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German Pages 674 Year 2017
Michael Bloss (Hrsg.) Financial Engineering
Financial Engineering | Strategien, Bewertungen und Risikomanagement ¨ 3., uberarbeitete und erweiterte Auflage Herausgegeben von Michael Bloss Unter Mitwirkung von Manuel Kleinknecht und Daniel Sörensen
¨ die Bereitstellung der Bilder. Wir danken der Deutschen Börse AG Frankfurt fur
ISBN 978-3-11-053111-4 e-ISBN (PDF) 978-3-11-053116-9 e-ISBN (EPUB) 978-3-11-053136-7
Library of Congress Cataloging-in-Publication Data A CIP catalog record for this book has been applied for at the Library of Congress. Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; ¨ detaillierte bibliografische Daten sind im Internet uber http://dnb.dnb.de abrufbar. © 2017 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston Umschlagabbildung: vetkit/iStock/thinkstock Satz: PTP-Berlin, Protago-TEX-Production GmbH, Berlin Druck und Bindung: CPI books GmbH, Leck ♾ Gedruckt auf s¨aurefreiem Papier Printed in Germany www.degruyter.com
| ¨ unsere Studierenden Fur
Vorwort zur dritten Auflage
„Welcher Laie wird wohl je verstehen, dass der Verkaufer der Verkaufsoption bei Ausubung der Verkaufsoption durch den Kaufer der Verkaufsoption der Kaufer der von dem Kaufer der Verkaufsoption verkauften Wertpapiere ist?“ Serge Demoliere Das Themenfeld Financial Engineering entwickelt sich rasant weiter. Zu den verantwortlichen Werttreibern zählen neben der Lehre und Forschung auch die veränderten regulatorischen Anforderungen der vergangenen Jahre. Des Weiteren ist zu erkennen, wie die Digitalisierung viele Arbeitsschritte verändert und zu selbsttragenden – digitalen – und vor allem kostengünstigen Prozessen macht. Die daraus erwachsenden neuen Möglichkeiten sind von einer großen Dynamik begleitet und stehen am Ende eines oftmals komplexen und stark quantitativ geprägten Weg, welchen wir als „Financial Engineering Prozess“ bezeichnen können. Es freut uns sehr, dass wir dieser Entwicklung folgend, die dritte Auflage unseres Buches Financial Engineering in die Hände der Leser legen dürfen. Diese aktuelle Auflage trägt den Änderungen der vergangenen Jahre Rechnung und zeigt ein aktuelles Bild des Financial Engineering und der damit verbundenen quantitativen und qualitativen Fragestellungen auf. Es wurde von uns versucht, die Dynamik des Financial Engineering und dessen Intensität in dieser überarbeiteten dritten Auflage zu reflektieren und darzustellen. Dabei haben wir neben der üblichen Fehlerkorrektur, auch die in den letzten Jahren aufgekommenen Neuerungen einbezogen. Gleichzeitig wurde von uns beschlossen, das Werk auf ein Herausgeberwerk umzustellen um auch hier neue Potentiale zu heben. Es sind viele wichtige Anregungen von Studierenden wie auch von Dozenten eingeflossen, denen wir für den konstruktiven Dialog und die Hinweise sehr dankbar sind. DOI 10.1515/9783110531169-001
VIII
Vorwort zur dritten Auflage
Besonders danken wir dem Verlag De Gruyter Oldenbourg und Herrn Dr. Stefan Giesen für die kompetente und freundschaftliche Zusammenarbeit beim Entstehen dieses Werkes. Stuttgart, im Frühjahr 2017 Michael Bloss (Hrsg.)
R Wir empfehlen unseren Lesern den Einsatz von Microsoft Excel R und MathWorks MATLAB .
Die für das Financial Engineering maßgeblichen Programmiersprachen sind Python und C++. Des Weiteren empfehlen wir, die aufgezeigten Modelle anhand der wissenschaftlichen Originalveröffentlichungen zu vertiefen.
Inhaltsübersicht
Vorwort zur dritten Auflage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
VII
Abkürzungs- und Symbolverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . .
XXV
Abbildungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
XXXI
Tabellenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
XXXIX
Modul I
Grundlagen des Financial Engineering
1
1
Financial Engineering – Aufbau und Konzeption . . . . . . . . .
3
2
Die quantitativen Grundlagen des Financial Engineering . . . . .
19
3
Ethische Grundsätze für ein erfolgreiches Financial Engineering
95
Modul II
Plain-Vanilla-Derivate
109
4
Terminbörsen und Terminmärkte . . . . . . . . . . . . . . . . . 111
5
Futures – unbedingte Termingeschäfte . . . . . . . . . . . . . . . 147
6
Optionen – bedingte Termingeschäfte . . . . . . . . . . . . . . . 186
7
Devisentermingeschäfte und Warentermingeschäfte . . . . . . . 313
Modul III
Non-Plain-Vanilla-Derivate und Strukturen
361
8
OTC-Derivate und exotische Strukturen . . . . . . . . . . . . . . 363
9
Kreditderivate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 431
10 Wetterderivate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 448 11 Börsengehandelte Inflationsderivate . . . . . . . . . . . . . . . . 457 12 Versicherungsderivate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 463
X
Inhaltsübersicht
Modul IV Anwendung von Derivaten und deren Einsatz
13 Derivate zur Strukturierung komplexer Portfolios
471
. . . . . . . . 473
14 Einsatz von Derivaten im Financial Engineering und im Fondsmanagement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 491 15 Die Wertpapierleihe und das Repo-Geschäft . . . . . . . . . . . 520 16 Risiko- und Sicherheitenmanagement im Derivatehandel . . . . . 529 Schlusswort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 573 17 Appendix . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 575 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 614 Index . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 627
Inhaltsverzeichnis
Vorwort zur dritten Auflage . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
VII
Abkürzungs- und Symbolverzeichnis . . . . . . . . . . . . . .
XXV
Abbildungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
XXXI
Tabellenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
XXXIX
Modul I
1
2
1
Grundlagen des Financial Engineering
Financial Engineering – Aufbau und Konzeption . . . . . . 1.1 Was bedeutet Financial Engineering? . . . . . . . . . 1.2 Aufbau einer Financial-Engineering-Einheit . . . . . . 1.3 Produktdesks einer Financial-Engineering-Einheit . . 1.4 Welche Theorien und Modelle fließen im Financial Engineering zusammen? . . . . . . . . . . . . . . . . 1.5 Der Financial-Engineering-Prozess . . . . . . . . . . 1.6 Welche Möglichkeiten einer Emission gibt es? . . . . 1.6.1 Public Offering . . . . . . . . . . . . . . . . 1.6.2 Private Placement . . . . . . . . . . . . . . . 1.7 Flow-Produkte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.8 Tailor Made Zertifikate – Emissionen über Financial Engineering Plattformen . . . . . . . . . . . . . . . . 1.9 Emittenten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.10 Welches Produkt zu welcher Zeit? . . . . . . . . . . . 1.11 Welche Entwicklung wird das Financial Engineering nehmen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . .
. . . .
3 3 4 5
. . . . . .
. . . . . .
6 7 9 9 9 10
. . . . . .
11 12 13
. .
15
Die quantitativen Grundlagen des Financial Engineering 2.1 Einführung in die klassische Finanzmathematik . 2.1.1 Zinsberechnung . . . . . . . . . . . . . . 2.1.2 Stetige und diskrete Renditen . . . . . . 2.1.3 Abzinsen und Aufzinsen . . . . . . . . . 2.1.4 Interpolation von Zinssätzen . . . . . . . 2.1.5 Die Endwertberechung . . . . . . . . . .
. . . . . . .
19 19 20 20 20 20 21
. . . . . . .
. . . . . . .
. . . . . . .
XII
Inhaltsverzeichnis
2.1.6 2.1.7 2.1.8
2.2
2.3
2.4
2.5
2.6
2.7
2.8
2.9
Der Barwert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Berechnung von Zero-Zinssätzen . . . . . . . . Bootstrapping – Ermittlung von Zinssätzen aus der Zero-Kurve . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wahrscheinlichkeitstheoretische Grundlagen . . . . . . . 2.2.1 Die Laplace-Wahrscheinlichkeit . . . . . . . . . 2.2.2 Die frequentistische Wahrscheinlichkeit . . . . . 2.2.3 Die subjektive Wahrscheinlichkeit . . . . . . . . 2.2.4 Die bedingte Wahrscheinlichkeit . . . . . . . . . Stochastische Prozesse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.1 Markov-Prozess . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.1.1 Brownsche Bewegung/Wiener-Prozess . . . 2.3.1.2 Allgemeiner Wiener-Prozess . . . . . . . . . 2.3.1.3 Aktienkurse als Prozess und die geometrische Brownsche Bewegung . . . . 2.3.2 Lemma von It¯o . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.3 Martingal . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.4 Random Walk . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.4.1 Die Normalverteilung . . . . . . . . . . . . . . . 2.4.2 Lognormalverteilung der Aktienkurse . . . . . . Korrelationsanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.5.1 Korrelation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.5.2 Varianz, Kovarianz und Korrelationskoeffizienten Duration und Konvexität . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.6.1 Die Duration . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.6.2 Die Konvexität . . . . . . . . . . . . . . . . . . Statistische Konzepte der Wertpapieranalyse . . . . . . . 2.7.1 Berechnung des Betafaktors . . . . . . . . . . . 2.7.2 Bewertung durch Duplikation . . . . . . . . . . Value-at-Risk . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.8.1 Wie wird der VaR bestimmt? . . . . . . . . . . . 2.8.2 Varianz-Kovarianz / Analytische Methode . . . . 2.8.3 Historische Simulation . . . . . . . . . . . . . . 2.8.4 Monte-Carlo Simulation . . . . . . . . . . . . . Entscheidungstheoretische Grundlagen und Ansätze . . . 2.9.1 Die klassische Entscheidungstheorie . . . . . . . 2.9.2 Die Spieltheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.9.3 Wer hat welche Information? . . . . . . . . . . . 2.9.3.1 Vollständige Information . . . . . . . . . . . 2.9.3.2 Vollkommene Information . . . . . . . . . .
22 24 24 25 26 27 27 28 29 29 31 32 35 37 39 40 43 43 47 50 50 55 57 57 58 60 60 62 63 64 64 64 65 66 66 66 67 67 67
Inhaltsverzeichnis
2.9.4
. . . . .
67 68 68 68 68
. . .
68 70 71
. . . . . . . . . . . . . . . . . . .
72 73 74 75 76 78 79 80 80 84 84 85 87 87 87 88 89 90 92
Ethische Grundsätze für ein erfolgreiches Financial Engineering 3.1 Ist Ethik in der Finance durchsetzbar? . . . . . . . . . . 3.2 Was ist im Financial Engineering hinsichtlich Ethik wichtig? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.1 Der Financial Engineer als kompetenter Partner 3.2.2 Der Financial Engineer als konkreter Gestalter . 3.2.3 Der Financial Engineer als Hüter des Machbaren 3.3 Wie werden ethische Grundsätze kontrolliert? . . . . . . 3.4 Grundsätzliche ethische Ansätze für einen Financial Engineer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
95 99
2.10 2.11
2.12
2.13 2.14
3
Überführung von Spielen mit unvollständiger Information in Spiele mit vollständiger, aber unvollkommener Information . . . . . . . . . . 2.9.5 Unterschiedliche Strategien . . . . . . . . . . . 2.9.5.1 Reine und gemischte Strategien . . . . . . 2.9.5.2 Gleichgewichte in dominanten Strategien . 2.9.5.3 Nash-Gleichgewicht . . . . . . . . . . . . 2.9.5.4 Lösungswege aus bekannten Problemsituationen . . . . . . . . . . . . . Financial Engineering und Spieltheorie . . . . . . . . . Die Risikosteuerung eines Portfolios . . . . . . . . . . 2.11.1 Welche Grundfragen stehen vor einem jeden Handeln? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.11.2 Welche Typen von Investoren gibt es? . . . . . 2.11.3 Wie gehen neue Investoren mit Derivaten um? Portfoliotheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.12.1 Das Portfolio-Selection-Modell . . . . . . . . . 2.12.2 Das Single-Index-Modell . . . . . . . . . . . . 2.12.3 Das Capital-Asset-Pricing-Modell (CAPM) . . 2.12.3.1 Annahmen des CAPM . . . . . . . . . . . 2.12.3.2 Kernaussagen des CAPM . . . . . . . . . 2.12.3.3 Zusammenfassung des CAPM . . . . . . . 2.12.4 Abschließende Würdigung der Modelle . . . . Prozess des Portfoliomanagements . . . . . . . . . . . Marktpsychologie und Verhaltensökonomik . . . . . . . 2.14.1 Die Marktpsychologie . . . . . . . . . . . . . 2.14.2 Die Verhaltensökonomik . . . . . . . . . . . . 2.14.3 Methoden im Behavioural Finance . . . . . . . 2.14.3.1 Das Herdenverhalten . . . . . . . . . . . . 2.14.3.2 Das Gruppendenken . . . . . . . . . . . . 2.14.4 Abschließende Würdigung . . . . . . . . . . .
XIII
99 100 100 101 102 103
XIV
Inhaltsverzeichnis
Modul II
4
5
109
Plain-Vanilla-Derivate
Terminbörsen und Terminmärkte . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1 Historische Entwicklung von Terminbörsen . . . . . . . . 4.2 Was versteht man unter Termingeschäften? . . . . . . . . 4.3 Warum sind die meisten der heute gehandelten Termingeschäfte standardisiert? . . . . . . . . . . . . . . 4.4 Welche Funktionen haben Terminbörsen? . . . . . . . . . 4.5 Wer sind die Marktteilnehmer an Terminbörsen? . . . . . 4.6 Welche weiteren Grundbegriffe werden zum Verständnis von Terminbörsen und Terminmärkten benötigt? . . . . . 4.7 Wie sind Terminbörsen organisiert? . . . . . . . . . . . . 4.8 Wie funktioniert eine Computerbörse? . . . . . . . . . . 4.9 Was versteht man unter dem Market-Maker-Prinzip? . . . 4.10 Wie erfolgt der Handel an der Eurex? . . . . . . . . . . 4.11 Wer reguliert Terminmärkte? . . . . . . . . . . . . . . . . 4.12 Welche Produkte können gehandelt werden? . . . . . . . 4.13 Was versteht man unter Clearing? . . . . . . . . . . . . . 4.14 Welche Orderspezifikationen gibt es? . . . . . . . . . . . 4.15 Welche Verfallstage gibt es an der EUREX? . . . . . . . .
124 128 129 131 132 134 135 136 137 143
Futures – unbedingte Termingeschäfte . . . . . . . . 5.1 Was sind Futures? . . . . . . . . . . . . . . . 5.2 Futures-Märkte . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.3 Futures-Handel . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.4 Grundstrategien mit Futures . . . . . . . . . . 5.5 Hebel bei Future-Transaktionen . . . . . . . . 5.6 Lieferverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.7 Indexfutures . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.8 Fixed-Income-Futures . . . . . . . . . . . . . 5.9 Devisenfutures . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.10 Commodity Futures . . . . . . . . . . . . . . . 5.11 Futures auf Einzelwerte (Single Stock Futures) 5.12 Marktverfassung beim Futures-Trading . . . . 5.13 Wie erfolgt die Preisbildung bei Futures? . . . 5.14 Wie erfolgt die Preisbildung bei Zinsfutures? . 5.15 Was versteht man unter einer CTD-Anleihe? . 5.16 Was versteht man unter „Final Settlement“? . 5.17 Welche Verfallstermine gibt es für Futures? . . 5.18 Welche Future-Strategien gibt es? . . . . . . . 5.18.1 Long-Future-Position . . . . . . . . . 5.18.2 Short-Future-Position . . . . . . . . . 5.19 Kauf eines Spread . . . . . . . . . . . . . . . 5.20 Verkauf eines Spread . . . . . . . . . . . . . .
147 147 149 149 150 151 152 153 155 157 158 159 160 160 164 166 168 168 170 170 171 174 174
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
111 111 115 118 121 122
Inhaltsverzeichnis
5.21 5.22 5.23 5.24 5.25 5.26 5.27 5.28 6
Inter-Market Spread . . . . . . . . . . . . . . . . . . Interkontrakt-Spread und Intrakontrakt-Spread . . . . Cash-and-Carry-Arbitrage . . . . . . . . . . . . . . . Arbitrage-Strategien für Geldmarktfutures . . . . . . . Hedges . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beta-Hedge mittels eines Indexfutures . . . . . . . . Warum werden Hedges mittels Futures durchgeführt? Hedging mit Zinsfutures . . . . . . . . . . . . . . . .
XV
. . . . . . . .
. . . . . . . .
175 175 176 177 178 179 181 181
Optionen – bedingte Termingeschäfte . . . . . . . . . . . . . . 6.1 Was sind Optionen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.2 Worin unterscheiden sich Optionen? . . . . . . . . . . . 6.3 Optionshandel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.4 Was sind Weekly Options? . . . . . . . . . . . . . . . . 6.5 Was sind Low Exercise Price Options? . . . . . . . . . 6.6 Das Closing eines Termingeschäftes . . . . . . . . . . . 6.7 Was ist ein Roll-over? . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.8 Preisbildung von Optionen . . . . . . . . . . . . . . . . 6.9 Wie erfolgt die Preisbildung von Optionen in der Theorie? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.9.1 Der innere Wert (Intrinsic Value) . . . . . . . 6.9.2 Der Zeitwert (Time Value) . . . . . . . . . . . 6.10 Vorzeitige Ausübung von Optionen . . . . . . . . . . . 6.11 Welche Einflussfaktoren wirken auf den Optionspreis? . 6.11.1 Der Kurs des Underlyings . . . . . . . . . . . 6.11.2 Die Volatilität . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.11.2.1 Historische Volatilität . . . . . . . . . . . 6.11.2.2 Implizite Volatilität . . . . . . . . . . . . . 6.11.2.3 Das Newton-Verfahren . . . . . . . . . . . 6.11.2.4 Volatilitätsbeziehungen . . . . . . . . . . . 6.11.2.5 Volatility-Forecast . . . . . . . . . . . . . 6.11.3 Der Marktzins . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.11.4 Dividendenauszahlungen . . . . . . . . . . . . 6.11.5 Restlaufzeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.11.6 Einfluss von besonderen Kapitalmaßnahmen . 6.11.6.1 Fusionen und Übernahmen . . . . . . . . 6.11.6.2 Sonderdividenden . . . . . . . . . . . . . 6.11.6.3 Barausgleich bei Kapitalmaßnahmen . . . 6.12 Greeks – Optionspreis-Sensitivitäten . . . . . . . . . . 6.12.1 Delta . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.12.2 Gamma . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.12.3 Rho . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.12.4 Theta . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . .
186 186 189 191 193 194 195 197 198
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
198 199 200 204 205 205 206 206 208 209 210 211 217 217 217 218 219 219 219 220 221 223 224 224
XVI
Inhaltsverzeichnis
6.12.5 6.12.6
6.13
6.14
6.15
6.16 6.17 6.18
6.19 6.20 6.21 6.22
6.23
Vega . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Ableitung der Greeks aus der Black-Scholes-Formel . . . . . . . . . . . . . . Was versteht man unter der Put-Call-Parität? . . . . . . 6.13.1 Die Put-Call-Paritätsgleichung . . . . . . . . . 6.13.2 Darstellung der Put-Call-Beziehung mittels eines Duplikationsansatzes . . . . . . . . . . . Wie wird der Optionspreis nach dem Black-Scholes-Modell bestimmt? . . . . . . . . . . . . 6.14.1 Annahmen des Black-Scholes-Modells . . . . 6.14.2 Die Black-Scholes-Formel . . . . . . . . . . . 6.14.3 Herleitung der Black-Scholes-Formel . . . . . 6.14.4 Das Black-Scholes-Merton-Modell mit Dividenden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.14.5 Herleitung der Differentialgleichung nach Black, Scholes, Merton . . . . . . . . . . . . . Wie wird der Optionspreis nach dem Binomialmodell bestimmt? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.15.1 Grundvoraussetzungen des Binomialmodells . 6.15.2 Aufbau eines Trees . . . . . . . . . . . . . . . 6.15.3 Umsetzung des Binomialmodells . . . . . . . . Kritik an den Modellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . Konvergenz der Optionspreise im CRR-Modell und der Black-Scholes-Formel . . . . . . . . . . . . . . . . . . Monte Carlo Verfahren zur Optionspreisbestimmung . . 6.18.1 Optionspreisbestimmung mit Monte Carlo Simulation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.18.2 Varianzreduktion . . . . . . . . . . . . . . . . 6.18.3 Quasi-Monte Carlo Methode . . . . . . . . . . Dünngitterverfahren (Sparse Grid Methode) . . . . . . Sprungprozesse – Jump-Diffusions-Modelle . . . . . . Handelbare Optionspreise . . . . . . . . . . . . . . . . Strategien mit Optionen . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.22.1 Was beinhalten die vier Grundstrategien im Optionsgeschäft (Plain Vanilla)? . . . . . . 6.22.2 Die Strategie LONG CALL . . . . . . . . . . 6.22.3 Die Strategie SHORT CALL . . . . . . . . . . 6.22.4 Die Strategie LONG PUT . . . . . . . . . . . 6.22.5 Die Strategie SHORT PUT . . . . . . . . . . . Wie erfolgt ein Hedging mit Optionen? . . . . . . . . . 6.23.1 Der Delta-Hedge . . . . . . . . . . . . . . . . 6.23.2 Der Protective Put . . . . . . . . . . . . . . . 6.23.3 Portfolio Insurance mit Calls . . . . . . . . . .
. 226 . 228 . 231 . 231 . 233 . . . .
233 234 235 236
. 236 . 240 . . . . .
242 242 243 244 247
. 251 . 252 . . . . . . .
253 254 255 256 257 260 261
. . . . . . . . .
261 262 264 267 268 270 271 272 273
Inhaltsverzeichnis
6.23.4 Beta-Hedge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.24 Welche Optionskombinationen sind gängig? . . . . . . 6.24.1 Straddle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.24.1.1 Long Straddle . . . . . . . . . . . . . . . 6.24.1.2 Short Straddle . . . . . . . . . . . . . . . 6.24.1.3 Straps . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.24.1.4 Strips . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.24.2 Strangle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.24.2.1 Long Strangle . . . . . . . . . . . . . . . 6.24.2.2 Short Strangle . . . . . . . . . . . . . . . 6.24.3 Spreads . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.25 Plain-Vanilla-Optionsstrategien im Überblick . . . . . . 6.25.1 Strategien für eine positive Markteinstellung . 6.25.2 Strategien für eine neutrale Markteinstellung . 6.25.3 Strategien für eine negative Markteinstellung . 6.25.4 Strategien für eine volatile Markteinstellung . 6.26 Komplexe Optionsstrategien und deren Aufbau . . . . . 6.26.1 Butterfly . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.26.2 Condor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.26.3 Ratio Spread . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.26.3.1 Ratio Call Spread . . . . . . . . . . . . . 6.26.3.2 Ratio Put Spread . . . . . . . . . . . . . . 6.26.4 Back Spread (Call oder Put) . . . . . . . . . . 6.26.5 Box-Strategien . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.26.5.1 Long Box . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.26.5.2 Short Box . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.26.6 Time Spread oder Calender Spread . . . . . . 6.26.6.1 Bull Calender Spread . . . . . . . . . . . 6.26.6.2 Bear Calender Spread . . . . . . . . . . . 6.26.7 Long-Risk-Reversal . . . . . . . . . . . . . . . 6.26.8 Short-Risk-Reversal . . . . . . . . . . . . . . . 6.27 Wie erfolgt ein Strategieaufbau mit Optionen? . . . . . 6.28 Optionen auf Futures, synthetische Termingeschäfte & Kombinationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.28.1 Wie sind Optionen auf Futures aufgebaut und strukturiert? . . . . . . . . . . . . . . . . 6.28.2 Was versteht man unter der Future-Style-Methode? . . . . . . . . . . . . . 6.28.3 Wie bewertet man Optionen auf Futures mit dem Black-76-Modell? . . . . . . . . . . . 6.28.4 Welche Strategien werden mit Optionen auf Futures verfolgt? . . . . . . . . . . . . . . . .
XVII
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
273 274 274 274 276 277 277 277 277 278 279 282 283 283 283 284 285 285 287 287 288 288 289 289 290 290 291 291 291 292 293 293
. 298 . 299 . 299 . 300 . 302
XVIII
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6.29 Was versteht man unter synthetischen Terminmarktpositionen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . 305 6.30 Welche Kombinationen und Verkettungsgeschäfte werden in der Praxis eingesetzt? . . . . . . . . . . . . . . 306 7
Devisentermingeschäfte und Warentermingeschäfte . . . . 7.1 Entwicklung des Devisenhandels . . . . . . . . . . 7.2 Grundsätzliches zum Devisenhandel . . . . . . . . . 7.3 Das Währungsrisiko . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.4 Wirtschaftliche Einflussfaktoren der Währungspreisbildung . . . . . . . . . . . . . . . . 7.5 Devisenkassageschäft . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.6 Was sind Devisentermingeschäfte? . . . . . . . . . 7.7 Devisentermingeschäfte (OTC) . . . . . . . . . . . 7.8 Berechnung des Terminkurses . . . . . . . . . . . . 7.9 Berechnung des Terminkurses über den Swap-Satz . 7.10 Devisentermingeschäfte über die Börsen . . . . . . 7.11 Cross Rate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.12 Devisenhändler haben eine eigene Sprache . . . . . 7.13 Tobin-Steuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.14 Was sind Devisenoptionen (Currency Options)? . . 7.15 Die Preisfindung bei Devisenoptionen nach Garman-Kohlhagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.16 Was sind Devisenfutures? . . . . . . . . . . . . . . 7.16.1 Preisbildung von Devisenfutures . . . . . . 7.16.2 Einsatzmöglichkeiten von Devisenfutures . 7.16.3 Grundintentionen eines Investors . . . . . . 7.16.3.1 Hedging . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.16.3.2 Spekulation . . . . . . . . . . . . . . . 7.16.3.3 Spekulation auf Spreads bzw. Währungspaare . . . . . . . . . . . . . 7.17 NDF – Non Deliverable Forward . . . . . . . . . . 7.18 Warentermingeschäfte vs. Warenkassageschäfte . . . 7.19 Warenterminfutures . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.19.1 Opening, Closing und Settlement . . . . . 7.19.2 Anwendung der verschiedenen Settlements 7.19.3 Auf welche Waren können Termingeschäfte abgeschlossen werden? . . . . . . . . . . . 7.20 Abschluss von Warentermingeschäften . . . . . . . 7.21 Wann sollte ein Investor Warentermingeschäfte abschließen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.22 Entwicklungen und Ausblick . . . . . . . . . . . . .
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313 313 314 316
. . . . . . . . . . .
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317 317 318 319 321 322 322 323 323 325 325
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326 327 329 329 330 330 330
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331 331 333 334 334 335
. . . 337 . . . 338 . . . 339 . . . 340
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XIX
7.23 Wie kommt bei Warenterminfutures die Preisbildung zustande? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.24 Commodity-Future-Preise . . . . . . . . . . . . . . . . 7.25 Worin liegt die Problematik einer Contango-Notierung? 7.26 Future-Handel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.27 Lagerungsmöglichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.28 Welche Faktoren können die Preisbildung beeinflussen? 7.29 Strategien im Bereich Warentermingeschäfte . . . . . . 7.29.1 Hedging mit Warentermininstrumenten . . . . 7.29.2 Spekulation mit Warentermininstrumenten . . 7.29.3 Arbitrage mit Warentermininstrumenten . . . . 7.29.4 Spread mit Warentermininstrumenten . . . . . 7.30 Korrelationsmatrix der Rohstoffe . . . . . . . . . . . . 7.31 Kombinationen von Devisen- und Wartentermingeschäften . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.32 Strategien mit Devisentermingeschäften . . . . . . . . . 7.32.1 Absicherungsstrategien . . . . . . . . . . . . . 7.32.2 Spekulationsstrategien . . . . . . . . . . . . . Modul III
8
. . . . . . . . . . . .
341 341 345 346 346 347 349 349 350 351 351 351
. . . .
352 354 354 354 361
Non-Plain-Vanilla-Derivate und Strukturen
OTC-Derivate und exotische Strukturen . . . . . . . . . . . 8.1 Derivate, welche nicht an der Börse gehandelt werden 8.1.1 OTC-Derivate als „Flexible Options/Futures“ an der EUREX . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.1.2 Caps, Floors und Collars . . . . . . . . . . . 8.1.2.1 Caps . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.1.2.2 Caplets . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.1.2.3 Floor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.1.2.4 Floorlets . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.1.2.5 Bewertung von Caplets und Floorlets . . 8.1.2.6 Collar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.1.3 Was ist ein Forward? . . . . . . . . . . . . . 8.1.4 Was ist ein Swap? . . . . . . . . . . . . . . . 8.1.4.1 Was beinhaltet ein Swap? . . . . . . . . 8.1.4.2 Swap-Arten und deren Aufbau . . . . . 8.1.4.2.1 Zinsswap (Interest Rate Swap) . . . 8.1.4.2.2 Constant Maturity Swap (CMS) . . 8.1.4.2.3 Währungsswap . . . . . . . . . . . . 8.1.4.2.4 Aktienindexswap . . . . . . . . . . 8.1.4.2.5 Dividendenswap . . . . . . . . . . . 8.1.4.2.6 Forward Swap . . . . . . . . . . . . 8.1.4.2.7 Rohwarenswap . . . . . . . . . . . .
. . 363 . . 363 . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . .
364 365 365 367 368 368 369 369 370 371 373 373 374 375 376 376 376 377 378
XX
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8.1.4.2.8 Der Assetswap . . . . . . . . . . . . . . 8.1.4.3 Swap-Handel . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.1.4.4 Bewertung von Swaps . . . . . . . . . . . . 8.1.4.5 Variable Zinssätze in Swaps . . . . . . . . . 8.1.4.6 Anwendung von Swaps . . . . . . . . . . . 8.1.4.7 Beispiele für Swaps . . . . . . . . . . . . . 8.1.4.7.1 Inflationsswaps . . . . . . . . . . . . . 8.1.4.7.2 Inflation Receiver Swap . . . . . . . . . 8.1.4.7.3 Express Swap Euro/TRY . . . . . . . . 8.1.4.7.4 Second Chance Swap . . . . . . . . . . 8.1.4.7.5 Callable Range Accrual Swap . . . . . 8.1.4.7.6 FX Linked Knockout Swap . . . . . . . 8.1.4.7.7 Step-Down Swap . . . . . . . . . . . . 8.1.4.8 Swap Confirmation . . . . . . . . . . . . . . 8.1.5 Was sind Swaptions? . . . . . . . . . . . . . . . 8.1.5.1 Receiver oder Payer Swaption . . . . . . . . 8.1.5.2 Bewertung von Swaptions . . . . . . . . . . 8.1.5.3 Settlement einer Swaption . . . . . . . . . . 8.1.6 Was sind exotische Optionen? . . . . . . . . . . 8.1.6.1 Welche exotischen Optionen gibt es? . . . . 8.1.6.2 Arten von exotischen Optionen . . . . . . . 8.1.6.2.1 Barrier-Optionen . . . . . . . . . . . . 8.1.6.2.2 Digitale-Optionen . . . . . . . . . . . . 8.1.6.2.3 Range-Optionen . . . . . . . . . . . . . 8.1.6.2.4 Bermuda-Optionen . . . . . . . . . . . 8.1.6.2.5 Chooser-Optionen . . . . . . . . . . . . 8.1.6.2.6 Compound-Optionen . . . . . . . . . . 8.1.6.2.7 Window-Optionen . . . . . . . . . . . . 8.1.6.2.8 Quanto-Optionen . . . . . . . . . . . . 8.1.6.2.9 Rainbow-Optionen . . . . . . . . . . . 8.1.6.2.10 Basket-Optionen . . . . . . . . . . . . . 8.1.6.2.11 Lookback-Optionen . . . . . . . . . . . 8.1.6.2.12 Cliquet-Optionen und Ladder-Optionen 8.1.6.2.13 Spread-Optionen und Outperformance-Optionen . . . . . . . 8.1.6.2.14 Shout-Optionen . . . . . . . . . . . . . 8.1.6.2.15 Optionen mit aufgeschobener Prämienzahlung – Boston-Optionen . . 8.1.6.2.16 Multi-Faktor-Optionen . . . . . . . . . 8.1.6.2.17 Exchange-Optionen . . . . . . . . . . . 8.1.6.2.18 Asiatische Optionen (Average-Optionen) 8.1.6.2.19 Übersicht Auszahlungsprofile ausgewählter exotischer Optionstypen .
379 380 380 382 384 384 384 386 389 393 396 397 399 402 403 405 405 406 408 409 410 410 412 413 414 414 415 415 415 417 418 418 419 420 420 420 421 421 421 422
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9
XXI
Kreditderivate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.1 Wozu dienen Kreditderivate? . . . . . . . . . . . . . . 9.2 Was ist ein Kredit? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.3 Welche Arten von Kreditderivaten gibt es? . . . . . . 9.3.1 Klassische Kreditderivate . . . . . . . . . . . 9.3.2 Moderne Kreditderivate . . . . . . . . . . . . 9.4 Bewertung von Kreditderivaten (CDS) . . . . . . . . 9.5 CDS – Ein Instrument zur Beurteilung von Marktsituationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.6 Was sind verbriefte Kreditderivate? . . . . . . . . . . 9.7 Probleme am Verbriefungsmarkt nach der Finanzkrise 2007 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.8 Welche Probleme hat es im Zuge der Finanzkrise bei Kreditderivaten gegeben? . . . . . . . . . . . . . . . .
10 Wetterderivate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.1 Grundlagen Wetterderivate . . . . . . . . . . . . 10.2 Was für Wetterderivate sind klassisch handelbar? 10.3 Welche Instrumente kommen zum Einsatz? . . . 10.4 Wie werden Wetterderivate bewertet? . . . . . . 10.5 Handel von Wetterderivaten . . . . . . . . . . . 10.6 Welche Marktteilnehmer treten im Handel auf? .
. . . . . . .
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431 431 431 433 433 434 436
. . 438 . . 441 . . 444 . . 445 . . . . . . .
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448 448 449 450 452 453 454
11 Börsengehandelte Inflationsderivate . . . . . . . . . . . . 11.1 Das aktionsbasierende Marktmodell für die Euro-Inflations-Futures . . . . . . . . . . . . . . . 11.2 Warum werden Inflationsderivate an Terminbörsen gehandelt? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.3 Wieso ist ein Inflationsderivat für das Portfoliomanagement von Bedeutung? . . . . . . 11.4 Wie wird der Preis für den Euro-Inflations-Future berechnet? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . 457
12 Versicherungsderivate . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12.1 Was sind Versicherungsderivate? . . . . . . . . . 12.2 Warum und durch wen werden diese gehandelt? 12.3 CatBonds . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . .
. . . .
. . . . 457 . . . . 458 . . . . 459 . . . . 459 . . . .
Modul IV Anwendung von Derivaten und deren Einsatz
13 Derivate zur Strukturierung komplexer Portfolios . . . . . . 13.1 Was ist Averaging und Pyramiding? . . . . . . . . . . 13.2 Warum sollte man Positionserweiterungen überhaupt vornehmen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13.2.1 Gewinnerweiterung . . . . . . . . . . . . . .
. . . .
. . . .
463 463 463 465 471
. . 473 . . 473 . . 475 . . 475
XXII
Inhaltsverzeichnis
13.2.2
13.3
13.4 13.5 13.6 13.7
Positionsmanagement bei gegen den Investor laufenden Investitionen . . . . . . . . . . . . . Was ist ein Roll-over? . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13.3.1 Roll-over bei einer gegenläufigen Marktentwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . 13.3.2 Vorbeugen gegen eine vorzeitige Erfüllung . . 13.3.3 Verlängern von Positionen, die für den Investor laufen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13.3.4 Cross-Roll-over . . . . . . . . . . . . . . . . . Kombinationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Positionsmanagement von Swaps und anderen OTC-Derivaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der Schlüssel zum Erfolg ist die Liquidität! . . . . . . Derivate im Portfoliomanagement . . . . . . . . . . . .
14 Einsatz von Derivaten im Financial Engineering und im Fondsmanagement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14.1 Überlegungen beim Design von neuen Produkten . . . 14.2 Grundlagenkomponente Zerobond . . . . . . . . . . . . 14.3 Financial-Engineering-Produkte und deren Aufbau . . . 14.3.1 Das Discountzertifikat . . . . . . . . . . . . . 14.3.2 Reverse Convertibles . . . . . . . . . . . . . . 14.3.3 Das Bonuszertifikat . . . . . . . . . . . . . . . 14.3.4 Hebelprodukte . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14.3.5 Optionsscheine . . . . . . . . . . . . . . . . . 14.3.6 Strukturierte Finanzprodukte mit Zinsoptionen 14.3.6.1 Single-Putable-Bonds . . . . . . . . . . . 14.3.6.2 Single-Callable-Bonds . . . . . . . . . . . 14.3.6.3 Mehrfach kündbare Anleihen . . . . . . . 14.3.6.3.1 Multi-Callable-Bonds . . . . . . . . . 14.3.6.3.2 Multi-Putable-Bonds . . . . . . . . . 14.3.6.4 Reverse Floater . . . . . . . . . . . . . . . 14.3.6.5 Leveraged Floater . . . . . . . . . . . . . 14.3.7 Hochstrukturierte Finanzprodukte . . . . . . . 14.3.8 Inflationsanleihe . . . . . . . . . . . . . . . . . 14.3.9 Exchange Traded Fund (ETF) . . . . . . . . . 14.4 Konstruktionsmatrix Zertifikate (Stripping) . . . . . . . 14.5 Einsatz von Derivaten im Fondsmanagement . . . . . . 14.5.1 Strategien für den Einsatz von Derivaten im Portfoliomanagement eines Fonds . . . . . 14.5.1.1 Call-Volatility-Trade . . . . . . . . . . . . 14.5.1.2 Put-Volatility-Trade . . . . . . . . . . . . 14.5.1.3 Combo vs. Long Underlying . . . . . . .
. 476 . 478 . 479 . 479 . 480 . 481 . 482 . 482 . 483 . 484 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
491 492 493 494 494 496 498 500 501 502 502 503 504 504 505 505 506 507 507 508 510 511
. . . .
512 512 512 512
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XXIII
14.5.1.4 Put Spread vs. Underlying . . . . . . . . . . 513 14.5.1.5 Conversion vs. Underlying . . . . . . . . . . 514 14.5.2 Warum werden diese Strategien im Portfoliomanagement eines Fonds eingesetzt? . . 516 15 Die Wertpapierleihe und das Repo-Geschäft . . . . . . . . . . . 15.1 Die Wertpapierleihe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15.2 Welche Gründe gibt es für ein Wertpapierleihegeschäft? . 15.3 Das Repo-Geschäft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15.4 Wie erfolgt die Preisberechnung für ein Repo-Geschäft? . 15.5 Warum wird ein Haircut berechnet? . . . . . . . . . . . . 15.6 Wie hat sich in den vergangenen Jahren das ausstehende Volumen auf EUREX-Repo verändert? . . . . . . . . . . . 16 Risiko- und Sicherheitenmanagement im Derivatehandel . . . 16.1 Grundlagen des Risikocontrollings . . . . . . . . . . . 16.1.1 MaRisk als Grundlage des Risikomanagements 16.1.2 Risikocontrolling von Wealth-Management-Kunden . . . . . . . . . . 16.1.3 Risikocontrolling von Financial-Engineering-Abteilungen . . . . . . 16.2 Unvorhersehbare Marktereignisse – Schwarze Schwäne 16.3 Risikomanagement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16.4 Risikomanagement Systeme . . . . . . . . . . . . . . . 16.5 Was ist das Sicherheitenmanagement? . . . . . . . . . 16.6 Was ist das Risk Based Margining? . . . . . . . . . . . 16.7 Warum muss man eine Margin stellen und wie wird diese berechnet? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16.8 Die Marginarten des Risk Based Margin System der Eurex . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16.8.1 Premium Margin . . . . . . . . . . . . . . . . 16.8.2 Additional Margin . . . . . . . . . . . . . . . . 16.8.3 Variation Margin . . . . . . . . . . . . . . . . 16.8.4 Future Spread Margin . . . . . . . . . . . . . . 16.9 Margin bei Optionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16.9.1 Long-Positionen . . . . . . . . . . . . . . . . . 16.9.2 Short-Positionen . . . . . . . . . . . . . . . . . 16.10 Margin während der Zeitdifferenz der Belieferung . . . 16.11 Margin bei Futures . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16.12 Margin bei Future-Style-Optionen . . . . . . . . . . . . 16.13 Wie erfolgt die Margin-Berechnung für Optionspositionen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16.14 Berechnung der Glattstellungskosten . . . . . . . . . . 16.15 Was ist EUREX CLEARING PRISMA? . . . . . . . . . . .
520 520 521 523 523 524 525
. 529 . 529 . 531 . 534 . . . . . .
535 536 541 542 543 544
. 545 . . . . . . . . . . .
546 546 546 546 548 549 549 549 551 551 553
. 554 . 555 . 555
XXIV
Inhaltsverzeichnis
16.16 16.17 16.18 16.19 16.20
16.15.1 Wie findet die Marginberechnung statt? 16.15.2 Margin-Komponenten . . . . . . . . . . Sicherung der Margin-Verpflichtung . . . . . . . Der Settlement-Preis . . . . . . . . . . . . . . . Was ist ein Margin Call? . . . . . . . . . . . . . Wie läuft die Zwangsliquidation aus Bank- oder Brokersicht? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Clearing von OTC-Derivaten . . . . . . . . . . .
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556 556 558 558 559
. . . . . 560 . . . . . 561
Schlusswort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 573 17 Appendix . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Matrix der Standardmodelle im Financial Engineering Klassische Prüfungsfragen und Aufgaben . . . . . . . Glossar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tabelle der Standardnormalverteilung . . . . . . . . . Bonitätsbewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rendite und Rating im Kontext . . . . . . . . . . . . Terminbörsen weltweit und ihre Webadressen . . . . . Über die Autoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . .
. . . . . . . . .
575 575 580 594 605 606 607 609 613
Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 614 Index . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 627
Abkürzungs- und Symbolverzeichnis
A ATM a B Barwertcum Barwertex BP BG BQ b C CBOE CBOT CCW CDD CDO CDS CHF CLN CME CMS CoC COV c D d dM d1 d2 DAX®
beliebiges Ereignis At The Money Konstante beliebiges Ereignis Barwert der Anleihe mit Kündigungsrecht Barwert der Anleihe ohne Kündigungsrecht Basis Point Berechnungsbasis für quotierte Währung (360 oder 365 Tage) Berechnungsbasis für Gegenwährung (360 oder 365 Tage) Konstante Finanzierungskosten der Kassaposition, Caplet Chicago Board Option Exchange Chicago Board of Trade Covered Call Writing Cooling Degree Days Collateralized Debt Obligation Credit Default Swap Schweizer Franken Credit Linked Notes Chicago Mercantile Exchange Constant Maturity Swap Cost of Carry Kovarianz Wert der Call-Option Veränderung, Wachstumsrate, Dividende, Derivat down, Abwärtsfaktor, Senkungsfaktor monatlicher Senkungsfaktor/Abwärtsfaktor z-Wert der Standardnormalverteilung z-Wert der Standardnormalverteilung Deutscher Aktien Index
DOI 10.1515/9783110531169-002
XXVI
DCM DSM DTB dt dz E(..) EE(..) EUR Eurex EVU F F0 FDAX® FGBL FESX FR FRA FTSE Fw FX f GCM GTZ HDD HICPexT IRG ISDA ITM IV IVREL IVEXP i JPY K KWG L LEPO LIFFE
Abkürzungs- und Symbolverzeichnis
Direct Clearing Member Daily Simulation Method Deutsche Terminbörse Wachstumsrate von t Veränderung von z Erwartungswert Erwartete zukünftige Rendite Euro European Exchange Energieversorgungsunternehmen Funktion, Dichte, Floorlet Future-Preis DAX®-Future Euro-Bund-Future Dow Jones Euro STOXX 50 Future Forward Rate Forward Rate Agreement Financial Times Stock Exchange Index Forward Foreign Exchange bekannte Rendite General-Clearing-Member Gradtageszahlenindex Heating Degree Days Harmonised Index of Consumer Prices excluding Tobacco Interest Rate Guarantee International Swaps and Derivatives Association In The Money Intrinsic Value, innerer Wert realisierte implizite 30-Tage-Volatilität bei Fälligkeit erwartete implizite 30-Tage-Volatilität bei Geschäftsabschluss Zinssatz japanischer Yen Basispreis, Kontraktvolumen Kreditwesengesetz Lagerkosten (netto) Low Exercise Price Options London International Financial Futures and Options Exchange
Abkürzungs- und Symbolverzeichnis
ln M n NB NCM N(d) OGBL OTC OTM p P PF Q q R Ri Rf r rf rG rim rM rQ r1 r2 RK S SOFFEX S0 Sd Su T T-Bond TV t USD U
XXVII
natürlicher Logarithmus Marktportfolio, Indexmultiplikator, Periodizität der Zahlung eine Anzahl von n Einheiten, Laufzeit der Swaption, Laufzeit gemessen in Perioden Nominalbetrag Non Clearing Member Kumulierte Standardnormalverteilung Optionen auf den EURO BUND FUTURE Over the Counter Out Of The Money Wert der Put-Option Portfolio Preisfaktor bedingte Wahrscheinlichkeit Pseudowahrscheinlichkeit risikoloser Zinssatz Rendite risikoloser Zinssatz kongruenter Zins für Laufzeitende risikoloser Zinssatz Zinssatz p. a. in Dezimalen, quotierte Währung Korrelationskoeffizient Monatszins Zinssatz p. a. in Dezimalen, Gegenwährung Auslandszins Inlandszins Regressionskoeffizient Basiswert, Kurs des Underlyings, Spot-Preis, Spread, Summendiskontfaktor, Strike, Projektwert Swiss Options and Financial Futures Exchange Ausgangsszenario in t = 0 Abwärtsszenario Aufwärtsszenario Zeit, Restlaufzeit der Option, Anzahl der Tage, Laufzeit des Kontrakts Treasury Bond Future, USA Time Value, Zeitwert Vorlaufzeit Optionsbeginn US-Dollar up, Steigungsfaktor, Aufwärtsfaktor
XXVIII
uM VaR WERMA WP X X-Index X/L/V/C-Aktie xi Y y Z z P ˇ ı p i 2
Abkürzungs- und Symbolverzeichnis
monatlicher Steigungsfaktor/Aufwärtsfaktor Value at Risk Weather Risk Management Association Wertpapier beliebige Variable, Strike Swap-Satz Beispielindex Beispielaktienwerte Anteil des Wertpapiers i am Portfolio variabler Platzhalter Convenience Yield Zahlungen aus der Swaption, Kuponerträge beliebige Variable Delta Gamma Rho Theta Vega, Lambda Beta, Beta-Faktor Optionslaufzeit standardnormalverteilte Zufallsvariable Drift, Mittelwert erwartete Portfoliorendite Erwartungswert der Rendite des i-ten Wertpapiers, erwartete Rendite Risikoprämie Standardabweichung Varianz Restlaufzeit des Kontrakts
Abkürzungs- und Symbolverzeichnis
Diese Symbole leiten Sie durch das vorliegende Buch:
Merksatz oder wichtige Aussage
Kapitelinformation
Beispiele und Erklärungen zur erläuterten Theorie
Literaturempfehlungen und verwendete Literatur
Verweis auf die Tools aus dem Downloadbereich
Verknüpfung von Themenbereichen im Buchverlauf (Wissenstransfer)
Verweis auf den Einsatz von Excel und Matlab
XXIX
Abbildungsverzeichnis
1.1 1.2 1.3 1.4 1.5
Aufbau einer Financial-Engineering-Abteilung . . . . . . . Produktgruppen im Financial Engineering . . . . . . . . . Ablauf eines Financial-Engineering-Prozesses (vereinfacht) Klassischer Konjunkturzyklus inkl. Bracheninvestitionen . Investmentclock . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . .
5 6 8 15 16
2.1 2.2 2.3 2.4
Relative Häufigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gesetz der großen Zahlen nach Bernoulli . . . . . . . . . Wiener-Prozess (vgl. EIFD; Kleinknecht, Manuel) . . . . Allgemeiner Wiener-Prozess (vgl. EIFD; Kleinknecht, Manuel) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Geometrische Brownsche Bewegung (vgl. EIFD; Kleinknecht, Manuel) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beispiel für einen Random Walk (mehrere Pfade) . . . . . Random Walk (ein Pfad; nach Bildung Erwartungswert) . Dichtefunktion der Normalverteilung nach Carl Friedrich Gauß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 Deutsche Mark, Banknote mit dem Konterfei von C. F. Gauß und der Gauß’schen Glockenkurve. . . . Verteilungsfunktion der Normalverteilung . . . . . . . . . Histogramm (nicht normalverteilt) . . . . . . . . . . . . . Stetige Zufallsvariable mit Wahrscheinlichkeitsdichte p, wobei die Gesamtfläche P entspricht . . . . . . . . . . . . Die Lognormalverteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . Empirisches Histogramm des DAX®, 3.11.2008–31.10.2009 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Geschätzte Lognormalverteilung des DAX® auf Basis von Tagesdaten im Zeitraum 30.12.1998–30.10.2009 . . . . . . Positiv (1. Grafik) und negativ (2. Grafik) korrelierende Wertpapiere . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wertpapiere mit keiner Korrelation zueinander . . . . . .
. . .
26 28 33
.
34
. . .
37 41 41
.
44
. . .
44 45 46
. .
46 48
.
49
.
49
. .
51 52
2.5 2.6 2.7 2.8 2.9 2.10 2.11 2.12 2.13 2.14 2.15 2.16 2.17
XXXII
2.18
2.19 2.20 2.21 2.22 2.23 2.24 2.25
2.26
2.27 2.28 2.29 4.1 4.2 4.3 4.4 4.5 4.6 4.7 4.8 4.9 4.10 4.11 4.12 4.13 4.14 4.15 4.16
Abbildungsverzeichnis
Risiko eines Portfolios aus zwei Assets bei unterschiedlichen Korrelationen (Risiko Asset 1 = 15 %, Risiko Asset 2 = 25 %) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Korrelationsmatrix der einzelnen Anlagegruppen (Stand: 08/2009) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Konvexität im Verhältnis zur Modified Duration . . . . . Beta von BMW im Vergleich zum DAX® . . . . . . . . . . Duplikationsmodell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Varianz der Portfoliorendite in Abhängigkeit von der Anzahl der Portfolioelemente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Aufbau eines Aktionsplans . . . . . . . . . . . . . . . . . . Minimum-Varianz-Portfolio (grafische Darstellung des Erwartungswertes der Renditen vs. der Standardabweichung der erwarteten Renditen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Kapitalmarktlinie (Capital Market Line) (vgl. Springer Gabler (Hrsg.) Wirtschaftslexikon http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Archiv/119/capital-assetpricing-model-capm-v8.html) . . . . . . . . . . . . . . . . . CAPM Wertpapierlinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Aufbau eines Portfoliomanagements . . . . . . . . . . . . . Portfolioausrichtung je nach Präferenz des Investors . . . . Weltkarte mit den heutigen Zentren des Terminmarkthandels (eingefärbt) . . . . . . . . . . . Historischer Zeitstrahl der Derivate . . . . . . . . . . Erfüllungszeitpunkt Termin- und Kassageschäft . . . Bedingte und unbedingte Termingeschäfte . . . . . . Gliederungsstruktur von bedingten und unbedingten Termingeschäften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Opening (Erstorder) Close-out (Gegenorder) . . . . . Aufbau einer Derivatebörse mit integriertem Clearing Die Marktteilnehmer an der Terminb¨orse . . . . . . . Zinsstrukturkurven . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Arten des Market Making . . . . . . . . . . . . . . . Die Trading-Phasen an der Eurex . . . . . . . . . . Gruppen von Derivaten und deren Beispiele . . . . . Mitglieder am Eurex-Handel . . . . . . . . . . . . . Unterschiedliche Orderspezifikationen . . . . . . . . Unterschiedliche Ordergültigkeit . . . . . . . . . . . EUREX T7 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
52 54 59 61 63 72 73
78
81 84 85 86
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
112 114 115 117
. . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . .
118 119 121 123 126 132 134 135 136 139 139 140
Abbildungsverzeichnis
4.17 4.18 4.19 5.1 5.2 5.3 5.4 5.5 5.6 5.7 5.8 5.9 5.10 5.11 5.12 5.13 5.14 5.15 5.16 5.17 5.18 6.1 6.2 6.3 6.4 6.5 6.6 6.7 6.8 6.9 6.10 6.11 6.12 6.13 6.14
XXXIII
Order-Tool für Auslandsbörsen (UBS SwissKey System; Buy Order) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 Abwicklung eines Mistrades . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 Verfallstage an der Eurex (Freitagsregelung) . . . . . . . . 143 Unbedingte Termingeschäfte . . . . . . . . . . . . . . . . Die gängigsten Arten von Futures . . . . . . . . . . . . . Zeitlicher Ablauf einer Future-Transaktion . . . . . . . . . Mögliche Grundhaltungen eines Future-Investors . . . . . Belieferungsarten bei Futures . . . . . . . . . . . . . . . . Produktgattungen an den US-Warenterminbörsen (Ausschnitt) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Basiskonvergenz von Spot- und Future-Preis auf Sicht vor dem letzten Handelstag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Negative oder positive Basis in der Future-Preisbetrachtung Schematische Darstellung der Basiskonvergenz . . . . . . Preisverlauf des Euro-Bund-Futures bei normaler und inverser Zinsstrukturkurve . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zinsstrukturkurven . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Cheapest to Deliver Anleihen „Euro Bund Future“ . . . . Roll-over-Verlust . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Long-Future-Position und seine grafische Darstellung . . . Short-Future-Position und seine grafische Darstellung . . . Interkontrakt-Spread und Intrakontrakt-Spread (Beispiel) . Cash and Carry vs. Reverse Cash and Carry . . . . . . . . Payoff einer Gesamtposition: Long Hedge . . . . . . . . . Optionen Long und Short . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rechte und Pflichten bei Optionen . . . . . . . . . . . . . Europäische vs. amerikanische Optionen . . . . . . . . . . Möglichkeiten der Erfüllung . . . . . . . . . . . . . . . . Verhalten Aktie zur Zero-Strike-Option (inkl. Dividendenerhöhung und Zahlung) . . . . . . . . . . . . . Opening und Closing . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Zeitwert-Funktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zeitwertverfall der beiden Optionen relativ zueinander[15] Grafische Darstellung eines Long Calls (Optionspreis) . . Einflussparameter auf den Optionspreis . . . . . . . . . . Volatilitätsbeziehungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Historische Volatilität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Implizite Volatilität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Historische 30-Tage- und 250-Tage-Volatilität des DAX®
. . . . .
148 149 150 150 152
. 159 . 162 163 . 163 . . . . . . . . .
164 165 167 169 171 171 176 177 179
. . . .
188 189 190 190
. . . . . . . . . .
195 196 201 202 203 205 207 207 209 210
XXXIV
6.15
6.16 6.17 6.18 6.19 6.20 6.21 6.22 6.23 6.24 6.25 6.26 6.27 6.28 6.29 6.30 6.31 6.32 6.33 6.34 6.35 6.36 6.37 6.38 6.39 6.40 6.41 6.42 6.43 6.44 6.45 6.46
Abbildungsverzeichnis
Volatilitäts-Surface DAX®-Index per 24. Juni 2016 (gerechnet aus impliziten Volatilitäten der DAX-Optionen an der Eurex) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Darstellung des Zeitwertes innerhalb der Optionen (Call und Put) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Darstellung des Delta (Long Call, Short Call, Long Put, Short Put) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gamma bei Long-Optionen (oben) und Short-Optionen (unten) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rho in seiner grafischen Darstellung . . . . . . . . . . . . . Theta bei Long-Optionen (oben) und Short-Optionen (unten) Darstellung des Theta . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vega von Long-Optionen (oben) und Short-Optionen (unten) Darstellung des Vega . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Black-Scholes inkl. Greeks . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der Optionspreis und seine Ableitungen . . . . . . . . . . . Put-Call-Parität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Berechnung des Optionspreises nach Black, Scholes . . . . Berechnung des Optionspreises nach Black, Scholes, Merton (mit Dividenden) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Binomialschritt im Einperiodenfall . . . . . . . . . . . . . . Binomialschritt im Aufbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . Erster Binomialschritt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Aufbau eines Mehrperiodenbinomialbaumes inkl. Underlying . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Volatility Smile vs. konstante Volatilität . . . . . . . . . . . . Volatility Smile Deutsche Bank AG . . . . . . . . . . . . . . Volatility-Surface einer beliebig modellierten Aktie . . . . . Cox, Ross, Rubinstein Modell (CRR) vs. Black Scholes Model . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Simulierte Kursverläufe mittels Monte-Carlo Simulation . . Uniform-Zufallszahlen und Quasi-Zufallszahlen . . . . . . . Daimler Optionen an der Eurex . . . . . . . . . . . . . . . Gewinn- und Verlustszenario beim Long Call . . . . . . . . Gewinn- und Verlustszenario beim Short Call (Naked Call Writing) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . CCW Payoff inkl. G&V Rechnung . . . . . . . . . . . . . . Gewinn- und Verlustszenario beim Long Put . . . . . . . . . Gewinn- und Verlustszenario beim Short Put . . . . . . . . Gewinn- und Verlustszenario bei Long Straddle . . . . . . . Gewinn- und Verlustszenario beim Short Straddle . . . . . .
215 218 221 223 224 225 226 227 227 229 229 232 239 239 243 244 244 246 248 249 250 251 253 255 260 263 264 265 268 269 275 276
Abbildungsverzeichnis
6.47 6.48 6.49 6.50 6.51 6.52 6.53 6.54 6.55 6.56 6.57 6.58 6.59 6.60 6.61 6.62 6.63 6.64 6.65 7.1 7.2 7.3 7.4 7.5 7.6 7.7 7.8 7.9 7.10 7.11 7.12 7.13 7.14 7.15 7.16 7.17
Gewinn- und Verlustszenario beim Long Strangle . . . Gewinn- und Verlustszenario beim Short Strangle . . . Grundarten von Spreads . . . . . . . . . . . . . . . . . Debit Bull Spread (Payoff) . . . . . . . . . . . . . . . Credit Bear Spread (Payoff) . . . . . . . . . . . . . . . Strategieübersicht mit Markt- und Volatilitätseinstufung (Grundstrategien) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Long Butterfly . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Short Butterfly . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Long Condor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Short Condor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ratio Call Spread . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ratio Put Spread . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Long Box . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Short Box . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Long-Risk-Reversal . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Short-Risk-Reversal . . . . . . . . . . . . . . . . . . . DAX® (unten) vs. DAX® VOLATILITÄT (oben) . . . Beispielstrategie aus dem Strategy Master der Eurex . Bewertung mittels Black-76-Modell . . . . . . . . . . .
XXXV
. . . . .
. . . . .
. . . . .
278 279 280 281 282
. . . . . . . . . . . . . .
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. . . . . . . . . . . . . .
284 286 286 287 288 288 289 290 291 292 293 295 297 302
Anteile der Währungspaare am Handel (Stand: 2007) . . . . Devisen-Notierungsarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wechselkursrisiko und Kurserwartung am Beispiel Euro/USD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kassageschäft (Abwicklung mittels Pricingsystem Medusa) . Mögliche Zinsrelationen zwischen zwei Währungen . . . . . Handel eines Risk Reversal über das Pricingsystem Medusa Devisentermingeschäfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beispiel für ein Cross Rate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bewertung mit dem Garman-Kohlhagen-Modell . . . . . . . Übersicht Euro/USD Future . . . . . . . . . . . . . . . . . . NDF–EUR/BRL Szenarioanalyse . . . . . . . . . . . . . . . Abschluss eines Warentermingeschäftes . . . . . . . . . . . Settlement-Varianten und deren Realisierung . . . . . . . . Produktspezifikationen für ein physisches Settlement (hier: Zucker Nr. 11) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Den Warentermingeschäften zugrunde liegende Güter (vereinfacht dargestellt) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Contango und Backwardation . . . . . . . . . . . . . . . . . Contango (oben) und Backwardation (oben) . . . . . . . . .
314 315 316 318 319 320 323 324 327 331 332 333 336 336 337 342 343
XXXVI
Abbildungsverzeichnis
7.18 7.19 7.20
Terminmarktkurve WTI . . . . . . . . . . . . . . Contango-Problematik bei Future-Positionen . . Contango-Situation bei Light Crude Oil (CL) an NYMEX . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
8.1
Zahlungsströme bei einem Long Cap inkl. Grundgeschäft (Kredit mit variabler Zinsseite) . . . . . . . . . . . . . . . Zinsobergrenze beim Cap . . . . . . . . . . . . . . . . . . Das Cap aufgeteilt in die einzelnen Caplets . . . . . . . . Floor aufgeteilt in die einzelnen Floorlets . . . . . . . . . Swap . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beispiel für einen Swap . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Swap-Beispiel mit Kredit als Grundgeschäft . . . . . . . . Payer- und Receiver-Seite eines Swaps . . . . . . . . . . . Beispiel für einen CMS Swap . . . . . . . . . . . . . . . . Schemazeichung eines Dividendenswaps . . . . . . . . . . Zahlungsströme für den abgeschlossenen Dieselölswap . . Der Assetswap . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Swap-Bewertung Plain-Vanilla-IR-Swap . . . . . . . . . . Zahlungsströme Inflation Payer Swap . . . . . . . . . . . . Zahlungsströme Inflation Receiver Swap . . . . . . . . . . Verbraucherpreisindex (Inflation ex. Tabaco) . . . . . . . . Euro/TRY-Swap . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Euro/TRY-Wechselkurs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Mögliche Zinszahlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . Swap inkl. Referenzzinssatz und Korridore . . . . . . . . 12-Monats-EURIBOR 2000–2008 inkl. Korridore . . . . . 3- und 12-Monats-EURIBOR . . . . . . . . . . . . . . . . Zahlungsstöme des Swaps . . . . . . . . . . . . . . . . . . Betrachtung der Swap-Parameter . . . . . . . . . . . . . . Analyse der historischen Währungskursentwicklung . . . . Grafische Szenarioanalyse zum Swap-Verlauf . . . . . . . Step-Down Swap . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zeitlicher Ablauf einer Swaption . . . . . . . . . . . . . . . Settlement-Möglichkeiten einer Swaption und deren Auswirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Exotische Optionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Exemplarisches Kursverhalten eines Down-and-Out-Put . . Digital- vs. Standard-Call Payoff bei Fälligkeit (Long Call) Compound-Optionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
8.2 8.3 8.4 8.5 8.6 8.7 8.8 8.9 8.10 8.11 8.12 8.13 8.14 8.15 8.16 8.17 8.18 8.19 8.20 8.21 8.22 8.23 8.24 8.25 8.26 8.27 8.28 8.29 8.30 8.31 8.32 8.33
. . . . . . . 344 . . . . . . . 345 der . . . . . . . 346 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
366 366 367 368 371 373 374 375 375 376 378 380 383 386 387 388 390 391 392 394 394 395 396 398 399 400 401 403
. 406 . 409 . 411 413 . 415
Abbildungsverzeichnis
XXXVII
8.34
Schematische Darstellung des Auszahlungsverlaufs einer Cliquet-Option . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 419
9.1 9.2
9.13
Kreditderivat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zahlungsströme des Sicherungsnehmers und Sicherungsgebers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Credit Default Swap . . . . . . . . . . . . . . . . . . . CDS Bewertung nach DVFA . . . . . . . . . . . . . . CDS Sovereign Debt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Funding-Spreads von exemplarisch ausgew¨ahlten Emittenten (Laufzeit 5 Jahre u¨ ber 1 Jahr normiert) . . . CDS ausgew¨ahlter großer Gesch¨aftsbanken . . . . . . . EURIBOR 3 Monate und 1 Jahr, EONIA seit 2008 bis 2013 (Anfang) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Aufbau eines CLN mit Cash-Settlement . . . . . . . . CLN ohne Kreditereignis . . . . . . . . . . . . . . . . CLN mit Kreditereignis . . . . . . . . . . . . . . . . . Euro-Neuemissionen (klassisch) inkl. Spreadaufschläge über CDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . CDS-Aufschläge der einzelnen Banken in Basispunkten
10.1 10.2
Übersicht Wetterderivate nach Gruppen . . . . . . . . . . . 449 Instrumente im Handel mit Wetterderivaten . . . . . . . . . 452
11.1
Inflationsrate in Deutschland von 1992–2012 . . . . . . . . . 458
12.1
CatBond Payoff-Zahlungen mit und ohne Eintritt des Katastrophenfalls . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 465
13.1 13.2 13.3
Schematische Darstellung Averaging . . . . . . Schematische Darstellung Pyramiding . . . . . Schematische Darstellung der Beispiel-Erweiterungsstrategie (Pyramiding) . . Vermeiden vorzeitiger Erfüllung durch Roll-over Closing Ursprungsgeschäft (Altgeschäft) . . . . Opening neues Geschäft als Fortführung des Ursprungsgeschäfts mit anderem Underlying . .
9.3 9.4 9.5 9.6 9.7 9.8 9.9 9.10 9.11 9.12
13.4 13.5 13.6 14.1 14.2 14.3 14.4
. . . 433 . . . .
. . . .
. . . .
434 436 437 439
. . . 439 . . . 440 . . . .
. . . .
. . . .
441 442 443 443
. . . 444 . . 445
. . . . . . . 474 . . . . . . . 474 . . . . . . . 478 . . . . . . 480 . . . . . . . 481 . . . . . . . 481
Derivatebaum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Payoff eines Discountzertfikates . . . . . . . . . . . . . . . Payoff eines Reverse Convertible Bond (hier: Aktienanleihe) vs. Direktinvestment in die Aktie . . . . . . . . . . . . . . . Payoff klassisches Bonuszertifikat . . . . . . . . . . . . . .
492 495 497 499
XXXVIII
Abbildungsverzeichnis
14.5 14.6 14.7 14.8 14.9 14.10 14.11 14.12 14.13 14.14 14.15
Payoff Capped Bonuszertifikat . . . . . . . . . . . . . . . Aufbau eines Reverse Floater . . . . . . . . . . . . . . . . Aufbau eines Leveraged Floater . . . . . . . . . . . . . . . Schematischer Aufbau eines Exchange Traded Fund (ETF) Payoff Call-Volatility-Trade . . . . . . . . . . . . . . . . . Payoff Put-Volatility-Trade . . . . . . . . . . . . . . . . . Payoff Combo vs. Long Underlying . . . . . . . . . . . . Payoff Put Spread vs. Underlying . . . . . . . . . . . . . . Payoff Conversion vs. Underlying . . . . . . . . . . . . . Outperformance Protective Put vs. DAX® . . . . . . . . . ® ® Long DAX vs. DAX mit CCW-Strategie . . . . . . . .
15.1 15.2
Schema einer Wertpapierleihe . . . . . . . . . . . . . . . . . 521 Entwicklung des ausstehenden Volumens (General Collataral, GC) an der Eurex-Repo . . . . . . . . . . . . . 526
16.1 16.2 16.3 16.4 16.5 16.6
Unterscheidung der verschiedenen operativen Einheiten . Aufbauorganisation bei zwei Vorständen . . . . . . . . . Aufbauorganisation bei vier Vorständen . . . . . . . . . Risikocontrolling . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Margin-Arten im Überblick . . . . . . . . . . . . . . Risk-based-Margin-Berechnung für Short Puts (150) auf Deutsche Telekom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . SPAN Margin-Berechnung für Short Calls (3) und Short Puts (2) auf Lonmin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Euro/USD-Future an der CME, SPAN-Methode . . . . . Margin-Berechung FDAX® an der Eurex, Risk-based-Methode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anwendbare Margin Komponenten . . . . . . . . . . . . Margin Call . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Börsengehandelte Derivate vs. OTC-Derivate . . . . . . . OTC-Derivatevolumen nach Assetklassen in T-USD . . . Marginkomponenten für OTC-Transaktionen die über Eurex Clearing AG als CCP abgewickelt werden . . . . Entwicklung der Volumen in Mio. Kontrakten . . . . . . Eurex Clearing Prisma . . . . . . . . . . . . . . . . . . . CCP als Handelsabwicklung und im regulatorischen Umfeld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
16.7 16.8 16.9 16.10 16.11 16.12 16.13 16.14 16.15 16.16 16.17 17.1 17.2
. . . . .
. . . . . . . . . . .
. . . . .
499 506 507 509 513 513 514 515 515 517 517
532 533 534 538 547
. . 550 . . 550 . . 552 . . . . .
. . . . .
553 557 559 562 563
. . 565 . . 566 . . 567 . . 568
Zusammenhang Anleihenrendite und Rating . . . . . . . . . 607 Korrelation einzelner Märkte (Stand: Juli 2009) . . . . . . . 608
Tabellenverzeichnis
2.1 2.2 2.3
Portfoliokorrelationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Korrelation der internationalen Aktienmärkte (2007) . . . . . Korrelationskoeffizienten – Werte und Bedeutung . . . . . . .
4.1 4.2 4.3
Hexensabbat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 Szenarioerklärung für Zinsinstrumente . . . . . . . . . . . . . 127 Beispiele für ein Handelsbuch (Beispiel hier: Future auf DAX®-Index) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130
5.1 5.2 5.3 5.4 5.5 5.6 5.7 5.8 5.9 5.10 5.11
Öffnen und Schließen von Positionen in Futures . . . . . Häufig gehandelte Indexfutures . . . . . . . . . . . . . . Grundintentionen von Future-Investoren . . . . . . . . . Laufzeitenstruktur unterschiedlicher Zinsfutures . . . . . Grundintentionen im Zinsfuture-Handel . . . . . . . . . Mögliche Devisenfutures (Währungskombinationen) . . Grundintention von Single Stock Futures . . . . . . . . . Marktverfassung im Future-Handel . . . . . . . . . . . . Future-Basis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Berechnung Rentenfutures . . . . . . . . . . . . . . . . . Übersicht der möglichen Future-Serien am Beispiel des DJ EURO STOXX 50® Futures . . . . . . . . . . . . . . 5.12 Spreads . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.13 Betawerte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . 169 . . . 174 . . . 180
6.1 6.2 6.3 6.4 6.5 6.6 6.7 6.8
. . . . . . . .
Rechte und Pflichten bei Optionen . . . . . . . . . . . Möglichkeiten der Preisstellung . . . . . . . . . . . . . R Index. . . . . . . . . . . . . Volatilitäts-Surface DAX Dividendenzahlungen als Einfluss auf den Optionspreis Klassische Einflussparameter im Überblick . . . . . . . Übersicht der Greeks . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vorzeichen Call- und Put-Delta . . . . . . . . . . . . . Deltawerte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . .
. . . . . . . . . .
. . . . . . . . . .
. . . . . . . .
. . . . . . . . . .
53 54 56
. . . . . . . .
151 154 154 157 157 157 159 160 162 165
188 200 214 217 220 220 222 222
XL
Tabellenverzeichnis
6.9 6.10 6.11 6.12
Vorzeichenübersicht der Greeks . . . . . . . . . . . . Sensitivitäten des Optionspreises (Beispiele) . . . . . Die vier Grundpositionen im Optionsgeschäft . . . . Die vier Grundpositionen in der Übersicht und deren Erwartungshaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.13 Übersicht über Optionen auf Futures . . . . . . . . . 6.14 Trading-Book mit Erweiterungspositionen . . . . . . 6.15 Kombinationsmöglichkeiten . . . . . . . . . . . . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
270 300 304 306
7.1 7.2 7.3 7.4 7.5 7.6
. . . . . .
. . . . . .
. . . . . .
. . . . . .
. . . . . .
324 328 332 334 342 353
Datenblatt zum Collar (Einzelkomponenten) . . . . . . . Vergleich zwischen Forward und Future . . . . . . . . . Marktverwertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Szenarioanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Swaptions und deren Gegenposition . . . . . . . . . . . Swaption und die nach der Swap-Ausübung bestehende Swap-Position . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.7 Eigenschaften von Swaptions . . . . . . . . . . . . . . . 8.8 Knock-in-/out-Optionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.9 Übersicht der Barrier Options . . . . . . . . . . . . . . . 8.10 Basket-Option-Preisbildung, Abschluss vs. Fälligkeit . .
. . . . .
. . . . .
. . . . .
370 372 383 402 404
. . . . .
. . . . .
. . . . .
405 407 410 412 418
8.1 8.2 8.3 8.4 8.5 8.6
Beispiele für die Sprache von Devisenhändlern Währungsfutures und deren Grundintension . . NDF–EUR/BRL Szenarioanalyse . . . . . . . . Opening- und Closing-Transaktionen . . . . . . Relation zwischen Kassa- und Future-Preis . . Korrelationsmatrix Commodity . . . . . . . . .
. . . . . .
. . . . . .
. . . . . .
. . . . . 226 . . . . . 230 . . . . . 270
13.1 Beispiel-Portfolio und Erweiterung durch Termingeschäfte . . 485 17.1 Durchschnittliche kumulierte Ausfallraten (%) 1970–2006 . . 607
Modul I – Grundlagen des Financial Engineering
1
Financial Engineering – Aufbau und Konzeption
In Kapitel 1 werden Sie Folgendes erfahren:
Was ist Financial Engineering?
Wie sind Financial-Engineering-Abteilungen aufgebaut?
Welche Aufgaben haben diese Abteilungen?
1.1
Was bedeutet Financial Engineering?
Financial Engineering bedeutet grundsätzlich das neu entwickeln von Finanzlösungen. Diese Finanzlösungen können sowohl Kreditlösungen als auch Investmentlösungen sein. Dabei werden bestehende Probleme bzw. Anforderungen mithilfe von Derivaten, Kombinationen oder innovativen Ideen gelöst. Das Financial Engineering ist folglich eine interdisziplinäre Fachrichtung, welche nach innovativen Lösungen sucht. Nach den Schwierigkeiten der Finanzkrise 2007 und der Folgejahre wurde das Investmentbanking grundsätzlich umstrukturiert. So sind reine Investmentbanken rar geworden. Die meisten Financial-Engineering-Abteilungen von Investmentbanken sind daher integrierte Departments in Bankkonzernen, welche interdisziplinär arbeiten. Ihre Aufgabe ist, sowohl für das eigene Haus als auch für Drittanbieter „Tailor Made Solutions“ zu entwickeln. Damit ist das Financial Engineering ein hoher Ertragstreiber und ein grundlegendes Geschäftsfeld von Investment- und Großbanken.
DOI 10.1515/9783110531169-003
4
Financial Engineering – Aufbau und Konzeption
Was ist eigentlich das Investmentbanking? Der Begriff Investmentbanking ist ein Sammelbegriff für die Geschäftsfelder einer Bank, welche sich mit kapitalmarktorientierten Geschäften auseinandersetzen (Capital & Markets). Heute fasst man diese Transaktionen oft unter dem Begriff „Finance“ zusammen. Ihm gegenüber steht der Begriff „Banking“, welcher das klassische Bankgeschäft des Commercial- und Retail-Banking bezeichnet. Also das Geschäft in dem es um Einlagen- und Ausleihungen aber nicht zum Beispiel um Wertpapiere (Handel) geht. Das Investmentbanking umfasst somit alle Geschäftsfelder einer Bank, welche sich um am Kapitalmarkt befindliche Transaktionen kümmern. Dies beinhaltet neben dem klassischen Emissionsgeschäft, dem Corporate Finance, dem Structured Finance und dem Mergers & Acquisitions (M&A)-Geschäft auch die Geschäftsfelder der Vermögensverwaltung für Großkunden (sowohl für institutionelle Kunden als auch für private Kunden (hier wird dann von Wealth Management gesprochen)) sowie die Wagniskapitalbereiche (Venture Capital) eines Finanzintermediäres1
1.2
Aufbau einer Financial-Engineering-Einheit
Grundsätzlich sind alle Financial-Engineering-Einheiten nach demselben Prinzip aufgebaut. Hierbei werden die zueinander gehörenden Einheiten in drei Gruppierungen gebündelt: Front Office Middle Office Back Office
Das Front Office, oder auch Salesdesk genannt, ist sowohl für die Kreation von neuen Produkten als auch für deren Verkauf verantwortlich. Hier kann auch das Tradingteam angesiedelt sein. Im Middle Office werden die organisatorischenAnsätze, die mit der Entwicklung und Planung von neuen Produkten zusammenhängen, verfolgt (Tagesgeschäft). Das Back Office übernimmt die Abwicklung der getätigten Transaktionen, das Controlling, die zahlungsmäßige Abwicklung sowie die Abgleicharbeiten und führt die Konten. Damit 1
Vgl. Reckinger, G., Wolff, V. (Hg.): Finanzjournalismus (Handbuch Journalismus), UVKKonstanz (2011).
Produktdesks einer Financial-Engineering-Einheit
5
greifen alle drei Abteilungen wie Zahnräder ineinander. Sie arbeiten gemeinsam, aber mit klar abgegrenzten Themengebieten. Zusätzlich zu diesen „klassischen“ Abteilungen sind in Financial-Engineering-Abteilungen noch folgende Organisationseinheiten angeschlossen (jedoch eigenständig):
Marketingabteilung Betreuung der Kunden (Unterstützung von Sales, auch Veranstaltungsmanagement etc.) aktives Marketing (Prospekte, Werbung etc.) Rechtsabteilung (Legal Department) Prüfung der Rechtskonformität Prüfung und Freigabe der Dokumente Stabsabteilungen Abwicklung, Clearing, Stammdatenpflege etc. Compliance
1.3
Produktdesks einer Financial-Engineering-Einheit
Die meisten Financial-Engineering-Einheiten sind nach Produktgruppen aufgeteilt. Dies ermöglicht ein zielgesteuertes Controlling sowie ein effizientes und umsetzbares Risikocontrolling. Innerhalb dieser Produktgattungen wird wieder in die Bereiche Strukturierung, Sales, Trading, Research, Overviews und Business Management unterschieden (vgl. Abbildung 1.1).
Sales
Trading
Financial Engineering Strukturierung
Research, Overviews, Business Management
Abbildung 1.1: Aufbau einer Financial-Engineering-Abteilung
6
Financial Engineering – Aufbau und Konzeption
Die Produktaufteilung ist i. d. R. wie in Abbildung 1.2 gegliedert.
Commodities/FX
Equity Market
Fixed Income
Produktgruppen
Abbildung 1.2: Produktgruppen im Financial Engineering
Es gibt eine derartige Kategorisierung auch für Kreditprodukte. Gelegentlich vermischt sich der Bereich Anlage- und Kreditprodukte auch. Gerade mezzanine Finanzierungsarten (wie z. B. Genusskapital), strukturierte Finanzierungen und Konsortialkredite (klassischer Konsortialkredit, Club Deal etc.) sowie die innovative Weitergabe von Kreditrisiken stehen hier im Vordergrund.
1.4
Welche Theorien und Modelle fließen im Financial Engineering zusammen?
Zunächst einmal ist das Financial Engineering eine interdisziplinäre Fachrichtung. Es fließen Fachgebiete der höheren Mathematik, der Stochastik, der Wirtschaftswissenschaften, die Lehre der Finanzderivate sowie modellbasierende Theorien (wie Spieltheorie und Wahrscheinlichkeitsrechnung) mit ein. Ziel eines jeden Financial-Engineering-Produktes ist, ein bestimmtes Auszahlungsprofil (Payoff) abzudecken oder darzustellen. Bevor diese Fachgebiete jedoch im Buchverlauf erarbeitet werden, möchten wir einen kurzen Blick auf den Financial-Engineering-Ablaufprozess werfen.
Der Financial-Engineering-Prozess
7
Die Geschichte der Zertifikate (verbriefte Derivate) begann in Deutschland 1989, als die damalige DRESDNER BANK AG (heute COMMERZBANK AG) das erste Indexzertifikat auf den Markt brachte. Es bildete den DAX® ab und wurde somit zum Urzertifikat. Den wirklichen Siegeszug der intelligenten Financial-Engineering-Lösungen wurde jedoch erst um das Jahr 2000 eingeläutet. Seit diesem Jahr sind die designten Finanzlösungen nicht mehr wegzudenken.
1.5
Der Financial-Engineering-Prozess
Am Anfang dieses Prozesses steht eine Grundidee oder ein Grundproblem (vgl. Abbildung 1.3). Man könnte dieses auch mit dem Initialgedanken2 umschreiben. Aus diesem Initialgedanken wird ein Auszahlungsprofil abgeleitet, welches es zu realisieren gilt. Dieses Auszahlungsprofil gilt es nun mithilfe von Derivaten oder anderen Finanzlösungen darzustellen. Dabei wird das neu zu kreierende Produkt strukturiert und bepreist. Die Fragen nach den Kosten, der Margengestaltung und den verwendeten Ressourcen wird geklärt. Nach diesen Schritten entsteht das Termsheet3 , welches alle wichtigen und relevanten Daten des neuen Produktes enthält. Somit ist eine klare Transparenz gegeben. Je nach Produktausgestaltung und Zielgruppe (Retail oder Wealth Management bzw. institutionelle Kunden) wird das Produkt nun an die Saleseinheiten übergeben. Die Frage, für wen (Endverbraucher) man das Produkt baut, wird bereits zu Beginn des Prozesses festgelegt.4 Diesen stark gerafften Prozess durchläuft jedes neue Produkt einer Financial-Engineering-Einheit, oft im Rahmen von einem New Product Approval (NPA)-Prozess. Bei einer öffentlichen Emission laufen technische Hintergrundarbeiten wie das An-
2
3
4
Initialgedanke = Beginn eines jeden kreativen Prozesses (Creatio ex nihilo = Schaffung von Neuem aus dem Nichts). Das Termsheet ist ein grundlegendes und sehr wichtiges Instrument. Hierbei werden alle relevanten Daten zur Emission festgehalten und sind damit jederzeit einsehbar und nachvollziehbar. Das Termsheet wird oft noch durch Flyer (salesbedingt) erweitert. Ein wichtiges notwendiges Instrument ist der Prospekt, welcher ausführliche Informationen über die Emission enthält. Hier wird hauptsächlich zwischen Retail und Wealth Management/institutionellen Investoren unterschieden. Ebenfalls findet eine Unterscheidung zwischen Flow-Produkt und Buyand-Hold-Produkt statt. Je nach Ausgestaltung ändert sich die Kondition der Produkte (unter anderem hängt dies mit dem Funding des jeweiligen Emittenten zusammen).
8
Financial Engineering – Aufbau und Konzeption
Initialgedanke
Auszahlungsprofil
Darstellung des Produktes und Realisierung
Preisberechnung Margengestaltung
Termsheet
Salesperiode
Abbildung 1.3: Ablauf eines Financial-Engineering-Prozesses (vereinfacht)
melden einer Wertpapierkennnummer, Meldung der WP-Stammdaten5 und ähnliches parallel. Bei einem ,,Private Placement“ vereinfacht sich dieser Prozess. Mit der Kreation des neuen Produktes ist der Financial-Engineering-Prozess noch nicht abgeschlossen. Die Financial-Engineering-Abteilungen übernehmen auch die After-Sales-Betreuung der Produkte, das Market Making sowie die Handelsaktivitäten (meist über einen Tradingdesk desselben Hauses6 ). Somit ist der oben stehende Prozess nur als „Kreativprozess“ zu sehen. Die einzelnen Einheiten innerhalb des Financial-Engineering-Teams (Sales, Trading, Strukturierung etc.) arbeiten projekt- und produktbezogen zusammen und ergänzen sich dabei.
Financial Engineering Plattformen Aufgrund des technischen Fortschritts der vergangenen Jahre (Digitalisierung) und einer deutlichen Reduzierung von Einzelprozessen ist es heute möglich, individuelle Emissionen außerhalb des oben dargestellten Abwicklungschema darzustellen bzw. dieses zu digitalisieren. An sich erfolgen diese Emissionen über IT basierende Emissionsplattformen.
5
6
Hier werden alle relevanten Wertpapierstammdaten zusammengetragen und in einer Datenbank für die Weiterverarbeitung bzw. als Informationsquelle gespeichert. Alternativ könnten eventuell ,,Back-to-back trades“ mit externen Handelsdesks verwendet werden, falls die internen Ressourcen nicht vorhanden sind.
Welche Möglichkeiten einer Emission gibt es?
1.6
9
Welche Möglichkeiten einer Emission gibt es?
Viele Financial-Engineering-Produkte werden im Zuge einer Emission begeben. Hierbei unterscheidet man zwischen einer offenen Emission (Public Offering) und der Möglichkeit eines Private Placement (nur für einen bestimmten Kundenbereich zugängliche Emission).
1.6.1
Public Offering
Bei einem klassischen Public Offering werden die Papiere einer breiten Masse von Kunden angeboten. Es gibt keine Beschränkungen bzgl. der Kunden, der Zeichnungsgröße etc. Dies ist die klassische und stark verbreitete Methode beim Emittieren von Retail-Produkten.
1.6.2
Private Placement
Die Voraussetzungen für ein Private Placement in Deutschland sind folgende: Es muss kein ausführlicher Wertpapierverkaufsprospekt ausgegeben werden, wenn folgende Kriterien nach §3 WpPG7 erfüllt sind: Wenn 1. sich das Angebot ausschließlich an qualifizierte Anleger richtet, 2. an weniger als 150 Anleger richtet 3. die Wertpapiere ab einem Mindestbetrag von 100.000 Euro pro Anleger erworben werden können, 4. die Mindeststückelung von 100.000 Euro eingehalten wird und 5. der Verkaufspreis für alle angebotenen Wertpapiere im Euro-Wirtschaftsraum weniger als 100.000 Euro beträgt, wobei diese Obergrenze über einen Zeitraum von 12 Monaten zu berechnen ist.8
7
8
Gesetz über die Erstellung, Billigung und Veröffentlichung des Prospekts, der beim öffentlichen Angebot von Wertpapieren oder bei der Zulassung von Wertpapieren zum Handel an einem organisierten Markt zu veröffentlichen ist (Wertpapierprospektgesetz – WpPG). Vgl. § 3 WpPG; Commerzbank AG CBCM.
10
Financial Engineering – Aufbau und Konzeption
Warum gibt es diese Regelungen? Sie ergeben sich aus dem Zusammenhang, dass ein klassischer Retail-Kunde (Privatkunde) einem besonderen Schutzbedürfnis unterliegt (die Einklassifizierung entspricht i. d. R. der höchsten Schutzbedürftigkeit). Folglich ist ihm gegenüber die Aufklärungspflicht größer, als dies bei Institutionellen bzw. Großkunden der Fall ist. Der Gesetzgeber schränkt somit die Möglichkeit eines Private Placement ein. Seit geraumer Zeit wird nun auch vom qualifizierten Anleger in diesem Zusammenhang gesprochen. Der Bankberater muss sich folglich über den Kenntnisstand des Kunden gemäß den Regeln des WpHG9 und unter Berücksichtigung von MiFID10 unterrichtet halten und die jeweiligen Aufklärungsverpflichtungen beachten. Des Weiteren wird für die Kunden i. d. R. ein Beratungsprotokoll, dem die entsprechenden Anhänge beizufügen sind, verpflichtend ausgehändigt.11
Wir unterscheiden zwischen öffentlichen Emissionen und sogenannten „Private Placement“ Emissionen. Beide Gruppen sprechen eine bestimmte Käuferschicht an und es gelten unterschiedliche regulatorische Anforderungen.
1.7
Flow-Produkte
Werden die Produkte nicht mittels einer Sonderemission begeben bzw. handelt es sich bei diesen um Plain-Vanilla-Produkte, welche zur Abdeckung der Produktpalette benötigt werden, so spricht man von klassischen FlowProdukten. Diese werden fortlaufend begeben und je nach Marktausrichtung angepasst. Viele dieser Produkte sind für den klassischen Retail-Kundenbereich gedacht. So werden z. B. Discountzertifikate fortlaufend je nach Marktausgestaltung begeben, damit die Kunden eine große Auswahl an Zertifikaten haben.
9 10 11
Wertpapierhandelsgesetz: Sorgt in Deutschland für die Regelungen im Wertpapierhandel. Markets in Financial Instruments Directive. Für die öffentliche Emission müssen neben dem Basisprospekt auch die endgültigen Bedingungen für die Emission, das Termsheet, das Produktinformationsblatt gegeben sein. Dabei gehen die Emittenten meist nach dem gleichen Prinzip vor: Der Basisprospekt für die Produktgattung wird durch die endgültigen Bedingungen für das Produkt ergänzt und damit die Emission durchgeführt.
Tailor Made Zertifikate – Emissionen über Financial Engineering Plattformen
11
Aus jedem Sonderemissionsprodukt wird nach dem Ende der Emission und mit Einführung des klassischen Handels ein Flow-Produkt. Die einzige Ausnahme bilden Produkte, welche nicht für den Handel vorgesehen sind (keine Börseneinführung und auch kein Sekundärmarkthandel über den Emittenten). Hierbei handelt es sich um reine Private Placements.
1.8
Tailor Made Zertifikate – Emissionen über Financial Engineering Plattformen
Noch vor einigen Jahren war es gängige Praxis Zertifikate im Rahmen großer Einzelemissionen, entweder für den Vertrieb á Block oder als Leeremissionen (Volumensgenerierung über Börsenhandel und Zweitmarkt) zu gestalten. Auch heute gibt es diese Vorgehensweise noch, ergänzt wurde sie in den vergangenen Jahren durch das Implementieren von Tailor Made Zertifikaten, welche über sogenannte Emissionsplattformen und Tools generiert werden können. Dabei ist es realistisch schon in Kleinstmengen ab einem Kunden (und kleinen Beträgen z.B. 10.000–50.000 Euro), Zertifikate zu emittieren. Den Durchbruch zu dieser Flexibilität von Zertifikate-Emissionen haben die Emissionsplattformen geschaffen. Diese decken, ausgestattet mit einer ansprechenden Bedienungsoberfläche, die grundlegenden und gängigsten Plain Vanilla Emissionen ab. Dabei ist vom Anlageprodukt bis hin zu Hebelprodukten der Emissionsradius umfangreich. Der Anwender kann die Struktur (z.B. ein Reverse Convertible) auswählen, wählt dann das zugrundeliegende Underlying (Equity, Commodity, FX) und die gewünschten Parameter (wie Barriere, Laufzeit, Währung, Settlement, etc.) und erhält mit wenigen Klicks einen handelbaren Preis.Akzeptiert er diesen, wird die Emission direkt durchgeführt. Ebenfalls findet eine Börseneinführung der Emission statt. Damit kann ein liquider Handel und eine faire Preisstellung garantiert werden. Ein weiterer großer Vorteil dieser Plattformen ist, dass diese Multi-Emittentenfähig sein können.12 Damit wird eine einfache und schnelle Möglichkeit geschaffen, mittels dieser Plattformen, verschiedene Credit-Risks (Emittenten) zu handeln und zu preisen. Dies schafft neben dem zeitlichen Vorteil vor allem eine sehr gute Vergleichbarkeit und eine schnelle Abwicklung. Die im Hintergrund ablaufenden Prozesse (Termsheet Generierung, Anlage der Wertpapierstammdaten inkl. ISIN etc.) verlaufen in der Regel ebenfalls automatisiert. Die Preisanfrage an die jeweiligen Emittenten verläuft sehr schnell und oftmals mit einer Geschwindigkeit von unter einer Sekunde, bzw. von 12
Anm. es kommt hier auf den Anbieter und dessen Möglichkeiten an.
12
Financial Engineering – Aufbau und Konzeption
wenigen Sekunden.13 Die Rückmeldung der Daten und Preise führt direkt zu einem handelbaren Produkt. Dass dies heute so einfach möglich ist, ist der Entwicklung von selbsttragenden schlanken Prozessen, der fortschreitenden Technologisierung und Digitalisierung der Zertifikate-Emissionen und der deutlichen Weiterentwicklungen im Bereich des Computational Finance zu verdanken. Es gilt als fast sicher, dass immer mehr Transaktionen und Emissionen über diese Art von Plattformen abgewickelt werden. Es steht außer Frage, dass diese eine schnelle und konsequente Weiterentwicklung der bestehenden, oftmals sehr manuell geprägten Emissionsprozesse darstellt und diese in den kommenden Jahren teilweise oder gar ganz ablösen werden. Dies schafft einen erneuten Quantensprung in der Welt des Financial Engineerings. Was vor wenigen Jahren noch mit vielen einzelnen und teilweise sehr teuren Arbeitsschritten verwirklicht wurde, geht nun schon voll automatisiert und digitalisiert. Dies schafft auch einen effektive Nutzung des Eigenkapitals und einen optimalen Umgang mit diesem. Des Weiteren lässt sich eine noch zielführendere Risikobetrachtung und anschließend deren Management durchführen. An sich zeigt sich, auch an diesem Beispiel, wie die Digitalisierung verstärkt Einzug in das klassische Finance (welches schon immer sehr IT-lastig war) nimmt. Man kann prognostizieren, dass dies in den kommenden Jahren anhalten wird und dass alle Regelprozesse in digitale Prozesse übergeleitet werden. Daher ist es wichtig, dass man sich hier zukunftsweisend aufstellt. Neben den quantitativen Fragestellungen werden dies vor allem IT- und Simulationsfragestellungen sein. Also die Themengebiete, des Computational Science and Engineering. Hier treffen vor allem die Themen: Risikoerkennung, Risikosimulierung, Risikomanagement, Preisfindung von Derivaten und die Darstellung des Pay-Off-Profils aufeinander. Durch diese Entwicklung ist heute schon absehbar, dass vor allem digitale automatisierte hoch quantitativ geprägte Prozesse in den kommenden Jahren hier ausschlaggebend sein werden.
1.9
Emittenten
Die Frage nach dem richtigen Emittenten für ein verbrieftes Produkt wurde nach der Insolvenz von Lehman Brothers im Jahr 2008 oft gestellt. Denn formal handelt es sich bei einem Zertifikat um eine Inhaberschuldverschreibung,
13
Vgl. Primegate (Commerzbank AG).
Welches Produkt zu welcher Zeit?
13
die im Insolvenzfall nicht durch das Sondervermögen oder den Einlagensicherungsfonds gesichert ist. Daher ist die Wahl des Emittenten von großer Bedeutung. Grundsätzlich kann man folgende Emittenten unterscheiden:
Staatliche Emittenten Großbanken (Universalbanken) Investmentbanken Sonstige Banken/Emittenten
Der Staat tritt i. d. R. nicht als Zertifikateemittent, sondern nur als BondEmittent in Erscheinung. Verbleiben die Banken der unterschiedlichen Zuordnung. Um sich ein konkretes Urteil über deren Bonität zu verschaffen, ist ein Blick auf die Ratings und die CDS-Rates der jeweiligen Emittenten und im Vergleich zu einem Mitbewerber notwendig. Durch diese Beurteilung kann man einen Risikovergleich durchführen. Dasselbe gilt für die Beurteilung des Kontrahentenrisikos zwischen zwei Emittenten. Wichtig ist in diesem Zusammenhang, darauf hinzuweisen, dass die Wahl eines Emittenten ein zentraler Werttreiber für ein verbrieftes Produkt darstellt. Dies gilt sowohl beim erstmaligen Handel14 als auch am Sekundärmarkt.
Bei der Auswahl des Emittenten ist neben dessen fachlicher Eignung und der Möglichkeit, dass dieser die gewünschte Emission durchführen kann, dessen Credit (also seine Bonität) von ausschlaggebender Bedeutung.
1.10
Welches Produkt zu welcher Zeit?
Dies ist eine der entscheidendsten Fragen im Geschäft mit neuen Produktlösungen. Denn nur wenn der Zeitpunkt für eine Emission geeignet scheint, die Konditionen günstig sind und das Marktumfeld stabil ist, macht eine solche Sinn. Dabei muss jedoch hervorgehoben werden, dass Plain-Vanilla-
14
Kommt im ,,funding spread“ zum Ausdruck. Große Emittenten veröffentlichen hierzu regelmäßig Funding-Tabellen mit Aufschlägen, die sich an Laufzeit, Nominale und eventuellen Kündigungsrechten orientieren. Das Funding kann dem Marktzinsniveau entsprechen, jedoch je nach Liquitätslage des Emittenten auch deutlich davon abweichen (Funding-Aufschlag). In der Literatur wird diese Komponente meist über einen Zerobond zur Verdeutlichung abgedeckt.
14
Financial Engineering – Aufbau und Konzeption
Produkte fortlaufend begeben werden (z. B. Discountzertifikate, Aktienanleihen etc.). Produkte, welche einen speziellen Hintergrund haben, z. B. eine Inflationsanleihe, sind markt- und umfeldabhängig. Für diese gilt die oben gestellte Frage. Doch wie erkennt man, was günstig ist? In der Regel ist dies durch Marktanforderungen gegeben. Hier kommt es folglich auf die Erwartungshaltung der Marktteilnehmer an. Nehmen wir das Beispiel der Inflationsanleihe. Diese bringt eine Verzinsung in Form der festgestellten Inflation multipliziert mit einem Hebefaktor (z. B. 150 %). Es macht wenig Sinn, ein solches Instrument einzustellen, wenn man von einer sinkenden bzw. gleichbleibenden Inflation ausgeht. Die Marktmeinung muss eine steigende Inflation (während der Laufzeit) sein. Nur so ist die Kuponzahlung im Erwartungsfeld des Investors (Inflation multipliziert mit 150 %).15 Ein weiteres Augenmerk sollte man auf den Konjunkturzyklus legen. Anhand der nachfolgenden zwei Grafiken (Abbildungen 1.4 und 1.5) lässt sich gut erkennen, wie die unterschiedlichen Branchen und Investitionsmöglichkeiten in den jeweiligen Konjunkturszenarien eingesetzt werden sollten. Wie wir anhand der Darstellung sehen, ist das Timing für eine Emission sehr wichtig. Daher ist ein schnelles und zielgerichtetes Umsetzen von „Spezialprodukten“ ein unbedingtes Muss. Dies gilt auch für die Preis- und Margengestaltung.
Wie so oft im Leben, es kommt auf das Timing an. Bei Emissionen ist dies ebenfalls von ausschlaggebender Bedeutung. Denn das Timing wird sich auf die Preisfindung der Emission genau so stark auswirken, wie auf die Entscheidung eines Käufers sich an dieser zu beteiligen.
15
Im Allgemeinen kann ein Investor einen besseren Hebefaktor erreichen, wenn seine Erwartungen von der Marktmeinung (abzulesen in Forwards, implizite Vol Levels und Korrelationen) abweichen.
Welche Entwicklung wird das Financial Engineering nehmen?
1.11
15
Welche Entwicklung wird das Financial Engineering nehmen?
Wir gehen von einer weiterhin steigenden Bedeutung des Financial Engineerings innerhalb der Bankenwelt aus. Gerade durch die Möglichkeiten, innovativ und zielgerichtet Produkte zu entwickeln, ist dem Financial Engineering fast keine Grenze gesetzt. Hierbei ist der richtige Umgang mit den Risiken von großer und entscheidender Wichtigkeit. Das Eingehen von zu großen Risiken, das Aufbauen von zu komplexen Strategien und die Verschachtelung von zu komplexen Einzelpositionen zu einer neuen Gesamtposition sind nicht nur sinnlos, sondern auch von überaus großem Risikogehalt. Davon wird man, auch im Zuge der Rückbesinnung durch die Finanzkrise, abkommen. Laut einer Untersuchung16 der Commerzbank AG sind 76 Prozent der gehandelten Zertifikate in defensiven Risikoklassen mit einem geringeren Anlegerrisiko als in Aktien zu finden. Dabei sind 98,7 Prozent klassische Anlageprodukte mit einer mittel- bis langfristigen Haltedauer. Lediglich ca. 1,3 Prozent sind in Hebelprodukten (mit einem Totalausfallrisiko behaftet) investiert. Dabei werden von Investoren oft klare und einfach zu erklärende Produkte vermehrt nachgefragt. Setzt man jedoch den Grad der Einfachheit
Konjukturzyklus
Nicht zyklisch Zyklisch
Gesundheit/Pharma/Telekommunikation/ Verbrauchsgüter/Versorger
Finanzwerte/Gebrauchsgüter/ Informationstechnologie/Energie
Frühzyklisch Industrie/Grundstoffe
Abbildung 1.4: Klassischer Konjunkturzyklus inkl. Bracheninvestitionen
16
Vgl. Krenz, David, Roth, Sabrina: Commerzbank AG CBCM: Strukturierte Produkte – Zertifikate und Aktienanleihen.
16
Financial Engineering – Aufbau und Konzeption
Inflation Rises
“Recovery“
Tel ec ls les o p ia a St i D s c r r r e eti e um o ns
Bonds Defensive Growth
Cash Defensive Value
Fin a & ticals Consu nc es u e m ac Co m
Growth Recovers
modities Cyclical Value
Ut i Ph liti ar
Stocks Cyclical Growth
Zinskurve flacher
& Gas Oil
“Reflation“
“Overhead“
Growth Weakens
In B ech & asic M du T at fo s In y r a n Com-
ls ria st
s m
“Stagflation“
Inflation Falls
Abbildung 1.5: Investmentclock17
Prof. Dr. Albert Einstein 14.3.1879–18.4.1955 1921 Nobelpreis für Physik E = mc2 „Gleichungen sind wichtiger für mich, weil die Politik für die Gegenwart ist, aber eine Gleichung etwas für die Ewigkeit.“ A. Einstein18
ins Verhältnis zum Risiko, kann dies schnell eine falsche Wendung nehmen. Die Komplexität eines Produktes bedeutet nicht zwangsläufig, dass dies mit höheren Risiken ausgestattet sein muss. Ein nettes Beispiel hierfür liefert uns die Automobilindustrie. Ein Luxusklassewagen der Firma Daimler ist im Verhältnis zu einem Kleinstwagen oder dem früher in der DDR verbreiteten Trabanten hoch komplex. Doch ist das Risiko, in diesem zu fahren, für den Fahrer größer? Nein, ganz im Gegenteil. Das Risiko ist deutlich geringer (durch die ganzen eingebauten Hilfsmittel) als im Kleinstwagen. Zugegeben, bei Finanzprodukten ist dies etwas komplexer. Aber nehmen wir das Beispiel eines Bausparvertrages und eines Bonuszertifikates (außer Acht gelassen, dass es sich um zwei verschiedene Anlageklassen mit unterschiedlichen Anlegern handelt). Welches Produkt ist vermeintlich komplexer? Das Bonuszertifikat werden die meisten denken. Falsch, der Bausparvertrag. Er beinhaltet mehrere Derivatekombinationen. Dennoch ist er nicht riskanter. Der von uns hoch geschätzte Nobelpreisträger und Jahrhundertwissenschaftler Albert Einstein hat es einmal sehr schön auf einen Nenner gebracht, wie man mit Komplexität umgehen soll. Er sagte: „So einfach wie möglich, aber bitte nicht einfacher.“ 17 18
Quelle: Merrill Lynch. Quelle Bild: Sören Meng/pixelio.de.
Literaturhinweise zu diesem Kapitel
17
Literaturhinweise zu diesem Kapitel Hull, John C.: Optionen, Futures und andere Derivate, 8. Auflage 2012
Fragen und Antworten zu diesem Kapitel Frage 1: Warum ist das Financial Engineering so wichtig für Groß- und Investmentbanken? Frage 2: Wie läuft ein Financial-Engineering-Prozess ab? Frage 3: Warum spricht man beim Financial Engineering von einer interdisziplinären Vorgehensweise? Frage 4: Welche Arten von Emissionen gibt es? Frage 5: Welche Produktdesks werden in einer klassischen Financial-EngineeringEinheit benötigt? Antwort zu Frage 1: Financial-Engineering-Einheiten sind innovative Abteilungen. Hier entstehen neue Produkte und Problemlösungen. Der Ertragsanteil (über Innenmargen, normale Margen und Handelsergebnis) ist ein wichtiger Ertragsbringer für den Gesamtkonzern. Antwort zu Frage 2: Der Financial-Engineering-Prozess ist in verschiedene Teilabschnitte untergliedert. Dabei sind der Grundgedanke, die Konstruktion, Bewertung, Sales und Aftersales die wichtigsten Unterscheidungskriterien. Antwort zu Frage 3: Man spricht deshalb von einer interdisziplinären Herangehensweise, weil im Financial Engineering viele Teilbereiche aus Mathematik, Statistik, Natur-
18
Financial Engineering – Aufbau und Konzeption
wissenschaften, International Finance, klassischem Banking etc. zusammenfließen. Antwort zu Frage 4: Man unterscheidet zwischen einem Public Offering und einem Private Placement. Dabei ist zu beachten, dass bei einem Public Offering die Zulassungsbestimmungen höher sind. Antwort zu Frage 5: Es handelt sich um die klassischen Produktdesks: Equity, Commodity und Fixed Income.
2
Die quantitativen Grundlagen des Financial Engineering
In Kapitel 2 werden Sie Folgendes erfahren:
Welche quantitativen Grundlagen benötigt man für das Financial Engineering?
Was ist die Entscheidungstheorie?
Was besagt die Spieltheorie?
Welche Erkenntnisse liefert die Portfoliotheorie?
Warum werden Portfolios gebildet?
Was sind die Standardmodelle im Computational Finance/Financial Engineering?
Für das Financial Engineering maßgeblich sind quantitative und stochastische Prozesse. Diese bilden die Grundfundamente der Financial Engineering Arbeit und sind somit Kernstück dessen, was im Financial Engineering und Computational Finance angewandt wird.
2.1
Einführung in die klassische Finanzmathematik
Um die Verständlichkeit der später getroffenen Aussagen zu erhöhen, geben wir im Nachfolgenden einen kurzen Überblick über die klassischen finanzmathematischen Grundlagen.
DOI 10.1515/9783110531169-004
20
Die quantitativen Grundlagen des Financial Engineering
2.1.1 Zinsberechnung Die Zinsberechnung hängt von den jeweiligen Märkten ab und unterscheidet sich zum Beispiel nach der Art der Zinsrechenmethode (act/act, act/360 etc.). Grundsätzlich kann jedoch der folgende Formelausdruck als gegeben angesehen werden: T Z=K×r× B Z = Zinsbetrag K = Nominalbetrag r = Zinssatz T = Laufzeit in Tagen B = Zinsrechnungsmethode (z. B. 360 Tage p. Laufzeitjahr)
2.1.2 Stetige und diskrete Renditen Wir unterscheiden bei der Renditebestimmung und im Renditeverständnis zwischen zwei grundsätzlichen Arten. Der stetigen Rendite, bei der die Verzinsungshäufigkeiten gegen unendlich gehen (kontinuierlich fortlaufend), und der diskreten Rendite, bei der die Intervalle der Verzinsung endlich sind. Ein Umrechnen von stetiger und diskreter Rendite ist jederzeit möglich.
2.1.3 Abzinsen und Aufzinsen Beim Abzinsen (auch als Diskontieren bezeichnet) wird eine Zahlung, welche in der Zukunft liegt, bereits zum heuteigen Zeitpunkt aufgezeigt. In der Praxis wir hier i. d. R. der Barwert einer in der Zukunft liegenden Zahlung ermittelt. Beim Aufzinsen ist dies genau umgekehrt. Für beide Rechenoperationen werden je nach linearer (in der Praxis wird dies bei unterjährigen Verzinsungen angewandt) oder exponentieller (berücksichtigt den Zinseszinseffekt) Verzinsung, Discountierungsfaktoren oder Aufzinsungsfaktoren berechnet.
2.1.4 Interpolation von Zinssätzen Es stehen nicht immer für die jeweiligen Laufzeiten auch die passenden Benchmark-Renditen zur Verfügung. Daher müssen Zinssätze teilweise angenähert werden. Wir zeigen dies im Formelausdruck der linearen Interpolation
Einführung in die klassische Finanzmathematik
21
(einfachste Art der Interpolation) auf:1 rI − rk × (T − Tk ) r = rk + TI − Tk r T rk Tk rl Tl
= Zinssatz in Dezimalen = Laufzeit in Tagen für die zu berechnende Periode = Zinssatz in Dezimalen, kurze Periode = Laufzeit in Tagen für die kürzere Periode = Zinssatz in Dezimalen, lange Periode = Laufzeit in Tagen für die längere Periode
Die lineare Interpolation ist wie bereits erwähnt die einfachste Variante. Unterstellen wir keine Linearität, so kommen die Methoden der logarithmischen Interpolation und der einer kubischen Interpolation zum Einsatz. Gerade der Einsatz eines kubischen Spline (Glättung der Zinsstrukturkurve) benötigt jedoch eine deutlich komplexere Herangehensweise und setzt den Einsatz von EDV-gestützten Simulationsmethoden voraus. Wir gehen daher an dieser Stelle nicht weiter darauf ein und empfehlen dem interessierten Leser hier weiterführende Literatur (Näheres hierzu erfahren Sie unter anderem bei van Deventerer, Immai und Mesler).
2.1.5
Die Endwertberechung
Beim Endwert (FutureValue) handelt es sich um die Ermittlung des zukünftigen Wertes eines Anlageinstruments, wenn der Investor dieses bis zur Endfälligkeit im Bestand behält und die Ausschüttungen wieder anlegen würde (zu gleichen Konditionen). Der Endwert wird folgendermaßen berechnet:2 EW = K × (1 + r)N EW = Endwert K = Kapitalbetrag r = Zinssatz in Dezimale p. a. N = Laufzeit in Jahren
1
2
Vgl. hierzu Finance Trainer: Finanzmarkt/Geldmarkt Skriptum für ACI Dealing und Operations Certificate und ACI Diploma. Vgl. Finance Trainer: Skriptum für ACI Dealing und Operations Certificate und ACI Diploma.
22
Die quantitativen Grundlagen des Financial Engineering
Berechnet man den Endwert unterjährig, ergibt sich folgender Ausdruck: T EW = K + K × r × B EW = Endwert der Veranlagung K = Kapitalbetrag = Zinssatz in Dezimalen r T = Anzahl der Tage der Zinsperiode B = Berechnungsbasis
2.1.6 Der Barwert Beim Barwert (Present Value) handelt sich um den Gegenwartswert der zukünftigen Zahlungen. Er wird durch Abzinsung der Zahlungen, die allesamt in der Zukunft liegen, (für die jeweilige Periode und deren Summe) ermittelt. Grundsätzlich unterscheidet man bei der Barwertberechnung, ob es sich um eine einzige zu berücksichtigende Zahlung oder mehrere handelt. Auch ist die Zinsstrukturkurve zu beachten. Der Barwert im Einperiodenfall errechnet sich wie folgt:3 BW =
EW 1+r
BW = Barwert EW = Endwert = Zinssatz p. a. in Dezimalen r Bei einer mehrjährigen Laufzeit ermittelt sich der Barwert wie nachfolgend ausgedrückt: EW BW = (1 + r )N BW = Barwert EW = Endwert r = Zinssatz p. a. in Dezimalen N = Laufzeit in Jahren
3
Vgl. Finance Trainer: Skriptum für ACI Dealing und Operations Certificate und ACI Diploma.
Einführung in die klassische Finanzmathematik
23
Der Barwert eines im Financial Engineering verwendeten (zeigt das Treasury im Lehrbuchfall auf) Zerobonds mit einer fünfjährigen Laufzeit und einer Verzinsung von 3,5 Prozent berechnet sich demnach wie folgt: Barwert =
100 = 84,20 (1 + 0,035)5
Wollen wir den Barwert unterjährig errechnen, ergibt sich folgender Ausdruck: EW BW = 1 + r × TB BW = Barwert (Kapital) EW = Endwert r = Zinssatz in Dezimalen T = Anzahl der Tage B = Berechnungsbasis Formulieren wir obiges um, um einen Zinssatz (überjährig) daraus zu isolieren, erhalten wir als Ausdruck:4 1 EW ( N ) N EW −1 r= − 1 oder r = BW BW BW = Barwert EW = Endwert N = Laufzeit r = Zinssatz Wollen wir dasselbe unterjährig darstellen, folgen wir der Formel:5 r=
(EW − BW)
BW
×
B T
EW = Endwert BW = Barwert B = Berechnungsbasis T = Anzahl der Tage r = Zinssatz 4
5
Vgl. Finance Trainer: Skriptum für ACI Dealing und Operations Certificate und ACI Diploma. Vgl. Finance Trainer: Skriptum für ACI Dealing und Operations Certificate und ACI Diploma.
24
Die quantitativen Grundlagen des Financial Engineering
Diese Art der Isolierung ist immer dann notwendig, wenn man die Frage beantworten will, wie groß das heute eingesetzte Kapital sein muss, um in x Jahren einen Kapitalbetrag von y zu erhalten (dabei unterstellen wir die Reinvestition der Ausschüttungen und den damit verbundenen Zinseszinseffekt). Der Nettobarwert (Net Present Value) ist, im Gegensatz zum klassischen Barwert, der Wert, der sich ergibt, wenn das Investitionsvorhaben mit einem Opportunitätszinssatz bewertet wird. In der Investitionsberechnung kann somit geschlussfolgert werden, dass der Nettobarwert aus der Subtraktion des Investitionsvolumens vom Barwert zu erhalten ist.
2.1.7 Berechnung von Zero-Zinssätzen Bei der Berechnung von Preisen im Zinsbereich kommt es immer wieder zu großen Fehleinschätzungen, da man oft von nicht realistischen Dingen, wie flache Zinsstrukturkurve und Reinvestition der Ausschüttungen, ausgeht. Daher ist eine Berechnung über die Zero-Kurve deutlich aussagekräftiger und hat sich, kommend über den Swap-Markt, im Financial Engineering durchgesetzt. Die während der Laufzeit vorkommenden Zinszahlungen werden bei dieser Berechnung eliminiert und lösen damit unser Urproblem mit dem Reinvestieren der Ausschüttungen. Es wird somit jeder Zahlungsstrom einer Anleihe so dargestellt, als wäre er ein eigenständiger Zero-Bond. Die Abzinsung erfolgt gemäß der jeweiligen Laufzeit. Das ebenfalls oben angesprochene Problem der flachen Zinskurve wird hiermit ebenfalls gelöst. Denn es werden die tatsächlichen Zinssätze angenommen.6
2.1.8 Bootstrapping – Ermittlung von Zinssätzen aus der Zero-Kurve Bei der Zero-Kurve handelt es sich um eine von der klassischen Zinskurve abgeleitete Zinskurve. Dies bedeutet, dass die Zero-Zinssätze aus den Zinssätzen von zinstragenden Instrumenten abgeleitet werden können.7 Dies bezeichnet im Allgemeinen den Begriff: Bootstrapping. Dabei werden zu-
6
7
Vgl. Finance Trainer: Anleihen Skriptum für ACI Dealing und Operations Certificate und ACI Diploma. Vgl. Finance Trainer: Anleihen Skriptum für ACI Dealing und Operations Certificate und ACI Diploma.
Wahrscheinlichkeitstheoretische Grundlagen
25
nächst die unterperiodischen Kuponzahlungen durch aktuelle Marktsätze abgesichert und somit eliminiert. Dadurch entstehen zwei Cashflows. Der Anfangsbetrag und der Endbetrag (am Ende der Laufzeit). Anders ausgedrückt, haben wir einen Barwert (Anfangswert) und einen Endwert (Endbetrag) geschaffen.8 Aus diesen lässt sich nun der Zinssatz ableiten. In der Praxis werden solche Ableitungen über IT-gestützte Bewertungssysteme ermittelt. Da die Berechnung nur rekursiv ermittelt werden kann, das bedeutet für jede Einzelperiode also zum Beispiel bei einem Fünf-Jahres-Zero-Zinssatz, müssen die Jahre eins bis vier ebenfalls manuell berechnet werden. Im Allgemeinen kann jedoch folgender Formelausdruck aufgezeigt werden9 :
1 + rN −1 ZN =
N N − 1 rN 1− (1+Zn )n n =1
rN Zn N n
= Anleihenrendite für die Laufzeit N Jahre in Dezimalen = Zero-Zins für die Laufzeit n Jahre in Dezimalen = betrachtete Gesamtlaufzeit in Jahren = fortlaufendes Jahr
2.2
Wahrscheinlichkeitstheoretische Grundlagen
Die Stochastik ist ein Gebiet der Mathematik, welches durch das Zusammenwachsen von Statistik10 und Wahrscheinlichkeitsrechnung11 im 20. Jahrhundert entstanden ist. Die Wahrscheinlichkeit wird hierbei als relative Häufigkeit eines Ereignisses interpretiert. Der Begriff der Wahrscheinlichkeit hängt folglich sehr stark am Begriff der relativen Häufigkeit. Oft werden die beiden Begriffe synonym gebraucht. Im eigentlichen Sinn bedeutet die Wahrscheinlichkeit jedoch etwas anderes als die relative Häufigkeit. Eher eine gewisse Idealisierung dessen. In der Abbildung 2.1 werfen wir einen kurzen Blick auf diese Materie.
8
9
10 11
Vgl. Finance Trainer: Anleihen Skriptum für ACI Dealing und Operations Certificate und ACI Diploma. Vgl. Finance Trainer: Anleihen Skriptum für ACI Dealing und Operations Certificate und ACI Diploma. Die Lehre der Daten. Beschreibung von zufälligen Ereignissen und deren Modellierung.
26
Die quantitativen Grundlagen des Financial Engineering
Relative Häufigkeit 2/5=0,4
Abbildung 2.1: Relative Häufigkeit
Stochastische Prozesse werden uns im Kapitel 6.14 und 6.15 bei der Preisfindung von Optionen wieder begegnen.
2.2.1 Die Laplace-Wahrscheinlichkeit Bei der Laplace-Wahrscheinlichkeit12 oder auch der klassischen Wahrscheinlichkeit liegt ein Zufallsexperiment vor, dessen Ausgang in endlich viele „offensichtlich gleich wahrscheinliche“ Fälle eingeteilt werden kann. Die Wahrscheinlichkeit q für das Ereignis E wird dann folgendermaßen definiert: (Anzahl der für E günstigen Fälle) q(E) = (Anzahl der möglichen Fälle) Gute Beispiele sind das Würfeln mit den möglichen Fällen 1, 2, 3, 4, 5, 6 oder das Münzenwerfen mit den Fällen Wappen und Zahl. Die Wahrscheinlich12
Nach Pierre-Simon Laplace 1749–1827.
Wahrscheinlichkeitstheoretische Grundlagen
27
keit ist in diesem Fall die relative Häufigkeit, die man erwartet. Vorausgesetzt wird, dass es gerecht zugeht. Bei der Rechnung geht man von einem idealen Würfel bzw. einer idealen Münze aus, wohl wissend, dass die realen Objekte etwas andere Wahrscheinlichkeiten haben. Wie wir sehen, muss es noch eine andere Vorstellung von der Wahrscheinlichkeit geben. Denn auch bei einer vermeintlich schlechten Münze kann man glauben, dass es eine Wahrscheinlichkeit für „Zahl“ gibt. Hierfür wird die frequentistische Wahrscheinlichkeit zu Rate gezogen.13
2.2.2
Die frequentistische Wahrscheinlichkeit
Wird eine „gute“ Münze14 sehr oft geworfen, scheint die relative Häufigkeit von „Wappen“ gegen 0,5 zu gehen. Wird eine schlechte Münze geworfen, so scheint die relative Häufigkeit gegen eine andere Zahl zu gehen. Diese Zahl ist natürlich unbekannt, es kann aber angenommen werden, dass es sie gibt. Sie wird Wahrscheinlichkeit des Ereignisses „Wappen“ genannt. Der Wert kann dann angegeben werden, wenn die Münze oft geworfen wird.15
2.2.3
Die subjektive Wahrscheinlichkeit
Bei der subjektiven Wahrscheinlichkeit wird aus einer Information eine Annahme abgeleitet, aus der eine Meinung gebildet wird. Daher ist der Wahrscheinlichkeitsbegriff aufgrund einer persönlichen „Einstellung“ hier verschoben. Hier wäre als Beispiel z. B. der Ausgang einer Wahl anzuführen oder einer möglichen Koalition. Oft spielen alle Wahrscheinlichkeitsbegriffe zusammen. Gehen wir von folgender Annahme aus: Ein Spielcasino steht unter staatlicher Aufsicht. Nun glauben viele subjektiv, dass sie am Roulette-Tisch mit Laplace, folglich der klassischen Wahrscheinlichkeit, rechnen können. Wenn Sie 500.000 Euro verlieren, weicht dieser Glaube vielleicht und Sie verlangen eine Untersuchung. Dazu würde dann die frequentistische Wahrscheinlichkeit herangezogen.16
13 14 15 16
Quelle: Prof. Dr. Bernd Harfenbrak. Perfekte Münze. Quelle: Prof. Dr. Bernd Harfenbrak. Quelle: Prof. Dr. Bernd Harfenbrak.
28
Die quantitativen Grundlagen des Financial Engineering
2.2.4 Die bedingte Wahrscheinlichkeit Bei der bedingten Wahrscheinlichkeit oder auch konditionalen Wahrscheinlichkeit17 geht man vom Eintreten eines Ereignisses aus, welches an eine bestimmte Bedingung geknüpft ist. Wenn ein Ereignis B eintritt, wird folglich die Wahrscheinlichkeit für ein Ereignis A gegeben sein. Als Beispiel ist hier die klassische Autoversicherung zu nennen. Hier muss man die Automarke, den Hubraum, Fahrtkilometer pro Jahr angeben. Auch andere Werte wie Alter des Fahrers, Wohnort, Garage und Immobilienbesitz werden abgefragt. Denn all diese Faktoren beeinflussen die Wahrscheinlichkeit und folglich die Prämienzahlung.18 Der Erwartungswert ist ein mit den Wahrscheinlichkeiten gewichtetes Mittel der möglichen Realisationen der Zufallsvariablen.
Gesetz der großen Zahlen (nach Jakob I. Bernoulli)
0,20 0,10 0,00
relative Häufigkeit
0,30
Wird ein Zufallsexperiment (in unabhängiger Weise) immer wiederholt, dann kommt das arithmetische Mittel der Realisationen immer wahrscheinlicher näher an den Erwartungswert heran.
0
50
100
150
200
250
300
350
400
Anzahl der Durchgänge n eines Zufallsexperiment
Abbildung 2.2: Gesetz der großen Zahlen nach Bernoulli19
17
18 19
Siehe hierzu ebenfalls: Bayes-Theorem – Ermittlung bedingter Wahrscheinlichkeiten, nach Thomas Bayes 1702–1761. Quelle: Prof. Dr. Bernd Harfenbrak. Quelle: Jörg Groß.
Stochastische Prozesse
29
Im Black-Scholes-Modell20 (Kapitel 6.14) wird nun unterstellt, dass der Basiswert einem stochastischen Prozess vom Wiener-Typ folgt. Bei einem Wiener-Prozess handelt es sich um einen Spezialfall eines Markov-Prozesses. Die Frage der Wahrscheinlichkeiten wird uns im weiteren Verlauf dieses Buchs immer wieder begegnen. Vor allem in Kapitel 6.14, 6.15, 6.17 und 6.18. Wir ziehen diese Grundlagen folglich in jeder Strategiefindung und Bewertung von Derivatepositionen wieder heran.
2.3
Stochastische Prozesse
Stochastische Prozesse spielen im Financial Engineering eine grundlegende und sehr wichtige Rolle. In den nachfolgenden Kapiteln gehen wir auf die für das Financial Engineering maßgeblichen Prozesse und deren Eigenschaften ein. 2.3.1
Markov-Prozess21
Versucht man den unsicheren Verlauf einer Variablen mithilfe eines Prozesses zu beschreiben, so stößt man auf den Markov-Prozess. Bei diesem speziellen stochastischen Prozess ist nur der aktuelle Wert der Variablen von Bedeutung. Um die zukünftige Entwicklung der Variablen zu prognostizieren, sind weder historische Daten noch sonstige Hintergrundinformationen nötig. Es wird angenommen, dass Aktienkurse mit einem Markov-Prozess adäquat und umfänglich beschrieben werden können. Dies beruht auf der Eigenschaft des Prozesses, mit der schwachen Form der Kapitalmarkteffizienz übereinzustimmen. Dies bedeutet, dass der aktuelle Aktienkurs eine Reflektion aller Vergangenheitsdaten darstellt. Vereinfacht gesagt ist jeder Aktienkurs das Produkt seiner Vergangenheit und somit das Resultat aller vergangenen Kurse. Der Markt selbst sorgt dafür, dass die schwache Form der Kapitalmarkteffizienz eingehalten wird. Wäre es möglich, aus historischen Kursen eine zuverlässige Prognose über die zukünftige Entwicklung
20
21
Black-Scholes-Modell zur Bewertung von europäischen Optionen. Im Weiteren Verlauf des Buches werden wir hierauf detaillierter eingehen. Vgl. Bachhuber, Heiko (2012).
30
Die quantitativen Grundlagen des Financial Engineering
des Aktienkurses zu erstellen, so würde eine resultierende Nachfrage den Preis anpassen und die Handelsgelegenheit verschwinden.22 Der zukünftige Aktienkurs kann somit als eine Variable betrachtet werden, deren Verlauf mit einem Markov-Prozess beschrieben werden kann. Nimmt man an, dass der aktuelle Wert bei 50 liegt, so lässt sich die Veränderung in einem Jahr durch die Normalverteilung ˚(/) beschreiben. Die Wertveränderung ist somit nur abhängig vom Erwartungswert und der Standardabweichung . Bei einem beispielhaften Erwartungswert von null kann das Resultat der Wertänderung in einem Jahr daher mit der Normalverteilung ˚(0/1) beschrieben werden. Um den Betrachtungszeitraum auf zwei Jahre zu erweitern, addiert man eine zweite identische Normalverteilung mit identischem Erwartungswert und Standardabweichung zu der ersten hinzu. Dies ist möglich, da beide Wahrscheinlichkeitsverteilungen die Markov-Eigenschaft besitzen und somit als unabhängig voneinander betrachtet werden können. Man erhält √ eine veränderte Normalverteilung ˚(0/ 2). Der resultierende Erwartungswert über zwei Jahre ist das arithmetische Mittel beider Erwartungswerte. Die Standardabweichungen müssen zunächst durch Quadrieren in Varianzen umgeformt werden, da diese additiv sind. Danach kann durch Addition und anschließendes Ziehen der Quadratwurzel die Standardabweichung der neuen Normalverteilung berechnet werden. Betrachtet man diesen Prozess einmal umgekehrt, so fällt auf, dass die Änderung der Varianzen in zwei aufeinanderfolgenden 6-Monats-Perioden in Summe die Änderung der Varianz eines Jahres sein muss. Dies wiederum führt dazu, dass die Varianz einer Änderung in einem 6-Monats-Zeitraum 0,5 beträgt und deren Wahrscheinlichkeitsvertei√ lung durch ˚(/ 0,5) beschrieben werden kann. Der allgemeine Ausdruck für die Verteilung der Wahrscheinlichkeit der Änderung im Zeitraum √(T) ist √ somit ˚(/ T) und für einen sehr kleinen Zeitraum t23 daher ˚(/ t).24
EINSTEIN und die Brownsche Bewegung Am 11.05.1905 (im Annus mirabilis) veröffentliche ALBERT EINSTEIN in den Annalen der Physik seine Schrift: „Über die von der molekularkinetischen Theorie der Wärme geforderte Bewegung von in ruhenden Flüssigkeiten suspendierten Teilchen“, welche die theoretische Beschreibung der Brownsche Bewegung in der Physik aufzeigte.
22 23
24
Vgl. (Hull, 2006, S. 326f). entspricht dem griechischen Buchstaben Delta und ist das mathematische Zeichen für Differenz. Vgl. Hull (2006, S. 327).
Stochastische Prozesse
2.3.1.1
31
Brownsche Bewegung/Wiener-Prozess25
Befolgt die Variable einen Prozess, der durch die Normalverteilungsfunktion ˚(0/1) beschrieben wird, nennt man diesen Wiener-Prozess. Diese spezielle Form des Markov-Prozesses kommt ursprünglich aus der Physik und dient zur Darstellung der Dynamik von Teilchen. Allgemein ist diese besondere Form des Markov-Prozesses auch unter dem Namen Brownsche Bewegung bekannt. Dies geht zurück auf den Botaniker Robert Brown, der im Jahre 1828 unter dem Mikroskop die Dynamik von Pollen im Wasser beobachtete. Im Jahre 1905 wurden diese Beobachtungen von Albert Einstein26 genutzt, um sie auf die molekular-kinetische Theorie der Wärme zu übertragen. Es dauerte jedoch bis zum Jahr 1923, bis der Mathematiker Norbert Wiener (Unabhängig davon hat dies Louis Bachelier in seinem Werk Theorie der Spekulation bereits beschrieben. Vgl. Bachelier, Louis: Théorie de la Spéculation; Annales scientifiques de l’École Normale Supérieure, Sér. 3, 7 (1900) S. 21–86.) den mathematischen Beweis ihrer Existenz erbrachte. In Gedenken an diese Pioniere der Wissenschaft trägt der Prozess noch heute ihren Namen.27 Damit eine Variable einem Wiener-Prozess folgt, muss sie zwei Kriterien erfüllen: 1. Innerhalb eines kurzen Zeitraums t beträgt die Änderung z √ z = " t, bei "28 handelt es sich um eine Zufallszahl mit Standardnormalverteilung ˚(0/1). Dies wiederum bedeutet, dass z ebenso normalverteilt ist und zwar mit folgenden Parametern: Erwartungswert z = √ 0 Standardabweichung z = t Varianz z = t
25 26
27 28
Vgl. Bachhuber, Heiko (2012). Vgl. Einstein, Albert: Über die von der molekularkinetischen Theorie der Wärme geforderte Bewegung von in ruhenden Flüssigkeiten suspendierte Teilchen; Annalen der Physik, Band 17, 1905. Vgl. Meintrup & Schäffler (2005, S. 341). " entspricht dem griechischen Buchstaben Epsilon und bezeichnet in der Mathematik eine beliebig kleine Zahl größer null.
32
Die quantitativen Grundlagen des Financial Engineering
2. Die Werte von z sind nicht abhängig voneinander für zwei zufällig kurze Zeitintervalle t. Aus der zweiten Eigenschaft geht hervor, dass z über die Markov-Eigenschaft verfügt. Beobachtet wird der Verlauf von z über einen ausgedehnten Zeitraum T, beschrieben durch z(T) − z(0). Zusätzlich wird definiert, dass wenn man den Zeitraum T durch kurze Zeitintervalle der Dauer t teilt, man die Zahl der Anstiege (N) von z erhält, wobei T =N t Infolgedessen muss gelten: z(T) − z(0) =
N
"i
√
t
i =1
Die Zufallsvariablen "i (i = 1, 2, . . . , N) sind standardnormalverteilt und entsprechend dem zweiten Kriterium nicht abhängig voneinander. Betrachtet man den Zeitraum z(T) − z(0), so ergeben sich folgende Parameter: Erwartungswert Varianz Standardabweichung
[z(T) − z(0)] = 0 [z(T) − z(0)] = N √ × t = T [z(T) − z(0)] = T
Die Wahrscheinlichkeitsverteilung der Änderung eines Zeitraumes T kann √ auch hier durch N(0/ T) beschrieben werden.29 Die Abbildung 2.3 zeigt einen klassischen Wiener-Prozess auf. 2.3.1.2 Allgemeiner Wiener-Prozess30 Der bislang behandelte einfache Wiener-Prozess (dz) hatte eine Driftrate31 von null und eine Varianzrate32 von 1,0. Wie bereits erläutert wurde, folgt daraus, dass der Erwartungswert von z zu einem beliebigen Zeitpunkt t in der Zukunft stets seinem aktuellen Wert entspricht. Darüber hinaus impliziert eine Varianzrate von 1,0, dass in einem beliebigen Zeitraum T die Varianz der Veränderung von z dem Wert T entspricht. Dieser Prozess ist jedoch zu 29 30 31
32
Vgl. (Hull, 2006, S. 328 f). Vgl. Bachhuber, Heiko (2012). Die durchschnittliche Veränderung pro Zeitintervall eines stochastischen Prozesses wird als Drift bezeichnet. Die Varianz in einem Zeitintervall nennt man Varianzrate.
Stochastische Prozesse
33
Abbildung 2.3: Wiener-Prozess (vgl. EIFD; Kleinknecht, Manuel)
speziell und in der Realität sehr unwahrscheinlich. Um eine gewisse Anpassungsfähigkeit auf unterschiedliche Drift- und Varianzraten zu gewährleisten, kann ein Wiener-Prozess für eine Variable x in einen allgemeinen WienerProzess mit den Konstanten a und b umgeformt werden: dx = a dt + b dz Beide Summanden der Differentialgleichung werden zunächst separat betrachtet. Aus dem Term a dt lässt sich schließen, dass die Variable x über eine erwartete Veränderung von a pro Zeiteinheit verfügt. Ignoriert man zunächst den Term b dz, so ergibt sich folgende Gleichung: dx = a dt Durch mathematische Integration nach der Zeit entsteht der folgende Zusammenhang: dx =
ergibt
a dt −→ x = at + x0
Dabei steht x0 für den Wert von x zum Zeitpunkt t = 0. Bei genauer Betrachtung fällt auf, dass es sich hierbei um eine lineare Geradengleichung handelt, in der in einer Zeitspanne T der Wert von x um den Faktor aT wächst. Der zweite Summand b dz kann als zusätzliche Streuung oder Diffusion betrachtet werden, die auf dem von x zurückgelegten Weg auftritt. Die Streuung ist das b-Fache eines Wiener-Prozesses, und da dieser eine Standardabweichung von 1,0 besitzt, hat demzufolge das b-Fache eines Wiener-Prozesses auch eine Standardabweichung von b. Betrachtet man die Veränderung x
34
Die quantitativen Grundlagen des Financial Engineering
von x in einem kurzen Zeitintervall t und kombiniert die erste Eigenschaft der Brownschen Bewegung mit dem allgemeinen Wiener-Prozess, so ergibt sich: √ x = at + b" t Aus diesem Grund ist x normalverteilt und besitzt folgende Parameter: Erwartungswert x = at √ Standardabweichung x = b t Varianz x = b2 t Es entsteht eine Normalverteilung für eine Veränderung von x in einem beliebigen Zeitraum T mit den Parametern: Erwartungswert der Änderung in Standardabweichung der Änderung in Varianz der Änderung in
x = aT √ x=b T x = b2 T
Ein allgemeiner Wiener-Prozess besitzt demnach eine erwartete Driftrate von a und eine Varianzrate von b2 .33 Die folgende Abbildung stellt einen allgemeinen Wiener-Prozess mit a = 0,3 und b = 1,5 dar. Er beschreibt einen Verlauf um dx = a dt, wobei sich die Abschnitte über und unter der Geraden im Zeitverlauf ausgleichen. Zusätzlich wird verdeutlicht, dass es sich bei b dz lediglich um eine Streuung handelt, die bewirkt, dass der Aktienkursverlauf normalverteilt um die Gerade diffundiert. Zum Vergleich
Abbildung 2.4: Allgemeiner Wiener-Prozess (vgl. EIFD; Kleinknecht, Manuel)
33
Vgl. Hull (2006, S. 330).
Stochastische Prozesse
35
hierzu ist ein Wiener-Prozess mit Driftrate null und Varianzrate 1,0 skizziert. Dieser bewegt sich normalverteilt um den Anfangswert. 2.3.1.3
Aktienkurse als Prozess und die geometrische Brownsche Bewegung34
Bisher wurden die Grundlagen erörtert, um den Verlauf der Aktienkurse mit einem stochastischen Prozess zu beschreiben. Die Annahme, dass sich der Kursverlauf einer Aktie mit einem allgemeinen Wiener-Prozess beschreiben lässt, mag verlockend sein. Allerdings impliziert dieses Modell eine gleichbleibende erwartete Driftrate sowie eine gleichbleibende Varianzrate. In der Realität wird jedoch von einem Investor eine vom Aktienpreis unabhängige prozentuale Rendite gefordert. Dabei spielt es keine Rolle, ob der Aktienkurs bei 10 Euro oder 20 Euro steht. Als Konsequenz muss die Annahme eines konstanten Drifts durch die Annahme einer konstanten erwarteten Rendite ersetzt werden. Diese ist definiert aus dem Quotienten des erwarteten Drifts und dem Kurs der Aktie. Daraus folgt, dass zu einem beliebigen Zeitpunkt t der Drift des Aktienkurses S als S angenommen wird. Der konstante Parameter entspricht der erwarteten Rendite dieser Aktie in Dezimalform. In einem kleinen Zeitraum t wird die erwartete Veränderung von S als St bezeichnet. Unter der Annahme, dass die Volatilität des Aktienkurses jederzeit null ist, folgt aus diesem Modell, dass S = St Verkleinert man nun die Zeitabschnitte t → 0, so folgt daraus dS = Sdt bzw.
dS = dt S Durch Integration des Terms über dem Bereich zwischen den Zeitpunkten null und T entsteht folgende Formel: T T 1 dS ergibt ergibt = dt −→ dt −→ ln(ST ) − ln(S0 ) = T − 0 ds = S S 0 0 ln
34
(S T ) ( S0 )
ergibt
= T −→
Vgl. Bachhuber, Heiko (2012).
(ST ) ( S0 )
ergibt
= eT −→
ST = S0 eT
36
Die quantitativen Grundlagen des Financial Engineering
Die Kurse der Aktien zum Zeitpunkt null und T sind hier mit S0 und ST gekennzeichnet. Diese Gleichung besagt, dass unter Annahme der Varianz von null der Preis der Aktie mit der stetigen Rate pro Zeiteinheit wächst. In der Wirklichkeit jedoch ist der Aktienkursverlauf volatil. Dies hat zur Folge, dass in einem kurzen Zeitintervall t die Veränderung der Rendite nicht vom Aktienkurs abhängig und immer identisch ist. Vereinfacht gesagt hat ein Investor die gleiche Unsicherheit über die Rendite, ganz egal wie hoch der Kurs der Aktie ist. Das impliziert, dass in einem kurzen Zeitintervall t die Standardabweichung der Änderung proportional zum Kurs der Aktie ist. Folgendes Modell ist das Resultat: dS = Sdt + Sdz bzw.
dS = dt + dz S In der Regel beschreibt diese Gleichung das Modell, das in der Praxis bei der Beschreibung von Aktienkursen eingesetzt wird. Die Variablen und stehen für die erwartete Rendite und die jeweiligeVolatilität desAktienkurses. Ein vergleichbares Modell für diskrete Zeitpunkte ist die aus dem WienerProzess abgeleitete geometrische Brownsche Bewegung. √ S = t + " t S
bzw.
√ S = St + S" t
In einem kurzen Zeitraum t wird die Veränderung des Aktienkurses durch S dargestellt. Analog zur Brownschen Bewegung wird auch hier " als ein beliebiger Wert aus der Standardnormalverteilung definiert. Die konstanten Parameter und stehen für den geplanten Ertrag aus der Aktie pro Zeiteinheit bzw. die Volatilität des Aktienkurses. Der Term S ist gleichbedeutend S mit der Rendite der Aktie in einem kleinen Zeitraum t. Der Erwartungswert der Rendite wird durch √ t beschrieben und deren stochastische Komponente wird durch " t wiedergegeben. Die Varianz dieser stochastischen Komponente ist 2 t und damit auch gleichbedeutend mit der Varianz der gesamten Rendite. Aus der Definition der Volatilität wiederum folgt, dass die√Standardabweichung der Rendite für einen kurzen Zeitraum t mit t dargestellt werden kann. Daraus folgt, dass S S normalverteilt mit
Stochastische Prozesse
37
√ Erwartungswert t und Standardabweichung t ist.35 √ S ∼ ˚(t, t) S
Die Abbildung 2.5 zeigt die geometrische Brownsche Bewegung auf.
Abbildung 2.5: Geometrische Brownsche Bewegung (vgl. EIFD; Kleinknecht, Manuel)
Im Downloadbereich finden Sie ein Excel-Tool zum Simulieren von WienerProzess, Allgemeinem Wiener-Prozess und der Geometrischen Brownschen Bewegung.
2.3.2
Lemma von Ito¯ 36
Die im vorhergehenden Kapitel beschriebene geometrische Brownsche Bewegung eignet sich jedoch nur scheinbar, um den Verlauf der Aktienkurse mit einem stochastischen Prozess zu beschreiben. Eine elementare Eigenschaft aller Aktienkurse wird hierbei ignoriert. Anders als in der Theorie 35 36
Vgl. Hull (2006, S. 332 ff). Vgl. Bachhuber, Heiko (2012).
38
Die quantitativen Grundlagen des Financial Engineering
dieses Prozesses können Aktienkurse in der Realität zu keinem Zeitpunkt negativ werden. Den Grundstein für die Lösung dieses Problems hat im Jahre 1951 der japanische Mathematiker Kiyosi Ito¯ mit der Entdeckung des sog. Lemma von It¯o gelegt.37 Die Grundüberlegung zur Lösung des Problems war die Tatsache, dass der Preis einer Aktienoption mit einer Funktion beschrieben werden kann, die vom Preis der zugrunde liegenden Aktie und der Zeit abhängt. Vereinfacht gesagt ist der Preis einer beliebigen Option gleich einer Funktion, bestehend aus einer stochastischen Variablen, die der Option zugrunde liegt, und der Zeit. Der daraus resultierende Prozess wird auch als Ito-Prozess ¯ bezeichnet. dx = a(x, t)dt + b(x, t)dz Die Veränderung einer Variablen x setzt sich zusammen aus einem WienerProzess dz und den Funktionen a und b, die abhängig von x und t sind. Analog zum allgemeinen Wiener-Prozess hat die Variable x einen Drift von a und eine Varianz von b2 . Im Grunde ist ein Ito-Prozess ¯ eine geometrische Brownsche Bewegung mit der Besonderheit, dass diese durch eine zweifach stetig differenzierbare Funktion beschrieben werden kann und alleine vom Basiswert und der Zeit abhängt. Durch das Lemma von Ito¯ kann bewiesen werden, dass die Funktion G in Abhängigkeit von x und t nach folgendem Prozess abläuft:38 ∂G ∂ G 1 ∂ 2G 2 ∂G dG = b dt + a+ + bdz 2 ∂x ∂t 2 ∂x ∂x Nachdem auch diese Funktion mit dz einem Wiener-Prozess folgt, kann impliziert werden, dass es sich bei der Funktion G um einen Ito-Prozess ¯ handelt. Die Komponente des Drift wird beschrieben durch ∂G ∂x
und die Varianz durch
a+
∂G ∂t ∂G ∂x
37
38
+
1 ∂ 2G 2 b 2 ∂ x2
2
b2
Eine ausführliche Herleitung des Lemmas von It¯o befindet sich in Hull (2006) auf Seite 343 f. Das in dieser Formel erstmalig erscheinende Zeichen ∂ steht für ein partielles Differenzial.
Stochastische Prozesse
39
Im vorhergehenden Kapitel wurde bereits erläutert, dass dS = Sdt + Sdz ein passables Modell zur Beschreibung der Aktienkursbewegung darstellt. Unter Verwendung des Lemma von Ito¯ folgt daraus, dass die vom Kurs der Aktie S und der Zeit t abhängige Funktion G durch ∂G ∂ G 1 ∂ 2G 2 2 ∂G dG = S dt + S + + Sdz 2 ∂S ∂t 2 ∂S ∂S beschrieben werden kann. Operativ wird der Drift a ersetzt durch S und die Varianzrate b durch S. Ein wichtiges Merkmal beider Prozesse ist, dass sowohl S als auch G durch den Faktor dz einem Wiener-Prozess folgen und somit die gleiche Unsicherheit aufweisen.39
Die besprochenen Grundlagen werden bei der Preisfindung für Optionen zum Einsatz gebracht. Wir besprechen diese im Kapitel 6 ausführlich. Hier besonders in 6.14, dem Black-Scholes-Modell.
2.3.3
Martingal
Die Martingal-Annahme basiert auf dem Prinzip risikoneutraler Bewertung nach Paul Pierre LÊvy.40 Es wird hierbei angenommen, dass der erwartete zukünftige Ertrag R genau demjenigen entspricht, den wir für heute als Ertrag erwarten. Am besten zu verdeutlichen ist dieses Konzept anhand eines Glücksspielers, der Münzen wirft. Hierbei weiß der Spieler genau, wie viel er nach n Würfen gewonnen hat. Die erwartete zukünftige Rendite nach n+1, 2, 3, 4 . . . . Versuchen entspricht dabei genau dem Wert, den wir aktuell besitzen, und ignoriert dabei, was vor n Würfen passiert ist. Damit entspricht ein Martingal den Vorstellungen eines fairen Spiels und lässt sich in folgender Schreibweise ausdrücken: R [Xn ] = R [Xn+1 ] Unter Martingal versteht man einen statistischen Prozess, welcher einen Drift von null aufweist. Dabei folgt eine Variable einem Martingal, wenn dessen 39 40
Vgl. Hull (2006, S. 336 f). Vgl. Lévy, P.: Calcul de probabilités. Gauthier-Villars, Paris 1925.
40
Die quantitativen Grundlagen des Financial Engineering
Prozess der Form d = dz genügt und es gilt für dz ein Wiener-Prozess. Dabei entspricht der Erwartungswert an jedem in der Zukunft liegenden Zeitpunkt exakt dem heutigen Wert.41
2.3.4 Random Walk Der Grundgedanke des Random Walk 42 lässt sich am besten anhand des Galtonbretts43 erläutern. Hierbei lässt man eine Kugel in der Mitte der oberen Kante des Nagelbretts fallen, von wo aus die Kugel immer eine gleich wahrscheinliche Möglichkeit hat, nach links oder rechts abzuprallen. Die Kugel hat also verschiedene mögliche Pfade, um unten wieder aus dem Brett auszutreten. Dabei zeigt sich, dass die Austritte in der Mitte des Bretts häufiger sind als die an den Außenseiten. Dies hängt damit zusammen, dass die Kugel für einen mittigen Austritt mehr Pfade zur Verfügung hat und dieser demnach wahrscheinlicher ist als der am Rande. Lässt man hierbei die Anzahl der Versuche n → ∞ gehen, erhält man das Bild der Gauß’schen Standardnormalverteilung (vgl. Abbildung 2.8). Der Random Walk an sich ist ein diskreter stochastischer Prozess, der auf den bereits besprochenen Markov-Annahmen basiert. Hierbei wird angenommen, √ dass sich der simulierte Kurs in sehr kleinen Zeitstufen dt um ∅(dt, dt) verändert. Um nun zu einem Modell für den Random Walk (vgl. Abbildung 2.6) zu gelangen, nehmen wir an, dass die Renditen eines Assets der Dichtefunktion der Normalverteilung folgen. Daher kann angenommen werden, dass sich die Rendite Ri aus dem Drift , der Standardabweichung und einer normalverteilten Zufallszahl z darstellen lässt, wobei und konstant sind und ungleich null entsprechen.44 Damit lautete die Formel wie folgt: Ri =
Si + 1 −1=+×z Si
Ri = Rendite, = Drift, = Standardabweichung z = normalverteilte Zufallszahl 41 42 43
44
Vgl. Hull, John C.: Optionen, Futures und andere Derivate S. 763 ff. Zufallsbewegungen bzw. Irrverfahren. Nach Francis Galton; ist ein mechanisches Modell zur Demonstration und Veranschaulichung der Binomialverteilung. Vgl. Reitz, Stefan: Mathematik in der modernen Finanzwelt; Vieweg+Teubner (2011)
Stochastische Prozesse
41
Abbildung 2.6: Beispiel für einen Random Walk (mehrere Pfade)
Gehen wir nun davon aus, dass diese Renditen in sehr kleinen Zeitstufen dt erfolgen, ergibt sich daraus: Drift = dt √ Standardabweichung = dt
Random Walk
150 100 Random Walk
50 0 0 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 22 24 26 28 30 32 34 36 38 40 42 44 46 48 50
Abbildung 2.7: Random Walk (ein Pfad; nach Bildung Erwartungswert)
42
Die quantitativen Grundlagen des Financial Engineering
Vorgabeparameter Kurs Startwert Kursdrift p. a. Volatilität Residuum p. a. Annualisierung skalierte Drift Perioden 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36
100 0,05 0,25 12
0,004066 Random Walk 100,00 108,08 116,59 94,37 95,05 93,68 81,40 74,64 71,07 74,68 85,21 70,84 76,35 79,79 89,74 86,02 79,22 91,66 99,76 101,59 99,31 104,95 103,32 98,83 122,39 117,28 118,98 114,72 119,70 118,02 118,68 127,39 125,45 128,02 130,86 118,39 107,05
Trend + Zufall 0,077689 0,075844 (0,211531) 0,007242 (0,014491) (0,140580) (0,086714) (0,048918) 0,049519 0,131873 (0,184745) 0,075028 0,044006 0,117575 (0,042346) (0,082331) 0,145840 0,084597 0,018225 (0,022708) 0,055216 (0,015624) (0,044421) 0,213823 (0,042640) 0,014384 (0,036518) 0,042490 (0,014085) 0,005542 0,070831 (0,015304) 0,020264 0,021947 (0,100173) (0,100677)
Zufallszahl 1,020158 0,994593 (2,987404) 0,044013 (0,257130) (2,004274) (1,257878) (0,734171) 0,629811 1,770944 (2,616246) 0,983283 0,553428 1,572836 (0,643101) (1,197144) 1,964475 1,115875 0,196194 (0,370990) 0,708754 (0,272834) (0,671852) 2,906484 (0,647174) 0,142974 (0,562341) 0,532421 (0,251507) 0,020453 0,925119 (0,268397) 0,224453 0,247772 (1,444377) (1,451357)
Verteilung
43
Die angesprochenen Modelle fließen in die Preisbildung von Optionen mit ein bzw. spielen dort eine große Rolle. Näheres zum Thema Preisbildung von Optionen lesen Sie im Kapitel 6.14 und 6.15 dieses Buches.
