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German Pages 141 [280] Year 2022
Gelehrter Briefwechsel zwischen
D- Johann Jacob Reiske, Conrad Arnold Schmid, rind
Gotthold Ephraim Lessing.
Zweiter
Theil.
Berlin, 1789. bey Christ. Friedr. Dvß und Sohn.
Gelehrter Briefwechsel, zwischen D. Johann Jacob Reiste,
Conrad Arnold Schmid,
und
Gotthold Ephraim Lessing.
Zweiter
Theil.
D
!♦
Leip-ig, den 8. Februar 1769.
err Professor Milov gibt mir eine un-
vermuthete,
aber angenehme Gelegen
heit, einem berühmten Gelehrten ei» Kompli
ment zu machen, den ich mit ganz Deutschland seit langer Zeit bewundere und verehre. Gedach ter Freund versichert mich,
daß Sie erbötig
sind Dero vemollbenem Aldinum, in welchem
eine gelehrte Hand vieleDerbesserungen hinzuge schrieben hat, mir zum Gebrauch auf einige Zeit anzuvertrauen. Dero großmüthige und unei
gennützige Gesinnungen rühren mich mit einem innigen Gefühle von Erkenntlichkeit, und ich
wage es,
Sie bei Dero Worte zu halte».
Wollen Sie mir diese» Schatz genießen lassen,
so seyn Sie von der Güte,
und lassen ihn
der ibn an Ich werde den gehöri
Herrn Professor Milov zustellen,
mich besorgen wird.
gen Gebrauch davon inachen, und zu seiner Zeit Dero Willfährigkeit zu preisen nicht ver-
A 2
gessen.
gessen.
Sie wissen, mein Herr, daß diests
der einzige Dank sei, womit arme Gelehrte, wie ich, dergleichen Liebesdienste erwiedern können. Fände ich in Ihrcin Demosthenes
mehr, als ich erwarte, und könnten Siesich entschließen, ihn mir ganz abzulassen, so woll
te ich mich erkundigen, was Sie dafür foder». Außerdem bitte mir Anweisung zu ge ben, wem ich Dero Exemplar, nach einem kurzen Gebrauche von wenigen Monaten, zu
stellen soll, damit es Ihnen wiederum sicher zu Handen komme. — Soll ich aber auch bei der Gelegenheit mich bei Ihnen, großer Left (denn ihr bloßer Name ist doch wohl mehr, als alle Titel, werth) bedanken, daß Sie nebst der guten Sache der Wahrheit, auch stng,
zugleich mich, und andere brave Leute, die, wie ich, unschuldig haben leiden müssen, an dem gemeinschaftliche» hölllschen Feinde gerächet haben? Ich kann nicht leugnen, cs ist mir allemal,
wenn auch gleich mein eignes
Interesse nicht miteintritt, dennoch lieb,wenn unverschämten Pralern,
unwissenden Spöt
tern, boshaften Lästerern der Mund gestopft wird. Sind dergleichen Lotterbuben gleich unter der Kritik, und geht gleich die Züchti gung
gung an ihnen verlohrcn;
denn sie können
nicht gebessert werden, wollen auch nicht, so verdient doch der gelehrte Pöbel, welchen Sie mit ihren Harlequinaden auf der gelehrte» Bierbank an sich ziehen, so viel Mitleiden, daß man ihm begreiflich macht, stin Baal,
den er aus Bethörung anbetct, sei ein Igno rant, ein Plagiarius, ein Böstwicht von der verwerflichsten Art. Ich könnte Klotzen seine äußerst seichte Wissenschaft, seine Plagia, sei
ne Donatschnitzer unwidcrsprechlich darthun, ich könnte die Blöße seines grundvcrderbten
Herzens aufdecken. Aber »»eine Feit ist mir zu edel, und ich dünke mich zu gut, meine Hände mit so unedlem Blute zu besudeln. Ge lassen,
meiner Sache gewiß, und rühmlich
stolz, erwarte ich von der Zeit, von der Wahr heit, und von der Billigkeit uncingenommr-
ncr Kenner, die mir schuldige Gerechtigkeit, die mir nicht entstehen kann, noch wird, wenn ich nur halb so viel Gutes an mir habe, als der unerbettclte Ruf mir beilegt.
Ist an mei
nen Schriften etwas Gutes, sind sie brauch
bar, so werden sic sich schon ftlbst rächen, und mich rechtfertigen. Auch die stumme Wahr heit überschreit elende Scribenten. Sind sie A 3 aber
aber so schlecht, als meine Feinde (oder viel
mehr mein einziger Feind) sie machen, so thäte ich thöricht, und verriethe ein böses Ge wisse», wenn ich mich ihrer annähme.
Ich nehme also mit Wohlbedachte an diesem Krie
ge keinen Antheil.
Ich verliere kein Wort,
sondern sehe dem Ausgange ganz getrost ent
gegen ,
wobei mein
Feind
verlieren muß.
Wiewohl er schon im Taumeln ist; denn dahin
haben ihn Lessing und Herder gebracht, derCa-
stor, der Pollux von Deutschland, den Amycum.
Heben diese ihre Peitsche auf, so muß
der Hund verstummen, und sich verkriechen. Ich da«ke Ihnen also, großer Lessing, im
Namen des Publikums, und, wenn sie wol len, auch in meinen eignen; fürdieMühwaltung, die Sie* sich genommen habe» , die
Schmach so vieler braven Leute zu rächen, und wünsche Ihnen viel Glück zu Ihrem Siege. Zugleich empfehle ich mich, unter Anwün schung alles Wohlergehens zu fernern Wohl wollen rc. rc.
D. Reiöke.
2. Hamburg, den n. Febr. 1769.
Es geschieht mit dem größten Vergnügen, daß
ich Euer Hochedclgcbohren anbei meine Aldi nische Ausgabe des Demosthenes übersende. Ich habe sie bloß wieder zurückgekauft, weil
ich nicht wußte, daß Sie selbst der Liebhaber
waren,
der darauf bieten ließ, und ich sie
nicht in Hande kommen lassen wollte, aus wel chen sie dem neuen Herausgeber dieses Grie chen nicht so leicht zukommen dürfte. Sie ist zu Ihrem Gebrauch, auf so lange Zeit Sie
wollen; und ich wünsche nur, daß siedieMü
he und Zeit belohnen mag, welche ein Mann darauf wenden wird, der aus seinem Kopfe mehr nehmen kann, als er auch von dem Ge lehrteste» dabei angeinerket finden könnte.
Es
ist mir schlechterdings unbekannt, wessen Hand es ist, der nicht allein die Druckfehler sorgfältig darinn verbessert, sondern auch manche richtigere Lesarten dabei citiret hat, die bekannt gemacht zu werden verdienen, sie mögen nun aus Vermuthung oder aus ältern
Handschriften geflossen seyn. Zwar vielleicht sind sie schon bekannt: denn ich habe nicht die A 4 Tay-
Taylorsche Ausgabe, sondern nur hin und wie der die Wv.sischc danrit zu vergleichen Zeit und Gelegenheit gehabt. Die größten Anmerkun
gen, die da und dort zur Erläuterung beige
fügt sind, könnten wohl gar Stellen des Ulpians seyn. Denn ich bekenne, daß ich das wenigste zu entziffern fähig gewesen bin: be sonders da Sie bei einem neuen Beschneiden
des Buchs gelitten haben.
Zch bin begierig
das Zuvcrlaßigerc hierüber von Euer Hoch-
edelgebohrncn zu erfahren.
Da ich übrigens kaum geglaubt hätte, Euer Hochedclgebohrnen auch nur dem Na men nach bekannt zu seyn, so muß mir dec Beifall, dessen Sie meine leichte Arbeiten
würdigen, desto schmeichelhafter seyn.
Ich
hatte lange gewartet, ob sich niemand an den plumpen Goliath der gelehrten Philister ma chen woüe: endlich konnte ich seinen dummen
Hohn unmöglich langer ertragen,
ohne ihm
ein paar Steine aus meiner Tasche an den Kopf zu werfen. Getroffen haben sie: ob er
sie aber fühlen wird,
dicken Schedel an.
das kömmt auf seinen Ich weiß wohl, daß ihn
wahre Gelehrte jederzeit verachtet haben, aber das
s
das weiß ich nicht/ ob ihre stillschweigende Verachtung genug ist/ das Publikum, wel
ches er verwirret, an ihm zu rächen. sollte doch endlich die Stimme erheben.
Einer
Und
wahrlich, wenn keine, oder doch so wenige, von meiner Seite zu seyn öffentlich bezeigen-
so fürchte ich, er hat mich, mit seinen in ganz Deutschland zerstreuten Spießgesellen in kur zem wieder überschrieen. Ahm aber immer auf den Rücken zu sitzen, auch nicht. Die Mißhandlung,
ist meine Sache die er sich mit Ih
rem deutschen Demosthenes erlaubt hat, yruß
jedes billigen Mannes Unwillen erregen. Aller der trivialen Dinge ungeachtet, die er dagegen
sollte er doch wohl empfunden haben, wieviel ihm noch fehlt, um eine solche Ueber-
sagt,
setzung machen zu können. Unsern kleinen Schönschreibern wird sie freilich wohl nie ge fallen :
aber Leute,
welche Wahrheit und
Nachdruck schätzen, welche wissen, wie weit
die alte populaire Beredsamkeit sich von dem fußen Tone, von den gelehrten Sprachschnirkeln eines neuen KanzelrednerS entfernet, wer
den sie um wie vieles nicht Missen wollen;
doch wem auch dieses nicht begreiflich zu maA 5 chen.
IO
che»,
der muß sie doch wenigstens für den
deutlichsten und sichersten Commentar des Ori
ginals erkennen, und zugestehen, daß sich ein Reichthum der deutschen Sprache darinn zei get, den so wenige unserer Schriftsteller in ihrer Gewalt habe».
Ich bin
Lessing. 3. Leipzig, den 28. April r?6y.
schuldiger Dankbarkeit schicke ich Ihnen Dero Aklinam wiederum zurück.
Wider den
Wohlstand darf ich nicht befürchten,
zu ver
stossen, oder Dero Erwartung zu widerspre chen, wenn ich die lautere Wahrheit bekenne. Viel neues habe ich in Ihrem Exemplare nicht gefunden. Das allerneustc hatte ich schon aus andern meiner oder fremder Handschriften an gezeichnet. Doch erkenne ich Dero guten Wil le» u»d Dienstfertigkeit mit einem eben so leb
haften Gefühle,
als wenn ich aus Ihrem
Exemplare die wichtigsten Entdeckungen ge macht hatte,
und überdem gibt doch dessel ben
ben Beitritt dem Gewichte der andern gleich
stimmigen codicum eine nicht unerhebliche Zu
lage.
Meine vorgehabte Ausgabe der griechi
schen Oratoren steht noch zur Zeit in bcccrifi.
Geht es aber gleich damit etwas langsam und schwierig her, so gebe ich darum doch noch nicht allen Muth auf. Feit und Geduld über windet vielmals die schrecklichste» Schwierig
keiten, und die Aussicht neiget sich doch nun Sollte also ja
mehr auf die bessere Seite.
mein Vorhaben noch einen glücklichen Aus
gang gewinnen, so werde nicht ermangeln, den schuldigen Dank meinem Wohlthäter öf fentlich abzutragen. Die Billigkeit Ihres Urtheils von meinem
deutschen Demosthenes rühret mich, und flö
ßet mir die trefliche Hofnung ein, das Publi kum werde endlich einmal aufhören, sich an das tobende Geschrei meiner abgesagten Fein de zu kehren, und dagegen anfangen, mit ««eingenommener Wahrheitsliebe das würk-
lich rühmliche zu prüfen, zu erkennen, und zu nutzen. An meiner Hochachtung gegen so ausgemachte nnd so bekannte Verdienste, als die Ihrigen um die gute Literatur sind, kön nen Sie, mein Herr, ganz nicht zweifeln,
nur
nur wünsche mir bald Gelegenheit zu haben,
diese Hochachtung öffentlich bezeigen zu son ne», der allezeit verharre
D. Reiöke.
4. Leipzig, den 7. Januar 1770.
Daß ich Ihnen ein intereffirtes Kompliment das wird Sie so wenig befremden, Cs ist was menschliches. Sic würden meine Gratula
.mache,
als Sic es mir verübeln werden.
tion auch ohne mein eignes Bekenntniß dafür ansthn, was sie ist. Mein Gcstandniß aber wird meine Schuld vermindern, und Ihnen
ei» wohlmeinendes Lächeln ablocken.
Daß
Ihre großen Verdienste mit einer Stelle be
lohnt worden sind,
deren Sic sich allemal
nicht schämen dürfe», ob sic gleich weit unter
ihrem Werthe ist, darüber würde ich mich von Herzen freuen, wenn ich auch gleich für mein
besonderes Antheil keinen Nutzen davon ziehen könnte. Was dünket Ihnen also von der Größe meiner Freude, über die glückliche Ver
änderung Ihres Aufenthaltes, da dieselbe mir in
1$ in Fukunst ungemeine Vortheile für meine klei
ne
Unternehmungen
Literaircn
verspricht:
Vortheile, die mir bisher versagt waren, da
zu ich mir gar keine Hofnung machen konnte» Wenn Sie werden in Wolfcnbüttel angekom men seyn, so ersuche ich Sie, dienstfertiger Freund, (ich rocit? Sie denken zu edel und zu galant, als daß Sie die natürliche ungezwun
gene Sprache der Empfindung und der Wahr heit verschmähen sollt?», mir ist cs nicht ge
geben, geschminkt und gleißnerisch zu sprechen, ich spreche von Herzen) ich ersuche Sie also, mir alsdcnn Nachricht zu ertheilen, ob in der Wolfenbüttelschen Bibliothek Manuskripte vom Demosthenes, Aeschines, Lysias, und den übrigen kleine» attischen Rednern sich be finden, und durch was für Wege, und unter welchen Bedingungen man zum Gebrauche derf selben gelangen könne.
