Frühe Schriften II 3787309012, 9783787309016

In Fortführung des 1989 erschienenen Bandes I der »Frühen Schriften« enthält Band II sämtliche Texte aus Hegels Frankfur

116 31 24MB

German Pages 722 [723] Year 2014

Report DMCA / Copyright

DOWNLOAD PDF FILE

Table of contents :
COVER
INHALTSVERZEICHNIS
BERNER MANUSKRIPTE. Mit Frankfurter Überarbeitungen
Zum Glauben und zur Religion
Text 40. Positiv wird ein Glauben genannt ....
Text 41. Religion ...
Text 42. Glauben ist die Art ...
Zur Geschichte Israels
Text 43. Die Geschichte der Juden lehrt ...
Text 44. Fortschreiten der Gesetzgebung ...
Text 45. Joseph. Jüd. Alterth.
Text 46. Abraham in Chaldäa gebohren ...
Text 47. Zu Abrahams Zeiten ...
Text 48. Abraham in Chaldäa geboren ...
FRANKFURTER MANUSKRIPTE
Über Vereinigung und Liebe
Text 49. Welchem Zwekke ....
Text 50. So wie sie mehrere Gattungen ....
Zur Verfassung Württembergs. Vier Fragmente
Text 51. Daß die Magistrate ...
Zur christlichen Religion
Text 52. Zu der Zeit da Jesus ...
Text 53. B Moral ...
Text 54. Jesus trat nicht lange ...
Text 55. Der Tugend ist nicht nur Positivität ...
Text 56. Am interessantesten wird es seyn ...
Text 57. Reines Selbstbewusstseyn - Reines Leben
Text 58. Man kan den Zustand ....
Text 59. Das Wesen des Jesus ...
Text 60. Mit dem Muthe ...
Zur Jüdischen Religion
Text 61. Mit Abraham ...
Text 62. Die schönen, ihrer Natur nach ...
Über Religion. Zwei Fragmente
Text 63. Absolute Entgegensetzung ...
Text 64. Ein objektiven Mittelpunkt ...
Zum Begriff der positiven Religion
Text 65. Der Begriff der Positivität ...
Geometrische Studien. Zwei Fragmente
Text 66. Erstes Fragment. 1 Buch
Text 67. Zweites Fragment
Über Schillers Wallenstein
Text 68. Der unmittelbare Eindruk ...
Festgedicht für die Prinzessinnen von Hessen-Homburg
Text 69. Wenn in dieser feyerlichen Stunde ...
ÜBERSETZUNG
Text 70. Vertrauliche Briefe über das vormalige staatsrechtliche Verhältniß des Waadtlandes (Pays de Vaud) zur Stadt Bern
SEKUNDÄRE ÜBERSETZUNG
Text 71. Neigung zum Kartenspiel
Text 72. Es ist gefragt worden …
Text 73. Aus einem Kommentar zu Kants
»Metaphysik der Sitten«
Text 74. Fragmente historischer Studien
»Geist der Orientalen
»Das Gedächtniß ist der Galgen, ...
»Klageweiber ...
»Thukydides Β ...
»Achilles starb, ...
»Ehe Lykurg, ...
»Nach dem Untergange ...
»In der Reihe der Offenbarungen Gottes ...
»Was ein gebildeter Geschmack ...
»Die ungezügelte Einbildungskraft ...
»Verachtung der Menschen
»In den St a aten der neueren Zeit ...
»In Italien, ...
»Oeffentliche Todesstrafe
»Hume charakterisirt sich ...
»Die Stimme der katholischen Geistlichen ...
[»]p . 519 . »Aber Johann Georg’s ...
»Dans la monarchie
Text 75. Gedichte
Er rennt in weiten Kreisen ...
Deine Freunde trauern, ...
Gegen des Stromes ...
Der Frühling droht!
Der Jüngling
Der Resignirte
Der alte Einsiedler
UNGESICHERTES
Text 76. Eine Ethik ...
NACHRICHTEN ÜBER VERSCHOLLENES
Studien zur Geschichte
Kommentar zu Steuarts Staatswirtschaft
Auszüge zur Naturphilosophie
ANHANG
Zeichen, Siglen, Abkürzungen
Editorischer Bericht
Anmerkungen
Konkordanz
Verzeichnis der Bibelstellen
Personenverzeichnis
Recommend Papers

Frühe Schriften II
 3787309012, 9783787309016

  • 0 0 0
  • Like this paper and download? You can publish your own PDF file online for free in a few minutes! Sign Up
File loading please wait...
Citation preview

H ege l · Ge sa m m e lt e W e rk e 2

GEORG W I L H ELM f RI E DRICH H EGEL

ge sa m m e lt e w e rk e

i n v e rbi n du ng m i t de r

DEUTSCH EN FORSCH UNGSGEMEI NSCH AFT h e rau s g e g e be n von de r

nordrh e i n -w e st fä lisch e n a k a de m i e de r wis se n sch a f t e n u n d de r k ü n st e

ba n d 2

FELI X ME I NER VERLAG H AMBURG

GEORG W I L H ELM f RI E DRICH H EGEL

F rü h e Sch ri f t e n I I

Be a r be i t e t von

F ri e dh e l m Nicoli n †  , I NG O Ri l l u n d Pet e r K ri ege l

h e r au s g e g e be n von

Wa lt e r Ja e sch k e

FELI X ME I NER VERLAG H AMBURG

In Verbindung mit der Hegel-Kommission der Nordrhein-Westfälischen Akademie der Wissenschaften und der Künste und dem Hegel-Archiv der Ruhr-Universität Bochum Diese Publikation wird als Vorhaben der Nordrhein-Westfälischen Akademie der Wissenschaften und der Künste im Rahmen des Akademieprogramms von der Bundesrepublik Deutschland und dem Land Nordrhein-Westfalen gefördert.

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie  ; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über 〈 http  ://portal.dnb.de 〉 abrufbar . ISBN 978-3-7873-0901-6

ISBN eBook: 978-3-7873-3382-0

© Nordrhein-Westfälische Akademie der Wissenschaften und der Künste , Düsseldorf 2014 Alle Rechte , auch die des auszugsweisen Nachdrucks , der fotomechanischen Wiedergabe und der Übersetzung , vorbehalten . Dies betrifft auch die Vervielfältigung und Übertragung ein­zelner Textabschnitte durch alle Verfahren wie Speicherung und Übertragung auf Papier , Film , Bänder , Platten und andere Medien , soweit es nicht §§ 53 und 54 URG ausdrücklich gestatten . Satz  : post scriptum , www.post-scriptum.biz. Druck  : Strauss , Mörlenbach . Bindung  : Litges  + Dopf , Heppenheim . Werkdruckpapier  : alterungsbeständig nach ANSI-Norm resp . DIN-ISO 9706 , hergestellt aus 100 % chlorfrei gebleichtem Zellstoff . Printed in Germany . www.meiner.de

INHALTSVERZ EICH N IS

Bern er M a n usk ripte m it F ra n k f u rt er Ü bera rbeit u ngen . . . . . . . . 1 Zum Glauben und zur Religion . . . . . . . . . . . . . . . . . . Text 40  : Positiv wird ein Glauben genannt … . . . . . . . . . . . . . Text 41  : Religion  … . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Text 42  : Glauben ist die Art … . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

3 5 8 10

Zur Geschichte Israels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Text 43  : Die Geschichte der Juden lehrt … . . . . . . . . . . . . . . . Text 44  : Fortschreiten der Gesezgebung … . . . . . . . . . . . . . . . Text 45  : Joseph . jüd . Alterth . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Text 46  : Abraham in Chaldäa gebohren … . . . . . . . . . . . . . . . Text 47  : Zu Abrahams Zeiten … . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Text 48  : Abraham in Chaldäa gebohren … . . . . . . . . . . . . . . .

15 17 19 26 29 32 35

F ra n k f u rt er M a n usk ripte . . . . . . . . . . . . . . . 79 Über Vereinigung und Liebe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 Text 49  : welchem Zwekke  … . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83 Text 50  : so wie sie mehrere Gattungen … . . . . . . . . . . . . . . . 96 Zur Verfassung Württembergs . Vier Fragmente . . . . . . . . . 99 Text 51  : Daß die Magistrate von den Bürgern gewählt werden müssen . 101 Zur christlichen Religion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Text 52  : Zu der Zeit da Jesus … . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Text 53  : B Moral  … . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Text 54  : Jesus trat nicht lange … . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Text 55  : Der Tugend ist nicht nur Positivität … . . . . . . . . . . . . Text 56  : Am interessantesten wird es seyn … . . . . . . . . . . . . . . Text 57  : Reines Selbstbewußtseyn – Reines Leben . . . . . . . . . . .

111 113 134 141 179 245 248

VI

inhaltsverzeichnis

Text 58  : Man kan den Zustand … . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 254 Text 59  : Das Wesen des Jesus … . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269 Text 60  : Mit dem Muthe … . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 286 Zur jüdischen Religion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 329 Text 61  : Mit Abraham  … . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 331 Text 62  : Die schönen , ihrer Natur nach … . . . . . . . . . . . . . . . 337 Über Religion . Zwei Fragmente . . . . . . . . . . . . . . . . . . 339 Text 63  : absolute Entgegensetzung  … . . . . . . . . . . . . . . . . . 341 Text 64  : ein objektiven Mittelpunkt … . . . . . . . . . . . . . . . . 345 Zum Begriff der positiven Religion . . . . . . . . . . . . . . . . 349 Text 65  : Der BegriV der Positivität … . . . . . . . . . . . . . . . . . 351 Geometrische Studien . Zwei Fragmente . . . . . . . . . . . . . . 369 Text 66  : Erstes Fragment . 1 Buch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 371 Text 67  : Zweites Fragment . Figuren dekken sich … . . . . . . . . . . 376 Über Schillers Wallenstein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 385 Text 68  : Der unmittelbare Eindruk … . . . . . . . . . . . . . . . . . 387 Festgedicht für die Prinzessinnen von Hessen-Homburg . . . . 389 Text 69  : Wenn in dieser feyerlichen Stunde … . . . . . . . . . . . . . 391

Ü bersetzu ng . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 395 Text 70  : Vertrauliche Briefe über das vormalige staatsrechtliche Verhältniß des Waadtlandes (Pays de Vaud) zur Stadt Bern . . . . . . . . . 397

Seku n dä re Ü berli ef eru ng . . . . . . . . . . . . . . . . 583 Text 71  : Neigung zum Kartenspiel … . . . . . . . . . . . . . . . . . Text 72  : Es ist gefragt worden … . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Text 73  : Aus einem Kommentar zu »Kants Metaphysik der Sitten« . . . . Text 74  : Fragmente historischer Studien »Geist der Orientalen … . . . . . . . . . . . . . . . . . . . »Das Gedächtniß ist der Galgen … . . . . . . . . . . . . . .

585 586 587 589 593



inhaltsverzeichnisVII

»Klageweiber bei der öVentlichen Todtenfeier … . . . . . . . »Thukydides … . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . »Achilles starb … . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . »Ehe Lykurg … . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . »Nach dem Untergange … . . . . . . . . . . . . . . . . . . »In der Reihe der OVenbarungen Gottes … . . . . . . . . . . »Was ein gebildeter Geschmack … . . . . . . . . . . . . . . »Die ungezügelte Einbildungskraft … . . . . . . . . . . . . . »Verachtung der Menschen … . . . . . . . . . . . . . . . . . »In den Staaten der neueren Zeit … . . . . . . . . . . . . . . »In Italien … . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . »OeVentliche Todesstrafe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . »Hume charakterisirt sich … . . . . . . . . . . . . . . . . . »Die Stimme der katholischen Geistlichen … . . . . . . . . . [»]p . 519 . »Aber Johann Georg’s … . . . . . . . . . . . . . . »Dans la monarchie … . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Text 75  : Gedichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Er rennt in weiten Kreisen … . . . . . . . . . . . . . . . . . Deine Freunde trauern … . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gegen des Stromes drängende Wellen … . . . . . . . . . . . Der Frühling droht  ! … . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der Jüngling . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der Resignirte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der alte Einsiedler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

593 594 595 595 596 597 598 599 599 600 601 602 604 605 606 608 609 609 609 610 610 611 611 612

U ngesich ert es . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 613 Text 76  : … eine Ethik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 615

NACH RICHTEN ÜBER VERSCHOLLENES . . . . . . . . . . 619 Studien zur Geschichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 621 Kommentar zu Steuarts Staatswirtschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . 621 Auszüge zur Naturphilosophie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 622

VIII

inhaltsverzeichnis

AN H ANG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 623 Zeichen , Siglen , Abkürzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Editorischer Bericht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anmerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Konkordanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verzeichnis der Bibelstellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Personenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

625 631 669 703 705 711

Bern er M a n usk ripte mit Fra n k fu rter Ü bera rbeitu ngen

Zum Glau ben u n d Zu r Religion

Text 40

positiv wird ein glauben genannt …5

Positiv wird ein Glauben genannt …

5

10

15

20

Positiv wird ein Glauben genannt , in dem das praktische , theoretisch vorhanden ist – das ursprünglich subjektive nur als ein objektives eine Religion die Vorstellungen von etwas objektivem , das nicht subjektiv werden kan , als Princip des Lebens und der Handlungen aufstellt . Die praktische Thätigkeit handelt frei , ohne Vereinigung eines Entgegengesezten , ohne durch dieses bestimmt zu werden – sie bringt nicht Einheit in ein gegebnes Mannichfaltiges , sondern ist die Einheit selbst 1 – die sich nur rettet gegen das Mannichfaltige Entgegen­gesezte  , das in Rüksicht auf das praktische Vermögen immer unverbunden bleibt , die praktische Einheit wird dadurch behauptet , daß das entgegengesezte ganz auf­ gehoben wird . Alle moralischen Gebote sind Foderungen diese Einheit zu behaupten gegen Triebe  ; jene sind nur verschieden , daß sie gegen verschiedene Triebe gerichtet sind – diese Einheit vorgestellt – | Was ist  : Begrif von Moralität  ? die Moralischen Begriffe haben nicht in dem Sinne Objekte , in dem die theoretischen Be­g riffe Objekte haben . das Objekt jener ist immer das Ich  ; das Objekt dieser das NichtIch – Das Objekt des moralischen Begrifs ist eine gewisse Bestimmung des Ichs , die um ein Begrif zu werden , um erkannt , um Objekt werden zu können , dem Ich anders bestimmt entgegengesezt wird , als ein Accidens des Ich betrachtet , von der Bestimmung des Ich , das izt erkennt ausgeschloßen   Am Rande  : die theoretische Einheit ist leer , Bedeutungslos , ohne ein Mannigfaltiges nur in Beziehung auf dieses denkbar 1

1 Überschrift der Herausgeber  2 ein Glauben] (1) eine Relig . (2) Text  : ein (aus eine) Glauben (über der 25 Zeile)   in dem] in-/dem   3 das] folgt gestr  : su (ohne u-Bogen)  nur] davor gestr  : als   objektives]

folgt gestr  : vorhanden   die] folgt gestr  : solche Lehren enthält , welche   5 handelt] folgt gestr  : ganz ohne Entgegensezung   6 Entgegengesezten aus Entgegensezten  9 das1] folgt gestr  : (1) immer (2) unter der For   9–10 die praktische … dadurch] (1) durch die praktische Einheit wird das entgeg (2) Text (dadurch aus das /  ; -durch auf dem Rande angeschlossen)  12 behaupten aus behauptet   13 30 Triebe  ;] folgt gestr  : und die Verschiedenheit jener (a) drükt (b) hängt nur von  Triebe2 ] Tr .   14 vorgestellt] folgt gestr  : we   16 in dem 2 ] indem folgt gestr  : es   19 die aus das   20 dem] davor gestr  : (1) auc (2) einen   wird , aus wird  ;   21 betrachtet] folgt gestr  : wird   der] (1) dem I (2) Text (aus dem)  das über gestr . indem es   22 Bedeutungslos] (1) ohne Bedeutung (2) Text (aus Bedeutung)  ein aus eine

3r

3v

6

4r

4v

berner manuskripte · glaube und religion

Text 40

wird – Begrif ist eine reflektirte Thätigkeit  ; Ein moralischer Begrif der nicht auf diese Art entstanden , ein Begrif ohne die Thätigkeit ist ein positiver Begrif  ; doch soll er zugleich praktisch werden  ; er ist nur etwas erkanntes , ein gegebenes , etwas objektives und erhält seine Macht , seine Kraft , seine Wirksamkeit nur durch ein Achtung oder Furchterwekendes Objekt vor dem wir vergehen , dem wir unterliegen müßten , | wenn nicht in jenen Be­g riffen uns der Weg zu jenem Objekt , zur Hofnung der Verschonung eröfnet würde , dadurch Einigkeit möglich würde . Der positive moralische Begrif , ist fähig den Charakter der Positivität zu verlieren , wenn die Thätigkeit die er ausdrükt , selbst entwikelt wird , und Kraft be­­kommt – aber das was [man] gewöhnlich positiv nennt , ist von der Be­schaffen­ heit , daß es nicht eine reflektirte Thätigkeit unserer selbst ist , sondern etwas ­objektives und diesen Charakter nie ablegen kan . Das moralische kan zwar auch objektiv werden , indem es vorgestellt und be­ griffen wird , aber das Bewustseyn ist immer damit verbunden , oder kann sogleich hergestellt werden , daß wir selbst , unsre eigne freie Kraft und Thätigkeit das Objekt des Erkennens ist . Moralisches und objektives im gewöhnlichen Sinn sind einander gerade entgegengesezt . Das unendliche Objekt , seine Handlungsweise sind auch fürs Erkenntnißvermögen positiv  ; Wunder , Offen­bah­r un­gen  , Erscheinungen | In der Anschauung soll kein Ganzes gegeben seyn , das ErkenntnißVermögen soll die Geseze seines Wesens zu einem Theil ein Ganzes sich einzubilden auf­ geben – ein Leiden kennen , und nicht die gleiche Quantität von Thätigkeit soll ihm in der Erscheinung gegeben seyn , und der [Mensch] soll sich die Anschauung nie als ein solches Ganzes denken – die Thätigkeit die Ursache soll etwas unbe-

5

10

15

20

25

1 Thätigkeit  ;] folgt gestr  : die Reflex   moralischer über der Zeile   2 Begrif  ;] folgt gestr  : und kan nichts anderes als etwas gegebnes seyn .   3 doch soll er zugleich] (1) Zugleich soll er (2) Text  : (über der Zeile  : doch) soll er zugleich (über der Zeile mit Einfügungszeichen)  nur] davor gestr  : izt et[was]  4 etwas objektives aus ein Objekt ,   6 nicht] folgt gestr  : (1) durch Geho (2) der W   zu] folgt gestr  : de   7–8 würde , dadurch … würde .] (1) würde . (2) Text  : würde , (aus würde .) (dadurch 30 Einigkeit möglich würde . am ursprüngl . Absatzende angeschlossen und auf dem Rande fortgesetzt)  9 Positivität] Posivität aus p   11 gewöhnlich aus im   12 nicht] folgt gestr  : die   15 aber] folgt gestr  : es ist immer   15–16  , oder … werden am Rande eine Zeile höher , an Bewustseyn angeschlossen  16 freie über der Zeile   17 das aus u  des Erkennens aus der Erkennt  im] (1) im g (2) d (aus 19 Das] folgt gestr  : Ob   fürs] (1) für theoretische (2) Text (aus für)   21–7,2 In 35 im) (3) Text   der … ist . in verändertem Schriftductus   21 In] (1) Im Ga (2) Text (aus Im)   seyn , ] folgt gestr  : ich  ­ErkenntnißVermögen] Erk .Vrm .   22 die ohne i-Punkt  Theil] folgt gestr  : da   23 ein] davor gestr  : d   23 gleiche aus ga   25 die1 aus das?  25–7,1 unbekanntes] davor gestr  : übersinnliches seyn , das  

Text 40

positiv wird ein glauben genannt …7

kanntes seyn , das eine Glied des Wechsels kein Objekt kein Nicht-Ich , und auch kein Ich , nicht wie bei den Wirkungen von Menschen wo ein Glied ein Ich ist .

5

10

15

Das Wesen des praktischen Ich besteht im hinausgehen der idealen Thätigkeit über das wirkliche , und in der Foderung daß die objektive Thätigkeit gleich seyn soll der unendlichen – der praktische Glauben ist Glauben an jenes Ideal – positiv ist nun der Glauben , | wenn jenes Hinausgehen sowohl als die Foderung der Gleichheit gegeben ist – gegeben kan diese Foderung werden nur durch ein mächtiges uns beherrschendes Objekt Autorität  ; das und dessen Handlungsweise von uns aber nicht kan be­g riffen werden , indem wir es be­g riffen , würde es von uns bestimmt – seine Wirkungsarten müssen für uns Wunder seyn , die für uns unmöglich sind , d . h . sie sezen eine Thätigkeit voraus , die wir nicht für die Thätigkeit eines Ich erkennen – dadurch unterscheiden [sie] sich von den Handlungen die wir als Handlungen freier Wesen erkennen , daß es Handlungen eines Ich sind – Bei dem moralischen Zwek , den wir der Vorsehung der Gottheit beilegen , re­ flektiren wir nicht auf ihr übriges uns unbekanntes Wesen , sondern hier ur­thei­ len wir daß seine Thätigkeit insofern die Thätigkeit eines Ich sey . |

1 Nicht-Ich ,] folgt gestr  : das ich in m . Vorst . a   und über der Zeile   2 nicht] davor gestr  : das   bei über der Zeile mit Einfügungszeichen   von Menschen] (1) freier Wesen (2) (auf dem Rande angeschlos20 sen  : von Menschen als) freien (aus freier) Wesen u (über der Zeile) von (unter der Zeile) (3) Text   ist .] 7 ist –] folgt gestr  : hi   kan über gestr . muß uns   8 (1) ist , u (2) ist , ausserdem aber wäre (3) Text   Autorität] auf dem Rande angeschlossen  : (1) eine Autorität (2) Text  das] folgt gestr  : aber   9 würde aus würdes  10 müssen] davor gestr  : würde   17 insofern unter der Zeile mit Einfügungszeichen

5r

8

berner manuskripte · glaube und religion

Text 41

Religion …

5v

Religion Eine Religion eine Religion stiften . Das andre Extrem von dem , von einem Objekte abzuhängen , ist das – die Objekte fürchten , die Flucht vor ihnen , die Furcht vor Vereinigung die höchste Subjektivität . Objektiv 1 .  das wirkliche , im Raum 2 .)  innere Bestimmungen objektiv mit dem Bewustseyn , daß sie innere Bestimmungen sind 3 .)  innere Bestimmungen , ohne Bewustseyn daß sie innere Bestimmungen sind

6r

Religion ist freie Verehrung der Gottheit . Blos subjektive Religion ohne Ein­ bildungskraft – ist Rechtschaffenheit – Begreiffen ist beherrschen die Objekte beleben , ist sie zu Göttern machen . | Einen Bach betrachten , wie er nach Gesezen der Schwere in die tiefern Ge­ genden fallen muß , und von dem Boden und den Ufern eingeschränkt und gedrükt wird , heist ihn begreifen – ihm eine Seele geben , als an seines Gleichen An­theil an ihm nehmen , ihn lieben – heist ihn zum Gotte machen . – Doch weil ein Bach ein Baum zugleich auch ein Objekt , der blossen Nothwendigkeit unter-

5

10

15

20

1 Überschrift der Herausgeber   4 eine Religion stiften] darunter eine über die Spaltenbreite gezogene Linie  eine] davor gestr  : sti  9 wirkliche , ] folgt gestr  : wenn das Ich aus freier Selbstbestimmung   10 Bestimmungen aus Selbstbestimmungen   mit aus ?  sie aus d   10–11 Bestim- 25 mungen aus Selbstbestimmungen   12 innere Bestimmungen1] (1) innere Selbstbestimmungen (2) Text  : innere (gestr . und wiederhergestellt) Bestimmungen (aus Selbstbestimmungen)  Bewustseyn] Bew .syn  Bestimmungen 2 aus Selbstbestimmungen  14 freie über der Zeile mit Einfügungszeichen  Gottheit .] Gottheit /   17 ist über gestr . heist   18 er] folgt gestr  : von   der] (1) des Wassers (2) Text (aus des)  19 eingeschränkt] folgt gestr  : wird ,   20 an seines Gleichen] (1) seines Gleiches 30 (2) Text  : an (nachtr .) seines Gleichen (aus Gleiches)  22 ein Baum über der Zeile  

Text 41

5

10

15

20

25

religion …9

worfen seyn kan , so wie vergötterte Menschen auch unterschieden werden von dem Zustande da sie blos Menschen waren , so sind es blosse Halbgötter , nicht die Ewigen Nothwendigen . Wo Subjekt und Objekt – oder Freiheit und Natur so vereinigt gedacht wird , daß Natur Freiheit ist , daß Subjekt und Objekt nicht zu trennen sind , da ist Göttliches – ein solches Ideal ist das Objekt jeder Religion . eine Gottheit ist Subjekt und Objekt zugleich , man [kan] nicht von ihr sagen , daß sie Subjekt sey in Gegensaz gegen Objekte oder daß sie Objekte habe – | Die theoretischen Synthesen werden ganz Objekt , dem Subjekt ganz entgegengesezt – die praktische Thätigkeit vernichtet das Objekt , und ist ganz subjek­t iv – nur in der Liebe allein ist man eins mit dem Objekt , es herrscht nicht , und wird nicht beherrscht – diese Liebe von der Einbildungskraft zum Wesen gemacht , ist die Gottheit  ; der getrennte Mensch hat dann Ehrfurcht , Achtung für ihr – der in sich einige Liebe  ; jenem gibt sein böses Gewissen – das Bewustseyn der ­Zer ­thei ­lung Furcht – vor ihr . Jene Vereinigung kan man Vereinigung des Subjekts und Objekts , der Freiheit und Natur , des wirklichen und möglichen nennen – Wenn das Subjekt , die Form des Subjekts , das Objekt die Form des Objekts behält , – die Natur immer noch Natur , so ist keine Vereinigung ge­troffen – das Subjekt das freie Wesen ist das übermächtige . und das Objekt die Natur das beherrschte In alten Zeiten wandelten die Götter unter den Menschen  ; je mehr die Trennung zunahm , die Entfernung , desto mehr lösten sich auch die Götter von den Menschen ab , sie gewannen dafür an Opfern , Weihrauch und Dienst – wurden mehr gefürchtet bis die Trennung soweit vor sich gieng , daß die Vereinigung nur durch Gewalt geschehen kan . Liebe kan nur – statt finden , gegen das gleiche gegen den Spiegel , gegen das Echo unsers Wesens .

1 auch] davor gestr  : doch   3 Ewigen] folgt gestr  : w  Nothwendigen aus n (?)   Objekt] folgt gestr  : so vereinigt gedacht wird   oder] folgt gestr  : Nat   4 nicht] folgt gestr  : al   5 Göttliches –] folgt gestr  : das   jeder] folgt gestr  : Vereini  6 ist] folgt gestr  : nicht    zugleich ,] zugl . 〈 k an 〉  7 Gegensaz] Gegens .  Objekte1] Obj .  Objekte2 ] Obj .  8 Objekt] N  : objektiv  10 Objekt ,] folgt gestr  : 30 man   herrscht] 〈 be 〉­herrscht   12 der] folgt gestr  : Me   14 Furcht –] Gedankenstrich nachtr .  N (Konjektur)  : – Furcht   17 Subjekts ,] Subj .   Objekts] Obj .  20–25 Dieser Passus mit verändertem Schriftduktus in der rechten Spalte neben dem vorhergehenden Text ab Zeile 12 .    20 die2 ] die 〈 se 〉   22 sie aus u   25 den aus des  

6v

10

berner manuskripte · glaube und religion

Text 42

Glauben ist die Art …

13r

13v

Glauben ist die Art , wie das vereinigte wodurch eine Antinomie vereinigt ist , in unserer Vorstellung vorhanden ist . Die Vereinigung ist die Thätigkeit  ; diese Thätigkeit , reflektirt als Objekt ist das Geglaubte . Um zu vereinigen müssen die Glieder der Antinomie als widerstreitende , ihr Verhältniß zu einander als Antinomie gefühlt oder erkannt werden  ; aber das widerstreitende kan als widerstreitendes nur dadurch erkannt werden , daß schon vereinigt worden ist  ; die Ver­ einigung ist der Maasstab , an welchem die Vergleichung geschieht , an welchem die entgegengesezte , als solche , als unbefriedigte erscheinen . Wenn nun gezeigt wird , daß die entgegengesezten beschränkten als solche nicht bestehen könnten , daß sie sich aufheben müßten , daß sie also um möglich zu seyn , eine Vereinigung voraussezen , (schon um zeigen zu können , daß sie entgegengesezte seyen , wird die Vereinigung vorausgesezt) so wird damit bewiesen , daß sie vereinigt werden müssen , daß die Vereinigung seyn soll . | Aber die Vereinigung selbst , daß sie ist , ist dadurch nicht bewiesen , sondern diese Art von Vorhandenseyn der Vorstel­ lung von derselben , wird geglaubt  ; und kan nicht bewiesen werden , denn die entgegengesezten sind die abhängigen , die Vereinigung in Rüksicht auf sie , das unabhängige  ; und beweisen heißt die Abhängigkeit [aufzeigen]  ; das in Rüksicht auf diese entgegengesezte unabhängige kan freilich in anderer Rüksicht wieder ein abhängiges entgegengeseztes seyn  ; und dann muß wieder zur neuen Ver­ einigung fortgeschritten werden , die jezt wieder das Geglaubte ist .

5

10

15

20

1 Überschrift der Herausgeber  2 ist1] folgt gestr  : die Vereinigung einer Antinomie   wodurch] davor gestr  : einer   4 müssen] (1) muß das w (2) Text (Ms  : mussen aus muß)  5 als2 ] folgt gestr  : w   5–6 Antinomie] Antiomie   6 aber] folgt gestr  : eine   7 dadurch erkannt werden] (1) dadurch erkannt werden (2) durch (aus dadurch) (die letzte Silbe von wer-/den vers . nicht gestr .) (3) Text  : dadurch (Strei- 25 chung von da auszuwischen gesucht) (wiederhergestellt  : erkannt wer-/)den  schon über gestr . das   8 der aus da   geschieht , ] folgt gestr  : und   9 gezeigt] davor gestr  : gesezt   11 also] folgt gestr  : eine Vereini  12 (schon um … sie] (1) (1) so (2) u . daß sie (a) unvollst (b) beschränkte (2) Text (auf dem Rande angeschlossen)   seyen ,] folgt gestr  : diß kann   13 die aus das   damit] (1) dadurch b (2) Text (aus b)   14 Ver(einigung seyn soll . über den Rand hinausgeschrieben)   15 diese] davor gestr  : 30 sie wird mit Ansatz zu a  der über gestr . ihrer   16 bewiesen werden] bewiesenwerden mit Trennstrich   denn die] (1) denn sie ist da (2) Text (die aus da)  18 unabhängige  ; aus unabhängige ,   19 in anderer Rüksicht wieder] (1) wieder in anderer Rüksicht (2) Text  : (vers . nicht gestr  : wieder) in anderer Rüksicht wieder (über der Zeile mit Einfügungszeichen)   20 entgegeng[eseztes] seyn über vers . nicht gestr  : seyn   35

Text 42

5

10

15

20

25

glauben ist die art …11

Vereinigung und Seyn sind gleichbedeutend  ; in jedem Saz drükt , das Bindewort  : ist , die Vereinigung des Subjekts und Prädikats aus – ein Seyn  ; Seyn kan nur geglaubt werden  ; Glauben sezt ein Seyn voraus  ; es ist also widersprechend zu sagen , um glauben zu können müsse man sich von dem Seyn vorher über­ zeugen  ; | Diese Unabhängigkeit , die Absolutheit des Seyns ist es , woran man sich stößt  ; es soll wohl seyn , aber dadurch daß es ist , sey es deswegen nicht für uns  ; die Unabhängigkeit des Seyns , soll darin bestehen , daß es ist , es sei nun für uns oder nicht für uns  ; das Seyn soll etwas schlechthin von uns getrenntes seyn können , in dem es nicht nothwendig liege , daß wir mit ihm in Beziehung kommen  ; in wiefern kan etwas seyn , von welchem es doch möglich wäre , daß wir es nicht glaubten  ? d . h . es ist etwas möglich , denkbar , das wir doch nicht glau­ben , d . h . das deswegen doch nicht nothwendig ist – Aus der Denkbarkeit folgt nicht das Seyn  ; es ist zwar insofern als Gedachtes  ; aber ein gedachtes ist ein ­getrenntes , dem denkenden entgegengesezt  ; es ist kein Seyendes . Nur hiedurch kan ein Misverstand entstehen , daß es verschiedene Arten von Vereinigungen , von Seyn gibt  ; und daß man also insofern sagen kan  ; es ist etwas , aber deswegen ist nicht nothwendig , daß ich es glaube – | mit einer Art des Seyns kommt ihm des­wegen nicht eine andre Art des Seyns zu  ; Ferner ist glauben nicht Seyn , sondern ein reflektirtes Seyn  ; auch insofern kan man sagen , daß das was ist , ­deswegen doch nicht reflektirt [werden] , nicht zum Bewustseyn kommen muß . das was ist mu ß nicht geglaubt werden , aber was geglaubt wird , muß s e y n  . Das gedachte nun als ein getrenntes , muß vereinigtes werden , und dann erst kan es geglaubt werden  ; der Gedanke ist eine Vereinigung , und wird geglaubt  ; aber das gedachte noch nicht . Das getrennte findet nur in Einem Seyn seine Vereinigung  ; denn ein verschiednes Seyn in Einer Rüksicht sezte eine Natur , die auch nicht Natur wäre , also einen Widerspruch voraus  ; eine Vereinigung könnte in derselben Rüksicht , auch nicht Vereinigung seyn  ; ein positiver Glauben nun ist ein solcher , der statt

2 Prädikats] Präd .   aus –] zuerst  : aus  ;  Seyn  ;] (1) Seyn was w (2) Seyn  ; Was ist (3) Text  3 Glau30 ben aus de   4 glauben] die beiden ersten Buchstaben gestr . und wiederhergestellt  vorher] folgt über der

Zeile mit Einfügungszeichen , gestr  : sich   4–5 überzeugen  ;] folgt gestr  : dasj .   5 Diese Unabhängig­ keit] (1) Dieses u (2) Text  : Diese (aus Dieses) Unabhängigkeit (aus u)  Absolutheit aus Absolutheitheit  6 stößt aus stoße  es1] folgt gestr  : is   sey über gestr . ist   7 bestehen ,] folgt gestr  : es   8 Seyn] sey   12 nothwendig] davor gestr  : ist   18 zu  ;] folgt gestr  : da f  19 reflektirtes] davor gestr  : 20 muß . aus muß  ;   21 ist] folgt gestr  : ka   s e y n   . ] zuerst  : s e y n   ;    22 Das gedachte] (1) 35 Refle   Das gedachte (2) Zum (über der Zeile) gedachten (aus gedachte) (3) Text  : (wiederhergestellt  : Das) gedachte (aus gedachten)  ein aus einem   23 geglaubt1 aus gl   24 aber] folgt gestr  : des   noch über der Zeile   nicht .] zuerst  : nicht ,   25 Das] davor gestr  : Ein positiver Glauben ist 〈 nun 〉 ein solcher , wo   26 Rüksicht] folgt gestr  : Komma   wäre ,] folgt gestr  : voraus   27 eine Vereinigung aus ein v  

14r

14v

12 15r

15v

16r

berner manuskripte · glaube und religion

Text 42

der einzig möglichen | Vereinigung , eine andre aufstellt  ; an die Stelle des einzig möglichen Seyns , ein anders Seyn sezt  ; der also die entgegengesezte auf eine Art vereinigt , wodurch sie zwar vereinigt , aber unvollständig , d . h . nicht in der Rüksicht vereinigt sind , in der sie vereinigt seyn sollen Alle Vereinigung soll in der positiven Religion etwas gegebnes seyn  ; was ge­ geben wird das hat man noch nicht , eh man es empfangt  ; und nach dem Empfangen soll es etwas gegebnes theils bleiben können  ; allein etwas gegebnes ist insofern nie ein andres als ein entgegen­geseztes , und demnach wäre die Vereinigung etwas entgegengeseztes , und zwar insofern es vereinigt ist , welches ein Widerspruch ist . Dieser Widerspruch entsteht aus einer Taüschung , indem unvollständigere Arten von Vereinigungen , die in anderer Rüksicht noch entgegengesezt sind , ein unvollkommnes Seyn , für das in der Rüksicht , in der vereinigt werden soll vollkommne Seyn [genommen werden] , und eine Art des Seyns wird | mit einer andern Art verwechselt . Die verschiednen Arten des Seyns sind die vollständigern oder unvollständigern Vereinigungen . In jeder Vereinigung ist ein bestimmen und ein bestimmtwerden , die eins sind  ; in der positiven Religion aber soll das bestimmende , auch insofern es bestimmt , bestimmt seyn  ; seine Handlung soll nicht eine Thätigkeit seyn , sondern ein Leiden  ; das bestimmende , wodurch es leidet , ist aber auch ein vereinigtes  ; in dieser Vereinigung konnte das handelnde thätig gewesen seyn  ; aber diß ist eine niedrigere Art von Vereinigung  ; denn in der Handlung die aus positivem Glauben geschieht , ist diß vereinigte selbst wieder ein entgegengeseztes , das sein entgegengeseztes bestimmt , und hier ist nur eine unvollständige Vereinigung denn beide bleiben entgegengesezte , das eine ist das bestimmende und das andre das bestimmte  ; und das bestimmende selbst , ist als thätiges , aber die Form der Thätigkeit ist durch ein andres bestimmt  ; das heist gegeben seyn , das thätige , insofern es thätig ist soll ein bestimmtes seyn  ; das die Thätigkeit bestimmende , | muß als ein Seyendes , vorher vereinigt worden seyn , soll auch in dieser Vereinigung das bestimmende ein bestimmtes gewesen

5

10

15

20

25

1–2 des einzig möglichen Seyns] (1) des Seyn (2) Text  : des (gestr . und wiederhergestellt) (einzig möglichen Seyns über vers . nicht gestr . Seyn)   2 auf eine] aufeine mit Trennstrich   3 vereinigt 2 ] folgt 30 gestr  : sind   4 sollen] zuerst  : sollen . (Punkt ausgewischt)  ; folgt gestr  : Wenn an die Stelle der wahren Vereinigung eine andere gesezt wird ,   5 Alle aus Die   6 noch aus nic  und] davor gestr  : 〈〈 e s 〉〉 ist mithin etwas   7 gegebnes] folgt gestr  : bleiben   8 nie] (1) schlecht (2) nicht etw (3) Text (aus nicht)  demnach aus di   9 entgegengeseztes ,] folgt gestr  : welches   11 noch aus v   11–12 sind , ein] sind , (über den Rand hinausgeschrieben) ein (auf dem Rande angeschlossen)   12 in1] folgt 35 gestr  : dieser   15 unvollständigern] unvollst .  Vereinigungen .] Vereinigungen /   ein über der Zeile  16 sind  ;] folgt gestr  : (1) eine (2) das (aus v?) wodur (3) b   der positiven] derpositiven mit Trennstrich  17 bestimmt 2 ] davor gestr  : ein   19 vereinigtes  ;] folgt gestr  : die   23 unvollständige] unvollst .   beide aus d   24 bestimmende1] bestimmend   25 das aus d .   26 ist nachtr .   seyn  ;] zuerst  : seyn ,   das2 ] folgt gestr  : be   28 soll] folgt gestr  : es   das aus die   ein bestimmtes] (1) ein 40

Text 42

5

10

15

20

25

30

glauben ist die art …13

seyn , so war es bestimmt durch ein anderes , u . s . f . müßte der positiv Glaübige ein schlechterdings passives , ein absolut bestimmtes seyn , welches widersprechend ist . – Alle positiven Religionen sezen daher eine mehr oder weniger enge Gränze , worein sie die Thätigkeit einschränken , sie geben gewisse Vereinigungen zu  ; z . B . Anschauung , sie gestehen dem Menschen ein gewisses Seyn zu , z . B . daß er ein sehendes , hörendes ist – bewegendes , ein thätiges , aber von einer leeren Thätig­keit , in jeder bestimmten Thätigkeit hat nicht das thätige bestimmt , sondern ist als ein insofern thätiges ein bestimmt thätiges . Das bestimmende ist eine Macht , durch welche die Thätigkeit ihre Richtung ihre Form erhält  ; auch wenn aus Zutrauen geglaubt und gehandelt wird – Zutrauen ist Identität der Person , des Willens , des Ideals , bei Verschiedenheit der Zufälligkeit – | Wenn ich da , wo ich nicht er bin , und er nicht ich ist , und ich ihm glaube , und nach ihm handle , da werde ich bestimmt , er ist eine Macht gegen mich , und ich verhalte mich positiv gegen ihn . Der positive Glaube fodert Glauben an etwas , das nicht ist – das was nicht ist , kan nun entweder werden , – oder gar nicht werden – dasjenige das bestimmt ist , ist insofern kein seyendes , und da an dasselbe geglaubt werden soll , so soll es doch ein seyendes seyn . Eine Macht wird gefühlt , man ist leidend gegen sie , und sie ist nicht in diesem Gefühl , sondern in der Trennung des Gefühls , in welchem das leidende , das auf diese Art Objekt wird , dem , leiden bewirkenden (das insofern Subjekt wird) entgegengesezt wird . Alle positive Religion geht von etwas entgegengeseztem , einem , das wir nicht sind , aus , und das wir seyn sollen  ; sie stellt ein Ideal vor seinem Seyn auf  ; um an dasselbe glauben zu können , muß es eine Macht seyn – In der positiven Religion ist das seyende die Vereinigung nur eine Vorstellung ein Gedachtes – ich glaube , daß es ist , heißt ich glaube an die Vorstellung ich glaube , daß ich mir etwas vorstelle – ich glaube an etwas geglaubtes (Kantische Gottheit) Kantische Philosophie – positive Religion (Gottheit heiliger Wille , Mensch , absolute Negation  ; in der Vorstellung ist vereinigt – Vorstellungen sind vereinigt – Vereinigte Vorstellung ist ein Gedanke , aber das gedachte ist kein seyendes –

entgegeng (2) Text  : 〈〈 ein 〉〉 ein bestimmtes   2 welches] folgt gestr  : um   5 Anschauung ,] folgt gestr  : höre  6 ein 2 aus Gedankenstrich  7–8 sondern] folgt gestr  : al   9 ist] folgt gestr  : immer   10–11 Zutrauen] Zutr .   11 der Person , gestr . und wiederhergestellt  12 Wenn ich da über gestr . Da   bin aus u  und 2 ] davor gestr  : da hat er Macht über mi   13 da] folgt gestr  : handle   15 Der aus Die  Glau24 35 ben aus g   16 dasjenige] dasj .   20 das2 aus u   22 Religion] folgt gestr  : ist (ohne i-Punkt)   dasselbe aus je   24–30 In der … seyendes – in der Randspalte , etwas oberhalb dieses Absatzes beginnend   26 heißt] h .   mir etwas] (gestr . und wiederhergestellt  : mir et)was   27 (Kantische … Philosophie] (Kant . Gottheit) Kant . Philos .   28 Gottheit] Gotth . folgt gestr  : abs .   absolute] abs .   in] ist   29 Vorstellung1] Vorst .   vereinigt –] vereinigt /  Vorstellungen] Vorst .  Vereinigte Vorstellung] 40 Ver . Vorst .

16v

Zu r Geschichte Isra el s

Text 43

die geschichte der juden lehrt …17

Die Geschichte der Juden lehrt …

5

10

15

20

25

Die Geschichte der Juden lehrt , daß diß Volk sich nicht unabhängig von f­remden Nationen gebildet , daß die Form seines Staates sich nicht freiwillig entwikelt hat , ohne gewaltsames Herausreissen , aus einem schon angenommenen Charakter , der Ubergang vom Hirtenleben zum Staate geschah nicht allmählig und von selbst , sondern durch fremden Einfluß und dieser Zustand war gewaltsam , und mit dem Gefühle eines Mangel begleitet  ; diß Gefühl aber war nicht allgemein nicht auf alle Seiten des Zustandes ausgedehnt  ; Gewohnheit hatte mit einigen derselben einen Frieden geschloßen , und dieser ließ kein vollständiges oder helles Ideal aufkommen , um jenem Zustande entgegengesezt zu werden . Nur in der Seele eines | Mannes , der in der Schule der Priester und am Hofe eine grössere Mannichfaltigkeit von Kenntnissen und Genüßen durch­loffen , und dann damit entzweit in der Einsamkeit sie nicht mehr zu vermissen gelernt und zu einer Einheit des Wesens gelangt war , konnte der Plan der Befreiung seines Volkes hervorgehen . Im Anfang konnte er zunächst nur in ihm das Gefühl seines Drukks und ein dunkles zimlich kraftloses Andenken an einen andern Zustand ihrer Väter benuzzen , um es zum Wunsche der Unabhängigkeit zu führen , und zu einem freilich passiven Glauben an die Möglichkeit der Ausführung begeisterte sie der Glauben an seine göttliche Sendung . Bei der Ausführung selbst verhielten sie sich freilich fast ganz leidend  ; und die Versuche | Mosis , durch 40jahre­lange fortgesezte veränderte Lebensart , sie von der Sklaverei ihrer Gewohnheiten , Sitten und Denkungsart zu befreien , sein Ideal in ihrer Phantasie zu fixiren , und einen Enthusiasmus für dasselbe zu pflanzen[, blieben ohne Wirkung] . Auch beweist eine Menge seiner Geseze , die auf den Gottesdienst sich ­beziehen  , und besonders die Strafen , die auf die Übertrettung derselben gesezt sind , daß gegen das Ganze in dem Geiste seines Volkes manches lag , das mit Zwang gebändigt , das in andre Sitten umgeändert werden sollte . Aber ihr Charakter blieb immer Wankelmüthigkeit , sie wurden ihrem Staate immer ­w ieder 1 Überschrift der Herausgeber   11 Hofe] folgt gestr  : gr   12 von] folgt gestr  : Genüßen   16 ein] folgt

18 zu einem freilich passiven] (1) zum (2) 30 gestr  : zimlich   17 zum] (1) zur Un- (2) Text (aus zur)   zum (über der Zeile  : einen fr) (3) Text  : zu (Ms  : zum) (am Rande mit Verweiszeichen  : einem freilich passiven)  der] folgt gestr  : Erfüll  18–19 begeisterte über gestr . brachte   19 göttliche] göttlichen   20 Mosis] davor gestr  : Mo   21 sie] sich   24–25 die … beziehen , am Rande mit Verweiszeichen  ; darunter ein Abgrenzungsstrich   26 Geiste aus Geistes   27 gebändigt] folgt gestr  : werden mußte

21r

21v

22r

18

22v

23r

23v

berner manuskripte · geschichte israels

Text 43

ungetreu , und nur die Noth führte sie wieder dahin zurük . Von thätigem Interesse am Staate war der einzele ganz ausgeschloßen  ; ihre politische Gleichheit als Bürger war das Gegentheil republikanischer Gleichheit , es war | nur die Gleichheit der Unbedeutsamkeit . Erst unter den Königen entstand mit der Ungleichheit , die mit ihnen eintretten mußte , doch eine Beziehung auf den Staat in vielen untergeordneten , für viele eine Bedeutsamkeit in Rüksicht der untern und für mehrere wenigstens die Möglichkeit eine solche zu erlangen . Nur in spätern Zeitaltern als seine Herrn oder seine Feinde nicht mehr Gleichgültigkeit gegen seinen Glauben zeigten , den es so gerne verließ , so lange man ihm keinen Widerstand entgegensezte , da warf sich ein kleiner Theil des Volks , erst in den hartnäkkigen Fanatismus , der es späterhin charakterisirte . Doch konnte auch dieser Theil des Volks nimmermehr dazu gelangen ein Ganzes zu werden  ; die Zeit der Phantasie der Theophanien und Propheten war längst vorbei , und die Nation stund | auf verschiedenen Stufen der Reflexion . In einigen Momenten wurde die Thätigkeit noch nach aussen getrieben , um die unabhängige Existenz des Staates zu erhalten , aber als diese vollends ganz zernichtet war , wurde die Kraft nach innen auf sich selbst getrieben , und es entstanden Sekten , und Meinungen , und Parthien dagegen und dafür . Diese Thätigkeit innerhalb des Menschen selbst , und auf sich selbst , diß innre Leben , das nicht wie das Interesse eines großen Bürgers sein Objekt ausser sich hat , und es zugleich aufzeigen und darstellen kan , aüssert sich nur durch Zeichen  ; und vermittelst dieser , durch sie zum lebendigen zu gelangen , unter ihrer Leitung dieses zu er­schaffen , misräth in den meisten Fällen  ; und dieses todte empört am meisten , weil es unmittelbar auf Leben hinweist , und doch das Gegentheil davon ist . | In einer solchen Periode , wo dem nach innerm Leben durstigen (mit den Objekten um ihn kan er sich nicht vereinigen , er müste ihr Sklave seyn , und im Widerspruch mit dem bessern in ihm , leben , er wird von ihnen nur feindlich behandelt , und behandelt sie ebenso[)] , – wo nun dem etwas besseres suchenden , in dem er leben könnte , kaltes priviligirtes todtes geboten , und ihm dabei gesagt wurde , diß ist Leben  ; in einer solchen Periode hatten die Essener , hatte ein Johannes ein Jesus , in sich selbst Leben ge­schaffen , und stunden in Kampf gegen das ewigtodte auf . |

5

10

15

20

25

30

1 thätigem über der Zeile mit Einfügungszeichen  7 erlangen .] folgt gestr  : (Absatz) Aber bald trennte sich das Volk von seine   10 da] das   14 Reflexion .] Reflexion /   20 Objekt] folgt über der Zeile gestr  : zug   25 mit gestr . und wiederhergestellt   25–26 kan er … vereinigen] (1) könnte er nicht in Freundschaft leben (2) Text  : (über der Zeile  : kan) er (sich nicht vereinigen am Rande)   26 müste aus 35 mus  27 leben ,] leben ( folgt gestr . Schlußklammer)   wird von ihnen] (1) kan sie (2) Text  : (am Rande mit Abgrenzungslinie  : wird) (von ihnen über der Zeile)  und] folgt gestr  : flie   28 suchenden , ] folgt gestr  : das er mit seinem   dem 2 ] folgt gestr  : de  30 hatten] hatte

Text 44

fortschreiten der gesezgebung …19

Fortschreiten der Gesezgebung …

5

10

15

20

Fortschreiten der Gesezgebung mit erweiterter Trennung Noah – Erlaubniß Thiere zu schlachten , doch das Blut nicht zu trinken , (Kant , Jägerverbot ewiger Frieden  ; Beute von lebendigem Vieh –) und Verbot des Todtschlags – höchste Noth Abraham Seegen  : Eigenthum und Besiz für sich und seine Nachkommen mind­re Noth Moses 10 Gebote  : GottesVerehrung und Feiertage  ; neu  : Ehrfurcht gegen Eltern , Ehbruch  ; Lügen , und Gelüste . ×  höhere Noth , mindere d . h . weniger mannichfaltige Trennung – mehrere Trennung , mindere Noth ×  dort im Anfang der Kultur , weil weniger verbunden war  ; – in höherer Kultur kan bei mannichfaltigerer Trennung mindere Noth seyn , weil noch immer vieles vereinigt ist – aber Noth bei hoher Kultur zerreist umso mehr , und macht die Menschen um so schreklicher – wie sich die Kultur mehrt , mehren sich die Bedürfnisse , die Trennungen und Vereinigungen – | eine Gottheit , – die ihrem Volk ein animalisches Daseyn sichert  ; jene der Inn­ begriff aller Wahrheit , und alles Rechts – diesem bleibt nichts als ein vor­gött­l iches animalisches Daseyn übrig – das unendliche Subjekt , gegen das unendliche bleibt nichts übrig – diese Beziehung immer fest zu halten , in jeder Handlung des Menschen daran erinnern , sie an jede Thätigkeit knüpfen , daher unsichtbar – Opfer – Die Beziehung der Juden als Staatsbürger aufeinander konnte keine andre seyn , als die gleiche Abhängigkeit aller vom Priesterthum , und dadurch war die Be­ dingung aller politischen Geseze , d . h . Freiheitsgeseze weggenommen .

25

2 Gesezgebung] folgt in neuer Zeile gestr  : Noah  ; Er   3 Noah] davor 25 1 Überschrift der Herausgeber   gestr  : Erla   4 ewiger Frieden über der Zeile , danach Klammer , vielleicht als Einweisungszeichen  und nachtr .   7 mindre Noth unter der Zeile   10–12 die beiden x-förmigen Zeichen deuten wohl eine Auf­ listung eigenständiger Gesichtspunkte an  10 höhere] darüber ein Abgrenzungsstrich   d . h . weniger mannichfaltige über der Zeile mit Einfügungszeichen  mehrere über gestr . grössere   12 weniger] folgt gestr  : 30 zerrisse  in] davor gestr  : hier   15–16 Menschen … Vereinigungen – am unteren Rande in Langzeilen   17 eine] folgt gestr  : unsichtbare   18 diesem aus dis (mit Balken-s)   vorgöttliches] vor­gött ­[ li­ches] (in die Faltung des Doppelblattes geschrieben)   19 animalisches Daseyn] anim . Das .   übrig – aus übrig .   20 Handlung aus T   21 Opfer –] darunter eine Abgrenzungslinie über die ganze Spaltenbreite   22–24 Beziehung … weggenommen . nachtr . über dem folgenden Absatz   22 Die vers . gestr .   23 35 gleiche unter der Zeile  aller] folgt gestr  : A   24 weggenommen] davor gestr  : au?  

21r

21v

20

22r

22v

berner manuskripte · geschichte israels

Text 44

die Israeliten verhielten sich sehr leidend dabei , Mosis und Aarons Thaten wirkten gerade wie auf die Egypter , wie eine Macht auf sie – die dadurch veranlaßte grössere Härte reizte nicht ihre SelbstThätigkeit  ; sie reagirten izt nicht stärker  ; sondern litten nur tiefer . 2 B . 5 ,21 . 6 ,9 . die Israeliten verhalten sich ganz unthätig  ; blos Mose wirkt auf den Kö­ nig und erzwingt die Erlaubnis von seiner Furcht nicht vor den Israeliten denn diese machen ihm keine , sondern vor dem Gott Mosis – auch im freiwerden sind sie Sklaven  ; das einzige Beispiel des gezwungenwerdens zur Freiheit . Die Vor­ steher machen immer nur tiefe Verbeugungen nach jedem Vortrag  ; Exod . 12 ,27 und vorher sonst – ihre einzige Reaktion war Murren gegen ihr Freiwerden  ; sonst leidender Gehorsam  ; die Egypter trieben sie fort , Ex . 12 ,33 .34 . | Sie beginnen nicht mit einer Heldenthat aber in ihrer Phantasie wird grosses für sie gethan  ; für sie leidet Egipten die mannichfaltigsten Plagen und Elend , unter Jammergeschrei ziehen sie aus  ; – aber s ie haben nichts gethan , s ie haben nicht gekämpft , sie waren menschlicher aber aus Feigheit – als ihr Gott – die Gewalt , gegen deren Angriff man vertheidigt , rechtfertigt Tod und Verderben  ; denn der unglüklich gewordne hat diß für den einen oder den andern als Ziel gesezt  ; es gilt den einen oder den andern  ; so hat jeder gleiche Rechte – die Israeliten leiden , aber sie wehren sich nicht  ; die Egypter unterliegen aber nicht durch ihre Feinde – die Thätigkeit die die Israeliten sich vorbehalten haben , ist , die Gefässe ihrer Nachbarn , die in Vertrauen sie ihnen leihen , diebisch mit­ zunehmen  ; sonst haben sie nichts gethan . der Geist dieser so eben freigewordnen Leute 13 ,17 . 14 ,11 .12 . es ist besser wir sind ihre Sklaven , als daß wir draussen in der Wüste umkommen . | Vergleichung – der Unsichtbarkeit des jüdischen Gottes , Unnennbarkeit – Verbot ihn zu bilden (Mosis Angesicht glänzte so , daß sie ihn nicht ansehen konnten) Aufenthalt im innersten Tempel , mit den Eleusinischen Geheimnissen wo gelehrt durch Worte , Bilder , Opfer wurde , aber nicht davon gesprochen werden durfte – mosaische Geseze und

5

10

15

20

25

1 Mosis und Aarons] Mos . u . Aar . folgt gestr  : Vorstellung   3 SelbstThätigkeit aus Thätigkeit (Selbst 30 über der Zeile)   6 Israeliten] folgt gestr  : sondern vor ih   8–11 des gezwungenwerdens … 12 ,33 .34 in Langzeilen   8 Die] davor gestr  : Al   9 Exod . über der Zeile   10 vorher aus son   ihre] ihr   11 Gehorsam  ;] Gehorsam /   13 sie] folgt gestr  : wir   Plagen und Elend , ] (1) Plagen u . Elend (2) Plagen , Elend , u . alles (a) bis zur (b) u . Jammer (3) Text  : Plagen 〈〈  , 〉〉 (über der Zeile  : und) Elend ,   15 aber über der Zeile  16 die Gewalt] der hier beginnende Absatz ist durch die Randbemerkung 17,24–25 vom 35 Vorhergehenden getrennt  19 die1] davor gestr  : f  Israeliten] davor gestr  : E mit Ansatz zu g  Egypter] Eg .   20 Feinde] folgt gestr  : fu (ohne u-Bogen)  Israeliten] folgt gestr  : für   21 Vertrauen aus Z  diebisch aus ?   23 draussen] davor ein verwischtes , unleserliches Wort   25 Vergleichung aus Vergll  Gottes ,] Gottes /  Unnennbarkeit] Unnenbarkeit   26 Angesicht] Ang .   28 Eleusinischen Geheimnissen] Eleus . Geheimn .   gelehrt aus G   29 mosaische] davor gestr  : jüdi   40

Text 44

5

10

15

20

fortschreiten der gesezgebung …21

Ceremonien schlechterdings nicht aus der Phantasie des Volks , wenigstens unbekannt , wie weit , vieles willkührliche – die Förmlichkeiten , auf Kleinigkeiten hinaus so auf einmal . Der Auszug – die That , des Volks , sein Geist darin , sein Zwek , sein Ideal , denn hier realisirte es denselben Eh Moses noch ein Zelt hatte , zeigte er Gott den Israeliten in Feuer – Feu­erSaüle und Rauch – es mußte ihm so lang etwas sichtbares – aber unbestimmtes formloses wie Feuer geben , eh er das unsichtbare in dem Allerheiligsten fixirt hatte – das Blut als das lebendige , Gott geweiht  ; Ganz egyptisch ist der besondre Stand der Priester – die Reinigungen , die Unreinigkeit vieler Vögel und Thiere – Die Religion die die Israeliten sich frei gegeben hätten mußte entweder höchst einfach , oder mehr oder weniger egyptisch , oder mit Beziehung darauf ihr entge­gengesezt seyn – Weil die Mosaische Religion so gar nicht aus dem Geiste der Nation selbst hervorgegangen war , mit ihm nicht zusammenhieng , ihr ge­ geben , ihr fremd , todt für sie  ; daher ihr Wankelmuth | Mosis Blutverbot 3 B . 17 ,10ff . die Mosaische Religion eine Religion aus Unglük und für Unglük  ; nicht fürs Glük , das frohe Spiele will  ; der Gott zu ernsthaft Da die Juden als Staatsbürger1 nichts waren und nur durch die Beziehung auf Gott einen Werth erhielten so mußte soviel als möglich ihrer Handlungen in Bezug mit Religion gebracht werden . Menge Reinigungen  ; es gibt eine Reinheit der Unbefangenheit , die nicht weiß , daß sie sich verunreiniget haben und eine Reinheit der Verdorbenheit  ; –   Daneben am Rande  : als Staatsbürger nichts seyn , keine Freiheit keine Rechte , weil noch nichts bestimmt Natur – oder aus Vernichtung , lezteres der Fall der Israeliten der Werth des Sklaven nicht Selbstthätigkeit um seiner selbst willen , Selbstzwek , – sondern der Dienst , den er dem Herrn erweist – der Staat ein fremdes , ausser dem Menschen  ; – die Menge der Dienste bei allen freien (Ehre) zugleich Zeichen der Knechtschaft , wie die Leibeignen 1

25

30

… einmal .   3 Der Auszug] (1) Begeb (2) Text  : ( Der am ursprüngl . Absatzanfang angeschlossen)   5–7 Eh Moses … hatte mit Erledigungsvermerk versehen   5 zeigte aus sa   7 dem] den   10 und] davor gestr  : w   11 die die Israeliten] d . d . Isr .   hätten] hätte   12 ihr] ihm   13–15 Religion … Wankelmuth in zwei Lang­zeilen  13 aus (als Kürzel) aus auf (als Kürzel)   14 der aus des   ihr aus ihm   16 Mosis aus 18 der] davor gestr  : zu   20 einen Werth über der Zeile   mußte soviel] (1) mußten (2) Text 35 Zu?   35 (soviel aus dem n von mußten)  in] davor gestr  : religio   21 mit aus ?   22 Menge] davor gestr  : es   22–23 die nicht … verunreiniget haben] (1) die (2) die gestr . (3) Text  : die (versehentlich nicht wiederhergestellt) (nicht … haben in zwei Kurzzeilen)   24 keine1] davor gestr  : entw   keine Rechte] keine Recht   26 Selbstzwek aus s   27 erweist aus in?   28–29 die Menge … Leibeignen am

30 2 weit , aus weit . ? folgt am ursprüngl . Absatzende angeschlossen  : vieles

23r

22

23v

berner manuskripte · geschichte israels

Text 44

eine Jungfraülichkeit deren Phantasie verdorben , die sich durch alles verun­rei­ nigt – eine Unreinheit der Reflexion – Trennung der Welt von sich Wenn das unendliche Objekt alles ist , so ist der Mensch nichts  ; was er noch ist , ist er durch jenes Gnade  ; jenes hat etwas entaüssert , und das Etwas , dem das unendliche das Seyn zuläst , ist ihm heilig  ; denn was in ihm ist , das ist es durch jenes . Es muß sich also rein erhalten  ; die Heiligen wollten sich vernichten und verachteten also alles , was an ihnen war , wälzten sich im Kothe herum und liessen sich von den Laüssen fressen – damit die Gottheit sey – aber den Juden er­theilte diese auch noch ein Seyn – was aber rein war , oder unrein , das mußte ihnen auch geboten seyn  ; alles mußte in Beziehung auf die Gottheit seyn – | Aus der Idee fließt die ganze Gesezgebung Mosis – Gott ist Herr  ; alles euer Thun – entweder sein Dienst  ; oder euer Genuß , den er euch erlaubt hat , Bannung in das wirkliche  ; alles idealische alles freie , alles schöne verbannt denn es ist kein wirkliches – keine Unsterblichkeit , denn sie ist Selbstständigkeit des Menschen  ; beständiges Erhalten in dem , was einen Gott seyn läst , diß ehren , rein halten , so wenig als möglich andre mit sich in Beziehung sezen  ; sich selbst in strenger Einheit erhalten , nach dem Ideale  ; in so wenig positiven Beziehungen als möglich – eine Religion des Unglüks  ; denn im Unglük ist die Trennung vorhanden , da fühlen wir uns als Objekt und müssen zum bestimmenden fliehen . im Glük ist diese Trennung verschwunden – es herrscht die Liebe , die Einigkeit , diese aber darf nicht zum Gotte erhoben werden , durch Befreiung von den vorhandnen zufälligen Trennungen  ; denn da wäre ein Gott , der nicht herrschte , sondern ein freundliches Wesen , eine Schönheit , ein lebendiges dessen Wesen Vereinigung ist  ; da hingegen der JudenGott höchste Trennung ist , und alle freie Vereinigung ausschliest , nur die der Herrschaft oder der Knechtschaft zuläst . Erwerb des Eigenthums kan die Gleichheit der Bürger stöhren , und die So­ lo­n ischen Geseze haben weise dafür gesorgt , die Gleichheit der Erb­theile zu

5

10

15

20

25

30

ursprüngl . Absatzende in sehr kleiner Schrift   1 durch alles] Textanschluß (nach Unterbrechung durch Fußnote 21,24–29 ) durch Verweiszeichen  1–2 verunreinigt –] folgt gestr  : eine Jungf  2 Unreinheit] davor 30 gestr  : Rein  6 und] folgt gestr  : wäl   8 damit] davor gestr  : aber   8–10 die Gottheit … seyn – in zwei Langzeilen  9 auch 2 unter gestr . ebenso gut   10 alles] alle   11 Aus] davor gestr  : Wo  Gesez­ gebung] Ge­sez/ge­bung   15 Menschen  ;] folgt gestr  : des   was] folgt gestr . Ansatz zu G   ehren] davor gestr  : E   16 halten , so] (1) halten – (2) Text  : halten , so (aus Gedankenstrich)   18 Unglük] 35 Ungl .   21 darf über gestr . d  23 Schönheit ,] folgt gestr  : de   lebendiges] am Innenrand schräg nach 35 unten geschrieben  ; letzter Buchstabe nicht lesbar  24–26 der JudenGott … zuläst . in zwei längeren Zeilen zur Hälfte unter dem Ende der Erststufe  27–25,7 Erwerb des … Sadducäer in Langzeilen   27 kan aus ?   der Bürger aus des Bürgers   28 die Gleichheit der] (1) gleiches (2) Text  : (die Gleichheit aus gleiches) der (über der Zeile)  

Text 44

5

10

15

20

25

30

fortschreiten der gesezgebung …23

erhalten (da die Lykurgischen , die diß auch erreichen wollten , den Zwek nicht erreichten s .  Pauw) bei Moses das gleiche einen ganz andern Grund  ; es war Unfähigkeit , Eigenthum zu erwerben – Gott spricht  : ihr könnt nichts veraüssern , denn der Boden ist mein  ; ihr seyd bei mir Fremde und Einheimische von frem­der Nation – das 3 B M . 25 ,23ff . ib . , v . 55 . – wie die Leibeignen das Besthaupt , so die Israeliten die Erstgeburt von Menschen , Vieh und Feldfrüchten . Androhen (das oft vorkommt) der Strafen , und Versprechen von Belohnungen ein grosser Unterschied ob darauf reflektirt wird , bei den Handlungen , oder nicht – | in einer positiven Gesezgebung sind sie ganz an ihrem Ort  ; denn die Aufhebung dessen was zur Abhelfung der Noth gethan wird , bringt die alte Noth wieder hervor  ; aber sobald nicht von Noth die Rede ist – nicht an ihrem Plaz – und die Israelitische Gesezgebung , wie jede half nur der Noth ab . Die Noth hat Zweke , und handelt aus Zwekken  ; aber weder die Freude , noch der Scherz , noch die Liebe  ; aber die jüdische Religion die nur aus Noth hervor­ [ging] , mußte Zwekke haben – sie half auch nur der Noth ab , sie vereinigte nur unvollständig , daß eins neben dem andren bestehen konnte , – oder durch Vernichtung , Essen Die Gleichheit des Nichts fühlte Kora , Dathan , sie zürnten darüber , daß Moses sich eines Vorzugs und einer Herrschaft über göttliche Unterthanen anmasse . 4 B . 16 ,3 . Eine einzige selbstthätige Regung Mosis zog ihm die Strafe zu , daß er nicht nach Kanaan kam . 4 B . 27 ,14 . 5 B . 4 ,19 . ihr müßt nicht Sonne Mond Sterne anbeten , denn Gott hat sie zum gemeinen Nuzen aller Nationen gemacht – weil Feindseeligkeit das Princip ihrer Religion war , 5 B . 30 ,11 – dise Geseze sind nicht im Himmel , sie sind euch nahe genug ge­­legt worden  ; ihr könnt davon sprechen – 5 . B . 7 ,7 .8 . Reflexion darauf warum sie Gott allen Nationen so sehr vorge­zo­ gen , – aus einer besondren Liebe zu euch , und weil er seinen Eidschwur erfüllen wollte , den er euern Vorfahren gethan hat – hier braucht es wieder Ursachen und Zwekke . 9 ,5–6 . um Abrahams Isaaks und Jacobs willen  ; die Juden hätten nicht verdient – 2 Moses] davor gestr  : den J   3 ihr] davor gestr  : denn   veraüssern] (1) er-/w (2) Text (aus w  ; er-/

35 vers . nicht gestr .)   4 ihr] folgt gestr  : habt   5 25 ,23V.] folgt gestr  : 28 ,   v . über der Zeile   7 (das] 35 Klammer aus S?  und aus ?  von aus der   9–10 die Aufhebung dessen über der Zeile mit Ein-

fügungszeichen   12 half über der Zeile   13 Zwekken  ;] folgt gestr  : u . d . (1) pos . R (2) jüd . Rel . nu (mit Ansatz zu n)   16 daß aus od   18–20 Die Gleichheit … 16,3 mit Erledigungsvermerk ver­ sehen   18 zürnten aus erzürnten   21 selbstthätige aus selbsts   zog über gestr . brachte   23 4 , über gestr . 14 , (Komma vers . nicht gestr .)  müßt] folgt gestr  : si   28 allen aus s   31 Abrahams Isaaks

24r

24

24v

berner manuskripte · geschichte israels

Text 44

die Feindschaft gegen fremde Götter soll stärker seyn , als alle Liebe  ; man soll solche die insgeheim einen Götterdienst haben , weder aus Mitleiden noch aus Freundschaft verschonen , sondern sie angeben – 5 B . 13 ,6 .7 .  ganz verschieden bei andren Nationen , bei denen nie fremder Götterdienst , eines einzelnen , ­Feindschaft gegen seine Nation schon vorausgesezt hätte . | Wer ohne ins gelobte Land gekommen zu seyn – oder 5 B . 20 ,5ff . sein Weib , seinen Weinberg , sein neues Haus noch nicht genossen hatte der hatte den Zwek seines Lebens verfehlt – jenes aus Strafe – diesem sezten sie sich nicht aus , denn es wäre thörigt , für die Wirklichkeit die ganze Möglichkeit , die Bedingung , das Leben zu wagen Strenge der Ehgeseze und die Wichtigkeit der ehlichen Geburt (5 B 23 ,2 . daß kein unehliches Kind , oder dessen Nachkommen als Glieder des Staats auf­ genommen werden konnte) 5 B . 32 ,11 . er ist mit ihnen umgegangen wie ein Adler mit seinen Jungen , ­schönes Gleichnis , aber die jungen sind keine Adler geworden – insofern unpassend – eher das Bild , als ob ein Adler Steine erwärmt , und sie das Fliegen zu ­lehren versucht hätte , deren Wärme aber nie zur Flamme des Lebens auf­ schlug . Solange der Kampf mit fremden Nationen noch nicht entschieden war , so lange noch das ganze des jüdischen Staats bestand , und Hofnung es zu erhalten , so entstanden begeisterte für diß Ganze – Propheten , als aber diß ganze zertrümmert , Erst in der Folge in spätern Zeiten , da die Juden unter Druk lebten , sie Knech­te fremder Nationen waren , da ihrer Noth zwar abgeholfen war , daß sie physisch bestehen konnten , da wurden sie einerseits wieder zu ihrem Gott getrieben , da man ihnen diesen ließ , da sie von andren Seiten an­ge­g riffen wurden , so mußten sie anders reagiren andre Kräfte aufbieten , andre Bewußtsein entwikeln

5

10

15

20

25

30

und Jacobs] Abr . Is . u . Jac .   1 gegen fremde] (1) der Göt (2) fremder (3) Text  : gegen (über gestr . der Göt) fremde (aus fremder)   2 die] folgt gestr  : sich   3 ganz] davor ein senkrechter Strich (wohl zur Abgrenzung gegen die vorangehende Stellenangabe)  4 nie] ni   6–10 Wer ohne … wagen mit Er­ledi­ 30 gungs­vermerk versehen   6 Weib] folgt gestr  : nicht   9 ganze aus Ansatz zu M   11 (5 B 23,2 .] folgt gestr  : Schlußklammer   13 konnte)] konnte   14 er] es   wie] mit   Jungen ,] Jungen /   16–18 eher … aufschlug . am ursprüngl . Absatzende angeschlossen  16 Adler] folgt gestr  : St   19–27 Solange … zertrümmert , Erst … reagiren] (1) Erst … reagiren / Solange … zertrümmert  , (2) Text (mit 35 Verweiszeichen umgestellt)   20 erhalten , ] folgt gestr  : so muß   23 die Juden] d . J .   lebten ,] folgt 35 gestr  : (1) da sie (2) lange ihrer Noth nicht abgeholfen wurde , da   24 zwar über der Zeile mit Ein­ fügungs­zeichen  25 konnten ,] folgt gestr  : da mußten sie ,   getrieben ,] folgt gestr  : aber   26 mußten] mußte  27–25,7 andre Kräfte … Sadducäer mit Verweiszeichen angeschlossen  27 entwikeln] danach senkrechter Strich , wohl als Absatzmarkierung  

Text 44

5

fortschreiten der gesezgebung …25

die Juden hielten nur die objektive Einheit fest , und den Dienst derselben , aber bewahrten sie nicht in sich , zerstreuten zerrissen sich – die bessern thaten Verzicht auf die bisherige Einheit (ruhiges Essen und Trinken , da soviel für dasselbe zerrissen wurde) und machten sich eine strengere , rissen sich los davon – Essener – oder hielten die Einheit und den Dienst fest , um so fester , um ihr übriges zerrissenseyn zu deken nicht zum Bewußtseyn kommen zu lassen (Pharisäer) oder durch kluge Tyrannei und Einheit Sadducäer |

1 die2 ] folgt gestr  : strengre   2 sie] folgt gestr  : s   sich ,] folgt gestr  : um   5 fest] folgt gestr  :  , al   [ ,] um so fester[ ,] unter der Zeile  ihr] ihre  6 Bewußtseyn] Bew .   (Pharisäer)] Pharis . (Einklammerung 10 durch zwei senkrechte Striche)   7 und Einheit unter der Zeile  Sadducäer] Saccud .

26

berner manuskripte · geschichte israels

Text 45

Joseph . jüd . Alterth .

17r

17v

Joseph . jüd . Alterth . I B . 4 C . Zu dieser Schmach und Verachtung Gottes (vorher war davon die Rede , daß die Menschen dem Befehl Gottes sich zu zerstreuen nicht gehorchten) verleitete sie Nabrod (Nimrod) ein Enkel Chams , ein tollkühner und auf seinen starken Arm trozender Mann . Dieser machte ihnen weiß , sie sollten ja nicht so einfältig seyn , und glauben , ihr Glük und Wohlfahrt komme einzig und allein von der Hand Gottes  ; sondern alles Gute haben sie sich selber durch ihre Tapferkeit und Tugend erworben  ; und so veränderte er in kurzem alles und führte ein Tyrannisches Regiment ein  ; denn auf solche Manier glaubte er wäre es ihm am leichtesten , die Ehrfurcht gegen Gott den Menschen aus dem Herzen zu verbannen , und sie durch vermessenes und gewaltthätiges Verfahren an sich zu lokken . Er drohte auch im fall sich Gott gelüsten ließe , die Welt noch einmal mit einer Sündfluth zu überschwemmen  ; wollte er es an Macht und Mittel nicht fehlen laßen , demselben genugsamen Widerstand zu thun  : denn er hätte beschloßen , einen Thurn zu bauen , der weit höher werden sollte , als die Wasserwogen und Wellen sich aufthürmen könnten , und auf solche Weise den Untergang seiner Vorfahren zu rächen . (Anm . Evpolemus bei Euseb . de præpar . Evang . hat angezeigt , daß dieser Thurn zuerst von denen sei erbaut worden , welche von der Sündfluth übrig geblieben .) Durch diese Fluth scheint es haben die Menschen den Glauben an die Natur1 verloren , und sie sich izt erst als ein feindliches Wesen sich entgegengesezt , gegen das sie izt ihre Kräfte aufboten . Und diese Entzweiung mit der Natur (sie sey ge­ schehen | auf welche Art sie wolle bei den alten Deutschen wohl durch Bekannt  Am unteren Seitenrand  : theils Nimrod – theils Noah , der nunmehr Thiere schlachtete und als Eigenthum von Gott sie erhielt – nur das Blut schonen , weil darin das Leben ist – 1

5

10

15

20

25

1 Überschrift der Herausgeber   15 zu] folgt gestr  : leisten   18 Evpolemus] Evgolemus   bei] davor gestr  : sagt   22 feindliches] folgt gestr  : Menschen   23 (sie] Klammer fehlt  ; vielleicht erst in der folgenden Zeile vor bei zu setzen  23–24 geschehen] ge 〈 ge 〉 schehen  24 wolle aus wollen   durch] folgt gestr  : 30 Kenntnis   25–27 theils Nimrod … Leben ist – am unteren Seitenrand mit Verweiszeichen , in verändertem Schriftductus  

Text 45

joseph . jüd . alterth .   …27

schaft mit Produkten eines mildern Klima’s) zieht nothwendig den Ursprung von Staat u . s . w . nach sich .

5

10

15

20

25

Daß Isaak den Seegen den er dem Jakob gegeben hatte , nicht mehr auch nachdem er sah , daß er betrogen worden war , zurüknehmen konnte , zeigt das Ansehen , das Hohe eines bloß subjektiven  ; ein Traum , eine Vision kan als etwas von aussen gegebenes angesehen werden  ; aber ein Seegen ist doch nothwendig überall mit dem Bewustseyn von selbst hervorgebracht zu seyn , begleitet , und ein Seegen , der von einem Vater seinem Kind , das seine Liebe verdient , gegeben wird , kan allerdings als von Glük und Wohlgehen begleitet gedacht werden – so wie ein Fluch vom Gegentheil  ; wenn schon nicht als eigentliche Wirkung – aber wie heilig mußte ein Seegen seyn , der nicht auch nach der Einsicht des Irrthums zurükgenommen werden konnte , und wie tief der Glauben einer Herrschaft über die Natur durch ein solches subjektives , dessen Würde hier so erhaben erscheint , als die Würde eines Ausspruches oder einer That der Gottheit im Glauben eines Volkes , und ebenso unwiderruflich Als Moses dem Pharao seine Absicht , die Juden aus Egypten fortzuführen bekannt gemacht , und diß die Folge nach sich gezogen hatte , daß die Juden noch mehr gedrükt wurden , so machte dieser Befehl nur den Eindruk auf sie , daß sie sich über Moses beklagten , als den Urheber dieser Vermehrung ihrer Lasten , so wenig tiefes Bedürfniß war Befreiung aus ihrem Zustande ihnen geworden , auch machten sie keinen Versuch dafür , | sondern ließen den Moses allein dem Pharao bange machen , und zeigten nirgends daß sie ihre Befreiung ihrer eignen Kraft zu verdanken hatten  ; diß zeigte auch ihre Muthlosigkeit am rothen Meere , als Pharao mit einer Armee gegen sie zog . Jos . Jüd . Gesch . 4tes Buch 4tes K . Die Ursache der Meuterey nach Korah , etc . Tode  : obwohl die Leute dafür hielten , daß ohne den Willen und Verhängnis Gottes nichts geschehen möchte  ; so beredeten sie sich doch dahin , daß Gott Mosi alles zu Gefallen thäte , was er dieses Falls gegen sie fürnehme , legten alle Schuld auf Mosen , als plage sie

30 5 ein] folgt gestr  : Seegen   5–6 kan als … gegebenes] (1) wird als etwas gegebenes (2) (über der Zeile  :

kan) als etwas gegebenes (3) Text  : (vers . gestr  : kan) als etwas von (über der Zeile) aussen gegebenes   7 überall] folgt gestr  : als etwas   8 seinem] zuerst  : auf sein   9 von] folgt gestr  : den   10 eigentliche] davor gestr  : u   13–15 subjektives , dessen … unwiderruflich] (1) subjektives . (2) Text  : subjektives , (aus subjektives .) (dessen … unwiderruflich am ursprüngl . Absatzende angeschlossen)  16 die] d . aus s  .   35 19 Moses] folgt gestr  : deß   20 Befreiung] davor gestr  : Bedü   21 machten] machte   dafür] davor gestr  : dazu   22 Pharao] Phar .   24 Pharao] Ph .

18r

28

berner manuskripte · geschichte israels

Text 45

Gott nicht für sich selbst und um deßwillen , daß sie seinen Zorn mit Sünden verdient haben , sondern um Mosis willen , der ihn ohne Unterlaß gegen sie verbittere . Der Geist der Griechen ist Schönheit  ; der Geist der Orientalen Erhabenheit und Grösse . Abraham war ein reicher Hirte , ein unabhängiger Fürst . Der Boden , auf dem er stand , eine unermesliche Ebene , der Himmel über ihm ein unermesliches Gewölb  ; er baute den Boden nicht , sein Vieh weidete ihn ab , er war nicht ge­nöthigt sich mit ihm zu beschäftigen , der Erde zu schmeicheln , daß sie ihm Früchte brächte , sich an einzele Stükke zu gewöhnen , und sie liebzugewinnen , sie als Theile seiner kleinen Welt aufzunehmen , sich in freundliche Beziehung mit ihr zu sezen  ; die Brunnen bei denen er und sein Vieh Wasser [fand] , die Wälder , deren Schatten ihn erfrischte , verließ er bald wieder – |

5

10

2 verdient] folgt gestr  : hätten  4 Schönheit] davor gestr  : Erh (mit Ansatz zu a)   5 Grösse .] zuerst  : Grösse  ;   10 brächte] folgt gestr  : die  an] folgt gestr  : sie zu   12 er und über der Zeile 15

Text 46

abraham in chaldäa gebohren …29

Abraham in Chaldäa gebohren …

5

10

15

20

Abraham in Chaldäa gebohren verließ mit seinem Vater und seiner Familie sein Vaterland , und wohnte eine Zeitlang in den Ebenen Mesopotamiens  ; auch aus diesen zog er fort , und hielt sich ohne einen festen Wohnplaz zu haben , gewöhnlich in Kanaan auf – Er hatte die Beziehung , in die ihn seine Jugend mit der Natur um ihn gesezt hatte ,1 aufgegeben , und dieser durch Einbildungskraft belebten Beziehung , das heist den Göttern , denen er gedient hatte , (Jos . 24 ,6 .) entsagt  ; er baute den Boden nicht , auf dem er stand , sein Vieh weidete ihn ab , er beschäftigte sich nicht mit ihm , er schmeichelte der Erde nicht , daß sie ihm Früchte brächte  ; er gewöhnte sich nicht mehr an einzele Stükke , noch gewann er sie lieb , oder nahm sie als Theile seiner kleinen Welt  ; das Wasser , das er und sein Vieh gebrauchte , ruhte in tiefen | Brunnen , es war keine lebende Bewegung in ihm , mühsam war es gegraben , oder theuer erkauft , oder erstritten  ; die Haine die ihm oft Schatten gaben , verließ er bald wieder  ; er war ein Fremdling auf Erden  ; wie hätte er sich da Götter schaffen sollen , wie sich mit der einzel­ nen Natur vereinigen , und Götter sich machen . Ein unabhängiger Mann und ausser Verbindung mit einem Staate , oder einem andern Zweke war ihm seine Existenz das höchste , für die er oft besorgt war , und schon deswegen besorgt seyn muste , weil die Art derselben neu für ihn war , er stand für sich allein , und muste auch einen Gott für sich haben , der ihn führte und leitete – Keinen griechischen Gott , ein Spiel mit der Natur , dem er für einzelnes dankt , sondern einen   Daneben am Rande  : gar nicht  ; – nur die Art der Sicherheit dieser Existenz hatte sich verändert 1

1 Überschrift der Herausgeber   2–6 Abraham in … aufgegeben , mit Erledigungsvermerk versehen  2 25 seinem aus seiner  Familie] folgt gestr  : di   3 auch] folgt gestr  : diese   4 Wohnplaz] davor gestr  :

Wohl   5 auf –] folgt gestr  : Die Beziehu   6 der aus den  ; folgt gestr  : Gegenständen   und] folgt gestr  : den Göttern , denen er gedient hatte ,   dieser aus diese   8 entsagt  ;] zuerst  : entsagt ,   auf] davor gestr  : den   11 Welt aus N?   11–12 er und sein] (1) ihm und seinem (2) Text  : (am Rande  : er und) sein (aus seinem)  14 Haine] davor gestr  : Wa   15 auf Erden über gestr . im Lande   16 machen .] 30 folgt gestr  : Die   17 Staate , ] folgt gestr  : mit   18 höchste , ] folgt gestr  : er stand für sich allein , er muste die  20 einen Gott über gestr . Götter   21 dem er für einzelnes dankt[ ,] über der Zeile   22–23 gar nicht … verändert ohne Verweis- oder Einfügungszeichen , jedoch wahrscheinlich bezogen auf ein Verweiszeichen hinter hatte  22 gar nicht] (1) garnicht (2) Text  : (über der Zeile  : gar) nicht  Sicherheit] davor gestr  : Schi   23 verändert aus ?

18v

19r

30 19v

20r

20v

berner manuskripte · geschichte israels

Text 46

Gott , der ihm Sicherheit seines ungewissen Daseyns gegen dieselbe gewährt , der ihn schüzt , der Herr seines ganzen Lebens ist . | Dieß Hinausblikken über das Gegen­wärtige , diese Reflexion auf ein Ganzes des Daseyns zu welchem Ganzen auch die Nachkommenschaft gehörte charakterisirt das Leben Abrahams , und das Bild desselben im Spiegel ist seine Gottheit , die seine Schritte und Handlungen leitet , die ihm Verheissungen für die Zukunft macht , sein Ganzes realisirt ihm darstellt , die er , die Zukunft denkend in heiligen Hainen sieht , der er im Glauben an das Ganze , jedes einzele aufopfert , sich davon losreist , vor dem ihm selbst die Bedingung desselben , sein einziger Sohn , als etwas heterogenes als die reine Einheit stöhrend als ihr ungetreu in Liebe zu demselben , in einem einzelnen Momente erscheint , und er auch dieses Band zu zerreissen im Stande seyn kan .1 | Der Boden , auf dem Abraham herumwanderte war eine unermesliche Ebene , der Himmel über ihm ein unendliches Gewölbe , sein Aufnehmen derselben , seine Reaktion gegen dieselbe muste ebenfalls groß und unendlich seyn  ; das mannigfaltige , das sich ihm darbot , muste ihm entweder zu klein seyn , um dagegen zu reagiren , oder wo es ihn leidend faste , mußte er um sich desselben zu bemeistern auch mit einem Ganzen reagiren , und ihm seine Gottheit entgegen sezen , die nun eine Vorsehung ist . Von seiner Familie von seiner Lebensart losgerissen ging sein Erhaltungstrieb izt ins unbestimmte – der Trieb zur Sicherheit seiner Existenz , das Objekt desselben war seine Erhaltung . Ein höheres , grösseres Objekt sehen wir nirgend in seinem Leben , der feste Glauben an diese Einheit unter allem Wechsel der Mannich­faltigkeit der Begebenheiten war | sein Glauben an die Gottheit .   Daneben am Rande  : die einzige Liebe , die er fühlte , machte ihm Skrupel , die in einem Momente , so weit gehen konnten , daß er auch diesen zu zerstöhren sich bereit fühlte – 1

5

10

15

20

25

1 seines ungewissen Daseyns] über der Zeile  : (1) seiner Existenz (2) Text  : seines (aus seiner) ungewissen Daseyns   2 schüzt , ] folgt gestr  : der seine Existenz   der] folgt gestr  : al   3 des Daseyns gestr . und wiederhergestellt  ; folgt gestr  : woz  Ganzen] (1) / Daseyn (2) Text (auf dem Rande angeschlossen)   5 Bild] davor gestr  : Sp   6 für die] fürdie mit Trennstrich  Zukunft] folgt gestr  : Komma  Ganzes] folgt 30 gestr  : ihm aus im   7 die] folgt gestr  : ihm in heiligen Hainen   9 sein] folgt gestr  : Sohn   10 reine Einheit] (1) Einheit des reinen (2) Text  : reine (über der Zeile mit Einfügungszeichen) Einheit  stöhrend] folgt gestr  : in ein   einem] folgt gestr . Ansatz zu M   13 Der] davor als eigener Absatz  : Diß nomadische Umherschweifen , dieser Wechsel einer Mannichfaltigkeit  herumwanderte] (1) stand / (2) Text (am Rande mit Abgrenzungslinie)   14 ein aus einer?  15 unendlich aus e?  17 faste ,] über dem Komma 35 gestr  : Einfügungszeichen  17–18 um … bemeistern am Rande mit Verweiszeichen  18 Ganzen] folgt gestr  : g   20 Erhaltungstrieb] folgt gestr  : Verweiszeichen  22 seine aus seiner  ; davor gestr  : das   23 der1 aus die  feste aus e ?  25–26 die einzige … fühlte – am Rande  ; in späterer Schrift , aber vor Nieder­ schrift der Endstufe  25 die einzige über gestr . das einzige was er   fühlte] davor gestr  : kannte aus f

Text 46

abraham in chaldäa gebohren …31

15

Wie kam Abraham zu der Idee dieses Ganzen , dieser Einheit  ? warum behielt er sich nicht selbst vor , seine Einheit zu retten . Daß er diese Einheit ausser sich hinaustragen muste , erhellt von selbst , wenn jene Frage beantwortet ist . Seine Einheit war die Sicherheit , sein mannichfaltiges , die derselben widerstreitenden Umstände  ; sein höchstes Vereinigung beider . – Die Trennung war noch nicht so vollständig in ihm geschehen , daß er sich und das Schiksal einander entgegengesezt hätte1  ; die einzelen Vereinigungen , die die Griechen mit dem Schiksal zu machen den Muth 2 hatten , waren ihre Götter . In Genuß war Abraham aufgewachsen 3 die Trennung von seinem Vaterlande und väterlichen Hause trieb ihn zur Reflexion aber nicht zur Reflexion in sich selbst , nicht zum Aufsuchen einer Kraft in sich , mit der er den Objekten widerstände  ; er war von Einheit ausgegangen  ; nur die Art des Lebens änderte sich , vom Genuß hatte er sich nicht getrennt  ; er war noch immer sein Objekt , aber er war in Gefahr , und deswegen reflektirte er darüber , izt stand das Ganze seines Lebens vor ihm |

20

  Daneben am Rande  : keine freundliche Natur , die ihn zum Spiele mit sich einlud   Daneben am Rande  : der ihn zu keinem Kampf mit der widerspenstigen Natur aufrief , sie zu beherrschen , sie zu zwingen ihm 3  Daneben am Rande  : In einförmigem Genuß  , der weder Anstrengung der Erwer­bung erfoderte , noch ihn zu einer Mannichfaltigkeit der Zerstreuung hinriß

5

10

1 2

9 die] davor gestr  : Als ihn   10 zur2 aus zum  11–15 zum Aufsuchen … ihm in Langzeilen   12 ausgegangen] folgt gestr  : vom Leben   13 hatte aus hattr  er3 aus es   18 beherrschen , sie … ihm] (1) zwingen , (2) Text (im Bogen über einförmigem  ; siehe die folgende Notiz)   19 einförmigem über gestr . unthätigem   19–20 der Erwerbung über der Zeile   20 Mannichfaltigkeit] davor gestr  : m 25 aus M

32

berner manuskripte · geschichte israels

Text 47

Zu Abrahams Zeiten …

18v

19r

Zu Abrahams Zeiten Städte , – und Nomaden nicht mehr Plaz nebeneinander – Abraham rieß sich von seiner Verwandschaft los , – blos aus einem Trieb zur ­Unabhängigkeit  , ohne beleidigt , vertrieben zu seyn , daß er sich ein neues Vaterland hätte suchen müssen – Er zerriß die Bande der Freundschaft des Zusammenlebens von selbst – der erste Akt , wodurch er sich unabhängig , als StammVater eines Volkes machte , war eine Trennung – er hatte die Liebe aufgegeben – ein Vertriebner (wie die griechischen Kolonisten) hat sie nicht aufgegeben , sie kamen in Noth , sie flohen um sie zu retten bewahren [zu] können , sie suchen sie anders wo zu finden , alle nahmen ihre Götter mit1 – Abraham ging um frei zu seyn  ; diesen Anstrich hatte seine Gottheit , überall war und blieb er Fremder  ; nicht so un­abhängig , daß er in gar keine Beziehung mit andern gekommen wäre – sondern er kam in feindselige , mußte sich herumbehelfen , in Egypten und bei Abimelech in Gerar , durch Zweideuteleien – oder Krieg mit den Königen – er lebte unter Menschen die ihm immer fremd blieben , mehr oder weniger feindselig , immer gegen sie reagiren | um sich frei zu erhalten – oft kämpfen – so sein Gott das Ideal der Entgegensezung Er wollte seinen Sohn schlechterdings keine Kanaaniterin heurathen lassen  ; – er [wollte sich] von dem gutmeinenden Ebron den BegräbnißPlaz für Sara schlechterdings nicht schenken lassen – und doch brauchte er Korn , hieng in­ sofern ab von den Städtern – Isak baute Korn Abrahams Gott war von den Laren darin verschieden , die auch einer Familie eigen sind , – daß eine Familie die Laren zwar für sich , aber das unermesliche ge­

5

10

15

20

  Am unteren Rande  : keine Spur einer polemischen Einrichtung – Abraham Beschneidung

1

1 Überschrift der Herausgeber   2 nicht … nebeneinander über der Zeile   4 beleidigt aus v  5 25 Freundschaft] davor gestr  : Verw   6 der] davor gestr  : fe  unabhängig] davor gestr  : ab   8–21 wie die … Korn mit Erledigungsvermerk versehen  8 (wie] davor gestr  : hat sie   griechischen] griech . folgt gestr  : Schlußklammer  8–9 aufgegeben , sie … können ,] (1) aufgegeben , unter der Zeile  : fest bewahren (2) Text  : aufgegeben , (sie kamen (Ms  : kam) … können , über bzw . unter der Zeile)  10 wo] folgt gestr  : erfüllt   [ , ] alle … mit über der Zeile   11 Gottheit , ] folgt gestr  : E  Fremder] Fremdr   12 gar 30 unter der Zeile  13 herumbehelfen ,] Komma aus Strichpunkt  Egypten] Eg  .   13–14 Abimelech] Abim .   15 Menschen aus Mä  ihm aus f   blieben , ] folgt gestr  : fei   16 um] folgt gestr  : the   19 er] er nahm   20–21 insofern aus a   22 verschieden , ] Komma unter der Zeile   23 Familie] Fam .   sich] folgt gestr  : hat   aber] folgt gestr  : dieselbe aus dam   23–33,1 getheilt] folgt gestr  : ha  

Text 47

5

10

15

20

25

zu abrahams zeiten …33

theilt sich isolirt hat , aber damit anders zugleich auch Theile läst , – d . h . an­dern die gleiche Rechte einraümt , insofern zwar nicht in Verbindung mit ihnen – aber doch im Rechtsverhältniß mit ihnen ist – aber Abraham sonderte sich aus von allen Menschen , und behielt das ganze unermesliche für sich da FamilienLa­ren andern ebensolche zugestehen . Abrahams Gott kein Familien oder | NationalGott in dem Sinne wie die der andern Völker  ; nur so , daß die jüdische Nation , die einzige hätte seyn sollen . Abraham ganz getrennt von der ganzen Welt und der ganzen Natur – sollte in seiner Familie herrschen über alles  ; aber sein Gedanke war der Wirklichkeit ­entgegen , denn in dieser war er beschränkt und wand sich mit Noth überall durch  ; also die Herrschaft sein Ideal , in diesem alles vereinigt durch Unterdrükkung – Abraham Tyrann in Gedanken  ; das realisirte Ideal Gott – an dem nichts in der Welt mehr Antheil hatte , sondern alles von ihm beherrscht wurde – Wo seine Nachkommen Macht hatten , | wo sie in der Wirklichkeit etwas rea­ lisiren konnten , da beherrschten sie , und also mit der empörendsten , härtesten Tyrannei  ; so die teuflische Abscheulichkeit an den Bewohnern zu Sichem  ; – denn wo das unendliche beleidigt ist , da muß auch unendlich gerochen , d . h . vertilgt werden – weil ausser dem unendlichen alles Materie , weil es ausser ihm ist keinen Theil an ihm hat , recht- und liebloser Stoff , verfluchtes ist das sich ­d adurch rettet , daß es ruhig bleibt , oder daß man ihm nicht beikommen kan  ; auch Jakobs Empfindung bei jener Satansthat , ist  : daß er dadurch den Kenanen und Perissen verhaßt werde , und dadurch , daß er und die seinigen nur eine handvoll seyen , in Gefahr komme  ; sein Gott sagte ihm darauf , er solle aus diesem Lande ziehen  ; erst im Augen­blikke des Todes wagt’ er es ihnen stark da­ von zu sprechen . Gen .  49 ,5 .6 . Das strenge im Güterbesiz  ; alle Beispiel Isak bei Laban  ; Abrahams Bastarte ausgeschlossen . Jakob und Esau – am auffallendsten 38 ,28 .

1 sich aus u , über einem unlesbaren Wort   aber] aber zugleich    andern] folgt gestr  : zugleich   2 einraümt , ] folgt gestr  : sie   ihnen] ist   4–6 da FamilienLaren … oder in zwei Zeilen , etwas über 4 FamilienLaren] Fam .Laren   5 ebensolche aus z   6 Abrahams] 30 den Rand hinausgeschrieben   Abr . davor im Ms ein senkrechter Strich ( für Absatz?)  7 Völker] Völkern   nur] folgt gestr  : in dem Sinne  Nation ,] Nation  ;   8 sollte aus w?  10 wand unter gestr . half  12 Tyrann] Tyr .   realisirte Ideal] realis . Id .   an] davor gestr  : der   13 alles über der Zeile   13–14 wurde –] folgt gestr  : wo er aber Macht hatte   14 hatten , | wo] hatten , wo | wo (Verdeutlichung des Textanschlusses)  15 35 konnten] folgt ein Verweiszeichen ohne Gegenzeichen  also über gestr . zwar   empörendsten] davor gestr  : höchsten   18–19 weil 2 … hat[ ,] über der Zeile  19 recht- aus rechtl  StoV aus Komma  22 werde] davor gestr  : sey   und 2 ] davor gestr  : [e]r f  daß aus Gedankenstrich  24 ziehen  ; aus ziehen  .   24–25 erst … Gen . 49 ,5 .6 . am ursprüngl . Absatzende angeschlossen  24 erst] folgt gestr  : auf dem Todten (aus B)  26 ausgeschlossen .] ausgeschl .  

19v

20r

34

berner manuskripte · geschichte israels

Text 47

Auch Joseph so wie er Gewalt bekam machte alle Egypter zu Sklaven und führte die politische Hierarchie ein Gen . 47 ,19 .23 . brachte die Egypter in eben das Verhältniß zum Könige , in dem alles zu Gott stand , realisirte seine Gottheit | 20v

‫ אל שד׳‬, der verheerer

5

Objektivität Gottes Ex . 20 ,19 .20 . Nach dem Tode Mosis Abwechslung von Sclaverei unter fremden Völkern , und von Staatsunabhängigkeit  ; in der leztern entweder uneinig unter sich oder im Glük , fremder Götterdienst  ; das Glük machte den Haß schweigen , und Vereinigung mit andern Völkern hervorgehen . diese Vereinigungen angeschaut Götter .

10

die Juden verloosten die Völker vorher zu Erbtheilen , ehe sie noch den Krieg angefangen hatten .  24 ,13 . Strafe nur über ein Gesez möglich das uns fremde ist , und an das wir angebunden sind . |

15

1 wie er] wieer mit Trennstrich  Egypter] Egyter  2 die1] folgt gestr  : Hie   23 . über dem Folgenden   2–4 brachte … Gottheit am unteren Seitenrande in Langzeilen  2 brachte nachtr . am Zei­len­ beginn  Egyp­ ter] Egyter  3 stand , ] stand /   5 der] folgt gestr  : allmä   7 von unter der Zeile  8 unter sich] untersich   9 fremder] fremdes aus fremd  Götterdienst am ursprüngl . Ab­satz­ende und über den Rand hinaus geschrieben  Glük 2 ] folgt gestr  : verb  11 Götter .] folgt in neuer Zeile gestr  : 20 (1) Un­ter (2) Dan?   12 noch aus sie?

Text 48

abraham in chaldäa gebohren …35

Abraham in Chaldäa gebohren …

5

10

15

20

Abraham in Chaldäa gebohren verließ mit seinem Vater und seiner Familie sein Vaterland , und wohnte eine Zeitlang in den Ebenen Mesopotamiens . In ein­förmigem Genuß war er erwachsen , er wuste von keinem Widerstreite der Bedürfnisse , von Entbehrungen oder Versagungen  ; sein Genuß war auch nicht von der Art , daß er ihn in einem Wechsel von Zerstreuungen herum­ geworfen oder ihn zu einem Kampf mit der widerstreitenden Natur auf­ gerufen hätte , sie zu beherrschen , ihr Futter abzunöthigen . Die Vereinigung alles dessen , was er that , was er war , genoß schaute er an , als ein Ganzes , grosses Objekt . Als er ­Mesopotamien und seine ­Familie verließ , | verließ er die Beziehungen , in denen er mit Theilen der Natur gestanden hatte , er gab diese Verbindun-

Abraham in Chaldäa gebohren hatte schon in der Jugend mit seinem Vater ein Vaterland verlassen  ; nun riß er sich auch in den Ebenen Mesopotamiens vollends von seiner Familie los , um ein ganz selbstständiger , unabhängiger Mann selbst Oberhaupt zu seyn  ; Ohne beleidigt , oder verstossen zu seyn , ohne den Schmerzen der nach einem Unrecht , oder einer Grausamkeit das bleibende Bedürfnis der Liebe kundthut , die zwar verlezt , aber nicht verlohren , ein neues Vater­land aufsucht , um dort zu blühen und ihrer selbst froh zu werden – der erste Akt , durch den Abraham zum Stammvater einer Nation wird , ist eine Trennung welche die Bande des Zusammenlebens , und der Liebe ­zerreist , fast das Ganze der ­Beziehungen , in denen er mit Menschen und Natur bisher gelebt hatte ,

Linke Spalte  : 1 Überschrift der Herausgeber  4–37,17 und wohnte … verschönert , mit Erledigungsvermerk versehen  6 erwachsen ,] folgt gestr  : der   8 von] davor gestr  : oder  Entbehrungen] folgt gestr  :  , u   25 11–12 herumgeworfen oder] (1) herumgeworfen hätte  ; die er (2) Text (oder aus er)   15 abzunöthigen .] folgt gestr  : (1) Was er genoß , (über der Zeile mit Einweisungszeichen  : und wo er gab , ) empfing er wieder , beides war eins . Als Abraham Mesopotamien und seine Familie verließ , (2) Was e   16 war ,] folgt gestr  : was er   17 er] folgt gestr  : als ein  Ganzes aus e   18 Objekt .] zuerst  : Objekt ,   20 verließ ,] folgt gestr  : gab er die Götter auf , denen er bisher gedient hatte ,   30 Rechte Spalte  : 1 Überschrift der Herausgeber   5 auch] folgt gestr  : aus   7 selbstständiger] davor gestr  :

freier  8 Mann] folgt gestr  : zu   selbst aus u   9 oder über gestr . ohne   10 ohne den] (1) daß (2) ohne daß er dem (3) Text (dem durch Überschreibung zu den verkürzt)  der aus den?  einem aus einer  15 blühen] (1) b (2) leben (3) Text (über der Zeile)  16 werden –] folgt gestr  : zer   16–22 der erste … hatte ,] (1) ist diß der Akt , durch den Abraham zum Stammvater einer (aus s) Nation wird ,

29r

29v

29r

36

berner manuskripte · geschichte israels

gen diese Ganze die Götter auf , denen er bisher gedient hatte , ( Jos . 24 ,6 .) und jenes gros­se Ganze kam izt in ihm zum Bewustseyn , es war der einige Gott , der ihn von nun an führte und leitete . 29v

Text 48

diese schönen Beziehungen seiner ­Jugend (Jos . 24 ,6 .) stieß er von sich . |

5

Auch Kadmus , Danaus , u . s . w . ­hatten ihr Vaterland , aber im Kampfe verlassen , sie suchten , einen Boden auf , wo sie frei wären , um lieben zu können  ; Abraham wollte n i c h t lieben und darum frei seyn . jene (was ihnen in ihrem Lande nicht mehr vergönnt war) um in unbeflekten schönen Ver­ einigungen leben zu können , sie trugen diese Götter mit sich fort , – Abraham selbst wollte frei von diesen Beziehungen seyn  ; jene lokten durch ihre milden Künste und Sitten die rohern Eingebohrnen an sich , und vermischten

10

15

1 Ganze] folgt gestr  : au (ohne u-Bogen)  4 der einige Gott] (1) die Gottheit (2) Text  : der (aus die) 20 einige (über der Zeile mit Einweisungszeichen  : Gott aus Gottheit)   5 leitete .] zuerst  : leitete ,   daß er (aus der) die Bande des Zusammenlebens , der Freundschaft zerreist , fast (aus di) das Ganze der Beziehungen 〈 aufgiebt 〉 , in denen er mit Menschen und Natur bisher gelebt hatte , aufhebt (über gestr . verläst)  ; (2) Text  : der (über der Zeile mit Einfügungszeichen  : erste) Akt , durch den Abraham zum Stammvater seiner Nation wird , (über der Zeile  : ist eine Trennung welche) die Bande des Zusammenlebens , (über der Zeile  : und) der Liebe (über der Zeile) zerreist , fast das Ganze der Beziehungen , in denen er mit Menschen und Natur bisher gelebt hatte ,   1–2 schönen Beziehungen , … sich .] (1) Beziehungen , (a) die (b) diese (aus die) (c) die (aus diese) bei Jos . 24 ,6 . Götter genannt werden . (2) Text  : (über der Zeile mit Einfügungszeichen  : schönen) Beziehungen〈〈  , 〉〉 seiner Jugend ( Jos . 24 ,6 .) 〈  zer­t rümm  〉 stieß er von sich .   6 Kadmus aus Kada   7–8 Vaterland , … verlassen , ] (1) Vaterland verlassen , aber aus Feindschaft verlassen , (2) Text  : Vaterland , aber (über der Zeile  : im Kampfe) verlassen ,  ; folgt gestr  : (über der Zeile  : aber) sie nahmen ihre Götter mit ,  9 wären über gestr . seyn ­könnten   10–11 Abraham wollte … seyn .] (1) Abraham wollte frei seyn , um n i c h t lieben zu müssen , (2) Text (und darum frei seyn . über der Zeile)  11–13 jene (was … war)] (1) jene um in (über der Zeile mit Einfügungszeichen  : 〈 n i 〉 unbeflekter) schöner Vereinigung (2) Text  : jene um in (unbeflekten schönen Vereinigungen aus unbeflekter schöner Vereinigung) (unter der Zeile mit Ein­fügungs­ zeichen  : [(]was ihnen in ihrem Lande nicht mehr vergönnt (aus ?) war))   14 leben zu können ,] (1) (mit Menschen , schräg unterhalb des Vorhergehenden) zu leben (2) Text  : 〈〈 z u 〉〉 leben zu können , (aus können  ;)   16 selbst unter der Zeile   17–18 milden Künste … rohern] (1) Künste die (2) Text  : (unter der Zeile mit Einfügungszeichen  : milden) Künste (und Sitten über der Zeile mit Einfügungszeichen) die (rohern über der Zeile mit Einfügungszeichen)

25

30

35

40

Text 48

abraham in chaldäa gebohren …37

5

10

15

20

25

30

Wie der Himmel über ihm ein un­ ermeßliches Gewölbe , so war der Bo­ den auf dem er umherirrte , eine unermesliche Ebene  ; er hielt sich nicht an einzelne Stükke , mit denen er sich beschäftigt , die er bebaut , verschönert , und so liebgewonnen , und als ­Theile s e i n e r Welt aufgenommen hätte  ; den Boden weidete nur sein Vieh ab . Das Wasser , das er und sein Vieh gebrauchte , ruhte in tiefen Brunnen , es war keine lebende Bewegung in ihm , mühsam war es gegraben , und | theuer erkauft oder erstritten ein erzwungnes Eigenthum , das nur beherrscht , mit dem nicht gespielt werden konnte . Die Haine , die ihm oft Schatten und Küh-

sich mit ihnen zu einem frohen und geselligen Volke – Eben der Geist , der Abraham von seiner Verwandtschaft weggeführt hatte , leitete ihn durch die fremden Nationen , mit denen [er] in der Folge seines Lebens zusammenstieß  ; der Geist , sich in strenger Entgegensezung gegen alles fest zu erhalten , das Gedachte erheben zur herrschenden Einheit über die unendliche feindselige Natur , denn feindseliges kan nur in die Beziehung der Herrschaft kommen – Abraham irrte mit seinen Heerden auf einem Gränzelosen Boden umher , von dem er nicht einzelne Stükke sich durch Bebauung , Verschönerung näher gebracht , und so liebgewonnen , und als Theile s e i n e r Welt aufgenommen hätte  ; den Boden weidete nur sein Vieh ab . Das Wasser ruhte in tiefen Brunnen , ohne lebende Bewegung , mühsam war es gegraben , | theuer erkauft oder erstritten ein erzwungnes Ei­gen­ thum , ein Bedürfnis der Noth für ihn und sein Vieh . Die Haine , die ihm oft Schatten und Kühlung gaben , verließ er bald wieder , er hatte zwar Theophanien , Erscheinungen seines ganzen

16–17 mit … beschäftigt[ ,] am Rande   18 liebgewonnen] folgt gestr  : hätte   25 ein erzwungnes

28 Schatten] folgt gestr  : gaben   30 über gestr . kein?   4 durch die] (1) unter den (2) Text  : (über der Zeile  : durch) die (aus den)   6 zusammenstieß  ; aus zusammenstieß ,  ; folgt unter der Zeile gestr  : jen?   8 erhalten , ] (1) erhalten , (2) erhalten . (3) Text (Ms  : erhalten .)   8–9 das Gedachte … herrschenden] (1) und seine Gottheit , war die herrschende 35 (2) und sein (aus seine) (Geist leitete über der Zeile) (3) Text  : (über der Zeile mit Einweisungszeichen  : 11 die aus der   13 Abraham aus Er   35 das Gedachte erheben zur) herrschenden (aus herrschende)   14–17 auf einem … gebracht , am unteren Rande über die gesamte Zeilenbreite geschrieben  14 Gränzelosen über gestr . unermeslichen   umher aus herum  17–38,5 und so … Erden , mit Verweiszeichen eingefügt   20 Wasser] Wasser ,   23–24 Eigenthum , ] folgt gestr  : das sich nicht frei   24–25 ein Bedürfnis … Vieh über der Zeile   27 hatte] folgt über der Zeile gestr  : in ihnen  

30r 30r

38

berner manuskripte · geschichte israels

lung gaben , verließ er bald wieder , er hatte da in ihnen zwar Theophanien , aber nur Erscheinungen seines ganzen hohen Objekts . Er war ein Fremdling auf Erden ,

30v

31r

Text 48

hohen Objekts in ihnen , aber auf ihnen selbst verweilte er nicht mit der Liebe , welche sie der Göttlichkeit werth und theilhaftig gemacht hätte . Er war ein Fremdling auf Erden , (Fortsetzung  : 40,21)

und kehrte immer zu jenem zurük , von dem einzelnen zum Ganzen , von dem Mannichfaltigen zur Einheit , die dasselbe enthielt . Das , was für Abraham das höchste war , war eine grosse Einheit , die alles mannichfaltige umfaste und enthielt  ; aber jene Einheit selbst war nur die Sicherheit seiner Existenz seines Lebens ausgedehnt auf seine Nachkommen  ; in seiner Gottheit diente ihm alles  ; indem er ihr folgte , folgte er seinem Ganzen , indem er aufopferte , opferte er | für sich selbst auf . Das beständige Hinblikken auf dieses Objekt , das Bild seines Wesens im Spiegel , der feste Glauben , die Zuversicht an dasselbe , die strenge Einheit dieses All , das er , die Zukunft denkend in heiligen Hainen sieht , dem er jedes ­einzele dahingibt , sich an nichts einzeles hängt , wodurch er zerstreut würde , – kan ihm sogar die Liebe zu seinem einzigen Sohne , der die Bedingung der Erfüllung der Ver­ heissungen seines Gottes ist , – als etwas heterogenes , als die reine Einheit stöhrend , ihr ungetreu durch Liebe zu derselben , als zuwider der Festigkeit , der Nothwendigkeit , der Ewigkeit und Gewisheit seines Ganzen , dessen Realität nicht an etwas einzelnem , an etwas zufälligem , hinfälligem , wie ein Mensch , gebunden ist – vorstellen , und in einzelnen Momenten die Aufopferung dieses Sohnes verlangen . | So war die Gottheit Abrahams be­schaffen , der Glauben an dieselbe überlieferte sich seinen Nachkommen bis in die späteste Generationen . Ein unendliches ­Objekt , dem dieses Volk diente , und das ihm wieder diente  ; doch nur als Ganzes , als Einheit , die sich nicht durch Befolgung der einzelnen Launen zerstreute . Nach Abraham fasten noch von Zeit zu Zeit mehrere diese große Einheit , aber da

5

10

15

20

25

2 in ihnen über der Zeile  Theophanien] davor gestr  : Götterscheinungen [sic]  7–8 und kehrte … enthielt . mit Erledigungsvermerk versehen   7 einzelnen] zuerst  : einzelnen , das ihm   8–22 Das , was … verlangen . in der Endfassung vers . nicht mit Erledigungsvermerk versehen  8 Das , was für] (1) In dem , 30 was (2) Text  : Das (aus dem) was für (über der Zeile)   10 nur über der Zeile   11 Nachkommen] folgt in kleiner Schrift oberhalb der Zeile  : in (versehentlich nicht gestr . ?)  12 er2 ] folgt gestr  : sich  für über gestr . gegen  15 einzele] folgt gestr  : auf   16 sich] davor gestr  : und   nichts] nicht   18 stöhrend ,] folgt gestr  : als   19 durch über gestr . in  Festigkeit ,] Festigkeit /   19–20 Nothwendigkeit , ] Komma nachtr .   20 Ganzen aus Ganzes   21 einzelnem aus einzelem   21–22 vorstellen , und gestr . und 35 wiederhergestellt   23–40,9 So war … Regierungsform mit Erledigungsvermerk versehen  24 seinen Nachkommen über der Zeile   27 diese aus dieses   aber] folgt gestr  : mit   1–4 in ihnen … war] über der Zeile  : (1) sie selbst (2) die (3) Text  2 Liebe ,] folgt gestr  : die selbs  

Text 48

5

10

15

20

25

abraham in chaldäa gebohren …39

sich seine Nachkommen zu einem Volke ausdehnten , so wurde der Gegenstand der Gottheit , nicht mehr ein einzeler , sondern das ganze Volk , der Staat  ; jeder ein­zele Jude diente noch dem unendlichen Objekte , aber dieses diente nur dem Ganzen , oder den Machthabern des Ganzen , den Hohenpriestern , nicht mehr dem ein­zelen . Jos . Jüd . Gesch . 4tes Buch 4tes Kap . | Moses hatte jene unendliche Einheit wieder fest ins Auge gefast , und sein Volk zu derselben zu erheben alles versucht , aber er konnte [es] nur dahin bringen , daß dasselbe Momenteweiß vor derselben zitterte , nie sie selbst schuf , und nur später , als es sich von allen Mächten , an die es sich wandte , und von sich selbst am meisten verlassen fand kehrte es zu derselben zurük . Die Einheit , zu der sich ein Moses , ein Abraham erhoben hatte , war es nicht für die Zeitgenossen Mosis , und dieser gab sie ihnen als einen Herrscher , und die Geseze die er ihnen auflegte , waren ein Joch . Moses Mendelssohn behauptet zwar , daß im jüdi­schen Geseze keine ewige Wahrheiten geboten seyen , daß alle Geseze nur Staatseinrichtungen beträfen , die nur die Willkühr beschränkten , daß also die jüdische Religion keine positive Religion seye . Die ganze Staatsverfassung der Juden , ist ein Dienst des Gottes , und der gebotene Glauben an diesen Gott , diese gebotene Einheit konnte die | jüdische Religion zu einer positiven machen  ; für den der sich zu jener Einheit erhob , war sie es freilich nicht  ; Sekten , Essener Sadduceer , entstanden dadurch , daß jene Einheit nimmer genügte , als die Kraft der Menschen in sich selbst zurükgedrängt wurde , als sie über sich reflektirten , und in sich selbst Einheit des Wesens schaffen wollten , als der Staat und das Volksglük nur eine Trümmer noch war  ; in ihren Kriegen mit den Syrern hatten sie höhere Kräfte in sich entdekt , die sich über ihre heiligsten Gebraüche z . B . Feyer des Sabbaths erhoben , es hatte sich deutlicher in ihnen entwikelt , daß indem sie für ihren bestimmten Glauben stritten , sie eigentlich für die Freiheit überhaupt kämpften  ; sie fühlten sich fähig aus Freiheit ihre Geseze zu übertretten , die auf Befehl eines andern zu verlezen , sie durch keine Gewalt vermocht werden konnten  ; sie aus Leichtsinn oder Laune zu übertretten sahen sie für Frevel an , aber sie fanden , daß es etwas höhers gebe ,

30 30 1 der Gegenstand] (1) das Obje (2) Text  : der (aus das) Gegen­stan­d 〈 en 〉 ,   2 der1] davor gestr  :

jener  3 noch] folgt gestr  : jedem Objekte ,   6 jene] folgt gestr  : E   8 zitterte ,] folgt gestr  : sic[h]   10 es] er   zurük .] zuerst  : zurük ,   11 es nicht] (1) nicht die Einheit , (2) Text  : (über der Zeile  : es) nicht   12 gab über gestr . legte   16 seye .] zuerst  : seye ,   17 der aus dieser   17–18 konnte … positiven machen] (1) macht die jüdische Religion zu einer positiven , (2) Text  : konnte (über gestr . 35 macht) … positiven machen   19 Essener] folgt gestr  : P   22–40,2 wollten , als … selbst .] (1) wollten . (2) Text  : wollten , (Ms  : wollten .) (am Rande mit Verweiszeichen , hinter genügte (zwei Zeilen höher) verwiesen  : als der Staat … selbst . (mit Erledigungsvermerk versehen))   22 Staat] folgt gestr  : nur noch eine T   27 andern] folgt gestr  : Ansatz zu einem Buchstaben   28 sie1 aus sich   konnten  ; aus konnten .  ; folgt ein Verweiszeichen ohne Gegenzeichen  sie2 über gestr . oder   29 aber sie] (1) sie aus einem 40 höhern Antriebe (2) Text  : (über der Zeile  : aber) sie   

31v

32r

40

32v

30r

berner manuskripte · geschichte israels

Text 48

dem sie aufgeopfert werden können . Dieses höhere zeigten die Pharisäer in dem Geseze selbst . Die Pharisäer suchten beides zu verbinden , die innere Einheit und die gegebene  ; die Sadduceer und Essener liessen diese mehr unverbunden stehen , die leztern , weil sie die Objekte entweder feindlich oder wenigstens ganz gleichgültig ansahen . Als die Römer die Welt beherrschten , floß aüssere Unabhängigkeit und Anhänglichkeit an die väterlichen Gebote zusammen . Sie stritten dafür , dem unendlichen Objekte dienen zu können , das ihnen nicht mehr gedient sie verlaßen hätte , wenn sie seinen Dienst aufgegeben hätten . Als ein Theil von Judäa eine römische Provinz wurde , war die Regierungsform | aristokratisch , im Synedrium , das aber durch das Gesez beschränkt wurde , diß im Volk le­ bendige Gesez die öffent­li­che Meinung regierte izt eigentlich da zur Zeit Mosis und unter den Richtern bis zu den Königen unter der eigentlichen Theokratie die Hohenpriester , als ausübende Gewalt eigentlich herrschten , und diesen eigentlich das unendliche Objekt diente sehr oft gegen das Volk . Ein Volk das einem Objekte dient , muß nothwendig annehmen , daß dasselbe ihm wieder diene , es und sich zur Einheit bringen  ; von ihm Gerechtigkeit verlangen , oder Gnade hoffen So wie durch die Länge der Zeit der Dienst Jehovas Eigenthum des jüdischen Volkes geworden war , so kämpften sie als Helden wie alle Menschen Helden wurden , und als Helden stritten , so bald ihr innerstes Eigenthum an­ge­g riffen ward . | (Fortsetzung von 38,5 , rechte Spalte) wie gegen [den] Boden , so auch gegen die Menschen  ; unter denen er immer ein Fremder war und blieb  ; von ihnen nicht so entfernt und unabhängig , daß er gar nichts von ihnen zu wissen gebraucht , gar nichts mit ihnen zu thun gehabt hatte  ; das Land war schon so bevölkert , daß er auf seinen Zügen immer an Menschen anstieß , die sich bereits in kleine Völkerschaften ver­einigt hatten , er lies sich in keine solche Beziehung ein  ; auch brauchte er Korn von ihnen , und dessen­ ungeachtet ­straübte er sich gegen sein Schiksal , das ihm ein stillstehendes Zusammenleben mit andern geboten hätte . Er hielt an seiner Absonderung fest die er auch durch eine sich und seinen Nachkommen auferlegte körperliche Eigen­heit

5

10

15

20

25

1 Pharisäer] Pharis .   4 die2 aus den?  7 das] davor gestr  : dem s   9–19 aristokratisch , im … ward . 30 in der Endfassung vers . nicht mit Erledigungsvermerk versehen   10 aber] davor gestr  : Volk   13 diesen aus der   15 diene , ] folgt gestr  : oder in Vereinigung   16 Gerechtigkeit] folgt gestr  : oder Gnade   17 Zeit] folgt gestr  : die M   Jehovas] Jeh .   18 sie] folgt gestr  : wie  21–43,7 wie gegen … wurde , am Rande , Textanschluß mit Verweiszeichen   21 wie] folgt gestr  : auf   22 von] davor gestr  : er war   entfernt aus fern  gar über der Zeile   24 schon gestr . und wiederhergestellt  ; darüber gestr  : be   so aus 35 zu  Menschen über gestr . sie   25 bereits über gestr . schon   hatten , aus hatten  ;   28 hätte .] folgt gestr  : Er mußte sich darum   an aus in   seiner] folgt gestr  : fein   28–41,1 die er … machte am unteren Seitenrand mit Verweiszeichen   29 auch unter der Zeile  eine … Eigenheit] (1) ein körperliches Zeichen (2) Text (eine aus ein)   sich und … auferlegte unter der Zeile mit Einfügungszeichen  

Text 48

5

10

15

abraham in chaldäa gebohren …41

auffallend machte  ; um mächtigere herum wie in Egypten und in Gerar , bei den nichts böses denkenden Königen , behalf er sich mistrauisch durch List und Zweideutigkeiten – wo Er der stärkere zu seyn glaubte , wie gegen die fünf Könige , da schlug er mit dem Schwerdt drein . | Mit andern , durch die er nicht in Noth kam , erhielt er sich sorgfältig in der rechtlichen Beziehung . Was er brauchte , kaufte er  ; von dem gutmüthigen Ebron lies er sich den Begräb­n isPlaz für Sara schlechterdings nicht schenken , und vermied es gegen einen ihm gleichen Mann [sich] in die Beziehung dankbarer Empfindungen zu sezen . Seinen Sohn ließ er ja keine Kanaaniterin heurathen , sondern ihm von seinen Ver­wandten , die weit entfernt von ihm wohnten , eine Frau hohlen . Die ganze schlechthin entgegengesezte Welt , wenn sie nicht ein Nichts seyn sollte , war von dem ihr fremden Gott getragen , an dem nichts in der Natur ­Antheil haben sollte , sondern von dem alles beherrscht wurde . Auch von ihm hatte das andere der ganzen Welt entgegengesezte , das als solches ebensowenig hätte s e y n können , – hatte Abraham Haltung welcher durch ihn auch allein in mittelbare Beziehung1 mit der Welt kam , – sein Ideal unterjochte sie für ihn ,   Am unteren Rand  : die einzige ihm mit der Welt mögliche Art von Verbindung ,

1

20

25

30

35

40

1 um mächtigere herum] (1) ge (2) bei mächtigern (3) Text  : (über der Zeile  : um) mächtigere (aus mächtigern) (herum über der Zeile)  1–2 wie in … mistrauisch] (1) behalf er sich (a) durch (b) wie in Egy[p]ten und in Gerar , bei den nichts böses denkenden Königen , durch (2) wie in … Königen , behalf er sich mistrauisch (3) Text  : wie in … Königen , ( behalf er sich über der Zeile) mistrauisch   4 Schwerdt aus Schwerdte   4–5 Mit … Beziehung[ .] am oberen Seitenrand   4 andern] zuerst  : Menschen , die ihm an Macht etwa gleich waren   4–5 durch die … Beziehung unter der Zeile und in Kurzzeilen am inneren Rand oben   5 Was er brauchte ,] (1) Von dem gut­mei­nen[den] (2) Wo er sonst was brauchte , (3) Text  : Was (aus was) er (unter der Zeile gestr  : von) brauchte ,   6 Ebron] s .  Anm .  lies] davor gestr  : wo   7–8 und vermied … sezen .] (1) um keine dankbare Empfindung gegen einen ihm gleichen Mann sich aufzuladen (2) Text  : 〈〈 u m 〉〉 (über der Zeile  : und vermied es) gegen einen ihm gleichen Mann [sich] in die Beziehung dankbarer Empfindungen zu sezen[ .]   9 ihm] folgt gestr  : eine   9–10 Verwandten … wohnten ,] (1) fernewohnenden Verwandten (2) Text (die weit … wohnten , (Ms  : wohnten .) am ursprüngl . Absatzende angeschlossen)  11 entgegengesezte] entgegensezte  12 dem ihr fremden Gott] (1) der ihr fremden Gott-/〈 he 〉heit und (2) Text (Trennstriche vers . nicht gestr .)  14–15 hatte … Haltung] (1) hieng … ab (2) Text (hatte1 über der Zeile)  14 entgegengesezte] entgegensezte   solches] folgt gestr  : auch   15 hatte über der Zeile  welcher] (1) / der (2) Text (am Innenrand unter der Zeile)  16–42,2 unterjochte sie … lieben] (1) unterjochte sie ihm , so weit er brauchte , (2) (über der Zeile  : sollte) sie ihm , so weit er brauchte , unter〈 joh 〉jochen ,  | ihn (aus in) so auf diese Art in Sicherheit gegen sie sezen (aus sezt) , nur liebt (3) Text  : (wiederhergestellt  : unterjochte) sie (für ihn , schenkte ihm so viel von ihr als über der Zeile bzw . auf Bl 31r) er brauchte , und (a) im übrigen (b) gegen (aus im) das (unter der Zeile) übrige (aus übrigen) sezte es (über der Zeile) ihn in Sicherheit . (Nur lieben aus nur liebt) (am oberen Rande nochmals  : Nur lieben dur)   17 die einzige … Verbindung , am unteren Rande mit Verweiszeichen  ; Gegenzeichen im Text gestr .  einzige] folgt gestr  : mit   der Welt] (1) den Objekten (2) Text  : der (aus den) Welt (über der Zeile)  Verbindung ,] folgt gestr  : welche ihm zu bewirken unmöglich war .  

30v

42 31r

31v

berner manuskripte · geschichte israels

Text 48

schenkte ihm so viel von ihr als er brauchte , | und gegen das übrige sezte es ihn in Sicherheit . Nur lieben konnte er nichts  ; selbst die einzige1 Liebe , die er hatte , die zu seinem Sohne und Hofnung der Nachkommenschaft , die einzige Art , sein Seyn auszudehnen , die einzige Art der Unsterblichkeit , die er kannte und hofte , konnte ihn drükken , sein von allem sich absonderndes Gemüthe stöhren , und es in eine Unruhe versezen , die einmal so weit gieng daß er auch diese Liebe zerstöhren wollte , und nur durch die Gewisheit des Gefühls beruhigt wurde daß diese Liebe nur so stark sey , um ihm doch die Fähigkeit zu lassen , den geliebten Sohn mit eigner Hand zu schlachten . Da Abraham selbst die einzige mögliche Beziehung , welche für die entgegengesezte unendliche Welt möglich war , die Beherrschung nicht realisiren konnte , so blieb sie seinem Ideale überlassen  ; er selbst stand zwar auch unter seiner Herrschaft , aber , er in dessen Geiste die Idee war , er der ihm diente , genoß seiner Gunst – | und da die Wurzel seiner Gottheit seine Verachtung gegen die ganze Welt war , so war auch er ganz allein der Günstling . Darum ist Abrahams Gott wesentlich von den Laren , und NationalGöttern verschieden  ; eine Familie , die ihre Laren , eine Nation , die ihren NationalGott verehrt , hat sich zwar auch isolirt , das einige getheilt , und aus seinem Theile die übrigen ausgeschlossen , aber sie läst dabei zugleich andre Theile zu , und hat nicht das unermesliche sich vorbehalten , und alles daraus verbannt  ; sondern raümt den andern mit sich gleiche

5

10

15

20

  Etwas tiefer  : seinen Sohn Ismael mit seiner Mutter lies er von Sara in die Wüste hinausschiken , weil jene die Einheit im Hausregiment stöhrte . 1

1 es] sie   2 selbst über der Zeile  3 die1] folgt über der Zeile gestr  : Lie  Sohne] folgt über der Zeile gestr  : zugleich   und Hofnung der Nachkommenschaft über der Zeile  Art , ] folgt gestr  : zugleich (und Hofnung , unter der Zeile)   4 Seyn] folgt gestr  : (1) a (2) se (3) durch (über der Zeile) seine Nachkommenschaft   die einzige … hofte , zwischen den Zeilen  7 wurde aus war  ; folgt gestr  : (1) es (2) fähig zu seyn , auch seinen eignen   8 doch über der Zeile   den geliebten mit Einfügungszeichen über gestr . seinen   9 Sohn aus Sohne   10–11 welche für … Welt] (1) in die die entgegengesezte Welt kommen kon[nte] (2) Text  : (über der Zeile  : welche für) die entgegengesezte (unendliche über der Zeile) Welt   12 überlassen  ;] folgt gestr  : da   12–14 er selbst … Gunst –] (1) er selbst aber , der in dessen Geiste es war , der ihm diente , genoß seiner Gunst – 〈 dess 〉 es (aus er) war seine Einheit , sein Ideal , 〈 u 〉 er stand zwar auch unter seiner Herrschaft 〈 s . (aus d .) Wirklichkeit 〉 unter d . (aus s .) Ideale (aus Ideal) 〈 stand 〉 die ihm nicht angemeßne Wirklichkeit , – (2) Text  : er selbst (mit Verweiszeichen  : stand zwar auch unter seiner Herrschaft) aber , er (über der Zeile) in dessen Geiste (die Idee über der Zeile) war , er (über der Zeile) der ihm diente , (genoß seiner Gunst – gestr . und wiederhergestellt)  14 da die aus das  Gottheit] folgt gestr  : nur nur   seine] (1) in seiner (2) Text (aus seiner)  15 so] folgt gestr  : gen   ganz über der Zeile  Abrahams] Abr  .  18 einige über gestr . ungetheilte   19 dabei] davor gestr  : doch   unermesliche aus uners  20 den] folgt gestr  : Ansatz zu R   andern aus anderm   21–22 seinen Sohn … stöhrte . einige Zeilen tiefer , mit Verweiszeichen  21 seinen] davor gestr  : d  Sohn] folgt gestr  : von Hage (recte  : Hagar)   mit seiner Mutter über der Zeile mit Einfügungszeichen  er] folgt gestr  : mit seiner  

25

25

30 30

35

40

Text 48

5

10

15

abraham in chaldäa gebohren …43

Rechte ein , und erkennt die Laren und Götter der andern , als Laren und Götter an  ; da hingegen in Abrahams und seiner Nachkommen eifersüchtigem Gotte die entsezliche Foderung lag , daß er allein , und diese Nation die einzige sey , die einen Gott habe . Wo es aber seinen Nachkommen vergönnt wurde , daß ihre Wirklichkeit von ihrem Ideal weniger getrennt war , wo sie selbst mächtig genug waren | ihre Idee der Einheit zu realisiren , wo sie subjektiv wurde , | da herrschten sie denn auch ohne Schonung mit der empörendsten , härtesten , alles Leben vertilgendsten ­Tirannei  ; denn nur über dem Todte schwebt die Einheit – So rächten die Söhne Isaaks , die Beleidigung ihrer Schwester , die die Siche­ miten mit beispielloser Gutmüthigkeit wieder gut zu machen suchten , mit satanischer Abscheulichkeit  ; ein fremdes hatte sich in ihre Familie gemischt , sich mit ihnen in Verbindung sezen , und so ihre Absonderung stöhren wollen – Ausser der unendlichen Einheit , an der ausser ihnen den Lieblingen , nichts Theil haben kan , ist alles Materie1 , ein lieb- und rechtloser Stoff , ein verfluchtes , das denn , sobald die Kraft dazu da ist , auch so behandelt , ihm , das sich regen wollte , seine Stelle angewiesen wird – | Als Joseph in Egypten Gewalt bekam , führte er die politische Hierarchie [ein] , in der alle Egyptier zum Könige das Verhältnis erhielten , in dem in seiner Idee

20 20

  Auf dem Rande angeschlossen  : das Haupt der Gorgo verwandelte alles in Stein

1

1 die Laren und Götter] (1) ihre Laren u . Götter , (2) Text  : (über der Zeile  : die) Laren u . (a) Göt25 ter , (b) (über der Zeile  : den Gott) (c) Götter (wiederhergestellt)  Laren 2 ] davor über der Zeile gestr  :

25

30 30

35

40

wahre  Götter2 ] davor mit Einfügungszeichen über der Zeile gestr  : wahre   2 Abrahams] Abr .   3 entsezliche über der Zeile  ; davor gestr  : f   3–4 die einzige … habe] (1) die einzige , die über alle erhabne sey , die eine Gottheit habe (2) Text  : die einzige 〈〈  , 〉〉 sey , die (einen Gott aus eine (gestr . und als einen wiederhergestellt) Gottheit) habe   5 es über der Zeile  aber] folgt über der Zeile , gestr  : in  wurde aus war   6 mächtig] davor gestr  : so   waren aus war ,   6–9 ihre Idee … Tirannei] (1) ihr Ideal der Einheit zu realisiren , wo 〈 es 〉 sie subjektiv wurde , da herrschten sie denn auch〈  ; u . wenn 〉 ohne Schonung (mit der empörendsten härtesten Tirannei unter der Zeile)  ; was ihnen , den Lieblingen , widersteht , also die Einheit stöhrt , das muß auch unendlich gerochen werden , wie sich mit A?  ; folgt Verweiszeichen für Textanschluß (2) Text  : (ihre Idee aus ihr Ideal) der Einheit zu realisiren , wo sie subjektiv wurde , da herrschten sie denn ( folgt mit Verweiszeichen auf S . 33r  : da herrschten sie denn (vier Anschlußwörter verdoppelt  :) […] Tirannei   8 härtesten , aus härteste –   9 über dem … die] (1) im Todten ist (2) Text  : über (aus im) dem (über der Zeile , aus das) Todte (aus Todten) (schwebt die über der Zeile)  10 Isaaks] s . Anm .  10–11 Sichemiten] davor gestr  : guten   11 Gut­ müthig­keit aus Gutwilligkeit (müthig­keit auf dem Rande angeschlossen)  wieder über der Zeile  gut aus m   suchten ,] folgt gestr  : da ein frem  12 mit gestr . und wiederhergestellt  14 Einheit über der Zeile  haben] davor gestr  : nimmt   15 alles aus m?  16 ihm] folgt gestr  : die aus se   18 Als gestr . und wiederhergestellt   bekam ,] folgt gestr  : so realisirte er seine Gottheit ,   führte er] er führte  19 Könige] folgt gestr  : sich verhielten ,   in 3 aus a  

32r 33r

33v

44

34r

34v

berner manuskripte · geschichte israels

Text 48

alles zu seinem Gotte stand – er realisirte seine Gottheit . Durch das Ge­traide , das sie ihm selbst verehrt hatten , und mit dem er sie nun in der Hungers­noth speißte , brachte er alles ihr Geld , dann alles ihr Vieh , ihre Pferde , ihre Schafe und Ziegen , ihr Rindvieh und ihre Esel , dann alles Land und ihren Leib an sich  ; so weit sie eine Existenz hatten , machte er sie zu des Königs Eigen­thum . | Dem Schiksal , gegen das Abraham und auch noch Jakob gekämpft hatte , bleibende Wohnsize zu haben , und sich zu einem Volke zu halten , unterlag endlich Jakob , und je mehr er aus Noth , gegen seinen Geist und nach Zufall in dieß Verhältniß tratt , um so schwerer mußte es ihn und seine Nachkommen treffen . Der Geist der sie aus dieser Sklaverei führte , und dann zu einem unabhängigen Volk organisirte , wirkt und entwikelt sich von hier an in mehrern Verhältnissen , als er bei den noch einfachern Familien erschien , und charakterisirt sich dadurch noch bestimmter und in mannichfaltigern Folgen .  Wie wir diese Begebenheit der Freiwerdung der Israeliten mit unserm Verstande auffassen könnten , davon kan wie bei dem vorhergehenden hier gar nicht die Rede seyn , sondern wie sie in der Phantasie und in dem erinnernden Leben der Juden vorhanden war , | so handelte ihr Geist in derselben . 1 zu] folgt gestr  : ihm  Gotte] folgt gestr  : u . zu dem Jud   er realisirte seine Gottheit . am Rande mit 1–3 Durch das … alles1] (1) Dadurch daß er die Egiptier in der Noth speiste , (2) Verweiszeichen   ( Durch das aus Dadurch daß) (über der Zeile  : Brod das er (aus den) den 〈〈 e 〉〉) Egiptiern (aus Egiptier) in der (über der Zeile mit Einfügungszeichen  : Hungers)Noth gab , brachte er (3) Text  : Durch das (Getraide , das sie ihm selbst (über der Zeile) verehrt (aus ?) hatten , u . mit dem er sie nun in der Hungersnoth speißte , brachte er alles auf dem Rande angeschlossen)  3 alles2 über der Zeile   4 ihr aus d?  und 4–5 so weit … Eigen­thum  .] (1) durch die physische Ab (2) ihren Leib auf dem Rande angeschlossen   sie wurden (aus wurde) ganz des ( α ) König­thums , das ( β ) Königs Eigen­thum , denn in (3) so weit sie 〈 et 〉 〈 waren 〉 eine Existenz hatten , von irgend einer Existenz , die nicht in physische Abhängigkeit , 〈 d ie 〉 fand sich scheint es , nichts 〈 i n 〉 weder in Jo­­s[ephs] BegriV , noch in seiner Empfindung . Gen . 47,25 sprachen sie endlich (4) Text  : so weit sie eine Existenz hatten , (Komma gestr . und wieder hinzugefügt) ( folgt auf dem Rande angeschlossen  : (a) wurden (b) (über der Zeile  : machte er) sie zu (über der Zeile) des Königs Eigenthum .)  6 Jakob] Jak .   7 zu halten über der Zeile mit Einfügungszeichen  8 je mehr … Zufall] (1) je mehr aus Noth , gegen seinen Geist geschah , und 〈 g 〉 dem Zufall überlassen (2) Text  : je (gestr . und wiederhergestellt) mehr (er über der Zeile) aus Noth , gegen seinen Geist und nach (über der Zeile) Zufall  10 Sklaverei] folgt gestr  : au   und] (1) und ihre Verf (2) 〈〈 u nd 〉〉 und dadurch (3) und durch beides (4) Text   11 sich über der Zeile   von hier an in] (1) hier bei (2) (von 〈 h 〉 izt über der Zeile) (3) Text (über der Zeile und auf dem Rande angeschlossen)   12 er] (1) es (2) wir ihn (3) Text (über der Zeile)  bei] folgt gestr  : (auf dem Rande angeschlossen  : ihren) Erzvätern   einfachern] einfacherm (aus einfacher)   charakterisirt sich dadurch] (1) wird charakterisirt hier (2) Text  : charakterisirt (sich dadurch über der Zeile)  13 in] folgt gestr  : die Augen springender   Wie wir] (1) Wie (2) Wir wir (3) Text (aus Wir)  diese] (1) diese (2) die (über der Zeile) (3) Text (wiederhergestellt)  14 der Freiwerdung der Israeliten über der Zeile   15 kan] folgt gestr  : hier nicht   hier] davor gestr  : hie   16 und in … war ,] (1) der Juden (2) u . Erinnerung (der Juden vorhanden war , auf dem Rande angeschlossen) (3) (und im Leben unter der Zeile) der Juden vorhanden war , (4) Text (u . in dem erinner[n]den nochmals eine Zeile tiefer , am unteren Rande)   17 handelte ihr Geist] (1) hat ihr

5

10

15

20 20

25 25

30 30

35

35 40

Text 48

5

10

15

abraham in chaldäa gebohren …45

Als Moses , in der Einsamkeit für die Befreiung seines Volks begeistert , zu den Ältesten der Israeliten kam , und ihnen von seinem Vorhaben sprach , so fand sein göttlicher Beruf nicht in einem Hasse ihrer Gemüther gegen Unterdrükkung , nicht in einer Sehnsucht nach Luft und Freiheit , seine Legitimation , sondern in einigen Künsten , die Moses ihnen vorwunderte , und die nachher von den egyptischen Künstlern ebenso gut gemacht wurden . Moses und Aarons Thaten wirken gerade auf ihre Brüder wie auf die Egiptier als eine Macht , und wir sehen , daß die leztern sich doch noch gegen die Unterjochung durch dieselbe wehren . Durch die auf den Vortrag Mosis bei Pharao erfolgte grössere Härte wurden die Juden nicht stärker gereizt , sie litten nur tiefer  ; wurden nicht zorniger , als gegen Moses , dem sie fluchten 2 B . 5 ,21 . 6 ,9 . Moses allein wirkt , er erzwingt die Erlaubnis der Abreise von der Furcht des Königs , dem der Glauben der Juden auch nicht d ie Selbstthätigkeit läßt , seine Furcht zu vergessen und sich seinen abgedrungnen Entschluß reuen zu lassen , sondern diese Aüsserung , die sich ihrem Gotte nicht unterwirft , ist bei ihnen selbst eine Wirkung ihres Gottes – |

Geist dabei gehandelt (2) Text (handelte über der Zeile)   in derselben . auf dem Rande angeschlossen   1 ­Befreiung aus Befreiuu   begeistert , ] folgt gestr  : so   3 einem Hasse … gegen] (1) ihrem Bedürfnisse (2) (auf dem Rande angeschlossen  : einem) Haß der (3) Text  : einem Hasse (aus Haß) (ihrer 4 nicht in einer] (1) oder (2) und (3) Text  : (auf dem Rande ange20 Ge­müther gegen über der Zeile)   schlossen  : nicht) (in einer über der Zeile)  6 wurden .] zuerst  : wurden ,   6–9 Moses und … wehren . auf dem Rande angeschlossen  7 ihre Brüder über gestr . sie   7–9 wir sehen , … wehren .] (1) die leztern ­wehren sich 〈 d 〉 doch (2) Text  : (unter der Zeile mit Einfügungszeichen  : wir sehen , daß) die leztern sich doch (gestr . und wiederhergestellt) noch gegen die Unterjochung durch dieselbe wehren .   11 25 die Juden über gestr . sie   gereizt , ] folgt gestr  : sie r   12 Moses1 aus Mosis   dem sie fluchten] (1) und fluchten ihm (2) Text (dem sie über der Zeile)  Moses allein wirkt] (1) Blos Moses wirkt auf den König (2) Text (allein über der Zeile mit Einfügungszeichen)   13 der Abreise … Königs] (1) der Abreise von seiner Furcht (2) auf dem Rande angeschlossen  : von dem König , (bricht ab) (3) Text  : der Abreise von der (über der Zeile) Furcht (des Königs über der Zeile)   der Glauben der Juden] (1) 30 der jüdische Glaube , (2) die (aus der) (bricht ab) (3) Text  : der (aus die) (Glauben der Juden auf dem Rande angeschlossen)   15 diese] folgt gestr  : Verstokkung   16 bei ihnen über der Zeile mit Einfügungs­ zeichen  ihres aus ihrer  

46 35r

35r

berner manuskripte · geschichte israels

Für die Juden wird grosses gethan , aber s ie beginnen nicht mit Hel­den­thaten  ; für s ie leidet Egipten die mannich­ fal­t ig­sten Plagen und Elend , unter allgemeinem Jammergeschrei ziehen sie fort aber s ie haben nicht gekämpft , sie haben nur die Schadenfreude aber nicht das Bewußtseyn des für sie verübten Wehes , nicht das der Tapferkeit , die doch eine Thräne über das Elend , weinen darf  ; i h r e Wirklichkeit ist unbeflekt , aber ihr Geist freut sich alles des Jammers . Die Juden siegen , aber sie haben nicht gekämpft  ; die Egipter unterliegen , aber nicht durch ihre Feinde . sie unterliegen , wie vergiftete , oder im Schlaf ermordete , einem unsichtbaren An­g riff . Die einzige That , welche Moses den Israeliten vorbehielt , ist , am Abend , den sie ihre Nachbarn und Freunde das lezte mal sprachen , ein Entlehnen vor­zulügen , und dem Zutrauen durch Diebstahl zu ent­sprechen  . |

Text 48

Für die Juden wird grosses gethan , aber s ie beginnen nicht mit Hel­den­tha­ten   ; für s ie leidet Egipten die mannichfaltigsten Plagen und Elend , unter allgemeinem Jammergeschrei ziehen sie weg fortgetrieben von den unglüklichen Egiptern Ex .  12 ,33 .34 . aber s ie haben selbst nur die Schadenfreude des Feigen , dessen Feind , aber nicht durch ihn zu Boden geworfen wird , nur das Bewußtseyn des für sie verübten Wehes , nicht das der Tapferkeit , die doch eine Thräne über das Elend , das sie anrichten muß , weinen darf  ; i h r e Wirklichkeit ist unbeflekt , aber ihr Geist muß sich alles des so nüz­ lichen Jammers freuen . Die Juden siegen , aber sie haben nicht gekämpft  ; die Egipter unterliegen , aber nicht durch ihre Feinde . sie unterliegen , wie vergiftete , oder im Schlaf ermordete – einem unsichtbaren An­g riff und die Israëliten mit dem Zeichen an ihren Haüsern , und dem Nuzzen , den alles

5

10

15

20

25

1 Für aus für  7 haben] folgt gestr  : (1) sich nicht (2) aber   9 Wehes aus Wehen  das unter gestr . 25 das   10 doch] (1) bei der (2) über der Zeile  : doch noch (3) Text  11 darf] (1) darf (2) über der Zeile  : kan (3) Text (wiederhergestellt)  ih r e ] davor gestr  : die   12 unbeflekt , aus unbeflekt  ;   13 des Jammers aus der Jammer   14 nicht] nicht nicht   16 sie] davor gestr  : Die einzige Th   19 That ,] folgt gestr  : d   19–20 Moses den Israeliten vorbehielt] (1) die Israeliten sich vorbehalten haben (2) Text  : 30 (über der Zeile  : Moses) den (aus die) Israeliten vorbehielt (aus vorbehalten  ; behielt auf dem Rande an- 30 geschlossen)  21 mal] m fehlt durch Papierausriß  23 dem Zutrauen] (1) das Vertrauen (2) Text  : (über der Zeile  : dem) Zutrauen (aus Vertrauen)  24 entsprechen .] zuerst  : entsprechen  ;   6–7 weg fortgetrieben … Ex . 12 , 33 .34 .] (über der Zeile  : weg) fort(getrieben von den unglüklichen ­Egiptern (darunter  : Ex . 12 , 33 .34 .) auf dem Rande angeschlossen)  7 aber über der Zeile   8 selbst auf dem Rande angeschlossen  9 des Feigen auf dem Rande angeschlossen  9–10 dessen Feind … wird ,] auf 35 dem Rande angeschlossen  : dessen Feind , aber nicht durch ihn (1) besiegt ist (2) unterliegt (3) zu Boden geworfen wird[ , ]   11 nur über der Zeile   14 das sie anrichten muß , auf dem Rande angeschlossen   16 ihr Geist … alles] (1) ihr (Nuzzen ist auf dem Rande angeschlossen) (2) Text (auf dem Rande angeschlossen)  des] davor vers . nicht gestr  : alles  16–17 so nüzlichen über der Zeile  17 freuen über der Zeile   22–47,3 und die … Marseille . am Rande mit Verweiszeichen  23 dem über gestr . ihrem   24 alles] als   40

Text 48

abraham in chaldäa gebohren …47

5

10

15

20

25

30

Dieses in seinem Freiwerden am sklavischsten sich betragende Volk zeigte bei jeder in der Folge vorkommenden Schwierigkeit , oder Gefahr , seinen  Sinn jedes mal durch die Reue Egypten verlassen zu haben , und den Wunsch , wieder dahin zurükzukehren .

