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German Pages 160 Year 1859
von
Wilhelm Lelschow.
Wilhelm Telschow.
Lripng. Per lag von Beit x (Soin p.
1859.
Leipzig, Druck von Gtesecke & Devrtent.
FÄer Jugend Lust und Leid, ^In Liedern aufgereiht,
Die, treuer Lieb' entsprossen, Nom Glaubenslicht umflossen: Sie schickt das Alter frei
Nun in die Welt hinaus, And meint, wohl offen sei Für fie manch Herz und Haus.
ansjastsuerjeidjniß. Lieder. Nachklänge.
Seite
An Lina.......................................................................... 3
Der schöne Weg. I. Vorgefühl................................................................................... 5
II. Erste Erscheinung........................................................................ III Erste Begrüßung........................................................................ 7 IV. Weder Erscheinung noch Begrüßung.................................. 7
V. Letzte Begrüßung........................................................................ h VI. Letzte Erscheinung.......................................................................... 9
Meine reichsten Schätze. I. Kommt und schaut!................................................................. io
II. Das Blümlein........................................................................... 11 III. Das blaue Bändchen................................................................ 13
IV. Das Löcklein........................................................................... 14 V. Das Amuletchen..................................................................... 15
VI. Das
Halmenkränzchen..........................................................16
Sie, die Eine............................................................................................. 17 Die Liebenden im Walde...................................................................... 17
Die rechte Liebe....................................................................................... 19 Früblingslied............................................................................................ 19 Die Sprache ter Liebe............................................................................ 2U
VIII
Leite
Zwei Wörtchen........................................................................................21 Reichthum und Armuth der Sprache..................................................22
Liebesseufzer..............................................................................................22
Die närrische Zeit................................................................................... 23 Heimliche Liebe........................................................................................ 23 Sehnsucht................................................................................................... 24
Unser Stern.............................................................................................. 25 Mein Dank..............................................................................................26 Erstes Scheiden........................................................................................ 26
Baldiges Wiedersehen............................................................................. 27
Ungerechter Verdacht..............................................................................28 Gerechtes Zürnen................................................................................... 28
Am Pulte...................................................................................................30 Liebe-klagen.............................................................................................. 31
Lieder und Liebe......................................
.
32
Erinnerung..............................................................................................33
In der holden Maienzeit........................................................................ 34 Die Unschuld..............................................................................................35
Der Glaube.............................................................................................36 Die Zufriedenheit..................................................................................36
Mailied........................................................................................................ 37 Im Buchwalde........................................................................................38
Trinklied unter Freunden....................................................................... 38
Beim Weine..............................................................................................39 Zureden hilft!..............................................................................................40 Erste Aelternfrcude...................................................................
41
Das erste Lächeln...................................................................................42
Das kranke Kind........................................................................................43 Einladung in'S Freie.............................................................................44 Besänftigung..............................................................................................45
Der heilige Christtag.
Ein Kinderlied............................................ 46
Kindes-Sorge am Weihnachtsabend..................................................47
Das Christkindlein...................................................................................48 Rückblick...................................................................................................49
IX Leite
Verscherzte Freundschaft.................................................................. 51
An der Wiege....................................................................................... 52 Am Grabe............................................................................................ 52
Am Ufer............................................................................................ 53 Auf den Bergen................................................................................. 53 Jenseits................................................................................................. 54
Dulde, mein Herz!.............................................................................54
Pakt mit dem Freunde....................................................................... 55 Zum Jahreswechsel............................................................................ 55
Sonette. Liebe...................................................................................................... 59 Ermuthigung...................................................................................... 59
Meiner Lina.
I. Bei Ueberreichung des Oratoriums: Das
Sühnopfer des neuen Bundes................................................... 60 II. Bei Ueberreichung eines Klavierauszuges der „Jahreszei
ten von Joseph Haydn"............................................................. 61 Meiner Einzigen. (1. Joh. 4,19.)................................................... 62 l 'vw&i oavTov. (An A. D.)........................................................ 62 Das Schachspiel.................................................................................. «3 Die schlummernde Kleine...................................................................64
Die beiden Blinden. (Drei Sonette.)......................................... 65
Der Spaziergang.............................................................................67
Selbstverleugnung ............................................................................ 68
Distichen. Schonung....................................................................................... .71 Mutter und Kind............................................................................. 71
Der Pfad des Lebens....................................................................... 71 Dem Wanderer.................................................................................. 71 Der Freundschaft Gipfel.................................................................. 72
Liebe!................................................................................................. 72
Unser Beruf...................................................................................... 72 Unsere Knechtschaft............................................................................ 72
X
An Atelbeite.................................