Bitte hinzu.
Ich füge noch eine
Ihre mir neulich bewiesene
Großmuth macht mich so dreiste, daß ich das ohne viele Umstande uud ohne Furcht, einer
Fehlbitte wage.
An meinem Demosthenes
wird jczt würklich gedruckt.
Betgehendes soll
von der Einrichtung des Drucks zeugen. Nun sahe ich gerne, wenn in der Hamburgischen neuen
neuen Zeitung die Versicherung, daß daran gedruckt werde, und daß mit nächster Oster-
meffe der erste Theil erscheinen werde, gege ben, und zugleich gemeldet wurde,
daß eine
halbe Pistole Pränumeration bis zu gedach ter Ostermesse angenommen,
nach der Zeit
aber kein Exemplar unter 3 Reichsthaler ver
und daß eine kleine An zahl auf großes, starkes und schönes Papier abgezogen werde, davon derPränumerationSlassen werden solle;
preiß 3 Reichsthaler voll ist.
Es kommt bloß
auf ein Wort von Ihnen an, meines Wun
sches theilhaftig zu werden. Ich stehe wie derum Ihnen auf alle mögliche Weise zu Ge bote,
der unter Anwünschung alles Wohler
gehens und Derftcherung dec lautersten Hoch
achtung (wiewohl eine solche Versicherung Ihnen entbehrlich war) verharre rc.
bei
D. Reiöke.
5« Leipzig, ven 6. April 1770,
^5err Randal, ein Schotte, stellet Ihnen
dieses Schreiben zu.
Er hat sich diesen Win ter
ter in Leipzig aufgehalte»,um in dem exegetischen Theile der Theologie etwas mehreres zu thun, als Leute von seinem Stande und Jahren ge* meiniglich zu thun pflegen.
Jezt ist er im
Begriffe wieder nach Hause zu gehn, und das ihm angetragene geistliche Amt auzutreten.
Die schöne Bibliothek zu Wolfenbüttcl möchte er er gerne sehen, deswegen hat er seinen Weg eigentlich über Wolfenbüttel und Braunschweig genomincn. Cr bat mich ihm Gelegenheit dazu zu verschaffen. Was konnte mir angenehmer seyn, als eine solche Gelegenheit, zu gleicher
Zeit einem Freunde, der an mich, von Eng« land aus recominandirt war, zu dienen, und Sie, mein hochgeehrtester Herr, meiner Er« gebenheit zu versichern,
und Ihnen meine
Dankbarkeit für die so freundschaftliche Auf nahme meines lezten Schreibens zu bezeuge»? Ihre Emsigkeit, mir gefällig zu werden, und mein demosthenisches Werk zu befördern, hat in dec That meine Erwartung übertroffen. Wie hatte ich selber mehr thun können, als Sie gethan haben? Wenn doch auch nur der
Erfolg, dem Ernste Ihrer Bemühungen und
der Lauterkeit Ihrer Absichten entspräche!
Doch das wird, wie ich hoffe, dienaheOster-
messe
messe weisen.
Von ganz Deutschland zusam-
mengcnominen, verspreche ich mir so viel Bei stand nicht, als ich mir von Hamburg allein
verspreche. Trifft meine Hofnung ein, so werde ich von Ihrer Empfehlung, einer eben
so ernstlichen und wichtigen, als für inich rühmlichen Empfehlung reiche Früchte erndten, Sie dafür segnen, und um desto muthiger in der Laufbahn, die ich nun einmal betreten habe, fortfahren. In wenig Tagen wird dec erste Band des Demosthenes fertig seyn. Könnte derselbe durch Dero Vermittelung ein eben so ehrenvolles Zeugniß, in der Hambur als die bloße An kündigung und Probe desselben zu erhalten das Glück gehabt, so würdedas ein Zuwachs
gischen Zeitung erhalten,
derer Verbindlichkeiten seyn, unter welche Sie, hochgeehrtester Herr Bibliothekar, ver-
sezt haben Dero
ergebensten Dieser
D. R e i s k e.
6; Leipzig, Sea 12. May 1770,
Es ist mir ein wahres Vergnügen,
Euer
Wohlgebohpnen mit dem ersten Theil eines Werks aufznwarten, zu dessen Einpfehlung Sie, schü» da es noch in der Geburth war, zum voraus so viel beygetragen haben. Weil ich nicht zweifle, daßZhr Ansehn bey den Ver fasser» der neue» Hamburger Zeitung, Ihrer Entfernung ungeachtet, dennoch einen starken Eindruck habe, so erkühne ich mich,
Sie zit
ersuchen, es dahin zu vermitteln, daß in gedach ter Zeitung eine zu bessern Vertriebe meineWerks gereichende Anzeige mitgetheilet werde. Könnte es durch Dero Vermittelung gesche hen, daß auch die herzogliche Bibliothek, der Sie vorstehn, ein Exemplar nähme, schehe mir darunter eine Gefälligkeit.
so ge Zwar
weiß ich wohl, daß dergleichen Bitten, unh
Dienstleitungen keine» von uns beyden klei
den.
Aber die Verfassung der Welt, in der
wir leben, macht sie unvermeidlich. Wenig stens muß ich, da ich einmal die Rolle eines Verlegers wider meinen Willen spielen muß, mich zu dergleichen Erniedrigungen bequemen. £t|T gel.Drüfw. 2. Th. B Httk
r.S Herr Randal, ein Schotte, wird Ihnen vor
einigen Wochm ein Schreiben von mir ringehändigt haben, und ich hoffe, daß es.gütige Aufnahme werde erhalten haben.
Ob die
vorgeschlagene Subskription auf meinen De
mosthenes bey den hamburgischen IntelligenzComptoir zu Stande gekommen,. und Gelder
daselbst eingegattgen sind, ist mir jetzt noch nicht wissend. Zwar versprach ich mir von Hainburg wenigstens einigen Beystand; aber zu meiner Befremdung ist noch weit weniger von daher, als selbst von Leipzig eingegangen, da doch ihrer sechs noch pränumeriret haben. Doch ich will Euer Wohlgebohrnen mit der gleichen Kleinigkeiten nicht behelligen.
Dürf te ich aber wohl so frey seyn, und niich erkun digen, unter was für Bedingungen Man wohl aus der Wolfenbüttclschen Bibliothek etwas von Ästanuscripten hierher nach Leipzig bekom men könnte, falls man meynte, des einen oder des andern von daher benöthigt zu ftyn.
Unter Versicherung aufrichtiger Hochachtung und Anwünschung alles Wohlergehens ver harre re.
________ D. Reiske.
'S 7. Wolfenbüttrl, -.27. May 1770. Ach danke Ihnen, liebster Schmid, für Ih
ren Adcliiiaiin:
aber nun?—
Kein Exem
plar für die Bibliothek? oder soll das, wel
ches Sie mir geschickt haben, für die Biblio thek? Recht wohl; so habe ich mich für die Bibliothek bedankt. Ich gebe meine Hofnung nicht aus, noch etwas von Adelmanncn selbst, oder von Bcrengarius aufzutreiben, um einmal eine an sehnliche Ausgabe zu veranstalten. Vorläu fig habe ich schon etwas gefunden, welches' wenigstens unter den literarischen Anhängen
eine Stelle verdienen wird, und das Sie jetzt schon recht gut hätten nutze» können. Cs betrift nehmlich die nähere Bestimmung des Sterbejahres Ihres Adelmanns. Weder Galearduö noch andere Brescianer, wollen ihn gerne so lange leben lassen, daß ihn daK Gebet des Pabst Nicolaus II. arcendi a divi* vinis diaconos facerdotesquc concubinarios mit angegangen. Als ob man nicht in jeder Kir che sehr rechtgläubig seyn, und dennoch ein ärgerliches Lebe» führen könnte, Ich suchte B 2
in
in bet Raccolta d’ Opuscoli fcient. e filol. ganj
etwas anders, als ich einen ausdrücklichen Brief von Carlo Deneda, in dein 47ten Thei le derselben, über diese Materie fand. Ich schi
cke Ihnen den Theil, um den Brief selbst 511 lesen. Aber ich muß Ihnen zugleich sagen, daß ich auf das Diplom, worauf sich Dene da vornehmlich gründet, eben nicht schwören möchte. Deneda gestehet selbst, daßdasJahr des Kaysers, seit seiner Erwählung zum rö mischen Könige, verschrieben sey. Könnte also nicht eben so wohl die eigentliche Jahrzahl verschrieben seyn? Untersuchen Sie doch das
Ding ein wenig genauer, wenn Sie einmal
sonst gar nichts anzufangen wissen. — Ihre Bemerkung wegen der alten deut
schen Uebersetzung des Creseenrius, daß ein Theil derselben müßte in Reimen geschrieben
gewesen seyn, ist sonderbar, und verdiente ei ne kleine Ausführung; wäre es auch nur, um auf andere alte deutsche Bücher aufmerksam
zu machen, ob ihnen nicht vielleicht eben daS widerfahren. Ist doch selbst mit lateinischen Dichtern eben so etwas vorgegangen.
Aelte-
re Ausgaben des deutschen Crescentius, als Ihre
Ihre von tyig,
giebt es allerdings.
Wir
selbst haben hier eine von 1512. ebenfalls irt Folio ohne Ort des Druckes. Aber auch die se kann nicht die erste seyn, denn am Ende heißt es: „New gedruckt und geendet im Jahr i)i2.„ Zwar diese unsere altere Ausgabe ist
auch gar nicht einmal von der nehmlichen Uebcrsetzung, von der Ihre ist; als in welcher die Spuren des verworfenen Sylbenmaßes und Reimes, die Sie in Ihrer entdeckt ha ben, gar nicht aiizutrcffen sind. Zudem ist auch bas Kapitel, aus welchem Sic mir die Pro ben ausgezogen, nicht das fünfte des zwey ten, sondern des ersten Buchs, so wie es die ses nach der Urschrift auch seyn muß. Bey Ihnen lst es überschrieben, „von Erkenntniß der wonstett.,, Bey uns aber „von der stat ,da man ein Haus bauwcn will, zu kennen
gut oder böse.„ Wenn Sic beyde Ucbersetzunge» näher vergleichen wollen, so will ich Ih nen unsere herrüber senden, oder vielmehr her
aus, wie ich mit Zacharia ausgemacht habe,
daß es heissen muß. Lassen Sie Ihren Adelmann in Hamburg
immer durch Alberti aukündigen. Bz
Wenn ich es
es thue, so geschieht es für die allgemeine Leben Sie wohl.
bliothek.
8» Vr-unschweig, d. 16. May 1770.
Beynahe hätte ich die Bibliothek vergeh
und dieses gewiß nicht aus Undank barkeit, sondern weil ich in den Gedanken ge rathen war, alles was iir der Waisenhaus buchhaltung gedruckt würde, müßte auch ein Ereinplar dorthin liefern. Mord - Schade um mein Buch, daß Sic, liebster Lessing, seit,
nicht eine Hand mit in meinem entdeckten AdelMann gehabt haben! Ich ärgere mich nicht wenig darüber, daß ich den Bresciancr, den Kie mir zugcschickt haben, nicht eher entde cke» können. Doch wir wollen hoffen, daß Sie ferner glücklich sind. Lassen Sie mir den Jtaliäner noch ein paar Wochen. Ich hoffe nebst Zachariä bald selbst zu Ihnen zu kom
Dann soll recht viel, was ich schon vorrathig habe, abgeschwatzt werden. Lebe« men.
Eie wohl. D«r Hörige. Schmid. R.G»
R. G. Dieß Exemplar ist eigentlich das
.Ihrige.
Oa6 ungebundene lassen Sic wohl
selbst auf Unkosten dec Bibliothek so binden, wie andere neue Bücher dort gebunden wer den.
Wollen Sie hinein schreiben, oder hin
einschreiben lassen:
BIBLIOTHECAE GUELPHERBUTANAE, D. D. D. EDITOR. so steht es bey Ihnen.
9Braunschweig,
30. Iuniu- 1770.
3» hätte Ihnen, mein liebster Lessing,
ge
stern sagen solle», daß Sie mir, wegen mei nes literairischcn Theils des Adelmanns, et was vorrückcn können, und nunmchro müs
sen, da Sie es von mir selbst wissen. Ich bi»
sonst ganz sicher, daß es kein Leser gemerkt haben würde. Aus beykoinmendem Buche wer den Sie sehen, daß ich in Siberi Zeugnisse die Stellen, die mit-j- bezeichnet sind, wcggclaffen habe, weil ich sie damals noch nicht beträcht lich hielt,
und mir insonderheit die Worte:
Ejusquc opinioni»,. quam Rcformatorum parB 4
tium
tiuni Socii foue'rrt, fiätorem praeciptuim (Befcngarium) gar ju polemisch zu seyn schienen.
Sie gehören aber/wie ich jezt zu spat sehe, Ihrer Entdeckung wegen, sehr hierher. Den ken Sie ja nicht, liebster Freund, daß ich auch
in Anführung anderer Stellen etwa unzuver lässig sey. Nein, das bin ich gewiß nicht! Das Wort focii konnte ich nur nicht verdauen.
Sie mögen mir dieses in Ihrer gedruckten Schrift nun im Schertze oder im Ernste sagen, so bin ich bey Ihnen allemal in guten Handen; aber strgen müssen Sie cs.
Lebe» Sie wohl.
Weil mich mein Carolinuin ruft,
so breche
ich ab. NB. Siberus ist überhaupt ein bitterer Feind der Reformirten, wie Sie auch
aus seiner Anmerkung S. 54. sehen werden.
10. Braunschweig, d.-s. Julins 177®.
§8isher, mein liebster Lessing, habe ich den
Hoffmann nirgends auftrciben können. Soll te er noch irgendwo aufzujagen seyn, so sol len
H len Sie ihn haben.