Der Befreier seines Volkes wurde auch sein Gesezgeber  ; – diß konnte nichts anders heissen , als , derjenige der es von einem Joch losgemacht hatte , legte ihm ein andres auf . Er bestimmte die Gesezgebung näher , je nach dem Bedürf­ nis der vorkommenden Fälle .

diß Elend bringt , sehen dabei aus , wie die berühmten Diebe während der Pest zu Marseille . Die einzige That , welche Moses den Israeliten vorbehielt , ist , am Abend , den Moses den lezten wußte , an welchem sie ihre Nachbarn und Freunde sprächen , ein Entlehnen vorzulügen , und dem Zutrauen durch Diebstahl zu entsprechen . | Es ist kein Wunder , daß dieses in seinem Freiwerden sich am sklavischsten ­betragende Volk bei jeder in der Folge vorkommenden Schwierigkeit , oder Gefahr , durch die Reue Egypten verlassen zu haben , und den Wunsch , wieder da­h in zurükzukehren , zeigte , daß es ohne Seele und eignes Bedürf­ nis der Freiheit bei seiner Befreiung ­ge­wesen war  . Der Befreier seines Volkes wurde auch sein Gesezgeber  ; – konnte nichts an­ ders heissen , als , derjenige der es von einem Joch losgemacht hatte , legte ihm ein andres auf . eine passive Nation , die sich selbst Geseze gäbe , wäre ein Widerspruch

12 jeder aus jedem  ; folgt gestr  : weiterhin   14 die Reue] (1) den Wunsch , doch wied (2) Text (am 22 derjenige] derj .   26 Fälle .] zuerst  : Fälle ,   Rande)   2 berühmten] berümhten   4–6 Moses den … welchem auf dem Rande angeschlossen  6 welchem

7 sprächen , auf dem Rande angeschlossen  12 Volk] (1) auf dem Rande angeschlos30 über gestr . dem 〈 s 〉   sen  : so ohne Seele und (aus uns) Bedürfnis dabei handelnde Volk (2) Text (vers . gestr .)   16–19 zurükzukehren , zeigte , … war .] zurükzukehren , (aus zurükzukehren  .) (zeigte , … war . am ur35 sprüngl . Ab­satzende angeschlossen und auf dem Rande fortgesetzt)   17 eignes über der Zeile mit Einfügungs­ zeichen   18 Freiheit] folgt gestr  : gewesen  Befreiung] davor gestr  : Fre   21 konnte] davor gestr  : 24–26 eine passive … Widerspruch] am Rande mit Verweiszeichen  : (1) die Juden verhielten 35 diß   sich völlig passiv dabei  ; und es wäre widersprechend , im (2) Text  : (unter der Zeile mit Ein­fügungs­ zeichen  : eine passive Nation , die sich selbst Geseze gäbe , ) wäre ein (über der Zeile) Widerspruch (aus widersprechend)  

35v

35v

48

36r

36r

berner manuskripte · geschichte israels

Das Princip der ganzen Gesezgebung war übrigens das unendliche Objekt , der Inn­begriff aller Wahrheit , und aller Beziehungen , also eigentlicher das unendliche Subjekt  ; so zu sagen die einzige Synthese , und die Antithesen sind das Jüdische Volk einerseits , und anderer Seits das ganze übrige Menschengeschlecht , und Welt – Diese Antithesen sind die wahren , reinen Objekte , das was diese gegen ein außer ihnen | befindliches – unendliches sind , ohne Gehalt und leer , ohne Leben , nicht einmal todt , – ein Nichts – nur ein Etwas , so weit das unendliche Objekt sie zu etwas macht , ein gemachtes kein Seyendes , das kein Leben , kein Recht , keine Liebe für sich haben kan , – Eine allgemeine Feindschaft läßt nur physische Abhängigkeit , eine animalische Existenz , übrig , und auch diese auf ­Kosten der übrigen von ihrem Gotte gesichert zu wissen , war ihre Religion .

Text 48

Das Princip der ganzen Gesezgebung war der von den Voreltern ererbte Geist , das unendliche Objekt , der Inn­ begriff aller Wahrheit , und aller Beziehungen , also eigentlicher da es nur erst Objekt genannt werden kann , in sofern der Mensch mit seinem geschenkten Leben vorausgesezt wird , und das lebendige das absolute Subjekt heißt , das einzige , unendliche Subjekt  ; so zu sagen die einzige Synthese , und die Antithesen sind das Jüdische Volk einerseits , und anderer Seits das ganze übrige Menschengeschlecht , und Welt – Diese Antithesen sind die wahren , reinen Objekte , das was diese gegen ein außer ihnen | befindliches – unendliches sind , ohne Gehalt und leer , ohne Leben , nicht einmal todt , – ein Nichts – nur ein Etwas , so weit das unendliche Objekt sie zu etwas macht , ein gemachtes kein ­Seyendes , das kein Leben , kein Recht , keine Liebe für sich

5

10

15

20

25

2 übrigens] folgt gestr  : die   unendliche] folgt gestr  : Subjekt   6 Synthese , ] folgt gestr  : der   und] folgt  gestr  : also   6–7 Antithesen sind das] (1) Antithese der Men (2) Text  : Antithesen (aus Antithese) 25 sind (auf dem Rande angeschlossen) das (aus der)   8 übrige über der Zeile   9 Welt über gestr . die 30 Natur  11 ein] folgt gestr  : unendliches   15 Etwas ,] folgt gestr  : ke   18–21 haben kan , … übrig] (1) gegen (2) hat , (3) haben (aus hat , ) kan , nur physische Abhängigkeit , eine animalische Existenz , (die sie , wie alles , als (aus ?) Lehen empfangen auf dem Rande angeschlossen) haben . (4) Text  : haben kan , (– Eine allgemeine Feindschaft läßt nur mit Einfügungszeichen auf dem Rande ange­schlossen) 30 physische Abhängigkeit , eine animalische Existenz , 〈 eine 〉 übrig   23 Religion .] Religion folgt gestr  : St   35

2–3 war der … Geist , auf dem Rande angeschlossen  5–10 da es … einzige ,] am Rande mit Ein­fügungs­ zeichen  : (1) da man das lebendige 〈  , 〉 das absolute Subjekt nennt (2) wenn man das … nennt (3) Text  : (in zwei Zeilen darüber  : da es (aus etwas) nur erst (über der Zeile) Objekt genannt werden kann , in 35 sofern der Mensch mit s . geschenkten Leben vor(aus­gesezt wird mit Verweiszeichen unter der Rand­ bemer­kung) und das lebendige das absolute Subjekt heißt , das 〈 etw? 〉 einzige ,  

Text 48

abraham in chaldäa gebohren …49

Diese Sicherheit folgt nothwendig aus der unendlichen Trennung ,

5

10

15

20

Das unendliche Subjekt mußte un­ sichtbar seyn  ; denn alles sichtbare ist ein beschränktes  ; ehe Moses noch sein

hat .1 – Eine allgemeine Feindschaft läßt nur physische Abhängigkeit , eine animalische Existenz , übrig , die also nur auf Kosten der übrigen gesichert werden kan , und welche die Juden als Lehen empfiengen . Diese Ausnahme , diese erwartete isolirte Sicher­heit folgt nothwendig aus der unendlichen Trennung  ; und dieses Geschenk , das Befreien von der ägyptischen Sklaverei , der Besiz eines Honig und Milch­ reichen Landes , ein gesichertes Essen Trinken und Begatten sind die Ansprüche die das Göttliche auf Verehrung hat  ; wie der Titel der Verehrung , so die Ver­ehrung  ; jener Abhelfung der Noth , diese Knechtschaft . Das unendliche Subjekt mußte unsichtbar seyn  ; denn alles sichtbare ist ein beschränktes  ; ehe Moses noch sein   Am Rande mit Verweiszeichen  : die Priester der Cybele , der erhabenen Gottheit , die Alles ist , was ist , was war , und was seyn wird , und ihren Schleyer hat kein Sterblicher aufgedekt , – ihre Priester waren verschnittene , an Leib und Geist entmannte 1

25

30 30

35

35

Rechte Spalte  :  1 hat . über der Zeile   3–6 die also … empfiengen .] (1) und auch diese auf Kosten der übrigen von ihrem Gott gesichert zu wissen , war ihre Religion (2) Text  : (über der Zeile  : die) (auf dem Rande angeschlossen  : 〈 k an 〉 also nur auf) Kosten der übrigen gesichert (werden kan , und welche die Juden über der Zeile begonnen und auf dem Rande fortgesetzt , dort mit Einfügungszeichen angeschlossen  : Als (aus als) Lehen empfiengen (aus empfangen)[ .]   6–7 Diese Ausnahme , … isolirte auf dem Rande 9–17 und dieses … Knechtschaft am angeschlossen  erwartete über der Zeile mit Einfügungszeichen   ursprüngl . Ab­satz­ende angeschlossen und auf dem Rande fortgesetzt  9 dieses Geschenk , das] (1) auf diese geschenkte isolirte Sicherheit , auf die An (2) Text  : (dieses Geschenk aus diese geschenkte) , das (aus die)  11 der Besiz eines] (1) dem (2) auf unter der Zeile (3) Text (unter der Zeile mit Einfügungszeichen)   12 Landes ,] Landes /   13–15 sind die … hat] (1) ist der Anspruch den das Göttliche auf 〈 i h 〉 Verehrung macht (2) Text  : (sind die Ansprüche die aus ist der Anspruch den) das Göttliche auf Verehrung hat (über der Zeile)  15 der1] folgt gestr  : Ver   16 jener] folgt gestr  : eine   17 diese] folgt gestr  : ei   23 Alles aus ?  was1 aus war , folgt gestr  : da  war] davor gestr  : da  und über der Zeile  was3 aus d  

50

36v

36v

berner manuskripte · geschichte israels

Zelt hatte , zeigte er den Israeliten nur Feuer und Wolken , die in immer neu sich entwikelndem unbestimmtem Spiele den Blik beschäftigen , ohne ihn in einer Form zu fixiren . Da alles lebendige für Juden schlechterdings nur Objekt war , so konnten sie von dem Genuß durch Anschauen und Gefühl der Schönheit , und der dadurch geschehenen Vergöttlichung des Objekts gar nichts ahnen  ; ein Götterbild war ihnen eben roher Stein oder Holz – sie sehen nicht , | sie hören nicht u . s . w . mit dieser Litanei dünkten sie sich wunderbar weise . Selbst das Antliz Mosis , der der hohen Anschauung gewürdigt worden war , mußte von da an vor den Israeliten verhüllt werden . Wenn auch keine Gestalt für Empfindung , so mußte der Andacht doch die Richtung und eine einschliessende Umgränzung gegeben werden – Moses gab dieß durch das Zelt im Allerheiligsten –

Text 48

Zelt hatte , zeigte er den Israeliten nur Feuer und Wolken , die in immer neu sich entwikelndem unbestimmtem Spiele den Blik beschäftigen , ohne ihn in einer Form zu fixiren . Ein Götterbild ist ihnen eben Stein oder Holz – es sieht nicht , | es hört nicht u . s . w . mit dieser Litanei dünkten sie sich wunderbar weise , und verachten es weil es sie nicht behandelt , und ahnden nichts von seiner Vergöttlichung in der Anschauung der Liebe , und im Genuße der Schönheit .

5

10

15

Wenn keine Gestalt für Empfindung , so mußte der Andacht , der Verehrung eines unsichtbaren Objekts doch die Richtung und eine dasselbe einschliessende Umgränzung gegeben werden – Moses gab sie durch das Allerheiligste des Zeltes , und des nachherigen Tempels . Pompejus mag sich wohl sehr

20

25

1 nur nachtr .   2 in] folgt gestr  : se   3 ent­w ikeln­dem] folgt gestr  : form ­l [osem]   7 Objekt war] (1) 30 ein Objekt seyn konnte (2) Text (war auf dem Rande angeschlossen)   13 nicht , auf dem Rande an­ geschlossen   16 der1 gestr . und wiederhergestellt  ; folgt gestr  : Ansatz zu h  hohen auf dem Rande ange- 30 schlossen   22 Richtung] folgt gestr  : gegeben wer   eine] folgt gestr  : Um   5 Ein aus ein   6 ist über nicht gestr . war   6–7 es sieht] (1) sie sehen (2) Text  : (über der Zeile  : es) sieht (aus sehen)   7 es hört] (1) sie hören (2) Text  : (über der Zeile  : es) hören (aus hört)   9–13 weise , (aus weise .) und … Schönheit . am ursprüngl . Ab­satz­ende angeschlossen und auf dem Rande fortgesetzt  9 35 und verachten es über der Zeile mit Einfügungszeichen  11 der aus den   12 im] zuerst  : dem  21–22 35 der Verehrung … doch auf dem Rande angeschlossen   22 unsichtbaren über der Zeile mit Einfügungs25 gab] folgt gestr  : sie i   sie auf zeichen  23 dasselbe] am Rande  : (1) das Obj . (2) Text (aus das)   dem Rande angeschlossen  25–26 Allerheiligste] Allerheiligsten   26–27 des Zeltes , … Tempels[ .] über der Zeile angeschlossen und auf dem Rande fortgesetzt   27–51,12 Pompeius mag … fand . am

Text 48

abraham in chaldäa gebohren …51

5

10

15

20

Und sonst sollte an das Nichts-Seyn des Menschen , und an das wenige durch Gunst erhaltner Existenz bei jedem Genuß , bei jeder menschlichen Thätigkeit erinnert werden . Als Zeichen des göttlichen Eigen­thums­rechtes , und als Antheil muß von jedem Erzeugnisse , oder gebohrnem und gezognem , ein Theil abgegeben , die Erstgeburt ausgelöst werden , der Körper , der ihnen verliehen war , und ihnen nicht eigentlich zugehörte , rein , wie die Kleidung

verwundert haben , als er sich dem innersten des Tempel genähert , dem Mittelpunkte der Anbetung , und in ihm die Wurzel des NationalGeistes , wohl die belebende Seele dieses ausgezeichneten Volkes in einem Mittelpunkte zu erkennen , auch ein Wesen für seine Andacht etwas sinnvolles für seine Ehrfurcht zu erblikken gehoft hatte und bei dem Eintritt in das Ge­heimnis in Ansehung des leztern getaüscht , und jenes in einem leeren Raume fand . Und sonst sollte an das Nichts-Seyn des Menschen , und an das wenige durch Gunst erhaltner Existenz bei jedem Genuß , bei jeder menschlichen Thätig­ keit erinnert werden . Als Zeichen des göttlichen Ei­gen­thums­rechtes  , und als An­theil muß von jedem Erzeugnisse des Bodens an Gott der Zehente entrichtet werden , alle Erstgeburt gehörte ihm  ; die menschliche konnte ausgelöst werden . Der Körper , der nur ver­ liehen war , und ihnen nicht eigent­lich

25

… der1] (1) werden , (2) werden . Der (3) Text (am Rande mit Verweiszeichen , bis Bl 37r geschrieben  : die Erstgeburt … werden , ) der (aus Der)  ausgelöst] davor gestr  : gelö   23 war ,] folgt gestr  : rein   24 rein] folgt gestr  : erhalten  

15 jedem aus jeder   19 von] folgt gestr  : d   21–22 die Erstgeburt 25 14 an über der Zeile  

30

Rande , vor dem Text der vorhergehenden Notiz   2–3 dem Mittelpunkte der Anbetung[ ,] über der 4 NationalGeistes über gestr . Volkes   wohl über der Zeile   5 be30 Zeile und auf Bl 37r fortgesetzt   lebende unter gestr . leb  dieses aus des   6 in einem Mittelpunkte über der Zeile   7 erkennen , ] folgt gestr  : für sich selbst   7–8 für seine Andacht unter der Zeile   8 etwas aus einen?  9 gehoft hatte unter gestr . hofte , zw   10 und bei … Geheimnis] (1) – als er einen leeren Raum fand (2) Text 35 (über der Zeile  ; Gedankenstrich vers . nicht gestr .)   das Geheimnis] (1) d . Allerh (2) Text  : das (aus d .) 11 leztern getaüscht] lezterngetaüscht mit Trennstrich  20–21 des Bo35 ­Geheimnis unter der Zeile   dens … werden , über der Zeile angeschlossen und auf dem Rande (bis Bl 37r) fortgesetzt  21 werden ,] werden  alle] davor gestr . die E   22 ihm über gestr . seyn   menschliche konnte] menschliche 〈 u n 〉 konnte unter einer Randnotiz der Erststufe , vgl . 51,21–22  23 der über der Zeile  23–24 nur verliehen war , unter der Zeile  

52

37r 37r

berner manuskripte · geschichte israels

eines Bedienten , gehalten werden , und jede Verunreinigung ausgesöhnt , d . h . durch das Hingeben | einer Sache anerkannt werden , daß die Veränderung des fremden Eigen­thums eine Anmassung und unrechtmässig war , und daß ihm überhaupt kein Eigen­thum zukommt .

Wie das israelitische Volk nur theil­weise sich gab , und was es dadurch mehr nur bezeichnete , das war ein Stamm derselben ganz  ; nemlich ein völliges Ei­ gen­thum ihres Gottes , die denn auch

Text 48

zugehörte , muß rein gehalten werden , wie der Bediente die Livree , die ihm der Herr gibt , rein zu erhalten hat , jede Verunreinigung ausgesöhnt , d . h . durch das Hingeben irgend | einer Sache die der Israelit sein nannte anerkannt werden , daß die Ver­änderung des fremden Eigen­thums eine Anmassung und unrechtmässig war , und daß ihm überhaupt kein Ei­gen­thum zukommt . Was ihm aber ganz zugehörte , ihm ganz heilig war , wie manche über Feinde gemachte Eroberungen und Beute , in dessen völligen Besiz wurde er dadurch gesezt , daß es vernichtet wurde . Wie das israelitische Volk nur theilweise sich gab , und als was es sich im allgemeinen bezeichnete , das war ein Stamm derselben ganz  ; nemlich ein völliges , aber dienendes Eigenthum

5

10

15

20

25

3 das Hingeben] unter der Zeile gestr  : eine Handlung 〈〈  , 〉〉  7–8 zukommt .] folgt gestr  : Was   17 Wie aus Was   19 war aus ware   ein] folgt gestr  : ga   21 denn] folgt auf dem Rande gestr . , ohne erkennbare Zuordnung  : der   1 muß über der Zeile  werden auf dem Rande angeschlossen , mit Einfügungszeichen  2–3 wie der … hat , auf dem Rande angeschlossen  2 die1 über gestr . seine   3 rein] davor gestr  : saub   5 irgend auf dem Rande angeschlossen  ; darunter gestr  : eine Handlung   6 die der … nannte] (1) über der Zeile  : die ich mein nannte (2) Text  : die (der Isr . nochmals eine Zeile höher , am oberen Rande) sein (aus mein) nannte   10–16 zukommt . Was … wurde .] (1) zukommt . Was (2) zukommt(  ; aus Punkt) (auf dem Rande angeschlossen  : daß sie vielmehr das Ei­gen­thum (aus Ei­gen­thums) ihres Unendlichen gab , der ihnen doch aus Gnade einen Theil ihrer selbst 〈 aus G 〉 ließ , und diß Geschenk sicherte  ; (einige Zeilen tiefer , den Zusammenhang der Randnotiz unterbrechend , mit Verweiszeichen  : von (über der Zeile  ; Ms  : vom) welchem ärmlichen Theil sie noch Steuern abgeben mußten) (3) Text  : zukommt . (Ms  : zukommt  ;) ( Was ihm … wurde . auf dem Rande , unter dem Vorhergehenden)  12 war ,] folgt gestr  : Ansatz zu d?  manche] (1) das Manche (2) Text (aus Manche)  14 Beute ,] folgt gestr  : dessen Zustand war die völlige Vernichtung  16 wurde .] wurde /   18–19 als was … allgemeinen] (1) was es (2) Text  : (über der Zeile  : als) was es (sich im allgem .)   21 völliges , aber dienendes über der Zeile  ; aber nachtr .  

25 30

30

35 35

Text 48

5

10

15

20

abraham in chaldäa gebohren …53

ganz nur vom Herrn g­ enährt wurden , unmittelbar seine Haushaltung besorgten , seine Einnehmer und Hausdienerschaft ausmachten , seine Rechte zu behaupten hatten und von Besorgern der niedrigsten Dienste bis zum unmittelbaren Minister in verschiedenem Range aufstiegen . Lezterer selbst , war nicht Bewahrer des Geheimnisses , nur der geheimen Dinge , so wenig , als die übrigen Priester etwas anders als den Dienst lehren konnten . Das Geheimnis selbst war etwas durchaus fremdes , in das kein Mensch eingeweiht , von dem er nur abhängen konnte  ; und die Verborgenheit des Gottes im Allerheiligsten hat einen ganz andern [Sinn] | als das Geheimnis der Eleusinischen Götter . Von den Bildern , den Gefühlen , der Begeisterung und Andacht zu Eleusis ,

ihres Gottes ,1 welche Diener denn auch ganz nur vom Herrn genährt wurden , unmittelbar seine Haushaltung besorgten , seine Einnehmer im ganzen Lande und Hausdienerschaft ausmachten , seine Rechte zu behaupten hatten und von Besorgern der niedrigsten Dienste bis zum unmittelbaren Minister in verschiedenem Range aufstiegen . Lezterer selbst , war nicht Bewahrer des Geheimnisses , nur der geheimen Dinge , so wenig , als die übrigen Priester etwas anders als den Dienst lernen und lehren konnten . Das Geheimnis selbst war etwas durchaus fremdes , in das kein Mensch eingeweiht , von dem er nur abhängen konnte  ; und die Verborgenheit des Gottes im Allerheiligsten hat einen ganz andern [Sinn] | als das Geheimnis der Eleusinischen Götter .   Am Rande  : was dienen sollte , in dessen vollständigen Besizstand – die Vernich­ tung , – konnte der Herr nicht kommen , es mußte doch noch wenigstens eine Vegetation behalten . 1

25

1 vom Herrn] (1) (von Ms  : vom) dem lebten , was dem Herrn gehörte (2) Text (dem vers . nicht gestr .)  2 unmittelbar seine] (1) (auf dem Rande angeschlossen  : seine) unmittelbare (2) Text (un­m ittel­ bar aus unmittelbare)   4–5 seine … hatten am Rande mit Verweiszeichen  5 Besorgern aus Besor30 ger   8 Lezterer] (1) Der lezte (2) Text (aus lezte)  15–16 Verborgenheit aus v   16–17 im Aller18 das Geheimnis] (1) die Verborgenheit (2) Text  : 30 heiligsten unter der Zeile mit Einfügungszeichen   das (aus die) Geheimnis (über der Zeile)  19 Bildern ,] folgt gestr  : vo  Gefühlen ,] folgt gestr  : und   1 welche Diener über der Zeile  ; nochmals darüber , gestr  : diese Di[ener]   denn zusätzlich über der Zeile 4 im ganzen Lande über der Zeile mit Einfügungszeichen   13–14 lernen und lehren] (1) wiederholt   21–25 was dienen … behalten . am Rande mit Verweis35 lehren (2) Text (auf dem Rande angeschlossen)   21 was] folgt gestr  : noch   21–23 sollte , in … Herr] (1) soll , muß noch wenigstens eine 35 zeichen   ( folgt unter der Zeile , gestr  : der nachtr . davor , etwas tiefer  : in) Vegetation übrig behalten , und konnte also nicht (a) in (b) in den (2) Text  : sollte , (aus soll , ) in dessen vollständigen (aus B) Besizstand – die Vernichtung , – (konnte der Herr aus konnten den Herrn  ; Ms  : Herrn)  

37v 37v

54

berner manuskripte · geschichte israels

von diesen Offen­bah­r un­gen des Gottes war keiner ausgeschlossen , gesprochen durfte von ihnen nicht werden , denn sie würden durch Worte entweiht  ; von ihren Dingen , und Handlungen , und den Gesezen ihres Dienstes konnten die Israeliten wohl schwazen , 5 B . 30 ,11 , denn daran ist nichts heiliges , das heilige war ewig ausser ihnen , ungesehen und ungefühlt .

Text 48

Von den Bildern , den Gefühlen , der Begeisterung und Andacht zu Eleusis , von diesen Offen­bah­r un­gen des Gottes war keiner ausgeschlossen , gesprochen durfte von ihnen nicht werden , denn sie würden durch Worte entweiht  ; von ihren Dingen , und Handlungen , und den Gesezen ihres Dienstes konnten die Israeliten wohl schwazen , 5 B . 30 ,11 , denn daran ist nichts heiliges , das heilige war ewig ausser ihnen , ungesehen und ungefühlt . Die 3 grossen jährlichen Feste die gröstentheils mit Mahlzeiten und Tänzen gefeiert wurden , sind das mensch­ lichste in Moses Verfassung  ; aber sehr charakteristisch ist die Feyer jedes siebenten Tages  ; Sklaven muß diß Aus­ ruhen von der Arbeit willkommen seyn , ein Tag des Nichtsthuns nach 6  mühevollen Tagen  ; aber für sonst freie , lebendige Menschen , sich einen Tag in einer blossen Leerheit , in einer un­thä­t igen Einheit des Geistes zu halten , und die Zeit die sie Gott weihten , zu einer leeren Zeit zu machen , und dise Leerheit so oft widerkehren zu lassen , konnte nur dem Gesezgeber

5

10

15

20

25

30

1 des Gottes aus der Gotthe   3 von ihnen] (1) davon (2) Text  : von (aus davon) ihnen (über der Zeile)   3–4 denn sie würden] (1) damit sie nicht (2) Text  : denn (aus damit) (sie würden auf dem 30 Rande angeschlossen)   7 schwazen , ] Komma nach gestr . Komma   7–8 5 B . 30 ,11[ , ] am Rande mit Verweiszeichen im Text , aber ohne Gegenzeichen  10 ungefühlt .] danach in neuer Zeile mit Einzug  : für diese Knechtscha   35

10 30 ,11 ,] 30 ,11 /   13–55,7 Die 3 grossen … läßt . in der Randspalte , am oberen Rande beginnend  ; durch die in der vorhergehenden Notiz erwähnte Abgrenzungslinie wahrscheinlich an diese Stelle gesetzt  13–14 die 35 grösten­theils] (1) sind die m (2) Text (größtentheils aus m)   18 Sklaven] davor gestr  : für  20 seyn schräg nach oben geschrieben  21 aber] aber / aber   23 einer2 aus einem   24–25 halten aus z   25 und] folgt gestr  : ihren Gott   27 dise aus diß  Leerheit aus Leeh  28 dem aus einem  

Text 48

abraham in chaldäa gebohren …55

5

10

Die Erscheinungen bei der feierlichen Gesezgebung auf Sinai hatten alle Juden so betaübt , daß sie den Moses baten , sie Gott doch nicht mehr so nahe zu bringen , sondern er möchte nur allein mit ihm sich unterreden , und ihnen dann seine Befehle überbringen .

15

20

25

Bei dieser durchgängigen Passivität blieb ihnen ausser der Bezeugung ihrer Dienstbarkeit , nichts übrig , als das blosse , leere Bedürfnis , die physische | Existenz zu erhalten , und sie gegen diese Noth zu sichern . Diese erhielten sie dann auch , mehr wollten sie nicht  ; sie bekamen ein Land zu bewohnen , worin Milch und Honig floß  ; woraus sie die alten Einwohner vertilgen sollten  ;

eines Volkes einfallen , dem die traurige , ungefühlte Einheit das höchste [ist] , das das 7tägige Leben seines Gottes im neuen Leben einer Welt , seinem Gotte entgegensezt , es als ein fremdes Herausgehen aus sich betrachtet . und ihn darauf ausruhen läßt . Die Erscheinungen bei der feierlichen Gesezgebung auf Sinai hatten alle Juden so betaübt , daß sie den Moses baten , sie doch damit zu verschonen , sie Gott so nahe zu bringen , sondern er möchte nur allein mit ihm sich unter­ reden , und ihnen dann seine Befehle überbringen . Bei dieser durchgängigen Passivität blieb ihnen ausser der Bezeugung ihrer Dienstbarkeit , nichts übrig , als das blosse , leere Bedürfnis , die p­ hysische | Existenz zu erhalten , und sie gegen diese Noth zu sichern . Diese erhielten sie dann auch , mehr wollten sie mit ihrem Leben nicht  ; sie bekamen ein Land zu bewohnen , worin Milch und Honig floß  ; als ein sizzendes und aker-

13 dann über der Zeile   16 Bei] davor gestr  : Ausser de   durchgängigen Passivität] (1) Dienstbarkeit (2) Text (über der Zeile angeschlossen und auf dem Rande fortgesetzt  : (a) allge (b) durchgängigen Passivität)   17 ihnen gestr . und wiederhergestellt   18 übrig aus übrigens (über den Rand hinausgeschrieben)   19 30 blosse , leere] (1) über der Zeile  : blosse (2) Text (unter der Zeile)  21–22 Diese erhielten sie] (1) Diß 24 floß aus flou   25 30 geschah (2) Text  : Diese (aus Diß) (erhielten sie auf dem Rande angeschlossen)   sollten  ; über den Rand hinausgeschrieben   3 das1] darüber nochmals  : das  3–7 das 7tägige … läßt .] (1) seinen Gott selbst nach dem 7tägigen Leben in einer Welt (2) das 7tägige (Ms  : 7tägigen) Leben (seines Gottes über der Zeile) im (aus in) 35 neuen Leben einer Welt , (a) wieder 〈 z u sr 〉 〈 i n s 〉 als eine Arbeit 〈 d 〉 vorstellt , (b) (unter diesem Absatz 35 mit Verweiszeichen  : 〈 dem 〉 seinem Gotte entgegensezt , es als ein (aus einen) fremdes Herausgehen aus sich betrachtet〈  , 〉 .) und ihn darauf (unter der Zeile  : aus)ruhen läßt .   11–12 doch damit … sie am 25–57,14 Rande mit Verweiszeichen und Abgrenzungslinie  22–23 mit ihrem Leben über der Zeile   als ein … sie am Rande mit Verweiszeichen  25 als] davor gestr  : sie wollten es  ; über der Zeile nochmals , gestr  : als  

38r

38r

56

berner manuskripte · geschichte israels

es rettet auch hier noch zum Theil die Ehre der menschlichen Natur der Umstand , daß sie , wenn auch ihr innerster Geist sich verkehrt , und in Haß verwandelt hat , sie ihr ursprüngliches Wesen , doch nicht ganz verleugnet , und ihre Verkehrtheit nicht völlig konsequent , nicht ganz durchführt  ; die Israeliten liessen doch eine Menge der Bewohner , zwar geplündert und als Sklaven , doch leben –

Text 48

bauendes Volk ­wollten sie nun das Land als Eigen­thum besizen das ihre Väter schlechterdings nur als Hirten durchziehen wollten , bei welcher Lebensart sie die im Lande in Städten sich sammelnden aufkeimenden Völker doch ruhig lassen konnten , welche auch sie das unbebaute Land ruhig abweiden liessen , und als sie nicht mehr um sie herum zogen , noch ihre Gräber ehrten  ; als solche Nomaden kamen ihre Nachkommen nicht zurük  ; sie waren dem Schiksal unterlegen , gegen das ihre nomadische Voreltern so lange angekämpft hatten , und durch welchen Widerstand sie ihren Dämon und den Dämon ihres Volkes nur immer mehr verbittert hatten . Sie verliessen zwar die Lebensart ihrer Voreltern , aber wie hätte ihr Genius aus ihnen weichen sollen  ? er mußte um so mächtiger und entsezlicher in ihnen werden , da mit veränderten Bedürfnissen eine Hauptscheidewand zwischen ihren Sitten und den Sitten anderer Völker wegfiel  ; und

5

10

15

20

25

1–3 es rettet … Umstand] (1) zur Ehre der menschlichen Natur muß hier bemerkt , (2) Text  : (auf dem Rande angeschlossen  : es rettet auch hier noch zum Theil) die (über der Zeile) Ehre der menschlichen Natur (der Umstand über der Zeile)  3–7 sie , wenn … Verkehrtheit] (1) sie ihre Verirrungen 30 (2)  Text  : sie (darüber gestr  : selbst) , (wenn auch … Verkehrtheit auf dem Rande angeschlossen)  3 ihr] folgt gestr  : rei  3–4 innerster Geist] (1) innerstes Wesen (2) Text  : innerster (aus innerstes) Geist über 30 der Zeile   5 sie nachtr . am Zeilenanfang   7 völlig] über der Zeile  : (1) ganz (2) Text  8 nicht über der Zeile mit Einfügungszeichen  ; vers . vor das davorstehende Komma verwiesen  9 doch aus e   2 Ei­gen­thum] Ei­gen­th  .   2–7 das ihre … konnten mit Verweiszeichen über dem Beginn dieser Rand­ bemerkung   2 das] (1) in dem (2) Text (aus dem)  7–12 welche auch … zurük[  ;] in vier Halbzeilen 35 am unteren Rande mit Verweiszeichen  ; die letzte Halbzeile in die Textspalte geschrieben   12–18 sie waren 35 … verliessen am Rande mit Verweiszeichen , bis ver-( liessen) über , von (ver-)liessen zwar bis hieß sie (57,14 ) unter zwei Randnotizen der Erststufe , durch Verweiszeichen verbunden  13 Schiksal] folgt über der Zeile gestr  : das   gegen aus dagegen  14 ihre] folgt gestr  : Vor   15 welchen aus welches   22 da] folgt gestr  : sie   24 ihren] folgt gestr  : und den  

Text 48

abraham in chaldäa gebohren …57

5

10

15

20

25

30

Diejenigen , die der Tod in der Wüste das versprochene Land nicht erreichen ließ , hatten ihre Bestimmung , die Idee ihres Daseyns nicht erfüllt  ; denn ihr Le­ben war einem Zwekke untergeordnet , nicht ein für sich selbst bestehendes , sich genügsames – und ihr Tod

keine andere Macht zwischen der Vereinigung mit ihnen mehr stand , als ihr Gemüthe allein  ; die Noth machte sie zu Feinden , aber die Feindseligkeit durfte nicht weiter als die Noth gehen , nicht über die Erzwingung der Niederlassung unter den Canaanitern  ; die Verschiedenheit der Lebensart der Hirtenvölker und der Akker­bauer war weggefallen  ; wodurch die Menschen einig sind , ist ihr reiner Geist  ; was die Juden von den Canaanitern schied , war ihr Geist allein  ; dieser Dämon des Hasses hieß sie die alten Einwohner ganz zu vertilgen  ; es rettet auch hier noch zum Theil die Ehre der menschlichen Natur der Umstand , daß sie , wenn auch ihr innerster Geist sich verkehrt , und in Haß verwandelt hat , sie ihr ursprüngliches Wesen , doch nicht ganz verleugnet , und ihre Verkehrtheit nicht völlig konsequent , nicht ganz durchführt  ; die Israeliten liessen doch eine Menge der Bewohner , zwar ge­plündert und als Sklaven , doch leben – Diejenigen , die der Tod in der Wüste das versprochene Land nicht erreichen ließ , hatten ihre Bestimmung , die Idee ihres Daseyns nicht erfüllt  ; denn ihr Leben war einem Zwekke untergeordnet , nicht ein für sich selbst bestehendes , sich genügsames – und ihr Tod

35 28 ließ über den Rand hinausgeschrieben   28–29 Bestimmung , … nicht erfüllt] (1) Bestimmung nicht

erfüllt , die Idee ihres Daseyns nicht erreicht , (2) Text  : Bestimmung[ , ] die Idee ihres Daseyns nicht 30 Zwekke aus z   35 erfüllt (aus Komma)   6 nicht] folgt gestr  : wie   der gestr . und wiederhergestellt  10 weggefallen aus g  wodurch aus worin   14–15 ganz zu über der Zeile  

58

berner manuskripte · geschichte israels

konnte daher nur als Strafe angesehen werden .

38v

38v

Vom Kriegsdienste , waren alle frei , die ihr neugebautes Haus noch nicht bewohnt , vom neuangelegten Weinberg noch keine Trauben gegessen , mit der Braut noch nicht Hochzeit gemacht hatten – denn sie , denen ihr Leben izt bevorstand , hätten thörigt gehandelt , | für die Wirklichkeit die ganze Möglichkeit , die Bedingung des Lebens zu wagen  ; es ist widersprechend , für Ei­gen­thum und Existenz , diß Ei­ gen­thum und diese Existenz selbst aufs Spiel zu sezen  ; nur hetero­genes kan für einander aufgeopfert werden  ; Ei­gen­ thum und Existenz nur für Ehre , Freiheit oder Schönheit , für etwas ewiges  ; aber an irgend einem ewigen hatten die Juden keinen Theil  ; es war weit , weit weg von ihnen . Moses versiegelt seine Gesezgebung mit einer orientalisch-schönen ­Drohung des Verlustes alles Genusses und alles Glüks  ; er hatte in seinem Staate keine physische Macht angeordnet , das Joch festzuhalten , denn dem knechtischen Geiste hatte er leicht die Vorstellung seiner selbst , das heißt den Schrekken vor der ­phy­sischen Macht gegeben  .

Text 48

konnte daher nur als ein Übel und wo alles unter einem Herrn steht , nur als Strafe angesehen werden . Vom Kriegsdienste , waren alle frei , die ihr neugebautes Haus noch nicht bewohnt , vom neuangelegten Weinberg noch keine Trauben gegessen , mit der Braut noch nicht Hochzeit gemacht hatten – denn sie , denen ihr Leben izt bevorstand , hätten thörigt gehandelt , | für die Wirklichkeit die ganze Möglichkeit , die Bedingung des Lebens zu wagen  ; es ist widersprechend , für Ei­gen­thum und Existenz , diß Ei­ gen­thum und diese Existenz selbst aufs Spiel zu sezen  ; nur hetero­genes kan für einander aufgeopfert werden  ; Ei­gen­ thum und Existenz nur für Ehre , Freiheit oder Schönheit , für etwas ewiges  ; aber an irgend einem ewigen hatten die Juden keinen Theil . Moses versiegelt seine Gesezgebung mit einer orientalisch-schönen ­Drohung des Verlustes alles Genusses und alles Glüks  ; er brachte vor den knechtischen Geist die Vorstellung seiner selbst , den Schrekken vor der physischen Macht .

5

10

15

20

25

30

4 waren aus war   frei aus b   5 nicht] folgt gestr  : ge-/   7 gegessen aus genossen   11 für die Wirklichkeit über der Zeile   12–13 Lebens] folgt gestr  : für  16 nur über der Zeile   19 ewiges gestr . und wiederhergestellt  21–22 es war … weg] es war (über der Zeile mit Einfügungszeichen) (a) weit weg 35 (b) weit , weit (über der Zeile) weg   24 Drohung] folgt gestr  : Komma  25 alles Genusses und] (1) des 35 Genusses und des G (2) Text (alles über der Zeile)   28 festzuhalten] fest­zu­haten  ; folgt gestr  : aber den 1 ein Übel über der Zeile   1–3 und wo … werden . am ursprüngl . Absatzende in drei Kurz­zeilen   26 er brachte vor auf dem Rande angeschlossen   26–27 den knechtischen Geist aus dem knechtischen

Text 48

5

10

15

20

abraham in chaldäa gebohren …59

Andre Reflexionen auf den mensch­ lichen Geist , andre Arten des Bewustseyns , Wahrheiten und Geseze (ausser etwa dem Gebot , sich nicht gelüsten zu lassen) | kommen unter den Religionsgesezen nicht vor , und Mendelssohn rechnet es seinem Glauben zum hohen Verdienst , daß in ihm keine ewige Wahrheiten geboten seyen , und diese Freiheit , das schäz­barste Gut des Menschen d a d u r ch so sehr respektirt worden sey . Aber wie hätten Schönheit diejenige ahnen können , die in allem nur Stoff sahen , diejenige Vernunft und Freiheit üben , die nur beherrscht wurden , oder beherrschten , diejenige nur auf die niedrige Unsterblichkeit , in der das Bewußtseyn des Individuums gerettet werden [sollte ,] hoffen , selbstständig beharren wollen , die auf Willens­f ähigkeit , auf Seyn selbst im

Andre Reflexionen auf den mensch­ lichen Geist , andre Arten des Bewust­ seyns , | kommen unter den Religionsgesezen nicht vor , und Mendelssohn rechnet es seinem Glauben zum hohen Verdienst , daß in ihm keine ewige Wahrheiten geboten seyen . Daß ein Gott ist , steht an der Spize der Staatsgeseze , und wenn man ein in dieser Form gebotenes eine Wahrheit nennen könnte so liesse sich freilich sagen , welche tiefere Wahrheit gibt es für Knechte , als die daß sie einen Herrn haben . Aber Mendelssohn hat Recht , jene nicht eine Wahrheit zu nennen , denn die Wahrheit ist etwas freies , das wir weder beherrschen , noch von ihm beherrscht werden  ; deswegen kommt das Daseyn Gottes nicht als eine Wahrheit vor , sondern als ein Befehl  ; von Gott sind die Juden durch und durch

Schrekken vor der physischen Macht fand  1 Reflexionen] davor gestr  : Re­f( lich als Kürzel)   4–5 9 seyen über gestr . seyen  und] folgt gestr  : daß 25 gelüsten zu lassen über den Rand hinausgeschrieben   dem Menschen darin   10 diese aus die   12 hätten] folgt gestr  : von   13 ahnen aus ä   14 dieje-

15 beherrscht] beherrschen aus beherrscht   16–17 diejenige nur über der 25 nige] diej über der Zeile  

30

Zeile  17 die niedrige über der Zeile  17–20 Unsterblichkeit , in … beharren] (1) Unsterblichkeit hoVen , die ein selbstständiges Beharren (2) Text  : Unsterblichkeit[ ,] (am Rande  : in der das Bewußtseyn des Individuums 〈 be 〉 gerettet werden) [sollte ,] hoVen (gestr . und wiederhergestellt) , (selbstständig beharren aus selbstständiges Beharren)  21 Willensfähigkeit ,] folgt über der Zeile gestr  : selb  Seyn]

2–3 Bewustseyns] im hier folgenden gestr . Text der Erststufe sind die beiden Wörter sich nicht 30 Geiste   vers . nicht gestr .   7–60,6 Daß ein … Freiheit .] (1) neben den vorhergehenden Zeilen  : Unter der Form von Wahrheiten , GlaubensSachen , erschien ihnen das nicht (aus Komma) was wir als Wahrheit bei ihnen finden  ; denn die ( folgt 16–60,6  : Wahrheit ist … Freiheit .) (2) Text (in der Randspalte rechts unten)  : Daß ein Gott … denn die s . oben  ; Fortsetzung im ursprüngl . Absatz  ; (Unter der … denn die 35 (Stufe (1)) vers . nicht gestr .)   9 man] folgt gestr  : jen  9–11 ein in … könnte] (1) diese Form eine Wahrheit nennt (2) Text  : (unter der Zeile mit Einfügungszeichen  : ein folgt gestr  : di) in (nachtr . am Zeilen­ anfang) dieser (aus diese) Form gebotenes (schräg nach unten geschrieben) eine Wahrheit nennen (aus nennt) könnte   11 liesse aus liessen   13 die über der Zeile   14 haben .] habe /  Mendelssohn] ­Men­delss  .   15 jene] (1) jenes Gebot (2) Text (aus jenes)  zu aus denn   nennen aus s   20 Be40 fehl  ;] folgt gestr  : als etwas   21 durch und durch unter der Zeile mit Einfügungszeichen  

39r 39r

60

39v

berner manuskripte · geschichte israels

Daseyn Verzicht ge­than hatten , und nur Fortdauer des Besizzes ihres Akkers durch einen ihrer Nachkommen , Fortdauer eines verdienst- und ruhmlosen Namens in einem von ihnen erzeugten wollten die sich durchaus k ­ eines über Speise und Trank erhobnes Lebens und Bewußtseyns freuten . Wie sollte es also ein Verdienst seyn , dasjenige nicht durch Einschränkung verunreinigt , was nicht vorhanden war , das frei gelassen zu haben , was man nicht kannte  ? Wie wenn Eski­maus sich eines Vorzugs über irgend einen Eu­ro |p  äer deswegen rühmen wollten , daß man bei ihnen vom Weine keine Accise bezahle , der Akker­bau nicht durch harte Auflagen erschwert werde .

Text 48

abhängig , und das von dem man abhängig ist , kan nicht die Form einer Wahrheit haben  ; denn die Wahrheit ist die Schönheit , mit dem Verstande vorgestellt , der negative Charakter der Wahrheit ist Freiheit . Aber wie hätten Schönheit diejenige ahnen können , die in allem nur Stoff sahen , diejenige Vernunft und Freiheit üben , die nur beherrscht wurden , oder beherrschten , diejenige nur auf die niedrige Unsterblichkeit , in der das Bewußtseyn des Individuums gerettet werden [sollte ,] hoffen , selbstständig beharren wollen , die auf Willensfähigkeit , auf Seyn selbst im Daseyn Verzicht gethan hatten , und nur Fortdauer des Besizzes ihres Akkers durch einen ihrer Nachkommen , Fortdauer eines verdienst- und ruhmlosen Namens in einem von ihnen erzeugten wollten , die sich durchaus keines über Speise und Trank erhobnes Lebens und Bewußtseyns freuten . Wie sollte es also ein Verdienst seyn , dasjenige nicht durch Einschränkung verunreinigt , was nicht vorhanden war , das frei gelassen zu haben , was man nicht kannte  ?

5

10

15

20

25

30

folgt gestr  : Verz aus v   1 Daseyn] folgt über der Zeile gestr  : sogar   1–6 hatten , und … wollten] (1) hatten – Wie sollte es also ein Verdienst seyn , dasjenige nicht durch (2) Text  : hatten , (und nur … wollten auf dem Rande angeschlossen)  3–4 Fortdauer] folgt gestr  : ihr   5 erzeugten] folgt gestr  : h   6 30 sich über der Zeile  keines aus kein   7 Lebens] davor gestr  : B   10 verunreinigt] folgt gestr  : haben   13 Eskimaus] (1) Irokesen (2) Text (auf dem Rande angeschlossen)  14 irgend 11 war über der Zeile   einen über der Zeile mit Einfügungszeichen   16 bezahle ,] folgt gestr  : oder daß   35

1–2 abhängig] abhänig   2 die Form einer] (1) als (2) Text  : unter der Zeile  : die Form (a) der (b) einer   4–5 mit dem Verstande vorgestellt] (1) verständig dargestellt (2) Text  : (mit dem über der Zeile) Ver- 35 stande (aus verständig) vorgestellt (aus dargestellt  ; vor über der Zeile)  5–6 der negative Charakter der Wahrheit] (1) ihre negative Eigenschaft ist (2) die (über der Zeile) negative Eigenschaft der Wahrheit (3) Text  : der (aus die) negative Charakter (über der Zeile) der Wahrheit  

Text 48

abraham in chaldäa gebohren …61

5

10

15

20

25

Auf eben die Art hat ein Gesez des ­mosaischen Staats mit den bürgerlichen Verhältnissen , die 2 berühmte Gesezgeber in ihren Republiken gründeten in dieser Rük­­sicht eine auffallende Ähnlichkeit , aber eine sehr verschiedne Quelle .  Um die Gefahr , womit der Freiheit die Ungleichheit des Reich­ thums droht , von ihren Staaten abzuwenden beschränkten Solon und Lykurg das Recht sein Ei­gen­thum zu erweitern , auf mancherlei Art , und manche Willkühr , die zu ungleichem Reich­ thum hätte führen können – Ebenso war im mosaischen Staate das Ei­gen­ thum einer Familie auf immer in dieser befestigt  ; wer aus Noth seine Habe und sich selbst verkauft hatte , tratt im grossen Jubeljahre wieder in seine Rechte ein , wer mehr Gut erworben

Wie wenn Eskimaus sich eines Vorzugs über irgend einen Euro |p  äer deswegen rühmen wollten , daß man bei ihnen vom Weine keine Accise bezahle , der Akker­bau nicht durch harte Auflagen erschwert werde . Auf eben die Art , wie hier eine gleiche Folge , das Freilassen von Wahrheiten aus dem entgegengesezten fließt , so hat in Rük­sicht auf die Unterordnung der bürgerlichen Rechte unter Staats­ge­seze eine Einrichtung des mosaischen Staats mit den Verhältnissen , die 2 berühmte Gesezgeber in ihren Republiken gründeten eine auffallende Ähnlichkeit , aber eine sehr verschiedne Quelle .  Um die Gefahr , womit der Freiheit die Ungleichheit des Reich­thums droht , von ihren Staaten abzuwenden hatte Solon und Lykurg die Rechte über Ei­gen­ thum auf mancherlei Art beschränkt und manche Willkühr aus­geschlossen , die zu un­g leichem Reich­thum hätte führen können – Ebenso war im mosaischen Staate das Eigen­thum einer Familie auf immer in dieser befestigt  ;

8 mo7 hat ein Gesez] (1) scheint eine (aus ein) bür (mit Ansatz zu g) (2) Text (hat über der Zeile)   saischen über der Zeile mit Einfügungszeichen  den aus der  10 Republiken] folgt gestr  : fi   10–11 30 gründeten über der Zeile mit Einfügungszeichen  11 eine über der Zeile  13–14 womit der Freiheit 15 30 die] (1) die der Freiheit aus (2) Text  : womit (über der Zeile) der Freiheit die (über der Zeile)   droht ,] folgt gestr  : abzu   16–18 beschränkten Solon … Art] (1) schränkte Solon das Recht … Art ein (2) Text  : (über der Zeile  : be)schränkten (aus schränkte) Solon (u . Lyk über der Zeile) das Recht … Art  17–18 erweitern ,] folgt gestr  : und   24 und über gestr . oder   sich] folgt gestr  : sich   26 mehr] folgt gestr  : (1) Gu (2) Aek (3) liegende  Gut] folgt gestr  : in d   35 35 7 Auf eben die am oberen Rande unter gestr  : Auch eben di   9 dem aus den   fließt] davor gestr  : f  

9–11 hat in … Staatsgeseze über der Zeile angeschlossen und auf dem Rande fortgesetzt  10 Unterord15 eine] davor vers . nicht nung über gestr . Verbindung  12 eine] ein  Einrichtung über der Zeile   gestr  : in dieser Rüksicht   19 hatte über der Zeile  20 die Rechte über] (1) das Recht sein (2) Text  : (die Rechte aus das Recht) über (über der Zeile)  21 beschränkt über der Zeile   22 ­ausgeschlossen]

39v

62

40r

40r

berner manuskripte · geschichte israels

hatte , kehrte in den alten Umfang seines Reich­thums zurük  ; Erbinnen | durften wie in Sparta und Athen nicht ausser ihrer Familie heu­ra­then , um diese nicht ärmer zu machen , und eine andre zu bereichern .1 Die Quelle dieses Gesezes in den griechischen Republiken war , weil durch die sonst entstehende Ungleichheit die Freiheit der Verarmten in Gefahr kommen , und sie in eine politische Vernichtung hätten gerathen können  ; bei den Juden , weil diese keine Freiheit und keine Rechte hatten , da sie alles nur als geliehen , nicht als Eigenthum besassen ,2 weil sie als Staatsbürger alle Nichts waren – jene Griechen sollten gleich seyn ,   Am Rande  : veraüsserlich war also eigentlich nur der Ertrag der Felder bis zur Zeit des Jubeljahres . 2  Am Rande mit Verweiszeichen  : 3 B . M . 25 ,23ff . u . v . 55 . ihr könnt nichts veraüssern , denn der Boden ist mein , ihr seyd bei mir Fremde , und Einheimische von fremder Nation .

Text 48

wer aus Noth seine Habe und sich selbst verkauft hatte , sollte im grossen Jubeljahre wieder in seine Sach-Rechte und sonst im 7ten Jahr in seine Personrechte eintretten , wer mehr Felder erworben hatte , in den alten Umfang seines AkkerBesizes zurükkehren  ;  | Wer aus einem andern Stamme , oder einem andren Volke , ein Mädchen , das keine Brüder hatte , und dadurch eine Güterbesizerin wurde , heirathete , trat dadurch in den Stamm und die Familie ein , zu welcher diese Güter gehörten , und einer Familie anzugehören hing also [weniger] von dem eigentlichsten , was ihm zukommt , von einem sonst unauslöschlichen Charakter , der

5

10

15

1

20

25

1 hatte ,] folgt gestr  : s   den] folgt gestr  : U   8 war ,] folgt gestr  : du (ohne u-Bogen)  8–9 sonst entstehende] (1) entstandende (2) Text  : sonst (auf dem Rande angeschlossen) entstehende (aus entstandende)   10 Gefahr] folgt gestr  : hätte   11 hätten] die zwei ersten Buchstaben vers . gestr .   14 hatten 30 aus hatte   14–15 sie alles … besassen] (1) ihnen alles nur geliehen war , (2) Text  : sie (Ms  : ihnen) alles nur als (über der Zeile) geliehen , nicht als Eigenthum besassen   17 jene] davor gestr  : die   30 ausgeschlossen über der Zeile   2–5 sollte im … ein­t retten] (1) tratt … ein , (2) Text  : (auf dem Rande angeschlossen  : sollte) im … eintretten[ ,] (aus ein  ; tretten unter der Zeile)  3 SachRechte] (1) Rechte (2) Text  : (über der Zeile  : Sach-)Rechte   4–5 und sonst … Personrechte über 35 der Zeile   4 im] in   7 AkkerBesizes unter der Zeile   8–63,2 Wer aus … ab . am Rande neben dem folgenden Absatz  ; dar­über gestr  : Alle sind (a) die wahren (b) wahre (aus wahren) Leibeigne , glebæ ad 35 scripti  ;    9 ein aus eine   11 Güterbesizerin] davor gestr  : Erbin   wurde ,] folgt gestr  : trat da   15 also] folgt gestr  : eigentlich   17–63,1 der Abstammung über gestr . der Geburt   〈 beschra 〉

Text 48

abraham in chaldäa gebohren …63

weil a l le frei , selbstständig  ; die Juden gleich , weil a l l e ohne Fähigkeit des Selbstbestehens bleiben sollten . 5

10

15

­Abstammung von gewissen Eltern , als von etwas empfangenem ab . Die Quelle dieser Geseze in den griechischen Republiken war , weil durch die sonst entstehende Ungleichheit die Freiheit der Verarmten in Gefahr kommen , und sie in eine politische Vernichtung hätten gerathen können  ; bei den Juden , weil diese keine Freiheit und keine Rechte hatten , da sie alles nur als geliehen , nicht als Eigen­thum besassen ,1 weil sie als Staatsbürger alle Nichts waren – jene Griechen sollten gleich seyn , weil a l le frei , selbstständig  ; die Juden gleich , weil a l le ohne Fähigkeit des Selbstbestehens waren . | so gehörte jeder Jude einer Familie an , weil er einen Antheil an ihrem Boden   Am Rande mit Verweiszeichen  : 3 B . M . 25 ,23ff . u . v . 55 . ihr könnt nichts veraüssern , denn der Boden ist mein , ihr seyd bei mir Fremde , und Einheimische von fremder Nation . 1

20

1 weil gestr . und wiederhergestellt  selbstständig] folgt gestr  : bleiben sollten   2 gleich auf dem Rande

25 25 angeschlossen  

30 30

35 35

40

1 von] (1) vom Besiz der Güter ab (2) Text (aus vom)  3 dieser Geseze aus dieses Gesezes   10 sie] ihnen  16 waren .] (1) bleiben sollten . (2) am ursprüngl . Absatzende angeschlossen und auf dem rechten und unteren Rande fortgesetzt  : waren . Die Unfähigkeit eines wahren (über der Zeile) Ei­gen­thums- (über der Zeile mit Einfügungszeichen  : und Veraüsserungs-)Rechts an Boden hinderte im jüdischen Staate 〈 auch 〉 nicht die Ungleichheit der Reichthümer , dieser Zwek hätte noch ganz andre Anstalten u . Geseze erfodert  ; denn (z . B . über der Zeile) diej . Isr . die noch das Nomadische Leben fortsezten , wie auch diej . die Raü­be­rei (aus Rau) trieben gelangten zu 〈 einem 〉 Reich­thümern , die (a) den Be­ sizun­gen (b) mit (über der Zeile) dem (aus den) Eigenthume (unter der Zeile) der übrigen ganz unverhältnismässig waren  ; (a) andrer Quellen (b) anderer (aus andrer  ; unter der Zeile  : ver?) Möglichkeiten der Ungleichheit 〈 n icht zu 〉 nicht zu (a) gedenken , gegen die alle keine Geseze (b) gedenken . 〈 Die 〉 Un­f [ähig­keit] war also nicht in der 〈 Absicht 〉 Rechtsgleichheit gegründet , sondern in der Gleichheit keine Rechte (zu haben zwei Zeilen höher , mit Einfügungszeichen) (3) Text ( folgt Verweiszeichen (gestr . ?) mit dem Hinweis pag . præc .  17–64,23 so gehörte … haben] Textanschluß durch Verweiszeichen und Notiz  : pag . seq .  ; Gegen­zeichen wahrscheinlich am unteren verderbten Rande  18 er] (1) ihm der Boden (2) darunter  : ein (3) Text  

39v

64

40r

berner manuskripte · geschichte israels

Das Gefühl dieser Gleichheit erregte die Empörung Dathans und Koras , welche den Vorzug , den Moses sich

Text 48

hatte , und diesen Boden konnte sie auch nicht ihr eigen nennen , er war ihr aus Gnade nur eingeraümt  ; die Unfähigkeit jedes Juden seine liegenden Gründe zu vermehren , war freilich nur ein Zwek des Gesezgebers und sein Volk scheint [sich] nie recht [daran] g­ ehalten zu haben  ; wenn sie in der Seele des Gesez­gebers zur Ursache die Absicht gehabt hätte , die Ungleichheit des Reich­thums zu verhindern , so hätten ganz andre Anstalten gemacht , viele andre Quellen der Ungleichheit verstopft werden , so hätte der grosse Zwek seiner Gesezgebung Freiheit der Bürger seyn müssen , ein Ideal einer Verfassung , dem kein Ton in Moses und seines Volkes Geiste entsprach – Die Unfähigkeit die liegenden Güter zu vermehren , war nicht eine Folge der Gleichheit der Rechte an Boden , sondern der Gleichheit gar keine Rechte an ihn zu haben | Das Gefühl dieser Gleichheit erregte die Empörung Dathans und Koras , welche den Vorzug , den Moses sich

5

10

15

20

25

26 den Vorzug den] (1) einen Vorzug Mo (2) den (über der Zeile) Vorzug den   30

1 diesen aus dieser   konnte] konnten   3 die] folgt gestr  : bezwekte   4 Unfähigkeit] folgt gestr  : d   5 Gründe aus Gründen   5–8 war freilich … haben] (1) (die freilich nur ein Zwek des Gesez­gebers war , und woran sich sein Volk nie recht gehalten zu haben scheint) (2) war (über der Zeile) freilich 30 nur ein Zwek des Gesezgebers , und sein Volk scheint (über der Zeile) [sich] nie recht [daran] gehalten zu haben auch war [sie] nicht eine Folge der Gleichheit der Rechte (über der Zeile  : an dem Boden) , sondern der Gleichheit , gar keine Rechte (über der Zeile  : an ihn) (a) zu haben (b) haben zu können . (c) zu haben (3) Text   8 wenn] folgt gestr  : d aus s   13 viele aus z  Quellen über den Rand hinaus 35 auf Bl 42r geschrieben   14 werden] folgt gestr  : müssen   14–16 so hätte … Bürger] (1) wenn (unter 35 der Zeile) der (aus die) grosse Zwek seiner Gesezgebung Freiheit der Bürger gewesen 〈 s 〉 wäre , ein Zwek (2) Text (so hätte unter der Zeile)   17–23 Verfassung , dem … haben am Zeilenende jeweils über den Rand hinaus auf Bl 42r geschrieben   17 dem] davor gestr  : (1) was (2) das   19 Unfähigkeit] Unfäh .   21–23 der Rechte … haben am unteren Rande  ; nur die obere Hälfte der Buchstaben lesbar  

Text 48

5

10

15

20

25

abraham in chaldäa gebohren …65

gab , den Vorzug , etwas zu bedeuten , inkonsequent fanden 4 . B . 16 ,3 . Jener Schein eines staatsrechtlichen Ver­hältnisses verschwand bei der | An­ sicht des Princips , aus dem jene Geseze geflossen waren  ; da die Beziehung der Juden als Staatsbürger aufeinander keine andre war , als die Gleichheit der Abhängigkeit aller von ihrem un­ sichtbaren Regenten und dessen sichtbaren Dienern und Beamten , also eigentlich gar keine Staatsbürgerschaft stattfand , und in jener Abhängigkeit die Bedingung aller politischen d . h . Frei­heitsGe­seze weggenommen war  , so konnte sich auch gar nichts , das einem innern Staatsrecht , einer Verfassung ähnlich sah , bei ihnen finden  ; wie in jeder Despotie die Frage nach einem innern Staatsrecht widersprechend ist – Auch nur bei einer solchen Form der gesellschaftlichen Verbindung konnte es gleichgültig seyn und unbestimmt bleiben , ob königliche Gewalt eingeführt würde , oder nicht  ; auf den Fall daß die Israeliten den Einfall hätten , wie andre Völker von einem König

gab , den Vorzug , etwas zu bedeuten , inkonsequent fanden 4 . B . 16 ,3 . Jener Schein eines innern staatsrechtlichen Verhältnisses verschwand bei der | Ansicht des Princips , aus dem jene Geseze geflossen waren  ; da die Be­ziehung der Juden als Staatsbürger aufeinander keine andre war , als die Gleichheit der Abhängigkeit aller von ihrem unsichtbaren Regenten und dessen sichtbaren Dienern und Beamten , also eigentlich gar keine Staatsbürgerschaft stattfand , und in jener Abhängigkeit die Bedingung aller politischen d  .  h  . Frei­heitsGe­seze weggenommen war , so konnte sich auch gar nichts , das einem innern Staatsrecht , einer gesezgebenden , ein Staatsrecht bestimmenden Gewalt ähnlich sah , bei ihnen finden  ; wie in jeder Despotie die Frage nach einem innern Staatsrecht widersprechend ist – Gerichte und Beamte (Schreiber) auch eine Art von beständigen Regenten (in den Haüptern der Stämme) oder nach Willkühr zufälliges Bedürfnis , oder durch Gewalt entstandene und verschwindende Anfüh-

30

1 den Vorzug , … be­deu­ten[  ,] am Rande mit Verweiszeichen  2 4 . B . 16 ,3 . am ursprüngl . Absatz­ende angeschlossen und auf dem Rande fortgesetzt   5 jene aus d   9 von aus vom   11 und] folgt gestr  : 14 die] davor gestr  : zugleich  politischen] 30 Verw  Beamten , ] folgt gestr  : so   13 in über gestr . mit   folgt gestr  : G   17 einem aus einer   23–24 und (über der Zeile) unbestimmt bleiben am Rande mit Ver­weis­zeichen  26 Israeliten] folgt gestr  : auch  

… Gewalt] Staats(recht , einer … Gewalt auf dem Rande angeschlossen)  17–18 gesez­geben­den mit Einfügungszeichen über gestr . Gewalt   22–66,2 23 eine] davor gestr  : Regierer   23–24 be35 Gerichte und … finden . auf dem Rande angeschlossen   24 Regenten] Regenten .   25–66,1 oder nach … ständigen über der Zeile mit Einfügungs­zeichen   Regierer] (1) und willkührliche Anführer und Regenten (2) Text (oder unter der Zeile)  26 durch über der Zeile  

35 3 innern über der Zeile   17–19 Staatsrecht , einer

40v 40v

66

berner manuskripte · geschichte israels

regiert zu werden , schrieb Moses nur einige sehr unbedeutende Vorsichts­ regeln  ; denn | für welche Rechte hatte ein Volk Gefahr zu fürchten , das keine hatte , und bei dem es nichts mehr zu unterdrükken gab , – welche Vor­theile hatte es von ihm zu erwarten , da für den Frieden alles geordnet war , und es nur im Fall eines Krieges einen An­ führer brauchte .

41r

41r

Moses erlebte die vollständige Ausführung seiner Gesezgebung nicht mehr  ; er starb zur Strafe einer einzigen Regung von Selbstthätigkeit in einem einzigen unbefohlnen Schlag . Er vergleicht die Art , wie die Juden ihr Gott durch ihn führte , 5 B . 32 ,11 . mit dem

Text 48

rer oder Regierer können und müssen sich finden . Auch nur bei einer solchen Form der gesellschaftlichen Verbindung konnte es gleichgültig seyn und unbestimmt bleiben , ob königliche Gewalt eingeführt würde , oder nicht  ; auf den Fall daß die Israeliten den Einfall hätten , wie andre Völker von einem König regiert zu werden , gab Moses nur einige Befehle , die ­theils so be­schaffen sind daß die königliche Macht sie nach Belieben befolgen konnte , oder nicht , theils sich auf die Gründung einer Konstitution einiger Volksrechte gegen die Könige auch nur im allgemeinen , gar nicht bezogen . denn | für welche Rechte hatte ein Volk Gefahr zu fürchten , das keine hatte , und bei dem es nichts mehr zu unter­d rükken gab , – Moses erlebte die vollständige Ausführung seiner Gesezgebung nicht mehr  ; welche wohl überhaupt in keiner Periode der israelitischen Geschichte in völ­l ige Kraft gekommen ist  ; er starb zur Strafe einer einzigen Regung der geringen Selbst­t hätig­keit in einem

5

10

15

20

25

1 schrieb] davor gestr  : schr   7 da] folgt gestr  : es   8 war , ] folgt gestr  : da es zu Verzehrung seiner   30 21 Moses] folgt gestr  : selbst   21–22 Ausführung] (1) Einführung (2) Text  : (auf dem Rande angeschlos­ sen  : Aus-)führung  24 Selbstthätigkeit in einem] (1) Selbstthätigkeit , eines (2) Text  : Selbst­thätig­ 30 keit in (auf dem Rande angeschlossen) einem (aus eines)  26 Art] davor gestr  : Führung   die Juden] (1) sie G (2) Text (auf dem Rande angeschlossen)  27 führte aus führt ,   5 B . 32 ,11 . am Rande   1 können und müssen] (1) ko (2) kan es und muß es (a) zum (b) geben (3) Text  : können (aus kan) und müssen (aus muß)   10 gab über der Zeile   10–17 Befehle , die … bezogen . auf dem rechten 35 Rande angeschlossen und auf dem unteren Rande fortgesetzt   10 Befehle über gestr . Geseze   11 theils] 35 (1) zum theil (2) Text (aus theil)  die aus s   13 theils] folgt gestr  : ga   15 einiger Volksrechte … Könige zwischen den Zeilen  die aus s folgt gestr  : gar ni   23–25 welche wohl … ist am Rande mit Ver­weis­zeichen   23 wohl über der Zeile mit Einfügungszeichen  25 ist  ;] ist /   26–27 der geringen über der Zeile  

Text 48

5

10

15

abraham in chaldäa gebohren …67

Benehmen des Adlers , der seine Jungen zum Fluge gewöhnen will  ; er schwingt beständig die Flügel über dem Neste , nimmt sie auch auf seine Flügel , und trägt sie auf denselben fort – Nur vollendeten die Israëliten dieses schöne Bild nicht , diese Jungen sind keine Adler geworden  ; sie geben eher im Ver­hältniß mit ihrem Gotte das Bild eines Adlers , der getaüscht Steine | erwärmte , ihnen seinen Flug vormachte , und [sie] auf seinen Flügeln mit sich in die Wolken nahm , deren Schwere aber nie zum Flug , deren geliehene Wärme aber nie zur Flamme des Lebens aufschlug .

20

25

30

Alle folgende Zustände des jüdischen Volks , bis auf den schäbigten , niederträchtigen laüsigten Zustand , in dem es sich noch heutigstags befindet , sind weiter nichts als Folgen und Entwiklungen ihres ursprünglichen Schiksals , von dem – einer unendlichen Macht , die sie sich unüberwindlich gegenüber sezten , sie mishandelt wurden , und so lang werden mishandelt werden , bis sie es durch den Geist der Schönheit aussöhnen und so durch die Versöhnung aufheben .

ein­zigen unbefohlnen Schlag  ; in dem Über­blik seines politischen Lebens vergleicht er die Art , wie die Juden ihr Gott durch ihn führte , 5 B . 32 ,11 . mit dem Benehmen des Adlers , der seine Jungen zum Fluge gewöhnen will  ; er schwingt beständig die Flügel über dem Neste , nimmt sie auch auf seine Flügel , und trägt sie auf denselben fort – Nur vollendeten die Israëliten d­ ieses 41v schöne Bild nicht , diese Jungen sind keine Adler geworden  ; sie geben eher im Verhältniß mit ihrem Gotte das Bild eines Adlers , der getaüscht Steine | erwärmte , ihnen seinen Flug vormachte , und [sie] auf seinen Flügeln mit sich in die Wolken nahm , deren Schwere aber nie zum Flug , deren geliehene Wärme aber nie zur Flamme des Lebens ­aufschlug . Alle folgende Zustände des jüdischen Volks , bis auf den schäbigten , niederträchtigen laüsigten Zustand , in dem es sich noch heutigstags befindet , sind weiter nichts als Folgen und Entwiklungen ihres ursprünglichen Schiksals , von dem – einer unendlichen Macht , die sie sich unüberwindlich gegenüber sezten , sie mishandelt wurden , und so lang werden mishandelt werden , bis sie es durch den Geist der Schönheit aussöhnen und so durch die Versöhnung aufheben .

35 5 fort – aus fort .   10 getaüscht unter der Zeile   11 seinen] folgt gestr  : Wo   11–12 auf seinen Flü35 geln über vers . gestr . sie   12 mit aus a   22 Volks , ] folgt gestr  : sind weiter nichts , als   30 sie] folgt

gestr  : sie (i-Punkt fehlt)   31–32 aussöhnen] folgt gestr  : werden   1–2 in dem … Lebens] auf dem Rande  : (1) am Ende seiner (2) Text  1 dem] der   2–3 vergleicht er] (1) Er vergleicht (2) Text (er über der Zeile)   4 5 B . 32 ,11 . am Rande  

41v

68

42r

42v

42r

42v

berner manuskripte · geschichte israels

Auf Mosis Tod folgte eine lange Periode der Abwechslung von Staatsunabhängigkeit , und von Unterwürfigkeit unter fremde Völker . Das Schiksal , durch Glük die Unabhängigkeit zu verlieren , | und durch die Unterdrükkung den Muth zu derselben wieder zu erhalten , diß gemeinschaftliche Schiksal aller Völker mußte als Schiksal des jüdischen Volkes zwei besondre Modi­ fikationen haben  a) daß der Übergang zur Schwäche im Zustande des Glüks als ein Übergehen zu einem Götterdienst , und der Muth sich aus der Unterdrükkung zur Unabhängigkeit emporzuringen , als eine Wiederkehr zu ihrem eigenthümlichen Gott erschien . Mit der Noth war der Geist der Feindschaft und der Verheerung von den Juden gewichen , ihr El Schadai , ihr Gott der Noth . Menschlichere Ge­ fühle stiegen in ihren Gemüthern auf , und damit giengen freundlichere Verhältnisse hervor  ; sie ahndeten schönere Geister und dienten fremden Göttern . Aber izt , in diesem Dienste selbst ­er­g riff sie ihr Schiksal  ; sie konnten nicht Verehrer nur Knechte dieser Götter werden , sie wurden nun abhängig von der Welt , die ihnen vorher entweder selbst , | oder ihrem Ideale unterwürfig war  ; und damit war ihre Kraft von ihnen gewichen , die nur auf

Text 48

Auf Mosis Tod folgte eine lange Periode der Abwechslung von Staatsunabhängigkeit , und von Unterwürfigkeit unter fremde Völker . Das Schiksal , durch Glük die Unabhängigkeit zu verlieren , | und durch die Unterdrükkung den Muth zu derselben wieder zu erhalten , diß gemeinschaftliche Schiksal aller Völker mußte als Schiksal des jüdischen Volkes zwei besondre Modi­ fikationen haben  a) daß der Übergang zur Schwäche im Zustande des Glüks als ein Übergehen zu einem Götterdienst , und der Muth sich aus der Unterdrükkung zur Unabhängigkeit emporzuringen , als eine Wiederkehr zu ihrem eigenthümlichen Gott erschien . Mit der Noth war der Geist der Feindschaft und der Verheerung von den Juden gewichen , ihr El Schadai , ihr Gott der Noth . Menschlichere Gefühle stiegen in ihren Gemüthern auf , und damit giengen freundlichere Verhältnisse hervor  ; sie ahndeten schönere Geister und dienten fremden Göttern . Aber izt , in diesem Dienste selbst er­g riff sie ihr Schiksal  ; sie konnten nicht Verehrer nur Knechte dieser Götter werden , sie wurden nun abhängig von der Welt , die ihnen vorher entweder selbst , | oder ihrem Ideale unterwürfig war  ; und damit war ihre Kraft von ihnen gewichen , die nur auf

5

10

15

20

25

30

Linke Spalte  :  1 Auf Mosis Tod] (1) Nach Mosis 〈 erf 〉 Tode (2) Text  : (am ursprüngl . Absatzanfang an- 35 geschlossen  : Auf) Mosis Tod (aus Tode)   4 Völker .] Völker /   5 Glük] folgt gestr  : (1) sich (2) den 35 Verlu   11–12 der Übergang … Zustande] (1) der Zustand (2) Text  : (über der Zeile  : der Übergang 24–25 sie ahndeten schönere Geister] zur Schwäche) im (unter der Zeile) Zustande (aus Zustand)   (1) ein schönerer Geist fieng in ihnen an zu wehen , (2) Text  : (über der Zeile  : sie ahndeten) (schönere Geister aus schönerer Geist)   26 izt] folgt gestr  : er   31 oder] folgt gestr  : in der Feindschaft  

Text 48

5

10

15

20

25

abraham in chaldäa gebohren …69

Feindschaft ruhte , und das Band ihres Staates hatte sich völlig aufgelöst  ; er konnte nie dadurch einen Halt haben , daß alle Bürger einen Halt hätten  ; nur dadurch konnten sie als in einen Staat vereinigt bestehen , daß alle von einem gemeinschaftlichen abhiengen , aber von einem gemeinschaftlichen , das nur ihnen wäre , allen Menschen entgegengesezt sey . (5 . B . M . 14 ,19 .20 . daß du auch nicht deine Augen auf­ hebest gen Himmel , und sehest die Sonne , den Mond , und die Sterne , das ganze Heer des Himmels , und fallest ab , und betest sie an , welche der Herr dein Gott verordnet hat a l l e n Völkern unter dem ganzen Himmel  ; euch aber hat der Herr angenommen .) |

Feindschaft ruhte , und das Band ihres Staates hatte sich völlig aufgelöst  ; er konnte nie dadurch einen Halt haben , daß alle Bürger einen Halt hätten  ; nur dadurch konnten sie als in einen Staat vereinigt bestehen , daß alle von einem gemeinschaftlichen abhiengen , aber von einem gemeinschaftlichen , das nur ihnen wäre , allen Menschen entgegengesezt sey . (5 . B . M . 14 ,19 .20 . daß du auch nicht deine Augen auf­ hebest gen Himmel , und sehest die Sonne , den Mond , und die Sterne , das ganze Heer des Himmels , und fallest ab , und betest sie an , welche der Herr dein Gott verordnet hat a l l e n Völkern unter dem ganzen Himmel  ; euch aber hat der Herr angenommen .) Durch fremden Götterdienst wurden sie zwar noch keinem einzelen der ­Geseze , die wir Staatsgeseze nennen , ungetreu , aber dem Princip ihrer ganzen Gesezgebung und Staats ungetreu und ganz consequent war daher ein Verbot der Abgötterei , eines ihrer ersten und am meisten verpönten Geseze . Durch die Vermischung mit andern Völkern , durch Bande der Ehe , der

30

1 das] folgt auf dem Rande angeschlossen , gestr  : ohnehin lokre   3 haben aus ei   4 daß] folgt gestr  : 30 die S   hätten  ;] (darüber gestr  : n?) folgt gestr  : denn sie konnten in keinem Fall auf sich bestehen  ;   10

sey . über gestr . wäre   5 . B . M . 14 ,19 .20] s . Anm .   11 daß] davor gestr  : ihr sollt   du] folgt gestr  : nicht   15 an ,] folgt gestr  : den  

… Geseze . neben dem ursprüngl . Absatzende auf dem Rande , erst nach der Ergänzung 27–71,19 notiert  20 sie] (1) dem vielleicht (2) Text (über der 22 Princip ihrer] (1) ganzen Princip ihres ganzen Staats und ihrer 35 Zeile)  einzelen über der Zeile   (2) Text (ihrer aus ihres)  27–71,19 Durch die Vermischung … ihnen .] ( Durch die Vermischung … Art am ursprüngl . Absatzende angeschlossen und auf dem unteren Rande fortgesetzt) (eines nicht knechtischen … ihnen . mit Verweiszeichen und Hinweis pag . præc . angeschlossen)   28 Ehe , ] Ehe 〈 oder 〉  

35 10 5 . B . M . 14 ,19 .20] s . Anm .   19–26 Durch fremden

70 42r

42v

berner manuskripte · geschichte israels

Text 48

Freundschaft , durch jede Art | eines nicht knechtischen sondern freund­ schaftlichen Zusammenlebens entwikelte sich ein gemeinschaftliches zwischen ihnen , sie geniessen zusammen der Sonne , sie blikken zusammen zum Monde und zu den Sternen auf , oder wenn sie auf ihre Empfindung selbst reflektiren , so finden sie Bande , Empfindungen , in denen sie vereinigt sind  ; und indem sie jene Gestirne , mit ihrer Vereinigung in denselben , die Vorstellung der Empfindung , in der sie eins sind , also als ein lebendiges sich vorstellen , so haben sie Götter – Sowie die Seele der jüdischen Nationalität , das odium generis humani  , im geringsten nachließ , und freundlichere Dämo­nen sie mit Fremden einigten und über die Grenzen , die jener Haß stekte , hinübertrugen , so waren sie Überlaüfer , sie schweiften in das Gebiet eines Genußes , das nicht in gleicher Knechtschaft stand , wie ihr bisheriges , diese Erfahrung , daß ausser ihrem geschenkten Erbtheil noch Raum für etwas | wäre , das ein menschliches Gemüthe in sich aufnehmen könnte  ; diese

5

10

15

20

25

30

3–4 entwikelte sich ein unter gestr . entstand etwas   5–6 zusammen der unter gestr . Einer   10 sind  ;] folgt gestr  : wie m   11 jene aus s  ; folgt gestr  : gemeinsame  Gestirne , ] G verdeutlicht  ; folgt gestr  : 30 als ein gem   ihrer] (1) ihrer (2) der (über der Zeile) (3) Text  : ihrer (unter der Zeile  ; der vers . nicht gestr .)  12 denselben] davor gestr  : ihnen   die] (1) die (2) den (aus die) die (3) Text  14 also aus 15 Sowie die] (1) Die (2) Text  : Sowie (über der Zeile) die (aus Die)  16 der jüdischen unter als   gestr . ihrer   18 nachließ ,] folgt gestr  : so   19 sie] folgt gestr  : übe   mit] darüber gestr  : sie   19–21 und über … hinübertrugen , etwas tiefer , mit Verweiszeichen  21 so] davor gestr  : so  Über­laüfer ,] 35 folgt gestr  : die die   22–23 sie schweiften … Genußes] (1) die in das Gebiet eines Genußes schweif­ ten (2) Text  : sie (aus die) schweiften (über der Zeile) in das Gebiet eines Genußes (vers . nicht gestr  : schweiften)  23 das] davor gestr  : das  24 stand aus statt   ihr bisheriges über gestr . sie  24–25 diese Erfahrung] (1) sie lebten mit Fremden (2) sie konnten (unter der Zeile) mit Fremden leben (Ms  : lebten) , und die Erfahrung (3) Text   40

Text 48

abraham in chaldäa gebohren …71

5

10

15

20

25

Der Drukk erwekte wieder den Haß  ; und damit wachte ihr Gott wieder auf  ; ihr Trieb nach Unabhängigkeit war eigentlich Trieb nach Abhängigkeit von et­was eignem  . b .) diese Veränderungen , die andre Nationen oft nur in Jahrtausenden durch­lauffen , mußten beim jüdischen Volke so schnell seyn  ; jeder seiner Zustände war zu gewaltsam , als daß er

Erfahrung war ein Ungehorsam der Knechte , die ausser dem vom Herrn empfangenem noch etwas kennen , ihr eigen nennen wollen . Mit der Menschlichkeit , wenn sie auch rein sie empfinden konnten  , und nicht wieder Knechte des in seinem Ursprung freyen wurden , wich ihre Kraft von ihnen , es war nun ein Widerspruch [in] ihnen , wie hätten sie ihr ganzes Schiksal den alten Bund des Hasses auf einmal abschütteln , und eine schöne Vereinigung organisiren können  ? Sie wurden bald wieder zu jenem zurük gepeitscht  ; denn in dieser Auflösung ihrer Gemeinschaft , und ihres Staats wurden sie ein Raub Mächtigerer , ihre Vermischung mit andern Völkern wurde eine Abhängigkeit von ihnen . | Der Drukk erwekte wieder den Haß  ; und damit wachte ihr Gott wieder auf  ; ihr Trieb nach Unabhängigkeit war eigentlich Trieb nach Abhängigkeit von etwas eignem . b .) diese Veränderungen , die andre Nationen oft nur in Jahrtausenden durch­lauffen , mußten beim jüdischen Volke so schnell seyn  ; jeder seiner Zustände war zu gewaltsam , als daß er

30

30 20 erwekte] folgt gestr  : die f   Haß  ;] folgt gestr  : vermischen konnten   28 jeder] folgt gestr  : de  

1–2 der Knechte über gestr . gegen   2 Herrn aus ?  ; folgt gestr  : erha   10–13 den alten Bund … organisiren] (1) auf einmal abschütteln (a) können , (b) und zu einer schönen Vereinigung gelan35 gen können  ? (2) den Bund des Hasses abzuschütteln (über der Zeile , nicht weitergeführt) (3) Text  : (über der Zeile mit Einfügungszeichen  : den alten Bund des Hasses) auf einmal abschütteln , und (eine 13 wurden] folgt gestr  : 35 schöne aus einer schönen) Vereinigung organisiren (über der Zeile) können  ?   immer  14 zurük über der Zeile  17 sie] folgt gestr  : be  Mächtigerer ,] (1) der Mächtigern (2) Text (aus Mächtigern)  ; folgt gestr  : und geriethen in eine Abhängigkeit ,   19 ihnen .] folgt Verdoppelung der Anschlußwörter  : Der Druk u .s .w .  

43r 43r

72

43v

43v

berner manuskripte · geschichte israels

hätte lange anhalten können  ; der Zustand der Unab­h ängigkeit an allgemeine Feindschaft geknüpft konnte nicht festhalten , er ist zu sehr der entgegengesezte der Natur  ; der Zustand der Unabhängigkeit anderer Völker ist ein Zustand des Glüks , ein Zustand schönerer Menschlichkeit  ; der Z ­ ustand der Unabhängigkeit der Juden , sollte ein Zustand einer völligen Passi­v ität , einer völligen Häßlichkeit seyn . Weil ihre Unabhängigkeit ihnen nur | Essen und Trinken , eine dürftige Existenz sicherte , so war mit der Unabhängigkeit mit diesem wenigen auch alles verlohren , oder in Gefahr , es blieb nichts lebendiges mehr übrig , das sie sich erhalten und dessen sie sich hätten erfreuen [können ,] dessen Genuß sie manche Noth ertragen , vieles hätte aufopfern gelehrt  ; in dem Drukk kam das kümmerliche Daseyn unmittelbar in Gefahr , zu dessen Rettung sie losschlugen  ; sie konnten nicht , wie spätere Schwärmer sich dem Beile oder dem Hungertode hingeben , weil sie an keiner Idee sondern an einem thierischen Daseyn hiengen  ; aber diß thierische Daseyn war mit keiner schönen

Text 48

hätte lange anhalten können  ; der Zustand der Unabhängigkeit an allgemeine Feindschaft geknüpft konnte nicht festhalten , er ist zu sehr der entgegengesezte der Natur  ; der Zustand der Unabhängigkeit anderer Völker ist ein Zustand des Glüks , ein Zustand schönerer Menschlichkeit  ; der Zustand der Unabhängigkeit der Juden , sollte ein Zustand einer völligen Passivität , einer völligen Häßlichkeit seyn . Weil ihre Unabhängigkeit ihnen nur | Essen und Trinken , eine dürftige Existenz ­sicherte , so war mit der Unabhängigkeit mit diesem wenigen auch alles verlohren , oder in Gefahr , es blieb nichts lebendiges mehr übrig , das sie sich erhalten und dessen sie sich hätten erfreuen [können ,] dessen Genuß sie manche Noth ertragen , vieles hätte aufopfern gelehrt  ; in dem Drukk kam das kümmerliche Daseyn unmittelbar in Gefahr , zu dessen Rettung sie los­ schlugen   ; diß thierische Daseyn war nicht mit der schönern Form der Menschheit verträglich , die ihnen Freiheit gegeben hätte . |

5

10

15

20

25

30

2–4 an allgemeine … nicht] (1) war an allgemeine Feindschaft geknüpft und konnte nicht lange 30 dau-/ (2) Text  : an allgemeine Feindschaft geknüpft konnte (sich über der Zeile , gestr .) nicht   6 der Unabhängigkeit] (1) des Glüks (2) Text  : der (aus des) Unabhängigkeit (am Rande mit Verweis­ zeichen)  9 Unabhängigkeit] Unabh .   9–10 sollte ein Zustand] (1) der Zustand (2) Text (sollte ein über der Zeile  ; der vers . nicht gestr .)  11 seyn .] zuerst  : Seyn  ;   14–15 Unabhängigkeit] folgt gestr  : auch alles verlohren ,   18 erhalten aus i   19 erfreuen] folgt gestr  : können , darüber gestr  : fu (ohne 35 u-Bogen)  Genuß] davor gestr  : Geg   20 manche aus manches   21 Drukk] folgt gestr  : h   22 das kümmerliche] (1) ihr kümmerliches (2) Text  : (über der Zeile  : 〈 g le 〉 das) kümmerliche (aus kümmerliches)  26 an aus in   11 einer] eine   25 nicht über der Zeile  der1 aus keiner  27 hätte .] zuerst  : hätte ,  

Text 48

5

10

15

20

25

30

abraham in chaldäa gebohren …73

Form der Menschheit verträglich , die ihnen Freiheit gegeben hätte , und sie glaubten an ihren Gott , weil sie mit der Natur völlig entzweit , in ihm die Vereinigung derselben durch Herrschaft fanden . | Als die Juden die königliche Gewalt (die Moses für verträglich mit der Theo­ k ratie , Samuel aber damit für ­un­verträglich hielt ,) bei sich einführten , erhielten viele einzelne eine politische Wichtigkeit , die sie zwar mit den Priestern thei ­­len  , oder gegen sie ver­ thei­d i­gen mußten   ; wie in freyen Staaten die Einführung der Monarchie alle Bürger zu PrivatPersonen hinabwirft , so erhob sie dagegen in diesem Staate , in welchem jeder ein politisches Nichts war , wenigstens einzelne zu einem mehr oder weniger eingeschränktem Etwas . | Nach dem Verschwinden des ephemerischen aber sehr drükkenden Glanzzes der Salomonischen Regierung zerrissen die neuen Mächte , die die Einführung des König ­thums – noch in die ­Geissel ihres Schiksal eingeflochten hatten , – unbändige Herrschsucht , und unmächtige Herrschaft das jüdische Volk vollends , und kehrten ge­ gen seine ­eignen Eingeweide eben die rasende Lieb- und Gottlosigkeit , die

Als die Juden die königliche Gewalt (die Moses für verträglich mit der Theokratie , Samuel aber damit für ­unverträglich hielt ,) bei sich einführten , erhielten viele einzelne eine politische Wichtigkeit , die sie zwar mit den Priestern theilen , oder gegen sie ver­ thei­d i­gen mußten  ; wie in freyen Staaten die Einführung der Monarchie alle Bürger zu PrivatPersonen hinabwirft , so erhob sie dagegen in diesem Staate , in welchem jeder ein politisches Nichts war , wenigstens einzelne zu einem mehr oder weniger eingeschränktem Etwas . | Nach dem Verschwinden des ephemerischen aber sehr drükkenden Glanzzes der Salomonischen Regierung zerrissen die neuen Mächte , die die Einführung des König­thums – noch in die ­Geissel ihres Schiksal eingeflochten hatten , – unbändige Herrschsucht , und unmächtige Herrschaft das jüdische Volk vollends , und kehrten ge­ gen seine ­eignen Eingeweide eben die rasende Lieb- und Gottlosigkeit , die

Linke Spalte  :  7 Gewalt] folgt gestr  : bei sich einführten  8 Moses] folgt gestr  : mit der   12–13 die … theilen] (1) zwar ge­theilt mit den Priestern (2) Text (die sie über der Zeile)  13 oder] folgt 35 gestr  : von ihnen   14 wie] zuerst  : und wie sonst   14–15 Staaten] folgt gestr  : ein Monarch   15 alle] folgt gestr  : PrivatPersonen   19 zu] folgt gestr  : Etwas   26 Königthums –] folgt gestr  : ih   28 hatten , –] folgt gestr  : eine   Herrschsucht] Herrsucht aus Herrscha   30 kehrten aus kehrte  ; folgt gestr  : eben die Raserei   32 Lieb- und Gottlosigkeit] (1) Lieblosigkeit (2) Text (und Gott über der Zeile mit Einfügungszeichen)  

35 sie

44r

44r

44v

44v

74

45r 45r

berner manuskripte · geschichte israels

es vorher gegen andre Nationen gewendet  hatte  ; sie leiteten sein Schiksal durch seine eignen Hände auf es selbst  ; seine Feindschaft wurde zwar nicht gemildert , aber doch in so weit unterdrükt , daß es aus einem in der Idee herrschenden , ein in der Wirklichkeit beherrschtes Volk wurde , und das Gefühl seiner aüssern Abhängigkeit erhielt  ; | Eine Zeitlang erhielt es sich noch eine traurige Art von Staat , bis es am Ende – wie der Politik der listigen Schwäche nie der Un­g lüks­tag ausbleibt , – vollends zu Boden ge­tretten wurde , ohne die Kraft des Wiederaufstehens zu behalten . Den alten Genius hatten von Zeit zu Zeit begeisterte festzuhalten , den er­sterbenden wiederzubeleben gesucht  ; doch den entflohnen Genius einer Nation kan die Begeisterung nicht zurükbeschwören , das Schiksal eines Volkes nicht unter ihren Zauber bannen , wohl einen neuen Geist

Text 48

es vorher gegen andre Nationen gewendet hatte  ; sie leiteten sein Schiksal durch seine eignen Hände auf es selbst . Fremde Nationen lernte es wenigstens fürchten , es wurde aus einem in der Idee herrschenden ein in der Wirklichkeit beherrschtes Volk , und erhielt das Gefühl seiner aüssern Abhängigkeit | durch Demüthigungen . Eine Zeitlang erhielt es sich noch eine traurige Art von Staat , bis es am Ende – wie der Politik der listigen Schwäche nie der Unglükstag ausbleibt , – vollends zu Boden getretten wurde , ohne die Kraft des Wiederaufstehens zu behalten . Den alten Genius hatten von Zeit zu Zeit begeisterte festzuhalten , den ersterben­den wiederzubeleben gesucht  ; doch den entflohnen Genius einer Nation kan die Begeisterung nicht zurükbeschwören , das Schiksal eines Volkes nicht unter ihren Zauber bannen , wohl einen neuen Geist

2 sie über gestr . es wendet   4 selbst  ; seine Feindschaft] (1) selbst . (Absatz) darunter  : Seine Feindschaft (2) Text  : selbst  ; (am ursprüngl . Absatzende angeschlossen  : seine Feind-/)(schaft unter dem gestr . Absatzanfang)   6–8 es … wurde aus sie … wurden   10 erhielt  ;] (1) erhielt , (2) 〈 erhielt , 〉 erhielt , die es durch | De­mü­thi­g un­gen (3) erhielt , | durch (vor der Zeile angeschlossen) De­mü­thi­g un­gen (4) Text  Eine Zeitlang über der Zeile   es sich] es sich es   12–13 der Politik … Unglükstag] (1) für jede Politik der listigen Schwäche 〈 i mmer ihr 〉 der Unglükstag nicht (2) Text  : (über der Zeile  : der aus die) Politik der listigen Schwäche nie (am Rande) der Unglükstag   16 behalten . Den … hatten] (1) behalten , die es vorher mit (a) dem Geiste sein (b) seinem Geiste hingegeben hatte . Diesen Genius suchten (2) Text  : behalten . Den (aus Diesen) ((über der Zeile mit Einfügungszeichen  : alten) Genius hatten auf dem Rande angeschlossen)  17 begeisterte] folgt gestr  : w   18–19 wiederzubeleben aus wiederbe   20 einer Nation] (1) eines Volks (2) Text  : einer (aus eines) Nation (auf dem Rande a­ ngeschlossen)  22 eines Volkes] (1) eines Volkes (2) einer (aus eines) N[ation] (3) Text (eines aus einer)  

5

10

15

20

25 25

30 30

35 35

4–9 selbst . Fremde … Abhängigkeit] (1) selbst  ; (2) Text  : selbst . (Fremde Nationen … Abhängig4–5 keit am Rande)  4 lernte es] (1) lernten sie (2) Text  : lernte (aus lernten) es (über der Zeile)   wenigstens] folgt gestr  : nach   5 wurde] folgt gestr  : nach und   7 Volk] Volks   9 durch De­mü­thi­ gun­gen[  .] gestr . und wiederhergestellt   40

Text 48

5

10

15

20

25

abraham in chaldäa gebohren …75

aus der Tiefe des Lebens hervorrufen , wenn sie rein und lebendig ist . Aber die jüdischen Propheten zündeten ihre Flamme an der Fakel eines erschlaften Dämons an , sie suchten ihm seine alte Kraft , und mit der Zer­stöhrung | des mannichfaltigen Interesses der Zeit ihm seine alte schaudernderhabne Einheit wiederherzustellen  ; sie konnten also nur kalte , und bei ihrer Einmischung in Politik und Zwekke nur eingeschränkte und wirkungslose Fanatiker werden , nur eine Erinnerung vergangner Zeiten geben , die gegenwärtigen durch [sie] noch mehr verwirren , aber nicht andere Zeiten herbeiführen . Die Beimischung der Leidenschaften vermochte nie wieder in einförmige Passi­ vität überzugehen , aber aus passiven Ge­müthern mußten sie um so gräßlicher wüthen . Dieser schauderhaften Wirklichkeit zu entfliehen , suchten die Menschen in Ideen Trost  ; der gemeine Jude der sich wohl aber nicht sein Objekt aufgeben wollte , in der Hofnung eines kommenden Messias  ; die Pharisäer | in dem Treiben und Thun des

aus der Tiefe des Lebens hervorrufen , wenn sie rein und lebendig ist . Aber die jüdischen Propheten zündeten ihre Flamme an der Fakel eines erschlaften Dämons an , sie suchten ihm seine alte Kraft , und mit der Zerstöhrung | des mannichfaltigen Interesses der Zeit ihm seine alte schaudernderhabne Einheit wiederherzustellen  ; sie konnten also nur kalte , und bei ihrer Einmischung in Politik und Zwekke nur eingeschränkte und wirkungslose Fanatiker werden , nur eine Erinnerung vergangner Zeiten geben , die gegenwärtigen durch [sie] noch mehr verwirren , aber nicht andere Zeiten herbeiführen . Die Beimischung der Leidenschaften vermochte nie wieder in einförmige Passi­ vität überzugehen , aber aus passiven Ge­müthern mußten sie um so gräßlicher wüthen . Dieser schauderhaften Wirklichkeit zu entfliehen , suchten die Menschen in Ideen Trost  ; der gemeine Jude der sich wohl aber nicht sein Objekt aufgeben wollte , in der Hof­nung eines kommenden Messias  ; die Pharisäer | in dem Treiben des Dienstes

5 Dämons] (1) Genius (2) Text (auf dem Rande angeschlossen)   9 also über der Zeile   10 ihrer über gestr . der   11 in] folgt gestr  : die   und Zwekke über der Zeile   12 wirkungslose] davor gestr  : 14–16 Zeiten geben , … nicht] (1) Zeiten , nicht andere Zeiten geben (2) Text  : Zeiten 30 kalte   (Komma vers . nicht gestr .) (geben , die gegenwärtigen durch [sie] noch mehr verwirren , aber nicht auf dem Rande angeschlossen)   17 Leidenschaften] folgt gestr  : ver   17–18 vermochte] folgt gestr  : s   18 einförmige] davor gestr  : kalte   20 mußten sie] (1) muß s (2) Text (mußten aus muß s)   21 Dieser aus Diese   22 entfliehen] davor gestr  : entstü   24 Jude] folgt gestr  : nur in (a) sein (b) dem 35 kommenden Messias   der] folgt gestr  : von   24–25 sein Objekt aufgeben] (1) von seinem Objekte 〈 ab 〉 ablassen (2) Text  : sein (aus seinem) Objekt (Ms  : Objekte) aufgeben (auf dem Rande angeschlossen)   25–26 der Hofnung … kommenden] (1) einem kom-/menden (2) Text  : (auf dem Rande angeschlossen  : der Hofnung eines kom-)menden  27 und] folgt gestr  : des g  

30

27 des Dienstes über der Zeile mit Einfügungszeichen  

45v

45v

46r

46r

76

berner manuskripte · geschichte israels

gegenwärtigen Objektiven , und Gefangennehmen des Bewußtseyns unter dasselbe  ; die Sadducäer in der ganzen Mannichfaltigkeit ihrer Existenz , und der Zerstreuung eines wandelbaren Daseyns  ; die Essener in einem ewigen , in einer Verbrüderung , die alles scheidende ausschlösse , und zu einem lebendigen Einen , ohne Mannichfaltigkeit machte

Text 48

und Thun des gegenwärtigen Objektiven , und völligen Vereinigung des Be­w ußt­seyns mit demselben  ; weil sie ausser dem Kraise ihres Wirkens , in welchem sie Herrn waren , bei seiner Unvollständigkeit noch ihnen fremde Mächte fühlten , so glaubten sie an die Vermengung eines fremden Schik­sals mit der Macht ihres Willens und ihrer Thätigkeit . die Sadducäer in der ganzen Mannichfaltigkeit ihrer Existenz , und der Zerstreuung eines wandelbaren Daseyns das nur durch Bestimmtheiten erfüllt , und [in dem] die Unbestimmtheit nur als Möglichkeit eines Überganges zu andern Bestimmtheiten wäre . die Essener in einem e­ wigen , in einer Verbrüderung , die alles scheidende Ei­gen­thum , und was damit zusammenhängt ausschlösse , und sie zu einem lebendigen Einen , ohne Mannichfaltigkeit machte in einem gemeinsamen Leben , das von allen Verhältnissen der Wirklichkeit unabhän­g ig wäre , dessen Genuß sich auf die Gewohnheit des Zusammenseyns gründete , eines Zusammenseyns , das durch

5

10

15

20

25

1–3 und Gefangennehmen … dasselbe  ;] (1) und in der Meinung von sich (a) ihnen (b) sich (aus ihnen) 30 (2) Text (auf dem Rande)  4–6 und der … Daseyns] (1) in ihrem wandelbaren Daseyn , (2) Text  : (und der Zerstreuung auf dem Rande angeschlossen) eines (über der Zeile) wandelbaren Daseyns (aus Daseyn , )   30 2–10 und völligen … Thätigkeit am Rande   2 völligen Vereinigung über der Zeile mit Einfügungszeichen   3 mit über der Zeile  demselben aus dasselbe  5 waren , ] folgt gestr  : noch   6 noch] folgt gestr  : fr   8 eines fremden mit Einfügungszeichen über gestr . des   9 mit] folgt gestr  : ihr   10 Thätigkeit .] davor gestr  : Obj   13–17 das nur … wäre . am Rande mit Verweiszeichen  14 und] folgt 35 gestr  : nur m   15 Möglichkeit] davor gestr  : Übergang   19–20 Eigenthum , und … zusammen- 35 hängt über der Zeile mit Einfügungszeichen   20 sie über der Zeile   22–77,3 in einem … würde . am Rande mit Verweiszeichen  22 einem aus einer   24–25 unabhängig wäre] zuerst  : sie unabhängig machte   26 des] (1) der Gemein (2) Text (aus der)  Zusammenseyns] folgt gestr  : (1)  , und d (2) und eine u (aus einer)  27 das aus a  

Text 48

5

10

15

20

25

abraham in chaldäa gebohren …77 die völlige Gleichheit der Mitglieder von keiner Mannichfaltigkeit gestört würde . Um so durchgängiger die Abhängigkeit der Juden von ihrem Geseze war , um so grösser mußte ihr Eigensinn seyn in dem , worin sie noch einen Willen haben konnten , und diß einzige war ihr Dienst selbst , wenn er eine Ent | gegen­­sezung fand – Mit so leichtem Sinn sie sich verführen liessen , ihrem Glauben untreu zu werden , wenn das ihm Fremde sich ihnen , wenn sie nicht in Noth [waren] , und ihr dürftiger Genuß befriedigt war , nicht als feindliches nahte , so hart­ näkkig kämpften sie für ihren Dienst , wenn er an­ge­g riffen wurde . Sie stritten für ihn als verzweifelte sie waren selbst fähig im Kampf für ihn seine Gebote z . B . die Feyer des Sabbaths zu übertreten , die sie auf Befehl eines andern mit Bewußtseyn zu verlezen durch keine Gewalt vermocht werden konnten . Und so wie das Leben in ihnen mishandelt , wie in ihnen nichts unbeherrschtes nichts heiliges gelassen war , so wurde ihr Handeln zur unheiligsten Raserei , zum wüthendsten ­Fanatismus  .  |

30

… Fanatismus . am Rande mit Verweiszeichen , auf Bl 46v in Langzeilen   4 der Juden] (1) des jüdischen Volkes (2) Text (der Juden aus des jüdischen)   5 war] waren   ihr] sein   6 noch über der Zeile   7 konnten aus konnte ,   9–10 Mit so leichtem Sinn] (1) So leicht (2) Text (über der Zeile mit Einfügungszeichen)  11 Glauben] (1) / Gottesdienste (2) Text (am Zeilenende angeschlossen)  untreu aus ungetreu   12–16 sich ihnen … 35 hart­n äkkig] (1) als (2) nicht als Feindliches sich ihnen nahte  ; so hartnäkkig (3) Text  : sich ihnen , (wenn sie nicht in Noth [waren] , und ihr dürftiger (unter der Zeile angeschlossen) Genuß befriedigt war , nicht als feindliches 〈〈 sich 〉〉 nahte , so hartnäkkig   18 als aus ?  19 im Kampf für ihn über der 21 sie] folgt gestr  : mit Zwang   22 mit Bewußtseyn unter der Zeile mit Ein­ Zeile  ; davor gestr  : für   fügungs­zeichen   23 Gewalt] folgt gestr  : zu   24 so nachtr .   26 gelassen über der Zeile mit Ein­fügungs­ 27 Handeln] folgt gestr  : die   28 Raserei ,] zuerst  : Raserei .   zum aus des 40 zeichen   3 würde .] würde   3–29 Um so 30 1 die über der Zeile  

46v

78 46r

46v

46v

berner manuskripte · geschichte israels

Die Hofnung der Römer , der Fanatis­ mus werde unter ihrer gemässigten Herrschaft sich mildern , schlug fehl , er erglühte noch einmal , und begrub sich unter seine Zerstöhrung . Das grosse Trauerspiel des jüdischen Volks ist kein griechisches Trauerspiel , es kan nicht Furcht noch Mitleiden erwekken denn beide entspringen nur aus dem Schiksale des nothwendigen Fehltritts eines schönen Wesens  ; jenes kan nur Abscheu erwekken  ; | Das ­Schiksal des jüdischen Volkes ist das Schiksal Makbeths , der aus der Natur selbst tratt , sich an fremde Wesen hieng , und so in ihrem ­Dienste alles heilige der menschlichen Natur zertretten und ermorden , von seinen Göttern , – denn es waren Objekte , er war Knecht – endlich verlassen , und an seinem Glauben selbst zerschmettert werden mußte . |

Text 48

Die Hofnung der Römer , der Fanatis­ mus werde unter ihrer gemässigten Herrschaft sich mildern , schlug fehl , er erglühte noch einmal , und begrub sich unter seine Zerstöhrung . Das grosse Trauerspiel des jüdischen Volks ist kein griechisches Trauerspiel , es kan nicht Furcht noch Mitleiden erwekken denn beide entspringen nur aus dem Schiksale des nothwendigen Fehltritts eines schönen Wesens  ; jenes kan nur ­Abscheu erwekken . | Das ­Schiksal des jüdischen Volkes ist das ­Schiksal Mak­beths , der aus der Natur selbst tratt , sich an fremde Wesen hieng , und so in ihrem Dienste alles heilige der menschlichen Natur zertretten und ermorden , von seinen Göttern , – denn es waren Objekte , er war Knecht – endlich verlassen , und an seinem Glauben selbst zerschmettert werden mußte . |

Linke Spalte  :  5 sich] folgt gestr  : dann   7–9 Volks ist … erwekken] (1) Volks , das nicht Furcht noch Mitleiden , (2) Volks 〈〈  , 〉〉 (kan über der Zeile) Mitleiden , die nur aus dem Schiksale (a) einer unglüklichen (b) einen L (c) erwekken (3) Text  : Volks (ist kein griechisches Trauerspiel[ ,] auf dem Rande angeschlossen) (es kan über der Zeile)(nicht Furcht noch wiederhergestellt) Mitleiden〈〈  , 〉〉 erwekken (auf dem Rande angeschlossen)   11 eines schönen Wesens] (1) einer schönen Seele (2) Text  : eines (aus einer) schönen Wesens (über der Zeile)  jenes] (1) es (2) Text (auf dem Rande angeschlossen) (es vers . nicht gestr .)  14 Makbeths] Mak­〈 be 〈 h 〉th〈 t 〉 s 〉 -/beths  der1] folgt gestr  : sich   selbst auf dem Rande 16 so über der Zeile   18–19 seinen Göttern … Knecht] (1) s e i n e n Objekten (2) angeschlossen   Text (auf dem Rande angeschlossen)   19 Knecht –] Knecht /   19–20 endlich] folgt gestr  : h   20 an] folgt gestr  : sich selbst

5

10

15

20

25 25

30 30

35

Fra n k fu rter M a n usk ripte

Ü ber V ereinigu ng u n d Li ebe

Text 49

welchem zwekke …83

welchem Zwekke …

5

10

15

20

25

welchem Zwekke denn alles übrige dient , nichts im Kampfe mit diesem , in gleichem Rechte steht  ; – wie z . B . Abraham sich und seine Familie , und nachher sein Volk – oder die ganze Christenheit sich zum Endzwekke sezt – Aber je weiter dieses Ganze ausgedehnt je mehreres in die Gleichheit der Abhängigkeit versezt wird , wenn der Kosmopolit das ganze Menschengeschlecht , in seinem Ganzen begreift , so kommt von der Herrschaft über die Objekte , und von der Gunst des regierenden Wesens desto weniger auf einen  ; jeder einzele verliert um so mehr an seinem Werth , an seinen Ansprüchen , seiner Selbstständigkeit  ; denn sein Werth war der An­theil an der Herrschaft  ; ohne den Stolz , der Mittelpunkt der Dinge zu seyn , ist ihm der Zwek des kollektiven Ganzen das Höchste , und [er] verachtet sich , als einen so kleinen Theil wie alle einzelne . Weil diese Liebe um des todten willen nur mit Stoff umgeben , der Stoff , an sich ihr gleichgültig ist , und ihr Wesen darin besteht , daß der | Mensch in seiner innersten Natur ein entgegengeseztes , selbstständiges ist , daß ihm alles Aussenwelt ist , welche also so ewig ist als er selbst , so wechseln zwar seine Gegenstände , aber sie fehlen ihm nie  ; so gewiß er ist , sind sie und seine Gottheit  ; daher seine ­Beruhigung bei Verlust , und sein gewisser Trost , daß der Verlust ihm ersezt werde , weil er ihm ersezt werden kan . Die Materie ist auf diese Art für den Menschen absolut  ; aber freilich wenn er selbst nimmer wäre , so wäre auch nichts mehr für ihn , und warum müßte auch er seyn  ? daß er seyn mochte , ist sehr begreiflich  ; denn ausser seiner Sammlung von Beschränktheiten , seinem Bewußtseyn liegt nicht die in sich vollendete , ewige Vereinigung , nur das dürre Nichts , aber in diesem sich zu denken

1 Überschrift der Herausgeber   5–6 ausgedehnt je … wird ,] ausgedehnt (aus ausdehnt) ( 〈 w ird aus Komma 〉 je mehreres (aus mehr  ; -reres über der Zeile mit Einfügungszeichen) … versezt wird , auf dem 30 Rande angeschlossen)   6 der über gestr . er auch als   9 Ansprüchen über gestr . Rechten   12 als einen so kleinen Theil auf dem Rande angeschlossen  14 nur mit StoV umgeben , auf dem Rande angeschlossen  ; 23–84,1 daß er … ertragen . am Rande mit Verweis30 folgt gestr  : u . ihr   16 daß ihm über gestr . dem   23 mochte über gestr . will  23–24 seiner Sammlung … Bewußtseyn über gestr . seinem zeichen   Bewußtseyn , ausser seiner Entgegensezung   24 Beschränktheiten] Beschränkheiten   liegt] folgt gestr  : nur das de   25 nur] davor gestr  : sondern  aber über gestr . und   sich zu denken] (1) kann

9r

9v

84

10r

frankfurter manuskripte · vereinigung und liebe

Text 49

kan freilich der Mensch nicht ertragen . Er ist nur als entgegengeseztes , das ent­ gegengesezte ist sich gegenseitig Bedingung und bedingtes  ; er muß sich ausser seinem Bewußtseyn denken , kein bestimmendes , ohne bestimmtes , und umgekehrt , keins ist unbedingt , keines trägt die Wurzel seines Wesens in sich , jedes ist nur relativ nothwendig  ; das Eine ist für das andere und also auch für sich nur durch eine fremde Macht | das andre ist ihm durch ihre Gunst und Gnade zugetheilt  ; es ist überall nirgend als in einem fremden ein unabhängiges Seyn , von welchem fremden dem Menschen alles geschenkt ist , und dem er sich und Unsterblichkeit zu danken haben muß um welche er mit Zittern und Zagen bettelt . Wahre Vereinigung , eigentliche Liebe findet nur unter Lebendigen die an Macht sich gleich , und also durchaus füreinander lebendige , von keiner Seite gegeneinander todte sind statt  ; sie schliest alle Entgegensezungen aus , sie ist nicht Verstand , dessen Beziehungen das mannichfaltige immer als mannichfaltiges lassen und dessen Einheit selbst Entgegensezungen sind  ; sie ist nicht Vernunft , die ihr Bestimmen dem Bestimmten schlechthin entgegensezt  ; sie ist nichts begränzendes , nichts begränztes , nichts endliches  ; sie ist ein Gefühl

5

10

15

freilich sich (2) Text (über der Zeile mit Einfügungszeichen)  2–3 er muß … denken , am Rande mit Verweiszeichen  3 kein über der Zeile   bestimmendes , gestr . und wiederhergestellt  3–4 bestimmtes , und umgekehrt , gestr . und wiederhergestellt   umgekehrt , ] umgek .   9 haben muß aus hat , (-ben 20 muß unter der Zeile mit Einfügungszeichen)  11 unter Lebendigen] (1) gegen das Lebendige (2) Text  : (unter 〈 ein 〉 über der Zeile) Lebendigen (aus Lebendige)  11–13 die an … sind] (1) die an Macht sich gleich , und also (über der Zeile mit Einfügungszeichen) durchaus füreinander lebendige (eine Zeile tiefer  : nicht) (2) Text (am Rande mit Verweiszeichen)  15 und dessen … sind über der Zeile mit Einfügungszeichen  17–85,16 ein Gefühl … durchlaufen über der Zeile begonnen (ein Gefühl aber) und auf 25 dem rechten (nicht ein … Verdopplung) und in Langzeilen (das Leben … durchlaufen) auf dem unteren Rande fortgesetzt  

Text 49

5

10

15

welchem zwekke …85

bei dem nicht ein fühlendes und gefühltes so unterschieden werden kan , daß dieses je­nem e­ ntgegengesezt  , dieses mit dem Verstand aufgefast und Objekt werden könnte – sie ist ein Gefühl des Lebendigen . Als lebendige sind die liebende Eins .

aber nicht ein einzelnes Gefühl  ; aus dem einzelnen Gefühl weil es nur ein Theilleben nicht das ganze Leben ist drängt sich das Leben durch Auf­lösung , zur Zerstreuung in der Mannichfaltigkeit der Gefühle , und um sich in diesem Ganzen der Mannichfaltigkeit zu finden  ; in der Liebe ist diß Ganze nicht als in der Summe vieler Besonderer Getrennter enthalten  ; in ihr findet sich das Leben selbst , als eine Verdopplung seiner Selbst , und Einigkeit desselben  ; das Leben hat von der unentwikelten Einigkeit aus , durch die Bildung den Krais zu einer vollendeten Einigkeit durchlaufen  ; | der unentwikelten Einigkeit stand die Möglichkeit der Trennung , und die Welt gegenüber  ; in der Entwiklung producirte die Reflexion

20

20 Linke Spalte  :  3 dieses] folgt gestr  : de   4 mit] davor gestr  : ein   5 sie aus es  

Rechte Spalte  :  2–3 weil es … ist] (1) weil 〈 kein 〉 jedes Gefühl über der Zeile (2) Text (drei Zeilen höher 2 es über gestr . jedes Gef .   3 nicht] davor gestr  : ist , und   ganze aus ?  Leben 25 mit Verweiszeichen)  

25

30 30

35

40

aus s   6 Gefühle ,] folgt gestr  : (1) und des Lebens (2) um (3)   ; (a) die Liebe ist (b) in (über der Zeile) der (aus die) Liebe ist   6–7 diesem Ganzen aus dieser M   8 in der] (1) aber die (2) Text  : in (über der Zeile) der (aus die)  9 in aus ei  Besonderer] folgt gestr  : enthalten ,   10 ihr] folgt gestr  : ist eins und alle   11 Leben aus Lebens  als über der Zeile mit Einfügungszeichen  ; davor gestr  : sie   15 Krais] folgt gestr  : zu   vollendeten aus völligen (-endeten über der Zeile)   16–86,12 der unentwikelten … Lebendige] (1) in der oberen Hälfte der Randspalte , mit Verweiszeichen am Anfang und am Ende  : diese Einigkeit ist darum vollendetes Leben , weil in ihr auch der Reflexion Genüge geleistet worden (über der Zeile mit Einfügungszeichen) ist  ; der unentwikelten Einigkeit stand die Möglichkeit der Refl . , der Trennung gegenüber (aus get)  ; ( folgt gestr  : hi) in dieser ist d . Einigkeit u . Trennung vereinigt , ein lebendiges , das (aus daß) sich selbst entgegengesezt worden war , ( folgt gestr  : und sich selbst izt fühlt  ; statt dessen zwischen den Zeilen  : aber (a) weil diese Entgsezung kein absolutes (b) diese Entgse­z ung nicht zur absoluten (aus absolutes) machte[ .] Das lebendige fühlt (a) in der 〈 Sinn 〉 (b) 〈〈 i n der 〉〉 in dem Gefühl des Lebendigen (c) in der Liebe izt (das Lebendige Ms  : des Lebendigen)) . In der ( folgt gestr  : Ansatz zu S oder R) Liebe also ( folgt gestr  : ist) sind alle Aufgabe , die ( folgt gestr  : Einseiti) sich selbst zer­ stöh­rende Einseitigkeit der Reflexion , und die unendliche Entgegensezung (a) die bewußtlosigkeit (b) des (aus die) bewußtlosen , ( folgt gestr  : des) unentwikelten Einigen gelöst . (2) Text (in der Randspalte von 9v , mit denselben Verweiszeichen wie die erste Stufe  ; dem Verweiszeichen auf 10 r folgt der Hinweis  : s . p . pr . )   16 der aus die   17 stand am Innenrand  ; vielleicht zu lesen  : standen  

9v

86

10v

10v

frankfurter manuskripte · vereinigung und liebe

Sie können sich nur insofern | unter­ schei­ den , als sie sterblich sind , als Trennung mö g l ich ist , nicht i­ nsofern als wirklich etwas getrennt ist – An Liebenden ist keine Materie , sie sind Ein lebendiges Ganzes  ; liebende haben Selbstständigkeit , eignes Lebensprincip heist nur  : sie können sterben .  Die Pflanze hat Salz- und Erd­theile , die eigne Geseze ihrer Wirkungs-art in sich tragen , heist nur  : die Pflanze kan verwesen . Die Liebe strebt aber auch das sterbliche zu vereinigen , es unsterblich zu machen . um die Anschauung ,

Text 49

immer mehr entgegengeseztes , das im befriedigten Triebe vereinigt wurde , bis sie das Ganze des Menschen selbst , ihm entgegensezte , bis die Liebe die Reflexion in völliger Objektlosigkeit aufhebt , dem entgegengesezten allen Charakter eines fremden raubt , und das Leben sich selbst ohne weitern Mangel findet . In der Liebe ist das getrennte noch aber nicht mehr als getrenntes , als einiges , und das Lebendige fühlt das Lebendige | Weil die Liebe ein Gefühl des lebendigen ist , so können liebende sich nur insofern unterscheiden , als sie sterblich sind , als sie die Mö g l ich keit der Trennung denken nicht insofern als wirklich etwas getrennt wäre , als das Mögliche mit einem Seyn verbunden , ein W i r k l iche s wäre . An Liebenden ist keine Materie , sie sind Ein lebendiges Ganzes  ; liebende haben Selbstständigkeit , eignes Lebensprincip heist nur  : sie können sterben .  Die Pflanze hat Salz- und Erd­theile , die eigne Geseze ihrer Wirkungs‑art in sich tra-

5

10

15

20

25

13–14 insofern unterscheiden] (1) in Ansehung | des Sterblichen unterscheiden (2) Text (insofern auf dem Rande angeschlossen)  16–17 An Liebenden] (1) Liebende haben Selbstständi (2) Text  : (über der 30 20 nur  :] zuerst  : nur ,   sie] folgt gestr  : sind sterblich   sterZeile  : An) Liebenden (aus Liebende)   ben .] zuerst  : sterben , danach ein größerer Abstand  24 Die] davor gestr  : Auch das sterbliche   26 ma- 30 chen . aus machen  ; folgt am Rande mit Verweiszeichen , gestr  : die Möglichkeit der Trennung aufzuheben   26–87,4 um die … ein] (1) es berührt sich (nachtr .) und befühlt sich , dringt in einander ein , um die 4 ihm aus ?   entgegensezte ,] folgt gestr  : welches   5 Reflexion] folgt gestr  : aufhebt ,   6 dem] davor gestr  : (1) do (2) im   9 ist das getrennte] (1) ist alles 〈 f 〉 getrennte (2) (über der Zeile  : hat in) allem 35 (aus alles) getrennten (3) Text   13–15 Weil die … insofern über der Zeile mit Einfügungszeichen  ; 35 neben dem hier beginnenden Absatz ein Verweisungszeichen mit dem Hinweis  : s . auf d . folg . Bogen (s . den 14 liebende aus liebenden  16–17 sie die … denken über der Zeile begonnen Editorischen Bericht)   und auf dem Rande fortgesetzt  16 M ö g l i c h keit aus möglich ist   18–20 ge(trennt wäre , … wäre . auf dem Rande angeschlossen)  18 wäre] davor gestr  : ist ,   19 Mögliche aus ?   20 W i r k l i c h e s ]

Text 49

5

10

15

20

welchem zwekke …87

in der es noch getrennt ist , aufzu­heben  , vereinigt es sich in der Berührung , in der Befühlung , berührt , befühlt es sich , dringt in einander ein , das Sterbliche hat den Charakter der Trennbarkeit abgelegt , und es ist ein lebendiges geworden . Das vereinigte trennt sich nicht wieder  ; die Gottheit hat gewirkt , er­schaffen – Dieses vereinigte aber ist nur ein Punkt , die liebenden thei­len ihm nichts zu , daß es ein mannichfaltiges seyn könnte , denn alles , wodurch es ein Mannichfaltiges seyn , ein Daseyn haben kan , muß es selbst in sich gezogen – entgegengesezt und vereinigt haben  ; der Keim wird Pflanze , | aus dem einigsten geht es durch ein feindliches durchs animalische zum Menschenleben – Das trennbare aber kehrt in den Zustand der Trennbarkeit zurük  ; aber die Geister werden einiger als je , und alles bestimmte Be­w ust­seyn

gen , ist die Reflexion eines fremden , und heißt nur  : die Pflanze kan verwesen . Die Liebe strebt aber auch , diese Unterscheidung , diese Möglichkeit als blosse Möglichkeit aufzuheben und selbst das sterbliche zu vereinigen , es unsterblich zu machen . | Das trennbare , solang es vor der vollständigen Vereinigung noch ein eignes ist , macht den liebenden Verlegenheit , es ist eine Art von Widerstreit zwischen der völligen Hin­gebung , der einzig möglichen Vernichtung , der Vernichtung des Entgegenge­sezten in der Vereinigung – und der noch vorhandnen Selbstständigkeit  ; jene fühlt sich durch diese gehindert – die Liebe ist unwillig über das noch getrennte , über ein Ei­gen­thum  ; dieses Zürnen der Liebe über Individualität ist die Schaam  ; sie ist nicht ein  : Zuken des sterblichen , nicht eine Aüsserung der Freiheit sich

25 〈 B 〉 Anschauung , in der es noch getrennt ist , aufzuheben , (2) Text  : um die Anschauung , in der es

noch getrennt ist , aufzuheben , (auf dem Rande angeschlossen  : vereinigt es sich in der Berüh­r ung , in

25 der Befühlung , ) berührt , befühlt es sich , dringt in einander ein   4 das] folgt gestr  : trennb   4–5

Sterbliche aus Sterblich-/  10 ein] davor gestr  : Ein   Punkt ,] folgt gestr  : (1) es geht vom (2) wird aus   10–16 die liebenden … haben[  ;] auf dem Rande angeschlossen (ein Daseyn … haben in Langzeilen)  11 ihm] folgt gestr  : zu   13 seyn , ] seyn /   ein 2 ] folgt gestr  : bestimm   15 gezogen] davor gestr  : vereinigt  16 der aus dem   17–18 durch ein feindliches über der Zeile mit Einfügungszeichen  19 Men30 30 schenleben –] folgt gestr  : (1) Das trennbare aber trennt (2) die liebenden theilen 〈 de 〉 aus der Trennung sich   20–21 Trennbarkeit zurük gestr . und wiederhergestellt   21 die Geister werden] (1) der ist (2) der Geist (über der Zeile mit Einfügungszeichen) (a) ist (b) wird (über der Zeile) (3) Text  : die Geister (aus Geist) werden (aus wird) über der Zeile  22–88,4 alles bestimmte … ausgewechselt] (1) 〈 es a 〉 〈 es 〉 was von bestimmtem Bewustseyn noch 〈 sie 〉 getrennt war , (a) schaft sie (b) wird alles auf die Seite

… heißt auf dem Rande angeschlossen  1 die Reflexion] (gestr . und wiederhergestellt  : die Refl)exion  3–5 aber auch , … aufzuheben auf dem Rande angeschlossen  4 Möglichkeit] folgt gestr  : selbst als bloß gedacht , nicht   5–6 und selbst über der Zeile   7 unsterblich] darüber gestr  : unauflös  7–90,7 Das trennbare , … ich , u . s . w .] Textanschluß durch Verweiszeichen  7 Das über der Zeile  12–15 Hingebung , der … Vereinigung] (1) Hingebung (2) Text (auf dem Rande 13 Vernichtung1 aus Z   40 angeschlossen  ; folgt in der Textspalte vers . nicht gestr  : Hingebung   35 ­Wirk l i c h e s   1–2 ist die

11r

11r

88

11v

frankfurter manuskripte · vereinigung und liebe

alle Momente in denen eins das andre berührt hatte , oder von ihm berührt worden war , allein gefühlt , gedacht hatte , werden ausgewechselt – dieses trennbare , solang es vor der vollständigen Vereinigung noch ein eignes ist , macht den liebenden Verlegenheit , es ist eine Art von Widerstreit zwischen der völligen Hingebung – und der noch vorhandnen Selbstständigkeit  ; jene fühlt sich durch diese gehindert – die Liebe ist unwillig über das noch getrennte , über ein Ei­gen­thum  ; dieses Zürnen der Liebe über Individualität ist die Schaam  ; sie ist nicht ein Zuken des sterblichen , nicht eine Aüsse­r ung der Freiheit sich zu erhalten , zu bestehen  ; bei einem An­g riff ohne Liebe wird ein liebevolles Gemüthe durch diese völlige Trennung beleidigt , seine Schaam wird zum Zorn , der izt nur das

Text 49

zu erhalten , zu bestehen  ; bei einem An­g riff ohne Liebe wird ein liebevolles Gemüthe durch diese Feindseeligkeit selbst beleidigt , seine Schaam wird zum Zorn , der izt nur das Ei­gen­thum , das Recht ver­thei­d igt – | Wäre die Schaam nicht eine Wirkung der Liebe , die nur darüber , daß etwas feindseliges ist , die Gestalt des Unwillens hat , sondern ihrer Natur nach selbst etwas feindliches , das ein angreifbares Ei­gen­ thum behaupten wollte , so müßte man von den Tyrannen sagen , sie haben am meisten Schaam , so wie von Mädchen , die ohne Geld ihre Reize nicht preisgeben – oder von den eiteln , die durch sie fesseln wollen – Beide lieben nicht , ihre Vertheidigung des Sterblichen ist das Gegen­ t heil des Unwillens über dasselbe – sie legen ihm in sich einen Werth bei , sie sind schaamlos . Ein rei-

geschaft , (2) (auf dem Rande angeschlossen  : alle Punkte) des (über der Zeile) ( bestimmten Bewustseyns aus bestimmtem Bewustseyn) 〈〈 noch getrennt war , 〉〉 (am Rande  : in denen eins 〈 ohne 〉 das andre berührt hatte oder (über der Zeile  : von ihm 〈 a l 〉 ) berührt worden war , 〈 a lso 〉 allein gefühlt , gedacht hatte , ( folgt verkleckster Ansatz)) (a) sind (über gestr . werden) ausgeglichen (b) werden ausgewechselt – (3) Text  : alles (über der Zeile) ( bestimmte Bewustseyn aus bestimmten Bewustseyns) (auf dem Rande angeschlossen (über der Zeile , gestr . und wiederhergestellt  : alle Momente) in denen … gedacht hatte ,) werden ausgewechselt –   5 trennbare , ] folgt gestr  : diß   solang es über gestr . das   7 liebenden] liebenden , folgt gestr  : die sich noch nicht ganz du   12 Liebe] folgt gestr  : zü   noch] folgt gestr  : vorh   14 Liebe] folgt gestr  : ist   16 sterblichen aus S  

5

10

15

20

25 25

30 30

1 erhalten ,] folgt auf dem Rande angeschlossen , gestr  : noch   3–4 diese Feindseeligkeit selbst auf dem Rande angeschlossen   11 ein angreifbares auf dem Rande angeschlossen  12–13 müßte man von den 13–14 sagen , sie … Schaam über der Zeile begonnen und über der Zeile  ; darunter vers . nicht gestr  : die   auf dem Rande fortgesetzt  14 so gestr . und wiederhergestellt  von über gestr . die  ; nochmals darüber , gestr  : schamlosen  16 von den über gestr . die   16–17 durch sie fesseln] durch (aus dadurch) sie (über der 35 Zeile mit Einfügungszeichen) fesseln (auf dem Rande angeschlossen)  18 Vertheidigung des Sterblichen] ( Ver­thei­d i­g ung des auf dem Rande angeschlossen) Sterblichen (aus Sterbliche)   20–21 legen ihm … sind auf dem Rande angeschlossen  20 in sich über der Zeile mit Einfügungszeichen  ; folgt gestr  : tragenden (darüber  : h)  21 Werth] folgt über der Zeile gestr  : an sich   bei ,] folgt gestr  : der in dem Sterblichen (aus Sterblichkeit) selbst wäre ,   40

Text 49

5

10

15

20

25

welchem zwekke …89

Ei­gen­thum , das Recht vertheidigt – | Wäre die Schaam nicht eine Wirkung der Liebe , die nur darüber , daß etwas feindseliges ist , die Gestalt des Unwillens hat , sondern ihrer Natur nach selbst etwas feindliches , das sein angegrifnes Ei­gen­thum behaupten wollte , so wären die Tyrannen die verschämtesten , so wie die Mädchen , die ohne Geld schlechterdings ihre Reize nicht preisgeben – oder die eiteln , die dadurch gefallen wollen – Beide lieben nicht , ihre Beziehung auf das Sterb­ liche ist das Gegen­theil des Unwillens über dasselbe – sie sind schaamlos .  Ein reines Gemüthe schämt sich der Liebe nicht , es schämt sich aber , daß diese nicht vollkommen ist , sie wirft es sich vor daß noch eine Macht ein feind­ liches ist , das der Vollendung Hindernisse macht – Die Schaam tritt nur ein durch die Erinnerung an den Körper , durch persönliche Gegenwart , beim Gefühl der Individualität – sie ist nicht eine Furcht für das Sterbliche , sondern vor demselben – die , so wie die Liebe

nes Gemüthe schämt sich der Liebe nicht , es schämt sich aber , daß diese nicht vollkommen ist , sie wirft es sich vor daß noch eine Macht ein feind­ liches ist , das der Vollendung Hindernisse macht – Die Schaam tritt nur ein durch die Erinnerung an den Körper , durch persönliche Gegenwart , beim Gefühl der Individualität – sie ist nicht eine Furcht für das Sterbliche , Eigene sondern vor demselben , die , so wie die Liebe das trennbare vermindert , mit ihm verschwindet  ; denn die Liebe ist stärker als die Furcht  ; sie fürchtet ihre Furcht nicht  ; aber von ihr begleitet , hebt sie Trennungen auf , mit der Besorgnis , eine widerstehende , gar eine feste Entgegensezung zu | finden , sie ist ein gegenseitiges Nehmen und Geben  ; schüchtern , ihre Gaben möchten verschmäht , schüchtern , ihrem Nehmen möchte ein entgegengeseztes nicht weichen , versucht sie , ob die Hofnung sie nicht getaüscht , ob sie sich selbst durchaus findet  ; dasjenige das nimmt , wird dadurch nicht reicher ,

2 die] folgt über der Zeile gestr  : selbe  Schaam] folgt gestr  : (1) selbst (2) ihrer N   nicht gestr . und wie­ derhergestellt   5 nach] davor gestr  : s   6 selbst] folgt gestr  : ihrer   7 wollte aus will   11 die2 ] folgt 30 gestr  : einen   12 lieben] (1) haben nie geliebt , nie (2) Text (über der Zeile  ; folgt gestr . nich (angefangene 14 Gegentheil] folgt gestr  : vo   15 über] folgt gestr  : ihre   schaamlos .] folgt 30 Verbesserung von nie1)   gestr  : In der (aus die) Liebe ist die (aus der) Schaam   18–19 sie wirft es sich vor über der Zeile   20 das] folgt gestr  : ih   21 ein] folgt gestr  : b   26 Liebe] folgt gestr  : dasselbe weg   10 Eigene über der Zeile mit Einfügungszeichen   15–19 nicht  ; aber … ist] (1) nicht . (2) Text  : nicht  ; … zu am ursprüngl . Absatz­ende angeschlossen und auf dem rechten und unteren 16 hebt aus hei   18 Entgegensezung] 35 Rande (in Langzeilen) fortgesetzt)(finden , sie ist am Rande)   davor gestr  : Trennun   22 ihrem aus ihr   22–23 ein entgegengeseztes] (1) das (a) getrennte (b) ent­gegen­gesezte  , (unter der Zeile) (2) Text  : ein (vor der Zeile angeschlossen) ent­gegen­gesezte[s]   23 weichen ,] folgt gestr  : versuchend   24 die über gestr . ihre   sie1 aus sich   25–26 dasjenige das über der Zeile   26 dadurch über der Zeile  

35 (aus nicht .) (aber von

11v

12r

90

frankfurter manuskripte · vereinigung und liebe

das trennbare vermindert , mit ihm verschwindet  ; denn die Liebe ist stärker als die Furcht  ; sie fürchtet ihre Furcht nicht . | Die Liebe ist ein gegenseitiges Nehmen und Geben , aber indem sie nimmt , wird das eine der liebenden nicht reicher , als das andre  ; es bereichert [sich] zwar , aber um ebensoviel das andere  ; ebenso dasjenige das gibt , macht sich nicht är­mer  ; indem es dem andern gibt , hat es ebensogut sich selbst gegeben , und seine Schäze vermehrt  ; Julia in Romeo  : je mehr ich gebe , desto mehr habe ich , u . s . w .