72
Die Musik................................................................................................... 73
Die Zufriedenheit.................................................................................. 73 Sparsamkeit und Geiz.............................................................................73 Pflicht und Genuß................................................................................. 73
Wähle!........................................................................................................ 73
Prüfungen................................................................................................... 71 Das Stundenglas.................................................................................. 74 Offenheit................................................................................................... 74
Manneswnrde........................................................................................74
An die Hartherzigen .
74
Unmenschlichkeit....................................................................................... 75 Guter Ratb............................................................................................. 75 Sei weise!...................................................................................................75
Jugend und Alter...................................................................................75
Trost in der Fremde.................................................................................. 76 Hcimath und Vaterland...................................................................... 76 An einen Kritikaster.............................................................................76
Geistliche Lieder und Gden. tfcbcn unr Ausgang der Gerechten und Gottlosen. (Pf. 1.) .
.
79
Morgenlied. (Rach dem 5. Psalmen.)................................................. 3"
Von der Richtigkeit des menschlichen Lebens. (Ps. 39.) ...
82
Des ewigen Herrschers unerschütterliche Macht. (Ps. «3.) .
83
.
Gin Dankpsalm. (Ps. 100.)................................................................. si Spiegel ter Temutb. (Ps. 131.)........................................................... 85
Der Morgen............................................................................................. 85 Der Morgenstern.................................................................................. 80 Die rechte Hülfe............................................
uo
Ter beste Freund....................................................................................... Oi Advent. (Pbitlpper 4, 4—7.)................................................................. 92
WeihnachtsUed....................................................................................... 93
Weihnacht»-Mustk.................................................................................. 91 Totesgedanken am Christabent ............................................................ 95
XI
Seite Neujabrslied frommer hinter.......................................................... 96
Am (Shnrfreitage...............................................................................97 Tas (Gewissen................................................................................... 99
Der Weg, die Wabrbeit unv das Leben. Psingstgedanken. (I. —III.)
(I.II.)......................... 100
...................................................... 101
Arublingsbymne............................................................................... 106
Zum (Gedächtniß der Verstorbenen, (l^ine Todtenfeier-Kan
111
tate.)
Vermischtes. Sonnenaufgang...........................................................................11.'»
Gott ist die Liebe............................................................................... 116
Gattes Walten........................................................................... 117
Freundschaft.................................................................................... 11b Tugend.............................................................................................. I2(i
Sei wachsam.................................................................................... 120 Warnung..................................................................................... 121
Tie Pappel..................................................................................... 121
Tenkspruch......................................................................................... 122
Was eie Bibel lebn C...................................................................... 123 In s Stammbuch einer Freundin.................................................. I2:>
A reimt et' Ratb............................................................................... 124 Wink................................................................................................... 124 Deutscher Jungs raun (Kbrenschmuct............................................ 125
Uebel angebrachtes Lob......................................................................125 An einen Separatisten......................................................................126 Abschiedögruß an einen Missionar................................................. 127
An mein Weibchen........................................................................... 127 Dem Bedrängten............................................................................... 127
T rei Cbaraden................................................................................127
Drei Valinoroine............................................................................... 129 Drei 'Anagramme...........................................................................129
Das kurze Wiedersehen. (.(5‘iii Trinklied.)
130
Drei Zugentsreunde. ^Ein dreifaches Akrostichon > ....
132
XII Das Quartett. (Eine Allegorie zur Eröffnung eines Quar
tett-Cyklus der Gebrüder Müller).......................................... 133 Hochzeitslied, gesungen bei der zweiten ehelichen Verbindung
135
eine- MalerS..........................
Freundestrost. (An einen Junger der Kunst.)............................... 137
Kunstschönheit..........................................................................................138 Versemachers Selbstgespräch vor dem Beginn eines Braut-
liedeS............................................................................................... 138 Probatum est!................................................................................ 110 PätuS und Arria................................................................................111
Der Tbautropfen. (Nach Andrew Marvell.)............................... 142 Der See. (Nach Lamartine.)............................................................... 143 Abendbilder. (I.—III.)
141
Willkommen! (Zum Empfang des Freundes und der Seinigen in der neuen Heimatb).......................................................... 146
Kindlich Gebet..................................................................................... 147
O Jesu, sprich Dein Amen!