Unter meinen Sachen
habe ich das Beykommende gefunden. Chem nitz hat wenigstens die Geschichte dieser Strei tigkeiten durch alle Jahrhunderte zusammengebrächt, so daß man beynahe alles, was Kieher gehört, mit einem Blicke übersieht. Ob
Sie aber was daran nutzen können,
weiß
ich nicht. Aber das vielleicht war mir schon Ursache genug, es Ihnen zu schicken. Das
Derzcichniß der Schriften, die von Berengar handeln, ist von unserm Hofprediger Knoch. Er hat gewaltig viele Kleinigkeiten, die j« dergleichen Streitigkeiten gehören, gesamm-
let. Was Sie etwa davon gebrauche» kön nen, steht Ihnen zu Dienste. Aber, mein liebster Freund, Ihr Feld wird immer weitlauftiger, und wie Zeitfressend ist eine solche Geschichte! In meinen Gedanken gebeichJHiien reichlich ein halbes Jahr, ehe Sie mit et was hervorrücken könne». Ich weiß nur gar
zu wohl, wie es mit dergleichen Untersuchun
gen geht, und darum habe ich mich auch als Herausgeber des Adelmaim gar fein davor in Acht genommen. Ma» wird zuweilen, mit ten in der Arbeit der schönen Sachelchen satt, die uns Anfangs kaum schlafen ließen, da B 5 wir
wir uns daran machten.
Dieser Ekel wird
Sie doch wohl noch nicht überfallen, oder
vielmehr überschlcichcn? — Go eben kommt ei» Besuch,
der mich
zwingt, recht unschicklich abzubrcchen. ben Sie wohl, liebster Lessing.
Le
Schmid. ii. Draullschweig, V. 7- Jul. 177®.
Ä6ellwir beyde fezt ganz Bercngarisch sind, so theile ich Jhneir abermals etwas mit, was hierher gehört. Im lczten Theile der Engli
sche» Bibelcrklärcr, die Teller angefangcn, und Brücker nunmehro mit dec Offenbarung
Johannis geendigt hat, (der achte Band des neuen Testaments) finde ich, daß Lowinanu von Seite 457-46; eine weitlauftige Anmer kung von der Geschichte Berengars ringerückt hat. Er scheint diese» merkwürdigen Man» mit in der Offenbarung zu finden.
Sie müs
sen dieß lesen.
Abschreiben kann ich es nicht. Wollen Sie diesen Band von mir haben, so steht er zu Dienste.
Sonst finden Sic ihn unfehl-
unfehlbar unter den Büchern dieser Messe bey
Meißner, und es wirb auch nicht an Predi gern in Wolfenbüttelfehlen, die dieses Bibel werk halten. Dieß wird Meißner unfehlbat wissen. Der Band ist dick und erfordert viel
Ihren Hoffmann zu finden, ge Ich habe an viele Thüren vergeblich angeklopft. Cs ist doch sonderbar, daß ein solches Buch eine Rarität Einpackens.
be ich nun alle Hofnung auf.
werden kann l Man sollte es iit vielen Prie sterbibliotheken vermuthen.
Leben Sie wohl,
lieber Freund. Ich schreibe dieses recht in der
Euler Flucht,
weil Sie dieses noch currente
rota mit in Ihr Merkchen bringen können. _________ Schmid.
12. Braunschweig, d. 8. Geptemb. 1770.
W« schickt Ihnen,
liebster Lessing, wohl
mehr nichts bedeutende Zettel zu, als ich? Allein cs sey! das überflüßige schadet nichts. Lückenbüßer müssen doch auch seyn, und viel
leicht ist dieß Stückchen einer. (Diese wich tige Quelle der historischen Wahrheit besitze ich selbst.
Ist Ihnen dainit gedient, dieß
sS abcege hiimber- zu haben, neu.)
so schicke ichs Jh-
Sollte denn das vom König Heinrich
wahr seyn, daß er dem armen Berengar und ^ineu Schülern mit ft irrer Armee zu Leibe ge
hen wollen? Das wäre gewiß viel, und käme
ja mit der Toleranz nicht überein,
die man
ihm zuletzt angedeyhen lassen. Leben Sie wohl, liebster Lessing/ bald hoffe ich Sie wieder zu sprechen.
Ablage de s Hiftoire Ecclefiaftiquc De Fleury h Berne 1766. pag- 279. A. C. iö50. Concile de Rome, öu Bcrenger, Archidiaire cf* Angers est condamnc, parcequ’il foutient, que le Sacrament de 1’Eucharistie n'est qu’une figure du corps- et du fang de J. C. et qu’il n’y a de changement dansla substance du pain et du vin. Le Roi Henri afiembla austi un Concile h Paris, oii ßercnger fut condamnc. On declara dans ce Concile, que si ßcrenger ne fc retraitoit pas avec tous fes f'cctatcurs, V Armee de France ayant le Clcrgc 'a la tete en habit ecclefiaftiquc, iroit le clierchcr quclquc part qu’ils füllent, ct les asiiegeroit
»s geroit jufqu’ h ce qu’ils fe foumifFent b la foi catholiquc, ou qu’ils fiiflcnt pris pour gtro punis dc mort.
HZ.
Brannschweig, de« 9>
177®.
^chon wieder.ein Brief? Ja freylich! Ich
habe die beyden lebten Bogen,
die Sie ab
drucken lassen, mit.sxhr großein Vergnüge» gelesen. Ihre Sache wird wichtig! Außer ordentlich wichtig! Was muß man von. ijkc denken, daß ich Igtiarus fcclerum tantörum artisquc Pelasgac in der Anmerkung geschrie
ben habe, daß Berengars Fragmente allent halben Spuren des Stolzes zeigten? Eben
das, was er vom Fulbertus sagt,
und der
Ausdruck ineptus monachus verleitete mich. Ich Kurzsichtiger! Da Sie, mein liebster Lessing, vom Fulbettus mit Recht sagen, daß er den Berengarius unmöglich habe als einen Teufel verwünschen können, hatte ich recht sehr gewünscht, daß Ihnen der Ausdruck Adel manns in die Augen gefallen wäre: oblecrans per fuaviffimam memoriam Fulbcrti.
3fr
Ist dieser nicht schon Beweise- genug, daß Sie recht haben?. Vielleicht können Sie die sen Umstand im sechsten Briefe nachbringen? Leben Sie wohl, Ich eite den Undankba ren vorstellen zu sehen.
Der Himmel gebe,
daß ich nicht Verse höre,' sonst ziehe ich in der
ersten Scene aus. Schmid. 14. lSrtunsihiveig »... Septemb. 177«.
Oier schicke ich Ihnen, mein liebster Lessing,
dpn Crnejti mit Tellers geschriebenen Rand glossen geschinückt.
Ich habe die Disputa
tion selbjt bey dieser Gelegenheit durchgelese».
Ich sehe ihr,
Zwang an. recht —«
ich weiß nicht was für eine» Vielleicht
aber
habe ich Un
Wenigstens sollte er doch ein Wort
pon Ihrem Berengar, und der merkwürdige» Zeit, wprinn er gelebt hat, gesagt haben. — Dem Herrn Abt Carpjüv habe ich Ihre Bo
gen zum Durchlese» gegeben.
noch nicht wieder,
Ich habe sie
sonst hatte ich sie beyge
legt. . Es war ihm ungemein angenehm
und er
k wollte, wie er mir sagte, sich die Frey heil nehmen, und Ihnen gerne alles mitthcilen, was er etwa zu erinnern fände. Der letzte Correcturbogen, der dabey ist, setzt Sie doch nicht in Verlegenheit? Ich habe darinn noch ein paar umgekehrte Buchstaben corri-
girt.
Sobald ich die Sogen wieder in Han
den habe,
werde ich sie überschicken.
Dey
Zeibig de cultu mortis et imagine besitze ich auch. Ohnfehlbar haben Sie ihn. Wenn
Sie ihn aber auch nicht haben, so sollen Sie ihn doch nicht lesen, und wahrend Ihrer Berengarischen Epoche, sich damit nicht zcrstreueir. Leben Sie wohl, liebster Lessing.
Schmid. 15-
Leipzig, -. s. Oktober 177®. Ä8oher die Sage entstanden ist, daß Euet Hochedelgebohrnen sich in England aufhielten)
kann ich nicht sagen.
Allemal hat die Sage
dieses hier bey uns ausgebreitet; und ich hat te ihr bisher Glauben beygemessen. Und wer
mußt« das nicht glauben,
da es nichts un>
möglir
mögliches, und diese Reise, wieeshicss, iii Ihres Herrn Dienste angestellt war. Nun mehr aber hat die Zeit die Sage vernichtet,
und mir den Wahn benommen. Sie sind al so den ganzen Soimner in Wolfcnbnttel, und noch dazu in Ihrem neuen Felde recht fleißig gewesen. Die Sache hat es gewiesen. Ich habe was gesehen, ich darf cs aber noch nie-
miuiden sagen. Nun verstehen Sie mich. Entdeckungen, die zur Ehre der gesunden Ver nunft gereichen, und den Unsinn beschämen, und verstummen heißen, wie kann man sich enthal
ten Ihnen Glück zu wünschen.
Zwar könnte
es einen, der die Starke, die zu allen Arten von
Witzeund Scharfsinn undGenauheit aufgelegte
Starke Ihres Geistes, etwa nicht kennen soll te, (wiewohl deren wenige styn können) befrem
den , daß ei» Lessing Entdeckungen in den Scholastikern macht. Aber ein solcher Eifer für die Wahrheit steckt nicht nur in der gelehr ten Geschichte der dunkelsten Zeiten ein neues Licht auf, sondern rechtfertigt auch die Wahl Ihres Herrn in Ihrer Person, zu dem Po sten, den Sie jetzt bekleiden, und verspricht der Zukunft noch mehr herrliche Früchte, theils von Ihrer eignen Scharfsichtigkeit, theils von
Ihrer Willfährigkeit, cmöern Gelehrten mit
de» Schätzen der Herzoglichen Bibliothek an die Hand zu gehen. Ich bekenne, daß ich ei
ner von denen bin, die sich mit einer solchen Hofnung nicht vergeblich schmeicheln. Berwichenen Sommer habe ich,
außer der Besor
gung meines Demosthenes, anch noch in de» Nebenstunden den Libanius bearbeitet. Do» diestin Auctor erhielt ich einen vortreflichen Codex auf Pergament aus Augsburg. Aus diesen» Codex, und zweyen andern aus M ün chen , habe ich nicht nur ganze noch ungedrnckle Stücke mir abgeschriebcn, sondern auch die häufigen Lücken üi den gedruckten Ausgaben ergänzt, und die noch häufigern und unglaub lich groben Fehler derselben gebessert; sodass ich im Stande wäre, eine vollständige und zuverlässige Ausgabe von diesem Auctore zu lie
fern. Und allerdings wird -das auch gesche hen, wenn anders Gott Lebe» und Kräfte fristet, und ich mit meinem Deinosthenes wohl fahre. Nur fehlen in denen Manuscripti’ii vom Libanius, die ich bey mir habe, ei nige Stücke aus dem ersten Bande der Opcrum ex editione Morelli, und just alle diese Stücke, bis auf eins, befinden sich in einem e-ss. gel.Bn«st».r.TH.
C
MüNU-
Manuskripte der Herzoglichen Bibliothek zu
Wolfenbüttel, welches ich selbst ehedem auf meiner Rückreise aus Holland daselbst gesehen und in Händen gehabt habe. Herr Profess' sor Culencamp hat mir vor einigen Jahren ein Verzeichniß dec in diesem Codice befindli chen Stücken geschickt. Könnte ich wohl die
ses Buch auf einige Zeit erhalten? Wenn es auch nicht eher als auf nächste Osterinesse, und nicht langer als während der Messe wä re? Und auf was für Bedingungen? Ich bit
te mir bey Gelegenheit Dero Gedanken hier über z» eröffnen. An Ihnen, hochgeehrte ster Herr Bibliothekar, hoffe ich einen nicht weniger willfährigen Beförderer meiner guten
Absichten zu finden, als ich an den Herrn von Oefel» geschäftig sey.
Thun Sie mir doch die Liebe, mein hochgeehrtester Herr Bibliothekar, und
entweder in Ratura, wenn es seyn könnte, oder wenig stens eine zuverlässige Collation davon zukomlassen mir dieses Manuskript,
men, und je eher, je lieber. Denn künftige Woche G. G. wird der Abdruck des Aeschines
angefangen werden. Weil ich von allen Orten und Enden vernehme, daß man neben dem Griechischen auch gerne die lateinische Uebersetzung und die Anmerkungen darunter hätte, dainit man, was zu jeder Stelle gehört, und darüber geschrieben ist, mit einem Blicke über-
sthauen könne: so habe ich mich entschließen
müssen, meinem Aeschines eine neue Gestalt zu geben, und ein anderes größeres Format zu wählen. Er wird also in Großinedian-
Auf der einen Seite der Text, gegenüber die Uebersetzung, und unten darunter die griechischen Scholia, und die Anmerkungen von Wolfen, Taylor, Mar kland und mir. Von den griechischen Scho lien zum Aeschines habe ich eine dreyfache Ab schrift, und unter dm Taylorschen Papieren, Quart gedruckt werden.
die ich nur erst vor kurzem aus London erhal
te»,
trn hübe,
auch noch einen andern von jenen
verschiednen Schvliasten entdeckt. Das An^ erbieten Euer Hochedelgebohrnen, mir eins Abschrift von den Scholiaften aus der Rei marischen Verlassenschaft zu verschaffen, muß
ich nun zwar wohl ablehnen, weil ich mit die»
fern Hülfsmittel genugsam versehen bin, gleich wohl möchte ich aber doch wohl gerne wissen, durch welchen Kanal Sie es mir verschaffen könnten, im Falle, daß ich dessen benöthigt wäre. Denn es könnte sich zutreffen, daß in den Reimarischen Papieren noch eines und das andere wäre, das ich bey meinem Unter nehmen nutzen könnte. Auch möchte ich wohl die seltene Ausgabe von Demosthenes Redet«
Cononem, deren Euer Hochedelgebohrnen in Ihrem Schreiben Erwähnung thun, (Pari* 1539. apud Tiletanum) ,bcyGelegenheit sehn. Sie thäten mir einen Gefallen, wenn Sie mir dieselbe künftige Ostermesse durch Herr» Gäbler zum Ansehn übermachten. Er sollte sie gleich wieder zurückbringen. Meine Pränmneranten mehren sich, zwar eben nicht zufchends, doch allemal mehr, als man, in der Art wenigstens, erwarten sollte. Anfäng
lich hatte ich mit Mühe ihrer 40 zusammen gebracht.
gebracht.