12r

10v

Text 49

als das andre  ; es bereichert [sich] zwar , aber um ebensoviel das andere  ; ebenso dasjenige das gibt , macht sich nicht ärmer  ; indem es dem andern gibt , hat es um ebensoviel seine eignen Schäze vermehrt  ; Julia in Romeo  : je mehr ich gebe , desto mehr habe ich , u . s . w . |

5

10

15

Diesen Reich­thum des Lebens e­ rwirbt die Liebe , in der Auswechslung aller Gedanken , aller Mannichfaltigkeiten der Seele indem sie unendliche Un­ terschiede sucht und unendliche Vereinigungen sich ausfindet , an die ganze Mannichfaltigkeit der Natur sich wendet , um aus jedem ihrer Leben die Liebe zu trinken . Das eigenste vereinigt sich das noch getrennte in der Berührung , in der Befühlung , bis zur 4 nicht .] darunter ein Strich fast über die Spaltenbreite   5 Die Liebe] darüber am ursprüngl . Seitenbeginn  : Ungeachtet in der Liebe die Vereinigung vollständig ist , so ist sie es zwischen den Liebenden selbst  14 Romeo  :] Romeo /   ich] folgt gestr  : hab   15 ich ,] folgt gestr  : den  

20

25

30

2 um ebensoviel] um (über der Zeile mit Einfügungszeichen) ebensoviel (aus ebensogut  ; -viel über der 30 Zeile)  5 eignen über der Zeile  6 Romeo  :] Romeo   16–91,2 Diesen Reichthum … Unterschei­ dung . am Rande (abgesehen von Das eigenste) mit Verweiszeichen  16 Diesen] davor gestr  : zwei unleserliche Wörter   17 die] davor gestr  : sich   in der Auswechslung] (1) indem sie (2) Text  : in der (inder aus indem) Auswechslung (aus sie)  aller unter gestr . der   20–24 und unendliche … trinken . mit Verweiszeichen über den vorangehenden Zeilen  20–21 Vereinigungen] folgt gestr  : fin   21 sich über der 35 Zeile  23 aus] folgt gestr  : ihr   die über gestr . das W?   24–91,2 Das eigenste … Unterscheidung .] (1) Das (aus es) noch getrennte (aus getrennt) aufzuheben , (vereinigt es sich in der Berührung , in der Befühlung , auf dem Rande angeschlossen) (2) Text  : (über der Zeile  : Das eigenste) (vereinigt sich (das noch getrennte über der Zeile mit Einfügungszeichen) in der Berührung , in der Befühlung , bis zur … Unterscheidung . auf dem Rande angeschlossen)   40

Text 49

5

10

15

20

25

30

welchem zwekke …91 Bewußtlosigkeit , der Aufhebung aller Unterscheidung . das Sterbliche hat den Charakter der Trennbarkeit abgelegt , und ein Keim der Unsterblichkeit , ein Keim des ewig aus sich [sich] entwikelnden und zeugenden ein lebendiges ist geworden . Das vereinigte trennt sich nicht wieder  ; die Gottheit hat gewirkt , er­schaffen – Dieses vereinigte aber ist nur ein Punkt , die liebenden können ihm nichts zu­thei­len , daß in ihm ein mannichfaltiges sich befände , denn in der Vereinigung ist nicht ein entgegengeseztes behandelt worden , sie ist rein von aller Trennung  ; alles , wodurch es ein Mannichfaltiges seyn , ein Daseyn haben kan , muß das neugezeugte selbst in sich gezogen – entgegengesezt und vereinigt haben  ; der Keim | windet sich immer mehr zur Ent­gegen­sezung los , und beginnt , jede Stuffe seiner Entwiklung , ist eine Trennung , um wieder den ganzen Reich­thum des Lebens selbst zu gewinnen  : Und so i s t nun , das einige , die getrennten und das wiedervereinigte , die Vereinigten trennen sich wieder , aber im Kind ist die Verei­ nigung selbst ungetrennt geblieben |

4–6 und ein … zeugenden am Rande mit Verweiszeichen  ; Anschlußwort und verdoppelt   10–11 können

30 ihm nichts zu­thei­len] (1) theilen ihm nichts zu (2) Text  : können (über der Zeile) ihm nichts zu­thei­len (über

der Zeile)  11–12 in ihm … befände ,] (1) es ein mannichfaltiges seyn könnte , denn (2) Text  : (in ihm über der Zeile) ein mannichfaltiges (sich befände[ ,] über der Zeile)  12–15 denn in … Trennung  ; mit 13–14 entgegengeseztes teils über , Verweiszeichen über den vorangehenden Zeilen  12 in über der Zeile   teils unter gestr  : mannichfaltiges   14 ist] folgt gestr  : ganz   15 aller aus allem   17 das neugezeugte 35 unter der Zeile mit Einfügungszeichen   19 haben  ;] haben /   19–28 windet sich … geblieben am oberen und rechten Rande   20 mehr über der Zeile mit Einfügungszeichen  22 um] folgt gestr  : selbst   22–23 wieder] folgt gestr  : alles zu   24 selbst über der Zeile  Und aus u  ; davor gestr  : So i s t nun   25 einige ,] einige / am Rande  25–26 wiedervereinigte ,] folgt gestr  : (1) alles (2) das (unter der Zeile gestr  : im) Kind ist die Eltern selbst (3) Vereinigung der   26–28 die Vereinigten … geblieben unter den vorhergehenden 27 ist die] zuerst  : ihre   28 selbst gestr . und wiederhergestellt  ungetrennt 40 Zeilen mit Verweiszeichen  

11r

92 12r

12v

frankfurter manuskripte · vereinigung und liebe

Da zwar die Vereinigung der Liebe vollständig ist , aber nur unter den Liebenden selbst stattfindet , so sind sie ausser derselben noch einer mannichfaltigen Entgegensezung , eines mannichfaltigen Erwerbes und Besizes von Ei­gen­thum und Rechten fähig – In diesem Falle scheut sich das ärmere dem reichern zu nehmen , sich in gleichen Besiz mit ihm zu sezen weil dieses selbst eine Handlung des Entgegensezens gethan , sich ausser dem Kraise der Liebe gesezt , seine Selbstständigkeit bewiesen hat  ; aber dieser Furcht , die sein Ei­gen­thum erwekt , kommt das besizende dadurch zuvor , daß es sein Recht des Ei­gen­thums das ihm gegen jedermann zukömmt , sogleich gegen das liebende aufhebt  ; ihm schenkt .  | Geschenke sind Entaüsserungen einer Sache , die schlechterdings den Cha­ rakter des Eig­en­thums nicht ver­lieren kan  ; nur das Gefühl der Liebe , der Genuß ist gemeinschaftlich  ; was Mit-

Text 49

Diese Vereinigung der Liebe ist zwar vollständig aber sie kan es nur soweit seyn als das getrennte nur so entgegengesezt ist , daß das eine das liebende , das andre das geliebte ist , daß also jedes getrennte , ein Organ eines leben­d igen ist  ; ausserdem stehen die liebenden aber noch mit vielem todten in Verbindung , jedem gehören viele Dinge zu , d . h . jedes steht in Beziehung mit ent­ gegen­ge­sezten  , die auch für das beziehende selbst noch entgegengesezte , Objekte sind . und so sind sie noch einer mannichfaltigen Ent­gegen­sezung  , in dem mannichfaltigen Erwerb und Be­ siz von Ei­gen­thum und Rechten fähig – das unter der Gewalt des einen befindliche todte ist beiden entgegengesezt , und es scheint nur die Vereinigung darüber statt finden zu können , daß es unter die Herrschaft beider käme . Das liebende , das das andre im Besize eines Ei­gen­thums erblikt , [muß] diese Besonder­heit des andern , die es

5

10

15

20

25

3 stattfindet , über der Zeile mit Einfügungszeichen   4 derselben über gestr . sich   6 Erwerbes und Be- 25 sizes] (1) Besizes (2) Besizes (und Erwerbes über der Zeile) (3) Text (über der Zeile mit Einfügungszeichen)   10 Besiz] folgt gestr  : zu sezen   12 Kraise] (1) Gebiete (2) Text (auf dem Rande angeschlossen)   13 gesezt ,] gesezt folgt gestr  : hat , und   15 die] folgt gestr  : das   16 es] folgt über der Zeile gestr  : sogleich beweist   19 liebende aus liebendes   21 schlechterdings] 〈 schlech 〉terdings  

30

unter gestr . bleibend   1 Diese aus Die   ist zwar auf dem Rande angeschlossen  ist] folgt gestr  : du   30 2–93,4 aber sie … die auf dem Rande angeschlossen sowie am unteren Rande in zwei Langzeilen  2 aber] folgt gestr  : sie kann   3 als] davor gestr  : als das getrennte einer Vereinigung im Gefühle fähig ist ,   6 getrennte] folgt gestr  : ein Theil des einen   7 ist  ;] folgt gestr  : denn nur lebendiges ist fähig   9 gehören aus gehört   9–13 zu , d . h . jedes … sind .] (1) zu (2) Text  : zu , (d .h . jedes … sind . am ursprüngl  . Ab­satz­ende angeschlossen)  10 d . h . jedes] zuerst  : und es(?)  12 entgegengesezte] entg .sezte   35 15–16 Erwerb und Besiz aus Erwerbes und Besizes   17–93,4 das unter … die am Rande mit Verweiszeichen  18 todte aus todten   19–20 scheint nur … können] (1) konnte nur die Vereinigung darüber statt finden (2) Text  : scheint (über der Zeile) … (zu können über der Zeile)  21 Herrschaft] davor gestr  : Gew   22 käme .] folgt gestr  : Was   das1 aus daß  ; folgt gestr  : nich   23 [muß]] (1) muß diese (aus die) Trennung fühlen (aus d) , aber (2) Text (muß vers . gestr .)   40

Text 49

5

10

15

20

25

welchem zwekke …93

tel des Genusses ist , ist ein Ei­gen­thum , und da die Liebe nichts einseitiges thut , so kan sie nichts nehmen , was auch bei der Bemächtigung , in der Vereinigung der Herrschaft noch ein Mittel , ein Ei­ gen­thum bleibt  ; Ein Ding , etwas das ausser dem Gefühl der Liebe ist , kan nicht gemeinschaftlich seyn , ebenweil es ein Ding ist  ; soll es gemeinschaftlich seyn , so gehört es entweder keinem der liebenden , oder jedem gehört ein besonderer Theil . GüterGemeinschaft heist das Recht eines jeden an das Ding , der entweder gleiche oder mehr oder weniger ungleiche An­theil  , sezt also Theile d . h . etwas besonderes , Rechte , Eigenthum in sich Die Gü­terGemeinschaft taüscht dadurch , daß bei ihr die Sachen kein Ei­gen­thum sind , aber es ist in ihr das Recht , das Ei­gen­thum an einen Theil derselben ver­stekt . – Darnach ist die gewöhnliche Art unter liebenden die Rechte der

gewollt hat fühlen  ; selbst kan es die ausschließliche Herrschaft des andern nicht aufheben , denn diß wäre wieder eine Ent­gegen­sezung gegen die […] aber dieser Furcht , die sein Ei­gen­thum ­erwekt , kommt das besizende dadurch zuvor , daß es sein Recht des Ei­gen­ thums das ihm gegen jedermann zukömmt , selbst gegen das liebende auf­ hebt  ; | Geschenke sind Entaüsserungen einer Sache , die schlechterdings den Charakter ei­nes Objekts nicht verlieren kan  ; was todt ist , ist nur Ei­gen­thum , und da die Liebe nichts einseitiges thut , so kan sie nichts nehmen , was auch in der Bemächtigung , in der Vereinigung der Herrschaft noch ein Mittel , ein Ei­ gen­thum bleibt  ; Ein Ding , etwas das ausser dem Gefühl der Liebe ist , kan nicht gemeinschaftlich seyn , ebenweil es ein Ding ist  ; sollte es gemeinschaftlich seyn , so gehört es entweder keinem der liebenden , oder jedem gehört

3 was] davor gestr  : da   4–5 in der Vereinigung der Herrschaft auf dem Rande abgeschlossen , mit einer Linie

6 Ein] folgt gestr  : d   Ding ,] folgt gestr  : etwas inso   9–10 25 gegen spätere Überarbeitungen abgegrenzt   soll es … entweder] (1) entw . gehört es (2) Text  : (auf dem Rande angeschlossen  : soll es gemeinschaftlich seyn , ) so (über der Zeile) gehört es entw . (über der Zeile)  14 das aus einem   entweder] davor gestr  : entw  15 weniger] folgt gestr  : Ansatz zu A  An­theil  , ] An­theil folgt gestr . und schli   17–22 Die Gü­terGe­mein­schaft … verstekt . am Rande  17–20 Die … sind ,] (1) In der GüterGe­m [ein­schaft] 30 30 sind die Sachen kein Ei­gen­t hum (2) Text  : Die (über der Zeile) GüterGem[einschaft] (taüscht dadurch , daß bei ihr über der Zeile mit Einfügungszeichen) die Sachen kein Ei­gen­thum sind ,   18 dadurch über gestr . dadurch   19 bei ihr] darüber gestr  : als demjenigen ?  23 unter] davor gestr  : die Rechte   1 fühlen  ;] fühlen /   selbst] davor der Rest eines durch Beschädigung des Innenrandes zerstörten Wortes   1–2 die ausschließliche] (1) diese (2) Text  : die (aus diese) ausschließliche (unter der Zeile mit Ein­ 35 fügungs­zeichen)   4 die] es folgt eine gestr . Zeile am beschädigten unteren Seitenrand  ; lesbar ist noch  : [Herr­ scha]ft des andern der auch keine andre Beziehung auf das Objekt finden kan ,   9 selbst] nachtr .  ; folgt gestr  : selb   10–21 Geschenke sind … ist  ; mit Erledigungsvermerk versehen  11 schlechterdings] 〈  schlech­t  〉 er­d ings   12 eines Objekts über gestr . des Ei­gen­t hums   13 todt ist über der Zeile   15 in über gestr . bei  21–94,19 sollte es … stillegeschwiegen mit Erledigungsvermerk versehen  21 sollte 22 seyn ,] folgt gestr  : so hiesse diß , jedes   40 aus soll  

12v

94

frankfurter manuskripte · vereinigung und liebe

Liebenden auf Sachen (PersonenRecht schliest sich schon durch seinen Namen von der Liebe als ein ihr abscheulicher Dienst aus) gegenseitig aufzuheben , und diß als einen Beweis der Liebe anzusehen , – zu be­urthei­len . Man überträgt dem andern ein gleiches Recht an sein Ei­gen­thum   ; |

Text 49

ein besonderer Theil . GüterGemeinschaft heist das Recht eines jeden an das Ding , der entweder gleiche oder ­unbestimmte An­theil   ; sie schliest im­ mer eine Theilung und zwar Noth­ wendigkeit dieser Thei­lung , besonderes , Rechte , Eigenthum zwar nicht der ruhenden Mittel des ungenuzten , ­todten , aber eine nothwendige Theilung desselben in dem Gebrauche in sich  ; durch jene NichtAbsonderung des Ei­gen­thums , solang es nicht gebraucht ist , taüscht die GüterGemeinschaft mit einem Schein der völligen Aufhebung der Rechte und im Grunde ist auch ein Recht an den Theil des Ei­gen­thums , der nicht unmittelbar gebraucht , nur benuzt wird , beibehalten , nur wird davon stillegeschwiegen . Das gleiche Recht das das besizende an Ei­gen­thum dem Andern übertragen hat (bricht ab) es sezte eine Beherrschung der Herrschaft des andern entgegen  ; und höbe

5

10

15

20

25

3 Liebe] folgt gestr  : aus   3–4 ein ihr abscheulicher Dienst] (1) etwas ihr abscheuliches (2) Text  : ein (über vers . nicht gestr  : etwas) ihr abscheulicher (aus abscheuliches) Dienst (über der Zeile)  4 aus)] folgt 25 gestr  : zu   8 Ei­gen­thum   ;] folgt gestr  : da aber das 4 unbestimmte über der Zeile  4–5 sie schliest immer eine über der Zeile  5 Theilung aus ­Theile   5–6 und zwar … Theilung , über der Zeile   7–8 zwar nicht … ungenuzten[ ,] über der Zeile   9–15 todten , aber … Rechte am Rande mit Verweiszeichen   10–11 in sich] voraus   11 des] folgt gestr  : ungebrauchten  12 Ei­gen­thums  , ] Ei­gen­thums   12–13 solang es … ist etwas tiefer , mit Verweiszeichen   13 ist ,] ist .   14 völligen über der Zeile mit Einfügungszeichen   15–19 und im … gleiche unterhalb älterer Randnotizen  16–17 den Theil … der] (1) das Ei­gen­thum , das eigentlich gemeinschaftlich gemacht war der (2) Text  : (a) den vor der Zeile angeschlossen (b) einen (über der Zeile) (c) den unter der Zeile (Theil des über der Zeile) (Ei­gen­thums aus Ei­gen­thum) , der (aus das)  19 stille­ geschwiegen .] stillegeschwiegen /   20 das das besizende über der Zeile mit Einfügungszeichen   21 dem Andern übertragen hat über der Zeile mit Einfügungszeichen   22–95,18 es sezte … an am Rande , um die Notizen der Erstfassung herumgeschrieben   22–23 es sezte … Herrschaft] (1) da es auch keine andre Beziehung auf das Objekt finden könnte (aus kann) , als die Beherrschung desselben , so 〈 müßte 〉 sezte es seine Beherrschung der Herrschaft (2) Text  : (über der Zeile  : es) sezte eine (aus seine) ( Beherrschung der Herrschaft gestr . und wiederhergestellt)  23 entgegen] folgt gestr  : (1) sich selbst kann als[o]

30 30

35

40

Text 49

welchem zwekke …95 eine Beziehung des andern , seine Ausschliessung aller auf  ; und wenn der Besiz und Ei­gen­thum einen so wichtigen Theil des Menschen seiner Sorgen und Gedanken ausmacht , so können auch Liebende sich nicht enthalten , auf diese Seite ihrer Verhältnisse zu reflektiren  ; und wenn schon der Gebrauch gemeinschaftlich ist , so würde damit das Recht an Besiz unentschieden bleiben der Gedanke des Rechts würde zwar nicht vergessen , weil alles , in dessen Besiz izt die Menschen sind , die Rechtsform des Ei­gen­thums hat  ; sezt aber das Besizende das andre auch ins gleiche Recht des Besizes , so ist doch die Gütergemeinschaft nur das Recht eines jeden von beiden an [das Ding] |

5

10

15

20 (2) und doch kann es wiederum nicht anders (a) als (b) (als durch unter der Zeile mit Einfügungszeichen) 20 die Absonderung des andern selbst dasselbe (Ms  : gasselbe) sich (unter der Zeile) beschränkt , getrennt

fühlen  1 eine Beziehung] (1) eine Ans (2) einen (aus eine) Akt (3) Text  : eine (aus einen) (unter der Zeile  : Bezie-)hung   1–2 Ausschliessung] folgt gestr  : auf   5 so] folgt gestr  : muß  7 diese Seite ihrer Verhältnisse] (1) diß Verhältnis (2) Text  : diese (aus dieses) (Seite ihrer unter der Zeile mit Einfügungszeichen) Verhältnisse (aus Verhältnis)   8 schon über der Zeile   9 würde damit 25 über gestr . bleibt   10–11 bleiben] folgt gestr  : und sollte das Haben eines Dinges gemeinschaftlich 25 seyn , hätte das Besizende sein Recht (zwischen den Zeilen  : an d . ausschließende Eigne zwar) gegen das andre aufgegeben , so   11–14 der Gedanke … hat am rechten unteren Rande mit Verweiszeichen   11 der Gedanke] davor gestr  : das Rech   12 nicht] nichts   in aus b?  12–13 dessen aus des?  13 izt aus d   14 hat  ;] folgt gestr  : so hat   14–18 sezt aber … an mit Verweiszeichen am linken unteren 16 ist über gestr . heißt   17 Gütergemeinschaft] folgt gestr  : nicht  Recht] folgt ein verkleck30 Rande   ster Buchstabe  18 an] folgt gestr  : Ding  ; folgt ein unlesbares Wort in der beschädigten unteren Ecke 〈 f ühlen 〉

30

35

96

frankfurter manuskripte · vereinigung und liebe

Text 50

so wie sie mehrere Gattungen …

7r

7v

so wie sie mehrere Gattungen kennen lernen , die ihnen nicht feindlich sind , nehmen sie mehrere Götter in ihr Pantheon auf – Euer Gott sey auch unser Gott , d . h . last uns uns nicht mehr als besondre sondern als vereinigte betrachten – Ein Volk das alle fremden Götter verschmäht , muß den Haß des ganzen menschlichen Geschlechts im Busen tragen . Wo die Trennung zwischen dem Trieb und der Wirklichkeit so groß ist , daß wirklicher Schmerz entsteht , so ist die Vereinigung unmöglich und wenn der Mensch Kraft genug hat , diese Trennung doch tragen zu können , sich noch dem Schiksal entgegenstellen zu können so stellt er sich noch dem Schiksal ­entgegen ohne ihm zu unterliegen  ; hat er diese Kraft nicht , so sezt er diese Vereinigung in einen zukünftigen Zustand , und holt sie von einem fremden vereinigenden Objekt da jener nichts in sein Objekt sezt , was nicht in ihm ist . | Wo der Mensch das unvereinbare vereint , da ist Positivität so sezt er als Grund dieses Leiden zwar eine unabhängige Thätigkeit und belebt sie , aber da die Vereinigung mit dem Schmerz unmöglich ist , indem er ein Leiden ist so ist auch die Vereinigung mit jener Ursache des Leidens unmöglich und er sezt sie sich als ein feindliches Wesen gegenüber  ; hätte er nie keine Gunst von ihm genossen , so würde er ihm eine feindliche Natur , die sich nicht ändert , zuschreiben  ; hatte er schon Freude von ihm gehabt , hat er es schon geliebt , so muß er die feindliche Gesinnung nur als vorüber­gehend denken , und ist er sich irgend einer Schuld bewust , so erkennt er in seinem Schmerz die strafende Hand der Gottheit , mit der er vorhin freund­lich lebte – Ist er aber seiner Reinheit sich bewust , und hat Kraft

5

10

15

20

25

1 Überschrift der Herausgeber   3 Gott1] daneben am Rande zwei mit feinen Strichen gezeichnete Sonnen   4 uns uns nicht] uns nt nicht   sondern] davor gestr  : soll  als2 ] folgt gestr  : E   vereinigte] in der 25 ersten Silbe Ansatz zu einer Streichung   5 Ein über gestr . Einem (aus Ein)  alle über der Zeile   7 Trennung] folgt gestr  : sch   8–13 so ist … ist . mit Erledigungsvermerk versehen  10–11 so stellt … entgegen] (1) sich noch dem Schiksal entgegenstellen zu können so stellt er sich (2) Text  : (auf dem 30 Rande angeschlossen  : so stellt) [er] sich noch dem Schiksal entgegen (aus ent〈 gegenstellen 〉  ; gegen ­w iederhergestellt)   12 Vereinigung] davor gestr  : Hofnung   13 Objekt1 unter gestr . Subj .   14 so] 30 davor gestr  : so belebt er zwar auch   18 gegenüber  ;] folgt gestr  : d   19 er1] folgt gestr  : es   20 schon1] folgt gestr  : von   von] hat von   es auf dem Rande angeschlossen   21 Gesinnung] u-Bogen zunächst falsch gesetzt  22 in über gestr . an  Gottheit ,] folgt gestr  : die   23 bewust ,] folgt gestr  : so  

Text 50

5

10

15

so wie sie mehrere gattungen …97

genug diese völlige Trennung ertragen zu können , so | stellt er sich einer unbekannten Macht , in der nichts menschliches ist , dem Schiksal mächtig gegenüber , ohne sich zu u ­ nterwerfen , oder sonst eine Vereinigung mit ihm zu treffen , die mit einem mäch­t igern Wesen nur eine Knechtschaft seyn könnte . Wenn da , wo in der Natur ewige Trennung ist , wenn unvereinbares vereinigt wird , da ist Positivität . Dieses vereinigte , dieses Ideal ist also Objekt  ; und es ist etwas in ihm , was nicht Subjekt ist . Das Ideal können wir nicht ausser uns sezen , sonst wäre es ein Objekt , – nicht in uns allein , sonst wäre es kein Ideal . die Religion ist eins mit der Liebe  ; der geliebte ist uns nicht entgegengesezt , er ist eins mit unserm Wesen  ; wir sehen nur uns in ihm – und dann ist er doch wieder nicht wir – ein Wunder , das wir nicht zu faßen vermögen . |

8r

»Der eingeweihte (Plato Phädr . p . 330 .) der der ewigen Schönheit vollen Anblik einst genoß , wenn er ein Gottähnliches Gesicht anschaut , das eine gute Nach­bildung der Schönheit oder sonst einer unkörperlichen Idee ist , so erschrikt er anfangs , und einer der ehmaligen Schauer ergreift ihn  ; hernach sieht er ­nä­her zu , und verehrt ihn wie einen Gott  ; und fürchtete er nicht den Ruf des Wahnsinnes , so würde er dem Geliebten , wie einer BildSaüle und einem Gotte ­opfern .« |

8v

20 1 genug] folgt gestr  : sich   einer aus einem   2 in der] (1) die (2) Text  : in (über der Zeile) der (aus

die)  mächtig auf dem Rande angeschlossen   3 sich zu unterwerfen] (1) zu unterliegen (2) Text  : (über der Zeile  : sich) zu (unter(werfen über der Zeile) aus unterliegen)   4 mit einem mächtigern Wesen am Rande mit Verweiszeichen   5 Natur] folgt gestr  : unvereinbares ist , wenn d mit Ansatz zu a   8 nicht1] folgt auf dem Rande gestr  : g   sezen] darüber gestr  : allein   12 wir1 über den Rand hinaus­ 25 geschrieben

Zu r V erfassu ng W ü rttem bergs Vi er Fragm ente

Text 51

dass die magistrate …101

Erstes Fragment Daß die Magistrate von den Bürgern gewählt werden müssen . 5

An das Wirtembergische Volk

1798 . |

3 die] folgt gestr  : Stä   von den] (1) vom Vol (2) Text  : von (aus vom) den  

Text 51

5

10

15

20

25

30

dass die magistrate …103

Es wäre einmal Zeit , daß das Wirtembergische Volk aus seinem Schwanken zwischen Furcht und Hofnung , aus seiner Abwechslung von Erwartung und von Taüschung in dieser Erwartung herausträte , ich will nicht sagen , daß es auch Zeit wäre , daß jeder , der in einer Veränderung der Dinge , oder in der Erhaltung des Alten , nur seinen beschränkten Nuzen oder den Nuzen seines Standes wünscht , nur seine Eitelkeit um Rath frägt , – jene dürftigen Wünsche aufgebe , diese kleinlichen Sorgen fahren ließe , und die Sorge fürs allgemeine sich auf die Seele bände . Für die Menschen von bessern Wünschen , von reinerem Eifer wäre es besonders Zeit , ihrem unbestimmten Willen , die Theile der Verfassung vorzuhalten , welche auf Ungerechtigkeit gegründet sind , und auf die nothwendige Veränderung solcher Theile ihre Wirksamkeit zu richten . | Die ruhige Genügsamkeit an dem wirklichen , die Hofnungslosigkeit , die ge­ duldige Ergebung in ein zu grosses , allgewaltiges Schiksal , ist in Hofnung , in Erwartung , in Muth zu etwas anderem übergegangen . Das Bild besserer , gerechterer Zeiten ist lebhaft in die Seelen der Menschen gekommen , und eine Sehnsucht , ein Seufzen nach einem reinern , freiern Zustande hat alle Gemüther bewegt , und mit der Wirklichkeit entzweyt . Der Drang , die dürftigen Schranken zu durchbrechen , hat seine Hofnungen an jedes Ereignis , an jeden Schimmer , selbst an Frevel­thaten geheftet . Woher konnten die Wirtemberger gerechtere Hilfe erwarten , als von der Versammlung ihrer Landstände  ? Das ­Aufschieben der Befriedigung dieser Hofnungen , die Zeit kan jene Sehnsucht nur laütern , das reine vom unreinen scheiden , aber sie wird den Trieb nach dem , was einem wahren Bedürfnis abhilft , nur verstärken , jene Sehnsucht wird sich durch die | Zögerung nur desto tiefer in die Herzen einfressen  ; sie ist kein zufälliger Schwindel , der vorübergeht  ; nennt sie einen FieberParoxysmus , aber er endigt nur mit dem Tode , oder wenn die kranke Materie ausgeschwizt ist , er ist eine Anstrengung der noch gesunden Kraft , das Übel auszutreiben . Allgemein und tief ist das Gefühl , daß das Staatsgebaüde , so wie es izt noch besteht , unhaltbar ist , – allgemein ist die Ängstlichkeit daß es zusammenstürzen und in seinem Falle jeden verwunden werde – Soll mit jener Überzeugung im Herzen , diese Furcht so mächtig werden , daß man es aufs gute Glük ankommen

4 in der über gestr . bei   5 Nuzen1] folgt gestr  : sucht ,   oder aus Komma  Standes] folgt gestr  : sucht  ,   6 Rath aus Rathe  Wünsche aus Wünschen   7 Sorgen über gestr . Wünsche   8 bessern aus bes35 serm   10 gegründet über der Zeile mit Einfügungszeichen   17 Der] Die   24 Zögerung aus Verzö26 wenn] folgt gestr  : er  29 Ängstlichkeit aus Ae  30 werde – aus werde .   35 gerung  

64r

64v

65r

104

65v

66r

frankfurter manuskripte · verfassung württembergs Text 51

lassen will , was umgestürzt , was erhalten werden , was stehen oder was fallen möge  ? Soll man nicht das unhaltbare selbst verlassen wollen  ? mit ruhigem Blik untersuchen , was zu dem unhaltbaren gehört  ? Gerechtigkeit ist in dieser Be­ urthei­lung der einzige Maasstab  ; der Muth , Gerechtigkeit zu üben , die einzige Macht , die das Wankende | mit Ehre und Ruhe vollends weg­schaffen , und einen gesicherten Zustand hervorbringen kan . Wie blind sind diejenigen , die glauben mögen , daß Einrichtungen , Verfassungen , Geseze , die mit den Sitten , den Bedürfnissen , der Meinung der Menschen nicht mehr zusammenstimmen , aus denen der Geist entflohen ist , länger bestehen , daß Formen , an denen Verstand und Empfindung kein Interesse mehr nimmt , mächtig genug seyen , länger das Band eines Volkes auszumachen  ! – Alle Versuche , Verhältnissen , Theilen einer Verfassung , aus welchen der Glauben entwichen ist , durch großsprechende Pfuschereien wieder Zutrauen zu ver­schaffen , die Todtengräber mit schönen Wor­ten zu übertünchen , bedekken nicht nur die sinnreichen Erfinder mit Schande , sondern bereiten einen viel fürchterlichern Ausbruch , in welchem dem Bedürfnisse der Verbesserung sich die Rache bei­ gesellt , und die immer getaüschte , unterdrükkte Menge an der Unredlichkeit auch Strafe nimmt . Bei dem Gefühle eines Wankens der Dinge sonst nichts thun , als getrost und blind den Zusammensturz des alten überall angebrochnen in seinen Wurzeln an­ge­g riffnen Gebaüdes zu erwarten , und sich von dem einstürzenden Gebälke zerschmettern zu lassen , ist ebenso sehr gegen alle Klugheit , als gegen die Ehre . Wenn eine Veränderung geschehen soll , so muß etwas verändert werden . Eine so kahle | Wahrheit ist darum nöthig gesagt zu werden , weil die Angst , die muß , von dem Muthe , der will , dadurch sich unterscheidet , daß die Menschen , die von jener getrieben werden , zwar die Nothwendigkeit einer Veränderung wohl fühlen und zugeben , aber wenn ein Anfang gemacht werden soll , doch die Schwachheit zeigen , alles behalten zu wollen , in dessen Besize sie sich befinden , wie ein Verschwender , der in der Nothwendigkeit ist , seine Ausgaben zu beschränken , aber jeden Artikel seiner bisherigen Bedürfnisse , von dessen

5

10

15

20

25

30

7–11 Wie blind … Alle] (1) Alle (2) Text (am Rande mit Verweiszeichen)  9 denen aus den   12 Verhältnissen ,] (1) Verhältnissen , (2) Text (Komma gestr . und wiederholt)  Theilen aus Theile  der Glauben] (1) das Zutrauen (2) Text  : der (aus das) Glauben (über der Zeile)   14 bedekken] folgt gestr  : nicht   15 bereiten] folgt gestr  : nur   16 Verbesserung] folgt über der Zeile Ansatz zu einer Einfügung 35 oder Verweiszeichen  sich] folgt gestr  : auch   17 Unredlichkeit] davor gestr  : Betriegs   24 Wahr- 35 heit über der Zeile mit Einfügungszeichen  ist] folgt gestr  : nur  26 einer] davor gestr  : wo   27 aber] davor gestr  : ode  28 die Schwachheit] (1) aus Schwä (2) Text  : (über der Zeile  : die) Schwachheit (aus Schwä)  28–29 befinden , wie] (1) befinden . Wie (2) Text  : befinden , (aus befinden .) wie (auf dem Rande angeschlossen)   30 aber] davor gestr  : und  

Text 51

5

10

15

20

dass die magistrate …105

Beschneidung man ihm spricht , unentbehrlich findet , nichts aufgeben will , bis ihm endlich sein unentbehrliches wie das entbehrliche genommen wird . Das Schauspiel einer solchen Schwäche , darf ein Volk , dürfen Deutsche nicht geben  ; nach kalter Überzeugung , daß eine Veränderung nothwendig ist , dürfen sie sich nun nicht fürchten , mit der Untersuchung ins Einzelne zu gehen , und was sie ungerechtes finden , dessen Abstellung muß der , der Unrecht leidet , fodern , und der , der im ungerechten Besiz ist , muß ihn freiwillig aufopfern . | Diese Stärke sich über sein kleines Interesse zur Gerechtigkeit erheben zu kön­nen , wird bei der folgenden Untersuchung ebensosehr vorausgesezt , als die Redlich­keit es zu wollen , und es nicht nur vorzugeben  ; nur zu oft liegt hinter den Wünschen und dem Eifer fürs allgemeine Beste der Vorbehalt verborgen , soweit es mit unserem Interesse übereinstimmt  ; eine solche Bereitwilligkeit , zu allen Verbesserungen das Jawort zu geben , erschrikt , erblaßt , sobald auch einmal eine Anfoderung an diese Bereitwillige selbst gemacht wird . Fern von dieser Heuchelei fange jeder einzelne , jeder Stand , ehe er Fode­r un­ gen an andre macht , ehe er die Ursache des Übels ausser sich sucht , bei sich selbst damit an , seine Verhältnisse , seine Rechte abzuwägen , und wenn er sich im Be­siz ungleicher Rechte findet , so strebe er darnach , sich ins Gleichgewicht mit den ­übrigen zu sezen . Wer will , mag diese Foderung , bei sich selbst anzufangen für blind und unwirksam halten , die Hofnung , auf diese Art Unrecht abgestellt zu

2 endlich] folgt gestr  : das   5 gehen aus geben  6 fodern aus fodert  8 sich] folgt gestr  : zur   10 nur1] folgt gestr  : zu  liegt] davor gestr  : stek  12 soweit aus solange (weit über der Zeile)  14 diese] (1) den (2) diesen aus den (3) Text (über der Zeile)  16 bei sich selbst] (1) bei sich selbst an , (2) (auf dem Rande angeschlossen  : damit) an , (3) Text (Stufe (1) wiederhergestellt)  17–18 und wenn … Rechte] 25 (1) und in welcher Ungleichheit der Rechte er sich (2) und (wenn er sich über der Zeile) (bricht ab) (3)  Text  : und (am Rande mit Verweiszeichen , Anschlußwort wiederholt  : und wenn er sich im Besiz un­ gleic)her (aus der) Rechte   20 zu] Text bricht ab  

66v

106

frankfurter manuskripte · verfassung württembergs Text 51

Zweites Fragment R . Haym  : Hegel und seine Zeit . Vorlesungen über Entstehung und Entwickelung , Wesen und Werth der Hegel’schen Philosophie . Berlin 1857 . S . 483–485  : 483

484

»So lange man« , heißt es in der uns vorliegenden Abschrift des Hegel’schen Originals , – »so lange man das Reformiren und das Zurücknehmen versuchter und schädlich befundener Reformen nicht in seiner Gewalt hat , so thut man wohl , wenn man bei solchen Veränderungen stehen bleibt , deren Folgen sich in ihrem gan |z  en Umfang übersehen und berechnen lassen , und wenn man sich begnügt , ­ uellen der Mißbräuche zu verstopfen . Die Anmaaßungen der höheren Of­ die Q ficialen waren es vorzüglich , was in älteren und neueren Zeiten alles Uebel über die Landschaft gebracht hat . Der Ausschuß mußte es sehr bequem finden , sich Männer zu halten , die für ihn redeten und schrieben , auch wohl im Nothfall für ihn dachten . Ein großer Theil der Mitglieder des Ausschusses verzehrte mittler­ weile sein Einkommen in behaglicher Ruhe , sorgte auch wohl nebenher für das Heil seiner Seele und ließ die Angelegenheiten des Landes gehen , wie es die Vorsehung und seine Führer wollten . Uebel war freilich die arme Heerde daran , wenn der eine der Hirten sie gegen Morgen , der andre gegen Abend führen wollte . Der größere Theil folgte natürlich dem , der den Schlüssel zum Futterboden hatte , der mit soliderer Stimme zu locken und unter seinem Schaafspelz die Wolfsnatur am geschicktesten zu verbergen wußte . So wurde der Ausschuß und mit diesem das Land von den Officialen des ersteren an der Nase herumgeführt . Der Ausschuß selbst war nie anmaaßend . Seine Consulenten und Advocaten waren es . Er war nur indolent und gab gedankenlos zu allen Eigenmächtigkeiten jener den Namen her . Diese waren es , die den Ausschuß zu einer Freigebigkeit gegen den Hof verleiteten , der nichts gleichkömmt , als die Frivolität der Gründe , durch die man dergleichen Devotionsbezeugungen zu rechtfertigen suchte . Sie waren es , die der Hof zu gewinnen suchte , weil er sicher war , seinen Zweck zu erreichen , wenn er den Advocaten und den Consulenten in sein Interesse zu ­ziehen gewußt hatte . Sie waren es , auf die es ankam , ob auf die Beschwerden und Wünsche einzelner Stände Rücksicht genommen werden sollte . Sie waren es , die sich der eingekommenen Actenstücke bemächtigten und das Dasein derselben 28 Consulenten] Consuleten  

5

10

15

20

25

30

Text 51

5

10

15

20

25

dass die magistrate …107

dem Ausschusse so lange verborgen hielten , bis es ihnen beliebte , die Sache zum Vortrag zu bringen . Und in der That hat kein Geistlicher je eine größere Macht über das Gewissen seiner Beichtkinder gehabt , als diese politischen Beichtväter über das Amtsgewissen der Ausschußverwandten . Die Consulenten im engeren Sinne hatten übrigens nichts mit der Casse zu thun . Die Operationen der geheimen Truhe blieben ihnen Geheimniß . Von ihnen hatte also der Eigennutz der Ausschußglieder keine Gefälligkeiten zu erwarten . Deputationen wurden ohne ihren Rath vergeben  ; an keiner Wahl hatten sie einen directen Antheil . Dies sicherte dem Advokaten auch beim Mangel von Talenten und Kenntnissen ein merkliches Uebergewicht . Doch war auch bei den Wahlen der indirecte Einfluß der Consulenten unverkennbar . Der Amtscandidat hatte viele Hoff­nung  , den Günstling des Advocaten zu verdrängen , wenn der Lieblingsconsulent sein Freund und Fürsprecher war . Zum Glück hat der Ausschuß auch zu Zeiten Männer zu Consulenten gehabt , die Kopf und Herz am rechten Flecke hatten , die den Ausschuß zwar gängelten , weil er nicht allein zu gehen gelernt hatte , aber ihn doch nie , wenigstens nie wissentlich und wohlbedächtlich in den Koth hineinführten . Mit dem Landtage hat der gefährliche Einfluß dieses monströsen Amts eher zu- als abgenommen . Man hat sich gewöhnt , die Consulenten als wesentliche Bestandtheile der land |s chaftlichen Verfassung anzusehen . Man hat den officiellen Wirkungskreis derselben erweitert . Sie haben von der Rivalität der Deputirten Vortheile gezogen . Sie haben sich von ihrem Vorgesetzten , ihrem Richter in Amtssachen , dem Ausschuß , unabhängig zu machen gewußt . Bis zum Landtage konnte der Ausschuß den pflichtvergessenen Consulenten ohne Widerspruch entlassen . Er that es auch mehr als einmal . Jetzt würde vielleicht der Consulent fordern , daß der Fürst , an den er das Interesse der Landschaft verräth , sein Richter sein müsse u . s . w .«

16 wissentlich] wissentich

485

108

frankfurter manuskripte · verfassung württembergs Text 51

Drittes Fragment R . Haym  : Hegel und seine Zeit . Vorlesungen über Entstehung und Entwickelung , Wesen und Werth der Hegel’schen Philosophie . Berlin 1857 . S . 66  : 66

Er verhehlt sich nicht , daß jede wahrhafte Repräsentation mittelbare oder unmittelbare Wahl dessen voraussetzt , der repräsentirt werden soll . Ob es aber »in einem Lande , das seit Jahrhunderten Erbmonarchie hat , räth­lich sei , einem unaufgeklärten , an blinden Gehorsam gewöhnten und von dem Eindruck des Augen­blicks abhängigen Haufen plötzlich die Wahl seiner Vertreter zu überlassen« – das ist eine Frage , die er nicht bejahen möchte . Er citirt zur Unterstützung dieser Ansicht eine Parlamentsrede von Fox , und so lange also – bei diesem , theils negativen , theils ganz allgemeinen Resultate bleibt er hängen – »so lange alles Uebrige in dem alten Zustande bleibt , so lange das Volk seine Rechte nicht kennt , so lange kein Gemeingeist vorhanden ist , so lange die Gewalt der Beamten nicht beschränkt ist , würden Volkswahlen nur dazu dienen , den völligen Umsturz unserer Verfassung herbeizuführen . Die Hauptsache wäre , das Wahlrecht in die Hände eines vom Hofe unabhängigen Corps von aufgeklärten und recht­ schaffe­nen Männern niederzulegen . Aber ich sehe nicht ein , von welcher Wahlart man sich eine solche Versammlung versprechen könnte , sei es auch , daß man die active und passive Wahlfähigkeit noch so sorgfältig bestimmte .«

5

10

15

Text 51

dass die magistrate …109

Viertes Fragment R . Haym  : Hegel und seine Zeit . Vorlesungen über Entstehung und Entwickelung , Wesen und Werth der Hegel’schen Philosophie . Berlin 1857 . S . 67  :

5

10

Er spottet jener Unterscheidung , hinter die sich die Trägheit und der Eigennutz der Privilegirten flüchte – der Unterscheidung »zwischen dem , was ist , und dem , was sein sollte .« Mit treffen­den Worten charakterisirt und straft er jenes Beamtenthum , welches »allen Sinn für angeborne Menschenrechte« verloren habe , und , im Nachtrabe des fortschreitenden Zeitalters , im Gedränge zwischen Amt und Gewissen , sich immer nur nach »historischen Gründen für das Positive« umsehe . Wie ein echter Schüler Rousseau’s sagt er von der Wirtembergischen Verfassung , daß sich in ihr »am Ende Alles um einen Menschen herumdrehe , der ex providentia majorum alle Gewalten in sich vereinigt , und für seine Anerkennung und Achtung der Menschenrechte keine Garantie giebt .«

67

Zu r ch ristlich en Religion

Text 52

zu der zeit da jesus …113

Zu der Zeit da Jesus …

5

10

15

20

Zu der Zeit da Jesus unter der jüdischen Nation auftratt , befand sie sich in dem Zustande , der die Bedingung einer früher oder später erfolgenden Revolution ist , und immer die gleichen allgemeinen Charaktere trägt . Wenn der Geist aus einer Verfassung aus den Gesezen gewichen ist , und jener durch seine Veränderung zu diesen nicht mehr stimmt , so entsteht ein Suchen , ein Streben nach etwas anderem , das bald von jedem in etwas anderem gefunden wird , wodurch denn eine Mannichfaltigkeit der Bildungen , der Lebensweisen , der Ansprüche , der Bedürfnisse hervorgeht , die wenn sie nach und nach so weit divergieren , daß sie nimmer nebeneinander bestehen können , endlich einen Ausbruch bewirken , und einer neuen | allgemeinen Form , einem neuen Bande der Menschen ihr ­Daseyn geben  ; je loser diß Band ist , je mehr es unvereinigt läßt , desto mehr Saamen zu neuen Ungleichheiten und künftigen Explosionen liegt darin . So gibt das jüdische Volk zur Zeit Jesu uns nicht mehr das Bild eines Ganzen  ; ein allgemeines hält sie nothdürftig noch zusammen , aber es ist soviel fremd­ artiger und mannichfaltiger Stoff , so vielerlei Leben und Ideale vorhanden , soviel unbefriedigtes neugierig nach neuem umherschauendes Streben , daß jeder mit Zuversicht und Hoff­nun­gen auftrettende Reformator sich eines Anhangs für eben so versichert halten kan , als einer feindlichen Parthie . | Die aüssere Unabhängigkeit des jüdischen Staates , war verlohren , die Römer und von Römern geduldete oder gegebne Könige vereinigten darum zimlich den allgemeinen heimlichen Haß der Juden gegen sich  ; die Foderung der Unabhängigkeit lag zu tief in ihrer Religion , die andern Völkern kaum das Neben-ihr bestehen gönnte  ; wie sollte sie Herrschaft eines derselben über ihre Kinder er-

25

2 da] das   3 die] davor gestr  : früher oder später eine Revolution nach   25 1 Überschrift der Herausgeber   4 ist aus Komma  und] folgt gestr  : sich   7 bald von … gefunden] (1) noch nicht ge­f un­d [en] (2) von jedem in etwas anderem gefunden (3) Text ( bald auf dem Rande angeschlossen)  9 sie] folgt gestr  : so aus na  10 endlich einen] einen endlich einen   11 einer neuen] (1) eine neue Form , einen (2) Text (aus eine neue)  einem aus einer   12 je1] folgt gestr  : (1) mehr (2) losere   14 Ganzen  ;] folgt 30 gestr  : sond   15 ein allgemeines] (1) das allgemeine (2) Text  : (über der Zeile  : ein) allgemeines (aus allgemeine)  16 vorhanden aus V   17 nach neuem über der Zeile  umherschauendes aus umherschauenen? (-des zur Verdeutlichung wiederholt)  jeder] folgt gestr  : der   18 HoVnun­gen] folgt gestr  : Auft  auftrettende aus auftrettender  ; folgt gestr  : Verbe  Anhangs] folgt gestr  : für versichert halten   19 kan über der Zeile  als] folgt gestr  : der Feind   Parthie .] folgt gestr  : Die aüsser   20 die auf dem 22 heimlichen auf dem Rande angeschlossen  24 Herrschaft eines derselben über] 35 Rande angeschlossen  

47r

47v

48r

114

48v

49r

49v

frankfurter manuskripte · christliche religion

Text 52

träglich finden  ? Das Volk , dessen sonstige Wirklichkeit noch ungekränkt blieb , war noch nicht auf dem Punkte diese aufopfern wollen zu müssen , und wartete daher auf einen fremden , mit Macht ausgerüsteten Messias , der für dasselbe thäte , was es selbst nicht wagte , oder es zum Wagen begeisterte , und durch diese Gewalt fortrisse . | Es zeichneten sich viele durch strengere und genauere Beobachtung aller re­ ligiösen Pünktlichkeiten aus , und schon daß sie sich dadurch auszeichneten , zeigt uns den Verlust der Unbefangenheit , die Mühe und einen Kampf etwas zu erreichen , was nicht aus sich selbst hervorging . Der Dienst , in dem sie standen , war der Dienst gegen ein blindes , nicht wie das griechische , innerhalb der Natur liegendes Fatum , und ihre grössere Religiosität ein beständigeres Anhängen und Abhängen von mannichfaltigerem , das sich auf das Eine bezöge , aber jedes an­d re Bewußtseyn ausschlösse . Die Pharisäer suchten mit Anstrengung vollkommne Juden zu seyn , und diß beweißt , daß sie die Möglichkeit kannten es nicht zu seyn . | Die Sadducäer liessen ihr jüdisches als ein wirkliches in sich bestehen , weil es einmal da war , und waren mit wenigem zufrieden , aber es schien für sie unmittelbar kein Interesse zu haben , als nur insofern als es einmal Bedingung ihres übrigen Genusses war  ; sonst waren sie , und ihr Daseyn sich selbst höchstes Gesez . Auch die Essener liessen sich nicht in Kampf mit ihm ein , sondern liessen es bei Seite liegen  ; denn dem Streite zu entfliehen warfen sie sich in ihre einför­ mige Lebensart . Es mußte endlich einer auftreten , der das Juden­thum selbst geradezu angrif , aber weil er in den Juden nicht fand , das ihm geholfen hätte es zu bestreiten , das er hätte festhalten , und mit welchem er es hätte stürzen können , so mußte er unter­gehn  , und unmittelbar auch nur eine Sekte | gestiftet haben Die Wurzel des Juden­thums ist das objektive das h . der Dienst , die Knechtschaft eines Fremden . dieß grif Jesus an .

5

10

15

20

25

30

(1) ihre Herrschaft über sich tragen (2) Text (eines derselben über der Zeile)   1 noch] folgt gestr  : leid  2 diese] folgt gestr  : au (aus s)   wollen zu müssen ,] (1) zu wollen , (2) Text (zu (aus Komma) 30 müssen , auf dem Rande angeschlossen)   4–5 begeisterte , und … fortrisse .] (1) begeisterte . (2) Text  : begeisterte , (aus begeisterte .) (und … fortrisse . am ursprüngl . Ab­satz­ende angeschlossen und auf dem Rande fortgesetzt)  6 aller aus ?  9 nicht] davor gestr  : s   10 Natur] davor gestr  : menschlichen   11 ein beständigeres] (1) ein Hängen (2) Text (auf dem Rande angeschlossen)  12 von] folgt gestr  : mehrere  Eine] folgt gestr  : (1) E (2) einschrä   14 Die Pharisäer] (1) (Absatz) Sie (2) Text (am ursprüngl . 35 Ab­satz­ende angeschlossen)  15 sie über der Zeile  16 ihr jüdisches] (1) das jüdische das (2) Text  : ihr (über der Zeile) jüdisches (aus jüdische)   17 und waren … zufrieden[ ,] am Rande mit Verweiszeichen   19 war  ; sonst … Gesez .] (1) war . (2) Text  : war  ; (aus war .) (sonst … Gesez . am ursprüngl  . Ab­satz­ende angeschlossen und auf dem Rande fortgesetzt)  waren] war  selbst] folgt gestr  : Ges   23 auftreten aus auftretten  26 und] folgt gestr  : auch 40

Text 52

5

10

15

20

zu der zeit da jesus …115

a .) Knechtschaft gegen ihr Gesez ,1 den Willen des Herrn – ihm entgegen­ gesezt Selbst-Bestimmung , Selbstthätigkeit . b .)  der Herr , der unsichtbare Herr – ihm entgegengesezt Schiksallosigkeit , entweder der Unschuld , oder der Selbstmacht – jene nicht möglich . er konnte in sie nicht die beiden entgegengesezten vereinigen weil eigentlich nur eins der entgegengesezten ohne Widerstreit herrschte – diß nicht , als Gottlosigkeit – also die Herrschaft gemildert in Vaterschaft – Abhängigkeit von einem liebenden in Ansehung der Noth | c .) Andre bestimmt α) entweder von mir – diesem entgegengesezt Moralität d .)  oder β) von einem andern – Verachtung der Menschen , Egoismus und Hoffen auf objektive Hülfe . – Achtung andrer , Berichtigung oder Vernichtung dieser Hofnung . Autorität gegen Autorität , allein auf Autorität der Glauben an Menschen-Natur – Johannes er wußte welche Kraft im Menschen war Wunder – er hofte auch auf ihre Wirkung – reelles nicht polemisches Die Aufregungen des subjektiven in mancherlei Rüksichten – eine schöne Religion zu stiften , das Ideal davon findet man es  ? | Nur dann kann zwischen Ceremonial und Moral Gesezen unterschieden ­werden  , wenn Moralität vindicirt ist  ; in der jüdischen Religion Moralität unmöglich weil keine Freiheit darin war – sondern durchgängige Herrschaft   Am Rande mit Verweiszeichen  : was ist Knechtschaft gegen ein Gesez a .)  im entgegengesezten – Willenslosigkeit b .)  in Beziehung auf andre Menschen – Gefühllosigkeit – Mangel schöner Beziehungen Liebe ,  Trennung c .) Gottlosigkeit 1

25

2 Selbst- über der Zeile  6 herrschte –] folgt gestr  : also m   diß aus diese   7 die Herrschaft über 30 gestr . jene   9 α) nachtr .   10 andern –] andern /   13 Autorität gegen Autorität ,] Autor gegen 30 Autor .  Autorität 3 ] Autor .   13–14 Menschen-Natur –] Menschen-Natur   17 Die] folgt gestr  :

He   18 stiften , ] folgt gestr  : auch nicht einm  davon] folgt gestr . Fragezeichen   19–117,6 Nur dann  … Objektivität] in den Randspalten  ; unterbrochen durch die Fußnote   19 Nur dann kann] (1) Wegen dieser durchg . Herrschaft des obj . konnte (2) Text  : (Nur dann über der Zeile) kann (aus konnte)   Ceremonial] Ceremon . aus Cerem .   20 Moralität1] Mor .  ; folgt gestr  : gerech  Reli35 gion] Rel . aus M  ;  folgt gestr . Ansatz zu R oder M  Moralität 2 ] Moral .   21 Freiheit] folgt gestr  : mög35 lich  23–27 was ist … Gottlosigkeit] am Rande (1) mit Verweiszeichen  : als (darüber nochmals , gestr  : als) Pflichtgebote gegen andre Knecht[e] (2) Text   23 Knechtschaft] Knchtsch   gegen] geg   ein] e aus Ansatz zu d?  25 Gefühllosigkeit] davor gestr  : Empf  26 Liebe unter Zeile

50r

49v

116

50r

frankfurter manuskripte · christliche religion

Text 52

im allgemeinen Subjekt gegen das Gesez , dem Gesez sezte er Moralität entgegen  ? – Moralität ist nach Kant die Unterjochung des einzelnen unter das allgemeine , der Sieg des Allgemeinen über sein entgegengeseztes einzelnes – eher Erhebung des einzelnen zum Allgemeinen , Vereinigung – Aufhebung beider entgegengesezter durch Vereinigung a) Einigkeit im bestimmten , sezt Freiheit voraus , denn ein beschränktes hat ein entgegengeseztes b .)  Einigkeit des ganzen Menschen , c .)  Ideal der Einigkeit [zu] a .)  und die Einigkeit selbst auf diese Art eine beschränkte – nicht die VerstandesEinheit , die auch eine unvollständige Einigkeit ist , durch die Verstan­ desEinheit werden die getrennten als getrennte gelassen , die Substanzen bleiben getrennt  ; die Vereinigung ist objektiv  ; in der WillensEinigkeit | sind die getrennten keine Substanzen  ; von den entgegengesezten wird eins völlig ausgeschlossen  ; das andre wird gewählt , d . h . es geht eine Vereinigung vor der Vorstellung und des Vorstellenden  ; das Vorstellende und das Vorgestellte werden eins  ; diß ist die Handlung  ; das moralische der Handlung ist in der Wahl , die Ver­einigung in der Wahl ist , daß das ausgeschlossene ein trennendes ist  ; daß das vorgestellte das in der Handlung vereinigt wird mit dem vorstellenden der Thätigkeit , selbst schon ein vereinigtes sey , unmoralisch wenn es ein trennendes ist . die ­Möglichkeit der Entgegensezung ist Freiheit – das entgegensezen selbst ein Akt der Freiheit . Die moralische Handlung ist darum unvollständig und unvollkommen , weil sie die Wahl weil sie Freiheit , entgegengesezte , Ausschliessung eines entgegengesezten voraussezt  ; je verbundner diß ausgeschloßne ist , desto grösser die Auf­

5

10

15

20

25

1 das aus ?  Gesez ,] Gesez /  Gesez2 ] Ges .   er] folgt gestr  : Allgem  Moralität] Moral .   2 Moralität] Mor . aus ist   unter nachtr .   2–3 allgemeine , ] allgem .   3 Allgemeinen] Allg .   4 einzelnen] einzelne  Allgemeinen , ] Allg .   4–5 beider entgegengesezter] (1) der entg (2) Text ( beider über der Zeile)   5 Vereinigung] Verein .   7 entgegengeseztes] entgegeng . /   8 Einigkeit] darüber ein Verweiszeichen ohne Gegenzeichen   10 Einigkeit] Ein .   11 VerstandesEinheit aus des?   11–12 VerstandesEinheit] Verst .Einheit   12 Substanzen] Subst .   13 die Vereinigung ist objektiv[  ;] unter der Zeile mit Einfügungszeichen  Vereinigung] Verein  .  14 Substanzen  ;] Subst  ; folgt gestr  : sondern  15 vor] folgt gestr  : zwi  ; danach zwei verkleckste Buchstaben  16 Vorstellenden] Vorstellendes  Vorstellende] Vorstell .   das Vorgestellte] d . Vorgest .   werden eins] sind (darüber  : werden) eins  17 ist in der Wahl] (1) ist , daß das (2) ist , (die Wahl unter der Zeile) das vorgest . (a) Vereinigte (b) nun (über der Zeile) Vereinigte (3) ist 〈〈  , 〉〉 in der Handlung (4) Text  : ist〈〈  , 〉〉 in 〈〈 der 〉〉 der Wahl   18 ausgeschlossene] ausgeschl .   ein trennendes] (1) die trennende (2) Text  : (unter der Zeile  : ein) trennendes (aus trennende)   ist  ;] folgt gestr  : das Vereinigte der in der Handlung  das2 ] folgt gestr  : vereinigte   vorgestellte] (gestr . und wiederhergestellt  : vor-/)gestellte  19 dem aus der   vorstellenden aus vorge   21 Entgegensezung] Entgegens .  Freiheit .] (Absatz) folgt gestr  : Je weniger d   22 Die] folgt gestr  : un   23 Ausschliessung aus a

25

30 30

35

40

Text 52

5

10

zu der zeit da jesus …117

opferung , die Trennung , desto unglüklicher das Schiksal desto grösser dieser einzelne , desto zerrissener die Idee des Menschen  ; desto intensiver sein Leben , desto mehr verliert es an Extension , und er trennt sich wieder desto mehr . Moralität Angemessenheit , Vereinigung mit dem Geseze des Lebens – ist dieses Gesez aber nicht Gesez des Lebens sondern selbst ein fremdes , so ist die höchste Trennung  ; Objektivität |

Die Idee ihres Willens ist das Gegentheil des Willens  ; sein Zwek nicht zu wollen  ; aber das Objekt der Handlung der Gedanke , der Zwek , immer ein Trieb eine Thätigkeit , ein reflektirter nemlich aber nicht des passiven Menschen , also eines fremden Willens  ; zur bestimmten Handlung , ein bestimmter Wille , Trieb nothwendig  ; aber dieser bestimmte Willen nicht im passiven Menschen wirklich also nur in der Idee , in der Vorstellung  ; dieser fremde Wille ein objektives Gesez . Dadurch daß er ihnen zeigte , sie haben einen schlechten Willen , zeigte er ihnen sie haben einen Willen

20

In der Bergpredigt immer ein Gegenüberstellen des objektiven Gebotes – und der Pflicht  ; ein Opfer nicht deswegen etwas , damit etwas geschenkt und ver­ ziehen wird  ; sondern ihr sollt verzeihen – Eid nicht wegen des Tempels heilig sondern ihr sollt wahrhaftig seyn  ; die Handlung und eure Absicht sollen Eins seyn  ; ihr sollt die Handlung in ihrem ganzen Umfange thun , jede Handlung stammt aus einem Gesez , diß Gesez soll auch euer eignes seyn

25

Von moralischen Geboten sind nur die Verbote fähig , objektiv zu werden , ­moralische Gebote  , sind Vereinigungen als Regeln ausgedrükt , Regeln sind die Beziehungen der Objekte aufeinander , die aüssre Beziehung d . h . die Beziehung getrennter kan nur negativ , d . h . als Verbot angegeben werden , denn die

15

25 1 Trennung , ] Trennung /   grösser] grössere   5 selbst] folgt gestr  : wieder   fremdes] darin f durch

Tintenklecks überdeckt  6 Objektivität aus o   7 Die Idee] eine Zeile darüber  : Objekt . (Textanschlußwort)  ihres über gestr . des   ist] folgt gestr  : nich   9 Thätigkeit ,] folgt gestr  : aber nicht   11 pas30 siven] pass .   12 Vorstellung  ;] Vorstellung /   Wille aus Willen   13–20 Dadurch daß … seyn] Wechsel im Schriftduktus  ; die beiden letzten Zeilen in Langzeilen  ; rechts und links darunter Federproben  15 30 Bergpredigt] Bergpr .   16–17 und verziehen wird über gestr . wird   18 seyn  ;] folgt gestr  : ihr   19 thun ,] thun /   21–118,13] Von moralischen … wollenden] in der Randspalte oben beginnend , neben dem vorhergehenden Text  21 nur über gestr . eigent   werden ,] folgt gestr  : nu   22 sind1] folgt gestr  : th   23 aufeinander ,] folgt gestr  : die mor . Gebote  Beziehung] Beziehungen   23–24 d . h . die Bezie­ 35 hung über der Zeile   24 getrennter] folgt gestr  : in mor . Handlungen (a) soll (b) ist Vereinigung  

50v

118

54v

55r

frankfurter manuskripte · christliche religion

Text 52

­le­bendige Vereinigung  , Einigkeit in der moralischen Handlung ist keine aüssere , d . h . die bezognen sind keine getrennten mehr Moralität ist Aufhebung einer Trennung in Leben , theoretische Einheit ist Einheit entgegengesezter – das Princip der Moralität ist Liebe – Beziehung in Trennung bestimmen oder bestimmtwerden , jenes unmoralisch gegen andre , diß gegen sich selbst – denn beides ist nur Bewirkung einer theoretischen Ein­heit – Wollen ist das Ausschliessen des entgegengesezten – die That ist das Auf­ heben der Trennung zwischen dem gewollten izt noch vorgestellten und dem Streben , der Thätigkeit , [dem] Trieb , dem wollenden – bei einem positiven Gesez ist die Handlung keine Vereinigung , sondern ein Bestimmtwerden , das Princip nicht Liebe  ; das Motif ist ein Beweggrund im eigentlichen Sinne , es verhält sich als Ursache , wirkendes  ; es ist ein fremdes nicht eine Modifikation des wollenden – | das Objekt der Handlung ist im positiven nicht der reflektirte Trieb selbst , oder der Trieb als Objekt , sondern ein fremdes von dem Triebe verschiedenes . Kants praktische Vernunft ist das Vermögen der Allgemeinheit d . h . das Vermögen auszuschliessen  ; die Triebfeder , Achtung  ; diß ausgeschlossene in Furcht , unterjocht – eine Desorganisation , das Ausschliessen eines noch vereinigten – das ausgeschlossene ist nicht ein aufgehobenes , sondern ein getrenntes noch be­ stehendes . Das Gebot ist zwar subjektiv , ein Gesez des Menschen , aber ein Ge­sez das andern in ihm Vorhandnen widerspricht , ein Gesez das herrscht  ; es gebietet nur , die Achtung treibt zur Handlung , aber Achtung ist das Gegen­theil des Princips dem die Handlung gemäß ist  ; das Princip ist Allgemeinheit  ; Achtung ist diß nicht  ; die Gebote sind für die Achtung immer ein gegebenes | Jesus sezt dem moralischen Gebote die Gesinnung gegenüber – d . h . die Geneigtheit so zu handeln  ; eine Neigung ist in sich gegründet , hat ihr idealisches Objekt in sich selbst  ; nicht in einem fremden (dem Sittengeseze der Vernunft) er sagte nicht  : haltet solche Gebote , weil sie Gebote eures Geistes sind , – nicht weil sie euern Voreltern gegeben worden sind , sondern weil ihr sie selbst euch gebt – so sagt er nicht  ; er sezt die Gesinnung gegenüber die Geneigtheit moralisch zu

5

10

15

20

25

30

1 Einigkeit] folgt gestr  : ist   3 Moralität] Mor .   in Leben über der Zeile , mit Abstand zum Vorher­ gehenden  in aus im?  Leben ,] Leben /   4 Moralität] Mor .  Liebe –] Liebe /   5 jenes] davor gestr  : jed   7 das2 aus die  8 der Trennung zwischen den Zeilen mit Einfügungszeichen  vorgestellten über der Zeile mit Einfügungszeichen   11 Bestimmtwerden , ] Bestimmtwerden /   13 wollenden –] 35 wollenden   das Objekt] folgt Textanschluß mit Verweiszeichen  14 der1] folgt gestr  : T   16 prakti- 35 sche] pr .   16–17 Vermögen] Verm .   17 diß] davor gestr  : Furch   21 herrscht  ;] folgt gestr  : und die Achtung  es] folgt gestr  : gib   23 Princips] Princ .   ist  ;] zuerst  : ist ,  ; folgt gestr  : die Vern   Princip] Princ   24 nicht  ;] folgt gestr  : sie sind   25 moralischen über der Zeile  26 handeln  ;] folgt gestr  : nun  28 sagte aus sagt   29 worden aus sind   30 die … die] d . … d .  Geneigtheit] Geneigheit  

Text 52

5

10

15

20

25

30 30

35

40

zu der zeit da jesus …119

­ andeln , da eine moralische Handlung beschränkt ist so ist auch das Ganze aus h dem sie kommt immer beschränkt , und zeigt sich nur in dieser Beschränkung , sie ist aber nur durch ihr Objekt , durch die besondere Art der Trennung , die sie aufhebt , ­bestimmt , sonst innerhalb dieser Gränze ist ihr Princip vollständige Vereinigung  ; da aber diese Gesinnung bedingt , beschränkt ist , so ruht sie , und handelt nur , wenn die Bedingung eintritt , dann vereinigt sie , sie ist also einerseits nur im Handeln sichtbar , in dem was sie thut (man kan von ihr nicht im vollen Sinn sagen  : sie ist , weil sie nicht unbedingt ist) andererseits ist sie in der Handlung nicht | vollständig dargestellt  ; denn die Handlung zeigt nur die bewirkte objektive Beziehung der bei der Handlung vorhandnen  ; nicht die Vereinigung die das lebendige ist  ; aber weil diese Vereinigung nur in dieser Handlung ist , so steht sie einzeln und isolirt  ; es ist nicht mehr vereinigt worden , als in dieser Handlung geschehen ist . Ist zugleich ein Streben vorhanden , diese Akte zu vervielfältigen , so ist das Princip nicht mehr eine ruhende Gesinnung  ; ein Bedürfnis und das Bedürfnis eines Ganzen der Vereinigung ist vorhanden , das Bedürfnis der Liebe  ; (allgemeine Menschenliebe) sie sucht das Ganze in einer unendlichen Mannichfaltigkeit von Handlungen zu schaffen  ; dem beschränkten der einzelnen Handlungen durch die Menge und Vervielfältigung den Schein des Ganzen unendlichen zu geben – darum schöne Seelen , die unglüklich sind , entweder daß sie sich ihres Schiksals bewußt oder daß sie nur nicht in der ganzen Fülle ihrer Liebe befrie­digt sind , so wohlthätig sind – sie haben schöne Momente des Genusses , aber auch nur Momente und die Thränen des Mitleidens , der Rührung über eine solche schöne Handlung sind Wehmuth über ihre Beschränktheit – oder die hartnäkkige Ausschlagung der Annehmung des Danks , die verborgne Großmuth (Montes­ quieu mit Robert in Mar­s[eille]) eine Schaam über die Mangelhaftigkeit des Zustandes . der Wohlthäter ist immer grösser als der empfangende |

1 handeln ,] folgt gestr  : das heißt ein bestimmter Tri   da eine aus das  das aus die   2 in dieser Beschränkung] (1) in beschränkte (2) Text  : (auf dem Rande angeschlossen  : in dieser) Beschränkung (aus beschränkte)  4 innerhalb dieser Gränze ist] (1) ist sie (2) Text  : (auf dem Rande angeschlossen  : innerhalb dieser Gränze) ist   5 Gesinnung] Ges .   7 sichtbar ,] sichtbar /   nicht aus s  Sinn] undeutlich (unter Klebestreifen)   8 sie3] folgt gestr  : im H   nicht 2 ] nicht | nicht   9 bewirkte am Rande mit Verweiszeichen  10 der1 aus des  ; folgt gestr  : (1) handelnden (2) zum Gegen  Vereinigung aus v  ; folgt gestr  : Komma  11 Vereinigung] Ver .   12 nicht aus nichts   vereinigt] folgt gestr  : als   14 ein Bedürfnis und das Bedürfnis] (1) das Bedürfnis (2) Text  : ein (über der Zeile) Bedürfnis (und das Bed . über der Zeile)   15 der1] des  Bedürfnis] Bed .   16 Menschenliebe] Menschl .   17 zu] davor gestr  : zu   dem aus das   18 durch] davor gestr  : d   19–23 darum schöne … oder zunehmend über den Rand hinaus geschrieben  20 bewußt] folgt gestr  : sind   in] folgt gestr  : ihr   der aus des   22 der] d .   solche aus sch   23 Handlung] Handl .   Wehmuth aus U   23–26 die hartnäkkige … empfangende] mit Verweiszeichen in der Mitte der Randspalte  24 verborgne aus versch   24–25 Montesquieu] Montesq .   26 Wohlthäter aus ?  26–120,1 empfangende / ­F a s t e n Text­anschluß

55v

120 62r

62v

frankfurter manuskripte · christliche religion

Text 52

F a s t e n Matth . 9 ,14 . menschliches Leben und Liebe darüber erhaben  ; 16 .17 . Unverträglichkeit des alten mit dem neuen  ; Gefahr die der Selbstbestimmung der Moralität durch das positive droht – fasten muß von der Stimmung des Gemüths zu Freude – oder Leid abhängen . Matth 12 ,1–8 . Entheiligung des Sabbaths1 – entgegen das Beispiel ihrer Priester , (die Nichtnothwendigkeit) 2 und die Gesezgebung des Menschen . 11 .12 Vorzug des Bedürfnisses des Menschen . 15 ,2 . Hände waschen vor dem Brodtessen – den Pharisäern entgegen das Über­ tretten eines Gebotes durch die Pharisäer selbst , durch ihre objektiven Gebote . v  . 11–20 dem übrigen Volke die Gesinnung , das Subjektive des Menschen , nichts objektives rein , keine gegebne Reinheit . 17 ,25 . Steuer – der König nimmt sie nur von fremden  ; so sind die Söhne frei  ; daß sie sich aber nicht ärgern (σκανδαλιζειν) 19 ,1 . die Liebe , die Gesinnung über das Gesez – in Ansehung der Ehe 24 Kap . | Moralität erhält , sichert nur die Möglichkeit der Liebe , und ist daher ihrer Handlungsart nach nur negativ  ; ihr Princip ist die Allgemeinheit , d . h . alle als seinesgleichen – als gleiche zu behandeln , die Bedingung der Liebe  ; das Vermögen der Allgemeinheit ist die Vernunft – ein durchaus nur moralischer Mensch ist ein Geiziger , der sich immer Mittel zusammenscharrt und bewahrt , ohne je zu geniessen – die moralische Handlung ist immer eine beschränkte , weil sie eine Handlung ist , und die Gesinnung ist einseitig und unvollständig  ; weil sie der Handlung entgegengesezt ist . Bei Moralität ohne Liebe ist zwar in der All  Daneben am Rande  : A .  CeremonialGebote über heilige Dinge und Dienst .   Am Rande  : gegen die Privilegien der Juden  : Matth . 8 ,10 ss .

5

10

15

20

1 2

25

durch Verweiszeichen  1 F a s t e n ] darüber in der ersten Zeile der Seite gestr  : Moral in der Bergpredigt Matth . 5–7   menschliches Leben] daneben in der Randspalte ein Zeichen ohne Gegenzeichen oder Ansatz zu einem Buchstaben  2 Unverträglichkeit aus u   3 Moralität] Mor .   durch aus dadurch  von] aus (als Kürzel)   5 1–8 . über gestr . 11–   des aus der   6 die2 ] folgt gestr  : Herschaf  Menschen] 30 folgt gestr  : Schlußklammer   7 Menschen .] folgt gestr  : (Absatz) 11 ,21 . wären solche Zeichen in Kap 30 geschehen  8 waschen] folgt gestr  : bei   den Pharisäern] den Pharis . über der Zeile mit Einfügungs­ zeichen   9 durch die Pharisäer selbst ,] durch d . Phar . selbst . über gestr  :  , das Gesinnung erfodert ,   ihre über der Zeile   10 11–20 aus 11 .   dem übrigen Volke die] (1) Entgegen der (2) Text (über der Zeile  : dem übrigen Volke) die (aus der)   10–11 das Subjektive … Reinheit . auf dem 11 rein , ] rein /   12 Steuer] folgt gestr  : vo   16 daher über der Zeile  18–19 35 Rande angeschlossen   35 Vermögen] Verm .   21 moralische Handlung] (1) Handlung der Moral . (2) Text (auf dem Rande angeschlossen)  ist] folgt gestr  : (1) d (2) daher   23 entgegengesezt] entg .ggsezt  Bei auf dem Rande angeschlossen  Moralität] Mor .  ist 2 ] davor gestr  : ist   24 CeremonialGebote] Cerem .Geb .   25 die Privilegien] d . Privil .  

Text 52

5

10

15

20

zu der zeit da jesus …121

gemeinheit die Entgegensezung gegen das einzelne objektive aufgehoben – eine Synthese objektiver  ; aber das einzelne ist als ein ausgeschlossenes entgegen­ge­ seztes vorhanden – Immoralität hebt die Möglichkeit der Liebe auf , durch Mishandlung leben­ diger . Rükkehr zur Moralität durch die Rükwirkung des Gesezes , durch Schik­ sal und Strafe , ist Furcht vor dem objektiven vor dem , das man mishandelt hat , und [durch] das man dann auch mishandelt wird . Rükkehr zur Legalität d . h . zur objektiven Regel . Zur Moralität nur durch Liebe , deren Bedürfnis [man] für sich gefühlt , ihre Befriedigung sich durch Immoralität unmöglich gemacht hat , und das lebendige achtet . | c) die1 Gottheit , so unendlich das Objekt so unendlich die Passivität  ; durch Moralität und Liebe diese vermindert , aber nicht zur vollendeten Selbstständigkeit gebracht , diese besteht durch Streit gegen das Objekt und auf diese Art keine Religion möglich . das Objekt nicht vernichten sondern versöhnen . Liebe die Blüthe des Lebens  ; Reich Gottes der ganze Baum , mit allen noth­ wen­d igen Modifikationen , Stufen der Entwiklung  ; die Modifikationen sind Ausschliessungen , nicht Entgegensezungen d . h . es gibt keine Geseze d . h . das Gedachte ist dem wirklichen gleich , es gibt kein allgemeines keine Beziehung ist objektiv zur Regel geworden . alle Beziehungen sind lebendig , aus der Entwiklung des Lebens hervorgegangen , kein Objekt ist an ein Objekt gebunden , nichts ist fest geworden . Keine Freiheit der Entgegensezung . kein freyes Ich  ; kein freyes Du . aus der Entgegensezung durch Freiheit entspringen Rechte . Freiheit ohne Entgegensezung ist nur eine Möglichkeit . Die Menschen sind so , wie sie   Neben dem hier beginnenden Abschnitt am Rande  : Das Gesez als herrschendes durch Tu­gend aufgehoben  ; die Beschränkung der Tugend durch Liebe – Aber Liebe selbst Empfindung mit ihr die Reflexion nicht vereinigt – 1

25

1 Entgegensezung] Entgeg .   das über der Zeile   2 Synthese] Synth .   ausgeschlossenes] aus30 geschl .   4 Immoralität] Immoral .  ; folgt gestr  : ist  auf , ] folgt gestr  : im   5 Moralität] Mor .   7

wird] hat  Rükkehr] Rükk .  Legalität] Leg .   d . h . nachtr .   8 zur] folgt gestr  : Regel  Mora­ 30 lität] Mor .  ; folgt gestr  : Ansatz zu du (ohne u-Bogen)   deren Bedürfnis] (1) die sie (2) die (durch

Imor . auf dem Rande angeschlossen) sie (3) Text  : deren (aus die) Bedürfnis (aus si)   9 Immoralität] Immor .   13 gebracht , aus gebracht  ;   14 vernichten] vern .   15 allen] folgt gestr  : Mod   17 Aus­ schliessungen ,] folgt gestr  : aber   d . h . über gestr . Komma  19 zur Regel unter der Zeile mit Einfügungs­ 21 der] davor gestr  : in   22–122,6 aus … aufgehoben . in 35 zeichen  Beziehungen] Beziehung   24 Das Gesez als herrschendes] (1) Die Herr­s [chaft] des Gesezes (2) Text  : 35 Langzeilen übergehend   Das 〈〈 des 〉〉 Gesez (aus Gesezes) (als herrschendes über der Zeile)   25 Beschränkung] Be­schr(än­kung schräg nach unten geschrieben)  selbst] folgt gestr  : subj   25–26 Empfindung] Empf .   26 mit aus in?  Reflexion] Reflex  .  

63r

122

63v

54r

frankfurter manuskripte · christliche religion

Text 52

seyn sollen  ; das Seyn sollen muß freilich dann ein unendliches Streben seyn , wenn das Objekt schlechthin nicht zu überwinden ist , wenn Sinnlichkeit und Vernunft – oder Freiheit und Natur , oder Subjekt und Objekt so schlechterdings entgegengesezt sind , daß sie absoluta sind . Durch die Synthesen  : kein Objekt kein Subjekt – oder kein Ich kein Nichtich , wird ihre Eigenschaft als absoluta nicht aufgehoben . | Gesez ist eine gedachte Beziehung der Objekte auf einander , im Reich Gottes kan es keine gedachte Beziehung geben , weil es keine Objekte für einander gibt . eine gedachte Beziehung ist fest und bleibend , ohne Geist , ein Joch eine Zusammenkettung eine Herrschaft und Knechtschaft – Thätigkeit und Leiden – Bestimmen und Bestimmtwerden . | In Matthäus Markus und Lukas Christus mehr im Gegensaz gegen die Juden – mehr Moral Im Johannes mehr er selbst , mehr religiösen Inhalts , seine Beziehung auf Gott und seine Gemeine , seine Einheit mit dem Vater und wie seine Anhänger mit ihm und unter sich eins seyn sollen – Er der Mittelpunkt , und das Oberhaupt  ; wie bei der lebendigsten Vereinigung mehrerer Menschen immer noch eine Trennung stattfindet , so auch in dieser Vereinigung diß das Gesez der Menschheit – im Ideal das völlig vereinigt , was noch getrennt ist , die Griechen in NationalGöt­ tern  ; die Christen in Christus .

5

10

15

20

a) Moral b .) Liebe – c .) Religion – ich Christus – Reich Gottes , Gestalt desselben unter diesen Umständen – Wunder 25

1 das Seyn … freilich] (1) Seyn und Seyn sollen kan nur (2) Text  : das (über der Zeile) Seyn sollen (muß freilich über der Zeile mit Einfügungszeichen)  3 Vernunft] Vrn   – oder] oder über Gedankenstrich  Freiheit] davor gestr  : Vernu (ohne u-Bogen)  5 wird] folgt gestr  : die   als absoluta ] (1) des absoluten (2) Text  : als (unter der Zeile) absoluta (aus absoluten )   7–11 Gesez … Bestimmtwerden . in vier Langzeilen am Kopf der Seite  ; im folgenden freien Raum quer zur Schriftrichtung Berechnungen  ; s . Editorischen Bericht  8 gedachte Beziehung] ged . Bez .   Objekte] folgt gestr  : gibt   9 gedachte Beziehung] ged . Bez .   10 Herrschaft] Herrsch .   12–20 In Matthäus … Christus . in der oberen Hälfte der Textspalte   12 Matthäus Markus und Lukas] Mtth . M . u . Luk .   14 mehr religiösen In­halts[ ,] am Rande   15 und 2 ] folgt gestr  : d . M   16 und 2 nachtr .  17 Vereinigung] davor gestr  : Bez   mehrerer aus mehrere   18 auch] folgt gestr  : noth   19 im] davor gestr  : das   noch] folgt gestr  : völli[g] (ohne i-Punkt)  20 Christus . darunter eine (durch eine Wellenlinie wieder getilgte?) Abgrenzungslinie gegen den am Rande neben diesem Absatz beginnenden und ab Schran-/ken (123,1–2 ) in Langzeilen über die ganze Breite geschriebenen Text  21–123,16 a) Moral … Seite in der Randspalte unter der Randbemerkung (vgl .

25

30 30

35 35

Text 52

5

10

15

20

25

zu der zeit da jesus …123

Gesinnung hebt die Positivität Objektivität der Gebote auf  ; Liebe die Schranken der Gesinnung  ; Religion die Schranken der Liebe . Im objektiven Menschen ist er der Macht entgegengesezt , die ihn beherrscht , und er insofern leidend  ; sofern er thätig ist , verhält er sich eben so , es ist ihm ein leidendes gegenüber  ; er ist immer Sklav gegen einen Tyrannen , und zugleich ­Tyrann gegen Sklaven  ; in einer positiven Religion der Mensch einerseits bestimmt , beherrscht , Gott der Herrscher – auch sein entgegengeseztes objektives nicht allein , einsam  ; auch ein beherrschtes von Gott .   Durch die Gesinnung ist nur das objektive Gesez aufgehoben , aber nicht die objektive Welt  ; der Mensch steht einzeln , und die Welt – die Liebe knüpft Punkte in Momenten ­zusammen  ; aber die Welt in ihr der Mensch und ihre Beherrschung besteht noch – die Beherrschung der Juden von Tyrannei verschieden , weil der Tyrann ein wirk­licher ist  ; ihr Jehova ein unsichtbares  ; der wirkliche Tyrann ist feind­ seelig  ; die tyrannische Idee zugleich schüzend  ; denn jeder ist der Liebling seiner Idee – die herrschende Idee beherrscht mich ist gegen mich  ; aber zugleich in meiner Entgegensezung gegen die Welt ist sie auf meiner Seite | in der Beherrschung das wirkliche A thätig das wirkliche B leidend  ; die Synthese C der Zwek  ; C eine Idee in A , und insofern B ein Mittel  ; aber auch A das dem C gehorchende von C bestimmte  ; A ist in Rüksicht auf C beherrscht , in Rüksicht auf B beherrschend  ; da C zugleich ein Zwek [von] A ist so ist C die­nend dem A und beherrscht das B . Mit dem objektiven Geseze fällt ein Theil des Beherrschens und des Beherrscht­ werdens weg , ein Gesez ist eine Thätigkeit als Wirkung also eine bestimmte beschränkte Thätigkeit , die eine Wirkung bei einer eintretenden Bedingung ist oder vielmehr der Zusammenhang selbst zwischen der Bedingung und der Thätigkeit als Wirkung – ist der Zusammenhang nothwendig , so muß  ; ist die Möglichkeit der NichtAüsserung der Thätigkeit möglich – ein Sollen . Ist der

Notiz 122,14 ) beginnend und ab Schran-/ken (123,1–2 ) in Langzeilen   3 Menschen] folgt gestr  : sind   4 ist , ] folgt gestr  : ist er   5–6 zugleich über gestr . eben   6 Sklaven  ;] folgt gestr  : der ist   7 Herr30 scher –] folgt gestr  : und sei  7–8 objektives nicht allein] (1) nicht allein (a) objektives (b) ein (über der Zeile) obj­ektives (2) Text  8 von] v .   Durch] davor Spatium von etwa einer Wortlänge   9 nicht] davor gestr  : d   die objektive] (1) das (2) die Objektive aus das (3) Text (objektive aus Objektive)  11 besteht aus beh ?    12 Tyrannei] Tyr .  Tyrann] Tyr .   13 Jehova] Jeh .   unsichtbares] unsicht­brs  Tyrann] Tyr .   14 tyrannische aus I   seiner aus der   15 Idee2 ] folgt gestr  : 35 he  beherrscht aus herrscht   16–17 Seite / in] Textanschluß durch Verweiszeichen   17 Beherrschung aus Beherrschaf  18 C2 über der Zeile  19 beherrscht] davor gestr  : best   20 beherrschend  ;] folgt gestr  : in Rüksicht A’s auf B (aus C) ist C   da] das   20–21 dienend] diendend   23 eine Thätigkeit als Wirkung] (1) eine Wirkung als Thätigkeit (2) Text (eine vor der Zeile angeschlossen)  24 eine aus die  bei aus u  25 ist] (1) seyn soll (eine Nothwendigkeit (2) Text (über der Zeile)   26 40 Zusammenhang] Zus .   27 NichtAüsserung] Nicht/〈 Er 〉Aüsserung   30

54v

124

frankfurter manuskripte · christliche religion

Text 52

Zusammen­hang nothwendig , keine Freiheit  ; diß auf zweierlei Art  ; der vollständige Grund , d . i . der vollständige Zusammenhang in der Bedingung selbst . lebendige Wirkung , oder nicht in der Bedingung , todt Zwischen beiden Freiheit , und Geseze .) Mangelhaftichkeit | a) Tauglichkeit zur Bekämpfung des objektiven  b  55r

56r

Die Moralität hebt nur das Beherrschtwerden des Ichs auf , und damit das Herrschen desselben über lebendige  ; aber dadurch ist das lebendige noch eine Menge schlechthin getrennter , unverbundner und noch ein unendlicher todter Stoff übrig – und dise vereinzelten bedarfen noch eines Herrschers eines Gottes , und das moralische Wesen selbst insofern eines Herrschers , insofern es nicht ­moralisch (nicht  : unmoralisch) ist – es ist ein ruhendes , das keine Gewalt thut , und keine leidet  ; auch wo einem Wesen von einem dritten Gewalt geschieht , ­abhilft  ; die Allgemeinheit ist eine todte denn sie ist dem einzelnen entgegengesezt , und Leben ist Vereinigung beider – Moralität ist Abhängigkeit von mir selbst . Entzweiung in sich selbst . Das Moralgesez hebt zugleich die reinpositiven Gebote auf indem sie kein Gesez anerkennt als ihr eignes  ; aber inkonsequent darin , in­dem sie doch nicht blos ein bestimmendes sondern bestimmbares ist  ; also immer noch unter einer fremden Macht steht . |

Mit der Veränderung des objektiven Gesezes mußten sich auch die andern Seiten des Verhältnisses der Juden ändern . Hat der Mensch selbst Willen , so steht er in ganz anderm Verhältnisse zu Gott als der bloß passive – zwei unabhängige Willen , zwei Substanzen gibt es nicht  ; Gott und der Mensch müssen also eins seyn – aber der Mensch der Sohn , und Gott der Vater  ; der Mensch nicht unabhängig und auf sich selbst bestehend , er ist nur insofern er entgegengesezt , eine Modifikation ist , und darum auch der Vater in ihm  ; in diesem Sohne sind auch seine Jünger , auch sie sind eins mit ihm , eine wirkliche Transsubstantiation  , ein

1 Zusammenhang] Zus .hang  ; folgt gestr  : so   2 d . i . über der Zeile  5 a) Tauglichkeit … Mangelhaf­ tichkeit in der Textspalte , durch eine Abgrenzungslinie getrennt und mit dem Vorhergehenden ver­bunden  Bekämpfung] Bek(ämpf . unter der Zeile)   des objektiven] ds objekt .  Mangelhaftichkeit] (1) Mangelhaft (2) Text  : (unter der Zeile  : Mangelhaf)(tichkeit im Bogen nach oben geschrieben)   6–19 Die Moralität … steht . in der Randspalte   9 dise aus diß   11 moralisch] folgt gestr  : ist   13–14 ent­ gegengesezt] entg .sezt   14 Moralität] Mor .t  Abhängigkeit] Abh  .   17 sie aus der   nicht] folgt gestr  : ein   20 Mit] darüber gestr  : Jesus   21 Verhältnisses] davor gestr  : M   22 als aus d   unabhängige] unabhäng . aus unabh .   24 der2 ] davor gestr  : nur   25 entgegengesezt] folgt gestr  : ist   27 ihm ,] folgt gestr  : nicht   Transsubstantiation  ,] Transsubstantation ,  ; folgt gestr  : versteht sich nich  

5

10

15

20

25

30 30

35 35

Text 52

5

10

15

20

25

30

zu der zeit da jesus …125

wirkliches Einwohnen des Vaters im Sohne , und des Sohnes in seinen Schülern – diese alle nicht Substanzen , schlechthin getrennte , und nur im allgemeinen | Be­g riffe vereinigt  ; sondern wie ein Weinstok und seine Reben  ; ein lebendiges Leben der Gottheit in ihnen . – Diesen Glauben an ihn foderte Jesus , – Glauben an den MenschenSohn  ; daß der Vater in ihm wohne , und wer an ihn glaube , in dem wohne auch er und der Vater – dieser Glauben ist der Objektivität der Passivität unmittelbar entgegen – und unterscheidet [sich] von der Passivität der Schwärmer , die ein Einwohnen Gottes und Christi , in sich hervorbringen oder empfinden wollen indem sie hier sich und dieses in ihnen regierende Wesen unterscheiden  ; also wieder die von einem Objekt beherrschten sind – uns von einem objektiven historischen Christus und der Abhängigkeit von demselben dadurch befreien wollen , daß er so subjektiv gemacht wird , daß er ein Ideal sey , heißt eben ihm das | Leben , zu einem Gedanken machen , den Menschen gegenüber zur Substanz – und ein Gedanke ist nicht der lebendige Gott . Ihn zu einem blossen Lehrer der Menschen machen , heißt die Gottheit aus der Welt , der Natur und dem Menschen nehmen – Jesus nannte sich den Messias  ; ein MenschenSohn , und kein andrer konnte es seyn , nur Unglauben an die Natur konnte einen andern , einen übernatürlichen erwarten  ; – das übernatürliche ist nur beim unternatür­ lichen vorhanden  ; denn das Ganze ob zwar getrennt , muß immer daseyn – Gott ist die Liebe , die Liebe ist Gott , es gibt keine andre Gottheit als die Liebe – nur was nicht göttlich i s t , was nicht liebt muß die Gottheit in der Idee haben , ausser sich . Wer nicht glauben kan , daß Gott in Jesus war , daß er in Menschen wohne , der verachtet die Menschen . Wohnt die Liebe , wohnt Gott unter den Menschen so kan es Götter geben – , wo nicht , so muß von ihm gesprochen werden und es sind keine Götter möglich , die Götter nicht nur die Ideale der einzelnen Trennungen – ist alles getrennt so ist nur Ein Ideal |

1–2 Schülern –] folgt gestr  : nicht   4 Jesus , aus Jesus  ;   5 den] (1) des (2) Text (auf dem Rande angeschlossen)   6 und aus m?   Objektivität] Obj(tät unter der Zeile) aus Obj .   11 historischen] histor .   und] davor gestr  : da  Abhängigkeit] Abh .   13 | Leben] Leben | Leben   14 nicht] 15 Welt ,] Welt  ; folgt gestr  : und   16 ein über 30 da­vor gestr . Ansatz zu k?  blossen über der Zeile   gestr . er der   18 erwarten  ; –] folgt gestr  : we   19 ob über gestr . wenn scho   20 die Liebe2 … es] (1) es (2) Text (auf dem Rande angeschlossen)  21 göttlich i s t  , was nicht liebt unter gestr . liebt , 35 begonnen und auf dem Rande fortgesetzt   22 sich . über den Rand hinausgeschrieben  ; von hier ab zunehmend längere Zeilen  in1] folgt gestr  : Christo w   war ,] folgt gestr  : der mu   23 Menschen .] Men35 schen ,   24 so1] folgt gestr  : sind   werden] darunter am unteren Seitenrand ein unlesbares Wort , gestr . , vielleicht  : Alles  24–26 wo nicht … Trennungen – in der Randspalte und einer Langzeile am unteren Rande   25–26 Ideale der einzelnen Trennungen – ] (1) einzelnen Trennungen – (2) Text (Ideale der unter der Zeile)  26 ist alles … Ideal am Rande , etwas über dem Vorhergehenden  

56v

57r

126 57v

58r

frankfurter manuskripte · christliche religion

Text 52

die Objektivität der Gebote der Geseze zerstöhren  , zeigen , daß etwas auf ei­ nem Bedürfnisse des Menschen auf der Natur gegründet ist  ; Sünden vergeben (ἀϕειναι) erlassen gewöhnlich die Strafen der Sünden aufheben – diß ein Wunder , denn die Wirkung kan nicht von der Ursache getrennt werden  ; vorzüglich aber kan das Schiksal nicht zernichtet werden  ; denkt man sich eine Aufhebung der Strafe so ist die Strafe etwas ganz objektives von einem objektiven kom­mendes  , nicht ganz nothwendig mit der Schuld zusammenhängendes – überhaupt , wenn man auch Strafe als etwas von der Schuld ganz untrennbares nimmt , so ist sie doch soweit objektiv , daß sie Folge eines Gesezes ist , von dem man sich in der Übertretung losgemacht hat , aber doch noch von ihm abhängt  ; bei einem objektiven Gesez und Richter ist das Gesez befriedigt , wenn ich mishandelt worden bin , wie ich mishandelt habe , wenn die Trennung die ich gemacht , eben so auf mich zurükgewirkt hat – in der moralischen Strafe ist das getrennte nicht ein aüsseres , dem ich entfliehen das ich überwältigen kan  ; die That ist die Strafe in sich selbst  ; so viel ich mit der That anscheinend-fremdes Leben verlezt habe , so viel habe ich eignes verlezt , Leben ist als Leben nicht vom Leben verschieden  ; das verlezte Leben steht mir als Schiksal gegenüber  ; befriedigt ist es , wenn ich seine Macht , – die Macht des todten gefühlt habe , so wie ich im Verbrechen blos als Macht handelte . | versöhnt kan das Gesez nicht werden , denn es beharrt immer in seiner furchtbaren Majestät , und läßt sich nicht durch Liebe bei­kommen  ; denn es ist hypothetisch und die Möglichkeit kan nie aufgehoben , die Bedingung , unter der es eintritt , kan nie unmöglich werden , es ruht solange diese Bedingung nicht eintritt , aber ist nicht aufgehoben  ; aber diese Ruhe ist keine Versöhnung , weil das Gesez zwar kein so bestehendes ist , daß es immer wirksam seyn , und trennen müßte , aber weil es bedingt , weil es nur unter einer Trennung möglich ist –   Das Schiksal hingegen kan versöhnt werden , weil es selbst eins der Glieder ein getrenntes ist , das nicht als getrenntes durch sein Gegen­theil vernichtet , aber durch Vereinigung aufgehoben werden kan . Schiksal ist das Gesez selbst ,

5

10

15

20

25

30

1 Objektivität] Objektiv .  der1] folgt gestr  : Menschennatu (ohne u-Bogen)   zerstöhren , ] Kom­ ma nachtr .   2 des Menschen] (1) der (2) Text  : des (aus der) (Menschen auf dem Rande angeschlos- 30 sen)  Natur] folgt gestr  : ruh   3 gewöhnlich] gew .   diß] folgt gestr  : ist   6 objektives] objekt . über den Rand hinausgeschrieben  8 ganz untrennbares] von hier bis zum unteren Rand Übergang zu Lang11 Gesez1] Ges .   11–12 ich mishandelt … wie] zuerst  : es mich mishandelt hat , wie   12 zeilen   habe] haben   14–15 die Strafe in sich selbst] (1) selbst Strafe , (2) Text  : die (unter der Zeile) Strafe (in sich über der Zeile) selbst   15 anscheinend-fremdes unter der Zeile mit Einfügungszeichen  17 be- 35 friedigt] befried .   19 handelte . | versöhnt] Textanschluß durch Verweiszeichen  19–127,13 versöhnt kan … das2 in Langzeilen übergehend   21 aufgehoben] folgt gestr  : werden ,   24 zwar über der Zeile mit Einfügungszeichen  daß aus das   seyn] folgt gestr  : (1) müßte , aber (2) son  26 Das] davor ein Spatium von etwa einer Wortlänge   27 ein getrenntes] eingetrenntes aus einegetrenntes  das] davor gestr  : daß   getrenntes2 ] folgt gestr  : vernichtet , sond   28 selbst ,] folgt gestr  : das   40

Text 52

5

10

15

20

25

30

zu der zeit da jesus …127

das ich in der Handlung (diese sey Übertretung eines andern Gesezes) auf­ge­ stellt habe , in seiner Rükwirkung auf mich  ; die Strafe ist nur die Folge eines andern Gesezes – die nothwendige Folge eines geschehenen kan nicht auf­ge­ hoben werden , die Handlung müßte ungeschehen gemacht werden  ; wo nichts als Ursachen und Wirkungen , als getrennte sind , da ist keine Unterbrechung der Reihe möglich .   Das Schiksal hingegen d . h . das rükwirkende Gesez selbst kan aufgehoben werden , denn ein Gesez , das ich selbst aufgestellt habe , eine Trennung die ich selbst gemacht habe , kan ich auch vernichten – | Da Handlung und Rükwirkung eins ist , so versteht es sich von selbst , daß die Rükwirkung nicht einseitig aufgehoben werden kan . Die Strafe ist das Bewußtseyn einer fremden Macht , eines feindseligen , wenn sie ausgewirkt hat unter der Herschaft des Gesezes , so ist dieses Gesez befriedigt , und ich bin befreit von einem fremden , das von mir abläst , und sich wieder in die drohende Gestalt zu­r ükzieht , das ich aber nicht zum Freunde gemacht habe . Das böse Gewissen ist das Bewußtseyn , einer bösen Handlung , eines geschehenen , eines Theils eines Ganzen über das ich keine Macht habe  ; eines geschehenen , das nie , nie ungesche­hen , gemacht werden kan , denn es war ein bestimmtes , ein be­schränktes .   Das Schiksal ist das Bewußtseyn seiner selbst (nicht einer Handlung) seiner selbst , als eines Ganzen , diß Bewußtseyn des Ganzen , reflektirt , objektivirt  ; da diß Ganze ein lebendiges ist , das sich verlezt hat , so kan es wieder zu seinem Leben zu der Liebe zurük­kehren  ; sein Bewußtseyn wird wieder Glauben an sich selbst  ; und die Anschauung seiner selbst ist eine andre geworden , und das Schiksal ist versöhnt . | Liebe ist aber alsdenn Bedürfnis  ; in sich selbst in die Ruhe verlohren , diß ist die Wunde die zurükbleibt , die Anschauung seiner selbst als eines wirklichen  ; dem die Anschauung seiner als eines strebenden , das von dieser Wirklichkeit sich ­entfernt , entgegen ist  ; weil aber eben hier nur ein Streben ist , so ist es be­dürf­n is , und mit einer ­Weh­muth verknüpft , die in der Liebe , dem befriedigten Streben , allein wegfällt . 3 andern] davor gestr  : f   3–4 aufgehoben werden] aufgehobenwerden mit Trennstrich   4 nichts]

6 Das] davor ein Spatium von etwa einer Wortlänge   7 werden , denn aus werden . Denn   8 30 nicht   selbst] folgt gestr  : aufgeh   10 einseitig unter der Zeile mit Einfügungszeichen   kan .] zuerst  : kan , s   11 feindseligen ,] folgt gestr  : die   unter aus Komma   13 die aus s   13–22 ich aber … versöhnt . in der 15 eines ­Theils] (1) Textspalte beginnend , aber wieder in länger werdenden Zeilen bis zum unteren Rande   ein Th (2) Text  : eines (aus ein) Theils (Ms  : Theil)  17 kan ,] folgt gestr  : des   Das] davor Spatium von 35 etwa einer Wortlänge   18 einer] davor gestr  : der   18–19 Ganzen , aus Ganzes , folgt gestr  : und diß   19 diß1] folgt gestr  : Ganze aus g   20 Leben] folgt gestr  : zurükkehren   21–22 die Anschauung aus das Anschauen   22 ist1] folgt gestr  : aufgehoben  22–23 versöhnt . | Liebe] Textanschluß durch Verweiszeichen  23–128,9 Liebe ist … euch . über die Textspalte hinausgeschrieben  ; im oberen Viertel der verbleiben­den Randspalte mehrere Zahlen , teils ausgewischt   25 von über der Zeile  Wirklichkeit aus w   sich aus e   40 26 weil] folgt gestr  : (1) ab (2) es   27 verknüpft , aus verknüpft  ;   28 wegfällt .] zuerst  : wegfällt  ;  

58v

59r

128

59v

61r

frankfurter manuskripte · christliche religion

Text 52

Vergebung der Sünden ist daher nicht Aufhebung der Strafen (denn jede Strafe ist etwas positives , objektives das nicht vernichtet werden kan) nicht Aufhe­bung des bösen Gewissens , denn keine That kan zur Nichtthat werden  ; sondern durch Liebe versöhntes Schiksal . daher die Regel Jesu  : wenn ihr die Fehle vergebt , so sind euch die eurigen vom Vater auch vergeben – Andern verzeihen kan nur die Aufhebung der Feindschaft , die zurükgekehrte Liebe , und diese ist ganz  ; die Verzeihung der Fehler kommt aus ihr , diese Verzeihung ist nicht ein Fragment , eine einzelne Handlung . Richtet nicht , daß ihr nicht gerichtet werdet  ; stellt ihr keine Geseze auf , denn diese gelten auch für euch . | Jesu zuversichtliche Aussprüche  : dir sind deine Sünden vergeben  ; wo er Glauben und Liebe fand , wie bei Maria Magdalena . Die Vollmacht , die er seinen Freunden gab , zu binden und zu lösen , wenn er in ihnen den hohen Glauben an ihn (einen Menschen) gefunden hatte  ; einen Glauben , der die ganze Tiefe der Menschennatur gefühlt hatte  ; dieser Glauben schließt die Fähigkeit in sich , andre durchzufühlen , und die Harmonie oder Disharmonie ihres Wesens zu empfinden  ; ihre Schranken , und ihr Schiksal – ihre Bande zu erkennen . Rükkehr zur Moralität hebt die Sünden und ihre Straffen das Schiksal nicht auf  ; die Handlung bleibt , im Gegentheil wird sie nur um so peinigender  ; je grösser die Moralität um so tiefer wird das unmoralische derselben gefühlt , die Strafe , das Schiksal wird nicht aufgehoben , weil die Moralität noch immer eine objektive Macht sich gegenüberstehen hat – die Aufhebung der Handlung , Schadenersaz ist eine ganz objektive Handlung . |

5

10

15

20

Joh 5 ,26 . ὡσπερ γαρ ὁ πατηρ ἐχει ζωην ἐν ἑαυτῳ , ὁυτως ἐδωκε και τῳ ὑιῳ

ζωην ἐχειν ἐν ἀυτῳ . και ἐξουσιαν ἐδωκεν ἀυτῳ και κρισιν ποιειν , ὁτι ὑιος ἀν­ θρωπου ἐστι . jene das einige , ungetheilte – schöne – diß das modificirte – υἱος ἀνθρωπου her­aus­gegangene aus der Einigkeit darum hat er Macht – gegen ein feindliches ,

1 daher aus aber   4 Jesu aus Kürzel für Christus  die2 über gestr . eure   5 vergebt] davor gestr  : vergeh   euch die eurigen] zuerst  : sie euch auch   6 Feindschaft aus T   8 Handlung .] Handlung /   11 Maria] Mar .  Magdalena aus Magdar  12 Freunden] davor gestr  : An   wenn über gestr . nachdem   13 den hohen Glauben] (1) den Glauben (2) Text (den hohen auf dem Rande angeschlossen)  (einen aus seinen   hatte  ;] folgt gestr  : dieser   14 Glauben 2 ] Gl .   15 durchzufühlen] davor gestr  : durch   und] davor gestr  : 〈〈 u nd 〉〉 in andern sich selbst   17 Moralität] Mor .  Sünden] folgt gestr  : StraVen   19 so aus also  ; folgt gestr  : er?  20 Strafe] folgt gestr  : wird   21 hat –] folgt gestr  : das Schiksal selbst ist   22 Handlung .] danach das untere Viertel der Seite sowie Bl 60 recto et verso nicht beschrieben   23–129,3 Joh … γενησθε . ] in der oberen Hälfte der Textspalte  ; Bl 61v nicht beschrieben   23 ἑαυτῳ] zuerst  : ἀυτῳ   27 ein] folgt gestr  : get   feindliches] folgt gestr . Gedankenstrich  

25

30 30

35 35

Text 52

zu der zeit da jesus …129

gegenüberstehendes – das Gericht – ein Gesez gegen solche , die von ihm ab­ trünnig sind – Reich der Freiheit und Wirklichkeit . Joh . 12 ,36 . ἑως το ϕως ἐχετε , πιστευετε εἰς το ϕως , ἱνα υἱοι ϕωτος γενησθε . | Matth 4 ,17 . µετανοειτε , ἠγγικε γαρ ἡ βασιλεια των οὐρανων – diß ist der erste 5

10

15

20

Aufruf – und Versicherung das Himmelreich sey da – und die Folge seines Auf­ rufs und Kuren viele Anhänger . Matth . 5 ,17 . πληρωσαι , ergänzen , vollständig machen durch die Gesinnung , durch Hinzufügung des innern zum aüssern – v . 20 . die Recht­schaffen­heit seiner Anhänger müsse mehr seyn , als die der Pharisäer und Gesezverständigen , es müsse ausser dieser auch noch das hinzukommen , daß das Gesez , dem sie folgen , ihr eignes sey . 1  v . 21 .22 . Zu dem objektiven Verbot des Mords wird die Misbilligung des Zorns über seinen Bruder gefügt – zum Versöhnopfer , wirkliche Versöhnung . u . s . w . v . 33 . dem , daß nicht falsch geschworen werden soll dem Herrn der Eid gehalten [werden] soll , – gar nicht schwören , bei etwas fremdem , nicht bei [dem] Himmel , denn er ist nur der Thron Gottes u . s . w . nicht bei unserm Haar , das nicht ganz in unserer Gewalt ist . bei nichts fremdem also überhaupt , an diß nichts hängen , sondern wir selbst seyn  ; | Aber wenn der Mensch nur eins mit sich selbst ist , jede Abhängigkeit , jeden Bund mit den Objekten verschmäht , so muß er doch mit der Noth einen Bund machen [ cap . 6] v . 25ss . Seyd unbekümmert über die Noth   Neben dem Folgenden am Rande  : ein anderer Maasstab entgegengesezt , die Gesinnung , und nach diesem leidenschaftliche Handlungen , die in dem Bestehen des andern nichts ändern ebenso verurtheilt als die Stöhrung seines für sich bestehenden Lebens , und zum Princip Versöhnlichkeit d . h . Geneigtheit die Trennung aufzuheben angegeben . 1

25

1 – das] das über dem Gedankenstrich  ein] davor gestr  : Ansatz zu G   3 12 ,36 aus 12 ,35  ; folgt gestr  : των] (1) του θεου (2) Text (aus του)  5 und 2 ] folgt gestr  : viel   6 viele] 30 bis ihr   4 ἡ] folgt gestr  : σα   folgt gestr  : N   9 des innern zum] (1) der innern Gesezlichkeit zur (2) Text  : des (aus der) innern zum 30 (aus zur)  die über gestr . ihre   10 Pharisäer] Phar .  Gesezverständigen ,] Gesezverständigen /  

12 sey] folgt gestr . Schlußklammer  13 v . 21 .22 .] davor ein Spatium von etwa einer Wortlänge am ursprüngl . Absatz­ende  ; folgt auf dem Rande , gestr  : dem obj . V   objektiven] obj über der Zeile   13 die] (1) das Verbot des (2) Text (auf dem Rande angeschlossen)   14 seinen] s . davor gestr  : a   zum] folgt gestr  : Opfer   15 nicht falsch geschworen werden soll am Rande mit Verweiszeichen  16 soll aus g   17 35 35 Gottes aus des   unserm aus seinem   17–18 das nicht … ist .] (1) das nicht (2) über das nicht viel ver (3) Text (auf dem Rande angeschlossen)  20 so] folgt gestr  : fü  23–26 ein anderer … angegeben . am Rande , um die Randbemerkung (Z . 15) herumgeschrieben  26 Princip] Princ .  

64r

64v

130

65r

65v

frankfurter manuskripte · christliche religion

Text 52

Mit der eignen Knechtschaft hört auch die Herrschaft , die man durch die Idee der moralischen Gebote über andre ausübt , auf , cap . 7 ,1ss . eigne Freiheit gesteht andern gleichfalls Freiheit zu – Sittenrichterei erkennt nicht für sich bestehendes , nur alles unter einem Geseze unter einer Herrschaft stehend , nicht das Wesen und das Gesez eins , in einer Natur . das Princip eures Verhältnisses gegen andre , ist ihre Freiheit zu ehren , und was ihr also von ihnen wollt , darum nur zu bitten . Jesum charakterisirte als den Stifter einer neuen Religion unter einem verdorbnen Volke , die Entsagung den Bequemlichkeiten des Lebens , und die gleiche Foderung derselben an seine Gehülfen – auch das Entreissen [von] sonstigen Verhältnissen und heiligen Beziehungen des Lebens | Antwort die er seinem Anhänger gab , der seinen Vater begraben wollte Matth . 8 ,22 . Matth . 8 ,10 . die erste Ausserung über Kälte bei den Juden , und ihre Verwerfung 9 ,15 , Fasten nicht zu einem Zwekke , sondern nach den Umständen . 9 ,36 . 10 ,1ff . Schikken der Apostel ins Land ,1 nicht die Menschen zu versöhnen und das Menschengeschlecht zu Freunden zu machen , – die Allgemeinheit seiner Reformation aufgegeben , – v . 21ss . ein Bruder wird den Bruder , der Vater das Kind zum Tode geben  ; Kinder die Eltern . v . 34 . ich kam nicht um Frieden auf die Erde zu werfen , sondern das Schwerdt . ich kam den Mann gegen seinen Va­ ter , die Tochter gegen die Mutter , die Braut , gegen die Schwieger zu entzweyen  ; die Hausgenossen werden die Feinde des Mannes seyn  ; wer Vater oder Mutter , Sohn oder Tochter mehr liebt , als mich , ist meiner nicht würdig Gräßliches Zerreissen aller Bande der Natur die Zerstöhrung aller Natur – | Steigende Erbitterung gegen seine Zeit Matth 11 ,12ff . v . 25 . du hast diß den verständigen und klugen verborgen , und den einfältigen ge­offen­bahrt  ; so war dein Belieben . 12 ,8ff . der Mensch höher als der Sabbath .

5

10

15

20

25

  Am Rande  : Marc , 6 ,7 . schikt sie Jesus fort , 6 ,30 . sammeln sie sich wieder zu ihm –

1

Luc . 9 ,6 und 9 ,10 . zurük , 10 ,1 .17 .20

30

3 erkennt] davor gestr  : ist der Tod   nicht für sich] nicht für sich nicht   4 unter2 ] davor gestr  : nur beh   stehend aus stehende   6 Freiheit] folgt gestr  : eh   darum über der Zeile   8 Jesum aus Jesus  als] folgt gestr  : Stif  9 die1] folgt gestr  : Ver­schm   10 derselben] davor gestr  : dess   das Entreissen] (1) die Verr (2) Text  : das (aus die) Entreissen  ; folgt gestr  : allen   12 Antwort] darüber gestr . in eigener Zeile  : Mat  seinen] folgt gestr  : todten   16 der aus des  Apostel] App .  nicht] folgt gestr  : 35 verso  zu über der Zeile   17 das aus sie   machen , aus machen  ;   18 ss . nachtr .   19–132,17 v . 34 . … 10 ,17 über die Textspalte hinaus geschrieben   24 die] der   27 so] davor gestr  : so   28 Mensch aus h  29–30 Marc , 6 ,7 . … 10 ,1 .17 .20 auf dem Rande angeschlossen  29 schikt aus g  

Text 52

zu der zeit da jesus …131

v . 16 er verbot den geheilten , diß nicht auszusagen . v . 31 . Sünde gegen den MenschenSohn wohl vergeben , aber nicht die Sünde

5

10

15

20

25

gegen den heiligen Geist . v . 48 . wer ist meine Mutter und meine Brüder  ? diese , indem er sich zu seinen Anhängern wendete . 13 ,54 .55 . ist diß nicht der Sohn des Zimmermanns  ? Unglauben an Men­ schenNatur , Verachtung aller Menschlichen Verhältnisse – daher seine Entfernung von denselben , in der Meinung , weil sie nicht geheiligt waren . – ein Prophet gilt in seinem Vaterlande nichts  ; dazu s . oben 10 ,36 ss . Reinheit durch alles verunreinigte nicht wiederherzustellen , es kan dem Schiksal nicht entgangen werden – wenn die Schönheit aus allem entflohen ist , so gab er alles auf , um sie allein zuerst wiederherzustellen |

15 ,2 . die Pharisäer halten ihm wieder ein positives Gebot vor , seine Antwort wie in der Bergpredigt 16 ,16 .17 . du bist Christus der Sohn des lebendigen Gottes – mein Vater hat es dir ge­offen­bahrt , nicht Fleisch noch Blut – 19 , ich gebe dir die Schlüssel des Himmelreichs – was du auf Erden binden wirst , soll im Himmel gebunden , was du auf Erden lösen wirst , im Himmel gelöst seyn . cap 18 , wenn ihr nicht werdet wie die Kinder – v . 20 . wo zwei von euch eines Sinnes sind über etwas , wird es auch von meinem Vater gewährt werden – ff . Verzeihung der Fehler – 18 ,18 . wohl Lösen  ; binden und lösen , Geseze geben – sobald Petrus den Glauben an Jesum als Messias gezeigt hatte , so zeigte er sich los vom Objekt und erfüllt von der Grösse der menschlichen Natur 19 ,8 . Ehe erhaben über bürgerliche Gesezgebung 19 ,12 . ἐισιν ἐυνουχοι , ὁι τινες ἐυνουχισαν ἑαυτους δια την βασιλειαν των ὀυ­ρα­ νων , ὁ δυναµενος χωρειν , χωρειτω (nur der mag diser Regel folgen , der es kan . Bahrdt) |

30

30 3 heiligen] h .   4 Brüder  ? ] zuerst  : Brüder ,   indem] in dem   6 diß] folgt gestr  : der   8 in der

Meinung , weil] (1) weil (2) Text (in der Meinung[ ,] über der Zeile)  9 s . nachtr . am Zeilenbeginn   12 wiederherzustellen] danach etwa vier Zeilen nicht beschrieben   13 positives] pos . aus poss .   vor , ] 35 vor /  Antwort] Antw .   15 16 ,16 . aus 16 ,16 ,   Christus] Christ .   mein] m .   17 gebunden] folgt gestr  : seyn   20–21 meinem] m .   22 Verzeihung] davor gestr  : gegens   23 18 ,18 . über der 27 εἰσιν] εισιν  29 Bahrdt aus Schlußklammer   35 Zeile  

66r

132 66v

67r

frankfurter manuskripte · christliche religion

Text 52

Matth

19 ,21 . ἐι θελεις τελειος ἐιναι , [ὑπαγε] πωλησον σου τα ὑπαρχοντα και δος πτωχοις . v . 29 . και πας ὁς [ἀϕηκεν] ὀικιας , ἠ ἀδελϕους , ἠ ἀδελϕας , ἠ πατερα , ἠ γυ­ναικα , ἠ τεκνα ἠ ἀγρους , ἑνεκεν του ὀνοµατος µου ἑκατονταπλασιονα ληµψεται , και ζωην ἀιωνιον κληρονοµησει . Bitte der Frau des Zebedaus für ihre Söhne 20 ,20 . 25 ,40 . was ihr einem der geringsten gethan habt , habt ihr mir gethan . 26 ,7 . das Weib , das wohlriechendes Wasser über ihn goß 1 – seine Anhänger – Moralität nach Zwekken , und tadelten die freie schöne Ergiessung einer liebenden Seele .2 v . 10 . καλον ἐργον , eine schöne Handlung – die einzige Handlung in der Geschichte Jesu die den Beinahmen καλον verdient , auch die einzige schöne Handlung , die geschieht . (26 ,24 . καλον ἠν αὐτῳ , daß er nicht wäre gebohren worden – καλον ist mehr bedeutungslose Phrase .) Im Abendmahl das Brod und Wein etwas heiliges , insofern es gemeinschaftlich genossen wird , von gleichem Stük , und aus dem gleichen Becher – Brod ist wirklich selbst der Leib der Wein selbst das Blut – der Geist die Gemeinschaft des Essens 1 . Cor . 10 ,17 | Marc  . 16 ,17 . Zeichen , die die Glaubigen begleiten werden  ; übernatürliche Kräfte , was die Natur vermochte , war vorhanden , war da als Erscheinung , als That  ; es war geschehen – alle Seiten der menschlichen Natur waren Sitte , Gewohnheit , Lebensweise der Völker , objektiv geworden , Thaten die als Tha­ten göttlich seyn sollten , mußten übernatürlich seyn – denn göttlich ist nichts was geschieht – sondern was ist . Etwas göttliches das geschieht , ist grösser als was andre thun , und also relativ . die That an sich ist der Zusammenhang der Aufeinanderfolgenden objektiv  ; soviel in den objektiven – soviel in dem einen Leiden soviel in dem andern Thätigkeit , und jedes objektive ist ein allgemeines eben darum weil es unter einem Gesez steht , |

5

10

15

20

25

  Am Rande  : Luc . 7 ,37 .   Am Rande  : Luc . 7 ,37 . ihre vielen Sünden sind ihr vergeben , weil sie viel geliebt hat .

1 2

1 Matth am oberen Rande .  3 ἀδελϕους] αδελϕους  4 ἑκατονταπλασιονα] ἑκαντοντα­πλα­σιονα  ληµ­ 30 ψε­ται] ληψεται   6 20  ,20 . auf dem Rande angeschlossen   7 25 ,40 .] zuerst  : 25 ,40 ,   9 schöne Ergiessung] (1) Er-/giessung (2) Text  : (auf dem Rande angeschlossen  : schöne Er-)giessung  11 v . 10] davor gestr  : Marc .  eine aus ein   11–12 die einzige … verdient] (1) das einzigemal das καλον in d . Evangel . vorkommt (2) Text  : die (über der Zeile) einzige (aus einzigemal) (Handlung in der 35 Gesch . J . die den Beinahmen über der Zeile) καλον verdient (über der Zeile)   12 die einzige schöne] 35 (1) das einzige schöne , das (2) Text (die aus das)   14 καλον] davor gestr  : (1) sch ? (2) is  Im vor und über gestr . Das   16 und unter der Zeile  selbst über der Zeile  der2 aus u   17 die Gemeinschaft aus das gemeinschaftliche   1 . Cor . 10,17 etwas abgerückt und am Rande  24 Zusammenhang] davor gestr  : obj .   25 soviel1 über der Zeile   27 steht , ] folgt in neuer Zeile gestr  : be­g riVen wird , danach

Text 52

5

10

15

20

zu der zeit da jesus …133

Jesus fing seine Predigt damit an , zu verkündigen das Reich Gottes sey da  ; die Juden erwarteten die Wiederkehr der Theokratie  ; sie sollten es glauben , und das Reich Gottes kan im Glauben da seyn  ; was im Glauben vorhanden ist der Wirklichkeit und dem Be­g riff von ihr entgegengesezt .1 Das Reich Gottes ist der Zustand , wenn die Gottheit herrscht , also alle Bestimmungen alle Rechte aufgehoben sind , (daher zum Jüngling , verkaufe das deinige , es ist schwer daß ein Reicher ins Reich Gottes eingehe – daher Christi Entsagung allen Besizungen und aller Ehre –) 2 entweder durch einen Sprung , oder durch successive Aufhebung der einzelnen Bestimmungen , durch Auflö­ sung – jenes die Begeisterung versuchte Jesus , er versicherte , das Reich Gottes sei da , das Daseyn einer Sache aussprechen . Die Juden erwarteten mit dem Reich Gottes daß vieles geschähe , daß sie von der Herrschaft der Römer befreit würden ,3 ihr Priester­thum in seinem alten Glanz widerhergestellt würde u . s . w . d . h . daß ausser ihnen viele Veränderungen vorgiengen  ; solche Juden konnten nicht glauben , das Reich Gottes seye da , wenn Jesus es ihnen verkündigte  ; die aber in sich selbst beruhten , vollendet waren , konnten es glauben  ; nicht als isolirte , denn Gott ist in nichts isolirtem , sondern in lebendiger Gemeinschaft , die im Individuum betrachtet – Glauben an die Menschheit ist , Glauben ans Reich Gottes – Glauben ist das individuelle gegen das lebendige – nicht die Geseze Gottes herrschen , denn Gott und seine Geseze sind nicht zweierlei . Leben und Rükkehr zum Leben , aber keine Regel darüber Luc . 15 ,32 |   Am Rande  : Das allgemeine drükt ein soll aus , weil es ein gedachtes ist , weil es nicht  : ist , aus dem gleichen Grunde warum Daseyn nicht bewiesen werden kan . 2  Am Rande  : diese Verhältnisse (zu Vater  , Familie , Eigen­thum) konnten nicht zu schönen Verhältnissen [werden] also sollten sie gar nicht da seyn , damit wenigstens nicht das Gegentheil da wäre – 3  Am Rande  : Luc . 24 , 21 , nach dem Tode Christi sagen 2 seiner Anhänger , wir ­h o f t e n er sey der , der Israel befreien we r d e . 1

25

30 etwa sechs Zeilen nicht beschrieben   3 was] folgt gestr  : ist  Glauben 2 ] Gl .   ist] folgt gestr  : th   8

aller aus E  Ehre –)] folgt gestr  : das Rei   10 Jesus , ] J .   13 befreit aus bei   14–22 widerhergestellt würde … Luc 15 ,32 im unteren Viertel der Seite in Langzeilen   16 beruhten ,] folgt gestr  : in 18 Individuum] Indiv .   19 Glauben 2 ] Gl .   20 si  17 konnten] konnte /   in über der Zeile   lebendige –] folgt gestr  : allgem   nicht] nts   22 Leben 2 ] folgt gestr  : F   23–24 Das allgemeine … 35 kan . am Rande neben den darüber stehenden Zeilen   24 aus] davor gestr  : Daseyn n   25 Verhältnisse] Vrh  Ei­gen­thum)] Eigen­thum /   28–29 Luc . 24 ,21 … we r d e . etwas höher am Rande , durch eine Linie hierhin gewiesen   28 h o f t e n ] nur ft unterstrichen  29 der2 ] folgt gestr  : de   Israel] Isr .

67v

134

frankfurter manuskripte · christliche religion

Text 53

B  Moral …

68r

68v

B Moral

Bergpredigt Matth . 5 . Jesus fängt mit Schreyen an , in denen er vor der versammelten Menge seinem Herzen seiner andern Beurtheilungsart menschlichen Werthes Luft macht . Begeistert schreyt er aus , daß es nun um eine andre Gerechtigkeit , um andern Werth der Menschen zu thun seye , begeistert entfernt er sich sogleich von der gemeinen Schäzung der Tugenden , und kündigt eine andre Region des Lebens an , in der eine ihrer Freuden seyn müsse , von der Welt verfolgt zu werden , der sie ihre Entgegensezung gegen sie zeigen müssen . Diß neue Leben zerbreche aber nicht die Materie der Geseze , sondern es sey vielmehr ihre Erfüllung , die Ergänzung dessen , was unter der Form eines entgegengesezten , als Gesez bisher vorhanden war – Diese Form des Gebotenseyns soll durch ihr neues Leben vertilgt werden , und vor der Fülle ihres Geistes ihres Wesen verschwinden v  . 21–26 . Das Gesez gegen Todtschlag wird durch den höhern Genius der Versöhnlichkeit erfüllt , und zugleich für ihn aufgehoben  ; für ihn gibt es kein solches Gebot v . 27–30 . Erfüllt wird das Gesez gegen den Ehebruch durch die Heiligkeit der Liebe , und durch die Fähigkeit , wenn eine der vielen Seiten des Menschen sich einläßt , sich zu seiner Ganzheit zu erheben | v  . 31 .32 Ehescheidung  ; Aufhebung seiner Liebe seiner Freundschaft gegen ein Weib , in der sie noch ist , macht sie sich selbst ungetreu werden , und sündigen , und die Beobachtung der rechtlichen Pflicht , und Decenz , ist eine elende Beschönigung , eine neue Härte bei dieser Verlezung ihrer Liebe .

5

10

15

20

25

1 Überschrift der Herausgeber   2–135,10 B Moral … selbst mit Erledigungsvermerk versehen   4 25 Schreyen aus Schrei?   6 nun aus nur  7 seye ,] seye /  8 und] folgt gestr  : erhe  10 Diß] folgt gestr  : Leben  Leben] folgt gestr  : seze sie aber  12 bisher] davor gestr  : bis  13 war – aus war .  Form] folgt gestr  : soll   durch über der Zeile   vertilgt werden] vertilgtwerden mit Trenn- 30 strich  15 v . 21–26 . am ursprüngl . Absatzende angeschlossen  Todt­schlag] folgt gestr  : selbst   16 erfüllt] davor gestr  : nicht   zugleich] folgt gestr  : ist   18 das] folgt gestr  : höh   gegen aus das?   19 30 die] folgt gestr  : Ganzheit  20 sich zu … erheben über den Rand hinausgeschrieben   21 v . 31 . 32 Ehe­scheidung] darüber gestr . als Überschrift  : C Religion  32 über der Zeile  seiner (als Kürzel) aus der   22 Weib ,] folgt gestr  : das   23 der] folgt gestr  : R  

Text 53

b  moral …135

v  . 33–37 . bist du wahrhaftig , so brauchst du den Zusammenhang zwischen

5

10

15

20

25

30

deiner Rede – und der That oder Gedanken nicht an ein Fremdes zu knüpfen , in die Hand eines Fremden [zu] legen , ihn als Herrn dieses Zusammenhangs zu erklären – du selbst bist über alle fremde Macht erhaben . Das Gesez nicht falsch zu schwören , Gott aber zur Macht über sein Wort zu machen ist durch die Wahrhaftigkeit erfüllt , und sie darüber erhaben . v . 38–42 . Gerechtigkeit – Gänzliche Erhebung über die Sphäre des Rechts oder Unrechts durch Aufgebung alles Eigen­thums . v . 43ss . Zusammenfassung des Ganzen . | Cap . 6 ,1–4 . Allmosen , nicht vor den Leuten nicht vor dir selbst v . 5–15 . Gebet  ; auch hier sei nur das Beten rein  ; mischet nichts fremdes ein , gesehen zu werden  ; sondern betet in eurem Kämmerlein , und ein solches ein­ sames und einzelnes Gebet ist das  : Vater unser . Es ist nicht das Gebet eines Volks zu seinem Gotte , sondern das Gebet eines isolirten , unsichern , ungewissen  : dein Reich komme , dein Name werde geheiligt  ; der Wunsch eines einzelnen , und ein Volk kan nicht wünschen  ; dein Wille geschehe , ein Volk von Ehre und Stolz thut seinen eignen Willen , und weiß von keinem andern , als einem feindlichen – der einzelne kan den Willen Gottes und den allgemeinen entgegengesezt sehen . Gib uns heut unser – eine Bitte der stillen Einfalt , die im Munde eines Volks nicht paßte , das sich seiner Herrschaft über die Nahrungsmittel bewußt ist , oder unmöglich nur den Gedanken an die Speise Eines Tages haben kan – sondern wohl um Gedeihen des Ganzen , um freundliche Natur beten kan , beten ist nicht ­bitten  ; Vergib uns – auch ein Gebet des einzelnen  ; Nationen sind getrennte , abgesonderte , es ist nicht gedenkbar wie sie einer andern Nation verzeihen sollen  ; es könnte [nicht] durch eine Vereinigung , sondern durch das Gefühl der Gleichheit oder des Übergewichts der Macht – Furcht geschehen – das Bewußtseyn eigner Sünden , diese Reflexion kan sie nur durch Schmerz erhalten  ; denn sie kan ihren Willen nicht unter einem Gesez anerkennen . Aber der einzelne kan beten , soviel Liebe ich habe soviel möge ich erfahren . |

1 den] folgt gestr . , etwas höher  : V  3 ihn] folgt gestr  : zu   4 alle fremde] (1) alles F (2) Text  : alle (Ms  : alles) fremde aus F   Das Gesez] davor gestr  : (1) v . 38 (2) für   5 zur aus zum   6 und] folgt gestr  : 35 zugleich ist (aus darü)   7 Gerechtigkeit –] folgt gestr  : La  Gänzliche aus g   10 1 aus ?   11 nur das Beten] (1) es nur ums Ge (2) Text  : nur das (über der Zeile) Beten  ; folgt gestr  : selbst   12 ge­ 35 sehen] davor gestr  : um   13 das Gebet] d . Geb .   14 unsichern , ] unsichern /   15 der aus di   16 geschehe ,] geschehe /   19 sehen .] folgt gestr  : Ei   20–21 die Nahrungsmittel] d . 〈 Lebensb 〉 Nahrungsmittel  23 Natur] folgt gestr  : bitt   des aus eines (als Kürzel)   26 das aus d .  ; folgt gestr  : Unglei  oder] davor gestr  : und   29 anerkennen .] zuerst  : anerkennen ,  

69r

136 69v

70r

frankfurter manuskripte · christliche religion

Text 53

v  . 16–18 Fasten  ; wie beim Beten und Allmosengeben , nichts Fremdes ein­

mischen . v  . 20–34 . Sich nicht zu zerstreuen , und das Ganze nicht in Sorgen und Abhängigkeit verlieren  ; solche partielle Dinge Bedürfnisse  : Reich­thum , Nahrung , Kleidung bringen Bestimmtheiten in den Menschen , die ihn objektiv des reinen Lebens unfähig machen . Cap . 7 ,1–5 . Richten über andere sie seiner Regel unterwerfen in Ur­theil  , Die Tyrannei in Gedanken . v . 7–12 . die Vereinigung der Menschen in Bitte , und Geben . v . 13ss . Allgemeines Bild des vollendeten Menschen . Matth . 12 ,31ss  . ὁς ἀν ἐιπη λογον κατα του ὑιου του ἀνθρωπου , ἀϕεθησεται αὐτῳ , ὁς δ’αν ἐιπη κατα του πνευµατος του ἁγιου , ὀυκ ἀϕεθησεται αὐτῳ u . v . 34 . »aus dem Überfluß des Herzens spricht der Mund , der gute Mensch gibt aus dem guten Schaze seines Herzens das Gute , der böse das Böse aus dem bösen Herzen .« Wer den Menschen lästert , der lästert das Einzelne den besondern , wer aber den heiligen Geist lästert , die Natur , und er ist unfähig SündenVergebung zu erlangen  ; denn er ist unfähig mit dem Ganzen sich zu vereinigen  ; er bleibt isolirt , und ausgeschlossen  ; eine solche Lästerung kommt aus der Fülle des Herzens , und zeigt | seine Zerstöhrung  ; seine Zerrüttung  ; seine Unheiligkeit ist des heiligen unfähig , das er gelästert hat  ; und das heilige nach Trennung und Vereinigung betrachtet ist die Liebe . Ein Zeichen könnte euch etwa erschüttern – aber der ausgetriebne Geist kommt mit sieben andern zurük , und der Mensch wird zerrütteter als vorher . zu C . Religion Matth . 18 ,1–10 . der gröste in τη βασιλεια των ὀυρανων der dem Kinde am ­nächsten kommt  ; ihre Engel (v . 10 .) im Himmel sehen beständig das Angesicht meines Vaters , der im Himmel ist . Unter den Engeln der Kinder können keine objektive Wesen verstanden werden , denn auch von den Engeln der andern Men-

5

10

15

20

25

30

1–138,3 v . 16–18 … werden mit Erledigungsvermerk versehen  1 v . 16] folgt gestr  : Fa   3 in über gestr . durch   4 verlieren] davor gestr  : auf mit Ansatz zu einem Buchstaben  solche aus solches   7 Cap . ] 30 davor gestr  : Cap . 7 v .(?) 1  in aus im   8 Die] davor gestr  : Geda  Tyrannei] folgt gestr  : des   11 του1] τ .    του ἀνθρωπου ,] τ . ἀνθ .   12 του πνευµατος του ἁγιου ,] τ . πνευµ . τ . ἁγ .    ἀϕεθησεται aus ἀϕθησεται   ἀυτῳ2 ] folgt gestr  :  οὐτε εν   13 »aus] aus  Überfluß aus überfliesse   14 dem1] dem / dem   Herzens aus Sch   bösen aus B   15 den besondern[ ,] über der Zeile  16 heiligen] h .   35 20 des heiligen] (1) der Gemeinschaft un (2) Text  : des (aus der) heiligen (aus un)  ; folgt gestr  : f  das1 35 aus u   heilige] folgt gestr  : als getren   22 sieben aus 7   24 zu C . Religion am Rande , am Ende einer Abtrennungslinie unter dem Vorhergehenden  25 Matth . aus Cap ?  in aus im   τη βασιλεια των  οὐρανων] τ . βασ . τ .  οὐρ .    27–28 können keine … Wesen] (1) kan nichts obj . (2) Text  : können (aus kan) keine (über der Zeile) obj . Wesen (über der Zeile)  28 von den Engeln] (1) d . Engeln (2)

Text 53

5

10

15

20

25

30 30

35

40

b  moral …137

schen (um in diesem Ton zu sprechen) müßte gedacht werden , daß sie Gott anschauen – Ihre unentwikelte Einigkeit , das bewußtlose , ihr Seyn und Leben in Gott , in einer Gestalt vorgestellt  ; dann ist auch diese wieder substantialisirt , isolirt  ; ihre Beziehung auf Gott eine ewige Anschauung desselben . Um den Geist , das Göttliche , ausser der Form dieser Beschränkung , und die Gemeinschaft dieses Beschränkten Lebendigen , zu bezeichnen , sezt Plato das reine Leben , und das ­beschränkte in eine Verschiedenheit der Zeit , er läßt die reinen Geister vorhin ganz in der Anschauung des Göttlichen gelebt haben , und sie im Erdenleben dieselben seyn , nur mit verdunkeltem Bewußtseyn jenes Himmlischen – Auf eine andre Art bezeichnet Jesus die Natur , das göttliche des KinderGeistes – als Engel , die immer im Anschauen Gottes leben  ; auch in dieser Form sind sie nicht als Gott , sondern als Söhne Gottes , als besondre dargestellt | Die Entgegensezung des anschauenden gegen das angeschaute daß sie ent­ gegengesezte sind , ein Subjekt und ein Objekt fällt in der Anschauung selbst weg – ihre Verschiedenheit ist nur die Möglichkeit der Trennung  ; ein Mensch der die Sonne immer anschaute , wäre nur ein Gefühl des Lichts , das Gefühl als Wesen . Der ganz in der Anschauung eines andern Menschen lebte , wäre dieser andre selbst , nur mit der Möglichkeit eines Andersseyn . Unmittelbar damit in Verbindung gesezt , d e n n ὁ ὑιος του ἀνθρωπου ἠλθε σωσαι το ἀπολωλος , das Gebot sich zu versöhnen , Entzweiungen aufzuheben , und einig zu werden  ; diese Einigkeit ist das Anschauen Gottes , das Werden wie Kinder – Wenn der Beleidiger nicht auf die Gemeine hört , so sey er als Heide und Zöllner  ; wer sich absondert , die versuchte Vereinigung verschmäht , fest dagegen hält , und fügt bei was i h r binden oder lösen werdet ist im Himmel gelöst oder gebunden – was euch entgegengesezt ist , ist der Gottheit fremd , schaut sie nicht an .  Ferner (v . 19 .)

den (aus d .) Engel (aus Engeln) (3) Text  : (über der Zeile  : von) den Engeln (Ms  : Engel)   1 zu aus sp   2 das bewußtlose , ihr] (1) ihr bewußtlosen (Ms  : bewußlosen) in (2) Text  : das (über der Zeile) 3 vorgestellt  ;] folgt gestr  : als (aus s) d  4 Um] davor bewußtlose (Ms  : bewußlosen) , ihr (aus in)   gestr  : (1) Plato läßt d . 〈 Ge 〉 reinen Geister , vo (2) e  5 und] folgt gestr  : diß b   die aus der?  6 sezt] davor gestr  : läßt Plato   7 Verschiedenheit] Verschied .   er nachtr .  8 haben ,] folgt gestr  : und   10 Natur] davor gestr  : göttliche   11 sie] folgt gestr  : als   12 Söhne Gottes … dargestellt über den Rand hinausgeschrieben  13–14 Die Entgegensezung … fällt] (1) Das anschauende ist vom angeschauten (2) Text  : (über der Zeile  : Die Entgegensezung des) anschauenden (aus anschauende) 〈〈 ist 〉〉 (gegen das unter der Zeile) angeschaute (aus angeschauten) (a) fällt (b) daß sie entgegengesezte sind , ein Subj . u . ein Objekt fällt  14 Anschauung] Ansch .   15 Verschiedenheit] Versch .   16 Lichts ,] folgt gestr  : als Wes   17 ganz über der Zeile   18 der nachtr .   eines auf dem Rande angeschlossen  Unmittelbar] folgt gestr  : ist   19 του ἀνθρωπου] τ . ἀνθρ .   το] τ .   ἀπολωλος ,] folgt gestr  : M   20 das] u . das   werden  ;] folgt gestr  : (1) daß ke (2) daß   21 der] zuerst  : der , gegen   23 hält ,] folgt gestr  : Ferner stellt J . diese Einigkeit in einer andern Form dar  ; wenn zwei von Euch über etwas einig sind , so wir(d senkrecht durchstrichen)   24 werdet] werden   was2 ] folgt gestr  : von   25 ist 2 ] folgt gestr  : es  

70v

138

frankfurter manuskripte · christliche religion

Text 53

stellt Jesus diese Einigkeit in einer andern Form dar , [wenn] zwei über etwas einig sind , und ihr bittet darum , so wird es euch der Vater gewähren – die Ausdrükke bitten , gewähren sind so gemein geworden , und werden (bricht ab) | 71r

D Geschichte – Die Form wie er als einzelner , gegen einzelne , und einzelne

gegen ihn stehen Ausbreitung seiner Lehre der Anfang seines Predigens  : Matth . 4 ,17 . µετανοειτε , ἠγγικε γαρ ἡ βασιλεια των ὀυρανων . ib . 19 . Anwerbung Simons und Andreas’ ποιησω ὑµας ἁλιεις ἀν­ θρωπων . Matth . 8 ,20 . ὁ ὑιος του ἀνθρωπου ὀυκ ἐχει που την κεϕαλην κλινῃ . v  . 22 . ἀκολουθει µοι, και ἀϕες τους νεκρους θαψαι τους ἑαυτων νεκρους . in beiden Fällen das Verzichtthun auf das Gewebe menschlicher Verhältnisse , und Bedürfnisse – Trennung von ihrem Leben . Aber nicht Absonderung von Zöllnern und Sündern Matth . 9 ,11 . Zustand des jüdischen Volks , wie Schaafe ohne Hirten 9 ,36 . Zu den Pharisäern 16 ,3 , könnt ihr nicht die Zeichen der Zeit beurtheilen . Ausschikung der Zwölfe Matth 10 . Ihre Instruktion Predigt  : ἠγγικε ἡ βασι­ λεια των ὀυρανων – das übrige negativ  ; sorgt nicht für ReiseBedürfnisse  ; seht wo ihr würdige findet , wenn das Haus würdig ist , so komme euer Gruß (ἐιρηνη) (er befahl vorher ein Haus zu grüssen) über es  ; wo nicht , so kehre er zu euch selbst zurük – der Gruß ist in beiden Fällen dasselbe , es kommt auf die Würdigkeit des Hauses an , ob er als Wort in ihm verhallt , oder dieselbe Fülle ihm in den Gemüthern anschlägt , mit der er gegeben ist – sonst kehrt er zu euch zurük  ; ihr habt den Frieden nicht verschwendet , er hört sich in euch – Also kein Belehren und Behandeln , und Dressiren . Haß der Welt , Verfolgung  ; der Geist wird aus euch sprechen , seid nicht bekümmert , was ihr sagen wollt . Furchtlosigkeit theils wegen eignen Leidens , theils wegen der Zerrüttungen , die ihre Sendung in die Welt bringen wird . v . 41 . wer einen Propheten , als Propheten (ἐις ὀνοµα) aufnimmt ,

5

10

15

20

25

30

4–5 Die Form … stehen am ursprüngl . Absatzende angeschlossen und auf dem Rande fortgesetzt  7 sei­nes aus seiner   7–8 µετανοειτε , ἠγγικε …  οὐρανων auf dem Rande angeschlossen  βασιλεια των  οὐρα­ 30 νων] βασ . τ .  οὐρ .   8 Andreas’] Andr .   8–9 ὑµας ἁλιεις ἀν­θρωπων . über den Rand hinausgeschrieben   10 8 ,20 .] zuerst  : 8 ,20 ,   ἐχει που … κλινῃ . über den Rand hinausgeschrieben  κεϕαλην] κεϕαλ .   11 νεκρους θαψαι … νεκρους . über den Rand hinausgeschrieben   12 das2 aus den   15–16 9 ,36 . Zu … be­ur­thei­len  . auf dem Rande angeschlossen  15 Pharisäern] Pharis .   16 könnt] kennt   17–18 35 βασι­λεια των  οὐ­ρα­νων] βασ . τ .  οὐρ .    18 übrige] folgt gestr  : alles  ReiseBedürfnisse] zuerst  : Rei- 35 seNoth   19 komme aus kommt   20 befahl über gestr . sagt   selbst] davor gestr  : selb   22 er] folgt gestr  : nicht   verhallt ,] folgt gestr  : so   oder] folgt gestr  : als   23 er2 aus es   27 ihre aus ihr   in unvollständig am Innenrand   28 als Propheten … aufnimmt , über den Rand hinausgeschrieben  (ἐις

Text 53

5

10

15

20

25

30 30

35

40

b  moral …139

wem ein Prophet ein Prophet ist – einen Gerechten als Gerechten einen Jünger als solchen , der hat den Lohn , den Werth eines Propheten , wie der Mensch den Menschen auffaßt , so ist er selbst – | Unwillen über die Art der Aufnahme seiner Lehre von seinem Zeitalter , Matth . 11 , u . v . 25 Beschränkung ihrer Wirksamkeit auf νηπιους κοπιωντας und πεϕορτισµενους  ; von hier beginnen seine heftige Ausdrükke gegen die Pharisäer  ; seine Antworten über Fragen , Anlässe gehen nur darauf , sie zum Schweigen zu bringen , nur polemisch , das Wahre richtet er an die andre Zuhörer . Matth . 12 ,49 . ἐπι τους µαθητας ἐιπε ἰδου ἡ µητηρ µου, και ὁι ἀδελϕοι µου. Trennung Jesu von den Beziehungen des Lebens . Pa r a b e l n  . Matth . 13 . Über die Art der Ausbreitung seiner Lehre das Schiksal derselben , alle (vom Sämann , Weizen und Unkraut , Senfkorn , Hefenteig gefundner Schaz , u . s . w .) Ganz analog mit den Mythen – aber freilich jüdischen , an Wirklichkeiten . Es ist in ihnen kein fabula docet  , keine Moral kommt aus ihnen , sondern das Geschichtliche , das Werden , der Fortgang des Seyenden , des Ewigen , des Lebendigen  ; – das Werden des Seyn ist das Geheimnis der Natur  ; und alles fade Geschwäz von innigerer Überzeugung vom Guten u . s . w . ist unendlich sinnloser , als die übernatürliche Erleuchtung , Widergeburt u . s . w . Die Menge der Parabeln , zeigt das Unvermögen das darzustellen , auf was sie deuten sollen nur daß das kost­bare , ein grosses wünschenswerthes , aber ein andres ist , als sie kennen . v . 55 . ὀυχ ὁυτος ἐστιν ὁ του τεκτονος ὑιος ; ὀυκ ἐστι προϕητης ἀτιµος , ἐι µη ἐν τη πατριδι ἀυτου, και ἐν τη ὀικιᾳ ἀυτου. Sie sehen nicht als die Wirklichkeit , nicht den Geist , nichts , als was sie selbst sind . So auch Matth . 25 . Diese Parabeln sind weder Morgenländische Allegorien , noch Griechische Mythen  ; diese beiden sprechen von der Sache selbst , von dem

ὀνοµα) über der Zeile   1 Prophet1] Proph .   als Gerechten über den Rand hinausgeschrieben  einen 2 2–3 Propheten , wie … Menschen über den Rand hinausgeschrieben  ; darunvollständig am Innenrand   über in mehreren Zeilen eine Berechnung  4 die Art der] (1) s (2) die (3) Text  : (über der Zeile mit Einfügungszeichen  : die Art) der (aus die)  von] folgt gestr  : ihm   5 κοπιωντας] κοπιουντας   6–8 von hier … Zuhörer . am ursprüngl . Absatzende angeschlossen und auf dem Rande fortgesetzt   6 beginnen aus beginnt   Pharisäer] Phar   7 Antworten] Antw .   über Fragen , Anlässe über der Zeile   8 bringen ,] folgt gestr  : das W   9 ἐπι über der Zeile   µαθητας] µαθητ .   12 Über] (1) Zwar über (2) Text (aus über)  der aus seiner (als Kürzel)  vom] folgt gestr  : guten   13 Hefenteig] davor gestr  : Senf  gefundner Schaz , u . s . w . über der Zeile nach der Schlußklammer   14 an aus in  Es] davor gestr  : (1) ein (2) gefüllt (3) Ähnli   15 ist] folgt gestr  : is   16 Ewigen , aus Ewigen .   17 Geheimnis aus Geheimi  Geschwäz aus g   18 Überzeugung] folgt gestr  : des   u . s . w . aus Komma  20 Unvermögen] Unverm .   21 wünschenswerthes] wünschenwerthes   22 του] τ .   οὐκ] davor gestr  : τ .?  23 τη 1] τ .    τη 2 ] τ .    αὐτου.]  ἀ  .〈 υ 〉  25–140,14 So auch … wie . . am Rande  25 Morgenländische] Morgenl .   26 Griechische] Griech .  Mythen  ;] folgt gestr  : jene wie diese  

71v

140

frankfurter manuskripte · christliche religion

Text 53

Seyn von dem Schönen , dessen Entwiklung , aus sich Herausgehen , Veränderungen bei den Orientalen meist ungeheure , und unnatürliche Geburten werden , weil sie für sich – von der Phantasie allein , also als Ungeheuer gehalten werden , – bei den Griechen sie zwar auch als Substanzen als Modifikationen in einem lebendigen , wirklichen auftreten  ; aber von der Phantasie doch an eine natürliche Handlung an eine Menschenform geheftet werden  ; sie verlieren das idealische dadurch nicht , das ihnen die Orientalischen Ungeheuer behalten wollen , es wird doch kein individuelles Leben (Ceres , Venus u . s . w .) das unmenschliche dieser Göttergestalten , ist nur Befreiung von dem ihnen heterogenen z . B . Schwere , Arbeit , Noth u . s . w . Die Parabeln Christi sind eigentliche Gleichnisse , moderne Fabeln , in denen es ein tertium comparationis gibt , d . h . wo das gleiche gedacht ist (in den alten , äsopischen Fabeln waren es selbst Triebe , Instinkte , Das gleich modificirte Leben) in den Parabeln ganz wirkliche Geschichten daher immer ein  : Gleich , wie . . |

5

10

1 dem] den  Entwiklung ,] Komma mit Bleistift , wohl von fremder Hand   1–2 Veränderungen] 15 folgt gestr  : Geburten aus g   2 Orientalen] Orient .   3 Phantasie] Phant .   also über der Zeile  4 ­Substanzen] Subst .  Modifikationen] Modif .   5 Phantasie] Phant .  natürliche] davor gestr  : Handlung der N  7 Orientalischen] Orient .  ; folgt gestr  : Mor?   wollen , aus wollen  ;   8 in10 Parabeln] dividuelles] indiv .  Venus u . s . w .)] (1) Venus) (2) Text (u . aus Schlußklammer)   Par .  Christi] Xi  moderne] folgt gestr  : Gleichnisse   12 äsopischen] äsop .   13 modificirte] 20 modif .  Leben)] folgt gestr  : be   daher] davor gestr  : dem

Text 54

jesus trat nicht lange …141

Jesus trat nicht lange …

5

10

15

20

Jesus trat nicht lange vor der lezten Krise auf , welche die Gährung der manch­ fachen Elemente des jüdischen Schiksals herbeizog . In dieser Zeit der innern Gährung , der Entwiklung dieses verschiednen Stoffes , bis er zu einem ­Ganzen gesammelt wird , und die reinen Entgegensezungen , offner Krieg entsteht , gingen dem lezten Akte mehrere partielle Ausbrüche vorher . Menschen von ge­ meinerer Seele , aber von starken Leidenschaften , faßten das Schiksal des jüdischen Volks nur unvollständig auf , und waren also nicht ruhig genug , weder um leidend sich von seinen Wellen ohne Bewußtseyn forttragen zu lassen , und nur in der Zeit mitfortzuschwimmen , noch um weitere Entwiklung abzuwarten , die nöthig ­gewesen wäre , um sich eine grössere Macht beizugesellen  ; [so] liefen sie der ­Gährung des Ganzen zuvor , und fielen ohne Ehre , und ohne Wirkung . | Jesus bekämpfte nicht nur einen Theil des jüdischen Schiksals , weil er nicht von einem andern Theil desselben befangen war , sondern stellte sich dem Ganzen entgegen  ; war also selbst darüber erhaben , und suchte sein Volk darüber zu erheben . Aber solche Feindschaften , als er aufzuheben suchte , können nur durch Tapferkeit überwältigt , nicht durch Liebe versöhnt werden  ; auch sein erhabener Versuch , das Ganze des Schiksals zu überwinden , mußte darum in seinem Volke fehlschlagen , und er selbst ein Opfer desselben werden . Weil Jesus sich auf keine Seite des Schiksals geschlagen hatte , so mußte zwar nicht unter seinem Volke , denn diß besaß noch zu viel aber in der übrigen Welt , seine Religion einen so grossen Eingang bei Menschen finden , die keinen Antheil mehr an dem Schik­sal , gar nichts zu vertheidigen oder zu behaupten hatten . Vor dem Geiste Christi |

25

2 welche die Gährung der] (1) die die (2) Text  : welche (aus die) (die 25 1 Überschrift der Herausgeber   Gährung über der Zeile) der (Ms  : die)  3 In gestr . und wiederhergestellt   5 gesammelt] davor gestr  : sich  6 dem aus den  Menschen] davor gestr  : (1) Zu (2) Aber   7 starken] davor gestr  : gr  Leidenschaften] Leiden/schaften (ohne Trennungsstriche)  das] folgt gestr  : jüdis   8 auf , und … genug] 30 (1) auf , zu unruhig , um (2) Text  : (auf dem Rande angeschlossen  : auf , und waren also) nicht (über der 9 zu lassen] zu-/lassen   10 weitere] davor gestr  : 30 Zeile) ruhig (aus unruhig) genug (über der Zeile)   grösse   abzuwarten , ] folgt gestr  : und   11 beizugesellen  ;] beizugesellen /   15 entgegen  ;] folgt gestr  : und   16 suchte] suchten   18 in seinem Volke über der Zeile   20 mußte] folgt gestr  : später ,   22 mehr über der Zeile mit Einfügungszeichen   23 nichts] folgt gestr  : mehr   24 Christi] Xi danach etwa drei Zeilen nicht beschrieben

72r

72v

142 73r

73r

frankfurter manuskripte · christliche religion

[leben]digen Modifikation der Menschennatur gegründet erkennen mö­ gen , waren ihnen geboten , waren für sie durchaus positiv .

Gottesdienstlichen Geboten , die einen blossen Dienst des Herrn , eine unmit­ telbare Knechtschaft , einen Gehorsam ohne Freude , ohne Lust und Liebe verlangten , sezte er das ihnen gerade entgegengesezte , ein Bedürfnis des Menschen [ge­gen­über] . Da religiöse Gebraüche , das geistigste , das schönste , dasjenige ist , was auch die durch die Entwiklung nothwendige Trennung noch zu vereinigen strebt , und die Vereinigung im Ideal auch in einer Handlung , einem Symbol That aus-

Text 54

[leben]digen Modifikation der Menschennatur gegründet1 erkennen mö­ gen , waren ihnen geboten , waren für sie durchaus positiv . Die Ordnung , in welcher hier den verschiedenen Arten von Gesezgebung der Juden gefolgt wird , ist also eine ihr fremde , eine gemachte Ordnung und die Unterschiede kommen erst in sie durch die Art , wie verschieden auf sie reagirt wird . Geboten , die einen blossen Dienst des Herrn , eine unmittelbare Knechtschaft , einen Gehorsam ohne Freude , ohne Lust und Liebe verlangten , d . h . den Gottesdienstlichen Geboten stellte Je­ sus das ihnen gerade entgegengesezte , einen Trieb , sogar ein Bedürfnis des Menschen gegenüber  . Da religiöse Handlungen , das geistigste , das schönste , dasjenige sind , was auch die durch die Entwiklung nothwendigen Trennungen noch zu vereinigen strebt , und die Vereinigung im Ideal als völlig sey  Daneben am Rande  : Rechte , die er selbst aufgibt , wenn er Gewalten über sich festsezt

5

10

15

20

1

25

Linke Spalte  :  2 gegründet auf dem Rande angeschlossen   11 Gottesdienstlichen] davor gestr  : Gottesd  Geboten gestr . und wiederhergestellt  11–12 einen blossen aus ein blosser   14 Freude gestr . 30 und wiederhergestellt  15 das] folgt gestr  : unmi (ohne i-Punkt)  22 die aus diese   23  , einem Sym­ bol That auf dem Rande angeschlossen   30 Rechte Spalte  :  4–10 Die Ordnung , … wird . auf dem Rande angeschlossen  5 verschiedenen] folgt gestr  : Ges  7 ihr fremde , eine über der Zeile mit Einfügungszeichen   14–15 d . h . den Gottesdienst­lichen Geboten am Rande mit Verweiszeichen  15 stellte über der Zeile  15–16 Jesus] Jes . aus er  17 einen 35 Trieb , sogar eine Zeile tiefer auf dem Rande angeschlossen  18 gegenüber über der Zeile  19 Handlungen über der Zeile  20 sind über der Zeile  21–22 nothwendigen Trennungen aus noth­wen­d ige 35 Trennung   24–26 Rechte , die … festsezt am oberen Rande der Randspalte , vielleicht Fortsetzung eines Textes der verlorenen vorangehenden Seite  25 er über gestr . andere  

Text 54

5

jesus trat nicht lange …143

zudrükken , sie als völlig seyend der Wirklichkeit nicht mehr entgegen­ gesezt darzustellen sucht , so sind religiöse Handlungen , wenn ihnen jener Geist der Schönheit mangelt , die leersten  ; die sinnloseste Knechtschaft und über diese ist die Befriedigung des gemeinsten menschlichen Bedürfnisses er­haben  . |

10

15

20

25

Daß die höchste Noth heiliges verlezt , ist eigentlich ein identischer Saz , denn die Noth ist ein Zustand des zerrissen­ seyns , und eine ein heiliges Objekt verlezende Handlung ist die Noth in Handlung  ; Aber durch eine unbedeutende Handlung ein heiliges Objekt zu entweihen , kan nur aus der Ver­

end der Wirklichkeit nicht mehr entgegengesezt darzustellen , also in einem Thun sie auszudrükken , zu bekräftigen sucht , so sind religiöse Handlungen , wenn ihnen jener Geist der Schönheit mangelt , die leersten  ; die sinnloseste Knechtschaft , die ein Bewußt ­seyn  , seiner Vernichtung fodert , ein Thun , in dem der Mensch sein Nichts­­seyn , seine Passivität ausdrükt und über diese ist die Befriedigung des gemeinsten menschlichen Bedürfnisses er­h aben  , weil in ihm unmittelbar doch das Gefühl oder die Erhaltung eines wenn auch leeren Seyns liegt . | Daß die höchste Noth heiliges verlezt , ist ein identischer Saz , denn die Noth ist ein Zustand des zer­r issen­seyns , und eine ein heiliges Objekt verlezende Handlung ist die Noth in Handlung  ; in der Noth wird entweder der Mensch zum Objekt gemacht , und unterdrükt , oder muß er Natur zu einem Objekt

3–4 religiöse] rel . folgt gestr  : Gebraüche , we   5–6 leersten  ; aus leersten ,  ; folgt gestr  : und knech-

6 und] folgt gestr  : das   7–8 die Befriedigung des gemeinsten] (1) das gemeinste (2) Text 25 tigsten   (auf dem Rande angeschlossen)  16 Daß die höchste … verlezt] (1) Wenn die höchste Noth etwas heiliges verlezt , so ist eine solche Handlung (2) (über der Zeile  : Daß) die höchste Noth heiliges verlezt (3) (wiederhergestellt  : Wenn) die höchste … verlezt (4) Text  : 〈〈 Wenn 〉〉 (über der Zeile mit Einfügungs­ zeichen  : Daß) die höchste … verlezt   18 ein Zustand aus eine   20 Handlung] folgt gestr  : der Noth 30 21 Handlung  ;] folgt gestr  : die 30 ist  ist] folgt gestr  : nur   in] folgt gestr  : Thätig (mit Ansatz zu k)   Noth kan sich nicht anders aüssern also .   2–4 also in … sucht , am Rande mit Verweiszeichen   2 also] folgt gestr  : in ein   3 Thun aus Thut   7–10  , die ein … ausdrükt auf dem Rande angeschlossen  7 Bewußtseyn , ] folgt gestr  : (1) seiner (2) wegen eines Flecks etwas abgerückt  : seiner  8 fodert ,] fodert /   8–10 ein Thun , … ausdrükt etwas 35 tiefer , mit Verweiszeichen angeschlossen   9 der] folgt gestr  : Mensch   10 Passivität] Passivät   12–15 erhaben , weil … liegt .] (1) erhaben . (2) Text  : erhaben , (aus erhaben .) weil … liegt . am ursprüngl . Ab­­satz­­ende angeschlossen und am unteren Rande fortgesetzt  13 ihm] folgt gestr  : doch   21–145,25 in der Noth … Volke am Rande  21 in der Noth wird entweder] (1) entweder wird (2) Text  : (über der Zeile  : 〈 In 〉 in der Noth) wird entweder (über der Zeile)   22 Objekt aus o   23 er über gestr . 40 zum O  Natur aus d  

73v

73v

144

frankfurter manuskripte · christliche religion

achtung des­selben entspringen  ; und eine geringe Ehrfurcht schon wird sich die Aüsserung eines Einfalls , oder einer Willkühr versagen . Der Contrast zwischen der Heiligkeit eines Objekts , oder Gebots , und der Entweihung desselben , wird desto ­g rösser je geringer die Noth , je grösser die Willkühr in der Entweihung war . Jesus zeigte seine ganze Verachtung gegen die Knechtschaft unter objektiven Geboten dadurch , daß er entweder selbst durch die willkührlichsten Handlungen sie selbst brach , oder es ge­schehen ließ , daß sie gebrochen wurden . |

74r

Text 54

machen und unterdrükken . Nicht nur die Natur ist heilig , es kan auch heiliges geben das an sich Objekte sind , nicht nur wenn sie selbst Darstellungen eines Viele ver­einigenden Ideals sind , sondern auf irgend eine Art mit diesem in Beziehung stehen , zu ihm gehören . Die Noth kan die Entweihung eines solchen heiligen Dinges gebieten  ; aber es ohne Noth zu verlezen ist Muthwillen , wenn das worin ein Volk vereinigt ist , zugleich ein gemeinsames , ein Ei­gen­thum aller ist  ; denn alsdenn ist die Verlezung des Hei­l ig­thum zugleich eine ungerechte Verlezung des Rechtes aller  ; der fromme Eifer , der Tempel und Altäre eines fremden Gottesdienstes zerbricht , seine Priester verjagt , entweiht ge­mein | sa­me  , und allen gehörige Heiligthümer . Aber ist ein Heiliges nur insofern alle vereinigend , als alle entsagen , als alle dienen , so nimmt hieran jeder , der sich von andern trennt , sein Recht wieder auf , und die Verlezung eines solchen heiligen Dings oder Gebotes ist in Rük­sicht der andern nur insofern eine Störung ,

5

10

15

20

25

30

2–3 schon wird sich] (1) wird sich schon (2) Text  : (auf dem Rande angeschlossen  : schon wird) sich   4 einer aus eines   7 grösser aus grösserer   8 die1 über der Zeile  9 zeigte über gestr . gab   11 unter] (1) gegen solche (2) unter (über der Zeile) solchen (aus solche) (3) Text  13 sie] sich   15 gebrochen 30 wurden . über den Rand hinaus geschrieben   1 nur] nur (kaum sichtbar am Innenrand) nur (über der Zeile mit Einfügungszeichen)   2–3 heiliges geben … sind] (1) heilige Objekte geben (2) Text  : heiliges (aus heilige) geben (das … sind über der Zeile)  4 35 nicht nur wenn sie] zuerst  : wenn sie nicht nur   selbst über der Zeile  5 eines] folgt gestr  : (1) Meh (2) I (3) meh   7 stehen , gestr . und wiederhergestellt  9 heiligen aus H   11 Muth­w il­len  ,] folgt gestr  : weil 35 es  das] folgt gestr  : was   worin] folgt gestr  : d   12–13 gemeinsames] folgt gestr  : ist   13 ein aus er?   14 ist] ist .   Heiligthum aus Heiligen   16 aller  ;] folgt gestr  : so   17 und Altäre über der Zeile mit Einfügungszeichen  19 entweiht] folgt gestr  : das   und über der Zeile   25–26 heiligen aus H  

Text 54

5

10

15

20

25

jesus trat nicht lange …145 als der Gemeinschaft mit ihnen entsagt , und der willkührliche Gebrauch seiner Sache , sei sie Zeit oder was es ist , wieder sich vindicirt wird . Um so geringer aber ein solches Recht , und die AufOpfe­­rung desselben ist , um so weniger wird [ein] Mensch darüber seinen Mitbürgern in dem , was ihnen das Höchste ist , sich entgegensezen , die Gemeinschaft mit ihnen im innigsten Punkte der Verknüpfung zerreissen wollen . Nur wenn das Ganze der Gemeinschaft , ein Gegenstand der Verachtung ist , und da Jesus aus der ganzen Existenz seines Volks heraustrat , so fiel diese Art von Schonung weg , mit der sonst ein Freund sich in Gleichgültigkeiten gegen den beschränkt , mit dem er Ein Herz und Eine Seele ist  ; | und um einer jüdischen Heiligkeit willen versagte er [sich seine Absichten] nicht , schob nicht einmal die Befriedigung eines sehr gemeines Bedürfnisses  , ei­ner Will­kühr auf  ; er ließ darin seine Trennung von seinem Volke seine ganze Verachtung gegen die ­Knecht­schaft unter objektiven Geboten lesen |

30

2 der] folgt gestr . Ansatz zu G  Gebrauch aus Gebrauchs  3 sie aus diese   5 und über gestr . umso geringer  7 darüber] folgt gestr  : von   11 Verknüpfung] folgt gestr  : mit ihnen   12–13 Gemein30 schaft , ] zuerst  : Gemeinschaft selbst   14 da] davor gestr  : die   16–19 mit der … ist  ; in zwei Lang35 zeilen am unteren Rande   17 Freund] folgt gestr . Ansatz zu G   in] im   17–18 Gleichgültigkeiten aus g   19 er] folgt gestr  : sonst   19–25 und um … Volke mit Verweiszeichen angeschlossen  19–20 und um einer jüdischen] (1) und eine (2) Text  : und um (über der Zeile mit Einfügungszeichen) einer (aus eine) jüdischen (über der Zeile mit Einfügungszeichen)   20 willen] folgt gestr  : entsa[gte]   21 24 er ließ darin] (1) sondern zeigte darin (2) Text (er über der Zeile)   25–27 35 nicht über der Zeile   seine ganze … lesen mit Verweiszeichen angeschlossen  27 unter über der Zeile  lesen über der Zeile  

73v

146 74r

74r

74v

frankfurter manuskripte · christliche religion

Text 54

Matth . 12 .

Matth . 12 .

