluß der Juden besiegelt“ sieht. 490 SCHULZ, Q, 327f.; vgl. auch ENGELBERT NEUHÄUSLER, Anspruch und Antwort Gottes. Zur Lehre von den Weissagungen innerhalb der synoptischen Evangelien, Düsseldorf 1962, 199f. 491 Dass man sich im Reich Gottes zu einem großen Essen zu Tisch legen wird, geht eindeutig aus dem avnakliqh,sontai hervor; vgl. WbNT, 111. Vgl. zur eschatologischen Mahlgemeinschaft im Alten Testament vor allem Jes 25,6ff.; 65,13f.; ferner äthHen 62,
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C. Einzeluntersuchungen
aus allen Himmelsrichtungen492. Auch wenn – getreu der Q-Vorlage – in Luk 13,29 offenbar vornehmlich an „Heiden“ gedacht ist, die zum eschatologischen Heilsmahl Gottes zusammenkommen werden, macht Lukas hingegen grundsätzlich keine Unterschiede: Ob Jude oder „Heide“ – als Umkehrwilliger in der Nachfolge Jesu ist die Herkunft für ihre jeweilige Zulassung am Heilsmahl Gottes per se unerheblich.493 Mit dem Wanderlogion V. 30 setzt Lukas einen Schlusskommentar unter die von ihm gebildete kleine Redesequenz Luk 13,22–30. Durch die Entscheidung des Hausherrn in V. 25 wird es „Erste“ und „Letzte“ geben. Dabei ist die kleine redaktionelle Änderung gegenüber Mt 20,16 – die jeweilige Auslassung des bestimmten Artikels – für die lukanische Intention maßgeblich. Sie mildert nämlich die Totalität des eschatologischen Paradigmenwechsels ab und schafft neue Hoffnung, denn nicht alle, die derzeit ganz hinten stehen, werden ausgeschlossen werden, wie auch nicht alle, die sich gegenwärtig ganz vorne wähnen, schon automatisch am Heil Gottes teilhaben werden. Das wird nicht nur hier, sondern auch innerhalb des Kontextes deutlich, in den Lukas V. 30 eingestellt hat: „Von den e;scatoi, die zu prw/toi werden (30a), spricht V. 29, während V. 28 das Geschick der prw/toi beschreibt, die zu e;scatoi geworden sind.“494 Lukas rechnet also mit keinem automatischen Umschwung des endzeitlichen Schicksals. Stattdessen läuft die künftige Trennungslinie vielmehr zwischen jenen, die Jesus nachgefolgt sind und den Kampf um ein Leben im Glauben an ihn aufgenommen haben, und denjenigen, die seiner Lehre nicht gefolgt sind. Es kann demnach im Blick auf die Absicht des Lukas, diese Rede zu komponieren, mit Wilfried Eckey festgehalten werden: „Der christliche Leser des Lukas wird aus der Sentenz [V. 30] die Mahnung heraushören, im Wettkampf um den Einlaß durch die ihm nur begrenzte Zeit geöffnete enge Tür zur Heilsvollendung im Gottesreich allen geforderten Einsatz zu zeigen, sich offen für die Gemeinschaft mit ihm [Jesus] zu bekennen (12,1–12) und durch seine Lebensführung ‚Frucht‘ zu bringen (8,8.15).“495
14f., syrBar 29,3–8. Zum Zusammenhang von Endzeit und Mahlmotiv vgl. JOACHIM JEDie Abendmahlsworte Jesu, 4. Aufl., Göttingen 1967, 225f. 492 Um dies zu betonen, hat Lukas seine Vorlage noch um das avpo. borra/ kai. no,tou erweitert. 493 Diesbezüglich folgert Mußner für die lukanische Theologie: „[…] Jesu Heilsverheißung [ist] radikal entnationalisiert. […] Es gibt in der Heilszeit nur noch ein einziges Gottesvolk, bestehend aus Juden und Heiden“; MUSSNER, „Gleichnis“, 143. 494 WOLTER, Lukasevangelium, 494. An drei weiteren Stellen lässt sich dieses lukanische Programm über Luk 13,30b hinaus verifizieren: vgl. hierzu Luk 1,51–53; 6,24–26; 16,19–31. 495 ECKEY, Lukasevangelium, 636. REMIAS,
VI. Die enge Pforte in Luk 13,22–30
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§ 4 Luk 13,22–30 und das Gleichnis vom großen Gastmahl in Luk 14,15.16ff. Obgleich Lukas die Rede Jesu von der „engen Tür“ in Luk 13,22–30 vor das Gleichnis vom Gastmahl Luk 14,15.16–24 gestellt hat, scheint sie es doch inhaltlich fortzusetzen, denn in Luk 13,22ff. bitten doch nun jene um Einlass in den Festsaal, die nicht rechtzeitig da gewesen sind, als die Tür noch offen stand. Es ist denkbar, dass ihre Gruppe mit jener der geladenen Gäste in Luk 14,24 identisch ist, die zuvor die Einladung zum Gastmahl aus allerlei fadenscheinigen Gründen ausgeschlagen haben (Luk 14,18–20) und sich daher in den Augen des Gastgebers nun selbst gänzlich ausgeschlossen haben. Sicher ist m.E., dass der dritte Evangelist die kleine Rede in Luk 13,22–30 unter dem Eindruck des ihm überlieferten Gastmahlgleichnisses in Luk 14,15. 16ff. komponiert hat und beide Texte, die zudem die gleiche Grundaussage haben, aufeinander bezogen wissen wollte, sei es, dass Luk 13,22ff. nun auf das Gleichnis Luk 14,15.16ff. vorbereitet, oder vorab die Konsequenz aus dem Verhalten der in Luk 14,24 ausgeschlossenen Gäste formuliert. Kurz: Das Bild von der „engen Tür“ malt in Luk 13,25–27 aus, was in Luk 14,24 offen bleibt – die Reaktion und das Schicksal derer, die „draußen“ bleiben. Für eine enge Beziehung zwischen Rede und Gleichnis sprechen zudem die folgenden Beobachtungen: 1. Sowohl die Redesequenz in Luk 13,22ff. als auch das Gastmahlgleichnis in Luk 14,15.16ff. beziehen sich auf eschatologische Sachverhalte (vgl. Luk 13, 23; 14,15). 2. Wie in Luk 14,21 Jesus die Rolle des ku,rioj bzw. des oivkodespo,thj zukommt, so auch in Luk 13,25.496 3. Das Zeitfenster, innerhalb dessen man in den Festsaal gelangen kann, ist begrenzt. Ein Teil der Menschen wird draußen bleiben (müssen) (Luk 13,24f.; 14,24). 4. Unbedarfte Reaktionen der zuerst geladenen Gäste bzw. der zu spät Gekommenen: Die einen hören die Einladung, schlagen sie aber aus allerlei fadenscheinigen Gründen aus (Luk 14,18–20). Die anderen hören augenscheinlich die Botschaft des Lehrers, verinnerlichen sie aber nicht (Luk 13,26). 5. Die Mahlgemeinschaft ist das Ziel des ku,rioj (Luk 13,29; 14,21.23). Dabei setzen Luk 14,21.23 szenisch um, was im Schlusskommentar Luk 13,30 nur formelhaft angedeutet wird. Diese Parallelen zwischen den beiden Textstücken – einem aus der Q-Vorlage des Lukas stammenden und einem aus vereinzelten Q-Sprüchen von ihm selbst komponierten – legen es nahe, dass Lukas eine gegenseitige Interpretation von Luk 13,22–30 und Luk 14,15.16–24 durchaus beabsichtigt hat und seine Adres496 Ein Hinweis darauf, dass Jesus in Luk 13,25 offensichtlich mit dem Hausherrn gleichgesetzt wird, besteht darin, dass der Fragende Jesus in Luk 13,23 bereits mit ku,rie anredet.
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saten durch die oben aufgeführten Gemeinsamkeiten auch darauf aufmerksam machen wollte. § 5 Zusammenfassung und Ertrag Die Rede Jesu in Luk 13,22–30 ist eine vom dritten Evangelisten vornehmlich aus einzelnen, voneinander unabhängigen Q-Sprüchen komponierte Textsequenz. Über Stichwortverbindungen (qu,ra in V. 24.25) sowie über Zeit- und Ortsadverbien (avfV ou- a;n V. 25; to,te V. 26; evkei/ V. 28) schafft Lukas geschickte Übergänge zwischen den Einzelversen, die nun eine zusammenhängende und gedanklich fortschreitende Rede Jesu auf seinem Weg nach Jerusalem zum Ergebnis haben. Er betont einleitend (V. 22), dass Jesus die Menschen, denen er auf diesem Weg begegnet, lehrt. Somit ist also auch das ab V. 24 Folgende als Lehre Jesu über die beiden zu erwartenden Endzeitschicksale zu verstehen: Teilnahme am Heilsmahl Gottes oder Verweigerung des Einlasses in den Festsaal und endgültige Verwerfung derer, die nicht mehr hineingelangen können. Anlass der Rede in Luk 13,22ff. ist die Frage eines Unbekannten (tij) nach denen, die gerettet werden. Jene Frage ließ sich als traditionell und zeitgenössisch erweisen. Sie begegnet vor allem in der frühjüdisch-apokalyptischen Literatur. Durch die Verwendung des aus dem griechischen Kontext stammenden Agon-Motivs fordert der lukanische Jesus (und mit ihm der Evangelist selbst) seine Hörerschaft eindringlich auf, alle Mühen aufzuwenden, um am Ende in den himmlischen Festsaal zu gelangen und am endzeitlichen Heilsmahl Gottes teilzunehmen, denn der Eingang zu ihm ist „eng“ und „viele“ werden darum nicht hineingelangen. Die Zeit, um einzutreten, ist zudem begrenzt, und eine zweite Chance zum Eintritt wird es nicht geben. Denn wenn der „Hausherr“ (vom Tisch) aufgestanden ist und die Tür verschlossen hat, werden die dann zu spät Gekommenen trotz aller Argumente draußen vor der Tür bleiben müssen – an einem Ort, an dem klauqmo.j kai. brugmo.j tw/n ovdo,ntwn (V. 28) sein werden. Dagegen werden die Patriarchen und Propheten Israels mit Menschen aus allen Himmelsrichtungen zu Tisch sitzen und mit dem ku,rioj gemeinsam essen und trinken. In diesem Zusammenhang klingt in V. 29 das alttestamentliche Motiv von der Völkerwallfahrt zum Zion an. Die kleine redaktionelle Änderung im Schlusskommentar V. 30 – die Auslassung der bestimmten Artikel (diff. Mt 20,16) – mildert die noch in der QVorlage ausgesagte Totalität des eschatologischen Paradigmenwechsels bei Lukas hingegen ab. Nicht alle, die jetzt „hinten“ stehen, werden „hinten“ bleiben. Entsprechend werden auch nicht alle, die sich „vorn“ wähnen, auch „vorn“ bleiben. Die künftige Trennungslinie im Gericht Gottes verläuft zwischen denen, die Jesus nachfolgen und sich um ein Leben nach seiner Lehre mühen, und
VII. Das große Gastmahl Luk 14,15.16–24
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denen, die ihm nicht von Herzen gefolgt sind unabhängig davon, ob sie nun Juden oder „Heiden“ sind. Die Ausführungen zu Luk 13,22ff. haben zuletzt gezeigt, dass es einige inhaltliche Bezüge zum Gastmahlgleichnis in Luk 14,15.16–24 gibt. Es legt sich die Vermutung nahe, Lukas habe die Rede von der „engen Tür“ als Vorbereitung, oder als inhaltliche Fortsetzung von Luk 14,24 komponiert. Beide Texte lassen über das Mahlmotiv deutlich werden: Es gibt ein „zu spät“, um am endzeitlichen Heilsmahl teilzunehmen. „Viele“ werden draußen bleiben müssen, weil der ku,rioj ihnen den Eintritt in den Festsaal verwehren wird. Ihr Schicksal wird sie stattdessen an einen Ort führen, an dem „Heulen und Zähneknirschen“ sein und an dem sie in Wut und Verzweiflung stürzen werden.
VII. Das große Gastmahl Luk 14,15.16–24 par. Mt 22,1–14; EvThom 64 VII. Das große Gastmahl Luk 14,15.16–24
Einen ähnlich rigiden Zug wie im Gleichnis vom Feigenbaum (Luk 13,6–9) und von der engen Pforte (Luk 13,22–30) präsentiert auch das Gleichnis vom großen Gastmahl in Luk 14,15.16–24. Jene Gruppe, die zuerst eingeladen wurde und sich durch allerlei Vorwände entschuldigen lässt, wird am Ende, so die Schlussbemerkung in V. 24, keine zweite Einladung erhalten und also zu keinem anderen Zeitpunkt mehr am Festmahl teilnehmen können. Als Kontext für dieses Gleichnis wählt Lukas ein wirkliches Gastmahl, zu dem Jesus von einem der a;rcontej tw/n Farisai,wn in dessen Haus eingeladen wurde (Luk 14,1). Im Rahmen der Tischgespräche über die Sabbatgebote, über Rangordnung und Auswahl der Gäste nach den Gesichtspunkten von Nächstenliebe und Barmherzigkeit geht das Gespräch auf das endzeitliche Mahl im Reich Gottes über. Es wird mit einer entsprechenden Seligpreisung von einem der Anwesenden eingeleitet. Anders als seine Q-Vorlage bzw. als sein Seitenreferent Matthäus arrangiert und bearbeitet Lukas das Gleichnis so, dass es ein ganz eigenes Licht auf seine Konzeption vom Endgericht wirft, wie im Folgenden zu zeigen sein wird. § 1 Text und Gliederung von Luk 14,15.16–24 15 Als einer derjenigen, die [mit ihm] gemeinsam aßen, diese Dinge hörte, sprach er zu ihm: Selig [ist], der das Brot ißt im Reich Gottes. 16 Er aber sprach zu ihm: Ein Mensch gab ein großes Gastmahl und lud viele ein. 17 Und er sandte seinen Knecht zur Stunde des Gastmahles aus, um den Eingeladenen zu sagen: Kommt, denn es ist schon bereit! 18 Und sie begannen alle auf einmal, sich zu entschuldigen. Der erste sprach zu ihm: Ich habe ein Feld gekauft und muss unbedingt hinausgehen, um es anzusehen. Ich bitte dich: Entschuldige mich! 19 Und ein anderer sprach: Ich habe fünf Paar Rinder gekauft und ich gehe, sie zu prüfen. Ich bitte dich: Entschuldige mich! 20 Und [wieder] ein anderer sprach: Ich habe eine Frau geheiratet und kann deshalb nicht kommen. 21 Und als der Knecht ankam, be-
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C. Einzeluntersuchungen
richtete er seinem Herrn diese Dinge. Da wurde der Hausherr zornig und sprach zu seinem Knecht: Geh schnell hinaus auf die Straßen und Gassen der Stadt und führe die Armen und Krüppel und Blinden und Lahmen herein. 22 Und der Knecht sprach: Herr, es ist geschehen, was du befohlen hast. Und es ist noch Platz. 23 Und der Herr sprach zum Knecht: Geh hinaus auf die Wege und an die Zäune und nötige [sie] hereinzukommen, damit mein Haus voll werde. 24 Denn ich sage euch: Keiner von jenen Männern, die eingeladen waren, wird mein Gastmahl genießen.497
Luk 14,15.16–24 weist vor allem durch seine inhaltliche Stringenz eine klare formale Struktur auf: V. 15 Vorderer Rahmen: Intervention eines Gastes und Seligpreisung der Teilnehmenden am Freudenmahl Gottes V. 16–23 Jesu Gleichnis vom großen Gastmahl V. 16 Einladung zum großen Gastmahl V. 17 Neuerliche Erinnerung an die Einladung zur Stunde des Gastmahles durch den Knecht V. 18 Erste Absage wegen Ackerkaufs V. 19 Zweite Absage wegen Viehkaufs V. 20 Dritte Absage wegen Hochzeit V. 21 Erste Rückkehr und Bericht des Knechts, Reaktion des Herrn und neue Einladung an Bedürftige V. 22 Zweite Rückkehr des Knechts und Hinweis auf weiteren Platz beim Festmahl V. 23 Letzte Einladung des Herrn an die „Zaungäste“
V. 24 Hinterer Rahmen: Schlusskommentar Jesu.498 Anders als Matthäus bettet Lukas, wie oben bereits erwähnt, seine Version des Gastmahlgleichnisses redaktionell in den Rahmen einer wirklichen Mahlszene ein. In Luk 14,1 berichtet der dritte Evangelist von einer Zusammenkunft Jesu mit Pharisäern im Hause eines ihrer Oberen. Neben der Frage, ob man am Sabbat heilen dürfe oder nicht (Luk 14,3–5), geht es dann in der Hauptsache um die Erörterung der Fragen nach der Rangordnung (Luk 14,7–11) und der Aus-
497
Einige Handschriften ergänzen im Anschluss noch das Wort: polloi. ga,r eivsin klhtoi,, ovli,goi de. e;klektoi aus Mt 20,16; 22,14 – augenscheinlich um den Skopus des Gleichnisses bei Lukas noch zu unterstreichen. 498 Zu Recht taucht in der Literatur zu Luk 14,15–24 gelegentlich die Frage auf, ob V. 24 der abschließende Kommentar des Gastgebers sei und damit noch zum Gleichnis gehört, oder ob es sich hier um ein autoritatives Wort Jesu handelt, der an dieser Stelle die Konsequenz aus der Erzählung für seine Hörerinnen und Hörer zieht. Durch die Einleitung des Schlusskommentars mit der formelhaften Wendung le,gw ga.r u`mi/n, die auch sonst an vielen Stellen explizit zur Einleitung von Herrenworten verwendet wird (Mt 5,18.20; 10,23; Luk 10,24; 22,16.18 u.ö.; vgl. auch die zahlreichen Varianten mit avmh.n le,gw u`mi/n bzw. le,gw de. u`mi/n), halte ich die Aussage in V. 24 für ein Wort Jesu und damit nicht mehr zum eigentlichen Gleichnis gehörig.
VII. Das große Gastmahl Luk 14,15.16–24
195
wahl der Gäste (Luk 14,12–14) bei Festlichkeiten oder anderen Mahlgemeinschaften aus „christlicher“ Perspektive. Mit Luk 14,14 wird diese bisher rein diesseitig orientierte Debatte auf die Zeit der „Auferstehung der Gerechten“ ausgeweitet, was in V. 15 einen der Mahlteilnehmer zu der Seligpreisung derer führt, die beim endzeitlichen Freudenmahl Gottes dabei sein werden. Mit François Bovon bin ich der Meinung, dass Lukas diesen Übergang mit V. 14.15 redaktionell geschaffen hat499, um damit das folgende Gleichnis vom großen Gastmahl vorzubereiten, die der lukanische Jesus mit einem im wahrsten Sinn des Wortes exklusiven Fazit beschließt. Im Anschluss an das Gleichnis fährt Lukas mit Ausführungen über die Selbstverleugnung als Bedingung für die Nachfolge Jesu (Luk 14,25–35) fort, die nur im dritten Evangelium zu finden sind. Sie machen unmissverständlich deutlich: Wer Persönliches der unbedingten Nachfolge Jesu bzw. – mit Blick auf das Gastmahlgleichnis – der Einladung des ku,rioj vorzieht, ist nicht zu gebrauchen: Kalo.n ou=n to. a[laj\ eva.n de. kai. to. a[laj mwranqh/|( evn ti,ni avrtuqh,setaiÈ ou;te eivj gh/n ou;te eivj kopri,an eu;qeto,n evstin( e;xw ba,llousin auvto,Å o` e;cwn w=ta avkou,ein avkoue,tw (Luk 14,34f.).
Dieses kompromisslose „nicht“ im Abschnitt vom Gastmahlgleichnis sowie in der Schlusssequenz des ganzen Kapitels 14 ist für unser Thema von besonderer Bedeutung. § 2 Traditions- und redaktionskritische Analyse 1. Synoptischer Vergleich von Luk 14,16–24 mit Mt 22,1–14 und EvThom 64 Der Vergleich des Gastmahlgleichnisses bei Lukas, Matthäus und im Thomasevangelium macht sowohl starke Abweichungen als auch Gemeinsamkeiten sichtbar, die zum einen zwischen Lukas und dem EvThom gegen Matthäus, zum anderen aber auch zwischen dem EvThom und Matthäus gegen Lukas und zuletzt auch zwischen den beiden Synoptikern gegen EvThom bestehen. Grundsätzlich steht die Frage im Vordergrund, ob das Gastmahlgleichnis aus einer Vorlage innerhalb der Logienquelle hervorgegangen ist, die von den beiden Evangelisten bis zur jeweiligen Endgestalt in Luk 14,16ff. bzw. Mt 22,2ff. bearbeitet worden ist und die auch Eingang ins EvThom gefunden hat. Alternativ dazu ist zu erwägen, ob den drei Verfassern des Lukas-, Matthäus- und Thomasevangeliums unterschiedliche Fassungen desselben Gleichnisses vorgelegen haben. Im Folgenden seien die gemeinsamen und abweichenden Punkte zwischen den drei Textversionen im Einzelnen aufgeführt: 499
Vgl. BOVON, Evangelium nach Lukas III/2, 505.
196
C. Einzeluntersuchungen
a) Wörtliche und sachliche Übereinstimmungen zwischen Luk und Mt 1. Einladung eines Gastgebers zu einem Mahl. 2. Beiden ist der a;nqrwpoj als Veranstalter gemeinsam sowie poiei/n als Prädikat zum Subjekt (Luk 14,16/Mt 22,2). 3. Aussendung eines Knechts/mehrerer Knechte, der/die die Eingeladenen herbeirufen soll/sollen (Luk 14,17: kai. avpe,steilen … eivpei/n toi/j keklhme,noij …/ Mt 22,3: kai. avpe,steilen … kale,sai tou.j keklhme,nouj …). 4. Beide zeigen die Dringlichkeit des Kommens der Gäste mit e[toima an (Luk 14,17/Mt 22,4). 5. Hinweis auf den avgro,j als Entschuldigungsgrund (Luk 14,18/Mt 22,5). 6. Motiv des Zorns auf der Seite des Gastgebers500 (Luk 14,21/Mt 22,7). 7. Befehl des Herrn, auf die Wege zu gehen und statt der Erstgeladenen nun die Menschen außerhalb der Stadt zum Fest zu bitten (Luk 14,23/Mt 22,9). 8. Begriffliche Parallele zwischen evxelqo,ntej + o`do,j in Mt 22,10a und dem e;xelqe + o`do,j in Luk 14,23. 9. Ferner sprechen beide Evangelisten vom Vollsein des Saales (Mt 22,10c) bzw. vom Vollwerden des Hauses (Luk 14,23). b) Differenzen zwischen Luk und Mt 1. Ort und Zeitpunkt der Rahmenhandlung: Bei Lukas spricht Jesus während eines Gastmahles im Haus eines Pharisäers (Luk 14,1). Jesus befindet sich auf dem Weg nach Jerusalem. Bei Matthäus erscheint die Parabel im Kontext von Gesprächen Jesu mit den Hohepriestern und Phariäsern (Mt 21,45) im Tempel (Mt 21,23). Jesus ist bereits feierlich in Jerusalem eingezogen. 2. Anlass für die Erzählung des Gleichnisses ist in Luk 14,15 die Seligpreisung der Teilnehmer am endzeitlichen Freudenmahl durch einen Mahlteilnehmer; in Mt 22,2 erscheint sie als basilei,a-Gleichnis. 3. Mt 22,2 macht den bei Lukas erwähnten a;nqrwpoj zum König und das lukanische Gastmahl zu einem Hochzeitsmahl für dessen Sohn. 4. Bei Matthäus werden mehrere Knechte ausgesandt, bei Lukas ist immer nur von einem Knecht die Rede. 5. Matthäus bringt die Entschuldigungen der Erstgeladenen in Mt 22,5 komprimiert; in Luk 14,18–20 dagegen sind drei Entschuldigungen nahezu gleichförmig hintereinander gestellt. 6. Die Tötung der Knechte und die Rache an ihren Mördern sowie die Vernichtung der Stadt in Mt 22,6f. fehlt bei Lukas. 7. Die Bewertung der Gäste Mt 22,9 fehlt bei Lukas ebenfalls. 8. Die Einladung an Bedürftige in Luk 14,21 sowie der Hinweis des Knechts, dass noch Raum da sei (Luk 14,22) hat bei Matthäus keine Entsprechung.
500
Ohne Parallele in EvThom 64.
VII. Das große Gastmahl Luk 14,15.16–24
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9. Der Schlusskommentar Jesu im Anschluss an die Parabel (Luk 14,24) fehlt bei Matthäus. 10. Matthäus erweitert sein Gleichnis vom Hochzeitsmahl noch um die Szene vom hochzeitlichen Gewand und vom Ausschluss des unpassend gekleideten Gastes in V. 11–14. Während sich zwischen Matthäus und Lukas die wesentlichen Übereinstimmungen und Differenzen bei der Überlieferung des Gastmahlgleichnisses die Waage halten, wird die Sachlage mit Blick auf EvThom 64 schwieriger, da es zum einen Übereinstimmungen zwischen Lukas und dem EvThom gegen Matthäus, zum anderen aber auch solche zwischen Matthäus und dem EvThom gegen Lukas gibt. c) Übereinstimmungen zwischen Luk und EvThom501 gegen Mt 1. Der Einladende ist ein nicht näher bezeichneter Mensch. 2. Die Einladung erfolgt zu einem dei/pnon. 3. Die Herbeiholung der Gäste ergeht durch einen Knecht. Eine zweite Aussendung anderer Knechte wie in Mt 22,4 fehlt. In Luk und EvThom nimmt bereits der erste (und einzige) Knecht die Entschuldigungen der zuerst geladenen Gäste entgegen. 4. Die Entschuldigungsgründe werden in direkter Rede hintereinander (prw/toj – e[teroj)502 vorgebracht. 5. Die in Mt 22,6f.8 vorhandenen Erweiterungen finden sich weder bei Lukas noch im EvThom. d) Übereinstimmungen zwischen Mt und EvThom gegen Luk 1. Entsprechende Formulierung des poreu,esqe ou=n evpi. ta.j diexo,douj tw/n o`dw/n kai. o[souj eva.n eu[rhte … aus Mt 22,9 in EvThom 64,11503. 501
Text in Übersetzung bei REINHARD NORDSIECK, Das Thomas-Evangelium. Einleitung – Zur Frage des historischen Jesus – Kommentierung aller 114 Logien, NeukirchenVluyn 2004, 247–252; vgl. auch WOLFGANG SCHRAGE, Das Verhältnis des Thomas-Evangeliums zur synoptischen Tradition und zu den koptischen Evangelienübersetzungen. Zugleich ein Beitrag zur gnostischen Synoptikerdeutung, BZNW 29, Berlin 1964, 133– 137. 502 Im Gegensatz zu den drei Entschuldigungen bei Lukas überliefert EvThom 64 vier Gründe, der Einladung nicht zu folgen. Letztere unterscheiden sich zudem auch inhaltlich von jenen in Luk 14,18–20: Eintreibung von Geldforderungen, EvThom 64,3; Hauskauf, Ev Thom 64,5; Heirat eines Freundes, EvThom 64,7 und Kauf eines Dorfes und Steuereintreibung, EvThom 64,9. 503 Es ist die deutlichste Übereinstimmung zwischen Matthäus und Thomas gegen Lukas; vgl. UWE-KARSTEN P LISCH, Das Thomasevangelium. Originaltext mit Kommentar, Stuttgart 2007, 168. Der Versuch einer griechischen Rückübersetzung des koptischen Textes EvThom 64, die ich hier mit aller Vorsicht für die Textvergleiche heranziehen muss, findet sich auf S. 167.
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C. Einzeluntersuchungen
2. Wie bei Matthäus enthält auch das Gastmahlgleichnis im EvThom keine Einladung derer auf den „Straßen und Gassen“ (Luk 14,21). Der Knecht geht nur noch einmal nach der erfolglosen ersten Runde hinaus. Wollte man angesichts des Textbefundes versuchen, literarische Abhängigkeiten zwischen Luk, Mt und dem EvThom zu rekonstruieren, käme man an den meisten Punkten über hypothetische Annahmen nicht hinaus. Dass das Gleichnis jedoch Bestandteil der Logienquelle gewesen ist und von da aus zumindest Eingang ins erste und dritte Evangelium gefunden hat, halte ich für wahrscheinlich.504 Die Frage, auf welchem Weg es ins Thomasevangelium gelangt ist, mag für diese Untersuchung auf sich beruhen. Im Folgenden soll nun die Q-Fassung – soweit möglich – rekonstruiert werden, um dann die lukanische Redaktion von ihr abheben zu können. 2. Traditions- und redaktionskritische Analyse von Q/Luk 14,16–24 Das ursprüngliche Gleichnis in Q beginnt vermutlich mit dem a;nqrwpo,j (tij)505 in Q 14,16b (vgl. EvThom 64,1). Der in Mt 22,2 vorfindliche Einstieg in das Gleichnis – ein König, der ein Hochzeitsmahl für seinen Sohn ausrichtet – ist demnach mit hoher Wahrscheinlichkeit auf die Hand des ersten Evangelisten zurückzuführen.506 In der Forschung wird einvernehmlich V. 17 im Wesentlichen zum traditionellen Bestand der Q-Vorlage gerechnet. Nachdem der Gastgeber eingeladen hat, müssen nun auch die Gäste zusammengerufen werden, damit das Gastmahl beginnen kann. Einig ist man sich auch, dass in der Ursprungsfassung nur ein Knecht ausgesandt wurde (par. EvThom 64,1). Dass Matthäus an dieser Stelle gleich mehrere Knechte bemüht, mag daran liegen, dass bei ihm ein König einlädt, der sicher mehr als nur einen Knecht an seinem Hof beschäftigt.507 Es ist jedoch zu fragen, ob Lukas den o[ti-Satz in V. 17c so vorgefunden hat, wie er ihn an dieser Stelle überliefert und ferner, woher die Wendung th|/ w[ra| tou/ dei,pnou stammt. Da sich Formen von e[toima in allen drei Textversionen, also auch in Mt 22,4 und EvThom 64,1, finden lassen, liegt der Schluss nahe, e[toima für ursprünglich anzusehen.508 Bleiben noch das verstärkende h;dh in V. 17c sowie die Stundenangabe, für die es weder bei Matthäus noch im EvThom 504
Vgl. HEIL, Lukas und Q, 85 Anm. 2. Vgl. SCHULZ, Q, 393. Ti,j könnte aber auch von Lukas eingefügt worden sein, was dann laut WOLTER, Lukasevangelium, 510, einen „typisch l[u]k[anischen] Gleichnisanfang“ ergeben würde (vgl. Luk 10,30; 15,11; 20,9). 506 Vgl. LUZ, Evangelium nach Matthäus I/3, 235, sowie SCHULZ ebd., 393. 507 Vgl. HEIL ebd., 86, sowie RUDOLF HOPPE, Das Gastmahlgleichnis Jesu (Mt 22,1– 10/Lk 14,16–24) und seine vorevangelische Traditionsgeschichte, in: ders./Ulrich Busse (Hrsg.), Von Jesus zum Christus. Christologische Studien. Festgabe für Paul Hoffmann zum 65. Geburtstag, BZNW 93, Berlin/New York 1998, 277–293; hier: 282. 508 Vgl. HOPPE ebd., 283. 505
VII. Das große Gastmahl Luk 14,15.16–24
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Entsprechungen gibt. Naheliegend ist ihre redaktionelle Herkunft, zumal Lukas ein h;dh auch an anderen Stellen von eigener Hand einsetzt (vgl. Luk 12,49; 21,30; 23,44; 24,29). Die Reihe der drei Entschuldigungen in den V. 18–20 sind als Ganzes ein Problem eigener Art: Wie viele Entschuldigungsgründe mag es in Q gegeben haben, und wie wurden sie dort präsentiert? Sind es in Mt 22,5 noch zwei, die äußerst knapp und komprimiert genannt werden, finden sich in den genannten Versen bei Lukas schon drei Gründe, von denen die ersten beiden (V. 18.19) sehr symmetrisch aufgebaut sind. Vier Entschuldigungen enthält dagegen Ev Thom 64; sie sind ebenso wie die bei Lukas sehr regelmäßig gestaltet (Schema: prw/toj – e[teroj). Ferner werden die Entschuldigungsgründe bei Lukas und im EvThom in direkter Rede wiedergegeben, während Matthäus bloß von ihnen berichtet. Auch inhaltlich sind sie auf den ersten Blick divergent. Auf der Seite der Verfechter der Annahme, Luk 14,18–20 hätte die Form der Q-Vorlage eher bewahrt als die lectio brevior in Mt 22,5, wird argumentiert, die ausführliche Darstellung der Entschuldigungen entspräche mehr dem Erzählstil eines Gleichnisses, da sie ja ihren Hörer bzw. ihre Leserin Schritt für Schritt auf einen Erkenntnisweg mitnehmen will und von daher meist drei Beispiele bevorzuge (vgl. das Gleichnis von den anvertrauten Talenten Mt 25,14– 30 par. Luk 19,11–27).509 Joachim Gnilka kommentiert die Verkürzung bei Matthäus an dieser Stelle wie folgt: „Bei der Ablehnung der ersten Gäste begnügt sich M[a]t[thäus] mit einem lapidaren ‚sie wollten nicht kommen‘ (3). L[u]k[as] weiß von drei Entschuldigungen zu berichten (14,18–20; Tho[mas] von vier!). Hier ist L[u]k[as] als ursprünglich anzusehen. Die Entschuldigungen verleihen der Erzählung frische Farbe. M[a]t[thäus] hat dieses narrative Element gestrichen, weil es für seinen heilsgeschichtlichen Entwurf ohne Belang war.“510 Hier gilt also die Anschaulichkeit der Erzählung als Indiz für ihre Ursprünglichkeit – ganz im Gegensatz zur Verschärfung der Ablehnung in Mt 22,5–7, die zuletzt sogar zur Tötung weiterer Knechte durch die zuerst geladenen Gäste und zur Vernichtung der po,lij auvtw/n (V. 7) führt. Beide Motive sind sicher matthäische Zusätze. Grundsätzlich aber ist festzustellen, dass die rein sprachliche Analyse für die Frage nach der Urfassung der Entschuldigungen keine eindeutigen Entscheidungskriterien bietet511, da Lukas wie auch Matthäus seine Vorlage redaktionell bearbeitet und wahrscheinlich erst in jene Form gebracht haben, in der sie uns nun jeweils vorliegen.512 509
Vgl. ANTON VÖGTLE, Gott und seine Gäste. Das Schicksal des Gleichnisses Jesu vom großen Gastmahl (Lukas 14,16b–24; Matthäus 22,2–14), BThSt 29, NeukirchenVluyn 1996, 15ff.; SCHULZ, Q, 395, und JEREMIAS, Gleichnisse, 176f. 510 GNILKA, Matthäusevangelium I/2, 235; vgl. auch LUZ, Evangelium nach Matthäus I/3, 235f. Anm. 30. 511 Vgl. WEDER, Gleichnisse Jesu, 180f. Anm. 67. 512 Vgl. JEREMIAS, Sprache, 239.
200
C. Einzeluntersuchungen
Ausschlaggebendes Argument dafür, dass Luk 14,18–20 einer ursprünglichen Q-Version des Gastmahlgleichnisses näher stehen als Matthäus, ist m.E. die Tatsache, dass wir in EvThom 64,2–9 einen der Form nach ähnlichen Text wie bei Lukas vorliegen haben. Beide Texte sind offenbar unabhängig voneinander entstanden. In ihnen liegen jeweils mehrere, gleichförmig aufgebaute Entschuldigungsgründe in direkter Rede vor. Auch die Motive des „Kaufens“ (bei Lukas die fünf Paar Rinder, Luk 14,19; in EvThom 64,5 das Haus, in 64,9 ein cwri,on) und der Hochzeit (Luk 14,20/EvThom 64,7) sind in beiden – in je eigener Form – enthalten. Ich kann mir nicht vorstellen, dass zwei frühchristliche Autoren eine kleine Notiz wie die in Mt 22,5 unabhängig voneinander in ähnlicher Form ausgestaltet haben können. Dagegen halte ich es für denkbar, dass Matthäus seine Vorlage eher radikal kürzt, um Redundanzen innerhalb seiner dramatischen Erzählfolge zu vermeiden.513 Im Blick auf die Anzahl der Gründe für die Abwesenheiten vom Gastmahl in der Q-Vorlage vermute ich, dass es wahrscheinlich drei gewesen sind: 1. Der Kauf eines Ackers (Luk 14,18/Mt 22,5), 2. ein weiterer, nicht näher bestimmter Handel (Mt 22,5 evmpori,a vgl. auch evmpo,roij EvThom 64,3), den Lukas in Luk 14,19 mit dem Ochsenkauf wiedergibt, und 3. das Motiv von der Hochzeit (Luk 14,20/EvThom 64,7)514. Demnach reduziert der erste Evangelist auf zwei und erweitert der Verfasser des EvThom seine Vorlage auf vier Entschuldigungsgründe.515 In Luk 14,21f. gehören V. 21a.b516 der Q-Tradition an und bilden die natürliche Fortsetzung der Handlung: Der Knecht kommt zurück, berichtet seinem Herrn, und dieser reagiert zornig (vgl. Mt 22,7). Ebenso geht Luk 14,23 par. Mt 22,9–10; EvThom 64,11 auf Q zurück.517 Die in allen drei Varianten bezeugten o[doi weisen deutlich auf Traditionsgut hin. Dieser Vers bildet mit seinem Final-
513
Eine ähnliche Reduktion hat Matthäus beispielsweise im Übergang von Mt 21,36.37 vorgenommen, indem er aus seiner Vorlage Mk 12,1–12 die dritte Aussendungsnotiz von Knechten zu den Weingärtnern in Mk 12,5 streicht; vgl. LUZ, Evangelium nach Matthäus I/3, 217 Anm. 5. 514 Matthäus könnte dieses Motiv an seiner ursprünglichen Stelle gestrichen haben, da er ja die ganze Gastmahlszene als Mahlszene anlässlich einer Hochzeit ausschmückt. Wir sehen aber: Es ist auch bei Matthäus vorhanden. Die Hochzeit sowie den Ackerkauf hält auch LUZ ebd., 235f. Anm. 30, für ursprünglich. 515 Vgl. ebd. 516 Auffällig ist hier der Wechsel in der Bezeichnung des Gastgebers. Wurde dieser zu Beginn in V. 16 noch als a;nqrwpoj bezeichnet, finden sich in V. 21 der Titel ku,rioj und oivkodespo,thj, von denen der erste als Pendant zu dou/loj wahrscheinlich der Vorlage entstammt. Auch für die zweite Bezeichnung gibt es keinerlei Hinweise darauf, dass Lukas sie eingesetzt haben könnte. Ich halte sie ebenfalls für traditionell. 517 HOPPE, Gastmahlgleichnis, 289; BOVON, Evangelium nach Lukas III/2, 507.
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201
satz vom Vollsein des Hauses (vgl. Mt 22,10)518 dann auch den ursprünglichen Schluss der Q-Parabel.519 Die Zugehörigkeit von Luk 14,24 zu Q ist dagegen immer wieder in Frage gestellt worden. Einen sinngemäß ähnlichen Schlusskommentar wie den in V. 24 findet man zwar auch in EvThom 64,12, wohingegen Mt 22,14 nach seinem sekundären Einschub vom Hochzeitskleid in V. 11–14 ein ganz anderes Schlusswort bietet. Ein weiteres Problem liegt darin, dass Matthäus und das EvThom den Schluss vom Gastgeber selbst sprechen lassen, d.h. der Kommentar gehört hier noch auf die Gleichnisebene, während Lukas in V. 24 mit dem le,gw ga.r u`mi/n diese Ebene verlässt und nun ganz offensichtlich wieder Jesus selbst sprechen lässt. Die Frage lautet also: Gehört V. 24 zur Q-Tradition dazu? Siegfried Schulz weist auf einige lukanische Sprachmerkmale hin, die aber nicht ausreichen, um hier zweifelsfrei eine redaktionelle Schlusssentenz des Lukas anzunehmen.520 Für eine traditionelle Herkunft sprechen hingegen einige Belege, in denen ein Q-Gleichnis zwar nicht mit einem durch le,gw ga.r u`mi/n hervorgehobenen Kommentar abschließt, aber zumindest einen solchen enthält (Luk 15,4–7 par. Mt 18,12f.; Luk 12,41–46 par. Mt 24,45–51; vgl. auch Luk 19,26; Luk 7,9 par. Mt 8,10; Luk 11,8 u.a.). Dieser Befund zeigt jedenfalls, dass derartige Wendungen im lukanischen Quellenmaterial durchaus vorhanden sind.521 Ein weiterer Schluss, der sich aus der Existenz solcher Sentenzen ziehen lässt, ist der, dass Gleichnisse bzw. Bildworte bereits auf vorsynoptischer Ebene Anwendungssätze enthalten können, die ihren Sinn näher erschließen.522 Ferner macht Christoph Heil523 unter Verweis auf Ferdinand Hahn524 darauf aufmerksam, dass in Mt 22,8 eine Luk 14,24 ähnlich negative Parallele überliefert wird. Das führt Heil zu der Schlußfolgerung, dass eine solche in Q vorhanden gewesen sein muss.
518 Es ist im Blick auf die matthäische Umgestaltung der Szene zu einem Hochzeitsmahl naheliegend, dass für die Rekonstruktion von Q ga,moj bzw. numfw,n durch oi=koj (vgl. Luk 14,23) ersetzt werden muss; vgl. HOPPE, Gastmahlgleichnis, 289. 519 Ebd., 288: „M[a]t[thäus] wird in der Aussage vom Vollsein des Hauses der Vorlage näher kommen als L[u]k[as] mit dem Finalsatz i[na gemisqh/| mou o` oi=koj.“ 520 SCHULZ, Q, 397 Anm. 162. 521 Vgl. auch JEREMIAS, Sprache, 241, der die Wendung ebenfalls der Tradition zuschreibt und das ga,r als Ersatz für das sonst übliche avmh,n wertet. 522 LUZ, Evangelium nach Matthäus I/3, 236, hält in unserem Fall einen solchen „Abschluß […] erzählerisch [für] unbedingt erforderlich: Die ausführlich geschilderte und begründete Absage der zuerst eingeladenen Gäste erfordert eine Reaktion des Handlungssouveräns.“ Anders BOVON, Evangelium nach Lukas III/2, 506, der die Doppeldeutigkeit des Schlusses in Luk 14,24 als Indiz für dessen redaktionelle Herkunft wertet. 523 HEIL, Lukas und Q, 90; vgl. auch SCHULZ ebd., 398. 524 FERDINAND HAHN, Das Gleichnis von der Einladung zum Festmahl, in: Otto Böcher/Klaus Haacker (Hrsg.), Verborum Veritas. FS für Gustav Stählin zum 70. Geburtstag, Wuppertal 1970, 51–82; hier: 57.
202
C. Einzeluntersuchungen
Wenngleich sich auch die CEQ nicht festlegt, ob der Kommentar in Luk 14,24 tatsächlich in Q gestanden hat, ja sogar alternativ Mt 22,11–14 als ursprünglichen Schluss des Gastmahlgleichnisses für möglich hält525, finde ich kein stichhaltiges Argument gegen die Ursprünglichkeit von V. 24. In dubio pro reo halte ich daher Luk 14,24 als abschließenden Hinweis Jesu auf die endgültige Verwerfung der Erstgeladenen für traditionell. Wie der ursprüngliche Wortlaut dieses Schlussverses in Q ausgesehen hat, ist jedoch „aufgrund der redaktionellen Färbung der Wendungen bei Matthäus, Lukas und Thomas nicht mehr [sicher] zu rekonstruieren.“526 Das Ergebnis der traditions- und redaktionskritischen Betrachtung des Gastmahlgleichnisses in Q/Luk 14,16–24 par. Mt 22,1–14 lautet wie folgt: Am Anfang steht eine gemeinsame Tradition in der Logienquelle, die jeder Evangelist auf seine Weise bearbeitet und verändert hat. Demnach ist die eingangs angegebene Alternative, Lukas, Matthäus und EvThom hätten jeweils unterschiedliche Fassungen desselben Gleichnisses vorgelegen, zu verwerfen. Die Frage, ob die Verfasser des EvThom auch den Q-Text zur Vorlage hatten, oder das Gastmahlgleichnis auf andere Weise darin Eingang gefunden hat, muss an dieser Stelle offen bleiben. Die ursprüngliche Fassung in Q beinhaltet das Gleichnis von einem Gastmahl, zu dem eine nicht näher bezeichnete Privatperson einlädt (V. 16). Als das Mahl beginnen soll, schickt diese einen Knecht aus, um die Gäste herbeizurufen (V. 17). Die Geladenen lassen sich jedoch beim Gastgeber entschuldigen. Drei Entschuldigungsgründe werden exemplarisch genannt (V. 18–20). Der Knecht berichtet seinem Herrn von den Reaktionen der zuerst geladenen Gäste, und der Herr gerät – zu Recht – in Zorn (V. 21a.b). Er befiehlt dem Knecht erneut hinauszugehen, um andere Menschen (eivj ta.j o`dou,j) zum Mahl zu rufen. Auf diese Weise wird das Haus voll (Mt 22,10). Der Q-Text schließt mit einem Hinweis Jesu, dass alle Erstgeladenen keine zweite Chance erhalten, um zu einem anderen Zeitpunkt am Gastmahl teilzunehmen (V. 24). Damit sind im Umkehrschluss vor allem der Abschnitt mit der zweiten Einladung Luk 14,21, der Hinweis auf weitere Plätze beim Gastmahl Luk 14,22c sowie die Änderung von evplh,sqh| in gemisqh|/ in Luk 14,23c die wesentlichen Änderungen bzw. Ergänzungen des Lukas.
525 526
CEQ 448. HEIL, Lukas und Q, 90.
VII. Das große Gastmahl Luk 14,15.16–24
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§ 3 Allegorie und Bildwelt in Luk 14,16–24 1. Die Rede vom dei/pnon in Luk 14,16f.24 als Sinnbild eschatologischen Heils und Unheils Im herkömmlichen Sprachgebrauch bezeichnet das dei/pnon eine Mahlzeit bzw. ein Gastmahl, zu dem man in der antiken Welt seit jeher einlud.527 Der Brauch, eine Mahlzeit miteinander zu teilen, gehört in der griechisch-römischen Welt zur Tugend der Gastfreundschaft und dient vor allem dem Auf- und Ausbau des persönlichen sozialen Netzes. Darüber hinaus wird das gemeinsame Einnehmen einer Mahlzeit wie heute auch als gesellschaftlicher Rahmen für Unterhaltung und Zerstreuung im weitesten Sinne genutzt, angefangen beim philosophischen und wissenschaftlichen Tischgespräch über den kurzweiligen Austausch von Neuigkeiten bis hin zum derb-ausgelassenen Trinkgelage.528 Aber auch anlässlich privater Feste wie Hochzeiten, Geburtstage, Abschiede oder Willkommensfeiern für einen nahe stehenden Menschen wurde in der Regel zu Gastmählern eingeladen. Bei den Römern spielte neben der Freizeitgestaltung und der Einlösung gesellschaftlicher Pflichten auch der Aspekt der Selbstinszenierung des Gastgebers eine zunehmend wichtige Rolle.529 Wir können davon ausgehen, dass im Hinblick auf die Planung eines solchen Ereignisses vom Gastgeber in der Regel rechtzeitig eingeladen wurde. Die Zahl der Teilnehmer war je nach verfügbarer Anzahl der triclinia und der Größe des Raumes meist auf neun bis zwölf Personen beschränkt.530 Literarische Zeugnisse belegen, dass im Übergang vom ersten vorchristlichen zum ersten nachchristlichen Jahrhundert auch innerhalb der hellenistisch geprägten jüdischen Bevölkerung solche Gastmähler abgehalten wurden – obgleich diese Praxis von der religiösen Führungsschicht aufgrund der Gefahr einer zunehmenden Assimilierung an „heidnische“ Gepflogenheiten bisweilen offenbar kritisch gesehen wurde. Ein gewisser Wohlstand bei den Gastgebern muss dabei im Allgemeinen vorausgesetzt werden. Belege für die Übernahme
527
Die sogenannte Deipnonliteratur ist eine eigene Gattung innerhalb der antiken Literatur; vgl. JOSEPH MARTIN, Art. Deipnonliteratur, RAC 3 (1957), 658–666, und HERWIG GÖRGEMANNS, Art. Symposion-Literatur, DNP 11 (2001), 1138–1141. Von Zusammenkünften zu gemeinsamen Mahlzeiten wird bekanntlich auch im Neuen Testament häufiger berichtet; vgl. neben Luk 14,1.12.16f.24 auch Mk 6,21; 12,39 par.; Joh 12,2; 1. Kor 10,27; 11,21. 528 Vgl. zum Letzteren z.B. den satirischen Dialog Lukians Convivium. Zu den Themen bei solchen Gastmählern und zu deren Ablauf vgl. auch Plutarch, Quaest conv I–VI und Quaest conv VII–IX. 529 Vgl. GERHARD BINDER, Art. Gastmahl III. Rom, DNP 4 (1998), 803–806; hier: 803. 530 Ebd., 804. Zu Bildern von Räumlichkeiten, die für solche Gastmähler zur Verfügung gestanden haben vgl. CAROLYN OSIEK/DAVID L. BALCH, Families in the New Testament World. Households and House Churches, Louisville 1997, 7.
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C. Einzeluntersuchungen
der Gastmahlgepflogenheiten auf jüdischer Seite finden sich beispielsweise im Aristeasbrief, in der Weisheit Salomons sowie bei Jesus Sirach.531 Analog dazu zeigt 1. Kor 11,21, dass man sich auch in den ersten christlichen Gemeinden regelmäßig zu einem gemeinsamen Essen getroffen hat. Paulus unterscheidet hier jedoch bereits zwischen einem sog. Sättigungsmahl und einem kuriako.n dei/pnon (1. Kor 11,20), einem Kultmahl, das möglicherweise an das letzte Abendmahl Jesu mit seinen Jüngern anknüpft bzw. zur „Vorabbildung des endzeitlichen ‚Mahles‘“532 im Reich Gottes dient (vgl. Mk 14,25 par.; Luk 13,29 par. Mt 8,11; 14,15; 22,29f.). Das Bild eines eschatologischen Freudenmahles in Gemeinschaft mit JHWH findet sich z.B. in Zeph 1,7 (vgl. auch Jes 65,13; Ps 23,5). Am bekanntesten und äußerst anschaulich beschrieben ist es jedoch im Zusammenhang mit dem Motiv von der Völkerwallfahrt zum Zion in Jes 25,6ff., zu dem nicht nur Israel, sondern alle Völker von JHWH zum Fest geladen werden und so die communio zwischen Mensch und Gott als Manifestation des Heils endgültig sein wird. Die Rede von diesem Fest des Heils bildet im wahrsten Sinne des Wortes die zweite Seite der Medaille, denn auf der ersten, d.h. noch in Jes 24, geht es um das künftige Gericht JHWHs über die Erde. Auffällig ist für Jes 25,6ff. hingegen, dass die LXX Begriffe wie dei/pnon oder sumpo,sion an diesem locus classicus des Freudenmahlmotivs nicht verwendet, sondern das Geschehen wortreich umschreibt. Auch diese Tradition hat sich bis in die rabbinische Literatur hinein fortgesetzt (vgl. äthHen 62,14; slHen 42,5; 5. Esra 2,38; MidrKoh 9,8; bSchab 153a). Wir können also davon ausgehen, dass die Adressaten der vorlukanischen Parabel Q 14,16–24 diese ohne weiteres von ihrem eschatologischen Hintergrund her verstanden haben und ihnen Gott in der Rolle des Gastgebers nur allzu bekannt gewesen sein dürfte.533 Als Einziger aus der Reihe der Synoptiker berichtet Lukas nun mehrfach von Mahlgemeinschaften Jesu mit Fremden (besonders mit Pharisäern; vgl. Luk 7,36; 11,37; 14,1). Er verwendet das Gastmahlmotiv in der Regel jedoch nicht 531
Arist 180ff.; SapSal 2,7–9; Sir 32,1–13. Dazu SANDRA R. SHIMOFF, Banquets. The Limits of Hellenization, JSJ 27 (1996), 440–452; hier: 444: „Thus, the rabbis and sages did not categorically reject Hellenistic culture. But they did draw the line, both halakhically and midrashically, and indicated clearly that some Hellenistic practices were absolutely unacceptable. The clearest case, from the rabbinic perspective, was the question of direct Jewish participation in classic Greco-Roman banquets. In such instances, the rabbinic response was categorical disapproval on halakhic grounds, driven by the fact, that the libations to gods were flagrantly idolatrous. But once the idolatry and licentiousness were eliminated and a few Jewish practices were added, the Greco-Roman banquet seemed more acceptable.“ 532 KURT ERLEMANN, Das Bild Gottes in den synoptischen Gleichnissen, BWANT 126, Stuttgart/Berlin/Köln/Mainz 1988, 191. In Apk 19,9 ist ähnlich wie in Mt 22,2ff. von einem dei/pnon tou/ ga,mou die Rede. Offensichtlich kannte auch der Verfasser der Johannesoffenbarung die Kombination von Endzeitmahl und endzeitlicher Hochzeit. 533 Vgl. JOHANNES BEHM, Art. dei/pnon, deipne,w, ThWNT 2 (1935), 33–35; hier: 35.
VII. Das große Gastmahl Luk 14,15.16–24
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im eschatologischen Sinn. Einzig in Luk 14,16–24, so Josef Ernst, steht „die eschatologische Komponente […] ohne Zweifel am Anfang.“534 Lukas selbst stellt den Zusammenhang her, indem er das vorangegangene Tischgespräch über Sitzordnung und Auswahl der Gäste mit V. 15 auf die eschatologische Ebene hebt. Zusammen mit der Ausschlussklausel in V. 24 wird das Gleichnis so zu einem „Realsymbol für Gottes Erwählung und menschliche Verstockung.“535 Denn das Mahl in Luk 14,16ff. hat einen zweifachen Ausgang: Die Berufung bzw. die Einladung der einen führt gleichzeitig zum endgültigen Ausschluss der anderen. Es geht Lukas darum, das „Sichversagen der Berufenen und […] die Berufung der Außenstehenden“536 ins Bild zu setzen, wobei er mit der Änderung von evplh,sqh| (Mt 22,10) in gemisqh|/ in Luk 14,23c deutlich macht, dass bei diesem (endzeitlichen) Gastmahl an keinen Platzmangel zu denken ist, wie es sonst bei irdischen dei/pna der Fall ist. Hier hat jeder die Möglichkeit, der Einladung zu folgen. Es ist sicher kein Zufall, dass Luk 14 mit einer Heilungsgeschichte beginnt, auch wenn sich daran sogleich ein ganz anderes Thema, nämlich der Streit um die Zulässigkeit von Heilungen am Sabbat, anschließt. Von Texten wie Luk 2,11.30; 5,31f.; 7,18ff. ausgehend wird allerdings deutlich, dass es dem lukanischen Jesus nicht darum geht, Wunder zu tun und Heilung um ihrer selbst willen zu schaffen, sondern in ihnen will er Gottes endzeitliches Heil vorabbilden. Desgleichen sind m.E. auch die einzelnen Abschnitte aus der Rede Jesu am Tisch der Phariäser (Luk 14,1–24) sowie an die o;cloi polloi, (Luk 14,25–35) eschatologisch zu verstehen. Sätze wie in Luk 14,11.13.26f.34f., die auf den ersten Blick bloß eine präsentische Bedeutung suggerieren, sind doch zugleich auch futurische, d.h. auf die nahende Endzeit ausgerichtete Aussagen und Anweisungen. Es sind folglich nicht allein die Scharnierverse Luk 14,14f., die den Übergang vom Tischgespräch über ethisch-moralische Fragen hin zum ReichGottes-Mahl bilden. Das ganze Kapitel 14 atmet etwas von der Endzeithoffnung, die auch die Gemeinde des Lukas nicht gänzlich abgelegt hat. Dieser Kontext verstärkt noch einmal die Intention des dritten Evangelisten mit diesem Gleichnis, angesichts einer schwindenden Naherwartung bei seinen Adressaten der Einladung zum künftigen Heil Gottes im Bild des Gastmahles mit großem Ernst Gehör zu verschaffen. Von daher ist auch das o` e;cwn w=ta avkou,ein avkoue,tw aus Luk 14,35 sicher nicht bloß auf die beiden unmittelbar vorausgehenden Aussagen zu beziehen, sondern bildet den ermahnenden Abschluss für das ganze 14. Kapitel des Lukasevangeliums.
534
JOSEF ERNST, Gastmahlgespräche: Lk 14,1–24, in: ders./Rudolf Schnackenburg/ Joachim Wanke (Hrsg.), Die Kirche des Anfangs. FS für Heinz Schürmann, Leipzig 1978, 57–78; hier: 75. 535 Ebd. 536 Ebd.
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C. Einzeluntersuchungen
2. „Kommt, denn es ist schon bereit!“ (Luk 14,17) Zwei Fragen sind zur Deutung an Luk 14,17 zu stellen: 1. Wer lädt ein? 2. Was hat es mit der Einfügung von h;dh in Luk 14,17 auf sich? Ad 1. Der Einladende wird im Gleichnis dreimal unterschiedlich bezeichnet. In V. 16 wird er zunächst als a;nqrwpo,j tij eingeführt. In V. 21 wird dieser Mensch als oivkodespo,thj näher bestimmt und in V. 22f. als ku,rioj betitelt. Im Unterschied zu Mt 22,11ff. stellt der Gastgeber in Luk 14,16ff. zunächst keine Bedingungen an seine Gäste. In welchem „Gewand“ sie erscheinen, ist ihm offenbar nicht wichtig. Die Würde, eingeladen zu werden und kommen zu dürfen, wird zunächst einmal jedem und jeder unabhängig von irgendeiner Kleiderordnung zugestanden. Da sich aber die Gruppe der Erstgeladenen gänzlich durch den Knecht entschuldigen lässt, ist der Zorn des Gastgebers nur allzu verständlich. Die lukanische Version des Gleichnisses unterscheidet sich weiterhin grundlegend von der matthäischen darin, dass bei Lukas von keinem gewalttätigen und grausamen Vorgehen des Einladenden gegen die säumigen Gäste berichtet wird, wie es jedoch in Mt 22,7 der Fall ist. Bei Lukas ist der Zorn des Gastgebers entgegen aller Erwartungen vielmehr der Beweggrund, seinem Knecht zu befehlen, sogleich auf andere potentielle Gäste von außerhalb zuzugehen.537 Bemerkenswert ist hier der unumstößliche Wille des ku,rioj, das Festmahl trotz aller Absagen dennoch stattfinden zu lassen. Der Gastgeber nimmt sich die Zeit und gibt sie auch anderen, seiner Einladung noch zu folgen, „bis das Haus voll ist“. Lediglich von jenen, die zuerst geladen wurden, wird in Luk 14,24 festgestellt, dass sie ausgeschlossen werden, wenn sie bei ihrer Absage bleiben. Doch wird dieser Ausschluss nicht vom ku,rioj motiviert – er will eigentlich Einladender statt Ausschließender sein. Es sind letztlich die Erstgeladenen selbst, die sich ausschließen und sich auf diese Weise um die Teilhabe am Festmahl bringen.538 Damit wird eine Bedingung offensichtlich, die der Gastgeber implizit stellt: Kommen muss jede und jeder Geladene schon aus freien Stücken. Ob er die Einladung annimmt oder verwirft, liegt ganz bei ihm. Aber: Wer nicht da ist, kann nun einmal nicht mitfeiern. Wen aber mag sich Lukas in der Gastgeberrolle vorgestellt haben? Vom alttestamentlichen Hintergrund des Freudenmahlmotivs her ist der Schluss naheliegend, dass Gott der Einladende sein muss. Diese Deutung favorisieren bei537 Vgl. REISER, Gerichtspredigt Jesu, 231, und WOLFGANG HARNISCH, Die Gleichniserzählungen Jesu. Eine hermeneutische Einführung, 3. Aufl., UTB 1343, Göttingen 1995, 249. 538 Vgl. ERLEMANN, Bild Gottes, 175, und WILLIBALD BÖSEN, Jesusmahl – Eucharistisches Mahl – Endzeitmahl. Ein Beitrag zur Theologie des Lukas, SBS 97, Stuttgart 1980, 108.
VII. Das große Gastmahl Luk 14,15.16–24
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spielsweise Kurt Erlemann und Luise Schottroff.539 Wolfgang Harnisch verweist jedoch zur Identifizierung des Gastgebers auf die Kommunikationsstruktur im Gleichnis selbst, wo in V. 24 mit le,gw ga.r u`mi/n ein Herrenwort Jesu eingeleitet wird: „Das auf den Makarismus der Rahmennotiz von Lk 14,15 zurücklenkende Schlußwort übernimmt somit die hermeneutische Funktion einer an die Leser adressierten Auslegungsanweisung: Das Wort des Herrn im Gleichnis wird zum Herrenwort über das Gleichnis, von dem her sich eine umfassende Polyvalenz des Gesagten erschließt. Denn nun drängt sich im nachhinein die Möglichkeit auf, hinter der Figur des Gastgebers, die in der Geschichte den Namen ku,rioj tragen kann (v. 21a.22), von Anfang an die Person Jesu selbst zu erblicken […].“540 In der Tat gibt das mou in V. 24 Harnisch Recht, dass in der Vorstellung des dritten Evangelisten Jesus die Gastgeberrolle einnimmt. Diese Deutung lässt sich auch sonst mit dem Jesusbild im Lukasevangelium vereinbaren, bildet sich doch in seiner Person und seinem Werk das Reich Gottes bereits irdisch ab, und Jesu Verkündigung wirbt unablässig für die Teilhabe daran (Luk 1,78f.; 4,18f.21; 12,31; 17,21; 19,10).541 Ad 2. Wenn Lukas das h;dh in V. 17 zur Verstärkung von e[toima sowie die Zeitangabe th/| w[ra| tou/ dei,pnou von eigener Hand eingefügt hat, so ist damit offensichtlich, dass für ihn die Gegenwart, d.h. der Augenblick, an dem das Gastmahl beginnen soll, größte Bedeutung hat. Das Mahl soll und wird nicht weiter aufgeschoben werden. Es findet statt – zur Not auch mit gänzlich anderen Gästen als zuvor eingeladen waren. Niemand hat Zeit zu verlieren – schon gar nicht der Gastgeber, der auch nicht in seinem Zorn verharrt, sondern nach den Absagen der zuerst Geladenen seinen Knecht unverzüglich wieder losschickt, um andere einzuladen (tace,wj V. 21). Zugegebenermaßen hat h;dh bei Lukas in der Regel keinen Signalcharakter, der die Adressaten schon eine bestimmte Bedeutung erwarten ließe. Dennoch sind von den insgesamt 13 Belegen dieses Wörtchens in Luk/Apg neben Luk 14,17 noch drei weitere Stellen zu nennen, an denen h;dh die Unmittelbarkeit und Dringlichkeit eines endzeitlichen Geschehens unterstreicht: In der Umkehrpredigt Johannes des Täufers ist die Axt schon (h;dh) an die Wurzel der Bäume gelegt (Luk 3,9 par. Mt 3,10). Und zur Illustration, dass das Gottesreich
539 Vgl. ERLEMANN, Bild Gottes, 187, und LUISE SCHOTTROFF, Das Gleichnis vom großen Gastmahl in der Logienquelle, EvTh 47 (1987), 192–211; hier: 197.202f. 540 HARNISCH, Gleichniserzählungen, 236f. 541 Besonders eindrücklich kommt diese Werbung in den Umkehrrufen Jesu zum Tragen (vgl. Luk 5,32; 15,7.10); vgl. REISER, Gerichtspredigt Jesu, 229f. Wer hingegen der „Knecht“ ist, ist trotz seiner Rolle als Vermittler zwischen dem Gastgeber und den Gästen für das Verständnis des Gleichnisses unerheblich. Er ist lediglich als Statist anzusehen, der die Anweisungen seines Herrn gleich einem Handlanger in die Tat umsetzt.
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C. Einzeluntersuchungen
nahe ist und man seine Vorzeichen erkennen kann, heißt es in Luk 21,30: Wenn die Feigenbäume jetzt (h;dh) ausschlagen, weiß man, dass jetzt (h;dh) der Sommer kommt. In Luk 12,49 sagt Jesus, dass er gekommen sei, um Feuer auf die Erde zu bringen; lieber wäre es ihm aber, es brenne schon (h;dh).542 Ebenso wie in Luk 14,17 gebraucht der dritte Evangelist h;dh also auch in Luk 12,49 und Luk 21,30 in endzeitlichen Kontexten, ohne es in seinen Quellen gelesen zu haben. Berücksichtigt man dazu noch den spezifischen Gebrauch von sh,meron in Luk 4,21; 19,5.9; 23,43, dann wird klar, wie bedeutungsvoll für Lukas die gegenwärtigen Geschehnisse im Blick auf das künftige Heil bzw. Unheil des/der Einzelnen sind. Folglich kann für die Gastmahlperikope Luk 14,16ff. festgehalten werden: Die Reaktion der geladenen Gäste in der Gegenwart entscheidet über die Teilnahme bzw. Nichtteilnahme am Gastmahl und damit über ihr Heil und Unheil. Wenn die „Stunde des Mahles“ endlich gekommen ist, können die Geladenen in den Augen des dritten Evangelisten gar nicht anders, als alles stehen und liegen zu lassen, um der Einladung des ku,rioj zu folgen (vgl. auch Luk 9,62). Die Entscheidung über ihre Teilnahme liegt dabei einzig und allein in ihrer Hand. Der Gastgeber nötigt niemanden hinein, weist jedoch in Luk 14,24 unmissverständlich auf den endgültigen Ausschluss derer hin, die – aus welchen (fadenscheinigen) Gründen auch immer – fernbleiben. Für Luk/Apg als theologischen Entwurf ergibt sich daraus für mich die Schlussfolgerung: Die jeweilige Gegenwart, d.h. die Zeit Jesu, die darauf folgende Zeit der Mission durch die Apostel und durch Paulus und dann die Zeit, in der Lukas selbst und seine Gemeinde stehen, ist für den dritten Evangelisten dadurch qualifiziert, dass sich die in diesen Zeiten Lebenden stets für bzw. gegen die von Jesus ausgesprochene Einladung zum Gottesreich entscheiden müssen. Die Kompensation einer verzögerten Parusie könnte dabei ein Hauptgrund für Lukas gewesen sein, der Gegenwart eine so hohe Bedeutung einzuräumen. 3. Die Gäste Die Begriffe keklhme,noi (Luk 14,17.24) als Bezeichnung der zuerst Eingeladenen und kale,w (Luk 14,16) als dazugehöriges Verbum verwendet Lukas in der Regel mit ihren Grundbedeutungen „die Eingeladenen, die Gäste“ bzw. „rufen, nennen, anreden mit, einladen, auffordern, zusammenrufen, etc.“543 Kale,w hat jedoch für ihn auch einen spezifisch theologischen Sinn, der auch im Alten Testament zu finden ist, wenn es von Berufungen Einzelner bzw. des Volkes Israel als Ganzes spricht (vgl. z.B. Is 41,9; 42,6; 48,12; 51,2 LXX u.ö.).544 Der Berufende ist in diesen Fällen Gott selbst. 542
Zur Erläuterung dieser seltsamen Sentenz vgl. BOVON, Evangelium nach Lukas III/2, 349ff. 543 Vgl. zum Bedeutungsspektrum WbNT, 788–790. 544 Vgl. KARL LUDWIG SCHMIDT, Art. kale,w, ThWNT 3 (1938), 488–492; hier: 491f.