.......................................................... 148
Nachklänge. An Lina. Wer: der Liebe Zauberband umschlungen,
Der beweinl den schnellen Flug der Zeit, Und, versunken in Erinnerungen,
Denkt er sehnend der Vergangenheit, —
Bis aus ihren nachtumfangnen Fluthen, Wie der Mond dem Meere sanft entsteigt,
Lich die Zeit der ersten Liebesgluthen Neubelebt vor seinen Blicken zeigt.
Und noch einmal wird sie durchempfuuden,
Heiß umarmt ein viel willkommner Gast, Und noch einmal blühn die Rosenstunden,
Wo die Lieb' allmächtig ihn ersaßt.
Wie vor Wonne da sein Herz erbebte, Wie die Welt ein Himmel ihm erschien ;
Wie er mitten unter Engeln lebte,
Tie ihm selbst den Engelfittig liehn;
-«o 4 *Wie er einst aus der Geliebten Blicken Das Geständniß ihrer Liebe trank,
Und, dahingerissen vom Entzücken, Liebe schwörend ihr zu Füßen sank; Wie er feurig sie zuerst umschlungen, Wie er feurig sie zuerst geküßt:
O, ihr Wunderzeiten! längst verklungen, Werdet ihr doch zärtlich noch begrüßt!
Aus der Liebe Tempel wiederhallend,
Tönt ihr ihm als Lebens - Echo fort, Und durch alle feine Lieder wallend,
Fesselt euch des Sängers Wunsch und Wort. Mögest du, Geliebte, denn verzeihen,
Wenn er laut von seiner Liebe singt, Und ein mildes Ohr den Liedern leihen,
Ob auch kühn sein Saitenspiel erklingt.
Kehret dir, o Lina, bei den Tönen
Hold zurück der Liebe Lust und Leid, Fühlst auch du ein unnennbares Sehnen,
Wie nach der verschwundnen, goldnen Zeit:
O, so wird sein glühendstes Bestreben Ueber alles Hoffen ihm erfüllt,
Hub Vergangenheit zum zweiten Leben,
Zum verklärten Leben dir enthüllt. —
Der schöne Weg. I.
Vorgefühl. Was zieht mich doch mit solcher Macht Nach diesem Wege hin? Ihn schmückt ja nicht der Blumen Pracht, Ihn ziert ja nur das Grün.
Man hört hier keine Nachtigall,
Kein Mensch läßt sich hier sehn; Diel schöner mag sich's überall, Als hier nun eben gehn.
Vergessen scheint der Weg sogar Bon aller Welt zu sein,
Und doch ergreist'S mich wunderbar, Wall' ich ihn so allein.
Wie leicht hebt sich auf ihm mein Fuß,
Wie süß ist seine Luft;
So süß wie eines Mädchens Kuß,
So süß wie Rosendust. Doch ach! dem Wege ja gebricht
Der Rose sanftes Roth, — Und auch das Mädchen seh' ich nicht, Das solchen Kuß mir bot.
o 6
ii. Erste Erscheinung.
Nun weiß ich, was so mächtig mich Nach diesem Wege zog, Und warum ich so sehnsuchtsvoll Die süße Vuft einsog.
Denn heute! .. o glückseliger Tag! .. Sah ich den Engel hier, Der mich mit himmlischer Gewalt Gefesselt für und für.
Sie war es, die Liebreizendste Bor allen weit und breit, Sie warö, die diese Luft gewürzt, Und diesen Pfad geweiht!
Ach! ich betrat die Stelle ja, Die auch ihr Fuß betrat; Ich sog dieselbe Lust ja ein, Die ihrem Mund genaht! Was Wunder denn, daß dieser Weg Mir solche Lust verlieh? Es war der Liebe Allgewalt, Der Liebe Sympathie!
-»
l
III. Erste Begrüßung.
Wird sie nicht heute wiederkommen? Ach, heute wünsch' ick es sv sehr!