2.4
Verteilung
2.4.1
Die Normalverteilung
Eine wichtige Wahrscheinlichkeitsverteilung ist die Normalverteilung. Sie tritt so oft auf, dass diese als „normal“ anzusehen ist. Die Erklärung für das häufige Auftreten ist im zentralen Grenzwertsatz begründet. Dieser besagt, dass die Summen von Zufallsgrößen approximativ normalverteilt sind ( → ∞), unabhängig davon, welche Verteilung die addierten Zufallsgrößen haben. Die Normalverteilung gilt als eine stetige Verteilung und hat somit reelle Zahlen als Realisationen. Die Wahrscheinlichkeitsverteilung wird wiederum durch eine Dichtefunktion beschrieben. Die Dichtefunktion der Normalverteilung ist die GaußGlockenkurve, welche nach Carl Friedrich Gau benannt ist (vgl. Abbildung 2.8). Die Normalverteilung ist durch ihren Erwartungswert und die Standardabweichung charakterisiert. Bei einer Dichtefunktion mit = 0 und = 1 liegt die sogenannte Standardnormalverteilung vor.45
Der Zentrale Grenzwertsatz Der Zentrale Grenzwertsatz bezeichnet eine mathematische Aussage über endliche, unabhängige, identisch verteilte Zufallsvariablen, deren Erwartungswerte und Varianzen approximativ normalverteilt sind. Oder einfacher: Er besagt, dass man eine Normalverteilung bei einer Stichprobe annehmen kann, obwohl man die eigentliche Verteilung der Probe nicht kennt (wir diese jedoch für die Grundgesamtheit annehmen).46
45
46
Vgl. Gauß, Carl Friedrich: Anzeige von „Theoria residuorum biquadraticorum, commentatio secunda“. In: Göttingische gelehrte Anzeigen, 23. April 1831, S. 169–178. In: Deutsches Textarchiv. Vgl. Fischer, Hans: A History of the Central Limit Theorem. From Classical to Modern Probability Theory, New York 2011.
44
Die quantitativen Grundlagen des Financial Engineering
0,45 0,40 0,35 0,30 0,25 0,20
Standardabweichung
0,15
Standardabweichung
0,10 0,05 0,00 -4
-3
-2
-1
0
1
2
3
4
Abbildung 2.8: Dichtefunktion der Normalverteilung nach Carl Friedrich Gauß
Auf den alten 10-DM-Scheinen war lange Zeit das Konterfei von Carl Friedrich Gauß zu sehen. Ebenfalls auf dem Schein zu erkennen war die von Gauß aufgestellte Normalverteilung (die Glockenkurve).
Abbildung 2.9: 10 Deutsche Mark, Banknote mit dem Konterfei von C. F. Gauß und der Gauß’schen Glockenkurve.47
Eine normalverteilte Zufallsvariable nimmt mit einer Wahrscheinlichkeit von 0,6827 ∼ 2/3 eine Realisation im einfachen Sigma-Band zwischen − und + an. Bei der Standardnormalverteilung liegen daher etwa 2/3 aller Realisationen zwischen −1 und +1 (vgl. Abbildung 2.8). Allge47
Quelle: Hermann Meinold/pixelio.de.
Verteilung
45
mein kann gesagt werden, dass die Wahrscheinlichkeit, dass eine normalverteilte Zufallsvariable ˜ x einen Wert zwischen zwei Zahlen x1 und x2 annimmt, q(x1 < ˜ x ≤ x2 ), der durch die Fläche zwischen x1 und x2 unterhalb der Dichtefunktion gegeben ist. Formal kann man auch sagen, es handelt sich um das Integral der Dichtefunktion zwischen den beiden Integrationsgrenzen x1 und x2 . Als N(x) wird die Wahrscheinlichkeit bezeichnet, die eine standardnormalverteilte Zufallsgröße ˜ x ( = 0, = 1) und einen Wert 48 kleiner oder gleich x annimmt. Die Funktion N(x) bezeichnet man auch als kumulierte Standardnormalverteilung. Im Appendix des Buches befindet sich eine Tabelle mit den Werten der Standardnormalverteilung.
1,00 0,90 0,80 0,70 0,60 0,50 0,40 0,30 0,20 0,10 0,00 -4,0
-3,0
-2,0
-1,0
0
1,0
Abbildung 2.10: Verteilungsfunktion der Normalverteilung
48
Vgl. Spremann (2007).
2,0
3,0
4,0
46
Die quantitativen Grundlagen des Financial Engineering
Stetige und diskrete Zufallsvariable Während eine diskrete Zufallsvariable mittels eines Histogramms darstellbar (abzählbar oder endlich) ist, ist bei stetigen Zufallsvariablen dies nicht der Fall. Jede Zufallsvariable ist im diskreten Modell mit einer Wahrscheinlichkeit belegt und alle Wahrscheinlichkeiten addiert (Summe aller Wahrscheinlichkeiten) ergeben 1.
Abbildung 2.11: Histogramm (nicht normalverteilt) Bei einer stetigen Zufallsvariablen ist dies so nicht darstellbar. Hier wird eine Dichte oder auch Dichtefunktion von X angegeben. Somit kann über das Integral die Wahrscheinlichkeit einer bestimmten Fläche der Kurve dargestellt und ausgegeben werden. Die Gesamtfläche ergibt hier wieder 1.
Abbildung 2.12: Stetige Zufallsvariable mit Wahrscheinlichkeitsdichte p, wobei die Gesamtfläche P entspricht Somit kann man festhalten, dass bei einer diskreten Zufallsvariablen die jeweiligen Zufallsvariablen zusammen (abzählbar im Histogramm) die Zahl 1 ergeben und bei der stetigen Zufallsvariablen die Gesamtfläche (der Dichte) unter der Kurve ebenfalls die Zahl 1 ergibt.
Verteilung
2.4.2
47
Lognormalverteilung der Aktienkurse49
Die Annahme von lognormalverteilten Aktienkursen50 ist der Schlüssel des Problems von negativen Aktienkursen im Laufe der Zeit. Mithilfe des Lemma von Ito¯ lässt sich ein Prozess herleiten, den der logarithmierte Aktienkurs ln S beschreibt. Setzt man G = ln S so erhält man durch partielles Differenzieren: ∂G ∂S
=
1 , S
∂G ∂t
=0
∂ 2G ∂ S2
=−
1 S2
Setzt man diese differenzierten Terme nun in Gleichung ein, so ergibt sich der von G befolgte Prozess: 2 dG = − dt + dz 2 Die Parameter und sind im Zeitverlauf konstant und daher folgt aus der Gleichung, dass G = ln S einem allgemeinen Wiener-Prozess folgt. 2 Dieser Prozess wird hier beschrieben durch die konstante Driftrate − 2 sowie die konstante Varianz 2 . Somit hat die Veränderung von ln S in einem 2 beliebigen Zeitintervall null bis T einen Erwartungswert ( − 2 )T und eine Varianz 2 T. Daraus resultiert, dass √ 2 ln ST − ln S0 ∼ ˚ − T, T 2 bzw.
√ 2 ln ST ∼ ln S0 + − T, T 2
mit S0 als Aktienkurs zum Zeitpunkt null und ST zum Zeitpunkt T. Die Gleichung veranschaulicht, dass ln ST der Normalverteilung unterliegt und somit ST lognormalverteilt ist. Aus diesem Verhaltensmodell für Aktienpreise mit 2 dem Mittelwert √ von ln ST gleich ln S0 + ( − /2)T und der Standardabweichung T wird impliziert, dass zu einem Zeitpunkt T der Aktienpreis
49 50
Vgl. Bachhuber, Heiko (2012). In dieser Verteilung sind die Werte positiv verzerrt und somit auch nicht mehr symmetrisch wie bei der Normalverteilung nach Gauß. Dies liegt an der Tatsache, dass die Werte den Nullpunkt nicht unterschreiten, jedoch unbegrenzte positive Entwicklungsmöglichkeiten besitzen.
48
Die quantitativen Grundlagen des Financial Engineering
lognormalverteilt ist. Einzig der aktuelle Preis der Aktie ist zur Berechnung erforderlich. Die Tatsache, dass eine lognormalverteilte Variable nur Werte zwischen null und unendlich annehmen kann, macht diesen Prozess ideal für die Annahme der Verteilung von zukünftigen Aktienkursen. Im Gegensatz zur Normalverteilung ist die Lognormalverteilung nicht symmetrisch (siehe Abbildung 2.13) und der Modus, Median und Mittelwert sind unterschiedlich. Den Erwartungswert von ST kann man aus den Eigenschaften der Lognormalverteilung und herleiten und wird beschrieben durch: E(ST ) = S0 eT Diese Gleichung ist identisch mit der vorangegangenen und zeigt, dass mit der Definition der erwarteten Rendite übereinstimmt. Zudem ist die Varianz von ST definiert durch: var(ST ) = S20 e2T (e T − 1)51 2
Lognormalverteilung
0
Abbildung 2.13: Die Lognormalverteilung
Die Lognormalverteilung von Aktienkursen ist eine der Grundannahmen des Black-Scholes-Merton-Modells, welches wir in Kapitel 6.14 besprechen werden.
51
Vgl. Hull (2006, S. 338, 346 f).
Verteilung
49
14%
relative Häufigkeit
12% 10% 8% 6% 4% 2%
6,0%
5,5%
5,0%
4,5%
4,0%
3,5%
3,0%
2,5%
2,0%
1,5%
1,0%
0,5%
0,0%
-0,5%
-1,0%
-1,5%
-2,0%
-2,5%
-3,0%
-3,5%
-4,0%
-4,5%
-5,0%
-5,5%
-6,0%
0%
Klassenobergrenze
®
Abbildung 2.14: Empirisches Histogramm des DAX , 3.11.2008–31.10.200952
1,6
Erwartungswert
1,4 1,2 1,0 0,8 0,6 0,4 0,2 0,0 -100%
-50%
0%
50%
100%
150%
200%
250%
annualisierte Wertentwicklung
®
Abbildung 2.15: Geschätzte Lognormalverteilung des DAX auf Basis von Tagesdaten im Zeitraum 30.12.1998–30.10.200953
51 52
Vgl. Prexl, Bloss, Ernst, Häcker, Haas, Röck: Financial Modeling, Stuttgart 2010. Vgl. Prexl, Bloss, Ernst, Häcker, Haas, Röck: Financial Modeling, Stuttgart 2010.
50
Die quantitativen Grundlagen des Financial Engineering
2.5
Korrelationsanalyse
2.5.1 Korrelation Die Korrelation beschreibt die Beziehung zwischen zwei oder mehr Variablen. „Wenn sie besteht, ist noch nicht gesagt, ob eine Größe die andere kausal beeinflusst, ob beide von einer dritten Größe kausal abhängen oder ob sich überhaupt ein Kausalzusammenhang folgern lässt. Ebenso kann eine strikt nichtlineare Beziehung nicht durch die Korrelation beschrieben werden.“53 Eine positive Korrelation (vgl. Abbildung 2.16, es ist eine Korrelaton zwischen den Instrumenten gegeben) ist dann gegeben, wenn die Erhöhung bzw. Verringerung einer Variablen zu einer Erhöhung bzw. Verringerung der anderen Variablen führt. Es besteht ein Gleichklang zwischen den beiden Variablen. Dies kann man mit folgendem Beispiel darstellen: Je mehr Rasendünger und Wasser eingesetzt wird, desto größer ist das Wuchsaufkommen der Rasenfläche. Zwei Wertpapiere, die nicht miteinander korrelieren, sind in Abbildung 2.17 dargestellt. Im Portfoliomanagement spielt dies eine wichtige Rolle. Abbildung 2.18 zeigt auf, dass das Portfoliogesamtrisiko umso mehr reduziert werden kann, je weniger die Assets 1 und 2 korrelieren. Sind beide Assets sogar vollständig negativ korreliert, so lässt sich das Portfoliogesamtrisiko signifikant reduzieren (Korrelationskoeffizient = −1). Der Korrelationsbegriff ist für uns hinsichtlich des Gesamtrisikos der eingegangenen Positionen von einer entscheidenden Bedeutung. Das Portfolio ist umso risikoärmer, je geringer die Korrelation zwischen den einzelnen im Portfolio enthaltenen Instrumenten ist.
Autokorrelation und Autokovarianz Als Autokorrelation bezeichnet die Korrelation mit sich selbst zu einem anderen Zeitpunkt als dem aktuell betrachteten (es kann ein Trend entstehen).54 Ähnlich gilt dies für die Autokovarianz. Als diese bezeichnen wir die Kovarianz (COV) einer Zeitreihe (t0 − tx ) mit sich selbst zum aktuellen Beobachtungszeitpunkt.55
53 54 55
Vgl. Romeike F., Hager P.: Erfolgsfaktor Risiko-Management 2.0, Gabler. Spreemann, K.: Finance 3. Auflage Oldenbourg Wissenschaftsverlag 2007 Brockwell P.J., Davis R.A.: Time Series: Theory and Methods, New York: Springer-Verlag, 1987
Korrelationsanalyse
51
Rendite
positiv korrelierend
Zeit
Rendite
negativ korrelierend
Zeit
Abbildung 2.16: Positiv (1. Grafik) und negativ (2. Grafik) korrelierende Wertpapiere
Die Korrelation von verschiedenen Anlageinstrumenten ist ein wichtiger Bestandteil des Financial Engineering. Wir werden auf dieses Thema sowohl im Bereich des Hedging von Positionen als auch bei der Konstruktion von verbrieften Derivaten (Zertifikaten) wieder zurückkommen.
52
Die quantitativen Grundlagen des Financial Engineering
Rendite
nicht korrelierend
Zeit
Abbildung 2.17: Wertpapiere mit keiner Korrelation zueinander
25%
Korrelation = 1
20%
Portfoliorisiko
Korrelation = 0,75
15%
Korrelation = 0,5 Korrelation = 0,25
10%
Korrelation = 0 Korrelation = -0,5
5%
Korrelation = -1
100%
90%
80%
70%
60%
50%
40%
30%
20%
10%
0%
0%
Gewicht Asset 2
Abbildung 2.18: Risiko eines Portfolios aus zwei Assets bei unterschiedlichen Korrelationen (Risiko Asset 1 = 15 %, Risiko Asset 2 = 25 %)56
56
Ernst, Häcker (Hrsg.): Financial Modeling 2. Auflage (2016).
Korrelationsanalyse
53
Tabelle 2.1: Portfoliokorrelationen Asset 1 Asset 2 Risiko
Risiko
0,15
0,25
Korrelation Korrelation Korrelation Korrelation Korrelation Korrelation Korrelation (1,00)
Gewicht Gewicht Portfolio-
(0,50)
0
0,25
0,50
0,75
1,00
Portfolio-
Portfolio-
Portfolio-
Portfolio-
Portfolio-
Portfolio-
risiko
risiko
risiko
risiko
risiko
risiko
risiko
1,0
–
15,00 %
15,00 %
15,00 %
15,00 %
15,00 %
15,00 %
15,00 %
1,0
0,0
14,00 %
14,32 %
14,64 %
14,79 %
14,95 %
15,10 %
15,25 %
1,0
0,1
13,00 %
13,67 %
14,30 %
14,61 %
14,91 %
15,21 %
15,50 %
0,9
0,1
12,00 %
13,04 %
14,00 %
14,46 %
14,90 %
15,33 %
15,75 %
0,9
0,1
11,00 %
12,44 %
13,73 %
14,33 %
14,91 %
15,46 %
16,00 %
0,9
0,1
10,00 %
11,88 %
13,49 %
14,23 %
14,93 %
15,61 %
16,25 %
0,9
0,2
9,00 %
11,35 %
13,29 %
14,16 %
14,98 %
15,76 %
16,50 %
0,8
0,2
8,00 %
10,87 %
13,13 %
14,12 %
15,05 %
15,92 %
16,75 %
0,8
0,2
7,00 %
10,44 %
13,00 %
14,11 %
15,13 %
16,09 %
17,00 %
0,8
0,2
6,00 %
10,07 %
12,91 %
14,12 %
15,24 %
16,27 %
17,25 %
0,8
0,3
5,00 %
9,76 %
12,87 %
14,17 %
15,36 %
16,46 %
17,50 %
0,7
0,3
4,00 %
9,53 %
12,87 %
14,24 %
15,50 %
16,66 %
17,75 %
0,7
0,3
3,00 %
9,37 %
12,90 %
14,35 %
15,66 %
16,87 %
18,00 %
0,7
0,3
2,00 %
9,29 %
12,98 %
14,48 %
15,84 %
17,09 %
18,25 %
0,7
0,4
1,00 %
9,29 %
13,10 %
14,64 %
16,03 %
17,31 %
18,50 %
0,6
0,4
0,00 %
9,38 %
13,26 %
14,82 %
16,24 %
17,54 %
18,75 %
0,6
0,4
1,00 %
9,54 %
13,45 %
15,03 %
16,46 %
17,78 %
19,00 %
0,6
0,4
2,00 %
9,78 %
13,69 %
15,27 %
16,70 %
18,02 %
19,25 %
0,6
0,5
3,00 %
10,09 %
13,95 %
15,53 %
16,95 %
18,27 %
19,50 %
0,5
0,5
4,00 %
10,46 %
14,25 %
15,80 %
17,22 %
18,53 %
19,75 %
0,5
0,5
5,00 %
10,90 %
14,58 %
16,11 %
17,50 %
18,79 %
20,00 %
0,5
0,5
6,00 %
11,38 %
14,93 %
16,43 %
17,79 %
19,06 %
20,25 %
0,5
0,6
7,00 %
11,91 %
15,32 %
16,76 %
18,10 %
19,34 %
20,50 %
0,4
0,6
8,00 %
12,48 %
15,73 %
17,12 %
18,41 %
19,61 %
20,75 %
0,4
0,6
9,00 %
13,08 %
16,16 %
17,49 %
18,73 %
19,90 %
21,00 %
0,4
0,6
10,00 %
13,71 %
16,61 %
17,88 %
19,07 %
20,19 %
21,25 %
0,3
0,7
11,00 %
14,36 %
17,08 %
18,28 %
19,41 %
20,48 %
21,50 %
0,3
0,7
12,00 %
15,04 %
17,57 %
18,70 %
19,77 %
20,78 %
21,75 %
0,3
0,7
13,00 %
15,74 %
18,07 %
19,13 %
20,13 %
21,09 %
22,00 %
0,3
0,7
14,00 %
16,45 %
18,59 %
19,57 %
20,50 %
21,39 %
22,25 %
0,2
0,8
15,00 %
17,18 %
19,12 %
20,02 %
20,88 %
21,70 %
22,50 %
0,2
0,8
16,00 %
17,93 %
19,67 %
20,48 %
21,26 %
22,02 %
22,75 %
0,2
0,8
17,00 %
18,68 %
20,22 %
20,95 %
21,66 %
22,34 %
23,00 %
0,2
0,8
18,00 %
19,45 %
20,79 %
21,43 %
22,05 %
22,66 %
23,25 %
0,1
0,9
19,00 %
20,22 %
21,37 %
21,92 %
22,46 %
22,99 %
23,50 %
0,1
0,9
20,00 %
21,00 %
21,96 %
22,42 %
22,87 %
23,31 %
23,75 %
0,1
0,9
21,00 %
21,79 %
22,55 %
22,92 %
23,29 %
23,65 %
24,00 %
0,1
0,9
22,00 %
22,58 %
23,15 %
23,43 %
23,71 %
23,98 %
24,25 %
0,0
1,0
23,00 %
23,38 %
23,76 %
23,95 %
24,13 %
24,32 %
24,50 %
0,0
1,0
24,00 %
24,19 %
24,38 %
24,47 %
24,56 %
24,66 %
24,75 %
(0,0)
1,0
25,00 %
25,00 %
25,00 %
25,00 %
25,00 %
25,00 %
25,00 %
54
Die quantitativen Grundlagen des Financial Engineering
Tabelle 2.2: Korrelation der internationalen Aktienmärkte (2007)57 JP
USA
1,00
UK
0,86
1,00
Japan
0,63
0,62
1,00
Frankreich
0,78
0,82
0,58
FR
CH
DE
NL
KA
AU
1,00
Schweiz
0,67
0,71
0,50
0,75
1,00
Deutschland
0,79
0,78
0,48
0,88
0,70
1,00
Niederlande
0,78
0,84
0,58
0,87
0,80
0,88
1,00
Kanada
0,87
0,78
0,63
0,78
0,63
0,75
0,74
1,00
Australien
0,75
0,73
0,70
0,67
0,56
0,69
0,68
0,77
1,00
Italien
0,66
0,67
0,46
0,78
0,60
0,72
0,74
0,61
0,61
Aktien Rohstoffe Devisen
6M Euribor®
Zinsen
EUR/GBP
EUR/USD
Gold
Brent-Rohöl
S&P GSCI Livestock ER
S&P GSCI Precious Metals ER
S&P GSCI Agriculture ER
S&P GSCI Energy ER
S&P GSCI ER
DAXglobal® BRIC
Nikkei 225
Devisen
1,00
0,98 0,88 0,93 0,86 0,88 0,68 0,63 0,64 0,71 0,03 0,47 0,59 -0,02 0,46 0,64 -0,19 0,01 0,48 -0,44
DAX®
Zinsen
S&P 500
DAX®
-0,01 x p = -1,00
Nasdaq 100
0,24 x p = 0,00 -0,01 x p = -0,25
DJ EURO STOXX 50®
0,74 x p = 0,50
S&P GSCI Industrial Metals ER
Rohstoffe
EUR/JPY
Aktien
1,00 x p = 0,75
0,49 x p = 0,25
IT
Rex Performance Index
UK
10J EUR Swap-Satz®
USA
DJ EURO STOXX 50®
0,97
Nasdaq 100
0,79 0,78
0,83 0,90 0,87 0,84 0,68 0,64 0,61 0,69 -0,01 0,48 0,61 -0,05 0,43 0,59 -0,24 0,05 0,48 -0,42
S&P 500
0,86 0,87 0,90
Nikkei 225
0,75 0,76 0,67 0,72
DAXglobal® BRIC
0,79 0,77 0,70 0,74 0,74
S&P GSCI ER
0,34 0,34 0,22 0,31 0,35 0,43
S&P GSCI Energy ER
0,30 0,31 0,19 0,27 0,30 0,39 0,99
S&P GSCI Agriculture ER
0,36 0,34 0,25 0,28 0,33 0,32 0,54 0,43
S&P GSCI Industrial Metals ER
0,45 0,44 0,37 0,41 0,48 0,51 0,56 0,48 0,44
S&P GSCI Precious Metals ER
0,04 -0,01 -0,04 -0,02 0,04 0,14 0,40 0,34 0,35 0,37
S&P GSCI Livestock ER
0,24 0,23 0,21 0,26 0,19 0,24 0,24 0,22 0,13 0,15 -0,01
Brent-Rohöl
0,31 0,32 0,22 0,29 0,32 0,39 0,94 0,95 0,46 0,48 0,35 0,24
Gold
0,00 -0,04 -0,07 -0,05 0,01 0,11 0,38 0,32 0,33 0,35 0,99 -0,01 0,33
EUR/USD
0,23 0,22 0,27 0,28 0,26 0,21 0,41 0,36 0,39 0,38 0,53 0,17 0,38 0,51
EUR/JPY
0,51 0,49 0,52 0,52 0,57 0,51 0,39 0,34 0,37 0,46 0,23 0,19 0,33 0,21 0,55
EUR/GBP
-0,16 -0,18 -0,08 -0,09 -0,17 -0,15 -0,03 -0,04 0,01 -0,10 0,15 0,00 -0,05 0,14 0,31 0,00
6M Euribor®
0,07 0,08 0,04 0,08 0,04 0,03 0,11 0,12 0,03 0,08 -0,03 0,04 0,06 -0,02 0,04 0,09 -0,12
10J EURSwap-Satz®
0,36 0,35 0,35 0,38 0,37 0,32 0,27 0,25 0,33 0,25 0,16 0,06 0,28 0,15 0,30 0,43 -0,03 0,27
Rex Performance Index
-0,37 -0,35 -0,37 -0,37 -0,41 -0,40 -0,23 -0,21 -0,28 -0,25 -0,10 -0,07 -0,23 -0,09 -0,22 -0,45 0,16 -0,18 -0,78
0,95 0,77 0,82 0,61 0,57 0,58 0,66 0,04 0,43 0,58 -0,01 0,49 0,64 -0,12 -0,09 0,51 -0,49 0,83 0,84 0,64 0,61 0,57 0,65 0,01 0,46 0,58 -0,04 0,46 0,60 -0,12 -0,02 0,51 -0,45 0,83 0,65 0,60 0,62 0,69 0,03 0,41 0,57 -0,02 0,49 0,69 -0,20 -0,05 0,45 -0,48 0,64 0,61 0,52 0,66 0,04 0,46 0,57 -0,01 0,34 0,63 -0,20 -0,06 0,42 -0,47 0,99 0,74 0,83 0,33 0,47 0,96 0,28 0,50 0,63 -0,15 0,11 0,54 -0,43 0,65 0,78 0,30 0,44 0,96 0,25 0,43 0,57 -0,15 0,14 0,53 -0,40 0,69 0,36 0,44 0,65 0,32 0,64 0,64 -0,01 -0,11 0,48 -0,40 0,06 0,43 0,76 0,02 0,39 0,68 -0,28 0,10 0,45 -0,39 0,07 0,33 0,99 0,49 0,28 0,17 -0,05 0,27 -0,16 0,49 0,04 0,39 0,39 0,01 -0,14 0,23 -0,13 0,28 0,45 0,54 -0,14 0,04 0,51 -0,38 0,47 0,25 0,18 -0,04 0,26 -0,14 0,75 0,25 -0,10 0,47 -0,35 -0,03 0,00 0,50 -0,49 -0,28 -0,08 0,27 0,14 0,05 -0,67
Abbildung 2.19: Korrelationsmatrix der einzelnen Anlagegruppen (Stand: 08/2009)58
57 58
Prof. Herbst Frankfurt School of Finance and Management, Frankfurt. Quelle: Goldman-Sachs, Bloomberg; Linkes Dreieck die 5-Jahres-Korrelationen, rechtes Dreieck die 1-Jahres-Korrelationen (jeweils auf Basis wöchentlicher Renditen).
Korrelationsanalyse
2.5.2
55
Varianz, Kovarianz und Korrelationskoeffizienten
Unter der Varianz versteht man die quadrierte Standardabweichung eines beobachteten Instrumentes z.B. einer Aktie. Zieht man aus der Varianz die Quadratwurzel, so erhält man die Standardabweichung des beobachteten Anlageobjektes. Bei der Varianz wird die erwartete quadrierte Abweichung vom Erwartungswert des beobachteten Instruments beschrieben und diese kann mittels Varianzschätzer ermittelt werden.
Die Streuung um den Erwartungswert beschreibt die Varianz. Sie ist das Mittel der Summe der quadratischen Abweichungen vom Erwartungswert.
In der Statistik wird die Kovarianz als nichtstandardisierte Maßzahl der Zusammenhänge zweier statistischer Merkmale definiert. „So ist die Kovarianz positiv, wenn z. B. X und Y tendenziell einen gleichsinnigen linearen Zusammenhang besitzen, d. h., hohe Werte von X gehen mit hohen Werten von Y einher und niedrige Werte von X mit niedrigen Werten von Y. Die Kovarianz ist hingegen negativ, wenn X und Y einen gegenläufigen linearen Zusammenhang aufweisen, d. h., hohe Werte der einen Variablen gehen mit niedrigen Werten der anderen Variablen einher. Ist das Ergebnis 0, so besteht kein Zusammenhang oder ein nichtlinearer Zusammenhang, z. B. eine U-förmige Beziehung zwischen den beiden Variablen X und Y.“59
Die Kovarianz beschreibt, in welchem Maß zwei Größen parallel um ihren individuellen Erwartungswert streuen.
Die Kovarianz gibt die Richtung einer Beziehung zwischen zwei Variablen an, über die Stärke des Zusammenhangs ist aber keine Aussage abzuleiten. Dies liegt an der Abhängigkeit des Ergebnisses von den Maßeinheiten der beteiligten Variablen X und Y. Um Zusammenhänge deutlich zu machen und aufzuzeigen, normiert man die Kovarianz und erhält den Korrelationskoeffizienten, welcher sich im Wertebereich zwischen −1 und +1 bewegt. Ein Wert von +1 bedeutet, es besteht ein absolut positiver Zusammenhang und
59
Vgl. Bauer, Christoph: Rohstoffe und ihre Korrelation mit traditionellen Anlagemärkten.
56
Die quantitativen Grundlagen des Financial Engineering
Gleichlauf. Bei einem Wert von 0 besteht kein Zusammenhang und bei −1 haben wir eine vollkommen gegensätzliche Bewegung zu erwarten. Wie bereits oben angesprochen erhält man durch die Normierung der Kovarianz den Korrelationskoeffizienten nach Bravais und Pearson, welcher die Stärke des Zusammenspiels angibt (vgl. Tabelle 2.3). Positive Werte weisen auf einen gleichgerichteten, negative Werte auf einen gegenläufigen linearen Zusammenhang hin.60 COVim rim = i × m rim = Korrelationskoeffizient COVim = Kovarianz i = Standardabweichung i Tabelle 2.3: Korrelationskoeffizienten – Werte und Bedeutung Wert
Bedeutung
r = +1
es besteht ein absolut positiver Zusammenhang und Gleichlauf
r=0
kein Zusammenhang; max. zufallsbedingt
r = −1
vollkommen gegensätzliche Entwicklung (absolut)
Der Korrelationskoeffizient ist ein dimensionsloses normiertes Maß, das auf den Wertebereich zwischen −1 und +1 begrenzt ist. Positive Werte zeigen einen gleichgerichteten (korrelierenden), negative Werte einen gegenläufigen (unkorrelierenden) linearen Zusammenhang auf. Je mehr sich der Korrelationskoeffizient der Zahl 1 annähert, desto größer ist der Zusammenhang. Je näher der Korrelationskoeffizient bei null liegt, desto geringer ist die wechselseitige Beziehung.
Copulas Als Copula bezeichnet man die ausgegebene Funktion des funktionalen Zusammenhangs zwischen den Randverteilungsfunktionen von unterschiedlichen Zufallsvariablen und deren gemeinsamen Wahrscheinlichkeitsverteilung. Hiermit können stochastische Abhängigkeiten modelliert
60
Vgl. Wewel, Max C.: Statistik im Bachelor-Studium BWL VWL; Pearson (2014).
Duration und Konvexität
57
und aufgezeigt werden. Anwendung finden Copulas z. B. im Bereich der Versicherungsmathematik und bei der Bewertung und Einordnung von Kreditrisiken. Folglich auch in der Bewertung von Bondportfolien und deren Ausfallrisiken.61
2.6
Duration und Konvexität
2.6.1
Die Duration
Bei der Modified Duration spricht man von einer Methode zur Ermittlung der Preissensibilität von zinstragenden Instrumenten. Die Duration zeigt somit die erste Ableitung aus dem Anleihepreis auf. Anders ausgedrückt, sie bietet die Möglichkeit, Preisveränderungen zu erkennen und zu prognostizieren. Wir drücken die Modified Duration wie folgt aus:62 N
n × CFn 1 (1 + r)n MD = × N CFn 1+r n=1 (1 + r)n n−1
MD n N CFn r
= Modified Duration = fortlaufendes Jahr = Gesamtlaufzeit in Jahren = Cashflow (auf die Nominale 100) zum Zeitpunkt n = aktuelle Rendite in Dezimalen
Die oft in der Literatur genannte M ACAULAY Duration wird hierfür als Grundmodell genutzt und die Modified Duration ist eine Weiterentwicklung dieser.
61
62
Vgl. Hull, John C.: Risikomanagement, S. 250ff. (2011); Beck A.; Lekso, M.: Zur Modellierung von Abhängigkeiten in der Bankpraxis – Copula-Funktionen zur Ermittlung des Gesamtbankrisikoprofils, in Betriebswirtschaftliche Blätter 07/2006; Wengert, H.; Schittenhelm, A.: Corporate Risk Management (2013). Vgl. Finance Trainer: Anleihen Skriptum für ACI Dealing und Operations Certificate und ACI Diploma.
58
Die quantitativen Grundlagen des Financial Engineering
Die M ACAULY Duration wird in Jahren ausgewiesen und nicht in Prozent. Nachfolgend zeigen wir die Formel hierfür auf:63 N
n × CFn (1 + r)n = N CFn n=1 (1 + r)n n−1
DMac
Zusammenfassung Grundaussagen Duration
Die Duration eines Zero-Bonds entspricht dessen Restlaufzeit.
Bei konstanter Restlaufzeit ist die Duration einer Anleihe mit niedrigerem Kupon höher.
Bei konstantem Kupon gilt: „Je länger die Restlaufzeit, desto länger ist die Duration der Anleihe.“
Ceteris paribus ist die Duration einer Kuponanleihe höher, je niedriger die Rendite bis Endfälligkeit.
Bei steigender Marktrendite sinkt die Duration.
Bei fallender Marktrendite steigt die Duration.64
2.6.2 Die Konvexität Die Konvexität (Convexity) gibt das Verhalten einer Anleihe bei Zinsänderungen an. Nun wird der geschulte Leser einwenden, dass dies ja auch die Duration angibt. Dies ist korrekt. Dabei ist jedoch zu beachten, dass die Duration (erste Ableitung) nur für kleinere Zinsänderungen zu verwenden ist und der Grad der Ungenauigkeit mit der Größe der Zinsänderung zunimmt.
SPREMANN, GANTENBEIN
erklärten dazu: „Die Duration gibt bei Wertänderungen, bei Zinserhöhungen den Wertverlust und bei Zinssenkungen den Wertzuwachs als zu gering an. Dieser Fehler ist umso größer, je stärker die Konvexität der Barwertkurve ist“.65
63
64 65
Vgl. Finance Trainer: Anleihen Skriptum für ACI Dealing und Operations Certificate und ACI Diploma. Vgl. Eurex Handbuch zur Eurex Händlerprüfung (2016). Vgl. Spremann, Gantenbein: Zinsen, Anleihen, Kredite 4. Auflage, Oldenbourg Wissenschaftsverlag S. 170.
Duration und Konvexität
59
Daher bedient man sich der zweiten Ableitung der Konvexität. Hier wird die Krümmung berücksichtigt und der Aussagewert nimmt daher zu. Mit der Konvexität (wie auch mit der Duration) kann folglich eine Aussage über die Veränderung des Barwertes eines Bonds getroffen werden. Die allgemeine Konvexität wird mit n 2 −yt 1 d2 P i = 1 c i ti e C= = P dy2 P C = Konvexität P = Preis der Anleihe y = Zins (stetige Verzinsung) c = Zahlung(en) t = Zeitpunkt(e) e = Euler’sche Zahl
Abbildung 2.20: Die Konvexität im Verhältnis zur Modified Duration66
66
Quelle: Morgan Stanley; eigene Darstellung.
60
Die quantitativen Grundlagen des Financial Engineering
Man kann nun durch eine Taylorreihenentwicklung den Preis P wie folgt darstellen:67 dP 1 d2 P 2 P = y y + dy 2 dy2 In der Abbildung 2.20 wird dies verdeutlicht. Hier geht Preis A und Zinssatz Z1 davon aus, dass bei einer Änderung auf Z2 eine Preisänderung auf B eintritt. Jedoch findet eine Änderung des Preises auf D statt. Berechnet man jedoch statt der Duration die Konvexität, so zeigt diese einem Punkt C, welcher als Näherungswert deutlich näher Punkt D liegt. Die Aussagekraft ist somit höher.68
2.7
Statistische Konzepte der Wertpapieranalyse
2.7.1 Berechnung des Betafaktors Der Betafaktor eines Wertpapiers i (oder eines Portfolios) gegenüber einem effizienten Marktportfolio M wird definiert als: Betafaktor = was auch ˇ=
COV(ri , rM ) VAR (rM )
iM i /m = iM 2 M M
entspricht. In Abbildung 2.21 sieht man das Beta der BMW-Aktie im Vergleich zum DAX®. Für den Zeitraum Sept. 2007 bis Sept. 2009 ergibt sich ein Beta von 1,053. Der Beta-Standardfehler von 0,088 bedeutet, dass das Beta mit einer Wahrscheinlichkeit von ca. 2/3 zwischen 0,965 und 1141 liegt. Dies erhält man, indem der Beta-Standardfehler von 0,088 zu dem Beta von 1,053 addiert bzw. subtrahiert wird. In der Wirtschaftspraxis wird das Beta roh (RAW BETA) angewendet (hier: 1,053). Bloomberg gibt noch zusätzlich das Beta bereinigt (ADJUSTED BETA) an. Dieses berechnet sich wie folgt: 2/3 × Beta roh + 1/3 × 1. In diesem Fall gilt: 2/3 × 1,053 + 1/3 × 1 = 1,036. 67
68
Vgl. Müller, Sofsky, Sawicz: Duration und Konvexität von Anleihen im Anleihenportfolio, Technische Hochschule Ingolstadt. Vgl. Morgan Stanley: Duration und Konvexität.
Statistische Konzepte der Wertpapieranalyse
Abbildung 2.21: Beta von BMW im Vergleich zum DAX
61
® 69
ˇ > 1 bedeutet: Das Wertpapier bewegt sich in größeren Schwankungen als der Gesamtmarkt. ˇ = 1 bedeutet: Das Wertpapier bewegt sich gleich dem Gesamtmarkt. ˇ < 1 bedeutet: Das Wertpapier bewegt sich weniger stark als der Gesamtmarkt. Das Beta gilt also als Kenngröße für das systematische Risiko, welches ein Papier aufweist. Da dieses nicht durch Diversifikation zu eliminieren ist, gilt das Beta als wichtiges Risikomaß.
Die besprochenen Faktoren: Varianz, Kovarianz, Korrelationskoeffizienten sowie Beta sind im Financial Engineering sehr wichtig. In diesem Buch gehen wir darauf nochmals in der Strategiefindung bzw. im Strategieaufbau ein. Speziell in den Themenbereichen der Kapitel 6, 8 und 13 wird das hier dargestellte Wissen benötigt.
69
Quelle: Bloomberg.
62
Die quantitativen Grundlagen des Financial Engineering
2.7.2 Bewertung durch Duplikation Unter der Duplikation versteht man das synthetische Herleiten eines Portfolios, das dieselben Zahlungsströme (Payoff ist gleich) wie das zu bewertende Instrument aufweist. Die Tatsache, dass das Duplikationsportfolio die gleiche Zahlungsströme erzeugen muss wie das duplizierte Instrument, führt bei Gültigkeit der Arbitrage-Freiheit70 dazu, dass Portfolio und Wertpapier zu jedem Zeitpunkt den gleichen Wert einnehmen. Um beliebige Wertpapiere duplizieren zu können, muss die Möglichkeit bestehen, Aktien leerzuverkaufen (Short Selling oder synthetisches shorten der Position) und zu einem einheitlichen Zinssatz Geld risikofrei zu leihen und anzulegen. Die Laufzeiten von Derivat und Portfolio entsprechen sich immer. Grundsätzlich unterscheiden wir zwischen der statischen Duplikation und der dynamischen Duplikation. Bei der statischen Duplikation findet nur dann eine Anpassung statt, wenn auch beim nachgebildeten Instrument diese stattfindet. Ein klassisches Beispiel ist eine Indexbewertung. Hier findet nur eine Adjustierung bei einer Indexanpassung statt. Anders verhält es sich bei Optionen. Hier ist eine dynamische Handelsstrategie als Duplikation notwendig, da sich der Preis einer Option nicht linear zum Preis anderer Wertpapiere entwickelt, sondern einem asymmetrischen Risikoprofil folgt. Daher ergibt sich die Notwendigkeit, das Portfolio fortlaufend anzupassen, damit es zumindest zum jeweiligen Zeitpunkt die preisliche Bewegung des Derivates nachvollzieht. Zur dynamischen Duplikation werden i. d. R. Kennzahlen wie das Delta, das Gamma und das Vega herangezogen. Auf diese gehen wir in Kapitel 6.12 dieses Buches tiefer ein. Diese Sensitivitäten werden für das zu duplizierende Derivat sowie für die einzelnen Wertpapiere im Portfolio berechnet. Anschließend wird das Portfolio so zusammengestellt, dass die einzelnen Sensitivitäten des Derivats und des Portfolios sich gleichen. Da sich dieser Prozess unter der Einflussnahme einer ständigen Veränderung fortsetzt, muss auch das Duplikationsportfolio permanent angepasst werden.
Originalunderlying
Duplikationsportfolio
x Auszahlungen an y Tagen in v Jahren
x Auszahlungen an y Tagen in v Jahren
Original
Synthetisch dem Original nachgebaut mit denselben Auszahlungsprofilen
70
Es fehlt die Möglichkeit zur Arbitrage (Ausnutzung von Preisunterschieden des gleichen Gutes auf unterschiedlichen Märkten); die Arbitrage-Freiheit ist eine Grundannahme der modernen Finanzmathematik.
Value-at-Risk
63
Abbildung 2.22: Duplikationsmodell
Wir kommen bei der Bewertung von Derivaten auf die Duplikation zurück. Speziell wird hierauf in den Kapiteln 6.14, 6.15, 8.1.4.4, 8.1.5.2 eingegangen.
2.8
Value-at-Risk
Der Value-at-Risk (VaR) zählt zu den Standardrisikomaßen. Er gibt an, welchen Wert der Verlust einer bestimmten Risikoposition oder eines risikotragenden Portfolios, bei einer festgelegten Wahrscheinlichkeit (dem Konfidenzniveau; 1 − ˛) und während eines festgelegten Zeitraumes nicht überschreitet. VaR ist demnach der absolute Verlust einer Risikoposition, der mit einer entsprechenden Wahrscheinlichkeit über einen bestimmten Zeitraum nicht überschritten wird.
Der ein monatige 95 % VaR bedeutet folglich, dass mit einer Wahrscheinlichkeit von 95 % der Risikobetrag für eine Laufzeit von einem Monat nicht
64
Die quantitativen Grundlagen des Financial Engineering
überschritten wird. Bei einer Veränderung der Wahrscheinlichkeit auf 99 % wird folglich der Betrag angeben, welcher mit einer 99 % Wahrscheinlichkeit nicht überschritten wird.
2.8.1 Wie wird der VaR bestimmt? In der Literatur wird zwischen drei Methoden der VaR Berechnung unterschieden:
Varianz-Kovarianz bzw. analytische Methode, historische Simulation und Monte-Carlo Simulation.
2.8.2 Varianz-Kovarianz / Analytische Methode Der analytische VaR wird aus einer, für die Risikoposition angenommenen Wahrscheinlichkeitsverteilung abgeleitet. Hierfür wird das gesuchte Konfidenzniveau der kumulierten Verteilung mit der Standardabweichung der Risikoposition multipliziert. Nutz man dieses Verfahren in einer Portfoliobetrachtung, so sind die einzelnen VaR’s zu einem Portfolio VaR zu aggregieren. Dieses Verfahren wurde ursprünglich von der Investmentbank J.P. Morgan entwickelt. Bei diesemAnsatz können Umwelteinflüsse über dieVeränderung der Standardabweichung bzw. Kovarianz Matrix (im Portfolio Modell) in die VaR Bestimmung einfließen. Die somit aufgebaute Betrachtung eignet sich für symmetrische und lineare Instrument, jedoch nicht für asymmetrische. 2.8.3 Historische Simulation Die historische Simulation ist der einfachste Ansatz zur VaR Bestimmung. Hierbei wird die historische Kursbewegung einer Risikoposition für einen bestimmten Zeitraum in aufsteigender Reihenfolge sortiert. In einem weiteren Schritt wird das ˛-Quantil der historischen kumulierten Verteilungsfunktion berechnet. Der entsprechende Wert ist der VaR der historischen Simulation. Der Vorteil der historischen VaR Simulation ist, dass es ein sehr einfacher, nicht parametrischer Ansatz zur VaR Bestimmung ist. Ein offensichtlicher Nachteil ist die Annahme, dass die historische Verteilungsfunktion auch die zukünftige Verteilung der Risikoposition widerspiegelt. Häufig werden bei der historischen Simulation auch entsprechende bootstrapping Verfahren eingesetzt, die die Qualität des Verfahrens verbessern sollen.
Value-at-Risk
2.8.4
65
Monte-Carlo Simulation
Eine Alternative zur analytischen Methode und historischen Simulation ist die Bestimmung des VaR mithilfe einer Monte-Carlo Simulation. Im Unterschied zur historischen Simulation basiert das Verfahren der VaR Bestimmung mit Monte-Carlo Simulation auf der Annahme eines statistischen Modells, welches die Veränderungen der Risikoposition bestmöglich approximiert. In einem ersten Schritt muss ein geeignetes Modell zur Abbildung der Veränderungen in der Risikoposition gewählt werden. Dann werden die Parameter des Modells bestimmt und mithilfe einer großen Zahl an zufallsgenerierten Zahlen eine Verteilungsfunktion für die Risikoposition simuliert. Wie bei den anderen Verfahren wird das ˛-Quantil der simulierten Verteilungsfunktion berechnet und damit der VaR bestimmt. Der Vorteil dieses Verfahrens ist, dass es auch für nicht-lineare, asymmetrische Risikopositionen stabile Ergebnisse liefert und unterschiedliche Umweltszenarien sehr einfach in die Berechnung mit aufgenommen werden können. Als negativ kann die relativ hohe Rechenzeit für größere Simulationen genannt werden, wobei hierfür verschiedene Lösungsansätze in der Literatur und Praxis bereits vorgeschlagen werden (siehe Kapitel 6.18).
Conditional Value at Risk (CVaR) – Expected Shortfall Unter dem Conditional Value at Risk (CVaR) oder auch dem Expected Shortfall (dieser ist in den meisten Fällen gleich dem CVaR, wenn die beobachten Zufallsgrößen stetige Dichten vorweise) versteht man, als Weiterentwicklung des Value at Risk (VaR). Mit dem Risikomaß VaR wird der maximale absolute Verlust einer Risikoposition über einen Beobachtungszeitraum für eine bestimmte Wahrscheinlichkeit widergegeben.71 CVaR ist eine Weiterentwicklung von VaR zu einem kohärentem Risikomaß, vorgestellt von ARTZNER, DELBAEN, EBER und HEATH in COHERENT MEASURES OF RISK (vgl. MATHEMATICAL FINANCE, 9 (1999), 203–208).72 CVaR ist definiert als der durchschnittliche absolute, VaR überschreitende Verlust in einem Beobachtungszeitraum für eine gegebene Wahrscheinlichkeit.73
71
72
73
Vgl. Albrecht, Peter: Conditional Value at Risk (CVaR), Tail Value at Risk, Expected Shortfall in: Gabler Versicherungslexikon (online abgerufen Mai 2016). Vgl. Hull, John C.: Optionen, Futures und andere Derivate (9. Ausgabe) S. 612, Pearson; Hull, John C.: Risikomanagement (2. Auflage); Pearson 191ff. und S. 311. Vgl. Albrecht, Peter: Conditional Value at Risk (CVaR), Tail Value at Risk, Expected Shortfall in: Gabler Versicherungslexikon (online abgerufen Mai 2016) und vgl. Artzner, P. / Delbaen, F. / Eber, J. / Heath, D. (1999), Coherent Measures of Risk, in: Mathematical Finance, Vol. 9, No. 3, S. 203–228.
66
2.9
Die quantitativen Grundlagen des Financial Engineering
Entscheidungstheoretische Grundlagen und Ansätze
Wir wollen nun einen kleinen Einblick in die klassische Spieltheorie und in der Praxis vorkommende Verhaltensmuster ermöglichen sowie einen Überblick über die gängigen Portfoliotheorien geben. Dabei haben wir uns den für den Financial Engineer notwendigen Teil herausgegriffen und kurz dargestellt.
2.9.1 Die klassische Entscheidungstheorie Die klassische Entscheidungstheorie ist ein Teil der angewandten Wahrscheinlichkeitstheorie, welche die Konsequenzen von Entscheidungen untersucht und bewertet. Somit wird die Entscheidungstheorie oft als betriebswirtschaftliches Instrument eingesetzt. Bekannte Methoden sind die Nutzwert-, Stakeholder- und Kraftfeldanalyse und derAnalytic Hierachy Process. Die Entscheidungstheorie stößt dann an ihre Grenzen, wenn ein rationaler Gegenpart vorhanden bzw. konstruiert wird. Nun kommt die Spieltheorie zum Einsatz, welche wir nachfolgend kurz und in den Kernaussagen erklären.
2.9.2 Die Spieltheorie Im Unterschied zur klassischen Entscheidungstheorie bedient sich die Spieltheorie der Aussage, dass der Erfolg eines Einzelnen nicht nur von seinen eigenen Handlungen, sondern auch von den Aktionen anderer abhängt. Erste formale Analysen von Gesellschaftsspielen legte John von Neumann im Jahr 1928 vor, auf deren Grundsatz heute noch die Spieltheorie basiert. Die Spieltheorie modelliert die verschiedensten Ausgangssituationen als ein klassisches Spiel. In der mathematisch formalen Beschreibung werden die Grundelemente des Spieles festgelegt. So werden hier z. B. dargestellt: Welche und wie viele Spieler es gibt, welchen sequenziellen Ablauf das Spiel hat und welche Handlungsoptionen jeder Spieler in den einzelnen Stufen der Sequenz hat. Zunächst wird eine Auszahlungsfunktion festgelegt. Diese Funktion ordnet jedem möglichen Spielausgang einen Auszahlungsvektor zu. Durch diesen wird festgelegt, welchen Gewinn ein Spieler erhält, wenn ein bestimmter Spielausgang eintritt. Der Gewinn kann dabei je nach Einsatz (Disziplin) variieren.
Entscheidungstheoretische Grundlagen und Ansätze
67
Wird ein Spiel nicht wiederholt, so spricht man von einem One-Shot-Game (es ist ein einmaliger Durchlauf). Werden One-Shot-Games wiederholt und dies in Reihe, so spricht man von einem Super-Game (also einem Mehrfachspiel). Hierbei ist zu beachten, dass die Spieler die Erfahrungen der vorangegangenen Spiele in jedem Folgespiel einsetzen können (mit Erinnerungsund Erfahrungsfunktion).74
2.9.3
Wer hat welche Information?
Die Frage, welcher Mitspieler welche Information hat, ist eine entscheidende Frage. Nachfolgend wollen wir die einzelnen Informationsstränge kurz aufzeigen und beleuchten. 2.9.3.1 Vollständige Information Ein Spieler kennt sowohl die Spielstruktur als auch die Eigenschaften der Mitspieler, aber er kann nicht notwendigerweise alle Handlungen der Mitspieler beobachten. 2.9.3.2 Vollkommene Information Ein Spieler kennt die Spielstruktur und die Eigenschaften der Mitspieler und ist grundsätzlich auch fähig, die Handlungen der Mitspieler zu antizipieren.
2.9.4
Überführung von Spielen mit unvollständiger Information in Spiele mit vollständiger, aber unvollkommener Information
Nach Harsanyi 75 ist eine Unterscheidung zwischen Spielen mit unvollkommener Information und unvollständiger Information überflüssig, da sich Spiele mit unvollständiger Information in Spiele mit unvollkommener Information transformieren lassen.
74 75
Vgl. von Neumann, John: Theory of Self-Reproducing Automata John. C. Harsanyi 1967/8. „Games with Incomplete Information Played by Bayesian Players.“ Parts 1–3 Management Science 14: 159–82, 320–34, 486–502.
68
Die quantitativen Grundlagen des Financial Engineering
2.9.5 Unterschiedliche Strategien Wie bei jedem Spiel gibt es unterschiedliche Strategien. Nachfolgend wollen wir die einzelnen Strategien aufzeigen und darstellen. 2.9.5.1 Reine und gemischte Strategien Eine Strategie ist dann rein, wenn ein Spieler sie in jedem denkbaren Fall benutzt. Eine Strategie wird als gemischt bezeichnet, wenn ein Spieler sich aufgrund eines Zufallsmechanismus zwischen zwei reinen Strategien entscheiden muss.76 2.9.5.2 Gleichgewichte in dominanten Strategien Bei einem Gleichgewicht in dominanten (beherrschenden) Strategien kann jeder Spieler seine Strategie unabhängig von der Strategiewahl des Gegenübers bestimmen. Da es somit per Definition keinen Anreiz gibt, die Gleichgewichtslösung zu verlassen, ist jedes Gleichgewicht in dominanten Strategien auch ein Nash-Gleichgewicht. Umgekehrt ist aber nicht jedes Nash-Gleichgewicht ein Gleichgewicht in dominanten Strategien.77 2.9.5.3 Nash-Gleichgewicht In einem Nash-Gleichgewicht stellen die gewählten Strategien die wechselseitig besten Antworten dar. In dem Sinne besteht für keinen Spieler der unilaterale Anreiz, eine andere Strategie zu verfolgen. Nachfolgend erklären wir dies ausführlicher.78 2.9.5.4 Lösungswege aus bekannten Problemsituationen Ziel der mathematischen Spieltheorie ist, für Konfliktsituationen eine rationale Entscheidung zu bestimmen. Die Schwierigkeit dabei ist, dass keiner der Spieler weiß, wie sich die anderen Spieler entscheiden werden. Damit
76
77
78
Vgl. Manfred J. Holler, Gerhard Illing: Einführung in die Spieltheorie, Springer Verlag, Heidelberg, 2008. Vgl. Manfred J. Holler, Gerhard Illing: Einführung in die Spieltheorie, Springer Verlag, Heidelberg, 2008. Vgl. Nash jr. , John F.: Equilibrium Points in n-Person Games (1949). Vgl. Eichberger, Jürgen (1993): „Game Theory for Economists“. San Diego / New York: Academic Press, S. 84
Entscheidungstheoretische Grundlagen und Ansätze
69
ist es für einen einzelnen Spieler völlig ungewiss, wie sich seine konkrete Entscheidung für eine Strategie auswirken wird.79 Im Nash-Gleichgewicht wird nun folgende Idee dargestellt: Man geht von allen möglichen Kombinationen aus, die für jeden Spieler eine Strategie beinhalten. Einer solchen Strategiekombination kann dann eine gewisse Stabilität unterstellt werden, wenn kein einzelner Spieler einen Anreiz besitzt, von seiner Strategie abzuweichen (die Auszahlung an den Spieler, der seine Strategie als Einzelner ändert, darf sich also aufgrund dieser Änderung nicht erhöhen). Ist dies der Fall, wird die betreffende Strategiekombination NashGleichgewicht80 genannt. Dabei sind Nash-Gleichgewichte im Allgemeinen nicht eindeutig bestimmt. Allerdings kann die Existenz gesichert dargestellt werden, wenn der Entscheidungsrahmen der Spieler auf sogenannte gemischte Strategien erweitert wird, bei denen jeder Spieler seinen Handlungsplan nach dem Zufallsprinzip bestimmen darf. Ein Nash-Gleichgewicht in gemischten Strategien besteht folglich aus einer gemischten Strategie für jeden Spieler, mit der Eigenschaft, dass die gemischte Strategie eines jeden Spielers die beste Antwort auf die gemischten Strategien der anderen Spieler bildet.81 Beispiel:82 „Zwei Spieler (1 = X und 2 = Y) haben je eine schwarze und eine weiße Spielfigur. Die Regeln lauten: Spieler X gewinnt, wenn die Farben der Spielfigur beim Ziehen gleich sind (schwarz/schwarz oder weiß/weiß). Spieler Y gewinnt, wenn die Farben der Spielfigur unterschiedlich sind (weiß/schwarz oder schwarz/weiß). Welche Strategie wird Spieler X wählen? Wählt er die schwarze Spielfigur, wird Spieler Y immer die weiße wählen und Spieler X verliert. Selbst wenn Spieler X seine Strategie ändert und sich für die weiße Spielfigur entscheidet, ändert Spieler B seine Strategie ebenfalls und wählt diesmal als Konter die Farbe schwarz – Spieler X verliert folglich wieder. Beginnt Spieler Y, wird Spieler X seine Strategie ebenfalls anpassen. Daraus folgt, dass kein Spieler durch die richtige Kombination von Spielfiguren einen Vorteil erzielen kann. Wenn der Gegner die Strategie errät, kann er immer eine passende Gegenstrategie wählen, die ihm den Sieg sichert – und umgekehrt.“
79
80 81
82
Manfred J. Holler, Gerhard Illing: Einführung in die Spieltheorie, Springer Verlag, Heidelberg, 2008. Nash-Equilibrium. Vgl. Manfred J. Holler, Gerhard Illing: Einführung in die Spieltheorie, Springer Verlag, Heidelberg, 2008. Vgl. Rieck, Christian: Spieltheorie: Eine Einführung, Christian Rieck Verlag, Eschborn, 2008.
70
Die quantitativen Grundlagen des Financial Engineering
Im gegebenen Beispiel kann es folglich kein Nash-Gleichgewicht geben, wenn beide Spieler eine reine Strategie (vgl. Kapitel 2.9.5.1) wählen. Abhilfe kann ein Abweichen, also ein Spiel mittels zufälliger Auswahl der Vorgehensweisen sein. Nur wenn beide Spieler rein zufällig mit einer Wahrscheinlichkeit von 50 Prozent die weiße oder schwarze Spielfigur nehmen, gäbe es für keinen den Anreiz, von dieser zufälligen Strategie abzuweichen, und es entsteht zwangsläufig ein Nash-Gleichgewicht.
2.10
Financial Engineering und Spieltheorie
Was hat die Spieltheorie nun mit Financial Engineering und den Märkten zu tun? Sehr viel! Nein, wir sprechen nicht davon, dass Derivatemärkte etwas für Spieler sind. Es geht uns vielmehr um die Entscheidungen, welche wir jeden Tag im Zuge des Financial Engineering, im Wealth Management oder in anderen für die Financial Industrie relevanten Abteilungen treffen. Natürlich evaluiert man nicht jeden Tag seine Entscheidungen mittels spieltheoretischer Ansätze, auch wenn wir dies evtl. im Unterbewusstsein so machen (denken Sie an das Beispiel mit den weißen und schwarzen Spielfiguren). An den Märkten werden täglich Entscheidungen zugunsten oder zulasten eines Investments getroffen, Zahlen bewertet und Bilanzen ausgewertet. Wichtig ist jedoch auch, zu wissen, wie die Masse der Investoren auf eine Nachricht reagiert. Was wird sie in die eine oder andere Richtung treiben? Wie reagiert mein Gegenüber als Verhandlungspartner in einer bestimmten Situation, wie weit kann ich z. B. bei Verhandlungen gehen? Diese Lösungsansätze lassen sich mittels der Spieltheorie aufbauen und bewerten. Natürlich wird kein Mensch immer rational entscheiden oder sich zu einhundert Prozent an alle Regeln halten. Dies macht es jedoch so spannend, diese Verfahren anzuwenden. Gerade bei harten Verhandlungen kann man sich hier Vorteile gegenüber seinem Verhandlungspartner verschaffen. Wichtig ist jedoch, dass man bereits im Vorhinein das Spiel mit den einzelnen möglichen Ausgängen durchgespielt hat. Dann ist man auf verschiedene Situationen vorbereitet und kann schnell und zielgerichtet handeln. Eine solche Vorbereitung ist bei allen großen Verhandlungen zwingend notwendig! Lassen Sie uns an dieser Stelle noch auf ein anderes Beispiel aus der Finanzbranche eingehen. Viele gehen davon aus, dass bei einer Dividendenzahlung ein Aktionär „reicher“ wird. Dies ist jedoch falsch, da er lediglich einen Gewinn, welcher sonst im Unternehmen folglich der Aktie zugrunde liegt, ausgeschüttet bekommt. Warum macht ein Unternehmen dies dann? Hierfür gibt es einige Gründe: Zum einen sind es Anreizinstrumente für neue Kapitalgeber, zum anderen ist es eine Signalwirkung nach außen. Diese kann man
Die Risikosteuerung eines Portfolios
71
spieltheoretisch untersuchen. Schlechte Nachrichten, wie Rückrufaktionen bei Autos, Arbeitsplatzstreichungen etc., führen zu einem schlechten Außenbild des Unternehmens, während z. B. Dividendenzahlungen zu einem positiven Außenbild führen. So versucht ein Manager immer, negative Daten mit positiven Daten nach außen zu verkaufen. Warum ist dies so? Dass es dem Unternehmen gut geht, weiß nur ein Insider. Trifft folglich eine schlechte Nachricht auf „Nicht-Insider“, hat dies negative Folgen. Kombinieren sie dies jetzt mit etwas, das sich ein „schlechtes“ Unternehmen nie leisten könnte, wie eine Dividendenzahlung, haben sie eine negative Nachricht aufgefangen. Somit signalisiert die Dividendenzahlung, dass die Insider des Unternehmens mehr wissen als Außenstehende und dass die Nachrichten vom Unternehmen gut sein müssen, ohne dass diese ausgesprochen werden.83
2.11
Die Risikosteuerung eines Portfolios
Im nachfolgenden Teil sprechen wir von Risikosteuerung und setzen dies auch in den diversen Hedgingstrategien um. Wenn man von Risikosteuerung spricht, ist es unbedingt notwendig, das Risiko richtig zu benennen. Grundsätzlich unterscheiden wir zwischen dem unsystematischen Risiko, das aus dem Einzelengagement resultiert, und dem systematischen Risiko, das auch als nicht diversifizierbares Risiko bezeichnet werden kann. Das unsystematische Risiko lässt sich durch aktives Depotmanagement und Diversifikation eliminieren.84 Das systematische Risiko dagegen ist im Gesamtmarkt verwoben und betrifft damit alle Investitionen eines Marktes. Es lässt sich folglich nicht wegdiversifizieren. Wie in der Abbildung 2.23 zu erkennen ist, bleibt die durchschnittliche Kovarianz zwischen den Assets bestehen.
Das Portfoliorisiko besteht aus einer gewichteten Summe der Einzelwertrisiken sowie der wechselseitigen Korrelationen der Risiken.
83
84 85
Vgl. Rieck, Christian: Spieltheorie: Eine Einführung, Christian Rieck Verlag, Eschborn, 2008. Siehe hierzu: Harry M. Markowitz, Portfolio Selection Theory, 1952. Vgl. auch Crowther, D. & Sefi, S., 2010. Corporate Governance & Risk Management. Shahla Seifi & Ventus Publishing ApS; Vgl. Auckenthaler, C.: Theorie und Praxis des modernen Portfoliomanagement, 1994, S. 143 (Darstellung angepasst und eigen).
72
Die quantitativen Grundlagen des Financial Engineering
Varianz der Portfoliorendite
var
unsystematisches Risiko cov systematisches Risiko 1
3
5
7
9
11
13
15
19
21
…N
Abbildung 2.23: Varianz der Portfoliorendite in Abhängigkeit von der Anzahl der Portfolioelemente85
2.11.1 Welche Grundfragen stehen vor einem jeden Handeln? Ein Investor sollte immer seine Ziele planen. Erst wenn dieser Plan gereift ist, sollte er in die Tat umgesetzt werden. Von zu hastigen Aktionen ist abzuraten, da diese im Regelfall zu Verlusten führen. Vor Abschluss der Geschäfte muss sich ein Investor folgende Fragen stellen:
Ist es sinnvoll, dieses Geschäft abzuschließen? Wie sind die Chancen im Verhältnis zum Risiko? Mit wie viel Geld werde ich dieses Investment beginnen? Wie viel Geld werde ich noch einbringen? Wie lange möchte ich das Investment halten? Welches Risiko bin ich bereit zusätzlich aufzubauen? Wann werde ich die Position im Gewinnfall schließen? Wann werde ich die Position im Verlustfall schließen?
Nach diesen Fragen sollte er einen Aktionsplan (vgl. Abbildung 2.24) aufstellen, in dem die Antworten festgehalten werden. Grundsätzlich ist ratsam, nicht mehr als 20 bis 30 Prozent des liquiden Vermögens in Spekulationen zu investieren. Die Nachschussverpflichtungen (Sicherheitenverstärkung) soll-
Die Risikosteuerung eines Portfolios
Grundgedanken
Grenzen
Aktionsanweisungen
73
• Grundintention für das Geschäft • Nachschussmöglichkeiten
• Gewinngrenzen • Verlustgrenzen
• Einstiegsplan • Ausstiegsplan
Abbildung 2.24: Aufbau eines Aktionsplans
ten 30 bis 50 Prozent86 des Ursprungskapitals nicht überschreiten, da in diesem Rahmen eineAbfederung der eventuell eintretendenVerluste möglich ist. Der Aktionsplan sollte ausführlich geschrieben werden und ist als Wegweiser durch die ersten Engagements zu verstehen. Der Aktionsplan muss Aktionsanweisungen für den Ein- und Ausstieg in Positionen beinhalten, die Verlustund Gewinngrenzen aufzeigen, die möglichen Nachschussverpflichtungen festlegen und der Grundintention des Investors (Warum mache ich dieses Geschäft?) dienen. Gerade am Anfang, aber auch in komplexen Strategien ist es sinnvoll, Stop-Loss-Limits zu definieren. Diese Vorgehensweise sorgt auch dafür, dass sich der Investor intensiv mit der Materie beschäftigt und seine Entscheidung nicht aus einer Laune heraus trifft. Hat sich ein Investor bereits intensiv mit der Materie beschäftigt, ist der schriftliche Aktionsplan nicht mehr notwendig, da er aus eigener Erfahrung heraus entscheiden und reagieren kann.
2.11.2
Welche Typen von Investoren gibt es?
Vereinfacht unterscheidet man zwischen Retail- und institutionellen Kunden. Diese lassen sich wiederum in beliebig viele Unterkategorien aufschlüsseln. Die beiden Kundengruppen untscheiden sich hinsichtlich des Einsatzes von Derivaten im Allgemeinen wie folgt: 86
Gilt für nicht professionelle Marktteilnehmer.
74
Die quantitativen Grundlagen des Financial Engineering
Fachwissen Haltedauer Liquidität Analytische Fähigkeit und Tools Marktzugang (OTC und Börsen) Regulatorische Vorschriften Ordergröße
Grundsätzlich ist eine Berücksichtigung der obigen Faktoren notwendig. Gerade bei diesen Faktoren unterscheiden sich Retail- und institutionelle Investoren stark. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, dass Derivate durch eine dritte Partei beraten bzw. vermittelt werden (Vermögensverwalter, Family-Office, Kundenbetreuer, Wirtschaftsprüfer etc.). Ihr Einfluss muss hier ebenfalls berücksichtigt werden.
2.11.3 Wie gehen neue Investoren mit Derivaten um? Investoren, die neu im Bereich Derivate investieren wollen, sollten zuerst im Trockenhandel (auf dem Papier oder z. B. in Excel®) Strategien aufbauen und diese verfolgen. Dieser Trockenhandel ist schriftlich festzulegen und ehrlich zu führen (nicht nur das Positive zählt). Die Verluste auf dem Papier sind keine echten Verluste, aber auch aus ihnen kann man lernen. In diesem Zusammenhang sind uns folgende Punkte wichtig:
Die Strategien müssen in unterschiedlichen Marktsituationen getestet werden Normale Marktsituation Stresstest in einer außergewöhnlichen Marktsituation Die Ein- und Ausstiegssignale müssen realistisch und nachvollziehbar sein Marktgerechte Signale Nachvollziehbarkeit muss immer gewährleistet werden Die Grundregeln der Statistik sind unbedingt anzuwenden und zu beachten
Wer in diesen Punkten unehrlich ist, wird es bei den realen Trades bitter bereuen. Erst wenn ein Investor auf diese Art und Weise Erfahrungen gesammelt hat, sollte er die Investitionen selbst vornehmen. Er kann nun mit auftretenden Problemen einfacher umgehen, da er die verschiedenen Situationen bereits auf dem Papier „durchlebt“ hat. Man sollte sich jedoch nicht der Illusion hingeben, keine neuen Entscheidungen mehr treffen zu müssen: Auch der beste Spekulationsplan und die beste Vorbereitung im Trockenhandel können nicht vor hektischen und oft zu emotional getroffenen Entscheidungen bewahren.
Portfoliotheorie
75
Daher gilt es vor allem, Ruhe zu bewahren und zu versuchen, Entscheidungen sachlich zu treffen.
„An der Spitze sind die Dinge einfach!“ Diese Aussage87 ist auch im Financial Engineering richtig. Daher ist nicht immer die komplexe Materie das Richtige. Oft sind es die simplen Strategien, mit denen man sehr viel mehr Erfolg hat als mit den hochkomplexen.
Lassen Sie uns an diesem Punkt noch kurz ein paar Worte zur Höhe der Investitionen verlieren. Statistisch gesehen bringen häufigere kleine Einsätze einen per Saldo höheren Ertrag als wenige große. Auch aus Risikoaspekten heraus sollte man sich hierauf stützen. Das Verlustpotenzial ist gemessen am Gesamtvermögen auszurichten und das Investitionsvolumen sollte nicht den Verlusten angepasst werden. Werfen Sie nicht gutes Geld dem schlechten hinterher!
Hier gelten die theoretischen Grundsätze des Portfoliomanagements, welche wir in Kapitel 2.12 aufzeigen. Ebenfalls sollte das Risikocontrolling nicht aus den Augen gelassen werden. Wir gehen hierauf näher in Kapitel 16.1 ein.
2.12
Portfoliotheorie
Die Portfoliotheorie untersucht das Investitionsverhalten von Anlegern an Kapitalmärkten und ihre Renditeerwartung im Verhältnis zum eingegangenen Risiko. Ziel der Portfoliotheorie ist, Handlungsanweisungen für die bestmögliche Kombination von Anlagealternativen zur Bildung eines optimalen Portfolios zu geben. In einem optimalen Portfolio werden die Präferenzen des Anlegers bezüglich des Risikos und des Ertrags sowie die Liquidität berücksichtigt. Nachfolgend wollen wir einen Überblick über die gängigsten Portfoliotheorien geben.
87
Alpa of Switzerland „Things are simple at the top!“.
76
Die quantitativen Grundlagen des Financial Engineering
2.12.1 Das Portfolio-Selection-Modell Ausgangspunkt des Portfolio-Selection-Modells88 von H. M. Markowitz89 ist die empirische Beobachtung, dass Anleger ihr Vermögen auf mehrere Anlagetitel aufteilen, folglich also diversifizieren. Um ein Modell für die optimale Portfoliowahl zu entwickeln, setzt Markowitz zusätzlich die Prämissen, dass der Betrachtungszeitraum eine Periode beträgt. Für dieses Modell erhielt Markowitz 1990 den Wirtschaftsnobelpreis.
Zentrale Aussagen des MARKOWITZ-Modells
Maßgeblich für die Portfoliokonstruktion sind die Größen erwartete Rendite und Risiko.
Aus Gründen der Risikoreduktion ist die Bildung von Wertpapierportfolios (Diversifikation) sinnvoll.
Als effizient werden solche Portfolios bezeichnet, zu denen es bei gleicher erwarteter Rendite kein Portfolio mit einem geringeren Risiko gibt resp. zu denen es bei gleichem Risiko kein Portfolio mit einer höheren zu erwartenden Rendite gibt.
Zentrale Bedeutung für das Portfoliorisiko besitzt die Korrelation der erwarteten Renditen der einzelnen Wertpapiere im Portfolio. Es kommt nicht so sehr auf die Menge der ins Portfolio aufgenommenen Werte, sondern vielmehr auf die Korrelationen zwischen den in ihm befindlichen Titeln an.
Die optimale Portfoliowahl ist dort erreicht, wo das Portfolio risikoeffizient ist und zugleich der individuellen Risikoneigung des einzelnen Anlegers entspricht. Jeder Investor stellt gemäß seiner individuellen Risikoneigung ein Portfolio zusammen, das auf der risikoeffizienten Linie liegt.
Dem M ARKOWITZ-Modell gelingt es, das Risiko von Wertpapieranlagen explizit zu berücksichtigen. Es wird hierbei die eindimensionale Betrachtungsweise (Rendite), die bis dahin vorherrschte, durch die bis heute aktuelle zweidimensionale Betrachtung (Rendite und Risiko) ersetzt. Dieser Umstand führt nun dazu, dass nicht mehr die Betrachtung des Einzelwerts sondern die des Portfolios als Ganzes im Mittelpunkt steht. Das Portfolio-Selection88
89
Entwickelt 1952 von Harry Markowitz und publiziert erstmals unter: Portfolio Selection, Journal of Finance. 7/1952, S. 77–91. Geb. 1927 in Chicago, US amerikanischer Ökonom; seit 1990 Wirtschaftsnobelpreisträger.
Portfoliotheorie
77
Modell ist gleichwohl nicht frei von Anfälligkeiten, denn für die Berechnung der Effizienzgrenze ist eine große Menge zu schätzender Daten (und diese bringen diverse Schätzfehler mit sich) notwendig. In der Praxis besteht oft erhebliche Unsicherheit bezüglich der Werte der Modellvariablen. Ferner ist die Verwendung historischer Daten (welche immer nur einen Rückblick liefern) problematisch, da für die Anleger die Kenntnis zukünftig effizienter Portfolios wichtig ist.90 Die erwartete Portfoliorendite wird mithilfe der erwarteten Rendite der einzelnen Anlagen gemessen und erfolgt grundsätzlich aus: p =
n
xi i
i =1
p xi i n
= erwartete Portfoliorendite = Anteil des Wertpapiers i am Portfolio = Erwartungswert der Rendite des i-ten Wertpapiers = Anzahl der im Portfolio enthaltenen Wertpapiere
Das erwartete Portfoliorisiko wird mithilfe der Varianz abgebildet. Ihre Berechnung wird grundsätzlich wie folgt ausgeführt: 2p = 2p T Rpt p
T 1 (Rpt − p )2 T t =1
= Varianz der erwarteten Rendite des Portfolios p = Anzahl der beobachteten Renditen des Portfolios (Zeitperioden) = erwartete Rendite des Portfolios p in der Periode t = Erwartungswert der Portfoliorendite
Setzt man anstelle der Varianz die Standardabweichung, so gilt dies auch als äquivalentes Risikomaß. Die Standardabweichung ist die Wurzel der Varianz. √ = 2 Wird die Varianz einer Portfoliorendite aus den Renditen der einzelnen Investments in einem Portfolio berechnet, so ist das Ausmaß des Renditegleichlaufes (welcher von der Korrelation der Renditen abhängt) der einzelnen Wertpapiere aussschlaggebend. Es muss somit die Portfoliovarianz neben den Einzelvarianzen der Wertpapiere berechnet werden (vgl. Abbildung 2.25).91 90 91
Vgl. Steiner M., Bruhns C.: Wertpapiermanagement. Vgl. Markowitz, H.M.: Portfolio Selection, Journal of Finance. 7/1952, S. 77–91; Vgl. Steiner M., Bruhns C.: Wertpapiermanagement.
78
Die quantitativen Grundlagen des Financial Engineering
erwartete Rendite
risikoeffiziente Linie Minimum-Varianz-Portfolio
risikoineffiziente Linie
Volatilität
Abbildung 2.25: Minimum-Varianz-Portfolio (grafische Darstellung des Erwartungswertes der Renditen vs. der Standardabweichung der erwarteten Renditen)
Kernaussagen des Markowitz-Modells Es gibt kein anderes Portfolio, das
bei gleicher Renditeerwartung ein geringeres Risiko aufweist,
bei gleichem Risiko eine höhere zu erwartende Rendite generiert,
sowohl einen höheren Renditeerwartungswert als auch gleichzeitig ein geringeres Risiko besitzt.
2.12.2 Das Single-Index-Modell Ziel des von Sharpe92 geschaffenen Modells ist, mit weniger Datenreihen als Markowitz auszukommen. Sharpe geht davon aus, dass die positiven Korrelationskoeffizienten zwischen Anlagetiteln fundamentale Ursachen haben (z. B. Änderungen der Leitzinsen durch die Notenbank, politische oder 92
William F. Sharpe (*1934) ist US-amerikanischer Wirtschaftswissenschaftler und Prof. Emeritus an der Stanford University. Er gehört zu den Mitbegründern des CAPM.
Portfoliotheorie
79
wirtschaftliche Ereignisse). Er unterstellt, dass diese gemeinsamen Einflüsse mithilfe eines Indexes erfasst werden können und dass dieser die Renditeunsicherheit der Aktien – abgesehen von einer titelspezifischen Störkomponente – vollständig erklärt. Folglich wird nach seiner Maßgabe im Index alles abgedeckt.93
Zentrale Aussage des Single-Index-Modells
Die im Markowitz-Modell bestehende Datenproblematik lässt sich mittels eines Index bewältigen.
Die Wertentwicklung von Anlagetiteln ist nicht unabhängig voneinander, sondern hängt auch vom Index ab.
Aufgrund des Index-Modells ist das Problem der Datenmengen des Markowitz-Modells überwindbar. Dies führt zu Kosten- und Zeitersparnissen. Allerdings ergibt sich bei Anwendung des Index-Modells ein Informationsverlust gegenüber dem Markowitz-Modell, da die Korrelationen der einzelnen Anlagetitel untereinander nicht mehr modelliert werden.94
2.12.3
Das Capital-Asset-Pricing-Modell (CAPM)
Das CAPM, das von Sharpe, Lintner und Mossin entwickelt wurde, greift den Kerngedanken der Portfoliotheorie auf, demzufolge das Risiko von Wertpapieren z. T. durch Diversifikation zu eliminieren ist und daher nicht das Gesamtrisiko eines Wertpapiers für die Bewertung des Titels ausschlaggebend sein kann. Der Grundgedanke des CAPM ist es, Gleichgewichtskurse für einzelne riskante Anlagemöglichkeiten im Portfolio unter Unsicherheit, also Risiko, herzuleiten. Das CAPM gilt somit als Einfaktor-Modell und setzte erwartete Renditen ins Verhältnis zu dessen Risiko.
93
94
Vgl. Sharpe, W.F.: A Simplified Model for Portfolio Analysis. Management Science, 9, Jan, 277–93 und Sharpe, W.F.: Capital Asset Prices: A Theory of Market Equilibrium under Condition of Risk. Journal of Finance, 19, 425–442. Vgl. Steiner M., Bruhns C.: Wertpapiermanagement.
80
Die quantitativen Grundlagen des Financial Engineering
2.12.3.1 Annahmen des CAPM Neben den bekannten Prämissen der Portfoliotheorie wird Folgendes eingeführt:
Es besteht ein vollkommener Kapitalmarkt, d. h. keine Informations- und Transaktionskosten, keine Steuern und keine sonstigen Beschränkungen wie z. B. Marktregulierungen. Einzelne Investoren haben keinen Einfluss auf die Marktpreise. Alle Investitionen lassen sich beliebig teilen und sind marktfähig. Es existiert ein risikoloser Zinssatz, zu dem jederzeit beliebig viel Geld aufgenommen und angelegt werden kann. Bezüglich der Rendite und des Risikos aller Wertpapiere bestehen bei den Investoren homogene Erwartungen.
2.12.3.2 Kernaussagen des CAPM
Im Kapitalmarktgleichgewicht ist der riskante Teil eines Portfolios sämtlicher Anleger – unabhängig von ihrer Risikoeinstellung – identisch strukturiert. Das riskante Teilportfolio entspricht dem Marktportfolio, d. h., es enthält alle verfügbaren Wertpapiere im Verhältnis zu ihrer Kapitalisierung. Die Einführung des Konstrukts des Marktportfolios, das auf der Annahme homogener Erwartungen fußt, erbringt gegenüber der Portfoliotheorie den Vorteil, dass alle Anleger anstatt eines individuellen Portfolios die gleiche Portfoliozusammensetzung haben.
Die erwarteten Renditen effizienter Portfolios sind eine lineare Funktion der Standardabweichung der Portfoliorendite (die Kapitalmarktlinie). Zwischen der Rendite eines Wertpapiers bzw. eines Wertpapierportfolios und seinem (systematischen) Risiko besteht ein linearer Zusammenhang (die Wertpapierlinie). Dieser Zusammenhang beantwortet die Frage, wie ein einzelnes Wertpapier des Marktportfolios im Gleichgewicht zu bewerten ist.
Die Wertpapierrendite setzt sich aus einem risikolosen Teil und einer Risikoprämie zusammen.
Im Portfoliozusammenhang ist für einzelne Wertpapiere nur der Betafaktor als Risikomaß bewertungsrelevant. Da das Beta lediglich das systematische Risiko, also das nicht „wegdiversifizierbare“ Marktrisiko reflektiert, wird im CAPM für die Übernahme des unsystematischen Risikos keine Risikoprämie gewährt.
Portfoliotheorie
81
E (Ri) Kapitalmarktlinie
E (Rm)
Marktportfolio „M“
Effizienzkurve riskanter Portfolios
Rf
σm
σi
Abbildung 2.26: Die Kapitalmarktlinie (Capital Market Line) (vgl. Springer Gabler (Hrsg.) Wirtschaftslexikon http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Archiv/119/capital-assetpricing-model-capm-v8.html)
Während früher durchgeführte empirische Tests die Aussagen des CAPM tendenziell eher bestätigen konnten, neigen neuere Tests eher zu einerAblehnung dieser Modellaussagen. Ganz offensichtlich lassen sich am Kapitalmarkt Effekte beobachten, die im Widerspruch zum CAPM stehen. Problematisch ist hier vor allem die Unternehmensgröße,95 das Kurs-Buchwert-Verhältnis96 einer Aktie, das Kurs-Gewinn-Verhältnis97 oder die Sensitivität gegenüber Zinsänderungen.98 Zwei Punkte determinieren die Lage der Kapitalmarktlinie.99 „Zum einen der Ordinatenabschnitt Rf zum anderen der Tangentialpunkt mit der Effizienzkurve riskanter Portfolios, welche man auch als Marktportfolio bezeich-
95 96 97 98 99
Hier vor allem Small und Mid Cap. Kurs einer Aktie KBV = Buchwert im englischen P/B Ratio genannt. je Aktie Kurs einer Aktie KGV = Gewinn je Aktie im Englischen auch Price-Earnings-Ratio (P/E Ratio) genannt. Vgl. Steiner M., Bruhns C.: Wertpapiermanagement. Nach James Tobin, der den Ansatz 1958 erweiterte. Er fügte der Betrachtung die risikolose Komponente Rf hinzu.
82
Die quantitativen Grundlagen des Financial Engineering
nen kann (vgl. Abbildung 2.26).“100 Es lässt sich also Folgendes ableiten:101 E(Rp ) = Rf +
E(Rm ) − Rf × p m
E(Rp ) = Renditeerwartungswert des Portfolios p E(Rm ) = Renditeerwartungswert des Marktportfolios = Standardabweichung des Portfolios p p m = Standardabweichung des Portfolios m Rf = risikoloser Zins (risikolose Anlage) Die Kapitalmarktlinie definiert den allgemeinen Zusammenhang zwischen zunehmender Renditeerwartung und steigendem Portfoliorisiko.
Man könnte nun folgern, dass Anleger bereit sind, Risiko zu tragen, und dafür eine Risikoprämie erwarten. Oder anders ausgedrückt: Bei einer Änderung des Risikos ändert sich auch die Renditeerwartung der Anleger. Man kann nun von der Kapitalmarktlinie, welche die Renditeerwartung von riskanten Portfolios aufzeigt, auf die Wertpapierlinie, die den Preis einzelner Wertpapiere des Marktportfolios im Kapitalmarktgleichgewicht angibt, überleiten.102 E(Rp ) = a × E(Ri ) + (1 − a) × E(Rm ) a = Anteil des Wertpapiers i am Portfolio p E(Ri ) = Erwartungswert der Rendite des Wertpapiers i E(Rm ) = Erwartungswert der Rendite des Marktportfolios E(Rp ) = Erwartungswert der Rendite des Portfolios p Folglich ergibt sich das Portfoliorisiko: p = a2 2i + (1 − a)2 2m + 2COVim a(1 − a) COVim stellt die Kovarianz zwischen dem Wertpapier i und dem Marktportfolio dar.
100 101
102
Vgl. Steiner M., Bruhns C.: Wertpapiermanagement. Vgl. Steiner M., Bruhns C.: Wertpapiermanagement; Gutermuth, G.: Grundlegende theoretische Konzepte des modernen Portfoliomanagements und ihre Umsetzung in der Investmentfondspraxis. Vgl. Steiner M., Bruhns C.: Wertpapiermanagement.
Portfoliotheorie
83
Möchte man die Auswirkungen, welche die Variation des Anteils des Wertpapiers i auf die Portfoliorisiken und die Portfoliorendite hat isolieren, so leitet man beide Gleichungen nach dem Portfolioanteil a ab. dE(Rp ) = E(Ri ) − E(Rm ) da dp 1 = × a2 2i + (1 − a)2 2m + 2COVim a(1 − a) da 2 × [2a2i − 22m + 2a2m + 2COVim − 4aCOVim ]
Für die Bestimmung des Preises wird der Anteil des Wertpapiers (i) auf null gesetzt. Denn im Marktportfolio ist das Wertpapier i bereits mit einem Anteil von a vertreten. Die daraus ergebenen Ableitungen kann man nun nach i auflösen und erhält somit die Kapitalmarktlinie. E(Ri ) = Rf + [E(Rm ) − Rf ] × E(Ri ) E( R m ) COVim 2m Rf
COVim 2m
= Renditeerwartungswert des Wertpapiers i = Renditeerwartungswert des Marktportfolios m = Kovarianz zwischen Wertpapier i und dem Marktportfolio m = Varianz des Marktportfolios = Rendite der risikolosen Anlagemöglichkeit
Wie wir erkennen, kann man für eine einzelne Kapitalanlage im Kapitalmarktgleichgewicht eine Rendite erwarten, die sich aus einem risikolosen Zinssatz und einer Risikoprämie (muß bezahlt werden, da es sich um ein risikotragendes Asset handelt) zusammensetzt. Das Maß der Risikohöhe nennt man auch Betafaktor (= COVim /2m ). Durch die Erweiterung dieses Modells ist eine mehrdimensionale Sichtweise möglich.103
Die Rendite eines individuellen Assets hängt von der Höhe des jeweiligen Beta ab. Je größer dieses ist, desto größer ist die Rendite. Mit der Rendite steigt jedoch auch das Risiko im CAPM.
103
Vgl. Sharpe W.: Capital Asset Prices: A Theory of Markets Equilibrium under Conditions of Risk, Journal of Finance Vol. 19, No. 3 (1964) pp. 425–442; Vgl. Steiner M., Bruhns C.: Wertpapiermanagement; Gutermuth, G.: Grundlegende theoretische Konzepte des modernen Portfoliomanagements und ihre Umsetzung in der Investmentfondspraxis.
84
Die quantitativen Grundlagen des Financial Engineering
2.12.3.3 Zusammenfassung des CAPM Mit dem CAPM wird für alle Anlageformen eine theoretische Beziehung zwischen deren erwarteter Rendite und dem jeweiligen Assetrisiko begründet. Die Renditeerwartung jeder Anlagemöglichkeit entspricht dem Zinssatz für die sichere Anlagealternative zuzüglich einer Risikoprämie. Die Risikoprämie ist proportional zum Beta des Assets.104
E (Ri)
E (Rm)
Wertpapierlinie
Rf
Abbildung 2.27: CAPM Wertpapierlinie105
2.12.4 Abschließende Würdigung der Modelle Die oben aufgezeigten Modelle sind die in der Praxis gängigsten und meist angewandten Modelle. Natürlich wollen wir an dieser Stelle nicht verschweigen, dass auch andere Modelle bzw. Ableitungen wie z. B.Arbitrage Pricing Theory (APT)106 nach Ross107 etc. durchaus wichtig sind.
104 105
106 107
Vgl. Spremann, Gantenbein: Finanzmärkte, 4. Auflage UTB (2017). Vgl. Springer Gabler (Hrsg.) Wirtschaftslexikon; http://wirtschaftslexikon.gabler.de/ Archiv/119/capital-asset-pricing-model-capm-v8.html. Bestimmung von Eigenkapitalkosten und erwartete Rendite von Wertpapieren. Professor am MIT (MIT Sloan School of Management).
Prozess des Portfoliomanagements
85
Die oben dargestellten Modelle beziehen sich alle auf Annahmen, welche in der Theorie zwar ableitbar, jedoch in der Praxis manchmal nicht umsetzbar und so nicht anzutreffen sind. So sind z. B. Renditen in der Realität nicht normalverteilt, Prognosen sind ungenau usw. Daher ist jeder Portfoliomanager108 aufgefordert, mit klarem Sachverstand und kritischer Denkweise an die einzelnen Portfolios heranzugehen.
2.13
Prozess des Portfoliomanagements
Lassen Sie uns kurz den praktischen Prozess des Portfoliomanagements ansprechen. Dieser sollte in drei Prozessbausteine gegliedert sein (vgl. Abbildung 2.28):
die Planung, die Realisierung und die Kontrolle.
Planung Anlegeranalyse Anlegerpräferenzen stehen im Vordergrund
Anlagekonzept wird erarbeitet Finanzanalyse und Vermögensverwaltungsanalyse
Realisierung Portfoliobildung
Portfoliorevision
Kontrolle Wird alles im Anlegersinn realisiert?
Performance- und Risikomessung
Abbildung 2.28: Aufbau eines Portfoliomanagements
108
Hierbei ist es nach unserem Dafürhalten nicht von Bedeutung, ob ein Vermögensverwaltungsmandat oder ein direkt betreutes Portfolio zur Disposition steht.
86
Die quantitativen Grundlagen des Financial Engineering
Bei der Analyse des Anlegers (Anamnese seiner Präferenzen, Risikoeinschätzung, Einschätzung des Komplexitätsgrades des Portfolios etc.) werden die meisten Fehler gemacht. Bei der Analyse ist es wichtig, dass nur der Anleger und nicht der Portfoliomanager im Vordergrund steht. Gerade die Frage nach dem Komplexitätsrahmen eines Portfolios wird oft nach den Kompetenzen des Portfoliomanagers und nicht nach den Grundbedürfnissen des Anlegers beantwortet. Dasselbe gilt für die Performanceaussichten. Diese werden fälschlicherweise oft zu hoch angesetzt. Hier gilt der alte Lehrspruch: „Hohe Renditen, hohe Risiken!“109 Dies muss dem Anleger bewusst sein (vgl. Abbildung 2.29). Ein langes und klärendes Gespräch zu Beginn und mindestens jedes Quartal (bei manchen Anlegern auch öfters) sowie ein ReviewGespräch sind hier anzuraten. Der Portfoliomanager muss sich immer an die vereinbarten Grundstrategien halten, außer er fragt explizit für ein Einzelgeschäft beim Anleger nach. Sollte aufgrund einer extremen Marktlage ein kompletter Strategiewechsel notwendig sein, so ist dieser erst nach Rücksprache und Genehmigung des Anlegers durchzuführen.
Rendite des Portfolios
Ziel: Portfolios mit effizienter Chance / Risikoausrichtung
Mischung Diagonal nach links oben
Renditemaximierung
Bewegung nach oben
Ausgangsportfolio Risikominimierung
Bewegung nach links
Rendite
Optimierung auf Basis der Risikopräferenz: Vom Ausgangsportfolio zur Effizienzlinie
Portfoliokennzahlen
Risiko
Risiko des Portfolios
Abbildung 2.29: Portfolioausrichtung je nach Präferenz des Investors110
109 110
You Get What You Pay For. Quelle: Commerzbank AG Wealth Management.
Marktpsychologie und Verhaltensökonomik
87
Warum ist der Bereich des Portfoliomanagements für den Financial Engineer so wichtig? Hier fließen die maßgeblichen Instrumente zusammen. Nur wer ein „Portfoliodenken“ hat, wird nah am Markt sein. Die einzelnen Produkte müssen aufeinander abgestimmt sein. Nur dann lassen diese sich auch am Markt platzieren. In Kapitel 13 und Kapitel 14 werden diese Grundlagen vorausgesetzt bzw. die Kapitel bauen hierauf auf.
2.14
Marktpsychologie und Verhaltensökonomik
2.14.1
Die Marktpsychologie
In der Marktpsychologie wird versucht, menschliches Verhalten auf den Märkten zu erklären und eine Prognose davon abzuleiten. Ebenso wie die Werbepsychologie zählt die Marktpsychologie zur angewandten oder auch praktischen Psychologie. Die Aufgabenstellung ist klar gegliedert:
Verhaltenserklärung (warum z. B. ein Investor eine Aktie kauft, ein Verbraucher ein Gut erwirbt) Analyse von Motiven und Bedürfnissen Untersuchungen von Meinungen, Vorstellungen und Stereotypen Zielgruppensegmentierung Vorhersagen bzgl. einer Reaktion des Investors oder Verbrauchers
Wissenschaftlich gesehen, nach Wiswede111 , ist die Marktpsychologie ein Teil der klassischen Wirtschaftspsychologie. Während sich die Marktpsychologie jedoch stärker mit dem Verbraucher beschäftigt, wendet sich die Verhaltensökonomik, Behavioural Economics, eher dem menschlichen Verhalten in wirtschaftlichen Situationen zu.
2.14.2
Die Verhaltensökonomik
Die Verhaltensökonomik beschäftigt sich mit der menschlichen Reaktion (Verhalten) in verschiedenen wirtschaftlichen Situationen. Dabei werden Konstellationen untersucht, in denen Menschen im Widerspruch zur Modell111
Günter Wiswede geb. 1938, Professor Emeritus, Universität zu Köln.
88
Die quantitativen Grundlagen des Financial Engineering
Annahme des Homo oeconomicus112 agieren. Im Spezialgebiet verhaltensorientierter Finanzierungslehre (Behavioural Finance) beschäftigt man sich mit dem irrationalen Verhalten auf den Finanz- und Kapitalmärkten. In der klassischen Nationalökonomik bestand eine enge Verbindung zwischen der Wirtschaftstheorie und der Psychologie.113 In der Zeit der Neoklassischen Theorie entzweiten sich Wirtschaftstheorie und menschliche Psychologie. Es wurde eher versucht, die Annahmen aus der Natur abzuleiten. Hierbei wurde auch das Konzept des Homo oeconomicus entwickelt. Erst ab Ende der 70erJahre wurde wieder stärker auf die psychologische Seite einer Handlung geachtet. Hierbei ist anzumerken, dass diesen Stein Kahneman/Tversky114 mit ihrer Arbeit „Prospect Theory:115 Decision Making Under Risk“ ins Rollen gebracht haben.
2.14.3 Methoden im Behavioural Finance Zu Beginn wurden fast ausschließlich experimentelle Beobachtungen zugrunde gelegt. Selbst die funktionelle Magnetresonanztomografie wurde eingesetzt, um herauszufinden, welche Gehirngegend bei den verschiedenen Schritten des wirtschaftlichen Entscheidens benutzt wird. Experimente, die Marktsituationen wie Börsenhandel und Auktionen simulieren, wurden als besonders nützlich angesehen. Aufgrund dieser Untersuchungen konnten folgende Themen als Kernthemen lokalisiert werden:
112
113 114 115
Heuristik: Der Mensch trifft Entscheidungen häufig auf der Grundlage eines Bauchgefühls und nicht nur nach strikten Vernunftvorgaben. Einordnung: Die Art und Weise, wie ein Problem oder eine Entscheidung vorgestellt wird, beeinflusst die Handlung.
Modellvorstellung der Wirtschaftstheorie eines idealen, ausschließlich nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten denkenden und handelnden Menschen. Der Homo oeconomicus kennt nur ökonomische Ziele und ist besonders durch Eigenschaften wie rationales Verhalten, dem Streben nach größtmöglichem Nutzen (der Nutzenmaximierung), der vollständigen Kenntnis seiner wirtschaftlichen Entscheidungsmöglichkeiten und deren Folgen sowie durch die vollkommene Information über alle Märkte und Eigenschaften sämtlicher Güter (vollständige Markttransparenz) charakterisiert. Alle Entscheidungen werden rational, ohne Emotion und ohne störende Außeneinflüsse getroffen. Vgl. Adam Smith: The Theory of Moral Sentiments, 1759. Daniel Kahneman erhielt 2002 den Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften. Neue Erwartungstheorie, psychologisch realistische Alternative zur Erwartungsnutzentheorie (von Neumann-Morgenstern (Erwartungs-) Nutzenfunktion).
Marktpsychologie und Verhaltensökonomik
89
Unvollkommene Märkte: Der Modellansatz des vollkommenen Marktes ist in der Praxis nicht zu erreichen.
Kommt es zu marktweiten Anomalien, so können diese nicht allgemein über die Individuen erklärt werden, die unter bestimmten Vorurteilen im Denken leiden. Individuelle Voreingenommenheit hat oft nicht den ausreichend großen Einfluss, um Marktpreise und Gewinne zu ändern. Dazu kommt, dass sich individuelle Vorurteile gegenseitig aufheben können. Kognitive Voreingenommenheit haben nur dann ungewöhnliche Effekte, wenn es eine gesellschaftliche Kontamination mit einem sehr emotionalen Inhalt gibt, wie allgemeine Habgier oder Panik. Dies führt dann zu zahlreichen Phänomenen, wobei im Folgenden das Herdenverhalten und das Gruppendenken näher betrachtet werden.116
Der Homo oeconomicus ist ein Mensch, der
völlig zweckrational handelt, Gewinn- bzw. Nutzenmaximierung anstrebt, mit „Markttransparenz“ und vollkommener Voraussicht in wirtschaftlichen Dingen begabt ist sowie sofort und völlig normal auf Datenänderungen reagiert.117
2.14.3.1
Das Herdenverhalten
Als Herdenverhalten bezeichnet man ein Phänomen an Finanzmärkten. Es zeichnet sich dadurch aus, dass Anleger sich in ihren Entscheidungen gleich einer Herde verhalten und somit mehrheitlich in ein Anlageobjekt handeln. Die Folge von Herdenverhalten können starke Preisschwankungen des jeweiligen Anlageobjekts sein. Herdenverhalten ist eine Ausprägung der sogenannten Ansteckungseffekte, wobei Herdenverhalten zumeist mit der Existenz asymmetrischer Informationen erklärt werden kann. Ist ein Anleger der Meinung, dass andere Anleger (Insider, professionelle Investoren etc.) über hochwertigere Informationen als er selbst verfügen, so wird er deren Marktverhalten als Folge dieser besseren Informationen deuten und sich dem Ent116
117
Vgl. Shefrin Hersh: Beyond Greed and Fear: Understanding behavioral finance and the psychology of investing. Oxford University Press, 2007. Vgl. Kahneman Daniel, Tversky Amos: Choices, Values and Frames. Cambridge University Press, 2000. Vgl. Pompian Michael: Behavioral Finance and Wealth Management. How to built optimal portfolios that account for investor biases. Wiley Finance, 2006. Vgl. Bongard 1965.
90
Die quantitativen Grundlagen des Financial Engineering
schluss der anscheinend besser informierten Marktakteure folgen. Er rennt somit dem „Leitwolf “ nach. Man kann auch sagen, dass Herdenverhalten ein Zeichen für fehlende Effizienz von Märkten ist. Herdenverhalten kann eine Reihe von Folgen haben, die allesamt zu starken Preisausschlägen und in der Folge sogar zu Finanz- und Währungskrisen führen können. Liegt ein Herdenverhalten vor, so besteht der einzige Grund für ein Handeln der Akteure darin, dass sie erwarten, dass sich der Preis verändert. Dadurch jedoch bewegen die Akteure den Preis mit ihrem eigenen Verhalten. Es kann folglich zu einer selbsterfüllenden Prophezeiung (selffullfilling prophecy) kommen. Das Verhalten der Herde kann dazu führen, dass sich die zugrunde liegenden Preisdaten des Anlageobjektes selbst ändern. Man kann ein solches Verhalten mit einem Bank Run vergleichen. Hierbei heben die Anleger gleichzeitig all ihre Einlagen bei einer Bank ab, weil sie der Ansicht sind, dass diese bei dieser Bank nicht mehr sicher sind. Durch diese Aktion folgt als Reaktion die Zahlungsunfähigkeit der Bank und somit die selbsterfüllende Prophezeiung.118 2.14.3.2 Das Gruppendenken Kommt eine Gruppe von Gesprächspartnern zusammen und trifft schlechte oder realitätsferne Entscheidungen, so ist dies oft der Tatsache geschuldet, dass die eigene Meinung einer vermuteten Gruppenmeinung angepasst wurde. Die freie Darstellung der Argumente wird nicht eingebracht. Daraus können Situationen entstehen, bei der die Gruppe Handlungen oder Kompromissen zustimmt, die jedes isoliert betrachtete Gruppenmitglied unter normalen und nicht in der Gruppe vorkommenden Umständen ablehnen würde. Die Gefahr des Gruppendenkens besteht in seiner ausgeprägten Starrheit. Verfügt eine Gruppe nicht über die Möglichkeit, sich selbst zu reflektieren und eine konstruktive Anpassung der Entscheidungen und Diskussionsinhalte vorzunehmen, werden die falschen und vom Gruppendenken geprägten Inhalte zum absoluten Dogma erhoben und führen zu falschen weiterführenden Entscheidungen. Die Orientierung an einem solch wirklichkeitsfernen Dogma kann im ungünstigsten Fall bis zum Untergang der Gruppe führen bzw. zu katastrophalen Entscheidungen beitragen. Ausbrechen aus einem solchen Dilemma kann man nur durch eine gründliche Diskussion, evtl. unter Berufung
118
Vgl. Zimbardo, Philip G.: Psychologie. 6., neu bearbeitete und erweiterte Auflage. Berlin 1995.
Marktpsychologie und Verhaltensökonomik
91
eines Advocatus Diaboli119 und evtl. durch anonyme Vorschlagssysteme für die zu besprechenden Themen und Prozessen.120
SCHRÖDINGERS KATZE Bei SCHRÖDINGERS KATZE handelt es sich um ein Gedankenexperiment des Physikers ERWIN SCHRÖDINGER.121 SCHRÖDINGER positionierte in diesem eine Katze in einer Stahlkammer. Er fügte ein radioaktives Element, welches in einem Mechanismus den Auslöser darstellt für die Zerstörung einer zerbrechlichen Viole (die mit Blausäure gefüllt ist) ein und schloss die Kammer (von ihm als Höllenmaschine bezeichnet). Sobald das radioaktive Element zerfällt, wird die Viole zerbrochen und das Gift tritt aus. Wann dieser Zerfall ist, kann jedoch nicht genau gesagt werden (aufgrund quantenmechanische Prozesse). Nun stellte er die Frage, ist die Katze am Leben oder Tod? An sich hat diese im Zustand der verschlossenen „Höllenmaschine“ beide Zustände. Erst durch das Öffnen, also durch konkrete Beobachtung, Messung und erkennen, kann der eigentliche Zustand festgestellt bzw. realisiert werden. Nun wird aus der Annahme eine belegbare Gewissheit.122 Mathematisch betrachtet, kann der Sachverhalt wie folgt dargestellt werden: 1 12 = √ (1 + 2 ) 2 = Zustand der Katze Nun kann man sich fragen, was hat dies mit Finance zu tun? Sehr viel, denn gerade dieses Gedankenexperiment zeigt, dass nur durch die konkrete Beobachtung Realität und Erkenntnis geschaffen wird. Während ohne die
119
120
121 122
Der Advocatus Diaboli („Anwalt des Teufels“) war ursprünglich eine als Gegensprecher bei den Selig- und Heiligsprechungsverfahren der katholischen Kirche berufene Person, welche die Gegengründe der Selig- oder Heiligsprechung vorträgt. Sein Gegner ist der AdvocatusAngeli (oderAdvocatus Dei, „Anwalt der Engel“ oder „Anwalt Gottes“), welcher für die Gründe spricht. Heute wird er als Promotor Justitiae („Förderer der Gerechtigkeit“, umbenannt 1983 durch Papst Johannes Paul II.) bezeichnet. Außerhalb der Kirche hat sich der Begriff jedoch für den Gegensprecher in einer Diskussion oder einem Meinungsbildungsprozess verfestigt und gehalten. Dieser Gegensprecher ist es, der alles hinterfragt und alle Meinungen anzweifelt. Vgl. Zimbardo, Philip G.: Psychologie. 6., neu bearbeitete und erweiterte Auflage. Berlin 1995. * 12. August 1887 Wien – 04.01.1961 ebenda. Vgl. Schrödinger, Erwin: Die gegenwärtige Situation in der Quantenmechanik; Die Naturwissenschaften (1935), Ausgabe 48, S. 812.
92
Die quantitativen Grundlagen des Financial Engineering
konkrete Beobachtung nur eine Annahme (also Relativität) besteht. Dies ist vor allem im Bereich der modellbasierenden Verfahren (Preisbildungen, Risikobeurteilung etc.) eine maßgebliche Tatsache, die es zu beachten gilt.
2.14.4 Abschließende Würdigung Einige Finanzmodelle benutzen die Grundlagen der Behavioural Finance. Dabei werden die neoklassischen Modelle abgewandelt und um die angesprochenen Effekte ergänzt. Hierbei wird von den Gegnern jedoch immer wieder angebracht, dass der Behavioural-Finance-Ansatz nur eine Ansammlung von Anomalien in einem sonst vollkommenen Markt sei. Aufgrund der Komplexität ist ein abschließendes Urteil über die tatsächliche Aussagekraft nur bedingt möglich. Festzuhalten bleibt jedoch, dass gerade die beiden oben angesprochenen Probleme des Herdentriebs und des Gruppendenkens in der Wirtschaftspraxis vorhanden sind und auch im Markt messbar dargestellt werden können.
Wie stark die oben angesprochenen Einflüsse auf Strategien sein können, ist abhängig von der aktuellen Marktlage. Je konfuser diese ist, desto stärker sind die Einflüsse. In allen in diesem Buch gezeigten Strategien haben diese Einflüsse ihren Platz. Besonders die in Kapitel 13 dargestellten Positionsmanagement-Strategien sind davon betroffen.
Literaturhinweise zu diesem Kapitel
93
Literaturhinweise zu diesem Kapitel Bleymüller, Josef: Statistik für Wirtschaftswissenschaftler, 16. Auflage, Vahlen Hager, Peter: Corporate Risk Management: Cash Flow at Risk und Value at Risk, Frankfurt am Main 2004 Hull, John C.: Optionen, Futures und andere Derivate, 8. Auflage 2012 Huschens, Stefan: Verfahren zur Value-at-Risk- Berechnung im Marktrisikobereich. In: Handbuch Risikomanagement. Johanning, Lutz und Bernd Rudolph. Band 1: Risikomanagement für Markt-, Kredit- und operative Risiken. Bad Soden/Ts. 2000, S. 181–218. Müller, Marc; Christ, Jochen: Konzeption und Einsatzmöglichkeiten des Value at Risk, Stuttgart 2007 Priermeier, Thomas: Finanzrisikomanagement im Unternehmen, München 2005 Riechmann, Thomas: Spieltheorie, 2. Auflage 2008 Rieck, Christian: Spieltheorie, 8. Auflage 2008 Spremann, Klaus: Finance, 3. Auflage 2007 Steiner, Manfred; Bruns, Christoph: Wertpapiermanagement, 9. Auflage 2008
94
Die quantitativen Grundlagen des Financial Engineering
Fragen und Antworten zu diesem Kapitel Frage 1: Was versteht man unter Martingal? Frage 2: Welche Aussage trifft das Gesetz der großen Zahlen? Frage 3: Was bedeutet Laplace-Wahrscheinlichkeit? Frage 4: Welche Themen werden in der Heuristik beleuchtet? Frage 5: Was unterscheidet das Single-Index-Modell vom Markowitz-Modell? Antwort zu Frage 1: Martingal bezeichnet in der Wahrscheinlichkeitstheorie einen stochastischen Prozess, in dem der Erwartungswert einer Beobachtung gleich dem Wert von vorherigen Beobachtungen ist. Antwort zu Frage 2: Es besagt, dass, wenn ein Zufallsexperiment immer öfters wiederholt wird, das arithmetische Mittel der Realisation sich dem Erwartungswert annähert. Antwort zu Frage 3: Als Laplace-Wahrscheinlichkeit wird die klassische Wahrscheinlichkeit bezeichnet. Antwort zu Frage 4: Es handelt sich dabei um die Entscheidungen, welche ein Mensch nur aufgrund seiner Gefühlsebene, jedoch nicht aus Vernunftvorgaben trifft. Antwort zu Frage 5: Das Hauptunterscheidungsmerkmal ist, dass das von Sharpe entwickelte Modell mit weniger Datenreihen als Markowitz auskommt. Sharpe geht davon aus, dass die positiven Korrelationskoeffizienten zwischen Anlagetiteln eine fundamentale Ursache haben.
3
Ethische Grundsätze für ein erfolgreiches Financial Engineering
In Kapitel 3 werden Sie Folgendes erfahren:
Ist Ethik in der Finance durchsetzbar?
Wie definieren wir ethische Grundsätze für das Financial Engineering?
Welche ethischen Ansätze sind für einen Financial Engineer von Bedeutung?
Ethik und Finance, wie passt dies zusammen? Viele Zeitungen würden angesichts von Diskussionen über Bonuszahlungen an Banker etc. dieses Thema kritisch hinterfragen. Wie wichtig die Ethik in der Finance ist, zeigt sich immer deutlicher. Wirtschaftsethik ist eine der wichtigsten Säulen für ein erfolgreiches Handeln. Wenn heute von Wirtschaftsethik gesprochen wird, so wird dies oft als Synonym für gelebte Werte verstanden. Was wir für den Bereich des Financial Engineering als unumgänglich und wichtig erachten, fassen wir nachfolgend zusammen. Zunächst definieren wir den Begriff Ethik. Er wird aus dem altgriechischen öjik' h e¯ thik¯e übersetzt und bedeutet so viel wie das sittliche Verständnis. Ethik beschäftigt sich folglich mit dem menschlichen Handeln und befasst sich des Weiteren mit der Moral und hier insbesonders mit der Begründung für das menschliche Handeln. In der klassischen wissenschaftlichen und soziologischen Betrachtung wird Ethik in verschiedene Teilgebiete untergliedert: Sozialethik, Wirtschaftsethik und Unternehmensethik. Letztere beschäftigt sich mit der Fragestellung, welche moralischen Wertevorstellungen in einem Unternehmen gelebt werden sollen. Dies ist für uns im Financial Engineering von Bedeutung. Die klassische Wirtschaftsethik untersucht im Gegensatz dazu das Handeln von Unternehmen und deren Auswirkung auf eine Gesellschaft bzw. das Individuum. Die Sozialethik beschäftigt sich mit DOI 10.1515/9783110531169-005
96
Ethische Grundsätze für ein erfolgreiches Financial Engineering
gesellschaftlichen Dingen, die ein gutes Leben sowie die Werte „Freiheit“, „Toleranz“ und „Gerechtigkeit“ aufzeigen. Für das Financial Engineering ist der Begriff der Wirtschaftsethik von Bedeutung. Dieser wurde bereits in der Antike diskutiert, in der Neuzeit jedoch erst 1907 durch Ignaz Seipel klar definiert.1 Die Wirtschaftsethik fasst verschiedene, teilweise für einen gebildeten Menschen selbstverständliche Komponenten zusammen. So werden z. B. der Umgang mit Geschäftspartnern, das Abschlussverhalten bei einem Geschäft, die Vertraulichkeit sowie die fachliche und persönliche Eignung eines Mitarbeiters definiert. Es gilt, einen Blick auf Folgendes zu lenken: 1. 2. 3. 4.
Moral und Wirtschaftlichkeit eines Projektes schließen sich nicht aus. Nicht alles Machbare muss auch umgesetzt werden. Eigentum und Umweltressourcen sind zu respektieren. Vertraulichkeit ist ein hohes Gut und darf auf keinen Fall ausgenutzt werden.
In wirtschaftlich schweren Zeiten (insbesondere nach oder in Krisen) wird oft nach der Wirtschaftsethik, also dem moralischen Handeln, gerufen. In Boomzeiten wird diese jedoch i. d. R. nicht weiter beobachtet. Doch woran liegt das? Eine Erklärung ist die Hilflosigkeit des Menschen. Vereinfacht ausgedrückt: Geht es einem Menschen nicht gut, ruft er nach Hilfe. Gott und Glauben werden präsent. In guten Zeiten werden diese Werte jedoch wieder über Bord geworfen. Es ist jedoch festzuhalten, dass vieles, was wir heute mit Ethik, also dem Werteverständnis, übersetzen würden, anerzogen ist. Es kann somit festgehalten werden, dass Erziehung und Sozialisierung, Glaube und Religion so tief in uns verwurzelt sind, dass sie sich nicht verleugnen lassen. Der Mensch verfällt in für ihn außergewöhnlichen Situationen oder wenn er es nicht mehr selbstständig kontrollieren kann, in alte ihm altvertraute Verhaltensmuster. Dies ist jedoch keine neue Darstellung, sondern gilt schon seit Urzeiten. So ist es auch nicht weiter verwunderlich, dass sich der moderne homo oeconomicus an altbewährte Dinge klammert, wie sie schon seit Hunderten von Jahren bestand haben.2 Der Mensch klammert sich in Krisenzeiten an Dinge, welche in einem Prozess der creatio ex nihilo nicht geschaffen werden können. Dies begründet auch die Tatsache, dass zum Beispiel Gold als Sachwertinvestment in Krisenzeiten stärker nachgefragt wird als in den Zeiten ohne eine Krise. Auf solche Entwicklungen muss 1
2
Im Rahmen der katholischen Soziallehre vgl. Ordo Socialis; vgl. Die Wirtschaftsethischen Lehren der Kirchenväter. Vgl. Bloss, Michael: Die Gier nach Gold.
Ethische Grundsätze für ein erfolgreiches Financial Engineering
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ein Financial Engineer ebenfalls Rücksicht nehmen. Dabei sind die FiatProdukte3 welchen ein Engineering-Prozess vorausgegangen ist, von größter Wichtigkeit. Denn eine in der Regel aufkommende Sachwertdiskussion wird spätestens nach dem Ende der bestehenden Krise wieder neue Lösungen fordern. C ODEX F INANCIAL E NGINEERING Die Jahre der Finanzkrise und die damit einhergehende Vertrauenskrise in moderne Finanzprodukte haben deutlich aufgezeigt, dass ein ethisch korrektes und nach den Maßgaben von Treue und Glauben (fides et ratio) errichtetes Financial Engineering von immenser Wichtigkeit ist. Nach der Insolvenz der Investmentbank Lehman Brothers und den damit verbundenen weltweiten Auswirkungen in der Finanzbranche (siehe hierzu: Bear Stearns, Rettungsfonds für Banken etc.) und weiter darüber hinaus war oft die Frage zu hören: „Wer wird es überleben und wie wird die finanzielle Zukunft ausschauen?“ Eine komplexe Frage, welche so vorher am Markt selten bis nie zu hören war. Sie zeigt das „systemische Risiko“ dieser Tage auf, das ganze Volkswirtschaften betreffen kann. Natürlich ist das Entscheiden bei unvollkommener Information4 , wie wir dies jeden Tag tun, auch die Grundlage für ein Scheitern bzw. im Falle eines Erkennens des Fehlers für eine Anpassung der Entscheidung auf das neue Umfeld. Hierbei muss jedoch im Vorhinein eine gute Grundlage für die Entscheidung (und eine gegebenenfalls notwenige Änderung der Ursprungsentscheidung) gelegt sein, dass diese fruchtbringend wirken kann. Denn wer seine Entscheidungen und Investments „auf Fels gebaut hat 5 “, kann bis nach dem tobenden Sturm abwarten und sich dann neu ordnen. Daher haben wir beschlossenen einen grundlegenden Codex aufzustellen, um, wenn auch nur die grundlegendsten, Fixpunkte aufzuzeigen, nach denen man vorgehen und handeln sollte. Dabei geht es uns nicht darum, den Zeigefinger zu erheben, sondern zu einer Reflexion aufzurufen, welche wir generell und regelmäßig durchführen sollten. Dies gilt im Übrigen auch für die gesamte Finance6 und ist nicht nur für den Bereich des 3 4 5 6
Vgl. Genesis: Fiat Lux: Es werde Licht; die ersten Worte Gottes in der Bibel. Vgl. Bloss, Michael: Die Gier nach Gold. Vgl. Matthäus 7,24. Wir definieren in diesem Buch den Themenbereich der Finance klassisch, wie dies im Investmentbanking üblich ist. Die einzige Ausnahme stellt der Begriff hier dar, wo wir zusätzlich zum klassischen Finance-Bereich auch das komplette Banking miteinbeziehen. Dies rührt von der Tatsache her, dass hier eine deutliche Verwobenheit zwischen den beiden großen unter dem Hauptbegriff Finance und Banking zusammenfassenden Begriffe besteht. Beschäftigt sich das Banking in seiner Tiefe doch eher mit anderen Themen, so ist dem Finance eine weitere Offenheit gestattet. Im Zuge der Regulierung (speziell nach der
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Ethische Grundsätze für ein erfolgreiches Financial Engineering
Financial Engineering zu beachten. Da im interdisziplinären Financial Engineering jedoch Produkte, Bewertungen und Managementleistungen ab ovo entstehen, erscheint es uns hier von immanenter Zweckgebundenheit und Wichtigkeit.7 Oliver Stone ließ seinen Filmcharakter Gordon Gekko einst die berühmten Worte: „Gier ist gut“ in Wall Street8 sagen. Als er in der über 20 Jahre später erscheinenden Fortsetzung diesem Ausspruch anhängen lässt „ . . . und heute scheint sie legal zu sein“, zeigt er beide Seiten, die positive und negative, auf. Wie eine Medaille mit Vorder- und Rückseite sehen wir, das wir stets beides betrachten müssen.9 Dabei ist zu berücksichtigen, dass wohl keine andere Industrie in den vergangenen 20 Jahren so viel Umbruch erlebt hat wie die Finance-Industrie. Große und bedeutende Namen sind verschwunden oder in großen multinationalen Konzernen aufgegangen. Das Gesicht der Wall Street10 hat sich stärker verändert als jemals zuvor. Derivate, die oft als „Massenvernichtungswaffen der Finance“11 bezeichnet wurden, sind allerdings bei Weitem nicht so gefährlich, wie viele dies immer vermuten. Man muss damit jedoch umgehen können und darf sich nicht, durch die Gier getrieben, das Heft aus der Hand nehmen lassen. Denn auch hier gilt: „Dosis sola venenum facit – Alles ist Gift, es kommt auf die Dosis an“.12
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Finanzkrise 2009 ff.) wurden viele früher in der Finance isoliert betrachteten Themenfelder zusammen mit Banking-Themenfeldern neu aufgestellt. So wurden zum Beispiel viele der vormals einzigen Investmentbanken in großen Einheiten und Konzernen mit BankingEinheiten zusammengeschlossen. Dies gilt auch vor dem Hintergrund der in der Vergangenheit aufgetretenen Probleme in der Finance-Industrie: Lehman Brothers, Long-Term Capital Management (LTCM), Barings Bank, Bear Stearns, Société Générale (SG) etc. Wall Street ist ein Kinofilm von 1987; die Fortsetzung erschien 2010; Der Film und seine Protagonisten gelten als Ikone und Meisterwerk. Vgl. Bloss, Michael: Die Gier nach Gold. Wall Street steht hier als Synonym für die gesamte weltweite Finance, für die handelnden Akteure, die Firmen und den Flair, welchen das Investmentbanking ausstrahlt und vermittelt. Vgl. u. a. Buffet, Warren. Vgl. Paracelsus.
Ist Ethik in der Finance durchsetzbar?
3.1
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Ist Ethik in der Finance durchsetzbar?
Um diese Frage beantworten zu können, muss zunächst eine Definition für Finance gefunden werden. Wir definieren diese als die Wissenschaft derAnwendung der Finanztheorie auf Unternehmen und auf die Finanzmärkte selbst. Es gilt festzuhalten, dass sich die Finance in den vergangenen Jahren deutlich gewandelt hat. Komplexe Sachverhalte haben stärker an Einfluss gewonnen. Die Integration macht somit auch ein neues Verständnis für Ethik notwendig. Das Financial Engineering, welches eng mit dem Begriff des Fortschritts verbunden ist,13 ist die Lehre der Lösung für Finanzprobleme. Innovative Produkte sollen Lösungsansätze dieser Sachverhalte darstellen und aufzeigen. Nicht selten sind diese Lösungsansätze von starker Komplexität geprägt und gelten somit für viele als undurchsichtig (dies bedeutet jedoch nicht unethisch oder nicht ethisch korrekt). Hier gilt zunächst, jeder Idee die Chance zu geben. Die Idee muss jedoch nicht nur auf das Machbare hin geprüft werden, sondern auch auf die damit verbundenen ethischen Verhältnisse.
3.2
Was ist im Financial Engineering hinsichtlich Ethik wichtig?
Man könnte sagen: Das Financial Engineering ist nur der Ideengeber, der Produzent eines Produktes. Doch dieser Ansatz wäre falsch. Wo fängt die ethische Verwerflichkeit einer Idee an? Beim Entstehen oder beim Vermarkten? Wir gehen von der Entstehungstheorie aus und sind daher der Ansicht, ein ethisches Grundverhalten muss in jedem Produktionsschritt vorhanden sein. So müssen die aufgezeigten Spielregeln der Ethik für das Financial Engineering jederzeit umgesetzt werden. Nur wer ein transparentes und durchdachtes Produkt als Lösungsansatz verkaufen kann, wird auf lange Sicht damit erfolgreich sein. Beim Financial Engineering handelt es sich nicht um den Erfüllungsgehilfen des Turbokapitalismus. Das Financial Engineering ist heute eines der großen Ertragsbringer für eine Investmentbank. Jedoch verpflichtet gerade eine solche Cash-Cow14 dazu, zweimal zu prüfen: „Ist die Entscheidung, welche ich treffe, ethisch korrekt?“ Doch was ist ein ethisch korrekter Weg?
13 14
Vgl. Professor Dr. Rainer Stöttner Universität Kassel: Vorlesung: Financial Engineering. Vgl. hier auch BCG Matrix (auch Bosten-I-Portfolio). Hier angewandt in einer InhouseBetrachtung.
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Ethische Grundsätze für ein erfolgreiches Financial Engineering
Wir gliedern den ethisch korrekten Weg in drei Punkte:
Der Financial Engineer als kompetenter Partner. Der Financial Engineer als konkreter Gestalter. Der Financial Engineer als Hüter des Machbaren.
3.2.1 Der Financial Engineer als kompetenter Partner Zunächst muss sich jeder Financial Engineer einer persönlichen innerlichen Prüfung unterziehen: „Bin ich mit meiner Erziehung, meinen Motiven und meiner Grundeinstellung für einen solchen Beruf geeignet?“ Es gilt stets einen einwandfreien Leumund und Charakter zu haben. Jeder Kunde und jeder Arbeitgeber muss sich auf einen Financial Engineer verlassen können. Das Vertrauen zur besprochenen Personengruppe ist wie das Patienten-/ Arztverhältnis zu sehen. Ist jemand nicht bereit, eine Vertrauensperson und ein Geheimnisträger zu sein, so ist er kein kompetenter Partner. Der faire und jederzeit vertrauensvolle Umgang mit den Wünschen der Kunden und deren Anforderungen ist ebenfalls von großer Wichtigkeit. Jedem Financial Engineer sollte bewusst sein, dass seine Produkte zum Erfolg oder Misserfolg eines Unternehmens beitragen können. Dabei sollte man keine Angst davor haben, dass ein Produkt nicht aufgeht. Dies wird es marktbedingt immer geben. Wer dies jedoch grundsätzlich billigend in Kauf nimmt, handelt grob fahrlässig. Entscheidungen eines Financial Engineers sollten immer wohl überlegt und nicht aufgrund von Außeneinflüssen15 getroffen werden. 3.2.2 Der Financial Engineer als konkreter Gestalter Kommt ein Kunde mit einem Problem auf den Financial Engineer zu, so ist ein konkreter Lösungsvorschlag zu erarbeiten. Hierbei ist es wichtig, Interessen des eigenen Unternehmens zurückzustellen. Der Kunde und seine Anforderungen müssen im Mittelpunkt stehen. Hier gilt vor allem eines: Der Respekt muss sowohl vor dem Kunden (dessen Problem) sowie auch vor dem gestalteten Produkt immer vorhanden sein. Hat man den Respekt vor einem der beiden verloren, so wird die Entwicklung Schaden nehmen.
15
Außeneinflüsse können hier geschäftspolitischer Natur jedoch auch persönliche Differenzen sein. Ein Financial Engineer sollte stets mit dem „Erwachsenen-Ich“ entscheiden und sich nicht vom „Kindheits-Ich“, welches oft gekennzeichnet von Trotzigkeit, Wut etc. ist leiten lassen. Vgl. hierzu: Transaktionsanalyse nach Eric Berne (1910–1970).
Was ist im Financial Engineering hinsichtlich Ethik wichtig?
3.2.3
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Der Financial Engineer als Hüter des Machbaren
Den Möglichkeiten der Kreation von neuen Produkten sind fast keine Grenzen gesetzt. Doch gerade hier muss der moralische und sittliche Verstand eines Financial Engineer zum Tragen kommen. Nicht alles, was machbar ist, sollte auch umgesetzt werden. Nicht in jeder Marktlage und nicht für jede Kundengruppe sind alle Produkte geeignet. Des Weiteren ist auf die Margengestaltung zu achten. Es ist durchaus möglich, Produkte mit einer Innenmarge von 5 Prozent darzustellen. Aber ist dies erstens richtig und zweitens ethisch vertretbar? Hier muss auch das Kundeninteresse im Vordergrund stehen. Dasselbe gilt für Spezialprodukte, welche so hochkomplex sind, dass sie eine Vielzahl von Anlegern nicht verstehen kann. Braucht ein Markt so etwas? Auch hier muss die Vernunft über die Möglichkeit des Geldverdienens siegen. Die angesprochenen Grundvoraussetzungen erweitern wir auf einer zweiten Ebene wie folgt: Sittliches Verhalten gegenüber Counterparts und Endkunden Der Counterpart ist für den Financial Engineer ebenso wichtig wie der Kunde für den Salesdesk. Daher ist hier ein absolutes Vertrauensverhältnis Pflicht. Es ist wichtig, nichts zu versprechen, was man nicht halten kann. An Absprachen muss man sich absolut halten, und sollte sich ein Fehler eingeschlichen haben, so ist dieser unverzüglich und in voller Transparenz offenzulegen. Bei Unstimmigkeiten ist ein schnelles und zielführendes Handeln notwendig. Dasselbe gilt für das Verhältnis zu dem Endkunden. Der Kunde ist es, der die Produkte kauft. Seine Wünsche und Bedürfnisse müssen im Mittelpunkt stehen. Er gibt den Weg vor, der gegangen werden muss. Dabei ist darauf zu achten, dass die Landkarte des Kunden und die eigene übereinstimmen. Dieses Bild zeigt gut, wie wichtig die Abstimmung ist. Nur wer seinen Kunden versteht, seine Sorgen, Ängste und Probleme kennt, kann auch sinnvolle Lösungen präsentieren. „There’s no such thing as a free lunch“. – Milton Friedman Produktive Ressourcenverwendung statt Monte-Carlo-Kapitalismus Einen ,,free Lunch“ gibt es nicht! Wenn dies manchmal auch so scheint. Wichtig für einen Financial Engineer ist, dass er mit seinen Produktlösungen nicht mehr Probleme verursacht als löst. Daher ist die Mentalität eines Spielers hier völlig fehlt am Platz. Jede Entscheidung muss sorgfältig überdacht werden. Der Einsatz der Ressourcen sollte sinnvoll und nicht zur Margengestaltung des Emittenten verwendet werden. Das neue Produkt soll Probleme lösen, keine neuen schaffen. Deshalb ist ein Financial Engineer auch eine Art Hüter
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Ethische Grundsätze für ein erfolgreiches Financial Engineering
der Büchse der Pandora.16 Ja, er kann ein Produkt definieren, aber wie er dies macht und mit welcher Intention, ist ihm überlassen. Er hat somit Gestaltungsspielraum und steuert dadurch das Wohl und Wehe von privaten und gewerblichen Vermögen. Ursachen des steigenden Bedarfs an Financial-Engineering-Leistungen Die Ursachen für den steigenden Bedarf an Financial-Engineering-Leistungen sind recht einfach zu erklären. Es besteht die Möglichkeit, diese für komplexe Problemstellungen zu nutzen. Noch vor 30 Jahren wäre dies in vielfacher Hinsicht nicht möglich gewesen. Heute ist es zum Tagesgeschäft geworden. Natürlich mehrt das auch die Nachfrage nach solchen Lösungen. Des Weiteren ist in einer globalen und vernetzten Welt ein höherer Wirkungsund Nachfragegrad zu erreichen. Es öffnen sich neue Märkte und Investitionsmöglichkeiten. Jedoch tun sich auch viele neue Fragen auf, wie z. B.: „Woher kommen die Ressourcen und mit welchen Hintergründen (z. B. Kinderarbeit) sind diese verbunden?“ Hier muss nun die ethisch korrekte Entscheidung lauten: Brauchen wir ein Produkt, das einem westlichen Anleger eine höhere Rendite verspricht, während aufgrund genau dieses Produktes die Kinderarbeit zunehmen wird? Oder denken Sie an die Möglichkeiten, heute auf fast jeden Index ein Produkt aufzulegen. Darf man nun z. B. ein Produkt auf eine steigende Arbeitslosigkeit emittieren?
3.3
Wie werden ethische Grundsätze kontrolliert?
Viele Investmentbanken haben interne Compliance-Vorschriften, in denen auch ethische Grundsätze und Regeln aufgeführt sind. So werden hier neben den oben angesprochenen Grundvoraussetzungen auch oft Verhaltensrichtlinien für den Umgang mit Kunden, Vertragspartnern und Counterparts aufgeführt. Auch beinhalten diese Regelungen das Monitoring durch die Vorgesetzten. Diese Regeln zeigen klar und deutlich auf, für welche Werte ein Unternehmen und folglich auch seine Mitarbeiter stehen. Würde es einen solchen Verhaltenskodex nicht geben, wäre ein zügelloser Zynismus vorgegeben. Ein deutlicher Reputationsverlust wäre die Folge. Hier gilt der schöne Ausspruch des Zauberlehrlings17 : „Herr, die Not ist groß! Die ich rief, die Geister, werd ich nun nicht los.“
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In der griechischen Mythologie brachte das Öffnen der Büchse der Pandora alles Schlechte in die Welt. Der Zauberlehrling von Johann Wolfgang von Goethe; 1749–1832.
Grundsätzliche ethische Ansätze für einen Financial Engineer
3.4
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Grundsätzliche ethische Ansätze für einen Financial Engineer
Es ist schwer, allgemeinverbindliche und nicht einzelfallbezogene Regeln für ein ethisch korrektes Financial Engineering aufzustellen. Nachfolgend wagen wir es, unsere Sichtweise darzustellen, und übereignen diese in die Hand und die Reflexion des Lesers:
Ein Financial Engineer sollte von der Lösung eines Problems und nicht von der Ertragsmarge eines Produktes getrieben sein. Die Produktlösung sollte nicht mehr Probleme auslösen. Religiöse, kulturelle und sonstige Anforderungen des Kunden müssen beachtet werden. Gehen Sie den Weg mit dem Kunden gemeinsam, mit einer gemeinsamen Landkarte. Das Produkt darf nicht gegen die guten Sitten verstoßen. Ressourcen müssen sinnvoll und produktiv eingesetzt werden. Gibt es Interessenkonflikte, so müssen diese vorher ausgeräumt werden. Sind Sie oder Ihr Unternehmen befangen, so muss von einer Produktlösung Abstand genommen werden. Die Frage, wer unser Kunde ist, muss im Vordergrund stehen. Schadet dieses Produkt oder meine Handlung einem anderen? Wenn ja, ist ein weiteres Vorgehen nicht statthaft. Versprechen gegenüber Dritten (Counterparts, Endkunden etc.) müssen jederzeit eingehalten werden. Verstoße ich gegen das Recht und Gesetz? Wenn ja, ist von der Arbeit Abstand zu nehmen.
Vorsicht bei:
Embargo-Ländern etc. Kinderarbeit Waffen- und Kriegsgeschäften Transaktionen, welche einen fraglichen finanziellen Hintergrund besitzen
Wir sind oben auf die Legalität einer Transaktion eingegangen. Wenn man Ethik und Legalität als deckungsgleich betrachtet, wäre dies jedoch zu einfach. Ein rein gesetzestreues Verhalten reicht nicht aus, um ethisch korrekt zu handeln. Denn wäre dies so, dann hätte die Ethik im Bereich der Finance nur eine kleine Rolle inne. Ethik ist somit mehr als legales Handeln. Ethik zeigt den Zeitgeist und die Werte einer Gesellschaft auf. Ethik bedeutet, ein Produkt ohne Hintergedanken und frei von Zwängen auf den Markt zu bringen. Partner für Kunden und den Markt zu sein bedeutet, nicht nur stupider
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Ethische Grundsätze für ein erfolgreiches Financial Engineering
Produzent zu sein. Ethik bedeutet ein Mitdenken von allen. Das Logos,18 das Wort, muss bestand haben und zur Ratio,19 zur Vernunft und somit zum Handeln20 werden. Peter Drucker hat in seinem Werk: Die fünf entscheidenden Fragen des Managements21 klare Definitionen abgegeben, welche wir hier zitieren möchten:
Wie lautet unsere Mission? Wer ist unser Kunde? Worauf legt der Kunde wert? Welches sind unsere Ergebnisse? Welches ist unser Plan?
Wir möchten noch zwei Fragen diesem Katalog hinzufügen:
Welche Werte verkörpern wir? Was ist für uns Motiv und Ziel einer Entscheidung und Handlung?
Die Antworten auf diese Fragen muss jeder für sich selbst treffen. Sie dienen zur Reflexion und Einschätzung des eigenen Ichs sowie des Umfeldes. Aufoktroyieren kann und darf man ethisches Handeln nicht. Es würde nie ernst genommen werden. Es muss sozusagen aus jedem der handelnden Akteure selbst kommen.22 Dies schafft dann auch eine gegenseitige Selbstverpflichtung, welche jederzeit wünschenswert ist.
Oftmals ist die Frage einer ethisch korrekten Einordnung nicht nur eine Frage der rechtlichen Situation, sondern eine vorn Moral und Gewissen.
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22
Logos ist nicht nur mit dem deutschen Begriff: Wort, sondern tiefer zu fassen. Es bedeutet so z. B. Beweis, Lehrsatz und Lehre, Sinn und Vernunft. Vgl. auch hier J. W. von Goethe: Faust I, Vers 1224 ff.; die religöse Grundlage liegt im Johannesevangelium (Joh 1,1): en archˆe eˆ n ho Logos kai ho Logos eˆ n pros ton Theon kai Theos eˆ n ho Logos; übersetzt ins Deutsche: Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und das Wort war Gott. Es soll in diesem Zusammenhang die Verbindlichkeit des gesprochenen, zuvor durchdachten Wortes aufzeigen. Somit soll die Reinheit der Lehre zum Ausdruck gebracht werden, die losgelöst von Ertrags- und Margenzielen zu sehen ist. Sie sollte losgelöst vom wirtschaftlichen und persönlichen Gewinnstreben des Einzelnen oder der Gesellschaft sein. Ratio ist hier als Vernunft, somit als Klugheit und Einsicht zu sehen. Handeln in diesem Fall als Erkennen des Richtigen und das Umsetzen in den FinancialEngineering-Lösungen. Vgl. Die fünf entscheidenden Fragen des Managements; Wiley VCH Verlag San Francisco, USA. Wer sich diesem Thema nicht mit einer starken inneren Weite und Offenheit stellt, wird immer nur eine Maske tragen, welche in Stresssituationen meist nicht aufrechtzuerhalten ist.
Literaturhinweise zu diesem Kapitel
Hier gilt es vorsichtig und richtig abzuwägen und zu entscheiden. Des Weiteren ist immer darauf zu achten, dass es neben allen Betrachtungen auch langfristig nicht zu einem Reputationsschaden kommen kann.
Literaturhinweise zu diesem Kapitel Bloss, Michael: Die Gier nach Gold Drucker, Peter: Die fünf entscheidenden Fragen des Managements Löhr, Albert; Valeva, Milena: Finance & Ethics Pieper, Annemarie: Einführung in die Ethik Ratzinger, Joseph: Einführung in das Christentum Seipel, Ignaz: Die Wirtschaftsethischen Lehren der Kirchenväter
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Ethische Grundsätze für ein erfolgreiches Financial Engineering
Fragen und Antworten zu diesem Kapitel Frage 1: Was bedeutet Ehtik nach unserer Definition? Frage 2: Stimmt die Aussage: „Moral und Wirtschaftlichkeit eines Projektes schließen sich grundsätzlich aus.“? Frage 3: Warum wird in wirtschaftlich schweren Zeiten öfters nach der Ethik gerufen? Frage 4: In welche drei Punkte gliedern wir die ethisch korrekte Darstellung eines Finanicial Engineer? Frage 5: Warum muss Ethik gelebt werden und kann nicht angeordnet werden? Antwort zu Frage 1: Ethik bedeutet so viel wie das sittliche Verständnis und beschäftgt sich folglich mit dem menschlichen Handeln und darüber hinaus mit dem Wirken des Handelns auf das Umfeld. Antwort zu Frage 2: Nein, Moral und Wirtschaftlichkeit schließen sich nicht aus. Seipel hat dies in seinen Studien offen dargestellt. Antwort zu Frage 3: Die Erklärung liegt in der Hilflosigkeit des Menschen, mit Problemen umzugehen, begründet. Antwort zu Frage 4: Der Financial Engineer als kompetenter Partner Der Financial Engineer als konkreter Gestalter Der Financial Engineer als Hüter des Machbaren Antwort zu Frage 5: Würde Ethik angeordnet werden, wäre die Gefahr, dass die Handelnden in extremen Situationen wieder in alte Verhaltensmuster zurückfallen, zu groß. Daher muss ein korrektes ethisches Verhalten anerzogen werden und aus jedem Financial Engineer von innen heraus kommen.
Luckentext ¨
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Lückentext Das Financial Engineering ist ein Geschäftsfeld, welches modular aufgebaut ist. Dabei werden die jeweiligen Einheiten so zusammengestellt, wie diese dem , der und dem eines Produktes dienlich sind. Neben den , welche man zwischen und unterscheidet, gibt es auch fortlaufende Emissionen, welbezeichnet werden können. Zu diesen geche als hörten die zum Beispiel die fortlaufend begebenen . Je nach und Marktlage wird ein Emittent entscheiden, welche Art von Struktur er an den Markt begibt. Die methodischen Grundlagen der Mathematik und Statistik, welche hier einfließen, sind sehr wichtig. Denn fundamentale Grundlagen, wie die , sind für das moderne Financial Engineering unabdingbar. Dabei unterscheidet man zwischen der Wahrscheinlichkeit und der oder auch Wahrscheinlichkeit. Prozesse wie der Prozess, ein Prozess ohne Drift, kommen hier ebenfalls zum Einsatz. und sind ebenfalls sehr wichtig. Dabei gilt festzuhalten, dass die , als Maß für das Risiko gilt. QuaVolatilität, also die driert man diese, so erhält man die . Das Radikal der ist folglich wieder die . Diese begründen unter anderem das mathematische und statistische Handwerkszeug eines Financial Engineer. Doch auch Grundsätze, wie wir diese aus der Spieltheorie kennen, sind hier vonnöten. Denn auch bei Finanzlösungen schwingen immer mit. Gerade Phänomene wie das oder das dürfen nicht unterschätzt werden. Diese sind als nicht kalkulierbare Risikoart zu behandeln. Also eine Risikoart, welche nicht durch das wegzudiversifizieren ist. Somit also ein Risiko, welches im nicht zu erkennen ist. Auch und Grundsätze sind im Financial Engineering von großer Bedeutung. im Mittelpunkt der Betrachtung stehen. Die Dabei sollte immer der Frage, welchen ein Produkt spendet, ist maßgeblich. Bau, bedingten, Bewertung, Discountzertifikate, Emotionen, entscheidungstheoretische, ethische, Gruppendenken, Herdentriebverhalten, Konditionalen, Konjunkturzyklus, Korrelationen, Kunde, Markowitz-Modell, Massengeschäft, Minimum-Varianz-Portfolio, moralische, Nutzen, Plain-VanillaEmissionen, Private Placements, Sonderemissionen, Standardabweichung, Subjektiven, Varianz, Varianz, Varianzen, Verkauf, Volatilität, Wahrscheinlichkeitstheorie, Wiener-
Modul II – Plain-Vanilla-Derivate
4
Terminbörsen und Terminmärkte
In Kapitel 4 werden Sie Folgendes erfahren:
Wie sind Terminborsen ¨ entstanden?
Wie sind Terminborsen ¨ organisiert?
Welche Funktionen haben Terminborsen? ¨
Wer handelt an Terminborsen? ¨
Was sind Derivate?
Was wird benotigt, ¨ um ein Derivat zu handeln?
Welche Möglichkeiten bieten Derivate?
4.1
Historische Entwicklung von Terminbörsen
Der Ursprung unserer heute so verbreiteten Finanztermingeschäfte liegt in den Termingeschäften auf Rohstoffe begründet. Diese wurden abgeschlossen, um Preisrisiken absichern zu können. Bereits im Jahr 2000 vor Christus sind in Indien erste Formen von Terminmärkten entstanden. Diverse Aufzeichnungen aus der Zeit des römischen Reichs und der Phönizier belegen ebenfalls Termingeschäfte. Thales von Milet soll ca. 500 v. Chr. bereits mit Optionen auf Oliven bzw. auf die Olivenpressen gearbeitet haben. Aufgrund von Unsicherheiten im Welthandel wurden früh Termingeschäfte auf Waren abgeschlossen, welche über den Seeweg und somit aus „unsicheren“ Gebieten geliefert wurden. Mit den abgeschlossenen Termingeschäften konnte folglich eine Preissicherung durchgeführt werden. Aus dem Mittelalter sind Termingeschäfte in England und in Frankreich überliefert. HauptDOI 10.1515/9783110531169-006
112
Terminbörsen und Terminmärkte
Abbildung 4.1: Weltkarte mit den heutigen Zentren des Terminmarkthandels (eingefärbt)
sächlich handelte es sich damals um Termingeschäfte auf Waren (Warentermingeschäfte), die aus Asien stammten und erst Monate später geliefert wurden. Auch hier war das Motiv eine Preissicherung. Um das Jahr 1630 wurde in den Niederlanden ein reger Optionshandel auf Tulpenzwiebeln1 betrieben. Hierbei kam es, ähnlich wie später bei der New Economy,2 zu einer klassischen Blasenbildung.3 Aufgrund einer Übernachfrage nach Tulpenzwiebeln wurden diese immer teurer und es entwickelte sich eine Preisspirale. Als die ersten Investoren beschlossen, ihre Gewinne zu sichern, und die Investments abzustoßen begannen, löste dies eine Verkaufswelle aus. Aufgrund des Überangebotes brach der Preis für Tulpenzwiebeln ein und die Preisspirale bewegte sich in die entgegengesetzte Richtung. Die meisten Investoren erlitten einen überproportionalen Verlust.
1 2
3
Die große Tulpenmanie. New Economy ist eine durch die Globalisierung und Technologisierung geprägte Wirtschaftsform; in Deutschland in den späten 1990er-Jahren aufgekommen (vgl. auch: Internetfirmen gehen an die Börse, Einführung von angloamerikanischen Begriffen etc.). Als Blasenbildung wird ein übertriebener Handel z. B. mit Aktien bezeichnet. In einer klassischen Wirtschaft kommt dies immer wieder vor und gehört auch zum Wirtschaftszyklus.
Historische Entwicklung von Terminbörsen
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In Asien (Osaka, Japan) wurde um diese Zeit ein reger Handel mit Reis und Seide betrieben. Bekannt wurde dies unter dem Begriff „D OJIMA R ICE M ARKET“. Dieser war somit der erste geregelte Terminmarkt in Asien. Ihren Siegeszug als „Mutter aller Terminbörsen“ feierte das C HICAGO B OARD OF T RADE (CBOT) in den Jahren nach 1848.4 Dabei wurde zum ersten Mal in der Geschichte ein standardisierter Terminkontrakt gehandelt. 1898 wurde ebenfalls in Chicago das „C HICAGO B UTTER AND E GG B OARD“ gegründet. Wie aus dem Namen hervorgeht, wurden dort Butter und Eier gehandelt. Da das Produktangebot über die Jahre zunahm, firmierte dieses 1919 in die C HICAGO M ERCANTILE E XCHANGE (CME) um. 2007 fand ein Zusammenschluss zwischen CME und CBOT zur CME G ROUP statt. Was begründete den Aufschwung der Termingeschäfte? Durch den sprunghaften Anstieg der amerikanischen Staatsverschuldung sowie die Aufhebung der festen Wechselkurse von Währungen (Einführung der Kontrakte am 16.05.1972 am I NTERNATIONAL M ONETARY M ARKET (IMM)) wurde ein neues wirtschaftliches Umfeld geschaffen. Dieses zeichnete sich durch höhere Volatilitäten aus. In den 70er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts wurde als Absicherungsinstrument somit der erste Finanzterminkontrakt, ein Zinsfuture, in Chicago eingeführt. Dies war die Geburtsstunde der Finanztermingeschäfte. 1972 wurden an der CME die ersten Währungsfutures auf die sieben großen Weltwährungen gehandelt. Die ersten Kontrakte auf den S&P500 wurden 1982 an der CME eingeführt. Im Jahr 1988 wurde in Deutschland die D EUTSCHE T ERMINBÖRSE (DTB) gegründet, welche 1998 mit der Schweizer SOFFEX zur E UREX fusionierte. Seit 2012 ist die Eurex im vollständigen Besitz der Deutschen Börse AG. 1992 wurde das GLOBEX T RADING S YSTEM (Computer-Handelsplattform) der CME in Betrieb genommen. Die Abbildung 4.2 zeigt die historische Entwicklung der Derivate auf. Die Entwicklung der vergangenen Jahre war stark geprägt durch die Ereignisse der Finanzkrise Ende der 2000er Jahre. Vor allem Änderungen der Regulatorik und eine deutliche Zunahme der Digitalisierung waren hier zu erkennen. Die heutigen Zentren des Terminmarkthandels werden in Abbildung 4.1 hervorgehoben.
4
Gegründet am 3. April 1848.
5
500 v. Christus Der Grieche Thales erwirbt Optionen auf Olivenpressen und macht daraus ein Vermögen.
1602 In der holländischen Vereinigten Ostindischen Kompanie schließen sich sechs kleine Handelsunternehmen zusammen und geben, um sich zu finanzieren finanzieren, erstmals im größeren Stil Aktien heraus heraus.
1975 Der erste „Interest Rate Future“ wird von der Chicago Board of Trade ausgegeben. Dies ist der erste Future, dem kein festes (reales) Produkt zugrunde liegt.
1972 Start des International Monetary Market (IMM – Unterabteilung der CME). Möglich sind nun Futures auf Währungen, Münzen und Edelmetalle.
1630 In Holland werden die ersten Optionen auf Tulpen ausgegeben. Ab 1634 werden spezielle Sorten nach Gewicht verkauft. Dabei kommt dasselbe Maß wie bei den Goldschmieden zur Anwendung. Den Tulpenmarkt begleiten wilde Spekulationsgeschäfte die 1637 nach einem enormen Crash von der Regierung beendet werden. Viele Händler und Privatleute machen während dieser Zeit Bankrott. Diese Periode wird unter dem Namen „Tulpenmanie“ bekannt.
1988 Start der Soffex in der Schweiz, die durch Fusion mit der Deutschen Terminbörse (DTB) 1998 zur EUREX wurde.
1978 Erste standardisierte Finanzderivate werden an der Börse in Holland gehandelt.
1973 Die Finanzwissenschaftler Fischer Black und Myron Scholes publizieren ihre Formel zur Optionspreis-Berechnung, bei der die Risikopräferenz der Anleger keine Rolle spielt, sondern nur Arbitragefreiheit verlangt. Die Optionsbörse Chicago Board of Options Exchange (CBOE) nimmt den Handel mit Call-Optionen auf. Vier Jahre später mit Put-Optionen.
1919 Umbenennung des Chicago Butter and Egg Board, welches vorwiegend mit Landwirtschaftsprodukten wie Butter, Eiern und Geflügel handelte, in Chicago Mercantile Exchange (CME). Heutzutage wichtigste Terminbörse für Viehbestände und Devisen. Vor Kurzem hat die CME mit der CBOT fusioniert. fusioniert Daraus ist die weltgrößte Derivate-Handelsplattform entstanden.