Jetzt aber kann ich doch schon/
Gott sey Dank dafür gesagt! an die ioc> zah len.
Mehren sie sich ferner in einem solchen
immer steigenden Verhältnisse, so werde ich bald im Stande sey», mein Vorhaben wenig stens ohne Schaden durchzusetzen. Indessen fahre ich in getroster Zuversicht zu dem gött lichen Beystande und Segen fort, und geden ke von einem halben Jahr zum ander» titteit
Band zu liefern.
Mein letztes Schreiben,
das Herr Hybner überbracht hat, ersuche Euer Hochedelgebvhrnen nach Dero Bequem
lichkeit zu beantworten, und mir Dero schätz
bare Freundschaft auch fernerhin beyzubehal-
-en, der verharre rc.
D. Reiste.
18. Vraunschweiz, b. 9. Deeeurbr. 1770.
Verzeihen Sie mir es doch,
mein liebster
daß ich Ihnen mit einem Auftrage beschwerlich falle. Suchen Sie mir, wenn Sie einmal auf die Bibliothek gehen, einige Ausgaben von Aaussiglians oder Tussig-
Lessing,
NtlNs, tractatu (oder confilio) de peste auf,
4k und schicken sie mir. Ich habe die Thorheit b«-
gangen, in aller Stille, ohne daß es ein Mensch weiß, diesen Tractat ganz zu übersetze«. Ganz! nur einige Knoten ausgenommen, die
ich nicht aufzulösen fähig bin, wenn ich nicht mehrere Ausgaben vergleiche. Ich habe doch Sächelchen darinn bemerkt, die ganz artig sind, oder mir zum wenigsten so Vorkommen: Der Taussignan steht in allen Ausgaben von Kethams fdfciculo medicinae, deren wohl 6
sind.
Ich habe mich dec venetianischen von
1513. in Folio bedient, die aber mit Fehlern überschwemmt ist,
und durch und durch
die elendeste» Abtheilungen von der Welt hat»
Es kömmt mir sogar vor, als wenn der Schluß an diesem Buche fehlte. Wie? wen» ich so glücklich wäre, auch diese» durch Ihre Hülfe aus einem Wolfenbüttelschen Codice heraus zu finden? Doch das ist nun wohl eine Gril
Es wäre mir gleichwohl eine nicht gerin ge Freude. Leben Sie wohl, liebster Leffing! le»
Sehen
wir uns
denn in diesem Leben nicht
mehr?
Schmid,
>9»
Golfen-üttel, d. i6. Deeembr. 1770. ^as wissen Sie ja wohl, mein lieber Schmid, daß Sic mir allezeit ein Vergnügen machen, wenn Sie mir Gelegenbeir geben , etwas in der Bibliothek nachzusuchen; und immer ein
um so viel größeres Vergnügen, wenn es et was betrift, woran ich sonst auch nicht im Traume gedacht hätte. Ihre Übersetzung des Tussignano ist gar keine Thorheit, so bald et was Gutes darinn steht, was sonst nicht
überall zu finden. Die Bibliothek aber hat von diesem stinem Traktate von der Pest kein«
einzelne besondere Ausgabe, und ich kann ihn nirgends als in dem Fascikul des Kethains finden, und auch von diesem ist weiter kein« Ausgabe da, als die von 1495. zu Venedig. Wenn Sie diese nutzen zu können glauben, so will ich sie Ihnen gern herüber schicken. Sonst
hätte es sich leicht treffen können,
daß ich
Ihnen anstatt eines gedruckten Exemplars, ein geschriebenes geschickt hätte.
Denn es fehlt
uns gar nicht an Manuscripten von Ihrem Magister Petrus de Tussigmano, wie sein Na
me in demselben geschrieben wird.
Beson ders
der- haben wir eine Practica von ihm, die aber wenig mehr, als eine Sammlung von Recepten ist. Vermuthen Sie indeß, daß unter diesen Recepte» auch vielleicht das sich finden könnte, was er für die Pest verordnet: so will ich Ihnen auch dieses Manuscript
herüber schicken. Ob wir uns in diesem Leben nicht mehr Wiedersehen? Doch, es wäre denn, daß ich
oder Sie noch vor den Weynachtsfeyertagen stürben. Leben Sie bis dahin wohl.
20.
Wolfenbüttel, d. 17. December 1779, Es hat einige Schwierigkeiten gehabt, ehe
ich die Handschrift des Aeschines ans der Universitatsbibliothek zu Helmstädt bekommen können. Endlich ist sie in meinen Händen, und ich will eilen, damit sie unverzüglich in dessen Hände komme, der sie am besten nutzen
kann. Ich habe zwar versprechen müssen, sie
nicht außer Landes zu schicken, doch nach al ter genommenen Vorsicht in Uebermachung derselben, will ich einmahl annehmen, daß
Gelehr-
Gelehrte, die einander dienen wollen, allein einem Lande leben. Auch habe ich versprechen nuiffen, sie innerhalb sechs Wochen wieder einzuliefern, und ich zweifle nicht, daß Euer
Wvhlqedohrnen sie nicht in dieser Zeit sollten
abfertigen können. Ob es sich überhaupt mit ihr groß dec
werden Dieselben Sie ist ein wenig gar zu neu;
Mühe verlohnen dürfte,
bald sehen.
denn sie ist nicht alter als aus der Mitte des i$ten Jahrhunderts, als um welche Zeit ihr
Schreiber, der sich in der Schlußnote selbst nennt, Georgius Chryfococca, gelebt hat,
wie ich bey dem Montfaueon finde (Palaeog. gr. lib. I. c. 8- p. 99 ) wo zwey andere Hand schriften von ihm angeführt werden. Auch
der Joannes Aurispa, für den Cbrysocoeca nach eben dieser Schlußnote, das Werk ge schrieben, ist nicht unbekannt; und wir haben von ihm unter unsern Manuscripten einen Martial, den sein Freund Antonius Panormita von ihm geschenkt bekommen. Sobald Euer Wohlgebohrnen mit den griechischen Red nern fertig find, und sich über den Libanius
mache» wolle», soll auf den ersten Wink die Handschrift, die sich hier unter dm Manuscrip-
scripten des Gudius,
von seinen Reden und
zu Dero Diensten
Dcclamationen befindet,
seyn. Noch findet sich auch unter den nehm lichen Manuscripte» ein Band von Briefen des
Libanius:
ich glaube aber, daß Wolf den-
selben bereits genutzt hat. Uebcrhaupt können Euer Wohlgebohrncn
darauf rechnen, daß Ihnen schlechterdings nichts vvrenthalten seyn soll, was Sie zu ei
ner oder der andern Arbeit aus dem hiesigen Vorrathe an Büchern und Handschriften braucheil können und wollen. Wie sehr wünschte ich, daß Sie selbst einmahl im Sommer eine kleine Exkursion anher machen, und sich selbst
einige Tage unter den letzter» umsehe» woll ten. Wir besitze» auch verschiedene Arabi sche Handschriften, von welchen ich aus den Catalogis nicht sehen kann, was sie enthalte», und von wem könnte ich das sonst erfahren, als von Ihnen? Nun erlauben mir Euer Wohlgebohrnen
aber auch meiner Seite eine Bitte.
Ich
möchte gerne für die Bibliothek alles haben, was Sic herausgegeben:
und ersuche Die
selben also um ein vollständiges Verzeichniß Stff. gel. Arilfw. 2, Th.
D
aller,
aller, auch Ihrer kleinern Schriften, mit Nach
weisung,
wo selbige zu bekommen.
Da ich
aber wohl weiß, daß ein großer Theil dersel
ben auf Ihre eigene Kosten gedruckt worden: so bitte ich von allen diesen mir ein Exemplar je eher je lieber auf der Post zu übermachen.
Wenn ich nicht irre, so sind unter diesen be sonders die Observationes in varios autores Graecos und die Anthelogia graeca Cephalae,
an welcher mir vornehmlich liegt, und die ich gar zu gerne recht bald hätte. Die Bezahlung dafür soll der Faktor unsrer Waysenhausbuchhandlung auf künftige Ostermcffe leisten, dem
ich denn auch die einzelne Rede des Demolthcnes Paris, apud Tiletanum mitgeben will.
Es hat mich übrigens sehr geschmeichelt,
daß Euer Wohlgebohrnen mir Dero Beyfall wegen des Berengarins bezeugen wollen. Frey lich urtheilen Sie allzugütig davon; aber ich werde nicht vergessen, wie viel davon mehr zu ineiner Auftnunterung als zu meinem
Lobe anzunehmen ist. Erlauben Sie, daß ich noch meine Em pfehlung an Dero Frau Gemahlinn hinzufüge»
darf
taff,
der wir bey so mühsamen Werken so
viel zu danken haben. Die Aufgabe ist gelöset, ob ein Gelehrter heyrathen soll, wenn es viel giebt.
Ich
solche Personen ihres Geschlechts
verharre mit vollkommner Hoch
achtung.
Lessing.
21.
Braunschweig, d. 19. Deeemb. 1770. erkenne, mein liebster Lessing, Ihr An erbieten mit dem größten Dancke. Schicken Sie mir den fafciculum medicinae Kethams,
und zur Vermehrung meiner Freude auch das Mannscript. Oder bringen Sie es vielinehr selbst mit. Ich wollte doch wohl, weil ich
einmal die Grille im Kopfe habe, gerne ein
bischen mehr von meinem Pestincdicus wissen, als etwa Jöcher und andere Leute von ihm gewußt haben.
Ist der Püflimus, fub cujus faluberrima fronde (hpinines) viv.ebant, ein Bischoff, oder
D 2
ein
ein Pabst, oder in aller Welt, was ist er ge wesen? daß der Galeazus, (comes virtutum) Jo. Gaiazius, der erste Herzog zu Mailand gewesen, und 1402. gestorben, das ist mir bekannt. Aber der dominus clementiflimus, den: mein Tußignan sein Buch zugeschrieben hat ? Kennen Sie ihn? Ich freue mich auf Ihre Ankunft. Vermuthlich nennen Sie ihn mir gleich. Leben Sie wohl, mein bester Lessing.
Schmid. Cum omne animal per inßinctum natu* rae conetur defendere Corpus fuum et pro* longarc vitam * homo maxime, qui praevalet omnibus aliis animalibus , per rationem ec intellcctum, quibns dotatus eß, debet se fatigarc ad prolongationem et confervationem fui ipsius, ad hoc , ut ipse poflit operari aliquem fructum virtutis, qui fit nutrimentum fibi et illis , qui sequuntur politice. Et ideo > clementiflime domine , qui digne ap pell ar is PiMmus, fum dispofitus > rcducere hunc tratiacum in tali forma. Quem ego Petrus Taufignano , Phyficus, mandanta SeRENISSIMO PRINCIPE GALEAZO, comite
tnite virtutum ad Jiaec, ut fiat confervatiö tuac vitac (tuae, quae non folum eft utilis tibi, feil etiam illis, qui vivunt fub tua /«• luberrim a fron de') compilavi.
32, Leipzig, i. 2, Januar 1771.
$)2te habe ich in meinem Leben einen schönem, einen angenehmern heiligen Christ bekommen, als der Ihrige ist. Er bescherte ganz uttvermuthet und zu rechter Zeit, just am heiligen Abend. Wirklich ihre Dienstfertigkeit geht
und überschreitet die Grenzen meiner Erwartung. Seyn Sie versichert, daß ich dieselbe behutsam und mit Bescheidenheit ge brauchen werde. Der Codex soll vom Neuen Jahre an zu rechnen, binnen 6 Wochen Jhneii zu Handen kommen. Denn die Feyertage kön ne» doch wohl abgerechnet werden, da ich ihn nicht habe brauchen können. Einige Pro ben der Cöllatio» haben mich belehrt, daß ec du tresticher Codex von ausnehmender Güte sey. Bon allen Manuskripte» vom AeschiD 3 »esweit,
nes,
die Taylor gebraucht hat, thut keiner
es ihm an Richtigkeit des Textes zuvor, und an Vollständigkeit kommt ihm keiner gleich.