Mein armes Herz ist so beklommen,
So voll, je liebeschwer. Es stellt sich zwar der süßen Bürde, Und trägt so gern den süßen Schmerz :
Doch wenn sie es erleichtern würde —
Wie glücklich wär' das Herz! Bielleicht, vielleicht seh' ich sie wieder, Dann will ich bitten, was ich kann: Ihr Blick ist ja so fromm und bieder:
Sie hilft dem Herzen dann! —
Doch Himmel! dort seh' ich sie nahen,
Und plötzlich schwindet mir der Muth: Ich werd' den holden Gruß empfahen, —
Und — ziehen meinen Hut. —
IV. Weder Erscheinung noch Begrüßung.
Wie lieb hab' ich ihn schon gewonnen, Den stillen unbeblümten Pfad,
Wo ich so Schönes oftmals mir ersonnen, Und wo die Schönste manchmal mir genaht
Wie macht rnich'S gleich so wonnetrunken, Kommt sie von fern mir zu Gesicht;
Doch heut ist alle Hoffnung mir gesunken —
Ach, heute naht die Holde mir wohl nicht! Könnt' ich's denn heut auch nur verlangen?
Der Wind saust ja so heftig hier, Und riesengroße Regenwolken hangen,
Gewitter drohend, finster über mir. Wenn sich die Sonn' in diese trüben
Und dichten Wolkenschleier hüllt,
Dann bleibt mir Armen auch von meiner Lieben Nur das im Herzen tiefverborgne Bild. —
Mißgünst'ge Wolken! ziehet weiter! O Sonne! strahle freundlicher! Wird nur der Himmel wieder hell und heiter,
So kommt auch sie, die Heißersehnte, her.
v. Letzte Begrüßung.
Schon ist die Holde mir vorüber,
Und ach! noch leid' ich, was ich litt;
Sie zieht nun dort, ich hier hinüber,
Und ferner bringt uns jeder Schritt.
Pakt mit dem Freunde. Aus den Tausch der Geistesgaben
Schlag' ich mit Vergnügen ein: Beiden soll, was Beide haben, Ohne Abzug eigen sein.
Gieb, o Freund, mich zu erlaben, Nimm, o Freund, dich zu erfreun!
Und nie konun' es uns zu Sinne, Wer verliere, wer gewinne.
ZUM Jahreswechsel. Schon wieder sagt im Greiscnhaar Ein Jahr uns nun Ade! Und harrend frägt das junge Jahr,
Ob bald der Alte geh' ? Der wischt sein letztes Thränlein ab, Und suchet Hut und Wanderstab.
Laß Er uns ja Weib, Sang und Wein Und unsern frohen Muth;
Sonst halten wir Ihm Noth und Pein
Fürwahr nicht mehr zu gut! Schön Dank für all Sein Grämlichsehn, Damit mag Er von dannen gehn.
56
Allein, ihr Freunde, wohl geprüft!
Ward nicht bei allem Schmerz, Und ob er ost, in Gram vertieft,
Gebrochen unser Herz, Ward dennoch uns nicht Heil um Heil Von diesem Alten auch zu Theil? —
Drum lebe wohl, du altes Jahr, Leb' wohl mit Freud' und Leid
Und Allem, was du wunderbar
Im Wechsel ausgereiht!
Noch einen Kuß nimm von uns an,
Und schnell geschieden sei alsdann!-------Willkommen! ei, willkommen nun,
Du liebes neues Jahr! Ei! wie so freundlich kannst du thun,
Sag' an, was bringst du dar?
Fürwahr! eS grüßt so wundermild,
Wie du, wohl kaum ein EngelSbild. Schau Einer! du, statt Gram und Leid,
Bringst Hoffnung mit heran, Und Freude, Glück und Seligkeit
Sehn wir auf einmal nahn! Willkommen, hoch willkommen sei! — Doch, liebes Jahr, bleib' auch dabei.
Liebe. C Villa! könntest du in's Herz mir blicken,
Wie es darinnen wallt und wogt und treibet, Wie der Gefühle Strom nie ruhig bleibet, Und Schmer; und Vuft sich wechselseits ersticken!
Jetzt bebt das Herz im seligsten Entzücken, Und fühlet mehr als jedes Wort beschreibet;
Jetzt sinkt's dahin, von Schmerzen übertäubet, Und die Verzweiflung droht es zu umstricken.
Bei dem Gedanken, daß dein liebend Her; Für meines schlägt, verschwindet jeder Schmerz,
Und ach! ich fühl' die süße Lust der Liebe! Allein bei dem, daß von der heißen Brust
Du mir entrissen würdest, flieht die Lust, Und ach! ich fühl' den herben Schmerz der Liebe! —
Crmuthigung. Wie der Magnet an seiner Kraft gewinnet, Wenn man ihm eine Last zu tragen giebt,
So fühl' auch ich, wie's meine Seele übt, Wenn sie der Last des Schmerzes nicht entrinnet;
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92
Und siehe!
