Finanzwissenschaft [Reprint 2022 ed.] 9783112633441


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Finanzwissenschaft [Reprint 2022 ed.]
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Grundriss des gesamten deutschen Hechts in €inyelausgaben von

Paul Posener

27. Band

Finan}wi$$en$^aft Ms

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I. Gutteutag,

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Dr. jur. Paul Posener. Tas Ganze umfaßt folgende Bande: 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. S. 10. Ji. 12. 13.

Allgemeiner Teil bev BGB. 14. Nirchenrecht. Recht der Schuldverhältnisse d BGB. 15. Strafrecht. Lachenrecht d. BGB. 16. Strafprozeß. Familienrecht d. BGB. 17. Militärrecht. Erbrecht d. BGB. 18. Römische Rechtzgescluchte. Handelsrecht. ! 19. Deutsche Rechtsgeschichte. Wechselrecht. \ 20. Brandenb.-preußische Rechtsgeschichte. Gerichtsverfassung. ! 21. Preußisches Privatrechl. Zivilprozeß. : 22. LaudwirtschaftSrecht. ZivangSvollstreckung und Äonlurc? | 23. Wasserrecht. Staatsrecht und Berfassungsrecht. i 24. Eisenbahnrecht. Berwaltungsrecht. : 25. Allgemeine Volkswirtschaftslehre. Bölterrecht und internationales Recht, i 26. Besondere Volkswirtschaftslehre. 27. Finanzwissenschaft.

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Grundriß des gesamten

deutschen Rechte? ■ = in Einzelausgaben -----------------DOll

paut Posener.

27. Band.

Finnnzwissenschaft.

Berlin 1904

I. Gnttentag, Verlagsbuchhandlung. 6). in b H

Inhaltsverzeichnis. 4$

1.

Einleitung......................................................................................

Seile 7

§ § §

1. .stapitel: Der Staatsbedarf. 2. Die Arten der Ausgaben... 8 8. Die einzelnen Ausgaben.................................................................. 9 4. Grundsätze für die Beurteilung der Ausgaben........................... 10

§

2. Kapitel: Die Ginnahmrn des Staates. Übersicht.......................................................................................... 11

5.

1. Abteilung. Die Erwerbsrinnahmen. £ 6. Domänen . . . . ’............................................. 12 § 7. Erwerbende Vorrechtedes Staates im allgemeinen ... 14 § 8. Berg- und Hiittenwesen................................................................ 14 § 9. Staatsbanken...................................................................................... 15 §10. Lotteriewesen ...................................................................................... 15 § 11. Transportanstallen........................................................................... 16 § 12. Staatliche Fabrikation...................................................................... 17

2. Abteilung. § § §

Die Gebühren. 13. Begriff rmd Eiilteilimg................................................................ 1" 14. Einzelne Gebühren........................................................................... 19 15. Gebührenerhebung........................................................................... 21

3. Abteilung: Die Steuern. Begriff der Stellern...................................................................... 22 Grundsätze des Steuerwesens...................................................... 22 Technik des Steuerwesens........................................................... 23 Einteilung der Steuern.................................................................24 Die Erhebung der Steuern........................................................... 24 Die Überwälzung........................................................................... 25 Einzelne Steuern . 25 3. Kapitel: Der Staatshaushalt. § 23. Das Budget ..................................................................... 26 § 24. Die Staatsschulden.......................................................................... 26

§ § § § § § §

16. 17. 18. 19. 20. 21. 22.

§ 1.

Einleitung.

Finanzwirtschaft ist — im Gegensatze zur Privatwirtschaft — die Wirtschaft der juristischen Personen des öffentlichen Rechtes (Staat, Kommune), die nach bestimmten Regeln statt hat. Gegensätze von Finanz- und Privatwirtschaft äußern sich namentlich in den grundverschiedenen Zwecken und Mitteln: a) Staatszweck deckt sich niemals mit dem des Privat­ mannes; Bedürfnisse des Staates (seine Zwecke) sind maßgebend für die Größe der zu beschaffenden Einnahmen; beim Privat­ manne umgekehrt. b) Staatsmittel werden auch im Wege des Zwanges, über den der Privatmann nicht verfügt, erlangt; spezielle Gegenleistung des Staates ist nicht erforderlich, da der Staat durch sein Vorhandensein, seinen Rechtsschutz, seine kulturellen Leistungen re. generell seinen Bürgern Leistungen bietet. Die Mittel des Privaten sind nur ohne Zwang (auf Grund spezieller Entgeltlichkeit) zu erlangen. c) Umfang der Finanzwirtschaft ist durch den Staatszweck, wie er verfassungsmäßig in konkreten Fällen bestimmbar ist, begrenzt. Der Privatwirtschaft sind nur uatürliche Grenzen ge­ zogen. d) Dauer. Die Privatwirtschaft ist mit dem Ende der Privatpersönlichkeit (Tod) beendet. Die juristische Persönlichkeit des öffentlichen Rechtes hat eine für menschliches Ermessen un­ begrenzte Dauer; daher größere Beständigkeit und Sicherheit der Finanzwirtschaft gerechtfertigt, insbesondere: Erstreckung der öffentlichen Schulden auf mehrere Geschlechter. Finanzwisseuschaft ist der Inbegriff der Grundsätze, die in der Finanzwirtschaft zu befolgen sind, und die insbesondere für die Ordnung der Einnahmen und Ausgaben und für die Be­ stimmung des Verhältnisses beider zueinander maßgebend er­ scheinen; Lehre vom Haushalte des Staates und der anderen juristischen Personen des öffentlichen Rechtes.

8

Fümnzwisscnschaft.

FinanzwisseuschafL ist ein Zweig der Staats Wissen­ schaften und ist mit der Volkswirtschaftslehre und der Politrk einerseits, mit dem Staats- und Verwaltungsrechte andrerseits eng verbunden. Vergleiche Grundriß 25, 7. Im folgenden wird von der Finanzwirtschaft des Staates ge­ sprochen; entsprechend gilt das Gesagte für die anderen öffentlichen Körperschaften.

1. Kapitel.

Der Staatsbedarf. § 2.

Die Arten der Ausgaben.