Seine Begleiter gaben den Juden durch das Aus­rauffen der Ähren am Sabbath ein Ärgernis  ; der Hunger , der sie dazu trieb , konnte in jenen Ähren keine grosse Befriedigung finden  ; die Ehrfurcht für den Sabbath konnte diese ­geringe Befriedigung wohl um die Zeit aufschieben , die sie bis zu einem Orte zu kommen brauchten , wo sie zubereitete Speise haben konnten . David hatte in der aüssersten Noth nach den Schau­brodten gegriffen  ; die Entweihung des Sabbaths durch priesterliche Geschäfte ist gesezlich und also keine Entweihung  ; das treffende ist , daß er sich selbst , seinen Willen dem Gehorsam gegen das hohe Gebot der Heilighaltung des Sabbaths [entgegen] sezt . Am gleichen Tage heilt Jesus eine verdorrte Hand  ; – das Thier , das in den Brunnen fällt , erfodert augen­blik­l iche Hülfe , – ob aber jener Man auch noch

Seine Begleiter gaben den Juden durch das Ausrauffen der Ähren am Sabbath ein Ärgernis  ; der Hunger , der sie dazu trieb , konnte in jenen Ähren keine grosse Befriedigung finden  ; die Ehrfurcht für den Sabbath hätte diese geringe Befriedigung wohl um die Zeit aufschieben können , die sie bis zu ei­ nem Orte zu kommen brauchten , wo sie zubereitete Speise finden konnten . Jesus hält den Pharisäern die jene unerlaubte Handlung rügten , David entgegen , aber dieser hatte in der aüsser­­sten Noth nach den Schau­ bro­ dten ge­ griffen  ; er führt auch die Entweihung des Sabbaths durch priesterliche Ge­ schäfte an  ; allein da dise ge­sezlich sind so sind sie keine Entweihung desselben  ; | und indem er auf einer Seite das Vergehen selbst durch die Bemerkung vergrössert , daß die Priester nur im Tempel den Sabbath entweihen , hier

5

10

15

20

25

1 Matth . 12 am Rande   2–4 durch das … Ärgernis] (1) dadurch ein Ae[rgernis] (2) Text (durch aus dadurch)   5 konnte] folgt gestr  : (1) in dies (2) an   6–7 Ehrfurcht aus Er   8 Befriedigung] folgt 25 gestr  : doch   8–9 die Zeit] folgt gestr  : / die Z   15 ist] folgt gestr  : keine Ent   16 das treVende … er auf dem Rande angeschlossen  17 dem] folgt gestr  : hohen   20 heilt] folgt gestr  : T   20–21 verdorrte Hand  ;] (1) verdorrte , (2) Text  : verdorrte 〈〈  , 〉〉 Hand  ; (über der Zeile)   21 das2 über der Zeile   23 ob] 30 folgt gestr  : der   jener Man] (1) der Ma (2) die (3) der Man (auf dem Rande angeschlossen) (4) Text (jener über der Zeile)  auch] davor gestr  : f   30 7–9 hätte diese … können] (1) konnte diese … aufschieben (2) Text  : (über der Zeile  : hätte) diese … 11 finden konnten] finden (über der Zeile aufschieben können (über der Zeile mit Einfügungszeichen)   mit Einfügungszeichen) konnten (vers . gestr . )  12–14 Jesus hält … dieser zwischen den Zeilen  12 Pharisäern] Pharis .   13 David] D .   16 er führt auch über der Zeile   18 an  ; allein da dise über 35 der Zeile  ; darunter vers . nicht gestr  : ist   18–19 sind so sind sie] (1) und also keine (2) Text  : sind (über 35 der Zeile) so (aus also) (sind sie über der Zeile)  19–20 desselben über der Zeile mit Einfügungszeichen   20–147,12 und indem … Bedürfnisses mit Verweiszeichen angeschlossen  20–21 und indem … Bemerkung] (1) Indem er das Vergehen selbst (2) Text  : (über der Zeile  : und indem) er (auf einer Seite über der Zeile) das Vergehen selbst (durch die Bemerkung zwischen den Zeilen)  22 daß] davor gestr  : u  .  

Text 54

5

10

15

20

25

jesus trat nicht lange …147

bis zum Untergang der Sonne den Gebrauch seiner Hand entbehrte , war ganz gleichgültig  ; und die Will |k  ühr , einige Stunden ­f rüher diese Heilung zu verrichten begründete sich nur auf das Primat einer solcher Willkühr über ein Gebot , das von der höchsten Autorität ausgeht .

aber noch mehr sey , die Natur heili­ger sey als der Tempel , so erhebt er auf der andern Seite im allgemeinen die für die Juden Götterlose unheilige Natur über ihre Beschränkung der Welt , die mit Gott in Beziehung stehe auf einen einzigen von den Juden gemachten Ort  ; unmittel­bar aber sezt er der Heiligung einer Zeit , den Menschen entgegen , und erklärt jenes für niedriger , als eine gleichgültige Befriedigung eines menschlichen ­Bedürfnisses | Am gleichen Tage heilt Jesus eine verdorrte Hand  ; – | die eigne Hand­lungs­ art der Juden , in Ansehung eines in Gefahr sich befindenden Viehes , beweißt ihnen zwar , wie Davids Verbrauch der heiligen Brodte , oder die Geschäfte der Priester am Sabbath , daß ihnen selbst die Heiligkeit dieses Tages nicht absolut gelte , daß sie selbst etwas höheres als die Beobachtung dieses Gebots kennen  ; aber auch in dem Falle , den er hier

2 entbehrte über der Zeile mit Einfügungszeichen  2–3 war ganz] (1) ist sehr (2) Text (auf dem Rande

4 einige] davor gestr  : es   Heilung aus Handlung   5 sich nur] zuerst  : Jesus dadurch , 25 angeschlossen)   daß er den    das aus die   8 ausgeht .] folgt als neuer Absatz , senkrecht durchstrichen  : Der Verwunderung der Jünger (über gestr . Schüler) [des] Johannes , die Jünger (über gestr . Schüler) Christi nicht fasten zu se­hen , ( folgt gestr  : sezt) – eine Entsagung die kein religiöses Gebot , aber sehr geachtet war , – sezte Jesus ( folgt gestr  : die Lust und Liebe) (auf dem Rande angeschlossen  : [die] Gemüthsstimmung) 30 30 entgegen , die   1 noch mehr … Natur] (1) die Natur noch mehr , noch (2) Text (noch mehr sey über der Zeile mit Einfügungszeichen)   3 im allgemeinen über der Zeile  3–4 für die Juden] (1) jüdische (2) Text  : (für die aus bei den) Juden unter der Zeile mit Einfügungszeichen  4 unheilige unter der Zeile mit Einfügungszeichen   5 ihre] (1) ihren Ort , den sie (2) Text  : ihre (aus ihren) (Ort , den sie gestr . , wiederhergestellt 35 und vers . nicht wieder getilgt)   6–7 einzigen] folgt gestr  : (1) O (2) ihren   7 von über der Zeile  den aus O   Ort  ;] folgt gestr  : im bes   14–15 die eigne … Juden ,] (1) ihre Handlu (2) eigne Handlungsart , (3) Text  : die (über der Zeile) eigne Handlungsart (der Juden über der Zeile) ,   17 zwar ,] folgt gestr  : mi mit Ansatz zu t  Davids] folgt gestr  : Bro   18 heiligen] heil .   19–20 ihnen selbst … nicht] (1) sie selbst die Heiligkeit dieses Tages nicht als (über gestr . für) (2) Text (ihnen über der Zeile)  23 in 40 dem Falle] (1) der Fall (2) Text  : in (über der Zeile) (dem Falle aus der Fall)  

74v

74r 74v

148

frankfurter manuskripte · christliche religion

Dem Gebrauch des Händewaschens vor dem Brod­essen sezt Jesus Matth . 15 ,2 . die ganze Subjektivität des Menschen entgegen , und über die Knechtschaft gegen ein Gebotnes . Er machte die unbestimmte Subjektivität , den Charakter zu einer ganz andern Sphäre , die mit der pünktlichen Befolgung objektiver Gebote gar nichts gemein habe . |

den Juden entgegen hält , ist ein Noth­ fall , und die Noth tilgt die Schuld  ; | das Thier , das in den Brunnen fällt , erfodert augenblikliche Hülfe , – ob aber jener Man auch noch bis zum Untergang der Sonne den Gebrauch seiner Hand entbehrte , war ganz gleichgültig  ; | die Handlung Jesu drükte die Willkühr aus , einige Stunden früher diese Heilung zu verrichten und das Primat einer solcher Willkühr über ein Gebot , das von der höchsten Autorität ausgeht . Dem Gebrauch des Händewaschens vor dem Brodessen sezt Jesus Matth . 15 ,2 . die ganze Subjektivität des Menschen entgegen , und über die Knechtschaft gegen ein Gebotnes1 . Er machte die unbestimmte Subjektivität , den Charakter zu einer ganz andern Sphäre , die mit der pünktlichen Befolgung objektiver Gebote gar nichts gemein habe . |

Anders als gegen die rein objektiven Geseze , denen er ganz etwas fremdes

Anders als gegen die rein objektiven Gebote , denen Jesus etwas ganz frem-

74r

74v

75r

75r

Text 54

  Am unteren Seitenrand mit Verweiszeichen  : der Reinheit oder Unreinheit eines objektiven die Reinheit oder Unreinheit des Herzens . 1

5

10

15

20

25

30

14 Dem] darüber gestr  : Über den   15 sezt] davor gestr  : sezt   17 die] folgt gestr  : die   18 gegen] (1) g (2) für (3) Text (über der Zeile)  19 Subjektivität] Subjekti-/vät   19–20 Charakter] folgt gestr  : d   30 21 pünktlichen] pünklichen   22 habe .] danach etwa fünf Zeilen bis zum unteren Seitenrand nicht beschrieben   23 Anders] folgt gestr  : verhielt   2 Schuld  ;] Schuld |   8–9 die Handlung … aus] (1) Will/kühr (2) Text  : (darüber am oberen Rande  : 35 die Handlung  Jesu drükte die Will-/)kühr aus (über der Zeile mit Einfügungszeichen)  10 und über der Zeile  22 Gebote] (1) Geseze (2) Text  : Ge( bote über der Zeile)  24 Jesus aus er   etwas ganz] ganz 35 / etwas ganz (über der Zeile)  26–28 der Reinheit … Herzens .] (1) einem reinen oder unreinen

Text 54

5

10

15

20

25

jesus trat nicht lange …149

entgegenhielt , verhielt sich Jesus gegen diejenige Geseze , die wir moralische und bürgerliche Gebote nennen . welche insofern subjektiv sind , als sie in einer Thätigkeit des menschlichen Wesens in einer seiner Kräfte gegründet sind  ; alle bürgerlichen Geseze sind zugleich moralische , und sie unterscheiden sich von den reinmoralischen , die nicht fähig sind , bürgerliche Geseze zugleich zu werden , ­d adurch , daß sie die Grenze der möglichen Entgegensezung mehrerer Le­bendiger  , bei welcher diese noch bestehen können , – die reinmoralischen die Grenze der Entgegensezung in Einem Lebendigen bestimmen , daß also jene , Lebendige gegen Lebendige , diese , Eine Seite Eine Kraft eines Lebendigen ge­gen andere Seiten , andre Kräfte | eben­ desselben Lebendigen einschränken und herrschend erklären . Solche Geseze sind ihrer Natur nach zum theil positiv , da sie nur die Reflexion über eine einseitige den übrigen fremde Kraft ,

des das subjektive im allgemeinen entgegenhielt , verhielt sich Jesus gegen diejenigen Geseze , die wir nach verschiedener Rüksicht entweder moralische oder bürgerliche Gebote nennen . Da sie natürliche Beziehungen des Menschen in der Form von Geboten ausdrükken , so besteht die Verirrung in Ansehung derselben darin , wenn sie entweder ganz oder zum theil objektiv werden . Da Geseze Vereinigungen entgegengesezter in einem Be­ g riffe sind , der sie also als entgegen­gesezte läßt , der Be­g riff aber selbst in der Entgegensezung gegen Wirkliches besteht , so drükt er ein Sollen aus  ; insofern der Be­g riff nicht seinem Inn­halt nach , sondern seiner Form nach , daß er Be­g riff vom Menschen gemacht und gefaßt ist , [betrachtet wird ,] ist das Gebot mo­ ralisch  ; insofern blos auf den Inn­halt gesehen wird , als die bestimmte Vereinigung bestimmter entgegen­gesezter  ; und das Sollen also nicht von der Eigenschaft des Be­g riffs stammt , sondern

3 Gebote] folgt gestr  :  , d   nennen .] zuerst  : nennen ,   5 des] folgt gestr  : Men   7 sind 2 gestr . und wie­ der­­hergestellt  11 sie] folgt gestr  : ihre Bedi (ohne i-Punkt)  12 der möglichen] (1) / der (2) Text (auf dem Rande angeschlossen)  12–13 Entgegensezung] folgt gestr  : le mit Ansatz zu b oder d   13 Lebendiger ,] 30 folgt gestr  : die n   15 reinmoralischen] reinmor .   16 in aus innerh   18 Seite] folgt gestr  : (1) des Le-/ 30 (2) ei­nes   20 andere aus eine   22–153,7 Solche Geseze … durch mit Erledigungsvermerk durchstrichen   23 sind] folgt gestr  : immer zum thei (ohne i-Punkt)  25 Kraft ,] (1) Kraft sind , (2) Text (Komma neu gesetzt)   Ding , das Herz (2) Text (der (über der Zeile) Reinheit (aus reinen) Unreinheit (aus unreinen) (eines ­objektiven über der Zeile))   1 das subjektive im allgemeinen über der Zeile mit Einfügungszeichen  3 35 diejenigen aus diejenige   3–5 nach verschiedener … oder] (1) moralische und (2) Text  : (über der 35 Zeile mit Einfügungszeichen  : nach verschiedener Rüksicht entw .) moralische oder (unter gestr . od . unter gestr . und)   6–150,5 Da sie … ist in der Randspalte  8 ausdrükken ,] folgt gestr  : also subjektiv sind ,   besteht] folgt gestr  : ih   13–14 der sie … läßt] über der Zeile mit Einfügungszeichen  : (1) der also entg . bleiben (2) Text  : der sie (nochmals darüber) also als (nochmals darüber) entg . läßt   14 der2 ] (1) dem Wirk­l i (2) Text (aus dem)   16 insofern] davor gestr  : und   17 nicht] folgt gestr  : überhaupt sondern  

75v

150

frankfurter manuskripte · christliche religion

und also diese übrigen durch jene entweder ausgeschlossen oder beherrscht sind – sie können aber auch durchaus positiv werden , wenn sie nicht einmal als eine Kraft des Menschen , sondern durchaus als eine fremde Macht wirken , wenn der Mensch diesen Herrn nicht einmal in sich , sondern durchaus ausser sich hat .

75v

Text 54

durch eine fremde Macht behauptet wird , sofern ist das Gebot bürgerlich . Weil bei der leztern Rüksicht die Vereinigung der entgegengesezten nicht be­g riffen , nicht subjektiv ist , so enthalten bürgerliche Geseze die Grenze der Entgegensezung mehrerer Lebendiger – die reinmoralischen aber bestimmen die Grenze der Entgegensezung in Einem Lebendigen , jene also schränken die Entgegensezung Lebendiger gegen Lebendige , diese , die Entgegensezung Einer Seite Einer Kraft eines Lebendigen gegen andere Seiten , andre Kräfte  | eben­des­sel­ben Lebendigen ein und eine Kraft dieses Wesens ist insofern herrschend gegen eine andere Kraft desselben . Rein Mora­ lische Geseze , die nicht fähig sind , bürger­liche zu werden , d . h . in denen die Entgegengesezten und die Verei­ ni­g ung nicht die Form Fremder haben können , wären solche , welche die Einschränkung solcher Kräfte be­t reffen , deren Thätigkeit in sofern ihre Thätigkeit , nicht eine Thätigkeit , eine Beziehung gegen andre Menschen ist . Die Geseze , wenn sie als blos bürgerliche Gebote wirksam sind , sind positive , und weil sie ihrer Materie nach mora-

5

10

15

20

25

30

1 also] folgt gestr  : für  6 fremde] davor gestr  : Me   2 wird ,] wird /   3 bei aus al  3–5 leztern Rüksicht … ist in einer Langzeile am unteren Rande  4 der entgegengesezten über der Zeile  5 begriVen ,] folgt gestr  : s   ist ,] ist /   5–6 enthalten] folgt gestr  : (1) 35 jene (2) d . bürg .   8–9 aber bestimmen über der Zeile mit Einfügungszeichen  10 jene] jene ,   10–11 also schränken die Entgegensezung über der Zeile  11–12 Lebendiger aus Lebendige  13 Einer … 35 Einer aus Eine … Eine   16–152,2 und eine … Produkt in der Randspalte  17 gegen] folgt gestr  : d . K   22 die aus e  Fremder aus Fremden   23 solche ,] folgt gestr  : die die   24 betreVen] darüber gestr  : m?   25–26 in sofern ihre Thätigkeit , über der Zeile  27 Die] davor gestr  : Gebote die   28 sie] folgt gestr  : b  

Text 54

5

10

15

20

25

30

jesus trat nicht lange …151 lischen gleich sind , oder weil die Vereinigung Objektiver im Be­g riffe , auch eine nichtobjektive voraussezt , oder eine solche werden kan , so wäre es die Aufhebung der Form bürgerlicher Geseze , wenn sie zu moralischen gemacht [würden] , wenn ihr Soll nicht der Befehl einer fremden Macht sondern die Folge des eignen Be­g riffs , Achtung für die Pflicht ist . Aber auch diejenigen moralischen Gebote die nicht fähig sind , bürgerliche zu werden , können dadurch objektiv werden , daß die Vereinigung (oder Einschränkung) nicht selbst als Be­g riff , als Gebot | wirkt , sondern [als] der eingeschränkten Kraft fremdes  , obzwar auch subjektives  . Diese Art von Objektivität könnte nur aufgehoben werden durch Wiederherstellung des Be­g riffs selbst , und der Beschränkung der Thätigkeit durch ihn . Auf diese Art , könnte man erwarten , daß Jesus gegen die Positivität moralischer Gebote gegen blosse Legalität gearbeitet hätte , daß er gezeigt hätte , das gesezliche sey ein Allgemeines , und seine ganze Verbindlichkeit liege in seiner Allgemeinheit weil eines ­theils jedes Sollen , jedes gebotne zwar als ein Fremdes sich ankündigt , andern­theils

1 die] davor gestr  : ih   2 Objektiver aus im   4 wäre] darüber gestr  : best   es unter der Zeile   7 wenn] folgt gestr  : die Verein   8 einer aus eines   10–11 diejenigen] diej .   13–15 die Vereini35 gung … als Gebot in einer Langzeile am unteren Rande   15–152,2 wirkt , sondern … Produkt in der Randspalte  18 Diese aus Dieser   Objektivität] folgt gestr . nu (ohne u-Bogen)  19 durch] folgt 21 Thätigkeit unter gestr . Kraft  23 gegen] davor gestr  : sich   Positivität] davor gestr  : 35 gestr  : durch   Objek­t ivita   23–24 moralischer aus Ansatz zu d   25 hätte ,1] folgt gestr  : Allein   hätte ,2 ] folgt gestr  : al   27 Verbindlichkeit mit Einfügungszeichen unter gestr . Kraft  28 weil] folgt gestr  : jedes   29 jedes2 aus ein   zwar über der Zeile  als aus ei?  

76r

152

76v

frankfurter manuskripte · christliche religion

Text 54

aber als Be­g riff (die Allgemeinheit) ein subjektives ist , wodurch es als Produkt einer menschlichen Kraft des Vermögens der Allgemeinheit der Vernunft seine Objektivität , seine Positivität , He t e r on o m ie verliert und das Gebotne in einer Avto­nomie des menschlichen Willens gegründet sich darstellt . Durch diesen Gang ist aber die Positivität nur zum t­ heil weggenom­men  ; und zwischen dem tungusischen Schaman , mit dem Kirche und Staat regieren­den europäischen Prälaten , oder dem Mogulizen , mit dem Puritaner , und zwischen dem seinem Pflichtgebot gehorchenden ist nicht der Unterschied , daß jene sich zu Knechten machten , dieser frei wäre  ; sondern daß jener den Herrn ausser sich , dieser aber den Herrn in sich trägt | zugleich aber sein eigner Knecht ist  ; für das Besondre , Triebe Neigungen , pathologische Liebe , Sinn­ lichkeit , oder wie man es nennt , ist das Allgemeine noth­wen­d ig und ewig ein fremdes , ein objektives  ; es bleibt eine unzerstörbare Positivität übrig , die vollends dadurch empörend wird , daß der Inn­halt , den das allgemeine

5

10

15

20

25

30

1 als aus der   2 Produkt] folgt gestr  : (1) des Verm . der Allg . (2) eine Zeile tiefer  : der Vernunft   3–4 des Vermögens … Vernunft über der Zeile  Vermögens] Verm  .   5 seine1 nachtr .  seine2 über der 30 Zeile  6–8 H e t e r o n o m i e verliert … darstellt . über der Zeile  6–7 Gebotne] darunter aus der Erststufe , vers . nicht gestr  : wäre  ;   9–20 Durch diesen … trägt mit Verweiszeichen , in der Randspalte beginnend und in Langzeilen am unteren Seitenrande fortgesetzt  9 ist unter gestr  : fällt  9–10 Positivität] folgt gestr  : zu   10 weggenommen  ;] (1) weggenommen . Denn das Pflichtgebot ist eine Allgemeinheit , die dem besondern entgegengesezt bleibt ( folgt mit Verweiszeichen , vers . nicht gestr . , aus der Erststufe  : und 35 dieses ist (über der Zeile) das unterdrükte , (wenn sie herrscht mit Einfügungszeichen umgestellt))  ; neben dem Verweiszeichen in sehr kleiner Schrift  : s . selbst .(?) Bogen (nicht überliefert) (2) Text (aus weggenommen .)  12 mit über der Zeile  14 mit über der Zeile   20–153,13 zugleich aber … beherrscht . in der Randspalte  22–23 Liebe , Sinnlichkeit] (1) Liebe , oder wie (2) Text (Sinnlichkeit aus wie)  27 vollends über der Zeile mit Einfügungszeichen   28 das] davor gestr  : das   allgemeine über der Zeile mit 40

Text 54

5

10

15

20

jesus trat nicht lange …153

Jesus gieng , um diese Gebote subjektiv zu machen , nicht den Weg , – zu zeigen , daß sie allgemeine Geseze sind , daß diese Allgemeinheit derselben die Aüsse­r ung eines menschlichen Vermögen , des Vermögens der Allgemeinheit , der Vernunft ist , durch | welche Entwiklung , die sie als Produkte einer menschlichen Kraft darstellt , ihnen ihre Objektivität , ihre Positivität , genommen worden wäre  ; da aber die Allgemeinheit dem Besondern entgegengesezt , und wenn sie herrscht , dieses das unterdrükte ist , also immer eine Positivität übrig bleibt , so konnte Ein Mann , der den Menschen in seiner Ganzheit wiederherstellen wollte , einen solchen Weg unmöglich einschlagen , der ihn nur um ein geringes weniger zerreißt , und im Geiste der Geseze handeln , konnte ihm nicht heißen , aus Achtung für die Pflicht mit

Pflichtgebot erhält , eine bestimmte Pflicht den Widerspruch eingeschränkt und allgemein zugleich zu seyn enthält , und um der Form der Allgemeinheit willen für ihre Einseitigkeit die härtesten Prätensionen macht . Wehe den menschlichen Beziehungen , die nicht gerade im Be­g riffe der Pflicht sich finden , der , so wie er nicht bloß der leere Gedanken der Allgemeinheit ist , sondern in einer Handlung sich darstellen soll , alle andern Beziehungen ausschließt , oder beherrscht . | Ein Mann , der den Menschen in seiner Ganzheit wiederherstellen wollte , konnte einen solchen Weg unmöglich einschlagen , der der Zerrissenheit des Men­ schen  , nur einen hartsinnigen Dünkel zugesellt . Im Geiste der Geseze handeln , konnte ihm nicht heißen , aus Achtung für die Pflicht mit Widerspruch der Neigungen handeln  ;

2 machen ,] 25 1 Jesus] davor gestr  : Daß  Gebote] (1) Geseze (2) Text (auf dem Rande angeschlossen)   folgt gestr  : das heißt , um   3 Geseze] davor gestr  : Ge   sind ,] folgt gestr  : d . h .   4–7 die Aüsserung …

25 Vernunft] (1) auf einem menschlichen Vermögen , dem Vermögen der Allgemeinheit , (der Vernunft

gestr . und wiederhergestellt) ent (2) (auf dem Rande angeschlossen  : aus) einem menschlichen … Vernunft (3) Text  : (auf dem Rande angeschlossen  : die Aüsserung) eines (aus einem) menschlichen Vermögen , (des Vermögens aus dem Vermögen) der Allgemeinheit , der Vernunft  7 durch aus wodurch   10 Positivität] Posivität aus Posit   10–11 genommen worden] (1) in (2) genommen 〈 gewe 〉 gewesen 30 11 da aus u   12–13 entgegengesezt] 30 (3) Text  : genommen worden (auf dem Rande angeschlossen)   entgegensezt  14 das aus e   16–18 Ein Mann , … Weg] (1) ein solcher Weg (2) Jesus (auf dem Rande angeschlossen) einen (über der Zeile mit Einfügungszeichen) solchen (aus solcher) Weg (3) Text (Ein Mann , … wollte auf dem Rande angeschlossen)  19 um aus e   22 aus aus auch   Pflicht] zuerst  : Pflicht , handel   35 Einfügungszeichen   1 eine] folgt gestr  : P   2 Pflicht] Plicht  ; folgt gestr  : durch die Form ihrer Allge-

meinheit  eingeschränkt aus be   5–6 härtesten] davor gestr  : größt   6–7 den … Beziehungen aus der … Beziehung   8 BegriVe] folgt gestr  : ist   8–9 finden , ] findet ( folgt gestr . Komma)  ; darüber gestr  : Verweiszeichen   14–154,8 Ein Mann … ist mit Verweiszeichen angeschlossen  ; vor dem Gegen­ zeichen ein anderes Zeichen , gestr .   17–19 der Zerrissenheit … zugesellt . über der Zeile begonnen und 17 der2 ] davor gestr  : seiner  Zerrissenheit aus zerreißt  19 Im aus im   40 auf dem Rande fortgesetzt  

76r

76r

154

frankfurter manuskripte · christliche religion

Widerspruch der Neigungen handeln  ; denn ein Theil des Geistes (man kan bei diesem Zerrissenseyn des Gemüths nicht anders sprechen) befände sich ja ebendadurch gar nicht im Geiste , sondern gegen den Geist der Geseze . |

76v

76v

Die Bergpredigt ist ein durch mehrere Beispiele von Gesezen durchgeführter Versuch , den Gesezen das gesezliche , die Form von Gesezen zu benehmen , der nicht Achtung für dieselben predigt , sondern dasjenige aufzeigt , was sie erfüllt , aber als Geseze aufhebt , und also etwas höheres ist , als der Gehorsam gegen dieselbe , und sie entbehrlich macht .

Text 54

denn beide Theile des Geistes (man kan bei diesem Zerrissenseyn des Gemüths nicht anders sprechen) befänden sich ja ebendadurch gar nicht im Geiste , sondern gegen den Geist der Geseze , der eine , weil er ein ausschliessendes , also von sich selbst beschränktes , der andre weil er ein unterdrüktes ist | Unmittelbar gegen Geseze gekehrt zeigt sich dieser über Moralität erhabene Geist Jesu in der Bergpredigt , die ein an mehreren Beispielen von Gesezen durchgeführter Versuch ist , den Gesezen das gesezliche , die Form von Gesezen zu benehmen , der nicht Achtung für dieselben predigt , sondern dasjenige aufzeigt , was sie erfüllt , aber als Geseze aufhebt , und also etwas höheres ist , als der Gehorsam gegen dieselbe , und sie entbehrlich macht . Da die P ­ flichtGe­bote eine Trennung voraussezen , und die Herrschaft des Be­ griffs in einem Sollen sich ankündigt , so ist dagegen dasjenige was über diese Trennung erhaben ist , ein Seyn , eine Modifikation des Lebens , welche nur in Ansehung des Objekts betrachtet , ausschliessend also beschränkt ist ,

5

10

15

20

25

30

3 bei aus v   6 Geseze .] danach etwa fünf Zeilen bis zum unteren Seitenrand nicht beschrieben  12 ein] folgt gestr  : na   18 sie] folgt gestr  : als   19 als] folgt gestr  : dieselbe   30 1 beide Theile] (1) ein Theil (2) Text  : beide (über der Zeile) Theile (aus Theil)   3 befänden] befände   5 Geseze ,] Geseze   5–8 der eine , … ist am ursprüngl . Absatzende , über bzw . unter der Zeile   9–11 Unmittelbar gegen … der am oberen Rande   11–13 Bergpredigt , die … ist ,] (1) Bergpredigt ist ein durch mehrere Beispiele … Versuch , (2) Text  : Bergpredigt , die (über der Zeile) ein an (über der 35 Zeile) (mehreren Beispielen Ms  : mehrere Beispiele) … Versuch ist (über der Zeile mit Einfügungszeichen)  ,   35 20–155,1 Da die … Aus- | schliessung am ursprüngl . Absatzende angeschlossen und mit Verweiszeichen auf dem Rande fortgesetzt   21 PflichtGebote aus Gebote (Pflicht über der Zeile)   24 dasjenige] dasj .   25 erhaben aus d   26–27 welche nur … Objekts] (1) in welcher nur objektiv (2) Text  : welche (aus welches) nur (in Ansehung des unter der Zeile mit Einfügungszeichen) Objekts (aus objektiv)  

Text 54

5

10

15

20

25

jesus trat nicht lange …155 indem die Aus |s chliessung nur durch die Beschränktheit des Objekts gegeben ist , und nur dasselbe betrift . Wenn Jesus auch das was er den Gesezen entgegen und über sie sezt , als Gebote ausdrükt , (Meinet nicht , ich wolle das Gesez aufheben  ; euer Wort sey , ich sage euch nicht zu wider­stehen u . s . w . liebe Gott und deinen Nächsten) so ist diese Wendung in einem ganz andern Sinne Gebot , als das Sollen des Pflichtgebots  ; sie ist nur die Folge davon , daß das Lebendige gedacht ausgesprochen , in der ihm fremden Form des Be­g riffs gegeben wird  ; da hingegen das Pflicht­ gebot seinem Wesen nach als ein Allgemeines ein Be­g riff ist . Und wenn so das Lebendige in der Form eines Reflektirten , Gesagten gegen Menschen erscheint , so hatte Kant sehr Unrecht diese zum Lebendigen nicht gehörige Art des Ausdruks  : Liebe Gott über alles und deinen Nächsten als dich selbst , als ein Gebot anzusehen , welches Achtung für ein Gesez fodert , das Liebe befiehlt . Und auf dieser Verwechslung des Pflichtgebots , [das] in der Entgegensezung des Be­g riffs und des Wirklichen besteht , | und der ganz ausserwesentli-

30

  (2) Text  : die (aus dies) Aus-(aus ausge-)|s  chliessung   nur über 30 1 die Ausschliessung] (1) dies ausge-| der Zeile   4 Jesus] (1) Christus (2) Text   7 aufheben  ;] folgt gestr  : ich sage euch   euer] eue   9 ist] folgt gestr  : nur   11 das aus b   11–12 Pflichtgebots aus Pflichts   12 sie aus es   13 gedacht unter der Zeile mit Einfügungszeichen   ausgesprochen ,] folgt gestr  : die   15 wird  ;] folgt gestr  : das   16 seinem Wesen nach] (1) seiner Natur (2) Text  : seinem (aus seiner) (Wesen nach unter der Zeile)  18 eines] 35 folgt gestr  : Begri   21–22 diese zum … Ausdruks  :] (1) diesen Ausdruk  : (2) diese (aus diesen) (Art des über der Zeile) Ausdruks (aus Ausdruk)  : (3) Text (diese zum Lebendigen nicht gehörige Art des auf dem Rande angeschlossen)  24 welches über gestr . das   25 fodert ,] folgt gestr  : d aus we   befiehlt aus befieht   26 Und auf] (1) Und (2) Und (3) Auf (4) Text  : Und (wiederhergestellt) auf (Ms  : Auf)  die­ ser aus diesen   26–27 des Pflichtgebots aus dessen , w   27–28 in der Entgegensezung] (1) was 40 durch durch Entg . (2) Text  : (vers . nicht gestr  : durch1) (in der unter der Zeile) Entg .   29 und] und | und  

77r

77v

156

frankfurter manuskripte · christliche religion

Text 54

chen Art , das Lebendige auszusprechen beruht seine tiefsinnige Zurükführung dessen , was er ein Gebot nennt  : Liebe Gott über alles und deinen Nächsten als dich selbst – auf sein Pflichtgebot . Und seine Bemerkung daß Liebe , oder in der Bedeutung die er dieser Liebe geben zu müssen meint , alle Pflichten g e r ne ausüben nicht geboten werden könne fällt von selbst hinweg  ; weil in der Liebe aller Gedanke von Pflichten wegfällt  ; und auch die Ehre , die er jenem Ausspruche Jesu dagegen wieder angedeihen läßt ihn als das aber von keinem Geschöpf erreichbare Ideal der Heiligkeit anzusehen , ist ebenso überflüssig verschwendet  ; denn ein solches Ideal , in dem die Pflichten als gerne gethan vorgestellt würden , ist in sich selbst widersprechend , weil Pflichten eine Entgegensezung und das gerne thun keine Entgegensezung foder­ten  ; und er kan diesen Widerspruch ohne Vereinigung in seinem Ideal ertragen , in dem er jedoch die vernünftigen Geschöpfe (eine sonderbare Zusammenstellung) zu fallen , jenes Ideal zu er­ reichen für unfähig erklärt . Jesus fängt die Bergpredigt mit einer Art von Paradoxen an , in denen seine volle Seele gegen die Menge erwar-

5

10

15

20

25

30

2 Zurükführung] davor gestr  : Bemerkung   3 ein über der Zeile   4 deinen Nächsten] d . N .   6 oder] folgt gestr  : wie die (aus er)  7 er] folgt gestr  : er   9–10 nicht geboten … könne über der Zeile mit Einfügungszeichen   13–14 dagegen wieder … läßt] (1) noch anthut (2) Text (über der Zeile begon- 35 14 ihn über gestr . sie   das] folgt gestr  : Idea   14–15 von keinem 35 nen und auf dem Rande fortgesetzt)   Geschöpf erreichbare] (1) unerreichbare (2) Text  : (über der Zeile  : von keinem Geschöpf) erreichbare (aus unerreichbare)   18 die aus das   23–25 er kan … die] (1) er seine (2) Text  : (auf dem Rande angeschlossen  : er kan diesen Widerspruch ohne Vereinigung in seinem Ideal ertragen , in (über gestr . von) dem) er (jedoch die über der Zeile)   26 eine] ein   30 Art über der Zeile  denen] (1) die sich

Text 54

jesus trat nicht lange …157

5

10

15

20

Er erklärt gleich anfangs , daß in dem Reiche , das er zu stiften gekommen sey , und dessen Ideal er den Juden hier vorhalte , alles das geschehen müsse , was die Geseze fodern , aber seine Absicht sey , das Mangelhafte auszufüllen , das allem anklebe , was die Form von Gesezen hat , er fodre eine Gerechtigkeit von seinen Freunden , die vollständiger , in welcher mehr sey , als in der Gerechtigkeit der Pharisäer . Dieses ausfüllende | mehr in sich enthaltende ist die Geneigtheit 1, so zu handeln , wie

tender Zuhörer sogleich unzweideutig erklärt , | daß sie von ihm ganz etwas Fremdes , einen andern Genius eine andre Welt zu erwarten haben . Es sind Schreye , in denen er sich begeistert sogleich von der gemeinen Schäzung der Tugend entfernt , begeistert ein andres Recht und Licht , eine andre Region des Lebens ankündigt , deren Beziehung auf die Welt nur die seyn könne , von dieser gehaßt und verfolgt zu werden . In diesem Himmel­reiche zeige er ihnen aber nicht die Auflösung der Geseze , sondern sie müssen durch eine Gerechtigkeit erfüllt werden , die eine andre sey in der mehr , die vollstän­d iger sey , als die Gerechtigkeit der Pflichtlinge , eine Ausfüllung des Mangel­ haften der Geseze . Er zeigt hierauf diß ausfüllende an mehrern Gesezen  ; | Man kan diß mehr in sich enthaltende eine Geneigtheit , so zu handeln

  Am rechten oberen Seitenrand  : nicht die Un­ terstüzzung der ­ moralischen Gesin­ nung durch Neigung , sondern eine geneigte moralische Gesinnung d . h . eine mo­­ra ­l ische Gesinnung ohne Kampf . 1

25

10–21 Er erklärt … ausfüllende mit Erledigungsvermerk versehen  11 Reiche] davor gestr  : Ideale   14 30 fodern] davor gestr  : verlang   16 allem] folgt gestr  : Gesezen   von über gestr . der   21 ausfüllende]

26–27 Gesinnung 30 folgt gestr  : ist   22 Geneigtheit ,] Geneig-/heit ,  ; folgt gestr  : d  

… Gesinnung]

(2) Text (aus die)   3 einen andern Genius] (1) eine neue andre 〈 Welt 〉 Seele (2) Text  : (einen andern aus eine andre) Genius (über der Zeile mit Einfügungszeichen)   5–6 sogleich über der Zeile  7 ein aus eine  14–15 durch eine … werden] (1) erfüllt werden , aber in einer Gerechtigkeit (2) Text  : (durch 35 eine aus in einer) Gerechtigkeit erfüllt werden   16–17 sey in … als] (1) sich als (2) Text  : sey (aus 35 sich) (in der meh[r] 〈 G 〉 〈 sey 〉 , die vollständiger sey , als über der Zeile mit Einfügungszeichen) (als vers . nicht gestr .)  17–18 Pflichtlinge ,] Pflichtlinge .   18 eine] davor gestr  : Das neue   des aus der  ; folgt gestr  : Ges   19 Geseze .] zuerst  : Geseze ,   20 Gesezen aus Geseze  ;   21 Man kan mit Ver­weis­zei­ chen angeschlossen   22–158,1 eine Geneigtheit … nennen ,] (1) ist die Geneigheit , so zu handeln ,

78r

79r

79r

158

frankfurter manuskripte · christliche religion

die Geseze gebieten , Einigkeit der Neigung mit dem Geseze , w ­ odurch dieses seine Form als Ge­sez verliert  ; diese Übereinstimmung der Neigung ist das πληρωµα des Gesezes , die Wirklichkeit , die wie man sich sonst ausdrükte , das complement der Möglichkeit ist  ; denn Möglichkeit ist das Objekt , als ein Gedachtes , das allgemeine  ; Wirklichkeit , die Synthese des Subjekts und Objekts , ebenso jene Geneigtheit eine Tugend , ist eine Synthese , in der das Ge­sez , (das Kant darum immer ein objektives nennt) seine Allgemeinheit , und eben­so das Subjekt , seine Besonderheit , – beide ihre Ent­gegen­sezung verlieren  ; da in der Kantischen Tugend diese Entgegensezung bleibt , und das eine zum Herrschenden , das andre zum Beherrschten wird . Die Übereinstimmung der Neigung mit dem Geseze ist von der Art , daß Gesez und Neigung nicht mehr verschiedene sind . |

Text 54

nennen , wie die Geseze gebieten würden , Einigkeit der Neigung mit dem Geseze , ­wodurch dieses seine Form als Gesez verliert  ; diese Überein­stimmung der Neigung ist das πληρωµα des Gesezes , ein Seyn , das wie man sich sonst ausdrükte , das complement der Möglichkeit ist  ; denn Möglichkeit ist das Objekt , als ein Gedachtes , das allgemeine  ; Seyn , die Synthese des Subjekts und Objekts , in welcher Subjekt und Objekt ihre Entgegensezung verlohren haben , ebenso jene Geneigtheit eine Tugend , ist eine Synthese , in der das Ge­sez , (das Kant darum immer ein objektives nennt) seine Allgemeinheit , und ebenso das Subjekt , seine Besonderheit , – beide ihre Entgegensezung verlieren  ; da in der Kantischen Tugend diese Entgegensezung bleibt , und das eine zum Herrschenden , das andre zum Beherrschten wird . Die Übereinstimmung der Neigung mit dem Geseze ist von der Art , daß Gesez und Neigung nicht mehr verschiedene sind  ; und der Ausdruk Übereinstimmung der Neigung mit dem Geseze wird darum ganz unpassend , weil in

5

10

15

20

25

30

Ges . … Ges .   4 das] folgt gestr  : (1) Gesezes , und verhält sich dazu ebenso wie (2) ist d   8–9 Objekt , als ein Gedachtes , ] zuerst  : Gedachte , das Objekt   11 Geneigtheit] folgt gestr  : oder   15– 30 16 seine Besonderheit] (1) als ein besonderes – (2) Text  : (über der Zeile  : seine) Besonderheit (aus be20 wird .] folgt gestr  : Gesez un   22 Gesez] Gsz   sonderes –)   (2)  Text  : (über der Zeile  : eine) Geneigtheit , so zu handeln nennen (über der Zeile) ,   1–2 würden über der Zeile   6 ein Seyn , das] (1) die Wirk-/lichkeit , die (2) Text  : (auf dem Rande angeschlos­sen  : 35 ein Seyn) , das (Ms  : die)  10 Seyn über der Zeile mit Einfügungszeichen  11–13 in welcher … haben 35 über der Zeile angeschlossen und auf dem Rande fortgesetzt  13 haben ,] haben /   26–159,25 sind  ; und … ist .] (1) sind . (2) Text  : sind  ; (aus sind .) (und … ist . am ursprüngl . Absatzende angeschlossen und in der Randspalte neben dem Vorangegangenen sowie am unteren Rande fortgesetzt)  28 wird] davor gestr  : (1) ist daher ih (2) kan daher nur  

Text 54

jesus trat nicht lange …159

5

10

15

20

25

30

Jedes Gebot kan darum nur ein Sollen aus­d rükken , weil es ein allgemeines ist , es kündigt dadurch sogleich seine Mangelhaftigkeit an , daß es kein Seyn aussagt  ; einem solchen Gebot  :

ihm noch Gesez und Neigung , als besondre , als entgegenge­sezte vorkommen , und leicht eine Unter­stüzzung der moralischen Gesinnung , der Achtung für Gesez , und des Be­stimmt­seyn des Willens durchs Gesez – durch die davon verschiedene Neigung verstanden werden könnte , und da die übereinstimmenden verschiedne sind , auch die Übereinstimmung nur zufällig , nur die Einheit Fremder , ein Gedachtes wäre . Da aber hier in dem Komplement der Geseze , und was damit zusammen hängt , Pflicht , moralische Gesinnung u . drgl . aufhört allgemeines , der Neigung , und die Neigung aufhört , besonders , dem Geseze entgegengesezt zu seyn , so ist jene Übereinstimmung Leben , und als Beziehung verschiedner , Liebe , ein Seyn , das als Be­g riff , Gesez ausgedrükt , noth­wen­d ig dem Geseze d . h . sich selbst gleich , oder als Wirkliches als Neigung dem Be­g riffe entgegengesezt , gleichfalls sich selbst der Neigung gleich ist . | So ist das Gebot  : du sollt nicht t­ ödten , ein Grundsaz , der für den Willen jedes vernünftigen Wesens gültig ­erkannt wird , der als Princip einer a l l g e me i n e n Gesezgebung gelten kan . Jesus

26 Jedes] in zwei Zeilen darüber , am ursprüngl . Anfang der Seite  : Das Gesez  : du sollt nicht tödten charakterisirt sich   28 ist ,] folgt gestr  : und dadu   35

5 Bestimmtseyn] die ersten vier Buchstaben verkleckst  15 aufhört] folgt gestr  : der Neigun   17 entgegengesezt] entg .ges .   22 d . h . sich selbst über der Zeile   23 Wirkliches] Wirkl .   als Neigung] 26 So ist auf dem Rande angeschlossen  das über der Zeile  26–30 tödten , 35 als Neig über der Zeile   ein … kan .] (1) / tödten (2) Text  : 〈〈 tödten 〉〉 (tödten , ein … kan[ .] auf dem Rande angeschlossen)  28 Wesens] folgt gestr  : erk   29 einer] als ein /   30 kan .] kan /  

79v

79v

160

80r 80r

frankfurter manuskripte · christliche religion

du sollt nicht tödten , sezt Jesus die Gesinnung der Menschenliebe entgegen , die nicht nur jenes Gebot seinem Inn­ halt nach überflüssig macht , sondern auch ein Gebot seiner Form nach , die Entgegensezung desselben als eines gebietenden gegen ein widerstehendes aufhebt , jeden Gedanken von Aufopferung , Zerstöhrung oder Unterjochung des Gemüthes entfernt , sie ist zugleich von einer reichern lebendigen Fülle , als das kalte Gebot der Vernunft  ; was ihr gegen dieses an der Allgemeinheit , die im Be­g riff alles besondre in sich faßt , abgeht , das gewinnt sie unendlich durch den Reich­thum lebendiger | Bezie­hungen mit den vielleicht wenigen Individuen , gegen die sie sich ­aüssern kan  ; und schließt nicht Wirk­ liches , sondern Möglichkeiten aus , und diese Möglichkeiten sind Zerreissungen

Text 54

sezt einem solchen Gebot den höhern Genius der Versöhnlichkeit (einer Modifikation der Liebe) entgegen , der nicht nur nicht gegen jenes Gesez handelt , sondern es ganz überflüssig macht , soviel reichere lebendigere Fülle in sich schließt , daß für ihn so Etwas dürftiges als so ein Gesez gar nicht ist . Was der Versöhnlichkeit , da in ihr das Gesez seine Form verliert , der ­Be­g riff vom Leben verdrängt wird , an der Allgemeinheit , die im Be­g riff alles besondre in sich faßt , abgeht , ist nur ein scheinbarer Verlust und ein wahrer unendlicher ­Gewinn durch den Reich­ thum lebendiger | Beziehungen mit den vielleicht we­ n igen Individuen , mit denen sie in Verhältnis kommt . Sie schließt nicht Wirkliches , sondern Gedachtes , Möglichkeiten aus , und dieser Reich­thum der Möglichkeit in der

5

10

15

20

1–2 die Gesinnung … entgegen] (1) eine Tugend entgegen , die Gesinnung der (aus die) Menschenliebe (2) Text (entgegen auf dem Rande angeschlossen)  5–8 ein Gebot … aufhebt] (1) einem Gebote 25 seiner Form nach entgegengesezt ist , (zuerst  : ist .) die Entgegensezung desselben als eines gebietenden gegen ein (aus einem) widerstehendes (2) Text  : ein (aus einem) Gebot (Ms  : Gebote) seiner Form 25 nach , die Entgegensezung … widerstehendes aufhebt (über der Zeile)   9 Zerstöhrung] folgt gestr  : entfernt   11 lebendigen aus lebendigern   17 den aus dem   18 Individuen] Inviduen   gegen die] (1) mit denen (2) Text  : (über der Zeile  : gegen) die (aus denen)  20–21 und diese Möglichkeiten sind am Rande  21 Zerreissungen] (1) die Zer-/reissungen (2) Text  : (über der Zeile  : Zer)reissungen  

30

1–8 sezt einem … ist .] (1) sezt ihm über der Zeile mit Einfügungszeichen (2) Text  : sezt (ihm vers . nicht 30 gestr .) (einem … ist . auf dem Rande angeschlossen)  4–5 handelt] handet   5 macht ,] folgt gestr  : es so erfüllt , daß   6 reichere lebendigere über gestr . mehr   7–8 Etwas dürftiges aus einen dürftigen  8 als so ein Gesez] (1) als jenes (2) Text (über der Zeile)  nicht] folgt gestr  : nicht   9–11 Was der … wird , am Rande   10 der] davor gestr  : an   13–15 ist nur … ­Gewinn am Rande mit Verweiszeichen  14–15 unendlicher über der Zeile   15 Gewinn gestr . und wiederhergestellt  18 mit denen 35 … kommt[ .] auf dem Rande angeschlossen  Sie über der Zeile  19–20 sondern Gedachtes[ ,] auf dem Rande angeschlossen  20–21 dieser Reich­thum der Möglichkeit] (1) diese Möglichkeiten (2) diese (Fülle der unter der Zeile) Möglichkeiten (3) Text  : dieser (aus diese) (Reich­thum der unter der Zeile mit Einfügungszeichen) Möglichkeit (aus Möglichkeiten)   21–161,3 in der … Lebens am Rande , unter dem Vorhergehenden   40

Text 54

5

10

15

20

jesus trat nicht lange …161

des Lebens , da hingegen das Gebot seiner Form nach selbst eine Zerreissung des Lebendigen ist , und seinem Inn­halt nach ausser der einzigen in ihm verbotnen Mis­hand­lung alle übrigen zuläßt  ; die Menschenliebe schließt daher auch den Zorn aus , das Gefühl einer Unter­d rükkung  , und die schnelle Reaktion , wie die Aufwallung , wieder zu unter­drükken , die eine Art blinder Gerechtigkeit ist , und also doch immer Gleichheit voraussezt – noch mehr schließt sie die Erklärung des andern für einen Narren aus , welche nicht nur alle Beziehung mit ihm sondern auch alle Gleichheit alle Gemeinschaft des Wesens aufhebt , ihn in der Vorstellung völlig unterjocht , als ein Nichts , erklärt . | Sie fodert sogar Aufhebung des Rechts , das durch eine ­Trennung , eine Beleidigung erwachsen ist , sie ­fodert Versöhnung .

Allgemeinheit des Be­g riffs die Form des Gebots ist selbst eine Zer­reissung des Lebens und seinem Inn­halt nach so dürftig , daß sie ausser der einzigen in ihm verbotnen Mis­handlung alle üb­r igen zuläßt  ; vor der Versönlichkeit hingegen ist auch Zorn ein Verbrechen , und die schnelle Reaktion des Gefühls einer Unterdrükkung , die Aufwallung , wieder zu unterdrükken , welche eine Art blinder Gerechtigkeit ist , und also doch Gleichheit aber Feindlicher voraussezt  ; der Geist der Versöhnlichkeit hingegen in sich ohne feindselige Gesinnung , die Feindschaft des andern aufzuheben strebt . Wenn nach der Liebe ge­ur­theilt wird , so ist es ihr auch , und zwar ein grösseres Verbrechen , als der Zorn , seinen Bruder einen Schurken zu schelten  ; aber ein Schurke in seinem Isoliren , indem er sich , einen Menschen , den Menschen

7 aus über der Zeile  8 die] folgt gestr  : au  schnelle] folgt über der 25 5 Mishandlung über der Zeile   Zeile , gestr  : gleiche   11 also über gestr . wem   12 voraussezt gestr . und wiederhergestellt  voraus­

25 sezt –] folgt gestr  : (über der Zeile  : da) Allgemeinh noch / mehr die Erklärung des danach etwa vier Zeilen

erst nachträglich durch die Endstufe beschrieben   14 welche nicht nur auf dem Rande angeschlossen   15 Beziehung] folgt gestr  :  , sondern   16–17 alle Gemeinschaft des Wesens aufhebt ,] (1) aufhebt , (2) Text  : alle Gemeinschaft des Wesens aufhebt[ ,] auf dem Rande angeschlossen  18–19 unterjocht , als … erklärt .] (1) unterjocht . (2) Text  : unterjocht , (aus unterjocht .) (als ein (unter gestr . gar) Nichts , auf 30 30 dem Rande angeschlossen) erklärt .   1–2 die Form des Gebots unter der Zeile mit Einfügungszeichen   2 selbst über der Zeile   3 nach] darüber gestr  : läß   4 so dürftig , … ausser auf dem Rande angeschlossen  dürftig] die ersten drei Buchstaben gestr . und wiederhergestellt  6–7 vor der Versönlichkeit hingegen auf dem Rande angeschlossen  6 vor] von   6–7 Versönlichkeit mit Einfügungszeichen über gestr . (1) Rich (2) Liebe   7 ist auch über der Zeile   35 7–8 ein Verbrechen , auf dem Rande angeschlossen   9 des Gefühls einer Unter­d rükkung[ ,] über der Zeile begonnen und auf dem Rande fortgesetzt  11 welche über der Zeile   12–13 aber Feindlicher über der Zeile mit Einfügungszeichen  13 voraussezt  ; aus voraussezt –   13–162,6 der Geist … fremder unter der Zeile (mit Einfügungszeichen) begonnen und über der Zeile und auf dem Rande fortgesetzt  15 feind­ selige] feindseligen  Gesinnung aus S   16–162,3 Wenn nach … gehalten vom Rand her auch in die 21 Schurke] folgt über der Zeile vers . nicht gestr  : ist   indem er 40 zunächst freigelassenen Zeilen geschrieben  

80v

162

80v

frankfurter manuskripte · christliche religion

Text 54

feindlich gegenüberstellt , und in dieser Zerrüttung zu bestehen strebt , wird noch für Etwas gehalten , er gilt noch , denn er wird gehaßt , und ein grosser Schurke kan bewundert werden  ; der Liebe ist es daher noch fremder den andern für einen Narren zu erklären , welches nicht nur alle Beziehung mit ihm sondern auch alle Gleichheit alle Gemeinschaft des Wesens aufhebt , ihn in der Vorstellung völlig unterjocht , als ein Nichts , bezeichnet .* ) | D ­ agegen läßt die Liebe , die vor dem Altar , einer Entzweiung bewußt wird , ihr Opfer dort , versöhnt sich mit dem Bruder Worterklärung spricht am meisten für die hier angenommene Bedeutung des ρακα  , die Hauptschwierigkeit dagegen machte der moralische Sinn der Ausleger , die den Narren gelinder finden als den Schurken und beide Worte nicht nach dem Gemüth aus dem sie kommen , [son­dern] nach dem Eindruk be­ur­thei­len  , den sie machen , und da fühlt sich der für einen Narren erklärte sui juris gemacht , und wenn er so gescheut ist , als der andre , dreht er es um und heißt den andern einen Narren .

5

10

15

* )  Die

20

25

30

über gestr . der   2 wird über gestr . muß  5 der aus a   6 den aus des  7 zu erklären über der Zeile mit Einfügungszeichen   8 welches aus welche   12 bezeichnet . am ursprüngl . Absatzende angeschlos- 30 sen   12–163,5 Dagegen läßt … Recht . im oberen Teil der Randspalte   13 Liebe , ] folgt gestr  : ihr Op  15 dort ,] folgt gestr  : und   sich mit] (1) sich , (2) Text (mit aus Komma)  16–28 Die Wort­ erklärung … Narren . am unteren Rande als Fußnote (mit Asterisk) notiert   17 die] folgt gestr  : Be  20 die] folgt gestr  : es gelinder fanden ,   21–28 und beide … Narren . mit Verweiszeichen angeschlossen , aus Platzgründen etwas unterhalb der Mitte der Randspalte  21–24 beide Worte … machen ,] (1) nach 35 dem Ein­d ruk ur­thei­len , den beide Worte machen , nicht nach dem Gemüth , aus dem sie kommen  ; (2) Text  : (über der Zeile mit Einfügungszeichen  : beide Worte … kommen[ ,]) … be­u r­thei­len (aus ur­ thei ­len  ; be- über der Zeile mit Einfügungszeichen) , den sie (über der Zeile) machen ,   24–25 und da … erklärte] (1) der für einen Narren erklärte fühlt sich (2) Text  : (über der Zeile  : und da fühlt sich der) für einen Narren erklärte (vers . nicht gestr  : fühlt sich) 40

Text 54

jesus trat nicht lange …163

5

10

15

20

Ebenso stellt er der pflichtmässigen Treue in der Ehe , und der Erlaubnis , sich von dem Weibe zu scheiden , die eheliche Liebe entgegen , die , was jene nicht verbot , auch sinnliche Begierde ausschliest , und diese Erlaubnis – bis auf einen Fall , aufhebt  ; welche Erlaubnis jener Pflicht widersprechend war . Die Mangelhaftigkeit des Gesezes und des Rechts , der Achtung für das Gesez in beiden Fällen , der Pflicht und der Erlaubnis erhellt von selbst durch diese Entgegensezung einer Tugend , einer lebendigen Beziehung , des πλη­ρωµα aller Geseze . |

25

und tritt dann erst rein , und einig vor die einige Gottheit . Sie läßt sich nicht vom Richter ihr Recht zumessen , sondern versöhnt sich , ohne alle Rüksicht auf Recht . Ebenso stellt Jesus der pflichtmässigen Treue in der Ehe , und dem Rechte , sich von dem Weibe zu scheiden , die Liebe entgegen  , welche  , was jene Pflicht nicht verbot , auch die Begierde ausschliest , und diese Erlaubnis , die jener Pflicht widersprechend war – bis auf einen Fall , aufhebt  ; So ist ei­nes­ theils die Heiligkeit der Liebe die Ergänzung (das πληρωµα) des Gesezes wider den Ehebruch  ; und diese Heilig­ keit gibt allein Fähigkeit , wenn eine der vielen Seiten des Menschen sich zum Ganzen , oder gegen das Ganze erheben wollte , sie niederzuhalten , und nur die Empfindung des Ganzen , die Liebe , vermag die Zerstreuung des Wesens zu verhindern – Andern ­Theils hebt die Liebe die Erlaubnis , sich zu scheiden auf  ; und gegen die Liebe kan weder so lang sie lebt , noch wie [sie]

8 die] davor gestr  : u (ohne u-Bogen)   10 verbot ,] folgt gestr  : d   12 einen] einem   12–13 welche Erlaubnis … war] (1) welcher Erlaubnis 〈 au 〉 (2) (auf dem Rande angeschlossen  : durch) welche (aus 30 welcher) Erlaubnis jenes Verbot aufgehoben w (3) Text  : welche Erlaubnis (a) jenem (aus jenes) Ver30 bot (b) jener (über der Zeile) Pflicht widersprechend war   14 Die] davor gestr  : E   15 der] zuerst  : und der Ge-   18 einer2 ] (1) die / etwas (2) Text (auf dem Rande angeschlossen)    20 aller] davor gestr  :  d  Geseze .] danach bis zum unteren Seitenrand etwa 8 Zeilen nicht beschrieben   6 Jesus] J . aus er   7 dem Rechte] (1) die Erlaubnis (2) Text  : dem (aus die) Rechte (auf dem Rande 35 angeschlossen)   9 welche auf dem Rande angeschlossen   10 Pflicht über der Zeile   11–12 Erlaubnis ,

… war auf dem Rande angeschlossen  13–164,24 So ist … so . in der Randspalte begonnen , dann in Langzeilen übergehend und auf dem unteren Rande von Bl 81r fortgesetzt  13–14 eines­theils über der Zeile  20 wollte ,] folgt gestr  : ihr zu   23–24 Andern Theils hebt] (1) auf der andern Seite macht (2) Text (Andern aus andern)   25 auf  ;] folgt gestr  : denn die Auf-/he   26 lebt ,] folgt gestr  : od   wie] folgt gestr  : gestorb  

35 die

164

81r

frankfurter manuskripte · christliche religion

Text 54

aufhört , von Erlaubnis und Recht die Rede seyn . Das Aufhören der Liebe gegen ein Weib , in welchem noch die Liebe ist , macht sie sich selbst ungetreu werden , und sündigen  ; und eine Übertragung ihrer Leidenschaft ist nur eine Verirrung derselben , die sie mit bösem Gewissen büssen muß  ; Ihr Schik­sal kan ihr in diesem Falle freilich nicht erspart werden und die Ehe ist an sich getrennt  ; aber der Beistand , den der Mann von einem Rechte und Geseze hohlt , und durch den er Rechtlichkeit und Schiklichkeit auf seine Seite zieht , heißt der Verlezung | der Liebe des Weibes , noch eine niederträchtige Härte hinzufügen . Im Falle nur , den Jesus ­ausnimmt , wenn das Weib ihre Liebe einem andern zugewandt hat , kan der Mann ihr Knecht nicht bleiben . Den Juden Σκληροις καρδιᾳ mußte Moses wohl über die Ehe Geseze , und Rechte geben  ; von Anfang aber war es nicht so . In einer Versicherung über ein Wirkliches wird das Subjekt und das Objekt als getrennte gedacht , oder in einer Versicherung über ein künftiges

5

10

15

20

25

30

1 und Recht über der Zeile   2 Das Aufhören] (1) Die Aufhebung (2) Text  : Das (Ms  : Die) Aufhören (aus Aufhebung)  5 eine über gestr . ihre   9 freilich über der Zeile   10–11 und die … getrennt über 30 der Zeile  13 hohlt unter gestr . zu Hülfe ruft  und] folgt gestr  : sich mit   15 heißt der] (1) eine niedrige (2) ist (unter der Zeile) eine niedrige (3) Text  : (unter der Zeile  : heißt) der (aus eine)  16–17 niederträchtige aus niedri   17 nur] folgt gestr  : d   21 Den Juden unter der Zeile   22 mußte unter gestr . konnte  über aus hierüber  25–26 einer Versicherung … Wirkliches] (1) dem (2) der (aus dem) 35 (3) einer über der Zeile (4) Text (nochmals eine Zeile höher , am oberen Rande)  : einer Versicherung (a) von 35 einem (b) über (über der Zeile) ein (aus einem) Wirkliches  26–165,2 wird das … Erklärung auf dem Rande angeschlossen  26–27 wird das … gedacht ,] (1) ist das Subjekt und das Objekt ein bestimmter Mensch , (2) Text  : wird (über der Zeile) das Subjekt und das Objekt (als getrennte gedacht über der Zeile mit Einfügungszeichen) ,   27 oder] folgt gestr  : die   28–165,2 einer Versicherung … Erklärung]

Text 54

5

10

15

20

25

jesus trat nicht lange …165

In dem Versprechen sind die Erklärung des Willens , und die That selbst , noch ganz getrennte  ; und der feste Zu­ sammen­hang beider ist doch eigentlich das wesentliche , das reelle eines Versprechens  ; in einem eyd­l ichen Versprechen wird die Vorstellung der künf­ tigen Handlung an etwas göttliches geknüpft , der Zusammenhang des Worts und der That , durch die Herbeirufung , durch die Vergegenwärtigung eines Seyenden , die Wahrheit im allgemeinen recht lebhaft dargestellt , und durch die Rükwirkung dieses Seyenden aufs Gemüthe soll das Gegen­theil der Wahrheit ausgeschlossen werden . Wenn die Juden bei dem Himmel , bei der Erde , bei Jerusalem oder bei ihrem Haupthaar schwuren , und ihren Eid Gott anheim stellten , so knüpften sie die That an ein Objekt , und den Zusammenhang dieses Objekts und der That legten sie in die Hand einer fremden Macht und er soll | im Menschen selbst begründet seyn  ; die ver­

in einem Versprechen [sind] die Erklärung seines Willens , und die That selbst , noch ganz getrennte  ; und es ist um die Wahrheit , d . i . den festen Zusammenhang beider zu thun  ; in einer eydlichen Versicherung wird die Vorstellung der entweder schon geschehenen oder erst zukünftigen That an etwas göttliches geknüpft , der Zusammenhang des Worts und der That , die Verknüpfung , das Seyn selbst dargestellt an einem Seyenden in ihm vergegenwärtigt , und weil die Wahrheit des Falles , der beschworen wird nicht selbst sichtbar gemacht werden kan , wird an ihrer Stelle die Wahrheit selbst , Gott gesezt und theils auf diese Art dem ­Andern gegeben , in ihm Überzeugung bewirkt , theils durch die Rük­ wir­kung dieses Seyenden auf das sich ent­schliessende Ge­müthe des Schwörenden das Ge­gen­theil der Wahrheit ausgeschlossen  ; und es ist gar nicht abzusehen , in wiefern hierin ein Aberglauben liegen soll . Wenn die Juden

1 dem] folgt gestr  : eydlichen  Versprechen] folgt gestr  : ist   2 That] davor gestr  : Handlung   4 ist] folgt gestr  : es   5 eines] (1) in einem (2) Text (aus einem)  7 die] folgt gestr  : künftige   9 geknüpft , aus geknüpft  ;   14 durch über der Zeile mit Einfügungszeichen   17 Himmel ,] Himmel  ; folgt gestr  : 30 oder  19 schwuren ,] folgt gestr  : so   30 (1) einem Versprechen die Erklärung (2) Text  : einer (am Zeilenende ergänzt) (Versicherung über ein

künftiges in unter der Zeile mit Einfügungszeichen) einem … Erklärung   3–4 es ist um über der Zeile 4 die aus den   Wahrheit , d . i . den auf dem Rande angeschlossen  5–6 einer mit Einfügungszeichen   eyd­l ichen Versicherung] (1) einem eyd-/lichen Versprechen (2) Text  : einer (aus einem) eyd-(lichen 35 Versicherung auf dem Rande angeschlossen)   7–8 entweder schon … That am Rande mit Verweis­ 10–19 die Verknüpfung , … theils auf dem Rande angeschlossen  11 Verknüpfung] folgt gestr  : 35 zeichen   sey   11–12 dargestellt] davor gestr  : in einem   12 ihm aus d   16 Gott] folgt gestr  : gleic   18 gege20–21 auf das sich entschliessende] (1) ben ,] folgt gestr  : theils   19 durch] davor vers . nicht gestr  : und   aufs (2) Text  : auf (Ms  : aufs) (das sich entschliessende über der Zeile mit Einfügungszeichen)  21–22 des Schwörenden über der Zeile mit Einfügungszeichen   23–25 und es … soll . am Rande mit Verweiszeichen  

81r

81v

166

81v

frankfurter manuskripte · christliche religion

sicherte That und das Objekt werden in ­d ieser Verbindung so aneinandergekettet , daß wenn eins aufgehoben wird , auch das andre ge­laügnet in der Vorstellung aufgehoben wird  ; in diesem Fall wird Gott als Rächer des Seinigen gesezt – Dieser Anknüpfung der versicherten That an etwas objektives widerspricht Jesus , er bekräftigt nicht die Pflicht den Eyd zu halten , sondern erklärt ihn überhaupt für überflüssig  ; weder der Himmel noch die Erde , noch Jerusalem , noch ihr Haar sei in der Macht des ­Menschen , sondern in fremder , und die Gewisheit dürfe nicht an etwas frem­des geknüpft , sondern der Zusammenhang des Wortes und der Handlung müsse lebendig seyn , in dem Menschen selbst beruhen .

Text 54

bei dem Himmel , bei der Erde , bei Jerusalem oder bei ihrem Haupthaar schwuren , und ihren Eid Gott anheim stellten , ihn in die Hand des Herrn legten so knüpften sie die Wirklichkeit des Versicherten an ein Objekt , sezten beide Wirklichkeiten gleich , und den Zusammenhang dieses Objekts und des Versicherten die Gleichheit beider legten sie in die Gewalt einer fremden Macht und Gott ist zur Macht über das Wort gesezt und dieser Zusammenhang soll | im Menschen selbst begründet seyn  ; die versicherte That und das Objekt , bei dem versichert wird , werden so aneinandergekettet , daß wenn eins aufgehoben wird , auch das andre gelaügnet in der Vorstellung aufgehoben wird  ; wenn also die versprochene That , oder die versicherte Wirklichkeit , nicht wirklich ist , so ist damit auch das Objekt bei dem geschworen wurde , der Himmel , die Erde u . s . w . gelaügnet  ; und [in] diesem Fall muß der Herr desselben es vindiciren , Gott Rächer des Seinigen werden , – Dieser

5

10

15

20

25

4 gelaügnet] folgt gestr  : wird ,   7 Dieser aus Diesen  Anknüpfung aus Verknüpfung  der aus des   10 die] folgt gestr  : Gültigkeit   14 Macht des Menschen] (1) Macht / des Macht (2) Text  : Macht 30 (des Menschen auf dem Rande angeschlossen , gestr . und wiederhergestellt)   16 an über gestr . in   geknüpft] folgt gestr  : seyn   18 lebendig] zuerst  : auf lebendig   30 4–5 ihn in … legten am Rande mit Verweiszeichen  5–6 Wirklichkeit des Versicherten über der Zeile   6–7 sezten beide Wirklichkeiten gleich auf dem Rande angeschlossen  9 des Versicherten … beider] (1) der That (2) Text  : des (aus der) ( Versicherten die Gleichheit beider über der Zeile)  10 Gewalt] (1) Hand (2) Text (auf dem Rande angeschlossen)  11–12 Gott ist … gesezt eine Zeile tiefer , am unteren 35 11 zur aus zum   12–13 dieser Zusammenhang soll] (1) er soll (2) Text  : 35 Rande mit Verweiszeichen   (auf dem Rande angeschlossen  : dieser Zusammenhang) soll (vers . gestr .)   15 Objekt , bei … wird ,] (1) Objekt (2) Text  : Objekt , (aus Objekt) ( bei dem ( folgt gestr  : geschw) versichert wird , auf dem Rande angeschlossen)  19–26 wenn also … werden ,] (1) soll (auf dem Rande angeschlossen) Gott als Rächer des Seinigen werden , das (2) Text  : (neben einem Verweiszeichen im Text am Rande  : wenn also … vin-

Text 54

jesus trat nicht lange …167

5

10

15

20

Jesus fodert hierauf im allgemeinen Aufgebung des Rechts , Aufhebung der Gerechtigkeit durch Liebe . | 25

Anknüpfung der versicherten That an etwas objektives widerspricht Jesus , er bekräftigt nicht die Pflicht den Eyd zu halten , sondern erklärt ihn überhaupt für überflüssig  ; denn weder der Himmel noch die Erde , noch Jerusalem , noch das HauptHaar ist des Menschen Geist , der allein der Verknüpfer seines Wortes und einer Handlung ist , sondern es sey fremdes Eigen­thum und die Gewis­heit der That dürfe nicht an etwas fremdes geknüpft seyn , in ein Fremdes gelegt werden , sondern der Zusammenhang des Wortes und der Handlung müsse lebendig seyn , in dem Menschen selbst beruhen . Aug um Auge , Zahn um Zahn , sagen die Geseze  ; Die WiederVergeltung , und die Gleichheit derselben ist das heilige Princip aller Gerechtigkeit , das Princip auf dem jede Staatsverfassung ruhen muß . Aber Jesus fodert hierauf im allgemeinen Aufgebung des Rechts , Erhebung der ganzen Sphäre der Gerechtigkeit , oder Ungerechtigkeit durch Liebe , in welcher , mit dem

22 Jesus] J . davor gestr  : Er   23 Rechts , ] Rechts /   30

diciren , ) Gott Rächer des Seinigen werden ,   5 denn über der Zeile   7 das HauptHaar] (1) ihr Haar (2) Text  : (über der Zeile  : das Haupt(gestr . und wiederhergestellt))Haar   7–8 ist des Menschen 30 Geist , ] (1) ist (über der Zeile) der (Geist des Men­schen auf dem Rande angeschlossen) (2) Text  : ist 〈〈 der 〉〉 (über der Zeile  : des Menschen) Geist ,   7–9 des Menschen … ist , (Ms  : ist .) auf dem Rande angeschlossen   8 der unter gestr . worin   10 es sey über der Zeile   fremdes aus fremder  Ei­gen­thum auf dem Rande angeschlossen  und über der Zeile   11 der That über der Zeile   12 seyn] nach Streichung 35 in der Erst­fassung wiederhergestellt   12–13 in ein … werden[ ,] über der Zeile und auf dem Rand fortge17–22 Aug um … Jesus am Rande (Jesus als Anschlußwort verdoppelt)  17 Zahn 2 aus G   18 35 setzt   Die] folgt gestr  : Gleichhei aus W   20 heilige über der Zeile   24 Erhebung über der Zeile   24–26 ganzen Sphäre … Ungerechtigkeit auf dem Rande angeschlossen   25 der aus des   26–168,4 Liebe , in … verschwindet .] (1) Liebe . (2) Text  : Liebe , (aus Liebe .) in … verschwindet . am ursprüngl . Absatz­ ende angeschlossen und auf dem rechten Rande und in einer Langzeile auf dem unteren Rande fortgesetzt  

168

frankfurter manuskripte · christliche religion

82r

82r

Weiterhin verurtheilt Jesus das Bewußtseyn der Wohlthätigkeit , des Gebets und des Fastens als Pflichten , die Reflexion darüber , damit eine Pflicht erfüllt zu haben  ; ob nur ich mir dabei zuschaue , oder auch andre , ob ich nur meinen Beifall , oder auch den Beifall anderer geniesse macht Jesus keinen so grossen Unterschied (laßt die

Text 54

Rechte , auch das Gefühl der Ungleichheit und das Soll dieses Gefühls , das Gleichheit fodert , d . i . der Haß gegen Feinde verschwindet . | Die Geseze und Pflichten , von denen Jesus bisher sprach , waren im Ganzen bürgerliche , und die Ergänzung , die er ihnen gab , war nicht die , daß er sie als Geseze und Pflichten bestätigte , aber als Triebfeder reine Achtung für sie foderte , sondern zeigt vielmehr Verachtung gegen sie , und seine Ergänzung ist ein Geist , dessen Handlungen wenn sie etwa nach Gesezen und Pflicht­gebo­ten be­ur­theilt werden , denselben gemäß befunden werden , der aber kein Bewußtseyn für Pflichten und Rechte hat . Weiterhin spricht [er] von einer bloß moralischen Pflicht der Tugend der Wohlthätigkeit  ; Jesus ver­ ur­theilt bei ihr , wie beim Gebet und Fasten das Einmischen eines Fremden , die Unreinheit der Handlung  ; – thut es nicht , um gesehen zu werden – der Zwek der Handlung d . h . die Handlung als gedachte ehe sie noch ge­than ist , sey gleich der vollbrachten Handlung . Ausser dieser Heuchelei , die in

5

10

15

20

25

30

23 darüber ,] folgt gestr  : s   24 nur gestr . und wiederhergestellt  25 ob über gestr . oder   27 Jesus] J . über gestr . ihm   30 1 das aus die   3 d . i . über der Zeile   5 Die Geseze und Pflichten , ] (1) Jesus (über der Zeile) ver­u r­ theilt ( bei ihr wie beim über der Zeile) Gebet (aus Gebets) und (dem Fasten aus des Fastens) (2) Die bisherigen Geseze und Pflichten waren im Ganze in einer Langzeile am oberen Rande (3) Text (Komma 35 vor der folgenden Zeile)  5–169,6 von denen … entfernen am Rande  7 Ergänzung aus Erz   10 reine über der Zeile mit Einfügungszeichen   13–14 dessen Handlungen wenn sie] (1) der , wenn s . 35 Handlungen (2) Text  : dessen (über der Zeile) Handlungen (wenn sie über der Zeile mit Einfügungszeichen)  14–15 und Pflichtgeboten unter der Zeile mit Einfügungszeichen  28 dieser] (1) der Unreinhei (2) Text (aus der)   Heuchelei ,] folgt gestr  : wenn  

Text 54

5

10

15

jesus trat nicht lange …169

linke Hand nicht wissen , was die rechte thut) , denn der erkannte Beifall an­ derer über einen Sieg den die Pflicht das allgemeine über das besondre da­ von getragen hat , ist gleichsam nur die angeschaute Allgemeinheit , und Besonderheit , jene in der Vorstellung der andern , diese in den andern selbst  ; und das einsame Bewustseyn der erfüllten Pflicht ist von der Ehre nicht der Art nach sondern nur insofern verschieden ,  als in der Ehre die Allgemeinheit nicht blos allgemeingültig , sondern auch als allgemeingeltend erkannt wird  ; aber [das Allgemeine] seinen Charakter dem Besondern entgegengesezt zu seyn , nicht v­ erliert , welches seine Unter­werfung in der Ehre , die es erzeigt , erklärt . |

20

den Gedanken der Handlung das andre von den Menschen gesehen zu werden einmischt , das nicht in der Handlung ist , scheint Jesus auch hier selbst das Bewußtseyn der Handlung , als einer erfüllten Pflicht zu entfernen | Laß die Linke Hand nicht wissen , was die Rechte thut , kan nicht von [dem] Bekanntwerden der Handlung genommen werden , sondern ist das Gegen­theil des  : von den Leuten gesehen werden , und wenn es also einen Sinn haben soll , so wird es die eigne Reflexion über seine Pflichtgemäßheit bezeichnen . Ob bei der Handlung nur ich , oder ob ich denke , daß auch andre mir zuschauen , ob ich nur mein Bewußtseyn oder auch den Beifall anderer geniesse , ist wohl kein grosser Unterschied | denn der erkannte Beifall anderer über einen Sieg den die Pflicht das allgemeine über das besondre davon getragen hat , ist gleichsam nicht mehr die bloß ge-

25

1 linke] davor gestr  : rec   2 thut) ,] folgt gestr  : denn das Bewustseyn eines Siegs des allgemeinen über … hat ,] (1) der Beifall anderer (2) Text  : der erkannte … hat , auf dem Rande angeschlossen   2–3 anderer] folgt gestr  : ist   3 einen] (1) meinen (2) den über der Zeile (3) Text  : davor  : einen   den die Pflicht über der Zeile   4 das1 aus des   über das aus übers   5 die aus der   6 angeschaute aus A   6–7 und Besonderheit , jene gestr . und wiederhergestellt  11 nach auf dem Rande angeschlossen   12 in der Ehre über der Zeile mit Einfügungszeichen   12–13 Allge30 30 meinheit] folgt gestr  : in   16–17 Charakter dem … verliert] (1) Charakter daß es dem Besondern entgegengesezt ist , nicht verliert , 〈 w 〉 (2) 〈〈 Charakter 〉〉 (Charakter nicht verliert , dem auf dem Rande angeschlossen) Besondern entgegengesezt zu seyn , (3) Text  : Charakter (aus Stufe (2)) dem (über der Zeile mit Einfügungszeichen) Besondern entgegengesezt (zu seyn über der Zeile) (nicht verliert über der 18 Unterwerfung] folgt gestr  : er Zeile)   25 das besondre   2–5 der erkannte

… in] (1) ein andres einmischt , als in (2) Text  : das (über der Zeile) andre (aus andres) (von den Menschen gesehen zu werden über der Zeile mit Einfügungszeichen) einmischt , (das nicht in über der Zeile)  6 entfernen .] entfernen |   7 nicht] folgt gestr  : (1) auf das B (2) dari?  11 des] davor gestr  : von   13 eigne aus d   14 Pflichtgemäßheit] (1) Pflichten (2) PflichtGef (3) Text (Ms  : Pflichtgemäßtheit)  Ob] folgt gestr  : nur ich   16 zuschauen ,] folgt gestr  : oder   19–170,10 denn der … 23–170,1 nicht mehr … sondern die] (1) nur die (2) Text  : 40 wird  ; mit Verweiszeichen angeschlossen   35 1–3 das andre

82v

82r

170

82v

frankfurter manuskripte · christliche religion

Text 54

dachte sondern die angeschaute Allgemeinheit , und Besonderheit , jene in der Vorstellung der andern , diese in den andern als Wirklichen selbst  ; und das einsame Bewustseyn der erfüllten Pflicht ist von der Ehre nicht der Art nach sondern nur insofern verschieden , als in der Ehre die Allgemeinheit nicht blos allgemeingültig , sondern auch als allgemeingeltend erkannt wird  ; | in dem eignen Bewußtseyn die Pflicht erfüllt zu haben gibt sich das Individuum selbst den Charakter der Allgemeinheit , es schaut sich als ein allgemeines als erhaben über sich selbst als besonderes , und über das was im Be­g riff der Besonderheit liegt , an , über die Menge der Individuen  ; denn so wie der Be­ griff der Allgemeinheit auf das Individuum angewendet wird , so erhält der Be­g riff der Besonderheit auch diese Beziehung auf Individuen , und ihre Entgegensezung derselben gegen jenes sich selbst der Allgemeinheit gemäß , in Erfüllung der Pflicht erkennende . Und dieses Selbstbewußtseyn ist der Handlung ebenso fremde als der Beifall der Menschen . Von dieser Überzeugung in sich , gerecht zu seyn , und der Her­ absezung anderer dadurch , (welches beides in noth­wen­d iger Verbindung

5

10

15

20

25

30

〈〈 nur 〉〉 (nicht mehr … sondern über der Zeile mit Einfügungszeichen , vers . hinter das folgende Wort verwie-

sen) die  4 als Wirklichen über der Zeile  10–171,4 in dem … Luc . 18 ,9ss . mit Verweiszeichen angeschlossen  12 gibt sich das Individuum] (1) schaut auch das Individuum sich als (2) Text  : gibt (über der 35 Zeile) sich (unter der Zeile) das Individuum   15 als1] folgt gestr  : (1) über (2) sieg   15–16 sich selbst … 35 der] (1) den (aus das) BegriV (2) die (3) Text  : (auf dem Rande angeschlossen  : sich selbst (über der Zeile) als besonderes , und über das was im BegriV) der (aus die)   18–25 denn so … erkennende[ .] am Rande mit Verweiszeichen  18 denn aus s   19–20 Individuum] Indiv .   21 Besonderheit] folgt gestr  : eben diese E   28 Überzeugung] (1) Überzeu (2) aber (3) Text (aus aber)   29 der aus dem   29–30

Text 54

jesus trat nicht lange …171 steht , wegen der nothwendigen Entgegensezung des Besondern gegen das Allgemeine) spricht auch Jesus in der Parabel Luc . 18 ,9ss . |

5

10

15

20

25

Der Pharisäer dankt Gott dafür , er ist so bescheiden nicht die Kraft s­ eines Willens darin zu erkennen , daß er nicht ist wie viele andere Menschen , die Raü­ber  , Ungerechte , Ehebrecher sind , oder wie der Zöllner hier neben ihm  ; er faste nach der Regel , und bezahle als ein recht­schaffe­ner Mann , ­gewissenhaft seinen Zehenten . Diesem Bewußtseyn der ­Recht ­schaffen­heit  , von welchem gar nicht gesagt ist , daß es nicht wahr gewesen sey , sezt Jesus den niedergesunknen Blik , der sich nicht zum Himmel zu erheben wagt , des Zöllners entgegen , welcher an seine Brust schlägt  : Gott sey mir Sünder gnädig . Das Bewußtseyn des Pharisäers , seine Pflicht erfüllt zu haben , wie auch das Bewußtseyn des Jünglings , ein treuer Beobachter aller Geseze gewesen zu seyn , Matth . 19 ,20 diß gute Gewissen ist darum eine Heuchelei , weil es theils , wenn es schon mit der Absicht der Handlung verbunden ist , eine Reflexion über sich selbst , über

30

… heuchelt . durchgängig etwas über den Rand hinausge5 Pharisäer] Pharis .   dafür über einer gestr . Klammer  ist aus er?  8–9 ist wie … Un­ schrieben   gerechte] (1) wie viele andere Menschen , ein Raüber , Ungerechter , (2) Text  : (über der Zeile  : ist) wie … Menschen , die (über der Zeile) Raüber , Ungerechte (aus Ungerechter)  12 Mann ,] folgt gestr  : d   35 15–16 von welchem … nicht] (1) das ganz (2) Text  : (von welchem … ist , auf dem Rande angeschlos18 zum] (1) gegen den (2) Text (aus den)  21–22 des 35 sen) daß (aus das) (es nicht über der Zeile)   Pharisäers] des Phar . über der Zeile   23 auch aus d   24 ein treuer Beobachter] (1) alle Gebote be­ obachtet zu haben (2) Text  : (ein treuer über der Zeile) Beobachter (aus beobachtet)   25 seyn ,] folgt gestr  : ist  Matth . 19 ,20 über der Zeile   26 Heuchelei ,] folgt gestr  : theils wenn  

5–172,13 Der Pharisäer 30 Herab­sezung aus ?  

83r

172

83v

frankfurter manuskripte · christliche religion

Text 54

die Handlung , ein unreines nicht zur Handlung gehöriges ist , theils wenn es eine Vorstellung seiner selbst , als eines moralischen Menschen ist , beim Pharisäer und bei jenem Jüngling , sich gibt , eine Vorstellung , deren Innhalt die Tugenden sind , d . h . beschränkte , denen ihr Krais gegeben , [die] in ihren Stoff begränzt sind , also alle zusammen ein unvollständiges sind , da das gute Gewissen , das Bewußtseyn seine Pflichten erfüllt zu haben sich zum Ganzen heuchelt . | In eben diesem Geiste spricht Jesus vom Beten und Fasten  ; beides entweder ganz objektive , durchaus gebotene Pflichten , oder nur in einem Bedürf­ nis gegründet  ; sie sind nicht fähig , als moralische Pflichten vorgestellt zu werden , weil sie keine Entgegensezung voraussezen , die in einem Be­g riffe vereinigt zu werden fähig wäre  ; Jesus rügt bei beidem den Schein , den man sich vor den Menschen damit gibt , und beim Gebet besonders , auch das viele Schwäzen , wodurch es das Ansehen einer Pflicht und der Ausübung derselben erhält . Das Fasten be­ur­theilt Jesus Matth . 19 ,15 . nach der Empfindung , die dabei zum Grunde liegt , nach dem Bedürfnis , das dazu treibt . Ausser der Entfernung der Unreinheit beim Gebet

5

10

15

20

25

30

1 Handlung] folgt gestr  : ist   3 seiner aus S   4 ist ,] folgt gestr  : sich   4–5 beim Pharisäer … Jüngling ,] (1) sich beim Pharis . und bei jenem Jüngling gibt (2) Text  8 gegeben ,] zuerst  : gegeben ist   35 17 in einem] (1) im (2) Text  : in (aus im) einem (über der Zeile mit Einfügungszeichen)  18–19 sie sind 35 … als] (1) in keine (2) Text  : sie (aus in)(sind nicht fähig , auf dem Rande angeschlossen) als (über der Zeile)   21 BegriVe] folgt gestr  : zu   23 beidem] folgt gestr  : das   24 vor den] (1) den (2) Text (auf dem Rande angeschlossen)  25 besonders] davor gestr  : ins   besonders , auch] zuerst  : besonders auch  ,   26 das aus ein   29 Empfindung ,] Komma nachtr .  

Text 54

5

10

15

20

25

30

jesus trat nicht lange …173 gibt Jesus auch eine Art zu Beten an  ; die Rüksicht auf das Wahre des Gebets gehört nicht an diese Stelle . Über die folgende Foderung von Abwerfung der Lebens‑Sorgen , und Verachtung der Reichthümer sowie über Matth . 19 ,23 . Wie schwer ist es , daß ein Reicher ins Reich Gottes komme , ist wohl nichts zu sagen  ; es ist eine Litanei , die nur in Predigten oder in Reimen verziehen wird , denn eine ­solche Foderung hat keine Wahrheit für uns . Das Schiksal des Ei­gen­thums | ist uns zu mächtig geworden , als daß Reflexionen darüber erträglich , seine Trennung von uns , uns denkbar wäre . Aber soviel ist doch einzusehen , daß der Be­siz von Reich­thum  , mit allen den Rechten , so wie mit allen Sorgen , die damit zusammenhängen , Bestimmtheiten in den Menschen bringt , deren Schranken den Tugenden ihre Gränze sezen , ihnen Bedingungen und Abhängigkeiten geben , innerhalb deren wohl für Pflichten und Tugenden Raum ist , die aber kein Ganzes , kein vollständiges Leben zulassen , weil es an Objekte gebunden , Bedingungen seiner ausser sich selbst hat , weil dem Leben noch etwas als eigen zugegeben ist , was doch nie sein Ei­gen­thum seyn kan . Der Reich­thum ver­räth sogleich seine Entgegensezung gegen die Liebe , gegen die Ganzheit dadurch , daß er ein

35

9 wohl] davor gestr  : nichts zu    10 nur] 35 6–8 sowie über … komme[ , ] am Rande mit Verweiszeichen   davor gestr  : man   12 Wahrheit aus Wahrheiten   14–15 Reflexionen] davor gestr  : wir   15 erträglich über der Zeile   18 Besiz aus R  Reich­thum  , ] folgt gestr  : und   21 bringt aus bringen   23 ihnen gestr . und wiederhergestellt   28 Bedingungen] folgt gestr  : auss   34 gegen über der Zeile mit

84r

174

84v

85v

frankfurter manuskripte · christliche religion

Text 54

Recht und in einer Mannichfaltigkeit von Rechten be­g riffen ist , wodurch theils seine unmittelbar auf ihn sich ­beziehende Tugend , die Recht­schaffen­ heit , ­theils die andern innerhalb seines Kraises möglichen Tugenden nothwendig mit Ausschliessung verbunden , und jeder TugendAkt an sich selbst ein entgegengeseztes ist . An einen Syn |k  retismus , einen Zwey­herren­d ienst ist nicht zu denken , weil das unbestimmte und das Bestimmte mit Beibehaltung ihrer Formen nicht verbunden werden können . Jesus mußte nicht blos das Komplement der Pflichten , sondern auch das Objekt dieser Principien das Wesen der Sphäre der Pflichten aufzeigen , um das der Liebe entgegengesezte Gebiet zu zer­stöhren  . | Lukas (12 ,13 ss  .) bringt die Ansicht , nach welcher Jesus sich gegen die Reich­thümer erklärt , in einer Verbindung vor , wodurch sie noch deut­l icher wird . Ein Mann hatte ihn darum angesprochen , sich bei seinem Bruder über die Thei­lung ihrer Erbschaft zu verwenden  ; eine Bitte um eine solche Verwendung abzuschlagen wird nur die Verfahrungsart eines Egoisten zu seyn ge­u r ­theilt . Jesus scheint in sei-

5

10

15

20

25

30

Einfügungszeichen   1 Recht] folgt gestr  : ist ,   6 Tugenden über der Zeile mit Einfügungszeichen  ; davor gestr  : Ansatz zu T?  7 mit] folgt gestr  : einer   9 ist .] folgt gestr  : Eine   14 mußte] (1) konnte (2) Text (auf dem Rande angeschlossen)  15 Pflichten] folgt gestr  : aufzeigen  16 dieser Principien auf dem Rande angeschlossen  das] (1) die Sp (2) Text (aus die)   17 Sphäre] folgt gestr  : selbst auf-/  auf­ 35 zeigen ,] folgt gestr  : und das   18 das] folgt gestr  : ne (mit Ansatz zu g?)  20–176,28 Lukas (12 ,13 ss . ) 35 … Geist . mit Verweiszeichen angeschlossen  20 die Ansicht] (1) die (2) 〈〈 d ie 〉〉 hier die Erklärung J (3) Text   27 Bitte aus Bitte (mit Ansatz zu n)   28 abzuschlagen] folgt gestr  : sche   30 ge­u r­theilt aus be   30–175,2 Jesus scheint … nur] (1) In Jesu Antwort (a) scheint nu (b) gegen diesen Mann der ( α ) ihn daru (ohne u-Bogen) ( β ) die (aus daru) Bitte an ihn gethan hatte , scheint 〈 nur 〉 unmittelbar

Text 54

5

10

15

20

25

30

jesus trat nicht lange …175 ner Antwort gegen den der die Bitte an ihn ge­than hatte , unmittelbar nur seine Inkompetenz dazu entgegenzu­ halten  ; Aber in seinem Geiste liegt mehr , als daß er nur kein Recht zu jener Thei­lung habe , denn er wendet sich sogleich zu seinen Jüngern mit einer Ermahnung gegen die Begierde zu Haben , und fügt eine Parabel bei von einem reichen Mann , den Gott mit der Stimme aufschrökt  : »Thor  ! diese Nacht wird man deine Seele von dir fodern – was du erworben hast , wem wird es seyn  ? So ist es mit dem der sich Schäze sammelt , und nicht in Gott reich ist .« | So wendet Jesus nur jenem Profanen die Rechtsseite zu , gegen seine Jünger fodert er Erhebung über das Gebiet des Rechts , der Gerechtigkeit , der Billigkeit , der Freundschaftsdienste , die Menschen in diesem Gebiete sich leisten können , über die ganze Sphäre des Eigen­thum . Einen Kontrast mit dieser Gesez- und Pflichtlosigkeit in der Liebe , die Jesus als das Höchste bezeichnet , macht die Art des Johannes des Taüfers , von welcher Lukas (C . 3 .) einige Proben auf­ behalten hat . »Wie sie ungeachtet sie Abraham zum Vater haben noch hoffen könnten , sagt’ er zu den Juden , ihrem

nur zu liegen , daß er kein Recht zu der (2) Text  : Jesus (aus Jesu) (scheint in seiner Antwort über der Zeile mit Einfügungszeichen) 〈〈 Antwort 〉〉 gegen den (über der Zeile) der die Bitte an ihn gethan hatte , 35 unmittelbar nur   3 dazu] folgt gestr  : zu   3–4 entgegenzuhalten  ;] folgt gestr  : Aber J . wendet sich 14 seyn 35 zu seinen Jüngern , und erkla   7 Jüngern mit] (1) Jüngern , (2) Text (mit aus Komma)   über gestr . gehören   16 ist .«] folgt gestr  : So fühlt J . gegen jene Bemühung am (aus de) weni   29 »Wie] Wie   29–31 ungeachtet sie … könnten ,] (1) (über der Zeile  : noch) hoVen könnten , (2) Text  : (ungeachtet sie Abraham zum Vater haben auf dem Rande angeschlossen) folgt gestr . und vers . nicht wiederhergestellt  : noch hoVen könnten ,   31 zu über der Zeile  

86r

176

86v

frankfurter manuskripte · christliche religion

Text 54

erzürnten Schiksal zu entgehen  ; die Axt liegt schon an der Wurzel der Baüme .« Und da die Juden ihn nun fragten , was sie zu thun haben , so sagt’ er , wer zwei Rökke , oder überflüssige Speise hat , gebe es dem , der nicht hat  ; die Zöllner gemahnt’ er , nicht mehr Abgaben zu fodern , als ihnen vorgeschrieben ist  ; die Soldaten , niemand zu plagen , nichts zu erpressen sondern von ihrem Solde zu leben  ; noch ist von ihm bekannt ( Matth 14 ,4) daß er [sich] in Schmählen über das Verhältnis des Herodes mit seines Bruders Frau einließ  ; ein Schelten das ihn den Kopf k­ ostete  ; sein Schiksal vollendete sich über eine Bestimmtheit  ; wie sein Lehren nach | den obigen Proben eine Ermahnung zu bestimmten Tugenden war , und den grossen Geist , die alle umfangende Seele derselben nicht in seinem Bewußtseyn zeigt . Er fühlte diß auch selbst , und verkündigte einen andern , der die Wurfschaufel in der Hand die Tenne fegen werde  ; Johannes hofft im Glauben statt seiner Wasser­tauffe , von seinem Nachfolger eine Taufe mit Feuer und Geist . |

5

10

15

20

25

30

1 entgehen  ;] folgt gestr  : wenn sie   2 Axt] folgt gestr  : ist   an der] (1) am Baum (2) Text  : an der (Ms  : ander) aus am   3 Baüme .] zuerst  : Baüme  ;   4 sagt’ aus w?   6 dem] folgt gestr  : am   7 die 30 Zöllner] (1) zu den Zöllnern sa (2) Text (aus den Zöllnern)  9–10 niemand zu … erpressen] (1) nichts (2) niemand zu plagen , (3) Text (Stufe (2) gestr . und wiederhergestellt) (nichts zu erpressen auf dem Rande angeschlossen)  13 in] in / in   15 einließ aus einläst  Schelten] folgt gestr  : (1) , da (2) über   19 zu] davor gestr  : üb   20 den grossen Geist , die] (1) die grosse alle (2) Text  : (den gros- 35 sen aus die grosse) (Geist , die über der Zeile)   21 in über gestr . zu (ohne u-Bogen)   22 fühlte aus 35 fühlt  25 fegen werde  ;] (1) fegen , (a) und statt (b) nicht (c) mit (d) keine Wass (2) Text (werde  ; aus Komma)  Johannes] folgt gestr  : sez   27 von seinem Nachfolger] über der Zeile und auf dem Rande fortgesetzt , mit Einfügungszeichen  : (1) von Jesu (2) Text  28 Geist .] die folgenden zwei Drittel der Seite sind nicht beschrieben  

Text 54

5

10

15

20

25

30

jesus trat nicht lange …177 Dem Gewissen , dem Bewußtseyn der eignen Pflichtgemäßheit oder NichtGemäßheit steht die Anwendung der Geseze auf andere im Ur­theil gegenüber  ; »richtet nicht ,« sagt Jesus , »auf daß ihr nicht gerichtet werdet  ; mit welchem Maaß ihr messet , wird euch dagegen gemessen werden .« Diß Subsumiren anderer unter einen Be­g riff , der im Gesez dargestellt ist , kan darum eine Schwäche genannt werden , weil der urtheilende nicht stark genug ist , sie ganz zu ertragen , sondern sie ­theilt , und gegen ihre Unabhängigkeit nicht auszuhalten vermag , [über sie ur­theilt] nicht wie sie sind , aber wie sie seyn sollen  ; durch welches Ur­theil er sie sich , denn der Be­g riff | die Allgemeinheit ist sein , in Gedanken un­terjocht hat . Mit diesem Richten aber hat er ein Gesez anerkannt , und sich selbst der Herrschaft desselben unterzogen , ein Maaß des Richtens auch für sich aufgestellt , und mit der liebreichen Gesinnung für seinen Bruder , ihm den Splitter aus dem Auge zu ziehen , ist er selbst unter das Reich der Liebe gesunken . Das noch Folgende ist nicht mehr eine Entgegenstellung dessen , was höher ist als die Geseze , gegen sie , sondern die Aufzeigung einiger Aüsse­r un­gen

2 Pflichtgemäßheit aus Pflichtgemäßt   2–3 Nicht-Gemäßheit] (1) / Ungemäßheit (2) Text  : (auf dem Rande angeschlossen  : Nicht-)/Gemäßheit (aus Ungemäßheit)   7 ihr] folgt gestr  : w   messet , ] 35 folgt über der Zeile mit Einfügungszeichen , gestr  : mit dem   8 Diß] davor gestr  : Dieses Richten ande10 ist , ] folgt gestr  : ist   11 Schwäche aus Schwachheit   13 er(tra­gen über der Zeile) aus er­ 35 rer   thei­len   theilt aus theils   14 gegen über der Zeile  16–17 sollen  ;] folgt gestr  : in w   19 Mit über gestr . In   20 Gesez] folgt gestr  : aufgestellt und   22 desselben] desselben / desselben   24 mit der lieb­reichen] (1) ein dem Gut / (2) mit (über der Zeile) / der 〈 Wohl­mei 〉 guten (3) Text  : mit (der liebrei­ chen auf dem Rande angeschlossen)  26 dem Auge aus den Augen   30 sondern] folgt gestr  : einige  

84v

85r

178

frankfurter manuskripte · christliche religion

Text 54

des Lebens in seiner schönen freyen ­Region , als die Vereinigung der Menschen im Bitten , Geben und Nehmen . Das ganze schließt mit dem Bestreben , das Bild des Menschen , wie er im Vorherigen in der Entgegensezung gegen die Bestimmtheiten gezeichnet ist , weswegen auch das reine mehr in seinen Modifikationen , in besondern Tugenden als Versöhnlichkeit , eh­liche Treue , Wahrhaftigkeit u . s . w . erschien , rein ausser dieser Sphäre darzustellen , welches denn freilich nur in unvollständigen Parabeln geschehen kan .

5

10

8–11 weswegen auch … erschien , am Rande mit Verweiszeichen  8 mehr] folgt gestr  : als   10 Tugen- 15 den] folgt gestr  : erschien   als] folgt gestr  : der   12 rein] folgt gestr  : ohne   14 kan aus kam

Text 55

der tugend ist nicht nur positivität …179

Der Tugend ist nicht nur Positivität …

5

10

15

20

Der Tugend ist nicht nur Positivität sondern auch Untugend , Immoralität gegenüber . Der positive Mensch ist zwar in Rüksicht auf eine gewisse Tugend , nicht  : weder moralisch noch unmoralisch , aber mit dieser bestimmten Gleichgültigkeit ist zugleich eine Immoralität von einer andern Seite verknüpft  ; weil seine bestimmte positive Tugend eine Gränze hat , und er über diese nicht hinaus kann , so ist er jenseits ihrer unmoralisch . Diese Immoralität der Positivität geht also auf eine andre Seite der menschlichen Verhältnisse als die positive Tugend – in ihrem Krais ist nicht moralisch nicht unmoralisch . Das entgegengesezte der Tugend aber ist Immoralität – Laster . Der spekulative Moralist , der moralische Lehrer macht eine philosophische

Der Positivität der Juden hat Jesus den Menschen entgegengesezt  ; den Ge­ sezen , und ihren Pflichten die Tugenden , und in diesen die Immoralität des positiven Menschen aufgehoben . Der positive Mensch ist zwar in Rüksicht auf eine bestimmte Tugend , die für ihn und in ihm Dienst ist weder moralisch noch ­unmoralisch , und der Dienst , in welchem er gewisse Pflichten ausübt , ist nicht unmittelbar eine Untugend gegen dieselben Pflichten . aber mit dieser bestimmten Gleichgültigkeit ist zugleich eine Immoralität von einer andern Seite verknüpft  ; weil sein bestimmter positiver Dienst eine Gränze hat , und er über diese nicht hinaus kann , so ist er jenseits ihrer unmoralisch . Diese Immoralität der Positivität geht also auf eine andre Seite der

Linke Spalte  :  1 Überschrift der Herausgeber   4 Mensch auf dem Rande angeschlossen  7–8 dieser bestimmten] (1) diese (aus ?) (2) Text (auf dem Rande angeschlossen)  8 zugleich] davor gestr  : immer  9 von einer andern Seite] (1) einer andern Art (2) Text  : (über der Zeile  : von) einer andern Seite (auf dem 10–11 positive Tugend] (1) Tugend (2) Text  : posit . Tugend auf dem Rande 25 Rande angeschlossen)   angeschlossen   12–13 so ist … unmoralisch] (1) jenseits ihrer also unmoralisch ist (2) Text  : (so ist er über der Zeile mit Einfügungszeichen) jenseits ihrer unmoralisch   14 Positivität] folgt gestr  : bezie   16 die] d .   18 unmoralisch] unm .   19 Immoralität] Immor .   21 Lehrer] folgt gestr  : sagt ,   eine philosophische] (1) eine (2) Text (auf dem Rande angeschlossen)   30

2–6 der Juden … aufgehoben . auf dem Rande angeschlossen  5 in 30 Rechte Spalte  :  2 Der über der Zeile   über gestr . durch   8 bestimmte über der Zeile  8–9 die für … ist über der Zeile  10–13 und der … Pflichten am Rande mit Verweiszeichen  10 der aus sein   Dienst ,] folgt gestr  : ist nicht unmittelbar ge­ gen (aus eine)  12 eine unter gestr . die   16–17 sein bestimmter positiver Dienst] (1) seine bestimmte posit . Tugend (2) Text  : (sein bestimmter positiver aus seine bestimmte posit .) Dienst (über der Zeile)  

87r

87r

180

87v

87v

frankfurter manuskripte · christliche religion

Beschreibung der Tugend – seine Beschreibung muß deducirt , es muß [in] ihr kein Widerspruch seyn – eine Beschreibung einer Sache ist immer die vorgestellte Sache – hält er diese Vorstellung , den Be­g riff an das lebendige , so sagt er das lebendige soll so seyn – | zwischen dem Be­g riff , und der Modifikation eines lebendigen soll kein Widerspruch seyn , als der allein , daß jener ein Gedachtes , dieses ein Seyendes ist . Eine Tugend in der Spekulation ­a llein , ist , und ist nothwendig , d . h . ihr Be­g riff , und das Gegentheil kan nicht seyn , es ist keine Veränderung , kein Erwerb , kein Entstehen kein Vergehen in ihr als Be­g riff  ; aber dieser Be­g riff mit dem lebendigen zusammengehalten soll seyn – die Tugend als Modifikation des lebendigen ist entweder , oder ist auch nicht , – kan entstehen und vergehen . Der spekulative Moralist , kan sich also wohl hin­reissen lassen , in eine warme Betrachtung des Tugend-

Text 55

menschlichen Beziehungen als der positive Gehorsam – innerhalb seines Kraises ist nicht moralisch nicht un­ moralisch . In der Sezung der Subjektivität gegen das Positive schwindet die Gleichgültigkeit des Dienstes  , und seine Gränze . Der Mensch steht für sich , sein Charak­ter und seine That wird Er selbst  ; er hat nur Schranken da , wo er sie selbst sezt , und seine Tugenden Bestimmtheiten , die er selbst begränzt . Diese Möglichkeit der Begränzung der Entgegensezung ist die Freiheit , | das  : Oder , in Tugend oder Laster . In der Entgegensezung des Gesezes gegen die Natur , des Allgemeinen gegen das Besondre sind die beiden Entgegengesezten gesezt , wirklich , das eine ist nicht ohne das andre  ; in der moralischen Freiheit der Entgegen­ sezung der Tugend und des Lasters ist durch eines das andre ausgeschlossen , also wenn das eine gesezt ist , das andre nur möglich . Die Entgegensezung der

5

10

15

20

25

3–4 Beschreibung] folgt gestr  : ist   5 vorgestellte aus V   8 zwischen] davor gestr  : es soll sich   8–9 25 der Modifikation eines lebendigen] (1) der lebendigen Modifikation (2) Text (der über der Zeile)  12 Tugend] folgt gestr . Anfangsklammer   17 in] davor gestr  : ihn   18 mit] davor gestr  : mit   lebendigen] lebend .   22 spekulative] spekul  

30

1 Beziehungen auf dem Rande angeschlossen  1–2 der positive Gehorsam –] (1) d . posit . Tugend – (2)  Text  : der (aus d .) posit . (Gehorsam . – über der Zeile)  2–3 innerhalb seines Kraises] (1) in ihrem 30 Krais (2) Text  : (unter der Zeile  : innerhalb (aus in ihrem) seines) Kraises (aus Krais)  3–4 unmoralisch .] unm .   4–182,15 In der … Strafe1 am Rande , mit Verweiszeichen angeschlossen  ; die Erstfassung mit Erledigungsvermerk versehen   4 In der Sezung] (1) In den Tugenden (2) In der Entgegensezung 7 seine] davor gestr  : damit   10 da] davor gestr  : wo   wo 35 (3) Text (Sezung aus Entgegensezung)   aus er  und] davor gestr  : auch seine Gränzen ,   12 der] folgt gestr  : Tugen   14 Freiheit , ] Freiheit |   35 17–18 sind die … gesezt ,] (1) ist d . Entgegensezung (2) Text  : (über der Zeile  : sind die beiden) Ent­ gegengesezten (aus Entgegensezung) (gesezt[ ,] über der Zeile mit Einfügungszeichen)   19 in über gestr . ist  20 moralischen über der Zeile mit Einfügungszeichen  21 der aus des   23 also] folgt gestr  : (1) das (2) Entg .sezung nur mö   24 der aus des  

Text 55

5

10

15

20

25

der tugend ist nicht nur positivität …181

haften und des lasterhaften zu verfallen  ; aber seine Sache ist eigentlich nur , mit dem lebendigen den Krieg führen , gegen dasselbe zu polemisiren , oder nur ganz kalt seine Be­g riffe zu kalkuliren – Aber der Volkslehrer , der Verbesserer der Menschen , der sich an die Menschen selbst wendet , | kan zwar nicht von der Entstehung der Tugend von der Bildung zur Tugend , aber von dem zerstöhrenden des Lasters , und der Rük­kehr zur Tugend sprechen . Die Zer­stöh­r ung des Lasters besteht darin , daß sie dem Menschen Strafe zuzieht . Strafe ist die nothwendige üble Folge eines Ver­brechens , aber nicht jede Folge kan eine Strafe genannt werden , z . B . nicht das , daß der Charakter sich in den Verbrechen noch mehr verschlimmert  ; man kan nicht sagen , er hat verdient , noch schlechter zu werden  ; Die Strafe liegt unmit­telbar in dem beleidigten Geseze  ; des gleichen Rechtes das durch

Pflicht und der Neigung hat in den Modifikationen der Liebe , in den Tugenden ihre Vereinigung gefunden . Da das Gesez nicht seinem Innhalt , sondern seiner Form nach der Liebe entgegengesezt war , so konnte es in sie aufgenommen werden , in dieser Auf­ nahme aber verlohr es seine Gestalt  ; 88r Dem Verbrechen hingegen ist es seinem Innhalt nach entgegengesezt  ; es ist von ihm ausgeschlossen , und ist doch  ; denn das Verbrechen ist eine Zerstöhrung der Natur  ; und da die Natur einig ist , so ist im zerstöhrenden soviel zerstöhrt als im zerstöhrten  ; Wenn das Einige entgegengesezt ist , so ist die Vereinigung der Entgegenge­ sezten | nur im Be­g riff vorhanden  ; es ist ein Gesez gemacht worden , ist das Entgegengesezte zerstöhrt worden so bleibt der Be­g riff , das Gesez  ; aber es drükt alsdenn nur das Fehlende , eine Lükke aus , weil sein Inn­halt in der

3 mit dem] (1) hart das (2) Text  : mit (über der Zeile mit Einfügungszeichen) dem (aus das)  Krieg]

25 folgt gestr  : ankn   4 gegen aus die   5–6 kalkuliren] kalkuriren   7 der2 ] davor gestr  : sp   9 Tu-

gend] Tug .   11 des Lasters über der Zeile  15 Folge] folgt gestr  :  , die   17 eine aus eines   21–22 Die Strafe … beleidigten] (1) Die Strafe ist ein beleidigtes (2) Text  : Die (Strafe liegt unmittelbar in dem auf dem Rande angeschlossen) beleidigten (aus beleidigtes)  23–182,1 des gleichen … verlezt] (1) das durch ein Verbrechen verlezte Recht eines andern (aus anders) , (2) Text  : (auf dem Rande 30 30 angeschlossen  : des gleichen Rechtes) das durch ein Verbrechen (in einem andern über der Zeile mit Einfügungszeichen) verlezt (aus verlezte)   1 den] (1) der Liebe ihre Vereinigung gefunden (2) Text (aus der)   3 Da] davor gestr  : Das Ge­sez   4 Innhalt] folgt gestr  : nach   5 nach] folgt gestr  : von   7 werden , unter gestr . und   8 aber über der Zeile  15 zerstöhrt] zerstö /   16–18 Wenn das … Entgegengesezten] (1) das 〈 auf-? 〉 | Zerstöhrte 35 ist (2) Text  : Wenn das Einige entg .gesezt ist , so (a) sind die entgegen|(gesezten im über der Zeile , am oberen Rande) (b) ist (aus sind) die / Ver . der Entg .ges . 〈 i m 〉 |   18 vorhanden  ;] folgt gestr  : und vereinigt ,   19–182,15 ist das … Strafe1] (1) durch die Aufhebung , und zwar da (die entg .gesezten aus das entg .gesezte) im BegriV verbundne zerstöhrt ist , so ist das Gesez hier strafend . (2) Text  : ist das … Strafe unter Stufe (1) , mit Verweiszeichen angeschlossen  22 das Fehlende[ ,] (aus Fühlende)  ; davor 40 gestr  : den Mangel ,   22–23 eine Lükke über der Zeile mit Einfügungszeichen  

88r

182

88v

frankfurter manuskripte · christliche religion

ein Verbrechen in einem andern verlezt worden ist , wird der Verbrecher verlustig  ; d . h . er verdient die Strafe  ; die Nothwendigkeit , daß sie erfolgt , liegt in etwas aüsserem , und ist dem Verbrechen korrespondirend  ; das Gesez spricht er soll es verlieren  ; da aber das Gesez wenn es ein Soll ausspricht , nur das gedachte Gesez ist , so muß es mit lebendigem verbunden werden . Wenn nun zwar das Gesez in seiner furchtbaren Majestät beharrt  ; und daß die Strafe des Ver |b  rechens verdient ist , kan nie aufgehoben werden  ; es kan die Strafe nicht schenken , nicht gnädig seyn , seiner All­gemeinheit wegen , das Recht , das einer verlezt hat , hat er im allgemeinen also auch für sich aufgehoben . Aber der Exekutor , der diß verlohrne Recht ihm nimmt , der Richter ist nicht die abstrakte Gerechtigkeit , sondern ein Wesen , und Gerechtigkeit nur seine Modifikation . die Nothwendigkeit des Verdienen der Strafe steht fest , aber die Übung der

Text 55

Wirklichkeit aufgehoben ist  ; und heißt strafendes Gesez . Diese Form des Gese­ zes ist unmittelbar , es ist seinem Inn­ halt nach dem Leben entgegengesezt , weil sie die Zerstöhrung desselben anzeigt  ; aber um so schwerer scheint es zu denken zu seyn , wie das Gesez in dieser Form , als strafende Gerechtigkeit könne aufgehoben werden  ; in der vorigen Aufhebung des Gesezes durch Tugenden verschwand nur die Form des Gesezes , sein Inn­halt blieb  ; aber hier würde mit der Form auch sein Inn­halt aufgehoben , denn sein Inn­halt ist die Strafe . Die Strafe liegt unmittelbar in dem beleidigten Geseze  ; des gleichen Rechtes das durch ein Verbrechen in einem andern verlezt worden ist , wird der Verbrecher verlustig  ; Der Verbrecher hat sich ausser dem Be­g riff gesezt , der der Innhalt des Gesezes ist . Zwar spricht das Gesez nur er soll das im Gesez be­g riffne Recht verlieren  ; weil es [aber] unmittelbar nur ein Gedachtes ist , so verliert nur [der] Be­g riff

5

10

15

20

25

10 werden .] zuerst  : werden ,   10–12 Wenn nun … beharrt] (1) Das Ge­sez 〈 besteht 〉 beharrt in seiner furchtbaren Majestät (2) Text  : (über der Zeile  : Wenn nun zwar das) Ge­sez in seiner furchtbaren Majestät beharrt (mit Einfügungszeichen umgestellt)   12 und daß etwas versetzt über gestr . daß   17 30 verlezt aus au   19 Exekutor] davor gestr  : Exe   25 die] folgt gestr . Ansatz zu G   1 und] folgt gestr  : ist   2 strafendes aus S   3 ist1] folgt gestr  : seinem   3–4 [ ,] es ist seinem Innhalt 30 nach über der Zeile mit Einfügungszeichen   9 könn(e verkleckst)   werden  ;] folgt gestr  : denn   10 vorigen unter der Zeile mit Einfügungszeichen  11 Tugenden] folgt gestr  : wurd   15 Strafe .] Strafe /   15–19 Die Strafe … verlustig  ; in der Textspalte , durch Verweiszeichen angeschlossen  19–21 Der Verbrecher … ist . am Rande mit Verweiszeichen  22 Zwar spricht … nur] (1) das Gesez spricht (2) Text  : 35 22–23 das im … 35 Zwar (über der Zeile) spricht (das Gesez nur über der Zeile mit Einfügungszeichen)   Recht] (1) es (2) Text (über der Zeile mit Einfügungszeichen)   24 weil es … ein] (1) da aber das Gesez wenn es ein Soll ausspricht , nur das (2) Text  : weil (aus W) es … ein unter der Zeile  24–25 Gedachtes aus gedachtes  25–183,2 so verliert … verliere mit Verweiszeichen , am unteren Rande beginnend und am oberen Rande der Folgeseite fortgesetzt  

Text 55

5

10

15

20

25

der tugend ist nicht nur positivität …183

Gerechtigkeit ist nichts nothwendiges , weil sie als Modifikation eines lebendigen auch vergehen , eine andre Modifikation eintretten kan  ; und so wird Gerechtigkeit etwas zufälliges  ; es kan zwischen ihr als allgemeinem , gedachten , und zwischen ihr als wirklichem , d . h . in einem lebendigen seyendem ein Wider­spruch seyn  ; ein Rächer kan verzeihen , ein Richter kan begnadigen . Aber damit ist der Gerechtigkeit | nicht Genüge geleistet  ; diese ist unbeugsam , und solange Geseze das höchste sind , solange kan ihr nicht entflohen werden , so lange muß das individuelle dem allgemeinen aufgeopfert , solange muß getödtet werden . Die Geseze be­halten dadurch ihre Allgemeinheit daß die Handlungen , besondere sind  ; und diß sind sie [dadurch] , daß sie blos in Beziehung auf die Allgemeinheit , auf die Geseze betrachtet werden , als ihnen gemäß , oder zuwider  ; und insofern leidet ihr Verhältnis , ihre Bestimmtheit keine Veränderung  ; sie sind wirkliche , sie sind , was sie sind  ; was geschehen ist , kan nicht ungeschehen gemacht werden , die Strafe folgt der That  ; ihr Zusammenhang ist un-

des Verbrechers das Recht  ; und daß er [es] in der Wirklichkeit verliere | d . h . daß das , was der Be­g riff des Verbrechers verlohren hat , auch die Wirklichkeit des Verbrechers verliere , | muß das Gesez mit lebendigem verbunden mit Macht bekleidet werden . Wenn nun zwar das Gesez in seiner furchtbaren Majestät beharrt  ; und daß die Strafe des Ver |b  rechens verdient ist , diß zwar kan nie aufgehoben werden  ; das Ge­sez kan die Strafe nicht schenken , nicht gnädig seyn , denn diß höbe sich selbst auf  ; das Gesez ist vom Verbrecher gebrochen worden , sein Inn­halt ist nicht mehr für ihn , er hat ihn aufgehoben  ; aber die Form des Gesezes , die All­ gemeinheit verfolgt ihn , und schmiegt sich sogar an sein Verbrechen an  ; seine That wird allgemein , und das Recht , das er aufgehoben hat , ist auch für ihn aufgehoben . Also das Gesez bleibt , und das Verdienen einer Strafe bleibt  ; Aber das Lebendige , dessen Macht sich mit dem Gesez vereinigt hat , der Exekutor , der das im Be­g riff verlohrne Recht dem Verbrecher in der Wirklich­ keit nimmt , der Richter ist nicht die abstrakte Gerechtigkeit , sondern ein

30

30 1 nothwendiges aus nothwendigkeit   5 es] davor gestr  : d   7 zwischen] zwischen dem   als] folgt

gestr  : in einem   8 seyendem (aus ?) auf dem Rande angeschlossen  14 solange aus so   21 die über der Zeile   22 auf die Geseze unter der Zeile mit Einfügungszeichen   24 leidet über gestr . kan   29 That] 35 3 das aus s   4–5 die Wirklichkeit des Verbrechers] (1) seine Wirklichkeit (2) Text  : (über der Zeile  : 〈 d 〉

d .) Wirklichkeit (des Verbrechers unter der Zeile)   5–6 das Gesez über gestr . es   6–7 mit

10–11 diß zwar kan nie am Rande   13–25 denn diß 35 Macht bekleidet 〈 werden 〉 über der Zeile  

… hat[ ,] auf dem Rande angeschlossen  13 diß höbe sich] (1) es höbe sich damit (2) Text (diß über der Zeile)   26 das im BegriV über der Zeile mit Einfügungszeichen   27 dem Verbrecher über der Zeile   27–28 in der Wirklichkeit unter der Zeile mit Einfügungszeichen  

88v

88r

88v 89r

184

89v

89r

frankfurter manuskripte · christliche religion

zerreisbar  ; gibt es keinen Weg , eine Handlung ungeschehen zu machen , steht sie ewig , so ist keine Versöhnung möglich auch nicht durch Ausstehung der Strafe  ; denn die fremde Macht , die das Ver­brechen gegen den Verbrecher ge­schaffen und bewafnet hat , dieses feindselige Wesen , | [hört] wenn es gestraft hat , auf , auf ihn zu wirken  ; das Gesez ist befriedigt , läßt zwar ab , zieht sich aber in die drohende Stellung zurük , und seine Gestalt ist nicht verschwunden , oder freundlich gemacht  ; das böse Gewissen , auch nach der Straffe ist das Bewustseyn einer bösen Handlung , seiner selbst , als eines bösen , worüber der Mensch keine Macht hat  ; auf diese Art ist auch kein Rük­weg zur Moralität möglich eben weil der Verbrecher sich immer als einen solchen anschaut  ; das Gesez , dessen furchtbare Wirkung , das drohende Wesen , sich selbst nicht aufheben kan . Und doch kan der Mensch diese Angst nicht aushalten  ; der schrökklichen Wirklichkeit des Bösen kan er zu der Gnade entfliehen  ; bei allem Druk und Schmerze des

Text 55

Wesen , und Gerechtigkeit nur seine Modifikation . die Noth­wendigkeit des Verdienen der Strafe steht fest , aber die Übung der Gerechtigkeit ist nichts noth­wen­d iges , weil sie als Modifikation eines lebendigen auch vergehen , eine andre Modifikation eintretten kan  ; und so wird Gerechtigkeit etwas zufälliges  ; es kan zwischen ihr als allgemeinem , gedachten , und zwischen ihr als wirklichem , d . h . in einem lebendigen seyendem ein Widerspruch seyn  ; ein Rächer kan es aufgeben , sich zu rächen  ; ein Richter als Richter zu handeln . Aber damit ist der Gerechtigkeit | nicht Genüge geleistet  ; diese ist unbeugsam , und solange Geseze das höchste sind , solange kan ihr nicht entflohen werden , so lange muß das individuelle dem allgemeinen aufgeopfert , d . h . es muß getödtet werden . Darum ist es auch widersprechend zu gedenken , als ob das Gesez an einem Representanten vieler Gleichen Verbrecher sich befriedigen könnte  ; denn insofern i n i h m auch die andern die Strafe ausstehen sollten , ist er das Allgemeine der

5

10

15

20

25

30

folgt gestr  : nach   4 möglich] folgt gestr  : als durch Aus   6–7 Verbrecher] folgt gestr  : b   8 wenn] davor gestr  : das durch seinen AngriV auf ihn , durch Entreissung des Rechts , das er entrissen hat , hört (aus hat) mit Ausü   wenn] folgt gestr  : es  9 gestraft hat aus zu strafen  ihn unter gestr . nach   10 30 befriedigt ,] folgt gestr  : aber es   16 seiner] davor gestr  : (1) eines Theils (2) eines   13–15 es aufgeben , … handeln[ .] auf dem Rande angeschlossen  ; in der Textspalte vers . nicht gestr  : verzei­ hen , ein Richter kan begnadigen .   13 es aufgeben] (1) aufhören (2) Text  : (über der Zeile  : es) aufge- 35 ben (aus aufhören)  14 zu rächen] zurächen mit Trennstrich  als] davor gestr  : aufhören  21 d . h . es muß] (1) solange muß  ; folgt über der Zeile gestr  : es (2) Text (d . h . es über der Zeile)  21–185,4 Darum 35 ist … ist . am Rande mit Verweiszeichen  21 Darum] davor gestr  : Daher   23–24 Representanten] folgt gestr  : der   24 Gleichen aus V   25 befriedigen aus begrei  denn] folgt gestr  : der für   26 auch die andern] (1) die andern auch (2) Text (auch über der Zeile)   26–27 ausstehen aus A  

Text 55

5

10

15

20

25

30

der tugend ist nicht nur positivität …185

bösen Gewissens wieder eine Unredlichkeit begehen , und der Gerechtigkeit entlaufen , und sich an das Individuum , das die abstrakte Gerechtigkeit handhabt , wenden , und seine Güte erfahren . | Gibt es keinen Rükweg zur Tugend  ? gibt es keine Aufhebung der Strafe und der drohenden Macht , als durch Un­redlichkeit und Bettelei  ?

Be­g riff derselben , und das Gesez , als gebietend oder als strafend ist , nur dadurch Gesez , daß es besonderm ent­ gegen gesezt ist . Das Gesez hat die Bedingung seiner Allgemeinheit darin , daß die handelnden Menschen oder die Handlungen , besondere sind  ; und die Handlungen sind besondre insofern sie in Beziehung auf die Allgemeinheit , auf die Geseze betrachtet werden , als ihnen gemäß , oder zuwider  ; und insofern kan ihr Verhältnis , ihre Bestimmtheit keine Veränderung leiden  ; sie sind wirkliche , sie sind , was sie sind  ; was geschehen ist , kan nicht ungeschehen gemacht werden , die Strafe folgt der That  ; ihr Zusammenhang ist unzerreisbar  ; gibt es keinen Weg , eine Handlung ungeschehen zu machen , ist ihre Wirklichkeit ewig , so ist keine Versöhnung möglich auch nicht durch Aus­ stehung der Strafe  ; das Gesez ist wohl dadurch befriedigt , denn der Widerspruch zwischen seinem ausgesprochnen Soll , und zwischen der Wirklichkeit des Verbrechers , die Ausnahme die der Verbrecher von der Allgemeinheit

1 bösen aus böses   5 seine] (1) s . (2) Text (auf dem Rande angeschlossen)  7 Tugend  ? ] zuerst  : Tugend  ,  

2 gebietend aus gebietendes   3 Gesez aus g   4 Das Gesez aus Die Geseze   4–5 hat die Bedin… Menschen auf dem 6 Menschen nachtr . am Außenrand schräg nach unten geschrieben  oder über der Rande angeschlossen   Zeile mit Einfügungszeichen   7–8 und die … besondre auf dem Rande angeschlossen   8 insofern 35 über der Zeile   12–13 kan ihr …Veränderung leiden] (1) kan ihr … Veränderung (2) leidet (über der Zeile) ihr … Veränderung (3) Text  : kan (wiederhergestellt) ihr … Veränderung leiden (über der 19–20 ist ihre Wirklichkeit auf dem Rande angeschlossen   22–186,5 35 Zeile mit Einfügungszeichen)   das Gesez … Fall am Rande mit Verweiszeichen  24 seinem] folgt gestr  : Soll ,   26 Verbrechers] (1) Verbrechers ist aufgehoben (2) Text  : Verbrechers 〈〈 ist 〉〉 〈 aufgehoben 〉   26–27 die der] dieder mit Trennstrich   27 von der Allgemeinheit unter der Zeile mit Einfügungszeichen  

5 seiner über der Zeile   5–6 darin , daß 30 gung auf dem Rande angeschlossen  

90r

186

89v

frankfurter manuskripte · christliche religion

Text 55

machen wollte ist aufgehoben . Allein der Verbrecher ist nicht mit dem Gesez , (diß sey für den Verbrecher ein fremdes Wesen , oder subjektiv in ihm , als böses Gewissen) versöhnt  ; in jenem Fall hört die fremde Macht , welche der Verbrecher gegen sich selbst ge­schaffen und be­waff­net hat , dieses feindselige We­ sen , | auf , wenn [es] gestraft hat , auf ihn zu wirken  ; wenn es auf eben die Art auf welche der Verbrecher wirkte auf ihn zurükgewirkt hat , läßt es zwar ab , zieht sich aber in die drohende ­Stellung zurük , und seine Gestalt ist nicht verschwunden , oder freundlich gemacht  ; an dem bösen Gewissen , dem Bewustseyn einer bösen Handlung , seiner selbst , als eines bösen , ändert die erlittne Strafe nichts  ; denn der Verbrecher schaut sich immer als Verbrecher an , er hat über seine Handlung als eine Wirklichkeit keine Macht , und diese seine Wirklichkeit ist im Widerspruch mit seinem Bewußtseyn des Gesezes .

5

10

15

20

25

2–5 Verbrecher ist … Fall in Langzeilen am unteren Rande   2 Gesez] folgt gestr  : vers   3 diß] folgt gestr  : gelte   sey] folgt gestr  : nun   5 hört über der Zeile  5–9 hört die fremde … Wesen , auf ,] (1) die fremde … auf , (2) Text  : hört (über der Zeile mit Einfügungszeichen) die fremde … auf (über der Zeile , am oberen Rande)   6–7 welche der Verbrecher] (1) die das Verbrechen (2) Text  : (über der Zeile  : welche) (der Verbrecher aus das Verbrechen)   7 sich auf dem Rande angeschlossen  ; folgt gestr  : s   selbst über der Zeile  10–12 wenn es … hat , auf dem Rande angeschlossen , zusätzlich mit Einfügungszeichen   11–12 auf welche … hat ,] (1) auf den Verbrecher zurükgewirkt hat , auf welche (aus die) er (2) Text  : (über der Zeile  : auf welche (aus welcher)) der Verbrecher (wirkte auf ihn über der Zeile) zurükgewirkt hat ,   12 es unter der Zeile mit Einfügungszeichen  16 an dem bösen Gewissen] (1) das böse Gewissen (2) (über der Zeile  : An dem) bösen (aus böse) Gewissen ist (über der Zeile mit Einfügungszeichen) (3) Text  : (auf dem Rande angeschlossen  : 〈 An dem 〉 an (aus A) dem) bösen Gewissen   dem 2 aus das   18–19 ändert die erlittne Strafe nichts am Rande mit Verweiszeichen  ; eine Zeile höher  : und an diesem Bewußtseyn  19 denn über der Zeile  20 schaut über der Zeile  Verbrecher über der Zeile  21–24 er hat … Gesezes auf dem Rande  ; davor gestr  : den (wahrscheinlich Ansatz zu denn)   22 diese] folgt gestr  : Wirk  23 seine aus s . (schräg nach unten geschrieben)  ist] folgt gestr  : immer / 〈〈 ist 〉〉  24 seinem aus s . (schräg nach unten geschrieben)  

25

30 30

35

40

Text 55

5

10

15

20

25

der tugend ist nicht nur positivität …187 Und doch kan der Mensch diese Angst nicht aushalten   ; der schrökklichen Wirklichkeit des Bösen , und der Unveränderlichkeit des Gesezes kan er nur zu der Gnade entfliehen  ; der Druk und Schmerz des bösen Gewissens kan ihn wieder zu einer Unredlichkeit treiben , sich selbst , und damit dem Geseze und der Gerechtigkeit dadurch zu entlaufen zu suchen , er wirft sich dem Handhaber der abstrakten Gerechtigkeit in den Schoos seine Güte [zu] erfahren , und von welcher er hoft , daß sie | ein Auge bei ihm zudrükken , ihn anders ansehen möchte , als er ist  ; er selbst laügnet zwar sein Vergehen nicht , aber er thut den unredlichen Wunsch , daß die Güte sich selbst seine Vergehen laügne , und findet Trost in dem Gedanken in der unwahren Vorstellung , die [ein] anderes Wesen sich von ihm mache . Und so gäbe es keine Rükkehr zur Einigkeit des Bewußtseyn auf einem reinen Wege , keine Aufhebung der Strafe des drohenden Gesezes , und des bösen Gewissens als ein unredliches Betteln  ; wenn die Strafe nur als etwas absolutes

3–4 des Bösen , … Gesezes am Rande   4 nur über der Zeile  5 der2 über der Zeile  ; davor gestr  : im   6 Schmerz aus Schmerze   kan ihn auf dem Rande angeschlossen   7 zu über der Zeile  einer aus 8 und 30 eine   treiben , über der Zeile  ; folgt gestr  : sich   8–9 sich selbst , … Gerechtigkeit am Rande   damit über gestr . Wortansatz  9 dadurch zu über der Zeile  10 zu suchen über der Zeile mit Einfügungszeichen   10–12 er wirft … Schoos] (1) (am Rande  : daß er [sich] dem Handhaber) der abstrakten Gerechtigkeit in den Schoos wirft um (2) Text  : (am Rande  : er (wirft sich über der Zeile mit Einfügungszeichen) dem Handhaber) der abstrakten Gerechtigkeit in den Schoos   12–188,7 erfahren , und 35 … werden .] (1) erfahren . (Absatz) (2) Text  : erfahren , (aus erfahren .) folgt am unteren und am rechten Rande von Bl 90r an in der Randspalte  : (a) von ihm hoVt , daß er (b) und darin Beru[higung] (c) und der Hofnung (d) und (eine Zeile darunter  : von welcher er hoft , daß sie) | ein Auge … werden .   15 selbst aus l   17 Güte] folgt gestr  : ihn anders   20 unwahren nachtr .   24 keine] davor gestr  : als du  des] davor gestr  : und   26 ein aus eine  ; folgt gestr  : U   27 wenn] davor gestr  : W  Strafe] folgt 40 gestr  : nich (mit Ansatz zu t)   30

90r

188

90v

frankfurter manuskripte · christliche religion

Die Strafe kan nicht aufgehoben , aber das Schiksal kan versöhnt werden  ; die Strafe ist Wirkung eines Gesezes , das der Mensch übertreten , von dem er sich losgesagt hat , aber von welchem er noch abhängt , und welchem er nicht entfliehen kan , weder der Strafe noch seiner That  ; das Gesez wie die Strafe und That sind ein objektives , das nicht zu vernichten ist . Die Strafe als Schiksal vorgestellt ist ganz anderer Art  ; wenn es der Mensch mit dem Schiksal zu thun hat , hat er es nicht mit einem Geseze zu thun , das ein allgemeines ist und das besondere beherrscht , unter dessen Gehorsam er steht , das er übertrat und das sich izt rächt . Das Verbrechen ist nicht das Entlaufen des Unter­tha­nen von seinem Regenten , des Knechts von seinem Herrn , das Freimachen von einer

Text 55

angesehen werden muß , wenn sie unter keiner Bedingung stünde , und keine Seite hätte , von welcher sie mit ihrer Bedingung eine höhere Sphäre über sich hätte . Gesez und Strafe kan nicht versöhnt , aber in der Versöhnung des Schiksals aufgehoben werden  . die Strafe ist Wirkung eines übertretenen Gesezes , von dem der Mensch sich losgesagt hat , aber von welchem er noch abhängt , und welchem , weder der Strafe noch seiner That , er nicht entfliehen kan . Denn da [der] Charakter des Gesezes Allgemeinheit ist , so hat der Verbrecher zwar die Materie des Gesezes zerbrochen , aber die Form , die Allgemeinheit bleibt , und das Ge­ sez , über das | er Meister geworden zu seyn [glaubte ,] bleibt , erscheint aber seinem Inn­halt nach entgegengesezt , es hat die Gestalt der dem vorigen Gesez widersprechenden That  ; der Inn­halt der That hat jezt die Gestalt der All­ gemeinheit und ist Gesez  ; diese Verkehrtheit desselben , daß es das Gegen­

8 ist] folgt gestr  : d . Au (ohne u-Bogen)  8–9 das der Mensch übertreten ,] (1) ich übertreten habe , (2) Text  : (auf dem Rande angeschlossen  : das der Mensch) übertreten 〈〈 habe 〉〉 ,   10–11 von welchem … abhängt] (1) unter welchem er noch steht (2) Text (von über der Zeile)  12 kan ,] folgt gestr  : und   20 beherrscht ,] folgt gestr  : das er über   22 rächt .] folgt gestr  : Er kennt nicht   25 Herrn , aus Herrn  ;   das aus di  

5

10

15

20

25

30

1 sie] folgt gestr  : nicht selbst   2–4 keine Seite … Bedingung] (1) mit dieser nicht (2) Text  : (über 30 der Zeile  : keine Seite hätte , von welcher sie) mit ((a) keiner ((b) etwas tiefer  : ihrer) Bedingung unter der Zeile)   8 übertretenen über der Zeile mit Einfügungszeichen   9 der Mensch über der Zeile mit Einfügungszeichen   11 welchem , ] welchem   11–12 weder der … That , eine Zeile tiefer , mit Einfü­ gungs­zeichen umgestellt   13–189,26 Denn da … Gesez] (1) Die Strafe (a) als Schiksal (b) (über der Zeile  : in der Form des) Schiksals (aus Schiksal) ist ganz anderer Art  ; der Mensch (der unter einem 35 über der Zeile) Schiksal ( befangen über der Zeile) (ist , nachtr . in der Zeile) hat es nicht zu thun , mit Erledigungsvermerk versehen (2) Text  : Denn da … Gesez am Rande mit Verweiszeichen angeschlossen   14 so] folgt gestr  : verliert es   17 und] und / und   17–18 Gesez , ] folgt gestr  : d   21 der] folgt gestr  : That  dem aus Komma  23 That] davor gestr  : t   hat] davor gestr  : ist jezt G   25 desselben aus des   daß es über der Zeile   40

Text 55

5

10

15

20

25

der tugend ist nicht nur positivität …189

Abhängigkeit  ; nicht ein lebendig‑werden aus einem todten Zustande , sondern | ein Tödten des Lebens  ; soviel die That , anscheinend‑fremdes Leben verlezt hat , so viel eignes  ; Leben ist als Leben nicht vom Leben verschieden  ; durch ein Verbrechen erst erscheint ein Gesez , jezt erst hat die That ein Gesez er ­schaffen jezt erst tritt seine Herrschaft ein , jezt erst tritt das verlezte Leben als eine feindselige Macht gegen den Verbrecher auf , und mishandelt ihn , wie er mishandelt hat  ; so ist die Strafe als Schiksal die Rükwirkung des vom Verbrecher selbst aufgestellten Gesezes , einer Macht die er selbst bewafnet , eines Feindes den er selbst sich zum Feinde machte . Bei der Strafe wegen der Übertretung eines Gesezes , und dem Bewußtseyn dieser Übertretung ist keine Möglichkeit denkbar wie jene Strafe aufgehoben [werden] , und diß Bewußtseyn verschwinden könnte , weil das Gesez eine Macht ist , über welche nichts ist , eine Macht über welcher kein anderer Macht ist , selbst nicht die Gottheit , denn sie ist nur der Exekutor des höchsten nur der Diener des Gesezes – Aber bei der Strafe als

theil dessen wird , was es vorher war , ist die Strafe – indem sich der Mensch vom Gesez losgesagt hat , bleibt er ihm noch unterthan  ; und da das Gesez als Allgemeines bleibt , so bleibt auch die That , denn sie ist das besondre . Die Strafe als Schiksal vorgestellt ist ganz anderer Art  ; im Schiksal ist die Strafe eine feindliche Macht , ein individuelles , in dem allgemeines und besonders auch in der Rüksicht vereinigt ist , daß in ihm das Sollen und die Ausführung dieses Sollens nicht getrennt ist , wie beim Gesez , das nur eine Regel ein Gedachtes ist , und eines ihm entgegengesezten , eines Wirklichen bedarf , von dem es Gewalt erhält . In dieser feindlichen Macht ist auch das allgemeine vom besondern nicht in der Rüksicht getrennt , | wie das Gesez , als allgemeines dem Menschen oder seinen Neigungen , als dem besondern entgegengesezt ist . Das Schiksal ist nur der Feind , und der Mensch steht ihm ebensogut als kämpfende Macht gegenüber  ; da hingegen das Gesez | als allgemeines das besondere beherrscht , diesen Menschen unter seinem Ge­ horsam hat . Das Verbrechen des Men­

30

30 1 Abhängigkeit  ;] folgt gestr  : sondern   7 durch ein Verbrechen mit Einfügungszeichen über gestr  . jetzt  

15 des aus eines   17 den aus die   19 der] der der   25 welche unter gestr . die   29 bei der 3 losgesagt aus losgemacht   6 That ,] folgt gestr  : und zwar als böse That ,   ist über der Zeile  be35 sondre .] besondre /   7 ist] folgt gestr  : von   8 im aus das   11 daß] folgt gestr  : ihres S   16 von]

vom aus un   17 Gewalt] davor gestr  : Macht   erhält .] zuerst  : erhält  ;  ; folgt gestr  : Auch in der Rük26 als über der Zeile   27 be35 sicht ist   20 getrennt , ] folgt gestr  : daß   21 Menschen aus be?   herrscht ,] folgt über der Zeile gestr  : und wenn (den Menschen aus der Mensch)   28 diesen Menschen 29 hat über der Zeile   29–190,2 des Menschen , unter seinem über der Zeile mit Einfügungszeichen   … befangen über der Zeile mit Einfügungszeichen  

90v

91r

90r

190 91r

91r

frankfurter manuskripte · christliche religion

Schiksal | ist das Gesez , später als das Leben , es steht tiefer als dieses , und das Leben kan seine Wunden wieder heilen , wieder zu sich selbst zurükkehren , und das Machwerk eines Verbrechens , das Gesez , wieder aufheben . Übertretung Verbrechen und Strafe stehen nimmer im Verhältnis der Ursache und Wirkung , deren bestimmendes Band ein Objektives , ein Gesez wäre  ; in diesem Fall könnten Ursache und Wirkung als schlechthin getrennte nicht mehr vereinigt werden  ; das Schiksal hingegen , das auf den Verbrecher rükwirkende Gesez kan auf­ gehoben werden , weil er das Gesez selbst aufgestellt hat  ; die Trennung die e r gemacht hat , kan vereinigt werden . Diese Vereinigung ist in der Liebe . Ein Verbrechen auf diese Art betrachtet , ist kein Fragment  ; die Handlung , die aus dem Leben , aus dem Ganzen kommt , ist auch ein Ganzes , das Verbrechen , das die Übertretung eines Gesezes ist , ist nur ein Fragment , denn ausser ihr ist

Text 55

schen , der unter einem Schiksal be­ fangen betrachtet wird , ist dann nicht eine Empörung des Unterthanen gegen seinen Regenten , das Ent­lauffen des Knechts von seinem Herrn , das Freimachen von einer Abhängigkeit  ; nicht ein lebendig‑werden aus einem todten Zustande , denn der Mensch ist , und vor der That ist keine Trennung , kein entgegengeseztes vielweniger ein beherrschendes .  | Nur durch ein Her­ ausgehen aus dem einigen  , weder durch Geseze regulirtem , noch Gesez­ widrigen Leben , durch Tödten des ­Lebens wird ein Fremdes ge­schaffen . Die Vernichtung des Lebens ist nicht ein Nicht‑Seyn desselben , sondern seine Trennung , und die Vernichtung besteht darin , daß es zum Feinde um­ ge­schaffen worden ist  : Es ist unsterblich , und getödtet erscheint es als sein schrekkendes Gespenst , das alle seine Zweige geltend macht , seine Eumeniden losläßt . Die Taüschung des Verbrechens , das fremdes Leben zu zerstöhren

unter der Zeile mit Einfügungszeichen  9 Wirkung aus Wirkungen   deren aus dessen   11 könnten] (1) wären (2) Text  : (über der Zeile  : könnte)n (aus wären)  14–15 den Verbrecher aus das Verbre17 selbst aus er?   21 kein aus keine   die1 aus e   24 die aus der   chen  

5

10

15

20

25

30

2 betrachtet wird[ ,] unter der Zeile  dann über der Zeile  3 eine Empörung des über der Zeile  ge­ gen unter der Zeile  4 seinen aus seinem   das Ent­lauVen über der Zeile   8–11 denn der … be- 30 herrschendes . am unteren Rande angeschlossen   10 vielweniger aus vieles   11–191,18 Nur durch … verkehrt .] (1) auf Bl 90v am oberen Rande in zwei Langzeilen  : Nur durch ein Herausgehen aus dem Leben , das kein Gesez kennt wird erst ein Fremdes geschaVen . (2) Text (mit Verweiszeichen angeschlossen)  14 Tödten aus t   16 Die Vernichtung des Lebens aus Das vernichtete Leben (des unter der 35 Zeile mit Einfügungszeichen)  17 desselben aus des   19–20 darin , daß … worden] (1) darin , daß es 35 zum Feinde geworden (2) in (aus darin) (der Um über der Zeile) (nicht fortgeführt) (3) Text  : darin (Ms  : in) daß es zum Feinde (umgeschaVen worden unter der Zeile mit Einfügungszeichen)   21 und über gestr . aber   getödtet] folgt gestr  : ist   23 Zweige geltend macht] (1) Zweige , all (2) Text  : Zwei­ge 〈〈  , 〉〉 (geltend macht unter der Zeile mit Einfügungszeichen)   25 das] folgt gestr  : durch Zer-/  

Text 55

5

10

15

20

25

30

der tugend ist nicht nur positivität …191

das Gesez , das nicht zu ihr gehört  ; das Verbrechen theilt nur | dieses Ganze , und die feindseeligen Theile können wieder zum Ganzen zusammengehen . So ist das Schiksal nichts fremdes , wie die Strafe  ; nicht ein festbestimmtes wirkliches , wie die böse Handlung im Gewissen  ; das Schiksal ist das Bewußtseyn seiner selbst , aber als eines feindlichen  ; das Ganze kan in sich die Freundschaft wiederherstellen , es kan zu seinem reinen Leben , durch Liebe wiederkehren  ; so wird sein Bewußtseyn wieder Glauben an sich selbst , die Anschauung seiner selbst ist eine andre geworden , und das Schiksal ist ­versöhnt  . Vergebung der Sünden , ist daher unmittelbar nicht Aufhebung der Strafen , denn jede Strafe ist etwas positives , wirkliches , das nicht vernichtet werden kan  ; nicht Aufhebung des bösen Gewissens , denn keine That kan ungeschehen gemacht werden , sondern durch Liebe versöhntes Schiksal .

und sich damit erweitert glaubt , lößt sich dahin auf , daß der abgeschiedne Geist des verlezten Lebens gegen es auftritt , wie Banquo der als Freund zu Makbeth kam in seinem Morde nicht vertilgt war , sondern im Augenblikke darauf doch seinen Stuhl einnahm  ; nicht als Genosse des Mahls , sondern als böser Geist . Der Verbrecher meinte es mit fremdem | Leben zu thun zu haben  ; aber er hat nur sein eignes Leben zerstöhrt  ; denn Leben ist vom Leben nicht verschieden , weil das Le­ ben in der einigen Gottheit ist  ; und in seinem Über­muth hat er zwar zerstöhrt , aber nur die Freundlichkeit des Lebens , er hat es in einen Feind verkehrt . | Erst die That hat ein Gesez er­schaffen dessen Herrschaft nun eintritt  ; | diß Gesez ist die Vereinigung im Be­g riffe , die Gleichheit des an­ scheinend fremden verlezten , und des eignen verwirkten Lebens . | jezt erst tritt das verlezte Leben als eine feindselige Macht gegen den Verbrecher auf ,

3 und] (1) aber (2) kan (3) Text (über der Zeile)   6 ein] folgt gestr  : best   festbestimmtes] folgt gestr . 18–19 unmittelbar auf dem Rande angeschlossen   Komma  

1 und] (1) glaubt , (2) Text (aus Komma)   glaubt ,] folgt gestr  : fällt auf sein   2 der über gestr . das   3 Lebens] folgt gestr  : ih   6 war über der Zeile mit Einfügungszeichen   7 darauf] folgt gestr  : (1)  , als (2) 8–10 nicht als … fremdem in einer Lang30 aber als ein böser Geist  Stuhl unter gestr . Stu (aus Plaz)   zeile am unteren Rande   8 Mahls , ] folgt gestr  : so   sondern über gestr . aber   10 fremdem] frem­ d[em] (beschädigter Rand)  11 haben  ;] folgt gestr  : und   er über der Zeile   14 in 2 aus im   15 er] 35 folgt gestr  : sto   17 er hat es in] (1) und hat sich in F (2) Text  : er (über der Zeile) hat es (über der Zeile) in  18 Erst die That hat] (1) erst hat die That (2) Text  : Erst (aus erst) die That hat (über der Zeile 19 dessen über der Zeile  nun über der Zeile mit Einfügungszeichen   19–20 35 mit Einfügungszeichen)   eintritt   ;] eintritt aus ein ,   20–23 diß Gesez … Lebens . mit Verweiszeichen angeschlossen  20–21 die Vereinigung … Gleichheit] (1) die Gleichheit , die Vereinigung im BegriVe (2) Text  : die Ver­ einigung im BegriVe[ ,] (die Gleichheit〈〈  , 〉〉 mit Einfügungszeichen umgestellt)  

91v

91v

90v 91v

90v

192

91v

90v

91v

frankfurter manuskripte · christliche religion

Text 55

und mishandelt ihn , wie er mishandelt hat  ; so ist die Strafe als Schiksal die gleiche Rükwirkung der That des Verbrechers selbst , einer Macht die er selbst bewafnet , eines Feindes den er selbst sich zum Feinde machte . | Mit dem Schiksal scheint eine Versöhnung noch schwerer denkbar zu seyn , als mit dem strafenden Gesez , da um das Schiksal zu versöhnen die Vernichtung aufgehoben werden zu müssen scheint . Aber das Schiksal hat vor dem strafenden Gesez in Ansehung der Versöhnbarkeit das voraus , daß es innerhalb des Ge­ bietes des Lebens sich befindet  ; ein Verbrechen unter Gesez und Strafe im Gebiete unüberwindlicher Entgegensezung , absoluter Wirklichkeiten . In die­sem ist | keine Möglichkeit denkbar wie die Strafe aufgehoben werden und das Bewußtseyn der bösen Wirklichkeit verschwinden könnte , weil das Gesez eine Macht ist , über welche nichts , welcher das Leben unter ­­than  , über welche selbst nicht die Gottheit ist , denn sie ist nur die Gewalt des höchsten ­Gedankens nur der Handhaber des Gesezes . | Eine Wirklichkeit

5

10

15

20

25

30

3 gleiche über der Zeile mit Einfügungszeichen  der That des über der Zeile mit Einfügungszeichen   6–19 Mit dem … ist am Rande mit Verweiszeichen  6 Mit dem] (1) Beim (2) Text  : Mit (aus Beim) 30 dem (über der Zeile mit Einfügungszeichen)  14–15 innerhalb des Gebietes] (1) im Gebiete (2) Text  : (aus im  : inner)(halb des über der Zeile) Gebietes (aus Gebiete)   15–16 ein Verbrechen unter] (1) das (2) Text (unter der Zeile mit Einfügungszeichen)  17–18 Entgegensezung über der Zeile  20 die über der Zeile  werden über der Zeile  21–22 das Bewußtseyn … Wirklichkeit] (1) diß Bewußtseyn (2) das (aus diß) Bewußtseyn (3) (über der Zeile  : das böse) Bewußtseyn (4) Text  : das (unter der Zeile) 35 Bewußtseyn (der bösen Wirklichkeit über der Zeile mit Einfügungszeichen)  23 welche mit Einfügungs­ zeichen unter gestr . die  24 nichts , … unterthan ,] (1) nichts ist , eine Macht über welche kein anderer Macht ist , (2) Text (welcher … unterthan 〈 ist 〉 über der Zeile) 〈〈 Macht 〉〉  25 über welche über der Zeile mit Einfügungszeichen   26 ist1 über der Zeile   die Gewalt über der Zeile   27 Gedankens über der Zeile mit Einfügungszeichen  27–28 Handhaber über der Zeile  28–193,4 Eine Wirklichkeit 40