1991 Der damalige Schweizerische Bankverein lanciert als erste Bank in der Schweiz ein s trukturiertes Produkt. Es handelt sich dabei um ein Kapitalschutzprodukt, welches unter dem Namen „GROI“ verkauft wird.
1979 Aufkommen numerischer Modelle wie das Binomialmodell von Cox-Ross-Rubinstein. Durch Monte-Carlo-Simulationen sind somit komplexere Varianten bewertbar.
1900 Louis Bachelier reicht seine Dissertation „Théorie de la Spéculation“ ein, in der er einen probabilistischen Zugang zu Aktienkursbewegungen sucht. Er gibt explizite Preisformeln für Put- und Call-Optionen sowie BarrierOptionen an - 73 Jahre bevor dies Black und Scholes gelingt.
1870 Gründung der New York Cotton Exchange, die mit Baumwolle handelt.
1848 Gründung der Chicago Board of Trade (CBOT) durch 82 g beim Brand von Geschäftsleute. Obwohl schriftliche Überlieferungen Chicago verloren gehen, kann man davon ausgehen, dass standardisierte Terminkontrakte schon ab 1860 gehandelt werden.
1650 Am japanischen Doijma Reismarkt in der Nähe von Osaka wird Reis auf Termin verkauft.
1150 Bauern im Mittelmeergebiet vereinbaren auf den Frühlingsmärkten die Preise für ihre zukünftigen Ernten, um sich gegen Preisschwankungen abzusichern.
1700 v. Christus Händler gewähren ihren Kunden das Recht, zu vereinbarten Zeitpunkten bei ihnen Sklaven zu kaufen.
114 Terminbörsen und Terminmärkte
Abbildung 4.2: Historischer Zeitstrahl der Derivate5
Quelle: http://www.4finance.ch/literatur/derivatgeschichte.pdf, Darstellung Eigen.
Was versteht man unter Termingeschäften?
4.2
115
Was versteht man unter Termingeschäften?
Termingeschäfte sind Geschäfte, bei denen Abschluss (T0 ) und Erfüllung (T0 +X) zeitlich auseinanderliegen. Dies unterscheidet sie von Kassageschäften, bei denen die Erfüllung „unmittelbar“ nach dem Abschluss erfolgt.6
Unter einem Termingeschäft versteht man eine für beide Vertragsparteien bindende Verpflichtung über die Lieferung bzw. Abnahme eines Gutes mit einer bestimmten Qualität und Quantität zu einem im Vorfeld festgelegten Preis sowie zu einem festgelegten Zeitpunkt (vgl. Abbildung 4.3).
Abschluss
Erfüllung des Geschäftes
Termingeschäft
T0
T0+2t oder T0+3t
T0+Xt
Kassageschäft Abschluss
Sofortige Erfüllung
Abbildung 4.3: Erfüllungszeitpunkt Termin- und Kassageschäft7
Die klassischen Termingeschäfte nennt man Forward oder Future. Ein Forward ist ein individuell ausgearbeiteter bilateraler Vertrag zwischen den Vertragsparteien. In diesem werden alle Vertragsbestandteile individuell für das Grundgeschäft angepasst. Ein Future ist standardisiert und somit an Börsen handelbar. Die darin enthaltenen Bestandteile können nicht individuell geregelt werden. Daher ist ein Future jederzeit an einen anderen Investor 6
7
Der Valutatag kann gegebenenfalls abweichen. So werden Wertpapiere mit Valuta 2 Tage Zeitunterschied ge- und verkauft. Vgl. Commerzbank AG O&F Prüfung.
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Terminbörsen und Terminmärkte
übertragbar. Dies ist bei einem Forward aufgrund der Individualität nicht möglich. Futures oder Forwards werden auch als unbedingtes Termingeschäft bezeichnet, denn dieses muss unbedingt erfüllt und ausgeübt werden. Es bedarf also keiner weiteren Willenserklärung, ob eine Ausführung stattfindet oder nicht. Es gibt kein Wahlrecht.
Ein Future / Forward ist ein unbedingt zu erfüllendes Termingeschäft. Dabei setzt der Käufer eines Future / Forward auf ein Steigen des Underlying und der Verkäufer auf ein Fallen.
Im Gegensatz dazu steht die Option, welche oft auch als Termingeschäft dargestellt wird. Die Option ist jedoch etwas weniger konkret. Denn eine Option beinhaltet im Gegensatz zum Future oder Forward ein Wahlrecht des Käufers: Er bestimmt, ob er die Option ausübt oder verfallen lässt (von der Ausübung keinen Gebrauch macht).
Die Option beinhaltet das Recht, eine bestimmte Menge eines zugrunde liegenden Gegenstandes innerhalb eines bestimmten Zeitraums oder zu einem bestimmten Zeitpunkt zu einem im Vorfeld festgelegten Preis zu kaufen oder zu verkaufen.
Der Käufer (Long) einer Option entscheidet, ob diese ausgeübt wird. Der Verkäufer (Short), auch Stillhalter genannt, wird nach der Ausübung zur Erfüllung aufgefordert. Er besitzt folglich kein Wahlrecht. Er ist lediglich der stille Partner in der Vereinbarung. Dafür erhält er vom Käufer der Option einen finanziellen Ausgleich bezahlt, die Optionsprämie. Da der Käufer sein Recht nicht ausüben muss, sondern es auch verfallen lassen kann, spricht man bei Optionen von bedingten Termingeschäften, denn im Gegensatz zum Future ist ihre Ausübung an eine Willenserklärung (des Käufers) gebunden.
Der Käufer einer Option (Long) ist immer in der Situation der Ausübung. Der Verkäufer einer Option (Short) erhält für sein „stillhalten“ die Optionsprämie bezahlt.
Was versteht man unter Termingeschäften?
117
Werden Optionen nicht standardisiert über eine Terminbörse gehandelt, sondern individuell zwischen den Vertragsparteien vereinbart, so spricht man von OTC-Optionen. Diese werden „Over The Counter“ gehandelt (vgl. Abbildung 4.4 und Abbildung 4.5).
In Kapitel 5 und 6 gehen wir intensiv auf Optionen und Futures ein. In Kapitel 6.28 werden Optionen auf Futures und in Kapitel 8 werden die außerbörslich gehandelten Derivate besprochen.
Forw a
rd
FORWARD -nicht standardisiert-
UNBEDINGTE TERMINGESCHÄFTE
FUTURE -standardisiert-
Fu
t u re OTC O p
nen tio BEDINGTE TERMINGESCHÄFTE
OPTIONEN -standardisiert-
O
pt
io nen
Abbildung 4.4: Bedingte und unbedingte Termingeschäfte
OTC OPTIONEN -nicht standardisiert-
118
Terminbörsen und Terminmärkte
Derivate unbedingte Termingeschäfte Future
Long Future
bedingte Termingeschäfte
Forward
Optionen
Short Future
Call
Long Call
OTC-Optionen
Put
Short Call
Long Put
Call
Short Put
Long Call
Put
Short Call
Long Put
Short Put
Abbildung 4.5: Gliederungsstruktur von bedingten und unbedingten Termingeschäften
4.3
Warum sind die meisten der heute gehandelten Termingeschäfte standardisiert?
Die meisten der heute gehandelten Termingeschäfte sind standardisiert. Doch warum ist das so? Für die Standardisierung gibt es einige wesentliche Gründe:
Zum einen sind potenzielle Vertragspartner beim Forward (nicht standardisiert) schwer zu finden. Zum anderen ist es beim Forward kaum möglich, eine Position zu „closen“, also sich durch ein Gegengeschäft aus dem Vertrag zu befreien.
Ist ein Terminkontrakt standardisiert, so kann die auflösende Partei gegen eine andere ausgetauscht werden. Denn die Kontraktangaben sind vorgegeben und wurden nicht individuell zwischen den Vertragsparteien vereinbart. Somit kann ein Dritter an Stelle des ursprünglichen Vertragspartners rücken. Ein weiterer sehr wichtiger Punkt ist, dass durch die Standardisierung ein liquider und schneller Handel möglich ist. Dadurch ist jederzeit ein Öffnen (Opening; Eröffnen des Termingeschäftes) und Schließen (Closing oder Close-Out; Schließen des Termingeschäftes durch ein Gegengeschäft, die sogenannte Counter-Order) der Positionen möglich (vgl. Abbildung 4.6).
Warum sind die meisten der heute gehandelten Termingeschäfte standardisiert?
Opening
Opening
Long
Short
Closing
Closing
Short
Long
119
Abbildung 4.6: Opening (Erstorder) Close-out (Gegenorder)
Die Standardisierung der Kontrakte bezieht sich auf nachfolgende Merkmale: Underlying Das Underlying (der Basiswert) ist der Gegenstand des Termingeschäfts. Dies kann z. B. ein Finanzgut oder ein Rohstoff sein. Auf diesen Basiswert bezieht sich das Termingeschäft. Es handelt sich somit um das zugrunde liegende Handelsgut. Kontraktgröße – Quantität Die Kontraktgröße gibt an, wie viele Einheiten eines Basiswertes bei einem Kontrakt geliefert bzw. übernommen werden müssen (z. B. 100Aktien, 5 Euro pro Indexpunkt). Die Kontraktgröße ist somit das Maß für die Quantität eines Termingeschäftes. Basispreis Der Basispreis ist der Preis, zu dem bei Ausübung der Option das Underlying gekauft oder verkauft werden muss. Oft wird hier auch vom Strike, Strikepreis oder auch Ausübungspreis gesprochen. Der Basispreis ist der Grundpreis des Termingeschäfts. Die Basispreise werden fortlaufend, je nach Handelsverlauf, von den Terminbörsen aufgeführt. Daher stehen immer genügend handelbare Basispreise zur Verfügung. Laufzeit Die Laufzeit gibt die Fälligkeit bzw. die Zeit bis zur Fälligkeit des Termingeschäfts an. International ist der dritte Freitag im Monat der Verfallstag, welcher den letzen Börsenhandelstag des Termingeschäftes bezeichnet. Der dritte Freitag der Quartalsendmonate wird Hexensabbat oder großer Verfallstag (3-facher Verfallstag) genannt. An diesem verfallen zusätzlich zu den Optionen auch die Future-Kontrakte (vgl. Tabelle 4.1).
120
Terminbörsen und Terminmärkte
Tabelle 4.1: Hexensabbat 3. Freitag im Verfallsmonat
Einstufung des Verfallstages
Januar + Februar
NORMALER VERFALLSTAG
März
HEXENSABBAT
April + Mai
NORMALER VERFALLSTAG
Juni
HEXENSABBAT
Juli + August
NORMALER VERFALLSTAG
September
HEXENSABBAT
Oktober + November
NORMALER VERFALLSTAG
Dezember
HEXENSABBAT
Handelszeit und Handelsort Die Handelszeit und der Handelsort sind von der Terminbörse abhängig. Der Handelsort zeigt auf, wo das Termingut gehandelt wird. Die Börsenhandelszeiten gewährleisten einen liquiden und regen Handel. Dies gilt sowohl für Präsenzbörsen8 wie auch für Computerbörsen.9 Qualität des Basiswerts Die Qualität des Basiswerts ist gerade bei Rohstoffen sehr wichtig, da es verschiedene Arten von ein und demselben Rohstoff gibt. Es wird genau definiert, welches Gut geliefert bzw. abgenommen wird (z. B. Zucker Nr. 11). Dies gilt auch für Aktien: Es wird genau vorgegeben, welche Aktie (Vorzugsoder Stammaktie) geliefert wird. Auf diese Weise kann es nicht zu Verwechslungen oder Missverständnissen kommen. Sind die Vertragsbestandteile nicht standardisiert, so müssen diese individuell verhandelt werden. Ein solches individuelles Termingeschäft kann nicht an Terminbörsen gehandelt werden, da die Chance, dass ein Dritter genau dieselben individuellen Spezifikationen sucht, sehr unwahrscheinlich ist. Es ist ein bilaterales individuelles Termingeschäft erforderlich, welches mittels eines individuellen Vertrags geregelt wird. Die Standardisierung von Termingeschäften kann auch Nachteile mit sich bringen. So kann es vorkommen, dass ein Investor seine bestehenden Positionen in Bezug auf Menge und Laufzeit nicht exakt absichern kann (z. B. aufgrund der vorbestimmten Kontraktmenge). In diesem Fall ist ein OTCGeschäft (als Tailor Made Solution) zu bevorzugen. 8 9
Mit Handel auf dem Parkett. Der Handel findet im virtuellen Handelsraum statt.
Welche Funktionen haben Terminbörsen?
121
Flexibles Trading durch Standardisierung Wie wir im vorangegangenen Abschnitt gesehen haben, ist durch die Standardisierung der Termingeschäfte ein reibungsloses Übertragen sowie Eröffnen und Schließen möglich. Die Standardisierung erlaubt den Handel in Börsentermingeschäften. OTC-Derivate sind in vielerlei Hinsicht „träger“ und schwerfälliger zu handhaben, sind aber bei nicht standardisierbaren Absicherungsgeschäften eine wichtige Ergänzung.
4.4
Welche Funktionen haben Terminbörsen?
Für die Entwicklung der Terminbörsen ist das Vorhandensein von gut organisierten und umsatzstarken Kassamärkten erforderlich. Die Börse bietet die organisatorischen Voraussetzungen, um den Handel in den gelisteten Terminprodukten aufnehmen und aufrechterhalten zu können. Der Hauptgrund für die Gründung von Terminbörsen, den wir bereits angesprochen haben, ist die Umverteilung von Risiken. Terminmärkte geben den Marktteilnehmern die Möglichkeit, sich gegen ungewollte Preisveränderungen im Kassamarkt zu schützen. Das Risiko wird von Hedgern (Investoren, die sich absichern wollen) auf Spekulanten (Gruppe, welche das Risiko ak-
Derivatebörse Market-Maker und Sales/RelationshipManager
Kunden
Banken
Handelsüberwachung und Verwaltung/ Stäbe
Broker
Abbildung 4.7: Aufbau einer Derivatebörse mit integriertem Clearing10
10
Quelle: Eurex.
Clearing
122
Terminbörsen und Terminmärkte
tiv aufnimmt; Risk Taker) übertragen. Gerade die Spekulanten sind für die Liquidität an den Terminbörsen unerlässlich und sichern ein reibungsloses Funktionieren. Sie nehmen bestehende Risiken auf, ohne dabei neue Risiken zu generieren. Des Weiteren entstehen über die Terminmärkte zusätzliche Preisinformationen. Diese zeigen Tendenzen für die Preisentwicklung am Kassamarkt. Dadurch können Entscheidungen effektiver und transparenter getroffen werden. Die Preise an den Terminmärkten zeigen mehr Informationen auf als die Preise an den Kassamärkten. Daher ist ein schnellerer und aktiverer Handel über die Terminmärkte bzw. in einer Ableitung davon auch an den Kassamärkten möglich. Die Abbildung 4.7 zeigt den organisatorischen Aufbau einer Terminbörse inkl. deren Kunden. Durch die niedrigenTransaktionskosten und die großeAusführungsgeschwindigkeit können große Positionen preiswert und schnell gehandelt werden. Innerhalb von wenigen Minuten können riesige Summen bewegt werden. Ganze Märkte (z. B. Indizes) lassen sich mit nur einer Transaktion, z. B. einem Indexfuture, handeln. Außerdem muss man für einen Abschluss an den Terminmärkten nicht den gesamten, dem Geschäft zugrunde liegenden Betrag aufbringen. Lediglich eine Sicherheitenleistung, die sogenannte Margin, ist zu stellen. Die Margin dient dazu, die Zahlungsfähigkeit der Kontrahenten zu sichern. Bei gekauften Optionen, sogenannten Long Options, ist die gezahlte Optionsprämie nur ein Bruchteil des gehandelten Kontraktgegenwertes. Dadurch kann ein Investor mit geringem Kapitalaufwand große Summen handeln. Ein weiterer sehr wichtiger Vorteil von Terminbörsen ist die Spekulation auf fallende Kurse. Während an Kassabörsen nur auf steigende Kurse spekuliert werden kann, ist dies bei Terminbörsen anders. Hier kann aktiv auf Baisse spekuliert werden. Somit kann ein Investor auch bei fallenden Kursen Geld verdienen. Hierbei stellen die Terminbörsen dem Investor Instrumente zur Verfügung, ohne die solche Strategien nicht möglich wären.
4.5
Wer sind die Marktteilnehmer an Terminbörsen?
An den Terminbörsen gibt es verschiedene Marktteilnehmer. Diese werden je nach Vorgehen in vier Gruppen kategorisiert (vgl. Abbilung 4.8): Der Hedger Seine Motivation ist das Absichern von bestehenden Positionen (er ist risikoavers). Er vertritt somit den eigentlichen Existenzgrund der Terminbörsen.
Wer sind die Marktteilnehmer an Terminbörsen?
123
Arbitrageur
Spreader
Hedger
Spekulant
Markt
Abbildung 4.8: Die Marktteilnehmer an der Terminborse ¨
Er sichert sich gegen Preisrisiken ab, indem er das Risiko aktiv auf andere Marktteilnehmer überträgt. Er ist risikoavers. Durch sein Hedging kann er z. B. seinen Gewinn aus einer Kassaposition planen und kalkulierbar machen. Es entsteht dadurch ein klassischer Risikotransfer. Dieser war früher der Grundgedanke eines jeden Termingeschäfts; es sollten Preisrisiken übertragen werden. Der Spekulant Er ist der klassische Antagonist zum Hedger. Der Spekulant (Risk Taker) engagiert sich an der Börse in der Erwartung, ein Termingeschäft mit Gewinn abschließen zu können. Er nimmt dafür aktiv Risiken auf sich und schafft mit seinen Positionen die erforderliche Liquidität an den Märkten. Er nimmt das Risiko in Kauf und erwartet aus seinem Engagement einen Gewinn. Der Arbitrageur Er betreibt Arbitrage. Das bedeutet, er nutzt risikolos die unterschiedlichen Kursstellungen in einem Handelsgegenstand auf unterschiedlichen Märkten aus und profitiert aus deren Differenz. Durch den gleichzeitigen Kauf und Verkauf eines Kontrakts ist das Risiko gleich null. Auch der Arbitrageur sorgt somit für Liquidität im Markt. Zudem trägt er zum fairen Marktpreis bei. Meist sind Arbitrageure Banken und Broker. Die Arbitrage, oder vielmehr die Möglichkeit dazu, zerstört sich in der weiteren Entwicklung im posi-
124
Terminbörsen und Terminmärkte
tiven Sinn selbst: Denn durch den Vorgang der Arbitrage schließt sich der Preisunterschied der gleichwertigen Handelsobjekte und löst sich somit auf. Der Spreader Dieser Investor versucht, durch Ausnutzung von Preisdifferenzen einen Gewinn zu erzielen. Er kauft einen Terminkontrakt, welcher ihm zu preiswert erscheint, und verkauft einen Terminkontrakt, welcher ihm zu teuer erscheint. Durch gleichzeitiges Öffnen und Schließen der Positionen ergibt sich eine Differenz. Er kann maximal aus dieser Differenz profitieren.
4.6
Welche weiteren Grundbegriffe werden zum Verständnis von Terminbörsen und Terminmärkten benötigt?
Investoren In diesem Buch wird oft von Investoren gesprochen. Daher wird der Begriff an dieser Stelle kurz erklärt. Der Investor ist ein in Termingeschäften und Wertpapieren engagierter Anleger. Dieser Anleger kann sowohl ein privater Anleger (Retail-Anleger) als auch ein professioneller Anleger (institutioneller Anleger) sein. Der Investor kann nach unserer Auslegung auch etwas verkaufen, das er nicht besitzt (Short Selling),11 bzw. er kann jegliches Termingeschäft abschließen (keine Größen- bzw. Zulassungsbeschränkungen). Somit hat der Investor unbegrenzte finanzielle Mittel zur Verfügung, welche er zeitlich und räumlich ungebunden einsetzen kann. Es handelt sich ferner um einen Investor, der Erfahrung und Wissen in sich vereint und somit alle Instrumente anwenden kann. Derivate Ebenfalls wollen wir den Begriff Derivat für uns definieren. Das Wort Derivat kommt vom Wortursprung aus dem lateinischen „derivare“ (ableiten) und bedeutet so viel wie Abkömmling. Es handelt sich somit um ein von einem Grundinstrument (z. B. Aktie) abgeleitetes Finanzinstrument. Das Grundinstrument wird auch als Underlying oder Basiswert bezeichnet. Die Entwicklung des Derivats bezieht sich immer auf die Entwicklung des Underlying. Das Underlying selbst ist von den Investitionen in Derivate wei-
11
Short Selling bezeichnet das Eingehen einer Negativposition in einem Handelsgegenstand mit der Grundintention, diesen zu einem späteren Zeitpunkt zu einem preiswerteren Kurs zurückzukaufen und damit die Minusposition auszugleichen.
Terminbörsen und Terminmärkte
125
testgehend unberührt, da bei Investitionen in Derivate lediglich auf eine Veränderung des Underlying gehofft bzw. dieses vorausgesetzt wird. Das Underlying selbst ist nur im seltenen Fall in die Strategien mit eingebunden. Das Underlying ist somit Ursprung und Grundlage der Investition, jedoch nicht die Investition selbst. Es kann jedoch durch Ausübung zur Investition werden. Dann ist jedoch das Derivat nicht mehr existent. An seine Stelle tritt das Underlying als Basis. Hedging Bei einer Hedging-Transaktion sichert sich der Investor gegen gegenläufige Marktentwicklungen ab. Der Aspekt der Absicherung steht im Vordergrund. Ein Hedging ist immer mit einem monetären Aufwand verbunden. Der Hedger12 ist ein risikoaverser Investor bzw. ein Investor, der Wert auf die Planbarkeit legt. Er transferiert durch seine Operationen das Risiko auf eine weitere Partei und entledigt sich damit seiner. Dafür ist er bereit, der Risiko aufnehmenden Partei einen monetären Ausgleich zu bezahlen. Spekulation Anders ist die Situation bei Spekulationspositionen. Das lateinische Wort „speculor“ entspricht dem Deutschen „ich spähe“. Somit kann Spekulation als kurzfristiges Hinschauen bzw. Suchen übersetzt werden. Bei einer Spekulation handelt es sich stets um ein zeitlich kurzfristiges Engagement mit dem Ziel, einen Gewinn zu erwirtschaften. Jedoch muss auch hier wieder eine Differenzierung vorgenommen werden, denn eine Spekulation kann auch mittelfristig oder gar langfristig angelegt sein. Man spricht dabei jedoch dann von einem strategischen Investment bzw. einer geplanten Zukunftsspekulation. Die Bereitschaft, ein Investment mit Gewinnabsicht einzugehen, sichert dem Derivatemarkt einen Großteil seiner Liquidität. Es kann gesagt werden, dass der Spekulant der Motor einer jeder Order ist. Erst wenn jemand bereit ist, ein Risiko einzugehen, wird ein Geschäft zustande kommen. Ein Spekulant weiß, welche Risiken er eingeht, und kann diese in der Regel überblicken. Spekulation ist somit nach unserer Definition das Erwirtschaften von Renditen unter Einschluss von Risiken. Somit nimmt der Spekulant (oft volkswirtschaftlich geschaffene) Risiken auf und versucht, daraus einen legitimen Profit zu erzielen. Dividenden und Zinsen Lassen Sie uns kurz einen Blick auf die Zinsen und Dividenden werfen, die direkten und indirekten Einfluss auf Finanztermingeschäfte haben können.
12
Ein Investor, der das Risiko sehr scheut und seine Positionen risikoneutral halten möchte.
126
Terminbörsen und Terminmärkte
Die Dividenden Dividenden gelten als Ausschüttung des Gewinns einer Aktiengesellschaft. Sie beeinflussen direkt das Underlying eines Finanztermingeschäfts. Dividenden haben damit direkte Auswirkungen auf das Finanztermingeschäft. Hierbei ist zu beachten, dass ein Teil des Gewinns des Unternehmers an die Halterstruktur (Aktionäre oder Shareholder) ausgeschüttet wird und somit für das Unternehmen sofort als kapitalmindernd13 wirkt. Diese Eigenschaft senkt den Kurs des Underlying und sorgt somit zu Veränderungen des Preises einer Terminmarktableitung (Derivat) auf dieses Underlying. Die Zinsen Der Blick auf die Zinsen lässt erkennen, dass wir für unterschiedliche Laufzeiten unterschiedliche Zinsen haben. Trägt man diese Zinssätze grafisch ab, erhält man die Zinsstrukturkurve (vgl. Abbildung 4.9) für die jeweiligen Laufzeiten. Hierbei ist darauf zu achten, inwieweit eine Veränderung der Zinsstrukturkurve zu erwarten ist und wie stark deren Veränderung ausfallen wird (vgl. Tabelle 4.2). Die Veränderungen der Zinsstrukturkurve sowie deren Ursprung ist in den Zinsstrukturtheorien nachzuvollziehen.14
Zinssatz
inverse Zinsstrukturkurve flache Zinsstrukturkurve normale Zinsstrukturkurve
Zeit
Abbildung 4.9: Zinsstrukturkurven15
13
14 15
Der Investor wird durch eine Dividende übrigens nicht reicher, er erhält lediglich einen Teil des Unternehmensgewinns ausbezahlt und hat folglich mehr persönliche Liquidität zur Verfügung. Vgl. Spremann, Gantenbein: Finanzmärkte, 4. Auflage UTB (2017). Vgl. Frankfurt School of Finance „Wertpapiergeschäft für Wertpapierspezialisten“
Terminbörsen und Terminmärkte
127
Tabelle 4.2: Szenarioerklärung für Zinsinstrumente16 Szenario
+100 Bp
Beschreibung Parallelverschiebung der gesamten Zinskurve um 100 Bp nach oben
−100 Bp
,Flattening‘ ,Steepening‘ +300 Bp +100 Bp/ −100 Bp/ −50 Bp +50 Bp
−300Bp
Parallelverschiebung der gesamten Zinskurve um 100 Bp nach unten
Geldmarktsatz steigt um 100 Bp; zehnjähriger Satz sinkt um 50 BP; 30-jähriger Satz sinkt um 100 Bp
Parallelverschiebung der gesamten Zinskurve um 300 Bp nach unten
Geldmarktsatz sinkt um 100 Bp; zehnjähriger Satz steigt um 50 Bp; 30-jähriger Satz steigt um 100 Bp
Parallelverschiebung der gesamten Zinskurve um 300 Bp nach oben
Wir unterscheiden grundsätzlich in drei typische Zinsstrukturkurven: Flache Zinsstrukturkurve: Es besteht kein Unterschied zwischen den Fristen. Die Zinsen verlaufen flach. Die Zentralbanken haben bei flachen Zinsstrukturkurven Schwierigkeiten, die Geldmengen zu steuern. Normale Zinsstrukturkurve: Die Zinsen steigen mit steigender Laufzeit an. Eine solche Zinsstrukturkurve ist typisch für einen langsam beginnenden Konjunkturaufschwung. Inverse Zinsstrukturkurve: Die Zinsen fallen mit längerer Restlaufzeit. Eine inverse Kurve ist oft in Zeiten von Rezession und bei deflationären Tendenzen zu beobachten. Es wird eine Rückbildung der Inflation erwartet. Die Geldmarktsätze sind hoch und die Kapitalmarktsätze niedriger. Die Zentralbank hat eine Geldmengenverknappung herbeigeführt. Die Differenz zwischen den Zinsen am langen und am kurzen Ende bezeichnet man als Term Spread. Nachfolgend finden Sie die Formeln zur Berechnung der Term Spreads für Euro und USD. Term Spread Euro
SEUR =
10 1
= i10 − i1
SEUR = Spread für Euroraum i = Zinssätze
16
Vgl. Frankfurt School of Finance ,,Wertpapiergeschäft für Wertpapierspezialisten“
128
Terminbörsen und Terminmärkte
Term Spread USD
SUSD =
30 0,5
= r30 − r0,5
SUSD = Spread für die USA r = Renditen Die Zinskurve steigt an, wenn der Term Spread positiv ist. Es kann von einem weiterhin ansteigenden Wirtschaftsaufschwung ausgegangen werden. Dagegen sind die Tendenzen einer Rezession vorhanden, wenn dieser null oder negativ ist.17
Anmerkung zu den USA: In den USA ist es üblich, nicht die Zinssätze anzugeben, sondern die Yields (Rendite). Somit spricht man hier auch von der Yield-Kurve (Renditekurve).
4.7
Wie sind Terminbörsen organisiert?
Terminbörsen können sowohl als Präsenzbörsen als auch in Form von Computerbörsen organisiert sein:
17 18
Die Präsenzbörse ist die klassische Art einer Börse. Der Handel findet unter anderem auf dem Parkett im Open-Outcry-Verfahren18 statt. Zugleich bedient man sich eines Verständigungssystems mittels Handzeichen. Anders ist dies bei Computerbörsen wie der Eurex. Bei diesen Börsen findet ein anonymer und lautloser Handel im Datensystem statt. Alle Börsenteilnehmer kommunizieren über Datenleitungen miteinander. Dies ermöglicht einen reibungslosen überregionalen bzw. internationalen Handel. Alle Teilnehmer haben die gleichen Markt- und Preisinformationen zur selben Zeit. Die Ordereingabe über den Handelsschirm garantiert eine extrem schnelle Bearbeitung. Die Aufträge werden vollautomatisch abgewickelt. Durch ein aktives Market Making wird die Liquidität gewährleistet. Das Handelssystem bildet hier folglich auch den Handelssaal, der nur virtuell und nicht mehr real vorhanden ist.
Vgl. Spremann, Gantenbein: Finanzmärkte, 4. Auflage UTB (2017). Kommunikationssystem, welches beim „floor trading“ verwendet wird.
Wie funktioniert eine Computerbörse?
129
4.8 Wie funktioniert eine Computerbörse? Die E UREX ist ein sehr gutes Beispiel für eine voll elektronische Börse. Sie ist 1998 aus dem Zusammenschluss von DTB19 und SOFFEX20 entstanden. Seit 2012 ist die Eurex im Alleinbesitz der Deutschen Börse AG. Auch schon die DTB, welche im Jahr 1988 als Trägergesellschaft gegründet wurde, war eine ausschließlich auf den Computerhandel ausgerichtete Börse. Da in Deutschland bis zur Gründung der DTB Termingeschäfte aufgrund fehlender gesetzlicher Rahmenbedingungen fast nicht verbreitet waren, tat sich die neue Börse in den Anfangsjahren schwer. Doch schon bald wurden die großen Vorteile des Terminhandels erkannt und die DTB konnte sich gegen die Konkurrenz an den europäischen und amerikanischen Börsenplätzen behaupten. Durch die neu geschaffene Struktur, welche auf hoher Transparenz, Funktionalität und Sicherheit basierte, wusste die junge Börse zu überzeugen. Der Börsenhandel läuft lautlos und schnell über den Zentralrechner ab. Auf diesem ordnet ein Programm alle eingehenden Orders, sofern möglich, sofort anderen, bereits bestehenden passenden Orders zu. Können die Orders nicht sofort ausgeführt werden, setzt der Zentralrechner diese in das zentrale Orderbuch. Sobald sie ausgeführt werden können, veranlasst das System automatisch ein Matching (Ausführung; Zusammenführung der Orders). Neue Orders werden nach dem Zeit-Preis-Prinzip21 zugeordnet. Das bedeutet, dass die zeitlich erste Order, zu welcher eine Ausführung möglich ist, gehandelt wird. Sind weitere Ausführungen möglich, so rücken die Orders nach ihrem zeitlichen Eingang bei der Börse nach. In Tabelle 4.3 wird exemplarisch ein Handelsbuch auf den FDAX® dargestellt. Zu erkennen sind die Kauf- und Verkaufsorders sowie die Kontraktanzahl und Zeitstempel der Orders. Wie am obigen Beispiel zu erkennen ist, wäre die Quotierung 6090/6100 (12 Kontrakte/45 Kontrakte). Würde nun beispielsweise eine Verkaufsorder über 20 Kontrakte zu 6060 eingehen, so würde sie mit den 12 Kontrakten zu 6090 verrechnet und mit 8 Kontrakten ins Orderbuch eingestellt werden. Die anschließende Quotierung würde 6050/6060 (75/8) lauten. Ein sehr wichtiger Aspekt ist die Sicherheit des Systems. Die Eurex hat daher drei Sicherheitsebenen eingeführt. 19 20 21
DTB: Deutsche Terminbörse. SOFFEX: Swiss Options and Financial Futures Exchange. Könnten mehrere Orders zum selben Preis ausgeführt werden, wird die Order mit dem frühesten Zeitstempel zuerst ausgeführt. Orders mit einem besseren Preis werden vor Orders mit einem schlechteren Preis ausgeführt.
130
Terminbörsen und Terminmärkte
Tabelle 4.3: Beispiele für ein Handelsbuch (Beispiel hier: Future auf DAX®-Index) Handelstag 21.4.2010
Kauforders (Geld)
DAX Future
Verkaufsorders (Brief)
Limit
6050
6050
6090
6100
6100
6130
Kontrakte
30
45
12
45
30
32
Eingang
11:15
11:05
12:07
10:23
12:05
11:22
Technische Sicherheit: Die technische Sicherheit beginnt mit dem Herzstück der Eurex. Der Zentralrechner ist zweifach vorhanden, um einen Ausfall zu verhindern. Sollte der erste Rechner ausfallen, übernimmt sofort der parallel geschaltete zweite die Arbeit. Gleichzeitig sind alle Verarbeitungs- und Kommunikationsverbindungen doppelt vorhanden. Durch die Mehrfachkopie aller Daten und Orders wird ein hoher Sicherheitsstandard gewährleistet. Marktsicherheit: Um Marktsicherheit gewährleisten zu können, werden Verdachtsmomente bzgl. Manipulationen permanent untersucht und kontrolliert. Teilnehmersicherheit: Die Eurex legt für jeden Teilnehmer eine Zugangsberechtigung fest. Somit können nur berechtigte Mitarbeiter an einem Handelsschirm Orders erfassen. Ebenfalls kontrolliert die Eurex die Zugriffe der Mitarbeiter auf die Datenquellen. So sind nur Zugriffe auf eigene Handelsund Clearing-Daten möglich. Fremdzugriffe werden verweigert. Mit diesem System bzw. Regelwerk ist die Eurex eine der führenden Terminbörsen der Welt.
Computerbörsen vs. Präsenzbörsen Kurz zusammengefasst kann man sagen, Computerbörsen sind ein rein virtueller Handelsraum. Hier wird schnell und mittels computerunterstützten Methoden der Handel abgewickelt. Präsenzbörsen haben noch das Flair des „alten“ Handels. Hier wird noch real und auf dem „Parkett“ gehandelt. Aufgrund der voranschreitenden Globalisierung, der immer weiter steigenden Umsätze und des „Geschwindigkeitsrausches“ werden die klassischen Handelssäle jedoch immer leerer und verlagern sich zunehmend in die virtuelle Welt.
Was versteht man unter dem Market-Maker-Prinzip?
4.9
131
Was versteht man unter dem Market-Maker-Prinzip?
Um die Liquidität in allen gehandelten Produkten garantieren zu können, hat die Eurex (wie alle Terminbörsen) das Prinzip des Market Making eingeführt. Market Maker sind Makler,22 die fortlaufend oder auf Anfrage verbindliche Preise für die von ihnen betreuten Produktreihen stellen. Die gestellten Geld-/Briefkurse nennt man Quotes. Für die „Stellung“ dieser Quotes muss der Market Maker eine von der Eurex vorgegebene Kontraktmenge und eine festgelegte Spanne beachten. Außerdem muss der Market Maker mindestens die Hälfte (je nach Market-Making-Einstufung auch bis zu 85 Prozent) der an ihn gestellten Quote Requests (Anfragen) innerhalb einer Minute beantworten und diese Quotes für zehn Sekunden offenhalten. Nur dann hat der Anfragende die Möglichkeit, auf diese Quotes mit einer Order zu antworten. Nach 150 Anfragen pro Tag kann ein Market Maker weitere Anfragen ablehnen bzw. unbeantwortet lassen. Dieses Market Making wird als Regular Market Making bezeichnet. Es ist für weniger liquide Serien vorhanden und bezeichnet das Stellen eines Quote auf Anfrage (Quote on Request). Das Market Making wird oft auch als Marktpflege bezeichnet. Denn ohne Market Maker wäre es oft unmöglich, Produkte – vor allem seltene – zu handeln. Hat ein Marktteilnehmer eine Order in einem Produkt eingestellt, für die keine Quotes im System vorhanden sind, so fragt das Ordersystem diesen automatisch an. Entweder es erfolgt dann eine Ausführung oder die Order geht in das zentrale Orderbuch über.23
Welche Produktgattung der Eurex mit welchen Market-Making-Verpflichtungen verbunden sind, erfahren Sie in unserem Downloadbereich.
Permanent Market Making ist für Optionen (bestimmte Basispreise im „At the money“-Bereich) verfügbar. Dabei stellt der Market Maker für die von ihm betreuten Kontrakte fortlaufend Quotes. Diese fortlaufende Quotierung stellt einen schnellen und liquiden Handel sicher. Daher ist das Permanent Market Making von extremer Wichtigkeit. Ohne dieses wäre der schnelle und konsequente Handel nicht möglich. Man spricht beim Quotieren von Paketen
22 23
Angestellt bei Banken und Brokern. Quelle: Eurex
132
Terminbörsen und Terminmärkte
(Aktienoptionen, Aktienindexoptionen sowie Optionen auf Fixed Income Futures) vom Advanced Market Making. Hierbei wird ebenfalls fortlaufend quotiert, wodurch Ausführungen gewährleistet werden. Im Gegensatz zum Permanent Market Making werden hierbei jedoch nicht nur einzelne Serien quotiert, sondern von der Börse vorgegebene Pakete, welche verschiedene Produkte enthalten können (vgl. Abbildung 4.10).
Market Making Permanent Market Making
Advanced Market Making
Regular Market Making
Fortlaufende Quotierung
Quotierung von Paketen
Quote auf Anfrage
Abbildung 4.10: Arten des Market Making
Das Market Making gilt als eine der wichtigsten Errungenschaften von modernen Terminbörsen. Denn nur durch ein aktives und fortlaufendes Market Making wird ein liquider Markt garantiert. Ohne Market Making würde dieser sehr schnell austrocknen bzw. in vielen Produkten einfach schrumpfen.
4.10
Wie erfolgt der Handel an der EUREX?24
Der Handel an der Eurex wird in verschiedene Phasen unterteilt. Pre-Trading-Phase In dieser Phase können alle Marktteilnehmer Orders erfassen, ändern und streichen. Ein Handel findet jedoch nicht statt. 24
Die Eurex ziehen wir in diesem Buch exemplarisch für eine Terminbörse als Beispiel heran und erklären anhand ihres Marktmodells den Terminhandel.
Wie erfolgt der Handel an der Eurex?
133
Opening Phase Durch eine Eröffnungsauktion beginnt der Handel an der Eurex. Als Erstes wird ein ausgeglichenes Orderbuch geschaffen. Der Ausgleichsprozess entspricht der Berechnung von Eröffnungskursen und gegebenenfalls damit verbundenen Eröffnungsgeschäften. Grundlage für die Preisermittlung ist das Preisniveau, zu dem das größte Ordervolumen ausgeführt werden kann. Bestehende Orders werden nach Möglichkeit zusammengeführt. Sobald dieser Ausgleich fertiggestellt wurde, beginnt die Trading-Periode. Trading-Periode Während der Trading-Periode werden offene Orders und Quotes fortlaufend verglichen. Alle in dieser Zeit eingegebenen Orders und Quotes, die besser als oder gleich gut wie bestehende Orders und Quotes auf der entsprechenden Gegenseite des Orderbuchs sind, werden unmittelbar zusammengeführt (Matching). Wenn kein sofortiges Matching für eine Order möglich ist, wird sie gegebenenfalls im zentralen Orderbuch geführt. Die ausgeführten Orders werden realtime rückgemeldet. Orders und Quotes können fortlaufend eingegeben, geändert oder gelöscht werden. Schlussauktion Auch hier kommt es zu einem Ausgleich des Orderbuches. In der Schlussauktion werden alle offenen Orders und Quotes übernommen und nach Möglichkeit ausgeglichen. Die Schlussauktion endet für ein bestimmtes Produkt, sobald der Ausgleichsprozess (Netting) für alle Futures-Kontrakte, die auf diesem Produkt basieren, abgeschlossen wurde. Wenn für bestimmte Futures-Kontrakte keine Market Orders vorliegen und eine Zusammenführung von limitierten Orders und Quotes nicht möglich ist oder wenn nicht ausführbare Market Orders vorliegen, endet die Schlussauktion ohne Feststellung eines Schlusskurses. Post-Trading-Phase Diese unterscheidet sich in vier weitere Phasen (vgl. Abbildung 4.11):
Post Trading Full: Hier können Orders erfasst, geändert und gelöscht werden. Post Late 1: Das Eurex-System lässt eine Eingabe in dieser Phase für OTC-gehandelte Produkte nicht zu. Post Late 2: Die Post-Late 2-Periode gilt ausschließlich für Zinsoptionen am letzten Handelstag. Post Trading Restricted: Während dieses Zeitraums sind nur Datenabfragen möglich. Orders für den nächsten Handelstag können weiter eingegeben werden, dagegen werden Ausübungen nicht länger vollzogen.
134
Terminbörsen und Terminmärkte
Trading-Phasen EUREX PreTrading
Opening
Trading
Schlussauktion
Post Trading
Post Trading Full
Post Late 1
Post Late 2
Post Trading Restricted
Abbildung 4.11: Die Trading-Phasen an der Eurex25
Nach diesen Phasen beginnt die „Stapelverarbeitung“ (das Abarbeiten der gehandelten Kontrakte) auf dem Eurex-System. Es sind keine Datenabfragen mehr möglich. Das System wird gepflegt und für den nächsten Handelstag vorbereitet. Rein theoretisch wäre ein Handel rund um die Uhr möglich. Genau genommen würden nur wenige Minuten reichen, um das System zu pflegen. Die Eurex hat sich jedoch auf konkrete Handelszeiten verständigt. Anders ist dies bei GLOBEX:26 Dieses System ist fast rund um die Uhr handelsbereit, nur für Wartungs- und Pflegearbeiten ist es für kurze Zeit offline.
4.11
Wer reguliert Terminmärkte?
Options- und Futures-Märkte unterliegen einer strengen, in manchen Ländern sogar einer sehr strengen Regulierung. Die jeweiligen Regulierungsorgange sind länderspezifisch unterschiedlich und daher nicht einheitlich zu beurteilen. In den USA ist z. B. die Securities and Exchange Commission (SEC) auf Bundesebende für die Optionsprodukte zuständig. Die Commodity Futures Trading Commission (CFTC) ist für die Futures und Optionen auf Futures verantwortlich. In Deutschland gibt es wiederum die Börsenaufsichtsorgane sowie die Bundesaufsichtsorgane.
25 26
Quelle: Eurex. Computerhandelssystem der CME in Chicago.
Welche Produkte können gehandelt werden?
Börsenaufsicht in Deutschland:
135
http://www.boersenaufsicht.de
Börsenaufsicht SEC (USA):
http://www.sec.gov
Börsenaufsicht CFTC (USA):
http://www.cftc.gov
4.12
Welche Produkte können gehandelt werden?
Grundsätzlich besteht die Möglichkeit, auf jedes Underlying ein Termingeschäft abzuschließen. An Terminbörsen wird jedoch darauf geachtet, dass die gelisteten Termingeschäfte (und auch die Underlyings) liquide und für den Markt notwendig (nachgefragt) sind. Sonst wäre ein Listing nicht sinnvoll.
Listed Derivatives Equity-linked-Derivatives
Fixed Income Produkte
Commodity
FX
Indexprodukte
Produkte auf Einzelwerte
Fixed Income Futures
Optionen auf Fixed Income
Commodity Futures
FX Derivate
FDAX
Optionen auf DAX Werte
Euro Bund Future
Optionen auf den 30y Treasury Future
Future auf Gold
EUR/USD
Abbildung 4.12: Gruppen von Derivaten und deren Beispiele
Die in Abbildung 4.12 dargestellten Underlyings sind lediglich einige wenige Beispiele. Die jeweils für den Handel zugelassenen Produkte kann man den Informationsseiten der Terminbörsen entnehmen. Die Kontraktspezifikationen wie z. B. Kontraktgrößen, Multiplikator, Abwicklung, Handelszeiten etc. können dort ebenfalls in Erfahrung gebracht werden.
136
Terminbörsen und Terminmärkte
Die jeweiligen Produktdaten und Kontraktspezifikationen können in unserem Downloadbereich eingesehen werden.
4.13
Was versteht man unter Clearing?
Das Clearing ist ein wichtiger Punkt, der hinter jeder Order steht. Denn mit dem Clearing ist die Abwicklung, Besicherung und die Geld- und StückeRegulierung der abgeschlossenen Geschäfte gemeint. Das Clearing (Zentraler Kontrahent CCP)27 an der E UREX übernimmt die E UREX Clearing AG. Die Mitglieder, die auf der Eurex-Plattform handeln dürfen, werden unterschieden hinsichtlich ihres Status beim Clearing (vgl. Abbildung 4.13).
EUREX General Clearing Member Eigengeschäfte und Kundengeschäfte (GCM)
Non Clearing Member (NCM)
Direkt Clearing Member Eigengeschäfte Kundengeschäfte
Eigengeschäfte Kundengeschäfte
Abbildung 4.13: Mitglieder am Eurex-Handel28
General Clearing Member (GCM) Eine solche Mitgliedschaft erhalten Kreditinstitute, die ein haftendes Eigenkapital von mindestens 125 Millionen Euro besitzen. Sie haben das 27 28
Central Counterpart. Quelle: Eurex.
Welche Orderspezifikationen gibt es?
137
Recht, Transaktionen für Kunden und andere Börsenmitglieder ohne Clearing-Lizenz abzuwickeln. Direkt Clearing Member (DCM) Kreditinstitute, welche ein haftendes Eigenkapital von mindestens 12,5 Millionen Euro haben, können diesen Status erhalten. Sie dürfen eigene Geschäfte und Kundengeschäfte abwickeln. Non Clearing Member (NCM) NCM haben keine eigenen Clearing-Aktivitäten. Doch auch ihnen bleibt die Eurex nicht verschlossen. Sie haben die Möglichkeit, über ein General Clearing Unternehmen am Eurex-Handel teilzuhaben. Dies setzt eine vertragliche Vereinbarung mit dem General Clearing Member voraus. Diese Verträge stellen ein unabhängiges Rechtsverhältnis dar, denn nur Clearing-Mitglieder können mit der Eurex Clearing AG als Vertragspartner auftreten.
Grundsätzlich treten gegenüber den Terminbörsen immer nur Banken und Broker als Kunden auf. Deren Kunden (Endverbraucher) tretten nicht in direkte Erscheinung.
4.14
Welche Orderspezifikationen gibt es?
Beim Erteilen von Terminmarktorders sind nachfolgende Termini notwendig:
Was ist es für ein Termingeschäft? Option oder Future? Bei Optionen: Call oder Put? Wird gekauft oder verkauft? Long? Short? Welche Anzahl von Kontrakten? Welches Underlying? Welcher Verfallsmonat und in welchem Jahr? Ggf. Basispreis (bei Optionen) Ggf. Limit zur Ausführung (oder billigst/bestens = Market Order) Ggf. Ordergültigkeit (nur heute (GFD), bis auf Widerruf (GTC) oder bis zu einem bestimmten Datum (GTD)) Welcher Handelsplatz?
138
Terminbörsen und Terminmärkte
Gibt es evtl. Besonderheiten? Covered- oder Uncovered-Merkmal?29 Ist evtl. eine Kombinationsbezeichung vorhanden? Opening oder Closing? Evtl. Orderzusätze
Die Orders können eingeschränkt oder uneingeschränkt an den Markt gegeben werden. Dabei werden uneingeschränkte Orders „Market Orders“ genannt. Diese werden, wenn möglich, sofort nach Erteilen ausgeführt. Bei eingeschränkten Orders, z. B. Limit-Orders, kann die Ausführung auf sich warten lassen, denn diese Orders dürfen nur zum Limit oder besser ausgeführt werden. Kann eine Order nicht sofort ausgeführt werden, wird diese ins Eurex-Orderbuch aufgenommen. Dasselbe gilt auch für Teilausführungen. Die nicht ausgeführten Teile werden in das Orderbuch eingestellt. Einschränkungen
29
Limit-Order: Hierbei muss ein Limit erreicht werden, damit die Order ausgeführt werden kann. Die Order darf nur zum angegebenen Preis oder besser ausgeführt werden – im Gegensatz zu einer Market Order, welche zum nächsten Preis gehandelt wird. Stop-Auftrag (STP): Dies sind Orders bei Futures, welche dann aktiv werden, wenn eine zuvor bestimmte Grenze durchbrochen wurde. Möglich ist das nur beim Kauf über aktuellem Preis und beim Verkauf unter dem aktuellen Preis. Diese Art von Zusatz wird bei Systemorders, die nach technischen Analysen vorgenommen werden, aufgegeben. Gleichzeitig werden damit Sicherungspunkte fixiert. Ein Investor kann sich somit vor Verlusten schützen bzw. im steigenden Markt einen Einstieg an einer z. B. charttechnisch wichtigen Stelle sichern. „Fill and Kill“-Auftrag (FAK): Unverzügliche Ausführung der Order, auch in Teilen. Die nicht ausgeführten Teile werden annulliert. „Fill or Kill“ Auftrag (FOK): Hier muss der Auftrag komplett und sofort ausgeführt werden. Ansonsten erfolgt eine Annullierung. Somit sind Teilausführungen nicht zugelassen. Spread-Auftrag: Eine Spread Order handelt den kompletten Spread in einer Order. Dabei werden Kauf und Verkauf in einem angegeben. Diese Orders sind an der Eurex nur in Futures möglich. Immediate or Cancel-Auftrag (IOC): Die Ausführung soll sofort erfolgen, jedoch sind auch Teilausführungen genehmigt. Die nicht ausgeführten
Covered Options werden solche Optionen genannt, bei denen der Investor z. B. die Aktien im Portfolio hat.
Welche Orderspezifikationen gibt es?
139
Teile werden annulliert. Diese Orderart ist bei Kombinationsorders in Futures sowie bei Optionen an der Eurex handelbar (vgl. Abbildung 4.14).
Orderspezifikationen
Limit-Order
Stop Auftrag (STP)
Fill and Kill Auftrag (FAK)
Fill or Kill Auftrag (FOK)
Spread Auftrag
Immediate or Cancel Auftrag (IOC)
Abbildung 4.14: Unterschiedliche Orderspezifikationen
Orders können mit einer gewissen Gültigkeit aufgegeben werden. Dabei unterscheidet man zwischen (vgl. Abbildung 4.15)
Orders, welche nur am Tag der Order gültig sind (Good for Day; GFD), Orders, welche bis zu einem gewissen Tag gültig sind (Good till Date; GTD), und Orders, welche bis auf Widerruf gültig sind (Good till Cancelled; GTC).
Ordergültigkeit
Heute (GFD)
Bis auf Widerruf (GTC)
Bis zu einem bestimmten Tag (GTD)
Abbildung 4.15: Unterschiedliche Ordergültigkeit
Orderausführung Um ungewollte Preissprünge auszuschließen, hat die Eurex eine maximale Bandbreite bei Futures festgelegt, in der unlimitierte Orders ausgeführt wer-
140
Terminbörsen und Terminmärkte
den dürfen. Dies schützt den Investor (Ordergeber) vor ungewollten Preissprüngen. Die Orderausführung, das Matching,30 erfolgt nach dem Preis-Zeit-Prinzip: Orders, welche nicht sofort oder nur in Teilen ausgeführt werden können, werden in das elektronische Orderbuch der Eurex aufgenommen und bei Matching-Möglichkeit ausgeführt. Es kann jederzeit zu einer Teilausführung kommen (es sei denn, die Order lässt es nicht zu). Da es sich bei der Eurex um eine Computerbörse handelt, ist die Ausführungsgeschwindigkeit sehr hoch (vgl. Abbildung 4.16: Ordererfassungsmaske Eurex, und Abbildung 4.17 Ordererfassung: SwissKey). Nach der Ausführung erteilt das System sofort eine Rückmeldung über die gehandelten Kontrakte (Underlying des Kontraktes), den Ausführungspreis und die ausgeführte Kontraktmenge.
Abbildung 4.16: EUREX T731
Weitere Ordermöglichkeiten An anderen Terminbörsen bestehen weitere Ordermöglichkeiten, die sehr unterschiedlich sein können. So ist z. B. eine Market If Touched Order eine Order, die dann in Kraft tritt, wenn der angegebene Preis gehandelt wird. Die Order wird anschließend zu einer Market Order. Eine Not Held Order, auch 30
31
Als Matching bezeichnet man das Zusammenführen von Orders mit dem Ziel, diese auszuführen. Quelle: Eurex.
Welche Orderspezifikationen gibt es?
141
Abbildung 4.17: Order-Tool für Auslandsbörsen (UBS SwissKey System; Buy Order)32
als Take Time Order bezeichnet, gibt dem ausführenden Broker einen gewissen Ermessensspielraum bei der Ausführung: Geht er von einer besseren Ausführung zu einem späteren Zeitpunkt aus, so kann er die Order in sein Orderbuch aufnehmen und nach seinem Ermessen ausführen. Eine Regressmöglichkeit gibt es nicht. Eine Cancel Former Order beinhaltet immer die Streichung einer Altorder. Im Gegensatz dazu werden bei einer One Cancels the Other Order verschiedene Kombinationen erfasst. Das bedeutet: Wenn eine Order ausgeführt wird, so wird die andere Order, die gleichzeitig erfasst wurde und als Verbund anzusehen ist, gestrichen. Schließlich gibt es noch Orders, welche erst zum Marktschluss oder schon zur Markteröffnung ausgeführt werden müssen. Diese Orders gelten nur für diese Zeiteinheiten und heißen Market Opening und Market Closing Orders. Es ist wichtig, die Orderspezifikationen verstanden zu haben – unabhängig davon, für welche Orderform man sich der Situation und dem Positionsbuch entsprechend entscheidet. Gleichzeitig ist es wichtig, dass man bei seiner Bank/seinem Broker nachfragt, welche Orderarten angeboten werden. Nicht alle Banken/Broker bieten alle Möglichkeiten an. Es ist auch stets zu überprüfen, ob eine Order, so wie sie erteilt wurde, sinnvoll ist. Sinnlose oder 32
Quelle: Commerzbank AG CM Derivatives Sales Desk.
142
Terminbörsen und Terminmärkte
nicht marktgerechte Orders sollte man nicht erteilen. Meist werden sie auch von den Banken/Brokern abgelehnt. Wenn es bei einem Basiswert zu einer Aussetzung an der Börse kommt, so werden i. d. R. alle Terminmarktorders in diesem Underlying von der Terminbörse gelöscht. Nach Wiedereinsetzung müssen diese Orders dann erneut erfasst werden. Mistrade-Regelung Da es, wie bei jedem Geschäft, auch beim Handel mit Termingeschäften zu Fehlern kommen kann, gibt es Mistrade-Regelungen (vgl. Abbildung 4.18). Hierbei ist zu beachten: Sobald ein Fehler entdeckt wird, ist dieser unverzüglich und ohne abwartende Haltung zu korrigieren. Ein „Spielen“ mit einer aus Versehen falschen Order kann hohe Verluste produzieren und vor allem eine Kundenbeziehung stark in Mitleidenschaft ziehen. Jede Fehlorder ist zu protokollieren und an der Vermeidung einer Wiederholung zu arbeiten.
Mistrade ist angefallen
• Korrektur des Trades • Die Korrektur erfolgt sofort. • Gewinn oder Verlust wird vom Händler (Verursacher) getragen.
Meldung
• Broker/Bank meldet an internes Meldesystem. • OpRisk-Meldung wird veranlasst.
Abbildung 4.18: Abwicklung eines Mistrades
Ordersysteme und Ordererteilung Dass man sich den Umgang mit den jeweiligen Ordersystemen aneignen muss, ist selbstverständlich. Wir wollen an dieser Stelle jedoch nochmals auf die verschiedenen Orderarten und Orderspezifikationen hinweisen. Hierfür gilt: Vor Ordererteilung ist festzulegen, welche Orderarten und Spezifikationen man benötigt. Dann ist zu klären, ob diese auch vom
Welche Verfallstage gibt es an der EUREX?
143
Counterpart angeboten und ausgeübt werden können. Diese vorbereitenden Maßnahmen sind immer zu treffen. Kennt man den Counterpart schon seit Jahren, so erübrigt sich ein Nachfragen oft.
4.15
Welche Verfallstage gibt es an der EUREX?
Der Verfall für die Optionsserien an der Eurex ist der dritte Freitag im Monat. Indexfutures verfallen am dritten Freitag im Quartalsendmonat (beides ist international gängig). Der letzte Handelstag für die Fixed Income Futures ist zwei Börsentage vor dem Liefertag33 . Die Optionen auf Fixed Income Futures werden zuletzt sechs Börsentage vor dem ersten Kalendertag des Verfallsmonats der Option gehandelt. Die Weekly Options werden im Verfallszyklus 1., 2., 4., 5. Freitag gehandelt (vgl. Abbildung 4.19).
3. Freitag im Monat
1., 2., 4., ggf. 5. Freitag im Monat
normale Optionsserien
Weekly-Optionsserien
Abbildung 4.19: Verfallstage an der Eurex (Freitagsregelung)
Interview mit Thomas Knipping Head of Listed Derivatives Sales – Commerzbank AG Herr Knipping, wie sehen Sie die Entwicklung des Derivatemarktes in den kommenden Jahren? Der Derivatemarkt befindet sich meiner Meinung nach in einer Metamorphose. Nach den Auswüchsen der letzten Jahre, die ja maßgeblich mit zu der Finanzkrise beigetragen haben, stellen wir ein zunehmendes Interesse an einfach gestrickten (= Plain Vanilla) Derivaten fest. Ebenso lässt sich festhalten, dass mehr gelistete Produkte im Vergleich zu den OTC-Derivaten nachgefragt werden. Das Beispiel Lehman Brothers hat gezeigt, dass das Counterpartyrisiko nicht unterschätzt werden darf.
33
Liefertag z. B. beim Euro Bund Future ist der zehnte Tag des Verfallsmonats.
144
Terminbörsen und Terminmärkte
Welche prozentualen Unterschiede in den gehandelten Kontrakten können Sie zu den unterschiedlichen Underlying-Gruppen (Fixed Income, Equity, Commodity) nennen? Ich glaube, wir werden eine Umverteilung in den nächsten Jahren sehen. Bisher wurden am stärksten Fixed-Income-Produkte nachgefragt, aber die Gruppe Equity und Index holt sehr stark auf und wird in absehbarer Zeit an die erste Stelle treten. Auch Commodities werden immer häufiger nachgefragt. Welche Produkte (Listed Options & Futures) sehen Sie in den kommenden Jahren als bedeutend an? Aktien- und Indexoptionen zur Absicherung eines Portfolios respektive Zusatzertrag durch das Schreiben von Calls/Puts. Welcher Underlying-Gruppe würden Sie für die nächsten Jahre das größte Wachstum zutrauen? Ich sehe erhöhtes Wachstum in den Bereichen der flexiblen Produkte, insbesondere im Aktien- und Indexbereich. Produkte wie die Flex-Futures an der Eurex ermöglichen es dem Anleger, individuelle Präferenzen (Laufzeit, Settlement usw.) zu realisieren, ohne dass ein Counterpartyrisiko entsteht. Welche Bedeutung haben Hedginggeschäfte im Verhältnis zu Spekulationsgeschäften in der Zukunft? Grundsätzlich gehe ich davon aus, dass es weniger Spekulationsgeschäfte geben wird. Allerdings verlieren die Märkte möglicherweise dadurch an Liquidität. Aber die Finanzkrise hat das Risikobewusstsein der Anleger drastisch erhöht und Hedgegeschäfte stehen verstärkt im Fokus. Wie sehen Sie die weitere Entwicklung der Terminmärkte? Hier ist es wichtig zu unterscheiden: Strukturierte Produkte und Kreditderivate wurden sehr gescholten, aber sie werden weiterhin nachgefragt und benötigt, aber der Trend geht eindeutig zu den Plain-Vanilla-Produkten. Bei welcher Kundengruppe sehen Sie das höchste Wachstumspotenzial? Das kann ich eindeutig benennen: bei Kapitalverwaltern. Es passt nicht mehr in die Zeit „Kaufen und Liegenlassen“. Dafür gibt es andere, bessere Produkte. Welche Underlyings würden Sie sich „Listed“ noch wünschen? Ehrlicherweise halte ich die aktuelle Palette an Produkten für ausreichend. Innovationen wie Wetterfutures mögen auf den ersten Blick interessant sein, haben aber den Nachteil, dass sich durch die Unhandelbarkeit des Basiswertes keine echte Liquidität erreichen lässt. Können Sie ein kurzes Fazit über die vergangenen Jahre in Bezug auf die Entwicklungen am Derivatemarkt ziehen? Nun, der Derivatemarkt hat lange Zeit stetiges und hohes Wachstum in allen Segmenten gezeigt. Leider wurden nicht alle Produkte kritisch hinterfragt und anscheinend auch, vor allem von Retail-Kunden, nicht ausreichend verstanden.
Literaturhinweise zu diesem Kapitel
Literaturhinweise zu diesem Kapitel Hull, John C.: Optionen, Futures und andere Derivate, 8. Auflage 2012 Madura, Jeff: International Financial Management, 6th edition 2004 Rudolph, Bernd, Schäfer, Klaus: Derivative Finanzinstrumente 2005 Steinbrenner, Hans-Peter: Optionsrechte in der Praxis 2002
145
146
Terminbörsen und Terminmärkte
Fragen und Antworten zu diesem Kapitel Frage 1: Was unterscheidet eine Future- von einer Forward-Transaktion? Frage 2: Was versteht man unter dem Open-Outcry-Verfahren? Frage 3: Was ist das Regular Market Making? Frage 4: Was ist ein General Clearing Member (GCM)? Frage 5: Was versteht man unter einem Fill or Kill (FOK) Auftrag? Antwort zu Frage 1: Futures werden im Gegensatz zu Forwards an Terminbörsen gehandelt. Die Ausgestaltung von Futures ist standardisiert und daher ist eine Übertragung auf eine dritte Partei jederzeit möglich. Antwort zu Frage 2: Es handelt sich hierbei um das in Chicago auf dem Parkett angewandte Handelsverfahren auf Zuruf. Ein solches Verfahren findet nur bei Präsenzbörsen (z. B. Chicago) Einsatz. Antwort zu Frage 3: Es werden fortlaufend Quotes in den betreuten Produktgruppen eines Market Maker gestellt. I. d. R. werden pro Tag mindestens 150 Quotes von jedem Market Maker auf diese Art gestellt. Antwort zu Frage 4: Es handelt sich hierbei um die höchste Zulassungsstufe für das Clearing an der Eurex. GCM können sowohl Eigengeschäft, Kundengeschäft und Geschäfte für Non Clearing Member abwickeln. Antwort zu Frage 5: Hier muss der Auftrag komplett und sofort ausgeführt werden. Ist dies nicht möglich, wird die Order gestrichen. Teilausführungen sind somit nicht möglich.
5
Futures – unbedingte Termingeschäfte
In Kapitel 5 werden Sie Folgendes erfahren:
Was sind Futures?
Wie ist die Funktionsweise von Futures?
Wie findet die Preisfindung eines Futures statt?
Welche Arten von Futures gibt es?
Welche Strategien kann ich mit Futures aufbauen?
5.1
Was sind Futures?
Klassische Termingeschäfte, nachfolgend Futures und Forwards genannt, sind fast so alt wie der Handel selbst. Früher wurden Futures hauptsächlich auf Waren abgeschlossen. Die ersten Financial Futures wurden im August des Jahres 1977 in Chicago gehandelt. Ihnen lag der 30-jährige US Treasury Bond (T-Bond) zugrunde, welcher auch heute noch als einer der meistgehandelten Kontrakte gilt. Die Vielzahl der heute gehandelten Kontrakte und Underlyings ist fast unüberschaubar. Es gibt Indexfutures, Fixed Income Futures, Commodity Futures, Währungsfutures und vieles mehr. Was ist ein Future? Ein Future ist ein Vertrag, dessen Bestandteile standardisiert sind und der somit an den Börsen handelbar ist. Er ist aufgrund dieser Eigenschaft jederzeit übertragbar und auch von einer dritten Partei zu akzeptieren. Das OTC-Gegenstück dazu ist ein Forward, der eine individuelle Vertragslösung zwischen zwei Parteien (meist zwischen einer Bank und einem Klienten) darstellt (vgl. Abbildung 5.1). Dieser Vertrag wird speziell für dessen Bedürfnisse ausgestaltet und kann somit nicht einfach auf einen DOI 10.1515/9783110531169-007
148
Futures – unbedingte Termingeschäfte
Forw a
rd
FORWARD nicht an Börsen gehandelt
UNBEDINGTE TERMINGESCHÄFTE
FUTURE an Börsen gehandelt
Fu
t u re
Abbildung 5.1: Unbedingte Termingeschäfte
Dritten übertragen werden. Was beide wiederum eint, ist die Tatsache, dass es sich um unbedingte Termingeschäfte handelt, deren Verpflichtungen eingehalten werden müssen. Beide Vertragsparteien haben sich verpflichtet, die beim Abschluss eingegangenen Verbindlichkeiten einzuhalten. Die Grundintention eines Forward-Investors ist, sich gegen Risiken abzusichern bzw. mittelfristig auf eine Marktbewegung zu spekulieren. Aufgrund der eingeschränkten Fungibilität des Forward eignet er sich nicht für die kurzfristige oder „richtige“ Spekulation; vielmehr dienen solche Termingeschäfte meist der Sicherung eines Grundgeschäftes und der damit verbundenen Zahlungsströme.
Ein Future ist per Definition ein Termingeschäft, welches die Verpflichtung beinhaltet, ein bestimmtes Underlying (Basiswert) zu einem im Voraus bestimmten Preis zu einem festgelegten Termin, in einer festgelegten Qualität und Quantität zu übernehmen (Long) oder zu liefern (Short). Dabei gibt es kein Wahlrecht. Das Termingeschäft muss erfüllt werden.
Futures-Märkte
5.2
149
Futures-Märkte
Es gibt Futures auf verschiedene Basiswerte. Abbildung 5.2 zeigt die gängigsten Futures.
Futures IndexFuture
EinzelwertFuture
CommodityFuture
FixedIncomeFutures
DevisenFuture
Abbildung 5.2: Die gängigsten Arten von Futures
5.3
Futures-Handel
Um einen Future-Kontrakt handeln zu können, braucht ein Investor einen bestimmten Geldbetrag, welcher nur einen Teil des eigentlichen Kontraktwertes ausmacht und als Initial Margin1 bezeichnet wird. Dieser soll die Glattstellungsrisiken des Investors bis zum nächsten Börsentag absichern. Während der Investor einen Future-Kontrakt in seinem Positionsbuch hält, findet täglich ein Gewinn- und Verlustausgleich im Mark-to-Market-Verfahren statt (vgl. Abbildung 5.3). Man nennt dies die Variation Margin. Nähere Informationen zum Thema „Margin“ finden Sie im dazugehörigen Kapitel 16.3.
1
Die Eurex nennt diese Margin auch Additional Margin; in der Literatur wird diese auch manchmal als Maintenance Margin bezeichnet … nicht zu verwechseln mit Maintainance Level.
150
Futures – unbedingte Termingeschäfte
letzter Handelstag
Opening Variation Margin
Close-out jederzeit möglich Initial Margin muss hinterlegt werden
Liefertag bzw. Cash Settlement
Abbildung 5.3: Zeitlicher Ablauf einer Future-Transaktion2
5.4
Grundstrategien mit Futures
Grundsätzlich hat ein Future-Investor zwei Grundstrategien zur Auswahl: Er kauft einen Future („geht long“), wenn er auf einen steigenden Trend setzen möchte. Er verkauft einen Future („geht short“), wenn er auf einen Abwärtstrend spekuliert.
Die Abbildung 5.4 fasst dieses nochmals zusammen.
Short
ture Fu
FUTURES LONG FUTURE unbedingte Termingeschäfte
Positive Grundeinstellung zum Underlying
L
on
g F u t ure
Abbildung 5.4: Mögliche Grundhaltungen eines Future-Investors
2
Vgl. Commerzbank O&F Prüfung.
SHORT FUTURE Negative Grundeinstellung zum Underlying
Hebel bei Future-Transaktionen
151
Bei einem Long Future setzt der Investor, wie bereits erwähnt, auf einen Aufwärtstrend des Underlying. Daher kauft er sich dieses über den Future synthetisch in sein Positionsbuch. Er erzielt einen Gewinn, wenn das Underlying und somit der Future teurer wird, und kommt dann in die Verlustzone, wenn das Underlying fällt. Die Gewinne bzw. Verluste werden, wie bereits erwähnt, zu Börsenschluss durch eine Geldbuchung ausgeglichen. Ein Investor sollte nur dann in einen Short Future investieren, wenn er von einem sinkenden Underlying ausgeht. Der Short Future kommt analog der obigen Betrachtungsweise dann in die Verlustzone, wenn das Underlying steigt. Futures werden in der gleichen Art und Weise gehandelt wie Optionen. Sie können ebenfalls durch entsprechende Gegenpositionen geschlossen werden (vgl. Tabelle 5.1). Diese Form des unbedingten Termingeschäftes ist vor allem bei professionellen Investoren sehr beliebt, da es mit der Möglichkeit ausgestattet ist, schnell und kostengünstig den Gesamtmarkt abzudecken bzw. abzubilden. Tabelle 5.1: Öffnen und Schließen von Positionen in Futures
5.5
Opening
BUY FUTURE (Long)
Closing
SELL FUTURE (Short)
Opening
SELL FUTURE (Short)
Closing
BUY FUTURE (Long)
Hebel bei Future-Transaktionen
Der Hebel bei einer Future-Transaktion entsteht dadurch, dass der FutureInvestor nicht den kompletten Gegenwert, sondern nur die Initial Margin bereithalten muss. Da er mit dieser vergleichsweise geringeren Geldmenge dasselbe Volumen bewegt, als würde er eine Spot-Transaktion durchführen, ergibt sich eine Hebelwirkung. Hebel Future =
Kontraktgegenwert Initial Margin
152
Futures – unbedingte Termingeschäfte
5.6
Lieferverfahren
Es gibt zwei Möglichkeiten, Futures zu beliefern: zum einen die klassische physische Belieferung,3 welche wir beispielsweise beim Euro Bund Future haben. Die andere Variante ist das Cash Settlement,4 wobei eine Differenzzahlung vorgenommen wird. Dies kommt zum Beispiel bei Indexfutures zum Tragen, da ein effektives Liefern des Underlying nicht möglich ist (vgl. Abbildung 5.5).
sisches Se Phy t
t men tle
CASH SETTLEMENT
PHYSISCHES SETTLEMENT Die Future wird mit dem Underlying beliefert. Es findet eine Stückelieferung statt.
Die Future wird in Cash ausgeglichen
Ca
Barausgleich
sh
S e t t l e m ent
Abbildung 5.5: Belieferungsarten bei Futures
In der Praxis wird eine physische Lieferung i. d. R. umgangen, da diese oftmals nicht im Vordergrund der Transaktion steht.
3
4
Der Future wird mit dem Underlying beliefert. Dies kann nur dann stattfinden, wenn das Underlying lieferbar ist, wie z. B. bei Anleihen, Aktien etc. Barausgleich der Differenz in Soll oder Haben.
Indexfutures
5.7
153
Indexfutures
Es gibt viele Futures auf Indizes. Wir wollen im Folgenden anhand des Futures auf den DAX® (FDAX) einige Beispiele aufzeigen. Bei einem Indexfuture ist es wichtig, das Underlying genau zu kennen. Handelt es sich um einen Performance- oder Kursindex? Wie viele Werte sind im Index enthalten? Wie wird der Index berechnet? Wie ist der Indexmultiplikator, welche Handelszeiten muss man einhalten? Erst nach Beantwortung dieser Fragen sollte der Handel im Indexfuture beginnen. Nehmen wir das Beispiel DAX®-Future: ® Das Underlying ist der DAX -Performance-Index der Deutschen Börse AG, der 30 Aktientitel beinhaltet. Jeder einzelne wird nach festgelegten und von der Deutschen Börse AG näher definierten Regeln (Freefloat, Größe etc.) ausgewählt. Anpassungen des Index werden zu vordefinierten Zeitpunkten vorgenommen oder wenn sich Grundgegebenheiten ändern, wobei eine Anpassung der Indexgewichtung vierteljährlich vorgenommen wird. Da es sich um einen Performance-Index handelt, gehen die ausgeschütteten Dividenden wieder in den Index als Reinvestition ein. Dies unterscheidet ihn zum Beispiel vom Dow Jones Industrial Average, welcher ein Kursindex ist. Die Bereinigung der Dividendenzahlung wird am ex-Tag mittels eines Bereinigungsfaktors vorgenommen. Ein weiterer wichtiger Hintergrund ist das Settlement. Da man keinen Index liefern kann, findet ein Cash Settlement statt, welches gleichbedeutend ist mit einer Differenzzahlung in Cash. In der Praxis wird die Mehrzahl der Futures-Kontrakte bereits vor dem Verfallstag geschlossen. Einem Future auf dem DAX® (FDAX) liegen 25 Euro pro Indexpunkt zugrunde. Wenn also der FDAX um einen Punkt steigt, bekommt der LongInvestor 25 Euro gutgeschrieben und der Short-Investor bekommt diese 25 Euro belastet. Dieses Verfahren wird auch Mark to Market5 genannt. Die Buchung findet jeden Tag bis zur Ausübung oder zum Schließen der Position statt und sorgt dafür, dass nach Börsenschluss alle Konten ausgeglichen sind. Der Folgetag startet dann wieder mit einem Positionsbuchbestand in der täglichen G&V von null. Die Investition in einen Future entwickelt eine Hebelwirkung, da mit der geringen Sicherheitenleistung (Margin) eine große Investitionsleistung bewerkstelligt wird. Dies versetzt einen Investor in die Lage, beispielsweise mit 5
Positionen werden jeden Tag zum aktuellen Preis bewertet.
154
Futures – unbedingte Termingeschäfte
einer deutlich geringeren Liquiditätsbildung denselben Effekt zu erreichen wie ein klassischer Kassa-Investor. Handelt es sich um einen Indexfuture, wird die Differenz in Punkten angegeben, welche dann mittels des Indexmultiplikators6 (beim FDAX: 25 Euro pro Punkt) in die entsprechende Geldeinheit umgerechnet wird. Tabelle 5.2 gibt einen Überblick über die häufig gehandelten Indexfutures und Tabelle 5.3 zeigt die Grundintention von Futures-Investoren auf. Tabelle 5.2: Häufig gehandelte Indexfutures Index
Future
®
®
DAX
DAX -Future (FDAX)
Standard & Poor’s
S&P-500-Future (SPX)
Dow Jones Industrial Average
DJI-Future
FTSE
FTSE-Future
Dow Jones Euro STOXX 50
®
Dow-Jones-Euro-STOXX-50®-Future
Nikkei 225
Nikkei-225-Future
...
...
Tabelle 5.3: Grundintentionen von Future-Investoren Future-Position
Grundeinstellung
Long Future
Steigende Märkte
Short Future
Sinkende Märkte
Beispiel: Ein Investor kauft 10 DAX® Future-Kontrakte (Long) bei 6700 Punkten. Am Abend steht der FDAX bei 6650 Punkten. Der Investor erleidet einen Verlust von 50 Punkten. Bei einem Indexmultiplikator von 25 Euro pro Punkt7 entspricht dies einem Verlust von 1250 Euro pro Kontrakt. In unserem Beispiel beläuft sich der Verlust des Investors in allen 10 Kontrakten auf 12.500 Euro.
6
7
Die einzelnen Indexmultiplikatoren werden von den Terminbörsen vorgegeben und sind dem Fact Sheet des jeweiligen Futures zu entnehmen. Beispiel: FDAX gehandelt an der Eurex.
Fixed-Income-Futures
155
Wir wollen nun kurz die gehandelte Größenordnung in Relation setzen: 10 FDAX-Kontrakte entsprechen (in unserem Beispiel) einem Kassagegenwert von 1.675.000 Euro (10 × 258 × 6700 Punkte). Der Investor bindet jedoch nur die Initial Margin (derzeit 410 Punkte pro Kontrakt) von 102.500 Euro (4109 × 10 × 25). Er bewegt somit mit 102.500 Euro einen Kassagegenwert von 1.675.000 Euro!
Index-Futures eignen sich sehr gut, um bei einer klaren Marktmeinung diese auch im Portfolio umzusetzen. Dabei gilt jedoch auch: Wenn diese nicht eintritt, ist die Futures-Position zu schließen und ggf. die Strategie anzupassen.
5.8
Fixed-Income-Futures
Ein anderes Bild zeigt sich bei einem Future wie zum Beispiel dem Euro Bund Future (FGBL), welcher physisch beliefert wird. Ihm liegt eine synthetische Bundesanleihe mit einem Nominalkupon von 6 Prozent und einer Restlaufzeit von 8,5 bis 10,5 Jahren zugrunde. Der Future wird physisch, also effektiv beliefert. Da es sich um eine fiktive Schuldverschreibung des Bundes handelt, wird ein Korb von Anleihen zugelassen, der am Fälligkeitsdatum vom Verkäufer der Futures zur Belieferung herangezogen werden kann. Die für den Verkäufer günstigste Anleihe ist die sogennante CTD (Cheapest to Deliver)Anleihe (vgl. Abschnitt 5.15). Aus diesem Grund entsprechen die Anleihen nicht der fiktiven 1:1-Abbildung und müssen mit dem Preisfaktor, auch Conversion Factor10 genannt, umgerechnet werden. Mithilfe des Faktors können die unterschiedlichen Kupons und Laufzeiten sowie die standardisierten Kontraktspezifikationen des Euro-Bund Future ausgeglichen werden. Hierbei ist zu beachten, dass ein Großteil der Future-Kontrakte nicht effektiv beliefert werden, da sie bereits vor Fälligkeit geschlossen oder gerollt werden.
8 9
10
Indexmultiplikator des FDAX = 25 Euro pro Indexpunkt. Initial Margin, wird von der Terminbörse vorgegeben und ist jederzeit von dieser veränderbar, vgl. Kapitel: 16.3. Schafft eine Vergleichbarkeit der unterschiedlichen Anleihen.
156
Futures – unbedingte Termingeschäfte
Der Handel in Zinsfutures wie zum Beispiel etwa dem Euro Bund Future und dem 30-jährigen Treasury Bond Future (T-Bond) ist nicht nur sehr intensiv, sondern gleichzeitig auch sehr liquide. Aufgrund verschiedener Futures (Laufzeitenstruktur der Anleihen) können Investoren von Veränderungen am Zinsmarkt, Ungleichgewichten und Verschiebungen der Zinsstrukturkurve profitieren. Ein Investor, der von steigenden Zinsen ausgeht (langfristiges Ende), wird Kontrakte auf den Euro Bund Future verkaufen. Mithilfe einer solchen Operation deckt ein Investor die beiden Enden der Zinsstrukturkurve ab und kann durch Modellierung auch bei Verschiebung der Zinsstrukturkurve darauf investieren. Dies gilt auch für Operationen, welche über den eigenen Währungsbereich hinausgehen. Dabei ist es möglich, den Euro Bund Future (Euro) und T-BOND FUTURE (USD) zu kombinieren. Falls der Investor davon ausgeht, dass die Zinsen in den USA fallen und in Europa steigen werden, kann er den T-BOND FUTURE kaufen und gleichzeitig den Euro Bund Future verkaufen. Es kann auch Sinn machen, gleichzeitig noch einen Währungsfuture zu handeln. Im Handel spielen die Preise der Zinsfutures ebenfalls eine wichtige Rolle als Indikator für die Höhe der Zinssätze für einen Laufzeitbereich zu einem bestimmten Zeitpunkt. Durch die Preisbewegung von Futures können mithilfe der Duration ungefähre Aussagen über die Wertentwicklung von Anleihen getroffen werden, welche die gleiche Laufzeit wie der Basiswert des Futures haben (gleiche Bonität). Wir nehmen an, der Future hat eine Duration von 7 und der momentane Preis beträgt 100. Wenn der Future demnächst bei 107 notieren sollte, hat sich die Zinskurve in der Zwischenzeit für diesen Laufzeitenbereich um ungefähr 1 Prozent nach unten parallel verschoben. Somit lassen sich beispielsweise Future-Preise als Ausdruck für das Zinsniveau zum Zeitpunkt eines quotierten Geld- oder Briefkurses einer Anleihe verwenden und können ebenfalls verwendet werden, um eine Veränderung in der Quotierung nachzuvollziehen. Tabelle 5.4 zeigt verschiedene Zinsfutures und deren Laufzeitbereich auf. Tabelle 5.5 fasst die Grundintentionen im Bereich der Zinsfutures nochmals zusammen.
Sowohl auf den Handel mit Devisenfutures wie auch mit Commodity Futures gehen wir nochmals explizit im Kapitel 7 ein.
Devisenfutures
157
Tabelle 5.4: Laufzeitenstruktur unterschiedlicher Zinsfutures Future
Laufzeit des Underlying in Jahren
Euro-Schatz-Future (Euro)
1,75–2,25 Bundesanleihen
Euro-Bobl-Future (Euro)
4,5–5,5 Bundesanleihen
Euro-Bund Future (Euro)
8,5–10,5 Bundesanleihen
®
Euro-Buxl-Future (Euro)
24,0–35,0 Bundesanleihen
Conf-Future (CHF)
8,0–13,0 Schweizer Eidgenossenschaft
T-Bill Future (USD)
Dreimonatiger US-Schatzwechsel
10-y T-Bond Future (USD)
10-jährige US-Staatsanleihen
30-y T-Bond Future (USD)
30-jährige US-Staatsanleihen
JGB (JPY)
7–11-jährige japanische Staatsanleihen
Tabelle 5.5: Grundintentionen im Zinsfuture-Handel Futureposition Grundeinstellung
Erfüllung
Long Future
Sinkende Zinsen; Anleihenkurse steigen Muss Anleihen kaufen
Short Future
Steigende Zinsen; Anleihenkurse fallen
5.9
Muss Anleihen verkaufen
Devisenfutures
Devisenfutures (auch Währungsfutures genannt) werden zum Beispiel an der CME in Chicago gehandelt (vgl. Tabelle 5.6). Hier kann man feste Währungspaare wie etwa Euro/USD handeln. Der Kontrakt entspricht einer Summe von 125.000 Euro.11 Ein Investor kann durch den Kauf (Long) auf ein Steigen Tabelle 5.6: Mögliche Devisenfutures (Währungskombinationen)
11
Euro
USD
Euro
CHF
Euro
YEN
GBP
USD
AUD
USD
...
...
Euro/USD 125.000 Euro, YEN/USD 12.500.000 Yen, GBP/USD 62.500 GBP, Euro/CHF 125.000 Euro.
158
Futures – unbedingte Termingeschäfte
des Euro gegenüber dem USD setzen oder umgekehrt durch den Verkauf des Futures (Short) auf ein Fallen des Euro gegenüber dem USD spekulieren. Natürlich gilt dieser Zusammenhang auch für die anderen angebotenen Währungspaare. Aufgrund der schnellen und liquiden Handelsmöglichkeiten lohnen sich diese Futures auch für schnelle Spekulationen und nicht nur für den mittel- bzw. langfristigen Anlagehorizont. Die Möglichkeit der Renditesteigerung kann durch kurze und ergänzende Geschäfte in einem aktiven Derivatepositionsbuch erreicht werden. Die Terminbörsen decken mit ihrem Angebot annähernd jedes Währungspaar (sofern sinnvoll und notwendig) ab.
5.10 Commodity Futures Der Handel mit Commodity Futures12 ist ein sehr spannendes und wichtiges Kapitel innerhalb der Termingeschäfte. Commodity Futures sind die „Muttergeschäfte“ derTerminbörse und somit ihr eigentlicher Existenzgrund. Heute werden sie nicht mehr ausschließlich zur Sicherung (Hedging), sondern häufig zu Spekulationszwecken gehandelt. In Deutschland sind die Warenterminfutures sehr schwach repräsentiert. Dies kommt unter anderem dadurch zum Ausdruck, dass die großen Warenterminbörsen in den USA beheimatet sind. Die Eurex bietet neben Gold- und Silber-Derivaten auch den Handel in Commodity Indices an. Abbildung 5.6 zeigt Produktgruppen, welche an den US-Warenterminbörsen gehandelt werden. Auch hier ist es wichtig, festzustellen, ob die Futures in Cash „gesettled“ oder physisch beliefert werden. Meistens werden beide Varianten angeboten. Die Möglichkeit des Cash Settlement ist für Spekulationszwecke sicherer, da eine physische Belieferung im Vorhinein ausgeschlossen wurde.
Bei Futures an exotischen Terminbörsen ist evtl. eine auftretende Zeitverschiebung zu beachten.
12
Warentermingeschäfte.
Futures auf Einzelwerte (Single Stock Futures)
159
Commodity Futures Soft Commodity
Öle und Gase
Metalle
Energieprodukte
Weizen, Mais, Zucker, FCOJ, Kaffee
Brent, Diesel
Henry Hub Natural Gas
Light Sweet Crude, Crude Oil
Gold, Silber, Platin, Palladium
Kupfer, Zinn, Zink
Abbildung 5.6: Produktgattungen an den US-Warenterminbörsen (Ausschnitt)
5.11
Futures auf Einzelwerte (Single Stock Futures)
Eine andere Gattung von Futures ist ein Single Stock Future, wobei sich dieser auf einzelne Unternehmenswerte als Underlying beziehen. An der Eurex werden beispielsweise Dow-Jones-Euro-STOXX-50®-Unternehmen als Single Stock Futures gehandelt. Dabei ist ein Investor in der Lage, wie bei den klassischen Indexfutures auf steigende bzw. fallende Kurse des Underlyings zu setzen. Er hat folglich eine synthetische Nachbildung des Underlyings (in diesem Fall eine Einzelaktie) in seinem Positionsbuch. Vorteil hierbei ist, dass ein Short Selling jederzeit und völlig unkompliziert möglich ist (vgl. Tabelle 5.7). Tabelle 5.7: Grundintention von Single Stock Futures Futureposition
Grundeinstellung
Long Future
Steigender Aktienkurs
Short Future
Sinkender Aktienkurs
160
Futures – unbedingte Termingeschäfte
5.12
Marktverfassung beim Futures-Trading
Da es gerade beim Handel mit Futures, aber auch mit Optionen wichtig ist, eine Markteinschätzung abgeben zu können, wollen wir kurz einen Blick auf das Open Interest werfen. Das Open Interest gibt an, wie viele Kontrakte eröffnet sind: Jedes Geschäft wird dabei nur einmal gezählt, da zu jeder Short Position eine Long Position gehört. Das Open Interest steigt demnach, wenn zwei Marktteilnehmer ein neues Geschäft eröffnen, und sinkt, wenn zwei Marktteilnehmer ein Geschäft schließen. Es verändert sich jedoch nicht, wenn ein Marktteilnehmer ein Geschäft schließt und ein anderer an seine Stelle tritt! Wenn man das Open Interest ins Verhältnis zum Umsatz und Marktpreis setzt, lassen sich gewisse Rückschlüsse zur Marktverfassung ziehen. Tabelle 5.8 fasst die Marktverfassung im Future-Handel nochmals zusammen.
Preise
Umsätze
Marktverfassung
Open Interest
Tabelle 5.8: Marktverfassung im Future-Handel13
Der Handel an der Terminbörse ist anonym. Das bedeutet, dass sich die beiden Vertragsparteien nicht kennen und auch nicht kennen müssen, um ins Geschäft zu kommen. Dabei fungiert die Terminbörse als zentraler Kontrahent, der das Risiko, dass das Geschäft nicht erfüllt wird, ausschließt und eine reibungslose Abwicklung gewährleistet.
5.13
Wie erfolgt die Preisbildung bei Futures?
Die Preisbildung bei Futures ist einfacher als bei Optionen. Ein Investor hat zwei Möglichkeiten: Er kauft entweder ein Portfolio, bestehend aus den Werten, welche auch dem Future zugrunde liegen, oder er kauft direkt einen Future. Wenn sich der Investor zumAufbau des Portfolios entschließt, muss er die Werte analog der Gewichtung im Future kaufen und diese genauso lange wie die Future-Position halten. Beim Kauf der Werte entstehen Kosten, aber 13
Vgl. Commerzbank AG O&F Prüfung.
Wie erfolgt die Preisbildung bei Futures?
161
im Gegenzug erhält er gleichzeitig Erträge aus den Papieren. Wird der FuturePreis unter diesen Annahmen sowie unter der Annahme der Arbitragefreiheit berechnet, müssen beide Varianten zum gleichen Ergebnis führen. Somit lässt sich für die Ermittlung des Future-Preises nachfolgende Formel herleiten:14
Annahmen Preis Index (Kassa)
5000,00
Finanzierungskosten
250,00
Entgangene Erträge
100,00
Berechnung Future-Preis
5150,00
Theoretischer Future-Preis = Spotpreis + (Finanzierungskosten − entgangene Erträge) T−t − dt;T F0 = S0 + S0 r 360 F0 S0 r T−t dt,T
= = = = =
Future-Preis Spot-Preis15 Risikoloser Zinssatz p. a. Restlaufzeit eines Futures in Tagen Erwartete Erträge im Zeitraum t bis T
Die Nettofinanzierungskosten, die sich aus der Differenz zwischen Finanzierungskosten und entgangenen Erträgen (z. B. Dividenden) ergeben, bezeichnen wir als Cost of Carry (CoC) oder Basis. Basis = Kassapreis − Future-Preis Basis = Future-Preis − Kassapreis16 Die Cost of Carry (CoC) kann positiv oder negativ sein. Sie ist positiv, wenn die Rendite höher ist als die Finanzierungskosten, und negativ, wenn die Finanzierungskosten die Rendite übersteigen (vgl. Abbildung 5.9). 14 15 16
Vgl. Eurex. Auch Kassapreis des Underlyings genannt. Beide Varianten sind möglich und daher hier aufgezeigt. Die Erstgewählte wird in der Literatur (der Logik wegen) öfters verwendet, vgl. auch John C. Hull Options, Futures and other Derivatives, 2009.
162
Futures – unbedingte Termingeschäfte
Je näher der letzte Handelstag des Futures rückt, desto geringer wird die Basis. Am letzten Handelstag entspricht der Kassapreis dem Terminpreis. Man spricht nun von der Basiskonvergenz. Aufgrund der gesunkenen Finanzierungskosten und der Erträge aus dem Investment ist die Basis am letzten Handelstag gleich null. Der Spot-Preis (Preis des Kassainvestment) und der Future-Preis entsprechen sich nun. Tabelle 5.9: Future-Basis Spot-Preis ist . . .
Future-Preis ist . . .
Basis ist . . .
. . . niedriger als Future-Preis
. . . höher als Spot-Preis
negativ
. . . höher als Future-Preis
. . . niedriger als Spot-Preis
positiv
525 520 515
Preis
510 Spot-Preis des Underlying
505
Future-Preis
500 495 490 1
2
3
4
5
Zeit
Abbildung 5.7: Basiskonvergenz von Spot- und Future-Preis auf Sicht vor dem letzten Handelstag
Wir sehen somit: Die Berechnung des Future-Preises ist recht unkompliziert. Es werden dabei lediglich dem Kassainstrument (Underlying) die Kosten für die Terminmarkthaltung aufgeschlagen und im Gegenzug die Erträge abgezogen, welche erzielt worden wären, wenn man das Gut nicht auf Termin, sondern sofort gekauft hätte. Des Weiteren sehen wir, dass die Volatilität keinen Einfluss auf die Preisbildung von Futures hat. Die Abbildung 5.9 zeigt abschließend nochmals schematisch den Zusammenhang zwischen Underlying (in diesem Beispiel eine lieferbare Anleihe) und dem Future-Preis auf.
Wie erfolgt die Preisbildung bei Futures?
163
540 530
negative Basis 520
Preis
510 500 Spot-Preis des Underlying
490
Future-Preis
480
positive Basis 470 460 450
Zeit 1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
Abbildung 5.8: Negative oder positive Basis in der Future-Preisbetrachtung
Future-Preis Negative Cost of Carry Preis
Preis der lieferbaren Anleihe Positive Cost of Carry Future-Preis
Tage bis Fälligkeit
0
Zeit
Abbildung 5.9: Schematische Darstellung der Basiskonvergenz17
Futures haben einen großen und schnellen Einfluss auf die Preisfindung von Kassainstrumenten. Dies kommt daher, dass große Investoren eher über die Futures-Märkte (kostengünstig, schnell) handeln. So kommt es öfters vor, dass über die Futures-Märkte Druck auf die Kassamärkte aus-
17
Quelle: Eurex; Darstellung eigen.
164
Futures – unbedingte Termingeschäfte
geübt wird. Hierbei sind die in Kapitel 2.11 angesprochenen marktpsychologischen und verhaltensökonomischen Modelle zu beachten.
5.14
Wie erfolgt die Preisbildung bei Zinsfutures?
Die Zinsstrukturkurve hat großen Einfluss auf die Preisbildung bei Zinsfutures. Bei einer normalen Zinsstrukturkurve (positive Steigung der Kurve) beeinflussen kurzfristige Zinsen die Refinanzierung einer Anleiheninvestition, während die längerfristigen Zinsen den Anlageertrag in Form des Kupons bestimmen. Folglich ergibt sich, dass der Ertrag höher ist als die zu zahlenden Finanzierungskosten. Der Terminpreis kann somit eine positive Basis aufweisen, da der Spot-Preis über dem Terminpreis liegt. In diesem Zusammenhang kann man erkennen, dass der Future-Preis günstiger wird, je länger ein Future läuft. Der umgekehrte Fall setzt bei einer inversen Zinsstrukturkurve (negative Steigung der Kurve) ein: Die Basis des Futures ist dann negativ und die Finanzierungskosten übersteigen die Haltungskosten. Dies hat zur Folge, dass der Future-Preis mit längerer Restlaufzeit höher ist (vgl. Abbildung 5.10).
Preis Jun
Verlauf bei normaler Zinsstrukturkurve Sep
Dez
Sep
Dez
Verlauf bei inverser Zinsstrukturkurve Jun Laufzeit
Abbildung 5.10: Preisverlauf des Euro-Bund-Futures bei normaler und inverser Zinsstrukturkurve18
In Abbildung 5.11 haben wir nochmals die drei möglichen Zinsstrukturkurven zusammengefasst. 18
Commerzbank AG O&F Prüfung.
Wie erfolgt die Preisbildung bei Zinsfutures?
165
Zinssatz
inverse Zinsstrukturkurve flache Zinsstrukturkurve normale Zinsstrukturkurve
Zeit
Abbildung 5.11: Zinsstrukturkurven19
Der faire Wert eines Zinsfutures lässt sich wie nachfolgend dargestellt ermitteln:
Tabelle 5.10: Berechnung Fixed Income Futures Annahmen Kassaposition
101,00
Preisfaktor
1,00
Kuponzahlung
4,00
Finanzierungskosten
2,00
Berechnung Future-Preis Future-Preis = Ct + Ct c t0 t rc T T−t act.
19
20
= = = = = = = =
95,00 t − t0 T−t T−t Ct + c × rc × −c× act. 360 act.
Aktueller Clean-Preis des Underlyings zum Zeitpunkt t Anleihecoupon in Prozent Coupontermin Valuta kurzfristiger Finanzierungssatz in Prozent Valuta Tag Restlaufzeit Future in Tagen Tatsächliche Anzahl der Tage im Jahr der Betrachtungsperiode20
Quelle: Frankfurt School of Finance and Management ,,Wertpapiergeschäft für Wertpapierspezialisten“. Vgl. Eurex: Fixed Income Handelsstrategien.
166
Futures – unbedingte Termingeschäfte
Der Fair Value ist dann gegeben, wenn sich theoretische und aktuelle Basis entsprechen. Anders ausgedrückt: Der Future-Preis entspricht dem Preis des Underlyings zuzüglich der Finanzierungskosten und abzüglich der während der Haltedauer angefallenen Gewinne (Kuponzahlungen). Der Preisfaktor kann erst am Fälligkeitstag seine volle Bedeutung entfalten. Mit seiner Hilfe wird daraus der Schlussabrechnungspreis errechnet. Der Preisfaktor ist größer 1, wenn der Kupon der konkreten Anleihe höher als der Kupon der synthetischen Anleihe ist. Der Preisfaktor ist kleiner 1, wenn der Kupon der konkreten Anleihe niedriger als der Kupon der synthetischen Anleihe ist.
Lieferpreis = Schlussabrechnungspreis des Futures × Konvertierungsfaktor der Anleihe + Stückzinsen der Anleihe
5.15
Was versteht man unter einer CTD-Anleihe?
Die CTD (Cheapest to Deliver)-Anleihe ist die Anleihe aus der Vielzahl der zur Verfügung stehenden Anleihen (vgl. Abbildung 5.12), welche bei der Belieferung (in den Future) den größten Gewinn oder den geringsten Verlust für den Verkäufer des Futures erzielt. Sie wird schlussendlich zur Belieferung herangezogen und ist synthetisch gesehen die beste Variante. Die Bestimmung der CTD-Anleihe wird mit einem Konvertierungsfaktor (Wpys /Wsyn ) ermittelt. Dieser gleicht die unterschiedlichen Anleihebedingungen (Kupons, Laufzeiten etc.) aus. Nach Berechnung aller Liefermöglichkeiten wird die günstigste zu liefernde Anleihe (dies ist dann die CTD) ausgewählt und geliefert. Basis = Kassapreis der Anleihe − (Future-Preis × Konvertierungsfaktor) Die Basis ist bei Belieferung gleich null. Folglich sieht die Formel dann wie folgt aus: Kassapreis der Anleihe = Future-Preis Konvertierungsfaktor Dieser Future-Preis wird als „Nullbasis-Future-Preis“ bezeichnet. Wie wir sehen, ist eine Arbitrage nicht möglich (durch den Kauf der Anleihe und die Lieferung in den Future).
Was versteht man unter einer CTD-Anleihe?
167
Abbildung 5.12: Cheapest to Deliver Anleihen „Euro Bund Future“21
Integriert man den Konvertierungsfaktor in die bereits aufgezeigte Formel für die Future-Preisberechnung, so ergibt sich folgender Formelausdruck: Theoretischer Future-Preis = 1 T−t T−t t − t0 Ct + Ct + c −c× × rc × KF act. 360 act. KF Ct c t0 t rc T T−t act.
21 22
= = = = = = = = =
Konvertierungsfaktor Aktueller Clean-Preis des Underlyings zum Zeitpunkt t Anleihecoupon in Prozent Coupontermin Valuta kurzfristiger Finanzierungssatz in Prozent Valuta Tag Restlaufzeit Future in Tagen Tatsächliche Anzahl der Tage im Jahr der Betrachtungsperiode22
Quelle: Thomson Reuters. Vgl. Eurex: Fixed Income Handelsstrategien.
168
Futures – unbedingte Termingeschäfte
Es ist anzumerken, dass die meisten Investoren keine Lieferung/Abnahme der Stücke wünschen und deshalb ihre Futures im Vorfeld schließen bzw. einen Roll-over durchführen. Ein Marktteilnehmer muss dann anzeigen, welche Anleihe er liefern wird, wenn er seine Future-Positionen bis zum Final Settlement halten will (Anzeigetag oder Notification Day = letzter Handelstag). Die Lieferung erfolgt dann am zweiten Börsentag nach dem letzten Handelstag. Sie wird analog zu den Aktienoptionen über die Clearing-Stelle vorgenommen.
Sollten man eine Belieferung über einen Future wünschen, so ist anzuraten, dass im Vorhinein die Abwicklung mit den jeweiligen Clearingpartnern bzw. Bank/Broker besprochen wird. Damit hier die Prozesse für eine solche vorhanden sind.
5.16
Was versteht man unter „Final Settlement“?
Der am letzten Handelstag festgestellte Abrechnungspreis wird auch Final Settlement Price genannt. Zu diesem Preis wird der Future abgerechnet bzw. beliefert. Vor Abschluss eines solchen Geschäfts wird festgelegt (und in den Kontraktspezifikationen festgehalten), ob ein Future physisch geliefert oder durch ein Cash Settlement ausgeglichen wird. Diese Information sollte in die Investitionsüberlegungen eines Investors miteinfließen. Um sich einer Verpflichtung zu entziehen, ist es definitiv ratsam, ein vorzeitiges Closing vorzunehmen und damit eine potenzielle Lieferung zu umgehen. Falls ein Investor aufgrund seiner Grundeinstellung das Geschäft über den ursprünglichen Verfallstag hinaus verlängern möchte, kann er dies durch einen Rollover realisieren: Er schließt die Ursprungsposition und eröffnet eine neue Position mit einem späteren Verfallstag.
5.17
Welche Verfallstermine gibt es für Futures?
In der Regel stehen, wie bereits erwähnt, mindestens drei verschiedene Verfallstermine zur Verfügung. So werden zum Beispiel an der Eurex die Futures auf den Dow Jones Euro STOXX 50® immer für die nächsten drei
Welche Verfallstermine gibt es für Futures?
169
Tabelle 5.11: Übersicht der möglichen Future-Serien am Beispiel des DJ EURO STOXX 50® Futures23 1. Möglichkeit
März
Juni
September
2. Möglichkeit
Juni
September
Dezember
3. Möglichkeit
September
Dezember
März
4. Möglichkeit
Dezember
März
Juni
Quartals-Endmonate angeboten. Den nächsten Futures-Verfall nennt man den „Nearby Future“ oder den „Front Month“. Ist der Future zeitlich weiter entfernt, spricht man vom „Back Month“ oder vom „Second-Nearby“ oder „Third-Nearby“.24 Jede Terminbörse hat ihr eigenes Regelwerk welche Future-Termine für die verschiedenen Produkte angeboten werden. Hierbei ist zu beachten, dass die Zinsfutures einen verschobenenVerfallstermin haben und bei den Commodity Futures oft monatliche Verfallstermine vorhanden sind (dritter Freitag eines jeden Monats). Falls ein Investor beschließt, einen nach dem nächsten Verfallstag liegenden Future zu handeln, so muss er beachten, dass sich hierbei die Finanzierungs-
Preis
Futurepreis 3
Futurepreis 2
= Cost of Carry Futurepreis 1
Zeit
Abbildung 5.13: Roll-over-Verlust
23 24
Es sind immer drei Serien aktiv. Je nach Verfallsrangfolge der zweite oder dritte Verfall, den aktuellen (folglich den Nearby Future) mitgezählt.
170
Futures – unbedingte Termingeschäfte
kosten eventuell negativ für ihn entwickeln können – das heißt, sie können unter Umständen höher (bei einem Long Future) oder niedriger (beim Short Future) sein. Diese Problematik kann sich auch bei Roll-over-Positionen in Futures ergeben. Dabei werden auftretende Verluste, die durch die bestehenden Preisunterschiede verursacht wurden, als Roll-over-Verluste bezeichnet (vgl. Abbildung 5.13). Bedauerlicherweise sind diese Verluste für Investoren nicht zu vermeiden, da sie aus der Preisbildung entstehen und unabhängig von der Strategie sind. Im Folgenden findet sich ein Beispiel für einen Rollover-Verlust (nachfolgende Futures sind teurer zu kaufen).
5.18
Welche Future-Strategien gibt es?
Wie bei allen Termingeschäften liegen auch bei Futures die Hauptmotive in den drei grundlegenden Investitionsarten:
Spekulation Hedging Arbitrage
Es gibt jedoch noch weitere Gründe, warum Future-Märkte wichtig für den Gesamtmarkt sind. Einer davon ist der Leverage-Handel. Durch den geringen Kapitaleinsatz bildet sich ein Hebeleffekt; das heißt, der Investor kann mit wenig Einsatz eine große Investition bewegen. Ein zweiter Vorteil ist, dass er diese nicht nur auf der Käuferseite (Long), sondern auch auf der Verkäuferseite (Short) durchführen kann. Ein dritter Vorteil ist die Erfüllungssicherheit der Geschäfte. Das Bonitätsrisiko ist minimiert, da als Geschäftspartner die Clearing-Stelle der Börse eintritt. Diese Tatsache bedingt auch die schnelle Handelbarkeit sowie das Lösen alter Positionen. Ebenfalls zu berücksichtigen sind die kostengünstigen und schnellen Transaktionen, die eine große Breite und Vielfalt von handelbaren Investments abdecken. Somit kann ein Investor schnell und effektiv Geschäfte abwickeln.
5.18.1 Long-Future-Position Der Investor rechnet mit einem Steigen des Underlyings; er geht folglich eine Long-Future-Position darauf ein. Sein Gewinn ist die Differenz zwischen dem niedrigen Kauf- und dem höheren Verkaufspreis; dagegen erleidet er bei fallenden Kursen einen Verlust. Das Chancen- und Gewinnpotenzial einer Long-Position ist analog der eines Long-Underlyings (vgl. Abbildung 5.14).
Welche Future-Strategien gibt es?
171
Gewinn Long Future
positiv Underlying
negativ
Verlust
Abbildung 5.14: Long-Future-Position und seine grafische Darstellung
5.18.2
Short-Future-Position
Der Investor rechnet mit einem Sinken des Underlyings und geht daher eine Short-Future-Position darauf ein. Sein Gewinn ist in diesem Fall die Differenz zwischen dem hohen Verkaufspreis und dem niedrigeren Rückkauf des Futures. Steigt der Future jedoch gegen die Erwartung des Investors, erleidet er einen Verlust. Der Investor verkauft das Underlying im Falle eines Short-Futures syntethisch (vgl. Abbildung 5.15).
Gewinn
negativ Underlying
positiv
Short Future Verlust
Abbildung 5.15: Short-Future-Position und seine grafische Darstellung
172
Futures – unbedingte Termingeschäfte
Die beiden aufgeführten Future-Spekulationen sind als Grundstrategien anzusehen, auf denen die anderen Strategien aufbauen. An dieser Stelle wollen wir ein paar grundsätzliche Worte zum Future-Investor verlieren. Dieser muss drei unerlässliche Grundeigenschaften für sein Investment mit sich bringen:
Eine hohe Liquiditätsdecke Einen hohen Ausbildungs-/Kenntnisstand Eine hohe Informationsdichte
Nur wenn er diese drei Voraussetzungen erfüllt, sollte er in Futures investieren. Das Handeln einer Future-Position ist sehr simpel, der Umgang damit aber nicht! Future-Positionen können zum Spekulieren und zum Hedging verwendet werden. Das Hedging mit einer klassischen Future-Position ist recht simpel: Man will sich entweder gegen fallende oder gegen steigende Kurse absichern. Das Absichern gegen fallende Kurse ist klassisch: Ein Investor befürchtet, dass sein Portfolio weniger wert sein wird. Er will sich mittels eines Short Futures absichern. Eine solche klassische Absicherung ist nur möglich, wenn das Portfolio und das Underlying des Futures einander entsprechen. Da dies jedoch meist nicht der Fall ist, wird die größtmögliche Schnittmenge gesucht und mit diesem Future eine Absicherungsstrategie aufgebaut. Eine solche Vorgehensweise nennt man ,,Cross Hedge“ und diese basiert auf dem Grundgedanken, dass eine möglichst hohe Korrelation zwischen dem gewählten Future und dem Underlying existiert. Zunächst errechnet man die Anzahl der benötigten Future-Kontrakte: Hedge Ratio =
Portfolio 1 × Index − Future − Punkte Indexmultiplikator
Beispiel: Ein Investor hat ein Portfolio in Höhe von 1 Million Euro. Dieses will er gegen Kursrückgänge absichern. Da die im Portfolio enthaltenen Werte am ehesten mit dem Dow Jones (DJ) Euro STOXX 50® zu vergleichen sind, entscheidet er sich für eine Absicherung mittels DJ-Euro-STOXX-50-Future® (FESX).
Welche Future-Strategien gibt es?
173
Vorab errechnet er zunächst die Hedge-Ratio: Portfolio Index =x Indexmultiplikator Portfolio DJ Euro Stoxx 50 =x Indexmultiplikator 1.000.000 4450 = 22,47 10 ®
Er muss also 23 DJ-Euro-STOXX-50-Future -Kontrakte verkaufen, um sich abzusichern. Eine Absicherung gegen höhere Kurse klingt anfänglich etwas irreführend, ist aber durchaus ebenfalls zu erwägen. Nehmen wir an, der Investor erwartet einen großen Mittelzufluss in sechs Monaten; aufgrund der augenblicklichen Marktlage ist aber ein Investment momentan günstig. Der Investor sichert sich somit heute das Einstiegsniveau ab, obwohl er erst in sechs Monaten sein Investment an der Börse tätigen wird. Diese Art der Absicherung ist vor allem dann vonnöten, wenn der Investor in Zukunft über einen regelmäßigen Liquiditätszufluss verfügen wird. Er kauft sich somit heute schon synthetisch sein Investment, welches er erst in sechs Monaten bezahlen kann. Im Gegenzug zur Absicherung vor einem Preisverfall wird also hier der Future gekauft, da man sich gegen ein Steigen absichern will. In beiden Fällen ist der Investor besorgt, dass sich das Kursverhalten am Kassamarkt zu seinen Ungunsten ändern wird. Er sichert sich mit den beiden genannten Strategien seinen Ein- bzw. Ausstiegspreis im Investment. Wie wir bereits im Kapitel „Future-Preis“ erläutert haben, bildet sich dieser aus dem Spot-Preis sowie der Cost of Carry. Daher ergibt sich eine Differenz zwischen den Futures auf dasselbe Underlying, aber mit unterschiedlichen Verfallsterminen. Diesen Unterschied nennt man Time Spread. Er resultiert aus der Differenz der Nettofinanzierungskosten für die unterschiedlichen Restlaufzeiten. Keinen Einfluss hat die Erwartung des Underlyings für diesen Zeitraum. Diesen Spread kann man sich als Investor zu eigen machen und dadurch eine Investition tätigen.
174
5.19
Futures – unbedingte Termingeschäfte
Kauf eines Spread
Der Future-Investor kauft den frühen Kontrakt und verkauft den auf der Zeitskala späteren Kontrakt. Beispiel: Abschlussdaten Februar Kauf X-Index Verfall März Verkauf X-Index Verfall Dezember
5.20
Verkauf eines Spread
Der Future-Investor verkauft den nächstliegenden Kontrakt und kauft den auf der Zeitskala späteren Kontrakt. Beispiel: Verkauf X-Index Verfall März Kauf X-Index Verfall Dezember Doch wann ist welche Strategie anzuraten? Grundsätzlich muss hier nochmals unterschieden werden, ob wir einen Future auf einen Kursindex oder einen Performance-Index handeln. Ebenso ist es notwendig, dass sich der Investor Gedanken um die Kursentwicklung des Index sowie die Entwicklung der Nettofinanzierungskosten macht. Tabelle 5.12: Spreads Indexart
Kurse steigen
Kurse fallen
Performance-Index
Verkauf eines Spread
Kauf eines Spread
Kursindex Cost of Carry > 0
Verkauf eines Spread
Kauf eines Spread
Kursindex Cost of Carry < 0
Kauf eines Spread
Verkauf eines Spread
Wir sehen also: Bei Performance-Indizes lässt sich die strategische Entscheidung nur aus dem Kursverhalten ableiten. Denn je länger die Restlaufzeit des Futures ist, desto höher ist der Future-Kurs (negative Basis). Bei einem Anstieg des Underlyings erhöht sich also die Basis. Doch das ist bei beiden Kontrakten der Fall (proportional gleich); somit erhöht sich der Spread. Genau gegenteilig wirkt sich dieser Mechanismus bei sinkenden Preisen aus. Hier erleidet der Spread-Future-Investor einen Verlust. Bei den Kurs-Indizes
Inter-Market Spread
175
ist dies anders. Hier muss dasAugenmerk des Investors auf den Nettofinanzierungskosten liegen. Besitzt der Future eine positive Basis, ist das Verhalten genau umgekehrt zur Performance-Future-Position zu sehen.
5.21
Inter-Market Spread
Bei einem Inter-Market Spread kauft und verkauft ein Investor denselben Kontrakt an zwei unterschiedlichen Börsen. Er nutzt somit die Preisunterschiede an zwei Börsenplätzen aus. Beispiel: Kauf X-Index an der A-Börse zu 11.000 Verkauf X-Index an der B-Börse zu 11.010 Aufgrund der guten Informationstechnik ist ein solcher Spread heute nur noch sehr selten handelbar.
5.22
Interkontrakt-Spread und Intrakontrakt-Spread
Bei einem Interkontrakt-Spread werden zwei Futures mit unterschiedlichen Kontraktspezifikationen gegenseitig gehandelt. Der Investor geht somit von einer Veränderung der Grundgegebenheiten für beide Kontrakte aus. Bei einem Intrakontrakt-Spread werden Futures (dasselbe Underlying) mit unterschiedlichen Verfallstagen gehandelt (vgl. Abbildung 5.16). Der Investor geht von einerVeränderung der Kontrakte aufgrund der Laufzeitdifferenz aus. Bei beiden Operationen lassen sich nur durch die Differenz Gewinne erwirtschaften. Man profitiert somit aus den Preisunterschieden zueinander und nur aus diesen.
Spread-Orders gehörten zum Tagesgeschäft und können einen stabilen und gut zu bemessenden Zusatzertrag im Portfolio erbringen.
176
Futures – unbedingte Termingeschäfte
Interkontrakt-Spread
Intrakontrakt-Spread
Euro Bund Future
Euro Bund Mrz.
Euro Bobl Future
Euro Bund Sep.
Abbildung 5.16: Interkontrakt-Spread und Intrakontrakt-Spread (Beispiel)
5.23
Cash-and-Carry-Arbitrage
Bei einer Arbitrage geht es darum, risikolose Einnahmen aufgrund von Preisungleichgewichten zu erzielen. Diese Preisungleichgewichte entstehen immer dann, wenn eine Differenz zwischen dem aktuell gehandelten Future-Preis und dem Kassapreis auftritt. Ist also die Differenz zwischen der aktuellen Basis und der theoretischen größer, so lassen sich dadurch Arbitragegewinne erzielen. Ist der Future gegenüber dem theoretischen Fair Value zu teuer, wird man ihn verkaufen und das Underlying kaufen. Man spricht nun von einer „Cash-and-Carry-Arbitrage“ (vgl. Abbildung 5.17). Ist das Phänomen umgekehrt, so dass der Future preiswerter als das Underlying ist, kauft man den Future und verkauft das Underlying. Nun spricht man von einer „Reverse-Cash-and-Carry-Arbitrage“ (vgl. Abbildung 5.17).
Cash and Carry und Reverse Cash and Carry Arbitrage sind sehr gängige und leicht aufzubauende Strategien. Diese bedingen jedoch eines gewissen Handelsvolumens sowie guter Kenntnisse der Marktpreisstellung.
Ein Underlying, beispielsweise ein Index, kann nicht so einfach gekauft und verkauft werden wie der Future. Folglich bedient man sich der Basket-Bildung: Dabei werden alle Werte, die ein Beta von rund 1 haben, gekauft. Weisen diese gleichzeitig einen hohen Korrelationskoeffizienten auf, kann man
Arbitrage-Strategien für Geldmarktfutures
Cash and Carry
177
Reverse Cash and Carry
Verkauf Future
Kauf Future
Kauf Kassa
Verkauf Kassa
Abbildung 5.17: Cash and Carry vs. Reverse Cash and Carry
damit den Index nachbilden. Es besteht zwar keine 1:1-Abbildung, jedoch eine gleichlaufende synthetische Konstante dazu. Beispiel: ® Wir bilden ein DJ-Euro-STOXX-50 -Basket mit Werten, die ein Beta von etwa 1 haben und untereinander einen hohen Korrelationskoeffizienten aufweisen. Somit können wir den DJ-Euro-STOXX-50® synthetisch nachbilden. Zu dieser Nachbildung handeln wir (je nach Marktlage) den DJ-EuroSTOXX-50®-Future. Die Probleme einer solchen Transaktion sind folgende:
Es sind Transaktionskosten zu verbuchen. Leerverkäufe sind manchmal nur schwierig möglich bzw. verursachen Kosten. Bei Rententiteln besteht eine Wahlmöglichkeit am Ausübungstag.
5.24
Arbitrage-Strategien für Geldmarktfutures
Bei Geldmarktfutures gibt es die Möglichkeit, eine Fehlbepreisung des Futures anhand von Kredit- bzw. Anlagetransaktionen zu arbitrieren. Ziel dabei ist, einem synthetischen Konstrukt einer festverzinslichen Anlage bzw. von Kreditaufnahmen genau die Spezifikation zu geben, welche dem Underlying entspricht. Folglich müssten die Preise der synthetischen Position und
178
Futures – unbedingte Termingeschäfte
die des Futures sich entsprechen. Ist dies nicht der Fall, kann der Investor Arbitrage-Gewinne erzielen. Besitzt der Future eine größere Verzinsung als die synthetische Position, wird mit Long-Future-Positionen gearbeitet, im umgekehrten Fall wird der Future verkauft und das synthetische Konstrukt gekauft. Eine herausragende Bedeutung kommt in diesem Zusammenhang der Kenntnis der Zinsstrukturkurve zu. Bei genauer Untersuchung lassen sich nun Zinssätze für zukünftige Geschäfte berechnen und die jeweiligen Arbitrage-Strategien (Long oder Short) eingehen.
Wie findet die Schlussabrechnungspreisfindung für den Euribor-Future an der Eurex statt? „Die Festlegung des Schlussabrechnungspreises erfolgt durch Eurex am Schlussabrechnungstag um 11:00 Uhr MEZ. Maßgeblich ist der von FBE/ ACI ermittelte Referenzzinssatz (EURIBOR) für Drei-Monats-Termingelder in Euro am Schlussabrechnungstag um 11:00 Uhr MEZ. Bei der Festlegung des Schlussabrechnungspreises wird der EURIBOR-Satz auf drei Nachkommastellen gerundet und anschließend von 100 subtrahiert.“25 Die Erfüllung des Futures-Kontraktes erfolgt durch einen Barausgleich. Der jeweilige Kontraktgegenwert (pro Kontrakt) beträgt 1 Million Euro. Für die oben angesprochenArbitrage-Geschäfte ist ein Kalkulieren des Schlussabrechnungspreises insofern von Bedeutung, als dies über das Wohl und Wehe der kompletten Strategie entscheiden kann. Natürlich ist, was auch in einem Großteil aller Fälle so sein wird, ein vorzeitiges Closen der jeweiligen Position möglich und sinnvoll.
5.25
Hedges
Bei einem Long Hedge (Kauf eines Futures (vgl. Abbildung 5.18)) sichert sich der Investor gegen steigende Preise bis zu seinem Investment in t + x ab. Bei einem Short Hedge (Verkauf eines Futures (vgl. Abbildung 5.15)) sichert er ein bereits getätigtes Investment in t − x ab. Bei einem Long Hedge steht immer eine Investition in der Zukunft an, welche heute bereits genehmigt ist.
25
Quelle: Eurex.
Beta-Hedge mittels eines Indexfutures
179
Gewinn Kassaposition
Future-Position
Absicherungspreis
Kassa- bzw. Future-Preis
Verlust
Abbildung 5.18: Payoff einer Gesamtposition: Long Hedge
Ein Investor erhält zum Beispiel in drei Monaten 1 Million Euro und möchte dann damit in DJ-Euro-STOXX-50®-Titel investieren. Er hat jedoch die Sorge, dass in drei Monaten der Index höher stehen wird als heute. Somit kauft er heute Future-Kontrakte, um dieses Szenario auszugleichen. Sobald er die Liquidität erhalten hat, schließt er die Futures und kauft mit dem Geld seine Kassawerte. Ist der Future gestiegen und somit auch der Index, hat er über die Future-Mehreinnahmen die höheren Kosten kompensiert. Ist der Future und somit der Index gesunken, so hat er denselben Verlust erlitten, wie wenn er vor drei Monaten in die Kassawerte investiert hätte. Er sichert über dieses Geschäft den Einstiegspreis seiner Investition ab. Bei einem Short Hedge sichert der Investor bestehende Bestände gegen Kursrückgänge ab. Er hat die Kassamarktinvestition somit bereits getätigt. Da er mit einem Kursrückgang rechnet, diesen jedoch nicht konkretisieren kann, sichert er sich mittels Verkauf des Futures gegen diesen Rückgang ab. Tritt dieser ein, kompensiert der Future die Kursverluste im Portfolio. Tritt er nicht ein, so entstehen Kosten für die Absicherung (gegenläufige Future-Position), welche der Investor tragen muss.
5.26
Beta-Hedge mittels eines Indexfutures
Da sich für jedes Portfolio ein Betafaktor ˇ errechnen lässt, ist diese Steuerungsgröße beim Hedging optimal anzuwenden. Der Betafaktor beschreibt die Sensibilität eines Portfolios im Vergleich zum Gesamtmarkt.
180
Futures – unbedingte Termingeschäfte
Je nach der Markterwartung wird ein Investor den Betafaktor seines Portfolios adjustieren. Geht er also von einem Steigen des Marktes aus, so wird er eine hohe Aktienquote im Portfolio führen und einen Long-Index-Future darauf aufbauen. Das Umgekehrte gilt, wenn er von einem Sinken des Marktes ausgeht: Nun wird der Investor die Aktienquote reduzieren und Short Futures darauf aufbauen. Tabelle 5.13: Betawerte Wert
Bedeutung
Beta (b) = 1
Aktie bewegt sich genauso stark wie der Markt: 1:1
Beta (b) größer 1
Aktie bewegt sich stärker als der Markt
Beta (b) kleiner 1
Aktie bewegt sich schwächer als der Markt
Beta-Hedge bei sinkender Marktaussicht Um ein Portfolio absichern zu können, muss zuerst dessen Betafaktor ˇ bestimmt werden. Hat der Investor diesen ermittelt, kann er wie nachfolgend beschrieben einen Beta-Hedge durchführen: Gegenwert des Portfolios Future-Kontrakte = × ˇ (Indexstand × Kontraktgröße) Beispiel: Ein Investor hat ein X-Index Portfolio mit 1,5 Millionen Euro. Das ˇ liegt bei 1,1. Der X-Index steht bei 6700 Punkten; Indexmultiplikator des X-Futures ist 25 Euro pro Punkt. Er möchte dieses absichern: = (1.500.000/(6700 × 25)) × 1,1 = 9,8
Der Investor muss also 10 Kontrakte verkaufen. Ergeben sich Änderungen an der obigen Thematik, so muss der Investor konsequenterweise den Hedge anpassen. Entsprechend wird die Absicherung im Long Hedge vorgenommen; aber hier werden die Kontrakte nicht verkauft, sondern gekauft. Die Formel ist dieselbe: Future-Kontrakte =
Gegenwert des Portfolios (Indexstand × Kontraktgröße)
× ˇ
Warum werden Hedges mittels Futures durchgeführt?
181
Es lässt sich ebenfalls zeigen, dass die beschriebene Methodik sich auf einen ,,Cross Hedge“ anwenden lässt. Anstelle von dem Betafaktor wird hier die Korrelation zwischen dem abzusichernden Underlying und dem Future verwendet. Ein Bespiel hierfür stellt ein Landwirt dar, der seine Ernte von Grapefruits mit Orangenfutures absichert. Obwohl das Underlying (Grapefruits) nicht mit Orangen identisch ist, sind beide dennoch Zitrusfrüchte und deren Wertentwicklung ebenfalls hoch korreliert.
5.27
Warum werden Hedges mittels Futures durchgeführt?
Zum einen sind Future-Transaktionen sehr preiswert und transparent durchzuführen. Ein weiterer sehr wichtiger Punkt ist die schnelle und konsequente Umsetzung einer solchen Strategie. Die Positionen müssen zwar kontinuierlich überwacht und angepasst werden, dies ist jedoch über technische Möglichkeiten abzuwickeln und kann sehr zeitsparend erfolgen. Wir möchten an diesem Punkt noch ein paar Worte zur Transparenz von Futures sagen. Da Portfolios nie vollständig aus den Heimatmärkten bestehen bzw. eine Abdeckung der Heimatmärkte nicht ausreicht, bieten sich Futures sehr gut an, um diese Märkte transparent, aber auch konsequent abzubilden. Die Transparenz ergibt sich aus der Future-Preis-Berechnung sowie dem fortlaufenden und durch Market Maker gestützten Handel. Die schnelle und kostengünstige Ausführung der Orders ist ebenfalls ein großes und wichtiges Merkmal, das für die Future-Märkte spricht. Ein negativer Punkt, der jedoch meist nur den Kundenverkehr mit privaten Investoren betrifft, ist die Größe der gehandelten Volumen.
5.28
Hedging mit Zinsfutures
Grundsätzlich gibt es die folgenden Methoden, einen Hedge zur Absicherung gegen steigende oder fallende Zinsen aufzubauen: Preisfaktor- und Nominalwertmethode: wird hauptsächlich zur Absicherung der CTD (Cheapest to Deliver) verwendet: Hedge-Ratio =
NominalwertKassa NominalwertFuture
182
Futures – unbedingte Termingeschäfte
Durationsmethode: Hier wird versucht, die Preisreagibilität in Verbindung mit der CTD vergleichbar zu machen: NominalKasse DurationKasse Hedge-Ratio = × × PFCTD NominalFuture DurationFuture PFCTD = Preisfaktor der CTD Basis-Point-Value-Methode: Hierbei wird berechnet, inwieweit sich der Kurs der Anleihe verändert, wenn sich die Rendite der Anleihe um einen Basispunkt verändert. Dies wird für die Kassaposition wie auch für die CTD ausgeführt und dann ins Verhältnis gesetzt: NominalKasse Kasse,BP Hedge-Ratio = × × PFCTD NominalFuture CTD,BP Die Wertveränderungen lassen sich aus der Renditeformel ableiten. Regressionsmethode: Dabei wird der Grad des Zusammenhangs zwischen Kassa- und Future-Markt ermittelt: Hedge-Ratio =
NominalwertKassa × RK NominalwertFuture
RK = Regressionskoeffizient
Die obigen Methoden können auch mit Marktwerten anstatt Nominalwerten durchgeführt werden.
Zwei Seiten einer Medaille Hedges bieten also die Möglichkeit, klar und transparent darzustellen, wie viel Restrisiko sich in einem Portfolio befindet. Doch so schön und praktisch Hedges sind, so problematisch sind sie auch. Denn jeder Hedge verursacht Kosten und Aufwendungen und verhindert, dass der Hedger von einer anderweitigen Preisbewegung profitiert. Des Weiteren ist es oft schwierig, komplexe Portfolios abzudecken. Es besteht zwar die Möglichkeit, dies mittels eines Cross Hedge zu versuchen, doch eine 100-prozentige Abdeckung ist häufig nicht möglich. Auf der anderen Seite ist fraglich, ob eine solche Abdeckung wirklich notwendig ist.
Hedging mit Zinsfutures
183
Beispiel: Grundintention des Investors: Der X-Index ist zu teuer und „technisch“26 total überkauft. Er geht von einem Sinken des Index aus. Bestand: X-Index-Portfolio mit 1 Million Euro Aufbau aufgrund der Grundintention: Short-X-Index-Kontrakte, verkauft bei 7000 Punkten Nun steigt der X-Index aufgrund einer positiven wirtschaftlichen Entwicklung von 7000 auf 7150 Punkte! Der Investor profitiert nicht mehr davon, da er den X-Index bereits bei 7000 Punkten verkauft hat. Er macht mit diesen Positionen einen Verlust. Fällt der Index aufgrund von Marktübergewichten, so erzielt er einen Gewinn. Doch erst wenn der X-Index unter die 7000 Punkte fällt, ist er wirklich im Gewinn und nicht nur in der Zone des verminderten Verlustes. Wir sehen an diesem Beispiel, wie wichtig die richtige Einschätzung des Marktumfeldes für den Investor ist. Kommt es zu einer gegenläufigen Marktsituation, macht der Investor Verluste. Da es sich bei einem Future um ein Delta-1-Instrument handelt, ist der Investor sofort am Gewinn bzw. Verlust beteiligt.
26
Es ist eine umfassende charttechnische Analyse vorausgegangen.
184
Futures – unbedingte Termingeschäfte
Literaturhinweise zu diesem Kapitel Hull, John C.: Optionen, Futures und andere Derivate, 8. Auflage 2012 Madura, Jeff: International Financial Management, 6th edition 2004 Rudolph, Bernd; Schäfer, Klaus: Derivative Finanzinstrumente 2005 Wiedemann, Arnd: Bewertung von Finanzinstrumenten, 4. Auflage 2007
Fragen zu diesem Kapitel
185
Fragen und Antworten zu diesem Kapitel Frage 1: Welche Lieferverfahren gibt es bei Futures? Frage 2: Ist bei einer inversen Zinsstrukturkurve der Front Month Future teurer oder günstiger als der Second Nearby? Frage 3: Was ist Basiskonvergenz und wann tritt diese ein? Frage 4: Was versteht man unter einer Reverse Cash and Carry Arbitrage? Frage 5: Was wird bei der Regressionsmethode ermittelt? Antwort zu Frage 1: Es kann das Underlying geliefert werden oder es erfolgt ein Cash-Ausgleich. Antwort zu Frage 2: Er ist günstiger als der Folgefuture. Nur bei einer normalen Zinsstrukturkurve wäre er teurer. Antwort zu Frage 3: Unter Basiskonvergenz versteht man, dass Future-Preis und Preis des Underlyings sich entsprechen. Dies ist am letzten Handelstag der Fall, da weder Finanzierungskosten anfallen noch Erträge zu erwarten sind. Antwort zu Frage 4: Dies bedeutet, dass man den Future kauft und die Kassaposition im selben Augenblick verkauft. Antwort zu Frage 5: Dabei ermittelt man den Grad des Zusammenhangs zwischen Kassa- und Future-Markt. Die Ermittlung findet über den Regressionskoeffizienten statt.
6
Optionen – bedingte Termingeschäfte
In Kapitel 6 werden Sie Folgendes erfahren:
Was sind Optionen?
Welche Arten von Optionen gibt es?
Wie wird der „Fair Value“ einer Option ermittelt?
Welche Einflussfaktoren auf die Optionspreisbildung gibt es?
Welche theoretischen Optionspreismodelle gibt es und wie sind diese aufgebaut?
Welche Strategien können mit Optionen verfolgt werden?
6.1 Was sind Optionen? Ganz nüchtern betrachtet, ist eine Option ein zeitlich begrenzter bilateraler Vertrag, welcher mit einem Wahlrecht1 ausgestattet ist. Aufgrund der Standardisierung ist es möglich, diese Verträge an den Terminbörsen zu handeln. Optionen, welche individuell ausgestaltet werden, nennt man, wie schon angesprochen, OTC-Optionen. Diese werden nur zwischen den vertragsschließenden Parteien ohne Zwischenschaltung einer Terminbörse abgeschlossen. Unabhängig davon, ob der Vertragsabschluss über eine Terminbörse oder OTC erfolgt, haben Optionen immer eine asymmetrische Risikoverteilung. In diesem Kapitel wollen wir uns den klassischen Optionen zuwenden. Im nachfolgenden Teil werden dann die exotischen Optionsarten besprochen.
1
Das Wort Option kommt vom lateinischen „optio“, welches mit „freier Wille“ oder „das Recht, zu wünschen“ zu übersetzen ist.
DOI 10.1515/9783110531169-008
Was sind Optionen?
187
Grundsätzlich unterscheidet man zwei verschiedene Optionstypen, den Call (Kaufoption) und den Put (Verkaufsoption).
Call-Option Die Call-Option (Kaufoption) stattet den Käufer (nennt man: Long) mit dem Recht, jedoch nicht mit der Pflicht aus, einen zugrunde liegenden Basiswert (Underlying) in einer bestimmten Menge (Kontraktgröße) innerhalb einer bestimmten Frist (Laufzeit) oder zu einem bestimmten Termin (letzter Handelstag) zu einem bei Vertragsabschluss festgelegten Preis (Basispreis) zu kaufen.
Beispiel: Ein Investor will sich in der x-Aktie engagieren. Er geht aufgrund seiner Analyse von steigenden Kursen aus. Anstatt ein direktes Investment in die Aktie zu tätigen, kauft er Call-Optionen. Durch den geringeren Liquiditätseinsatz kann er deutlich mehr Optionen als Aktien kaufen. Sollte die von ihm erwartete Kursbewegung eintreffen, profitiert er aufgrund des Hebeleffekts deutlich stärker davon.
Put-Option Die Put-Option (Verkaufsoption) räumt dem Käufer (Long) das Recht, jedoch nicht die Pflicht ein, einen zugrunde liegenden Basiswert (Underlying) in einer bestimmten Menge (Kontraktgröße) innerhalb einer bestimmten Frist (Laufzeit) oder zu einem bestimmten Termin (letzter Handelstag) zu einem im Vorhinein festgelegten Preis (Basispreis) zu verkaufen.
Beispiel: Ein Investor hat y-Aktien im Bestand. Er befürchtet, dass der Kurs sinken wird, ist sich jedoch nicht ganz sicher. Zum Absichern seines Bestandes kauft er Put-Optionen auf die y-Aktie. Somit kompensiert er bei einem Kursrückgang die Verluste. Die erworbenen Puts verlieren im Falle eines Kursanstieges an Wert. Der Investor realisiert also einen Verlust über die Optionsposition. Steigen allerdings die Aktien mehr als der Verlust, kompensiert er diesen wieder. Hätte er die Aktien seinerzeit verkauft, hätte er von der Steigerung nicht mehr profitieren können. Durch den Kauf der Put-Option hat er wenigstens
188
Optionen – bedingte Termingeschäfte
Short tion Op
SHORT OPTION Der Investor ist VERKÄUFER einer Option
OPTIONEN LONG OPTION bedingte Termingeschäfte
Der Investor ist KÄUFER einer Option
L
on
g O p ti o n
Abbildung 6.1: Optionen Long und Short
noch teilweise einen Ertrag erzielt. Hätte er die Aktien im Vorfeld verkauft, so wäre dieser Teilgewinn nicht mehr möglich gewesen. Dem Käufer (Long) steht immer ein Verkäufer (Short) gegenüber (vgl. Abbildung 6.1). Er wird auch Stillhalter genannt. Der Stillhalter hat kein Wahlrecht, sondern ist an die Willensäußerung des Käufers gebunden. Dafür erhält er vom Käufer die Prämienzahlung. Er ist somit die Verpflichtung eingegangen, im Falle einer Ausübung die festgelegte Menge des Basiswerts zum vereinbarten Zeitpunkt und Preis zu verkaufen (Call) oder zu kaufen (Put) (vgl. Tabelle 6.1). Tabelle 6.1: Rechte und Pflichten bei Optionen Recht
Pflicht
Käufer
Ausübung
Zahlung der Prämie
Verkäufer
Erhalt der Prämie
Lieferung bzw. Abnahme
Worin unterscheiden sich Optionen?
6.2
189
Worin unterscheiden sich Optionen?
Optionstyp Wir haben im Vorangegangenen gehört, dass sich Optionen nach den Optionstypen Call und Put unterscheiden (vgl. Abbildung 6.2).
CALL
Käufer/Long
Verkäufer/Short
PUT
Das Recht (nicht die Pflicht) zu kaufen
Das Recht (nicht die Pflicht) zu verkaufen
Die Pflicht (bei Ausübung) zu verkaufen
Die Pflicht (bei Ausübung) zu kaufen
Abbildung 6.2: Rechte und Pflichten bei Optionen2
Ein weiteres Unterscheidungskriterium gibt es bei Art der Ausübung: Es gibt Optionen, die während der gesamten Laufzeit ausgeübt werden können. Man spricht hierbei von Optionen des amerikanischen Stils (American-Style Option). In der Regel sind dies Optionen, die auf Einzelwerte lauten. Eine Option, die nur am Laufzeitende (letzter Handelstag) ausgeübt werden kann, bezeichnet man als European-Style Option (Indexoptionen sind i. d. R. europäische Optionen). Zusammenfassend zeigt dies die Abbildung 6.3. Natürlich differieren Optionen auch bezüglich des Basiswertes. Dieser gibt an, welche Ware oder welches Wertpapier (z. B. welche Aktie) der Option zugrunde liegt. Im Fachterminus spricht man, wie bereits erwähnt, vom Underlying. Das Underlying ist somit das Handelsobjekt, auf welches ein Termingeschäft lautet. Schließlich gibt es noch Unterschiede in der Art der Belieferung der Optionen. Hier unterscheidet man zwischen Cash Settlement (Barausgleich) und der physischen Belieferung (Belieferung z. B. in Stücken). Ein Cash Settle2
Vgl. Commerzbank AG O&F Prüfung.
190
Optionen – bedingte Termingeschäfte
Amerik an
Option he isc
EUROPÄISCHE OPTIONEN
Die Ausübung ist während der Laufzeit der Option möglich
Eu
op
r
Die Ausübung ist nur zum Laufzeitende möglich
AMERIKANISCHE OPTIONEN
äis
c h e O p tio n
Abbildung 6.3: Europäische vs. amerikanische Optionen
ment findet immer dann statt, wenn keine physische Belieferung möglich ist. Dies ist z. B. bei Indexoptionen der Fall. Dabei wird die Differenz zwischen dem Underlying und dem Basispreis in bar ausgeglichen. Wenn ein Underlying zu liefern ist (Aktienoptionen), so erfolgt eine physische Lieferung über das Clearing-Haus (vgl. Abbildung 6.4).
Physisc he
ement ettl sS
CASH SETTLEMENT
Die Option wird mit dem Underlying beliefert. Es findet eine Stückelieferung statt
Die Option wird in Cash ausgeglichen.
Ca
h
s
Barausgleich
PHYSISCHES SETTLEMENT
Se
t tl e m ent
Abbildung 6.4: Möglichkeiten der Erfüllung
Optionshandel
191
Wir unterscheiden zwischen europäischen Optionen (Ausübung nur am Laufzeitende) amerikanischen Optionen (Ausübung während der Laufzeit) und dem Ausübungsmerkmal Bermuda (zu gewissen im Vorhinein festgelegten Tagen oder Perioden). Bermuda Optionen sind nur OTC handelbar. Da diese nicht zu standardisieren sind. Die Ausübung kann entweder physisch oder durch ein Cash-Settlement erfolgen.
6.3 Optionshandel Kontrakt Wir haben nun schon mehrfach von Kontrakten3 gesprochen und wollen dies nun nochmals kurz erläutern und genau definieren. Ein Kontrakt ist ein Mindestabschluss bei einem Termingeschäft und umfasst z. B. bei klassischen Aktienoptionen 100 Aktien. Bei Indexoptionen werden die Optionspreise in Indexpunkten angegeben und müssen zur Errechnung der Beträge mit dem Indexmultiplikator multipliziert werden. Dieser ist je nach Index festgelegt. Der Deutsche Aktienindex (DAX®) hat z. B. bei Optionen einen Indexmultiplikator von 5 Euro pro Punkt, der Dow Jones Euro STOXX 50® hingegen einen Indexmultiplikator von 10 Euro pro Punkt.4 Die jeweiligen Multiplikatoren werden von der Terminbörse veröffentlicht und sind im Regelwerk ersichtlich. Prämienzahlung bzw. Prämienerhalt Die Prämie (lat. praemium = Gewinn oder Vorteil), welche bei einem Optionsgeschäft bezahlt bzw. empfangen wird, ist immer sofort nach Abschluss zu entrichten. Sie wird dem Short-Investor sofort zur Verfügung gestellt. Somit hat ein Long-Investor noch am selben Tag einen Liquiditätsabfluss und ein Short-Investor einen Liquiditätszufluss. Diese Zahlungsweise gilt für alle klassischen Optionen. Ausübungsmöglichkeiten Ein Auftrag geht in die Nachtverarbeitung ein, wenn eine Option aktiv ausgeübt wird (Exercise). Dafür werden Clearing-Teilnehmer mit den entsprechenden Short-Positionen ermittelt und bekommen dann per Losverfahren
3
4
Die Wortherkunft lässt sich aus der Kanzleisprache des 15. Jahrhunderts für eine verbindliche Abmachung oder einen Vertrag herleiten (lat. contractus = Vertrag). Die jeweiligen Multiplikatoren lassen sich für jedes Produkt bei der jeweiligen Terminbörse erfragen bzw. auf der Homepage nachlesen.
192
Optionen – bedingte Termingeschäfte
eine Ausübung zugeteilt. Am darauffolgenden Tag werden die Kunden informiert und die Abwicklung in die Wege geleitet. Eine aktive Ausführung wird „Exercise“ genannt, eine passive (für den Short-Investor) „Assignment“. Das Assignment ist somit der Auftrag zur Lieferung bzw. Abnahme, die aus der Ausübung resultiert. In der Praxis bedeutet dies: Wird ein Long Call ausgeübt, so muss ein ShortCall-Investor die zugrunde liegenden Stücke liefern. Die Lieferung erfolgt über die Clearing-Gesellschaft. Bei einem Long Put liefert der Ausübende an den Stillhalter die Stücke. Dieser muss sie dann abnehmen. Nach der Ausübung ist die Option für beide aufgehoben. Der Vertrag wurde erfüllt und somit beendet. Ein Revolvieren des ursprünglichen Optionsrechtes ist nicht möglich. Lediglich ein Neuabschluss an der Terminbörse ist realisierbar. Der Investor geht also einen neuen „Vertrag“ ein und schließt somit auch ein neues Termingeschäft ab. Optionen, die nicht mit dem physischen Underlying beliefert werden können, werden in Cash ausgeglichen. Hierbei findet i. d. R. ein Differenzausgleich5 statt. Beispiel: ® Ausübung DAX Option an der Eurex: Basispreis der DAX® Call-Option: ® Settlementpreis des DAX am letzten Handelstag:
5000 Punkte 5050 Punkte
Wir haben einen Kontrakt Long Call offen und dieser wird, da die Option im Geld ist, ausgeführt. Daraus ergibt sich folgende Schlussabrechnung: 5050 − 5000 = 50 Punkte 50 Punkte × 1 Kontrakt = 50 50 × 5 Euro (Kontraktmultiplikator) = 250,00 Euro Gutschrift Die Belastung erfolgt Zug um Zug mit dem Short Call Investor. An diesem Beispiel ist auch gut zu erkennen, dass ein Hebelfaktor durch die Anzahl der Kontrakte erreicht werden kann. Hätte unser Investor im obigen Beispiel 100 Kontrakte statt einem offen, so hätte er 25.000 Euro bekommen.
5
Viele Indexoptionen (abhängig je nach Terminbörse) werden, wenn sie einen Punkt im Geld sind, von selbst im Settlement ausgeübt.
Was sind Weekly Options?
193
Optionsprodukte Man kann theoretisch auf jedes Underlying eine Optionsstrategie aufsetzen und diese auch umsetzen. In der Praxis beziehen sich Optionen jedoch auf die liquiden und gängigen Aktien der großen und mittelgroßen Indizes sowie auf ausgewählte exotische Titel. Bei den Indexoptionen wird ebenfalls nach der Marktgängigkeit bzw. nach der Nachfrage am Markt über eine Handelszulassung entschieden. So werden z. B. alle DAX®30Titel angeboten. Hierbei ist darauf zu achten, welche Termingeschäfte der abwickelnde Broker oder die Bank anbietet. Wichtig ist, dass für jedes gehandelte Termingeschäft eine sichere Clearing-Abwicklung zur Verfügung steht. Nur mit dieser kann ein sicherer Geschäftsabschluss für alle Parteien gewährleistet werden. Dies ist auch der Grund, weshalb Banken und Broker nur die Kontrakte anbieten, welche sie auch abwickeln können. Oft werden dieselben Kontrakte an unterschiedlichen Börsen gehandelt. Daher sollten die Investoren auf die Liquidität und die Abwicklung achten. Es ist meistens zu empfehlen, die Kontrakte aufgrund der höheren Liquidität an der Heimatbörse (USA-Optionen in den USA und nicht in Europa) abzuwickeln. Die jeweiligen Kontraktspezifikationen sind in den Regelwerken der Terminbörsen niedergeschrieben und sollten vor dem ersten Geschäftsabschluss eingesehen werden! Dies verhindert eine negative Überraschung hinsichtlich der Kontraktbestandteile. Gleichzeitig muss sich der Investor vor Abschluss Gedanken über eine eventuelle Erfüllung oder eine Exit-Strategie machen.
Achten Sie immer auf die Liquidität eines Finanzderivats. Nur wenn diese gegeben ist, ist ein fortlaufender Handel möglich.
6.4
Was sind Weekly Options?
Außerhalb des normalen Verfallszyklus (dritter Freitag im Monat) bietet z. B. die Eurex6 auch Weekly Options an.7 Diese haben die Besonderheit, dass sie am ersten, zweiten oder vierten Freitag im Monat verfallen. Sie ergänzen somit die Produktpalette für die Laufzeiten innerhalb eines Verfallszyklus.
6 7
wie auch andere Terminbörsen. Eingeführt im April 2006.
194
Optionen – bedingte Termingeschäfte
Es gibt auch Optionen, welche am fünften Freitag eines Monats verfallen. Sollte es einen solchen in diesem Monat nicht geben, ist der Verfallstag der nächste fünfte Freitag. Die wöchentlichen Optionen sind dann sinnvoll zu handeln, wenn man den Zwischenraum zwischen zwei „regulären“ Verfallsterminen abdecken möchte. Dies kann beispielsweise während der Quartalsberichtszeit praktisch sein. Gleichzeitig nutzen viele institutionelle Investoren diese Optionen, um flexibler arbeiten zu können. Vor ihrer Börseneinführung wurden die Weekly Options nur am OTC-Markt gehandelt. Da die Serien nur sehr kurz laufen, haben Weekly Options ein hohes Gamma-Exposure, dies bedeutet eine hohe Entwicklungsdynamik des Optionspreises bei Veränderung des Underlyings. Mittels dieser Optionsserien lassen sich Spekulations- wie auch Hedgingstrategien genau abstimmen. So kann man zum Beispiel eine Spekulationsstrategie kurz vorVeröffentlichung neuer Geschäftszahlen eines Unternehmens aufbauen. Dies gilt auch für Absicherungsgeschäfte, wenn man von negativen Daten ausgeht. Derzeit sind DAX®, Dow Jones Euro STOXX 50® und SMI® abgedeckt. Die Kontraktspezifikationen entsprechen der „normalen, langen“ Serien.
Weekly Options ergänzen das „normale, lange“ Optionsprogramm und erweitern dieses durch andere Verfallsmöglichkeiten.
6.5
Was sind Low Exercise Price Options?
Low Exercise Price Options (LEPO) sind Optionen mit einem Ausübungspreis von annähernd null. Daher nennt man sie auch Zero Strike Options (vgl. Abbildung 6.5). Die Optionen notieren somit TIEF im Geld und reagieren analog zum Underlying (somit gelten diese als synthetisches Abbild des Underlying (ex. Dividende)). Diese Optionen werden z. B. für die Konstruktion von „strukturierten Produkten“ verwendet. Der Vorteil gegenüber einer Direktinvestition ist, dass man Stillhalterpositionen aufbauen kann, ohne eine Wertpapierleihe vornehmen zu müssen. Somit stehen diese Instrumente auch Investoren zur Verfügung, welche sich nicht
Das Closing eines Termingeschäftes
195
an Wertpapierleihetätigkeiten8 engagieren können bzw. wollen. Viele Zero Strike Options werden auch OTC gehandelt,9 bzw. wenn es sich um eine große Anzahl von Kontrakten handelt, auch als Blocktrade über die Börse. Der tägliche Abrechnungspreis wird über die Fair-Value-Methode ermittelt. Sollte es notwendig sein, so werden Dividendenzahlungen, aktuelle Zinsen und sonstige Ausschüttungen berücksichtigt.
Zahlung der Dividende 17 Ankündigung Dividendenerhöhung von 0,20 auf 0,65 16,5
16
15,5
15
14,5
14 01.09.2009
01.10.2009
Aktie
01.11.2009
01.12.2009
Zero Strike
Abbildung 6.5: Verhalten Aktie zur Zero-Strike-Option (inkl. Dividendenerhöhung und Zahlung)10
Bei Low Exercise Price Options handelt es sich um Zero-Strike-Options, welche zur Abbildung des Underlying gehandelt werden können.
6.6
Das Closing eines Termingeschäftes
Wenn ein Investor sich von seinen Termingeschäften lösen möchte, so kann er dies während der Laufzeit durch die Glattstellung (Closing oder auch 8
9 10
Wertpapierleihe bedeutet, dass man sich Stücke von einem anderen Broker leiht, mit diesen arbeitet und nach der Leihezeit diese wieder zurückgibt. Für die Wertpapierleihe bezahlt man eine Prämie an den Verleiher der Wertpapiere. bzw. zwischen den einzelnen Investmentbanken und Handelsdepartments abgeschlossen. Quelle: Commerzbank AG.