1. Ordentliche und außerordentliche Ausgaben. a) Ordentliche Ausgaben sind die in der Regel sich gleich­ bleibenden Ausgaben, die in jeder Finanzwirtschaftsperiode wiederkehren, und zwar in einem mit Wahrscheinlichkeit im voraus festzustellenden Umfange. Arten der ordentlichen Ausgaben: 1. ständige, bei denen der Umfang im allgemeinen Schwan­ kungen nicht unterliegt, z. B. Gehälter der Beamten, Schuldenverzinsung; 2. nicht ständige, deren Umfang zwar Schwankungen unter­ liegt, dennoch aber mit Wahrscheinlichkeit im voraus be­ stimmbar ist, z. B. Ausgaben für Neuanschaffungen, für Verbesserungen 2C. bereits vorhandener Einrichtungen (Reparaturen an Gerichtsgebäuden 2C.). b) Außerordentliche Ausgaben sind Ausgaben, deren Not­ wendigkeit in einer Finanzwirtschaftsperiode, häufig unerwartet, sich geltend macht, und die nicht die Tendenz regelmäßiger Wiederkehr haben, z. B. Bau neuer Schlachtschiffe, Einführung neuer Modelle in Gewehren und Kanonen, Ankauf von Bahnen; sog. Kredite. Auch hier kaun unterschieden werden: 1. ordentliche Kredite, für solche außerordentliche Ausgaben, die geringeren Umfang haben und in jedem Verwaltungs­ zweige zu erwarten sind; 2. außerordentliche Kredite, für große und ganz unerwartet auftretende außerordentliche Ausgaben.

8

Fümnzwisscnschaft.

FinanzwisseuschafL ist ein Zweig der Staats Wissen­ schaften und ist mit der Volkswirtschaftslehre und der Politrk einerseits, mit dem Staats- und Verwaltungsrechte andrerseits eng verbunden. Vergleiche Grundriß 25, 7. Im folgenden wird von der Finanzwirtschaft des Staates ge­ sprochen; entsprechend gilt das Gesagte für die anderen öffentlichen Körperschaften.

1. Kapitel.

Der Staatsbedarf. § 2.

Die Arten der Ausgaben.

1. Ordentliche und außerordentliche Ausgaben. a) Ordentliche Ausgaben sind die in der Regel sich gleich­ bleibenden Ausgaben, die in jeder Finanzwirtschaftsperiode wiederkehren, und zwar in einem mit Wahrscheinlichkeit im voraus festzustellenden Umfange. Arten der ordentlichen Ausgaben: 1. ständige, bei denen der Umfang im allgemeinen Schwan­ kungen nicht unterliegt, z. B. Gehälter der Beamten, Schuldenverzinsung; 2. nicht ständige, deren Umfang zwar Schwankungen unter­ liegt, dennoch aber mit Wahrscheinlichkeit im voraus be­ stimmbar ist, z. B. Ausgaben für Neuanschaffungen, für Verbesserungen 2C. bereits vorhandener Einrichtungen (Reparaturen an Gerichtsgebäuden 2C.). b) Außerordentliche Ausgaben sind Ausgaben, deren Not­ wendigkeit in einer Finanzwirtschaftsperiode, häufig unerwartet, sich geltend macht, und die nicht die Tendenz regelmäßiger Wiederkehr haben, z. B. Bau neuer Schlachtschiffe, Einführung neuer Modelle in Gewehren und Kanonen, Ankauf von Bahnen; sog. Kredite. Auch hier kaun unterschieden werden: 1. ordentliche Kredite, für solche außerordentliche Ausgaben, die geringeren Umfang haben und in jedem Verwaltungs­ zweige zu erwarten sind; 2. außerordentliche Kredite, für große und ganz unerwartet auftretende außerordentliche Ausgaben.

§ 3.

Die einzelnen Ausgaben.

9

Ordentliche Ausgaben sind regelmäßig aus den ordent­ lichen Einnahmen der Finanzwirtschaftsperiode zu decken; ihre Bedeutung erstreckt sich in der Regel nur auf diese eine Wirtschaftsperiode. Außerordentliche Ausgaben machen die Beschaffung be­ sonderer, nicht regelmäßig fließender Mittel nötig, z. B. An­ leihen; sie erstrecken sich in der Regel auf mehrere Finanz­ wirtschaftsperioden.

II. Personalbedarf und Sachbedarf. a) Personalbedarf im allgemeinen ist die Gesamtheit per­ sönlicher Dienstleistungen, die der Staat für die Durchführung seiner Aufgaben verwendet. Da jedoch ein Teil hiervon un­ entgeltlich (z. B. Ehrenamt) geleistet wird, so kommen als Per­ sonalbedarf nur in Betracht die Ausgaben, die dem Staate mit Rücksicht auf ihm geleistete persönliche Dienste, durch Gewährung eines wirtschaftlichen Äquivalentes hierfür, erwachsen; z.B. Gehalt,

Servis, Pension. b) Sachbedarf umfaßt die Ausgaben, die dem Staate durch Beschaffung der für seine Zwecke erforderlichen Sachgüter erwachsen. Diese Beschaffung kann auch durch eigene Produktion des Staates erfolgen; eine solche rechtfertigt sich im allgemeinen nur durch ganz besondere Gründe, z. B. Notwendigkeit der Geheimhaltung des Produktionsprozesses, Unmöglichkeit der Be­ schaffung durch Privatunternehmer. III. Ausgaben für allgemeine und für IufaIe Zwecke.

§ 3.

Die einzelnen Ausgaben.

I. Generelle Unterscheidung nach ihrer Bedeutung für die Verwaltung der Finanzwirtschaft:

a) Betriebsausgaben sind Ausgaben, die durch den Erwerb der Einnahmen verursacht werden; sie sind also nur Mittel zu dem Zwecke, dem Staate Einnahmen zuzuführen.

b) Regierungsausgaben sind die durch das Vorhandensein der staatlichen Organisation bedingten Ausgaben; ihrer engen Verknüpfung mit der Existenz des Staatswesens entspricht es, daß sie für den Staat nicht Mittel zum Zwecke, sondern Selbst­ zweck sind.

10

Finauzwissenschaft.

11. Einzelne Staatsausgaben a) Ausgaben aus der Verfassung bilden den Staatsbcdarf, den die verfassungsmäßig berufenen Organe haben, z. B. Staats­ oberhaupt, Volksvertretung; b) Ausgaben aus der Regierung sind die von der Staats­ gewalt gestellten Anforderungen zwecks Durchführung der Staats­ zwecke, und zwar formell (den Mitteln entsprechend, z. B. Auf­ wand, Dienste) und materiell (dem einzelnen Zwecke ent­ sprechend, z. B. Äußeres, Heer, Marine, Justiz, Unterricht, Inneres,

Finanzen).

§ 4.

Grundsätze für die Beurteilung der Ausgaben.