VII. Das große Gastmahl Luk 14,15.16–24
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In den Evangelien ist es Jesus, der Menschen beruft. Er ruft sie aus ihren bisherigen Lebensstrukturen heraus, ruft sie zur Umkehr und in seine Nachfolge und verheißt denen, die sich berufen lassen, die Teilhabe am kommenden Gottesreich (Ruf zur Umkehr in Luk 5,32 par. Mt 9,9–13; Ruf in die Nachfolge Luk 9,57–62 par. Mt 8,19–22). Dieser Ruf will alle, die ihm folgen, für Gottes Kommen bereit machen (Luk 12,35–40 par. Mt 24,43–51; Luk 14,26–35; 21, 34–36).545 Besonders für Lukas gilt dabei, dass Berufung und Umkehr als Voraussetzung zum Heilserwerb nicht voneinander zu trennende Vorgänge sind, sondern eine Einheit bilden. Vor diesem Hintergrund formen die Worte keklhme,noi bzw. kale,w in unserem Gleichnis im Kontext mit dem dei/pnon-Motiv und der Erwähnung des ku,rioj als Gastgeber einen Interpretationshorizont, der von dem im Alten Testament her bekannten Motiv eines bevorstehenden endzeitlichen Freudenmahles Gottes herkommt. Lukas will seinen Adressaten mit dem Gastmahlgleichnis deutlich machen, dass das Verhalten der Gäste Konsequenzen für ihre Teilhabe an diesem Mahl haben wird. Erlemann formuliert die Pointe der Gastmahlperikope deshalb wie folgt: „Da die Erstgeladenen der Einladung des ku,rioj nicht folgen, werden andere, Außenseiter und Randständige, eingeladen.“546 Das Gleichnis setzt damit konkret ins Bild, was in Luk 13,30 par. Mt 19,30 bereits programmatisch von Jesus selbst festgestellt worden ist: Kai. ivdou. eivsi.n e;scatoi oi] e;sontai prw/toi kai. eivsi.n prw/toi oi] e;sontai e;scatoiÅ
Wie oben bereits angedeutet, ist für die lukanische Variante des Gleichnisses im Gegensatz zur matthäischen auffällig, dass Lukas keine besondere Kleidung der Gäste als Kriterium für die Teilhabe am Gastmahl des ku,rioj voraussetzt. Während in Mt 22,11–13 einer der Gäste kurzerhand hinausgeworfen wird, weil er nicht entsprechend gekleidet war, erfolgt der Ausschluss der Gäste im dritten Evangelium zunächst nicht durch das explizite Urteil des Gastgebers. Vielmehr schließen sich jene selbst aus, die zwar zum Gastmahl eingeladen waren, aber aus den unterschiedlichsten Gründen nicht daran teilnehmen wollten. Erst nachdem die Erstgeladenen abgesagt haben, formuliert der lukanische Jesus in Luk 14,24 die Konsequenz für die Fernbleibenden: Der Gastgeber im Gleichnis ist auf sie nicht angewiesen. Er nimmt sich die Freiheit, sich anders zu entscheiden und macht mit den beiden folgenden Einladungen in Luk 14, 21.23 auch davon Gebrauch, d.h., „[w]enn die ursprünglichen Träger der Prärogative nicht frei und bereit für die Nachfolge sind, ruft Gott andere, von denen man es nicht erwartet hätte, zur Heilsveranstaltung.“547
545
Vgl. ECKART JOST, Art. kale,w, klh/sij, klhto,j, EWNT 2 (1981), 592–601; hier: 596. ERLEMANN, Bild Gottes, 175. 547 Ebd., 179. 546
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C. Einzeluntersuchungen
Im Kontext des dritten Evangeliums lässt sich nun zumindest für die zweite Gruppe der Gäste – die „Bettler, Krüppel, Blinde und Lahme“ – von Luk 4,18 und Luk 7,22 (vgl. Luk 14,13) her kommend – sagen, dass Lukas mit ihrer Einladung auf die mit Jesus gegenwärtige Heilszeit Gottes anspielt. Doch nicht nur im Kontext des Lukasevangeliums, sondern auch an ihrem Ursprungsort im Buch des Propheten Jesaja (vgl. Jes 29,18f.; 35,5f.) wird deutlich, dass diese charakteristische Aufzählung mit der Verheißung von Gottes Heil in engem Zusammenhang steht. Wen sich Lukas konkret unter den Stereotypen der zweiten Gruppe vorgestellt hat, darüber gibt der Evangelist in Luk 5,32 selbst Auskunft: Die a`martwloi,, von denen Lukas uns im Verlauf seines Evangeliums einige vorstellt. Gemeint sind jene, die aus der Mitte des Bundesvolkes Israel ausgeschlossen wurden, sei es, wie die Zöllner Levi (Luk 5,27ff.) und Zachäus (Luk 19,1ff.) aufgrund ihrer unrühmlichen beruflichen Tätigkeit oder aufgrund ihrer fehlenden körperlichen oder vermeintlich religiösen Integrität wie der Aussätzige in Luk 5,12ff. oder der Samariter in dem Gleichnis Luk 10,30ff.548 Im Umkehrschluss liegt es dann nahe, die zuerst Geladenen mit denen zu identifizieren, die sich von Abraham her ursprünglich für die eigentlichen und rechtmäßigen Bundesgenossen JHWHs halten: Die „rechtgläubigen Juden“.549 Stellvertretend für sie stehen in allen synoptischen Evangelien vor allem die „Pharisäer und Schriftgelehrten“.550 Wie bei Matthäus und Markus geraten sie auch bei Lukas in die Kritik, weil sie mit ihrem auf Äußerlichkeiten bedachtes Verhalten ihr eigenes Heil verwirken und zudem auch das Volk irreleiten (vgl. Luk 12,37–54; 20,45–47 par. Mt 23,1–36; 18,10–14).
548
Vgl. auch BÖSEN, Jesusmahl, 107f. In ihrer offenbar allzu sicheren Haltung kritisiert und zur Umkehr aufgefordert werden die „Kinder Abrahams“ bereits in der Predigt Johannes des Täufers in Luk 3,8. 550 Vgl. BÖSEN ebd., 107f. Bei diesen schematischen Zuweisungen von Personengruppen, die im Lukasevangelium genannt werden, an die unterschiedlichen Gruppen von Gästen innerhalb des Gleichnisses darf hingegen nicht der Eindruck entstehen, Lukas habe hier wirklich nur bestimmte Menschengruppen innerhalb und außerhalb Israels im Blick gehabt. Letztlich geht es ihm um Juden und „Heiden“ in ihrer Gesamtheit. Sie alle sind angesprochen und vor die Entscheidung gestellt, was augenscheinlich einen historischen Erfahrungshorizont der lukanischen Gemeinde(n) widerspiegelt, wie HANS WEDER, Gleichnisse Jesu, 192, meint: „Damit erhält die Parabel Bezüge zu den geschichtlichen Erfahrungen der Gemeinde: die Qualifikation der Zweitgeladenen (V. 21) reflektiert die Missionserfahrungen der Gemeinde, die dritte Einladung (V. 22f) den Übergang von der Juden- zur Heidenmission [wobei dieser Übergang bei Lukas an keiner Stelle zum endgültigen Heilsausschluss Israels führt!].“ Besonders die zweite Hälfte der Apostelgeschichte gibt über die urchristlichen Missionsbestrebungen ein beredtes Zeugnis. Zudem würde eine Differenzierung in dieser Art das Phänomen der doppelten Einbestellung von Ersatzgästen im lukanischen Gastmahlgleichnis plausibel erklären; vgl. HARNISCH, Gleichniserzählungen, 237. 549
VII. Das große Gastmahl Luk 14,15.16–24
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Mit der letzten Gruppe der Eingeladenen – jene von den „Wegen und Zäunen“ (V. 23) also – können vor allem aus der Perspektive der Apostelgeschichte her gesehen m.E. nur noch die „Heiden“ gemeint sein. Auch ihre Geschichten nimmt Lukas auf und kennt ihre Protagonisten z.T. auch mit Namen. Zu ihnen gehören beispielsweise der e`katonta,rchj aus Luk 7,1ff., Kornelius aus Apg 10,1ff. und die Purpurhändlerin Lydia aus Philippi aus Apg 16,14ff. Der Ausschluss derer, die absagen, und die Einladung an die „Zaungäste und Wegelagerer“ zeigen nun aber deutlich, dass für Lukas eine ererbte Heilsgewissheit völlig aufgehoben ist. Juden und „Heiden“ sind ihm zufolge gleichermaßen würdig, am endzeitlichen Mahl Gottes teilzunehmen. Gottes Wille ist es, so verstehe ich den Verfasser von Luk/Apg, allen Anteil am Heil zu geben. Kann Israel als einstiges Bundesvolk auf die Heilsteilhabe somit keinen erblichen Anspruch mehr erheben, liegt es fortan allein in der Entscheidungsfreiheit der Einzelnen, seien sie Juden oder „Heiden“, Gottes Heil zu erlangen. Erlemann kommt diesbezüglich zu dem Schluss: „Der Erwählungsvorzug ist kein Habitus, sondern kann wieder entzogen werden. Die Teilnahme [am Endzeitmahl] hängt wesentlich von der Klugheit der Gäste ab.“551 Auch dieses Gleichnis endet wie schon das Feigenbaumgleichnis Luk 13,6–9 völlig offen. Wie die redaktionskritische Betrachtung gezeigt hat, ist diese Offenheit vom dritten Evangelisten beabsichtigt. Der Schluss von V. 23 besagt, dass das Haus noch nicht voll sei. Zuvor stellt der Knecht gegenüber dem Gastgeber fest: kai. e;ti to,poj evsti,n (V. 22). Ähnlich wie in Luk 13,8 ist also auch im lukanischen Gastmahlgleichnis noch ein Zeitfenster geöffnet, das es zu nutzen gilt, denn irgendwann wird das Haus voll sein und niemanden mehr aufnehmen. Wer dann noch kommt, kommt definitiv zu spät. Es ist also Eile geboten und eine persönliche Entscheidung gefordert (vgl. Luk 13,23–27), um beim endzeitlichen Freudenmahl Gottes dabei zu sein. Ob der Gastgeber des Gleichnisses sein Ziel erreicht, den Festsaal zu füllen, thematisiert Lukas nicht mehr. Klar ist ihm jedoch: Es wird noch Zeit brauchen! Damit steht innerhalb des Gleichnisses im Ganzen und vor allem in seiner Schlusssentenz in V. 24 sein appellativer Charakter im Vordergrund, wie wir ihn auch schon in anderen Texten wahrgenommen haben. „Stellt nicht Fragen nach der Zahl [vgl. Luk 13,23], sondern bemüht euch, dabei zu sein“, so formuliert Erlemann den Aufruf des dritten Evangelisten an seine Adressaten.552 Das Gastmahlgleichnis will aufrütteln und dazu bewegen, sich ohne zu zögern voll und ganz in die Nachfolge Jesu zu begeben. Die Gegenwart qualifiziert Lukas auch im Gastmahlgleichnis zur Entscheidungszeit.
551
HARNISCH, Gleichniserzählungen, 190. HANS KLEIN, Botschaft für viele – Nachfolge von wenigen. Überlegungen zu Lk 14,15–35, EvTh 57 (1997), 427–437; hier: 436. 552
212
C. Einzeluntersuchungen
§ 4 Zusammenfassung und Ertrag Dem Gleichnis vom Gastmahl in Luk 14,15.16–24 und dessen Parallelüberlieferung in Mt 22,1–14 liegt eine gemeinsame Q-Tradition zugrunde.553 Lukas hat seine Vorlage im Wortlaut nur geringfügig, in der Sache aber nicht unerheblich verändert, indem er mit Luk 14,21 unter Rückgriff auf Jes 29,18f. und 35,5f. eine zweite Einladung einfügt sowie in V. 22c auf weitere freie Plätze beim Gastmahl hinweist. Darüber hinaus ändert er in V. 23c das traditionelle evplh,sth| in gemisqh|/, um der nach wie vor in Geltung stehenden Teilnahmemöglichkeit am Gastmahl Ausdruck zu verleihen. Aus der Tradition übernimmt Lukas nicht nur für das Gleichnis selbst, sondern auch für den erzählerischen Rahmen das Gastmahlmotiv. Dei/pna sind sowohl unter Griechen und Römern als auch innerhalb der wohlhabenden jüdischen Bevölkerung im 1. Jh. n. Chr. weit verbreitet. Auch Paulus lässt in 1. Kor 11,20f. keinen Zweifel daran, dass die frühen Christen regelmäßig zu solchen Gastmählern zusammen kamen. Bei diesen Treffen wurde offensichtlich auch ein kuriako.n dei/pnon gefeiert, das aller Wahrscheinlichkeit nach an Jesu letztes Abendmahl anknüpfte und das endzeitliche Freudenmahl im Reich Gottes vorabbildete. Letzteres ist auch in der alttestamentlichen Prophetie verwurzelt, in der allerdings nicht Israel allein als Bundesvolk, sondern alle Völker zum Gemeinschaftsmahl mit JHWH geladen werden (Zeph 1,7; Ps 23,5; Jes 25,6ff.; 65,13). Das Mahlmotiv mit JHWH als Gastgeber hat folglich von der alttestamentlichen Prophetie herkommend ursprünglich schon einen eschatologischen Bezug. Lukas selbst verwendet es in diesem Bedeutungshorizont in seinem Werk nur hier in Luk 14,15.16–24. Es kann ferner festgestellt werden, dass der dritte Evangelist diesen eschatologischen Hintergrund über V. 15 bewusst aufruft und das Gleichnis zusammen mit der Ausschlussklausel in V. 24 zu einer definitiven Aussage über heilvolle Erwählung einerseits und unheilvollem Ausschluss der nicht am Mahl Teilnehmenden andererseits ausgestaltet.554 Gegenüber der matthäischen Parallele ist für Lukas noch besonders erwähnenswert, dass in seiner Fassung immer noch Platz im Hause des ku,rioj ist und somit noch jedem und jeder Eingeladenen eine Zeit lang die Möglichkeit bleibt, der Einladung zu folgen. Hierbei zeigt sich – anders als beispielsweise in der jesajanischen Tradition vom endzeitlichen Freudenmahl – bei Matthäus und bei Lukas die starke Tendenz zur Individualisierung von Heil und Unheil. Nicht mehr die Zugehörigkeit zu einem bestimmten Volk – vor allem zu Israel – ist für das endzeitliche 553
Möglicherweise diente Q 14,16–24 auch der außerbiblischen Parallele EvThom 64 als Vorlage und wurde von den Verfassern des Thomasevangeliums entsprechend bearbeitet. 554 Die Situation derer, die draußen bleiben müssen, entwirft Lukas, wie wir gesehen haben, bereits in Luk 13,25ff.
VIII. Wider Erwarten? Postmortale Wendungen in Luk 16,19–31
213
Schicksal entscheidend, sondern die je eigene Entscheidung über Annahme oder Ablehnung der Einladung zum künftigen Freudenmahl im Haus des ku,rioj. Eine ererbte Heilsgewissheit ist für Lukas somit obsolet geworden. Die Einleitung mit le,gw ga.r u`mi/n in V. 24 sowie die Verwendung des ku,rioj-Titels zur Bezeichnung des Gastgebers in V. 22ff. legen m.E. den Schluss nahe, dass für den dritten Evangelisten Jesus der Einladende ist, der damit auch die Gastgeberrolle einnimmt. Den „Knecht“ innerhalb des Gleichnisses allegorisch deuten zu wollen, trägt dagegen nichts aus. Er erscheint im Erzählverlauf lediglich als Statist, der die Anweisungen seines Herrn in die Tat umsetzt. Dass der Gastgeber trotz seines Zornes über die zahlreichen Absagen seiner zuerst geladenen Gäste die Tür zum Festsaal weiterhin offen hält, ist für die Interpretation des Textes im Rahmen des Lukasevangeliums bedeutsam. Die Entscheidungsfreiheit und die Verantwortung gibt er vollständig an die Geladenen ab. Ob der/die Einzelne am Gastmahl bzw. am eschatologischen Freudenmahl teilnehmen wird, liegt ganz allein bei ihm/ihr. Mit der redaktionellen Einfügung von h;dh und der Zeitangabe th/| w[ra| tou/ dei,pnou in V. 17 macht Lukas deutlich, dass der Augenblick bereits da ist, an dem das Gastmahl beginnen soll. Ein weiterer Aufschub wird nicht in Betracht gezogen. Es findet statt, wenn auch mit anderen Gästen – ein Hinweis darauf, dass sich für Lukas mit dem Auftreten Jesu als dem zu Gottes Heil Einladendem dieses Heil selbst schon zu realisieren begonnen hat, obgleich es sich erst in der Zukunft vollenden wird (vgl. V. 23c). Die negative Entscheidung der zuerst geladenen Gäste duldet jedenfalls keinerlei Verzögerung des Gastmahles mehr. Über die Deutung der drei Kategorien von „Gästen“ in Luk 14,16ff. lassen sich viele Vermutungen anstellen. Spezifisch lukanisch ist die Einfügung derer von den Straßen und Gassen der Stadt (Luk 14,21). Diese zweite Gruppe von „Gästen“ meint unter Aufnahme einer charakteristischen Aufzählung aus Jes 29,18f.; 35,5f. jene, die aus der Mitte Israels aus unterschiedlichen Gründen ausgeschlossen wurden. Mit der dritten und letzten Gruppe meint Lukas offensichtlich die „Heiden“. Mit ihrer Einladung weist er bereits auf die Mission außerhalb Israels hin, von der Lukas dann in der Apg ausführlich berichtet. Wie das Feigenbaumgleichnis in Luk 13,6–9 endet auch das Gastmahlgleichnis im Ergebnis offen. Obgleich der Ausschluss vom Heil für jene, die der Einladung nicht folgen, als Konsequenz unmissverständlich artikuliert wird, können doch immer noch andere Gäste eintreten, „damit das Haus des Herrn voll werde“.
VIII. Wider Erwarten? Postmortale Wendungen in Luk 16,19–31 VIII. Wider Erwarten? Postmortale Wendungen in Luk 16,19–31
Im Rahmen unserer Untersuchung des Motivs vom Gericht Gottes im Lukasevangelium stoßen wir in Luk 16,19–31 auf einen Text, der offenbar ganz kon-
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C. Einzeluntersuchungen
kret ins Bild setzt, wie sich Lukas die Konsequenzen für den Einzelnen unmittelbar nach dessen Tod vorgestellt haben mag. Am Beispiel eines Reichen und eines Armen wird hier durchgespielt, wie sich die irdischen Realitäten der beiden an zwei unterschiedlichen jenseitigen Orten umkehren werden. Hat der Reiche bisher in „Saus und Braus“ gelebt und den Armen vor seiner Tür gar nicht wahrgenommen, so erfährt er nun nach seinem Tod im Hades die Strafe für seine Versäumnisse. Der Arme hingegen, der zeit seines Lebens an Körper und Geist gequält und gepeinigt war, erfährt in „Abrahams Schoß“ jene Geborgenheit, die ihm im irdischen Dasein versagt geblieben war. Auffällig ist an dieser Geschichte zunächst, dass von einem Gerichtshandeln Gottes nicht direkt die Rede ist. Erst die Zuweisung der beiden Protagonisten an ihre unterschiedlichen Aufenhaltsorte im Jenseits lassen ein zuvor ergangenes göttliches Gerichtsurteil vermuten, das – im Unterschied zu einem endzeitlichen Gottesgericht, wie es uns bisher bei Lukas begegnet ist – jedoch unmittelbar nach dem individuellen Tod gesprochen worden sein muss. Zudem haben wir mit dieser Beispielerzählung in Luk 16,19–31 die einzige Konkretion dieser Art innerhalb des Neuen Testaments, und man kann fragen, warum ausgerechnet Lukas sie in sein Evangelium aufgenommen hat. Neben dieser und anderen Fragen, die der Text, die in ihm enthaltenen Motive und deren Interpretation innerhalb des Lukasevangeliums aufwirft, stellt sich hier auch die vordringliche Frage an Lukas, wie sich das hier geschilderte individuelle Schicksal des Einzelnen als Belohnung bzw. Bestrafung unmittelbar nach seinem Tod zum universalen Gericht Gottes am „Ende der Tage“ verhält, von dem ja zuvor bislang die Rede war. Hat Lukas etwa eine Art Zwischenzustand vor Augen, in dem die Verstorbenen bis zu ihrem endzeitlichen Gottesurteil verbleiben? Bringt dann das Endgericht vielleicht noch einmal eine heilvolle Wende, nachdem ein bestimmtes Strafmaß abgebüßt worden ist? Oder ist es lediglich eine letzte Bestätigung dessen, was bereits gleich nach dem Tod des Menschen entschieden wurde? § 1 Text und Textkritik, Gattungsbestimmung und Verortung im Kontext 19 Es war einmal555 ein reicher Mann556, der kleidete sich mit Purpur und Byssus und vergnügte sich jeden Tag prächtig. 20 Und es war ein Bettler mit Namen Lazarus, der lag 555
Zu V. 19 liefern D sowie weitere Zeugen eine andere Einleitung: Ei;pen de. kai. e`te,ran parabolh,n. 556 Pap. Bodmer und die sahidische Überlieferung geben dem Reichen parallel zum armen Lazarus einen Namen. Der Papyrus ergänzt ovno,mati Neu,hj, in den sahidischen Schriften heißt es: cui nomen Nineue. Diese und weitere Handschriften aus dem 3. und 4. Jh. n. Chr. zeigen folglich das Bestreben der Schreiber, den Reichen nicht namenlos zu lassen. Neben Neves finden sich auch noch folgende Namen: Phineas, Finaeus, Phineus, oder auch Amonofis; vgl. BRUCE M. METZGER, A textual Commentary on the greek New Testament, 2. Aufl., Stuttgart 1994, 165f.; JOHANNES HINTZEN, Verkündigung und Wahrnehmung. Über das Verhältnis von Evangelium und Leser am Beispiel Lk 16,19–31 im Rahmen des
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mit Geschwüren bedeckt vor seinem Eingangstor 21 und wollte sich von dem557 sättigen, was vom Tisch des Reichen herunterfiel. Auch die Hunde kamen und leckten seine Geschwüre. 22 Es geschah aber, dass der Arme starb, und er wurde weggeführt von den Engeln an die Brust Abrahams. Und auch der Reiche starb und wurde begraben. 23 Und als er im Hades von Martern gequält seine Augen emporhob, sah er Abraham von Ferne und Lazarus an seiner Brust558. 24 Und er rief: Vater Abraham, erbarme dich meiner und sende Lazarus, damit er die Spitze seines Fingers ins Wasser tauche und meine Zunge erfrische, denn ich erleide Schmerzen in dieser Flamme. 25 Abraham aber sprach: Mein Sohn, erinnere dich, dass du die guten Dinge in deinem Leben empfangen hast, und Lazarus entsprechend die schlechten; nun aber wird er hier getröstet, du aber leidest Schmerzen. 26 Außerdem ist ein großer klaffender Spalt zwischen uns und euch eingelassen worden, damit jene, die von hier zu euch übersetzen wollen, es nicht können, und auch nicht jene, die von dort zu uns übersetzen wollen. 27 Er aber sprach: Ich bitte dich also, Vater, dass du ihn in das Haus meines Vaters sendest, 28 ich habe nämlich fünf Brüder, dass er ihnen dringend zuredet, damit sie nicht auch an diesen Ort der Folter kommen. 29 Abraham aber sprach: Sie haben Mose und die Propheten. Die sollen sie hören. 30 Er aber sprach: Nein, Vater Abraham, sondern wenn einer von den Toten zu ihnen zurückkehrte559, werden sie umkehren. 31 Er aber sprach zu ihm: Wenn sie Mose und die Propheten nicht hören, werden sie sich auch nicht überzeugen lassen560, wenn einer von den Toten auferstünde561.
Der Text Luk 16,19–31 umfasst zwei Hauptteile, die über V. 22 miteinander verbunden sind. Als Gliederung562 schlage ich daher vor: V. 19–21 Exposition V. 19 Der Reiche V. 20–21 Der arme Lazarus lukanischen Doppelwerkes, BBB 81, Frankfurt/M. 1991, 79ff.; HEININGER, Metaphorik, 181 Anm. 5; LOUIS TH. LEFORT, Le nom di mauvais riche (Lc 16,19) et la tradition copte, ZNW 37 (1938), 65–72, sowie KENDRICK GROBEL, „… Whose name is Neves“, NTS 10 (1963/64), 373–382, hier besonders das Schaubild auf S. 377. 557 Wohl unter dem Einfluss von Mk 7,28 und Mt 15,27 sowie zur größeren Anschaulichkeit ergänzen zahlreiche Handschriften tw/n yici,wn. Ursprünglich werden die Worte wohl nicht in der Quelle des Lukas gestanden haben, da der Ausdruck yici,on ausschließlich im Kontext der Erzählung von der Syrophönizierin Mk 7,24–30 par. Mt 15,21–28 auftaucht. Diese hat im Lukasevangelium keine Parallele. Wahrscheinlich ist der Begriff zu einem späteren Zeitpunkt von dort aus auch in die Überlieferung der lukanischen Lazarusperikope gekommen. 558 D und Q ergänzen hier avnapauome,non. 559 Bezug zur Auferstehungsbotschaft nehmen Pap. Bodmer, a und 579, wenn sie statt poreuqh|/ an dieser Stelle evgerqh|/ bzw. avnasqh/| verwenden. 560 Statt peiqh,sontai liest D an dieser Stelle pisteu,sousin. 561 Auch hier gibt es alternative, doch im Wesentlichen sinngleiche Lesarten: evgerqh|/ in Pap. Bodmer und 579, avnasqh|/ kai. avpelqh|/ pro.j auvtou,j in D u.a. sowie einfaches avpelqh|/ in W u.a. 562 Die Gliederung lehnt sich an HEININGER ebd., 178, an. Ähnlich auch BOVON, Evangelium nach Lukas III/3, 111, dessen dreimal sich wiederholendes Gesprächsschema „Bitte/Verweigerung“ im letzten Teil jedoch nicht aufgeht, da der Reiche in V. 30 keine dritte Bitte mehr formuliert, die ihm Abraham in V. 31 verweigern könnte.
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C. Einzeluntersuchungen
V. 22 Sterbenotizen/Umkehrung der Ausgangssituation V. 23–31 Gespräch zwischen dem Reichen und Abraham V. 23
Zwei Welten: Der Reiche im Hades und Lazarus an Abrahams Brust V. 24–26 Erste Bitte des Reichen/Erste Reaktion Abrahams V. 27–29 Zweite Bitte des Reichen/Zweite Reaktion Abrahams V. 30–31 Zusicherung des Reichen/Antwort Abrahams
In der Frage, welcher Gattung Luk 16,19–31 zuzuordnen ist, werden in der älteren Literatur vor allem zwei Möglichkeiten in Erwägung gezogen: Joachim Jeremias zählt Luk 16,19ff. zu den Gleichnissen.563 Adolf Jülicher ordnet den Textabschnitt unter die Beispielerzählungen ein.564 Da die Geschichte anders als beispielsweise in den Abschnitten vom unfruchtbaren Feigenbaum (Luk 13,6–9) oder vom großen Gastmahl (Luk 14,15–24) keine metaphorische Redeweise enthält, die in einem zweiten Schritt auf die jeweilige Realität zu deuten wäre (vgl. auch das Gleichnis vom Sämann Luk 8,4–15 par.), auch keine konkrete Vergleichsformel wie in den Reich-Gottes-Gleichnissen (vgl. Luk 13, 18.20 par.), halte ich Jülichers Vorschlag zur Gattungsbestimmung für treffender. Am Beispiel zweier Protagonisten will Lukas ganz konkret zeigen, wie sich das Jenseits bei bestimmten diesseitigen Lebensstilen einst gestalten wird. Es ist davon auszugehen, dass er diese hier geschilderten postmortalen Schicksale auch ganz real erwartet und sie nicht metaphorisch verstanden wissen will. Der Makrokontext von Luk 16,19ff. bildet immer noch Jesu Wanderung nach Jerusalem, in den Lukas eine ganze Reihe von Redestoffen vor ganz unterschiedlichem Publikum sowie einige Heilungsgeschichten eingestellt hat. In Luk 15 sind unmittelbar die Gleichnisse vom Verlorenen vor Pharisäern, Schriftgelehrten, „Zöllnern und Sündern“ der Erzählung vom Reichen Mann und Lazarus vorausgegangen. Mit Luk 16,1a beginnt nun ein neuer Redeteil – diesmal an die Jünger gerichtet. An seinem Anfang steht die Erzählung vom eigenmächtigen Verwalter (Luk 16,1b–9), der nach seiner Entlassung den Schuldnern seines ehemaligen Herrn Teile ihrer Schulden streicht. Daran schließen sich die Lehre von der pi,stij an (Luk 16,10–13), gefolgt von einer Rede wiederum an die Pharisäer, die deren Selbstrechtfertigungsbestreben anprangert (Luk 16,14f.) und an die Beständigkeit des Gesetzes erinnert (Luk 16,16–18). Die unvermittelt einsetzende Erzählung vom Reichen Mann und armen Lazarus (Luk 16,19ff.) schließt Kapitel 16 ab. Mit Luk 17,1 wird dann die Rede an die Jünger aus Luk 16,1 weitergeführt. 563
Vgl. JEREMIAS, Gleichnisse, 181.185.242. Vgl. JÜLICHER, Gleichnisreden II, 585.641. Gefolgt sind ihm darin in neuerer Zeit BOVON, Evangelium nach Lukas III/3, 112; KURT ERLEMANN, Gleichnisauslegung. Ein Lehr- und Arbeitsbuch, UTB 2093, Tübingen/Basel 1999, 240f., und LEHTIPUU, Afterlife Imagery, 6 Anm. 16. 564
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Die Lektüre von Luk 16 zeigt, dass es vornehmlich um irdischen Besitz und um den achtsamen Umgang damit geht. Jesus mahnt auch an, dass es unmöglich sei, Gott und dem „Mammon“ gleichzeitig zu dienen (Luk 16,13 par. Mt 6,24). Zudem verweist Jesus auf das Gesetz, dessen Bedeutung trotz seines Kommens nach wie vor ungebrochen sei (Luk 16,17 par. Mt 5,18). Diese drei Aspekte werden am Schluss in unserer Beispielerzählung aufgegriffen und illustriert: Der an Gütern reiche Mann setzt seinen Besitz nicht zum Wohle des Armen ein, wie es das Gesetz fordert (Lev 19,9f.; 23,22; vgl. auch Dtn 24,19– 22). Er übersieht einfach die Not des Lazarus, an den ihn doch das Gesetz – z.B. im Gebot der Nächstenliebe in Lev 19,18b – verweist. Damit lädt der Reiche große Schuld auf sich, denn er missachtet die Forderungen des Gesetzes, indem er sie weder hört noch tut. Seine Brüder sind ihm offenbar ähnlich, weil auch sie sich nicht an „Mose und die Propheten“ halten. So droht auch ihnen die Strafe, die der reiche Mann nun bereits verbüßen muss. Es bleibt jedoch bei Lukas nicht allein auf dieser ethisch-moralischen Ebene. Wie mit dem Hinweis eines Mahlteilnehmers am Tisch des Pharisäers auf das Reich Gottes in Luk 15,1 eine bisher rein diesseitig geführte Debatte um die Auswahl der Gäste und deren Rangordnung auf das Thema der Nachfolge Jesu hin transzendiert wurde (vgl. Luk 15,16–24), so geschieht m.E. Ähnliches in Luk 16. Denn die beiden Erzählteile von dem Verwalter auf der einen sowie vom Reichen und Lazarus auf der anderen Seite sind miteinander verknüpft über die Rede von der Treue in Luk 16,10–13. Wenn es in Luk 16,10 heißt: ~O pisto.j evn evlaci,stw| kai. evn pollw/| pisto,j evstin( kai. o` evn evlaci,stw| a;dikoj kai. evn pollw/| a;diko,j evstin,
und wenn in V. 11 von to. avlhqino,n die Rede ist, dann scheint mir mit polu,j und avlhqino,n dasjenige ausgedrückt, auf das Lukas eigentlich hinaus will: Auf das „Große und Wahre“, auf Gottes Bund mit seinem Volk und Gottes Heilswillen für sein Volk, die im Gesetz manifest geworden sind, zu denen die alttestamentlichen Propheten Israel stets zurückgerufen haben und zu deren Erneuerung nun mit Jesus ein neues Kapitel beginnt (Luk 16,16).565 Doch wer schon zuvor „Mose und die Propheten“ nicht gehört hat, der wird sich auch nicht vom Heil Gottes in Jesus überzeugen lassen (Luk 16,31) und folglich ebenso wie der Reiche „zur Hölle fahren“. Sowohl der materielle Besitz und der rechte Umgang damit als auch der Heilsbesitz und der Umgang mit ihm bilden den roten Faden in Luk 16, an dem der dritte Evangelist die Texte aufreiht.
565
Bereits in Luk 11,31c.32c wird im Blick auf Jesus von einem „mehr als“ (plei/on + Gen.) gesprochen.
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C. Einzeluntersuchungen
§ 2 Literar- und redaktionskritische Analyse Die literarkritische Grundfrage, die an Luk 16,19–31 immer wieder gestellt wird, ist die nach seiner einheitlichen Ursprungsüberlieferung. Umfasste der von Lukas aufgenommene Sonderguttext die Erzählung in V. 19–26 und den Dialog zwischen dem Reichen und Abraham in V. 27–31? Oder ist letzterer vom dritten Evangelisten nachträglich an die Erzählung angehängt worden? Bovon spricht hier gar von einer vorlukanischen Erweiterung einer Ursprungserzählung in den V. 19–26 um den Dialog in den V. 27–29, an die dann Lukas wiederum die V. 30f. mit dem Umkehr- und Auferstehungsmotiv angehängt habe.566 Für ein sukzessives Textwachstum spricht zunächst, dass die Erzählung mit ihrem Ende in V. 26 ein abgeschlossener, aus sich heraus verstehbarer Abschnitt ist. Der an die Erzählung anschließende Wortwechsel in V. 27ff. trägt ein neues Motiv – das Hören auf Mose und die Propheten – ein. Auch er bildet mit dem Abschluss in V. 29 eine sinnvolle Einheit, die der V. 30f. nicht bedarf. Gleichzeitig sind aber keine deutlichen Signale im Text vorhanden, die einen Neuansatz wahrscheinlich machen. Das ei=pen de, in V. 27 wie auch das o` de. ei=pen in V. 30 sind bestenfalls schwache Indizien dafür, dass der Dialog sukzessive an die Erzählung angehängt wurde. Auch das Argument, dass die V. 27–31 wenig inhaltliche Verbindung zum Vorhergehenden hätten und somit nicht ursprünglich zur Erzählung gehört haben können567, ist für sich genommen nicht überzeugend, da sowohl die Protagonisten Abraham und der reiche Mann als auch die Situation und der Ort der Begebenheit in beiden Textteilen identisch bleiben. Es ist aber auch nicht zu übersehen, dass die Thematik der verschiedenen jenseitigen Schicksale gedanklich fortgeschrieben und weiterentwickelt wird von der Erklärung der Situation des Einzelnen nach seinem Tod über die Bitte im Hinblick auf die noch Lebenden bis hin zu den Mitteln, einem Ende in Schmerzen vorzubeugen, nämlich „Mose und die Propheten hören“ bzw. „sich von der Auferstehung Jesu überzeugen lassen“. Dieser Gedankenfortschritt innerhalb von Luk 16,19ff. kann, muss aber kein Indiz dafür sein, dass eine Anfangserzählung in Luk 16,19–26 in ein oder zwei Schritten erweitert wurde. Outi Lehtipuu zieht vergleichend die Erzählung vom Verlorenen Sohn in Luk 15,11–32 heran, wo die Erzählung auch in einen Dialog einmündet, und resümiert wie folgt: „Its [die Beispielerzählung vom Verlorenen Sohn Luk 15,11ff.] unity has also been questioned. The description of the fate and the return of the prodigal (vv. 11–24) changes into a dialogue between the father and the older son (vv. 25–32). In that story, too, the protagonist of the first part practically disappears from the second part. The prodigal becomes the subject 566 Vgl. BOVON, Evangelium nach Lukas III/3, 112; vgl. auch in aller Ausführlichkeit HINTZEN, Verkündigung, 271–334. 567 Vgl. JÜLICHER, Gleichnisreden II, 638f.
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of the dialogue between the father and the elder son in a similar way to the poor man in the Rich Man and Lazarus. Yet the Prodigal Son must be understood as an original whole: if the second part were only an addition, there would have been no need to begin the story with the mention of two sons. Even though there are no such clear markers of unity in the Rich Man and Lazarus, there are no serious objections against its unity, either.“568 Manches spricht also für die Einheitlichkeit und innere Konsistenz des Textes, wie sie auch Franz Schnider und Werner Stenger in ihrem Aufsatz zu Luk 16,19ff. nachzuweisen versucht haben.569 Ein Argument für ein sukzessives Textwachstum ist jedoch, dass sich für die Erzählung in Luk 16,19–26 innerhalb des jüdischen wie auch des hellenistischrömischen Schrifttums zahlreiche Parallelen finden lassen570, für den anschließenden Dialogteil in den V. 27ff. dagegen nicht. Zudem enthält letzterer sprachliche und inhaltliche Merkmale, die auf besondere Weise auf Lukas hindeuten: z.B. „[…] sein Interesse an meta,noia und Reichtumsparänese […], überdies lassen sich einige Lukanismen ausmachen. Formal zeigt sich wieder seine [des Lukas] Vorliebe für die direkte Rede.“571 Dieses Argument sowie die oben angezeigten Schlusspunkte, die man nach den V. 26.29.31 setzen kann, machen es m.E. wahrscheinlicher, dass eine Erzählung aus dem Sondergut des Lukas (Luk 16,19–26) am Anfang gestanden hat, die von mindestens einer weiteren Hand um den Dialogteil in Luk 16,27– 31 ergänzt wurde, um so die anfängliche Beispielerzählung mit den weiteren Aspekten „Hören auf Mose und die Propheten“ und „Auferstehung von den Toten“ fortzuschreiben und ihr damit eine neue Aussagerichtung zu geben. Zum Nachweis einer in den V. 19–26 vorgegebenen Tradition verweist Bernhard Heininger auf eine auffallend lange Reihe von im Neuen Testament selten vorkommenden Wörtern und einigen Hapaxlegomena572: evndidu,skw (2), porfu,ra (4), bu,ssoj (1), lamprw/j (1), e`lko,omai (1), e[lkoj (3), evpilei,cw (1), avpofe,rw (6), ko,lpoj (6), ba,sanoj (3), ba,ptw (4), a;kron (6), katayu,cw (1), flo,x (7), diabai,nw (3) und diapera,w (6). Die Statistik macht die Annahme wahrscheinlich, dass es sich bei der Erzählung vom reichen und armen Mann ganz offensichtlich um ein Traditionsstück handelt.
568
LEHTIPUU, Afterlife Imagery, 20. Vgl. FRANZ SCHNIDER/WERNER STENGER, Die offene Tür und die unüberschreitbare Kluft. Strukturanalytische Überlegungen zum Gleichnis vom reichen Mann und armen Lazarus (Lk 16,19–31), NTS 25 (1979), 273–283. Für die Einheitlichkeit des Stückes plädieren auch JEREMIAS, Gleichnisse, 182ff., und RONALD F. HOCK, Lazarus and Micyllus. Greco-Roman Backgrounds to Luke 16,19–31, JBL 106 (1987), 447–463; hier: 454. 570 S. unter § 3. 571 HEININGER, Metaphorik, 179; vgl. auch Anm. 8f. 572 Die in Klammern gesetzten Zahlen geben die Anzahl der Belege laut Computer-Konkordanz zum Nestle/Aland an. 569
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Die Wendung „Mose und die Propheten“ in den V. 29.31 ist dagegen als summarische Bezeichnung der alttestamentlichen Verkündigung ein Äquivalent zu Luk 16,16 (o` no,moj kai. oi` profh/tai) und hat im Verlauf des lukanischen Doppelwerkes ähnlich lautende Parallelen in Luk 24,27.44; Apg 26,22 und 28,23 (vgl. auch Apg 13,15; 24,14). Das besondere Interesse des dritten Evangelisten an der meta,noia ist in unserer Untersuchung bereits zur Sprache gekommen (vgl. Luk 3,3.8; 5,32; 15,7.10 u.ö.), ebenso seine Affinität zum „Hören“ (V. 29.31).573 Zudem ist der Gegensatz von Reich und Arm gerade im Lukasevangelium ein spezifischer Aspekt, den Lukas stärker als die anderen Evangelisten in den Blick nimmt.574 Denn „daß Gott bei den Armen ist und sie aus dem Elend befreien wird“575 (vgl. Luk 6,20), wird in der Geschichte vom reichen Mann und armen Lazarus beispielhaft illustriert. Diese Häufung lukanischer Eigenarten in dem kurzen Abschnitt Luk 16,27– 31 sowie der nachösterliche Hinweis auf die Auferstehung der Toten in V. 31 geben Jülicher576 Recht, der jene Verse als sekundären Zusatz zur Erzählung in Luk 16,19–26 betrachtet, der mit hoher Wahrscheinlichkeit vom dritten Evangelisten selbst stammt. Eindeutige Gründe, die V. 27–29 noch dem Verfasser des Sonderguts zuzuschreiben und somit als bereits vorlukanische Erweiterung anzusehen, wie es beispielsweise Bovon tut577, kann ich nicht finden. Lukas hat seine Sondergutvorlage in Luk 16,19–26 offenbar nur sehr sparsam überarbeitet und den traditionellen Grundbestand der Erzählung weitgehend unangetastet gelassen. Als sichere lukanische Ergänzungen wertet Johannes Hintzen lediglich das auvto.j fwnh,saj sowie das o[ti in V. 24.578 Die Einleitung von V. 22 mit evge,neto de, sowie die Zusätze evpa,raj tou.j ovfqalmou.j auvtou/, u`pa,rcwn und evn toi/j ko,lpoij auvtou/ in V. 23 könnten gleichsam auf die Redaktion des Lukas zurückgehen, ebenso gut aber auch zur Tradition gehören.579 Inhaltlich relevante Veränderungen hat der dritte Evangelist an seiner Vorlage also nicht vorgenommen. Als Ergebnis können wir festhalten: Luk 16,19–31 ist ein in zwei Stufen zu seiner Jetztgestalt angewachsener Text. Aus seinem Sondergut übernimmt Lukas zuerst die Erzählung vom reichen Mann und armen Lazarus (V. 19–26), die 573
Von den insgesamt 34 Belegstellen des Verbums metanoe,w befinden sich allein 14 in den lukanischen Schriften. Zur hervorgehobenen Stellung von avkou,ein vgl. Luk 1,66; 2,20; 4,23; 5,1; 10,16; 11,28; Apg 1,4; 13,7.44 u.ö.; s.o. C II § 4,2d. 574 Weherufe gegen die Reichen und Begüterten finden sich einzig in Luk 6,24–26, während die ptwcoi, in 6,20 seliggepriesen werden – anders in Mt 5,3, wo es heißt: Maka,rioi oi` ptwcoi. tw/| pneu,mati. Im Gegensatz zu Matthäus geht es Lukas also um die im ganz materiellen Sinne Armen. 575 HEININGER, Metaphorik, 190. 576 Vgl. JÜLICHER, Gleichnisreden II, 634.638. 577 BOVON, Evangelium des Lukas III/3, 113. 578 Vgl. HINTZEN, Verkündigung, 293.309. 579 Vgl. ebd., 291f.307.349.
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er im Wesentlichen nicht verändert. Ob die Zusätze in V. 23 auf ihn zurückgehen, muss offen bleiben. Ebenso gut könnten sie auch Bestandteil seiner Vorlage gewesen sein. Den anschließenden Dialog (V. 27–31) hat Lukas zu der vorangehenden Erzählung nachträglich hinzugefügt. In ihm finden sich spezifisch lukanische Themen wieder (Umkehr, Hören, Reich und Arm). Für die V. 27–29 einen anderen Autor als Lukas – möglicherweise den Verfasser des Sonderguts – anzunehmen, wie es gelegentlich in der Literatur vertreten wird, halte ich nicht für notwendig. Weder sprachlich noch inhaltlich lassen sich für eine redaktionelle Differenzierung zwischen den V. 27–29 und den V. 30–31 überzeugende Argumente finden. § 3 Traditionsgeschichtliche Überlegungen zu Luk 16,19–26.27–31 Die Herkunft der Erzählung vom reichen Mann und armen Lazarus hat die neutestamentliche Forschung immer wieder beschäftigt. Nachhaltige Wirkung hatte in dieser Frage die These Hugo Greßmanns, eine ägyptische Parallele – die Erzählung von Setme und Si-Osiris (ca. 1250 v. Chr.)580 – habe für Luk 16,19–26 Pate gestanden581: Einem Ägypter wurde erlaubt, aus dem Totenreich in sein irdisches Dasein mit dem Auftrag zurückzukehren, einen äthiopischen Zauberer aufzusuchen, der den ägyptischen Magiern als zu mächtig erschien. Der Auserwählte kehrte zurück als geheimnisvolles Kind Si-Osiris zu einem bisher kinderlos gebliebenen Paar, Setme und seiner Frau. Im Alter von zwölf Jahren besiegte Si-Osiris dann den verhassten äthiopischen Zauberer und kehrte wieder ins Totenreich zurück. Aus der Kinderzeit jenes Si-Osiris wird nun von folgender Begebenheit erzählt: Als der Vater Setme mit seinem Sohn zwei Beisetzungen beobachtete, sahen sie, wie bei der einen ein reicher Mann in prächtigen Kleidern und inmitten einer großen Trauergemeinde bestattet wurde, während man bei der anderen einen armen Mann ohne irgendwelche Zeremonien und ohne Trauergäste beigesetzt hat. Der Vater erklärte, er würde auch lieber eine solche Beisetzung haben wie die des Reichen als die des Armen. Doch Si-Osiris widersprach seinem Wunsch schnell, denn das Schicksal seines Vaters im Totenreich würde eher das des armen Mannes sein und nicht jenes des reichen. Und so nahm er ihn mit auf eine Reise in die sieben Hallen des Totenreichs, um ihm die Umkehrung der Geschicke im jenseitigen Leben zu zeigen. Die Erzählung, was in den ersten drei Hallen geschah, ist leider verloren gegangen. Von der vierten und fünften Halle aber wird berichtet, wie die Verstor580 Text in: FRANCIS L. GRIFFITH, Stories of the High Priests of Memphis. The Sethon of Herodotus and the Demotic Tales of Khamuas, Oxford 1900, 42ff. 581 Vgl. HUGO GRESSMANN, Vom reichen Mann und armen Lazarus. Eine literaturgeschichtliche Studie, APAW.PH 7, Berlin 1918, 1–91. Eine Auseinandersetzung mit Greßmanns These in neuerer Zeit führt RICHARD BAUCKHAM, The rich Man and Lazarus. The Parable and the Parallels, NTS 37 (1991), 225–246.
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benen in ihnen gepeinigt werden. In letzterer begegnen sie auch einem Reichen, der damit gestraft wurde, dass in dessen Auge die Angel der Tür zu dieser Halle befestigt war. In der sechsten Halle trafen die beiden Jenseitsreisenden auf die Götter und ihre Begleiter, und in der siebten wurden sie Zeugen des Totengerichts vor Osiris. Si-Osiris erklärte Setme jeweils, was sie sahen, nämlich die Schicksale dreier Klassen von Verstorbenen: Jene, dessen gute Taten die bösen Taten überwiegen, wie es bei dem armen Mann der Fall gewesen ist; jene, die mehr böse als gute Taten zählen wie bei dem reichen Mann; und zuletzt jene, dessen gute und böse Taten ausgeglichen sind. Die Erzählung von den zwei Begräbnissen und der Reise durch das Totenreich steht, wie gesagt, in einem größeren Textzusammenhang, ist jedoch von diesem relativ unabhängig. Es ist denkbar, dass sie einst ohne ihren jetzigen Kontext für sich als unabhängige Volkserzählung existiert hat.582 Doch nicht nur die Eigenständigkeit jener ägyptischen Erzählung hat Greßmann beschäftigt, sondern auch ihre Verbreitung in ganz unterschiedlichen Versionen innerhalb der jüdischen Literatur583, die aber kaum noch direkt etwas miteinander zu tun haben. Diese jüdischen Versionen sind auch nicht in einen größeren Erzählzusammenhang eingebunden wie die von Setme und Si-Osiris, was die Vermutung nachhaltig stützt, es handele sich bei ihr eher um frei überliefertes Volksgut.584 Vergleicht man die verschiedenen Erzählvarianten der Geschichte von Setme und Si-Osiris mit Luk 16,19ff., so wird hingegen schnell deutlich, dass sie von ihrer jeweiligen Handlung und Pointe her nur wenig miteinander zu tun haben. In der ägyptischen Erzählung und ihren jüdischen Parallelen geht es um das Prinzip, dass die Gerechten für ihre wenigen Sünden auf Erden bestraft werden (deshalb keine opulente Bestattung für den Armen), um im Jenseits volle Seligkeit zu empfangen, während die Bösen ihre Belohnung für ihre wenigen guten Taten bereits irdisch empfangen haben und nun im Jenseits nur noch Qualen erleiden müssen. Bei Lukas hingegen spielen die konkreten Taten der beiden Protagonisten als Maßstab für ihr jenseitiges Schicksal keine Rolle.585 An keiner Stelle der Erzählung Luk 16,19–26 wird auf das Handeln des Reichen bzw. des Armen eingegangen, ganz zu schweigen davon, dass es moralisch bewertet würde. Zwar wird auch hier die Umkehrung der Schicksale besonders betont. Diese wird jedoch in V. 25 lediglich mit der Tatsache des irdischen Lebensstils begründet.
582
Vgl. BAUCKHAM, Rich Man, 226. Im Talmud vgl. ySanh. 23c.30–41 = yHag. 77d, 42–54, in: GERD A. WEWERS, Übersetzung des Talmud Yerushalmi. Sanhedrin–Gerichtshof, Bd. IV/4, Tübingen 1981, 148. 584 BAUCKHAM ebd., 226f. 585 In V. 25 heißt es dementsprechend auch: ei=pen de. VAbraa,m\ te,knon( mnh,sqhti o[ti avpe,labej ta. avgaqa, sou evn th/| zwh/| sou( kai. La,zaroj o`moi,wj ta. kaka,\ nu/n de. w-de parakalei/tai( su. de. ovduna/saiÅ 583
VIII. Wider Erwarten? Postmortale Wendungen in Luk 16,19–31
223
Daneben aber bildet die Rede von der „Kluft“ zwischen den Jenseitswelten und die Unmöglichkeit, diese zu überwinden, einen eigenen Schwerpunkt, der sich in der von Greßmann angeführten ägyptischen Parallele zu Luk 16,19ff. nicht findet. Der Vergleich der beiden Texte586 lässt Richard Bauckham deshalb zu dem Schluss kommen: „This analysis must leave it in considerable doubt whether the Egyptian story was actually the source of the parable, as Greßmann argued and many have followed him in asserting. […] The parable, on the other hand, uses […] motifs differently. It does not tell the same story.”587 Eine Alternative zu Greßmanns These hat Ronald F. Hock vorgelegt, indem er die Vorbilder für Luk 16,19ff. in den Dialogen Lukians von Samosata, Gallus und Cataplus, und damit in der griechisch-römischen Literatur finden will.588 Beides sind Dialoge, in denen der arme Schuhflicker Micyllus (Gall. 14: ptwco,j) mit einem Reichen verglichen wird, obgleich der Reiche im Gallus und im Cataplus jeweils ein anderer ist.589 Der Gallus ist ein kynischer Sermon, ein Lobpreis auf die Armut, gefasst in einen Dialog zwischen Micyllus und einem Hahn. Der Unterweltsdialog Cataplus findet hingegen im Hades statt, in dem es den „Schuhflickern“ weit besser geht als den Königen. Micyllus ist zwar kein Bettler wie Lazarus, steht als Schuhflicker aber ähnlich wie jener ganz am Rand der Gesellschaft. Sie befinden sich also in einer ähnlichen, wenn auch nicht identischen Situation und haben einen gemeinsamen Erfahrungshorizont. So leben beispielsweise Micyllus und die Reichen jeweils in unmittelbarer Nachbarschaft miteinander (Gall. 14/Cat. 16). Und so wie Lazarus jene Dinge begehrt, die vom Tisch des reichen Mannes fallen (Luk 16,21), so berichtet Micyllus einerseits von dem Reichtum des Megapenthes, den er als Nachbar unmittelbar vor Augen hat, und der äußerst verführerisch auf ihn wirkt (Cat. 16), und andererseits von seinem Verlangen, Teil eines der opulenten Bankette des Eukrates zu sein (Gall. 9). Und wie zuletzt das Elend des Lazarus dadurch geschildert wird, dass sein Körper mit Geschwüren bedeckt ist und die Hunde ihn quälen (Luk 16,20f.), so wird dementsprechend von Micyllus berichtet, dass er die Geringschätzung und Beleidigungen der Reichen ertragen müsse (Gall. 14). Die sehr unterschiedlichen Situationen und Erfahrungen des reichen Mannes und des armen Lazarus in Luk 16,19ff. auf der einen, der Reichen und des Micyllus in Lukians Dialogen auf der anderen Seite kehren sich nun in dem 586
Vgl. BAUCKHAM, Rich Man, 227–229. Ebd. 229. 588 S. Anm. 569. 589 Im Gallus ist es zunächst Eukrates (Gall. 7). Später ist noch von dem einst armen Schuhflicker Simon die Rede, der durch eine Erbschaft ebenfalls zu großem Reichtum gekommen ist (Gall. 14), sowie zuletzt vom Geldverleiher Gnipho (Gall. 30; Cat. 17). Im Cataplus ist der Reiche durchgehend der Tyrann Megapenthes. 587
224
C. Einzeluntersuchungen
Augenblick um, als sie gestorben sind. Dabei sieht Hock vor allem in Teilen der Rede zwischen Megapenthes und Klotho, eine der drei Schicksalsgöttinnen, Parallelen zu dem Dialog zwischen dem Reichen und Abraham in Luk 16,24– 31. So bittet Megapenthes sie beispielsweise, in das Leben zurückkehren zu dürfen, um seinen Hausbau zu Ende zu bringen und seiner Frau Anweisungen zu geben, wo er noch weitere Schätze vergraben habe (Cat. 8). In Cat. 9 verspricht er die Stadtmauer und die Dockanlagen fertig zu bauen bzw. die Pisidier zu besiegen. Klotho dagegen lehnt trotz aller Bestechungsversuche des Megapenthes jedes seiner Ansinnen rigoros ab. Diese und weitere Parallelen zwischen Lukas und Lukian590 eröffnen für Hock einen weiteren Horizont, der über den Greßmannschen hinausgeht und der Welt des dritten Evangelisten noch näher liegt als die Geschichte von Setme und Si-Osiris in ihren unterschiedlichen Überlieferungen. Hock schreibt: „By seeing the parable as arising out of a traditional culture (rather than only a Jewish or Oriental one) I can include the whole of the Greco-Roman world. […] The parable, however, does not merely describe Lazarus and the rich man. It also takes a particular stance toward them and their social world, viewing their poverty and wealth in a specific way – one that found considerable clarification in the parallel story of Lucian’s Cataplus and therefore one that suggests the importance of Greco-Roman intellectual traditions and especially Cynic views on wealth and poverty for interpreting this parable and placing it in its rightful intellectual milieu.”591 Die Folgerung Hocks, für Luk 16,19ff. einen kynischen Hintergrund anzunehmen und die Erzählung von dort aus zu interpretieren, halte ich für zu weitreichend. Zwar sind, wie schon im Blick auf die ägyptische Parallele gezeigt wurde, einige Motive ähnlich, im konkreten Gebrauch dann aber auch wieder sehr anders. Ferner lässt Hock in seinen Ausführungen auch die Problematik der Chronologie völlig außer Acht: Lukian (120–180 n. Chr.) schreibt etwa zwei Generationen nach Lukas, was die Annahme einer ernstzunehmenden literarischen Parallelität gänzlich ad absurdum führt. Hocks Verdienst liegt jedoch m.E. vor allem darin, auf der Suche nach literarischen Vorgängern zu Luk 16,19–26 den Blick in die griechisch-römische Literatur ausgeweitet zu haben. Wir werden uns wohl damit zufrieden geben müssen, dass eine eindeutige Ableitung des Textes Luk 16,19–26 aus ein oder zwei antiken Parallelen nicht möglich ist. Demgegenüber ist aber der Vergleich der Motive des Lukastextes mit entsprechenden Texten aus dem griechisch-römischen Schrifttum, die sich mit Jenseitswelten und Jenseitsschicksalen, mit Reisen der Lebenden in das Totenreich und mit Rückkehrern aus demselben beschäftigen, durchaus erhellend. Aus diesem Grund propagiert Bauckham im Blick auf die traditionsgeschicht590 591
Für weitere Vergleichsmomente vgl. HOCK, Lazarus, 459–462. Ebd., 463.
VIII. Wider Erwarten? Postmortale Wendungen in Luk 16,19–31
225
lichen Hintergründe von Luk 16,19ff. folgendes Vorgehen: „In conclusion, it may be seen that the true significance of the parable emerges when attention is given to all available parallels, not restricted to one, and when attention is given to the parable’s differences from, as well as its resemblances to the parallels.”592 Die hierfür in Frage kommenden antiken Texte auch nur annähernd vollständig in Augenschein zu nehmen, würde hingegen den Rahmen dieser Arbeit und des zum Verständnis von Luk 16,19ff. Notwendigen sprengen.593 Daher kehren wir zu Lukas zurück und versuchen uns ein Bild über die Aussagen von Luk 16,19–31 im Blick auf das Gerichtsthema bei ihm zu verschaffen. § 4 Ein Fenster ins Jenseits – Zur Funktion von Luk 16,19–31 im Lukasevangelium Der Skopos der Erzählung vom reichen Mann und armen Lazarus Luk 16,19ff. wird in der Literatur unterschiedlich bestimmt, was sicher mit der Tatsache zusammenhängt, dass der Text aufgrund seines Wachstums eigentlich mehrere Skopoi zulässt.594 Liegt sein Gewicht auf der Erklärung Abrahams in V. 25, warum sich das jeweilige Schicksal des Reichen und des Armen im Jenseits umkehrt, wie Heininger behauptet?595 Oder liegt sein Hauptaugenmerk auf dem zum Heilserwerb unbedingt notwendigen Hören auf „Mose und die Propheten“, wie es V. 29 nahelegt? Will Lukas in V. 31 vorab schon auf die Auferstehung Jesu hinweisen? Oder ist ihm daran gelegen zu zeigen, dass Umkehr nur eine Sache der Lebenden ist, während das Schicksal der Verstorbenen endgültig sein wird, wie aus dem Dialog V. 27–31 hervorzugehen scheint? Und zuletzt: Handelt es sich in Luk 16,19ff. mit Lehtipuu gar um eine „antipharisäische Polemik“?596 All diese Fragen an den Text haben durchaus ihre Berechtigung, und von allen diesen möglichen Skopoi lassen sich auch problemlos Verbindungslinien nach vorn und nach hinten ziehen. Somit ist zumindest eines von vornherein klar: Mitnichten ist Luk 16,19ff. ein isoliertes, frei schwebendes Textstück im dritten Evangelium597, sondern gut eingebettet und überaus kompatibel mit lu-
592 BAUCKHAM, Rich Man, 246; ebenso LEHTIPUU, Afterlife Imagery, 45: „Instead of fixed parallels and direct dependency, we should speak of intertextual relations, common motifs and images that were used in the cultural milieu in the first century Mediterranean world.“ 593 Eine ausführlichere Auseinandersetzung mit dem Textmaterial bei LEHTIPUU ebd., 55–234. 594 Vgl. BOVON, Evangelium nach Lukas III/3, 112. 595 HEININGER, Metaphorik, 182f. 596 LEHTIPUU ebd., 169. 597 So beurteilt beispielsweise ROBERT MADDOX, The Purpose of Luke-Acts, FRLANT 126, Göttingen 1982, 103, die Integrität dieses Textabschnittes, wenn er schreibt: „ … this
226
C. Einzeluntersuchungen
kanischem Denken, obgleich wir uns von der Annahme verabschieden müssen, Lukas verfolge mit seiner Eschatologie eine systematische und kohärente Lehre.598 Im Folgenden sollen nun die für unser Thema wichtigsten Aspekte in Luk 16,19ff. benannt werden. 1. Der „Reiche“ und der „Arme“ und die Umkehrung der Schicksale Dass Reichtum und Armut sowie die Bewertungen von Besitz und Besitzverzicht für Lukas eine weitaus größere Rolle spielen als für die anderen Evangelisten, ist weithin bekannt. Lukas wird geradezu als „Evangelist der Armen“599 bezeichnet. Bereits in seiner programmatischen Antrittsrede in Nazareth lässt er Jesus sagen, dass dieser gekommen sei, den Armen das Evangelium zu verkünden (Luk 4,18; 7,22). Ihnen wird das Kommen der basilei,a tou/ qeou/ im Besonderen Erlösung bringen (Luk 6,20f.; 14,21). Lukas betont in diesem Zusammenhang auch, dass materieller Reichtum, der nicht zum Nutzen und Wohl der ganzen Gemeinschaft eingesetzt wird, sondern bloß dem Leben in Luxus und Überfluss einiger Weniger dient, für jene bittere Konsequenzen nach sich ziehen wird – nämlich den Verlust des eschatologischen Heils Gottes (vgl. neben Luk 16,19ff. die Seligpreisungen Luk 6,24–26; die Beispielerzählung vom reichen Kornbauern Luk 12,15–21 und die Geschichte vom reichen a;rcwn Luk 18,18–26). Ein Durchgang durch die Texte des Evangeliums und der Apostelgeschichte zeigt: Lukas bewertet Reichtum und Besitz nicht per se als schlecht und zu einem christlichen Leben im Widerspruch stehend. Ihm ist vielmehr daran gelegen, Besitz zu teilen und freiwilligen Verzicht zu üben, damit jene, die gar nichts haben, Anteil an ihm bekommen können und ihre Lebenssituation auf diese Weise verbessert wird. Verwirklicht sieht er diese Idee in der Gütergemeinschaft der ersten Christengemeinde in Jerusalem, von der er in Apg 2,42– 47 und Apg 4,32–36 berichtet. Der Verstoß gegen sie wird wiederum Hananias und seiner Frau Sapphira zum Verhängnis, als sie von einem Ackerkauf einen Teil des Geldes allein für sich zurückbehalten wollten (Apg 5,1–11). Vor diesem Hintergrund ist es unwahrscheinlich, dass Lukas die Erzählung vom reichen Mann und armen Lazarus deshalb in sein Evangelium aufgenomimported story stands isolated over against the references in Luke-Acts to the future resurrection of the just (and of the unjust).” 598 Zu dieser Schlussfolgerung kommt auch LEHTIPUU, Afterlife Imagery, 295. 599 So der Titel von HANS-JOACHIM DEGENHARDTs Untersuchung: Lukas – Evangelist der Armen. Besitz und Besitzverzicht in den lukanischen Schriften. Eine traditions- und redaktionsgeschichtliche Untersuchung, Diss., Stuttgart 1965. Vgl. auch die neueren Untersuchungen zu diesem Themenkomplex von KIYOSHI MINESHIGE, Besitzverzicht und Almosen bei Lukas. Wesen und Forderung des lukanischen Vermögensethos, WUNT II/163, Tübingen 2003, und NILS NEUMANN, Armut und Reichtum im Lukasevangelium und in der kynischen Philosophie, SBS 220, Stuttgart 2010.