196
Optionen – bedingte Termingeschäfte
Long
Short
• Opening
Short
• Closing
• Opening
Long
• Closing
Abbildung 6.6: Opening und Closing
Close-out) der offenen Kontrakte tun. Die Glattstellung erfolgt durch ein Gegengeschäft, welches dazu führt, dass sämtliche Rechte und Pflichten aus dem ehemals offenen Kontrakt erlöschen (vgl. Abbildung 6.6). Beispiel: Ein Investor hat 100 offene Short-Put-Kontrakte auf die x-Aktie. Er möchte sich dieses Risikos entledigen. Daher schließt er die 100 offenen Short-PutKontrakte durch ein Gegengeschäft. Er kauft also 100 Long-Put-Kontrakte mit derselben Ausgestaltung. Die Differenz aus Verkauf und Rückkauf ist sein Gewinn oder Verlust. Short Put 100 × Kontrakte = 15.000 Euro Long Put 100 × Kontrakte = 10.000 Euro In unserem Beispiel macht der Investor einen Gewinn von 5000 Euro.
Hat ein Investor eine Long-Option erworben und möchte diese wieder schließen, so verkauft er sie. Hat er im Grundgeschäft jedoch die Option verkauft, muss er diese im Closing (Close-out) wieder zurückkaufen. Wir sehen: Jedes Termingeschäft wird durch ein Gegengeschäft aufgehoben.
Ein eingegangenes Geschäft kann somit durch drei verschiedene Arten beendet werden: Auflösung durch Close-out (Gegengeschäft) a. Long-Positionen werden wieder verkauft. b. Short-Positionen werden durch einen Kauf eingedeckt.
Was ist ein Roll-over?
6.7
197
Erfüllung bei der Ausübung des Geschäftes a. Lieferung des Underlyings. b. Abnahme des Underlyings. Verfall am letzten Handelstag (das Geschäft verfällt wertlos) a. Der letzte Handelstag ist i. d. R. der dritte Freitag im Monat. b. Bei Optionen auf Futures etc. kann dies auch ein anderer Tag (z. B. beim FGBL der 10. Handelstag des Verfallsmonats) sein.
Was ist ein Roll-over?
Ein Roll-over ermöglicht es einem Investor, seine Position über den letzten Handelstag hinaus zu verlängern. Er schließt die bestehende Position und macht sie gleichzeitig mit einem späteren Verfallstermin wieder auf. Ein solcher Roll-over kann den Basispreis und/oder die Kontraktanzahl verändern. Wenn dem Investor durch dieses Geschäft keine weiteren Aufwendungen entstehen, so spricht man von einem prämienneutralen Roll-over. Der Roll-over verlängert die Position also über den ursprünglichen Laufzeithorizont hinaus. Durch eine Adjustierung der Kontraktanzahl und oder des Basispreises kann der Investor Einfluss auf die Optionsposition nehmen und diese den aktuellen Marktgegebenheiten anpassen. Beispiel: Investor A hat 100 Kontrakte auf den X-Future „long“ offen. Da er davon ausgeht, dass der X-Index weiter steigen wird, will er seine Position über den ursprünglichen Verfallstag verlängern. Er verkauft zeitgleich die 100 alten Kontrakte und deckt sich wieder mit 100 neuen Kontrakten mit einem späteren Verfallstermin ein. Somit hat er seine ursprüngliche Position auf den neuen Verfallstag hin verlängert.
Bei einem Roll-Over ist zwingend darauf zu achten, dass das Risiko der Ursprungsposition nicht ausgebaut wird.
198
Optionen – bedingte Termingeschäfte
6.8 Preisbildung von Optionen Die Suche nach dem fairen Wert einer Investition ist eine zentrale Grundsatzfrage der Finanzwirtschaft. Bei einem Recht, welches entweder die Möglichkeit zum Kauf oder zum Verkauf eines Investitionsgutes betrifft, ist diese Frage jedoch deutlich komplexer und vielschichtiger. Wie Sie in den nachfolgenden Abschnitten sehen werden, ist die Preisfindung für Optionen, nicht zuletzt aufgrund ihrer asymmetrischen Risikoverteilung und der vielen Einflussfaktoren auf den Optionspreis, komplexer als z. B. bei symmetrischen Derivaten.
Asymmetrische Risikoverteilung Bei einer Call-Option, welche gekauft wurde (Long Call), ist die Chance beim Steigen des Underlyings unbegrenzt, das Verlustrisiko jedoch auf die bezahlte Optionsprämie begrenzt. Wir haben somit nach oben ein unbegrenztes Upside Potential und nach unten ein kalkulierbares Downside Risk. Bei einer Put-Option, welche gekauft wurde (Long Put), ist die Chance beim Fallen des Underlyings begrenzt (Downside Potential) (da dieses bis maximal null fallen kann). Beim Steigen ist das Risikokapital auf die bezahlte Prämie kalkulierbar (Upside Risk). Die Gegenstrategien Short Call und Short Put haben jeweils das spiegelbildliche Chancen- und Risikoprofil: (un-)kontrollierbare Verlustgrenzen und ein kalkulierbarer Gewinn (Prämie).
6.9
Wie erfolgt die Preisbildung von Optionen in der Theorie?
An den Terminbörsen werden Optionen zu Preisen (in der Fachterminologie: Prämien) gehandelt, welche mathematisch berechnet werden können. Doch bevor wir auf die komplexe Thematik der Preisberechnung kommen, wollen wir zuerst einen Blick auf die Grundlagen der Optionspreisbestimmung werfen. Grundsätzlich besteht der Optionspreis aus zwei Komponenten: innererWert und Zeitwert.
Wie erfolgt die Preisbildung von Optionen in der Theorie?
6.9.1
199
Der innere Wert (Intrinsic Value)
Der innere Wert (Intrinsic Value = IV) ist, vereinfacht gesagt, die positive Differenz zwischen dem Basispreis (K) und dem Kurs des Underlyings (S): Innerer WertCall = max (S − K ; 0)
Ein Call besitzt einen inneren Wert, wenn der Kurs des Underlyings größer ist als der Basispreis der Option. Underlying > Basispreis
Beispiel: Underlying: Basispreis: Innerer Wert:
30 Euro 28 Euro 2 Euro
Bei einem Put ist ein innerer Wert vorhanden, wenn der Kurs des Underlyings kleiner ist als der Basispreis der Option. Underlying < Basispreis
Innerer WertPut = max (K − S; 0) Beispiel: Underlying: Basispreis: Innerer Wert:
30 Euro 32 Euro 2 Euro
Es existieren drei Möglichkeiten einer Preisstellung (Zustand der Option). Eine Option kann am Geld (at-the-money = ATM),11 im Geld (in-the-money = ITM)12 oder aus dem Geld (out-of-the-money = OTM)13 liegen (vgl. Tabelle 6.2).
11 12 13
Das Wahlrecht ist am kraftvollsten. Die Funktion des Zeitwertes ist erfüllt. Der innere Wert ist null und die Option wird nicht ausgeübt.
200
Optionen – bedingte Termingeschäfte
Tabelle 6.2: Möglichkeiten der Preisstellung Im Geld
Am Geld
Aus dem Geld
Call
Kurs Underlying > Basispreis
Kurs Underlying = Basispreis
Kurs Underlying < Basispreis
Put
Kurs Underlying < Basispreis
Kurs Underlying = Basispreis
Kurs Underlying > Basispreis
Der Realwert einer Option am Ende der Laufzeit kann somit als innerer Wert bezeichnet werden.
Der innere Wert (IV) kann nie negativ werden, aber gleich Null sein.
Da aber auch aus dem Geld liegende Optionen einen Wert besitzen, ist noch ein anderer Faktor für die Optionspreisgestaltung von immenser Bedeutung: der Zeitwert.
6.9.2 Der Zeitwert (Time Value) Wenn es den Zeitwert (Time Value = TV) nicht geben würde, hätten nur Optionen, die im Geld sind und somit einen inneren Wert aufweisen, einen Preis. Dieser würde dann genau dem „Im-Geld-Betrag“ entsprechen. Der Zeitwert ist die Differenz zwischen dem Optionspreis und dem inneren Wert. Zeitwert = (Optionspreis − innerer Wert)
Der Zeitwert (TV) ist die Optionspreiskomponente, welche die Chance und somit auch die Wahrscheinlichkeit aufzeigt, dass die Option am Ende der Laufzeit im Geld endet.
Der Zeitwert ist umso größer, je länger die Restlaufzeit der Option ist. Diese Aussage ergibt sich aus der Funktion des Zeitwerts. Je länger die Restlaufzeit ist, umso größer ist die Chance, dass die Option im Geld endet und somit
Wie erfolgt die Preisbildung von Optionen in der Theorie?
201
Zeitwert
100
Laufzeit der Option in Tagen
0
Abbildung 6.7: Die Zeitwert-Funktion
am letzten Handelstag einen realen Wert (inneren Wert) aufweist. Der Zeitwert nimmt mit abnehmender Restlaufzeit ab. Die Abnahme des Zeitwertes ist nicht linear, sondern verstärkt sich gegen Ende der Laufzeit (vgl. Abbildung 6.7). Dieses Phänomen lässt sich auch aus der Funktion des Zeitwerts herleiten. Je länger die Chance besteht, dass die Option im Geld endet, desto größer ist der Zeitwert. Im Umkehrschluss gilt auch, dass der Zeitwert schneller abnimmt, je geringer die Chance wird. Anders ausgedrückt: Die Chance, dass die Option gewinnbringend endet, nimmt aufgrund des herannahenden letzten Handelstags von Tag zu Tag schneller ab und verstärkt die Gefahr eines wertlosen Verfalls. Anders ausgedrückt, die Chance (Wahrscheinlichkeit), dass die Option im Geld endet wird geringer.
Albert Einstein und der Zeitwert Viele Grundlagen, speziell in den Wirtschaftswissenschaften, beruhen auf der Physik. Albert Einstein hat mit seiner Speziellen Relativitätstheorie (und seiner berühmten Formel E=mc2 ) einen der fundamentalen Grundsteine unseres modernen Denkens und Handelns gelegt. Daher möchten wir an dieser Stelle ein kleines Gedankenexperiment machen. Nach ALBERT EINSTEIN ist es bekannt, dass Zeit nicht linear sondern relativ zum Betrachter respektive zum Raum verläuft (die Zeit bildet eine weitere Dimension;
202
Optionen – bedingte Termingeschäfte
Einstein spricht auch von der Raumzeit). Er erklärte diesen Umstand der Zeitdilatation mit den einfachen Worten: ,,Bewegte Uhren gehen langsamer.“ Die soll bedeuten, dass eine Uhr in einem bewegten Objekt, welches mit annähernd Lichtgeschwindigkeit fliegt, im relativen Bezugssystem zu einer Uhr im unbewegten Zustand langsamer geht. Daraus schlussfolgernd können wir postulieren, dass eine Option, welche in einem bewegten Körper (zum Beispiel das Raumschiff) abgeschlossen und gehandelt wurde, relativ zu einer Option, welche auf der Erde abgeschlossen wurde (beide bilden das Bezugssystem zueinander), einen relativ zueinander betrachteten langsameren Zeitwertverfall hat.14
Abbildung 6.8: Zeitwertverfall der beiden Optionen relativ zueinander15 Sicherlich, diese Erkenntnis ist von theoretischer Natur, zeigt jedoch auf, dass all die von uns aufgestellten Modelle nur in den von uns als natürlich gegebenen Umgebungsdaten Anwendung finden.
Zeitwertverlust Selbst wenn sich der Preis des Underlyings nicht verändert, so konvergiert der Wert der Option gegen seinen inneren Wert, sobald die Fälligkeit der Option näher rückt.
14
15
Vgl. Einstein, Albert: Zur Elektrodynamik bewegter Körper. In: Annalen der Physik und Chemie. 17, 1905, S. 891–921. Vgl. Bloss, Michael, Kleinknecht, Manuel: Option Valuation Under the Effect of Time Dilation (January 17, 2016). Available at SSRN: http://ssrn.com/abstract=2716997. Vgl. Bloss, Michael, Kleinknecht, Manuel: Option Valuation Under the Effect of Time Dilation (January 17, 2016). Available at SSRN: http://ssrn.com/abstract=2716997.
Wie erfolgt die Preisbildung von Optionen in der Theorie?
203
Aus diesen Gründen gelten folgende Faustregeln:
Grundsätzliche Lehraussage Optionen mit kurzer Restlaufzeit haben grundsätzlich ein geringeres Risiko als Optionen mit einer längeren Restlaufzeit. Sie eignen sich damit für den Verkauf, da der Zeitwertverfall für einen eher risikoaversen Investor läuft. Die Prämie ist als Risikoaufschlag für die Laufzeit anzusehen und somit gilt: Je höher die Prämie, desto höher das implizite Risiko.
Zuvor haben wir erläutert, dass Optionen, die aus dem Geld sind, keinen inneren Wert haben. Ergänzend müssen wir noch Folgendes klarstellen: Optionen, die tief im Geld liegen, haben fast keinen Zeitwertaufschlag mehr, weil die Funktion des Zeitwertes nämlich, dass die Option im Geld endet, bereits erfüllt ist. Eine höhere Wahrscheinlichkeit, dass die Option im Geld endet, ist somit gegeben. Die Abbildung 6.9 zeigt den Optionspreis eines Long Calls in Abhängigkeit von der Laufzeit sowie vom Underlyingpreis. Beides sind Variablen und beeinflussen den Optionspreis.
0,0 3.436,44
45,2 90,5 135,8 181,0
2.577,33
1.718,22
859,11
0,00
4.000,00
5.250,00
6.500,00
7.750,00
9.000,00
Abbildung 6.9: Grafische Darstellung eines Long Calls (Optionspreis)16
16
Quelle: Interactive Data Managed Solutions AG; Commerzbank AG.
204
Optionen – bedingte Termingeschäfte
In unserem Download-Bereich befinden sich zur Berechnung und Simulation des Optionspreises entsprechende Tools, mit denen Sie folgende Operationen berechnen können: Historische Volatilität
Quotenübersichtsmonitor
Volatilität auf Monatsbasis
Put-Call-Parität
Implitzite Volatilität
Long-Call
Optionsspreisveränderung
Short-Call
IM oder AUS dem Geld
Long-Put
Duplikationsmethode
Short-Put
Binomialmodell (einperiodig)
Indexfuture
Binomialmodell (mehrperiodig)
Zinsfuture
Black-Scholes (ohne Dividenden)
Devisenfuture
Black-Scholes (mit Dividenden)
Community-Future
Black-Scholes (inkl. Greeks)
Future auf Einzelwerte
6.10 Vorzeitige Ausübung von Optionen Der oben dargestellte Preismechanismus (vgl. auch Abbildung 6.10) macht deutlich, dass es oftmals ungünstig ist, eine Option lange vor ihrem Verfallstag auszuüben, da sonst ein großer Zeitwertbetrag (ein verlorenes Aufgeld) als Verlust eingeht. Lassen Sie uns dies an einem Beispiel aufzeigen: 10 Long-Call-Optionen auf die X-Aktie Basis: 50 Euro Aktienkurs: 55 Euro Optionspreis: 7,50 Euro Laufzeit: 3 Monate Die Ausübung dieser Position würde dazu führen, den Zeitwert von 2,50 Euro (7,50 Optionspreis − 5,00 Euro innerer Wert = 2,50 Euro Zeitwert) zu verlieren. Wir würden zwar die Aktien mit 50 Euro kaufen, jedoch 2,50 Euro Zeitwert als Verlust realisieren. Wenn der Investor von einem baldigen Fallen des Underlyings ausgeht und deshalb gerne seinen Gewinn realisieren möchte, ist es zu empfehlen, die
Welche Einflussfaktoren wirken auf den Optionspreis?
205
Optionspreis Zeitwert
Volatilität
Innerer Wert
Restlaufzeit
Verhältnis: Strikepreis zum Preis des Underlyings, oder 0, aber nicht negativ
Abbildung 6.10: Einflussparameter auf den Optionspreis
Optionsposition zu schließen. Dadurch realisiert er sowohl den Zeitwert als auch den inneren Wert der Option. Die Short-Spekulation in Optionen bezieht sich immer auf den Zeitwert, welcher oft auch als Aufgeld angegeben wird.
6.11
Welche Einflussfaktoren wirken auf den Optionspreis?
6.11.1
Der Kurs des Underlyings
Der Preis des Underlyings hat den größten Einfluss auf den Optionspreis, da sich die Option mit diesem simultan bewegt. Ein Call nimmt somit im Preis zu, wenn sich das Underlying verteuert; umgekehrt fällt er, wenn das Underlying preiswerter wird. Beim Put ist dieser Zusammenhang genau umgekehrt. Dieser wird teurer, wenn das Underlying sinkt und preiswerter, wenn es steigt.
Das Recht, ein Gut zu kaufen, wird teurer, wenn das zugrunde liegende Gut (Underlying) teurer wird. Es sinkt im Preis, wenn das Underlying fällt. Das Recht, ein Gut zu verkaufen, wird teurer, sobald das zugrunde liegende Produkt im Preis sinkt (die Versicherungsfunktion tritt ein). Das Recht wird preiswerter, wenn das Gut steigt.
206
Optionen – bedingte Termingeschäfte
Dies erklärt auch, warum ein Derivat (als Ableitung einer Grundstruktur) mit dem Preis der Grundstruktur in einer direkten Abhängigkeit steht. Infolgedessen ist eine Preisänderung des Underlyings auch mit einer Preisänderung des Derivats verbunden.
6.11.2 Die Volatilität Die Volatilität (lat. volare = fliegen) ist ein statistisches Maß für die Intensität der Streuung eines Underlying innerhalb eines gewissen Zeitraums (aggregiertes Gesamtrisiko)17 um seinen Mittelwert. Die Volatilität gibt nur das Ausmaß der Schwankungen an, nicht deren Richtung. Bei einer historischen Volatilität von 10 und einem Mittelwert von 100 schwankt ein normalverteiltes Underlying zwischen 90 und 110 mit einer Wahrscheinlichkeit von 68,26 Prozent.18 Die Berechnung der Volatilität fußt auf der Berechnung der Standardabweichung (s oder ), welche wiederum die Quadratwurzel der durchschnittlichen mittleren quadratischenAbweichungen eines Underlyings vom Mittelwert ist. Die Standardabweichung misst, wie stark die einzelnen Beobachtungen (z. B. Renditen) der Perioden um den Mittelwert schwanken. Die quadrierte Standardabweichung, s2 oder 2 , wird auch als Varianz bezeichnet. 6.11.2.1 Historische Volatilität Allgemeiner Schätzer für die Volatilität:
n
1 ¯ )2 s= ( ri − n − 1 i =1 Bei der obigen Formel zeigt n die Anzahl der Beobachtungen an, ri die einzelnen Beobachtungen (z. B. Renditen) und den Mittelwert der n Beobachtungen. Wie wir bereits erfahren haben, ist die Volatilität (= Standardabweichung) ein statistisches Maß, das die Stärke der Schwankungen in einem bestimmten Zeithorizont misst. Da historische Werte aber nicht unbedingt mit den aktuellen oder gar zukünftigen Annahmen übereinstimmen müssen, gibt es zusätzlich zur historischen Volatilität noch die implizite Volatilität (vgl. 17 18
Aktien haben i. d. R. eine Volatilität von 15–60 %. Dies ergibt sich aus der Dichtefunktion der Normalverteilung.
Welche Einflussfaktoren wirken auf den Optionspreis?
207
Spotbewegung
Implizite Volatilität
Historische Volatilität
Optionspreis Starke Beziehung Schwache Beziehung
Abbildung 6.11: Volatilitätsbeziehungen19
Abbildung 6.11). Die implizite Volatilität spiegelt die aktuelle Marktmeinung über die zukünftige Volatilität wider,20 welche je nach Laufzeit der Option oder Wahl des Strikes stark von der historischen Volatilität abweichen kann.
Abbildung 6.12: Historische Volatilität
19 20
Quelle: ZKB Zürich. Wird auch als gefühlte Volatilität bezeichnet, da sie am Markt präsent ist.
208
Optionen – bedingte Termingeschäfte
6.11.2.2 Implizite Volatilität Um die implizite Volatilität in Erfahrung zu bringen, muss sie aus den aktuell gehandelten At-the-Money-Optionen abgeleitet werden.21 Dies geschieht anhand des Iterationsverfahrens22 aus der Black-Scholes-Formel. Die implizite Volatilität ist die derzeit gehandelte Volatilität und kann daher als Marktkonsens und annualisierte Volatilität in Relation zur Restlaufzeit verstanden werden. Nachfolgend zeigen wir die Bestimmung der impliziten Volatilität mit dem Newton-Verfahren. Dies kommt immer dann zum Einsatz, wenn die Black-Scholes-Formel nicht analytisch nach der Volatilität aufgelöst werden kann.23
mit
und
0 = S0 N(d1 ) − Ke−rT N(d2 ) − c =: f () S In 0 + (r + 2 /2)T K d1 = √ T √ d2 = d1 − T
c = Preis der Call-Option S0 = Preis des Underlyings zum Zeitpunkt t = 0 K = Basispreis der Option In = natürlicher Logarithmus e = Basis des natürlichen Logarithmus = 2,71828. . . 24 r = risikoloser Zins N = kumulative Verteilungsfunktion der Standardnormalverteilung = Volatilität T = Restlaufzeit der Option
21
22
23 24
In der Praxis werden OTM- oder ITM-Optionen ebenfalls verwendet, um den sogenannten ,,volatility smile“ der impliziten Volatilität über verschiedene Ausübungspreise zu ermitteln (vgl. hierzu Kapitel: 6.16). Das Iterationsverfahren ist ein mathematisches Prinzip, bei dem man sich schrittweise der Lösung annähert. Die Funktion dieses Verfahrens besteht aus der sich wiederholenden Anwendung des gleichen Rechenverfahrens. Vgl. Hull, John C.: Options, Futures and other Derivatives. Logarithmus naturalis = Euler’sche Zahl = e = 2,71828182845904523536028747135266249775724709369995 95749669676277240766303535475945713821785251664274 27466391932003059921817413596629043572900334295260 59563073813232862794349076323382988075319525101901. . .
Welche Einflussfaktoren wirken auf den Optionspreis?
209
Wie leicht zu erkennen ist, bildet die Berechnung der Nullstelle der Funktion f eine Problemstellung (nicht lineare Funktion). Zur Lösung der NullstellenProblematik existieren eine Reihe numerischer Iterationsverfahren. Wir wollen an dieser Stelle das sehr schnell konvergierende Newton-Verfahren aufzeigen.
Abbildung 6.13: Implizite Volatilität
6.11.2.3
Das Newton-Verfahren
Beim Newton-Verfahren gibt man einen Startwert 0 vor. Davon ausgehend werden die weiteren Iterationswerte nach der folgenden Iterationsvorschrift berechnet: f ( i ) i+1 = 1 − , i = 0, 1, 2, . . . f ( i ) Im Nenner steht die Ableitung der Funktion f nach . Um das NewtonVerfahren anwenden zu können, muss die Ableitung f () bestimmt werden. Dabei ist zu beachten, dass die Funktion f über die Faktoren d1 und d2 von abhängt, c eine Konstante ist und die Ableitung der Verteilungsfunktion der Standardnormalverteilung N(x) durch die Dichtefunktion der Standardnormalverteilung 1 1 2 nx = √ e − 2 x 2
210
Optionen – bedingte Termingeschäfte
geben ist.25 Es gilt:
√ f () = S0 Tn(d1 )
6.11.2.4 Volatilitätsbeziehungen Der Zeitwert einer Option ist die volatilitätsanfällige Komponente im Optionspreis (vgl. Abbildung 6.11). Grundsätzlich gilt: Je höher die Volatilität, desto höher ist der Zeitwert der Option. Die Optionspreise steigen bei einem Anstieg der Volatilität und sinken bei ihrem Rückgang. Des Weiteren ist zu beachten, dass die Volatilität eine negative Korrelation zum zugrunde liegenden Aktienunderlying besitzt. Die Abbildung 6.14 zeigt die Volatilität des DAX® (30 Tage und 250 Tage) auf.
80% 70% 60% 50% 40% 30% 20% 10%
30-Tage-Volatilität
30.08.2009
30.04.2009
30.12.2008
30.08.2008
30.04.2008
30.12.2007
30.08.2007
30.04.2007
30.12.2006
30.08.2006
30.04.2006
30.12.2005
30.08.2005
30.04.2005
30.12.2004
30.08.2004
30.04.2004
30.12.2003
30.08.2003
30.04.2003
30.12.2002
30.08.2002
30.04.2002
30.12.2001
30.08.2001
30.04.2001
30.12.2000
30.08.2000
30.04.2000
30.12.1999
0%
250-Tage-Volatilität
® 26
Abbildung 6.14: Historische 30-Tage- und 250-Tage-Volatilität des DAX
25
26
P. Deuflhard, A. Hohmann: Numerische Mathematik I. Eine algorithmisch orientierte Einführung. 3. überarbeitete und erweiterte Auflage. de Gruyter, Berlin, New York 2002. P. Deuflhard: Newton Methods for Nonlinear Problems. Affine Invariance and Adaptive Algorithms., Springer, Berlin 2004. S. Korsinek: Implizite Volatilitäten im Black-Scholes-Modell. Vgl. Bloss, Ernst, Häcker, Haas, Prexl, Röck: Financial Modeling, Stuttgart 2010.
Welche Einflussfaktoren wirken auf den Optionspreis?
6.11.2.5
211
Volatility-Forecast
Das Schätzen und Bestimmen der Volatilität ist seit jeher die komplexeste Aufgabe bei der Berechnung von Finanzinstrumenten. Dennoch spielt gerade dieser Forecast eine grundlegende und tiefgreifende Rolle bei der Bewertung und quantitativen Einordnung von Finanzinstrumenten bzw. bei deren PreisForecast. Robert F. Engle (1982) und Tim Bollerslev (1986) haben mit ihren Arbeiten Autoregressive Conditional Heteroscedasticity (ARCH) und Generalized Autoregressive Conditional Heteroscedasticity (GARCH) hier die Grundlagen für moderne und zielführende ForecastModelle vorgelegt. Es handelt sich um klassische stochastische Zeitreihenanalysen (Ergänzender Hinweis: Der vorhandene Random Walk wird im Vorfeld über eine Differenzenbildung in eine stationäre Zeitreihe übergeleitet) und deren Modellierung. Hier zeigen schon die Namen der Modelle, dass diese vergangenheitsbezogen und auf Nicht-Konstanz ausgelegt sind. Die Nicht-Konstanz bezieht sich sowohl auf die Volatilitäten wie auch auf Korrelationen. Dabei wird versucht diese Inkonsistenz zu erfassen und zum Ausdruck zu bringen.27 AUTOREGRESSIVE CONDITIONAL HETEROSKEDASTICITY (ARCH) Robert F. Engle nutzte in seinemARCH Modell autoregressive Zeitreihen, um einen Volatilitäts-Forecast darzustellen. Engle definiert dies für sein Modell wie folgt: 2t = a0 + a1 rt2−1 Es gilt in diesem Fall, dass a0 positiv (a0 > 0) ist und a1 als nicht negativ definiert wird und r als die standardisierte Rendite (Error Term) gilt. Daraus ist zu schließen, dass die Volatilitätsschätzung nie negativ sein kann. Die angenommene Verteilung ist normalverteilt und besitzt einen Mittelwert von Null und eine Varianz von 2t . Erweitert man dieses Modell nun um weitere Konstanten (um einer in der Praxis notwendigen Genauigkeit nahe zu kommen; hierbei werden lange Zeitreihen verwendet), um einen genaueren Blick auf die Volatilität zu bekommen (in der Voraussetzung, dass nicht nur die letzte betrachtete Zeitperiode Ein-
27
Vgl. Hull, J. C.: Optionen, Futures und andere Derivate; 9. Auflage, Pearson, S. 642 ff.
212
Optionen – bedingte Termingeschäfte
fluss hat), so erhält man nachfolgenden Ausdruck.28 2t = a0 + a1 rt2−1 + · · · + aq rt2−q = a0 +
q i =1
ai rt2−1
GENERALIZED AUTOREGRESSIVE CONDITIONAL HETEROSKEDASTICITY (GARCH) Ausgehend vom ARCH Modell hat Bollerslave dieses erweitert und generalisiert zum GARCH(1,1) Modell. Dieses bietet größere Flexibilität und die Möglichkeit mit längeren Zeitreihen zu arbeiten. 2t = a0 + a1 rt2−1 + ˇ2t−1 Die Konstante a1 bestimmt wie stark die in der Zeitreihe am aktuellsten Datenpunkte, die Varianzschätzung beeinflussen. ˇ beeinflusst wie schnell sich das Modell dem gleitenden Mittelwert (Mean Reversion) annähert. Wie oben beschrieben, kann man auch hier eine Erweiterung der Datenbasis durchführen GARCH(p,q). at2
= a0 +
q i =1
ai rt2−1
+
p i =1
ˇi 2t−1
wobei a0 > 0, ai ≥ 0 und ˇ ≥ 0.29 Erweitert man das bestehende GARCH Modell um eine Hebelwirkung (Leverage Effekt), so erhalten wir die Berücksichtigung der Tatsache, dass bei negativen Nachrichten, zum Beispiel bei drastisch fallenden Aktienkursen aufgrund einer eingetretenen Negativnachricht (sogenannte Negativ-ShockEvents), eine schnellere und deutlicher Zunahme der Volatilität zu beobachten ist. Diesen Umstand nennen wir auch asymmetrische Auswirkung auf die
28
29
Vgl. LaBarr, A.: Volatility Estimation through ARCH/GARCH Modeling, North Carolina State University, Paper 1456–2014; Engle, R.: Autoregressive Conditional Heteroscedasticity with Estimates of theVariances of United Kingdom Inflation. Econometrica, 987–1007, 1982. Vgl. LaBarr, A.: Volatility Estimation through ARCH/GARCH Modeling, North Carolina State University, Paper 1456–2014; Bollerslev, T.: Generalized autoregressive heteroscedasticity. Journal of Econometrics, 31:307–327, 1986; Bollerslev, T.: A conditionally heteroscedastic time series model for speculative prices and rates of return. The Review of Economics and Statistics, 69:542–547, 1987.
Welche Einflussfaktoren wirken auf den Optionspreis?
213
Volatilität.30 In der Literatur werden mehrere Abwandlungen des klassischen GARCH Modells beschrieben. Zu den bekanntesten zählen z. B. das von Nelson (1991) entwickelte Exponential GARCH (EGARCH) Modell das asymmetrische Effekte von Renditen auf die Volatilität berücksichtigt. Einen ähnlichen Ansatz verfolgt das Non-linear GARCH (NGARCH) Modell von Higgins und Bera (1992). Welche Weiterentwicklungen sind derzeit in der wissenschaftlichen Diskussion? DieAnwendung von Methoden der Künstlichen Intelligenz (KI) zur Bestimmung der Volatilität ist ein aktuell häufig diskutiertes Thema in der Literatur und Praxis. Diese Methoden werden bei der nicht-parametrische Zeitreihenanalyse verwendet. Zu den gängigsten Modellen zählen S UPPORT V ECTOR M ACHINE (SVM)31 und A RTIFICIAL N EURAL N ETWORK (ANN).32 Was ist ein Volatility-Surface? Unter einem Volatilty-Surface versteht man die gesamt Volatilität eines gehandelten Kontraktes in jeder zur Verfügung stehenden Laufzeit und den jeweiligen Zuständen der Moneyness. Über das Volatilitäts-Surface kann man folglich ableiten wie die (hier implizite) Volatilität eines Underlying aufgebaut ist und wie sich diese verändert (z. B. beim Volatility-Shift). R Tabelle 6.3 können Sie das Volatility-Surface des DAX -Index per 24. Juni 2016 entnehmen.
Dabei ist die Tabelle so zu lesen, dass in der Mitte die At-the-money Option (ATM) abgetragen wurde und nach rechts die Call- und nach links die PutOptions-Volatilitäten aufgezeigt werden. In den Spalten wird die Moneyness (Delta) und in den Zeilen die Laufzeit der jeweiligen untersuchten Optionen abgetragen. Stellt man das ganze grafisch dar, bekommt man die bekannten VolatilitätsSurface Darstellungen wie in Abbildung 6.15 zu sehen ist.
30
31
32
Heuermann, F.: Das GARCH Modell zur Modellierung von Finanzmarktzeitreihen; Universität Münster (2010); Nelson, D. B., 1991. Conditional Heteroskedasticity in Asset Returns: A New Approach. Econometrica 59: 347–370; Tsay, R. S., 2005. Analysis of Financial Time Series – 2nd Ed. Wiley Interscience. Vgl. Boser, B.; Guyon, I.M.; Vapnik, V.: A Training Algorithm for Optimal Margin Classidiers, 1992. Vgl. Haykin, S.: Neural Networks: A Comprehensive Foundation, Prentice Hall (1999).
37,56
38,90
37,29
35,87
34,15
33,11
32,50
31,94
31,26
30,69
30,31
30,05
29,85
29,61
29,33
29,07
28,83
28,65
28,48
28,23
27,89
27,51
27,22
26,93
26,65
26,45
2W 39,11
3W 40,86
1M 39,28
2M 38,04
3M 36,30
4M 35,35
5M 34,86
6M 34,35
7M 33,63
8M 33,03
9M 32,64
10M 32,39
11M 32,20
12M 31,97
13M 31,66
14M 31,37
15M 31,11
16M 30,91
17M 30,72
18M 30,40
19M 29,95
20M 29,45
21M 29,06
22M 28,67
23M 28,29
24M 28,04
25,25
25,41
25,63
25,86
26,08
26,37
26,63
26,85
27,00
27,18
27,39
27,64
27,89
28,13
28,34
28,61
28,97
29,51
30,14
30,74
31,42
32,51
34,21
35,77
37,40
36,37
35,02
24,27
24,41
24,58
24,76
24,93
25,16
25,36
25,55
25,70
25,86
26,07
26,30
26,54
26,77
26,98
27,25
27,59
28,10
28,70
29,33
30,05
31,17
32,84
34,51
36,16
35,37
34,34
23,44
23,55
23,69
23,83
23,97
24,15
24,31
24,47
24,62
24,77
24,97
25,19
25,42
25,65
25,85
26,11
26,44
26,92
27,49
28,12
28,88
30,01
31,65
33,42
35,07
34,50
33,74
22,70
22,80
22,91
23,02
23,13
23,28
23,41
23,55
23,69
23,84
24,03
24,24
24,46
24,68
24,88
25,13
25,45
25,90
26,43
27,07
27,85
28,98
30,59
32,43
34,10
33,72
33,19
Quelle: Thomson Reuters abgerufen am 24.06.2016.
35,83
1W 36,88
22,04
22,12
22,21
22,31
22,39
22,51
22,61
22,75
22,88
23,03
23,21
23,41
23,61
23,83
24,03
24,27
24,57
25,00
25,49
26,12
26,91
28,04
29,62
31,52
33,20
32,99
32,68
21,43
21,50
21,58
21,66
21,73
21,82
21,91
22,03
22,16
22,30
22,47
22,66
22,86
23,07
23,27
23,50
23,78
24,18
24,64
25,26
26,05
27,17
28,70
30,67
32,35
32,30
32,20
20,81 20,23
20,88 20,30
20,95 20,36
21,01 20,42
21,08 20,48
21,16 20,55
21,23 20,62
21,35 20,72
21,47 20,85
21,61 20,98
21,77 21,14
21,96 21,31
22,15 21,50
22,36 21,71
22,56 21,91
22,79 22,14
23,05 22,38
23,42 22,72
23,85 23,11
24,45 23,69
25,24 24,47
26,34 25,54
27,83 26,98
29,85 29,05
31,54 30,75
31,63 30,99
31,73 31,27
19,74
19,80
19,85
19,91
19,96
20,03
20,09
20,18
20,30
20,43
20,58
20,75
20,92
21,13
21,32
21,55
21,77
22,07
22,42
22,98
23,74
24,79
26,16
28,28
29,98
30,35
30,81
19,27
19,32
19,38
19,43
19,48
19,54
19,59
19,68
19,79
19,91
20,06
20,22
20,38
20,58
20,77
20,99
21,19
21,46
21,77
22,30
23,03
24,04
25,36
27,51
29,21
29,71
30,34
18,83
18,87
18,92
18,97
19,02
19,07
19,12
19,21
19,31
19,43
19,56
19,71
19,87
20,07
20,26
20,48
20,65
20,88
21,15
21,64
22,33
23,30
24,55
26,74
28,44
29,05
29,86
18,41
18,44
18,49
18,54
18,58
18,63
18,68
18,76
18,86
18,96
19,09
19,23
19,38
19,58
19,77
19,99
20,14
20,32
20,55
20,99
21,65
22,56
23,73
25,94
27,64
28,37
29,36
18,02
18,04
18,08
18,12
18,16
18,21
18,25
18,33
18,42
18,52
18,64
18,77
18,90
19,10
19,31
19,53
19,65
19,79
19,96
20,36
20,96
21,80
22,89
25,11
26,80
27,64
28,81
17,67
17,67
17,70
17,73
17,76
17,80
17,83
17,90
17,99
18,08
18,19
18,31
18,43
18,65
18,87
19,11
19,20
19,28
19,39
19,73
20,27
21,03
22,04
24,23
25,89
26,84
28,19
17,39
17,36
17,36
17,37
17,39
17,40
17,42
17,48
17,57
17,65
17,75
17,85
17,96
18,20
18,46
18,74
18,81
18,81
18,84
19,13
19,59
20,24
21,21
23,30
24,89
25,91
27,44
10D PUT 15D PUT 20D PUT 25D PUT 30D PUT 35D PUT 40D PUT 45D PUT ATM 45D CALL 40D CALL 35D CALL 30D CALL 25D CALL 20D CALL 15D CALL 10D CALL
R Tabelle 6.3: Volatilitäts-Surface DAXIndex.
214 Optionen – bedingte Termingeschäfte
Welche Einflussfaktoren wirken auf den Optionspreis?
215
Volatility Surface
45
40
Volatility
35
30
25
20
15 0 5 10 15 20 25
Delta
30
18
16
14
12
10
8
6
4
2
0
Tenor
®
Abbildung 6.15: Volatilitäts-Surface DAX -Index per 24. Juni 2016 (gerechnet aus impliziten Volatilitäten der DAX-Optionen an der Eurex)33
Was ist ein Volatilitäts-Shift? Unter einem Volatilitäts-Shift versteht man das anpassen der Volatilität in gehandelten Produkten (verbrieft und nicht verbrieft) aufgrund einer Volatilitätsveränderung im Markt oder der Volatilitätsabschätzung (zum Beispiel vor Handelseröffnung). Dabei kann man zwei Arten von Anpassungen vornehmen: 1. Die lineare Anpassung Unter der linearen Anpassung versteht man eine Anpassung über das gesamte Volatilitäts-Surface hinweg. Diese ist rein technisch gesehen, die einfachere Variante. Da der Shift alle Gitterpunkte des Surface gleichermaßen hebt oder senkt. Dies bringt jedoch auch den Umstand mit sich, dass der evtl. aufgetretene Schätzfehler sich gleichermaßen über das komplette Surface verteilt. 2. Die nicht-lineare Anpassung Bei der nicht-linearen Anpassung findet eine individuelle Anpassung aller Gitterpunkte statt. Dies bringt einen genauere Darstellung der geschifteten 33
Quelle Daten: Thomson Reuters, Grafik: Matlab®; Darstellung eigen.
216
Optionen – bedingte Termingeschäfte
Volatilität mit sich und zeigt ein stimmigeres Bild auf. Dafür ist diese Methode deutlich komplexer da jeder Gitterpunkt individuell bestimmt werden muss. Trotz der höheren Komplexität nicht-linearer Systeme, empfehlen wir eine nicht-linearen Volatilitätsanpassung. Sie sind häufig präziser als lineare Modelle und bieten so einen besseren Überblick der aktuellen Volatilitätsverteilung. Des Weiteren ist die Anzahl der Schätzfehler deutlich geringer und somit vermindert sich das Handelsrisiko. An diesem Beispiel ist gut zu erkennen, das Komplexität nicht immer einhergeht mit der Zunahme des Risikos sondern mit deren Reduktion.
Volatilität-Forecast Die oben beschriebene Komplexität und die Tatsache, dass selbst mit den zielführendsten Methoden dennoch Schätzfehler auftreten können macht das Bestimmen der wirklichen und „realen“ Volatilität hoch komplex. Doch gerade diese Schlüsselgröße ist für die Bestimmung des Fair-Value eines asymmetrischen Derivats von großer Bedeutung. Denn mit der Volatilität verändert sich das gesamte Preisgefüge. Während die anderen Sensitivitäten, wie z. B. das Zinsumfeld etc. einen nicht so direkten, intensiven und zeitnahen Einfluss haben, ist die falsche Annahme einer Volatilität in der quantitativen Einordnung von Derivaten ein Kardinalsfehler und kann sehr schnell zu deutlich falschen Preisen führen. DUMAS, FLEMING und WHALEY führen in ihrer Arbeit: IMPLIED VOLATILITY FUNCTIONS: EMPIRICAL TESTS aus, dass in der Summe aller Betrachtungen die einfachste Bestimmung der Volatilität sich als die zielführendste herausgestellt hat bzw. diese oftmals ausreicht. An sich kann daraus auch geschlussfolgert werden, dass die gesamte Preisfindung eines Derivats, sich mehr oder weniger (nur) um die Frage dreht, mit welcher Volatilität dieses berechnet wurde und auf welchen Annahmen diese Herleitung basiert. Mit dieser zentralen Fragestellung beginnt jegliche quantitative Einordnung und letztendlich ist diese auch oftmals ausschlaggebend, ob ein Trade zu Stande kommt oder nicht.34 Es geht folgerichtig um die zentralen Fragen:
34
Wird die von mir angenommene Volatilität bezahlt oder nicht? Basiert meine Annahme auf korrekten Grunddaten? Stehen der Preis des Derivats und das durch den Handel eingegangene Risiko, in einer guten oder unverhältnismäßigen Chance-Risiko-Relation zueinander?
Dumas, Fleming, Whaley: Implied Volatility Function: Empirical Tests; The Journal of Finance, Vol. 53, No. 6 (Dec. 1998), pp. 2059–2106.
Welche Einflussfaktoren wirken auf den Optionspreis?
6.11.3
217
Der Marktzins
Bei einem steigenden Marktzins (theoretisch: risikoloser Zins) verteuert sich der Preis eines Calls und der des Puts vermindert sich. Dieser Mechanismus gleicht den Marktzinsvorteil bzw. Marktzinsnachteil der verschiedenen Optionsformen aus. So wird ein eventuell resultierender Nachteil aus dem Investment in Optionen gegenüber dem Direktinvestment oder der direkten Order im Underlying ausgeglichen. Der Marktzins selbst lässt sich aus einer AAA-Bonität mit der dementsprechenden Laufzeit ableiten. In der Praxis werden ebenfalls Geldmarkt- oder Swap-Sätze aus dem Interbankenmarkt als Marktzins verwendet.
6.11.4
Dividendenauszahlungen
Dividendenauszahlungen wirken sich direkt und indirekt auf das Underlying aus. Aufgrund ihres direkten Einflusses führen sie bei Calls zu sinkenden und bei Puts zu steigenden Preisen. Dieser Mechanismus gilt jedoch nur für Optionen des amerikanischen Typs. Bei Optionen des europäischen Typs werden die erwarteten Dividenden in die Preisberechnung des Optionspreises miteinbezogen. Im Zusammenhang mit Dividendenzahlungen ist es auch wichtig, dass bei Indexoptionen die zugrunde liegenden Indizes differieren. Es gibt Performance-Indizes (die ausgeschütteten Dividenden werden rechnerisch wieder in den Index reinvestiert) und Preis-Indizes (Dividendenzahlungen gehen als Verlust ein und führen somit zu einem Rückgang des Index). Diese Tatsache ist entscheidend, da sie einen direkten Einfluss auf die Optionspreisbestimmung hat (vgl. Tabelle 6.4). Tabelle 6.4: Dividendenzahlungen als Einfluss auf den Optionspreis
Dividendenzahlung
6.11.5
Preis eines Calls
Preis eines Puts
fällt
steigt
Restlaufzeit
Wie bereits erwähnt, ist die Restlaufzeit die letzte große Einflusskomponente. Je kürzer die Restlaufzeit, desto größer deren preismindernde Wirkung (vgl. Abbildung 6.16). Der Zeitwert in der Option nimmt exponentiell ab, da die Chance, dass die Option im Geld endet, geringer wird. Somit nimmt der Einfluss des Zeitwertes bei abnehmender Restlaufzeit zu.
218
Optionen – bedingte Termingeschäfte
Wert der Call-Option
Basispreis
Zeitwert
rt We
des
ls
Cal
Innere Wert
Underlying
Wert der Put-Option
Basispreis
Zeitwert Innerer Wert
We
rt d
es P
uts Underlying
Abbildung 6.16: Darstellung des Zeitwertes innerhalb der Optionen (Call und Put)
6.11.6 Einfluss von besonderen Kapitalmaßnahmen Lassen Sie uns an dieser Stelle noch kurz einen Blick auf den Einfluss von Kapitalmaßnahmen auf die Preisfindung werfen. Bei einer Veränderung von Kapitalverhältnissen ist es erforderlich, eine Anpassung zu gestalten, welche die beiden Kontraktparteien in dieselbe Situation versetzt wie vor der Kapitalveränderung. Es darf sich folglich kein Unterschied zwischen der Si-
Welche Einflussfaktoren wirken auf den Optionspreis?
219
tuation vor und nach der Kapitalveränderung ergeben. Hierbei unterscheidet man jedoch nach Fusionen und Übernahmen, Sonderdividenden sowie in bar ausgeglichene Kapitalmaßnahmen. 6.11.6.1
Fusionen und Übernahmen
Bei Fusionen oder Übernahmen kann es zu reinenAktienangeboten, gemischten Angeboten mit Aktien- und Baranteil oder reinen Barausgaben kommen. Bei einem reinen Aktienangebot sowie bei gemischten Angeboten von mindestens 33 Prozent Aktienanteil35 erfolgt ein Umtausch entsprechend dem festgelegten Verhältnis der Aktien der übernommenen Gesellschaft in die Aktien der übernehmenden Gesellschaft. Die Kontraktspezifikationen werden angepasst. Bei einem Barangebot findet eine Bewertung des Baranteils nach der FairValue-Methode statt. Die Optionspreise werden folglich rechnerisch ermittelt und angepasst. 6.11.6.2
Sonderdividenden
Bei der Ausschüttung von Sonderdividenden werden diese rechnerisch eingepreist und die Optionspreise dementsprechend angepasst. Es findet gegebenenfalls eine Anpassung der Optionsserien statt. Die Altserien werden von den neuen Serien durch das Einfügen einer Seriennummer (z. B. DAI136 ) abgegrenzt.37 6.11.6.3
Barausgleich bei Kapitalmaßnahmen
Hier werden die Kontraktspezifikationen angepasst. Oft kommt es in diesem Zusammenhang zu „krummen“ Aktienstücken (z. B. 101,654 Aktien). Die Spitzendifferenzen werden hier nun in bar ausgeglichen. Im obigen Beispiel würden folglich 101 Aktien + 0,654 Aktien in bar (als Geldbuchung) im Settlement bezogen werden. Zusammenfassend zeigt die Tabelle 6.5 die klassischen Einflussfaktoren auf die Optionspreisbildung. 35
36
37
Deutsches Recht, international können Abweichungen vorkommen bzw. gesonderte Regelungen müssen beachtet werden. DAI1 als Kürzel für Daimler AG + 1 als Seriennummer; die „normale“ Serie wäre nur „DAI“. Kontrakt XY wird zu XY1.
220
Optionen – bedingte Termingeschäfte
Tabelle 6.5: Klassische Einflussparameter im Überblick38 Einflussparameter
Underlying Volatilität Restlaufzeit Marktzins Dividendenzahlung
6.12
Optionspreis
Optionspreis
Call
Put
steigt
steigt
fällt
fällt
fällt
steigt
steigt
steigt
steigt
fällt
fällt
fällt
geht zurück
fällt
fällt
steigt
steigt
fällt
fällt
fällt
steigt
amerikanisch
fällt
steigt
europäisch
gleichbleibend
gleichbleibend
Greeks – Optionspreis-Sensitivitäten
Die Sensitivitätsfaktoren, im Fachjargon „Greeks“39 genannt, geben an, wie sich die Veränderung eines Einflussparameters auf den Optionspreis auswirkt. Die Tabelle 6.6 zeigt diese im Überblick. Nachfolgend erklären wir die einzelnen Ableitungen näher und gehen auch auf deren Ableitung aus der Black-Scholes-Formel ein. Tabelle 6.6: Übersicht der Greeks Delta
Einfluss einer Preisänderung des Basisobjekts (Kassakurs auf den Optionspreis)
Gamma
Sensitivitätskennzahl des Delta. Misst, wie sich das Delta bei Veränderung des Basisobjekts verändert.
Theta
Einfluss der Zeit (Abnahme der Restlaufzeit) auf den Preis der Option
Vega
Einfluss der Volatilität auf den Preis der Option
Rho
Einfluss einer Zinsänderung auf den Preis der Option
38 39
Quelle: Commerzbank AG O&F Prüfung. Greeks weil sie nach griechischen Schriftzeichen benannt sind.
Greeks – Optionspreis-Sensitivitäten
6.12.1
221
Delta
Das Delta einer Option gibt an, inwieweit sich der Preis der Option ändert, wenn sich der Preis des Underlyings verändert. Folglich ist das Delta als direkte Sensitivität des Underlyings auf den Optionspreis zu sehen und spiegelt die Veränderung des Basiswertes im Optionspreis wider. Es gilt: Delta = =
Absolute Veränderung des Optionspreises ıf (S, T) = Absolute Veränderung des Basiswertes ıS
Für Long-Call-Optionen kann das Delta bei Verwendung des Black-ScholesModells Werte im Intervall [0, 1] annehmen (vgl. Abbildung 6.17). Bei LongPut-Optionen liegen die Werte in einem Intervall von [−1, 0] (vgl. Abbildung 6.17). Ein Delta von 0,5 bedeutet beispielsweise, dass der Preis einer Option um 0,5 Geldeinheiten ansteigt, wenn der Kurs des Basiswerts um eine Geldeinheit ansteigt.
1,0
Underlying
0
Im Geld
Aus dem Geld 0,5
-0,5 Aus dem Geld
Am Geld
Am Geld Im Geld
0
0 Aus dem Geld
Underlying
-1,0
Underlying
1,0
Im Geld -0,5
0,5 Im Geld
Am Geld
Am Geld Aus dem Geld
-1,0
0
Underlying
Abbildung 6.17: Darstellung des Delta (Long Call, Short Call, Long Put, Short Put)40
40
Quelle: Commerzbank AG.
222
Optionen – bedingte Termingeschäfte
In Tabelle 6.7 sehen wir die Vorzeichenübersicht der jeweiligen Deltapositionen. Wir erkennen, dass das Delta einer Long-Call-Position immer positiv sein muss und die einer Short-Call-Position immer negativ. Warum ist das so? Delta positiv entspricht dem Long Investment. Daher ist ein Call, welcher das Recht zum Kauf abbildet, ebenfalls positiv. Ein Short Call ist folglich negativ, da er eine synthetische Negativposition vorsieht. Auf der Put-Seite ist dies genau spiegelbildlich. Tabelle 6.7: Vorzeichen Call- und Put-Delta Long
Short
Call
+
–
Put
–
+
Tabelle 6.8 gibt einen Überblick über das Werteverhalten des Deltas. Tabelle 6.8: Deltawerte Delta eines
Out-of-the-money
At-the-money
In-the-money
Long Call/Short Put
ca. 0 bis 0,5
ca. 0,5
ca. 0,5 bis 1
Long Put/Short Call
ca. 0 bis −0,5
ca. −0,5
ca. −0,5 bis −1
Das Delta einer Plain Vanilla Option approximiert gegen 1 wird diesen Wert jedoch (aufgrund der asymmetrischen Ausgestaltung; Wahlrechts) nicht exakt erreichen. Im Gegensatz zu Futures die aufgrund des fehlenden Wahlrechts (symmetrische Ausgestaltung) immer ein Delta von 1 aufweisen.
Ableitung des Deltas aus der Black-Scholes-Formel41 Aus dem Black-Scholes-Modell kann das Delta annährend wie folgt berechnet werden: Call = N(d1 ) Put = N(d1 ) − 1 DasArbitrage-Portfolio, das dem Black-Scholes-Modell zugrunde liegt, kann gewissermaßen als ein Delta-neutrales Portfolio verstanden werden, bei dem durch laufendes Umschichten des Portfolios zu jedem Zeitpunkt Delta gleich Null ist. 41
Vgl. Hull, John C.: Optionen Futures und andere Derivate.
Greeks – Optionspreis-Sensitivitäten
6.12.2
223
Gamma
Während das Delta die Abweichung des Optionspreises anzeigt, informiert das Gamma darüber, um wie viel sich das Delta einer Option verändert, wenn sich der Kurs des zugrunde liegenden Basiswertes um eine Einheit verändert. Das Gamma ist das „Delta vom Delta“ und kann somit als zweite Ableitung aus dem Optionspreis oder die erste Ableitung des Deltas gesehen werden (vgl. Abbildung 6.18). Das Gamma misst folglich die Änderung des Deltas
0,25
Gamma
0,20
0,15
0,10
0,05
0,00 20
21
22
23
24
25
26
27
28
29
30
27
28
29
30
Preis des Underlyings
20
21
22
23
Preis des Underlyings 24 25 26
0,00
Gamma
-0,05
-0,10
-0,15
-0,20
-0,25
Abbildung 6.18: Gamma bei Long-Optionen (oben) und Short-Optionen (unten)42
42
Quelle: Commerzbank AG.
224
Optionen – bedingte Termingeschäfte
bei der Veränderung des Underlyings: Gamma = =
Absolute Veränderung des Deltas ı2 f (S, T) = Absolute Veränderung des Basiswertes ıS2
6.12.3 Rho Das Rho informiert, wie stark sich der Wert einer Option bei einer Änderung des Zinssatzes um einen Prozentpunkt verändert: Rho = C,P =
Veränderung des Optionspreises ıf (S, T) = Veränderung der Kreditkosten ır
Rho ist bei einem Long Call und einem Short Put immer positiv, bei einem Long Put und bei einem Short Call immer negativ (vgl. Abbildung 6.19). Preis des Underlyings
0,02 20 0,02
0,00
0,01
0,00
22
23
24
25
26
27
28
29
30
0,00
0,01
Long Call
0,01
-0,01
Long Put
-0,01
0,01
Rho
Rho
21
0,01
-0,01 -0,01
0,01
-0,01
0,00
-0,02
0,00 20
21
22
23
24
25
26
27
28
29
30 -0,02
Preis des Underlyings
Preis des Underlyings 20
21
22
23
24
25
26
27
28
29
0,02
30
0,00 0,02 0,00 0,01 0,00 0,01 -0,01
Short Call
Short Put
0,01
Rho
Rho
-0,01
0,01
-0,01 0,01 -0,01 0,01 -0,01 0,00 -0,02 0,00 -0,02
20
21
22
23
24
25
26
27
28
29
30
Preis des Underlyings
Abbildung 6.19: Rho in seiner grafischen Darstellung43
6.12.4 Theta Das Theta einer Option zeigt auf, wie viel eine Option jeden Tag an Zeitwert verliert, wenn sich der Kurs und die Rahmenbedingungen des zugrunde liegenden Basiswertes nicht ändern (vgl. Abbildung 6.20). Die stärkste Sen43
Quelle: Commerzbank AG.
Greeks – Optionspreis-Sensitivitäten
225
20
21
22
23
Preis des Underlyings 24 25 26
27
28
29
30
20
21
22
23
24
27
28
29
30
0,00 0,00 0,00
Theta
-0,01 -0,01 -0,01 -0,01 -0,01 -0,02 -0,02
0,02 0,02 0,01
Theta
0,01 0,01 0,01 0,01 0,01 0,00 0,00 25
26
Preis des Underlyings
Abbildung 6.20: Theta bei Long-Optionen (oben) und Short-Optionen (unten)44
sitivität ist zu messen bei At-the-Money-Optionen mit kurzer Laufzeit. Theta = =
Veränderung des Optionspreises ıf (S, T) = Veränderung der Laufzeit ıt
Beträgt das Theta einer Option 0,25, bedeutet dies, dass die Option „über Nacht“ theoretisch 0,25 Euro an Wert verliert (vgl. Abbildung 6.21).
44
Quelle: Commerzbank AG.
226
Optionen – bedingte Termingeschäfte
Zeitwert Am Geld
Theta
{ Im Geld
Aus dem Geld Laufzeit (Tage)
Abbildung 6.21: Darstellung des Theta45
6.12.5 Vega Die Veränderung der Volatilität um einen Prozentpunkt und deren Einfluss auf den Optionspreis werden durch dasVega abgeleitet (vgl. Abbildung 6.22): Vega = =
Veränderung des Optionspreises ıf (S, T) = Veränderung der Volatilität (implizit) ı
Beispiel: Wenn eine Option bei einer Volatilität von 25 Prozent ein Vega von 1,7 aufweist, bedeutet dies, dass sich bei einem Anstieg/Rückgang der Volatilität von 25 auf 26 Prozent bzw. von 25 auf 24 Prozent – ceteris paribus – der Wert der Option um 1,7 Geldeinheiten erhöht/verringert. Demzufolge nimmt das Vega mit abnehmender Restlaufzeit ebenfalls ab (vgl. Abbildung 6.23). Zusammenfassend kann der Tabelle 6.9 die Vorzeichenübersicht der Greeks entnommen werden. Tabelle 6.9: Vorzeichenübersicht der Greeks Long Call Short Call Long Put Short Put 45
Delta Positiv Negativ Negativ Positiv
Quelle: Commerzbank AG.
Gamma Positiv Negativ Positiv Negativ
Vega Positiv Negativ Positiv Negativ
Theta Negativ Positiv Negativ Positiv
Rho Positiv Negativ Negativ Positiv
Greeks – Optionspreis-Sensitivitäten
227
0,03
0,03
Vega
0,02
0,02
0,01
0,01
0,00
20
21
22
23
24
25
26
27
28
29
30
28
29
30
Preis des Underlyings Preis des Underlyings 0,00
20
21
22
23
24
25
26
27
-0,01
Vega
-0,01
-0,02
-0,02
-0,03
-0,03
Abbildung 6.22: Vega von Long-Optionen (oben) und Short-Optionen (unten)46
Optionspreis
Am Geld Im Geld
}
Vega
} Vega
Volatilität in %
Abbildung 6.23: Darstellung des Vega47
46 47
Quelle: Commerzbank AG. Quelle: Commerzbank AG.
228
Optionen – bedingte Termingeschäfte
6.12.6 Die Ableitung der Greeks aus der Black-Scholes-Formel Für eine europäische Option kann aus dem Black-Scholes-Modell (inkl. Dividenden; ohne entfällt die Diskontierung der Dividenden in den jeweiligen Ableitungen), wie nachfolgend gezeigt, jede der oben dargestellten Ableitungen extrahiert werden:48 Für Call-Optionen gelten: Delta = N(d1 )e−DT N(d1 )e−DT √ S0 T −DT N(d1 ) Theta = −S0 e − DN(d1 ) + rKe−rT N(d2 ) √ 2 T √ Vega = S0 e−DT N(d1 ) T Gamma =
Rho = KTe−rT N(d2 ) Für Put-Optionen gelten: Delta = N(d1 )e−DT − 1 N(d1 )e−DT √ S0 T −DT N(d1 ) Theta = −S0 e − DN(−d1 ) − rKe−rT N(−d2 ) √ 2 T √ Vega = S0 e−DT N(d1 ) T Gamma =
Rho = −KTe−rT N(−d2 )
Die aufgezeigten Ableitungen lassen sich mit dem im Downloadbereich stehenden Excel Tool nachvollziehen und aus den jeweiligen Berechnungen ableiten.
Zur besseren Verdeutlichung der Ableitungen führen wir nachfolgend an einem Beispiel einige Szenariountersuchungen zum Optionspreis unter Be-
48
Vgl. Hull, John C.: Options, Futures and other Derivatives.
Greeks – Optionspreis-Sensitivitäten
229
rücksichtigung der jeweiligen Greeks durch. Hierbei nehmen wir an, dass das Underlying bei 1000 Einheiten notiert und die Veränderungen jeweils unter denselben Rahmenbedingungen ablaufen (Tabelle 6.10).
Abbildung 6.24: Black-Scholes inkl. Greeks
Zeitwert Aus dem Geld
Am Geld
Im Geld Delta
}
Gamma
} Gamma Laufzeit (Tage)
Abbildung 6.25: Der Optionspreis und seine Ableitungen49
49
Quelle: Commerzbank AG.
+0,5 Gamma +0,0018 -0,0018 -0,0018 +0,0018 Vega +1,40 -1,40 +1,40 -1,40 Theta -0,25 +0,50 -0,25 +0,25 Rho +3,64 -3,64 -3,64 +3,64
1000 + 1 = 1001 Underlying 1000 +0,50 +0,50 -0,50 -0,50 Volatilität (+1 %) 15 % auf 16 % 15 % auf 16 % 15 % auf 16 % 15 % auf 16 % Zeit (+ 1 Tag) + 1 Tag + 1 Tag + 1 Tag + 1 Tag Zins (+ 1 %) 2,10 % auf 3,10 % 2,10 % auf 3,10 % 2,10 % auf 3,10 % 2,10 % auf 3,10 %
Vgl. Geyer/Uttner: Praxishandbuch Börsentermingeschäfte S. 72–80.
Long Call Short Call Long Put Short Put
Long Call Short Call Long Put Short Put
Long Call Short Call Long Put Short Put
Delta Long Call Delta Short Put Delta Short Call Delta Long Put
Delta +0,5
Underlying Preis 1000 + 1 = 1001
Tabelle 6.10: Sensitivitäten des Optionspreises (Beispiele) Optionspreis Long Call +200,00 +0,50 = 200,50 Optionspreis Short Call -200 -0,50 = -200,50 Underlying 1001 (+1) +0,5018 +0,4982 -0,5018 -0,482 Optionspreis alt +10,00 -10,00 +10,00 -10 Optionspreis alt + 10 -10 + 10 -10 Optionspreis alt + 121,30 -121 ,30 +121,30 -121,30
Optionspreis Short Put -150 +0,50 = 149,50 Optionspreis Long Put +150 -0,50 = 149,50 Underlying 999 (-1) +0,4982 +0,5018 -0,4982 -0,5018 Optionspreis neu +11,40 -11,40 +11,40 -11,40 Optionspreis neu + 9,75 -9,75 + 9,75 - 9,75 Optionspreis neu + 124,94 -124,94 -117,66 -117,66
230 Optionen – bedingte Termingeschäfte
Was versteht man unter der Put-Call-Parität?
6.13
231
Was versteht man unter der Put-Call-Parität?
Der Optionspreis eines Puts kann aus dem Preis eines Calls (nur bei europäischen Optionen) abgeleitet werden, denn beide stehen in einem direkten Zusammenhang. Dieser von Hans R. Stoll50 1969 hergeleitete Zusammenhang wird als Put-Call-Parität51 bezeichnet. Die dafür herangezogene Berechnung (Put-Call-Paritätsgleichung) stellt sich wie folgt dar.
6.13.1
Die Put-Call-Paritätsgleichung p + S0 = c + Ke−rT
p S0 c K r T
= Preis der Put-Option = Preis des Underlyings = Preis der Call-Option = Basispreis der Option = risikoloser Zinssatz = Laufzeit
Durch Umwandlung entsteht: p = c + Ke−rT − S0 Erweitert man die obige Formel um Dividenden, so erhält man folgende Paritätsgleichung: p + S0 = c + Ke−rT + D D = Barwert der während der Laufzeit der Option erwarteten Dividende Erweitert man, wie unter Kapitel 6.14.4 aufgezeigt, S0 mit S0 e−DT , so erhalten wir folgenden Ausdruck, die Put-Call-Paritätsgleichung, für eine Option mit Dividendenrendite D: c + Ke−rT = p + S0 e−DT
50
51
Geb. 1939, Inhaber des „The Anne Marie and Thomas B. Walker Jr.“-Lehrstuhl an der Vanderbilt University. The Relationship Between Put and Call-Option Prices in Journal of Finance 24 (December 1969) pp. 801–824.
232
Optionen – bedingte Termingeschäfte
Zur Berechnung der Put-Call-Parität steht im Downloadbereich ein Tool zur Verfügung.
Abbildung 6.26: Put-Call-Parität
Wie wird der Optionspreis nach dem Black-Scholes-Modell bestimmt?
6.13.2
233
Darstellung der Put-Call-Beziehung mittels eines Duplikationsansatzes
Man kann den oben dargestellten Zusammenhang auch mittels eines Duplikationsportfolios (vgl. Kapitel 2.4.3) beweisen. Hier gibt es zwei verschiedene Möglichkeiten, welche wir kurz aufzeigen möchten:52 Möglichkeit 1: Es wird ein Portfolio, bestehend aus einer risikolosen, festverzinslichen Anlage (Zerobond) und bestehend aus Call-Optionen auf einen Basiswert, gebildet. Die festverzinsliche Anlage ist hierbei der Floor (Preisuntergrenze). Mit den Call-Optionen kann man darüber hinaus an einem möglichen positiven Kursverlauf des Basiswerts partizipieren. Diese Vorgehensweise wird in der Praxis synthetischer Hedge genannt, da die Long Position synthetisch generiert wird. Möglichkeit 2: Es wird ein aus Aktien bestehendes Portfolio mit dem Einsatz von PutOptionen abgesichert, wobei sich das gleiche Auszahlungsprofil wie im davor erwähnten Portfolio ergibt. Diese Vorgehensweise wird als „Protective Put“ bezeichnet.
6.14
Wie wird der Optionspreis nach dem Black-Scholes-Modell bestimmt?
Fischer S. Black und Myron S. Scholes haben 1973 ein relativ einfaches Standardmodell zur theoretischen Berechnung von Optionspreisen entwickelt. Dieses hat sich schnell als sehr praxisrelevant herausgestellt und ist heute aus keiner Plain-Vanilla-Optionspreisberechnung mehr wegzudenken. Der Grundgedanke des Black-Scholes-Modells ist, dass, bestehend aus einer Option sowie einer variablen Gegenposition, ein Portfolio aus Aktien und festverzinslichem Anteil gebildet wird, sodass sich der Gewinn bzw. Verlust der einen Position durch die Gegenposition neutralisiert. Dabei wirft das risikolose Portfolio gerade den risikolosen Zinssatz ab. Heute bepreisen alle Terminbörsen ihre Optionen im Ansatz mittels des von Black und Scholes entwickelten Preismodells, welches auf einem kontinuierlichen sto-
52
Vgl. und nähere Informationen: Hull, John C. Options, Futures and other Derivatives S. 286 ff.
234
Optionen – bedingte Termingeschäfte
chastischen Prozess beruht und z. B. hinsichtlich Dividendenzahlungen und anderen Modellierungsoptionen eine Weiterentwicklung gefunden hat. Es muss an dieser Stelle erwähnt werden, dass Robert C. Merton ebenfalls mitgearbeitet, jedoch eine eigenständige Veröffentlichung53 angestrebt hat. Merton und Scholes erhielten für das Modell 1997 den Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften.54 Da Fischer Black bereits 1995 verstorben war, konnte ihm diese Auszeichnung nicht mehr zuteil werden. Im Rahmen der Nobelpreisverleihung erfuhr er eine posthume Würdigung.
6.14.1 Annahmen des Black-Scholes-Modells
53
54
55
Der Kapitalmarkt kann als vollkommen angesehen werden: Informationen sind allen Investoren gleichermaßen zugänglich und es existieren keine Eintrittsbarrieren, die dem Markteilnehmer einen freien Zutritt zu allen Märkten verwehren würden.55 Arbitrage-Gewinne sind nicht möglich: Es gilt die Prämisse, dass im Falle eines sofortigen risikolosen Gewinns aufgrund von Fehlbewertungen dieser umgehend durch eine Anpassung von Angebot und Nachfrage wieder verschwindet. Es existieren keine Informations- und Transaktionskosten. Es existieren ebenfalls keine Steuern. Die Rendite des Underlying ist normalverteilt und die Standardabweichung ( ) der Rendite ist konstant. Die Volatilität des Underlying bleibt während der Laufzeit konstant und ist im Voraus bekannt. Alle behandelten Optionen können nur am Laufzeitende ausgeübt werden und sind daher europäische Optionen. Alle Assets und Derivate sind beliebig teilbar und reagieren preislich nicht auf eine sich verändernde Liquidität. Geldanlagen sowie Kredite sind beide in unbegrenzter Höhe zum risikolosen Zins möglich. Der risikolose Zins bleibt hierbei während der Laufzeit konstant und bekannt. Leerverkäufe sind unbegrenzt möglich. Das Black-Scholes-Merton-Modell beinhaltet bekannte Dividendenzahlung des Underlyings und ist somit die Weiterführung der klassischen Black-Scholes-Formel, welche von einem dividendenlosen Titel ausgeht, vgl. Kapitel 6.14.2 und 6.14.3. Im Original: Preis für Wirtschaftswissenschaften der schwedischen Reichsbank in Gedenken an Alfred Nobel. Paradigma der neoklassischen Finanztheorie: Es wird von perfekten und funktionierenden Kapitalmärkten ausgegangen.
Wie wird der Optionspreis nach dem Black-Scholes-Modell bestimmt?
6.14.2
235
Die Black-Scholes-Formel
Beeinflusst durch die oben aufgeführten Annahmen und Herangehensweisen haben Black und Scholes 1973 das folgende Modell zur Bestimmung des „Fair Value“ einer Call-Option europäischen Typs56 ohne Dividendenzahlung entwickelt:57 c = S0 N(d1 ) − Ke−rT N(d2 )
S In 0 + (r + 2 /2)T K d1 = √ T √ d2 = d1 − T c = Preis der Call-Option S0 = Preis des Underlyings zum Zeitpunkt T = 0 K = Basispreis der Option In = natürlicher Logarithmus e = Basis des natürlichen Logarithmus = 2,71828. . . 58 r = risikoloser Zins bei stetiger Verzinsung N = kumulative Verteilungsfunktion der Standardnormalverteilung59 = Volatilität des Underlyings T = Restlaufzeit der Option Für den Wert einer Put-Option p ergibt sich folgende Formel: p = Ke−rT N(−d2 ) − S0 N(−d1 )
56
57
58
59
Betrachtet man eine amerikanische Option, welche einen ungewissen Ausübungszeitpunkt hat, so empfiehlt sich die Black-Appproximation, eine Nährungsverfahren zur Berücksichtigung der vorzeitigen Ausübung. Black, Scholes: The Pricing of Options and Corporate Liabilities, The Journal of Political Economy, Vol. 81, Issue 3, (1973), 637–654. Euler’sche Zahl = Grundlage des Logarithmus naturalis = e = 2,71828182845904523536 02874713526624977572470936999595749669676277240766303535475945713821785 25166427427466391932003059921817413596629043572900334295260595630738132 32862794349076323382988075319525101901. . . Im Anhang dieses Buches befindet sich eine Tabelle für N(x); über die Funktion STANDNORMVERT in Excel ist die Berechung ebenfalls möglich.
236
Optionen – bedingte Termingeschäfte
6.14.3 Herleitung der Black-Scholes-Formel60 Um die Black-Scholes-Formel herzuleiten kann entweder u¨ ber die Differentialgleichung gel¨ost werden oder man verwendet den Ansatz der risikoneutralen Bewertung.61 Wir werden nun die Gleichung anhand der risikolosen Bewertung ableiten. Zum Zeitpunkt der F¨alligkeit betr¨agt der Erwartungsˆ einer europ¨aischen Kaufoption c in einer risikoneutralen Welt: wert (E) ˆ [max (ST − K , 0)] E
¨ Dies stimmt mit den bereits gemachten Uberlegungen u¨ berein. Der Wert dieser Option zu einem Zeitpunkt T ist der mit dem risikolosen Zinssatz diskontierte Erwartungswert: ˆ [max (ST − K , 0)] c = e−rT E
Der komplexe Beweis hierf¨ur ist den mathematischen Standardwerken zu entnehmen.62 Wir interpretieren aufgrund der gegebenen Gleichung. Hierf¨ur wird die Gleichung zun¨achst umgestellt: c = e−rT S0 N (d1 ) erT − KN (d2 ) Unter der Annahme einer risikoneutralen Welt kann die Wahrscheinlichkeit der Aus¨ubung der Option durch den Ausdruck N (d2 ) beschrieben werden. Der Term KN (d2 ) besteht somit aus dem Aus¨ubungspreis und der Wahrscheinlichkeit, dass es zur Auszahlung des Aus¨ubungspreises kommt. Der Term S0 N (d1 ) erT beschreibt den Erwartungswert einer Variablen. Diese entspricht in einer risikoneutralen Welt dem Aktienkurs zum Zeitpunkt T(ST ), sofern ST > K ist, sonst nimmt sie den Wert null an. Dabei ist zu beachten, dass es sich hierbei um ein dividendenloses Underlying handeln muss.
6.14.4 Das Black-Scholes-Merton-Modell mit Dividenden Erweitert man das oben stehende klassische Black-Scholes-Modell an der Stelle S0 durch S0 e−DT , so erhält man den Preis c einer europäischen Call-Option und für p den Preis einer europäischen Put-Option, welche 60 61 62
Vgl. Bachhuber, Heiko (2012). Vgl. Hull, John C.: Options, Futures and other Derivatives. Vgl. Hull, John C.: Options, Futures and other Derivatives.
Wie wird der Optionspreis nach dem Black-Scholes-Modell bestimmt?
237
eine Dividendenrendite D berücksichtigt. Diese Erweiterung geht wohl auf Robert Merton zurück und wird daher in der Literatur oft auch das BlackScholes-Merton-Modell bezeichnet bzw. hierbei wird meist sein Name mit genannt. Ansonsten hat sich der Name Black-Scholes-Modell sehr etabliert. Robert Merton hat mit seinem Modell bewiesen, wie man die BlackScholes-Formel modifizieren muss, um Dividendenzahlungen gerecht zu werden. Anstatt der einmaligen Dividendenzahlungen pro Quartal oder Halbjahr geht Merton in seinem Modell von fortlaufenden Zahlungen aus. Im Wesentlichen bedeutet die Anpassung, dass die Dividenden als negative Zinsen betrachtet werden. Dadurch verringert sich der Wert des Underlyings kontinuierlich und nicht wie bei Dividendenaussch¨uttung auf einmal. Das von Merton entwickelte Modell l¨asst sich besonders gut auf Optionen von G¨utern wie Fremdw¨ahrungen anwenden. Bei diesen Optionen wird die Fremdw¨ahrung behandelt, als ob sie fortlaufend Dividenden in H¨ohe des Fremdw¨ahrungszinses aussch¨uttet.63 Merton erweiterte also die allgemeine Black-Scholes-Formel, um sie auch f¨ur europ¨aische Optionen auf Aktien mit Dividendenzahlungen anwendbar zu machen. Die Zahlung einer Dividende reduziert den Preis der Aktie am Tag der Aussch¨uttung um die H¨ohe der Zahlung. Wird stattdessen die Dividendenrendite64 D verwendet, so ist das Wachstum des Aktienpreises um den Faktor D kleiner, als er ansonsten w¨are. Zum Zeitpunkt null hat somit eine Aktie mit Dividendenrendite D den Kurs S0 und steigt zum Zeitpunkt T auf ST . Ohne Dividende steigt der Kurs der Aktie zum Zeitpunkt null S0 auf ST eDT zum Zeitpunkt T. Optional w¨urde der Preis der Aktie ohne eine Dividende zum Zeitpunkt null von urspr¨unglich S0 e−DT auf ST zum Zeitpunkt T steigen. Dies zeigt, dass in jedem der beiden folgenden F¨alle die Wahrscheinlichkeitsverteilung des Aktienkurses f¨ur den Zeitpunkt T identisch ist. a) Der Preis der Aktie zum Zeitpunkt null ist S0 und die Aktie hat eine Dividendenrendite von D. b) Der Preis der Aktie zum Zeitpunkt null ist S0 e−DT und die Aktie hat keine Dividendenrendite. Daraus folgt, dass bei der Bewertung zum Zeitpunkt T einer europ¨aischen Aktienoption mit Dividendenrendite D der momentane Aktienkurs von S0 auf S0 e−DT verringert wird. Im Anschluss wird die Option behandelt, als ob es sich um eine Aktie ohne Dividendenzahlung handeln w¨urde.65
63 64 65
Vgl. Kolb & Overdahl (2007), S. 458. Die Dividendenrendite ist nichts anderes als das Verh¨altnis der Dividende zum Aktienkurs. Vgl. Bachhuber, Heiko (2012).
238
Optionen – bedingte Termingeschäfte
c = S0 e−DT N(d1 ) − Ke−rT N(d2 ) p = Ke−rT N(−d2 ) − S0 e−DT N(−d1 ) S0 e−DT S0 = In − DT K K
S In 0 + (r − D + 2 /2)T K d1 = √ T √ d2 = d1 − T In
c = Preis der Call-Option p = Preis der Put-Option S0 = Preis des Underlyings zum Zeitpunkt T = 0 K = Basispreis der Option In = natürlicher Logarithmus e = Basis des natürlichen Logarithmus = 2,7128 . . . r = risikoloser Zins D = Dividendenzahlung N = kumulative Verteilungsfunktion der Standardnormalverteilung = Volatilität T = Restlaufzeit der Option Als D wird die durchschnittliche jährliche Dividendenrendite während der Laufzeit der Option betrachtet. Somit ist das obige Modell auch dann gültig, wenn die Dividendenrendite während der Laufzeit zwar bekannt, aber nicht konstant ist. Wir berechnen den Preis einer Call-Option europäischen Typs ohne Dividendenzahlung (vgl. hierzu auch Abbildung 6.28 jedoch hier mit Dividendenzahlung) mit den nachfolgenden Parametern: Preis des Underlyings
61,73 Euro
Basispreis der Option
60 Euro
Laufzeit der Option
1 Jahr = 12 Monate
Risikloser Zinssatz
1%
Dividenden
2,30 %
Volatilität
34 %
Wie wird der Optionspreis nach dem Black-Scholes-Modell bestimmt?
Abbildung 6.27: Berechnung des Optionspreises nach Black, Scholes
Abbildung 6.28: Berechnung des Optionspreises nach Black, Scholes, Merton (mit Dividenden)
239
240
Optionen – bedingte Termingeschäfte
6.14.5 Herleitung der Differentialgleichung nach Black, Scholes, Merton66 F¨ur die Herleitung der Black-Scholes-Merton-Differentialgleichung,67 wird f¨ur das Underlying der bereits beschriebene Prozess einer geometrisch Brownschen Bewegung zugrunde gelegt: dS = Sdt + Sdz Zus¨atzlich ist f der Preis eines Derivates, welches durch die stochastischen Eigenschaften von S selbst ebenfalls stochastisch ist. Der Wert dieses Derivates f kann somit auch als Funktion von S und t dargestellt werden. Eine Funktion in Abh¨angigkeit dieser beider Variablen wurde bereits im Abschnitt 6.14.4 mit dem Lemma von Ito erarbeitet. Die Gleichung lautet somit: ∂f ∂ f 1 ∂ 2f 2 2 ∂f df = S dt + S + + Sdz ∂S ∂ t 2 ∂ S2 ∂S Nun werden Gleichungen in diskrete Versionen umgewandelt:
f =
S = St + Sz ∂f ∂ f 1 ∂ 2f 2 2 ∂f S t + S + + Sz 2 ∂S ∂t 2 ∂S ∂S
Betrachtet man einen kurzen Zeitintervall t, so beschreiben S und f jeweils eine Ver¨anderung von f und S. Der Preisverlauf des Derivates f und auch der Aktienkurs folgen einem Wiener-Prozess. Aus diesem Grund ist z in beiden Gleichungen identisch. Um diesen Unsicherheitsfaktor zu eliminieren, wird zun¨achst ein Portfolio ˘, bestehend aus einer Short-Position im Derivat und einer Long-Position mit ∂∂Sf Aktien, synthetisiert: ˘ = −f +
66 67
∂f ∂S
S
Vgl. Bachhuber, Heiko (2012). Bei einer Differentialgleichung ist die Unbekannte eine Funktion und folglich keine Zahl. Sie kann außerdem eine oder mehrere Ableitungen der Funktion beinhalten. Es wird grunds¨atzlich zwischen der gew¨ohnlichen Differentialgleichung, wo die Funktion eine einzige Variable besitzt, und der partiellen Differentialgleichung unterschieden, bei der die Funktion eine Unbekannte von mindestens zwei Variablen ist. Vgl. B¨oker, Fred; Formelsammlung f¨ur Wirtschaftswissenschaftler, Pearson.
Wie wird der Optionspreis nach dem Black-Scholes-Modell bestimmt?
241
Die Wert¨anderung des Portfolios ˘ in einem Zeitabschnitt t ist demnach ˘ = −f +
∂f ∂S
S
Im n¨achsten Schritt werden die Gleichungen eingef¨ugt und vereinfacht: ∂f ∂f 1 ∂ 2f 2 2 ˘ = − S − − S t ∂S ∂t 2 ∂ S2 ∂ f ∂ f ∂ f St + S z − S z + ∂S ∂S ∂S ∂ f ∂f 1 ∂ 2 f 2 2 ∂ f S t + S t t − ˘= − S t − ∂t 2 ∂ S2 ∂S ∂S ∂f 1 ∂ 2f 2 2 − S t ˘ = − ∂t 2 ∂ S2 In dieser Gleichung wird z vollst¨andig eliminiert, was bedeutet, dass in einem kleinen Zeitabschnitt t das Portfolio risikolos ist. Aus der Annahme eines vollkommenen Kapitalmarktes k¨onnen Arbitrage-Gewinne ausgeschlossen werden. Das risikolose Portfolio muss demnach die gleiche Rendite haben wie eine vergleichbare kurzfristige risikolose Anlage. ˘ = r˘t Der risikolose Zinssatz wird durch r beschrieben, und setzt man die Gleichungen in die Gleichung, so erh¨alt man die ber¨uhmte Black-Scholes-MertonDifferentialgleichung: ∂f 1 ∂ 2f 2 2 ∂f − − S t = r −f + S t ∂t 2 ∂ S2 ∂S 1 ∂ 2 f 2 2 ∂f ∂f − − S t = − rf + t rS ∂t 2 ∂ S2 ∂S ∂f ∂t
−
1 ∂ 2f 2 2 ∂ f S + rS = rf 2 ∂ S2 ∂S
Diese Gleichung hat mehrere L¨osungen, da verschiedene Derivate basierend auf S als Variable bestimmt werden k¨onnen. Die gegebenen Randbedingungen (Boundary Conditions) haben entscheidenden Einfluss auf die besondere L¨osung f¨ur ein spezielles Derivat. Sie bestimmen demnach den Wert, den ein Derivat an der Grenze der f¨ur S und t m¨oglichen Werte annimmt. F¨ur eine
242
Optionen – bedingte Termingeschäfte
europ¨aische Kaufoption gilt folgende Randbedingung f = max (S − K , 0) , f¨ur t = T und f¨ur eine europ¨aische Verkaufsoption f = max (K − S, 0) , f¨ur t = T Das f¨ur die Herleitung der Gleichung verwendete Portfolio ist nicht kontinuierlich risikolos, sondern nur f¨ur einen kleinen Zeitabschnitt. Sobald sich S und t ver¨andern, variiert auch ∂ f /∂ S. Um zu garantieren, dass das Portfolio kontinuierlich risikolos ist, m¨ussen die relativen Anteile an Derivaten und Aktien ununterbrochen angepasst werden.68
6.15
Wie wird der Optionspreis nach dem Binomialmodell bestimmt?
Im Jahr 1979 entwickelten die amerikanischen Professoren John C. Cox, Stephen Ross und Mark Rubinstein ein diskretes Modell (diskreter stochastischer Prozess im Gegensatz zum Black-Scholes-Modell, welches einem stetigen stochastischen Prozess folgt) zur Modellierung von Wertpapierkursen und dadurch auch zur Ableitung von Optionspreisen. Der Optionspreis wird beim Steigen und beim Fallen des Underlyings bewertet bzw. diese werden im Modell simuliert (vgl. Abbildung 6.29). Das Modell beginnt mit einem Szenario t = 0 und endet mit zwei Szenarien t = 1 (im Einperiodenmodell). Da nur zwei unterschiedliche Endszenarien existieren, spricht man von einem Binomialschritt. S stellt das Ausgangsszenario dar, Su das Szenario bei steigenden und Sd das Szenario bei fallenden Kursen.69
6.15.1 Grundvoraussetzungen des Binomialmodells Wir gehen von vollkommenen Märkten aus, in denen es keine Transaktionskosten, Steuern und Einschusserfordernisse gibt. Der Erlös aus Leerverkäufen steht uns sofort zur Verfügung und die Instrumente sind beliebig teilbar.
68 69
Vgl. Hull (2006, S. 357 f.). Vgl. Cox, Ross, Rubinstein: Option Pricing: A simplified Approach; Journal of Financial Enconomics 7 (1979) 229–263.
Wie wird der Optionspreis nach dem Binomialmodell bestimmt?
t=0
243
t=1
Su S
Sd
Abbildung 6.29: Binomialschritt im Einperiodenfall70
Es gibt nur einen Zinssatz, zu welchem geliehen und verliehen wird. Für jedes Betrachtungsintervall sind Kursanstiege, Kursabstiege und der risikolose Zinssatz bekannt. Ferner wird davon ausgegangen, dass es sich immer um Wachstumsstrategien handelt und Arbitrage-Gewinne nicht möglich sind. Die anfängliche Annahme in diesem Modell ist, dass der Preis eines Underlyings entweder um den Faktor u steigen (u = up) oder um den Faktor d fallen (d = down) kann (für beides gibt es eine Wahrscheinlichkeit q bzw. (1 − q)) (vgl. Abbildung 6.30). Außerdem wird hier ein diskreter stochastischer Prozess71 zugrunde gelegt. Dies unterscheidet es vom Black-ScholesModell, dem ein stetiger stochastischer Prozess zugrunde liegt.72
6.15.2
Aufbau eines Trees
Eine Aktie kostet heute 50 Euro. Somit ist diese bei S0 = 50. Sie kann in einer Periode nun den Preis S1u 51 (Optionspreis dann bei 1) oder S1d 49 (Optionspreis bei null) annehmen (vgl. Abbildung 6.31).
70 71
72
Einperiodenfall: Es gibt nur einen Ausgangszeitpunkt und einen Endzeitpunkt. Ein zeitdiskreter stochastischer Prozess ist ein diskontinuierlicher Prozess mit abzählbaren Zeitabständen und zufälligen Vorgängen. Ein kontinuierlicher stochastischer Prozess ist ein stetiger Prozess mit nicht abzählbaren Zeitabständen und zufälligen Vorgängen. Vgl. Cox, Ross, Rubinstein: Option Pricing: A simplified Approach; Journal of Financial Enconomics 7 (1979) 229–263
244
Optionen – bedingte Termingeschäfte
gestiegener Aktienkurs
Su
u
S0 derzeitiger Aktienkurs d
Sd gefallener Aktienkurs
Abbildung 6.30: Binomialschritt im Aufbau
gestiegener Aktienkurs
51 u
50 derzeitiger Aktienkurs d
49 gefallener Aktienkurs
Abbildung 6.31: Erster Binomialschritt
6.15.3 Umsetzung des Binomialmodells Beim Binomialmodell handelt es sich um ein diskretes Modell zur Bestimmung des Optionspreises. Das Underlying (S) steigt mit einer Wahrscheinlichkeit q um einen Faktor u bzw. sinkt mit einer Wahrscheinlichkeit (1 − q) um einen Faktor d. Zur Bestimmung der Auf- bzw. Abwärtsfaktoren wird als Antriebsmodell die G EOMETRISCH B ROWNSCHE B EWEGUNG genutzt. Es wird folglich ein stochastischer Prozess mit konstanter Drift implementiert.
Wie wird der Optionspreis nach dem Binomialmodell bestimmt?
245
Im Einperiodenmodell zeigt sich der Faktoren u und d wie folgt: √
u = e
√
Δt
1 u Darauf ergeben sich für den Preis eines Calls, bei der Wahrscheinlichkeit q und der Funktion u, folgende Herleitungen: d = e −
Δt
=
Cu = max[u × S − K ; 0] und bei einer Gegenwahrscheinlichkeit von 1 − q, folglich bei der Funktion d: Cd = max[d × S − K ; 0] Festzuhalten ist, dass wir zunächst das Underlying mittels eines Wertentwicklungsbaumes darstellen (vgl. Abbildung 6.32). Auf diesen aufbauend (mit den gewonnenen Daten) findet dann die Ableitung des Optionspreisbaumes statt. Es kann nun abgelesen werden, an welchem Knotenpunkt des Wertentwicklungsbaumes des Underlying welcher Optionspreis zur Folge hat. Die Herleitung des Optionspreises erfolgt unter der Annahme der Arbitragefreiheit, und unter Zuhilfenahme des risikolosen Zinssatzes (r). Die Berechnung eines Calls folgt somit im Einperiodenmodell (mit nur einem Binomialschritt) folgender Systematik. c=
p × Cu + ( 1 − q ) × Cd 1+r
Dabei ist zu beachten, dass die Wahrscheinlichkeit q eine Pseudowahrscheinlichkeit ist und somit aus den gegebenen Parametern u, d und r abgeleitet werden kann. Dieses Einperiodenmodell, kann nun durch eine Addition von unendlich vieler dieser Teilperioden in ein Mehrperiodenmodell erweitert werden. Durch das Gesetz der großen Zahlen kann die Approximation des Optionspreises verbessert werden. Die Herleitung der Faktoren u und d folgt nun folgender Systematik (hier eine n-monatige Betrachtung): √1 u = e n √1 d = e − n
246
Optionen – bedingte Termingeschäfte
Binomialmodel im Mehrperiodenfall
Underlying Volatilität (monatlich) Ausübungspreis Risikofreier Zinssatz Risikofreier Zinssatz (monatlich) Optionslaufzeit (monatlich)
45 25% 44 5% 0,407% 1
Steigungs- und Senkungsfaktor Steigungsfaktor
1,0748367
Senkungsfaktor
0,9303739
Berechnung der Pseudowahrscheinlichkeit Pseudowahrscheinlichkeit
0,5101675
Zeitpunkt 0
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
106,98 99,54 92,61
92,61
86,16
86,16
80,16
80,16
74,58
41,87
41,87 38,95
36,24
38,95
36,24
33,72
36,24
33,72
31,37
45,00
41,87 38,95
36,24 33,72
48,37 45,00
41,87 38,95
36,24
51,99
48,37 45,00
41,87 38,95
55,88 51,99
48,37 45,00
41,87 38,95
60,06
55,88 51,99
48,37 45,00
64,55 60,06
55,88 51,99
48,37 45,00
69,39
64,55 60,06
55,88 51,99
48,37 45,00
69,39
64,55 60,06
55,88 51,99
74,58
69,39
64,55 60,06
80,16
74,58
69,39
33,72
31,37
33,72
31,37
29,18
31,37
29,18
29,18
27,15
29,18
27,15
27,15
25,26
25,26
25,26
23,50
23,50 21,87
21,87 20,34 18,93
Zeitpunkt 0
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
62,98 55,71 48,96 42,69 36,87 31,46 26,45 21,82 17,64 13,34 10,78 8,15
7,57 5,49
6,04 3,89
6,95
3,36
2,79
1,14
5,49
2,15
0,78
1,43
0,43
0,13
0,13
0,03
0,00 0,00
0,00 0,00
0,00 0,00
1,00 0,51
0,26
0,07
0,02
7,99 4,55
2,56
0,79
0,24
16,06 12,06
8,34
3,48
1,31
0,46
12,41
6,26
25,39 20,73
16,42
8,98
4,23
1,80
21,09
12,90
36,16 30,76
25,74
16,77
9,61
4,89
2,26
21,44
13,42 10,21
31,11 26,10
17,19
48,61 42,34
36,52
0,00 0,00
0,00 0,00
0,00
0,00 0,00
0,00 0,00
0,00 0,00
0,00
0,00 0,00 0,00
Abbildung 6.32: Aufbau eines Mehrperiodenbinomialbaumes inkl. Underlying
Kritik an den Modellen
247
Bei der Berechnung der Pseudowahrscheinlichkeit muss darauf geachtet werden, dass sich, aus der über mehrere Monate gehenden Laufzeit, Zinseszinseffekte ergeben. Es wird folglich die Berechnung des Monatszinssatzes angepasst. rM = n (1 + r) − 1 Nun ergibt sich die Pseudowahrscheinlichkeit wie folgt: q=
1 + r M − dM uM − d M
Im Mehrperiodenmodell ist sehr schnell zu erkennen, dass umso mehr Schritte ein Binomialbaum aufweist desto stärker konvergiert der Optionspreis gegen das stetige Optionspreismodell nach Black-Scholes. Dies zeigt, dass eine korrekte Optionspreisfindung nur unter Zuhilfenahme von möglichst vielen Knotenpunkten zu erfolgen hat. Setzt man hier zu wenige, ist der Unterschied deutlich zu erkennen bzw. die Abweichung aufgrund der Modellgegebenheiten zu groß.73 Im nachfolgenden Beispiel simulieren wir die Entwicklung des Optionspreises mit folgenden vorgegebenen Komponenten (vgl. Abbildung 6.32): Preis des Underlyings
45 Euro
Volatilität
25 %
Ausübungspreis der Option
44 Euro
risikoloser Zinssatz
5 % p. a. entspricht: 0,407 monatlich
Laufzeit der Option
1 Jahr = 12 Monate
6.16
Kritik an den Modellen
Sowohl das Black-Scholes-Merton-Modell als auch das Binomialmodell nach Cox, Ross und Rubinstein stoßen in der Praxis öfters auf Kritik. Der Grund hierfür liegt darin, dass die Modellannahmen von der Realität teilweise abweichen. An dem Black-Scholes-Merton-Modell kann Folgendes kritisch betrachtet werden:
73
Vgl. Cox, Ross, Rubinstein: Option Pricing: A simplified Approach; Journal of Financial Enconomics 7 (1979) 229–263; Ernst, Schneider, Thielen: Unternehmensbewertung erstellen und verstehen, Vahlen (2012).
248
Optionen – bedingte Termingeschäfte
Volatilität und Zinsen sind in der Realität nicht konstant. Dividenden werden als konstant betrachtet. Eine Bewertung amerikanischer Optionen ist nicht möglich. Aktienkurse sind in der Realität nicht lognormalverteilt. In der Realität existieren Steuern, Arbitrage und Transaktionskosten.
Der größte Widerspruch zwischen der Kapitalmarktpraxis und den Modellannahmen nach Black Scholes beruht auf der Prämisse, dass die Volatilität als konstant betrachtet wird. Sofern jedoch der Optionspreis (etwa in Form von verbindlichen Optionspreisen, die von einem Market Maker gestellt werden) und auch die sonstigen Parameter der Black-Scholes-Formel bekannt sind, lässt sich durch Einsetzen der einzelnen Parameter in die Preisformel die implizite Volatilität berechnen. Beim Vergleich dieser impliziten Volatilitäten auf denselben Basiswert mit derselben oder ähnlichen Laufzeit, jedoch verschiedenen Strikepreisen, lässt sich ein sogenannter Volatility Smile74 beobachten (vgl. Abbildung 6.33), bei welchen Optionen, die in the money oder out of the money liegen, höhere implizite Volatilitäten (und daher auch eine höhere Optionsprämie) aufweisen als Optionen, deren Strikepreis am Geld notiert. Der Volatility Smile stimmt für Call und Put überein. Das
Volatilität
Die implizite Volatilität steigt, wenn die Option zunehmend „in the money“ oder „out of the money“ liegt Volatility Smile
kein Volatility Smile
Strikepreis
Abbildung 6.33: Volatility Smile vs. konstante Volatilität74
74
75
Die Volatilitäten weisen einen U-förmigen Verlauf in Abhängigkeit vom Basispreis auf. Es gibt auch noch Skew und Sneer, welche als Verformung/Verschiebung des Smile gelten. Quelle: Commerzbank AG.
Kritik an den Modellen
249
Abbildung 6.34: Volatility Smile Deutsche Bank AG76
Auftreten eines Volatility Smile oder auch eines Volatility Skew ist in den Modellannahmen des Black-Scholes-Modells begründet. So wird hier unter anderem unterstellt, dass sich das Underlying mittels einer geometrischen Brownschen Bewegung modellieren lässt und dass die Volatilität des Underlyings im Zeitablauf konstant ist. Dies impliziert, dass die Renditen des Underlyings normalverteilt sind. Wie wir aus empirischen Studien jedoch sehen können, ist gerade diese Normalverteilung von Aktienkursrenditen fraglich. Trägt man die gewonnenen Daten grafisch ab, so erhält man ein Volatility-Surface (vgl. Abbildung 6.36), welche die Abhängigkeit des Ausübungspreises der Option, der Volatilität und der Restlaufzeit in einer Grafik skizziert.77 Beim Binomialmodell nach Cox, Ross und Rubinstein sollten folgende Punkte kritisch betrachtet werden:
76 77
Aktienkurse folgen einer stetigen Preisquotierung. Dividenden werden nicht ohne Weiteres berücksichtigt.
Quelle: Commerzbank AG CBCM/ThomsonReuters Vgl. Günther M.; Jüngel, A.: Finanzderivate mit Matlab 2. Auflage (2010).
250
Optionen – bedingte Termingeschäfte
Abbildung 6.35: Volatility-Surface einer beliebig modellierten Aktie78
Investoren handeln in der Realität nicht risikoneutral und Arbitrage ist möglich. Das Zinsniveau muss nicht konstant sein. In der Realität existieren Steuern, Arbitrage und Transaktionskosten.
Trotz einiger unrealistischer Annahmen sind die Modelle dafür geeignet, derivative Finanzprodukte mit geringem Informations- und Arbeitsaufwand zu bewerten. Daher treffen beide Modelle in der Theorie auf weitverbreitete wenn auch kritische Akzeptanz.
78
Quelle: Thomson Reuters.
Konvergenz der Optionspreise im CRR-Modell und der Black-Scholes-Formel
6.17
251
Konvergenz der Optionspreise im CRR-Modell und der Black-Scholes-Formel
Wie wir dargestellt haben, ist das Black-Scholes-Modell ein stetiges Modell während das von Cox, Ross und Rubinstein (CRR) aufgestellte Binomialmodell einem diskreten Verlauf folgt. Wie Abbildung 6.36 zeigt, kann festgehalten werden, dass das CRR-Modell, bei gleichen Gegebenheiten und bei ausreichend vielen Einzelschritten vollständig gegen das BlackScholes-Modell konvergiert und somit kann auch gesagt werden, dass das Black-Scholes-Modell nichts anderes ist, als ein Spezialfall des CRRModells. Im dargestellten Beispiel handelt es sich hierbei um 5.000 Schritte des CRRModells. Kann man anfänglich noch eine deutliche Diskrepanz zwischen den Ergebnissen feststellen, so ist nach weiteren Schritten deutlich zu erkennen, wie die Konvergenz verläuft und letztendlich auch zum selben Ergebnis führt (nach mehr als 5.000 Schritten).
CRR BS
3.52 3.515
Option Price
3.51 3.505 3.5 3.495 3.49 3.485 3.48 3.475 0
500
1000
1500
2000
2500 3000 Number of Steps
3500
4000
4500
5000
Abbildung 6.36: Cox, Ross, Rubinstein Modell (CRR) vs. Black Scholes Model79
79
Quellencode für die Approximation; MathWorks: Pricing European Call Options Using Different Equity Models; Angepasst auf obiges Beispiel.
252
Optionen – bedingte Termingeschäfte
In unserem Downloadbereich stehen hierzu Simulations- und Rechentools zur Verfügung.
6.18
Monte Carlo Verfahren zur Optionspreisbestimmung
Die partielle Differentialgleichung des Black-Scholes Modells zur risikoneutralen Bewertung einer europäischer Optionen kann mithilfe von numerischer Integration gelöst werden. Ein weiterer Lösungsweg ist die Anwendung von Monte Carlo Methoden die wir in diesem Kapitel besprechen. Monte Carlo Methoden werden häufig in der Finanz- und Volkswirtschaft eingesetzt, um eine approximierte Lösung für anspruchsvolle Aufgaben zu finden wenn eine analytische Lösung nicht gefunden werden kann. Im Speziellen ist hier die Preisbestimmung komplexer Derivate, Generierung von Szenarien über die Entwicklung zukünftiger Ergebnisse oder die Durchführung von Sensitivitätsanalysen zu nennen. Im Rahmen des Approximationsverfahrens wird eine sehr große Zahl an Zufallsvariablen generiert und die entsprechenden Zielfunktionen berechnet. Mit einer ausreichend großen Zahl an Zufallsvariablen, kann dieses Verfahren annährungsweise das Optimum der Zielfunktion bestimmen. Abbildung 6.37 zeigt beispielhaft die Simulation einer Kursbewegung auf und lässt deren Spektrum erkennen.
Monte Carlo Verfahren zur Optionspreisbestimmung
253
Simulierte Kursbewegung
Simulierter Kurslevel
120
110
100
90
10
20
30
40
50
60
Simulierte Tage
Abbildung 6.37: Simulierte Kursverläufe mittels Monte-Carlo Simulation
Um eine Zufallsvariable aus einer uniformen Verteilungsfunktion zu generieren wird ein Pseudozufallszahlengenerator benötigt. In der Literatur und Praxis gängige Pseudozufallszahlengeneratoren sind z. B. lineare und multiplikative Kongruenz-Generatoren oder die Mittquadratmethode. Die Pseudozufallszahlen werden mit Hilfe verschiedener Umformungsmethoden für die angenommene Verteilungsfunktion umgeformt. Zu den Umformungstechniken zählen z. B. die Transformationsmethode und Rejection Methode.
6.18.1
Optionspreisbestimmung mit Monte Carlo Simulation
Für die Bewertung von Optionen mit Monte Carlo Simulationen werden Preispfade St mithilfe von Zufallszahlen berechnet, die unter einer angenommenen Wahrscheinlichkeitsverteilung generiert werden. Für die simulierten Preispfade wird dann der jeweilige Auszahlungsstrom zum Laufzeitende (T) der gewünschten Option berechnet. Auch wenn eine Monte Carlo Simulation für die Berechnung einer europäischen Option nicht nötig ist da es eine analytische Lösung mithilfe der Black-Scholes Formel gibt, zeigen wir den Prozess der Preisapproximation exemplarisch für eine europäische Call und Put Option. DerAuszahlungsstrom zum Laufzeitende (T) einer europäischen
254
Optionen – bedingte Termingeschäfte
Call Option ergibt sich aus: cTi = max SiT − K , 0
und für eine europäische Put Option piT = max K − SiT , 0
wobei i = 1, 2, . . . , N für den i-ten Preispfad aus N Simulationen steht. In einem letzten Schritt wird der approximierte Optionspreis berechnet. Dafür wird der durchschnittliche Auszahlungsstrom für alle simulierten Optionswerte berechnet und auf den Tag der Bewertung diskontiert. Der Preis einer europäischen Call Option ergibt sich so aus: c0 = e−rT
N 1
N
cTi
i=1
und für die europäische Put Option p0 = e−rT
N 1
N
piT
i=1
Die Qualität der Monte Carlo Preisapproximation hängt stark von der Anzahl der generierten Zufallsvariablen ab. Je höher die Anzahl an Simulationen desto besser ist die Approximation. Jedoch ist die Anzahl an Simulationen häufig durch verschiedene Faktoren begrenzt, z. B. Arbeitsspeicher der IT oder Laufzeit der Berechnung. Es gibt mehrere alternative Ansätze, um dieses Problem zu lösen. Zu den bekanntesten zählen Varianzreduktionsmethoden und Quasi-Monte Carlo Verfahren.
6.18.2 Varianzreduktion Die gezogene Stichprobe aus Zufallszahlen für die Monte Carlo Simulation sollte die selben Eigenschaften besitzen wie die der Grundgesamtheit. Je größer die Stichprobe, desto mehr sollten die Eigenschaften der Stichprobe und Grundgesamtheit übereinstimmen. In einigen Fällen kann diese Annahme jedoch nicht erfüllt werden. So werden seltene Ereignisse nicht perfekt abgebildet werden können und eine Stichprobe wird niemals exakt eine stetigeVerteilung sein. Zudem besteht die Stichprobe des Monte Carlo Verfahrens aus Zufallszahlen und hat damit auch zufällig verteilte statistische Eigenschaften. Im Idealfall ist die Varianz zwischen den statistischen Eigenschaften der
Monte Carlo Verfahren zur Optionspreisbestimmung
255
Stichprobe und der Grundgesamtheit minimal. Um die Varianz der statistischen Eigenschaften zu reduzieren werden Varianzreduktionsmethoden wie z. B. Antithetische Zufallszahlen, Kontrollvariate, gewichtete Stichproben und geschichtete Stichproben verwendet.
6.18.3
Quasi-Monte Carlo Methode
Die Quasi-Monte Carlo Methode unterscheidet sich von der herkömmlichen Monte Carlo Simulation da sie nicht versucht zufällig verteilte Zufallsvariablen zu generieren. Das Verfahren zur Simulation der Basiswerte ist identisch mit dem der Monte Carlo Methode, jedoch verwendet das Quasi-Monte Carlo Verfahren Niedrigdiskrepanz-Folgen anstelle von Pseudozufallsfolgen. Aufgrund der gleichförmigen Verteilung der Quasizufallszahlen hat das QuasiMonte Carlo Verfahren ein besseres Konvergenzverhalten. Zu den klassischen Niedrigdiskrepanz-Folgen zählen die Halton-Folge, Faure-Folge und Sobol-Folge. Abbildung 6.38 zeigt den Unterschied zwischen generierten Quasi-Zufallszahlen und Uniform-Zufallszahlen.
Uniform-Zufallszahlen
Quasi-Zufallszahlen
1
1
0.8
0.8
0.6
0.6
0.4
0.4
0.2
0.2
0 0
0.5
1
0 0
Abbildung 6.38: Uniform-Zufallszahlen und Quasi-Zufallszahlen
0.5
1
256
Optionen – bedingte Termingeschäfte
6.19
Dünngitterverfahren (Sparse Grid Methode)
Wie bereits im Kapitel 6.18 M ONTE C ARLO S IMULATIONEN angesprochen, besteht für eine Vielzahl von exotischen Optionen nicht die Möglichkeit diese mittels geschlossenen Verfahren zu bewerten. I.d.R. greift man daher auf Monte Carlo Simulationen zurück. Diese können jedoch eingeschränkte Daten im Bereich der Konvergenzrate und bei der Bestimmung von Risikomaßen mit sich bringen. Um dies zu umgehen, ist die direkte Lösung der linearen parabolischen partiellen Differentialgleichung 80 der Black Scholes Gleichung von Nöten (folglich die Umsetzung im Bereich der nummerischen Verfahren zu suchen).81 Dies kann mit regulären Gitteransätzen durchgeführt werden. Da diese jedoch von hoher Rechenkomplexität (hinsichtlich Rechenzeit und Speicheraufkommen sowie dem Fluch der Dimensionalität)82 sind, bedient man sich der Dünngittertechnik nach Smolyak (1963).83 Diese kommen mit deutlich weniger Gitterpunkten aus und senken somit die Ressourcenanforderung.84 Das Verfahren beruht auf der Konstruktion von mehrdimensionalen Quadraturformeln, welche nicht alle aber ausgewählte Produkteigenschaften und Kombinationen enthalten, jedoch die benötigten. Die Anzahl der Gitterpunkte wird auf ein Minimum reduziert. Da an den Stellen, wo eine hinreichende Approximation vorhanden ist, diese nicht gesetzt werden müssen. Hingegen neue Gitterpunkte da gesetzt werden, wo diese zur Reduzierung des Gesamtfehlers notwendig sind. Es ist hierbei festzuhalten, dass mit klassischen Dünngitterverfahren komplexe Optionsprodukte nicht berechnet werden können, da die Anfangsdaten bei Optionsprodukten nicht stetig differenzierbar sind und somit die erfor-
80
81
82
83
84
Vgl. Zenger, C.: Sparse Grinds. In Parallele Algorithms for Partial Differential Equations (W. Hackbusch, Ed.) Vol. 31 of Notes on Numerical Fluid Mechanics, Vieweg Verlag (1991). Vgl.: Heinecke,Alexander F. Integration vonAdaptivität in einen Dünngitterlöser für Basket Optionen; TU München (2011). Als Fluch der Dimension wird der exponentielle Anstieg der Anzahl von Gitterpunkten in der Dimension bezeichnet. Vgl. Mertens T.: Optionspreisbewertung mit dünnen Gittern (2005). Vgl. Gerstner, T.; Noll, M.: Programmierpraktikum Computational Finance Goethe Universität Frankfurt a.M. (2014/2015); Smolyak, S. A.: Quadrature and interpolation formulas for Tensor Products of Certain Classes of Functions. Dokl. Akad. Nauk SSSR, 148:1042– 1043, 1963. Russian, Engl. Transl.: Soviet Math. Dokl. 4:240–243, 1963. Vgl.: Heinecke,Alexander F. Integration vonAdaptivität in einen Dünngitterlöser für Basket Optionen; TU München (2011).
Sprungprozesse – Jump-Diffusions-Modelle
257
derliche Glattheitsvoraussetzung fehlt.85 Mertens empfiehlt daher ein modifiziertes Dünngitter, was in einem solchen Falle zielführend ist. Die daraus resultierende mehrdimensionale Quadraturmethode (z. B. bei pfadabhängigen Optionen) kann dann zur Preisfindung herangezogen werden.86
6.20
Sprungprozesse – Jump-Diffusions-Modelle
Klassische Optionspreismodelle wie das Black Scholes Modell funktionieren unter der Annahme eines „friktionslosen“ Kapitalmarkts.87 Die Annahme einer Brownschen Bewegung mit stetigem Pfad und logverteilten Renditen spiegeln jedoch selten die Realität der Kapitalmärkte wider. Durch die Annahme einer parametrischen Verteilungsfunktion werden extreme Kursbewegungen nicht ausreichend bei der Preisbestimmung durch die Brownsche Bewegung berücksichtigt.88 Entsprechend erhöht sich das Fehlerpotential des Optionspreismodells. R Betrachten wir die empirischen DAX -Renditen der letzten 25 Jahre, so ergibt sich eine mittlere Standardabweichung von 1,6 %. Würde man ein Streuintervall von fünf Standardabweichungen annehmen, ergäbe sich bei Annahme normalverteilter Renditen eine Wahrscheinlichkeit von 1 : 3.000.000 dass der Investor einen mittleren Tagesverlust von 8 % erleidet. Unter Annahme eines Handelsjahres von 250 Tagen müsste der Investor somit nur alle 12.000 Jahre mit dem Eintritt eines solchen Ereignisses rechnen. Es zeigt sich jedoch, dass wir innerhalb der letzten 30 Jahre drei solcher Ereignisse erlebt haben (Schwarzer Montag 1987, Gorbatschow Putsch 1991, Terror-Anschläge (9/11) 2001).89
85
86
87 88
89
Vgl. Mertens T.: Optionspreisbewertung mit dünnen Gittern (2005); Smolyak, S. A.: Quadrature and interpolation formulas for Tensor Products of Certain Classes of Functions. Dokl. Akad. Nauk SSSR, 148:1042–1043, 1963. Russian, Engl. Transl.: Soviet Math. Dokl. 4:240–243, 1963. Vgl. Gerstner, T.; Noll, M.: Programierpraktikum Computational Finance Goethe Universität Frankfurt a.M. (2014/2015). Ein vollkommener Kapitalmarkt; Konstante Volatilitäten; keine Asymmetrie etc. Vgl. Merton, R.C.: Option pricing when underlying stock returns are discontinuous. Massachusetts; MIT (1975). Vgl. Kassberger, Stefan: Sprungprozesse in der Finanzmathematik; Frankfurt School of Finance and Management (2012).
258
Optionen – bedingte Termingeschäfte
Mithilfe sogenannter Sprungprozesse wird versucht diese außergewöhnlichen Ereignisse in der Annahme der Verteilungsfunktion der Renditen zu berücksichtigen. Zwei der ersten solcher Modelle sind das M ERTON J UMP D IFFUSION M ODELL, entwickelt von Robert C. Merton und das D OU BLE E XPONENTIAL J UMP D IFFUSION M ODEL von Steven Kou.90 Hierbei werden die starren Anforderungen z. B. konstante Volatilität und stetige Kursverläufe aufgelöst und modelliert.91 Die geometrisch Brownschen Bewegung zur Abbildung von Kursbewegungen, kann um das Jump-Diffusions-Modell erweitert werden.92 Der klassische Ansatz zur Abbildung einer Kursbewegung S zum Zeitpunkt t mittels geometrisch Brownscher Bewegung kann wie folgt dargestellt werden: St = S0 × exp [ + Bt ] Bt = Brownsche Bewegung Von dieser leiten wir nun über zu einem Jump Diffusions Modell, wobei dynamische Volatilitätsmodelle angewendet werden. Diese können mittels deterministischer oder stochastischer Volatilitätsmodelle erzeugt werden. Vorteil einer deterministischen Herleitung ist, dass diese über eine Duplikationsstrategie erfolgen können.93 Basierend auf Untersuchungen von Buraschi und Jackwerth kann jedoch festgehalten werden, dass sich diese Modelle in der Anwendung von exotischen Optionen nicht als geeignet erweisen da sie zu einer Überparametisierung neigen. Daher sollten bei exotischen Optionen stochastische Volatilitätsmodelle angewendet werden (siehe z. B. Hull und White oder Schöbel und Zhu).94
90
91
92
93
94
Vgl. Burger, P.; Kliaras, M.: Jump Diffusion Models for Option Pricing vs. the Black Scholes Model; Working Paper Series by the University of Applied Sciences bfi Vienna (81/2013). Vgl. Ender, Manuela: Modellrisiko bei der Bewertung von Optionen in einem Vergleich von Modellen mit stochastischer Volatilität (2008) Vgl. Kassberger, Stefan: Sprungprozesse in der Finanzmathematik; Frankfurt School of Finance and Management (2012). Vgl. Ender, Manuela: Modellrisiko bei der Bewertung von Optionen in einem Vergleich von Modellen mit stochastischer Volatilität (2008). Vgl. Ender, Manuela: Modellrisiko bei der Bewertung von Optionen in einem Vergleich von Modellen mit stochastischer Volatilität (2008).
Sprungprozesse – Jump-Diffusions-Modelle
259
Verallgemeinerung des JUMP DIFFUSION MODELL Nachfolgend zeigen wir die Umsetzung eines J UMP D IFFUSION M ODELLS anhand eines P OISSON P ROZESSES:95 Nt St = S0 × exp + Bt + Yi i =1
Nt = Poisson Prozess zum Zeitpunkt t Yi = Sprunghöhe Um eine weitere Verallgemeinerung zu erhalten, binden wir als Erweiterung ein exponentielle Lévy Modelle ein und erhalten folgendes Modell: St = S0 × exp [ + Bt + Jt ] Jt = Kompensierter Sprungprozess zum Zeitpunkt t Die Bewertung klassischer Plain Vanilla Optionen erfolgt mittels analytischer Verfahren wie z. B. der Black Scholes Formel.96 Für die Bewertung exotischer Optionen bei denen keine analytische Lösung gefunden werden kann kommt es zum Einsatz numerischer Lösungsverfahren. Insbesondere ist hier, das Verfahren der M ONTE C ARLO S IMULATION97 zu nennen, welches wir in Kapitel 6.18 näher beleuchten.
Modelle im Financial Engineering Das Financial Engineering bedient sich einer Reihe von Standardmodellen, welche (teilweise auch angepasst) zum Einsatz kommen. Im Appendix auf S. 575 erhalten Sie eine Übersicht der wichtigsten und meist verbreiteten Modelle und deren Spezifikationen. Diese Modelle sind es, welche letztendlich das Financial Engineering ausmachen. Auf deren Grundlage fusst unsere ganze Arbeit und letztendlich sind es diese, welche neben den einzelnen Instrumenten und deren Payoff das Financial Engineering in Gänze bestimmen.
95
96
97
Bei einem Poisson Prozess handelt es sich um einen stochastischen Prozess mit unabhängigen Zuwächsen, dessen Pfade rechtseitig stetig und bei zufälligen Ereignissen reagierend sind. Die Anzahl der Ereignisse kann unabhängig voneinander aber mit einer Konstanz beobachtet werden (vgl. Reitz, Stefan: Mathematik in der modernen Finanzwelt; Vieweg+Teubner (2011)). Vgl. Lord, R.; Kahl, C.: Optional Fourier Inversion in Semi-Analytical Option Pricing; Tinbergen Institute Discussion Papers, No 06-066/2 (2006). Vgl. Seydel, R.: Tools for Computational Finance; 3. Auflage Springer Verlag Berlin, Heidelberg (2006).
260
Optionen – bedingte Termingeschäfte
6.21
Handelbare Optionspreise
Lassen Sie uns an dieser Stelle nochmals auf die Praxis eingehen. Die an den Terminbörsen gestellten Quotes,98 auf welche man handeln kann, werden in der Regel von Market Makern gestellt. Jedoch gibt es auch Kontrakte, welche nicht immer gepflegt werden. Daher ist es vor allem bei den nicht gepflegten Kontrakten notwendig, mit Limit-Orders zu arbeiten. Nur bei sehr liquiden Optionsserien ist die Eingabe einer Market Order99 zu empfehlen. Bei Marktengen (nicht sehr liquiden Serien) oder nicht gepflegten Kontraktserien ist eine Limit-Vorgabe zwingend notwendig. Ebenfalls steht dem Investor die Anforderung eines Quote Request, also einer Quoteanfrage,100 offen. Diese ist zwingend durchzuführen, wenn keine Quotes gestellt wurden. Vor einem „Blindflug“ wollen wir hierbei ausdrücklich abraten. Gerade
Abbildung 6.39: Daimler Optionen an der Eurex101
98 99
100
101
Handelbare Geld-Brief-Spannen. Market Order: Eine Order ohne Preislimit (bestens oder billigst). Sie wird zum derzeitigen „Marktpreis“ ausgeführt. Anfrage wird an den betreuenden Market Maker gestellt. Dieser muss die Anfrage nach seinen Vorgaben beantworten oder darf sich auch aus der Beantwortung ausnehmen, wenn er seiner Pflicht bereits nachgekommen ist (vgl. Kapitel 4.9). Quelle: Thomson Reuters.
Strategien mit Optionen
261
bei Roll-over-Aktivitäten102 kann dies zu deutlichen Prämienverschiebungen und ungewollten Verlusten führen. Die oben angesprochenen „Preise“ sind als Fair Value bzw. fairer Wert einer Option zu bezeichnen. Es muss jedoch betont werden, dass diese, wenn auch nur in sehr geringem Umfang, von den tatsächlich gehandelten Preisen an den Terminbörsen abweichen können (vgl. Abbildung 6.39).
6.22
Strategien mit Optionen
Wir wollen nun zu den einzelnen Strategien mit Optionen kommen. Dies ist die Anwendung der in den vorangegangenen Kapiteln dargestellten Theorien. Hierbei ist Folgendes zu beachten: Es gibt vier Grundstrategien, auf denen alle Optionskombinationen aufbauen. Es ist unerheblich, wie komplex eine Gesamtstrategie ist. Sie lässt sich immer in ihre Einzelpositionen zerlegen und dadurch gut bewerten und verstehen.
6.22.1
Was beinhalten die vier Grundstrategien im Optionsgeschäft (Plain Vanilla)?
Im Optionsgeschäft gibt es vier Grundstrategien, auf welche alle anderen Strategien aufbauen. Daher ist es wichtig, diese vier Grundausrichtungen verinnerlicht zu haben.
102
Long Call: Bei einem Long Call ist der Investor (Käufer) davon überzeugt, dass das Underlying steigen wird. Er erwirbt das Recht, das Underlying mittels eines Calls zu kaufen. Dieses wird, tritt seine Erwartung ein, im Preis teurer werden. Der Investor könnte zwar auch das Underlying kaufen, müsste dafür jedoch deutlich mehr Kapital investieren. Durch den Call hebelt er sein eingesetztes Kapital. Sein Verlustpotenzial ist auf die gezahlte Prämie begrenzt. Darüber hinaus erhält er jedoch die Chance, an unbegrenzten Kurssteigerungen zu partizipieren. Er hat keine Nachschussverpflichtung und ist somit nur dem Ursprungsrisiko (Prämienzahlung) ausgesetzt. Short Call: Der Investor, der in einen Call Short geht, rechnet mit einem konstanten bzw. leicht fallenden Kursszenario und möchte durch die OpVor allem, wenn diese „deep in the money“ sind oder aufgrund ihrer Komplexität den Markt überfordern.
262
Optionen – bedingte Termingeschäfte
tionsprämie eine Zusatzeinnahme generieren. Er verkauft folglich Calls und erzielt einen maximalen Gewinn in Höhe der vereinnahmten Prämie. Das Risiko eines Short Calls besteht darin, dass man die Stücke zum Basispreis liefern muss. Jedoch kann dieses Risiko minimiert werden, indem man die Stücke bei Abschluss des Termingeschäftes bereits im Besitz hat. Man spricht nun von einer gedeckten oder auch Covered Option, da die Lieferverbindlichkeit aus den „Lagerbeständen“ gedeckt wird und somit kein größerer liquiditätsmäßiger Verlust auftreten kann. Dennoch macht der Investor ökonomisch Verlust, da er ohne den Short Call die Stücke zu einem höheren Kurs hätte veräußern können. Long Put: Bei einem Long Put rechnet der Investor mit (deutlich) fallenden Kursen. Er möchte sich entweder mit dem Kauf einer Put-Option gegen einen Kursrückgang in seinem Portfolio (er hat den Bestand) absichern oder aktiv auf einen Kursrückgang spekulieren (hat den Bestand nicht und möchte nur von der abwärtsgerichteten Marktlage profitieren).Auch hier ist das maximale Verlustrisiko, wie bei allen Long-Optionen, auf die bezahlte Optionsprämie begrenzt. Der Gewinn ist begrenzt, da jedes Anlagegut nur auf maximal null fallen kann und somit hier eine Grenze gesetzt ist. Short Put: Der Investor, der sich für einen Short Put entscheidet, rechnet mit steigenden Märkten. Er möchte daran profitieren und nimmt hierfür Risiko aktiv in Kauf. Die erhaltene Optionsprämie stellt seinen maximalen Gewinn dar. Sein Verlust ist dagegen theoretisch auf die Höhe des Ausübungspreises begrenzt,103 da er unter Umständen das Underlying zum festen Ausübungspreis abnehmen (kaufen) muss und somit dem vollen Risiko (eines Komplettverlustes vom Underlying) ausgesetzt ist.
Lassen Sie uns nun die vier Grundpositionen kurz und detailliert erläutern. Grundannahmen: Grundsätzlich wird angenommen, dass eine Aktie gehandelt wird. Etwaige Gebühren und Kosten bleiben unberücksichtigt.
6.22.2 Die Strategie LONG CALL Ein Investor erwirbt durch einen Long Call das Recht, jedoch nicht die Pflicht, ein Underlying während oder am Ende der Laufzeit zu kaufen. Dafür bezahlt er dem Kontrahenten (Short Call) einen Preis: die Optionsprämie. Der Inhaber des Short Calls muss auf Anforderung der Long-Call-Position die Stücke liefern. 103
Es ist jedoch an dieser Stelle anzumerken, dass die Aktie eines Unternehmens im Falle einer Insolvenz nicht unter null fallen kann. Dies führt somit auch im Worst-Case-Szenario zu einer rechnerischen Größe, auf welche das Risiko begrenzt ist.
Strategien mit Optionen
263
Long Call auf X Aktie Basispreis 50 Euro Verfalltermin: September Optionsprämie 3 Euro Der Käufer hat also das Recht, die Aktie X während der gesamten Laufzeit (bis spätestens zum dritten Freitag im September) zu einem Preis von 50 Euro zu kaufen. Dafür hat er dem Verkäufer 3 Euro Prämie bezahlt, welcher dieser sofort bei Abschluss des Geschäftes erhält. Wenn der Kurs der Aktie X über den Basispreis steigt, in unserem Beispiel 50 Euro, so wird der Optionskäufer (Long) von seinem Recht Gebrauch machen und die Option ausüben. Der Verkäufer (Short) muss ihm die Stücke zu 50 Euro pro Aktie liefern. Break-Even-Point dieser Strategie Der Break-Even-Point (vgl. Abbildung 6.40) liegt bei 53 Euro. Warum dies? Der Halter dieser Option hat für das Recht, die Aktien mit 50 Euro zu kaufen, hat aber bereits bei Abschluss des Termingeschäfts 3 Euro aufgewendet. Dies muss in die Gesamtbetrachtung miteinfließen.
Gewinn Basispreis: 50 EUR Long Call
Underlying
Optionsprämie: 3 EUR
Break-EvenPoint: 53 EUR
Verlust
Abbildung 6.40: Gewinn- und Verlustszenario beim Long Call
Szenarioanalyse:
Die Aktie steht unter 50 Euro: Der Käufer des Calls realisiert am Verfallstag seinen maximalen Verlust. Die Option verfällt wertlos.
264
Optionen – bedingte Termingeschäfte
DieAktie steht zwischen 50 und 53 Euro: Der Inhaber des Calls realisiert einen verminderten Verlust. Der Wert der Option am Verfallstag entspricht dem inneren Wert, da sie im Geld liegt. Die Aktie steht über 53 Euro: Der Inhaber ist in der Gewinnzone. Die Option ist am Verfallstag mehr wert als die zum Zeitpunkt des Abschlusses des Termingeschäfts bezahlte Optionsprämie.
Wir sehen also, dass das Underlying den Break-Even-Point bei einem Long Call überschreiten muss, damit der Käufer bei der Ausübung einen Gewinn macht.
6.22.3 Die Strategie SHORT CALL Im obigen Beispiel wurde eine Call-Option gekauft. Nun wird der Investor diese Call-Option verkaufen. Wir wenden dabei dasselbe Beispiel an: Short Call auf Aktie X Basispreis 50 Euro Verfalltermin: September Optionsprämie 3 Euro Als Verkäufer des Calls auf die X-Aktie hat der Investor 3 Euro Prämie erhalten. Dafür wird er Stillhalter; das bedeutet, dass er auf Aufforderung des Long-Call-Investors Stücke liefern muss.
Gewinn Basispreis: 50 EUR
Optionsprämie: 3 EUR Underlying
Break-EvenPoint: 53 EUR
Short Call Verlust
Abbildung 6.41: Gewinn- und Verlustszenario beim Short Call (Naked Call Writing)
Strategien mit Optionen
265
Grundsätzlich unterscheiden wir in diesem Zusammenhang zwischen ShortCall-Positionen auf Stücke, welche sich im Bestand befinden (Original-Stillhalter) und zum anderen ungedeckte Short-Call-Positionen (ohne einen Bestand). Das Naked Call Writing ist der Verkauf von Call-Optionen, ohne im Besitz des Basiswertes zu sein. Es ist deutlich spekulativer als das Covered Call Writing (CCW)104 , bei dem der Stillhalter die Papiere im Bestand hat (vgl. hierzu das Beispiel in Abbildung 6.42).
8 6 4 2 0 50
51
52
53
54
55
56
57
58
59
60
-2 -4
Gewinn und Verlust (EUR)
G/V Option
G/V Portfolio
G/V Aktie
Aktienkurs (EUR)
Abbildung 6.42: CCW Payoff inkl. G&V Rechnung105
Lassen Sie uns zunächst das aufgezeigte Beispiel in der Variante des Naked Call Writing reflektieren. Die Gewinn- und Verlustsituation ist somit spiegelbildlich zur Long Position (vgl. Abbildung 6.41). Szenarioanalyse:
104
105
Der Aktienkurs liegt unter dem Basispreis von 50 Euro: Der Investor im Short Call realisiert seinen maximalen Gewinn. Er hat die Prämie vollständig vereinnahmt und die Option verfällt wertlos. Das Covered Call Writing (CCW) ist eine der einfachsten und effektivsten OverlayManagement Strategien, die zu handeln sind. Durch die geschriebenen Calls werden permanent neue Cash Flows generiert. Wird ein Bestand abgerufen, kommt das Portfolio in Bewegung. Bleibt er erhalten, ist die Callprämie als Zusatzgewinn verbucht. Quelle: Eurex.
266
Optionen – bedingte Termingeschäfte
Der Aktienkurs liegt zwischen 50 Euro und 53 Euro: Der Short-CallInvestor erzielt einen verminderten Gewinn. Da der Long-Call-Investor den Call ausübt, muss der Short-Call-Investor die Aktien liefern. Er kauft diese also am Markt und bringt sie in den Call ein (zur Erinnerung: Es handelt sich um ein Naked Call Writing). Die Differenz zwischen bereits erhaltener Optionsprämie und Aufwand zur Beschaffung der Wertpapiere minus Basispreis ist sein Gewinn. Der Aktienkurs notiert über dem Break-Even-Point von 53 Euro: Der Investor erleidet einen Verlust. Er ist verpflichtet, die Aktien zum Basispreis zu liefern. Sein Verlust errechnet sich wie folgt: (Einkaufspreis − Basispreis) − Optionsprämie.
Sehr wichtig: Das Verlustpotenzial der Strategie „Short Call“ ist bei steigenden Märkten unbegrenzt! Die konservative Ausgestaltung eines Short Calls ist das CCW. Hier werden Calls auf (Aktien-)Bestände verkauft. Sollte es zu einer Ausübung kommen, kann der Short-Call-Investor aus seinem Bestand die Lieferung vornehmen. Das CCW ist eine Strategie zur Steigerung der Rendite, da vor allem unbewegte Bestände durch die Prämieneinnahme renditestärker werden. Das Risiko ist auf einen entgangenen Gewinn begrenzt. Denn steigt das Underlying über den Basispreis hinaus, so muss der CCWInvestor die Stücke liefern. Er partizipiert nicht mehr an weiteren Steigerungen des Underlyings. Sollte die Gesamtposition (Kassa & Termin) unter 47 Euro sinken (50 Euro Basis, 3 Euro Prämie), macht der Investor in der Gesamtposition einen Verlust: Er hat zusätzlich zum Terminmarktinstrument auch das Underlying im Bestand. Umgekehrt kompensiert die Einnahme aus dem Terminmarkt auch Kursrückgänge in der Kassaposition. Beispiel für ein CCW Investment: Unser Investor hat folgende Aktien im Bestand/in seinem Portfolio: 10.000 Aktien der X AG; Kaufkurs 30 Euro; Aktueller Kurs: 48 Euro 10.000 Aktien der Y AG; Kaufkurs 50 Euro; Aktueller Kurs: 51 Euro 5.000 Aktien der V AG; Kaufkurs 35 USD; Aktueller Kurs: 34 USD 5.000 Aktien der C AG; Kaufkurs 28 CHF; Aktueller Kurs: 75 CHF Die Bestände sind allesamt unbewegt und der Investor nutzt diese lediglich, um Dividenden einzunehmen. Strategie: Während des Zeitraums, in dem keine Dividendenzahlungen zu erwarten sind, wird ein CCW auf das Portfolio angewendet. Bei den Calls sollte darauf geachtet werden, dass diese aus dem Geld geschrieben werden. Durch die Prämien sichert sich der Investor einen positiven Cashflow. Im
Strategien mit Optionen
267
Falle einer Ausübung durch die Gegenposition (Long Call) ist das Risiko begrenzt, da er die Stücke bereits besitzt. Mithilfe der Prämieneinnahme, die er als außerordentlichen Ertrag eingenommen hat, ist der Investor gegen leichte Kursrückgänge abgesichert.
CCW ist eine perfekte Einstiegsstrategie und eine Renditestrategie für unbewegte Depotbestände. Durch die vereinnahmte Optionsprämie kreiert man eine weitere Einnahmequelle und schafft so zusätzlich Cashflows.
6.22.4
Die Strategie LONG PUT
Der Long-Put-Investor erwirbt durch den Kauf des Puts ein Recht, aber nicht die Pflicht, während der Laufzeit oder zum Ende der Laufzeit das Underlying an den Verkäufer des Puts (Short Put) zu verkaufen. Er bezahlt diesem eine Prämie dafür, dass er das Risiko aktiv in Kauf nimmt. Der Long-Put-Investor hat also das Recht, durch Ausübung der Option zum Verkäufer von Stücken zu werden. In unserem Beispiel sieht dies wie folgt aus: Long Put auf die Aktie X Basispreis 50 Euro Optionsprämie 3 Euro Laufzeit: September. Der Long-Put-Investor hat das Recht, die Aktie X bis zum September an den Short-Put-Investor zu verkaufen. Dieses Recht kostet 3 Euro, welches bei Geschäftsabschluss an den Short-Put-Investor bezahlt wird. Gleichzeitig wird auch der Basispreis pro Aktie auf 50 Euro festgelegt (vgl. Abbildung 6.43). Der Break-Even-Point eines Long Put ist der Marktpreis, welcher unterschritten werden muss, damit der Käufer bei Ausübung der Option einen Gewinn realisiert. Verkauf mit: Prämie: Break-Even Point:
50 Euro 3 Euro (bereits bezahlt) 47 Euro
268
Optionen – bedingte Termingeschäfte
Gewinn Basispreis: 50 EUR
Underlying
Break-EvenPoint: 47 EUR
Optionsprämie: 3 EUR Long Put
Verlust
Abbildung 6.43: Gewinn- und Verlustszenario beim Long Put
Szenarioanalyse:
Die Aktie fällt unter 47 Euro: Der Long-Put-Investor erzielt seinen maximalen Gewinn. Die Aktie liegt nur zwischen 50 und 47 Euro: Der Investor erleidet einen verminderten Verlust, da die Option am letzten Handelstag nur noch den im Geld liegenden Faktor wert ist. Das Underlying steigt gegen die Erwartungen des Investors an: Der Investor erleidet seinen maximalen Verlust. Dieser ist zwar auf die bereits bezahlte Optionsprämie begrenzt, aber dennoch als Komplettverlust anzusehen.
Diese Strategie eignet sich sowohl zur Absicherung (Hedging) als auch zur Spekulation auf fallende Kurse. Wenn ein Long Put als Absicherungsstrategie verwendet wird, entspricht die bezahlte Optionsprämie der Versicherungsprämie für die Laufzeit.
6.22.5 Die Strategie SHORT PUT Die Gegenposition zu unserer vorangegangen Long-Put-Strategie bildet der Short Put (vgl. Abbildung 6.44). Ein Short-Put-Investor ist damit einverstanden, das Underlying an einem bestimmten Tag (bzw. in einem bestimmten Zeitraum) und zu einem bestimmten Preis zu kaufen, wofür er die Options-
Strategien mit Optionen
269
Gewinn Basispreis: 50 EUR Short Put
Optionsprämie: 3 EUR Underlying
Break-Even Point: 47 EUR
Verlust
Abbildung 6.44: Gewinn- und Verlustszenario beim Short Put
prämie erhält. Diese stellt gleichzeitig seinen maximalen Gewinn dar. Jedoch ist sein Verlustpotenzial begrenzt auf den Ausübungspreis, da er die Stücke übernehmen muss.106 In unserem bereits dargestellten Beispiel müsste der Short-Put-Investor bei Ausübung der Option durch den Long-Put-Investor die Aktien zu 50 Euro kaufen. Da er bereits 3 Euro erhalten hat, ist sein realer Einstandskurs bei 47 Euro. Fällt die Aktie unter 47 Euro, erleidet der Short-Put-Investor einen Verlust. Szenarioanalyse:
Die Aktie fällt unter 47 Euro: Der Short-Put-Investor erleidet einen Verlust. Die Aktie steht zwischen 47 und 50 Euro: Die Short-Put-Position realisiert einen verminderten Gewinn. Die Aktie steht über 50 Euro: Der Investor behält die bereits erhaltene Optionsprämie und erzielt damit gleichzeitig den maximalen Gewinn.
Diese Strategie ist bei fallenden Kursen sehr riskant. Es besteht die Gefahr, hohe Verluste hinnehmen zu müssen, während der mögliche Gewinn auf die Prämieneinnahme begrenzt ist. 106
Da eine Aktie nur bis Null fallen kann, ist die Begrenzung folglich auf die Gesamtposition zu sehen.
270
Optionen – bedingte Termingeschäfte
Die Tabelle 6.11 fasst die vier Grundstrategien nochmals zusammen. Der Tabelle 6.12 kann man die jeweiligen Grundintentionen inkl. Volatilität und Zeitwerteffekt entnehmen. Tabelle 6.11: Die vier Grundpositionen im Optionsgeschäft Grundeinstellung
Geschäft
Long Call
Steigendes Underlying
Muss Prämie bezahlen; kann ggf. kaufen
Short Call
Gleich bleibendes, leicht sinkendes Underlying
Erhält als Stillhalter die Prämie und muss evtl. liefern
Long Put
Sinkendes Underlying
Muss Prämie bezahlen; kann ggf. verkaufen
Short Put
Gleichbleibendes, leicht steigendes Underlying
Erhält als Stillhalter die Prämie und muss evtl. abnehmen
Tabelle 6.12: Die vier Grundpositionen in der Übersicht und deren Erwartungshaltung Position
Kurs Underlying
Volatilität
Zeitwerteffekt
Long Call
+
+
−
Short Call
+/−
−
+
Long Put
−
+
−
Short Put
−/+
−
+
Für Einsteiger in die Materie sollten die vier Grundpositionen am Anfang genügen. Erst wer mit diesen Erfahrungen gesammelt hat, sollte sich den Kombinationen und weiterführenden Strategien zuwenden.
6.23 Wie erfolgt ein Hedging mit Optionen? Einer der grundlegendsten Gedanken im Geschäft mit Optionen ist das Absichern von bestehenden Positionen bzw. von Positionen,107 welche in der Zukunft eingegangen werden sollen. Die einfachste Art der Absicherung ist 107
Eliminieren des spezifischen Risikos einer Portfolioposition.
Wie erfolgt ein Hedging mit Optionen?
271
die Strategie „Short Basiswert“:108 Man verkauft dazu den abzusichernden Teil oder das Gesamtportfolio. Das ist einfach, aber oft nicht effektiv. Der Investor löst sich bei dieser Strategie vom Investment und damit auch von allen Chancen, weiter mit diesem Erträge zu generieren. Daher ist eine Absicherung über Termingeschäfte sinnvoller. Um einen Hedge mit Optionen aufbauen zu können, benötigt man immer eine „Hedge-Ratio“. Wie bereits dargelegt, gibt das Delta einer Option an, inwieweit der Optionswert sich aufgrund von Schwankungen des Basiswertes verändert. Es ist daher notwendig und ideal, diesen zur Berechnung eines Absicherungsverhältnisses heranzuziehen. Die Hedge-Ratio gibt also an, wie viele Optionen für die abzusichernde Position benötigt werden. 6.23.1
Der Delta-Hedge
Kontraktanzahl =
Aktienbestand 1 × Kontraktgröße Delta der Option
Beispiel: Unser Investor hat 10.000 Aktien der V-AG im Bestand. Er möchte diese bei 40 Euro absichern. Dafür wählt er einen Put mit Basis 40 Euro, welches ein Delta von −0,50 hat. Aktienbestand Kontraktgröße Kontraktanzahl = Delta der Option
10000 100 −200 = (−0,50)
Er benötigt also 200 Kontrakte,109 um die Position absichern zu können. Sollte die Aktie V fallen, kompensiert die Hedgeposition den Verlust. Jedoch muss unser Investor seinen Hedge immer anpassen, da sich das Delta der Option verändert. Zum Beispiel muss er bei einem Delta von −0,60 nur
108
109
Long und Short Basiswert sind Kassamarktstrategien, weil das Underlying direkt gekauft bzw. verkauft wird. Es besteht jedoch auch die Möglichkeit, die Basiswerte synthetisch z. B. über eine Zero-Strike-Option zu handeln. Dann sprechen wir nicht von einer Kassamarkttransaktion, sondern von einer Derivatetransaktion. Vorzeichen spielt keine Rolle.
272
Optionen – bedingte Termingeschäfte
noch 167 Kontrakte halten. Diese Strategie ist sehr teuer, da aufgrund der Veränderungen des Delta eine permanente Anpassung erfolgen muss.
Der Delta-Hedge wird von Emittenten zur Sicherung von Positionen, die aus dem Verkauf von Zertifikaten bestehen, genutzt. Kauft zum Beispiel ein Kunde eine Aktienanleihe, so wird der Emittent sofort im Hintergrund einen Delta-Hedge für die jeweilige Position ausführen. Es kann grundsätzlich gesagt werden, dass jede Handelsposition im Handelsbuch des Emittenten in die jeweilige Risikoposition „zerlegt“ wird und eine Absicherung für diese gehandelt wird. Diese Sicherungspositionen (für jede einzelne Risikoart) sind immer dynamisch und niemals statisch. Dabei werden die entstehenden Positionen, welche sich verrechnen lassen, genettet. In einem zweiten Schritt wird dann über Sicherheitstransaktionen eine Weitergabe des Risikos vorgenommen. Dies kann in einer großen Bank sowohl über das interne Hedging (ein Desk hedged sich mit einem anderen Desk der selben Bank; zum Beispiel: ETF Desk) wie auch das Hedging über den Markt erfolgen.
6.23.2 Der Protective Put Als Alternative zum Delta Hedge könnte der Investor die Strategie des Protective Put110 wählen. Dabei richtet sich die Anzahl der zu kaufenden Puts nach der Anzahl der Aktien im Portfolio. Er würde also hier eine starre 1 : 1Absicherung vornehmen, wodurch er jedoch stark gebunden ist. Er hat meist auch einen höheren Kostenaufwand (Investor hat jedoch Zuflüsse aus einer ggf. anfallenden Dividendenzahlung des Underlyings). Die Strategie Protective Put ist eine klassische Strategie der Portfolio Insurance, welche als einziges Ziel hat, ein Portfolio abzusichern. Wie bereits dargestellt handelt es sich beim Protective Put um eine statische Strategie, welche man auch mit einem Stop Loss im Underlying vergleichen könnte. Eine Kombination mit einem klassischen Covered Call Writing (CCW) kann hierbei jedoch zu einer Prämienneutralität bzw. einer Verringerung der Sicherungskosten führen. Wählt ein Investor diese Möglichkeit, so ist er eine statische Absicherungsstrategie und eine statische Verkaufsstrategie eingegangen, da er an
110
Protective Put: Long Put auf Bestände desselben Underlyings zur 1:1-Absicherung (statische Absicherung).
Wie erfolgt ein Hedging mit Optionen?
273
die Lieferverpflichtung aus dem CCW gebunden ist, als er für sich selbst den Absicherungspreis mittels des Protective Put festgelegt hat. Er hat folglich seine Position eingezäunt. Sichert ein Investor sein Portfolio mittels eines Index-Puts ab, so ist unbedingt darauf zu achten, dass sein Portfolio auch dem des Index entspricht.111 Ein sonst auftretender Tracking Error würde das gewünschte Ergebnis verfälschen bzw. beeinträchtigen. Ein weiterer festzuhaltender Problemfall ist die Laufzeit der Optionen. Da meist die Portfoliolaufzeit länger als die der Optionen angelegt ist, ist ein Weiterrollen der Positionen meist nicht zu umgehen.
6.23.3
Portfolio Insurance mit Calls
Möchte ein Investor sich gegen einen steigenden Markt absichern, da er in der Zukunft eine Investition plant, so kann er dies mittels Long Calls und einer festverzinslichen Komponente (z. B. Zerobond) darstellen. Hierbei werden wie beim Protective Put Optionen gekauft. Der Anleger profitiert vom Steigen des Underlyings, welches er zu einem späteren Zeitpunkt aus der Position kauft. Auch hier gilt: Wenn die Position über Index Calls aufgebaut werden soll, ist ein Beta-Hedge anzuraten.
6.23.4
Beta-Hedge
Eine weitere Möglichkeit derAbsicherung ist der Beta-Hedge. Hierbei kommt das ˇ des Portfolios zum Tragen. Es handelt sich dabei um eine Portfolioabsicherungsstrategie, die mittels einer Indexoption zustande kommt. Diese Art des Hedging ist sehr weit verbreitet, da ein Beta-Faktor aus jedem Portfolio errechnet werden kann. Im Gegensatz zu den obigen Strategien kommt jedoch keine isolierte Absicherung der Positionen zustande, sondern eine Portfolioabsicherung (Komplettabsicherung). Hedge-Ratio für einen Beta-Hedge: Kontrakte = Gegenwert des Portfolios × ˇPortfolio (Indexstand × Kontraktgröße der Indexoption) 111
Siehe hierzu den Abschnitt ˇ-Hedge 6.21.4.
274
Optionen – bedingte Termingeschäfte
Ein Investor möchte sein Portfolio im Gegenwert von 80.000.000 Euro mittels ODAX®-Optionen absichern. Das Beta des Portfolios beträgt 1,2. Der Kontraktmultiplikator für den ODAX® ist 5 Euro pro Punkt. Der Index steht bei 5000 Punkten. Kontraktanzahl =
80.000.000 × 1,2 (5000 × 5)
Der Investor muss somit 3.840 Kontrakte handeln.
Hedingstrategien sind i. d. R. erst einmal Aufwandsstrategien. Durch die Kombination von z. B. Long Put mit einem CCW kann dieser Aufwand reduziert werden.
6.24
Welche Optionskombinationen sind gängig?
Eingangs haben wir erwähnt, dass alle Optionskombinationen auf den vier Grundpositionen beruhen. Im kommenden Abschnitt wollen wir die gängigsten Optionskombinationen erläutern.112
6.24.1 Straddle Unter einem Straddle (deutsch: Grätsche) versteht man den gleichzeitigen Kauf oder Verkauf der gleichen Anzahl von Calls und Puts mit dem gleichen Underlying, demselben Verfallsdatum und demselben Basispreis. Wie Sie erkennen können, ist nicht die Richtung einer Kursbewegung ausschlaggebend, sondern deren Intensität (klassische Volatilitätsstrategie). 6.24.1.1 Long Straddle Bei einem Long Straddle setzt der Investor sowohl auf eine starke Kursveränderung des jeweiligen Underlyings als auch auf eine Zunahme der Volatilität.
112
Payoffs zeigen Komplettpositionen, nicht Tradingpositionen, während der Laufzeit.
Welche Optionskombinationen sind gängig?
275
Der Long Straddle ist eine klassische ,,long vol“ Strategie. D. h., der Investor kauft die Volatilität (Long-Position in den Optionen). In welche Richtung sich der Kurs bewegt, ist nicht von Relevanz, da der Investor sich beidseitig aufgestellt hat. In einer solchen Strategie steht dem unbegrenzten Gewinnpotenzial ein Verlustpotenzial gegenüber, das auf die gezahlten Optionsprämien begrenzt ist. Konstruktion eines Long Straddle: Der simultane Kauf eines Calls (Long Call) und eines Puts (Long Put) mit gleicher Laufzeit und identischen Basispreisen ergibt einen Long Straddle. Beispiel: Long Call, X-Aktie, Basis 50 Euro, Verfall September, Optionsprämie 2 Euro. Long Put, X-Aktie, Basis 50 Euro, Verfall September, Optionsprämie 1,80 Euro. Der gesamte Prämienaufwand für diese Strategie beträgt folglich 3,80 Euro. Somit liegt der Break-Even-Point entweder bei 53,80 Euro oder bei 46,20 Euro. Wir sehen also, es muss die komplette Prämie in die Erfolgsrechnung übernommen werden. Wenn sich das Underlying zwischen den beiden Break-Even-Points befindet, ist der Investor im Bereich des verminderten bzw. vollen Verlusts (vgl. Abbildung 6.45). Er kommt in den Bereich des unbegrenzten Gewinns, wenn der Kurs über einen der Break-Even-Points
Gewinn Basispreis
Underlying
Verlust
Long Straddle Long Call Long Put
Abbildung 6.45: Gewinn- und Verlustszenario bei Long Straddle
276
Optionen – bedingte Termingeschäfte
steigt oder fällt. Der Investor profitiert aus einer steigenden Volatilität aufgrund der dadurch steigenden Preise von Long-Optionen. Daher kann diese Strategie auch als positive Volatilitätsstrategie bezeichnet werden. 6.24.1.2 Short Straddle Der Short Straddle ist das exakte Gegenstück zur Long-Ausrichtung: Der Investor geht davon aus, dass sich das Underlying nicht allzu weit weg vom Basispreis bewegt. Beispiel: Short Call, X-Aktie, Basispreis 50 Euro, Verfall September, Optionsprämie 2 Euro. Short Put, X-Aktie, Basispreis 50 Euro, Verfall September, Optionsprämie 1,80 Euro. Die gesamte Prämieneinnahme bei dieser Strategie beträgt 3,80 Euro. Die Verlustgrenzen sind also bei 53,80 Euro bzw. bei 46,20 Euro. Der Investor realisiert mit dieser StrategieVerluste, wenn das Underlying stärker schwankt; er profitiert also von einer rückläufigenVolatilität. DasVerlustpotenzial dieser Strategie ist unbegrenzt (vgl. Abbildung 6.46). Sie gilt folglich als Risikostrategie, weil dem Risiko nur geringe Einnahmen aus den Prämien gegenüberstehen.