I. Für die Finanzwirtschaft bildet die Notwendigkeit der Ausgaben den Gradmesser für die Deckung, d. h. der Privat­ mann wird zwar notwendige Ausgaben nur nach Maßgabe seiner Mittel machen, der Staat hingegen hat in erster Linie, ohne um die Deckungsfrage sich zu kümmern, die notwendigen Ausgaben lohne deren Bestreitung der Staatszweck nicht sich erfüllen ließe) zu ermitteln und — ihnen entsprechend — die erforderlichen Einnahmen bcreitzuhalten. II. Der Notwendigkeit häufig gleichstehend ist die Nützlich­ keit von Aufwendungen; allerdings wird, je nach der Wirtschafts­ lage, die dringlichere Ausgabe vor der weniger dringlichen zu berücksichtigen sein. Ebenso wird zu beachten sein, ob ein Be­ darf der Allgemeinheit lnicht nur einzelner) vorhanden ist; freilich kann eine Ausgabe zugunsten einer einzelnen Klasse oder eines Landesteiles mittelbar dem Ganzen zugute kommen. III. Jede Ausgabe muß der Reproduktion dienen, indem sie die Wirtschaft der Gesamtheit fördert und mittelbar pro­ duktiv beeiuflußt. Ob hierbei die Ausgabe - rein äußerlich betrachtet — im Lande bleibt oder nicht, ist ganz unwesentlich; denn allein entscheidend ist ihr reproduktiver Charakter. Über die gegenteilige Lehre der Merkantilisten vgl. Grundriß

25, 8. IV. Der Staat übernimmt nur solche Ausgaben auf seinen Haushalt, die er Privaten nicht aufbürden kann, und zwar deshalb, weil sic deren Kräfte übersteigen würde, oder weil er sie ihnen nicht anvertrauen will oder mag. Hierüber entscheiden regelmäßig politische Gesichtspunkte.

§§ 4—5.

Grundlage für die Beurteilung der Ausgaben 2c.

11

2. Kapitel.

Die Einnahmen des Staates. § 5.

Übersicht.

I. Die ordentlichen Einnahmen des Staates zerfallen in zwei große Gruppen: a) erworbene Einnahmen, die dem Staate aus seiner Er­ werbstätigkeit zufließen, sog. Erwerbseinnahmen, Produktions­ einkünfte; b) befohlene Einnahmen, die der Staat dadurch erlangt, daß er auf Grund der ihm zustehenden höchsten Gewalt eine materielle Teilnahme der ihm unterworfenen Einzelnen (Menschen und Verbände) an der Deckung der Ausgaben fordert. II. Erwerbseinnahmen.

Die Erwerbseinnahmen des Staates stammen, wirtschaft­ lich betrachtet, aus derselben Duelle wie die erworbenen Ein­ nahmen des Privaten: der Staat beansprucht für eine wirt­ schaftliche Leistung eine wirtschaftliche Gegenleistung. a) Erwerbseinnahmen mit rein privatwirtschaftlichem Charakter, für die lediglich die Erlangung von Gewinn durch Umsatz der Produkte leitend ist; b) Erwerbseinnahmen auf Grund staatlicher Monopole, bei denen das Streben nach Gewinn durch die Rücksicht auf das öffentliche Interesse zurückgedrängt wird. zu a: Staatliche Einrichtungen mit äußerlich privatwirtschastlichem Charakter, bei denen der Gewinn Nebensache ist, gehören nicht hierher; z. B. Musteranstallen, Versuchsstationen. zu b: Monopole rein finanzieller: Art, z. B. Tabaksmonopol, bedeuten die Erhebung eines Zuschlages zu dem sonst aus Produk­ tionskosten und Profit ztl bestinimenden Preise; daher sind solche Mono­ pole als Steuern anzusehen.

II. Abgaben.

Für die Abgaben leistet der Staat ein spezielles Entgelt nicht (auch nicht im Falle der Gebühr); die Abgabe ist viel­ mehr eine vom Staate einseitig dem einzelnen auferlegte Leistung zur Deckung des Staatsbedarfes, für die der Staat als immaterielle Gegenleistung sein Existieren mit der Ge­ samtheit seiner Einrichtungen, die der einzelne benutzen darf oder muß, gewährt.

12

Finanzwissenschaft. Einteilung der Abgaben:

a) Gebühren sind spezielle Abgaben, die demjenigen erlegt werden, der eine gewisse Tätigkeit der staatlichen waltung veranlaßt, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob Tätigkeit mit (Zivilprozeß), ohne (eigentliche Verwaltung) gegen (Strafprozeß) den Willen des einzelnen geschieht.

auf­ Ver­ diese oder

b) Steuern sind allgemeine Abgaben, die aus Rücksichten der Deckung des Staatsbedarfes vom Staate einseitig festgesetzt und erhoben werden.

c) Leistungen anderer Art, die zu verwendet werden:

den Staatsausgaben

1. Butzen und Geldstrafen stellen sich nicht als Abgaben dar: 2. Beiträge von Privaten und Verbänden, die zwar zur Deckung allgemeiner Staatsausgaben dienen, gleichwohl aber eine be­ sondere Beziehung den im speziellen Falle Beitragenden haben, z. B. Hingabe eines Geländes zum Bau einer Kaserne, Leistung eines Teilbetrages zur Errichtung eines Gymnasiums. Hier ist der allgemeine Staatszweck mit dem speziellen eines Privaten verbunden, besondere Vorteile aus der geplanten Ein­ richtung zu haben, insbesondere auch, auf die unter örtlichen Möglichkeiten wählenden Verwaltungsorgane in bestimmtem Sinne einzuwirken.

1. Abteilung.

Die Grwerbseinnahmen. § 6.

Domänen.

Domänen umfassen das Vermögen des Staates, aus dem der Staat auf Grund eines privatrechtlichen Titels Einnahmen erzielt. Vgl. über Allgemeines: Grundritz 23.

Domänen im engeren, finanzwissenschastlichen Sinne um­ fassen die Feldgüter und Forsten des Staates.

I. Feldgüter (Domänen im engsten Sinne) werden privat­ wirtschaftlich verwaltet. Arten der Feldgüterverwaltung: a) Regie oder Selbstverwaltung; der Staat führt selbst den ganzen Produktionsprozeß durch und übernimmt es auch, die Produkte abzusetzen. Für die heutige Verwaltung im all­ gemeinen nicht recht durchführbar.

6.

13

Domänen.

Die Fälle von Regie bei Versuchsstationen :c. gehören nicht hier­ her, vgl. tu. o. 3eite 11.

b) Zeitpacht: das Feldgut wird dem Pächter zur Nutzung überlassen; der Staat erhält dagegen den Pachtzins, so daß er ein Risiko an der Produktion nicht trägt. Besondere Fälle sind: Spezialpacht (Verpachtung einzelner Teile, z. B. Vor­ werke) und Generalpacht (Verpachtung der ganzen Domäne mit allen Einrichtungen und Anlagen, die mit ihr verbunden find).

c) Erbpacht unterscheidet sich von der Zeitpacht dadurch, daß der Erbpächter ein Anrecht daraus hat, daß die Domäne seiner Familie verpachtet bleibe, während bei der Zeitpacht der Staat die Möglichkeit hat, nach Ablauf der Pachtperiode mit der Person des Domänenpächters zu wechseln. Dies ist be­ sonders wichtig, wenn der Pächter ungeeignet oder unzuverlässig erscheint.