VIII. Wider Erwarten? Postmortale Wendungen in Luk 16,19–31
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men hat, um Besitz und Vermögen auf der einen und Besitzlosigkeit auf der anderen Seite moralisch zu bewerten und als heilsentscheidend hinzustellen. Denn mit Blick auf den angehängten Dialog in Luk 16,27ff. verfehlt sich der Reiche nicht schon deshalb, weil er reich ist, und wird auch Lazarus nicht zu „Abrahams Brust“ erhoben, weil er arm ist. Folglich scheint ein Automatismus von der Art „Armut im Diesseits – Heil im Jenseits bzw. Reichtum im Diesseits – Unheil im Jenseits“ für Lukas keine Rolle zu spielen. Während über die Gottesfurcht des Armen kein Wort verloren wird – allein weil er arm ist, kann er sich in den Augen des Lukas der Hilfe Gottes gewiss sein600 – ereilt jedoch den Reichen sein Schicksal im Hades nach Meinung des dritten Evangelisten, weil er – wie auch seine fünf Brüder – „Mose und die Propheten“ nicht gehört hat. Dieses Motiv ist bei Lukas neu im Vergleich zu den einschlägigen antiken Parallelstellen601 und weist auf die Stimme des dritten Evangelisten hin: Rettung und Heil erfährt der Einzelne durch das Hören auf das von Gott Gebotene. Was aber sollte der Reiche (und seine Brüder) nach Ansicht des Lukas nun nicht gehört und beachtet haben? Lukas verweist mit der Wendung „Mose und die Propheten“ ganz eindeutig auf das Alte Testament, in dessen Gesetzen gerade der Arme und Schwache unter einen besonderen Schutz gestellt ist, der seine Existenz sichert: Er soll nicht mit Wucherzinsen belastet werden (Ex 22,24); sein Recht darf nicht um des eigenen Vorteils willen gebeugt werden (Ex 23,6); im Sabbatjahr sollen den Armen die Früchte des Feldes gehören (Ex 23,11; Lev 19,10; 23,22). Die Propheten dagegen prangern immer wieder die Verstöße der Reichen und Mächtigen gegen die Armen an und machen ihr unterdrückerisches Handeln zum Grund für Gottes Strafen (Am 2,7f.; 4,1; Jes 3,14; 10,1f.; 14,30; Ez 16,49; 18,12f. u.ö.). Vor allem aber hat der Reiche das Liebesgebot in Lev 19,18 ignoriert, das ihm Lazarus gegenüber eine Fürsorgepflicht aufträgt. Mit ihm lässt sich auch eine direkte Verbindung zu den Forderungen Jesu herstellen, der nach dem Zeugnis der Synoptiker Lev 19,18 zusammen mit Dtn 6,4f. als das höchste Gebot betrachtet (Mt 22,35–40; Mk 12,28–31; Luk 10,25–28 vgl. Luk 6,36– 42.43–46). Matthäus resümiert am Schluss der Perikope sogar: vEn tau,taij tai/j dusi.n evntolai/j o[loj o` no,moj kre,matai kai. oi` profh/taiÅ
Mihamm Kim-Rauchholz fasst den Sachverhalt wie folgt zusammen: „Der Reiche lebt an dem Liebesgebot Gottes vorbei und verschuldigt sich dadurch an ihm, dass er den unmissverständlichen Hilferuf seines Nächsten übergeht – und das nicht aus Unwissenheit, wie Lk 16,29 deutlich macht. Der Wille Gottes ist
600
LEHTIPUU, Afterlife Imagery, 166. In Lukians Cataplus beispielsweise muss sich der Tyrann Megapenthes im Totengericht für seine untugendhafte Lebensführung verantworten, die ihn zu Macht und Reichtum gebracht hat (Cat. 26–28). 601
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C. Einzeluntersuchungen
den Menschen im Gesetz gegeben und wer diesem Willen den Gehorsam verweigert, ist dem Gericht Gottes unterstellt. Gefordert ist die Umkehr, die für die Rettung notwendig ist.“602 Das Augenmerk des dritten Evangelisten liegt folglich ganz auf der Verfehlung des reichen Mannes, der sich dem armen Lazarus vor seinem Tor, d.h. in seiner unmittelbaren Nähe, nicht angenommen und ihm zu keiner Zeit Beachtung geschenkt hat, ganz zu schweigen davon, dass er ihm von seinem Besitz irgendetwas abgegeben hätte. Dieses eigensüchtige Verhalten und nicht sein Reichtum als solcher hat ihm die Bestrafung im Hades eingetragen und ist gleichzeitig auch der Grund für die Umkehrung der Schicksale im Jenseits. Den Brüdern des reichen Mannes wird es genauso gehen, wenn sie sich nicht an das halten, was ihnen Gott durch „Mose und die Propheten“ geboten hat. Damit sind der Reiche und seine Brüder für Lukas Prototypen für jene, die nicht bereit sind zu hören – weder auf Gottes Gesetz noch auf die, die Gott gesandt hat, um Israel zur Umkehr zu bewegen: zuerst die Propheten und dann über allen stehend Jesus selbst (Luk 4,21; 9,35; 10,16.38–42; 11,28). 2. Abraham als Mittler zwischen „oben“ und „unten“ In der Regel sind es die Engel, die in den synoptischen Evangelien Gottes Botschaften zu den Menschen bringen und ihnen den göttlichen Willen deuten. In der Erzählung vom reichen Mann und armen Lazarus haben sie jedoch im wahrsten Sinn des Wortes nur eine „tragende“ Rolle (Luk 16,22). Stattdessen ist es in Luk 16,19ff. Abraham, der dem Reichen die „Spielregeln“ erklärt. Lehtipuu kommt nach ihrer Sichtung der einschlägigen frühjüdischen Texte zu dem Ergebnis, dass es alles andere als ungewöhnlich ist, Abraham im Jenseits anzutreffen.603 Der Glaube an eine Zusammenkunft mit Abraham und den anderen Erzvätern im „Reich der Gerechten und Seligen“ findet sich beispielsweise in 4. Mac 13,17. Dort bilden Abraham, Isaak und Jakob quasi das Empfangskomitee für die sieben Märtyrerbrüder, die diesen für ihren Mut Beifall spenden. In TestLev 18,14 „werden Abraham und Isaak und Jakob jubeln“, wenn Gott „die Tore des Paradieses“ wieder öffnen wird und die Heilszeit anbricht. In ApkZef 14,3 stößt der Seher in seiner Himmelsvision zusammen mit seinem Engelsführer auf die Gerechten, „welche Abraham sind und Isaak und Jakob und Henoch und Elias und David“. In 4. Esra 3,13f. wird Abraham gar als der Geliebte Gottes beschrieben, dem allein „das Ende der Zeiten“ gezeigt worden ist. Auch in späteren Schriften wird Abraham zum Himmelsreisenden und Träger göttlicher Offenbarungen (TestAbr 10–15; ApkAbr 9–32).604 Zuletzt ist
602
KIM-RAUCHHOLZ, Umkehr bei Lukas, 78. LEHTIPUU, Afterlife Imagery, 206ff. 604 Ebd., 209. 603
VIII. Wider Erwarten? Postmortale Wendungen in Luk 16,19–31
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noch Joh 8,46ff. zu erwähnen, wo Jesus in einer Kontroverse um sein Verhältnis zu Gott in V. 56 sagt: VAbraa.m o` path.r u`mw/n hvgallia,sato i[na i;dh| th.n h`me,ran th.n evmh,n( kai. ei=den kai. evca,rhÅ
Die Aussage lässt darauf schließen, dass Abraham nach seinem Tod nicht von der Bildfläche verschwunden ist, sondern an einem Ort weilt, an dem er durchaus weiterhin an der Geschichte Gottes mit den Menschen teilhat. Auch in der synoptischen Tradition werden jene, die „von Osten und von Westen kommen“ mit „Abraham, Isaak und Jakob im Himmelreich zu Tisch sitzen“ (Mt 8,11 par. Luk 13,28f.; vgl. auch 4. Mac 7,19; 16,25; TestBen 10,6f.). Die genannten Texte haben Lehtipuu folgerichtig zu dem Urteil geführt: „In the light of all this, Abraham’s prominent role in Luke’s account is thus easy to understand. Abraham, the first of all patriarchs, was the one with special eschatological knowledge. At the same time, he represents all the patriarchs and other righteous figures of the past. The mention of Abraham alone is sufficient as the rich man does not need more than one person to talk with. […] In later tradition [basierend auf Gen 18,1–15], Abraham was known for both his wealth and his hospitality. These qualities place him in direct opposition to the rich man: Abraham represents the way of life the rich man failed to lead.”605 Wie bereits die Umkehrpredigt Johannes des Täufers zeigt606, ist Abraham für Lukas auch sonst eine bedeutende Figur (vgl. neben Luk 16,19ff. auch Luk 13,28): Er ist der Stammvater des jüdischen Volkes (Luk 1,55.73; 3,8). In dieser Funktion ist er selbstverständlich auch im Stammbaum Jesu zu finden (Luk 3,34). Menschen, denen Jesus begegnet, werden gelegentlich als „Abrahams Tochter“ (Luk 13,17) bzw. „Abrahams Sohn“ (Luk 19,9; vgl. Apg 13,26) betitelt, um ihre jüdische Herkunft auszudrücken. Und es ist der „Gott Abrahams und Isaaks und Jakobs, der Gott unserer Väter“, auf den sich Petrus in seiner Rede im Tempel beruft (Apg 3,13; vgl. auch Luk 20,37) – desgleichen Stephanus in Apg 7,2ff. Abraham ist folglich für den dritten Evangelisten als der erste Erzvater Israels eine maßgebliche Autorität. Und vor diesem Hintergrund ist es somit nicht überraschend, gerade ihn als Gesprächspartner des reichen Mannes anzutreffen.
605
LEHTIPUU, Afterlife Imagery, 209f.; vgl. auch die Anm. 60.62. Durch die Erwähnung Abrahams in Luk 16,22ff. korrespondiert die Szene inhaltlich mit Luk 3,8 (vgl. ebd., 210), geschieht doch hier, was sich der Täufer dort verbittet: Der Reiche ruft seinen „Vater Abraham“ in seiner Not um Beistand an. Dieser aber verweigert dem Reichen jegliche Hilfe, weil er karpou.j avxi,ouj th/j metanoi,aj an dem armen Lazarus nicht erbracht hat. Es scheint in den Augen des Lukas als völlig sinnlos, sich konfrontiert mit der eigenen Bestrafung jetzt noch von Abraham Hilfe zu erhoffen. Denn: pa/n ou=n de,ndron mh. poiou/n karpo.n kalo.n evkko,ptetai kai. eivj pu/r ba,lletai (Luk 3,9b)Å Und: Aus Steinen kann Gott dem Abraham Kinder erwecken. 606
230
C. Einzeluntersuchungen
Abschließend stellt sich die Frage, wo man die „Brust Abrahams“ verorten könne? Ko,lpoj wird in Luk 16,22f. sowohl im wörtlichen als auch im übertragenen Sinne verwendet. Wörtlich bezeichnet es den „Busen“ bzw. die „Brust“ am Körper des Menschen. Es steht auch für den „Mutterschoß“.607 Im übertragenen Sinn kann die mütterliche Liebe mit diesem Ausdruck beschrieben werden, ebenso der Gewandbausch (Luk 6,38) oder auch der Platz eines Ehrengastes beim Mahl.608 Im Neuen Testament begegnet ko,lpoj in dieser letzten Bedeutung in Joh 13,23, wo „der Jünger, den Jesus lieb hatte“, beim letzten Mahl an dessen Brust lag.609 So könnte wohl auch das Sein des Lazarus an „Abrahams Brust“ zu verstehen sein. Rudolf Meyer schreibt: „Man wird hierbei in erster Linie an das Mahl der Seligen, bei dem Lazarus den Ehrenplatz einnimmt, zu denken haben. Doch läßt sich auch der Gedanke, daß v 22f die liebevolle Gemeinschaft Abrahams mit Lazarus bezeichnet, ohne daß an das Mahl der Seligen gedacht ist, nicht ohne weiteres abweisen.“610 Die Tatsache, dass Lazarus am Ende seines elenden Lebens von Engeln an „Abrahams Brust“ geführt, dass er dort für seine irdischen Entbehrungen offensichtlich belohnt wird und dass ihm frisches Wasser zur Verfügung steht, mit dem er gar die Schmerzen des Reichen im Hades lindern könnte, mag bei manchen nun das Bild vom „Paradies“ aufsteigen lassen. Haben wir bisher ein relativ anschauliches Bild vom Hades gewonnen, so lässt sich an dieser Stelle mit Lehtipuu611 zu Recht fragen, wo man sich in der Topographie des Jenseits nun Abraham und damit den Aufenthaltsort des Lazarus an dessen ko,lpoj (V. 22) vorzustellen habe. Ist der „Schoß Abrahams“, wie Luther das Wort übersetzt, eine jüdische Umschreibung für die in paganer Religiosität weithin verbreitete Vorstellung von einer „Insel der Seligen“? Und wenn ja: Wo liegt er? Steht er für eine separate Kammer im Hades, die durch einen unüberwindlichen Spalt von der Kammer der Verdammten getrennt ist?612 Oder ist dieser Ort identisch 607
Auch Wölbungen oder Vertiefungen in der Landschaft können als ko,lpoj bezeichnet werden (z.B. der Meeresbusen, die Bucht; vgl. Apg 27,39). 608 Vgl. RUDOLF MEYER, Art. ko,lpoj, ThWNT 3 (1938), 824–826; hier: 824. 609 In gleicher Weise dient das Wort in 2. Clem 4,5 als bildhafter Ausdruck dafür, die enge Zugehörigkeit der Gemeinde zu Christus zu benennen: „Deshalb […] hat Jesus gesagt: Wenn ihr vereint wärt mit mir an meiner Brust [evn tw/| ko,lpw| mou] und meine Gebote nicht tut, dann werde ich euch hinauswerfen […].“ Zu ko,lpoj als Bezeichnung engster Gemeinschaft vgl. auch Joh 1,18. 610 MEYER ebd., 825. 611 LEHTIPUU, Afterlife Imagery, 277–284. 612 Neumann beantwortet die Frage ganz pragmatisch: „Allein schon die alltägliche Erfahrung, dass ein Gespräch zwischen zwei Personen in der Regel in der Horizontalen geschieht, spricht gegen die etwaige Deutung, der ko,lpoj Abrahams könnte sich im Himmel befinden. Für hellenistisch denkende Lesende existieren aber noch gewichtigere Gründe für eine Interpretation, die davon ausgeht, dass der ehemals Reiche und Abraham mit La-
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mit jenem para,deisoj, das Jesus in Luk 23,43 einem der mit ihm Gekreuzigten verheißt? Ich denke, wir können es an dieser Stelle kurz machen: Die wenigen Belege von ko,lpoj im Neuen Testament lassen keinerlei stichhaltige Antworten auf derlei Fragen zu, wie Lehtipuu sie stellt. Plausibel scheint mir, dass der Ausdruck am ehesten eine andere Bezeichnung für das „Paradies“ ist, das in Luk 23,43 in Aussicht gestellt wird. Bestenfalls lässt sich noch aus dem Umstand, dass der Reiche seine „Augen emporheben“ muss (Luk 16,23), folgern, dass er sich mit Abraham nicht auf einer Ebene befindet, sondern Abraham „oben“ und der Reiche „unten“ zu sein scheint. Das ist dann aber m.E. auch schon alles, was hierzu zu sagen ist. 3. Endgültiges oder Interimsurteil – Individuelles bzw. kollektives (Un-) Heil bei Lukas? Eine Frage, die sich in unserer Untersuchung bisher nicht gestellt hat, wird nun mit Blick auf Luk 16,19ff. (vgl. auch Luk 23,43) aufgeworfen und hat die Lukasexegese nachhaltig beschäftigt: Ist das Schicksal der beiden Männer endgültig, oder befinden sie sich bis zur Beurteilung aller im Endgericht in einer Art Zwischenzustand? Geht man von einem endgültigen Urteil der beiden post mortem aus – und wie Lehtipuu richtig feststellt, deutet zumindest in Luk 16,19ff. nichts auf ein noch ausstehendes zukünftiges Endgericht hin613 –, stellt sich dann jedoch die Frage: Wie passt die Tatsache eines individuellen Gerichts614 unmittelbar nach dem eigenen Versterben mit der Endgerichtsvorstellung zusammen, wie sie uns bisher bei Lukas begegnet ist? In der Tat kann der Hades nach jüdischem Denken durchaus eine Zwischenstation sein, in der die Verstorbenen auf ihre zukünftige Auferstehung bzw. auf ihr endgültiges Urteil warten.615 Im Zusammenhang von Luk 16,19ff. wird dazu gern auf äthHen 22 verwiesen616, wo es beispielsweise in den V. 3f. heißt: „[…] Diese [Hohlräume] (sind dazu bestimmt), dass sich dort die Geister der Seelen der Toten sammeln; dafür sind sie geschaffen, um hier alle Seelen der Menschenkinder zu
zarus zwar auf einer gemeinsamen Ebene aber eben in getrennten Bereichen derselben stehen“; NEUMANN, Armut und Reichtum, 104. 613 LEHTIPUU, Afterlife Imagery, 265f. 614 Zur individuellen Eschatologie bei Lukas vgl. ferner auch Luk 12,16–21; 16,1–8; 23,39–43; Apg 1,25; 7,59f. Im Einzelnen werden die Texte kurz besprochen bei LEHTIPUU ebd., 252–254. 615 Vgl. PLUMMER, Exegetical Commentary, 393; WOLFGANG WIEFEL, Das Evangelium nach Lukas, ThHK 3, Berlin 1987, 299; vgl. auch PERES, Grabinschriften, 60ff. 616 Vgl. MATTILL, Last Things, 31; IAN H. MARSHALL, The Gospel of Luke. A Commentary on the greek Text, NIGTC, Exeter 1978, 636f.; JOEL B. GREEN, The Gospel of Luke, NICNT, Grand Rapids/Cambridge 1997, 607 Anm. 343.
232
C. Einzeluntersuchungen
versammeln. Und diese Räume sind gemacht, um sie unterzubringen bis zum Tage ihres Gerichtes und (bis) zur festgesetzten Frist, dem großen Gericht über sie.“
Gemeinsamkeiten der lukanischen Erzählung mit äthHen 22 sind in der Tat nicht zu übersehen.617 Indes überzeugen die Argumente für ein eschatologisches Interim in Luk 16,19ff. nicht.618 Während äthHen 22 offensichtlich von einem Zwei-Stufen-Gericht spricht – vorläufiges Urteil unmittelbar nach dem Tod und endgültige Verurteilung am Ende der Zeit –, finden sich in der Erzählung vom reichen Mann und armen Lazarus keinerlei Hinweise darauf, dass sich am Status der beiden Männer noch irgendetwas ändern könnte. Folglich liegen uns nun im Werk des Lukas ganz offensichtlich zwei entgegengesetzte eschatologische Ansätze vor, die zunächst einmal unverbunden nebeneinander stehen: Das kollektive Gericht Gottes am Ende der Zeit und das individuelle Gericht post mortem, das im Hintergrund von Luk 16,19ff. zu stehen scheint. Beide Systeme miteinander zu harmonisieren, ist in der Literatur mit mehr oder weniger überzeugenden Ergebnissen immer wieder versucht worden. Dessen ungeachtet plädiert Outi Lehtipuu ganz vehement dafür, es bei der Feststellung zu belassen, dass beide Ansätze im eschatologischen Denken des dritten Evangelisten vorhanden sind und Lukas augenscheinlich keine Schwierigkeiten damit hatte. Schließlich war es auch nicht seine Absicht, eine systematische eschatologische Lehre zu entwickeln. Lehtipuu resümiert: „In other words, there is no one model which would combine the different aspects of Luke’s eschatological thinking into a coherent whole. Whether Luke himself noticed any incoherence between the different views is another question. These observations indicate that Luke did not aim at constructing an eschatological doctrine. He is more concerned with paraenesis, most expressly in repentance and the right kind of behavior reflecting true penitence.“619 So sehr ich die Ansicht Lehtipuus an dieser Stelle teile, möchte ich doch einen Vorschlag machen, wie individuelle und kollektive Eschatologie im Werk des Lukas dennoch zusammengedacht werden können. Gewiss lag es dem dritten Evangelisten fern, ein kohärentes Modell zu entwickeln, und es mag auch für einen antiken Leser offenbar keine Seltenheit gewesen sein, gegensätzliche Sichtweisen in einer Schrift nebeneinander vorzufinden.620 Dennoch halte ich es für keine Zufälligkeit, dass Lukas sowohl das universale als auch das individuelle Gottesgericht in sein Werk aufgenommen hat. Möglicherweise hatte er den Umständen seiner Zeit Rechnung zu tragen. Denn diese Zeit, die Zeit der mittlerweile dritten christlichen Generation, war bekanntlich (heilsgeschichtlich) geprägt vom Ausbleiben der Parusie Christi und vom zwischenzeitlichen 617
Vgl. LEHTIPUU, Afterlife Imagery, 268. Den Vergleich unternimmt sie ebd., 268f.; vgl. auch 283f. 619 Ebd., 263f.; vgl. auch 303. 620 Als Beispiel aus dem jüdischen Bereich sei 4. Esra 7,75 genannt; vgl. ebd., 262f. 618
VIII. Wider Erwarten? Postmortale Wendungen in Luk 16,19–31
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Versterben zahlreicher Gemeindemitglieder vor ihrem Eintreffen.621 Meines Erachtens konnte Lukas gar nicht anders, als in seinem Werk auf diese sog. Parusieverzögerung zu reagieren.622 So lange also das universale Weltende und Weltgericht ausbleibt, gilt es, eine Alternative zu entwickeln, um die Motivation zum christlichen Glauben und Handeln bei seinen Adressaten weiter aufrecht zu erhalten. Diese Idee steht auch im Hintergrund von Charles K. Barretts Ausführungen, wenn er schreibt: „Quite rightly, Luke saw that for the individual Christian death was truly an e;scaton (though not the e;scaton); it was therefore not wrong to think of it (as in another field Luke could think of the fall of Jerusalem) in eschatological terms. Thus the death of each Christian would be marked by what we may term a private and personal parousia of the Son of man. That which was to happen in a universal sense at the last day, happened in individual terms when a Christian came to the last day of his life.”623 Ein weiteres Argument für ein solches Vorgehen des Verfassers von Luk/ Apg findet sich bei Imre Peres. Er stellt nicht nur die Gemeindesituation in Rechnung, in der sich Lukas befindet, sondern sieht dessen doppelte Eschatologie auch in seiner eigenen geistigen Heimat begründet. Lukas nämlich „denkt sowohl griechisch als auch jüdisch und entwirft keinen klaren weltanschauli621
Vgl. DUPONT, Eschatologie im Lukasevangelium, 37. Auf eine ähnliche Situation reagiert auch Paulus in seinem Brief an die Gemeinde in Thessaloniki in 1. Thess 4,13–18. 622 STEPHEN G. WILSON, Lukan Eschatology, NTS 16 (1970), 330–347; hier: 346, kommt zu dem Ergebnis: „To summarize: both strands in Luke’s eschatology are well attested and neither can legitimately be ignored; more especially, neither one should be overrated at the expense of the other. Both strands are motivated essentially by practical, pastoral problems which faced Luke in the Church of his day. Luke, it appears, was fighting not only on one front, but on two. This dual situation demanded from Luke a dual response. It is this which explains the apparent contradiction, whereby it was both necessary and possible for Luke on the one hand to allow for and maintain a delay in the parousia, and on the other hand to insist that the Lord would come soon“; vgl. auch MADDOX, Purpose, 105. 623 CHARLES K. BARRETT, Stephen and the Son of Man, in: Apophoreta, FS für Ernst Haenchen, BZNW 30, Berlin 1964, 32–38; hier: 35f. In dieser Richtung erklärt auch Heinz Giesen das Phänomen der beiden gegensätzlich scheinenden Vorstellungen von kollektiver und individueller Eschatologie innerhalb des Lukasevangeliums, das zudem auch bei anderen neutestamentlichen Autoren zu finden ist: „Ein Widerspruch zwischen den Aussagen über den Beginn der Heilsvollendung erst beim Endgericht und direkt nach dem Tod besteht nur scheinbar. Denn immer wenn von der Heilsvollendung eines Einzelnen die Rede ist, dann beginnt das neue Leben schon in der Todesstunde. […] Wenn es dagegen um das Heil bzw. Unheil aller Menschen (z.B. Mt 25,31–46) geht, dann muss das Gericht notwendig an das Ende der Zeiten verlegt werden“; HEINZ GIESEN, „Noch heute wirst du mit mir im Paradies sein“ (Lk 23,43). Zur individuellen Eschatologie im lukanischen Doppelwerk, in: Christoph Gregor Müller (Hrsg.), „Licht zur Erleuchtung der Heiden und zur Herrlichkeit für dein Volk Israel“. Studien zum lukanischen Doppelwerk, FS für Josef Zmijewski, BBB 151, Hamburg 2005, 151–177; hier: 177.
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C. Einzeluntersuchungen
chen Rahmen für seine verschiedenen Aussagen.“624 Vor diesem Hintergrund halte ich auch die Aussage Jacques Duponts zu demselben Problem für gerechtfertigt, Lukas habe (auch) ein spezielles Interesse am Schicksal des Einzelnen nach seinem Tod.625 Mit der Erzählung vom reichen Mann und armen Lazarus in Luk 16,19–31 und der Verheißung Jesu an einen seiner Mitgekreuzigten in Luk 23,43 liefert der dritte Evangelist die m.E. überzeugendsten Beispiele für diese Auffassung. An dieser Stelle muss die bereits mehrfach genannte Perikope vom reumütigen Schächer in Luk 23,39–43 kurz gesondert bedacht und gewürdigt werden, da sie für die individuelle Eschatologie bei Lukas neben Luk 16,19–31 den zweiten maßgeblichen Beleg darstellt. Der Text lautet in der Übersetzung wie folgt: 39 Aber einer der gehenkten Verbrecher lästerte ihn: „Bist du nicht der Christus? So rette dich selbst und uns!“ 40 Der andere aber antwortete ihm tadelnd und sprach: „Fürchtest du Gott nicht, dass du dich in derselben Verdammnis befindest? 41 Wir empfangen sie mit Recht dementsprechend, was wir getan haben. Dieser aber hat nichts Böses getan.“ 42 Und er sprach: „Jesus, gedenke meiner, wenn du in dein Reich kommst!“ 43 Und er sprach zu ihm: „Amen, ich sage dir, heute noch wirst du mit mir im Paradies sein.“ Der Nestle/Aland-Apparat verrät, dass der Text dieses kurzen Abschnittes an mehreren Stellen unsicher ist. Besonders D überliefert eine ganze Reihe von Textvarianten, die hier freilich für unsere Zwecke nicht diskutiert werden müssen. Vorrangiges Interesse hat allerdings die Frage, ob dieser kurze Dialog von Lukas selbst stammt oder auf eine ihm vorliegende Tradition zurückgeht. Rudolf Bultmann und Martin Dibelius sehen hier ganz eindeutig Lukas selbst am Werk. Dibelius schreibt: „Dies alles [vgl. bei ihm S. 200ff.] beruht auf einheitlicher Konzeption und ist darum nicht auf eine Quelle, sondern auf den einzigen ‚Schriftsteller‘ unter den Synoptikern zurückzuführen.“626 Aus sprachlichen Gründen weist dagegen Joachim Jeremias die Schächerperikope überwiegend der Tradition zu.627 Ebenso kommt François Bovon aufgrund formaler und inhaltlicher Unterschiede zu Mk/Mt zu dem Ergebnis, dass Lukas für den gesamten Abschnitt Luk 23,6–43 eine andere Quelle außer Mk vorgelegen haben muss.628 Wolfgang Reinbold sieht in seiner Untersuchung zum ältesten Bericht über den Tod Jesu die Perikope Luk 23,39ff. „inspiriert durch Mk 15,32b.“629 Zwar gibt es sprachliche Indizien, die für Lukas untypisch sind und eben darum auf traditionelles Material hinwei-
624
PERES, Grabinschriften, 196. DUPONT, Eschatologie im Lukasevangelium, 37.46. 626 MARTIN DIBELIUS, Die Formgeschichte des Evangeliums, 6. Aufl., Tübingen 1971, 204. Vgl. auch BULTMANN, Geschichte, 306. 627 Luk 23,40.42.43; die V. 39.41 hält Jeremias hingegen ebenfalls für redaktionell; vgl. JEREMIAS, Sprache, 306f. 628 BOVON, Evangelium nach Lukas III/4, 444f. Zum immer wieder diskutierten Problem einer besonderen lukanischen Passionsquelle vgl. REINBOLD, Bericht, 49–72, der zu dem Ergebnis kommt: „Die Hypothese einer besonderen lukanischen Passionsquelle PB Lk ist nicht notwendig“; ebd. 72. 629 REINBOLD ebd., 63. 625
VIII. Wider Erwarten? Postmortale Wendungen in Luk 16,19–31
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sen könnten, dennoch liegt für Reinbold die Annahme näher, Lukas habe den Text auf der Basis von Mk 15,32b selbst komponiert.630 Seiner Einschätzung möchte auch ich mich anschließen. Einem Autor631, der in der Lage ist, umfangreiche Redekompositionen zu schaffen, wie wir sie vor allem im zweiten Teil seines Werkes, in der Apg, bewundern können (z.B. die Pfingstpredigt des Petrus Apg 2,14–36; die Rede des Stephanus Apg 7,2–53 oder die Rede des Paulus auf dem Areopag Apg 17,22–31), ist durchaus auch jener kleine Dialog zwischen Jesus und den beiden mit ihm gekreuzigten Verbrechern zuzutrauen. Ähnliche Gespräche, die auf Lukas zurückgeführt werden können, wurden auch in dieser Arbeit bereits besprochen (Luk 13,22–30 in C VI sowie Luk 16,27–31 in diesem Abschnitt). Neben der Frage nach der Herkunft der Schächerperikope ist für unser Thema natürlich auch aufschlussreich, was Lukas mit ihr inhaltlich zum Ausdruck bringen wollte bzw. was sie mit der Gerichtsthematik im Lukasevangelium zu tun hat. Drei Aspekte erscheinen mir grundlegend: 1. Sie verstärkt neben Luk 16,19ff. den individualeschatologischen Ansatz, den es bei Lukas neben einer kollektiven Eschatologie auch gibt. Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass sich in ihm der weltanschauliche Hintergrund des Lukas zu erkennen gibt, wie u.a. Helmut Merkel betont. So entstammt das Motiv vom Eingehen des Verstorbenen in die himmlische Welt unmittelbar nach seinem Tod in Merkels Darstellung religionsgeschichtlich ganz eindeutig dem griechisch-römischen Umfeld.632 2. Wesentlich für die Aussage, die Lukas mit der Schächerperikope beabsichtigt, ist das sh,meron in V. 43, das der dritte Evangelist auch andernorts besonders hervorhebt (vgl. Luk 2,11; 4,21; 5,26 und 19,9). Darin macht Lukas deutlich, dass Jesu messianischer Machtbereich sich bereits seit seiner Geburt voll entfaltet hat und nicht erst mit seinem Weggang zum Vater oder gar erst mit seiner Parusie zur Vollendung kommt. Gottes Heil ist in Jesus von Nazareth von Anfang an wirksam und vermag auch noch für den reumütigen Verbrecher die heillose Situation am Kreuz noch zu wenden. Bovon erinnert an dieser Stelle auch an die Immanuel-Aussage aus Mt 1,23. Dieses „Mit-Sein“ sei das sicherste göttliche Versprechen, das man sich nur wünschen könne. Jesus werde mit den Gaben und Vollmachten ausgestattet, die sonst einzig und allein Gott vorbehalten sind633: Verheißung von Heil und neuem Leben im Angesicht des Todes und das „Mit-Sein“ mit den Armen, Hilflosen und Sündern. Das lukanische sh,meron schließt an dieser Stelle auch die Annahme eines Zwischenzustandes aus, in dem sich die Verstorbenen bis zu ihrer endgültigen Beurteilung im Endge630
REINBOLD, Bericht, 63. Helmut Merkel nennt Lukas gar einen „Schriftsteller und Theologen von großem Format“; HELMUT MERKEL, Anmerkungen zur lukanischen Passions- und Ostergeschichte, in: Gerhard Hotze/Egon Spiegel (Hrsg.), Verantwortete Exegese. Hermeneutische Zugänge–Exegetische Studien–Systematische Reflexionen–Ökumenische Perspektiven–Praktische Konkretionen, FS für Franz Georg Untergaßmair, Berlin 2006, 155–166; hier: 155. 632 Drei Beispiele führt Merkel als Belege an: Ovid, Metamorphosen XV 840–850: Die Göttin Venus holt die Seele des ermordeten Cäsar auf Befehl Juppiters in den himmlischen Bereich.; Seneca, Hercules Oetaeus 1707f.: Hercules bittet vor seinem Flammentod: „Nimm meinen Geist, ich bitte dich, zu den Sternen auf.“, sowie Lukian, De morte Peregrini 36: Der sterbende Peregrinus betet: „Ihr mütterlichen und väterlichen Götter, nehmt mich auf!“; vgl. MERKEL ebd., 161. 633 Vgl. BOVON, Evangelium nach Lukas III/4, 470. 631
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C. Einzeluntersuchungen
richt Gottes befinden, wie bereits Julius Wellhausen festgestellt hat: „Nicht erst in dem in unbestimmter Zukunft liegenden Reiche Gottes soll der reuige Schächer (ich wage nicht zu verallgemeinern: man) selig werden, sondern wie der arme Lazarus (16,23) sofort nach dem Tode im Paradise.“634 3. Einen dritten Beweggrund für die Komposition von Luk 23,39ff. sehe ich auch darin, dass Lukas hier noch ein letztes Mal das Umkehrmotiv zur Sprache bringen kann. Wenn auch der erste der beiden Mitgekreuzigten in lästerlichem Ton spricht, so lässt Lukas ihn doch im eigentlichen Sinne eine Glaubensaussage formulieren: su. ei= o` cristo,j (V. 39, vgl. auch Luk 22,67). Zieht dieser jedoch keine weiteren Konsequenzen aus diesem Satz, kommt der zweite Schächer hingegen zu der wirklichen Einsicht: ouvde. fobh/| su. to.n qeo,n( o[ti evn tw/| auvtw/| kri,mati ei=È kai. h`mei/j me.n dikai,wj( a;xia ga.r w-n evpra,xamen avpolamba,nomen\ ou-toj de. ouvde.n a;topon e;praxen (Luk 23,40b.41), und bittet Jesus, seiner zu gedenken, wenn er in sein Reich käme. Mit dieser Hinwendung zu Jesus und seiner Parteinahme für ihn vor den Spöttern vollzieht er die meta,noia, die für Lukas, wie gezeigt worden ist, heilsentscheidende Bedeutung hat. Damit sichert er sich das „Paradies“. Wenn man so will, konkretisiert sich in der Schächerperikope auch, was bereits in Luk 12,8f. gesagt worden ist: 8 Le,gw de. u`mi/n( pa/j o]j a'n o`mologh,sh| evn evmoi. e;mprosqen tw/n avnqrw,pwn( kai. o` ui`o.j tou/ avnqrw,pou o`mologh,sei evn auvtw/| e;mprosqen tw/n avgge,lwn tou/ qeou/ 9 o` de. avrnhsa,meno,j me evnw,pion tw/n avnqrw,pwn avparnhqh,setai evnw,pion tw/n avgge,lwn tou/ qeou/Å Insofern hätte Luk 23,39–43, obwohl hier von einem Gottesgericht keine Rede ist, dann doch wieder mit einem solchen zu tun.
Ich möchte an dieser Stelle jedoch noch einen Schritt weitergehen und sagen: Die Verzögerung der Parusie Christi zur Endzeit und zum Endgericht sowie ein spürbarer Schwund an Glaubenskraft innerhalb der lukanischen Gemeinde am Ende des 1. Jh.s sind neben der Revision der bisher in Umlauf stehenden Berichte über Jesus von Nazareth (Luk 1,1–4) zwei weitere wichtige Aspekte, die Lukas motiviert haben, das Evangelium von Jesus Christus neu zu schreiben. Diese Sichtweise steht zudem der Meinung Lehtipuus nicht entgegen, Lukas seien die Umkehrforderung sowie ethische Verhaltensweisen als „Früchte der Umkehr“ wichtiger als die Spekulationen über den Zeitpunkt der Parusie des Auferstandenen und der (heilvollen oder unheilvollen) Schicksale im Jenseits.635
634
JULIUS WELLHAUSEN, Das Evangelium Lucae, übersetzt und erklärt von J. Wellhausen, Berlin 1904, 134; wieder abgedruckt in: DERS., Evangelienkommentare. Mit einer Einleitung von Martin Hengel, Berlin/New York 1987, 592; vgl. auch GIESEN, Paradies, 177. 635 LEHTIPUU, Afterlife Imagery, 264.303.
VIII. Wider Erwarten? Postmortale Wendungen in Luk 16,19–31
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4. „Sie haben Mose und die Propheten!“ – Hören und Umkehren als Heilsvoraussetzungen bei Lukas Dass es Lukas nicht dabei belassen will, am Beispiel des reichen Mannes und des armen Lazarus Einblicke in zu erwartende jenseitige Schicksale zu gewähren, wird an dem aller Wahrscheinlichkeit nach vom dritten Evangelisten selbst ergänzten Dialog in den V. 27–31 deutlich. Darin wird gleich zweimal (V. 29.31) auf die Heilsnotwendigkeit des Hörens auf „Mose und die Propheten“636 hingewiesen sowie davon eingerahmt in V. 30 wiederum auf die meta,noia. Diese beiden Motive sind uns auch in anderen Lukastexten bereits begegnet637, so dass ich mich hier auf das für Luk 16,19ff. Wesentliche beschränken kann. Eine erste Auffälligkeit in Bezug auf das Hören liegt darin, dass es in diesem Abschnitt nicht um das „Hören auf Jesus“ geht, auf den in der ganzen Geschichte sowieso jeglicher Hinweis fehlt. Lukas verweist stattdessen auf den Gehorsam gegenüber dem Gesetz und auf das Hören jener Menschen, die Gott sendet, um Israel seine Botschaften zu übermitteln. Der Rekurs auf das Gesetz und die Propheten mag auf der Erzählebene damit zusammenhängen, dass die Hörer der Geschichte immer noch die Pharisäer sind (Luk 16,14), die sich doch als die Gesetzeshüter schlechthin verstehen und für ihre Treue zum Gesetz Ruhm und Bewunderung von den Menschen erwarten (Luk 11,37–54). Darüber hinaus ist für Lukas und seine Gemeinde(n) die heilige Schrift Israels nach wie vor eine unangefochtene Autorität (Luk 16,17). Denn in ihren beiden Teilen – im Gesetz und den Propheten – findet sich Gottes geoffenbartes Wort. Programmatisch werden darum in Luk 11,28 auch all jene selig gepriesen, „die das Wort Gottes hören und bewahren“ (vgl. auch Luk 8,15.21). Die Genitivverbindung lo,goj tou/ qeou/ ist dabei für Lukas typisch.638 Eigentümlich ist für ihn auch, dass sich die Gottesbeziehung nicht mehr über die Berufung auf Abraham als Stammvater ergibt (Luk 3,8), sondern einzig aus der indivi-
636
„Der Ausdruck hat in o` no,moj kai. oi` profh/tai Lk 16,16 ein Äquivalent und bezeichnet die Summe der a[l]t[estament]l[ichen] Verkündigung. Trotz der in 16,16 genannten zeitlichen Begrenzung des Gesetzes, so ist zu folgern, hat es nach wie vor Gültigkeit für die (sittliche) Bekehrung des Menschen, gerade im Blick auf den Umgang mit dem Besitz. Der erste Heidenchrist Kornelius, sagt Apg 10,2, ‚ist fromm und gottesfürchtig mit seinem ganzen Haus, gibt dem Volk viele Almosen und betet ständig zu Gott‘, d.h. er hält sich an Gesetz und Propheten und kann insofern als beispielhaft für den Umgang mit dem Besitz angesehen werden. Der reiche Prasser ist dessen genaues Gegenteil: ein warnendes Beispiel für all jene, die in ähnlichen Verhältnissen leben“; HEININGER, Metaphorik, 191. 637 Vgl. zum Umkehrmotiv die Ausführungen zu Luk 3,1–18 (C I § 3,2) und Luk 13,1– 5.6–9 (C V § 5). Zum Zusammenhang von Umkehr und Hören bei Lukas vgl. vor allem die entsprechenden Abschnitte zu Luk 10,13–15.16 (C II § 4,2b.d) und Luk 11,29–32 (C III § 2,4). 638 Vgl. neben Luk 8,15.21; 11,28 auch Luk 8,11; Apg 4,31; 6,2.7; 8,14, u.ö., sowie LAMMERS, Hören, Sehen und Glauben, 37.
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C. Einzeluntersuchungen
duellen Stellung zum göttlichen Wort und Willen.639 Der Verweis auf die „große Kluft“ in Luk 16,26 steht offensichtlich sinnbildlich dafür, dass selbst Abraham sie nicht mehr überbrücken kann und damit seine ihm zugesprochene „Erlöserrolle“640 an ihr Ende gelangt ist. Denn: „Die Schlüssel zum Hades hat nun ein Anderer!“641 „Hören“ und „Gehorchen“ sind nun für Lukas ein und dasselbe. Auch von daher verwundert der Hinweis auf „Mose und die Propheten“ in Luk 16,29.31 keineswegs. Aus dem „Hören“ und „Gehorchen“ ergibt sich für Lukas fernerhin auch das „Tun“, was für ihn nur bedeuten kann, dass sich aus dem „Hören auf Gottes Wort“ ein entsprechendes Verhalten, ja eine dem Wort Gottes konforme Lebensweise herauskristallisiert. Klaus Lammers stellt diesbezüglich für Lukas fest: „Echter Glaube erweist sich in der Tat, wie es auch Jesus von seinen Hörern verlangt (Lk 6,47–49). Die wahre Verwandtschaft zum Herrn beruht im tätigen Hören, d.h. Gehorchen.“642 Eine Brücke von den heiligen Schriften Israels zu Jesus schlägt der dritte Evangelist dann beispielsweise mit der Aussage in Luk 8,21: mh,thr mou kai. avdelfoi, mou ou-toi, eivsin oi` to.n lo,gon tou/ qeou/ avkou,ontej kai. poiou/ntejÅ
Gemeinschaft, ja Verwandtschaft mit Jesus kann demzufolge nur haben, wer Gottes Wort hört und tut. Dagegen kann „man auch trotz der Kenntnis des Gesetzes am Zentrum des Gesetzes vorbeileben […] (wie auch im Gleichnis vom barmherzigen Samariter [bzw. wie der Reiche in Luk 16,19ff.]).“643 Wenn Lukas also in Luk 16,29.31 den reichen Mann im Hades durch Abraham auf „Mose und die Propheten“ verweist, damit dessen Brüder vor ähnlichen Qualen im Jenseits verschont bleiben, so macht er damit ebenso deutlich, dass das Verhältnis zum überlieferten Wort Gottes zugleich auch über das Verhältnis zu Jesus und damit über Heil bzw. Unheil des Einzelnen entscheidet. Kurz: Wer sich schon nicht um Gottes überliefertes Wort schert, der wird auch der Botschaft Jesu nicht folgen, geschweige denn die Bedeutung seines Wesens und seiner Auferstehung erkennen. Treffend formuliert Helmut Merklein zu diesem Sachverhalt: „Jesus ist der letzte, eschatologische Bote Gottes. Sein Kerygma ist letztgültiges, eschatologisches Wort Gottes. Sich auf Jesu Wort und auf seine Machttaten einzulassen, das wäre die Umkehr, die jetzt verlangt ist.“644 639
LAMMERS, Hören, Sehen und Glauben, 37. KARL BORNHÄUSER, Studien zum Sondergut des Lukas, Gütersloh 1934, 155. 641 Ebd. 642 LAMMERS ebd., 37. 643 KIM-RAUCHHOLZ, Umkehr bei Lukas, 76; vgl. zu der Verbindung von Luk 16,19ff. zu Luk 10,25ff. auch ebd., 77 Anm. 511. 644 HELMUT MERKLEIN, Die Umkehrpredigt bei Johannes dem Täufer und Jesus von Nazaret, in: ders., Studien zu Jesus und Paulus, WUNT 43, Tübingen 1987, 109–126; hier: 122. 640
VIII. Wider Erwarten? Postmortale Wendungen in Luk 16,19–31
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Auch in Luk 16,19ff. kommt also wie an anderen Stellen bei Lukas dem Hören auf Gottes bzw. Jesu Wort höchste Heilsrelevanz zu: Gerettet werden kann nur, wer auf die von Gott gesandten Boten hört, von denen Lukas Jesus die größte Bedeutung beimisst – ist dieser doch der ui`o.j u`yi,stou (Luk 1,32). Lehtipuu schreibt: „Thus, the words of Abraham suggest that, as the brothers of the rich man do not obey the law, they do not believe in the resurrection, either. One aspect of the story is to hint that those Jews who refuse to confess Jesus, also fail to fulfill the law of Moses; by deserting Jesus, they have deserted the law.”645 Daher schließt der dritte Evangelist seine Rede folgerichtig in Luk 16, 31 mit: ei=pen de. auvtw/|\ eiv Mwu?se,wj kai. tw/n profhtw/n ouvk avkou,ousin( ouvdV eva,n tij evk nekrw/n avnasth/| peisqh,sontaiÅ
Den Brüdern des Reichen droht damit das gleiche Schicksal wie jenem selbst, wenn sie nicht noch zeit ihres Lebens umkehren. Positiv gewendet: Die quälenden Strafen im Hades kann verhindern, wer eine Umkehr im irdischen Leben vollzieht. Jesus ist nach Darstellung des Lukas dazu gekommen, um das zu predigen.646 Mit der Erzählung vom reichen Mann und armen Lazarus setzt Lukas einmal mehr seine Botschaft ins Bild: Die Umkehr als Konsequenz des rechten Hörens sichert das individuelle Heil in der Zukunft. Darum stehen auch gerade im dritten Evangelium die bußwilligen „Sünder“ eindeutig auf der Gewinnerseite. Sie sind gleichsam Paradigmen für all jene, die Gottes Wort in Jesus hören, erkennen und ihm nachfolgen.647 Aber – und das kommt in Luk 16,19ff. erneut unmissverständlich zum Ausdruck – die Möglichkeit zur Umkehr ist zeitlich begrenzt, denn nach dem Tod ist sie endgültig vorbei. Eine solche zeitliche Grenze zur Umkehr ist uns bereits im Gleichnis vom unfruchtbaren Feigenbaum in Luk 13,6–9 sowie in der Gastmahlperikope in Luk 14,16–24 begegnet. Zusammen mit Luk 16,19–31 machen alle drei Texte deutlich: Es gibt für die von Lukas geforderte meta,noia ein unwiderrufliches „zu spät“.648 Damit wird Umkehr bei Lukas mehr als bei den anderen Evangelisten zur notwendigen, aber einhergehend mit einer radikalen Änderung seines Lebens auch zur allein ausreichenden Vorbedingung, um das Heil im Gottesgericht zu erwerben.649
645
LEHTIPUU, Afterlife Imagery, 168. Vgl. hierzu die bei den anderen Synoptikern nicht vorfindlichen und von daher wohl lukanischen Ergänzungen des Umkehrmotivs in Luk 5,32 diff. Mt 9,13c und Mk 2,17b; Luk 15,7 diff. Mt 18,12–14; Luk 17,3–4 diff. Mt 18,15–17. 647 Vgl. Luk 5,32; 7,36–50; 15,7.10; 18,9–14; 19,1–10 u.ö. 648 Vgl. KIM-RAUCHHOLZ, Umkehr bei Lukas, 73f. 649 Vgl. LEHTIPUU ebd., 246–250; vgl. auch das Ergebnis von JENS-W. TAEGERs Studie, Der Mensch und sein Heil, 225–228. 646
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C. Einzeluntersuchungen
§ 5 Zusammenfassung und Ertrag Unsere Untersuchung von Luk 16,19–31 hat ergeben, was bereits Adolf Jülicher in seinem Gleichnisbuch zum Ausdruck gebracht hat: „[D]ie ärgste Verkennung, die unsere Geschichte [Luk 16,19ff.] fast erleiden konnte, war der Wahn, sie sei gedichtet, um neue Offenbarungen über die Zustände in der andern Welt zu proklamieren.“650 Zwar darf die Tatsache nicht unterschätzt werden, dass Lukas auch bestrebt war, im ersten Teil der Erzählung in den V. 23–26 seinen Adressaten den zeitgenössischen Vorstellungen gemäß ein „Schaufenster ins Jenseits“ zu öffnen, damit sie ähnlich den zahlreichen Jenseitsreisenden innerhalb der antiken Literatur auch einen Blick auf ihr mögliches Schicksal werfen konnten und dadurch genötigt wurden, die Konsequenzen ihrer irdischen Entscheidungen zu überdenken. Auf diese Weise will Lukas seine Adressaten wachrütteln, damit sie ernst nehmen, was ihnen widerfahren kann, wenn sie sich dem Wort Gottes im Alten Testament und letztgültig in Jesus von Nazareth verweigern. Doch damit erschöpft sich die Funktion von Luk 16,19ff. noch nicht. Denn der Dialog im zweiten Teil (V. 27–31) macht deutlich, dass es dem dritten Evangelisten vor allem darum geht, drei seiner zentralen Anliegen erneut vorzubringen und ins Bild zu setzen: 1. Das „Hören“ auf Gottes Wort; 2. die Heilsnotwendigkeit der Umkehr und 3. das Tun dessen, was Gott will. In dieser Reihenfolge sind alle drei Aspekte unerlässliche Voraussetzungen, um am Heil Gottes teilzuhaben und nicht auf ewig im Hades „zu schmoren“. Damit illustriert Lukas ganz konkret, wie für ihn menschliches und göttliches Tun zusammenwirken müssen, damit der Mensch die „ewige Seligkeit“ erlangt: Gott ruft ihn eivj meta,noian, und der Mensch muss antworten. Das völlige Unverständnis des Reichen für seine Situation im Jenseits, das aus der Tatsache geschlossen werden kann, dass Abraham ihm in Luk 16,25 die Erklärung dazu liefern muss, zeigt: Sein Schicksal trifft ihn in seinen Augen völlig wider Erwarten. Hätte er sich schon zu Lebzeiten an Gottes Wort in der Schrift und in der Botschaft der von Gott Gesandten gehalten, ihre Rede angenommen und in die Tat umgesetzt, wären ihm seine Qualen erspart geblieben. Ungewöhnlich hart ist demnach auch Abrahams Weigerung, Lazarus zu den fünf Brüdern des Reichen zu schicken, um sie zu warnen. Denn in seinen Augen haben sie alles, was sie zum Heilserwerb benötigen. Mit Jesu Umkehrforderung und der Ankündigung des Gottesgerichts aus dem Munde des ui`o.j u`yi,stou (Luk 1,32) haben die Adressaten des Lukas sogar noch mehr als bloß „Mose und die Propheten“.
650
JÜLICHER, Gleichnisreden II, 623.
IX. Vom Kommen des Gottesreiches Luk 17,20–37
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Mit der Aufnahme von Luk 16,19–31 in sein Evangelium kommt jedoch auch ein neuer eschatologischer Aspekt ins Spiel, von dem bislang bei Lukas noch keine Rede war: Zur Vorstellung eines universalen Gerichts am Ende der Zeiten, in welchem die Menschheit kollektiv vor den Stuhl des Richters treten muss, kommt ein individuelles Gericht hinzu, indem der Verstorbene bereits unmittelbar nach seinem Tod sein jenseitiges Schicksal erfährt. Es konnte gezeigt werden, dass die Kombination jener beiden ganz unterschiedlichen eschatologischen Vorstellungen bei Lukas in Anbetracht der möglichen Situation seiner Gemeinde am Ende des 1. Jh.s durchaus plausibel zu machen ist. Diese Situation wäre dann nämlich vom Ausbleiben der Parusie und – so stelle ich mir vor – von einer damit einhergehenden Gefahr der Erschlaffung des christlichen Glaubenseifers geprägt. Für diese Situation hätte Lukas eine Lösung gesucht und gefunden, indem er den Blick von der unmittelbaren Naherwartung von Parusie Christi und Endzeit abwendet und stattdessen auf eine gottgewollte, „Mose und den Propheten“ entsprechende Lebensweise rekurriert, die bereits post mortem ihren Lohn, oder auch ihre Strafe empfängt, ohne dabei die Bedeutung der Ankunft Jesu zum Endgericht zu schmälern. Denn dieses wird kommen, wie wir an anderen Lukastexten gesehen haben, und wird die dann noch Lebenden auch ihrem verdienten Jenseitsschicksal zuführen – dessen ist sich Lukas nach wie vor sicher.
IX. Vom Kommen des Gottesreiches Luk 17,20–37 par. Mt 24 IX. Vom Kommen des Gottesreiches Luk 17,20–37
Luk 17,20–37 ist die erste der beiden Endzeitreden, die Lukas in seinem Evangelium überliefert. Während die zweite Endzeitrede in Luk 21,5–38 im Wesentlichen ihrer Vorlage Mk 13 folgt, nimmt Luk 17,20–37 zum großen Teil QStoffe auf, für die der dritte Evangelist einen eigenen Rahmen geschaffen und die er auch sonst redaktionell bearbeitet hat. § 1 Text Luk 17,20–37 und Gliederung 20 Als er von den Pharisäern gefragt wurde, wann das Reich Gottes kommt, antwortete er ihnen und sprach: Das Reich Gottes kommt nicht mit Beobachtung. 21 Und man wird auch nicht sagen: Siehe, hier oder dort ist es.651 Denn siehe, das Reich Gottes ist mitten unter euch652. 22 Er sprach aber zu den Jüngern: Tage werden kommen, an denen ihr begehren werdet, einen der Tage des Menschensohnes zu sehen. Und ihr werdet (ihn) nicht sehen. 23
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Das mh. pisteu,shte im Codex D an dieser Stelle ist eine spätere Angleichung an Mt 24,23. Matthäus hat es aus seiner Vorlage Mk 13,21 übernommen und in den Konjunktiv Aorist gesetzt. 652 Nach WbNT, 533, ist auch die Übersetzung „in eurer Mitte“ für evnto.j u`mw/n möglich.
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C. Einzeluntersuchungen
Und man wird zu euch sagen: Siehe, dort (oder) siehe, hier ist er. Folgt (ihnen) nicht und lauft (ihnen) nicht nach! 24 Wie der Blitz nämlich beim Aufblitzen von einem Himmelsende bis zum anderen leuchtet, so wird der Menschensohn an seinem Tag sein653. 25 Zuerst aber muss er Vieles erleiden und von diesem Geschlecht verworfen werden. 26 Und wie es in den Tagen Noahs geschah, so wird es auch in den Tagen des Menschensohnes sein: 27 Sie aßen, sie tranken, sie heirateten, sie wurden verheiratet bis zu dem Tag, als Noah in die Arche stieg und die Sintflut kam654 und alle vernichtete. 28 Auf gleiche Weise geschah es in den Tagen Lots: Sie aßen, sie tranken, sie kauften, sie verkauften, sie pflanzten, sie bauten. 29 An dem Tag aber, an dem Lot aus Sodom herauskam, regnete es Feuer und Schwefel vom Himmel, und alle wurden vernichtet. 30 Auf ganz dieselbe Weise wird es an dem Tag sein, an dem der Menschensohn offenbart wird. 31 An jenem Tag steige, wer auf dem Dach sein wird und seine Habseligkeiten im Haus, nicht herunter, um sie heraufzuholen; und wer auf dem Feld sein wird in gleicher Weise, drehe sich nicht nach hinten um. 32 Erinnert euch an Lots Frau! 33 Wer versuchen wird, sein Leben für sich zu retten655, wird es verlieren. Wer es aber verliert, wird es erhalten. 34 Ich sage euch: In dieser Nacht werden zwei auf einem Bett sein; der eine wird angenommen, der andere wird fortgeschickt. 35 Zwei werden zusammen mahlen; die eine wird angenommen, die andere aber wird fortgeschickt. 36656 37 Und sie antworteten ihm und sprachen: Wo, Herr? Er aber sprach zu ihnen: Wo der Leichnam ist, dort werden sich auch die Adler657 sammeln.
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Das evn th|/ h`me,ra| auvtou/ ist textkritisch unsicher. Wenige Haupttextzeugen, darunter Pap. 75 und Vaticanus, lassen es aus. Andere Textzeugen wie Sinaiticus und Alexandrinus überliefern es. Da das Menschensohnmotiv ein prägender Bestandteil der Theologie der Logienquelle ist (vgl. die einschlägige Monographie von TÖDT, Menschensohn, hier bes. 246f.), ist m.E. davon auszugehen, dass Lukas es auch dort gelesen und übernommen hat. Zumindest steht diese Textvariante der Spruchquelle näher als das h` parousi,a (tou/ ui`ou/ tou/ avnqrw,pou) aus Mt 24,27; vgl. SCHULZ, Q, 279. 654 Statt e;rcomai, wie es unter anderem der Sinaiticus und der Alexandrinus überliefern, lesen Pap. 75, Vaticanus und weitere Textzeugen an dieser Stelle avpe,rcomai – möglicherweise verstanden in einer Nebenbedeutung des Wortes als „sich verbreiten, ausgehen“ bzw. „hinter jmdm. hergehen, jmdm. folgen“; vgl. WbNT, 167. In seiner Grundbedeutung „weggehen, sich entfernen“ passt es hingegen nicht in den Kontext von Luk 17,27. Da auch die Parallele Mt 24,39 eindeutig e;rcomai überliefert, gebe ich dieser Lesart auch bei Lukas den Vorzug. Beide haben wahrscheinlich e;rcomai in ihrer Q-Vorlage gelesen. 655 Wiederum überliefern Sinaiticus und Alexandrinus anders als Pap. 75 und Vaticanus die 3. Sg. Fut. von sw|,zw statt von peripoie,omai. Der Bedeutungsunterschied ist jedoch marginal: peripoie,omai wird eher reflexiv gebraucht und scheint zudem eine spezifisch lukanische Vokabel zu sein, die neben 1. Tim 3,13 nur noch hier und in Apg 20,28 belegt ist. Daher halte ich das peripoie,omai an dieser Stelle für ursprünglich. 656 Matthäus überliefert das Bild in Mt 24,40f. als Doppellogion zusammen mit dem Bild von den mahlenden Frauen (par. Luk 17,35). Das Textverhältnis zwischen Lukas und Matthäus ist schwer zu beurteilen. Auch Lukas überliefert in 17,34f. ein Doppellogion, dessen zweiter Teil in V. 35 mit Mt 24,41 fast identisch ist, wohingegen der erste in V. 34 nur der Form nach mit Mt 24,40 parallel geht. Die Frage lautet daher: Ist der „Acker“ oder ist das „Bett“ ursprünglich in Q? August Strobel vermutet, dass V. 34 eine ältere Vorstellung zugrunde liegt, die Lukas nun an dieser Stelle statt des „Ackers“ aufgreift und somit den ausgewogenen Aufbau des matthäischen Doppellogions aufbricht; vgl. AUGUST STROBEL, In dieser Nacht (Luk
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Luk 17,20–37 weist sowohl formale als auch inhaltliche Gliederungsmerkmale auf. Nach formalen Kriterien ist die erste Endzeitrede dreigeteilt. Sie beginnt in den V. 20–21 mit einer Rede Jesu an die Pharisäer (A). Ab V. 22 wechseln die Adressaten, und die Rede Jesu richtet sich fortan an die Jünger. Sie schließt in V. 34f. mit dem Doppellogion von der endzeitlichen Trennung der Menschen in Angenommene und Verworfene ab, das mit dem le,gw u`mi/n in V. 34 eine exponierte Einleitung erhält (B). V. 37 wird als Schlusssequenz der ganzen Rede in V. 37a erneut erzählerisch eingeleitet. Lukas gestaltet sie als Reaktion der Jünger auf Jesu Ausführungen. Auf ihre Frage nach dem Ort der von Jesus berichteten Geschehnisse antwortet Jesus mit dem abschließenden Bildwort vom „Leichnam“ und den „Adlern“ (C). Am Inhalt orientiert lassen sich die V. 20–37 gar in sechs Teile gliedern. V. 20a beginnt mit der Frage der Pharisäer nach dem Zeitpunkt der Ankunft des Reiches Gottes. Jesus dagegen antwortet dessen ungeachtet in V. 20b.21, indem er erklärt, wie das Reich Gottes kommt und wo es zu finden ist (1). Die Rede an die Jünger behandelt im ersten Teil V. 22–25 vornehmlich die Frage nach den äußeren Umständen des Menschensohntages (2). Dieser Teil schließt eigentümlicher Weise mit einer neuerlichen Leidensweissagung, die Lukas nach dem Vorbild von Mk 8,31 selbst gestaltet und damit eine Dublette zur ersten Leidensankündigung Jesu in Luk 9,22 geschaffen hat. Die V. 26–30 beinhalten ein Doppelexempel von Noah und Lot, um zu illustrieren, dass der „Tag des Menschensohnes“ ein Tag der Vernichtung sein wird (3). Dementsprechend schließt dieser Teil auch mit der Feststellung ab: kata. ta. auvta. e;stai h-| h`me,ra| o` ui`o.j tou/ avnqrw,pou avpokalu,ptetai.
Der vierte Abschnitt mit den V. 31–33 dreht sich um Verhaltensanweisungen für den „Tag des Menschensohnes“, die in V. 33 mit einem apophthegmatischen Schlusswort enden, das in urchristlichen Kreisen offensichtlich weit verbreitet gewesen war (vgl. Mk 8,35; Mt 10,39; Luk 9,24; Joh 12,25) (4). Daran schließen die V. 34f. an, die in einem Doppelexempel darstellen, wie Heil und Unheil am Ende verteilt sein werden (5). Beide Verse bilden mit ihrer
17,34). Zu einer älteren Form der Erwartung in Luk 17,20–37, ZThK 58 (1961), 16–29; hier: 19ff. Ob Lukas V. 34 schon in Q gelesen oder ihn aus seinem Sondergut eingefügt hat, ist nicht mit letzter Sicherheit zu sagen. Ich denke, er hat V. 34 im Vergleich zum Ackermotiv bei Matthäus als geeigneter empfunden, um die Trennung zwischen Menschen am „Tag des Menschensohnes“ auszusagen, und hat ihn aus seinem Sondergut eingefügt. Hingegen hat der Schreiber von Codex D später als V. 36 jenen „Acker“ aus Mt 24,40 zusätzlich in den Lukaszusammenhang aufgenommen. Ursprünglich lukanisch ist V. 36 demnach nicht. 657 LIDDELL/SCOTT übersetzt an dieser Stelle mit „Adler“. Gemeint ist wohl der percnopterus oder oripelargus als einzige Adlerart, die Aas frisst (Plinius, Hist Nat X 3,8); vgl. CHRISTIAN HÜNEMÖRDER, Art. Adler, DNP 1 (1996), 115f.
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C. Einzeluntersuchungen
hervorgehobenen Einleitung durch le,gw u`mi/n das Schlusswort, das auf die Bedrohlichkeit und Kompromisslosigkeit des Menschensohntages abhebt. Den sechsten und letzten Teil bildet V. 37, der mit der Jüngerfrage pou/ ku,rie* an die Pharisäerfrage nach dem po,te* in V. 22a anknüpft und damit die lukanische Fragerichtung deutlich herausstellt (6). Lukas geht es nämlich gar nicht um die Kenntnis des Zeitpunktes, an dem der Menschensohn ankommen wird. Stattdessen zielen seine Fragen vielmehr auf den Ort und die Art und Weise dieser Ankunft sowie auf den Verhaltenskodex für die Menschen, die mit dem Eintreffen dieses Tages ganz sicher rechnen müssen. Damit ergibt sich für Luk 17, 20–37 folgende Struktur: A (1) V. 20–21 Antwort Jesu an die Pharisäer auf die Frage: Wann kommt das Reich Gottes? B (2) V. 22–25 Rede an die Jünger: Wie kommt der Tag des Menschensohnes? Voraussetzung für sein Kommen ist das Leiden des Menschensohnes. (3) V. 26–30 Doppelexempel Noah–Lot; der Menschensohntag ist ein Tag der Vernichtung. (4) V. 31–33 Verhaltensanweisungen für den Tag des Menschensohnes (5) V. 34–35 Doppelexempel für die Verteilung von Heil und Unheil C (6) V. 37
Reaktion der Jünger auf die Rede Jesu: Frage Wo?
§ 2 Traditions- und redaktionskritische Fragen Bei der Lektüre von Luk 17,20–37 im Vergleich mit der Parallelüberlieferung in Mt 24 wird dem Leser/der Leserin schnell bewusst, dass es sich hierbei keineswegs um ein einheitliches Textgebilde handelt. Schon in der Frage, ob die beiden Teile V. 20–21 und V. 22–37 ursprünglich einmal getrennt voneinander überliefert wurden, oder ob sie seit jeher zusammengehört haben, gehen die Meinungen der Exegeten auseinander. Zudem ist die Quellenzuordnung der einzelnen Teile oft bis in die Halbverse hinein umstritten. Eine eingehende Untersuchung der beiden lukanischen Endzeitreden Luk 17 und Luk 21 hat Josef Zmijewski Anfang der 1970er Jahre vorgelegt.658 Seine mehr als 200seitige detaillierte Analyse von Luk 17,20–37 kann im Rahmen dieser Arbeit nicht ansatzweise referiert und diskutiert werden. Ich beschränke mich daher bei der nun folgenden Scheidung zwischen Tradition und Redaktion auf wesentliche Argumente, die mir in der ganzen Diskussion um Luk 17,20–
658 JOSEF ZMIJEWSKI, Die Eschatologiereden des Lukasevangeliums. Eine traditionsund redaktionsgeschichtliche Untersuchung zu Lk 21,5–36 und Lk 17,20–37, BBB 40, Bonn 1972; zu Luk 17,20–37 vgl. die Seiten 326–541.
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37 einleuchtend erschienen und eine entsprechende Zuordnung gerade der strittigen Verse plausibel machen können. Wie in der Einführung zu diesem Abschnitt bereits angedeutet, hat Lukas seine erste Endzeitrede zu einem großen Teil aus Q-Stoffen zusammengefügt und diese redaktionell bearbeitet. Im Zuge dessen schuf er mit V. 20f. zunächst eine Einleitung, in der er offensichtlich Sondergutmaterial verwendet hat. Folglich ist aus Q, Sondergut und eigener Redaktion diese erste Rede Jesu über die Ankunft des Menschensohnes entstanden. Zum eigentlichen Q-Kern zählen nach einhelliger Ansicht der von mir herangezogenen Kommentare jene Verse, die eine eindeutige Parallele bei Matthäus haben. Es sind dies die V. 24 (par. Mt 24,27).26f. (par. Mt 24,38– 39a).34f. (par. Mt 24,40f.) und V. 37b (par. Mt 24,28).659 Es gibt darüber hinaus ebenso einen Konsens über die von Lukas redaktionell eingefügten Verse. Hier sind zu nennen: Die Leidensankündigung in V. 25 (par. Luk 9,22); der Rekurs auf Lots Frau in V. 32 sowie die Einleitung in V. 37a zu dem Q-Spruch V. 37b, gestaltet als Frage der Jünger nach dem Ort der von Jesus erwarteten Endzeitgeschehnisse.660 Dennoch bleiben einige Fragen offen bzw. gehen die Meinungen der von mir zur Kenntnis genommenen Autoren in folgenden Punkten auseinander: 1. Lassen sich in der Pharisäerpassage Luk 17,20f. sowie im Übergang zur Jüngerrede in V. 22 die Anteile von Tradition und Redaktion noch sauber voneinander trennen? 2. Stammt V. 23 nicht ebenfalls aus Q, wie eine Parallele in Mt 24,23 vermuten lässt, oder übernimmt Lukas den Vers aus Mk 13,21? 3. Zudem muss die Frage geklärt werden, woher das Lot-Beispiel in Luk 17, 28f. kommt, das bei Matthäus keine Entsprechung hat. Ist es eine redaktionelle Nachbildung zu V. 26f. von der Hand des dritten Evangelisten, oder hat Lukas es bereits in der Logienquelle vorgefunden? 4. Ferner ist für V. 30 zu klären, ob Lukas hier selbst formuliert, oder ihn auch aus der Spruchquelle übernimmt (par. Mt 24,39b). 5. Zuletzt ist man sich über die Herkunft der V. 31.33 uneinig. Handelt es sich hier um Q-Material, oder liegt Markus zugrunde? Im folgenden Durchgang durch die weitgehend der Tradition zuzuordnenden Verse sollen u.a. diese Fragen, soweit es möglich ist, geklärt werden. 659 Vgl. RUDOLF SCHNACKENBURG, Der eschatologische Abschnitt Lk 17,20–37, in: Mélanges bibliques en Hommage au R. P. Béda Rigaux, hrsg. von Albert Descamps und R. P. André de Halleux, Gembloux 1970, 213–234; hier: 222ff.; BOVON, Evangelium nach Lukas III/3, 163; WOLTER, Lukasevangelium, 579; ZMIJEWSKI, Eschatologiereden, 509f. 660 Vgl. SCHNACKENBURG ebd., 222; BOVON ebd., 163; WOLTER ebd., 583.585 (dort jedoch keine Angabe zu V. 25), und ZMIJEWSKI ebd., 506f.