Gewinn Basispreis
Underlying
Verlust
Short Straddle Short Call Short Put
Abbildung 6.46: Gewinn- und Verlustszenario beim Short Straddle
Welche Optionskombinationen sind gängig?
277
Beim Short Straddle ist vor allem am Anfang absolute Vorsicht geboten, da man sehr schnell in die Verlustzone kommen kann und unerfahrene Investoren hier nicht schnell genug reagieren.
6.24.1.3
Straps
Straps gleichen von ihrem Aufbau Straddles. Lediglich das Mengenverhältnis wird asymmetrisch verschoben. Dabei wird i. d. R. die doppelte Anzahl Calls wie Puts gehandelt. Somit kommt es zu einem Call-Put-Verhältnis von 2 : 1. Natürlich sind auch andere Mengenverhältnisse möglich. 6.24.1.4
Strips
Bei Strips erfolgt wie auch bei Straps der Aufbau analog zu einem Straddle. Werden bei den Straps die Calls gegenüber den Puts übergewichtet, so ist dies bei den Strips gerade umgekehrt. Es findet eine Übergewichtung von Puts gegenüber den Calls statt. Auch hier kommt es oft zu einem 2 : 1-Verhältnis, nun jedoch Puts zu Calls. Wie auch schon bei den Straps besprochen, können auch hier andere Mengenverhältnisse auftreten.
6.24.2
Strangle
Unter einem Strangle versteht man den gleichzeitigen Kauf oder Verkauf der gleichen Anzahl von Calls und Puts mit demselben Basiswert und Verfallsdatum, aber unterschiedlichen Basispreisen. Diese Strategie unterscheidet sich vom Straddle also lediglich dadurch, dass die Calls oder Puts unterschiedliche Basispreise aufweisen (von einem Strangle spricht man auch, wenn es sich um Kauf oder Verkauf von Calls und Puts handelt, die denselben Basispreis, aber unterschiedliche Laufzeiten innehaben). 6.24.2.1
Long Strangle
Im Prinzip gehen der Strategie Long Strangle dieselben Grundgedanken voraus wie beim Long Straddle. Der Strangle ist im Vergleich zum Straddle billiger, da die Optionen weiter aus dem Geld sind. Folglich müssen hier die Kursauschläge stärker ausfallen.
278
Optionen – bedingte Termingeschäfte
Beispiel: Long Call, X-Aktie, Basispreis 40 Euro, Verfall: September, Prämie 1 Euro. Long Put, X-Aktie, Basispreis 36 Euro,Verfall: September, Prämie 0,80 Euro. Die Gewinnschwellen dieser Strategie liegen bei 41,80 Euro und 34,20 Euro (vgl. Abbildung 6.47). Zwischen diesen beiden Punkten liegt eine relativ breite Verlustspanne: Wenn sich das Underlying innerhalb dieses Bereichs bewegt, macht der Investor einen Verlust. Überschreitet aber der Basiswert eine der beiden Schwellen, ist der Gewinn potenziell unbegrenzt. Dagegen ist der Verlust auf die bereits bei Abschluss bezahlte Prämie begrenzt.
Gewinn Basispreis
Underlying
Verlust
Long Strangle Long Call Long Put
Abbildung 6.47: Gewinn- und Verlustszenario beim Long Strangle
6.24.2.2 Short Strangle Der Short Strangle ist spiegelbildlich zum Long Strangle zu sehen. Dieser hat im Vergleich zur Short-Straddle-Strategie den Vorteil, dass durch den breiten Optionskorridor die Chancen größer sind. Der maximale Ertrag ist auf die Prämieneinahme begrenzt. Gleichzeitig ist jedoch der Verlust potenziell unbegrenzt. Beispiel: Short Call, X-Aktie, Basispreis 40 Euro, Verfall: September, Prämie 1 Euro. Short Put, X-Aktie, Basispreis 36 Euro,Verfall: September, Prämie 0,80 Euro. Die Verlustschwellen liegen bei 41,80 Euro und 34,20 Euro.
Welche Optionskombinationen sind gängig?
279
Es ist zu beachten, dass sowohl bei stark steigenden als auch bei stark fallenden Kursszenarien die Strategie deutlich in die Verlustzone kommen kann (vgl. Abbildung 6.48). Daher ist anzuraten, im Vorfeld zu definieren und zu klären, wann und wie die Strategie im schlechtesten Fall geschlossen werden kann und muss.
Gewinn Basispreis
Underlying
Verlust
Short Stra ng le Short Call Short Put
Abbildung 6.48: Gewinn- und Verlustszenario beim Short Strangle
Strangle-Positionen reagieren etwas träger als Straddle-Positionen. Daher sind diese als „Einstiegspositionen“ für Anfänger sinnvoll.
6.24.3
Spreads
Unter einem Spread versteht man den gleichzeitigen Kauf und Verkauf einer Option desselben Typs, bei denen die Basispreise und/oder die Verfallstermine differieren. In der Fachterminologie113 werden Spreads, die mit Calls gebildet werden, als Bull Spreads bezeichnet. Im Gegenzug werden Spreads, welche mit Puts erstellt werden, als Bear Spreads bezeichnet. Faktisch wäre dies auch, wie manchmal in der Literatur beschrieben, mit der jeweiligen Gegenseite möglich. 113
Diese Einstufung ist das gängige Wording an der Terminbörse Eurex und wird von uns hier so übernommen.
280
Optionen – bedingte Termingeschäfte
Man spricht von einem gekauften oder auch Debit Spread, wenn der Investor für das Spread-Konstrukt einen Nettoprämienaufwand leisten muss. Der Credit Spread (auch: verkaufter Spread) stattet den Investor mit einer Nettoprämiengutschrift aus (vgl. Abbildung 6.49).
Spread Bull Spread = Spread mit Calls
Debit Bull Spread = Nettoaufwand
Credit Bull Spread = Nettoeinnahme
Bear Spread = Spread mit Puts
Debit Bear Spread = Nettoaufwand
Credit Bear Spread = Nettoeinnahme
Abbildung 6.49: Grundarten von Spreads
Nachfolgend wollen wir an zwei Beispielen Spreads aufzeigen: Debit Bull Spread: Dabei wird ein Call gekauft und ein Call mit einem höheren Basispreis verkauft (vgl. Abbildung 6.50). Beispiel: Kauf eines Calls auf Aktie X Basispreis 20 Euro Laufzeit: September Optionsprämie: 1,50 Euro Verkauf eines Calls auf Aktie X Basispreis 25 Euro Laufzeit: September Optionsprämie: 0,50 Euro Somit beträgt der Nettoaufwand 1 Euro. Für diese Strategie ergibt sich der größtmögliche Gewinn, wenn die Aktie am Verfallstag am oberen Basispreis oder darüber notiert. Er errechnet sich aus der Differenz der beiden Basispreise abzüglich der gezahlten Options-
Welche Optionskombinationen sind gängig?
281
30 25 20 15 10 5 0 0
5
10
15
20
25
30
35
40
-5 -10 -15 -20 -25
Abbildung 6.50: Debit Bull Spread (Payoff)
preisdifferenz. Der maximale Verlust tritt ein, wenn der Kurs der Aktie unter den tieferen Basispreis sinkt und damit beide Optionen wertlos verfallen. Credit Bear Spread: Der Investor geht von einem seitwärts leicht steigenden Markt aus. Für Marktrückschläge ist jedoch eine Long-Put-Position eingebaut. Der Investor shortet einen höheren Put und kauft einen niedrigeren Long Put. Durch den Short Put, der sich auf einen höheren Basispreis bezieht, nimmt er mehr Prämie ein, als er für den Long Put ausgegeben hat. Dadurch erhält er eine Nettoprämieneinahme, welche den maximalen Gewinn darstellt. Der maximale Verlust ist die Differenz zwischen den beiden Basispreisen abzüglich der Nettoprämie (vgl. Abbildung 6.51). Beispiel: Verkauf eines Puts auf Aktie X Basispreis 30 Euro Laufzeit: September Optionsprämie: 3 Euro
282
Optionen – bedingte Termingeschäfte
Kauf eines Puts auf Aktie X Basispreis 25 Euro Laufzeit: September Optionsprämie: 1 Euro Es ergibt sich eine Prämieneinahme (netto) von 2 Euro. Der maximale Verlust beträgt 3 Euro.114
30 25 20 15 10 5 0 0
5
10
15
20
25
30
35
-5 -10 -15 -20 -25
Abbildung 6.51: Credit Bear Spread (Payoff)
6.25
Plain-Vanilla-Optionsstrategien im Überblick
+ entspricht einer Long-Option − entspricht einer Short-Option Ziffer entspricht dem Basispreis der Option115
114 115
Errechnet sich wie folgt: 30 − 25 = 5; 5 − 2 = 3. Quelle: Tabellen in Anlehnung an Commerzbank AG O&F Prüfung.
40
Plain-Vanilla-Optionsstrategien im Überblick
6.25.1
Strategien für eine positive Markteinstellung
Markterwartung
Optionsposition
Kräftig steigend
Long Call + Call 30 Kauf Bull Spread + Call 30 − Call 35 Short Put − Put 30
Leicht steigend
Schwach steigend
6.25.2
Potenzieller Gewinn Unbegrenzt Maximale Basispreisdifferenz minus Nettoprämienaufwand Maximale Prämie
Verlustrisiko Maximale Prämie Maximaler Nettoprämienaufwand
Nahezu unbegrenzt
Strategien für eine neutrale Markteinstellung
Markterwartung
Optionsposition
Seitwärts
Verkauf Bear Spread + Put 36 − Put 40 Verkauf Bull Spread + Call 40 − Call 36
Seitwärts
6.25.3
283
Potenzieller Gewinn Maximaler Nettoprämienerlös
Maximaler Nettoprämienerlös
Verlustrisiko Maximale Basispreisdifferenz minus Nettoprämienerlös Maximale Basispreisdifferenz minus Nettoprämienerlös
Strategien für eine negative Markteinstellung
Markterwartung
Optionsposition
Schwach fallend
Short Call − Call 40 Kauf Bear Spread + Put 36 − Put 32 Long Put + Put 36
Leicht fallend
Kräftig fallend
Potenzieller Gewinn Maximale Prämie Maximale Basispreisdifferenz minus Nettoprämienaufwand Nahezu unbegrenzt
Verlustrisiko Unbegrenzt Maximaler Nettoprämienaufwand
Maximal gezahlte Prämie
284
Optionen – bedingte Termingeschäfte
6.25.4 Strategien für eine volatile Markteinstellung Markterwartung
Optionsposition
Steigende Volatilität
Long Straddle + Call 36 + Put 36 Long Strangle + Call 38 + Put 34 Short Straddle − Call 36 − Put 36
Steigende Volatilität Fallende Volatilität und konstanter Marktpreis vom Underlying Fallende Volatilität und konstanter Marktpreis vom Underlying
Short Strangle − Call 38 − Put 34
Maximaler Gewinn Nahezu unbegrenzt
Verlustrisiko Begrenzt auf gezahlte Prämie
Nahezu unbegrenzt
Begrenzt auf gezahlte Prämie
Maximal erhaltene Prämie
Nahezu unbegrenzt
Maximal erhaltene Prämien
Nahezu unbegrenzt
Abbildung 6.52 zeigt die klassischen Kombinationen und das dafür benötigte Marktumfeld auf.
Annahme einer steigenden Volatilität Buy Put
Buy Call Buy Straddle Buy Strangle
Annahme eines fallenden Underlyings
Sell Buy Call Spread Put Spread
Sell Buy Put Spread Call Spread
Annahme eines steigenden Underlyings
Sell Strangle Sell Straddle Sell Call
Sell Put
Annahme einer sinkenden Volatilität
Abbildung 6.52: Strategieübersicht mit Markt- und Volatilitätseinstufung (Grundstrategien)
Komplexe Optionsstrategien und deren Aufbau
285
Nachfolgend wollen wir einen Blick auf komplexere Strategien werfen.
Die folgenden Strategien sollten nur von erfahrenen Investoren eingesetzt werden, die Erfahrungen im Positionsmanagement von Plain-VanillaStrategien haben.
6.26
Komplexe Optionsstrategien und deren Aufbau
Nachfolgend zeigen wir komplexere Strategien auf. Diese richten sich an einen erfahrenen Kundenkreis bzw. sollten nur von Financial Engineers eingesetzt werden. Dabei kommt es oft auf die Kombination von Einzelstrategien an, welche zum aktiven Portfoliomanagement, in der Konstruktion von Financial-Engineering-Produkten oder bei Eigenhändlergeschäften benötigt werden.
6.26.1
Butterfly
Bei der Strategie Long-Butterfly profitiert der Investor vom Zeitwertverfall der Short-Positionen und der auf den Verfallstag hin ausgerichteten „in the money“-Position. Dabei entsteht der maximal mögliche Gewinn, wenn der Underlying Preis gleich dem Basispreis der Short-Position (B) ist (vgl. Abbildung 6.53). Aufbau: Variante
Basispreis 42 (A)
Basispreis 44 (B)
Basispreis 46 (C)
1
1 Long Call
2 Short Calls
1 Long Call
2
1 Long Put
2 Short Puts
1 Long Put
3
1 Long Put
1 Short Put + 1 Short Call
1 Long Call
4
1 Long Call
1 Short Call + 1 Short Put
1 Long Put
B–A muss gleich C–B sein
286
Optionen – bedingte Termingeschäfte
B
A
C
Abbildung 6.53: Long Butterfly
Bei der Short-Butterfly Variante wird ein begrenztes Gewinn- und Verlustpotential ausgewiesen. Der maximale Gewinn besteht aus den erhaltenen Prämien aus den Short-Geschäften. Dabei bilden die Long Positionen eine Begrenzung des Verlustes (vgl. Abbildung 6.54). Variante
Basispreis 42 (A)
Basispreis 44 (B)
Basispreis 46 (C)
1
1 Short Call
2 Long Calls
1 Short Call
2
1 Short Put
2 Long Puts
1 Short Put
3
1 Short Put
1 Long Put + 1 Long Call
1 Short Call
4
1 Short Call
1 Long Call + 1 Long Put
1 Short Put
C
A
B Abbildung 6.54: Short Butterfly
Komplexe Optionsstrategien und deren Aufbau
6.26.2
287
Condor
Die Strategie Condor ähnelt der Strategie Butterfly sehr. Die Gewinn- und Verlustpotenziale sind auch hier begrenzt, jedoch mit dem Unterschied, dass die Basispreise weiter auseinander liegen. Einen Long Condor wendet man dann an, wenn man von einer geringeren Volatilität ausgeht. Die Kurse sollten bei Fälligkeit zwischen den Basispreisen B und C notieren, um den größten Erfolg zu erzielen (vgl. Abbildung 6.55).
Variante Basispreis 42 (A) Basispreis 44(B) Basispreis 46 (C) Basispreis 48 (D) 1
1 Long Call
1 Short Call
1 Short Call
1 Long Call
2
1 Long Put
1 Short Put
1 Short Put
1 Long Put
3
1 Long Call
1 Short Call
1 Short Put
1 Long Put
4
1 Long Put
1 Short Put
1 Short Call
1 Long Call
B
A
C
D
Abbildung 6.55: Long Condor
Selbstverständlich lässt sich diese Strategie auch als Short Condor aufbauen. Die beiden Long-Postionen zwischen den Short-Postionen weisen hierbei unterschiedliche Basispreise auf. Es entsteht eine spiegelbildliche Strategie (vgl. Abbildung 6.56).
6.26.3
Ratio Spread
Bei einem Ratio Spread werden Long- und Short-Positionen mit unterschiedlicher Anzahl von Kontrakten aufgebaut.
288
Optionen – bedingte Termingeschäfte
D
A
C
B
Abbildung 6.56: Short Condor
6.26.3.1 Ratio Call Spread Bei einem Ratio Call Spread handelt es sich um eine Strategie, bei der einer oder mehrere Calls gekauft werden. Auf diese Position wird eine höhere Anzahl von Calls auf das selbe Underlying mit einem höheren Basispreis am Markt verkauft (vgl. Abbildung 6.57). Der Grund hierfür kann unter anderem die Refinanzierung der gekauften Position sein. Somit schafft sich der Investor einen Liquiditätsvorteil, da er die Prämien nicht aus dem Eigenkapital sondern über die zusätzlich gewonnenen Einnahmen abdecken kann. Es kann somit sowohl eine Netto Debit als auch eine Netto Credit Situation entstehen.
4.000
Gewinn
2.000
Gesamt
60 0 3. 70 0 3. 80 0 3. 90 0 4. 00 0 4. 10 0 4. 20 0 4. 30 0 4. 40 0 4. 50 0 4. 60 0 4. 70 0 4. 80 0 4. 90 0 5. 00 0 5. 10 0 5. 20 0 5. 30 0 5. 40 0 5. 50 0 5. 60 0
Sell Call
3.
Verlust
0
Buy Call
-2.000
-4.000
Kurs
Abbildung 6.57: Ratio Call Spread
6.26.3.2 Ratio Put Spread Der Ratio Put Spread werden Puts mit einem niedrigeren Basispreis verkauft und eine geringere Anzahl auf das selbe Underlying mit der selben Laufzeit wird gekauft (vgl. Abbildung 6.58). Es kann sowohl eine Netto Debit als auch
Komplexe Optionsstrategien und deren Aufbau
289
eine Netto Credit Situation entstehen, je nach dem, ob ein Prämienüberschuss oder eine Prämiendifferenz zu verbuchen ist.
4.000
Gewinn
2.000
Gesamt
0 3. 70 0 3. 80 0 3. 90 0 4. 00 0 4. 10 0 4. 20 0 4. 30 0 4. 40 0 4. 50 0 4. 60 0 4. 70 0 4. 80 0 4. 90 0 5. 00 0 5. 10 0 5. 20 0 5. 30 0 5. 40 0 5. 50 0 5. 60 0
Sell Put
3. 60
Verlust
0
Buy Put
-2.000
-4.000
Kurs
Abbildung 6.58: Ratio Put Spread
6.26.4
Back Spread (Call oder Put)
Bei einem Back Spread erfolgt die Umkehrung eines Ratio Spreads. Es werden spiegelbildlich die oben aufgeführten Positionen gehandelt. So sind z.B. die Long-Positionen umfänglicher gehandelt, als die Short-Positionen und vice versa.
6.26.5
Box-Strategien
Box-Spreads sind Optionsstrategien, welche auf dem Arbitrage-Gedanken aufgrund von Ungleichgewichten zwischen der Bewertung von Calls und Puts basieren. Es wird folglich versucht, aus diesen Ungleichgewichten einen Zusatzertrag zu erzielen. Dabei ist der Aufbau einer 4-Leg-Strategy hinsichtlich deren Beobachtung und Risikomanagement nicht trivial und es ist anzuraten, diese einem komplexen Monitoring zu unterziehen.
290
Optionen – bedingte Termingeschäfte
6.26.5.1 Long Box Long Box bezeichnet den Kauf des Box Spreads. Dieser besteht aus einem: Bull Call Spread und einem Bear Put Spread (vgl. Abbildung 6.59). Einzelposition
Verfall
Basispreis
Long Call
Januar
5000
Short Call
Januar
5500
Short Put
Januar
5000
Long Put
Januar
5500
4.000
Gewinn
2.000
Buy Call 0 4. 70 0 4. 80 0 4. 90 0 5. 00 0 5. 10 0 5. 20 0 5. 30 0 5. 40 0 5. 50 0 5. 60 0
0
60 4.
0
50
40 4.
4.
0
0
20
30
4.
4.
0
0
00
10
4.
4.
0
0 90 3.
0
80 3.
70
60
0
Buy Put 3.
3.
Verlust
0
Sell Call Sell Put
-2.000
-4.000 Kurs
Abbildung 6.59: Long Box
6.26.5.2 Short Box Short Box bezeichnet den Verkauf des Box Spreads. Dieser besteht aus einem Bear Call Spread und einem Bull Put Spread (vgl. Abbildung 6.60). Einzelposition
Verfall
Basispreis
Long Call
Januar
5500
Short Call
Januar
5000
Short Put
Januar
5500
Long Put
Januar
5000
Komplexe Optionsstrategien und deren Aufbau
291
4.000
Gewinn
2.000
Buy Call 0 3. 70 0 3. 80 0 3. 90 0 4. 00 0 4. 10 0 4. 20 0 4. 30 0 4. 40 0 4. 50 0 4. 60 0 4. 70 0 4. 80 0 4. 90 0 5. 00 0 5. 10 0 5. 20 0 5. 30 0 5. 40 0 5. 50 0 5. 60 0
Buy Put
3. 60
Verlust
0
Sell Call Sell Put
-2.000
-4.000 Kurs
Abbildung 6.60: Short Box
6.26.6
Time Spread oder Calender Spread
Bei einem Time Spread, welcher auch Calender Spread genannt wird, werden Optionskombinationen mit unterschiedlichen Laufzeitenbändern (Erfüllungstermin) gehandelt. 6.26.6.1
6.26.6.2
Bull Calender Spread Long Call 5000
März
Short Call 5000
Januar
Long Put 5000
März
Short Put 5000
Januar
Bear Calender Spread Long Call 5000
Januar
Short Call 5000
März
Long Put 5000
Januar
Short Put 5000
März
292
Optionen – bedingte Termingeschäfte
Diese Strategie kann sehr gut mit einer „Ratio“ kombiniert werden. Ratio-Call: Diese Optionsposition ist von der Grundstruktur ähnlich dem Bull-ZeitSpread, besteht aber aus einer größeren Anzahl von verkauften Calls. Ratio-Put: Diese Optionsposition ist von der Grundstruktur ähnlich dem Bear-ZeitSpread, besteht aber aus einer größeren Anzahl von verkauften Puts.
6.26.7 Long-Risk-Reversal Der Investor geht von steigenden Kursen aus. Er verkauft Puts und kauft aus der Prämieneinnahme Calls (vgl. Abbildung 6.61). Er baut folglich eine Zero-Cost-Strategie auf.
50 40 30 20 10
-10 -20 -30 -40 -50 –
25
50 Long Call
75 Short Put
100
125
150
RR
Abbildung 6.61: Long-Risk-Reversal116
Sein Gewinnpotenzial ist unlimitiert. Sein Verlustpotenzial jedoch auch. 116
Quelle: UBS.
Wie erfolgt ein Strategieaufbau mit Optionen?
6.26.8
293
Short-Risk-Reversal
Der Investor geht von einem Fallen der Kurse aus. Er kauft einen Put und finanziert diesen Kauf über den Verkauf eines Calls (vgl. Abbildung 6.62). Auch hier sehen wir wieder die Zero-Cost-Strategie.
50 40 30 20 10
-10 -20 -30 -40 -50 –
25
50 Short Call
75 Long Put
100
125
150
RR
Abbildung 6.62: Short-Risk-Reversal117
Sein Risiko und seine Gewinnchancen sind wie bei der Long-Variante unbegrenzt.
6.27
Wie erfolgt ein Strategieaufbau mit Optionen?
Es ist anzuraten, die Strategien aufeinander aufzubauen. Bei einem Neuengagement ist zu beachten, dass genügend Liquidität für spätere Operationen zurückgehalten wird. Dies ist grundsätzlich ein wichtiger Punkt: Nur 117
Quelle: UBS.
294
Optionen – bedingte Termingeschäfte
wenn der Investor über genügend Liquidität verfügt, kann er seine Strategien ausreichend erweitern und managen. In diesem Zusammenhang gilt: Lieber eine Position weniger eröffnen, dafür aber die bereits bestehenden Positionen professionell und konsequent managen. Bei Optionsstrategien ist auch zu beachten, dass Außenfaktoren wie beispielsweise die Volatilität wichtige Einflussfaktoren sind, welche man sich zunutze machen kann. So kann man zum Beispiel Strategien zur Ausnutzung der Volatilität zusätzlich zu den Spekulationspositionen aufbauen. DieVolatilität kann entweder durch Kombinationen von Optionspositionen118 dem Portfolio hinzugefügt werden oder durch das Handeln der Volatilität mittels eines Volatilitätsfutures. Sowohl die Eurex als auch andere führende Terminbörsen bieten Volatilitätsfutures als eigenständiges Instrument an. Nehmen wir das Beispiel der Eurex zur Hand. Hier werden Volatilitätsfutures auf den VSTOXX®, VDAX-NEW® und den VSMI® gelisted. Alle drei basieren auf der impliziten Volatilität von Optionen aus den drei unterschiedlichen Aktienindizes, dem Dow Jones EURO STOXX 50®, dem DAX® (vgl. Ab® bildung 6.63) sowie dem Schweizer Index SMI . Die Notierung der Futures wird in Prozent durchgeführt. Die Auszahlung des Futures lässt sich wie folgt ermitteln:119 Auszahlung (Volatilitätsindex) = m × (IVREL − IVEXP ) × n m IVREL IVEXP n
= Indexmultiplikator (1000 Euro oder 1000 CHF) = realisierte implizite 30-Tage-Volatilität bei Fälligkeit = erwartete implizite 30-Tage-Volatilität bei Geschäftsabschluss = Anzahl der Kontrakte
Diese Erweiterungen sind zwar „Nebenkriegsschauplätze“ im Portfolio, tragen jedoch ebenfalls zur Rendite bzw. zur Stabilisierung bei und sind meist schnell und preiswert zu handeln. Somit hat man als Investor eine weitere Möglichkeit, sein Positionsbuch um ein weiteres Underlying zu ergänzen, und kann im Rahmen der Diversifikation121 zielgerichteter steuern. Optionsstrategien mit risikomindernder Wirkung können hier ebenso eingebaut werden wie Ergänzungsoptionen, die evtl. nur kurz (auch Intraday genannt) gehalten werden.
118 119 120 121
Vgl. Optionskombination: Straddle. Quelle Eurex. Quelle: Interactiv Data Management Solutions. Vgl. hier: Volatilität hat eine negative Korrelation zum Aktienmarkt.
Wie erfolgt ein Strategieaufbau mit Optionen?
295
DAX-VOLATILITÄTSINDEX 0
480% 460% 440% 420% 400% 380% 360% 340% 320% 300% 280% 260% 240% 220% 200% 180% 160% 140% 120% 100% 80% 60%
2007
2008
Darstellung: Performance
2009
40%
Zeitabschnitt: 29.05.2207 – 27.05.2009
Abbildung 6.63: DAX® (unten) vs. DAX® VOLATILITÄT (oben)120
Unserer Meinung nach ist es notwendig, das Portfolio in folgende drei Gruppen aufzuteilen:
Gruppe I: Langfristige Strategiegeschäfte. Hierzu gehören Positionen, welche aus strategischen Überlegungen langfristig eingegangen werden. Sie sind das Grundgerüst des Portfolios und können unter anderem aus Absicherungsgeschäften und Kombinationsstrategien bestehen. Gruppe II: Spekulationspositionen. Hier werden die klassischen Terminmarktspekulationen bestimmten Marktbewegungen zugeordnet. Diese Positionen dienen rein der Spekulation. Gruppe III: Ultrakurze Spekulationen. Diese Spekulationen werden oft nur als Intraday122 betrieben. Im langfristigen Fall setzt man maximal drei Tage darauf, wobei der Übergang zur Gruppe II fließend sein kann. In welchem Zeitraum ein Investor hier Übergänge definiert, ist ihm überlassen. Investitionen aus Gruppe III werden beispielsweise vor Zahlenveröffentli-
122
Intraday bezeichnet ein Geschäft, welches am selben Tag auf- und wieder zugemacht wird. Am Abend hat der Investor keine offene Position.
296
Optionen – bedingte Termingeschäfte
chungen oder an Tagen mit besonderen Marktbewegungen und Ähnlichem abgeschlossen. An dieser Stelle ist es uns wichtig, darauf hinzuweisen, dass man vorsichtig sein sollte, wenn ein Investment der Gruppe III zu einem Gruppe-IInvestment wird. Die Grundintention, auch wenn diese nicht aufgeht, sollte beibehalten werden! Beispiele: Gruppe I Dazu gehören Futures auf Indizes, Futures auf Zinsderivate, Optionen auf Zinsfutures, Sicherungstransaktionen, Transaktionen auf nahestehende Unternehmen etc. Gruppe II Investitionen wie zum Beispiel Optionen auf Indizes, Optionen auf Aktienbestände, Short-Put-Optionen etc. sind Mitglieder dieser Gruppe. Gruppe III Diese Gruppe besteht unter anderem aus sehr kurzfristigen Futures, Währungsfutures, Optionspositionen auf einen speziellen Einzelwert, Warentermingeschäften etc. Der Investor versucht im obigen Kontext, so viele Möglichkeiten auszunutzen, wie machbar sind. Dafür benötigt er folgende Elemente:
Ausreichend Liquidität Ausreichende Informationen Ausreichende Markteinstellung
Die Liquidität und Informationen sind meistens vorhanden. Die anfälligste Komponente ist die ausreichende oder auch richtige Markteinstellung. Welche Bedeutung hat die Markteinstellung? Unserer Ansicht nach muss sich jeder Investor eine eigene Vorstellung vom Markt verschaffen, diesen bewerten und daraus seine Investitionen ableiten. Aufgezwungene Marktmeinungen und/oder von Dritten übernommene Aussagen enden oft negativ. Jeder Investor sollte sich selbst ein Bild machen und eigenständig entscheiden, was er tun möchte und was nicht. Demzufolge ist ein Heranführen eines neuen Optionsinvestors an die gegebenen Instrumente absolut unumgänglich. Nur wenn der Investor die Instrumente wirklich versteht, kann er eine adäquate Entscheidung treffen. Gleichzeitig entwickelt er
Wie erfolgt ein Strategieaufbau mit Optionen?
297
selbst ein Gefühl für Chance und Risiko und kann diese ins Verhältnis zu seinen Investitionen setzen. In diesem Punkt unterscheiden sich die beiden großen Investorengruppen deutlich. Auf der einen Seite haben wir die institutionellen/professionellen Investoren, die mit Liquidität und Know-how ausgestattet sind. Auf der anderen Seite steht eine Vielzahl privater Investoren. Diese können sich das Know-how ebenfalls aneignen, verfügen jedoch oft nicht über ausreichende Liquidität oder wollen diese nicht einsetzen. Grundsätzlich sind beide Gruppen nach der gleichen Art und Weise zu beraten. Dabei sind private Investoren nochmals gründlich auf die eingegangenen Risiken, deren Höhe und Ausgestaltung hinzuweisen. Prinzipiell kann man privaten Investoren dieselben Strategien anraten, allerdings sind diese häufig wegen des hohen Liquiditätsumfangs nicht umsetzbar. Seit einigen Jahren ist
In unserem Downloadbereich finden Sie ein Strategietool, welches die Simulation der oben dargestellten Strategien ermöglicht.
Abbildung 6.64: Beispielstrategie aus dem Strategy Master der Eurex123
123
Quelle: Eurex; http://www.eurexchange.com/exchange-de/handel/handelsprogramme/.
298
Optionen – bedingte Termingeschäfte
unter den privaten Investoren (Retail-Investoren) deutlich der Trend hin zu verbrieften Derivaten erkennbar. Die Gründe hierfür sind schnell aufgezeigt: Verbriefte Derivate sind einfach zu erklären, schnell zu verstehen und sind für die unterschiedlich großen Engagements gut einsetzbar. Wir weisen darauf hin, dass verbriefte Derivate auch für professionelle bzw. institutionelle Investoren offenstehen, jedoch oft aufgrund der Größen- und Kostenthematik wenig Sinn machen.124 Aus unserer eigenen Erfahrung ist es eher so, dass die Privaten die verbrieften Derivate bei den Institutionellen kaufen und letztgenannte sich eher den klassischen Derivaten an den Terminbörsen bzw. OTC zuwenden.
6.28
Optionen auf Futures, synthetische Termingeschäfte & Kombinationen
Optionen, welche sich auf Futures beziehen, ergänzen die große Palette der gelisteten Derivate.125 Durch die Kombination eines bedingten Termingeschäfts mit einem unbedingten Termingeschäft schaffen diese das unmittelbare Bindeglied zwischen diesen beiden. Diese Art von Optionen wird physisch mit dem Future-Kontrakt beliefert und ermöglicht dem Investor ein abgeschlossenes Chancen- und Risikoprofil. Bedingt durch die Optionsposition findet der Investor eine für ihn vorteilhafte, asymmetrische Risikoverteilung vor, da er ein Wahlrecht bzw. eine Option besitzt und bisher keine Verpflichtung eingegangen ist. Nach Ausübung der Option wird aus dem Wahlrecht eine Verpflichtung, nämlich die des Futures, welcher zur Gattung der unbedingten Terminmarktgeschäfte zählt. Vor allem im Bereich des Zinsfutures sind Optionen auf Futures sehr geläufig. So werden z. B. Optionen auf den Euro-Bund-Future (OGBL) und den 30year Treasury-Bond-Future (T-BOND) angeboten.
124
125
Gleichzeitig ist das Emittentenrisiko zu betrachten (vgl. Bankrott von Lehman Brothers in 2008). Ein Ausschluss des Emittentenrisikos ist durch Hinterlegung von Sicherungspositionen bei einer neutralen Stelle (z. B. Clearing-Stelle) möglich. Diese „gesicherten“ Zertifikate werden auch angeboten, jedoch im Markt nicht allzu sehr nachgefragt. Vgl. Futures-Optionen (wird in der Literatur teilweise so genannt).
Optionen auf Futures, synthetische Termingeschäfte & Kombinationen
6.28.1
299
Wie sind Optionen auf Futures aufgebaut und strukturiert?
Der Käufer einer Option auf den Future (wie etwa den Euro-Bund-Future) erwirbt das Recht, jedoch nicht die Pflicht, den Future zu einem bei Geschäftsabschluss festgelegten Preis zu kaufen (Call) oder zu verkaufen (Put). Im Falle einer Ausübung der Option wird diese physisch mit dem Future beliefert, sodass der Optionsinvestor zum Future-Investor wird. Man kann es auch anders ausdrücken: Die Optionsposition (bedingtes Geschäft) wird durch die Future-Position (unbedingtes Geschäft) ersetzt.
6.28.2
Was versteht man unter der Future-Style-Methode?
Bei Optionen auf Futures werden die Optionspreiszahlungen nicht bei Abschluss des Geschäftes, sondern während der Laufzeit (analog zur VariationMargin) durchgeführt. Es kommt somit ebenfalls zu einem täglichen Gewinn- und Verlustausgleich. Ein weiterer wichtiger Punkt ist, dass die kurzfristigen Zinsen die Optionspreisbildung beeinflussen. Im Falle kurzfristig steigender Zinsen werden die Prämien sowohl auf der Call-Seite als auch auf der Put-Seite reduziert. Dieser Zusammenhang lässt sich dadurch erklären, dass die Prämie als Barwert des erwarteten Gewinns am Laufzeitende dargestellt wird. Wenn also die Zinsen steigen, sinken der Barwert und mit ihm die Optionspreise. Die Optionspositionen werden jeden Abend anhand des Settlement-Preises bewertet und somit über das Future-Style-Verfahren ausgeglichen. Hierbei geht man nach einem ähnlichenVerfahren vor wie bei den Futures. Der Käufer einer Option profitiert von gestiegenen Optionspreisen, der Verkäufer erzielt einen Gewinn bei fallenden Preisen. Die Optionen sind meist im amerikanischen Stil aufgelegt. Ein vorzeitiges Ausüben ist in der Regel nicht zu empfehlen, da der Zeitwert verloren geht. Der Verfallstag der Optionen differiert vom „normalen“ Verfallstag, damit der Inhaber einer Short-Position angemessen entscheiden und reagieren kann. Die Optionen werden in der Regel mit dem dazugehörigen nächsten FutureKontrakt beliefert und daher auch wie dieser bezeichnet (Option auf März,126 letzter Handelstag im Februar).
126
März, weil mit dem März-Future beliefert.
300
Optionen – bedingte Termingeschäfte
Optionen auf Futures entsprechen folgenden Future-Positionen bzw. werden wie folgt beliefert: Tabelle 6.13: Übersicht über Optionen auf Futures Optionskontrakt
Future (nach Belieferung)
Long Call
Long Future
Short Call
Short Future
Long Put
Short Future
Short Put
Long Future
Die Verrechnung über die Future-Style-Methode gewährt dem Käufer der Option einen Liquiditätsvorteil und dem Verkäufer einen Liquiditätsnachteil, da die Prämien nicht sofort mit Abschluss der Option bezahlt werden, sondern im Variation-Margin-Verfahren (Future-Style-Methode) ausgeglichen werden.
6.28.3 Wie bewertet man Optionen auf Futures mit dem Black-76-Modell? Europäische Optionen auf Futures können durch eine Erweiterung der bereits bekannten Bewertungsmöglichkeiten dargestellt werden. Fischer Black hat 1976127 dazu die erste Arbeit veröffentlicht. Unter der Annahme, dass FuturePreise einem lognormalverteilten Prozess folgen, sind europäische Calls und europäische Puts wie folgt zu bestimmen (S0 wird durch F0 ersetzt, ist die Volatilität des Future-Preis):128 c = e−rT [F0 N(d1 ) − KN(d2 )] p = e−rT [KN(−d2 ) − F0 N(−d1 )]
127 128
Daher auch als Black-76-Modell bekannt. Vgl. Hull, John C.: Optionen, Futures und andere Derivate Seite 490ff.; Vgl. Black, Fischer: „The Pricing of Commodity Contracts“; Journal of Financial Economics, 3 (März 1976), 167–179.
Optionen auf Futures, synthetische Termingeschäfte & Kombinationen
wobei gilt:
301
In F0 K + 2 T/2 d1 = √ T √ d2 = d1 − T
Es gilt zu beachten, dass das Modell von Black es nicht erforderlich macht, dass der Future-Kontrakt und der Optionskontrakt zum selben Zeitpunkt fällig werden.129 Beim obigen Modell werden reguläre Optionen berechnet. Wird dagegen eine Future-Style-Option berechnet, so erfolgt daraus: c = F0 N(d1 ) − KN(d2 ) und für den Put p = KN(−d2 ) − F0 N(−d1 ) wobei gilt:
In F0 K + 2 T/2 d1 = √ T √ d2 = d1 − T
Die Put-Call-Parität für die Future-Style-Option definiert sich wie folgt: p + F0 = c + K p F0 c K
= Preis der Put-Option = Future-Preis = Preis der Call-Option = Basispreis der Option
Bei amerikanischen Optionen, welche vorzeitig ausgeübt werden, erfolgt eine sofortige Endabrechnung zum inneren Wert der Option. Die ist in vielfacher Hinsicht nicht optimal, da der Future-Preis über dem inneren Wert der Option liegt. Rechnerisch ist hiermit jedoch eine Gleichbehandlung von amerikanischen wie europäischen Optionen möglich.130 Die Abbildung 6.65 zeigt eine Bewertung mittels Black-76-Modell auf. Das Tool zu dieser Bewertung steht im Downloadbereich des Buches zur Verfügung. 129 130
Hull, John C.: Optionen, Futures und andere Derivate Seite 490 ff. Hull, John C.: Optionen, Futures und andere Derivate Seite 490 ff.
302
Optionen – bedingte Termingeschäfte
Annahmen Future-Preis Strike-Preis Risikoloser Zinssatz Volatilität Laufzeit
40,00 38,00 2,50 % 0,3000 0,2000
Berechnungen d1 −d1 d2 −d2 N(d1 ) N(−d1 ) N(d2 ) N(−d2 ) Preis Call-Option Preis Put-Option
0,4494 −0,4494 0,3152 −0,3152 0,6734 0,3266 0,6237 0,3763 3,22 1,23
Abbildung 6.65: Bewertung mittels Black-76-Modell
6.28.4 Welche Strategien werden mit Optionen auf Futures verfolgt? Es ist anzuraten, bei Optionspositionen auch Positionen auf den dazugehörigen Future in das Positionsbuch aufzunehmen. Über konsequentes Beimischen von Optionen auf Futures sind Investoren in der Lage, Strategien zur Erweiterung und Absicherung zu verfolgen. Natürlich ist jedoch auch eine isolierte Strategie denkbar und wird oft als Ableitungsstrategie (II. Ableitung) durchgeführt. Nimmt ein Investor Optionen auf einen Future in sein Positionsbuch auf, kann ein Short-Future-Investor weitere Positionen über Short-Optionen auf Futures aufbauen. Durch die Prämie generiert er einen zusätzlichen Cashflow. Falls die Optionen wertlos verfallen sollten, hat der Investor die Prämie eingenommen, ohne dabei weitere Futures aufgebaut zu haben. Wenn jedoch die Position im Geld ist, werden weitere Future-Positionen generiert und ein aktives Management des Positionsbuches durchgeführt.
Optionen auf Futures, synthetische Termingeschäfte & Kombinationen
303
Beispiel: Ein Future-Investor hat den Euro-Bund-Future (FGBL) bei 116 verkauft. Seine Einstellung gegenüber dem Bund-Future ist negativ bzw. er vertritt die Meinung, dass die Zinsen steigen werden. Aus diesem Grund möchte er seine Position erweitern. Da er sich jedoch nicht absolut sicher ist, beschließt unser Investor, die Position über Optionen und nicht über weitere Futures zu erweitern. Bestand: 100 Kontrakte, Short FGBL, Preis 116 Er baut diese Position wie folgt aus: 25 Kontrakte, Short Call, Basispreis 116 25 Kontrakte, Short Call, Basispreis 116,50 25 Kontrakte, Short Call, Basispreis 117 Der Investor nimmt über diese Positionen Prämien ein und wird nur dann ein Short-Future-Investor, wenn das Underlying die Basispreise erreicht und die Gegenposition (Long Call) die Option ausübt. Somit ist unser Investor in der komfortablen Position, sein Risiko diversifizieren zu können. Auch im Falle eines sinkenden Futures (Basispreise werden nicht erreicht) kann der Investor aus der erhaltenen Prämie und den zuvor aufgemachten 100 ShortFutures profitieren. Die Future-Positionen werden durch Optionen erweitert, wenn der Future entgegen den Erwartungen steigen sollte. Der Vorteil dieses Vorgehens liegt darin, dass der Investor durch die erhaltene Prämie seinen Einstandspreis reduziert. Wenn die Einstellung des Investors gegenüber dem Future nur bis zu einem gewissen Preis negativ ist (maximale Untergrenze), beispielsweise 114,50, kann er auch Gegenpositionen eröffnen. Der Investor verkauft nun Short Puts mit den Basispreisen 114,50 und 114,00. Im Falle einer Andienung sind diese Short Puts als Closing-Positionen zu sehen, da es sich um ein Gegengeschäft (zugegebenermaßen ohne Closing-Vermerk, aber mit derselben Wirkung) handelt. Der Investor profitiert in einem solchen Fall von seinem Short Future bis 114,50 bzw. 114,00. Dabei verfallen die verkauften Calls und die Short Puts bilden die Gegenposition. Der Investor ist durch beide Short-Positionen und die damit verbundenen Prämieneinnahmen in der Lage, seinen Gewinn zu erweitern. Lassen Sie uns nun die obige Strategie anhand des Chancen- und Risikoprofils aufgliedern.
304
Optionen – bedingte Termingeschäfte
Die Tabelle 6.14 zeigt einen Ausschnitt aus einem Trading-Book mit Erweiterungspositionen. Positionsbuch: FGBL steht bei 115,50 Tabelle 6.14: Trading-Book mit Erweiterungspositionen Kontraktanzahl
Kontrakt-Typ
Basispreis
Strategie
100
Short Future
116
Ursprung
25
Short Call
116
Erweiterung Future
25
Short Call
116,50
Erweiterung Future
25
Short Call
117
Erweiterung Future
50
Short Put
114,50
Cap Future
50
Short Put
114
Cap Future
Das Cap definiert hierbei die Gegenposition zu den oben stehenden ursprünglichen Future-Positionen. Das Grundprofil ist einfach: Der Short Future generiert einen Gewinn, wenn der Future fällt, und wir haben den gewünschten Ertrag. Andererseits machen wir einen Verlust, wenn der Future steigt. Durch die erste Erweiterung mit den Short Calls auf den Future ergänzen wir die Strategie zunächst nur indirekt: Wir übernehmen den Future erst nach Erreichen des Basispreises. Auf den ersten Blick wirkt die erhaltene Prämie gewinnbringend, beinhaltet jedoch das Risiko, dass die bestehende Position erweitert wird. Damit wir dieses Risiko absichern können, verkaufen wir Puts mit den Basispreisen von 114,50 und 114. Das ermöglicht uns, aus der Ursprungsstrategie bei den Basispreisen auszusteigen; das heißt, wir haben einen Cap bei 114 und 114,50. Die Strategie wird somit abgeschlossen. Gleichzeitig sichern wir uns durch die erhaltene Prämie einen weiteren Risikopuffer. Welche Szenarien können eintreten? Wir erweitern die Short Futures durch ein Ausüben der Calls (→ Puts verfallen) und besitzen dann die Position, die wir ursprünglich erweitern wollten. Eine andere Möglichkeit ist die Ausübung der Puts (→ Calls verfallen) und die damit verbundene Schließung der Future-Position. Die dritte Möglichkeit wäre, dass beide Optionstypen verfallen, da sich der Future nicht signifikant bewegt hat! Wir sehen somit, dass wir durch die Erweiterung der einfachen Future-Strategie eine „planbare“, aber gleichzeitig auch komplexere Kombinationsstrategie erhalten haben. In der Praxis wird diese Art von Verkettung und Kombination täglich 1000-fach angewandt und gehört zu den Standardstrategien.
Was versteht man unter synthetischen Terminmarktpositionen?
305
Eine weitere Verkettung ist die Kombination von zwei verschiedenen Futures, um zum Beispiel unterschiedliche Laufzeithorizonte abzudecken. So kann ein Investor von der Veränderung der Zinsstrukturkurve profitieren. Solche Strategien sind jedoch nur bei liquiditätstarken Investoren zu empfehlen: Neben der Margin-Stellung benötigt man zusätzlich eine tägliche Liquiditätsdecke zur Bezahlung der Gewinn- und Verlustausgleiche. Des Weiteren lohnt es sich bei solchen Strategien, sowohl mit Gewinn- und Verlustschwellen als auch mit Limits (und auch Computersystemen zur Überwachung) zu arbeiten. Das Aufbauen einer gegenseitigen Limit-Strategie ist gerade bei Positionen, bei denen die ständige Überwachung notwendig ist, angebracht.
Optionen auf Futures eignen sich sehr gut als Erweiterungsinstrumente zu bestehenden Futures-Positionen bzw. zu deren Auf- oder Abbau von Positionen.
6.29
Was versteht man unter synthetischen Terminmarktpositionen?
Die dargestellten Terminmarktpositionen können auch synthetisch nachgebaut werden, wobei das Chancen-Risiko-Profil synthetisch nachempfunden wird (vgl. Tabelle 6.15). In Verbindung mit verschiedenen Einzelpositionen ersteht bei einer synthetischen Position eine neue Gesamtposition, welche als solche angesehen werden muss. Daher ist von einem einseitigen Auflösen der Position abzuraten. In der Tabelle 6.15 finden Sie die Kombinationsmöglichkeiten für synthetische Terminmarktpositionen. Durch die Kombination einzelner Termingeschäfte entsteht das Chancenund Risikoprofil eines erweiterten Termingeschäftes. Somit kann ein Investor mittels der einzelnen Komponenten eine neue, komplexere Chancen- und Risikostruktur schaffen. Jedoch sollte diese Kombination nur von erfahrenen Investoren durchgeführt werden.
306
Optionen – bedingte Termingeschäfte
Tabelle 6.15: Kombinationsmöglichkeiten Synthetische Form eines:
Kombinationsform aus: Call-Option
Put-Option
Future
Long Call
Long
Long
Short Call
Short
Short
Long Put
Long
Short
Short Put
Short
Long
Synthetische Form eines:
Kombinationsform aus: Call-Option
Put-Option
Long Future
Long
Short
Short Future
Short
Long
6.30 Welche Kombinationen und Verkettungsgeschäfte werden in der Praxis eingesetzt? In der Praxis werden oft Kombinationen von Optionen (Straddle, Strangle etc.) und verbrieften Derivaten (Long Call auf ein Discountzertifikat131 etc.) angewendet. Hierbei gilt jedoch: Je komplizierter das Konstrukt ist, desto unübersichtlicher wirkt das Chancen- und Risikoprofil. Daher ist unbedingt darauf zu achten, dass die Übersichtlichkeit und die Handelbarkeit jederzeit gewährleistet sind. In der Unübersichtlichkeit liegt bei diesen Strategien das größte Risikopotenzial, da Verkettungen oft nicht auf einen Blick zu erkennen sind und nur durch gesonderte Dokumentation aufgenommen werden können. Aus diesen Gründen ist eine strikte Dokumentation inklusive Handlungsempfehlung anzuraten. Aufgrund zweier Grundintensionen können Kombinationen undVerkettungsgeschäfte entstehen:
131
Spekulation und Hedging.
Verbrieftes Derivat auf einen Einzelwert oder einen Index, welches im Payoff ein Cap besitzt.
Welche Kombinationen und Verkettungsgeschäfte werden in der Praxis eingesetzt?
307
Bei einer Spekulation versucht der Investor, eine „Überrendite“ mittels Kombination mit einem weiteren Instrument zu erreichen. Dies ist beispielsweise in seitwärts laufenden Märkten anzuraten, da hier Zusatzeinkommen generiert werden können. Beim Hedging ist der Investor eine Position eingegangen, welche sich nicht nach seinen Vorstellungen entwickelt. Er versucht nun, diese durch eine Kombination mit einem Termingeschäft abzusichern. Sollte ihm dies gelingen, kann er eine feste Planungsgröße vorgeben; andernfalls hat er den resultierenden Verlust zu akzeptieren. Beide Kombinationsformen kommen meist bei Verkettungsgeschäften mit verbrieften Derivaten (Discountzertifikate etc.) zum Tragen. Die Grundintention eines Investors bei der Erweiterung eines verbrieften Derivates ist das Schaffen eines zusätzlichen Chancenprofils. Dafür geht er ein erweitertes, aber für ihn überschaubares Risiko ein. Er baut die Standardgegebenheiten des verbrieften Derivats (Vorgabe des Emittenten) durch eine von ihm aufgestellte Terminmarktposition aus. Diese Strategien im Zusammenhang ergeben die Gesamtposition. Solche Positionen sollten nur von Investoren aufgebaut werden, welche sich in der Materie bestens auskennen, da nicht nur das klassische Termingeschäft, sondern auch das verbriefte Termingeschäft bewertet werden muss. Beispiel: Unser Investor hat ein Discountzertifikat auf den Index X. Der Cap ist bei 7000 Punkten, während der Index bei 6900 Punkten notiert. Das auf dem Index X basierende Discountzertifikat steht bei 67,50 Euro. Unser Investor geht davon aus, dass der Cap von 7000 Punkten erreicht wird, aber der Index X während der Laufzeit des Zertifikats unter 7400 Punkten notieren wird. Daher verkauft er zusätzlich Call-Optionen mit einem Basispreis von 7400 Punkten. Mit der daraus resultierenden Prämie kann er sofort seinen Gewinn erhöhen. Szenario 1: Der Index steigt über 7000 Punkte, notiert aber gleichzeitig unter 7400 Punkten. Der Investor hat recht behalten und kann seinen maximalen Gewinn realisieren. Szenario 2: Der Index bleibt unter 7000 Punkten. Der Investor erzielt zwar einen vollen Gewinn aus den verkauften Calls, jedoch lediglich einen verminderten Gewinn im Discountzertifikat, da der Cap nicht erreicht wurde. Szenario 3: Der Index steigt über 7400 Punkte. Der Investor kann sich über einen vollen Gewinn aus dem Discountzertifikat freuen, muss aber einen Verlust in der Short-Call-Option hinnehmen, welcher durch die erhaltene Prämie
308
Optionen – bedingte Termingeschäfte
abgefedert wird. Sollte der Index weiter steigen, ist ein rechtzeitiges Closing anzustreben, da das Verlustpotenzial aus dem Short Call unbegrenzt ist. Wie bereits erläutert, ist die entstandene Kombination als Gesamtposition anzusehen. Denn nur durch diese Betrachtungsweise eröffnet sich das ganze Spektrum an Chancen, aber auch an Risiken. Es ist auch vorstellbar, Kombinationen mit anderen verbrieften Derivaten (zum Beispiel Express-Strukturen) durchzuführen, wobei die Komponente des verbrieften Derivates eine andere ist und dementsprechend beachtet werden muss.
Verkettungsgeschäfte und Kombinationen Einer der ausschlaggebendsten Punkte für ein Verkettungsgeschäft ist entweder das Minimieren von Risiken oder der Wunsch, einen höheren Ertrag zu erreichen. Hierbei ist jedoch unter allen Umständen auf die Logik der Verkettung und deren Übersichtlichkeit zu achten. Wird eine Kombination nicht mehr überblickt, steigt das Risiko der Gesamtposition um ein Vielfaches, da ein aktives Handeln und Eingreifen nicht mehr gewährleistet ist.
Welche Kombinationen und Verkettungsgeschäfte werden in der Praxis eingesetzt?
309
Interview mit Ralf Burkhardt, Ralf Burkhardt GmbH Vermögensverwaltung und Finanzkonzepte Herr Burkhardt, wie sehen Sie als Vermögensverwalter derzeit den Markt für Derivate und Financial-Engineering-Lösungen? Der Markt ist nach der kontinuierlichen Steigerung der letzten Jahre mit dem Ausbruch der Finanzkrise deutlich geschrumpft. Das erste Halbjahr 2008 zeigte noch gute Wachstumsraten, im zweiten Halbjahr 2008 erlebten wir einen Einbruch, wie es sich wohl in Bezug auf Ausmaß und Geschwindigkeit niemand vorstellen konnte. Langsam können wir aber eine Stabilisierung feststellen und ich schaue positiv in die Zukunft. Welche Änderungen haben sich für Sie als Vermögensverwalter aus der Finanzkrise ergeben? Unsere Kunden sind risikobewusster geworden und halten sich, wenn wir es mit anderen Krisen aus der Vergangenheit vergleichen, mit Neuanlagen stärker zurück. Es wurde in den vergangenen Monaten viel Liquidität auf Geldmarktkonten, Festgeldern oder Geldmarktfonds geparkt. Durch die sehr stark gefallenen Zinsen am kurzen Ende der Zinsstrukturkurve können wir allerdings feststellen, dass sich unsere Kunden wieder verstärkt mit anderen Anlagealternativen auseinandersetzen. Welche Derivate setzen Sie aktiv in der Vermögensverwaltung von wohlhabenden Privatkunden ein? Es sind in erster Linie Bonuszertifikate, Discountzertifikate und Aktienanleihen. Wir achten darauf, dass es einfache, von unseren Kunden nachvollziehbare Strukturen sind. Hochstrukturierte Produkte werden nach den Erfahrungen der letzten Monate nicht mehr nachgefragt. Welche Produkte setzen Sie nicht ein und warum nicht? Von Beginn an haben wir in der Vermögensverwaltung keine Alpha-Zertifikate und Outperformance-Aktienanleihen eingesetzt. Wir bevorzugen Produkte, um einen bestimmten erwarteten Trend, ob steigend, fallend oder seitwärts tendierend, umzusetzen. Auch Produkte mit mehreren Underlyings haben wir nur sehr selektiv eingesetzt. Sind für Sie an Terminbörsen gehandelte Produkte vorteilhafter als fertige FinancialEngineering-Produkte von Großbanken? Fertige Strukturen von Emittenten haben für uns den Vorteil in der Abwicklung mit den verschiedensten Depotbanken. Direktgeschäfte an Terminbörsen sind mit einigen Depotbanken nicht oder nur mit sehr hohem Verwaltungsaufwand, dann auch unsere Kunden betreffend, umsetzbar. Dies bedeutet allerdings nicht, dass wir keine direkt gehandelten Produkte von Terminbörsen einsetzten. Es muss zu dem einzelnen Kunden und zu der Depotbank passen. Welche Entwicklung haben Derivate im Bereich der Vermögensverwaltung genommen? Die Derivate sind für uns ein fester Bestandteil der Vermögensverwaltung. Die Bedeutung hat die letzten Jahre stetig zugenommen. Wenn auch der Markt für Derivate und Financial-Engineering-Produkte durch die Finanzkrise in den letzten Monaten rückläufig war, an der langfristig positiven Entwicklung wird sich meiner Meinung nach nichts ändern. Das weitere Wachstum im Bereich der Derivate wurde durch die Finanzkrise nicht gestoppt, es wurde lediglich etwas verzögert und der Wachstumstrend hat sich abgeflacht.
310
Optionen – bedingte Termingeschäfte
Welche Produkte würden Sie sich am Markt noch wünschen? Der Markt für Derivate bietet aktuell alle Möglichkeiten, um Strategien auf steigende, fallende oder seitwärts tendierende Märkte umzusetzen. Im aktuellen Marktumfeld würden es Emittenten schwer haben, neue Strukturen einzuführen. Für die Zukunft bedeutet dies allerdings nicht, dass die Kreativität nicht weiter fortgeführt werden sollte. Nur müssen sich die Emittenten stärker an den Anforderungen der Anleger ausrichten, was in der Vergangenheit nicht immer der Fall war. Welchen Regeln sind Sie beim Einsatz von Derivaten unterworfen? Die Reglementierungen wurden mit der Einführung Finanzmarktrichtlinie (MiFID) weiter verstärkt. Da wir bereits vor deren Einführung die jetzt verbindlichen Beratungsvorschriften umgesetzt hatten, bedeutet dies für uns nur einen erhöhten internen Verwaltungsaufwand. Ein Verwaltungsaufwand, der allerdings vom Umfang nicht unterschätzt werden darf. Wie sehen Sie die Zukunft hinsichtlich von Derivaten und Financial-Engineering-Lösungen? Der Markt für Derivate und Financial-Engineering-Produkte wird sich auch in der Zukunft positiv entwickeln. Davon bin ich überzeugt. Sicher haben die Emittenten wie auch die Berater aus den Fehlern der jüngsten Vergangenheit ihre Lehren gezogen. Die heutige moderne Anlagewelt mit ihren engen internationalen Verknüpfungen ist ohne derivate Anlageprodukte nicht mehr denkbar.
Literaturhinweise zu diesem Kapitel
Literaturhinweise zu diesem Kapitel Hull, John C.: Optionen, Futures und andere Derivate, 8. Auflage 2012 Madura, Jeff: International Financial Management, 6. Auflage 2004 Rudolph, Bernd; Schäfer, Klaus: Derivative Finanzinstrumente 2005 Rubinstein, Reuven Y.; Kroese Dirk P.: Simulation and the Monte Carlo Method, 2. Auflage 2008 Steinbrenner, Hans-Peter: Optionsrechte in der Praxis 2002 Wilmott, Paul: Paul Wilmott introduces Quantitative Finance, 2. Auflage 2007 Wiedemann, Arnd: Bewertung von Finanzinstrumenten, 4. Auflage 2007
311
312
Optionen – bedingte Termingeschäfte
Fragen und Antworten zu diesem Kapitel Frage 1: Stimmt die Lehraussage? Optionen mit kurzer Restlaufzeit sollen gekauft werden! Frage 2: Worauf wirkt sich die implizite Volatilität aus? Frage 3: Stimmt die folgende Aussage? Mit fallenden Marktzinsen steigt der Preis eines Puts? Frage 4: Was versteht man unter einem Strap? Frage 5: Stimmt die Aussage, dass es sich bei einem Short-Risk-Reversal um eine Zero-Cost-Strategie handelt? Antwort zu Frage 1: Nein, die Aussage ist falsch. Optionen mit einer kurzen Restlaufzeit sollen aufgrund des positiv für den Verkäufer laufenden Zeitwertes verkauft werden. Antwort zu Frage 2: Sie wirkt sich auf den Optionspreis aus. Dieser hat jedoch auch Einfluss auf die implizite Volatilität. Somit stehen beide in einem gegenseitigen Abhängigkeitsverhältnis. Antwort zu Frage 3: Ja, die Aussage ist korrekt. Antwort zu Frage 4: Es handelt sich dabei um einen Straddle, jedoch wird das Mengenverhältnis asymmetrisch verschoben. I. d. R. wird die doppelte Anzahl von Calls wie von Puts gehandelt. Antwort zu Frage 5: Ja, die Aussage ist korrekt. Durch den Verkauf der Calls werden die gekauften Puts finanziert.
7
Devisentermingeschäfte und Warentermingeschäfte
In Kapitel 7 werden Sie Folgendes erfahren:
Was sind Devisentermingeschäfte?
Was sind Währungstermingeschäfte?
Welche Preisfindung gibt es hier?
Welche Strategien kann ich mit FX-Derivaten und CommodityDerivaten aufbauen?
Welche Besonderheiten gibt es hier?
7.1
Entwicklung des Devisenhandels
Nachdem 1971 die Goldkonvertibilität aufgehoben wurde und die Währungen frei floaten konnten, begann der Bereich der Devisentermingeschäfte zu expandieren. Dies lag vor allem daran, dass sich Investoren der Chancen und Risiken des neuartigen Währungssystems bewusst waren. Auch wurde die Notwendigkeit erkannt, sich gegen ungewünschte Abwertungen abzusichern und auf diese zu spekulieren. Es gibt zwei Arten von Devisentermingeschäften: Zum einen die OTC, welche die Banken in ihren Devisenhandelszentren untereinander und für ihre Kunden abwickeln; zum anderen Termingeschäfte, welche über die Terminbörsen (vgl. Abbildung 7.1) gehandelt werden. Die CME in Chicago hat hier eine Vormachtstellung im Handel. Beide Arten von Devisentermingeschäften sind heute in der Praxis stark verbreitet, wobei die individuell abgeschlossenen Geschäfte eher zum Hedging bzw. zur Sicherung von GrundDOI 10.1515/9783110531169-009
314
Devisentermingeschäfte und Warentermingeschäfte
Sonstige EUR/JPY, EUR/GBP,
6%
EUR/CHF 2%
USD/EUR 28%
USD/andere 32%
JPY/USD 14% USD/GBP 13% CHF/USD 5%
Abbildung 7.1: Anteile der Währungspaare am Handel (Stand: 2007)1
geschäften2 und die Devisenfutures aufgrund der hohen Liquidität und der engeren Geld- und Briefkurse eher zur Spekulation3 eingesetzt werden.
7.2
Grundsätzliches zum Devisenhandel
Lassen Sie uns einen kurzen Ausflug in die Welt des Devisenhandels machen. Devisen (engl. Foreign Exchange oder auch nur FX) sind ausländische Währungen in Form von Buchgeld. Im Gegensatz zum Buchgeld wird Bargeld als Sorten bezeichnet. Unter dem Devisenhandel versteht man also den Tausch von Währungen untereinander. Er hat aus volkswirtschaftlicher Sicht die Aufgabe, als konjunktureller Regulator zwischen zwei verschiedenen Volkswirtschaften mit unterschiedlichen Währungen zu wirken.
1 2 3
Vgl. Bloss, Eil, Ernst, Fritsche, Häcker: Währungsderivate, Oldenbourg 2009. Verbreitet in der Industrie bzw. im Corporate Finance. Eher im Investmentbanking und im Wealth Management eingesetzt.
Grundsätzliches zum Devisenhandel
315
Der Devisenkurs ist definiert als der Preis (angegeben in der Heimatwährung), welcher für eine fremde Währung bezahlt werden muss. Man spricht hier auch von der Preisnotiz. Das Gegenstück dazu ist die Mengennotiz, die in einer Fremdwährung ausgedrückt wird und den Preis für die Heimatwährung angibt (vgl. Abbildung 7.2).
Menge otiert nn
MENGENNOTIERT z.B. Euro gegenüber allen Währungen
DEVISEN
PREISNOTIERT z.B. Britisches Pfund
Pr
ei
s n o t i e rt
Abbildung 7.2: Devisen-Notierungsarten
In der Praxis wird der Euro grundsätzlich gegen alle Währungen mengennotiert. Einzige Ausnahme ist die Notierung Britisches Pfund (GBP) gegen Euro, welche preisnotiert ist. Grundsätzlich sind aber beide Notierungsarten möglich, da sie lediglich die Sichtweise des Betrachters wiedergeben. Während im Devisenkassahandel die Lieferung und Erfüllung nach zwei Arbeitstagen erfolgen muss, gibt es beim Devisenterminhandel eine zeitliche Lücke: Die Erfüllung folgt nicht sofort der Einigung, sondern innerhalb eines Zeitraums, welchen wir als Devisenterminzeitraum bezeichnen. Der internationale Devisenmarkt ist mit einem Tagesvolumen von 3,2 Billionen US-Dollar am Tag der größte Markt der Welt. Im Zeitraum von 2004 bis 2007 ist der Tagesumsatz an den Devisenmärkten um 71 Prozent gestiegen.4
4
Quelle: EUROSTAT, EZB.
316
Devisentermingeschäfte und Warentermingeschäfte
7.3
Das Währungsrisiko
Ein Währungsrisiko besteht besonders für international tätige Investoren und Unternehmen, sobald sie sich in Geschäften in einer anderen als ihrer Heimatwährung engagieren,5 da hiermit zukünftige Zahlungsein- und -ausgänge sowie Guthabenbestände in Fremdwährung verbunden sind.6 Da Währungskurse als volatil und als nicht mit völliger Sicherheit prognostizierbar gelten,7 wird unter dem Begriff Währungsrisiko allgemein die Gefahr einer Abweichung des tatsächlichen Wechselkurses vom erwarteten Wechselkurs bzw. Terminkurs verstanden.8 Die Abbildung 7.3 zeigt diese Thematik am Beispiel von Euro/USD auf. Somit stellt das Währungsrisiko „durch Wechselkursänderungen verursachte Schwankungen in den Cashflows oder dem ausgewiesenen Gewinn des Unternehmens (oder eines Investors)“ dar,9 wobei vorteilhafte Schwankungen als Chance und negative Schwankungen als Gefahr für das diesen angesehen werden.10
tatsächlicher Kurs in t1
Wahrscheinlichkeit
Streuung der in t1 möglichen Wechelskurse (=Wechselkursrisiko)
Kurs in t0
Kurserwartung (Erwartungswert) in t0 für t1
1,60
1,70
1,80
1,90
2,00
2,10
Wechselkurs (USD/EUR)
Abbildung 7.3: Wechselkursrisiko und Kurserwartung am Beispiel Euro/USD11
5 6 7 8 9 10 11
Vgl. Büschgen, S. 307. Vgl. Beike; Barckow, S. 95. Vgl. Breuer, S. 117. Vgl. Büschgen, S. 307. Vgl. Breuer, S. 117. Vgl. Beike; Barckow, S. 95. Vgl. Sperber, S. 210.
Wirtschaftliche Einflussfaktoren der Währungspreisbildung
7.4
317
Wirtschaftliche Einflussfaktoren der Währungspreisbildung
Folgende Einflussfaktoren der Währungspreisbildung können genannt werden:
Leistungs- und Kapitalverkehrsvolumen Zinsniveau Inflationsraten Wirtschaftswachstum Geldmengenveränderung Konjunkturentwicklung Wirtschaftspolitik der Regierungen und der Notenbanken Krisen, Unruhen, Kriege Politische Einflussnahme von innen und außen Marktpsychologische Einflussfaktoren wie Rücktritte, Gerüchte, Bestätigungen, Ankündigungen, Wahlergebnisse etc.
Die Einflüsse auf die Währungspreisbildung sind sehr umfangreich und komplex, und daher oftmals nur sehr schwer zu prognostizieren. Gerade politische Einflüsse wirken hier schnell und können tiefgreifend sein.
7.5
Devisenkassageschäft
Bei einem Kassa- oder auch Kassafestpreisgeschäft wird der Handelsgegenstand – in unserem Fall die Devisen – fest gehandelt und innerhalb von zwei Arbeitstagen nach Abschluss geliefert bzw. abgenommen. Diese Geschäfte, bei denen Abschluss und Erfüllung zeitnah aufeinanderfolgen, werden im normalen Geschäftsverlauf ohne besondere Berücksichtigung täglich durchgeführt (Interbankenhandel). Sie unterliegen keinen besonderen Verpflichtungen und werden wie ein Wertpapierkassageschäft behandelt und angesehen. Dies bedeutet unter anderem auch, dass der Investor die zur Erfüllung benötige Liquidität sofort vorhalten muss. Der Abrechnungskurs wird dabei entweder als Kassakurs oder als Spot-Rate (vgl. Abbildung 7.4) bezeichnet und stellt den Wechselkurs der Kassatransaktion dar. Als Handelstage gelten alle Bankwochentage, somit ausgenommen Samstag, Sonntag und die Bankfeiertage der jeweiligen Länder. Der Liefertag des Geschäftes wird auch Valuta oder Valutentag genannt.
318
Devisentermingeschäfte und Warentermingeschäfte
Abbildung 7.4: Kassageschäft (Abwicklung mittels Pricingsystem Medusa)12
7.6
Was sind Devisentermingeschäfte?
Die Differenz zwischen dem Kassakurs und dem Terminkurs von Devisen hängt von den Zinsdifferenzen der beiden Währungen zueinander ab. Man geht davon aus, dass eine Anlage in der einen Währung den gleichen Ertrag erbringen muss wie in der anderen Währung. Da es sich jedoch um zwei verschiedene Zinsmärkte handelt, muss die Differenz über die Währung ausgeglichen werden. Damit gilt auch, dass risikolose Anlagen in Fremdwährung den gleichen Ertrag abwerfen wie in Eigenwährung. Der Konvergenzfaktor ist die Währung. Weist ein Devisenterminkurs gegenüber dem Devisenkassakurs einen Aufschlag auf, spricht man von einem Report. Sollte sich dagegen ein Abschlag ergeben, wird dieser als Deport bezeichnet (vgl. Abbildung 7.5). Gemäß dem Zinsparitätentheorem bezeichnet man die Zinsdifferenz zwischen zwei Währungen als Swap-Satz (Basisswap).
12
Quelle: DigitalVega.
Devisentermingeschäfte (OTC)
319
keine Differenz
Deport
Report
Devisenkurs
Abbildung 7.5: Mögliche Zinsrelationen zwischen zwei Währungen
Zinssatz der Gegenwährung > Zinssatz der quotierten Währung = Report Zinssatz der Gegenwährung < Zinssatz der quotierten Währung = Deport
7.7
Devisentermingeschäfte (OTC)
Lassen Sie uns zuerst einen Blick auf die Devisenhandelsinstrumente der Banken und Broker werfen. Ein Kunde kann auf Termin Devisen kaufen und/oder verkaufen, wobei die Bank die Gegenposition einnimmt. Diese Termingeschäfte beziehen sich meist auf Grundgeschäfte und dienen dazu, diese abzusichern und/oder die Absicherung zu erweitern. Die meisten Firmen sichern damit ihre Import- und Exportaktivitäten (gegen Wechselkursrisiken) ab und schaffen sich dadurch eine kalkulatorische Grundlage. Bei solchen Geschäften spricht man, je nach Ausgestaltung des Vertrags, entweder von einer OTC-Option, einem SWAP oder einem Forward. Da es sich um einen individuellen Vertrag zwischen zwei Parteien handelt, ist die Übertragbarkeit eines solchen Termingeschäftes auf Dritte nur sehr unwahrscheinlich und in der Praxis fast nie umsetzbar (vgl. Abbildung 7.6). Die Grundintention eines Handelspartners (oftmals Firmen) ist es meist, sich gegen Wechselkursentwicklungen abzusichern, und sie bezieht sich somit auf bestehende Grundgeschäfte. Das heißt, ihnen steht beispielsweise eine Import- oder Exporttätigkeit gegenüber.
320
Devisentermingeschäfte und Warentermingeschäfte
In den wenigsten Fällen dienen diese Geschäfte der Spekulation, was jedoch ebenfalls möglich wäre.
Abbildung 7.6: Handel eines Risk Reversal über das Pricingsystem Medusa13
Beispiel: Ein Unternehmer erhält in 6 Monaten einen Eingang über 1 Million USDollar. Er möchte den Wechselkurs zum Euro sichern. Hierfür stehen ihm zwei Möglichkeiten zur Verfügung: 1. Verkauf der 1 Million Dollar auf Termin 2. Verkauf der 1 Million Dollar gegen Euro und Aufnahme eines Kredites über 1 Million Dollar. Diesen Kredit müsste er jedoch bis zuletzt bedienen.
13
Quelle: DigitalVega.
Berechnung des Terminkurses
321
Bei beiden Varianten kommen wir zum selben Ergebnis – was auch zu erwarten war, da sonst risikolose Arbitrage getätigt werden könnte.
Ein Großteil der Devisentermingeschäfte geht als OTC-Geschäfte über die Banken. Devisenfutures, welche gelistet werden, sind eher zu aktiven Spekulationszwecken einzusetzen.
7.8
Berechnung des Terminkurses
T 1 + rQ × BQ Terminkurs = Kassakurs × T 1 + rG × BG
T rG rQ BG BQ
= Anzahl der Tage = Zinssatz p. a. in Dezimalen, quotierte Währung = Zinssatz p. a. in Dezimalen, Gegenwährung = Berechnungsbasis für quotierte Währung (360 oder 365) = Berechnungsbasis für Gegenwährung (360 oder 365)
Berücksichtigt man, dass die Handelspartner zu Geld-/Briefkursen quotieren, erhalten wir folgende Formeln: T 1 + rGeld,G × BG Terminkurs Geld = Kassakurs Geld × T 1 + rBrief ,Q × BQ T 1 + rBrief ,G × BG Terminkurs Brief = Kassakurs Brief × T 1 + rGeld,Q × BQ T rG rQ BG BQ
= Anzahl der Tage = Zinssatz p. a. in Dezimalen, quotierte Währung = Zinssatz p. a. in Dezimalen, Gegenwährung = Berechnungsbasis für quotierte Währung (360 oder 365) = Berechnungsbasis für Gegenwährung (360 oder 365)
322
Devisentermingeschäfte und Warentermingeschäfte
7.9
Berechnung des Terminkurses über den Swap-Satz
In der Praxis werden Terminkurse für Kunden einer Bank über den SwapSatz berechnet. Hierbei wird zuerst der Swap-Satz der quotierten Währungen zueinander bestimmt und dann dem Spot-Preis der Währung zugeschlagen. In der Regel verwendet man hierfür folgenden Formelausdruck: SST = SST S0 IRF IRH T
S0 × (IR F − IR H ) × T 360 × 100 + IR H × T
= Swap-Satz FX = Spot-Preis FX = Fremdw¨ahrungszins = Heimatw¨ahrungszins = Zeit in Tagen
Damit kann man den Terminkurs (ST ) wie folgt errechnen: ST = S0 + (SST ) ST = Terminkurs FX S0 = Spot-Preis FX SST = Swap-Satz FX
7.10
Devisentermingeschäfte über die Börsen
Die Börse hat nicht nur bei den an Börsen gehandelten Devisentermingeschäften, sondern auch bei allen anderen Termingeschäften zwei zentrale Funktionen: Sie kann beispielsweise zwei Parteien zusammenführen, die dann ein Geschäft eingehen, und/oder sie stellt über das Market-MakerSystem die Liquidität für den Markt zur Verfügung. Die Börse ist somit der Vermittler zwischen zwei Parteien, welche gegenläufige Ziele verfolgen. Wir unterscheiden auch hier zwischen Devisenoptionen und Devisenfutures (vgl. Abbildung 7.7).
Cross Rate
323
Devisengeschäfte Unbedingte Termingeschäfte
Devisenswaps
Plain-VanillaSwaps
DevisenForward
Exotic FX Swaps
DevisenFuture
Bedingte Termingeschäfte
Devisenoption
OTCOptionen
Börsengehandelte Optionen
Abbildung 7.7: Devisentermingeschäfte
7.11
Cross Rate
In manchen Fällen muss eine so genannte Cross Rate errechnet werden (vgl. Abbildung 7.8), da ein Währungspaar nicht unmittelbar gehandelt werden kann. Dies ist beispielsweise beim japanischen Yen (JPY) zum Schweizer Franken (CHF) der Fall. Dabei wird zuerst JPY gegen Euro und dann Euro gegen CHF gehandelt. Der resultierende Devisenkurs wird Cross Rate genannt, da „über Kreuz“ gehandelt wird. In der Praxis ist ein solcher Cross Rate kein Problem, weil er von den großen Devisenabteilungen der Banken errechnet und mit dem Kunden abgerechnet werden kann.
7.12
Devisenhändler haben eine eigene Sprache
Zugegeben, die Überschrift zu diesem Punkt ist etwas provokant, aber wenn Sie die folgenden Zeilen lesen, werden Sie verstehen, was wir meinen. Handelt man im internationalen FX-Handel eine Währung zu einer anderen, so
324
Devisentermingeschäfte und Warentermingeschäfte
Gesucht ist der CHF/JPY – berechnet über den Euro Ausgangswerte: Euro / CHF = 1,5500 Euro / JPY = 138,00 CHF / JPY = ?
Berechnung: Wie viel JPY = 1 CHF, wenn 1,5500 CHF = 1 Euro, wenn 1 Euro = 138,00 JPY
Aus diesem Dreisatz lassen sich die Eurowerte heraus kürzen. Dann ergibt sich: CHF/JPY = 138,00 / 1,5500 = 89,03 Für einen Schweizer Franken bekommt man 89,03 japanische Yen. Abbildung 7.8: Beispiel für ein Cross Rate
werden oft Synonyme angewendet. Dies ermöglicht einen schnellen und unkomplizierten Umgang untereinander. Ein weiteres großes Kriterium ist, dass die Verwechselungsgefahr abnimmt, da die Eigenbegriffe sich nicht so sehr gleichen. Die nachfolgende Tabelle 7.1 zeigt Ihnen die gängigsten Eigenbegriffe im FX-Handel auf: Tabelle 7.1: Beispiele für die Sprache von Devisenhändlern
14
Währungspaar (ISO-CODE)14
Eigenname
EUR
USD
Fiber
EUR
GBP
Channel
GBP
USD
Cable
USD
CAD
The Funds
AUD
USD
Aussi
GBP
JPY
Geppi
NZD
USD
Kiwi
Die Abkürzungen für die jeweiligen Währungen sind standardisiert. Dies erfolgte, um evtl. Verwechslungen etc. zu vermeiden Man bedient sich hier der sogenannten ISO-Codes, welche von der International Organisation of Standardization herausgegeben werden. Der ISO-Code besteht immer aus drei Buchstaben wobei i. d. R. die ersten zwei Buchstaben das Land kennzeichnen und der letzte die Währungseinheit (Name) z. B. USD US = Vereinigte Staaten und D = Dollar.
Tobin-Steuer
7.13
325
Tobin-Steuer
Immer wieder wird über die von James Tobin15 1972 vorgeschlagene Besteuerung von internationalen Devisengeschäften (Finanzmarkttransaktionssteuer) gesprochen. Tobin schlägt darin vor, durch eine sehr niedrige Besteuerung aller auf den internationalen Finanzmärkten vorkommenden Devisengeschäfte die kurzfristige Spekulation einzudämmen. Empirische Studien widerlegen diese Annahme jedoch. Trotz dieser Tatsache werden in regelmäßigen Abständen, oft auch angestoßen über die Medien, Diskussionen darüber geführt. Die internationale Gemeinschaft diskutiert das Einführen einer Finanzmarkttransaktionssteuer nun im Zuge der Finanzmarktkrise. Das gewünschte Ziel, eine Eindämmung der uneingeschränkten Spekulation, wird diese Steuer wahrscheinlich nicht bewirken, zumal diese in allen Staaten eingeführt werden müsste. Eine deutlicheVerschiebung von Märkten in Ländern mit einer solchen Steuer in oftmals unregulierte Märkte ist wahrscheinlich. Das gilt sowohl für die Finanzmarkttraksationssteuern auf Wertpapiere wie auch auf Devisen und Derivate.
Durch die Einführung einer Finanzmarkttransaktionssteuer könnten sehr viele Gelder aus geordneten und regulierten Märkten in sogenannte Darkpools und in nicht regulierte Märkte abfließen. Dies hätte folglich den nicht gewollten Effekt, dass diese Gelder nicht mehr der staatlichen Aufsicht zur Verfügung stehen würden.
7.14
Was sind Devisenoptionen (Currency Options)?
Auch hier unterscheidet man zwischen OTC und Plain Vanilla. Der Vorteil von OTC-Währungsoptionen ist, dass der Investor sich diese genauso zusammenstellen lassen kann, wie er sie benötigt. Der Nachteil ist, dass diese Option nur für ihn sinnvoll ist und beispielsweise ein Weiterverkauf nur schwer möglich ist.
15
1918–2002: War US amerikanischer Wirtschaftswissenschaftler und erhielt 1981 den Wirtschaftsnobelpreis.
326
Devisentermingeschäfte und Warentermingeschäfte
Die standardisierten Devisenoptionen (gehandelt unter anderem an der CME, ISE)16 weisen wie die Aktienoptionen immer dieselben Grundgedanken auf: So ist ein Euro/USD-Kontrakt (CME) im Gegenwert 125.000 Euro standardisiert. Der große Vorteil dieser Optionen ist die hohe Liquidität und die schnelle Handelbarkeit an den Terminbörsen.
Der Käufer einer Devisenoption erhält, wie auch der Käufer einer Aktienoption, durch den Kauf das Recht, aber nicht die Pflicht, einen Fremdwährungsbetrag bis zu einem im Voraus bestimmten Termin zu einem im Voraus fest vereinbarten Preis zu kaufen bzw. zu verkaufen. Für dieses Recht bezahlt er eine Optionsprämie an den Stillhalter (Short).
7.15
Die Preisfindung bei Devisenoptionen nach Garman-Kohlhagen
Auch bei Devisenoptionen wird nach europäischen und amerikanischen Optionen (CRR Modell) unterschieden. Bei der Berechnung von europäischen Optionen kommt das von Mark Garman und Steven Kohlhagen modifizierte Black-Scholes-Modell aus dem Jahr 1983 für Devisenoptionen (Garman-Kohlhagen-Modell) zum Einsatz. Danach berechnet sich der Preis einer Devisenoption mit dem G ARMAN -KOHLHAGEN-Modell wie folgt: c = S0 e−r1 N(d1 ) − K0 e−r N(d2 ) mit
2 S 0 In K0 + r − 1 + 2 d1 = √ √ d2 = d1 −
c = Optionspreis (Call) S0 = Wechselkurs am Devisenkassamarkt zum Abschlusszeitpunkt
= Laufzeit des Kontrakts K0 = Basispreis der Option 16
r = Zinssatz der Heimwährung
1 = Zinssatz der Fremdwährung N = kumulative Verteilungsfunktion der Standardnormalverteilung = Volatilität
Settlement der Optionen erfolgt durch den dazugehörigen Future-Kontrakt.
Was sind Devisenfutures?
327
Wie die praktische Umsetzung des oben besprochenen Garman-KohlhagenModells anzuwenden ist, können Sie der Abbildung 7.9 entnehmen. Das für die Bewertung notwendige Tool finden Sie im Downloadbereich.
Annahmen FX Preis 1 FX Preis 2 Risikoloser Zins Inland Risikoloser Zins Ausland Volatilität Zeit
40,00 38,00 2,50 % 4,00 % 0,2000 0,2000
Berechnungen d1 −d1 d2 −d2 N(d1 ) N(−d1 ) N(d2 ) N(−d2 ) Preis Call-Option Preis Put-Option
0,4270 −0,4270 0,2929 −0,2929 0,6653 0,3347 0,6152 0,3848 3,14 1,27
Abbildung 7.9: Bewertung mit dem Garman-Kohlhagen-Modell
Das Garman-Kohlhagen-Modell ist für europäische FX-Optionen geeignet. Ist die Option amerikanischen Typs so kommt i. d. R. ein diskretes Binomialmodell zum Einsatz.
7.16
Was sind Devisenfutures?
Die CME in Chicago (als Beispiel einer Börse mit Devisenfutures) bietet eine Vielzahl von Devisenterminfutures an. Sie sind standardisiert und mit hoher Liquidität versehen. Der klassische Euro/USD-Future (EC) hat einen Kontraktgegenwert von 125.000 Euro und ist einer der meistgehandelten Kontrakte. Die Futures werden rund um die Uhr (CME; GLOBEX) gehandelt und können individuell und schnell eingesetzt werden.
328
Devisentermingeschäfte und Warentermingeschäfte
Der Markt für Devisenfutures und gelistete Optionen auf Devisen ist im Vergleich zum OTC-Markt sehr klein. Er macht in etwa 5 Prozent des gesamten Welthandels in Devisenderivaten aus. 95 Prozent aller Transaktionen werden im Interbankenhandel abgewickelt.17
Die Funktionsweise der Devisenfutures ist analog den bereits bekannten Futures. Es gibt die beiden Grundausrichtungen – steigend oder fallend – und je nach Einstellung wird ein Währungsfuture gekauft oder verkauft. Da das Settlement am Ende der Laufzeit physisch erfolgt, werden viele Futures vor dem letzten Handelstag geschlossen bzw. gerollt. Sollte sich ein Anleger jedoch für das physische Settlement entscheiden, so werden zwei Währungen zueinander bewegt. Beispiel: Unser Investor geht von einem Steigen des Euro gegenüber dem USD aus. Er kauft aufgrund dieser Annahme 10 Euro/USD-Futures (EC) an der CME. Wenn der Euro tatsächlich gegenüber dem USD steigt, macht der Investor einen Gewinn. Er erleidet einen Verlust, wenn er fällt. Tabelle 7.2: Währungsfutures und deren Grundintension Währungsfuture EUR / USD
YPY / USD
GBP / USD
EUR / CHF
17
Erwartung Euro steigt ggü. dem USD USD fällt ggü. dem Euro Euro fällt ggü. dem USD USD steigt ggü. dem Euro Yen steigt ggü. dem USD USD fällt ggü. dem Yen Yen fällt ggü. dem USD USD steigt ggü. dem Yen GBP steigt ggü. USD USD fällt ggü. GBP GBP fällt ggü. USD USD steigt ggü. GBP Euro steigt ggü. CHF CHF fällt ggp. Euro CHF steigt ggü. Euro Euro fällt ggü. CHF
Quelle: Commerzbank AG FX Research.
Position Long Future Short Future Long Future Short Future Long Future Short Future Long Future Short Future
Was sind Devisenfutures?
329
Obwohl die 10 Kontrakte einen Gegenwert von 1.250.000 Euro haben, muss unser Investor nur die Initial Margin für diese Position investieren. Das bedeutet, dass er eine günstige und flexible Währungsposition aufbauen kann (vgl. Tabelle 7.2).
7.16.1
Preisbildung von Devisenfutures
Auch bei den Devisenfutures kommt das klassische Cost of Carry Modell18 zum Einsatz. Der Verkäufer eines Futures kauft eine Fremdwährung auf Termin. Dabei setzen sich seine Kosten aus dem Wechselkurs der betreffenden Währung, den kurzfristigen Zinssätzen der inländischen und ausländischen Währung und der Laufzeit des Futures zusammen. ( 1 + 1 ) T F0 = S0 ( 1 + 2 ) T F S
1
2 T
= Future-Preis = Spot-Preis = Auslandszins = Inlandszins = Laufzeit
Der Future-Preis hängt von den Zinssätzen der jeweiligen Währung und von der Differenz zwischen dem in- und ausländischen Zinssatz ab. Im Preis enthalten ist somit der Unterschied zwischen der Rendite,19 die mit der ausländischen Währung, und der Rendite, die mit der einheimischen Währung erzielt werden kann. Ist der Kurs des Futures über dem Kassakurs, dann ist ersichtlich, dass die einheimische Währung höher verzinst wird als die ausländische.20 Liegt der Kurs unter dem Kassakurs, dann wird die ausländische Währung höher verzinst.
7.16.2
Einsatzmöglichkeiten von Devisenfutures
Da Devisentermingeschäfte eine schnelle und sehr preiswerte Variante des Tradings verkörpern, werden sie nicht nur zum Hedging, sondern häufig auch zur Spekulation eingesetzt. Große Investoren setzen hierbei auf eine 18 19 20
Finanzierungskosten abzüglich entgangener Erträge. Verzinsung. Preisnotiz; Mengennotiz: Sachverhalt ist spiegelbildlich zu sehen.
330
Devisentermingeschäfte und Warentermingeschäfte
angenommene Marktbewegung der Währung. An dieser Stelle ist es ratsam, mit Limits zu arbeiten, da sich die Währungen oft sehr schnell und zum Teil auch nachts bewegen. Oft werden diese Instrumente als Ergänzung zu bestehenden Termingeschäften wie etwa dem Euro-Bund-Future eingesetzt. Doch auch als Einzelposition sind Währungsfutures in Betracht zu ziehen. Gerade in einer Zeit schneller globaler Investitionen kann darauf im professionellen Management von Portfolios und Positionsbüchern nicht mehr verzichtet werden.
7.16.3 Grundintentionen eines Investors Auch der Handel mit Devisentermingeschäften basiert auf den drei Grundintentionen. Wir wollen uns diese kurz anschauen: 7.16.3.1 Hedging Das klassische Absichern gegen Währungsschwankungen kann auf verschiedene Grundbedürfnisse zurückgehen. Beispielhaft sind zu nennen:
Import- Export-Transaktionen Preissicherung bei Investitionsaufwendungen Absichern von Beständen (Wertpapieren; Rohstoffen etc.) Absichern von Zahlungsströmen, welche in der Zukunft liegen
7.16.3.2 Spekulation Der Investor spekuliert auf eine nach seiner Ansicht eintretende Veränderung der Preise an den Devisenmärkten. Diese Spekulationen sind unabhängig von Grundgeschäften und dienen ausschließlich zur Erwirtschaftung zusätzlicher Einnahmen, wobei auch diesen Verlustrisiken gegenüberstehen: Falls der Investor auf die falsche Kursbewegung setzt, hat er den Verlust zu tragen, wobei dieser nicht durch ein Grundgeschäft kompensiert werden kann. Dennoch ergänzen diese Positionen optimal die Positionsbücher von Spekulanten, denn durch die Kombination mit Index- und Zinsfutures eröffnen Devisenfutures (vgl. Abbildung 7.10) eine weitere Investitionsebene. Dies gilt auch für Kombinationen mit Warentermingeschäften, die ebenfalls zu Spekulationszwecken dienen können. An dieser Stelle wollen wir noch darauf hinweisen, dass Devisenfutures genauso einfach zu handeln sind wie Indexfutures.
NDF – Non Deliverable Forward
331
Abbildung 7.10: Übersicht Euro/USD Future21
7.16.3.3
Spekulation auf Spreads bzw. Währungspaare
Ein Investor, der darauf spekuliert, dass sich verschiedene Währungspaare im Verhältnis zueinander verändern, kann Kombinationen aufbauen, welche das Risiko teilweise reduzieren können. Allerdings besteht auch die Gefahr, das Risiko zu potenzieren, wenn die Kombinationen nicht gegenläufig, sondern in Reihe eingesetzt werden.
7.17
NDF – Non Deliverable Forward
Möchte man ein Devisentermingeschäft auf eine nicht frei konvertierbare Währung abschließen, wie z. B. den chinesischen Renminbi (CNY) oder den koreanischen Won (KRW), so kommen sogenannte NDFs zum Einsatz. Das Geschäft wird zwar auf die nicht konvertierbare Währung abgeschlossen, jedoch am letzten Handelstag in eine bei Vertragsabschluss festgelegte Währung ausgeglichen (Cash-Settlement). Somit wird die Möglichkeit gegeben, diese Währungen in ein Hedgingverfahren (z. B. bei Firmen mit Grundgeschäft in diesen Ländern) einzubinden. Die jeweiligen Geschäfte werden i. d. R. OTC und unter Zuhilfenahme des ISDA-Master-Agreement abgeschlossen. Die Tabelle 7.3 zeigt ein Beispiel für einen NDF auf Euro/BRL inkl. der jeweiligen (der Marktlage geschuldeten)Ausgleichszahlungen.22 Bei Fälligkeit kommt es zu einer Ausgleichszahlung, folglich zu einem Cash-Settlement in Euro. Abbildung 7.11 zeigt die beiden verfügbaren Szenearien nochmals in Kompensation auf. Neben der Möglichkeit eines NDF, welcher ein symmetrisches, unbedingtes Derivat darstellt, besteht auch die Offerte, ein asymmetrisches, bedingtes Derivat abzuschließen. Man spricht dann von einem NDO, einer Non Deliverable Option. Im Gegenzug zum NDF kommt es hier zur Zahlung einer 21 22
Quelle: Interactiv Management Data Solution. Quelle: Commerzbank AG.
332
Devisentermingeschäfte und Warentermingeschäfte
Tabelle 7.3: NDF–EUR/BRL Szenarioanalyse23 Kunde
Geschäftsvorfall
Bank
Kauf BRL Verkauf Euro
NDF Kurs (Referenzkurs) Euro/BRL 2,5500 Fälligkeit in 6 Monaten
Verkauf BRL Kauf Euro
Empfängt Ausgleichszahlung
Bei Fälligkeit am Feststellungstag Leistet Ausgleichszahlung Feststellungstag Euro/BRL < 2,5500
Leistet Ausgleichszahlung
Bei Fälligkeit am Feststellungstag Euro/BRL > 2,5500
Empfängt Ausgleichszahlung
Abbildung 7.11: NDF–EUR/BRL Szenarioanalyse24
Optionsprämie (vgl. klassische Optionen) und es ergibt sich somit ein Wahlrecht (wie dies auch bei anderen Optionen der Fall ist). In der Praxis werden im Geld liegende Optionen direkt ausgeübt und es kommt auch hier zu einem Cash-Settlement.
23 24
Quelle: Commerzbank AG. Quelle: Commerzbank AG.
Warentermingeschäfte vs. Warenkassageschäfte
7.18
333
Warentermingeschäfte vs. Warenkassageschäfte
Warentermingeschäfte unterscheiden sich von klassischen Warenkassageschäften darin, dass bei Abschluss des Geschäftes keine Lieferung erfolgt – diese wird auf einen in der Zukunft liegenden Termin verschoben. Daher kann es vorkommen, dass man heute ein Warentermingeschäft auf ein Gut abschließt, welches zum Zeitpunkt des Vertrages noch nicht produziert bzw. gefördert worden ist. Diese Termingeschäfte, die auch als „Muttergeschäfte“ der Terminbörse bezeichnet werden, waren die ersten Termingeschäfte überhaupt. Durch sie entstanden im Laufe der Zeit die Terminbörsen, die wir heute kennen. Hauptgrund für den Abschluss solcher Geschäfte war das Übertragen von Risiken bzw. die Abwicklungen von Lieferungen aus fernen Ländern. In einer sehr vereinfachten Form haben diese Börsen bereits in der Antike existiert. Die wichtigsten Warenterminbörsen befinden sich heute in den USA. Hier sind die CME in Chicago und die NYMEX in New York zu nennen, welche aus einem Zusammenschluss der kleineren Milch- und Butterbörsen hervorging. Gegenwärtig wird an der NYMEX, welche die größte Warenterminbörse der Welt darstellt, ein Großteil der Warentermingeschäfte abgewickelt; sie gilt als: „. . . die letzte wahre Bastion des absoluten Kapitalismus. Hier werden die Dinge gehandelt, welche die Welt am Laufen halten“.25 Die meisten dieser Geschäfte dienen heute der Spekulation, ein Großteil davon wird durch ein Closing vorzeitig beendet. Im Gegensatz dazu ist bei Kassageschäften eine Lieferquote von fast 100 Prozent anzunehmen (vgl. Abbildung 7.12).
Abschluss eines Warentermingeschäftes Evtl. Lieferung und Abnahme der Ware
Closing des Geschäftes und Realisierung des „Spekulationsgewinnes“ bzw. des „Spekulationsverlustes“
Abbildung 7.12: Abschluss eines Warentermingeschäftes
25
Zitat: Die Glücksritter – 1983 (im engl. Orginal: Trading Places).
334
Devisentermingeschäfte und Warentermingeschäfte
Die Waren, deren Handel an der Warenterminbörse stattfindet, werden meist über Futures gehandelt. Doch gibt es grundsätzlich auch hier die Unterscheidung zwischen dem Forward (dem individuell ausgestatteten, bilateralen Vertrag) und dem Future (standardisiert und somit handelbar). Mithilfe dieser standardisierten Verträge wird ein fließender Handel ermöglicht und gleichzeitig können diese auch an Dritte übertragen werden. Wir werden im weiteren Verlauf dieses Buches nur noch die Futures betrachten, welche in der Praxis den Optionen oftmals vorgezogen werden.
7.19
Warenterminfutures
Der Aufbau eines Warenterminfutures entspricht dem eines Indexfutures oder Rentenfutures. Es handelt sich um ein unbedingtes Termingeschäft, bei dem bereits bei Abschluss alle relevanten Handelsdinge vereinbart worden sind. Wie auch bei den anderen Futures ist die Grundeinstellung des Long-FutureInvestor die Erwartung eines steigenden Preises des Underlyings und die des Short-Future-Investor eines fallenden Preises des Underlyings. Aufgrund des schnellen, preisgünstigen Handels sowie der großen Transparenz werden Warenterminfutures sehr gerne sowohl von Hedgern als auch von Spekulanten gehandelt.
7.19.1 Opening, Closing und Settlement Wie wir bereits erwähnt haben, wird ein Großteil aller Warenterminfutures (Commodity Futures) vorzeitig geschlossen und dient hauptsächlich der Spekulation. Gleichzeitig kann, wie bei einem Indexfuture, ein Closing durch ein Gegengeschäft vollzogen werden, das den Investor von seinen eingegangenen Future-Verpflichtungen vollständig entbindet (vgl. Tabelle 7.4). Wenn ein Future nicht vorzeitig geschlossen wird, muss er erfüllt werden.
Tabelle 7.4: Opening- und Closing-Transaktionen Opening
Closing
Long Future
Short Future
Short Future
Long Future
Warenterminfutures
335
Aufgrund der Vielzahl von Investoren und deren Grundbedürfnisse gibt es Warenterminfutures mit physischer Belieferung oder Cash-Settlement. Lassen Sie uns zuerst auf die physische Belieferung eingehen: Hier wechseln Waren den Besitzer bzw. werden getauscht. Diese – im Regelfall – klassische und ursprüngliche Form des Settlements wird zum Beispiel von Firmen angewandt, die mit dem gekauften Gut arbeiten oder dieses weiterverkaufen wollen (wie es den eigentlichen Grundansprüchen eines Warentermininvestors entspricht). Insbesondere in den letzten 10 Jahren ist man dazu übergangen, zusätzlich zur physischen Belieferung auch ein Cash-Settlement anzubieten, da im Bereich der Warentermingeschäfte immer mehr Spekulanten tätig sind, welche keine physische Lieferung benötigen und mittels des Cash-Settlements den Geldbetrag ausgeglichen bekommen. Der Grund hierfür ist ganz einfach: Ein Investor, welcher rein auf die Preisveränderung eines Gutes spekuliert, handelt einen Cash-Settlement-Kontrakt und möchte das Gut auf keinen Fall geliefert bekommen, sondern nur von der Marktbewegung profitieren.26 Das vorzeitige Schließen funktioniert genauso wie bei den Indexfutures: Der Differenzbetrag wird in bar ausgeglichen. Müsste der Investor hingegen die Waren liefern bzw. abnehmen, könnte das für ihn sehr problematisch werden, da er die dafür notwendige und kostenintensive Infrastruktur aufbauen und zudem das Gut kaufen oder verkaufen müsste, je nachdem, auf welchen Future er gesetzt hat. Beispiel: Kauft ein Investor z. B. einen Henry Hub Natural Gas Future und lässt sich diesen andienen, so muss er das Gut in den USA abholen. Dies ist sowohl unpraktisch als auch für viele Investoren in der Praxis nicht umsetzbar.
7.19.2
Anwendung der verschiedenen Settlements
Die Abbildung 7.13 zeigt die verschiedenen Arten des Settlements auf. Natürlich können in der Praxis Überschneidungen vorkommen, die jedoch meistens daraus resultieren, dass ein industrieller Investor als Beimischung zusätzlich Cash-Settlement-Produkte handelt. Die Abbildung 7.14 zeigt die
26
Quelle: Commerzbank AG.
336
Devisentermingeschäfte und Warentermingeschäfte
Settlement Physisches Settlement
Cash-Settlement
Industrieller Investor
Finanzinvestor
Weiterverarbeitung
Handel
…
Spekulation
Ergänzung und Diversifikation des Portfolios
Abbildung 7.13: Settlement-Varianten und deren Realisierung
Abbildung 7.14: Produktspezifikationen für ein physisches Settlement (hier: Zucker Nr. 11)27
für jedes Produkt individuell festgelegten Produktspezifikationen anhand eines Beispiels (Zucker Nr. 11) auf. 27
Quelle: Bloomberg.
Warenterminfutures
7.19.3
337
Auf welche Waren können Termingeschäfte abgeschlossen werden?
Grundsätzlich sind Warentermingeschäfte auf jedes Gut möglich. In der Praxis werden die Güter wie Abbildung 7.15 darstellt unterschieden.
Warentermingeschäfte Öl /Schmierstoffe
Gas
Öle
Heizöl
Benzin
Leichtes Öl
Gasarten
Metalle
Edel-
Industrie-
metalle
metalle
Gold, Silber, Platin, Palladium
Zinn, Zink, Blei, Kupfer
Soft Commodity
Getreide
Weizen
Mais
Früchte
Orangensaft
Zucker Nr. 11
Kaffee
Arabica Robusta
Abbildung 7.15: Den Warentermingeschäften zugrunde liegende Güter (vereinfacht dargestellt)
In der Abbildung 7.15 wird „stark vereinfacht“ dargestellt, in welche Gruppen man Warentermingeschäfte unterscheidet. Eines der meistgehandelten Warenterminprodukte ist gefrorener, hoch konzentrierter Orangensaft.28 Bei der Herstellung wird der Orangensaft auf ein Siebtel reduziert; dabei werden ihm zuvor die flüchtigen Aromen entzogen und nach der Reduktion wieder beigemischt. Anschließend wird das Konzentrat für den Lagerungsprozess eingefroren. Bei der Wiederherstellung des Saftes wird dann das Konzentrat aufgetaut und mit Wasser sowie etwas Zucker versetzt. Aufgrund der starken weltweiten Nachfrage werden die Kontrakte auf den FCOJ sehr rege gehandelt. Bei Warentermingeschäften sollte man beachten, dass man heute an den Terminbörsen bereits die Ernten der nächsten Jahre handelt. Durch Krankheiten, 28
Frozen Concentrated Orange Juice/FCOJ.
338
Devisentermingeschäfte und Warentermingeschäfte
Umweltkatastrophen und Missernten können deutliche Preissteigerungen hervorgerufen werden; umgekehrt kann bei einer sehr guten Erntesituation oder einem Einbrechen der Verbrauchernachfrage ein Preisverfall eintreten. Gerade der Handel in den Soft Commodities hat in den vergangenen Jahren stark zugenommen; so wurden zum Beispiel die Futures auf Zucker und Mais rege gehandelt,29 da beide Rohstoffe bei der Herstellung von Ethanol zum Einsatz kommen. Selbst private Investoren versuchen oft, über andere Derivate (zum Beispiel Turbozertifikate)30 in diesen Bereichen zu investieren.
Weshalb existieren Futures-Märkte? Es muss ein standardisierter Rohstoff (Ware oder Finanzinstrument) vorhanden sein. Es müssen Preisvariabilitäten bestehen und die Transaktionskosten müssen ausreichend gesenkt werden. Der Futures-Markt muss dem Investor eine Möglichkeit bieten, die ihm sonst kein anderer Markt bietet.
7.20
Abschluss von Warentermingeschäften
In Deutschland sind bislang nur die großen Terminbörsen-Broker und einige Banken mit einschlägiger Kompetenz in der Lage, Futures an Warenterminbörsen zu handeln. Die wenigsten Kreditinstitute führen bereits ein eigenes Warenterminbuch; bei den meisten ist dieser Geschäftszweig erst im Aufund Ausbau. Nur vereinzelt werden Warentermingeschäfte (hauptsächlich den Firmenkunden) zu Absicherungs- oder Spekulationszwecken angeboten. Grund ist die Gesetzeslage: Erst seit Inkrafttreten des neuen „Grundsatz I“31 ist den Banken in Deutschland der Abschluss von Warentermingeschäften erlaubt. Weiterhin fällt auf, dass hauptsächlich institutionelle bzw. professionelle Investoren sich mit dem Thema auseinandersetzen. Privaten Investoren ist dieser Markt oft aufgrund der mangelnden Liquidität verschlossen. Sie bedienen sich stattdessen der klassischen Hebelprodukte bzw. der Anlagezertifikate, um am Warenterminmarkt zu profitieren. Hinter diesen verbrieften Derivaten
29 30 31
Dies gilt vor allem für die Jahre 2006–2008. Verbriefte Zertifikate analog einem Future. Anfang 2004 herausgegeben von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin).
Wann sollte ein Investor Warentermingeschäfte abschließen?
339
stehen große Emittenten, welche die an den Warenterminbörsen abgeschlossenen Geschäfte verbriefen und in eine für private Kunden handelbare Größe bringen. Im Grundsatz sind diese Produkte jedoch ähnlich aufgebaut wie die klassischen Termingeschäfte an den Terminbörsen. Hier ist eindeutig ein Trend zu erkennen: Die privaten Investoren sind eher dem verbrieften Derivat (ausgegeben von einem Emittenten) zugewandt, wohingegen die professionellen Investoren ihre klassischen Terminmarktpositionen handeln.
7.21
Wann sollte ein Investor Warentermingeschäfte abschließen?
Diese grundlegende Frage kann je nach Investor unterschiedlich beantwortet werden. Einige Voraussetzungen müssen unseres Erachtens nach jedoch unbedingt erfüllt sein:
Ein Investor, der in Warentermingeschäften spekulieren will, muss ausreichend Liquidität vorweisen können, da diese ihm den positiven Ausgang seiner Positionen sichert. Daneben sind aber auch fachliche Eignung und Kompetenz unverzichtbar, denn der Derivatemarkt ist kein Spielplatz und ein Fehlgeschäft kann schnell sehr teuer werden (vgl. Kapitel 4). Der dritte Punkt ist die absolute Marktbereitschaft. Mit absoluter Marktbereitschaft ist gemeint, dass sich der Investor täglich mit seinem Positionsbuch beschäftigen muss. Der Derivatemarkt ist ein schneller Markt; folglich ist nicht nur eine absolute Marktpräsenz unentbehrlich, sondern auch die konsequente und korrekte Versorgung mit Informationen. Hinzu kommt die Problematik der Zeitverschiebung, da sich die Terminbörsen meist in den USA oder im sonstigen Ausland befinden. Es muss sichergestellt werden, dass Orders platziert, weitergeleitet und gehandelt werden können und dass sie gleichzeitig auch sicher abgewickelt werden. Es muss ein Grundgeschäft oder eine Spekulationsabsicht vorhanden sein. Hieraus sollte sich die gehandelte Strategie ergeben.
340
Devisentermingeschäfte und Warentermingeschäfte
Lieferprobleme Was passiert, wenn ein Farmer seine Waren komplett auf Termin verkauft hat, jedoch aufgrund eines Ernteausfalls, wegen Naturkatastrophen etc. nicht liefern kann? Diese Frage wird gerne gestellt, weshalb wir hier kurz darauf eingehen wollen. Die Gefahr, dass aufgrund einer unvorhersehbaren Katastrophe ein Ernteausfall auftritt, kann am besten durch Sachversicherungen ausgeschlossen werden. Natürlich besteht auch die Möglichkeit, dass er das Termingeschäft vorher schließt oder sich mit den Waren anderweitig eindeckt. Wir sehen, das Termingeschäft bleibt unabhängig vom „realen“ Gut bestehen und muss erfüllt werden. Daher muss sich in unserem Beispiel der Farmer im Worst-Case-Szenario einer Alternative bedienen.
7.22
Entwicklungen und Ausblick
Angesichts der sich schnell verändernden und weiterentwickelnden Märkte sehen wir weiter ein deutliches Potenzial im Bereich der Warentermingeschäfte. Dabei sind aktuelle Debatten wie die ethische Verträglichkeit des investitionsbezogenen Handels mit Rohstoffen kein wirklicher Hinderungsgrund. Gewiss, die Fragen, welche sich hier auftun, sind komplex und sollten nicht außer Acht gelassen werden. Es ist jedoch mit einer hohen Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass die Terminbörsen das Angebot mit Rohstoffen weiter ausbauen und etablieren werden. Die in den vergangenen Jahren auch an der Eurex eingeführten Rohstofffutures zeigen ein klares Bild auf. So werden hier nicht nur klassische Rohstoffe gehandelt, sondern auch Stromderivate, welche ebenfalls als Rohstoff gelten. Wir gehen daher von einer weiter fortschreitenden Entwicklung sowohl in Europa als auch in der restlichen westlichen Welt aus. Die bereits angesprochenen Bedenken, der Rohstoffterminhandel würde außerordentlich in das Preisgefüge und in die Volatilität der gehandelten Waren eingreifen, lässt sich nach aktuellen Studien nicht belegen. Dies hat eine Auswertung von 35 For schungsarbeiten gezeigt, welche unter der Federführung der Universitat AgrarentwickHalle-Wittenberg und dem Leibniz-Institut fur lung in Mittel- und Osteuropa entstanden ist. Die von Will, Pries, Prehn und Glauben veröffentliche Studie kann hier keine direkte Verbindung feststellen. Dies bezieht sich auf die Unterpunkte Preisabkopplung,
Wie kommt bei Warenterminfutures die Preisbildung zustande?
341
Preistreiber, Spekulationsblasen,32 Verelendung durch Hunger sowie auf das oft ins Feld geführte Kriterium der Intransparenz. Was den Rückschluss zulässt, dass das Thema wohl eher von den Medien zur Berichterstattung genutzt wurde, als es den Tatsachen entspricht. Wissenschaftlich konnte in keiner Studie dieser Zusammenhang isoliert werden.33
7.23
Wie kommt bei Warenterminfutures die Preisbildung zustande?
Wie bereits bei den Indexfutures dargestellt, ist der faire Future-Preis vom Kassainstrument und den Cost of Carry (Finanzierungskosten) abhängig. Doch anders als bei einem Finanzterminkontrakt kommen hier zu den Finanzierungskosten noch die Lagerhaltungs- und die Versicherungskosten hinzu. Die Lagerhaltungskosten entfallen nur, wenn ein Gut bzw. lebende Güter nicht gelagert werden können. Die Finanzierungskosten werden höher, wenn klassische Kosten (wie etwa für die Lagerhaltung) anfallen, und sie verringern sich, wenn sogenannte Zwischenerträge realisiert werden. Letzteres ist allerdings bei Waren nicht ganz so einfach: Während eine Aktie Dividende einbringt, die als Zwischengewinn zu verbuchen ist, verhält es sich bei Waren anders: Hier wird für das Halten des Gutes der sogenannte Vorteilszins (Convenience Yield) berechnet. Dieser Zusatznutzen kann zu einem Steigen oder Fallen der Cost of Carry beitragen: Steigt die Convenience Yield über die errechneten Cost of Carry, sodass sich ein Zuwachs ergibt, wird der Future unter dem aktuellen Spot-Preis (Kassapreis) gehandelt. Man spricht nun davon, dass der Future mit Backwardation gehandelt wird. Sind jedoch die Cost of Carry größer als die ConvenienceYield, so ist der Future teurer als der Spot-Preis: Man sagt, er wird Contango gehandelt (vgl. Abbildungen 7.16 und 7.17).
7.24
Commodity-Future-Preise
Wir greifen in der Tabelle 7.5 nochmals die Thematik der jeweiligen Notierungen auf und führen diese grafisch in der Abbildung 7.16 aus. 32
33
Laut der Wirtschaftswoche 8/2013 gab es zum Beispiel in 1995 ein höheres Open Interest und dennoch war der Preis tiefer; des Weiteren ist eine Preissteigerung im historischen Vergleich nicht vorhanden. Vgl. Wirtschaftswoche Nr. 8/2013: Trockene Tatsachen.
342
Devisentermingeschäfte und Warentermingeschäfte
Tabelle 7.5: Relation zwischen Kassa- und Future-Preis Commodity-Futures Kassapreis
Future-Preis
Backwardation
FuturePreise
FuturePreise Juni Mai
Mai Juni Future-Laufzeit
Future-Laufzeit
Abbildung 7.16: Contango und Backwardation34
Die Abbildung 7.17 zeigt das in der Abbildung 7.16 grafisch Dargestellte nochmals anhand von Zahlenreihen auf. Es ist hier zu unterscheiden, ob der errechnete Vorteilszins die Finanzierungskosten anhebt oder senkt. Warum dies so wichtig ist, werden wir in den kommenden Abschnitten erläutern. Die Convenience Yield ist der Ertrag des Investors, wenn er ein Gut physisch hält anstatt des zugehörigen Derivats. Bei Konsumgütern ist dies jedoch keine unmittelbar messbare Größe, sondern lässt sich aus der Terminstruktur ableiten. Der Future-Preis kann entsprechend folgender Formel kalkuliert werden: F0 = S0 ×
34
Quelle: RBS/ABN Amro.
( 1 + r + L)T (1 + y )T
Commodity-Future-Preise
343
Contango
Spot (0)
Dez +1
Dez +2
Dez +3
Dez +4
Dez +5
613,50
628,90
666,10
703,60
741,80
780,30
Steigende Preise = Contango
Backwardation
Spot (0)
Dez +1
Dez +2
Dez +3
Dez +4
Dez +5
73,85
76,12
75,42
72,97
71,17
69,74
Fallende Preise = Backwardation
Abbildung 7.17: Contango (oben) und Backwardation (oben)
F0 S0 L r y T
= Future-Preis = Spot-Preis = Lagerkosten (netto) = risikoloser Zinssatz = Convenience Yield = Laufzeit in Jahren
Wenn man y (Convenience Yield) mittels einer Formel darstellen möchte, so lautet diese: F0 × (1 + y)T = (S0 + L) × (1 + r)T Man kann auch die Lagerkosten als proportionalen Lagerhaltungskostensatz L ausdrücken und erhält so: F 0 × ( 1 + y ) T = S0 × ( 1 + r + L ) T Wenn man es nicht mathematisch ausdrücken will, könnte man sagen, dass y die von den Marktteilnehmern erwartete Unsicherheit an den Märkten darstellt, welche beispielsweise durch Missernten zustande kommen könnte. Vereinfacht gesagt, drückt es eine praktische Verknappung des Gutes aus. Sofern man von einem regen Güterangebot ausgeht, wird y klein oder gar nicht vorhanden sein. Im Falle eines Überangebots entsteht durch −y ein diskontierender Abschlag.
344
Devisentermingeschäfte und Warentermingeschäfte
Wie bereits erwähnt, ist die Preisberechnung der Warenterminfutures ähnlich wie bei Indexfutures:
Future-Preis = Spot-Preis + ((Finanzierungskosten + Lagerkosten) – Convenience Yield)
Diese vereinfachte Formel spiegelt die soeben dargestellte und komplexe Materie wider. Die Abbildung 7.18 zeigt exemplarisch die Rohstoffterminmarktkurven für die Ölsorte WTI und deren Ausgestaltung wie auch Verlauf auf.
Abbildung 7.18: Terminmarktkurve WTI35
35
Quelle: Bloomberg.
Worin liegt die Problematik einer Contango-Notierung?
7.25
345
Worin liegt die Problematik einer Contango-Notierung?
Die Antwort auf diese Frage leitet sich aus der Thematik selbst ab. Ein Investor, der einen Contangofuture gekauft hat, hat auch die Erhöhung auf die Basis bezahlt. Durch das Contango erleidet er dann einen Verlust, wenn sich der Spot-Preis nicht oder nur sehr wenig ändert. Wird nun dieser Kontrakt in den Folgemonat weiter „gerollt“, welcher ebenfalls im Contago notiert, so baut er das Verlustpotenzial weiter aus. Dieser Zusammenhang wird in Abbildung 7.19 und 7.20 veranschaulicht.
FuturePreise
= Contango
Zeit Abbildung 7.19: Contango-Problematik bei Future-Positionen
In der Praxis kann ein Contango zwischen 15 und 20 Prozent in einem Jahr liegen.36 Dies muss einem Investor bewusst sein. Erst bei einem Übersteigen des Contango kommt er rechnerisch in die Gewinnzone. Natürlich besteht die Möglichkeit, aufgrund bestimmter Marktsituationen schneller und effizienter Gewinne zu realisieren; dennoch sind diese Zusammenhänge bei der Bewertung unbedingt zu beachten. Entsprechendes gilt natürlich auch für den umgekehrten Fall, der Backwardation. 36
Quelle: Commerzbank AG.
346
Devisentermingeschäfte und Warentermingeschäfte
Abbildung 7.20: Contango-Situation bei Light Crude Oil (CL) an der NYMEX37
7.26
Future-Handel
Beim Handel mit Warenterminfutures sind einige Dinge zu beachten, welche bei Indexfutures nicht zutreffen. Der Handelskalender bei Indexfutures beinhaltet meist die nächsten drei Quartals-Endmonate und unterscheidet sich schon in diesem Punkt von den Warenterminfutures, in denen es oft für jeden Kontrakt eine monatliche Fälligkeit gibt (oft über mehrere Jahre im Voraus). Diese Tatsache ermöglicht auch einen stetigen und liquiden Handel.38 Die Qualität des Underlyings wird in den Kontraktdaten festgehalten. So wird zum Beispiel der Light Sweet Crude Oil Future mit einem süßen Öl beliefert, das maximal 0,42 Prozent Schwefelgehalt und eine relative Dichte von 37◦ bis 42◦ API aufweisen muss. Solche detaillierten Kontraktspezifikationen sind wichtig, um sicherzustellen, dass vom gleichen Gut ausgegangen wird. Gerade bei Öl, wo es sehr viele Unterschiede gibt, ist dies wichtig. Aber auch bei anderen Waren wird darauf geachtet. Es wird für die dazugehörenden Futures eine genaue Festlegung des Underlyings verlangt. So unterscheidet man beispielsweise bei Zucker zwischen der Sorte Nr. 11 und der Sorte Nr. 14 (vgl. Abbildung 7.14).
7.27
Lagerungsmöglichkeiten
Eine weitere Besonderheit bei Warentermingeschäften ist die Frage nach der Lagerungsmöglichkeit des Gutes. So lassen sich Edelmetalle und Öle recht 37 38
Quelle: Thomson Reuters. Die Liquidität der Kontrakte muss vor dem Handel individuell untersucht werden.
Welche Faktoren können die Preisbildung beeinflussen?
347
einfach und gut lagern, wobei es bei Soft-Commodities und lebenden Erzeugnissen (wie z. B. Rinder) schon deutlich schwieriger wird. Es ist daher immer notwendig, sich die Lagermengen und die Lagerhaltung anzuschauen, bevor man eine Investitionsentscheidung trifft. Gerade bei Sondersituationen (z. B. nach Naturkatastrophen)39 ist es auch schwer, einen Ausweichlagerplatz etc. zu finden.
7.28
Welche Faktoren können die Preisbildung beeinflussen?
Es ist offensichtlich, dass Warenterminmärkte Schwankungen und äußeren Einflüssen unterliegen. Die häufigsten Einflussfaktoren sind:
Nachfrage- und Angebotszahlen Produktionszahlen (real) Wetterlagen und klimatische Veränderungen, Naturkatastrophen Missernten und Schädlinge Subventionsprogramme und Zuschüsse Kriege, Embargos und Katastrophen Importzölle, Lagereinflüsse Einflussnahmen aus dem Wirtschaftswachstum einer Volkswirtschaft
Diese potenziellen Einflussfaktoren bergen sowohl Risiken als auch Chancen. Es ist daher wichtig, dass ein Investor sich gut mit der Materie auskennt. Er muss die Einflussfaktoren, die für die jeweiligen Futures relevant sind, kennen und auch einschätzen können. Ebenso ist eine entsprechende Informationsfindung unabdingbar: Wenn ein Investor in Kaffeefutures investiert hat, muss er zeitnahe und präzise Informationen zu diesem Investment bekommen. Hier unterscheiden sich die institutionellen von den privaten Investoren: Die institutionellen verfügen über ein fundiertes und stets aktuelles Wissen (aufgrund ihrer technischen Voraussetzungen), während die meisten privaten Investoren die Informationen mühsam aus verschiedenen Quellen zusammentragen müssen. In den nächsten Jahren wird sich hier ein Wandel vollziehen: Wohlhabende und einflußreiche private Investoren werden immer mehr in diesem Bereich investieren und sich somit zu einer weiteren Nachfragerschicht entwickeln.
39
z. B. Katastrophe von New Orleans (2005).
348
Devisentermingeschäfte und Warentermingeschäfte
Wir haben weiter oben bereits erläutert, dass die Soft Commodities in den letzten Jahren eine deutlich größere Nachfrage erfahren haben. Dies hängt auch mit den Veränderungen in unserer Gesellschaft zusammen. So erlebt die Welt beispielsweise derzeit einen Boom bei den Kaffeetrinkern. „Coffee to go“ ist in aller Munde. Selbst im Land des Lächelns, wo früher nur Tee getrunken wurde, erfreut sich Kaffee mittlerweile großer Beliebtheit. Somit steht ein großer, noch „schlafender“ neuer Nachfrager auf der Handelsbühne. Lassen Sie uns noch ein weiteres Beispiel aufzeigen: Zucker. Was früher nur zum Süßen genutzt wurde, ist heute einer der wichtigsten Energieträger. Durch die Beimischung bei der Produktion von Ethanol ist sowohl bei Zucker als auch bei Mais ein großes Nachfragepotenzial entstanden. Noch ist unsere heutige Gesellschaft so aufgebaut, dass es mehr junge als alte Menschen gibt. Doch aufgrund der demografischen Veränderung wird sich diese Struktur in den nächsten Jahren drastisch verschieben und auch unser Konsumverhalten beeinflussen. Auch die Steigerung des persönlichen Lebensstandards trägt ihren Anteil dazu bei, dass wir als Konsumenten andere Waren nachfragen. Dies führt dazu, dass der Preis solcher Waren steigt und sich damit unsere Prioritäten verändern. Haben in der Vergangenheit noch viele über Kaffee- und Orangensaftfutures gelacht, so ist dies heute ein bedeutender Markt. Das Interessante an den Future-Märkten ist, dass man sowohl von steigenden als auch von fallenden Preisen profitieren kann und somit eine Investition im Regelfall immer machbar ist. Voraussetzung ist immer, dass man den aktuellen Trend erkannt hat und entsprechend investiert. So einfach wie sich diese Aussage anhört, so kompliziert ist sie in die Realität umzusetzen. Gerade weil der Warenterminfuture ein einfaches und transparentes Instrument ist, lassen sich – teilweise intraday – gewinnbringende Strategien aufbauen.
Im Zusammenhang mit Warenterminfutures ist der Bezug von Informationen sehr wichtig. Gleichzeitig aber steckt hier das grundlegendste Problem vieler Investoren: Nur wer eine konsequente und gute Nachrichtenversorgung hat, kann langfristig konsequente Strategien aufbauen. Auch das richtige Einschätzen von Informationen hat eine enorme Bedeutung – insbesondere bei Warentermingeschäften ist man auf gute und vor allem realistische Expertenanalysen angewiesen. Denn nur die wenigsten Derivatespezialisten können ein Gutachten über eine Kaffeeernte richtig deuten.
Strategien im Bereich Warentermingeschäfte
349
Wer einfach ins Blaue hinein investiert, hat meist Pech. Daher ist eine konsequente Analyse unter fundamentalen und technischen Gesichtspunkten der erste Schritt für eine richtige Strategie. Dabei ist wiederum zu beachten, dass Instrumente gewählt werden, deren Handel und Clearing abgestimmt sind. Gleichzeitig muss man sich Gedanken über ein eventuelles Erfüllen des Termingeschäfts machen und zusätzlich eine NettokostenNutzen-Rechnung erstellen. Ist ein Warentermingeschäft aufgrund der Komplexität und der besonderen Abwicklung zu teuer, sollte man davon absehen. Grundsätzlich gilt: Es muss ein im Verhältnis zum Risiko gesteigerter Gewinn möglich sein.
Informationen beziehen ist die eine Seite, die andere Seite ist das Herdenverhalten und das Gruppendenken. Wir haben diese Themen im Kapitel 2.14.3.1 und 2.14.3.2 dieses Buches erklärt und angesprochen. Wie häufig und weitreichend diese Verhaltensweisen auf den Markt einwirken, kann man bei jeder Blasenbildung, bei jedem Crash und jeder unausgeglichenen Marktlage sehen.
7.29
Strategien im Bereich Warentermingeschäfte
Wie für alle anderen Arten von Termingeschäften gelten auch im Warentermingeschäft die drei Grundintentionen:
Hedging Arbitrage Spekulation
Nachfolgend werden wir jede Grundintention aufgreifen und erklären bzw. deren Strategien beleuchten.
7.29.1
Hedging mit Warentermininstrumenten
Die Voraussetzung für die Absicherung eines Warengeschäftes ist das Vorhandensein eines Grundgeschäftes. Wir beziehen also entweder Waren oder verkaufen sie. Um diese Grundgeschäfte absichern zu können, bauen wir Terminpositionen auf. Die einfachste Terminposition ist mittels eines Future
350
Devisentermingeschäfte und Warentermingeschäfte
abzudecken: Wenn wir uns beispielsweise gegen steigende Preise im Industriemetallbereich absichern wollen, werden wir uns entscheiden, einen Future zu kaufen. Sollten nun die Preise entsprechend unseren Erwartungen steigen, kompensieren wir durch den Kauf des Futures das entstandene Delta. Falls es jedoch nicht zum Preisanstieg kommt, erleiden wir durch die Futures einen Verlust, welchen es einzudämmen gilt; gegebenenfalls müssen wir uns dabei schnell entscheiden. Eine weitere Möglichkeit besteht im Abschluss von Optionen, die in Hedgingstrategien durchaus ihren Platz haben, da durch gestiegene Rohstoffpreise eine Kosten- und Ertragskalkulation sehr schwierig wird. Somit schaffen wir mit dem Hedge eine gewisse Planungssicherheit. Bei einer Hedgingstrategie ist zu unterscheiden, ob wir ein bestehendes Geschäft absichern wollen oder ob wir ein zukünftiges Geschäft heute schon preislich fixieren wollen. Bei beiden Geschäften steht die Planungssicherheit, wie oben angesprochen, im Vordergrund. Mithilfe klassischer Strategien wie Long Put oder Short Future kann eine Absicherung erfolgen: Sie eignen sich, um ein bestehendes Geschäft zu hedgen. Strategien wie Long Call und Long Future sind dann notwendig, wenn man sich vor einem Preisauftrieb in der Zukunft absichern will, indem dieser Preisauftrieb kompensiert wird. Dies ist immer dann vonnöten, wenn eine Investition in der Zukunft getätigt werden soll, jedoch die dafür benötigten finanziellen Mittel noch nicht zur Verfügung stehen.
7.29.2 Spekulation mit Warentermininstrumenten Eine ganz andere Intention liegt dem Spekulieren auf veränderte Warenpreise zugrunde: Wir sind dabei nicht an ein Grundgeschäft gebunden und führen die Transaktion nur zur Generierung von Nebeneinnahmen durch. Wir spekulieren mittels eines Futures entweder auf eine positive oder negative Preisänderung und haben keine weiteren Absichten. Unserem Investment geht somit ausschließlich eine Grundüberlegung über eine Veränderung des Preises eines Warengutes voraus. Beispiel: Der Preis für Orangensaft (FCOJ) erscheint unserem Investor zu niedrig und er rechnet aufgrund der schlechten Wetterlage mit deutlichen Ernteeinbußen. Da er folglich von einer Angebotsverknappung ausgeht, was gleichbedeutend ist mit einer Preissteigerung, kauft er einen Future auf den FCOJ. Entspricht die Preisentwicklung seinen Vermutungen (in unserem Fall: steigende Ten-
Korrelationsmatrix der Rohstoffe
351
denz), realisiert unser Investor einen Gewinn. Umgekehrt wird er einen Verlust erleiden, wenn die Preise aufgrund anderer Gegebenheiten fallen. Der Investor spekuliert, wie bereits erwähnt, aktiv auf eine Preisveränderung und geht somit aktiv ins Obligo (er nimmt das Risiko auf), weil diese Geschäfte nicht abgeschlossen wurden, um Grundgeschäfte abzusichern. Es handelt sich um eine reine Spekulation, welche er auf seiner Analyse aufbauen sollte. Ein Großteil der heute gehandelten Warenterminkontrakte dient der Spekulation. Die meisten dieser Termingeschäfte werden per Cash-Settlement und nicht durch Warenlieferung ausgeglichen.
7.29.3
Arbitrage mit Warentermininstrumenten
Die dritte Möglichkeit ist die Waren-Arbitrage: Ein Investor kauft ein Gut an der Börse X und verkauft es im gleichen Augenblick wieder an der Börse Y. Die entstandene Differenz ist sein Gewinn bzw. Verlust. Der Investor geht aufgrund des gleichzeitigen Geschäfts an beiden Märkten kein Risiko ein.
7.29.4
Spread mit Warentermininstrumenten
Der Investor baut einen Spread auf, um von den Preisunterschieden zu profitieren. So verkauft er den teuer erscheinenden Kontrakt und kauft den preiswerteren Kontrakt. Die Differenz zwischen beiden Geschäften ist, wie bei jedem Spread, sein begrenzter Gewinn. Er kann also nur aufgrund der Preisveränderung der beiden Kontrakte relativ zueinander verdienen. Diese Strategien sind Zusatzstrategien zu großen Spekulationsstrategien und dienen der Erweiterung. Man könnte auch sagen, sie dienen in gewisser Weise zur Marktpflege. Investoren, welche aktiv an den Terminbörsen handeln, bauen jeden Tag neue Strategien auf und schließen die vorherigen Strategien.
7.30
Korrelationsmatrix der Rohstoffe
Da wie wir aus den vergangenen Kapiteln wissen, dass die Korrelation zwischen verschiedenen Anlageinstrumenten von immanenter Bedeutung für einen Financial Engineer sind, gehen wir hier kurz auf die Korrelation der
352
Devisentermingeschäfte und Warentermingeschäfte
Rohstoffe zueinander ein. Dabei zeigt die Korrelationsmatrix40 (Tabelle 7.6) diese deutlich auf. Ihr kann man zum Beispiel entnehmen, dass Gold gegenüber Silber die stärkste und gegenüber Henry Hub Natural Gas die geringste Korrelation besitzt.
7.31
Kombinationen von Devisen- und Wartentermingeschäften
Die Kombination zwischen Devisen- und Warentermingeschäften kommt oft bei Trades vor, die sich auf Grundgeschäfte beziehen: Auf diese Weise kann sich ein Investor gegen Preisveränderungen beim Rohstoffgut und auch eventuelle Preisänderungen in der Handelswährung (meist USD) absichern. Beispiel: Unser Investor will für 10 Millionen USD Kupfer kaufen, benötigt es aber erst in sechs Monaten. Es ist einleuchtend, dass dieses Geschäft erst in sechs Monaten zustande kommen wird. Da aber unser Investor von einem Preisanstieg ausgeht, kauft er bereits heute einen Kupfer-Future (Long Copper Future). Gleichzeitig rechnet der Investor damit, dass der US-Dollar gegenüber dem Euro deutlich aufwerten wird. Da er das Geschäft in Dollar abwickeln wird, möchte er sich gegen eine solche Aufwertung für die nächsten 6 Monate absichern. Folglich verkauft er Euro-/USD-Futures41 im Gegenwert seines Grundgeschäftes. Trifft die erwartete Reaktion an den Devisenmärkten nun ein, ist unser Investor durch den Währungsfuture gegen die Abwertung des Euro gegenüber dem US-Dollar abgesichert. Zusätzlich ist er gegen durch den Long Copper Future gegen eine Preissteigerung für Kupfer abgesichert. Er hat somit für beide Komponenten eine planbare Absicherung und eine kalkulatorische Grundbasis. Natürlich macht es keinen Sinn jeden Euro absichern zu wollen. Der eventuell auftretende Verlust und die Absicherungskosten müssen schon in einer sinnvollen Relation stehen. Gleichzeitig ist auf jeden Fall darauf zu achten, dass die Grundintention auch marktgerecht und stimmig ist, da sonst die ganze Absicherung keinen Sinn macht.
40 41
Source: Thomson Reuters. Verkauf Euro zum USD bedeutet synthetisch Kauf USD gegen Euro.
0,7342
0,5641
0,1482
0,3332
0,3214
0,4246
0,3588
0,3384
0,2756
0,2424
0,5085
NY Gasoline
ICE Gasoil
Henry Hub Nat. Gas
Corn
Wheat
Soybeans
Sugar No.11
Coffee
Cocoa
Gold
Silver
0,4821
0,2571
0,2834
0,3294
0,3366
0,3961
0,2528
0,2867
0,1234
0,6716
0,8019
1
0,8022
Oil
0,498
0,2491
0,2332
0,3161
0,2902
0,3014
0,2764
0,2419
0,0603
0,5031
1
0,8019
0,7342
Created on: 30.04.2012 at 17:44:47. Quelle: Bloomberg
0,8022
1
Crude Oil
0,3858
0,2004
0,3321
0,2968
0,2322
0,2913
0,1942
0,2141
0,0788
1
0,5031
0,6716
0,5641
0,0842
0,0058
0,0199
0,0146
0,1012
0,0857
0,1364
0,145
1
0,0788
0,0603
0,1234
0,1482
Nat. Gas
No.11
Wheat Soybeans Sugar Coffee Cocoa
Gold
Silver
1
0,799
1
1
1
1
0,7428
0,143 0,2279
0,2365 0,2687 0,3457 0,2358 0,2816 0,2279 0,7428
0,1502 0,1587 0,2307 0,0941 0,1543 0,143
1
0,2121 0,1543 0,2816
0,2535 0,1103 0,0941 0,2358
0,1043 0,1062 0,2621 0,1103 0,2121
0,2372 0,2289 0,2611 0,2535
1
0,3147 0,2611 0,2621 0,2307 0,3457
0,5823 0,3077 0,2289 0,1062 0,1587 0,2687
0,6069 0,2809 0,2372 0,1043 0,1502 0,2365
0,2809 0,3077 0,3147
0,6069 0,5823
0,799
1
0,145 0,1364 0,0857 0,1012 0,0146 0,0199 0,0058 0,0842
0,2141 0,1942 0,2913 0,2322 0,2968 0,3321 0,2004 0,3858
0,2419 0,2764 0,3014 0,2902 0,3161 0,2332 0,2491 0,498
0,2867 0,2528 0,3961 0,3366 0,3294 0,2834 0,2571 0,4821
0,3332 0,3214 0,4246 0,3588 0,3384 0,2756 0,2424 0,5085
Light Sweet NY Heating NY Gasoline ICE Gasoil Henry Hub Corn
NY Heating Oil
Light Sweet Crude Oil
Commodities
Tabelle 7.6: Korrelationsmatrix Commodity
Kombinationen von Devisen- und Wartentermingeschäften 353
354
7.32
Devisentermingeschäfte und Warentermingeschäfte
Strategien mit Devisentermingeschäften
7.32.1 Absicherungsstrategien Ein Investor will sich gegen die Abwertung der eigenen Währung absichern. Er verkauft folglich seine eigene Währung gegen eine Fremdwährung auf Termin und erwirtschaftet einen Gewinn, wenn die von ihm erwartete Preisveränderung eingetreten ist. Beispiel: Der Investor bekommt in drei Monaten 10 Millionen Euro überwiesen. Da jedoch seine Heimatwährung der US-Dollar ist, möchte er sich gegen einen abwertenden Euro absichern und verkauft deshalb Eurofutures. Diese Transaktion ist gleichbedeutend mit einem Verkauf von Euro und einem gleichzeitigen Kauf von US-Dollar und sie versetzt den Investor in die Lage, die eventuell entstehende Differenz auszugleichen. Bei Devisentermingeschäften werden Absicherungsstrategien hauptsächlich von Investoren mit großen Grundgeschäften getätigt. Sie schaffen sich dadurch konkrete Planungs- und Kalkulationsmöglichkeiten. Anders verhält es sich mit Spekulationen auf Devisen: Hierbei wird auf eine Veränderung der Währung zu einer anderen spekuliert. Solche Geschäfte sind unabhängig vom Grundgeschäft und dienen lediglich der zusätzlichen Ertragsgenerierung. Beispiel: Ein Investor geht davon aus, dass der Euro gegenüber dem US-Dollar abwerten wird, und verkauft deshalb Eurofutures. Den US-Dollar erwirbt er dadurch synthetisch. Wenn der Euro gegenüber dem USD abwertet, macht der Investor einen Gewinn, im umgekehrten Fall einen Verlust. Anhand dieses Beispiels soll unter anderem gezeigt werden, dass sich mithilfe dieser Transaktionen eventuelle Verluste aus einem Kassaobjekt (beispielsweise bei einem Bondportfolio) kompensieren lassen. 7.32.2 Spekulationsstrategien Bei dieser Form der Strategie spekuliert ein Investor auf eine Veränderung in der Preisfeststellung eines Währungspaares, vorzugsweise mittels eines bör-
Strategien mit Devisentermingeschäften
355
sengehandelten FX-Futures.42 Geht nun der Investor von steigenden Preisen aus, kauft er einen Future; umgekehrt verkauft er einen Future, wenn er mit einer Abwertung der Währung rechnet. Der FX-Future ist aufgrund seiner schnellen und kostengünstigen Durchführbarkeit das beste Instrument für die Spekulation in Währungen. Beispiel: Unser Investor rechnet mit einem Aufwerten des US-Dollar gegenüber dem Euro und nimmt die Short-Position im Eurofuture ein (analog dem Kauf von USD-Futures). Wenn der Euro gegenüber dem Dollar abwertet, tritt die Marktmeinung des Investors ein und er macht einen Gewinn. Steigt aber umgekehrt der Euro gegenüber dem Dollar, erleidet der Investor einen Verlust. Er partizipiert an jeder Preisbewegung 1 : 1, da es sich um einen Future (Delta-1-Instrument) handelt. Interview mit Marc Bachhuber, quirin bank AG Herr Bachhuber, wie sehen Sie die Entwicklung des Derivatemarktes in den kommenden Jahren? Ich denke, dass der Derivatemarkt in den kommenden Jahren weiter wachsen wird, bestimmt nicht mehr mit der Intensität der vergangenen Jahre, aber dennoch. Dabei werden meiner Meinung nach klarer strukturierte Produkte im Mittelpunkt stehen. Welche tief greifenden Änderungen sehen Sie, wenn Sie an verbriefte Derivate denken? Es werden derzeit nur noch klar gegliederte und von der Komplexität her einfache Produkte nachgefragt. Ich denke, dabei wird es vorerst bleiben. Welche Produkte (verbriefte Financial-Engineering-Lösungen) sehen Sie in den kommenden Jahren als bedeutend an? Ich gehe davon aus, dass die Rohstoffprodukte weiterhin eine große Rolle spielen werden. Natürlich werden auch die Plain Vanilla Equity/Index-Produkte weiterhin gebraucht und nachgefragt. Welche Produkte, glauben Sie, werden vom Markt verschwinden und warum? Alles was undurchsichtig, teuer und nicht nachvollziehbar ist. Die Anleger werden nicht mehr bereit sein, unnötig Kosten zu haben. Glauben Sie, dass die Finanzkrise, begonnen bei der Subprimekrise, den Markt für verbriefte Produkte bzw. Financial-Engineering-Lösungen nachhaltig beeinflusst hat, oder geht nach der Krise alles so weiter wie gehabt? Ich glaube, es wird bzw. hat schon ein Umdenken gegeben. Gerade im Bereich Private Banking ist dieses deutlich zu spüren. Die Anleger sind misstrauischer geworden und machen sich selbst wieder mehr Gedanken über ihre Anlagen. Das ist ein sehr guter Trend.
42
FX-Future steht für Währungsfuture.
356
Devisentermingeschäfte und Warentermingeschäfte
Wie sehen Sie die weitere Entwicklung des Bankgeschäfts im Bereich der wohlhabenden Kunden? Es wird hier meiner Ansicht nach zu einer Trennung vom Massengeschäft (Retail) kommen. Private Banking und Produktverkauf, das passt nicht zusammen. Meiner Meinung nach wird die Honorarberatung in den kommenden Jahren eine zukunftsweisende Erneuerung des Private Banking bedeuten. Bei welcher Kundengruppe sehen Sie das höchste Wachstumspotenzial für FinancialEngineering-Lösungen? Im Private Banking/Wealth Management. Erst hier können die Tailor Made Solutions voll umgesetzt werden. Das Retail-Geschäft kann dieses aufgrund der vorhandenen Größenordnungen oft nicht tun. Gibt es Produkte, welche Sie als Vermögensbegleiter als ihrer Favoriten ansehen, und wenn ja, welche und warum? Discountzertifikate sind z. B. eine Art von klar strukturierten, kostengünstigen und gut einzusetzenden Instrumenten. Diese eignen sich sehr gut auch bei großen Portfolios (welche keine Optionen und Futures handeln), um damit strukturelle Ziele zu verfolgen. Der ganz große Vorteil dieser Zertifikate ist, dass diese für den Kunden einfach zu bewerten und somit auch nachvollziehbar einzusetzen sind. Können Sie ein kurzes Fazit über die vergangenen Jahre in Bezug auf die Entwicklungen am Markt für verbriefte Derivate und Financial-Engineering-Lösungen ziehen? Wir haben die vergangenen Jahre als Wachstumsmarkt gebraucht. Aus vielen Ideen sind gute und zielgerichtete Produkte entstanden. Dass heute, oft durch die Medien (hier vor allem aus Halbwissen), viel verdammt wird, ist falsch. Auch die Financial-EngineeringIndustrie hat ihre Zeit zum Wachsen und zum Entwickeln gebraucht. Ich denke nun aber, das Kind ist groß geworden. Wir werden in den kommenden Jahren viel Gutes und Neues entdecken. Wir müssen nur aus unseren Fehlern lernen und nicht alles, was realisierbar ist, müssen wir auch realisieren. Der Mut, sich gegen eine Struktur zu entscheiden, ist mehr wert, als diese blind aufzulegen.
Literaturhinweise zu diesem Kapitel
Literaturhinweise zu diesem Kapitel Bloss, Michael: Die Gier nach Gold, 2012 Bloss, Michael; Eil, Nadine; Ernst, Dietmar; Fritsche, Harald; Häcker, Joachim: Währungsderivate, 2009 Choudhry, Moorad: The Bond & Money Markets, 2001 Eilenberger, Guido: Währungsrisiken, Währungsrisikomanagement und Devisenkurssicherung von Unternehmen; 4. Auflage 2004 Hull, John C.: Optionen, Futures und andere Derivate, 8. Auflage 2012 Steiner, Bob: Foreign Exchange and Money Markets, 2002 Wiedemann, Arnd: Bewertung von Finanzinstrumenten, 4. Auflage 2007
357
358
Devisentermingeschäfte und Warentermingeschäfte
Fragen und Antworten zu diesem Kapitel Frage 1: Den Aufschlag gegenüber einem Devisenkassakurs auf den Devisenterminkurs nennt man? Frage 2: Ein Unternehmen erhält in 3 Monaten einen Betrag von x Geldeinheiten in Fremdwährung. Welche Optionsstrategie sollte gewählt werden, wenn man sich gegen einen Preisverfall absichern möchte? Frage 3: Sie handeln einen Euro/CHF Future. BUY 5 Euro/CHF DEC10 Haben Sie den Euro oder den CHF gekauft? Welches Volumen haben Sie gehandelt? Frage 4 Was gibt es für Arten des Settlements bei Warenterminfutures und warum? Frage 5: Wo liegt das Problem bei einer Contango-Notierung des Futures? Antwort zu Frage 1: Man nennt dieses einen REPORT. Antwort zu Frage 2: Eine Long-Put-Position mit dreimonatiger Laufzeit. Diese sichert, dass das Unternehmen die Fremdwährung in Euro tauschen kann. Antwort zu Frage 3: Sie haben den Euro gegenüber dem CHF gekauft. Das gehandelte Volumen entspricht 5 × 125.000 Euro = 625.000 Euro. Antwort zu Frage 4: Man hat hier die Möglichkeit, zwischen physischem Settlement und CashSettlement zu wählen. Spekulanten und Börsenteilnehmer ohne eine Produktion etc. handeln i. d. R. die mit Cash-Settlement ausgestatteten Kontrakte, da sie keine Lieferung erhalten wollen. Antwort zu Frage 5: Das Problem liegt hier in den teureren Folgekontrakten. Der Investor macht bei jeder Roll-Operation einen Verlust, da er den aktuellen Future zu einem Preis X verkauft und den Folgefuture zu einem Preis X + y kaufen muss. y = Roll-Verlust.
Luckentext ¨
359
Lückentext Die Entwicklung von ist keine neuzeitliche Erfindung. Doch in den vergangenen 35 Jahren haben die modernen Terminbörsen einen Siegeszug um die Welt angetreten. Bei einem klaffen und auseinander. Dabei unterscheidet man zwischen und Termingeschäften. Solchen, die ein haben, ausgestaltet und daher heißen, und solche, welche ohne dieses ausgestattet sind, aufgebaut sind und oder genannt werden. Jedes dieser Termingeschäfte kann wieder geschlossen werden. Damit ein fortlaufendurch eine der Handel an den Terminbörsen gewährleistet ist, haben die Terminbörsen, wie die , ein aktives eingeführt. Der Verfallstag für die meisten an den Terminbörsen gehandelten Instrumente ist der im Monat. Verfallen an den auch die Futures, so spricht man vom oder dem . Kann eine Option während der kompletten Optionslaufzeit ausgeübt werden, so spricht man von einer Option Typs. Geht diese Ausübung nur zum Laufzeitende, so ist es eine Option Typs. Die Preisbildung von Optionen ist gegenüber von Futures komplexer, da diese ein beinhalten. Das gängige Modell zur Bewertung von Optionen . Optionen werden oft in Kombinationen angeist das wandt. Kombiniert man zum Beispiel einen Long Call und einen Long Put mit gleichem Basispreis und gleicher Laufzeit, so erhält man einen . Box-Spreads sind Optionsstrategien, welche auf dem aufgrund von Ungleichgewichten zwischen der Bewertung von und basieren, und zählen in der Praxis ebenfalls zu oft gehandelten Strategien. Auch auf Devisen und auf Rohstoffe werden oft Termingeschäfte abgeschlossen. Das Bewertungsmodell für FX-Optionen nennt man das -Modell. Ist eine direkte Quotierung zweier Währungen nicht möglich, so kommt ein zum Einsatz. Bei den Rohstoffderivaten muss man auf den bei der Preisfindung von Rohstofffutures achten. Dieser beeinflusst maßgeblich, ob ein Future oder notiert. Abschluss, amerikanischen, Arbitrage-Gedanken, asymmetrisch, Backwardation, bedingten, Black-Scholes-Modell, Calls, Contango, Convenience Yield, Counterorder, Cross-Rate, dritte Freitag, Erfüllung, Eurex, europäischen, Forwards, Futures, Garman-Kohlhagen, großen Verfallstag, Hexensabbat, Long Straddle, Market Making, Optionen, Puts, Quartalsendmonaten, symmetrisch, Terminbörsen, Termingeschäft, unbedingten, Wahlrecht, Wahlrecht, Wahlrecht, zeitlich
Modul III – Non-Plain-Vanilla-Derivate und Strukturen
8
OTC-Derivate und exotische Strukturen
In Kapitel 8 werden Sie Folgendes erfahren:
Was sind nicht an Börsen gehandelte Derivate?
Was unterscheidet diese Derivate von Plain-Vanilla-Derivaten?
Was sind exotische Termingeschäfte?
Was sind SWAPS und SWAPTIONS?
Welche Arten von SWAPS gibt es?
Wie setze ich exotische Optionen ein?
Was sind Caps und Floors?
8.1
Derivate, welche nicht an der Börse gehandelt werden
Wir wollen an dieser Stelle einen Blick auf die nicht an Börsen gehandelten Derivate1 werfen. Es handelt sich dabei um Derivate, die individuell zwischen den Parteien ausgehandelt werden und somit nicht standardisiert sind (individuelle bilaterale Finanzverträge). Wie in den vorangegangenen Kapiteln aufgezeigt wurde, sind nur standardisierte Derivate leicht an Börsen zu übertragen. Die nun angesprochenen Derivate werden entweder zur Spekulation (mittel- bis langfristig) oder zur Absicherung eines Grundgeschäftes abgeschlossen. Investoren, die nicht börsengehandelte Derivate in ihrem Bestand haben, sind meist professionell bzw. institutionell. Die im nachfolgenden Ab-
1
OTC – Over The Counter.
DOI 10.1515/9783110531169-010
364
OTC-Derivate und exotische Strukturen
schnitt angesprochenen flexiblen Kontrakte, welche an der Eurex gehandelt werden können, sind trotz der Abwicklung über das Eurex-System2 zu den OTC-Derivaten zu zählen.