Begründung der Erbpacht durch zwei Leistungen des Erb­ pächters: 1. einmalige Entrichtung des Erbbestandgeldes, einer Summe, die der Erbpächter bei der Begründung des Erbpacht­ vertrages dafür gewährt, daß die Domäne seiner Familie in Pacht erhalten bleibe;

2. jährliche Entrichtung des Kanon, des Pachtschillings. d) Gewährsverwaltung: der Staat läßt die Domäne durch einen Beamten (Administrator) verwalten, der ein Ertrags­ minimum mit seinem Vermögen garantiert, dagegen den er­ zielten Überschuß über dieses Minimum mit dem Staate

teilt.

II. Forsten des Staates sind regelmäßig in Selbstbewirt­ schaftung des Staates, da hierfür neben Fragen der Verstärkung der Einnahmen besonders Rücksichten auf das öffentliche Wohl mitsprechen. III. Veräußerung der Domänen wird lediglich für die Feld­ güter (nicht für die Forsten) empfohlen, und zwar, abgesehen von politischen Rücksichten, aus volkswirtschaftlichen Gründen, Eine Art

der Veräußerung

kann

im Wege

Rentengntcrn stattfinden, vgl. Grundriß 22.

der Bildung von

14

^'inanzmissenschmt.

Erwerbende Vorrechte des Staates im allgemeinen.

§ 7.

I. Regalien sind die den Landesherren als solchen zustehen­ den, nutzbaren Rechte; in weiterem Sinne verstand man da­ runter auch die Hoheitsrcchte (sog. höhere Regalien). Bgl. Grundriß

ID,

17 und 18.

Die modernen Staaten kennen Regalien im historischen Sinne nicht mehr, da sie teils gegenüber dem öffentlichen Ver­ kehre (z. B. Post) bedeutungslos wurden, teils als Teile privat­ wirtschaftlicher Tätigkeit des Staates keine eigentlichen Vorrechte darstellen. II. n) b) c) d)

Aus den Regalien entwickelt (aber nicht mehr Regalien): Berg- und Hüttenwesen, vgl. § 8, Forsten, siche ro. o. § 6 unter II, Jagd und Fischerei, siehe w. u. III, Transportanstalten, vgl. § 11.

Andere Regalien, z. B. Salz- und Zollregal, sind in Steuern aufgegangen, vgl. w. u. Seite 26.

Erhalten geblieben sind in Preußen: a) das Anfallsrecht herrenloser Grundstücke und Erbschaften, vgl. Grundriß 3, 15; b) das Bernsteinregal in Ostpreußen; dagegen hat in West­ preußen und Pommern der Staat nur Anspruch auf den im Meere und am Strande gefundenen Bernstein; c) das Lotterieregal, vgl. w. u. § 10. III. Das Jagdregal besteht nicht mehr; Beseitigung des Jagdrechtes auf fremdem Grund und Boden in Preußen 1848. Vgl. Grundriß

22

Einnahmen des Staates aus dem Jagdrechte an seinem Grundeigen, und zwar regelmäßig durch eigene Ausübung der Jagd, selten durch Verpachtung der Jagd. Einnahme aus Jagdscheinen ist eine Gebühr. Fischereiregal besteht nicht mehr; Einnahmen des Staates aus den ihm zustehenden Fischereiberechtigungen namentlich im Wege der Verpachtung. § 8. Über

Bergrecht

Berg- und Hüttenwesen.

vgl. Grundriß

3,

20.

Freierklärung des Bergbaus hat den Staat bezüglich des Erwerbes den Privaten gleichgestellt; der Staat muß daher das

§§ 7—10.

Erwerbende Vorrechte des Staates im allgemeinen 2c.

15

ausschließliche Bemächtigungsrecht (Bergwerkseigentum) er­ werben, um Bergwerke zu erlangen. Bergbau des Staates stets in eigener Verwaltung.

Ob die Veräußerung der Bergwerke angängig oder vorteil­ haft erscheint, läßt sich allgemein nicht feststellen, da neben finanziellen Rücksichten namentlich die Sorge für das öffent­ liche Wohl (z. B. wegen der Preistreibereien auf dem Kohlen­ markte) Beachtung fordert. § 9.

Staatsbanken.

Der Staat bezweckt mit dem Betriebe des Bankgeschäftes nicht allein die Erreichung von Vermögensoorteilen, sondern namentlich die Erleichterung der ihn betreffenden bankmäßigen Geschäfte (z. B. Begebung von Anleihen, Zahlungen), Kon­ trolle des Notenwesens, Eröffnung des Staatkredites für wichtige Erwerbsstände B. Landwirtschaft), Beseitigung von Kalamitäten auf dem Geldmärkte in Zeiten allgemeiner Erschütterung durch große Bankbrüche oder Krisen. Reine Staatsbanken bestehen Bauern (Bank von Nürnberg).

in Preußen

(Seehandlung) und

Daneben können Privatbanken eine Art staatlichen Charakters erhalten, indem der Staat ihre Verwaltung gesetzlich regelt oder sie der Verwaltung durch Beamte unterstellt. Beispiel: die 1765 begründete preußische Bank, die das Deutsche Reich als Reichsbank übernommen hat. § 10.

Fotteriemesen.

Eine eigenartige (weil den sonst als bestimmend bezeichneten Grundsätzen des Staates widersprechende) Einnahmequelle ist die Lotterie. Arten des Lotteriewesens:

a) Klaffenlotterie: der Staat gibt zu bestimmten Preisen Lose aus und sichert den Inhabern der Lose zu, nach bestimmtem Plane in mehreren Ziehungen für gezogene Lose Gewinne zu gewähren. Um die Spiellust anzureizen, wird für ein gewisses, in der letzten (oder in jeder) Ziehung gezogenes Los noch eine Extraprämie versprochen. Der Staat behält sich in der Regel das Veranstalten von Lotterien vor und bestraft den

FinanZwissenschcnt.

16

Privatmann, der ohne staatliche Erlaubnis das gleiche tut. Häufig stellt der Staat das Spielen in fremden Lotterien unter Strafe, um Konkurrenz fernzuhalten. Die Einnahmen des Staates ergeben sich aus dem Über­ schüsse des Loseverkauses über die versprochenen Gewinne und aus den Gewinnen der etwa für Rechnung des Staates ge­ spielten Lose; daneben findet sich ein planmäßiger Abzug von den an Spieler entfallenden Gewinnen, zugunsten des Staates. Regelmäßig außerordentlich hohe Verwaltungskosten.