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1. Luk 17,20f. Überliefert ist die Pharisäerpassage Luk 17,20f. nur im dritten Evangelium.661 In ihr lassen sich in den V. 20b.21b zwei Einzellogien erkennen, die Lukas mit den V. 20a.21a jeweils redaktionell eingeleitet hat.662 Ähnliche Wendungen zum lukanischen ivdou. w-de h' evkei/ finden sich noch in Mt 24,23 (par. Luk 17,23) und Mk 13,21, was Hans Klein zu dem Schluss kommen lässt, dass Lukas jene Wendung aus seiner Mk-Vorlage nicht nur in Luk 17,23 aufgenommen, sondern auch in Luk 17,21 eingesetzt hat.663 Die Aussagen, dass das Gottesreich nicht „mit Beobachtung“ komme (V. 20b), sondern „mitten unter euch“ sei (V. 21b), halte ich mit Zmijewski allerdings für traditionelle Sentenzen aus dem lukanischen Sondergut. Beide Aussagen sind nämlich singulär innerhalb der synoptischen Tradition664: Der Begriff parath,rhsij findet sich im ganzen Neuen Testament nur hier in Luk 17,20b, und die Wendung evnto.j u`mw/n begegnet im lukanischen Schrifttum ebenfalls nur
661 Lediglich in EvThom 113 findet sich eine ähnliche Rede, die jedoch auf eine Frage der Jünger antwortet: „Seine Jünger sagten zu ihm: Das Königreich, an welchem Tage wird es kommen? Es wird nicht kommen, indem man darauf wartet; man wird nicht sagen: Seht, hier ist es, oder: Seht, dort ist es; sondern das Königreich des Vaters ist ausgebreitet über die Erde, und die Menschen sehen es nicht.“; zitiert nach BEATE BLATZ, Das koptische Thomasevangelium, in: Wilhelm Schneemelcher, Neutestamentliche Apokryphen I. Evangelien, 6. Aufl., Tübingen 1990, 93–113, hier: 113. Ferner gibt es Anklänge an EvThom 3,3: „Aber das Königreich ist in eurem Inneren, und es ist außerhalb von euch“; ebd., 98. Wolter ist der Auffassung, dass es sich bei beiden Logien nicht um Elemente eines vorlukanischen Überlieferungsstadiums handelt, sie somit auch nicht als ältere Vorlage zu Luk 17,20f. herangezogen werden können. Sie zeigen hingegen die allmähliche Weiterentwicklung einer gemeinsamen Tradition; vgl. WOLTER, Lukasevangelium, 575. 662 Die Frage, wann die messianische Heilsvollendung anbrechen und welche Zeichen ihr vorangehen werden, ist wichtiger Bestandteil der frühjüdischen Apokalyptik; vgl. B ILL IV/2, 977–1015. Lukas hingegen versucht, diese Frage abzuwenden. Denn er selbst und seine Gemeinde leben nicht mehr in unmittelbarer Erwartung der Endzeit. 663 KLEIN, Lukasevangelium, 568; vgl. auch ZMIJEWSKI, Eschatologiereden, 385. 664 Vgl. ZMIJEWSKI ebd., 384–390, und KLEIN ebd., 568. Anders Heinz Schürmann, der Luk 17,21 insgesamt für redaktionell hält; vgl. HEINZ SCHÜRMANN, Das Zeugnis der Redenquelle für die Basileia-Verkündigung Jesu. Eine traditionsgeschichtliche Untersuchung, in: ders., Gottes Reich–Jesu Geschick. Jesu ureigener Tod im Licht seiner Basileiaverkündigung, Freiburg 1983, 65–152; hier: 124. Dasselbe gilt für SCHNACKENBURG, Abschnitt, 217ff., der zumindest V. 21b als vom dritten Evangelisten selbst gebildet ansieht. Gegen eine redaktionelle Herkunft von Luk 17,20f. spricht sich auch Helmut Merkel aus und schließt für die beiden Einzellogien V. 20b.21b aufgrund ihrer Unableitbarkeit auf authentische Jesusüberlieferung; vgl. HELMUT MERKEL, Die Gottesherrschaft in der Verkündigung Jesu, in: Martin Hengel/Anna Maria Schwemer (Hrsg.), Königsherrschaft Gottes und himmlischer Kult im Judentum, Urchristentum und in der hellenistischen Welt, WUNT 55, Tübingen 1991, 119–161; hier: 144–147.
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an dieser Stelle665. Es handelt sich folglich in beiden Fällen um eine nicht nur für Lukas einzigartige Ausdrucksweise. Dagegen sind die Einleitungen in V. 20a.21a durchaus der Redaktion des dritten Evangelisten zuzuschreiben. Denn es gehört zu seinen Stilmitteln, kurze Ein- und Überleitungen zu seinem Traditionsgut zu schreiben, in denen Lukas zuweilen schon Motive oder Begriffe aufgreift, die ihm die jeweilige Tradition vorgibt (z.B. e;rcetai h` basilei,a tou/ qeou/ aus V. 20b in 20a).666 Die Darstellung durch Fragen zu ergänzen, wie wir es bereits in der sog. Standespredigt Johannes des Täufers (Luk 3,10–14) gesehen haben, gehört ebenfalls zu seinem redaktionellen Instrumentarium.667 In V. 21a ist zudem auch das unpersönliche ouvde. evrou/sin redaktionell, da es nicht nur die Funktion einer Einleitung zum folgenden Logion hat, sondern gleichzeitig auch ein Bindeglied ist, mit dem Lukas die beiden Sondergutsätze miteinander verknüpft – obgleich der plötzliche Wechsel ins Futur ganz „unpassend“668 ist und den Übergang sprachlich unbeholfen erscheinen lässt. 2. Luk 17,22 Für Luk 17,22 ist die Scheidung zwischen traditionellen und redaktionellen Anteilen schon schwieriger als in dem vorangehenden Pharisäerabschnitt. Obgleich man als Hintergrund von V. 22 eine nicht näher bestimmbare vorlukanische Tradition vom „Tag des Menschensohnes“ vermuten darf669, ist der Vers in seiner gegenwärtigen Gestalt in Luk 17 hingegen ein Produkt des dritten Ev-
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Lukas verwendet für die Aussage „mitten unter euch“ sonst die Wendung evn me,sw| + Gen. (so in Luk 2,46; 8,7; 10,3; 21,21; 22,27.55; 24,36; Apg 1,15; 27,21); vgl. J EREMIAS, Sprache, 266. 666 Vgl. auch Luk 3,15; 10,1.17; 11,1.37; 14,1ff.25; 15,1ff. u.ö.; vgl. ebenso B ULTMANN, Geschichte, 359f. 667 Vgl. SCHNACKENBURG, Abschnitt, 217. Neben Luk 3,10–14 auch in Luk 1,34; 10,26; 12,41.57; 17,37a; Apg 1,6; 2,7.37; 8,30.34 u.ö. 668 ZMIJEWSKI, Eschatologiereden, 386. 669 So könnte zumindest das evleu,sontai h`me,rai eine überlieferte Redewendung sein und würde dann dem in der LXX geläufigen h`me,rai e;rcontai entsprechen, das häufig prophetische Heils- und Unheilsankündigungen einleitet (1. Regn 2,31; 4. Regn 20,17; Am 4,2; 8,11; 9,31; Is 39,6; Ier 7,32; 9,24; Zach 14,1 LXX u.ö.); vgl. ZMIJEWSKI ebd., 399, und SCHNACKENBURG ebd., 221 Anm. 1. Sie taucht noch einmal in Luk 21,6 als Zusatz zu Mk 13,2 sowie in Luk 5,35 in einer Übernahme von Mk 2,20 auf und zeigt damit, dass sie auch eine dem Lukas vertraute Wendung ist (ähnliche Formulierungen in Luk 19,43; 23,29). Jedoch wird Lukas den Plural h`me,rai in Angleichung an die „Tage Noahs und Lots“ (V. 26.28) hier selbst gebildet haben; vgl. SCHULZ, Q, 278 Anm. 90. Analoge Formulierungen zu der Wendung „Tage des Menschensohnes“ finden sich ebenfalls noch in Jub 24,2 („Tage Abrahams“), Pseudo-Philo, LibAnt 20,9 („Tage Josuas“); 47,1 („Tage des Mose“), 2. Regn 21,1 LXX („Tage Davids“), 3. Regn 16,28 LXX („Tage Asas“); vgl. WOLTER, Lukasevangelium, 579f.
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angelisten selbst.670 Das ei=pen de. pro.j tou.j maqhta,j ist eine deutlich redaktionelle Einleitung zur folgenden Rede an die Jünger. Ferner wird Lukas auch das mi,an671 eingefügt haben, um das evpiqumei/n noch stärker hervorzuheben. Selbst die Sehnsucht auf nur „einen der Tage“ wird den Jüngern (noch) nicht erfüllt werden. Damit steht hinter dem Einschub von V. 22 augenscheinlich die Tatsache, dass die baldige Erwartung des Menschensohntages bei den Jüngern Jesu offenbar schon einige Enttäuschung erfahren hat. Doch gerade in diese Spannung vom bisherigen Ausbleiben des Menschensohntages einerseits und seinem unmittelbaren Bevorstehen andererseits will Lukas m.E. hineinsprechen. Zu der Frage nach der ursprünglichen Zusammengehörigkeit von Luk 17, 20f. und Luk 17,22–37 ist Folgendes zu sagen: Wie wir gesehen haben, ist gerade in den V. 20–22 die gestaltende Hand des Lukas klar zu erkennen. Er bettet in den V. 20f. zwei Einzellogien aus seinem Sondergut in einen von ihm selbst geprägten Rahmen – die Antwort Jesu an die Pharisäer – ein, um in V. 22 eine Überleitung zur Rede an die Jünger sowie einen Themenwechsel vorzunehmen. Von daher geht die Verbindung der beiden Teile Luk 17,20f. und Luk 17,22ff. allein auf Lukas selbst zurück.672 Dennoch sind beide Teile ohne Zweifel aufeinander bezogen, was Zmijewski zu dem Schluss kommen lässt: „Lukas hat nicht zwei voneinander getrennte und deshalb trennbare ‚Reden‘ komponiert, sondern sehr bewußt eine aus zwei aufeinander bezogenen und sich gegenseitig erklärenden ‚Teilen‘ bestehende Rede konzipiert […] Daher ist es legitim, den ganzen Abschnitt Lk 17,20–37 als eine kompositorische Einheit zu fassen und dementsprechend auch zusammenhängend zu exegesieren.“673 3. Luk 17,23f.26f. Ulrich Bauer674 hat in seiner Untersuchung überzeugend dargelegt, dass Luk 17,23 nicht, wie beispielsweise Dieter Lührmann675 annimmt, von Mk 13,21– 670 Vgl. BOVON, Evangelium III/3, 163; SCHNACKENBURG, Abschnitt, 220; HEIL, Lukas und Q, 168; ZMIJEWSKI, Eschatologiereden, 519; SCHULZ, Q, 278. Dieter Lührmann dagegen ist der Meinung, Lukas habe V. 22f. wie Mt 24,23–25 aus Mk 13,21–23 übernommen und es daher in Luk 21 weggelassen; vgl. LÜHRMANN, Redaktion, 72. Vergleicht man aber den Wortlaut von Luk 17,22f. mit Mk 13,21ff., so halte ich eine literarische Abhängigkeit in diesem Fall für ausgeschlossen. 671 Die Wendung mi,an tw/n h`merw/n findet sich sonst noch in Luk 8,22 und Luk 20,1. 672 Für eine ursprüngliche Verbindung spricht sich dagegen Rudolf Schnackenburg aus; vgl. SCHNACKENBURG ebd., 214–216. 673 ZMIJEWSKI ebd., 341. 674 ULRICH BAUER, Der Anfang der Endzeitrede in der Logienquelle (Q 17). Probleme der Rekonstruktion und Interpretation des Q-Textes, in: Stefan H. Brandenburger/Thomas Hieke (Hrsg.), Wenn drei das Gleiche sagen. Studien zu den ersten drei Evangelien. Mit einer Werkstattübersetzung des Q-Textes, Münster 1998, 79–101; hier: 85–88.
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23 beeinflusst sein kann. Der Wortvergleich zeigt: Es gibt außer dem ivdou. evkei/ ivdou. w-de mh, sowie dem kai, und dem u`mi/n keine weiteren Übereinstimmungen zwischen den beiden Versen. Zumal liest man bei Markus statt ivdou, zweimaliges i;de,, und evkei/ und w-de stehen bei ihm in umgekehrter Reihenfolge. Bezieht man dann die beiden Imperative noch mit ein, bliebe bloß noch das mh, als Übereinstimmung zwischen Mk 13,21 und Luk 17,23 übrig.676 Bauer folgert: „Lk 17,23 steht hier mit dem zweifachen Verbot und mit der Formulierung des ersten Verbots (mh. avpe,lqhte bzw. mh. evxe,lqhte bei Matthäus) der Version von Mt 24,26 näher als Mk 13,21.“677 Demnach ist Mt 24,26 der synoptische Paralleltext zu Luk 17,23. Beide gehen auf eine gemeinsame Q-Vorlage zurück.678 Es überrascht nicht, dass Lukas auch diesen Vers bearbeitet hat. Statt des matthäischen eva.n ou=n ei;pwsin u`mi/n setzt er ein einfacheres kai. evrou/sin u`mi/n (vgl. Luk 17,21a) und schreibt avp- statt des bei Matthäus zu lesenden evxe,rcomai. Darüber, ob am Ende von Q 17,23 das lukanische diw,kein oder das matthäische pisteu,ein gestanden hat, gehen die Meinungen auseinander. Zmijewski meint einerseits, Matthäus habe mit evxe,rcomai und pisteu,w den ursprünglichen QWortlaut erhalten.679 Andererseits wirkt das diw,kein gegenüber dem matthäischen pisteu,ein gegenständlicher, was m.E. eher für seine Originalität spricht (vgl. auch pisteu,ein in Mt 24,23).680 Die Zusätze evn th/| evrh,mw| und evn toi/j tamei,oij gehen jedoch höchstwahrscheinlich auf die Hand des Matthäus zurück. Damit steht die kürzere Fassung in Luk 17,23 dem Q-Wortlaut näher als Mt 24,26. Der anschließende V. 24 gibt nun an, wie sich Q/Luk das Eintreffen des Menschensohntages vorstellen. Geht man davon aus, dass V. 25 redaktionell ist, wird auf Q 17,23f. sogleich das Noah-Beispiel in den V. 26f. gefolgt sein.681 Die ursprüngliche QFassung dieses Abschnitts hat Zmijewski nach einer detaillierten Analyse der beiden Fassungen aus Matthäus und Lukas wie folgt rekonstruiert682: w[sper ai` h`me,rai Nw/e (oder: evn tai/j h`me,raij Nw/e,) ou[twj e;stai h` h`me,ra (oder: evn th|/ h`me,ra|) tou/ ui`ou/ tou/ avnqrw,pou. (w`j ga.r) h=san evn tai/j h`me,raij evkei,naij trw,gontej kai. pi,nontej, gamou/ntej kai. gami,zontej, a;cri h=j h`me,raj eivsh/lqen Nw/e eivj th.n kibwto,n, kai. h=lqen o` kataklusmo.j kai. avpw,lesen a[pantaj – ou[twj e;stai (kai.) evn th|/ h`me,ra| tou/ ui`ou/ tou/ avnqrw,pou.683
675
LÜHRMANN, Redaktion, 72. Vgl. BAUER, Anfang, 86. 677 Eine Parallele von Luk 17,23 mit Mt 24,23 scheidet für Bauer ebenfalls aus, da Luk 17,23 und Mt 24,23 gegen Markus lediglich in dem ivdou, übereinstimmen; vgl. ebd. 678 Ebd., 87. 679 Vgl. ZMIJEWSKI, Eschatologiereden, 403f. 680 SCHNACKENBURG, Abschnitt, 221; HEIL, Lukas und Q, 168. 681 Vgl. ZMIJEWSKI ebd., 404. 682 Zur Argumentation im Einzelnen vgl. ebd., 444–450. 683 Ebd., 450. 676
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C. Einzeluntersuchungen
Ohne auf die Einzelheiten des Vergleichs zwischen Matthäus und Lukas und der Q-Rekonstruktion Zmijewskis hier näher eingehen zu können, sollen für unseren Zweck lediglich drei Auffälligkeiten hervorgehoben werden: 1. Beide Verse weisen in Q vermutlich eine parallele Satzstruktur auf, die einen Vergleich impliziert: w[sper – ou[twj und (w`j ga,r) – ou[twj. 2. In V. 26 steht „den Tagen Noahs“ „der Tag des Menschensohnes“ gegenüber, was den Vergleich uneben erscheinen lässt. 3. Der ou[twj-Satz am Schluss (par. Mt 24,39b) des von Zmijewski rekonstruierten Q-Textes, der bei Lukas sinngemäß erst in V. 30 zu lesen ist, stand wie in Mt 24,39b schon in der Q-Vorlage unmittelbar hinter dem Noah-Gleichnis. Abgesehen von der Auslassung des ou[twj-Satzes am Ende des Noah-Beispiels hat Lukas die parallele Satzstruktur in 17,26f. im Wesentlichen beibehalten. Zu bemerken ist aber, dass er zum einen den Singular h` h`me,ra (oder: evn th|/ h`me,ra|) tou/ ui`ou/ tou/ avnqrw,pou in V. 26 in einen Plural umgewandelt684 und zum anderen im selben Vers das evge,neto685 eingefügt hat. 4. Luk 17,28–30 Das Lot-Beispiel in Luk 17,28f. überliefert nur der dritte Evangelist. In Mt 24,37–41 geht der Vergleich der Parusie des Menschensohnes mit den „Tagen Noahs“ dagegen gleich in die beiden Beispiele von der Trennung zwischen Verworfenen und Angenommenen über (par. Luk 17,34f.). Der Vergleich mit Lot fehlt bei ihm. Woher also nimmt Lukas die V. 28f.? Hat Lukas sie selbst formuliert, um dem Noah-Beispiel aus Q eine weitere ähnliche Szene aus dem gleichen alttestamentlichen Buch, dem Buch Genesis, zur Verstärkung hinzuzufügen?686 Oder hat der dritte Evangelist V. 28f. in der Spruchquelle gelesen, und Matthäus hat die Verse als unnötige Doppelung gestrichen, wie Ulrich Luz vermutet? Drit-
684
ZMIJEWSKI, Eschatologiereden, 448; HAMPEL, Menschensohn, 64; TÖDT, Menschensohn, 47. 685 „VEge,neto mit temporalem evn ist als lukanische Vorzugswendung in den Evangelien nahezu ausschließlich bei Lukas belegt [30 Belege bei Lukas stehen 3 bei Markus und jeweils keine bei Matthäus und Johannes gegenüber] und trägt dessen Handschrift“; HAMPEL ebd., 64. 686 Für eine redaktionelle Reformulierung von Luk 17,28f. zu V. 26f. plädiert beispielsweise auch HEIL, Lukas und Q, 177f. Im Zuge der Einfügungen zwischen Q 17,27 und Q 17,34 (vgl. Mt 24,37–41) „formuliert er die vv. 28f. und setzt sie in den Q-Zusammenhang ein; in Anlehnung an das Beispiel Noachs in Q 17,26f. komponiert Lukas das Beispiel Lots (vgl. v. 32).“ Dass der dritte Evangelist hier selbst eingegriffen hat, ist auch deswegen denkbar, weil V. 32, die Erinnerung an Lots Frau, von den Kommentatoren einhellig auf die Redaktionstätigkeit des Lukas zurückgeführt wird.
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tens ist zu erwägen, ob Matthäus und Lukas an dieser Stelle gar zwei unterschiedliche Q-Überlieferungen vorlagen.687 Ich stimme unter der Voraussetzung, dass Matthäus und Lukas an dieser Stelle durchaus den gleichen Q-Text vorliegen hatten und der erste Evangelist das Lot-Beispiel gestrichen hat, um eine Dublette zu vermeiden, der Einschätzung von Luz zu, dass die V. 28f. ebenfalls aus Q stammen.688 Die Gegenüberstellung der Argumente für und wider eine Q-Vorlage für die V. 28f. bringen jedoch für sich genommen kein eindeutiges Ergebnis. Zmijewski kommt daher zu dem Schluss: „Die traditionsgeschichtliche Untersuchung hat gezeigt, daß es sowohl für die Annahme einer vorgegebenen Tradition in Lk 17,28–30 als auch für die einer lukanischen Nachbildung gewichtige Gründe gibt, daß aber eine Rekonstruktion des ursprünglichen Q-Textes […] äußerst schwierig und fragwürdig bleibt.“689 Dafür, dass das Lot-Beispiel in Luk 17,28f. dennoch aus Q stammt, sprechen m.E. folgende Argumente: Zum einen konnte Lührmann überzeugend nachweisen, dass die beiden Topoi „Noah“ und „Lot“ bzw. „Sintflut“ und „Sodom“, nicht erst in 2. Petr 2,4–8 und 1. Clem 9–12, sondern bereits im frühjüdischen Schrifttum als zwei göttliche Strafgerichte gelegentlich nebeneinander gestellt wurden (vgl. 3. Mac 2,4f.; SapSal 10,4.6; TestNaph 3,4f.; Philo, De Vit Mos II 52–65; bes. 53–56).690 Sie könnten folglich die Q-Überlieferung beeinflusst haben, die dem Frühjudentum zeitlich und gedanklich näher steht als Lukas. Zum zweiten findet sich die Kombination zweier alttestamentlicher Figuren schon einmal in einem nun eindeutig der Logienquelle zuzuschreibenden Text. Q 11,29–32 erwähnt nämlich den Propheten Jona sowie die basi,lissa no,tou, die identisch ist mit der Königin von Saba aus 1. Kön 10,1. Es ist also durchaus denkbar, dass es noch eine weitere Verknüpfung zweier Figuren aus dem Alten Testament in Q gegeben hat, die Lukas nun wortgetreu übernimmt, um damit die Bedrohlichkeit des Menschensohntages anzukündigen.691 Schließlich hat Joachim Jeremias für die Herkunft von Luk 17,28f. noch sprachliche Auffälligkeiten benannt692, die auch ihn zu dem Urteil kommen las-
687
Für eine dem Matthäus unbekannt gebliebene Q-Überlieferung spricht sich TÖDT, Menschensohn, 47, aus; vgl. auch LÜHRMANN, Redaktion, 74.82f. 688 Vgl. LUZ, Evangelium nach Matthäus I/3, 446 und Anm. 7: „M[a]t[thäus] kürzt gelegentlich Q-Texte, wenn dies bei der Einarbeitung in eine Rede nötig ist. […] In ähnlicher Weise hat M[a]t[thäus] auch Mk 13,33–37 fast ganz weggelassen. Ein großes Interesse an Q 17,26–30 kann Mt nicht gehabt haben, da sich der Text nicht paränetisch fruchtbar machen läßt.“ 689 ZMIJEWSKI, Eschatologiereden, 457. 690 Zu den Textstellen vgl. LÜHRMANN ebd., 75ff., sowie JOSEF SCHMID, Das Evangelium nach Lukas, RNT 3, 3. Aufl., Regensburg 1955, 276. 691 „Solche Doppelsprüche oder -gleichnisse, die den gleichen Gedanken veranschaulichen, sind nichts Seltenes“; SCHNACKENBURG, Abschnitt, 223. 692 Vgl. JEREMIAS, Sprache, 269.
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C. Einzeluntersuchungen
sen, dass Luk 17,28f. traditionell sein müsse. Er hält erstens die asyndetische Zusammenstellung der sechs Verben in V. 28 (par. V. 27) für gänzlich unlukanischen Stil: „Die Untersuchung der Asyndeta im l[u]k[anischen] Doppelwerk ergibt folgendes Bild: 1. In dem von ihm [Lukas] übernommenen Markusstoff fand Lukas mindestens 40 Asyndeta vor. Er hat sie systematisch (meist durch Zusatz von de,, kai,, ga,r, ou=n, o[ti, toi,nun, te,) ausgemerzt: 36 Meidefällen stehen nur 4 Übernahmefälle (alle vier mit starker Emphase) gegenüber […] 2. Lukas bildet im Markusstoff zwar 3mal ein Asyndeton, in der Ap[ostel]g[eschichte] sogar 13mal, doch handelt es sich durchweg um Emphasen.“693 Zweitens ist das avgora,zw in V. 28 ein Wort, das der dritte Evangelist nicht von sich aus schreibt, sondern immer nur aus der Tradition übernimmt.694 Drittens ist, so Jeremias, die Wendung „evn tai/j h`me,raij des N.N.“ im traditionell-biblischen Sprachgebrauch durchaus verbreitet.695 Dieses letzte Argument kann zugegebenermaßen für Lukas nur eingeschränkt gelten. Denn im Hinblick auf Luk 1,5; 2,1f. und 3,1f. zeigt sich, dass er sie durchaus auch selbst einfügt, wo es ihm sinnvoll erscheint.696 Das „evn tai/j h`me,raij des N.N.“ könnte demnach ebenso gut auch lukanisch sein. Dennoch sind die beiden ersten von Jeremias angeführten Textbeobachtungen m.E. Grund genug, das Lot-Beispiel eher als Bestandteil von Q anzusehen, statt eine von Lukas eingefügte Dublette zu postulieren. Damit ergibt sich ein formal wie auch inhaltlich zusammenhängendes QStück, das mit Ausnahme von V. 25 die V. 24–30 umfasst und das Lukas an dieser Stelle im Wesentlichen in seine erste Endzeitrede übernommen hat. Es gibt Antwort auf die Frage, wie der „Tag des Menschensohnes“ sein wird (V. 30).
693
Dem steht allerdings der von Jeremias aufgeführte dritte Punkt merkwürdig entgegen: „3. Angesichts der starken Zurückhaltung des Evangelisten gegenüber dem Asyndeton ist es überraschend, daß sich im Nicht-Markusstoff ca. 55 Asyndeta finden, und zwar mit einer Ausnahme (7,43) sämtlich in Reden und meist nicht-emphatisch; offensichtlich ist dieses (übrigens aramaisierende) Asyndeton im Redenstoff Kennzeichen der vorlukanischen Überlieferung“; JEREMIAS, Sprache, 61. 694 Ebd., 240. 695 Vgl. ebd., 15–17. Da das Hebräische und Aramäische über keinen geläufigen Ausdruck für „Zeit“ im durativen Sinne verfügten, half man sich, indem man die Lebenszeit von Personen bzw. die Regierungsdauer von Herrschern in der Regel einfach mit „Tage“ + Eigenname im Genitiv ausdrückte. 696 Für KLEIN, Lukasevangelium, 85 Anm. 23, gehört diese Art der zeitlichen Einordnung zu den „vielen Lukanismen“, die auch sonst in Luk 2,1f.; 3,1f. zu finden sind.
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5. Luk 17,31.33 Zur Erklärung der Herkunft von V. 31 wird gelegentlich angenommen, Lukas habe ihn direkt aus Mk 13,15f. übernommen und an diese Stelle gesetzt.697 Dagegen meint Christoph Heil, der dritte Evangelist habe V. 31 auf der Basis von Mk 13,15f. zusammen mit V. 32 selbst gestaltet.698 Anderer Meinung ist Michael Wolter. Er geht davon aus, dass aufgrund von minor agreements zwischen Luk 17,31 und Mt 24,17f. gegen Markus auch eine Q-Grundlage zumindest für V. 31 nicht auszuschließen sei.699 Dass Lukas an dieser Stelle, wenn auch basierend auf seiner Mk-Vorlage, zum großen Teil frei formuliert, halte ich für ausgeschlossen, da die traditionellen Anteile innerhalb des Verses parallel zu Matthäus und Markus deutlich zu erkennen sind: evpi. tou/ dw,matoj; mh, + katabai,nw; a==rai + ta, (Mt), + ti (Mk), + auvta, (Luk); der Hausbezug (evk th/j oivki,aj auvtou/ (Mt), eivj th.n oivki,an (Mk), evn th|/ oivki,a| (Luk); kai. o` evn tw/| avgrw/| (Mt), kai. o` eivj to.n avgro,n (Mk); kai. o` evn avgrw/| (Luk); mh. evpistreya,to (eivj ta.) o`pi,sw. Ferner hält Jeremias auch den eschatologischen Bezug der Bildebene für traditionell.700 Die Annahme einer wörtlichen Übernahme aus Mk 13,15f. ist jedoch ebenfalls problematisch. Zum einen weist Wolter auf die minor agreements zum matthäischen Text hin: ta, V. 31a par. Mt 24,17b statt ti in Mk 13,15b und evn (tw/|) avgrw/| V. 31c par. Mt 24,18a statt eivj to.n avgro,n (Mk 13,16a).701 Zum anderen hätte Lukas dann die Schlusssequenz vom Aufnehmen des Gewandes (a=rai to. i`ma,tion auvtou/) aus Mk 13,16 par. Mt 24,18 gestrichen, wofür es jedoch m.E. keinen ersichtlichen Grund gibt. Zuletzt müsste bei einer Herleitung aus Mk 13,15 dann auch erklärt werden, warum Matthäus und Lukas unabhängig voneinander das mhde. eivse,rcomai aus ihrer Vorlage getilgt haben. Somit schließe ich mich der Wolterschen Einschätzung an, dass hinter V. 31 ein Q-Text steht, den der dritte Evangelist – durchaus in Kenntnis von Mk 13,15f. (vgl. mh. evpistreya,to eivj ta. ovpi,sw gegen Mt 24,18) – übernommen und geringfügig bearbeitet hat. Drei Texteingriffe sind mit großer Wahrscheinlichkeit auf seine Hand zurückzuführen: 1. Die Voranstellung der Zeitangabe evn evkei,nh| th/| h`me,ra| e;stai in V. 31 als direkten formalen und inhaltlichen Anschluss an h-| h`me,ra| o` ui`o.j tou/ avnqrw,pou aus V. 30;
697
Vgl. BOVON, Evangelium nach Lukas III/3, 163; ZMIJEWSKI, Eschatologiereden, 473–478; SCHULZ, Q, 278; LÜHRMANN, Redaktion, 72; KLEIN, Lukasevangelium, 569; SCHNACKENBURG, Abschnitt, 223. 698 HEIL, Lukas und Q, 176. 699 WOLTER, Lukasevangelium, 579. 700 Vgl. JEREMIAS, Sprache, 139.269. 701 WOLTER ebd., 579.
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C. Einzeluntersuchungen
2. Die Einfügung des kai. ta. skeu,h auvtou/702 in V. 31, sowie 3. Die Auslassung von a=rai to. i`ma,tion auvtou/. Während Lukas eher den Wortlaut von Q in seiner ursprünglichen Form wiedergibt, folgt Matthäus an dieser Stelle stärker seiner markinischen Vorlage. Auch für V. 33 mit seiner Parallele in Mt 10,39 ist eine Zuordnung zur Logienquelle wahrscheinlicher703, als dass für ihn Mk 8,35 zugrunde gelegt werde, wie Zmijewski vermutet.704 Schließlich hat Lukas Mk 8,35 bereits in Luk 9,24 (par. Mt 16,25) verwendet.705 Hier in seiner ersten Endzeitrede folgt Lukas nun aber weiter seiner Q-Tradition. Der ursprüngliche Kontext von Q 17,33 scheint allerdings eher bei Matthäus erkennbar zu sein, der ihn als Schlusssatz hinter Mt 10,37f. im Rahmen einer Rede Jesu überliefert, die vom Leiden der Jünger „um Jesu willen“ handelt. Aufgrund der Wortwahl und der parallelen Satzstruktur ist mit François Bovon und Rudolf Laufen anzunehmen, dass Matthäus jene Doppelsentenz auch in ihrem Q-Wortlaut getreuer wiedergegeben hat, während der dritte Evangelist die Aussage stärker paraphrasiert und auf seine Intention hin zugespitzt hat.706 Als genuine Q-Fassung von V. 33 konstruiert Laufen daher wie folgt: ]Oj eva.n eu`rh,sei th.n yuch.n auvtou/ avpole,sei auvth,n, kai. o]j avn avpole,sei th.n yuch.n auvtou/ e[neken evmou/, eu`rh,sei auvth,n.707
Im Vergleich zu der matthäischen Version wandelt Lukas die Aussage ab. Zunächst wählt er in V. 33a statt des einfachen eu`ri,skw die im Griechischen elegantere Konstruktion mit zhte,w + Inf.708 Den Bezug des Jüngerleidens zur Nachfolge Jesu, der mit dem e[neken evmou/ ausgedrückt ist, streicht Lukas ersatzlos.709 Ferner setzt er mit seiner Wortwahl des peripoie,omai sowie mit zw|ogone,w besondere Akzente. Peripoie,omai – neben Luk 17,33 im gesamten Neuen Testament nur noch in Apg 20,28 und 1. Tim 3,13 belegt – präzisiert das ursprüngliche eu`ri,skw im Sinne von „(sich) bewahren, erhalten, erwerben, (sich) verschaffen“. Im weiteren Sinn gibt es Ceslas Spicq in seinem Lexikonartikel in der Bedeutung von 702
JEREMIAS, Sprache, 269, hält die Einfügung von kai. (ta.) skeu,h auvtou/ für lukanisch. So finden sich auch sieben Belege von skeu/oj im lukanischen Doppelwerk, fünf davon in der Apostelgeschichte (Luk 8,16; 17,31; Apg 9,15; 10,11.16; 11,5; 27,17); vgl. auch SCHNACKENBURG, Abschnitt, 224. 703 Vgl. WOLTER, Lukasevangelium, 579; BOVON, Evangelium nach Lukas III/3, 163; LÜHRMANN, Redaktion, 72, SCHNACKENBURG ebd., 224; HEIL, Lukas und Q, 176. 704 ZMIJEWSKI, Eschatologiereden, 479–482. 705 WOLTER ebd., 579. 706 BOVON ebd., 175; LAUFEN, Doppelüberlieferungen, 315–322. 707 LAUFEN ebd., 322. 708 Zur Konstruktion vgl. BDR §§ 392.400,5. 709 Vgl. AKIRA SATAKE, Das Leiden der Jünger um meinetwillen, ZNW 67 (1976), 4– 19; hier: 10f.
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„re,aliser pour soi“ wieder, was man mit „für sich als wirklich ansehen“ übersetzen kann.710 Damit ist im Gegensatz zum bloßen „Finden“ in Q, dem bekanntlich eine gewisse Zufälligkeit anhaftet, bei Lukas die Eigeninitiative des Menschen, etwas für sich zu erreichen, wesentlich stärker hervorgehoben. Auch das zw|ogone,w nuanciert den Text auf markante Weise.711 Denn im Griechischen wurde seit Aristoteles und Theophrast zw|ogone,w nur im Sinne von „lebendig machen, zeugen“ gebraucht, obgleich es im jeweiligen Kontext nur selten bei der Zeugung von Menschen, sondern vielmehr bei der Zeugung von Tieren und Pflanzen verwendet wurde. Diese Zeugungskraft der Natur (fu,sij) kam z.T. ausdrücklich einer Gottheit zu.712 Die LXX gibt mit zw|ogonei/n mehrfach das Pi’el und Hif’il von hyh wieder (vgl. Leu 11,47; 1. Regn 2,6 LXX). Abweichend vom klassischen Sprachgebrauch wird zw|ogonei/n hier zeitweilig auch in der Bedeutung von „am Leben lassen“ (von Menschen) gebraucht (Exod 1,17f.22; Iud 8,9; 1. Regn 27,9.11; 3. Regn 20,31; 4. Regn 7,4 LXX). In den neutestamentlichen Schriften begegnet der Begriff sonst noch in 1. Tim 6,13 als Gottesprädikat (tou/ qeou/ tou/ zw|ogonou/ntoj ta. pa,nta) und in Apg 7,19 in ganz profaner Verwendung. Dieser im Neuen Testament seltene Wortgebrauch trägt in jenem in V. 33 überlieferten Satz vom Verlust und Gewinn des Lebens einen Gottesbezug ein, der Luk 17,33 von Mt 10,39 (und Mk 8,35) unterscheidet. Er interpretiert nämlich das eu`rei/n aus Q in einem stärker soteriologischen Sinn, so dass „Leben finden“ gleichgesetzt wird mit „von Gott am Leben gelassen werden.“ 6. Luk 17,34f. Ob das „Ich sage euch“ vom dritten Evangelisten selbst eingefügt oder in Q bereits vorgegeben war, ist umstritten. Naheliegend ist allerdings in Anbetracht der Parallelstellen Mt 24,40; EvThom 61 die Vermutung, dass in der allen dreien gemeinsamen Tradition gar keine spezifische Einleitung zu lesen war, wie im Thomasevangelium noch sichtbar ist. Matthäus hätte dann das einfache to,te als Satzanschluss von sich aus eingesetzt und Lukas eben sein le,gw u`mi/n. Jedenfalls ist die Rede vom Schicksal des Einzelnen bei der Parusie des Menschensohnes in Luk 17,34f. schon durch den Satzanfang besonders gekennzeichnet und ließ die Rezipienten sicher erneut aufmerken. Die nächste und inhaltlich ausschlaggebende Auffälligkeit ist die in Mt 24, 40 fehlende überraschende Wendung tau,th| th/| nukti, in V. 34 (vgl. Mk 14,30 par. Mt 26,34). Nicht nur, dass sie in gewissem Widerspruch zum Vorherge710
CESLAS SPICQ, Art. peripoie,omai, peripoi,hsij, in: ders., Notes de Lexicographie néotestamentaire, Bd. 2, OBO 22/2, Fribourg/Göttingen 1978, 687–689; hier: 688. 711 Vgl. zum Folgenden den Lexikonartikel zu zw|ogone,w von RUDOLF BULTMANN, Art. zwogone,w, ThWNT 2 (1935), 875f. 712 Textnachweise ebd., 876.
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C. Einzeluntersuchungen
henden steht, wo durchweg von der h`me,ra des Menschensohnes, nirgends aber von der nu,x die Rede war. Fraglich sind auch hier die Herkunft dieser Zeitangabe und ihre Bedeutung im jetzigen Zusammenhang. Auf der Hand liegt m.E. die Erklärung, die Christoph Heil zur Herkunft der „Nachtaussage“ gibt: „Die redaktionelle Zeitangabe tau,th| th|/ nukti, zu Beginn von v. 34 ist vielleicht mit der lukanischen Vorstellung zu erklären, daß die Wiederkunft des Menschensohnes in der Nacht geschieht (vgl. 12,16–21). Dies würde auch zur lukanischen Änderung der Q-Formulierung evn tw/| avgrw/| zu evpi. kli,nhj passen“.713 Demzufolge gehen die Zeitangabe und die Änderung von „Feld“ in „Bett“ bzw. „Lager“ zusammen mit weiteren Textbearbeitungen auf Lukas zurück. Denn, so Heil weiter, „Lukas ersetzt das unklassisch gebrauchte ei-j (Q 17,34) bzw. mi,a (Q 17,35) durch e[teroj (v. 34) bzw. e`te,ra (v. 35). In v. 34 und v. 35 ersetzt Lukas das Präsens paralamba,netai bzw. avfi,etai aus Q durch das Futur paralhmfqh,setai bzw. avfeqh,setai […] An den Beginn von v. 35 fügt Lukas ein e;sontai hinzu und bildet so mit avlh,qousai eine periphrastische Konjugation im Futur
713
HEIL, Lukas und Q, 179. Gegen STROBEL, Nacht, 19ff., der in der Vorstellung vom Kommen des Menschensohnes zur Nachtzeit eine wesentlich ältere Tradition als Q erblickt, die stark judenchristliche Züge trägt, weil sie die mit dem Kommen des Menschensohnes stattfindende Erlösung mit jener des Volkes Israels in der Passanacht vergleicht. Strobels Argumentation für die Erlösung durch Entrückung als Hintergrundmotiv von Luk 17,34 ist hingegen zweifelhaft. Aus der „schier unübersehbare[n] Materialfülle, die „diese Form der nächtlichen Erwartung“ repräsentiert, wählt er zwei Belege aus weit nachlukanischer Zeit aus: Die altsyrische Abhandlung zum Thema der Wiederkunft des Herrn in Ps.Ephraem C aus der zweiten Hälfte des 4. Jh. n. Chr. und ein Text Hippolyts von Rom (ca. 170–235 n. Chr.); Angaben zu den Texten bei STROBEL ebd., 22f. Seine Ausführung zu Ps.-Ephraem C („Es wäre allzu simpel, wollte man sie [die Ausführung dieser genannten Abhandlung] als nur späte Erfindung abtun. […] Kann dieses älteste Denken nicht auch Luk 17,34 nachklingen?“; ebd., 22) überzeugt allein – auch unter Verweis auf 1. Thess 4,13ff.; Mk 13,27 (par. Mt 24,31) – nicht. Selbstverständlich ist davon auszugehen, dass auch in späterer Zeit auftauchende Motive auf frühere Traditionen zurückgehen können. Inwiefern Lukas nun aber wie jene späteren christlichen Schriftsteller auf eine solche „älteste Tradition“ rekurriert, wie diese genau aussah und wie sie auf ihn gekommen ist, darüber lässt sich nur spekulieren. Auch der Zusammenhang von Entrückung und Passaerwartung, den Strobel für die Vorlage des Lukas postulieren will, ist m.E. nicht einleuchtend. Schon allein die Behauptung, „auch in 1. Thess 4,13ff. ist das der Konzeption vorgegebene Passaschema deutlich“ und stehe nach „der neueren Deutung“ in Abhängigkeit zu Exod 19 LXX (vgl. ebd., 23), ist einzig durch den Hinweis auf einige wenige Wortübereinstimmungen (vgl. ebd., 24 Anm. 1) nicht plausibel. Die Hypothese Strobels, dass dem dritten Evangelisten für Luk 17,34f. über Q hinaus noch eine ältere Sonderüberlieferung vorlag, die das Motiv von der Erlösung durch Entrückung zur Nachtzeit überliefert habe, wie es bereits in vorchristlicher Zeit im Judentum Teil des Passaschemas gewesen sei, ist meiner Ansicht nach nicht haltbar.
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[…] Ferner ersetzt Lukas in v. 35 evn tw/| mu,lw| (Q) durch evpi. to. auvto, (>zusammenTage des Menschensohnes< (was zum Vordersatz viel besser zu passen scheint), also nicht auf einen Zeitpunkt, sondern einen Zeitraum (ou[twj e;stai kai. evn tai/j h`me,raij tou/ ui`ou/ tou/ avnqrw,pou).“750 Bemerkenswert ist aber, dass die Sintflut sowohl in Q als auch im dritten Evangelium in keinerlei Weise als Strafe für besondere moralische Verfehlungen dient.751 „Sünden“ werden konkret auch gar nicht genannt. Somit bleibt m.E. als einzige, aber gravierende Verfehlung, an der sich die dem Untergang verfallene Menschheit schuldig gemacht hat, eine hartnäckige alltägliche Sorglosigkeit und das Sich-Wiegen in völliger Sicherheit des Geschichtsverlaufs.752 Diese nun wird im universalen Gericht Gottes, mit dem der Menschensohn beauftragt ist753, verurteilt und geahndet werden. 748
Die Sintflut hat hier eine deutlich epochentrennende Funktion, wie bereits aus sumerischen Königslisten bekannt ist; vgl. JOHANNES RENGER/JAN STENGER, Art. Sintflutsage, DNP 11 (2001), 586–588; hier: 586f. 749 „Typisch“ ist an dieser Stelle eindeutig zu viel gesagt, denn außerhalb von Kap. 24 hat Matthäus den Begriff parousi,a nicht. Auffallend ist jedoch, dass er in diesem Kapitel viermal vorkommt. Ferner möchte ich darauf hinweisen, dass an keiner einzigen Stelle weder im Lukasevangelium noch in der Apostelgeschichte ein Beleg für parousi,a zu finden ist. 750 ZMIJEWSKI, Eschatologiereden, 446; vgl. auch HAMPEL, Menschensohn, 64. 751 Die Sintflutsage ist ein schon im Alten Orient verbreiteter Mythos. Stets ist sie eine über die menschliche Überheblichkeit und Verderbtheit verhängte Gottesstrafe, aus der nur ein „Gerechter“ zusammen mit zahlreichen Tieren gerettet wird. Die bekanntesten Beispiele sind neben der alttestamentlichen Sintflutgeschichte Gen 6–8, auf die nun in Q 17,26f. Bezug genommen wird, der mesopotamische Atrah?asis-Mythos aus dem zweiten vorchristlichen Jahrtausend und das Gilgamesch-Epos, in dem jener mesopotamische Vorläufer zum Teil wörtlich übernommen worden ist; vgl. RENGER/STENGER ebd., 586. Auch in der griechisch-römischen Antike war das Sintflutmotiv verbreitet, und es zeigt deutliche Parallelen zu seinen orientalischen Vorgängern, wenngleich sich die klassischen Versionen darin unterscheiden, dass die Flut meist regional begrenzt ist, und ferner neben dem auserwählten Helden und seiner Familie noch weitere Menschen überleben. Zudem sind die griechisch-römischen Erzählungen rein auf das menschliche Schicksal ausgerichtet, d.h. die Rettung der Tierwelt wird völlig ignoriert; Textnachweise ebd., 587f. 752 Vgl. SCHULZ, Q, 284f. 753 Nicola Wendebourg hat dargelegt, dass Luk 17,24.26–30 die traditionelle, im Alten Testament verankerte Jom-JHWH-Erwartung zum Hintergrund haben. Auch die Gemeinde, in der die Logienquelle entstanden ist, wird jenen Jom-JHWH bereits mit der Parusie des
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Sein Gericht kommt aber nach alttestamentlichem Vorbild in der Regel nicht ohne Vorwarnung. Noah erfuhr nämlich von Gottes Plan, dass dieser die Menschheit durch eine Sintflut vernichten wolle, und er erhielt den Auftrag, sich auf diese kommmende Katastrophe vorzubereiten, in dem er angewiesen wurde, eine Arche zu seiner und seiner Familie Errettung sowie zur Rettung zahlreicher Tierarten zu bauen (Gen 6,13ff.). Alle anderen Lebewesen, Mensch und Tier, wird die Sintflut dagegen unvermittelt treffen und sie alle (a[pantej) töten. Auch der lukanische Jesus warnt, wie wir an einigen Stellen im Lukasevangelium gesehen haben, seine Hörerinnen und Hörer vor dem bevorstehenden Gottesgericht und ruft dazu auf, sich vorzubereiten und „umzukehren“. Dieser Gedanke, man könne dem drohenden Menschensohntag dadurch entgehen, dass man sich vorbereitet und wachsam ist – Eigenschaften, die sich schon beim Blitzmotiv in V. 24 als nützlich herausgestellt haben – scheint bereits in der Q-Gemeinde bekannt gewesen zu sein.754 Die Kernaussage von Q/Luk 17,26f. lautet daher: In den „Tagen“, bevor der Menschensohn kommt, wird es so sein wie in den „Tagen“, bevor die Sintflut kam. Die Menschen aßen, tranken, heirateten und wurden verheiratet – und achteten nicht auf die nahende Bedrohung ihres Alltags durch Gottes Gericht. Somit folgt wie zur Zeit Noahs auf solche Tage der Unbekümmertheit die Zerstörung durch Gottes Zorn. Die Sintflut vernichtete bis auf die Auserwählten alles Leben auf der Erde. Gleichwie Sodom und Gomorra unter Feuerregen (vgl. Q/Luk 17,29) gingen die sich verfehlenden Menschen bis auf die Auserwählten Gottes in der Sintflut unter. Kata. ta. auvta, (Q/Luk 17,30) wird auch das Treiben der gegenwärtigen Generation ihr Ende finden, wenn der „Tag des Menschensohnes“ plötzlich und unerwartet über sie hereinbricht. Der Tag der Sintflut und der Tag, an dem Sodom und Gomorra aufgrund der Boshaftigkeit ihrer Bewohner von Gott vernichtet wurden, werden damit zu Vorgängern des zukünftigen eschatologischen Gerichts erhoben.755 Rettung aber, so ist insbesondere Lukas zu verstehen, ist allein da zu erwarten, wo der Einzelne aus dem dumpfen Alltagsgeschehen zu einer neuen Bezogenheit auf
Menschensohnes identifziert haben (vgl. auch 1. Thess 4f.). Daher konnten bestimmte Aussagen aus der Jom-JHWH-Metaphorik auf den wiederkommenden Menschensohn übertragen werden, der innerhalb der Q-Gemeinde und auch für Lukas niemand anders sein konnte als der gekreuzigte und auferstandene Jesus Christus; vgl. WENDEBOURG, Tag des Herrn, 253 (vgl. auch Anm. 202). 754 Die Möglichkeit einer Rettung aus dem göttlichen Universalgericht, die sich in V. 26f. mit der Person des Noah verbindet (vgl. auch paralamba,nesqai in V. 34f.) ist laut Wendebourg ein nennenswertes Phänomen aus der spätalttestamentlichen bzw. frühjüdischen Zeit. In frühen alttestamentlichen Unheilsansagen tritt es dagegen seltener auf; vgl. ebd., 253. 755 Vgl. HELMUT FLENDER, Heil und Geschichte in der Theologie des Lukas, BEvTh 41, 2. Aufl., München 1968, 89, und WENDEBOURG ebd., 248.
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C. Einzeluntersuchungen
Gott hin erwacht, zu ihm umkehrt und sich so auf den Tag vorbereitet, an dem der „Richter“ kommen wird.756 Gleiches gilt für das in den V. 28–29 folgende Lot-Beispiel. Inhaltlich ergibt sich im Wesentlichen nämlich dasselbe Bild wie in den V. 26f.: Auch in den Tagen, bevor Sodom vernichtet wurde, ging die Bevölkerung ihren täglichen Gewohnheiten nach ohne dem drohenden Gerichtstag, der bald über sie hereinbrechen wird, Aufmerksamkeit zu schenken. Mit jenem Augenblick, als Lot die Stadt verließ, endete Gottes Schonfrist jäh mit der Tötung der „Gottlosen“757 (avpw,lesen pa,ntaj). Von daher steht auch in den V. 28f. eine bestimmte Zeitspanne einem bestimmten Zeitpunkt gegenüber, der die Zerstörung alles Bestehenden mit sich bringt: Die „Tage Lots“ gegenüber dem einen „Tag, an dem Lot aus Sodom herausging“, die Menschen in den „Tagen des Menschensohnes“ gegenüber dem „Tag des Menschensohnes“ selbst. Die zur Umkehr geschenkte Zeit und ihre Gestaltung bis zum Ende unterliegen dabei offenbar allein der menschlichen Verantwortung. Das Motiv der in den Alltagsgeschäften sich ausbreitenden Gottvergessenheit, so will es m.E. die Einheit Q/Luk 17,26–30 ihren Adressaten vor Augen führen, durchzieht augenscheinlich nicht nur die jeweilige Gegenwart von Q und Lukas, sondern die gesamte Geschichte Gottes mit den Menschen von Noah angefangen, die zu einem mehr oder weniger nahen, jedoch nicht exakt zu terminierenden Zeitpunkt mit der Ankunft des Menschensohnes Jesus Christus zum Gericht enden wird. Diese letzte „Zwischenzeit“ von der Himmelfahrt Christi bis zu seiner Parusie zum Gericht ist es, die für Lukas letztlich heilsentscheidend ist. Denn wie das unbekümmerte Verhalten der Sintflutgeneration und der Bewohner Sodoms ihr schreckliches Ende im Wesentlichen bestimmt hat, so wird in gleicher Weise das Schicksal des Einzelnen am „Tag des Menschensohnes“ die unausweichliche Konsequenz seines irdischen Verhaltens sein, das Rettung im Gericht nur für eine besondere Wachsamkeit Gott gegenüber bzw. für die meta,noia zu ihm hin vorsieht. Vor diesem Hintergrund bekommen die beiden Vergleiche neben ihrem bedrohlichen Charakter zusätzlich noch eine paränetische Intention und werden damit zum Warnspruch und Weckruf an die jeweils gegenwärtige (Christen-) Generation: Sie soll sich bereit halten! Sowohl in der Q-Gemeinde als auch in der Gemeinde, für die Lukas schreibt, gibt es im Blick auf den Heils- und Unheilsempfang am Menschen-
756
Wie diese neue Gottesbeziehung konkret aussieht, sagt Lukas an dieser Stelle nicht. Auf Gottes Wort hören und nach seinem Willen handeln hat bei ihm, wie an anderen Stellen im Lukasevangelium gezeigt werden konnte, jedoch einen überaus hohen Stellenwert (vgl. Luk 3,10–14; 10,16; 11,31f., 16,29–31 u.ö.). 757 BOVON, Evangelium nach Lukas III/3, 173.
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sohntag offenbar eine klare Trennung und somit einen doppelten Gerichtsausgang: 1. Da gibt es zum einen „dieses (böse und ungläubige) Geschlecht“ (Luk 7,31; 9,41; 11,29.30.31.32.50.51; 17,25; Apg 2,40). Ihm wird der „Tag des Menschensohnes“ zum Vernichtungstag. 2. Für jene aber, „die Gott fürchten“ (Luk 1,50), wird er zum Tag ihrer Rettung.758 Was Zmijewski für die V. 26f. festhält, lässt sich folglich auch für die V. 28–29 sagen. Den Ton in beiden Vergleichen legt Lukas „ganz auf die Situation der Gläubigen in der Zwischenzeit (und nimmt damit die Gedanken der Vv 22–25 auf) […] Den Christen wird bestätigt, daß sie durch ihren Glauben auf dem richtigen Weg sind. Auch wenn ihre Zeitgenossen (wie damals die Zeitgenossen des Noe) ganz anders denken und handeln und in rein irdischem Treiben aufgehen –, sie, die Christen, sollen (und brauchen) sich dadurch nicht beirren lassen, sondern sich beizeiten auf das große Ereignis der Parusie vorbereiten, denn es ist ein Ereignis, mit dem man immer rechnen muss“.759 Mit V. 31 wird der Q-Faden weitergeführt.760 Nun kommt der „Tag des Menschensohnes“ direkt in den Blick. Wurde er zuvor in Q/Luk 17,30 noch als zukünftiges Ereignis erwartet, spitzt Lukas mit der Hinzufügung der Zeitangabe evn evkei,nh| th/| h`me,ra| das Geschehen nun auf den einen Zeitpunkt zu, an dem der Menschensohn dann zum Gericht erscheinen wird.761 Zwei Verhaltensanweisungen werden jenen gegeben, die wie Noah und Lot auf ihre Rettung vorbereitet sein wollen.762 Die eine bezieht sich auf die schon in V. 27f. angedeuteten irdischen Dinge und Verrichtungen. Diese kulminieren nun in dem ta. skeu,h, zu denen der auf seine Rettung auf dem Dach Wartende auf keinen Fall heruntersteigen solle763. Die andere ermahnt, nicht auf das zurückzublicken, was man zurücklässt.764 758
Den doppelten Ausgang von Gottes Gericht veranschaulichen auch Q/Luk 17,34f. ZMIJEWSKI, Eschatologiereden, 462; vgl. auch WENDEBOURG, Tag des Herrn, 254. 760 Für den Zusammenhang von V. 28–29.30 und V. 31 lassen sich zwei Stichwortassoziationen anführen: das oivkodome,w in V. 28 korrespondiert mit evn th/| oivki,a| in V. 31 und das futeu,w aus demselben Vers mit dem avgro,j aus V. 31. 761 Vgl. ZMIJEWSKI ebd., 466f. 762 Vgl. WOLTER, Lukasevangelium, 583. 763 Die Vorstellung, dass sich jemand evpi. tou/ dw,matoj befindet, um seiner Rettung entgegenzusehen, setzt den in Palästina weit verbreiteten Typ des einstöckigen Hauses voraus, auf dessen Dach man von außen mit einer Leiter oder einer gemauerten Treppe gelangen konnte. Von diesem Haustyp ist in den biblischen Schriften mehrfach die Rede (Mk 2,1–12 parr.; ferner Jos 2,6.8; Jes 22,1; Luk 5,19 par.; Apg 10,19); vgl. auch DALMAN, Arbeit und Sitte VII, 58–60, sowie im Bildteil die Abb. 14–15.17. 764 Dass es hier nicht um eine „Paränese geht, die zur Distanzierung von irdischem Gut auffordern will“, wie WOLTER ebd., 583, so pointiert feststellt, möchte ich bezweifeln. Im Kontext des Verses mit Q/Luk 17,26–30, wo gerade das völlige Aufgehen in den irdisch759
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C. Einzeluntersuchungen
Der „Tag des Menschensohnes“ wird hier also als ein Tag der Trennung beschrieben, da man alles, was man besitzt, „beackert“ und geschaffen hat, zurücklassen soll, um allein seiner Rettung entgegen zu gehen.765 Mit der lukanischen Auslassung des a=rai to. i`ma,tion auvtou/ verallgemeinert Lukas das Verständnis des von ihm in Q vorgefundenen mh. evpistreya,tw und verwendet es eher im übertragenen Sinn. Denn indem Lukas die Bildebene verlässt, auf der ganz gegenständlich von der „Umkehr“ die Rede ist, um „den Mantel zu holen“, heißt mh. evpistreya,tw nun im lukanischen Kontext und in Verbindung mit V. 27.28.32 „sich nicht nach dem umzuwenden, was man gerade verlassen hat“.766 Nichts wird mehr wichtiger sein als der Blick auf die Rettung durch den kommenden Menschensohn! Nach V. 31 unterbricht der dritte Evangelist die Einheit seiner Q-Vorlage, indem er mit V. 32 den redaktionellen Hinweis auf Lots Frau einfügt. In V. 33 geht es sodann im Q-Stoff weiter, der die vorangegangene Rede vom Kommen des Menschensohnes zum Gericht nun mit einem Apophthegma Jesu abschließt. Niemand, der versucht, sein irdisches Leben abzusichern767, wird es am Ende erhalten können (vgl. beispielsweise Luk 12,16–21.33f.; 16,19ff.), wohingegen Gott jeden, der es um seinetwillen und um Jesu willen verliert, am Ende retten und sein Leben erhalten wird768 (vgl. Luk 12,8f.; 14,26f.33; 18,28– 30). Dieses Leben kann folglich nur von Gott geschenkt und empfangen werden und gelangt mit dem Kommen des Menschensohnes zum Gericht an sein Ziel.769
alltäglichen Dingen, über die hinaus man die Orientierung an Gottes Zukunft augenscheinlich vergessen hat, zum Vernichtungsgrund im Gottesgericht erhoben worden ist, kann man von der geforderten Entsagung von allem Irdischen m.E. nicht einfach absehen. Dazu Bovon: „Die Kategorie ‚das, was zurückliegt‘ ist nicht nur eine Redensart: Ganz konkret bezeichnet sie die irdischen Dinge, die den eschatologischen Gütern vorzuziehen man Gefahr läuft. Die Kategorie meint das vorausgegangene Leben, auf das man verzichten muß, um das Leben mit Gott zu erlangen“; BOVON, Evangelium nach Lukas III/3, 175. 765 Der Gedanke, dass christliche Nachfolge Entsagung bedeutet, ist bereits in Luk 9, 59–62 geäußert worden und war sicher auch innerhalb der Q-Gemeinde bekannt, wie der Hinweis in Mt 8,21f. zeigt. 766 vEpistre,fw spielt daher auch zusammen mit ovpi,sw in der neutestamentlichen Nachfolge- und Bekehrungsterminologie – und besonders bei Lukas (z.B. Apg 9,35; 11,21; 26,20) – eine wichtige Rolle; vgl. ZMIJEWSKI, Eschatologiereden, 468f. 767 Vgl. BOVON ebd., 176. Die Anspielung auf die täglichen Verrichtungen der Menschen zum Lebenserhalt, wie sie seit Noahs Zeiten (V. 27.28) und auch noch gegenwärtig in den „Tagen des Menschensohnes“ (V. 26) geschehen, ist m.E. offensichtlich. 768 Vgl. ZMIJEWSKI ebd., 472. 769 Das mehrdeutige Verständnis des Begriffs „Leben“ mit seinem semantischen Umfeld muss im frühen Christentum weit verbreitet gewesen sein. Das zeigen nicht nur die Parallelen zu Luk 17,33 in Mt 10,39; Mk 8,35; Luk 9,24; Joh 12,25, sondern auch andere Aussagen in Luk 21,19; Joh 5,24f.; 8,51; Röm 6,13; 2. Kor 2,15f.; Kol 2,13; 2. Tim 2,11.
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Die mit Luk 17,34f. anschließende Sinneinheit setzt mit le,gw u`mi/n neu ein. In der Tat bringen die V. 34f. auch einen neuen Aspekt ein, da nun zuletzt noch das Schicksal des Einzelnen am Menschensohntag in Augenschein genommen wird. Ging es zuvor wesentlich darum, wie der kommende Menschensohntag sein wird und womit die Menschheit an ihm rechnen müsse, so wird jetzt in V. 34f. das Schicksal des Einzelnen beschrieben. Den Ausgangspunkt bildet dabei die enge Gemeinschaft, in der die in V. 34f. genannten Menschen bisher gelebt haben. In V. 34 sind es zwei Personen, die sich ein Bett bzw. ein Lager770 teilen. In V. 35 werden zwei Frauen genannt, die „zusammen mahlen“ und die das gleiche Schicksal ereilt wie jene Menschen im vorhergehenden Vers. Von einer totalen Scheidung ist die Rede, in welcher der/die eine angenommen, der/die andere hingegen preisgegeben wird. Während avfi,hmi in V. 34f. in der allgemeinen Übersetzung mit „preisgeben“ nur eine von mehreren Grundbedeutungen ist771, erschließt sich mit paralamba,nein ein spezifisch theologischer Vorstellungshorizont dahingehend, dass dieses Wort im eschatologischen Sprachgebrauch in der Regel die Aufnahme in Christi Reich bezeichnet (vgl. neben Luk 17,34f. par. Mt 24,40f. auch Joh 14,3).772 Hinzu kommt noch, dass paralamba,nein auch den Vorgang der Entrückung meinen kann. Folglich ist denkbar, dass eine solche auch im Hintergrund jener beiden Verse stehen könnte.773 Beide Begriffe sowohl in Q wie auch später bei Lukas erscheinen hier jedenfalls im passivum divinum, um deutlich zu machen, dass die letzte Entscheidung, das letzte Urteil über den Menschen allein bei Gott liegt. Auf seine Initiative gehen also Scheidung, Annahme und Preisgabe, Heil und Unheil im Gericht zurück. Bestimmte Orte, zu denen die jeweils Preisgegebenen und Angenommenen gelangen werden, sind in diesem Zusammenhang explizit nicht genannt. Zudem ist auch von bestimmten Dispositionen oder Verhaltensweisen des/der jeweils Angenommenen bzw. Verworfenen gar keine Rede. Ohne irgendwelche Urteilsbegründungen und Gelegenheiten zur eigenen Verteidigung geht die Trennung vonstatten.
770
Ob mit h` kli,nh auch die Liegepolster zur damals üblichen Einnahme von üppigen Mahlzeiten gemeint sein könnten, wie ZMIJEWSKI, Eschatologiereden, 493f., vermutet, ist nach der Verwendung des Begriffs im Neuen Testament sehr unwahrscheinlich. Der Konkordanzbefund zeigt, dass h` kli,nh durchweg als Bezeichnung für eine Ruhe- bzw. Schlafstätte verwendet wird. Damit erübrigt sich auch die Vermutung, V. 34 erinnere den Leser an die in V. 27f. geschilderten Alltagssituationen des Essens und Trinkens; vgl. ebd., 494. 771 Vgl. RUDOLF BULTMANN, Art. avfi,hmi, ThWNT 1 (1933), 506–509; hier: 507. 772 Vgl. GERHARD DELLING, Art. paralamba,nw, ThWNT 4 (1942), 11–15; hier: 14. 773 WOLTER, Lukasevangelium, 584; dort auch weitere Textbelege. Vgl. auch ALFRED FRIEDL, Das eschatologische Gericht in Bildern aus dem Alltag. Eine exegetische Untersuchung von Mt 24,40f par Lk 17,34f., ÖBS 14, Frankfurt a. Main/Berlin/Bern/New York/ Paris/Wien 1996, 185f.317.
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C. Einzeluntersuchungen
Auffällig ist auch, dass sich zumindest das Geschehen in V. 34 nachts abspielt. August Strobel begründet das damit, dass Lukas mit seiner Ergänzung auf die Erlösung Israels in der Passanacht hinweisen wolle.774 Nach Luk 12,35 rechnet Lukas wohl zusammen mit seiner Tradition tatsächlich mit einem nächtlichen Eintreffen des ku,rioj bzw. des Menschensohnes, weshalb er auch an dieser Stelle die Zeitangabe tau,th| th/| nukti, einfügt. Für die Q-Verfasser und Lukas beginnt das Gericht und damit die Scheidung in Angenommene und Verworfene also bereits in der Nacht. Es hebt in der Finsternis an, und da hinein bricht der Menschensohn dann plötzlich wie ein Blitz, der von einem Ende des Himmels bis zum anderen leuchtet (V. 24). Auch in der Apostelgeschichte lässt Lukas die Nacht gelegentlich zu einer Zeit göttlicher Weisungen und Offenbarungen werden (vgl. Apg 16,9; 18,9; 23,11; 27,23).775 Darüber hinaus seien folgende weitere Aspekte genannt, die aus Q/Luk 17,34f. für die Charakterisierung der Gerichtsvorstellung des Lukas wichtig sind: 1. Luk 17,34f. enthält mit dem Motiv „Finsternis/Nacht“ sowie mit dem Begriff paralamba,nw, der in der LXX u.a. das Entrückungsgeschehen bezeichnet, apokalyptische Züge. 2. Die Tatsache, dass die Menschen im Schlaf und bei der Arbeit geschieden werden, nimmt den Aspekt der Plötzlichkeit und Unvorhersehbarkeit aus vorhergehenden Versen auf. 3. Das Motiv der Scheidung trägt den Aspekt des Bedrohlichen und Unberechenbaren in sich. 4. Die Konsequenz von Gottes Urteil im Gericht für den/die Einzelne(n) ist klar benannt. Schnackenburg fasst sie wie folgt zusammen: Der Tag des Menschensohnes „[…] bringt eine Scheidung in ‚zurückgelassene‘, das heißt dem Verderben anheim gegebene Menschen, und in andere, die ‚angenommen‘, von Gott (oder dem Menschensohn) zu sich genommen werden“.776 Alle diese Gesichtspunkte sind in den V. 34f. enthalten und ergänzen die vorangegangenen Ausführungen zum Menschensohntag in den V. 23f.26–29.30f. 33. In direktem Anschluss an die V. 34f., wo von „zurückgelassenen“ bzw. „verlorenen“ Menschen die Rede ist, bildet das rätselhafte Bildwort vom „Leichnam“ und vom „Adler“ in V. 37b nun in zweifacher Hinsicht den schockierenden Höhepunkt der Rede: Erstens werden jene, die zurückbleiben, Leichen gleich sein, die wie das Aas offen und ungeschützt daliegen und von denen sich
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STROBEL, Nacht, 23f.; zur Kritik vgl. auch FRIEDL, Gericht, 120f. Vgl. GERHARD DELLING, Art. nu,x, ThWNT 4 (1942), 1117–1120; hier: 1118. 776 SCHNACKENBURG, Abschnitt, 225. 775
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nur noch die Aasfresser und Raubtiere ernähren, bis nichts Verwertbares mehr von ihnen übrig bleibt. Und zweitens wird Gottes Gericht sie so sicher finden und verderben wie sich Adler auf ihre Beute herabstürzen.777 Luk 17,37b ist somit in seiner Klarheit und Dramatik kaum zu überbieten, besagt dieser Halbvers doch ein weiteres Mal im Lukasevangelium, dass ein maßgeblicher Teil der Menschheit hoffnungslos verloren ist, wenn Gott bzw. der Menschensohn ihn am Gerichtstag sich selbst überlässt. In der Dynamik, die die erste Endzeitrede bei Lukas im Ganzen entwickelt, bildet V. 37b nach den Ausführungen, wie der Tag des Menschensohnes sein wird (V. 24.26–30.31.33), nun im Hinblick auf das in V. 34f. geschilderte Schicksal der „Fortgeschickten“ die äußerste Zuspitzung: Keine Gnade und keine Chance auf Rettung für jene, die zum Verderben verdammt sind! Die von Lukas in V. 37a redaktionell eingewobene Frage der Jünger nach dem Ort jenes drohenden Geschehens beantwortet nun der lukanische Jesus mit dem Bildwort vom „Leichnam“ und vom „Adler“ dahingehend, dass nicht der Ort, wohl aber die Zielgerichtetheit des göttlichen Gerichtshandeln und die Rettungs- und Hoffnungslosigkeit der in ihm Verurteilten die eigentlich wichtigen Informationen sind, die Lukas geben will. § 4 Der Nicht-Q-Stoff in der ersten Endzeitrede Luk 17,20f.22.25.32.37a Die der Endzeitrede Luk 17,22–37 vorgeschaltete Frage der Pharisäer an Jesus, wann das Reich Gottes käme, und Jesu Antwort in Luk 17,20f. ist als in sich geschlossene Einheit zunächst für sich zu betrachten. Vier Fragen möchte ich im Blick auf diesen Abschnitt im Folgenden nachgehen: 1. Was ist in V. 20b unter der Aussage ouvk e;rcetai h` basilei,a tou/ qeou/ meta. parathrh,sewj zu verstehen? 2. Welcher Gedanke verbirgt sich hinter der bei Lukas singulären adverbialen Konstruktion evnto,j + Gen. in V. 21b? 3. Wie passen die beiden Teile der Pharisäerrede V. 20f. mit der Endzeitrede V. 22–37 zusammen? 4. Wieso setzt der dritte Evangelist hier gerade die Gruppe der Pharisäer als Fragende ein? Ad 1. Die Frage, wann das Reich Gottes kommt, hatte in Teilen des frühen Judentums, vornehmlich in apokalyptischen Kreisen, begünstigt durch verschiedene politische, gesellschaftliche und religiöse Entwicklungen, einen hohen 777
Vgl. BAUER, Anfang, 98f.; WENDEBOURG, Tag des Herrn, 248; STEINHAUSER, Doppelbildworte, 311, sowie GRÄSSER, Parusieverzögerung, 171.