OTC-Derivate und CCPs Im Zuge der weltweiten Finanzkrise und des Zusammenbruchs der Investmentbank LEHMAN BROTHERS wurde viel über die Clearing-Pflicht von OTC-gehandelten Derivaten diskutiert. Durch die Implementierung von höheren Regulierungsmöglichkeiten sowie durch die deutlich gestiegene Aufsichtsverpflichtung der Regulatoren hat man sich auf die Einführung von CCPs (Central Counter Parties) geeinigt (im Zuge der Einführung von EMIR3 ). Über diese zentralen Kontrahenten werden die OTC-Derivate abgewickelt. Dabei kommt dem CCP wie bei den an Börsen gehandelten Derivaten die Aufgabe zu, für deren Erfüllung und Ausgleich Sorge zu tragen und ein evtl. eintretendes Adressenausfallrisiko zu minimieren.4
8.1.1 OTC-Derivate als „Flexible Options/Futures“ an der EUREX OTC-Derivate können in vielfacher Hinsicht abgeschlossen werden. Klassisch werden diese zwischen zwei Parteien vereinbart. Die Abwicklung übernehmen Banken/Broker. Seit einiger Zeit besteht jedoch auch die Möglichkeit, individuell vereinbarte Optionen und Forwards auch an der Eurex über eine spezielle Plattform zu handeln.5 Diese OTC Flexible Options and Futures werden über das Eurex-System abgewickelt, sind jedoch in der Ausgestaltung frei wie alle OTC-Derivate.6 Optionen können durch Festlegung folgender Parameter individuell ausgestaltet werden: Der gewählte Ausübungspreis kann entweder über dem höchsten Ausübungspreis der entsprechenden regulären Optionsserie liegen oder der niedrigsteAusübungspreis einer Option (z. B. LEPOs) sein, der im Eurex-
2 3 4 5 6
Abwicklung über Eurex inkl. Clearing über Eurex als CCP. European Market Infrastructure Regulation (EMIR). Vgl. Börsen Zeitung: 243/15.12.2012: Clearingpflicht für Derivate startet „erst Ende 2013“. Diese Möglichkeit besteht auch an anderen Terminbörsen (z. B. CBOE). Ob und welches Underlying hier Verwendung finden kann, können Sie der Homepage www.eurexchange.com entnehmen.
Nicht an der Börse gehandelte Derivate
365
System abzubilden ist. Er kann aber auch dazwischen liegen. Maximale Basispreise für OTC Flexible Options sind begrenzt auf das 2,5-Fache des höchsten verfügbaren Standardbasispreises im jeweiligen Produkt. Als Verfallstag kann jeder Börsentag (mit einigen von Eurex festgelegten besonderen Ausnahmen) gewählt werden. Die Spanne reicht vom jeweils nächsten Handelstag bis hin zum längsten, aktuell gehandelten Standardverfallstermin des jeweiligen Standardprodukts. Sowohl amerikanische als auch europäische Optionen werden unterstützt. Die Art der Erfüllung von OTC Flexible Options ist frei wählbar. Teilnehmer können ihre OTC Flexible Options-Kontrakte somit entweder durch Barausgleich oder durch die für das jeweilige Produkt gegebenenfalls vorgesehene Art der physischen Lieferung erfüllen.
Futures können durch Festlegung folgender Parameter individuell ausgestaltet werden:
Flexible Fälligkeit: Die Marktteilnehmer können selbst bestimmen, wann der Terminkontrakt fällig wird. Mögliche Fälligkeitstermine sind der jeweils nächste Börsentag bis hin zu dem Tag, an dem der an der Eurex gehandelte Standard-Futures-Kontrakt mit der letzten Fälligkeit ausläuft. Wahl der Erfüllungsart: Die Martktteilnehmer können, analog zu OTC Flexible Options auf einzelneAktien, die Erfüllungsmodalitäten fürAktienfutures individuell vereinbaren. Das bedeutet Erfüllung durch Barausgleich oder durch physische Lieferung.
Entscheidet sich ein Investor, seine OTC-Transaktionen nicht über diese Plattform abzuwickeln, übernimmt seine Bank/sein Broker die Abwicklung über eigene Systeme.
8.1.2 8.1.2.1
Caps, Floors und Collars Caps
Der Käufer eines Cap (Long Cap) erwirbt gegen die Zahlung einer Optionsprämie das Recht, vom Verkäufer (Short Cap) eine Ausgleichszahlung zu erhalten, wenn der festgelegte Referenzzinssatz zu einem in der Zukunft liegenden Zeitpunkt über der ebenfalls festgelegten Zinsobergrenze liegt. Dem Long Cap wird folglich eine Zinsobergrenze garantiert (vgl. Abbildung 8.1). Dadurch kann sich der Investor gegen steigende Zinsen schützen und eine Absicherung seiner Zinsaufwendungen durchführen. Der Short-Cap-Investor hingegen erhält für seine Bereitschaft die Optionsprämie und geht folglich
366
OTC-Derivate und exotische Strukturen
Ausgleichszahlung
Kunde
Bank Prämienzahlung
3-MonatsEURIBOR zzgl. Kreditmarge
Variable Finanzierung
Abbildung 8.1: Zahlungsströme bei einem Long Cap inkl. Grundgeschäft (Kredit mit variabler Zinsseite)7
die Verpflichtung ein, die Ausgleichszahlung an den Long-Cap-Investor zu leisten, sobald der vereinbarte Referenzzinssatz über der Zinsobergrenze liegt (vgl. Abbildung 8.2).
3-M-Euribor Zinssatz in %
X.xx
heute Abbildung 8.2: Zinsobergrenze beim Cap8
7 8
Quelle: Commerzbank AG. Quelle: Commerzbank AG ICLM.
Cap
Laufzeit
Nicht an der Börse gehandelte Derivate
8.1.2.2
367
Caplets
Im Gegensatz zu klassischen Anleiheoptionen, die nur ein Optionsrecht beinhalten, besteht ein Cap aus mehreren Optionen. An jedem der festgelegten Zeitpunkte wird geprüft, ob der Referenzzins über dem Basiszins liegt. So ist es durchaus möglich, dass an einigen Zeitpunkten eine Ausübung stattfindet und an anderen die Option nicht ausgeübt wird.9 Ein Cap besteht aus diesem Grund aus mehreren Zinsoptionen. Die Bewertung findet durch die Addition aller Einzelpreise des Caps statt (vgl. Abbildung 8.3). Die einzelnen Zinsoptionen werden Caplet genannt. Die Summe aller Caplets (und deren Einzelpreise) ergeben in der Folge den Gesamtpreis des Caps.10
Cap t=0
t=1
Caplet 1
Start
t=2
Caplet 2
Roll-over 1
t=3
Caplet 3
Roll-over 2
t=4
Caplet 4
Roll-over 3
t=5
Caplet 5
Roll-over 4
Ende
Abbildung 8.3: Das Cap aufgeteilt in die einzelnen Caplets
9
10
Bei einer positiven Differenz zwischen Forward Rates und dem Basiszins wird die Option ausgeübt (sie besitzt einen inneren Wert). Wenn die Option nicht ausgeübt wird, verfällt diese wertlos. Bewertung nach Black76.
368
OTC-Derivate und exotische Strukturen
8.1.2.3 Floor Der Floor ist das Gegenstück zum Cap. Es handelt sich dabei ebenfalls um ein bedingtes Termingeschäft. Der Käufer (Long Floor) erwirbt das Recht, gegen Zahlung einer Optionsprämie vom Verkäufer eine Ausgleichszahlung zu erhalten, wenn der festgelegte Referenzzins die festgelegte Zinsuntergrenze durchbricht. Floors eignen sich folglich zum Absichern von Zinserträgen, welche in der Zukunft liegen. Der Verkäufer des Floors (Short Floor) erhält im Gegenzug vom Käufer die vereinbarte Optionsprämie. Dadurch geht er die Verpflichtung ein, die Ausgleichszahlung an den Long-Floor-Investor zu leisten. 8.1.2.4 Floorlets Wie auch schon beim Cap besteht ein Floor aus mehreren Zinsoptionen, den sogenannten Floorlets. Auch bei der Bewertung werden hier die einzelnen Zinsoptionen berechnet und dann in der Summe zum Floor zusammengefügt (vgl. Abbildung 8.4). Die Gesamtheit der Floorlets ergibt folglich den Preis des Floors.11
Floor t=0
t=1
Floorlet 1
Start
t=2
Floorlet 2
Roll-over 1
t=3
Floorlet 3
Roll-over 2
t=4
Floorlet 4
Roll-over 3
Abbildung 8.4: Floor aufgeteilt in die einzelnen Floorlets
11
Bewertung mit dem Black-Modell.
t=5
Floorlet 5
Roll-over 4
Ende
Nicht an der Börse gehandelte Derivate
8.1.2.5
369
Bewertung von Caplets und Floorlets
Wie bereits erwähnt ist durch die Addition der einzelnen Caplets und Floorlets der Gesamtpreis des Caps bzw. des Floors zu errechnen. Die einzelnen Caplets und Floorlets werden zum Beispiel mit dem angepassten Black-76Modell bewertet.12 Ci = NB × ı × e−rT × [Fw × N(d1 ) − K × N(d2 )] Fi = NB × ı × e−rT × [K × N(−d2 ) − Fw × N(−d1 )]
In Fw K − 2 × t 2 d1 = √ × t √ d2 = d1 − t C = Caplet F = Floorlet = Volatilität NB = Nominalbetrag r = kongruenter Zins bis zum Laufzeitende K = Basispreis/Strike T = Laufzeit Fw = Forward ı = Optionslaufzeit t = Vorlaufzeit bis Optionsbeginn Ein Cap, wie ein Floor, bestehen folglich aus einzelnen Zinsoptionen. Nur die Gesamtheit dieser Optionen macht das bestimmen des Gesamtpreis möglich. Jede einzelne Zinsoption ist hier zu betrachten. Des Weiteren sind alle Optionen in Kombination (als Gesamtprodukt) zu beurteilen.
8.1.2.6
Collar
Ein Collar13 ist eine Kombination aus einem Cap und einem Floor. Ein Long Collar wird aus einem Long Cap und einem Short Floor gebildet. Durch den Long Collar wird garantiert, dass die Zinsbelastung einen bestimmten Zinssatz nicht überschreitet, aber auch einen bestimmten Zinssatz
12 13
Vgl. Hull, John C.: Options, Futures and other Derivatives. Engl. für Kragen oder Rahmen.
370
OTC-Derivate und exotische Strukturen
nicht unterschreitet. Der Short Collar stellt die Gegenposition dar. Er wird aus einem Short Cap und einem Long Floor gebildet. Collars werden synthetisch konstruiert und bestehen immer aus der Kombination der Grundpositionen, welche zu einer Gesamtposition zusammengeführt werden. Die Bewertung der einzelnen Grundpositionen fließt in die Gesamtbewertungsstruktur des Collars ein. Folglich ist der Preis eines Collars die Summe der im Collar enthaltenen und bewerteten Einzelkomponenten. Ein Beispiel für die Einzelkomponenten zeigt Tabelle 8.1 auf. Tabelle 8.1: Datenblatt zum Collar (Einzelkomponenten) Zinsoption
Cap
Floor
Basiszins
4%
2,5 %
Volatilität
25 % p. a.
45 % p. a.
Kontraktvolumen
2 Mio.
2 Mio.
Laufzeit
3 Jahre
3 Jahre
Referenzzinssatz
12-Monats-Euribor
12-Monats-Euribor
8.1.3 Was ist ein Forward? Ein Forward ist ein individuell abgeschlossenes und gleichzeitig unbedingtes Termingeschäft, ähnlich wie ein Future. Es ist deshalb „nur“ ähnlich, da durch die Individualität kein Börsenhandel vorgenommen werden kann. Die entsprechenden Kontraktbestandteile vereinbaren die Vertragsparteien (Finanzintermediär und Klient) frei. In der Praxis werden solche Geschäfte zwischen Banken und deren Klienten abgeschlossen und dienen meist zur Sicherung eines Grundgeschäftes.14 Anders als bei einem Future (an der Börse handelbar) gibt es bei einem Forward ein Gegenparteirisiko. Dies darf nicht außer Acht gelassen werden, vor allem wenn es sich um zwei ungleiche Vertragspartner handelt (zum Beispiel ein kleines mittelständisches Unternehmen und eine Großbank). Eine Weitergabe des Risikos auf dem Sekundärmarkt ist nicht möglich. Dennoch besteht die Möglichkeit, ein erweiterndes Absicherungsgeschäft abzuschließen, welches jedoch als Zusatzgeschäft (mit neuen Risiken und neuem gebundenen Kapital) zu werten ist. Aufgrund seiner Individualität ist die Preisfindung für Forwards ebenfalls individuell ausgestaltet. Für die Bewertung von Forward-Kontrakten mit bekannter Ren-
14
Wie zum Beispiel eine Warenlieferung.
Nicht an der Börse gehandelte Derivate
371
dite betrachten wir die folgende Vorgehensweise: F0 = S0 × e(r−f )×T F0 = Forward S0 = Spot-Preis r = risikofreier Zins f = bekannte Rendite T = Laufzeit Es wird in der Regel angenommen, dass Forward- und Future-Preise dieselben sind. Sind die Zinssätze jedoch unsicher, dann sind die Preise theoretisch verschieden:15 Bei einer hohen positiven Korrelation zwischen Zinssätzen und dem Preis des Anlagegutes (S) ist der Future-Preis höher als der Forward-Preis. Folglich ist bei einer hohen negativen Korrelation das Gegenteil der Fall.16 Tabelle 8.2 zeigt den Unterschied zwischen Forwards and Futures auf.
8.1.4
Was ist ein Swap?
Ein Swap (engl. tauschen) ist, rein formal betrachtet, ein bilateraler Finanzvertrag, der einen Zahlungsstrom zwischen zwei Parteien darstellt. Es wird somit ein Austausch von Zahlungsströmen vereinbart, dem ein Nominalbetrag sowie bei Abschluss festgelegte Konditionen vorausgehen. Mittels eines Swaps ist es möglich, einen komparativen Vorteil zu nutzen.
Partei 1 z.B. Bank
Zahlungsstrom
Partei 2 z.B. Klient
Abbildung 8.5: Swap
15
16
Bei einem Forward kann auf die tägliche Gewinn- und Verlustbuchung verzichtet werden. Die P/L entsprechen dann der Änderung des Barwertes des Forward. Dies kann in der Praxis zu Diskussionen führen. Vgl. hierzu Hull, J. C.: Optionen, Futures und andere Derivate. S. 148 ff. Vgl. Murawski 2007a Universität Zürich.
372
OTC-Derivate und exotische Strukturen
Tabelle 8.2: Vergleich zwischen Forward und Future17 Forwards
Futures
Markt
OTC
Terminbörse
Kontraktinhalt
Individuell ausgehandelt in allen Belangen
Standardisiert hinsichtlich Quantität, Qualität, Liefertermin und Lieferort, keinerlei Möglichkeit zur individuellen Ausgestaltung
Liquidität
Nahezu keine Fungibilität
Hohe Liquidität durch fortlaufenden Börsenhandel
Gegenparteirisiko
Ja, wie bei jedem anderen Vertrag
Nein – da die Clearing-Stelle als Gegenpartei fungiert
Settlement
Erst am Laufzeitende durch die Schlussabrechung
Täglich – durch die Variation Margin Buchungen sowie am Laufzeitende durch die Schlussabrechung
Ausübung
Werden meist ausgeübt; somit erfolgt Lieferung oder Schlussabrechnung in bar
Werden mehrheitlich vor der Ausübung glattgestellt.
Transaktionskosten
Ggf. Anwaltskosten, Strukturierungsentgelte der abwickelnden Banken etc.
Brokergebühren
Da bei einem Swap i. d. R. nur Zahlungsströme ausgetauscht werden (vgl. Abbildung 8.5), ist das Augenmerk auf die Bonität der vertragsschließenden Parteien zu richten, denn diese begründet einen Teil des Risikos (das Counterpartrisiko). Grundsätzlich unterscheiden wir zwischen fünf verschiedenen Arten18 von Swaps:
17
18
Zinsswap Währungsswap Aktienindexswap Warenswap Dividendenswap
Vgl. Rieger, Marc Oliver: Optionen, Derivate und strukturierte Produkte, Stuttgart 2009, S. 44. Weitere Klassen sind möglich, kommen aber seltener vor.
Nicht an der Börse gehandelte Derivate
8.1.4.1
373
Was beinhaltet ein Swap?
Die folgenden Konditionen sind bei einem Swap vorab zu vereinbaren:
Laufzeit Laufzeitbeginn Nominalbetrag Festsatzzahler/Festsatzerhalter Swap-Satz Referenzzinssatz Zahlungsfrequenz Zinsusance Short/long first und last stubs
8.1.4.2
Swap-Arten und deren Aufbau
Der Austausch der Zahlungsströme in einem Swap kann auf folgende Art und Weise erfolgen, wobei die Swap-Art nicht ausschlaggebend ist: Leg 1
Leg 2
fest
fest
fest
variabel
variabel
variabel
variabel
fest
Swap-Beispiel: 5% p.a. fest
Partei 1 Bank
Zahlungsstrom
Partei 2 Klient
2 x 3-Monats CHF LIBOR
Abbildung 8.6: Beispiel für einen Swap
Ein Swap ist unabhängig von einem Grundgeschäft, kann aber zur Sicherung eines weiteren Zahlungsstromes, wie beispielsweise einer Kreditverbindlichkeit, eingesetzt werden. Er versetzt den „Payer“ in die Lage, eine Zinskonstante aufzubauen bzw. sein Zinsänderungsrisiko weiterzugeben.
374
OTC-Derivate und exotische Strukturen
Im in Abbildung 8.6 dargestellten Beispiel tauscht der Investor das Festzinsrisiko gegen ein variables Risiko in Form des dreimonatigen CHF-Libor.19 Er generiert einen Gewinn, wenn der zu erhaltende Festzinssatz höher ist als der zu zahlende variable Zinssatz. Andernfalls erleidet unser Investor einen Verlust. Der Investor setzt somit darauf, dass sich der variable Zinssatz nicht nach oben bewegt und die Zinsgrenze von 5 Prozent nicht erreicht. Er kann eine solche Position beispielsweise zum Aufbauen von Kreditsicherungspositionen (Zinssicherheit) nutzen und diese an das Grundgeschäft (Kreditvereinbarung) anhängen (vgl. Abbildung 8.7).
5% p.a. fest
Bank
Zahlungsstrom
5% p.a.
2 × 3-Monats-CHF-LIBOR
Klient
Bankkredit
Abbildung 8.7: Swap-Beispiel mit Kredit als Grundgeschäft
8.1.4.2.1 Zinsswap (Interest Rate Swap) Bei einem Zinsswap (Interest Swap) vereinbaren die Parteien den Austausch von Zinsströmen, welche auf einen vereinbarten Nennbetrag lauten. So können zum Beispiel variable Zinsen gegen einen festen Zinssatz ausgetauscht werden. Wenn der Klient den festen Zinssatz bezahlt, nennt man den Swap einen Payer Swap. Falls der Kunde ihn hingegen erhält, spricht man von einem Receiver Swap (vgl. Abbildung 8.8). Ein Basisswap liegt dann vor, wenn zwei variable Sätze getauscht werden. Gemessen am gehandelten Volumen (rund 50 Billionen Euro)20 ist der Swap-Markt größer als der Markt für Anleihen. Diese Größenordnung unterstreicht die Bedeutung der Instrumente zur Absicherung bzw. zur Spekulation auf ein Marktereignis.
19 20
London Interbank Offered Rate auf CHF-Basis. Quelle: ISDA.
Nicht an der Börse gehandelte Derivate
375
Fester Zinssatz
PAYER
RECEIVER Variabler Zinssatz
Abbildung 8.8: Payer- und Receiver-Seite eines Swaps
Vereinfacht dargestellt, könnte man sagen, dass ein Zinsswap analog zum Tausch einer Anleihe mit festem Zins gegen eine Anleihe mit variablem Zins (Floater) zu sehen ist. Bei einem Zinsswap werden jedoch nicht die Nominalen getauscht, sondern lediglich die Zinsströme „genettet“. Bei Abschluss des Geschäftes hat der Swap einen Wert von null, da sonst eine Ausgleichszahlung (von einer Partei an die andere) notwendig wäre. Der Payer geht entweder davon aus, dass die Zinssätze schneller steigen, als der Markt erwartet, oder dass sie langsamer als erwartet fallen. Aus dieser Überlegung heraus bezahlt er den Festzins. Sein Antagonist ist der Receiver. Sollte die Markterwartung des Payers eintreten, macht er einen Gewinn; umgekehrt realisiert er einen Verlust und der Receiver einen Gewinn. Somit ist der Swap (wie andere Derivate auch) ein klassisches Nullsummenspiel. 8.1.4.2.2
Constant Maturity Swap (CMS)
Bei einem Constant Maturity Swap (CMS), oder im anglo-amerikanischen Raum einem Yield Curve Swap, wird ein Kapitalmarktzinssatz (z. B. der jeweilige zehnjährige Swap-Satz) gegen einen anderen Satz (meist einen Geldmarktsatz) getauscht (vgl. Abbildung 8.9). Zwei Besonderheiten stellen sich hierbei heraus. Zum einen wird der CMS-Satz zu jedem Fixing neu festgestellt und entspricht dem jeweiligen Swap-Satz für eine bestimmte Laufzeit. Somit ist der CMS-Satz ein Floating-Satz. Zum anderen ist das
5-Jahres-Swap-Satz (jährliche Anpassung)
Partei 1
Partei 2 12-Monats-Euribor
Abbildung 8.9: Beispiel für einen CMS Swap
376
OTC-Derivate und exotische Strukturen
Marktrisiko (Zinsen) im Vergleich zu einem Plain-Vanilla-Zinsswap erheblich größer. Schließt ein Investor beispielsweise einen CMS mit zehn Jahren Laufzeit und dem zehnjährigen Swap-Satz als CMS-Satz ab, so hat er zum Abschlusszeitpunkt ein Zinsrisiko, das sich über die Zero-Zinsen der nächsten 20 Jahren erstreckt, obwohl der Swap nur eine Laufzeit von zehn Jahren hat. Ein CMS reagiert damit auf Veränderungen der Zinsstruktur sehr sensitiv. Daher kann man Vorteile aus der Änderung der Zinsstruktur realisieren. Die ausgetauschten Zinssätze werden je nach Vereinbarung (meist vierteljährlich, halbjährlich oder jährlich) angepasst. 8.1.4.2.3 Währungsswap Hierbei wird der Austausch von zwei verschiedenen Währungen vereinbart, wobei sowohl die Differenz der Währungen als auch die Nominale bei Valuta und bei Fälligkeit im Normalfall ausgetauscht werden. 8.1.4.2.4 Aktienindexswap Hier ist der Austausch an die Entwicklung zweier Indizes gebunden. Es findet folglich ein Austausch von Zahlungsströmen im Verhältnis zur Veränderung der Indexstände statt. 8.1.4.2.5 Dividendenswap Bei einem Dividendenswap erhält der Dividendenkäufer als Gegenleistung für die Zahlung eines festen Betrags (Fixed Leg) die tatsächlich gezahlte Dividende (Floating Leg) für den vereinbarten Zeitraum.21 Dabei kann es sich
Fix-Betrag
Dividendenkäufer
Dividendenverkäufer Dividendenbetrag
Abbildung 8.10: Schemazeichung eines Dividendenswaps22
21 22
Vgl. Eurex: Index-Dividendenswaps: Preisbildung. Vgl. CBOE 26th Annual Risk Management Conference: Dividend Swaps, Options & Futures; Rede von Charles de Boissezon, Societe Generale.
Nicht an der Börse gehandelte Derivate
377
um eine Einzeldividende oder auch die gesamte Dividendenzahlung eines Index oder Basket handeln. Die Abbildung 8.10 zeigt diesen Zusammenhang nochmals in einem Payoff-Schema auf. Zur Bewertung wird die Put-Call-Paritätsgleichung herangezogen. Der Formelausdruck lautet wie folgt:23 S − PVDiv + P = C + PVStk S PVDiv P C PVStk
= Aktienpreis = Barwert der Dividendenzahlung = Put-Preis = Call-Preis = Barwert des Basispreises
Durch Umformung erhält man folgenden Formelausdruck: PVDiv = S + P − C − PVStk 8.1.4.2.6
Forward Swap
Der Forward Swap ist eine Variante des „Standard Swaps“. Im Unterschied zu diesem startet der Forward Swap nicht sofort, sondern nach einer Vorlaufperiode (Starttermin). Am Starttermin muss in den Forward Swap, unabhängig vom vergleichbaren Zinsniveau, eingetreten werden. Der Zinssatz des Forward Swaps ist ein Terminsatz (Forward-Satz), der in Abhängigkeit von Kassazinssätzen berechnet wird. Bis zum Starttermin erfolgt kein Zinstausch. Dadurch wird die zeitliche Trennung zwischen der Liquiditätsvereinbarung und der Zinskomponente ermöglicht. Nach Ablauf der Vorlaufperiode startet der reguläre Zinsswap mit dem vorher vereinbarten Festsatz (Forward-Swap-Satz). Hierin erhält der Investor beispielsweise den Geldmarktsatz (zur Deckung eines variabel verzinslichen Kredits) von der Bank und leistet den Forward-Swap-Satz. Die Grundintention des Investors ist in diesem Beispiel eine Sicherung des aktuellen Zinsniveaus für konkrete Finanzierungsvorhaben in der Zukunft. Der Investor geht hier von einem steigenden Referenzzinssatz aus und legt diesen mittels des Forward(-Swap) bereits heute fest.
23
Vgl. Eurex: Index-Dividenden-Swaps: Preisbildung.
378
OTC-Derivate und exotische Strukturen
8.1.4.2.7 Rohwarenswap Bei einem Rohwarenswap orientiert sich der Austausch des Zahlungsstromes an der Entwicklung von Rohwaren. Diese müssen nicht physisch getauscht werden, es besteht auch die Möglichkeit, dass nur die Preisveränderung zueinander in bar ausgeglichen wird. Beispiel für einen Rohwarenswap auf Dieselöl Ausgangssituation für den Investor Sein Unternehmen benötigt regelmäßig größere Mengen an Dieselöl. Veränderungen des von ihm zu zahlenden Dieseleinkaufspreises sind zum großen Teil auf Preisänderungen von Dieselöl zurückzuführen. Er möchte sich gegen steigende Dieselpreise absichern, da er davon ausgeht, dass in den nächsten Jahren der Preis für Dieselöl weiter ansteigen wird. Somit erhält er eine feste Kalkulationsbasis. Er möchte ferner die Absicherung in Euro vornehmen, da er hauptsächlich im Euro-Währungsraum agiert. Die Absicherung soll keine Liquidität binden. Abschluss eines Dieselölswaps Der obige Investor schließt seiner Grundintention und seinem Bedarf folgend einen Dieselölswap ab (vgl. Abbildung 8.11).
Festpreis*
Bank
Dieseleinkaufspreis (inkl. Steuern, Lieferantenmarge)
Kunde
Rohstofflieferant
Variabler Preis* * Zahlbar an jedem Fälligkeitstag. Dabei werden beide Zahlungsströme saldiert und lediglich der Differenzbetrag gezahlt (sog. „Payment Netting“).
Abbildung 8.11: Zahlungsströme für den abgeschlossenen Dieselölswap24
24
Quelle: Commerzbank AG.
Nicht an der Börse gehandelte Derivate
379
Funktionsweise des Dieselrohölwaps
Es findet ein periodischer Austausch von Zahlungsströmen in Euro auf der Grundlage einer fiktiven Bezugsmenge Dieselöl (in metrischen Tonnen) je Berechnungszeitraum statt. Der Investor zahlt für jeden Berechnungszeitraum am betreffenden Fälligkeitstag den Festbetrag, während die Bank den variablen Betrag zahlt. Der Festbetrag/variable Betrag ist das Produkt aus der für den betreffenden Berechnungszeitraum vereinbarten Bezugsmenge Dieselöl und dem Festpreis/variablen Preis. Der Festpreis wird bei Abschluss des Derivats vereinbart. Der variable Preis wird von der Bank für jeden Berechnungszeitraum festgestellt und richtet sich nach dem aktuellen Preis des Basiswerts. Wird für einen Berechnungszeitraum mehr als ein Feststellungstag vereinbart, so ist der variable Preis das arithmetische Mittel der für jeden dieser Feststellungstage ermittelten Preise des Basiswerts. Den an einem Feststellungstag ermittelten Preis des Basiswerts rechnet die Bank auf der Grundlage des tagesaktuellen Euro/USD-Kurses in Euro um.
Der Dieselölswap sichert den Investor folglich gegen steigende Dieselölkosten ab. Er besitzt Planungssicherheit und ist unabhängig von einer physischen Lieferung. Er besitzt eine hohe Flexibilität durch die Trennung des Rohwarenderivats und der physischen Lieferung. Er kann somit beide Komponenten unabhängig voneinander auflösen. Die Absicherung besteht jedoch nur auf das Underlying selbst. Sollten steigende Steuern etc. Einfluss auf den Preis nehmen, so ist der Investor mit dieser Absicherung nicht gegen Preisanstiege gesichert.
8.1.4.2.8
Der Assetswap
Bei einem Assetswap handelt es sich um ein kombiniertes im Interbankenhandel und im Handel von Institutionellen geläufiges Finanzprodukt, welches zum einen aus einer Anleihe (Bond) und zum anderen aus einem Tauschgeschäft (SWAP) besteht und in der Regel gleichzeitig abgeschlossen wird. Der Swap hat die Ausgestaltung, dass ein Leg (eine Seite des Zahlungsstroms) kongruent zum Bond verläuft. Das andere Leg ist eine variable Komponente und kann zum Beispiel ein Libor- oder Euribor-Satz (ein variabler Satz) sein. Der Investor erhält folglich aus dem Bond einen fixen Satz (fixed Leg), welchen er in den Swap einbringt, und erhält aus diesem einen variablen Satz (floating Leg) bezahlt. Durch diese Kombination entsteht ein synthetischer Floater, da der Investor den Festzins gegen den variablen eintauscht. Die Risiken für den Investor bleiben beim Anleihenrisiko, zusätzlich jedoch hat er
380
OTC-Derivate und exotische Strukturen
fix
Partei A
variabel
Partei B
fix
Bond
Abbildung 8.12: Der Assetswap
auch ein Counterpart-Risiko gegenüber dem Swap-Partner.25 Er entledigt sich jedoch durch diese Transaktion des Zinsänderungsrisikos, welches er mit dem Bond trägt.
8.1.4.3 Swap-Handel Die abgeschlossenen Swaps, die gehandelt werden können, ermöglichen es, Risiken, die beispielsweise eine Bank auf sich genommen hat, weiterzugeben. Wenn der Klient einen Swap schließen möchte (Gegengeschäft), muss er den Marktpreis dafür aufbringen, da Swaps immer zur aktuellen Marktsituation bewertet werden. Theoretisch und in einem vollkommenen Markt ist ein Receiver Swap immer so viel wert wie die Fixkupon-Anleihe abzüglich des Wertes des Floaters. Oder anders ausgedrückt, der Swap verkörpert die Differenz zwischen dem Barwert des festen Zinssatzes und dem Barwert des variablen Zinssatzes zum Zeitpunkt t = 0. Der Wert des Payer Swap entspricht dem Spiegelwert des Receiver Swaps.
8.1.4.4 Bewertung von Swaps Die Bewertung von Swaps ist vielschichtig, da diese je nach Swap anders ausgestaltet sein kann. So können Swaps unter anderem mittels des Replika25
Das Counterparty-Risk kann mittels Abwicklung über ein CCP ausgeschlossen werden. Im Zuge der Finanzkrise wurde dies eingeführt.
Nicht an der Börse gehandelte Derivate
381
tionsverfahrens26 bewertet werden (unter Zuhilfenahme der Ermittlung der Barwerte). Dabei wird für beide Seiten des Swaps je eine Anleihe mit dem jeweiligen Zahlungsstrom beobachtet. Bei einem Plain-Vanilla-Zinsswap kann zum Beispiel mithilfe einer Anleihe mit fixem Kupon und einer Anleihe mit variablem Kupon die Bewertung durchgeführt werden. Somit entspricht der Barwert des Swaps dem Barwert der fixen Zahlungen minus dem Barwert der variablen Zahlungen. Im Barwert der fixen Zahlungen summieren sich die einzelnen Zinszahlungen des Swaps. Grundsätzlich kann für die Bewertung von Plain-Vanilla-Swaps folgende Bewertungsformel postuliert werden:27 BWSwap = BWfix − BWvar BWSwap = Barwert Swap in toto BWfix = Barwert fixe Zahlungen BWvar = Barwert variable Zahlungen BWfix = SWSatz BWfix SWSatz M P ti Ti dfi
= Barwert fixe Zahlung = Swap-Satz = Anzahl der fixen Zahlungen = Nominal des Swaps = Anzahl der Tage pro Zinsperiode = Basis der Zinsrechnung (360/act etc.) = Discountierungsfaktor
BWvar =
N j =1
BWvar N fj P tj Tj dfj 26
27
M ti × P× × df i Ti i =1
tj P × fj × × df j Tj
= Barwert variable Zahlung = Anzahl der variablen Zahlungen im Swap = Forward rate = Nominale des Swaps = Anzahl der Tage = Basis der Zinsrechnungsmethode (act/360 etc.) = Discontierungsfaktor
Bezeichnet das synthetische Erzeugen von Portfolios (Replikation oder auch Duplikation), die dieselben Zahlungsströme generieren wie das zu bewertende Investment, vgl. hierzu: Kapitel 2.4.3. Vgl. Hull, John C.: Options, Futures and other Derivatives.
382
OTC-Derivate und exotische Strukturen
Warum benötigt man den Swap-Satz? Da der Barwert beim Abschluss des Swaps sowohl für die variable als auch für die fixe Seite gleich sein muss (es wird i. d. R. keine Ausgleichszahlung vorgenommen, sonst wäre ein Arbitrage-Gewinn möglich) wird der fixe SwapSatz (SWSatz ) benötigt. Durch diesen entspricht bei Abschluss des Swaps BWvar = BWfix . Die Berechung für den Swap-Satz (SWSatz ) ergibt sich aus folgendem Formelausdruck: BWvar SWSatz = M P × Ttii × df i i =1
BWvar SWSatz M ti Ti dfi
= Barwert variable Zahlung = Swap-Satz = Anzahl der fixen Zahlungen = Anzahl der Tage pro Zinsperiode = Basis der Zinsrechnung (360/act etc.) = Discountierungsfaktor
Die Abbildung 8.13 zeigt die Bewertung eines Plain-Vanilla-IR-Swaps auf. Dabei wird der Marktwert für den Payer Swap wie auch den Receiver Swap ausgegeben. Die Berechnung findet sowohl mit 360 wie auch mit 365 Tagen Zinsrechnung statt. Ein Credit Default Swap (CDS) kann mithilfe einer ausfallrisikofreien und einer ausfallrisikobehafteten Anleihe bewertet werden. Hier werden die jeweiligen Zahlungsströme bewertet und dann zu einem Marktwert zusammengesetzt. Ein Beispiel hierfür finden Sie im Kapitel 9.4.28 8.1.4.5 Variable Zinssätze in Swaps Die in den Swaps verwendeten variablen Zinssätze basieren meist auf den Referenzzinssätzen von Euribor und Libor.29 Es besteht die Möglichkeit, die Zahlungskonditionen frei zu vereinbaren. So werden in der Praxis nicht nur einmal im Jahr Zahlungen fällig, sondern es besteht auch die Möglichkeit, dass diese auf Halbjahresbasis oder Vierteljahresbasis bezahlt werden. Die Ausgestaltung liegt bei den vertragsschließenden Parteien und ist frei
28 29
Vgl. Hull, John C.: Options, Futures and other Derivatives. Für Euro bzw. die aus Euro-Sicht bestehenden Fremdwährungen.
Nicht an der Börse gehandelte Derivate
383
Abbildung 8.13: Swap-Bewertung Plain-Vanilla-IR-Swap30
wählbar. Dennoch orientieren sich die Zahlungstermine oft am Referenzsatz, beispielsweise vierteljährliche Zahlungen im Fall vom 3-Monats-Libor. Tabelle 8.3: Marktverwertung Markterwartung
Eintritt
Payer
Receiver
Die Zinsen werden steigen. . .
. . . schnellerer oder stärkerer Anstieg als erwartet
gewinnt
verliert
. . . langsamerer oder schwächerer Anstieg als erwartet
verliert
gewinnt
. . . schneller und stärker als erwartet
verliert
gewinnt
. . . langsamer oder schwächer als erwartet
gewinnt
verliert
Die Zinsen werden fallen. . .
30
Quelle: EIFD, Kleinknecht, Manuel.
384
OTC-Derivate und exotische Strukturen
8.1.4.6 Anwendung von Swaps Klassische Swaps sind an das Grundgeschäft gebunden und dienen entweder dessen Absicherung oder als Spekulation auf eine weitere Gewinnmarge. Im Regelfall gibt es folgende Motivationen:
Absicherung von Zinssätzen Kreditmanagement Bilanztechnische Veränderungen Währungs- und Zinsabsicherungen Differenzgeschäfte Finanzierungsmöglichkeiten Ausnutzung von globalen Währungs- und Zinskonstellationen Gewinnfestschreibung Ausnutzung von Lieferantenkrediten ohne Währungsrisiko Diversifikation von Anleihenportfolios und Absicherung gegen Währungsschwankungen
Wir sehen, dass der Aufbau eines Swaps eine klare Einschätzung der Marktgegebenheiten erfordert und somit als Voraussetzung dafür zu sehen ist, dass ein Swap-Geschäft erfolgreich abgeschlossen wird. 8.1.4.7 Beispiele für Swaps Es gibt auch eine Vielzahl von klassischen und exotischen Swaps. Die exotischen sind meist deutlich komplexer aufgebaut und werden daher nur von großen Investoren eingesetzt. 8.1.4.7.1 Inflationsswaps Inflation ist immer wieder ein wichtiges Thema bei der Absicherung von Zahlungsströmen. Es ist möglich, mittels Inflationsswaps eine gute Kalkulationsbasis für ein Grundgeschäft zu erhalten. Grundsätzlich unterscheidet man bei Inflationsswaps zwischen einem Inflation Payer Swap und einem Inflation Receiver Swap. Der Investor wählt, je nach seiner Inflationserwartung, den für ihn passenden Swap aus.
Nicht an der Börse gehandelte Derivate
385
Inflation Payer Swap Der Inflation Payer Swap dient zur Absicherung von zukünftigen inflationsabhängigen Zahlungseingängen, z. B. aus einem Grundgeschäft in Solaranlagen. Der Investor tauscht mit dem Swap folglich seine inflationsabhängigen Zahlungseingänge in feste Zinszahlungen. Damit schafft er eine feste zukünftige Kalkulationsbasis. Er schützt sich somit auch vor fallenden Inflationsraten. Im Gegenzug partizipiert er nicht von steigenden. Funktionsweise des Inflation Payer Swaps Beim Inflation Payer Swap erhält der Investor an den fest vereinbarten Zahlungsterminen einen vereinbarten Festzins von der Bank. Im Gegenzug zahlt der Investor einen variablen Zins, dessen Höhe von der jeweils realisierten Inflationsrate abhängig ist. Sollte die realisierte Inflationsrate zu den jeweiligen Feststellungszeitpunkten unterhalb des vereinbarten Festzinssatzes liegen, erhält der Investor Nettozahlungen aus dem Inflation Payer Swap. Sollte die realisierte Inflationsrate zu den jeweiligen Feststellungszeitpunkten oberhalb des vereinbarten Festzinssatzes liegen, hat der Investor Nettozahlungen in den Inflation Payer Swap zu leisten. Um eine möglichst effektive Absicherung der Inflationsrisiken aus dem Grundgeschäft des Investors zu gewährleisten, sollten die zugrunde liegende Inflationsrate sowie die Feststellungs- und Zahlungszeitpunkte im Grundgeschäft und dem Inflation Payer Swap möglichst identisch sein (vgl. Abbildung 8.14). Bei Abschluss des Inflation Payer Swaps werden üblicherweise die folgenden Parameter festgelegt:
Laufzeit Nominalbetrag Referenzindex zur Berechnung der für die Zahlung relevanten Inflationsrate (z. B. Eurostat HICP ex Tobacco) Feststellungstage für den Referenzindex (Fixing) (üblicherweise die Indexstände jeweils 15 und 3 Monate vor den Feststellungstagen) Festzinssatz Zahlungstermine Zinskonventionen
386
OTC-Derivate und exotische Strukturen
Zahlungsströme des Inflation Payer Swaps 2,500% p.a. Festzins
Bank
Inflation Payer Swap
Kunde
Zahlungen
Inflationsabhängige
Jahresinflationsrate in % p.a.
Grundgeschäft
Abbildung 8.14: Zahlungsströme Inflation Payer Swap31
8.1.4.7.2 Inflation Receiver Swap Der Inflation Receiver Swap dient der Absicherung künftiger inflationsabhängiger Zahlungsausgänge aus dem Grundgeschäft. Mit dem Inflation Receiver Swap tauscht der Investor seine inflationsabhängigen Zahlungsverpflichtungen in feste Zinszahlungen, sodass er unabhängig von der zukünftigen Inflationsentwicklung fest kalkulierbare Zahlungen zu leisten hat. Der Inflation Receiver Swap schützt somit vor steigenden Inflationsraten, lässt jedoch im Gegenzug auch keine Partizipation an fallenden bzw. niedrigen Inflationsraten zu. Funktionsweise des Inflation Receiver Swaps Beim Inflation Receiver Swap zahlt der Investor an den fest vereinbarten Zahlungsterminen einen vereinbarten Festzins an die Bank (vgl. Abbildung 8.15). Im Gegenzug erhält der Investor einen variablen Zins, der abhängig von der jeweils festgestellten Inflationsrate ist. Sollte die Inflationsrate zu den jeweiligen Feststellungszeitpunkten oberhalb des vereinbarten Festzinssatzes liegen, erhält der Investor Nettozahlungen aus dem Inflation Receiver Swap. 31
Aus Banksicht. Payer hier = Bank = Bank bezahlt den Festzins. Quelle: Commerzbank AG.
Nicht an der Börse gehandelte Derivate
387
Sollte die Inflationsrate zu den jeweiligen Feststellungszeitpunkten unterhalb des vereinbarten Festzinssatzes liegen, hat der Investor Nettozahlungen in den Inflation Receiver Swap zu leisten. Um eine möglichst effektive Absicherung der Inflationsrisiken aus dem Grundgeschäft des Investors zu gewährleisten, sollten die zugrunde liegende Inflationsrate sowie die Feststellungs- und Zahlungszeitpunkte im Grundgeschäft und beim Inflation Receiver Swap möglichst identisch sein. Bei Abschluss des Inflation Receiver Swaps werden üblicherweise die folgenden Parameter festgelegt:
Laufzeit Nominalbetrag Referenzindex zur Berechnung der für die Zahlung relevanten Inflationsrate Feststellungstage für den Referenzindex (Fixing) Festzinssatz Zahlungstermine Zinskonventionen
Zahlungsströme des Inflation Receiver Swaps Jahresinflationsrate in % p.a.
Bank
Inflation Receiver
Kunde
Swap
Zahlungen
Inflationsabhängige
2,500% p.a. Festzins
Grundgeschäft
Abbildung 8.15: Zahlungsströme Inflation Receiver Swap32
32
Receiver hier = Banksicht = Bank erhält Festzins. Quelle: Commerzbank AG.
388
OTC-Derivate und exotische Strukturen
Was ist eigentlich Inflation? Grundsätzlich bezeichnet man als Inflation das kontinuierliche Ansteigen von Preisen, welches i. d. R. mit einer vorangegangenen Ausweitung der Geldmenge zusammenhängt. Gemessen wird die Inflation von Statistikämtern wie dem EUROSTAT. Diese geben dann Inflationsindizes heraus. Nachfolgend wollen wir den HICP ex Tobacco erklären. HICPexT = Harmonised Index of Consumer Prices excluding Tobacco Der HICP ist ein Verbraucherindex, der die Preisentwicklung von Dienstleistungen und Waren abbildet. Er wird auf Basis eines repräsentativenWarenkorbes von Gütern und Dienstleistungen, die im inländischen (d. h. hier: europäischen) Wirtschaftsraum privaten Haushalten zum Kauf angeboten werden, ermittelt. Der HICP wird durch EUROSTAT, dem statistischen Amt der Europäischen Kommission, in harmonisierter Form berechnet. Harmonisiert bedeutet in diesem Zusammenhang, dass für die Berechnung europaweit nach gleichen Regeln für diese Warenkörbe verfahren wird. Es kann durchaus Abweichungen zu nationalen (z. B. deutschen) Inflationsindizes geben. Im HICPexT sind alle Waren und Dienstleistungen ohne Tabakwaren erfasst. Dieser Index gilt als Standard für die Verwendung in Finanzkontrakten auf Basis der europäischen Inflation. Der HICPexT wird monatlich von Eurostat veröffentlicht. Berechnung: Zur Berechnung der Inflationszahlung wird üblicherweise die 3 Monate vorher veröffentlichte Inflationsrate verwendet (3M-Gap). Hierbei gilt der Wert der Erstveröffentlichung. Spätere Revisionen dieses Wertes werden nicht berücksichtigt.
Abbildung 8.16: Verbraucherpreisindex (Inflation ex. Tabaco)33
33
Quelle: Thomson Reuters.
Nicht an der Börse gehandelte Derivate
8.1.4.7.3
389
Express Swap Euro/TRY
Ausgangssituation der Überlegung:
Es besteht eine Euro-Finanzierung. Der Investor erwartet maximal eine leichte Aufwertung des Euro/TRYWechselkurses. Der Investor will sein Darlehensportfolio optimieren (Euro-Finanzierung).
Ziele des Investors:
Er möchte die Zinsbelastung aus einer Euro-Finanzierung reduzieren. Sollte seine Markterwartung nicht eintreffen, ist er bereit, eine zusätzliche Zinsbelastung aus diesem Swap zu leisten. Er ist sich des theoretisch unbegrenzten Verlustrisikos bewusst. Alle Zahlungen sollen in Euro stattfinden.
Swap-Aufbau:
Der Swap-Investor zahlt am Ende der Laufzeit einen Zinssatz in Abhängigkeit vom Euro/TRY-Wechselkurs. Die Gegenpartei (Bank) zahlt einen Zinssatz in Abhängigkeit vom Euro/ TRY-Wechselkurs.
Investorensicht:
Der Investor empfängt einmalig einen der folgenden Zinssätze: 5,00 % / 10,00 % / 15,00 % / 20,00 % / 25,00 % / 30,00 % des Nominalbetrages, falls der Euro/TRY-Wechselkurs am jeweiligen Feststellungstag den Strike von 2,4000 TRY/Euro unterschreitet oder genau auf diesem liegt. Ist eine Zinszahlung an ihn geleistet worden, so erlischt der Swap. Im Gegenzug zahlt er 0 Prozent des Nominalbetrages. Sobald der Euro/TRY-Wechselkurs am Feststellungstag unterhalb oder genau am Strike von 2,4000 festgestellt wird, erzielt er einen Ertrag aus dem Swap. Hierbei gilt: Wird der Euro/TRY-Kurs oberhalb des vereinbarten „Strikes“ am jeweiligen Feststellungstag (z. B. nach 6, 12, 18, 24, 30 und 36 Monaten) festgestellt, erhält er keine Zahlung und der Swap besteht weiterhin. Notiert der Euro/TRY-Wechselkurs auch nach Ende der letzten Periode am Fälligkeitstag oberhalb des Strikes von 2,4000, so leistet er eine Zahlung nach folgender Formel: Nominalbetrag × Euro/(TRY-Wechselkurs am Fälligkeitstag – 2,4000)/ 2,4000
390
OTC-Derivate und exotische Strukturen
Somit entsteht für ihn ein Aufwand aus dem Swap, falls der Euro/TRYWechselkurs oberhalb von 2,4000 an allen Fälligkeitstagen festgestellt wird. Bei einem an allen Fälligkeitstagen über dem Strike notierenden Euro/TRYWechselkurs besteht für ihn ein theoretisch unbegrenztes Zinsrisiko.
Abbildung 8.17 fasst den kompletten Swap-Vorgang nochmals zusammen. Nach 6 Monaten: 5,00%** Nach 12 Monaten: 10,00%** Nach 18 Monaten: 15,00%** Nach 24 Monaten: 20,00%** Nach 30 Monaten: 25,00%** Nach 36 Monaten: 30,00%**
Bank
Von der Bank empfangene Zahlungen
Kunde
EURFinanzierung
Zahlung am Ende der Swaplaufzeit gemäß Formel* nur bei Überschreitung des EUR/TRY-Wechselkurses an allen Fälligkeitstagen * Formel: Nominalbetrag* ((EUR/TRY am letzten Fälligkeitstag – 2,4000)/2,4000) ** des Nominalbetrages bei Unterschreitung des Strikes oder Feststellung genau auf dem Strike von EUR/TRY 2,4000, sofern an keinem vorherigen Fälligkeitstag eine Zinszahlung an Sie geleistet wurde.
Abbildung 8.17: Euro/TRY-Swap34
Zahlungsaustausch Wie wir am obigen Swap sehen, ist es sehr wichtig, eine Einschätzung zur aktuellen und zukünftigen Währungslage zu haben. Nachfolgend zeigen wir die historische Entwicklung des Euro/TRY-Wechselkurses auf (vgl. Abbildung 8.18). Dennoch ist für die Bewertung und somit für die Strukturierung eines Derivats nicht die Vergangenheit, sondern der zukünftig zu erwartende Euro/TRY-Wechselkurs von Bedeutung. Die obige Ausgestaltung ist ein klassischer Fall von steigenden Euro/TRY Forwards im Markt. Um aus diesem Geschäft einen Gewinn zu realisieren, muss der Investor erwarten, dass die Forwards entweder langsamer steigen oder gar fallen. Aus ökonomischer Sicht der beste Ausdruck für den Risikogehalt dieses Geschäfts sind die Forwards35 zum Zeitpunkt des Abschlusses. 34 35
Quelle: Commerzbank AG ICLM. Und die implizite Euro/TRY-Volatilitäten ebenfalls.
Nicht an der Börse gehandelte Derivate
391
Abbildung 8.18: Euro/TRY-Wechselkurs36
Wechselkursanalyse Einer solchen Swap-Transaktion muss stets eine Wechselkursanalyse vorausgehen. In dieser sollten „Stresstests“ eingebunden werden (vgl. Abbildung 8.19). Denn gerade Währungen können massiven und teilweise nur sehr schwer deutbaren Schwankungen unterliegen. Um die obige Grafik etwas greifbarer zu machen, haben wir diese in ein Zahlenbeispiel übertragen. Hierbei wählten wir einen Beispielbetrag von nominal 1 Million Euro als Swap-Grundlage.
36
Quelle: Bloomberg.
392
OTC-Derivate und exotische Strukturen
Investor hat einen Devisenkurs EUR/TRY Strike
2,4000
Zinsaufwand
Devisenkurs EUR/TRY Strike
2,4000
Kassakurs
Kassakurs
2,0500
2,0500
5,00 Zinsvorteil für aktuelle Periode und Express Swap erlischt
heute
1. Fälligkeit
Vorletzte Fälligkeit
Letzte Fälligkeit
Abbildung 8.19: Mögliche Zinszahlungen37
Strike Euro/TRY: Nominal in Euro Investor erhält % des Nominals: Seine Zahlung38 (Formel) Szenario Euro/TRY-Kurs:
2,4000 1.000.000 30,00 Nominal × ((Euro/TRY Kurs – Strike)/Strike) 1 2 3 4 5 2,0000 2,3900 2,4000 2,5000 2,9000
Investor erhält % des Nominals: Investor bezahlt % des Nominals:
30,00 0,00
30,00 0,00
30,00 0,00
0,00 4,17
0,00 20,83
Vorteil/Nachteil in % Summe in Euro
30,00 300.000
30,00 300.000
30,00 300.000
−4,17 −41.667
−20,83 −208.333
Am obigen Beispiel erkennt man sehr schön den Zinsvorteil bis 2,40 Euro/ TRY. Man erkennt jedoch auch sofort, welcher Nachteil (zusätzlicher Zinsaufwand) ab 2,40 Euro/TRY entsteht. Der Begriff ,,Express“ für diese Struktur resultiert aus der Pfadabhängigkeit der Auszahlungen.
37 38
Quelle: Commerzbank AG ICLM. Falls der Euro/TRY-Wechselkurs in den vorangegangen Perioden an den Fälligkeitstagen nicht unter/genau auf 2,4000 notiert hat.
Nicht an der Börse gehandelte Derivate
8.1.4.7.4
393
Second Chance Swap
Die Ausgangssituation für diese Art von exotischen Swaps ist:
Der Investor möchte seine Zinsbelastungen aus diversen Euro-Finanzierungen reduzieren. Er möchte von der Einschätzung profitieren, dass sich der 12-MonatsEuribor während der Laufzeit innerhalb eines vorab definierten Korridors bewegt. Vgl. Abbildung 8.22, in welcher der Verlauf des 3- und 12-MonatsEURIBOR abgebildet ist. Er ist bereit, im Worst Case eine höhere Zinsbelastung in Kauf zu nehmen.
Aufbau eines Second Chance Swap Der Investor bezahlt entweder einen:
Best-Chance-, Second-Chance- oder den Worst-Case-Zinssatz. Dieser ist abhängig davon, ob der 12-Monats-EURIBOR innerhalb oder außerhalb der vereinbarten Korridore gefixt wird oder nicht. Der Gegenpart (Bank) bezahlt über die gesamte Laufzeit einen Festsatz.
Funktionsweise
Der Investor erhält an den jeweiligen Zahlungsterminen einen Festsatz. Im Gegenzug zahlt er den „Best Case“-Zinssatz von 3,20 Prozent p. a., sollte der Referenzzinssatz (bspw. 12-Monats-EURIBOR) an keinem Bankarbeitstag der jeweiligen Zinsperiode außerhalb des vereinbarten Korridors I (vgl. Abbildung 8.20) festgestellt werden. Sollte der Referenzzinssatz an einem Bankarbeitstag außerhalb des Korridors I und innerhalb des Korridors II (vgl. Abbildung 8.21) der betreffenden Zinsperiode gefixt werden, zahlt er den „Second Chance“-Zins von 3,70 Prozent p. a. Sollte der Referenzzinssatz an einem Bankarbeitstag außerhalb des Korridors II der betreffenden Zinsperiode gefixt werden, zahlt er den „Worst Case“-Zins von 6,70 Prozent p. a.
Somit erzielt er für eine Zinsperiode einen Vorteil aus dem Swap, wenn der 12-Monats-EURIBOR die Grenzen der Korridore weder über- noch unterschreitet.
394
OTC-Derivate und exotische Strukturen
Von der Bank empfangene Zahlungen
Festsatz 4,00%
Bank
Kunde
EURFinanzierung
• „Best Case“-Zinsen = 3,20% p.a., wenn der Referenzzinssatz an jedem Tag der Zinsperiode innerhalb des Korridors I (3,60%–5,00%) festgestellt wurde • „Second Chance“-Zinsen = 3,70% p.a., wenn der Referenzzinssatz Korridor I an einem Tag nach unten verlässt und an allen weiteren Tagen der Zinsperiode innerhalb des Korridors II (3,10%–5,00%) festgestellt wurde • „Worst Case“-Zinsen = 6,70% p.a., wenn der Referenzzinssatz Korridor II an einem Tag der Zinsperiode verlässt
Abbildung 8.20: Swap inkl. Referenzzinssatz und Korridore39
Abbildung 8.21: 12-Monats-EURIBOR 2000–2008 inkl. Korridore40
39 40
Quelle: Commerzbank AG ICLM. Quelle: Bloomberg.
Nicht an der Börse gehandelte Derivate
395
Abbildung 8.22: 3- und 12-Monats-EURIBOR41
Zahlungsströme des Swaps Szenarioanalyse Best Case:* Second Chance:* Worst Case:*
3,20 3,70 6,70
Nominal: 2.500.000 12-M-EURIBOR:* 4,75 3-M-EURIBOR:* 4,74
Korridor I in %: Korridor II in %:
3,60 3,10 3,10
5,00 5,00 5,00
12-M-EURIBOR*
5,15
4,85
3,75
3,50
3,00
Investor erhält*
4,00
4,00
4,00
4,00
4,00
Investor zahlt je Fixing* Vorteil/Nachteil* In Euro je Fixing
6,70 3,20 3,20 −2,70 0,80 0,80 −16.875 5000 5000
3,70 0,30 1875
6,70 −2,70 −16.875
* in % p. a.
41
Quelle: Bloomberg.
396
OTC-Derivate und exotische Strukturen
8.1.4.7.5 Callable Range Accrual Swap Accrual Swaps sind Swaps, bei denen die Zinsen auf einer Seite nur dann anfallen, wenn sich der variable Referenzzinssatz in einem bestimmten Bereich befindet. Dieser Bereich bleibt während der gesamten Laufzeit des Swaps konstant oder er wird in regelmäßigen Abständen neu festgelegt. Man spricht immer dann von einem Callable Swap, wenn es sich um einen kündbaren Swap handelt. Das Kündigungsrecht in unserem Beispiel liegt bei der Bank und ist einseitig gehalten. Ausgangssituation für den Investor in unserem Beispiel:
Er will die Zinszahlungen seines Darlehensportfolios optimieren. Er ist bereit, hierfür begrenzte Risiken einzugehen. Er ist der Meinung, dass sich der 10-y-Swap-Satz in den nächsten 3 Jahren nicht zu stark verändert.
Struktur eines Callable Range Accrual Swap Der Investor bezahlt einen Festsatz. Die Bank (Gegenpart) zahlt an den Tagen, an denen sich der Referenzzinssatz in einer bestimmten Bandbreite befindet, einen höheren Festsatz. Die Bank hat ein Kündigungsrecht (nach 3 Monaten; vierteljährlich) (vgl. Abbildung 8.23).
6% p.a.
Festsatz 6,00% p.a. × n/N
Bank
Kunde
Festsatzdarlehen
Festsatz 5,00% p.a.
Bandbreite: 3,50 – 5 ,15% p.a. 10-Jahres-Swap-Satz aktuell: 4,43% p.a. n = Anzahl der Tage, an denen 10-Jahres-Swap-Satz innerhalb bzw. an Bandbreite notiert N = Anzahl Gesamttage des Geschäfts Die Bank hat ein einseitiges vierteljährliches Kündigungsrecht, erstmalig nach 3 Monaten
Abbildung 8.23: Zahlungsstöme des Swaps42
42
Quelle: Commerzbank AG ICLM.
Nicht an der Börse gehandelte Derivate
397
Zahlungsströme des Swaps Szenarioanalyse Tage in bzw. an der Bandbreite Referenzzinssatz der Bandbreite
360 180 60 10-Jahres-Swap-Satz
Grundgeschäft vom Investor ./. Festsatz (% p. a.)
6,00 % 6,00 % 6,00 %
Investor bezahlt Festsatz (% p. a.)
5,00 % 5,00 % 5,00 %
Variabler Satz der Bank, abh. von Tagen in Bandbreite (6,00 % p. a. × n/N)
6,00 % 3,00 % 1,00 %
Satz des Investors unter Berichtigung des Grundgeschäfts (% p. a.)
5,00 % 8,00 % 10,00 %
Chancen:
Kalkulationssicherheit durch Maximalzins Starke Partizipation an einer Seitwärtsbewegung des Referenzzinssatzes Hohe Flexibilität durch Trennung von Liquidität und Zinsderivat Bei vorzeitiger Auflösung kann ein Auflösungsgewinn entstehen Möglichkeit der Zinsreduktion
Risiken:
Möglichkeit höherer Zinskosten Kündigung durch die Bank nach 3 Monaten vierteljährlich möglich Wegfall des zugrunde liegenden Kredits führt nicht zu einer automatischen Beendigung des Swaps Bei vorzeitiger Auflösung kann ein Auflösungsverlust entstehen
8.1.4.7.6
FX Linked Knockout Swap
Mit einem FX Lined Knockout Swap hat der Investor die Möglichkeit, seinen Cashflow zu optimieren. Der Investor hat folgende Ausgangssituation seiner Überlegung zugrunde gelegt:
Er geht davon aus, dass der US-Dollar sich seitwärts oder negativ entwickelt (Euro aufwertet), tendenziell weiterhin über 1,40 zum Euro. Der Investor möchte sein Anlagenportfolio optimieren.
398
OTC-Derivate und exotische Strukturen
Struktur des Swaps Der Investor bezahlt einen Betrag, der vom Euro/USD-Wechselkurs abhängig ist. Im „Best Case“ ist dieser Betrag 0 Prozent p. a. Die Bank (Gegenpart) bezahlt einen Festsatz von 1 Prozent p. a. Die Funktionsweise im Detail
Der Investor empfängt 1,0 Prozent p. a. Im Gegenzug zahlt er einen Betrag, welcher in Abhängigkeit des Euro/ USD-Kurses berechnet wird. Hierbei gilt: Wird der Euro/USD-Kurs oberhalb des vereinbarten „Strikes“ (1,36 Euro/USD) festgestellt, zahlt er keinen Aufschlag und erhält somit den „Best Case“, d. h., er erzielt einen Ertrag von 1,0 Prozent p. a. aus dem Swap (vgl. Abbildung 8.24). Wenn die obere K. o.-Grenze (1,50 Euro/USD) innerhalb der Knockout Periode erreicht oder überschritten wird, gilt dieser „Best Case“ für die gesamte Restlaufzeit des Swaps. Bereits bei Feststellung des Euro/USD-Kurs zwischen dem Strike von 1,3600 und 1,3465 (Break Even) erzielt er noch einen Ertrag aus dem Swap. Sofern der Euro/USD-Kurs während der Laufzeit nicht die K. o.-Grenze berührt und an den Fälligkeitsterminen unterhalb des „Break Even“ notiert, entsteht für ihn ein Verlust aus dem Swap.
Festzins 1% p.a.
Bank
Kunde
Variable Zahlung in Abhängigkeit EUR/USD min. 0% p.a.
Abbildung 8.24: Betrachtung der Swap-Parameter43
43
Quelle: Commerzbank AG.
Nicht an der Börse gehandelte Derivate
399
Abbildung 8.25: Analyse der historischen Währungskursentwicklung44
Die Zahlungsströme aus diesem Swap sind in der Abbildung 8.26 ersichtlich.45 Szenarioanalyse Strike: Knockout-Grenze: Bank zahlt: Bank empfängt:
1,3600 1,5000 1,00 % p. a. ((1,3600 − Euro/USD-Kurs) / Euro/USD-Kurs); min.0 % p. a.
Euro/USD-Kurs:
1,1000
Investor zahlt 23,64 % Investor empfängt Festsatz 1,00 % Vorteil/Nachteil
8.1.4.7.7
−22,64 %
1,3000
1,3465 1,3700 1,6000
4,62 % 1,00 %
1,00 % 0,00 % 0,00 % 1,00 % 1,00 % 1,00 %
−3,62 % 0,00 % 1,00 % 1,00 %
Step-Down Swap
DieAusgangssituation für einen Step-Down Swap sind stark gefallene Marktzinsen und ein attraktives Finanzierungsniveau. Es gibt Unsicherheiten an den Finanzmärkten und diese führen zum Wunsch der Investoren, eine Kalkulationssicherheit zu schaffen. Dennoch möchte man sich die Chancen zur Partizipation an weiter fallenden Marktzinsen erhalten.
44 45
Quelle: Bloomberg. Quelle: Commerzbank AG ICLM.
400
OTC-Derivate und exotische Strukturen
Devisenkurs EUR/USD 1,5000
Devisenkurs EUR/USD
Obere Grenze, gültig in Knockout-Periode
1,5000
Obere Grenze, gültig in Knockout-Periode
Best Case: Strike
1,00% Vorteil für aktuelle Periode
Strike
1,3600
1,3600 Break-Even
Break-Even höherer Zinsaufwand
1,2500
1,2500
heute
heute
Fälligkeit
Fälligkeit
Knockout Devisenkurs EUR/USD
Devisenkurs EUR/USD
Obere Grenze, gültig in Knockout-Periode 1,5000
Obere Grenze, gültig in Knockout-Periode 1,5000
Strike
Best Case: 1,00% Vorteil für die gesamte Restlaufzeit
Strike
1,3600
1,3600 Break-Even
Break-Even Zinsertrag
1,2500
1,2500
heute
Fälligkeit
heute
Fälligkeit
Abbildung 8.26: Grafische Szenarioanalyse zum Swap-Verlauf46
Funktionsweise eines Step-Down Swaps Beim Step-Down Swap gehen beide Vertragsparteien eine Verpflichtung zur regelmäßigen Zahlung von Zinsen ein. Die Bank zahlt regelmäßig den jeweils aktuellen 3-Monats-EURIBOR an die Gegenseite. Der vertragsschließende Kunde zahlt im Gegenzug den Step-Down Swap-Satz an die Bank. Der zu zahlende Zins im Step-Down Swap ist für das erste Jahr bei 2,50 Prozent p. a. festgelegt. Für die nachfolgenden Jahre steigt der Zins auf 3,85 Prozent p.a. 46
Quelle: Commerzbank ICLM.
Nicht an der Börse gehandelte Derivate
401
3-Monats-EURIBOR
Bank
Kunde
zzgl. Kreditmarge
3-Monats-EURIBOR
1. Jahr: 2,50% p.a. 2.-5. Jahr: 3,85% p.a., wenn 3-M-EURIBOR > 2,75% p.a. 3,10% p.a., wenn 3-M-EURIBOR ≤ 2,75% p.a. 2,35% p.a., wenn 3-M-EURIBOR ≤ 2,25% p.a. 1,60% p.a., wenn 3-M-EURIBOR ≤ 1,75% p.a.
Finanzierung mit variablem Zins
Abbildung 8.27: Step-Down Swap47
wenn der 3M-EURIBOR über 2,75 Prozent p. a. festgestellt wird. Sollte jedoch der 3M-EURIBOR seinen Abwärtstrend fortsetzen, passt sich dieser Zins automatisch in 3 Stufen bis auf 1,60 Prozent p. a. nach unten an (vgl. Abbildung 8.27): 3M-EURIBOR > 2,75 % p. a. = 3,85 % p. a. 3M-EURIBOR ≤ 2,75 % p. a. = 3,10 % p. a. 3M-EURIBOR ≤ 2,25 % p. a. = 2,35 % p. a. 3M-EURIBOR ≤ 1,75 % p. a. = 1,60 % p. a. Szenarioanalyse Im obigen Beispiel kann der Zinsaufwand im besten Fall auf 1,60 Prozent p. a. fallen oder im Extremfall auf 3,85 Prozent p. a. steigen. Der Investor in einen solchen Swap kann sich somit gegen das Zinsänderungsrisiko in steigenden Geldmarktzinssätzen absichern bzw. dieses auf das Worst-Case-Szenario, in unserem Fall 3,85 Prozent p. a., beschränken. Bei fallenden Geldmarktzinsen 47
Quelle: Commerzbank AG.
402
OTC-Derivate und exotische Strukturen
erfolgt weiterhin eine positive Partizipation über die schrittweise Anpassung der zu zahlenden Zinsen. Der Investor hat jedoch das Risiko, dass die Geldmarktzinssätze unter den niedrigsten Step-Down-Zins fallen. Dann fällt die Zinsbelastung für ihn nicht weiter (vgl. Tabelle 8.4). Tabelle 8.4: Szenarioanalyse48 2 Monats EURIBOR (in % p. a.)
1,70 %
aktuell (1,88 %)
3,00 %
Grundgeschäft ./. Variabler Darlehenszins*
1,70 %
1,86 %
3,00 %
Swap + Variabler Zins (Referenzzins) ./. Step-Down Swap-Satz
1,70 % 1,60 %
1,88 % 2,35 %
3,00 % 3,85 %
Zinsbelastung
1,60 %
2,35 %
3,85 %
* Ohne Berücksichtigung der Kreditmarge des kreditgebenden Instituts. Die Kreditmenge kann sich je nach Vertragsgestaltung im Grundgeschäft auch während der Laufzeit des Swaps verändern und somit dennoch zu einer sich ändernden Zinsbelastung führen.
8.1.4.8 Swap Confirmation Eine Confirmation ist die einem Swap zugrunde liegende rechtskräftige Vereinbarung, die von den Vertretern beider vertragsschließenden Parteien unterschrieben werden muss. Die I NTERNATIONAL S WAPS AND D ERIVATIVES A SSOCIATION (ISDA) in New York hat die Erstellung dieser Confirmations erleichtert. Mit ihrer Hilfe wurde eine Reihe von Rahmenvereinbarungen erarbeitet (sog. Master Agreements),49 welche i. d. R. alle vertragsrelevanten Daten beinhalten. Es handelt sich also um die Herstellung von allgemeinen Richtlinien und Standards für die Dokumentation eines OTC-Geschäfts und nicht beispielsweise um Vorgaben für dessen Strukturierung. Somit wird ein größerer Grad an Effizienz in der Post-Trade-Abwicklung und Durchführung eines OTC-Geschäfts erreicht. Nachfolgend haben wir eine Swap Confirmation50 beispielhaft dargestellt:
48 49
50
Quelle: Commerzbank. Das ISDA Master Agreement regelt alle im Zusammenhang mit dem OTC-Derivat relevanten Grunddaten. Die ISDA fungiert auch im Falle eines Ausfalls als Schiedsstelle. vgl. CDS Event Grichenland, Lehman Brothers etc. Quelle: Commerzbank AG.
Nicht an der Börse gehandelte Derivate
403
Abschlusstag
02.05.2009
Zeitpunkt des Inkrafttretens
05.05.2009
Geschäftstagkonvention
nächster Geschäftstag
Feiertagskalender
US
Endtag
05.05.2010
Zahler des Swaps
Muster AG, Musterdorf
Nominalbetrag für den Festzinssatz
1.000.000 Euro in Worten: eine Million Euro
Festzinssatz
5,000 % p. a.
Festzins-Tagzählungskonvention
actual/365
Festzins-Zahltermine51
5. März, 5. September, beginnend am 05. September 2009
Zahler variabler Zinssatz
XY Bank AG, Frankfurt
Variabler Zinssatz
6 Monats USD Libor Satz
Tageszählungskonvention für den variablen Zinssatz
actual/360
Zahlungstermine variabler Zinssatz52
5. März, 5. September, beginnend am 05. September 2009
Abschluss und Prämienzahlung
Ausübungstag der Option
Optionslaufzeit
Endfälligkeit
Swap-Laufzeit
Abbildung 8.28: Zeitlicher Ablauf einer Swaption53
8.1.5
Was sind Swaptions?
Eine Swaption (,,Swap-Option“) ist ein Optionsgeschäft auf einen Swap. Der Käufer erwirbt gegen Zahlung einer Prämie das Recht, jedoch nicht die 51
52
53
Ist ein angesprochener Tag ein Sonn- oder Feiertag, so gilt der nächste Bankarbeitstag als Erfüllungstag. Ist ein angesprochener Tag ein Sonn- oder Feiertag, so gilt der nächste Bankarbeitstag als Erfüllungstag. Vgl. Bloss et al: Währungsderivate (2009).
404
OTC-Derivate und exotische Strukturen
Pflicht, mit dem Verkäufer ein im Voraus bestimmtes Swap-Geschäft abzuschließen (vgl. Abbildung 8.28). Die Konditionen werden bereits bei Abschluss der Swaption abgestimmt. Aufgrund des Optionskonstruktes besitzt eine Swaption ein asymmetrisches Risikoprofil, wie wir es aus den vorangegangenen Optionskonstrukten kennen, ein zeitlich begrenztes Wahlrecht des Käufers und die Verpflichtung des Käufers, an den Verkäufer eine Prämie zum Ausgleich des asymmetrischen Risikos zu bezahlen. Somit kann sich der Investor per Optionsrecht einen eventuell benötigten Swap bereits im Vorhinein sichern. Diese Art von Geschäften wird abgeschlossen, wenn ein konkretes Grundgeschäft noch nicht vorhanden ist, sich aber andeutet, und die Befürchtung besteht, dass sich die Konditionen verschlechtern können. Dafür ist der Long bereit, eine Prämie an den Short zu bezahlen. Übt dieser die Option nicht aus, macht er einen Verlust in Höhe der bezahlten Optionsprämie (vgl. hierzu Plain-Vanilla-Optionen). Der Stillhalter (Short) erhält die Prämie und geht somit die Verpflichtung ein, die Gegenseite des Swaps zu bilden (vgl. Tabelle 8.5). Tabelle 8.5: Swaptions und deren Gegenposition Position
Gegenposition
Long Payer Swaption (ähnelt einem Long Call)
Short Payer Swaption
Short Payer Swaption (ähnelt einem Short Call)
Long Payer Swaption
Long Receiver Swaption (ähnelt einem Long Put)
Short Receiver Swaption
Short Receiver Swaption (ähnelt einem Short Put)
Long Reveiver Swaption
Bei der Ausübung einer Swaption unterscheidet man grundsätzlich nach drei verschiedenen Arten:
Amerikanisch: Die Ausübung kann während der Laufzeit immer erfolgen. Europäisch: Die Ausübung kann nur zum Ende der Laufzeit erfolgen. Bermuda: Die Ausübung kann während einer im Vorhinein festgelegten Frist bzw. an im Vorhinein festgelegten Zeitpunkten erfolgen.
Swaptions spielen gerade bei strukturierten Produkten eine herausragende Rolle. Sie eignen sich zum einen als Baustein, um das gesamte Risikoprofil eines Produkts anzupassen. Vor allem ,,Kündigungsrechte“ oder ,,Verlängerungsrechte“ werden anhand von Swaptions dargestellt. Somit wird ein zusätzliches ,,Pick-up“ (Generierung von zusätzlichem Wert für den Investor)54 54
Üblicherweise bei einer Erhöhung des Risikos bzw. der Investitionskosten.
Nicht an der Börse gehandelte Derivate
405
ermöglicht. Zum anderen erlauben Swaptions eine aktive Steuerung vom Delta- und Gamma-Risiko (Konvexität) beispielsweise von einem Portfolio oder einem Handelsbuch. 8.1.5.1
Receiver oder Payer Swaption
Man spricht von einer Receiver oder Call Swaption, wenn der Käufer das Recht hat, im Swap (nach der Ausübung der Swaption) den festen Zinssatz zu empfangen. Man spricht von einer Payer Swaption oder auch Put Swaption, wenn der Käufer der Swaption nach deren Ausübung die variable Verzinsung erhält und den Festzins im Swap bezahlt (vgl. Tabelle 8.6). Tabelle 8.6: Swaption und die nach der Swap-Ausübung bestehende Swap-Position Swaption
Nach der Ausübung (SWAP)
Receiver Swaption Käufer der Option erhält den festen Zinssatz, bezahlt den variablen Payer Swaption
8.1.5.2
Käufer der Option erhält den variablen Zinssatz, bezahlt den Festzinssatz
Bewertung von Swaptions
Die Bewertung von Swaptions erfolgt über das Black76-Modell für Swaptions. Im Prinzip kann eine Receiver Swaption als Put und eine Payer Swaption als Call auf den Swap-Satz betrachtet werden. ⎤ ⎡ 1 1− F t1 m ⎥ ⎢ 1+ m ⎥ ⎢ c=⎢ ⎥ × e−rT [FN (d1 ) − XN (d2 )] ⎦ ⎣ F ⎡ ⎢ ⎢ p=⎢ ⎣
1−
1 1+ F
⎤
F t1 m m
⎥ ⎥ ⎥ × e−rT [XN (d1 ) − FN (d2 )] ⎦
2 + T X 2 d1 = √ T √ d 2 = d1 − T
ln
F
406
OTC-Derivate und exotische Strukturen
c = Payer Swaption p = Receiver Swaption t1 = Laufzeit Swap in Jahren F = Forward Rate des Swaps X = Basispreis der Swaption r = Risikoloser Zins T = Laufzeit = Volatilität m = Aufzinsung der Swap Rate55 8.1.5.3 Settlement einer Swaption Es gibt bei einer Swaption ebenfalls die Möglichkeit eines physischen Settlements oder eines Cash-Settlements. Beim Cash-Settlement wird die Vergütung des Marktwertes des Swaps vorgenommen. Beim physischen Settlement erfolgt der Eintritt in den Swap (vgl. Abbildung 8.29).
Settlement Swaption Physisches Settlement
Cash-Settlement
Eintritt in den Swap
Vergütung des Marktwertes
Abbildung 8.29: Settlement-Möglichkeiten einer Swaption und deren Auswirkung
Tabelle 8.7 fasst die Erwartungen und Vereinbarungen der jeweiligen Swaption nochmals zusammen.
55
Vgl. Hull, John C. (2013).
Nicht an der Börse gehandelte Derivate
407
Tabelle 8.7: Eigenschaften von Swaptions56 Käufer Payer Swaption
Verkäufer Payer Swaption
Vereinbarung
Recht, aber nicht die Pflicht, den vorher definierten Swap einzugehen und den Festzinssatz zu zahlen
Zinserwartung
Steigende Zinsen
Sinkende oder konstante Zinsen
Risiko
Auf die bezahlte Prämie begrenzt
Volles Marktrisiko (unbegrenzt)
Auswirkungen beim Abschluss
Zahlt die Swaption-Prämie
Erhält die SwaptionPrämie
Laufzeitgleicher Swap-Satz über Swap Strike
Übt die Swaption aus
Wird aus der Swaption in Anspruch genommen und wird Festsatzempfänger im Swap
Laufzeitgleicher Swap-Satz unter Swap Strike
Übt die Swaption nicht aus
Wird nicht in Anspruch genommen
Käufer Receiver Swaption
Verkäufer Receiver Swaption
Vereinbarung
Recht, aber nicht die Pflicht, den vorher definierten Swap einzugehen und den Festzinssatz zu empfangen
Zinserwartung
Sinkende Zinsen
Steigende oder konstante Zinsen
Risiko
Auf die bezahlte Prämie begrenzt
Volles Marktrisiko
Auswirkungen beim Abschluss
Zahlt Swaption-Prämie
Erhält Swaption-Prämie
Laufzeitgleicher Swap-Satz über Swap Strike
Übt die Option nicht aus
Wird nicht in Anspruch genommen
Laufzeitgleicher Swap-Satz unter Swap Strike
Übt die Option aus und wird Festsatzempfänger des Swaps
Wird aus der Swaption in Anspruch genommen und wird Festsatzzahler im Swap
56
Rieger, Marc Oliver: Optionen, Derivate und strukturierte Produkte, Stuttgart (2009)
408
OTC-Derivate und exotische Strukturen
8.1.6 Was sind exotische Optionen? Bei exotischen Optionen57 handelt es sich nicht um börsengehandelte Optionen (bedingte Termingeschäfte), sondern um individuelle, bilaterale Finanzverträge. Sie werden individuell zwischen den beiden vertragsschließenden Parteien ausgehandelt und unterliegen somit keiner Standardisierung. Damit bieten sie den Parteien die Möglichkeit zu zusätzlichen Vertragsbedingungen. Im Gegensatz zu klassischen Optionen, bei denen das Auszahlungsmuster hauptsächlich vom Preis des Underlyings abhängt, kann dies bei exotischen Optionen deutlich differieren – beispielsweise können mehrere Basispreise enthalten sein (Rainbow-Option). Auch bei exotischen Optionen unterscheidet man zwischen einer Call-Option (Recht zum Kauf) und einer Put-Option (Recht zum Verkauf). Gleichzeitig handelt es sich bei diesen Optionen um OTC-Optionen, welche nicht an den Terminbörsen gehandelt werden, sondern individuell zwischen den Handelsabteilungen bzw. den Kontraktparteien abgeschlossen werden. Die exotischen Optionen sind gerade für Emittenten von verbrieften Derivaten von großer Wichtigkeit: Über sie werden zum Beispiel die Zertifikate (strukturierte Produkte) für Retail-Anleger58 sowie institutionelle Anleger dargestellt.59 Somit ermöglicht ein immer weiter wachsender Markt an verbrieften Derivaten einen steigenden Bedarf für exotische Termingeschäfte. Im Regelfall werden strukturierte Produkte durch die Kombination eines Derivats (Swap) mit einem Zerobond (Nullkupon-Anleihe) oder nur durch ein isoliertes Derivat (Swap) konstruiert. Zerobonds kommen i. d. R. bei Garantieprodukten etc. zum Einsatz und ermöglichen die Rückzahlung einer strukturierten Anleihe (oder eines strukturierten Zertifikats) zu pari. Ein zusätzlicher Werttreiber für die Anleihe kommt in Form vom Refinanzierungssatz des Emittenten zustande. Dieser hängt sowohl vom Bonitätsrisiko des Emittenten als auch vom Zinsniveau ab. Man spricht hier vom ,,Funding“ einer Anleihe aufgrund der Tatsache, dass der Emittent bis zur Fälligkeit der Anleihe mit der Liquidität (mit dem Nominal) arbeiten kann. Das Funding kann zur Finanzierung von eingebetteten Optionen und/oder zu einer Min-
57
58
59
Die Entwicklung von exotischen Optionen reicht bis ins Jahr 1967 zurück, wo die ersten Down-and-Out-Calls gehandelt wurden. Der Begriff exotische Optionen ist im Gegenzug sehr neu und auf die Monografie „Exotic Options“ (1990) von Mark Rubinstein zurückzuführen. Vorher sprach man von Boutique Options oder Designer Options. Retail-Anleger beinhalten in diesem Fall alle privaten Investoren, welche in verbrieften Produkten investiert sind. Dies erfolgt im Rahmen des Financial Engineering.
Nicht an der Börse gehandelte Derivate
409
destverzinszung der Anleihe verwendet werden. Ein Beispiel für strukturierte Anleihen und die oft unbeachtete Rolle des Bonitätsrisikos eines Emittenten sind die in letzter Zeit häufig diskutierten Zertifikate von der insolventen Investmentbank Lehman Brothers. 8.1.6.1
Welche exotischen Optionen gibt es?
Wie bereits angesprochen, sind exotische Optionen solche, die individuell ausgestaltet sind, wobei ihnen weitere Optionsrechte hinzugefügt, die Rechte variiert oder entzogen werden. Nachfolgend wollen wir die gängigsten Optionsarten aufzeigen, diese in ihrer Funktion erklären und das enthaltene bzw. entfallene Recht klären (vgl. Abbildung 8.30). Bei exotischen Optionen wird unter anderem nach pfadabhängigen, zeitabhängigen und korrelationsabhängigen oder auch multivariaten Optionen60 unterschieden. Gleichzeitig wird unterschieden, ob es Einmalauszahlungen
Exotische Optionen
Pfadabhängig
Grenzwertabhängige
Zeitabhängig
Optionen
Zahlungsprofil
Multivariate
veränderte Optionen
Optionen
Binary/Digitale
Exchange Options
Average/Asiatische
Basket Options Bermuda Options
Options Lookback Options
Barrier Options
Ladder Options
Chooser Options Compound Options
Optionen
Spread Options Quanto Options
Ratchet Options
Abbildung 8.30: Exotische Optionen
60
Abhängig von mehreren Basiswerten (z. B. Rainbow Options, Basket Options).
410
OTC-Derivate und exotische Strukturen
gibt oder ob die Optionen an spezielle Auszahlungsmuster geknüpft sind. Ein Beispiel hierfür sind Leveraged Options, welche bei einer Rückzahlung ein Mehrfaches oder einen exponentiellen Wert des inneren Wertes bei Verfall einbringen.
Zur quantitativen Herleitung und Modellierung von exotischen Optionen R empfehlen wir Matlab von MathWorks.
8.1.6.2 Arten von exotischen Optionen Nachfolgend zeigen wir die gängigsten exotischen Optionen sowie deren Funktionsweise. Dabei haben wir Wert auf die im Financial Engineering meistverwendeten Optionen gelegt. 8.1.6.2.1 Barrier-Optionen Als Barrier-Optionen bezeichnet man Optionen, welche entstehen oder erlöschen, wenn der Barrierpreis erreicht, berührt, überschritten oder unterschritten wird. Da diese Barriere oberhalb (up) oder unterhalb (down) des aktuellen Kurses des Underlyings liegen kann, gibt es acht mögliche Formen von Barrier-Optionen. Diese Optionen können sowohl in europäischer als auch amerikanischer Form begeben werden oder auch im Bermuda Style (vgl. Tabelle 8.8). Tabelle 8.8: Knock-in-/out-Optionen Ereignis
Aktivierung (knock in)
Verfall (knock out)
Basiswert up
Up-and-in Call/Put
Up-and-out Call/Put
Basiswert down
Down-and-in Call/Put
Down-and-out Call/Put
Betrachtet man den inneren Wert einer Barrier-Option, so ist dieser identisch mit dem einer Standardoption, unter der Annahme, dass die Option noch existiert bzw. aktiviert wurde. Grundsätzlich sind Knock-out- und Knockin-Optionen preiswerter als Standardoptionen und bieten dementsprechend höhere Gewinnchancen (vgl. exemplarisch Abbildung 8.31). Diese Optionen sind deshalb entstanden, weil der Bedarf an günstigen Absicherungsmöglichkeiten groß war und immer noch ist. Ein weiterer Vorteil ist, dass Barrier-
Nicht an der Börse gehandelte Derivate
411
Optionen mit einer Geld-zurück-Garantie (Money-Back-Element) ausgestattet werden können. Es besteht auch die Möglichkeit, die Barriere dynamisch zu halten („Dynamische Barrier-Option“). Hierbei kann der Knock-outoder Knock-in-Level beispielsweise von 100 Euro im ersten Jahr auf 110 Euro im zweiten Jahr ansteigen. Wird nun der Knock-Level zusätzlich mit einer zeitlichen Komponente versehen, spricht man von „Parisian Options“. Das könnte bsp. so aussehen, dass der Knock-out für vier Wochen am Stück unterschritten werden muss. Diese Ausgestaltung kann auch als Exot unter den Exoten beschrieben werden.61
1000
1500
2000
2500
3000
3500
4000
Abbildung 8.31: Exemplarisches Kursverhalten eines Down-and-Out-Put62
Knock-out-Barrier: Wird während der Laufzeit der Option die Barriere berührt, so verfällt die Option unmittelbar wertlos. Knock-in-Barrier: Nach Bezahlung der Prämie ist die Option noch nicht aktiv. Die Aktivierung erfolgt, wenn die Barriere während der Laufzeit berührt wird, und hat zur Folge, dass die Option genauso reagiert wie eine Standardoption.
61 62
Vgl. DZ Bank. Quelle: Commerzbank AG.
412
OTC-Derivate und exotische Strukturen
Reverse-Knock-Option: Man spricht immer dann von einer Reverse-KnockOption, wenn durch eine Bewegung des Underlyings die Wahrscheinlichkeit steigt, dass die Barriere berührt wird und gleichzeitig die Option an inneren Wert gewinnt. Bei diesen Optionen ist die Barriere immer in the money. Vorteile von Barrier-Optionen: Die Prämie, welche zu bezahlen ist, fällt deutlich geringer aus als bei einer Standardoption. Gleichzeitig sind die Möglichkeit eines akkuraten Hedgings und die genaue Abbildung einer Erwartungslage möglich (vgl. Tabelle 8.9). Nachteile von Barrier-Optionen: Man benötigt ein Alternativszenario, falls die Option ausgeknockt und nicht eingeknockt wurde. Somit ist das ständige Beobachten der Option erforderlich (vgl. Tabelle 8.9). Tabelle 8.9: Übersicht der Barrier Options63 Barrier Option
Trigger zum Spot Auszahlungsprofil bei Erreichen des Triggers
Auszahlungsprofil bei Nicht-Erreichen des Triggers
Down-and-out-Call
unterhalb
0
Standard-Call
Down-and-in-Call
unterhalb
Standard-Call
0
Up-and-out-Call
oberhalb
0
Standard-Call
Up-and-in-Call
oberhalb
Standard-Call
0
Down-and-out-Put
unterhalb
0
Standard-Put
Down-and-in-Put
unterhalb
Standard-Put
0
Up-and-out-Put
oberhalb
0
Standard-Put
Up-and-in-Put
oberhalb
Standard-Put
0
8.1.6.2.2 Digitale-Optionen Digitale-Optionen (manchmal auch als Binäre-Optionen bezeichnet) sind gekennzeichnet durch die Auszahlung eines im Voraus festgelegten Betrages, wenn der Kurs des Underlyings den vereinbarten Basispreis über- oder unterschreitet. Auch diese Optionen können in beiden Optionstypen (sowohl europäisch wie auch amerikanisch) existieren. Man nennt sie deshalb digital, weil 63
Quelle: DZ Bank.
Nicht an der Börse gehandelte Derivate
413
Gewinn
sie im Digitalsystem entweder eine Existenz als 0 (nicht ausgeführt und keine Auszahlung) oder 1 (ausgeführt und eine Auszahlung) haben. Diese Form von Optionen wird meist in Kombination mit anderen Optionen verwendet und erzeugt dabei ein spezifisches Auszahlungsmuster (vgl. Abbildung 8.32).
Prämie Standard Call
Verlust
Prämie Digital Call
Preis des Basiswertes
Abbildung 8.32: Digital- vs. Standard-Call Payoff bei Fälligkeit (Long Call)64
One-Touch- und Double-Touch- sowie No-Touch- und Double-No-TouchOptionen werden normalerweise bis zum Verfallszeitpunkt gehalten und am Lieferdatum zurückbezahlt. Instant-One-Touch- und Instant-DoubleTouch-Optionen beinhalten die unverzügliche Rückzahlung bei einem Hit Event. European-Digital-Calls und European-Digital-Puts haben die Besonderheit, dass der Trigger der Option nur am Verfallszeitpunkt relevant ist. Eine europäische digitale Option mit einer festen Auszahlung kann wiederum als eine gehebelte Long-Short-Position in einer Plain-Vanilla-Call-Option (bei einem Digital Call) oder einer Plain-Vanilla-Put-Option (bei einem Digital Put) bewertet werden.65 8.1.6.2.3
Range-Optionen
Bei Range-Optionen („Bandbreiten-Optionen“) hängt der Kurs von der Entwicklung eines oder mehrerer Underlyings zwischen verschiedenen vorgegebenen Grenzen ab. 64 65
Quelle: DZ Bank. Vgl. DZ Bank.
414
OTC-Derivate und exotische Strukturen
Man unterscheidet diese Optionen nach:
Bottom-Up/Top-Down Single Range Dual Range Knock out Range
8.1.6.2.4 Bermuda-Optionen Bei einer Bermuda-Option handelt es sich um ein Optionsrecht mit mehreren Ausübungszeitpunkten. Wird diese Option am Ausübungszeitpunkt nicht in Anspruch genommen, geht das Ausübungsrecht an die anderen Ausübungszeitpunkte über. Im Vergleich zu einer europäischen Option, welche nur ein Ausübungsrecht am Ende der Laufzeit besitzt, und einer amerikanischen Option, welche während der gesamten Laufzeit ausgeübt werden kann, sind bei einer Bermuda-Option die Ausübungszeitpunkte genau bei Abschluss der Option definiert (z. B. immer der 15. Januar eines Jahres). Wird die Option einmal ausgeübt, so erlischt jedes weitere Ausübungsrecht bzw. wird nicht mehr aktiv. Der Wert einer Bermuda-Option ist folglich höher als der Wert einer europäischen Option, aber niedriger als der Wert einer amerikanischen Option.66 8.1.6.2.5 Chooser-Optionen Bei Chooser-Optionen hat der Optionsinhaber die Möglichkeit, zu einem festgelegten Zeitpunkt zu wählen, ob er diese Option in einen Call oder in einen Put umwandeln möchte. Der Preis einer Chooser-Option steigt mit zunehmender Volatilität, wobei die eigentliche Bewegung des Underlyings keine große Rolle spielt. Somit eignen sich Chooser-Optionen sehr gut, um Volatilitätsstrategien aufzubauen. Man profitiert von einer steigenden Volatilität, ohne dabei zu sehr vom Preis des Underlyings abhängig zu sein. Grundsätzlich sind Chooser-Optionen teurer als die vergleichbaren Call- bzw. Put-Optionen; doch sind sie immer noch preiswerter als der Handel einer Kombination (wie etwa eines Straddle). Je früher man den Entscheidungszeitpunkt wählt, umso günstiger sind die Chooser-Optionen.67
66 67
Vgl. DZ Bank. Vgl. DZ Bank.
Nicht an der Börse gehandelte Derivate
8.1.6.2.6
415
Compound-Optionen
Bei Compound-Optionen handelt es sich um Optionen auf Optionen. Man sichert sich folglich mit der Option ein Recht auf eine andere Option (Recht auf ein Recht (vgl. Abbildung 8.33)). Der Vorteil von Compound-Optionen ist der vergleichsweise günstige Preis gegenüber einer „normalen“ Option. Dieser liegt darin begründet, dass es sich „nur“ um ein Recht auf ein Recht und nicht direkt auf das Underlying handelt.68
Position des CompoundOption-Inhabers CALL
PUT
CALL
Call auf einen Call
Put auf einen Call
PUT
Call auf einen Put
Put auf einen Put
Zu liefernder Basiswert
Abbildung 8.33: Compound-Optionen69
8.1.6.2.7
Window-Optionen
Bei einer Window-Option wird, wie der Name schon sagt, ein Fenster zugewiesen. Folglich ist ein Trigger, eine Kursschwelle etc. nicht während der gesamten Laufzeit aktiv, sondern nur in diesem vorbestimmten Fenster (Window). Das Window, in der die Option aktiv ist, kann sowohl am Anfang als auch am Ende stehen und von unterschiedlicher Dauer sein. 8.1.6.2.8
Quanto-Optionen
Die Quanto-Option spielt vor allem für Banken und hier ins besondere bei Fondsmanagern und Zertifikatshäusern eine wichtige Rolle. Um das Kursrisiko bei Optionen auf ausländische Indizes zu vermeiden, kann auf eine 68 69
Vgl. DZ Bank. Vgl. Bloss et al.: Währungsderivate, Oldenbourg Wissenschaftsverlag 2009.
416
OTC-Derivate und exotische Strukturen
Quanto-Option70 zurückgegriffen werden. Die Quanto-Option bezieht sich z. B. auf den in ausländischer Währung lautenden Index, dessen Wechselkurs mit dem Anlagebetrag bei Fälligkeit umgerechnet wird, jedoch bei Beginn der Laufzeit bereits festgelegt ist. Der Investor hat folglich kein Währungsrisiko. Quanto-Produkte sind folglich solche Produkte, welche alle Zahlungsströme in heimischer Währung (z. B. Euro) abdecken, obgleich das Underlying in Fremdwährung notiert (z. B. Nikkei Index in JPY). Auf der Aktien- und Rohstoffseite lassen sich drei verschiedene Grundtypen von Quanto-Optionen unterscheiden. Zum einen gibt es die Möglichkeit, einen Call (oder Put) mit einem Strike in Fremdwährung zu handeln. Die Zahlungsströme sind dabei in heimischer Währung. Es sei angenommen, es handele sich um ein Investment auf den Dow Jones Index und der Strike sei bei 9000 festgesetzt. Notiert der Index bei Fälligkeit unterhalb des Strikes, verfällt die Option wertlos. Notiert der Index darüber, ergibt sich ein USDGewinn, der mit dem Wechselkurs am Fälligkeitstag in Euro dem Call-Käufer ausgezahlt wird. In diesem Fall hängt somit die Auszahlung von der Entwicklung des Indexes in US-Dollar ab, die Höhe der Auszahlung aber auch von der Entwicklung der heimischen Währung. In der zweiten Variante wird der Strike der Option nicht in Fremdwährung, sondern zum Spot-Kurs in heimischer Währung notiert. In dieser Variante kann der Call auch dann einen Wert haben, wenn der Index eigentlich gefallen ist, nämlich dann, wenn auch die Fremdwährung abgewertet worden ist. Bei der dritten Variante bleibt der Strike in Fremdwährung, wird bei Fälligkeit aber zu einem vorab festgelegten Wechselkurs umgerechnet. Daneben gibt es eine Vielzahl von Variationsmöglichkeiten. Beispielsweise ist denkbar, dass der Call-Käufer neben dem eigentlichen Aktien-/RohstoffCall noch zusätzlich eine Währungsoption kauft, die nur dann wirksam wird, wenn die heimische Währung aufwertet. Auch Quanto-Strukturen sind Korrelationsinstrumente, weil der Zusammenhang zwischen beispielsweise Währungsentwicklung undAktienentwicklung oder der Zusammenhang zwischen zwei Zinssätzen respektive Zinsstrukturkurven den Wert der Optionen mitbestimmt. Auf der Zinsseite heißt das Standardinstrument Quanto-Swap oder auch Index-Differential-Swap. In der einfachsten Variante werden zwei Zinssätze gegeneinander getauscht, also z. B. der 6M-EURIBOR gegen den 6M-US-Libor, wobei alle Zahlungen in Euro erfolgen. In dieser Basisanwendung könnte beispielsweise ein Euro-Anleger seinen variablen Euro-Kredit an den Yen-Geldmarkt knüpfen, um an den dort vergleichsweise sehr niedri-
70
Auch Cross-Currency-Derivat genannt.
Nicht an der Börse gehandelte Derivate
417
gen Zinsen zu partizipieren. Dies kann er mittels Index-Differential-Swaps erreichen, ohne ein zusätzliches Währungsrisiko eingehen zu müssen.71 8.1.6.2.9
Rainbow-Optionen
Rainbow-Optionen sind klassische multivariate Optionen.72 Sie besitzen nicht ein Underlying, sondern mehrere (mindestens zwei). Die Preisbildung ist folglich deutlich komplexer, da nicht nur ein Basiswert sowie dessen Volatilität Einfluss auf die Preisfindung nimmt, sondern mehrere. RainbowOptionen kommen z. B. bei „Best-of -“ oder „Worst-of -“ Produkten zum Einsatz. Hier richtet sich die Auszahlung der Option z. B. nach dem besten Wert (Best-of) oder negativsten Wert (Worst-of) im Basket. Der Investor geht folglich von einer unterschiedlichen Performanceentwicklung der Basiswerte aus. Strategisch lassen sich auch diese Optionen mit Standardoptionen darstellen. Um bei dem Fall zweier Aktien zu bleiben, wäre es bspw. denkbar, einen Call auf Aktie A und einen Put auf Aktie B zu erwerben. Im Fall der zwei Standardoptionen richtet sich die Auszahlung nach den inneren Werten der Optionen. Im Falle der Outperformance-Option erzielt der Käufer nur dann eine Auszahlung, wenn der relative Kursanstieg der Aktie A stärker ausfällt als bei Aktie B. Dementsprechend ist aber auch die Prämie deutlich niedriger. Die Prämie selbst ist wiederum abhängig von der Korrelation der Basiswerte. Je höher der Gleichlauf der Kursbewegungen der Underlyings, desto niedriger die Wahrscheinlichkeit für größere Performanceunterschiede. Das heißt, die zu erwartende Auszahlung ist niedriger und die Prämienersparnis im Vergleich zum Kauf zweier Standardoptionen größer. Die vorgestellten Varianten nutzen alle den Faktor Korrelation, um die Kosten für den Kauf der Option zu senken. Grundsätzlich geht der Käufer dieser Optionen davon aus, dass sich die zugrunde liegenden Basiswerte unterschiedlich entwickeln. Der Käufer oder Verkäufer geht damit also eine Korrelationsposition ein. Bspw. setzt der Käufer einer Outperformance-Option darauf, dass die aktuell eingepreiste Korrelation höher ist als die zukünftige Korrelation der Performance der beiden Basiswerte. Die Bewertung und Absicherung dieser Optionen gestaltet sich deutlich komplexer. Es ist unmittelbar zu erkennen, dass diese Optionen nicht nur ein einziges Delta haben, sondern eine Preissensitivität gegenüber jedem Basiswert haben. Neben dem Gamma hinsichtlich der einzelnen Basiswerte ergeben sich noch sogenannte „Cross-Gammas“,
71 72
Vgl. DZ Bank. Multivariate Optionen oder auch Korrelationsoptionen sind Optionen, welche von mehreren Basiswerten abhängig sind.
418
OTC-Derivate und exotische Strukturen
also eine Deltaveränderung hinsichtlich Aktie A bei einer Preisschwankung von Aktie B. Bezüglich der Volatilität sind die Preisschwankungen aller Underlyings zu beachten. Daneben verändert eine Zu- oder Abnahme der Korrelation alle relevanten Delta- und Gamma-Werte. Auch der Zusammenhang zwischen Volatilität und Korrelation muss berücksichtigt werden, da diese beiden Größen eine gewisse Interdependenz aufweisen. Steigt beispielsweise die Volatilität eines von zwei Underlyings und die des zweiten ändert sich nicht, so hat dies in einem zweiten Schritt auch Auswirkungen auf die Korrelation, die aufgrund dessen sinkt. Da Volatilität und Korrelation einen multiplikativen Effekt auf die Bewertung haben, verstärkt sich also die Wirkung auf den Kurs aufgrund der Veränderung beider Kennziffern.73 8.1.6.2.10 Basket-Optionen Wie der Name schon sagt, sind diese Optionen mit einem Basket als Underlying unterlegt. Das bedeutet, dass nicht ein Basiswert für die Veränderung und die Preisfindung von Bedeutung ist, sondern mehrere, welche in einem Basket zusammengefasst sind (vgl. Tabelle 8.10). Diese Art der Optionen kommt oft bei der Generierung von Retail-Produkten zum Einsatz. Ebenfalls werden Basket-Optionen gerne von Portfoliomanagern verwendet, um Währungs- und Aktienrisiken zu hedgen. In der Bewertung der Option kommen alle darin enthaltenen Basiswerte zum Einsatz.74 Tabelle 8.10: Basket-Option-Preisbildung, Abschluss vs. Fälligkeit75
Aktie A Aktie B Aktie C Aktie D Summe Prozent
Kurs bei Abschluss 10 20 30 40 100 100 %
Kurs bei Fälligkeit 9 10 29 35 83 83 %
8.1.6.2.11 Lookback-Optionen Bei einer Lookback-Option wird während eines bestimmten Zeitraums der Marktwert des Underlyings periodisch festgehalten. Bei der Strike-Look73 74 75
Vgl. DZ Bank. Vgl. DZ Bank. Quelle: DZ Bank.
Nicht an der Börse gehandelte Derivate
419
back-Option bestimmt der Tiefstwert (Call-Option) oder der Höchstwert (Put-Option) des Basiswerts den Ausübungspreis. Bei der Price-LookbackOption bleibt der Ausübungspreis unverändert; dafür wird bei der Berechnung des Optionswertes für den Basiswert im Falle einer Call-Option dessen Höchstwert bzw. im Falle einer Put-Option dessen Tiefstwert festgehalten.76 8.1.6.2.12 Cliquet-Optionen und Ladder-Optionen Bei der Cliquet-Option77 wird der Ausübungspreis in meist regelmäßigen Zeitabständen für die folgende Periode dem Kurs des Basiswerts angepasst. Ein allfälliger innerer Wert der Option wird festgehalten (Lock-in). Die während der gesamten Laufzeit anfallenden Lock-ins werden aufgerechnet. Bei der Ladder-Option erfolgen die Anpassungen nicht periodisch, sondern beim Erreichen bestimmter Kurse des Basiswerts. In der Regel wird nur der höchste innere Wert (das Lock-in) festgehalten. Ausnahmsweise werden alle festgehaltenen inneren Werte aufgerechnet (vgl. Abbildung 8.34).78
Kurs des Basiswertes
Kursverlauf des Basiswertes
Cliquet Payoff
Ladder Payoff
Zeit Cliquet Anpassungstermine
Abbildung 8.34: Schematische Darstellung des Auszahlungsverlaufs einer Cliquet-Option79
76 77 78 79
Vgl. DZ Bank. Auch Ratchet Option genannt. Vgl. DZ Bank. Quelle: DZ Bank.
420
OTC-Derivate und exotische Strukturen
8.1.6.2.13 Spread-Optionen und Outperformance-Optionen Beide Formen beziehen sich auf zwei Basiswerte. Bei der Spread-Option ist der absolute Unterschied in der Entwicklung der beiden Basiswerte für die Ermittlung des Optionswerts maßgebend. Im Gegensatz dazu ist bei der Outperformance-Option der relative Unterschied, d. h. die prozentuale Besserentwicklung des einen über den anderen Basiswert, für die Ermittlung des Optionswerts maßgebend. 8.1.6.2.14 Shout-Optionen Eine Shout-Option kombiniert Eigenschaften der Lookback- und Ladder-/ Cliquet-Option. Auch hier steigt der Wert der Option, sofern der Kurs des Basiswerts die gewünschte Richtung einschlägt. Während bei Lookbackund Ladder-Optionen nach Abschluss der Option kein Handeln seitens des Optionskäufers vonnöten ist, muss bei der Shout-Option der Optionsinhaber aktiv werden. Auch bei dieser Option sichert sich der Optionsinhaber einen bestimmten Gewinn. Während bei einer Ladder-Option die ResetLevel vorgegeben sind, bestimmt bei der Shout-Option der Optionskäufer die jeweiligen Level selbst. Sofern ein aus Sicht des Käufers attraktives Niveau erreicht ist, unterrichtet dieser den Verkäufer und der aktuelle Kurs wird festgeschrieben (Shout). Ausgehend von einer Standardoption wird die Shout-Option im Allgemeinen in der Prämie teurer sein, weil die Möglichkeit besteht, Gewinne festzuschreiben. Im Vergleich zu einer Ladder-Option sollte die Shout-Option ebenfalls teurer sein, weil der Lock-in-Level vom Käufer selbst bestimmt werden kann. Ganz wesentlich hängt natürlich der Wert der Shout-Option von der Anzahl der erlaubten „Shouts“ ab (je mehr, desto ähnlicher wird die Shout-Option einer Lookback-Option und desto teurer die Shout-Option). Shout-Optionen sind vor allem im Devisenhandel stark verbreitet. Diese Optionen sind insbesondere für Käufer attraktiv, die Preisbewegungen des Underlyings gut vorhersagen bzw. Wendepunkte von Preisbewegungen erkennen können. Solche Käufer können gegenüber einer Lookback-Option deutlich an der Prämie sparen.80 8.1.6.2.15 Optionen mit aufgeschobener Prämienzahlung – Boston-Optionen Dieser Typ von Option, auch als Deferred-Premium-Option oder BostonOption bekannt, zeichnet sich dadurch aus, dass sie keine Prämienzahlung 80
Vgl. DZ Bank.
Nicht an der Börse gehandelte Derivate
421
bei Abschluss beinhaltet. Entstanden ist diese Option aus der Problematik heraus, dass Unternehmen sich mögliche positive Wechselkursentwicklungen durch ein Devisentermingeschäft nicht entgehen lassen wollten. Oftmals wurde deshalb zusätzlich zum Devisentermingeschäft eine Devisenoption gekauft bzw. verkauft. Die Problematik bestand darin, dass Unternehmen oft nicht in der Lage waren, die Prämienzahlung bei Abschluss (Upfront Premium) zu bezahlen. Erstmals wurde dieser Optionstyp von der Bank of Boston im Jahr 1985 eingeführt, um diesem Liquiditätsproblem entgegenzuwirken. Die Boston-Option kombiniert ein Devisentermingeschäft mit einer Devisenoption. Der Investor kauft jedoch die Boston-Option als ein fertiges Produkt. Die Prämie für die Option wird durch Abzinsen auf den Verfallstag, auf das Ende der Laufzeit im Terminkurs, berücksichtigt. Die Prämie wird somit durch einen schlechteren Terminkurs bezahlt und das Liquiditätsproblem ist so beseitigt. Diese Art der Option stellt also keine reine Option dar, sondern eine kombinierte Strategie aus einem Devisentermingeschäft und einer Devisenoption.81 8.1.6.2.16 Multi-Faktor-Optionen Hier lassen sich z. B. Währungsrisiken und Rohstoffrisiken miteinander in einer Option abdecken. Es findet hierzu eine Preisbindung zueinander statt. Die einzelnen Underlying-Komponenten werden in der Option folglich verwoben. 8.1.6.2.17 Exchange-Optionen Diese beinhalten das Recht, ein definiertes Asset gegen ein anderes ebenfalls bereits festgelegtes Asset einzutauschen. Es handelt sich folglich um eine klassische Tauschoption. 8.1.6.2.18 Asiatische Optionen (Average-Optionen) Asiatische Optionen sind besondere exotische Optionen: Hierbei bekommt der Käufer während der Laufzeit der Option einen Durchschnittswert des Underlyings ausbezahlt. Man unterscheidet arithmetische und geometrische asiatische Optionen. Wie die Namen schon besagen, werden unterschiedliche Verfahren zur Bildung des Durchschnittswerts herangezogen. Hinsichtlich
81
Vgl. DZ Bank.
422
OTC-Derivate und exotische Strukturen
der Ausübung können asiatische Optionen sowohl amerikanischen als auch europäischen Typs sein. • Geometrisches Mittel: (P1 × P2 . . . Pn )(1/n)
• Arithmetisches Mittel: ( P1 + P2 + . . . + Pn )
n 8.1.6.2.19 Übersicht Auszahlungsprofile ausgewählter exotischer Optionstypen Nachfolgend finden Sie eine Übersicht derAuszahlungsprofile der gängigsten exotischen Optionen. Wir empfehlen an dieser Stellen, zur finanznummeriR schen Herleitung, die in Matlab bereits vorhandenen Modelle anzuwenden, TM R bzw. diese in Matlab , Python oder C++ zu übertragen und selbst umzusetzen.
Name
Auszahlungsprofil82
AsiatischeOptionen
Direkt arithmetisch V (S, T) =
m 1 S (ti ) − K m
+
i=1
Direkt geometrisch ⎞+ 1/ m m ⎟ ⎜ − K⎠ V (S, T) = ⎝ S(ti ) ⎛
i=1
Kontinuierlich arithmetisch + T 1 S (t) dt − K V (S, T) = T 0 Kontinuierlich geometrisch + 1 T V (S, T) = e T 0 ln S(t)dt − K
82
Quelle: Gerstner, Thomas, Finanznumerik (Computational Finance), Goethe-Universität Frankfurt (2010).
Nicht an der Börse gehandelte Derivate
BarriereOptionen
423
Down-and-out Call
(S (T) − K)+
V (S, T) = falls
S (t) > H für 0 ≤ t ≤ T; sonst 0 Die Anpassung für die anderen Barrieretypen erfolgt jeweils über H und dessen Stellung zu S(t). In-Out-Parität (Europäische Option) VIn (S, t) + VOut (S, t) = VEur (S, t) BasketOptionen
V (S, T) =
k
+ ai Si (T) − K
t=1
BermudaOptionen
= {t1 t2 . . . tm } mit ti < tj für 1 ≤ i < j ≤ m, t1 ≥ 0 und tm = T
DigitaleOptionen
Asset-or-nothing V (S, T) = {S (T) falls S (T) > K; sonst 0 Cash-or-nothing V (S, T) = (S, T) = {B falls S (T) > K; sonst 0
LookbackOptionen
Fester Ausübungspreis: ⎛ V (S, T) = ⎝
⎞+ max 0≤t≤T
S (t) − K⎠
Variabler Ausübungspreis: ⎛
⎞+
V (S, T) = ⎝S (T) − RainbowOptionen
min 0≤t≤T
S (t)⎠
Bester Wert ⎛ V (S, T) = ⎝
⎞+ max i = 1, . . . , k
Si (T) − K⎠
Schlechtester Wert ⎞+
⎛ V (S, T) = ⎝
min i = 1, . . . , k
Si (T) − K⎠
424
OTC-Derivate und exotische Strukturen
+ S ¯t − K , (S (T) − K)+
ShoutOptionen
V (S, T) = max
Allgemeine Definitionen
B = Cash or nothing H = Barriere K = Strike S = Underlying T = Zeitpunkt V(S,T) = Auszahlungsfunktion
Grundsätzliches zu exotischen Optionen Wir haben in diesem Kapitel nur einen kleinen Überblick über die gängigsten exotischen Optionen gegeben. Die Vielfalt der Möglichkeiten ist hier vor allem durch verschiedene Kombinationen sehr umfangreich. Festzuhalten bleibt jedoch, dass die exotischen Optionen nicht über Terminbörsen gehandelt werden, sondern als OTC (over the counter)-Geschäfte eingegangen werden. Die Ausgestaltung ist bzw. kann komplex sein und die Preisfindung ist nicht immer mittels klassischer Optionspreismodelle möglich, sondern bedarf komplexer Herangehensweisen wie z. B. MonteCarlo-Simulationen.
Vertiefung der Bewertung von exotischen Optionen Exotische Optionen sind i. d. R. nicht mittels geschlossener Bewertungsformeln (wie z. B. das BLACK-SCHOLES-Modell) zu bewerten. Eine Herleitung der Bewertung erfolgt daher i. d. R. mittels numerischer Methoden. Es bedarf somit komplexer Modelle, wie die bereits dargestellten Monte-CarloSimulationen (vgl. auch Kapitel 6.18), Bewertungsbäume (z. B. CRR vgl. Kapitel 6.15). Diese haben wir in den vorangegangenen Kapiteln dargestellt. Des Weiteren finden Sie in unserem Downloadbereich hierzu Excel Files, welche die jeweilige Bewertung ermöglichen und darstellen. In der Praxis werden die Modelle vom jeweiligen Anbieter (Investmentbank oder Handelspartner) vorgegeben, um eine Handelbarkeit der Derivate zu gewährleisten. Die bereits im Buch angesprochenen Bewertungsverfahren gelten hier ausnahmslos. Gleichfalls verweisen wir an dieser Stelle gerne auf die weiterführende Literatur zu diesem Thema, welche wir als additiv zu unserem Werk ansehen.
Interview with Dr. Axel Vischer, Eurex and ISE
425
Interview with Dr. Axel Vischer, E UREX and ISE What future developments do you foresee for the derivatives markets? We are currently emerging from a financial crisis and while we foresee a slow recovery, we still face many challenges and opportunities. The main challenges and opportunities facing the derivatives markets in the near future are:
De-leveraging: by institutional investors, the professional trading community and private individuals. Exchange Consolidation: A continued consolidation of the exchange industry into global exchange groups, and on the other hand the proliferation of new exchange start-ups specializing in product or regulatory niches. One prime example of this trend is the U. S. equity options market, where we recently saw a consolidation of the American Stock Exchange (AMEX) into NYSE-Euronext Group, but also expect new entrants into the market within this year, for example the BATS options exchange. Thus far, new entrants have “grown the pie” by creating different types of trading opportunities through the introduction of different fee structures or a different market structure, creating new opportunities for arbitrage, additional opportunities for moving order flow and overall a larger pool of liquidity. A New Emphasis on Exchange Trading and Clearing: The financial crisis has reinforced the value of exchange trading and central clearing. Both regulators as well as politicians now recognize the importance of a regulated financial market place ensuring transparency and liquidity through clearing via Central Counterparties (CCPs). This new appreciation of the values we bring to the market will ultimately create new business opportunities for all market participants in terms of transparency, neutrality and efficiency.
We expect that the fundamental factors which drove our market growth in the past will still exist and will continue to drive our business in the long run. Specifically, a steady increase in the use of derivatives by institutional players, including hedge funds, and an expansion into new markets and asset classes. We expect strong demand for new products enabling the market to hedge particular risks and, especially in the U. S., new equity options products resulting from an increased number of IPOs. What major changes do you expect for the next couple of years? The regulatory agenda will dominate the derivatives landscape on both sides of the Atlantic. Specifically, regulation of OTC derivatives will have a major impact on all aspects of the financial industry. In Europe, for example, the EU Commission is in a consultation process with the member states to introduce a European Market Infrastructure legislation later this year. You can expect a stronger emphasis on expanded use of CCPs for OTC derivatives transactions to reduce or eliminate counterparty risk. In the U. S., the focus has shifted partially away from a pure focus on the OTC markets. Instead, there is an increased regulatory scrutiny of securities exchanges and their trading practices. Although they performed the function they were designed for during the financial crisis, the exchanges turned out to be easier targets for some lawmakers and since they are so highly regulated. While these markets did not cause the financial crisis, this scrutiny does shift the focus away from the OTC derivatives market, which was one of the major causes of the crisis. Another major driver of change will be regulatory reform and harmonization in the U. S. The regulatory structure of the U. S. markets is currently divided by instrument or pro-
426
OTC-Derivate und exotische Strukturen
duct – the SEC regulates securities markets and the CFTC regulates commodities and futures markets. This division has resulted in regulatory gaps, jurisdictional stalemates, and inconsistent regulation of financial products and industry participants. On October 16th 2009, the SEC and CFTC published their Joint Report on the Harmonization of Regulation. The report put forth recommendations for harmonization in four categories – markets, enforcement, financial intermediaries and operational coordination. It does not address the regulation of the OTC derivatives market or fungibility in the futures markets. We expect that the harmonization process will have a strong impact on the U. S. derivatives market in the short-term. Eventually the two regulatory bodies will diverge again as new products and participants enter the markets. Only a broader reform effort to reorganize and consolidate the agencies under a risk-based regulatory framework can lead to a long lasting solution. While the next couple of years will certainly be dominated by regulatory issues and regulatory changes we still will see and feel the continued technological arms race. The quest for the lowest possible latency and highest possible throughput will continue unabated. New technologies will actually drive the market into a race for ever faster speed. What type of product innovation do you expect to reach the market in the coming years? Do you expect new futures based on underlyings which seem to be rather exotic today? Like, for example garbage, water or similar underlyings? We will see a drive for standardization of OTC derivatives to ensure that they can be cleared via CCPs. In the long run this will facilitate the transition of standardized products to become successful exchange traded products. For example, one of the new Eurex products with the fastest growth rates are dividend derivatives. They are designed to provide very similar exposure as OTC derivatives to various types of dividend swaps. Another area with a strong demand for product innovation is the commodity sector. Commodities were one of the strongest growth segments in recent years. Globalization in combination with a steadily increasing demand for natural resources has driven strong demand for derivatives on commodities and will continue to do so in the foreseeable future. Eurex has responded to this trend by offering agricultural, commodities as well as commodity indices derivatives. Scarce resources like water will become a major topic if a standardized underlying can be found and be defined. Within the commodity space we see additional strong demand for derivatives linked to environmental factors and to climate change. Here Eurex has engaged in the European Emission reduction scheme through cooperation with EEX, the European Energy Exchange. We currently offer trading in European emission reduction futures (EUA, CER) and hope to participate in similar programs if and when the US joins the Kyoto protocol or its successor. Which products do you expect to disappear from the market and why? It is likely that regulators will either strongly regulate or even ban products showing large and unsustainable risks. This should affect some of the products trading in the OTC markets and highlighted during the financial crisis. During the financial crisis we observed that OTC products with their associated bilateral risk distribution can be the cause of chain reactions resulting in broad and systemic risks. However, CCPs mitigate these types of risks for many of the OTC products, especially if they show a certain level of standardization. Other OTC products which are highly standardised might even migrate onto the exchange. A typical example is the ISE FX options. The FX market is one of the largest OTC markets. The ISE FX options correspond to the FX options traded OTC but they allow
Interview with Dr. Axel Vischer, Eurex and ISE
427
investors to hedge their exposure to foreign currencies by trading an exchange-listed, centrally cleared, cash-settled options product. In general marginal costs for listing new products on any exchange are relatively low. Exchanges will continue to explore new product opportunities by speaking with its participants, analyzing customer demand, and finally listing new derivatives to test new product ideas or product categories. At the same time we will also see the delisting of unsuccessful ones. The Financial Crisis greatly affected the markets last year. What challenge does the Financial Crisis pose for exchanges today and how do you meet them? The financial crisis as well as the Lehmann Brothers default showed that in general, exchange-traded and centrally cleared markets worked as designed. They provided systemic advantages, in particular liquidity and transparency. Clearinghouses eliminated counterparty risk and the CCP mutualised the risk. All members have equal access to the market and pay the same fees. While our market design proved successful we still did see some significant reduction of our trading volumes, driven by the de-leveraging process and a consolidation process within our membership. In recent months we have seen that customer flows and interest is returning and our volumes have stabilized and are growing again. Especially the default of Lehman Brothers has created an astute awareness of the effects of counterparty risk emphasizing the benefits of our CCP offering. In addition, regulators strive to implement measures to assure market stability and reduce systemic risks inherent in the financial markets. Customers want to react to the now easily observable risk exposures and ask for enhanced risk services from exchanges. Eurex Clearing has reacted by offering its Enhanced Risk Solution which as of spring 2010 provides real-time risk assessment for both users and a stop button to halt trading for a client whose exposure due to technical or market reason is going haywire. What is your view about the future of Financial Engineering? I foresee that investment banking will drift from rapid growth towards a steady state. This will result in fewer entry opportunities for first time job seekers. It could also result in a consolidation of financial engineering programs. Overall there will be a stronger trend for graduates to find employment within proprietary trading firms and hedge funds. Hands-on experience will become ever more important, i. e. practical trainings or work experience is a must. Finally there will be a stronger focus on higher quality instead of quantity. I expect that all these trends will actually balance each other and result in graduates being placed more easily again. What aspects and developments within financial engineering do you see in demand for the next couple of years? The financial crisis has resulted in an enormous emphasis on risk management in all areas of the financial industry. Financial engineering programs will react to this emphasis by streamlining their courses and offering more in depth training. Another related area with higher demand is valuation, especially valuation of OTC products. Finally we see a tremendous interest from the financial engineering community with regards to our high-frequency, full order book data. Both the Eurex Historical Order book as well as the ISE HOT data are unique and in high demand. Financial engineering programs will have to refocus part of their courses on the challenges such massive and complex data sets pose.
428
OTC-Derivate und exotische Strukturen
Do you believe that further consolidation within the exchange industry will occur in the next few years? We believe that consolidation does need to create value for shareholders, customers and all other stakeholders. Based on such values, inorganic growth, i. e. mergers and acquisitions can be valuable. In addition, exchanges and their members operate both as partners and sometimes as competitors. When over-consolidation occurs, new consortiums of members and exchanges will create new trading platforms. We are actively participating in this cycle of consolidation and creation: through mergers or acquisitions, partnerships or through the formation of strategic alliances and exchange networks. Exchange networks have the advantage of sharing liquidity through crosslisting, direct market access and order routing agreements How will the exchange industry assure further growth? We always strive to expand and improve services. Some of our main focus currently is on new data offerings (e. g. HOT or Eurex Historical Order book), access to new flow (e. g. Eurex/ISE Link), access to new types of customers (e. g. buy-side), strategic alliances (e. g. link with the Korean Exchange KRX), new and improved products (e. g. new ETFs on ISE), new services (e. g. GC Pooling by Eurex Repo), expansion into new asset classes (e. g. commodities) and new geographies (e. g. Asia). One example to explain here more in detail is the Eurex/ISE Link. It will provide Eurex customers with more efficient access to the ISE options product range, and will bring new liquidity to ISE’s market. Regulatory approval is pending.
Literaturhinweise zu diesem Kapitel
429
Literaturhinweise zu diesem Kapitel Hull, John C.: Optionen, Futures und andere Derivate, 8. Auflage 2012 Fabozzi, Frank J.: The Handbook of Financial Instruments, 2002 Lyuu, Yuh-Dauh: Financial Engineering and Computation-Principles, Mathematics, Algorithms, 2002 Madura, Jeff: International Financial Management, 6th edition 2004 Nelken, Israel: The Handbook of Exotic Options-Instruments, Anaysis and Applications 1996
430
OTC-Derivate und exotische Strukturen
Fragen und Antworten zu diesem Kapitel Frage 1: Was versteht man unter einem Swap? Frage 2: Was bedeutet CMS? Frage 3: Gibt es Optionen auf Swaps? Frage 4: Wie werden Swaps bewertet? Frage 5: Was versteht man unter einer Quanto-Option? Antwort zu Frage 1: Bei einem Swap handelt es sich um einen bilateralen Finanzvertrag, welcher den Austausch von Zahlungsströmen vorsieht. Antwort zu Frage 2: CMS steht für Constant Maturity Swap und bezeichnet den Austausch von zwei variablen Zahlungsströmen. Antwort zu Frage 3: Ja, sogenannte Swaptions. Es handelt sich hierbei um Wahlrechte (Optionen), welche den Abschluss eines Swaps heute schon für die Zukunft sichern. Antwort zu Frage 4: Hier kommt das Replikations-/Duplikationsverfahren zum Einsatz. Folglich wird ein Portfolio mit demselben Auszahlungsprofil zur Bewertung der Positionen gebildet und herangezogen. Antwort zu Frage 5: Es handelt sich hierbei um eine Option, welche das Währungsrisiko ausschließt. Es wird z. B. eine Option auf einen ausländischen Index gekauft, welcher kein Währungsrisiko mehr in sich hat.
9
Kreditderivate
In Kapitel 9 werden Sie Folgendes erfahren:
Was ist ein Kredit?
Was sind Kreditderivate?
Welche Arten von Kreditderivaten kann man wie handeln?
Welche Probleme haben sich nach der Finanzmarktkrise ergeben?
9.1
Wozu dienen Kreditderivate?
Kreditderivate dienen der Übertragung von Kreditrisiken von einer Partei auf eine andere. Die übernehmende Partei erhält für das Aufnehmen des Risikos eine Prämie. Dadurch besteht die Möglichkeit, dass sich ein Finanzintermediär teilweise oder ganz von seinen Kreditausfallrisiken (klassische Kredite und Anleihen) trennen kann. Zusätzlich kann sich ein Investor mithilfe von Kreditderivaten gegen einen Preisverfall von Unternehmensanleihen absichern, welche bei Bonitätsverschlechterung des Schuldners oder sogar bei dessen Ausfall eintreten würde.
9.2
Was ist ein Kredit?
Lassen Sie uns zuerst jedoch den Begriff des Kreditderivats klären. Das Wort Kredit ist abgeleitet aus dem Lateinischen „credo“ und „creditum“, das für „Glauben“ und „auf Treu und Glauben anvertrauen“ steht. Man geht mit einem Kredit somit ein Glaubensversprechen ein, dass die ausgeliehene Liquidität zum Verleiher zurückkommt. Es besteht zwischen Kreditgeber und DOI 10.1515/9783110531169-011
432
Kreditderivate
Kreditnehmer ein Vertrauensverhältnis, welches sich in der Ausleihung widerspiegelt. Da leider nicht jeder Kreditnehmer über die Bonität verfügt, dass man ihm „auf Treu und Glauben“ Geld anvertrauen kann, versucht ein Kreditgeber, sich gegen einen solchen Kreditausfall (Nichtzahlung der Zinsen, Stundung, Rückzahlungsverletzung) abzusichern. Für ein solches Absicherungsgeschäft wurden die Kreditderivate ins Leben gerufen: Sie dienen als Absicherungsinstrumente und helfen dem Kreditgeber, sich gegen das Ausfallrisiko seines Kreditportfolios abzusichern.
Kreditrisiko Das Kreditrisiko ist die Gefahr oder Wahrscheinlichkeit, dass ein Default1 eintritt und der Kreditgeber dadurch einen Verlust erleidet. Dabei kann es zu einem Teil- oder Gesamtverlust kommen. Ändert sich während der Kreditlaufzeit die Bonität des Schuldners, kann es aufgrund dieser Änderung ebenfalls zu Einschränkungen (wie vorzeitige Wertberichtigungen etc.) kommen. An sich kann gesagt werden, dass auf dem Bond Markt immer nur der Credit eines Schuldners betrachtet wird. Dieser bestimmt schlußendlich alle anderen Gegebenheiten.
Kredit-Ratings Ratingagenturen wie Moody’s, S&P und Fitch liefern Ratings, welche die Kreditwürdigkeit (Bonität) von Unternehmen und folglich von Schuldnern beschreiben. Dabei werden die einzelnen Firmen geratet und somit vergleichbar gemacht. Die Ausfallwahrscheinlichkeit wird mittels dieses Systems untersucht und visualisiert. Im Anhang dieses Buches finden Sie eine Tabelle mit den einzelnen Ratinggruppen sowie die durchschnittliche kumulierte Ausfallraten in Prozent.
1
Ein Default ist ein anderes Wort für einen Zahlungsausfall. Es kann in manchen Fällen auch eine Umstrukturierung von Verbindlichkeiten sein.
Welche Arten von Kreditderivaten gibt es?
433
9.3
Welche Arten von Kreditderivaten gibt es?
9.3.1
Klassische Kreditderivate
Bei klassischen Kreditderivaten handelt es sich um bilaterale Verträge zwischen einem Sicherungsnehmer und Sicherungsgeber (vgl. Abbildung 9.1). Der Sicherungsgeber transferiert die Sicherung des Kredits an den Sicherungsnehmer und dieser analog die Risiken zurück. Die zu bezahlenden Prämien werden aufgrund des Ratings, folglich des Risikos einesAusfalls (Credit Event) berechnet. Die Prämien errechnen sich im Allgemeinen als Produkt aus der Wahrscheinlichkeit und dem erwarteten Verlust eines Ausfalls.
Sicherungsposition Sicherungsgeber
Sicherungsnehmer Bezahlt die Prämie
Evtl. Weitergabe des Risikos
Rating
Abbildung 9.1: Kreditderivat
Die unter Zuhilfenahme von Ratings berechneten Prämien für Kreditderivate werden meist als Spreads angegeben. Der Markt für diese Derivate ist international einheitlich, da nicht das Zinsgeschäft, sondern das Kreditrisiko bepreist wird und die Ratings international gleich gehandhabt werden. Durch diese Homogenität ist ein schneller Vergleich der Kreditrisiken weltweit möglich, was das aktive Marktgeschehen begünstigt. Der Markt wurde durch die mögliche Übergabe der Risiken breiter aufgestellt. Er entwickelt sich auch auf mehreren Ebenen zu einem effektiven und konsequenten Markt. Dies wurde begünstigt durch eine Übernahme von den klassischen Banken bzw. eine Weitergabe von klassischen Risiken, welche sonst als Risikoaktiva verbleiben würden. Als problematisch sind bei Kreditderivaten die Rolle von Ratingagenturen zu sehen. Die Thematik tritt vor allem dann auf, wenn nur ein Rating vorhanden ist bzw. zur Preisfestsetzung herangezogen werden kann. Welche Auswirkungen dies haben kann, zeigte die Subprimekrise 2007, welche sich zur Finanzkrise ausgebildet hat.
434
Kreditderivate
Wichtig ist, wie ein Ausfall definiert wird. Man spricht hier von einem Kreditereignis oder Kreditvorfall (Credit Event (vgl. Abbildung 9.2)). Es ist notwendig, dass beide Vertragsparteien dieses Ereignis klar und einheitlich definieren und einfach nachprüfen können, ob dieses eingetreten ist.
Sicherungsnehmer
Sicherungsgeber
1
1
2 3 4 Ausgleichszahlung 5
n
Abbildung 9.2: Zahlungsströme des Sicherungsnehmers und Sicherungsgebers
Kreditereignisse sind unter anderem folgende:2 Zahlungsverzug des Schuldners Restrukturierung der Verbindlichkeiten
Es muss ferner noch die genaue Summe geklärt werden, welche übernommen wird, sowie deren Nominale.
9.3.2 Moderne Kreditderivate Im Vergleich zu früheren Zeiten, in denen Kreditderivate nur mittels Credit Default Swap (CDS)3 handelbar waren, waren diese seit 2007 auch über die Eurex zu handeln. Heute sind diese wieder hauptsächlich OTC zu finden.
2
3
Vollständige Auflistung der ,,Credit Events“ in: 2003 ISDA Credit Derivatives Definitions. Article IV – ,,Credit Events“. CDS gelten heute noch als die wichtigsten Kreditderivate auf dem Markt.
Welche Arten von Kreditderivaten gibt es?
435
Ein CDS (vgl. Abbildung 9.3) funktioniert im Prinzip wie eine Put-Option: Wenn es zum Kreditereignis (Credit Event)4 kommt, wird die Option ausgelöst und das Kreditrisiko verkauft. Der Begriff Swap (engl. tauschen) kommt in diesem Zusammenhang aus der Historie, bei dem eine Unternehmensanleihe gegen eine Staatsanleihe ausgetauscht wurde. Anders als bei einem klassischen Swap kommt der Austausch hier nur bei einem Kreditereignis zustande. Die Belieferung kann sowohl physisch als auch durch ein CashSettlement5 vorgenommen werden. Die Prämie setzt sich häufig aus einer Upfront-Zahlung bei Abschluss des CDS zuzüglich einer optionalen jährlichen Zahlung zusammen. Die Zeiten, in denen CDS nur von Banken abgeschlossen wurden, sind vorbei: In den vergangenen Jahren treten auch aggressive Hedgefonds in diesem Bereich auf. Die Prämien eines CDS hängen von der risikobehafteten Kreditposition und deren Bonität6 ab. Je größer die Ausfallwahrscheinlichkeit, desto höher die zu bezahlende Prämie7 . Seit einigen Jahren gibt es für CDS standardisierte Vertragsbestandteile, welche einen schnellen und unkomplizierten Vertragsabschluss gewährleisten. Die ISDA8 mit Sitz in New York hat dazu 1999 (seit damals fortlaufend) eine umfangreiche Handlungsempfehlung ausgesprochen. Mit dem ISDA Master Agreement verfasste sie einen standardisierten Vertrag, mit dessen Hilfe die beiden vertragsschließenden Parteien neutral arbeiten können. In einem CDS müssen folgende Grundgegebenheiten enthalten sein:9 Referenzschuldner (Reference Entity) durch den CDS besichertes Kreditereignis (Credit Event) Anhand welcher Aktiva kann das Kreditereignis festgestellt werden? Startzeitpunkt Laufzeit Nominalwert Prämienhöhe (meist in Basispunkten vom Nominalwert angegeben) Art der Leistung des Sicherungsgebers beim Eintritt des Kreditereignisses Physische Lieferung oder Cash-Settlement
4 5 6 7
8 9
Der jeweils zugrundeliegende Credit Event wird vertraglich im Vorhinhein festgeschrieben. Auch Differenzausgleichszahlung genannt. Gute Bonitäten sind seltener als nicht so gute Bonitäten. Im Zuge der Finanzmarktkrise 2007 ff. wurden neue Preissysteme eingeführt und angewandt. International Swap and Derivatives Association. Näheres hierzu: Wöhe, Bilstein, Ernst, Häcker: Grundzüge der Unternehmensfinanzierung, Vahlen 2009.
436
Kreditderivate
Die Abbildung 9.3 zeigt die Zahlungsströme eines CDS auf.
Aktivum zur Bestimmung des Triggers für den Credit Event
Obligation (CDS)
Periodische oder einmalige Credit Fee Sicherungsnehmer
Sicherungsgeber
Zahlung im Falle des Credit Events bzw. Abnahme der Deliverable Obligation gegen einen vereinbarten Preis
Obligation (Risikoaktivum)
Deliverable Obligation physical Delivery
Abbildung 9.3: Credit Default Swap10
Klassische Kreditarten Zu den klassischen Kreditarten gehören z. B. Bankkredite, Anleihen und Schuldscheindarlehen. Je nach deren Ausgestaltung sind diese für den Investor von Vorteil oder eher nicht zu gebrauchen. Gerade Anleiheemissionen und auch Schuldscheindarlehen (Einlagensicherung unterlegt für den Kreditgeber)11 sichern einem Investor mittel- und langfristig Liquidität und werden über den Markt bzw. OTC weitergehandelt. Das Bankdarlehen zählt zu den klassischsten Finanzierungsformen.12
9.4
Bewertung von Kreditderivaten (CDS)
Als Marktstandard zur Bewertung von Credit Default Swaps (CDS) hat sich das Reduced-Form-Modell durchgesetzt (vgl. Abbildung 9.4). Die Bewertung beruht hierbei auf den Barwerten zweier Zahlungsströme: Ein Cashflow 10 11
12
Quelle: Commerzbank AG. Nur bei ,,Nichtkreditinstituten“, also beispielsweise kein Schutz für Banken oder Versicherungen. Näheres hierzu: Wöhe, Bilstein, Ernst, Häcker: Grundzüge der Unternehmensfinanzierung, Vahlen 2009.
Bewertung von Kreditderivaten (CDS)
437
beschreibt die Prämienseite (Prämienzahlungen), ein zweiter die Ausfallzahlungen. (1 − R )
ST =
m
[P(0, tj ) − P(0, tj−1 )] × DF(0, tj )
j=1 m
(tj−1 , tj ) × DF(0, tj ) × (t − P(0, tj ))
j=1
ParSpreads
Swap-Kurve
Obligation
Interpolation auf CDSFrequenz
Iterative Berechnung der Zero-Rates
Berechnung der Kupontermine
Tagezählkonventionen
Anpassung Zahlungszeitpunkte
Bestimmung der Diskontfaktoren Recovery Rate
Interpolationsmethoden
Berechnung Accrued
Bestimmung der Ausfallwahrscheinlichkeiten
Bewertung CDS - Bestimmung des fairen Spreads
Teilprogramm: Bootstrapping zur Berechnung der Ausfallwahrscheinlichkeiten
Lösungsverfahren
Abbildung 9.4: CDS Bewertung nach DVFA13
Eine weitere Möglichkeit der Bewertung von Kreditrisiken ist in der Verwendung von Aktienmarktdaten. Dabei sprechen zwei Argumente für die Verwendung des sogenannten Structural Model:
13
Es gilt, einen Credit Default auf eine Referenz zu ermitteln, welche keine Unternehmensanleihen emittiert hat. Bewertung des inhärenten, marktimplizierten Risikos in Form einer Ausfallwahrscheinlichkeit auf das Referenzunternehmen. Intensitätsmodelle verwenden CDS-Spreads zur Bestimmung von Ausfallwahrscheinlichkeiten. Steht diese Informationsquelle nicht zur Verfügung, werden Structural Models eingesetzt. Quelle: DVFA, Ausgabe 06/07 „Standards zur Bewertung von Kreditderivaten“.
438
Kreditderivate
In der Praxis erfolgt hauptsächlich die Verwendung des Reduced-FormModells. Daher wird dieses Modell auch stärker in der Literatur hervorgehoben. Kreditoptionen bzw. Optionen auf Kreditausfallrisiken werden mit den Bewertungsansätzen nach Longstaff und Schwartz14 , Das15 oder mit den Modellen von Jarrow16 , Lando und Turnbull bewertet.
9.5
CDS – Ein Instrument zur Beurteilung von Marktsituationen
Die CDS von Banken und von Staaten (Sovereign Debt) werden immer wieder als Indikator daf¨ur verwendet, um zu beurteilen, wie es um die Zahlungsf¨ahigkeit einer Institution steht. Es wird folglich nicht nur das Instrument als solches betrachtet, sondern u¨ ber das Instrument versucht man einen ¨ Uberblick u¨ ber die aktuelle Situation zu bekommen. Somit ist der CDS ne¨ ben seiner eigentlichen Funktion, dem Ubertragen von Kreditrisiken, zu einem Preisindikator und zu einem Aussageinstrument herangewachsen, welches auch von Marktteilnehmern genutzt wird, welche den CDS fr¨uher nicht gehandelt haben (z. B. Wealth-Management-Einheiten zur Beurteilung von Makroszenarien). Die Abbildung 9.5 zeigt die CDS-Level von Staaten auf. Sehr gut erkennbar ist hier die Volatilit¨at der jeweiligen Schuldnerstaaten. Man kann ebenfalls sehr gut erkennen, wie die jeweiligen Staaten sich in den verschiedenen Marktphasen verhalten haben. Dies l¨asst eine Aussage u¨ ber deren Widerstandsf¨ahigkeit in Krisenzeiten zu. Abbildung 9.7 zeigt große Banken. Hier kommt im Financial Engineering ein spezielles Augenmerk dazu. Das Counterparty-Risiko, welches man sehr gut im CDS ablesen kann. Je h¨oher das Risiko ist, welches von der Gesamtheit des Marktes gesehen wird, desto h¨oher m¨ussen die „Funding-Spreads“ respektive die Aufschl¨age f¨ur das Risiko in einem Produkt sein. Diese unterschiedlichen Funding-Spreads sind der Abbildung 9.6 zu entnehmen. Diese zeigt die Funding-Spreads von unterschiedlichen Emittenten auf.
14 15 16
Vgl. Longstaff/Schwartz 1995a. Vgl. Das 1995 „Credit Risk Derivatives“. Jarrow undTurnbull bewerten Optionen auf riskanteAnleihen mittels Martingal-Maßstäben und verweisen hierbei ausdrücklich auf Kreditderivate, vgl. Jarrow/Turnbull (1995).
CDS – Ein Instrument zur Beurteilung von Marktsituationen
439
Abbildung 9.5: CDS Sovereign Debt17
Abbildung 9.6: Funding-Spreads von exemplarisch ausgewahlten ¨ Emittenten (Laufzeit 5 Jahre uber ¨ 1 Jahr normiert)18 16 17
Quelle: Bloomberg. Ebd.
440
Kreditderivate
18 Abbildung 9.7: CDS ausgewahlter ¨ großer Geschaftsbanken ¨
Da das Counterparty-Risiko nicht erst seit der Insolvenz von Lehman Brothers ein wichtiges Entscheidungskriterium ist, sollte man sich dies genauer anschauen. Zusammengefasst kann somit konstatiert werden, dass der CDS-Markt, neben seiner origin¨aren Funktion eine nicht unwichtige Rolle bei der reinen Informationsgabe, bei der Orientierung und Beurteilung von Risiken spielt.
Funding-Spread Unter einem Funding-Spread versteht man den Aufschlag, der je nach Emittenten, auf die risikolose Rendite bezahlt werden muss. Somit wirkt sich der Funding-Spread renditeerhohend ¨ aus.19 Aus dem Funding-Spread werden unter anderem konstruktionsbedingte Zahlungen geleistet.
18 19
Ebd. Quelle: Landesbank Berlin.
Was sind verbriefte Kreditderivate?
441
Risikolose Rendite (Risk Free Rate) Unter einer risikofreien Rendite versteht man zum Beispiel die Rendite des EURIBOR (bei Overnight-Transaktionen des EONIA) oder des LIBOR (Euro und andere Wahrungen). ¨ Diesen wird keine Risikopramie ¨ aufgeschlagen. Der risikofrei Zins ist somit eine „Nullrisikobetrachtung“. Er gilt als Ausgangsgrundlage fur ¨ Zinsberechnungen bzw. wird in Fristentransformationen als Grundlage angewandt.
Abbildung 9.8: EURIBOR 3 Monate und 1 Jahr, EONIA seit 2008 bis 2013 (Anfang)20
9.6
Was sind verbriefte Kreditderivate?
Die verbrieften Kreditderivate (oftmals als Bonitätsanleihen bezeichnet) nennt man z. B. Credit Linked Notes (CLN).21 Sie basieren auf Credit Default Swaps (CDS) und beinhalten darüber hinaus das Emittentenrisiko.22 Die
20 21
22
Quelle: Thomson Reuters. Die hier dargestellte Funktionsweise ist die von Banken genutzte. Sollte es sich beim Emittenten um eine Zweckgesellschaft handeln, welche extra zu diesem Zweck gegründet worden ist, so wird die Umsetzung über einen SPV (Special-Purpose-Vehicle) dargestellt. Vgl. Insolvenz Lehman Brothers 2008 im Zuge der Finanzkrise.
442
Kreditderivate
CLN werden als Wertpapier emittiert und auch an Retail-Kunden23 verkauft (vgl. Abbildung 9.9). Zu beachten ist, dass bei einem Kreditereignis die Rückzahlung des CLN nicht mehr der Nominalen entspricht. In der Regel wird der Verwertungserlös ausbezahlt. Als Wertpapier unterliegen CLN auch dem Rating des Emittenten und damit dessen Kreditrisiko. Das Gesamtrisiko setzt sich somit aus dem Risiko des CDS sowie dem Bonitätsrisiko des Emittenten zusammen.
Anleihebetrag
Emittent
Kuponzahlung
Anleihegläubiger
Rückzahlung zum Nennwert bzw. im Falle eines Kreditereignisses den Liquidationserlös des CLN
Referenzschuldner
Verbindlichkeit
Abbildung 9.9: Aufbau eines CLN mit Cash-Settlement
Szenario 1: Der verbriefte Kredit wird vom Schuldner ordnungsgemäß bedient und es kommt zu keinen Leistungsstörungen. Der CLN wird folglich ebenfalls normal bedient und der Investor erhält seine Zinsen (an jedem Zinszahlungstermin t1 – t7 ) und das einbezahlte Kapital am Ende der Laufzeit (t7 ) (vgl. Abbildung 9.10). Szenario 2: Der verbriefte Kredit wird vom Schuldner nicht mehr ordnungsgemäß bedient und es kommt zu Leistungsstörungen bzw. zu Kapitalveränderungen (kann gleich die Insolvenz, Kreditschnitt etc. sein). Das Kreditereignis ist somit eingetreten. Der CLN wird nun nicht weiter bedient, sondern gemäß seinen Abwicklungsbedingungen (stehen im Emissionsprospekt) ab23
Aufnahme in die Portfolien von Privatkunden; Das BaFin hat sich in einer klarenAnweisung gegen einen Verkauf an Retail Kunden ausgesprochen (Vertriebsverbot für Bonitätsanleihen). Dieser soll nicht in 2016 in Kraft treten. Derzeit ist das ganze noch nicht umgesetzt.
Was sind verbriefte Kreditderivate?
Investition t0
443
Kapitaldienst über n Zeiteinheiten
Rückzahlung t+7
Abbildung 9.10: CLN ohne Kreditereignis
gewickelt. In Abbildung 9.11 ist gut zu erkennen, dass es nach t3 zu einem Kreditereignis kommt und folglich die Zinszahlungen t4–7 sowie die Rückzahlung t7 davon betroffen sind bzw. nicht mehr bedient werden. Der CLN wird abgewickelt.
Investition t0
Kapitaldienst über n Zeiteinheiten
Feststellung Default (Leistungsstörung) Zeitpunkt nach t3
Abwicklung CLN
Abbildung 9.11: CLN mit Kreditereignis
Eine Alternative zu den CLN sind die sogenannten CDO (Collateralized Debt Obligations). Hierbei handelt es sich um emittierte Wertpapiere eines Instituts, welches die Bonds im Portfolio hat, um damit die CDOs decken zu können. Nur im Falle eines synthetischen CDO liegen keine Bonds im Portfolio, sondern Kreditderivate (z. B. CDS). Unser kurzer Überblick zeigt somit, dass Kreditderivate grundsätzlich vorhanden sind, um Risiken zu transferieren; aus diesem Ursprung sind sie entstanden. Heute ist der Markt für Kreditrisiken ein sehr vielfältiger und großer Markt geworden. Kreditderivate werden von professionellen Investoren bzw. Firmen gehandelt. Auch private Investoren sind meist mit CLN an Kreditderivaten beteiligt. Doch hierbei ist darauf zu achten, dass der private Investor sich über die Risiken eines solchen Geschäfts im Klaren ist und diese auch aus seiner Liquiditätsplanung tragen kann. Im Worst-Case-Scenario – im Falle
444
Kreditderivate
eines Kreditereignisses – muss i. d. R. ein Komplettverlust hingenommen werden. Dies kann einem Investor jedoch auch bei einem Unsecured Bonds Investment passieren. Man kann abschließend sagen, dass ein CLN neben dem klassischen Adressausfallrisiko noch das Ausfallrisiko des Emittenten besitzt, welches eingepreist wird und über die Funding-Rate zu erkennen ist.