Allemal wird es Deutschland, und Helmstadt
insonderheit, zur Ehre gereichen, einen solche» Codicem zu besitzen, dec in Ansehung des Werthes dem bekannten Augsburgischen De mosthenes auf Pergament an die Seite gesetzt werden kann. Ich werde mit inehrern in dec
Vorrede von diesem Codier sprechen. Aber wie bringe ich es herum, daß es niemand er
fahrt, daß ich den Codicem selbst bey mir ge habt habe. Oder darf ich eben kein Geheim niß daraus machen? Am besten wäre dieses
letztere freylich wohl, und bcfceyte mich von manchem Zwange. Wer ist denn der Herr Biuhme, der den Codicem der Bibliothek ge schenkt hat? Aber wie steht cs denn mit Ihrem
Dcinofthene Guelpherbytono ? Habe» Sic den selben ausTngland wieder zurück? Taylor macht viel Wesens aus ihm. Aus dessen Beschrei bung schließe ich, daß er den Codicein selbst in Handen gehabt haben mnsse. Nur kömmt mir bedenklich vor, daß just bey der Stelle seiner Adv-ersariorum, wo er vondiescm Wolfen>
fenbüttelschen Codice spricht, ein großes Stück
Papier mit Fleiß herausgcschnitten ist. Die Collation von diesem Codice über die Philippicas finde ich in Taylors Papieren «richt. Und doch hat Herr Rector Heusinger, aufgeschehne Anfrage, «nich versichert, daß zu Wolfen büttel kein Manuskript von Demosthenes vor handen sey. Diese beyden Umstande zusaiumengenommen, bringen mich auf einen Arg
wohn,
auf dessen Grund zu gehen vielleicht
sich noch wohl der Mühe verlohnen dürfte. Ucbrigens danke ich zum schönsten für die Eh re des Standplatzes, den Sie, mein hoch-
geeichtester Herr, meinen geringen Arbeiten er weisen wolle». Auf künftigeir Sommer, wills Gott , habe ich mir vorgenommen, eine kur ze Lnstreise nach Wolfenbüttel zu thun, und von den dortigen arabische» Maimscripte» ei ne zuverlässige Nachricht aufzusetzen. Sie können sich darauf verlassen, wenn Gott Le ben und Gesundheit verleihet. Eher aber
kann es nicht geschehen, als zu Ausgange deS Iillii oder zu Anfänge des Augusts. Denn alsdann haben wir Schulleute unsre Hundstagsfcrien. Ich werde alsdenn auch meine Frau mitbringcn, die sich zum Voraus eiir
D 4
Ver-
Vergimgen daraus macht,
dem berühmten
Lessing ihre Hochachtung gegenwärtig bezeugen zu können, de» sie in seinen Schriften bewun dert. Für itzo schließe ich mit Anwünschung eines frohen Jahreswechsels, und in Erwar tung fernerweitigen Wohlgcwogenheit von Ih nen, mein hochgeehrtester Herr Bibliothekar
verharre rc.
D. Reiske. N. S. Ueberbringer dieses,
Herr Dohm aus
L., der nach Hause reist, wünscht die Bi
bliothek zu Wolfenbüttel zu sehen,
und er
bittet sich von Euer Hochedelgebohrnen eine geneigte Aufnahme. Das Päckchen Bücher
soll in 8 Tage» nachfolgen.
2Z. Braunschweig, d. 7. Januar i77r>
Nach gerade werde ich Ihne» wohl ein recht beschwerlicher Mensch,
mein liebster Lessing!
Da sitze ich als ein Schiffer auf einer Sand
bank, und kann noch nicht von meinem domino
57 mino dementiflimo, qui merito dicitur piiP
fimus, loskoininen.
Ich kaue auf meinen
piifliinum und Wiederkaue ibn,
Gott weiß, wie lange! Endlich habe ich einen berühmten
pius gefunden, der ohngefahr in die Zeit des Taussignan hinein schlägt. Wissen Sie wo?
O! das rathen Sie wohl schwerlich! in Antonii Mancinelli Grammatica. Bai. i $oi. Ach
denke hierin« meinen piillimum gehascht zu haben. Wie aber, wenn ich den unrechten gehascht hatte ? Dieß mögen Sie, gutherzi ger Mann (wie der seelige Gellert sich auszu drucken pflegte) mit.ausssnheu helfen. Roch jetzt bin ich in dem Traume, daß es- dieses Grammatikers Mancinelli seeliger Herr Va ter , Johann Man'zinellus ist. Ein großer und sehr wichtiger piu»Hören Sie, wie ich auf diese Muthmaßung gefallen bin. Etwa
in der Mitte der Grammatik seines Sohnes, besingt Calliope in einer ziemlichen wcitiauftigen Elegie, (wer der Verfasser dieser Elegie
ist, weiß ich noch nicht, vermuthlich er selbst) ihn lind seinen Vater. Der Titel der Elegie Heißt: Vitae Antonii Mancinelli reciterni iylva. Vom Vater wird dieses gesagt: (Nach dem vorher das Verdienst, die gottlosen Ju-
D 5
dm
58 den auS der Stadt gejagt zu Haden, geprie
sen ist u. s. w.) Tum patrcrn dixere Piuin: • miracula cunct'i
Dixcnmt precibus hilia facta patris. Ex illo nemo est atifiis tentarc nefanda Et magis atque magis mons pietatis habet. Doch Sie müssen wohl die Stelle, die von diesem pjo handelt, selbst in der Grammatik
lesen , die gewiß in der Wolfenbüttelschen Bi bliothek nicht fehlen wird. Den Vers: Judaeos pepulit Civis ob feriore presibs Conttituit montcm, qui pietatis inest.
Möchte ich gerne verbessert sehe».
Ich sehe
keinen rechten Verstand darin» — Soll ich Ihnen nun frey sagen, mein liebster Lessing,
was ich von Ihnen wünsche? Wo kann ich etwas von dieser That und dem monte pie tatis lesens Cs muß doch die Geschichte ge wiß wo ausgezeichnet seyn; weil diese eifrige Magistratsperson (denn das war er Saepe magistratum gellst, nam faepe No-
veinvir Ekdus, faepe cst miffus ad ora ducimi.) ohn-
ohnfehlbar wegen dieser frommen Handlung weltberühmt worden ist. Wisse» Sie mich hier auf eine Quelle zu weisen, die ich aber Nß. hier haben kann? Dann soll auch mein piiflimus auf ewig, von mir verabschiedet seyn. Uebernehmen Sie doch diese Bemühung, al>
kiii nur bey Gelegenheit. Den» Eile hat es damit gar nicht. Leben Sie wohl, mein lieb ster Lefsmg, und beneide» mir meine Zahn
schmerzen ,
die
mir
aufs
neue
zusetzen,
fein nicht.
Schmid. 24. Leipzig 5 öetr rs. Januar i77r.
-Ohne Erneuerung meines innigsten DankeS kann ich daS Manuskript nicht zurückfchicken,
dessen Gebrauch ich Dero großmüthigen Ge flissenheit zu verdanken habe. Zwar verbie
tet die Kürze der Zeit alles Wortgeprange. Aber, außerdem, daß ich,
wenn es anfs
Complimentiren ankömmt, eine sehr ärmliche Figur mache, so begnügen Sie sich auch an dem bloßen Geständnisse dec Verbundenheit.
Das
6o Das Gefühl bei? Größe bet Schülb, worinn Ich bey Ihnen durch diese Wohlchat gera then bin, lasset sich ohnedem mit Worten »licht ausdrücken. Uebrigens beziehe ich mich
auf mein letztes vor etwa 14 Tagen abgelas
senes Schreiben, welches Dieselben durch Herrn Dohm ohufehlbar erhalten haben wer ben. Nächst künftigen 5ten Februarius geht die Auction der von dem Herrn Grafen von Werther hinterlassenen Bibliothek an, darin nen sich insonderheit ausnehmend schöne und rare' genealogische und historische Bücher und Manuskripte befinden. Den Catalognm da von habe ich beygelegt, in der Ungewißheit, ob er Ihnen etwa wohl möchte zu Gesichte gekommen seyn. Wollten Sie etwas daraus erstehen lassen, so kann ich in Besorgung der Comniission dienen. Unter Anwünschung al les Wohlergehens verharre rc. D. NeiSke.
2;. Braunschweig, S. . . Marz 1771»
Wie geht es doch in aller Welt zu, daß ich
so lange nichts, gar nichts von Ihnen höre und
6r imb seht? Die Schuld mag wohl auf meiner Seite styn. Auch wenn Sie hier in Braunschweig sind — doch genug hiervon! Jetzt
wage ich es, Ihnen meine Unwissenheit in ei ner ohnfchlbar sehr bekannten Sache, die ich doch sehr gerne wissen möchte, zu beken nen , und mich bey Ihnen Raths zu erholen. Was heißt doch in der Mahlerey das Wort! Musteren? Ich finde es in der Vorrede ei nes Buchs, das ich besitze: Eygenwifsenliche Conttafeytungen — der Römische»
Päbst — künstlich angebildet — Strasburg 1571. Folio. Sie haben die sehr merkwür dige Vorrede von den Vorzügen der deutschen Mahler ohnfehlbar lange gelesen? So sagen Sie mir denn, was heißen die Worte? „des„gleichcn bekennt er (nehmlich Georg Dasari) „auch, daß gründlich Glasmahlen und Mu-
„siertn Alcßo Baldovincti (so erst solches „mit etwas Lob in Welsch land aufgebracht „hat) umb das 1389(0 Jahr von einem dcut„schen Pilger, der gegen Rom gewalkt, ge„lchrnet habe» Wüßte ich, mein liebster Les
sing, daß ich Sie bald hier sehen würde, so würde ich Ihnen nicht einmal eine schriftliche Antwort jumuthen.
Weil ich mich aber mit der
-er Hofnung vielleicht nicht schmeicheln darf,
so schicken Sie mir wohl, blos meine Neu
gierde zu stillen, die mich zu Zeiten, recht zur Unzeit anwandelt, ein Zettelchen zu, das mich belehrt, was Musteren heißt. Leben Sie wohl, liebster Lessing.
__________
Schmid.
26. Leipzig,
n. April 1771.
Daß ich es mit Uebersendung dieses Exem
plars nicht habe bis zu Ausgange der bevor stehenden Messe anstehen lassen, das wird Ih nen das Durchlesen des ersten Bogens begreif lich machen. Da dieser Band Ihnen nuit» mehr eigenthümlicher, als irgend einetn an dern Besitzer zugehört, so war es meine Pflicht,
Ihnen das erste Exemplar, dasausgegeben worden ist, zuzufertigen.- Für meine Frey heit hoffe ich von Dero billigen GesinnungsIch bin bewußt, daß ich anders nichts gethan, als was die
art Verzeihung zu finden.
Dankbarkeit von mir heischte,
und daß ich
darunter anders nichts, als die Fortdauer Ihrer Wohlgewogenheit gegen mich, gesucht habe.
6z habe.
Go lobcnswerthe Bewegungsursachen,
und so unschuldige Absichten, können mein
Verfahren vor Ihnen, vor meinem Herzen, und vor der ganzen Welt rechtfertigen. Ganz uninteressirt bin ich freylich nicht. Ich will. cS nur gestehen. Aber kaun es wohl einem der in alten Handschriften gerne herumwühlt, verarget werden, wenn er di« Gunst eines Mannes, der zum Verwalter Gelehrten,
eines ansehnlichen Bücherschatzes bestellt ist, durch Bezeugung seiner Hochachtung, zumal wen» die Hochachtung so ungcheuchelt ist,-als die meinige, sich versichert. Freylich wäre , Reiske.
□7. Wolfenbüttel t
^5ch hatte mir
Euer
26. April 1771.
eben vorgeworfen,
Wohlgebohrnen
daß ich
abermals auf zwey
Briefe Antwort schuldig fty, als ich bey mei
ner Iurückkunft nach Wolfenbüttel (beim ich habe mich einige Zeit in Braunschweig.auf halten müssen) einen dritten vorfand.
Und
welch einen dritten! Die Ehre, welche mir Euer Wohlgebohrnen durch Zueignung des neuen Bandes grie
chischer Redner erwiesen, war mir so unvermuthet, ist so ausnehmend, daß ich Ihnen die schmeichelhafte Bestürzung, in die ich dar über gerieth, nicht beschreiben kann, ohne'
meine Eitelkeit allzusehr zu verrathen. Ich suche auch nur vergebens Worte zu einer Danksagung, die aus weit mehr bestehen müßte, als aus Worten, wenn ich mich nur zu Mehrerin vermögend sahe. Ein Glück ist cs aber bey dem allen für mich, daß mir Euer
Wohlgebohrnen selbst die Gefälligkeiten anzei die Sie,— statt alles Danlds, von Aber wahrlich, diese sind ei ner solchen Bestechung nicht werth, und ich gen,
mir erwarte».
Lejs. 0cL Briisw. 2. Th.
E
sind?
finde mich von selbst geneigt genug, sie einein Gelehrten von ihrer Art lieber aufzudringen, als zu gewähren.
Empfangen Dieselben also
meinen Dank zugleich auch dafür, daß Sie mir Gelegenheit geben wollen, mich wenigstens dar
inn von der gewöhnlichen Gattung der Bibli othekare auszuzeichncn, daß ich das, was ich nicht selbst zu nutzen verstehe, fremder Nu
tzung nicht neidisch vorzuenthalten suche. In dieser Gesinnung nehine ich keinen An
stand , Euer Wohlgebohrnen den verlangten Codex des Libanius zu überinachcn. Ich bit
te bloß die Güte zu haben, mir mit einem Worte den richtigen Empfang desselben zu versichern: und sodann können Sie ihn nach Ihrer völligen Bequemlichkeit brauchen, und auch so lange behalten, als es Ihre anderwei tige» Arbeiten erfordern.
Der Codex selbst gehört unter die Manuscripte des Marcus Gudius. Warum er aber
in dem gedruckten Catalogo dieser Manufcripte membranaceus pcrantiquus fyeifit, wt«ß ich nicht zu sagen. So viel weiß ich gewiß, daß
kein anderer in unserer ganzen Bibliothek vor handen, welcher etwas von dem Reden des
Liba-
6? Libanius enthielte.
Um seine Briefe aber ist
Ihnen nichts zu thun.
Indein ich ihn durchblättere,
finde ich,
daß er znin Schlüsse ansehnliche Excerpte aus verschiedenen andern griechischen Schriftstel
lern enthalt, welche alle weder in dem ge druckten Catalogo der Gudiussche» Manuscripte, noch in unseren geschriebenen Catalogis angezeigt sind. Außer den größer» Stücken aus den Gemälden des Philostratus und den Betrachtungen des Antoninus, finde
ich da verschiedene Gedichte des Moschus und einige Epigramme. Die Gedichte des Mo schus Habensogar griechische Scholien, der gleichen ich bey keiner gedruckte» Ausgabe dieses Dichters gesehen zu haben, mich erin nere, und von deren Werthe ich von Euer Wohlgcbohrnen bey Rücksendung des Mann scripts wohl unterrichtet zu seyn wünschte. Wollten Dieselben überhaupt sodann eine kur«
ze Notiz beylegen, was diese Excerpt» ins so würde ich cs mit so
gesammt enthalten,
viel größerem Dank erkennen, denn ich muß gestehen, daß ich einiges darunter angetcoffen, was nur gänzlich unbckamit gewesen.