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C. Einzeluntersuchungen
Stellenwert.778 In ihnen war man sich sicher, in der Endzeit zu stehen779 und die Erfüllung der Sehnsucht nach einer völlig neuen Weltordnung, die nur Gott ins Werk setzen konnte, in greifbarer Nähe zu haben. Das Geschäft manchen Apokalyptikers bestand folglich darin, das bevorstehende Ende der gegenwärtigen Welt auf ein Datum hin genau zu berechnen (Dan 12,7) und/oder anhand möglicher Vorzeichen wie besonderer Naturereignisse oder bestimmter politischer Weichenstellungen zu erkennen, wann das Ende der hiesigen Weltzeit erwartet werden kann.780 Das Kompositum parathrei/n ist nun wie das Simplex threi/n im hellenistischen Griechisch ein terminus technicus für eine solche naturwissenschaftliche, besonders astronomische Beobachtung bestimmter Phänomene (DiodSic I 9,6; 28,1; 69,5; 81,4)781 und dementsprechend mit „beobachten“, „ins Auge fassen“, „seine Aufmerksamkeit auf etwas richten“ zu übersetzen.782 Lukas hingegen lehnt in Luk 17,20f. die Vorausberechnung des Endzeittermins ab. Der lukanische Jesus sagt deutlich, dass das Reich Gottes gerade nicht „mit Beobachtung“ käme, d.h. sich nicht durch vorher sichtbare Naturgeschehnisse o.ä. ankündige, so dass man den Zeitpunkt seines Eintreffens berechnen könne.783 Man könne es auch nicht an bestimmten Orten lokalisieren im Sinne von: „Hier oder dort ist es!“ (Luk 17,21b). Denn Gottes Reich ist bereits da (evnto.j u`mw/n evstin; V. 21b). Mit Jesu Erdenwirken, seiner Botschaft und seinem Handeln ist die Gegenwart des Gottesreiches bereits greifbar.
778
Vgl. für das Folgende VOLZ, Eschatologie, 135ff. ÄthHen 105,1; AssMos 10,11f.; syrBar 20,1–6; 4. Esra 14,10ff. u.ö. 780 Voraussetzung dafür ist die bereits im Alten Testament verankerte Gewissheit, dass Gott sein ganzes Tun durch vorherige Zeichen ankündigt (Joel 3; vgl. auch SapSal 19,13; Esra 9,5f.). Aber auch im außerbiblischen Schrifttum findet sich diese Ansicht. So werden beispielsweise in Sib IV 130ff. der Ausbruch des Vesuvs und in Sib III 46ff. die Herrschaft Roms über Ägypten als solche Vorzeichen genannt. 781 Auch später noch bei Clemens von Alexandrien, Strom I 135,2, findet sich dieser Sprachgebrauch wieder. 782 Vgl. ALEXANDER RÜSTOW, ENTOS UMWN ESTIN. Zur Deutung von Lukas 17, 20–21, ZNW 51 (1960), 197–224; hier: 197–201. Ferner: HARALD RIESENFELD, Art. parathrh,sij, ThWNT 8 (1969), 148–151; HORST BALZ, Art. parathrh,sij, EWNT 3 (1983), 82; BOVON, Evangelium nach Lukas III/3, 165; WOLTER, Lukasevangelium, 575. Dass es im lukanischen Kontext konkret um eine Anspielung auf die Passanacht gehe als eine Nacht, die es um der Erlösung Israels aus Ägypten willen zu „beobachten“ gilt – so legen es laut Strobel zumindest einige altkirchliche Übersetzungen von Ex 12,42 (Aquila, Theodotion und Symmachus) nahe, halte ich für unwahrscheinlich; vgl. AUGUST STROBEL, Die Passaerwartung als urchristliches Problem in Lk 17,20f., ZNW 49 (1958), 157–196. 783 Vgl. MERKEL, Gottesherrschaft, 145. 779
IX. Vom Kommen des Gottesreiches Luk 17,20–37
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Ad 2. Was nun die Konstruktion evnto,j + Gen. in V. 21b genau bedeutet und wie sie zu übersetzen ist, darüber ist man geteilter Meinung.784 Wolter beispielsweise schlägt eine Übersetzung mit „bei (euch)“785 vor. Alexander Rüstow orientiert sich am lateinischen intra und übersetzt mit „im Einflussbereich/Verfügungsbereich/Wirkungsbereich/Machtbereich von etw. sein“.786 Eine Übersetzung gemäß dem lat. inter hat dagegen Tom Holmén gewählt.787 Auch Schnackenburg spricht sich gegen ein spiritualistisches Verständnis im Sinne von „innerhalb, inwendig“ aus und hält eine Übersetzung des evnto.j u`mw/n mit „mitten unter euch“ für sachgerechter.788 „Das Problem ist sprachlich nicht zu lösen“, stellt Wolter fest.789 Es kann nur kontextbezogen entschieden werden, was mit dem evnto.j u`mw/n an dieser Stelle gemeint sein könnte. Ich folge an dieser Stelle den Vorschlägen von Holmén und Schnackenburg und übersetze mit „mitten unter euch“. Merkel deutet diese Aussage dahingehend: „So ist auch in diesem Spruch [Luk 17,21b] das Herrwerden Gottes im Alltag der Welt gemeint […].“790 Damit ergibt sich für die V. 20b.21 folgende Aussage: Gottes Reich kommt nicht so, dass man es beobachten könnte. Man wird nicht sagen können: Hier ist es oder dort! Denn Gottes Reich ist in eurem Alltag bereits sichtbar.
784
Eine ausführliche Auslegungsgeschichte zu Luk 17,20f. vom Pap. Oxy. 654 an bis in die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts bietet BENT NOACK, Das Gottesreich bei Lukas, Eine Studie zu Luk. 17,20–24, SyBU 10, Uppsala 1948, 3–38. 785 WOLTER, Lukasevangelium, 577. 786 Diesen Vorschlag hat vor allem RÜSTOW, ENTOS, 207–218, in der Debatte favorisiert, und FRANZ MUSSNER, „Wann kommt das Reich Gottes?“ Die Antwort Jesu nach Lk 17,20b.21, BZ 6 (1962), 107–111; hier 109, ist ihm darin gefolgt. Rüstow gewinnt diese Verstehensmöglichkeit durch die Analyse zahlreicher vor- und nachchristlicher Schriftsteller bzw. Textstücke (Herodot, Thukydides, Euripides, Xenophon, Pap. Oxy. 2342.1274. 1295, u.a.). Schon in dem ältesten Kommentar zu Luk 17,20f., in Tertullians Adv Marc IV 35, findet er diesen Übersetzungsvorschlag wieder: Quis non ita interpretabitur: Intra vos est, id est in manu, in potestate vestra, si audiatis, si faciatis dei praeceptum? und setzt Tertullians Verständnis der Stelle auch für Lukas voraus. Ihm ist wichtig, evnto,j nicht „spiritualistisch-introvertiert“, sondern im Gegenteil „aktivistisch-extrovertiert“ zu deuten (RÜSTOW ebd., 214): Der Blick ins Wörterbuch lehrt aber, dass eben gerade das lat. intra in seiner Grundbedeutung jene nach innen gerichtete Tendenz bezeichnet, die Rüstow ja eigentlich für V. 21b verwirft; vgl. GEORGES, 402f. Seiner Deutung läge folglich das inter im Lateinischen näher. 787 Vgl. TOM HOLMÉN, The Alternatives of the Kingdom. Encountering the semantic Restrictions of Luke 17,20–21 (evnto.j u`mw/n), ZNW 87 (1996), 204–229; hier: 229, und auch LIDDELL/SCOTT, 577: within, inside. 788 Vgl. RUDOLF SCHNACKENBURG, Gottes Herrschaft und Reich. Eine biblisch-theologische Studie, Freiburg 1959, 93. 789 WOLTER ebd., 577. 790 MERKEL, Gottesherrschaft, 147.
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C. Einzeluntersuchungen
Diese Sätze fügen sich organisch in die lukanische Rede vom „Reich Gottes“ ein. „Gottes Herrschaft“ bzw. „Gottes Reich“ sind nämlich im lukanischen Doppelwerk sowohl eine zukünftige (vgl. Luk 22,16–18.29–30; Apg 1,6; 14,22) als auch eine bereits gegenwärtige Größe (vgl. neben Luk 17,21b noch Luk 7, 18–23; 11,20).791 Ad 3. Aus dem oben Ausgeführten lässt sich nun auch die Frage beantworten, in welchem Verhältnis die Pharisäerrede Luk 17,20f. und die Endzeitrede Luk 17,22–37 zueinander stehen. Deutlich sichtbar wird, dass der dritte Evangelist die Vorstellung vom „Reich Gottes“ als einer rein apokalyptisch-endzeitlichen Größe ablehnt.792 Zwar lässt er die Frage nach der bevorstehenden Ankunft des Menschensohnrichters als nach wie vor in Geltung stehen, modifiziert sie aber dahingehend, dass die Frage nach dem genauen Zeitpunkt und sämtliche Erkundungen vermeintlicher Zeichen, die auf sein Kommen hindeuten, nicht weiterführen. Das stellen die Antworten Jesu in dem vorgeschalteten Wortwechsel mit den Pharisäern klar. Die V. 20f. könnten darum gewissermaßen ein Fokus sein, der das im Folgenden geschilderte Endzeitgeschehen in den Heilsplan Gottes einordnet. Haben nämlich die V. 20f. einerseits eher polemischen Charakter gegen ein sich allmählich selbst ad absurdum führendes Unternehmen apokalyptischer Berechnungen und Zeichendeutungen, so bringt diese Polemik andererseits den paränetischen Teil in den V. 22–37 als die von Lukas geforderte Alternative noch viel stärker zum Ausdruck. Denn Lukas schildert ja nicht nur die zu erwartenden Schrecknisse einer universalen Weltvernichtung und einer endgültigen Scheidung in Angenommene und Verworfene. Er gibt auch Anweisung, sich für den Gerichtstag bereit zu halten (V. 31), sich nicht nach Zurückgelassenem umzuschauen (V. 32), und warnt eindringlich davor, im Alltagsgeschehen Gottes Forderung an die Menschen und seine vergangenen Gerichte über sie zu vergessen (V. 26–30). Stattdessen gilt es zu erkennen, dass die basilei,a tou/ qeou/ im Erdenwirken Jesu bereits angebrochen ist und eine Entscheidung fordert. Um mit Schnackenburg zu reden, ist die Gerichtsrede in den V. 22–37 unter dem Vorzeichen der Pharisäerrede V. 20f. ein „Anruf“ 793, der seine Adressaten „jetzt zur Entscheidung und zur Vorbereitung auf das Kommende 791
Vgl. NOACK, Gottesreich, 45ff. Dagegen RÜSTOW, ENTOS, 209f. Für ihn ist die von Jesus verkündigte Basileia eine stets zukünftig-eschatologische Größe. Bestenfalls ist mit dem irdischen Jesus das Reich „in Sicht“ gekommen. 792 „Hier wird das Weltende energisch in zeitliche Ferne entrückt. […] Entscheidend ist vielmehr, daß bei L[u]k[as] die Dialektik von Schon jetzt und Noch nicht restlos zu einer Geschichtstheologie umgeschmolzen ist, welche die Geschichte Israels, die Zeit Jesu und die Geschichte der Kirche zu einem heilsgeschichtlichen Kontinuum mit dem Jüngsten Tag als teleologischem Fluchtpunkt verbindet“; GÜNTER KLEIN, Art. Eschatologie IV. Neues Testament, TRE 10 (1982), 270–299; hier: 292f. 793 SCHNACKENBURG, Herrschaft, 94.
IX. Vom Kommen des Gottesreiches Luk 17,20–37
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zwingt“794 – ein Gedanke, der uns beispielsweise gleich am Anfang des Lukasevangeliums in der Täuferperikope Luk 3,7ff. auch schon begegnet ist.795 Im Gegensatz dazu das Kommen des Gottesreiches durch Zeichendeutung und Berechnung gleichsam hysterisch herbeizwingen zu wollen, ist für den dritten Evangelisten ein fruchtloses Unterfangen, denn Zeit und Stunde hat allein der Vater in seiner Macht bestimmt (Apg 1,7).796 Sich darüber ständig Sorgen machen zu müssen, lenkt vom Eigentlichen ab: Die persönliche Glaubensentscheidung jedes und jeder Einzelnen für oder gegen Jesus Christus. Ad 4. Zuletzt sei noch ein Blick auf die Pharisäer geworfen, die bei Lukas als Gesprächspartner Jesu auftreten, bevor dieser ab V. 22 zu den Jüngern spricht. Warum wählt er gerade sie? Zunächst ist festzustellen, dass von den religiösen Hauptströmungen innerhalb des palästinischen Judentums zur Zeit Jesu – Sadduzäer, Pharisäer, Zeloten und Essener – die Pharisäer geographisch am weitesten verbreitet waren und daher auch die Ereignisse um die Zerstörung Jerusalems und des Tempels im Jahre 70 n. Chr. überlebt haben.797 Folglich könnte Lukas von ihnen Kenntnis gehabt haben. Er ist schließlich auch der einzige neutestamentliche Autor, der die Geschichte des berühmtesten Pharisäers in der Apostelgeschichte erzählt: Paulus, der als Pharisäer die Jerusalemer Urgemeinde zunächst verfolgt hat (Apg 22,3f.; 23,6), bevor er dann selbst zum Missionar in den Dienst des Evangeliums berufen wurde (Apg 9,1–30). Lukas zeichnet zudem ein differenzierteres Bild dieser Gruppe als Markus und Matthäus.798 Die Pharisäer stehen bei ihm nicht bloß als Feinde und Gegner Jesu stereotyp aufgereiht neben Sadduzäern und „Schriftgelehrten“. Vergleicht man Luk 11,37–44.53f.; 12,1; 15,2; 16,14–18; 18,9–14, sind sie natürlich auch das. Doch in Luk 13,31–33 treten sie ebenso gut und für den Leser/die Leserin überraschend als Jesus freundlich gesinnte Warner vor Herodes auf sowie in Luk 7,36; 11,37; 14,1 als Gastgeber, die Jesus zum Essen und zum Gespräch zu Tisch bitten, obgleich diese Begegnungen am Ende nie harmonisch verlaufen. Die Pharisäer scheinen aus diesen Gründen folglich die einzig in Frage kommenden Vertreter jüdischen Glaubens gewesen zu sein, denen Lukas bei seinen Nachforschungen begegnet sein könnte. Von daher wäre es nicht ver-
794
SCHNACKENBURG, Herrschaft, 94. Für die Theologie des dritten Evangelisten lässt sich daher sagen, dass es ihm anthropologisch-soteriologisch darum geht, seine Adressaten zum Glauben an Jesus Christus zu bewegen als die einzige Chance, am „Reich Gottes“ Anteil zu bekommen und das endzeitliche Heil zu erlangen. Mit ihm ist dieses Reich schon einmal irdisch sichtbar geworden, und in einer mehr oder weniger fernen Zukunft wird es das auch wieder werden. 796 Vgl. ZMIJEWSKI, Eschatologiereden, 397. 797 PILHOFER, Das Neue Testament und seine Welt, 43. 798 Vgl. DAVID B. GOWLER, Host, Guest, Enemy and Friend. Portraits of the Pharisees in Luke and Acts, New York/Bern/Frankfurt a. Main/Paris 1991. 795
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C. Einzeluntersuchungen
wunderlich, dass er sie nun auch im Vorspann zur ersten Endzeitrede Luk 17,20f. auftreten lässt. Und Paul Billerbeck kommt in seinem „Kommentar zum Neuen Testament aus Talmud und Midrasch“ im Hinblick auf die Eschatologie der Pharisäer zu dem Schluss, dass die Frage nach dem Zeitpunkt, wann das Gottesreich bzw. der Messias käme, gerade in pharisäischen und schriftgelehrten Kreisen durchaus aktuell war und diskutiert wurde.799 Nach der Pharisäerrede in Luk 17,20f. beginnt mit dem von Lukas vorgenommenen Adressatenwechsel in V. 22 die eigentliche erste Endzeitrede. Das dann Folgende ist nicht mehr für die Ohren der Pharisäer bestimmt. Ihnen stehen nun die „Jünger“ gegenüber als diejenigen, die bereits in die Nachfolge Jesu eingetreten sind. Auch sie hegen die Sehnsucht (evpiqumei/n), „einen der Tage des Menschensohnes“ zu sehen (ivdei/n) „und werden ihn nicht sehen“. Die Verwendung des Plurals h`me,rai tou/ ui`ou/ tou/ avnqrw,pou (V. 22.26) ist gegenüber dem Singular h`me,ra in den V. 24.30.31 auffällig. In dieser von Lukas initiierten Unterscheidung zwischen den „Tagen des Menschensohnes“ und dem „einen „Tag“ liegt, so Zmijewski, ein wichtiger Hinweis zum Verständnis des ganzen Textes,800 denn V. 22 markiert einen wichtigen Aspekt im soteriologischen Denken des dritten Evangelisten.801 Mit dem Ausdruck „einer der Tage des Menschensohnes“ bezeichnet Lukas m.E. die Zeit des irdischen Jesus, in der dieser als der „Menschensohn“ leiblich unter seinen Jüngern weilte und Gottes Reich quasi in persona da war (evnto.j u`mw/n evstin; V. 21b). Diese „Tage“ der unmittelbaren Gemeinschaft Jesu mit seinen Jüngern in der Vergangenheit wertet der dritte Evangelist ganz eindeutig als eine „Zeit des Heils“ (vgl. z.B. Luk 2,10f.; 4,13.17–21; 22,3). Mit der Parusie des Menschensohnes evn th|/ h`me,ra| auvtou/ (V. 24) zum Gericht wird folglich für sie und alle, die Jesus nachfolgen, die in Zukunft erwartete neue Heilszeit anbrechen, die Lukas mit dem Kommen der basilei,a tou/ qeou/ gleichsetzt, von der bereits in den V. 20f. die Rede war.802 Gegenwärtig aber durchleben die Christengenerationen bis in die Zeit des Lukas hinein eine Interimsphase. In ihr können sie nicht „sehen“, was man 799
Vgl. BILL II, 235; IV/2, 977ff. ZMIJEWSKI, Eschatologiereden, 428. 801 Vgl. zum Folgenden auch SCHNACKENBURG, Abschnitt, 227f., sowie FLENDER, Heil und Geschichte, 87ff. Anders dagegen WOLTER, Lukasevangelium, 580, der die „Tage des Menschensohnes“ in V. 22 erst mit dessen Parusie beginnen lässt. Dass die Jünger nicht „einen dieser Tage“ sehen werden, führt Wolter dann darauf zurück, dass sie alle zuvor gestorben seien. 802 Dass das Kommen des Gottesreiches und der „Tag des Menschensohnes“ für Lukas ein und dasselbe Ereignis bezeichnen, betont auch ZMIJEWSKI ebd., 424, gegenüber Philipp Vielhauer; vgl. PHILIPP VIELHAUER, Gottesreich und Menschensohn in der Verkündigung Jesu, in: ders., Aufsätze zum Neuen Testament, TB 31, München 1965, 55–91; hier: 54f. 76ff. 800
IX. Vom Kommen des Gottesreiches Luk 17,20–37
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einst „gesehen hat“ (ivdou. ga.r h` basilei,a tou/ qeou/ evnto.j u`mw/n evstin V. 22b) und im Augenblick seiner Parusie dann auch wieder „sehen“ wird (V. 24). Die Bedeutung von V. 22 für das Verständnis von Luk 17,20–37 fasst Zmijewski dahingehend zusammen: „Die besondere ‚Funktion‘ dieses Verses [V. 22] besteht darin, die Interimssituation der Jüngergemeinde anschaulich zu machen; diese ist eine Situation der Not, in der sich die Jünger nach einem sichtbaren Zeichen des (erhöhten) Menschensohnes sehnen. Ein solches gibt es aber nach Lukas nicht; man kann keinen der ‚Tage des Menschensohnes‘, der bis zur Parusie im Himmel erhöht ist, ‚sehen‘; das ‚Sehen‘ wird erst an ‚dem‘ Tag (V 24) möglich sein (vgl. Lk 21,27).“803 Dieses Interim beschreibt der dritte Evangelist als eine Zeit der Not und der Anfechtung (evleu,sontai h`me,rai V. 22), weil die Jüngergemeinde leiblich getrennt von ihrem Herrn leben und auf seine Ankunft geduldig warten muss. Sie kann sie nicht durch ein bestimmtes Tun beschleunigen, ja sie kennt nicht einmal den genauen Zeitpunkt, weil ihr keine äußeren Hinweise gegeben werden. Es ist allein Gottes Sache, diesen „Tag“ heraufziehen zu lassen (Apg 1,7). Auf diese Not spielt Lukas möglicherweise auch in Luk 17,25 (prw/ton de. dei/ auvto.n polla. paqei/n) an, den er der ersten Leidensankündigung in Luk 9,22 (vgl. Luk 21,9b) gleich gestaltet hat. Wie bei Jesus der Auferstehung und Himmelfahrt eine Zeit des Leidens bis zum Tod am Kreuz vorausgegangen ist, so steht auch der Jüngergemeinde eine Leidenszeit bevor, die bis zur Ankunft des Erhöhten andauern wird. Bultmann meint in diesem Zusammenhang, Lukas habe mit V. 25 ein für die christliche Verkündigung zentrales Motiv eingefügt, dass nämlich der Parusie und Herrlichkeit (des Menschensohnes) die Passion vorausgehen müsse (prw/ton dei/)804 bzw. dem von den Jüngern ersehnten Gottesreich das Leiden an der christusfeindlichen und ihn ablehnenden Generation (h` genea. au[th). Aus den bisherigen Ausführungen ergeben sich nun drei Parallelen zwischen den beiden Redeteilen V. 20f. und V. 22ff.: 1. Beide Abschnitte gehen auf die jeweilige Situation der Adressaten ein: Die Frage nach dem genauen Zeitpunkt des Erscheinens des Gottesreiches (V. 20a) bezeichnet das Bedürfnis nach Gewissheit in Teilen des Frühjudentums; die Jüngergemeinde Jesu begehrt wenigstens „einen der Tage des Menschensohnes“ zu sehen. 803
ZMIJEWSKI, Eschatologiereden, 419. Von den jüngeren Exegeten ist ihm Bovon in seiner Auffassung der Stelle gefolgt, wenn er schreibt: „Lukas stellt den Plural (‚Es werden Tage kommen‘) dem Singular (‚ein einziger der Tage‘) und die Dauer dem Augenblick gegenüber. Die Kirche durchquert einen langen Zeitraum des Unbefriedigtseins und der Sehnsucht: Der Menschensohn fehlt ihr, und sie möchte sich an seiner Gegenwart erfreuen, sei es auch nur für einen kleinen Zeitraum. Vielleicht wie früher, als Jesus da war, oder wie sicher dann, wenn er wiederkommen wird“; BOVON, Evangelium nach Lukas III/3, 169. 804 BULTMANN, Geschichte, 128.
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C. Einzeluntersuchungen
2. Beide Male weist Jesus auf die Unmöglichkeit des „Sehens“ hin: In V. 20b heißt es, die basilei,a kommt nicht meta. parathrh,sewj. In V. 22 wird gesagt, dass man keinen Menschensohntag sehen wird, bis er zu gegebener Zeit für die ganze Welt sichtbar anbricht (V. 24). 3. Es wird in beiden Teilen auf „falsche“ und „richtige“ Konsequenzen für die Zeit bis zur Ankunft des Menschensohntages aufmerksam gemacht. Falsch sei, das Reich Gottes zeitlich oder örtlich dingfest zu machen (wie es die Pharisäer, aber auch manche christlichen „Lehrer“ offenbar versuchen; vgl. V. 20.21a. 23a). Falsch sei zudem auch, solchen „Lehrern“ zu folgen, die meinen, sie wüssten, wo Gottes Reich auf Erden anhebt (V. 23b). Richtig sei dagegen, den Tag des Menschensohnes als universal sichtbares Geschehen zu erwarten (V. 24.30). Richtig sei auch, am Glauben festzuhalten, dass mit Jesus Christus die Gottesherrschaft einst auf Erden angebrochen ist (V. 21b) und er sie als gegenwärtig im Himmel zur Rechten Gottes sitzender Menschensohn bei seiner Parusie auch wieder heraufführen wird (V. 22–24). Zu den beiden letzten eineinhalb Versen V. 32.37a, die auf die Hand des Lukas zurückgehen, seien abschließend noch einige wenige kurze Anmerkungen gemacht, weil sie für das Verständnis der ganzen Rede nur eine untergeordnete Rolle spielen und eher memorierenden Charakter haben. Die Erwähnung von Lots Frau in Luk 17,32 (vgl. Gen 19,26) illustriert zum einen V. 31 zusätzlich mit einem prominenten Bild805 aus dem Alten Testament. Zum anderen gibt V. 32 auch ein anschauliches Beispiel, das die äußerst abstrakte Aussage im folgenden V. 33 besser zu verstehen hilft.806 Und zum Dritten greift V. 32 auf eine Einzelszene des in V. 28f. genannten Lot-Beispiels zurück und ruft es damit noch einmal in Erinnerung. Mit der Einleitung in V. 37a und dem Satzanschluss mit kai, macht Lukas deutlich, dass sich für ihn der Sinn des nun in V. 37b folgenden Q-Spruches vom Leichnam und den Adlern aus der ganzen vorherigen Rede heraus erklärt. Subjekt sind die Jünger aus V. 22, die hier auf Jesu Rede mit einer weiteren Frage (pou/ ku,rieÈ) reagieren. Diese schließt die Rede Jesu an die Jünger ab und bildet gleichsam zusammen mit der Pharisäerfrage in V. 20a eine Klammer um beide Redeteile. Wurde oben jedoch eine Antwort auf die Frage nach dem Zeitpunkt, wann die Gottesherrschaft kommen soll, von Jesus energisch verworfen, bekommen die Jünger dagegen auf ihre Frage mit V. 37b eine klare Aussage: Das Gericht wird in seiner ganzen Wucht der Vernichtung unmittelbar und plötzlich da herniedergehen, wo sich die Verworfenen befinden, so wie sich auch Adler auf ihre Beute stürzen.
805 Die Geschichte von Lots Frau hat auch in der frühjüdischen Literatur ihren Niederschlag gefunden; vgl. SapSal 10,7f.; Josephus, Ant I 203. 806 Vgl. SCHNACKENBURG, Abschnitt, 224; ZMIJEWSKI, Eschatologiereden, 469f.
IX. Vom Kommen des Gottesreiches Luk 17,20–37
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§ 5 Zusammenfassung und Ertrag Der ersten Endzeitrede in Luk 17,22–37, deren Kernüberlieferung (V. 23–24. 26–30.31.33.34–35.37b) zum größten Teil aus Q stammt, stellt Lukas zwei Einzelüberlieferungen aus seinem Sondergut (V. 20b.21b) voran, die er redaktionell zu einem kurzen Dialog zwischen Jesus und den Pharisäern ausbaut. Zudem fügt er die Überleitung von der Pharisäer- zur Jüngerrede in V. 22, die Leidensankündigung in V. 25 sowie den Rekurs auf Lots Frau in V. 32 in seine QVorlage ein. Zwei Fragen, die er zu Beginn des Abschnitts in V. 20 und an seinem Ende in V. 37a einfügt, beschäftigen ihn dabei bzw. scheinen bei seinen Adressaten von größtem Interesse zu sein. Die erste fragt nach dem Zeitpunkt, wann das Reich Gottes kommt. Lukas wehrt sich in seiner Antwort gegen die Ansicht, man könne das Erscheinen des Reiches Gottes genau voraussagen und verorten. Die zweite Frage aus dem Mund der Jünger Jesu lautet in V. 37a: „Wo, Herr, (wird das geschehen)?“ Lukas beantwortet die Fragen dann mit zwei Sondergutsprüchen in den V. 20f. so: 1. Das Kommen des Gottesreiches kann man nicht beobachten. Es wird im Gegensatz zu manchem apokalyptisch geprägten Wunschdenken im Blick auf die Vorhersagbarkeit des Weltendes am Ende des ersten Jahrhunderts nicht durch sichtbare Zeichen angekündigt und ist demnach auch nicht terminlich bestimmbar. Für Lukas ist es im Wirken Jesu bereits angebrochen und nach wie vor gegenwärtig wirksam. 2. Auf die Frage: „Wo?“ antwortet Lukas dann zunächst mit dem evnto.j u`mw/n in V. 21b und lässt in V. 37b das Q-Bildwort vom Leichnam und Adler als Antwort stehen. Ein Schlüssel zum Verständnis der Rede ist der von Lukas eingefügte V. 22. Er markiert nicht nur den formalen Übergang von der Pharisäer- zur Jüngerrede, sondern führt auch eine dem Lukas wichtige Unterscheidung ein, die beide Redeteile V. 20f. und V. 23–37 miteinander verbindet. In ihm spricht er von den „Tagen des Menschensohnes“ (vgl. auch V. 26), von denen er sagt, dass die Jünger wenigstens einen zu sehen begehren, ihn aber nicht sehen werden. Demgegenüber sprechen die V. 23f.30f. explizit nur von dem einen „Tag des Menschensohnes“, dessen Wesen, Erscheinungsbild und Konsequenzen für die Menschheit anschaulich in den V. 24ff. beschrieben werden. Die ganze Rede schließt mit dem Bildwort vom Leichnam und Adler in V. 37b ab, dessen Einleitung mit der Jüngerfrage in V. 37a zusammen mit der Pharisäerfrage in V. 20 zugleich eine Klammer um das gesamte Redecorpus bildet. Als Schlusswort zur Endzeitrede bedeutet V. 37b, dass Gottes Gericht auf die Verworfenen, die wie das Aas seinen Räubern schutzlos ausgeliefert sind, niedergehen und sie sicher treffen wird wie der Adler seine Beute. Dieses wird am „Tag des Menschensohnes“ geschehen. Zuvor aber, d.h. in den „Tagen
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C. Einzeluntersuchungen
des Menschensohnes“, in denen Jesus auf Erden unter den Menschen wirkt, ist mit ihm das Gottesreich evnto.j u`mw/n. Für die lukanische Soteriologie und Eschatologie lassen sich nach der Betrachtung von Luk 17,20–37 drei grundsätzliche Aussagen machen: 1. Mit Jesus beginnt das Reich Gottes. Lukas sieht in den „Tagen des Menschensohnes“ jene, in denen der ui`o.j tou/ avnqrw,pou leibhaftig auf Erden anwesend ist. Diesen einst gegenwärtigen und in Zukunft vom Himmel zurückerwarteten Menschensohn identifiziert er wie seine Quelle Q unmissverständlich mit Jesus von Nazareth. Mit ihm ist das Gottesreich auf die Erde gekommen und war eine Zeit lang evnto.j u`mw/n. Anders gesagt: Wo Jesus ist, da ist Gottes Reich. Nicht auf äußere Zeichen gilt es zu achten, sondern allein auf ihn. Diese Zeit wird wiederkommen, wenn der Menschensohn Jesus Christus nämlich am Himmel erscheint – zum Gericht und zur Vollendung des Gottesreiches. 2. Die Christen leben in einem zeitlichen Interim. Lukas setzt sodann den Gerichtstag mit dem „Tag des Menschensohnes“ gleich. Dann nämlich wird der zum Himmel aufgefahrene Jesus Christus leibhaftig wiederkommen. Bis dahin ist es der Geist, der die Jünger treibt, das Evangelium und die Umkehr zu Christus „diesem Geschlecht“ zu predigen (Apg 1,8; 2,1ff.). Eine Interimszeit wird eingeräumt, die alle Menschen nutzen sollen – nicht um nach Zeit und Ort zu fragen, wann und wo das Gottesreich sichtbar wird, sondern um das eigene Leben in die Nachfolge Christi zu stellen. Nur so kann der/die Einzelne für sich persönlich Heil und Rettung sichern. Diese Zeit zwischen der Himmelfahrt des Auferstandenen und seiner Parusie (vgl. Luk 24,51; Apg 1,4–11) ist aber für die in ihr lebenden Christengenerationen auch eine Zeit des Leidens, eine Zeit der Anfechtung und der Sehnsucht nach den „Tagen des Menschensohnes“. Sie müssen sich nun inmitten einer ihnen teilweise feindlich gesinnten nichtchristlichen Umwelt behaupten. 3. Gottes Gericht kommt unausweichlich. Das Gericht bzw. der „Tag des Menschensohnes“ kommt als ein Vernichtungsgericht mit unaufhaltsamer Gewissheit. In ihm werden die Menschen in Verworfene und Angenommene geschieden und für immer getrennt. Der Zeitpunkt des Gerichts ist nicht vorhersagbar. Kein Mensch kennt ihn. Gottes Gericht, so die lukanische Vorstellung, bricht plötzlich als ein universales und von allen sichtbares Geschehen in den Lauf der Geschichte ein. Nicht „hier oder dort“ wird es zu sehen sein, sondern „von einem Himmelsende zum anderen wird es leuchten“, und niemand wird sich ihm entziehen können. Diese Beschreibung des Menschensohntages als völlig unerwartet hereinbrechendes Geschehen eignet sich Lukas nahezu unverändert aus der Q-Tradition an.
X. Die zweite Endzeitrede Luk 21,5–36
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X. Die zweite Endzeitrede Luk 21,5–36 X. Die zweite Endzeitrede Luk 21,5–36
Gegen Ende des Lukasevangeliums wendet sich Jesus in Luk 21,5–36 noch ein letztes Mal im Jerusalemer Tempel mit einer längeren Rede an seine Jünger und an das ihn umgebende Volk. Entgegen seiner Vorlage Mk 13,1–32, die Jesus und seine Jünger in Mk 13,1 den Tempel verlassen und in Mk 13,3 auf den Ölberg gehen lässt, baut Lukas diese Rede zu einer öffentlichen aus. Ihr Ausgangspunkt sind die bewundernden Ausrufe der tine,j, wonach der Tempel so reich und wunderbar geschmückt ist, sowie Jesu Reaktion, dass hier bald „kein Stein auf dem anderen bleiben wird“ (Luk 21,5f.). Diese Weissagung ruft bei denen, die mit Jesus im Tempel sind, Fragen nach dem Zeitpunkt und dem Vorzeichen für die von ihm prophezeite Zerstörung hervor (Luk 21,7), auf die Jesus mit der in den V. 8–36 folgenden Rede antwortet. Einige der Motive, die uns im Verlauf dieser Untersuchung begegnet sind, wie z.B. die Erwartung des „kommenden Tages“, der Parusie des Menschensohnes zum Gericht über Israel und die Völker, die Aufforderung zur Wachsamkeit und die Beurteilung des gegenwärtigen Geschehens mit ihren Anzeichen, dass das Gottesreich nahe ist, finden sich in dieser Rede wieder. Sie bilden zugleich den Höhe- und den Schlusspunkt der Rede vom Gericht Gottes im Lukasevangelium. Kaum überraschend ist die Tatsache, dass der dritte Evangelist auch in diesem Text, den er im Wesentlichen aus Markus übernommen hat, seine Spuren hinterließ. Manche Divergenzen zu Mk 13 erscheinen dabei so gravierend, dass einige Exegeten hier eine zweite schriftliche Quelle neben der markinischen Vorlage vermuten, aus der Lukas für diese Rede geschöpft habe. Es wird zu zeigen sein, inwiefern sich die redaktionskritischen Probleme mit der Annahme einer solchen Quelle lösen lassen bzw. wo sie weitere Probleme aufwirft. Vor allem aber gilt es, dem Gedankengang der Rede zu folgen, wie er in Luk 21 vorzufinden ist, denn es ist Jesu bzw. des Lukas letztes Wort zum Gericht Gottes im dritten Evangelium. § 1 Die Stellung von Luk 21,5–36 im Kontext des Evangeliums und die Frage nach den Adressaten der Rede Die zweite Endzeitrede in Luk 21,5–36 steht wie auch ihre Parallele Mk 13,1– 32 unmittelbar vor dem Passionsbericht, der ja in allen kanonischen Evangelien ein eigenes längeres und in sich geschlossenes Überlieferungsstück bildet.807 Luk 21 ist zudem Teil des in Luk 19,28 beginnenden Jerusalemer Abschnitts der Wirksamkeit Jesu. Seit Luk 19,45 ist der Tempel der alleinige Schauplatz
807 Vgl. dazu die bereits genannte einschlägige Untersuchung von REINBOLD, Der älteste Bericht über den Tod Jesu, aus dem Jahr 1994.
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C. Einzeluntersuchungen
der bis Luk 21,38 wiedergegebenen Dialoge – freilich mit wechselnden Sprechern und vor allem wechselnden Adressaten.808 Ab Luk 20,1 par. Mk 11,27 übernimmt Lukas im Wesentlichen die markinische Erzählfolge, aus der er lediglich die Frage nach dem höchsten Gebot in Mk 12,28–34 herausnimmt, da er jenen Abschnitt bereits in Luk 10,25–28 gebracht hat. An wen sich Jesus mit seiner Rede in den V. 8–36 wendet, ist bei Lukas nicht ganz eindeutig. Rein formal ist Wolter durchaus Recht zu geben, der die Rede an die Jünger adressiert sein lässt, obgleich auch der lao,j zuhört.809 Jedoch werden hier m.E. auch die Zuhörenden zu Mitadressaten, zumal Teile der Rede nicht nur exklusiv paränetische Jüngerunterweisung sind, sondern auch handfeste Ermahnungen an die Jerusalemer Juden enthalten. Lukas ist ganz im Gegensatz zu Markus offensichtlich sehr daran gelegen, für die Worte Jesu eine möglichst breite Öffentlichkeit herzustellen, was auch die Schlussnotiz in Luk 21,38 noch einmal bestätigt. Folglich richtet sich die letzte Rede Jesu meiner Ansicht nach sowohl an die Jünger als auch an die ihn im Tempel von Jerusalem umgebenden Juden. § 2 Zur Frage nach den Quellen in Luk 21,5ff. Die Frage, ob der dritte Evangelist in Luk 21 lediglich Mk 13 als Vorlage gebraucht hat, oder ob er hier auf eine weitere schriftliche Quelle – vorzugsweise auf Sondergut – zurückgreift, ist in der Lukasforschung lange Zeit kontrovers diskutiert worden. Zuletzt hat Bovon in seinem Lukaskommentar die Frage wieder neu in die Diskussion eingebracht: „Nach einigem Zögern habe ich wie folgt entschieden: Seiner Gewohnheit entsprechend wechselt Lukas zwischen seinen Quellen ab: hier [in Luk 21,5–36] zwischen Markus und seinem Sondergut: VV 5–9 (Mk), VV 10–28 (SLk), VV. 29–33 (Mk), VV 34–36 (SLk oder Lukas selbst).“810 Der ein Jahr zuvor erschienene Woltersche Kommentar bemerkt zu dieser Frage dagegen lediglich kurz und bündig: „Verheydens ausgezeichnete Darstellung der unterschiedlichen Meinungen hat die Fruchtlosigkeit solcher Diskussi-
808 In Luk 19,45 wendet sich Jesus an die Händler im Tempel. In Luk 19,48 hört ihm der lao,j zu (vgl. Luk 20,1.9.45; 21,38). In Luk 20,1–8 sprechen „die Hohenpriester und Schriftgelehrten“ mit Jesus. Das Gleichnis von den bösen Weingärtnern in Luk 20,9–16 ist wiederum an das Volk gerichtet, obgleich auch die dabeistehenden „Schriftgelehrten und Hohenpriester“ zuhören. In Luk 20,23ff. richtet Jesus seine Rede an von den Hohenpriestern und Schriftgelehrten gesandte evgka,qetoi u`pokrino,menoi e`autoi. dikai,oi ei=nai (V. 20). In Luk 20,27 sind es „einige der Sadduzäer“, in Luk 20,39 „einige der Schriftgelehrten“, in Luk 20,45; 21,3 erneut die Jünger und in Luk 21,5.8 die tine,j, mit denen Jesu spricht. 809 Vgl. WOLTER, Lukasevangelium, 668. 810 BOVON, Das Evangelium nach Lukas III/4, 173.
X. Die zweite Endzeitrede Luk 21,5–36
283
onen [um die Quellenfrage innerhalb von Luk 21,5ff.] mit aller Deutlichkeit sichtbar gemacht.“811 Glücklicherweise müssen wir uns zur Beurteilung dieses Problems nicht allein auf den bei Wolter zitierten und in seiner Darstellung auch äußerst klaren Aufsatz von Jos Verheyden812 beschränken. Denn in den 1970er Jahren sind gleich drei Dissertationen zu den Endzeit- bzw. Eschatologiereden bei Lukas erschienen813; die Arbeiten von Josef Zmijewski und Ruthild Geiger habe ich ja schon im vorherigen Paragraphen zur ersten Endzeitrede in Luk 17,20–37 herangezogen. In der Quellenfrage kommen sie einmütig zu dem gleichen Ergebnis: Sämtliche Änderungen in Luk 21 gegenüber Mk 13 lassen sich ohne weiteres als lukanische Redaktionsarbeit erklären.814 Dies, so Zmijewski, „darf mit einiger Wahrscheinlichkeit als Arbeitshypothese angenommen werden; allerdings muß und kann erst die nachfolgende Einzelanalyse die vorgetragene Hypothese endgültig sichern.“815 Und da sind letzte Zweifel an der Existenz von Sondergut neben dem markinischen Material in Luk 21 noch nicht vollständig ausgeräumt. So räumt beispielsweise auch Fridolin Keck – die dritte der oben genannten Arbeiten zu Luk 21 – ein: „Nun wird man zunächst zugestehen müssen, daß sich gegen den Nachweis zusätzlichen Materials, das Luk neben Mk – möglicherweise sogar als Hauptvorlage – benutzt habe, keine grundsätzlichen Bedenken erheben, weder vom Arbeitsverfahren des Luk noch von den literarkritischen Voraussetzungen her.“816 Denn in der Tat: Die Auslassung von Versen aus Mk 13 in Luk 21 einerseits, die Erweiterungen und die z.T. völlige Umformulierung ganzer Verse andererseits, sowie die Tatsache, dass sich in dem Abschnitt Luk 21,5ff. auffallend viele neutestamentliche hapax legomena – zwischen V. 11b–34 immerhin acht817 – finden, machen die Annahme einer weiteren schriftlichen Quelle, die Lukas dann mit Mk 13 ineinander gearbeitet hat, nicht gänzlich unwahrscheinlich.
811
WOLTER, Lukasevangelium, 670. JOS VERHEYDEN, The Source(s) of Luke 21, in: Frans Neirynck (Hrsg.), L’Évangile de Luc/The Gospel of Luke, BEThL 32, Leuven 1989, 491–516. 813 ZMIJEWSKI, Eschatologiereden, 43–324; GEIGER, Endzeitreden, 149–259, und FRIDOLIN KECK, Die öffentliche Abschiedsrede Jesu in Lk 20,45–21,36. Eine redaktions- und motivgeschichtliche Untersuchung, fzb 25, Stuttgart 1976, 95–245. 814 Vgl. ZMIJEWSKI ebd., 65; GEIGER ebd., 159–161; KECK ebd., 326. Auch bei JEREMIAS, Sprache, 282, findet sich für den Abschnitt Luk 19,45–21,33 lediglich der lapidare Ausdruck „Markusblock“. Seine Untersuchung der Spracheigentümlichkeiten im Lukasevangelium setzt erst wieder mit Luk 21,34 ein. Dieser hier beginnende Schlussteil der Rede ist laut Jeremias jedoch wieder weitgehend redaktionell; vgl. JEREMIAS ebd., 283f. 815 ZMIJEWSKI ebd. 816 KECK ebd., 143. 817 V. 11b.14.21.25 (hap. leg.zumindest in den Evangelien).34. 812
284
C. Einzeluntersuchungen
Die meisten Vertreter einer Sonderquelle in Luk 21 seien neben Adolf Schlatter818 und Karl Heinrich Rengstorf819 zugleich auch Befürworter der sog. Proto-Lukas-Hypothese820 aus dem englischsprachigen Bereich, wie Verheyden feststellt.821 Zu ihnen zählt er Vincent Taylor822, Thomas W. Manson823, Charles H. Dodd824 sowie Paul Winter825. Auch in den einflussreichen Kommentaren von Ian H. Marshall826, Joseph A. Fitzmyer827 und Eduard Schweizer828 hat sich im Blick auf Luk 21 die These einer weiteren Quelle neben Mk 13 weiter fortgesetzt. Es sind vor allem zwei Aspekte, die eine Konsensbildung für eine zweite Tradition neben Mk 13 in Luk 21,5–36 erschweren:
818
ADOLF SCHLATTER, Das Evangelium des Lukas aus seinen Quellen erklärt, Stuttgart 1931, 130–134. 819 RENGSTORF, Evangelium nach Lukas, 233ff. 820 Die von Burnett H. Streeter aufgebrachte These besagt, dass man im Blick auf das Lukasevangelium mit einer von Lukas selbst aus Q und L (eine neben Mk und Q dritte Quellenschrift) erstellten „Erstauflage“ seines Evangeliums zu rechnen habe: „I suggest that the author of Proto-Luke – the person, I mean, who combined together in one document Q and the bulk of the material peculiar to the Third Gospel – was no other than Luke the companion of Paul. And I suggest that this same Luke some years afterwards expanded his own early work by prefixing the stories of the Infancy and by inserting extracts from Mark […]. But whether the compiler of Proto-Luke was Luke or not, the historical importance of the identification of a source of the Third Gospel entirely independent of Mark is obvious“; BURNETT H. STREETER, The Four Gospels. A Study of Origins, London 1936, 199–222; hier: 218.221. Folglich ist das kanonische Lukasevangelium eine um den Markus-Stoff ergänzte „Zweitauflage“ jenes Proto-Lukas. Zu Modifikationen dieser Hypothese vgl. JEREMIAS, Abendmahlsworte, 91–95, und FRIEDRICH REHKOPF, Die lukanische Sonderquelle. Ihr Umfang und Sprachgebrauch, WUNT 5, Tübingen 1959. Zur Kritik an Rehkopf vgl. HEINZ SCHÜRMANN, Protolukanische Spracheigentümlichkeiten? Zu Fr. Rehkopf, Die lukanische Sonderquelle. Ihr Umfang und Sprachgebrauch, BZ NF 5 (1961), 266–286. 821 VERHEYDEN, Source(s) of Luke 21, 499. 822 VINCENT TAYLOR, Behind the Third Gospel, Oxford 1926, 101ff. 823 MANSON, Sayings of Jesus, 323ff. 824 CHARLES H. DODD, The Fall of Jerusalem and the ‚Abomination of Desolation‘, in: ders., More New Testament Studies, Manchester 1968, 69–83. 825 PAUL WINTER, The Treatment of his Sources by the third Evangelist in Luke 21–24, ST 8 (1954), 138–172; vgl. auch den Aufsatz von W. NICOL, Tradition and Redaction in Luke 21, Neotestamentica 7 (1973), 61–71; hier: 68f. Nicol versucht sogar die Herkunft (Palästina) als auch den „Sitz im Leben“ (Orakelsprüche, die den Sieg des Titus über Jerusalem voraussagen) der von Lukas neben Mk 13 benutzten Tradition zu bestimmen. 826 MARSHALL, Gospel of Luke, 752–783. 827 FITZMYER, Gospel according to Luke, 1326: „It seems to me that the best solution of this problem [das der Quellenfrage in Luk 21] is to admit the Lucan redaction of ‘Mk’ in large measure and to agree that Luke has at times inserted into that redaction some Material that he has derived from ‘L’.“ 828 EDUARD SCHWEIZER, Das Evangelium nach Lukas, NTD 3, Göttingen 1982, 207– 215.
X. Die zweite Endzeitrede Luk 21,5–36
285
1. Die Meinungen, wie diese „Quelle“ ausgesehen haben könnte, gehen unter ihren Befürwortern erheblich auseinander. Es gibt keinen Konsens darüber, welche Verse aus Luk 21 ihr zweifelsfrei zugeordnet werden können.829 2. Es sind bisher keine Kriterien gefunden worden, anhand derer sich jene Sondertradition von der expliziten lukanischen Redaktion abheben lässt. Hierzu räumt Fitzmyer ein: „What he [Lukas] has so derived is not an independent form of the whole discourse, but isolated material of the same character that should be utilized in his redaction.“830 Damit ist nach Ansicht Fitzmyers eine saubere Trennung von Tradition und Redaktion augenscheinlich gar nicht möglich. Und wenn schon beide Schichten den gleichen Stil und Charakter haben, warum sollten sie dann nicht auch aus ein und derselben Feder stammen? Es mag sein, dass sich mit der Hypothese einer Sondertradition in Luk 21,5ff. einige Phänomene im Text lösen lassen, ebenso viele andere Schwierigkeiten wirft sie dagegen wieder auf. Verheyden zieht deshalb folgendes Fazit: „These changes in assessing the non-Markan verses are also reflected in a new evaluation of the Markan material and of Luke’s redaction. Mark’s version of the discourse is no longer the ‘additional’ material; it is now Luke’s primary source. The growing uncertainty on the extent and even the existence of a special source – the word ‘Proto-Luke’ is absent altogether – involves reserving a more prominent place for Lucan redaction, which is evident at several points (cf. for vv. 12–19).“831 Mit dieser Arbeitshypothese – der Annahme von Mk 13 als einzige Quelle für Luk 21, die Lukas stellenweise stark bearbeitet hat – soll auch in unserer Untersuchung die zweite Endzeitrede in Luk 21,5–36 in Augenschein genommen werden.832 § 3 Zur Gliederung von Luk 21,5–36 Bei einem derart langen Textabschnitt über 31 Verse gibt es einige Gliederungsvorschläge, die sich oft nur im Detail voneinander unterscheiden. Es empfiehlt sich m.E. eher kleinteilige Abschnitte voneinander abzugrenzen, da innerhalb größerer Textblöcke oft mehrere Themen vorhanden sind. Redaktionelle Neueinsätze sind zwar vorhanden, eignen sich jedoch nicht immer als Gliederungsmerkmale. 829
Vgl. VERHEYDEN, Source(s) of Luke, 502. FITZMYER, Gospel according to Luke, 1326. 831 VERHEYDEN ebd., 513. 832 Es bedarf offensichtlich noch einer weiteren Detailstudie, um die Quellenfrage in Luk 21 zweifelsfrei beantworten zu können. Ich denke, ein Schlüssel zur Lösung des Problems liegt vermutlich in der Klärung der Herkunft der auffällig vielen hapax legomena in dem Textabschnitt V. 10ff. Dazu äußern sich, soweit ich sehe, die einschlägigen Studien nicht. 830
286
C. Einzeluntersuchungen
Der Rede liegt im Wesentlichen der markinische Aufbau und damit ein klarer fortlaufender Gedankengang zugrunde. Charakteristische Rahmenstücke, wie sie Wolter in den V. 8–9 par. V. 34–36 bzw. in V. 10–11 par. V. 25–28 annimmt833, kann ich hingegen nicht erkennen. Gemäß der folgenden Gliederung sollen nun im nächsten Abschnitt acht Sinneinheiten im Einzelnen betrachtet werden: I Luk 21,5–6 Die Weissagung vom Ende des Tempels II Luk 21,7–11 Die Vorzeichen des Endes von Jerusalem V. 7 Die Fragen nach dem Zeitpunkt und dem Zeichen/ Auftakt zur Rede V. 8–9 Die Warnung vor den falschen Propheten/Kriegsgerüchte und Aufstände V. 10–11 Weitere Zeichen
III Luk 21,12–19 Die Verfolgung der Jesusjünger V. 12–13 Die Verfolgung durch „die Juden“ V. 14–15 Der Trost in der Verfolgungssituation V. 16–17 Der Verrat im eigenen Verwandten- und Freundeskreis V. 18–19 Trost und Ermutigung
IV Luk 21,20–24 Die Weissagung von der Verwüstung Jerusalems V. 20–22 Die Belagerung der Stadt und Flucht V. 23–24 Weherufe über die Schwangeren/Zerstreuung Israels eivj ta. e;qnh pa,nta
V Luk 21,25–28 Das Kommen des Menschensohnes V. 25–26 Die Vorzeichen seines Kommens V. 27 Das Kommen des Menschensohnes V. 28 Ankündigung der nahenden avpolu,trwsij
VI Luk 21,29–31 Das Gleichnis vom Ausschlagen der Bäume VII Luk 21,32–33 Vom Vergehen „dieses Geschlechts“ und vom Bleiben der „Worte“ VIII Luk 21,34–36 Schlussparänese V. 34–35 Warnung vor der täglichen Nachlässigkeit V. 36 Ermahnung zur Wachsamkeit
833
WOLTER, Lukasevangelium, 668f. Meines Erachtens wechseln „informative“ (vgl. ebd., 669) und paränetische Aussagen stetig miteinander ab. So folgt beispielsweise auf die Voraussage der Verfolgungssituation in V. 12f. mit V. 14f. eine Ermutigungsaussage (vgl. auch die gleiche Folge in V. 16f. und V. 18f.). In umgekehrter Reihenfolge erfolgt ein Wechsel auch in den V. 8f. (Paränese) und 10f. (Prophezeiung).
X. Die zweite Endzeitrede Luk 21,5–36
287
§ 4 Redaktionskritische Analyse der einzelnen Textabschnitte834 1. Luk 21,5f. par. Mk 13,1f.: Die Weissagung vom Ende des Tempels 5 Und als einige über den Tempel sagten, dass er mit schönen Steinen und Weihegeschenken geschmückt sei, sprach er: 6 Es werden Tage kommen, an denen von allem, was ihr hier835 seht, kein Stein auf dem anderen (Stein) bleiben wird, der nicht zerstört werden wird.
Gleich zu Beginn der Rede unterscheiden sich Luk 21,5 und Mk 13,1, wie oben bereits angedeutet, in der Redesituation. Während bei Markus einer der Jünger zu Jesus spricht, nachdem die Gruppe den Tempel verlassen hat, ist es bei Lukas ein unbestimmter Personenkreis (tine,j), der die Schönheiten des Jerusalemer Tempels bestaunt. Aus Luk 20,45 wissen wir, dass Jesus zu den Jüngern spricht, der lao,j hingegen zuhört. Aus dieser gemischten Gruppe kommen also die Reaktionen auf das Jerusalemer Heiligtum, von denen Luk 21,5 berichtet. Zudem hat der lukanische Jesus den Tempel seit Luk 20,1 nicht verlassen. Der dritte Evangelist macht also die in seiner Vorlage Mk 13 nur an den begrenzten Kreis der Jünger außerhalb des Tempels gehaltenen Rede Jesu zu einer öffentlichen im Tempel und bindet sie eng an die vorhergehenden Szenen in Luk 20,1– 21,4. Damit ist die zweite Endzeitrede im Lukasevangelium zugleich die letzte ausgeführte Rede Jesu an Israel und die Jünger vor seinem Leiden und Sterben an symbolträchtigem Ort: im Tempel von Jerusalem.836 Lukas gestaltet seine Vorlage Mk 13,1f. wie folgt um837: Er fügt in V. 6 die Futurformen ein (evleu,sontai, avfeqh,setai, kataluqh,setai). Sodann ergänzt er wegen seiner Vorliebe für Doppelausdrücke das kai. avnaqh,masin und ersetzt das markinische ble,peij durch qewrei/te. Mit der Einfügung des evleu,sontai h`me,rai in Luk 21,6 als Hauptsatz, von dem zwei Relativsätze abhängen, macht Lukas deutlich, dass er das Gewicht seiner Aussage auf die „Tage, die kommen werden“, legt. Er begibt sich damit auf eine Spur, die sich auch im Fortgang der Rede weiter verfolgen lässt, dass er nämlich das Ende dieser Welt noch nicht so schnell erwartet, wie es noch bei Markus den Anschein hat. Wie wir noch sehen werden, liegt für Lukas die Parusie des Menschensohnes am Weltende noch weiter in der Zukunft und in zeitlichem Abstand zum Fall Jerusalems. Es handelt sich hier um zwei voneinander unabhängig zu betrachtende Ereignisse. 834
Wie bei den meisten bisher untersuchten Texten können auch hier nur die wesentlichen Textdifferenzen zwischen Luk 21 und Mk 13 diskutiert werden. Für die vertiefende Auseinandersetzung verweise ich die Leserin/den Leser auf die o.g. Arbeiten von Josef Zmijewski, Fridolin Keck und Ruthild Geiger. Die entsprechenden Seitenzahlen in diesen Werken sind zu den jeweiligen Textabschnitten stets angegeben. 835 a B L und einige weitere Handschriften fügen an dieser Stelle ein w-de ein. 836 Vgl. BOVON, Evangelium nach Lukas III/4, 169. Anders dagegen Wolter, der die Rede Jesu in Luk 21,5ff. von Luk 20,45 her ausschließlich an die Jünger gerichtet sein lässt; vgl. WOLTER, Lukasevangelium 668. 837 Vgl. ZMIJEWSKI, Eschatologiereden, 74–77; GEIGER, Endzeitreden, 161–165.
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C. Einzeluntersuchungen
2. Luk 21,7–11 par. Mk 13,3–8: Die Vorzeichen des Endes von Jerusalem a) Luk 21,7–9 par. Mk 13,3–7838 7 Sie aber fragten ihn: Lehrer, wann also wird das sein, und was ist das Zeichen, wenn es zu geschehen beginnt? 8 Er aber sprach: Seht zu, lasst euch nicht in die Irre führen! Viele werden nämlich kommen in meinem Namen und sprechen: Ich bin es! Und: Der Zeitpunkt ist nahe! Folgt ihnen nicht! 9 Wenn ihr aber Kriegsgerüchte und Aufstände hören werdet, ängstigt euch nicht! Dies alles muss nämlich zuerst geschehen, doch es ist nicht gleich das Ende.
Luk 21,7a markiert einen redaktionellen Neueinsatz. Das logische Subjekt sind hier die tine,j aus V. 5. Die Anrede dida,skale, die Lukas einfügt, begegnet bei ihm nur im Mund von Außenstehenden und Gegnern Jesu (vgl. Luk 7,40; 8,49; 9,38; 10,25; 11,45; 12,13 u.ö.)839, wird allerdings bei Lukas an keiner Stelle von den Jüngern selbst verwendet, was darauf hindeutet, dass die Fragenden eher aus dem Volk kommen. Die Frage nach dem Wann (par. Mk 13,4) bezieht sich auf die zuvor ergangene Weissagung der Tempelzerstörung zurück. Auch in diesem Textabschnitt lassen sich die Differenzen zwischen Lukas und Markus unschwer mit der Redaktionsarbeit des dritten Evangelisten erklären. Da Lukas als Adressaten der Rede – wie oben gesagt – einen unbestimmten Personenkreis wählt, muss er in V. 7 das markinische katV ivdi,an Pe,troj … kai. VAndre,aj streichen. Zudem ersetzt er den stärker apokalyptisch geprägten Terminus suntelei/sqai aus Mk 13,4 durch das neutralere gi,nesqai.840 In V. 8 wandelt Lukas dann das mh, tij u`ma/j planh,sh| aus Mk 13,5 in einen Imperativ um und schafft auf diese Weise zusammen mit dem Imperativ in V. 9 einen paränetischen Dreiklang (mh. planhqh/te, mh. poreuqh,te und in V. 9 mh. ptohqh/te). Auch den Satz kai. o` kairo.j h;ggiken hat Lukas eingefügt.841 In V. 9a ist das kai. avkatastasi,aj, in V. 9b sind die Einfügung von tau/ta sowie die chronologischen Angaben prw/ton und euvqe,wj redaktionell. Mit diesen Ergänzungen sucht Lukas das Geschehen vor der Zerstörung Jerusalems und des Tempels bis zur Parusie des Menschensohnes in eine zeitliche 838 Vgl. ZMIJEWSKI, Eschatologiereden, 77–80.90–95.99–104; GEIGER, Endzeitreden, 165ff.; KECK, Abschiedsrede, 97–105. 839 Lediglich in Luk 22,11 erscheint dida,skaloj als Selbstbezeichnung Jesu. 840 Vgl. GEIGER ebd., 168. 841 Kairo,j ist ein lukanisches Vorzugswort. Es ist im Evangelium 12 Mal (vgl. besonders Luk 12,56; 19,44 u.ö.) und in der Apostelgeschichte 9 Mal (vgl. Apg 1,7 u.ö.) belegt. Der Begriff ist „geradezu eschatologischer term[inus] techn[icus] für das Endgericht bzw. das Ende überhaupt“; GERHARD DELLING, Art. kairo,j, ThWNT 3 (1938), 456–463; hier: 463. Lukas hat diesen Satz wahrscheinlich eingefügt, um die Verkündigung der Falschlehrer deutlich von seiner eigenen Intention abzusetzen. Wer behauptet, das Endgeschehen habe bereits begonnen und die Parusie des Menschensohnes bereits stattgefunden, der verbreitet in den Augen des Lukas definitiv eine falsche Lehre. „Vor solchen Irrlehrern mit einer falschen Parusieerwartung warnt Luk[as] seine Leser: ‚Werdet nicht ihre Anhänger!‘“; KECK ebd., 100f. Für ihn haben die Endzeitereignisse noch nicht begonnen.
X. Die zweite Endzeitrede Luk 21,5–36
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Abfolge zu bringen. Geiger spricht hier von einer „historische[n] Relation“842. Das tau/ta zeigt an, dass die Ereignisse, von denen in den V. 6.8–9 die Rede war, nach Lukas noch nicht das zu erwartende te,loj ist. Keck interpretiert den Befund dahingehend, dass Lukas den bei Markus beabsichtigten Zusammenhang zwischen der Tempelzerstörung und dem Endzeitgeschehen eliminieren wollte. Für Lukas habe der Fall Jerusalems keine eschatologische Qualität, stehe aber beispielhaft für Gottes Gerichtshandeln an Israel und gehöre zum Heilsplan Gottes unweigerlich dazu.843 b) Luk 21,10f. par. Mk 13,8844 10 Dann sprach er zu ihnen: Ein Volk wird gegen das andere aufstehen und ein Königreich wider ein [anderes] Königreich. 11 Es wird große Erdbeben und an [manchen?] Orten Hungersnöte und Seuchen geben. Es wird schreckliche Dinge und vom Himmel große Zeichen geben.