Text 55

5

10

15

20

25

30

der tugend ist nicht nur positivität …193 kan nur ver­gessen werden , d . h . in einer andern Schwäche sich als Vorgestelltes verlieren , wodurch ihr Seyn doch als bleibend gesezt würde – | Aber bei der Strafe als Schiksal | ist das Gesez , später als das Leben , und steht tiefer als dieses  ; | Es ist nur die Lükke desselben , das mangelnde Leben als Macht  ; | und das Leben kan seine Wunden wieder heilen , das getrennte feindliche Leben wieder in sich selbst zurükkehren , und das Machwerk eines Verbrechens , das Gesez , und die Strafe aufheben . | Von da an , wo der Ver­ brecher die Zerstöhrung seines eignen Lebens fühlt , (Strafe leidet) oder sich (im bösen | Gewissen) als zerstöhrt erkennt , hebt die Wirkung seines Schiksals an , und diß Gefühl des zerstöhrten Lebens muß eine Sehnsucht nach dem Verlornen werden   ; das Mangelnde wird erkannt , als sein Theil , als das was in ihm seyn sollte , und nicht in ihm ist  ; diese Lükke ist nicht ein NichtSeyn , sondern das Leben als Nichtseyend erkannt und gefühlt . Diß Schiksal als möglich empfunden ist die Furcht vor ihm , und ist ein ganz andres Gefühl als die Furcht vor der Strafe  ; jenes ist die Furcht vor der Trennung , eine Scheue vor sich selbst  ; die Furcht vor der Strafe ist die Furcht vor einem Fremden  ;

… würde – am Rande mit Verweiszeichen  2 Schwäche] vielleicht gemeint  : Sphäre  sich] folgt gestr  : 35 verli   2–3 Vorge­stelltes aus G   3 wodurch] folgt gestr  : se   4 würde –] folgt gestr  : Es   5 bei der

6 und über der Zeile   7–9 Es ist … Macht  ; 〈 Wenn 〉 am Rande 35 unter der Zeile mit Einfügungszeichen   mit Verweiszeichen   10–11 das getrennte feindliche Leben über der Zeile mit Einfügungszeichen   11 13 und die Strafe 〈 i n 〉 über der Zeile mit Einfügungszeichen   in über der Zeile   14–196,20 Von da … Schiksal . am Rande mit Verweiszeichen  18 hebt 〈 sich 〉 über gestr . geht   23 nicht] folgt gestr  : ist   26 gefühlt .] folgt gestr  : Die Sehnsucht  

90v 91r 91v 91r

91v

92r

194

92v

frankfurter manuskripte · christliche religion

Text 55

denn wenn auch das Gesez als eignes Gesez erkannt wird , so ist in der Furcht vor der Strafe , die Strafe ein Fremdes  ; wenn sie nicht als Furcht vor Unwürdigkeit vorgestellt wird  ; aber in der Strafe kommt zur Unwürdigkeit auch die Wirklichkeit eines Unglük hinzu , das der Be­g riff des Menschen verlohren , d . h . dessen der Mensch unwürdig geworden ist  ; die Strafe sezt also einen fremden Herrn dieser Wirklichkeit voraus  ; und die Furcht vor der Strafe ist Furcht vor ihm – im Schiksal hingegen [ist] die feindliche Macht , die Macht des verfeindeten Lebens , also die Furcht vor dem Schiksal nicht die Furcht vor einem Fremden . | Auch bessert die Strafe nicht , weil sie nur ein Leiden ist , ein Gefühl der Ohnmacht gegen einen Herrn , mit dem der Verbrecher nichts gemein hat , und nichts gemein haben will  ; sie kan nur Eigensinn bewirken , Hartnäkigkeit im Widerstand gegen einen Feind , von welchem unterdrükt zu werden Schan­de wäre , weil der Mensch sich darin selbst aufgäbe . Im Schiksal aber erkennt der Mensch sein eignes Leben , und sein Flehen zu demselben ist nicht das Flehen zu einem Herrn , sondern ein Widerkehren und Nahen zu sich selbst . Das Schiksal , in welchem der Mensch das verlohrne fühlt , bewirkt eine Sehn-

5

10

15

20

25

30

35

1 wenn] folgt gestr  : do   das über der Zeile  2 ist] folgt gestr  : es   4 wenn über gestr . oder  Furcht] davor gestr  : blos   7 hinzu] hinaus   10 ist  ;] folgt gestr  : und   15 des] der  ; davor gestr  : in   16–17 35 die Furcht1 … Fremden . am unteren Rande in einer Langzeile  ; folgt gestr  : Die Sehnsucht   26 der] davor gestr  : er   27 aufgäbe] auf 〈 g ä 〉 -/gäbe   32 Schiksal] folgt über der Zeile gestr  : hing   33 fühlt ,] folgt gestr  : hinge   eine über gestr . die  

Text 55

5

10

15

20

25

30

der tugend ist nicht nur positivität …195 sucht nach dem verlohrnen Leben . Diese Sehnsucht kan , wenn von bessern und Gebessert‑werden gesprochen werden soll , schon eine Besserung heissen , weil sie , indem sie ein Gefühl des Verlusts des Lebens ist , das Verlohrne als Leben , als ihr einst freundliches erkennt  ; und diese Erkenntniß ist schon selbst ein Genuß des Lebens  ; und die Sehnsucht kan so gewissenhaft seyn , d . h . im Widerspruche des Bewußtseyns ihrer Schuld – und des wieder­ angeschauten Lebens sich von der Rükkehr zu diesem noch zurükhalten , so sehr das böse Bewußtseyn und das Gefühl des Schmerzens verlängern , und jeden Augenblik es aufreizen , um sich nicht leicht |s innig mit dem Le­ ben sondern aus tiefer Seele sich wieder zu vereinigen , es wieder als Freund zu begrüssen . In Opfern , in Büssungen haben Verbrecher sich selbst Schmerzen gemacht  ; als Wallfahrer im härnen Hemde und baarfuß bei jedem Tritt auf den heissen Sand – das Bewußtseyn des bösen , den Schmerz verlängert und vervielfältigt und einestheils ihren Verlust , ihre Lükke ganz durchgefühlt , anderntheils zugleich diß Leben obwohl als feindliches ganz darin angeschaut , und sich so die Wiederaufnahme ganz möglich gemacht  ; denn die Entgegen-

1 Leben .] zuerst  : Leben  ;   3 Gebessert‑werden aus g   8 diese Erkenntniß] (1) in diesem Be­w ußt­ 35 seyn des Gen (2) Text  : diese (aus diesem) Erkenntniß unter der Zeile   9 und über der Zeile   12 des]

17 es über der Zeile   18–19 Leben] folgt gestr  : wieder zu 35 folgt gestr  : neu   14 noch über der Zeile   vereinigen  19 aus tiefer über gestr . mit voller   20 zu 2 vor der Zeile angeschlossen  23 Wall­f ahrer] folgt gestr  : sich   24 auf] folgt gestr  : sp   25 Sand –] folgt gestr  : einestheils   27 und gestr . und wiederhergestellt   28 durchgefühlt] durch-/〈 gefühlt 〉 gefühlt  28–29 andern­theils] andern­theils / an­ dern­theils   29–30 obwohl als feindliches unter der Zeile mit Einfügungszeichen  31 so] folgt gestr  : für  

93r

196

91r

91v

frankfurter manuskripte · christliche religion

Text 55

sezung ist die Möglichkeit der Wiedervereinigung , und soweit es im Schmerz entgegengesezt war , ist es fähig wieder aufgenommen [zu] werden . Weil auch das Feindliche als Leben gefühlt wird , darin liegt die Möglichkeit der Versöhnung des Schiksals  ; diese Versöhnung ist also weder die Zerstöhrung oder Unterdrükkung eines Fremden , noch ein Widerspruch zwischen Bewußtseyn seiner selbst und der gehoften ­Verschiedenheit der Vorstellung von sich in einem andern , oder ein Widerspruch zwischen dem Verdienen dem Geseze nach , und der Erfüllung des­ selben , [zwi­schen] dem Menschen als Be­g riff und dem Menschen als wirk­ lichem . Diß Gefühl des Lebens das sich selbst wiederfindet , ist die Liebe , und in ihr versöhnt sich das Schiksal . | Die That eines Verbrechers ist auf diese Art betrachtet , kein Fragment  ; die Handlung , die aus dem Leben , aus dem Ganzen kommt , stellt auch das Ganze dar , das Verbrechen , das die Übertretung eines Gesezes ist , ist nur ein Fragment , denn ausser ihr ist schon das Gesez , das nicht zu ihr gehört  ; das Verbrechen das aus Leben kommt stellt | dieses Ganze

5

10

15

20

25

30

2 soweit es über gestr . was   3 es über der Zeile  8 Zerstöhrung] darunter gestr  : eine U .   oder über 30 gestr . noch die   9 Fremden aus Fremdes   10 zwischen aus im   15–16 desselben aus des (mit Schluß-s)-/  17 dem aus des   18 Diß] davor gestr  : Das Leben ,   19–20 Liebe , und … Schiksal . in einer Langzeile am unteren Rande  ; folgt ein Verweiszeichen , das einem Zeichen auf Bl 91v korrespondiert , aber auch der diesem vorhergehende , überarbeitete Absatz ist nicht gestr . und wird hier eingeschaltet  20–21 35 Die That eines Verbrechers] (1) Ein Verbrechen (2) Text  : (über der Zeile mit Einfügungszeichen  : Die 35 That eines) Verbrechers (aus Verbrechen)   22 kein aus keine  24 stellt auch … dar] (1) ist auch ein Ganzes (2) Text  : stellt (über der Zeile) auch das (aus ein) Ganze (Ms  : Ganzes) dar (über der Zeile mit Einfügungszeichen)   27 schon über der Zeile   28–29 das aus Leben kommt unter der Zeile mit Einfügungszeichen   29 stellt über der Zeile  

Text 55

5

10

15

20

25

30

der tugend ist nicht nur positivität …197 aber getheilt , dar  ; und die feindseeligen Theile können wieder zum Ganzen zusammengehen . | Die Gerechtigkeit ist befriedigt , denn der Verbrecher hat das gleiche Leben , das er verlezt hat , in sich als verlezt gefühlt . Die Stacheln des Gewissens sind stumpf geworden | denn aus der That ist ihr böser Geist gewichen , es ist nichts feind­seliges mehr im Menschen , und sie bleibt höchstens als ein seelenloses Gerippe im Beinerhause der Wirklichkeiten , im Gedächtnisse liegen . | Aber das Schiksal hat ein ausgedehnteres Gebiet als die Strafe  ; auch von der Schuld ohne Verbrechen wird es aufgereizt , und ist darum unendlich strenger als die Strafe  ; seine Strenge scheint oft in die schreiendste Ungerechtigkeit über­ [zu]­ge­hen , wenn es der erhabensten Schuld , der Schuld der Unschuld gegenüber um so fürchterlicher auftritt  . Weil nemlich die Geseze nur gedachte Vereinigungen von Entgegensezungen sind , so erschöpfen diese Be­g riffe bei weitem die Vielseitigkeit des Lebens nicht  ; und die Strafe übt nur soweit ihre Herrschaft aus , als das Leben zum Bewußtseyn gekommen , wo eine Trennung im Be­g riffe vereinigt worden ist  ; aber über die Beziehungen des Lebens , die nicht aufgelöst über die

35 3–8 Die Gerechtigkeit … geworden in drei Langzeilen am unteren Rande   6 gefühlt .] folgt gestr  : Das  

9 gewichen , ] folgt gestr  : sie bleibt hö ,   es aus er   12–13 der Wirklichkeiten unter der Zeile mit 13–198,25 Aber das … That , mit Verweiszeichen angeschlossen  15 als] folgt gestr  : 35 Einfügungszeichen   das   auch von der] (1) auch die (2) Text  : (auf dem Rande angeschlossen  : auch von) der (aus die)  27 Strafe] folgt gestr  : h   27–28 soweit über gestr . da   28 aus ,] folgt gestr  : wo   30 Trennung] Tren-/ nung aus Trenn-/nung (Verdoppelungsstrich über dem ersten n gestr .)  32 aufgelöst] folgt gestr  : sind  

93r

93v

95r

198

frankfurter manuskripte · christliche religion

95v

91v 92r

92r

Das Schiksal ist entweder aus eigner oder anderer That entstanden  ; wer ei­ nen ungerechten An­g riff leidet , kan sich wehren , und sich und sein Recht behaupten , oder auch sich nicht wehren  ; | mit seiner Reaktion , sie sey Dulden oder Kampf fängt seine Schuld , sein Schiksal an  ; in beiden Fällen leidet er , keine Strafe , aber auch nicht Unrecht , im Kampf hält er an seinem

Text 55

Seiten des Lebens , die lebendig vereinigt , gegeben sind , über die Grenzen der Tugenden hinaus übt sie keine ­Gewalt . Das Schiksal hingegen ist unbestechlich und unbegränzt , wie das Leben  ; es kennt keine gegebnen Verhältnisse , keine Verschiedenheiten der Standpunkte , der Lage , keinen Bezirk der Tugend  ; | Wo Leben verlezt ist , sey es auch noch so rechtlich , so mit Selbstzufriedenheit geschehen , da tritt das Schiksal auf , und man kan darum sagen , nie hat die Unschuld gelitten , jedes Leiden ist Schuld . Aber die Ehre einer reinen Seele ist um so grösser , mit je mehr Bewußtseyn sie Leben verlezt hat , um das höchste zu erhalten , umsoviel schwärzer das Verbrechen ist , mit je mehr Bewußtseyn eine unreine Seele Leben verlezt . Ein Schiksal scheint nur durch fremde That entstanden  ; diese ist nur die Veranlassung  ; wodurch es aber entsteht , ist die Art der Aufnahme , und der Reaktion gegen die fremde That , | wer einen ungerechten An­g riff leidet , kan sich wehren , und sich und sein Recht behaupten , oder auch sich nicht wehren  ; | mit seiner Reaktion , sie sey duldender Schmerz oder Kampf fängt

5

10

15

20

25

30

25 auch sich] (1) sich auch (2) Text  : auch sich (über der Zeile)   30 Unrecht ,] folgt auf dem Rande an3 sie] folgt gestr  : Gew   7–8 keine Verschiedenheiten der Standpunkte , ] 1 lebendig über der Zeile   (1) keinen Standpunkt (2) Text  : keine (aus keinen) (unter der Zeile mit Einfügungszeichen  : Verschieden­ 35 heiten (aus Verschiedenheit) der) Standpunkte , (aus Standpunkt)  11 da aus das  ; folgt gestr  : P   16 Bewußtseyn] (1) Bewußtseyn , die (2) Text (Komma vers . nicht gestr .)  17–18 umsoviel] davor gestr  : 35 (1) so (2) tie   21–22 Ein Schiksal … entstanden  ;] (1) Wenn ein Schiksal durch fremde That entstanden scheint , so (2) Text  : Ein (aus ein) Schiksal (scheint nur über der Zeile) durch fremde That entstanden  ;   23 entsteht , ] folgt gestr  : do   24 der2 aus diese   25 wer aus Wer   30 duldender

Text 55

5

10

15

20

25

der tugend ist nicht nur positivität …199

Rechte fest , und behauptet es  ; im Dulden fühlt er sein Recht , er läst es nicht fahren  ; aber sein Gefühl ist willen­los  ; er kan sein Recht in der Wirklichkeit nicht haben , er streitet nicht dafür  ; wer streitet hat das nicht verlohren , für was er streitet , und läst es in der Idee auch nicht fahren , und sein Leiden ist gerechtes Schiksal  ; – aber er kan diß Leiden , diß Schiksal über­treffen , wenn er das an­ge­g riffne Recht aufgibt  ; wenn er dem Beleidiger seinen Fehler verzeiht – Daß beides , das Festhalten des Rechts , der Kampf für Rechte , und das nur schmerzliche Aufgeben der Rechte ein unnatürlicher Zustand ist , erhellt daraus , daß in beiden ein Widerspruch ist , daß sie sich selbst aufheben  ; durch die Selbstvertheidigung des Beleidigten wird der andre gleichfalls an­ge­ griffen , und | dadurch in das Recht der Selbst­ver­thei­d i­g ung gesezt  , so daß beide Recht haben , im Kriege sich befinden , der beiden das Recht sich zu vertheidigen gibt  ; und so auf Gewalt und Stärke die Entscheidung ankommen lassen , welches dem Zustande der

seine Schuld , sein Schiksal an  ; in beiden Fällen leidet er , keine Strafe , aber auch nicht Unrecht , im Kampf hält er an seinem Rechte fest , und behauptet es  ; auch im Dulden gibt er sein Recht , nicht auf  ; sein Schmerz ist der Widerspruch , daß er sein Recht erkennt , aber die Kraft nicht hat in der Wirklichkeit es fest zu halten , er streitet nicht dafür und sein Schiksal ist seine Willen ­losigkeit  . Wer für das kämpft , was in Gefahr ist hat das nicht verlohren , für was er streitet , | Aber dadurch daß er sich in Gefahr begiebt , hat er sich dem Schiksal unterworfen , denn er tritt auf den Kampfplaz der Macht gegen Macht , und wagt sich gegen ein anderes  ; die Tapferkeit aber ist grösser , als schmerzendes Dulden , weil jene wenn sie auch unterliegt , diese Möglichkeit vorher erkannte , also mit Bewußtseyn die Schuld übernahm  ; | die schmerzende Passivität hingegen nur an ihrem Mangel hängt , und ihm nicht eine Fülle von Kraft entgegensezt  ; das Leiden der Tapferkeit aber ist auch gerechtes Schiksal , weil der Tap-

geschlossen , gestr  : wenn   2 Recht ,] folgt gestr  : aber   5 er] davor gestr  : thut   dafür  ;] das Satzzeichen (Komma oder Semikolon) durch späteres Einfügungszeichen überdeckt  7 und] darüber gestr  : weder   8 30 und über gestr . hier ist   13–14 das Festhalten des Rechts , ] das Festhalten des R . 〈〈 i n 〉〉 über der Zeile   15 nur schmerzliche 〈 Fah 〉 über der Zeile   18 aufheben  ;] folgt gestr  : in der   19–20 des Beleidigten 25 auf unter gestr . die   27 der aus des   über der Zeile mit Einfügungszeichen  

30

Schmerz über der Zeile mit Einfügungszeichen   5 auch über der Zeile   5–6 gibt er … nicht auf  ;] (1) 35 fühlt er sein Recht (2) Text  : (über der Zeile  : gibt) er sein Recht (nicht auf  ; über der Zeile)   6 Schmerz

6–7 der Widerspruch , daß er über der Zeile   7–8 erkennt , aber … hat über der Zeile 35 über der Zeile   mit Einfügungszeichen  8–9 Wirklichkeit] folgt vers . nicht gestr  : haben  9 es fest zu halten über der Zeile mit Einfügungszeichen   10–11 und sein … Willenlosigkeit . über der Zeile mit Einfügungszeichen   11–12 für das … ist über der Zeile mit Einfügungszeichen  13–200,17 Aber dadurch … widerspricht . mit Verweiszeichen angeschlossen  16 Macht] folgt gestr  : und   23 die aus das  

95v

92v 96r

200

92r 93r 92v

frankfurter manuskripte · christliche religion

beiderseitigen Rechte widerspricht  ; oder sich einem Richter unterwerfen , d . h . insofern sie feindselig sind , sich wehrlos , todt angeben , und ein fremdes , ein Gesez im Munde des Richters über sich sprechen lassen , also einer Behandlung sich unterwerfen , gegen welche doch jeder Theil protestirte  ; denn sie widersprachen der Kränkung ihres Rechtes , das heißt sie sezten sich gegen die Behandlung durch den andern , – Derjenige aber , der seine Rechte gutwillig aufgibt , entflieht der Behandlung , indem er dasjenige fahren läst , sein zu nennen aufhört , was der andere antastet , welche Seite an ihm berührt wird , aus der zieht er sich zurük , und überläßt | nur eine Sache dem andern , nicht sich selbst , nicht etwas , das sein ist . Diese Abstraktion von sich selbst aber hat keine Gränzen  ; sie ist eine Selbsttödtung , die sich endlich in das Leere zurükziehen muß  ; um sich zu retten , tödtet der Mensch sich  ; um das seinige nicht in fremder Gewalt zu sehen , nennt er es nicht mehr das seinige , und so vernichtet er sich , indem er sich erhalten wollte , denn was unter fremder Gewalt ist , ist nicht mehr er  ;

Text 55

fere sich ins Gebiet des Rechts und der Macht einließ  ; und darum ist schon der Kampf für Rechte ein unnatürlicher Zustand , sogut als das passive Leiden , in welchem der Widerspruch zwischen dem Be­g riff vom Rechte , und seiner Wirklichkeit ist  ; denn auch im Kampf für Rechte liegt ein Widerspruch  ; das Recht , das ein Gedachtes also ein allgemeines ist , ist in dem Angreifenden ein anderes Gedachtes , also gäbe es hier zwei Allgemeine , die sich aufhöben , und doch sind  ; ebenso sind die Kämpfende als Wirkliche entgegengesezt , zweierlei Lebende , Leben im Kampf mit Leben , welches sich wieder widerspricht . | Durch die Selbstvertheidigung des Beleidigten wird der Angreifende gleichfalls an­ge­g riffen , und | dadurch in das Recht der Selbst­ver­ thei­d i­g ung gesezt , so daß beide Recht haben  ; beide im Kriege sich befinden , der beiden das Recht sich zu ver­thei­ digen gibt  ; und entweder auf Gewalt und Stärke die Entscheidung des Rechts ankommen lassen , da doch das Recht und die Wirklichkeit , nichts miteinander gemein haben , vermischen sie [die] beiden , und machen jenes von

5

10

15

20

25

30

2 Richter aus Gericht   7 unterwerfen ,] folgt gestr  : der sie doch dadurch entfliehen   12 Derjenige 30 aus Der d   14 läst über der Zeile  15 aufhört aus aufhebt   16 Seite über der Zeile   21 aber über der Zeile mit Einfügungszeichen  sie] folgt gestr  : tödtet   22 endlich über der Zeile mit Einfügungszei25 nicht] folgt gestr  : als   26 es über der Zeile mit Einfügungszeichen   chen , vers . nach  : in eingewiesen   28 sich] folgt gestr  : f   35

1 Gebiet aus Gebiets  2 Macht] folgt gestr  : ausli   einließ  ;] folgt gestr  : Daß   darum aus dara   5 in 35 aus w   6 vom aus d   7 auch im über gestr . der   10 ist 2 ] folgt gestr  : bei der   11 ein aus kein   also] folgt gestr  : wäre u   12 Allgemeine aus a   die sich] (1) die sich (2) die sich (3) Text  : die 〈 sich 〉 sich   22 beide über der Zeile   24 entweder über der Zeile  auf unter der Zeile  25 des Rechts über der Zeile  26–201,1 da doch … abhängig[ ,] über der Zeile   28 haben ,] folgt gestr  : machen sie jen  

Text 55

5

10

15

20

25

der tugend ist nicht nur positivität …201

Beides der Kampf und das Vergeben sollte seine Gränze haben , aber ist nichts , das nicht ver­thei­d igt , nichts , das nicht aufgegeben werden könnte . Und so schwankt auch mehr in seinem Betragen , als in seiner Lehre , Jesus zwischen beidem .

dieser abhängig , oder sie unter ­werfen sich einem Richter d . h . insofern sie feindselig sind , geben sie sich wehrlos , todt an , sie thun auf ihre eigne Beherrschung der Wirklichkeit auf Macht Verzicht und lassen ein fremdes , ein Gesez im Munde des Richters über sich sprechen , sie unterwerfen sich also einer Behandlung , gegen welche doch jeder Theil protestirte , indem sie der Kränkung ihres Rechtes widersprachen , das heißt sich gegen die Behandlung durch einen andern sezten . – | Das Wahre beider entgegengesezten der Tapferkeit , und der Passivität vereinigt sich so in der Schönheit der Seele , daß von jener das Leben bleibt , die Entgegensezung aber | wegfällt  ; von dieser der Verlust des Rechtes bleibt , der Schmerz aber verschwindet . Und so geht eine Aufhebung des Rechts ohne Leiden hervor , eine lebendige , freie Er­hebung über den Verlust des Rechts , und über den Kampf  ; | Derjenige der das fahren läst , dem ein anderer feindselig sich naht , das sein zu nennen aufhört ,

2 Gränze aus Gränzen   ist] folgt gestr  : ein   3 nicht aus nichts   5 auch] folgt gestr  : Jesus zwischen   30

1 sie vor dem Zeilenbeginn angeschlossen  3 geben sie über der Zeile  4–6 sie thun … Verzicht über der Zeile   6 lassen unter der Zeile mit Einfügungszeichen   8 sie zwischen den Zeilen  ; am Beginn der Zwi30 schenzeile gestr  : sie  unterwerfen] davor vers . nicht gestr  : sich   unterwerfen] folgt gestr  : gegen   sich unter der Zeile  also über der Zeile   8–9 einer Behandlung , eine Zeile höher , mit Einfügungszeichen 10 protestirte ,] protestirte  ;   indem über der Zeile  11 widersprachen eine Zeile höher  ; umgestellt   mit Einfügungszeichen umgestellt  13 sezten eine Zeile höher , mit Einfügungszeichen umgestellt  13–24 35 Das Wahre … Kampf  ; mit Verweiszeichen angeschlossen   13 Das] folgt gestr  : be   Wahre aus w   16 35 so] folgt gestr  : (1)  , daß die (2) von j  Schönheit aus s   17–18 Entgegensezung] Entgegensezu (darin Entgegen gestr . und wiederhergestellt)  18 der] (1) die Au (2) Text (aus die)   23 über den … Rechts] (1) über das Recht (2) Text  : (auf dem Rande angeschlossen  : über den Verlust) (des Rechts aus das Recht)  und über der Zeile   24 Kampf  ;] Textanschluß durch Verweiszeichen  ; vor dem Verweis­ zeichen als Anschlußwort  : wer   24–26 Derjenige der … naht[ ,] über der Zeile  

96r

96v

92v

202

93r

96v

frankfurter manuskripte · christliche religion

Text 55

was der andere antastet , entgeht dem Schmerz über Verlust , er entgeht dem Behandeltwerden durch den andern , oder durch den Richter , er entgeht der Nothwendigkeit den andern zu behandeln  ; welche Seite an ihm berührt wird , aus der zieht er sich zurük , und überläßt | nur eine Sache die er im Augenblik des An­g riff zu einer fremden gemacht hat dem andern . Diese Auf­ gebung seiner Beziehungen , die eine Abstraktion von sich selbst ist , aber hat keine festen Gränzen  ; | ( Je leben­d iger die Beziehungen sind , aus denen weil sie beflekt sind , eine edle Natur sich zurükziehen muß , da sie ohne sich selbst zu verunreinigen nicht darin blei­ben könnte , – desto grösser ist ihr Un­g lük  ; diß Unglük aber ist weder ungerecht noch gerecht , es wird nur dadurch ihr Schiksal , daß sie mit eignem Willen , mit Freiheit jene Beziehungen verschmäht  ; alle Schmerzen , die ihr daraus entstehen , sind alsdenn gerecht  ; und sind izt ihr unglükliches Schiksal , das sie selbst mit Bewußtseyn gemacht hat , und ihre Ehre ist es , gerecht zu leiden , denn sie ist über diese Rechte so sehr erhaben , daß sie sie zu Feinden

5

10

15

20

25

30

2–6 entgeht dem … behandeln[  ;] am unteren defekten Rande mit Verweiszeichen  2 Verlust ,] folgt gestr  : 30 wie  8–10 die er … hat am oberen Rande mit Einfügungszeichen   8 er über der Zeile   10 andern .] andern ,   10–11 Diese Aufgebung … eine über der Zeile  12 ist über der Zeile mit Einfügungszeichen   13 festen über der Zeile mit Einfügungszeichen   13–203,6 ( Je lebendiger … Produkt .) mit Verweiszeichen (unter Wiederholung von Anfangs- und Schlußklammer) angeschlossen   13 Je] davor gestr  : Aus   35 14–16 weil sie … muß , ] (1) der edle (2) eine edle Natur sich zurükziehen muß , weil sie beflekt 35 sind , (3) Text (weil sie beflekt sind mit Einfügungszeichen umgestellt)  17 selbst zu verunreinigen] (1) zu verunreinigen selbst (2) Text (selbst über der Zeile mit Einfügungszeichen)   19–20 ist weder … gerecht[ ,] unter der Zeile mit Einfügungszeichen  20 es über der Zeile   28–203,1 sie ist … wollte .] (1) sie wollte diese Rechte zu Feinden haben (2) Text  : (auf dem Rande angeschlossen  : sie ist … sie sie)

Text 55

5

10

15

20

25

30

der tugend ist nicht nur positivität …203 haben wollte . Und weil diß Schiksal in ihr selbst liegt , so kan sie [es] ertragen , ihm gegenüber stehen , denn ihre Schmerzen sind nicht eine reine Passivität , die Übermacht eines Fremden , sondern ihr eignes Produkt .) | um sich zu retten , tödtet der Mensch sich  ; um das seinige nicht in fremder Gewalt zu sehen , nennt er es nicht mehr das seinige , und so vernichtet er sich , indem er sich erhalten wollte , denn was unter fremder Gewalt wäre , wäre nicht mehr er  ; und es ist nichts , das nicht an­ge­g riffen und das nicht aufgegeben werden könnte . | Das Unglük kan so groß werden daß ihn sein Schik­sal diese Selbsttödtung in Ver­zicht­thun auf Leben soweit treibt , daß er sich ganz ins Leere zurükziehen muß . | Indem sich aber so der Mensch das vollständigste Schiksal , selbst gegenüber sezt , so hat er sich zugleich über alles Schiksal erhoben  ; das Leben ist ihm untreu geworden , aber er nicht dem Leben  ; er hat es geflohen aber nicht verlezt , und er mag sich nach ihm als einem abwesenden Freunde sehnen , aber es kan ihn nicht als ein Feind verfolgen  ; und er ist auf keiner Seite verwundbar , wie die schaamhafte Pflanze zieht

zu Feinden haben wollte (auf dem Rande angeschlossen)  1 Und] davor gestr  : Darum kan   3 ihm gegenüber stehen , auf dem Rande angeschlossen  denn unter der Zeile mit Einfügungszeichen   4 reine über der Zeile   12 wäre , wäre über der Zeile   13 und es über der Zeile   14 angegriVen und über 35 der Zeile   15–19 Das Unglück … muß .] (1) über der Zeile  : Und so kan das Unglük so groß werden , 15 Das aus So  17–19 Ver­z icht­ 35 daß i (mit Ansatz zu h) (2) Text (mit Verweiszeichen angeschlossen)   thun auf … muß . in zwei Zeilen unter gestr  : Aufgebung des   19–205,8 Indem sich … seyn . in der Randspalte , mit Verweiszeichen angeschlossen  21 gegenüber sezt] gegenübersezt mit Trennstrich  26 mag] (1) kan (2) sehnt über der Zeile (3) Text (unter der Zeile)   29 und] folgt gestr  : so ist da   30 Pflanze] Planze  

93r

96v

93v

204

94r

frankfurter manuskripte · christliche religion

Text 55

er sich bei jeder Berührung in sich , und ehe er das Leben sich zum Feinde machte , ehe er ein Schiksal gegen sich aufreizte , entflieht er dem Leben  ; so verlangte Jesus von seinen Freunden , Vater , Mutter , alles zu verlassen , um nicht in einen Bund mit der entwürdigten Welt , und so in die Möglichkeit eines Schiksals zu kommen . Ferner  : Wer dir deinen Rok nimmt , dem gib auch den Mantel  ; wenn Ein Glied dich ärgert , so haue es ab . Die höchste Freiheit ist das negative Attribut der Schönheit der Seele , d . h . die Möglichkeit , auf alles Verzicht zu thun , um sich zu erhalten . Wer aber sein Leben | retten will , der wird es verlieren . So ist mit der höchsten Schuldlosigkeit die höchste Schuld , mit der Erhabenheit über alles Schiksal , das höchste , unglüklichste Schiksal vereinbar . Ein Gemüth , das so über die Rechtsverhältnisse erhaben , von keinem Objektiven befangen ist , hat dem Beleidiger nichts zu verzeihen , denn dieser hat ihm kein Recht verlezt , denn es hat es aufgegeben , wie sein Objekt angetastet wurde . Es ist für die Versöhnung offen , denn es ist ihm möglich sogleich jede lebendige Beziehung wieder aufzunehmen , in die Verhältnisse der Freundschaft der Liebe wieder einzutreten da es in sich kein Leben verlezt hat  ; von

5

10

15

20

25

30

35

1 jeder] (1) der (2) jeder aus der (3) Text (über der Zeile)  5 Jesus aus Js   6 Mutter ,] folgt gestr  : u .   7 in aus im   9–10 Ferner[  :] über der Zeile  20 höchste , unter der Zeile mit Einfügungszeichen  22 Ein 35 Gemüth über gestr . Derjenige , der beleidi (mit Ansatz zu g)  das] folgt gestr  : über   25 denn dieser aus der die   26 verlezt ,] folgt gestr  : es hat   28 oVen über der Zeile  29 ist über der Zeile  sogleich] folgt über der Zeile gestr  : in  

Text 55

5

10

15

20

25

30

der tugend ist nicht nur positivität …205

Wird der Mensch durch anderer That in ein Schiksal verflochten , so kan er dieses versöhnen , wenn er von seiner Seite die Feindschaft gar nicht stattfinden läßt , oder sie aufhebt , dem Beleidiger verzeiht , und sich mit ihm versöhnt . | Diese Verzeihung der Fehler , die Bereitwilligkeit sich mit dem andern zu versöhnen , ist die Aufhebung des Rechtes und des mit dem Rechte zum Vorschein kommenden Ge­sezes  ; Jesus macht diese Versöhnlichkeit zur Bedingung für seine eigne Fehler , Verzeihung zu erhalten , und diese folgt nothwendig aus jener  ; denn jene ist das Ge­gen­theil oder die Aufhebung der Feindschaft , und der rechtlichen Entgegensezung , und diese allein regt das Schiksal auf  ; wer andern sich entgegengestellt hat , und gegen die versöhnlich ist , die sich ihm entgegenstellten , in dem ist das Ge­müth vorhanden , das die von ihm erwekten Rechte und Feindschaft selbst aufheben mag – Versöhnlichkeit gegen Beleidiger ist nur eine andre Seite der Versöhnlichkeit

seiner eignen Seite steht ihm in sich keine feindselige Empfindung im Wege kein Bewußtseyn keine Foderung an den andern das verlezte Recht wiederherzustellen , kein Stolz , der vom andern das Bekenntnis verlangte , in einer niedrigern Sphäre , dem rechtlichen Gebiete , unter ihm gewesen zu seyn . | Die Verzeihung der Fehler , die Bereitwilligkeit sich mit dem andern zu versöhnen , macht Jesus so bestimmt zur Bedingung der Verzeihung für seine eigne Fehler , der Aufhebung eines eignen feindseligen Schiksals . Beide sind nur verschiedne Anwendungen desselben Charakters der Seele . In der Versöhnung gegen Beleidiger besteht das Gemüth nicht mehr auf der rechtlichen Entgegensezung , die es gegen jenen erwarb , und indem es sich , das Recht als sein feindliches Schiksal , den bösen Genius des andern aufgibt , versöhnt es sich mit ihm , und hat für sich selbst ebensoviel im Gebiet des Lebens gewonnen , ebensoviel Leben , das ihm feindlich war , sich zum Freunde gemacht , das göttliche mit sich versöhnt , und das durch eigne That gegen sich

5 er] folgt gestr  : die   6 Feindschaft] folgt gestr  : aufhebt ,   7 aufhebt , ] folgt gestr  : sich mit   dem]

30 folgt gestr  : Fei   12 des2 ] folgt gestr  : (1) durch (2) dadu   16 diese über gestr . es   17 ist] folgt gestr  :

Aufhe  20 regt aus erregt   24 ist aus d   vorhanden] davor gestr  : der   25 das aus daß   26–27 Versöhnlichkeit aus Versöhnh   28 eine] folgt gestr . Ansatz zu G   1 in sich über der Zeile   2–3 im Wege kein Bewußtseyn] (1) im Wege kein Bewußtseyn (2) 〈 i m 35 Wege 〉 kein Bewußtseyn im Wege (3) Text (Stufe (1) wiederhergestellt)   9–206,2 Die Verzeihung …

9 Die aus Diese   11 Jesus so bestimmt über der Zeile   35 zerflossen mit Verweiszeichen angeschlossen   12 der Verzeihung über der Zeile mit Einfügungszeichen   13–18 der Aufhebung … auf zwischen den 13 eines über gestr . des   19–21 die es … feindliches zwischen den Zeilen  21 den] (1) als Zeilen   seinen (2) Text (aus seinen)  28 das] davor gestr  : das es   28–206,1 gegen sich bewafnete zwischen den Zeilen  

93v

93v

206

94r

94r

94v

frankfurter manuskripte · christliche religion

gegen Beleidigte , der Wiederherstellung des von sich selbst verlezten Lebens , der Aufhebung des durch eigne That erhobenen Schiksals  . Darum wiederhohlt es Jesus so oft , so ihr den Menschen ihre Fehler vergebt , so wird sie euch euer himmlischer Vater | auch vergeben .

Hieher gehören auch die Gebote  : richtet nicht , so werdet ihr nicht gerichtet  ; denn mit welchem Maaß ihr messet , werdet ihr wieder gemessen . Das Maaß sind Geseze , nach denen gerichtet wird , Geseze unter die andre Men-

Text 55

bewafnete Schiksal ist in die Lüfte der Nacht zerflossen | (Ausser dem persönlichem Haß , der aus der Beleidigung entspringt , die dem Individuum widerfahren ist , und welcher das daraus gegen den andern erwachsene | Recht in Erfüllung zu bringen strebt , ausser diesem Haß gibt es noch einen Zorn der Recht­schaffen­ heit , eine hassende Strenge der Pflichtgemäßheit , welche nicht über eine Verlezung ihres Individuums , sondern über eine Verlezung ihrer Be­g riffe , der Pflichtgebote zu zürnen hat . Dieser recht­schaffe­ne Haß indem er Pflichten und Rechte , für andere erkennt und sezt , und im Ur­theile über sie sie als denselben unterworfen darstellt , sezt ebendiese Rechte und Pflichten für sich , und indem er in seinem gerechten Zorn über die Verlezer derselben ihnen ein Schiksal macht , und ihnen nicht verzeiht , hat er damit auch sich selbst die Möglichkeit Verzeihung für Fehler zu erhalten , mit einem Schiksal das ihn darüber träfe , ausgesöhnt zu

5

10

15

20

25

1 der] folgt gestr  : Rü   1–2 Wiederherstellung] Wieder-/hellung   2 verlezten aus s   6 ihre aus eur   8 vergeben . folgt (mit Erledigungsvermerk versehen)  : Aber nicht nur ein Schiksal , in das der 30 Mensch durch die That verwikelt wird (über gestr  : ist) , wenn er den Fehdehandschuh aufnimmt (aus aufgenommen hat) , wird abgewendet 〈 du 〉 durch Aufgebung des Rechts und Festhalten an 30 der Liebe   21 Hieher] davor gestr  : E   gehören aus gehört   25 Maaß] folgt gestr  : und das Richt   26–207,1 die andre Menschen gesezt werden] (1) den der Mensch gesezt wird (2) Text  : die (aus den) 1 Schiksal aus Schiksals  1–2 ist in … zerflossen über der Zeile  3–207,5 (Ausser dem … erlauben .) mit Verweiszeichen angeschlossen  4 aus] aus aus   5–7 Indi(viduum widerfahren … erwachsene in 35 einer Langzeile am unteren Rande)  8 strebt ,] strebt /   9 Zorn] (1) Haß der (2) Text (aus der)  der] 35 folgt gestr  : Tugend  10 eine aus einen   11 nicht über] nicht / 〈 übe 〉 nicht über   13 der aus w   15–17 indem er … sezt] (1) erkennt und sezt Pflichten und Rechte , (2) Text  : (über der Zeile  : indem er) Pflichten und Rechte , (a) erken (b) für andere erkennt und sezt   17 im] folgt gestr  : seinem   19 Rechte] folgt gestr  : für sich ,  

Text 55

5

10

15

20

der tugend ist nicht nur positivität …207

schen gesezt werden und womit jeder sich auch unter sie sezt , da das Leben über allen ist  ; jenes Gebot kan doch nicht soviel heissen , was ihr den andern nachseht , das dürft ihr euch auch nachsehen  ; ein Bund schlechter Menschen kan jedem die Erlaubnis mittheilen , schlecht zu seyn , es kan nicht heissen , dispensirt andre von dem Recht­thun und der Liebe , so seyd ihr auch davon dispensirt  ; sondern  : hütet euch das Rechtthun und die Liebe , als Geseze und als Abhängigkeit und Gehorsam gegen sie , zu nehmen , und sie nicht , als aus dem lebendigen kommend zu betrachten , | ihr stellt euch sonst selbst unter eine Herrschaft der Geseze , die euch nur richten können , über die ihr nicht vermögt , die stärker sind als ihr  ; und eure Richter sind eure Herrn , nicht eine unbezwingliche Macht , der wie die andern so ihr selbst ewig nur

werden benommen , denn er hat Bestimmtheiten befestigt , die ihm über seine Wirklichkeiten über seine Fehler sich emporzuschwingen nicht erlauben .) | Hieher gehören die Gebote  : richtet nicht , so werdet ihr nicht gerichtet  ; denn mit welchem Maaß ihr messet , wird euch wieder gemessen . Das Maaß sind Geseze und Rechte , jenes Gebot kan doch nicht heissen , was ihr andern wider die Geseze nachseht und erlaubt , das wird euch auch nachgesehen werden  ; ein Bund schlechter Menschen ertheilt jedem einzelnen die Erlaubnis , schlecht zu seyn , sondern  : hütet euch das Rechtthun und die Liebe , als eine Abhängigkeit von Gesezen und Gehorsam gegen Gebote zu nehmen , und sie nicht , als aus dem lebendigen kommend zu betrachten , | ihr erkennt [sonst] eine Herrschaft über euch [an] , über die ihr nichts vermögt ,

25

andre (auf dem Rande angeschlossen) Menschen (aus Mensch) gesezt werden (aus wird)   1 womit über gestr . damit   2–3 das Leben … ist  ;] (1) er über allen seyn soll (2) Text (das Leben über der 3 ist  ;] folgt gestr  : laß   jenes aus jedes   6 ein Bund aus im Bunde  Menschen] folgt gestr  : 25 Zeile)   er ­theil   11 das] davor gestr . Ansatz zu G   14 sie ,] folgt gestr  : vorzust   sie2 über der Zeile  16 betrachten[ ,] aus bes   22–208,1 wie die … seyd] (1) wie die andern so euch selbst (2) wie über (über der Zeile) die andern so über (über der Zeile mit Einfügungszeichen) euch selbst (bricht ab) (3) Text  : wie 30 die andern so ihr selbst ewig nur unterthänig seyd  ; folgt gestr  : die   30 3 Fehler] folgt gestr  : nicht   4–5 erlauben .)] danach als Anschlußwort in eigener Zeile  : Hieher (Schluß-

klammer erst hinter Hieher)   8 wird euch] (1) werdet ihr (2) Text  : wird (aus werdet) euch (über 9 und Rechte über der Zeile mit Einfügungszeichen (in der Zeile darunter , am Rande  : der Zeile)   〈〈 a ndre 〉〉 )   10 nicht] folgt über der Zeile gestr  : überhau   11 wider die Geseze] über der Zeile mit Einfü35 gungszeichen  : (1) gegen die Gesezli (2) Text  : (davor  : wider die Geseze)  nachseht] darüber gestr  : wo­von 12–13 nachgesehen aus nachse35 ihr andre   12 und erlaubt über der Zeile  wird über der Zeile   hen (ge über der Zeile)   13 werden (über der Zeile)   14 ertheilt über der Zeile  einzelnen über der Zeile   17 eine über der Zeile  17–18 von Gesezen] über der Zeile  : (1) von Rechten u . Gesezen (2) Text  18 Gebote über der Zeile  20 betrachten ,] betrachten   21 erkennt über der Zeile  22 über über der Zeile  nichts aus nicht  

94r

94v

94v

208

97r 97r

frankfurter manuskripte · christliche religion

unterthänig seyd , über die ihr euch nie durch Liebe erheben könnt . der Mensch enthalte sich vor der That unabhängig vom ganzen Menschen ab­ solute Geseze , (Fragmente des menschlichen Gemüthes als Ganzen) eine Herr­schaft der Geseze und ­Knechtschaft der Sinnlichkeit , oder des Individuums aufzustellen , sonst sezt er Strafen , und kein Schiksal , jene von aussen her , von einem unabhängigen kommend  ; dieses durch seine Natur  ; ob zwar als ein izt feind ­seliges bestimmt , aber noch nicht über ihm – sondern gegen ihn . Nicht nur ein Schiksal , in das der Mensch durch die That anderer verwikelt wird , wenn er den Fehdehandschuh aufnimmt , wird abgewendet durch Auf­gebung des Rechts und Festhalten an der Liebe  ; | auch ein Schiksal , das er durch eigne That gegen sich er­wekt hat , kan er durch die stärker ­werdende Liebe wieder zum Schlafe

Text 55

die stärker ist als ihr  ; eine Macht , die nicht ihr selbst seyd  ; ihr sezt für euch wie für andre vor der That ein Fremdes , ihr erhebt zu einem absoluten – ein Fragment des Ganzen , des menschlichen Gemüthes  ; stellt darin eine Herrschaft der Geseze und Knechtschaft der Sinnlichkeit , oder des Individuums auf und sezt auf diese Art Möglichkeit von Strafen , nicht eines Schiksal , jene von aussen her , von ei­ nem unabhängigen kommend  ; dieses durch seine Natur  ; ob zwar als ein izt feindseliges bestimmt , aber noch nicht über ihn – sondern nur gegen ihn . Nicht nur ein Schiksal , in das der Mensch durch die That anderer verwikelt würde , wenn er den Fehdehand­ schuh aufnähme , und sich in sein Recht gegen den Beleidiger sezte wird abgewendet durch Aufgebung des Rechts und Fest­halten an der Liebe  ; | auch ein Schiksal , das er durch eigne That einer widerrechtlichen Lebensverle­

5

10

15

20

25

3–15 der Mensch … ihn . zuerst unter 16–21  : Nicht nur … Liebe  ; (mit Verweiszeichen umgestellt)  3 25 der Mensch enthalte sich] (1) Wenn (aus wenn) schon dadurch , daß der Mensch sich enthält (2) Text  : der Mensch enthalte (aus enthält) sich (über der Zeile)   7 eine aus keine   9 aufzustellen , ] aufzustellen  10 jene] folgt gestr  : au   12 seine] s .   21 auch] Textanschluß durch Verweiszeichen  

30

1 eine über der Zeile   1–2 die nicht] (1) der über über der Zeile (2) (denen (aus der) ihr unter der Zeile) (3) die nicht ihr über der Zeile mit Einfügungszeichen (4) Text (über der Zeile mit Einfügungszeichen)  2 30 seyd  ;] seyd über der Zeile  2–3 ihr sezt … andre über der Zeile  ; davor aus der Erststufe vers . nicht gestr  : der Mensch   3–4 ein Fremdes] (1) eine (unter der Zeile) (fremde Macht , über der Zeile) (2) Text (aus eine fremde)  4 ihr erhebt zu einem über der Zeile mit Einfügungszeichen  absoluten aus (1) absolute (2) absolutes  4–5 – ein über der Zeile mit Einfügungszeichen  5 Fragment aus Fragmente  Gan- 35 6 stellt darin] über der Zeile  : (1) und dar (2) Text  9 35 zen , des über der Zeile mit Einfügungszeichen   und über der Zeile  auf diese Art über der Zeile mit Einfügungszeichen   10 Möglichkeit von Strafen , nicht über der Zeile  eines (aus kein)  ; davor vers . nicht gestr  : und   13 zwar] folgt über der Zeile gestr  : izt  18 würde über der Zeile  19 aufnähme aus aufnimmt  19–20 und sich … sezte (Ms  : sezten) über der Zeile   23–209,1 That einer widerrechtlichen Lebensverlezung auf dem Rande angeschlossen  

Text 55

5

10

15

20

25

30

der tugend ist nicht nur positivität …209

bringen . Von der Strafe ist keine Besserung zu erwarten , sie ist nur eine Aüsserung der Gerechtigkeit , sie predigt also nur Gerechtigkeit  ; die gleichen Schläge , die der Verbrecher aus­ge­theilt hat , erfährt er wieder , die Strafe läst ihn nur seine Ohnmacht fühlen , oder vielmehr eine Macht , die der seinigen gleich ist  ; daß gegen den Tyrannen wieder Tyrannen , gegen den Mörder Henker stehen . Vor dem Geseze ist der Verbrecher nicht als Verbrechen  ; jenes ist ein Fragment der Menschlichkeit , also auch dieser  ; wäre jenes ein Ganzes , ein absolutes , so wäre der Verbrecher auch nichts als ein Verbrecher . Auch das Schiksal straft , und seine Feindschaft muß empfunden werden . Aber da es nicht vom Geseze über den Menschen kommt , sondern aus dem Menschen erst sein Gesez und Recht entsteht – so ist die Rükkehr zum ursprünglichen Zustand , zur Ganzheit | möglich , und der Sünder ist mehr als ein Sünder  ; er ist Mensch , Verbrechen und Schiksal ist in ihm , und wenn er

zung gegen sich erwekt hat , kan er durch die stärker werdende Liebe wieder zum Schlafe bringen . Die Strafe des Gesezes ist nur gerecht  ; der gemeinsame Charakter , der Zusammenhang des Verbrechens und der Strafe ist nur Gleichheit , nicht Leben . die gleichen Schläge , die der Verbrecher ausge­theilt hat , erfährt er wieder , gegen den Tyrannen stehen wieder Peiniger gegen den Mörder Henker  ; und die Peiniger und die Henker , die das­selbe thun , was die Tyrannen und die Mörder thaten , heissen darum gerecht , weil sie das Gleiche thun  ; sie mögen es mit Bewußtseyn als Rächer , oder als blinde Werkzeuge thun , ihre Seele kommt nicht in Anschlag , nur ihre That . Von Versöhnung , von Wiederkehr zum Leben kan also bei der Gerechtigkeit nicht die Rede seyn . Vor dem Geseze ist der Verbrecher nichts als ein verbrecherisches Wesen  ; aber so wie jenes ein Fragment der Menschlichen Natur ist so auch dieser  ; wäre jenes ein Ganzes , ein absolutes , so wäre auch der

2 zu aus zurük   7 seine aus d   19 da aus das   20 kommt , ] folgt gestr  : und   23 zur aus zum   26 ist nachtr .   3–7 Die Strafe … Leben . auf dem Rande angeschlossen  4–5 der gemeinsame] (1) ihr (2) das gemein-

9 gegen] gestr . und wieder30 same , der (3) Text  : der (aus das) gemeinsame ( folgt vers . nicht gestr  : der)   hergestellt  10 stehen über der Zeile mit Einfügungszeichen  Peiniger auf dem Rande angeschlossen  11 Henker] darüber gestr  : Mörder   11–21   ; und die … seyn . auf dem Rande angeschlossen  11 Peiniger] (1) Pe (2) Tyr (3) Text  12 die dasselbe thun] (1) die das gleiche thun (2) thu[n] über der Zeile (3) 35 Text  : die (wiederhergestellt) dasselbe (aus das gleiche) thun   14 heissen] (1) aber jene heissen (2) und 22 nichts aus nicht   22–23 ein verbrecheri35 (über der Zeile) heissen (3) Text (und vers . nicht gestr .)   sches Wesen] (1) Verbrechen (2) Text  : ein (unter der Zeile) verbrecherisches (Ms  : Verbrechen) Wesen (über der Zeile)  23 aber so wie jenes] (1) aber (über der Zeile) jenes / (2) Text  : aber so wie jenes (davor vers . nicht gestr  : jenes)  24–25 Menschlichen Natur ist] Menschlichen (aus Menschlichkeit) (Natur ist über der Zeile mit Einfügungszeichen)  25 so aus also  26 auch über der Zeile mit Einfügungszeichen  

97v

210

97v

98r

frankfurter manuskripte · christliche religion

wieder zur Menschheit zurükkehrt un­ ter ihm  ; er ist alsdenn über die Wirklichkeit erhoben , die That besteht zwar noch , aber als ein vergangenes , als ein Fragment , derjenige Theil derselben , der als böses Gewissen sich ankündigte , ist verschwunden  ; die Errinnerung der That ist nun nicht mehr eine Anschauung seiner selbst . Diese Vorstellung des Verbrechens , des Schiksals und der Versöhnung ist die Vor­stellung Christi , die sich bei jeder Veranlassung in sehr wenig abwechselnder Form aüsserte . Wo er Glauben fand , that er kühn den Ausspruch  : dir sind deine Sünden vergeben  ; dieser Ausspruch ist kein objektives Zernichten der Strafe , kein Tilgen des noch bestehenden Schiksals  ; sondern die Zuversicht , die im andern Glauben findet , und darum an ihn glaubt . Gegenseitigen Glauben kan nur die Gleichheit des Gemüths finden  ; in wem Jesus Glauben an ihn fand , den | erkannte er als über Gesez und Schik-

Text 55

Verbrecher nichts als ein Verbrecher . Auch in der Feindschaft des Schiksal wird gerechte Strafe empfunden . Aber da sie nicht von einem fremden Geseze über den Menschen kommt , sondern aus dem Menschen erst das Gesez und Recht des Schiksals entsteht – so ist die Rükkehr zum ursprünglichen Zustand , zur Ganzheit | möglich  , denn der Sünder ist mehr als eine existirende Sünde , ein Persönlichkeit habendes Verbrechen  ; er ist Mensch , Verbrechen und Schiksal ist in ihm , er kan wieder zu sich selbst zurükkehren , und wenn er zurükkehrt , [sind sie] unter ihm  ; Die Elemente der Wirklichkeit haben sich aufgelößt , Geist und Körper haben sich getrennt  ; die That besteht zwar noch , aber als ein vergangenes , als ein Fragment , als eine todte Trümmer  ; derjenige Theil derselben , der als böses Gewissen war , ist verschwunden  ; und die Errinnerung der That ist nicht mehr eine Anschauung seiner selbst  ;

5

10

15

20

25

1 wieder zur Menschheit zurükkehrt] (1) zurükkehrt zur (2) Text  4 als2 ] folgt gestr  : den   6 der 25 aus das   als gestr . und wiederhergestellt  sich gestr . und wiederhergestellt  7–8 die Errinnerung der That] (1) in / der That (2) Text (die Errinnerung auf dem Rande angeschlossen)  12 bei aus in   15 Ausspruch  :] zuerst  : Ausspruch ,   16–17 objektives über der Zeile mit Einfügungszeichen  22 finden  ;] folgt gestr  : an   23 ihn fand] ihnfand mit Trennstrich  

30

2 in der Feindschaft des über der Zeile mit Einfügungszeichen   3 wird gerechte Strafe über der Zeile   30 4 sie über der Zeile   von einem fremden] von (aus vom) (einem fremden über der Zeile mit Einfügungs­ zeichen)   6–7 das Gesez … Schiksals] das (über der Zeile) Gesez und Recht (des Schiksals über 10 denn über der Zeile   10–12 eine existirende … Verbrechen auf dem Rande angeder Zeile)   schlossen   10–11 existirende Sünde] (1) existirende Sünde (2) existirende , (3) Text (Sünde wieder­ her­gestellt)   11 ein Persönlichkeit aus eine p   13 kan über der Zeile   14 zu sich selbst über der 35 Zeile mit Einfügungszeichen   14–15 zurükkehren , und … zurükkehrt ,] (1) zurük-/kehrt (2) Text  : zurük(kehren , und … zurükkehrt , auf dem Rande angeschlossen)   16 Die Elemente der auf dem Rande angeschlossen  17–18 haben sich … getrennt  ; über der Zeile begonnen und auf dem Rande fortge20–21 als eine todte Trümmer über der Zeile mit Einfügungssetzt  ; darunter vers . nicht gestr  : erhoben   zeichen   22 war auf dem Rande angeschlossen  23 und über der Zeile mit Einfügungszeichen   40

Text 55

5

10

15

20

25

der tugend ist nicht nur positivität …211

sal erhoben , und kündigte ihm Vergebung der Sünden an  ; mit so vollem Zutrauen an einen Menschen , mit solcher Hingebung an ihn , mit der sich nichts zurükbehaltenden Liebe kan nur eine reine oder gereinigte Seele sich ihm in die Arme werfen  ; Die Kühnheit der Entscheidung über die Fülle , den Reich­thum der Liebe , gründet sich auf ein Gefühl , das nur die innige Zuversicht geben kan , wenn der , der es hat , die ganze Menschennatur in sich trägt , und so fähig ist sie zu fühlen  ; ein solches Gemüthe bedarf der hochgerühmten profonden Menschenkennerei nicht , die für zerrissene Wesen , deren Natur eine grosse Mannichfaltigkeit , viele und verschiedenfarbige Einseitigkeiten ohne Einheit in sich schließt , freilich eine Wissenschaft von grossem Umfang und grosser Zwekmässigkeit ist , denen aber das , was sie suchen , der Geist immer entschlüpft , und nur Bestimmtheiten sich anbieten – eine ganze Natur , hat im Moment eine andre durchgefühlt und ihre Harmonie oder Disharmonie empfun-

das Leben hat in der Liebe das Leben wiedergefunden . Zwischen Sünde und ihre Vergebung tritt so wenig als zwischen Sünde und Strafe ein Fremdes ein  ; das Leben entzweite sich mit sich selbst , und vereinigt sich wieder . |

30

1 und kündigte ihm] (1) und erklärte ihm als ein (2) (über der Zeile  : kündigte) ihm (3) Text (und wiederhergestellt)  12 in] davor gestr  : gefühlt  13 sie aus es   14 ein] (1) sie bedarf eine (2) Text (aus 30 eine)  bedarf] folgt gestr  : s   17 Natur] folgt gestr  : nur   18 viele] folgt gestr  : E   verschiedenfarbige] verschiedenfarbigen aus verschiedenfärbigen   19 sich] folgt gestr  : selb   27 Harmonie oder Disharmonie aus Disharmonie oder Harmonie  

… wieder .] am Rande  : (1) Der hier entwikelte Zusammenhang zwischen Sünde und ihrer (2) Text  : (darüber mit Verweiszeichen  : das 〈 ho 〉 Leben hat in der Liebe das Leben wiederge­ 35 funden .) Zwischen (aus zwischen) Sünde und ihre (aus ihrer) Vergebung … wieder .   3–4 zwischen] folgt gestr  : Str   5 das Leben entzweite sich] (1) hier entzweite (über der Zeile  : sich) das Leben (2) Text (das Leben mit Einfügungszeichen umgestellt)   6 und vereinigt] (1) hier vereinigt es (2) Text (und über der Zeile)  

35 1–6 das Leben

212 98v

98v

frankfurter manuskripte · christliche religion

den – | da­her der unbedenkliche , zuversichtliche Ausspruch Jesu  : deine Sünden sind dir vergeben . Von dem Gefühl einer schönen Seele , und dem Erkennen einer schönen Seele durch eine andre sich zu dem Geiste der Juden zu wenden , und zu sehen , wie dieser die angekündigte Vergebung der Sünden aufnehmen mußte ist freilich ein trauriger Contrast , aber um so klarer erhellt aus dieser Vergleichung theils der Geist der Juden und Jesu , theils die Ursache , warum Jesus in der Form der Sündenvergebung sich ausdrükte . Den Juden mußte eine solche Ankündigung der Verzeihung der Sünden am unbegreiflichsten , wenn sie sie ohne Haß hätten betrachten können , die Handlung eines wahnsinnigen seyn . Denn sie hatten alle Harmonie der Wesen , alle Liebe zerstöhrt , allen Geist und alles Leben einem fremden Objekte anvertraut , alles , was die Menschen zusammenknüpft , die schönen Bande der

Text 55

5

(Im Geiste der Juden freilich stand zwischen Trieb und Handlung , Lust und That , zwischen Leben und Verbrechen , und Verbrechen und Verzeihung eine unübersteigliche Kluft , ein fremdes Gericht  ; und wenn sie auf ein Band zwischen Sünde und Versöhnung , im Menschen in der Liebe verwiesen wurden , mußte ihr Liebeloses Wesen empört , und ein solcher Gedanke , wenn ihr Haß die Form eines Ur­theils trug , für sie der Gedanke eines wahnsinnigen seyn . Denn sie hatten alle Harmonie der Wesen , alle Liebe , Geist und Leben einem fremden Objekte anvertraut , aller Genien , in denen die Menschen vereinigt sind , sich ent­aüssert

10

15

20

25

2 Jesu über der Zeile   3 vergeben .] folgt gestr  : Am unbegreiflichsten mußte den Juden ein solcher   25 13 Ursache] davor gestr  : Form   16–17 unbegreiflichsten] folgt gestr  : seyn   20 Wesen ,] folgt gestr  : z   22 einem] davor gestr  : au   8 (Im Geiste] der hier beginnende Text ist mit Verweiszeichen (aus einem Kreuz und zwei leeren Klammern) angeschlossen  ; da die Schlußklammer wie auch andere Zeichen fehlen , ist das Ende des Einschubs nicht bestimmt  ; hier wird die gesamte zusammenhängende Überarbeitung des Textes als Einschub behandelt   8–19 (Im Geiste … Gedanke am Rande mit Verweiszeichen  8 freilich aus ?   9 Handlung , ] folgt gestr  : zwischen  10 zwischen über der Zeile   12 unübersteigliche aus unersteigliche   13–16 wenn sie … wurden] (1) ein Band zwischen Sünde und Versöhnung (aus Verzeihung) , ( α ) in ihrem Herz ( β ) im (aus in) Menschen in der Liebe aufgezeigt (aus aufzuzeigen) (2) Text  : (über der Zeile mit Einfügungszeichen  : ( α ) wenn so ( β ) wenn sie auf) ein Band zwischen Sünde und Versöhnung , im Menschen in der Liebe verwiesen (über der Zeile) wurden (unter der Zeile)  16 ihr] (1) ihnen wenn sie (2) Text (aus ihnen)   17 und] folgt gestr  : wenn  wenn] darüber in eigener Zeile  : we   18 Ur­theils] davor gestr  : als  ; folgt gestr  : (über der Zeile mit Einfügungszeichen  : die Form) daru   19 für sie über der Zeile mit Einfügungszeichen  eines über der Zeile mit Einfügungszeichen   23 aller Genien , in denen auf dem Rande angeschlossen   24–213,1 vereinigt sind , … fremde auf dem Rande angeschlossen  

30 30

35

40

Text 55

5

10

15

20

25

30

der tugend ist nicht nur positivität …213

Natur in seine | Hände gelegt  ; was sie zusammenhielt , waren Ketten , Geseze vom mächtigern ihnen gegeben  ; das Bewußtseyn des Ungehorsams gegen den Herrn fand in der ausgestandnen Strafe , oder Schuldbezahlung unmittelbar seine Befriedigung – auch böses Gewissen kannten sie eigentlich nicht , denn diß sezt immer ein Ideal gegen die ihm nicht angemeßne Wirklichkeit voraus  ; auch das Ideal konnten sie nicht haben , denn es ist im Menschen , ein Bewußtseyn seiner ganzen Natur  ; aber ihrer Dürftigkeit blieb in der Anschauung ihrer selbst nichts übrig  ; sie hatten allen Adel alle Schönheit verschenkt  ; ihre Armuth mußte dem unendlich Reichen dienen , und was sie für sich entwendeten , wo sie sich ein Gefühl der Selbst­heit erstahlen , hatten sie ihre Wirklichkeit nicht ärmer , sondern reicher gemacht  ; und hatten nur den bestohlnen Herrn zu fürchten , der sie ihren Raub wieder bezahlen , wieder opfern lassen und sie ins Gefühl ihrer Armuth zurükschleudern würde . | Nur durch Bezahlung an ihren allmächtigen Glaübiger wurden sie ihrer

und die Natur in fremde | Hände gelegt  ; was sie zusammenhielt , waren Ketten , Geseze vom mächtigern gegeben  ; das Bewußtseyn des Ungehorsams gegen den Herrn fand in der ausgestandnen Strafe , oder Schuldbezahlung unmittel­bar seine Befriedigung – böses Gewissen kannten sie nur als Furcht vor Strafe  ; denn als Bewußtseyn seiner gegen sich selbst sezt es immer ein Ideal gegen die ihm nicht angemeßne Wirklichkeit voraus  ; und das Ideal ist im Menschen , ein Bewußtseyn seiner eignen ganzen Natur  ; aber ihrer Dürf­ tigkeit blieb in der Anschauung ihrer nichts übrig  ; allen Adel alle Schön­heit hatten sie verschenkt  ; ihre Ar­ muth mußte dem unendlich Reichen dienen , und [durch das ,] was sie ihm für sich entwendeten , [wodurch sie] ein Gefühl der Selbstheit sich erstahlen , hatten sie nicht wie der Mensch von bösem Gewissen ihre Wirklichkeit ärmer , sondern reicher gemacht  ; aber hatten dann den bestohlnen Herrn zu fürchten , der sie ihren Raub wieder bezahlen , opfern lassen und sie ins Gefühl ihrer Ar­ muth zurükschleudern würde . | Nur

5 in] davor gestr  : nur   7 Befriedigung –] folgt gestr  : k   auch über der Zeile mit Einfügungszeichen  10

30 die] folgt gestr  : (1) Ver-/lezu (2) Una   ihm] folgt gestr  : u aus nie   17 ihre] (1) und in ihrer (2) Text

(aus ihrer)  19 sie] folgt gestr  : ihn be   22 nur] folgt auf dem Rande angeschlossen , gestr  : einen   25 ihrer] ihres   27 durch lassen] folgt gestr  : würde ,   ins] (1) in ihre (2) Text (in vers . nicht gestr .)   8–10 kannten sie … selbst auf dem Rande angeschlossen  9–10 seiner] folgt gestr  : 1 die über gestr . alle   35 selb   10 es nachtr .   12 und das über der Zeile   14 eignen auf dem Rande angeschlossen  17 hatten

19 ihm über der Zeile  20 ein] davor über 35 sie über der Zeile mit Einfügungszeichen  ihre aus ihrer   der Zeile gestr  : von ihm   21 sich über der Zeile  22–23 nicht wie … Gewissen] (1) wie der Mensch von bösem Gewissen unter der Zeile begonnen und auf dem Rande fortgesetzt (2) Text  : (nicht wie der über der Zeile mit Einfügungszeichen) Mensch von bösem Gewissen   24 aber über der Zeile  dann über der Zeile  

99r

99r

99v 99v

214

frankfurter manuskripte · christliche religion

Schulden los , und wenn sie auch bezahlt hatten , so besassen sie doch wieder Nichts – Wenn sie nur gegen den Herrn schuldig werden , und nur ihm abbüssen konnten , so mußte es ihnen unbegreiflich seyn , wie ein Mensch Vergebung der Sünden ankündigen , wie er die Gewißheit derselben in der Liebe finden , wie ein Geist zwischen Menschen wohnen könnte , der über Geseze und Herrschaft er­haben wäre , wie es ein lebendiges Band gäbe , vor welchem alle Ketten schmelzen , und in dem die höchste Freiheit ist  ; wie im gegenseitigen Glauben jede Beherrschung verschwände , ein Herr und ein Gesez erst mit dem Verbrechen sich zeigte .

Text 55

durch Bezahlung an ihren allmächtigen Glaü­biger wurden sie ihrer Schulden los , und wenn sie bezahlt hatten , besassen sie doch wieder Nichts – Eine Schuldbewußte bessre Seele , will mit dem Opfer nichts erkaufen , nicht den Raub zurükgeben , sondern in der freiwilligen Entbehrung , mit einer herzlichen Gabe , nicht im Gefühle der Pflicht und des Dienstes , sondern in brünstigem Gebete sich einem Reinen mit der Seele nahen , um was sie in sich selbst nicht zum Bewußtseyn bringen kan , in der Anschauung der ersehnten Schönheit ihr Leben zu stärken , und freye Lust und Freude zu gewinnen  ; aber der Jude hatte in der Bezahlung seiner Schuld nur den Dienst , dem er entlaufen wollte , wieder aufge­ nommen , und ging vom Altar mit dem Gefühle des mislungnen Versuchs , und der Wiederanerkennung seines knechtischen Joches  . Versöhnung in der Liebe , ist , statt der jüdischen Rükkehr unter Gehorsam , eine Befreiung , statt

5

10

15

20

25

über gestr . nach   2 sie über der Zeile  7 ankündigen] folgt gestr  : konnte   8 wie er] wieer mit Trennstrich  9 finden] folgt gestr  : konnte   12–13 vor welchem] (1) das (2) Text (auf dem Rande angeschlos30 sen)  13 und] folgt gestr  : das   15 jede] davor gestr  : alle   16 verschwände ,] folgt gestr  : kein   18 zeigte gestr . und wiederhergestellt   4–215,9 Eine Schuldbewußte … ist . auf dem Rande angeschlossen   4–6 Eine Schuldbewußte … 30 Opfer] (1) Ihr Bezahlen ist nicht (a) ein Opfern der / (b) das (über der Zeile) Opfer (aus Opfern) Einer (über der Zeile) Schuldbewußten Seele , die damit (2) Text  : (Eine Schuldbewußte aus Einer Schuldbewußten) bessre (über der Zeile mit Einfügungszeichen) Seele , will (über der Zeile) mit (aus damit) dem 35 (über gestr . das) Opfer   6 nicht über gestr . oder   7–8 in der freiwilligen] (1) mit freiwilliger (2) Text  : (in der über der Zeile) freiwilligen (aus freiwilliger)  8 einer aus einem   10 und des D ­ ienstes 35 über der Zeile mit Einfügungszeichen  11–12 Reinen] folgt gestr  : nah   12 Seele aus reinen  15 ersehnten unter der Zeile mit Einfügungszeichen  ihr aus sich   zu über der Zeile  16 und1] folgt gestr  : (1) ein (2) Freiheit   18 nur über der Zeile mit Einfügungszeichen   20 Altar] folgt gestr  : zugleich  

Text 55

5

10

15

20

25

der tugend ist nicht nur positivität …215 der Wiederanerkennung der Herr­schaft die Aufhebung derselben in der Wiederherstellung des lebendigen Bandes , eines Geistes der Liebe , des gegenseitigen Glaubens , eines Geistes , der in Rüksicht auf Herrschaft betrachtet , die höchste Freiheit ist  ; ein Zustand , der das unbegreiflichste Gegen­theil des jüdischen Geistes ist . | Daß auch Jesus den Zusammenhang zwischen Sünde und Vergebung der Sünde , zwischen Entfremdung von Gott und Versöhnung mit ihm , nicht ausser der Natur fand , kan vollständig erst späterhin gezeigt werden  ; hier kan immer soviel angeführt werden daß er die Versöhnung in Liebe und Lebens‑fülle sezte , und sich so bei jeder Veranlassung in wenig abwechselnder Form aüsserte . Wo er Glauben fand , that er kühn den Ausspruch  : dir sind deine Sünden vergeben  ; dieser Ausspruch ist kein objektives Zernichten der Strafe , kein Zerstöhren des noch bestehenden Schiksals  ; sondern die Zuversicht , die im Glauben der ihn fassenden sich selbst , ein ihm gleiches Gemüth erkannte | darin seine Erhebung über Gesez und Schiksal las , und ihm

30

5 Glaubens , ] folgt gestr  : dessen negati30 3 lebendigen aus lebendiges  Bandes , ] folgt gestr  : der?   ver   7–9 höchste Freiheit … ist . in einer und einer halben Langzeile am unteren Rande   10–18 Daß auch … so am Rande , Fortsetzung der unterbrochenen Randbemerkung  10 Daß auch] (1) Daß / auch (2) Text  : 〈 Daß 〉 (durch Verweiszeichen überdeckt) / Daß (vor und über der Zeile) auch  Jesus] davor gestr  : 35 Ch   15 hier kan unter gestr . hier (aus hieh)  16 angeführt werden unter der Zeile mit Einfügungs­ 17 Liebe] folgt gestr  : sezte   17–18 Lebens-fülle] folgt gestr  : fand , und   24 Zerstöhren 35 zeichen   über der Zeile   26–28 der ihn … erkannte] (1) der andern sich s über der Zeile (2) Text (am Rande mit Verweiszeichen) (der vers . nicht gestr .)   27 selbst ,] selbst  ; folgt gestr  : erkannte  gleiches] davor gestr  : gleiche   28 darin seine Erhebung über der Zeile  ; davor gestr  : und   29 las auf dem Rande ange­ schlossen  und 2 gestr . und wiederhergestellt  

97v

98r

216

frankfurter manuskripte · christliche religion

Text 55

Vergebung der Sünden ankündigte  ; mit so vollem Zutrauen an einen Menschen , mit solcher Hingebung an ihn , mit der sich nichts zurükbehal­tenden Liebe kan nur eine reine oder gereinigte Seele sich dem Reinen in die Arme werfen  ; und glauben an Jesum heißt mehr , als seine Wirklichkeit wissen , und die eigne an Macht und Stärke geringer fühlen , und ein Diener seyn  ; Glauben ist eine Erkenntnis des Geistes durch Geist , und nur gleiche Geister können sich erkennen und verstehen , ungleiche erkennen nur , daß sie nicht sind was der andre ist  ; Verschiedenheit der Geistesmacht , der Grade der Kraft ist nicht Ungleichheit . der schwächere aber hängt sich an den höhern als ein Kind , oder kan an ihn hinauf erzogen werden . Solange er in einem andern die Schönheit liebt , und sie zwar in ihm aber nicht entwikelt ist , d . h . daß er in Handlung und Thätigkeit [sich] noch nicht gegen die Welt ins Gleichgewicht und Ruhe gesezt hat , daß er noch nicht zum festen Bewußtseyn seines Verhältnisses zu den Dingen gekommen ist , so glaubt er nur noch , so

5

10

15

20

25

30

1 ankündigte] an(kündigte über der Zeile)   6 dem Reinen in auf dem Rande angeschlossen  7–217,9 und glauben … erkannte[ .] am Rande mit Verweiszeichen  7 Jesum über gestr . ihn   9 eigne] eig- 30 nen  Macht unter gestr . Kunst   12 durch unter gestr . zu   nur gleiche] (1) gleichen (2) Text  : nur (über der Zeile mit Einfügungszeichen) gleiche (aus gleichen)   16 Geistesmacht ,] folgt gestr  : ist   17 Ungleichheit . aus ungleich   18 den aus dem  20 Solange er in] (1) Und darum liegt die (2) In (3) 35 Text  : Solange er ( folgt gestr . in?) in über der Zeile  21 liebt aus lieben  sie] folgt gestr  : noch   24–25 nicht gegen … Gleichgewicht] (1) mit der Welt sich nicht (darüber gestr  : noch) in ein gleichgewich- 35 tiges Verhältnis (2) Text  : (über der Zeile mit Einfügungszeichen  : nicht gegen) 〈〈 m it 〉〉 die (aus der) Welt 25 hat , gestr . und wiederhergestellt  daß] davor ins (aus in) Gleichgewicht (aus gleichgewichtiges)   gestr  : und e   28 nur aus nurch  so2 aus Js ( für Jesus)  

Text 55

5

10

15

20

25

30

der tugend ist nicht nur positivität …217 drükt sich Jesus Joh . 12 ,36 aus  : bis ihr selbst das Licht habt , glaubet an das Licht , damit ihr selbst Söhne des Lichtes werdet – Von Jesus dagegen ist | Joh . 2 ,25 . gesagt , daß er sich den Juden die an ihn glaubten nicht anvertraut habe , weil er sie kannte , und weil er ihres Zeugnisses nicht bedurfte , sich nicht erst in ihnen erkannte . | Kühnheit die Zuversicht der Entscheidung über die Fülle des Lebens , den Reich­ thum der Liebe , in dem Gefühle des­ jenigen der die ganze Menschennatur in sich trägt  ; ein solches Gemüthe bedarf der hochgerühmten profonden Menschenkennerei nicht , die für zerrissene Wesen , deren Natur eine grosse Mannichfaltigkeit , viele und verschiedenfarbige Einseitigkeiten ohne Einheit in sich schließt , freilich eine Wissenschaft von grossem Umfang und grosser Zwekmässigkeit ist , denen aber das , was sie suchen , der Geist immer entschlüpft , und nur Bestimmtheiten sich an­bieten – eine ganze Natur , hat im Moment eine andre durchgefühlt und ihre Harmonie oder Disharmonie empfunden – | daher der unbedenkliche , zuversichtliche Ausspruch Jesu  : deine Sünden sind dir vergeben . |

1 aus  :] zuerst  : aus ,  ; folgt gestr  : glaubet bis ihr selbst das Licht ,   2 selbst] davor gestr  : an   2–4 das Licht 2 … ist in einer Langzeile am unteren Rande   4 ist] folgt gestr  : Joh . 2 ,52 gesagt   5–9 Joh . 2 ,25 . 35 … erkannte . am oberen und rechten Rande   5 Joh . 2 ,25 .] folgt gestr  : daß   6 die an ihn glaubten unter der Zeile mit Einfügungszeichen   9 erst gestr . und wiederhergestellt  9–10 Kühnheit] davor gestr  : 10 die Zuversicht über der Zeile mit Einfügungszeichen   11 des Lebens über der Zeile mit Ein35 Die   fügungszeichen  12 in dem über der Zeile  ; davor gestr  : liegt darum  Gefühle aus Gefühl  12–13 desjenigen über der Zeile   13 der] der ,   14 trägt] (1) und dadurch (über der Zeile) fähig ist (den andern über der Zeile) zu fühlen (2) Text  

98v

98r

98v

218 99v

100r

100r

frankfurter manuskripte · christliche religion

Als Petrus Jesum als ein göttliches erkannt , die ganze Tiefe der menschlichen Natur empfunden und damit erklärt hatte , daß er einen Menschen als einen ­GottesSohn fassen konnte , da übergab ihm Jesus die Schlüssel des Himmelreichs  ; was e r binden würde , | sollte im Himmel gebunden , was e r lösen würde , sollte im Him­ mel auch los seyn . Da Petrus einmal das ­Bewustseyn eines Gottes gehabt hatte , so mußte er in jedem den Glauben erkennen können , der ihn von allem bleibenden Schiksal befreite , über die ewige , unbewegliche Herrschaft und Geseze erhöbe , er mußte die Ge­mü­ ther verstehen , ob ihre Thaten vergangne sind , oder ob diese noch , die Geister derselben Schuld und Schiksal be­stehen , er mußte binden noch unter der Wirklichkeit des Verbrechens stehend , und lösen , über die Wirklichkeit desselben erhoben erklären können .

Text 55

Nachdem Petrus Jesum als eine gött­ liche Natur erkannt , und dadurch sein Gefühl der ganzen Tiefe des Menschen daß er einen Menschen als einen Got­tesSohn fassen konnte , bewiesen hatte , übergab ihm Jesus die Gewalt der Schlüssel des Himmelreichs  ; was e r binden würde , | sollte im Himmel gebunden , was e r lösen würde , sollte im Himmel auch los seyn . Da Petrus einmal das Bewustseyn eines Gottes gehabt hatte , so mußte er in jedem die Göttlichkeit oder Ungöttlichkeit seines Wesens , oder sie als Gefühl derselben in einem dritten die Stärke des Glauben oder Unglaubens erkennen können , der ihn von allem bleibenden Schiksal befreite , über die ewige , un­bewegliche Herrschaft und Geseze erhöbe oder nicht , er mußte die Gemüther verstehen , ob ihre Thaten vergangne sind , oder ob sie noch , die Geister derselben Schuld und Schiksal bestehen , er mußte binden noch unter der Wirklichkeit des Verbrechens stehend , und

5

10

15

20

25

4 er] folgt gestr  : für ei   5 als über gestr . für  GottesSohn] folgt gestr  : erklär   6 ihm] folgt gestr  : auch   8 im Himmel über der Zeile mit Einfügungszeichen   10 Petrus] (1) er (2) Text  : auf dem Rande 30 angeschlossen  : P .   13 allem aus aller   14 Schiksal] zuerst  : Schiksal ,   über auf dem Rande angeschlossen   14–15 die ewige aus den ewigen   15 ewige ,] folgt gestr  : unab   16–17 die Gemüther aus das Gemüth   18 oder] folgt gestr  : s   diese über gestr . sie   19 derselben] folgt gestr  : bestehen , ob   30 1 Nachdem über der Zeile   1–2 eine göttliche aus ein göttliches   2 Natur über der Zeile mit Einfügungszeichen  2–3 und dadurch … der] über der Zeile  : (1) und sein Gefühl der (2) Text  : (und dadurch am Beginn der Zwischenzeile)   3 ganzen Tiefe des gestr . und wiederhergestellt   3–4 Menschen über 35 der Zeile  ; folgt zwischen den Zeilen gestr  : diese Empfindung dadurch bewiesen hatte , daß   4 als über der Zeile   5–6 bewiesen hatte[ ,] über der Zeile mit Einfügungszeichen   6 die Gewalt über der Zeile   35 7 der aus die   12–15 die Göttlichkeit … dritten auf dem Rande angeschlossen  15 dritten] davor gestr  : andern   die Stärke über der Zeile  des aus den   16 oder Unglaubens über der Zeile mit Einfügungszeichen   19–20 oder nicht über der Zeile mit Einfügungszeichen   22 ob sie über der Zeile  

Text 55

5

10

15

20

25

der tugend ist nicht nur positivität …219

Auch ein Beispiel einer Wiederkehr zur Reinheit kommt in der Geschichte Jesu vor  ; die berühmte schöne Sünderin , Maria Magdalena . Es möge nicht übelgedeutet werden , wenn die in Zeit Ort und andern Umständen abweichenden Erzählungen ( Luc . 7 . Matth . 28 .) die auf verschiedne Begebenheiten deuten , hier nur als verschiedne Formen derselben Geschichte behandelt werden , | da über den Grund der Sache damit nichts gesprochen seyn soll , und an unserer Ansicht nichts verändert wird . Ein Weib , eine Sün­derin , hört , daß Jesus in dem Hause eines Pharisäers speise , in einer grossen Versammlung recht ­schaff­ner Leute , ( honnêtes gens  , die bittersten gegen Schönheit) un­befangen kommt sie in diese Gesell­ schaft , tritt hinten zu den Füssen Jesu , weinet , und nezt seine Füsse mit ihren Thränen , und troknet sie mit den Haaren ihres Hauptes , küßt seine Füsse , und salbet sie mit Salben , mit unver-

lösen , über die Wirklichkeit desselben erhoben erklären können . Auch ein schönes Beispiel einer wiederkehrenden Sünderin kommt in der ­Geschichte Jesu vor  ; die berühmte schöne Sünderin , Maria Magdalena . Es möge nicht übelgedeutet werden , wenn die in Zeit Ort und andern Umständen abweichenden Erzählungen ( L uc . 7 . Matth . 28 .), die auf verschiedne Begebenheiten deuten , hier nur als verschiedne Formen derselben Geschichte behandelt werden , | da über die Wirklichkeit damit nichts gesprochen seyn soll , und an unserer Ansicht nichts verändert wird . Die schuldbewußte Maria hört , daß Jesus in dem Hause eines Pharisäers speise , in einer g­rossen ­Versammlung r­ echtlicher , recht­schaff­ ner Leute , ( honnêtes gens  , die bittersten gegen die Fehler einer schönen Seele) ihr Ge­ müth treibt sie durch diese Gesellschaft , [sie] tritt hinten zu seinen Füssen , weinet , und nezt seine Füsse mit ihren Thränen , und troknet sie mit den Haaren ihres Hauptes , küßt

7 werden ,] folgt gestr  : w   Zeit] folgt gestr  : und   8 und] folgt gestr  : klei   9 Erzählungen über gestr . Abweichungen ,   9–10 ( Luc . 7 . Matth . 28 .)] Luc . 7 . Matth . 28 . am Rande  11 hier] folgt gestr  : au  nur über der Zeile   14 soll , ] folgt gestr  : E   20 Schönheit] (1) Freiheit (2) schöne (über der 21 unbefangen kommt sie] (1) sie tritt (2) Text (auf 30 Zeile mit Einfügungszeichen) Freiheit (3) Text   dem Rande angeschlossen)  22 Jesu ,] folgt gestr  : und   23 weinet aus weint   25 Hauptes ,] Hauptes /   küßt] davor gestr  : und   26 mit 2 ] folgt gestr . Ansatz zu k  

30

35 3 schönes über der Zeile   3–4 wiederkehrenden Sünderin] (1) Wiederkehr (2) Text  : wieder­keh­

r(en­den Sünderin auf dem Rande angeschlossen)  5 Jesu] folgt auf dem Rande angeschlossen , gestr  : vor   16–17 Die schuldbewußte Maria hört , auf dem Rande ange35 13–14 die Wirklichkeit über der Zeile   schlossen   19 rechtlicher auf dem Rande angeschlossen   21–22 die Fehler … Seele[)] auf dem Rande angeschlossen  22 ihr Gemüth treibt sie] am Rande  : (1) sie wird (2) Text (mit Verweiszeichen)  durch nachtr .   23 Gesellschaft] folgt über der Zeile gestr  : zu Jesu , sie   24 seinen über der Zeile  

100v

100v

220

101r 101r

frankfurter manuskripte · christliche religion

fälschtem und köstlichem Nardenwasser  ; die schüchterne , sich selbst genügende stolze Jungfraülichkeit kan das Bedürfnis der Liebe nicht laut werden lassen , kan noch vielweniger in der Ergiessung der Seele den gesez­l ichen Blikken rechtlicher Leute trozzen , aber eine tief verwundete , der Verzweiflung nahe Seele muß sich und ihre Blödigkeit überschreien , und ihrem eignen Ge­fühl der Rechtlichkeit zum Troz , die ganze Fülle von Liebe geben und geniessen , um [in] diesem innigen Ge­nuß ihr Bewußtseyn zu versenken . – Der rechtliche Mann sieht bei dieser Scene , bei diesen fliessenden Thränen bei diesen lebendigen alle Schuld tilgenden Küssen , in dieser Seeligkeit | der Liebe – nur die Sünderin , der recht­schaffe­ne Mann war einer ­solchen Scene nicht werth  ; – ihr sind viele Sünden vergeben , denn sie hat viel ge­liebet  ; wel-

Text 55

sie und salbet sie mit Salben , mit unverfälschtem und köstlichem Nardenwasser  ; die schüchterne , sich selbst genügende stolze Jungfraülichkeit kan das Bedürfnis der Liebe nicht laut werden lassen , kan noch vielweniger bei der Ergiessung der Seele den gesezlichen Blikken rechtlicher Leute , der Pharisäer und der Jünger trozzen , aber eine tief verwundete , der Verzweif­ lung nahe Seele1 muß sich und ihre Blödigkeit überschreien , und ihrem eignen Gefühl der Rechtlichkeit zum Troz , die ganze Fülle von Liebe geben und geniessen , um [in] diesem innigen Genuß ihr Bewußtseyn zu versenken . – Der recht­schaffe­ne Simon fühlt im Angesicht dieser fliessenden Thränen dieser lebendigen alle Schuld tilgenden Küsse , dieser Seeligkeit | der aus ihrem Erguß Versöhnung trinkenden Liebe – die Unschiklichkeit , daß Jesus

5

10

15

20

  Am Rande  : Ihre Sünden sind , sich über das rechtliche weggesezt zu haben , 1

1–2 Nardenwasser  ; aus Nardenwasser .  ; folgt gestr  : Wie   3 stolze über der Zeile   4 der Liebe über 25 der Zeile   5 in aus bei  ; davor gestr  : den   6 der über gestr . ihrer   6–7 gesezlichen Blikken] (1) Blik-/ken (2) richtenden (auf dem Rande angeschlossen  ; bricht ab) (3) Text (gesezlichen Blik- auf dem Rande angeschlossen)   8 der über der Zeile  Verzweiflung aus v   10–11 ihrem eignen Gefühl 30 der] (1) ihr selbst und 〈 i h 〉 ihrer eignen (2) Text  : ihrem (aus ihrer) eignen (Gefühl der auf dem Rande 13 um aus und   17 alle Schuld tilgenden unter der Zeile mit Einfügungszeichen  18 30 angeschlossen)   der] davor gestr  : bei den K   19 der] folgt gestr  : w   1 sie1 aus seine   6 bei aus in   8–9 der Pharisäer … Jünger über der Zeile  17 Der recht­schaVene Simon fühlt] (1) Der rechtliche Mann (2) 〈〈 Der 〉〉 (der Simon auf dem Rande angeschlossen (3) Text (am Rande)  Simon] (1) / Simon (2) Simon / (3) Mann über der Zeile (4) Text (Stufe (1) wiederhergestellt)   35 17–22 fühlt … Unschiklichkeit] (1) sieht (2) macht … (den scharfsinnigen Schluß , daß am oberen 35 Rande von Bl 101r) (3) Text  : fühlt … die Unschiklichkeit   17–18 im Angesicht dieser] (1) bei diesen (2) bei (über der Zeile) diesen (3) Text  : (im Angesicht über der Zeile) dieser (aus diesen)  19–20 dieser lebendigen … Küsse aus diesen lebendigen … Küssen   20–21 aus ihrem … trinkenden über der Zeile mit Einfügungszeichen   22–221,7 Unschiklichkeit , daß … ist . auf dem Rande angeschlossen  

Text 55

5

10

15

20

der tugend ist nicht nur positivität …221

chem aber wenige ver­geben werden , der hat wenig geliebt – Die Freunde Jesu zeigen sich noch viel edler , kehren eine viel recht­schaffe­nere Seite heraus , das Wasser hätte um d r e y­h u n ­ d e r t Groschen verkauft , und das Geld den Armen gegeben werden kön­nen  ; ihre vortrefliche Absicht , die Armen zu unterstüzzen , ihre wohlberechnende , zwekmässige Klugheit , ihre Tugend mit Verstand verbunden ist nur eine Rohheit  ; denn sie fühlten nichts , sie beleidigten sogar den heiligen Er­g uß eines liebenden Gemüths  ; warum bekümmert ihr sie  ? sagt Jesus , sie hat ein s chöne s Werk an mir gethan  ; – und was auch sonst schöne Lehren , erhabne Thaten , in der Geschichte Jesu vorkommen , so ist diß die schönste That , denn so unbefangen , so ohne Zwek irgend einer Nuzanwendung in That oder Lehre konnte nur ein liebendes Weib handeln . Um die Jünger zurechtzusezen , um sie mit dieser Hand-

[sich] mit einer solchen Creatur einlasse , er sezt diß Gefühl so sehr voraus , daß er es nicht ausdrükt , daß es [ihn] nicht beschäftigt , sondern sogleich kan er die Consequenz ziehen , wenn Jesus ein Seher wäre , so würde er wissen , daß diß Weib eine Sünderin ist . ihr sind die viele Sünden vergeben sagt Jesus , denn sie hat viel geliebet  ; welchem aber wenige vergeben werden , der hat wenig geliebt – Bei Simon hatte nur seine Ur­theils­k raft sich geaüssert  ; bei den Freunden Jesu regt sich ein viel edleres ein moralisches Interesse , das Wasser hätte wohl um d r e y hu n d e r t Groschen verkauft , und das Geld den Armen gegeben werden können  ; ihre moralische Tendenz , den Armen wohl zu thun , ihre wohlberechnende Klugheit , ihre aufmerksame Tugend mit Verstand verbunden ist nur eine Rohheit  ; denn sie faßten die schöne Situation nicht nur nicht , sie beleidigten sogar den heiligen Erguß eines lie-

25

25 2 Freunde] Freunden   3 Jesu] davor gestr  : Christi   6 verkauft] folgt gestr  : werden können   7 den

aus des  Armen] folgt gestr  : den   8 vortrefliche] (1) herrliche (2) Text (auf dem Rande angeschlossen)   10 zwekmässige] (1) besonnene (2) Text (auf dem Rande angeschlossen  ; folgt gestr  : au)  ihre über gestr . diese   11 Verstand] folgt gestr  : (1) versta (2) mit Verstand   13 den heiligen Erguß] (1) 30 die heilige Hingebung (2) Text (den heiligen aus die heilige)  15 Jesus ,] J .   20 Zwek] folgt gestr  : 23 Jünger] folgt gestr  : ein wenig   30 und Nu   21 irgend über der Zeile   1–2 einlasse ,] folgt gestr  : u . m   3 er über der Zeile   ausdrükt ,] folgt gestr  : sondern gleich den   5 die] (1) den scharfsinnigen Schluß machen , daß wenn J . ein (2) Text (den vers . nicht gestr .)  Seher aus Sä   6 wäre aus i   7 daß aus wel   8 die über der Zeile   8–9 sagt Jesus über der Zeile   11–13 35 Bei Simon … bei den am Rande mit Verweiszeichen   11 Bei aus In   13 regt aus regte über der 14 moralisches Interesse über der Zeile  15 wohl 35 Zeile  ein über der Zeile mit Einfügungszeichen   über der Zeile   18 moralische Tendenz auf dem Rande angeschlossen  18–19 den Armen … thun] (1) die Armen zu unterstüzzen (2) Text  : den (aus die) Armen wohl (über der Zeile) zu thun (auf dem Rande angeschlossen)   19 wohlberechnende] wohlberechnende ,   20 ihre aufmerksame über der Zeile mit Einfügungszeichen   22–23 faßten die … nicht[ ,] auf dem Rande angeschlossen  

222 101v

101v

frankfurter manuskripte · christliche religion

lung ein wenig auszusöhnen , muß für sie Jesus eine Erklärung | suchen , die ihnen nicht das schöne der Maria zeigte , aber aus der Handlung eine Verehrung seiner ableitete , für diese Seite der That waren sie am empfänglichsten  ; gegen grobe Seelen muß man sich begnügen , nur eine Entweihung durch sie , abzuwehren , zu verhüten , daß sie einem feinfühlenden Gemüthe kein Ärgerniß geben , und sie durch irgend eine Seite der That zu beruhigen , es wäre vergebens , einer groben Organisation den feinen Duft des Geistes vorzuhalten , sie kan ihn nicht in sich saugen , wenn sie ihn nicht gleich beim ersten Anhauch in ihr Wesen aufgenommen hat , so ist sie schon gerichtet , roher Art zu seyn .

Text 55

benden Gemüths  ; warum bekümmert ihr sie  ? sagt Jesus , sie hat ein ­s chöne s Werk an mir gethan  ; – und es ist das einzige , was in der Geschichte Jesu den Namen eines schönen führt , so unbefangen , so ohne Zwek irgend einer Nuz­anwen­dung in That oder Lehre aüsserte sich nur ein Weib voll Liebe . Wohl nicht um einer Eitelkeit willen , auch nicht um die Jünger auf den eigentlichen Standpunkt zu stellen aber um Ruhe für die Situation zu gewinnen , muß Jesus eine Seite | ihnen zuwenden , für die [sie] empfänglich sind , mit der er ihnen nicht das schöne derselben erklären will , er leitet eine Art von Verehrung seiner Person aus der Handlung ab . gegen rohe Seelen muß man sich begnügen , nur eine Entweihung eines schönen Gemüths durch sie , abzuwenden , es wäre vergebens , einer groben Organisation den feinen Duft des Geistes erklären zu wollen ,

5

10

15

20

25

2 für sie] (1) ihnen (2) für die Jünger unter der Zeile mit Einfügungszeichen (3) Text (sie aus die)   3 der] folgt gestr  : hand  Maria] folgt gestr  :  , aber   4 aber] folgt gestr  : s aus in   5 ableitete , aus ablei- 25 tete .  ; folgt gestr  : Grobe / Seele   7 gegen] davor gestr  : Groben   muß aus mußte   8 eine aus einer   9 durch] davor gestr  : von   11 geben , ] folgt gestr  : es   13 vergebens , ] folgt gestr  : es wäre vergebens  15–16 in sich saugen] (1) Ansaugen (2) Text  : (in sich auf dem Rande angeschlossen) saugen (aus Ansaugen)   16–18 wenn sie … aufgenommen hat] (1) sie hätte … aufgenommen (2) Text (wenn 30 über der Zeile)  16 nicht über der Zeile  gleich] folgt gestr  : aufgenommen  16–17 beim ersten An- 30 3–5 es ist … führt[ ,] auf dem Rande angeschlossen  4 Geschichte] Gesch .   8 aüsserte sich nur über der Zeile mit Einfügungszeichen   ein Weib voll Liebe auf dem Rande angeschlossen  9–10 Wohl nicht … um am Rande  9 einer aus seiner   willen ,] folgt gestr  : sondern um   10–13 auf den … gewinnen auf dem Rande angeschlossen  12–13 gewinnen] davor (mit einem Spatium) gestr  : erha   13 Jesus] darunter vers . nicht gestr  : für sie  Seite auf dem Rande angeschlossen  ihnen] davor gestr  : g   15 mit 35 der er] (1) die (2) Text  : mit (über der Zeile) der (aus die) er (über der Zeile)   15–16 derselben erklären … leitet auf dem Rande angeschlossen  16 Art von über der Zeile  17 Person über der Zeile mit Einfügungszeichen  17–18 aus der Handlung ab . auf dem Rande angeschlossen  18 rohe auf dem Rande angeschlossen   20 eines schönen Gemüths über der Zeile mit Einfügungszeichen  21 abzuwenden] (1) abzuwehren (2) Text  : abzu(wenden über der Zeile)  23–223,3 des Geistes … gesalbt .« auf dem Rande 40

Text 55

5

10

15

20

der tugend ist nicht nur positivität …223

Ihr sind viele Sünden vergeben , denn sie hat viel geliebet  ; was sind tausend rechtlich ab­ge­lauffe­ner Uhren Avtomaton gegen einen einzigen solchen Moment der Liebe  ? Unter einer erniedrigten Menschheit mußte eine schöne Seele eine Sünderin werden . Wollte man wünschen , daß Maria in das Schiksal des Judenlebens sich gefügt , sich ihrer Zeit rechtlich erhalten hätte , und nicht durch Liebe zum schönsten Bewußtseyn zurükgekehrt wäre  ? |

Die Liebe versöhnt aber nicht nur den Verbrecher mit dem Schiksal , sie versöhnt auch , wenn man sich so ausdrükken darf , den Menschen mit der Tugend , d . h . sie ist das einzige Princip der Tugend , und wenn sie es nicht

dessen Anhauch für sie unempfindbar war . »Sie hat mir , sagt Jesus , im voraus auf mein Begräbnis gesalbt .« »Ihr sind viele Sünden vergeben , denn sie hat viel geliebet  ; Gehe hin im Frieden , dein Glauben hat dich gerettet .« Wollte man sagen es wäre besser ge­ wesen , daß Maria in das Schiksal des Judenlebens sich gefügt hätte , ein Avto­mat ihrer Zeit , rechtlich und gemein , ohne Sünde und ohne Liebe ab­ ge­lauffen wäre – ohne Liebe , denn die Zeit ihres Volkes war wohl eine von denen in welchen das schöne Gemüth ohne Sünde nicht leben aber zu dieser wie zu jeder [konnte] sie andern durch Liebe zum schönsten Bewußtseyn zurük­kehren . | Die Liebe versöhnt aber nicht nur den Verbrecher mit dem Schiksal , sie versöhnt auch den Menschen mit der ­Tugend , d . h . wenn sie nicht das einzige Princip der Tugend wäre , so wäre jede Tugend zugleich eine Untugend .

25

… werden[ .] am Rande mit Verweiszeichen   9 eine] folgt gestr  : Sch   11 Wollte man] (1) Wer wollte (2) Text  : Wollte (aus wollte) man (über der Zeile mit Einfügungszeichen)  Maria] davor gestr  : sie   in über der 12–13 gefügt ,] folgt gestr  : sich   14 durch Liebe] (1) so durch Liebe (2) so (nach sündigem Zeile   30 auf dem Rande angeschlossen) (3) Text  21 auch über der Zeile   23 sie] folgt gestr  : einzi   7 einzigen] folgt gestr  : Mom   8–10 Unter einer 25 hauch auf dem Rande angeschlossen  

… gewesen ,] am Rande  : (1) Gehe hin im Fried (2) Text (etwa zwei Zeilen tiefer)  7–8 sagen es … gewesen ,] (1) es für besser halten (2) Text  : sagen (über der Zeile) (es wäre 〈 i 〉 vor und über der Zeile) besser gewesen[ ,]   9 hätte über der Zeile mit Einfügungszeichen   9–18 ein Avtomat … zurükkehren am Rande  9 ein] davor gestr  : als   10–11 gemein ,] folgt gestr  : ab   35 12 wäre –] wäre /   ohne] folgt gestr  : Sü   12–13 die Zeit ihres Volkes war] (1) es war ihre Zeit 35 (2) es kan (über der Zeile) Zeiten geben , wo (3) 〈〈 e s 〉〉 ihre (vers . nicht wiederhergestellt) Zeit (aus Zeiten) (und ihres Volkes über der Zeile) war (4) Text (die unter der Zeile)  15 leben] folgt gestr  : konnte   16 andern] folgt gestr  : (1) konnte (2) durch Liebe   20 sie] folgt gestr  : zu  22–23 wenn sie … wäre ,] wenn (auf dem Rande angeschlossen) sie nicht (über der Zeile) das … Tugend (aus Tugend , ) wäre , (auf dem Rande angeschlossen)  

2 mir aus mich   5–8 Gehe hin 30 angeschlossen  

102r

102r

224

frankfurter manuskripte · christliche religion

wäre , so wäre jede Tugend zugleich eine Untugend  . Der Knechtschaft unter dem Geseze eines fremden Herrn sezte Jesus nicht eine andere Knechtschaft unter einem eignen Geseze , den Selbstzwang der Kantischen Tugend entgegen , sondern die tugendhafte Gesinnung 1 , eine Tugend ohne Herrschaft und ohne Unterwerfung . Auch diese Tugend hat noch etwas mangelhaftes  ; denn jede Tugend ist eine beschränkte  ; die Umstände , unter denen sie möglich ist , [sind] etwas zufälliges und besonderes , die Beziehung gegen die die Tugend ausgeübt wird , [ist] eine einzelne  ; und andre Beziehungen mit ihm haben nicht statt , so hat jede ­Tugend ihre Grenze , die sie nicht überschreiten kan  ; handelt der tugendhafte jenseits dieser Grenze , so kan er nur lasterhaft handeln  ; hat er aber auch die andere Tugend , die jenseits der Grenze

Text 55

Der völligen Knechtschaft unter dem Geseze eines fremden Herrn sezte Jesus nicht eine theilweise Knechtschaft unter einem eignen Geseze , den Selbstzwang der Kantischen Tugend ent­gegen  , sondern Tugenden ohne Herr­schaft und ohne Unterwerfung , Mo­d ifikationen der Liebe  ; und müßten sie nicht als Modifikationen Eines lebendigen Geistes angesehen werden , sondern wäre eine absolute Tugend , so würden unauflösbare Kollisionen durch die Mehrheit der absoluten ent­ stehen  ; und ohne jene Vereinigung in einem Geiste hat jede Tugend etwas mangelhaftes  ; denn jede ist schon ih­ rem Namen nach eine einzelne , also eine beschränkte  ; die Umstände , unter denen sie möglich ist , die objektiven Bedingungen einer Handlung [sind] etwas zufälliges , ausserdem ist die Beziehung der Tugend auf ihr Objekt eine

  Daneben am Rande  : der Ausdruk Gesinnung hat die Unbequemlichkeit daß er nicht die Thätigkeit , die handelnde Tugend zugleich mit anzeigt .

5

10

15

20

1

25

4 nicht] folgt gestr  : nicht   9 Unterwerfung .] Punkt vermutlich durch Verweiszeichen überdeckt  11–12 16 eine 〈 ei 〉 über gestr . nur   17 jede beschränkte  ;] folgt gestr  : ihre Veranlassung , unter etwas zuf   über gestr . jede   18 die] folgt gestr  : nicht   20 Grenze ,] folgt gestr  : und e   30

1 völligen über der Zeile mit Einfügungszeichen  3–4 theilweise Knechtschaft] (1) andere Knecht-/ 30 schaft (2) Text  : (auf dem Rande angeschlossen  : theilweise Knecht-)schaft   6 sondern gestr . und wieder­ hergestellt  Tugenden aus Tugend   7 Unterwerfung ,] Unterwerfung  8–15 Modifikationen … hat jede am Rande mit Verweiszeichen  9 Modifikationen] Modif .   15 Tugend] davor nicht gestr  : diese (als Anschlußwort)   16–17 ihrem Namen nach über der Zeile mit Einfügungszeichen   17–18 einzelne , also eine über der Zeile mit Einfügungszeichen   18 beschränkte  ;] folgt über der Zeile gestr  : 35 35 denn   19–20 die objektiven … Handlung über der Zeile   19 objektiven] objekt . nochmals eine Zeile höher  21 ausserdem ist] ausser ist über der Zeile mit Einfügungszeichen  22 der] (1) gegen die die (2) (über der Zeile  : mit) der (aus die1) die (3) (wiederhergestellt  : gegen) die2 (4) mit der über der Zeile (5) Text  : der (aus die2 )  auf ihr Objekt eine 〈 e 〉 über der Zeile  

Text 55

5

10

15

der tugend ist nicht nur positivität …225

der ersten | ihr Gebiet hat , so k­ ommen seine Tugenden zwar nicht in Ansehung ihrer Gränze in Kollision , nicht die Gesinnung für sich allein betrachtet , aber im Handeln , in Ansehung des Stoffs  ; ein Recht , das für die eine Beziehung aufgegeben wurde  , kan es nicht mehr für die andre werden , oder wird es für die andre aufgespart , so muß die erste darben . Sowie sich die Beziehungen mehren , wächst auch die Menge der Tugenden , damit die Menge noth­wen­d i­ger Kollisionen , und die Unmöglichkeit alle zu erfüllen . Will er unter der Menge von Glaübigern , die er nicht alle befriedigen kan , eine Rangordnung machen , so erklärt er sich gegen die , die er hintansezt , für nicht so schuldig als gegen andere ,

einzelne  ; und schließt nicht nur Beziehungen derselben Tugend auf andre Objekte aus . so hat jede Tugend in ih­ rem Be­g riffe sowohl als auch in ihrer Thätigkeit ihre Grenze , die sie nicht überschreiten kan  ; Ist der Mensch von dieser bestimmten Tugend nur ein so tugendhafter Mann , und handelt er auch jenseits der Grenze seiner Tugend , so kan er , indem er seiner Tugend getreu bleibt nur lasterhaft handeln  ; wohnt in ihm aber auch die andere Tugend , die jenseits der Grenze der ersten | ihr Gebiet hat , so kan man zwar sagen , die tugendhafte Gesinnung für sich allein im allgemeinen betrachtet , das heißt abstrahirt von den hier gesezten Tugenden , komme nicht in Kollision  ; weil die tugendhafte Gesinnung

20 1 ersten] folgt gestr  : Tugend statthat ,   3 Kollision , ] folgt gestr  : aber in Ansehung   4 Gesinnung]

davor gestr  : Ge /   6 für die aus an ein   7 Beziehung gestr . und wiederhergestellt  8 werden] werben   9 aufgespart aus aufgehoben ,   13 Menge nothwendiger] (1) nothwendige Men (2) Text  : (über der 14 alle über der Zeile mit Ein25 Zeile mit Einfügungszeichen  : Menge) nothwendiger (aus nothwendige)   fügungszeichen  17–18 erklärt er … hintansezt] (1) muß er / einige hin (2) Text  : er-/klärt (aus er) 19–228,1 25 er (sich gegen die über der Zeile mit Einfügungszeichen) , die er hintansezt ( folgt gestr  : für)   gegen andere … nennt  ;] (1) die höhern (2) auf dem Rande angeschlossen  : gegen die höhern  ; (3) Text  :

30 30

35

40

1 schließt (davor gestr  : sie (ohne i-Punkt)) über der Zeile mit Einfügungszeichen   nicht nur über der Zeile 2–3 derselben Tugend … aus . über der Zeile mit Einfügungszeichen   mit Einfügungszeichen   3–5 in ihrem … Thätigkeit über der Zeile und auf dem Rande fortgesetzt (mit Einfügungszeichen)  4 in aus d   6–8 Ist der … Mann ,] (1) (über der Zeile  : ist) der so (über der Zeile mit Einfügungszeichen) (2) ist der Mann (auf dem Rande angeschlossen) (3) Text  : am Rande  : (über der Zeile mit Einfügungszeichen  : Ist der) Mensch (aus Mann) von dieser … Mann ,   8–9 und handelt er 〈 denn 〉 auch über der Zeile   9 der über der Zeile   seiner Tugend über der Zeile mit Einfügungszeichen  10–11 er , indem … bleibt auf dem Rande angeschlossen   12 wohnt in ihm über der Zeile   14–15 kan man … tugendhafte über der Zeile begonnen und auf dem Rande fortgesetzt ( folgt vers . nicht gestr  : zwar nicht (Erstfassung))   16 im allgemeinen über der Zeile mit Einfügungszeichen  17–226,8 das heißt … abgewiesen . am Rande mit Verweiszeichen   17 das] davor gestr  : dahin   17–18 den hier gesezten] (1) diesen (a) bestimm (b) angenommenen (2) Text  : (über der Zeile  : den hier ( folgt gestr  : aber)) gesezten (aus angenommenen)   18 Tugenden ,] folgt gestr . , wiederhergestellt und erneut gestr  : in Kollision w   19 die tugendhafte] d . tugendh .  

102v

102v

226

103r

frankfurter manuskripte · christliche religion

die er höhere nennt  ; Tugenden können also aufhören , absolute Pflicht [zu] seyn , sie können sogar Laster werden – In dieser Vielseitigkeit der Bezie­hungen und Menge der Tugenden bleibt nichts übrig , als Verzweiflung der Tugend , und Verbrechen der Tugend selbst . Nur wenn keine Tugend darauf Anspruch macht , in ihrer beschränkten Form fest zu bestehen , wenn sie darauf Verzicht thut , | auch in dem Verhältnisse , in welchem sie allein eintreten kan , eintreten zu müssen  ; wenn der lebendige Geist allein nach dem Ganzen seiner Lage , tugendhaft handelt , sich selbst beschränkt dann bleibt nur die Vielseitigkeit der Verhältnisse , aber die Menge absoluter , und unverträglicher Tugenden schwindet . Es ist hier nicht davon die Rede , daß bei allen Tugenden ein und dasselbe Princip zum Grunde liegt , welches immer dasselbe unter verschiedenen Verhältnissen in verschiedener Modifikation , als eine besondere Tugend erscheint  ; denn ebendarum , weil jenes Princip ein allgemeines und darum ein Be­g riff ist , so m u ß unter bestimmten Verhältnissen no t h­w e n­d i g seine Modi-

Text 55

nur eines ist  ; allein damit ist die Voraussezung aufgehoben , und beide Tugenden gesezt so hebt die Übung der einen den Stoff und damit die Möglichkeit der Ausübung der andern die ebenso absolut ist , auf , und die gegründete Foderung der andern ist abgewiesen . ein Recht , das für die eine Beziehung aufgegeben wurde  , kan es nicht mehr für die andre werden , oder wird es für die andre aufgespart , so muß die erste darben . Sowie sich die Mannichfaltigkeit der menschlichen Verhältnisse mehrt , wächst auch die Menge der Tugenden , damit die Menge nothwendiger Kollisionen , und die Unmöglichkeit sie zu erfüllen . Will der Vieltugendliche unter der Menge seiner Glaübiger , die er nicht alle befriedigen kan , eine Rangordnung machen , so erklärt er sich gegen die , die er hintansezt , für nicht so schuldig als gegen andere , die er höhere nennt  ; Tugenden können also aufhören , absolute Pflicht [zu] seyn , sie können sogar Laster werden – In dieser Vielseitigkeit der Beziehungen und Menge der Tugenden bleibt nichts übrig , als Verzweiflung der Tugend , und Ver-

5

10

15

20

25

30

gegen (andere , die er über der Zeile) höhere (aus höhern  ;) nennt  ;   1–2 können aus könnten   2 30 Pflicht aus Pflichten   7 Verbrechen] davor gestr  : Laster .  Verbrechen] folgt über der Zeile gestr  : a   9 ihrer] folgt gestr  : S   10 sie] folgt gestr  : auch   11 in] davor gestr  : ind   13 kan ,] folgt gestr  : nicht   14 allein] folgt gestr  : erst   dem] davor gestr  : v   16 beschränkt] davor gestr  : bestimmt ,   27 allge35 meines] folgt gestr  : ist ,   und aus Komma   1 ist 2 aus wird   3 hebt] davor gestr  : (1) wird (2) kann   5 der Ausübung über der Zeile   6–7 ge- 35 7 ist] zuerst  : wird   13–14 Mannichfaltigkeit der gründete unter der Zeile mit Einfügungszeichen   menschlichen Verhältnisse über der Zeile mit Einfügungszeichen  14 mehrt aus mehren  17 sie über der Zeile  18 der Vieltugendliche auf dem Rande angeschlossen  19 seiner Glaübiger aus von Glaü­bigern  

Text 55

5

10

15

20

25

der tugend ist nicht nur positivität …227

fikation , eine bestimmte Tugend , eine gewisse Pflicht eintreten  ; und gegen solchen Bestand , eine solche Absolutheit der Tugenden ist ja gerade gesprochen worden , weil sie sich gegenseitig zerstöhren  ; die Verhältnisse sind mannichfaltig , also wären die Tugenden auch mannichfaltig , das Princip , die Regel für alle , da die Verhältnisse unwandelbar sind , sind es auch die Tugenden  ; | die Einheit derselben , durch die Regel , ist nur scheinbar , weil sie nur gedacht ist , und eine solche Einheit die Mannichfaltigkeit weder aufhebt , noch vereinigt . Ein lebendiges Band der Tugenden , eine lebendige Einheit ist eine ganz andre , sie stellt nicht für bestimmte Verhältnisse eine bestimmte Tugend auf , sondern erscheint auch im buntesten Gemische von Beziehungen unzerrissen und einfach  ; ihre aüssere Gestalt kan sich auf die unendlichste Art modificiren , sie wird nie zweymal dieselbe haben , und ihre Aüsserung wird nie eine Regel geben können , denn sie wird nie die Form eines

brechen der Tugend selbst . Nur wenn keine Tugend darauf Anspruch macht , in ihrer beschränkten Form fest und absolut zu bestehen , wenn sie darauf Verzicht thut , | auch in dem Verhältnisse , in welchem sie allein eintreten kan , eintreten zu müssen  ; wenn der Eine lebendige Geist allein nach dem Ganzen der gegebnen Verhältnisse aber in völliger Unbeschränktheit ohne durch ihre Mannichfaltigkeit zugleich ge­theilt zu werden handelt , sich selbst beschränkt dann bleibt nur die Vielseitigkeit der Verhältnisse , aber die Menge absoluter , und unverträglicher Tugenden schwindet . Es kan hier nicht davon die Rede seyn , daß bei allen Tugenden ein und eben derselbe Grundsaz zum Grunde liegt , welcher immer derselbe unter verschiedenen Verhältnissen in verschiedener Modifikation , als eine besondere Tugend erscheint  ; denn ebendarum  , weil ein solches Princip ein allgemeines und also ein Be­g riff ist , so mu ß unter bestimmten Verhältnissen n o t hwe n d i g die be-

1 eine1] folgt gestr  : gew   3 solchen] (1) solche Tugenden (2) Text (aus solche)  solche] davor gestr  : eine  7 die] davor gestr  : es   9 für alle] (1) aller (2) Text  : (über der Zeile  : für) alle (aus aller)  10–11 30 Tugenden  ;] Tugenden    11 die] davor gestr  : das   17–19 stellt nicht … Tugend auf  ,] (1) hat nicht 30 für bestimmte (über der Zeile) Verhältnisse eine bestimmte Tugend (2) gibt (über der Zeile) nicht … Tugend an , (3) Text stellt (über der Zeile) nicht … auf (aus an) ,   21 unzerrissen] davor gestr  : rein (ohne i-Punkt)   23 nie] folgt gestr  : in   24 und über der Zeile   26 sie über der Zeile mit Einfügungszeichen   3–4 fest und absolut auf dem Rande angeschlossen  8 Eine über der Zeile mit Einfügungszeichen  9–12 … werden über der Zeile begonnen und auf dem Rande fortgesetzt  10 ohne] davor gestr  : 35 durch sie   12 zu aus w   16–17 kan hier … seyn] kan (über der Zeile) hier nicht davon die Rede seyn (über der Zeile mit Einfügungszeichen)   18–19 eben derselbe Grundsaz] eben (über der Zeile) derselbe (aus dasselbe) Grundsaz (auf dem Rande angeschlossen)  19 welcher aus welches   20 derselbe] dasselbe  23 ein solches über der Zeile mit Einfügungszeichen  24 also über der Zeile  26–228,1 die bestimmte Anwendung auf dem Rande angeschlossen  

35 der gegebnen

103r

103v

228

103v

frankfurter manuskripte · christliche religion

allgemeinen gegen besondres haben – Wie die Tugend das Complement des Gehorsams gegen die Geseze ist , so ist die Liebe das Complement der Tugenden  ; alle Einseitigkeiten , alle Ausschliessungen , alle Schranken der Tugenden sind durch sie aufgehoben , denn sie ist die lebendige Beziehung der Wesen selbst  ; in ihr sind alle Trennungen , alle beschränkten Verhältnisse verschwunden , so hören auch die Beschränkungen der Tugenden auf  ; wo bleibt für Tugenden Raum , wenn kein Recht mehr aufzugeben ist  ? |

Text 55

stimmte Anwendung eine bestimmte Tugend , eine gewisse Pflicht eintreten  ; (die mannichfachen Verhältnisse als gegebne Wirklichkeiten , ebenso das Princip die Regel für alle und also die Anwendungen des Princips auf die Wirklichkeiten , die mannichfaltigen Tugenden sind unwandelbar  ;) in einer solchen Absolutheit des Bestehens zerstöhren sich die Tugenden gegenseitig  ; | die Einheit derselben , durch die Regel , ist nur scheinbar , weil sie nur ein Gedachtes ist , und eine solche Einheit die Mannichfaltigkeit weder auf­ hebt , noch vereinigt , sondern in ihrer ganzen Stärke bestehen läßt . Ein lebendiges Band der Tugenden , eine lebendige Einheit ist eine ganz andre , als die Einheit des Be­g riffs , sie stellt nicht für bestimmte Verhältnisse eine ­bestimmte Tugend auf , sondern erscheint auch im buntesten Gemische von Beziehungen unzerrissen und einfach  ; ihre aüssere Gestalt kan sich auf die unendlichste Art modificiren , sie wird nie zweymal dieselbe haben , und ihre Aüsserung wird nie eine Regel geben können , denn sie hat nie die

5

10

15

20

25

30

4 so] folgt gestr  : die   7 aufgehoben] (1) aufgegeben (2) fehlerhafter Korrekturansatz  : aufhogeben (3) 8 ist] folgt gestr  : das Band der W   Text   30 3–8 (die mannichfachen … unwandelbar  ;) am Rande mit Verweiszeichen   3 die] folgt gestr  : V   5 für alle in eigener Kurzeile  7 mannichfaltigen unter der Zeile mit Einfügungszeichen  8 in über der Zeile  einer über der Zeile mit Einfügungszeichen  9 solchen aus solche  9–11 des Bestehens … gegenseitig  ;] (des Bestehens … Tugenden  ; auf dem Rande angeschlossen)  ; gegenseitig (Erstfassung) vor 35 das Semikolon gestellt  ; folgt eine Zeile darunter vers . nicht gestr  : sind   13 ein Gedachtes] (1) gedacht 35 (2) (über der Zeile  : eine) Gedachte (aus gedacht) (3) Text (aus eine Gedachte)   15–16 sondern in … läßt . auf dem Rande angeschlossen  ; es folgt in etwas größerer Schrift  : A  ; darunter eine quer über die ganze Seitenbreite gezogene Linie   19 als die … BegriVs , auf dem Rande angeschlossen  28–229,2 hat nie … be­sondres] (1) wird nie … besondres haben (2) Text (hat auf dem Rande angeschlossen)  

Text 55

der tugend ist nicht nur positivität …229

5

10

15

20

25

Liebe , fodert Jesus , soll die Seele seiner Freunde seyn , ein neu Gebot gebe ich euch , daß ihr euch untereinander liebt  ; daran wird man erkennen , daß ihr meine Schüler seyd – dem Gebote der Liebe Gottes sezt er an die Seite im Rang , Liebe zu dem Nächsten (das heißt nicht zu allen Menschen  ; die Menschenliebe , die sich auf alle erstrekken soll , von denen man auch nichts weiß , die man nicht kennt , mit denen man in keiner Beziehung steht , ist eine schaale aber charakteristische

Form eines allgemeinen gegen besondres – Wie die Tugend das Complement des Gehorsams gegen die Ge­seze ist , so ist die Liebe das Complement der Tugenden  ; alle Einseitigkeiten , alle Ausschliessungen , alle Schranken der Tugenden sind durch sie aufgehoben , es gibt keine tugendhafte Sünden , oder sündige Tugenden mehr . denn sie ist die ­lebendige Beziehung der Wesen selbst  ; in ihr sind alle Trennungen , alle beschränkten Verhältnisse verschwunden , so hören auch die Beschränkungen der Tugenden auf  ; wo bliebe für Tugenden Raum , wenn kein Recht mehr aufzugeben ist  ? | Liebe , fodert Jesus , soll die Seele seiner Freunde seyn , ein neu Gebot gebe ich euch , daß ihr euch untereinander liebt  ; daran wird man erkennen , daß ihr meine Freunde seyd . Diese allgemeine Menschenliebe ist eine schaale aber cha­rakteristische Erfindung der Zeiten , welche nicht umhin können , idealische Foderungen , Tugenden ge­ gen ein Gedankending aufzustellen , um in solchen gedachten Objekten recht prächtig zu erscheinen , da ihre Wirklichkeit so arm ist . – Die Liebe zu

30

30 17 Liebe , fodert Jesus , ] (1) Liebe macht J . zur (2) Text  : Liebe[ , ] (über der Zeile  : fodert) J .   23 im

Rang] (1) an Wichtigkeit (2) Text (im aus an)  24 Menschen] Menschen〈 l i 〉  ; es   29 aber charakteristische unter der Zeile mit Einfügungszeichen   35 8–9 es gibt … mehr . am Rande mit Verweiszeichen   14 bliebe aus bleibt  21 Freunde seyd . auf dem

Rande angeschlossen  ; folgt in etwas größerer Schrift  : B ( )  ; darunter gestr  : Liebe gegen den Nächsten , wenn 35 sie zur Pflicht werden sollte müßte freilich etwa so (Kant Ethik S . 39 .) g   21–22 Diese allgemeine

Menschenliebe am Rande  21 Diese aus Derse?  ; folgt gestr  : allgem  23 der über der Zeile   27 in solchen … Objekten] (1) gegen solche 〈 Ge 〉 gedachte Objekte (2) Text  : (über der Zeile  : in) solchen (aus solche) gedachte[n] Objekte[n]  

104r

104r

230

104v

104v

105r

frankfurter manuskripte · christliche religion

Erfindung unserer Zeiten  , welche nicht umhin können , idealische Foderungen , Tugenden gegen ein Ideal , ein Gedankending aufzustellen , um gegen solche gedachte Objekte recht prächtig zu erscheinen , da ihre Wirk­ lichkeit so arm ist . – Die Liebe zu dem Nächsten , ist Liebe zu den Menschen , mit den man , so wie man mit ihnen in Beziehung kommt  ; nur gegen solche ist Liebe möglich .) Freilich kan Liebe nicht geboten werden , freilich ist sie pathologisch , eine Neigung , – aber damit ist ihr wahrlich von ihrer Grösse nichts benommen , sie ist damit gar nicht her­ab | ge­sezt   ; geboten kan freilich nur das werden , was innerhalb des Willens liegt , und von einem , von dem dieser Willen abhangen kan  ; freilich kan nur die Vernunft gebieten , kan nur das Pflichtmässige geboten werden , weil Vernunft und Pflicht , Entgegensezung und Freiheit voraussezt  ; nur dem freien Willen kan geboten werden  ; das Soll drükt die Entgegen­ sezung des Gedankens gegen die Wirklichkeit aus  ; und so kan Liebe gewiß

Text 55

dem Nächsten , ist Liebe zu den Menschen , so wie jeder mit ihnen in Beziehung kommt . Ein gedachtes kan kein geliebtes seyn . Freilich kan Liebe nicht geboten werden , freilich ist sie pathologisch , eine Neigung , – aber da­m it ist ihr von ihrer Grösse nichts benommen , sie ist damit gar nicht her­ab |g  e­ sezt , daß ihr Wesen keine Herrschaft über ein ihr fremdes ist  ; sie ist aber ­d adurch so wenig unter Pflicht und Recht , daß es vielmehr ihr Triumph ist , über nichts zu herrschen , und ohne feindliche Macht gegen ein andres zu seyn  ; die Liebe hat gesiegt heißt nicht , wie die Pflicht hat gesiegt , sie hat die Feinde unterjocht , sondern sie hat die Feindschaft überwunden . Es ist der Liebe eine Art von Unehre , wenn sie geboten wird , daß sie , ein lebendiges , ein Geist , mit Namen genannt wird  ; ihr Name , daß über sie reflektirt wird , und Aussprechen derselben ist nicht Geist , nicht ihr Wesen , sondern ihm entgegengesezt , und nur als Namen , als Wort kan sie geboten , es kan nur gesagt | werden  : du sollt lieben  ; die

5

10

15

20

25

3 Tugenden] folgt gestr  : eines   4 ein] folgt gestr  : Ideal , ein   12 werden ,] folgt gestr  : ab   14 ihrer 30 aus ihrem   15 Grösse gestr . und wiederhergestellt  ; folgt gestr  : R  nichts] nicht  sie aus es   19 abhangen kan] (1) abhängt (2) Text (auf dem Rande angeschlossen)  21 das über der Zeile mit Einfü- 30 gungszeichen  Pflichtmässige aus Pflichtg   22 Vernunft aus die   22–23 Entgegensezung] Entgegengesung   2 so wie jeder] (1) mit denen jeder (über der Zeile) so wie man (2) Text  : (vers . nicht gestr  : mit denen) so wie jeder (über der Zeile)  3–4 kommt . Ein … seyn .] kommt . (zuerst  : kommt  ;) (Ein … seyn . über 35 9 daß über der Zeile   12 es über der Zeile   15–17 35 der Zeile begonnen und auf dem Rande fortgesetzt)   nicht , wie … hat auf dem Rande angeschlossen  17 die über der Zeile  18–19 Es ist der Liebe über der Zeile  19–20 wenn sie geboten wird , auf dem Rande angeschlossen  22–23 daß über … wird , und] auf dem Rande angeschlossen  : daß (aus das) (über … wird , und)   22 reflektirt aus ü   23 und unvollständig (am Innenrand)  

Text 55

5

10

15

20

25

der tugend ist nicht nur positivität …231

nicht in diesem Sinne geboten werden , weil ihr Wesen keine Herrschaft über ein ihr fremdes ist  ; sie ist aber dadurch so wenig unter Pflicht und Recht , daß diß vielmehr ihr Triumph ist , über nichts zu herrschen , und ohne feindliche Macht gegen ein andres zu seyn  ; die Liebe hat gesiegt heißt , sie hat alle Feindschaft überwunden . Wenn Liebe geboten wird , so ist ihr diß eine Art von Unehre , daß sie , ein lebendiges , ein Geist , mit Namen genannt wird  ; und ihr Name freilich das Aussprechen derselben ist auch nicht Geist , nicht ihr Wesen , sondern ihm entgegengesezt , und nur als Namen , als Wort kan sie geboten , es kan nur gesagt | werden  : du sollt lieben  ; die Liebe selbst spricht kein Sollen aus . Erst durch sie wird die Macht des Objektiven gebrochen , denn durch sie wird dessen Ganzes Gebiete gestürzt  ; die Tugenden sezten durch ihre Grenze ausserhalb derselben immer noch ein objektives , und die Vielheit der Tugenden eine um so grössere unüberwindliche Mannichfaltigkeit des objektiven  ;

Liebe selbst spricht kein Sollen aus  ; sie ist kein einer Besonderheit entgegengeseztes Allgemeines  ; nicht eine Einheit des Be­g riffs , sondern Einigkeit des Geistes , Göttlichkeit  ; Gott lieben ist sich im All des Lebens , schrankenlos im Unendlichen fühlen  ; in diesem Gefühl der Harmonie ist freilich keine Allgemeinheit  ; denn in der Harmonie ist das Besondre nicht widerstreitend , sondern einklingend , sonst wäre keine Harmonie  ; und liebe deinen Nächsten als dich selbst , heißt nicht ihn so sehr lieben , als sich selbst  ; denn sich selbst lieben ist ein Wort ohne Sinn  ; sondern liebe ihn als der du ist , ein Gefühl des gleichen , nicht mächtigern nicht schwächern Lebens . Erst durch die Liebe wird die Macht des Objektiven gebrochen , denn durch sie wird dessen Ganzes Gebiete gestürzt  ; die Tugenden sezten durch ihre Grenze ausserhalb derselben immer noch ein objektives , und die Vielheit der Tu­genden eine um so grössere unüberwindliche Mannichfaltigkeit des

30

1 in diesem Sinne auf dem Rande angeschlossen  diesem] folgt gestr  : Ge   2 über] folgt gestr  : d   6–7 feindliche über der Zeile mit Einfügungszeichen   8 Liebe] Liede   9 Feindschaft] folgt gestr  : (1) ver 30 (2) übe (3) verso   überwunden .] zuerst  : überwunden , u   11 ein lebendiges , ] (1) der lebendige , (2) Text  : ein (über der Zeile) lebendiges , (aus lebendige , )  12 wird  ;] folgt gestr  : und   13 freilich] folgt gestr  : ihre  das auf dem Rande angeschlossen  14 nicht ihr auf dem Rande angeschlossen  16 nur] folgt gestr  : in s   17 geboten] folgt gestr  : werden   werden  :] zuerst  : werden ,   18 spricht] (1) drükt 35 (2) Text (auf dem Rande angeschlossen)   23 die] (1) bei den (2) Text (aus die)   24 ausserhalb aus 35 ausser d   26 eine über der Zeile mit Einfügungszeichen  so] folgt gestr  : mehrere obje   1–18 aus  ; sie … Lebens .] (1) aus . (2) Text  : aus  ; (aus aus .) (sie … Lebens . am ursprüngl . Absatzende angeschlossen und auf dem Rande fortgesetzt)  7 in diesem] (1) diß (2) Text  : in (vor der Zeile hinzugefügt) diesem ((Ms  : dießem) aus diß)  16 ist] vielleicht zu lesen  : bist  

105r

232

frankfurter manuskripte · christliche religion

nur die Liebe hat keine Grenze , was sie nicht vereinigt hat , hat sie übersehen , oder noch nicht ent­w ikelt , es steht ihr nicht gegenüber .

105v

105v

Der Lieblosigkeit der Juden konnte Jesus nicht geradezu die Liebe entgegenstellen , denn die Lieblosigkeit als etwas negatives muß sich noth­wen­d ig in einer Form zeigen , und diese Form , ihr positives ist Gesez und Recht  ; in dieser rechtmässigen Gestalt tritt sie auch immer auf  ; so in der Geschichte der Maria Magdalena im Munde Simons  : wäre dieser ein Prophet , so würde er wissen daß diese eine Sünderin ist  ? so finden die Pharisäer es unschiklich , daß er mit Zöllnern und Sündern umgeht . | Der Abschied , den Jesus von seinen Freunden nahm , war die Feier eines Mahls der Liebe  ; Liebe ist noch nicht Religion , dieses Mahl also auch keine eigentlich religiöse Handlung  ; denn nur eine durch Einbildungskraft ob­jek­ tivirte Kraft , oder Menge von Kräften kan Gegenstand einer religiösen Verehrung seyn  ; in einem Mahl der Liebe aber lebt und aüssert sich die Liebe

Text 55

objektiven  ; nur die Liebe hat keine Grenze , was sie nicht vereinigt hat , ist ihr nicht objektiv , sie hat es übersehen , oder noch nicht entwikelt , es steht ihr nicht gegenüber . |

5

10

15

Der Abschied , den Jesus von seinen Freunden nahm , war die Feier eines Mahls der Liebe  ; Liebe ist noch nicht Religion , dieses Mahl also auch keine eigentlich religiöse Handlung  ; denn nur eine durch Einbildungskraft objektivirte Vereinigung in Liebe , kan Gegenstand einer religiösen Verehrung seyn  ; bei einem Mahl der Liebe aber lebt und aüssert sich die Liebe selbst  ;

20

25

30

1 hat] (1) ist (2) Text (auf dem Rande angeschlossen)  4 gegenüber .] folgt gestr  : Der Lieb   8 die aus 30 8–9 als etwas negatives über der Zeile mit Einfügungszeichen   10–11 diese Form , ihr positijede   ves] (1) diese (2) Form , ihr positives auf dem Rande angeschlossen (3) Text (diese über der Zeile mit Einfügungszeichen)  13 so] folgt gestr  : im St  Geschichte] Gesch .   14 Magdalena] Magd .   14–15 Simons  :] zuerst  : Simons ,   15 dieser über gestr . J .   17 Pharisäer aus J   19 Sündern aus s   23 35 dieses aus der   25 nur] folgt gestr  : die   durch] davor gestr  : (1) Kra (2) zum   25–26 objektivirte] 35 davor gestr  : zum Theil   27 einer] (1) der (2) Text (auf dem Rande angeschlossen)   1 die Liebe über der Zeile   2–3 ist ihr … sie über der Zeile   3 es über der Zeile   26 Vereinigung in Liebe , auf dem Rande angeschlossen  28 bei über der Zeile  

Text 55

5

10

15

der tugend ist nicht nur positivität …233

selbst  ; und alle Handlungen dabei sind nur Ausdrükke der Liebe , Jesus brach das Brod , nehmet hin diß ist mein Leib , für euch gegeben , thuts zu meinem Gedächtnis  ; desselbigen gleichen nahm er den Kelch , trinket alle daraus , es ist mein Blut des Neuen Testaments für euch und für viele zur Vergebung der Sünden vergossen  ; thut diß zu meinem Gedächtnis  ! Aber diß Essen schwebt zwischen ei­ nem Zusammenessen der Freundschaft , und einem religiösen Akt , und dieses Schweben macht es schwer , seinen Geist deutlich zu bezeichnen . |

20

25

Wenn ein Araber eine Tasse Kaffee mit einem Fremden getrunken hat , so ist er sein Freund , diese Ge­meinschaftliche Handlung hat sie verknüpft , und eine Folge dieser Verknüpfung ist , daß er

und alle Handlungen dabei sind nur Ausdrükke der Liebe  ; die Liebe selbst ist nur als Empfindung vorhanden , nicht zugleich als Bild  ; das Gefühl und die Vorstellung desselben sind nicht durch Phantasie vereinigt . Aber bei dem Mahle der Liebe kommt doch auch objektives vor , an welches die Empfindung geknüpft , aber nicht in Ein Bild vereinigt ist , und darum schwebt diß Essen zwischen einem Zusammen­essen der Freundschaft , und einem religiösen Akt , und dieses Schweben macht es schwer , seinen Geist deutlich zu be­­ zeichnen . Jesus brach das Brod , nehmet hin diß ist mein Leib , für euch gegeben , thuts zu meinem Gedächtnis  ; desselbigen gleichen nahm er den Kelch , trinket alle daraus , es ist mein Blut des Neuen Testaments für euch und für viele zur Vergebung der Sünden vergossen  ; thut diß zu meinem Gedächtnis  ! | Wenn ein Araber eine Tasse Kaffee mit einem Fremden getrunken hat , so hat er damit einen FreundschaftsBund mit ihm gemacht , diese Gemeinschaftliche Handlung hat sie verknüpft , und durch

1 und] folgt gestr  : d   3 Brod ,] folgt gestr  : esset   7 Neuen] neuen Neuen  Testaments] Test .   8 13 und 2 ] folgt gestr  : eben   27 viele] folgt gestr  : vergossen   12 Zusammenessen] davor gestr  : freu   30 Folge] folgt gestr  : derselb  

30

2–10 die Liebe … darum auf dem Rande angeschlossen  3 Empfindung] zuerst  : Empfindung  , nicht   4 Bild  ;] folgt gestr  : vor der   5 desselben über der Zeile   6 bei aus in   7 kommt doch auch] (1) kommt (aus kommen) zugleich auch (2) Text  : (kommt doch unter der Zeile) auch (über der Zeile)   8 35 welches] davor gestr  : dem   9 geknüpft] folgt gestr  : wird   10–15 schwebt diß … bezeichnen . mit 15–22 Jesus brach … Gedächtnis ! am Anfang und am Ende durch senk35 Verweiszeichen angeschlossen   rechte Striche begrenzt und durch die Anweisung Jesus brach etc . – Gedächtnis  ! umgestellt  24–25 hat er damit auf dem Rande angeschlossen  25–26 einen FreundschaftsBund … gemacht] einen (aus seinen) Freund(schaftsBund mit ihm gemacht über der Zeile mit Einfügungszeichen)  27–234,1 durch diese auf dem Rande angeschlossen  

106r

106r

234

frankfurter manuskripte · christliche religion

ihm alles , was Freundschaft mit einem Fremden , diesem erweisen kan , erweist  ; Das gemeinschaftliche Essen und Trinken ist hier nicht das , was man ein Zeichen nennt  ; die Verbindung zwischen Zeichen und Bezeichneten ist nicht Geist , es ist ein objektives Band  ; sie sind einander fremd , mit jemand essen und trinken , ist ein Akt der Vereinigung selbst  ; nicht ein konventionelles Zeichen  ; ein Zusammenessen an einer table d’hote ist freilich nicht verknüpfendes  ; aber dadurch , daß alle wissen , daß sie einander Fremde , und bloß des Bedürfnisses halber hier sind , sind sie isoliert . ehrliche Leute , die in Feindschaft miteinander stehen , werden an einem andern Ort (als an einer table d’hote ) kein Glas Wein miteinander [trinken] , sie haben sich dann innerlich schon versöhnt .   Das gemeinschaftliche Nachtessen Jesu und seiner Jünger ist an sich schon ein Akt

Text 55

diese Verknüpfung ist der Araber zu aller Treue und Hülfe gegen ihn verbunden . Das gemeinschaftliche Essen und Trinken ist hier nicht das , was man ein Zeichen nennt  ; die Verbindung zwischen Zeichen und Bezeichneten ist nicht selbst Geistig , Leben , es ist ein objektives Band  ; Zeichen und Bezeichnetes sind einander fremd , und ihre Verbindung ist ausser ihnen nur in einem dritten , eine gedachte . mit jemand essen und trinken , ist ein Akt der Vereinigung , und eine gefühlte Ver­ einigung selbst , nicht ein konventionelles Zeichen  ; es wird gegen die Empfindung natürlicher Menschen seyn , die Feinde sind , ein Glas Wein miteinander zu trinken , dem Gefühl der Gemeinschaft in dieser Handlung , würde ihre sonstige Stimmung gegeneinan­ der widersprechen .   Das gemein­­ schaftliche Nachtessen Jesu und sei­­ ner Jünger ist an sich schon ein Akt

5

10

15

20

25

1 was] folgt gestr  : die   2 diesem über der Zeile   4 ist] folgt gestr  : d   7 objektives aus objektikes (v über der Zeile)   10 selbst  ; auf dem Rande angeschlossen   11 Zeichen  ;] folgt gestr  : wie et   13–16 25 dadurch , daß … isolirt . auf dem Rande angeschlossen  16 ehrliche] davor gestr  : b   21 Das] davor ein Spatium von etwa einer Wortlänge   30

1–3 der Araber … verbunden . auf dem Rande angeschlossen (der aus Komma)  7 selbst Geistig , Le­ ben ,] auf dem Rande angeschlossen  : (1) Geist , sie (2) eine geistige (3) (über der Zeile  : selbst) geistig (aus geistige) , lebendig (4) selbst (Geistig , Leben aus geistig , lebendig) Gefühl (5) Text  8–9 Zeichen 30 und … einander] (1) Sie sind ein / ander (2) Text  : (auf dem Rande angeschlossen  : Zeichen und … sind ein-)ander   9 Bezeichnetes aus Bezeichnets   9–11 und ihre … gedachte . am Rande mit Verweiszeichen   10 Verbindung] folgt gestr  : ist   ausser ihnen über der Zeile mit Einfügungszeichen   11 dritten , ] folgt gestr  : Geiste ,   12 ist] folgt über der Zeile gestr  : s  Akt gestr . und wiederhergestellt   35 13 und unter der Zeile mit Einfügungszeichen   13–14 eine gefühlte Vereinigung selbst[ ,] über der 35 Zeile   15–16 es wird … Empfindung am Rande   16 natürlicher Menschen seyn , über der Zeile   17 sind über der Zeile   ein Glas auf dem Rande angeschlossen  18 zu trinken , 〈 sie 〉 über der Zeile mit 18–21 dem Gefühl … widersprechen . auf dem Rande angeschlossen  18 dem] Einfügungszeichen   (1) dem (2) das (aus dem) (3) Text (unter der Zeile mit Einfügungszeichen)  

Text 55

5

10

15

20

25

der tugend ist nicht nur positivität …235

der Freundschaft  ; noch verknüpfender ist das Essen vom gleichen Brode , das Trinken aus dem | gleichen Kelche  ; auch diß ist kein Zeichen der Freundschaft , sondern ein Akt , eine Aüsserung der Freundschaft selbst  ; es ist im Geist der Liebe geschehen . Aber das weitere , die Erklärung Jesu  : diß ist mein Leib , diß ist mein Blut , nähert die Handlung einer religiösen , aber macht sie nicht dazu  ; diese Erklärung und die damit verbundne Handlung des Aus­thei­lens und des Essens und Trinkens , macht die Empfindung zum theil objektiv , stellt sie sichtbar dar  ; und diese Handlung ist zugleich nicht blos objektiv , es ist mehr in ihr , als gesehen wird , sie ist eine mystische Handlung  ; der Zuschauer , der ihre Freundschaft nicht gekannt , und die Worte Jesu nicht verstanden hätte , hätte nichts gesehen , als das Aus­thei­ len von etwas Brod und Wein , und das Geniessen derselben  ; so wie , wenn zwei Freunde , die sich schieden , einen Ring brachen , und jeder ein Stük behielt , der Zuschauer nichts sieht , als das

der Freundschaft  ; noch verknüpfender ist das feyerliche Essen vom gleichen Brode , das Trinken aus dem | gleichen Kelche  ; auch diß ist nicht ein blosses Zeichen der Freundschaft , sondern ein Akt , eine Empfindung der Freundschaft selbst  ; des Geistes der Liebe . Aber das weitere , die Erklärung Jesu  : diß ist mein Leib , diß ist mein Blut , nähert die Handlung einer religiösen , aber macht sie nicht dazu  ; diese Erklärung und die damit verbundne Handlung der Aus­thei­lung der Speise und des Tranks macht die Empfindung zum theil objektiv , die Gemeinschaft mit Jesu , ihre Freundschaft untereinander , und die Vereinigung derselben in ihrem Mittelpunkte , ihrem Lehrer wird nicht blos gefühlt  ; sondern indem Jesus das an alle auszutheilende Brod und Wein seinen für sie gegebnen Leib und Blut nennt , so ist die Vereinigung nicht mehr blos empfunden , sondern sie ist sichtbar geworden , sie wird nicht nur in einem Bilde , einer allegorischen Figur vorgestellt , sondern an ein Wirkliches geknüpft , in einem Wirklichen

30

4 kein] folgt gestr  : Ge   13–14 des Austheilens … Trinkens ,] (1) des Essens und Trin-/ (2) Text  : des Aus­thei­lens und des (über der Zeile) Essens und Trinkens ,   20 gekannt aus kannte   23 von] folgt 30 gestr  : Ansatz zu B   25 schieden aus scheiden   einen] davor gestr  : u   26–27 behielt aus erhielt   4 nicht ein blosses auf dem Rande angeschlossen   6 eine Empfindung auf dem Rande angeschlossen   7 des Geistes] des (über der Zeile) Geistes (aus Geist)   13–14 der Aus­thei­lung … Tranks] (1) (der 35 Aus­t hei ­lung aus des Aus­t hei­lens) des Essens und Trinkens (2) Text  : der Aus­t hei­lung der (aus des) (Speise und des Tranks auf dem Rande angeschlossen)  15–236,5 die Gemeinschaft … Aus­thei­lens 16 ihre] (1) das Gefühl der gemei (2) Text (aus der)   20 an alle aus­ 35 am Rande mit Verweiszeichen   zu­thei­lende Brod] (1) Brod alles aus­ge­theil (2) Text  : an (unter der Zeile) (alle aus­zu­thei­lende aus alles ­aus­ge­theil) Brod  21 für sie gegebnen unter der Zeile mit Einfügungszeichen   26–27 Wirkliches aus w  

106v

106v

236 107r

107r

107v

frankfurter manuskripte · christliche religion

Zer­brechen eines brauchbaren Dinges , und | das Theilen in unbrauchbare , werth­lose Stükke  ; das mystische der Stüke hat er nicht gefaßt . So ist objektiv betrachtet das Brod , blosses Brod  ; der Wein , blosser Wein  ; aber beide sind auch noch mehr  ; mit der Erklärung ist auch nicht ein blosses  : Gleichwie [gemeint] , gleichwie die Stükke , die ihr eßt , von Einem Brode sind , der Wein , den ihr trinkt , aus dem gleichen ­Kelche ist , so seid ihr nur den Personen nach verschieden , aber in der Liebe , im Geiste eins  ; sondern indem Jesus an das Brod und den Wein seinen Leib und Blut knüpft , so wird es ein mystisches Brod , mystischer Wein (wie ein vom Geliebten erhaltner Ring) die einen Augenblik objektiv gemachte Liebe , diß zur Sache gewordne subjektive kehrt zu seiner Natur wieder zurük , wird durch Essen wieder subjektiv  ; das was subjektiv an sich ist , aus sich selbst entsteht , und ist , ist objektiv , und wird nun mit uns als ein objektives , als ein fremdes vermischt . | Aber gerade diese Art von Rükkehr , diese Art einer objektiven Vermischung , daß die Liebe in

Text 55

dem Brode gegeben und genossen . Einerseits wird also die Empfindung objektiv , andererseits aber ist diß Brod und Wein und die Handlung des Aus­ thei­lens zugleich nicht blos objektiv , es ist mehr in ihr , als gesehen wird , sie ist eine mystische Handlung  ; der Zuschauer , der ihre Freundschaft nicht gekannt , und die Worte Jesu nicht verstanden hätte , hätte nichts gesehen , als das Aus­thei­len von etwas Brod und Wein , und das Geniessen derselben  ; so wie , wenn scheidende Freunde , einen Ring brachen , und jeder ein Stük behielt , der Zuschauer nichts sieht , als das Zerbrechen eines brauchbaren Dinges , und | das Theilen in unbrauchbare , werthlose Stükke  ; das mystische der Stüke hat er nicht gefaßt . So ist objektiv betrachtet das Brod , blosses Brod  ; der Wein , blosser Wein  ; aber beide sind auch noch mehr  ; dieses Mehr hängt nicht mit den Objekten , als eine Erklärung , durch ein blosses Gleich­w ie zusammen  ; gleichwie die vereinzelten Stükke , die ihr eßt , von Einem Brode [sind] , der Wein , den ihr trinkt , aus dem gleichen Kelche ist , so seid ihr

5

10

15

20

25

30

3 das aus die   4 hat] davor gestr  : ergr   7 mehr  ;] folgt gestr  : die Vertheilung ist nicht   12 seid aus sind   13 verschieden , ] folgt gestr  : d   aber] folgt gestr  : die (aus der) Seelen ,   19 Liebe , ] folgt 30 gestr  : die aus diß  ; daneben am Rande , gestr  : (1) (aber Liebe , Empfindung , kan (2) göttliches kannicht gegessen werden)   21 kehrt] folgt gestr  : aber   25 nun über der Zeile mit Einfügungszeichen   26 vermischt .] vermischt   35

1 dem Brode über der Zeile mit Einfügungszeichen   4 die] folgt gestr  : Han  13 scheidende über der Zeile   22–25 dieses Mehr … zusammen auf dem Rande angeschlossen   23 als über gestr  . wie   35 23–24 Erklärung , ] folgt gestr  : mit dem   24 blosses unter der Zeile mit Einfügungszeichen   25 zusammen  ;] zusammen  ; folgt gestr  : (1) die Sache (2) als der Sinn   vereinzelten über der Zeile mit Einfügungszeichen  

Text 55

5

10

15

20

25

der tugend ist nicht nur positivität …237

etwas sichtbar , an etwas geheftet wird , das zernichtet werden soll , – ist es , was die Handlung nicht zu einer religiösen werden lies  ; Das Brod soll gegessen , der Wein getrunken werden  ; sie können darum nichts göttliches seyn  ; was sie auf der einen Seite voraus haben , daß die Empfindung , die an sie gehef­ tet ist , wieder von ihrer Objektivität zu ihrer Natur gleichsam zurükkehrt , das mystische Objekt , wieder zu ei­nem bloß subjektiven wird , das verlieren sie eben dadurch , daß die Liebe durch sie nicht objektiv genug wird . Etwas göttliches kan nicht in der Gestalt eines zu essenden und zu trinkenden vorhanden seyn  ; der Moment der Göttlichkeit konnte nur augen­blik­lich seyn , solang die Phantasie die schwere Auf­ gabe erfüllen kan , in dem Dinge die Liebe festzuhalten  ; es ist immer zweierlei vorhanden , der Glauben , und das Ding , die Andacht und das Sehen  ; | im Glauben ist der Geist gegenwärtig , dem Sehen , das Brod und Wein  ; es gibt keine Vereinigung für sie  ; in

zwar besondre , aber in der Liebe , im Geiste eins  ; gleichwie ihr alle Theil nimmt an diesem Brode und Wein , so nimmt ihr auch alle an meiner Auf­ opferung Theil  ; oder welche Gleich­ wie’s man darin finden mag  ; allein der Zusammenhang des Objektiven und des Subjektiven , des Brods und der Personen ist nicht der Zusammenhang des Verglichenen mit dem Gleichnis , der Parabel , in welcher das Verschiedene , Verglichne als geschieden als getrennt aufgestellt wird , und nur Vergleichung , das Denken der Gleich­heit verschiedener gefodert wird  ; denn in dieser Verbindung fällt die Ver­schiedenheit weg , also auch die Möglichkeit der Vergleichung . Die heterogenen sind aufs innigste verknüpft  ; in dem Ausdruk Joh 6 ,56 . »wer mein Fleisch ißt , und mein Blut trinkt , bleibt in mir , und ich in ihm« oder Joh 10 ,7 . ich bin die Thüre | und ähnlichen harten Zusammenstellungen muß in der Vorstellung das Verbundne noth­wen­d ig in verschiedene Verglichne getrennt , und die

1 sichtbar] folgt gestr  : wird   2 es] es / es   4 lies  ;] folgt gestr  : Brod   7 Seite] folgt gestr  : gl   8 die1] davor gestr  : sie   10 zurükkehrt aus zurükkehrte   11 das] folgt gestr  : obj   14–15 göttliches] 30 folgt gestr  : (1) ist (darüber gestr  : da) nicht esbar noch trink (2) darf ,   16 essenden] essendes   17–18 30 Göttlichkeit] folgt gestr  : ist   25 das] folgt gestr  : E   26 in über gestr . bei   1 zwar besondre , über der Zeile  2–10 gleichwie ihr … Verglichenen am Rande mit Verweiszeichen   2 gleichwie] davor gestr  : (1) der Zus .hang der (2) oder   3 Brode aus Brodte   7 Objektiven] (1) Din (2) Objekts (3) Text (aus Objekts)   8–9 Personen] davor gestr  : Liebe   10–13 mit dem … auf­ 35 gestellt mit Verweiszeichen über der vorhergehenden Randbemerkung   10 dem aus einem   der] (1) mit 13–240,2 wird , und … Aber unter den beiden vorangehenden Randnotizen 35 einer (2) Text (aus einer)   und einer Notiz zur Erstfassung   15 in] davor gestr  : hier fällt d   18 Die] (1) Das Verglichne und (2) Text (aus Das)  19 verknüpft aus Verknüpfung  20–23 und mein … Thüre in einer Langzeile am unteren Rande   22 ihm«] ihm   23 und] davor gestr  : zu   24 der aus die   25 nothwendig] folgt gestr  : die Vergl   26 getrennt] folgt gestr  : werden-/den  

107v 108r

238

108v

frankfurter manuskripte · christliche religion

einem Apoll , einer Venus muß man wohl den Marmor den zerbrechlichen Stein vergessen , und sieht in ihrer Gestalt nur die Unsterblichen  ; aber reibt die Venus , den Apoll zu Staub , und sprecht  : diß ist Apoll , diß Venus , so ist wohl der Staub vor mir , und das Bild der Götter in mir , aber der Staub und der Gott treten nimmer in eins zusammen . Das Verdienst des Staubes be­stand in seiner Form , diese ist verschwunden , er ist izt die Hauptsache  ; das Verdienst des Brodes bestand in seinem mystischen Sinne , aber zugleich in seiner Eigenschaft , daß es Brod  , e­ s­bar ist , auch in der Verehrung soll es als Brod vorhanden seyn .  Vor dem zum Staube geriebenen Apoll bleibt die Andacht , aber sie kan sich nicht an den Staub wenden  ; der Staub kan an die Andacht erinnern , aber [sie] nicht auf s ich ziehen  ; es entsteht ein Bedauern , diß ist die Empfindung dieser Scheidung , dieses Widerspruchs . Nach dem Nachtmahl der Jünger entstand ein Kummer wegen des bevorstehenden Ver |l ustes ihres Meisters , aber nach

Text 55

Verbindung als eine Vergleichung angesehen werden . Hier aber wer­den (wie die mystische Stükke des Rings) Wein und Brod mystische Objekte  ; indem Jesus sie seinen Leib und Blut nennt , und ein Genuß , eine Empfindung unmittelbar sie begleitet  ; er zerbrach das Brod , gab es seinen Freunden , nehmet , esset  ; diß ist mein Leib , für euch hingegeben  ; so auch den Kelch , trinket alle daraus  ; diß ist mein Blut , das Blut des neuen Bundes , über viele ausgegossen zur Entlassung der Sünden . Nicht nur der Wein ist Blut , auch das Blut ist Geist  ; der g­ emeinschaftliche Becher , das gemeinschaftliche Trinken der Geist eines neuen Bundes , der viele durchdringt , in welchem viele , Leben , zur Erhebung über ihre Sünden trinken  ; und von diesem Gewächse des Wein­stoks werde ich nicht mehr trinken , bis auf jenen Tag der Vollendung , wenn ich es mit euch neu ein neues Leben in dem Reiche meines Vaters mit euch trinken werde . Der Zusammenhang des aus­gegoßnen Blutes und der Freunde Jesu ist nicht , daß es als ein

5

10

15

20

25

30

2 Marmor] folgt gestr  : vergessen   6 so] folgt gestr  : treten   7 wohl der] wohlder mit Trennstrich  vor mir] über der Zeile mit Einfügungszeichen  : (1) vor euch (2) Text  mir] davor gestr  : eu   12 ist] folgt gestr  : die   15 Brod ,] zuerst  : Brod ist   16 Verehrung] darüber gestr  : Anda   17 seyn .] danach ein 30 Spatium von einer Wortlänge , folgt gestr  : Dort bleibt   dem aus der   19 den aus die   23 Empfindung] folgt gestr  : des   2 Hier] (1) In die (2) Text (aus die)   3 die] folgt gestr  : Stükke   4 indem] indem / indem   5 sie 35 seinen] (1) seinen (2) Text  : sie (aus seinen) seinen (über der Zeile)  7 er] davor gestr  : diß ist mein Leib ,   8 Freunden ,] Freunden〈  , und 〉   10 Kelch ,] Kelch /   10–11 trinket aus trinkt   11 ist über der 35 Zeile mit Einfügungszeichen  Blut ,] Blut /   14 der aus das  Blut ,] folgt gestr  : das Blu   18 welchem über gestr . dem   23 mit euch über der Zeile mit Einfügungszeichen  24 Reiche] folgt gestr  : des V   26–27 und der … nicht] (1) ist , (2) Text (unter der Textspalte mit Einfügungszeichen angeschlossen)  

Text 55

5

der tugend ist nicht nur positivität …239

einer ächt‑religiösen Handlung ist die ganze Seele befriedigt  ; und nach dem Genuß des izigen Abend­mahls entsteht ein andächtiges Staunen , es war etwas göttliches versprochen , und es ist im Munde zerronnen .