Klaffenlotterien bestehen in Preußen, Sachsen, MecklenburgSchwerin, Hessen, Braunsckweig, Thüringen, Hamburg, Lüben, Dänemark, Holland, Ungarn, Serbien, Spanien. b) Zahlenlotto: die Spieler wetten mit dem Staate, daß eine oder mehrere von ihnen genannte Zahlen — zu einem vom Spieler normierten Gewinne — gezogen werden. In Österreich, Italien und Spanien vorkommend.

§ 11.

Transportanstalteu.

Bei dem Betriebe der Transportanstalten erscheint die staatliche Tätigkeit hauptsächlich als verkehrsfördernd und verkehrsfichernd. Die Einnahmen des Staates aus dem Betnebe ergeben sich auS den Gegenleistungen der Benutzer für den Gebrauch der Transporteinrichtung.

Vorzüge des Staatsbetriebes sind nicht allgemein anerkannt^ da häufig der bureaukratische Verwaltungsmechanismus eine Verlangsamung herbeiführt, oft auch mit unnützer Be­ lästigung des Publikums und mit Verteuerung der Er­ langung der Transportmöglichkeit verbunden ist. I. Eisenbahnbetrieb kann nach verschiedenen Systemen ge­ handhabt werden; vgl. hierüber Grundriß 24. II. Postwesen ist gegenwärtig allgemein im Staatsbetriebe, wenigstens soweit es auf Beförderung von Briefen und Zeitungen sich bezieht. Über Privatposten vgl. Grundriß 11. III. Telegraphenwesen wird vom Staate betrieben.

IV. Telephonwesen ist in der Regel mit der Telegraphie verbunden und im Staatsbetriebe.

§§ 11 —13. § 12.

Transportanstalten ?c.

17

Staatliche Fabrikation.

Betrieb von Fabriken durch den Staat im 18. Jahrhunderte eingeführt, um vorbildlich zu wirken. Gegenwärtig gegenüber der Gewerbefreiheit nicht von besonderem Nutzen, in der Regel nur noch zu dem Zwecke, um bestehende und übernommene Einrichtungen zu erhalten.

2. Abteilung.

Die Gebühren. § 13.

Begriff und Einteilung.

Gebühr ist eine vom Staate einseitig festgesetzte Abgabe, die derjenige zu entrichten hat, der eine öffentliche Behörde oder Einrichtung für eine spezielle Tätigkeit in Anspruch nimmt.

Grundlagen des Gebührenwesens: a) Die Staatseinricktungen (Behörden und Anstalten), die im Einzelfalle zu einer Tätigkeit veranlaßt werden, sind zur Erfüllung allgemeiner Staatszwecke vorhanden und werden grundsätzlich von der Allgemeinheit unterhalten. b) Die Gebühr wird von dem einzelnen deshalb geleistet, weil gerade sein Interesse eine Tätigkeit veranlaßt, oder weil er durch eine Tätigkeit des Staates einen besonderen Vorteil zu erlangen wünscht (z. B. Firmenschutz usw.). c) Überschüsse aus Gebühren widersprechen der Be­

deutung der Gebühren: die Gebühren dürfen nicht einmal so hoch sein, daß sie die Kosten decken, eventl. müssen unvermögende Benutzer die Möglichkeit haben, die Tätigkeit des Staates ge­ bührenfrei in Anspruch zu nehmen (z. B. Armenrechtsbe­ willigung). d) Die Gebührensätze müssen bei Veränderungen der Ein­ richtungen und bei Verschiebungen der Interessen Veränderungen unterworfen werden.

Festsetzung der Gebühren kann nach folgenden Gesichts­ punkten erfolgen: a) je mehr allgemeines Interesse an einer gewissen Staats­ tätigkeit besteht, desto geringer ist die Gebühr für die Ver­ anlassung der Tätigkeit im Einzelfalle; 9 Posener, Finanzmissenschaft. -*

18

Finauzwlssenschcist.

b) verursacht eine Tätigkeit besondere Kosten, die als solche erkennbar sind, so kann die Gebühr entsprechend normiert werden; c) erwachsen dem Benutzer besondere Vorteile aus einer von ihm veranlaßten Staatstätigkeit, so kann hiernach die Ge­ bühr festgestellt werden. Unterscheidungen: a) von den Erwerb sein nahmen unterscheidet sich die Gebühr dadurch, daß der Staat ihren Betrag einseitig fest­ setzt, und daß eine Konkurrenz anderer Einrichtungen mit der in Anspruch genommencnen staatlichen ausgeschlossen ist; b) von den Steuern unterscheidet sich die Gebühr dadurch, daß sie eine Abgabe für einen Einzels all darstellt, während die Steuer eine Abgabe im allgemeinen, ohne Richtung auf einen bestimmten Zweck, enthält; jedoch ist die Grenze flüssig. Einteilungen der Gebühren:

I. nach der Person des Empfängers: a) Fiskusgebühren sind die Gebühren, die in die Staats­ kasse fließen; das ist der Regelfall. b) Beamten gebühren sind die Gebühren, die von den Beamten für ihre Amtstätigkeit erhoben werden, und zwar: 1. für eigene Rechnung, so daß ihnen der volle Ertrag gebührt, z. B. Notare, Kreisärzte; 2. für Rechnung des Staates, so daß der Staat die von den Beamten, vereinnahmten Gebühren erhält und sie den Beamten teilweise zurückerstattet, z. B. preußische Gerichtsvollzieher; (ähnlich auch bei den Kollegiengeldern an preußischen Universitäten). II. nach dem Grunde der Gebührenerhebung: a) allgemeine Gebühren werden gewöhnlich aus Grund der Tatsache, daß der einzelne irgend eine Behörde in Anspruch nimmt, erhoben: die spezielle Entgeltlichkeit (aus Seiten des Staates) ist häufig nicht erkennbar. Beispiel: Auditoriengeld, Prozeßgebühr; b) besondere Gebühren sind die Leistung für eine spezielle Staatstätigkeit; sie werden anstelle oder auch neben den allgemeinen Gebühren erhoben. Beispiel: Verhandluugsgebühr, Beweisgebühr.

§ 14.

Einzelne Gebühren.

19

III. nach der Art der Festsetzung:

a) feste Gebühren haben regelmäßig denselben Betrag für jede amtliche Handlung, z. V. Ausstellung von Ur­ kunden aus den Personenstandsregistern; b) veränderliche Gebühren sind Gebühren, deren Betrag im Einzelfalle nach bestimmten Grundsätzen festzustellen ist, und zwar so, daß bei der gleichen Handlung je nach dem Vorliegen verschiedener Voraussetzungen eine verschiedene Gebühr erhoben wird. Arten der ver­ änderlichen Gebühren sind: 1. Rahmengebühren, bei denen die Möglichkeit einer Individualisierung dadurch gegeben ist, daß ein Höchstbetrag und ein Mindestbetrag als Grenzen ausgestellt sind;

2. Gradationsgebühren, bei denen die Gebühr nach bestimmten Merkmalen zu ermitteln ist; Unterarten: «) Zeitgebühren, bei denen die Berechnung nach der verwendeten Zeit erfolgt; 3) Raumgebühren, deren Festsetzung unter Zu­ grundelegung von Raumeinheiten geschieht; /) Wertgebühren, die mit wachsendem Werte des Gegenstandes sich erhöhen, und zwar: aa) als Klassengebühren, bei denen die Gebühr nach festbegrenzten Wertklassen ermittelt wird, bb) als Prozentualgebühren, bei denen die Ge­ bühr in Prozenten der Wertsumme erhoben wird.