Erneut findet sich in V. 10a mit dem to,te e;legen auvtoi/j ein redaktioneller Einschnitt, den William C. Robinson dadurch motiviert sieht, dass an dieser Stelle auch ein Einschnitt im Gedankengang vorliegt.845 Bovon meint hingegen, die neuerliche Einleitung sei ein Indiz dafür, dass Lukas hier seine Quelle wechselt. Ein weiterer Hinweis auf einen Quellenwechsel bestehe darin, dass die zweite Hälfte von Luk 21,11 bei Markus (und bei Matthäus) fehle und auch „weder der Absicht noch dem Stil von Lukas“846 entspreche. Bovon kommt daher zu dem Schluss: „Ich bin deshalb der Ansicht, der ganze V 11 komme von einer anderen Quelle als Markus her.“847 Die Textdifferenzen zu Mk 13,8 lassen sich, wie oben angedeutet, jedoch auch ohne die Annahme einer weiteren Quelle durchaus schlüssig erklären. So findet man ein redaktionelles to,te im Lukasevangelium auch an anderen Stellen (Luk 21,20; 24,45), in der Apg aber wesentlich häufiger und an fünf Stellen sogar in den Rahmenversen zu einer Rede (Apg 4,8; 23,3 zusammen mit ei=pen; 10,46; 21,13; 15,12 mit avpokri,nomai).848 Einen Dativ in der Redeeinleitung verwendet Lukas zwar ebenfalls seltener – er schließt sonst eher mit pro,j + Akk. an, dennoch hat er in 32 Fällen einen solchen Dativ aus seiner MkVorlage übernommen. Und auch in den nichtmarkinischen Abschnitten des Lukasevangeliums stehen 166 Fällen mit Dativ lediglich 77 Fälle mit pro,j
842
GEIGER, Endzeitreden, 170. Vgl. KECK, Abschiedsrede, 101f. 844 Vgl. ZMIJEWSKI, Eschatologiereden, 104–107.121–125; KECK ebd., 108–121. 845 Vgl. WILLIAM C. ROBINSON, Weg des Herrn. Studien zur Geschichte und Eschatologie im Lukas-Evangelium. Ein Gespräch mit Hans Conzelmann, ThF 36, Hamburg-Bergstedt 1964, 47 Anm. 272. 846 BOVON, Evangelium nach Lukas III/4, 169. 847 Ebd. 848 KECK, ebd., 110. 843
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C. Einzeluntersuchungen
gegenüber.849 V. 10b stimmt derweil bis auf das ga,r wieder mit Mk 13,8a überein. Wie eben angedeutet, weicht nun Luk 21,11 stark von Mk 13,8bc ab. Lukas verstärkt die Zeichen, die geschehen werden, durch mega,loi. Er ergänzt zu den markinischen limoi, ein kai. loimoi,, eine Wendung, die sich fast wörtlich auch bei Hesiod, Erga 243, findet. Zuletzt fügt er dem Markustext weitere „Zeichen“ hinzu (fo,bhtra,850 te … e;stai) und streicht um der von ihm angestrebten Chronologie willen das markinische avrch. wvdi,nwn tau/ta, denn das alles gehört für Lukas noch nicht zum eigentlichen Endzeitgeschehen. Auch in diesem Abschnitt bearbeitet Lukas seine Vorlage Mk 13,8, indem er sie stilistisch verbessert, manches verkürzt, anderes ergänzt und durch die Auslassung von Mk 13,8c auch theologisch neu interpretiert. Selbst der gegenüber Mk gänzlich anders geartete Vers Luk 21,11b mit den shmei/a mega,la lässt sich als Parallelformulierung zu den seismoi, […] mega,loi in V. 11a hinreichend als lukanische Redaktion erklären. Damit ergeben die V. 10b–11b gar eine bewusst komponierte Klimax: Kampf der Völker–Naturkatastrophen–kosmische Katastrophen (vgl. auch Luk 21,15ff. par. Mk 13,24f.).851 Die Bovonsche Annahme einer zweiten Quelle für Luk 21,10f(f.) ist aus den o.g. Gründen also nicht notwendig. 3. Luk 21,12–19 par. Mk 13,9–13852: Die Verfolgung der Jesusjünger 12 Vor diesem allem werden sie gewaltsam ihre Hände an euch legen, und sie werden [euch] verfolgen, euch ausliefern an die Synagogen und Gefängnisse und euch um meines Namens willen vor Könige und Statthalter führen. 13 Das wird euch zu einem Zeugnis gereichen.853 14 Nehmt es euch nun zu Herzen854: Übt855 euch nicht vorher [schon darin], [euch] zu verteidigen! 15 Ich werde euch nämlich Mund und Weisheit geben, der alle eure Widersacher nicht widerstehen oder widersprechen können. 16 Ihr aber werdet sowohl von Eltern und Brüdern als auch von Verwandten und Freunden ausgeliefert werden, und sie werden manchen von euch umbringen. 17 Und ihr werdet durch meinen Namen von allen Gehasste sein. 18 Und kein Haar soll von eurem Kopf verlorengehen. 19 In eurer Standhaftigkeit werdet ihr eure Seelen/euer Leben [?] gewinnen856.
849
KECK, Abschiedsrede, 112. Fo,bhtron ist neutestamentliches hapax legomenon. 851 Vgl. KECK ebd., 118–120. 852 Vgl. ZMIJEWSKI, Eschatologiereden, 129–142.150–177; KECK ebd., 121–142; GEIGER, Endzeitreden, 177–193. 853 Übersetzungsvorschlag von WOLTER, Lukasevangelium, 667. 854 Zu dieser Redewendung vgl. auch Luk 1,66; Apg 5,4, sowie 1. Regn 21,13; Ier 12,11 LXX. 855 Promeleta,w ist ebenfalls neutestamentliches hapax legomenon und ist in der griechischen Rhetorik terminus technicus für das Einstudieren einer öffentlichen Rede; vgl. ZMIJEWSKI ebd., 135. 856 Die Meinungen der Exegeten gehen hier in der Beantwortung der Frage auseinander, ob mit dem Ausdruck kth,sasqe ta.j yuca.j u`mw/n in Luk 21,19 „das irdische oder das ewige 850
X. Die zweite Endzeitrede Luk 21,5–36
291
Lukas hat in Luk 21,12 die schlichte Einleitung in Mk 13,9 durch pro. de. tou,twn … kai. diw,xousin stark erweitert. Auffällig ist auch hier wieder eine Zeitnotiz. In der lukanischen Chronologie der berichteten Ereignisse liegen die in V. 12–24 beschriebenen Vorgänge somit noch vor denen aus V. 10b.11. Weitere lukanische Eingriffe in V. 12 sind: Die Einfügungen kai. fulaka,j857 und tou/ ovno,matoj858. Zudem lässt Lukas das de,rw aus Mk 13,9 weg und ändert das markinische staqh,sesqe in avpagome,nouj evpi, um. Die Parallelen in V. 12 zum Geschick Jesu sind unübersehbar. Den Jüngern wird es genauso wie Jesus ergehen, denn von Seiten der Juden und Römer werden sie ein ähnliches Schicksal erleiden wie er. Ferner ist eine Verbindung zu Luk 10,16 erkennbar, denn: Wer die Christen verfolgt, verfolgt Christus selbst. Und wer die christliche Botschaft ablehnt, lehnt Christus selbst ab. Diese Situation werden die nachfolgenden Jüngergenerationen empfindlich zu spüren bekommen, prophezeit der lukanische Jesus.859 Vermutlich ist das im Folgenden geschilderte Ende Jerusalems in den Augen des Lukas die Konsequenz für Israels ablehnende Haltung Jesus gegenüber. Merkwürdigerweise lässt Lukas Mk 13,10 ganz aus, obgleich ihm doch der Missionsgedanke sonst so wichtig ist (vgl. Apg 13,46–49). Hat er ihn in seiner Markusvorlage vielleicht gar nicht gelesen? Luk 21,14f. ist im Vergleich mit Mk 13,11b860 auch wieder völlig umformuliert. Bemerkenswert ist dabei die Spezifizierung des markinischen lalei/n in avpologei/sqai, das außer in Röm 2,15 und 2. Kor 12,19 sonst nur noch im lukanischen Doppelwerk vorkommt (vgl. Luk 12,11; Apg 19,33; 24,10; 25,8; 26,1f. 24). In Luk 21,15 fehlt der in Mk 13,11 erwähnte „Heilige Geist“. Lukas betont hier mit dem evgw. ga,r, dass Jesus selbst – anders als noch in Luk 12,12 – „seinen Zeugen“ Worte der Verteidigung geben wird, wenn es nötig ist. In Luk 21,16ff. formuliert der dritte Evangelist weiter passivisch in der 2. Pl. statt wie seine Vorlage aktivisch in der 3. Sg. und erweitert die Aufzählung in V. 16 par. Mk 13,12 durch u`po. gone,wn und kai. suggenw/n kai. fi,lwn. Die Ersetzung des auvtou,j am Ende von Mk 13,12 durch evx u`mw/n in Luk 21,16 ist eine deutliche Abschwächung: Nicht alle werden, wenn man sie ausliefert, den Tod erleiden. Sie werden überleben und die Existenz der Jesusbewegung sichern. Leben gewinnen“ gemeint sei; vgl. ZMIJEWSKI, Eschatologiereden, 140. Vermutlich denkt Lukas eher an das „ewige Leben“, denn in Luk 12,4f. sagt er doch deutlich, dass man keine Angst davor haben solle, wenn einem das irdische Leben genommen wird. „Gewonnen“ hat man doch erst, so Lukas, wenn man das „ewige Leben“ im Reich Gottes geschenkt bekommt. 857 Auch diese Ergänzung geht auf die Vorliebe des Lukas für Doppelausdrücke zurück. Fulakai, werden auch in der Apostelgeschichte häufig genannt (Apg 5,19.22.25; 8,3; 12, 4f.17; 16,23f.27.37.40 u.ö.). Es ist ein von Lukas durchaus bevorzugtes Wort. 858 Zu den o;noma-Formeln bei Lukas vgl. den Exkurs bei ZMIJEWSKI ebd., 157–161. 859 Vgl. KECK, Abschiedsrede, 126. 860 Mk 13,11a hatte Lukas bereits in Luk 12,11f. verarbeitet.
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C. Einzeluntersuchungen
Damit ist den jungen Christengemeinden trotz allerlei Widerstände gegen sie und trotz Verfolgung Zukunft verheißen. Während Luk 21,17 nun seiner Vorlage Mk 13,13 wörtlich entspricht, ist Luk 21,18 hingegen vollständig auf die Hand des Lukas zurückzuführen. Ein deutliches Pendant zu diesem Satz findet sich in Apg 27,34. Es handelt sich hier offenbar um eine alttestamentliche Redewendung, die sich in Sam–Kön gleich dreimal wiederfindet.861 Im letzten Vers dieses Textabschnitts in Luk 21,19 folgt der dritte Evangelist wieder seiner Markus-Vorlage, verändert sie aber dahingehend, dass er das eivj te,loj aus Mk 13,13b streicht. Auch daran wird erneut deutlich: Die Endzeit ist für Lukas noch nicht in Sicht! 4. Luk 21,20–24 par. Mk 13,14–20862: Die Weissagung von der Zerstörung Jerusalems 20 Wenn ihr aber seht, dass Jerusalem863 von Heeren umzingelt wird, dann erkennt, dass seine Verwüstung nahe herbeigekommen864 ist. 21 Dann werden die, die in Judäa sind, auf die Berge fliehen, und die, die in ihrer Mitte sind, werden auswandern865, und die, die auf den Feldern sind, werden nicht [mehr] in sie [die Stadt] hineingehen. 22 Denn diese sind die Tage der Rache, damit alles, was geschrieben steht, erfüllt werde. 23 Wehe [aber]866 denen, die schwanger sind, und denen, die in jenen Tagen stillen. Es wird nämlich große Not auf der Erde sein und Zorn über diesem Volk. 24 Und sie werden durch die Schneide des Schwertes fallen, und sie werden unter alle Völker zerstreut werden, und Jerusalem wird eine von den Völkern zertretene Stadt sein, bis die Zeiten der Völker erfüllt sind.
Die Weissagung vom Ende Jerusalems in Luk 21,20ff. knüpft an die V. 5f. an. V. 20 gibt nun auch die Antwort auf die in V. 7 gestellten Fragen nach dem Zeitpunkt und dem Vorzeichen vor der Tempelzerstörung.867 Mk 13,15f. lässt Lukas in seiner zweiten Endzeitrede aus, weil er diesen Abschnitt bereits in seiner ersten Endzeitrede in Luk 17,31 verarbeitet hat. In Luk 21,20 erweitert der dritte Evangelist seine Markusvorlage erheblich um die Partizipialkonstruktion kukloume,nhn u`po. stratope,dwn vIerousalh,m und um den zweiten Satz to,te gnw/te … auvth/j, wobei er evrhmw,sewj aus Mk 13,14 aufnimmt.
861
Vgl. auch 1. Regn 14,45; 2. Regn 14,11; 3. Regn 1,52 LXX. Eine ähnliche Formulierung kennt auch Q 12,7 par. Mt 10,30. 862 Vgl. ZMIJEWSKI, Eschatologiereden, 179–192; KECK, Abschiedsrede, 147–161; GEIGER, Endzeitreden, 201–210. 863 Die Schreibweise vIerousalh,m (vgl. V. 24) statt vIeroso,luma entspricht der LXXSchreibweise und wird auch sonst von Lukas gern verwendet; vgl. BDR § 56 Anm. 1. 864 Vgl. Luk 21,8. 865 vEkcwre,w ist wiederum neutestamentliches hapax legomenon. 866 Lesart aus dem Textapparat zu V. 23 in Nestle/Aland. 867 Vgl. KECK ebd., 150.
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Luk 21,21a entspricht dem Wortlaut von Mk 13,14c. Der Rest von V. 21 ist wie der ganze V. 22 lukanische Ergänzung.868 Letzterer ist dabei offensichtlich die dem Lukas eigene Deutung der Belagerung und Verwüstung Jerusalems, denn die „Tage der Rache/der Bestrafung“ sind angebrochen. Die alttestamentliche Wendung h`me,rai evkdikh,sewj (vgl. Deut 32,35; Os 9,7; Ier 26,10 LXX)869 qualifiziert damit die Zerstörung Jerusalems als Gottes Gericht über Israel (vgl. auch V. 23b). Dieser Rachetag Gottes ist sinngemäß auch, wie oben870 bereits ausgeführt, das negative Pendant zum Gnadenjahr in Luk 4,19 aus Is 61,2 LXX, obgleich der genaue Wortlaut dort (h`me,ra avntapodo,sewj) ein anderer ist als hier in Luk 21,22. Dass es sich bei diesem Geschehen um die Erfüllung einer Weissagung aus den „Schriften“ handelt, verdeutlicht Lukas mit der Wendung ta. gegramme,na.871 In ihm erfüllen sich folglich „alle Unheilsweissagungen der Propheten über Jerusalem (vgl. 3 Kön 9,6ff.; Os 9,7; Mich 3,12; Jer 5,29; 26,41f.; Dan 9,26 […] und das heißt zugleich, daß die Stadt keine Gnade zu erwarten hat. Was ihr widerfährt, muß geschehen.“872 Der Weheruf über die Schwangeren und Stillenden in Luk 21,23a entspricht nahezu wörtlich seiner Vorlage Mk 13,17. Die Ergänzung in Luk 21,23b ist dagegen wieder lukanisch. Mit ihr beginnt die nähere Beschreibung des über Israel (o` lao.j ou-toj) hereinbrechenden Gottesgerichts, die sich dann in V. 24 fortsetzt. Lukas streicht Mk 13,18f. ersatzlos. Über die Auslassung von V. 19 lässt sich nur spekulieren. Möglicherweise hielt er die Notiz von der Einmaligkeit der qli/yij für überflüssig. Die Streichung von Mk 13,18 wie auch der Rede von der gnadenhaften „Verkürzung der Tage“ aus Mk 13,20 lassen sich mit Keck so erklären, dass Lukas zu diesem Zeitpunkt des eschatologischen Handelns Gottes nicht mehr mit dessen Nachsicht und Gnade für Israel rechnet: „Das göttliche Strafgericht ist für Luk[as] eine beschlossene Sache […]. Ein gnädiges Erbarmen hat nun – nach der endgültigen Entscheidung der Juden – keinen Platz und auch keinen Sinn mehr.“873
868
Das auvth,n in V. 21b sowie das eivj auvth,n in V. 21c beziehen sich rein grammatisch betrachtet auf das voranstehende vIoudai,a|. Vom Sinn der Aussage her liegt jedoch das vIerousalh,m aus V. 20 als Bezugswort näher; vgl. KECK, Abschiedsrede, 151. Dafür sprechen sich auch die älteren Kommentatoren GRUNDMANN, Evangelium nach Lukas, 383, und SCHMID, Evangelium nach Lukas, 310, aus. 869 In Sir 18,24; Ier 26,21; 27,27.31; 28,6 LXX ist auch vom kairo.j evkdikh,sewj die Rede. 870 S.o. C V § 6,3. 871 Lukas hat die Wendung auch an anderen Stellen, so dass an ihrer redaktionellen Herkunft schlechterdings nicht gezweifelt werden kann (vgl. beispielsweise Luk 18,31; 24,44; Apg 13,29; 24,14). 872 SCHMID ebd., 311. 873 KECK ebd., 161.
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C. Einzeluntersuchungen
Auch Luk 21,24 stammt aus der Feder des dritten Evangelisten und führt aus, wie sich Gottes Zorn konkret über Israel auswirken wird. Die Motive – Zerstreuung Israels unter die Völker (Lev 26,33; Dtn 4,27; 1. Kön 14,15; Ps 44,12; Jer 30,11 u.ö.) und Jerusalem als Stadt patoume,nh u`po. evqnw/n (vgl. Jes 63,18; Sach 12,3) – sind eindeutig traditionell. Bemerkenswert ist der Schluss dieses Verses mit a;cri ou- plhrwqw/sin kairoi. evqnw/n, der uns nachher bei der Deutung der lukanischen Bearbeitung von Mk 13 noch weiter beschäftigen wird. 5. Luk 21,25–28 par. Mk 13,24–27874: Das Kommen des Menschensohnes 25 Und es werden Zeichen875 an Sonne, Mond und Sternen sein. Und auf der Erde ist die Angst876 der Völker – Angst vor dem Klang des Meeres und der Erschütterung. 26 Menschen werden vor Angst ohnmächtig, und die Erwartungen für den Erdkreis/die Menschheit?877 treffen ein: Die Kräfte des Himmels werden nämlich zum Wanken gebracht. 27 Und dann schon werden sie den Menschensohn in einer Wolke mit Macht und großer Herrlichkeit kommen sehen. 28 Wenn diese Dinge878 aber anfangen zu geschehen, richtet euch auf und hebt eure Köpfe empor, weil sich eure Erlösung nähert.
Lukas schließt V. 25 mit einem einfachen kai, an den vorhergehenden Abschnitt an und streicht die doppelte Zeitangabe in Mk 13,24. Damit erreicht er eine wesentlich engere Verknüpfung zwischen der Zerstörung Jerusalems in den V. 20–24 und dem Kommen des Menschensohns mit den ihn ankündigenden Zeichen in den V. 25–28. Lukas fokussiert das in diesen Versen Gesagte ganz auf die Parusie des Menschensohnes. Auffällig ist, dass er einerseits die Näherbeschreibungen aus Mk 13,24–25a in Luk 21,25a auslässt bzw. diese als shmei/a an den verschiedenen Himmelskörpern zusammenfasst, andererseits aber mit der Einfügung des Textstückes kai. evpi. th/j gh/j … th/| oivkoume,nh| weitere über Markus hinausgehende Beschreibungen zeichenhafter Erscheinungen in den V. 25b.26a einfügt. Luk 21,26b.27 entsprechen dann wieder weitgehend ihrer Vorlage in Mk 13,25b.26. In Luk 21,28 ersetzt er hingegen den Schluss aus Mk 13,27 gänzlich. V. 28 richtet sich nun an die Christen. Schlatter meint hierzu, die an dieser Stelle von Lukas eingesetzte avpolu,trwsij erinnere an jene Verheißung, „die die 874
Vgl. ZMIJEWSKI, Eschatologiereden, 225–234; KECK, Abschiedsrede, 168–186; GEIEndzeitreden, 215–223. 875 Von dem bzw. den „Zeichen“ war bereits in Luk 21,7.11b die Rede. 876 Sunoch, ist in den Evangelien hapax legomenon. Es findet sich im Neuen Testament sonst nur noch bei Paulus in 2. Kor 2,4. Auch avpori,a und salo,j im gleichen Vers sind im ganzen neutestamentlichen Schrifttum nur hier belegt. 877 In Apg 17,31 wird unmissverständlich gesagt, dass die oivkoume,nh vom Gottesgericht bedroht ist. Neben diesem Beleg für oivkoume,nh zeigen auch Luk 2,1; 4,5 diff. Mt 4,8; Apg 11,28; 17,6; 19,27; 24,5, dass Lukas die Vokabel bevorzugt verwendet. 878 Das tou,twn bezieht sich nach Meinung Kecks auf die in den V. 25–27 prophezeiten Ereignisse – also auf das Gericht über die Völker. Mit dem Gericht geht zugleich die Erlösung der Gläubigen einher; vgl. KECK ebd., 180. GER,
X. Die zweite Endzeitrede Luk 21,5–36
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Geburtsgeschichte gab“879, ohne diese Bemerkung inhaltlich zu präzisieren. Wahrscheinlich denkt er an jene lu,trwsij, von der im näheren Kontext der Geburtsgeschichte bereits in Luk 1,68 und Luk 2,38 die Rede war und die Schlatter neben eivrh,nh, evpiskoph, und swthri,a auch zu den wesentlichen Merkmalen der messianischen Erwartung zählt.880 Friedrich Büchsel ist indessen der Auffassung, Lukas meine hier konkret „die mit Sehnsucht und Schmerzen erwartete Befreiung der Jünger Jesu aus ihren Nöten und Verfolgungen durch die Wiederkunft des Menschensohnes“.881 Damit würde sich V. 28 innerhalb der Rede auf die prophezeite Verfolgungssituation der Jünger in Luk 21,12–19 zurückbeziehen. 6. Luk 21,29–31 par. Mk 13,28f.882: Das Gleichnis vom Ausschlagen der Bäume 29 Und er sagte ihnen ein Gleichnis: Seht den Feigenbaum und alle [anderen] Bäume! 30 Wenn sie schon ausschlagen, und ihr seht es, wisst ihr selbst, dass der Sommer schon nahe ist. 31 So auch ihr: Wenn ihr diese Dinge geschehen seht, erkennt, dass das Reich Gottes nahe ist!
Luk 21,29 ist wie V. 10a wieder ein redaktioneller Neueinsatz (vgl. Luk 5,36; 18,1.9; 20,9 u.ö.). Das Gleichnis aus Mk 13,28b formuliert Lukas in Luk 21, 29b.30a um, indem er zum einen kai. pa,nta ta. de,ndra ergänzt883 und zum anderen die markinische Umschreibung o` kla,doj … ta. fu,lla durch proba,lwsin ersetzt. Ferner verstärkt er den Hinweis auf die eigene Erkenntnisfähigkeit des/der Einzelnen durch die Einfügung von ble,pontej avfV e`autw/n. Das h;dh aus Mk 13,28b behält Lukas bei und setzt es von eigener Hand noch einmal in Luk 21,30b.884 Ansonsten entspricht dieser Teilvers seiner Vorlage Mk 13,28c. Auch Mk 13,29 übernimmt Lukas in Luk 21,31 wörtlich, konkretisiert allerdings am Ende des Verses das markinische evpi. qu,raij durch die Einfügung von h` basilei,a tou/ qeou/.885 Mit Blick auf die V. 27f. liegt der Schluss nahe, dass für Lukas das Kommen des Menschensohnes (V. 27), die avpolu,qrwsij der Christen (V. 28) und das Kommen des Gottesreiches (V. 31) drei Facetten ein und desselben Vorgangs sind, den er am Ende der Zeit erwartet.
879
Vgl. SCHLATTER, Evangelium des Lukas, 417. Vgl. ebd., 188. 881 FRIEDRICH BÜCHSEL, Art. avpolu,trwsij, ThWNT 4 (1942), 354–359; hier: 354. 882 Vgl. auch Luk 12,54ff. Vgl. zu Luk 21,29–31 ZMIJEWSKI, Eschatologiereden, 257– 261; KECK, Abschiedsrede, 263–268; GEIGER, Endzeitreden, 229–233. 883 Die lukanische Ergänzung kai. pa,nta ta. de,ndra (diff. Mk 13,28) ist ein weiteres Beispiel für die Vorliebe des dritten Evangelisten für Doppelungen, die mit kai, oder h; verbunden sind. 884 Auch in Luk 7,6; 12,49; 14,17; 23,44; 24,29 ist h;dh redaktionell. 885 Diff. zu Markus steht dieser Ausdruck bei Lukas beispielsweise auch in Luk 4,43; 9,2.11; 18,29 und diff. zu Matthäus Luk 10,9.11. 880
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C. Einzeluntersuchungen
7. Luk 21,32f. par Mk 13,30–32886:Vom Vergehen „dieses Geschlechts“ und vom Bleiben der „Worte“ 32 Amen, ich sage euch, dass dieses Geschlecht nicht vergeht, solange alles geschieht. 33 Himmel und Erde werden vergehen. Meine Worte aber werden nicht vergehen.
Lukas überliefert Mk 13,30f. nahezu unverändert. Statt des me,crij ou- schreibt der dritte Evangelist in Luk 21,32 hingegen ein e[wj a;n, das mit „solange“ zu übersetzen ist.887 Durch die Auslassung des bei Markus zu lesenden tau/ta vor dem pa,nta im gleichen Vers macht Lukas deutlich, so Hans Conzelmann888 und Josef Schmid889, dass sich diese Aussage nicht mehr auf die zuvor berichteten Einzelheiten bezieht, sondern auf das Ganze des in Luk 21 geschilderten göttlichen Planes. Das Logion vom „Nichtwissen“ des Tages und der Stunde aus Mk 13,32 streicht Lukas.890 8. Luk 21,34–36891: Schlussparänese 34 Hütet euch892 aber, dass eure Herzen niemals im Rausch893 und Trunkenheit und täglichen Sorgen beschwert werden und dass jener Tag894 nicht plötzlich über euch komme 35 wie ein Fallstrick895. Er wird nämlich gewaltsam über alle kommen, die auf der ganzen Erde wohnen896. 36 Seid [also]897 zu jedem Zeitpunkt wachsam! [Seid] Betende898, damit
886
Vgl. ZMIJEWSKI, Eschatologiereden, 273–275.281–285; KECK, Abschiedsrede, 268f.; GEIGER, Endzeitreden, 236–239. 887 Vgl. WbNT, 661, und ZMIJEWSKI ebd., 274. 888 Vgl. CONZELMANN, Mitte der Zeit, 122. 889 Vgl. SCHMID, Evangelium nach Lukas, 314. 890 Eine ähnliche Aussage, dass nämlich allein der Vater Tag und Stunde kennt, wann „das Reich für Israel“ wieder aufgerichtet werde, den Jüngern aber diese Kenntnis verwehrt bleibt, bietet Lukas jedoch in Apg 1,7. 891 Vgl. ZMIJEWSKI ebd., 287–294.301–309; KECK ebd., 270–282; GEIGER ebd., 243– 248. 892 Zu der Wendung vgl. auch Luk 12,1; 17,3; 21,46; Apg 5,35; 20,28. 893 Kraipa,lh ist wie auch evpeise,rcomai in V. 35 neutestamentliches hapax legomenon. 894 Der Singular steht in deutlichem Kontrast zu dem Plural in V. 23 und meint nun konkret den Tag der Parusie Christi bzw. den Tag des Gerichts Gottes. 895 Der Ausdruck pagi,j entstammt mit großer Wahrscheinlichkeit der alttestamentlichen Bildsprache; vgl. Ps 68,23; Eccl 9,12; Is 24,17 LXX. 896 Die Wendung pa,ntaj tou.j kaqhme,nouj evpi. pro,swpon pa,shj th/j gh/j (vgl. Apg 17, 26) ist dem Sprachstil der LXX nachempfunden; vgl. hierzu beispielsweise Deut 7,6; Is 24,17 LXX. 897 Lesart aus dem Textapparat zu V. 36 in Nestle/Aland. Der Vers wird damit zur paränetischen Schlussfolgerung aus dem zuvor Gesagten. 898 De,omai ist eines aus der Reihe lukanischer Vorzugsworte; vgl. Luk 5,12; 8,38; 9,38. 40; 22,32; Apg 4,31; 8,22.24 u.ö.
X. Die zweite Endzeitrede Luk 21,5–36
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ihr imstande sein werdet, diesem allen zu entfliehen, das künftig geschehen wird, und vor dem Menschensohn zu stehen899.
Die Hypothese, dass der Verfasser von Luk 21 neben Markus noch auf eine andere Quelle zurückgegriffen habe, hat man zuletzt auch durch die Existenz der Schlussverse Luk 21,34–36 bestätigt gesehen.900 Doch können diese Verse ebenso wie alle anderen von Mk 13 abweichenden Textphänomene hinreichend mit der Redaktionstätigkeit des dritten Evangelisten erklärt werden. Damit ist der Schluss der zweiten Endzeitrede in Luk 21,34–36 z.T. in Anlehnung an die Sprache und Bildwelt der LXX, mittels Aufnahme von Worten aus Mk 13,32f.901 und durch Wiederholung von Motiven, die wir im Verlauf der Rede und auch in anderen Texten im Lukasevangelium bereits kennen gelernt haben, von Lukas selbst komponiert. Dieser Teil beinhaltet eine Schlussparänese, mit welcher der lukanische Jesus seine Adressaten noch ein letztes Mal vor seinem Leiden und Sterben an die für ihre Teilhabe am endzeitlichen Heil bzw. für ihre Rettung aus dem Gericht erforderlichen Verhaltensweisen erinnert. Zugleich ergeht in V. 34f. unmissverständlich die Ankündigung „jenes Tages“, an dem Gott durch den Menschensohn (V. 36) Gericht über „alle, die auf der Erde wohnen“, halten wird. Mit dem doppelten pa/j in V. 35 macht Lukas deutlich, dass er die Israelperspektive vom Anfang der Rede nun endgültig verlassen hat und – wie bereits in Luk 21, 25–27 – erneut vom universalen Gericht Gottes über den ganzen Erdkreis spricht. V. 34 scheint mit dem Hinweis auf kraipa,lh und me,qh die Maßlosigkeit des Knechtes aus Luk 12,45 wiederaufzunehmen. Und V. 36 erinnert noch einmal an die in V. 28 gegebene Verheißung der Erlösung, an das Stehen vor dem Menschensohn im Bekennerspruch in Luk 12,8 und nicht zuletzt auch an die Aufforderung zur stetigen Wachsamkeit derer, die auf ihren Herrn warten, in Luk 12,35ff. Die drei Verse V. 34–36 greifen somit auf Motive zurück, die uns bereits an anderen Stellen innerhalb des Lukasevangeliums begegnet sind, was den dritten Evangelisten als Verfasser dieses Redeschlusses nur umso wahrscheinlicher macht.
899
Vgl. auch 2. Kor 5,10; 1. Thess 4,17. Vgl. SCHLATTER, Evangelium des Lukas, 413; REHKOPF, Die lukanische Sonderquelle, 85ff.; bes. 90, und BULTMANN, Geschichte, 126. Bovon hält für die V. 34–36 sowohl eine Herkunft aus der Sonderquelle als auch eine Komposition des Lukas selbst für möglich; vgl. BOVON, Evangelium nach Lukas III/4, 173. Jedoch heißt es ebd., 197f., zu den V. 34–36: „Alle diese Bemerkungen legen mir nahe, dass Lukas der Verfasser dieser Sentenzen ist, und dass sie nicht aus dem Sondergut kommen.“ 901 `O ui`o,j aus Mk 13,32 in Luk 21,36 und avgrupnei/te aus Mk 13,33 im gleichen V. 36. 900
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C. Einzeluntersuchungen
Die Scheidung von Tradition und Redaktion in der zweiten Endzeitrede Luk 21,5–36 hat im Kern fünf charakteristische Merkmale der lukanischen Fassung gegenüber der markinischen sichtbar gemacht: 1. Die Rede hält Jesus im Lukasevangelium öffentlich im Jerusalemer Tempel. Die Situation aus Luk 20,45 legt die Vermutung nahe, dass auch die Adressaten in Luk 21,5ff. keine anderen sind als die Jünger und der lao,j. 2. Lukas tilgt die apokalyptische Färbung seiner Markusvorlage902, in dem er z.B. das avrch. wvdi,nwn tau/ta aus Mk 13,8c streicht und die Aussage o` kairo.j h;ggiken in Luk 21,8 ausdrücklich den Falschlehrern in den Mund legt. Das nahende Weltende ist für Lukas noch nicht in Sicht, weshalb er auch das eivj te,loj aus Mk 13,13b in Luk 21,19 ersatzlos wegfallen lässt. Stattdessen erstellt Lukas eine relative Chronologie für die Geschehnisse von der Zeit vor der Zerstörung Jerusalems und des Tempels bis zur Parusie des Menschensohnes und dem damit einhergehenden Gottesgericht (vgl. V. 9.12). Im Zuge dessen bewertet Lukas die Zerstörung Jerusalems nicht als Teil der Endzeitereignisse, sondern als Erfüllung alttestamentlicher Prophezeiungen (V. 22). Dabei wird Israel zum Zeitpunkt des Gerichts mit keinerlei Gnade mehr rechnen können, weshalb Lukas entsprechende Andeutungen in Mk 13,18.20 ebenfalls auslässt. Ist der „Tag der Rache/der Bestrafung“ erst einmal da, gibt es keine Rettung mehr. Bemerkenswert ist zudem, dass Lukas dem Gericht über Israel in einer eigentümlichen Wendung offenbar eine Funktion für die „Völker“ zuschreibt (V. 24). 3. Unabhängig von einem Gericht über Israel erwartet Lukas mit dem Kommen des Menschensohnes noch ein Endzeitgericht (vgl. V. 36), das über die ganze oivkoume,nh, über Juden und „Heiden“ also, hereinbrechen wird (V. 25–27). Darum differenziert er auch stärker zwischen den „Tagen, die kommen werden“ (Luk 21,6.22f.) und dem einen Tag, an dem der Menschensohn erscheinen und Gericht halten wird (Luk 21,34f.). „Dieser Tag“ (vgl. V. 34), an dem der Menschensohn vom Himmel erscheint, wird hingegen gleichzeitig auch die avpolu,trwsij der Christen bringen. In der Logik innerhalb der Rede wird man sagen dürfen, dass das Kommen des Menschensohnes (V. 27), die „Erlösung“ der Christen (V. 28) und die Ankunft der basilei,a tou/ qeou/ (V. 31) für Lukas drei Aspekte ein und desselben Geschehens sind. Zu erwähnen ist zuletzt auch, dass
902 Vgl. ZMIJEWSKI, Eschatologiereden, 319f.: „Lukas warnt nicht so sehr vor der (durch die Tempelzerstörung ausgelösten) apokalyptischen Verführung, sondern vor der Gefahr, sich durch eine falsche Einschätzung des kairo,j zum Abfall von der wahren Christusnachfolge verführen zu lassen (V 8b.c), einer Gefahr, die durchaus nicht nur in ‚apokalyptischen‘ Situationen gegeben ist. Der Krieg und die mit ihm zusammenhängenden Dinge gehören für ihn nicht mehr zum ‚Anfang der Wehen‘ […]. Sie sind Ereignisse, die sich in der Geschichte vor dem Ende zutragen müssen und ihren eschatologischen Charakter nicht aus der zeitlichen Nähe zum Ende erhalten, sondern aus der Tatsache, daß sie dem sich in der Geschichte auswirkenden Heilsplan Gottes entsprechen (dei/ gene,sqai).“
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der dritte Evangelist am Ende der Rede die Israelperspektive endgültig verlassen hat, was konkret auch das doppelte pa/j in V. 35 nur allzu deutlich macht. 4. Bei allem, was in der Zukunft geschieht, steht nun die Gemeinde Jesu Christi mittendrin. Sie soll standhaft in der Nachfolge Christi bleiben (V. 19), ein untadeliges Leben führen (V. 34), wachsam sein für das, was um sie herum geschieht, und beten (V. 36).903 Ihr kann nichts geschehen. Denn Jesus selbst wird den Seinen in der Verfolgungssituation sto,ma und sofi,a (V. 15) geben, um diese zu bewältigen. Vor dem Hintergrund einer sich dehnenden Zeit bis zum Ende ist es somit nicht verwunderlich, dass Lukas seine Fassung der Endzeitrede mit ermahnenden und paränetischen Worten abschließt. 5. Lukas betont in V. 30 über Markus hinaus die Erkenntnisfähigkeit und damit auch die Eigenverantwortlichkeit des/der Einzelnen, die geschichtlichen Geschehnisse auf ihren eschatologischen Sinn hin richtig zu deuten (vgl. Luk 12, 56). Dazu mag ihm/ihr das in Luk 21,5–36 Gesagte eine Deutungshilfe sein. § 5 Die zweite Endzeitrede Luk 21,5–36 – Vergewisserung für zweifelnde Christen In der lukanischen Bearbeitung von Mk 13 in Luk 21,5ff. spiegelt sich die gegenwärtige Situation wider, in der sich Lukas und seine Adressaten am Ende des 1. Jh. befinden. Die Juden lassen sich nur noch zu einem kleinen Teil auf den Glauben an Jesus Christus ein. Die Zeit der ersten erfolgreichen Missionierungen unter Juden und „Heiden“, wie sie vor allem von Paulus in großem Stil betrieben wurde, ist vorüber. Anders als Paulus blickt Lukas von seinem geschichtlichen Standort bereits auf die Generationen zurück, die von der christlichen Mission zwar schon erreicht wurden, die sich ihr jedoch weitgehend versagt haben. Die Tatsache, dass sich die Juden dem Glauben an Christus verweigern, erklärt Lukas mit dem Verstockungsurteil aus Jes 6,9f.904 Michael Wolter beschreibt die Situation des Lukas so: „Aus lukanischer Perspektive gehört sie [die Generation, die von der paulinischen Mission erreicht wurde, sich ihr aber weitgehend versagt hat] darum nicht anders als die apostolische Zeit einer längst abgeschlossenen und unwiederbringlichen Vergangenheit an. Und weil diese Generation inzwischen dahingegangen ist, ist ihre Ablehnung der Christusverkündigung auch definitiv und unrevidierbar“905. Für nicht abwegig halte ich den Gedanken, dass Lukas dagegen angehen wollte und sicher auch musste, damit jene, die bereits zum Glauben gekommen sind, angesichts der sich dehnenden Zeit nicht wieder von ihm abfielen. Gerade 903
Zur Ethik in Luk 21 vgl. ZMIJEWSKI, Eschatologiereden, 323–325. Zum Verstockungsmotiv bei Lukas vgl. GNILKA, Verstockung Israels, 117–154. 905 MICHAEL WOLTER, Israels Zukunft und die Parusieverzögerung bei Lukas, in: Eschatologie und Schöpfung, FS für Erich Gräßer, hrsg. von Martin Evang/Helmut Merklein und Michael Wolter, BZNW 89, Berlin/New York 1997, 405–426; hier: 419. 904
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C. Einzeluntersuchungen
in einer Zeit der Bedrängnis, in der Christen im Römischen Reich am Ende des 1. Jahrhunderts offensichtlich immer wieder bedroht, verfolgt, verhaftet und vor jüdischen und römischen Obrigkeiten angeklagt wurden, wäre ein solcher Abfall auch nicht verwunderlich. Das würde die zahlreichen paränetischen und ermahnenden Zusätze (nicht nur) in Luk 21 erklären. Gleichzeitig aber dauert die Mission vor allem unter den „Heiden“ noch an. Wenn es in Luk 21,24 heißt: a;cri ou- plhrwqw/sin kairoi. evqnw/n, dann scheint mir dieses lukanische Interpretament ein Schlüssel für die Zeitstruktur zu sein, die Lukas in Luk 21 entwirft, um für seine Adressaten eine Kontinuität zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, sprich einen göttlichen Plan bis zur Parusie des Menschensohnes, aufzuzeigen. „Vor allem Act 1,8 zeigt nun deutlich, daß das vorläufige Ausbleiben der von den Aposteln in naher Zukunft erwarteten Wiederherstellung der Basileia für Israel nicht etwa die geschichtliche Zwischenzeit entleert, sondern einem heilsgeschichtlichen Zweck dienstbar gemacht worden ist: Es soll Raum für die Geschichte der Christusverkündigung eröffnen, die von Jerusalem ausgeht und sich ‚bis ans Ende der Erde‘ fortsetzen wird. Lukas schildert in der Apostelgeschichte den bis Rom reichenden Ablauf dieser Geschichte, und aufgrund seiner Darstellung wird dann auch klar, warum die in [Apg] 1,6 (und in Lk 19,11) formulierte Erwartung korrekturbedürftig ist: Weil die nach Gottes Plan durch die Verzögerung der Parusie eröffnete Verkündigungsgeschichte sich nicht nur als eine Geschichte der Ausbreitung des Wortes Gottes erwiesen hat (vgl. Act 6,7; 12,24; 13,49; 19,10.20), sondern auch als eine Geschichte seiner Ablehnung durch große Teile Israels, die aufgrund des weiteren Fortschreitens der Zeit unrevidierbar geworden ist.“906 In dieser Situation stellt die lukanische Fassung der Endzeitrede Luk 21 eine Darstellung dieses Gottesplans und eine Begründung der vergangenen, gegenwärtigen und künftigen Geschehnisse vor dem Hintergrund der Parusieverzögerung dar. Erich Gräßer kommt am Ende seiner einschlägigen Untersuchung zum Problem der Parusieverzögerung zu dem Ergebnis: „Er [Lukas] ist sich der Problematik [der Parusieverzögerung] bewußt und bietet einen geplanten Neuentwurf, in dem die Weissagungen up to date gebracht werden (Lc 21!), die Umstellung von der Naherwartung auf Dauer vollzogen (Eigenständigkeit der Ethik!), die Zwischenzeit in den gegliederten Entwurf der Heilsgeschichte einbezogen wird (Zeit der fortschreitenden Missionierung der Welt!), und die in weiter Ferne liegende Parusie den ihr zukommenden Platz als locus de novissimis am äußersten Ende der Tage erhält (Acta!). Kurz: Lukas bietet einen Entwurf, der mit der Zeit nicht wieder revisionsbedürftig wird!“907 Mit Blick darauf, wie Lukas nun das Gottesgericht bzw. die Gerichte Gottes innerhalb seines heilsgeschichtlichen Entwurfes versteht, gibt Luk 21, soweit ich sehe, Antworten vor allem auf drei Fragen: 906 907
WOLTER, Israels Zukunft, 422f. GRÄSSER, Parusieverzögerung, 216f.; vgl. RADL, Lukas-Evangelium, 134f.
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1. Wie sieht der Plan Gottes bis zur Parusie des Menschensohnrichters aus? 2. Wie verhalten sich das Gericht über Israel und das universale Gericht Gottes über die oivkoume,nh zueinander? 3. Wie sollen die Christen in dieser Zeit leben, und was bedeutet das Kommen des Menschensohnes zum Gericht für sie? Ad 1. Die einzelnen Phasen von Gottes Plan bis zur Parusie des Menschensohnrichters, die sich anhand der redaktionellen Zeitangaben in Luk 21 voneinander abgrenzen lassen, entwirft der dritte Evangelist wie folgt: Phase I: Die „Juden“, aber auch die eigenen Eltern, Verwandten und Freunde verfolgen, verraten und verhaften die „Christen“ und klagen sie – wie einst Jesus – vor basilei/j und h`gemo,nej (V. 12) an. Die „Christen“ sollen evn th/| u`pomonh|/ (V. 19) bleiben und sich in den Verfahren vor der Obrigkeit nicht sorgen, denn Jesus selbst wird ihnen eingeben, was sie dann zu ihrer Verteidigung und eivj martu,rion (V. 13) sagen sollen. Phase II: Falsche Lehrer treten in Jesu Namen auf und verkünden das Weltende (V. 8; vgl. Luk 17,23). Gleichzeitig geben sie sich für den in Zukunft erwarteten Menschensohn aus. Kriege und Aufruhr werden entfacht, vielleicht auch aus dem Grund, weil es viele gibt, die für sich beanspruchen, die erwartete Endzeitgestalt zu sein, und Anhängerschaften um sich scharen. Naturkatastrophen, Hungersnöte und Krankheiten wird es zusätzlich geben. Phase III: Jerusalem wird belagert und verwüstet. Israel verliert sein „Zentrum“ und wird unter die „Völker“ zerstreut. Es ist Gottes Gericht über Israel (o` lao.j ou-toj V. 23). Gnade hat Israel in diesen h`me,rai evkdikh,sewj (V. 22) nicht mehr zu erwarten. V. 22 betont, dass dieses Geschehen „schriftgemäß“ und folglich Erfüllung von Gottes Plan ist. Phase IV: Israel bleibt in der Zerstreuung a;cri ou- plhrwqw/sin kairoi. evqnw/n (V. 24). Das Gericht über Israel hat also nicht die Funktion der endgültigen Vernichtung des einstigen Bundesvolkes. Ganz im Gegenteil begrenzt Lukas die Zeit der „Niedertretung“ Jerusalems und die Zerstreuung unter die Völker und befristet damit gleichzeitig auch die „Zeiten der Völker“. Phase V: Die kosmischen Vorzeichen (V. 25f.) für das Kommen des Menschensohnes werden erkennbar. Wie das Ausschlagen der Bäume den Sommer ankündigt, weisen jene Zeichen unmissverständlich darauf hin, dass der Menschensohn kommt. Er wird nicht nur zum Gericht erscheinen, wie in V. 36 angedeutet wird, sondern auch die Christen endgültig erlösen (V. 28). Ad 2. In diesem Plan erscheint das Gericht Gottes über Israel als begrenzter Zeitabschnitt, der jedoch eine wichtige Funktion für die „Heiden“ besitzt, denn:
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C. Einzeluntersuchungen
„Jetzt haben die e;qnh ihre kairoi, (V. 24c)“, schreibt Zmijewski programmatisch.908 Was kann Lukas damit gemeint haben? Neben einem eher unspezifischen Gebrauch (vgl. Luk 1,20; 4,13; 13,1; Apg 7,20; 12,1 u.ö.) charakterisiert Gerhard Delling den kairo,j im Neuen Testament als inhaltlich bestimmten und entscheidenden Zeitpunkt, der zum einen Gabe und zum anderen Forderung Gottes ist.909 Im näheren Kontext zu Luk 21 lassen sich beide Aspekte am Beispiel von Luk 19,44 sehr schön verdeutlichen: Weil Jerusalem den von Gott geschenkten kairo,j, in dem Jesus zum Heil und Frieden für Israel kam (vgl. Luk 19,38 u.ö.), in seiner Einzigartigkeit nicht erkannt hat sowie der mit ihm verbundenen Forderung, dieses Heil in Jesus anzunehmen, nicht nachgekommen ist, ist es nun unwiederbringlich verloren. Jerusalems Feinde werden darum die Stadt gleichsam als Vollstrecker von Gottes Zorngericht belagern und dem Erdboden gleichmachen. Der kairo,j in eschatologischem Zusammenhang verwendet ist also ein von Gott geschenkter Zeitpunkt verbunden mit der Forderung, sich für Jesus und damit für das Heil bzw. gegen Jesus und damit für das Unheil zu entscheiden (neben Luk 19,44 vgl. Luk 12,56; 21,8). Die kairoi. evqnw/n in Luk 21,24 können folglich in diesem Sinne als den „Heiden“ geschenkte Zeit verstanden werden, um den Glauben an Christus anzunehmen. Dementsprechend formuliert Zmijewski: Die „Heiden“ haben nun „ihre Zeiten, in denen sie nicht nur als Instrumente in Gottes Hand das Gericht über das Judentum vollziehen [vgl. Luk 19, 44], sondern in denen nun ihnen das Heil angeboten wird.“910 Wie später in der Apostelgeschichte verdeutlicht wird (Apg 13,46; 28,26– 28), ist für Lukas das Gericht über Israel zugleich Voraussetzung und Motivation für die Heidenmission, deren Zeit nun gekommen ist.911 Es hat bloß vorläufigen Charakter912 und führt auf keinen Fall zu einer endgültigen Verwerfung Israels. Denn trotz des Verstockungsurteils am Ende der Apostelgeschichte kann mit Helmut Merkel nicht bezweifelt werden, dass Lukas auch weiterhin mit der individuellen Umkehr einzelner Juden rechnet913, wie sich an der Szene
908
ZMIJEWSKI, Eschatologiereden, 221. DELLING, kairo,j, 461. 910 ZMIJEWSKI ebd. Von daher halte ich eine inhaltliche Reduktion der kairoi. evqnw/n auf die bloße Verfolgertätigkeit der „Heiden“ vor der eigentlichen Heilszeit, wie Jörg Baumgarten meint, als Deutungsvorschlag allein für unbefriedigend; vgl. JÖRG BAUMGARTEN, Art., kairo,j, EWNT 2 (1981), 571–579; hier: 575. 911 Vgl. BOVON, Evangelium nach Lukas III/4, 185, und WOLTER, Israels Zukunft, 421f.: „Die Parusie kommt also erst, nachdem alle Menschen (Juden natürlich eingeschlossen) von der christlichen Mission erreicht worden sind und ihnen die Möglichkeit eröffnet wurde, positiv oder negativ auf sie zu reagieren.“ 912 Vgl. FLENDER, Heil und Geschichte, 100. 913 Vgl. MERKEL, Israel, 396f. 909
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mit Paulus in Rom zeigen lässt, der in Apg 28,17 prw/toi tw/n vIoudai,wn empfängt.914 Die kairoi, der „Heiden“ sind also im heilsgeschichtlichen Entwurf des Lukas durchaus positiv zu werten als ein Zeitfenster, in dem auch ihnen die Möglichkeit gegeben wird, die Verkündigung von Jesus Christus zu hören und anzunehmen. Der Begriff plhro,w in Luk 21,24 macht hingegen deutlich, dass auch dieser Zeitraum, wie jener des Gerichts über Israel ein Ende haben wird, das „ganz unter göttlicher Verfügung“915 steht. Erst dann kann mit der Parusie des Menschensohnes zum Gericht gerechnet werden, das allen – Juden wie „Heiden“ – , die bis dahin umgekehrt sind bzw. in ihrem Glauben an Jesus Christus standhaft geblieben sind, die avpolu,trwsij (Luk 21,28) bringen wird. Ich folge damit im Blick auf das Verhältnis der Gerichte Gottes über Israel und über alle, von denen Luk 21 handelt, der Deutung Zmijewskis, der zur Erläuterung von V. 24c schreibt: „V 24c stellt in doppelter Hinsicht eine heilsgeschichtliche Kontinuität heraus: die Stellung des Judentums in der Heilsgeschichte wird abgelöst durch die der Heiden, die nun ihre kairoi, haben; das Gericht über Jerusalem aber findet sachlich seine Ergänzung im universalen Endgericht, das über die ganze Menschheit ergehen wird. ‚Gericht über Jerusalem und Endgericht … werden zwar zeitlich getrennt, aber in sachlicher Parallelität dargestellt‘.“916 Ad 3. Anders als beispielsweise in Luk 17,26–37, wo ausschließlich das Schicksal derer geschildert wird, denen im universalen Endgericht Tod und Vernichtung droht, liegt der Fokus in der zweiten Endzeitrede in Luk 21 nun vor allem darauf, den trotz der Verfolgung „standhaft gebliebenen Christen“ als heilvolle Kehrseite ihrer Bedrängnisse und Leiden die avpolu,trwsij anzukündigen. Wenn der Menschensohn zum Gericht kommt, wird ihnen Heil widerfahren, weil sie sowohl den zuvor erwähnten Versuchungen und Irreleitungen durch falsche Lehrer und Messiasprätendenten widerstanden als auch die bei 914 „Im Vergleich mit den Jerusalemer prw/toi tou/ laou/ bzw. tw/n vIoudai,wn (Lk 19,47; Act 25,2) stellt Lukas sie [die römischen Juden] als ausgesprochen unvoreingenommen und sachlich interessiert dar (vgl. 28,22 gegenüber 24,5)“; WOLTER, Israels Zukunft, 421. 915 ZMIJEWSKI, Eschatologiereden, 222. 916 Ebd.; vgl. auch FLENDER, Heil und Geschichte, 104.105ff.: „Das Heilsangebot Gottes ergeht an die ganze Welt, aber die Welt als solche steht unter dem Gericht Gottes, wie es an den Juden schon im voraus vollzogen worden ist. […] Mit der Verwerfung ihres Messias werden die Juden zum Typos der unter dem Gericht Gottes stehenden Welt. Die an die jüdischen Gegner gerichteten Worte Jesu werden auf ‚alle‘ (Lk. 13) bezogen und gelten auch den Christen, soweit sie an der abgefallenen Welt Anteil haben. Im Gericht über Jerusalem vollzieht sich vorlaufend das Weltgericht. Die ganze Welt – repräsentiert durch den römischen Kaiser – ist durch das Christusereignis betroffen und muß sich in der Stellungnahme zu Jesus Christus für oder gegen Gott als den Herrn der Geschichte entscheiden.“
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Lukas genannten Ermahnungen zum Maßhalten und zur Sorglosigkeit (V. 34) sowie zur Wachsamkeit und zum Beten (V. 36) befolgt haben und sich so auf das Kommen des Menschensohnes vorzubereiten wussten.917 Das staqh/nai e;mprosqen tou/ ui`ou/ tou/ avnqrw,pou (V. 36) lässt sich auf zweifache Weise verstehen. Zum einen erinnert es daran, dass auch die Bekehrten und im lukanischen Sinne Tugendhaften ihrem Richter begegnen müssen (Mt 25,32; vgl. auch Mt 27,11; 2. Kor 5,10).918 Zum anderen ist die Aussage „wie in äthHen 62,8 als Heilsaussage zu verstehen: ‚Und die Gemeinde der Auserwählten und Heiligen wird gepflanzt werden, und alle Auserwählten werden an jenem Tage vor ihm (sc. dem Menschensohn) stehen‘; s. auch Jud 24; Apk 7,9. […] Das Verb [staqh/nai] setzt also den erfolgreichen Ausgang der in [Luk] 12, 8–9 beschriebenen Situation voraus.“919 Damit endet die zweite Endzeitrede Luk 21,5–36 anders als Luk 17,26ff. „zwar mit einer ernsten Mahnung. Doch wird am betonten Schluß das Ziel aller Wachsamkeit genannt: hinzutreten vor den Menschensohn. Hoffnungsfrohe Zuversicht ist [zumindest am Ende der Rede] die Grundstimmung der Rede bei Lukas (vgl. [Luk] 21,28).“920 § 6 Zusammenfassung und Ertrag In Luk 21,5–36 liegt uns neben Luk 17,20–37 eine weitere Endzeitrede im Lukasevangelium vor, die Jesus als letzte von Lukas ausgeführte Rede vor einer breiteren Öffentlichkeit im Tempel von Jerusalem hält. Ihr liegt als Vorlage ausschließlich die Endzeitrede in Mk 13 zugrunde, die Lukas in weiten Teilen redaktionell bearbeitet und umdeutet. Aus der Vielzahl an Einzelerkenntnissen möchte ich für das Verständnis der Rede vom Gericht Gottes bei Lukas vor allem vier Aspekte festhalten: 1. Lukas unterscheidet deutlich zwischen einem Gerichtshandeln Gottes an Israel und einem universalen Endgericht über die oivkoume,nh (V. 26). Beiden Gerichten gehen geschichtliche Ereignisse voraus, die Lukas als Vorzeichen wertet (Belagerung Jerusalems, bevor es verwüstet wird in V. 20; kosmische Phänomene, bevor der Menschensohn kommt in V. 25f.). Sie können vom Einzelnen erkannt und gedeutet werden, so dass der „Wachsame“ durchaus in die Lage versetzt wird zu erkennen, wann Gott seine Gerichte heraufführen wird (V. 31).
917
Vgl. BOVON, Evangelium nach Lukas III/4, 197, und WOLTER, Lukasevangelium,
684. 918
Vgl. MARSHALL, Gospel of Luke, 783; ERNST, Evangelium nach Lukas, 437. Diese Deutung bestreitet hingegen Wolter zugunsten der zweiten Möglichkeit; vgl. WOLTER ebd., 684f. 919 WOLTER, ebd. 920 SCHNEIDER, Evangelium nach Lukas 3/2, 433.
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2. Das Gericht über Israel ist allerdings nicht endgültig (V. 24). Lukas rechnet nach wie vor damit, dass einzelne Juden immer noch zum Glauben an Jesus Christus finden können. Solange die Juden jedoch „verstockt“ sind (Jes 6,9f.), geht die Heilsverkündigung an die „Heiden“ über. Lukas wähnt sich offenbar in den kairoi. evqnw/n (V. 24) stehend. Erst wenn Gott diesen ein Ende macht, wird der Tag der Parusie des Menschensohnes kommen, um über alle Gericht zu halten und den Christen die avpolu,trwsij zu bringen (V. 28). 3. Im Unterschied zu Mk 13 ist bei Lukas besonders, dass er eine Chronologie der Geschehnisse von der Zerstörung Jerusalems und des Tempels bis hin zur Parusie des Menschensohnes entwickelt (vgl. V. 9.12). Sein Ziel ist dabei, von seinem geschichtlichen Standpunkt aus Kontinuitäten zwischen vergangenen, gegenwärtigen und zukünftigen Ereignissen herzustellen und sie als eschatologischen Plan Gottes zu deuten. Am Ende des ersten Jahrhunderts scheint dies offensichtlich notwendig gewesen zu sein, um die Christen, für die Lukas schreibt, trotz Verfolgungen und Bedrängnissen von jüdischer und „heidnischer“ Seite her in ihrem Glauben und Hoffen auf die bisher ausgebliebene Parusie zu bestärken. Im Zuge dessen streicht der dritte Evangelist alle apokalyptischen Anklänge aus seiner Mk-Vorlage heraus (z.B. Mk 13,8c.13b), um zu betonen: avllV ouvk euvqe,wj to. te,loj (V. 9). 4. Zur Ermutigung und Vergewisserung über die notwendige (christliche) Lebensgrundhaltung angesichts der gegenwärtigen Situation seiner Adressaten reichert Lukas seine Rede im Gegensatz zu Markus verstärkt mit paränetischen Aussagen und Ermahnungen an, die uns auch schon vorher bei der Lektüre des Lukasevangeliums begegnet sind (z.B. die Mahnung zur Wachsamkeit und Bereitschaft, seinem Herrn zu begegnen Luk 21,36 par. Luk 12,35ff.).
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D. Ergebnisse: Das Gericht Gottes bei Lukas D. Ergebnisse: Das Gericht Gottes bei Lukas
Die Untersuchung über die Rolle des Gerichts Gottes im Lukasevangelium hat gezeigt, dass die Vorstellung von einem künftigen Gottesgericht im Denken des Lukas eine erkennbare Rolle spielt. Zehn teilweise recht umfangreiche Referenztexte im Werk des Autors ad Theophilum setzen sich mit dem Gericht Gottes auseinander und lassen auf sein Gerichtsverständnis zurückschließen. Sieben Textabschnitte kommen dabei im Wesentlichen aus der Logienquelle (Luk 3,1–18; 10,13–16; 11,29–32; 12; 13,22–30; 14,16–24; 17,20–37). Zwei Texte sind dem Sondergut des Lukas zuzuordnen (Luk 13,1–5.6–9; 16,19–31). Die zweite Endzeitrede in Luk 21,5–36 hat hingegen Mk 13 zur Vorlage. Die Motive, mit denen er arbeitet, stammen weitgehend aus alttestamentlichen und frühjüdischen Schriften. Auf hellenistischen Einfluss weist dagegen die Tendenz, das Schicksal im Gottesgericht zu individualisieren. Lukas hat seine Gerichtsvorstellung nicht systematisch entwickelt. Stattdessen hat er Vorgefundenes aus seinen Quellen aufgenommen, bearbeitet und in den Kontext seiner Erzählung der Geschichte von Jesus Christus gestellt. Daraus lassen sich dennoch wertvolle Rückschlüsse auf sein Gerichtsverständnis ziehen. Es bleibt aber auch Widersprüchliches bestehen und erinnert den kritischen Leser bzw. die kritische Leserin an die unterschiedlichen Gerichtstraditionen, die Lukas in sein Werk integriert hat. Ich möchte in diesem zusammenfassenden und das Ganze überblickenden Teil auf grundsätzliche Fragen eingehen, die auf der Basis der vorliegenden Untersuchung nun beantwortet werden können. 1. Was ist das Gericht Gottes bei Lukas und wann findet es statt? 2. Wer richtet? 3. Wen trifft Gottes Gericht? 4. Was rettet im Gericht? 5. Was bedeutet das drohende Gericht für die lukanische Jesuserzählung? 6. Welches Ziel verfolgt Lukas mit seiner Rede von einem göttlichen Gerichtshandeln? 1. Was ist das Gericht Gottes bei Lukas und wann findet es statt? Gottes Gericht ist für Lukas ein menschlichem Einfluss entzogenes Geschehen, das er für die Zukunft erwartet. Wann es eintreffen wird, entzieht sich ebenfalls jeder menschlichen Kenntnis. Dennoch ist es keineswegs willkürlich oder gänz-
D. Ergebnisse: Das Gericht Gottes bei Lukas
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lich unbestimmt, denn Gott hat es bereits geplant und den „Tag des Gerichts“ vorherbestimmt. Damit steht für den Verfasser von Luk/Apg außer Frage, dass es einst stattfinden wird. In Aufnahme von Texten, die eine starke Naherwartung ausdrücken wie beispielsweise die Predigt Johannes des Täufers in Luk 3,7ff., „wo die Axt schon an die Wurzel der Bäume gelegt ist“, oder im Sondergutgleichnis vom unfruchtbaren Feigenbaum in Luk 13,6–9, in dem der Weinbergbesitzer das Abholzen des Baumes bereits angeordnet hat, wird deutlich, dass es offensichtlich nicht mehr allzu lange dauern wird, bis der Gerichtstag da ist. Ebenso deutet die lukanische Einfügung von h;dh und die Zeitangabe th/| w[ra| tou/ dei,pnou in Luk 14,17 darauf hin, dass man eigentlich keine Bedenkzeit mehr hat, ob man der Einladung zum Gastmahl folgen möchte oder nicht. Da „schon“ alles dafür vorbereitet ist, wird es unmittelbar stattfinden – notfalls auch mit anderen Gästen als den zuvor Geladenen. Gleichzeitig ist bei Lukas aber auch eine Streckung der Zeit bis zum Eintreffen des Gerichts zu beobachten. So ist dem unfruchtbaren Feigenbaum in Luk 13,6ff. immerhin noch ein „Jahr“ beschieden, um „Früchte“ hervorzubringen. Und im Gleichnis vom großen Gastmahl in Luk 14,16ff. sowie im Wort von der engen Tür in Luk 13,24ff. heißt es, dass der Festsaal noch nicht gefüllt bzw. der oivkodespo,thj (Luk 13,25) noch nicht aufgestanden ist, um die Tür endgültig zu verschließen. Noch ist also Zeit, der Einladung des ku,rioj (Luk 14,21.22.23) zu folgen und sich ernsthaft darum zu bemühen, in den Festsaal zu gelangen (Luk 13,24). Auch Luk 12,35–38.40 setzt eher auf Zeit, wenn hier dazu ermahnt wird, stets wachsam und vorbereitet zu sein, wenn der Herr zurückkommt. Die „zweite oder dritte Nachtwache“, von der in Luk 12,38 die Rede ist, lässt ebenfalls darauf schließen, dass die Nacht noch nicht allzu weit fortgeschritten ist und sich die Ankunft des Herrn durchaus noch verzögern kann. Ferner sei noch die vom dritten Evangelisten vorgenommene Chronologisierung der Ereignisse von der Zerstörung Jersusalems und des Tempels bis zur Parusie des Menschensohnes in der zweiten Endzeitrede Luk 21,5ff. erwähnt. Hier entwickelt Lukas aus seiner Markusvorlage einen regelrechten zeitlichen Ablauf, an dessen Ende das Kommen des Menschensohnes zum Gericht über die oivkoume,nh (Luk 21,26) steht. Auffallend ist diesbezüglich die bewusste Auslassung apokalyptischer Elemente in Mk 13 – vor allem der avrch. wvdi,nwn aus Mk 13,8c, um mögliche Naherwartungstendenzen weitgehend zu minimieren. Über den Zeitpunkt des Gerichts ist für Lukas also Folgendes zu sagen: Zum einen steht er unverrückbar fest, so dass das Gericht jederzeit hereinbrechen kann, zum anderen rechnet der dritte Evangelist damit, dass noch einige Zeit vergehen kann, bis es kommt, so dass man sich um einen Verhaltenskodex Gedanken machen muss, an dem sich die Menschen orientieren können, um später einen „gnädigen Richter“ zu bekommen.
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D. Ergebnisse: Das Gericht Gottes bei Lukas
Das Gericht Gottes wird im dritten Evangelium bildhaft als ein Tag geschildert, an dem der „Weizen in der Scheune gesammelt“, die „Spreu“ aber mit pu/r a;sbestoj verbrannt wird (Luk 3,17), an dem zwischen jenen, die Jesus nachfolgen, und jenen, die ihn ablehnen (Luk 10,13–16), zwischen jenen, die der Einladung des ku,rioj zum Gastmahl folgen, und jenen, die sich entschuldigen lassen (Luk 14,24), getrennt wird. Die einen werden Gottes Heil erfahren, die anderen werden ausgeschlossen und dem Unheil preisgegeben werden (Luk 13, 24ff.). Persönliche Beziehungen werden aufgebrochen, wenn es gilt, zwischen den zum Heil Berufenen und den zum Unheil Verurteilten zu scheiden (Luk 17, 34f.). Dieser Tag – Lukas nennt ihn vornehmlich den „Tag des Menschensohnes“1 – wird nach der alttestamentlichen Tradition vom hwhy ~wy2 auch Gewalt und Zerstörung besonders gegen die bis dahin Unbußfertigen und Nichtumkehrwilligen mit sich bringen. In den Weherufen soll z.B. Kapernaum bis in den Hades hinabgestoßen werden (Luk 10,15), und der unfruchtbare Feigenbaum soll abgehauen werden, wenn er auch nach dem gewährten Pflegejahr keine Frucht trägt (Luk 13,9; vgl. Luk 3,9). Zu den ihm in Luk 13,1ff. Zuhörenden sagt Jesus zweimal, dass auch sie wie die durch Pilatus getöteten Galiläer bzw. die vom Siloah-Turm Erschlagenen genauso umkommen werden, wenn sie nicht „umkehren“ (V. 3.5; vgl. Luk 12,46). Was den Verworfenen dann im Hades erwartet, davon berichtet anschaulich Luk 16,23–25 am Beispiel des reichen Mannes: Der Reiche erleidet Qualen (V. 23; vgl. V. 25; Luk 13,28), ihn dürstet (V. 24), und er ist vom Heilsbereich, der als „Abrahams Schoß“ beschrieben wird (V. 23), gänzlich abgeschnitten. Die Kluft zwischen ihm und Lazarus sei unüberwindlich, heißt es in V. 26. Und in Luk 17,26–30 wird der „Tag des Menschensohnes“ mit der Sintflut bzw. mit der Vernichtung Sodoms und Gomorras im Feuer- und Schwefelregen verglichen (vgl. auch Luk 21,25f.; 3,17). Für die Jünger Jesu bringt er nach Luk 21,28 jedoch offensichtlich gleichzeitig die avpolu,trwsij mit sich, deren Wesen Lukas allerdings nicht näher ausmalt, wenn man vom Jenseitsglück des Lazarus in Luk 16,22.25 einmal absieht. Lange und detaillierte Beschreibungen des (endzeitlichen) Gerichtes Gottes, wie man sie beispielsweise in apokalyptischen Schriften des frühen Judentums finden kann (vgl. äthHen 85–90; 91,12–17; 93,1–10; Dan 7; gr/syrBar; 4. Esra), sucht man bei Lukas freilich vergeblich. Was er davon über die von ihm benutzten Quellen Markus, Q und Sondergut hinaus gekannt hat, bleibt völlig im Bereich des Spekulativen. Für Lukas muss hingegen auch gesagt werden, dass das Gottesgericht nicht sein primäres Thema ist. Vielmehr geht es ihm ja in erster Linie um die Verkündigung des Evangeliums vom Heil Gottes in Jesus Christus und seine Aus1 Die Vorstellung leitet sich mit aller Wahrscheinlichkeit von dem „Nachtgesicht Daniels“ aus Dan 7,13ff. her. 2 Vgl. WENDEBOURG, Tag des Herrn, 252ff.