9.7
Probleme am Verbriefungsmarkt nach der Finanzkrise 2007
Im Zuge der Finanzmarktkrise ab 2007 kam es zu drastischen Problemen am Verbriefungsmarkt, was schließlich in einen kompletten Stillstand des Marktes mündete. Die Spreadaufschläge (vgl. Abbildungen 9.12 und 9.13) nahmen nach der Pleite von Lehman Brothers drastisch und sprunghaft zu. Ein Weiterverkauf von bestehenden Verbriefungen bzw. eine Neuverbriefung war faktisch nicht mehr möglich. Auf die Bestände mussten große Abschreibungen vorgenommen werden. Diese Entwicklung zeigt die Problematik einer Kreditverbriefung auf. Nur in funktionierenden, risikoaufnehmenden Märkten kann ein Handel mit diesen verbrieften Risiken funktionieren. In Krisenzeiten (Rezession, Depression) ist eine Übertragung von Kreditrisiken faktisch unmöglich. Das Kriterium,
Lehman-Default
EDF 5 02/05/18 OTE 6 02/12/15 OTE 5 3/8 02/14/11 BATSLN 5 7/8 03/12/15 COFP 6 3/8 04/04/13 KPN 6 1/2 01/15/16 DIAG 5 1/2 07/01/13 WKLNA 6 3/8 04/14/15 DT 5 3/4 04/14/15 AALLN 5 7/8 04/17/15 AUCHAN 5 04/29/13 EDF 4 7/8 05/06/15 BNFP 5 1/2 05/06/15 BNFP 5 1/4 05/06/11 EOANGR 5 3/4 05/07/20 EOANGR 5 1/8 05/07/13 WPPLN 6 5/8 05/12/16 IBESM 5 1/8 05/09/13 IBESM 5 5/8 05/09/18 VW 5 1/8 05/19/11 BMW 5 05/28/15 UNANA 4 7/8 05/21/13 RENAULT 5 1/4 05/27/11 FRTEL 5 1/4 05/22/14 FRTEL 5 5/8 05/22/18 EDF 5 05/30/14 EDF 5 3/8 05/29/20 EOANGR 5 1/4 06/06/14 TELEFO 5.58 06/12/13 CAFP 5 3/8 06/12/15 SIEGR 5 3/8 06/11/14 SIEGR 5 1/4 12/12/11 SIEGR 5 5/8 06/11/18 BOUY 6 1/8 07/03/15 BRITEL 6 1/2 07/07/15 SSELN 6 1/8 07/29/13 BNFP 5 1/4 05/06/11 VW 5 1/2 02/12/10 SIEGR 5 1/4 12/12/11 SIEGR 5 5/8 06/11/18 EOANGR 5 1/4 09/08/15 EOANGR 5 09/08/11 EDF 5 1/8 09/12/18 DAIGR 5 7/8 09/08/11 DAIGR 6 1/8 09/08/15 DT 5 7/8 09/10/14 LINGR 5 3/8 09/12/13 SCOFP 7 1/4 09/16/13 IMTLN 7 1/4 09/15/14 KPN 6 1/4 09/16/13 DSM 4 11/10/15 GSZFP 6 7/8 01/24/19 GSZFP 6 1/4 01/24/14 RWE 5 3/4 11/20/13 RWE 6 5/8 01/31/19 ENBW 6 11/20/13 ENBW 8 7/8 11/20/18 BMW 8 7/8 09/19/13 IBESM 7 1/2 11/25/15 IBESM 6 3/8 11/25/11 EOANGR 4 3/4 11/25/10 ENIIM 5 7/8 01/20/14 CAFP 6 5/8 12/02/13 BNFP 6 3/8 02/04/14 VATFAL 5 3/4 12/05/13 VATFL 6 3/4 01/31/19
240 220 200 180 160 140 120 100 80 60 40 20 0 -20
Abbildung 9.12: Euro-Neuemissionen (klassisch) inkl. Spreadaufschläge über CDS24
24
Quelle: LBBW und Bloomberg.
Welche Probleme hat es im Zuge der Finanzkrise bei Kreditderivaten gegeben?
445
Abbildung 9.13: CDS-Aufschläge der einzelnen Banken in Basispunkten25
dass in einer Krisenzeit die Fungibilität der Kredite nicht mehr gewährleistet ist, muss einen Investor vor Abschluss einer solchen Transaktion beschäftigen. Diese Lehre haben viele unter anderem aus der Finanzkrise 2007 gezogen. Die Zeit nach der Krise hat jedoch auch gezeigt, dass der Markt zu alter Stärke zurückfinden kann. Oft geht eine solche Rückkehr mit Änderungen der Regelwerke einher.
9.8
Welche Probleme hat es im Zuge der Finanzkrise bei Kreditderivaten gegeben?
Diese Frage möchten wir ans Ende dieses Kapitels setzen. Eine Frage, die nicht abschließend zu beantworten ist. Es trifft zu, dass die Kreditderivate die Finanzmarktkrise 2007 mitausgelöst bzw. beschleunigt haben. Darüber hinaus waren Kreditderivate ein Instrument, welches in dieser Krise eine wichtige Rolle gespielt hat. Problematisch werden komplexe Instrumente immer erst dann, wenn sie nicht mehr verstanden und folglich falsch eingesetzt werden. Dies war eines der Probleme, welche schließlich zur Finanzmarktkrise geführt haben. Die Instrumente selbst trifft wenig Schuld, ihr falscher Einsatz ist jedoch krisenauslösend gewesen. So ist hier eine differenzierte Betrachtungsweise unbedingt vonnöten. Dies gilt vor allem auch im Zusammenhang mit den jeweiligen „Rettungsprogrammen“, die im Zuge der Finanzmarktkrise aufgekommen sind.26
25 26
Quelle: Bloomberg. Vgl. Bloss, Ernst, Häcker, Eil: Von der Wall Street zur Main Street, Oldenbourg, 2009.
446
Kreditderivate
Im Zuge der Finanzmarktkrise wurden Möglichkeiten geschaffen, CDS über ein Clearingsystem von ICE Clear Europe und über die Eurex Credit Clear abzuwickeln (als Zentralabwicklungsstelle; CCP = Central Counterparty). Die damit geschaffene Möglichkeit bringt Transparenz und Klarheit. Auch wenn heute erst ein kleiner Teil über diese Art von Systemen abgewickelt wird, gehört ihnen die Zukunft. Das CCP schafft einen transparenten und sicheren Abwicklungsweg für OTC-Derivate. Dies ist nicht nur auf die Kreditderivate beschränkt, sondern erfasst jegliche Art von OTC-gehandelten Derivaten. Durch die Anbindung an ein CCP ist es auch für den Regulator einfacher, statistische Zahlen über das gehandelte Volumen und über die Risikopositionen zu erheben. In der Vergangenheit haben die über die Terminbörsen gehandelten und über die jeweiligen CCP abgewickelten Geschäfte gezeigt, wie zielführend dies ist.
Literaturhinweise zu diesem Kapitel Bloss, Ernst, Häcker, Eil: Von der Subprime-Krise zur Finanzkrise 2008 Bloss, Ernst, Häcker, Eil: Von der Wall Street zur Main Street 2009 Hull, John C.: Optionen, Futures und andere Derivate, 8. Auflage 2012 Madura, Jeff: International Financial Management, 6th edition 2004 Spremann, Klaus: Finance, 3. Auflage 2007 Wiedemann, Arnd: Bewertung von Finanzinstrumenten, 4. Auflage 2007
Fragen zu diesem Kapitel
447
Fragen und Antworten zu diesem Kapitel Frage 1: Warum sind Kreditderivate so immanent wichtig? Frage 2: Wie werden Kreditderivate (CDS) bewertet? Frage 3: Was ist ein CLN? Frage 4: Werden Kreditderivate nur OTC gehandelt? Frage 5: Ist die Aussage richtig: Der Markt der Kreditderivate ist in der Finanzkrise liquide geblieben! Antwort zu Frage 1: Kreditderivate bieten die Möglichkeit, Kreditrisiken auf eine weitere Partei zu übertragen und sich somit der Risiken zu entledigen. Antwort zu Frage 2: Die Bewertung wird anhand des Reduced Form Model oder des Structural Model durchgeführt. Dabei kommt das erstgenannte in der Praxis deutlich öfter vor. Antwort zu Frage 3: Bei einem CLN handelt es sich um ein verbrieftes Kreditderivat in Form eines Credit Linked Note. Antwort zu Frage 4: Nein, diese können auch über Börsen gehandelt werden. Auch die Möglichkeit eines OTC-Trades mit einer CCP-Abwicklung besteht. Antwort zu Frage 5: Nein, die Aussage ist falsch. Im Zuge der Finanzkrise 2007 ist der Markt der Kreditderivate faktisch eingebrochen. Fehlende Bewertungen und Kreditausfälle führten zu starken Abschreibungen.
10
Wetterderivate
In Kapitel 10 werden Sie Folgendes erfahren:
Was sind die Grundlagen für Wetterderivate?
Welche Wetterderivate sind klassisch handelbar?
Welche Instrumente kommen zum Einsatz?
Wie werden Wetterderivate bewertet?
Wie erfolgt der Handel in Wetterderivaten?
Welche Marktteilnehmer treten im Handel auf?
10.1
Grundlagen Wetterderivate
Wenn man von Wetterderivaten spricht, so spricht man von Derivaten, deren Underlying zum Beispiel die Niederschlagsmenge, Sonnenstunden oder die Lufttemperatur sind. Folglich, Derivate welche in einem direkten Zusammenhang mit unserem Wetter stehen.1 Hierbei ist festzuhalten, dass Wetterderivate nicht physisch beliefert werden können, noch, dass diese als klassische und gängige Instrumente anzusehen sind. An sich werden diese nur von großen institutionellen Investoren gehandelt. Diese versuchen zum Beispiel über Wetterderivate Risiken an andere Marktteilnehmer zu übertragen.2 Grundsätzlich können wir bei Wetterderivaten zwischen den beiden bekannten Gruppen der bedingten (Optionen) und unbedingten Derivaten (Futures und SWAPS) unterscheiden. Auch kommen Kombinationen 1
2
Das Wetter wird hierbei von neutralen und extra ausgesuchten Wetterstationen aufgezeichnet und untersucht/dokumentiert. Vgl. Müller, A.; Grandi M.: Wetterderivate zur Absicherung von Wetterrisiken (2000).
DOI 10.1515/9783110531169-012
Was für Wetterderivate sind klassisch handelbar?
449
(z. B. in Form von Collar, Straddle und Strangle) zum Einsatz. Alle Derivate werden am Laufzeitende oder bei Ausübung durch ein Cash-Settlement ausgeglichen. Ebenfalls sind hybride Wetterderivate wie Weather Indexed Bonds, Weather Indexed Loan oder Weather Indexd Interest Rate Forward möglich. Diese exotischen Varianten gelten als Hybridformen der klassischen Wetterderivate, da diese eine Verknüpfung aus Plain Vanilla Instrument z. B. Bond und einer wetterabhängigen Komponente (umgesetzt durch das Wetterderivat) darstellen.
10.2
Was für Wetterderivate sind klassisch handelbar?
Nach Angaben der Weather Risk Management Association (WRMA) werden ein Großteil aller Wetterderivate mit dem Underlying Heating Degree Days (HDD) angeschlossen. Gefolgt vom Underlying Cooling Degree Days (CDD). Die oftmals als erstes in Sinn kommenden Wetterrisiken wie Sturm, Schnee, Wind, Regen etc. spielen eine deutlich kleinere Rolle und kommen somit auch seltener zum Einsatz. Abbildung 10.1 zeigt die handelbaren Underlyings nochmals auf.
Wetterderivate Temperaturabhängiger Engergieverbrauch
HDD
CDD
Abbildung 10.1: Übersicht Wetterderivate nach Gruppen
Wetteranomalien
Sturm, Hagel, Regen, Schnee, Wind, ect.
450
Wetterderivate
Bei den CDD und HDD Absicherungen handelt es sich im Wesentlichen um die Tage, an denen außerhalb der Durchschnittstemperatur (gerechnet auf einen gewissen Wirkungskreis und einer im Vorhinein festgelegten Range) geheizt oder gekühlt werden muss. Es wird demnach der Mehrenergieverbrauch für diese Tage abgesichert. Denn jeder Tag, welcher hier von der durchschnittlichenTemperatur abweicht entscheidet über einen Energiemehrverbrauch, welcher auch mit einer Kostensteigerung zu belegen ist. Dies ist vor allem für bestimmte Einrichtungen von großer Bedeutung. Denken wir an große Krankenhäuser, Einkaufszentren oder große Büroanlagen. Vor allem in Altbauten, welche nicht mit Passivenergiesystemen ausgestattet sind, kommt es hier zu einer deutlichen Zunahme des Verbrauchs und somit der produzierten Kosten. Dies gilt sowohl für Tage, an denen zusätzlich geheizt wie auch an denen außerhalb der Regel die Klimatechnik zum Kühleinsatz kommen muss, um ein angenehmes Raumklima zu gewährleisten. In beiden Szenarien steigt der Energieverbrauch deutlich an.3 Es besteht somit eine starke Wechselwirkung zwischen der Tagestemperatur und dem Energieverbrauch des Tages und somit der für den Tag entstandenen Kosten.4 Alternativ können jedoch auch verschiedene Wetterszenarien und Wetteranomalien Grundlage für Wetterderivate sein. Das wahrscheinlich bekannteste ist der Hurrikan-Future, mit dem man sich für gewissen Regionen der Erde gegen eine solche Naturkatastrophe absichern kann. Das Derivat wird in diesem Fall, wie ein Versicherungsvertrag eingesetzt. Das versicherte Ereignis, ist die Naturkatastrophe. Gerade in den USA, aber auch in Europa, gäbe es eine Vielzahl von Gebieten (z. B. ölproduzierende Bundesstaaten in den USA etc.),5 welche hier handelbar wären.
10.3 Welche Instrumente kommen zum Einsatz? Ein Großteil der heute gehandelten Wetterderivate wird in Form von bedingten Derivaten gehandelt (Optionen).6 Das vorhandene Wahlrecht ist gerade bei Wetteranomalien und den damit verbundenen Gegebenheiten von großer Bedeutung. Denn das Wahlrecht und das damit verbundene asymmetrische
3 4
5 6
Vgl. Schirm, A.: Wetterderivate – Einsatzmöglichkeiten und Bewertung (2001). Vgl. Becker H.; Bracht, A.: Katastrophen und Wetterderivate (1999); Bergschneider C.: Risikomanagement im Energiehandel (1999). Vgl. ehemaliges Angebot Eurex. Vgl. Schirm, A.: Wetterderivate – Einsatzmöglichkeiten und Bewertung (2001).
Welche Instrumente kommen zum Einsatz?
451
Auszahlungsprofil bieten hier Vorteile. Übt der Käufer die Option aus, so hat er seine Absicherung ausgelöst und kompensiert sein nicht eingetretenes Grundgeschäft. Übt er jedoch nicht aus, so sind alle Grundannahmen eingetreten und er benötigt die Absicherung nicht. So werden
HDD Calls zur Absicherung gegen einen kalten Winter, CDD Calls zur Absicherung gegen einen warmen Sommer, HDD Puts zur Absicherung gegen einen zu milden Winter und CDD Puts zur Absicherung gegen eine zu kühlen Sommer gehandelt.7
Auch die schon angesprochenen Future-Kontrakte sowie SWAP-Transaktionen sind jederzeit handelbar. Futures, welche an Terminbörsen standardisiert handelbar sind, haben den Vorteil einer schnellen und zielführenden Übertragbarkeit. Leider nimmt die Standardisierung auch viele für diese Transaktion ggf. notwendige Individualisierung heraus. Des Weiteren hat sich gezeigt, dass wenn in diesen Produkten kein Marktet Making angeboten wird, diese Kontrakte an den Terminbörsen nicht angenommen werden.8 Nur, wenn ein aktives und fortlaufendes Market Making gewährleistet ist, kommt es auch zur Verlagerung der OTC Transaktionen auf die Börsenplattformen.9 Forward-Transaktionen, welche bilateralen individuellen unbedingten Termingeschäften entsprechen, können hier Abhilfe schaffen. Diese kommen vermehrt zum Einsatz, wenn es nicht um den Grad der Standardisierung, sondern wenn es um eine spezielle und individuelle Vertragsgestaltung geht.
Market Making bei Wetterderivaten Wie bei allen Derivaten ist auch bei Wetterderivaten das Market Making von großer Bedeutung und Wichtigkeit. Nur wenn durch dieses ein aktiver und fortlaufender Handel gewährleistet wird, werden sich Marktteilnehmer zur Abwicklung der Geschäfte über die Terminbörse entscheiden. Denn nur so ist sichergestellt, dass ich ein Geschäft fortlaufend handeln und somit schließen bzw. erneut eröffnen kann.
Die bereits angesprochenen SWAP-Transaktionen haben wie Futures/Forwards ein symmetrisches Auszahlungsprofil. Dies ist für viele Marktteilnehmer nicht das gewünschte Pay-off. Da diese lieber, wie bei einem Versiche-
7 8 9
Vgl. Schirm, A.: Wetterderivate – Einsatzmöglichkeiten und Bewertung (2001). Vgl. Eurex – Gespräch mit Produktmanagement. Dies ist auch der Grund, warum die Eurex den Handel mit Wetterderivaten eingestellt hat.
452
Wetterderivate
rungsvertrag, erst bei Eintritt des Zahlungsumstandes einAuslösen des Derivates wünschen. Abbildung 10.2 zeigt die jeweiligen Derivatearten nochmals in der Übersicht auf.
SWAP
Futures
Wetterderivate
Forward
Optionen
Abbildung 10.2: Instrumente im Handel mit Wetterderivaten
10.4
Wie werden Wetterderivate bewertet?
Wie von Zimmermann, Jäger und Jovic im Jahr 2001 vorgestellt wurde, stößt das Black-Scholes Modell bei Wetterderivaten sehr schnell an seine natürlichen Grenzen. Die Hintergründe hierzu sind vielschichtig. Als Grundlegend kann man nennen, dass Black-Scholes nur dann korrekte Daten liefert, wenn die Basiswerte real vorhanden sind und deren prozentuale Veränderung durch eine Normalverteilung zu beschreiben ist. Die bei Wetterderivaten benötigten stochastischen Prozesse folgen anderen Gegebenheiten (kein Markov Prozess) und werden unter anderem von Autokorrelationen geprägt. Dies lässt sich durch einen klassischen Random-Walk nicht abdecken. Eine weitere sehr interessante Erkenntnis ist, dass Wetterderivate abhängig von den gemessenen bzw. beobachteten Wetterdaten sind. Diese unterscheiden sich grundsätzlich von an Börsen festgestellten und gut nachvollziehbaren Börsenkursen.10 10
Vgl. Zimmermann, H; Jäger, S; Jovic, D: Bedeutung, Bewertung und Einsatz von Wetterderivaten (2001).
Handel von Wetterderivaten
453
Um diesen Gegebenheiten zu begegnen, bedient man sich bei der Bewertung von Wetterderivaten zum einen der Burning-Cost-Methode, bei der die Schadenslast berechnet wird (als hätte der Kontrakt schon immer bestanden; Methode der Rückversicherer). Alternative Verfahren sind die Index Value Simualtion Method (IVSM), mit der unter dem No-Arbitrage-Argument in einer für dieTeilnehmer risikoneutral gewichteten Welt argumentiert wird11 und dem von Cao und Wei konzipierten Daily-Simulation Modell, welches jedoch nur für temperaturanhängige Derivate nutzbar ist.
Ausgleichszahlungen bei Wetterderivaten Bei Wetterderivaten kommt es i. d. R. zu einer Ausgleichszahlung, welche analog einer Versicherungsleistung zu definieren ist. Hierbei werden Monte-Carlo Simulationen zur Bestimmung der Ausgleichszahlung eingesetzt. Des Weiteren werden diese zur Simulation der jeweiligen Derivate während der Laufzeit und damit auch zur Bestimmung deren Risikogehaltes genutzt.
10.5
Handel von Wetterderivaten
Ein Großteil aller Wetterderivate werden OTC gehandelt. Individuelle und vor allem genau auf die Kundengruppe zugeschnittene Derivate dominieren hier das Bild. An den Terminbörsen haben sich standardisierte Kontrakte nur bedingt durchgesetzt. Dies war auch der Grund dafür, dass die Terminbörse Eurex sich dazu entschlossen hat, das Segment mit Wetterderivaten einzustellen.12 Die Chicagoer Terminbörse CME-G ROUP bietet sowohl für die USA (8 Städte) als auch ausgewählte Städte in Europa (2 Städte) Wetterderivate an. Diese werden im Falle der USA auf HDD und CDD Indices gehandelt. Bei den beiden europäischen Städten sind es HDD und Cumulative Average Temperature (CAT) Kontrakte. Dabei wird als Referenzwert 65 ° Fahrenheit (dies entspricht ca. 18,33 ° Celsius, was für die Europa Kontrakte auf 18 ° Celsius normiert wird) angenommen.13 11
12 13
Vgl. Hee, Chr.; Hoffmann, L.: Wetterderivate Grundlagen, Exposure, Anwendung und Bewertung, Wiesbaden (2006). Quelle: Eurex. Vgl. o.V. CME Group: Weather Products.
454
Wetterderivate
10.6
Welche Marktteilnehmer treten im Handel auf?
Der Markt für Wetterderivate ist stark von institutionellen Investoren geprägt. Dieser Umstand wird durch zwei maßgeblichen Faktoren begründet. Zum einen ist das Einsatzgebiet von Wetterderivaten sehr speziell und zum anderen ist die Komplexität dieser Instrumente oftmals sonst nicht nachgefragt. Es kann daher postuliert werden, dass die Endverbraucher von Wetterderivaten nur in einem Zweitrundeneffekt betroffen sind. Nämlich dann, wenn diese ein Produkt oder eine Dienstleistung erwerben oder in Anspruch nehmen, welches durch den Einsatz von Wetterderivaten entstanden bzw. in der eigenen Preisgestaltung beeinflusst wurden. Welche Gruppen rechnen wir zu den angesprochenen institutionellen Investoren? Zu diesen zählen im Bereich der Wetterderivate vornehmlich die Rück-Versicherung-Gesellschaften und die klassischen Erstversicherer. Außerdem zählen dazu, die Banken und Energieunternehmen, Pensionskassen, staatliche Einrichtungen und Regierungen, große Einzelhändler und Produzenten sowie Hedgefunds.14 Neben einer guten und intensiven Informationslage verfügen diese Marktteilnehmer über das Know-how, mit den gegebenen Instrumenten Risiken zu übertragen, aufzunehmen und diese zu managen. Gerade dieses Management von Risiken ist in diesem Zusammenhang von großer und immanenter Bedeutung. Des Weiteren kommt hinzu, dass diese Marktteilnehmer über Liquiditätsgrundlagen verfügen, welche es ihnen erleichtert, mit den gehandelten Größenordnungen umzugehen. Auch steht ihnen i. d. R. ein großes und internationales Netzwerk zur Verfügung um über den einzelnen Geschäftsabschluss hinaus, diesen einordnen zu können.
14
Vgl. o.V. CME Group: Weather Products.
Literaturhinweise zu diesem Kapitel
455
Literaturhinweise zu diesem Kapitel Becker H.; Bracht, A.: Katastrophen und Wetterderivate (1999) Bergschneider C.: Risikomanagement im Energiehandel (1999) Hee, Chr.; Hoffmann, L.: Wetterderivate Grundlagen, Exposure, Anwendung und Bewertung, Wiesbaden (2006) Müller, A.; Grandi M.: Wetterderivate zur Absicherung von Wetterrisiken (2000) Schirm, A.: Wetterderivate – Einsatzmöglichkeiten und Bewertung (2001) Zimmermann, H; Jäger, S; Jovic, D: Bedeutung, Bewertung und Einsatz von Wetterderivaten (2001)
456
Wetterderivate
Fragen und Antworten zu diesem Kapitel Frage 1: Stimmt die Aussage? Wetterderivate sind die liquidesten Derivate der Welt. Frage 2: Werden Wetterderivate mit Black-Scholes bewertet? Frage 3: Wer handelt mit Wetterderivaten? Frage 4: Stimmt die Aussage, dass an der Eurex keine Wetterderivate gehandelt werden? Frage 5: Welche Alternativen bestehen zu Wetterderivaten? Antwort zu Frage 1: Nein, die Aussage ist falsch. Es handelt sich um einen kleinen, sehr illiquiden Markt. Antwort zu Frage 2: Nein, es kommt eher die Burn-Analyse oder die Burning-Cost-Methode zum Einsatz. Antwort zu Frage 3: Meist sind es institutionelle Investoren wie Energieunternehmen und Banken bzw. Versicherungsgesellschaften zur Absicherung der Portfolios. Antwort zu Frage 4: Ja, der Handel wurde eingestellt. Antwort zu Frage 5: Alternativen zu Wetterderivaten sind z. B. Versicherungsverträge, Versicherungsderivate oder auch Warentermingeschäfte.
11
Börsengehandelte Inflationsderivate
In Kapitel 11 werden Sie Folgendes erfahren:
Warum sind Inflationsderivate wichtig und wie funktionieren diese?
Welche Rolle spielen Inflationsderivate in der täglichen Praxis?
Neben den klassischen und in Kapitel 8.1.4.7.1 besprochenen Inflationsswaps, welche als bilaterale OTC-Derivate gelten, besteht auch die Möglichkeit, standardisierte Inflationsderivate an Terminbörsen zu handeln. So bietet die Eurex unter anderem börsengehandelte inflationsindexierte FuturesKontrakte als Ergänzung zu den am Markt bestehenden inflationsgebundenen Kassamarktprodukten (wie zum Beispiel inflationsgeschützte Anleihen) oder den bereits erwähnten OTC-Derivaten (wie zum Beispiel Inflationsswaps) an. Der von der Eurex angebotene Euro-Inflations-Future basiert auf dem HVPI (harmonisierter Verbraucherpreisindex), der die Inflation für die Eurozone abbildet.
11.1
Das aktionsbasierende Marktmodell für die Euro-Inflations-Futures
Für die Euro-Inflations-Futures wurde das Marktmodell adjustiert. Dies trägt der Tatsache Rechnung, dass intraday die Schwankung bei der Inflation sehr geringfügig ist. Daher wurde entschieden, dass der Handel in diesen Produkten nur in zwei Auktionen pro Tag stattfindet. Diese gehen jeweils fünfzehn Minuten. In den Auktionen (Eröffnungs- und Schlussauktion) stellen die Market Maker Liquidität für den Handel zur Verfügung. Sollte ein Handelsteilnehmer zwischen den Auktionen handeln wollen, so geschieht dies auf
DOI 10.1515/9783110531169-013
458
Börsengehandelte Inflationsderivate
Anfrage bei einem Market Maker. Dadurch ist auch untertägig ein Handel möglich.1
11.2
Warum werden Inflationsderivate an Terminbörsen gehandelt?
Die Frage lässt sich nur sehr vielschichtig beantworten. DieAnforderungen an den Markt für Inflationsderivate sind sehr groß. Gerade in den letzten Jahren wurden viele strukturiere Produkte mit einer Inflationskomponente entwickelt. Diese werden i. d. R. mittels OTC-Inflationsderivaten konstruiert und abgewickelt. Neben diesen Anforderungen können jedoch auch Anforderungen genannt werden, welche nicht durch ein Financial-Engineering-Produkt (also eine Verbriefung) sondern nur als reines nicht verbrieftes Derivat beantwortet werden können. Für diese Anforderungen stehen unter anderem die Euro-Inflations-Futures zur Verfügung.
Inflation in Deutschland 6 5 4 3 Inflation 2 1 0
Abbildung 11.1: Inflationsrate in Deutschland von 1992–20122
1 2
Quelle: Eurex Quelle: Statistisches Bundesamt, Wiesbaden Januar 2013; eigene Darstellung.
Wieso ist ein Inflationsderivat für das Portfoliomanagement von Bedeutung?
11.3
459
Wieso ist ein Inflationsderivat für das Portfoliomanagement von Bedeutung?
Setzen wir den Begriff Inflation, wie er auch beschreibend gemeint ist, mit dem Wort Entwertung gleich, so ergibt sich schnell die Lösung für obige Frage. Gerade der reale Werterhalt steht in vielen Anlagestrategien ganz oben. Neben klassischen Sachwertanlagen kann dies durch die Kombination mit Inflationsderivaten gewährleistet werden. Die Inflationskomponente wird folglich durch das Derivat gesichert. Die Abbildung 11.1 zeigt die in Deutschland (nicht HVPI) gemessene und vom Statistischen Bundesamt veröffentlichte Inflationsrate auf. Daraus ist zu entnehmen, dass die geringen Inflationsraten der letzten Jahre nicht exemplarisch für den mittleren Durchschnitt der Inflation ist. Das Absicherungsmomentum kann folglich deutlich ansteigen.
11.4
Wie wird der Preis für den Euro-Inflations-Future berechnet?
Die Preisbildung erfolgt in Anlehnung an die des EURIBOR-Kontraktes. „Dabei wird der Schlussabrechnungspreis auf vier Nachkommastellen auf der Basis 100 abzüglich der jährlichen Inflationsrate der dem Kontraktmonat vorausgehenden 12-Monats-Periode (Berechnungszeitraum) des unrevidierten harmonisierten Verbraucherpreisindex der Eurozone ohne Tabakwaren (ebenfalls auf vier Nachkommastellen gerundet) ermittelt.“3 In einer Formel ausgedrückt ergibt sich Folgendes:4 HVPIt−1 FSPt = 100 − 100 × −1 HVPIt−13 FSPt = Schlussabrechnungspreis für den laufenden Kalendermonat t HVPIt−1 = unrevidierter harmonisierter Verbraucherpreisindex der Eurozone ohne Tabakwaren für den Kalendermonat t − 1 HVPIt−13 = unrevidierter harmonisierter Verbraucherpreisindex der Eurozone ohne Tabakwaren für den Kalendermonat t − 13
3 4
Vgl. Eurex Rundschreiben 217/07. Quelle: Eurex.
460
Börsengehandelte Inflationsderivate
Beispiel für die Schlussabrechnung: Sie gehen von einer höheren Inflation als 2,1 Prozent aus. So verkaufen Sie 20 Kontrakte zu 97,95 in der Auktion. Sie halten den Kontrakt bis zum Schlussabrechnungstag. An diesem kommt es zu folgender Berechnung. Der HICP (ex. Tab.)-Index steht bei 106,55 Indexpunkten. Die in der Vorperiode (Vorjahr) veröffentlichten Indexdaten lagen bei 104,19. Der Settlement-Preis berechnet sich wie folgt:5 106,55 100 − 100 × −1 = 97,7349 104,19 Wir können aus diesem Ergebnis nun folgende Profit & Loss-Abrechnung (P&L) erstellen: Verkauf des Futures zu: 97,9500 Schlussabrechnung zu: 97,7340 Differenz: Gewinn von 21,51 Ticks 21, 51 Ticks × 20 Kontrakte × 10 Euro6 = Euro 43.020 Gewinn Im Beispiel sind wir von einer höheren Inflation als 2,1 Prozent ausgegangen. Diese ist eingetreten. Rechnet man den Futures-Strand in Inflationspunkte um, so erkennt man, dass die jährliche Inflationsrate in diesem Beispiel bei 2,2651 Prozent lag.
5 6
Quelle Beispiel: Eurex. Multiplikator 10 Euro pro Tick, vgl. Eurex Produkte.
Literaturhinweise zu diesem Kapitel
Literaturhinweise zu diesem Kapitel Hull, John C.: Optionen, Futures und andere Derivate 8. Auflage 2012
461
462
Börsengehandelte Inflationsderivate
Fragen und Antworten zu diesem Kapitel Frage 1: Warum haben Inflationsderivate einen hohen Stellenwert im Porfoliomanagement? Frage 2: Stimmt es, dass der Preis für Inflationsderivaten mittels des Verbraucherpreisindex geschätzt wird? Frage 3: Frage: Stimmt es, dass es keinen OTC-Markt für Inflationsderivate gibt? Antwort zu Frage 1: Diese dienen zur Absicherung von Zahlungsverkehrsströmen und zur Absicherung des investierten Vermögens. Antwort zu Frage 2: Nein, dieser wird mittels der Preisberechnung errechnet. Antwort zu Frage 3: Nein, ein Großteil der Derivate wird OTC gehandelt.
12
Versicherungsderivate
In Kapitel 12 werden Sie Folgendes erfahren:
Was sind Versicherungsderivate?
Warum und durch wen werden diese gehandelt?
12.1
Was sind Versicherungsderivate?
Aufgrund der gesteigerten Risikovorkommen und der Möglichkeit, auch Versicherungsderivate abzuschließen, ist dieser Markt in den vergangenen Jahren deutlich angewachsen. In der Vergangenheit hat die Versicherungsbranche ihre Risiken im Bereich der Naturkatastrophen1 mithilfe von Rückversicherungen abgedeckt. Derivate, welche an ein Versicherungsereignis gekoppelt sind, wurden erstmals beim sogenannten Contingent-CapitalProgramm eingesetzt. Dieses bieten Versicherungsunternehmen nach dem Eintritt großer Schäden und dem Verlust von Eigenmitteln, die beispielsweise durch eine Naturkatastrophe hervorgerufen werden können, eine Kapitalunterstützung in der Form von Genussrechten oder Vorzugsaktien.
12.2
Warum und durch wen werden diese gehandelt?
In diesem Rahmen kauft der Investor gegen Zahlung einer Prämie das Recht, bei Eintritt einer im Vorhinein genau definierten Naturkatastrophe und dem Verlust von Eigenmitteln, Vorzugsaktien oder Genusskapital an den anderen 1
Hurrikan, Sturmflut, Hagel etc.
DOI 10.1515/9783110531169-014
464
Versicherungsderivate
Investor zu verkaufen. Die Option kann erst nach Eintritt einer Naturkatastrophe (muss definiert sein) ausgeübt werden. Der „Neuinvestor“ erhält Aktien oder Genusskapital2 und bringt dafür neues Kapital in das Unternehmen ein. Vergleicht man dies mit Versicherungsrisikoanleihen, so erkennt man, dass der Investor erst nach Eintritt der Katastrophe Kapital zur Verfügung stellt. Bei einer Versicherungsrisikoanleihe stellt er das Kapital bereits vorher zur Verfügung, welches im schlechtesten Fall komplett verloren gehen kann. Am CBOT werden seit einigen Jahren standardisierte Derivate auf Basis von Marktschadensindizes für 9 Regionen der USA gehandelt. Die Deckungszeiträume betragen bis zu einem Jahr. Die Kosten entsprechen bei diesen Derivaten der Rückversicherungsprämie.3 Eine andere wählbare Form eines Versicherungsderivates ist der OTC Insurance Swap. Hierbei zahlt der Investor eine fixe Prämie und erhält im Schadensfall eine variable Zahlung aus dem Swap. Es besteht auch die Möglichkeit, im Zuge eines Portfolio-Swaps oder Exposure-Swaps die jeweiligen Risiken aus dem Portfolio zu tauschen. Hierbei entfällt dann die variable Zahlung.4 Die abgeschlossenen Verträge sind jeweils als bilaterale Finanzverträge zu sehen. Die I NTERNATIONAL S WAP AND D ERIVATIVES A SSOCIATION (ISDA) hat hierfür standardisierte Musterverträge entwickelt, welche zum Einsatz kommen. Bei Versicherungsderivaten besteht natürlich wie bei allen bilateralen Finanzverträgen ein Parteienrisiko. Was passiert, wenn die Gegenpartei im Zuge einer Ausübung nicht zahlen kann? Hier ist folglich vor dem Abschluss des Derivates auf die gute Bonität und eine hohe Liquiditätsquote der Gegenpartei zu achten. Bei einer Versicherungsanleihe ist dieses Risiko aufgrund der Gründung eines Collateral Trust und der Vorabeinzahlung nicht so dramatisch. Dafür ist das Konstrukt komplexer und bringt einen höheren Verwaltungsaufwand mit sich.
2 3
4
Mezzanine Kapitalstrukturen. Vgl. Grandi, Müller: Versicherungsderivate – Zur Konvergenz von Kapital- und Versicherungsmärkten. Ebd.
CatBonds
465
12.3 CatBonds Bei C AT B ONDS handelt es sich um sogenannte Katastrophenanleihen. Sie werden auch Act-Of-God-Bonds genannt. Dabei handelt es sich um verbriefte Anleihen, welche das Risiko eines Katastrophenschadens kompensieren können. Sie werden in Form eines SPV (Special Purpose Vehicle) aufgelegt. Das Emissionsvolumen wird vom SPV treuhänderisch verwaltet.5 Es handelt sich hierbei folglich um eine Möglichkeit der Rückversicherung von Katastrophenrisiken. Mit seiner Investition in einen CatBond stellt der Investor einer Gesellschaft (Industrie oder Versicherung) Kapital zur Verfügung. Dieses wird während der Laufzeit verzinst. Kommt es zum Katastropheneintritt (ist genau im Vorfeld definiert, kann indexabhängig sein oder als isoliertes Ereignis definiert werden) wird das zur Verfügung gestellte Kapital entweder teilweise oder ganz zur Abdeckung der Risiken verwendet (es kann unter Umständen zu einer Rückzahlung einer Recovery Rate kommen). Ist das Katastrophenereignis nicht eingetreten, so erhält der Investor sein Kapital zurück6 . Aufgrund der speziellen Eigenschaften eines CatBonds weist dieser gegenüber anderen Anlagen nur eine geringe Korrelation aus.7
Zeichnung CatBond
Eintritt des abgedeckten Katastrophenrisikos
Rückzahlung zur Recovery Rate (oder keine Rückzahlung)
Zeichnung CatBond
kein Ereignis ist eingetreten
Rückzahlung der Nominale
Abbildung 12.1: CatBond Payoff-Zahlungen mit und ohne Eintritt des Katastrophenfalls
5
6 7
Vgl. Deistler, Ehrlicher, Heidorn: CatBonds – Möglichkeiten der Verbriefung von Katastrophenrisiken. Ebd. Ebd.
466
Versicherungsderivate
Die Bewertung von CatBonds ist so komplex, dass diese i. d. R. einen Verlaufspfad von null haben. Tritt jedoch ein Risikoschaden ein, entsteht sofort ein Jump-Prozeß mit einer schiefen Verteilung.8 Eine Absicherung dieses Risikos ist wegen fehlender akzeptabler Korrelationen in der Regel nicht möglich. Es muss folglich ein Hedge in einem unvollkommenen Marktumfeld generiert werden.9 Die Bewertung findet daher meist unter Berücksichtigung von Preisbändern statt, in denen mittels Stochastic-Volatility-Modellen (zur Berücksichtigung der Jumps) arbeiten.10 Es wurde immer wieder versucht, CatDerivate aufzulegen. Diese sollten, wenn möglich, an Terminbörsen gehandelt werden und denselben Nutzen stiften. Bislang wurden diese Derivate jedoch meist wieder nach kurzer Zeit, mangels Masse eingestellt.11
8 9
10
11
Vgl. Jaffee, D. M./ Russell, T., a. a. O., S. 13. Vgl. Cox, S./ Pedersen, H., Catastrophe Risk Bonds, paper, Georgia State University,Atlanta 1997, S. 2. Vgl. Embrechts, P., Actuarial versus Financial Pricing of Insurance, Vortragsskript zur Konferenz: Risk Management in Insurance Firms, Financial Institutions Center, The Wharton School of University of Pennsylvania, Philadelphia, 15. bis 17. Mai 1996, S. 7 f. D’Agostino, 2002, S. 36; Laster/Raturi, 2001, S. 5.
Literaturhinweise zu diesem Kapitel
467
Literaturhinweise zu diesem Kapitel Hull, John C.: Optionen, Futures und andere Derivate 8. Auflage 2012 Grandi, Müller: Versicherungsderivate – Zur Konvergenz von Kapital- und Versicherungsmärkte; Whitepaper Münchener Rückversicherungs-Gesellschaft
468
Versicherungsderivate
Fragen und Antworten zu diesem Kapitel Frage 1: Durch welche Katastrophen wurden Versicherungsderivate dargestellt? Frage 2: Wer ist Investor in ein Versicherungsderivat? Frage 3: Gibt es eine Börse, welche solche Derivate handelt? Frage 4: Über welchen Markt gehen die meisten Versicherungsderivate? Frage 5: Welches ist die Gefahr beim Abschluss eines Versicherungsderivats? Antwort zu Frage 1: Der Auslöser waren Naturkatastrophen. Antwort zu Frage 2: I. d. R. handelt es sich hierbei um Versicherungskonzerne und Rückversicherer. Antwort zu Frage 3: Ja, die CBOT in Chicago. Antwort zu Frage 4: Die meisten Derivate werden OTC gehandelt. Antwort zu Frage 5: Die Bonität des Gegenparts. Fällt dieser aus, ist das Derivat nichts wert.
Luckentext ¨
469
Lückentext Derivate, welche nicht an Terminbörsen gehandelt werden, nennt man Derivate. Zu diesen gehörten auch die und , welche als Zinsoberund Zinsuntergrenzen bekannt sind. Zur Bewertung werden diese in die einzelnen und zerlegt. Auch ein Forward ist ein typisches OTC-Derivat. Ebenso wie der berühmte Tauschvertrag, der . Beide Derivaten. Das bedingte Derivat zum ist zählen zu den die , die Option auf den Swap. Exotische Optionen, welche allesamt an Terminbörsen gehandelt werden, sind Optionen mit bestimmten Rechten oder ohne gewisse Rechte. So gibt es zum Beispiel , welche entweder wertlos oder werthaltig sind. Oder Optionen auf Optionen, welche man dann Optionen nennt. Diese Derivate sind die Handwerkzeuge des Financial Engineer. Auch Kreditderivate sind wichtig für den Markt. Diese helfen, zu übertragen, und geben Auskunft über die Risikolage eines Unternehmens oder einer Volkswirtschaft. Das berühmteste Kreditderivat ist der . Wetterderivate können ebenfalls zur Absicherung von Risiken verwendet werden. Diese werden jedoch nur von institutionellen Investoren eingesetzt. Caplets, Caps, CDS, Compund, Digitaloptionen, Floorlets, Floors, Kreditrisiken, nicht, Optionen, OTC, Swap, Swap, Swaption, unbedingten
Modul IV – Anwendung von Derivaten und deren Einsatz
13
Derivate zur Strukturierung komplexer Portfolios
In Kapitel 13 werden Sie Folgendes erfahren:
Wie werden Derivate zur Strukturierung von komplexen Portfolios eingesetzt?
Wie nimmt man ein Positionsmanagement vor?
Was gibt es für Erweiterungsstrategien?
Wie baut man eine Exitstrategie auf?
Welche Roll-over-Operationen gibt es?
13.1
Was ist Averaging und Pyramiding?
Das Aufbauen von Terminmarktpositionen sollte ebenfalls im Vorfeld durchdacht werden. Grundsätzlich spricht man hier von zwei unterschiedlichen Vorgehensweisen: Von Averaging (vgl. Abbildung 13.1) spricht man, wenn ein Investor immer die gleicheAnzahl von Kontrakten auf eine bestehende Position aufbaut. Geht diese Strategie auf, ist dies eine gute Einnahmequelle. Misslingt sie jedoch, erhöht der Investor sein Risiko mit jeder neuen Position um ein Vielfaches. Daher ist von dieser Art des Positionsaufbaus abzuraten. Sie sollte nur von erfahrenen Derivatespezialisten und nach reiflicher Überlegung vorgenommen werden.
DOI 10.1515/9783110531169-015
474
Derivate zur Strukturierung komplexer Portfolios
XXXXX XXXXX XXXXX XXXXX
Positionsaufbau
Abbildung 13.1: Schematische Darstellung Averaging
Das Gegenstück dazu ist das Pyramiding (vgl. Abbildung 13.2): Hier werden auf die Altpositionen neue, geringere Positionen in Form einer Pyramide aufgebaut. Dieser Aufbau ist im klassischen Sinne einer risikogewichteten Strategie zu empfehlen.
X XX XXX XXXX XXXXX
Positionsaufbau
Abbildung 13.2: Schematische Darstellung Pyramiding
Beim Pyramiding ist jedoch wichtig, dass die Pyramide auch richtig aufgebaut wird (siehe Grafik): Wenn auf wenige Positionen viele gestellt werden, steigert sich das Risiko exponentiell. Damit tritt genau das Gegenteil des Erwünschten ein. Auch die ägyptischen Pyramiden könnten nicht auf dem Kopf stehen! 3. Erhöhung
Kauf 1 X Puts
2 Euro
x
2. Erhöhung
Kauf 3 X Puts
1,60 Euro
XXX
1. Erhöhung
Kauf 5 X Puts
1,30 Euro
XXXXX
Anfangsposition
Kauf 7 X Puts
1,00 Euro
XXXXXXX
Bei obigem Beispiel hat sich der durchschnittliche Einstandspreis gegenüber der Anfangsposition um 27 Prozent auf 1,27 Euro erhöht. Die Gesamtposition liegt nach der 3. Anpassung mit 57 Prozent im Gewinn.
Warum sollte man Positionserweiterungen überhaupt vornehmen?
475
Hätten wir die Pyramide jedoch spiegelverkehrt aufgebaut, so hätte sich der durchschnittliche Einstandspreis um 68 Prozent auf 1,68 Euro erhöht und die Gesamtposition würde nur 19 Prozent im Gewinn liegen. Würde es eine Marktveränderung (gegen uns) geben, so würden wir aufgrund der veränderten Einstandspreisgewinnung schneller und deutlicher in den Verlust kommen.1 Wie wir an den obigen Beispielen sehen, ist bei einer Positionserweiterung das Risiko der Ursprungsposition in das Verhältnis zur neuen Position zu setzen bzw. dieses abzuwägen. Gerade in unübersichtlichen Marktphasen gehen viele Investoren hier nicht rein rational, sondern emotional getrieben vor. Dies kann schnell zu größeren Verlusten führen. Oft ist auch die Zweitmeinung (Konsiliar-Meinung) eines anderen oder einer Gruppe von Derivatespezialisten sinnvoll.
Beim Positionsmagagement ist darauf zu achten, dass das Risiko nicht ausgebaut wird. Dies gilt sowohl für das Einzelrisiko als auch das betrachtete Gesamtrisiko. Des Weiteren ist zu empfehlen, dass immer der Risikogedanke und niemals der Gedanke nach Profit und Gewinn im Mittelpunkt zu stehen hat.
13.2
Warum sollte man Positionserweiterungen überhaupt vornehmen?
Dafür gibt es grundsätzlich zwei mögliche Grundintentionen: Gewinnerweiterung oder Positionsmanagement bei gegenläufigen Positionen. In beiden Marktlagen kann und muss ein Derivatespezialist Entscheidungen treffen. Natürlich ist im Tagesgeschäft hier eine gewisse Routine vorhanden, dennoch sollte man sich an Grundregeln halten:
13.2.1
Gewinnerweiterung
Die Position läuft entsprechend der Erwartung und der Investor möchte den Gewinn weiter ausbauen. Er beschließt also, die Position für sich zu erweitern, 1
Vgl. Commerzbank AG O&F Prüfung.
476
Derivate zur Strukturierung komplexer Portfolios
und schließt zusätzliche Kontrakte ab. Er geht davon aus, dass er mit den erweiterten Kontrakten ebenfalls Gewinn macht. Allerdings ist zu beachten, dass mit jedem Kontrakt auch die Möglichkeit eines Verlustes steigt. Bei einer Gewinnerweiterungsstrategie erweitert der Investor seine Position nicht deshalb, weil der Markt gegen ihn gelaufen ist, sondern weil seine Strategie aufgeht und er auf diese Weise seinen Gewinn erweitern kann. Außerdem kann er dabei sein Risiko durch den bereits erzielten Gewinn abfedern. Dennoch ist diese Strategie mit Vorsicht zu genießen, da sich im Worst-CaseSzenario das Risiko des Investors mit den gesteigerten Volumen erhöht. Beispiel für eine Gewinnerweiterungsstrategie Ursprungsposition: 5 Kontrakte auf den X-Index Erweiterungsposition in drei Schritten (zeitlich versetzt): 3 Kontrakte auf den X-Index 2 Kontrakte auf den X-Index 1 Kontrakt auf den X-Index Der Investor hat mit dieser Strategie seine Ursprungsposition von fünf Kontrakten auf elf Kontrakte mehr als verdoppelt und folglich nun ein mehr als 100 Prozent höheres Risiko im Positionsbuch. Da die Ursprungsposition im Gewinn ist, kann er damit das Risiko etwas abfedern.
13.2.2 Positionsmanagement bei gegen den Investor laufenden Investitionen Die Investition entwickelt sich nicht so, wie sich der Investor es wünscht. Er „verbilligt“ sie nun durch erneute Positionen und erweitert dadurch sein Verlustpotenzial. Ebenfalls wird das Gewinnpotenzial erweitert, sollte die Position sich in die vom Investor vorgestellte Richtung entwickeln. Jedoch muss er im Vorfeld sehr sorgfältig abschätzen, ob sich die Positionserweiterung lohnt. Solche Verbilligungsstrategien sind als Ultima Ratio anzusehen, da eine Risikoausweitung der Ursprungsposition nur selten anzuraten ist. Das Hauptproblem liegt oft darin, dass sich seine Erwartungshaltung nicht bewahrheitet hat. Da dies jedoch bei Erweiterung der Position nicht zwangsläufig noch eintreten muss, ist es oft sinnvoller, die Position zu schließen, als sie zu erweitern. Entschließt sich der Investor aufgrund seiner Analyse dennoch zu einer Erweiterung der Position, so sollte er mit gebührender Vorsicht vorgehen.
Warum sollte man Positionserweiterungen überhaupt vornehmen?
477
An dieser Stelle möchten wir kurz darauf hinweisen, dass sich jeder Investor bei Abschluss einer neuen Position bereits Gedanken über eine eventuelle Erweiterung machen sollte. Er sollte dabei die Einstiegs- undAusstiegspunkte nach zeitlichen wie auch nach monetären Kriterien definieren. Im folgenden Fallbeispiel gehen wir auf eine solche Situation genauer ein: Ein Investor hat Positionen in Long-Future-Kontrakten abgeschlossen. Leider hat sich der Basiswert negativ entwickelt, sodass unser Investor einen Verlust erleidet. Dennoch möchte er die Position weiter halten, da er aufgrund der fundamentalen Daten sowie der charttechnischen Situation2 von einem Steigen des Basiswertes überzeugt ist. Daraufhin beschließt er, zur Einstandsverbilligung die Position weiter auszubauen. Was muss ihm bewusst sein? Es besteht das Risiko einer Fehleinschätzung der Marktlage. Beim Aufbau von neuen Positionen erhöht er sein Risiko, Verluste zu machen, um ein Vielfaches. Das mengenmäßige Verlustrisiko ist in der erweiterten Position größer als das Ursprungsverlustpotenzial, welches er riskieren wollte.
Der Investor verbilligt durch den erneuten Aufbau derselben Position im besten Fall seinen Einstandspreis. Im negativen Fall „hebelt“ er durch die neuen Positionen seinen Verlust. Daher raten wir, dass solche Strategien nur von liquiditätsstarken Investoren vorgenommen werden sollten. Beispiel für den Aufbau einer Erweiterungsstrategie: Der Investor hat bereits 5 Long-Kontrakte im Indexfuture in seinem Bestand. Er beschließt, im Pyramidensystem seine Position auszubauen, und kauft weitere 3 Kontrakte. Trifft die von ihm erwartete Bewegung ein, profitiert er von 8 Kontrakten. Ist seine Markteinschätzung jedoch falsch, so erleidet er einen gehebelten Verlust von 8 Kontrakten, welcher größer ist als mit seiner Ursprungsposition von 5 Kontrakten (vgl. Abbildung 13.3). Läuft der Index für den Investor, kann er ebenfalls erneut Kontrakte aufbauen. Er baut diese jedoch im Gegensatz zum vorherigen Beispiel mit dem Markt auf und profitiert somit von der Marktentwicklung. Er kann auf 5 be2
Es ist eine umfassende technische Analyse vorausgegangen.
478
Derivate zur Strukturierung komplexer Portfolios
XXX XXXXX Abbildung 13.3: Schematische Darstellung der Beispiel-Erweiterungsstrategie (Pyramiding)
reits im Plus befindliche Kontrakte wiederum 3 neue Kontrakte aufbauen. Das Verlustrisiko auf die Ursprungsposition wird dabei durch den bereits entstandenen Gewinn minimiert. Erst wenn dieser aufgebraucht ist, hat der Investor dasselbe Risikoprofil wie im ersten Beispiel.
Wir sehen, dass der Aufbau von Positionen mit dem Markt eindeutig zu empfehlen ist. Gegen den Markt gestellte Terminmarktpositionen können sehr schnell einen großen finanziellen Verlust nach sich ziehen.
13.3
Was ist ein Roll-over?
Bei einem Roll-over verlängert der Investor seine Position über den ursprünglichen Verfallstag hinaus, indem er die Ursprungsposition schließt und eine neue Position eröffnet. Seine Grundintentionen können folgende sein:
Verlust in der Ursprungsposition (da die Markterwartung nicht eingetreten ist) Vorbeugen eines vorzeitigen Assignment Verlängern der Position, weil sie für den Investor läuft
Viele Terminbörsen bieten die Möglichkeit, bei Roll-over-Operationen nur den Spread der beiden Roll-over-Kontrakte zu handeln. Dies gibt dem Investor die Möglichkeit, nicht auch noch die Geld-Brief-Spanne bezahlen zu müssen.
Was ist ein Roll-over?
13.3.1
479
Roll-over bei einer gegenläufigen Marktentwicklung
Ein Investor hat Calls auf den X-Index verkauft (Short Call), zu einem Basispreis von 5000 Punkten, und erhält dabei eine Prämie von 50 Punkten. Der Index steht einen Tag vor dem letzten Handelstag bei 5100 Punkten. Die Grundannahme des Investors war, dass der Index nicht über 5050 Punkte (Prämie + Basis) steigt. Er ist jedoch nach wie vor der Auffassung, dass der Index zu teuer ist. Daher schließt er die Altposition (durch Rückkauf) und verkauft erneut Calls auf den Index X bei 5100 Punkten, wofür er erneut eine Prämie erhält. Deckt die erhaltene Prämie die für den Rückkauf bezahlte Prämie, so spricht man von einem prämienneutralen Roll-over, da keine zusätzlichen Prämienaufwendungen erforderlich sind. Ist der Investor aber der Ansicht, dass der Index noch etwas steigen kann, „rollt“ er auf eine höhere Basis (zum Beispiel 5200 Punkte). Aller Wahrscheinlichkeit nach kann er in diesem Fall keinen prämienneutralen Roll-over erzeugen und hat entweder Aufwendungen oder erhöht die Kontraktanzahl. Die Folge eines solchen Vorgangs ist die Steigerung des Risikos, da er eine Erhöhung der Ursprungsposition vorgenommen hat, welche bei Abschluss des ersten Geschäftes nicht geplant war. Closing-Call 5 Kontrakte Opening-Call 10 Kontrakte = Steigerung des Positionsrisikos um 100 Prozent Diese Art von Roll-over ist die gängigste. Da sie aufgrund einer nicht eingetretenen Marktmeinung zustande kommt, könnte man auch sagen, dass es sich um ein „Zwangsrollen“ handelt. Die Praxis zeigt jedoch, dass man mit einem solchen Roll-over die Positionen häufig in die Gewinnzone zurückführen kann. Bei jedem Roll-over ist eine Analyse der gegenwärtigen und erwarteten Marktlage erforderlich. Nur wenn beides in sich stimmig ist, sollte man einen Roll-over vornehmen. Wenn man selbst nicht mehr mit dem Eintreten der ursprünglichen Markteinstellung rechnet, ist ein Closing und ein erneutes Positionieren anzuraten.
13.3.2
Vorbeugen gegen eine vorzeitige Erfüllung
Ein Short-Investor befürchtet, dass es bei seinen Positionen zu einem vorzeitigen Assignment (die Option wird vom Long-Investor ausgeübt) kommen kann. Er beschließt, diese auf einen ferneren Verfallstermin zu rollen.
480
Derivate zur Strukturierung komplexer Portfolios
Auch wenn er hier nur ein wenig mehr Zeitwert bezahlt bekommt. Für ihn steht eine evtl. anstehende Ausübungsverhinderung im Vordergrund (vgl. Abbildung 13.4). Er rollt seine Positionen somit nicht prämien-, sondern ausübungsgetrieben weiter.
Position nach Roll-over März
Ursprungsposition Januar
Abbildung 13.4: Vermeiden vorzeitiger Erfüllung durch Roll-over
13.3.3 Verlängern von Positionen, die für den Investor laufen Ausgangssituation: Ein Investor hat die Long-Position in einem Future bezogen, welcher nun für ihn läuft. Am letzten Handelstag verkauft er den Future und kauft den Folge-Future. Damit profitiert er aus der bestehenden Strategie und prolongiert sein Engagement. Wir sehen, dass bei einem Roll-over das Terminmarktengagement zeitlich verlängert wird. Wenn sich mit dem Rollover die Quantität erhöht, sind die deutlich erhöhten Risiken im Verhältnis zum Ursprungsrisiko zu berücksichtigen. Durch einen Roll-over wird dem Investor die Möglichkeit gegeben, seine Terminmarktposition in die Zukunft zu prolongieren. Diese Möglichkeit ist rein theoretisch unendlich gegeben, vorausgesetzt, es besteht ein liquider Handel. Es ist jedoch auf die Sinnhaftigkeit einer Prolongation zu achten. Wir fassen also zusammen: Wer weitere Risiken aufbaut, ohne die Möglichkeit eines positiven Abschlusses zu sehen, handelt töricht. Vielmehr ist es dringend anzuraten, sich stets schon bei Abschluss eines Termingeschäftes Gedanken über dessen Erfüllung zu machen. Sollte ein Investment nicht den erwarteten Gewinn abwerfen, so ist es zu schließen und eine andere Investition aufzumachen oder die Strategie zu überdenken. Von einem Rollen durch Eröffnen zusätzlicher Positionen (eventuell noch von einem anderen Investment) in der Absicht, Prämienneutralität herzustellen, ist dringend abzuraten.
Was ist ein Roll-over?
481
Aus einer Ursprungsposition in der Aktie X sollten keine neuen Positionen in der Aktie X und Y sowie dem Index Z werden, da man ja diese Investments ohne die Ursprungsproblemposition auch nicht eingegangen wäre. Um die durch eine solche Risikoausweitung eintretenden Verluste zu vermeiden, ist immer eine Exit-Strategie für den Notfall erforderlich, die bereits beim Eingehen des Geschäftes überdacht werden sollte.
13.3.4
Cross-Roll-over
Wenn ein Investor im Besitz eines Calls auf die Aktie X ist, welcher sich nicht so entwickelt wie erwartet, kann er dieses Geschäft auch zurückkaufen und ein anderes eröffnen. Auch wenn dieser Cross-Roll-over eigentlich nicht als Roll-over im klassischen Sinn zu sehen ist, da das Underlying ausgetauscht wird, kann es bei manchen Investments ratsam sein (vgl. Abbildung 13.5 und 13.6).
Short Call X-Aktie
Closing
Abbildung 13.5: Closing Ursprungsgeschäft (Altgeschäft)
Short Call Y-Aktie
Opening
Abbildung 13.6: Opening neues Geschäft als Fortführung des Ursprungsgeschäfts mit anderem Underlying
Der Investor finanziert das Closing der Ursprungsposition X durch das Opening einer Position Y und löst sich somit vom alten, nicht so gut gelaufenen Investment. Es handelt sich zwar um zwei unterschiedliche Grundgeschäfte, doch werden diese über Kreuz zur Finanzierung herangezogen.
482
Derivate zur Strukturierung komplexer Portfolios
13.4 Kombinationen Bei Kombinationen ist auf die Übersichtlichkeit zu achten. Nur wer die Übersicht behält, kann effektiv handeln. Gleichzeitig ist davon abzuraten, einseitige Auflösungen vorzunehmen. Positionen, die miteinander – in Kombination – eingegangen wurden, sollten auch wieder gemeinsam geschlossen werden. Diese Regelung tritt dann nicht in Kraft, wenn es sich um eine spezielle Börsensituation (z. B. eine Insolvenz etc.) handelt.
13.5 Positionsmanagement von Swaps und anderen OTC-Derivaten Die oben angesprochenen Möglichkeiten gelten für klassische börsengehandelte Derivate bzw. auch für OTC-Optionen und -Forwards. Wir wollen an dieser Stelle jedoch auch auf die anderen OTC-Derivate wie Swaps etc. eingehen. Gerade bei Swaps, welche gegen einen Investor laufen, ist es ratsam, auch über eine vorzeitige Auflösung nachzudenken. Dabei wird der SwapPartner eine Ausgleichszahlung, den sogenannten Rückkaufswert, verlangen. In manchen Fällen ist es jedoch sehr ratsam, den mit negativen Rückkaufswerten (gegen den Investor) laufenden Swap aufzulösen und z. B. in einen anderen Swap überzuleiten. Die negativen Rückkaufswerte können dann z. B. im neuen Swap verrechnet werden. In der Praxis erfolgt die Umsetzung dieser Strategie auch häufig mit einem sogennanten ,,Back to back“-Swap. Hierbei wird der bestehende Swap nicht vorzeitig aufgelöst, damit ein eventuell bestehender negativer Marktwert nicht realisiert werden muss. Der negative Marktwert wird dafür beim Abschluss vom neuen Swap übernommen, indem der neue Swap so strukturiert wird, dass der gleiche (negative) Marktwert wie das ursprüngliche Geschäft besteht. Der Investor hat nach diesem Verfahren jetzt zwei Swaps abgeschlossen. Ökonomisch gesehen sind sie aber wie ein Swap zu betrachten, da die beiden Swaps jeweils einen gleichen Leg3 haben.4 Die obige Vorgehensweise ist vor allem dann anzuraten, wenn der Ursprungsswap keineAussicht mehr auf Erfolg hat.Auch hier muss ein aktives Positionsmanagement vorgenommen werden. Das gilt auch für die Sicherheitenbereit-
3 4
Allerdings mit unterschiedlichen Vorzeichen. Vgl. Gastineau, G., Kritzman, M.: Dictionary of Financial Risk Management S. 30.
Der Schlüssel zum Erfolg ist die Liquidität!
483
stellung (Linieninanspruchname) bei Swaps, auch hier muss der Investor wie der Derivatespezialist ein wachsames Auge haben. OTC-Optionen und exotische Optionen können ebenfalls „gerollt“ werden. Bei exotischen Optionen, welche zum Abschluss eines Financial-Engineering-Produkts aufgebaut wurden, ist dies oft aufgrund des Konstruktes des Zertifikates nicht notwendig, da die Optionen explizit für das Produkt aufgelegt wurden. Bei OTC-Optionen, die im internen Management bzw. im Eigenhandel stehen, ist dies jedoch eher der Fall, da kein Grundgeschäft (über das auch ein evtl. Verlust gebucht wird) besteht.
Beim Umgang mit komplexen Positionsbüchern, wie es z. B. bei einem Hedgefonds etc. der Fall ist, ist ein unbedingtes Einhalten von Profit- und Loss-Marken unabdinglich. Gerade bei OTC-Derivaten ist dies von zentraler Bedeutung, da diese im Gegenzug zu Listed Derivaten keinen geregelten Markt besitzen.
13.6
Der Schlüssel zum Erfolg ist die Liquidität!
Es ist wichtig, genügend Liquidität vorzuhalten, um Geschäfte auch bei gegenläufigen Marktlagen offenhalten zu können. Das größte Problem tritt dann ein, wenn ein Investor die geforderten Sicherheiten nicht mehr stellen kann. Dann droht ihm die Zwangsliquidation nach dem Margin Call und somit die zwangsweise Auflösung von Positionen. Der Investor muss dem Margin Call Folge leisten. Daher ist es äußerst wichtig, nur so viele Positionen im Portfolio zu führen, wie man abdecken kann. Entsprechendes gilt für die fachliche Abdeckung: Hat man einmal den Überblick verloren, hat der „Teufel im Tempel des Herrn Einzug gehalten“!5 Daher ist es unbedingt ratsam, nur so viele Positionen offen zu haben, wie man überblicken und auch managen kann, denn eines ist klar: Als Investor muss man das Underlying analysieren und beurteilen, um die Erkenntnis zeitlich und qualitativ umsetzen zu können! Für Extremsituationen sollte man stets Notfallpläne parat haben; beispielsweise, dass man bei einem Börsencrash 50 Indexfutures verkaufen wird. Auf
5
Vgl. Paul PP VI 1897–1978.
484
Derivate zur Strukturierung komplexer Portfolios
diese Weise ist man jederzeit auf eventuelle Notsituationen vorbereitet. Gerade bei großen Kassabeständen ist dies wichtig: Tritt am Markt aufgrund einer extremen Entwicklung ein schneller Kurswechsel ein, so kann man nur über Future-Instrumente schnell und effizient das Kassaportfolio absichern. Wichtig: Die Entscheidungen für einen solchen Fall sollten immer im Vorfeld getroffen werden! Am Ereignistag sollte man nur noch Adjustierungen vornehmen müssen, da sonst wertvolle Zeit verloren geht. Gleichzeitig muss man auch die technischen Abwicklungsmöglichkeiten sicherstellen. Nur wenn diese auch in extremen Situationen zur Verfügung stehen, kann ein reibungsloser Handel gewährleistet werden. Hierbei ist darauf zu achten, dass die Kommunikationswege zu den jeweiligen Handelsabteilungen vorhanden sind. Dies gilt gerade für große private Investoren, die nicht über eigene Handelsplattformen verfügen. Es ist zu empfehlen, den Notfallplan schriftlich festzuhalten. Dabei sollte man nach einem einfachen Algorithmus vorgehen, an den man sich dann im Notfall auch halten muss! Dieser Algorithmus sollte die Handlungsempfehlungen, Größenordungen, Ansprechpartner, Kommunikationswege sowie eine Handlungsempfehlung für ein Intraday-Reversal6 beinhalten.
13.7
Derivate im Portfoliomanagement
Prinzipiell sollte ein Portfolio unter den Gesichtspunkten der Diversifikation aufgebaut sein. Dabei ist die Risikoneigung des Investors absolut zu befolgen. Viele große Investoren fahren dabei deutlich geringere Risikopositionen als kleinere Retail-Kunden. Dies liegt oft an der Grundeinstellung. Bei großen Investoren sind der Werterhalt und die Möglichkeit, das große Vermögen für die nachfolgenden Generationen zu erhalten, stärker ausgeprägt als bei klassischen Retail-Kunden. Große institutionelle Kunden verfolgen ebenfalls individuelle Ziele. Dabei ist zu beachten, welche derzeit am Markt bestehenden Trends aufgenommen werden können. Die im Kassaportfolio befindlichen Investments können dann durch Terminmarktpositionen erweitert werden. So besteht z. B. die Möglichkeit, auf Bestände, von denen man nicht mehr überzeugt ist oder bei denen man mit einem Seitwärtslauf rechnet, Calls zu schreiben oder durch den CCW einen Long Put zu finanzieren. Zukäufe können über aggressive Short-Put-Strategien realisiert werden. Zeichnet sich eine Baisse ab, so können durch CCW und Long Put oder durch 6
Komplette Kursveränderung innerhalb eines Tages, z. B. von negativ zu positiv.
Derivate im Portfoliomanagement
485
einen isolierten Long Put oder zur Portfolioabsicherung durch Short Futures Absicherungsmechanismen implementiert werden.
Overlaymanagement Durch ein aktives Overlaymanagement (z. B. CCW) kann ein Portfolio schneller und effektiver gesteuert werden. Des Weiteren werden ggf. zusätzliche Cash Flows erzeugt und/oder Risiken anderweitig transferiert. Dies gilt z. B. bei Währungsoverlays etc.
Wir sehen an diesen kleinen Beispielen, dass die Terminmarktpositionen als Erweiterung bzw. Ergänzung des Portfolios Stabilität und Zusatzerträge mit sich bringen. Ein Investor, der sein Portfolio aktiv mit Derivaten strukturiert, versetzt sich in die Lage, Kassageschäfte aufgrund der Derivate zu steuern. Er baut durch die Termingeschäfte aktiv Kassaengagements auf und ab; zusätzlich schafft er sich die Möglichkeit, Zusatzeinahmen zu generieren und Risikopotenziale auszugliedern. Das Portfolio wird nicht nur planbar, da sich die zu erwartenden Auswirkungen bestimmen lassen, sondern gleichzeitig auch stabiler. Der Investor transferiert Entscheidungen (bei Short-Geschäften) teilweise weiter. Nur wenn er aktiv eingreift (Closing), trifft er letztlich eine endgültige Entscheidung. Ansonsten gilt die Entscheidung, welche er beim Abschluss des Termingeschäftes getroffen hat. Nachfolgend ein Beispiel für Terminmarktkonstrukte zur Erweiterung eines angenommenen Portfolios: Tabelle 13.1: Beispiel-Portfolio und Erweiterung durch Termingeschäfte Bestehendes Portfolio (Ausschnitt) Underlying
Erweiterung
Bestand
Kaufkurs
Kurs heute
X-Aktie
10.000
34,50
39,00
Short Call Basis 41
Y-Aktie
15.000
43,10
41,90
Short Put Basis 41
M-Aktie
7.000
89,45
91,23
Short Call Basis 92
15.000
54,40
67,10
Indexfuture als Zusatzkomponente
Indexzertifikat L-Index
Termingeschäft
Der Investor erweitert die Strategien durch Covered Calls, nimmt dafür Prämien ein und schreibt somit eine Renditestrategie. Die Short Puts sind zum
486
Derivate zur Strukturierung komplexer Portfolios
erneuten Aufbau der Aktie Y gedacht. Er senkt somit seinen Einstandskurs und steht zu seinem Investment weiterhin positiv. Das Indexzertifikat erweitert er durch dieselben Indexfutures. Somit schafft er das gleiche ChancenRisiko-Profil, kann mit diesem aber handeln und das Zertifikat als langfristiges Investment liegen lassen (vgl. Tabelle 13.1).
Die obigen Hinweise und Darstellungen gelten auch für das Designen von Financial-Engineering-Produkten, die wir in Kapitel 14 besprechen.
Dieses einfache Beispiel veranschaulicht, wie Terminmarktpositionen als Ergänzungen und Steuerungselemente anzuwenden sind. Ebenfalls ist deutlich zu erkennen, dass eine Kombination zwischen verbrieftem Derivat und einem Terminkontrakt vorteilhaft sein kann. In der Praxis werden solche Konstruktionen oft angewandt. So schreibt man beispielsweise Calls auf Discountund Bonuszertifikate oder man erweitert seine Liquidität durch Short-Optionen und investiert die resultierenden Prämien in Futures oder verbriefte Hebelprodukte. Durch die Kombination verschiedener Risiko- und Chancenprofile ergeben sich neue Möglichkeiten zur Investition. Dasselbe gilt bei Kombinationen in Waren- und Devisentermingeschäften und/oder für das Aufbauen von SwapPositionen.
Bilanzierung von Derivaten Bilanzierung von Optionen nach HGB Long-Optionen werden grundsätzlich mit der bezahlten Prämie aktiviert (sonstige Vermögensgegenstände) und dann entsprechend am Bilanzstichtag bewertet, verkaufte Optionen werden passiviert und ebenso bewertet. Bei klaren Bewertungseinheiten nach HGB (z. B. Cap auf den Euribor zur Sicherung gegen steigende Geldmarktzinsen) kann auch eine Abschreibung der Prämie über die Laufzeit verteilt erfolgen. Bilanzierung von Swaps, sonstigen Termingeschäften und Futures Nach HGB: Sofern Bewertungseinheiten gebildet werden können (also Verbindung des Derivates mit einem Grundgeschäft zu dessen Absicherung), kann auf eine Bewertung am Bilanzstichtag verzichtet werden (dies muss jedoch nicht zwingend der Fall sein) und das Derivat wird nur im Anhang erläutert. Diese Aussage gilt für das HGB.
Derivate im Portfoliomanagement
Nach IFRS: Bei IFRS ist das Ganze etwas komplexer. Das Ergebnis ähnelt jedoch der eben beschriebenen Ergebnisfindung. Falls keine Einheiten gebildet werden können, z. B. wenn es sich um Spekulationsgeschäfte handelt, muss am Bilanzstichtag der Marktwert ermittelt werden. Bei HGB-Abschlüssen muss bei negativen Marktwerten eine Drohverlustrückstellung gebildet werden, bei positiven Marktwerten erfolgt nur eine Erwähnung im Anhang (Niederstwertprinzip/Vorsichtprinzip). Bei IFRS bucht man i. d. R. ein spekulatives Derivat sowohl mit dem positiven als auch negativen Marktwert über die GuV.
487
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Derivate zur Strukturierung komplexer Portfolios
Interview mit Michael Streich geschäftsführender Gesellschafter, BambooVentures GmbH Herr Streich, wie sehen Sie die Entwicklung des Derivatemarktes in den kommenden Jahren? Ich sehe hier eine weiterhin wachsende Industrie. Eventuell wird sich das Wachstum etwas abschwächen, aber gerade vor dem Hintergrund eines steigenden Interesses von Absicherungsgeschäften gehe ich von weiterem Wachstum aus. Ergaben sich aufgrund der Finanzkrise (ab 2007) gravierende Änderungen am Derivatemarkt? Das Wesentlichste ist bestimmt die Steigerung des Risikobewusstseins. Heute wird eher nach Stresstests, Risikokennzahlen etc. gefragt als noch vor 5 Jahren. Welche Produkte (Listed Options & Futures) sehen Sie in den kommenden Jahren als bedeutend an? Ich denke, dass eher einfache Plain-Vanilla-Produkte an Bedeutung gewinnen werden. Komplexe Produkte werden jedoch, zum Beispiel aus Ertragsgründen, vorhanden sein. Welche Rolle sprechen Sie den Warentermingeschäften in den nächsten Jahren zu? Eine sehr große. Ich rechne mit einem weiterhin steigenden Volumen. Auch hier wird der Hedging-Gedanke im Vordergrund der Geschäfte stehen. Welche Bedeutung haben Kreditderivate in der Zukunft? Kreditderivate werden immer ihre Legitimation haben. Man wird meiner Ansicht nach diese eher zu Absicherungszwecken verwenden. Wie sehen Sie die Zukunft eines integrierten Clearing-Systems, wie es z. B. die Eurex hat? Das Eurex-System ist ein gutes System, das viel Sicherheit und Transparenz bietet. Glauben Sie, dass auch Retail-Kunden den Listed-Optionen- und -Futures-Markt weiter für sich erschließen werden oder eher in den verbrieften Derivaten ihre Instrumente suchen? Eher weniger, da die meisten Retail-Kunden weder über den finanziellen noch den fachlichen Hintergrund verfügen. Die meisten werden wohl eher zu verbrieften Derivaten greifen. Da sind sie besser aufgehoben. Die Eurex hat kürzlich sogar Derivate auf Immobilien lanciert. Welche Produkte könnten Sie sich noch vorstellen? Ich kann mir vorstellen, dass z. B. Wasser- oder Müllfutures interessant sein könnten. Auch im Bereich der angesprochenen Commodities ist noch einiges zu listen. Können Sie ein kurzes Fazit über die vergangenen Jahre in Bezug auf die Entwicklungen am Derivatemarkt ziehen? Der Derivatemarkt ist und bleibt ein Wachstumsmarkt. Antrieb der vergangenen Jahre war möglicherweise die Spekulation. Ich denke, in den nächsten Jahren wird der Derivatemarkt eher zu seiner Ursprünglichkeit zurückfinden und Absicherungsgeschäfte werden in den Mittelpunkt der Transaktionen gerückt werden. Wie Sie wissen, ist jedoch nur eine effektive Absicherung möglich, wenn auch ein Spekulant bereit ist, das Risiko aufzunehmen. Hier wird sich der Kreislauf wieder schließen. Ich gehe fest davon aus, dass die Derivatemärkte auch in den nächsten Jahren weiter wachsen und neue innovative Produkte bereithalten, wie sie dies schon seit mehreren Jahrzehnten tun.
Literaturhinweise zu diesem Kapitel
489
Literaturhinweise zu diesem Kapitel Hull, John C.: Optionen, Futures und andere Derivate 8. Auflage 2012 Maier, Kurt M. Risikomanagement im Immobilien- und Finanzwesen, 2. Auflage 2004 Rudolph, Bernd; Schäfer, Klaus: Derivative Finanzmarktinstrumente, 2005 Seetaler, Peter; Steitz, Markus: Praxishandbuch Treasury-Management, 2007 Steinbrenner, Hans-Peter: Professionelle Optionsgeschäfte 2001
490
Derivate zur Strukturierung komplexer Portfolios
Fragen und Antworten zu diesem Kapitel Frage 1: Was ist ein Spekulationsplan? Frage 2: Was ist Pyramiding? Frage 3: Stimmt es, dass das Averaging eine bessere Strategie als das Pyramiding ist? Frage 4: Was versteht man unter einem Roll-over? Frage 5: Stimmt es, dass laut HGB Long-Optionen grundsätzlich mit der bezahlten Prämie aktiviert werden und am Bilanzstichtag bewertet werden müssen? Antwort zu Frage 1: Es handelt sich hierbei um einen Plan, welcher die Spekulation in ein Portfolio oder eine Einzelposition aufzeigt, Einstiegs- und Ausstiegsszenarien festhält und einen Risikoplan beinhaltet. Antwort zu Frage 2: Der schrittweise Aufbau von Derivatepositionen in Pyramidenform. Antwort zu Frage 3: Nein! Averaging ist deutlich risikoreicher als das Pyramiding. Antwort zu Frage 4: Ein Roll-over bezeichnet das Verlängern einer fälligen Terminmarktposition über den ursprünglichen Verfallstermin hinaus. Dabei wird das Erstgeschäft durch ein Gegengeschäft geclosed und ein weiteres neues Geschäft zu einem späteren Verfallszeitpunkt wieder aufgemacht. Antwort zu Frage 5: Ja, die Aussage ist korrekt.
14
Einsatz von Derivaten im Financial Engineering und im Fondsmanagement
In Kapitel 14 werden Sie Folgendes erfahren:
Wie setzt man Derivate im Financial Engineering ein?
Warum werden Produkte konstruiert?
Wie werden die gängigsten Zertifikate gebaut und bewertet?
Welche Besonderheiten gibt es hier?
Die in diesem Buch besprochenen Instrumente haben eine große Bedeutung im Financial Engineering.1 Gerade im Zusammenhang mit strukturierten Produkten sind jene unabdingbar. In den vergangenen Jahren ist der Markt an strukturierten und verbrieften Derivaten (Zertifikaten) über alle Maßen angewachsen (vgl. Abbildung 14.1 Derivatebaum). Einer der Gründe hierfür ist, dass mithilfe von Zertifikaten Retail-Investoren von derivaten Finanzinstrumenten und deren Auszahlungsprofilen profitieren können. Vielen Anlegern würde ohne Zertifikate der Zugang zu diesen Instrumenten verwehrt bleiben. Nachfolgend wollen wir anhand von einigen gängigen Strukturen kurz aufzeigen, wie solche Zertifikate konstruiert werden.
„Die Aufgabe ist nicht, zu sehen, was noch niemand gesehen hat, sondern zu denken, was noch niemand gedacht hat über das, was alle sehen!“ Diese Aussage von ARTHUR SCHOPENHAUER ist eine gute Beschreibung für das Financial Engineering und die Aufgabe eines Financial Engineer.
1
Hauptsächlich bei der Strukturierung neuer Asset- und Liability-Produkte.
DOI 10.1515/9783110531169-016
492
Einsatz von Derivaten im Financial Engineering und im Fondsmanagement
Call Put Option Plain Vanilla OTC-Optionen Exotic OTC-Optionen Futures/Forwards Aktienanleihen Discountzertifikate Swap
Zinszertifikate Twin-Win-Zertifikate Strategiezertifikate Lock-in-Zertifikate
verbriefte Derivate
Garantiezertifikate Alpha-Zertifikate Sprinterzertifikate Schmetterlingszertifikate Best-in- und Best-out-Zertifikate Bonuszertifikate Expresszertifikate
Derivate
CLN derivative Bonds Optionsscheine Hebelzertifikate
Plain-Vanilla-Optionsscheine exotische Optionsscheine
Reversezertifikate Indexzertifikate Delta-1-Zertifikate
Abbildung 14.1: Derivatebaum
14.1
Überlegungen beim Design von neuen Produkten
Jedes neues Produkt entsteht durch eine neue Idee des Financial Engineer. Im Folgenden zeigen wir auf, welche Grundgedanken in eine solche Ideenfindung einfließen:
Welches ist der Bedarf des Investors? Wie sind seine Markterwartungen? Was wird wie finanziert? Welche Instrumente benötigt er zum Konstruieren? Wie kann er den Preis für die Konstruktion beeinflussen?
Grundlagenkomponente Zerobond
493
Welche Kosten und/oder Erträge (Strukturierungsentgelte, Funding2 etc.) hat er beim Konstrukt und was kann als Nebenkosten bzw. als Nebengewinn auftreten?
Erst nachdem man sich diese Fragen gestellt hat, sollte man sich an die Strukturierung eines neuen Produktes machen. Grundsätzlich können fast alle Arten von Zertifikaten begeben werden. Wichtig ist für den Financial Engineer, dass er das Auszahlungsprofil (Payoff ) des Zertifikats darstellen, bewerten und risikomäßig ordnen kann. Eine große Rolle spielen in diesem Zusammenhang auch die Counterparts. Diese müssen ebenfalls bewertet und beurteilt werden. Ausfallgefährdete Counterparts werden meist nicht vorrangig in ein Geschäft aufgenommen. Das Kreditrisiko steht häufig nicht als primärer Werttreiber im Vordergrund. Auch ist zu klären, ob es sich um ein Flow-Produkt3 oder ein Buy-and-Hold-Produkt4 handelt. Je nachdem kann die Kondition besser oder schlechter ausfallen. Sind diese Grundgegebenheiten klar definiert, lässt sich auch auf das exotischste Underlying (z. B. einen Frachtratenindex, Hauspreise in den USA etc.) ein Zertifikat5 als verbriefte Derivate begeben.
14.2 Grundlagenkomponente Zerobond Oft wird bei der Konstruktion von Zertifikaten (und strukturierten Anleihen/Schuldscheinen) auf einen Zerobond als Basiskomponente verwiesen. Daher wollen wir an dieser Stelle kurz auf diesen eingehen. Ein Zerobond ist eine Nullkuponanleihe, welche unter pari begeben wird und am Laufzeitende zu 100 Prozent zurückbezahlt wird. Es besteht auch die Möglichkeit, dass die Emission zu 100 Prozent erfolgt und eine Zinssammelfunktion eingebaut ist. Die Rückzahlung fällt dann dementsprechend höher aus. Die Grundfunktion der Nullkuponanleihe liegt in der Wahrung des angelegten
2
3 4
5
Kosten der Kapitalbeschaffung, Erträge aus der Anlage der Investorengelder. Das Funding ist ein wichtiger Aspekt, da hier die interne Zinsverrechnung aus dem Treasury einfließt. Dadurch wird die Kondition und eben das Kreditrisiko eines Zertifikates maßgeblich beeinflusst. Produkt, welches regelmäßig gehandelt wird (ge- und verkauft). Produkt, welches einmal gekauft und bis zur Fälligkeit gehalten wird (zumindest ein Großteil einer Emission). Man unterscheidet noch zwischen Vola Long (z. B. Garantiezertifikaten) und Vola Short (z. B. Aktienanleihen, Discountzertifikate etc.).
494
Einsatz von Derivaten im Financial Engineering und im Fondsmanagement
Kapitals, unabhängig von der gewählten Struktur der Kuponzahlungen. Diese wird wiederum von den eingebetteten Derivaten bestimmt. Die Bewertung erfolgt stets über den Barwert: Barwert =
Nennwert (1 + i )n
i = Marktzins für jede Periode n = Laufzeit gemessen in Perioden
Die Funktion des Zero-Bonds nimmt in der Praxis das Treasury des Emittenten wahr. An dieses werden die gesammelten Mittel einer Emission weitergegeben und man erhält dafür das Funding-Leg.
14.3
Financial-Engineering-Produkte und deren Aufbau
Nachfolgend wollen wir die derzeit gängigsten Financial-Engineering-Produkte aufzeigen. Dabei ist es uns wichtig, die Einzelkomponenten und deren Zusammenspiel im neuen Financial-Engineering-Produkt darzustellen.
14.3.1 Das Discountzertifikat Als Discountzertifikate werden Produkte bezeichnet, welche eine feste Fälligkeit aufweisen, einen Abschlag (Discount) gegenüber dem Preis des Basiswertes gewähren und durch einen Auszahlungshöchstbetrag gekennzeichnet sind (CAP). Konstruiert werden solche Zertifikate auf zwei verschiedene Arten (vgl. Abbildung 14.2):
Financial-Engineering-Produkte und deren Aufbau
495
Gewinn
Cap
Kurs des Basiswertes
Discount Verlust
Abbildung 14.2: Payoff eines Discountzertfikates7
1. Alternative Der Emittent handelt einen Zero-Strike-Call6 und verkauft einen Call auf diesen. Der Zero-Strike-Call deckt in diesem Konstrukt folglich die Underlyingposition ab, der verkaufte Call bildet den Cap. 2. Alternative Eine andere Möglichkeit wäre der Kauf eines Zerobonds und das Schreiben von Puts. Hierbei wird der Zerobond8 zur Deckung der Position herangezogen und der verkaufte Put ermöglicht das Auszahlungsprofil. Beide Konstruktionen kommen zum gleichen Ergebnis (vgl. Abbildung 14.2).
Portfolio Positionen
Alternative 1
Nennwert Zerobond
50 Euro
− (Short Put + Disagio)
7 8
−14,12 Euro
Zero-Strike-Call
39,22 Euro
− Short Call
−3,34 Euro
Wert Portfolio
6
Alternative 2
35,88 Euro
35,88 Euro
Zero-Strike-Optionen: Bei Zero-Strike-Optionen ist der Basispreis immer null und folglich ist die Option immer deep in the money. Diese deckt somit das Underlying ab. Ein anderer Ausdruck ist LEPO (Low Exersise Price Option) (vgl. Kapitel 6.5). Quelle: UBS. Abgezinste Nullkuponanleihe.
496
Einsatz von Derivaten im Financial Engineering und im Fondsmanagement
Um eine qualitative Aussage über den Vor- und Nachteil einer Investition in Discountzertifikaten treffen zu können, muss man diese mittels einer Szenarioanalyse bewertbar machen. Nachfolgend haben wir dies an einem kleinen Beispiel dargestellt. Vergleich einer Direktanlage in Aktien vs.Anlage in Discountzertifikaten Aktienkurs (Erwerbszeitpunkt)
400 Euro
Cap (des Discountzertifikates)
450 Euro
Bezugsverhältnis
1:1
Kurs des Discountzertifikates
350 Euro
Szenariorechnung Szenario
1
2
3
4
5
Kurs Underlying am Laufzeitende
350 Euro
400 Euro
450 Euro
500 Euro
550 Euro
Rückzahlung/Wert der Aktienlieferung
350 Euro
400 Euro
450 Euro
450 Euro
450 Euro
Gewinn/Verlust Direktinvestment
−12,5 %
0%
12,5 %
25 %
37,5 %
0%
14,3 %
28,6 %
28,6 %
28,6 %
Gewinn/Verlust Discountzertifikat
14.3.2 Reverse Convertibles Reverse Convertibles (Aktienanleihen) funktionieren von der Funktionsund Konstruktionsweise wie die bereits angesprochenen Discountzertifikate. Lediglich wird für den Investor eine Verzinsung (wird immer an ihn ausgezahlt) anstatt eines Discounts ausgewiesen. Für den Investor stellt ein Reverse Convertible Bond eine Inhaberschuldverschreibung des Emittenten mit einem Tilgungswahlrecht dar. Der Emittent entscheidet (ist die vereinbarte Barriere getroffen oder nicht), ob er das Underlying (als Underlying ist rein theoretisch alles denkbar: Equity, Commodity etc.) liefert oder den Nominalbetrag wieder auszahlt. Somit hat der Emittent eine Put-Option auf dem Underlying und der Investor hat diese geschrieben. Das Gewinn- und Verlustpotenzial (vgl. Abbildung 14.3) ist z. B. bei einer Aktienanleihe, genau wie beim Discountzertifikat, verschoben. So partizipiert der Investor nur eingeschränkt von positiven Bewegungen des Underlyings (bei der Aktienanleihe der Kupon, beim Discountzertifikat der Cap-Betrag).
Financial-Engineering-Produkte und deren Aufbau
497
Der Investor, welcher in einen Reverse Convertible Bond investiert, hat gegenüber dem Direktinvestor einen Kurspuffer, im Gegenzug hat der Investor, der die Direktinvestition vornimmt, ein anderes Chancen/Risiko-Profil. Gleiches erkennen wir übrigens bei der Optionsstrategie „Short Put“, wenn wir diese isoliert und nicht verbrieft darstellen. Das Hauptrisiko bei einem Reverse Convertible Bond sowie bei einem Discountzertifikat liegt im Kursrückgang des Underlyings begründet. Ein solcher Kursverfall ist, wie bei einem isolierten Short Put, negativ für den Investor. Die Maximalrendite ist der vereinbarte Zins bzw. die Cap-Obergrenze, welche der Optionsprämie bei der isoliert betrachteten Optionsstrategie entspricht8 (vgl. Abbildung 14.3).
Anlageerfolg am Bewertungstag (in %)
30.00% 20.00% 10.00% 0.00% 80.00 -10.00%
88.00
96.00
104.00
112.00
120.00
128.00
136.00
-20.00% Rendite der Direktanlage (in %)
-30.00% -40.00%
Rendite der Aktienanlage (in %)
Aktienkurs am Bewertungstag
Abbildung 14.3: Payoff eines Reverse Convertible Bond (hier: Aktienanleihe) vs. Direktinvestment in die Aktie9
Bewertung dieser Instrumente Die oben aufgezeigten verbrieften Derivate gehören, wie die folgenden, zu den strukturierten Finanzprodukten. Sie werden aus verschiedenen Basisinstrumenten konstruiert, welche einzeln bewertet und in der Summe dann zusammengesetzt werden. Die jeweiligen Basiselemente werden zu diesem Zweck synthetisch nachgebildet und bewertet (Duplikationsmethode; vgl. 8
9
Hier können in der Praxis aufgrund von versteckten Gebühren oder anderen Einflussfaktoren Differenzen in der Summe entstehen. Quelle: Commerzbank AG.
498
Einsatz von Derivaten im Financial Engineering und im Fondsmanagement
hierzu Kapitel 2.4.3). Die übliche Duplikationsmethode für Reverse Convertibles liegt in der Kombination einer klassischen Anleihe (z. B. Zerobond) und eines Short Puts (europäisch) auf das Underlying. Es besteht auch die Möglichkeit der Bewertung des Equity und eines Short Calls.
Berechnung des Handelspreises für eine Aktienanleihe Die Berechnung des Handelspreises für die Aktienanleihe folgt aus der Bewertung der Komponenten. Zunächst wird der faire Marktwert der Aktienanleihen errechnet. Hier bewertet man die Zerobondposition sowie die „Short-Put-Optionen“. Dann setzt man dieses ins Verhältnis zum Nominalbetrag. Die daraus entstehende Prozentnotiz ist die Bewertung für die Aktienanleihe. Kurs Aktienanleihe =
Ergebnis Marktpreise Einzelkomponenten Nominalbetrag Aktienanleihe
Oftmals gibt es mehrere Arten, wie ein Zertifikat konstruiert werden kann. Rechnerisch führen immer alle zum selben Ergebnis.
14.3.3 Das Bonuszertifikat Bonuszertifikate zeichnen sich durch eine Bonuszahlung für den Investor aus, sollten Kursschwellen, welche im Vorhinein definiert sind, nicht gebrochen werden. Da diese Zertifikate sehr beliebt sind, gibt es verschiedene Varianten von Bonusstrukturen. Zum einen klassische Strukturen ohne Cap und mit nur einer Kursschwelle (vgl. Abbildung 14.4). Aus Sicht des Investors werden diese durch die Kombination eines gekauften Zero-Strike-Call plus einen gekauften Down-and-out-Put gebildet. Capped-Varianten enthalten zusätzlich hierzu noch einen verkauften Call, welcher den Cap bildet (vgl. Abbildung 14.5). Bei Reverse-Bonus-Varianten, die spiegelverkehrt funktionieren, werden 200 Prozent Strike Put sowie ein Up-and-out-Call miteinander kombiniert.
Financial-Engineering-Produkte und deren Aufbau
499
Bonusstrukturen erfreuen sich hauptsächlich in seitwärts tendierenden Märkten bzw. in der nicht gedeckelten Version in positiven Marktlagen großer Beliebtheit. Hier kann mit überschaubarem Risiko auf die Bonusleistung spekuliert werden.
Gewinn Untere Kursschwelle
Kurs des Basiswertes
Bonus-Level
Verlust
Abbildung 14.4: Payoff klassisches Bonuszertifikat10
Cap
Gewinn Untere Kursschwelle
Kurs des Basiswertes
Bonus-Level
Verlust
Abbildung 14.5: Payoff Capped Bonuszertifikat11
10 11
Quelle: UBS. Quelle: UBS.
500
Einsatz von Derivaten im Financial Engineering und im Fondsmanagement
In Zeiten hoher Dividendenerwartungen ist eine Bonus-Struktur aufgrund der Zero-Strike-Komponente interessant.
14.3.4 Hebelprodukte Bei Hebelprodukten wird der Basiswert entweder ge- oder verkauft. Hierbei ist zu beachten, dass es nicht möglich ist, jeden Basiswert zu verkaufen (Short Selling). Gründe hierfür können gesetzliche Restriktionen oder nicht vorhandene Wertpapierleihemöglichkeiten12 sein. Die durch den Kauf oder Verkauf gewonnene Position wird im Hebelprodukt verbrieft und somit für den Endverbraucher handelbar gemacht. Funktionsweise Die Funktionsweise von Hebelprodukten lässt sich am einfachsten vor dem Hintergrund eines klassischen Vollinvestments erklären. Während der Anleger bei einem Vollinvestment das komplette Underlying bezahlt, um an der Kursbewegung zu partizipieren, investiert der Anleger bei einem Hebelprodukt nur einen Teil seines Kapitals. Aus dem reduzierten Kapitaleinsatz resultiert die Hebelwirkung. Je niedriger der Kapitaleinsatz, desto höher die Hebelwirkung und desto risikoreicher ist das Investment. Mit anderen Worten ähnelt die Auszahlung einem kreditfinanzierten Kauf vom Underlying.13 Intraday wird jede Bewegung im Basiswert exakt vom Hebelprodukt unter Berücksichtigung der Geld-/Briefspanne nachvollzogen. Hier gleichen die Hebelprodukte komplett einem klassischen Future. Deshalb werden diese auch oft als Mini-Futures bezeichnet. Im Gegensatz zu klassischen Futures kann bei einem Mini-Future keine Margin-Nachschussverpflichtung eintreten. Sollte eine solche aus Marktgründen notwendig sein, wird das Hebelprodukt durch einen Knock-out-Mechanismus ausgeknockt und verfällt wertlos bzw. es kommt zu einer geringen Restwertzahlung. Somit kann der Anleger immer nur das von ihm eingesetzte Kapital verlieren.
12
13
Wertpapierleihe: Bei einer Wertpapierleihe werden Wertpapiere geliehen, mit diesen dann gearbeitet und nach Ablauf der Leihefrist wieder zurückgegeben. Für die Wertpapierleihe bezahlt der Entleiher an den Verleiher eine Gebühr. Für eine Wertpapierleihe ist in der Regel eine Bank als Abwicklungsstelle zwischengeschaltet. Mit einem Knock-out-Mechanismus.
Financial-Engineering-Produkte und deren Aufbau
501
Beispiel Typ
Index
Finanzierungslevel
KO-Schwelle
Indexstand
Kapitaleinsatz
Hebel
Long
DAX
3000 Punkte
3060 Punkte
4000 Punkte
10 Euro
4
Typ
Index
Finanzierungslevel
KO-Schwelle
Indexstand
Kapitaleinsatz
Wertentwicklung des Zertifikats
Long
DAX
3000 Punkte
3060 Punkte
4200 Punkte
12 Euro
+20 %
Typ
Index
Finanzierungslevel
KO-Schwelle
Indexstand
Kapitaleinsatz
Hebel
Short
DAX
5000 Punkte
4900 Punkte
4000 Punkte
10 Euro
4
Typ
Index
Finanzierungslevel
KO-Schwelle
Indexstand
Kapitaleinsatz
Wertentwicklung des Zertifikats
Short
DAX
5000 Punkten
4900 Punkten
3800 Punkte
12 Euro
+20 %
14.3.5
®
®
®
®
Optionsscheine
Lassen Sie uns an dieser Stelle, einen kurzen Ausflug zu den Optionsscheinen machen. Diese werden entweder im Zuge eine Optionsanleihe14 oder als Covered Warrants15 von einem Emittenten (meist eine Bank) begeben. Optionsscheine verbriefen immer die „Long-Seite“ einer Option. Die Bewertung eines Optionsscheins ähnelt damit der einer klassischen Plain-Vanilla-LongOption. Im Gegensatz zu klassischen Optionen, welche wir in diesem Buch besprechen, sind Optionsscheine keine klassischen Termingeschäfte und werden nicht an Terminbörsen, sondern an Kassabörsen16 gehandelt. Der Mechanismus des Zeitwertverfalls etc. ist derselbe wie bei klassischen Optionen. In den 1980er- und frühen 1990er-Jahren waren Optionsscheine sehr beliebt, heute spielen diese eine eher untergeordnete Rolle.
14 15 16
Traditionelle Optionsscheine. Werden von Banken im Rahmen vorhandener Eigenbestände an fremden Aktien begeben. Z. B. der Euwax in Stuttgart.
502
Einsatz von Derivaten im Financial Engineering und im Fondsmanagement
14.3.6 Strukturierte Finanzprodukte mit Zinsoptionen Natürlich lassen sich strukturierte Produkte auch auf Zinsbasis darstellen. Diese Produkte können sowohl auf den Kurs einer Anleihe fokussiert sein als auch auf Zinssätzen basieren. Bei den Anleiheoptionen unterscheidet man zwischen Callable Bonds und Putable Bonds. Die Callable Bonds erlauben es dem Emittenten, die Anleihe zu einem bestimmten Zeitpunkt zurückzukaufen (er hat ein Sonderkündigungsrecht). Bei diesen Anleihen ist der Investor Short-Vol (hat die eingebaute Option verkauft) und hat deswegen eine negative Konvexität bei fallenden Marktzinsen. Bei den Putable Bonds gibt es ein Recht des Anleihekäufers, diese zu einem bestimmten Zeitpunkt wieder zu verkaufen. Bei diesen Anleihen ist der Investor Long-Vol (hat die eingebaute Option gekauft). Ferner unterscheidet man zwischen einem Single- und einem Multi-Callable oder Multi-Putable. Bei der Singlevariante gibt es nur einen Termin zur Rückgabe, bei der Multivariante können dies mehrere sein. Die entsprechenden Rückkaufpreise (meist zu pari) werden bereits bei der Emission festgelegt. Gerade im Geschäft mit Retail-Kunden sind Multi-Callable-Anleihen, z. B. in Form von Side Step Zertifikaten,17 sehr beliebt. Die Investoren sichern sich bei einer Seitwärtsbewegung einen festen Kupon, welcher sich ansammelt, wenn ein Kündigungstermin nicht gezogen wird. Allerdings entwickeln diese Zertifikate bei einem rückläufigen Markt eine ebenfalls deutliche negative Outperformance.18 14.3.6.1 Single-Putable-Bonds Bei einem Single-Putable-Bond hat der Investor das Recht, die gekaufte Anleihe an einem bei der Emission der Anleihe festgelegten Zeitpunkt und zu einem festgelegten Kurs wieder an den Emittenten zu veräußern. Somit ist der Investor long in der Anleihe und der Emittent ist im Gegenzug dazu short in der Anleihe. Da jeweils eine Barwertbetrachtung durchgeführt wird, bedeutet dies, dass der Anleiheninvestor bei steigenden Marktzinsen einen Verlust realisiert, da der Barwert sinkt, und der Emittent, welcher short ist, einen Gewinn macht. Bei der umgekehrten Betrachtungsweise kehrt sich dies natürlich um. Wird in diesem Fall jedoch dem Investor ein Kündigungsrecht
17
18
Side Step Zertifikate sind eine Erfindung der Commerzbank, bei der Multi-CallableOptionen zum Einsatz kommen; das maximale Gewinnmomentum hat das Produkt bei einem seitwärts laufenden Markt. Vgl. Wiedemann, Arnd: Bewertung von Finanzinstrumenten, 6. Auflage, Frankfurt 2013.
Financial-Engineering-Produkte und deren Aufbau
503
eingeräumt, so ändert sich die obige Betrachtungsweise, da bei steigenden Zinsen der Investor von seinem Kündigungsrecht Gebrauch machen wird. Der Payoff eines solchen Single-Putable-Bonds kann synthetisch durch eine Kuponanleihe und eine Anleiheoption erzeugt werden. Wir benötigen eine Position Long Anleihe und eine Position Long Put. Der potenzielle Verlust im Barwert der Anleihe wird durch den Gewinn der Put-Option ausgeglichen. Der Emittent geht die Gegenposition zum Investor ein. Aus dieser Gegebenheit ergibt sich auch hier ein asymmetrisches Risikoprofil, wie wir es bereits von den klassischen Optionsgeschäften kennen. Zur Bewertung kann folgende Gleichung herangezogen werden: Barwertcum = Barwertex + p Barwertcum = Barwert der Anleihe mit Kündigungsrecht Barwertex = Barwert der Anleihe ohne Kündigungsrecht p = Preis der Put-Option Diese Formel kann sowohl für den Emittenten als auch für den Investor herangezogen werden, allerdings jeweils mit umgekehrtem Vorzeichen. Für den Investor bedeutet das Kündigungsrecht einen Zuschlag auf den Barwert, der bezahlt wird. Dagegen ist es beim Emittenten ein Abschlag. In der Praxis gibt es häufig zwei Faktoren, die das Emittieren von PutableBonds erschweren. Zum einen muss der Zuschlag für das Kündigungsrecht vom Investor mitfinanziert werden. Zum anderen zeigen die meisten Emittenten niedrigere Spreads bei Putable-Bonds, da das Nominal (die Liquidität) nicht mit Sicherheit eingeplant werden kann. Bei einer ,,5yrNC1“-Anleihe (5-jährige Anleihe mit einem einmaligen Kündigungsrecht nach einem Jahr) zeigt der Emittent für das erste Laufzeitjahr (bis zum ersten Kündigungsrecht) normalerweise einen niedrigeren Funding-Level, für die restlichen vier Jahren dann höhere Spreads.19 14.3.6.2
Single-Callable-Bonds
Beim Single-Callable-Bond hat der Emittent ein Kündigungsrecht. Der Termin für dieses Recht ist im Voraus definiert. Der Investor ist long in der Anleihe, der Emittent hat jedoch das Recht, diese zu einem definierten Zeitpunkt zurückzukaufen. Der Investor verkauft dem Emittenten hierfür eine Anleihe-Call-Option. Er ist folglich long in der Anleihe und short in der 19
Vgl. Wiedemann, Arnd: Bewertung von Finanzinstrumenten, 6. Auflage, Frankfurt 2013.
504
Einsatz von Derivaten im Financial Engineering und im Fondsmanagement
Option. Für den Investor bedeutet dies, er erhält eine Optionsprämie. Dafür erhält er keine Ausgleichzahlung, wenn sich der Barwert der Anleihe verändert. Der Emittent geht auch hier wieder die Gegenposition zum Investor ein. Für ihn gleicht sich folglich eine Veränderung der Anleihe durch die Veränderung der Call-Option aus. Beide Seiten bewerten einen Single-Callable-Bond mit folgender Formel: Barwertcum = Barwertex − c Barwertcum = Barwert der Anleihe mit Kündigungsrecht Barwertex = Barwert der Anleihe ohne Kündigungsrecht c = Preis der Call-Option Für den Investor bedeutet das Kündigungsrecht des Emittenten einen Nachteil, der mit einem Abschlag auf den Verkaufspreis für ihn positiv gehalten wird. Er zahlt folglich weniger als bei einer Anleihe ohne Kündigungsrecht vom selben Emittenten. Für den Emittenten liegt der Vorteil im Kündigungsrecht.20 14.3.6.3 Mehrfach kündbare Anleihen In der Ergänzung zu oben genannten gibt es auch Anleihen mit mehreren Kündigungsrechten. Diese werden mittels einer Bermuda-Option dargestellt. Eine Bermuda Option kann zu mehreren Zeitpunkten ausgeübt werden. Jedoch nicht wie bei einer amerikanischen Option immer, sondern nur zu bestimmten Zeitpunkten, welche im Vorhinein festgelegt sind. Diese mehrfach kündbaren Anleihen haben oft eine unendliche Laufzeit und eine jährliche Zinszahlung. Die Tilgung ist endfällig. Es besteht i. d. R. ein Kündigungsrecht des Emittenten.21 14.3.6.3.1 Multi-Callable-Bonds Bei einem Multi-Callable-Bond liegt das Kündigungsrecht, wie in der Regel immer, beim Emittenten. Er erwirbt das Recht, zu mehreren Zeitpunkten in der Zukunft die Anleihe zu kündigen. Der Investor hat folglich eine LongPosition in der Anleihe und eine Short-Position in der Option. Die Bewertung
20 21
Vgl. Wiedemann, Arnd: Bewertung von Finanzinstrumenten, 6. Auflage, Frankfurt 2013. Vgl. Wiedemann, Arnd: Bewertung von Finanzinstrumenten, 6. Auflage, Frankfurt 2013.
Financial-Engineering-Produkte und deren Aufbau
505
der beinhalteten Bermuda-Option findet durch ein numerisches Verfahren oder eine Monte-Carlo-Simulation statt.22 14.3.6.3.2 Multi-Putable-Bonds Bei einem Multi-Putable-Bond liegt das Kündigungsrecht beim Investor. Dieser erwirbt das Recht, zu mehreren Zeitpunkten, welche in der Zukunft liegen, die Anleihe an den Emittenten zu verkaufen. Auch hier kommt, wie bei der Multi-Callable-Variante, eine Bermuda-Option zum Einsatz. Ihre Bewertung findet ebenfalls durch ein numerisches Verfahren oder eine Monte-CarloSimulation statt.23 14.3.6.4
Reverse Floater
Ein Reverse Floater ist ein synthetischer Bond mit einem variablen Zins, deren Kupon durch den Abzug eines Geldmarktzinses von einem festen Basiszins regelmäßig adjustiert wird. Reverse Floater werden bei einer sinkenden Zinserwartung gekauft. Das Auszahlungsprofil eines Reverse Floater kann synthetisch durch symmetrische und asymmetrische Einzelkomponenten erzeugt werden. Die symmetrische Komponente des Reverse Floater ist ein klassischer Floater. Bei diesem wird die Verzinsung durchgehend an die aktuelle Zinssituation angepasst. Der Reveiver Swap generiert einen konstanten Zinsertrag. Der Floater und die variable Seite des Swaps werden mit dem Referenzzinssatz24 verzinst. Jede Festzinsseite des Swaps erhält eine Verzinsung in Höhe der halben Grundverzinsung. Die asymmetrische Seite, die Optionskomponente, besteht bei einem Reverse Floater aus einem Cap. Der Basiszinssatz entspricht hier dem festen Basiszinssatz des Swaps. Das Cap wird eingekauft, um eine evtl. negative Rendite zu verhindern. Bei einem Anstieg der variablen Verzinsung über den festen Basiszins hinaus gleicht die Zinsoption die Verluste aus. Dieser Mechanismus garantiert bei der Überschreitung des festen Basiszinses eine Rendite im Reverse Floater von null und verhindert somit eine negative Rendite (vgl. Abbildung 14.6). Um eine aktive Bewertung eines Reverse Floater durchführen zu können, muss man die einzelnen Komponenten bewerten und diese dann zusammen-
22 23 24
Vgl. Wiedemann, Arnd: Bewertung von Finanzinstrumenten, 6. Auflage, Frankfurt 2013. Vgl. Wiedemann, Arnd: Bewertung von Finanzinstrumenten, 6. Auflage, Frankfurt 2013. Euribor, Libor.
506
Einsatz von Derivaten im Financial Engineering und im Fondsmanagement
Cap Zinsobergrenze
Fix
Fix
Investor
Swap 1 Euribor
Swap 2 Euribor
Euribor
variable Zinskomponente
Abbildung 14.6: Aufbau eines Reverse Floater26
führen. Wir bewerten folglich die beiden Swaps, den Floater sowie das Cap und führen diese dann zusammen. Der Gesamtwert entspricht immer dem gesamten Wert der einzelnen Komponenten.25 14.3.6.5 Leveraged Floater Ein Leveraged Floater ist ein synthetischer Bond mit einer variablen Verzinsung, bei der sich der Kupon aus einer gehebelten Geldmarktverzinsung (z. B. zwei Mal den 3-Monats-Euribor) abzüglich eines festen Basiszinssatzes errechnet. Auch bei diesem kann die Rendite niemals negativ werden. Konstruiert wird ein solcher Floater durch einen Floater und einen Payer Swap (symmetrische Komponente) sowie zwei Floors (asymmetrische Komponente). Der Basiszinssatz der beiden Optionen entspricht hier dem festen Basiszinssatz aus dem Payer Swap geteilt durch den Hebel. Diese verhindern in diesem Fall, dass der Leveraged Floater negativ wird. Durch den Payer Swap wird die variable Zinsseite des Floater verstärkt (vgl. Abbildung 14.7). Auch hier werden wieder die einzelnen Komponenten bewertet und dann zusammengeführt. Aus den einzelnen Komponenten entsteht die Gesamtbewertung des Leveraged Floater.27 25 26 27
Vgl. Wiedemann, Arnd: Bewertung von Finanzinstrumenten, 6. Auflage, Frankfurt 2013. Vgl. Wiedemann, Arnd: Bewertung von Finanzinstrumenten, 6. Auflage, Frankfurt 2013. Vgl. Wiedemann, Arnd: Bewertung von Finanzinstrumenten, 6. Auflage, Frankfurt 2013.
Financial-Engineering-Produkte und deren Aufbau
507
Floor 1
Zinsuntergrenze
Euribor
Investor
Swap
Floor 2
Fix
Euribor
variable Zinskomponente
Abbildung 14.7: Aufbau eines Leveraged Floater28
14.3.7
Hochstrukturierte Finanzprodukte
Oft werden am Markt Produkte angeboten, die man nicht einfach in Optionen und Futures zergliedern kann. Dann spricht man von komplexen Produkten oder auch von hochstrukturierten Produkten. Diese beinhalten meist viele Einzelkomponenten oder werden mittels eines synthetischen Auszahlungsprofils (basierend auf einer Monte-Carlo-Simulation, s. hierzu Kapitel 6.18) dargestellt.
14.3.8
Inflationsanleihe
Grundintention beim Kauf einer solchen Anleihe ist, dass der Investor mit einer positiven Inflationserwartung ausgestattet ist. Als Financial Engineer ist es folglich unsere Aufgabe, ein Produkt zu generieren, welches 1. möglichst einfach zu verstehen (da der Anlegerkreis auch Retail-Kunden umfasst) und 2. der Grundintention der Käufer möglichst nahekommt.
28
Vgl. Wiedemann, Arnd: Bewertung von Finanzinstrumenten, 6. Auflage, Frankfurt 2013.
508
Einsatz von Derivaten im Financial Engineering und im Fondsmanagement
Wir entwickeln folgendes Produkt:29 Inflationsanleihe mit 5 Jahren Laufzeit. In den ersten beiden Jahren erhält der Investor einen fixen Kupon. In den Jahren 3 bis 5 erhält er einen Kupon, der abhängig von der realisierten Inflationsrate zu diesem Zeitpunkt ist. Die Konstruktion eines solchen Produktes erfolgt über einenTreasury-Ansatz. Die Gelder vom Investor werden beim Emittenten angelegt; Der Emittent bezahlt dafür den Funding-Satz, meist einen Floating-Satz.30 Der Financial Engineer bezahlt dem Investor den festen Satz für zwei Jahre. Modellieren lässt sich das empfangene Funding kombiniert mit der Auszahlung vom Festsatz über einen zwei-jährigen Payer Swap mit dem gleichen Festsatz und dem Funding-Satz als Floating-Leg. Um die Inflationskomponente in den Laufzeitjahren drei bis fünf abzudecken, schließt der Financial Engineer einen dreijährigen Inflationsswap mit Start in zwei Jahren ab (s. hierzu: Kapitel 8.1.4.7.1). Aus diesem erhält er die realisierte Inflationsrate in den Laufzeitjahren drei bis fünf und zahlt einen Festsatz. Aus dem Inflationsswap erhält der Financial Engineer also in Summe positive Zahlungen, wenn die realisierte Inflationsrate den Festsatz übersteigen. Der umgekehrte Fall tritt ein, wenn die realisierte Inflationsrate den Festsatz nicht übersteigt. Die realisierte Inflationsrate gibt der Financial Engineer im Rahmen der Inflationsanleihe an den Investor weiter. Da der Financial Engineer in dem Inflationsswap das Risiko eingeht, negative realisierte Inflationsraten (d. h. Deflation) ausgesetzt zu sein, kauft er zusätzlich einen Floor auf der realisierten Inflationsrate bei 0 %. Somit ist dieses Risiko für ihn nicht mehr vorhanden. Bewertet wird ein solches Produkt, indem man alle Teile des Produktes einzeln bewertet und dann zusammenfügt.
14.3.9 Exchange Traded Fund (ETF) Ein Exchange Traded Fund (ETF) kann auf verschiedene Art und Weise dargestellt werden: komplett replizierend (kauft das Underlying;Vollreplikation oder Optimized Sampling) oder auch komplett synthetisch (wird mit einem performanceübertragenden Derivat dargestellt). Wir beschäftigen uns hier nur mit der synthetischen Variante (erklärt an einer möglichen Darstellungsoption; als Unfunded ETF mit SWAP). Dabei wird das Geld des Investors vom 29 30
Bloss, Thorborg Inflationsanleihe; ABN Amro Bank. Optional: Plus/minus ein fixer ,,Spread“ (Aufschlag/Abschlag), der von dem Refinanzierungssatz des Emittenten und eventuellen Kündigungsrechten abhängig ist.
Financial-Engineering-Produkte und deren Aufbau
509
Emittenten eingeworben und dem Treasury31 übergeben. Dieses erwirtschaftet normalerweise ein Funding-Leg (kennen wir aus dem Zertifikatebereich). Bei einem ETF ist dies aufgrund des Fondskonzepts und der rechtlichen Bestimmungen für diesen, etwas anders. Es investiert der Emittent in ein Trägerportfolio, welches den ETFs zur Verfügung steht. Des Weiteren wird ein Performance-Swap abgeschlossen.32 Dieser sichert dem ETF die Performance des jeweiligen Underlyings. Positive Cashflows werden aus dem Swap dem Barwert des ETF gutgeschrieben, negative werden belastet. Somit steigt der Barwert mit der positiven und fällt mit der negativen Performance des Underlyings. Dies bestimmt den fortlaufenden Preis des ETF und zeigt die Performanceveränderung des Underlyings auf. Die Zahlung des SWAPS wird über das Trägeportfolio dargestellt.
Trägerportfolio & ein zusätzliches Sicherheitenportfolio
Performance Trägerportfolio
Bank A
Performance für ETF
Bank B
Abbildung 14.8: Schematischer Aufbau eines Exchange Traded Fund (ETF)
31
32
Vereinfachte Darstellung: Es wird in der Praxis ein Trägerportfolio angelegt, welches eine Rendite liefert. Die Anlage des Trägerportfolios muss nicht zwangsläufig über das Treasury des Emittenten erfolgen, sondern kann auch in anderen Konzerneinheiten durchgeführt werden (dies ist, auch aufgrund von regulatorischen Anforderungen, so üblich). Es handelt sich nicht um ein klassisches Funding. Alternativ kann auch ein Sicherheitenportfolio zusätzlich aufgebaut werden. Hierbei kann es jedoch zu steuerlichen Einschränkungen kommen. Das Sicherheitenportfolio wird zusätzlich aufgebaut, um evtl. Zahlungsausfälle beim Swap abzudecken. Es kann hierbei auch zu einer Überdeckung kommen. Gem. OGAW/UCITS dürfen maximal 10 Prozent Unterdeckung vorhanden sein. Die meisten Emittenten greifen dem mit der Überdeckung z. B. 105 Prozent (vgl. Comstage) vor. Beim Swap können die beiden Legs von ein und dem selben Partner bedient werden.
510
Einsatz von Derivaten im Financial Engineering und im Fondsmanagement
14.4
Konstruktionsmatrix Zertifikate (Stripping)
Nachfolgend geben wir einen Überblick über die zur Konstruktion von gängigen Zertifikaten verwendeten Einzelkomponenten und deren Zusammenstellung (Stripping).
YIELD ENHANCEMENT33 Art des Zertifikates
Konstruktion
Besonderheiten
Sonstiges
REVERSE CONVERTIBLE
Sell Put + Long Zero Bond Long Zero Strike Call + Sell Call
Bei Plus Pro: Long Zero Strike Call + Long Down and Out Put
DISCOUNT ZERTIFIKAT
Sell Put + Long Zero Bond Long Zero Strike Call + Sell Call
CAPED BONUS ZERTIFIKAT
Zero Strike Call + Long Down and Out Put + Short Call
Long Down and Out Put = Strike = Bonuslevel; Short Call = Strike = Cap Level
EXPRESS ZERTIFIKAT
Digital Multi Barrier Call out“ " + Down and Out + Short Multi Barrier Put up & out
Beobachtungstage mussen ¨ festgelegt werden.
SPRINT ZERTIFIKAT
Zero Strike Call + Long Call + 2 x Short Call
Long Call = Strike = ATM; Short Call = Strike = Cap Zertifikat
STRUKTURIERE ANLEIHEN
Long Zero Bond + Zins Swap Zinsuntergrenzen = Floors Zinsobergrenzen = Caps
Ausgestaltung kann mit oder ohne Kundigungsrecht ¨ sein.
Art des Zertifikates
Konstruktion
Besonderheiten
Sonstiges
LONG UND SHORT ZERTIFIKATE (DELTA 1)
Long Zero Bond + Future
Long Future = Long Zertifikat Short Future = Short Zertifikat
Knock out = Margin-Level ist erreicht.
LEVERAGE34
33 34
Quelle: WGZ Bank: Zertifikate Fibel (2015); Commerzbank AG. Quelle: EIFD.
Einsatz von Derivaten im Fondsmanagement
511
PARTICIPATION35 Art des Zertifikates
Konstruktion
Besonderheiten
OUTPERFORMANCE ZERTIFIKAT
Long Zero Strike Call + Long Call
Long Call = Strike = ATM → im Verhaltnis ¨ zur Partizipationsrate (bei 120% 0,20 Call auf 100)
BONUS ZERTIFIKAT
Long Zero Strike Call + Long Down and Out Put
Long Down and Out Put = Strike = Bonuslevel
GARANTIE ZERTIFIKATE
Zerobond + Long Call
Long Call (ATM)
ETF/ETC
Anlage des Tragerportfolio ¨ Anlage des Sicherheitenportfolio Swap → Performance
Kann auch durch 1:1, also Investition im Underlying erfolgen.
14.5
Sonstiges
Bei CAP wird noch ein Short mit Call Basis = Cap verkauft.
Einsatz von Derivaten im Fondsmanagement
Fonds haben in den vergangenen Jahren nochmals deutlich an Bedeutung gewonnen. Auch im Fondsmanagement werden daher wesentlich mehr Derivate eingesetzt als noch vor einigen Jahren. Nach einer Aussage der „European Fund Management Industry“, veröffentlicht im Mai 2006 in Financial News, ist das Derivateaufkommen im Fondsmanagement von 48 Prozent auf 62 Prozent im Jahr 2004 angestiegen. Nach einer Studie (aus 2009) nutzen über 70 Prozent der europäischen Fondsmanager Derivatekonstruktionen zur Portfolioallokation. Zum einen werden aktive Hedgingstrategien über Derivate aufgebaut, zum anderen dienen Derivate dem direkten Investmenteinsatz (Spekulation bzw. Strategiefindung). Es werden sowohl lineare (z. B. Swaps) als auch nichtlineare Derivate (z. B. Swaptions) verwendet. Den größten Anteil an Derivaten findet man in den Assetklassen Equity, Fixed Income (Zinsen) und FX. Es war zu beobachten, dass in den vergangenen Jahren auch der Anteil bei den Commodities deutlich zugelegt hat.
35
Quelle: WGZ Bank: Zertifikate Fibel (2015); Commerzbank AG; Comstage (2016).
512
Einsatz von Derivaten im Financial Engineering und im Fondsmanagement
14.5.1 Strategien für den Einsatz von Derivaten im Portfoliomanagement eines Fonds Nachfolgend wollen wir einige der klassischen Strategien für Portfoliomanager aufzeigen. Dabei haben wir uns auf die fünf gängigsten Strategien, welche an der Eurex gehandelt werden fokussiert.36 14.5.1.1 Call-Volatility-Trade Bei einem Call-Volatility-Trade wird das Underlying verkauft (auch synthetisch mittels Futures) und im Gegenzug werden Call-Optionen auf das Underlying gekauft. Dadurch erhält man eine volatilitätsabhängige Position des Underlyings (vgl. Abbildung 14.9). Short
Underlying
Long
Call
14.5.1.2 Put-Volatility-Trade Bei einem Put-Volatility-Trade wird das Underlying gekauft (auch synthetisch mittels Futures) und zusätzlich werden Long-Put-Positionen aufgebaut. Der Fondsmanager kann somit eine volatilitätsabhängige Put-Strategie aufbauen (vgl. Abbildung 14.10). Long
Underlying
Long
Put
14.5.1.3 Combo vs. Long Underlying Eine Combo- vs. Long-Underlying-Strategie wird aus Short Calls, Long Puts (mit geringerem Basispreis) und einem Long Underlying aufgebaut (vgl. Abbildung 14.11).
36
Short
Call
Long
Put
Long
Underlying
Gemessen nach Volumen; Quelle: Eurex.
Einsatz von Derivaten im Fondsmanagement
513
5,00
4,00
3,00
2,00
1,00
0,00 20
21
22
23
24
25
26
27
28
29
30
25
26
27
28
29
30
-1,00
-2,00
Abbildung 14.9: Payoff Call-Volatility-Trade
5,00
4,00
3,00
2,00
1,00
0,00 20
21
22
23
24
-1,00
-2,00
Abbildung 14.10: Payoff Put-Volatility-Trade
14.5.1.4
Put Spread vs. Underlying
Bei einem Put Spread vs. Underlying werden Long Puts aufgebaut und Short Puts mit einem niedrigeren Basispreis gegeben. Das Underlying wird ebenfalls long eingegangen (vgl. Abbildung 14.12).
514
Einsatz von Derivaten im Financial Engineering und im Fondsmanagement
Long
Put
Short
Put
Long
Underlying
14.5.1.5 Conversion vs. Underlying Bei Conversion vs. Underlying werden Long Calls aufgebaut, Short Puts gegeben (beides mit demselben Basispreis) und das Underlying wird verkauft (vgl. Abbildung 14.13). Long
Call
Short
Put
Short
Underlying
2,50
2,00
1,50
1,00
0,50
0,00 20
21
22
23
24
25
26
-0,50
-1,00
Abbildung 14.11: Payoff Combo vs. Long Underlying
27
28
29
30
Einsatz von Derivaten im Fondsmanagement
515
5,00
4,00
3,00
2,00
1,00
0,00 20
21
22
23
24
25
26
27
28
29
30
26
27
28
29
30
-1,00
-2,00
Abbildung 14.12: Payoff Put Spread vs. Underlying
0,01
0,01
0,00 20
21
22
23
24
25
-0,01
-0,01
-0,02
-0,02
-0,03
-0,03
Abbildung 14.13: Payoff Conversion vs. Underlying
516
Einsatz von Derivaten im Financial Engineering und im Fondsmanagement
14.5.2 Warum werden diese Strategien im Portfoliomanagement eines Fonds eingesetzt? Mithilfe der dargestellten Kombinationsformen kann ein Portfoliomanager entweder eine höhere Rendite als das Vergleichs-Underlying erwirtschaften oder dadurch eine Absicherung durchführen (z. B. Protective Put vgl. Kapitel 6.20.2). Die aufgeführen Strategien zählen allesamt zu den Volatilitätsstrategien.37 Warum ist dies so? Das ist einfach zu beantworten: Ein Portfoliomanager möchte ein „Alpha“ (eine Outperformance gegenüber dem Vergleichsinvestment) generieren. Er möchte sich somit von der Masse abheben und besser als die Benchmark sein. Dieses Alpha lässt sich am besten durch das Ausnutzen der Volatilität erreichen. Daher werden viele Volatilitätsstrategien aufgebaut. Natürlich handeln die Fondsmanger auch viele der anderen in diesem Buch vorgestellten Strategien, wie Sie in den folgenden Beispielen sehen können. Im Abbildung 14.14 sehen wir die Outperformance der Strategie Protective Put vs. DAX® an einem Live-Beispiel eines zugelassenen Publicfunds. Wie zu erkennen ist, konnten in den Jahren 1998, 2001 und 2002 eine teils deutliche Outperformance erzielt werden. Hatte ein Fondsmanager eine klassische CCW-Strategie aufgebaut (vgl. Kapitel 6.19.1.2), so konnte auch durch diese Strategie eine Outperformance erzielt werden. Abbildung 14.15 zeigt dies für den Zeitraum 1992–2005.
Algo-Trading Der automatisierte Handel macht einen großen Anteil am Gesamthandel aus. Dabei werden gezielt nach Nachrichten, Mustern in der Kursfeststellung und Quotes sowie in Handelsgegebenheiten gesucht und darauf die jeweiligen Strategien gehandelt. Diese Strategien nutzen eine Marktsituation optimal aus und generieren neben der entstehenden P&L auch Liquidität für den Gesamtmarkt.
37
Vgl. hierzu auch Optionen und Futures auf die Volatilität z.B: FVS (Volatilität auf den EuroStoxx50 Index) welche sep. an der Eurex gehandelt werden können. Somit wird die Volatilität zu einem eigenen Handelsprodukt und kann z. B. zur Cashflow-Generierung oder im Hedging verwendet werden.
Einsatz von Derivaten im Fondsmanagement
517
36%
19%
1% -2%
-2% -6%
-7%
-5%
-5%
-6% -9% -15%
1993
1994
1995
1996
1997
-17%
1998
1999
-19% 2000
2001
2002
Abbildung 14.14: Outperformance Protective Put vs. DAX
2003
2004
2005
2006
® 38
600
500 DAX plus Covered Call
400
DAX 300
200
100
®
®
Abbildung 14.15: Long DAX vs. DAX mit CCW-Strategie39
38 39
Quelle: Dr. Axel Vischer, Eurex, ISE New York. Quelle: Dr. Axel Vischer, Eurex, ISE New York.
30.12.2005
30.12.2004
30.12.2003
30.12.2002
30.12.2001
30.12.2000
30.12.1999
30.12.1998
30.12.1997
30.12.1996
30.12.1995
30.12.1994
30.12.1993
30.12.1992
0
518
Einsatz von Derivaten im Financial Engineering und im Fondsmanagement
Literaturhinweise zu diesem Kapitel Rudolph, Bernd; Schäfer, Klaus: Derivative Finanzinstrumente 2005 Wiedemann, Arnd: Bewertung von Finanzinstrumenten, 6. Auflage, Frankfurt 2013
Fragen zu diesem Kapitel
519
Fragen und Antworten zu diesem Kapitel Frage 1: Welche Komponente wird vorwiegend bei Garantieprodukten als Rückzahlungssicherungskomponente verwendet? Frage 2: Welche synthetische Komponente bildet bei einem Discountzertifikat das Underlying ab? Frage 3: Bei einem Short-Hebelprodukt wurde die K.o.-Schwelle berührt. Was passiert mit dem Zertifikat? Frage 4: Multi-Callable-Bonds werden mit welcher Art von Optionen dargestellt und bewertet? Frage 5: Aus welchen Teilkomponenten besteht ein Leveraged Floater? Antwort zu Frage 1: Der Zerobond. Das abgezinste Papier sichert die Rückzahlung des FinancialEngineering-Produktes zum Laufzeitende. Antwort zu Frage 2: Wird ein Discountzertifikat ohne direktes Underlying konstruiert, so bildet ein Zero-Strike-Call das Underlying ab. Antwort zu Frage 3: Das Underlying ist im Preis gestiegen und das Zertifikat wurde ausgeknockt. Es ist, sofern kein Minimumrückzahlungsbetrag vereinbart worden ist, wertlos. Antwort zu Frage 4: Es handelt sich um Bermuda-Optionen, welche mittels eines Binomialbaumes bewertet werden. Antwort zu Frage 5: Aus zwei Floors einem Floater, einem Swap.
15
Die Wertpapierleihe und das Repo-Geschäft
In Kapitel 15 werden Sie Folgendes erfahren:
Was genau ist ein Repo-Geschäft und wie setzt man dieses ein?
Warum sind Repo-Geschäfte im modernen Finanzmarkt so wichtig?
Wertpapiere können nicht nur ge- und verkauft werden, sondern natürlich auch verliehen. In der Praxis kommen solche Leihetransaktionen (werden auchWertpapierpensionsgeschäfte genannt) oft vor. Denn sie bieten sowohl dem Wertpapierleihenden wie auch dem Wertpapierverleiher Möglichkeiten, auf Marktgegebenheiten zu reagieren. In diesem Kapitel befassen wir uns mit der klassischen Wertpapierleihe und dem klassischen Repo-Geschäft.
15.1
Die Wertpapierleihe
Bei einem Wertpapierleihegeschäft (Security Lending) werden, wie der Name schon besagt, Wertpapiere, welche sich im Besitz eines Investors befinden, für einen gewissen Zeitraum (Leihezeitraum) an einen anderen Finanzintermediär verliehen. Dafür erhält der Verleiher vom Ausleiher der Wertpapiere eine Leiheprämie bezahlt. Der Ausleiher der Wertpapiere gibt diese nach der Leihefrist an den Verleiher wieder zurück. Die Abbildung 15.1 zeigt diesen Mechanismus schematisch auf. Gliedert man das Geschäft etwas tiefer auf, so erkennt man, dass es sich eigentlich nicht um eine Leihegeschäft (im juristischen Sinne) handelt, sondern um ein sogenanntes Sachdarlehen.1 Der Besitz geht für den Leihezeitraum an 1
Vgl. Häuselmann, Holger: Wertpapier-Darlehen in der Steuerbilanz; Der Betrieb Heft 10/ 2000; vgl. Käufer, Anke: Übertrag finanzieller Vermögenswerte nach HGB und IAS 39: Factoring, Pensionsgeschäft und Wertpapierleihe im Vergleich.
DOI 10.1515/9783110531169-017
Welche Gründe gibt es für ein Wertpapierleihegeschäft?
521
Wertpapierleihe
Verleiher
Ausleiher Leiheprämie
Abbildung 15.1: Schema einer Wertpapierleihe
den Ausleiher über und dieser muss lediglich dieselbe Stückzahl und Art der Wertpapiere nach der Leihefrist wieder zurückgeben. Da bei Wertpapieren (z. B. Aktien) hier kein Unterschied zwischen den ursprünglichen und den ,,neuen“ zurückgegebenen Stücken vorhanden ist, spielt dies jedoch nur eine sehr untergeordnete Rolle. Die Wertpapierleihe ermöglicht es einem großen Investor, mit seinen Beständen eine zusätzliche Rendite zu erwirtschaften. Da es sich jedoch um ein bilaterales Geschäft zwischen zwei Geschäftsparteien handelt, ist dieses immer von der Bonität beider abhängig. Daher wird i. d. R. eine Sicherheit und eine zweifelsfreie Bonität vom Ausleihenden erwartet. Eine Wertpapierleihe ist folglich immer von einem Counterparty-Risk begleitet. Dieses lässt sich umgehen, wenn man einen zentralen Counterpart (CCP) in die Transaktion einbindet. Dieser garantiert dann für die Erfüllung des Geschäfts.
15.2 Welche Gründe gibt es für ein Wertpapierleihegeschäft? Die Gründe können vielfältiger Natur sein. Einer, der meist zu Wertpapierleihegeschäften führt, ist die Handelsstrategie: Short Underlying, bei diesem werden Leerverkäufe zum Beispiel in einer Aktiengattung (Verkäufe von Wertpapieren, welche man nicht im Bestand hat) vorgenommen. Um liefern zu können, kann man sich die Wertpapiere in der Zwischenzeit leihen. Ziel ist, die Wertpapiere zu einem späteren Zeitpunkt günstiger zurückzukaufen. Dies kann entweder am Kassamarkt durch eine Spot-Transaktion erfolgen oder auch über den Terminmarkt, zum Beispiel durch das Ausüben einer Optionsposition oder durch das Vorhandensein einer Stillhalteposition. Das Instrument der Wertpapierleihe ermöglicht es, wie oben dargestellt, dass der Leerverkauf gedeckt wird. Wird ein Leerverkauf so abgedeckt, spricht man auch von einem gedeckten Leerverkauf oder einem Covered Short-Selling. Diesem steht das Naked Short-Selling gegenüber, welches aufgrund gesetzlicher Bestimmungen nicht überall einsetzbar ist.
522
Die Wertpapierleihe und das Repo-Geschäft
Pro und kontra Wertpapierleihe Vorteile, welche sich für den Kunden aus der Wertpapierleihe ergeben:
Professionelles Management seiner Bestände Flexible Beschaffung kurzfristiger Liquidität unter Schonung bestehender Kreditlininen Kein Konflikt mit Pari-Passu-Klauseln,2 da die Leihe keine Kreditbesicherung ist
Nachteile die sich für den Kunden ergeben:
Beschränkte Dispositionsmöglichkeit Ggf. kommt es zu einem Margin Call bzw. einer Anforderung zur Verstärkung der Sicherheiten.
Nachfolgend zeigen wir an einem Beispiel, wie eine solche Transaktion vorgenommen werden kann. Dabei werden 50.000 Stück der ABC-Aktie gedeckt short verkauft. Die Leiheprämie entspricht 1 Euro pro Stück.
Transaktion Leerverkauf ABC-Aktien Leihe der ABC-Aktien Rückkauf der ABC-Aktien in n Wochen später Gewinn der Position
2
Einzelgeschäft 50.000 Aktien 50.000 Aktien 50.000 Aktien
Preise 50 Euro Verkaufserlös −1 Euro Leiheprämie 45 Euro Rückkauf 4 Euro pro Aktie; bei 50.000 Aktien entspricht dies einem Gewinn von 200.000 Euro
Gleichrangigkeit von Gläubigern und deren Sicherheiten für einen Kredit oder eine Anleiheemission. Leitet sich aus dem Grundsatz: Par conditio creditorum ab, welcher die gleiche Lage der Gläubiger im Insolvenzrecht aufzeigt. Im Kreditvergabebereich spricht man davon, dass ein Kreditinstitut bei einer nicht besicherten Kreditherausgabe gleich wie jeder andere Gläubiger behandelt wird.
Das Repo-Geschäft
15.3
523
Das Repo-Geschäft
Im festverzinslichen Bond-Bereich ist die Wertpapierleihe ebenfalls sehr verbreitet. Hier ist sie als Instrument zur Refinanzierung zu sehen. Man spricht hierbei von sogenannten Repo-Geschäften (engl. Repurchase Operation). Die Wertpapiere werden dann zum Beispiel im Offenmarktgeschäft oder im klassischen Repo-Markt (Sale and Repurchsase Agreement) eingesetzt. Diese können in Laufzeiten zwischen Overnight bis hin zu einem Jahr abgeschlossen werden. Dabei wird der Wertpapierverkäufer zu einem Kreditnehmer und der Wertpapierkäufer zum Kreditgeber. Der Vertrag verlangt im Vorhinein, dass der Wertpapierverkäufer zu einem bestimmten Tag (dem Repurchase Date) die Stücke wieder zurückkauft. Für die Transaktion werden Sicherheiten (Collateral) gestellt. Für die Bereitstellung des Kreditbetrages wird der sogenannte Repo-Satz bezahlt. Hierbei handelt es sich um die Kreditverzinsung für die Laufzeit des Repo-Geschäftes.
Auch die Eurex-Börsen haben eine Repo-Plattform. Nähere Informationen hierzu finden Sie unter: http://www.eurexrepo.com
15.4
Wie erfolgt die Preisberechnung für ein Repo-Geschäft?
Bei Transaktionsbeginn wird der Purchase Price ermittelt. Dieser entspricht dem Marktwert des Underlyings abzüglich evtl. vorhandener Stückzinsen und eines Sicherheitsabschlags (Haircut). Am Ende der Transaktion wird dann der Repurchase Price berechnet. Er beinhaltet den Purchase Price zuzüglich der Repo-Rate (Repo-Satz), der wie bereits erwähnt, als Verzinsung für das gegebene Darlehen gilt.
524
Die Wertpapierleihe und das Repo-Geschäft
Beispiel für ein Repo-Geschäft Preis bei Transaktionsbeginn (Nominal) entspricht 100 Prozent inkl. Stückzinsen (für Beispiel inkludiert) Stückzinsen (fiktiv für das Beispiel) Haircut (20 Prozent aus Nominal) Purchase Price Repo-Kosten: Repo-Satz 2,0 Prozent, Laufzeit 100 Tage, Basis 365 Tage
15.5
100.000.000 Euro
– 5.000.000 Euro – 20.000.000 Euro 75.000.000 Euro 410.958,90 Euro
Warum wird ein Haircut berechnet?
Der Haircut (auch Sicherheitsabschlag genannt) ist eine Sicherheitsmaßnahme, dass bei einem Preisverfall nicht sofort ein Margin Call3 und die damit verbundene Aufforderung zur Verstärkung der Sicherheiten erfolgt. Die Bewertung des Underlyings erfolgt börsentäglich neu und zeigt daher immer den Mark-to-Market-Value auf. Für die jeweiligen Wertpapiere gibt es unterschiedliche Beleihungsgrenzen. Diese sind im Voraus festgelegt. I. d. R. entsprechen diese den Sicherheitsabschlägen, die auch beim Stellen von Sicherheiten für anderweitige Kredite Verwendung4 finden. Die Sicherheitsabschläge werden regelmäßig überprüft und im gegebenen Fall auch angepasst.
3
4
Margin Call: Man spricht dann von einem Margin Call, wenn eine absolute Anweisung zur Verstärkung der Sicherheiten ausgesprochen wird. Dies ist immer dann der Fall, wenn die gestellte Sicherheitsleistung (das Collateral) nicht mehr zur erforderlichen Sicherheitsleistung passt. Der Investor muss dann mit Fristsetzung, i. d. R. 24 Std. (geht aber auch intraday), für den Ausgleich sorgen. Sollte er dem Margin Call nicht Folge leisten, können seine Risikopositionen teilweise oder auch ganz geschlossen werden. Man nennt dies dann Zwangsliquidation. Gem. den jeweiligen Regularien wie zum Beispiel dem Kredithandbuch einer Bank etc.
Veränderung des ausstehenden Volumens auf Eurex-Repo
525
Das Risiko ist relativ!5 Im Zuge der Finanzkrisen der letzten 10 Jahre wurden viele Haircuts angepasst. Warum ist dies der Fall gewesen? Wurden früher zum Beispiel Staatsanleihen mit einem Sicherungsabschlag von null begeben, so rechnet man bei diesen auch heute ein Ausfallrisiko mit ein. Die Ereignisse, welche sich im Zuge der Staatsschuldenkrise (vgl. hier die Griechenlandproblematik) ergeben haben, haben hierzu geführt. Die Abschläge für nutzbare Wertpapiere wurden nach deren Risikogehalt erneut gestaffelt und bewertet. Eine fortlaufende Überprüfung der Haircuts sichert hier ein mögliches Verschieben von Risiken. Neben den Ratings spielen auch die Aussichten für die Papiere hier eine Rolle. So werden zum Beispiel Anleihen in der Ratingkategorie AAA und einer Laufzeit von geringer einem Jahr mit ca. 2 Prozent abgeschlagen, bei einer Laufzeit von größer 10 Jahren und gleichem Rating sind dies jedoch ca. 9 Prozent Abschlag. Vergleicht man dies mit einem BB+ Rating, so ergeben sich Abschläge von 5 Prozent (kurzfristig) bis hin zu 50 Prozent (langfristig). Jede Bank hat hierfür eine für das Institut gültige Auslegung der Kreditrisikoparameter.6
15.6
Wie hat sich in den vergangenen Jahren das ausstehende Volumen auf EUREX-Repo verändert?
Wie die Abbildung 15.2 zeigt, hat sich das ausstehende Volumen von März 2005 bis November 2012 deutlich gesteigert. Auf jährlicher Basis wuchs der Markt (General Collateral)7 um ca. 4 Prozent von 148,2 Milliarden Euro durchschnittlich ausstehendes Volumen im November 2011 auf 154,2 Milliarden Euro im November 2012.8 5
6
7 8
Die Aussage: Das Risiko ist relativ, zeigt, dass nichts als konkrete Konstante anzusehen ist. Alles unterliegt folglich einer Drift und somit sind der Blickwinkel einer Beurteilung sowie die Zeit, in der diese Beurteilung im Verhältnis zum Umfeld getätigt wird, maßgeblich, ob etwas risikolos oder risikotragend ist. Das Risiko ist folglich keine Konstante, sondern verändert sich. Die Zunahme des Risikos wird nicht selten mit Änderungen des Umfeldes und des Betrachtungszeitraumes einhergehen. Vgl. hierzu Albert Einsteins Schriften zur Relativitätstheorie: Zeitdilatation, Längenkontraktion, Massezunahme – als Phänomene der Relativität. Quelle: Commerzbank AG; Kreditrisikoparameter 2012; Exzerpt zu Beispielzwecken (leicht verändert). Näheres zum General Collateral: http://www.eurexrepo.com/repo-en/products/gcpooling/ Quelle: Eurex Repo.
526
Die Wertpapierleihe und das Repo-Geschäft
Abbildung 15.2: Eurex-Repo9
9
Ebd.
Entwicklung des ausstehenden Volumens (General Collataral, GC) an der
Literaturhinweise zu diesem Kapitel
Literaturhinweise zu diesem Kapitel Hull, John C.: Optionen, Futures und andere Derivate 8. Auflage 2012 Wieczorek, Schindler, Hindelang: Praxishandbuch Wertpapierleihe
527
528
Die Wertpapierleihe und das Repo-Geschäft
Fragen und Antworten zu diesem Kapitel Frage 1: Welche Gründe gibt es für ein Wertpapierleihegeschäft? Frage 2: Pari-Passu-Klauseln spielen bei Repo-Geschäften keine Rolle? Frage 3: Für ein Repo-Geschäft werden Sicherheiten in Form eines Collateral gestellt? Antwort zu Frage 1: Diese können vielschichtig sein. Es können z. B. Short-Geschäfte, Eindeckungen oder vorübergehende Haltepositionen sein. Antwort zu Frage 2: Falsch, oftmals wird mittels eines Repo-Geschäftes gerade diese Art von Klauseln umgangen. Antwort zu Frage 3: Ja, korrekt. Jedes Repo- bzw. Leihegeschäft wird durch ein Collateral abgesichert.
16
Risiko- und Sicherheitenmanagement im Derivatehandel
In Kapitel 16 werden Sie Folgendes erfahren:
Warum ist es wichtig, ein aktives Risikocontrolling durchzuführen?
Wie wird ein zielgerichtetes Risikomanagement durchgeführt?
Was bedeutet Sicherheitenmanagement?
Welche Arten von Margin gibt es?
Wie hinterlege ich Margin?
Was sind Glattstellungskosten?
16.1
Grundlagen des Risikocontrollings
„Gesunder Menschenverstand kann fast jeden Grad von Bildung ersetzen, aber kein Grad von Bildung den gesunden Menschenverstand.“ Dieser Ausspruch, welcher Arthur Schopenhauer zugeschrieben wird, passt sehr gut zum Thema Risikocontrolling. Denn hier kommt es neben der fachlichen Eignung auch auf eine emotionale Einschätzung der Gegenpartei an. Wie wichtig ein aktives und zielgerichtetes Risikocontrolling ist, zeigen uns die negativen Beispiele aus der Vergangenheit. Banken und Broker haben zentrale Stäbe, um das Risiko, welches von den offenen Terminmarktpositionen ausgeht, zu kontrollieren. Dennoch ist es die Aufgabe eines jeden Investors und seines Betreuers, das Risiko selbst im Blick zu behalten. Ein vollständiges Vermeiden von Risiken kann nicht Sinn und Zweck sein, denn dieses wäre nur mit dem Unterlassen von Risikogeschäften möglich, was einen Investor so stark einschränken würde, dass seine Investitionen unausgewogen und sinnlos würden. Vielmehr sollen das Erkennen von Risiken sowie die Risikoverminderung im Vordergrund stehen. Wichtig ist hierbei vor allem das DOI 10.1515/9783110531169-018
530
Risiko- und Sicherheitenmanagement im Derivatehandel
aktive Beobachten der Positionsbuchgröße. Oft beginnt diese, vor allem bei Roll-over-Positionen, unkontrolliert zu wachsen. Das sollte unbedingt unterbunden werden, da sonst eine konsequente und strategiegerechte Steuerung nicht mehr möglich ist. Es darf auf keinen Fall aus einer 10 Kontrakte starken Ursprungsposition eine 100 Kontrakte starke Roll-over-Position entstehen. Als Investor sollte man sich stets die Volumen der gehandelten Underlyings vor Augen halten. Nur so kann man ein Gefühl für den Markt und dessen Größe entwickeln. Es ist unbedingt anzuraten, mit Handels-Limits1 zu arbeiten. Nur wer sich selbst einen Rahmen steckt, wird das Risikocontrolling im Griff haben. Dies gilt auch für die Sicherheitenstellung mittels Margin. Gerade hier kommt es zu einer Risikoakzeptanz, welche unbedingt voraussetzt, dass man die gehandelten Größenordnungen kennt und einschätzen kann. Das Risikocontrolling muss täglich, bei komplexer Marktlage auch im täglichen Handelsverlauf mehrfach durchgeführt werden. Dabei ist zu beachten, dass vor allem die Sicherheitenstellung der Margin gewährleistet ist und die Investoren nur so große Positionen aufbauen und handeln, wie diese auch im Verhältnis zum Nettovermögen tragbar sind. Grundsätzlich ist es für nicht institutionelle Kunden sinnvoll, nicht mehr als 20 bis 30 Prozent des liquiden Nettovermögens2 für Derivategeschäfte zu verplanen (bei institutionellen Kunden kommt dies auf deren Ausrichtung und Gesamtstrategie an). Eine Risikoüberwälzung von einer Position auf mehrere Positionen, welche im Worst-Case Szenario zu einem ruinösen Ausmaß anwachsen können, ist unter allen Umständen durch aktives und frühzeitiges Handeln zu vermeiden. Risiko- und Handelslinien sollten auf keinen Fall der Ausnutzung angepasst werden, sondern die Ausnutzung muss sich in deren Rahmen befinden. Investoren mit hohen Risikopositonen benötigen eine umfassende und zielgerichtete aktive Betreuung, die nur durch Financial Engineers mit einem guten Erfahrungsschatz und dem konkreten Fachwissen erbracht werden kann. Da jede Entscheidung im Regelfalle bei unvollkommener Information erfolgt, müssen diese gegebenenfalls schnell und zielgerichtet revidiert bzw. der neuen Situation angepasst werden. Die Praxis zeigt, dass zwischen Risikoidentifizierung aufgrund einer neuen Marktlage und Einleitung einer neuen Strategie oft zu viel Zeit ins Land geht. Hier muss schnell und zielgerichtet gearbeitet werden. Der erste Verlust ist oft der geringste. Gerade große private Investoren scheuen hier oft, einen Einschnitt zu machen. Wer hier jedoch auf Hoffnung setzt, kann schnell starke Verluste in seinem Positionsbuch haben.
1 2
Werden meist von den Brokern vorgegeben z. B. 50 % des unterhaltenen Nettovermögens. Nettovermögen = Vermögen abzüglich Verbindlichkeiten; Immobilienbesitz und Firmenbeteiligungen werden nicht mitgerechnet. Hier kommt nur das liquide Vermögen zum Ansatz.
Grundlagen des Risikocontrollings
531
Der Fall der Barings Bank Nach mehr als 200 Jahren Geschichte und einem sehr erlauchten Kundenkreis, zu dem auch die Königin von England gehört haben soll, musste die britische Barings Bank 1995 Konkurs anmelden. Grund hierfür waren Handelsaktivitäten eines ihrer Mitarbeiter in Singapur. Nick Leeson brachte die Bank durch eigenmächtige Handelsaktivitäten ins Schlingern und setzte sich ab. Er wurde verhaftet und verurteilt. Die Barings Bank konnte den Gesamtverlust von fast einer Milliarde USD nicht verkraften und machte Bankrott.
16.1.1
MaRisk als Grundlage des Risikomanagements
Das Risikomanagement und die ausführenden Handelseinheiten innerhalb eines Kreditinstitutes sind strikt zu trennen. So sehen es die Richtlinien, welche in MaRisk zusammengefasst sind, vor. Personen, die Handelsaktivitäten ausüben, dürfen gleichzeitig keine Kontrollfunktion innehaben. Sie müssen von einer klar getrennten Einheit kontrolliert werden. Grundlegend wird zwischen drei Bereichen unterschieden:3 Markt: Bereiche, die Geschäfte initiieren und bei Kreditentscheidungen über ein Votum verfügen. Marktfolge: Bereiche, die bei Kreditentscheidungen über ein weiteres, vom Markt unabhängiges Votum verfügen. Handel: Bereiche, die eine strategische Kurs-/Abschluss- beziehungsweise Dispositionsverantwortung für Handelsgeschäfte im Sinne der MaRisk tragen. Als Händler wird dabei angesehen, wer Handelsgeschäfte abschließt und hierbei einen Ermessensspielraum hat. Aus der Abbildung 16.1 geht hervor, dass eine klare aufbauorganisatorische Trennung zwischen der Funktion/Stelle „Handel“ und den kontrollierenden und vom Handel unabhängigen Stellen „Abwicklung“ und „Controlling“ vor-
3
Vgl. Eller R., (2005), S. 51.
532
Risiko- und Sicherheitenmanagement im Derivatehandel
Aufbauorganisatorische Trennung der Bereiche
Vorstand I
Vorstand II
Handel
Marktfolge
Rechtsabteilung
Abwicklung
....