Da blicken die ersten Strahlen Der Alles beglückenden Sonne Boll Majestät
Durch die getheilten Meere des Himmels!
Da breitet die Mutter der Erde Ihre segensreiche Arme
Ueber die ganze Schöpfung aus! Die erwachte Natur
Pranget in reizender Anmuth, In neu verherrlichter Fülle,
Und voll Staunen und Dankbarkeit Betrachtet mit jauchzenden Blicken Der Mensch das erhabene Schauspiel.
Gott ist die Liebe. Wenn wir uns're schönste Hoffnung Ohne Rettung sinken sehn,
Und dafür an Unglücks Rande Plötzlich wie vernichtet stehn:
Dann entströmt von unsern Lippen Wohl manch arges Lästerwort,
Und wir fordern voll Verzweiflung
Rechenschaft vom Vater dort.
-=»
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o=-
Aber ach! wo blieb der Glaube,
Wenn das Herz sich wild empört?
Haben wir „Gott ist die Giebel" Denn vom Herrn noch nie gehört?
Auf, mein Geist, und sei gerüstet, Nur Unglaube tobtet dich! Aus, zum Kampf! Gott ist die tficbc!
Alles Andre findet sich. Der aus Liebe uns erschaffen
Und bisher erhalten hat, Dessen Liebe wird uns schützen, Wenn daS Unglück sich uns naht.
Seine Liebe ruft die Schmerzen Wohl auch selbst in uns empor, Unser Herz zurückzusühreu,
Wenn's im Glücke sich verlor. Bon der Sünde tiefumnachtet,
Ahnt das taube Herz nur nicht, Wie das Unglück gleich dem Glücke Laut „Gott ist die Liebe!" spricht.
Gottes Watten. Zufall wär's, daß hier die Blumen sanken, Dort der Baum erstarb im kalten Wehn?
Daß wir hier am Pfühl des Kranken, Weinend dort am Grabe stehn?
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-
Drei Palindrome. i. Kennst du das Wörtchen der Beständigkeit,
Das vorund rückwärts stets dasselbe bleibt, Nur mit dem Unterschied, daß wenn man's rückwärts schreibt,
Man stets den Fnß dem Kops und diesen jenem leiht? —
ii. Ein düstres Wort gemahnt uns an's Verblühn, Und rüst uns zu: was Staub ist must vergehen!
Kehr' schnell es um, so wird es srühlingsgrün, Und ruft dir zu: Auch du wirst auserstehen! —
in.
Ein Wort, gar unbestimmt und klein, Ist rückwärts ein bestimmtes Nein.
Nun rath' einmal, was mag daS sein? Weißt du'ö noch nicht, sälll's nie dir ein.
Drei Anagramme. i. Ein Silbenpaar, französischer Natur, Dünkt fein geputzt sich ein Prinzeßchen ost; Allein vertauscht die ersten Zeichen nur,
So wird's ein armes Würmlein unverhofst.
130 ii.
DtancheS Mädchen macht um'S Ganze Sich die allergrößten Sorgen.
Freut sich's heut an seinem Glanze, Wird's ihm kopflos doch schon Morgen.
Zweifelt ihr an meinen Worten, Macht's auch h a l S l o s meinetwegen; Ich erbiet' mich aller Orten
Euch den Rest drauf abzulegen.
in. Ich kenne zwei Silbchen, die glänzen voll Pracht Am Himmel der Webe, am Dome der 9!acht;
Der Schöpfer der Welten hat selbst sie gemacht.
Doch tauscht ihr sie um, wie gar heimlich und traut
Sind dann sic von muntern Geschöpfen erbaut, Und drinnen, wie preisen den Schöpfer sie laut! —
Das kur^e Wiedersehen. (Bin Trinklied. Mel. Bekränz mit taub den lieben vollen Becder.
Wer nie den Schmer; der Trennung hat empfunden,
Kennt auch die Wonne nicht, Womit uns hier in diesen kurzen Stunden
Das Wiedersehn umflicht.