E 2
Ich
Ich wünsche übrigens,
daß auch tiefer
Codex Euer Woblgebohrnen so angenehm und
wichtig seyn möge, als es der Helmstadtischc gewesen ist. In Ansehung des letztcrn haben Dieselben aber sehr wohl gethan, daß Sie auf keine Weise den in eigner Person da
von geinachten Gebrauch zu verbergen gesucht. Das Unheil, das für mich daraus entstehen kaun, wird nicht groß ftyn, und ich wüßte nicht was Sie anders hatten machen sollen.
Don demk-lenr. Jul. Blume, der diesen Codex der Helmstadtischen Bibliothek verehret, wer den Sie in Burchards Hiftoria Bibliothecae Auguflae
umständliche
Nachrichten finden.
Das Buch ist gemein genug, und die Regi
ster in beyden Theilen weisen die ihn betreffen den Stellen so treulich nach, daß ich aller weitern Anführung daraus überhoben seyn kann. Und nun komme ich auf die Hofnung, welche mir Euer Wohlgebohrnen gemacht, mich und Ihre andern hiesigen Verehrer die-
stn Sommer mit Dero Frau Gemahlin zu besuchen. Ich wüßte nicht, was mir die Aussicht in diesen Sommer angenehm ma chen könnte,
als so eine Hofnung,
und ich
brenne vor Verlangen, zwey Personen, die
ich
69 ich abwesend so sehr verehre, auch persönlich meine Ergebenheit bezeugen zu können. Ma chen Sie ja, daß der Erfüllung dieser Hof-
nung nichts in den Weg kömmt, ich werde es mir äußerst angelegen seyn lassen, Ihnen den hiesigen Aufenthalt so angenehm zu ma chen, als nur immer in meinem Vermögen steht.
Ich weiß zwar,
daß Euer Wohlge-
bohrne» unsere Bibliothek schon ehemals be
sucht haben, welches ich aus einem Geschen ke gesehen, daß Sie ihr zuräckgelassen. Doch vielleicht findet sich doch noch manches, wel
ches damals Ihrer Aufmerksamkeit entgan gen, und das einen zweyten Besuch zu beloh nen int Stande ist.
Der Faktor unserer Waystnhausbuch-
handlung, Herr Gabler, hat den Auftrag von mir, alle meine Schulden bey Euer Wohlgebohrnen zu berichtigen: sowohl die rückstän
dige Pränumeration auf zwey Exemplare der griechischen Redner, als auch den Betrag für die übersandten Bücher. Euer Wohlgcbohrnen müssen in diesem Punkte, auch gegen
Ihre besten Freunde schlechterdings nichts als Kaufmann styn. Da Sie ohnedem schon alE 3
les
les thun, was man nur immer von dem un eigennützigsten Gelehrte» erwarte» kann: so
müssen sich gerade Ihre Freunde das meiste
Bedenken »lachen, auch nur i» ei»er Kleinig keit diese Ihre Uneigennützigkeit zu misbrauchen. Ich empfehle mich Dero Frau Gemah linn, und verharre mit der vollkommenste« Hochachtung rc.
__________
Lessing.
Leipzig, d. io. May 1771«
D
ie Zerstreuung der Messe, von der uns der Kopf gewissermaßen noch drehet, lässet mir
nicht $», Dero liebreiches und verbindliches Schreiben mit der gehörigen Erkcnntlichkeitsbezeigung zu beantworten. Ich bitte deswe
gen um Verzeihung. Nur so viel will und muß ich in Lil sagen, daß Dero ungemeine Güte und Willfährigkeit mein ganzes Herz mit dem Gefühle einer Schuld eingenommen
Hat,
die ich wohl schwerlich niemals werde
abtcagen können: den Codicem Libanii hoffe
ich in der letzten Hälfte des nächst kommen
den
den Julii persönlich Ihnen wieder zuzustel len.
Denn wenn Gott nicht eine unvermeid
liche Hinderniß darzwischen legen sollte, so bin ich fest entschlossen, habe auch dem Herrn Professor Ebert desfalls mein Wort gegeben, mich um besagte Zett bey Ihnen cinzusinden, um daS Vergnüge» Ihres Umganges zu ge nießen. Weil Euer Wohlgcbohrnen die bey den Exemplare meines Demosthenes durch aus bezahlen wollen, ob ich gleich von Schul
digkeit und Rechtswegen Ihnen das eine schenken wollte, so bin ich zwar so frey, die Bezahlung dafür anzunehmen, bitte aber dagegen nicht allein beygehendes Exemplar auf Schreibpapier der drey ersten Bande mei
nes Werks, als ein schuldiges und williges Opfer der Dankbarkeit unentgeldlich anzuneh
men ,
sondern auch zu erlauben,
daß wenn
mir Gott gestattet, auch die künftigen Theile zu liefern, ich dieselben Ihnen auf gleiche
Bedingung zuschicke. Mit gelehrten Neuig keiten kann ich Euer Wohlgebohrnen für itzt
nicht unterhalten, theils weil ich deren nicht gar viel weiß, die Ihnen wahrscheinlicher Weise unbekannt seyn könnten,
theils weil
die Kürze der Zeit mir für jetzt befiehlt,
E 4
mit
der
bet Versicherung zu schließen, daß ich sey, und allezeit seyn werde rc.
D. ReiSke.
N. S. Meine Frau ist wie auf Dero Freund
schaft gegen mich, also auch insonderheit auf Dero letzte Zuschrift recht stolz, und befiehlt mir, Ihnen ihre Danksagung deswegen ganz besonders abzustatten.
29.
24. May 1771. liebster Lessing, aber
Braunschweig, d.
3ch schicke Ihnen,
mals eine kleine Schrift vom Herrn H...
Wollen Sie nicht so gut seyn, und in einem Zettelchen an mich, ein Kompliment an Ihn schreiben, das ich ihm zuschicken kann? Ich erinnere mich,
daß Sie mir dieses einmal
versprochen. Die armen geplagten Manner, die Amts halber dergleichen schreibe» müssen,
haben ja keine andere Belohnung,
als un
sern Beyfall. Neulich schickte mir jemand einen Codex von Aquina,etwa eines Daumens dick, in Oktav auf
aufPapier geschrieben, zu,! den er durchaus für tinem ineditum ausgeben wollte, weil er bey
Einreibung einer alten Mauer auf einem adeltchen Schlosse in einem Kästchen verwahrt,
gefunden wäre. Ich konnte ihn nur ein paar Stunden behalten, und schrieb blos beylie»
Ich würde ihn aber leicht zum Abschreiber» erhalten können. Es ist nichts geringeres darin», als die Goldmacherkunst. Doch Darum würde ich mich am wenigsten bekümmern. Auch die Transsubstantiation ist darinn bewiesen. Mit einem Worte, ich bin Loch neugierig genug zu wissen, ob der Tra ktat unter seinen Werken anzutreffen wäre oder nicht? Vermuthlich ist auf Ihrer Biblio
gcndes ab.
thek die Pariser Ausgabe des Aquinas, 1660, oder eine andere. Diese Ausgabe ist freylich
18 Bande stark, allein wenn ich selbst dort wäre, so durchliefe ich doch in aller Eile daZ ganze Verzcichniß seiner Werke. Wenn kom me ich aber nach Wolfenbüttel? Vielleicht de» ganzen Sommer nicht. Wenn Sie doch ein mal auf der Bibliothek kramen, und nichts wichtigers zu suchen Lust haben, liebster Lest sing, wollten Sie denn wohl diese Mühe über nehmen? Ist es Ihnen aber beschwerlich und
C 5
nnan-
unangenehm, so bitte ich Sie, Ihre Zeit da mit uicht zu verderben.
mer lieb,
wenn Leute,
Sonst ist es mir im
die an eurem Buche
einen großen Schatz zu haben glauben,
und
ihn einem Unwissenden vielleicht anschwatzeu möchten, erfahren wie sie recht daran sind. Leben Sie wohl, liebster Lessing.
Schmid. Incfpit Über : de Essentiis Efsentiarum bcati Thomae de Aquino, egregii doctoris.
Magnifico principi ac illustriflimo doinino suo Regi primogenito Regis Jerusalem ct Siciliae, Dei gratia duci Calabriac, ac in regno Siciliae vicario generali, Frater Tho mas de ordine Praedicatorum, ejusdem Capellanus, civil que sa&ura reverentia cum humili devutionis obfequio. Cum prima causa et summa conclufio libri. Jam ergo complevfi intentionem meam in hoc libro, et determinavi de natura divina, angelica corporum supracoelestium, deinen-’ torum , lnincralis plantarum animalis in faecula faeculormn amen.
Anno
Anno dotnini millefimo quadringeno fex» agefimo primo finitus eit über de Eflentiis Eflentiarum beati Thomae de Aquino, egregii ducloris.
30. Wolftnbüttel, ». 7. Jul. 177k.
lebe noch immer der angenehmen Hofnung nun bald die Ehre und das Vergnügen zu haben, Euer Wohlgebohrne» und Dero Frau Gemahlinn allhier in Wolfenbüttel auf-
ziiwartcn. Ich verspüre also alles, was dec Inhalt dieses Briefes sonst seyn könnte und
müßte, bis auf mündliche Unterhaltung, und will bloß durch diese Zeilen Dieselben ergebenst ersuchen, die Gütigkeit zu haben, mir den Tag der Abreise und vermuthlichen Ankunft
allhier unbeschwert zu melden.
Denn da ich
mich jetzt von Zeit zu Zeit einen oder mehrere Tage in Braunschweig aufhalten muß t so könnte cs sich sonst leicht treffen, daß ich ge
rade abwesend wäre, wenn ich Dieselben em So höchst unangenehm mic dieses seyn würde: so sehr werden mich Euer
pfangen sollte.
Wohlgebvhrnen durch eine kleine vorläufige Rach^
Nachricht verpflichten,
in deren erwünschter
Erwartung ich vor jetzt mit vollkommenster Hochachtung verharre rc. Lessing.
31. Braunschweig, d. 14. Jut. 1771»
Mein liebster Lessing! WaS für ein böser Dämon mag doch Schuld
daran seyn, daß wir uns einander so oft ver fehlen? Sprache nicht dann und wann ein Briefchen von mir bey Ihnen an, so wüßten Sie ja gar nichts mehr von mir. Nach Wol fenbüttel komme ich nicht. Meine Beschäfti gungen lassen mich selten loß,
und jetzt hält
mich der Pyrmontcr Brunnen noch dazu. Doch chatte ich mancherley mit Ihnen zu schwatzen. Nur eins für dießmahl. Ich wollte doch ger
ne mit der Frau K., Herrn H. was zurück schicken. Soll ich ihm von Ihnen was schi cken ? Lesen Sie seinen Brief, und schicken
mir ihn wieder.
Er ist noch unbeantwor
tet. —
Sie
Sic wollt«» nrich ja auch beschenken. Sie wissen es doch noch?
Mit Ihrer neuesten
Schrift. Sind Ihnen meine Bucher nun völlig entbehrlich, so schicken Sie sie mir ge
legentlich zurück. Vermuthlich kömmt Eschen burg noch diese Woche zu Ihnen, der könnte Der Pyrmonter Brunricn legt mir das Gesttz auf, so wenig zu schrei ben, und zu lesen, als nur möglich ist. Smdeo auribus, wie Plinius sagt. Leben Sie alles mitnehinen.
Mein ganzes Hags
recht sehr vergnügt. grüßt Sie.
Schmid. J2. Leipzig, ». 17. Jul. 17*1.
war eben im Begriffe, Euer Wohlgebohrnen zu melden, wenn meine Ferien an gehen , und wenn folglich ich mich gewiß in Wolfenbüttel einstellen würde, als ich Dero
freundschaftliche Einladung zugleich nebst ei nem Schreiben von Herrn Professor Ebert von ähnlichem Inhalte erhielt. Wie ange nehm es sey, von so werthen Freunden so
laute-
lautere Beweise ihres Wohlwollens zu erhal ten ,
das werden Sic aus vielfältiger eige
ner Erfahrung selbst sthon wissen.
Ich bin
entschlossen den dritten August mit der Post
von hier abzugehcn, und gedenke Dienstags den sechsten in Wolfenbüttel anzukominen. Allein das Mauuscript voni Libanius kann ich nicht initbringe». Unzählige Verhinderun gen haben mir noch nicht gestattet, es gän^ lich zu nutzen. Doch soll Herr Gäbler auf nächste Michaclismesse es Ihnen wieder Er stellen. In allen werde ich etwa drey Wo chen vom Hause abwesend seyn können. Braunschweig, Helmstädt, und Göttingen, wollte ich auch mit besuchen. Mein Aufent halt in Wolfenbüttel wird so lange seyn, als es nöthig ist,
mit Recension der arabischen
Manuskripte fertig zu werden.
Meine Frau
lässet Euer Wohlgebohrnen ihrer Hochachtung
Sie hauptsächlich ist an dieser Reise sthuld. Sie freuet sich darauf, wie ein Kind auf den heiligen Christ. Sie bat mich bey dein Entschlüsse dazu erhalten. Den» versichern.
sonst hätten doch wohl manche Dreinfalle mich
wankend machen, bringcn können.
und wohl gar davon abGebe Gott Glück zu mei ner
ner Reise,
und zu unserer Zusammenkunft.
Ein Logis bestelle ich nicht. In einem Wirchsbaust können wir uns schon behelfen.