10

15

20

25

ihnen objek­t ives | zu ihrem Besten , zu einem Nuzzen für sie vergossen wäre , sondern (wie im Ausdruk  : wer mein Fleisch ißt , und mein Blut trinkt) ist der Zusammenhang , das Verhältnis des Weines zu ihnen , den alle aus demselben Kelche trinken , der für alle , und derselbe ist  ; sie sind alle trinkende , ein gleiches Gefühl ist in allen  ; vom gleichen Geiste der Liebe sind alle durchdrungen  ; wäre ein aus einer Hingebung des Leibes und Vergiessung des Blutes entstandener Vortheil , Wohlthat dasjenige , worin sie gleichgesezt wären , so wären sie in dieser Rüksicht nur im gleichen Be­g riffe vereinigt  ; indem sie aber das Brod essen , und den Wein trinken , sein Leib und sein Blut in sie übergeht , so ist Jesus in allen , und sein Wesen hat sie göttlich , als Liebe durchdrungen . So ist das Brod und der Wein nicht blos für den Verstand , ein Objekt  ; die Handlung des Essens und Trinkens nicht blos eine durch Ver­ nichtung derselben mit sich geschehene Vereinigung , noch die Empfindung ein blosser Geschmak der Speise und des Tranks  ; der Geist Jesu in dem seine Jünger Eins , ist für das aüssere Gefühl ,

30

5 göttliches] 30 1 ächt- aus echt- /   4 andächtiges] an- (gestr . und wiederhergestellt) / 〈 a n 〉 dächtiges   folgt gestr  : V 35 2 sie] davor gestr  : sie   3 (wie] davor gestr  : (1) es (2) (der Zus aus die T(?))   4 trinkt] davor gestr  :

trinkt ,   5 das aus der?  6 alle] alle alle   7 alle] folgt gestr  : ist   11 ein unter gestr . das   einer über gestr . der   14 dasjenige aus dasjenigs  15 wären sie] (1) wäre (2) Text  : wären (aus wäre) sie 19 Jesus] davor gestr  : Christus   21 durchdrungen .] folgt gestr  : Verweiszeichen  24 35 (über der Zeile)   durch über der Zeile   26 noch unter gestr . und   28–240,2 in dem … Aber in einer ganzen und einer halben Langzeile am unteren Rande  

108r

240 107r

108v

frankfurter manuskripte · christliche religion

Text 55

als Objekt gegenwärtig , ein Wirkliches geworden . Aber | die objektiv gemachte Liebe , diß zur Sache gewordne subjektive kehrt zu seiner Natur wieder zurük , wird im Essen wieder subjektiv  ; | diese Rükkehr kan etwa in dieser Rüksicht mit dem im geschriebnen Worte zum Dinge gewordnen Gedanken verglichen werden , der aus einem todten  , ei­nem Objekte , im Lesen seine Subjektivität wieder erhält . Die Vergleichung wäre treffen­der , wenn das geschriebne Wort auf‑gelesen [würde] , durch das Verstehen als Ding verschwände  ; so wie im Genuß des Brods und Weins von diesen mystischen Objekten nicht bloß die Empfindung erwekt , der Geist lebendig wird , sondern sie selbst als Objekte verschwinden . Und so scheint die Handlung reiner , ihrem Zwekke gemässer , indem sie nur Geist nur Empfindung gibt , und dem Verstand das Seinige raubt  ; die Ma­ terie , das seelenlose zernichtet . Wenn Liebende vor dem Altar der Göttin der Liebe opfern , und das betende Ausströmen ihres Gefühls ihr Gefühl zur höchsten Flamme begeistert , so ist die Göttin selbst in ihre Herzen eingekehrt – aber das Bild von Stein bleibt immer

5

10

15

20

25

30

1 gegenwärtig aus w?  1–2 Wirkliches aus w   5 im über der Zeile   6–241,4 diese Rükkehr … ist . in Langzeilen unter dem Ende des Fragments , mit Verweiszeichen angeschlossen   9 der] folgt gestr  : im Lesen   10 Objekte , ] folgt gestr  : wieder su   11 erhält .] folgt gestr  : Wü   13 auf-gelesen aus ­aufgelesen  14 durch das] (1) wenn es mit dem Lesen (2) Text  : (über der Zeile  : durch) das (aus dem)   35 16 Weins] folgt gestr  : nicht blos der   diesen] diesem   18 wird gestr . und wiederhergestellt  son- 35 dern] folgt gestr  : das   21 sie über der Zeile   22 Empfindung] folgt gestr  : d   23 die aus das   24 zernichtet] folgt gestr  : wird   26 und] folgt gestr  : von   27–28 zur höchsten] (1) wi (2) auf höchs (3) aufs höchste (4) Text  : zur (über der Zeile) höchsten (aus höchste)   30 immer] (1)  , und nur (2) um so (3) Text (unter der Zeile)  

Text 55

der tugend ist nicht nur positivität …241

5

10

15

20

25

30

vor ihnen stehen  ; da hingegen im Mahl der Liebe das körperliche vergeht , und nur lebendige Empfindung vorhanden ist . | Aber gerade diese Art von Objektivität , die ganz aufgehoben wird indem die Empfindung bleibt , diese Art mehr einer objektiven Vermischung als einer Vereinigung , daß die Liebe an etwas sichtbar , an etwas geheftet wird , das zernichtet werden soll , – ist es , was die Handlung nicht zu einer religiösen werden lies  ; Das Brod soll gegessen , der Wein getrunken werden  ; sie können darum nichts göttliches seyn  ; was sie auf der einen Seite voraus haben , daß die Empfindung , die an sie gehef­ tet ist , wieder von ihrer Objektivität zu ihrer Natur gleichsam zurükkehrt , das mystische Objekt , wieder zu einem bloß subjektiven wird , das verlieren sie eben dadurch , daß die Liebe durch sie nicht objektiv genug wird . Etwas göttliches kan indem es göttlich ist nicht in der Gestalt eines zu essenden und zu trinkenden vorhanden seyn  ; | in der Parabel ist die Foderung nicht , daß die Verschiednen zusammengestellten in eins gefaßt würden  ; hier aber soll das Ding und die Empfindung sich verbinden  ; in der symbolischen Handlung | soll das Essen und Trinken – und das

1 vor über gestr . neben  3 nur] folgt gestr  : G   4 ist .] folgt gestr . (als Anschlußwörter)  : Aber gerade … wird mit Einfügungszeichen über dem Absatzbeginn am oberen Rande   6–7 indem die … bleibt , über der Zeile mit Einfügungszeichen   7 mehr unter 35 5 von über gestr . des   der Zeile mit Einfügungszeichen   8–9 als einer Vereinigung über der Zeile mit Einfügungszeichen  9 an aus in   24 indem es göttlich ist über der Zeile  26–31 in der Parabel … Handlung mit Verweis­ zeichen angeschlossen   31 Handlung] darunter als Textanschluß  : soll   32–242,14 soll das Essen … widerspricht . mit Verweiszeichen angeschlossen  

35 die   5–6 von Objektivität

107v

108v

109r

242

107v

108r

109r

108r

frankfurter manuskripte · christliche religion

Text 55

Gefühl des Einsseyn in Jesu Geist zusammenfliessen  ; aber das Ding und die Empfindung , der Geist und die Wirklichkeit vermischen sich nicht  ; die Phantasie kan sie nie in einem Schönen zusammenfas­sen  ; das angeschaute und genossene Brod und Wein können nie die Empfindung der Liebe er­ weken , und diese Empfindung kan sich nie in ihnen als angeschauten Objekten finden , so wie sie und das Gefühl des wirklichen Aufnehmens in sich , ihres Subjektivwerden , des Essens und Trinkens [sich] widerspricht  ; | es ist immer zweierlei vorhanden , der Glauben , und das Ding , die Andacht und das Sehen oder Schmekken  ; | im Glauben ist der Geist gegenwärtig , dem Sehen oder Schmekken , das Brod und Wein  ; es gibt keine Vereinigung für sie . | der Verstand widerspricht der Empfindung , die Empfindung dem Verstande  ; für die Einbildungskraft , in welcher beide sind und aufgehoben sind , ist nichts zu thun  ; sie hat hier kein Bild , worin sich Anschauung und Gefühl vereinigte . | In einem Apoll , einer Venus muß man wohl den Marmor den zerbrechlichen Stein ver­gessen , und sieht in ihrer Ge-

5

10

15

20

25

30

1 des aus das   3 Empfindung , ] zuerst  : Empfindung verm   6 angeschaute] folgt gestr  : Brod   7 30 genossene aus genossenene   10 nie] folgt vers . nicht gestr  : weder  ihnen] folgt gestr  : finden ,   angeschauten unter der Zeile mit Einfügungszeichen  11 und] davor gestr  : auch in dem  Gefühl] folgt gestr  : des Essen und   12 wirklichen aus W   14 widerspricht  ;] widerspricht .   17 oder Schmekken unter der Zeile  18–19 oder Schmekken über der Zeile  20 sie . aus sie  ;   20–26 der Verstand 35 … vereinigte . mit Verweiszeichen angeschlossen  22–24 für die Einbildungskraft … sind ,] (1) beide 35 sind aufgehoben und sind für die Einbildungskraft , (2) (über der Zeile  : es sind nicht (nicht fortgeführt) (3) Text (sind und über der Zeile mit Einfügungszeichen)  25 hat hier kein Bild] (1) sie / kan kein Bild geben (2) Text  : hat (auf dem Rande angeschlossen) hier (über der Zeile) kein Bild  ; folgt vers . nicht gestr  : geben  27 In aus in  

Text 55

der tugend ist nicht nur positivität …243 stalt nur die Unsterblichen  ; | und in ihrem Anschauen ist man zugleich von dem Gefühl ewiger Jugendkraft , und der Liebe durchdrungen . | aber reibt die Venus , den Apoll zu Staub , und sprecht  : diß ist Apoll , diß Venus , so ist wohl der Staub vor mir , und die Bilder der Götter in mir , aber der Staub und das Göttliche treten nimmer in eins zusammen . Das Verdienst des Staubes bestand in seiner Form , diese ist verschwunden , er ist izt die Hauptsache  ; das Verdienst des Brodes bestand in seinem mystischen Sinne , aber zugleich in seiner Eigenschaft , daß es Brod , esbar ist , auch in der Verehrung soll es als Brod vorhanden seyn . Vor dem zum Staube geriebenen Apoll bleibt die Andacht , aber sie kan sich nicht an den Staub wenden  ; der Staub kan an die Andacht erinnern , aber [sie] nicht auf s ich ziehen  ; es entsteht ein Bedauern , diß ist die Empfindung dieser Scheidung , dieses Widerspruchs | wie die Traurigkeit bei der Unvereinbarkeit des Leichnams , und der Vorstellung der lebendigen Kräfte . | Nach dem Nachtmahl der Jünger entstand ein Kummer wegen des bevorstehenden Ver |l ustes ihres Meisters , aber nach einer ächt‑religiösen Handlung ist die ganze Seele befriedigt  ; und nach dem Genuß des Abendmahls unter den jezigen Christen entsteht ein andächtiges

5

10

15

20

25

30

35

… durchdrungen . mit Verweiszeichen angeschlossen  7 die Bilder] (1) das Bild (2) Text  : 9 das Göttliche aus der Gott   24–27 wie die (auf dem Rande angeschlossen  : die) Bilder (aus Bild)   … Kräfte . mit Verweiszeichen angeschlossen  25 die] (1) in Em (2) Text (aus in)  26–27 Vorstellung aus v   33–34 unter den jezigen Christen am Rande mit Verweiszeichen  

35 1–4 und in

109r

108r

109r

108r

108v

244

frankfurter manuskripte · christliche religion

Text 55

Staunen , ohne Heiterkeit , oder mit ei­ ner wehmüthigen Heiterkeit , denn die ge­theilte Spannung der Empfindung und der Verstand waren einseitig die Andacht unvollständig  ; es war etwas göttliches versprochen , und es ist im Munde zerronnen .

5

1–5 ohne Heiterkeit , … unvollständig  ;] (1) über der Zeile mit Einfügungszeichen  : ohne Heiterkeit   (2) Text (am Rande mit Verweiszeichen)   3 getheilte über der Zeile  Spannung] Spannu (am Innenrande)  4–5 und der … unvollständig] (1) die Andacht (a) ist (b) war (über der Zeile) ein einseitiges 10 und unvollständiges (2) Text  : (über der Zeile  : und der Verstand) 〈〈 ein 〉〉 waren (vor Zeilenbeginn angeschlossen) einseitig (aus einseitiges) (die Andacht über der Zeile) unvollständig (aus unvollständiges  , )  ; folgt gestr  : die Reflexion ist leer ausgegangen  ;

Text 56

am interessantesten wird es seyn …245

Am interessantesten wird es seyn …

5

10

15

Am interessantesten wird es seyn , zu sehen , wie sich Jesus , und was er dem unendlichen Herrscher der Juden entgegenstellt  ; hier im Mittelpunkte ihres Geistes , mußte der Kampf am hart­ näkkig­sten seyn  ; denn hier wurde ihr alles auf einmal an­ge­g riffen  ; der An­ griff auf ein einzelnes trift zwar auch das Princip , aber dieser An­g riff erscheint nicht als ein solcher , erst wenn man fühlt , daß dem Streit um einzelnes eigentlich ein Widerstreit der Principien selbst zum Grunde liegt , dann tritt Erbitterung ein  ; zwischen den Juden und Jesus kam bald die Ent­ gegen­sezung Jesu gegen ihr Höchstes zur Sprache .

20

Bei den Juden war die herrschende Idee von Gott , die Idee von ihm als Herrn und Gebieter , bei Jesus das Verhält25

Am interessantesten wird es seyn , zu sehen , wie sich Jesus , und was er unmittelbar dem Princip des Beherrschtwerdens und dem unendlichen Herrscher der Juden entgegenstellt  ; hier im Mittelpunkte ihres Geistes , mußte der Kampf am hart­näkkig­sten seyn  ; denn hier wurde ihr alles in Einem an­ge­g riffen  ; der An­g riff auf die einzelnen Zweige des JudenGeistes trift zwar auch das Princip , aber es ist noch nicht im Bewußtseyn , daß dieses an­ ge­g riffen ist  ; erst wenn immer mehr gefühlt wird , daß dem Streit um ein­ zelnes ein Widerstreit der Principien selbst zum Grunde liegt , dann tritt Erbitterung ein  ; zwischen den Juden und Jesus kam bald seine Entgegensezung gegen ihr Höchstes zur Sprache . Der Idee der Juden von Gott , als ihrem Herrn und Gebieter über sie , sezt Je­ sus das Verhältnis Gottes zu den Men-

Linke Spalte  :  1 Überschrift der Herausgeber   2 wird] davor gestr  : muß   es] davor gestr  : der Kampf

10 dieser] davor gestr  : (1) dieser (2) es erscheint in   12 dem unter der Zeile  17 Höchstes aus 25 Jesu   h   21 war über gestr . ist   22 ihm aus einem   23 Gebieter aus Gebietter  Jesus] folgt gestr  : die   Rechte Spalte  :  3–5 unmittelbar dem … und am Rande mit Verweiszeichen   9 in Einem über der Zeile   10–11 die einzelnen aus ein einzelnes   einzel(nen Zweige des JudenGeistes auf dem Rande 30 angeschlossen)   12–13 es ist … Bewußtseyn , 〈 d 〉 auf dem Rande angeschlossen   13 daß über der 13–14 angegriVen ist  ; auf dem Rande angeschlossen   14–15 immer 30 Zeile  dieses aus dieser   mehr gefühlt wird] (auf dem Rande angeschlossen  : (1) man diß (2) Text  : immer mehr) gefühlt (aus fühlt) wird (über der Zeile)   19 seine über der Zeile   21 der aus die   der Juden auf dem Rande angeschlossen   als ihrem über der Zeile  22 über sie über der Zeile  sezt über der Zeile   23–246,1 Gottes zu … als über der Zeile mit Einfügungszeichen  

110r

110r

246

110v

110v

frankfurter manuskripte · christliche religion

nis der Gottheit zu ihm und zur Welt das Verhältnis eines Vaters . Jesus selbst nennt sich bald den Sohn des Gottes , bald den Sohn des Menschen – im Verhältniß | eines Vaters zum Sohne sehen wir gewöhnlich nur die Beziehung des leztern zum ersten , daß jener von ­d iesem erzeugt ist , und dann als ein eignes Wesen besteht , das von jenem aüssere Bildung , Nahrung empfängt  ; es sind aber nun zwei völlig getrennte , für sich bestehende Wesen – Jesus fühlt sich mit dem , was sein Vater ist , viel inniger verbunden , sollte auch der Sohn mit seinem Vater nicht von gleicher Natur seyn  ? Moralität hebt die Beherrschung , Liebe die Schranken der Moralität auf  ; aber die Liebe selbst kan glüklich , oder un­g lük­lich seyn  ; in den Momenten der Glüklichen Liebe ist kein Raum für Objektivität  ; aber jede Reflexion hebt diese Momente auf , und mit ihr beginnt wieder das Gebiet der Beschränkungen , Anschauung der Liebe selbst gibt ein grenzenloses ein unend­ liches  ; aber hier ist ein Wiederspruch , das anschauende , vorstellende ist ein

Text 56

schen als eines Vaters gegen seine Kinder e­ ntgegen |

5

10

15

Moralität hebt die Beherrschung in den Kraisen des zum Bewußtseyn ge­ kommenen  ; Liebe die Schranken der Kraise der Moralität auf  ; aber die Liebe selbst ist noch unvollständige Natur  ; in der Glüklichen Liebe ist kein Raum für Objektivität  ; aber jede Reflexion hebt die Liebe auf , stellt die Objektivität wieder her und mit ihr beginnt wieder das Gebiet der Beschränkungen . (Reflexion und Liebe vereint , – religiöses ist also das πληρωµα der Liebe ,

20

25

30

11 es] davor gestr  : es   16 seyn  ? ] zuerst  : seyn  ;   23 auf ,] folgt gestr  : tritt   24–25 Beschränkungen ,] folgt gestr  : die Liebe   27 Wiederspruch] darin sp verkleckst  28 ist auf dem Rande angeschlossen   30

1–2 gegen seine Kinder entgegen auf dem Rande angeschlossen   17–19 in den … gekommenen  ; auf dem Rande angeschlossen   18 den Kraisen aus dem Kraise   19–20 der Kraise über der Zeile mit Einfügungszeichen  21 ist noch unvollständige Natur auf dem Rande angeschlossen  unvollständige] 35 folgt gestr  : menschliche   22 der] ihrem über der Zeile  24–25 hebt die Liebe … her auf dem Rande angeschlossen  24 die Liebe über gestr . sie   27–247,1 (Reflexion und … gedacht)] am Rande mit 35 Verweiszeichen  : (Reflexion und Liebe (a) verbunden gedacht als (b) (über der Zeile mit Einfügungs­ zeichen  : vereint , – religiöses (mit Einfügungszeichen über gestr . Göttlichkeit) ist also das πληρωµα der Liebe , ) (beide verbunden gedacht) unter der Zeile)  

Text 56

am interessantesten wird es seyn …247

b­ eschränkendes , das Objekt ist unendlich das Unendliche kan nicht in diesem Gefässe getragen werden – | 5

beide verbunden gedacht). Anschauung der Liebe scheint die Foderung der Vollständigkeit zu er­f üllen . aber es ist ein Wiederspruch , das anschauende , vorstellende ist ein beschränkendes und nur beschränktes aufnehmendes , das Objekt aber wäre ein unendliches  ; das Unendliche kan nicht in diesem Gefässe getragen werden – |

10 1 beschränkendes , ] Komma wahrscheinlich durch Verweiszeichen überdeckt   1–2 unendlich aus unend-

liches 2–3 scheint die … erfüllen . auf dem Rande angeschlossen   3 es über der Zeile   5–6 und nur beschränktes aufnehmendes[ ,] auf dem Rande angeschlossen   7 aber wäre ein auf dem Rande angeschlossen   unendliches] endliches vers . aus unendliches  

248

frankfurter manuskripte · christliche religion

Text 57

Reines Selbstbewusstseyn – Reines Leben

111r

111r

Reines Selbstbewußtseyn ist die Entfernung aller Thaten , alles dessen was der Mensch war , oder seyn wird  ; Charakter abstrahirt nur von dem Handeln , er drükt das allgemeine der bestimmten Handlungen aus  ; reines Selbst­ bewußt­seyn ist Be­w ußt­seyn dessen was der Mensch ist – in ihm gibt es keine Verschiedenheit keine entwikelte oder wirkliche Mannichfaltigkeit . Diß einfache ist nicht ein negatives Einfaches , eine Einheit der Abstraktion , sondern ein lebendiges , Seyendes  ; die Vielheit ist nichts absolutes . Diß reine ist die Quelle alles Lebens und aller That  ; aber so wie es ins Be­w ußt­seyn kommt so wird es zwar gefühlt , erkannt , aber ausser dem Menschen zum Theil gesezt  ; weil das Be­w ust­seyende etwa sich beschränkt , so kan es , und das unendliche nicht völlig in Einem seyn . Nur

Reines Leben zu denken ist die Auf­ gabe alle Thaten , alles zu entfernen , was der Mensch war , oder seyn wird  ; Charakter abstrahirt nur von der Thätigkeit , er drükt das allgemeine der bestimmten Handlungen aus  ; Bewußtseyn reinen Lebens wäre Bewußtseyn dessen was der Mensch ist – in ihm gibt es keine Verschiedenheit keine entwikelte oder wirkliche Mannichfaltigkeit . Diß einfache ist nicht ein negatives Einfaches , eine Einheit der Abstraktion (denn in der Einheit der Abstraktion ist entweder nur ein bestimmtes gesezt , und von allen übrigen Bestimmtheiten abstrahirt  ; [oder] ihre reine Einheit ist nur die gesezte Foderung der Abstraktion von allem Bestimmten  ; das negative Unbestimmte . Reines Leben ist Seyn) die Vielheit ist nichts absolutes – Diß reine ist die Quelle aller

5

10

15

20

25

Linke Spalte  :  1 Überschrift der Herausgeber   2 ist die] (1) ist in d[er] (2) Text  : ist (aus in) d[ie]  3 aller Thaten , alles dessen] (1) alles dessen (2) Text (aller aus alles) Thaten , alles dessen   5 abstrahirt] abstr .   nur] folgt gestr  : im allg .   dem aus der   6–7 bestimmten aus Bestimmung   7 Handlun- 25 gen aus der   7–8 Selbstbewußtseyn] Selbstbew .   8 Bewußtseyn] Bew .   10 Verschiedenheit] Versch .   keine] folgt gestr  : Mannichf .   10–11 oder wirkliche] d . wirkliche unter der Zeile mit Einfügungszeichen   14 ein über gestr . ein   15 absolutes .] absolutes  ; folgt gestr  :   ; jene   18 es] folgt 30

3 alle aus alles   zu entfernen , Rechte Spalte  :  2–3 Leben zu denken ist die Aufgabe über der Zeile   auf dem Rande angeschlossen  5 der Thätigkeit[ ,] auf dem Rande angeschlossen  7 Bewußtseyn über der 30 Zeile  7–8 reinen aus reines   8 Lebens auf dem Rande angeschlossen  wäre über der Zeile mit Einfügungszeichen   14–21 (denn in … Seyn) am Rande mit Verweiszeichen  14 in über der Zeile  Abstraktion] Abstr .   15 nur] folgt gestr  : von be   20 Reines aus Reine  Leben] Lebens   22–249,1

Text 57

5

10

15

20

reines selbstbewusstseyn – reines leben249

dadurch kan der Mensch an einen Gott glauben , daß er von aller That abstrahirt , und von allem bestimmten , aber die Seele jeder That , alles bestimmten festhalten kan  ; worin keine Seele , kein Geist ist , darin ist nicht göttliches  ; wer sich immer bestimmt fühlt , immer als diß oder jenes thuend , oder leidend , so oder so handelnd , dessen Gottheit kan nur das seyn | was er über ­d iesem Bewußtseyn fühlt , das All der Objekte , und der Herrscher der­sel­ben  ; und diese Gottheit selbst ist um so leerer , je mehr sie über alles , über jede lebendige Kraft erhaben ist . Der unendlichen Leere und der unendlichen Menge von Bestimmtheiten kan nur das reine Gefühl des Lebens entgegen­ gesezt werden , es hat in sich selbst seine Rechtfertigung und seine Autorität  ; aber in der Bestreitung der Bestimmtheiten tritt jeder selbst als ein bestimmtes auf  ; er kan den gebundenen und entweihten Augen nicht die Anschau-

v­ ereinzelten Leben , der Triebe und aller That  ; aber so wie es ins Bewußtseyn kommt wenn er daran glaubt , so ist es zwar noch lebendig im Menschen  ; aber ausser dem Menschen zum Theil gesezt  ; weil das Bewustseyende insofern sich beschränkt , so kan es , und das unendliche nicht völlig in Einem seyn . Nur dadurch kan der Mensch an einen Gott glauben , daß er von aller That von allem bestimmten zu abstrahiren vermag aber die Seele jeder That , alles bestimmten rein festhalten kan  ; worin keine Seele , kein Geist ist , darin ist nicht göttliches  ; wer sich immer bestimmt fühlt , immer als diß oder je­ nes thuend , oder leidend , so oder so handelnd , in dessen Abstraktion wird nicht das begränzte vom Geist abgeschieden , sondern das bleibende ist nur das entgegengesezte des Lebendigen , | das herrschende Allgemeine  ; | das Ganze der Bestimmtheiten fällt weg , und | über dem Bewußtseyn der

25

25 gestr  : zum th   1 dadurch über der Zeile mit Einfügungszeichen  an] davor gestr  : der   einen aus e

30

(als Kürzel)   9 oder aus u   13 diese aus die   14 je mehr über gestr . weil   15 ist .] folgt gestr  : Das reine Gefühl des Lebens ,   15–16 Der unendlichen … der unendlichen aus Die unendliche … die unendliche  19 werden ,] folgt gestr  : d   20 und] folgt gestr  : u   aller vereinzelten … Triebe über der Zeile   1 vereinzelten aus einzelnen   3–5 wenn er … Men-

30 schen  ;] (1) so ist (über der Zeile) es zwar (über der Zeile gestr  : noch) (noch lebendig im Menschen  ; am

Rande mit Verweiszeichen) (2) so wenn er daran über der Zeile (bricht ab) (3) Text  : 〈 so 〉 wenn er daran glaubt , so ist es zwar noch lebendig im Menschen  ; am Rande mit neu gesetztem Verweiszeichen  7 insofern über der Zeile  11–12 zu abstrahiren vermag] auf dem Rande angeschlossen  : (1) abst 2) Text   35 13 rein auf dem Rande angeschlossen   18–24 in dessen … und] am Rande mit Verweiszeichen  : (1) in 35 dessen Abstraktion fällt das Ganze der Bestimmtheiten weg (2) Text  : in dessen Abstraktion (darunter , mit Verweiszeichen eingeschoben  : wird nicht das begränzte vom Geist abgeschieden , sondern (in einer Langzeile am unteren Rande  : das 〈 über 〉 bleibende ist nur das entgegengesezte des Lebendigen , (a) das herrschende) (b) (am oberen Rande der folgenden Seite  : das herrschende Allgemeine  ;)) das Ganze der Bestimmtheiten fällt weg , und   24 dem über der Zeile   23–250,3 der Bestimmtheiten …

111v

111v 111r 111v

250

frankfurter manuskripte · christliche religion

ung der Reinheit geben , in der Bestimmtheit , in der [er] erscheint , kan er sich nur auf seinen Ursprung auf die Quelle berufen , aus welchem jede Gestalt seines Lebens ihm fließt  ; in diesen Gestalten des be­schränkten Lebens ist freilich etwas dem Reinen fremdartiges , und in einer Bestimmtheit be­ griffen kan der Mensch sich nicht auf das Ganze , das er izt ist , berufen , als auf ein absolutes , sondern er muß an das höhere , an den Vater appel |l iren , der unverwandelt , in allen Verwandlungen lebt .

112r

112r

Text 57

Bestimmtheiten , nur die leere Einheit des Alls der Objekte  ; als herrschendes Wesen , über dieselben . Diesem unendlichen des Herrschens und Beherrschtwerdens kan nur das reine Gefühl des Lebens entgegen­gesezt werden , es hat in sich selbst seine Rechtfertigung und seine Autorität  ; aber indem es als Gegensaz auftritt , tritt es als ein bestimmtes in einem bestimmten Menschen auf  ; der den von Wirklichkeiten gebundenen und entweihten Augen nicht die Anschauung der Reinheit geben kan  ; in der Bestimmtheit , in der [er] erscheint , kan er sich nur auf seinen Ursprung auf die Quelle , aus welchem jede Gestalt des beschränkten Lebens ihm fließt , [kan] der Mensch sich nicht auf das Ganze , das er izt ist , berufen , als auf ein absolutes  ; er muß an das höhere , an den Vater appel |l iren , der unverwandelt , in allen Verwandlungen lebt . Weil das Göttliche reines Leben ist , so muß nothwendig , wenn von ihm , und was von ihm gesprochen wird , nichts entgegengeseztes in sich enthalten  ; und

3 auf1] folgt gestr  : die   auf 2 ] davor gestr  : auf sein   4 welchem] folgt gestr  : (1) ihm (2) jedes sein   5 8 in] folgt gestr  : dies   13 unverwandelt] davor gestr  : ohne Wandelung   in über der Zeile  

5

10

15

20

25

30

dieselben .] (1) am Rande  : Diese Einheit (2) Text (auf dem Rande angeschlossen , um Stufe (1) herumgeschrieben)  2 Objekte  ; aus Objekte ,   3 Wesen , über dieselben] (1) Wesen (aus Wesens) derselben 30 (2) Text  : Wesen , über (über der Zeile) dieselben (aus derselben)  Diesem aus Der   4–5 des Herrschens und Beherrschtwerdens auf dem Rande angeschlossen  8–9 indem es als Gegensaz auftritt , auf dem Rande angeschlossen  9 es auf dem Rande angeschlossen  10 in einem bestimmten Menschen am Rande mit Verweiszeichen  11–14 der den … geben kan  ;] (1) (über der Zeile  : dieser) kan den gebun- 35 denen … geben , (2) Text  : (über der Zeile  : der) den (auf dem Rande angeschlossen  : von Wirklichkeiten 35 ge-)bundenen … geben (kan  ; aus Komma , auf dem Rande angeschlossen)   17 des beschränkten auf dem Rande angeschlossen  20 absolutes  ; aus absolutes ,   23–252,8 Weil das Göttliche … hineingezwängt auf dem Rande angeschlossen  23 reines über der Zeile mit Einfügungszeichen  24 ihm] folgt gestr  : gesprochen wird  

Text 57

5

10

15

20

25

30

reines selbstbewusstseyn – reines leben251 alle Ausdrükke der Reflexion über Verhältnisse des objektiven oder über Thätig­keit gegen objektive Behandlung desselben [müssen] vermieden werden  ; denn die Wirkung des Göttlichen ist nur eine Vereinigung der Geister  ; nur der Geist faßt , und schliesst den Geist in sich ein – Ausdrükke wie befehlen , lehren , lernen , sehen , erkennen , machen , Willen (ins Himmelreich) kommen , gehen , drükken nur Beziehungen von objektivem aus , wenn es Aufnehmen eines Objektiven in einen Geist ist . Über Göttliches kan darum nur in Begeisterung gesprochen werden . Die jüdische Bildung zeigt uns nur einen Krais leben |d  iger Beziehungen zum Bewußtseyn gekommen , und auch diese mehr in Form von Be­g riffen als Tugenden und Eigenschaften , welches um so natürlicher ist , da sie hauptsächlich nur Beziehungen zwischen fremden , verschiednen Wesen auszudrükken hatten , als Barmherzigkeit , Güte u . s . w . Unter den Evangelisten spricht Johannes am meisten von dem Göttlichen , und der Verbindung Jesu mit ihm  ; aber die an geistigen Beziehungen so arme jüdische Bildung nöthigte ihn für das Geistigste sich objektiver Verbindungen  , einer Wirk ­l ich ­keitsSpra­ che zu bedienen , die darum oft härter

35 1 über über gestr . über   2 über über gestr . einer   5 denn] folgt gestr  : Geist faßt  Göttlichen] da­vor

gestr  : Geistes   7 faßt] folgt gestr  : den Geist   schliesst] folgt gestr  : ihn aus sie  9 lehren , lernen[ ,] 11 Beziehungen] folgt gestr  : eines   12 aus über der Zeile  12–13 Aufnehmen] (1) 35 über der Zeile   die Aufnahme (2) Text (Ms  : Aufnahmen aus Aufnahme)  13 Objektiven aus ?  16 nur] folgt gestr  : wenige   19 diese über der Zeile mit Einfügungszeichen   25 Evangelisten] Evangg .   26–27 Gött­ lichen aus V?  30 das aus die   sich] folgt gestr  : einer Wirkli  

112v

252

frankfurter manuskripte · christliche religion

Text 57

lautet , als wenn in dem Wechsel-Stil Empfindungen sollten ausgedrükt werden , das Himmelreich , in das Himmelreich hineingehen , ich bin die Thüre , ich bin die rechte Speise , wer mein Fleisch ißt u . s . w . in solche Verbindungen der dürren Wirklichkeit ist das geistige hineingezwängt |

112v

Jesus erklärt und wiederhohlt es oft , daß das , was er thue , nicht seine That , was er rede , nicht seine Gedanken seyen  ; alle seine Kraft , und seine Lehre sey ihm vom Vater gegeben  ; er kan keine andre Legitimation seiner Bestreitung des Juden­thums , und seiner Lehre aufweisen , als diß feste Bewußtseyn , was aus ihm spreche , sey in ihm , aber zugleich etwas höheres , als er , der hier stehe , lehre und spreche  ; er nennt sich deswegen nie Gott , aber den Sohn des Gottes , jenes ist er nicht , weil er Mensch ist  ; aber als Mensch ist er auch zugleich Sohn Gottes , von einem höhern Rang , eine höhere Natur ist zugleich in ihm , als die Befangenheit in Beschränkungen  ; er erwartet Glauben von den Juden nur aus dem Grunde , auf die Art , daß es ihnen von seinem Vater ge­offen­bahrt , daß sie selbst aus Gott gebohren seyen  ; als Petrus in ihm | den Gottgezeugten , den Sohn des Lebens erkannte , sagte er , diß hat dir nicht deine Endlichkeit , sondern mein Vater hat es dir ge­offen­bahrt  .

5

10

15

20

25

Rechte Spalte  :  1 in dem aus ein den   2–3 werden ,] werden /   5 ich bin über der Zeile   5–6 wer mein Fleisch ißt über der Zeile mit Einfügungszeichen (vers . nach u . s . w . eingewiesen)   6 in über der Zeile mit Einfügungszeichen   6–7 Verbindungen der dürren Wirklichkeit] (1) Verbindungen , in solche dürre (2) Text  : Verbindungen der (über der Zeile) dürren (über der Zeile) Wirklichkeit  8 25 hineingezwängt] darunter am Innenrande ein Zeichen oder Buchstabe (verwischt?)  ; folgt gestr  : und nirgend mehr als hier ist es nothwendig , mit eignem tiefem Geiste zu fassen , 〈 u nd (a) das Wort (b) (der Worte aus das Wort) zu gering zu achten 〉 nirgend (in drei Langzeilen am unteren Rande  : ist es weni- 30 ger möglich als hier , zu lernen , passiv etwas in sich aufzunehmen , da diese obj . Sprache , 〈 a l ihrer 〉 〈 a ls 〉 vom Geistigen aber in ihrer Form von WirklichkeitsBegriVen verstanden den Geist zerrüt (am 30 Innenrande , bricht ab) 9 Jesus] davor gestr  : So   10 nicht] folgt gestr . Komma  Gedanken] davor gestr  : Rede sey  ;   und über 11 seiner aus ?   12 Judenthums] folgt gestr  : gebe   13 der] folgt gestr  : F   14 er nennt] 35 der Zeile   davor gestr  : er nennt   15 auch über der Zeile mit Einfügungszeichen (vers . vor er eingewiesen)  von] davor gestr  : er   16 eine höhere Natur] (1) ein höheres Wesen (2) Text (eine höhere aus ein höhe- 35 res)   17 er] folgt gestr  : Z   erwartet] folgt gestr  : auch   18 geoVenbahrt] folgt gestr  : sey   20 dir] diß  Endlichkeit] folgt gestr  : geoVenbahrt  

Text 57

5

10

15

reines selbstbewusstseyn – reines leben253

Der Zusammenhang des Unendlichen mit dem Endlichen ist freilich ein hei­ liges Geheimnis , weil er Leben , und also das Geheimnis des Lebens ist  ; spricht man freilich von zweierlei von einer göttlichen und menschlichen Na­ tur , so ist keine Verbindung zu tref­ fen , denn auch in jeder Verbindung sollen sie noch zwei bleiben , wenn beide als absolute verschiedene gesezt sind .   Diß Verhältnis eines Menschen zu Gott , Sohn Gottes zu seyn , wie ein Stamm der Vater der Zweige , des Laubes und der Früchte ist , – mußte die Juden am tiefsten empören , die eine unübersteigbare Kluft zwischen Menschlichem und Göttlichem Wesen gesezt , und unserer Natur keinen Theil am göttlichen eingeraümt hatten | … hatten mit Erledigungsvermerk versehen  5 spricht] davor gestr  : fr?  zweierlei aus ein   8 denn] folgt gestr  : zwei , die   10 als über der Zeile   11 Diß] davor ein Spatium von einer kurzen Wortlänge   18 Theil aus Antheil

20 1–19 Der Zusammenhang

254

frankfurter manuskripte · christliche religion

Text 58

Man kan den Zustand …

121r

121v

Man kan den Zustand der jüdischen Bildung nicht einen Zustand der Kindheit , und ihre Sprache eine unentwikelte kindliche Sprache nennen  ; es sind noch einige tiefe kindliche Laute in ihr aufbehalten oder vielmehr wiederhergestellt worden , aber die übrige schwere , gezwungene Art sich auszudrükken ist vielmehr eine Folge der höchsten Misbildung des Volkes , mit welcher ein reineres Wesen zu kämpfen hat , und von welcher es leidet , wenn es sich in ihren Formen darstellen soll , welche es nicht entbehren kan , da es selbst zu diesem Volke gehört . Der Anfang des Evangelium des Johannes enthält eine Reihe thetischer Säze , die in eigentlicherer Sprache über Gott und Göttliches sich ausdrükken  ; es ist die einfachste ReflexionsSprache zu sagen  : Im Anfang w a r der Logos , der Logos w a r b e i Gott , und Gott w a r der Logos , i n ihm w a r Leben . Aber diese Säze haben nur den taüschenden Schein von Urtheilen , denn die Prädikate sind nicht Be­g riffe , Allgemeines , wie der Ausdruk einer Reflexion in Urtheilen nothwendig enthält  ; sondern die Prädikate sind selbst | wieder Seyendes , Lebendiges  ; auch diese einfache Reflexion ist nicht geschikt das Geistige mit Geist auszudrükken . Nirgend mehr als in Mittheilung des Göttlichen ist es für den Empfangenden nothwendig , mit eigenem tiefem Geiste zu fassen , nirgend ist es weniger möglich , zu lernen , passiv in sich aufzunehmen , weil unmittelbar jedes , über Göttliches in Form der Reflexion ausgedrüktes widersinnig ist , und die passive geistlose Aufnahme desselben , nicht nur den tiefern Geist leer läst , sondern auch den Verstand , der es aufnimmt , und dem es Widerspruch ist , darum zerrüttet  ; diese immer objektive Sprache findet daher allein im Geiste des Lesers Sinn und

5

10

15

20

25

1 Überschrift der Herausgeber   2 Man kan] darüber ein Verweiszeichen für den Textanschluß ohne Ge- 25 genzeichen  den] (1) die Stu (2) Text (aus die)  3 sind über der Zeile  5 gezwungene aus er   6 des Volkes über der Zeile mit Einfügungszeichen (vers . hinter das Komma verwiesen)  7 und] folgt gestr  : leidet  ihren] davor gestr  : seinen   8 darstellen] davor gestr  : ausdrük   9 gehört .] folgt gestr  : Schlußklammer  11 eigentlicherer] davor gestr  : einfacherer ,   über] davor gestr  : vom   12 Logos2 ] L .   13 30 Logos ,] Logos  ; folgt gestr  : u . s . w  ; ihm   14 die Prädikate sind] (1) das Prädikat ist (2) Text  : (die Prä- 30 dikate aus das Prädikat) sind (über der Zeile)  15 BegriVe] davor gestr  : ein   18–19 Empfangenden aus Empfangendes  20 jedes aus jeder   21–22 die passive geistlose Aufnahme] (1) seine Au (ohne u-Bogen) (2) Text  : die (über der Zeile) passive 〈 Au 〉 geistlose Aufnahme   23 es2 ] folgt gestr  : zuwider ist ,   darum aus dad   24 immer über der Zeile  

Text 58

5

10

15

20

25

30 30

35

40

man kan den zustand …255

Gewicht , und einen so verschiedenen , als verschieden die Beziehungen des Lebens und die Entgegensezung des Lebendigen und des Todten zum Bewußtseyn gekommen ist . Von den zwei Extremen den Eingang des Johannes aufzufassen , ist die objektivste Art , den Logos als ein Wirkliches , ein Individuum , die subjektivste Art ihn als Vernunft zu nehmen  ; dort als ein | besonderes , hier als die Allgemeinheit , dort die eigenste ausschliessendste Wirklichkeit , hier das blosse Gedachtseyn . Gott und Logos werden unterschieden , weil das Seyende in zweierlei Rüksicht betrachtet werden muß  ; denn die Reflexion supponirt das , dem sie die Form des reflektirten gibt , zugleich als nicht reflektirt  ; einmal als das Einige , in dem keine Theilung , Entgegensezung ist , und zugleich mit der Möglichkeit der Trennung , der unendlichen Theilung des Einigen  ; Gott und Logos sind nur insofern verschieden , als jener der Stoff in der Form des Logos ist , der Logos selbst ist bei Gott , sie sind Eins . Die Mannichfaltigkeit , die Unendlichkeit des Wirklichen ist die unendliche Theilung als wirklich , alles ist durch den Logos  ; die Welt ist nicht eine Emanation der Gottheit  ; denn sonst wäre das Wirkliche durchaus ein göttliches  ; aber als Wirkliches ist es Emanation , Theil der unendlichen Theilung  ; zugleich aber im Theile (ἐν ἀυτῳ fast besser auf das nächste οὐ δε ἑν ὁ γεγονεν) oder in dem unendlich theilenden (ἐν ἀυτῳ auf λογος bezogen) Leben  ; das einzelne beschränkte  , als ent­ge |g  en­gesez­tes  , todte ist zugleich ein Zweig des unendlichen Lebens‑baumes  ; jeder Theil , ausser dem das Ganze ist , ist zugleich ein Ganzes , ein Leben  ; und diß Leben wiederum auch als ein reflektirtes , auch in Rüksicht der Theilung , des Verhältnisses als Subjekt und als Prädikat , ist Leben (ζωη) und aufgefaßtes Leben (ϕως , Wahrheit  ;) Diese Endlichen haben Ent­gegen­ sezungen  ; für das Licht gibt es Finsterniß . Der Taüfer Johannes war nicht das Licht  ; er zeugte nur von ihm , er fühlte das Einige , aber es kam nicht rein , nur

1 und aus e  ; davor gestr  : und mu   verschieden] folgt gestr  : die Entgegensezung   4 Von] davor gestr  : 5 den über der Zeile   6 als3] folgt gestr  : als  Allgemeinheit ,] Allgemeinheit /   Dies (mit Balken-s)   7 dort] davor gestr  : hie   8 weil aus somit?  ; davor gestr  : jenes   9–10 denn die Reflexion … reflektirt[  ;] am Rande mit Verweiszeichen  9 dem] folgt gestr  : d   10 gibt ,] folgt gestr  : als nich   11 zugleich] folgt gestr  : al   13 Logos ist ,] (1) Logos , (2) Text (ist aus Komma) ,  ; folgt gestr  : und  Logos2 ] folgt gestr  : ist / ist   15 unendliche] davor gestr  : wirkliche  Theilung] davor gestr  : Wi   16 Gottheit  ;] folgt mit Erledigungsvermerk versehen  : das einzelne , als solches als entgegengeseztes nicht ein Zweig des Lebens baumes , sondern   18 fast besser über der Zeile   γεγονεν] darüber gestr . Ansatz zu bez?  19 unendlich aus unendlichen   bezogen aus Schlußklammer  ; danach Komma statt Schluß­ klammer   20 beschränkte , ] folgt gestr  : insofern  todte aus todtem   21 Theil , ] zuerst  : Theil ist   22 Leben 2 ] folgt gestr  : als ein (ohne i-Punkt)  23 als1 aus von   als2 nachtr .   ist] folgt gestr  : (scheinendes)  24 und] folgt gestr  : er-/leuch   aufgefaßtes aus gefaßtes (auf über der Zeile mit Einfügungszeichen)  Wahrheit aus Schlußklammer  Endlichen aus endlichen   26 Licht] davor gestr  : ϕ(mit Ansatz zu ω)  

122r

122v

256

123r

123v

frankfurter manuskripte · christliche religion

Text 58

in bestimmte Verhältnisse beschränkt zu seinem Bewußtseyn  ; er glaubte daran , aber sein Bewußtseyn war nicht gleich dem Leben  ; nur ein Bewußtseyn das dem Leben gleich , und nur darin verschieden ist , daß dieses das Seyende , jenes diß Seyende als reflektirtes ist , ist ϕως . Ungeachtet Johannes nicht selbst das ϕως war , so war es doch , in jedem Menschen , der in die Menschenwelt tritt (κοσµος das Ganze der menschlichen Verhältnisse , und menschlichen Lebens | beschränkter als παντα v . 3 und ὁ γεγονεν) Nicht nur wie der Mensch in die Welt [tritt] ist er ϕωτιζοµενος  ; das ϕως ist auch in der Welt selbst , sie ist ganz , alle ihre Beziehungen , Bestimmungen sind das Werk des ἀνθρωπου ϕωτος , des sich entwikelnden Menschen , ohne daß die Welt , in der diese Verhältnisse leben , ihn , die zum Bewußtseyn kommende ganze Natur erkännte , ohne daß sie ins Bewußtseyn der Welt käme . die Menschenwelt ist sein eigenstes (ἰδιον) , das ihm verwandteste , und sie nehmen ihn nicht auf , sie behandeln ihn als fremd . Die aber in ihm sich erkennen , erhalten dadurch Macht , die nicht eine neue Kraft , ein lebendiges ausdrükt , sondern nur den Grad , die Gleichheit oder Ungleichheit des Lebens  ; sie werden nicht ein anders , aber sie erkennen Gott und sich als Kinder Gottes , als schwächer als er , aber von gleicher Natur , insofern sie sich jener Beziehung (ὀνοµα) , des ἀνθρωπου als ϕωτιζοµενου ϕωτι ἀληθινῳ bewußt werden  ; ihr Wesen in nichts fremdem , sondern in Gott findend . | Bisher war nur von der Wahrheit selbst und dem Menschen im allgemeinen gesprochen1 , v . 14 . erscheint der Logos auch in der Modifikation als Individuum  ; in welcher Gestalt er sich , auch uns gezeigt hat . (nicht blos von ϕως , v . 7 .) auch vom Individuum zeugte Johannes (v . 15 .)   Daneben am Rande  : ἀνθρ. ἐρχ. ἐις τ. κοσµ. anders ist nichts da worauf das ἀυτον des v  . 10 u .  ff . gehen könnte

5

10

15

20

1

1 bestimmte aus bestimmten   3 ist] sind   4 Seyende aus s   ϕως . ] folgt gestr  : Jesus aber war das wahrhafte Licht  ; / Das ϕ   6 Ganze aus g   7 Nicht] davor gestr  : (1) das Licht man , (2) jeder Men (3) das ϕως   8 selbst , ] folgt gestr  : alle   ist über der Zeile   ganz , ] ganz  ihre] folgt gestr  : Verhältnisse ,   9 sind] folgt gestr  : ih (ohne i-Punkt)  des] folgt gestr  : ϕως – der zu   10 in der diese] (1) die in diesen (2) Text  : in der (über der Zeile mit Einfügungszeichen) diese (aus diesen)  die2 ] folgt gestr  : ganze   11 erkännte (Ms  : erkännten) aus erkennten  11–12 ohne daß … käme . auf dem Rande angeschlossen  12 sein eigenstes] (1) das eigenste , (2) Text  : sein (über der Zeile) eigenstes (aus eigenste , )  (ἰδιον) über der Zeile   13 fremd] davor gestr  : Fremd   14 Kraft] folgt gestr  : ist   ein aus eine   16 erkennen] folgt gestr  : sich izt als Kin   17 sie sich über gestr . sich sie   18 des aus den?   ἀληθινῳ] folgt gestr  : Schlußklammer   bewußt] bewußt〈 s 〉  ; davor gestr  : erken   19 in1 aus Komma  21 auch] folgt gestr  : als   22 in welcher … hat . mit Verweiszeichen unter diesem Absatz  er aus es   auch1] folgt gestr  : zeigt .   nicht] davor gestr  : σαρξ  ϕως ,] folgt gestr  : auch   23 Individuum] Indiv .   24 anders aus s  das unter der Zeile   25 gehen aus s

25

30 30

35 35

Text 58

5

10

15

20

25

30

man kan den zustand …257

Die Idee von Gott mag noch sublimirt werden , so bleibt immer das jüdische Princip der Entgegensezung des Gedanken gegen die Wirklichkeit , des vernünf­ tigen gegen das sinnliche , die Zerreissung des Lebens , ein todter Zusammenhang Gottes und der Welt , eine Verbindung , die nur als lebendiger Zusammenhang ge­nommen  , und bei welchem von den Verhältnissen der Bezogenen nur my­stisch gesprochen werden kan . Der am haüffigsten vorkommende und bezeichnendste Ausdruk des Verhältnisses Jesu zu Gott ist , daß er sich Sohn Gottes nennt , und sich als Sohn Gottes , sich als dem Sohne des Menschen entgegensezt – Die Bezeichnung dieses Verhältnisses ist einer der wenigen NaturLaute , die in der damaligen JudenSprache zufällig übrig geblieben war , | und daher unter ihre glüklichen Ausdrükke gehört . Das Verhältnis eines Sohnes zum Vater ist nicht eine Einheit , ein Be­g riff , wie etwa Einheit , Übereinstimmung der Gesinnung , Gleichheit der Grundsäze u . drgl . , eine Einheit , die nur ein gedachtes [ist] und vom lebendigen abstrahirt , sondern lebendige Beziehung Lebendiger , gleiches Leben  ; nur Modifikationen desselben Lebens , nicht Entgegensezung des Wesen , nicht eine Mehrheit ab­ soluter Substantialitäten  ; also Gottes Sohn , dasselbe Wesen das der Vater ist , aber für jeden Akt der Reflexion aber auch nur für einen solchen , ein besonderes . Auch im Ausdruk  : ein Sohn des Stammes Koresch z . B . wie die Araber den einzelnen , ein Individuum desselben bezeichnen , liegt es , daß dieser einzelne nicht blos ein Theil des Ganzen , das Ganze also nicht etwas ausser ihm , sondern er selbst eben das Ganze ist , das der ganze Stamm ist . Es ist diß auch aus der Folge klar , die es bei einem solchen natürlichen ungetheilten Volke auf ihre Art Krieg zu führen hat , indem jeder einzelne auf [das] grausamste niedergemacht wird  ; im jezigen Europa | hingegen , wo jeder einzelne nicht das Ganze des Staates in sich trägt , sondern das Band nur ein Gedachtes , das gleiche Recht für alle ist , wird darum nicht gegen den einzelnen , sondern gegen das ausser jedem liegende

1 mag] folgt gestr  : so   3 Lebens ,] folgt gestr  : (1) ein tod (2) h (3) der  5 genommen aus Komma  von] folgt gestr  : (1) den (aus die) (2) d   den Verhältnissen der auf dem Rande angeschlossen  Bezogenen 30 aus b   9 Die Bezeichnung dieses] (1) Diese Bezeichnung des (2) Text  : Die (aus Diese) Bezeichnung dieses (auf dem Rande angeschlossen)  11 geblieben aus blieben (ge über der Zeile)   14 drgl . , aus dergl .  ;   ein gedachtes [ist]] (1) eine gedachte ist (2) Text  : (ein gedachtes aus eine gedachte) [ist]   und vom lebendigen abstrahirt , am Rande mit Verweiszeichen  und über der Zeile   15 Le35 bendiger , aus Lebendiger  ;   nur über der Zeile  ; davor gestr  : (1) eine Modi (2) Sohn Gottes   16 17 Substantialitäten  ;] folgt gestr  : G  Sohn , ] folgt gestr  : das glei   18 jeden 35 Lebens aus Komma   Akt der Reflexion] (1) jede Reflexion (2) Text  : jeden (aus jede) (Akt der unter der Zeile) Reflexion  solchen] solches  20 ein] davor gestr  : de   25 im jezigen] (1) in den (2) Text  : im (aus in) jezigen (unter der Zeile mit Einfügungszeichen)  27 darum] folgt auf dem Rande angeschlossen , gestr  : der Kr  liegende aus liegendes  

124r

124v

258

125r

125v

frankfurter manuskripte · christliche religion

Text 58

Ganze Krieg geführt  ; wie bei jedem ächt freyen Volk , so ist bei den Arabern jeder ein Theil aber zugleich das Ganze . Nur von Objekten , von todtem gilt es , daß das Ganze ein anderes ist , als die Theile  ; im Lebendigen hingegen der Theil desselben ebensowohl und dasselbe Eins , als das Ganze  ; wenn die besondern Objekte als Substanzen , doch zugleich jedes mit seiner Eigenschaft als Individuum (in Zahlen) zusammengefaßt werden , so ist ihr gemeinsames , die Einheit , nur ein Be­g riff , nicht ein Wesen , ein Seyendes  ; aber die Lebendigen sind Wesen als abgesonderte , und ihre Einheit ist ebensowohl ein Wesen . Was im Reich des Todten Widerspruch ist , ist es nicht im Reiche des Lebens . Ein Baum der 3 Äste hat , macht mit ihnen zusammen Einen Baum  ; aber jeder Sohn des Baumes jeder Ast (auch seine andern Kinder | Blätter und Blü­then) ist selbst ein Baum  ; die Fasern , die dem Aste Saft aus dem Stamme zuführen sind von der gleichen Natur der Wurzeln  ; ein Baum umgekehrt in die Erde gestekt wird aus den in die Luft gestrekten Wurzeln , Blätter treiben , und die Zweige werden sich in die Erde einwurzeln – und es ist eben so wahr daß hier nur Ein Baum ist , als daß es drey Baüme sind . Diese WesenEinheit des Vaters und des Sohnes in der Göttlichkeit fanden auch die Juden , in dem Verhältnisse , das sich Jesus zu Gott gab  ; sie fanden (Joh . 5 ,18 .) er mache sich selbst Gott gleich , indem er Gott seinen Vater nenne . Dem jüdischen Princip der Herrschaft Gottes , konnte Jesus zwar die Bedürfnisse des Menschen entgegenstellen , (wie das Bedürfnis den Hunger zu befriedigen , der Feyer des Sabbaths) aber auch diß nur im allgemeinen , die tiefere Entwiklung dieses Gegensazes , etwa ein Primat der praktischen Vernunft war nicht in der Bildung jener Zeiten  ; in seiner Ent­ge­gen |s e­zung stand er vor den Augen nur als Individuum  ; den Gedanken dieser Individualität , zu entfernen beruft [sich] Jesus ,

1 Ganze] folgt gestr  : de   wie] davor gestr  : bei   2 Nur] davor gestr  : Wenn   3 hingegen] folgt gestr  : das  4 besondern aus O   6 ihr gemeinsames] ihrgemeinsames mit Trennstrich  7 die] (1) in den (2) Text (aus den)  Wesen 2 ] zuerst  : Wesen , und   8 im vers . gestr .  ; folgt gestr  : Todten Wi   9 3] davor gestr  : 3 aus 2   10 Einen aus einen  Baumes] folgt gestr . Anfangsklammer   11 Kinder] folgt gestr . Schlußklammer  12 dem Aste … zuführen] (1) ihm Saft zuführen u (2) Text  : (über der Zeile mit Einfügungszeichen  : dem (a) Stamme (b) Aste) Saft aus dem Stamme zuführen   von der gleichen] (1) gleicher (2) Text  : (über der Zeile  : von der) gleichen (aus gleicher)   13 Wurzeln  ;] Wurzeln  ; folgt gestr  :  ) (ein   umgekehrt gestr . und wiederhergestellt  15 und] folgt gestr  : durch   wahr] (1) richtig gesagt  : (2) Text (auf dem Rande angeschlossen)  15–16 daß hier … sind .] (1) hier ist nur Ein (aus ein) Baum , als  : hier sind drey Baüme (2) Text  : (über der Zeile  : daß hier) nur Ein Baum ist (nachtr .) , als daß (über der Zeile) es (nachtr .) drey Baüme sind (am ursprüngl . Absatzende angeschlossen)  18 die] folgt gestr  : Ausdr  dem] folgt gestr  : Aus  Verhältnisse aus Verhältnisses  zu aus von   18–19 (Joh . 5 ,18 .)] (Joh . 5 ,18 .   19 nenne .] folgt gestr  : Und besonders bei Johannes kommt er immer   20 konnte Jesus] konnte Jesus , konnte Jesus   21 das] (1) die Befriedig (2) Text (aus die)  der aus den   23 ein über gestr . das   25 Individuum  ;] folgt gestr  : um diese   den aus die  

5

10

15

20

25

30 30

35

40

Text 58

5

man kan den zustand …259

besonders bei Johannes immer auf seine Einigkeit mit Gott , der dem Sohne Leben in sich selbst zu haben gegeben , wie der Vater selbst Leben in sich selbst habe  ; daß er und der Vater eins sey , er sey Brod , vom Himmel herabgestiegen u . s . w . harte Ausdrükke (σκληροι λογοι) welche dadurch nicht milder werden , daß man sie für bildliche erklärt , und ihnen , statt sie mit Geist als Leben zu nehmen , Einheiten der Be­g riffe unterschiebt  ; freilich sobald man Bildlichem die Verstandes‑Be­g riffe entgegensezt  ; und die leztere zum herrschenden annimmt , so muß alles Bild nur als Spiel , als Beiwesen von der Einbildungskraft ohne Wahrheit , beseitigt ­[werden] , und statt des Lebens des Bildes bleibt nur objektives .

3 sey2 ] 10 2 gegeben] folgt gestr  : habe   der Vater] (1) er (2) Text  : der (aus er) Vater (über der Zeile)   folgt gestr  : d   herabgestiegen aus herabgekom   4 dadurch] zuerst  : dadurch , daß sie   werden aus würden  daß] folgt gestr  : sie   man] folgt gestr  : f   6 Bildlichem die] (1) Bildliches den (2) Text  : ( Bildlichem die aus Bildliches den)   7 muß über gestr . kan   8 Einbildungskraft] zuerst  : Einbildungskraft ,  

260 113r

126r

113v

frankfurter manuskripte · christliche religion

Jesus nennt sich auch Sohn des Menschen  ; von dem einigen , ungetheilten , oder unendlich gegliederten lebendigen , kan ein Glied sich als einen Theil sezen , und von den andern unter­ schei­den  ; dieses modificirte Leben ist als reines Leben in dem reinen All des Lebens  ; als Modification sezt es sich andern entgegen  ; der Vater hat Leben in ihm selbst , und so hat er auch dem Sohne Leben in sich selbst zu haben gegeben  ; und weil er des Men­schenSohn ist , hat er ihm Macht er­theilt und Gericht zu machen  ; das einige ist ohne Macht , denn es ist ihm kein feind­ seliges , mit ihm kämpfendes entgegen  ; aber das wirkliche , wie der Mensch kan von feindseligen Kräften an­ge­ griffen werden , und in ein Streit kommen  ; nur er kan auch ein fremdes , das ihn zwar in Ruhe läst , aber nicht mit ihm leben und geniessen will , das sich abgesondert hat , und getrennt steht | gegen sich über haben , und in ­Rechten gegen andre stehen , die ruhigen Grenzen ihrer Trennung stekken , und bewahren , nur er kan Gericht halten .

Text 58

Jesus nennt sich aber nicht nur Sohn Gottes , er nennt sich auch Sohn des Men­schen  ; wenn Sohn Gottes eine Modifikation des Göttlichen ausdrükt , so | wäre ebenso Sohn des Menschen , eine Modifikation des Menschen  ; aber der Mensch ist nicht Eine Natur , Ein Wesen , wie die Gottheit , sondern ein Be­g riff , ein Gedachtes  ; und der MenschenSohn heißt hier ein dem Be­g riffe Mensch subsumirtes  ; Jesus ist Mensch ist ein eigentliches Ur­theil , das Prädikat ist nicht ein Wesen sondern ein Allgemeines . (ἀνθρωπος  , der Mensch  ; ὑιος ἀνθρ ein Mensch .) Der GottesSohn ist auch MenschenSohn  ; das Göttliche in einer besondern Gestalt erscheint als ein Mensch  ; der Zusammenhang des Unendlichen und des Endlichen ist freilich ein heiliges Geheimnis , weil dieser Zusammenhang das Leben selbst ist  ; die Reflexion die das Leben trennt , kan es in Unendliches und Endliches unterscheiden , und nur die Beschränkung , das Endliche für sich betrachtet , gibt den Be­g riff des Menschen als dem Göttlichen entgegengesezt  ; ausser­halb

5

10

15

20

25

Linke Spalte  : 1–27 Jesus nennt … halten . mit Erledigungsvermerk versehen  1–4 Jesus nennt … kan] 30 daneben an Rande Berechnungen  1 auch] folgt gestr  : Mensch   2 von über gestr . aus   einigen ,] folgt gestr  : ung   ungetheilten] folgt gestr  : lebendigen   3 gegliederten] folgt gestr  : (1) ist (2) Ansatz zu k   30 4 Theil] folgt gestr  : v   6 dieses] davor gestr  : diese (aus die) (1) Mo (2) le   7 reines über der Zeile mit Einfügungszeichen  dem aus der?   11–12 gegeben  ;] folgt gestr  : a   17 wirkliche aus wirk­ liches  wie] davor gestr  : de   18 von feindseligen Kräften] (1) feindselige Kräfte (2) Text  : (über der Zeile  : von) (feindseligen Kräften aus feindselige Kräfte)  18–19 angegriVen] angegriVen , folgt gestr  :  u .   20 er über der Zeile  21 zwar über der Zeile  nicht aus nichts   mit] folgt gestr  : zu thun   35 25 stehen ,] folgt gestr  : und Gericht ihr   27 nur er kan über der Zeile mit Einfügungszeichen , irrtümlich Rechte Spalte  : 2 er] folgt gestr  : sich   3 eine] eines   5 wäre über gestr . ist   7 nicht] davor gestr  : hier   14–15 (ἀνθρωπος , der … Mensch .) auf dem Rande angeschlossen   15 Der] davor gestr  : Das göttliche  17 besondern aus Ansatz zu G   18 der] davor gestr  : Der  

Text 58

5

10

15

20

25

man kan den zustand …261

Das Bewußtseyn , dem Joch der Wirklichkeiten sich entzogen zu haben , und von Gott getrieben zu werden , nennt Jesus den Geist Gottes  ; Die Gestalt , in der alles göttliche erscheinen muß , die das wirkliche bekämpfende Er­scheinung Gottes muß eine Form haben  ; diese Thätigkeit geht gegen das beschränkte , aber sie selbst erscheint obzwar in der freysten , doch in einer Form  ; und darum läst sich in ihrer Erscheinung noch zwischen Gestalt und Wesen unterscheiden  ; das Wesen ist das treibende , thätige , und darum kan Jesus noch von einem Geiste Gottes sprechen  ; und wenn im Menschen , der Sohn des Menschen , die Individualität , und der Sohn Gottes , als in dem der Geist Gottes wohnt , unterschieden wird , so ist die Modifi­k a­ tion , das von Gott | nur belebte verwundbar , und an sich nicht heilig , und wenn die Individualität beleidigt wird , damit das göttliche selbst nicht verlezt  ; eine Sünde am MenschenSohn

der Reflexion , in der Wahrheit ­fi ndet sie nicht statt . Diese Bedeutung des Men ­schenSohns tritt da am hellsten her­vor , | wo der Men­schenSohn dem GottesSohn entgegengesezt ist  ; wie Joh 5 ,26 .27 . »Wie der Vater Leben in sich selbst hat , so gab er auch dem Sohne Leben in sich selbst zu haben  ; und er gab ihm auch die Macht , und Gericht zu halten , weil er Men­schenSohn ist .« denn V . 22 . »der Vater richtet niemand , sondern hat das Richten dem Sohne gegeben .« Dagegen heißt es Joh . 3 ,17 . ( Matth . 18 ,11 .) »Gott hat seinen Sohn nicht in die Welt geschikt , daß er die Welt richte , sondern daß die Welt durch ihn gerettet werde .«  Richten ist nicht ein Akt des Göttlichen  ; denn das Gesez , das im Richter ist , ist das den zu richtenden entgegengesezte Allgemeine , und das Richten ist ein Urthei­ len , ein Gleich- oder Un­g leich­sezen , das Anerkennen einer gedachten Einheit , oder einer unvereinbaren Ent­ ge­gen­sezung  ; der GottesSohn rich-

vor das Komma eingewiesen  1 Das] (1) Auch sei (2) Das (3) Diß (aus Das) (4) Text (über der Zeile)   1–2 Wirklichkeiten aus Wirklichkeit   3 werden ,] folgt gestr  : n   6 bekämpfende] (1) Be (2) be8 geht über der Zeile   9 sie gestr . und wiederherkämpfende (3) Text (auf dem Rande angeschlossen)   30 gestellt   10 in1] folgt gestr  : ein   doch aus n   15 Jesus] (1) Christus (2) Text (auf dem Rande ange17–18 die Individualität] (1) das Individuum (2) (über der Zeile  : als) das Individuum (3) 30 schlossen)   Text  : (über der Zeile  : die) Individu(alität auf dem Rande angeschlossen)  18 Sohn über gestr . Geist   21 belebte] folgt gestr  : (1) verw (2) zwar   23 Individualität] Individualilät   25 Sünde am] (1) Sünde , die dem (2) Sünde (Ms  : Sünde , ) gegen (über der Zeile) (3) Text (am über der Zeile)   35 2 Diese] davor gestr  : (1) Die Entg (2) Diese (aus Die) hier gegebne Erklärung des   3 ­Men ­schenSohns] 35 folgt gestr  : (1) wird (2) kommt am   9 gab] folgt gestr  : ich   und über der Zeile mit Einfügungszeichen  ;

davor gestr  : er ­theilt aus erh   10 MenschenSohn] folgt gestr  : des   11–13 denn V . 22 . … ge­geben  .« am Rande mit Verweiszeichen   11 »der] der   13 gegeben aus übergeben   16 richte aus richten   17 Richten] davor gestr  : Es ist (davor ein Spatium von einer kurzen Wortlänge)  19 das2 aus der  23 Anerkennen aus a?  24 einer unvereinbaren über der Zeile  

126v

114r

262

127r

114v

frankfurter manuskripte · christliche religion

kan vergeben werden , aber nicht eine wider den heiligen Geist  ; über die im Streite be­g riff­nen Individualitäten gibt es ein höheres , jene kan in der Liebe Verzeihung erlangen , diese hat sich an der Liebe selbst versündigt , und allem Recht , allem An­theil am göttlichen entsagt . Solange Jesus mit seinen Jüngern war , regierte sie der Glauben an ihn , der Glauben , daß in ihm , einem Menschen göttliches ist  ; dieser Glauben war noch nicht der heilige Geist , denn obschon sie jenen Glauben nicht haben konnten , ohne SelbstGefühl der Göttlichkeit , so waren doch noch dieses Selbstgefühl , und ihre Individualität getrennte , leztere hing von der Individualität eines andern ­Menschen ab  ; das göttliche in ihnen und sie selbst waren noch nicht eins  ; darum versprach Jesus ihnen nach seiner Ent­ fernung , die ihnen eine fremde Stüze entzog , den heiligen Geist , der über sie werde ausgegossen werden , | ihre Abhängigkeit von ihm werde mit seinem Tode aufhören , sie werden in sich selbst den Führer in alle Wahrheit finden ,

Text 58

tet , sondert , trennt nicht , hält nicht entgegengeseztes in seiner Entgegensezung  ; eine Aüsserung das Regen des Göttlichen ist kein Gesez­geben , Gesez­auf­stel ­len , kein Behaupten der Herrschaft des Gesezes  ; sondern die Welt soll durch das Göttliche gerettet ­werden  ; auch retten ist ein Ausdruk der nicht gut vom Geiste gebraucht wird  ; denn er bezeichnet die absolute Unmacht gegen die Gefahr ,  | desjenigen , der in Gefahr schwebt  ; und die Rettung ist insofern die Handlung eines Fremden zu einem Fremden  ; und die Wirkung des Göttlichen kan nur insofern als Rettung genommen werden , als der gerettete nur seinem vorher­ gehenden Zustande , nicht seinem We­ sen fremde wird . – Der Va­ter richtet nicht  ; auch nicht der Sohn , der Leben in ihm selbst hat , insofern er Eins ist mit dem Vater  ; aber zugleich hat er auch Macht erhalten , und die Ge­walt , Gericht zu machen , weil er Men­ schenSohn ist  ; denn die Modifikation ist als solche , als ein Beschränktes der Ent­gegen­sezung , und der Trennung

5

10

15

20

25

2 den] folgt gestr  : Geist  Geist  ;] folgt gestr  : dor   2–4 über die … höheres , über der Zeile und auf dem 30 Rande fortgesetzt  ; vgl . die übernächste Apparatnotiz   7 Recht] folgt gestr  : des g   8 entsagt .] zuerst  : entsagt  ;  ; folgt gestr  : über die im Streite begriVnen Individualitäten gibt es ein höheres ,   10 in] (1) 30 im Mensch (2) Text (aus im)  12 heilige] h .   14 konnten] konnte  SelbstGefühl] (1) eignes / Gefühl (2) Text (Selbst- auf dem Rande angeschlossen)  17 hing] davor gestr  : hängt   20–21 darum versprach … seiner] (1) durch / seine (2) Text  : (auf dem Rande angeschlossen  : darum versprach J . ihnen nach 〈 seine 〉) seiner (aus seine)  23 entzog ,] folgt gestr  : den h   heiligen] h .   25 werde aus werden   35

1 trennt] zuerst  : trennt , hält   2 entgegengeseztes aus entgegenseztes (ge über der Zeile)  5 Ge­sez­ 35 aufstellen ,] folgt gestr  : Behau   7 soll] folgt gestr  : ihn   10–11 Unmacht] davor gestr  : (1) O (2) Ohn­ mach  11 gegen] davor gestr  : d   14 die] davor gestr  : u   15 nur über der Zeile  19 wird . –] folgt gestr  : Der Sohn , der Leben in sich selbst hat , h (mit Ansatz zu a)   20 auch nicht der] (1) der (2) Text (auf dem Rande angeschlossen)  21 hat ,] folgt gestr  : hat   25 Modifikation] folgt gestr  : als   26 als2 aus ein  

Text 58

man kan den zustand …263

und Söhne Gottes seyn  ; in [wie] weit diese Hofnung ihres Lehrers in Erfüllung gehen konnte , wird sich weiterhin zeigen .1 5

10

15

20

25 25

30

35 35

in Allgemeines und Besonderes fähig  ; in ihm findet Vergleichung in Rüksicht auf die Materie , Vergleichung der Kraft , also Macht statt , und in

  Liebe a) eingeschränkt auf wenige b) thätig – die Christen nicht miteinander Aufhebung des Eigen­thums Gemeinschaft der Weiber , Essen und Trinken Beten nicht Thätigkeit – also nur im Be­g riff vereinigte Glaubende , liebende andre  in ihrem Gott nicht lebendig vereinigt | 1

Schiksal Jesu – Entsagen den Beziehungen des Lebens – a) Bürger civiler b .) politischer c .) Zusammenleben mit andern ­Menschen – Familie , Verwandte , Ernährung Das Verhältnis Jesu zu der Welt theils Flucht , theils Reaktion , Bekämpfung derselben . Solang und so weit Jesus die Welt nicht verändert hatte , soweit mußte er sie fliehen 2 diese aus die  Lehrers] folgt gestr  : konnte   4 zeigen .] folgt gestr  : Das Bewußtseyn der Freiheit , und (1) das (2) (d . göttliche auf dem Rande angeschlossen) Harmonie , ( folgt gestr  : das Leben) die Beseelung aller Lebensgestalten durch die Gottheit allein , nennt J . das ( folgt über der Zeile gestr  : die) (1) Reich des Lichts (2) Licht (aus Lichts) , und das göttliche Leben der Menschen ihre (über gestr . die) Harmonie bei ihrer Mannichfaltigkeit das Reich Gottes  ; er nennt ein Königreich (davor gestr  : Reich) , eine Herrschaft , denn welche (aus wie) andre Einigkeit konnten Juden fassen , als die Einheit durch Herrschen  ; diese Benennung bringt etwas heterogenes in die ( folgt gestr  : Ver) göttliche Vereinigung der Menschheit , denn sie zeigt ( folgt gestr  : du) immer noch getrenntes und widerstreitiges , das aus (1) dem göttlichen Leben (2) (auf dem Rande angeschlossen  : der Schönheit und dem) göttlichen Leben eines reinen (über gestr . schönen) Menschenbundes | (ganz entfernt seyn muß . vers . nicht gestr .)  5–12 Liebe … vereinigt neben den vorhergehenden Zeilen am Rande , in kleinerer Schrift  5 eingeschränkt] eingeschr .   6 die Christen] d . Christ   9–10 Beten über der Zeile  11 vereinigte] ver .   andre] davor gestr  : als  13–20 Schiksal Jesu … fliehen unter der ersten Zeile auf Bl 115r , in etwas kleinerer Schrift , in Langzeilen  13 Schiksal] Schiks .   16 Ernährung aus Nahrung  19 und so weit unter der Zeile   20 soweit aus mu   fliehen] die folgenden drei Viertel der Seite sind nicht beschrieben 2–4 Vergleichung in … Macht] (1) Vergleichung , also / Macht statt , und (2) Vergleichung (auf dem Rande angeschlossen  : der Kraft , also) / Macht und (3) Text  : Vergleichung (auf dem Rande angeschlossen  ; über der Zeile  : (a) in obj (b) in Rüksicht auf die Materie[ ,] Vergleichung (unter der Zeile mit Ein­ fügungszeichen) der Kraft , also) Macht  

115r

115r

264

127v

frankfurter manuskripte · christliche religion

Text 58

Rüksicht auf die Form , die Thätigkeit des Vergleichens , der Be­g riff , das Ge­ sez , und das Trennen oder Verbinden desselben mit einem Individuum , Ur­ thei­len und Gericht halten . Zugleich aber könnte wieder der Mensch nicht richten , wenn er nicht ein Göttliches wäre  ; denn dadurch allein ist in ihm der Maas­staab des Richtens , die Trennung möglich . | in dem Göttlichen ist seine Macht zu binden und zu lösen gegründet . Das Richten selbst kan wieder von zweier­lei Art seyn , das ungött­ liche entweder nur in der Vorstellung oder in der Wirklichkeit zu beherrschen . Jesus sagt Joh 3 ,18 .19 . »Wer an den Got­tesSohn glaubt , wird nicht gerichtet  ; wer aber nicht an ihn glaubt , ist schon gerichtet ,« weil er diese Beziehung des Menschen zu Gott , seine Göttlichkeit nicht erkannt hat  ; und »ihr Gericht ist ihre grössere Liebe selbst zur Finsterniß , als zur Wahrheit .« In ihrem Unglauben besteht also das Gericht selbst  ; Der göttliche Mensch naht sich dem Bösen nicht als eine es be­herrschende , unterdrükkende Gewalt denn der Göttliche Menschensohn hat zwar Macht erhalten , aber nicht ­Gewalt  , er behandelt bekämpft die Welt nicht in der Wirklichkeit  ; er bringt ihr ihr Gericht nicht als Bewußtseyn einer Strafe bei , was mit ihm nicht

5

10

15

20

25

30

4–5 Urtheilen aus u   8 ist aus in   9 Richtens ,] folgt gestr  : und   10 in] davor gestr  : dur   17 glaubt ,] 35 folgt gestr  : ist sc   19 er aus d   22 »ihr] (1) ihr ((2) das (3) Text  : [»]ihr über der Zeile)  Gericht] folgt gestr  : 35 ist   24 besteht] davor gestr  : ist   25 Der] davor gestr  : (1) der (2) ihre Strafe ist für sich (3) ist   26 dem] davor gestr  : dem   es] (1) fr (2) sie (3) Text (über der Zeile)  28–30 denn der … Gewalt[ ,] am Rande mit Verweiszeichen  30 er] folgt gestr  : unter   31–32 er bringt … Gericht] (1) ihre Strafe ist für sie vo (2) ihr (aus ihre) Gericht (auf dem Rande angeschlossen) (3) Text (er bringt ihr auf dem Rande , über der Zeile)  32 als

Text 58

5

10

15

20

25

30

man kan den zustand …265 leben nicht geniessen kan , was sich abgesondert hat , und getrennt steht  ; dessen selbstgestekte Gränzen erkennt er als solche Beschränkungen wenn sie schon vielleicht der höchste Stolz der Welt sind , und von ihr nicht als Beschränkungen gefühlt werden und ihr Leiden für sie vielleicht nicht die Form des Leidens , wenigstens nicht die Form der rükwirkenden Beleidigung ei­nes Gesezes hat  ; ihr Unglauben aber ist es was sie in eine tiefere Sphäre sezt , ihr eignes Gericht wenn sie sich in ih­ rem Unbewußtseyn des Göttlichen , in ihrer Erniedrigung auch gefällt .  | Das Verhältnis Jesu zu Gott , als eines Sohnes zum Vater konnte , je nachdem der Mensch das Göttliche ganz ausser sich sezt , oder nicht , entweder als Erkenntnis oder mit dem Glauben gefaßt werden . Die Erkenntnis sezt für ihre Art jenes Verhältnis aufzunehmen , zweierlei Naturen  ; eine menschliche und eine göttliche Natur , ein menschliches Wesen und ein göttliches We­ sen , deren jedes Per ­sönlichkeit Sub­ stantia­li­tät hat , und die in jeder Art von Beziehung zwei bleiben , weil sie als absolut verschiedene gesezt sind . Diejenigen , die diese absolute Verschiedenheit sezen , und zugleich doch fodern , die absoluten in der innigsten

aus ?  ; folgt gestr  : der   264,33–7 was mit … werden am Rande mit Verweiszeichen   5 vielleicht unter der Zeile mit Einfügungszeichen   8 Leiden] folgt gestr  : hat   vielleicht über der Zeile mit Einfügungszeichen   35 9 Leidens] folgt über der Zeile gestr  : hat   11 hat über der Zeile mit Einfügungszeichen   ihr Unglauben aber] (1) sondern ihr Unglauben (2) Text (aber über der Zeile)  12 es] (1) es (2) selbst (über der Zeile) (3) Text  : es (unter der Zeile)  13 ihr eignes Gericht über der Zeile mit Einfügungszeichen  sich über gestr . nicht   15 Erniedrigung aus Niedrig   17 Vater] folgt gestr  : zum Vater   konnte aus kan  ; folgt gestr  : je   18 ganz über der Zeile mit Einfügungszeichen  19 als über gestr . mit der   21 Die aus Das  ; davor gestr  : (1) Als 40 (2) Diß sezt   23 Naturen  ;] zuerst  : Naturen voraus   26 Persönlichkeit] folgt gestr  : hat ,   31 doch]

128r

266

128v

129r

frankfurter manuskripte · christliche religion

Text 58

Beziehung als Eins zu denken , heben nicht in der Rüksicht den Verstand auf , daß sie etwas ankündigten das ausserhalb seines Gebietes wäre , sondern er ist es , dem sie zu­mu­then , absolut‑verschiedne Substanzen aufzufassen , und zugleich absolute Einheit der­selben  ; sie zerstöhren ihn also , indem sie ihn sezen . | Diejenigen , die die gegebne Verschiedenheit der Sub­stan­t ia­l i­t ä­ten annehmen , aber ihre Einheit l­eugnen , sind konsequenter  ; zu jenem sind sie berechtigt , denn es wird gefo­dert  , Gott und Mensch zu denken , und da­m it auch zu diesem , denn die Trennung zwischen Gott und Mensch aufzuheben wäre gegen das erste ihnen zu­ge­mu­ thete . Sie retten auf diese Art wohl den Verstand , aber wenn sie bei dieser absoluten Verschiedenheit der Wesen ste­hen bleiben , so erheben sie den Verstand , die absolute Trennung , das ­Tödten zum Höchsten des Geistes . Auf diese Art nahmen die Juden Jesum auf .  | Wenn Jesus so sprach , der Vater ist in mir , ich im Vater , wer mich ge­sehen hat , hat den Vater gesehen , wer den Vater kennt , der weis daß meine Rede Wahrheit ist , ich und der Vater sind [eins] , – so klagten ihn die Juden der Gotteslästerung an , daß er , der ein

5

10

15

20

25

30

davor gestr  : sie   1 Beziehung] folgt gestr  : zu den   heben] zerstöhren (1) ihre eigne (2) ihren (aus ihre) Verstand (3) den (über der Zeile) Verstand , dem sie 〈 d 〉 zumuthen , (4) Text   2 der über gestr . dieser   3 daß sie … ankündigten] (1) das heißt , sie kündigen nicht etwas an , (2) Text  : (auf dem Rande ange- 35 schlossen  : daß) sie etwas an(kündigten auf dem Rande angeschlossen)   4 wäre über gestr . ist  sondern] 35 folgt auf dem Rande angeschlossen , gestr  : sie   7 absolute Einheit derselben auf den Rand hinausgeschrieben   13 wird] folgt gestr  : von ihnen   14 denken ,] folgt gestr  : ab (aus u)  23–24 Auf diese Art über gestr . So   25 Wenn] Textanschluß durch Verweiszeichen  in aus mir (ohne i-Punkt)   29 ich] folgt gestr  : se  und] folgt gestr  : sei   30 klagten] davor gestr  : beschuldigten  

Text 58

5

10

15

20

25

30

man kan den zustand …267 Mensch gebohren sei , sich zum Gotte mache  ; wie hätten sie an einem Menschen etwas göttliches erkennen sollen , sie , die Armen , die in sich nur das Bewußtseyn ihrer Erbärmlichkeit und ihrer tiefen Knechtschaft , ihrer Ent­ gegensezung gegen das Göttliche , das Bewußtseyn einer unübersteig­baren Kluft zwischen menschlichem und Göttlichem Seyn trugen  ; der Geist erkennt nur den Geist  ; sie sahen in Jesu nur den Menschen , den Nazareer , den Zim ­mer ­m annsSohn  , dessen Brüder und Verwandte unter ihnen lebten  ; so viel war er , mehr konnte er ja auch nicht seyn , er war nur einer , wie sie , und sie selbst fühlten , daß sie Nichts wa­ren . Am Haufen der Juden mußte sein Versuch scheitern , ihnen das Be­ wußtseyn von etwas göttlichem zu ge­ ben  ; denn der Glauben an etwas göttliches , an etwas grosses kan nicht im Kothe wohnen . | der Löwe hat nicht Raum in einer Nuß  ; der unendliche Geist nicht Raum in dem Kerker ei­ner Ju­denSeele  ; das All des Lebens nicht in einem dürrenden Blatte  ; der Berg und das Auge , das ihn sieht , sind Subjekt und Objekt , aber zwischen Mensch und Gott , zwischen Geist und Geist ist diese Kluft der Objektivität nicht .

6–10 Knechtschaft , ihrer … Seyn] (1) Knecht-/schaft (2) Text  : Knecht-(schaft , ihrer … Seyn (Ms  : Seyn .) auf dem Rande angeschlossen)  6 ihrer2 ] davor gestr  : un   7 Göttliche aus Göttlicht   das aus ei   35 10 trugen  ; über der Zeile mit Einfügungszeichen   11 sahen über der Zeile   12 den3] davor gestr  : und   35 14 Verwandte] folgt gestr  : und Leut   15–17 so viel … und] (1) weiter (a) war er (b) konnte er ja auch nicht / seyn , denn (2) Text  : (auf dem Rande angeschlossen  : so viel war er , mehr) konnte er ja auch nicht (seyn , er war nur einer , wie sie , auf dem Rande angeschlossen) und (über der Zeile)  25 in] folgt gestr  : ei­ ner   27 dürrenden Blatte über den Rand hinausgeschrieben  29 Mensch aus Menschen  31 Kluft] folgt gestr  : nicht ,   nicht .] zuerst  : nicht , nur was der Mensch in sich ist , kann er ( folgt gestr  : ihm) erkennen  ,  

129v

268

frankfurter manuskripte · christliche religion

Text 58

einer ist dem ­andern nur einer und ein anderer darin , daß er ihn erkennt . Ein Zweig der objektiven Annahme des Verhältnißes des Sohnes zum Va­ ter , oder vielmehr die Form der­selben in Rüksicht des Willens ist in dem Zusam­menhange , der bei Jesus zwischen der getrennten menschlichen und göttlichen Natur gedacht und verehrt wird , auch für sich selbst einen Zusammenhang mit Gott zu finden , eine Liebe zwischen ganz ungleichen , eine Liebe Gottes zu dem Menschen zu hoffen , die höchstens ein Mitleiden seyn könnte . Das Verhältnis Jesu als Sohnes zum Vater ist ein kindliches Verhältniß , denn der Sohn fühlt sich im Wesen , im Geiste eins mit dem Vater , der in ihm lebt , und hat keine Ähnlichkeit mit dem kindischen Verhältnisse , in welches sich der Mensch mit dem reichen OberHerr­scher der Welt sezen möchte , dessen Leben er sich völlig fremd fühlt , und mit dem er nur durch die geschenkten Dinge durch die Brokken , die von des Reichen Tische fallen zusammenhängt . | 1 andern] folgt gestr  : u  ein über gestr . ein  2 darin unter gestr . dadurch   erkennt .] zuerst  : erkennt  ; Nicht aber nur (a) Gottes Sohn (b) (über der Zeile  : den) Sohn des Gottes nennt sich Jesus , auch ( folgt gestr  : Men) den Sohn des Menschen  ;   3–4 Ein Zweig … Verhältnißes] (1) (Absatz) Diß Verhältniß (2) Diß (gestr . und wiederhergestellt) Verhältniß (3) Text  : (am ursprüngl . Absatzende angeschlossen und auf dem Rande fortgesetzt  : Ein Zweig der objektiven Annahme) des (nachtr . am Zeilenbeginn  ; folgt vers . nicht gestr  : Diß) Verhältnißes (aus Verhältniß)   4–5 Vater] folgt auf dem Rande angeschlossen , gestr  : ist   5–16 oder vielmehr … Vater auf dem Rande angeschlossen  5 Form derselben] Formderselben mit Trennstrich   6 dem] folgt über der Zeile , gestr  : objekti   12 Liebe] davor gestr  : Liebe   zwischen ganz ungleichen] (1) von ganz Ungleichem (2) Text  : (über der Zeile  : zwischen) ganz ungleichen (aus Ungleichem)   15 könnte .] zuerst  : könnte , den (aus das)   19–20 und hat … mit über der Zeile   20–21 Verhältnisse , aus Verhältnis ,   21 welches aus welchem   21–24 sich der Mensch … fühlt , am unteren Rande   22 OberHerrscher aus Oberhaupt (Herrscher über der Zeile)   23 dessen aus deren  er aus es   24 fühlt ,] folgt gestr  : und seine (1) Ab (2) eigne Abhängi   24–27 und mit … zusammenhängt . am Rande mit Verweiszeichen

5

10

15

20

25

30 30

35 35

40

Text 59

das wesen des jesus …269

Das Wesen des Jesus …

5

10

15

20

Das Wesen des Jesus , als ein Verhältnis des Sohnes zum Vater kan in der Wahrheit nur mit dem Glauben aufgefaßt werden , und Glauben an sich foderte Jesus von seinem Volke . Dieser Glauben charakterisirt sich durch seinen Ge­ genstand , das Göttliche  ; der Glauben an Wirkliches ist eine Erkenntnis irgend eines Objekts , eines Beschränkten  ; und so wie ein Objekt ein anderes ist , als Gott , so sehr ist diese Erkenntnis verschieden von dem Glauben an das Göttliche . »Gott ist ein Geist , und die ihn anbeten müssen ihn in Geist und Wahrheit anbeten .« Wie könnte dasjenige einen Geist erkennen , was nicht selbst ein Geist wäre  ? Die Beziehung eines Geistes zu einem Geiste ist Gefühl der Harmonie , ihre Ver­einigung  ; wie könnte heterogenes sich vereinigen  ? Glauben an Gött­ liches ist nur dadurch möglich , daß im Glaubenden selbst göttliches ist , welches in dem , woran es glaubt , sich selbst , seine eigne Natur wieder findet , wenn es auch nicht das Bewußtseyn hat , daß diß gefundene seine eigne Natur wäre . | Denn in jedem Menschen selbst ist das Licht und Leben , er ist das Eigenthum des Lichts  ; und er wird von einem Lichte nicht erleuchtet , wie ein dunkler Körper , der nur fremden Glanz trägt , sondern sein eigner Feuer­stoff geräth in Brand , und ist eine eigne Flamme . Der Mittelzustand zwischen der Finsterniß , dem Fern­seyn von dem Göttlichen , dem Gefangenliegen unter der Wirklichkeit , – und zwischen einem eignen ganz göttlichen Leben , einer Zuversicht auf sich Selbst , ist der Glauben an das Göttliche  ; er ist das Ahnden , das Erkennen des Göttlichen und das Verlangen der Vereinigung mit ihm , die Begierde gleichen Lebens  ; aber er [ist] noch nicht die Stärke des Göttlichen , das alle Fäden seines Bewußtseyns durchdrungen , alle seine Beziehungen zu der Welt berichtigt hat ,

25

2 Das] davor gestr  : Je   des Jesus] (1) Jesu , (2) Text  : (über der Zeile  : des) 25 1 Überschrift der Herausgeber   Jesus (aus Jesu , )  der über der Zeile mit Einfügungszeichen  4 von] folgt gestr  : (1) sein (2) den   Dieser aus Der   charakterisirt] folgt gestr  : d   seinen] (1) sein Obje (2) Text (aus sein)   5 Gött­ liche  ;] folgt gestr  : und   6 Beschränkten  ;] folgt gestr  : die   8 und 2 ] folgt gestr  : (1) in (2) der   11–12 30 Göttliches] (1) das Göttliche (2) Text (aus Göttliche)   12 ist , ] folgt gestr  : das in   welches aus 15 Denn aus Dein   das1] folgt gestr  : ϕως ,  Leben , ] folgt gestr  : und   er ist] erist mit 30 welchen   Trennstrich   16 Lichts] davor gestr  : Leben   von einem] (1) vom (2) Text  : von (Ms  : vom) einem (über der Zeile)  18 der] folgt gestr  : Entfremdu  20 eignen ganz auf dem Rande angeschlossen  Zuversicht] folgt gestr  : und   21 das3 aus u   23 noch nicht] nicht noch   24 alle seine] (1) in allen seinen (2) Text (aus allen seinen)  

130r

130v

270

131r

131v

frankfurter manuskripte · christliche religion

Text 59

in seinem ­g anzen Wesen weht . Der Glauben an das Göttliche stammt also aus der Göttlichkeit der eignen Natur  ; nur die Modifikation der Gottheit kan sie erkennen . Als Jesus seine Jünger fragte , wer , sagen die Menschen , daß ich der MenschenSohn sey  ? | erzählten seine Freunde die Meinungen der Juden , welche , auch indem sie ihn verklärten , ihn über die Wirklichkeit der Menschenwelt hinaufsezten , doch nicht aus der Wirklichkeit herausgehen konnten , sondern in ihm nur [ein] Individuum sa­hen , das sie auf eine unnatürliche Art mit ihm verbanden . Als aber Petrus seinen Glauben an den MenschenSohn , daß er in ihm den Sohn Gottes erkenne , ausgesprochen hatte , so preist ihn Jesus seelig , ihn den Simon den Sohn des Jonas , was er für die andern Menschen war , den MenschenSohn  ; denn der Vater im Himmel habe ihm diß ge­offen­bahrt  . Einer Offen­ bah­r ung bedurfte es nicht , zu einer blossen Erkenntnis von göttlicher Natur  ; ein grosser Theil der Christenheit lernt diese Erkenntnis  ; den Kindern werden Schlüsse aus den Wundern u . s . w . gegeben , daß Jesus Gott sey  ; man kan dieses Lernen , diß Empfangen dieses Glaubens keine göttliche Offen­bah­r ung nennen   ; Befehl und Prügel thuns hier . »Mein Vater im Himmel hat es dir ge­offen­bahrt  ; das göttliche das in dir ist , hat mich als Göttliches erkannt  ; du hast mein Wesen verstanden , es hat in dem deinigen wiedergetönt .« Den unter den | Menschen , als Simon , Sohn des Jona gangbaren , macht er zu P ­ etrus , zum Felsen der seine Gemeine gründen werde  ; er sezt ihn nun in seine eigne Macht ein , zu binden und lösen  ; eine Macht , die nur einer das Göttliche rein in sich tragenden Natur zukommen kan , um jede Entfernung von ihm zu erkennen  ; es ist nunmehr kein anders Ur­­theil im ­H immel als das dei­n i­ge , was du auf Erden als frei oder gebunden erkennst , ist es auch vor den Augen des Himmels . Nun erst wagt es Jesus seinen Jüngern von seinem bevorstehenden Schiksale zu sprechen  ; aber das Bewußtseyn des Petrus von der Göttlichkeit seines Lehrers charakterisirt sich sogleich nur als Glauben , der zwar das göttliche gefühlt , aber noch nicht eine

5

10

15

20

25

30

1 ganzen] folgt gestr  : Weht   2 kan] folgt gestr  : ih   3 erkennen .] folgt gestr  : Als Petrus den (nachtr .) Jesus als den Sohn des 〈 Leb 〉 lebendigen Gottes anerkannt hatte ,   ich] folgt gestr  : sey   5 verklärten] davor gestr  : unnatürlich   die] folgt gestr  : Na   der aus des   6 hinaufsezten ,] folgt gestr  : es nur 30 auf eine unnatürliche Art thun   7 nur] (1) dieses oder jenes (2) Text (auf dem Rande angeschlossen)  sie aus ein  8 in über der Zeile   10 Jonas] davor gestr  : Joh   11 der Vater im Himmel mit Einfügungszeichen über gestr . Gott  Einer] davor gestr  : Diese (mit Ansatz zu r)  13 ein] davor gestr  : der größte  ; darüber gestr  : ein   den Kindern aus die Kinder   15 Lernen , diß … Glaubens] (1) Lernen / 35 (2) Text  : Lernen , (diß Empfangen dieses Glaubens auf dem Rande angeschlossen)  18 wiedergetönt .«] 35 wiedergetönt .   19–20 der seine Gemeine gründen] (1) auf dem seine Gemeine ruhen (2) Text  : der (aus dem) seine Gemeine gründen (auf dem Rande angeschlossen)  20 werde aus werden   22 kan , unter der Zeile  ihm aus ihr   zu über der Zeile mit Einfügungszeichen   24 Augen aus d?   25 das] (1) dem Gefü (2) Text (aus dem)  26 charakterisirt aus Cha   27 nur über der Zeile  

Text 59

5

10

15

20

25

das wesen des jesus …271

Erfüllung des ganzen Wesens durch dasselbe , noch kein Empfahen des heiligen Geistes ist . Es ist eine oft wiederkehrende Vorstellung , daß der Glauben der Freunde Jesu an ihn Gott zugeschrieben wird  ; besonders Joh 17 , nennt er sie oft die ihm von Gott gegebne  ; so wie Joh 6 ,29 ein Werk Gottes , eine göttliche Wirkung , | an ihn zu glauben  ; ein göttliches Wirken ist ganz etwas anders , als ein Lernen und unterrichtet werden . Joh . 6 ,65 . niemand kan zu mir kommen , wenn es ihm nicht von meinem Vater gegeben ist . Dieser Glauben ist aber nur die erste Stuffe der Beziehung mit Jesu , die in ihrer Vollendung so innig vorgestellt wird , daß seine Freunde Eins seyen mit ihm . »Bis sie selbst das Licht haben , sollen sie an das Licht glauben , daß sie Söhne des Lichtes werden .« Joh . 12 ,36 . Zwischen den die nur erst den Glauben an das Licht haben , und denen die selbst Kinder des Lichtes sind , ist der Unterschied wie ­z wischen dem Taüfer Johannes , der nur vom Lichte zeugte , und Jesus , einem individualisirten Licht . Wie Jesus ewiges Leben in sich hat , so sollen auch die Glaubigen an ihn ( Joh . 6 ,40 .) zum unendlichen Leben gelangen . Am klarsten ist die lebendige Vereinigung Jesu in seinen lezten Reden bei Johannes dargestellt  ; sie in ihm und er in ihnen , sie zusammen Eins  ; er der Weinstok , sie die Ranken  ; in den Theilen dieselbe Natur , das gleiche Leben , das im Ganzen ist . Diese Voll­ endung seiner Freunde ist es , warum Jesus seinen Vater bittet , und die er ihnen verheist , wenn er von ihnen entfernt seyn werde  ; | So lang er unter ihnen lebte , blieben sie nur Glaubige  ; denn sie beruhten nicht auf sich selbst  ; Jesus war ihr Lehrer und Meister , ein individueller Mittelpunkt von dem sie abhiengen  ; sie hatten noch nicht eignes unabhängiges Leben  ; der Geist Jesu regierte sie  ; aber nach seiner Entfernung fiel auch diese Objektivität , diese Scheidewand zwischen ihnen und Gott  ; und der Geist Gottes konnte dann ihr ganzes Wesen beleben .

1 dasselbe] folgt gestr  : ist  ;   2 ist .] folgt in eigener Zeile gestr  : Den Glauben seiner (über gestr  : der) Freunde   3 daß] folgt gestr  : Jes  Glauben] folgt gestr  : Gott   5 ein] (1) eine göttli (2) Text (aus eine)  6 Wirken auf dem Rande angeschlossen  7 unterrichtet] davor gestr  : Unt   7–8 Joh . 6 ,65 . … 11 sie3] folgt gestr  : auch   12 30 ist . am ursprüngl . Absatzende angeschlossen und auf dem Rande fortgesetzt   nur aus an   13 haben , gestr . und wiederhergestellt  ; folgt gestr  : ist   selbst gestr . und wiederhergestellt  ; folgt gestr  : das (mit Ansatz zu L)  14 dem Taüfer] davor gestr  : Johannes   14–15 einem individualisirten] (1) der das individualisirte (2) Text  : (auf dem Rande angeschlossen  : einem) individualisirten (Ms  : das 35 individualisirte)   16 zum unendlichen] (1) ewi (aus d) (2) unendliches (3) Text  : (über der Zeile  : zum) 17 dargestellt] davor gestr  : enthalten ,   18 in 2 über der Zeile mit 35 unendlichen (Ms  : unendliches)   Einfügungszeichen   sie zusammen Eins[  ;] über der Zeile mit Einfügungszeichen  sie3 aus die  Ranken] folgt gestr  : (1) ihre Natur gleich , (2) glei (3) dasselbe  21 ver­heist  , aus ver­heist  ;   er2 ] folgt gestr  : ihn   lebte , ] folgt gestr  : kon   22 nicht] nicht / nicht   24 hatten] hat   Jesu] davor gestr  : Chr  25 fiel über gestr . war   26 Gottes] folgt gestr  : belebte  

30

132r

132v

272

133r

133v

frankfurter manuskripte · christliche religion

Text 59

Wenn Jesus Joh . 7 ,38 .39 . sagt  : wer an mich glaubt , aus dessen Leibe we r d e n Ströme des Lebens quellen , so macht Johannes die Anmerkung , daß diß erst von der noch künftigen durchgängigen Belebung durch den heiligen Geist gemeint gewesen sey , den sie noch nicht empfangen hatten , weil Jesus noch nicht verklärt war . Es muß aller Gedanke einer Verschiedenheit des Wesens Jesu , und derer , in denen der Glauben an ihn zum Leben geworden in denen selbst das Göttliche ist , entfernt werden  ; wenn Jesus so haüffig von sich als einer eminenten Natur spricht , so geschieht diß im Gegensaz gegen die Juden  ; von diesen trennt er sich , und erhält dadurch die Gestalt eines Individuums auch in Ansehung des Gött­ lichen . | Ich bin die Wahrheit und das Leben  ; wer an m ich glaubt  ; – diß beständige , einförmige Vorschieben des Ichs bei Johannes ist wohl eine Abson­ derung seiner Persönlichkeit gegen den jüdischen Charakter  ; aber so sehr [er] gegen diesen Geist sich zum Individuum macht , ebensosehr hebt er alle göttliche Persönlichkeit , göttliche Individualität gegen seine Freunde auf , mit de­nen er nur Eins seyn will , die in ihm Eins seyn sollen . Johannes sagt (2 ,25 .) von Jesus , er wußte was im Menschen war  ; und der treuste Spiegel seines schönen Glaubens an die Natur sind seine Reden beim Anblik unverdorbener Natur . ( Matth 18 ,1ss . 19 ,3 .) wenn ihr nicht werdet wie die Kinder , so werdet ihr nicht in [das] göttliche Reich kommen  ; der kindlichste ist der gröste in der himmlischen Welt  ; und wer ein solch Kind in meinem Namen aufnimmt , nimmt mich in sich auf , wer in ihm sein reines Leben zu fühlen , das heilige seiner Natur zu erkennen fähig ist , der hat mein Wesen gefühlt  ; wer diese heilige Reinheit | besudelt , dem wäre es gut , daß ihm ein Mühlstein an den Hals gehängt , und daß er im tiefsten Meer er­saüft würde . Oh der schmerzlichen Nothwendigkeit solcher Verlezungen des Hei­

5

10

15

20

25

1 sagt  : aus sagt ,   2 daß] daß Jesus   3 durchgängigen auf dem Rande angeschlossen  Geist] Geiste   6 4 sey , aus sey  ;   5 war .] zuerst  : war  ;   derer] (1) der (2) si (3) der Glaubigen (4) Text (aus der)   geworden aus worden (ge vor gestr . ge über der Zeile)  6–7 in denen … ist ,] (1) ist , (2) Text  : in (aus Komma) (denen … ist , auf dem Rande angeschlossen)  7 werden  ; über der Zeile mit Einfügungszeichen (hinter das Semikolon eingewiesen)  Jesus] folgt gestr  : von  ; darüber gestr  : spricht   8–10 von diesen … Göttlichen .] (1) seine Ausdrükke geben | ihm nur diese (2) und in (über der Zeile) (seinen Aus­ drükken gibt aus seine Ausdrükke geben) | (er sich über der Zeile) nur gegen diese den Anschein eines erhabnern Wesens (3) gegen (4) Text (in Langzeilen am unteren Rande  ; folgt vers . nicht gestr  : er sich nur)   9 die aus den   10 Wahrheit und] (1) Wahrheit , (2) Text (und aus Komma)   11 Vor ­schieben] davor gestr  : Her   ist] folgt gestr  : nicht   13 göttliche über der Zeile mit Einfügungs­ zeichen  15 will über der Zeile mit Einfügungszeichen   sollen .] zuerst  : sollen ,   2 ,25 aus 2 ,55   16 der treuste … Glaubens] (1) sein schöner Glauben (2) Text  : (über der Zeile  : der treuste Spiegel) (seines schönen Glaubens aus sein schöner Glaube)  17 die] folgt gestr  : menschliche  Natur] folgt gestr  : ist das was   18 [das]] (1) das aus die (2) Text (das versehentl . gestr .)  19 der1 aus das   gröste aus größ  ; davor gestr  : höchste   20 ihm] folgt gestr  : mein Wesen ,   21 Leben aus Lebens   fühlen ,] folgt gestr  : fähig ist ,   das aus Komma  Natur] folgt gestr  : erk   erkennen] erkennt   23 im tiefsten] (1) in das tiefste (2) Text (aus in tiefste)  24–273,1 Nothwendigkeit solcher Verlezungen des Heiligen] (1)

25

30 30

35 35

40

Text 59

5

10

15

20

25

30 30

35 35

40

das wesen des jesus …273

ligen  ! Der tiefste , heiligste Kummer einer schönen Seele ihr unbegreiflichstes Räthsel , daß die Natur zerstöhrt das heilige verunreinigt werden muß – Wie dem Verstande das göttliche , und das Eins‑seyn mit Gott das unbegreifliche ist , so ist es dem edlen Gemüthe die Entfernung von Gott – Sehet zu , verachtet nicht Eins dieser kleinen , denn ich sage euch , ihre Engel in den Himmeln , beständig schauen sie das Angesicht meines Vaters im Himmel . Unter den Engeln der Kinder können keine objektiven Wesen verstanden werden  ; denn (um einen Grund ad ­hominem anzugeben) auch die Engel der andern Menschen müßte man als in der Anschauung Gottes lebend denken . In der En­gel Anschauen Gottes ist sehr glüklich viel vereinigt  ; das bewußtlose , die unentwikelte Einigkeit , das Seyn und Leben in Gott , weil es als eine Modifikation der Gottheit in den existirenden Kindern soll vorgestellt werden , ist es von Gott getrennt  ; aber ihr Seyn , ihr Thun ist eine ewige Anschauung | desselben . Um den Geist das Göttliche , ausser seiner Beschränkung , und die Gemeinschaft des Beschränkten mit dem Lebendigen darzustellen , trennt Plato das reine Lebendige und das Beschränkte durch die Verschiedenheit der Zeit , er läst die reinen Geister ganz in der Anschauung des Göttlichen gelebt haben , und sie im spätern Erdenleben nur mit verdunkeltem Bewußtseyn jenes Himmlischen , dieselben seyn . Auf eine andre Art trennt und vereinigt hier Jesus die Natur , das göttliche des Geistes , und die Beschränkung – als Engel ist der kindliche Geist nicht als ohne alle Wirklichkeit , ohne Existenz , in Gott , sondern zugleich als Söhne Gottes , als besondere dargestellt . Die Ent­ gegensezung des Anschauenden und des angeschauten , daß sie Subjekt und Objekt sind , fällt in der Anschauung selbst weg  ; ihre Verschieden­heit ist nur eine Möglichkeit der Trennung  ; ein Mensch der ganz in die Anschauung der Sonne versunken wäre , wäre nur ein Gefühl des Lichts , ein Licht‑Ge­f ühl als Wesen . | Nothwendigkeit , daß solche Verlezungen des Heiligen (aus heiligen) kommen müssen (2) Noth­ wendigkeit (Ms  : Nothwendigkeit , ) so (über der Zeile , bricht ab) (3) Text (solcher aus solche)   1 Kummer einer schönen Seele] (1) Kummer einer schönen (2) Kummer , (3) Text  : Kummer (Ms  : Kummer , ) (einer schönen wiederhergestellt) Seele (auf dem Rande angeschlossen)   ihr unbegreiflichstes] (1) das unbegreiflichste (2) Text  : (über der Zeile  : ihr) unbegreiflichstes (aus unbegreiflichste)   2 zerstöhrt] folgt gestr  : werden   das aus Komma  heilige aus unheilige   verunreinigt] verun-/reigt   3 das unbegreifliche] (1) unbegreiflich (2) Text  : das (auf dem Rande angeschlossen) unbegreifliche (aus unbegreiflich)  4 es dem] (1) der (2) Text  : (über der Zeile  : es) dem (aus der)  Entfernung von] (1) Entfernung , (2) Text  : Entfernung von (aus Komma)  5 Himmeln ,] zuerst  : Himmeln schauen   6 Himmel aus Himmels   8 müßte man] müßteman mit Trennstrich  9 lebend] folgt gestr  : ged   denken] folgt gestr . Schlußklammer  11 Gott] Gott ist   den] zuerst  : der E   13 ausser] folgt gestr  : der aus die   14 Beschränkung aus b   des] davor gestr  : dieses   16 ganz] davor gestr  : vorher   19 Geistes aus Kindergeistes   20 der aus di   Wirklichkeit , ] folgt gestr  : als   21 Gott , ] folgt gestr  : (1) s (2) aber So   zugleich auf dem Rande angeschlossen  als2 ] folgt gestr  : Seyen   dargestellt .] folgt gestr  : 22 Anschauenden aus a   24 ganz in … Sonne] (1) die Sonne immer (2) Text  : (unter Ansatz zu E   der Zeile mit Einfügungszeichen  : ganz in d . Anschauung) der (aus die) Sonne  

134r

274 134v

135r

frankfurter manuskripte · christliche religion

Text 59

Der ganz in der Anschauung eines andern Menschen lebte , wäre ganz dieser Andre selbst , nur mit der Möglichkeit ein Anderer zu seyn . – Was aber ver­lohren ist , was sich entzweit hat wird durch die Rükkehr zur Einigkeit , zum Werden wie Kinder wieder gewonnen  ; was aber diese Wiedervereinigung von sich stöst , fest gegen sie hält , das hat sich abgesondert , das sey euch fremde , mit dem ihr nicht gemein habt , und mit wem ihr die Gemeinschaft aufhebt , was ihr unter seiner Absonderung gebunden erklärt , ist es auch im Himmel  ; was ihr aber löset , für frei , und damit für vereinigt erklärt , ist auch im Himmel frei , in ihm Eins , schaut die Gottheit nicht an . In einer andern Gestalt stellt Jesus (v . 19 .) diese Einig­keit dar  ; wo zwei eurer auf etwas einig seyd , darum zu bitten , wird es euch der Vater geschehen lassen . Die Ausdrükke  : bitten , gewähren , beziehen sich eigentlich auf Vereinigung über Objekte (πραγµατα) für eine solche nur hat die jüdische Wirk­lich­keitsSprache Ausdrükke . das Objekt kan aber hier nichts anders seyn als nur die reflektirte Einigkeit (die συµϕωνια των δυοιν ὀυ τριων) als Objekt ist es ein Schönes , subjektiv die Vereinigung  ; denn in eigentlichen Objekten können Geister nicht einig seyn  ; | Das Schöne , eine Einigkeit eurer zwey oder drey ist es auch in der Harmonie des Ganzen , ist ein Laut , Einklang in ­d ieselbe  , und ist von ihr gewährt , es i s t , weil es in ihr ist , weil es ein Göttliches ist  ; und mit dieser Gemeinschaft mit dem Göttlichen , sind die Einigen zugleich in der Gemeinschaft des Jesus  ; wo zwei oder drey vereinigt sind in meinem Geiste (εἰς το ὀνοµα µου , wie Matth . 10 ,41) in der Rüksicht , in der mir Seyn und ewiges Leben zukommt , in der ich bi n , bin ich in ihrer Mitte , so ist mein Geist . – So bestimmt erklärt sich Jesus gegen Persönlichkeit , gegen eine seinen voll­ endeten Freunden entgegengesezte Individualität seines Wesens , gegen den Gedanken eines persönlichen Gottes , von welcher der Grund eine absolute Besonderheit seines Seyns gegen sie wäre . Ein Ausdruk über die Vereinigung Liebender

2 Anderer aus a   3 was sich entzweit hat auf dem Rande angeschlossen  wird] folgt gestr  : in   3–4 Einigkeit , zum … Kinder] (1) Einigkeit / (2) Text  : Einigkeit , (zum Werden wie Kinder auf dem Rande angeschlossen)   4 stöst , gestr . und wiederhergestellt    5 fest] folgt gestr  : fe  das1] folgt gestr  : ist  fremde] folgt gestr  : wie   6 mit wem über gestr . was   8 frei ,1] folgt gestr  : also (aus als) für  damit aus darin  in über gestr . mit   9 Gestalt] folgt gestr  : erscheint   (v . 19 .)] Schlußklammer fehlt  10 euch über der Zeile   12 für über gestr . die   nur über der Zeile   14 των über gestr . τριων  ὀυ aus ?   15 Objekt aus o   15–16 in eigentlichen Objekten] (1) eigentliche Objekte (2) über eigentliche Objekte (3) Text  : in (auf halber Zeilenhöhe , unter gestr . über) (eigentlichen Objekten aus eigentliche Objekte)   16 eine über gestr . die   18 und] folgt gestr  : i s t   19 und] folgt gestr  : wegen  Göttlichen aus Göttliches   sind] folgt gestr  : s   zugleich über gestr . auch   21 το] τ .   der2 ] folgt gestr  : in   23 eine] (1) ein (a) In (b) d (2) Text (aus ein)  seinen auf dem Rande angeschlossen   24–25 gegen den … Gottes ,] auf dem Rande angeschlossen  : (1) die Id (aus E) (2) Text  : (über der Zeile  : gegen) den … Gottes[ , ]   26 seines Seyns] (1) der Wirk (2) Seyn (3) Text  : (über der Zeile  : seines) Seyns (aus Seyn)  Ein aus Einen   die über gestr . ehli  

5

10

15

20

25

30 30

35

40

Text 59

5

10

15

20

25

das wesen des jesus …275

Joh .  19 ,5 gehört auch hieher  ; die zwei , Mann und Weib , werden Eins seyn  ; so daß sie nun nicht mehr zwei sind  ; was a l s o Gott vereinigt hat , soll der Mensch nicht trennen  ; sollte sich diese Vereinigung nur auf die ursprüngliche Bestimmung des Mannes und des Weibs für einander beziehen , so paßte dieser Grund nicht gegen Scheidung der Ehe , denn durch die Scheidung wird jene | Bestimmung , die Vereinigung des Be­g riffs nicht aufgehoben , welcher bliebe , wenn auch eine lebendige Vereinigung zertrennt wird  ; von einer solchen ist gesagt , daß sie eine Wirkung Gottes , ein Göttliches ist . Da Jesus mit dem ganzen Genius seines Volks in den Kampf trat , und mit seiner Welt durchaus gebrochen hatte , so konnte die Vollendung seines Schiksals keine andre seyn , als durch den feindlichen Genius des Volks erdrükt zu werden  ; die Verherrlichung des MenschenSohnes in diesem Untergange ist nicht das ne­ gative , alle Beziehungen an sich mit der Welt aufgegeben zu haben , sondern das positive der unnatürlichen Welt seine Natur versagt , und sie lieber im Kampf und Untergang gerettet , als sich entweder mit Bewußtseyn unter die Verdorbenheit gebeugt , oder ohne Bewußtseyn von ihr beschlichen in ihr sich fortgewälzt zu haben . Jesus hatte das Bewußtseyn der Nothwendigkeit des Untergangs seines Individuums , und suchte auch seine Jünger von ihr zu überzeugen . Aber sie konnten | ihr Wesen nicht von seiner Person trennen  ; sie waren nur noch glaubende  ; als Petrus eben im Menschensohn das Göttliche anerkannt hatte , glaubte Jesus seine Freunde fähig zu seyn ihre Absonderung von ihm ins Bewußtseyn zu bringen und ihren Gedanken zu tragen  ; er sprach ihnen also unmittelbar nachdem er von Petrus seinen Glauben gehört hatte , davon  ; aber in dem Erschrekken des Petrus darüber zeigte sich der Abstand des Glaubens von der Vollendung . Erst nach der Entfernung seines Individuums konnte ihre Abhängigkeit davon aufhören , und eigner Geist , oder der göttliche Geist in ihnen selbst bestehen  ; »es ist euch nüzlich , daß ich weggehe , sagt Jesus Joh 16 ,7 . denn wenn ich nicht ab-

1 Joh . 19 ,5 über der Zeile   hieher  ;] folgt gestr  : Mann und Weib   die aus w?   2 sind] davor gestr  : seyn   a l s o ] davor gestr  : nun (ohne u-Bogen)   3 trennen aus trennt ,   4 Mannes] davor gestr  : 30 Weibs  dieser] davor gestr  : der aus die   5 jene aus die   8 ein aus im   11 als] folgt gestr  : durch sein   feindlichen auf dem Rande angeschlossen   12 die Verherrlichung] (1) seine Verherrlichung (2) Text (die (Ms  : d .) nachtr .)   in diesem Untergange ist] (1) ist in diesem Untergange (2) Text (ist 13 an sich über der Zeile  15 gerettet] folgt gestr  : zu haben ( folgt vers . nicht gestr  : als über der Zeile)   entw .)   16 beschlichen aus überschlichen   17 Bewußtseyn] folgt gestr  : des Unt   18 überzeu35 gen . aus überzeugen  ;  ; folgt gestr  : A   19 Wesen] folgt über der Zeile gestr  : noch   waren] war   20 Petrus aus J  Menschensohn aus J  21 zu seyn über der Zeile mit Einfügungszeichen  ihre aus die   22 ihren aus sich   zu über der Zeile  er] davor gestr  : zu   unmittelbar] folgt gestr  : d   22–23 nachdem] nach dem   23 dem] davor gestr  : Petrus   24 der1 über gestr . sein  Vollendung .] folgt gestr  : Jesus sagt daher Joh 16 ,7  :   25 konnte] konnten   26 göttliche über gestr . heilige   bestehen  ;] folgt 40 gestr  : wenn ich nicht   27 »es] es   weggehe , ] zuerst  : weggehe  ;   30

135v

136r

276

136r

137r

frankfurter manuskripte · christliche religion

Text 59

gienge , so käme der Tröster nicht zu euch  ; der Geist der Wahrheit ( Joh 14 ,16ss .) den die Welt nicht aufnehmen kan , weil sie ihn nicht erkennt  ; so lasse ich euch nicht als Waisen zurük , ich komme zu euch , und ihr werdet mich schauen , daß ich lebe , und daß auch ihr lebt .« Wenn ihr das göttliche nicht mehr nur ausser euch | nur in mir schaut , sondern selbst Leben in euch habt , dann wird es auch in euch zum Bewußtseyn kommen ( Joh 15 ,27 .) daß ihr von Anbegin mit mir seyd , daß unsere Naturen Eins sind in der Liebe , und in Gott – Der Geist wird euch in alle Wahrheit leiten , ( Joh . 16 ,13) und euch alles in Erinnerung bringen , was ich euch sagte  ; er ist ein Tröster , wenn Trost geben , die Aussicht auf ein gleiches oder grösseres Gut als das verlohrne ist , geben heißt – so seyd ihr nicht als Waisen zurükgelassen , denn so viel ihr mit mir zu verlieren glaubt , so viel werdet ihr in euch selbst empfahen . Das Individuum sezt Jesus auch Matth 12 ,31ss . gegen den Geist des Ganzen  ; wer einen Menschen (mich als MenschenSohn) lästert , dem kan diese Sünde verziehen werden  ; wer aber den Geist selbst , das Göttliche lästert , dessen Sünde wird nicht in dieser noch in der kommenden Zeit vergeben . – Aus dem Überflusse des Herzen (v . 34) spricht der Mund , aus dem Reich­thum eines guten Geistes gibt der Gute Gutes , aus dem bösen Geist gibt der böse Böses – Wer das einzelne lästert , mich als Individuum , der schließt sich nur von mir aus nicht von der Liebe  ; wer sich aber vom Göttlichen absondert , die Natur selbst , den Geist | in ihr lästert , dessen Geist hat sich das heilige in sich zerstört  ; und er ist darum unfähig seine Trennung aufzuheben , und sich zur Liebe , zum Heiligen zu vereinigen . Durch ein Zeichen könntet ihr erschüttert werden , aber die verlohrne Natur stellte sich darum nicht in euch her  ; die Eumeniden eures Wesen könnten erschrökt werden , aber die Leere , die die vertriebnen Dämonen euch zurük liessen , würde nicht von

2 erkennt  ;] folgt gestr  : der aber in (1) ihn[en] (2) euch (a) bleib (b) ist u . seyn   so] folgt gestr  : blei aus s   3 als unter der Zeile  5 schaut] davor gestr  : seht   selbst aus er   6 ihr] ich   7 Der] folgt gestr . Ansatz zu G  Geist aus g   9 er] folgt gestr  : wird   ein1] darüber gestr . u-Bogen?  Tröster , aus Tröster  ;   die Aussicht auf auf dem Rande angeschlossen  ein 2 ] davor gestr  : h   10 Gut aus g   heißt –] zuerst  : heißt  ;   13 Individuum] Inviduum   14 einen] (1) sich geg (2) den (3) Text (auf dem Rande angeschlossen)  mich] folgt gestr  : d   dem] davor gestr  : dessen   kan aus ?  16–17 Überflusse des Herzen] (1) Herzen (2) Text  : (unter der Zeile mit Einfügungszeichen  : Überflusse des) Herzen   17 dem Reich­thum … Geistes] (1) einem guten Schazze (2) Text  : (über der Zeile mit Einfügungszeichen  : dem Reich­thum) eines (aus einem) guten (a) Herzens (b) Geistes (auf dem Rande angeschlossen)  18 bösen] folgt gestr  : Herzen  Böses aus b   19 schließt sich … aus] (1) ist nicht / aus der (2) Text (auf dem Rande angeschlossen)  22 Liebe , zum Heiligen] (1) Liebe (2) Text  : Liebe( , zum Heiligen auf dem Rande angeschlossen)  Durch] davor gestr  : E   23 stellte] folgt gestr  : si   24 eures aus euren   könnten] könntet   erschrökt werden] (1) verjagt , (2) Text  : (auf dem Rande angeschlossen  : erschrökt (werden aus Komma))   25 die1 über gestr . eure   vertriebnen] (1) verjagten (2) Text (auf dem Rande an­ geschlossen)  Dämonen] folgt gestr  : in   zurük über der Zeile   liessen ,] folgt gestr  : und die  

5

10

15

20

25

30 30

35

40

Text 59

5

10

15

20

das wesen des jesus …277

der Liebe erfüllt , sondern sie zöge eure Furien wieder zurük , die nun verstärkt durch euer Bewußtseyn selbst , daß sie Furien der Hölle sind , eure Zerstöhrung vollendeten . Die Vollendung des Glaubens , die Rükkehr zur Gottheit , aus der der Mensch gebohren ist , schliest , den Cirkel seiner Entwiklung . Alles lebt in der Gottheit , alle Lebendigen sind seine Kinder , aber das Kind trägt die Einigkeit , den Zusammenhang den Einklang in die ganze Harmonie unzerstört , aber un­ent­w ikelt in sich  ; es beginnt mit dem Glauben an Götter ausser sich , mit der Furcht , bis es selbst immer mehr gehandelt , getrennt hat , aber in den Vereinigungen zur ursprünglichen , aber nun entwikelten , selbst producirten , gefühlten Einigkeit zurükkehrt  ; und die Gottheit | erkennt , d . h . der Geist Gottes in ihm ist  ; aus seinen Beschränkungen tritt , die Modifikation aufhebt , und das Ganze widerherstellt . Gott , der Sohn , der heilige Geist  ! – Lehret alle Völker (sind die lezten Worte des verklärten Jesus) ( Matth 28 ,19 .) indem ihr sie in diese Beziehungen der Gottheit , in das Verhältnis des Vaters , des Sohnes , und des heiligen Geistes eintaucht . Schon aus der Stellung der Worte erhellt , daß unter dem Eintauchen , nicht ein Tauchen in Wasser , eine sogenannte Tauffe gemeint ist , bei welcher ein Aus­ spre­chen von einigen Worten , wie von einer Zauberformel statt finden sollte  ; dem µαθητευειν ist durch seinen Zusaz auch der Be­g riff des eigentlichen Lehrens genommen  ; Gott kan nicht gelehrt , nicht gelernt werden , denn er ist Leben , und kan nur mit Leben gefaßt werden – Erfüllt sie mit der Beziehung (ὀνοµα wie Matth . 10 ,41 . wer einen Propheten aufnimmt , εἰς ὀνοµα προϕητου , insofern er ein Prophet –) des Einigen , der Modifikation (Trennung) und der entwikelten Wiedervereinigung in Leben und Geist (nicht im Be­g riff ) Matth . 21 ,25  ;

25

2 durch] folgt gestr  : (1) d (2) leb   5 schliest aus beschliest   6 sind] davor 25 1 sie über der Zeile  

30 30

35

40

gestr  : S   7 den Einklang in die ganze] (1) mit der ganzen (2) Text  : (unter der Zeile mit Einfügungszeichen  : den Einklang in die) ganze (aus ganzen)  unzerstört aus unt?  ; davor gestr  : unentwi   8 beginnt über gestr . fängt  ausser] aus  der über der Zeile  9 in] in / in   zur] folgt gestr  : E   9–10 ursprünglichen , aber … gefühlten] (1) ursprünglichen (2) Text  : ursprünglichen , (aber … gefühlten auf dem Rande angeschlossen)  10 nun] folgt gestr  : selb   11 ist  ;] folgt gestr  : Gott , der Sohn , und (1) die Rükk (2) der (aus die) Wider-/   aus] davor gestr  : Aus   12 die] davor gestr  : (1) und (2) sich  und] und / und   13–15 Lehret alle … eintaucht] (1) In diese Beziehung (der Gottheit , aus des Gottes) als Vaters , des Sohnes , und des 〈 Ge 〉 (heil . Geistes auf dem Rande angeschlossen) taucht alle Menschen ein . (2) (auf dem Rande angeschlossen  : – In diese Beziehung der Gottheit) als Vaters , … Menschen ein . (3) (am Rande  : – (Lehret alle Völker über der Zeile)) (und taucht sie in über der Zeile mit Einfügungszeichen) diese Beziehungen (aus Beziehung) … Menschen ein . (4) Text  : (auf dem Rande  : – (über der Zeile  : Lehret alle Völker) (sind die lezten Worte des verklärten Jesus) (( Matth 28 ,19 .) unter der Zeile) indem ihr) (sie in über der Zeile mit Einfügungszeichen) diese Beziehungen … eintaucht (aus ein .)   16 aus der] (1) die (2) Text  : aus (über der Zeile) der (aus die)   17 ist , aus ist  ;   19 dem aus das   eigentlichen auf dem Rande angeschlossen   20 Gott] davor gestr  : denn   21 mit aus von   24 in aus im  

137v

278 138r

138v

frankfurter manuskripte · christliche religion

Text 59

fragt Jesus  : woher war das βαπτισµα des Johannes  ? aus dem | Himmel , oder aus Menschen  ? βαπτισµα die ganze Weihe des Geistes und Charakters , wobei an das Eintauchen in Wasser , aber als Nebensache auch gedacht werden kan  ; aber Marc .  1 ,4 . fällt der Gedanke an diese Form der Aufnahme des Johannes in seinen GeistesBund ganz weg  ; Johanes , heißt es , verkündigte das βαπτισµα der Sinnesänderung zur SündenErlassung  ; in v . 8 . sagt Johannes  : ich taufte euch in Wasser  ; er aber wird in heiligen Geist und in Feuer (Luk 3 ,16 .) eintauchen (ἐν πνευµατι ἁγιῳ , και πυρι wie Matth 12 ,24ss . ἐν πνευµατι θεου ἐκβαλλω τα δαιµονια im Geist Gottes , als eins mit Gott ,) er wird euch mit Feuer und göttlichem Geist umdrängen und erfüllen  ; denn derjenige der ἐν πνευµατι Marc . 1 ,8 . selbst erfüllt von Geiste , andre weiht , weiht sie auch ἐις πνευµα , ἐις ὀνοµα ( Matth . 28 ,19 .) was sie empfangen , was in ihnen wird , ist nicht ein anders , als in ihm ist . Die Gewohnheit des Johannes (von Jesus ist keine solche Handlung bekannt) die zu seinem Geist erzognen in Wasser unterzutauchen , ist eine bedeutende symbolische . Es gibt kein Gefühl , das dem Verlangen nach dem Unendlichen , dem Sehnen , in das Unendliche überzufliessen so homogen wäre , als das Ver­ langen , sich in einer Was |s  erfülle zu begraben  ; der hineinstürzende hat ein Fremdes vor sich , das ihn sogleich ganz umfliest , an jedem Punkte seines Körpers sich zu fühlen giebt  ; er ist der Welt genommen , sie ihm  ; er ist nur gefühltes Wasser , das ihn berührt , wo er ist , und er ist nur , wo er es fühlt  ; es ist in der WasserFülle keine Lükke , keine Beschränkung , keine Mannichfaltigkeit oder Bestimmung  ; das Gefühl derselben ist das unzerstreuteste , einfachste  ; der untergetauchte steigt wieder in die Luft empor , trennt sich sich vom WasserKörper , ist von ihm schon geschieden aber er trieft noch allenthalben von ihm  ; so wie es ihn verläst , nimmt die Welt um ihn wieder Bestimmtheit an , und er tritt gestärkt in die Mannich­ faltigkeit des Bewußtseyns zurük . In Hinaussehen in die unschattirte Blaüe und die einfache Gestaltenlose Fläche eines morgenländischen Horizontes , wird die

1 fragt Jesus  : woher war] (1) ist gefragt / ist (2) Text  : fragt (aus gefragt) (auf dem Rande angeschlossen  : Jesus  : woher war)  aus2 ] folgt gestr  : dem   2 Menschen  ? ] folgt gestr  : das un   βαπτισµα] βαπτ  4 der Gedanke an über der Zeile mit Einfügungszeichen   7 und] davor gestr . Anfangsklammer  Feuer] folgt gestr  : Lu mit Ansatz zu k  8 δαιµονια] folgt gestr . Schlußklammer  9 eins] folgt gestr  : Gott   und] folgt gestr  : Geist   10 umdrängen und erfüllen] (1) / füllen (2) Text  : (auf dem Rande angeschlossen  : 〈 er 〉 umdrängen und er)füllen   πνευµατι aus πνευµ .   12 als] folgt gestr  : er   14 die aus s   seinem aus seinenn   15 dem Verlangen] (1) der Sehnsucht zu (2) Text (dem aus der)  16 als] folgt gestr  : die  18 das ihn] (1) in das er sich wirft (2) Text (ihn über der Zeile mit Einfügungszeichen)   22 einfachste  ;] folgt gestr  : so wie   23–24 von ihm schon geschieden] (1) schon geschieden von ihm , (2) Text (von ihm über der Zeile mit Einfügungszeichen)  24 aber aus Komma  er über der Zeile  ihn verläst] (1) von ihm läst (2) Text (aus ihm läst)  24–25 nimmt die Welt] (1) bestimmt sich die Welt wieder (2) Text  : nimmt (aus bestimmt) 〈〈 sich 〉〉 die Welt 〈〈 w ieder 〉〉  26 Blaüe] folgt gestr  : eines unbegra  27 einfache] folgt gestr  : nu  

5

10

15

20

25

30 30

35

40

Text 59

5

10

15

20

25

30 30

35 35

40

das wesen des jesus …279

umgebende Luft nicht gefühlt , und das Spiel der Gedanken ist etwas anders als das HinausSehen . Im Untergetauchten ist nur Ein Gefühl , und die Vergessenheit der Welt , eine Einsamkeit , die alles von sich geworfen , allem sich entwunden hat . Als ein solches Entnehmen alles bisherigen , als eine begeisternde Weihe in eine neue Welt in welcher vor dem neuen Geist , das , was wirklich ist , unentschieden zwischen Wirklichkeit und Traume schwebt , er |s cheint die Taufe des Jesus bei Marc . 1 ,9ff . er wurde von Johannes in den Jordan getaucht , und indem er sogleich aus dem Wasser heraufstieg , sah er die Himmel zerrissen , und den Geist , wie eine Taube auf sich herabsteigen  ; und eine Stimme geschah aus den Himmeln  : du bist mein geliebter Sohn , in welchem ich mich gefreut habe . Und sogleich warf ihn der Geist in die Wüste  ; und er war dort vierzig Tage , versucht vom Satan , und er war mit den Thieren , und die Engel dieneten ihm . – Im Emporsteigen aus dem Wasser ist er der höchsten Begeisterung voll , die ihn in der Welt nicht bleiben läst , sondern in die Wüste treibt  ; wo das Arbeiten seines Geistes das Bewußtseyn der Wirklichkeit noch nicht von sich geschieden hat , zu welcher Scheidung [er] erst nach 40 Tagen völlig erwacht , und sicher in die Welt , aber fest gegen sie eintritt . Der Ausdruk µαθητευσατε βαπτιζοντες ist darum von tiefer Bedeutung – Mir ist gegeben alle Gewalt im Himmel und auf Erden (so spricht Jesus bei Joh . 13 ,31 von seiner Verherrlichung im Augenblik als Judas die Gesellschaft verlassen hatte , um den Jesus den Juden zu verrathen , – in dem Zeitpunkte , wo er der Heim­kehr zu seinem Vater , der grösser | ist , als er , entgegensah  ; hier , wo er als schon allem entnommen , was die Welt an ihn fodern , wo sie Theil an ihm haben könnte , v­ orgestellt wird) Es ist mir alle Gewalt gegeben , im Himmel und auf Erden  ; darum gehet hin in alle Völker , und euer Jünger‑machen sey , daß ihr sie in 2 Im aus d  Untergetauchten aus u  3 Einsamkeit , die alles] (1) Einsamkeit von allem (2) Text  : Einsamkeit , die (auf dem Rande angeschlossen) alles (aus allem)   4 ein aus eine   5–6 in welcher … erscheint] (1) ist (2) er-| scheint (3) Text  : (am unteren Rand  : in welcher … schweben , er-)| scheint   unentschieden] davor gestr  : wie   6 schwebt , ] schweben , (aus schweben  ;)   7 V .] davor gestr . ss  er] davor gestr  : Er   von Johannes unter der Zeile mit Einfügungszeichen   getaucht ,] Komma gestr . und wieder gesetzt  8 Wasser] folgt gestr  : sich   heraufstieg über gestr . emporging   10 welchem] davor gestr  : dem   gefreut] davor gestr  : freue   11 Wüste] folgt gestr  : hinan   12 war] folgt  gestr  : u   15 das aus die?  ; davor gestr  : (1) sich (2) erst (3) noch nicht (4) vor   hat ,] folgt gestr  : (1) d (2) zu dem er erst nach und nach zurü   16 völlig auf dem Rande angeschlossen  erwacht] davor gestr  : wi   und] folgt gestr  : nun   sicher] folgt gestr  : wieder   18 µαθητευσατε] µαθησευσατε  19 spricht über gestr . sagt   21 um] folgt gestr  : ihn   den 2 ] zuerst  : in den Hände   22 seinem aus seiner   ist ,] ist | ist ,   allem] folgt gestr  : Theil (ohne i-Punkt)  23 Welt] davor gestr  : E   haben] davor gestr  : neh   24 wird) aus wird –  Es ist mir] (1) / Mir ist (2) Gegeben (auf dem Rande angeschlossen) / ist mir (über der Zeile) (3) Text  : (auf dem Rande angeschlossen  : Es ist) / mir   25 Völker aus W   euer Jünger-machen] (1) eure Lehre (2) Text  : euer (aus eure) (Jünger-machen über der Zeile)  sie auf dem Rande angeschlossen  

139r

139v

280

140r

frankfurter manuskripte · christliche religion

Text 59

das Verhältnis des Vaters , Sohnes und heiligen Geistes einweiht , daß es wie das Wasser den in Wasser getauchten , in allen Punkten ihres Wesen [sie] umfliesse , und umfühle – und siehe , ich bin mit euch das Ganze der Tage bis zur Vollendung der Welt . In diesem Zeitpunkte , wo Jesus als aller Wirklichkeit , und Persönlichkeit enthoben dargestellt wird , kan am wenigsten an eine Individualität , Persönlichkeit seines Wesen gedacht werden . Er ist mit ihnen , deren Wesen vom Göttlichen Geiste durchdrungen , die in das Göttliche eingeweiht , deren Wesen in dem Göttlichen , das in ihm nun vollendet , lebendig ist . Das Eintauchen in das Verhältnis des Vaters , Sohnes , und Geistes drükt Lukas viel schwächer aus (24 ,47 .) als eine Verkündigung im Namen des Christus , – der Sinnesänderung und der Entlassung der Sünden  ; eine Verkündigung , | die in Jerusalem beginnen solle  ; sie seyen Zeugen des Geschehnen , er werde ihnen das Versprechen seines Vaters zuschikken , und sie sollen ihr Werk ausser Jerusalem nicht eher beginnen , bis sie mit der Kraft aus der Höhe angekleidet seyen – Eine blosse Lehre , kan verkündigt und durch das Zeugnis geschehner Dinge unterstüzt werden , ohne eignen heiligen Geist  ; ein solches Lehren wäre aber keine Weihe , kein Eintauchen des Geistes .  In Markus wenn das lezte Kapitel nicht ganz ächt wäre , so ist doch sein Ton charakteristisch ist dieser Abschied des Jesus viel objektiver ausgedrükt  ; das Geistige erscheint in ihm mehr als gewöhnliche Formel , die Ausdrükke durch die Gewohnheit einer Kirche verkältete übliche Worte  : Verkündet das Evangelium (ohne weitern Zusaz , eine Art von terminus technicus ) der Glaubende und Getaufte , wird gerettet der nicht Glaubende verurtheilt werden , – der Glaubende und der Getaufte – haben schon das Ansehen bestimmter ,

5

10

15

20

25

3 umfühle –] zuerst  : umfühle ,   mit mit Einfügungszeichen über gestr . bei   das Ganze der] (1) alle die (2) Text  : (auf dem Rande angeschlossen  : das Ganze) der (aus die)  4 In] davor gestr  : Hier w   als] davor gestr  : s   5 an] als   7 Göttlichen über der Zeile   in] in in   7–8 deren Wesen in dem Göttlichen] (1) in denen das Göttliche (2) Text  : deren (aus denen) ( Wesen in dem über der Zeile) Göttlichen (aus Göttliche)   9–10 drükt Lukas … aus] (1) drükt Lukas / als (2) drükt Lukas / aus (3) Text  : drükt Lukas (auf dem Rande angeschlossen  : viel schwächer 〈 aus 〉 ) aus  10 24 ,47 .] davor gestr  : Luk  des über der Zeile   12 solle  ;] folgt gestr  : (1) wo sie (a) zu / warten h (b) (auf dem Rande angeschlossen  : ver-) weilen so (2) er werde ihnen die   sie seyen … Geschehnen[ ,] auf dem Rande angeschlossen  das aus die   14 mit der] (1) die (2) Text  : (über der Zeile  : mit) der (aus die)  14–15 Eine blosse Lehre , ] (1) Das Verkündigen einer Lehre , das (2) Text  : Eine (aus einer) blosse (über der Zeile) Lehre ,   15 durch] davor gestr  : auf  Dinge] folgt gestr  : ge   unterstüzt aus unf   16 heiligen über der Zeile mit Einfügungszeichen  wäre] davor gestr  : ist   Weihe] davor gestr  : Geistes   17 In] davor ein Spatium von einer kurzen Wortlänge   17–18 (wenn das … charakteristisch) am Rande mit Verweiszeichen , ohne Klammern   17 Kapitel] Kap .   18 ist doch] ist doch / ist doch   dieser] folgt gestr  : Auftra   19 Geistige aus g   20 durch] davor gestr  : als   verkältete] folgt gestr  : Worte   21 Evangelium] folgt gestr  : (eine Art   Zusaz] davor gestr  : A   22 Getaufte aus g   gerettet aus get  Glaubende2 aus g   23 Glaubende] Glaub .   und] folgt gestr  : der (aus Ansatz zu G)  

25

30 30

35

40

Text 59

5

10

15

20

das wesen des jesus …281

einer Sekte oder Gemeine zum Abzeichen dienenden Worte ohne Seele , deren volle Be­g riffe vorausgesezt werden . Statt des Geistvollen  : ich bin mit euch alle Tage , dem Erfülltseyn der Glaubigen vom Geiste Gottes und des verherrlichten Jesus | spricht Markus trokken , ohne daß es durch Begeisterung gehoben mit Geist anwehte , von wunderbaren Beherrschungen der Wirklichkeit , von Teufel­ austreiben u . s . w . drgl . Handlungen , die die Glaubigen vermögen werden , so objektiv als man nur von Handlungen sprechen kan , ohne ihrer Seele zu erwähnen . Die Entwiklung des Göttlichen in den Menschen , das Verhältnis in das sie durch die Erfüllung mit dem heiligen Geiste , mit Gott tretten , seine Söhne zu werden , und in der Harmonie ihres ganzen Wesens und Charakters , ihrer entwikelten Mannichfaltigkeit zu leben , einer Harmonie , in welcher nicht [nur] ihr vielseitiges Bewußtseyn in Einen Geist , die vielen Lebensgestalten in Ein Leben einklingen , sondern durch welche auch die Scheidewände gegen ­andere gott­ ähnliche Wesen aufgehoben werden , und derselbe lebendige Geist die verschiede­ nen Wesen beseelt , welche also nicht mehr nur gleich , sondern einig sind , nicht eine Versammlung ausmachen , sondern eine Gemeine , weil sie nicht in einem allgemeinen , einem Be­g riffe , etwa als Glaubende , sondern durch Leben durch die Liebe vereinigt sind – | diese lebendige Harmonie von Menschen ihre Gemeinschaft in Gott , nennt Jesus das KönigReich Gottes – die jüdische Sprache gab ihm das Wort Königreich , das etwas heterogenes in den Ausdruk göttlicher Vereinigung der Menschen bringt  ; da es nur eine Einheit durch Herrschen , durch Gewalt eines Fremden über ein Fremdes bezeichnet , die aus der Schönheit und dem

25 1 Gemeine] folgt gestr  : die   zum] (1) zur U (2) Text (aus zur)   Worte ohne Seele , ] (1) Worte , (2)

Text  : Worte (ohne (aus Komma) Seele , auf dem Rande angeschlossen)  2 volle über der Zeile  ­werden  .]