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«-
O, Fremide, denkt nach langen dangen Zähren Der guten alten Zeit, Wo Herz au Her; wir noch verbunden waren, Zu theilen Freud' und Leid. Wo feurig noch ein Zeder von uns strebte, Beseelt von Jugendkrast; Wo fort und fort ein Geist uns nur belebte Zn ächter Brüderschaft. Die Zeit entfloh; doch treu ist uns verblieben Der Geist aus jener Zeit! Noch streben wir, noch müssen wir uns lieben Zu Herzens- Einigkeit. Bon diesem Geist — wer könnt' ihm widerstehen! Allmächtig angefacht, Hat unser Freund zum frohen Wiedersehen Sich eilig aufgemacht.
Ö seht, er weilt in unsrer Mitte wieder Beim edlent Traubenblut, Und ist wie sonst so männlich noch und bieder, Und ist wie sonst noch Gluth.
Gemahnen auch des neuen Abschieds Schmerzen Zhn bei dem Hochgenuß; Er schwingt sein Glas und beut mit vollem Herzen Den Brüdern Gruß und Kuß.
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Beglückt umarmt er Alle nun uns wieder, Beglückt sind wir durch ihn,
Und hell erglänzt, wie sonst, im Kranz der Brüder Der Liebe Immergrün. Er lebe hoch, der liebende Geliebte!
Auf! stoßet an und trinkt! ES gilt dem Freund, der nimmer uns betrübte'.! — Ha! wie das fröhlich klingt! —
Drei I ugendsreunde. Gin dreifaches Akrostichon, nach der Melodie ihres Lieblingsliedes: Namen nennen dich nichi rc.
Treuer Liebe Gefühl
Mit Gegenliebe belohnen, Trägt uns gen Himmel enlpor. Eine Stunde der Lust
Am Arm des Freundes vergilt uns Jahre der Trübsale schon. Leid und Freude mit ihm,
Sein Leben selbst mit ihm theilen, — Ewig!... ist Göttergenuß! — Schone, schone uns, Tod; Cypressen, grünet uns spärlich:
Trennung, o bleibe uns fern!
Weicht dem Dreiklange hier! Harmonisch tönet er: Freundschaft, Zärtliche Liebe und Treu'!
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133
140 *-
Ich weiß , es hilft mir nicfyt,
Wer wird so Zeit verschwenden!
Flugs will ich mein Gedicht Gedankenlos vollenden.
Probatum est! Wie, Freund? ihr wurdet radikal? War't ihr nicht royalistisch? Lieft ihr nach Titeln dazumal
Nur etwa interimistisch?
Erzählet doch, wie fingt ihr's an,
Um radikal zu werden? Hier ist ein Stuhl, rückt schnell heran:
Wie muß man fich gebehrden? — Ei, Nachbar, das ist kinderleicht;
Ihr müßt nur tüchtig schreien,
Und jedem, der die Hand euch reicht, Die Freiheit prophezeihen.
Des ServilismuS Untergang,
Endlose Bolksbeglückung, Tyrannischer Despotenzwang, Besteurung, Unterdrückung, —
Verbrüderung der Nation,
Bewußtsein, Märzestage,
Errungenschaften, — Reaction! — Urwahlen - Lebensfrage!
111 Wenn ihr von solchen Dingen schreit,
Daß Thür und Fenster beben, Dann wird man euch in dieser Zeit Bio in dem Himmel heben.
Denn wißt: dann seid ihr radikal, Und werdet hochverehret,
Wenn ihr auch fünft — versuch t's einmal! —
Der größte Hohlkopf wäret.
Pätus und Arria. 3ii der Werkstatt eines Malers Sah ich jüngst ein trefflich Bild, Das mit einem süßen Schauer
Meine ganze Brust erfüllt.
Pätus war es und Arria, Jenes wuudertrene Paar!
Pätus, Kaiser Neros Diener, Der zum Tod verurtheilt war.
Seines Todes Art zu wählen,
Ueberließ ihm Neros Wuth, Und Arria sieht ihn zagen, Und vor Liebe wallt ihr Blut.
Einen Dolch ergreift sie muthig, Den sie in die Brust sich sticht, Und, den blut'gen Stabl ihm reichend, Spricht sie: „Nimm: cs schmerzet nicht!"
142
O See! kaum sah das Jahr ich hier vergehen,
Und sieh! wie sitze nun ich aus dem Stein,
Wo du sie sahst, die dich sollt’ Wiedersehen,
An den geliebten Fluchen so allein! So brausetest du unter diesen Felsen,
So brachst du am Geklüft des Ufers dich, So durfte deiner Wellen Schaum zerschmelzen Zu ihren Füßen, die anbetet’ ich! —
Abendbilder. i. Gott Lob! des Tages Mühen Sind überstanden nun;
Der Kopf fängt an zu glühen,
So ende denn mein Thun. Der Abend wird mich erquicken!