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breitung unter Juden und „Heiden“. Er will seinen Rezipienten und vor allem jenem in Luk 1,1 und Apg 1,1 namentlich erwähnten Theophilus erneut und kaqexh/j (Luk 1,3) davon berichten, was sich einst „unter uns“ zugetragen hat, damit es allen Menschen zum Heil dient (Luk 2,30–32). 2. Wer richtet? In den beiden Endzeitreden Luk 17 und Luk 21 wird der kommende Menschensohn als der von Gott beauftragte Richter vorgestellt. Ihn identifiziert Lukas ohne Zweifel mit Jesus Christus, dessen Parusie er erwartet (vgl. Luk 11,29f.; 12,8.40). Ebenso verbirgt sich hinter dem ivscuro,teroj aus Luk 3,16 für Lukas niemand anders als Jesus Christus, der die Worfschaufel bereits in Händen hält, um seine Tenne zu fegen und die Spreu vom Weizen zu trennen. Die Erwähnung des ku,rioj beispielsweise in Luk 12,36f.43.46, in Luk 13,25 sowie im Gastmahlgleichnis Luk 14,21.22.23 und die Anrede und Bezeichnung Jesu mit eben diesem Titel an Stellen wie Luk 12,41f.; 13,23 u.ö. (vgl. Luk 2, 11; 24,3) erhärten die Vermutung, dass der dritte Evangelist die Rolle des (endzeitlichen) Richters im Evangelium Jesus zuweist. 3. Wen trifft Gottes Gericht? Der Bericht des Lukas im Evangelium nimmt seinen Anfang im Tempel von Jerusalem (Luk 1,9). In der Geburtsankündigung Gabriels an Maria (Luk 1, 26ff.) wird in den V. 31–33 gesagt, dass Gott diesem verheißenen Kind den Thron Davids geben wird, damit er König über das „Haus Jakobs“ sei. Auch in den Hymnen der Maria (Luk 1,54f.) und des Zacharias (Luk 1,68ff.) sowie aus dem Munde Simeons (Luk 2,32) und der Prophetin Hanna (Luk 1,38) wird immer wieder betont, dass das hier anbrechende Heil Gottes an Israel als dem von Gott erwählten Bundesvolk in Erfüllung gehen soll. Ihm musste Gottes Wort also zuerst gesagt werden (vgl. auch Apg 13,47). Von daher gelten auch ihm zuerst die Konsequenzen einer nicht vollzogenen Umkehr zu Jesus und der Verweigerung, das in ihm von Gott geschenkte Heil anzunehmen. Lukas rechnet folglich mit einem Gericht über Israel. So sind es schon bei Johannes dem Täufer trotz der Verwendung des unspezifischen Begriffs o;cloj zur Bezeichnung von dessen Zuhörerschaft in Luk 3,7 Juden, denen Johannes das Gericht ansagt, wie am Hinweis auf die Abrahamskindschaft in V. 8 auch unschwer zu erkennen ist. In den Weherufen in Luk 10, 13–15 wird den jüdischen Dörfern Chorazin, Bethsaida und Kapernaum am See Genezareth, wo Jesus nach synoptischer Darstellung über einen längeren Zeitraum öffentlich gewirkt hat, Unheil im Gericht angekündigt, weil sie Jesus verachtet haben und nicht „umgekehrt“ sind. Kapernaum trägt hierbei die Hauptlast und muss deshalb gar mit einem Sturz in den Hades rechnen. Um die jüdische Halsstarrigkeit gegenüber Jesus noch auf die Spitze zu treiben, werden stattdessen die „Heiden“ als jene in den Blick genommen, die sich
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im Verlauf der Heilsgeschichte für Gottes Boten doch sehr viel empfänglicher und zur Umkehr bereitwilliger gezeigt haben als Israel, oder bei denen zumindest damit zu rechnen wäre, hätte Jesus den Weg zu ihnen gefunden. Namentlich werden in Luk 10,13 Tyrus und Sidon an der Küste Phöniziens größere Annahmebereitschaft von Gottes Heilshandeln bescheinigt als Israel selbst (vgl. Luk 4,26f.). Und in Luk 11,31f. sind es ebenfalls „Heiden“, für die die „Königin des Südens“ und die Niniviten stellvertretend genannt werden, die über Israel zu Gericht sitzen werden. Explizit wird die Zerstörung Jerusalems und des Tempels dann in Luk 21, 20–24 als Gottesgericht gewertet, das bei Lukas jedoch losgelöst vom universalen Endgericht zu betrachten ist. Israel fällt demnach allerdings nicht in die ewige Verdammnis, sondern wird – wie einst unter den Babyloniern – unter Gewaltanwendung „unter alle Völker zerstreut werden“ (aivcmalwtisqh,sontai eivj ta. e;qnh pa,nta; Luk 21,24). Das von Lukas in Luk 21,24 redaktionell eingefügte a;cri ou- plhrwqw/sin kairoi. evqnw/n macht hierbei deutlich, dass das an Israel vollzogene Gericht Gottes nicht endgültig sein wird, sondern eine Funktion im Blick auf die „Völker“ hat. Darüber hinaus aber finden sich im dritten Evangelium auch Texte, die nicht explizit ein Gerichtshandeln Gottes an Israel thematisieren, sondern in erster Linie jene ermahnen, die die Umkehr bereits vollzogen haben und Jesus nachfolgen.3 Auch sie sind in den Augen des Lukas vom Gericht Gottes nicht ausgenommen (Luk 12,35ff.; 17,22ff.), sondern sollen weiterhin wachsam bleiben und den „Besitz“ des ku,rioj klug verwalten, um am Ende die Seligkeit zu erlangen (Luk 12,42f.). Der nachlässige Knecht beispielsweise wird an dem Tag seiner gerechten Strafe zugeführt werden, an dem der Herr kommt (Luk 12, 45ff.). An Texten wie diesem wird ganz besonders deutlich, dass Lukas nicht mehr mit einer Kollektivverurteilung Israels oder der „Völker“ rechnet, sondern vornehmlich das Individuum mit seinem künftigen Richter konfrontiert sieht. Lukas geht durch die gezielte Verwendung von pa/j und seiner Derivate jedoch noch weiter über Juden und Christen hinaus, indem er auch die „Heiden“ einbezieht. Sie sollen wie Israel ebenso Anteil am Heil Gottes haben, wie in Luk 3,6 programmatisch ausgesagt wird: kai. o;yetai pa/sa sa.rx to. swth,rion tou/ qeou/.4 Sie werden damit aber auch das Unheil am Gerichtstag empfangen, wenn sie wie weite Teile Israels Gottes Heilsangebot in Jesus Christus ausschlagen – so in einer gleich doppelten Warnung an die o;cloi (Luk 12,54) im Zusammenhang der Nachrichten von den erschlagenen Galiläern und den beim
3 Man hat bei Lukas gelegentlich den Eindruck, dass er, wenn er Jesus zu den Jüngern sprechen lässt, seine Ermahnungen ausdrücklich an die richtet, die bereits Christen geworden sind (vgl. neben Luk 12,35ff. und Luk 17,22ff. auch Luk 21,12–19). 4 Vgl. auch die allein bei Lukas überlieferte doppelte Einladung von Randgruppen und „Zaungästen“ zum Gastmahl in Luk 14,21.23, hinter denen sich m.E. nur die „Heiden“ verbergen können.
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Einsturz des Siloah-Turmes Getöteten in Luk 13,3.5: avllV eva.n mh. metanoh/te
pa,ntej o`moi,wj avpolei/sqe. Das Gericht trifft in der Vorstellung des Lukas folglich alle – Juden, Christen und „Heiden“, wobei die Juden augenscheinlich noch ein göttliches Sondergericht zu erwarten haben, das sie vor dem universalen Endgericht treffen wird. Diesem kommt im göttlichen Heilsplan, wie es scheint, eine besondere Funktion zu, ist es doch Grund dafür, dass die urchristlichen Missionare ihre Verkündigung des Evangeliums von Jesus Christus nun auch an die „Heiden“ richten, bis deren kairoi, erfüllt sind (Luk 21,24; vgl. Apg 13,46f.; 28,26–285). Das neue Bundesvolk setzt sich für Lukas dementsprechend aus Juden und „Heiden“ zusammen, die gegenwärtig ausnahmslos zur meta,noia aufgefordert werden. Gottes Heilswille gilt allen. Gleiches gilt allerdings auch für Gottes Gericht, denn niemand wird sich der Entscheidung für oder gegen Christus entziehen können, ohne die Konsequenzen dafür tragen zu müssen. Folglich trifft auch jeden das Gericht mit absehbarem Ausgang. Damit kommen wir zu einem weiteren bereits erwähnten Spezifikum des Lukas: Die starke Tendenz einer Individualisierung des eschatologischen Schicksals und die Betonung der Eigenverantwortlichkeit des Einzelnen für sein Tun und Lassen vor Gott. Unabhängig von seiner Volks- und Religionszugehörigkeit darf jeder Einzelne mit dem Heil, muss jedoch auch mit der Verdammung rechnen. Eine ererbte Heilsgewissheit durch die Berufung auf Abraham (Luk 3,8) gibt es für Lukas nicht mehr. Wer wie Chorazin, Bethsaida und Kapernaum Jesus ablehnt, wird in den Hades hinabgestoßen (Luk 10,15f.). Wer sich nicht zum Menschensohn bekennt, zu dem wird sich auch dieser nicht bekennen (Luk 12,8). Wer wie der Feigenbaum in Luk 13,6ff. seine Frucht schuldig bleibt, wird abgeholzt werden. Darum landet auch der Reiche in Luk 16,23 unmittelbar nach seinem Tod im a[|dhj und leidet große Qualen.6 Wer sich nicht nach allen Kräften bemüht, in den Festsaal zu gelangen (Luk 14,24), wird draußen stehen bleiben müssen,
5 Durchgängig bis zum Ende der Apostelgeschichte bleiben die Juden als Adressaten des Evangeliums im Blick. Noch in Rom besuchen sie Paulus in seiner Wohnung (Apg 28,17), und er „predigte ihnen über Jesus aus dem Gesetz des Mose und der Propheten von morgens bis abends“ (V. 23). V. 24f. ist sodann ein Hinweis auf die Uneinigkeit unter den Juden im Hinblick auf das Evangelium, die Lukas in Apg 28,26ff. mit dem Verstockungsmotiv aus Jes 6,9f. begründet. Von einem völligen Ausschluss der Juden vom Heil Gottes kann im lukanischen Doppelwerk jedoch keine Rede sein. 6 Zusammen mit Luk 23,43 ist die Erzählung vom Reichen Mann und vom armen Lazarus in Luk 16,19–31 die einzige Stelle, in der dem Einzelnen sein Schicksal im Jenseits bereits unmittelbar post mortem zugewiesen wird. Ob und inwieweit sich dieser Befund mit der Erwartung eines Gerichts über alle am Ende der Zeit vereinbaren lässt, ist nicht befriedigend zu erklären. Eine Idee dazu habe ich im Teil C VIII § 4,3 vorgetragen. In jedem Fall wird hier die Unterschiedlichkeit der Gerichtsvorstellungen im Blick auf ihre Aussagen über den Zeitpunkt, wann der/die Einzelne sein Urteil empfängt, überaus deutlich.
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wenn der Hausherr die Tür verschlossen hat. Und wer die Einladung des Herrn ausschlägt, wird keine zweite bekommen. Aus all dem wird deutlich: Heil und Gericht sind bei Lukas ganz individuelle Wege jedes einzelnen Menschen (vgl. Luk 17,34f.). Welches endzeitliche Schicksal ihn im Gericht treffen wird, liegt also ganz in seiner Verantwortung. Damit bestätigt sich auch die These Jens-W. Taegers, der in seiner Untersuchung zum lukanischen Menschenbild zu folgendem Ergebnis kommt: „Der Mensch ist kein salvandus, sondern ein corrigendus.“7 Er wird nicht „durch eine übergreifende negative Macht bestimmt […, sondern] kommt in den Blick als sein Leben individuell gestaltendes, verantwortliches Wesen. Sünder ist er, sofern er Sünden begangen hat, verwerfliche Einzeltaten, nicht aber, weil er als Mensch der Macht der Sünde verfallen ist. […] Ein corrigendus ist der Mensch also in zweifacher Hinsicht: Er soll zur besseren Moral und zur besseren Erkenntnis finden. Beide Elemente kommen z.B. im Gebrauch des Begriffes metanoei/n zum Ausdruck […] Solche Korrektur als Voraussetzung des Bestehens im Gericht und der Erlangung des Heils kann vom Menschen gefordert werden, weil dieser zur Selbsterkenntnis und Erkenntnis des wahren Gottes, der Bedeutsamkeit Jesu und des zu tun Notwendigen fähig ist.“8 4. Was rettet im Gericht? Grundsätzlich ist mit Taeger also zu sagen, dass das Individuum im Denken des Lukas die Verantwortung für sein endzeitliches Schicksal allein trägt. Was im Gericht rettet bzw. was dem/der Einzelnen das Heil sichert, darüber lässt der Autor ad Theophilum diesen und alle anderen, die sein Werk hören oder lesen, nicht im Unklaren. Vor allem die meta,noia, die entschiedene Hinwendung zu Jesus Christus und dem von ihm verkündigten Gott, spielt in diesem Zusammenhang die entscheidende Rolle (Luk 3,8; 10,13; 11,31; 13,3.5; 16,30).9 Sie geht einher mit der Forderung nach einem sichtbaren Handeln, das die Umkehr zu Jesus auch nach außen hin spürbar werden lässt. Schon in der Täuferrede in Luk 3,3.8 fordert Johannes „Früchte der Umkehr“, die sogleich in der von Lukas eingeschobenen Standespredigt in Luk 3,10–14 für verschiedene Menschengruppen konkretisiert werden. Auch der Feigenbaum im Gleichnis Luk 13,6ff. wird nur überleben, wenn er (endlich) Früchte trägt.10 Zu solchen karpoi, zählt für Lukas im Kontext von Luk 12 beispielsweise auch die Absage an die pleonexi,a (Luk 12,13–15.16–21) und das Almosengeben (Luk 12,33; vgl. Luk 21,1–4). 7
TAEGER, Der Mensch und sein Heil, 225. Ebd., 225f. 9 Knapp die Hälfte aller 56 neutestamentlichen Belege des Substantivs und des Verbs finden sich in Luk/Apg. 10 Vgl. auch das Bildwort vom Hausbau Luk 6,47–49 und Jesu Rede vom treuen und untreuen Knecht Luk 12,35–48. 8
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Die Umkehr zieht aber nicht bloß ethisch-moralische Konsequenzen (vgl. diesbezüglich auch Luk 16,19ff.; 21,34) nach sich. Innere Heimatlosigkeit des Christen (Luk 9,58), Vergangenes und Liebgewonnenes radikal hinter sich zu lassen (Luk 9,59–62; 14,26.33; 17,31–33), das Ertragen von Ablehnung sowie eine hohe Leidensbereitschaft (Luk 9,23–27; 10,3.10f.16; 21,12–19) müssen jene in Kauf nehmen, die Jesus nachfolgen. Billig ist das Heil nicht zu haben. Die Tür zur Seligkeit ist eng, heißt es in Luk 13,24. Der Umkehr gehen für den dritten Evangelisten vor allem das „Hören“ und „Sehen“ voraus. Beides hat für Lukas theologisches Gewicht. Wie am Ende der Weherufe in Luk 10,16 übernimmt er das Hören in der Regel aus seinen Quellen, ergänzt es aber auch oft von eigener Hand. „Selig sind, die das Wort Gottes hören und bewahren“, mit dieser programmatischen Aussage aus Luk 11,28 lassen sich die verschiedenen Mahnungen zum Hören auf den Punkt bringen (vgl. Luk 8,18; 9,35; 10,24.39.42; 11,31; 16,31, u.ö.). Am genauen (Hin-)Hören auf die Botschaft Jesu und auf die Verkündigung seiner Gesandten (Luk 10,16) entscheidet sich das endzeitliche Schicksal des Einzelnen mit. In gleichem Maße aber ist das Heil Gottes auch zu sehen. In der Anfrage des Täufers, ob Jesus wirklich der erwartete Messias sei, antwortet dieser mit dem Hinweis auf das, was man sehen (und wiederum auch hören) kann: Blinde sehen, Lahme gehen, Aussätzige werden rein, Taube hören, Tote stehen auf und den Armen wird das Evangelium verkündigt (Luk 7,22; zur Bedeutung des Sehens vgl. Luk 4,23; 10,13.23; 17,21).11 Wer aufmerksam hinhört und hinsieht, was um ihn herum geschieht (Luk 12,54–57; 21,29–31), wer das Evangelium von Jesus Christus annimmt und daraufhin umkehrt, der wird im Gericht nichts zu befürchten haben. Jenen aber, die nicht hören bzw. das Gehörte sogar ablehnen und das Geschehen vor ihren Augen nicht erkennen (wie Kapernaum in Luk 10,15, oder h` genea. ponhra, in Luk 11,29), droht dagegen die völlige Verwerfung und Verstoßung in die ewige Gottesferne (Luk 12,5; 13,28; 16,23.28). Weiterhin sind als heilssichernde Aspekte zu nennen: Das Bekenntnis zum Menschensohn Jesus allen äußeren Bedrohungen zum Trotz (Luk 12,8.11f.; 21,12–19), der Gehorsam gegenüber „Mose und den Propheten“, wie es Abraham den Brüdern des reichen Mannes in Luk 16,29–31 rät, sowie die Annahme der von Jesus unermüdlich ausgesprochenen Einladung zur basilei,a tou/ qeou/ (Luk 14,15).
11 Und was mit Jesus begonnen hat, setzt sich nach seiner Himmelfahrt mit den Jüngern (Heilung eines Gelähmten im Tempel Apg 3,1ff., bes. V. 6; Auferweckung der Tabita Apg 9,36ff.) und später auch mit Paulus fort (vgl. die Heilung eines Gelähmten in Lystra Apg 14,8ff.). Mit dem Geist und der Vollmacht des Auferstandenen ausgestattet (Apg 1,8; 2,4) verkündigen und heilen sie im Namen Jesu und tragen das mit ihm in der Welt sichtbar gewordene Heil Gottes zu den Juden und „Heiden“ weiter.
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5. Was bedeutet das drohende Gericht für die lukanische Jesuserzählung? Die Gegenwart Jesu in persona (und nach der Himmelfahrt evn a`gi,w| pneu,mati) erscheint im Evangelium des Lukas als eine von Gott geschenkte Zeit, in der das Evangelium vom nahenden Gottesreich überall verkündigt wird und die Menschen Gelegenheit haben, es zu hören, anzunehmen und sich daraufhin zu bekehren. Bildhaft wird dieser Gedanke beispielsweise am Ende des Gleichnisses vom unfruchtbaren Feigenbaum in Luk 13,8. Dort bittet der avmpelourgo,j den Besitzer des Weinbergs um die Frist eines Jahres, um dem seit drei Jahren fruchtlosen Feigenbaum noch einmal intensive Pflege angedeihen zu lassen. Verstreicht dieses Jahr, ohne dass der Baum Früchte getragen hat, könne der Besitzer des Weinberges nach seinem ursprünglichen Plan verfahren und den Baum abhauen. An anderer Stelle, in Luk 4,19, ist ebenfalls von einem „Gnadenjahr“ die Rede, das zu verkündigen, Jesus gekommen ist. Diese zumindest sachliche Parallele zwischen Luk 4,19 und Luk 13,8 ist sicher nicht zufällig. Zudem bleibt der Ausgang des Gleichnisses offen. Ob der Baum Frucht trägt und damit seiner Vernichtung entgeht, darüber verliert der lukanische Jesus kein Wort mehr. Petra von Gemünden erkennt in dieser Offenheit einen Appell des Lukas: „Der Hörer soll die ihm geschenkte Gnadenfrist wahrnehmen als letzte Möglichkeit zu einer grundlegenden Verhaltensänderung zu einer fruchtbringenden Existenz.“12 Was genau in diesem „Jahr“ geschehen soll bzw. was der/die Einzelne nun zu tun hat, erschließt sich sogleich aus dem vorhergehenden Abschnitt Luk 13,1–5: meta,noia ist gefordert. Eine ähnliche Konstellation finden wir bei Lukas auch am Ende des Gastmahlgleichnisses in Luk 14,23. Dort heißt es, das Haus des Gastgebers sei noch nicht voll. Der Befehl, „an die Zäune“ und „auf die Wege“ zu gehen, scheint also noch nicht in Gänze ausgeführt. Ob es dem Knecht am Ende gelingt, das Haus bis auf den letzten Platz zu füllen, wird ebenfalls nicht erzählt. Meines Erachtens lässt sich darin für Lukas so etwas wie eine Heilschronologie erkennen: Dem unausweichlichen Gottesgericht geht eine kurze, aber angemessene Gnadenfrist voran, die mit der irdischen Wirksamkeit Jesu beginnt und sich über die Zeit der Apostel und des Paulus weiterhin fortsetzt bis in die Gegenwart des Lukas und seiner Gemeinde hinein. Es ist die Zeit der Verkündigung und der Ausbreitung der Botschaft von Gottes Heil in Jesus Christus. Sie geht zu Ende, wenn der oivkodespo,thj, um an dieser Stelle das Bild aus Luk 13,25 zu gebrauchen, aufgestanden ist, um die Tür zum Festsaal für immer zu verschließen. Es gibt für den lukanischen Jesus demnach ein definitives „zu spät“ für die Teilnahme am Heilsmahl Gottes bzw. für die Entscheidung zur Umkehr.
12
VON GEMÜNDEN, Vegetationsmetaphorik, 133.
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Allen aber, die Christus schon nachfolgen, gelten gegenwärtig die zahlreichen paränetischen Anweisungen und Ermahnungen vor allem zur Standhaftigkeit in den Situationen der Anfechtung (Luk 21,19), zur Wachsamkeit und zur steten Bereitschaft, dem „Herrn“ jederzeit gegenübertreten zu können, wenn er kommt (Luk 12,35ff.). Am Ende dieser Gnadenzeit aber, wenn der Menschensohnrichter Jesus wiederkommt, wird er jene nach draußen verbannen (vgl. Luk 13,25ff.), die die ihnen geschenkte Zeit nicht für sich genutzt haben und also nicht umgekehrt sind. Der lukanische Jesus kündigt an: Alle, die sich der Umkehr verweigern, werden umkommen (Luk 13,3.5). Jene aber, die die gegenwärtige Chance, die ihnen geschenkte Zeit nutzen, um der Einladung Gottes zum Heil zu folgen, werden „selig“ werden, denn sie werden am endzeitlichen Freudenmahl im Reich Gottes teilnehmen (Luk 13,29f.; 14,15). 6. Welches Ziel verfolgt Lukas mit seiner Rede von einem göttlichen Gerichtshandeln? Abschließend sei noch ein Gedanke zu der Frage vorgetragen, welches Ziel Lukas mit seiner Rede von einem künftigen Gottesgericht verfolgt. Wir haben gesehen: Anders als es die intensive Beschäftigung mit den zahlreichen einschlägigen Gerichtstexten in dieser Untersuchung zunächst nahelegt, beabsichtigt Lukas mit seinen Verweisen auf das künftige Gottesgericht sicher nicht, Angst und Schrecken vor Verwerfung und Ausschluss vom Heil Gottes zu verbreiten. Stellt man jedoch die zeitgeschichtliche Situation am Ende des ersten Jahrhunderts in Rechnung, in der sich Lukas und seine Rezipienten befunden haben, so legt sich mir folgende Zielsetzung nahe: Die Zeit, in und für die Lukas schreibt, war vor allem von dem Problem gekennzeichnet, dass sich die Parusie Jesu weiterhin unabsehbar verzögert, was sicherlich auch in den christlichen Gemeinden zunehmend für Verunsicherung und Verdruss gesorgt hat. Es ist damit zu rechnen, dass einige Mitglieder mehr und mehr zweifeln, ob der Weg, zu dem sie sich einst so erwartungsvoll bekehrt haben, noch der richtige ist. Der Glaubenseifer lässt nach. Die früheren Erfolge, die man in der Missionstätigkeit unter den Juden verzeichnen konnte, gibt es schon lange nicht mehr. Israel als Ganzes scheint sich dem Evangelium gegenüber verschlossen zu haben. Nur noch vereinzelt finden Juden zum Glauben an Jesus Christus. Vor diesem Hintergrund lässt sich das Lukasevangelium nicht nur als verbesserte Neuauflage früherer Evangelienschriften (Luk 1,1–3) und deren Fortschreibung werten, sondern auch als Versuch, auf die Parusieverzögerung und ihre Folgen zu reagieren, indem es die sich dehnende Zeit zwischen Himmelfahrt und Parusie neu deutet und die Erwartung der Vollendung des Gottesreiches für die mittlerweile dritte Christengeneration weiterhin wachzuhalten versucht.
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Lukas erklärt: Es sind nun die kairoi. evqnw/n (Luk 21,24), die sich erst erfüllen müssen, bevor Israel zum Glauben kommt und der „Tag des Menschensohnes“ heraufzieht. Meta,noia ist das Gebot der Stunde für alle, die sie noch nicht vollzogen haben. Der Weg zum Heil hat mit dem Auftreten Jesu jegliche Beliebigkeit verloren. Juden und „Heiden“ können nur noch in der Nachfolge Jesu zum Heil gelangen. Dazu aber muss das Evangelium von und über ihn verkündigt werden. Für alle, die Jesus schon nachfolgen, ist die Gegenwart jedoch eine Zeit der Bewährung. Das erklärt die unverkennbar ethische Ausrichtung der lukanischen Schriften. Zusammen mit den Aufrufen zur Wachsamkeit und zur ständigen Bereitschaft für das Kommen des ku,rioj wollen sie die Christen der dritten Generation bis zur Parusie bei der Stange halten und ihnen helfen, den von ihnen eingeschlagenen Weg zum Heil weiter zu gehen. Das Gericht Gottes stellt für Lukas den unverrückbaren Endpunkt dieser Zeitspanne dar, an dem Bilanz gezogen wird. Wenn es eintrifft, werden die Urteile über jeden Menschen endgültig sein. Noch aber hat er es selbst in der Hand, welches eschatologische Schicksal ihn treffen wird, und Lukas tut in seinem Werk alles dafür, um ihm diese Chance immer wieder deutlich vor Augen zu führen. Damit geschieht die Rede von einem künftigen und universalen Gottesgericht im Lukasevangelium nicht, um Angst zu schüren, sondern einzig dazu, den homo corrigendus zu motivieren, damit dieser sich unermüdlich darum bemüht, durch die enge Pforte in den Festsaal des Herrn zu gelangen.
D Ergebnisse: Das E AusblickGottes bei Lukas
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E. Ausblick Die Areopagrede des Paulus Apg 17,22–32
Die Umkehrpredigt und Gerichtsankündigung des Paulus in der Areopagrede Apg 17,22–32 Wir können die Betrachtung der lukanischen Rede von einem Gottesgericht nicht abschließen, ohne zuletzt noch eine für unser Thema entscheidende Passage aus der Areopagrede des Paulus in Athen in Apg 17,30f. in den Blick zu nehmen. Sie soll an dieser Stelle einen Ausblick auf den zweiten Teil des lukanischen Doppelwerkes geben, in den Lukas weitere Andeutungen im Blick auf Belohnung und Bestrafung im Jenseits und auf ein künftiges Gottesgericht eingebaut hat (vgl. beispielsweise Apg 1,25; 2,20f.; 3,19–21; 4,12). Wir kommen hier der viva vox Lucae zu diesem Thema auch noch ein Stück näher als in den Evangelientexten, kann doch Lukas in der Apostelgeschichte grundsätzlich freier formulieren als in seinem Evangelium, da er in ihr weniger an festgefügte Quellenschriften gebunden ist. Apg 17,30f. ist hierbei die deutlichste Aussage von Lukas selbst zur Erwartung eines endzeitlichen Gerichtshandelns Gottes und seiner Umstände. Zugleich sind die Verse auch eine Art Gegenprobe für das, was zum Gericht Gottes innerhalb des Lukasevangeliums gesagt worden ist. § 1 Ein Gliederungsvorschlag der Areopagrede Apg 17,22–31 und die Funktion der V. 30f. innerhalb der Rede Die Rede Apg 17,22–30 lässt sich wie folgt gliedern: V. 22–23 Einleitung: Die Frömmigkeit der Athener/Der Altar des a;gnwstoj qeo,j V. 24–29 Der bekannte Gott (der „Heiden“ und Christen) V. 24–25 Gott, der bedürfnislose Schöpfer des ko,smoj. V. 26–27 Gott, der Schöpfer der Menschen/Der Mensch und seine Bestimmung, Gott zu suchen. V. 28–29 Der Mensch ist göttlichen Geschlechts/Ablehnung der Bilderverehrung.
V. 30–31 Schluss: Gott und sein Gericht über die oivkoume,nh Der hier näher in Augenschein zu nehmende Textabschnitt Apg 17,30f. bildet den Schluss der Rede des Paulus auf dem Areopag in Athen. Ging es ihm zuvor
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E. Ausblick
in den V. 24–29 um eine Annäherung seiner Verkündigung an die Gotteslehren der „Heiden“, denen die Athener problemlos zustimmen konnten, kommen nun in den V. 30f. spezifisch christliche Aussagen zur Sprache, die zu einem plötzlichen Ende der Rede führen (V. 32): Gott hat Jesus, den Auferstandenen, dazu bestimmt, die oivkoume,nh zu richten, und er hat ihn dadurch legitimiert, dass er ihn von den Toten auferweckt hat. Mit dem Schluss der Rede in Luk 17,30f. wird ein entscheidender Wechsel in Gottes Verhalten angezeigt, auf den Paulus die Athener bzw. Lukas seine Adressaten im Besonderen hinweisen will: Mit der Auferstehung Jesu von den Toten hört Gott auf, ein Gott unter vielen zu sein. Paulus greift in V. 30 die a;gnoia aus V. 23 noch einmal auf: Niemand kann sich mehr im Blick auf das künftige Gericht auf sie zurückziehen. Das „Übersehen Gottes“ hat ein Ende und stellt jeden Menschen vor die Entscheidung, zu glauben und die meta,noia zu vollziehen. Damit verlässt der lukanische Paulus den in den V. 22–29 bisher wahrzunehmenden apologetischen Duktus der Rede1 und fordert die Athener – vertreten durch ihre bedeutendsten zeitgenössischen philosophischen Schulen – ohne Umschweife zum Bekenntnis zu dem Auferstandenen und zur Umkehr zu ihm auf. § 2 Die Areopagrede – eine lukanische Komposition Die Meinung, Apg 17,22–31 sei eine Komposition des Lukas, ist nicht zu allen Zeiten unstrittig gewesen. So setzt beispielsweise Eduard Norden in seinem Buch „Agnostos Theos“2 die These voraus, die Areopagrede stamme nicht von Lukas, sondern von einem Redaktor der Apostelgeschichte aus dem 2. Jahrhundert. Dagegen hat Adolf (von) Harnack die lukanische Autorschaft der Areopagrede entschieden verteidigt.3 Ernsthaft bestritten hat sie seitdem niemand mehr. Wie die anderen Reden innerhalb der Apostelgeschichte stammt folglich auch die Rede des Paulus in Athen aus der Feder des Lukas; sie unterscheidet sich hingegen grundlegend von ihnen und macht sie deshalb auch im gesamten Neuen Testament einzigartig: Alttestamentliche Zitate fehlen gänzlich, stattdessen sucht sie an athenisches Lokalkolorit anzuknüpfen (der Altar des „unbekannten Gottes“, die zahlreichen Tempel, die philosophischen Schulen Athens, der Areopag, die Stilisierung des Paulus in Anlehnung an Sokrates) und zitiert aus dem Werk des griechischen Dichters Aratos.
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Mit dieser Verzahnung christlicher Gedanken und „heidnischer“ Lehren vor gebildetem Publikum (vgl. Apg 17,18) kann Lukas mit Recht als ein Vorläufer der christlichen Apologetik des 2. Jh.s bezeichnet werden. 2 EDUARD NORDEN, Agnostos Theos. Untersuchungen zur Formengeschichte religiöser Rede, 6. Aufl., Darmstadt 1974. 3 Vgl. ADOLF HARNACK, Ist die Rede des Paulus in Athen ein ursprünglicher Bestandteil der Apostelgeschichte?, TU 39, Leipzig 1913, 1–46; bes. 19f.
Die Areopagrede des Paulus Apg 17,22–32
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Bis in die Gegenwart hinein ist die Frage nach traditionellem Material innerhalb der Areopagrede diskutiert worden. So ist Rudolf Pesch der Meinung, dass vor allem die V. 22b–31 auf eine dem Lukas vorliegende und von ihm bearbeitete Quelle zurückgeführt werden können, da sie „dem traditionellen Schema der (die jüdisch-hellenistische christologisch erweiternden) urchristlichen Heidenmissionspredigt folgt.“4 In der Tat greift Lukas auf einige traditionelle Elemente zurück. Vor dem Hintergrund der Selbstaussage des Paulus über seinen Aufenthalt in Athen in 1. Thess 3,1 stand vermutlich eine solche Tradition am Anfang des Athenberichts in der Apostelgeschichte, die offenbar auch die Information darüber enthielt, wer sich ihm daraufhin angeschlossen hat (V. 34). Diesbezüglich nimmt Charles K. Barrett an: „It is possible that the traditional name [Dionysius] gave rise to the Areopagus story.“5 Und Ernst Haenchen meint, dass die Erwähnung des Dionu,sioj o` vAreopagi,thj Lukas auf die Idee gebracht haben könnte, die Rede des Paulus in Athen auf den Areopag zu verlegen.6 Was man sich unter dem ;Areioj pa,goj vorzustellen hat, darüber sind zwei Möglichkeiten in Betracht zu ziehen. Zum einen könnte damit „der westlich von der Akropolis gelegene und nach mehreren Seiten an die ausgedehnte Agora angrenzende Felsen“ gemeint sein, „auf dessen kahlem Gipfel der altehrwürdige Gerichtshof gleichen Namens seine Sitzungen zu halten und unter freiem Himmel seine Urteile zu fällen pflegte.“7 Zum anderen hat sich Ernst Curtius dafür ausgesprochen, dass hier nicht der Felsen, sondern der gleichnamige Gerichtshof gemeint sei, vor dem sich Paulus zu verantworten und zu verteidigen habe.8 Da sich vom Text Apg 17 her eine Rede des Paulus vor einer athenischen Behörde und schon gar keine Verhörszene nahelegt – ganz im Gegenteil erwähnen Apg 17,19f.21 die Neugier der Athener und in V. 33 den ungehinderten Rückzug des Paulus, nachdem sich in V. 32 schon viele seiner Zuhörer von ihm abgewandt haben, als er anfing, ihnen von der Auferstehung der Toten zu predigen – ist die erste Möglichkeit die wahrscheinlichere. Folglich ist die Verortung der Paulusrede auf dem „Areshügel“ ein lukanisches Konstrukt, um „die einzige Heidenpredigt des Paulus, die in dem Buch der Apostelgeschichte mitgeteilt wird“9 an den klassischen Treffpunkt des allseits bekannten athenischen Rates zu verlegen – ins Zentrum von Athen.10 4 PESCH, Apostelgeschichte V/2, 132f.; vgl. auch HILDEBRECHT HOMMEL, Neue Forschungen zur Areopagrede Acta 17, ZNW 46 (1955), 145–178; hier: 169f., u.a. 5 CHARLES K. BARRETT, The Acts of the Apostles, Vol. II: Introduction and Commentary on Acts XV–XXVIII, CECNT, Edinburgh 1998, 855. 6 Vgl. HAENCHEN, Apostelgeschichte, 506. 7 Zitate aus: THEODOR ZAHN, Die Apostelgeschichte des Lucas. Zweite Hälfte Kap. 13– 28, KNT 5, 1. und 2. Aufl., Leipzig/Erlangen 1921, 606. 8 Vgl. ERNST CURTIUS, Paulus in Athen, SBA 1893, 925–938; vgl. auch PETER RHODES, Art. Areios pagos, DNP 1 (1996), 1043–1045. 9 MARTIN DIBELIUS, Paulus auf dem Areopag (1939), in: ders., Aufsätze zur Apostelgeschichte, hrsg. von Heinrich Greeven, FRLANT 60, 4. Aufl., Göttingen 1961, 67. 10 Dass Lukas den Besuch des Paulus in Athen – das geistige Zentrum der antiken Welt – als einen Höhepunkt von dessen missionarischer Tätigkeit auszubauen versucht, obgleich sie nach Apg 17,32 kaum von Erfolg gekrönt ist, wird an der Wahl des Ortes und der Zu-
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E. Ausblick
Traditionell erscheinen auch Aussagen wie in V. 24a, dass Gott den ko,smoj geschaffen habe (Exod 20,11; Ps 145,6; Is 42,5 LXX; vgl. auch Josephus, Contra Ap II 121), oder in V. 24c, dass der ku,rioj nicht in Tempeln wohne, die von Menschenhänden gemacht seien (vgl. 3. Regn 8,27 LXX; Sib IV 24f. u.ö.).11 Ferner ist V. 28b unzweifelhaft („Wir sind seines Geschlechts“) ein Zitat aus den Phaenomena des Stoikers Aratos.12 Auf der anderen Seite erweisen sich Sprache und Stil der Rede als stark lukanisch geprägt13, und einige ihrer inhaltlichen Elemente finden sich auch an anderen Stellen innerhalb der Apostelgeschichte (z.B. die Aussage: „Gott wohnt nicht in Tempeln“ (V. 24) in Apg 7,48; oder der Gedanke, Gott lenke die Geschichte (V. 26) in Apg 14,16 etc.).14 § 3 Apg 17,30f. als Fokussierung lukanischer Gerichtsvorstellung Aus dem bisher Gesagten ergibt sich zweifellos, dass in den für uns interessanten Versen Apg 17,30f. innerhalb der Areopagrede des Paulus die Stimme des Lukas selbst zu vernehmen ist. Der Text lautet wie folgt: 30 Gott hat zwar (bisher) über die Zeiten der Unwissenheit hinweg gesehen, nun fordert er von den Menschen auf alle Weise und überall umzukehren, 31 weil er einen Tag festgesetzt hat, an dem er den Erdkreis richten will in Gerechtigkeit durch einen Mann15, den er
hörerschaft ebenfalls erkennbar. Hatte der lukanische Paulus bereits in der kleinasiatischen Provinz – in Lystra – vor einem „heidnischen“ Publikum eine Rede gehalten (Apg 14,15– 17), so steht er nun vor den „Bewohner[n] der hochzivilisierten Metropole hellenistischer Kultur und Bildung“ (ALFONS WEISER, Die Apostelgeschichte. Kapitel 13–28, ÖTK 5/2, Gütersloh 1985, 458). Mehr noch: Es sind nicht nur einfache Bewohner der Stadt, sondern von diesen noch die Gebildetsten, die Philosophen nämlich, und von denen wiederum die Vertreter der bedeutendsten philosophischen Schulen von Athen: Epikureer und Stoiker. Weiser stellt darüber hinaus fest: „Als Orte der Begegnung genügen nicht die Synagoge und die Agora, sondern es bedarf des Areopags, der altehrwürdigen Stätte mit ihrem berühmten Kollegium. Paulus selbst erscheint im ‚Nimbus des Sokrates‘ […]. Folgende Anklänge an die Sokrates-Überlieferung lassen es erkennen: das Sprechen auf dem Markt zu denen, die gerade anwesend sind (V 17); die Einschätzungen der Athener, daß Paulus ein Verkünder ‚fremder Gottheiten‘ sei (VV 18.20; vgl. Platon: Apologie 24b; Xenophon: Memorabilia I 1,1) und vielleicht auch die Anrede ‚Athener‘ (V 22; andres Athènaioi vgl. Platon: Apologie 1a)“; ebd. 11 Vgl. ebd., 461f. 12 Aratos, Phaen 5. 13 Zu den Einzelheiten vgl. WEISER ebd., 459–461. 14 Eine genaue Auflistung von Entsprechungen zwischen Aussagen aus der Areopagrede zu anderen Aussagen innerhalb der Apostelgeschichte bietet GERD LÜDEMANN, Das frühe Christentum nach den Traditionen der Apostelgeschichte. Ein Kommentar, Göttingen 1987, 199; vgl. auch HARNACK, Rede des Paulus, 13–18. 15 D und Irlat konkretisieren diesen Hinweis zusätzlich durch avndri. vIhsou/.
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bestimmt hat; allen hat er einen Beweis dadurch erbracht16, dass er ihn von den Toten auferweckte.
Klaus Kliesch ist m.E. dahingehend Recht zu geben, wenn er am Schluss der Rede in den V. 30f. ihr eigentliches Ziel formuliert sieht.17 Josef Zmijewski paraphrasiert die Intention des Lukas folgendermaßen: „Gott hat bisher über die Zeiten der Unwissenheit18 hinweggesehen (V. 30a; damit wird der Bogen zum Anfang der Rede [V. 23b] zurückgeschlagen); jetzt verkündigt er überall die (Notwendigkeit der) Umkehr (V. 30b), wird er doch einmal in der Zukunft an einem festgesetzten Tag ‚Gericht halten durch einen Mann, dessen Einsetzung durch Gott und seine Legitimation durch die Auferweckung‘ (A. Weiser, Apg II 456) erfolgt sind (V. 31).“19 Aufzumerken ist vor allem bei der Formulierung ta. nu/n in V. 31, denn mit ihr wird eine relative Zeitstruktur sichtbar, der wir auch schon im Lukasevangelium begegnet sind. War die Vergangenheit von der a;gnoia der Menschen bestimmt, so ist die Gegenwart jetzt vom Umkehrruf Gottes geprägt (vgl. SapSal 12,20), der, wie der Zusatz pa,ntaj pantacou/ in V. 30 zeigt, universale Geltung beansprucht: Alle Menschen – Juden wie „Heiden“ – fordert Gott zur meta,noia auf, und die Entscheidung zu ihr darf nicht länger aufgeschoben werden. Denn Gott hat bereits einen Gerichtstag festgesetzt und den Richter bestimmt, der die oivkoume,nh evn dikaosu,nh| richten wird (vgl. Ps 9,9; 96,13; 98,9). Dieser Richter kann auch ohne Namensnennung wie schon in Apg 10,42 unzweifelhaft mit Jesus Christus identifiziert werden. Seine Auferweckung von den Toten zeichnet ihn vor allen „heidnischen“ Göttern für diese Aufgabe aus und beweist seine Vollmacht zu diesem Amt, die ihm vom Schöpfer selbst übertragen wird (V. 31c; vgl. 1. Thess 1,9f.; Heb 6,1f.). In der Aufforderung zur Umkehr sieht Kliesch dann auch die Hauptaussage von Apg 17,30f.20 Zwar deutet Lukas mit dem Unwissenheitsmotiv auch die Vergangenheit und blickt mit dem Hinweis auf das universale Gericht Gottes in die Zukunft – beides ist in seinen Verläufen auch nicht mehr zu ändern (e;sthsen/w[risen V. 31) – die Gegenwart jedoch kann und soll noch zur Umkehr genutzt werden, um im Gericht nicht verworfen zu werden. Und auf die Gestal-
16 Die Wortkombination pi,stin pare,cein mit „beglaubigen“ bzw. „einen Beweis erbringen“ zu übersetzen, wird in WbNT, 1314, mit Bezugnahme auf Josephus, Ant II 218; XV 260 und Polybios II 52,4 vorgeschlagen; vgl. auch WEISER, Apostelgeschichte, 476f. 17 Vgl. Klaus Kliesch, Das heilgeschichtliche Credo in den Reden der Apostelgeschichte, BBB 44, Köln-Bonn 1975, 172. 18 Die a;gnoia sieht Lukas „zum Teil in der noch nicht (genügend) geschehenen Verkündigung, zum Teil aber auch in menschlicher Schuld begründet, weshalb es nicht nur einer neuen und tieferen Einsicht, sondern religiöser Umkehr bedarf (vgl. [Apg] 3,17.19; 13,27. 40f.)“; WEISER ebd., 476. 19 JOSEF ZMIJEWSKI, Die Apostelgeschichte, RNT, Regensburg 1994, 634. 20 KLIESCH ebd., 173.
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E. Ausblick
tung der Gegenwart kommt es ihm an, wie schon im Evangelium mehrfach deutlich geworden ist. Für die Rezipienten der Apostelgeschichte (wie auch des Lukasevangeliums) ist die Umkehrforderung also nichts anderes als ein Appell an sie selbst. Lukas will sie dazu bewegen, solange noch Zeit ist. Auch wenn er den Zeitpunkt der Parusie Christi zum Gericht nicht kennt – dass er eines Tages kommen wird, steht für den Verfasser des lukanischen Doppelwerkes außer Frage und lässt ihn an seine Adressaten appellieren. Wie sie reagieren, davon klingt in V. 32 etwas an. Hier berichtet Lukas, dass der Botschaft von der Auferstehung Christi Ablehnung und Widerspruch entgegengebracht wird.21 Viele haben für sie offensichtlich nur Hohn und Spott übrig. Andere wiederum wenden sich ab und vertrösten Paulus, ihm ein anderes Mal zuzuhören. Nur tine.j a;ndrej sowie „eine Frau mit Namen Damaris“ (V. 34) schließen sich ihm an. Denkbar wäre, dass sich in den V. 32.34 möglicherweise eigene Erfahrungen des Lukas mit Reaktionen auf die urchristliche Missionspredigt widerspiegeln. Ihnen zum Trotz macht er dagegen nicht die Gerichtsandrohung zum leitenden Motiv seines Werkes, sondern die Nachsicht Gottes, der in der Gegenwart allen Menschen noch die Möglichkeit zu einer Kurskorrektur gibt. In Apg 17,30f. bündelt Lukas also seine zentralen Gedanken im Blick auf das künftige Gottesgericht, die Zmijewski wie folgt auf den Punkt bringt: „Gott ist der Herr der Geschichte (vgl. bes. V. 30a, wo auf die von Gott verfügte ‚Zeitenwende‘ hingewiesen wird). […] Gott ist der künftige Richter (V. 31). Mit anderen Worten: Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft gehören Gott, unterstehen seiner Verfügung (und gehören deshalb auch zusammen!). […] In christologischer Hinsicht wird hervorgehoben: Jesus Christus ist der von Gott eingesetzte und durch die Auferstehung von den Toten beglaubigte Richter, durch den Gott – der eigentliche Richter – sein kommendes Gericht durchführen wird (V. 31). Aus all dem gilt es die richtige Konsequenz zu ziehen. Diese besteht zum einen in einer Abwendung vom Götzendienst (vgl. VV. 24b.25.27. 29) und zum anderen in einer entschiedenen Hinwendung zu Gott, d.h. in der Umkehr (V. 30b). Christliche Verkündigung hat immer gerade zu dieser Umkehr aufzurufen!“22 Damit lässt sich als zentrales Ergebnis dieses Ausblicks formulieren, was auch die Untersuchung zur lukanischen Rede von einem zukünftigen Gericht Gottes erbracht hat: Für Lukas verfolgt die Ankündigung eines bevorstehenden göttlichen Gerichts – sei es über Israel, sei es über die ganze oivkoume,nh – keinen Selbstzweck. Sie gewährt lediglich einen Blick in die dunkle Konsequenz, wenn das Evangelium von Jesus Christus bzw. vom unbedingten Heilswillen Gottes für alle und Gottes Barmherzigkeit mit allen Menschen klanglos ver21 22
Vgl. ZMIJEWSKI, Apostelgeschichte, 637, und HAENCHEN, Apostelgeschichte, 510. ZMIJEWSKI ebd., 648f.
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hallt. Darin hat die Rede vom Gottesgericht ihre Funktion und ihr Ziel sowohl im Evangelium als auch in der Apostelgeschichte des Lukas.
D Ergebnisse: Das E AusblickGottes bei Lukas
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Stellenregister
347
Stellenregister Stellenregister
(in Auswahl) Stellenregister
1. Altes Testament Gen 3,14 6–8 6,13ff. 8,21 12,2f. 15,4f. 17,4–8 18,1–15 18,25 19,24f. 19,26 37,34
19 264 265 12 23 23 23 229 12 262 278 75
Ex 12,11 12,12 12,42 19,16f. 21,22 21,23f. 21,23–25 22,24 23,6 23,11 23,20 24,1 24,9
130 130 272 262 154 154 154, 172 227 227 227 54 71 71
Lev 10,1f. 19,10 19,18 19,18b
262 227 227 217
19,19 19,19f. 23,22 24,18–21 25,10 26,33
158 217 217, 227 154, 172 168 294
Num 11,16 11,24 13,23 16,2 16,35
71 71 159 262 262
Dtn 4,27 4,31–35 6,4f. 8,8 8,15 19,21 22,9 24,19–22 30,3–5
294 60 227 159 72 154, 172 158 217 60
Jos 2,6 2,8 15,8b 18,16b
267 267 114 114
Ri 9,7–15 9,11
159 159
348 2. Sam 5,11 21,10 22,8ff. 22,14f.
Stellenregister
81 75 262 262
1. Kön 5,5 5,15–32 8,46–53 10,1 14,7–16 14,15 16,1–3 16,18f. 17,17–24
158f. 81 60 251 13 294 13 13 10
2. Kön 1,10 1,12 1,14 4,18–37 13,1f.
262 262 262 10 13
1. Chr 22,4
81
Esra 7,8 9,5f.
166 272
Neh 9,1 9,7ff. 9,9–15 13,16 Hi 1f. 3–11 7,9f. 10,21 16,22 26,5 31,16–22 36,32 37,5 38,16f. 38,17
75 60 60 81
13 13 13, 88 88 13 88 67 262 262 88 88
38,25 38,35 39,12
262 262f. 52
Ps 7,9f. 7,12 9,9 9,14 18,8ff. 18,14f. 23,5 29,2 44,12 49,16 58,12 96,13 97,2ff. 98,9 103 103,13 103,17 105,33 107,18 108,10 112,1–9 112,10 135,7
12 12 321 88 262 262 204, 212 26 294 13 12 321 262 321 12 115 115 158 88 25 187 187 262
Spr 2,18f. 16,6
88 67
Koh 12,5 Jes 1,24ff. 2,1–5 2,2f. 2,6–22 3,13f. 3,14 5,1–7 5,24 6,9f. 6,11 10,1f. 10,1–19
13
12 13 181 11 11 227 61 23 299, 305, 311 24 227 12
349
Stellenregister 10,18f. 10,33f. 13 14,9–11 14,30 21,10 22,1 22,14 24 25,6 25,6–12 25,6ff. 25,8a 26,19 29,18f. 30,27ff. 34,4 34,8 35,5f. 38,10f. 40,3 40,3–5 40,4–5 40,5 51,1–2 58,6 58,7 60,3 60,11 61,1 61,1f. 61,2a 63,18 65,13 65,13f. 65,17f. 66,15f.
23 59, 62 11f. 88 227 59 267 24 204 181 13 189, 204, 212 13 13 210, 212f. 62 158 11 210, 212f. 88 25, 54, 63, 168 53f. 168 54, 68 61 165 67 181 181 165 65 165 294 204, 212 189 12 59
Jer 1,14 2,26 5,17 8,6 8,13 10,13 17,6–8 24,1–10 25,11f. 29,10
24 11 158 160 61, 157–161 262 61 159 166 166
29,17 30,11 46–51 46,22f.
159 294 12 23
Ez 7 15 16,49 18,7 18,12f. 25ff. 26,1–28,24 30,14–16 37,7a 37,8b–10
11 61 227 67 227 12 81 59 13 13
Dan 2 4,11 4,17–22 7 7,9f. 7,13 7,13f. 7,13ff. 7,14 8,13f. 9,15 9,16 9,19 9,24 9,25 10–12 10,6 12,1 12,1–3 12,2 12,6f. 12,7
12 59 59 12, 104, 308 19, 104 104 26, 32, 104 308 104 27 60 60 60 166 166 62 263 26 12f. 15, 89 27 271
Hos 1,6 1,9 2,14 4,1ff. 8–10 9,10
24 24 158f. 11f. 13 157
350
Stellenregister
Joel 1,6 1,6f. 1,7 2,1–11 2,12f. 2,22 3 3,4 4,4–8
161 160f. 159, 161 11 12 159 272 11 81
Am 1,9f. 2,7f. 4,1 4,9 5,4 5,6 5,18–20 6,3 8,2 9,11–15
81 227 227 159 12 12 11, 24 11 24 13
Jona 2 3 3,5–10 4
101f. 101f. 107 101
Obd 18
59
Mi 4.1f.
181
4,4 6,2 6,8 7,1 7,18
158f. 12 67 157 12
Nah 1,6
59
1,10
23
Hab 2,11 3,3ff.
100 262
Zeph 1,1ff. 1,7
62 204, 212
Sach 2,10–17 3,10 8,20–23 12,3 13,9 14,12–16
13 158f. 13 294 15 31
Mal 2,17–3,15 3,1 3,2 3,5 3,19
26 25, 54, 63 25, 62 12 23, 59
2. Jüdische Quellen ApkAbr 9–32
228
ApkZef 14,3
228
AssMos 10,1–10 10,2
31 26
äthHen 1,1 1,1–9 1,4ff. 5,5–8 10,13 22 22,3c–4 22,3f. 22,9–13 37–71
15 16 16 15 16 231f. 89 231 89 26, 103
351
Stellenregister 43,1 45,2f. 45,3 46–62 46,4–6 47,3 47,3f. 48,9 50,2 51,1 51,2 51,3 51,5 55,4 61,8 62 62,3ff. 62,8 62,11 62,11–13 62,14 62,14f. 69,26–29 69,27 69,29 85–90 89f. 90,20–26 91,7 91,12–17 92–105 93,1–10 105,1 108,3 108,5 Ant (Josephus) I 203 II 38 II 218 II 315 IV 1 IV 8,35 IV 141–144 XV 1.2 XV 260 XVIII 14 XVIII 27
263 15 20, 46 26 26, 104 46 15, 19 62 16 88 26 20 20 15, 20, 26 15 20, 31 104 304 104 17 204 189f. 20 104 104 308 19 15, 19 16, 18 308 20 308 272 187 187
262, 278 75 321 84 153 155 85 166 321 16 78
XVIII 27f. XVIII 3,2 XVIII 116–119 XVIII 356 XX 5,1 XX 97–99 XX 167–168 XX 169–172
78 151 20f. 132 261 261 261 261
AssMos 10,3 10,11f.
119 272
Av 2,2
23
Baba Qamma 83b–84a
155
Bell (Josephus) I 422 II 9,4 II 168 II 188 II 261–263 III 123f. III 375 III 516–521 V 510 V 566
81 151 78 79 261 258 16 79 132 262
bHag 14a
20
bSan 93b
20
bSchab 153a
204
Contra Ap (Josephus) II 121 320 De Abr (Philo) 138f.
262
De Vit Mos (Philo) II 52–65 251
352
Stellenregister
4. Esra 3,13f. 4,32 7,20 7,36 7,38 7,47 7,59–61 7,75 7,83 7,91 8,1 8,1–3 9,15f. 12,8 12,32f. 13 13,3 13,4 13,10 13,37f. 13,49 14,10ff.
228 52 15 15–17, 114 17 183 15 17, 232 187 17 15 183 183 17 104 26, 103 104 104 26 20, 104 20 272
5. Esra 2,38
204
grBar 16,3
262
Jub 1,7–26 24,2 36,10
60 247 262
Kil VI,4 Legatio ad Caium (Philo) 299–306 153 LibAnt (Pseudo-Philo) 9,4 23, 60 16,5 19 20,9 247 39,6 19 47,1 247
LXX Gen 10 71 Gen 19,24f. 62 Gen 44,29 88 Gen 44,31 88 Exod 1,17f. 255 Exod 1,22 255 Exod 12,11 130 Exod 19 256 Exod 20,11 320 Leu 11,47 255 Num 16,30 88 Deut 7,6 296 Deut 10f. 101 Deut 10,17 59 Deut 10,12–11,32 101 Deut 21,14 90 Deut 32,35 293 Iud 8,9 255 Iud 9,23 90 Ruth 3,2 52 1. Regn 2,6 255 1. Regn 2,31 247 1. Regn 8,42 188 1. Regn 10,7 147 1. Regn 21,13 290 1. Regn 27,9 255 1. Regn 27,11 255 1. Regn 14,45 292 2. Regn 14,6 54 2. Regn 14,11 292 2. Regn 21,1 247 2. Regn 22,31 63 2. Regn 22,31–33 59 2. Regn 22,32 63 2. Regn 22,33 63 2. Regn 22,48 59, 63 2. Regn 23,5 59, 63 3. Regn 1,52 292 3. Regn 2,6 88 3. Regn 2,9 88 3. Regn 8,27 320 3. Regn 9,6ff. 293 3. Regn 16,28 247 3. Regn 20,31 255 4. Regn 7,4 255 4. Regn 18,7 90 4. Regn 18,20 90 4. Regn 20,17 247
353
Stellenregister 2. Par 25,4 Tob 14,7 Ps 6,9 Ps 6,9a Ps 34,16 Ps 36,12 Ps 68,23 Ps 85,9 Ps 90,13 Ps 111,1–9 Ps 111,10 Ps 125,6 Ps 145,6 Eccl 9,12 Iob 9,33 Iob 16,9 Iob 22,13 Iob 33,29 Iob 34,31 Iob 36,22 Os 9,7 Am 4,2 Am 8,11 Am 9,31 Mich 3,12 Mich 7,4 Mich 7,12 Ioel 1,6f. Ioel 1,7 Ioel 2,3 Ioel 3,3 Abd 18 Ion 1,2 Nah 1,6 Soph 1,18 Zach 6,15 Zach 8,20 Zach 8,22 Zach 14,1 Is 2,2 Is 14,11 Is 14,13–15 Is 14,15 Is 15,3 Is 22,12 Is 24,16 Is 24,17 Is 27,13 Is 35,10
54 183, 188 187 179 187 187 296 188 72 187 187 188 320 296 164 187 63 63 63 63 293 247 247 247 293 187 188 160 161 62 62 62 99 62 62 188 188 188 247 188 75, 80 80 75 187 187 90 296 188 188
Is 37,32 Is 39,6 Is 40,3–5 Is 40,5 Is 41,9 Is 42,5 Is 42,6 Is 45,20 Is 48,12 Is 51,2 Is 51,11 Is 53,8 Is 60,5f. Is 61,1 Is 61,2 Is 61,2a Is 61,2b Is 66,15f. Is 66,18 Ier 1,1 Ier 1,15 Ier 3,18 Ier 3,21 Ier 5,29 Ier 7,32 Ier 8,13 Ier 9,24 Ier 12,11 Ier 15,6f. Ier 16,19 Ier 22,7 Ier 26,10 Ier 26,21 Ier 26,41f. Ier 27,27 Ier 27,31 Ier 28,6 Ier 31 (38),12 Ier 50 (27),4f. Thr 2,16 Ez 31,14ff. Dan 7,9 Dan 9,26
183 247 54 55 208 320 208 183 208 208 188 83 188 165 165, 167, 293 165, 169 167–169 62 188 54 188 188 187 293 247 160f. 247 290 62 188 62 293 293 293 293 293 293 188 188 187 80 46 293
2. Mac 1,24 6,8–7,42 6,26
59 19 114
354 3. Mac 2,4f.
Stellenregister
4. Mac 7,19 8–14 11,20 13,14f. 13,17 16,25 17,11ff.
229 184 184 114 228 229 184
MidrKoh 9,8
204
MidrTeh 29,2
26
Migr (Philo) 89ff.
19
mKid 1,10 4,14
19 19
mSanh 10,1
17
26
SapSal 1,8–11 2,7–9 3,1 3,1–4 3,3 3,7f. 4,6 4,7 4,10f. 4,19 5,1–13 5,15 5,17–23 6,9 10,4 10,6 10,7f. 12,20 19,13
15 204 16 17 16 18 15 16f. 17 17 18 17 16, 18 15 251 251 278 321 272
Sib I 103 II 292 III 46ff. III 324ff. III 556–561 III 564–572 III 616f. III 671–674 IV 24f. IV 130ff. IV 186 V 344ff. V 298–305
114 114 272 16 18 18 18 262 320 272 16 16 262
Sir 7,32 18,24 32,1–13 35,3f. 48,1 48,3
67 293 204 67 262 262
slHen 42,5
204
251
15
M. Taanit 2,4
98
Qumran 0Q CD 15,5 1QH 3 1QH 7,12 1QM 1QM 17,6f. 1QS 4,7f. 1QS 4,9–11 1QS 4,20f. 11Q 13
20 23 15 16 26 16 16 25 26
PsSal 8,1–3 8,7–32 8,15 9,9–11 15,4f. 15,6f.
16 17 16 23 59 262
355
Stellenregister SpecLeg (Philo) 1,235f. 3,181–182 4,143 syrBar 4 15,8 20,1–6 29,3–8 51,6 53,1 53,11 59,10 72 78,5–7 78,6f. 82,1–9 83,8 84,8 85,4 85,13
85 155 19
17 17 272 190 187 263 263 16, 114 263 17 17 17 17 17 17 114
TestAbr 10–15 11 13
228 183, 185 20
TestBen 10,6f.
229
TestAss 7,7
60
TestDan 5,4–12 6,2
60 26
TestHi 4,10 27
184 184
TestLev 15,4 18,14
23, 60 228
TestHi 4,10
17
TestNaph 3,4f. 4,1–5
251 60
TestSeb 9,8f.
60
TNDtn 7,9f.
17
TNGen 3,22–24 3,23f. 15,1
19 19 17
Tob 1,17 4,10f. 4,16f. 11,15 12,9 13 13,2 13,5f. 13,9 14,4–7 14,7
67 67 67 17 67 60 17 17 17 60 183
Virt (Philo) 180–183
85
VitAd 34
17
ySanh 23c 30–41
222 22
356
Stellenregister
3. Neues Testament Mt 1,23 3,1–12 3,3 3,4 3,4–12 3,5 3,7–10 3,9 3,9a 3,10 3,11 3,11f. 3,12 4,8 4,13 4,14 5–7 5,3 5,12 5,18 5,20 5,25 5,25f. 5,26 5,35 5,38f. 6,20 6,20f. 6,22f. 6,24 6,25–33 7,13 7,13f. 7,15–23 7,21 7,21–23 7,22 7,22f. 7,23 7,24–27 8,5–13 8,8 8,10 8,11 8,11f.
235 51, 58, 69 54, 96 64 20 54 55, 146 188 56 114, 207 25, 56f. 56 114 294 80 96 71 220 89 194, 217 194 138f. 113, 138 138 96 154 89 113 96 217 113 183 33, 175f. 179 177 178 179 177f. 121, 177, 179 187 80 113 201 180, 188, 204, 229 33, 180
8,12 8,17 8,19–22 8,21f. 9,1 9,6 9,9 9,9–13 9,37f. 10,1 10,5–16a 10,5–42 10,7–16 10,15 10,16b–11,19 10,23 10,26–33 10,28 10,30 10,32 10,32f. 10,34–36 10,37f. 10,39 10,40 11,7–14 11,10 11,19 11,20–24 11,21 11,21–23a 11,22 11,23 11,23b–24 11,25–27 12,17 12,34 12,38–42 12,39 12,39–42 12,40 12,41f. 12,42 13,1 13,12 13,16f.
168, 180 96 209 268 80 104 79 209 73 73 73 71 71 76 73 194 113f. 33, 113f., 122 292 121 33, 116, 120, 122 113 254 243, 254f., 268 73, 76 62 54 104 71, 73 75f. 75 75 80, 88 76 73 96 55 93, 97 96 28 93, 96–101 33, 75, 100 97 75 129 73
Stellenregister 13,41 14,1–12 14,5 14,7 14,15 14,22–33 15,21–28 15,27 16,1 16,2f. 16,6 16,11f. 16,18 16,25 16,27 18,10–14 18,12f. 18,12–14 18,13 18,15–17 19,21 19,28 19,30 20,16 20,28 21,18–19 21,20–22 21,23 21,36 21,37 21,45 22,1–14 22,2 22,2ff. 22,3 22,4 22,5 22,5–7 22,6f. 22,7 22,8 22,9 22,9–10 22,10 22,11–13 22,11–14 22,14 22,23 22,29f.
179 20 62 121 204 79 215 215 55 138 55 55 176 254 116, 122 210 201 239 113 239 89 46 181, 209 181f., 190, 192, 194 104 144, 147 144 196 200 200 196 193, 195, 202, 212 196, 198 204 196 196–198 196, 199f. 199 196f. 196, 200, 206 197, 201 196f. 200 196, 201f., 205 209 197, 201f. 194, 201 75 204
22,35–40 23,1–36 23,28 23,33 24 24,12 24,15 24,17f. 24,18 24,23–25 24,23 24,26 24,27 24,27f. 24,28 24,31 24,32 24,37–41 24,38–39a 24,39 24,39b 24,40 24,40f. 24,41 24,43 24,43f. 24,43–51 24,44 24,45 24,45–51 24,46f. 24,49 24,51 24,51b 25,1–13 25,10 25,10–12 25,11f. 25,14–30 25,29 25,31f. 25,31–46 25,32 26,34 26,38 26,40f. 26,70 26,72 26,75
357 227 210 179 55 241, 244, 264 179 96 253 253 248 241, 245f., 249 249 242, 245, 262 257 245 256 139 250 245 242 245, 250 242f., 255 242, 245, 269 242 45, 126 125, 127, 129 113, 209 127 127, 134 125, 127, 129, 201 126 127 127 128 125f., 177f. 178 177f. 177f. 199 129 46 233 304 255 131 131 121 121 121
358
Stellenregister
27,9 27,11f.