25 werden /  Geistvollen] (1) seelenvollen (2) Text  : (über der Zeile  : Geist-)vollen  mit] davor gestr  :

30 30

35 35

40

bei  3 Geiste] Geistes   5 wunderbaren] davor gestr  : Wu (ohne u-Bogen)  6 drgl . Handlungen , die über gestr . das   8 Die] davor gestr  : Diejenigen   den aus dem  das1 aus die   10 ihres] (1) des (2) Text (auf dem Rande angeschlossen)  Charakters] folgt gestr  : zu leben ,   11 nicht [nur]] zuerst  : nur nicht   12–13 in Einen … einklingen ,] (1) in Einen Geist einklingt , (2) Text  : in Einen Geist , (über der Zeile  : die vielen … Ein Leben) einklingen , (aus einklingt  , )  13 gegen aus v?  13–14 gott­ ähn ­l iche (aus gö) auf dem Rande angeschlossen   14–17 Wesen aufgehoben … Leben bis in die Hälfte der Randspalte geschrieben  14 aufgehoben] zuerst  : aufgehoben , durch welche sie   lebendige über der Zeile mit Einfügungszeichen  die über gestr . in   15 beseelt] (1) be/seelt (2) belebt (auf dem Rande angeschlossen) 〈〈 seelt 〉〉 (3) Text (auf dem Rande angeschlossen  : be)seelt  gleich aus gleiche   sind , ] sind (gestr . und wiederhergestellt)[ ,]  ; folgt gestr  : in der Vereinigung der Liebe   16 Gemeine aus Gemeind  nicht] folgt gestr  : du   17 allgemeinen , ] folgt gestr  : s  Glaubende aus g   durch1] folgt gestr  : einen   18 von über gestr . der   19 das KönigReich] (1) das Reich (2) Text  : (auf dem Rande angeschlossen  : das König-)Reich  gab] folgt gestr  : sonst   20 den Ausdruk göttlicher] (1) die göttliche (2) Text  : den (aus die) Ausdruk (über der Zeile) göttlicher (aus göttliche)  21 Herrschen] folgt gestr  : bezeichnet   22 die über gestr . das   der Schönheit] (1) der (aus dem) Schönheit / (2) der / freisten Schönheit (3) Text  

140v

141r

282

141v

142r

frankfurter manuskripte · christliche religion

Text 59

göttlichen Leben eines reinen Menschenbundes – dem freysten , was möglich ist – ganz entfernt werden muß . Diese Idee eines Reiches Gottes vollendet und um­fast das Ganze der Religion , wie sie Jesus stiftete , und es ist noch zu betrachten , ob sie die Natur vollkommen befriedigt , oder welches Bedürfnis seine Jünger zu etwas weiterem getrieben hat . Im Reiche Gottes ist das gemeinschaftliche daß alle in Gott lebendig sind , nicht das gemeinschaftliche in einem Be­g riff , sondern Liebe , lebendiges Band , das die Glaubenden vereinigt , diese Empfindung der Einigkeit des Lebens , in der alle Entgegensezungen , als solche Feindschaften , und auch die Vereinigungen der bestehenden Entgegensezungen – Rechte aufgehoben sind  ; ein neu Gebot gebe ich euch sagt Jesus , daß ihr euch untereinander liebt , daran soll man erkennen , daß ihr meine Jünger seyd . diese SeelenFreundschaft , als Wesen als Geist | für die Reflexion ausgesprochen ist der göttliche Geist , Gott , der die Gemeine regiert . Gibt es eine schönere Idee , als ein Volk von Menschen , die durch Liebe auf einander bezo­gen sind  ? eine erhebendere , als einem Ganzen anzugehören , das als Ganzes , eines , das der Geist Gottes ist – dessen Söhne die einzelne sind  ? Sollte in dieser Idee noch eine Unvollständigkeit seyn , daß ein Schiksal Macht in ihr hätte  ? oder wäre diß Schiksal die Nemesis , die gegen ein z u schönes Streben , gegen ein Überspringen der Natur wüthete  ? In der Liebe hat der Mensch sich selbst in einem andern wiedergefunden  ; weil sie eine Vereinigung des Lebens ist , sezte sie Trennung eine Entwiklung , gebildete Vielseitigkeit desselben voraus  ; und in je mehr Gestalten das Leben lebendig ist , in desto mehr Punkten kan es sich vereinigen , und fühlen , desto inniger die Liebe seyn  ; Je ausgedehnter an Mannichfaltigkeit die Beziehungen und Gefühle der Liebenden sind , je inniger die Liebe sich konzentrirt [desto] ausschliessender ist sie , desto | gleichgültiger für andre Lebens‑formen  ; ihre Freude vermischt sich mit jedem andern Leben , erkennt es an , aber zieht sich beim Gefühl einer Individualität zurük , und je vereinzelter die Menschen in Ansehung 4 zu] davor gestr  : w   5 hat] davor gestr . habe   5–7 ist das … lebendiges] (1) ist Liebe das (2) bleibt (über der Zeile) Liebe (als ein lebendiges über der Zeile mit Einfügungszeichen) (3) Text (am Rande mit Verweiszeichen  : ist das gemeinschaftliche … sondern) Liebe , lebendiges (über der Zeile mit Einfügungszeichen)   8 Lebens , ] folgt gestr  : d   und über gestr . oder   10–11 ein neu … seyd . am Rande mit Verweiszeichen (nur im Text)  10 ihr] folgt gestr  : meine Jünger sey   13 Volk über gestr . Ganzes   14 auf einander bezogen sind  ? ] (1) mit einander vereint sind , (2) Text  : (auf dem Rande angeschlossen  : auf) einander ( bezogen sind  ? über der Zeile)  eine aus ein   15 das als … ist] (1) das der Geist Gottes ist (2) Text  : (auf dem Rande angeschlossen  : das als Ganzes , eines[ , ]) das der Geist Gottes ist   15–16 dessen Söhne die einzelne] (1) die Beziehung einzelner zu einander Liebe  ; (2) Text  : (auf dem Rande angeschlossen  : dessen Söhne) die (über der Zeile) einzelne (aus einzelner)  19 in] davor gestr  : wieder (ohne i-Punkt)   20 weil] davor gestr  : diese   sezte] davor gestr  : so  Trennung] folgt gestr  : desselben voraus  ; / nur   21 je über der Zeile   24 sich konzentrirt] (1) ist , desto be-/schränkter (2) Text (auf dem Rande angeschlossen)  26 sich1] folgt gestr  : g  

5

10

15

20

25

30 30

35

40

Text 59

5

10

15

20

25

das wesen des jesus …283

ihrer Bildung und Interesse’s , ihrem Verhältnis zur Welt stehen , je mehr eigen­ thüm­liches jeder hat , desto beschränkter wird die Liebe auf sich selbst  ; und um das Bewußtseyn ihres Glüks zu haben , um sich selbst , wie sie gern thut , es zu geben , ist es nothwendig , daß sie sich absondert , daß sie sich sogar Feindschaf­ ten erschaft .1  Eine Liebe unter vielen läst daher nur einen gewissen Grad der Stärke , der Innigkeit zu , und fodert Gleichheit des Geistes , des Interesses , vieler LebensVerhältnisse , Verminderung der Individualitäten  ; diese Gemeinsamkeit des Lebens , diese Gleichheit des Geistes kan aber , da sie nicht Liebe ist , nur durch ihre bestimmten starkgezeichneten Aüsserungen zum Bewußtseyn kommen  ; von einer Übereinstimmung in Erkenntnis , in gleichen Meinungen kan nicht die Rede seyn  ; die Verbindung vieler beruht auf gleicher | Noth , sie stellt sich an Gegenständen dar , die gemeinschaftlich seyn können , in Verhältnissen , die darüber entstehen , und dann in dem gemeinsamen Bestreben um dieselben , und gemeinsamer Thätigkeit und Handlung  ; sie kan sich an tausend Gegenstände gemeinschaftlichen Besizes und Genusses und gleicher Bildung anschliessen , und sich darin erkennen . Eine Menge gleicher Zwekke , der ganze Umfang der physischen Noth , kan Gegenstand vereinigter Thätigkeit seyn , in dieser stellt sich der gleiche Geist [dar] , und dieser gemeinsame Geist gefällt sich dann auch sich in der Ruhe zu erkennen zu geben , seiner Vereinigung froh zu seyn , indem er sich in Freude und an Spiel sich selbst geniest . Die Freunde Jesu hielten sich nach seinem Tode zusammen , assen und tranken gemeinschaftlich , einige ihrer Verbrüderungen hoben alles Eigenthums-Recht gegeneinander auf , andere zum theil in reichlichen Almosen , und Beiträgen zur Gemeine  ; sie sprachen zusammen von ihrem geschiednen Freunde und Meister , beteten gemeinschaftlich ,  | und stärkten einander im Glauben und Muth  ; ihre Feinde beschuldigten einige   Am Rande  : Pellew Ins . Vorr Forster  !

1

3 um] folgt gestr  : es   5 Eine] davor ein Spatium von einer kurzen Wortlänge   5–6 läst daher … zu] (1) findet daher … statt (2) Text ( läst auf dem Rande angeschlossen)  6 zu] davor gestr  : zu  Gleichheit aus g   7 Gemeinsamkeit] davor gestr  : Ü   8 des Lebens , über der Zeile   10 von] davor gestr  : vo  Über30 einstimmung in über der Zeile mit Einfügungszeichen   in gleichen Meinungen] (1) gleicher Meinung (2) Text  : (über der Zeile mit Einfügungszeichen  : in) (gleichen Meinungen aus gleicher Meinung)   12 an Gegenständen dar] (1) in Verhältni (2) Text  : an (aus in) (über der Zeile  : (a) Dingen (b) Gegenständen dar)   14 gemeinsamer] folgt gestr  : (1) Thun (2) Th   15 und1] uns   und gleicher Bildung 35 am Rande mit Verweiszeichen   16 der ganze] (1) die ganze K (2) Text  : der (aus die) ganze   17 35 vereinigter] davor gestr  : der  Thätigkeit seyn] (1) Thätigkeit , (2) Text (seyn aus Komma)  stellt] davor (1) vers . nicht gestr  : der gleiche Geist (2) gestr  : sich  18 dann über der Zeile   19 der über gestr . der  Ruhe] folgt gestr  : sich   zu 2 aus g   geben ,] folgt gestr  : sich und   19–20 indem er] (1) und 20 in] folgt gestr  : Sp   21 gemeinschaftlich ,] folgt gestr  : ho­ (2) Text (auf dem Rande angeschlossen)   ben in   25–284,1 beschuldigten einige … Weiber] (1) sagten einigen ihrer Gesellschaften 〈 s 〉

30

142v

143r

284

143v

frankfurter manuskripte · christliche religion

Text 59

ihrer Gesellschaften auch der Gemeinschaft der Weiber  ; eine Beschuldigung , die sie entweder den Muth und die Reinheit nicht hatten , zu verdienen , oder sich ihrer nicht zu schämen . Gemeinschaftlich zogen viele aus , ihres Glaubens und ihrer Hofnungen andere Völker theilhaftig zu machen  ; und weil diß das einzige Thun der christlichen Gemeinde ist , so ist ihr der Proselitismus wesentlich ei­gen . Ausser diesem gemeinschaftlichen Geniessen , Beten , Essen , Freuen , Glauben , und Hoffen , ausser der einzigen Thätigkeit für die Verbreitung des Glaubens , die Vergrösserung der Gemeinschaftlichkeit der Andacht , liegt noch ein ungeheures Feld von Objektivität , die ein Schiksal von dem vielseitigstem Umfange , und gewaltiger Macht aufstellt , und an mannichfaltige Thätigkeit anspricht . In der Aufgabe der Liebe verschmäht die Gemeine jede Vereinigung , die nicht die innigste , jeden Geist , der nicht der höchste wäre . Der Unnatur und Schaalheit | der prächtigen Idee einer allgemeinen Menschenliebe nicht zu gedenken , da sie nicht das Streben der Gemeine ist , muß diese bei der Liebe selbst stehen bleiben , ausser der Beziehung des gemeinschaftlichen Glaubens und den Darstellungen dieser Gemeinschaft in darauf sich beziehenden religiösen Handlungen ist jede andre Verbindung in einem objektiven , zu einem Zwek , einer Entwiklung einer andern Seite des Lebens , zu einer gemeinsamen Thätigkeit , jeder zu etwas anderm als der Ausbreitung des Glaubens zusammenwirkende und sich in andern Modifikationen und partiellen Gestalten des Leben in Spielen sich darstellende und seiner sich freuende Geist , der Gemeine fremd , sie würde sich in ihm nicht erkennen , sie hätte von der Liebe ihrem einzigen Geiste gelassen , wäre ihrem Gotte ungetreu geworden  ; auch würde sie nicht nur die Liebe verlassen haben , sondern sie auch zerstöhren  ; denn die Mitglieder sezen sich in Gefahr , mit ihren Individualitäten gegen einander zu stossen , und müßten diß um so mehr , da ihre Bildung [verschieden] war , und sie sich damit in das Gebiet ihrer verschied-

auch Gemeinschaft der Weiber nach (2) Text  : (über der Zeile mit Einfügungszeichen  : beschuldigten) einige (aus einigen) … Weiber   1 eine Beschuldigung] (1) einer Gemeinschaft (2) Text  : eine (Ms  : einer) Beschuldigung (über der Zeile)   2 Muth] folgt gestr  : nicht   3–4 ihres Glaubens … theil­ haftig] (1) ihren Glauben und Hofnungen andern Völkern mitzutheil (2) Text  : (ihres Glaubens aus ihren Glauben) und ihrer (auf dem Rande angeschlossen) Hofnungen (andere Völker Ms  : andern Völkern) theilhaftig (aus mitzutheil)   5 Thun] davor gestr  : Handeln   6 gemeinschaftlichen] folgt gestr  : aber  Glauben aus u   7 HoVen ,] HoVen /   die] (1) die (2) die ( Ver (mit Ansatz zu g) auf dem Rande angeschlossen) (3) Text (unter der Zeile)  8 Gemeinschaftlichkeit aus g   der2 aus des   9 von1 aus vom   die ein Schiksal] (1) ein (2) die eine (3) Text  : die ein (aus eine) Schiksal (aus dem 10 mannichfaltige] davor gestr  : die   14 diese aus die  ; folgt gestr  : Li   15 den Schluß-e von eine)   Darstellungen aus der Darstellung   17–18 einer Entwiklung … Lebens[ , ] auf dem Rande angeschlossen   19–21 und sich … freuende auf dem Rande angeschlossen  19 und] davor gestr  : oder  20 partiellen über der Zeile  23 auch würde sie] (1) sie hätte aber (2) Text (auch würde über der Zeile mit Einfügungszeichen)  24 ihren] ihrem   25 da aus die   26–285,1 ihrer verschiednen ­Charaktere]

5

10

15

20

25

30 30

35

40

Text 59

5

10

das wesen des jesus …285

nen Charaktere in die Macht ihrer verschiedenen Schiksale begäben , und über einem Interesse für etwas geringes , über einer verschiedenen Bestimmtheit in etwas kleinem die Liebe | sich in Haß verkehren , und eine Abtrünnigkeit von Gott erfolgen würde . Diese Gefahr wird nur durch eine unthätige , un­ent­w ikelte Liebe abgewendet , daß sie , das höchste Leben unlebendig bleibt . So verwikelt die widernatürliche Ausdehnung des Umfangs der Liebe in einen Widerspruch , in ein falsches Bestreben , das der Vater des fürchterlichsten leidenden oder thätigen Fanatismus werden mußte . Diese Beschränkung der Liebe auf sich selbst , ihre Flucht vor allen Formen , wenn auch schon ihr Geist in ihnen wehte , oder sie aus ihm entsprängen , diese Entfernung von allem Schiksal ist gerade ihr größtes Schiksal  ; und hier ist der Punkt , wo Jesus mit dem Schiksal zusammenhängt und zwar auf die erhabenste Art , aber von ihm litt .

(1) ihrer ver-/ (2) Text (über der Zeile begonnen und auf dem Rande fortgesetzt)  1 begäben] (1) gäben (2) Text  : (auf dem Rande angeschlossen  : be-)gäben   5 abgewendet , daß sie] (1) abgewendet  ; die 15 Liebe , (2) Text  : abgewendet , (daß (aus Semikolon) sie auf dem Rande angeschlossen)  Leben unlebendig] Lebenunlebendig mit Trennstrich   6 widernatürliche aus u   9 wenn] folgt gestr  : sie   12 zwar über der Zeile mit Einfügungszeichen  auf aus von?  aber über der Zeile mit Einfügungszeichen

144v

286

frankfurter manuskripte · christliche religion

Text 60

Mit dem Muthe …

115v

115v

Mit dem Muthe und dem Glauben jedes Mannes , der sich in die edle Thätigkeit für ein grosses Objekt sezt , und der von den klugen Leuten ein Schwärmer genannt wird , trat Jesus unter den Juden auf  ; er fieng damit an , allen zuzurufen  : ändert euch , denn das Reich Gottes ist nahe  ; wäre in den Juden das Ideal , das Jesus vom Reiche Gottes in sich trug , vorhanden gewesen , so hätte dieser Zuruf so gleich Glauben und Wirkung gehabt  ; die Beglaubigung der Nähe des Reiches Gottes hätte sich in ihren Herzen gefunden , sie hätten sich mit einemmal in Freiheit gesezt , und so wäre das Reich Gottes da gewesen . Alles , was Jesus bewirkte , war eine sehr unreine Aufmerksamkeit  ; wenige

Mit dem Muthe und dem Glauben eines Gottbegeisterten Mannes , der von den klugen Leuten ein Schwärmer genannt wird , trat Jesus unter dem jüdischen Volke auf  ; er trat neu in eignem Geiste auf , die Welt lag vor ihm , wie sie werden sollte , und das erste Verhältnis , in das er sich selbst zu ihr sezte war sie zum Anderswerden auf­ zurufen , er fieng damit an , allen zuzurufen  : ändert euch , denn das Reich Gottes ist nahe  ; hätte in den Juden der Funke des Lebens ge­schlafen , so hätte er eines Hauchs bedurft  , um zur Flamme aufzulodern , die alle ihre arm­­seligen Titel und Ansprüche verbrannt hätte  ; hätte bei ihrer Unruhe und Unzufriedenheit mit der Wirk-

5

10

15

20

Linke Spalte  :  1 Überschrift der Herausgeber  3 der] folgt gestr  : für ein gro   4–6 und der … wird[ ,] 20 am Rande mit Verweiszeichen   7 er fieng] erfieng mit Trennstrich   9 wäre über gestr . hätte   10 Ideal] folgt gestr  : eines  16 einemmal] einenmal   18 eine] folgt gestr  : zum Theil   25

Rechte Spalte  :  3 eines Gottbegeisterten Mannes auf dem Rande angeschlossen  ; folgt in der Textspalte vers . nicht gestr  : der sich   eines] (1) e (2) j (3) jedes (4) Text (über der Zeile)  5–6 dem jüdischen Volke] dem (aus den) (jüd . Volke über der Zeile)   6–11 er trat … aufzurufen] in drei Absätzen am Rande 25 mit Verweiszeichen  : (1) das erste Verhältnis , in das er sich selbst zur Welt sezte etwas tiefer  : er trat neu in eignem Geiste auf , sie lag vor ihm , wie sie werden sollte , (2) mit Verweiszeichen umgestellt und mit und das verbunden  : er trat neu in eignem Geiste auf , (die Welt über der Zeile) lag vor ihm , wie sie werden sollte , und das (Anschlußwort verdoppelt) das erste Verhältnis , in das er sich selbst zu (aus zur) 30 ihr (über der Zeile) sezte (etwas tiefer , mit Verweiszeichen angeschlossen  : war sie zum Anderswerden auf­ 30 zurufen[ ,])   13–287,2 hätte in … gelegen am Rande mit Verweiszeichen  13–14 der Funke gestr . und wiederhergestellt   14 des Lebens über der Zeile mit Einfügungszeichen  14–15 so hätte er eines Hauchs] (1) der (a) ein neues (b) ein[e] neue (aus neues) Flamme des Lebens beim ersten Hauch (2) Text  : 〈〈 der 〉〉 (über der Zeile  : so hätte 〈 nur 〉 er) eines (unter der Zeile) Hauchs (aus Hauch)  18–287,1 bei

Text 60

5

10

15

20

mit dem muthe …287

fand er , die mit dem Triebe , gebildet zu werden , sich an ihn anschlossen  ; mit grosser Gutmüthig­keit , mit dem Glauben eines reinen Schwärmers nahm er ihr Verlangen für be­f riedigtes Gemüth , ihren Trieb für Vollendung , ihre Entsagung einiger bisherigen | Verhältnisse , für Freiheit und geheiltes oder besiegtes Schiksal . Bald nach seiner Bekanntschaft mit ihnen hielt er sie selbst für fähig und sein Volk für reif , einer ausgebreitetern Ankündigung des Reiches Gottes zu folgen , er s­chikte seine Schüler paarweise im Land umher , um seinen Ruf vervielfältigt erschallen zu lassen  ; aber da sie von dem ganzen Ideal nicht durchdrungen wa­ren  , denn nach viel längerm Umgang lassen sie noch so haüffig eine kleine Seele ­blikken , so konnte ihre Predigt nicht vom göttlichen Geiste getrieben seyn , und auch nicht mit voller Seele auf­ genommen werden  ; sie sammeln sich bald wieder zu Jesu , und man erblikt

lichkeit das Bedürfnis nach etwas reinerem in ihnen gelegen so hätte der Zuruf des Jesus Glauben gefunden . und dieser Glauben hätte das Geglaubte in demselben Augenblik ins Daseyn gebracht . Mit ihrem Glauben wäre das Reich Gottes vorhanden gewesen . Jesus hätte ihnen eigentlich nur aus­ gesprochen , was unentwikelt und unbewußt in ihrem Herzen lag  ; und mit dem Finden des Worts , mit dem ins Bewußtseyn Kommen des Bedürfnisses wären die Bande abgefallen , vom alten Schiksal hätten sich nur noch Zukkun­gen des erstorbnen Lebens geregt , und das neue wäre dagestanden . So aber wollten die Juden | zwar etwas anders , als das bisherige  ; aber sie gefielen sich zu sehr in dem Stolze ihrer Knechtschaft , um das was sie suchten , in dem zu finden , was Jesus ihnen anbot . Ihre Gegenwirkung , die Antwort die ihr Genius auf den An­r uf des Jesus gab , war eine sehr unreine Auf­

25

25 1 die] folgt gestr  : si   7 einiger] einer   11 reif , ] folgt gestr  : d   einer aus einem   14 paarweise aus

in  ; folgt gestr  : ins Land   15 Ruf] folgt gestr  : mehr   17 nicht] folgt gestr  : dru   waren , aus war ,  ; folgt gestr  : so ko   21 vom aus s   30

ihrer … Wirklichkeit in drei Kurzzeilen unter der Zeile  3 des Jesus über der Zeile  gefunden . über der Zeile mit Einfügungszeichen  3–4 und dieser über der Zeile  4 Glauben aus Beglaubigung  4–6 6–288,1 Mit ihrem … Aufmerksamkeit  ;] (1) Alles , was 30 das Geglaubte … gebracht . über der Zeile   J . bewirkte , war eine sehr unreine Aufmerksamkeit  ; (2) Text (am Rande mit Verweiszeichen  ; Stufe (1) vers . nicht gestr .)   7 gewesen .] folgt gestr  : Der   9 unentwikelt aus unb   11 Finden des Worts] (1) gefundenen Wort , (2) Text  : Finden (aus gefundenen) des Worts (aus Wort)  dem] folgt gestr  : 35 zu Bew   12 Kommen des] (1) kommenden (2) Text (Kommen aus kommenden)   13 wären die 35 Bande abgefallen] (1) wäre die Freiheit gefunden (2) Text  : wären (aus wäre) die (unter der Zeile  : Bande (a) verschwunden) (b) abgefallen  13–17 abgefallen , vom … Juden in zwei Langzeilen am 13–14 vom alten … noch] (1) das alte Schiksal unter (2) Text  : vom (unter der Zeile) unteren Rande   alten (aus alte) Schiksal (hätten sich über der Zeile) (nur noch unter der Zeile)  19 in] folgt gestr  : ihre   23 auf] folgt gestr  : sein   24–288,1 Aufmerksamkeit  ;] Aufmerksamkeit  

116r

116r

288 115v

116v

116r

frankfurter manuskripte · christliche religion

keine Wirkung der Hofnung Jesu und ihres Apostolisirens . Die seelenlose Gleichgültigkeit der Aufnahme seines Predigens verwandelte sich bald in Haß gegen ihn  ; die Wirkung auf ihn war eine immer steigende Erbitterung gegen sein Zeitalter , und sein Volk , vorzüglich gegen die , | in welchen der Geist seiner Nation am stärksten und leidenschaftlichsten wohnte , gegen die Pharisäer und die Führer des Volks .

Text 60

merksamkeit  ;  | einige wenige reine Seelen schlossen sich mit dem Triebe , gebildet zu werden , an ihn an  ; mit gros­ser Gutmüthigkeit , mit dem Glauben eines reinen Schwärmers nahm er ihr Ver­langen für befriedigtes Gemüth , ihren Trieb für Vollendung , ihre Entsagung einiger bisherigen | Verhältnisse , (die meist nicht glänzend waren) für Freiheit und geheiltes oder besiegtes Schiksal  ; denn bald nach seiner Bekanntschaft mit ihnen hielt er sie für fähig und sein Volk für reif , einer ­ausgebreitetern Ankündigung des Reiches Gottes zu folgen , er schikte seine Schüler paarweise im Land umher , um seinen Ruf vervielfältigt erschallen zu lassen  ; aber der göttliche Geist sprach nicht in ihrer Predigt , nach viel längerm Umgang noch lassen sie so haüffig eine kleine wenigstens ungereinigte Seele blikken , von der wenige Aeste nur das göttliche durchdrungen hatte . Ihre ganze Instruktion ausser dem nega­tiven , das sie enthält , war , die Nähe des Reiches Gottes zu verkündigen , Sie sammeln sich bald wieder zu Jesu , und man erblikt keine Wirkung der Hofnung Jesu und ihres Apostoli-

5

10

15

20

25

30

3 Gleichgültigkeit aus Ansatz zu g   5 ihn  ;] folgt gestr  : und   7 Zeitalter aus Zeitalters   und] folgt 30 gestr  : die   10 leidenschaftlichsten] leidenschaftl .   1 einige über der Zeile  1–2 reine Seelen schlossen sich über der Zeile mit Einfügungszeichen  8 ei9 (die meist … waren) am oberen Rande mit Einfügungszeichen   niger über der Zeile   11 denn bald 35 18–19 der göttliche … Predigt[ ,] auf dem Rande angeschlossen  19 in etwas vor und über der Zeile   über gestr . aus   20 noch über der Zeile  sie] folgt vers . nicht gestr  : noch  21 wenigstens ungereinigte 35 am Rande mit Verweiszeichen  22–27 von der … verkündigen , auf dem Rande angeschlossen  22 von über gestr . die   23 hatte .] hatte /   24–25 ausser … enthält[ ,] unterhalb dieser Zeilen  ; mit Verweiszeichen eingefügt   27 Sie aus sie  

Text 60

5

10

15

20

25

30

mit dem muthe …289 sirens . Die Gleichgültigkeit der Auf­ nahme seines Aufrufs verwandelte sich bald in Haß gegen ihn  ; dessen Wirkung auf ihn eine immer steigende ­Erbitterung gegen sein Zeitalter und sein Volk war , vorzüglich gegen die , | in welchen der Geist seiner Nation am stärksten und leidenschaftlichsten wohnte , gegen die Pharisäer und die Führer des Volks  ; sein Ton gegen sie sind keine Versuche sie mit sich zu ­versöhnen , ihrem Geiste etwas an­ zuhaben , sondern die heftigsten Ausbrüche seiner Erbitterung gegen sie , die Enthüllung ihres ihm feindseligen Gei­stes  ; er handelt gegen diesen nicht ein­mal mit dem Glauben der Möglichkeit ­ei­ner Änderung . Wenn ihr ganzer Charakter ihm widerstand , so konnte er bei Veranlassungen über religiöse Gegenstände mit ihnen zu sprechen , nicht auf eine Widerlegung und Belehrung ausgehen  ; er bringt sie nur durch argumenta ad hominem zum Schweigen  ; das ihnen entgegengesezte Wahre richtet er an die andern gegenwärti­gen Menschen . wie es scheint nach der

1–2 der Aufnahme seines Aufrufs] (1) der Aufnahme seines (2) womit die über der Zeile (3) Text  : (vers . nicht gestr  : die) (der Aufnahme wiederhergestellt) seines ( 〈 V 〉 Aufrufs auf dem Rande angeschlossen)   5 Zeitalter auf dem Rande angeschlossen , vers . nicht gestr  : war ,   6 war über 30 3 dessen über der Zeile   der Zeile   10–290,8 sein Ton … absondert am ursprüngl . Absatzende angeschlossen und mit Verweiszeichen auf dem Rande fortgesetzt   10 sein] folgt gestr  : Ton (Anschlußwort)   11 sind keine] (1) ist der heftigste (2) sind (über der Zeile) (die heftigsten aus der heftigste) Ausbrüche seiner Erbitterung  ; 35 nicht (3) Text  : sind keine (über der Zeile)  sie] folgt gestr  : zu b   16 diesen über gestr . sie   17–18 35 der Möglichkeit … Änderung] (1) sie (2) ihn zu 〈 z u 〉 ändern (3) Text  : (über der Zeile  : der Möglichkeit einer) Änderung (aus ändern)   18 Wenn] folgt über der Zeile , gestr  : er   21 mit ihnen über der Zeile   sprechen , ] folgt gestr  : bei Anfragen an ihn   24 hominem ] hom .   25 ihnen entgegen­ gesezte (aus entgegengesezten) unter der Zeile mit Einfügungszeichen   26 andern aus A  ; folgt gestr  : Zuhörer .   27–290,1 wie es … ihm zwischen den Zeilen  

116v

290

146r

frankfurter manuskripte · christliche religion

Text 60

Rük­­kehr seiner Jünger zu ihm Matth 11 . entsagt er seinem Volke und hat gefühlt v . 25 . daß Gott sich nur den einfachen Menschen offen­bahre  ; und er beschränkt sich von izt auf Wirksamkeit auf einzelne  ; und läßt das Schiksal seiner Nation unangetastet stehen  ; in­ dem er sich selbst von ihm absondert | und seine Freunde ihm entreißt  ; soweit Jesus die Welt nicht verändert sieht , soweit flieht er sie und alle Beziehungen mit ihr  ; soviel er mit dem ganzen Schiksal seines Volkes zusammenstößt , verhält er sich , wenn sein Verhalten ihm auch widersprechend scheint , passiv gegen dasselbe . Gebt dem Kaiser , was des Kaisers ist , sagt er , als die Juden die Seite ihres Schiksals , den Römern zinsbar zu seyn gegen ihn zur Sprache brachten  ; als es ihm widersprechend schien , daß er und seine Freunde auch den Tribut , der auf die Juden gelegt war , bezahlen sollte , hieß er ihn , um keinen Anstoß zu geben , den Petrus bezahlen . Er stand mit dem Staat in dem einzigen Verhältnis , innerhalb seiner Gerichtsbarkeit sich aufzuhalten , und der Folge dieser Macht über ihn unterwarf er sich mit Widerspruch seines Geistes , mit Bewußtseyn leidend . Das Reich Gottes ist nicht von dieser Welt  ; allein es ist für dasselbe eine grosse Verschiedenheit , ob ihm diese

5

10

15

20

25

30

1–2 Matth 11 .] (1) Im 11ten Kap (2) Matth 11 , (3) Text  2–3 gefühlt] zuerst  : gefühlt , daß   3–4 35 einfachen aus Einfachen  5 izt aus nun   7 seiner aus seines  Nation] folgt gestr  : unberührt   12 35 ganzen] folgt gestr  : Volke   14 verhält] davor gestr  : so   17 Juden] folgt gestr  : ihn auf das Verhältnis   18 Seite] folgt gestr  : ihres (aus des) S  22 Tribut] davor gestr  : allgemeinen   23 sollte ,] folgt gestr  : sagte er   29–30 sich mit … Geistes ,] (1) sich  ; (2) Text  : sich (mit … Geistes (über gestr  . Ge­müt) , auf dem Rande angeschlossen)   33–291,1 ihm diese Welt] (1) es diese Welt sich (2) Text (ihm über der Zeile)  

Text 60

5

10

15

20

25

30

mit dem muthe …291 Welt als entgegengesezt vorhanden , oder nicht existirt , nur möglich ist . | Da jenes der Fall war , und Jesus mit Bewußtseyn vom Staate litt , so ist mit diesem Verhältnis zum Staate schon eine grosse Seite lebendiger Vereinigung , für die Mitglieder des Reiches Gottes ein wichtiges Band abgeschnitten , ein Theil der Freiheit , des nega­ tiven Charakters eines Bundes der Schönheit , eine Menge thätiger Verhältnisse , lebendiger Beziehungen verlohren  ; die Bürger des Reichs Gottes werden einem feindseligen Staate entgegengesezte von ihm sich ausschliessende Privatpersonen . Diese Beschränkung des Lebens erscheint übrigens mehr als die Gewalt einer fremden herrschenden Macht  , über aüssere Dinge , die selbst mit Freiheit aufge­ geben werden können , als ein Raub am Leben – für diejenigen , die nie in ei­ner solchen Vereinigung thätig wa­ ren , nie dieses Bundes und dieser Freiheit genossen haben , besonders wenn das Staats‑bürgerliche Verhältnis vorzüglich nur Eigen­thum betrift . Was an Menge der Beziehungen , an Mannichfaltigkeit froher und schöner Bande [verlorengeht] , | ersezt sich durch Ge-

1 entgegengesezt] folgt gestr  : für dasselbe   vorhanden] folgt gestr  : ist   8 Band] zuerst  : Band  , und   9 Freiheit ,] Freiheit /   des aus dem?   10 Charakters] folgt gestr  : des Reiches Gottes   11–12 35 Verhältnisse , ] folgt gestr  : un   13 die über gestr . aller   14 werden] (1) sind (2) Text (auf dem Rande 20 die selbst mit Freiheit] (1) die (2) Text (auf dem Rande angeschlossen)   22 Leben] angeschlossen)   24–25 dieses Bundes … 35 folgt gestr  : selbst ,   23–24 waren über der Zeile mit Einfügungszeichen   Freiheit] (1) dieser Frei­heit und dieses Bundes (2) Text  : dieses Bundes und (dieser Freiheit mit Einfügungszeichen um­gestellt)  25 besonders auf dem Rande angeschlossen  27 an] folgt gestr  : gemei   28 Beziehungen ,] folgt gestr  : vei   28–29 Mannichfaltigkeit] folgt gestr  : der  

146v

147r

292

117r

frankfurter manuskripte · christliche religion

Weil alle auch die schönsten Formen des Lebens beflekt waren , so konnte sich Jesus mit keiner einlassen  ; in seinem Reiche Gottes konnte es keine Beziehung geben , als die aus der Schönheit und Freiheit selbst hervorgienge  ; die Verhältnisse des Lebens waren un­ ter seinem Volke unter der Sklaverei der Geseze und des selbstsüchtigen Geistes . Er scheint von seinem Judengeschlechte keine allgemeine Wegwer­ fung seines Joches erwartet zu haben , und darum sah er einen Kampf des heiligen mit dem unheiligen voraus , vor dessen ganzer Gräßlichkeit er sich fürchtete . Ich kam nicht , sagt er , um der Erde Frieden zu bringen sondern das Schwerd  ; ich kam , den Sohn ge­ gen seinen Vater zu entzweien , | die Tochter gegen die Mutter , die Braut gegen die Schwieger  ; wer Vater oder Mutter , Sohn oder Tochter mehr liebt , als mich , ist meiner nicht würdig . Er konnte dem gräßlichen Zerreissen aller Bande der Natur ins Auge sehen  ;

Text 60

winn an isolirter Individualität , und dem engherzigen Bewußtseyn von Ei­ gen­thüm ­l ich ­kei­ten  . Aus der Idee des Reiches Gottes sind zwar alle durch einen Staat gegründete Verhältnisse ausgeschlossen , welche unendlich tiefer stehen , als die lebendigen Beziehungen des göttlichen Bundes , und von einem solchen nur verachtet werden können , aber wenn er vorhanden war , und Jesus oder die Gemeine ihn nicht auf­ heben konnte , so bleibt das Schiksal Jesu und seiner ihm hierin treubleibenden Gemeine , ein Verlust an Freiheit , eine Beschränkung des Lebens , eine Passivität in der Beherrschung durch eine fremde Macht , die man verachtet , die aber doch das wenige , was Jesus von ihr brauchte , Existenz unter seinem Volke , ihm unvermischt überließ . – Ausser dieser Seite des Lebens , die vielmehr nicht Leben , nur Möglichkeit des Lebens genannt werden kan , hatte sich der Geist nicht nur aller Modifika­tio­ nen des Lebens bemächtigt , sondern

5

10

15

20

25

7 die über gestr . alle   8 unter aus in   9 des] folgt gestr  : Geistes   10 Geistes .] folgt gestr  : So wie J . sah , daß er die Hofnung einer allgemeinen Umwälzung aufgeben mußte , so   12 seines über gestr . ihres   15 vor dessen ganzer] (1) dessen ganze (2) Text  : (über der Zeile mit Einfügungszeichen  : 30 vor) dessen ganzer (aus ganze)  er aus i   17 zu aus s   18 Sohn über gestr . Mann   19 seinen aus den  Vater] (1) Vater , die Tochter (2) Text (Ms  : Vater , )  ; unter der Zeile  : Ausserdem aber   25 30 Natur] zuerst  : Natur , der   2 Bewußtseyn] folgt gestr  : seiner   4 sind] (1) ist (2) Text (auf dem Rande angeschlossen)  alle über der Zeile  5 einen über gestr . den  Verhältnisse aus Verhältnis   6–9 welche unendlich … kön ­nen[  ,] am Rande mit Verweiszeichen  7 lebendigen aus lebendiges   8 von über gestr . ein solcher   10 wenn 35 er vorhanden war] (1) wenn er vorhanden ist (2) da (über der Zeile) er noch (unter der Zeile) vorhanden 35 ist (3) Text  : wenn (wiederhergestellt) er vorhanden war (über der Zeile)   11 Jesus oder unter der Zeile   15–16 eine Passivität in der] (1) die (2) Text (auf dem Rande angeschlossen)  17 Macht ,] folgt auf dem Rande angeschlossen , gestr  : in Verhältniss   18 Jesus] (1) sie in Händen hat , und er (2) Text (aus er)  24 nicht] folgt gestr  : alle  

Text 60

5

10

15

20

25

mit dem muthe …293

denn diese schönen freien Beziehungen waren zugleich Fesseln , die an das unheiligste knüpften , und in die Tyrannei selbst verflochten waren  ; nur ganz reine Gemüther können ohne Schmerzen , und Bedauern das reine und unreine scheiden  ; unreinere Ge­mü­ther halten an beidem fest  ; in der Zerstöhrung dieser Amalgamation des reinen mit dem unreinen wird denn auch das reine beschädigt , und mit dem unreinen zu Boden getreten . Aber wegen dieser Vermischung konnte Jesus für sich nicht im Reiche Gottes leben , er konnte es nur in seinem Herzen tragen , mit Menschen konnte er in Beziehung treten , um sie zu bilden  ; durch ein einziges von beiden Seiten gleiches , freies Verhältnis wäre er in einen Bund mit dem ganzen Gewebe jüdischer Gesezlichkeiten getreten , und um seine Beziehung nicht zu zerreissen oder zu beleidigen hätte er sich von seinen Fäden müssen umschlingen lassen . |

sich in ihnen auch zum Gesez als Staat gemacht , und die reinsten unmittelbarsten Formen der Natur zu bestimmten Gesezlichkeiten verkrüppelt . Im Reiche Gottes kan es keine Beziehung geben , als die aus der rüksichtlosesten Liebe und damit der höchsten Freiheit hervorgeht , die von der | Schönheit allein die Gestalt ihrer Erscheinung , und ihr Verhältnis zu der Welt erhält . Wegen der Verunreinigung des Lebens , konnte Jesus das Reich Gottes nur im Herzen tragen , mit Menschen nur in Beziehung treten , um sie zu bilden , um den guten Geist , an den er in ihnen glaubte , zu entwikeln  ; um erst Menschen zu schaffen , deren Welt die seinige wäre  ; aber in seiner wirklichen Welt mußte er alle lebendigen Beziehungen fliehen , weil alle unter dem Geseze des Todes lagen , die Menschen unter der Gewalt des jüdischen gefangen waren , durch ein von beiden Seiten freyes Verhältnis wäre er in einen Bund mit dem Gewebe jüdischer Gesezlichkeiten eingetreten , und um eine ein­

3 in] (1) beim Umsturze ins (2) Text (aus ins)  4–8 nur ganz … fest[  ;] am Rande mit Verweiszeichen  4 ganz aus rei   10 dem unreinen] demunreinen mit Trennstrich  13 dieser aus der   16–17 30 mit Menschen … treten] (1) mit den Menschen , / mit denen er in Beziehung trat , k (2) die Men30 schen , / mit denen er in Beziehung trat (3) Text  : (wiederhergestellt und über der Zeile wiederholt  : mit) Menschen konnte (auf dem Rande angeschlossen) 〈〈 m it denen 〉〉 er in Beziehung treten   18 beiden aus beides   24 um(schlingen lassen über den Rand hinaus geschrieben)   2 und über der Zeile   9 Erscheinung] folgt gestr  : erhält   13 Herzen aus Herzens   14 nur in Be35 ziehung treten ,] zuerst  : sich nur in Beziehung sezen ,   15 den1] folgt gestr . Ansatz zu G   in über

17 schaVen , aus schaVen  ;   18 in seiner] (1) der mit der (2) Text  : in (auf dem Rande an35 der Zeile   geschlossen) seiner (über der Zeile)  21–23 lagen , die … waren ,] (1) lagen , (2) Text  : lagen , (gestr . und wiederhergestellt) (die … waren[ ,] auf dem Rande angeschlossen)  22 des] davor gestr  : ih   25 Gewebe jüdischer aus geweben   26 eingetreten aus getreten (ein- auf dem Rande angeschlossen)  26–294,1 eine eingegangne] (1) seine (2) Text  : eine (aus seine) eingegangne (über der Zeile mit Einfügungszeichen)  

147v

294

117v

148r

118r

frankfurter manuskripte · christliche religion

Darum isolirte sich Jesus von seiner Mutter , seinen Brüdern , und Verwandten  ; er durfte kein Weib lieben , keine Kinder zeugen  ; nicht FamilienVater , nicht Bürger des Staates werden – nur dadurch , daß er auf alle diese Formen des Lebens Verzicht that , konnte er sich rein erhalten  ; denn alle diese Formen waren entweiht  ; und weil sein Reich Gottes nicht auf Erden noch Plaz finden konnte , so mußte er es in den Himmel verlegen . Nur da trift Schwärmerei und Fanatismus zusammen , wo das Höchste an­ge­g riffen  ; hier muß die erste in den lezten übergehen  ; denn um sich zu erhalten , muß sie das unreine , von dem sie gestört wird , an­g reiffen , und auch die schönsten Beziehungen verlezen . Schwärmer späterer Zeiten hat aber dieses Verschmähen aller Formen des Lebens , weil sie verunreinigt sind , zu einer | unbedingten leeren Gestaltlosigkeit gemacht , und jedem Triebe

Text 60

gegangne Beziehung nicht zu entheiligen oder zu zerreissen , hätte er sich von seinen Fäden müssen umschlingen lassen , und so konnte er die Freiheit nur in der Leere finden  ; weil jede Modi­ fikation des Lebens gebunden war  ; darum isolirte sich Jesus von seiner Mutter , seinen Brüdern und Verwandten  ; er durfte kein Weib lieben , keine Kinder zeugen , nicht FamilienVater , nicht Mitbürger werden , der mit den andern des Zusammenlebens genösse . Das Schiksal Jesu war , | vom Schiksal seiner Nation zu leiden , entweder es zu dem seinigen zu machen , und ihre Noth­wen­d ig­keit [zu] tragen und seine Genüsse zu theilen , und seinen Geist mit dem ihrigen zu vereinigen , – aber seine Schönheit , seinen Zusammenhang mit dem Göttlichen auf­[ zu] ­op­ fern , oder das Schiksal seines Volkes von sich zu stossen , sein Leben aber unentwikelt und ungenossen in sich zu erhalten  ; in keinem Fall die Natur zu erfüllen , in jenem nur Fragmente von ihr , und auch diese verunreinigt , zu fühlen , in diesem sie vollständig zum Bewußtseyn zu bringen , aber ihre Ge­ stalt nur als einen glänzenden Schat-

5

10

15

20

25

30

18 verlegen .] folgt gestr  : Schwärm   da über gestr . hier   20 erste aus S  ; folgt gestr  : / z  24 die] folgt 30 26 aber] folgt gestr  : we   aller] (1) der (2) Text (über der Zeile  ; gestr . und gestr  : in dem unreinen〈〈  , 〉〉   wiederhergestellt)   5 jede aus jedes   13 Schiksal1] folgt gestr  : war   14 seiner Nation] (1) seines Volkes (2) Text  : seiner 35 (aus seines) Nation (über der Zeile)  entweder aus es   16–17 und seine … theilen am Rande mit Verweiszeichen   seine Genüsse] (1) ihren Genuß (2) seinen (über der Zeile) Genuß (3) Text  : seine 35 (Ms  : seinen) Genüsse (aus Genuß)  19 seinen aus u   24 in] davor gestr  : und dem   keinem über gestr . keinem aus F   29 einen] folgt über der Zeile mit Einfügungszeichen , gestr  : wie der höchsten Wahrheit  glänzenden] folgt gestr  : obschon wahren  

Text 60

5

10

15

20

25

mit dem muthe …295

der Natur , blos weil er eine aüssere Form sucht , den Krieg angekündigt  ; und um so schreklicher war die Wirkung dieser versuchten Selbstmorde , dieses Festhalten an der leeren Einheit , je fester noch in den Ge­müthern die Fessel der Mannichfaltigkeit war  ; denn indem sie nur das Bewußtseyn beschränkter Formen waren , so blieb ihnen nichts übrig , als die Flucht ins Leere . – Grosse Heuchler und Bösewichter dagegen haben es versucht , eine Verbindung der beschränkten gesezlichen Verhältnisse und der Tugen­ den mit dem einfachen Geiste zu finden , und zu erhalten  ; sie erdachten für jede bürgerliche Handlung , oder für jede Aüsserung der Lust und der Begierde einen Schlupf­w inkel in der Einheit , um so durch Betrug jede Beschränkung sich zu erhalten und ihr zugleich zu entgehen . |

ten , dessen Wesen höchste Wahrheit ist , zu erkennen , aber dem Gefühle desselben , ihrer Belebung in That , und Wirk­l ichkeit zu entsagen . Jesus wählte das leztere Schiksal , die Trennung seiner Natur und der Welt  ; und verlangte das­selbe an seine Freunde  ; wer Vater oder Mutter , Sohn oder Tochter mehr liebt , als mich , ist meiner nicht würdig . je tiefer er aber diese Trennung fühlte , desto weniger konnte er sie ruhig tragen , und seine Thätigkeit war die muth­volle Reaktion seiner Natur ge­ gen die Welt  ; und sein Kampf war rein und erhaben , weil er das Schiksal in seinem ganzen Umfange erkannt , und sich gegenüber gesezt hatte . Sein und seiner von ihm gestifteten Gemeine Widerstand gegen die Verdorbenheit mußte diese Verdorbenheit , | sich selbst , und dem von ihr noch freyeren Geist zum Be­w ußtseyn bringen , und ihr Schiksal mit sich entzweyen  ; der Kampf des Reinen mit dem unreinen ist ein erhabner Anblik , der sich aber bald in einen gräßlichen verwandelt , wenn das Heilige selbst vom Unheiligen

5 Festhalten aus Festhaltens   6 fester über gestr . tiefer ihre   7 der] des   9 beschränkter] davor gestr  : des   20 um] davor gestr  : und   jede] (1) jeder (2) in (über der Zeile) jeder (3) Text (aus jeder)   30 21 sich] davor gestr  : z  

30

3–4 desselben , ihrer … Wirklichkeit] (1) desselben (2) Text  : desselben , (ihrer … Wirklichkeit auf dem Rande angeschlossen)  3 ihrer über gestr . seiner   6–9 und verlangte … würdig .] (1) seine Reaktion gegen die (2) aber je stärker (a) die (b) gegen (über der Zeile) diese (aus die) Scheidewand und 35 seine T (3) Text (über der Zeile begonnen und auf dem Rande fort­gesetzt)   11 sie über der Zeile   13 sei35 ner aus d   14–17 Welt  ; und … hatte .] (1) Welt . (2) Text  : Welt  ; (aus Welt .) (und … hatte . auf dem Rande angeschlossen)  19 Widerstand aus ge   20 mußte] davor gestr  : brachte   sich] davor gestr  : sich   21 von über der Zeile mit Einfügungszeichen  23 entzweyen  ;] folgt gestr  : Jesus sah (a) diesen Kampf (b) diese (aus diesen) Zerrüttung voraus , m   24 Reinen aus r   27 vom Unheiligen] (1) mit u (2) Text  : vom (auf dem Rande angeschlossen) Unheiligen (aus u)  

148v

296

149r

frankfurter manuskripte · christliche religion

Text 60

gelitten , und eine Amal­g amation beider mit der Anmassung , rein zu seyn gegen das Schiksal wüthet , in­dem es selbst noch unter ihm gefangen liegt . Jesus sah die ganze Gräßlichkeit dieser Zerrüttung voraus  ; ich kam nicht , sagt’ er , der Erde Frieden zu bringen , sondern das Schwerd  ; ich kam den Sohn gegen seinen Vater zu entzweyen , die Tochter [gegen] ihre Mutter , die Braut gegen ihre Schwieger . Was zum theil sich vom Schiksal losgesagt hat , zum theil aber im Bunde damit steht , mit oder ohne Bewußtseyn dieser Ver­ mischung , muß sich und die Natur um so fürchterlicher zerreissen und bei der Vermischung der Natur und Unnatur muß der An­g riff auf die leztere auch die erstere treffen , der Waizen mit dem Unkraut zertreten , und das heiligste der Natur selbst verlezt werden , weil es in das Unheilige verflochten ist . Die Folgen vor Augen dachte Jesus nicht daran , seine Wirksamkeit zurük­ zu­hal­ten , um der Welt ihr Schiksal zu ersparen , ihre Zukkungen zu mildern , und ihr im Untergange | den tröstenden Glauben an Schuldlosigkeit zu ­lassen  . Die Existenz des Jesus war also Trennung von der Welt , und Flucht von ihr in den Himmel  ; Widerherstellung des

5

10

15

20

25

30

3 gegen das] (1) sich am (2) Text  : (vers . nicht gestr  : sich) gegen das (über der Zeile)   5 sah über der Zeile 35 mit Einfügungszeichen  6 sagt’ aus sagte   13–14 mit oder ohne] (1) und kein (2) Text (auf dem Rande angeschlossen)   14 dieser aus dieses   16–22 und bei … ist . am Rande mit Verweiszeichen  16 bei 35 aus in   17 der2 ] davor gestr  : des Reinen und des   18 auf die leztere] (1) der leztern (2) Text  : auf (nachtr . am Zeilenbeginn) die (aus der) leztere (Ms  : leztern)   20–21 heiligste aus heilige  27 und] folgt gestr  : sie   30 des Jesus] (1) Jesu (2) Text  : des (über der Zeile) Jesus (aus Jesu)  

Text 60

5

10

15

20

25

30

mit dem muthe …297 leerausgehenden Lebens in der Idealität  ; bei jedem Widerstreitenden Er­ inne­r ung und Emporschauen zu Gott  ; aber zum theil Bethätigung des Göttlichen , und insofern Kampf mit dem Schiksal  , theils in Verbreitung des Reiches Gottes , mit dessen Darstellung das Ganze Reich der Welt in sich zusammenfiel , und verschwand  ; theils in unmittelbarer Reaktion gegen einzelne Theile des Schiksals , so wie sie an ihn gerade anstiessen  ; ausser gegen den Theil des Schiksaals , der unmittelbar als Staat erschien , und auch in Jesu zum Bewußtseyn kam , gegen welchen er sich passiv verhielt . Das Schiksal Jesu , war nicht ganz das Schiksal seiner Gemeine  ; da sie ein aus mehrern zusammengeseztes war , die zwar in gleicher Trennung von der Welt lebten , so fand aber jedes Mitglied mehrere ihm gleichgestimmte , sie hielten sich zusammen , und konnten sich in der Wirklichkeit von der Welt entfernter halten , und da damit des Zu­sam­men­treffens und Widerstossens an ihr , weniger war , | so wurden sie weniger von ihr gereizt , lebten weniger in der negativen Thätigkeit des Kampfes , und das Bedürfnis nach positivem Leben mußte in ih­nen grösser

1 in der über gestr . im   5–9 und insofern … verschwand  ;] (1) gegen den Theil des (aus seines) Schiksals , der unmittelbar als Staat erschien , verhielt er sich passiv  ; (2) Text (auf dem Rande ange35 schlossen)   6 des aus seines   8 Ganze aus g   9 verschwand  ;] folgt gestr  : theils   10 in] folgt gestr  : 35 Reaktion ge   11–12 so wie sie an mit Einfügungszeichen über gestr . die an   12–13 ausser gegen den] (1) der (2) Text  : (ausser gegen über der Zeile mit Einfügungszeichen) den (aus der)  14 Jesu] J . aus ihm   20 der] folgt gestr  : Tr   22 gleichgestimmte ,] folgt gestr  : und   23–24 konnten] davor gestr  : wu  25 da] davor gestr  : wurd   29–30 in der … Kampfes ,] (1) im Kampfe , (2) Text  : in (aus im) (der … Kampfes , am Rande mit Verweiszeichen)  30–31 positivem aus positiver  

149v

298

150r

frankfurter manuskripte · christliche religion

Text 60

werden , denn Gemeinschaftlichkeit des negativen gibt keinen Genuß , ist keine Schönheit . Aufhebung des Ei­ gen­thums  , eingeführte Gütergemeinschaft , gemeinschaftliche Mahle gehört mehr zum negativen der Vereinigung , als daß es eine positive Vereinigung wäre . Das Wesen ihres Bundes war Aussonderung von den Menschen , und Liebe untereinander  ; beides ist noth­ wen­d ig verbunden , diese Liebe sollte und konnte nicht eine Vereinigung der Individualitäten seyn , sondern die Vereinigung in Gott , und in Gott allein , im Glauben kan nur das sich vereinigen , was eine Wirklichkeit sich entgegensezt , von ihr sich aussondert  ; damit war diese Entgegensezung fixirt und ein wesentlicher Theil des Princips des Bundes  ; und die Liebe mußte immer die Form der Liebe , des Glaubens an Gott behalten , ohne lebendig zu werden , und in Gestalten des Lebens sich dar­zustellen , weil jede Gestalt des Lebens entgegensezbar vom Verstand als sein Objekt als eine Wirklichkeit gefaßt werden kan  ; und | das Verhältnis gegen die Welt , mußte zu einer Ängstlichkeit vor ihren Berührungen werden , eine Furcht vor jeder Le­bensForm , weil in jeder sich , da sie Gestalt hat , und nur Eine Seite ist , ihr

5

10

15

20

25

30

3–4 Eigenthums ,] Eigenthums /   5 gemeinschaftliche Mahle] (1) gemeinschaftliches Essen und 35 Trinken ist (2) Text  : gemeinschaftliche (aus gemeinschaftliches) Mahle (über der Zeile)  7 als] folgt gestr  : zur Verein   21 Form] davor gestr  : Ge   23 und] davor gestr  : od   24 darzustellen aus dars   35 25 Lebens] folgt gestr  : au   27 kan  ;] (1) kan . D (2) Text (aus kan .)   28–29 zu einer] (1) eine (2) Text  : (über der Zeile mit Einfügungszeichen  : zu) einer (aus eine)  30 vor] von   31 LebensForm aus Lebensgest  da aus w?  

Text 60

5

10

15

20

25

mit dem muthe …299 Mangel aufzeigen läst , und diß mangelnde ein Antheil an der Welt ist . So fand also der Bund der Gemeine keine Aussöhnung des Schiksals , aber das entgegengesezte Extrem des jüdischen Geistes , nicht die Mitte der Extreme in der Schönheit . Der jüdische Geist hatte die Modifikationen der Natur , die ­Verhältnisse des Lebens zu Wirklich­ keiten fixirt , aber ihrer als Gaben des Herrschers schämte er sich der Dürftig­ keit derselben nicht nur nicht , sondern sein Stolz und sein Leben war , der Besiz von Wirklichkeiten . Der Geist der christlichen Gemeine sah gleich­falls in jedem Verhältnis des sich entwikelnden und darstellenden Lebens Wirklichkeiten  ; aber da ihm als Empfindung der Liebe die Objektivität der größte Feind war , so blieb er ebenso arm , als der jüdische , aber er verschmähte den Reichthum , um dessen willen der jüdische diente . | Die Leben verachtende Schwärmerei kan sehr leicht in Fanatismus über­ gehen  ; denn um sich in ihrer Beziehungslosigkeit zu erhalten , muß sie dasjenige von dem sie gestört wird , und das , sey es auch das reinste , für sie

30

11 30 4 das aus die  8 Modifikationen] folgt gestr  : des  10 ihrer auf dem Rande angeschlossen   ­Herrschers] folgt gestr  : war   12 derselben über gestr . des Wirklichen   16 jedem] (1) jeder lebendigen (2) Text (aus jeder)  Verhältnis des] (1) Verhältnis , in (2) Text (aus Verhältnis , in)  18–19 ihm als … größte] (1) er als Empfindung der Liebe der Objektivität zum größten (2) Text  : ihm 35 (auf dem Rande angeschlossen) als Empfindung der Liebe die (aus der) Objektivität der (über der Zeile) 21 aber] folgt gestr  : ve   24 Die Leben verachtende auf dem Rande angeschlos35 größte (aus größten)   sen   25 kan sehr leicht in über der Zeile mit Einfügungszeichen   26–27 in ihrer Beziehungslosigkeit 〈 z u 〉 am Rande mit Verweiszeichen   28 dasjenige aus das  29–300,1 und das , … zerstöhren auf dem Rande angeschlossen  

117v

300

118r

frankfurter manuskripte · christliche religion

Text 60

unrein ist , zerstöhren und seinen Inn­ halt , oft die schönsten Beziehungen ver­lezen . Schwärmer späterer Zeiten haben so das Verschmähen aller For­ men des Lebens , weil sie verunrei­n igt , zu einer | unbedingten leeren Gestalt­ losigkeit gemacht , und jedem Triebe der Natur , blos weil er eine aüssere Form sucht , den Krieg angekündigt  ; und um so schreklicher war die Wirkung dieser versuchten Selbstmorde , dieses Fest­halten an der leeren Einheit , je fester noch in den Gemüthern die Fessel der Mannichfaltigkeit war  ; denn indem nur das Bewußtseyn beschränkter Formen in ihnen war  , so blieb ihnen nichts übrig , als eine durch Greuelthaten und Verwüstungen bewerkstelligte Flucht ins Leere . – (Als aber das Schiksal der Welt zu groß [wurde] , und sich neben und in der Kirche , die mit ihm unverträglich ist , erhielt , so war an keine Flucht mehr zu denken .) Grosse Heuchler gegen die Natur haben es daher versucht , eine widernatürliche Verbindung der ­Mannichfaltigkeit der Welt , und der lebenslosen Einheit aller beschränkten gesezlichen Ver­hältnisse und mensch-

5

10

15

20

25

30

1–2 seinen Innhalt , oft die auf dem Rande angeschlossen   1 seinen aus einen   4 haben so über der 30 Zeile  das aus dieses  5 sie] folgt über der Zeile , gestr  : in sich o   verunreinigt] (1) verunreinigt sind , (2) verunreinigt , (oder (über der Zeile  : auch) nur weil sie Formen sind unter der Zeile)  8 blos auf dem Rande angeschlossen  16 in ihnen über der Zeile  war aus waren  17–19 eine durch … bewerkstelligte auf dem Rande angeschlossen  19 bewerkstelligte aus bewerkstelligten  20–24 (Als 35 aber … denken[ .]) am Rande mit Verweiszeichen  20 Welt] folgt gestr  : wieder   21 neben und über 35 der Zeile mit Einfügungszeichen   24 denken] folgt gestr  : Verweiszeichen   24–25 gegen die Natur 25 daher über der Zeile   26 widernatürliche über der Zeile mit Einfügungszeichen   über der Zeile   26–28 der Mannichfaltigkeit … Einheit am Rande mit Verweiszeichen   28 lebenslosen aus lebens ­( verkleckst)  aller über der Zeile   29–301,1 menschlichen über der Zeile mit Einfügungszeichen  

Text 60

mit dem muthe …301

5

10

15

20

25

30

Indem es Jesus verschmähte mit den Juden zu leben , aber mit seinem Ideal zugleich immer ihre Wirklichkeiten bekämpfte , so konnte es nicht fehlen , er mußte unter diesen erliegen  ; er wich dieser Entwiklung seines Schiksals nicht aus , aber er suchte sie freilich auch nicht auf  ; jedem Schwärmer , der nur für sich schwärmt , ist der Tod willkommen , aber wer für einen ­g rossen Plan schwärmt , der kan nur mit Schmerz den Schauplaz verlassen , auf welchem er sich entwikeln sollte  ; Jesus starb mit der Zuversicht , daß sein Plan nicht verlohren gehen würde .

lichen Tugenden mit dem einfachen Geiste zu finden , und zu erhalten  ; sie erdachten für jede bürgerliche Handlung , oder für jede Aüsserung der Lust und der Begierde einen Schlupfwinkel in der Einheit , um so durch Betrug jede Beschränkung zugleich sich zu erhalten und sie zu geniessen , und ihr zugleich zu entgehen . | Indem es Jesus verschmähte mit den Juden zu leben , aber mit seinem Ideal zugleich immer ihre Wirklichkeiten bekämpfte , so konnte es nicht fehlen , er mußte unter diesen erliegen  ; er wich dieser Entwiklung seines Schiksals nicht aus , aber er suchte sie freilich auch nicht auf  ; jedem Schwärmer , der nur für sich schwärmt , ist der Tod willkommen , aber wer für einen ­g rossen Plan schwärmt , der kan nur mit Schmerz den Schauplaz verlassen , auf welchem er sich entwikeln sollte  ; Jesus starb mit der Zuversicht , daß sein Plan nicht verlohren gehen würde . | Der negativen Seite des Schiksals der | christlichen Gemeinde , der die Modifikationen des Lebens zu Bestimmtheiten und die Beziehungen mit ihnen also zu Verbrechen machenden Entgegensezung gegen die Welt , steht die

10 es] folgt gestr  : so   11 aber] folgt gestr  : sein Id   15–16 wich dieser … aus] (1) suchte diese Ent­ wik­lung seines Schiksals nicht auf (2) Text  : wich (über der Zeile mit Einfügungszeichen) dieser (aus diese) Entwiklung … nicht aus (aus auf)  18 nur für sich] (1) für sich nur (2) Text (nur über der Zeile)   35 23 sein Plan] (1) er (2) Text (auf dem Rande angeschlossen)   8 und sie zu geniessen unter der Zeile mit Einfügungszeichen   35 7 zugleich auf dem Rande angeschlossen   26–27 die Modifikationen des Lebens über der Zeile mit Einfügungszeichen   27–28 Bestimmtheiten aus Bestimmen  

118v

118v

150r 150v

302

151r

frankfurter manuskripte · christliche religion

Text 60

positive Seite , das Band der Liebe gegenüber . Durch die Ausdehnung der Liebe auf eine ganze Gemeine kommt in den Charakter derselben , daß sie nicht eine lebendige Vereinigung der Individualitäten ist  ; sondern daß ihr Genuß sich auf [das] gegen­seitige Bewußtseyn , daß sie sich lieben , beschränkt . – Die Schiksallosigkeit durch die Flucht in unerfülltes Leben , war den Mitgliedern der Gemeine darin erleichtert , daß sie eine Gemeine ausmachten , die sich aller Formen des Lebens gegen einander enthielt , oder sie nur durch den allgemeinen Geist der Liebe bestimmte , das heißt , nicht in diesen Formen lebte . – Diese Liebe ist ein göttlicher Geist , aber noch nicht Religion  ; daß sie dazu würde , mußte sie zugleich in einer objektiven Form sich darstellen  ; sie , eine Empfindung , ein subjektives mußte mit dem Vor­ gestellten , dem Allgemeinen zusammenschmelzen , und damit die Form eines anbetungsfähigen , und würdigen Wesens gewinnen . Diß Bedürfnis das Subjektive und Objektive die Empfindung und die Foderung derselben | nach Gegenständen , den Verstand , der Phantasie in einem Schönen , einem

5

10

15

20

25

30

6 daß ihr] (1) ihren (2) Text  : daß (über der Zeile) ihr (aus ihren)  10–11 war den … Gemeine] (1) wurde ihnen (2) Text  : war (aus wurde) (den Mitgliedern der Gemeine auf dem Rande angeschlossen)   12–13 ausmachten ,] folgt gestr  : und   15 durch den über gestr . im   18 ein göttlicher Geist , aber] (1) aber (auf dem Rande angeschlossen  : (2) ein göttliches , aber (3) Text  : ein göttlicher (aus göttliches , ) 35 Geist , (über der Zeile mit Einfügungszeichen) aber)  21 eine aus ein   23–24 zusammenschmelzen , 35 aus zusammenschmelzen .   25–26 eines anbetungsfähigen , und würdigen] (1) eines (2) Text (auf dem Rande angeschlossen)  26 gewinnen . aus gewinnes ,   27 Subjektive aus s   die] (1) in einem 28 die] (1) den G (2) Text (aus den)   29 Verstand , der] zuerst  : Verstand 〈 dur 〉 ch (2) Text (aus in)   (nur teilweise gestr .)  30 Schönen , einem über der Zeile mit Einfügungszeichen  

Text 60

5

10

15

20

25

30

mit dem muthe …303 Gotte zu vereinigen , diß Bedürfnis , das höchste des menschlichen Geistes ist der Trieb nach Religion . Diesem Triebe der christlichen Gemeine konnte der Glauben an Gott nicht Befriedigung seyn  ; denn in ihrem Got­ te mußte nur ihre gemeinschaftliche Empfindung sich finden  ; in dem Gott der Welt sind alle Wesen vereinigt  ; die Mitglieder der Gemeinde sind es als solche nicht in ihm  ; ihre Harmonie ist nicht die Harmonie des Ganzen , sonst machten sie keine besondre Gemeine aus , sonst wären sie nicht untereinander durch Liebe verbunden  ; die Gottheit der Welt , ist nicht die Darstellung ihrer Liebe , ihres Göttlichen . Das Bedürf­ nis des Jesus nach Religion war in dem Gotte des Ganzen befriedigt  ; denn sein Aufblik zu ihm war jeder seiner beständigen Anstösse an der Welt seine Flucht vor ihr  ; er bedurfte nur des der Welt entgegengesezten , in dem seine Entgegensezung selbst gegründet war , er war sein Vater , er war einig mit ihm . Aber bei seiner Gemeine fiel der beständige Anstoß an der Welt mehr weg , sie lebte ohne thätigen Kampf gegen sie , und war insoweit | glüklich , nicht beständig von ihr gereizt zu werden , und daher nicht allein nur zum entgegengesezten , zu Gott fliehen [zu] müs-

3 Trieb] folgt gestr  : der   3–5 Diesem Triebe … der] (1) Dieser Trieb (a) konnte s (b) der christlichen 35 Gemeine konnte sich in Gott nicht (2) Text ( Diesem Triebe aus Dieser Trieb)   6 in] davor gestr  :

8 dem über der 35 im G   7 gemeinschaftliche über der Zeile und auf dem Rande mit Einfügungszeichen   Zeile   9 sind] davor gestr  : ist alles   10 der Gemeinde] (1) der Vereinigung (2) Text (auf dem Rande angeschlossen)  17 Göttlichen] Göttliches   19 des] (1) der Welt (2) Text (aus der)   20 jeder aus jedes   21 an der Welt auf dem Rande angeschlossen  seine aus seiner   25 Vater , aus Vater  ;   26 der aus die   28 lebte aus lebten  

151v

304

119r

119v

frankfurter manuskripte · christliche religion

Text 60

sen  ; sondern sie fand in ihrer Gemeinschaft , in ihrer Liebe einen Genuß , ein reelles , eine Art lebendigen Verhältnisses  ; nur da jede Beziehung dem bezognen entgegengesezt , die Empfindung noch die Wirklichkeit , oder subjektiv ausgedrükt , das Vermögen derselben , den Verstand als sich entgegengeseztes hat , so muß ihr Mangel in einem beides vereinigenden er­g änzt werden  ; die ­Gemeine hat das Bedürfnis eines Gottes , der der Gott der Gemeine ist , in dem gerade die ausschliessende Liebe , ihr Charakter , ihre Beziehung zu einander dargestellt ist  ; nicht als ein Symbol , oder Allegorie , nicht als eine Personifikation eines Subjektiven , bei welcher man sich der Trennung des­ selben von seinem dargestellten bewußt wäre , sondern das zugleich im Herzen zugleich die Empfindung , und Gegenstand ist  ; Empfindung als Geist , der alle durchweht , und ein Wesen bleibt , wenn auch jeder einzelne seiner Empfindung als seiner einzelnen sich bewußt wird . | Ein Krais der Liebe , ein Krais von Gemüthern , die ihre Rechte an alles besondere gegen einander aufgeben ,  | und nur durch gemeinschaftlichen Glauben und Hofnung vereinigt sind , deren Genuß und Freude , allein diese

5

10

15

20

25

30

3 eine Art lebendigen] (1) ein lebendiges (2) Text  : eine (aus ein) Art (unter der Zeile) lebendigen (aus lebendiges)   4 jede] davor gestr  : diese   6 die] folgt gestr  : Trennung der   8 als auf dem Rande an- 35 geschlossen  sich aus ge   10 werden  ;] (1) werden . D (2) Text (aus werden .)   14 Liebe ,] folgt gestr  : 35 die  Charakter] folgt gestr  : ist   18–19 desselben aus des Ob   19 seinem] seiner   21 Herzen] folgt gestr  : ist   zugleich aus Komma  22 Gegenstand ist aus Gegenstand ,   24–25 seiner … seiner aus seine … seine   26 wird . Textanschluß durch Verweiszeichen  27 Ein Krais … ein Krais aus In einem Kraise … in einem Kraise  

Text 60

mit dem muthe …305

5

10

15

20

25

30

Sein Tod zerstreute seine Jünger , wie Schaafe , die keinen Hirten haben  ; sie hatten auch gehoft , er sey der , der Israel befreien werde ( Luc . 24 ,21 .) und diese Hofnung war mit seinem Tode dahin  ; er hatte alles mit sich ins Grab

reine Ein­müthig­keit der Liebe ist , ist ein kleines Reich Gottes  ; aber ihre Liebe ist nicht Religion – denn die Einigkeit , die Liebe der Menschen enthält nicht zugleich die Darstellung ­d ieser Einigkeit . Liebe vereinigt sie , aber die Geliebten erkennen diese Vereinigung nicht , wo sie erkennen , erkennen sie abgesondertes . Daß das göttliche erscheine , muß der unsichtbare Geist mit sichtbarem vereinigt seyn , daß alles in einem , Erkennen und Empfinden , daß eine vollständige Synthese , eine vollendete Harmonie , daß Harmonie und das harmonische eins sey . Sonst bleibt in Beziehung auf das Ganze der trennbaren Natur ein Trieb , der für die Unendlichkeit der Welt zu klein , und für ihre Objektivität zu groß ist , und nicht gesättigt werden kan  ; es bleibt der unauslöschliche unbefriedigte Trieb nach Gott .  | Nach dem Tode Jesu waren seine Jünger , wie Schaafe , die keinen Hirten haben  ; es war ihnen ein Freund gestorben , aber sie hatten auch gehoft , er sey der , der Israel befreien werde ( Luc . 24 ,21 .) und diese Hofnung war mit

25 auch über der Zeile  

… Religion auf dem Rande angeschlossen  3 die über der Zeile  4 die nachtr .  4–5 enthält nicht zugleich auf dem Rande angeschlossen  5 die über der Zeile  Darstellung aus darstellen  5–6 dieser Einigkeit[ .] auf dem Rande angeschlossen   7–9 erkennen diese … abgesondertes[ .] auf dem Rande angeschlossen   8 erkennen 2 aus erkennt   9 ab­gesondertes  .] abgeson­der­tes  /   das göttliche auf dem Rande angeschlossen  10 der unsichtbare 35 Geist] der (aus die) un­sicht­bare Geist (über der Zeile)   11 sichtbarem aus sichbaren  ; folgt auf dem Rande angeschlossen  : v   11 ver­einigt seyn , aus vereinigen  12 Erkennen (aus Erkenntnis) und Empfinden[ ,] auf dem Rande an­ge­schlossen  15 das über der Zeile   16–17 der (aus Komma) trennbaren Natur auf dem Rande ange­schlossen  23–307,12 Nach dem … gehabt mit Verweiszeichen umgestellt   23 Nach dem über der Zeile  Tode aus Tod  Jesu ( folgt gestr  : waren) waren über der Zeile   40 25–26 es war … aber auf dem Rande angeschlossen   2–3 aber ihre 30 1 ist , auf dem Rande angeschlossen  

118v

306

119r

119r

frankfurter manuskripte · christliche religion

genommen  ; sein Geist war nicht in ihnen zurük­geblieben – Zwei Tage nach seinem Tode stand Jesus von dem Tode auf , und der Glauben kehrte in ihre Gemüther zurük , und bald kam der heilige Geist über sie selbst , und | die Auferstehung wurde der Grund ihres Glaubens und ihres Heils . Da die Wirkung dieser Auferstehung so groß , da diese Begebenheit der Mittelpunkt ihres Glaubens wurde , so mußte das Bedürfnis derselben sehr tief [in] ihnen seyn . Ihr Glauben an eine reine Gottheit hieng noch an dem Individuum , Jesus , das wahre göttliche hatten sie nur erst in ihm erkannt  ; mit seinem Tode war ihnen sein ganzes Wesen weggerükt  ; nicht nur das Andenken an ihren göttlichen Lehrer wäre ihnen geblieben  ; die Gewalt , die sein Sterben über sie ausübte , hätte sich mit der Zeit in ihnen gebrochen , der todte würde ihnen nicht ein blosser todter geblieben seyn , der modernde Körper hätte sich nach und nach von seiner Göttlichkeit getrennt und der un­verwesliche Geist reinerer Menschheit wäre aus seinem

Text 60

seinem Tode dahin  ; er hatte alles mit sich ins Grab genommen  ; sein Geist war nicht in ihnen zurükgeblieben – | Ihre Religion , ihr Glauben an reines Leben hatte an dem Individuum , Jesus , gehangen  ; er war ihr lebendiges Band und das ge­offen­bahrte , gestaltete Göttliche , in ihm war ihnen Gott auch erschienen , sein Individuum vereinigte ihnen das Unbestimmte der Harmonie und das Bestimmte in einem Lebendigen . Mit seinem Tode waren sie in die Trennung des Sichtbaren und Unsichtbaren , des Geistes und des Wirklichen zurükgeworfen . Zwar das Andenken an diß göttliche aber nun von ihnen ferne Wesen wäre ihnen ge­ blieben  ; die Gewalt , die sein Sterben über sie ausübte , hätte sich mit der Zeit in ihnen gebrochen , der todte würde ih­nen nicht ein blosser todter geblieben der Schmerz über den modernden Körper nach und nach dem Anschauen seiner Göttlichkeit gewichen seyn  ; und der unverwesliche Geist und das Bild reinerer Menschheit wäre aus seinem Grabe ihnen hervorgegangen  ; aber der

6 heilige] h .   9 Auferstehung] folgt gestr  : dieser Auferstehung  so] folgt gestr  : tief  26 der aus das  

5

10

15

20

25

30

4 Ihre aus Ihr  Religion , ihr … an auf dem Rande angeschlossen  an] folgt gestr  : das   5 an] als Anschlußwort verdoppelt   6–12 gehangen  ; er … Lebendigen . auf dem Rande angeschlossen   7 das 30 aus die   11–12 Lebendigen .] folgt gestr  : G   12–15 sie in … zurükgeworfen am Rande mit Verweiszeichen  15 Zwar über der Zeile   16–17 diß göttliche … Wesen] (1) ihren göttlichen Lehrer (2) ihren göttlichen (über der Zeile mit Einfügungszeichen  : aber nun 〈 f remd 〉 fernen) Lehrer (3) Text  : 35 diß (über der Zeile) göttliche (aus göttlichen) aber nun (von ihnen nochmals eine Zeile höher) ferne (aus fernen) Wesen (unter der Zeile mit Einfügungszeichen)  20 würde? aus würde (verdeutlicht)  22 der 35 Schmerz über den auf dem Rande angeschlossen  modernden] modernde  23 dem Anschauen über der Zeile   24 gewichen seyn  ; auf dem Rande angeschlossen   25 und das Bild] (1) über der Zeile mit Einfügungszeichen  : und Bild (2) Text (das nochmals eine Zeile höher)  27–307,12 aber der … gehabt .]

Text 60

5

10

15

20

25

30

mit dem muthe …307

Grabe ihnen hervorgegangen  ; aber dieser Geist , dieses Bild ist noch die Gottheit nicht . – In einem Kraise der Liebe , in einem Kraise von Gemüthern , die ihre Rechte an alles besondere gegen einander aufgeben , | und nur durch gemeinschaftlichen Glauben und Hof­ nung vereinigt sind , deren Genuß und Freude , allein diese reine Einmüthigkeit der Liebe ist , hätten sie ein kleines Reich Gottes finden können – Aber nicht die Gottheit selbst , denn alle Einigkeit , alle Liebe der Menschen kan sie nicht zugleich als einig darstellen . Liebe vereinigt sie , aber die Geliebten sind immer nicht eins , am wenigsten wenn so ein kleines Reich Gottes sich verbergen muß , weil ihm der ungeheure Umfang des Hasses der Welt gegenübersteht . Daß die Gottheit erscheine , muß die unsichtbare Kraft mit dem sichtbaren sich vereinigen , daß alles in einem , daß eine vollständige Synthese , eine vollendete Harmonie , daß Harmonie und alles harmonische eins sey . Sonst bleibt Liebe , was sie ist , in Beziehung auf das Ganze , ein Trieb , der für die Unendlichkeit der Welt zu klein , und für ihre Objektivität zu groß ist , und nicht gesättigt werden kan  ; es

Verehrung dieses Geistes , dem Genuß des Anschauens dieses Bildes wäre das Andenken an das Leben dieses Bildes zur Seite gestanden , dieser erhabne Geist hätte an seiner verschwundenen Existenz immer seinen Gegensaz gehabt  ; und die Gegenwart desselben vor der Phantasie wäre mit einem Sehnen verbunden gewesen , das nur das Bedürfnis der Religion bezeichnet hätte , aber die Gemeine hätte noch keinen eignen Gott gehabt . |

5 alles besondere] (1) besondern (2) Text  : (über der Zeile  : alles) besondere (aus besondern)   7–8 Hofnung] folgt gestr  : mit einan   8 sind] (1) war (2) Text (auf dem Rande angeschlossen)  9 Freude] folgt gestr  : diese   10 ist] davor gestr  : war  ,   hätten] hätte  16–17 am wenigsten] (1) wenigstens 35 (2) Text  : (über der Zeile  : am) wenigsten (aus wenigstens)   20 die] folgt gestr  : unsichtbare Kraft   22 35 sichtbaren] sichbaren   (1) aber dieser Geist , dieses Bild (hätte als 〉 Andenken 〈 z 〉 an ihn (2) Text (über der Zeile begonnen und auf dem rechten und unteren Rande fortgesetzt)  1 Verehrung über gestr . Bewunderung   5 an aus in   7 die] folgt gestr  : Betrachtung   desselben] folgt gestr  : wäre  

119v

308

120r

120r

frankfurter manuskripte · christliche religion

bleibt der unauslöschliche unbefriedigte Trieb nach Gott . | Das Bild allein von dem göttlichen Jesus war seinen Freunden übriggeblieben , aber es lebte nicht mehr  ; ihre Gemeinschaft der Liebe war etwas gött­ liches , und lebte , aber sie war ohne Bild ohne Gestalt . In dem Auferstandnen und dann gen Himmel erhabnen stellte sich das Göttliche in einer Gestalt dar . Geist und Materie hatten sich vermählt , und in einem Gotte vereinigt  ; in ihm sind die Verschiednen , die sich lieben , eins  ; Sein Bild ist wieder unvergänglich belebt worden  ; ihre Liebe hat ein Bild und einen Mittelpunkt in ihm gefunden , nun haben sie Religion  ; sie ruht auf diesem auferstandnen Jesus , auf dieser gestalteten Liebe .

Text 60

Zur Schönheit zur Göttlichkeit fehlte dem Bilde das Leben  ; dem Göttlichen in der Gemeinschaft der Liebe diesem Leben , Bild und Gestalt . Aber in dem Auferstandnen und dann gen Himmel erhabnen fand das Bild wieder Leben , und die Liebe die Darstellung ihrer ­Einigkeit  ; in dieser Wiedervermählung des Geistes und des Körpers ist der Gegensaz des Lebendigen und des todten verschwunden und hat sich in einem Gotte vereinigt  ; Die sehnende Liebe hat sich als lebendiges Wesen gefunden , und kan nun sich selbst geniessen , dessen Verehrung nun die Religion der Gemeine ist  ; das Be­dürfnis der Religion findet seine Befriedigung in diesem auferstandnen Jesus , in dieser gestalteten Liebe . Die Betrachtung der Auferstehung des Jesus als einer

5

10

15

20

11 und] folgt gestr  : G  Materie] davor gestr  : Körper  14–15 unvergänglich belebt worden] (1) zum 25 unvergänglichen Leben geworden (2) Text  : unvergänglich (aus unvergänglichem) belebt (über der Zeile) worden (aus geworden)   25 3–4 Zur Schönheit … Leben  ; am Rande   3 zur Göttlichkeit über der Zeile mit Einfügungszeichen   3–4 fehlte dem Bilde] (1) fehlt ihm das Leben  ; (2) Text  : fehlte (aus fehlt) (dem Bilde über der Zeile) 5–6 diesem Leben über der Zeile  ; folgt über das Leben  ;   4–5 dem Göttlichen in der über der Zeile   der Zeile gestr  : zur Schönheit fehlte ihr   6 und auf dem Rande angeschlossen  Aber in] (1) Aber am Rande mit Verweiszeichen (2) Text  : (das Verweiszeichen im Text überdeckend  : Aber) in (über der Zeile mit Einfügungszeichen)  ; folgt am Rande vers . nicht gestr  : Aber   8–11 fand das … Wiedervermählung auf dem Rande angeschlossen   11 des Geistes … des Körpers] (1) Geist und 〈 Körper 〉 Materie (2) Text  : des (über der Zeile) Geistes (aus Geist) und des (über der Zeile) Körpers (aus (wiederhergestellt  :) Körper)   11–16 ist der Gegensaz … nun auf dem Rande   14–15 Die sehnende Liebe] (1) Das Sehnen der Liebe nach (2) Text (aus Das Sehnen)   15 hat sich … Wesen] (1) hat sich selbst als Objekt (2) hat (die Liebe unter der Zeile) als Objekt (3) Text  : hat sich (wiederhergestellt) als ( lebendiges Wesen unter der Zeile mit Einfügungszeichen)  16–17 und kan … geniessen[ ,] zwischen den Zeilen  ; 17 die aus sie  18–19 der Gemeine … Befriedigung in über der Zeile begonnen davor gestr  : und   und auf dem Rande fortgesetzt  19 seine aus seinen   20 in1] auf dem Rande angeschlossen  : (1) sie (2) in  21–309,10 Die Betrachtung … heißt . auf dem Rande angeschlossen  

30 30

35

40

Text 60

mit dem muthe …309

5

10

15

20

25

Aber es ist schwer in dieser Schönheit ihn festzuhalten  ; denn erst durch eine Apotheose ist er Gott geworden , seine Göttlichkeit ist eine Deifikation  ; er hatte gelebt , menschliche Bedürfnisse und Leiden gehabt , war am Kreuze gestorben und begraben worden . | Dieser Makel der Menschlichkeit ist etwas ganz anders , als die Gestalt , die dem Gotte eigen­thüm­lich ist  ; es ist eine Wirklichkeit die dem Vergötterten immer wie Blei an den Füssen hängt , das ihn zur Erde zieht  ; da der

Begebenheit ist der Gesichtspunkt des Geschichtforschers , der mit der Religion nichts zu thun hat  ; der Glauben oder Unglauben an dieselbe , als blosse Wirklichkeit ohne das Interesse der Religion ist eine Sache des Verstandes , dessen Wirksamkeit , Fixirung der Objektivität gerade der Tod der Religion ist , und auf welchen sich zu berufen von der Religion abstrahiren heißt . | Aber freilich scheint der Verstand ein Recht zu haben , mitzusprechen , da die objektive Seite des Gottes , nicht blos eine Gestalt der Liebe ist , sondern für sich selbst besteht , und als eine Wirklichkeit in der Welt der Wirklichkeiten einen Plaz behauptet . | und darum ist es schwer die religiöse Seite des auf­ erstandnen Jesus die gestaltete Liebe in ihrer Schönheit festzuhalten  ; denn erst durch eine Apotheose ist er Gott geworden , seine Göttlichkeit ist eine Deifikation eines auch als Wirklichen vorhandnen  ; er hatte als menschliches Individuum gelebt , war am Kreuze gestorben und begraben worden . | Dieser Makel der Menschlichkeit ist etwas ganz anders , als die Gestalt , die dem Gotte eigenthümlich ist  ; das objektive

30

30 24 ist] ist / ist  

2 Geschichtforschers aus Geschichts  4 oder Unglauben über der Zeile  6 des] der   8 der Tod über der Zeile mit Einfügungszeichen   11 der Verstand über der Zeile   13 Gottes ,] folgt gestr  : die Ge35 stalt   15 eine] folgt gestr  : Existenz  15–16 Wirklichkeit] folgt gestr  : (1) Ol (2) existirenden Wesen   17 und mit Verweiszeichen angeschlossen   und darum über der Zeile   17–18 ist es] es ist   18–19 die 35 religiöse Seite … Liebe] (1) die relig . Seite des auferst über der Zeile (2) Text (am unteren Rande mit Verweiszeichen)  20 ihrer unter der Zeile mit Einfügungszeichen  23–24 eines auch … vorhandnen[  ;] über der Zeile und am Zeilenende  23 als] aus   24–25 als menschliches Individuum über der Zeile mit Einfügungszeichen   29–310,16 das objektive … dadurch am Rande mit Verweiszeichen  

120v

120r

120v 120v

310

frankfurter manuskripte · christliche religion

Gott zwischen dem unendlichen , leeren Himmel , und der Erde , dieser Versammlung von lauter Beschränkungen – in der Mitte schweben sollte . Es ist nicht aus der Seele zu bringen , diese Zweierleiheit der Naturen . Wie Herkules durch den Holzstoß hat er nur auch durch ein Grab zum Heros sich emporgeschwungen  ; aber nicht dem Heros allein sind die Altäre geweiht , werden die Gebete gebracht  ; nicht der erstandne allein ist das Heil der Sünder , und ihres Glaubens Ent­zükkung  ; Auch der lehrende und wandelnde und am Kreuze hängende wird angebetet . Diese ungeheure Verbindung ist es , worüber seit so vielen Jahrhunderten Millionen gottsuchender Seelen sich abgekämpft und gemartert haben . |

Text 60

des Gottes , seine Gestalt ist nur soweit objektiv daß es nur die Darstellung der die Gemeine vereinigenden Liebe , nur die reine Entgegensezung der­ selben ist und nichts enthält , was nicht selbst in der Liebe , aber hier nur als ent­gegengeseztes  , was nicht zugleich Empfindung wäre . So aber kommt zum Bild des auferstandnen , der zum Wesen gewordnen Vereinigung noch anderes Beiwesen , vollkommen Objektives , individuelles hinzu , das mit der Liebe gepaart werden , aber als individuelles , als entgegengeseztes fest , für den Verstand fixirt bleiben soll , das dadurch eine Wirklichkeit ist die dem Vergötterten immer wie Blei an den Füssen hängt , das ihn zur Erde zieht  ; da der Gott zwischen Himmels Unendlichem , Schrankenlosem , und zwischen der Erde , dieser Versammlung von lauter Beschränkungen – in der Mitte schweben sollte . Sie ist nicht aus der Seele zu bringen , die Zweierleiheit der Naturen . Wie Herkules durch den Holzstoß hat der Vergötterte nur auch durch ein Grab zum Heros sich

5

10

15

20

25

30

1–2 leeren auf dem Rande angeschlossen  2 Himmel] Himmels   6 Naturen .] zuerst  : Naturen ,   7 durch] folgt gestr  : Feu (ohne u-Bogen)   10 geweiht] davor gestr  : gebaut   13 Glaubens Entzükkung über den Rand hinausgeschrieben  14 wandelnde über gestr . wirkliche   18 Seelen] Seele   30 1 seine aus d   3 die] davor gestr  : Liebe ist  Liebe] folgt gestr  : ist   4 reine] davor gestr  : E   4–5 derselben] dersel-/〈 l 〉ben   5 nicht] folgt gestr  : nicht   6 als über der Zeile   7 entgegengeseztes ,] folgt gestr  : wäre   9 des aus J .   auferstandnen ,] folgt gestr  : als   10 Vereinigung] davor gestr  : Lieb   11 35 Beiwesen ,] folgt gestr  : wahres   11–12 Objektives ,] folgt gestr  : hinzu   12–13 mit der Liebe] (1) Verweiszeichen für Textanschluß (2) (darüber  : mit) dem Göttlichen (3) Text  : mit (der Liebe über der Zeile)   35 20 Un­end­ 13 werden ,] folgt gestr  : soll ,   16 eine durch Verweiszeichen angeschlossen  ist nachtr .   lichem , Schrankenlosem über der Zeile mit Einfügungszeichen  ; davor gestr  : unbegre   21 zwischen unter der Zeile   23 Sie über der Zeile   24 die aus diese   26 der Vergötterte über der Zeile  

Text 60

5

10

15

20

25

30

mit dem muthe …311 emporgeschwungen  ; aber dort sind der gestalteten Tapferkeit allein , dem zum Gott gewordnen nicht mehr kämpfenden noch dienenden Helden , hier nicht dem Heros allein die Altäre geweiht , werden die Gebete gebracht  ; nicht der erstandne allein ist das Heil der Sünder , und ihres Glaubens Entzükkung  ; Auch der lehrende und wandelnde und am Kreuze hängende wird an­ gebetet . Diese ungeheure Verbindung ist es , über welche seit so vielen Jahrhunderten Millionen gottsuchender Seelen sich abgekämpft und gemartert haben .  | Es ist nicht die Knechtsgestalt , die Erniedrigung selbst , an welcher als der Hülle des Göttlichen sich der Trieb nach Religion stiesse , wenn die Wirklichkeit sich damit begnügte , Hülle zu seyn , und vorüberzugehen  ; aber so soll sie fest und bleibend noch an und in dem Gotte zu seinem Wesen gehören , und die Individualität Gegenstand der Anbetung seyn   ; und die im Grabe abgestreifte Hülle der Wirklichkeit ist aus dem Grabe wieder emporgestiegen , und hat sich dem

1–4 dort sind … hier am unteren Rande mit Verweiszeichen  2 allein über der Zeile mit Einfügungs­

3 mehr] davor gestr  : mehr   3–4 kämpfenden] folgt gestr  : oder   4 nicht] darüber ein gestr . 30 zeichen   Verweiszeichen , zur viertletzten Notiz gehörend  12 über welche] (1) worüber (2) Text  : (vers . nicht gestr  : wor-)­über welche (über der Zeile)  14 Seelen] Seele   16–25 Es ist … Anbetung seyn  ;] zuerst (Ms 154r)  : Es ist nicht die Knechtsgestalt 〈 selbst 〉 , die Erniedrigung selbst (über der Zeile mit Einfügungszeichen) , 〈 a n die sich der Trieb nach Religion stößt , war 〉 an welcher als der Hülle des Göttlichen 35 sich der Trieb nach Religion stiesse , wenn die Wirklichkeit 〈 nur daran 〉 sich damit begnügte , Hülle zu seyn , und vorüberzugehen  ; aber so soll sie fest und bleibend , noch an (aus im) und im Gotte selbst zu seinem Wesen gehören , und Gegenstand der Verehrung seyn .   22 noch] nach   24 die Individualität am Rande mit Verweiszeichen   27 Wirklichkeit] folgt gestr  : au   ist] hat  ; folgt gestr  : sie   28–312,1 dem als Gott erstandnen] (1) dem Gotte (2) Text  : dem als (über der Zeile) Gott (aus 40 Gotte) erstandnen (über der Zeile mit Einfügungszeichen)  

152r

312

152v

frankfurter manuskripte · christliche religion

Text 60

als Gott erstandnen angehängt . Diß der Gemeine trauriges Bedürfnis eines Wirklichen hängt tief mit ihrem Geiste , und seinem Schiksale zusammen . Ihre jede LebensGestalt zum Bewußtseyn eines Objekts bringende , und sie somit verachtende Liebe hatte in dem Erstandnen zwar sich selbst als gestaltet erkannt  ; er war aber für sie nicht blos die Liebe  ; denn da ihre Liebe von der Welt abge­schieden sich nicht in der Entwiklung des Lebens , noch in seinen schönen Beziehungen , und in der Ausbildung der natürlichen Verhältnisse darstellte , da die Liebe Liebe seyn und nicht leben sollte , so mußte irgend ein Criterium der Erkenntnis | derselben zur Möglichkeit des gegenseitigen Glaubens an sie vorhan­den seyn  ; Weil die Liebe nicht selbst die durchgängige Vereinigung stiftete , so bedurfte es eines andern Bandes , das die Gemeine verknüpfte und worin sie zu­g leich die Gewißheit der Liebe aller fände  ; sie mußte sich an einer Wirklichkeit erkennen . Diese war nun die Gleichheit des Glaubens , die Gleichheit eine Lehre empfangen , einen gemeinschaftlichen Meister und Lehrer

5

10

15

20

25

30

1 angehängt .] zuerst  : angehängt ,   2 der Gemeine trauriges] (1) traurige (2) Text  : (der Gemeine 30 auf dem Rande angeschlossen) trauriges (aus traurige)   5 jede LebensGestalt] (1) alles Leben (2) Text  : jede (über der Zeile) LebensGestalt (aus Leben  ; Gestalt auf dem Rande angeschlossen)  ; folgt gestr  : verachtende Liebe   7 dem aus J   8 zwar auf dem Rande angeschlossen  sich] davor gestr . Ansatz zu G   9 er] folgt gestr  : wah   für sie über der Zeile mit Einfügungszeichen   10 ihre Liebe] (1) sie (2) Text 35 (auf dem Rande angeschlossen)   11–13 sich nicht … seinen] (1) die Entwiklung des Lebens , und 35 seine (2) Text  : (über der Zeile mit Einfügungszeichen  : sich nicht in der) Entwiklung des Lebens , (noch in über der Zeile) seinen (aus seine)  13 Beziehungen ,] folgt gestr  : in wechselseitigem Nehmen und   16 mußte] mußten sie   17 Criterium] folgt gestr  : ih   18–19 gegenseitigen aus G   25 sich] sich sich   26 die aus der   28 eine] davor gestr  : d   29 und Lehrer über der Zeile mit Einfügungszeichen  

Text 60

5

10

15

20

25

30

mit dem muthe …313 zu haben . Dieß ist eine auszeichnende Seite des Geistes der Gemeine , daß das Göttliche , das sie vereinigende die Form eines Gegebnen für sie hat . Dem Geiste , dem Leben wird nichts gegeben , was er empfangen hat , das ist er selbst geworden , das ist so in ihn übergegangen , daß es izt eine Modifikation desselben , daß es sein Leben ist . Aber in der Lebenslosigkeit der Liebe der Gemeine blieb der Geist ihrer Liebe so dürftig , fühlte sich so leer , daß er den Geist , der an ihn ansprach , nicht voll in sich nicht in sich lebendig erkennen konnte , und ihm fremde blieb . Eine Verknüpfung mit einem Frem­ den und | als fremd gefühlten Geiste ist ­Bewußtseyn der Abhängigkeit von ihm  ; da die Liebe der Gemeine eines theils sich selbst übersprungen hatte , indem sie sich auf eine ganze Versammlung von Menschen ausdehnte , und darum aber anderntheils an idealischem Innhalte zwar voll [wurde] , an Leben aber verlor , so war das nicht erfüllte Ideal der Liebe ein positives für sie , sie erkannte es sich als entgegen­ gesezt und sich als abhängig von ihm , in ihrem Geiste lag das Bewußtseyn der Jüngerschaft  , und eines Herrn und Meisters  ; ihr Geist war nicht in

2 daß] folgt gestr  : (1) ihr (2) ihr  3 die] (1) in der (2) Text (aus der)  5 Geiste aus Geist ,   6 das über gestr . wir   8 izt] folgt gestr  : nur   12–13 er den] (1) der (2) Text  : (über der Zeile mit Einfügungszei­ 35 chen  : er) den (aus der)    14 voll] davor gestr  : erfü   in sich über der Zeile mit Einfügungszeichen   14 35 in 2 aus mit   14–15 erkennen aus erkennt   15 fremde] davor gestr  : f aus in   16–17 Fremden] folgt gestr  : Geiste   18 Bewußtseyn aus Li   19 da] davor gestr  : so   20 hatte ,] folgt gestr  : di   23 an] folgt gestr  : Leben   27–28 es sich … abhängig] (1) sich als abhängig (2) Text  : (über der Zeile  : es sich als) (entgegengesezt und sich als abhängig (Ms  : sich entgegengesezt und als abhängig))  31 Meisters  ;] folgt gestr  : so konnte es ihr nicht an dem  

153r

314

153v

frankfurter manuskripte · christliche religion

Text 60

der gestalteten Liebe vollständig dargestellt  ; die Seite desselben empfangen zu haben , und zu lernen , und tiefer als der Meister zu stehen fand ihre Dar­ stellung erst in der Gestalt der Liebe , wenn mit dieser zugleich eine Wirklichkeit verknüpft war , die der Gemeine gegenüber stand – Dieses höhere entgegengesezte ist nicht die Erhabenheit des Gottes , die dieser nothwendig hat , weil in ihm der einzelne [sich] nicht selbst als ihm gleich erkennt , sondern in ihm der ganze Geist | der vereinigten Alle enthalten ist – sondern sie ist ein positives , objektives , das soviel Fremdes , Herrschaft in sich hat , als im Geist der Gemeine Abhängigkeit ist . In dieser Gemeinschaft der ­Ab­hängigkeit  , der Gemeinschaft durch einen Stifter zu seyn , in dieser Einmischung eines Geschichtlichen , Wirklichen in ihr Leben , erkannte die Gemeine ihr reelles Band , die Sicherheit der Vereinigung , die in der unlebendigen Liebe nicht zum Gefühl kommen konnte . Diß ist der Punkt , an welchem die Gemeine , die in der ausser allem Bündnis mit der Welt , unvermischt sich erhaltenden Liebe allem Schiksal entgangen zu seyn schien , von ihm er­ griffen wurde , von einem Schiksale ,

5

10

15

20

25

30

2 die Seite desselben] (1) er (2) Text  : die Seite (a) seines Bewu (ohne u-Bogen) (b) desselben (auf dem Rande angeschlossen)   6 mit dieser] (1) diese (2) Text  : (über der Zeile  : mit) dieser (aus diese)   11 35 einzelne] folgt gestr  : si   13 in über der Zeile  der1 aus die   13–14 vereinigten aus V   16 Fremdes[ ,] unter der Zeile  17 der aus die   18 der aus des   19 durch über der Zeile mit Einfügungszeichen   35 22 erkannte (aus f) über gestr . fand   23 ihr aus ein   25 Liebe] folgt gestr  : sich   26 Diß ist … welchem] (1) Hier ist es , wo (2) Text  : (über der Zeile  : Diß) ist (der Punkt , an welchem über der Zeile be­gonnen und auf dem Rande fortgesetzt)  29 allem aus dem   31–315,3 von einem … Gemeine] (1)

Text 60

mit dem muthe …315

5

10

15

20

25

Zwar umgeben auch den Menschen Jesus göttliche Erscheinungen  ; um sei­ ne Geburt sind höhere Wesen beschäf­ tigt  ; um seine Person zeigt sich einigemahl ein höherer Glanz  ; er selbst wird einmal in eine strahlende ­LichtGe­stalt verklärt – der Liebling Gottes bleibt aber immer ein Mensch  ; er wandelt in niedriger Gestalt umher , und die göttlichern Wesen u m ihn dienen nur ,

dessen Mittelpunkt die Ausdehnung der alle Beziehungen fliehenden Liebe auf eine Gemeine war , das sich ­theils in der Ausdehnung der Gemeine selbst um so mehr entwikelte , theils durch diese Ausdehnung immer mehr mit dem Schiksal der Welt zusammentraf , sowohl indem es bewußtlos in sich viele Seiten von ihm aufnahm , als in­ dem es gegen dasselbe kämpfte , sich immer mehr verunreinigte . Das ungöttliche Objektive , für welches auch Anbetung gefodert wird , wird durch allen Glanz , der es umstrahlt , nie zu einem Göttlichen . | Zwar umgeben auch den Menschen Jesus himmlische Erscheinungen  ; um seine Ge­burt sind höhere Wesen beschäftigt  ; er selbst wird einmal in eine strahlende ­LichtGe­stalt verklärt – Aber auch diese Formen von Himmlischem sind nur ausser dem Wirklichen und die göttlichern Wesen u m das Individuum dienen nur , den Kontrast desto mehr in die Augen fallen zu machen .

16 Menschen] folgt gestr  : gött   17–18 um seine Geburt sind] (1) seine Geburt ist (2) Text  : um (über der Zeile) seine Geburt sind (über der Zeile)   18 Wesen] folgt gestr  : verkn   19 um aus eini?  20 ein] eine aus ein  21 eine strahlende] (1) einer (2) Text  : eine (aus einer) strahlende (auf dem Rande 30 22 Gottes] folgt gestr  : Gottes   24 die] folgt gestr  : ho   angeschlossen)   30 von einem Schiksale , das 〈 d ie 〉 sich mit der Ausdehnung der Gemeine (2) die (aus der) Ausdehnung

der Liebe (auf dem Rande angeschlossen) immer mehr entwikelte , (3) Text  : (von einem Schiksale , wiederhergestellt) (dessen Mittelpunkt 〈 d ie 〉 auf dem Rande angeschlossen) die Ausdehnung der (alle 〈 Verh 〉 Beziehungen fliehenden unter der Zeile mit Einfügungszeichen) Liebe auf eine Gemeine   3–4 theils 35 in über gestr . mit   4 selbst über der Zeile mit Einfügungszeichen   5 theils] folgt gestr  : in ihr unend   6 35 mehr] folgt gestr  : vom   8 sowohl indem es über gestr . von ihm   11 immer aus e   14 allen aus den   17 himmlische (aus himmlischen) über der Zeile   20–22 Aber auch … Wirklichen auf dem 21 Formen] davor gestr  : Art   22 ausser dem Wirklichen] (1) um das Wirk­ Rande angeschlossen   liche (2) Text  : (über der Zeile  : ausser) (dem Wirklichen aus das Wirkliche)  23 das] über der Zeile mit Einfügungszeichen  : (1) den Men (2) Text (aus den)  

154r

154r

316

154v

154v

frankfurter manuskripte · christliche religion

den Kontrast desto mehr in die Augen fallen zu machen . Noch weniger , als solcher vorübergehende Nimbus , können die Thätigkeiten , die aus ihm selbst kommen , und die für göttliches angesehen werden , in die höhere Gestalt ihn erheben  ; die Wunder , die ihn nicht bloß umschweben , sondern aus seiner Kraft kommen scheinen eines Gottes würdige Attribute , einen Gott zu charakterisiren  ; aber wenn ein Gott wirkt , kan er nur von Geist zu Geist wirken  ; die Wirksamkeit erfodert einen Gegenstand , auf welchen gewirkt wird  ; aber das Herausgehen | des Göttlichen , kan nur eine Entwiklung seyn , daß es sich selbst wieder in der Vereinigung verschiedener darstellt  ; aber in den Wundern erscheint der Geist auf Körper wirkend  ; diese Wirkungsart sezt gerade eine Trennung des Göttlichen selbst voraus , die sogar auch in der Verbindung noch bleibt  ; Wunder ist die Darstellung des ungöttlichsten , einer Beherrschung des todten  ; nicht

Text 60

Noch weniger , als solcher vorübergehende Nimbus , können die Thätigkeiten , die für göttliches angesehen werden und aus ihm selbst kommen , in die höhere Gestalt ihn erheben  ; die Wunder , die ihn nicht bloß umschweben , sondern aus seiner innern Kraft hervorgehen scheinen eines Gottes würdige Attribute , einen Gott zu charakterisiren , in ihnen scheint das göttliche aufs innigste mit dem Objektiven vereinigt , und somit die harte Entgegensezung und blosse Verknüpfung entgegengesezter hier wegzufallen  ; jene wundersamen Wirksamkeiten vollbringt der Mensch , er und das göttliche scheinen unzertrennbar . Allein je näher die Verknüpfung ist , die doch keine Vereinigung wird , um so härter fällt das Unnatürliche | der Verknüpften Entgegengesezten auf . In dem Wunder als einer Handlung wird dem Verstande ein Zusammenhang von Ursache und Wirkung gegeben , und das Gebiet seiner Be­g riffe an-

5

10

15

20

25

2 Noch] (1) So (2) Noch (3) Text (gestr . und wiederhergestellt)   3 solcher] solche  ; davor gestr  : dieser   3–4 können] davor gestr  : kan das   4 die1 über der Zeile  10–11 charakterisiren] charakter­ siren  15 das unter gestr . dieses   19 erscheint] (1) wir (2) soll (3) wirkt (über der Zeile) (4) Text  20 30 wirkend  ;] Satzzeichen durch Verweiszeichen überdeckt  ; folgt gestr  : eine   25 des] (1) der Natur , (2) Text (aus der)   30 4 und aus … kommen über der Zeile   7–8 hervorgehen über der Zeile   10–318,11 in ihnen … unendlich – am Rande mit Verweiszeichen  10 aufs] auf  12 somit über der Zeile   die harte Entgegensezung] (1) der (a) Kont (b) harte Kontrast (2) Text  : die (aus der) harte 〈 Tren 〉 Entgegensezung   13 blosse über der Zeile   13–14 entgegengesezter mit Einfügungszeichen über gestr . beider   14 jene] (1) 35 in den (2) in jener (über der Zeile) (3) Text (aus jener)  16 er und über der Zeile   18 ist ,] folgt gestr  : 35 wenn sie   18–20 die doch … Unnatürliche in einer Langzeile am unteren Rande   19 härter] folgt gestr  : ist   das] (1) die Entge (2) Text (aus die)  20–21 der Verknüpften Entgegengesezten auf . am oberen Rande   22 dem Wunder … Handlung] (1) der Handlung (a) des Wunders (b) die (aus des) ein (über der Zeile) Wunder (aus Wunders) ist (2) Text  : dem (aus der) Wunder als einer Handlung  

Text 60

5

10

15

20

mit dem muthe …317

eine freie Vermählung verwandter We­ sen , und Erzeugung neuer , sondern eine Gemeinschaft des Geistes , der nur Geist ist , weil er nicht [mit dem] Körper gemein hat , und des Körpers , der Körper ist  ; weil ihm mit dem Geiste nicht gemein ist  ; die ungleichartigen , die als Ursache und Wirkung verbunden sind , sind in Einem Be­g riffe eins  ; aber Geist und Körper , lebendiges und todtes haben nichts gemein  ; ihre Verbindung ist nicht einmal in einem Be­ griffe möglich , und können gar sich nicht als Ur­sache und Wirkung zusam­ menverhalten  ; denn sie sind absolut­ entgegengesezte . | Durch die Erniedrigung des göttlichen zu einer Ursache ist der Mensch nicht zu ihm emporgehoben  ; ein Wunder ist eine wahre creatio ex nihilo  , und kein Gedanke paßt sowenig zum göttlichen als dieser  ; denn es ist die Vernichtung oder die Er ­schaffung einer ganz fremden

erkannt  ; zugleich aber wird sein Gebiet damit zerstört , daß die Ursache nicht ein so bestimmtes als die Wirkung ist , sondern ein unendliches seyn soll  ; da der Zusammenhang der Ursache und Wirkung im Verstande die Gleichheit der Bestimmtheit , ihre Entgegensezung nur die , daß im einen diese Bestimmtheit Thätigkeit , im andern Leiden ist – hier soll zugleich in der Handlung selbst ein Unendliches mit unendlicher Thätigkeit eine höchst beschränkte Wirkung haben . Nicht die Aufhebung des Gebietes des Verstandes , sondern daß es zugleich gesezt und aufgehoben wird ist das unnatürliche . So wie nun einerseits das Sezen einer unend­ lichen Ursache , dem Sezen einer endlichen Wirkung widerspricht , ebenso hebt das Unendliche die bestimmte Wirkung auf . Dort aus dem Gesichtspunkte des Verstandes angesehen , ist das Unendliche nur ein negatives , das

25

1 freie über der Zeile mit Einfügungszeichen   3 eine Gemeinschaft des] (1) die Herrschaft des (2) 25 Text (vers . nicht gestr  : die) eine (über der Zeile mit Einfügungszeichen) (Gemeinschaft des auf dem Rande

angeschlossen)  4 ist aus in   weil er] (1) sow (2) Text  : weil (aus sow) er   er aus es   5 Körpers aus Körperlich   8 als über gestr . durch   10 und1 aus u (verdeutlicht)  Körper] davor gestr  : Todtes   10–11 lebendiges und todtes] (1) oder Leben und Tod (2) Text ( lebendiges auf dem Rande angeschlos30 sen)   11 nichts aus nicht   12 ist aus in   einmal über der Zeile mit Einfügungszeichen   15 denn] 15–16 absolutentgegengesezte .] folgt gestr  : abs . entg . | gesezte   18 30 davor gestr  : ein (ohne i-Punkt)   20 Gedanke] folgt gestr  : ist (ohne i-Punkt)  23 einer] folgt der aus des   19 wahre über der Zeile   gestr  : K   ganz aus ganzes   1 sein Gebiet] (1) sein Gebiet (2) seine (aus sein) Kom (3) Text  : sein (Ms  : seine) Gebiet (wiederher35 gestellt)   2 daß] folgt gestr  : bei   3 bestimmtes] folgt gestr  : seyn soll ,   6 Wirkung] folgt gestr  : die

7 der aus be?  Bestimmtheit] folgt gestr  : ist   8 im einen unter gestr . das eine thä   35 Gleichheit   9 Thätigkeit aus thätig im   11 Unendliches] folgt gestr  : eine   unendlicher] folgt gestr  : (1) Wirkung , (2) Thä   18–19 endlichen über gestr . bestimmten   21 aus dem] (1) vom (2) Text  : aus (aus vom) dem (über der Zeile mit Einfügungszeichen)  23–318,2 ein negatives … angeknüpft in einer Langzeile am unteren Rande  

155r

318 155r

frankfurter manuskripte · christliche religion

Kraft  ; die wahre Actio in distans   ; und statt daß im wahren göttlichen Einigkeit ist , und Ruhe gefunden wird , so ist das göttliche der Wunder die völligste Zerreissung .  |

154r

155r 154r 154v

155r

Text 60

Unbestimmte , an das ein Bestimmtes angeknüpft | wird , hier von der Seite des Unendlichen als eines Seyenden ist [es] ein Geist , der wirkt , und die Bestimmtheit der Wirkung eines Geistes ist ihre negative Seite  ; nur aus einem andern Gesichtspunkte in der Vergleichung kan seine Handlung bestimmt erscheinen , an sich , ihrem Seyn nach , ist sie die Aufhebung einer Bestimmtheit , und in sich unendlich – | wenn ein Gott wirkt , ist es nur von Geist zu Geist  ; die Wirksamkeit sezt einen Gegenstand voraus , auf welchen gewirkt wird  ; | aber die Wirkung des Geistes ist die Aufhebung desselben . aber | das Herausgehen | des Göttlichen , ist nur eine Entwiklung , daß es indem es das Entgegengesezte aufhebt sich selbst in der Vereinigung darstellt  ; aber in den Wundern erscheint der Geist auf Körper wirkend  ;  | die Ursache wäre nicht ein gestalteter Geist , dessen Gestalt bloß in seiner Entgegensezung betrachtet , als Körper , einem andern gleich und entgegensezbar in den Zusam-

5

10

15

20

25

5 Zerreissung] zuerst  : Zerreissung der Natur 30

1 an das ein Bestimmtes] (1) dem ein Bestimmtes zugesellt (2) Text  : (über der Zeile  : an) das (aus dem) ein Bestimmtes   4 und] (1) und die Wirkung eines Geistes (2) und in (über der Zeile) der (aus die) Wirkung des Geistes ist (3) und insofern (über der Zeile) das Bestimmte , das negative , ausgeschlos- 30 sene , (4) Text  : und als Anschlußzeichen verdoppelt  ; insofern vers . nicht gestr .   6 ihre aus ihre?  ; darüber gestr  : se   einem aus einen   7 der über der Zeile   9 nach , ] folgt gestr  : heb   13–14 sezt einen Gegen­stand voraus] (1) erfo-/dert einen Gegenstand (2) Text  : sezt (über 〈 erfo-/ 〉dert) einen Gegenstand voraus (über der Zeile)  15–16 aber die … desselben . am Rande mit Verweiszeichen  18 indem 35 es … aufhebt über der Zeile mit Einfügungszeichen  22–319,3 die Ursache … wäre mit Verweiszeichen 35 nach dem Ende der Erstfassung   22 die Ursache wäre über der Zeile mit Einfügungszeichen   23 gestalteter] folgt gestr  : (1) Geist , (2) bekörperter  Gestalt] (1) Gestalt somit (2) Körper (über der Zeile) somit dem einer andern Gestalt (3) Text (wiederhergestellt)  24 in] davor gestr  : entge   seiner] folgt gestr  : (1) b? (2) in seiner   26 entgegensezbar aus entg .ges  

Text 60

5

10

15

20

25

mit dem muthe …319 menhang von Ursache und Wirkung treten könnte  ; dieser Zu­sammenhang wäre | eine Gemeinschaft des Geistes , der nur insofern Geist ist , als er nichts mit dem Körper gemein hat , und des Körpers , der Körper ist  ; aber Geist und Körper , haben nichts gemein  ; sie sind absolutentgegengesezte . | Ihre Vereinigung , in welcher ihre Entgegensezung aufhört , ist ein Leben , das ist , ge­stalteter Geist  ; und wenn dieser als göttliches , ungetrenntes wirkt , so ist sein Thun eine Vermählung mit verwandtem Wesen , mit göttlichem , und Erzeugung , Ent­w ik­lung von neuem , der Darstellung ihrer Vereinigung  ; sofern aber der Geist in einer , einer andern , entgegengesezten Gestalt | als feindliches , beherrschendes wirkt , so hat er seiner Göttlichkeit vergessen . Wunder sind darum die Darstellung des Ungöttlichsten , weil sie das unnatürlichste sind , und die härteste Entgegensezung des Geistes und Körpers in ihrer ganzen ungeheuern Rohheit verknüpft enthalten . Göttliches Thun ist Wiederherstellung und Darstellung der Einigkeit und Wunder die höchste Zerreissung .

30

… dem] (1) Geist ist , weil er nichts (2) Text  : insofern (über der Zeile) Geist ist , (als er über der Zeile) nichts (aus nicht) (mit dem über der Zeile)   8–9 Ihre Vereinigung] Anschluß des hier folgenden Textes mit Verweiszeichen  10 ist1] folgt gestr  : nur das (aus im)  11 und] und 35 die   13–14 mit verwandtem Wesen[ ,] auf dem Rande angeschlossen   16 der aus die   16–17 sofern aus sowie   18 als] davor gestr  : wirkt   19 so] folgt gestr  : ist   20 vergessen .] zuerst  : vergessen  ;   26–27 35 23 härteste] zuerst  : härteste , roheste   25 ungeheuern über der Zeile mit Einfügungszeichen   Göttliches Thun ist] (1) Im Göttlichen (2) Das (über der Zeile) Göttliche (aus Göttlichen) ist (3) Text (Göttliches aus Göttliche)   27 und Darstellung über der Zeile   28 und] folgt gestr  : (1) Ru (ohne u-Bogen) (2) die höchste Genuß der Natur〈〈   ; 〉〉  

30 4–5 insofern Geist

154v

155r

155v

320

156r

frankfurter manuskripte · christliche religion

Text 60

Die reggemachte Erwartung also , die mit dem verklärten , zum Gotte erhabnen Jesus vergesellschaftete Wirklichkeit durch wunderbare Thätigkeiten dieses Wirklichen , zur Göttlichkeit zu erheben wird also so gar nicht erfüllt , daß sie vielmehr die Härte dieser Beifügung eines Wirklichen um so mehr erhöht . Doch ist sie für [uns] um so viel grösser , als für die Mitglieder der ersten christlichen Gemeine , um so viel mehr wir Verstand haben , als diese , die vom orientalischen Geiste angehaucht , die Trennung des Geistes und des Körpers weniger vollendet , dem Verstande weniger als Objekte überliefert hatten . Wo wir bestimmte Wirklichkeit | geschichtliche Objektivität mit dem Verstande erkennen , da ist oft für sie Geist  ; und wo wir nur den reinen Geist sezen , da ist er ihnen noch bekörpert . Von der leztern Art der Ansicht , ist die Form in der sie das [fassen] , was wir Un­ sterblichkeit und zwar Unsterblichkeit der Seele nennen ein Beispiel  ; sie erscheint ihnen als eine Auferstehung des Leibes  ; beide Ansichten sind die Extreme zwischen dem griechischen Geiste  ; jenes das Extrem der Vernunft , die eine Seele , ein negatives gegen allen Verstand , und sein Objekt , den todten Körper , entgegensezt , dieses das Extrem so zu sagen eines positiven Ver-

5

10

15

20

25

30

1 die] folgt gestr  : (1) Wirkli (2) d   4 wunderbare] (1) die s (2) die (3) Text (auf dem Rande angeschlos- 35 sen)   8 so mehr] somehr mit Trennstrich   9 um so über der Zeile  10 als] davor gestr  : da   die] 35 folgt gestr  : ersten   17–18 geschichtliche aus geschichtliches ,   19 oft über der Zeile mit Einfügungszeichen   20 den] folgt gestr  : G  21 er] folgt gestr  : f   24 und zwar Unsterblichkeit über gestr . nennen , und auf dem Rande fortgesetzt   25 der aus des   30 ein aus eine   32 entgegensezt[ , ] über der Zeile  33 eines positiven] (1) eines negati (2) einer (aus eines) positiven Vernur (3) Text  :

Text 60

5

10

15

20

25

mit dem muthe …321 mögens der Vernunft , die den Körper als lebendig sezt , während sie zu gleicher Zeit ihn für todt annahm  ; indeß den Griechen Leib und Seele in Einer lebendigen Gestalt bleibt , in den beiden Extremen hingegen der Tod eine Trennung des Leibs und der Seele ist , und in dem einen der Seele der Leib nichts mehr , in dem andern der Leib ein bleibendes auch ohne Leben ist . | In anderem , wo wir nur mit dem Verstande und Wirkliches oder welches ebensoviel ist etwa fremden Geist er­ kennen , mischen die ersten Christen ihren Geist bei – In den Schriften der Ju­den sehen wir vergangne Geschichten , individuelle Lagen , und gewesenen Geist der Menschen , in den jüdischen Gottesdienstlichen Handlungen , befohlnes Thun , dessen Geist , Zwek und Gedanken für uns nicht mehr ist , keine Wahrheit mehr hat  ; für sie hatte diß alle noch Wahrheit und Geist , aber ihre Wahrheit , ihren Geist , sie liessen es nicht objektiv werden . Der Geist , den sie Stellen der Propheten , und anderer jüdischen Bücher geben , ist in ihrem Sinne , weder , in Rüksicht auf die Propheten , die Meinung Voraus-

1 Körper aus d   2–3 zu gleicher] zugleicher mit Trennstrich   3 30 eines (Ms  : einer) positiven   für] folgt gestr  : ge-  4 den aus im  Einer aus e  5 bleibt , ] (1) bleibt . dort ist (2) Text (Ms  : bleibt .)  6 Extremen] Extreme   8 einen] (1) diese ohne jenen , (in dem (indem mit Trennstrich)) andern jener (2) Text (über der Zeile mit Einfügungszeichen)   9 mehr] folgt gestr  : ist   10 bleiben35 des] folgt gestr  : ist   11–12 Verstande] folgt gestr  : (1) erkennen , (2) darüber  : sehen   12 und aus 12–13 oder welches … Geist] über der Zeile begonnen und auf dem Rande fortgesetzt  : (1) 35 Komma   oder etwa fremden Geist (2) Text (welches ebensoviel ist nochmals eine Zeile höher , mit Einfügungszeichen)   14 mischen] folgt gestr  : sie einen   15 ihren über gestr . mehr   In] davor gestr  : D   18 den aus dem?   20 befohlnes] (1) befohlne Handlungen , (2) Text (aus befohlne)   25 Geist über der Zeile  

156v

322

157r

frankfurter manuskripte · christliche religion

Text 60

sagungen von Wirklichkeiten in ihnen zu finden , noch von ihrer Seite , die Anwendung auf Wirklichkeit – Es ist ein unge­w isses , gestaltloses Schweben zwischen Wirklichkeit und Geist  ; es ist einerseits in der Wirklichkeit nur der Geist betrachtet , andererseits die Wirklichkeit selbst als solche vorhanden , aber nicht fixirt . Um ein Beispiel anzuführen , bezieht Johannes | (Kap 12 ,14ss  .) auf den Umstand , daß Jesus auf einem Esel nach Jerusalem hin­ einzog , einen Ausdruk des Propheten , dessen Begei­ sterung einen solchen Auf­z ug sah , den Johannes in dem Auf­zuge des Jesus seine Wahrheit finden läßt – Die Erweise , daß ähnliche Stellen der jüdischen Bücher theils an sich unrichtig gegen den WortSinn des OriginalTextes angeführt , theils gegen ihren Sinn , den sie durch ihren Zusammenhang erhalten erklärt [seyen] , theils sich auf ganz andre Wirklichkeiten , den Propheten gleichzeitige Umstände , und Menschen beziehen , theils nur isolirte Begeisterung der Propheten seyen , – alle diese Erweise treffen nur die Wirklichkeit der Beziehung , die die Apostel zwischen ihnen und Le­bensUm­stän­den des Jesus aufstellen , – nicht ihre Wahrheit und Geist , so­ wenig als ihre Wahrheit in der strengen

5

10

15

20

25

30

4 ungewisses aus unges   5 zwischen] folgt gestr  : zwischen   6 in der] (1) Geist , die (2) Text  : (über der Zeile  : in) der (aus die)  9 Um] davor gestr  : (1) Bes (2) So l   12 Esel] folgt gestr  : in J   14 dessen 35 aus der ei   17 läßt –] folgt gestr  : Wed   daß] (1) statt (2) theils (über der Zeile) (3) Text  18 der aus 35 des  theils über der Zeile   19 unrichtig] folgt gestr  : angeführt ,   20 gegen] folgt gestr  : den   24 den Propheten gleichzeitige] (1) damalige (2) Text (auf dem Rande angeschlossen)  24–25 Umstände ,] folgt gestr  : K   29 zwischen über gestr . in   30 LebensUmständen] davor gestr  : der Geschichte   31 Geist ,] Geist .  

Text 60

5

10

15

20

25

30

mit dem muthe …323 objektiven Annahme sichtbar ist , daß die wirklichen Worte und Gesichte der Propheten , der frühere Ausdruk späterer Wirklichkeiten seyen . | der Geist der Beziehung , die die Freunde Christi zwischen den Gesichten der Propheten , und den Begebenheiten des Jesus finden , wäre zu schwach aufgefaßt , wenn sie nur in die Vergleichung von Ahnlichkeit der Situationen gesezt würde , in eine Vergleichung , wie wir der Darstellung einer Lage oft den bestimmten Ausdruk alter Schriftsteller hinzufügen . Johannes sagt bei dem obenangeführten Beispiel ausdrüklich , daß die Freunde des Jesus erst nachdem Jesus verklärt , nachdem der Geist über sie gekommen war , diese Beziehung erkannten  ; hätte Johannes einen blossen Einfall , eine blosse Ähnlichkeit verschiedner in dieser Beziehung gesehen , so hätte es dieser Bemerkung nicht bedurft , so aber [ist] im Geiste jenes Gesicht des Propheten und dieser Umstand bei einer Handlung Jesu , eins  ; und da die Beziehung nur im Geiste ist , so fällt die objektive Ansicht derselben als eines Zu­sam ­men­t reffens

2 Worte] folgt gestr  : der Pro   3–4 späterer] (1) der spätern (2) Text (aus spätern)   4 seyen .] folgt

6 den] den den   7 und] folgt gestr  : J   den über der Zeile   30 gestr  : Zugleich 〈 i st 〉 (darüber  : wä) aber   9 sie] davor gestr  : darin   10 Ahnlichkeit aus ä   12 der Darstellung einer Lage] (1) zu (2) einer Lage (3) Text  : (auf dem Rande angeschlossen  : der Darstellung einer) Lage (gestr . und wiederhergestellt)   13–14 alter Schriftsteller] (1) eines alten Dichters (2) alter Dichter (3) Text  14 bei aus es   16 die Freunde] (1) in J (2) die Freunde (aus J) (3) Text (die über der Zeile)  Jesus] davor gestr  : der   19–20 35 hätte Johannes … Einfall , ] (1) ein blosser Einfall , in d (2) Text  : (über der Zeile  : hätte Johannes) (einen blossen aus ein blosser) Einfall ,   21 verschiedner] folgt gestr  : gesehen ,   23 im] (1) in seinem (2) Text (aus in)   25 Handlung aus B   26 im] davor gestr  : nu   27–324,1 Ansicht derselben … von1] (1) Betrachtung , das ZusammentreVen Wir (2) Text  : (auf dem Rande angeschlossen  : Ansicht derselben) (als eines über der Zeile) ZusammentreVens (aus ZusammentreVen) von (auf dem Rande angeschlossen)   40 28 derselben aus des  

157v

324

158r

frankfurter manuskripte · christliche religion

Text 60

von Wirklichem , von individuellem weg . Dieser Geist , der das Wirkliche sowenig fixirt , oder es zu einem Unbestimmten macht , | und nichts individuelles , sondern ein geistiges darin erkennt , ist besonders auch Joh 11 ,51 . sichtbar , wo Johannes über die Maxime des Kaiphas und deren Anwendung , daß es besser sey , Ein Mensch sterbe fürs Volk , als diß im Ganzen in Gefahr komme , erinnert , daß Kaiphas diß nicht für sich selbst als Individuum gesprochen habe , sondern als Hohepriester in prophetischer Begeisterung (προεϕητευσεν) . Was wir etwa unter dem Gesichtspunkte etwa ei­nes Instrumentes der göttlichen Vorsehung ansehen würden , darin sah Johannes ein vom Geiste erfülltes , da der Charakter der Ansicht Jesu und seiner Freunde nichts so sehr entgegengesezt seyn konnte , als dem Gesichtspunkte , alles für Maschine , Werkzeug , Instrument zu nehmen , sondern vielmehr der höchste Glauben an Geist war  ; und da , wo man Einheit des Zu­sam­men­treffens von Handlungen erblikt , denen für sich einzeln diese Einheit die Absicht des Ganzen der Wirkung mangelt , und

5

10

15

20

25

30

2 weg aus ?   4 und] folgt gestr  : nur   7–8 Maxime] (1) Meinung (2) Text (auf dem Rande ange- 30 schlossen)   8–9 und deren Anwendung am Rande mit Verweiszeichen   9 Ein aus e   10 diß] folgt gestr  : in   14 in] folgt gestr  : der Be   15–18 etwa unter … Vorsehung] (1) e t w a als Instrument der göttlichen Vorsehung nenn (2) Text  : (auf dem Rande angeschlossen  : etwa unter dem Gesichtspunkte) e t w a eines (über der Zeile) Instruments (aus Instrument) der göttlichen Vorsehung   19 der] (1) das damalige Bildung (2) das ganze Wesen (3) Text (über der Zeile)  20–21 Jesu und seiner Freunde] 35 (1) der Freunde Jesu (2) Text (der Freunde vers . nicht gestr .)   23 Werkzeug ,] Werkzeug (aus u)  ; folgt gestr  : und   25 an Geist über der Zeile  und] folgt gestr  : wo   26 man] folgt gestr  : etw   27 Handlungen erblikt ,] Handlungen , erblikt , (über der Zeile)  denen aus die   28 Einheit] folgt gestr  : mangelt , in denen   28–29 des Ganzen] (1) der ganzen Handlun (mit Ansatz zu g) (2) Text (aus der ganzen)  29 der über der Zeile  und] folgt gestr  : also   40

Text 60

5

10

15

20

25

30

mit dem muthe …325 diese Handlungen (wie die des Kaiphas) als ihr unterworfen , von ihr ohne Bewußtseyn in ihrer Beziehung auf die Einheit | beherrscht , geleitet , als Wirklichkeiten und Instrumente betrachtet , sieht Johannes Einheit des Geistes , und in dieser Handlung selbst , den Geist der ganzen Wirkung handelnd  ; er spricht von Kaiphas , als selbst von dem Geist erfüllt , in dem die Nothwendigkeit des Schiksals des Jesus lag . So verlieren denn auch mit der Seele der Apostel gesehen die Wunder , von der Härte welche die Entgegensezung des Geistes und des Körpers in ihnen für uns hat , da es sichtbar ist , daß jenen der europäische Verstand mangelte , der dem ins Bewußtseyn kommenden so allen Geist auszieht , und es zu absoluten Ob­jek­t ivitäten  , dem Geiste schlechthin entgegengesezten Wirklichkeiten fixirt , daß jener Erkenntnis vielmehr ein unbestimmtes Schweben zwischen Wirklichkeit und Geist ist , das beide zwar noch trennte , aber nicht so unwiderruflich trennte , übrigens doch nicht in reine Natur zusammen ging , sondern die klare Ent­gegen­se­ zung selbst schon gab , die bei grösserer Entwiklung eine Paarung des Lebendi-

2 ihr1 über der Zeile   3–4 in ihrer … Einheit unter der Mitte der vorhergehenden Zeile  3 in] folgt gestr  : dieser   4–5 Wirklichkeiten und über der Zeile mit Einfügungszeichen  5 betrachtet ,] folgt gestr  : da   7 der aus des   10 in] davor gestr  : der   12–13 mit der … gesehen über der Zeile mit Einfügungszeichen   35 12 mit] davor gestr  : aus   13 Apostel] App .   14 welche die] (1) der (2) die (über der Zeile) der (3) 18–19 dem ins Bewußtseyn kommenden] (1) (a) die (b) 35 Text  : (über der Zeile  : welche) die (aus der)   das (aus die) zum Bewußtseyn kommende (2) Text (über der Zeile  : dem ins) Bewußtseyn kommenden (Ms  : kommende)  19 so] folgt gestr  : hart a   zu] folgt gestr  : einer   20 dem aus der  ; davor gestr  : zu  Geiste] darüber gestr  : Se  24 zwischen] folgt gestr  : D   25 das] folgt gestr  : ihren   27 doch nicht] doch nicht (vers . gestr .)   28 die klare] (1) den Keim der (2) Text  : die (aus der) klare (über der Zeile)  

158v

326 159r

159v

frankfurter manuskripte · christliche religion

Text 60

gen und Todten , | des Göttlichen und Wirklichen werden mußte , das durch die Beigesellung des Wirklichen Jesus zum verklärten zum Gott gewordenen dem tiefsten Triebe nach Religion Befriedigung zeigte , aber nicht gewährte , und ihn zu einem unendlichen , unauslöschlichen und ungestillten Sehnen machte  ; denn dem Sehnen steht in seiner höchsten Schwärmerei , in den Verzükkungen der feinorganisirtesten , die höchste Liebe athmenden Seelen immer das Individuum ein Objektives , Persönliches gegenüber , nach der Vereinigung mit welchem alle Tiefen ihrer schönen Gefühle schmach­ teten , welche Vereinigung aber weil es ein Individuum ist , ewig unmöglich , da es ihnen immer gegenüber , ewig in ihrem Bewußtseyn bleibt , und die Religion nie zum vollständigen Le­ ben werden läßt . In allen Formen der christlichen Religion die sich im fortgehenden Schiksal der Zeit entwikelt haben , ruht dieser Grund­cha |r ak­ter der Entgegensezung in dem Göttlichen , das allein im Bewußtseyn , nie im Leben vorhanden seyn soll – Von den verzükkenden Vereinigungen des Schwärmers , der aller Mannichfaltigkeit des Lebens , auch der reinsten , in

5

10

15

20

25

30

10 steht] folgt gestr  : s aus im   11 der] folgt gestr  : hö   13–14 ein Objektives , Persönliches am Rande mit Verweiszeichen   15 der Vereinigung mit welchem] (1) dessen Vereinigung ihre ganze schön (2) 16 schönen aus S   17 welche 35 Text  : der (über der Zeile) Vereinigung (mit welchem über der Zeile)   Vereinigung] (1) die Vereinigung (a) mit welchem (b) welche (2) Text  : (auf dem Rande angeschlossen  : 35 welche) 〈〈 d ie 〉〉 Vereinigung   21 nie] folgt gestr  : das   zum] folgt gestr  : Leben   22 allen aus A   22–23 der christlichen Religion] (1) die die christliche Religion (2) die (über der Zeile mit Einfügungszeichen  : 〈 sind 〉 sich aus) (der christlichen aus die christliche) Religion (3) Text  26 Entgegensezung] folgt gestr  : zwischen   29 den] (1) der Vereinigun (mit Ansatz zu g) (2) Text (aus der)   30 aller] alle  

Text 60

5

10

15

20

25

mit dem muthe …327 welcher der Geist seiner selbst genießt , entsagt , und nur Gottes sich bewußt ist also nur im Tode die Entgegen­ sezung der Persönlichkeit weg­schaffen könnte , bis zur Wirklichkeit des mannichfaltigsten Bewußtseyns , der Vereinigung mit dem Schiksal der Welt – und der Entgegen­sezung Gottes ge­ gen dasselbe , entweder der gefühlten Entgegensezung bei allen Handlungen und Lebensaüsserungen , die ihre Rechtmäs­sigkeit durch die Empfindung der Dienstbarkeit und Nichtigkeit ihrer Entgegensezung erkaufen – wie in der katholischen Kirche – oder der Entgegensezung Gottes in blossen mehr oder weniger andächtigen Gedanken wie bei der Protestantischen Kirche , entweder der Entgegensezung eines hassenden Gottes gegen [das] Leben , als eine Schande und ein Verbrechen ,  | bei einigen Sekten derselben , – oder eines gütigen gegen das Leben und seine Freuden , als lauter empfangnes , Wohlthaten und Geschenke von ihm , als lauter Wirklichkeit , in welche dann auch , die über ihr

1 selbst] folgt gestr  : ges   3 ist] (1) ist – bis (2) Text (nachtr .)  nur] davor gestr  : vern   4 der aus des   weg­schaVen] folgt gestr  : verli   5–6 mannichfaltigsten aus mannichfaltigen   6 der aus des   10–11 bei allen Handlungen] (1) nach allen Lebenshand­ 30 9 der] (1) in dieser (2) Text (aus dieser)   lungen (2) Text  : (über der Zeile  : 〈〈 oder 〉〉 bei allen) Handlungen   11 und] [un]d (Papier­ausriß)  die] folgt gestr  : sich   12 Rechtmässigkeit] [R]echtmässigkeit (Papier­ausriß)   13 der] davor gestr  : ihrer   13–14 Nichtigkeit] Nichtigkeit ,   14 ihrer Entgegensezung auf dem Rande angeschlossen  16 Gottes] davor gestr  : des Lebens in (Ansatz zu G)  blossen] folgt gestr  : Ged   18–19 wie bei … Kirche 35 über der Zeile mit Einfügungszeichen   19–20 der Entgegensezung … gegen] (1) gegen das (2) Text (auf dem Rande angeschlossen)  21 ein aus Ansatz zu V   22 bei über der Zeile  23 eines gütigen über der Zeile  24 Freuden aus Freun   24–25 lauter empfangnes , Wohlthaten] (1) eine Wohlthat (2) 〈〈 eine 〉〉 Wohlthaten (aus Wohlthat) (3) eine (als Kürzel , aus eine) Wohlthat (4) Text  : (auf dem Rande angeschlossen  : lauter empfangnes , ) Wohlthaten (aus Wohlthat) (Kürzel für eine vers . nicht gestr .)   27 40 auch , ] folgt gestr  : alles über   30

160r

328

frankfurter manuskripte · christliche religion

Text 60

schwebende GeistesForm in der Idee eines göttlichen Menschen , der Propheten u . s . w . zu geschichtlicher objektiver Ansicht herabgezogen wird – zwischen diesen Extremen von dem mannichfaltigen oder verminderten Bewußtseyn , der Freundschaft , des Hasses oder der Gleichgültigkeit gegen die Welt , zwischen diesen Extremen , die sich innerhalb der Entgegensezung Gottes und der Welt , des Göttlichen und des Lebens befinden , hat die christliche Kirche vor und rük­warts den Krais durchlaufen , aber es ist gegen ihren wesentlichen Charakter , in einer unpersönlichen lebendigen Schönheit Ruhe zu finden  ; und es ist ihr Schiksal daß Kirche und Staat , Gottesdienst und Leben , Frömmigkeit und Tugend , geistliches und weltliches Thun , nie in Eins zusammenschmelzen können .

5

10

15

20

1 der Idee aus den Ideen   2 der über der Zeile   5–7 von dem … Bewußtseyn] (1) des 〈 vermehr 〉 mannichfaltigen oder verminderten (aus veri) Bewußtseyns (2) Text  : (über der Zeile  : von dem)  … Bewußtseyn (aus Bewußtseyns)   10 innerhalb] davor vers . nicht gestr  : innerhalb   13 vor und rük­ warts] (1) oft ((2) mehrmals (3) Text (über der Zeile) auf dem Rande angeschlossen)  15 ihren we- 25 sentlichen] (1) das Wesen (2) Text  : (über der Zeile  : ihren) wesentlichen (aus Wesen)   17–21 und es … können .] (1) und Kirche … können nie in Eins zusammenschmelzen (2) Text  : (über der Zeile begonnen und auf dem Rande fortgesetzt  : und es ist ihr Schiksal daß) Kirche … nie in Eins zusammenschmelzen können .

Zu r J ü disch en Religion

Text 61

mit abraham …331

Mit Abraham …

5

10

15

20

25

Mit Abraham , dem Stammvater der Juden  , beginnt die Geschichte der Juden , das heißt , sein Geist ist die Einheit , die Seele , die alle Schiksale seiner Nachkommenschaft regierte , und in verschiedener Gestalt erscheint , je nachdem er gegen verschiedene Kräfte kämpfte , oder durch Aufnahme eines fremdartigen Wesens sich verunreinigte  ; also in verschiedener Form der Waffen­rüstung und des Streits , oder der Art , wie er Fesseln des Stärkern trägt  ; welche Form das Schiksal genannt wird . Von dem Gange , den die Entwikelung des Menschengeschlechts vor Abraham nahm , von dieser wichtigen Periode , in welcher die Rohheit , die auf den Verlust des Naturzustandes folgte , auf verschiedenen Wegen wieder zur zerstöhrten Vereinigung zurükzukehren strebte  ; von diesem Gange sind uns nur wenige dunkle Spuren aufbehalten worden . | Der Ein­d ruk , den die

Mit Abraham , dem wahren Stammvater der Juden , beginnt die Geschichte ­d ieses Volks , das heißt , sein Geist ist die Einheit , die Seele , die alle Schik­sale seiner Nachkommenschaft regierte , er erscheint in verschiedener Gestalt , je nachdem er gegen verschiedene Kräfte kämpfte , oder wenn er durch Gewalt oder Verführung unterlag , durch ­Aufnahme eines fremdartigen Wesens sich verunreinigte  ; also in verschiedener Form der Waffen­r üstung und des Streits , oder der Art , wie er Fesseln des Stärkern trägt  ; welche Form das Schiksal genannt wird . Von dem Gange , den die Entwikelung des Menschengeschlechts vor Abraham nahm , von dieser wichtigen Periode , in welcher die Rohheit , die auf den Verlust des Naturzustandes folgte , auf verschiedenen Wegen wieder zur zerstöhrten Vereinigung zurükzukehren strebte  ; von diesem Gange sind uns nur wenige dunkle Spuren aufbehalten worden . | Der Eindruk , den die

Linke Spalte  :  1 Überschrift der Herausgeber   4 ist] zuerst  : ist , der   5 Schiksale] zuerst  : folgende Schik­sale der jüdi   9 Aufnahme] (1) Au (2) Annahme (3) Text (aus Annahme)   19 wichtigen] 30 (1) Peri (2) Text (wich-/ über den Rand hinaus geschrieben)   21–22 auf verschiedenen Wegen wieder] 30 (1) wieder auf verschiedenen Wegen wieder (2) wieder auf verschiedenen Wegen (3) Text  : auf verschiedenen Wegen (wieder wiederhergestellt)  25–26 aufbehalten] (1) übrig (2) Text  : aufbehal(ten Rechte Spalte  :  2 wahren über der Zeile mit Einfügungszeichen   4 dieses Volks[ ,] auf dem Rande ange6–7 er erscheint auf dem Rande angeschlossen   9–10 wenn er … unterlag , am Rande mit schlossen  

25r

25r

25v

25v

332

frankfurter manuskripte · jüdische religion

Noachische Fluth auf die Gemüther der Menschen machte , mußte sie tief zerreissen  , und den ungeheuersten ­Unglauben an die Natur bewirken  ; indem es für einen reingestimmten Menschen nichts empörenderes gibt , als der Anblik eines – es sey nach Ur­thel und Recht oder mit Unrecht – durch physische Übermacht , gegen die er keine Regung der Vertheidigung haben kan , umgebrachten Menschen  ; einige Erscheinungen , Rükwirkungen gegen den Eindruk jenes allgemeinen durch feindseelige Elemente bewirkten Menschenmordes – hat uns die Geschichte angedeutet . Damit der Mensch gegen die feindliche Natur bestehen könnte , so mußte sie beherrscht werden  ; und da er nun selbst ein entzweites ist , auf die zweierlei Arten , die nun möglich sind , entweder in der Idee oder in der Wirklichkeit  ; in jener baute Noah die

Text 61

Noachische Fluth auf die Gemüther der Menschen machte , mußte ein tief Zerreissen , und die Wirkung der ungeheuerste Unglauben an die Natur seyn , die vorhin freundlich oder ruhig nun aus dem Gleichgewichte ihrer Elemente trat , den Glauben , den das Menschengeschlecht an sie hatte , nun mit der zerstöhrendsten , unwiderstehbarsten unzuüberwältigenden Feindschaft erwiederte , und in ihrem Toben nichts durch einen Unterschied der Liebe verschonte , sondern die wilde Verwüstung über alles ergoß . einige Erscheinungen , Rükwirkungen gegen den Eindruk jenes allgemeinen durch feindseelige Elemente bewirkten Menschenmordes – hat uns die Geschichte angedeutet . Damit der Mensch gegen die Ausbrüche der nun feindlichen Na­ tur bestehen könnte , so mußte sie beherrscht werden  ; und da das entzweite

5

10

15

20

worden . über den Rand hinausgeschrieben)  4 an die Natur] (1) an Natur / an die Natur (2) Text (über 25 der Zeile  : die)   5–11 indem es … Menschen mit Er­ledi­gungs­vermerk versehen   6 empörenderes] folgt gestr  : Ansatz zu G   8 durch] folgt gestr  : eine   11 umgebrachten] (1) u (2) erm[ordeten] aus 25 u (3) Text  12 Erscheinungen ,] folgt gestr  : die Folgen des Ein   16 angedeutet .] zuerst  : angedeutet –  Mensch] folgt gestr  : bestehen könnte   18 mußte aus muß   und] davor gestr  : entw   19 ist] folgt gestr  : Verweiszeichen  ; auf dem Rande gestr  : dessen  20 möglich] davor gestr  : vorh   22 jener] folgt gestr  : B  

30

Verweiszeichen  3 Zerreissen ,] folgt über der Zeile gestr  : des Gemüths seyn   die Wirkung der auf dem 30 6–7 nun … trat , in dieRande angeschlossen  5 seyn ,] davor gestr  : seyn   oder] folgt gestr  : wen?   sem Absatz fünf Zeilen tiefer , mit Verweiszeichen  7 den 2 aus die   8 nun über der Zeile gestr  : unüber   9–10 unwiderstehbarsten] davor gestr  : unüber   10 unzuüberwältigenden über der Zeile   10–11 Feindschaft] folgt gestr  : ant   11 in ihrem Toben] (1) in wilder Verwüstung ohne Unterschied gegen alles tobte (2) in (ihrem über der Zeile) (3) Text  : (unter der Zeile  : in ihrem) Toben   12 durch einen 35 Unterschied der] (1) durch (2) unter der Zeile mit Einfügungszeichen  : mit einem Unterschied (der gestr . und wiederhergestellt  ; davor unter der Zeile  : r) (3) Text (durch unter der Zeile)  13 Liebe] folgt gestr  : aus   20 Ausbrüche der nun feindlichen auf dem Rande angeschlossen  der] folgt gestr  : fe   22–333,1 da das entzweite Ganze] (1) da (über der Zeile mit Einfügungszeichen  : der Mensch , als Ganzes) (2) 〈〈 d a 〉〉 auf dem Rande angeschlossen (Anschluß verdeutlicht)  : und da der entzweite Mensch (3) Text (das aus der)   40

Text 61

5

10

15

20

25

mit abraham …333

zerrissene Welt zusammen  ; sein gedachtes Ideal versprach ihm , daß keine Wasserfluth mehr die Menschen | verderben sollte  ; es verbot den Menschen , einander zu morden , und wenn es zwar eine andere Zerreissung des Lebendigen , die Tödtung der Gewächse und Thiere sanktionirte , und die durch die Noth abgedrungene Feindseligkeiten zur gesezmässigen Herrschaft machte , die der Mensch nicht durch Religion zu versöhnen hätte , – so wurde doch das lebendige noch in so weit geehrt , daß das Blut zu essen verboten wurde , weil dasselbe das Leben der Thiere wäre . Gen . 9 ,4 .