O Fensterlein, thue dich auf! —
Ha! Balsamdüfte schon schicken Die Nachtviolen heraus.
Unmuthig blühn sie im Garten Dort unter dem Apfelbaum;
Auf Dank scheint keine zu warten: Sie duften und wissen’s wohl kaum. —
-->
145 ii.
Wie ist mir das Her; so beklommen!
Wie schweift in die Ferne mein Blick!
Wohl seh' ich manch Schifslein kommen, Doch keines, ach! bringt sie zurück! — Und horch! aus dem Rohr am Teiche, Die Trauerweiden entlang,
Tönt'S, wie aus dem Geisterreiche
Erlkönigs lieblicher Sang.
Wie flüstert's so sanft und gelinde,
So heimlich tröstend mir zu, Als sprach' es zum Herzen: O, finde Doch endlich Frieden und Ruh! —
ui.
Es ruhn der Mühle Flügel,
Still wird es je mehr und mehr; Der Mond guckt über den Hügel
Und schaut gar friedlich her.
Hell funkeln am blauen Dome
Die goldenen Sternelein, Derweilen die Fluren Arome Zum Abendopfer mir leihn.
£ kühlende Lüste, wie labend Umfächelt die Stirn ihr mir! Dank sei dir, o freundlicher Abend, Dank sei von Herzen dir! — io
146
Willkommen! Zum Gmpfang deS Freundes und der Teinigen in der neuen Heimalh.
Willkommen hier! So rufen wir Bon Herzen Euch entgegen! Gott steh' Euch bei Mit alter Treu' Auf Euren neuen Wegen!
Der's Euch beschert, Am neuen Herd Des neuen Amts zu Pflegen, Schenkt wahrlich Euch Auch gnadenreich Dazu ein neu Vermögen. Er ist uns ja Doch allwärts nah Mit seinem Heil und Segen; Drum können wir Ihm für und für Getrost an's Herz uns legen.
Und also sei's! Zu seinem Preis Mög' neu die Kraft sich regen, Und lebenslang Ertön' ihm Dank Mit mächt'gen Puljesschlägen!
-»>
147
**
Kindlich Gebet. Großer Gott I Du weißt am besten, Was den armen Menschen frommt;
Aber dennoch siehst Du'S gerne, Wenn ein Kind mit Bitten kommt.
Ach, und was ich heute bitte,
Kann wohl Niemand schädlich sein: Gieb, ach gieb nur wenig Tage Noch recht warmen Sonnenschein!
Schmerzlich harrt die kranke Mutter
Ja schon wochenlang daraus;
Aendre drum, o Gott, — Du kannst es! — Diesmal nur der Zeiten Vans.
Thut's denn was, schiebst Du den Winter
Um ein Kleines noch hinaus?
Mach' es warm, o Gott; denn anders Dars Mama nicht aus dem Haus.
Reine Luft nur ein paar Züge, Und sie würde bald gesund!
Denn nach Luft — o, laß Dich'S jammern! — Schmachtet sie von Herzensgrund. Nun, ich weiß ja, Du verschließest Den Anfricht'gen nicht Dein Ohr!. ..
Wahrlich! schon weht es gelinder,
Und die Sonne bricht hervor! —
io*
-»
148
B Jesu, sprich Dein Amen! Von einem Jahr zum andern, Das ick hier muß durchwandern, Nimmt, ach! die Hoffnung a-,
Befreiet noch auf Erden
Vom Sündenjoch zu werden!
Es preßt und beugt uns bis in's Grab. Drum sink' auch heut' ich wieder An Deinem Kreuze nieder:
O Herr, verwirf mich nicht!
Erbarm' Dich mein aus Gnaden,
Und tilg' der Sünde Schaden, 'Noch eh' der &ob das Herz mir bricht. Dein Blut komm' mir zu gute, Sv ost im bangen Muthe
Die Sündennoth mich quält;
Soll's zum Gerichte gehen, Kann ja doch nur bestehen,
Wer Dich zum Anwalt sich erwählt. Was Du für mich erstritten, Was Du für mich erlitten,
Das wird mein Freibrief sein! O Jesu! sprich Dein Amen,
Dann tret' in Deinem Namen Getrost in'S neue Jahr ich ein.