Es
bleibt also dabey, noch etliche Tage vor Lau
renze sehe» wir einander. wohl.
Leben Sie indessen
Zch verharre rc.
D. Reiste.
33. Sind Sie schon fetzt, da ich dieses schrei
be, schon wieder in Wolfenbüttel? Dor kur zem erfuhren wir von dorther, daß Sie noch nicht wredergekoinmen waren. Wo reisen Sie denn in der Welt herum? und das noch dazu in dieser schon hinsinkendcn Jahreszeit? Ich befinde mich so leidlich. Mein Husten hat sich ziemlich verlohren. Die itzige Messe ist außerordentlich schlecht gewesen: ich habe bey nahe gar nichts von meinem Werke absttzen
können; wegen des Aesopi habe ich mir alle Mühe gegeben, ich soll ihn auch haben, aber
eher nicht als auf nächste Ostermcsse.
Ge
stern bekam ich diese Resolution von Augs burg aus. Meine Frau wollte darüber ganz
aus
So
aus der Haut fahren.
zu gerne,
Die sähe es doch gar
wenn sie je eher je lieber des Bu
ches habhaft werden könnten. Ist es nicht eben dieselbe Sammlung äsopischer Fabeln, so ist es doch eine ähnliche, die sich in demjeni gen Benediktiner-Kloster zu Florenz befindet, aus welchem der Xenophon Epheiius und der
Chariten ans Licht getreten ist. Ich will nächster Tage deswegen an den P. Khell in Wren schreiben, dcrCvnnexiouin Floren; hat, und mir Bekanntschaft und Dienstleistung dor ten zu verschaffen versprochen hak, wenn ich von dorther etwas brauchte. Montfaucoa in seinem Diario Halieo erwähnt dieses äsopi schen Codicis. Den 2. und z. Band von
Bandini habe ich bestellt, doch weist ick noch nicht, wenn er ankommcn wird. Diese Wes se ist hier eine kleine Schrift über die griechi sche Anthologie von einem jungen Menschen, der mit dieser Messe von hier nach Göttingen
abgcgangen ist, herauSgckommen. Es ist eben derselbe, der vor einem Jahre deutsche An merkungen über den Anacreon herausgab. Diese neue Schrift ist voll guter Anmerkun gen , und zeuget von einer weitlauftigen untz sorgfältigen Beleftnheit, Ich habe sic dem Päckgcn
Päckgen beygelegk,
Las Sie nebst diesem
Schreiben durch Herrn Gäbler erhalten. Die drey Exemplare des vierten Bandes meiner Oratoruin, nebst Marklandi Statio, bitte ich als einen kleinen Beytrag zu den vielen Ko sten, darein unsere neuliche Anwesenheit Sie versetzt hat, unb benXenophon Ephellus als ein
geringes Andenken von meiner Frau uiieitf»
geldlich anzunehmen und zu behalten. Zwar weiß ich wohl, daß wir Ihnen nicht nur die edle Zeit geraubet, nicht nur Mühe und Ver druß verursacht, sondern auch soviel gekostet haben, daß die Kleinigkeiten, womit ich mich
erkühne Ihnen auftuwarten, gar nichts da Indessen sehen Sie doch
gegen sagen wollen.
unsern guten Willen. Wegen der deutschen Uebersetzung des Xenophontis Ephcsii, wird
meine Frau selbst an Sie schreiben.
Das ist ihre eigne Sache die mich nicht angeht. Den deutschen Dionysius Halicarnaflensis und den Motanabbi werden Sie prüfen. Steht er Ih
nen an, und können Sie ihn anwenden,
si>
wird es mir lieb seyn. Wo nicht, so schmeich
le ich mir doch wenigstens mit der Hofnung, daß Sie den arabischen Dichter studieren kön nen, und vielleicht auch einen Geschmack ihm L qnbey 25 rthlr. in Gold, womit ich Euer Wohlgebohcneii ersuche, alles was ich Ihnen in diesem Artikel schuldig bin, zu berichtigen: nehmlich die Pränumeration auf zwey Exem
plare, so weit ich solche schon längst hätte be richtigen sollen, oder eben jetzt berichtigen ürüßte. Ich bitte aber dabey um eine Quit tung für das eine Exemplar, welches für die
Bibliothek ist: und zwar um eine Quittung
auf alle 5 Theil, weil ich Sie in meiner nächst abzulegenden Rechnung mit bcyfügen inuß.
Ein
Ein anderer Punkt, dir «richt weniger nothwendig ist, betritt den Catalogum Manuscriptorum ßibliothecae Laurent. @0 sehr
ich mich freute, ihn zu erhalten, so groß war mein Verdruß, als ich fand, daß er zugleich dcfect und übercomplet sey. Es fehlt nehm» lich der ganze erste Theil, und anstatt dessen ist der dritte Theil doppelt. Ich habe als» das Ganze, so wie ich eS erhalten, mit (5e*
legenhcit, durch Herrn Gabler, wieder zurückgesandt, von welchem' es Euer Wohlgebohrnen erhalten werden, tritt sich mit eignen Augen von dem dabey vorgefallenen Irrthu me zu überzeugen. Wenn solcher wiedergut gentacht werde» kann, so erwarte ich durch Herrn Gablern das Werk wieder zurück, und die Zahlung dafür soll sogleich erfolgen. Auch den Preis für Marklands Statius müßten mir Euer Wohlgebohrnen schlechterdings mel den ; weil ich ihn der Bibliothek bestimme
habe. Ich müßte es für bloßen Stolz auf nehmen, wenn Sie die armselige» Höflich keiten ,
die ich Ihne» hier zu erweisen im
Stande gewesen,
auf diese Weise mir mehr
als bezahlen wollten.
Wie sehr wünschte ich,
-aß ich einen so angenehmen und lehrreichen Besuch,
ga Besuch, als mir der Ihrige gewesen, auch
diesen Sommer zu erwarten hätte! Was Sie mir von Ihren eignen Manuscripten zu übersenden die Gütigkeit gehabt,
verwahre ich wie meine Augen. Von einem Theile habe ich den Gebrauch zu meiner Be
lehrung gemacht, den Sie mir davon zu ma chen erlaubt habe». Von dem Uebrige» sol len Sie,
der gleichfalls ertheilten Erlaubniß
gemäß, nächstes etwas gedruckt sehen. — Aber dürfte ich wohl von dem arabischen Dich
ter einen Auszug nach meinem eignen Gut dünken machen? Ich meyne nicht von der
Vorrede, sondern von dem Dichter selbst, bey dem einige Stücke und Stellen einander all zuähnlich sehen. Meine Beyträge zur Ge schichte und Literatur aus den Schätzen der
hiesigen Bibliothek, werden Sie vielleicht in dem Mcßcatalogo angeküudigt gefunden ha
ben.
Ich rechne aber dabey, muß ich Ih-
uen nur voraus gestehen, recht fthr auf Ih ren Beystand, wovon bey Uebersendung des
ersten Stückes ein Mehreres. In sehnlicher Erwartung von Euer Wohl-
gebohrnen Wohlbefinden und fortdaurendec Freund-
Freundschaft gegen mich versichert zu werden, verharre ich in der vollkommensten Hochach tung rc.
__________ (y
Lessing.
37«
^hre vielfältigen Geschäfte,
Reisen,
und
Zerstreuungen, rechtfettigen Sie, auch bey Len strengsten Freunden, und söhnen Sie mit ihnen aus, sollte die Länge Ihres Stille schweigens die Sehnsucht noch so sehr anstren gen. Bey mir allemal brauchen Sie solcher Entschuldigungen nicht, die nicht nur an sich
gültig sind, sondern auch einen von selbst bey fallen müssen. Alleinal habe ich Ursache, mich für bas Geschenke zu bedanken, das ich vor wenig Stunden von Ihrer Hand erhielt. Mei ne Frau wird ihre Schuldigkeit für das ihrige beobachten. Sind wir nur bey Ihnen wohl
angeschrteben, so sind und bleiben wir Ihnen und überlassen es Ihrer Bequemlichkeit, und den Zeitumständen, nach Dero Willkühr und Befinden, uns schriftli
dafür verbunden,
che Versicherungen von Ihrem Wohlwollen zu geben. Das Manuskript vour Libanius schi
cke
9« rke ich hiermit nebst großem und schuldigen
Danke wieder zurück. Dienste gethan.
Es hat mir sehr gute Lasset mich Gott leben, und
fetzet er mich in den Stand, auch diesen Auctorem, wie ich mir vorgenommen habe, ans Licht zu stellen, so soll die gelehrte Welt, die Größe Ihrer Gefälligkeit, und den Werth des
Codicis erfahren, ten ist.
der gewiß nicht zu verach
Wollten Sie dieser Wohlthat noch
eine neue hinzufügen, das ist, mir auch den
schönen Codicem von Libanii und Synesii Briefen auf Pergament, den ich aufderHer zoglichen Bibliothek gesehen habe, zmn Ge brauch auf eine kurze Zeit zukommen lassen,
so würden Sie nicht mich allein, sonder» auch den Libanium selbst in der
««Ü*
einige von Ihren Briefen an Kl., dergleichen
Sie nie an mich, sondern an meine ärgsten
Feinde schreiben sollen, habe ich dem E. P.
vorgelesen.
Sie gefielen ihm so sehr,
daß
er dadurch noch begieriger ward, Sie kennen zu lernen; welches nicht anders geschehen kann, als wenn Sie über B. gehe». — In
den« Verzeichnisse meiner Commissionen habe ich vielleicht den Thucidydes zu hoch ange setzt. Was meynen Sie? — doch was ein andrer dafür geben will, das gebe ich auch, sdcr vielmehr Einen Schilling mehr. Be
fehlen Sie dem, welchem Sie meine Com mission auftragen, nur Schillingwcise zu stei gen. Ich will aber doch nichts geschenkt ha
ben.
Was mir an den ersten Büchern erlass
sen wird, das kann andern zugclegt werden. Auf die Französischen darf ich mir wohl am
wenigsten Rechnung machen, da sie im H. verkauft werden, wo es so viele seynwollen«
de Kenner sind, welche die Bücher noch theu erer zu bezahlen pflegen, als sie im Laden ko sten. — Sollte der Defect beym La Mot
te nicht gar zu stark seyn, so wollte ich woht etwas mehr dafür geben, als ich, so viel ich mich crinnern kann, dafür angesetzt ha
be.
üöt br. Schreiben Sie Mir hoch ja bald, und melden Sie mir insonderheit, ob wir denn an Ihnen ganz verzweifeln solle», oder ob wir die allergeringste Hoffnung haben, die versprochnen Theile Ihrer Dramatischen Werke und Ihres Laocoons bald zu sehen. — Wer den Sie denn nicht WnikelmaNnen wenigstens Uachahmrn wollen, daß Sie das, was Sir in Italien lernen, unö wieder lehren?
Ich bin mit der aufrichtigsten Hochach» tung und Freundschaft
Ihr ergebenster I. A. Ebert.
Braunschweig, den 27. Januar 1769.
Liebster Lessing! Aaum kann ich Sie noch so nennen; so tl« bost bin ich noch auf Sie; aber mein gutes Herz hat Mich überrascht! — Niemals habe tch Mir Ihre Satyre mehr gewünscht, als iht, um Sir gegen Sie selbst zu brauchen. £> L Emem
303 Einem hungrigen,
heißhungrigen Mnschelt
«inen leckem Bissen dicht vors Maul zu hal ten, uud indem ec eben znfchnappen will, zu-
rückzuziehen, und ihn andern zu geben, die Vielleicht satt waren, und sich kaum dafür bedankten I Welche Grausamkeit! — Diese Grausamkeit wird dadurch noch größer,
daß
jener arme Mensch nunmehr alle Hoffnung
jemals wieder einen solchen Bissen zu bekom men, aufgebcu und jämmerlich verschmach ten muß, und keinen andern Trost übrig hat,
als daß er noch einen andern elenden neben sich sieht, der eben so, wie er, um Rache
gen Himmel schreyt. — Hatten wir un glückliche Leute uns doch lieber an wildfrem de Menschen gewandt; wir hätten gewiß mehr Mitleid gefunden. —
Wenn Ihnen
noch einigermaßen daran gelegen ist, sich mit mir auszusohnen, so müssen Sie alles daS
liefern, was ich und das ganze Publikum schon so lange von Ihnen erwartet. Wo
bleibt denn zum Henker! (es reißt mir end lich die Geduld!) Ihr tragisches Theater, Ihr II. Theil vom Laocoon, Ihre Dramatur gie, wovon ich bis jetzt nichts mehr als 56 Stücke habe, die ich nicht einmal einbinde»
lasse«»
lassen kann ? rc. ic.
Ich würde Sie jetzt (zu
mal nach jenem garstige» Streiche) ohne die geringste Barinhertzigkcit pfände» sehen; und »och lieber möchte ich selbst ihr Schreibpult
plündern.
Wie wollte ich mich für jenen
Verlust schadlos halte».
I. A. Ebett. Braunschlveig,
de» 5. May 1769..