96 304
Mk 1,1–8 1,2 1,2f. 1,2–4 1,2–8 1,3 1,4 1,4a 1,4b 1,4f. 1,4–8 1,7 1,8 1,9–11 1,15 1,21 1,21f. 2,1–12 2,10 2,13 2,13–17 2,15–17 2,17b 2,20 3,22–27 4,1f. 4,22 4,25 4,26–29 5,45–8,26 6,2 6,7–13 6,8–13 6,14–29 6,21 6,30 6,30–44 6,48 7,1–23 7,24–30 7,28 8,11 8,11f. 8,12 8,15
58, 69 54 25 53 51 54, 168 28 53 54 54 20 56 56 28 29 80 182 267 104 182 79 29 239 247 96 182 114 129 29 94 182 43, 73f. 71 20 203 72 79 132 168 215 215 55, 94 97 96 94, 118
8,23 8,26 8,31 8,35 8,38 9,1 9,43 9,45 9,47 9,43–48 10,25–28 10,28 10,31 10,32f. 10,45 11,12–14 11,13f. 11,20f. 11,20–22 11,27 12,1–12 12,5 12,14 12,28–31 12,28–34 12,39 13,1 13,1f. 13,1–32 13,2 13,3 13,3b 13,3–7 13,3–8 13,4 13,5 13,8 13,8a 13,9 13,9–13 13,10 13,11 13,11a 13,11b 13,12 13,13 13,14 13,13b 13,14–20
78 78 243 243, 254f., 268 114, 116f., 120, 122 29 33 33 33 29, 33 282 118 181 115 104, 123, 126, 132 144–146 147 147 144f. 282 200 200 182 227 282 203 281, 287 287 281 247 281 298 288 288 288 288 289f. 290 291 290 291 291 291 291 113, 291 292 292 292, 305 292
Stellenregister 13,15 13,15f. 13,16 13,17 13,18 13,18f. 13,19 13,20 13,21 13,21–23 13,24 14,24–25a 13,24f. 13,24–27 13,25b 13,26 13,26f. 13,27 13,28 13,28b 13,28f. 13,29 13,30f. 13,30–32 13,32 13,32f. 13,33 13,33–36 13,33–37 13,34 13,35 14,25 14,30 14,34 14,37f. 14,62 14,68 14,70 14,72 15,32b 15,43
253 253, 292 253 293 293, 298 293 293 293, 298 241, 245f., 249 248f. 294 294 290 294 294 294 32, 104 256, 294 139 295 295 295 296 296 296f. 297 297 124 251 126 44, 126, 132 29, 204 255 131 131 104 121 121 121 234f. 131
Luk 1 1–2 1–9 1,1 1,1–3 1,1–4
53 53, 58, 63f., 68f. 169 309 315 236
1,3 1,5 1,5–25 1,6 1,9 1,13 1,16f. 1,17 1,20 1,21 1,26ff. 1,31–33 1,32 1,32f. 1,34 1,38 1,39 1,46–55 1,50 1,51–53 1,54f. 1,55 1,59–64 1,66 1,67–79 1,68 1,68–79 1,68ff. 1,73 1,75 1,76 1,76f. 1,77 1,78 1,78f. 1,80 2,1 2,1f. 2,1–20 2,9 2,10f. 2,11 2,20 2,23 2,25 2,29–32 2,30
359 309 53, 64, 252 53 180 309 64 85 180 302 58 309 309 108, 121, 142, 173, 239f. 142 247 309 53 132 115, 267 190 309 229 53 220, 290 11, 53 170, 295 66 309 229 69 54 64, 66, 69f. 64 170 95, 207 64 294 53, 64, 252 1 55 276 66, 68f., 108, 121, 142, 205, 235, 309 220 54 130, 180 168 168, 205
360 2,30–32 2,32 2,34 2,36 2,38 2,41–52 2,46 3,1 3,1f. 3,1–2a 3,1–3 3,1–6 3,1–18 3,2 3,2b 3,2b–6 3,3 3,3b 3,4 3,4–6 3,5 3,6 3,7 3,7a 3,7–9 3.7b–9 3,7–17 3,7ff. 3,8
3,8f. 3,9 3,9b 3,10 3,10–14
3,11 3,12 3,13 3,14 3,15 3,15–17
Stellenregister 54, 64, 309 2, 309 103, 112, 162 11 131, 295 64 247 167 58, 252 53 64 58, 64, 68f. 51, 58, 69–71, 237, 306 53 54 53, 58 28, 62, 64, 83, 85, 220, 312 53f. 54 64 54 1, 54, 64f., 68f., 163, 168, 310 51, 57, 309 55 20, 55, 58, 65, 146 69 69 275, 307 51, 55f., 66f., 69, 83–85, 110, 140f., 156, 173, 188, 210, 220, 229, 237, 309, 311f. 162, 172 51, 65, 114, 207, 308 137, 229 67, 69 51, 55, 57f., 65–69, 85, 136, 140, 247, 266, 312 67 67, 69 67 67, 69 58f., 66, 247 65
3,16 3,16f. 3,17 3,18 3,19f. 3,34 4–9 4,5 4,13 4,14f. 4,15 4,16 4,16–30 4,17–21 4,18 4,18f. 4,19 4,21 4,22 4,23 4,23b 4,24–27 4,26f. 4,28f. 4,31 4,31f. 4,31–7,10 4,42 4,43 4,44 5,1 5,3 5,12 5,12ff. 5,15 5,17 5,19 5,24 5,26 5,27 5,27–32 5,27ff. 5,29–32 5,31f. 5,32
51, 56, 66, 68, 70, 309 20, 51, 56–58, 69 57, 66, 114, 135, 308 51, 58, 64f., 68f. 20 229 168 294 276, 302 80 182 182 65, 166 276 169, 173, 210, 226 164–167, 170–172, 207 164–169, 171, 293, 314 166, 207f., 228, 235 166f. 80, 147, 220, 313 80 166 310 171 80 182 80 55, 97 65, 295 168 97, 220 182 296 210 55 182 267 59, 108 235 182 79 210 58 205 83, 207, 209f., 220, 239
Stellenregister 5,33–35 5,35 5,36 (–39) 6,5 6,6 6,17 6,17–49 6,20 6,20f. 6,20–49 6,23 6,24–26 6,27f. 6,27–31 6,29b 6,30 6,31 6,36–42 6,38 6,39 (– 49) 6,43f. 6,43–46 6,47–49 7,1–10 7,1ff. 7,3 7,5 7,6 7,9 7,11 7,11–17 7,12 7,16 7,18–23 7,18ff. 7,22 7,24–35 7,27 7,29f. 7,30 7,31 7,34 7,36 7,36–50 7,40 7,43 8,4 8,4–15 8,7
148 247 134, 147f., 295 104, 108 182 97 67 220 89, 226 136 89 190, 220, 226 67 85 67 67 67 227 67, 230 134, 147 67 227 90, 187, 238, 312 80 211 168 168 113, 295 201 80 10 176 170 274 205 86, 210, 226, 313 62 54 91 90f. 96, 267 58, 104, 140 204, 275 239 288 83, 252 182 216 247
8,8 8,11 8,15 8,16 8,17 8,18 8,21 8,22 8,28 8,38 8,42 8,45 8,49 9,1–6 9,2 9,7–9 9,10 9,11 9,12 9,18 9,22 9,23 9,23–27 9,24 9,26 9,27 9,32 9,35 9,38 9,40 9,41 9,51 9,53 9,57–62 9,58 9,59–62 9,62 10–21 10,1 10,1–12 10,1–17 10,2 10,2–11 10,2–12 10,2–16 10,3 10,4–11 10,6 10,8
361 90, 190 237 95, 108, 190, 237 254 114 90, 129, 313 90, 95, 108, 237f. 248 108 296 55 55 288 73f. 295 20, 62 72, 78f. 55, 295 79 55 108, 243, 245, 277 85 313 243, 254, 268 55, 114, 116 122 55 90, 228, 313 288, 296 296 96, 127, 267 71, 174 174 209 313 268, 313 208 169 71, 73f., 247 91 74 73 74 73 71 73f., 247, 313 73 76 76
362 10,9 10,9f. 10,10f. 10,10–12 10,11 10,12 10,13 10,13f. 10,13–14 10,13–15 10,13–16 10,14 10,15 10,15f. 10,16
10,17 10,17–20 10,18 10,18f. 10,19 10,20 10,21 10,21f. 10,22 10,23 10,23f. 10,24 10,25 10,25–28 10,25–37 10,25ff. 10,26 10,27 10,29–37 10,30 10,30ff. 10,38–42 10,39 10,42 11,1 11,1–2a 11,1–13 11,1–18,30
Stellenregister 74, 295 73 76, 313 91, 162 74, 295 74 74, 79, 81, 83, 86, 91, 140, 310, 312f. 74, 108 75 31, 75, 91, 107, 162, 168, 189, 237, 309 71, 73, 76, 82, 93, 306, 308 74, 82f., 88, 92 74f., 80, 86f., 89, 156, 308, 313 311 73–76, 90f., 95, 108, 220, 228, 237, 266, 291, 313 71–74, 247 72f. 72 73f. 72 72–74, 89 72 73 73 313 73 194, 313 162, 288 148, 227 67 238 247 85 148 198 210 85, 148, 162, 228 90, 313 313 247 94 108, 112 134
11,2b–13 11,4 11,8 11,9 11,13 11,14 11,14–23 11,14–26 11,14–36 11,15f. 11,16 11,20 11,23 11,24–26 11,26 11,27f. 11,27–32 11,28 11,29 11,29a 11,29b 11,29f. 11,29–31 11,29–32
11,30 11,30–32 11,31 11,31f.
11,32 11,33 11,33–36 11,34 11,34f. 11,36 11,37 11,37–44 11,37–52 11,37–53 11,37–54 11,38f. 11,39
94 108, 111 201 108 108f. 94, 162 95 94, 96, 108 96 162 93f., 96f., 100, 105, 107 29, 109, 273 94, 162 109 94, 109 94–96 101 90, 94, 108, 220, 228, 237, 313 95, 97, 99, 101–103, 162, 267, 313 94, 97, 100 109 95, 97f., 100, 110, 309 31 28, 93f., 96–98, 100f., 108–110, 162, 172, 189, 237, 306 97–103, 105f., 109f. 100 90, 267, 312f. 31, 75, 93, 96f., 99, 103, 105, 107, 109– 111, 156, 266, 310 81, 99, 106, 267 96 94f. 109 96 94, 96 162, 204, 247, 275 275 94, 109, 111 96, 162 108, 162, 237 95 94, 109
Stellenregister 11,39–52 11,41 11,42 11,43 11,44 11,45 11,46 11,48 11,50f. 11,51 11,52 11,53–54 11,54 12,1 12,1–12 12,2–7 12,2–9 12,4 12,4–5 12,4–7 12,5 12,8 12,8f.
12,9 12,10 12,10–34 12,11 12,11f. 12,12 12,13 12,13a 12,13–15 12,13–34 12,15–21 12,16a 12,16–21 12,22 12,22–34 12,31 12,31f. 12,33 12,33f. 12,35
110 110 94, 109f. 94 94 288 94, 110 94, 110 95f., 110, 267 109 94, 110 94, 118, 275 111 94, 111, 149, 162, 275, 296 112–115, 122, 190 118 114 113, 118 113–115, 120, 122, 142, 291 114 114, 118, 120, 313 85, 117–121, 297, 309, 311, 313 3, 7, 104, 114–116, 120, 122, 142, 236, 268, 304 117f., 121, 162 117f. 123 162, 291 291, 313 291 162, 288 147 112f., 142, 312 142 226 147 112f., 135, 142, 231, 256, 268, 312 147 112f. 207 85 89, 142, 312 268 125–127, 270
12,35f. 12,35–38 12,35–40 12,35–48 12,35ff. 12,36 12,36f. 12,37 12,37b 12,37f. 12,37–54 12,38 12,39 12,39f. 12,40 12,41 12,41f. 12,41–46 12,42 12,42a 12,42f. 12,42–44 12,42–46 12,42b–46 12,43 12,44 12,44f. 12,45 12,45f. 12,45ff. 12,46 12,47 12,47a 12,47–48 12,48 12,48a 12,48b 12,49 12,49–53 12,50 12,54
363 130 124f., 184, 307 129, 134, 209 112f., 123f., 129, 135, 137, 142, 312 263, 297, 305, 310, 315 126f. 309 126, 131 127, 185 127 210 126f., 130, 132, 137, 307 45 125, 127, 129, 133, 135f. 125, 133, 136, 307, 309 127, 129, 133f., 137, 247 309 127, 129, 133, 136, 201 127, 134f., 137 127, 129 310 44 7, 125, 129, 134, 142 127–129, 135 135f., 309 135 127 127, 135, 297 137 310 127, 137, 308f. 129, 137 134 7, 128f., 136 142 129, 134 129 199, 207, 295 112f., 141 147, 166 149, 151, 162, 165, 310
364 12,54a 12,54–56 12,54–57 12,54–59 12,54–13,35 12,54ff. 12,56 12,57 12,57–59 12,58 12,58f. 12,59 13,1 13,1a 13,1–5
13,1–9 13,1–35 13,1ff. 13,2 13,2–3 13,3
13,4 13,4f. 13,5
13,6 13,6a 13,6b 13,6–9
13,7 13,7–9 13,8
Stellenregister 147, 150 138f., 150 112, 138, 313 112, 137, 139, 142, 150, 173 148, 150, 171 295 138, 140, 162, 288, 299, 302 138–140, 180, 247 150f. 139f., 150, 174 112, 138, 140f. 138, 174 143, 147, 151–153, 302 144 28f., 31, 139, 141, 143f., 147–153, 155f., 168, 170–174, 237, 306, 314 143, 148, 151, 171, 173 149 308 156 143, 149 81, 83, 87, 140, 150, 154f., 165, 171, 182, 308, 311f., 315 143, 151, 153, 156 149 81, 83, 87, 140, 143, 150, 154f., 165, 171, 182, 308, 311f., 315 144 146–148, 171 146 139, 141, 143–151, 156–159, 161–164, 171–174, 193, 211, 213, 216, 237, 239, 306f. 137, 144, 147, 149, 160, 169 144 143, 149f., 156, 164–166, 169–172, 211, 314
13,8–9 13,9 13,10 13,10–15 13,10–17 13,10–21 13,13f. 13,14 13,15f. 13,16 13,17 13,18 13,18–21 13,20 13,22 13,22–23 13,22–30
13,22–35 13,23 13,23–27 13,24
13,24a 13,24b 13,24b–27 13,24f. 13,24–27 13,24–30 13,24ff. 13,25
13,25–27 13,25–30 13,25ff. 13,26 13,26f. 13,27 13,27b 13,28
144, 164 137, 156, 163–165, 169, 174, 308 147, 150, 182 168 148f., 175 150 149 150 156 148, 168, 170 156, 229 147, 216 175, 182 216 147, 150, 174, 182, 192 174, 182 148, 162, 173–175, 182, 190–193, 235, 306 150 173f., 177, 180, 182f., 191, 211, 309 211 149, 165, 175f., 178, 183–186, 188, 192, 307, 313 174 186 174 191 183 174 307f. 174, 177–179, 186f., 190–192, 307, 309, 314 186, 191 156, 165 212, 315 174, 179, 186, 188, 191f. 178f. 181, 187 179 148, 175, 180, 187f., 190, 192, 229, 308, 313
Stellenregister 13,28a 13,28b 13,28–29 13,28–30 13,29 13,29f. 13,30 13,30a 13,31 13,31–33 13,31–35 13,33 13,34f. 13,35 13,35a 14,1 14,1–24 14,1ff. 14,3–5 14,7 14,7–11 14,11 14,12 14,12–14 14,13 14,14 14,14f. 14,15
14,15–24 14,16 14,16f. 14,16–23 14,16–24
14,16ff. 14,17
14,18 14,18–20 14,19 14,20
181 181 174, 180, 185, 229 187 180f., 188–192, 204 149, 315 128, 156, 174, 181, 190–192, 209 190 150 275 150, 175 149 149f., 162, 168, 171 150f., 165 165 149, 162, 193f., 196, 203f., 275 205 247 194 147 194 128, 205 203 195 205, 210 180, 195 205 173, 175, 191, 193–196, 205, 207, 212, 313, 315 216 196, 200, 202, 206, 208 203 194 162, 173, 175, 185, 191, 193–195, 198, 202f., 205, 212, 239, 306 307 196, 198, 202, 206–208, 213, 295, 307 196, 199 191, 196f., 199f., 202 199f. 200
14,21
14,21a 14,21f. 14,22 14,22f. 14,22ff. 14,23
14,24
14,25 14,25–35 14,26 14,26f. 14,26–35 14,33 14,34f. 14,35 15,1 15,1–2 15,1ff. 15,2 15,3–7 15,3 (–32) 15,4–7 15,6 15,7 15,8–10 15,10 15,11 15,11–24 15,11–32 15,16–24 15,25–32 16,1 16,1a 16,1b–9 16,1–8 16,1–9 16,3 16,8 16,8f.
365 179, 191, 196, 198, 200, 202, 206f., 209f., 212f., 226, 307, 309f. 207 200 196, 202, 207, 211, 307, 309 210 213 191, 196, 200–202, 205, 209–211, 307, 309f., 314 156, 168, 175, 191, 193f., 197, 201–203, 205–209, 211–213, 308, 311 162, 247 195, 205 313 205, 268 209 268, 313 195, 205 90, 205 58, 217 148 247 29, 275 148 134, 147 201 113 81, 207, 220, 239 148 81, 207, 220, 239 198 170, 218 148, 218 217 218 135, 216 216 216 231 135 135 135 179
366 16,9 16,10 16,10–13 16,11 16,13 16,14 16,14f. 16,14–18 16,16 16,16–18 16,17 16,19 16,19–21 16,19–26 16,19–31
16,19ff. 16,20–21 16,21 16,22 16,22f. 16,22ff. 16,23 16,23–25 16,23–26 16,23–31 16,24 16,24–26 16,24–31 16,25 16,26 16,27 16,27–29 16,27–31 16,28 16,29 16,29–31 16,30 16,30f. 16,31 17,1 17,1–6
Stellenregister 118 217 216f. 217 128, 217 162, 237 216 148, 275 1, 217, 220, 237 216 217, 237 214f. 215 218–222, 224 2,4, 67, 89, 118, 148, 190, 213–216, 218, 220, 225, 234, 239–241, 306, 311 268, 313 215, 223 223 168, 215f., 220, 228, 230, 308 89, 230 229 187, 216, 220f., 231, 235, 308, 311, 313 89, 308 240 216 220, 308 216 224 222, 225, 240, 308 2, 89, 218f., 238, 308 218 216, 218, 220f. 218–221, 225, 235, 237, 240 313 140, 218–220, 225, 227, 237f. 266, 313 215, 218, 237, 312 41, 215, 218, 221 140, 215, 217, 219f., 225, 237–239, 313 216 148
17,3 17,3–4 17,4 17,7–10 17,11 17,20 17,20a 17,20b 17,20–21 17,20–22 17,20–37
17,21 17,21a 17,21b 17,22 17,22a 17,22b 17,22f. 17,22–24 17,22–25 17,22–37 17,22ff. 17,23 17,23a 17,23b 17,23f. 17,23–37 17,24
17,24–30 17,25
17,26 17,26f. 17,26–29
296 239 85 148 174 278f. 243, 246f., 260, 277f. 243, 246f., 260, 271, 273, 278f. 243–246, 248, 271–274, 276f., 279 248 241, 243f., 248, 257, 260, 277, 280, 283, 304, 306 207, 243, 246, 273, 313 246f., 249, 260, 278 246, 260, 271–274, 276, 278f. 43, 243, 245, 247f., 260f., 271, 275–279 244 277 248 278 243f., 267 244, 248, 271, 274, 279 277, 310 245f., 248f., 261, 301 278 278 248, 260, 263, 270, 279 279 43, 104, 245, 249, 260–265, 270f., 276–278 252 96, 162, 245, 249, 252, 260, 267, 271, 277, 279 247, 250, 268, 276, 279 104, 245, 248–250, 265–267 270
Stellenregister 17,26–30
17,26–37 17,26ff. 17,27 17,27f. 17,27–30 17,28 17,28f. 17,28–30 17,29 17,30 17,30f. 17,31
17,31–33 17,32 17,33 17,34 17,34f.
17,35 17,36 17,37 17,37a 17,37b 18,1 18,2 18,4 18,6 18,8b 18,9 18,9–14 18,13f. 18,14b 18,18–26 18,22 18,28–30 18,29
43, 243f., 260, 263f., 266f., 271, 274, 279, 308 303 304 242, 252, 268 267, 269 31 247, 252, 268 104, 245, 250–252, 266f., 278 250f. 265 245, 250, 252f., 262, 265, 267, 276, 278 270 245, 253f., 260, 267f., 271, 274, 276, 278f., 292 243f., 313 245, 250, 253, 260, 268, 271, 274, 278f. 243, 245, 253–255, 260, 268, 270f., 278f. 242f., 255f., 269f. 29, 43, 242–245, 250, 255f., 260, 265, 267, 269–271, 279, 308, 312 242, 256f., 269 243 243f. 243, 245, 247, 260, 271, 278f. 245, 257, 260, 270f., 278f. 295 115 115 179 128 295 156, 170, 239, 275 110 128 226 89 268 295
18,30 18,31 19,1–10 19,1ff. 19,5 19,8 19,9 19,10 19,11 19,11–27 19,12–27 19,16–26 19,19 19,26 19,27 19,28 19,38 19,41 19,41–44 19,43 19,44 19,45 19,45–21,33 19,47 19,48 20,1 20,1–8 20,1–21,4 20,9 20,9–16 20,9–19 20,20 20,21 20,23ff. 20,27 20,37 20,39 20,42 20,45 20,45–47 21,1–4 21,3 21,5 21,5f. 21,5–9 21,5–36 21,5–38
367 181 174, 293 58, 67, 239 210 208 67, 85 208, 229, 235 104, 207 300 136f., 199 44 7 168 201 71, 162 174, 281 302 174 168 247 288, 302 281f. 283 168, 303 168, 282 168, 248, 282, 287 282 287 198, 282, 295 282 146 282 182 282 282 229 282 54 282, 287, 298 210 312 282 282, 287f. 281, 286f., 292 282 281f., 284f., 298f., 304, 306 241
368 21,5ff. 21,6 21,7 21,7a 21,7–9 21,7–11 21,8 21,8–9 21,8–36 21,9 21,9a 21,9b 21,10a 21,10b 21,10b–11b 21,10–11 21,10–28 21,10ff. 21,11 21,11a 21,11b 21,11b–34 21,12 21,12f. 21,12–24 21,13 21,14 21,14f. 21,15 21,15ff. 21,16 21,16f. 21,16ff. 21,17 21,18 21,18f. 21,19 21,20 21,20–24 21,21 21,21a 21,21b 21,22
Stellenregister 283, 285, 287, 298f., 307 247, 287, 289, 298 281, 288, 292, 294 288 288 286, 288 282, 288, 292, 298, 301f. 286, 289 281f. 288, 298, 305 288 277, 288 289, 295 290f. 290 286, 289 282 285 289–291 290 283, 290, 294 283 291, 298, 301, 305 286 21,12–19285f., 290, 295, 310, 313 291 301 283 286, 291 291, 299 290 113, 291 286 291 292 292 286 268, 290, 292, 298f., 301, 315 289, 292f., 304 168f., 286, 292, 294, 310 247, 283, 293 293 293 167, 171, 293, 298, 301
21,22f. 21,23 21,23a 21,23b 21,24
21,25 21,25a 21,25b 21,25f. 21,25–27 21,25–28 21,26 21,26a 21,26b 21,27 21,27f. 21,28 21,29 21,29b 21,29–31 21,29–33 21,30 21,30a 21,30b 21,31 21,32 21,32–33 21,33 21,34 21,34f. 21,34–36 21,35 21,36 21,38 21,46 22,3 22,6 22,11 22,16 22,16–18 22,18 22,22 22,27
298 292, 296, 301 293 293 6, 292–294, 298, 300–303, 305, 310f., 316 6, 283, 294 294 294 301, 304, 308 294, 297f. 286, 294 304, 307 294 294 108, 277, 294f. 295 294f., 297f., 301, 303–305, 308 295 295 286, 295, 313 282 139, 199, 207, 299 295 295 295, 298, 304 96, 296 286, 296 128 283, 297–299, 304, 313 297f. 128, 209, 282, 286, 296f. 296f., 299 119, 296–299, 301, 304f. 168, 282 296 276 121 288 194 274 194 107 126, 131, 247
369
Stellenregister 22,30 22,32 22,37 22,44 22,48b 22,51 22,55 22,57 22,61 22,67 22,69 22,69f. 23,6–43 23,29 23,39 23,39–43 23,40 23,40b 23,41 23,42 23,43 23,44 23,46 23,47 23,51 24,3 24,4 24,7 24,21 24,26 24,27 24,29 24,44 24,45 24,47 24,50–52 24,51
185 85, 296 149 185 107 151 247 121 121 236 107 104 234 247 234, 236 231, 234, 236 115, 234 236 170, 234, 236 234 89, 118, 208, 231, 234f., 311 199, 295 118 180 131 309 263 107 161 55 220 199, 295 220, 293 289 64 89 280
Joh 1,18 1,19–27 1,27 1,27b 1,29–34 1,43f. 1,44 2,12 3,17
230 58 57 56 28 77 78f. 80 47
3,18 3,19 3,36 4,1 4,46–53 4,47 5,22 5,24 5,24f. 5,27 6,15–21 8,12 8,16 8,46ff. 8,51 8,56 9,39 10,9 12,21 12,25 12,31 12,35f. 13,4f. 13,23 14,3 18,36
47 47 47 28 80 80 47 47 47, 268 47 79 48 47 229 268 229 47 47 77, 79 243, 268 48 48 126 230 269 184
Apg 1,1 1,4 1,4–11 1,6 1,7 1,8 1,9f. 1,11 1,15 1,20 1,25 2,1 2,1ff. 2,3f. 2,4 2,7 2,14–36 2,20f. 2,37 2,38 2,40
182, 309 220 280 247, 273, 300 275, 277, 288, 296 65, 280, 300, 313 89 65 247, 257 54 231, 317 257 280 66 313 247 235 317 57, 247 57, 64, 81, 83 96, 267
370 2,41 2,42–47 2,44 2,47 3,1ff. 3,6 3,13 3,17 3,19 3,19–21 4,6 4,8 4,12 4,19 4,31 4,32–36 4,35 5,1–11 5,4 5,19 5,22 5,25 5,35 5,36 6,1–7 6,7 7,2–53 7,2ff. 7,7 7,19 7,20 7,42 7,48 7,55 7,55f. 7,56 7,59f. 8,1 8,3 8,6 8,14 8,22 8,24 8,30 8,33 8,34 9,1 9,1–30 9,3
Stellenregister 75 226 257 183 313 313 83, 140, 229 321 83, 321 317 53 289 317 83, 140 237, 296 226 58 226 290 291 291 291 296 261 586,2237 237, 300 235 229 83, 140 255 302 54 320 55 119 108, 119 231 75 291 55 237 83, 296 296 247 83 247 134 275 95
9,10 9,15 9,20 9,24 9,25f. 9,35 9,36ff. 9,38 10,1ff. 10,2 10,11 10,16 10,19 10,22 10,35 10,38 10,42 10,46 11,5 11,21 11,26 11,27f. 11,28 11,29 12,1 12,2 12,4 12,4f. 12,17 12,20 12,24 13,7 13,10 13,15 13,16 13,26 13,27 13,29 13,33 13,40f. 13,44 13,45 13,46 13,46f. 13,46–49 13,47 13,49 13,52 14,8ff.
134 254 108 176 134 268 313 134 211 115, 237 254 254 267 115 115 1 321 289 254 85, 268 134 11 294 134 302 203 132 291 291 81 300 220 54 220 115 115, 229 321 293 54 321 220 55 302 311 291 309 300 134 313
371
Stellenregister 14,11 14,13 14,15 14,15–17 14,16 14,18f. 14,20–22 14,22 14,28 15,3 15,12 16,9 16,13 16,14ff. 16,23f. 16,23–34 16,27 16,30 16,30f. 16,31 16,37 16,40 17,6 17,13 17,17 17,18 17,19f. 17,20 17,21 17,22 17,22–23 17,22–29 17,22–30 17,22–31 17,22b–31 17,22–32 17,23 17,23b 17,24a 17,24b 17,24–29 17,25 17,26 17,27 17,28b 17,29 17,30 17,30a 17,30b
55 55 85 320 320 55 134 273 134 86 289 270 176 211 291 2 291 57 2 57 291 291 294 55 320 318, 320 319 320 319 320 317 318 317 2, 235, 317f. 319 317 318 321 320 322 317f. 322 296, 320 322 320 322 49, 318, 321 321f. 321f.
17,30f.
17,32 17,33 17,34 18,9 19,10 19,20 19,27 19,33 20,28 21,13 21,38 22,3f. 22,6–8 22,10 23,3 23,6 23,11 24,5 24,10 24,14 25,2 25,8 26,1f. 26,18 26,20 26,22 26,24 27,17 27,21 27,23 27,34 27,39 28,17 28,22 28,23 28,24f. 28,26–28 28,28
2f., 5, 317f., 320–322 6, 66, 70, 83, 131, 140, 294, 321f. 318f., 322 319 319, 322 270 300 300 294 291 242, 254, 296 289 261 275 95 57 289 275 270 294, 303 291 121, 220, 293 303 291 291 9 84f., 268 220 291 254 247 270 292 230 303, 311 303 220, 311 311 302, 311 65
Röm 1,16–18 1,18ff. 1,32 2,1–3,20 2,2
45 43 46 46 46
17,31
372 2,3 2,4 2,5 2,5ff. 2,6–10 2,15 3,9–19 3,19f. 3,21–4,25 5,9 6,13 9,31f. 10,9 10,16 10,21 11,25ff. 11,30f. 12,8 14,10 14,10–13
Stellenregister 45f. 46 46 45 45 291 44 46 49 45 268 46 44 46 46 47 46 67 46 45
1. Kor 1,18 3,12–15 4,4f. 4,5 6,2f. 6,6 6,9 6,9f. 6,9–11 7,12–15 9,24ff. 10,27 11,20 11,20f. 11,21 11,27–34 11,30 14,22f. 14,24 15,23 15,51f. 16,13 16,22a
183 45 45 46 46 136 45 45 43 136 184 136, 203 204 212 203f. 45 45 136 136 45 45 131 46
2. Kor 2,4 2,14–17
294 46
2,15 2,15f. 4,4 5,10 6,14f. 12,19
183 268 136 45f., 297, 304 136 291
Gal 1,8f. 3,1–14 3,19f. 5,10 5,19 5,19–21
46 49 164 46 45 45
Eph 2,3 4,28
43 67
Phil 2,6–11 2,7 4,3 4,17
132 132 46 45
Kol 1,29 2,13
184 268
1. Thess 1,9 1,9f. 1,10 2,2 2,4 2,19 3,1 3,13 4f. 4,13–18 4,13ff. 4,17 5,2 5,3f. 4,5f. 5,2 5,4 5,6 5,9
44 44, 321 45 184 46 46 319 46 265 45, 233 256 297 44 45 49 133 133 131 45
373
Stellenregister 1. Petr 1,17 4,5f. 4,10
49 49 135
2. Petr 2,1 2,3 2,4–8 3,3–10 3,7 3,8f. 3,10
49 49 251 132 23 49 45, 133
1. Tim 2,5 3,13 5,8 6,12 6,13
164 242, 254 136 184 255
2. Tim 2,11 4,1ff. 4,7f.
268 49 184
Tit 1,15
136
1. Joh 3,17f. 5,11f.
67 48
Heb 3,7–19 6,1f. 6,17 8,6 9,15 10,23–27
49 321 164 164 164 49
10,26 12,1–3 12,24 12,29
49 184 164 263
Jak 2,15–17 2,24 5,7–12
67 49 49
Jud 3 3–19 24
184 49 304
Apk 3,3 3,5 3,20 6,1ff. 7,9 8,5 8,7f. 12,9 13,1f. 14,14–16 14,14–20 16,15 16,18f. 19,11–17 19,15–21 19,19 20,4 20,7–10 20,11 20,11–15 20,13 20,14 21,1–22,5 21,24–27
133 121 126 48 304 263 263 48 48 104 48 133 263 48 48 204 46 48 46 48f. 88 49 49 181
4. Griechische Quellen Anth. Graec. IX 243,6
263
Apol (Platon) 1a 24b
320 320
374 41a
Stellenregister 39
Beschreibung Griechenlands (Pausanias) X, 31 37 Bib (Apollodor) 3,159
40
Cat (Lukian) 8 9 16 17 26–28
224 224 223 223 227
De sera (Plutarch) 27f. 39 30f. 39
523a–b 523a–526c 523a–527a 523b 523b–524a 523e 524a 524d–525a 524e–525a 525b 525b–526c 525c 525e 526c
40 40 39 40 40 41 39, 41 41 41 41 41 41 34 39
H. Dem 480–482
35
Eumen. (Aischylos) 273f. 40
Il (Homer) 2,353 3,278f. 4,565ff. 7,478f. 8,13–16 8,75f. 8,133f. 8,170f. 18,22–27 19,259f. 20,60–65 24,164f.
263 35 88 263 87 263 263 263 75 35 87 75
Evag (Isokrates) 15 40
Isthm (Pindar) 8,26
39
Frösche, Die (Aristophanes) 136–158 38
Klearches 12,23
263
Gall (Lukian) 7 9 14 30
Memorabilia (Xenophon) I 1,1 320
DiodSic I 9,6 I 28,1 I 69,5 I 81,4
272 272 272 272
Erga (Hesiod) 243
290
223 223 223 223
Geographia (Claudios Ptolemaios) V 16,4 77
Nom (Platon) 382e 624b 873e 948b
41 39 263 39
Gorg (Platon) 523aff.
Od (Homer) 4,564
40
41
375
Stellenregister 4,565–568 10,508–515 11,539 11,568ff. 11,576ff. 11,576–600 20,103f. 21,413 24,1–14
40 87 41 39 35 34, 41 263 263 87
Oid Kol (Sophokles) 1514f. 263 Ol (Pindar) 2,59 2,61–73 2,75
Phaen (Aratos) 5 Phaidon (Platon) 66aff. 108a 113a 113d–114c 113d–114c 113e
Pol (Platon) 380b 614b–621d 614c 614e
41 39 39, 41 41
Polybios II 52,4
321
Probl (Aristoteles) 24,19 263 40 37 39
EIRHNH (Aristophanes) 820–840
Phyt ait (Theophrast) III 10,6 158
Quaest conv (Plutarch) I–VI 203 V 10,3 263 VII–IX 203
88 Suppl (Aischylos) 230f. 40 320
41 41 41 39 41 88
Theog (Hesiod) 720 720–731
87 87
Thucydides Hist III 36.4
84
Weltgeschichte (Diodoros) 19,38,3 132 Zykl (Euripides) 273f.
39
5. Lateinische Quellen Aen (Vergil) 7,555
34
Agri cult (Cato) 10,1
159
Apok (Seneca) 14f.
43
De arboribus (Columella) 21 159 Hist Nat (Plinius) X 3,8 243 XVII 89 158 De Vita Caesaribus (Sueton) Augustus LXV 78
376 Tiberius VII XI
Stellenregister
78 78
6. Christliche Quellen Adv Marc (Tertullian) IV 35 273 1. Clem 9–12
251
2. Clem 4,5
230
Did 16,1
124f.
EvThom 3,3 4,2 10 16,1–3 21b 21,5 21,7 61 63,1–3 64
246 181 113 113 133 127 127 255 113 193, 195–197, 199, 212
64,1 64,2–9 64,3 64,5 64,7 64,9 64,11 64,12 72 103 113
198 200 197, 200 197, 200 197, 200 197, 200 197, 200 201 113 127, 133 246
Homiliae in Evangelia (Gregor d. Gr.) 29,7 119 Onom (Eusebius) 303 77 Strom (Clemens v. Alexandrien) I 135,2 272
Autorenregister
377
Autorenregister Autorenregister Aharoni, Y. 78 Albertz, R. 171 Alt, A. 154 Aus, R. D. 18, 20 Baarlink, H. 6, 167f. Balch, D. L. 203 Balz, H. 115, 272 Bammel, E. 153 Barrett, C. K. 21, 233, 319 Bauckham, R. 221–225 Bauer, U. 248f., 257, 261, 271 Bauer, W. 77f. Bauernfeind, O. 119 Baumbach, G. 21 Baumgarten, J. 302 Becker, J. 22–31, 51, 57, 60–62, 258 Behm, J. 85, 204 Bendemann, R. v. 130, 133f., 136, 138, 141, 179 Bertram, G. 85 Betz, H. D. 40 Betz, O. 102 Bietenhard, H. 87 Billerbeck, P. 276 Binder, G. 203 Blank, J. 48 Blatz, B. 246 Bloedhorn, H. 78 Bock, D. L. 11 Böcher, O. 114 Boecker, H. J. 154 Böhlemann, P. 83–86 Bösen, W. 79f., 206, 210 Bormann, L. 8, 90f., 121f. Bornhäuser, K. 167, 238 Bovon, F. 5f., 55, 57f., 61, 66f., 71–73, 76, 94–97, 99, 113f., 124f., 127f., 130, 132f., 135, 137f., 141, 146f.,
175, 181, 185–188, 195, 200f., 208, 215f., 220, 225, 234f., 245, 248, 253f., 257, 266, 268, 272, 277, 282, 287, 289f., 297, 302, 304 Brandenburger, E. 8, 15, 18, 43f., 46f. Broer, I. 1 Büchsel, F. 83, 295 Bultmann, R. 97, 106, 117, 234, 247, 255, 259, 269, 277, 297 Busse, U. 3, 7 Caragounis, C. C. 104 Carroll, J. T. 7 Chow, S. 94f., 97f. Cole, S. G. 38 Colpe, C. 87–89, 106 Conzelmann, H. 1, 130, 296 Correns, D. 98 Curtius, E. 319 Dalman, G. 52, 130, 158, 176, 267 Dautzenberg, G. 184 Degenhardt, H.-J. 226 Deissler, A. 161 Delling, G. 269f., 288, 302 Dibelius, M. 144, 234, 319 Dobbeler, S. v. 26, 62 Dodd, C. H. 284 Dodds, E. R. 35, 39–41 Donfried, K. P. 44, 46 Dorn, K. 14 Dupont, J. 7, 233f. Eckey, W. 76, 113f., 120, 123, 147, 160, 175, 182, 186, 188, 190 Edmonds, R. G. 38 Edwards, R. A. 94, 97 Eisler, R. 151f. Eißfeldt, O. 81f.
378
Autorenregister
Ellis, E. E. 6 Erlemann, K. 8, 204, 206f., 209, 211, 216 Ernst, J. 3, 7, 24, 53–57, 65, 67, 145, 157, 205, 304 Fabry, H.-J. 85 Fiedrowicz, M. 119 Fischer, G. 160 Fitzmyer, J. A. 72f., 77, 157, 284f. Fleddermann, H. T. 94 Flender, H. 265, 276, 302f. Foerster, W. 262 Fortner, S. 78 Friedl, A. 269f. Gaechter, P. 257f. Garland, R. 35, 40 Geiger, R. 257, 259f., 263, 283, 287–290, 292, 294–296 Gräßer, E. 133, 271, 300 Graf, F. 37 Grundmann, W. 119, 144, 175, 293 Gemünden, P. v. 61, 159, 169f., 314 Giesen, H. 233, 236 Gnilka, J. 71, 145, 178, 199, 299 Görgemanns, H. 203 Gowler, D. B. 275 Goudoever, J. v. 144 Green, J. B. 231 Greßmann, H. 221–224 Griffith, F. L. 221 Grobel, K. 215 Guthrie, W. K. C. 36f. Haenchen, E. 319, 322 Hahn, F. 47, 50, 103–105, 201 Hampel, V. 104, 107, 250, 262, 264 Harmansa, H.-K. 144–152, 156, 166 Harnack, A. (v.) 318, 320 Harnisch, W. 133, 206f., 210f. Heil, Ch. 107, 176–181, 187, 198, 201f., 248–250, 253f., 256–258, 260, 261 Heinen, H. 135 Heininger, B. 146, 151f., 157–159, 163f., 215, 219f., 225, 237 Hengel, M. 261 Hintzen, J. 214, 218, 220
Hirsch, E. 153 Hock, R. F. 219, 223f. Hoffmann, P. 55f., 76, 94, 105, 117–120, 122, 177–179, 181f. Hofius, O. 115, 120 Holmén, T. 273 Holtz, T. 48f. Hommel, H. 319 Hoppe, R. 77, 198, 200f. Horsley, R. A. 77, 80 Hünemörder, Ch. 243 Hummel, R. 55 Hunzinger, C.-H. 144, 157 Jensen, M. H. 79 Jeremias, J. 13, 16, 55, 58, 61, 88, 95, 97, 102f., 133, 136, 165–167, 185, 188, 190, 199, 201, 216, 219, 234, 247, 251–254, 283f. Johnson, B. 83 Jonge, H. J. de 116 Jost, E. 209 Jülicher, A. 136, 157, 216, 218, 220, 240 Jüngling, H.-W. 154f. Kaiser, O. 13 Katz, P. 59 Keck, F. 283, 287–296 Kellermann, U. 26 Kern, O. 36 Kim-Rauchholz, M. 12, 82, 85, 87, 92, 170, 227f., 238f. Kittel, G. 90 Klauck, H.-J. 157 Klein, G. 140, 274 Klein, H. 72, 74, 94f., 97, 146f., 165f., 210, 246, 252f. Kliesch, K. 321 Klinghardt, M. 45 Kloppenborg, J. S. 74 Koch, K. 153f. Koet, B. J. 2 Kollmann, B. 125, 179 Konradt, M. 18, 44 Kopp, C. 77 Kratz, R. 176f. Kreitzer, L. J. 258f. Krupp, M. 99
Autorenregister Kuhn, H.-W. 77f. Lammers, K. 90, 237f. Landes, G. M. 98–100 Lang, B. 34, 40, 87f. Lang, F. 22, 24f., 27, 57 Laufen, R. 94, 254 Lefort, L. Th. 215 Lehtipuu, O. 37, 216, 218f., 225–232, 236, 239 Lichtenberger, H. 62 Limbeck, M. 90f. Lohmeyer, E. 22–25 Lüdemann, G. 320 Lührmann, D. 73f., 76, 94, 96–99, 248f., 251, 253f. Luz, U. 176–178, 198– 201, 250f. März, C.-P. 125f. Madden, F. W. 259 Maddox, R. 225, 233 Mánek, J. 5 Manson, Th. W. 146, 284 Marshall, I. H. 231, 284, 304 Marshall, J. 80 Martin, J. 203 Mattern, L. 44f. Mattill, A. J. 7, 231 Merkel, H. 161, 163, 235, 246, 272f., 302 Merklein, H. 27, 29, 86, 152, 238 Merz, A. 27 Meshorer, Y. 259 Metzger, B. M. 214 Meyer, R. 59, 230 Meyers, E. M. 77 Michel, O. 120f. Michiels, R. 144 Mildenberg, L. 259 Mineshige, K. 226 Moreland, M. 79 Müller, K. 12, 14f., 18 Müller, M. 104, 106 Müller, U. B. 51, 59, 63, 67f. Mußner, F. 76, 185f., 190, 273 Muth, R. 35, 42f. Nave, G. D. 84f. Neuhäusler, E. 189
379
Neumann, N. 226, 230f. Nicol, W. 284 Nilsson, M. P. 35 Noack, B. 273f. Norden, E. 318 Nordsieck, R. 197 Nützel, J. M. 131 Oepke, A. 164 Onuki, T. 3 Osiek, C. 203 Ostmeyer, H. 77 Palzkill, A. 131 Peres, I. 36, 38f., 42, 231, 233f. Persson, L. 84 Pesch, R. 119, 319 Petzke, G. 128, 147 Pfitzner, V. C. 184 Pilhofer, P. 21f., 36, 38f., 78, 275 Pittner, B. 147 Plisch, U.-K. 197 Plummer, A. 61, 231 Preuß, H. D. 12 Radl, W. 5f., 300 Reed, J. L. 77 Rehkopf, F. 284, 297 Reinbold, W. 234f., 281 Reiser, M. 8, 15–20, 25–27, 31f., 52f., 55, 59f., 63, 76, 97, 152, 206f. Renger, J. 264 Rengstorf, K. H. 124, 284 Rese, M. 5, 11 Richardson, N. J. 35 Riedweg, Ch. 34, 38 Riesenfeld, H. 272 Riesner, R. 152, 182 Ringgren, H. 159 Riniker, Ch. 8, 27 Rissi, M. 83, 140 Robertson, A. S. 259 Robinson, W. C. 289 Rohde, E. 33–35, 37, 40, 42 Rhodes, P. 319 Rüpke, J. 42 Rüstow, A. 272–274 Rudolph, W. 160 Rusam, D. 10f., 54, 65
380
Autorenregister
Sahlin, H. 67f. Satake, A. 254 Sato, M. 74 Saulcy, F. de 259 Schaller, B. 46 Schechter, S. 19 Schenk, W. 77, 145 Schenker, A. 154 Schermann, T. 100 Schlange-Schöningen, H. 78 Schlapbach, K. 33 Schlatter, A. 284, 294f., 297 Schlier, H. 117 Schmid, J. 251, 293, 296 Schmidt, K. L. 208 Schmidt, Th. 6 Schmidt, W. H. 160 Schmitt, G. 100f. Schnackenburg, R. 245–249, 251, 253f., 259f., 270, 273–276, 278 Schneider, G. 90, 117, 119, 126f., 132f., 137, 145, 147, 157, 161, 163f., 188, 263, 304 Schnider, F. 219 Schottroff, L. 207 Schrage, W. 197 Schröter, J. 71, 74, 78, 97 Schürer, E. 153 Schürmann, H. 54, 56, 58, 71f., 94, 246, 284 Schulz, S. 55f., 58, 63, 73, 75f., 94, 96f., 115–117, 127, 131, 138–140, 176–180, 189, 198f., 201, 242, 247f., 253, 264 Schweizer, E. 284 Seidelin, P. 97, 99 Sellner, H. J. 84–86 Sevenich-Bax, E. 55–58 Seybold, K. 10 Shimoff, S. R. 204 Shirock, R. J. 148f. Speyer, W. 262f. Spicq, C. 254f. Stählin, G. 75f., 113 Stauffer, E. 184 Stenger, J. 264 Stenger, W. 219 Steinhauser, M. G. 176f., 260, 271 Steinmann, A. 119
Stemberger, G. 155 Stettler, Ch. 8, 12f., 15–20, 30–32 Stockinger, H. 263 Streeter, B. H. 284 Strobel, A. 166f., 242, 256, 270, 272 Synofzik, E. 44f. Taeger, J.-W. 139, 141, 239, 312 Taylor, V. 284 Telford, W. R. 144–146 Theißen, G. 27, 77, 80f., 97, 99 Tödt, H. E. 26, 106, 117, 242, 250f. Trilling, W. 55 Verheyden, J. 282–285 Vielhauer, Ph. 117, 276 Vögtle, A. 99, 106, 117, 199 Vollenweider, S. 72 Volz, P. 17, 52, 262, 272 Wagner, V. 154 Wanke, G. 115 Webb, R. L. 22, 24, 26, 57 Weder, H. 124, 199, 210 Weippert, H. 52 Weiser, A. 125–133, 320f. Weiße, Ch. H. 117 Wellhausen, J. 236 Wendebourg, N. 11, 86, 264f., 267, 271, 308 Wendling, E. 144 Wengst, K. 47 Wewers, G. A. 222 Wiefel, W. 231 Wilson, S. G. 233 Winkler, A. 36 Winter, P. 284 Wissowa, G. 42 Wolter, M. 3, 7, 27–30, 32f., 54, 57, 76, 94f., 114, 124, 127, 129f., 132–136, 138–141, 147, 155, 161, 175, 183– 188, 190, 198, 245–247, 253f., 262, 267, 269, 272f., 276, 282f., 286f., 290, 299f., 302–304 Yeivin, Z. 77 Zager, W. 8f., 18, 27, 29, 31 Zahn, Th. 319
Autorenregister Zangenberg, J. 77f., 80 Zeilinger, F. 90 Zeller, D. 141, 188f. Zettner, Ch. 133
381
Zmijewski, J. 119, 244–251, 253f., 257, 260, 264, 267–269, 275–278, 283, 287–292, 294–296, 298f., 302f., 321f. Zohary, M. 158
382
Sachregister
Sachregister Sachregister
Abraham 22f., 52, 58–60, 89, 148, 174, 188, 210, 214–216, 218, 223, 225, 227–231, 237–238, 240, 247, 308, 311, 313 –, Abrahamsbund 60f. –, Abrahamskindschaft 23, 51, 59f., 63, 70, 189, 309 Acheron 87 Agon-Motiv 184, 192 Aiakos 39–41, 43 Anfechtung 121, 277, 280, 315 Angefochtensein (des Menschen) 108 Anklage 83, 187 Annahme 76, 269 Anwalt 118f. Apokalyptik 48, 62, 114, 185, 246 Areopagrede 2, 317–320 Auferstehung 6, 13, 16, 89, 99, 195, 218–220, 225, 231, 238, 277, 318f., 322 Ausschluss 189, 197, 205f., 208f., 211–213, 311, 315 Barmherzigkeit 12, 61, 168, 170, 173, 185, 193, 322 Bekehrung 83, 237 Bekennerspruch 120, 297 Bekenntnis 3, 49, 112–115, 119f., 122, 131, 142, 313, 318 Bereitschaft 44, 101, 111, 124, 126, 128–130, 135, 137, 142, 163, 184, 263, 305, 315f. Berufung 209, 237, 311 Bethsaida 75–81, 86, 89, 91–93, 170, 309, 311 Bewährung 70, 132, 157, 169, 316 –, Bewährungszeit 69f. Brust (Abrahams) 215f., 227, 230 Bund 60, 90, 188, 217
–, Bundesvolk 13, 32, 44, 47, 61, 63, 92, 162, 210–212, 301, 309, 311 Buße (Busse) 2, 34, 75, 85 Bußpredigt 97, 101f., 135 Cataplus 223f., 227 Chance 29, 34, 49, 65, 86f., 92, 145, 150, 156, 163, 165, 169, 172, 175, 186, 192, 202, 271, 275, 315f. Charon 87 Chorazin 75–77, 80, 86, 89, 91–93, 170, 309, 311 Christologie 4, 106 Deipnonliteratur 203 Dieb 44, 123f., 133 Diesseits 13, 17, 34, 227 Eigeninitiative (des Menschen) 139, 142, 173, 255 Eigenverantwortlichkeit 299, 311 Einladung 191, 193–198, 202, 205f., 208–213, 307f., 310, 312f., 315 Elysium 34, 38, 40, 88 Endgericht 7f., 11, 13–15, 17–20, 28, 30, 46, 49, 59, 83, 122, 137, 152, 172, 193, 214, 231, 233, 235f., 241, 288, 303f., 310f. Endzeit 22, 49, 118, 131, 140, 166, 188–190, 205, 236, 241, 246, 261, 272, 292 –, Endzeitmahl 204 –, Endzeitrede 241, 243–245, 252, 254, 257, 260f., 271, 274, 276, 279, 281f., 285, 287, 292, 297–300, 303f., 306f., 309 Entscheidung 33, 48, 69–71, 83, 91, 150, 173, 190, 208, 210f., 213, 24
Sachregister 259, 269, 274, 293, 311, 314, 318, 321 –, Entscheidungszeit 32, 62f., 70, 105f., 142, 211 Erin(n)yen 34, 88 Erlassjahr 168 Erlösung 36, 131, 183, 226, 256, 270, 272, 294, 297f. Erwählung 24, 28, 60, 169, 189, 205, 212 –, Erwählungstradition 23, 60 Erwartung 2, 8, 57, 59, 90, 112, 115, 130f., 135, 183, 206, 246, 248, 256, 281, 294f., 300, 311, 315, 317 Eschatologie 3–7, 9, 17, 31, 33, 42, 57, 119, 156, 165, 171, 173, 226, 231–235, 276, 280 –, Zwei-Stufen-Eschatologie 30 Eschaton 44 Eukrates 223 Feigenbaum 143–147, 149, 156–165, 169–173, 193, 208, 216, 239, 295, 307f., 311f., 314 –, Feigenbaumgleichnis 141, 144, 158, 160, 162, 172, 211, 213 Fest 162, 196, 204 –, Festmahl 130f., 135, 137, 174, 185, 187, 189, 193, 206 Feuer 16, 19, 22–25, 51–53, 58f., 61–63, 70, 104, 208, 242, 262 –, Feuergericht 45, 62, 66, 68 Freude 16f., 19, 72, 86, 185 –, Freudenmahl 13, 194–196, 204, 209, 211–213, 315 Frist 143, 149f., 157, 162, 164f., 170, 172f., 232, 314 –, Fristverlängerung 107 Frucht 22f., 52, 58, 61, 66f., 143, 149, 156, 159, 162, 170, 172, 190, 307f., 311, 314 –, Früchte (der Umkehr) 51f., 66, 110f., 137, 236, 312 Fürsorgepflicht 227 Fürsprecher 119, 163f. Furien 34 Gallus 223 Gastmahl 162, 191, 193–196, 198,
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200, 202f., 205, 207–209, 212f., 216, 307f., 310 –, Gastmahlgleichnis 173, 175, 191, 193–195, 197f., 200, 202, 209, 211, 213, 309, 314 Geduld 173 Gehenna 19, 90, 113 Gehorsam 13, 44, 92, 228, 237, 313 Gerechtigkeit 16–18, 20f., 36, 42, 140, 166, 320 Gerichtsandrohung 3, 71 Gerichtsankündigung 28 Gerichtsparänese 44 Gerichtsprediger 27, 30, 64f., 68f. Gerichtspredigt 22, 28, 32, 53, 55, 58, 60, 64–66, 68, 83, 86, 146 Gerichtssitzung 19 Gerichtstag 25, 43, 59, 69, 75, 88, 274 Gerichtsurteil 89, 91, 93 Gerichtsverhandlung 15, 19, 39, 43, 103 Gesetz 12, 18f., 45f., 90, 156, 217, 227f., 237, 311 Gnade 12, 16, 23, 39, 46, 59f., 119, 167–170, 172f., 271, 293, 298, 301 –, Gnadenfrist 145f., 157, 163–165, 170–172, 314 –, Gnadenjahr 156, 164–172, 293, 314 –, Gnadenzeit 171, 315 Goldplättchen (orphische) 38 Gomorra 262f., 265, 308 Gottesferne 313 Gottesfurcht 113, 115 Gottesherrschaft 8, 12f., 18f., 29–31, 43f., 86, 92, 274, 278 Gottesreich (s. Reich Gottes) Gotteszorn (s. Zorn Gottes) Hades (Gott) 40 Hades (Ort) 2, 13, 16, 33f., 36f., 40, 75, 86, 88–91, 93, 214–216, 223, 227f., 230f., 238–240, 308f., 311 Handlungsfähigkeit 140 Heil 12f., 19, 24, 26f., 29–32, 44, 46, 52, 54, 57, 60f., 63–65, 67–70, 89,
384
Sachregister
92, 106, 111, 115, 123, 140, 142, 149f., 156–158, 165, 168–173, 178, 183–185, 188–190, 203–205, 208, 210–213, 217, 226f., 231, 233, 235, 238–240, 243f., 269, 275f., 280, 297, 302f., 308f., 311–316 –, Heilsangebot 310 –, Heilsbringer 4 –, Heilsgeschichte 4, 300, 303, 310 –, Heilsgewissheit 59f., 62f., 69, 211, 213, 311 –, Heilsmahl 181, 188–190, 192f., 314 –, Heilsplan 131, 274, 289, 298, 311 –, Heilsverkündigung 2f., 65, 305 –, Heilszeit 12, 18f., 25, 49, 132, 190, 210, 228, 276, 302 Herrschaft (Gottes; s. Gottesherrschaft) Herrschaft (Satans) 48 Hölle 15, 87, 120, 217 Hören 71, 73, 75, 90, 92, 95, 101, 108f., 111, 163, 218–221, 225, 227, 237–240, 313 Hoffnung 14f., 30, 82, 92, 111, 131, 151, 161, 172, 190 Homologie 121–123 Individualisierung 212, 311 Insel (der Seligen) 34, 37, 40–42, 88, 230 Interimsphase 276 Interimsurteil 231 Jahr 143, 145, 149, 158, 164f., 167, 169–172, 307, 314 Jenseits 34–36, 38f., 42, 88, 214, 216, 222, 225, 227f., 230, 236, 240, 311, 317 –, Jenseitsgericht 34–36, 40 –, Jenseitsstrafen 37 Johannes (der Täufer) 4, 8f., 20–32, 51–70, 83–86, 135, 163, 167, 188, 207, 210, 229, 247, 307, 309, 312f. Jom-JHWH 264 –, Jom-JHWH-Erwartung 264 Jona 93, 96–98, 100–103, 105–108, 111, 251 –, Jonazeichen 93, 95–97, 99–103, 105–111, 172, 189
Kairos (kai,roj) 139, 150, 156, 162, 165, 302f., 305, 311, 316 Kampf 14, 19, 48, 119, 184f., 190 Kapernaum 75–77, 79–81, 86, 89, 91– 93, 170, 308f., 311, 313 Katastrophe (kosmische) 18, 23, 265, 290 Kerberos 87 Klotho 224 Kluft 89, 223, 238, 308 Kommen (des Herrn) 44, 112f., 126, 130, 209, 316 Kommen (des Menschensohnes) 6, 118f., 127, 244, 256, 258f., 261f., 268, 286, 294f., 298, 301, 304, 307 Läuterung 12, 15, 34, 90 Lasterkatalog 45 Lazarus 67, 89, 214–217, 219–221, 223–232, 234, 237, 239f., 308, 311 Lebensführung (s. Lebenswandel) Lebenswandel 32f., 66–70, 112, 134, 190, 227 Leidenszeit 277 Liebesgebot 227 Lohn 17, 19, 36, 89, 112, 131, 135, 137, 187, 241 Mächte (des Bösen) 48, 72, 94 Mahlgemeinschaft 191 Mahnung 190 Megapenthes 223f., 227 Menschensohn 4, 6f., 14, 20, 26, 43f., 57, 63, 96, 99, 101, 103–107, 115, 117–123, 131, 134, 189, 242–245, 247, 250, 252, 255f., 258–268, 270f., 276–281, 286–288, 294f., 297f., 300f., 303–305, 307–309, 311, 313, 316 –, Menschensohnrichter 63, 103, 105, 107–110, 274, 301, 315 –, Menschensohntag (s. Tag des Menschensohnes) Micyllus 223 Minos 39, 41f. Mission 65, 208, 213, 299f., 302 Mittler 164, 228 Mose 215, 217–220, 225, 227f., 237– 239–241, 247, 262, 311, 313
Sachregister Nachfolge 121, 163, 169, 184, 189f., 195, 209, 211, 217, 254, 268, 276, 280, 299, 316 Nachsicht (Gottes) 322 Naherwartung 7, 30, 49, 105, 132, 205, 241, 300, 307 Neuschöpfung 31, 48f. Orphiker 34–36, 38 Osiris 222 Paradies 185, 228, 230f., 234, 236 Paränese 44, 67f., 115, 131, 267 Parusie 7f., 14, 47–49, 56, 68, 103, 105f., 110, 119, 129–131, 133f., 136f., 141f., 208, 232, 235f., 241, 250, 255, 263f., 266f., 276–278, 280f., 287f., 294, 296, 298, 300–303, 305, 307, 309, 315f., 322 –, Parusieverzögerung 44, 49, 185, 233, 300, 315 Paulus 2, 8f., 43–46, 49, 65, 83f., 107, 121, 136, 183f., 204, 208, 212, 233, 235, 275, 294, 299, 303, 311, 313f., 317–320, 322 Pein 34, 185, 187 Persephone 36, 42 Prädestination 188 Preisgabe 269 Prophet 12, 27, 64, 99, 102–105, 107f., 110, 148, 162, 174, 188, 192, 215, 217–220, 225, 227f., 237f., 240f., 261, 286, 293, 311, 313 Proto-Lukas-Hypothese 284 Pythagoreer 35, 38 Qual 16f., 38f., 183, 222, 238, 240, 308, 311 Rhadamanthys 39–42, 87 Rechenschaft 45 Rechtfertigung 46 Rechtsbruch 91 Rechtssprache 83, 90, 164 Reich (Gottes) 6, 8, 70, 73, 80, 104, 128, 130f., 147–149 , 156, 164, 174f., 177, 181f., 185, 187–189, 193, 204, 206–208, 212, 217, 236, 240f.,
385
243–245, 271–280, 291, 294–296, 313–315 Retter 26, 45, 104, 142 Rettung 3, 31, 44, 69, 89, 102f., 150, 163, 170, 185, 189, 227f., 264–268, 271, 280, 297f. Reue 12, 18, 76, 84, 187 Richter 2, 4, 18, 20, 25f., 31f., 39–41, 45f., 48, 62f., 66–70, 83, 88, 103f., 106–109, 112, 115, 119, 121f., 134, 138–141, 145, 150, 241, 266, 304, 307, 309f., 321f. –, Richteramt 20, 45 , Richtergestalten 20 –, Richterstuhl (Christi) 18, 45f., 49 Ruhe 16f., 38f., 88f., 112, 159 Schächerperikope 234–236 Scheidung 15, 28, 56, 70, 83, 134, 178, 244, 269f., 274, 298 Scheol 87–89 Schicksal 4, 12, 16, 18, 35, 37–39, 42, 60f., 70, 82, 90, 107, 142, 147–149, 155, 160, 163, 172, 174, 181f., 184, 190f., 193, 213f., 216, 218, 221f., 225–228, 231, 234, 236f., 239–241, 255, 264, 266, 269, 271, 291, 303, 306, 311–313, 316 Schonfrist 266 Schöpfung (neue; s. Neuschöpfung) Schoß (Abrahams; s. a. Brust A.) 2, 89, 214, 230, 308 Schuld 12, 34, 45, 82, 92, 141, 155, 166, 170f., 217, 321 Seele 13, 16f., 21, 33f., 37, 40–42, 87f., 114, 118, 120, 142, 183, 185, 231, 235, 290 –, Seelengericht 33, 36, 41f., 87f. Selbsterkenntnis 312 Selbstreflexion 139 Seligkeit 13, 88, 90, 148, 222, 240, 310, 313 Sidon 71, 75, 79, 81f., 86, 89, 91f., 108, 310 Sintflut 251, 264f. Si-Osiris 221f. , 224 Sisyphos 34f., 37, 41 Sodom 242, 251, 262f., 265f., 308 Sondergericht 311
386
Sachregister
Soteriologie 3f., 156, 280 Standespredigt 51, 53, 55, 57f., 66f., 247, 312 Strafe 13, 16f., 21, 26, 33f., 36, 38, 40f., 44, 87–89, 112, 114f., 122, 136f., 150, 156, 159f., 214, 217, 227, 239, 241, 264, 310 –, Strafgericht 11, 18, 59, 82f., 130, 251, 293 Sünde 12f., 17, 28, 39, 51, 64, 72, 104, 166, 168, 222, 264, 312 Sünder 12, 18, 32f., 108, 143, 152, 155, 170, 185, 187, 189, 216, 235, 239, 312 Tag (Jahwes) 11, 25, 27, 59, 82, 92, 296f. Tag(e) (des Menschensohnes) 241–244, 247–252, 258, 260, 262–271, 276– 280, 298, 304f., 308, 316 Tag (des Zornes) 23, 27 Talionsformel 154f., 172 Tantalos 34f., 41 Tartaros 33f., 40f., 87–89 Taufe (des Johannes) 21, 23f., 28, 31, 51, 57, 61–64, 66, 68–70, 93 Täufer (s. Johannes der Täufer) –, Täuferpredigt 22, 26, 53, 55f., 58, 62, 64f., 67–69 –, Täuferrede 1, 58, 85, 172, 312 Teilhabe 61, 69, 173, 187, 206f., 209, 297 Tisiphone 34 Tityos 34f., 41 Tod 13, 16–18, 21, 33f., 37, 40, 45, 47, 49, 77, 79, 83, 87, 89, 99, 102, 106, 114, 118, 156, 172, 174, 214, 218, 229, 232–236, 239, 241, 277, 291, 303, 311 Totengericht 35, 39f., 42f., 222, 227 Totenreich 13, 17, 87–89, 221f., 224 Totenrichter 39, 41, 87f. Triptolemos 39 Tun-Ergehen-Zusammenhang 143, 153, 156, 172 Tyrus 71, 75, 79, 81f., 86, 89, 91f., 108, 310 Umkehr 4, 12, 14, 18, 22f., 28, 31, 212, 281, 290, 292, 294, 298, 301, 310
33, 43, 46, 49, 58, 61–64, 66–71, 81–83, 85f., 89, 92, 94f., 97, 99, 101, 105–111, 134, 139, 141, 143, 145, 148–150, 153f., 156f., 163, 165, 170–173, 184, 209f., 221, 225, 228, 236–240, 266, 268, 280, 302, 309f., 312–315, 318, 321f. –, Umkehrforderung 54, 76, 95, 143, 147f., 152, 174, 322 –, Umkehrpredigt 4, 58, 60, 66, 68, 86, 102, 106, 207, 229, 317 –, Umkehrruf 57, 65, 80, 83, 86f., 108, 149, 172, 207, 321 Ungehorsam 13, 16, 32, 46, 149 Unheil 19, 28, 32f., 48, 74, 106, 115, 142, 149f., 188, 203, 208, 212, 227, 231, 233, 238, 243f., 269, 302, 308f. Universalgericht 33 Untergang 6, 14, 21, 24, 30, 60, 88, 264 Unterwelt 35–37, 39, 41, 88, 114 –, Unterweltsstrafe 41, 136 Urteil 19, 23, 39, 41, 47, 49, 67, 70, 82f., 91f., 103, 106, 109, 119, 121f., 150, 155, 157, 165, 169–171, 173, 209, 231f., 251, 269f., 311, 316, 319 –, Urteilsfähigkeit 138f. Verantwortung 6, 61, 109–111, 133– 137, 140, 142, 213, 266, 312 Verdammnis 33f., 88f., 234, 310 Verdammung 31, 86, 92, 111, 115, 311 Vergebung 28, 51, 64, 108f., 165 Vergeltung 13, 17, 89, 154, 167 –, Vergeltungsgericht 45 Vernichtung 12, 24, 32, 47f., 59, 61– 63f., 70, 118, 143, 170, 172f., 182, 196, 199, 243f., 278, 301, 303, 308, 314 –, Vernichtungsgericht 31, 119, 280 Verstockung 205 –, Verstockungsmotiv 299, 311 Verurteilung 13, 32, 89, 93, 232 Volk (Israel) 21, 23, 52f., 60, 64, 68, 82, 92, 100, 110f., 157, 163, 168, 170, 173, 189, 208, 210, 212, 217, 229, 237, 256, 281f., 288, 292 Völker 6, 13, 23, 27, 32f., 48, 70, 104, 111, 168f., 170, 172, 181, 188f., 204, –, Völkerwallfahrt 181, 188, 192, 204
Sachregister Vollendung 30, 280, 315 Vorbedingung 239 Wachsamkeit 44, 109, 111, 129–131, 133, 135, 139, 263, 266, 281, 286, 297, 304f., 315f. Wallfahrt (der Völker; s. Völkerwallfahrt) Warten 113, 131, 141 Weckruf 266 Weherufe 31, 71, 73–77, 79–82, 87, 90, 92–96, 107–111, 162, 168, 172, 189, 220, 286, 293, 308f., 313 Weltenbrand 23 Weltende 26, 48, 233, 261, 274, 279, 287, 298, 301 Weltenrichter 12, 121f. Weltgericht 23, 31, 233, 303 Werke (der Menschen) 45, 47, 68, 85 Wettkampf 190 Wiedergeburt 33f.
387
Zachäus 210 Zäsur 18, 26 Zeit 1, 11, 14, 18, 27, 34, 39, 41, 47–49, 66, 68–70, 75, 80, 84, 87, 89, 98, 100, 107f., 113, 132, 135, 140– 142, 146, 150f., 153, 163, 166, 171, 173f., 182, 190, 192, 206–208, 211f., 228, 232f., 241, 256, 258f., 262, 265f., 270, 274–278, 280, 292, 295, 298–302, 307, 311, 314–316, 318, 320f. –, der Entscheidung 112, 140 –, der Kirche 1, 120 Zeitenwende 18, 322 Zeitfenster 66, 68, 149, 171f., 191, 211, 303 Zerknirschung 84 Zorn (Gottes) 6, 16, 22–24, 27, 32, 43– 47, 52, 58, 60, 265, 292, 294 Zorngericht 11, 18, 70, 302 Zwei-Stufen-Gericht 232 Zwischenzeit 6, 34, 119, 266f., 300 Zwischenzustand 214, 231, 235