IV. nach der Verschiedenartigkeit der Aufstellung: a) Einzelgebühren, die für einen einzelnen, besonders namhaft gemachten Fall erhoben werden; b) Bauschgebühren oder Pauschalgebühren, die für eine Mehrheit von Tätigkeiten erhoben werden.

§ 14.

Einzelne Gebühren.

I. Allgemeine Berwaltungsgebühren sind Gebühren, die in der gesamten Verwaltung erhoben werden, ohne daß die Unterschiede der einzelnen Verwaltungszweige eine Veränderung oder Verschiedenheit bedingen.

20

Finanzwissenschnst.

Beispiele: Gebühren für Anstellung von Beamten, für Na­ turalisation, für Pässe und Heimatscheine, für Approbationen und Konzessionen.

II. Gebühren der Rechtspflege. a) Bürgerliche Rechtsstreitigkeiten: die Gebühr wird nach Wertklassen erhoben und bedeutet eilte Gegenleistung für die Bemühung der staatlichen Behörden; gebührenpflichtig ist die unterliegende Partei, deren Verschulden an der Bemühung fingiert wird. In Wirklichkeit sind diese Gebühren schädlich und unangemessen: es kommt nicht, wie gewöhnlich behauptet wird, auf rein privaten Jnteressenschutz an, sondern darauf, ob der Staat in der Lage ist, sein Recht (fei es auch nur bürgerliches Recht) durchzuführen und zur Geltung zu bringen. Am meisten spricht gegen die Berechtigung dieser Gebühren die praktische Handhabung des ganz unzulänglichen Armenrechtes, das, häufig zu Unrecht gewährt, der Rechtspflege den Charakter des Almosens gibt und zur Entrechtung und zur Abstumpfung des Rechtsgefühles führen muß. b) Strafsachen: die Gebühren treffen den Verurteilten, ev. den böswilligen Denunzianten. Auch hier sind die Gebühren nicht gerechtfertigt. Der Strafzweck wird verdunkelt, das Bei­ treiben der Gebühren ist in den meisten Fällen wegen Armut unmöglich (obwohl die Geldstrafe wegen der substituierten Freiheits­ strafe oft gezahlt wird). Die Einnahmen an Gebühren bleiben jedenfalls hinter den durch sie veranlaßten Verwaltungs­ ausgaben zurück.

c) Freiwillige Gerichtsbarkeit: die Gebühren werden für die Tätigkeit des Staates bei Errichtung, Veränderung und Aus­ hebung von Rechtsgeschäften, bei Nachlaß- und Vormundschafts­ sachen, bei Registersachen erhoben. Auch hier kann die Gebühr nicht als gerechtfertigt angesehen werden, da die Verbindung der praktischen Rechtspflege mit fiskalischen Interessen der Würde und dem Ansehen der Justiz Abbruch tut. Von einer speziellen Entgeltlichkeit kann umsoweniger gesprochen werden, als häufig eine geringfügige Schreiberei mit hoher Wertgebühr belastet wird.

Die Anwendung des Rechtes und die Schaffung rechtlicher Grundlagen für die Interessensphäre des Bürgers darf nicht zu einer Spekulation für den Staatssäckel herabgewürdigt werden.

§ 15.

Gebührenerhebung.

21

III. Gebühren der Berwaltungspflege. a) Im Gebiete der auswärtigen Angelegenheiten sind die häufig unverhältnismäßig hohen Gebühren der Konsulate zu erwähnen.

b) Bei Heer und Marine kommen Gebühren fast nur in der Strafrechtspflege und in der freiwilligen Gerichtsbarkeit vor.

c) Gebühren in nicht häufig.

der eigentlichen

Finanzverwaltung sind

d) In der inneren Verwaltung finden sich Gebühren für Legitimationen, Dienstbücher 2c., sodann eine statistische Gebühr im Handelsverkehre.

e) Recht überflüssig erscheinen die Gebühren im Gesundheits­ wesen, z. B. für Impfungen, Leichenschau. f) Im Unterrichtswesen sind die Gebühren durchaus zweck­ widrig und kulturfeindlich. Der Besuch höherer Schulen und Hochschulen erscheint durch sie als Vorrecht, nicht der Geeigneten, sondern der Reicheren. Es ist abwegig, die höhere Schulbildung nach dem Grundsätze der speziellen Entgeltlichkeit als Vorteil des einzelnen anzusehen; vielmehr hat das ganze Volk ein vitales Interesse an derVerbreitungundVertiefunghöhererBildung.

IV. Gebühren für Gewährung besonderer Vorteile finden sich namentlich im gewerblichen und Urheberrechte, z. B. Muster­ schutz, Patente, Urheberrecht, Apothekenprivilegien re. Daneben finden sich Gebühren für Ausnahmen und Befreiungen, z. B. Dispensationen in Ehesachen, Volljährigkeitserklärungen re. V. Gebühren für Titel und Orden; auch die Gebühren für Verleihung akademischer Grade pflegt man in diese Kategorie einzustellen.

§ 15.

Gebührenerhebung.

Die Einziehung der Gebühren geschieht auf zwei Wegen: a) direkt, indem der Gebührenpflichtige unmittelbar an die betreffende Behörde re. die Gebühr entrichtet, z. B. Zahlung der Gerichtskosten an die Gerichtskasse;

b) indirekt, indem der Gebührenpflichtige einen Stempel (Marke oder Stempelbogen) kauft und entwertet.

FmanzwLssenschaft.

22

3. Abteilung:

Die Steuern. § 16.

Begriff der Steuern.