*) Liebster Freund! Es ist auf alle Weise meine Schuldigkeit, »ach Braunschweig zu kommen, um dem E>
P. in Person für die Gnade zu danken, die er für mich haben will; es mag davon so viel oder so wenig würklich werden, als kann. Erwartn Sic mich also zu Anfänge künfti gen Monats zuverlässig und brauchen Sw diese Zwischenzeit, alles nach Ihrem beste»
S 3
Gut-
•) Ei» oder zwey Briefe, die vor diesem hergingen, und in denen er die ihm angetragne Stclk eines Bibliothekars zu Wokftnbüttel an nahm, sind verloren gegangen-
Gutdünken einzuleiten. zeugt ,
Ich bi» sehe über
daß Ihnen mein Vortheil angelegner
ist, als mir selbst. — Anbey folget meine Untersuchung über den
Tod der Alken; nebst dem Kupfer für den zweyten Theil der Antiquarischen Briefe. Ich
lege von jener ein zweytes Exemplar bey, wenn Gie etwa für rathsam halte» sollten, es dem Prinzen gelegentlich zu zeigen. Denn es ihm ausdrücklich in meinem Nahmen über
reichen zu lassen, würde mehr seyn, als eine Streitschrift mit Klotzen verdiente,
Leben Sie wohl,
liebster Freund, und
melden Sie mir inzwischen mit einem Wor
te, ob alles noch so zu seyn fortfahrt, daß ich kommen kann. Dero
Hamburg,
ganz ergebenster Lessing,
den ii. Octbr. 1769.
liebster Freund! Ich
hätte Ihnen gern eher
geantwortet;
aber ich habe bisher immer auf die Zurück
kunft
funfit des E. P. gewartet, der länger als ich,
Und ohne Zweifel auch er selbst, vermuthete, ausgeblieben ist. Endlich ist er gestern an gekommen. Ich habe ihn aber noch nicht zu sprechen bekommen können.
Treten Sie aber
nur in Gottes Namen Ihre Reise hieher an. Alle Borbereitimgen, die etwa noch in An sehung Ihres künftigen Amts nöthig seyn
möchten, können Sie nur Mir zuversichtlich überlassen. Ihre Reise soll gewiß nicht frucht
los seyn. Ich hoffe, den E. P. noch diesen Nachmittag oder Abend zu sichen; und ich bi» versichert, daß er mirs Dank wissen wird, daß ich Sie um die Beschleunigung Ihrer Reise gebeten habe. Der H. hat auch schon vor einiger Zeit über dev Tafel gesagt, daß Sie nächstens Herkommen würden. — Ihr Quartier ist auch schon bestellt. Sie sollen
nicht in. einem von unsern ziemlich schlechten Wirthshäusern, sonder» bey einem Bürger logiren. Der K. von K., mein Freund,, und ihr vieljähriger Verehrer, (eben der, wel
cher Sie, wenn Sie sich noch erinnern, nach der Komödie der Mehiero präsentirte) wohnt in eben dem Hause und hat Ihnen da eine
bequeme Stube bereiten lassen«
O 4
Der Hauswirch
Wirth ist ein feiner und billiger Mann. Da6
Haus liegt auf den« sogenannten Damm, picht beym Zuchthause, nicht weit vom Ho
fe.
Der Wirth ist ein Goldschmidt.
An
Aufwartung spll es Ihnen auch nicht fehlen. Treten Sie nur dort gleich ah, wenn Sie pon der Post kommen, von welcher das Haus nicht gar weit entfernt ist, Hr. K. laßt Sie auch durch mich versichern, daß Sie
auch von Ihm keine Angelegenheit zu besor
gen haben sollen; Sie sollen keinen beschwere lichen Besuchen von ihm ausgesetzt seyn. Ich sage Ihnen dieses auf ftin ausdrückliches Ver
langen; denn ich für mxin Theil bin vielmehr
daß Sie seinen Umgang suchen werden, weil er der liebenswürdigste Kava lier unsers Hofes ist, •— Wenn es mög lich ist, so richten Sie sich so ein, daß Sie versichert,
gleich ganz hier bleiben können.
Ich wollte Ihnen gern die Beschwerlichkeiten und Kosten einer neuen Reise ersparen. Zu dieser be
vorstehenden wünsche ich Ihnen das beste Wetter, das jetzt möglich ist; doch hoffe ich Sie werden sich auch auf das schlechteste g»faßt mache», und sich mit einem guten Pelz versehen. — Für das überschickke angeneh me
307* me Geschenk danke ich Ihnen von Herzen.
Ich habe es schon verschlungen, und werde noch lange davon Wiederkauen. Für mich zvicd es die süsseste und gesündeste Nahrung, aber für Klößen Gift, tödtliches Gift seyn.
In der. Hoffnung, Sie in wenigen Ta gen zu umarme», und Sie nunniinmcrmehp wieder mir entschlüpfen zu lassen, bin ich ganz der Ihrige. J.A. Ebert.
Braunschweig, de« 2. Rov.
Ich hoffe,
1769.
daß Sie schon im Ab schied neh
men begriffen sind, liebster Lessing. Ich muß
Ihnen aber doch noch ein paar Zeilen schrei ben. Ich habe gestern unsern liehen E. P.
(so darf ich ihn jetzo nennen,
nicht wahr?)
gesprochen, und ihm erzählt, was Sie mir und ich Ihnen geschrieben hatte. Er dankte
wir sehr dafür, wie ich vermuthet hatte, und
envartet Sie nun mit Verlangen.
Zugleich
erzählt er mir, daß er unsern vortrefiichcn
Moses Mendelssohn
kenne» gelernt hätte, £> 5 und
2Og tinb er war über diese neue Bekanntschaft
fcbu erfreut. Jener hat versprochen, ihm seine neue Edition des Phadon zu schicken, vnd der E. P- wird sich darauf mit ihm in ei
ne Correspondenz einlasseN, Er wünscht sehr, haß es möglich wäre, auch ihn zu uns Her
zuziehen.
Vielleicht können Sie dazu etwas
heytragen,
Dev Mann bey dem Sie logiren sollen, ist ein Iouwelierer und heißt Dübner. — Run bis auf glückliches Wiedersehn! Gott gebe Ihnen eine recht glückliche Reise! Ich hoffe, daß Ihnen alle die Freunde, welche
Sie dort ungern verlassen werden,
hier eini
germaßen durch andre ersttzt werden sollen; — nur Ihren Götzen werde ich Ihnen nicht
Wieder schaffen können.
diesen witzigen Einfall.
Vergeben Sie mir Ich will ih» dafür
Ihnen niemals wieder nennen.
I. A. Ebert. Braunschweig, den
z. Rov.
1769.
Lieb-
ao9 Liebster Freund! Erst noch einen Brief, ehe ich selbst komme, damit Sie nur gewiß bleiben,
daß ich kom
me und mich nicht früher erwarten, als ich kommen kann. Ich weiß es, was es ist, vergebens auf jemand warten; und auch mir fallen auf einmal alle Unarten desjenigen bey, auf den ich warte. *) Also, liebster Freund, — ob ich mir schon keiner Unarten
bewußt bin, die Ihnen von mir beyfallen könnten, es wäre denn, das Pharao und Götze,— ich weiß nicht, was Ihnen die ses unschuldige Paar gethan hat? — Mit einem Worte, vor Morgen über 8 Tage (wird seyn der 15. dieses) kann ich unmöglich
abreisen.
Ich bin leider hier so tief eingenn
stet, daß ich mich gemächlich losreißen muß, wenn nicht hier und da ein Stück Haut mit sttzen bleibe» soll. Besonders wenn ich eSss eilt-
*) Sein Freund hatte ihn vermuthlich mit der Bemerkung gewarnt, die Dailean gemacht hat, daß man wahrend der Zeit, daß man aus jemand lange warten muß, sich aller seiner Übrige« Fehler i» erinnern pflege.
-IS emrichteirwill, daß ich allenfalls nicht wie-
derkoinincn dürft?. Sie werde» diese Verzö gerung bey dem E.-Pr. so einzukleide» wisse»,
und mich so entschuldigen, daß ex weder glaube» darf, ich bildete mir ein, mit Un geduld von ihm erwartet zu werden,
noch
argwohnen darf, ich würde nicht auf alle mögliche Art eilen - wenn ich vermuthen dürf te, von ihm uux einigermaaßen erwartet zu
werden.
Ich wußte nichts in der Welt, wOdurch
fich der Prinz meiner ganzen Ergebenheit und Verehrung mehr hatte versichern könne», als dadurch, daß er Bekanntschaft mit meinem
ältesten und besten Freunde in Berlin machen Daß sic einander gefallen würden war seht Zweifel, und was wollte ich nicht drum geben, wenn es möglich wäre, daß ihn der Prinz aus jenem Orte ziehen könn wollen.
te, wo ich weiß,
daß er ganz gegen seine
Neigung ist! Des Quartieres, welches Sie für mich
zu besorgen die Gute gehabt, werde ich mich
um soviel lieber bedienen, je geschwinder ich dadurch Gelegenheit bekomme, die Bekannt schaft
an fchaft tnik dem Herr» v. K» zu erneuern,
dem ich mich indeß zu empfehlen bitte. Wenn Sie mit vor meiner Abreise noch einmal schrieben: so wäre es desto besser! Le ben Sie wohl, mein lieber, dienstwilliger Freund, und werden Sie ja nicht vorderZeit müde, das zu seyn, was ich Sie nenne
Dero ganz ergebenster Lessing.
Hamburg, den 7. Nov. 1769»
ist mir aus mehr als Einer Ursache bey
nahe lieb, daß Sie nicht eher haben abrei sen können, liebster Lessing» Das Wetter war an voriger Mittwoch so schlecht, daß ich
Sie recht herzlich bedauerte,
und an mei
ner Sorge für Sie nahm auch noch eben den
Abend unser theuerster E. P. Antheil, da ich
ihm sagte, daß Sie vermuthlich zetzo ans der Reise seyn würden. Ich batte mit ihm
ein langes Gespräch von Ihnen. —
Ge
stern Abend zeigte ich ihm Ihren letzten Brief. Denn
aia Denn die schönen Einkleidungen, die Sie von mir verlangen, versteht niemand so gut, wie Sie selbst. Ich hielt es also für das rath-
samste,
Sie selbst reden zu lassen.
Wenn
Sie aber schweigen, so muß und darf ich mich wohl höre» lassen; und dann mache ich
es so gut, wie ich kann. — Ich hoffe, daß die jetzt einfallende Kalte Ihnen die We
ge bahne» soll.
Versehen Sie sich ja mit ei
nem guten Pelz Und RoquelaUke. — Welch ein Triumph für Mich, daß es Ihne» schwer fällt, sich in so kürzet Zeit von Hamburg loszureissen 1 Nicht wahr? nun fühlen Sie es auch, daß wer Hamburg verläßt, eine Stadt verläßt? — Aber diese Stadt hat doch kei
nen (£. P. von Braunschweig rc. — Mit Ih rem Götzen! Sie zwingen mich doch, den Mann uoch einmal zu nennen. Der gottlo se König Pharao kömmt mir in feiner Gesell
schaft als ein wahrer Heiliger vor. — Doch da Sie sie zusammensetzen, so scheinen Sie
wir dadurch die Hoffnung zu geben, daß Sie von beyden zugleich auf ewig Abschied neh men wollen. —
che Reise,
Nun noch einmal glückli
liebster Freund,
und zu einem
dauerhaften Glücke! wenn anders Ihre eig ne
ve Unbeständigkeit ein solches Glück nicht für
zu langweilig halt > und es ertragen kann» Gott begleite Sie bis in die Arme Ihrer
Freunde und bis in die meinigen»
I. A. Ebert. Braunschweig,
de» 12. Novemb. 1769.
^hr Triumph, mein liebet Ebert, wird im
mer großer! Ich glaubte ganz unfehlbar heu te wegkommen zu können, und nuy muß ich
noch ein paar Tage zugeben; ich Mag wollen oder nicht. Indeß zweifle ich, ob wir uns einerley Begriffe hiebey machen. Ich bilde mir einen Morast ein, in dem ich versunken wäre. Je geschwinder man sich heraus ar beiten will, desto tiefer sinkt man. Sonn abend aber, oder Momag den 18. oder 20.
dieses, reise ich ganz gewiß ab, und länger soll mich nichts in der Welt halten. Und zwar reise ich über Zelle, wo sich S. gegen
wärtig befindet, mit dem ich noch eines und
das andre abzuchun habe. Wenn ich inich einen oder ein paar Tage daselbst aufhalten muß
Muß,
so lassen Sie sich es Nicht wundern,
falls ich nicht mit der ordentlichen Post beNannte» Tages ciiitrcffen sollte. Ich werbt keine Feit muthwillig verlieren, sondern Sit überraschen, ehe Sie es glauben. Blasen Sie unterdcß, lieber Freund, bey
dem Pr. ein wenig in die Kohlen,
damit sit
nicht ganz erloschen sind, wenn wir unsern Schwcfclfaden zünden wollen» Und leben Sie wohl!
Dero ganz ergebenster
Lessing. Hamburg, de» i). Nov. 1769.
Liebster Freund! c* _5d)
habe mich in zwey Tagen Und zwey
Nächten zwar nothdürftig naß, aber doch sonst gut und wohlbehalten, nach Hamburg
geschlafen. Schon bin ich acht Tage wieder hier, und Sie haben noch kein Wort von
Mir»
Wie sehr ich Ihnen verbunden aus
ArauNschwcig gereifte bin, wissen Sic selbst. Wit
a.i$ Wie gern ich Ihnen verbunden bin, und eS auf Zeitlebens seyn werde, weiß ich vors rü ste nur allein. Indeß ist Ihre freundschaftliche Rolle noch nicht aus.
bin,
Bis ich ganz bey Ihnen
ziehen Sie ja keine» Augenblick die
Hand von Ihrem Werke. Sie allein können mich in der guten Meinung so vieler recht
schaffnen Leute erhalten, auf deren nahem Umgang ich mich freue. Ich betrachte dm E. P. selbst aus keinem andern Gesichtspunk
te. Es kann seyn und ich habe Ursache, es zu besorgen, daß ich auf ihn nicht die vortheilhaftesten Eindrücke gemacht habe.
Ich
pflege so wenig auf meiner Hut zu seyn; ich
bin so unbesorgt, immer nur meine gute Sei te zu zeigen, und meine gute Seite selbst ist
so schielend, daß ich sehr zufrieden seyn muß, wenn inan mich die erste Zeit nur nicht ganz verachtet. Vielleicht wenn er es länger mit mir versucht — denn auf die Länge habe ich wohl erfahren, gewinnt man bey einem gu
ten Manne gewiß,
wenn man aufrichtig bey
ihm gewinnen will.
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