Ganze nur in Idee und Wirklichkeit entzweit werden kan , so ist die höchste Einheit der Beherrschung entweder in einem Gedachten , oder in einem Wirklichen  ; in jenem baute Noah die zerrissene Welt zusammen  ; sein gedachtes Ideal machte er zum Seyenden , und ihm dann gegenüber sezte er alles als Gedachtes , d . h . als beherrschtes , [es] versprach ihm , die ihm dienenden Elemente so in ihren Schranken zu halten , daß keine Wasser­fluth mehr die Menschen | verderben sollte  ; unter dem lebendigen das einer solchen ­Beherrschung fähig ist legte es den Menschen das Gesez auf das Gebot , sich selbst so zu beschränken , daß sie ein­a nder nicht mordeten  ; wer diese Schranken überträte , der falle seiner Macht anheim , und werde also zum leblosen  ; dieses Beherrschtwerden des Menschen vergütete es ihm dagegen auch durch Herrschaft über die Thiere  ;

5 zwar] folgt gestr  : die Feindschaft  7 die] folgt gestr  : F aus f  Gewächse aus Fei   9 Feind ­selig­

11 der Mensch über der Zeile mit 25 keiten] davor gestr  : F   10 Herrschaft über gestr . Feindschaft   12 zu] davor gestr  : zu   14 Blut] folgt gestr  : der Thiere   15 dasselbe] (1) in Ein­fügungszeichen   demsel­ben (2) Text  : dasselbe (Ms  : dasselben) aus demselben   1–2 nur in … kan , mit Einfügungszeichen über dem Vorhergehenden  1 nur] darüber gestr  : en?   2 so] davor gestr  : so 〈 herr 〉 mußte   3 der Beherrschung unter der Zeile mit Einfügungszeichen   5 Wirk­ 7–8 30 lichen[  ;] aus Wirklichk   7–10 machte er … beherrschtes am unteren Rande mit Verweiszeichen   Seyenden über gestr . Wirklichen   8 dann über der Zeile  9 Gedachtes] wegen des verklebten Innenrandes ist von Ge nur die Unterlänge des G zu erkennen  10–12 die ihm … daß auf dem Rande angeschlossen   10–11 ihm dienenden] über der Zeile mit Einfügungszeichen  : (1) di (2) Text  : ihm (aus di) dienenden   13 sollte  ;] folgt über der Zeile gestr  : (1) sollen au (2) davor gestr  : es gab das Gebot   14–334,1 unter 35 dem … aber auf dem Rande angeschlossen   14–15 das … fähig ist über der Zeile mit Einfügungszeichen   15 es aus er   16 auf gestr . und wiederhergestellt  18 wer diese] (1) wer die (2) und (3) Text  : (wiederhergestellt  : wer) diese (aus die)  21 dieses aus dieser   22–23 dagegen auch unter der Zeile mit Ein­fügungszeichen   23–334,1 Herrschaft über … aber] (1) Herrschaft ü (2) (über der Zeile mit Ein­ fügungs­zeichen  : andre) Herrschaft , die Unterjochung Tödtung der Thiere , (3) Text  : Herrschaft 〈〈  , 〉〉 40 (über die Thiere  ; aber schräg unter der Zeile) ( folgt in der Textspalte vers . nicht gestr  : und)   30

26r

26r

334

frankfurter manuskripte · jüdische religion

Auf die entgegengesezte Art , in der Wirklichkeit versuchte es Nimrod , (wenn es erlaubt ist , hier auch der Darstellung zu folgen , die Josephus ( jüd . Alt . 1 B . 4 K .) von seiner Geschichte macht) die Natur so weit zu beherrschen , daß sie den Menschen nicht mehr gefährlich werden könnte  ; er sezte sich in Vertheidigungsstand ge­ gen sie , »ein tollkühner und auf seinen starken Arm trozender Mann , im

Text 61

aber wenn es zwar diese Eine Zer­ reissung des Lebendigen , die Tödtung der Gewächse und Thiere sanktionirte , und die durch Noth abge­d rungene Feindseligkeiten zur gesezmässigen Herrschaft machte , so wurde doch das lebendige noch in so weit geehrt , daß das Blut der Thiere zu essen verboten wurde , weil dasselbe (die Seele) das Leben der Thiere wäre . Gen . 9 ,4 . Auf die entgegengesezte Art , legte Nimrod (wenn es erlaubt ist , hier mit den Mosaischen Nachrichten auch die passende Darstellung zu verbinden , die Josephus (jüd . Alt . 1 B . 4 K .) von ­sei­ner Geschichte macht) in den Menschen die Einheit , sezte ihn zum Seyenden ein das die Übrigen wirklichen zu Gedachten machte , d . h . tödtete , beherrschte  ; er versuchte es die Natur so weit zu beherrschen , daß sie den

5

10

15

20

13 auch über der Zeile   16 macht)] Klammer gestr . und wieder gesetzt  18 gefährlich] folgt gestr  : sey   21 Mann ,] folgt auf dem Rande angeschlossen , gestr  : er   7–10 daß das Blut … Gen . 9 ,4 .] (1) daß das Blut … Gen . 9 ,4 . mit Erledigungsvermerk versehen (2) (auf dem Rande angeschlossen  : (nachtr . vor der Zeile  : daß) Fleisch mit seinem Leben , (a) 〈 welches das ist 〉 welches das (b) (über der Zeile mit Einfügungszeichen  : (nachträglich vor der Zeile  : zu essen) verboten wurde) (c) (unter Zeile mit Einfügungszeichen  : zu essen) verboten wurde mit (seinem gestr . und wiederhergestellt) Leben , ( folgt über der Zeile  : (Seele[)]) dem (aus das) Blute desselben  ; so wie es 〈 d as Blut , 〉 das Leben des Menschen , das Blut zurükfodern werde .) ( folgt mit Verweiszeichen angeschlossen am ursprüngl . ­Absatzende  : (aa) in der Mos . Gesezgebung (foderte Gott 〈 a n 〉 das Blut der geschlachteten Thiere auf den Rand hinausgeschrieben) für Gott zurük , es sollte (bb) Moses (aus Mos .) (auf den Rand hinausgeschrieben  : foderte (über der Zeile  : aus dem gleichen Grunde daher) das Blut der geschlachteten Thiere) für Gott zurük , (am Rande  : 3 B M . 17 .) (3) Text  : Stufe (1) wiederhergestellt , Stufe (2) mit Erledigungsvermerk versehen   11–20 legte Nimrod … es] (1) am Rande mit Verweiszeichen  : indem er (über der Zeile  : in) den Menschen die Einheit legte , und ihn zum Seyenden einsezte (2) Text  :(am Rande mit Verweiszeichen  : legte Nimrod) (wenn es erlaubt ist , hier 〈 auch 〉 (am Rande mit Verweiszeichen  : mit den Mos . Nachrichten auch die passende Darstellung zu verbinden , ) die Josephus ( jüd . Alt . 1 B . 4 K .) von seiner Geschichte macht) (Fortsetzung der Randbemerkung  : 〈〈 er 〉〉 in den Menschen die Einheit[ ,] sezte (über der Zeile mit Einfügungszeichen) ihn zum Seyenden ein (aus einsezte) das 〈 a lles auss 〉 (a) das Übrige (b) die Übrigen wirklichen 〈 tödte 〉 〈 tö 〉 zu Gedachten machte (Ms  : mache) , d . h . tödtete (gestr . und wiederhergestellt) , beherrschte  ; er versuchte es  

25 25

30 30

35 35

40

Text 61

5

10

15

20

25

mit abraham …335

Fall Gott es sich wieder gelüsten ließe , die Welt mit einer Wasserfluth | zu überschwemmen , drohte er , es nicht an Macht und Mitteln fehlen zu lassen ihm genugsamen Widerstand zu thun  ; denn er hätte beschlossen , einen Thurn zu bauen , der weit höher werden sollte , als die Wasserwogen und Wellen je sich auf­thür­men könnten  ; er beredete die Menschen , alles Gute haben sie sich selbst durch ihre Tapferkeit und Stärke erworben  ; und so veränderte er alles , und gründete in kurzem eine tyrannische Herrschaft  ;« so mußten im Kampfe gegen die Noth die Elemente , die Thiere (er liebte die Jagd) und die Menschen das Gesez des Stärkern tragen . Er vereinigte die mistrauisch gewordnen einander entfremdeten Menschen , die sich nun zerstreuen wollten nicht wieder zur frohen , einander und der Natur vertrauenden Geselligkeit , sondern hielt sie zwar zusammen , aber durch Gewalt . |

Menschen nicht mehr gefährlich werden könnte  ; er sezte sich in Vertheidigungsstand gegen sie , »ein tollkühner und auf seinen starken Arm trozender Mann , im Fall Gott es sich wieder gelüsten ließe , die Welt mit einer Wasserfluth | zu überschwemmen , drohte er , es nicht an Macht und Mitteln fehlen zu lassen ihm genugsamen Widerstand zu thun  ; denn er hätte beschlossen , einen Thurn zu bauen , der weit höher werden sollte , als die Wasserwogen und Wellen je sich aufthürmen könnten , und auf solche Art den Untergang seiner Voreltern zu rächen (nach einer andern Sage Evpol . bei Euseb , sollen von der Fluth selbst übriggebliebene den Thurn gebaut haben) er beredete die Menschen , alles Gute haben sie sich selbst durch ihre Tapferkeit und Stärke erworben  ; und so veränderte er alles , und gründete in kurzem eine tyrannische Herrschaft  ;« Er vereinigte die mistrauisch gewordnen einander entfrem­deten Menschen , die sich nun zerstreuen wollten nicht wieder zur frohen , einander und der Natur vertrauenden Geselligkeit , sondern hielt

30

12 Stärke] davor gestr  : Mu   13 gründete] (1) führte (2) Text (auf dem Rande angeschlossen)   14 30 Herrschaft  ;] zuerst  : Herrschaft ,   mußten aus mußte be   18 die] folgt gestr  : Menschen nicht wie-

der   18–19 gewordnen] folgt gestr  : Menschen ,   20 die] folgt gestr  : nun aus   wollten] folgt gestr  : (nach   24 Gewalt .] folgt gestr  : Die Thiere , (1) deren (a) freies Herumschweifen (b) frei herumschweifende (2) die er nicht leiden konnte rottete er aus .   35

13–18 könnten , und … haben)] könnten , (aus könnte  ;) (und … haben) auf dem Rande angeschlos15 Voreltern aus Vol   15–16 einer andern Sage über der Zeile  16 Evpol .] Evyol .   sollen] 35 sen)   folgt gestr  : die   17 Fluth] davor gestr  : Sünde   selbst über der Zeile  übriggebliebene aus übriggebliebenen  23–336,1 Er vereinigte … Gewalt . ursprünglich hinter tragen (336,7) , mit Verweiszeichen umgestellt  

26v

26v

336

27r

27r

frankfurter manuskripte · jüdische religion

Gegen die feindselige Macht sicherte sich Noah dadurch , daß er sie und sich einem mächtigern unterwarf , Nimrod , daß er selbst sie bändigte  ; beide ­schlossen mit dem Feinde einen Frieden der Noth , keiner versöhnte sich mit ihm , keiner lud wie Deukalion und Pyrrha , nach ihrer Fluth , die Menschen zur Freundschaft mit der Natur ein , machte sie durch Freude und Genuß der Noth und Feindschaft vergessen , und schloß einen Frieden der Liebe |

Text 61

sie zwar zusammen , aber durch Gewalt . Er ver­thei­d igte sich gegen das Wasser mit Mauern , war ein Jäger , und ein König  ; so mußten im Kampfe gegen die Noth die Elemente , die Thiere und die Menschen das Gesez des Stärkern , aber eines Lebendigen tragen . | Gegen die feindselige Macht sicherte sich Noah dadurch , daß er sie und sich einem mächtigern unterwarf , Nimrod , daß er selbst sie bändigte  ; beide ­schlossen mit dem Feinde einen Frieden der Noth und verewigten so die Feindschaft  ; keiner versöhnte sich mit ihm , nicht wie ein schönres Paar , Deukalion und Pyrrha , nach ihrer Fluth es thaten , die Menschen wieder zur Freundschaft mit der Welt , zur Natur einluden , sie durch Freude und Genuß der Noth und Feindschaft vergessen machten , den Frieden der Liebe schlossen , die Stammeltern schöner Nationen wurden , und ihre Zeit zur Mutter ei­ ner neugebohrnen , ihre Ju­gendBlüthe erhaltenden Natur machten |

5

10

15

20

25

10 mächtigern] (1) höhern (2) Text ( folgt über der Zeile gestr  : einer Ide[e])   14 lud] folgt gestr  : mit (1) die (2) der (aus die) M   18 Noth] folgt gestr  : verg   19 einen Frieden aus eine Freun (ohne u-Bogen) 2–4 Er … König am Rande  2–3 vertheidigte sich … Mauern] (1) sezte dem Wasser Mauern entgegen , (2) Text  : (über der Zeile  : 〈 w i 〉 vertheidigte sich gegen) das (aus dem) Wasser mit (über der Zeile) Mauern  4 König  ;] König   4–7 so mußten … tragen mit Verweiszeichen angeschlossen  5 Thiere] 30 folgt auf dem Rande angeschlossen , gestr  : er war ein gew[altiger]   13–14 und verewigten … Feind13 so über der Zeile mit Einfügungszeichen   15 Paar ,] folgt gestr  : schaft am Rande mit Verweiszeichen   und die Stammeltern eines (a) schönern Gesch (b) schönerer Nationen   17 wieder über der Zeile  ; folgt gestr  : zur N   18 Welt , zur Natur über der Zeile  19 einluden , ] einlud aus ein   21 machten unter der Zeile mit Einfügungszeichen  den aus einen  21–22 schlossen ,] folgt gestr  : und   24 neu- 35 gebohrnen aus gebohrnen   24 JugendBlüthe] Blüthe aus er  ; folgt gestr  : wieder am   25 machten] davor gestr  : machten

Text 62

die schönen , ihrer natur nach …337

Die schönen , ihrer Natur nach …

5

10

15

20

Die schönen , ihrer Natur nach auf Liebe gegründeten Verhältnisse , denen nichts mehr entgegen ist als Herrschaft und Knechtschaft  ; waren diß bei den Juden  ; der Sohn blieb während des Vater Leben sein Knecht , er wurde erst in dem bei Juden möglichen Grade selbständig mit seines Vaters Tode , der ihm einen besondern Akker verschafte – der Sohn , der das Verhältnis gegen seinen Vater bricht , und auf irgend [eine] Art Gewalt gegen ihn gebraucht , und jedes lieblose ist Gewalt , verdient die härteste Gewalt zu erfahren  ; aber sich von seinem Vater abtrennen , um für [sich] ein Mann zu seyn , ist keine Lieblosigkeit , oder Gewalt  ; gibt diß der Vater nicht zu , so thut er vielmehr dem erwachsenen , entwikelten vollständig gewordenen Gewalt an , und legt ihm eine Knechtschaft auf – noch mehr wenn er auch nicht einmal für sich , – was das freiste ist , was auf keine Art an einen andern entweder übertragen , oder was der andre in seinem Namen wegen der Unfähigkeit des leztern , selbst sein Recht auszuüben , oder sein Leben zu aüssern , wie die Vertrettung der Kinder durch Eltern oder Vormund nie übernehmen kan – eine Frau wählen so ist diß die härteste Tirannei , oder da es Sitte ist , ein gesezmässiges Recht des Vaters , und vor dem Sohne nicht in der Form der Tirannei erscheinen kan , so sezt es einen VolksCharakter voraus , dem durch­aus alle freie Liebe , alle Schönheit fremd ist  ; und kein Bewustseyn als der Herrschaft und Knechtschaft hat . Wurde die Frau etwa vom Mann selbst erwählt , so kaufte er sie von ihren Eltern , und sie stand in der Ehe in dem Verhältnis einer gekauf­ ten  ; starb ihr Mann , ohne Kinder mit ihr gezeugt zu haben , so gehörte sie dem Akker an , dieser Akker mußte in der Familie bleiben , also mußte auch sie es  ; der nächste Verwandte mußte den Akker behalten , also auch sie zur Frau nehmen .

25

2–340 ,6 in Langzeilen  2 Verhältnisse , denen] (1) Verhältnisse waren 25 1 Überschrift der Herausgeber   (2) Verhältnisse , die (3) Text (denen aus die)   3 mehr] folgt gestr  : z   Herrschaft] Herrsch .   4 blieb] folgt gestr  : der Kn   er] folgt gestr  : kon   4–5 in dem … Grade unter der Zeile mit Einfügungs6 besondern aus e   7 Art aus d?  gebraucht aus t?   9 ist] folgt gestr  : weder   10 gibt zeichen   aus erl ?   dem] d mit undeutlichem Kürzel   11 ihm eine] ihmeine mit Trennstrich   13 andern] 30 andr (am Innenrand)  was] folgt gestr  : sich   14 Leben unter gestr . Kraf[t]   15 wie … Vormund über bzw . unter der Zeile   17 gesezmässiges unter der Zeile   18 es] folgt gestr  : S   dem aus der   18 durchaus] durch/aus (Trennstrich am Innenrand nicht sichtbar)  20 vom] folgt gestr  : Sohn   erwählt aus erwähh   21 stand] stan (am Innenrand)   23 dieser aus sie   es  ; über gestr . Komma   23–24 der nächste Verwandte] (1) d . Verwandten (2) Text  : der (aus d .) nächste (unter der Zeile) Verwandte 24 mußte gestr . und wiederhergestellt  ; darunter gestr  : erhi   35 (aus Verwandten)  

28v

338

frankfurter manuskripte · jüdische religion

Text 62

Da die Jungfrau eine Sache war , so kam als solche allein , als eine Waare , die man erkauft hatte , allein in Betracht und in Untersuchung , ob die Waare so be­schaffen war , die sie verkauft worden war , so entstanden die so unfläthigen Geseze und bekannten saüischen Gebraüche daraus  ; denn Geliebte war sie nicht gewesen  : der Bauer in St . Gallen heurathet auf der Stelle eine die in der Kirche sich als eine gefallne bekennt |

5

1–2 so kam … in Betracht] (1) daher auch 〈 d . saü 〉 u . als solche allein (aus als ein) , als eine Waare , die man erkauft hatte , allein in Betracht kam , (2) Text  : (über der Zeile  : so kam) als solche allein , als eine Waare , die man erkauft hatte , allein in Betracht   2 Betracht] folgt gestr  : und wurde als eine solche untersucht , und auf Befinden (a) für (b) ob  Waare] (1) Sache (2) Waare aus Sache (3) Text 10 (unter der Zeile wiederholt)   3 sie] folgt gestr  : (1) verk (2) erh   die2 vers . gestr .  so unter der Zeile   4 bekannten unter der Zeile  saüischen] davor gestr  : Sa  Ge( bräuche unter der Zeile) aus Gewohnheiten  denn] davor gestr  : denn Liebe hatt  Geliebte] davor gestr  : als   5–6 gewesen  : … bekennt am unteren Rande in einer Halb- und einer Kurzzeile   5 heurathet] heur .   6 bekennt] fast unlesbar 15 verwischt am unteren und rechten Seitenende

Ü ber rEligion zw ei Fragm ente

Text 63

absolute entgegensezung …341

absolute Entgegensezung …

5

10

15

20

25

absolute Entgegensezung gilt .  Eine Art der Entgegensezungen ist die Vielheit Lebendiger  ; die Lebendigen müssen als Organisationen betrachtet werden  ; die Vielheit des Lebens wird entgegengesezt , ein Theil dieser Vielheit (und dieser Theil ist selbst eine unendliche Vielheit , weil er lebendig ist) wird bloß in Be­ ziehung betrachtet , sein Seyn nur als Vereinigung habend , – der andere Theil (auch eine unendliche Vielheit) wird nur in Entgegensezung betrachtet , sein Seyn nur durch die Trennung von jenem Theil habend , und so wird jener Theil auch so bestimmt , als sein Seyn nur durch die Trennung von diesem habend . Der erste Theil heißt eine Organisation , ein Individuum . Es erhellt von selbst , daß dieses Leben , dessen Mannichfaltigkeit nur in Beziehung betrachtet wird , dessen Seyn diese Beziehung ist , zugleich auch theils als in sich verschieden , als blosse Vielheit betrachtet werden könne  ; seine Beziehung ist nicht mehr absolut , als Trennung dieses Bezognen  ; theils auch mit der Möglichkeit in Beziehung mit dem von ihm ausgeschlossnen zu treten gedacht werden müsse , die Möglichkeit des Ver­lusts | der Individualität , oder der Verbindung mit dem ausgeschlossenen  ; – ebenso das Mannichfaltige , von einem Organischen Ganzen ausgeschlossene , das sein Seyn nur in der Entgegensezung hat , muß zugleich nicht [nur] theils als für sich , abstrahirt von jener Organisation , in sich absolut mannichfaltig , sondern als in sich zugleich in Beziehung stehend – theils auch in Verbindung mit dem von ihm ausgeschlossenen Lebendigen gesezt werden .  Der Be­g riff der Individualität schließt Entgegensezung gegen unendliche Mannichfaltigkeit , und Verbindung mit demselben in sich  ; ein Mensch ist ein individuelles Leben , insofern er ein anderes ist , als alle Elemente , und als die Unendlichkeit der individuellen Leben ausser ihm , er ist nur ein individuelles Leben , in sofern er eins ist mit allen Ele-

1 Überschrift der Herausgeber  6 sein] davor gestr  : seyn  Seyn] folgt gestr  : d   nur] folgt gestr  : dur   8 habend ,] folgt gestr  : so wie   9 durch] folgt gestr  : diese   11 dessen] (1) daß seine (2) das seine (3) Text (aus das)   wird ,] folgt gestr  : das nur   12 theils über der Zeile   13 als] folgt gestr  : seine   14 30 Be­zognen  ;] folgt gestr  : (1) E / (2) ebenso  15 treten] trennen  müsse , aus müsse  ;   die] d . 30 nachtr .   17 Mannichfaltige , ] folgt gestr  : de  einem über gestr . der   ausgeschlossene] ausgeschlosse­ nen  18 nicht] folgt gestr  : als ein (ohne i-Punkt)  19 jener Organisation] (1) dem Organischen (2) (der O ­ rganisation aus dem Organischen) (3) Text (jener über der Zeile)  absolut aus ?  mannichfal­ tig] mannichfaltigen  als] folgt gestr  : unter   21 Der] davor gestr  : Es gib   der] des   25 er2 ] folgt gestr  : ist  

162r

162v

342

163r

163v

frankfurter manuskripte · über religion

Text 63

menten aller Unendlichkeit der Leben ausser ihm  ; – er ist nur insofern das All des Lebens getheilt ist , er der eine Theil , alles übrige der andre Theil  ; er ist nur insofern er kein Theil ist , und nichts von ihm abgesondert .  Das ungetheilte Leben | vorausgesezt , fixirt so können wir die Lebendigen , – als Aüsserungen des Lebens , als Darstellungen desselben betrachten , deren Mannichfaltigkeit , die eben weil Aüsserungen gesezt werden , zugleich gesezt , und zwar als unendlich gesezt wird , die Reflexion dann als ruhende , bestehende , als feste Punkte , als Individuen fixirt  ; – oder ein Lebendiges vorausgesezt , und zwar uns die betrachtenden , so ist das ausser unserem beschränkten Leben gesezte Leben ein unendliches Leben von unendlicher Mannichfaltigkeit , unendlicher Entgegensezung , unendlicher Beziehung  ; als Vielheit , eine unendliche Vielheit von Organisationen , Individuen , als Einheit , ein einziges organisirtes getrenntes und vereinigtes Ganzes – die Natur . Sie ist ein Sezzen des Lebens , denn ins Leben hat die Reflexion ihre Be­g riffe von Beziehung und Trennung von einzelnem , für sich bestehendem , und allgemeinem , verbundenem , jenem also einem beschränktem , diesem einem unbeschränktem gebracht , und es durch Sezzen zur Natur gemacht . | Weil nun das Leben als Unendlichkeit der Lebendigen , oder als eine Un­ endlichkeit von Gestalten , auf diese Art als Natur ein unendlich endliches , ein unbeschränkt beschränktes , diese Vereinigung des Endlichen und Unendlichen und die Trennung desselben in ihr ist , die Natur nicht selbst Leben , sondern ein von der Reflexion obzwar aufs würdigste behandeltes , fixirtes Leben ist , so fühlt oder wie man es nennen will , das Natur betrachtende , denkende Leben noch diesen Widerspruch , diese einzige noch bestehende Entgegensezung seiner selbst gegen das unendliche Leben , – oder die Vernunft erkennt noch das Ein­ seitige dieses Sezzens , dieses Betrachtens , – und diß denkende Leben hebt aus der Gestalt , aus dem Sterblichen , Vergänglichen , unendlich sich entgegengesezten sich bekämpfenden heraus das Lebendige , frey vom Vergehenden , die Beziehung 1 Leben aus Lebens   ihm  ;] folgt am Innenrande gestr  : er?  All des unter der Zeile mit Einfügungszeichen   2 ist ,] ist /  der1 aus e  3 er aus es  4 fixirt über der Zeile mit Einfügungszeichen  Lebendigen ,] folgt gestr  : (1) die wir eben weil Vielheit gesezt ist , zugleich unendlich viele nennen müssen , (2) so können   5 betrachten ,] folgt gestr  : welche   deren] folgt gestr  : Vielheit   8 oder] folgt gestr  : die   vorausgesezt ,] folgt gestr  : so   9 beschränkten aus beschränkte   10 unendlicher2 aus unendli­ ches  Entgegensezung ,] Entgegensezung  ; folgt gestr  : und   12 Ganzes –] Ganzes – / –   13 Na­ tur .] folgt gestr  : Das Sezzen des Lebens , als   ins aus in d  Leben] folgt gestr  : als Natur   14 von 2 ] folgt gestr  : endliche   für sich auf dem Rande angeschlossen  15–16 verbundenem , jenem … unbeschränktem] (1) verbundenem (2) Text  : verbundenem , ( 〈 von 〉 jenem … unbeschränktem auf dem Rande angeschlossen)  17 das Leben] (1) die Natur (2) Text  : (das Leben 〈 a ls 〉 über der Zeile mit Ein­wei­ sungs­zeichen)  Lebendigen aus Lebendigem  oder] (1) oder (2) das Leben (3) Text (über der Zeile)   19 beschränktes] folgt gestr  : ist   21 obzwar aufs würdigste am Rande mit Verweiszeichen  22 betrach­ tende ,] folgt gestr  : Le   23 seiner über gestr . ihrer   24 oder] davor gestr  : od   erkennt] davor gestr  : erkennt   25 diß] folgt gestr  : le   26 dem Sterblichen aus den sterblichen  sich über der Zeile  

5

10

15

20

25

30 30

35 35

40

Text 63

5

10

15

20

25

30

absolute entgegensezung …343

ohne das Todte und sich tödtende der Mannichfaltigkeit , nicht eine Einheit , eine gedachte Beziehung , sondern alllebendiges  , allkräftiges , unendliches Leben , und nennt es Gott , ist nimmer | denkend , oder betrachtend , weil sein Objekt nichts reflektirtes , todtes in sich trägt . Diese Erhebung des Menschen nicht vom Endlichen zum Unendlichen , denn dieses sind nur Produkte der blossen Reflexion , und als solcher ist ihre Trennung absolut – sondern vom endlichen Leben zum unendlichen Leben – ist Religion .  Das unendliche Leben kan man einen Geist nennen , im Gegen­saz [zu] der abstrakten Vielheit , denn Geist ist die lebendige Einigkeit des Mannichfaltigen , im Gegensaz gegen dasselbe als seine Gestalt , die im Be­g riff des Lebens liegende Mannichfaltigkeit ausmacht , nicht im Gegensaz gegen dasselbe , als von ihm getrennte , todte blosse Vielheit  ; denn alsdenn wäre er die blosse Einheit , die Gesez heißt und ein bloß gedachtes , unlebendiges ist . Der Geist ist belebendes Gesez in Vereinigung mit dem Mannichfaltigen , das alsdenn ein belebtes ist . Wenn der Mensch diese belebte Mannichfaltigkeit als eine Menge von Vielen zugleich sezt , und doch in Verbindung mit dem belebenden , so werden diese Einzelleben Organe , das unendliche Ganze ein unendliches All des Le |b  ens , wenn er das unendliche Leben als Geist des Ganzen , zugleich ausser sich , weil er selbst ein beschränktes ist , sezt , sich selbst zugleich ausser sich , dem beschränkten , sezt , und sich zum Lebendigen emporhebt , aufs innigste sich mit ihm vereinigt , so betet er Gott an . Wenn schon das Mannichfaltige nicht als solches hier mehr gesezt ist , son­ dern zugleich durchaus in Beziehung auf den lebendigen Geist , als belebt als Organ vorkommt , so würde damit eben noch etwas ausgeschlossen , und bliebe demnach eine Unvollständigkeit , und eine Entgegensezung , nemlich das Todte  ; mit andern Worten , wenn das Mannichfaltige nur als Organ , in Beziehung gesezt wird , so ist die Entgegensezung selbst ausgeschlossen , aber das Leben kan eben nicht als Vereinigung , Beziehung allein , sondern muß zugleich als Entgegensezung betrachtet [werden]  ; wenn ich sage es ist die Verbindung der ­Entgegensezung und Beziehung , so kan diese Verbindung selbst wieder isolirt und ein­gewen | det werden , daß [sie] der Nichtverbindung entgegenstünde  ; ich müßte mich aus-

1 tödtende] folgt gestr  : M   2 alllebendiges , allkräftiges , unendliches] (1) un-/endliches (2)Text  : (auf dem Rande angeschlossen  : alllebendiges  , allkräftiges , un)endliches   3 Gott ,] folgt gestr  : erh   denkend] davor gestr  : nen   4 trägt .] zuerst  : trägt , sondern betet an .   5 Diese] davor gestr  : Indem   denn] 35 folgt gestr  : b   9 Vielheit] folgt gestr  : des Todten   12 er] folgt gestr  : ein   15 sezt ,] folgt gestr  : so wer   35 17 unendliche] davor gestr  : Ganze   ein] folgt gestr  : A   das2 ] (1) zu dem lebe (2) Text  : 〈〈 zu 〉〉 (a) das (aus dem) lebe (b) den 〈 L 〉 〈 leb 〉 Geist des (c) das   19 sezt ,1] folgt gestr  : und   21 Wenn] davor gestr  : Die Entgegensezung   22 durchaus] zuerst  : als durchaus belebt ,   23 eben noch] (1) noch eben 〈 et 〉 anderes (2) Text (noch über der Zeile)  und aus nem   26 eben] folgt gestr  : s   27 allein] folgt gestr  : betr   29 und 2 ] folgt gestr  : gef  30 mich] folgt gestr  : A  

164r

164v

165r

344

165v

frankfurter manuskripte · über religion

Text 63

drükken , das Leben sey die Verbindung der Verbindung und der Nichtverbindung , das heißt , jeder Ausdruk ist Produkt der Reflexion , und sonach kan von jedem als einem gesezten aufgezeigt werden , daß damit , daß etwas gesezt wird , zugleich ein anderes nicht gesezt , ausgeschlossen ist  ; diesem Fortgetriebenwerden ohne Ruhepunkt , muß aber ein für allemal dadurch gesteuert werden , daß nicht vergessen wird , dasjenige zum Beispiel , was Verbindung der Synthesis und Anti­ thesis genannt wurde , sey nicht ein geseztes , verständiges , reflektirtes , sondern sein für die Reflexion einziger Charakter sey , daß es ein Seyn ausser der Reflexion ist .  Im lebendigen Ganzen ist der Tod , die Entgegensezung , der Verstand zugleich gesezt , nemlich als Mannichfaltiges , das lebendig ist , und als l­ebendiges sich als ein Ganzes sezen kan , wodurch es zugleich ein Theil ist , d . h . für welches es todtes gibt , und welches selbst , für anderes todt ist . Dieses Theil­seyn des Le  ebt sich zum bendigen hebt sich in der Religion auf , das beschränkte Leben er |h Unendlichen  ; und nur dadurch , daß das Endliche , selbst Leben [ist ,] trägt es die Möglichkeit in sich zum unendlichen Leben sich zu erheben . Die Philosophie muß eben darum mit der Religion aufhören , weil jene ein Denken ist , also einen Gegensaz theils des Nichtdenkens hat , theils des Denkenden und des Gedachten  ; sie hat in allem Endlichen die Endlichkeit aufzuzeigen , und [muß] durch Vernunft die Vervollständigung desselben fodern , besonders die Taüschungen durch ihr eignes Unendliche erkennen , und so das wahre Unend­li­che ausserhalb ihres Umkreises sezzen .  Die Erhebung des endlichen zum Unendlichen charakterisirt sich eben dadurch als Erhebung endlichen Lebens zu Unendlichem , als Religion , daß sie nicht das Seyn des Unendlichen als ein Seyn durch Reflexion , als ein objektives oder subjektives sezt , so daß sie zum Beschränkten das Beschränkende hinzufügte , dieses wieder als ein geseztes , selbst als ein Beschränktes erkennte , und von neuem das Beschränkende für dasselbe aufsuchte , und die Foderung machte , diß ins Unendliche fortzusezzen  ; auch diese Thätigkeit der Vernunft ist eine Erhebung zum Unendlichen , aber diß Unendliche ist ein

5

10

15

20

25

30

4 zugleich über der Zeile   ist  ;] folgt gestr  : deswegen   5 Ruhepunkt ,] folgt gestr  : ist   6 wird ,] folgt gestr  : eine   der Synthesis] (1) des Verbundenen (2) Text (der aus des)  9 der2 aus die   10 und] 30 folgt gestr  : als The   11 für] folgt gestr  : es   12 selbst , für anderes] (1) für anderes selbst (2) Text (selbst , über der Zeile)  des über gestr  : eines   12–13 Lebendigen] folgt gestr  : au   13 das] folgt gestr  : 14 selbst über der Zeile  Leben] folgt gestr  : (1) ist kan es sich (2) ist ,   15 end­l ic (mit Ansatz zu h)   zum unendlichen] (1) unendliches (2) Text  : (über der Zeile mit Einfügungszeichen  : zum) unendlichen (aus unendliches)   16 aufhören] davor gestr  : aufhebe   17 Gegensaz] folgt gestr  : des N   Denken- 35 den] Denkendes   18–19 durch Vernunft … desselben fodern] (1) als Vernunft … desselben (2) Text  : (über der Zeile  : durch) Vernunft … desselben fodern (über der Zeile mit Einfügungszeichen)  21 Die] davor ein Spatium von einer kurzen Wortlänge  endlichen] folgt gestr  : L   23 nicht über der Zeile mit Einfügungszeichen  das] folgt gestr  : sie  Unendlichen] folgt gestr  : sezt , nicht es   24 sezt ,] folgt gestr  : w   sie] folgt gestr  : die (ohne i-Punkt) 40

Text 64

ein objektiven mittelpunkt  ;   …345

ein objektiven Mittelpunkt …

5

10

15

20

25

ein objektiven Mittelpunkt  ; allen Völkern war er die Morgengegend des Tempels , und für die Verehrer eines unsichtbaren Gottes , nur diß gestaltlose des bestimmten Raums , nur ein Plaz .  Aber diß blos entgegengesezte , rein objektive , blos raümliche muß nicht nothwendig in dieser Unvollständigkeit der völligen Objektivität bleiben , es kan selbst , d . h . als für sich bestehend , durch die Gestalt zur eignen Subjektivität zurükkehren .  Göttliches Gefühl , das unendliche vom Endlichen gefühlt wird erst dadurch vervollständigt , daß Reflexion hinzu­ kommt , über ihm verweilt  ; ein Verhältniß derselben zum Gefühl ist aber nur ein Er­kennen desselben , als eines subjektiven , nur ein Bewußtseyn des Gefühls , ­getrennte Reflexion über dem getrennten Gefühl  ; die reine , raümliche Objektivität gibt den Vereinigungspunkt für viele , und die gestaltete Objektivität ist zugleich , was seyn soll , durch die mit ihm verbundne Subjektivität nicht eine wirkliche , sondern nur eine mögliche Objektivität , es kan als solche gedacht werden , aber es ist nicht nothwendig , weil sie nicht rein ist .  Und damit ist auch , so wie oben die Antinomie der Zeit , der Moment und die Zeit des Lebens | als nothwendig gesezt wurde , die objektive Antinomie in Ansehung des Gegenstands gesezt  ; das in der Unermeßlichkeit des Raums unendliche Wesen ist zugleich im bestimmten Raume , etwa wie in dem  : den aller Himmel Himmel nicht umschloß , der liegt nun in Mariä Schooß . Im religiösen Leben wurde sein Verhältnis zu Objekten , sein Handeln , als ein Lebendig erhalten , oder als ein Beleben derselben aufgezeigt , aber an sein Schiksal erinnert , vermöge dessen es auch objektives als objektives müsse be­stehen lassen , oder gar selbst Lebendiges zu Objekten machen . es kan seyn , daß diß

1 Überschrift der Herausgeber  3 Gottes ,] folgt gestr  : (1) diese (2) das Objektive die   gestaltlose] davor gestr  : unbestimmte ,   6 d . h .] folgt gestr  : oh   7 eignen über der Zeile  Göttliches Gefühl] davor ein Spatium von einer kurzen Wortlänge  ; (1) Göttliche Empfindung (2) Text  : Göttliches (aus Göttliche) 8 dadurch] folgt gestr  : verst   9 verweilt  ;] folgt gestr  : ihr   11 die] folgt gestr  : 30 Gefühl (über der Zeile)   13 zugleich] (1) zugleich , in der bestim (2) der Vereinigungspu (3) Text 30 Objektivi (ohne i-Punkt)   (der vers . nicht gestr .)  nicht] davor gestr  : (1) nicht eine mö (ohne ö-Striche) (2) w (3) s   als aus also   17 in] davor gestr  : im   18 in] davor gestr  : im   19 in] davor gestr  : das   22 Objekten , ] folgt gestr  : theils   Handeln ,] folgt gestr  : theil (ohne i-Punkt)  

166r

166v

346

167r

167v

frankfurter manuskripte · über religion

Text 64

Objektivmachen nur für den Moment seyn muß , und daß das Leben sich wieder davon entfernt , sich selbst davon frey macht , und das unterdrükte seinem eigenem Leben , und dessen Auferstehung überläßt . Aber es ist nothwendig , daß es sich auch in ein bleibendes Verhältnis mit Objekten sezt , ihnen die Objektivität bis zur gänzlichen Vernichtung behält . Bei aller durch die bisherigen Vervoll­ ständigungen gezeigten vermehrten religiösen Vereinigung kan noch Heucheley statt finden  ; nemlich durch besonderes , für sich zurükbehaltenes Eigenthum  ; | mit dem festen Haben von Dingen hätte der Mensch die – negativ ausgedrükt – Bedingungen der Religion nicht erfüllt , nemlich von absoluter Objektivität frey zu seyn , sich über endliches Leben erhoben zu haben  ; er wäre unfähig der Ver­ einigung mit dem unendlichen Leben , weil er noch für sich etwas behalten , noch in einem Beherrschen be­g riffen , oder unter einer Abhängigkeit befangen wäre  ; und darum gibt er vom Eigenthum , dessen Nothwendigkeit sein Schiksal ist , als Opfer hin , nur einiges , denn sein Schiksal ist nothwendig , und kan nicht auf­ gehoben werden , er vernichtet einen Theil auch vor der Gottheit , der Vernichtung des übrigen nimmt [er] durch Ge­mein­schafft­lich­keit mit Freunden die Besonderheit , so viel als möglich war , und dadurch daß sie ein zwekloser Überfluß ist  ; und durch diese Zweklosigkeit des Vernichtens allein , durch diß Vernichten um des Vernichtens willen macht er sein sonstiges partikuläres Verhältnis des zwekmässigen Vernichtens gut , und hat zugleich die Objektivität der Objekte , durch eine auf sich nicht bezogne Vernichtung , ihre völlige Beziehungslosigkeit , Tod vollendet , und wenn schon die Nothwendigkeit einer beziehenden Vernichtung der Objekte bleibt , so kommt doch diß zweklose Vernichten um | des Vernichtens willen zuweilen vor , das sich als das einzige religiöse zu absoluten Objekten beweist . Es braucht nur kurz berührt zu werden , daß die übrige aüssere raümliche Umgebung , als eine nothwendige Begränzung , nicht sowohl durch zweklose Schön­heit selbst be­schäffti­gen darf , als durch zwekmässige Verschönerung auf ein anderes zu deuten hat  ; und daß es Wesen des Gottesdienstes ist , die beschauende oder denkende Betrachtung des objektiven Gottes aufzuheben , oder

5

10

15

20

25

30

1 Objektivmachen aus Objektis  1–2 wieder davon] davon wieder / davon   2 entfernt , ] folgt gestr  : und das unterdrü   4 ihnen] folgt gestr  : bis zur gänz   8 mit dem] mit dem | mit dem   der] folgt (über den Rand hinausgeschrieben) gestr  : Mensch   9 der] davor gestr  : des   12 in über gestr  . unter   13 vom] (1) von seinem (2) Text (aus von)  15 er] davor gestr  : v   der2 aus die   16 nimmt über 35 gestr . mit seinen (mit Ansatz zu F)  durch aus mi   19 sonstiges] folgt gestr  : Ver  20 die] folgt 35 gestr  : Obje   21 eine über gestr . die s   23 zweklose] folgt gestr  : zuweilen vor   26 nur] folgt gestr  : noch  berührt über gestr . erinnert   27 zweklose über der Zeile mit Einfügungszeichen   28 darf über der Zeile  zwekmässige] folgt gestr  : Schö  Verschönerung] folgt gestr  : z   29–30 beschau­ende oder denkende] (1) Beschauung (a) aufzuheben , (b) des (c) oder (2) Text  : 〈 Beschauung 〉 (vers . nur der

Text 64

5

10

15

20

25

30

ein objektiven mittelpunkt  ;   …347

vielmehr mit Subjektivität lebendiger , in Freude zu verschmelzen , des Gesan­ges , der körperlichen Bewegungen , einer Art von subjektiver Aüsserung , die wie die tönende Rede , durch Regel objektiv und schön , zum Tanz werden kan , – einer Mannichfaltigkeit der Be­schäff­ti­g un­gen der Anordnung des Darbringens , des Opferns u . s . w .  Auch erfodert diese Mehrheit der Aüsserungen und der Aüssernden , Einheit , Ordnung  ; die als lebendes ein ordnender , befehlender ist , ein Priester , welcher , wenn ein Bedürfnis‑volles aüsseres Leben der Menschen sich sehr gesondert hat gleichfalls ein ausgesondertes wird  ; anderer Folgen und deren Vervollständigungen nicht zu gedenken . | Diese vollständigere Vereinigung in der Religion , eine solche Erhebung des endlichen Lebens zum unendlichen Leben so daß sowenig endliches beschränktes , d . h . rein objektives , oder rein subjektives übrig bleibe als möglich , daß jede selbst in dieser Erhebung , und Vervollständigung entsprungene Gegensezung wieder vervollständigt werde , ist nicht absolut nothwendig  ; Religion ist irgend eine Erhebung des Endlichen zum Unendlichen , als einem gesezten Leben und eine solche ist nothwendig , denn jenes ist bedingt durch dieses  ; aber auf welcher Stuffe der Entgegensezung und Vereinigung die bestimmte Natur eines Geschlechts von Menschen stehen bleibe , ist zufällig in Rüksicht auf die unbestimmte Natur . Die vollkommenste Vollständigkeit ist bei Völkern möglich , deren Leben so wenig als möglich zerrissen und zertrennt ist , d . h . bei Glük­ lichen  ; unglüklichere können nicht jene Stuffen erreichen , sondern sie mü s s e n in der Trennung um Erhaltung eines Glied derselben , um Selbstständigkeit sich bekümmern  ; sie dürfen diese nicht zu verlieren suchen , ihr höchster Stolz muß seyn die Trennung fest , und das Eine zu erhalten  ; man mag dieses nun von der Seite der Subjektivität als Selbstständigkeit betrachten , oder von der andern als frem |d  es , entferntes , unerreichbares Objekt  ; beydes scheint nebeneinander verträglich zu seyn , so nothwendig es ist , daß je stärker die Trennung , desto reiner das Ich , und desto weiter zugleich das Objekt über und fern dem Mensch ist  ; je grösser und abgeschiedner das Innere , desto grösser und abgeschiedener das Aüssere , und wenn das leztere als das Selbstständige gesezt wird , desto unterjochter der Mensch scheinen muß  ; aber gerade diß Beherrschtwerden von dem übergrossen Objekt ist es was als Beziehung festgehalten wird  ; es ist zufällig , welche Seite sein Bewußtseyn auf­g reifft , ob die , einen Gott zu fürchten , der un­

35 erste Buchstabe gestr .) beschauende (auf dem Rande angeschlossen) oder denkende (über der Zeile mit Ein-

1 lebendiger über der Zeile mit Einfügungszeichen  3 tönende aus T   5 diese aus 35 fügungszeichen)   die   5–6 Aüssernden aus Aüsseru  7 ein über gestr . die   15 Unendlichen aus u   einem] folgt gestr  : Le   15–16 und eine … dieses mit Einfügungszeichen über der Zeile begonnen und auf dem Rande fortgesetzt  17 Vereinigung] folgt gestr  : die eine   22 Erhaltung] folgt gestr  : des   26 fremdes ,] folgt gestr  : un   32 es1] (1) ist die Be (2) Text  

168r

168v

348

169r

frankfurter manuskripte · über religion

Text 64

endlich über aller Himmel Himmel , über aller Verbindung , Angehören erhaben , über aller Natur schwebend übermächtig sey , oder sich als reines Ich , über den Trümmern dieses Leibes und den leuchtenden Sonnen , über den tausendmal­ tausend Weltkörpern , und den sovielemale neuen Sonnensystemen als eurer alle sind , ihr leuchtenden Sonnen – zu sezen . Wenn die Trennung unendlich ist , so ist das Fixiren des subjektiven oder objektiven gleichgültig , aber die Entgegensezung bleibt , absolutes Endliches gegen absolutes Unendliches  ; die Erhebung des endlichen Lebens zu dem unendlichen Leben könnte nur eine Er |h   ebung ü b e r endliches Leben seyn  ; das Unendliche ist das Vollständigste , insofern es der Totalität d . h . der Unendlichkeit des Endlichen entgegengesezt , nicht insofern diese Entgegensezung in schöner Vereinigung aufgehoben wäre , sondern insofern die Vereinigung aufgehoben ist , und die Entgegensezung ein Schweben des Ich ü b e r aller Natur , oder die Abhängigkeit , richtiger Beziehung auf ein Wesen über aller Natur ist . Diese Religion kan erhaben und fürchterlich erhaben , aber nicht schön menschlich seyn  ; und so ist die Seeligkeit , in welcher das Ich alles , alles entgegengesezt , unter seinen Füssen hat , eine Erscheinung der Zeit , gleichbedeutend im Grunde mit der von einem absolut fremden Wesen , das nicht Mensch werden kan , abzuhängen , oder wenn es diß geworden (also in der Zeit) wäre , auch in dieser Vereinigung ein absolut besondres , nur ein absolutes Eins bliebe – das Würdigste edelste , wenn die Vereinigung mit der Zeit unedel und niederträchtig wäre . 14 . Spt . 1800

5

10

15

20

3 über] folgt gestr  : euch ,   6 das aus die  7 die] davor gestr  : D   10 der1 aus die  Totalität] folgt gestr  : des E   entgegengesezt] folgt gestr  : ist   16 entgegengesezt] davor gestr  : unter   18 (also in der Zeit) über der Zeile   21 wäre] darunter ein Strich fast über die gesamte Zeilenbreite 25

Zum begriff der positi v en Religion

Text 65

der begriff der positivität …351

Der Be­griff der Positivität …

5

10

15

20

25

24 Sept  : 800 Der Be­g riff der Positivität einer Religion ist erst in neuern Zeiten entstanden und wichtig geworden  ; eine positive Religion wird der natürlichen entgegen­ gesezt , und damit vorausgesezt , daß es nur Eine natürliche gebe , weil die menschliche Natur nur Eine ist , daß aber der positiven Religionen viele seyn können . Schon aus dieser Entgegensezung erhellt , daß eine positive Religion eine wideroder übernatürliche wäre , welche Be­g riffe , Kenntnisse enthält , die für den Verstand und die Vernunft überschwenglich sind , Gefühle und Handlungen fodert , welche aus dem natürlichen Menschen nicht hervorgehen würden , sondern nur was die Gefühle be­trifft , durch Vorrichtungen , gewaltsam hervorgetrieben  ; was die Handlungen be­trifft , nur auf Befehl und aus Gehorsam , ohne eignes Interesse gethan werden .  | Man sieht aus dieser allgemeinen Erklärung , daß um eine Religion oder einen Theil derselben für positiv erklären zu können , der Be­g riff der menschlichen Natur , und damit auch das Verhältniß derselben zur Gottheit bestimmt worden seyn muß . In neuern Zeiten ist man nun mit diesem Be­g riff sehr be­schäff­t igt ­gewesen , man glaubte mit dem Be­g riff der Bestimmung des Menschen so ziemlich im Reinen zu seyn , um nun mit demselben als Maasstaab , an das Sichten der Religion selbst gehen zu können . Es mußte ein langer in Jahrhunderte sich ausdehnender Stuffen­g ang von Bildung [durchlaufen seyn] , bis eine solche Periode kommen konnte , in welcher die Be­g riffe so abstrakt wurden , daß man sich überredete , die unendliche Man1 Überschrift der Herausgeber   2 24 Sept  : 800 in sehr kleiner Schrift am oberen Seitenrand   3 erst aus

25 in  ; folgt gestr  : neuerer   5 und] davor gestr  : man   gebe aus Ansatz zu R  ; folgt gestr  : der positiven

hingegen viele seyn können  ;   6 daß aber … seyn] (1) daß es aber der positiven Religionen viele geben (2) Text (seyn über der Zeile)   7 eine1] davor gestr  : die   wider- aus ü   8 übernatürliche aus über­nt   welche] folgt gestr  : für den Verstand und die Vernunft   enthält ,] folgt gestr  : welche   10 nur] folgt gestr  : auf Befehl  13 gethan] (1) hervorgebracht (2) Text (aus hervorgebracht  ; than über 30 der Zeile)  werden] folgt gestr  : können   14 Man] darüber gestr  : (Absatz) In neuern Zeiten ,  Religion] folgt gestr  : für po   oder] folgt gestr  : irgend   15 der1 aus er?  18 mit] folgt gestr  : ihm und   19 das aus die?   21–22 mußte ein … Bildung] (1) gehörte (a) der Fortgang (b) ein StuVengang von Bildung dazu (2) Text  : (über der Zeile  : mußte) ein ( langer in Jahrhunderte sich ausdehnender über der Zeile begonnen und auf dem Rande fortgesetzt , mit Einfügungszeichen) StuVengang von Bildung 22 solche] davor gestr  : P   in aus im  23 sich] folgt gestr  : d   35 〈〈 d azu 〉〉  

78r

78v

352

79r

79v

80r

frankfurter manuskripte · positive religion

Text 65

nichfaltigkeit der Erscheinungen der menschlichen Natur in die Einheit einiger allgemeiner Be­g riffe zusammengefaßt zu haben . | Diese einfachen Be­g riffe werden ihrer Allgemeinheit wegen zugleich zu noth­ wendigen Be­g riffen , und zu Charakteren der Menschheit  ; alle übrige Mannichfaltigkeit , von Sitten , Gewohnheiten und Meinungen der Völker , oder einzelner wird , dadurch , daß jene Charaktere fixirt sind , zu Zufälligkeiten  , Vor­­ur­thei­len und Irrthümern , und damit die Religion , die zu dieser Mannichfaltigkeit paßte , eine positive Religion , weil die Beziehung derselben auf Zufälligkeiten selbst eine Zufälligkeit , aber als ein Theil der Religion zugleich heiliges Gebot ist . Man hat es der christlichen Religion bald zum Vorwurf , bald zum Lobe gemacht , daß sie sich den verschiedensten Sitten und Charakteren und Verfassungen anpaßte . Die Verdorbenheit des römischen Staats war ihre Wiege  ; die christ­ liche | Religion wird herrschend , als diß Reich in seinem Sinken be­g riffen war , und man sieht nicht , daß sein Sturz durch dieselbe aufgehalten worden wäre  ; sie gewinnt im Gegentheil dadurch an Ausdehnung ihres Gebiets , und erscheint zu gleicher Zeit als Religion der überverfeinerten , in den niederträchtigsten Lastern schwimmenden , sklavischen Römer und Griechen , und – der unwissendsten , wildesten aber freyesten Barbaren . Sie war die Religion der italienischen Staaten in den schönsten Zeiten ihrer muthwilligen Freiheit im Mittelalter , und der ­ernstern freyen Schweizerrepubliken , der in mannichfaltigen Stuffen gemässigten Monarchien des neuern Europas , so wie die Religion der niedergedrüktesten Leibeigenen , und ihrer Herrn  ; beyde besuchen Eine Kirche . Unter Voran­gehung des Kreuzes haben die Spanier , ganze Generationen | in Amerika gemordet , die Engländer zur Verheerung Indiens christliche Danklieder gesungen . Aus ihrem Schoose sproßten die höchsten Blüthen der bildenden Künste hervor , stiegen die hohen Gebaüde von Wissenschaften empor , und ihr zu Ehren ist auch alle schöne Kunst verbannt , die Ausbildung der Wissen­schaff­ten zur Gottlosigkeit gerechnet worden . Unter allen Klimaten ist der Baum des Kreuzes gediehen , hat Wurzeln geschlagen , und Früchte gebracht . Alle Freuden des Lebens haben

5

10

15

20

25

30

1 Erscheinungen der auf dem Rande angeschlossen  2 allgemeiner aus allgemeinen  3 Diese] folgt 30 gestr  : wenigen   6 wird] werden   7 dieser] davor gestr  : jenen   paßte , ] folgt gestr  : darum   9 ­Zufälligkeit] folgt gestr  : war   ist .] folgt gestr . Ansatz zu M?  10 Lobe aus Loben   11 Sitten] folgt gestr  : d   Charakteren] folgt gestr  : von Völkern   12 anpaßte] folgt gestr  : Sie wurde zur   Wiege  ;] 16 gleicher] folgt 35 folgt gestr  : und sie   15 erscheint] (1) wird (2) Text (auf dem Rande angeschlossen)   gestr  : zu   18 der] folgt gestr  : f  23 des] folgt gestr  : heili (mit Ansatz zu g)  24 Danklieder aus L   35 24–25 ihrem Schoose sproßten] (1) ihr (a) gingen (b) s (auf dem Rande angeschlossen) (2) Text  : ihrem (aus ihr s) (Schoose sproßten auf dem Rande angeschlossen)  25 stiegen aus d  26 die] davor gestr  : h  27 WissenschaVten] folgt gestr  : zum L   28–29 Unter allen … gebracht . am Rande mit Verweis­ zeichen  

Text 65

5

10

15

20

25

30

der begriff der positivität …353

Völker an sie geknüpft , und der unglüklichste Trübsinn hat in ihr seine Nahrung und Rechtfertigung gefunden . Unendliche Modifikationen läßt der allgemeine Be­g riff der menschlichen Natur [zu] , und es ist nicht ein Nothbehelf , sich auf die Erfahrung zu berufen , daß Modifikationen nothwendig sind , daß die menschliche Natur niemals rein vorhanden war , sondern es läßt sich streng erweisen  ; es ist hinreichend , nur zu fixiren , | was denn die reine menschliche Natur wäre  ? dieser Ausdruk soll nichts in sich fassen , als die Angemessenheit an den allgemeinen Be­g riff . Aber die lebendige Natur ist ewig ein anderes als der Be­g riff derselben , und damit wird dasjenige , was für den Be­g riff blosse Modifikation , reine Zufälligkeit , ein überflüssiges war , zum Nothwendigen , zum Lebendigen vielleicht zum einzig Natürlichen und Schönen . Damit erhält nun der anfangs aufgestellte Maasstab für die Positivität der ­Religion ein ganz [anderes] Aussehen . Der allgemeine Be­g riff der menschlichen Natur wird nicht mehr hinreichend seyn  ; die Freyheit des Willens wird ein ein­seitiges Kriterium , denn die Sitten und Charaktere der Menschen und die damit zusammenhängende Religion hängen nicht von einer Bestimmung durch Be­g riffe ab  ; es müßte in jeder Form von Bildung | das Bewußtseyn einer höhern Macht , und damit Vorstellungen vorkommen , welche für Verstand und Vernunft überschwenglich sind  ; es werden , wenn das gewöhnliche Leben der Menschen , Gefühle , die in der Natur vorkommen müssen , nicht gibt , gewaltsame Anstalten nothwendig , um jene Gefühle zu erzeugen , denen freilich von der Gewalt­samkeit immer anklebt  ; ebenso werden Handlungen nur auf Befehl , aus blindem Gehorsam ge­than , welche die natürlichste Religion fodert , welche aber in Zeiten , worin alles unnatürlich geworden ist , ebenfalls wegfallen würden . Freilich ist nun die Religion positiv geworden , aber sie ist es auch nur geworden , sie war es ursprünglich nicht  ; die Religion muß nun positiv seyn , weil es sonst gar keine geben würde . Sie ist nur als fremdes Erbstük vergangner Zeiten übrig , ihre ­Foderungen werden dann noch geachtet , und vielleicht desto höher ge­ehrt und gefürchtet , je unbe |k  annter ihr Wesen ist . Auch vor einem unbekannten zu zittern , in seiner Handlungsweise seinem Willen zu entsagen , und

1 hat] folgt gestr  : ih   4 ist] davor gestr  : wäre   5 sind , ] folgt gestr  : sond   niemals] folgt gestr  : rein   6 hinreichend] davor gestr  : s  ; darunter eine Berechnung   10 für den BegriV auf dem Rande ange35 schlossen   12 Natürlichen aus n   18 müßte in] müßtein mit Trennstrich  19 damit] folgt gestr  : B   35 20–21 werden , wenn … müssen] (1) wird , wenn das gewöhnliche Leben der / Menschen sie (2) Text  : werden (aus wird) , wenn das gewöhnliche Leben der (Menschen , Gefühle , die in der Natur vorkommen müssen[ ,] auf dem Rande angeschlossen)  21–22 gewaltsame] davor gestr  : Ge   24 die] folgt gestr  : Religion f  25 würden .] folgt gestr  : Und so wür-   26 ist 2 über der Zeile mit Einfügungszeichen   27 nicht  ;] folgt gestr  : es muß   nun über der Zeile mit Einfügungszeichen  

80v

81r

81v

354

82r

82v

frankfurter manuskripte · positive religion

Text 65

sich durchaus gegebnen Regeln wie eine Maschine zu unterwerfen  ; ohne allen Verstand durch Thun und Entsagen , Sprechen und Schweigen , sich in kürzere oder lebens­längliche Dumpfheit eines Gefühls einzulullen , – alles diß kan natürlich seyn , und eine Religion , welche jenen Geist athmete , würde deswegen keine positive seyn  – , weil sie der Natur ihres Zeitalters angemessen wäre . Eine Natur welche eine solche Religion erfoderte , wäre freilich eine elende Natur  ; aber die Religion erfüllte ihren Endzwek , sie gäbe dieser Natur ein höheres wie sie es allein vertragen kan , und worin sie Befriedigung findet . Erst wenn ein anderer Muth erwacht , wenn sie ein Selbstgefühl erhält , und damit Freyheit für sich selbst fodert , nicht blos in ihr übermächtiges Wesen sie sezt , dann kan ihr die bisherige Religion eine positive scheinen . | Die allgemeinen Be­g riffe von der menschlichen Natur sind zu leer , als daß sie einen Maasstaab für die besondern und nothwendig mannichfaltigern Bedürfnisse der Religiosität ab­ geben könnten . Man würde das bisherige schlecht verstanden haben , wenn man darin eine Rechtfertigung aller Anmassungen festgesezter Religionen , alles Aberglaubens , alles kirchlichen Despotismus aller durch falsche religiöse Anstalten erzeugten oder genährten Stumpfheit – sehen wollte . Nein  ! der schwachsinnigste , härteste Aberglauben ist für ein seelenloses , menschliche Gestalt habendes Wesen nichts positives , aber so wie Seele in ihm erwacht , und die Anfoderung des Aberglaubens bliebe , so würde er positiv für den , der sonst ganz unbefangen unter ihm stand  ; für den Beurtheiler aber ist er nothwendig ein positives , eben weil diesem als Beurtheiler ein Ideal von Menschheit vorschweben muß . | Ein Ideal der menschlichen Natur ist aber ganz etwas anderes , als allgemeine Be­g riffe über die menschliche Bestimmung , und über das Verhältnis des Menschen zu Gott . Das Ideal läst sehr wohl Besonderheit , Bestimmtheit zu , und fodert sogar ei­gen­thüm­ liche religiöse Handlungen , Gefühle , Gebraüche , einen Überfluß , eine Menge von Überflüssigem , was vor dem Laternenlicht der allgemeinen Be­g riffe nur als Eis und Stein erscheint . Nur wenn das Überflüssige die Freyheit aufhebt , wird

5

10

15

20

25

30

2 Entsagen ,] folgt gestr  : in   2–3 kürzere oder 〈 länge 〉 lebenslängliche am Rande mit Verweiszeichen   30 4 deswegen] (1) darum , (2) Text (auf dem Rande angeschlossen)   5 seyn – ,] zuerst  : seyn ,  Eine] folgt gestr  : solche   7 Religion aus ?   dieser Natur über gestr . ihr   höheres] zuerst  : höheres ,   9 sie] es  10 ihr übermächtiges] (1) seinem übermächtigen (2) (sein übermächtiges aus seinem übermäch­ ti­gen) (3) Text  : ihr (Ms  : sein) übermächtiges  dann] folgt gestr  : ersc (mit Ansatz zu h)   11 ihr] 35 ihm   15 darin eine] (1) daraus die (2) Text  : darin (aus daraus) eine (auf dem Rande angeschlossen)   35 17 alles aus aller  durch] folgt gestr  : reli   erzeugten aus erzeugte   18 schwachsinnigste , härteste] (1) här-/teste (2) Text  : (auf dem Rande angeschlossen  : schwachsinnigste , här-)/teste  19 seelenloses ,] folgt gestr  : Ge   Wesen] folgt gestr . t  21 er] davor gestr  : sie (ohne i-Punkt)  22 positives , aus posi­ tives   22–23 diesem aus dieser   25 und nachtr .   28 dem aus den   29 und] uns  

Text 65

5

10

15

20

25

der begriff der positivität …355

es positiv , das heißt wenn es Prätension gegen den Verstand und die Vernunft macht , und deren nothwendigen Gesezen widerspricht . Die Allgemeinheit dieses Kriteriums muß dadurch beschränkt werden , daß Verstand und Vernunft nur dann Richter seyn können , wenn an sie appellirt wird  ; was keinen Anspruch darauf macht , verständig , oder vernünftig zu seyn , gehört durchaus nicht in | ihre Gerichtsbarkeit . Und hierin liegt ein Hauptpunkt , dessen Vernachlässigung so entgegengesezte Urtheile hervorbringt . Der Verstand und die Vernunft können alles vor ihren Richterstuhl fodern , und machen leicht die Anmassung daß alles verständig , alles vernünftig seyn solle , und somit entdekken sie freilich des positiven genug , und das Schreyen über GeistesSklaverei , Gewissensdruk , Aberglauben hat gar kein Ende . Die unbefangensten Handlungen , die unschuldigsten Gefühle , die schönsten Darstellungen der Phantasie erfahren diese rauhe Behandlung . Die Wirkung ist aber auch diesem unpassenden Thun angemessen . Die verständigen Menschen glauben Wahrheit zu sprechen , wenn sie verständig zum Gefühl , zur Einbildungskraft , zu religiösen Bedürfnissen sprechen , und kön­nen nicht be­g reiffen , wie ihrer Wahrheit widerstanden wird , warum sie ­tau­ben Ohren predigen  ; der Fehler | ist , sie bieten Steine dem Kinde dar , das Brod fodert  ; wenn ein Haus gebaut werden soll , dann hat ihre Waare Brauchbarkeit . Aber ebenso wenn das Brod auf Tauglichkeit zum Haüserbauen Anspruch machte , so würden sie mit Recht widersprechen . In einer Religion können Handlungen , Personen , Erinnerungen für heilig ­gelten  ; die Vernunft erweist ihre Zufälligkeit  ; sie fodert , daß dasjenige was heilig ist , ewig unvergänglich sey . Damit hat sie aber nicht die Positivität jener religiösen Dinge erwiesen  ; denn der Mensch kan an das zufällige und muß an ein zufälliges Unvergänglichkeit und Heiligkeit knüpfen  ; in seinem Denken des Ewigen knüpft er das Ewige an die Zufälligkeit seines Denkens . Ein anderes ist es , wenn das Zufällige als solches , als dasjenige , was es für den Verstand ist , Ansprüche auf | Unvergänglichkeit , und Heiligkeit , und auf Verehrung macht . Dann tritt das Recht der Vernunft ein , von Positivität zu sprechen .

30

3 Kriteriums] folgt gestr  : wi (ohne 30 1–2 Vernunft macht] (1) Vernunft , (2) Text (aus Vernunft , )   i-Punkt)   4 Richter] folgt gestr  : zu   8 machen] macht  ; folgt gestr  : d   9 seyn] folgt gestr  : müsse  ,   10 das] des   11 kein] folgt gestr  : Ding   12 Gefühle , ] (1) Gefühle erfahren diese rauhe (2) Text   15 Ein­bil­dungs­k raft[ , ] aus ?   17 Steine dem Kinde] zuerst  : dem Kinde Steine   18 dann] folgt 35 gestr  : (1) er (2) erst (3) wird   19 Brod] davor gestr  : Brod  21 In einer Religion können] (1) Wenn 35 in einer Religion (a) et (b) eine (2) Text  : In (aus in) einer Religion können (über der Zeile)  Handlungen ,] folgt gestr  : Geb   22 gelten  ;] folgt gestr  : und   23 sey .] zuerst  : sey ,   24 erwiesen aus er­ weisen   25 knüpfen  ;] folgt gestr  : denn   26 Ein] davor gestr  : Dann   27 Zufällige aus z   28 auf1] folgt gestr  : Ver  Unvergänglichkeit , und] (1) Unvergänglichkeit und au (ohne u-Bogen) (2) Text (und nachtr .)  

83r

83v

84r

356

84v

85r

frankfurter manuskripte · positive religion

Text 65

Die Frage , ob eine Religion positiv sey , geht vielweniger den Innhalt ihrer Lehre und Gebote [an] , als die Form , unter welcher sie die Wahrheit ihrer Lehre beglaubiget , und die Ausübung ihrer Gebote fodert  ; es ist jede Lehre , jedes Ge­ bot fähig , positiv zu werden , denn jedes kan auf eine gewaltsame Art mit Unter­ drükkung der Freyheit angekündigt werden , und es gibt keine Lehre , die nicht unter gewissen Umständen Wahrheit wäre , kein Gebot , das nicht unter gewissen Umständen Pflicht wäre , denn auch dasjenige , was allgemein als lauterste Wahrheit gelten mag , erfodert um seiner Allgemeinheit willen , in den besondern Umständen der Anwendung , Einschränkung , das heißt , hat nicht unter allen Umständen unbedingte Wahrheit . Die folgende Abhandlung hat deß |w   egen nicht die Absicht , zu untersuchen , ob es positive Lehren und Gebote in der christlichen Religion gebe  ; die Beantwortung dieser Frage nach allgemeinen Be­g riffen der menschlichen Natur , und der Eigen­schaff­ten Gottes ist zu leer , das entsezliche Geschwäzze in diesem Tone ist durch seine endlose Ausdehnung , und seine innre Leerheit zu langweilig ge­worden  , hat zusehr alles Interesse verlohren , daß es vielleicht eher Bedürf­ nis der Zeit wäre , den Beweis des Gegentheils jener aufklärenden Anwendung allge­meiner Be­g riffe , zu hören , versteht [sich ,] daß dieser Beweis nicht mit den Grund­säzzen und der Methode geführt würde , welche der alten Dogmatik die Bildung ihrer Zeit darreichte , sondern aus dem , was wir izt als Bedürfnis der menschlichen Natur erkennen , jene | nunmehr verworfene Dogmatik abzuleiten , ihre Natürlichkeit und Nothwendigkeit aufzuzeigen . Ein solcher Versuch sezte den Glauben voraus , daß die Überzeugung vieler Jahrhunderte , das , was die Millionen , die in diesen Jahrhunderten darauf lebten und starben , für Pflicht und heilige Wahrheit hielten , – daß diß nicht baarer Unsinn und gar Immoralität wenigstens den Meinungen nach , gewesen ist . Wenn nach der beliebten Methode durch allgemeine Be­g riffe das ganze Gebaüde der Dogmatik für ein in auf­geklärtern Zeiten unhaltbares Überbleibsel finsterer Jahrhunderte erklärt wor-

5

10

15

20

25

30

1 vielweniger] folgt gestr  : ihren   2 unter welcher] (1) wie (2) Text (auf dem Rande angeschlossen)  3 die über gestr  : Gehorsam   4 werden ,] folgt gestr  : wenn es   5 Lehre ,] folgt gestr  : kein   7 auch] folgt 30 gestr  : die   9 hat] davor gestr  : ist   15 endlose] folgt gestr  : Geschwäzi (mit Ansatz zu g)   16 hat] davor gestr  : als daß   daß] folgt gestr  : (1) vielmehr ein (2) das   17 den aus des  Anwendung aus B   18 versteht] folgt gestr  : sich nicht   dieser Beweis] diß Gegentheil   den nachtr .   19 alten] davor gestr  : Al   die] davor gestr  : ihre   20 darreichte ,] (1) darreichte , (2) darreichte  ;? (3) Text  sondern aus] (1) sondern nach den (2) Text  : sondern (a) aus ((b) mit (c) aus auf dem Rande angeschlossen)  izt] 35 folgt gestr  : f  21 nunmehr] davor gestr  : ver   23 sezte den] (1) sezten den (2) Text  : sezte den (Ms  : sezteden mit Trennstrich aus seztenden)   Jahrhunderte ,] folgt gestr  : die   was] folgt gestr  : viele Millio   24 Jahrhunderten] folgt gestr  : an   25 und1] folgt gestr  : Wahrh[eit]   gar über der Zeile mit Einfügungszeichen  25–26 Immoralität] folgt gestr  : de   26 den Meinungen nach] (1) in den Meinungen (2) Text (nach auf dem Rande angeschlossen)  beliebten aus beliebt   27 in] folgt gestr  : den   40

Text 65

5

10

15

20

25

der begriff der positivität …357

den ist , so ist man doch so menschlich , hintennach die Frage zu thun , wie es denn erklärt werden könne , daß ein solches Gebaüde , das der menschlichen Vernunft so zuwider , und durch und durch Irr­thum sey , habe aufgeführt werden können . Man läßt die Kirchengeschichte zeigen , wie auf einfache Wahrheiten die zum Grunde lagen , nach und nach | durch Lei­den­schafft und Unwissenheit ein solcher Hauffen von Irr­thü­mern aufgetragen worden sey , daß in | dieser allmähligen durch Jahrhunderte fortgesezten Be |s timmung der einzelen Dogmen nicht immer Kenntnisse , Mässigung und Vernunft , die heiligen Väter geleitet hat , daß schon bei der Annahme der christlichen Religion nicht blos reine Liebe zur Wahrheit , sondern zum theil sehr zusammengesezte Triebfedern , sehr unheilige Rüksichten , unreine Leidenschaften , und oft nur aus Aberglauben stammende Bedürfnisse des Geistes gewirkt haben , daß überhaupt aüssere , der Religion fremde Umstände , eigennüzige Absichten , Gewalt und List , nach ihren ­Zwekken den Glauben der Nationen modelten . Allein diese Erklärungsart sezt eine tiefe Verachtung des Menschen , einen grellen Aberglauben an seinen Verstand voraus  ; und sie läßt die Hauptfrage unberührt , nemlich die Angemessenheit der Religion an die Natur zu zeigen , wie die Natur in verschiedenen Jahrhunderten modificirt war , mit andern Worten man | fragte nach der Wahrheit der Religion [nicht] in Verbindung mit den Sitten und dem Charakter der Völker und Zeiten , und die Antwort ist , daß sie eitel Aberglauben Betrug und Dummheit war . Am meisten wird auf die Sinnlichkeit geschoben , die muß alles verschuldet haben  ; man mag ihr aber noch so viel Herr­schafft zuschreiben , so hört der Mensch damit nicht auf , ein vernünftiges Wesen zu seyn , oder seine Natur hat immer noth­wendig höhere Bedürfnisse der Religiosität , und die Art wie er sie befriedigt , d . h . das System seines Glaubens , seines Gottesdienstes seiner Pflich­ ten kan nicht lautere Dummheit gewesen seyn , noch so unreine Dummheit , die aller Immoralität Raum ließ . | Indem es als Zwek dieser Abhandlung angegeben wird , daß er nicht der sey , zu untersuchen , ob das Christenthum Lehren in sich habe , welche positiv sind ,

30

2 Gebaüde] folgt gestr  : an   das] folgt gestr . die?   4 30 1 doch über der Zeile mit Einfügungszeichen   können .] zuerst  : können ,   6 daß in] folgt Anschlußverweis  : s . [iehe] b . [ogen] 6 .   6–7 allmähligen] folgt gestr  : Be   7 durch Jahrhunderte fortgesezten (Ms  : fortgesezte) Be |s  timmung auf dem Rande angeschlossen   8 immer] folgt gestr  : Mässigkeit ,   9 schon auf dem Rande angeschlossen  11 Rük35 sichten , ] folgt gestr  : und  oft über der Zeile   11–12 aus Aberglauben stammende] (1) auf Aber35 glauben gegründete (2) Text  : (über der Zeile  : aus) Aberglauben stammende (auf dem Rande ange­ schlossen)  12–27 daß überhaupt … ließ . auf dem Rande   12–13 aüssere , der … Umstände[ ,] über 13 List ,] folgt gestr . a?   15 eine] folgt gestr  : zu   des] der   einen] der Zeile mit Einfügungszeichen   folgt gestr  : zu   16 voraus  ;] folgt gestr  : als daß   20 Aberglauben] folgt gestr  : und   24 immer] folgt gestr  : höh   26 Dummheit 2 ] Dumheit   28–29 als Zwek … untersuchen] (1) der Zwek dieser­

85v 95v 96r

96v

86r

358

86v

87r

frankfurter manuskripte · positive religion

Text 65

sondern ob es überhaupt eine positive Religion ist , so können diese zwei Ansichten insofern in Eine fallen , als selbst die Behauptung , die christliche Religion sey positiv oder nicht , mit allen daraus fliessenden Folgen in die Religionslehre selbst hineinkommen könnte , und also wirklich die Positivität einer einzelnen Lehre untersucht würde . Es kan freilich jede Ansicht des Ganzen selbst wieder isolirt , und neben das übrige gestellt , also zu einem Theil gemacht werden  ; allein der Innhalt dieser Ansicht wird immer das Ganze be­treffen . Ferner be­trifft , wie oben erinnert worden , die Frage nach der Positivität nicht so wohl den Inn­halt , als die Art , wie die Religion | etwas durchaus gegebnes seyn , oder als ein freyes gegeben , und frey empfangen werden soll . Ausserdem schließt diese Abhandlung die unendlich verschiedenen Formen aus , welche die christliche Religion in den verschiedenen Zeitaltern und unter verschiedenen Völkern gehabt hat  ; ebenso dasjenige , was in unsern Zeiten für christliche Religion gelten könnte  ; nichts ist vieldeutiger als dieser Be­g riff , sowohl was das Wesen derselben be­trifft , als ihre einzelnen Lehren , und deren Verhältnis zum Ganzen , und Wichtigkeit , sondern was diese Abhandlung sich zum Zwekke macht , ist , in der unmittelbaren Entstehung des christlichen Glaubens , in der Art , wie sie aus Jesu Mund und Leben entsprang nachzuforschen , ob darin Umstände vorkommen , welche eine unmit |t elbare Veranlassung zur Positivität geben konnten , dazu , daß Zufälligkeiten , als solche , für Ewiges genommen wurden , daß die christliche Religion überhaupt auf einer solchen Zufälligkeit gegründet wäre , eine Behauptung welche von der Vernunft verworfen und von der Freyheit zurükgestossen würde . Die Zufälligkeit , aus welcher eine Nothwendigkeit hervorgehen sollte , das Vergängliche worauf sich in den Menschen das Bewußtseyn eines Ewigen , das Verhältnis zu ihm in Empfinden Denken und Handeln gründen sollte , diß Vergängliche heißt im Allgemeinen Aut o r it ä t . Daß die christliche Religion sich auf Autorität gründe , darin stimmen zwey Par­thieen überein  ; sie berufe sich zwar auf das natürliche Gefühl , oder Sehnen des Menschen zum Guten , und sezze freilich das Aufsehen des Menschen zu Gott

5

10

15

20

25

30

Ab-/handlung nicht ist , welch (2) Text  : als (über der Zeile) Zwek dieser Ab(handlung angegeben wird , daß er auf dem Rande angeschlossen) (über der Zeile  : (a) se (b) der sey zu unter) ((c) nicht der sey , zu untersuchen auf dem Rande angeschlossen) ,   1 können] davor gestr  : könnten   4 hineinkommen] folgt gestr  : komm   wirklich] wirkliche   5 würde .] folgt gestr  : Allein   jede] folgt gestr  : allgemeine   6 35 gestellt] folgt gestr  : we   7 Ferner] davor gestr  : Be   9 seyn über der Zeile   14 nichts] davor gestr  : (1) 35 auch dieses ist so verschieden , daß diese (2) we   ist] ists   17 des] davor gestr  : an   christlichen] folgt gestr  : L   19 eine] folgt gestr  : Veranla   20 genommen] davor gestr  : ang   21 Zufälligkeit] folgt gestr  : sich   22 welche] folgt gestr  : die V   28 christliche] (1) Lehre (mit Ansatz zu C) (2) Text (aus Ansatz zu C)  ; folgt gestr  : P   auf] folgt gestr  : R   gründe , aus gründet  

Text 65

5

10

15

20

25

der begriff der positivität …359

voraus , aber , um den Glauben sich geben zu können , daß man das Wohl­ge |f  al­len Gottes erworben habe , dazu verlange Jesus nicht blos einen reinen und freyen Gehorsam gegen den unendlichen Gott , wie die rein religiöse Seele ihn von sich fodern wird  ; sondern auch einen Gehorsam gegen bestimmte Vor­schriff­ten  , und Gebote befohlner Handlungen , Gefühle , Überzeugungen .  | Die 2 Parthien , die diese Meinung haben , unterscheiden sich darin von einander , daß die eine diß positive an einer reinen Religion | für ausserwesentlich ja für verwerflich hält , und wegen desselben auch der Religion Jesu den Rang einer freyen und ­Tu­gendRe­li­g ion nicht zugestehen will  ; die andere Parthei hingegen sezt den Vorzug derselben gerade in dieses positive , erklärt dies für das wahre Heilige und will alle Sittlichkeit darauf gebaut haben . Die Frage , nach der unmittel­ baren ­Veranlassung , daß die Religion Jesu positiv geworden sei , kan die leztere Parthei gar nicht machen , da sie behauptet , sie sei positiv aus dem Munde Jesu gekommen , für alle seine Lehren , für die Geseze der Tugend , für das Verhältnis Gottes zum Menschen habe Jesus nur auf seine Autorität , und die Beglaubigung der­selben durch Wunder u . s . w . Glauben gefodert , und diese Parthei hält es nicht für einen Vorwurf , was Sittah im Nathan von den Christen sagt  :

87v

94v 95r

was – noch von ihrem Stifter her Mit Menschlichkeit den – glauben wirzt , das lieben sie , nicht weil es menschlich ist  ; Weils Christus lehrt  ; weil Christus hat gethan . – | Die Möglichkeit einer positiven Religion überhaupt , erklärt diese Parthie da­ durch , daß in der menschlichen Natur sich Bedürfnisse finden , die sie selbst nicht befriedigen könne , und zwar seyen ihre höchsten Bedürfnisse von dieser Art  ; die Widersprüche , die hiedurch in ihr entstehen , können von ihr selbst nicht gelöst werden , und die Lösung derselben müsse etwas fremdes aus Barmherzig-

2 reinen und freyen] (1) rei-/nen (2) Text  : rei-(nen und freyen auf dem Rande angeschlossen)   4 VorschriVten ,] folgt gestr  : durch von an   5 Die 2] Anschlußverweis  : s[iehe] b[ogen] 4 . Die zwey   5–6 30 Die 2 Parthieen … unterscheiden am Rande   8 freyen und auf dem Rande angeschlossen   9 Par­ 10 erklärt auf 30 thei über der Zeile mit Einfügungszeichen  sezt über der Zeile mit Einfügungszeichen   dem Rande angeschlossen  dies aus diß   das wahre Heilige] (1) gleich heilig (2) Text (das wahre über der Zeile)  Heilige aus heilig  11 und will … haben[ .] auf dem Rande angeschlossen  11–12 nach der … daß über der Zeile   12–13 kan die … behauptet ,] (über der Zeile  : kan) die (gestr . und wieder­hergestellt) leztere Parthei (( folgt gestr  : zugleich) darunter  : gar nicht … behauptet , auf dem Rande 14–15 Tugend , für … Menschen] (1) Tugend (2) Text  : Tugend[ ,] für … Menschen 35 angeschlossen)   35 am Rande mit Verweiszeichen  15–16 und die Beglaubigung … u . s . w . auf dem Rande angeschlossen   22 Die Möglichkeit über der Zeile  einer aus eine  überhaupt auf dem Rande angeschlossen  diese Par­thie am Rande mit Verweiszeichen  23–360,1 in der … verrichten . auf dem Rande angeschlossen   24 nicht] folgt gestr  : Bedür   könne aus können   zwar] folgt gestr  : ihr  

95v

360 96v

97r

frankfurter manuskripte · positive religion

Text 65

keit verrichten . | Nicht nur die religiösen Belehrungen und Gebote sondern alle Tugendgeseze die Jesus gab gleichfalls für etwas positives auszugeben , ihre Gültigkeit , und die Möglichkeit eine Erkenntnis davon zu erlangen , nur darin , daß Jesus sie geboten habe , zu finden , zeugt zwar von einer demüthigen Bescheidenheit , und einer Resignation , welche auf alles eigne Gute , | Edle und Grosse in der menschlichen Natur Verzicht thut , aber wenn sie sich nur selbst verstehen will , so muß sie doch wenigstens voraussezen , daß der Mensch ein natürliches Gefühl oder Bewußtseyn einer übersinnlichen Welt und der Verpflichtung gegen göttliches habe  ; entspräche einer von aussen kommenden Auffoderung zu Tugend und Religion in unserm Herzen schlechterdings nichts , wären es nicht eigne Saiten der Natur , die dadurch in uns angeschlagen werden , so würde das Unternehmen Jesu , die Menschen zu einer bessern Religion , und zur Tugend zu begeistern , von gleicher Be­schaffen­heit , und gleichem Erfolge gewesen seyn , als der Eifer des heiligen Antonius von Padua , den Fischen zu predigen , welcher sich darauf hätte verlassen können , daß das , was weder seine Predigt , noch die Natur der Fische vermochte , durch ein völlig ausser ihnen vorhandenes , einen Beistand von oben in ihnen gewirkt werden könne . Diese Ansicht des Verhältnisses der christlichen Religion zum Menschen ist nicht geradezu für sich selbst positiv zu nennen , sie

5

10

15

20

1 verrichten .] folgt Anschlußverweis  : s[iehe] 8 . Nicht nur  Nicht nur … alle auf dem Rande   2 die Jesus … für über der Zeile   etwas positives vers . gestr .   auszugeben ,] ausgeben über der Zeile  2–4 Gültigkeit , und … finden] (1) Gültig-/keit haben , weil J . sie geboten habe , (2) Text  : Gültig-(keit , und … darin[ ,] auf dem Rande angeschlossen) (daß (über der Zeile) J . sie geboten habe mit Verweiszeichen in eine lacuna umgestellt) zu finden   3 davon] letzter Buchstabe durch Klebung überdeckt  nur aus d   4 finde(n , durch Klebung überdeckt  einer] einen  5 Gute ,] Gute |  Grosse aus g  6–7 Natur Verzicht … sie] (1) Natur , aber sie mus (2) Text  : Natur (Ms  : Natur , ) ( Verzicht … muß sie über der Zeile begonnen und auf dem Rande fortgesetzt)  8 oder Bewußtseyn … und] auf dem Rande angeschlossen  : (1) und (2) Text  einer] eines  8–9 gegen göttliches] (1) zu göttlichen Geboten (2) Text  : (unter der Zeile  : gegen) göttliches (aus göttlichen)  9 einer von aussen kommenden über der Zeile begonnen und auf dem Rande fortgesetzt  einer] folgt gestr  : f  aussen] folgt gestr  : her   9–10 und Religion über der Zeile mit Einfügungszeichen  10 in unserm Herzen mit Einfügungszeichen umgestellt  10–11 wären es … werden] (1) würde dadurch keine eigne Saite in uns angeschlagen , (2) Text  : (über der Zeile  : wären es nicht) 〈〈 keine 〉〉 eigne Saiten (aus Saite) (der Natur , die dadurch in über der Zeile) (in uns gestr . und wiederhergestellt  ; dabei Anschlußwort in verdoppelt) angeschlagen werden (über der Zeile)  11–13 würde das … als] (1) wäre das Unternehmen J . den Menschen Tugend zu lehren , von der gleichen Be­ schaVenheit u . von gleichem Erfolge gewesen , wie (2) Text  : würde (Ms  : wäre) das Unternehmen J . die (aus den) Menschen (zu einer bessern Religion , und zur auf dem Rande angeschlossen) Tugend zu begeistern (über der Zeile) , von gleicher (aus gleichen) BeschaVenheit u . gleichem Erfolge gewesen seyn (über der Zeile mit Einfügungszeichen , vers . hinter das Komma verwiesen) , als (über der Zeile)   14 hätte auf dem Rande angeschlossen  16 ein völlig … einen] (1) einen (2) Text  : ein (über der Zeile) (völlig ausser (aus aus) ihnen vorhandenes , einen auf dem Rande angeschlossen)  17–361,8 Diese Ansicht … wird . auf dem Rande angeschlossen  17 Diese aus Die  18 Religion über der Zeile  18–361,1 ist nicht … sie ber[uht] drei Zeilen tiefer , mit Verweiszeichen eingefügt , dabei Anschlußwort ber[uht] verdoppelt  

20

25 25

30 30

35 35

40

Text 65

5

10

15

20

25

der begriff der positivität …361

beruht auf der gewiß schönen Voraussezung , daß alles höhere , alles edle und gute des Menschen etwas göttliches ist , von Gott kommt , sein Geist ist , der von ihm ausgeht . | Aber dann wird diese Ansicht zum grellen positiven , wenn die menschliche Natur absolut geschieden wird von der göttlichen , wenn keine Vermittlung derselben , – ausser nur in Einem Individuum , – zugelassen , sondern alles menschliche Bewußtseyn des guten und göttlichen , nur zur Dumpfheit und Vernichtung eines Glaubens an ein durchaus fremdes und übermächtiges herabgewürdigt wird . | Man sieht die Untersuchung hierüber würde , wenn sie durch Be­g riffe gründlich geführt werden sollte , am Ende in eine metaphysische Betrachtung des Verhältnisses des Endlichen zum Unendlichen übergehen  ; Diß ist aber nicht die Absicht dieser Abhandlung  ; sie legt die Nothwendigkeit zum Grunde , daß in der menschlichen Natur selbst das Bedürfnis [liegt ,] ein höheres Wesen , als das menschliche Thun in unserem Bewußtseyn ist , anzuerkennen , die Anschauung der Vollkommenheit desselben zum belebenden Geiste des Lebens zu machen , auch dieser Anschauung unmittelbar , ohne Verbindung mit sonstigen Zwekken , Zeit , Anstalten und Gefühle zu widmen . Diß allgemeine Bedürfnis einer Religion schließt noch viele einzelne Bedürfnisse der menschlichen Natur in sich , in wie weit die Befriedigung derselben der Natur angehöre , in wie weit die Lösung der Widersprüche , in welche die Natur mit sich geräth , durch sie selbst aufgelöst werden könne , ob die christliche Religion die einzig mögliche Lösung | derselben enthalte , und ob diese Lösung durchaus ausser der Natur liege , ob der Mensch sie nur durch Passivität des Glaubens er­g reiffen könne , – diese Fragen , die Erforschung ihres wahren Sinns , und ihre Entwiklung findet vielleicht sonst wo Plaz . Wenn die durch die christliche Religion angegebne Lösung jener Aufgaben des menschlichen Herzens , oder wenn man will der praktischen Vernunft , nur obenhin , der aüssern Erscheinung nach , nemlich als bestimmtes

2 des Menschen] (1) der menschlichen Natur (2) Text (aus der menschlichen)   2–3 etwas göttliches … ausgeht unter dem eben erwähnten Einschub   2 göttliches ist] (1) göttliches , (2) Text (ist 5 ausser] davor gestr  : nicht 30 aus Komma)  von1 aus vom   kommt ,] kommt /   3 die aus der   blos   zugelassen ,] zugelassen  ; folgt gestr  : wird  6 des über gestr . eines   zur] (1) zu (a) einem (b) einer (aus einem) (2) Text (aus zu)   8 wird .] folgt Anschlußverweis  : Man sieht die   9 Man sieht die] darüber die Textanschlußmarkierung  : c   9–10 Man sieht … Ende] (1) Man sieht die Untersuchung hierüber würde (a) am Ende sich (b) sich (über der Zeile mit Einfügungszeichen) am Ende (2) Text (würde 35 wenn … sollte[ , ] auf dem Rande angeschlossen)   9 sie] folgt gestr  : gründlich  12 Abhandlung  ;] folgt gestr  : es ist (über der Zeile  : auch) nicht ihr Zwek   daß] folgt gestr  : die   14 anzuerkennen , ] folgt gestr  : und   15 belebenden Geiste aus belebendes Geist   machen aus mu   17 widmen . aus widmen  ;   19 wie2 ] wie wie  ; folgt gestr  : d   24 die Erforschung ihres wahren Sinns] (1) ihr wahrer Sinn , ihr (2) Text  : (am Rande mit Verweiszeichen  : die Erforschung) (ihres wahren Sinns aus ihr wahrer 25 die1] folgt gestr  : Lös (mit Ansatz zu u)  27 nemlich über der Zeile mit Einfügungszeichen   40 Sinn)   30

97v

88r

88v

362

89r

89v

frankfurter manuskripte · positive religion

Text 65

Thun , bestimmte Lehre , von der Vernunft für Zufälligkeit erkannt wird , so ist im all­gemeinen zu bemerken , daß nicht vergessen werden darf , daß das zufällige nur Eine Seite dessen ist , was für Heilig gilt . Wenn eine Religion an ein Vergängliches , ein Ewiges geknüpft hat , und die Vernunft nur das Vergängliche fixirt , und nun über Aberglauben schreyt , so ist es ihre Schuld , oberflächlich zu Werke gegangen zu seyn , und das Ewige übersehen zu haben . | In der folgenden Abhandlung werden nicht Lehren , oder Gebote der christ­ lichen Religion an diesen Maasstab allgemeiner Be­g riffe gehalten , und nach ih­ nen abgeurtheilt werden , ob sie in diesen Be­g riffen liegen , oder ihnen wider­ spre­chen oder wenigstens etwas überflüssiges und damit unvernünftiges und unnöthiges wären  ; solche Zufälligkeiten , die dadurch , daß etwas Ewiges mit ihnen verknüpft ist , ihren Charakter der Zufälligkeit verlieren , haben deswegen noth­wen­d ig zwei Seiten und die Absonderung dieser zwei Seiten ist Trennung durch Vernunft  ; in der Religion selbst sind sie nicht getrennt , auf die Religion selbst , oder besser auf das religiöse würden sich allgemeine Be­g riffe gar nicht anwenden lassen , weil es selbst kein Be­g riff ist . Von solchen nur von der Reflexion erst gemachten Zufälligkeiten wird | hier nicht die Rede seyn  ; sondern von solchen , die als Gegenstand der Religion selbst als Zufälligkeiten bestehen sollen , die als etwas vergängliches eine hohe Bedeutung , als etwas beschränktes , Heiligkeit haben und der Verehrung würdig seyn sollen  ; und zwar beschränkt sich die Untersuchung darauf , ob solche Zufälligkeiten schon in der unmittel­ baren Stiftung der christlichen Religion , in den Lehren , Handlungen , Schiksalen Jesu selbst vorkämen , ob in der Form , die in seinen Reden , in seinem Verhältnisse gegen andere ­Menschen , seine Freunde oder Feinde [sich zeigt ,] solche Zu­ fälligkeiten erscheinen , die für sich , oder durch die Umstände eine ursprünglich in ihnen nicht liegende Wichtigkeit erhielten , mit andern Worten , ob in der unmittelbaren Entstehung der christlichen Religion Veranlassungen lagen , daß sie positiv wurde . |

5

10

15

20

25

30

1 Thun ,] folgt gestr  : L  erkannt aus erkau  2 das] davor gestr  : je  3 gilt aus gilt , gilt   Wenn] folgt gestr  : d  3–4 Vergängliches ,] folgt gestr  : et  5 Schuld ,] folgt gestr  : sich an de   oberflächlich] 30 ober­〈 fl äch- 〉/fläch­l ich   8 gehalten] folgt gestr  : werden   10 wenigstens] folgt gestr  : ob   11–13 solche Zufälligkeiten … Seiten] (1) sondern es werden solche Zufälligkeiten betrachtet (Ms  : betrachten) werden , die nicht dadurch , daß etwas Ewiges mit ihnen verknüpft ist , ihren Charakter der Zufälligkeit verlieren , und des / wegen nothwendig zwei Seiten haben , (2) Text (auf dem Rande angeschlossen  : haben des-)wegen   13 und] folgt gestr  : ih  ist] folgt gestr  : blosse  15 selbst , ] folgt 35 gestr  : w (mit Ansatz zu u)   16 solchen] folgt gestr  : Zufa   17 wird] wird | wird   19 hohe aus hohen  beschränktes aus beschränkten   20 haben und] (1) und Würdigkeit (2) Text (auf dem Rande angeschlossen)  zwar] folgt gestr  : nur  21 der] folgt gestr  : Gesichte  22 Lehren] davor gestr  : L   23 in der] die   seinen Reden aus seiner Rede   24 Feinde] davor gestr  : Fre   25 erscheinen ,] folgt gestr  : (1) die (2) eine (3) für sich   26 der] folgt gestr  : E  27 Religion] folgt gestr  : nicht  28 wurde .] 40

Text 65

5

10

15

20

25 25

30 30

35 35

40

der begriff der positivität …363

Zustand der jüdischen Religion Das jüdische Volk , das schlechterdings alle es umgebenden Völker verabscheute und verachtete , wollte für sich , hocherhaben , allein in seiner Art , seinen Sitten , seinem Dünkel beharren , jede Gleichstellung Vereinigung durch Sitten mit andern war ihm eine greuelhafte Abscheulichkeit , und doch stand es durch die Lage seines kleinen Landes , durch Han­delsVer­bin­dun­gen , durch die Vereinigung der Völker , welche die Römer stiff­te­ten  , in mannichfaltigen Beziehungen mit andern  ; dem Drange der Völker sich zu vereinigen , mußte die jüdische Sucht sich zu isoliren , unterliegen , und nach Kämpfen , die umso entsezlicher waren , je eigner diß Volk war , war sie auch unterlegen , und durch die Unterwerfung des Staats unter eine fremde Gewalt tief gekränkt und erbittert worden . Um so hart­näkkiger hielt diß Volk fernerhin auf seinen statutarischen Geboten der Religion  ; es leitete seine Gesezgebung unmittelbar von einem ausschließlichen Gott ab  ; in seiner Religion war die Ausübung einer unzähligen Menge sinn- und bedeutungsloser Handlungen , wesentlich , und der pedantisch sklavische Geist der Nation hatte noch den gleichgültigsten Handlungen des täglichen Lebens eine Regel vorgeschrieben , und der ganzen Nation das Ansehen eines Mönchsordens gegeben – der Dienst Gottes und der Tugend , war ein zwangvolles Leben unter todten Formularen , dem Geist blieb nichts als der hartnäkkige Stolz auf diesen Gehorsam der Sklaven gegen sich nicht selbst gegebene Geseze übrig . | folgt Anschlußmarkierung  : S[iehe] a . [d . h . hier  : Überschrift a . der Erstfassung , Bl 91v]   1 Zustand der jüdischen Religion ursprünglich als Marginalie zur Erstfassung , über der folgenden Überarbeitung  2–10 Das jüdische Volk … durch in der Randspalte   2 Das jüdische Volk] (1) So ein (2) Ein (aus ein) Volk wie das jüdische , (3) Text  : Das (Ms  : das) jüdische Volk (über der Zeile) ,   3–4 wollte für sich … beharren] (1) und für sich hocherhaben , allein in seiner Art beharrte , und beharren wollte , (2) Text  : (über der Zeile mit Einfügungszeichen  : wollte) für sich hocherhaben , allein in seiner Art[ ,] (seinen Sitten , seinem Dünkel / (überklebt) über der Zeile) beharren  4–5 jede Gleichstellung … Abscheulichkeit ,] (1) dem jede 〈 Verbindung u 〉 Gleichstellung (aus u) mit andern eine greuelhafte Abscheulichkeit war , (2) Text  : jede Gleichstellung , (darunter mit Verweiszeichen  : Vereinigung durch Sitten (a) war) ihm (über der Zeile) (b) mit andern (war ihm über der Zeile mit Einfügungszeichen) eine greuelhafte Abscheulichkeit ,   5 stand] statt   6 Landes ,] Landes /   7 Völker unter gestr . Welt   8 mußte unter gestr . konnte   9 und] folgt gestr  : sie  umso] folgt gestr  : har   10 eigner] davor gestr  : hartnä  war ,] war  durch] als Anschlußwort verdoppelt  11 worden . über der Zeile mit Ein­fügungs­zeichen  ; folgt ein Verweiszeichen ohne Gegenzeichen   11–16 Um so … noch am Rande  ; da13 es] davor gestr  : s  14 ab  ;] folgt gestr  : der pedantisch   in nach Textanschluß durch Verweiszeichen   seiner Religion war] (1) seine Religion bestand (2) Text  : (über der Zeile  : in) seiner (aus seine) Religion war (aus ware)   sinn-] sinn〈 lose 〉   16 den gleichgültigsten Handlungen] (1) jeder gleichgültigen Handlung (2) Text  : (über der Zeile  : den) (gleichgültigsten Handlungen aus gleichgültigen Handlung)  täglichen über der Zeile   17 vorgeschrieben] vorschrieben   18 gegeben über der Zeile   18–19 war ein … unter] (1) in For (2) Text (über der Zeile  ; in vers . nicht gestr .)  19 blieb über der Zeile   der hartnäkkige über der Zeile   20 übrig .] übrig folgt Textanschlußmarkierung über der Zeile  : s[iehe] vor­h [er­gehende] S[eite]  

91v

364 91r

91v

92r

92v

frankfurter manuskripte · positive religion

Text 65

Diese Hartnäkkigkeit konnte aber den immer beschleunigten Fall ihres schwe­ ren Schiksales , an das sich von Tag zu Tage mehr Gewichte anhängten , nicht aufhalten . Das Ganze war einmal und auf ewig zerrissen . Ihre Raserei der Absonderung hatte der politischen Abhängigkeit und den Einwirkungen der Verbindung mit Fremden nicht widerstehen können . | dieser Zustand der jüdischen Nation mußte in Menschen von besserm Stoff , die ihr Selbgefühl nicht zu todten Maschinen und zugleich zur Wuth des Knechtsinns herunterbeugen konnten , | das Bedürfniß einer freiern Thätigkeit , und reinern Selbstständigkeit , als mit mönchischer Geschäftigkeit eines geist- und wesenlosen Mechanismus kleinlicher Gebraüche ein Daseyn ohne Selbstbewustseyn zu leben – das Bedürfnis eines edlern Genusses als in diesem SklavenHandwerk sich groß zu dünken und für dasselbe zu rasen – erweken . Die Natur empörte sich gegen diesen Zustand , und trieb die mannichfaltigsten Reaktionen hervor , wie Entstehung vieler Raü­ berbanden , vieler Messiasse , das strenger und mönchischer gemachte Juden­thum der Pharisäer , die Verbindung von Feinheit und Politik mit demselben in dem Sadducäismus , das brüderliche , von den Lei­den­schaff­ten und Sorgen ihres Volks ferne Eremitenleben der Essener , die Aufhelfung des Judenthums durch schönere Blüthen der tiefern menschlichen Natur im Platonismus , endlich das Erheben und offene Predigen des Johannes an alles Volk – und zulezt die Erscheinung des Jesus , der das Übel seines Volks an der Wurzel an­g riff , nemlich an seiner hoch­ müthigen und feindseligen Aussonderung von allen Nationen , es also zum Gott aller Menschen , zu allgemeiner Menschenliebe , zur Entsagung des lieb- und geistlosen Mechanismus ihres Gottesdienstes führen wollte , | dessen neue Lehre

1–5 Diese Hartnäkkigkeit … können . in der Randspalte   1 den] folgt gestr  : besch   1–2 schweren unter der Zeile mit Einfügungszeichen   3 einmal] folgt gestr  : zer  Ihre] folgt gestr  : Absond  4 hatte über gestr . war   den Einwirkungen aus der Einwirkung   6 mußte aus mus  StoV über der Zeile  7 und zugleich … Knechtsinns unter der Zeile   8 Thätigkeit , und reinern Selbstständigkeit] (1) Thätig-/keit (2) (davor über der Zeile , gestr  : Selbst)Thä­t ig(keit , und eignern Tugend auf dem Rande angeschlossen) ( keit vers . nicht gestr .) (3) Text  : Thätigkeit , (und reinern Selbstständigkeit am oberen Rande)   8–9 mit mönchischer] (1) der mönchischen (2) Text  : (über der Zeile  : mit) mönchischer (aus mönchischen)   9–10 Geschäftigkeit eines … leben] (1) Geschäftig-/keit (2) Text  : Ge­schäf­t ig­( keit eines … leben auf dem Rande angeschlossen)   9 eines über gestr . den   10 ein] folgt gestr  : bew   11 und] folgt gestr  : da f   11–12 und für … rasen über der Zeile begonnen und auf dem 12–365,4 Die Natur … waren . am Rande  12 Die Natur] davor gestr  : Es wäre Rande fortgesetzt   vielleicht lehrreich zu untersuchen , wie vollständig die Mannichfaltigkei   13 hervor , wie Entstehung] (1) hervor . Das Aufstehen (2) Text  : hervor , (Ms  : hervor .) wie (unter der Zeile) Entstehung (aus Aufstehen)   16 von] folgt gestr  : all  ihres aus sei  Volks] Volk   17 ferne aus Er  ; davor gestr  : brüd  die] folgt gestr  : Vermischung   18 der aus des  tiefern über der Zeile  das] folgt gestr  : Auf   20 angriV über der Zeile  an 2 über der Zeile  20–21 hochmüthigen und feindseligen unter der Zeile   21 zum] (1) zu einem (2) Text (aus zu)   22 Menschen ,] Menschen /  Entsagung] Entsagung ihrer   23 führen wollte , am unteren Seitenrand  

5

10

15

20

25 25

30 30

35 35

40

Text 65

5

10

15

20

der begriff der positivität …365

eben­deswegen mehr noch zur Religion der Welt als seines Volkes wurde – ein Be­weis wie tief er die Bedürfnisse seines Zeitalters auf­ge­g riffen hatte , und wie die Juden in rettungslose Abwesenheit des guten , und Wuth der Gei­stesKnecht­schafft versunken waren . | Wie die Bildung des Jesus gereift ist , über diese in­ter­essante Frage , sind gar keine Nachrichten auf uns gekommen  ; in seinem männlichen Alter erst tritt er auf , frei [von] jüdischem Sinn – frei von der eingeschränkten Trägheit , die an die gemeine Bedürfnisse und Bequemlichkeiten des Lebens ihre einzige Thätigkeit verwendet – wie von Ehrgeiz , und andern Lei­­den­schaff­ten  ,  – deren Befriedigung ihn genöthigt haben würde , | in den Vertrag der Vor­ur­theile und der Laster einzutretten . Seine ganze Manier hat das Ansehen , daß er zwar unter seinem Volke erzogen , aber fern von ihm – und wohl länger als 40 Tage – von dem Enthusiasmus des Reformators beseelt wurde  ; zugleich aber trägt seine Art zu handeln und zu sprechen keine Spuren irgendeiner damals vorhandnen Bildung eines andern Volkes , oder Religion an sich . Er tritt auf einmal jugend­ lich mit aller freudigen Hoff­nung und zweifellosen Zuversicht des Erfolgs auf  ; der Widerstand der ihm von den eingewurzelten Vorurtheilen seines Volkes kommt , scheint ihm unerwartet  ; den ertödteten Geist freyer Religiosität , die hart­näkkige Raserei des Knechtsinns seiner Nation schien er vergessen zu haben . Durch einfaches Reden , durch Predigen im Herumziehen an eine grosse Menge , | gedenkt er seinem verstokten Volk das Herz umzukehren  ; er hält die zwölf Freunde , die noch nicht lange mit ihm bekannt sind , fähig diese Wirkung hervorzubringen  ; er hält seine Nation für reif durch so ein Ausschikken von so unreifen Menschen , 3 rettungslose] folgt gestr  : Sklav  des] darunter gestr  : ei  guten über gestr . Geistes   4 waren .] folgt

25 Verweiszeichen mit Anschlußverweis  : s[iehe] vorh[ergehende] S[eite]   Wie die Bildung des über der 4–5 gereift ist , … gekommen  ; über der Zeile   4 über nochmals eine 25 Zeile mit Einfügungszeichen  

30 30

35 35

40

Zeile höher , mit Einfügungszeichen   5 in seinem männlichen] (1) bis in s . männliches (2) Text  : in (über der Zeile) (seinem männlichen aus s . männliches)   6 erst tritt er auf[ ,] über der Zeile  jüdischem Sinn über der Zeile   8 LeidenschaVten über der Zeile   9 würde] würden  Vertrag über der Zeile   10–366,18 Seine ganze Manier … wenig am Rande mit Verweiszeichen   10 Seine ganze] (1) Aus (a) der ganzen (b) seiner (aus der) ganzen (2) Text  : (über der Zeile  : Seine) ganze (Ms  : ganzen)  Manier] folgt gestr  : (1) sollte (2) muß man   er] folgt gestr  : vorher lange (aus s)   11 Tage] folgt gestr  : in   12 Enthusiasmus] Enthusiamus   beseelt] zuerst  : beseelt ,   wurde  ;] zuerst  : wurde . Er trat   13 irgendeiner über gestr . (1) einer (2) de   14 eines andern Volkes] (1) einer Schule oder V (2) Text  : eines (aus einer) andern Volkes   15 und zweifellosen Zuversicht unter der Zeile mit Einfügungszeichen  der aus die   16 der aus von  Vorurtheilen seines Volkes kommt ,] (1) Vorurtheilen , der (aus den) hartnäkkigen (2) Text (seines Volkes kommt über der Zeile)   17 Geist] folgt gestr  : religiöser  hartnäkkige unter der Zeile mit Einfügungszeichen  19 Predigen] davor gestr  : Heru  Menge ,] folgt gestr  : sogar daß er seine (a) kaum (b) nicht lange mit ihm bekannten Freunde schon | fähig hält , u . s . auszuschikken   19–20 gedenkt er … umzukehren] (1) daß er durch so ein Ausschikken seinem verstokten Volk das Herz umzukehren gedenkt (2) Text (gedenkt er über der Zeile) (vers . nicht gestr  : daß er)  20 die1 aus sie  21 noch nicht lange über gestr . kaum   bekannt aus f   22 für über der Zeile  ein über der Zeile  

92r

92v

93r

366

93v

93r 93v

frankfurter manuskripte · positive religion

Text 65

die in der Folge noch so viele Blössen geben , und die wohl nur erst die Worte des Jesus nachsprechen konnten , aufgeregt und verändert zu werden . Erst durch die bittre Erfahrung der Fruchtlosigkeit seiner Bemühungen verlischt das jugendlich unbefangene , und er spricht mit bitterer Heftigkeit , mit einem von feindseligem Widerstande gereizten Gemüthe . Was die Juden von der Zukunft hofften , die Vollkommenheit der Theokratie , ein Reich Gottes , davon sagte Jesus ihnen  : es ist gekommen , es ist vorhanden  ; Durch den Glauben daran wird es wirklich , und jeder ein Bürger desselben . Mit dem Bauern‑Hoch­muth der Juden war nothwendig das Gefühl ihrer Nichtigkeit verbunden , das sie durch die Sklaverei unter ihren Gesezen sich ewig geben mußten . Daß sie , daß der Sohn eines Zimmermanns , Glieder des Reiches Gottes , in ihrer elenden Wirklichkeit , zu seyn fähig wären , diß zu glauben , ihnen diß Selbstgefühl zu geben , war die einzige | und freilich schwere Aufgabe  ; die Freyheit von dem Joch des Gesezes der negative Charakter jenes Glaubens . Jesus greift daher überall den todten Mechanismus ihres religiösen Lebens an  ; das jüdische Gesez hatte sich so verdorben , daß auch für das vor­treff ­l iche desselben eine Menge Ausflüchte , es zu umgehen erfunden waren . Jesus vermochte freilich wenig | gegen die vereinigte Macht eines eingewurzelten NationalStolzes , der | in die ganze Konstitution verflochtenen Heuchelei und Scheinheiligkeit , und die darauf sich gründende Herrschaft der Volksführer . Jesus hatte den Kummer , zu sehen , daß sein Eifer Freiheit und Moralität in die Religiosität seiner Nation zu bringen , gänzlich scheiterte , daß selbst seine Bemühungen , wenigstens in einigen Männern bessere Hofnungen und einen bessern Glauben anzuzünden , durch v­ ertrautern Umgang sie für sich selbst , und zur Unterstüzzung seiner Bemühungen auszubilden eine eher zweideutige und unvollständige Wirkung gehabt ­hatten (s . Matth . 20 ,20 . ein Vorfall , der sich nach einem Umgang des

1 erst über der Zeile   2 Jesus] folgt gestr  : nach   4–5 unbefangene … Gemüthe . zwischen zwei Randzusätzen der Erstfassung  4 bitterer] folgt gestr  : gereizter  4–5 feindseligem Widerstande] (1) Feinden (2) Text (unter der Zeile mit Einfügungszeichen)   7 ein aus die   8 desselben .] folgt gestr  : Diesem Glauben ,   9 Bauern-Hochmuth aus Bauern-Stolz   10 sie über der Zeile   11–13 der Sohn … einzige in zwei Langzeilen am unteren Rande  11 Glieder aus B?   des] der   13 diß aus ein?  die2 ] (1) und (2) Text)  14 der aus die   16 für unter der Zeile mit Einfügungszeichen  17 es] (1) es (2) es (3) Text  zu] zum  17–18 vermochte freilich wenig] Verdoppelung und Erweiterung der Anschlußworte  ; folgt Anschlußverweis  : s[iehe] vor­h [er­ge­hende] S[eite]   18 die vereinigte Macht eines über der Zeile   19–20 und die über der Zeile   20 der aus derjenigen  Volksführer über der Zeile  ; folgt gestr  : vor   21 sein Eifer Freiheit und] (1) sein Plan u . s . Bemühungen (2) seine (aus sein) 〈〈 s . 〉〉 Bemühungen (3) Text  : sein (aus seine) (Eifer Freiheit und über der Zeile)  23 in einigen Männern bessere] (1) einige Männer zu bessern (2) Text  : (über der Zeile  : in) (einigen Männern aus einige Männer) bessere (unverändert  ; Schreibung indifferent gegenüber e oder n)  Glauben] (1) Glauben , als (2) Text (Ms  : Glauben , )  24–25 durch vertrautern … auszubilden auf dem Rande angeschlossen  

5

10

15

20

25

30 30

35

40

Text 65

5

10

15

20

25

der begriff der positivität …367

Johannes und Jacobus mit Jesu von einigen Jahren zutrug – Judas – selbst in den lezten Augenbliken seines Aufenthalts auf Erden , einige Augenblikke vor seiner sogenannten Himmel­fahrt zeigten sie noch die jüdische Hofnung in ihrer ganzen Grösse , daß er den Israëlitischen Staat wiederherstellen werde Act . 1 ,6 .) Jesus selbst wurde ein Opfer des gegen ihn ausbrechenden Hasses der Priesterschaft , und der gekränkten NationalEitelkeit seines Volkes – | Es ist sehr natürlich zu erwarten , daß die neue Lehre des Jesus von Juden­ köpfen aufgenommen , so frey sie für sich und mehr nur polemisch war , in etwas ­positives verwandelt werden mußte , daß sie sich daraus , es mochte kommen wie es wollte , etwas , dem sie knechtisch dienen könnten , schaffen würden . die Re­ li­g ion die Jesus in sich trug , sieht man , war rein vom Geiste seines Volks  ; was in seinen Aüsserungen vorkommt , das nach Aberglauben schmekt , z . B . die Herr­ schafft der Dämonen über die Menschen , ist von einem Theile als entsezlich unsinnig ausgeschrieen , von andern hat es sollen durch die Be­g riffe von Akkommodation , Zeitideen u . drgl . gutgemacht werden  ; was über dergleichen von uns für Aberglauben anzusehendes gesagt werden muß , ist , daß es nicht zur Religion gehört . Sonst war Jesu Seele frei , unabhängig von Zufälligkeiten , Liebe Gottes und des Nächsten , Heilig zu seyn , wie Gott es ist , das einzige nothwendige . Diese religiöse Reinheit ist an einem Juden gewiß höchst bewunderungswürdig  ; seine Nachfolger hingegen sehen wir freilich jüdischen Zufälligkeiten entsagen , aber nicht vom Geist der Abhängigkeit von dergleichen überhaupt gereinigt  ; sie schaffen sich aus den Reden aus dem was Jesus für seine Person widerfahren ist , bald Regeln , Pflichtgebote | und freye Nachahmung ihres Lehrers geht in ­k nechtischen Dienst gegen den Meister über . Was ist nun das Zufällige , das in der Handlungs- und Sprech-Art des Jesus vorkommt , und fähig war , für sich als Zufälliges für ein Heiliges , genommen und so verehrt zu werden  ?

2–3 Erden , einige … Himmelfahrt] (1) Erden / (2) Text  : Erden[ , ] (einige … Himmelfahrt auf dem Rande angeschlossen)  4 Jesus] (1) er (2) Text  : J . auf dem Rande angeschlossen  5 gegen ihn aus30 brechenden am Rande mit Verweiszeichen   7–27 Es ist … werden  ? am Rande   7 Es] davor gestr  : Daß   daß] daß / daß   die] folgt gestr  : Ansatz zu G?  Lehre] folgt gestr  : J  8 für sich unter der 9 mußte über gestr . mußte  kommen] davor gestr  : gehen   12–13 z . B . … Menschen[ ,] mit Zeile   Verweiszeichen am Ende der folgenden Zeile und eine Zeile tiefer  13 die] d .  ; vielleicht aufzulösen  : den   13–14 unsinnig] folgt gestr  : (1) aus (2) au  15 werden  ;] folgt gestr  : d  was] folgt gestr  : d (aus ü)   17 35 Jesu] (1) Jesu (2) Jesus (aus Jesu) von (3) Text (Ms  : Jesus)  unabhängig] (1) frey von Abhängig (2) Text (aus Abhängig)  Liebe] davor gestr  : d d   18 Nächsten ,] Nächsten /   Heilig aus heilig  21 dergleichen] folgt gestr  : zu   überhaupt] überhaup (am Außenrand)   22–23 aus dem … Pflichtgebote in einer Langzeile am unteren Rande   22 Jesus aus Ch  ; folgt gestr  : als   23 bald] davor gestr  : se?  und] folgt gestr  : die  Lehrers] Lehres

94r

94v

Geom etrisch e Stu di en zw ei Fragm ente

Text 66

erstes fragment371

Erstes Fragment 23 Sept 1800 . Mayence 1 Vend . l’an IX . 1 Buch

1r

A 1 |

5

10

15

20

25

1 Saz dient zum 2ten und dritten unmittelbar , welche 2) die Aufgabe eine einer gegebnen gleiche Linie zu verzeichnen , und (3 .) von einer grössern Li­n ie eine gegebne kleinere wegzunehmen  ; für den Anfang wird die Gleichheit in einer Figur aufgegeben , und sie geht sogar der Verzeichnung zweyer gleicher Linien voraus . Das gleichseitige Dreyek ist die einfachste Figur , sowohl als g le ich ­seitig , als , als Dreyek . 4 . Saz .  Das Legen der Punkte aufein­ander und das Bringen der Dreyeke auf­ einander ist keine schikliche , passende Foderung . Warum soll es bei Figuren statt haben , da es bei Linien 2 und 3 Saz nicht gebraucht wird ? denn diese Aufgaben könnten am einfachsten hiedurch gelöst werden . Auf Figuren kan sowenig die Behandlungsart materieller Dinge angewendet werden , als auf Linien . – Dieser Weg ist ausserdem überflüssig weitläuffig  ; der Schluß ist , daß die Endpunkte der gleichen Linien und die Linien aufeinander fallen , also auch die dritte Linie , und also seyen die übrigen Winkel gleich . Die unmittelbare Folge daß wenn in einem etwas so ist , es auch im andern ist , heißt auf die gleiche Art bestimmt seyn . Mit dem Be­g riff des Bestimmt­seyns wird auch das Sezzen zweyer | und das Vergleichen überflüssig  ; denn es ist unnöthig , eines ganz als gegeben zu sezen  ; denn die Frage ist rein nach der Folge  ; A es bedarf keiner Vergleichung . Wenn in einem Dreyek 2 Seiten und der eingeschlossene Winkel bestimmt sind , so ist es auch die dritte Seite . < A und AB , AC seyen bestimmt , d . h . ihre Gränzen C B B und C gesezt 1 Überschrift der Herausgeber   4 Buch] B .   4M A (am Rande) aus a   5 2) über der Zeile   7 für]

30 davor gestr  : z  in aus e   8 zweyer] folgt gestr  : Ansatz zu L  9 ist] folgt gestr  : zugleich das   11–12

aufeinander] letzte Silbe nach Verschreibung korrigiert  15 auf] folgt gestr  : d  16 überflüssig] zuerst  : überflüssig , und   17 gleichen auf dem Rande angeschlossen  20 das1 aus die   21 denn] folgt gestr  : die Frage   ist] folgt gestr  : übe  eines] folgt gestr  : als   24 einem aus einen   27 Gränzen] folgt gestr  : ge- /   28 gesezt] zuerst  : gesezt , so ist  

2 |

3

4 . unabhängig . |

5

1v

372

2r

frankfurter manuskripte · geometrische studien

Text 66

Beweis . B und C ist gesezt , so ist auch BC gesezt  ; denn B und C sind die zwey Punkte , welche BC begränzen . B und C sind Begränzungen für AB und AC aber in dieser Rüksicht allein , sind sie nicht vollständig gesezt  ; d . h . sie schliessen nicht die Unendlichkeit des Raums aus , was sie als Punkte sollen , und als Begränzungspunkte einer Linie BC , darum ist die Bedingung , daß < A bestimmt ist nothwendig d . h . daß AC und AB , nur Eine Neigung gegeneinander haben , und damit sind B und C als Punkte zugleich völlig gesezt  ; vorhin würden sie es nur in Rüksicht auf A gewesen seyn , den andern Gränzpunkt der AB und AC  ; so aber wenn die Neigung der Linien bestimmt ist , so [ist] es jeder Punkt derselben . Daß die Winkel B und C bestimmt sind , folgt aus der Bestimmtheit der Neigung der Linien AB , BC für B  ; AC , BC für C – ganz wie im Euklidischen Beweis | 5  . S a z . 3 . 4 . Saz Die Gleichschenklichkeit ist ein viel \/ geringerer Grad der Einheit in der Figur , 5 . als die Gleichseitigkeit . Der Beweis dieses Sazes folgt aus dem Be­g riffe der Entfernung , und dem wodurch sie bestimmt wird . Im Euklidischen Beweis könnten die Dreyekke deren Gleichheit nach Saz  4 . erwiesen wird , nicht aufeinander gelegt werden . Er hat diesen Umweg durch Dreyekke nöthig , weil er vergleichen muß . Dadurch daß die Dreyekke nicht durchaus aufeinander liegen , sondern nur Theile derselben , wird der Mangel desjenigen , was zum Erweis des 4ten Sazes erfodert wird , – die Verschiedenheit der Dreyekke – nicht so auffallend . Sonst wenn Verschiedenheit der Dreyekke als Dinge nicht nöthig wäre nach EuA klidischer Manier , so könnte der Beweis kürzer so seyn  : AB = AB AC = AC  Voraussezung  < A = A C B also ∆ ABC = ∆ ABC  ; also < B = C .

}

5

10

15

20

25

30

2 gesezt aus s  sind] folgt gestr  : s  3 BC] folgt gestr  : best   begränzen .] folgt gestr  : B und C   7 ist 2 unter der Zeile   8 sind] ist  ; folgt gestr . Ansatz zu L?  9 nur aus ?  auf] folgt gestr  : C   10 der1] folgt gestr  : Li   12–13 Neigung der am Rande mit Verweiszeichen  13 Euklidischen] Eukl .   14 5 .  35 S a z . ] 5 . S . unterstrichen  18 Der aus Dieser  Beweis] folgt gestr  : f  20 Euklidischen] Eu­k l .  Saz] S . verkleckst  22 nicht] folgt gestr  : un   23 liegen ,] (1) / fallen , (2) Text (auf dem Rande angeschlossen)  derselben aus v   23–24 wird der … desjenigen] (1) / wird die (2) Text  : (auf dem Rande an­ge­ schlossen  : wird der Mangel) desjenigen (aus die)  24 Sazes aus S .   25 so] folgt gestr  : si   26–27 Eu­

Text 66

5

10

15

20

25

30

erstes fragment373

besser , d . h . wo ABC noch als 2 verschiedene behandelt würden , so  : AB Euklids Umweg = AC AC dient allein diesen Mangel = AB A A an Verschiedenheit zu dekken . < = < ∆ ABC = ACB  ; und < B = C . | 6 . S a z .   der umgekehrte des vorigen . A der Beweis desselben ist apogogisch . Es kommt dabei das sonderbare vor , daß dasjenige , was gefodert wird zu thun , unmöglich ist . Wäre AC , AB ungleich , so mache BD = AC  ; diese Konstruktion C B zeigt es sich ist nicht möglich . Sonst läßt sich der Saz auf eine ähnliche Art erweisen wie der vorige  ; in dem vorigen wurde die Gleichheit der Seiten benuzt , um durch einen Zusaz zu denselben Dreyekke zu konstruiren , die zweyerlei wären , so hier die Winkel . Man verlängere BC nach D und E so daß BE A = CD  ; und mache < E = D  ; (freilich ist die Konstruktion 2er gleichen Winkel noch nicht da gewesen , über diesen Punkt aber ist zu sagen , daß die Gleichheit der < E und D ebenso gut gesezt werden kan , als im 4 Saz die der eingeB E D C schlossenen Winkel .) so ist in ∆ ACE und AED < E = D < C = B EC = BD ∆ ACE = ABD . also AC = AB nach Saz 26 . 1 Fall welcher Fall nur vom 4 Saz abhängt . – auch ist dann ∆ AEB = ∆ ACD , und < ABE = < ACD | Bei einem Paar umgekehrten Säzzen ist schon zu vermuthen , daß die beyden Bestimmungen , die in den verschiedenen Säzen als

kli­d ischer] Eukl  .   372,30 Voraussezung] Vorauss .   1 besser ,] folgt gestr  : so AB = AC   2 Euklids] Euklis   3 diesen] darin ie verkleckst  8–9 daß dasjenige … thun ,] daneben gestr  : ein Dreieck mit den Eckpunkten A (oben) und C (verdoppelt , unten rechts)  10 ungleich aus gleich   13 Sonst] darin S verkleckst   18 die aus dies  Konstruk35 15 die1] davor gestr  : wodurch eine   zweyerlei] folgt gestr  : Komma   tion] folgt gestr  : dieses   22 Saz] S .   24 AED] lies  : ABD   29 Saz 26 1 Fall] S . 26 . 1 F .  Saz2 ] S .   30 einem Paar über der Zeile mit Einfügungszeichen  schon über der Zeile mit Einfügungszeichen  

2v

3r

374

3v

4r

frankfurter manuskripte · geometrische studien

Text 66

Bedingungen und als Folgen vorkommen , also beydes sind , demnach von einem höhern abhangen , und es blosse Willkühr ist , das eine izt als geseztes , und das andre als Folge , als noch nicht geseztes anzusehen  ; indem es als Folge erwiesen wird , wird gezeigt , daß es mit dem andern zugleich bestimmt , aber noch nicht fürs Bewußtseyn gesezt war . Diß gilt von allen Säzen überhaupt , und die Frage in jedem Lehrsaz heißt eigentlich in Rüksicht aufs Ganze des Gesezten , wie viel ist nothwendig zur Bestimmung des Ganzen , oder wenn das Ganze gesezt ist , wie viel muß ich von den Theilen erkennen , um daraus allein , die Erkenntnis des Ganzen das aber schon gesezt ist , entwikeln zu können ? Aus dem Be­g riff der Entfernung eines Punkts von einer Linie ergibt sichs daß im gleichschenklichen ∆ Linien und Winkel zugleich bestimmt sind . 7 . S a z  .   der Beweis ist wieder apogogisch und daher die gefoderte Konstruktion unmöglich . Der Punkt , in dem die Linien zusammenstossen sollen , ist bestimmt , ist nur Einer  ; denn | die Linien sind gegeben , d . h . bestimmt , also ihre Gränze gesezt  ; d . h . die Entfernung des C von A und B durchaus bestimmt  ; zugleich sollen die Linien zusammenlaufen , d . h . der Punkt C , die Gränze beyder , soll nur Einer seyn . Dieser Saz ist durchaus analytisch . 8 . S a z  .   der Beweis fängt damit an , daß Eine Seite als gesezt gedacht wird , als bestimmt sind ihre Gränzen gesezt , und somit durch die Bestimmtheit der übrigen Seiten der dritte Punkt nach 7 . – Das Sezzen zweyer Dreyekke ist ganz überflüssig . – Alsdenn wird [sich] auf den Grundsaz berufen  : was einander dekt ist einander gleich – Nemlich aus dem Festsezzen der Punkte soll die Gleichheit der Winkel hergeleitet werden . Durch die Festsezzung der Punkte sind die Richtungen , Neigungen der Seiten unmittelbar bestimmt  ; ja die Grenzpunkte zweier Seiten sollen zusammenfallen d . h . die Linien sollen sie so gegeneinander neigen , daß diß erfolgt . 9  . S a z  . Aufgabe .  Dieser Saz kan auch als Lehrsaz gestellt werden  : Wenn von gleichen Dreyekken , eine gleiche Seite auf die gleiche Seite fällt , so ist der Winkel , [der] izt entsteht , | das Doppelte der noch getrennten . Die Auflösung der Aufgabe besteht allein darinn , die gleichseitigen Dreyekke zu verzeichnen .

5

10

15

20

25

30

6 Lehrsaz] folgt gestr  : ist   8 viel] wiel   9 das aber … ist , am Rande mit Verweiszeichen  10 daß] folgt gestr  : Li   12 der] davor gestr  : diese   16 d . h . die … bestimmt  ;] (1) d . h . darüber ein Verweiszeichen (2) Text (ohne Gegenzeichen auf dem Rande angeschlossen)  A] folgt gestr  : ges   und B über der Zeile  sollen aus sollh  ; folgt gestr  : sie   17 zusammenlaufen] (1) zusammenstossen / (2) Text ( laufen 35 auf dem Rande angeschlossen)   [ ,] die Gränze beyder[ , ] über der Zeile   18 seyn .] zuerst  : seyn  ;   19 der] davor gestr  : Er   22 Grundsaz] Grdsz   25 bestimmt  ;] folgt gestr  : die (ohne i-Punkt)  26 zusammenfallen] (1) zusammenlauVen (2) Text (fallen unter der Zeile)  29–30 Winkel ,] folgt gestr  : d   30 der2 aus des   31 Aufgabe] folgt gestr  : ist  

Text 66

5

erstes fragment375

10 S a z ist ganz dasselbe . Scheinbar werden nur zwey Seiten jedes Dreyeks zweyen Seiten des andern gleichgemacht , die dritte ist dadurch schon bestimmt , und kan darum insofern nicht gerechnet werden . Aber der < D und E [ist] bestimmt , wenn AD = AE  ; und DF = FE gemacht werden . denn durch AD = AE ist < ADE = AED – und durch DF = FE < FDE = FED < FDA = FEA .

10

15

11 . 12 S a z . Aufgabe . Als Lehrsaz heissen beyde zusammen  : Im gleichschenklichen Dreyek ist die durch den Mittelpunkt der Grundlinie und die ihr entgegengesezte Spizze bestimmte Linie senkrecht . Die Auflösung der Aufgabe besteht in beyden Fällen darin die unbestimmte Linie AB zur Grundlinie des gleichschenklichen Dreyeks zu machen , so daß im ersten Falle der gegebene [Punkt] C der Grundlinie , der Mittelpunkt derselben wird , im zweyten Falle daß die von dem ausser der Grundlinie [gelegenen] Punkte C auf sie gezognen Linien gleich werden . |

2 Seiten jedes Dreyeks] (1) Seiten (aus ?) einander gleich (2) Text (jedes Dreyeks über der Zeile)   3 darum insofern über der Zeile  4 Aber] folgt gestr  : weil der Winkel A gegeben ist , so ist damit   9–10 Im gleichschenklichen … Grundlinie] (1) Wenn in einem gleichschenklichen Dreyek (a) die Grund20 linie halbi (b) aus dem Mittelpunkte der 〈 Gle 〉 Grundlinie eine L (2) Text  : Im (aus im) gleichschenklichen Dreyek ist (über der Zeile) (die durch auf dem Rande angeschlossen) den (aus dem) Mittelpunkt (Ms  : Mittelpunkte) der 〈 Gle 〉 Grundlinie   12 des aus eines   15 Grundlinie] Grdlin .   sie aus Ansatz zu d

376

frankfurter manuskripte · geometrische studien

Text 67

Zweites Fragment

1r

Figuren dekken sich heißt ihre Seiten und Winkel sind gleich . die Winkel sind bestimmt durch die sie einschliessenden Seiten , vergleichbar durch die gegenüberstehende , und die dadurch geschehne Begränzung der Seiten . der Winkel ist nicht eine Gränze (ausser als Fläche , dann Gränze eines Raums) aber die Bestimmtheit der Begrenzung 2er sich begränzenden Linien also als Bestimmtheit doch eine Gränze , An jedem mathematischen Objekt ist zu begrenzen a) sein positives , insofern es eine Begrenzung aufhebt (Linie die raümliche Beziehung von Punkten) als aufgehobnes selbst bleibt nur die Menge (der Punkte von der Linie) b) sein negatives α) insofern es als negirtes eines andern ist , Gränze ist , Linie der Fläche (nicht insofern es negirt , begränzt) denn insofern kommt nur dem andern ein Charakter zu , die negirende Linie , einer Linie , Fläche ist darum nichts mehr und nicht weniger , es entsteht nichts anders in ihr – als erst durch die andre das β) insofern sie negirt wird , nur zum Theil  ; begränzt wird , der Punkt ist die einfachste Begrenzung der Unendlichkeit , die darum nichts absolutes ist , weil sie begrenzt werden kan  ; wäre sie absolut so wäre keine Mathematik möglich . das positive jedes mathematischen Gegenstandes ist sein Auf­ heben der Unendlichkeit . der Winkel ist als α) die Begränzung 1 der Unbestimmtheit der raümlichen Beziehung der sich begränzenden Linien  ; er ist als Begränzung durch sie angedeutet der Grund (Veranlassung (überhaupt und hier in der Geometrie)) ist Ver­ mannichfaltigung der Einheit der Gränze  ; die neuen mannigfaltigen müssen

5

10

15

20

  Darüber  : begränzt

1

1 Figuren] darüber in der oberen linken Ecke ein Verweiszeichen  3 bestimmt unter gestr . meßbar   ver- 25 gleichbar mit Einfügungszeichen über gestr . meßbar   5 Fläche , dann] (1) Fläche , ) (2) Text (dann aus 8 mathematischen] mathem .   9 es] er   Punkten)] folgt gestr  : b) sein negati-/   Schlußklammer)   10 der1] davor gestr . M?   von der Linie über der Zeile   11 es] er   als über der Zeile   eines andern über der Zeile   12 es] er   begränzt)] begränzt /   13 negirende aus ni   nicht] nt   14 es entsteht über der Zeile  anders] folgt gestr  : für s   15 wird ,1] Komma gestr . und neu gesetzt  17 absolutes 30 aus u   absolut] abs .   17–18 keine Mathematik] kein Mathem .   18 mathematischen Gegenstandes] mathem . Geg .   21 der] folgt gestr  : Lin   22 (überhaupt … Geometrie) über der Zeile mit Einfügungszeichen  ist über gestr . wird   23 Gränze  ;] Gränze  ; / vielleicht zu lesen  : Gränze ,   die] davor gestr  : dadurch entsteht〈〈  , 〉〉  neuen über der Zeile  

Text 67

5

10

15

20

25

zweites fragment377

aber selbst wieder Begränzte seyn . die Vermannichfaltigung der Einheit der Gränzen gibt aber eine neue Gestalt der Figur , d . h . eine neue Einheit des Ganzen . das Gesez , die Einheit der Figur , ist das Verhältnis der Gränzen , diß Verhältnis kan seyn 1) Grösse ihrer selbst , also Gleichheit der Art , derselbe Maasstab 2) die Beziehung selbst der Grenzen , als Raum (eingeschlossne Winkel) in 1 sie selbst positiv . in 2 als Grenze , und dasjenige das sie begrenzen und bestimmen wird gemessen . die Säzze  : unter welchen Bedingungen Dreyeke einander gleich seyen , sind so auszudrükken  : ein Dreyek ist durch soviel und so viel Bestimmungen , ganz bestimmt . Eines ausser sich gesezten Punktes objektive Beziehung ist die L i n ie  ; einer ausser sich gesezten Linie objektive Beziehung ist die Fläche  ; einer ausser sich gesezten Fläche objektive Beziehung ist der Körper . Im Würfel ist vorhanden a) der Punkt b) die Linie c) die Fläche d) der Körper  ; in der Kugel keines als Grenze , und zugleich gesezte , beschränkende Gränze a) der Punkt nicht als solcher – α) der Mittelpunkt gehört nicht zur Kugel , und ist nicht Gränze , auch wenn er gesezt wird , β) wenn einer sonst gesezt wird , ist er willkührlich also nicht Begrenzung , b) die Linie nicht als Begränzung , α) die Diameter , Radien gehören nicht zur Kugel , und sind (als begränzte nicht) aber als begränzende willkührlich wo sie gesezt werden , β) die | größten Kraise (ParallelKraise) begränzen die Kugel nicht , sind durch sie gegeben , und willkührlich wo sie gesezt werden , und als Kraise unbegrenzt c .) die Fläche  ; α) eine GröstenKraisfläche gehört nicht zur Kugel und ihr Ort ist willkührlich und ist begrenzt aber nicht begrenzend  ; β der Canevas die Umschliessung , wie die grösten Kraise , in sich zurükkehrende Linien , in sich zurükkehrende Fläche hat , wie die Kraise keine Punkte , so sie keine Linie zur Begrenzung  ; im Kraise liegt die Gränze (der Mittelpunkt , Diameter , ) ausser dem , welche sie begränzt –

2 eine1 über der Zeile mit Einfügungszeichen  4 Grösse ihrer selbst] (1) ihre Grösse (2) Text (ihrer selbst über der Zeile mit Einfügungszeichen)  derselbe über gestr . gleicher  Maasstab] Maasstab)   5 die] 6 dasjenige] dasj   und 2 ] folgt gestr  : zugl   8 Säzze  :] zuerst  : 30 d .  ; folgt gestr  : Rau[m] (ohne u-Bogen)   Säzze ,   unter gestr . und wiederhergestellt  Dreyeke] ∆ke   9 Dreyek] ∆k  soviel aus d   viel] folgt gestr  : Stüke  Bestimmungen aus bestimm   13 Beziehung] Bez .   14 die2 aus der  ; folgt gestr  : d  keines] folgt gestr  : a) der Punkt nicht als Pu   als] folgt gestr  : Be-/   16 α) nachtr . am Beginn der Zeile  Gränze ,] folgt gestr  : wen   17 gesezt1 aus ged   β) über der Zeile  wenn am verderbten 35 Rande , vielleicht zu lesen  : wo  ; folgt gestr  : / b) die Linie nicht als Begränzung , die ge   einer über gestr . er   18 α) nachtr .   19 (als] Klammer nachtr .   20 werden ,] folgt gestr  : (1) d (2) c) d   [(]Par­ allelKraise) über der Zeile mit Einweisungszeichen  ; folgt gestr  : u . s .   die2 aus s   21 werden , ] folgt gestr  : d   21–22 und als Kraise unbegrenzt über der Zeile   22 c .)] davor gestr  : d  α) nachtr .   23 und1] und ist   β nachtr .   24 Canevas ] Caneva   25 Fläche aus Flächen   26 Begrenzung  ;] Be26–27 Diameter , ) ausser] (1) Diameter , ausser) (2) 40 grenzung /   die] (1) der P (2) Text (aus der)  

1v

378

frankfurter manuskripte · geometrische studien

Text 67

es gibt nur drey Dimensionen , denn der Körper ist selbst wieder Punkt , d . h . allem entgegengesezt ausser sich , der sich selbst entgegengesezte Körper als Einheit wäre Linie . der Hauptbeweis daß nur 3 Dimensionen sind müßte seyn , daß die raümliche Beziehungen der ausser sich gesezten Punkte Fläche , von andrer Art als sie selbst sind  ; beim Körper nicht  ; das hiesse , daß jene Gränze sind  ; dieser nicht . Gränze seyn ist Aufhörung der Beziehung  ; also darum weil Körper nicht Gränze ist – die Punkte Gränzen der Linie sind es , schliessen andern Raum aus , die Beziehung mit anderm Raum  ; der Körper ausser sich gesezt , ist entweder zwei Körper , mit einem Zwischenraum , der nicht ihre Beziehung , sondern ihre Absonderung ist – oder Ein Körper , denn er [ist] nicht das Aufhören der Beziehungen in irgend einer Rüksicht , sondern durchaus selbst ein bezognes . zB . α) BC bestimmt , gesezt , und B A und C so auch AB und AC . oder der Punkt wo AB und AC sich schneiden , sich begrenzen nur einer weil gerade Linien , die sich neigen , nur in einem Punkte schneiden  ; dieser Punkt ist die C B Gränze beider Linien  , also nur Eine Gränze , oder ihre Begränzung , als Ge­ sezt­sey­ende Linie , d . h . ihre Länge bestimmt β) B und C . bestimmt und AB . A A und B als Gränzen der Linie AB sind ge­geben , als Punkte wo sie von BC und AC geschnitten werden muß , wodurch AC und BC begränzt wird  ; ist dadurch auch C als Punkt bestimmt  , ist eine Mehrheit des Punktes C möglich wenn B C D < B und < C und AB bestimmt ist ? eine

5

10

15

20

25

30

Text  : Diameter , ) ausser ( folgt vers . nicht gestr  : Schlußklammer)  2–3 der sich … Einheit] (1) als Ei (2) Text  : der sich selbst entgegengesezte Körper (Ms  : des sich selbst entg .gesezten Körpers) als Einheit   4 daß1 aus der?  Dimensionen] Dimens  .   5 Beziehungen aus Beziehung  der] des  Punkte] folgt gestr  : Lin .   6 sind  ; 2 aus sind .   9 Körper ,] folgt gestr  : oder nu   13 zB . am linken Rand , links neben der Dreieckszeichnung  α) über der Zeile  bestimmt] davor gestr  : eine über drei Zeilen nach unten 35 gezogene Linie   16 einer weil] (1) einer , (2) Text (weil aus Komma)  17 Linien] Linie  ; folgt gestr  : sich nu   18 dieser] diese   20 Gränze ,] folgt gestr  : d   als] folgt gestr  : Seyn   20–21 Geseztseyende aus g   23 β)] am linken Rand , links neben der Dreieckszeichnung  : β .   26 muß ,] folgt gestr  : als   28 eine] darüber gestr  : ein unleserlicher Ansatz  30 ist ? ] zuerst  : ist ,  ; folgt gestr  : ein anderer Punkt als C  

Text 67

5

10

zweites fragment379

andere Grösse der Linien BC und AC würde einen andern Punkt als C geben , und da AB dieselbe bleibt , der < C verändert werden , indem von AB als BegränzungsLinie der BC und AC , und als bestimmter die Grösse des < C abhängt  ; ist sie bestimmt , so ändert mit jeder Änderung der AC und BC der < C  ; apogogischer Beweis . Direkter  : daß C nur ein einziger Punkt ist , worin sich BC und AC schneiden , wenn < B und C unverändert bleiben  ; die Richtung von AC und BC und AB ist bestimmt durch die < B und C  ; als begränzende die Winkel  ; wenn nun die AB von einer bestimmten Länge ein ∆ machen soll mit BC und AC , AB dessen Grenzungspunkte gegeben sind , so sind diese Punkte auch für AC und BC ­gegeben , weil sich gerade Linien nur in Einem Punkte schneiden | 2r

D

G

F A

B

E

C

wenn FB = AG , so ist FE = EG AG = AF + FE + EG FB     = FE + EG + GB = AF    = GB

C

B

D

A

E

3 als] davor gestr  : als   4 AC über gestr . BC   4–5 15 1 Grösse aus Grössen   2 von über der Zeile   apogogischer] apog .   5 nur ein einziger] (1) der einzige (2) Text  : (über der Zeile mit Einfügungszeichen  : nur ein) einziger (Ms  : einzige)  BC aus AB   6 BC] folgt gestr  : ist bestimmt   7 die2 aus des   8 nun] folgt gestr . Ansatz zu B   die] folgt gestr  : AC  AC ,] AC /  ; folgt gestr  : das s   10 gerade] ger . unter der Zeile   12 FE + EG zuerst von Klammern umschlossen  ; folgt in kleinerer Schrift , 20 gestr  : FG  

380

frankfurter manuskripte · geometrische studien

⁄ ˘ + EG − AE − EG  ⁄ ˘ + FE  ⁄˘ ⁄˘ AG = AF  + FG  ⁄ + GB ˘ ˘ ˘ ⁄ + AF⁄ ⁄ + GB − EB − EF  FB = FE  ⁄ + EG  ⁄ + FG  AG − AF − FE = EG AE  + EG = BE + EF BG  + FE + EG = BG + EG + EF FB − GB (= AF) – AF + FG = AF + FE + EG GB + FG = FE + EG + GB (FG = FE + EG) AF + FG − AF − FE − EG = GB + FG − FE − EG – GB ⁄˘ AF + FE  ⁄ ˘ + EG − AF − FE – EG = GB + GE + FE – GB – GE – FE FG AE = AF + FG − EG FG − EG = FG – EF EB = GB + FG − FE FB AE + EG ⁄ ˘ = AF + FE + EG A F ⁄ ˘ = ˘ ˘ ⁄ = AF + EG + FE BE   +   EF ⁄ A F ˘ AE − AF – FE ⁄˘ BE − AF − EG ⁄ F =

Text 67

5

10

E G B E G E G B

in der Algebra ist das x bestimmt  ; aber seine Bestimmtheit ist nicht gesezt  ; in der Geometrie gibt es kein x , es ist alles bestimmt und als solches gesezt , sein Bestimmtwerden ist nicht gesezt  ; seine Abhängigkeit ist = x . in Algebra sind die Bedingungen gegeben und das bedingte nicht  ; in der Geometrie ist das bedingte gegeben , und die Bedingungen sind als solche zu sezzen , zu zeigen  ; eine geo­ metrische Aufgabe gibt bestimmt den Be­g riff des aufgegebnen . GrenzungsPunkte A und B sind A gegeben auch C und D also jene der Linie AB  ; diese der Li­ nie CD , und einer der Linien F C E D G CE und ED . auch die Richtung der Linien AB und CD , und auch ihr SchneidungsPunkt E

15

20

25

B 1 FE +] danach durchkringelt  : EG?  2 GB] folgt gestr  : − EB − EE EF   3 AG … EG] darunter eine Zeile 30 gestr  : FB − FE − GB (= AF) = EG   7 GB] darüber gestr  : GB   9 GB +] danach gestr  : FE   11 FG … EF] darunter eine Zeile gestr  : AG = AF + FG −  EF aus ?  EB aus ?  GB + FG − FE] GB (gestr . und eine Zeile tiefer wiederholt) 〈 A 〉F (darunter  : 〈 AE 〉) + FG (darunter  : FB) − FE   13–15 AE … EG] etwa vier Großbuchstaben eingerückt  14 BE] davor gestr  : A  AF unter gestr . BG  EG] davor gestr  : G   15 AE … EG] darunter eine Zeile gestr  : AF + FE − FE = BG + EG − EG   17 Geometrie] folgt gestr  : ist   es2 ] 35 davor gestr  : das   und] u . aus Komma   sein] s .  ; davor gestr  : nur   19 und] u . aus Komma   ist das] (1) die (2) ist (über der Zeile) die (3) Text  20–21 geometrische Aufgabe] geom . Aufg .   22 GrenzungsPunkte] GrenzungPunkte aus Punkte   sind] ist   23 also] folgt gestr  : Li   24 jene aus jener  

Text 67

zweites fragment381

A

5

10

15

20

25

C

E

D

FA    = AG FD = GC < AFD = < AGC denn der Durchschnittpunkt A der Bogen AD und AC ist derselbe und die Begrenzung dieselbe gerade Linie und FA = AG die Radien .

∆ AFD = AGC und AD = AC < FDA = GCA B also in ∆ ACE und ∆ ADE < EDA = < ECA AC = AD AE = AE GC − GD − DE = CE GC − GD − DE und < CAE = DAE ferner ∆ AGB = ∆ AFB und wenn von ∆ FDA und GAC abgezogen wird ∆ ACD so ist ∆ DAG = FCA und <   FAC   = GAD und < CAE = DAE | Linien , welche (negativ) ins unendliche verlängert , nie zusammenstossen , oder positiv welche überall gleich weit entfernt sind , heissen Pa r a l le l l i n ie n  . Die Entfernung gemessen ist eine gerade Linie  ; um Entfernungen verschiedener zu

1–3 FA … AGC in der Mitte des Zeilenspiegels   2 FD aus FC?  GC] davor gestr  : D   3–6 denn der … Radien . in der unteren rechten Ecke an die Gleichung angeschlossen  3 der über gestr . ihr  3–4 Durchschnittpunkt] Durschnittpunkt aus E?   5 derselbe] derselben   6 die über gestr . ihre   8 9 GCA] folgt also (als Anschlußwort verdop30 AC] folgt ein Plus- oder Verweiszeichen (ohne Gegenzeichen)   10–17 also in … ferner in der linken unteren Ecke , unterhalb der letzten Zweikreisfigur beginnend pelt)   bis AE = AE  ; darunter gestr . in drei Zeilen  : < ACG = 2 < AFD = 2 < AGC = ADE / von FD = GC ziehe ab / GD + DE ( folgt gestr  : ble)  14–15 GC … DE unterhalb der Zeichnung , rechts neben den drei vorhergehenden Zeilen , mit Einweisungszeichen  16 und < CAE = DAE am linken Rand , darunter s . sowie 17–23 ferner … DAE am rechten Seitenrand , 35 Verweiszeichen und ferner (als Anschlußwort verdoppelt)   mit Verweiszeichen angeschlossen , oberhalb von denn der Durchschnittpunkt … Radien .   24 (negativ) über gestr . nie zu   25 entfernt] folgt gestr . Komma  P a r a l l e l l i n i e n   . ] P a r a l l e l l i n i e n /   Die] davor gestr  : Gleichweit entfernt seyn   26 gemessen über der Zeile mit Einfügungszeichen  

2v

382

frankfurter manuskripte · geometrische studien

Text 67

messen , muß ein drittes genommen , und die Gleichheit oder Ungleichheit mit demselben untersucht werden  ; hier muß in der Entfernung eine Gleichheit seyn , denn von welchem Punkte einer Linie zu einem Punkte der andern Linie , die Linie , welche die Entfernung mässe , wäre ganz unbestimmt  ; eine Bestimmtheit ist nur hinein zu bringen a) dadurch , daß immer der beiden Linien zwei Punkte genommen werden , die am kürzesten auseinander liegen , oder solche Linien , welche die kürzesten unter den EntfernungsLinien sind  ; die kürzesten sind s e n k r e cht e Linien  ; also alle senkrechten Linien , welche zwischen den Parallellinien gezogen werden , sind gleich  ; oder b .) daß die Winkel , welche die Entfernungslinien mit den P ­ arallellinien e f a b machen , der a dem e  , der b dem f gleich sey – ebendiß gilt auch bei den senkrechten , und das allgemeine , wo­ c d g h durch ­Bestimmtheit in diese Entferi k nungsLinien , das Maas , gebracht wird , ist , daß  : die Winkel , welche die EntfernungsLinien mit den ParallelLinien machen , gleich sind  ; der b dem f , der a dem e , entweder a)  sind diese Winkel auch a dem b , e dem f gleich , so sind die Linien senk­ recht , und die kürzesten . b)  nicht  ;  durch die Bestimmtheit (Gleichheit im allgemeinen , unbestimmt wie groß die Winkel selbst) wird die Grösse der Linie bestimmt , wegen der Einheit des Durchschneidungspunktes , welcher , und also die Länge der Linie , durch den Winkel bestimmt ist – auch die EntfernungsLinien im Fall b) sind gleich nach dem Be­g riffe der ParallelLinien  ; daß nun auch a dem d und h , oder dem i und k gleich sey , wäre noch zu erweisen  ; umgekehrt die Linien als gleich

5

10

15

20

25

1 genommen] folgt gestr  : werden  2 in der] in die über gestr . dieselbe   seyn , ] folgt gestr  : von jedem   3 einem] einen   der] folgt gestr  : Linie   5 nur] folgt gestr  : dadurch   daß] folgt gestr  : die  immer] folgt gestr  : z   7 kürzesten1] folgt gestr  : sind ,  EntfernungsLinien] Entf .Linien   8 30 senkrechten Linien] senkr . Lin   zwischen den über gestr . zwischen   9 Parallellinien] Parallellin .   gleich  ;] folgt gestr  : ode   11 Entfernungslinien] Entfern .   Parallellinien] Parallellin .   12 machen ,] folgt gestr  : jeder nach der   a … b] in Figur 13 sind die Buchstaben a und b zunächst über der oberen Querlinie gesetzt und dann gestrichen  13 ebendiß] davor gestr  : E  ; darunter gestr  : Anfangsklammer   14 senkrechten ,] folgt gestr  : Schlußklammer  das aus der   18 Winkel ,] folgt gestr  : m  Ent- 35 fernungsLinien] Entfern .Linien   ParallelLinien] Parallel .   19 entweder] folgt gestr  : sind   22 nicht  ;] folgt ein Spatium von etwa vier Buchstaben  23 die1 aus der   bestimmt ,] folgt gestr  : weil   25 den aus die   ist –] folgt gestr  : au   die] folgt gestr  : St  EntfernungsLinien] (Entf . unter gestr . Pa) Linien  26 gleich] folgt gestr . Komma   ParallelLinien  ;] ParallLin . /   und h ,] folgt gestr  : u s   27– 383,2 umgekehrt die … bestimmt zwischen den Zeilen  27 umgekehrt] umgek .   40

Text 67

5

10

15

20

25

30

zweites fragment383

bestimmt , sind auch die Winkel a und e gleich , denn die Grösse der Linien [wird] durch die < bestimmt . um die EntfernungsLinien zu bestimmen , ist nur nöthig , a dem e , und b dem f gleich zu sezzen . um zu beweisen daß a = d beG E stimme die beiden , oder ei­nem be­ I Q N K A B stimmten Theil beider gegenüberlie­ e a b f gende Linie  ; ziehe aus I die senk­ rechte IO , aus L , die senkrechte LN so ist c d h g C D IL = IL  ; IO = LN  ; und