Die Steuer ist eine an den Staat zu entrichtende Abgabe in Geld oder anderen beweglichen Gütern, die einseitig vom Staate festgesetzt wird und zur Deckung des Staatsbedarfes im allgemeinen dient. Die Steuer ist im modernen Staate eine regelmäßige Ab­ gabe, die erhoben wird, ohne daß sie lediglich zur Ergänzung der Erwerbseinnahmen und Gebühren verwendet wird. Begründung der Steuerpflicht: a) der Stärkere besteuerte den Schwächeren, der Staat lege seinem Untertan Lasten auf (Bodinus); b) aus Grund der Vertragstheorie (Rousseau), die den Staat als vertraglich entstanden ansah, wurde die Steuer als Gegenleistung für die Teilnahme an dem staatsbegründenden Vertrage angesehen; c) Steuer ist nach der organischen Staatstheorie eine Zwangsleistung, die durch die Notwendigkeit des Existierens eines Staatswesens begründet wird. Umfang der Steuerpflicht: a) Grundsätzlich erfaßt die Steuerpflicht nur diejenigen, die der steuererhebenden Staatsgewalt staatsrechtlich an gehören (Bürger); b) gleichwohl unterliegen auch Ausländer, die im Jnlande wohnen oder Vermögen haben, der Steuerpflicht, da auch für sie das Bestehen dieses ihnen zwar fremden, von ihnen aber benutzten Staatsorganismus von Wert und Notwendigkeit ist. Häufig ist hiermit auch die Unannehmlichkeit einer Doppel­ besteuerung verknüpft, da z. B. der inländische Staat den Aus­ länder, der ausländische Staat seinen Bürger (oder dessen dortiges Vermögen) besteuert. § 17. Grundsätze des Steuerwesens. 1. Gerechtigkeit der Steuer: a) die Steuer muß äußerlich als gesetzmäßig erscheinen, in­ dem ihre Auferlegung, den staatsrechtlichen und verfassungs­ mäßigen Vorschriften entsprechend, im Wege der Gesetzgebung erfolgt ist.

§§ 16—18.

Begriff der Steuern ?c.

23

b) die Steuer muß allgemein sein; jeder Steuer fähige muß auch steuerpflichtig sein; jedoch zwei Ausnahmen: 1. Steuerbefreinngen genießen Staatsoberhäupter und deren Familien, ferner juristische Personen des öffentlichen Rechtes, milde Stiftungen rc. 2. Steuerunfähig sind Personen, deren Einkommen nicht aus­ reicht, um davon ohne Schädigung ihrer Existenz Leistungen an den Staat zu bewirken; daher wird häufig ein Existenzminimum von der Steuerpflicht befreit. c) Die Steuer muß alle Steuerpflichtigen gleichmäßig treffen, und zwar nicht im Sinne absoluter Gleichheit der Einzelleistung, sondern vielmehr in dem einer möglichst ge­ rechten Abstufung je nach der Steuerkraft. Je nach der rechtlichen Begründung der Steuer (vgl. w. o. Seite 22) bestehen folgende Theorien: 1. Jnteressentheorie (Genuß- oder Äquivalenztheorie) ver­ langt, daß nach dem Prinzipe der speziellen Entgeltlichkeit (unter Nichtberücksichtigung der allgemeinen Interessen) der einzelne soviel leiste, als den ihm gewährten Vorteilen entspreche. 2. Bersicherungstheorie: die Steuer sei eure Prämie, für die der Steuerzahler sein Vermögen beim Staate versichere. 3. Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit ist namentlich in der Praxis anerkannt; hierbei wird unterschieden: aa) proportionale Besteuerung: das Verhältnis der Steuer zum Einkommen bleibt unverändert, ohne Rücksicht auf die Einkommenstufe; bb) progressive Besteuerung: das Verhältnis der Steuer zum Einkommen ändert sich bei den höheren Ein­ kommenstufen derart, daß die Steuer schneller zunimmt als die Einkommensumme; Opfertheorie (eine Fort­ bildung der Lehre vom Grenznutzen).

§ 18.

Technik des Iteuerwesens.

Steuerzahler ist derjenige, der die Steuer an den Staat zahlt. Steuerträger ist derjenige, auf den die Steuerlast tatsächlich und endgültig fällt. Bei der indirekten Steuer wälzt der Steuerzahler (z. B. Produzent, Händler) die Steuer auf den Steuerträger (z. B. Konsument) ab.

FinanZwissenschaft.

24

Steuersubjekt ist derjenige, gesetzes besteuert wird.

der auf Grund

des Steuer­

Steuerdestinatar ist derjenige, der nach dem in dem Steuer­ gesetze liegenden Zwecke Steuerträger sein soll.

Steuerobjekt ist die Voraussetzung, die das Steuergesetz für die Besteuerung aufstellt, z. B. eine bestimmte Handlung, Vor­ handensein einer bestimmten Menge.

Steuerquelle ist derjenige Vermögensinbegriff, aus dem die Steuerleistung bewirkt wird. Steuereinheit ist eine die Grundlage der Besteuerung bildende Zahl, ein Maß, Gewicht rc. Steuersatz (Steuerfuß) ist die auf der Steuereinheit beruhende Steuerleistung im Einzelfalle.

§ 19.

Einteilung der Steuern.

I. Direkte und indirekte Steuern werden verschieden erklärt: a) vgl. w. o. Seite 28, lTragstener und Vorschuststeuerj. b) Direkte Steuer in einem anderen Sinne ist eine Steuer, die unmittelbar vom Vermögen erhoben wird; indirekte Steuer ist diejenige, die von gewissen Erscheinungsformen des Ver­ mögens erhoben wird. c) In einer dritten Unterscheidung ist direkte oder Kataster­ steuer die auf Grund feststehender Tatsachen erhobene Steuer; die indirekte oder Tarifsteuer beruht auf zufälligen Vorgängen und Handlungen. d) Schatzung und Auflage. II. Ordentliche und außerordentliche Steuern. III. Bei der Repartitionssteuer wird zuerst der zu be­ schaffende Gesamtsteuerertrag festgesetzt; dieses Kontingent wird sodann umgelegt und erhoben. Bei der Quotitätssteuer ist der Gesamtsteuerertrag unbe­ kannt: es wird ein Steuersatz aufgestellt und erhoben. IV. Personal- und Realsteuern. V. Natural- und Geldsteuern. § 20.

Die Erhebung der Steuern.

I. Voraussetzung der Steuerhebung ist die Veranlagung, vermöge deren die Norm des Steuerrechtes im einzelnen Falle angewendet wird.

19—22.

Einteilung der Steuern ?c.

25

II. Erhebung der Steuern kann erfolgen: a) durch den Staat selbst, in seiner Regie;

b) durch Reparation, nämlich durch Einschaltung von Zwischengliedern (z. B. Kommunalverbänden), denen der Staat die Beschaffung eines bestimmten Steuerbetrages aufgibt-

c) durch Verpachtung. § 21.

Die Aberwiilzung.

Überwälzung oder Abwälzung einer Steuer liegt vor, wenn der Steuerzahler die von ihm getragene Steuerlast auf andere Personen überträgt, die daher in Wirklichkeit die Steuer zu zahlen haben; vgl. w. o. S. 23. Die Überwälzung kann vom Staate beabsichtigt sein,

z. B. um von wenigen die Steuer sich zahlen, dann aber von diesen im Verkehre die Steuer wieder anderen aufbürden zu lassen.

§ 22.

Einzelne Steuern.

I. Grundsteuer ist eine von dem nutzbaren Grunde und Boden erhobene Ertragssteuer.

a) Eigentliche Grundsteuer wird von Liegenschaften erhoben; Kontingentierung. b) Gebäudesteuer als Quotitätssteuer.

II. Gewerbesteuer ist nicht reine Ertragsteuer, sondern auch Einkommensteuer, da abgesehen von dem Kapitale die persönliche Arbeit von ihr getroffen wird. Arten sind: a) Besteuerung des stehenden Gewerbes, nach Klassen; b) Wandergewerbesteuer, durch Gewerbeschein;

c) Betriebssteuer, für gewisse Betriebe noch besonders er­ hoben. III. Einkommensteuer ist eine direkte Steuer; Selbstveran­ lagung (Steuerdeklaration).

IV. Ergänzungssteuer ist eine Vermögenssteuer, die nament­ lich zur Besteuerung der nichtertragsfähigen oder der ertrags­ losen Vermögensteile dient.

26

Finanzwissenschaft.

V. Stempelsteuer (über Gebühr vgl. w. o. Seite 17). a) allgemeine Stempelsteuer bei Verkehrsgeschäften, b) Wechselstempel, c) Börsenstempel, d) Erbschaftsstempel, e) Spielkartenstempel. VI. Grenzzölle sind Verbrauchssteuern, die in veränderter Form erscheinen. VII. Verbrauchssteuern kommen vor als: a) Materialsteuern, die vom Rohstoffe erhoben werden, und zwar nach der Fläche, dem Gewichte oder dem Werte; b) Fabrikatsteuern. Fälle: Branntwein, Brau, Tabak, Salz, Zucker. Einteilung: Genußmittelsteuern und Lebensmittelsteuern.

3. Kapitel:

Der Staatshaushalt. § 23.

Das Budget.

Entwerfung eines Planes, nach dem die Finanzwirtschaft derart geführt werden kann, daß Ausgaben und Einnahmen einander das Gleichgewicht halten. Hierauf: Budget, Voranschlag, Etat, für eine bestimmte Periode; auf dieser Grundlage erfolgt die Feststellung des Be­ darfes und die Beschaffung der erforderlichen Einnahmen. II. Beispiele siehe Grundriß 12,25. § 24.

Die Staatsschulden.

I. Schwebende Staatsschuld ist die nicht fundierte^ Staats­ schuld, die in bestimmter Frist zahlbar ist und in der Regel eine fällige Verbindlichkeit mangels anderer Mittel deckt.

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Finanzwissenschaft.

V. Stempelsteuer (über Gebühr vgl. w. o. Seite 17). a) allgemeine Stempelsteuer bei Verkehrsgeschäften, b) Wechselstempel, c) Börsenstempel, d) Erbschaftsstempel, e) Spielkartenstempel. VI. Grenzzölle sind Verbrauchssteuern, die in veränderter Form erscheinen. VII. Verbrauchssteuern kommen vor als: a) Materialsteuern, die vom Rohstoffe erhoben werden, und zwar nach der Fläche, dem Gewichte oder dem Werte; b) Fabrikatsteuern. Fälle: Branntwein, Brau, Tabak, Salz, Zucker. Einteilung: Genußmittelsteuern und Lebensmittelsteuern.

3. Kapitel:

Der Staatshaushalt. § 23.

Das Budget.

Entwerfung eines Planes, nach dem die Finanzwirtschaft derart geführt werden kann, daß Ausgaben und Einnahmen einander das Gleichgewicht halten. Hierauf: Budget, Voranschlag, Etat, für eine bestimmte Periode; auf dieser Grundlage erfolgt die Feststellung des Be­ darfes und die Beschaffung der erforderlichen Einnahmen. II. Beispiele siehe Grundriß 12,25. § 24.

Die Staatsschulden.

I. Schwebende Staatsschuld ist die nicht fundierte^ Staats­ schuld, die in bestimmter Frist zahlbar ist und in der Regel eine fällige Verbindlichkeit mangels anderer Mittel deckt.

§ 23.

Das Budget

27

Sie kann als Verwaltungsschuld (bei der Tätigkeit irgend eines Verwaltungszweiges) begründet werden oder auch als Finanz schuld (zwecks Beschaffung von Mitteln für den Staats­ bedarf) zu vorübergehenden Zwecken oder wegen zufälliger Rück­ stände vorkommen.

TI. Konsolidierte Staatsschuld ist die fundierte Finanz­ schuld von gewöhnlich langer Dauer und planmäßiger Anlage. III. Über Papiergeld vgl. Gmndriß 12, 19.

Druck von A. W. Hayn's Erben, Berlin und Potsdam.

Das Recht -es Ärgerlichen Gesetzbuchs vom 18. August 1896. Ein dogmatisches Lehrbuch von

Dr. Ernst Landsberg, gr. 8°.

2 Bände.

ordentl. Professor der Rechte sit Bonn,

Preis 26 Mk., gebunden in Halbfranz 28 Mk.

Das Werk bezweckt, eine möglichst kurze und dogmatische Dar­

stellung des Rechtsstoffes, welcher durch das Bürgerliche Gesetzbuch gegeben ist.

Es soll möglichst kurz sein, deshalb

umfaßt es nicht das

ganze

sonstige bürgerliche Recht, sondern berücksichtigt dasselbe nur durch ge­ legentliche Ausblicke und Verweisungen.

Aber es soll doch klar und für

den Anfänger faßlich sein, deshalb ist die Erörterung, namentlich in den

ersten Abschnitten, etwas eindringlicher angelegt, der starre Lehrbuchton vermieden.

Der Staatshaushalt uns w Finanzen Preußens. Unter Benutzung amtlicher Quellen bearbeitet von

O. Schwarz

und

Dr. jur. G. Strutz,

Geheime Ober-Finanzrüte u. vortr. Räte im Finanzministerium.

Bd. l, Bd.

Buch VIII, IX, Finanzministerium, Gebunden in Halbfranz Mk. 17.

III,

Buch

I—III,

verwaltung. Diese

Dotationen

und

Justizverwaltung.

allgemeine Finanz­

Gebunden in Halbfranz Mk. 15.

beiden Bände bilden

zugleich

heu Schluß dieser hoch­

bedeutenden Publikation, die niemand unbeachtet lassen kann,

der sich

mit Finanzfragen beschäftigt. Das Gesamtwerk umfaßt drei Bände in zehn Abteilungen.

Jede Abteilung ist einzeln käuflich. Ausführliche Inhaltsverzeichnisse sind

durch jede Buchhandlung zu beziehen.

direkt vom Berlage oder