....
....
.... Controlling
Abbildung 16.1: Unterscheidung der verschiedenen operativen Einheiten4
gesehen ist. Nur in wenigen Ausnahmefällen, die später noch eingehend betrachtet werden, kann auf die aufbauorganisatorische Trennung verzichtet werden. Abbildung 16.2 zeigt den organisatorischen Musteraufbau. Hierbei unterscheidet man zwischen BTO 1 (Kreditgeschäft) und BTO 2 (Handelsgeschäft). Neutrale Stellen werden nicht gesondert getrennt, sondern können beliebig zugeordnet werden. Sie unterliegen nicht dem Grundsatz der Funktionstrennung. Für die BTO 1 und 2 gekennzeichneten Stellen gilt, dass Markt von Marktfolge und Handel von Risikocontrolling sowie Abwicklung aufbauorganisatorisch bis in die Ebene der Geschäftsleitung zu trennen sind. In Anbetracht der Größe von vielen Instituten ist das Installieren von nur zwei Vorständen nicht umsetzbar, deshalb werden, nach obigem Muster, mehrere Vorstände mit den Aufgaben betraut. In BTO 2.2 wird eine Ausnahme zugelassen:5 Von der generellen Trennung der Bereiche im Handel kann jedoch abgesehen werden, wenn die Handelsge-
4 5
In Anlehnung an: Sparkassen Finanzgruppe (2007), S. 49. Ebd, S. 19.
Grundlagen des Risikocontrollings
Markt- und Handelsvorstand
Markt BTO 1
Handel BTO 2
Treasury BTO 3
Vertrieb
533
Marktfolgevorstand
Marktfolge BTO 1
Abwicklung + Kontrolle BTO 2
Risikocontrolling BTO 3
Rechnungswesen
Interne Revision
Abbildung 16.2: Aufbauorganisation bei zwei Vorständen6
schäfte vom Umfang oder von der Risikorelevanz so unbedeutend sind, dass eine funktionaleTrennung unverhältnismäßig wäre. Für kleine Kreditinstitute mit geringen Handelsaktivitäten besteht eine Öffnungsklausel, die auf eine Verlautbarung des Bankkreditgesetzes zurückgeht. Die Erleichterung kann in Anspruch genommen werden, wenn in einer Gesamtbetrachtung folgende Voraussetzungen erfüllt werden:7 Bei dem Kreditinstitut handelt es sich um ein Nichthandelsbuchinstitut. Der Schwerpunkt der Handelsaktivitäten liegt beim Anlagevermögen beziehungsweise der Liquiditätsreserve.
6 7
Sparkassen Finanzgruppe (2007), S. 71. Vgl. Sparkassen Finanzgruppe (2007), S. 46 ff.
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Risiko- und Sicherheitenmanagement im Derivatehandel
Marktvorstand
Handelsvorstand
Markfolgevorstand
Vorstand marktunabhängige Segmente
SegmentMarkt BTO 1
Handel BTO 2
Marktfolge BTO 1
marktunabhängig BTO 1
Vertrieb
Treasury BTO 2
Interne Revision
Rechtsabteilung
Abwicklung + Kontrolle BTO 2
Risikocontrolling BTO 2
Rechnungswesen
Abbildung 16.3: Aufbauorganisation bei vier Vorständen8
Das Volumen der Handelsaktivitäten ist gemessen am Geschäftsvolumen gering. Die Struktur der Handelsaktivitäten ist einfach, die Komplexität, die Volatilität und der Risikogehalt der Positionen gering.
Abbildung 16.3 zeigt den organisatorischen Musteraufbau bei vier Vorständen. 16.1.2 Risikocontrolling von Wealth-Management-Kunden Bei Wealth-Management-Kunden9 wird ein aktives tägliches Risikocontrolling durchgeführt. Dieses besteht zum einen aus der Überwachung von Marktrisiken, der Margin-Überprüfung sowie der Überprüfung der Frage, ob die gehandelten Geschäfte zum Geschäftsumfang des Kunden passen. Ferner
8 9
Sparkassen Finanzgruppe (2007), S. 72. Wealth Management ist das höchste Kundensegment einer Bank. Hier befinden sich die wohlhabendsten Kunden und i. d. R. die besten Betreuer einer Bank. Aufgrund der komplexen Instrumente werden Derivate oft nur hier aktiv angeboten. Retail-Kunden handeln meist „Execution only“, d. h. mit Beratungsverzicht. Es findet folglich keine aktive und tief greifende Beratung statt. Es wird lediglich die Order erfasst. Man kann auch von Brokerage sprechen. Natürlich werden die Retail-Kunden vom Risikocontrolling genauso behandelt wie die Wealth-Management-Kunden. Hierbei wird evtl. noch etwas stringenter vorgegangen, weil der finanzielle Hintergrund ein anderer sein kann.
Grundlagen des Risikocontrollings
535
werden bankinterne Daten geprüft, wie wurden z. B. die Handelsrahmen eingehalten, wurden Verluste generiert, handelt der Kunde nur die für ihn freigegebenen Produkte, wurde der Kunde ordnungsgemäß aufgeklärt und auf die Chancen und Risiken hingewiesen? Hierzu gehören auch die Kontrollen, die der Gesetzgeber den Banken und Brokern auferlegt sowie die Kontrolle des Händlers. Handelt es sich um große Derivatekunden, die ihre Sicherheiten oft über eine Settlementlinie10 stellen, so ist die Ausnutzung dieser Linie zu jedem Zeitpunkt am Tag zu überwachen. Bei gesteigertem Risiko wird sowohl der Betreuer des Kunden bei der Bank als auch der Kunde selbst informiert. Somit ist ein lückenloses Controlling möglich.
In diesem Buch wird an manchen Stellen expliziert auf Wealth-Management-Kunden eingegangen. Der Grund hierfür liegt darin, dass diese viele Produkte nutzen, welche eine direkte Schnittstelle zum Investmentbanking darstellen. So sind auch die Prozesse in einer modernen Wealth-Management-Bank (auch bei all der anderen Unterschiedlichkeit) mit denen einer Investmentbank vergleichbar. Die extra für diese Klientel geschaffenen Produktlösungen und Antworten auf deren Fragestellung sind hier ausschlaggebend. Die Werttreiber, Projektarbeiten und Risikofaktoren sowie die Volumengrößen sind hier ebenfalls vergleichbar. Dies liegt an der Tatsache, dass die Wealth-Management-Banken die Halterfamilie der Konzerne etc. betreuen.
16.1.3
Risikocontrolling von Financial-Engineering-Abteilungen
Das Risikocontrolling von Financial-Engineering-Abteilungen ist nicht so sehr anders, als dies bei klassischen Wealth-Management-Kunden durchgeführt wird. Auch hier wird das Margin-Risiko11 kontrolliert. Für die OTCgehandelten Produkte gibt es mit jedem Counterpart12 einen speziellenVertrag über das Stellen von Sicherheiten, deren Höhe und Ausmaß. Die vereinbarten Handelsrahmen und Tradinglimits müssen eingehalten werden und werden meist von einer im Backoffice angesiedelten Abteilung kontrolliert. Die Abwicklung über CCP macht hier viele Prozesse den klassischen an börsengehandelten Derivaten vergleichbar. Zur Kontrolle der einzelnen Risiken werden computerunterstützte Prozesse herangezogen. Aufgrund der Größe 10
11 12
Settlementlinie ist eine Art Kreditlinie, in deren Umfang der Kunde Geschäfte tätigen darf. Diese Settlementlinie muss kreditmäßig geordnet werden. Kontrolle der Margin Calls sowie der Sicherheitenstellung für die jeweiligen Positionen. Die aktive Gegenseite für das Geschäft.
536
Risiko- und Sicherheitenmanagement im Derivatehandel
der abgewickelten Geschäfte ist ein effektives und zielgerichtetes Risikocontrolling von großer Wichtigkeit. Die Hedgingtransaktionen werden oftmals direkt über ein zentrales Handelsdesk abgewickelt bzw. über das (wenn vorhanden) interne Bankbuch. Je nach Organisation können demnach verschiedene Abteilungen und Desks involviert sein. Des Weiteren werden i. d. R. nicht alle Positionen sofort 1:1 abgesichert, sondern erst ab einer gewissen Menge an offenen Risikopositionen (z. B. 10 Delta Positionen in der selben Gattung). Das Management der Risikopositionen trägt schließlich zum Erfolg der gesamten Transaktionskette bei. Erst wenn diese geschlossene und in sich stimmig abgewickelt wurde, kann dieTransaktion als Erfolg gewertet werden.
Lehren aus der Vergangenheit ziehen Viele negative Beispiele sind bekannt, ob dies nun der Fall der Barings Bank oder der der Societ ´ e´ Gen ´ erale ´ ist. Jeder einzelne Fall ist ein negatives und abschreckendes Beispiel. Wichtig ist es nun jedoch, aus diesen Fällen Lehren zu ziehen. Eine große Lehre ist, so viel Risikocontrolling wie nötig einzusetzen. Vertrauen Sie nie blind einem System und stellen Sie sich nie gegen den Markt. Definieren Sie klare Verlust- und Risikolimits und halten Sie diese auch ein. Führen Sie Szenario- und Stresstestanalysen durch und ziehen Sie daraus Ihre Schlüsse. Glauben Sie nicht, Sie könnten den Markt schlagen. Wenn Sie mit mehr als 60 Prozent Ihrer Entscheidungen richtig liegen, sind Sie bereits sehr gut.
16.2
Unvorhersehbare Marktereignisse – Schwarze Schwäne
Abschließend noch ein Wort zum Thema unvorhersehbare Marktereignisse,13 wie sie ja jederzeit eintreten können: Natürlich ist es nicht anzuraten, darauf zu warten, jedoch sollte jeder Investor genügend freie Möglichkeiten haben, um agieren zu können, da es sonst schnell zu einem Margin Call oder einer Zwangsliquidation kommen kann – zumal sich in solchen (kritischen) Marktlagen durch aktive Spekulation auch Gewinne realisieren las-
13
Schwarze Schwäne – Als solche bezeichnet man nicht vorhersehbare Ereignisse, welche starke Marktschwankungen auslösen können. Beispiele hierfür sind ein Putsch, politische Unruhen, ein Terroranschlag oder z. B. eine unvorhergesehene Insolvenz (vgl. Lehman Brothers Bankrott in 2008).
Unvorhersehbare Marktereignisse – Schwarze Schwäne
537
sen. Grundsätzlich ist immer darauf zu achten, wo das größere Risiko einer Position liegt. Upside, wenn das Underlying (auch in Kombination zum Positionsbuch) nach oben steigt, oder downside, wenn das Underlying fällt. Gerade bei komplexen Strategien bzw. bei der Gesamtbetrachtung aller Positionen sollte hier genauestens darauf geachtet werden. Sind die Positionen zu einer Seite hin lastig, so kann es schnell zu großen Verlusten kommen. Ein ausgewogenes Positionsbuch schafft hier Abhilfe. Dasselbe gilt auch für Blockpositionen. Diese sollten zugunsten von mehreren kleineren Positionen vermieden werden. Diese sind ggf. aufwendiger zu betreuen, jedoch ist das Risiko einer schnellen und unvorhergesehenen Preisveränderung gemindert.
Was ist ein Risiko? Das Risiko ist keine Konstante, sondern eine Variable. Diese nimmt mit der Veränderung des Umfeldes, des Betrachtungsstandpunktes und des Betrachtungszeitraumes zu oder ab. Das Risiko kann nicht isoliert betrachtet werden sondern ist immer in Abhängigkeit zu anderen risikofördernden oder risikohemmende Faktoren zu sehen (Bezugsrahmen und Wechselwirkungen). Dabei ist das Risiko ein Maß für die Driftrate einer Entscheidung, die im Zusammenspiel mit anderen Entscheidungen, welche komplett losgelöst von der eigenen oder in Zusammenspiel mit der eigenen Entscheidung stehen, zu einem Ergebnis führen, das man im Vorfeld nur in einer Szenarioanalyse durch Iteration prognostizieren konnte. Als Risiko kann man die Standardabweichung/Volatilität () oder die Varianz (2 ) eines Anlageinstrumentes betrachten. Dabei ist das Vorhandensein eines nicht vorhergesagten Ereignisses außerhalb des Sigma-Bandes (-Band) jedoch zu berücksichtigen. Abgeleitet von obigen Kontext ist somit zu postulieren, dass die Volatilität ein mehrdimensionales, symmetrisches Maß für das Risiko einer Investition anzusehen ist. Philosophisch gesagt ist das Risiko die vorübergehend Unbekannte in der göttlichen Gleichung des Lebens. Sozusagen dass Higgs-Boson,14 das jedem Teilchen Masse verleiht und somit Existenz schenkt.
14
Das Higgs-Boson ist nach dem englischen Wissenschaftler Peter Higgs benannt. Vereinfacht dargestellt kann man sagen, dass es im Standardmodell der Elementarphysik das Elementarteilchen ist, das allem Masse verleiht. Es wird auch Gottesteilchen genannt. Näheres hierzu finden Sie hier: http://press-archived.web.cern.ch/press-archived/ PressReleases/Releases2012/PR17.12E.html.
538
Risiko- und Sicherheitenmanagement im Derivatehandel
Da wir das Risiko i. d. R. anhand von vergangenheitsbezogenen Daten analysieren, fließt in diese Betrachtung immer mit ein, was Daniel Kahneman einst wie folgt dargestellt hat: „Die Vergangenheit ist gewiss und schwankt nicht, während die Zukunft ungewiss und volatil ist“.15
Abbildung 16.4 fasst die Hauptpunkte des Risikocontrollings nochmals zusammen.
Risikocontrolling Margin- und Handelskontrolle
Margin-Überwachung
Produktkontrolle
Überwachung
Überwachung
Produktzulassung
der Handelsaktivität
der Handels-
für einzelne Kunden
(Orderkontrolle)
und Verlustrahmen
unterbinden
Abbildung 16.4: Risikocontrolling
Die 10 goldenen Regeln des Risikocontrollings 1. So viel Controlling wie nötig und nicht wie möglich! 2. Vertrauen Sie niemals blind einem System! 3. Jeder, egal ob Händler, Kunde oder Risikocontroller, muss sich jeden Tag mit dem Risiko auseinandersetzen. 4. Risiken niemals „schleifen“ lassen. 5. Panik ist das Ende von allem Guten. Ruhe bewahren und versuchen, rationale Entscheidungen zu treffen. 6. Nicht überreagieren, keine Risiken unter den Teppich kehren. 7. Intensive Kommunikation zwischen den Parteien pflegen. Risiken immer offen und vollständig ansprechen. 8. Chirurgisch eingreifen, nicht mit der „Holzhammermethode“. 9. Vor Geschäftsabschluss Chancen und Risiken auswerten. 10. Erst nach dem Closing ist das Risiko aus dem Buch!
15
Frei nach D. Kahneman.
Unvorhersehbare Marktereignisse – Schwarze Schwäne
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Für Emittenten ist das Risikocontrolling von großer Wichtigkeit. Denn die gestalteten Produkte müssen je nach Ausgestaltung und Darstellung überwacht werden. Im folgenden Interview gibt ein Experte darüber Auskunft. Interview mit Gabriel Eigenmann Direktor Trading – LEONTEQ Securities AG16 Lieber Herr Eigenmann, wie läuft ein Risikosteuerungsprozess eigentlich ab und worauf muss man hier achten? Hier muss man auf verschiedene Punkte achten. Lassen Sie mich dies aufgliedern: a.) Produkt wurde aufgesetzt, gehandelt . . . Je nach Größe des Trades hedged der Händler bei Abschluss das Delta und den FX (also die Währungskomponente, falls vorhanden) und allenfalls (aber eher selten) das Vega. Wichtiger Schritt ist anschließend die ökonomisch korrekte Aufsetzung des Produkts durch das Middleoffice im Frontoffice-System. Hierbei wird jeder Payoff in die einzelnen Komponenten zerlegt und so repliziert (Beispiel: Discountzertifikat = Bond (Funding) und ein short Put). Es folgen nun weitere Prozesse außerhalb vom Risikomanagement (Termsheet erstellen, Produkt beim Clearer und der Börse anmelden etc). b.) Wie erfolgt die Produktrisikoüberwachung? Nachdem das Middleoffice das Produkt aufgesetzt und verbucht hat, kann der Handel (und natürlich das Risikocontrolling) laufend die Risiken betrachten, welche aus diesem Produkt entstehen. Dieses erfolgt mittels IT-Programmen. c.) Was ist während der Produktlaufzeit zu beachten? Während der Laufzeit gilt es natürlich, die vielen dynamischen Risiken im Auge zu behalten (und abzusichern), welche für Optionen so typisch sind (z. B. Delta-Hedge adjustieren aufgrund Gamma-Exposure). Wichtig ist auch, auf mögliche Events wie Barrier Hits oder Autocalls zu achten, welche ebenfalls signifikante Anpassungen der Hedge-Position nötig machen können. Ein wichtiger Teil des Risikomanagements ist die aktive Pflege der Bewertungsgrundlagen (v. a. ¨ Volatility Surface, projected Dividends). Eine Anderung der Volatility Surface beispielsweise wird sich direkt auf P&L und Risiko-Exposure auswirken. d.) Was passiert mit Nachläufern auf der Sell-and-Buy-Seite? Einzelne Sekundärmarkttransaktionen fließen direkt ins Buch, werden meist aber nur im Rahmen vom MacroHedging betrachtet. Eine Ausnahme stellen die großen Sekundärmarkttansaktionen dar. Hier wird das Delta und das FX-Risiko natürlich „on the fly“ abgesichert. e.) Was gibt es sonst noch zu beachten? Das Risikomanagement erfolgt eher auf Ebene „Buch“ als auf Ebene „Produkt“: Der Händler betrachtet die aggregierten Risiken und sichert ab, wo nötig. Spezielle Beachtung erfordern Produkte mit Basiswerten aus unterschiedlichen Zeitzonen.
16
LEONTEQ Securities AG ist einer der führenden Financial-Engineering-Anbieter. Gabriel Eigenmann verantwortet dort als Direktor Trading den Sekundärmarkthandel. Das Interview führte Michael Bloss und es wurde durch die LEONTEQ Securities AG zum Abdruck im Buch: Financial Engineering genehmigt. Aufgrund der Komplexität des Inhaltes konnte nicht auf jede Einzelheit eingegangen werden.
540
Risiko- und Sicherheitenmanagement im Derivatehandel
Wie steuert der Emittent (Issuer) sein Risiko über alle Produkte (Gesamtbuch)? ¨ Prinzipiell kümmert sich jeder Händler um ein eigenes Buch. Die Uberwachung der aggregierten Risiken über alle Bücher obliegt dem Risikocontrolling. Leitlinie fürs gesamte Risikomanagement und -controlling bildet eine Reihe von Risikolimits. Diese existieren für zahlreiche Risikoparameter wie: Delta, Vega, Rho etc. Ich denke, auch hier sind fiktive Beispiele angebracht: Ein Händler hat max. bspw. 1.500.000 CHF Delta-Exposure pro Aktie, max. 50.000 CHF Vega-Exposure pro Aktie. An diese Grenzen muss er sich halten. Des Weiteren lässt das Risikocontrolling für das gesamte Buch Szenarioanalysen laufen und untersucht deren Auswirkungen auf P&L und Risikoparameter. Es handelt sich um Szenarien wie beispielsweise Zinsschocks, Marktschocks (wie 9/11) etc. Prinzipiell unterscheiden wir Limits auf Positionslevel, wie etwa für Delta, Vega, Gap Risk, etc., hier werden eher idiosynkratrische Risiken adressiert und Limits auf Portfoliolevel, wie VaR und Stress Loss Limits. Dazu kommen zusätzlichen Kontrollen, wie etwa Validierung der Bewertungsmodelle und Bewertungsparameter, Checks zur Adressierung operationeller Risiken etc. Welche speziellen Risiken werden beachtet und ausgeschaltet? Prinzipiell werden alle Risikofaktoren, welche man in der Black-Scholes-Formel findet, aktiv durch die Händler und das Risikocontrolling überwacht und gemanagt: Delta, Vega, Gamma, Epsilon (Dividenden), Rho. Selbstredend wird auch die FX-Exposure überwacht (sollte diese vorhanden sein). Spezifisch für Barrier Produkte gilt es, auch die „Pink Risks“ im Auge zu behalten (Extremfall: Das Produkt verfällt in einer Minute und der Aktienkurs befindet sich genau auf der Barriere oder dem Autocall-Level). Ein wichtiges Thema bei Emittenten von „Worst of“-Produkten ist auch die Korrelation. Je nach Komplexität und Größe des Buches werden weitere „Second Order Greeks“ betrachtet, z. B. Vanna. Was ändert sich bei der Umstellung auf CCP? Sie meinen mit der Umstellung auf EMIR? Ja, genau. Die Produkte, welche durch CCP gehen, müssen standardisiert werden, was positiv ist. Für die anderen OTC-Geschäfte wird der Aufwand steigen und damit wahrscheinlich in Zukunft auch die Kosten, wie das regulatorische Kapital, aber anderseits gibt es sehr viele positive Aspekte, wie die Risk Mitigation Measures, welche implementiert werden müssen, wie etwa Abgleich der Positionen und Bewertungen. Herzlichen Dank für die vielen aufschlussreichen Informationen.
Risikomanagement
16.3
541
Risikomanagement
Das Steuern von Risiken ist die fundamentale Disziplin in einer Investmentbank. Nur wer sein Risiko kennt, versteht und mit diesem umgehen kann, wird langfristig erfolgreich sein. Daher sind genau diese drei Blöcke von hoher Wichtigkeit: 1. Risiko erkennen a) Frühwarnsysteme implementieren b) Szenarien simulieren und betrachten c) Risikopositionen getrennt und im Portfolioansatz würdigen d) Eigenkapital im Auge behalten e) Liquiditätsrisiken beachten 2. Risiko verstehen a) Welche Risiken erwachsen aus welchen Transaktionen und wie kann man mit diesen umgehen? b) Welche Größenordnungen bewegen wir? c) Was ist das Risiko wert? d) Welches Geschäft steckt dahinter? e) Welche Korrelationen und Autokorrelationen sind vorhanden? 3. Risiko managen a) Wie gehen wir mit dem Risiko um und welche Maßnahmen werden ergriffen? b) Wie kann ich Risiken isolieren und beseitigen? c) Welche Risiken nehmen wir aktiv in Kauf und welche nicht? d) Wie gehen wir in Sondersituationen mit unseren Risiken um? e) Wie belastet mich und mein Eigenkapital die eingegangene Risikoposition? In einer Investmentbank führen Risikofrüherkennungssysteme und Systeme zum Steuern dieser Risiken zu einer transparenten Sichtweise auf die eingegangenen Positionen. Denn gerade Risiken, welche stark das Eigenkapital belasten müssen hinterfragt werden. Dies gilt für normale Handelsgegebenheiten wie auch für Zeiten mit extremen Handelsszenarien (z.B. BREXIT, 9/11, Lehman Brothers). Für Extremszenarien stehen in den Investmentbanken sogenannte Risikopläne zur Verfügung. Oftmals werden diese als Emergency Action Plans (EAP) bezeichnet. Diese liegen für verschiedene Szenarien bereits vorkonfektioniert vor und würden beim Auslösen einem klassischen und selbsttragenden Prozess eröffnen. Der Grund für diese Vorbereitung liegt auf der Hand, es muss alles durchdacht sein. Dies wäre in einem spontanen Krisenfall so nicht denkbar. Doch auch bei nicht extre-
542
Risiko- und Sicherheitenmanagement im Derivatehandel
men Situationen ist es wichtig die Risikopositionen im Blick zu behalten, da diese immer auch das Eigenkapital belasten. Viele Investmentbanken haben daher beschlossen diverse Produkte nicht mehr für jede Kundenklientel bzw. an sich anzubieten. Diese Verschlankung des Produktangebotes und die Konzentration auf Kernprodukte entlastet oftmals das Eigenkapital und spart auch Sach- und Prozesskosten. Auf der anderen Seite wird das Produktangebot am Markt standardisierter und die Anbieter werden geringer. Dies kann zu einer Schaffung von Monokulturen führen, welche das Marktrisiko nicht verkleinern. Es ist jedoch zu erkennen, dass viele Produkte eher im Interbankenmarkt Verwendung finden und teilweise nicht bis zum Endkunden gelangen bzw. von diesem nachgefragt werden. Daher ist hinsichtlich eines endkundengesteuerten Modells eine Reduzierung von exotischen Strukturen und die damit einhergehende Reduzierung der Eigenkapitalanforderung bzw. auch der Kosten verständlich.
16.4
Risikomanagement Systeme
Moderne Risikomanagement Systeme arbeiten sowohl im Front- als auch Backoffice-Bereich. Im besten Falle verwendet eine Investmentbank eine System-Familie desselben Anbieters und reduziert hier die Reibungsverluste und eine negative Schnittstellenthematik. Die Anforderungen, welche an ein solches System gestellt werden sind sehr hoch. Neben Liquiditätsrisiken, dem Simulieren von Stresstests, Order- und Portfoliomanagement (OTC und Listed Produkte), Performance Attribution, Trade Compliance, Sicherheitenmanagement, Default-Management, Datenmanagement, Reporting und dem Cross Produkt Management, etc. sind diese Anwendungen auch in der Lage, alle vom Anbieter gehandelten Produktgruppen abzubilden.17 So können Händler und Back-Office Spezialisten auf derselben Oberfläche arbeiten und dies in unterschiedlichen Underlyings. Diese Lösung aus einer Hand ermöglicht auch ein transparenteres Risikomanagement und schafft eine schnellere und zielgerichtete Risikosteuerung.
17
Vgl. Murex MX3.
Was ist das Sicherheitenmanagement?
16.5
543
Was ist das Sicherheitenmanagement?
Unter einer Margin versteht man die für die Termingeschäfte zu hinterlegende Sicherheitsleistung (auch Einschusszahlung genannt). Diese soll die finanzielle Erfüllbarkeit absichern und gewährleisten, dass die eröffnete Position auch wieder geschlossen werden kann. Grundsätzlich gilt: Eine Margin fällt bei allen börsengehandelten Termingeschäften an. Lediglich bei Long-Optionen wird keine Margin berechnet,18 da es sich um den Erwerb eines Rechts und nicht um eine eventuelle Verpflichtung handelt.19 MarginAnforderungen sind grundsätzlich bis zum nächsten Börsentag für alle offenen Positionen zu stellen (lombardfähigen Papieren). Unter schwierigen Börsenumständen kann es auch einmal vorkommen, dass innerhalb eines Börsentages ein Nachschuss auf die Margin bzw. die Sicherheit geleistet werden muss. Banken und Broker stellen die Sicherheit gegenüber der Terminbörse unter anderem in Wertpapieren (lombardfähig) oder Liquidität (in verschiedenen Währungen – EUR, CHF, USD, GBP) und sperren dann, aufgeschlüsselt auf die Kunden, Wertpapiere oder Guthaben in den Kundenkonten und depots. Im Regelfall stellen Kunden gegenüber Broker oder Bank das 1,2bis 2-Fache der von der Terminbörse geforderten Margin. Diese „künstliche“ Erhöhung ist eine weitere Maßnahme zur Absicherung sowohl des Kunden (grenzt seinen Handlungsspielraum ein) als auch der Bank/des Brokers. Doch wie setzt sich die Margin-Anforderung zusammen? Grundsätzlich gibt es verschiedene Margin-Systeme, wie Risk Based Margining,20 SPAN,21 TIMS22 und das E UREX C LEARING P RISMA etc.
18 19 20 21
22
Long-Positionen führen beim Netting der Positionen zu einem Margin-Guthaben. Die Verpflichtung ist mit der Prämienzahlung an den Short-Investor abgegolten. Risk Based Margining ist das an der Eurex genutzte Margin-System. 1988 durch die Chicago Mercantile Exchange (CME) entwickelte Berechnungsmethode von Margin-Anforderungen. Es ist heute noch in der Verwendung am CBOE, CME, LIFFE etc. SPAN ist die Abkürzung für „Standard Portfolio Analysis of Risk“. Bei der SPANMargin ergibt sich die Margin-Anforderung aus der Berechnung komplexer Algorithmen, die sämtliche geschriebene und eingegangene Options- und Futures-Geschäfte eines Handelskontos berücksichtigt und damit das Gesamtrisiko des Portfolios erfasst. Somit werden jegliche größtmöglichen Verluste und Gewinne des nächsten Handelstages aller Positionen des Kontos berechnet und aufgrund dessen die zu hinterlegende Margin-Höhe festgelegt. Theoretical Intermarket Margin System: System der Options Clearing Corporation (OCC). Die OCC wurde 1973 gegründet und hat ihren Sitz in Chicago.
544
Risiko- und Sicherheitenmanagement im Derivatehandel
Im Downloadbereich steht ein Eurex-Margin-Rechner zur Berechnung der Margin und Simulation von Inanspruchnahmen bereit.
Als Information vorab: Alle an den Eurex Börsen abgeschlossenen Geschäfte werden über die Eurex Clearing AG abgewickelt. Sie garantiert den Geschäftspartnern bzw. Clearing-Teilnehmern die Erfüllung der Geschäfte. Dabei übernimmt sie auch die Berechnung der Margin. Des Weiteren wird hier auch die Verrechnung der einzelnen Marginanforderungen bzw. Marginguthaben durchgeführt. Auch kommt das Cross-Margining hier zum Einsatz und verschafft sowohl auf der Liquiditätsseite wie auch auf der Seite der Sensitivitäten maximale Flexibilität. Durch diese portfoliobasierte Risikomanagement-Methode ist eine effektive Risikosteuerung gegeben.
16.6
Was ist das Risk Based Margining?
Für den Investor ist es vorteilhaft, wenn er anstatt des Gesamtgegenwertes einer Position nur den Betrag deponieren muss, der dem Verlustrisiko seines Positionsbuches entspricht. Durch die Berücksichtigung von Kombinationen wird dabei das Risiko reduziert und eine Überdeckung vermieden. Produkte mit (annähernd) gleichen zugrunde liegenden Instrumenten werden in dieselbe Risikoklasse eingeteilt: So sind beispielsweise alle Optionen auf DAX®-Werte sowie die ODAX® und FDAX®-Positionen in der Margin-Klasse DAX® enthalten. Analog zu diesem Beispiel werden alle Klassen gebildet. Mögliche Margin-Guthaben bzw. Margin-Verpflichtungen derselben Klasse werden gegenseitig verrechnet. Dieses Verfahren nennt man Cross Margining. Es trägt zur Schonung der Liquidität bei, da die Einzelbewertung jeder Position in Summe zu einer höheren Margin führen würde. Werden zwei oder mehrere Margin-Klassen mit ähnlicher Korrelation zusammengefasst, spricht man von einer Margin-Gruppe. Auch innerhalb einer solchen Gruppe wird wiederum ein Cross Margining vorgenommen. So werden beispielsweise die Klassen Euro-Bund-Future, Euro-Bobl-Future und EuroSchatz-Future gegenseitig verrechnet. Die Margin wird jeden Tag für jedes Börsenmitglied neu berechnet. Auch im Tagesverlauf wird die Margin weiter berechnet; dabei werden nicht nur die
Warum muss man eine Margin stellen und wie wird diese berechnet?
545
aktuellen, sondern auch die zukünftig wahrscheinlichen Kursrisiken berücksichtigt. Sollte ein Börsenmitglied untertags in Unterdeckung geraten, ergeht an dieses Mitglied ein sogenannter Intraday Margin Call und die Liquidität wird sofort eingefordert.
16.7
Warum muss man eine Margin stellen und wie wird diese berechnet?
Durch das Stellen einer Margin soll das Risiko der höchstmöglichen Glattstellung einer Position unter Annahme des Worst-Case-Szenarios besichert werden. In einem ersten Schritt werden alle Long- und Short-Positionen, welche auf gleiche Kontrakte mit gleicher Fälligkeit lauten, gegenseitig verrechnet (genetted) – so entsteht eine Netto-Long oder Netto-Short-Position. Alle NettoRisikopositionen werden zusammengefasst und als aggregierte Netto-Risikopositionen betrachtet. Um die maximalen Glattstellungskosten zu bestimmen, versucht man nun, ausgehend vom bisherigen Kursverlauf der Kontrakte (bzw. deren Underlying), Rückschlüsse auf die weitere Preisentwicklung zu ziehen. Eine zentrale Rolle spielt dabei die Volatilität, also die Schwankungsbreite: Zu ihrer Berechnung betrachtet die Eurex Clearing AG die Kursausschläge in den zurückliegenden 30 oder 250 Börsentagen (was einem Handelsmonat bzw. einem Handelsjahr entspricht). Auf Basis dieser Kursausschläge werden Margin-Parameter bestimmt, welche die maximale Kursschwankung von einem auf den anderen Börsentag beschreiben. Bei Bedarf werden diese Parameter angepasst. Mithilfe der Margin-Parameter werden mögliche Niedrigst- und Höchstpreise für die einzelnen Basiswerte ermittelt und anschließend theoretische Optionspreise errechnet. Die hier eingesetzte Volatilität ist die implizite Volatilität, welche aus den Abrechnungspreisen der Option zu extrahieren ist.
546
Risiko- und Sicherheitenmanagement im Derivatehandel
16.8
Die Marginarten des Risk Based Margin System der Eurex23
16.8.1 Premium Margin Diese Margin fällt bei allen Optionen an, bei denen die Prämie bereits beim Abschluss des Optionsgeschäftes bezahlt werden muss (vgl. Abbildung 16.5). Sie ist vom Stillhalter durch entsprechende Sicherheiten (anerkannte Wertpapiere oder Geld) zu decken. Die Premium Margin deckt den Verlust ab, welcher entstehen würde, wenn der Stillhalter seine Positionen am heutigen Börsentag zurückgekauft hätte. Bei Optionen auf Futures24 fällt keine Premium Margin an. Hier wird die Optionsprämie nicht bei Abschluss bezahlt, sondern im Mark-to-MarketVerfahren verrechnet. Für Long-Positionen fällt ebenfalls keine zu zahlende Premium Margin an, da mit der Zahlung der Optionsprämie ein Recht, aber keine Verpflichtung erworben wird. Im Gegenzug zu den Short-Positionen werden bei LongPositionen Margin-Guthaben in die Margin-Komplettbetrachtung eines Positionsbuches mit aufgenommen.
16.8.2 Additional Margin Die Additional Margin (vgl. Abbildung 16.5) dient dazu, die bis zum nächsten Börsentag und auch während des Geschäftstags (im Worst-Case-Szenario) möglichen zusätzlichen Glattstellungskosten zu decken. DieAdditional Margin wird auf alle Options- und Future-Positionen erhoben. Bei Future-Positionen spricht man hierbei (außerhalb des Eurex-Sprachgebrauchs) auch von Initial Margin. Hier wird zum Abschluss des Termingeschäftes ein Grundbetrag gestellt, der das Worst-Case-Szenario in der Position abdecken soll.
16.8.3 Variation Margin Die Variation Margin ist der tägliche Gewinn- oder Verlustausgleich bei Futures sowie Optionen auf Futures. Hier findet das oben erwähnte Mark-to-
23 24
Vgl. Eurex Risked Based Margining. Future-Style-Options.
Die Marginarten des Risk Based Margin System der Eurex
547
Optionen auf Aktien, ETF25 und Indizes
Optionen Premium Margin
Additional Margin
Futures
Futures Additional Margin (Initial Margin)
Variation Margin
evtl. Future Spread Margin Optionen auf Futures
Optionen auf Futures Additional Margin
Future Style Margin (Variation Margin)
Abbildung 16.5: Die Margin-Arten im Überblick26
25
26
Exchange Traded Funds; z. B. Indexfonds, welche in Form von Sondervermögen an Börsen gehandelt werden. Auch auf diese kann man Optionen abschließen (die Eurex hat z. B. auf ® DAX -ETF (iShares) Optionen eingeführt um eine „covered“ Variante für Retail-Kunden anzubieten; wurde vom Markt nur gering aufgenommen, auch das CBOE bietet Optionen auf ETFs an). Eurex Margin-Arten.
548
Risiko- und Sicherheitenmanagement im Derivatehandel
Market-Verfahren seine Anwendung: In diesem Verfahren werden die täglich entstehenden Gewinne oder Verluste den betreffenden Clearing-Mitgliedern entweder gutgeschrieben oder belastet. Der gravierende Unterschied zu den anderen Margin-Arten besteht darin, dass die Variation Margin keine Sicherheitsleistung mittels Wertpapieren und dergleichen ist, sondern ein tatsächlicher Gewinn- oder Verlustausgleich. Hat ein Investor einen Future bei 100 Punkten gekauft und steht dieser am Folgetag bei 110 Punkten, so bekommt er die 10 Punkte – umgerechnet in die jeweilige Währungseinheit – gutgeschrieben. Der Inhaber einer ShortFuture-Position wird im Gegenzug belastet. Somit werden alle Positionen im Mark-to-Market-Verfahren jeden Tag neu bewertet. Auch am letzten Handelstag wird nur noch die Differenz von allen vom Vortag offenen Positionen zum Final Settlement Price ermittelt. Beispiel für die Variation Margin Datum 25.11. 26.11. 27.11. 28.11. Summe
Abrechnungspreis 4705 4742 4726 4778 –
G&V in Punkten − 30 + 37 − 16 + 52 + 43
Punktwert Euro27 25 25 25 25 –
Anzahl der Kontrakte 10 10 10 10 –
Variation Margin in Euro − 7500 + 9250 − 4000 + 13.000 + 10.750
Die summierten 10.750 Euro kann der Kunde als Gewinn verbuchen, wenn er den Future schließt.
16.8.4 Future Spread Margin Sind in einem Positionsbuch mehrere Future-Positionen enthalten, die sich auf den gleichen Basiswert beziehen, so können Long- und Short-Positionen gegenseitig verrechnet werden. Dabei ist es wichtig, dass die Kontraktlaufzeiten gleich sind. Man nennt diesen Vorgang „Netting“. Verbleiben Long- oder Short-Positionen, deren Fälligkeitsmonate nicht übereinstimmen, so können diese ebenfalls gegenübergestellt werden. Man nennt diese Positionen nichtkompensierbare Non-Spreads. Diese werden mit der Future Spread Margin belegt.
27
Bsp.: FDAX = 25 Euro pro Punkt.
Margin bei Optionen
16.9
Margin bei Optionen
16.9.1
Long-Positionen
549
Das finanzielle Risiko bei Long-Positionen ist durch die Zahlung der Prämie abgegolten, da hier ein Recht erworben und keine Verpflichtung eingegangen wird. Es kann jedoch ein Margin-Guthaben entstehen, das beim Gegenüberstellen der Positionen herangezogen wird.
16.9.2
Short-Positionen
Grundsätzlich unterscheidet man zwischen gedeckten und ungedeckten Short-Positionen. Bei gedeckten Short-Positionen28 sind die jeweiligen Underlyings im Bestand des Investors vorhanden. Hat dieser beispielsweise Short Calls auf die Aktie X, so hat er bei einer gedeckten Short-Call-Position die entsprechenden Aktien 1 : 1 zur Terminmarktposition im Bestand. Dies funktioniert jedoch nur bei Optionen mit physischer Belieferung, die nicht auf Futures lauten. Optionen mit einem Cash-Settlement können nur ungedeckt abgeschlossen werden. Übt ein Long-Investor seine Position aus, wird im Auslosungsverfahren eine passende Short-Position zugeteilt. Anschließend erfolgt die Belieferung, wobei sich die Lieferzeiten je nach Kontrakt und Lieferart unterscheiden. Bei ungedeckten Optionen wird, wie bereits beschrieben, eine Sicherheitsleistung in Form einer Margin erhoben. Die dafür benötigten theoretischen Optionspreise werden mittels verschiedener Optionspreismodelle ermittelt und in Zusammenhang mit möglichen Kursverläufen des Underlyings wird die Margin ermittelt. Die Abbildungen 16.6 und 16.7 zeigen Margin-Berechnungen aus einem Tradingportfolio auf. Dabei wird nach der Risk Based Margin Berechnung (Abbildung 16.6) und SPAN (Abbildung 16.7) unterschieden. Da bei stark aus dem Geld liegenden Optionen das Risiko besteht, dass die Preise zu niedrig errechnet werden (da diese bei abrupt zunehmenden Schwankungen des Basiswertes übermäßig reagieren können), gibt es das Short Option Adjustment. Dieses kann zum Teil deutlich über den ermittelten Optionspreisen liegen. 28
CCW = Covered Call Writing.
550
Risiko- und Sicherheitenmanagement im Derivatehandel
Abbildung 16.6: Risk-based-Margin-Berechnung für Short Puts (150) auf Deutsche Telekom29
Abbildung 16.7: SPAN Margin-Berechnung für Short Calls (3) und Short Puts (2) auf Lonmin30
29 30
Quelle: Commerzbank ZTB, Rolfe & Nolan. Quelle: Commerzbank ZTB, Rolfe & Nolan.
Margin während der Zeitdifferenz der Belieferung
551
Ein Bestandteil der Rechnung ist das Out-of-the-money-Minimum: Es wird von der Terminbörse vorgegeben. Die Formel lautet wie folgt: Short Option Adjustment = Margin-Parameter31 × Out-of-the-money-Minimum + täglicher Abrechnungspreis
16.10
Margin während der Zeitdifferenz der Belieferung
Wird eine Option ausgeübt, fällt bis zur Belieferung weiterhin eine Margin an. Diese bezieht sich jedoch nun auf den zu liefernden Basiswert und nicht mehr auf die Option. Die Differenz zwischen Ausübungspreis und Schlusskurs des Basiswerts ist als Premium Margin zu stellen. Die Kursschwankungen des Basiswertes gehen als Additional Margin in die Gesamtberechnung der Margin mit ein.
16.11
Margin bei Futures
Die täglichen Gewinne und Verluste werden mittels einer Geldbuchung ausgeglichen (vgl. Abbildung 16.8). Diese nennt man Variation Margin. Aufgrund dieses Mechanismus ist ein Akkumulieren von Gewinnen oder Verlusten ausgeschlossen. Neben dem täglichen Gewinn- und Verlustausgleich muss jedoch noch eine Sicherheit für den Fall gestellt werden, dass eine mögliche Glattstellung am folgenden Börsentag zu Verlusten führt. Diese Additional Margin (Initial Margin32 ) kann im Gegensatz zur Variation Margin – welche in Geld ausgeglichen wird – entweder in Wertpapieren oder in Geld (in Form von Kontoguthaben) geleistet werden (vgl. Abbildung 16.8). Ihre Höhe entspricht dem Betrag, der im Worst-Case-Szenario für eine Glattstellung der offenen Kontrakte benötigt würde.
31
32
Die Margin-Parameter werden von den jeweiligen Terminbörsen festgelegt und je nach Risikogehalt des Underlyings angepasst. Wording außerhalb der Eurex.
552
Risiko- und Sicherheitenmanagement im Derivatehandel
Abbildung 16.8: Euro/USD-Future an der CME, SPAN-Methode33
Im ersten Schritt werden alle Long- und Short-Position desselben Fälligkeitsmonats saldiert („Netting“). Eventuell daraus entstehende Nettopositionen (long oder short) werden darauf untersucht, ob sich Spreads bilden lassen. Für diese wird die bereits erwähnte Spread Margin verrechnet, die geringer als die Additional Margin für die restlichen Nettopositionen ist. Lassen sich weder ein Netting noch Spreads aufzeigen, wird nur die Additional Margin berechnet.
33
Bei der Berechnung der Spread Margin unterscheidet man zwischen der Spot-Month-Spread-Margin und der Back-Month-Spread-Margin: Den nächstfälligen Terminkontrakt nennt man Front-Kontrakt, den betreffenden Monat Spot Month; alle anderen Monate werden als Back Month bezeichnet. Die Kontrakte nennt man Deferred-Kontrakte. Die Spot-Margin bezieht sich auf den Front-Kontrakt (vorausgesetzt, die Kontrakte befinden sich im selben Monat). Der Grund dafür ist simpel: Der Kontrakt, der als nächster fällig ist, geht mit dem höchsten Umsatz, aber auch der größten Volatilität einher. Somit steigt also das Risiko mit der Kontraktlaufzeit dieser Termingeschäfte. Als Folge kann es sein, dass Long- und ShortPositionen bezüglich des Risikos nicht mehr negativ korrelieren, sodass die Kompensation nicht mehr ausreicht. Die Erhöhung der Margin tritt mit Anfang des letzten Handelsmonats in Kraft. Lassen sich keine Spreads bilden, fällt, wie angesprochen, die Additional Margin an, da die betroffenen Positionen bis zum nächsten BörsenQuelle: Commerzbank ZTB, Rolfe & Nolan.
Margin bei Future-Style-Optionen
553
Abbildung 16.9: Margin-Berechung FDAX® an der Eurex, Risk-based-Methode35
tag dem vollständigen Glattstellungsrisiko unterliegen. Bei Drucklegung dieses Buchs wurde für eine FDAX®-Position pro Kontrakt eine Additio® nal Margin34 von 550 FDAX -Punkten berechnet (entsprechend 550 × 25 Euro = 13.750 Euro).
16.12
Margin bei Future-Style-Optionen
Bei klassischen Optionen fällt die übliche Premium Margin an. Bei den Optionen auf Futures ist dies nicht der Fall: Hier wird die Prämienzahlung im Mark-to-Market-Verfahren (siehe Variation Margin 16.6.3) verbucht. Die Additional Margin, welche die Glattstellungsverluste im Worst-Case Szena-
34 35
Initial Margin. Quelle: Commerzbank ZTB, Rolfe & Nolan.
554
Risiko- und Sicherheitenmanagement im Derivatehandel
rio bis zum nächsten Börsentag oder auch untertägig absichert, wird analog zu den klassischen Optionen berechnet. Future-Style-Optionen unterliegen dem Future-Style-Premium-Posting. Das heißt, dass bei Ausübung oder Verfall zusätzlich zum täglichen Gewinnoder Verlustausgleich die noch unbezahlten Prämien-Teilbeträge abgerechnet werden. Somit wird die Optionsprämie erst bei der Ausübung der Option bzw. nach Ende ihrer Laufzeit bezahlt. Dies schafft einen Liquiditätsvorteil für den Käufer. Die Gutschrift bzw. Belastung wird auf Basis der täglichen Optionspreise berechnet. Da der Stillhalter bei diesem Verfahren auf die Zinseinahmen aus der Wiederanlage der Optionsprämien verzichtet, werden diese Optionen mit höheren Prämien gehandelt als Optionen des klassischen Typs. Dieses Verfahren spricht für eine geringere Kapitalbindung. Es kommt bei der Eurex bei Optionen auf Futures (z. B. OGBL) zum Einsatz.
16.13 Wie erfolgt die Margin-Berechnung für Optionspositionen? Enthält ein Positionsbuch mehrere Kontrakte desselben Underlyings, so ist eine Kompensation der Risikogewichtung (Risikogehalt) möglich. Man verwendet dazu das zu Anfang des Kapitels erläuterte Cross-Margin-Verfahren. Grundlage der Margin-Berechnung ist die maximal anzunehmende Preisbewegung des Underlyings bis zum nächsten Börsentag (Margin-Parameter). Er wird auf Basis statistischer Untersuchungen zur Volatilität des Underlyings ermittelt. Durch Addition bzw. Subtraktion vom aktuellen Preis lassen sich die Maximal- bzw. Minimalkurse für das Underlying ermitteln. Dabei zeigt sich, ob ein Upside- oder ein Downside-Risiko36 besteht. Anschließend werden alle Basispreise eines Margin-Intervalls berechnet.
Die jeweiligen Margin-Parameter können auf den Homepages der Terminbörsen eingesehen werden. Je nach Risikoeinschätzung werden diese angepasst.
36
Upside = bei einer Bewegung des Underlyings nach oben; downside = bei einer Bewegung des Underlyings nach unten.
Berechnung der Glattstellungskosten
16.14
555
Berechnung der Glattstellungskosten
Das Cross Margining wirkt sich umso stärker aus, je mehr Optionskombinationen gehandelt wurden und sich im Positionsbuch befinden. Können mehrere Margin-Klassen in einer Margin-Gruppe zusammengefasst werden, so wird diese erneut nach gleichartigen Risiken bewertet. Zunächst wird für jede Margin-Klasse die obere und die untere Hälfte der Additional Margin berechnet. Ergeben sich negative Margin-Sätze, werden diese in der Regel mit dem sogenannten Offset-Percent multipliziert: Dieser liegt meist bei null; das heißt, sie können gestrichen werden. Danach werden alle Additional Margins für die obere Hälfte addiert. Das Ergebnis nennt man die Upside Additional Margin einer Margin-Gruppe. Ebenso verfährt man mit der unteren Hälfte. So erhält man die Downside Additional Margin der Gruppe. Die beiden Sätze werden einander gegenübergestellt. Der höhere Satz wird als Additional Margin für die Margin-Gruppe erhoben.
16.15
Was ist EUREX CLEARING PRISMA?37
Um auch in komplexen Marktlagen antizyklische Marginanforderungen darstellen zu können, führte die Eurex das Eurex Clearing Prisma ein. Diese Methode ersetzt die Risked Based Margin Methode. Da das Risikoportfolio eines Clearing Mitgliedes im Normalfall nicht homogen, sondern heterogen ist, stellt eine große Herausforderung dar. Daher wird mit Eurex Clearing Prisma das Prinzip von Liquiditätsgruppen eingeführt. Diese kombinieren Produkte mit ähnlichem Risiko und ermöglichen einen portfoliobasierenden Prozess im Risikomanagement. Die jeweiligen Liquiditätsgruppen werden regelmäßig überprüft und gegebenenfalls von der Eurex Clearing AG angepasst. Innerhalb einer Liquidationsgruppe besteht die Möglichkeit, dass es zu Liquidationsgruppensplit für unterschiedliche Laufzeiten kommen kann. So werden zum Beispiel Positionen mit einer innerhalb der nächsten Tage endenden Laufzeit (< 4 Tage Restlaufzeit) und Position mit einer längeren Laufzeit (> 4 Tage Restlaufzeit) betrachtet. Das bedeutet, dass Positionen mit einer geringeren Restlaufzeit beim Ausfall eines Clearing-Mitglieds mit Priorität
37
Vgl. Eurex Clearing Prisma; Eurex Clearing AG (2014).
556
Risiko- und Sicherheitenmanagement im Derivatehandel
glattgestellt werden. Auch besteht die Möglichkeit eine ganze Liquiditätsgruppe im Rahmen einer Auktion glattzustellen. Dabei gibt es für die Liquidationsgruppe grundsätzliche Regelungen:
Portfoliobasierte Risikoaufrechnung ist nur innerhalb vordefinierter Liquidationsgruppe zulässig. Für jede Liquidationsgruppe ist eine feste Haltedauer definiert. Diese stellt die Basis für die Marginberechnung dar.
16.15.1 Wie findet die Marginberechnung statt? Für Premium Style Optionen (klassische Optionen) hat der Verkäufer die Margin zu hinterlegen. Der Käufer bekommt auf seine Positionen eine Margin Gutschrift, welche er gegen andere Positionen verrechnen kann. Für Futures-Style-Optionen erfolgt die Verrechnung der Margin im Variation Margin Verfahren. Beide Optionspartner haben eine Margin zu hinterlegen, da die Optionsprämie nicht bei Abschluss der Transaktion, sondern im „Mark to Market Verfahren“ verbucht wird. Bei Futures Transaktionen haben beide Parteien eine Initial Margin zu hinterlegen. Der tägliche Gewinn und Verlustausgleich findet im Variation Margin Verfahren statt. Bei Swap Transaktionen erfolgt die Verrechnung der Beträge gemäß der abgeschlossenen Swap Vereinbarung. Das selbe gilt auch für Forward Rate Agreements. 16.15.2 Margin-Komponenten Um keine unnötige Liquidität zu binden und dennoch eine adäquate Sicherheitenstellung darstellen zu können, berechnet Eurex Clearing Prisma die tatsächlichen Glattstellungskosten eines Portfolios und kalkuliert den maximalen Verlust, der während der Haltedauer auftreten kann. Dabei gliedert sich die Berechnung in zwei Komponenten: 1. Zurückblickende Komponente (Mark to Market Margin) a) Premium Margin b) Variation Margin c) Price Alignment Interest (bei Swaps)
Was ist EUREX CLEARING PRISMA?
557
2. Vorausschauende Komponente (Initial Margin – Marktrisiko) a) Liquiditätsrisikokomponente b) Marktrisiko basierende Komponente (aufgrund gefilterter historischer Simulationen) c) Marktrisiko basieren auf Stress-Szenarien d) Ausgleich Modellungenauigkeit
Abbildung 16.10: Anwendbare Margin Komponenten38
Gerade diese vorausschauende Komponente ist komplex. Sie basiert auf einer vollständigen Portfolioanalyse eines jeden Clearing Mitglieds. Dabei kommen produktübergreifende Korrelationseffekte wie auch Absicherungseffekte zum Tragen. Die Initial Margin wird folglich nicht mehr produktspezifisch, sondern auf Gesamtportfolioebene ermittelt. Hierbei kommt eine Value at Risk (VaR) Methode zum Einsatz, welche aus gefilterten historischen Szenarien, Stressphasen Szenarien und Ausgleich und Korrekturbuchungen aus Korrelationsbrüchen, Kompressionsfehler und Illiquidität entsteht. Bevor ein solches Szenario errechnet wird, wird mittels eines vorgeschalteten Portfolioprozesses eine Portfoliooptimierung durchgeführt. Ein Cross Margining ist hier möglich. So werden zum Beispiel IRS-Positionen, Fixed Income- und Geldmarktderivate in solchen Splits berücksichtigt. Nach der Berechnung für jede Liquiditätsgruppe findet eine Aggregation der Gruppen statt. Die konsolidiere Initial Margin eines Clearing Mitglieds entspricht am Ende der Summe der entsprechenden Einzelergebnisse der Liqudiationsgruppen.39 38 39
Quelle: Eurex Clearing AG Vgl. Eurex Clearing Prisma; Eurex Clearing AG (2014).
558
Risiko- und Sicherheitenmanagement im Derivatehandel
Zur näheren Vertiefung in den technischen Prozess verweisen wir an dieser Stelle an die Eurex Clearing AG und deren Homepage: www.eurexclearing.com
16.16 Sicherung der Margin-Verpflichtung Eine Margin kann in Geld oder in Wertpapieren hinterlegt werden. Grundsätzlich sind dabei verschiedene Währungen zugelassen. Allerdings ist dabei zu beachten, dass das Währungsrisiko zur Verminderung der Sicherheitsleistung führen kann. Gleichzeitig können auch Sicherheitsabschläge für hinterlegte Wertpapiere vorgenommen werden. Banken und Broker stellen die Sicherheiten gegenüber den Terminbörsen als Sammelsicherheiten und sperren zur Sicherung der Kundenpositionen dann Kundengelder in den entsprechenden Depots und Konten (Rücksicherung auf Kundenebene).
16.17 Der Settlement-Preis Der Settlement-Preis ist der letzte Preis eines Börsentages. Sollte in einem Produkt, einer Serie oder einem Kontrakt kein Preis festgestellt worden sein, so wird von der Eurex Clearing AG ein Settlement-Preis errechnet. Die Settlement-Preise des letzten Handelstages nennt man Final-SettlementPreise. Häufig werden sie auch als Schlussabrechnungspreise bezeichnet.
Margin bei US-Optionen an der CBOE40 Die Margin für ungedeckte Optionen an der CBOE errechnet sich wie folgt: Es handelt sich hierbei um den größeren Wert aus der Berechnung:
100 % der Prämienzahlung zzgl. 20 % des Underlying-Kurses ggf. abzüglich des Betrages, den die Option „out of the money“ ist,
oder
100 % der Prämienzahlung zzgl. 10 % des Kurses des Underlyings (bei Call-Optionen) oder 10 % des Basispreises (bei Put-Optionen)
Bei Indexoptionen werden anstatt der 20 % nur 15 % hinzugezogen.
40
Vgl. CBOE.
Was ist ein Margin Call?
16.18
559
Was ist ein Margin Call?
In diesem Abschnitt wird exemplarisch dargestellt, wie ein Margin Call aus Investorensicht auftreten bzw. ablaufen kann. Kann ein Investor seinen Verbindlichkeiten (Stellung von Sicherheiten) nicht mehr nachkommen41 , so ergeht an ihn von seiner Bank/seinem Broker ein formeller Margin Call. In diesem Schreiben (vgl. Abbildung 16.11) wird er aufgefordert, seine Sicherheiten entsprechend den Anforderungen zu verstärken. Dies geschieht unter der Androhung eines Zwangsclosing, der sogenannten Liquidation der Positionen. Kommt der Investor der Aufforderung nicht nach, wird die Liquidation nach Ablauf der vereinbarten zeitlichen Frist durchgeführt. In der Praxis ist es eher selten, dass Investoren diesen Aufforderungen nicht nachkommen wollen. Um es erst gar nicht so weit kommen zu lassen, haben die Banken und Broker Sicherheitssysteme eingeführt, welche frühzeitig eine Reaktion des Investors erforderlich machen. Dabei werden Broker/Bank und Investor im Gespräch versuchen, eine Lösung zu finden. Ist es möglich, aufgrund dieses
Sehr geehrte Damen und Herren, aufgrund aktueller Bewertung Ihrer Positionen aus Finanztermingeschäften sind Nachschüsse in Höhe von EUR 150.000,00 erforderlich. Wir fordern Sie daher auf, bis zum 22.07.2010 um 14:00 Uhr die vorhandenen Sicherheiten um den genannten Betrag aufzustocken, sei es per Bareinzahlung oder nachgewiesener Überweisung auf Ihr Unterkonto /76. Sollten Sie Wertpapiere von einem anderen Institut auf Ihr bei uns geführtes Depot übertragen, so muss dies bis zum o. g. Termin veranlasst sein und fristgerecht eine entsprechende schriftliche Bestätigung der abgebenden Bank vorliegen. Bitte berücksichtigen Sie dabei, dass bei Wertpapieren gewisse Beleihungsabschläge vorgenommen werden; Ihr Berater gibt Ihnen hierzu gerne Auskunft. Alternativ besteht für Sie die Möglichkeit, durch entsprechendes Positionsmanagement, d.h. Schließen (Rückkauf) von Short-Positionen oder Kauf von marginmindernden Long-Positionen die Marginpflicht in den Rahmen der vorhandenen Deckung zurückzuführen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der finanzielle Aufwand für den Kauf dieser Optionen ggf. zulasten vorhandener, als Sicherheit dienender Kontoguthaben geht und diese vermindert. Auch in diesem Punkt unterstützt Sie Ihr Berater gern. Sollten Sie die oben genannte Frist nicht einhalten, werden wir Ihre Position(en) ganz oder teilweise glattstellen und sämtliche eventuell bei uns vorgemerkten noch offenen Aufträge über Finanztermingeschäfte streichen. Sollte am genannten Termin aufgrund der bis dahin eingetretenen Marktentwicklung eine über den vorstehenden Betrag hinausgehende Marginforderung entstanden sein, werden wir die Schließungen entsprechend anpassen. Mit freundlichen Grüßen
Abbildung 16.11: Margin Call42
41 42
Er unterschreitet den Maintenance Level. Vgl. Commerzbank AG Margin Call Mustertext.
560
Risiko- und Sicherheitenmanagement im Derivatehandel
Gespräches den Margin Call aus dem Weg zu räumen, so erfolgen keine weiteren Maßnahmen. Erst bei Nichterfüllung ergeht der formelle Margin Call. Kommt es zur Zwangsliquidation, so werden so viele Positionen geclosed, bis die gestellte Margin wieder zur erforderlichen Margin passt.
16.19 Wie läuft die Zwangsliquidation aus Bank- oder Brokersicht? Kommt es im schlimmsten Falle zu einer Zwangsliquidation von Positionen, so ist diese durch die Bank oder den Broker genau zu dokumentieren und nach Möglichkeit das Geschäft mit dem Kunden einzustellen. Denn die Gefahr, dass es wieder zu einer Unterdeckung oder Zahlungsunfähigkeit des Investors kommt, ist groß. Hier muss die Bank bzw. der Broker seiner Sorgfaltspflicht nachkommen und den Kunden von Investitionen an den Terminbörsen fernhalten. Festzuhalten ist ebenfalls, dass immer nur so viele Positionen geschlossen werden, wie zur Margin-Deckung notwendig sind. Auch sollte homogen über das gesamte Positionsbuch verteilt geschlossen werden – also nicht eine einzige große Position, sondern verschiedene Teilpositionen. Andernfalls könnte es passieren, dass der Investor in der geschlossenen Position einen Gewinn, aber in den noch offenen einen Verlust erleiden würde – das wäre nicht zu rechtfertigen. Wenn möglich, sollte eine Liquidation mit dem Investor abgestimmt werden. Ist dieser nicht bereit, aktiv daran mitzuwirken, so ist eine Zwangsliquidation einzuleiten und der Investor zeitnah mit den Folgen und den getroffenen Entscheidungen zu konfrontieren. Er muss diese Informationen umgehend erhalten, um reagieren zu können. Underlying
Position vor Zwangsclosing (Kontrakte)
Position nach Zwangsclosing (Kontrakte)
Short Call
500
250
Short Put
500
250
Short Future
10
5
Abschließende Betrachtung einer Zwangsliquidation Kommt es zu einer Zwangsliquidation, so leidet die Beziehung zwischen Kunde und Bank/Broker i. d. R. spürbar. Die meisten Kunden stellen nach einer solchen Glattstellung das Geschäft mit der Bank ein. Davon ist zumindest in der Praxis auszugehen. Es ist ferner davon auszugehen, dass
Clearing von OTC-Derivaten
561
die Bank bei einem Kunden, welcher mittels Zwangsliquidation behandelt wurde, das Geschäft aus Risikogründen massiv reduzieren bzw. einstellen wird. Folge einer Zwangsliquidation ist fast immer das Auflösen der Geschäftsbeziehung. Wichtig ist in diesem Zusammenhang jedoch, dass geschäftspolitische Interessen nicht über den Regeln des Risikocontrollings stehen dürfen. Das hätte fatale und ruinöse Auswirkungen. ROBERT C. MERTON hat einmal gesagt: „Man liegt falsch, wenn man glaubt, man könnte das Risiko ausschalten, nur weil man es messen kann.“ Diese Betrachtung des Risikos sollte jedem Financial Engineer immer bewusst sein.
16.20
Clearing von OTC-Derivaten
Gerade bei OTC-gehandelten Derivaten ist das Clearing ein entscheidender Risikofaktor.43 Denn ein eventuell auftretendes Adressenausfallrisiko kann sich hier schnell ruinös auswirken.44 Durch die Implementierung eines CCP (Central Counter Party)45 ist dieses Risiko auf ein Minimum zu reduzieren. Daher hat die Europäische Kommission (EU) ein flächendeckendes Einführen von CCPs vorgeschlagen (konkretisiert unter anderem durch eine ¨ Uberarbeitung der MiFID46 und die Neuschaffung der MiFIR47 sowie die Einführung von EMIR).48 Dies führt dazu, dass der Großteil der gehandelten Derivate in einer transparenten und auch messbaren Form abgewickelt wird und es besteht die Möglichkeit des Erhebens von fundierten Statistiken über den Markt. Zu diesem Zweck sind zum Beispiel die Meldungen
43
44
45
46 47 48
Vgl. auch die Strategieempfehlungen der G-30, veröffentlicht u. a. in Hull, John C., Risikomanagement, Pearson 2. Auflage S. 270, und die damit verbundenen außerhalb des Clearings zu beachtenden Empfehlungen im Umgang mit Derivaten und deren Exposures. Vgl. hier die Insolvenz von Lehman Brothers in den USA und die damit verbundene Problematik mit den begebenen verbrieften Derivaten oder der Counterparty-Problematik bei den mit Lehman gehandelten Derivaten. Die Ex-post-Abwicklung einer Handelsposition inkl. eines evtl. bestehenden Netting von Positionen, der Sicherheitenstellung der Position etc. direkt über einen zentralen Kontrahenten. MiFID: Markets in Financial Instruments Directive (bis 2012: MiFID I und II). MiFIR: Markets in Financial Instruments Regulation. EMIR: European Market Infrastructure Regulation.
562
Risiko- und Sicherheitenmanagement im Derivatehandel
an die ESMA49 sowie die Transaktionsregister50 gedacht (jeder Teilnehmer bekommt eine LEI51 der dann alle Transaktionen zugeordnet werden). Wie die Abbildung 16.12 zeigt, ist ein Großteil aller Derivate OTC gehandelt (ein Großteil im Bereich der Zinsderivate, die viel besprochenen CDS52 bil-
Börsengehandelte Derivate 9%
OTC Derivate 91%
Abbildung 16.12: Börsengehandelte Derivate vs. OTC-Derivate53
49
50
51 52
53
European Securities and Markets Authority ist die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde, welche im Zuge der Finanzkrise und deren Auswirkungen 2011 ihre Arbeit aufnahm. Gemeldet werden von CCPs und Gegenparteien: Alle Einzelheiten der eingegangenen Derivatekontrakte und der damit verbundenen Geschäfte. Vgl. hierzu: CMS Hasche Sigle. Neue Regulierung der OTC-Derivate in der EU und den USA. Legal Entity Identifier Nummer. Credit Default Swaps (CDS) wurden im Zuge der Finanzkrise und der Insolvenz von Lehman Brothers (auch wegen den Schwierigkeiten bei Bear Stearns) in der Presse als ein Katalysator der Finanzkrise bezeichnet. Auf diese wurde oft das Zitat „Massenvernichtungswaffen der Finance“ angewandt, obwohl die Instrumente per definitionem nicht schlecht oder gar gefährlich sind. Durch deren Komplexität war es jedoch ¨ einer breiten Offentlichkeit nicht zu vermitteln, wieso man diese gehandelt hat und welches der ursprüngliche Grund für die Transaktion war. Durch den Rückzug der Emotionen in der Berichterstattung hat sich dies wieder gelegt. Quelle: BIS, Juni 2010; entnommen aus: Regulierung von OTC-Derivaten; Steria Mummert Consulting, eigene Darstellung.
Clearing von OTC-Derivaten
563
den lediglich 5 Prozent aller OTC Derivate ab).54 Gliedert man diese nochmals nach Derivategruppe auf, so erhält man folgendes Bild, wie Abbildung 16.13 zeigt.
600 500 400 300 200 Volumen in tn-USD 100
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Abbildung 16.13: OTC-Derivatevolumen nach Assetklassen in T-USD55
Bei der Abwicklung und dem Clearing von OTC-Positionen ist auf die Komplexität der gehandelten Produkte einzugehen. Neben dem klassischen Clearing-Prozess, der Regulierung und der Sicherheitenleistung ist vor allem die Beurteilung des Counterparty Risk von größter Bedeutung. Ebenfalls ist die Beurteilung des Ausfallfonds, der die Risiken des CCPs abdeckt, von großer Wichtigkeit.56 Durch die Anforderungen, welche die neuen Regelanpassungen (hier vor allem der Dodd-Frank-Akt57 in den USA und die EMIR58 für 54
55
56
57
58
Vgl. Centrum für Europäische Politik: Dr. Bert van Roosebeke: OTC Derivate Vorschlag KOM (2010) 484 vom 15.09.2012 für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über OTC-Derivate, zentrale Gegenparteien und Transaktionsregister. Quelle: BIS, Juni 2010 entnommen aus: Regulierung von OTC-Derivaten; Steria Mummert Consullting, eigene Darstellung. Vgl. KPMG: OTC-Derivate: Neue regulatorische Anforderungen für Handel und Abwicklung. Vom 21. Juli 2010 ausführlich: Dodd Frank Wall Street Reform and Consumer Protection Act; In Kraft getreten Juli 2011. European Market Infrastructure Regulation.
564
Risiko- und Sicherheitenmanagement im Derivatehandel
Europa) mit sich bringen, ist das effektive und umfassende Umsetzen eines regulierten und durch CCPs unterstützen OTC-Markt eine große Herausforderung. Im Gegenzug zu den Herausforderungen stehen jedoch die Vorteile, welche sich aus der Transparenz (Vor- und Nachhandelstransparenz)59 und dem reduzierten Counterparty Risk ergeben. Die jeweiligen genauen gesetzlichen Anforderungen in den USA und der EU differieren und sind den jeweiligen Regelungen zu entnehmen bzw. bei kritischen Fragen (zum Beispiel bei Cross-Border-Transaktionen) bei den Finanzmarktregulatoren zu erfragen.
Regulatoren für die Finanzmärkte Unter den Regulatoren für die Finanzmärkte versteht man die jeweiligen Aufsichtsgremien, die von staatlicher Seite eingesetzt wurden. Für die Bundesrepublik Deutschland ist dies der zentrale Regulator: BaFiN. Die BaFiN beaufsichtigt die Teilnehmer am Finanzmarkt, stellt die Regeln dafür auf und ahndet Verstöße. In den USA gibt es für die jeweiligen Geschäftsvorgänge bzw. regionale Belange unterschiedliche Regulatoren. Der wahrscheinlich bekannteste ist die SEC (U. S. Securities and Exchange Commission) oder die CFTC (Commodity Futures Trading Commission). Doch auch die FeD (in diesem Fall das Federal Reserve System) nimmt Aufgaben des Regulators wahr. Aufgrund dieser Vielschichtigkeit ist es sehr wichtig, sich im Vorfeld einer Transaktion oder eines neuen Geschäftsabschlusses hierüber zu informieren. Internetauftritte einer Auswahl von Regulatoren: Deutschland U. S. Kanada Großbritannien China Brasilien Singapur
http://www.bafin.de http://www.sec.gov http://www.cftc.gov http://www.iiroc.ca http://www.fsa.gov.uk http://www.csrc.gov.cn http://www.cvm.gov.br http://www.mas.gov.sg
Eurex Clearing (EurexOTC Clear)60 übernimmt als eines der CCPs die Abwicklung von OTC-Transaktionen. Wie auch bei den an den Eurex59 60
Vgl.: CMS Hasche Sigle. Neue Regulierung der OTC-Derivate in der EU und den USA. Wir haben uns in diesem Buch dazu entschlossen, die Beispiele anhand der Terminbörse Eurex aufzuzeigen. Diese sind jedoch (evtl. auch in abgewandelter Art) auf andere Terminbörsen weltweit übertragbar. Zum besseren Verständnis haben wir uns jedoch entschlossen, exemplarisch die Eurex zu verwenden.
Clearing von OTC-Derivaten
565
Börsen gehandelten Kontrakten kommt hier ein aktives Risikomanagement zum Einsatz. Die Abbildung 16.14 zeigt dieses in komprimierter Form auf. Dabei werden zwei grundsätzliche Betrachtungsweisen angewandt. Zum einen die Betrachtung des Tagesrisikos, zum zweiten die Betrachtung des Risikos, das durch die zukünftigen Ereignisse auftreten könnte.
Margin-Komponenten für OTCDerivate über Eurex Clearing Zukunftsbetrachtung des Risikos
Initial Margin
Marktrisikobeurteilung
Marktrisiko über x Tage
Aufschlag für mögliche Modellfehler
Tagesbetrachtung des Risikos
Mark-toMarket Margin
Liquiditätsrisikoaufschlag
Abbildung 16.14: Marginkomponenten für OTC-Transaktionen die über Eurex Clearing AG als CCP abgewickelt werden61
Nähere Informationen über Eurex Clearing können der Homepage der Eurex Clearing AG entnommen werden: www.eurexclearing.com
Wie bereits angesprochen, besteht über das Eurex-System auch die Möglichkeit, OTC-Trades für gelistete Produkte abzuwickeln. Diese OTC-Blocktrades erfreuen sich großer Beliebtheit, da diese sehr flexibel und transparent über 61
Quelle: Eurex Clearing AG; Darstellung eigen.
566
Risiko- und Sicherheitenmanagement im Derivatehandel
das Eurex-Handelssystem zu handeln sind.62 Im Jahr 2011 wurden so über 800 Millionen Kontrakte über den Eurex OTC Trade Entry Services gehandelt.63 Wie sich das Volumen aufteilt und in den vergangenen Jahren entwickelt hat, zeigt die Abbildung 16.15.
Abbildung 16.15: Entwicklung der Volumen in Mio. Kontrakten64
62
63 64
Anmerkung: Gilt auch für andere Börsen, wie zum Beispiel die Liffe-NYSE-Euronext. Hier wird über Bclear die Abwicklung dargestellt. Quelle: Eurex. Quelle: Eurex.
Clearing von OTC-Derivaten
567
Was ist der Vorteil, wenn das CCP für OTC-Derivate auch das CCP für die gelisteten Derivate offeriert? Diese Frage ist mit dem Cross-Margining-Ansatz (X-Margining)65 zu beantworten. Hier werden die Positionen nicht einzeln sondern in Verbindung zueinander nach ihrem Risiko beurteilt. Ergibt sich hier die Möglichkeit einer Marginverrechnung (Netting) findet diese statt. Somit werden Plain Vanilla Derivate und OTC Derivate miteinander verrechnet und nach deren Gesamtgehalt des Risikos beurteilt.
Preis-Zinsanpassung
rückwärtsgewandt
Marktrisiko basierend auf gefilterter historischer Simulation Marktrisiko basierend auf Stress-Szenarios
Initial Margin
Variation Margin
Marktrisiko
Premium Margin
Mark-to-Market Margin
Liquiditäts-Risikokomponente
Model Error-Erweiterung
jetzt
zukunftsweisend
Abbildung 16.16: Eurex Clearing Prisma66
Ein weiterer Vorteil ist die einheitliche Sicherheitenverwaltung (Collateral Management) und die einheitliche Beurteilung der Clearing-Dokumentation (ISDA und DRV).67 Auch ist es hier von großer Wichtigkeit, dass durch einheitliche Prozesse gewährleistet ist, dass die Sicherheiteneinforderung synchron mit dem Bewertungsprozess erfolgt.68 Für den Broker/Bank und im Endeffekt auch für den Endverbraucher sind eine einheitliche Regulierung (Regulator für Deutschland: BaFin; USA z. B.: CFTC) und somit eine Erhöhung der operationellen Effizienz sowie eine Reduktion der ope-
65
66 67
68
Einführung von Eurex Prisma als portfoliobasiertes Risikomanagement. Dieses löst schrittweise das bestehende mit Risk-based-Methoden gesteuerte Risikomanagement der Eurex ab. Dabei werden die jeweiligen an den Eurex-Börsen geclearten Transaktionen im Cross-Margin-Ansatz miteinander verrechnet. Quelle: Eurex und Eurex Clearing. Vgl. Culp, Christopher L.: OTC-Cleared Derivatives: Benefits, Costs, and Implications oft the „Dodd-Frank Wall Street Reform and Consumer Protection Act“ – Journal of Applied Finance. Vgl. Deutsche Bank AG Research: Konzept des zentralen Clearings, Chlistella, M.
568
Risiko- und Sicherheitenmanagement im Derivatehandel
rationellen Risiken vorhanden.69 Zudem sichert ein großer Anbieter durch die Höhe des Clearing-Fonds (im Fall der Eurex Clearing: Clearing-Fund: ca. 1,47 Mrd. Euro, Initial Margin: ca. 30,01 Mrd. Euro; Reserve und Eigenkapital: ca. 115,5 Mrd. Euro)70 nochmals eine größere Sicherheit zu als ein kleiner Anbieter. Des Weiteren sollte man bei der Auswahl des CCP um die Betrachtung eines Stresstestes bitten. In seinen Ergebnissen kann man schön ablesen, wie sich die jeweiligen Häuser in den gegebenen Marktsituationen verhalten und wie sicher die jeweiligen CCPs sind. Des Weiteren raten wir zur Begutachtung des eigenen Regelwerkes:
Wurde ein Default Management Komitee (DMK) bestimmt, wie läuft der Prozess im Risikofall ab? Welche unabhängigen Prozesse sind additiv vorhanden?
Die Abbildung 16.17 stellt (vereinfacht und schematisch) ein CCP dar und zeigt, dass es sich bei diesem Konstrukt zum einen um eine direkte Handelsabwicklung und zum anderen um eine Sicherstellung des regulatorischen Umfeldes handelt.
Handelsumfeld
Order/Trade Broker/Bank
Broker/Bank
CCP Regulatorisches Umfeld
Clearing-Fonds
Regulator/Reporting/ Regelwerk
Abbildung 16.17: CCP als Handelsabwicklung und im regulatorischen Umfeld
69 70
Vgl. Deutsche Bank AG Research: Konzepte des zentralen Clearings, Chlistella, M. Quelle: Eurex; Stand: 29.2.2012.
Clearing von OTC-Derivaten
569
Wer muss sich an einem solchen CCP-Clearing beteiligen? Wir gehen in diesem Buch, grundsätzlich davon aus, dass wir es mit geeigneten Gegenparteien (folglich zwei Banken oder Broker) zu tun haben. Bei OTC-Derivaten kann dies jedoch auch eine „nichtfinanzielle“ Gegenpartei sein. Auch „nichtfinanzielle“ Gegenparteien können jedoch unter die CCPClearing-Verordnung fallen. Dies ist immer dann der Fall, wenn jene ein kritisches Höchstmaß an Geschäften übersteigen und/oder diese Geschäfte nicht nur zur Begrenzung bzw. Absicherung des eigenen wirtschaftlichen Risikos dienen.71 Um für die „finanziellen“ Gegenparteien hier keinen Spielraum zum schaffen, wurde dies auch vom Centrum für Europäische Politik so empfohlen.72 Um einen Sachverhalt in der Praxis umfänglich und in der Tiefe beurteilen zu können, empfehlen wir dem Leser die jeweils aktuellen gesetzlichen wie regulatorischen Gegebenheiten zu beachten und diese im jeweiligen Fall gesondert in der dafür vorgesehenen Literatur oder in sachgerechten Online-Quellen nachzuschlagen.
Regulatorik und Compliance In den zurückliegenden Jahren wurden viele neue und konkrete regulatorische Anforderungen an den Derivatehandel und an das Financial Engineering gestellt. Diese schreiten mit großem Tempo und Dynamik voran und sind in der Komplexität den regulierten Produkten teilweise voraus. Daher ist es von großer Wichtigkeit, sich mit den jeweiligen regulatorischen Anforderungen, des eigenen Wirkungsbereiches (und der mit diesem verbundenen), vertraut zu machen und diese vollständig umzusetzen. Neben den klassischen Anforderungen aus MIFID (I und II), MIFIR, EMIR, CRD IV, MAR, MARISK und WPHG sind dies auch die Anforderungen an die WERTPAPIER UND DERIVATE COMPLIANCE und hier expliziert die für Mitarbeiter mit besonderer Funktion. Bei Graufällen oder im Fall einer Unsicherheit raten wir immer zur vorherigen Abklärung mit dem Regulator bzw. der dafür zuständigen Compliance Abteilung. Ferner wollen wir an dieser Stelle auf die BEST-PRACTICE-LEIT73 LINIEN FÜR WERTPAPIER-COMPLIANCE DES BUNDESVERBANDES DEUTSCHER BANKEN bzw. anderer für die jeweiligen nationalen Banken zuständigen Verbände bzw. Regulatoren verweisen.
71 72
73
CMS Hasche Sigle: Neue Regulierung der OTC-Derivate in der EU und den USA. Vgl. Centrum für Europäische Politik: Dr. Bert van Roosebeke: OTC Dertivate Vorschlag KOM (2010) 484 vom 15.09.2012 für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über OTC-Derivate, zentrale Gegenparteien und Transaktionsregister. Vgl.: https://bankenverband.de/media/files/BdB-Leitlinien Wertpapier-Compliance 062011.pdf
570
Risiko- und Sicherheitenmanagement im Derivatehandel
Literaturhinweise zu diesem Kapitel Hull, John C.: Optionen, Futures und andere Derivate 8. Auflage 2012 Jabbour, George; Budwick, Philipp: The Option Trader Handbook, 2004 Saliba, Anthony J.: The Options Workbook, 2. Auflage 2002
Fragen zu diesem Kapitel
571
Fragen und Antworten zu diesem Kapitel Frage 1: Was bedeutet Margining? Frage 2: Was ist die Variation Margin? Frage 3: Gibt es unterschiedliche Margin-Systeme? Frage 4: Was ist ein Margin Call? Frage 5: Kann eine Bank/ein Broker einfach eine Zwangsliquidation durchführen? Antwort zu Frage 1: Unter Margining versteht man das Bereithalten von Sicherheiten für offene Terminmarktpositionen. Antwort zu Frage 2: Es handelt sich hierbei um den täglichen Gewinn- und Verlustausgleich im Market-to-Market-Verfahren bei Futures. Antwort zu Frage 3: Ja, man unterscheidet zwischen den einzelnen Systemen der unterschiedlichen Terminbörsen und dann nochmals zwischen den für die jeweilige Derivategattung geltenden Systemen. Antwort zu Frage 4: Bei einem formellen Margin Call handelt es sich um ein Schreiben, welches den Investor auffordert (unter Androhung der Zwangsliquidation), weitere Sicherheiten zu stellen. Antwort zu Frage 5: Kann ein Investor die geforderten Sicherheiten nicht mehr stellen, so kann der Broker oder die Bank die Positionen zwangsweise closen und somit wieder Regelkonformität herstellen.
572
Risiko- und Sicherheitenmanagement im Derivatehandel
Lückentext Das Auf- und Abbauen von Derivatepositionen und das von Derivaten ist eines der spannendsten Aufgabenfelder. Wir empfehlen grundsätzlich, beim Positionsaufbau die Theorie des zu verwenden. Eine andere Aufbauweise ist zu stark risikobehaftet. Auch ist ein aktives Positionsmanagement absolut vonnöten. Bereits beim Eingehen einer Position sollte man sich Gedanken über das im Gewinn- und im Verlustfall machen. Auch ein ist in Betracht zu ziehen. Das Ausüben von Positionen, welche noch nicht fällig sind, ist oft nicht sinnvoll. Da der der Option verloren geht. Bei Derivaten ist das zu beachten, welches bei an Terminbörsen gehandelten aufgrund des nicht vorhanden ist. Viele von Financial Engineers gebaute Lösungen sind fundet und haben zur besseren Berechnung einen synthetischen als FundingBasis hinterlegt. und Discountzertifikate werden nach demselben Muster gebaut und bepreist. handeln oft Event Driven und haben oft deutlich geringere Risikopositionen, als viele denken. Das Risikocontrolling ist dennoch hier extrem wichtig. Dies gilt jedoch für alle Derivatepositonen. Daher ist es wichtig, so viel Controlling wie , jedoch nicht wie zu machen. Die Eurex teilt jeden Tag die Risikopositonen mit. Dabei unterscheidet man zwischen verschiedenen Margin-Arten, wie zum Beispiel der Margin und der Margin. Sollte ein Investor seine Margin nicht mehr stellen können, ergeht an diesen ein . Aktienanleihen, CCP, Close-out, Counterpartrisiko, des Risked Based Margining, Hedgefonds, Initial, Management, Margin Call, möglich, nötig, OTC, Premium, Pyramiding, Zeitwert, Zerobond
Schlusswort
Die in diesem Buch aufgezeigten Strategien, Vorgehensweisen und Darstellungen sollen das weitumfassende Aufgabengebiet eines Financial Engineers umschreiben. Das Financial Engineering reicht von einfachen bis zu hochkomplexen Produkten. Die folgende Abbildung zeigt die Produktwelt des Financial Engineering noch einmal in einem Überblick.
Anspruch:
einfach
Symmetrisch unbedingte Termingeschäfte
Asymmetrisch bedingte Termingeschäfte
komplex
pfadabhängige Produkte
Future Forward Swap
Cap/Floor Call/Put
exotische/hybride Produkte nicht pfadabhängige Produkte
Swaption Optionen auf Futures Compound-Optionen
Geschäftsvorfall Asset (Funded/Unfunded)
Liability (Unfunded)
Financial-Engineering-Produkte können sowohl auf der Asset- als auch auf der Liability-Seite eingesetzt werden. Die Plain-Vanilla-Financial-Engineering-Produkte können in symmetrische und asymmetrische Produktgruppen unterteilt werden. Zu den symmetrischen, unbedingten Termingeschäften zählen Futures, Forwards und Swaps. Die asymmetrischen, bedingten Termingeschäfte lassen sich in eine erste Produktgruppe mit Caps und Floors sowie Calls und Puts und diese auf einer zweiten Ebene in komplexere
DOI 10.1515/9783110531169-019
574
Schlusswort
Produkte, bestehend aus Swaptions, Optionen auf Futures und CompoundOptionen gliedern. Der Übergang zu den komplexen Financial-Engineering-Produkten ist fließend. Eine Kennzeichnung nach bestimmten Unterscheidungskriterien ist nun nur noch schwer möglich. Etliche dieser Produkte sind in diesem Werk vorgestellt worden. Dennoch stellen sie nur einen Teil der möglichen Ausprägungen dar. Aufgrund der fehlenden Abgrenzung entsteht eine Wolke, die exotische und hybride Produkte enthält. Die komplexen Produkte können nur noch nach pfadabhängigen und nicht pfadabhängigen Produkten unterschieden werden. Die nicht pfadabhängigen Produkte lassen sich meist noch in Einzelprodukte untergliedern und mit einfacheren Pricing-Modellen bewerten. Die pfadabhängigen Produkte lassen sich am effizientesten mit simulationsbasierten Verfahren bewerten. Das Financial Engineering ist eines der spannendsten Geschäftsfelder einer Groß- und Investmentbank. Das Kreieren von neuen Instrumenten mittels Derivaten und die Möglichkeiten, die Bedürfnisse von Kunden mit maßgeschneiderten Lösungen zu befriedigen zu können, sind es, welche das Financial Engineering so interessant machen. Gleichzeitig spielen diese Lösungen eine wichtige ökonomische Rolle, indem sie spezifische Risiken übertragbar und bewertbar machen. Financial Engineering vereint damit quantitatives Wissen mit finanzwirtschaftlichen Fragestellungen aller Art. Financial Engineering ist eine Disziplin, die aus einem Fundus von Derivaten schöpft, aber vor allem durch Veränderung der Gesamtwirtschaft, der Kundenbedürfnisse und des regulatorischen Umfelds einem stetigen Wandel unterliegt. Financial Engineering ist somit ein evolutorisches Fachgebiet, das sich stets weiterentwickelt. Wir hoffen, Ihnen mit diesem Buch die Tür in die spannende Welt des Financial Engineerings geöffnet zu haben. Michael Bloss (Hrsg.)
17
Appendix
Matrix der Standardmodelle im Financial Engineering Beschreibung
Beschaffenheit
Besonderheiten
Markov Eigenschaften1
Ein stochastischer Prozess, bei dem nur der aktuelle Wert der Variablen für die Prognose der Entwicklung herangezogen wird. Historische Betrachtungen (z. B. von Aktienkursen) sind nicht notwendig. Es ist folglich nur der jetzige Wert einer Zufallsvariablen wichtig, um den zukünftigen Wert zu bestimmen.
Markov Eigenschaften beschreiben unter anderem, dass man Aussagen über die Entwicklung in der Zukunft ohne den Kursverlauf der Vergangenheit treffen kann. Die Wahrscheinlichkeitsverteilung ist somit nicht von der Vergangenheit abhängig. Der aktuelle Ausgangspreis reflektiert alle benötigten Daten inkl. derer Historie.
Alle Informationen der Vergangenheit sind zum Zeitpunkt der Betrachtung im aktuellen Preis enthalten und somit bekannt.
Lemma von Ito¯ 2
Allgemeiner WienerProzess, wo a und b als Funktionen der Variablen x und der Zeit t gelten.
Prozess mit Änderungen im Zeitablauf des Prozesses.
Wiener-Prozess
Spezieller Markov-Prozess mit einer erwarteten Änderung von null und einer Varianz der Änderung von 1,0. Er gilt als affiner Prozess. Es kann gesagt werden, es handelt sich um einen zeitstetigen, normalverteilten, affinen und mit unabhängigen Zuwächsen ausgestatteten stochastischen Prozess.
Ist ein stochastischer Standardprozess der sowohl in der Natur- als auch Wirtschaftswissenschaften unter der Annahme der Standardnormalverteilung zur Anwendung kommt.
Driftrate = 0; Erwartungswert (von z) ist gleich aktuellem Wert Varianzrate = 1,0
z = t
Weiterführung des Wiener Prozess. Der Prozess gilt als nicht affiner Prozess.
Die Drift ist mit > 0 belegt. Die Änderungen sind normalverteilt. Der Mittelwert und die Standardabweichung sind proportional zu t (Zeitraum der Veränderung). → Brownsche Bewegung mit Drift.
Der verallgemeinerte Wiener-Prozess besitzt eine erwartete Driftrate (a) und eine Varianzrate (b2 ).
dx = a dt + b dz
Brownsche Bewegung3
Verallgemeinerter Wiener-Prozess Brownsche Bewegung mit Drift4
1 2 3
4 5 6
Im ersten Schritt ist die Weiterentwicklung die Brownsche Bewegung mit Drift.
Modell
dx = b(x, t)dz
a(x, t)dt +
√
Vgl.: Hull J. C.: Optionen, Futures und andere Derivate S. 382; Markoff A.A.: Wahrscheinlichkeitsrechnung (Übersetzung nach Liebmann H.) Vgl.: Hull J. C.: Optionen, Futures und andere Derivate S. 388; Itˆo, K.: Stochastic Integral. Proc. Imperial Acad. Tokyo. Vgl.: Hull J. C.: Optionen, Futures und andere Derivate S. 384; Einstein A.: Über die von der molekularkinetischen Theorie der Wärme geforderte Bewegung von in ruhenden Flüssigkeiten suspendierten Teilchen; Annalen der Physik. 322, Nr. 8, S. 549–560 Vgl.: Hull J. C.: Optionen, Futures und andere Derivate S. 385. Vgl.: Hull J. C.: Optionen, Futures und andere Derivate S. 387; Gentle J.E., Härdle, W. K.: Modeling Asset Prices SFB 649 Discussion Paper 2010-031, Humboldt University, Berlin. Vgl.: Schulz, M.: Stochastische Analysis und Finanzmathematik (2011); Universität zu Köln.
576
Geometrisch Brownsche Bewegung5
Appendix
Im darauffolgenden die geometrisch Brownsche Bewegung.
dS S
Bei Aktienkursen (geometrisch Brownsche Bewegung): konstanter Drift, konstante erwartete Rendite.
√
S = St + S t
Dieses Modell lässt sich in ein Modell für diskrete Zeitpunkte überleiten. Brownsche Brücke6
Spezieller stochastischer Prozess mit definiertem Anfangs- und Endwert.
Anwendung findet die Brownsche Brücke immer dann, wenn Beobachtungswerte (Anfangund Endwert) eines Prozesses bekannt sind, jedoch der Verlauf nicht. Ist also der Endwert, wie z. B. bei einer Anleihe zu 100% zum Zeitpunkt T bekannt, kommt die Brownsche Brücke als Forecast Modell zum Einsatz.
Levy-Prozess7
Als Levy-Prozesse bezeichnet man eine Vielzahl von stochastischen affinen Prozessen.
Als Levy-Prozess gelten Prozesse, welche stationäre unabhängige Zuwächse aufweisen. Sie folgen Zufallsvariablen können zeitstetig und zeitdiskret sein.
OrnsteinUhlenbeckProzess8
Stochastischer Standardprozess mit affiner Prozessausgestaltung.
Es gilt die Normalverteilung. Antrieb ist die Brownsche Bewegung mit Mean Reversion.
Poisson-JumpProcess9
7 8 9 10
11
Prozesse mit einem großen Risikohintergrund und daher eine großen Unsicherheitsvariable.
Poisson-Verteilung liegt zu Grunde.
JumpDiffusionsModell (Merton)10
Merton kombiniert in diesem Modell eine stetige Veränderung mit nicht stetigen Sprüngen. Damit schafft er eine Möglichkeit der Erweiterung des bestehenden stetigen Modells.
Es werden neben den durchschnittlichen Sprüngen pro Zeiteinheit ( ) auch die durchschnittliche Sprunghöhe des Assets in Prozent des Preises k definiert. Die relative Sprunghöhe wird zufällig aus der Wahrscheinlichkeitsverteilung entnommen.
WurzelDiffusionsProzess11
Stochastischer Prozess mit (Xt ), t ≥ 0 nennt man einen Wurzel-DiffusionsProzess.
Beruht auf der Brownschen Bewegung und ist mit Mean Reversion modelliert.
gibt dabei die Intensität an. Dabei wird die Zeit zwischen den Sprüngen expotential verteilt Es handelt sich um einen diskreten, zeitstetigen Prozess, welcher unabhängige Zuwächse aufweist.
= dt + dz
Beruht auf dem klassischen Wiener-Prozess. Es handelt sich um einen MarkovProzess, jedoch nicht um einen Levy-Prozess und um kein Martingal. Es ist ein definierter Gauß-Prozess.
Wenn in der Differentialgleichung anstatt einer Brownschen Bewegung ein Levy-Prozess ´ für den Antrieb sorgt, so erhält man einen nicht Gaußschen Ornstein Uhlenbeck Prozess.
Bt := (Wt |WT = 0), t[0, T]
(X(t))t≥0
dx(t) = ( − X(t))dt + dB(t), X(0) = a
Versicherungswirtschaft zur Bestimmung von Katastrophenszenarien etc.
dS S
= (r − q − k)dt
+ dz + dp
dXt = K( − Xt )dt √
+ Xt dWt
Vgl.: Bertoin J.: L´evy Processes. Cambridge Tracts in Mathematics, Vol. 121, Cambridge University Press 2002. Vgl.: Finch, S.: Ornstein-Uhlenbeck Process (2004); Uhlenbeck, Ornstein: On the theory of the Brownian motion. Phys. Rev. 36: 823–841. Vgl.: Ross, S. M.: Statistic Prozesses (1996). Vgl. Hull J. C.: Optionen, Futures und andere Derivate S. 764ff; Merton, R. C.: Optimum Consumption and Portfolio Rules in a Continuous-Time Model, Journal of Economic Theory, 3, 373–413; Merton, R. C.: Option Pricing When Underlying Stock Returns Are Continuous, Journal of Financial Economics, 3, 125–144. Vgl.: Glasserman, P.: Monte Carlo Methods in Financial Engineering, New York: Springer-Verlag; Ait-Sahalia, Y.: Transition Densities for Interest Rate and Other Nonlinear Diffusions, The Journal of Finance, Vol. 54.
Matrix der Standardmodelle im Financial Engineering
Black Scholes Modell1
Black-76 Modell2
Beschreibung
Prämissen
Standardmodell zur Bestimmung des fair Value einer europäischen Option. Es handelt sich um ein stetiges Modell.
Friktionslose Märkte (vollkommener Markt) Leerverkäufe sind machbar, Soll- und Habenzinsen sind gleich, Volatilität ist konstant und flach, keine Steuern, Kosten und Auflagen. Alle Assets sind beliebig teilbar, es herrscht Normalverteilung. Unter Berücksichtigung der erwarteten diskontierten Dividende kann das Modell auch für dividendentragende Assets eingesetzt werden.
Standardmodell zur Bestimmung des fair Value einer Option mit einem Future als Underlying. Es handelt sich um ein stetiges Modell.
Friktionslose Märkte (vollkommener Markt), Leerverkäufe sind machbar, Soll und Habenzinsen sind gleich, die Volatilität ist konstant und flach, keine Steuern, Kosten und Auflagen, alle Assets sind beliebig teilbar, es herrscht Normalverteilung.
577
Modell c = S0 N(d1 ) − Ke−rT N(d2 ) p = Ke−rT N(−d2 ) − S0 N(−d1 )
d1 =
In S0 /K
2
+
r+
T
√
/2
T
√
d2 = d1 − T
c = e−rT [F0 N(d1 ) − KN(d2 )] p = e−rT [KN(−d2 ) − F0 N(−d1 )]
d1 =
In F0 /K
√
+ T /2 2
T
√
d2 = d1 − T Cox Ross Rubinstein (CRR)3
ARMA-Modell4
ARCH5
Standardmodell zur Bewertung von Optionen des amerikanischen Typs.
Es handelt sich um ein diskretes Modell. Es werden up- und downFaktoren unter Berücksichtigung der Wahrscheinlichkeit und der Gegenwahrscheinlichkeit berechnet (Pseudowahrscheinlichkeiten).
Kommt sowohl bei amerikanischen Optionen wie auch bei der Preisfindung von exotischen Derivaten zur Anwendung.
Es kann postuliert werden, dass Black-Scholes ein Spezialfall von CRR ist und dass beide Modelle bei genügend vielen Iterationen zum gleichen Ergebnis tendieren (CRR konvergiert auf den BS Preis).
Aufbau einer Baumstruktur im Muster C0 ; Cu ; Cd ...
Autoregressive Moving Average
Zeitdiskretes, lineares stochastisches System, welches von einer konstanten Varianz ausgeht. Dabei geht man vom Grundgedanken aus, das der aktuelle Wert einer Serie als eine Funktion von Vergangenheitswerten interpretiert werden kann und daraus eine Prognose ableitbar ist.
yt = t +
Autoregressive Conditional Heteroscedasticity
Es handelt sich um eine statistische Zeitreihenanalyse. Das Modell gründet sich auf autoregressive Zeitreihen. Es gilt die Normalverteilung.
n i =1
1
2 3 4 5
6
Generalized Autoregressive Conditional Heteroscedasticity. Hierbei handelt es sich um ein Standardmodell zur Untersuchung stochastischer Zeitreihen.
Ist die Verallgemeinerung von ARCH. Wir unterscheiden i. d. R. zwischen dem GARCH(1,1)-Modell und dem GARCH(p,q)-Modell. Die Persistenz für Perioden mit hoher Volatilität wird im GARCH Modell schneller erreicht als bei ARCH.
m j− i
bj t−j
2t = a0 + a1 rt2−1 2t = a0 + a1 rt2−1 + · · · + aq rt2−q = a0 +
GARCH6
ai yt−i +
q
i =1
a1 rt2−1
2t = a0 + a1 rt2−1 + ˇ1 2t−1
a2t = a0 +
q i =1
a1 rt2−1 +
q i =1
ˇi 2t−1
Vgl.: Hull J. C.: Optionen, Futures und andere Derivate S. 420; Black F. , Scholes M.: The Pricing of Options and Corporate Liabilities; Journal of Political Economy. 81, 3; Merton R.C.: Theory of Rational Option Pricing; The Bell Journal of Economics and Management Science. 4. Vgl.: Hull J. C.: Optionen, Futures und andere Derivate S. 490; Black F.: The Pricing of Commodity Contracts, Journal of Financial Economics, 3, 167–179. Vgl.: Cox J., Ross, S.A.; Rubinstein M.: Option Pricing: A Simplified Approach, Journal of Financial Economics. Vgl.: Hamilton, J. D.: Time Series Analysis. Princeton University Press, Princeton. Vgl.: Franke J., Härdle W., Hafner C.: Statistics of Financial Markets: An Introduction. 3. Auflage Springer, Berlin/Heidelberg/New York; Engle, R. F.: Autoregressive Conditional Heteroscedasticity with Estimates of the Variance of United Kingdom Inflation; LaBarr, A.: Volatility Estimation through ARCH/GARCH Modeling, North Carolina State University, Paper 1456–2014. Vgl.: Kreiß J.-P., Neuhaus G.: Einführung in die Zeitreihenanalyse. Springer-Verlag, Berlin / Heidelberg; Hull J. C.: Optionen, Futures und andere Derivate S. 646ff.; Bollerslev T.: Generalized Autoregressive Conditional Heteroskedasticity. Journal of Econometrics. Vol.: 31 No.: 3, pp. 307–327; LaBarr, A.: Volatility Estimation through ARCH/GARCH Modeling, North Carolina State University, Paper 14562014.
578
EGARCH7
Appendix
Exponential Generalized Autoregressive Conditional Heteroskedastic
EGARCH ist geeignet eine Aussage zu treffen, wenn negative Einflüsse eine signifikantere Wirkung als positive Einflüsse auf die bedingte Varianz haben. Daher kommt auch die Aussage es handle sich um ein asymmetrisches GARCH Modell.
NGARCH8
Nonlinear Asymmetric GARCH(1,1)
Nichtlineare asymmetrische Umsetzung eines GARCH (1,1)-Modells.
2t = w + a|et−1 |d + b 2t−1
Maximum Likelihood Schätzung9
Methode der maximalen Wahrscheinlichkeit
Es handelt sich um ein parametrisches Schätzverfahren, bei dem jener Parameter zum Einsatz kommt, welcher gemäß Verteilung, das plausibelste Ergebnis liefert.
: ˝ → [0; 1], x → (x|#)
VEC10
Überleitung von unilateralen GARCH Modellen zu multilateralen GARCH Modellen mittels Übertragung in Vektoren.
log( 2t ) = w + a(|zt−1 | − E(|zt−1 |)) + gzt−1 + b log ( 2t−1 )
vec(Ht ) = vec(˝) + Avec(rt−1 rt−1 ) + B vec (Ht−1 )
BEKK11
Ein Modell mit einer garantierten positiv bestimmten Struktur.
Ht = C C + A e(t−1) e
CCC Constant Conditional Correlation12
Es wird von einer konstanten Korrelation ausgegangen.
Ht = Rt Dt Rt
DCC Dynamic Conditional Correlation13
Arbeitet mit dynamisch bedingter Korrelation und zeigen mehr Flexibilität auf. Sind nicht linear.
Ht = Dt Rt Dt
Monte Carlo Simulation14
Mithilfe von Zufallsexperimenten wird versucht nummerische Fragestellungen zu lösen. Dabei ist die Häufigkeit der durchgeführten Simulationen von großer Bedeutung.
Quasi-MonteCarlo Simulationen15
Kein stochastischer Prozess sondern ein deterministischer Prozess.
(t−1)
Es handelt sich um ein universales Modell zur Handhabung komplexer Simulationen. Im ersten Schritt wird ein risikoneutraler Random Walk für das gewünschte Zeitfenster erstellt. Nun wird die Auszahlung für das Asset bestimmt (Payoff). Es kommt nun zu N-fachen Wiederholung von Schritt 1 und 2. Im nächsten Schritt erfolgt die durchschnittliche Auszahlungsbestimmung aus den Summen der simulierten Pfade. Nun fließt dieses Ergebnis in die Preisfindung z. B. des Derivates ein. Bei deterministischen Prozessen hängt der Zustand kausal vom Vorzustand ab und dieser bestimmt den Prozess.
Zunächst wird ein Integrand an gleichverteilten, zufällig erzeugten Stützstellen untersucht. Der Integralwert wird durch die Mittelwerte der Funktionswerte gebildet. Dies findet unter Berücksichtigung des starken Gesetzes der großen Zahlen Anwendung.
1
If :=
9 10 11 12
13 14 15
N 1
N i =1
f(xi )
Der Integrand wird nicht an stochastischen durch den Zufallsprozess generierten, Stützstellen ausgewertet. Die Auswertung findet stattdessen an deterministischen Stellen statt. Die Mittelung der Werte erfolgt analog zur Monte Carlo Simulation. 1 0
8
f(x)dx ≈ Qn f :=
0
7
A + B H(t−1) B
f(x)dx ≈
N 1
N i =1
f(xi )
Vgl.: Nelson, D. B.: Conditional Heteroskedasticty in Asset Returns: A new Approach. Vgl.: Higgins, M.L., Bera A.K.: A Class of Nonlinear Arch Models; International Economic Review 33, 137–158. Vgl.: Aldrich, J.: R.A. Fisher and the Making of Maximum Likelihood 1912–1922 Statistical Science 1997, Vol. 12, No. 3, 162 176. Vgl.: Bollerslev, T.; Engle, R.F.; Wooldridge, J.M.: A Capital Asset Pricing Model with Time-varying Convariances (1988) Journal of Political Economy vol. 96. Vgl.: Baba,Y., Engle, R. F., Kraft, D. F., and Kroner, K. F. (1991): Multivariate Simultaneous Generalized ARCH. Vgl.: Bollerslev, T. (1990): Modeling the coherence in short-run nominal exchange rates: A multivariate generalized ARCH model. Review of Economics and Statistics, 72, 498–505; Bollerslev, T., J.M. Wooldridge (1992): Quasi-Maximum Likelihood Estimation and Inference in Dynamic Models with Time Varying Covariances. Econometric Reviews, 11, 143–172. Vgl.: Engle, R.: Dynamic Conditional Correlation A simple class of multivariate GARCH models Fothcoming Journal of Business and Economic Statistics. Vgl.: Gerstner, T.: Finanznumerik (Computiational Finance), Goethe-Universität Frankfurt; Metropolis, N. and Ulam S.: The Monte Carlo Method; Journal of the American Statistical Association 44:335. Vgl.: Gerstner, T.: Finanznumerik (Computiational Finance), Goethe-Universität Frankfurt.
Matrix der Standardmodelle im Financial Engineering
VasicekModell16
Grundlage ist ein eindimensionaler Wiener-Prozess (Ein-Faktor-Modell). Dabei erfolgt die die Prozessintegration über einen OrnsteinUhlenbeck-Prozess. Damit weist das Modell MeanReversion-Eigenschaften auf und wird folglich vom Mean Reversion-Level angezogen.
579
drt = a(b − rt )dt + dWt Darstellung Short-Rate r(t) = e−Kt r(0) + (1 − e−Kt ) ¯ + 0t e−K(t−s) dW s Verteilung der Short Rate
r(t) ∼ N e−Kt r(0) + (1 − e−Kt ) , 2
16 17 18 19 20 21 22
1−e 2K
2Kt
√
drt = a(b − rt )dt + rt dWt
Cox-IngersollRoss-Modell (CIR)17
Folgt einem Prozess.
Square-Root-
Black-DermanToy Modell18
Es handelt sich um ein binomiales kalibrierendes Modell.
Binomialbaum mit Lognormalverteilung.
dr = at r dt + st rdW
Ho-Lee Modell19
Die Laufzeitenstruktur der Verzinsung wird als exogen gegeben angesehen.
Gilt als erstes arbitragefreies Modell zur Bewertung von Short-Rates. Das Modell kann negative Short Rates für die Zukunft aufzeigen. Es folgt nicht der Mean Reversion.
drt = t dt + dWt
Hull-White Modell20
Non-Arbitrage-Modell, dass sowohl in Baumstruktur als auch in Gitterstruktur angewandt werden kann.
Ein-Faktor-Modell
BlackKarasinski Modell21
Ein-Faktor-Modell mit arbitragefreier Ausgangslage. I.d.R. werden Baumstrukturen verwendet.
Kommt i. d. R. bei amerikanischen, Bermuda oder Swaption Strukturen zum Einsatz.
d In(r) = [ t − ∅t In(r)]dt + t dWt
DothanModell22
Das Modell folgt einer geometrischen Brownschen Bewegung und der Lognormalverteilung.
Die Zinsgestaltung ist immer positiv.
dr(t) = ar(t)dt + r(t)dW(t)
Zweifaktorenmodell
drt = [ t − ˛t rt ]dt + t dWt df(rt ) = [ t + u − ˛t f(rt )]dt + t dWt
Vgl.: Schlotmann, D.: Das Vasicek-Modell, Westfälische Wilhelms-Universität Münster; Vasicek, Oldrich: An Equiliribum Characerizaion of the Term Structure, Journal of Financial Economics 5, 177–188. Vgl.: Cox, J., J. Ingersoll, S. Ross: A theory of the term structure of interest rates, Econometrica, 53(2). Vgl.: Benninga, S. and Wiener Z.: Binominal Term Structure Models; Mathematica in Education and Research Vol. 7 No. 3. Vgl.: Ho, T., and Lee, S.: Term Structure Movements and Pricing Interest Rate Contingent Claims. Journal of Finance, 41 , pp. 1011–1029. Vgl.: Hull J. and White, A: Pricing interest-rate derivative securities, The Review of Financial Studies, Vol 3, No. 4 pp. 573–592 Black, F.; Karasinski, P.: Bond and Option pricing when Short rates are Lognormal; Financial Analysts Journal: 52–59. Dothan, U. L.,: On the term structure of interest rates; Journal of Financial Economics 6, pages 59–69.
580
Appendix
Lernstandskontrollfragen und Lösungen Aufgabe 1: Woraus besteht ein Reverse Floater nicht? A: Caps B: Swaps C: Floater D: Floor Antwort 1 Antwort D Aufgabe 2: Die Strategie Put Volatility Trade beinhaltet nicht A: Long Underlying B: Short Underlying C: Long Put D: Short Put Antwort 2 Antworten B|D Aufgabe 3: Stimmt es, dass beim Discounted Cashflow Modell (DCF) mit aufgezinsten Unternehmenswerten agiert wird? Antwort 3 falsch Aufgabe 4: Die Bestimmung der Volatilität kann bei Realoptionen zusätzlich über alternative Verfahren erfolgen. A: Das Iterationsverfahren B: Monte-Carlo-Simulation C: Peer Group Analyse D: durch Ausleitung des Cashflows Antwort 4 Antworten B|C
Klassische Prüfungsfragen und Aufgaben
581
Aufgabe 5: Stimmt die Aussage: Ein Zerobond besitzt immer eine Duration, die gleich der Restlaufzeit ist. Antwort 5 korrekt Aufgabe 6: Stimmt die Aussage: Ein Reverse Convertible hat denselben Payoff wie ein Discountzertifikat. Antwort 6 korrekt Aufgabe 7: Stimmt die Aussage: Bei Multi-Callable-Bonds liegt das Kündigungsrecht in der Regel beim Investor. Antwort 7 falsch Aufgabe 8: Stimmt es, dass der Funding-Satz oft ein Floating-Satz ist? Antwort 8 korrekt Aufgabe 9: Stimmt dieAussage: Mit der Strategie CCW kann einAlpha generiert werden. Antwort 9 korrekt Aufgabe 10: Stimmt die Aussage: Zur Sicherung von Margin-Verpflichtungen können nur Euro-Gelder genutzt werden. Antwort 10 falsch
582
Appendix
Aufgabe 11: Durch welche Position(en) kann eine Short-Position in einem Euro STOXXFuture synthetisch aufgebaut werden? A: Short Call und Long Put bei gleichem Ausübungspreis in Euro STOXXOptionen B: Short-Position in einem Euro STOXX-Portfolio und Geldanlage für die Laufzeit des Euro STOXX-Future C: Short-Position in einem Euro STOXX-Portfolio und Kreditaufnahme für die Laufzeit des Euro STOXX-Future D: Long Call und Long Put bei gleichem Ausübungspreis, aber unterschiedlichen Laufzeiten in Euro STOXX-Optionen Antwort 11 Antworten A|B Aufgabe 12: Sie gehen am 25.11. eine Long-Position über 17 DAX®-Future-Kontrakte zum Preis von 4735 Punkten ein. Bitte berechnen Sie die Variation Margin für die entsprechenden täglichen Abrechnungspreise bis zur Glattstellung der Position am 28.11. Geben Sie außerdem den Gesamtgewinn oder -verlust der Position an. Datum
Abrechungspreis
25.11. 26.11. 27.11. 28.11. Summe
4705 4742 4726 4778 —
G&V in Punkten
Punktwert Euro
Anzahl der Kontrakte
Variation Margin in Euro
Punktwert Euro
Anzahl der Kontrakte
25 25 25 25 —
17 17 17 17 —
Variation Margin in Euro − 12.750 + 15.725 − 6.800 + 22.100 + 18.275
—
Antwort 12 Datum
Abrechungspreis
25.11. 26.11. 27.11. 28.11. Summe
4705 4742 4726 4778 —
G&V in Punkten − 30 + 37 − 16 + 52 + 43
Klassische Prüfungsfragen und Aufgaben
583
Aufgabe 13: Wie erfolgt die Ausführung von Kombinationsorders mit der Einschränkung IOC („Immediate or Cancel“)? A: Ausführung beider Teile im selben Umfang B: Ausführung zur festgesetzten Preisspanne oder zu einem besseren Preis C: Löschung des nicht ausgeführten Teils D: Zeitgleiche Ausführung beider Teile Antwort 13 A|B|C|D Aufgabe 14: Welche Markterwartungen werden mit dem Verkauf von DAX-Put-Optionen ausgedrückt? A: Erwartung fallender Indexnotierungen B: Erwartung einer verringerten impliziten Volatilität C: Erwartung einer erhöhten impliziten Volatilität D: Erwartungen rückläufiger Zinsen für die Laufzeit des Puts Antwort 14 Antwort B Aufgabe 15: Was drückt das statistische Maß „Volatilität“ aus? Antwort 15 Es handelt sich hierbei um das statistische Maß der Schwankungsintensität eines Anlageobjektes. Hierbei ist darauf zu achten, dass es sich nicht um die Schwankungsrichtung, sondern nur um deren Intensität handelt. Ferner ist daraus eine Aussage über den Risikogehalt einer Investition zu treffen. Aufgabe 16: Was gibt die Hedge-Ratio an? Antwort 16 Die Hedge-Ratio gibt die Kontraktzahl an, welche bei einem Hedge gehandelt werden muss. Die Hedge-Ratio kann eine variable Position sein. Daraus resultiert, dass die Kontraktanzahl angepasst werden muss.
584
Appendix
Aufgabe 17: Beschreiben Sie die Bedeutung der Hebelwirkung bei Derivateinvestments. Antwort 17 Durch die Hebelwirkung kann ein Investor mit wenig Kapitaleinsatz (z. B. Initial Margin) ein großes Volumen handeln (z. B. Future auf Index). Dadurch ist er in der Lage, sein eigentlich zur Verfügung stehendes Anlagevolumen zu erhöhen. Aufgabe 18: Ein Anleger nimmt eine Short-Position in schweizerischen Aktienoptionen bei einer Quotierung von 23,00–25,00 ein. Einige Tage danach stellt er seine Position bei einer Quotierung von 26,00–28,00 glatt. Welches Ergebnis erzielt er, wenn er 3 Kontrakte handelt (Kontraktgröße 10; ohne Berücksichtigung von Gebühren)? Antwort 18 Es sind CHF −150. Aufgabe 19: Wie wird die Differenz aus dem Preis desAktienindex-Future und dem KassaIndex genannt und wie wird diese berechnet? Antwort 19 Es handelt sich hierbei um die Basis, welche als Differenz zwischen Future und Underlying ermittelt wird. Aufgabe 20: Ein Anleger vergleicht folgende Möglichkeiten einer Anlage von 50.000 Euro: (A) Kauf eines Aktienportfolios, das in seiner Zusammensetzung dem DAX entspricht oder (B) Hinterlegung dieses Betrages als Additional Margin, um eine entsprechende Long-Position in DAX-Futures eingehen zu können.Welche Aussage(n) sind (ist) zutreffend? A: Bei Möglichkeit A riskiert der Anleger im ungünstigsten Fall einen Verlust von 5000 Euro B: Bei Möglichkeit B muss derAnleger potenziell weitere Sicherheiten (Margin) nachschießen C: Möglichkeit B ermöglicht dem Anleger bei positivem Kursverlauf einen erheblich höheren prozentualen Gewinn D: Möglichkeit A und B unterscheiden sich lediglich hinsichtlich der Transaktionsgebühren
Klassische Prüfungsfragen und Aufgaben
585
Antwort 20 Antworten B|C Aufgabe 21: Wie wird der Wert einer Call-Option durch steigende Zinssätze beeinflusst? Antwort 21 Die Call-Option nimmt an Wert zu. Dies resultiert aus der Tatsache, dass ein Investor, der direkt im Anlageinstrument investiert ist, keine höheren Einnahmen aus einer Zinsanpassung nach oben hat. Der Call-Investor, der seine restliche Liquidität in verzinslichen Papieren anlegen kann, hat dies jedoch. Die Differenz wird über den Call-Preis ausgeglichen. Aufgabe 22: Ein Cross Hedge zeichnet sich unter anderem durch das Vorliegen folgender Merkmale aus: A: Basisrisiko B: Unterschied zwischen Laufzeit des Absicherungsinstruments und Halteperiode des Basiswertes C: Keine Übereinstimmung zwischen abzusicherndem Basiswert und dem Absicherungsinstrument D: Ein Cross Hedge ist immer ein perfekter Hedge Antwort 22 Antworten A|B|C Aufgabe 23: Der heutige Marktpreis eines Basiswertes mit einer Volatilität von 25 Prozent liegt bei 1000 Euro. Zwischen welchen Grenzwerten liegt der Marktpreis des Basiswertes in einem Jahr mit einer Wahrscheinlichkeit von ca. 68 Prozent? A: 250 Euro und 1750 Euro B: 750 Euro und 1250 Euro C: 900 Euro und 1100 Euro D: 975 Euro und 1025 Euro Antwort 23 Antwort B
586
Appendix
Aufgabe 24: Welche der folgenden Transaktionen ist synthetisch äquivalent zu einer Kreditaufnahme? A: Conversion B: Reversal C: Long Box D: Long Butterfly Antwort 24 Antwort B Aufgabe 25: Es kommt zu einer Kapitalveränderung bei einem Unternehmen. Hat dies Auswirkungen auf die bereits im Umlauf befindlichen Optionen? Antwort 25 Ja, die Optionen werden gemäß der Kapitalveränderung angepasst. Diese angepassten Optionen werden um eine Versionsnummer nach oben angehoben. Aufgabe 26: Welche Position hält ein Anleger, der folgende Transaktionen getätigt hat: Kauf 10 DAX Sep 6000 Puts, Verkauf 20 DAX Sep 6100 Puts und Kauf 10 DAX Sep 6200 Puts? A: Long Butterfly B: Short Butterfly C: Long Condor D: Short Condor Antwort 26 Antwort A Aufgabe 27: Sie erhalten in einem Monat eine Auszahlung aus einer Lebensversicherung in Höhe von 200.000 Euro, die Sie in Bundesanleihen mit einer zehnjährigen Restlaufzeit anlegen möchten. Mit welcher Position können Sie sich das aktuelle Kursniveau sichern?
Klassische Prüfungsfragen und Aufgaben
587
Antwort 27 Sie kaufen zwei Kontrakte vom Euro-Bund-Future oder kaufen sich CallOptionen auf den Euro-Bund-Future Kontrakt. Somit sichern Sie sich heute das Einstiegsniveau. Aufgabe 28: Ein Investor kann die erforderliche Initial Margin für seine Future-Positionen nicht mehr stellen. Wie gehen Sie vor? Antwort 28 Sie suchen das intensive und klärende Gespräch. Kann der Investor weitere Sicherheiten stellen, hat sich das Problem erledigt. Ist dies nicht der Fall, sprechen Sie mit ihm über ein Positionsmanagement. Zeigt er sich nicht einsichtig und will dieses nicht durchführen, erteilen Sie einen formellen Margin Call. Erfolgt auch nun keine positive Reaktion, so setzen Sie den Margin Call durch und führen eine Zwangsliquidation der Positionen des Investors durch. Dabei ist zu beachten, dass homogen über das komplette Positionsbuch Close-outs durchgeführt werden. Aufgabe 29: Ein Investor hat sich dazu entschlossen, CCW auf seinen Bestand an X-Aktien zu schreiben. Was ist sein maximaler Verlust? Antwort 29 Der maximale Verlust ist mit dem Verkaufen der Aktien zum Basispreis der Option begründet. Steigt der Kurs der Aktie über diesen zzgl. der erhaltenen Optionsprämie, so partizipiert der Investor nicht länger daran und macht somit einen entgangenen Gewinn. Aufgabe 30: Der Inhaber eines Calls SMI Mai 6850, den er zu 132 CHF gekauft hatte, übt seine Option im April aus. Welches Nettoergebnis erzielt er, wenn der Kassakurs des SMI-Index zu 6964 notiert (ohne Berücksichtigung von Gebühren)? A: 280 CHF B: −180 CHF C: 275 CHF D: Der Inhaber des Calls ist nicht berechtigt, seine Option im April auszuüben Antwort 30 Antwort D
588
Appendix
Aufgabe 31: Was zeichnet eine exotische Option vom Typ BERMUDA aus? Antwort 31 Die Option hat ein spezielles Ausübungsrecht. Der Ausübungstag oder Zeitraum wird bei der Option individuell ausgestaltet und vereinbart. So kann dieser z. B. jeder 12. Tag eines Monats oder immer der 1. Januar eines Jahres sein. Aufgabe 32: Wie ist die Preisstruktur einer Compound-Option imVerhältnis zu einer PlainVanilla-Option? Antwort 32 Die Compound-Option ist preiswerter, weil es sich „nur“ um eine Option auf eine Option und folglich um ein Recht auf ein Recht handelt. Aufgabe 33: Was versteht man unter der Put-Call-Parität? Antwort 33 Es handelt sich hierbei um den Zusammenhang zwischen dem Preis eines Puts und dem Preis eines Calls auf dasselbe Underlying zum gleichen Verfallszeitpunkt und zum selben Basispreis. Der Put wird hierbei als „Versicherungsprämie“ des Calls (folglich dem Kaufrecht) angesehen. Aufgabe 34: Sie haben ein Portfolio i. H. v. 20. Mio. USD und ein Beta von 1,2. Zu Absicherungszwecken möchten Sie Future-Kontrakte auf den XY-Index handeln. Der Index steht bei 1020 und jeder Future-Punkt ist 50 USD wert. Wie viele Kontrakte benötigen Sie? Antwort 34 Wir errechnen die benötigten Kontrakte wie folgt: 1,2 ×
20.000.000 = 470,58 1020 × 50
Gerundet benötigt man 471 Kontrakte, um das Portfolio abzusichern.
Klassische Prüfungsfragen und Aufgaben
589
Aufgabe 35: Was versteht man unter der Convenience Yield? Antwort 35 Die Convenience Yield ist der Vorteilszins für das Halten des Gutes, welcher bei der Berechnung von Commoditiyfutures verwendet wird. Dieser Vorteilszins fällt rein rechnerisch dem Halter des gehandelten Gutes zu und muss folglich in die Future-Preisermittlung miteinfließen. Aufgabe 36: Ein Future notiert „Contango“. Erklären Sie dies und geben Sie eine Handlungsempfehlung. Antwort 36 Contango bedeutet, dass die Future-Kontrakte mit einer längeren Laufzeit einen höheren Preis haben als die mit einer kurzen Laufzeit. Dadurch entsteht ein steigender Future-Preis mit dem Fortschreiten der Laufzeit. Für einen Long-Future-Investor kann dies negativ sein, da er bei jedem Roll-over den teureren Folgefuture kaufen muss. FuturePreise Juni
Mai
Future-Laufzeit
Aufgabe 37: Welche Bedeutung hat der SWAP-Satz? Antwort 37 Der SWAP-Satz gleicht die Zinsdifferenzen zwischen zwei gehandelten Währungen aus.
590
Appendix
Aufgabe 38: Was bedeutet eine Payer Swaption? Antwort 38 Bei einer Payer Swaption steigt der Investor nach Ausübung der Swaption als Payer in den Swap ein. Aufgabe 39: Was ist eine Chooser-Option und welche Ausgestaltung hat diese? Antwort 39 Bei einer Chooser-Option handelt es sich um eine Option, welche ein Wahlrecht auf den Optionstyp „Call oder Put“ besitzt. Diese Optionen sind teurer als vergleichbare Plain-Vanilla-Optionen. Dieser Preisaufschlag liegt im erweiterten Wahlrecht der Option begründet. Aufgabe 40: Ein Anleger geht eine Long-Position im DAX-Future mit 5 Kontrakten bei einer Quotierung von 5192,0–5192,5 ein. Zur Begrenzung seiner Verluste gibt er eine Stop-Loss-Order mit einem Triggerpreis (Auslösepreis) von 15 Punkten unter dem Einstandskurs ein. Der Markt fällt und die Stop-Order wird ausgelöst, wobei 2 Kontrakte zum Kurs des Triggerpreises und der Rest einen Tick darunter ausgeführt werden. Wie hoch ist der entstandene Gewinn oder Verlust (ohne Berücksichtigung von Gebühren)? Antwort 40 Der Verlust beläuft sich auf 1912,50 Euro. Aufgabe 41: Aufgrund welcher Markterwartungen wird eine Position, bestehend aus Long Euro-BUND-Future mit kurzfristiger Laufzeit/Short Euro-BUND-Future mit längerfristiger Laufzeit eingenommen? A: Steigende Renditen der Anleihen B: Fallende Renditen der Anleihen C: Steiler werdende Zinsstrukturkurve D: Flacher werdende Zinsstrukturkurve Antwort 41 Antwort C
Klassische Prüfungsfragen und Aufgaben
591
Aufgabe 42: Nennen Sie eine in diesem Buch bevorzugte Positionserweiterungsstrategie. Antwort 42 Das Pyramiding. Dabei werden die einzelnen Kontraktpositionen im Pyramidenverfahren aufeinandergesetzt. Dabei ist unbedingt zu beachten, dass die Pyramide richtig herum aufgebaut, folglich mit der großen Anzahl der Kontrakte als Basis und der kleineren als Add-on ist. x xx xxx
Aufgabe 43: Ein Anleger erwartet fallende Volatilität im DAX bei fallendem Marktniveau. Mit welcher Handelsstrategie kann er von seiner Erwartung profitieren? A: Bull Call Spread DAX-Option B: Short Call DAX-Option C: Bear Call Spread DAX-Option D: Long Jelly Roll Antwort 43 Antworten B|C Aufgabe 44: Welche Transaktion(en) nimmt der Inhaber der Long-Position bei der Erfüllung des Euro-BOBL-Future-Kontraktes vor? A: Annahme einer lieferbaren Anleihe und Zahlung des Future-Preises B: Lieferung einer lieferbaren Anleihe und Erhalt des Rechnungsbetrages C: Annahme einer lieferbaren Anleihe und Zahlung des Rechnungsbetrages D: Glattstellung durch Einnahme einer Short-Position mit längerer Laufzeit Antwort 44 Antwort C Aufgabe 45: Am 17.06. gehen Sie eine Long-Position über 25 Dow Jones STOXX 50Futures September zu einem Kurs von 3117 ein. Der Additional-MarginParameter für die Margin-Klasse beträgt 2700 Euro. In welcher Höhe ist für
592
Appendix
diese Position Additional Margin zu hinterlegen und wie groß ist die Hebelwirkung (Gegenwert der Position im Verhältnis zum eingesetzten Kapital)? Am 18.06. verkaufen Sie 25 Dow Jones STOXX 50-Futures Dezember gegen Ihre bestehende Position. Bitte geben Sie die Spread-Margin für diese Position an. Der Spread-Margin-Parameter für die Margin-Klasse beträgt 150 Euro. Antwort 45 Berechnung Additional Margin: Additional Margin = Anzahl Kontrakte × Margin − Parameter in Euro = 25 × 2700 Euro = 67.500 Euro Berechnung des Gegenwertes der Position von 25 Dow Jones STOXX 50Futures und der Hebelwirkung: Gegenwert der Position = Anzahl Kontrakte × Future − Preis × Indexmultiplikator = 25 × 3117 × 10 Euro = 779.250 Euro Hebelwirkung =
Gegenwert der Position 779.250 = = 11,54 Eingesetztes Kapital 67.500
Die zu hinterlegende Margin beträgt 67.500 Euro, woraus sich eine Hebelwirkung des eingesetzten Kapitals im Vergleich zum Gegenwert der Position von 11,54 ergibt. Berechnung Spread-Margin: Spread-Margin = Anzahl Spreads × Margin − Parameter in Euro = 25 × 150 = 3750 Euro Die zu hinterlegende Spread-Margin beträgt 3750 Euro. Aufgabe 46: Ein Investor nimmt eine Short Euro-BUND-Future-Position bei einem Preis von 102,50 ein. Einige Tage später schließt der Markt bei einem Kurs von 104,40. Wie hoch ist der akkumulierte Gewinn oder Verlust pro Kontrakt im Margin-Konto (ohne Berücksichtigung von Gebühren)? A: C:
4750,00 Euro 1900,00 Euro
Antwort 46 Antwort D
B: −4750,00 Euro D: −1900,00 Euro
Klassische Prüfungsfragen und Aufgaben
593
Aufgabe 47: Sie besitzen eine Call-Option auf XY am Geld. Die XY-Aktie beginnt zu steigen. Wird der Wert der Call-Option bei weiter steigenden Aktienkursen in gleich großen absoluten Werten wie in der Vergangenheit steigen? Antwort 47 Durch das positive Gamma steigt das Delta bei weiter steigenden Aktienkursen. Dadurch steigt der Preis der Option pro Einheit einer Aktienkurssteigerung stärker als bei Optionen am Geld. Aufgabe 48: Ein Anleger sieht folgende Preise im Markt: Euro-BUND-Future MRZ 108,02–108,03; Euro-BUND-Future-Call-Option MRZ 108.00 1,13–1,15; Euro-BUND-Future-Put-Option MRZ 108.00 1,19–1,21. Wie viele Ticks Gewinn kann der Anleger bei diesen Preisen mit der richtigen ArbitrageStrategie erwirtschaften, wenn er jeweils nur einen Kontrakt handelt (ohne Berücksichtigung von Gebühren)? Antwort 48 Es handelt sich um 6 Ticks. Aufgabe 49: In Kürze werden Quartalszahlen vonY AG erwartet. Ihr Aktienanalyst kommt zu dem Schluss, dass die Quartalszahlen wesentlich schlechter ausfallen werden als vom Markt erwartet. Mit welcher Optionsstrategie können Sie bei Eintreten der Prognose am besten partizipieren? Antwort 49 Sie kaufen Puts der Y-Aktie, welche im Geld sind, oder verkauften Futures auf die Y-Aktie. Aufgabe 50: Ein Anleger verkauft einen Call auf ABC AG mit einem Ausübungspreis von 52,50 Euro zu einem Optionspreis von 2,10 Euro. Bei welchen Aktienkursen am Laufzeitende der Option kann der Anleger seinen maximalen Gewinn erzielen? Antwort 50 Bei Kursen von höchstens 52,50 Euro wird die Short-Call-Position nicht ausgeübt und der Anleger erzielt den maximalen Gewinn in Höhe der Optionsprämie von 2,10 Euro.
594
Appendix
Glossar Abrechnungspreis Der Abrechnungspreis wird auch Settlement-Preis ge-
nannt. Es handelt sich um den Preis, zu dem ein Termingeschäft abgerechnet wird. Additional Margin Die Additional Margin dient dazu, zusätzliche Glatt-
stellungskosten abzudecken, wie sie bei ungünstiger Marktentwicklung anfallen könnten. Amerikanische Optionen Optionen, die an jedem Börsentag während der
Laufzeit der Option ausgeübt werden können. Am Geld Der Ausübungspreis der Option entspricht in etwa dem aktuellen
Kurs. Ask (Brief) Kurs, zu dem ein Marktteilnehmer bereit ist zu verkaufen. Arbitrage Bei der Arbitrage nutzt man Kursunterschiede zwischen zwei
Ausführungsplätzen am selben Handelstag (zur selben Handelszeit). Durch Kauf und gleichzeitigen Verkauf wird Arbitrage betrieben. Arbitrageur
So wird ein Investor genannt, welcher eine riskofreie Rendite
realisiert. Autoregressive Conditional Heteroscedasticity – Modell in der Zeitreihenanalyse
ARCH
Asiatische Option Eine Option, deren Auszahlung vom Durchschnittspreis
des Underlyings in einem festgelegten Zeitraum abhängt. Aufgeld (Agio) Das Agio ist ein Aufgeld, somit ein Mehrpreis, welcher
zu bezahlen ist. Im Aufgeld wird bei Optionen der Zeitwertaufschlag angegeben. Aus dem Geld Der Ausübungspreis ist vom aktuellen Kurs entfernt und bei
einem Call niedriger und bei einem Put höher. Ausfallintensität Gibt die Wahrscheinlichkeit des Zahlungsausfalls an. Ausübung/Assignement Durch die Ausübung einer Long-Option muss ein
Short-Investor seiner Erfüllung nachkommen. Ausübungspreis Preis, zu welchem die Option ausgeübt wird. Averaging Mittels Averaging wird versucht, für eine längerfristige Posi-
tion einen guten Durchschnittskurs zu erreichen. Dies gilt vor allem für
Glossar
595
Positionserweiterungen. Da jedoch dieselbe Anzahl wie in der Ursprungsposition gehandelt wird, ist das Risiko nicht zu vernachlässigen. Verbilligungsstrategien sind als Ultima Ratio anzusehen. Backwardation Der Terminmarktpreis des Future liegt niedriger als der
Spotmarktpreis. Barrier-Option Option, deren Auszahlung pfadabhängig ist. Barausgleich Wird ein Termingeschäft nicht physisch beliefert, sondern in
bar ausgeglichen (z. B. Indexfuture), so spricht man vom Barausgleich. Barwert Gegenwartswert eines oder mehrerer zukünftig anfallender Zah-
lungsströme. Basis Differenz zwischen Basiswertkurs und dem Future-Preis. Die Basis
kann negativ, null oder positiv sein. Basiswert Der Basiswert (auch Underlying) ist der dem Derivat zugrunde
liegende Basiswert (Aktie, Index etc.). Basispreis Preis, den man bei Ausübung der Option bezahlt bzw. erhält. Basiskonvergenz Future- und Spot-Preis entsprechen sich. Dies ist am letz-
ten Handelstag der Fall. Beta Gibt die Sensibilität eines Einzelwertes oder Portfolios zum Gesamt-
markt an. Bid (Geld) Kurs, zu dem ein Marktteilnehmer bereit ist zu kaufen. Bid-Ask Spread Beschreibt die Differenz zwischen Bid und Ask. Der Ask
ist immer höher als Bid. Der Bid-Ask Spread wird als absoluter Wert oder auch als Prozentwert (absoluter Wert geteilt durch den Ask) angegeben. Binomialmodell Modell, welches von Cox, Ross & Rubinstein zur Bestim-
mung der Optionspreise entwickelt wurde. Black-Scholes-Modell Stetiges Berechnungsmodell für die theoretischen
Optionspreiskurse. Es wurde von Black und Scholes entwickelt. Boston Option Option mit verzögertem Zahlungstag. Break-Even Der „Punkt“ an dem das Risikoprofil eines Trades null ent-
spricht. Broker Eine Person, welche für die Entrichtung von Kommission Transak-
tionen durchführt.
596
Appendix
Call Recht, aber keine Pflicht, etwas zu einem im Vorhinein festgelegten
Preis und Zeitpunkt zu kaufen (auch: Kaufoption). Cash-and-Carry-Arbitrage Verkauf Future und Kauf Kasse. Callable Bond Anleihe, welche durch den Emittenten zu einem bestimmten
Zeitpunkt zurückbezahlt werden kann. Im Financial Engineering wird der Callable Bond (aus Investorensicht) durch den Kauf eines Straight Bond und einen gleichzeitigen Short Call auf den Bond erzeugt. Cap Zinsobergrenze. Caplet Teilkomponente eines Cap. CCW „Covered Call Writing“: gedeckter und verkaufter Call. Die Aktien,
welche evtl. geliefert werden müssen, befinden sich beim Investor im Depot. Chooser-Option Option mit einem Wahlrecht auf das Optionsrecht: Call
oder Put Clearinghouse Eine zentrale Firma, welche de Erfüllung von börsennotier-
ten Derivaten garantiert. CTD „Cheapest to deliver“: Die günstigste zu liefernde Anleihe. Collar Kombination aus Cap und Floor. Contango Der Future-Preis ist höher als der Spot-Preis. Convenience Yield Ertrag für das Halten eines physischen Gutes, welcher
in die Berechnung des Commodity-Future-Preises eingehen kann. Cost of Carry (CoC) Finanzierungskostenaufschlag beim Future-Preis. Die
CoC entsprechen der Basis. Cross Rate Wird eine Drittwährung über zwei andere gehandelt, so spricht
man von einem Cross Rate. Credit Default Swap CDS, Kreditderivat. CVaR Als Conditional Value at Risk (CVaR) gilt die Weiterentwicklung des
VaR und gibt die Verlusthöhe an. Delta Betrag, um welchen sich der Optionspreis ändert, wenn sich der Ba-
siswert um eine Einheit verändert. Deport Abschlag bei einem Devisengeschäft.
Glossar
597
Derivat Termingeschäft/„Ableitung“: Derivate sind von Kassageschäften
abgeleitete Geschäfte. Das Kassageschäft selbst wird dabei nicht gehandelt. Digitale Option Option mit diskontinuierlichen Auszahlungen. Dividende Barauszahlung an den Aktionär. Dünngitterverfahren Beim Dünngitterverfahren werden die einzelnen Git-
terpunkte reduziert um dadurch eine schnellere und zielführende Ergebnisgestaltung zu erreichen. Emissionsplattformen Es handelt sich um IT gestützte Plattformen zur
Emission von Zertifikaten. ETF Exchange Traded Fund – Es handelt sich um einen an der Börse gehan-
delten Funds. EUREX CLEARING PRISMA Marginverfahren der EUREX, welches einem
Portfolioansatz folgt. Dabei werden die jeweiligen Marginanforderungen und Marginguthaben verrechnet. Es können auch OTC Derivate (welche über CCP abgewickelt werden) Berücksichtigung finden. Europäische Option Option, die nur zum Ende der Laufzeit ausgeübt wer-
den kann (z. B. Index-Optionen). Exchange-Minimum-Margin Die von der Terminbörse als Minimum vor-
gegebene Margin ohne Aufschläge bzw., bei tief aus dem Geld liegenden Kontrakten, die geringste zu leistende Margin. Exotische Optionen Optionen, bei denen Rechte hinzugekommen oder
nicht mehr vorhanden sind. Sie dienen als Grundlage für strukturierte Produkte und werden OTC gehandelt. Fälligkeitsdatum/Verfall Gibt die Fälligkeit (den Verfall) des Terminge-
schäfts an. In der Regel ist dies der 3. Freitag im Monat. Besteht aus dem Kauf eines Calls und dem gleichzeitigen Kauf einer risikolosen Anleihe, die zur selben Zeit wie der Call verfällt und den gleichen Nennwert hat wie der Ausübungspreis des Calls.
Fiduciary Call
Das Funding oder auch der Funding-Level einer FinancialEngineering-Abteilung gibt an, welche interne oder externe Verzinsung auf eingeworbenes Kapital aus dem Treasury (des Emittenten) an die Financial-Engineering-Einheit zurückfließt und somit direkt in die Konditionsfindung eines neuen Produkts einfließen kann (ex. Kosten).
Funding
598
Appendix
Future Unbedingtes Termingeschäft. Future Style Options Optionen, welche auf Futures lauten und einen tägli-
chen Gewinn- und Verlustausgleich beinhalten. Future-Spread-Margin
Auf Future-Spread-Positionen zu hinterlegende
Margin. Floor Zinsuntergrenzenoption. Floorlet Einzelkomponente eines Floors. Forward Rate Agreement Unbedingtes nicht börsengehandeltes Zins-Ter-
mingeschäft. Future-Preis Abrechungspreis für einen Future. Gamma „Delta vom Delta“, auch Konvexität genannt – gibt an, wie sich das
Delta verändert, wenn sich das Underlying um eine Einheit verändert. GARCH Generalized Autoregressive Conditional Heteroscedasticity – Mo-
dell in der Zeitreihenanalyse, welches die Verallgemeinerung von ARCH darstellt. Gegenpartei engl. Counterpart; Gegenseite für ein (Termin-)Geschäft. Glattstellung Auch Closing genannt. Man löst sich aus einem Terminge-
schäft durch ein Gegengeschäft. Hard Commodities Warentermingeschäfte auf harte Waren wie Gold oder
Silber. Das Pendant dazu sind Soft Commodities. HDD Heating Degree Days, Heizgradtage. Hedge-Ratio Anzahl der benötigten Kontrakte zum Aufbau einer Hedgestra-
tegie. Hedging Absicherung von bestehenden Positionen oder Positionen, welche
in der Zukunft eingegangen werden sollen. Hedger Investor, der sich gegen Marktentwicklungen absichern will. Hexensabbat Der 3. Freitag im Quartalsendmonat (auch: „dreifach großer
Verfallstag“). An diesem Tag verfallen gleichzeitig Optionen auf Einzelwerte, Optionen auf Indizes und Futures. Implizite Volatilität Volatilität, welche im Optionspreis widergespiegelt
wird. Es handelt sich um die gehandelte Volatilität.
Glossar
599
Im Geld Die Option ist im Geld, wenn bei einem Call der Kurswert über dem
Basispreis und bei einem Put unter dem Basispreis notiert. Initial Margin Margin, welche für einen Future-Kontrakt mit dem Clearing-
house hinterlegt werden muss, um eine Futures-Position zu eröffnen. Oft wird sie auch als Additional Margin angegeben. Innerer Wert Differenz zwischen Kassapreis und Ausübungspreis der Op-
tion. Dieser ist immer: Innerer Wert ≥ 0. Inter-Market Spread Der Investor verkauft denselben Kontrakt an zwei un-
terschiedlichen Börsen und nutzt so die Preisunterschiede zwischen beiden Börsenplätzen aus. Intrakontrakt-Spread Es werden Futures auf dasselbe Underlying mit un-
terschiedlichen Verfallstagen gehandelt. Interkontrakt-Spread Zwei Futures mit unterschiedlichen Kontraktspezifi-
kationen werden gegenseitig gehandelt. Jump Effekt Als Jump Effekt bezeichnet man die in der Öffentlichkeit als
Schwarze Schwäne bekannten Sonderfaktoren, welche deutlichen Einfluss auf die Risikobetrachtung nehmen. Kontrakt Mindestabschluss bzw. Quantität eines Termingeschäftes. Kombinationen Bei Kombinationen werden mindestens zwei verschiedene,
aber zueinander gehörendeTermingeschäfte gehandelt. Diese sollten nicht einseitig aufgelöst und stets als Gesamtposition betrachtet werden. Korrelationskoeffizient Gibt an, inwieweit sich ein Wert mit oder gegen
einen anderen Wert bewegt. Kreditderivat Derivat, welches Kreditrisiken beinhaltet. Diese können OTC,
verbrieft und an Terminbörsen gehandelt werden. Leverage „Hebelwirkung“, die entsteht, wenn mit kleinen Kapitaleinsätzen
große Volumen bewegt werden können. Lognormalverteilt Der Logarithmus einer Variablen ist normalverteilt. Long-Position Gekaufte Termingeschäfte. Lookback Option Die Auszahlungshöhe ist von einem bestimmten Asset-
Preis während der Laufzeit abhängig.
600
Appendix
Low Exercise Pricing Options (LEPO) Sind Optionen, welche sich tief im
Geld befinden. Sie werden an der Eurex gehandelt und haben den Vorteil, dass sie den Kursverlauf der Aktie nachahmen. Margin Sicherheitsleistung, welche für Termingeschäfte hinterlegt werden
muss. Dabei unterscheidet man zwischen verschiedenen Margin-Arten und Berechnungen. Margin Call Formale Aufforderung zur Verstärkung der Margin. Diese ist
verbunden mit der Androhung zum Zwangs-Closing bei Nichterfüllung. Market to Market Tägliche Neubewertung der Futures bzw. der Optionen
auf Futures im täglichen Gewinn- und Verlustausgleich. Martingal Stochastischer Prozess mit Zero-Drift. Monte-Carlo Simulation Simulationsverfahren mit Zufallsexperimenten.
Es kommt immer dann zum Einsatz, wenn das Lösen mittels nummerischer Integration nicht möglich ist. Netting Positionen werden gegenübergestellt. Normalverteilung Glockenförmige Standardverteilung aus der Statistik. Open Interest Offene Kontraktanzahl, welche sich im Umlauf befindet. Open Outcry Handelssystem – auf Zuruf. Option Bedingtes Termingeschäft, das ein Wahlrecht des Käufers enthält. Optionspreis Auch Prämie genannt: Der Preis, welcher für eine Option be-
zahlt werden muss. OTC „Over The Counter“: bezeichnet ein individuelles, außerbörsliches Ge-
schäft. Prämie s. Optionspreis Premium Margin Ist vom Stillhalter einer Optionsposition zu hinterlegen
und soll die Glattstellungskosten decken. Premium-based-Methode Margin-Modell der US Terminbörsen: Dieses
kompensiert keine Positionen. Plain Vanilla Bezeichnung für ein einfaches Konstrukt, bei dem alles stan-
dardisiert ist. Put Verkaufsoption.
Glossar
601
Protective Put Die Position besteht aus dem Kauf der Aktie und dem gleich-
zeitigen Kauf eines Puts auf die Aktie. Der Protective Put beschreibt eine statische Absicherungsstrategie, die in der Put-Call-Parität wiederzufinden ist. Put-Call-Parität Beziehung zwischen dem Preis eines europäischen Calls
und dem Preis eines europäischen Puts, wenn beide den gleichen Basispreis und den gleichen Verfallszeitpunkt haben (siehe Fiduciary Call und Protective Put). Putable Bond Anleihe, deren Inhaber das Recht hat, diese zu einem be-
stimmten Zeitpunkt zu einem festgelegten Preis an den Emittenten der Anleihe zu verkaufen. Der Putable Bond besteht aus einem Straight Bond und einem Long Put auf den Bond. Putable Swap Swap, der von einer Seite vorzeitig beendet werden darf. Pyramiding Aufbau von Positionen im Pyramidensystem. Eine zu empfeh-
lende Erweiterungsstrategie. Quanto Die Auszahlung des Derivats findet in einer anderen Währung als
die Währung des Nominals statt. Die Höhe der Auszahlungen ist abhängig von Variablen in der Ursprungswährung. Quasi-Monte-Carlo Simulation Arbeitet mit Niedrigdiskrepanz-Folgen an-
stelle von Pseudozufallsfolgen und gehört zu dem simulationsbasierenden Ansätzen. Rendite Ertrag, welchen ein Investment erwirtschaftet. Report Aufschlag bei einem Devisentermingeschäft. Reverse Cash and Carry Arbitrage Kauf Future und Verkauf Kasse. Rho Gibt den Einfluss von Zinsen auf den Optionspreis an. Risikocontrolling Aktives Controlling der bestehenden Risiken im Positi-
onsbuch eines Investors. Risk Based Margining An der Eurex früher eingesetztes Margin-System:
Hierbei kommt es zu einer Kompensation von gegeneinander stehenden Positionen. Risikoloser Zinssatz Zinseinkommen, welches ohne Risiko erwirtschaftet
werden kann.
602
Appendix
Roll-over Verlängerung eines Termingeschäftes über den ursprünglichen
Fälligkeitszeitpunkt hinaus. Dabei wird das „Altgeschäft“ geschlossen und ein neues, direkt damit im Zusammenhang stehendes eröffnet. Settlement Belieferung eines Termingeschäfts. Diese kann physisch und
durch Barausgleich erfolgen. Settlement-Preis Täglich zum Handelsschluss festgestellter Preis für ein
Termingeschäft. Am letzten Handelstag nennt man den Settlement-Preis den Final-Settlement-Preis oder auch Schlussabrechnungspreis. Short-Option Adjustment Berechnungsform der Exchange Minimum Mar-
gin. Short-Position Verkaufte Optionspositionen nennt man Short-Positionen. Soft Commodities Sammelbegriff für Warentermingeschäfte, welche auf
weiche Waren wie Kaffee, Orangensaft, Weizen, Mais . . . lauten. Im Gegenzug gibt es Hard Commodities auf Gold, Silber etc. Spekulation Durch Spekulation soll ein Gewinn in einem Geschäft erwirt-
schaftet werden. Dafür ist der Spekulant bereit, Risiko zu übernehmen. Spreader Investor genannt, der Spreads handelt. Spread-Position Optionskombination mit gleichzeitigem Verkauf und Kauf
von Optionskontrakten. Straddle Optionskombination: Gleichzeitiger Kauf oder Verkauf der glei-
chen Anzahl von Calls und Puts mit dem gleichen Underlying, demselben Verfallsdatum und demselben Basispreis. Strangle Optionskombination: Gleichzeitiger Kauf oder Verkauf der glei-
chen Anzahl von Calls und Puts mit dem gleichen Basiswert und demselben Verfallsdatum, aber unterschiedlichen Basispreisen. Stillhalter Short-Investor. Er hat eine Option verkauft und die Prämie er-
halten. SWAP Bilateraler Finanzvertrag zum Austausch von Zahlungsströmen. Swap-Satz Zinssatz, zu dem zwei Banken bereit sind, eine auf diesen Satz
bezogene feste Zinszahlung gegen eine variable Zinszahlung zu tauschen. Im Währungsbereich beschreibt der Swap-Satz die Zinsdifferenz zweier Währungen zueinander. Swaption Option, welcher ein Swap zugrunde liegt.
Glossar
603
Synthetische Positionen Sind Kombinationen, welche das Chancen- und
Risikoprofil einer Grundposition darstellen. Täglicher Abrechnungspreis Bewertungspreis für alle Optionen und Futu-
res (auch: Daily Settlement Price). Theta Gibt den Einfluss des Zeitwerts (bzw. des Zeitwertverfalls) auf den
Optionspreis an. Underlying Basiswert eines Derivats. VaR Der Value at Risk (VaR) gilt als Standardrisikomaß. Variation Margin Tägliche Gewinn- und Verlustbuchung bei Futures und
Optionen auf Futures. Diese Bewertung findet im Mark-to-MarketVerfahren statt. Vega Gibt den Einfluss der Volatilität auf den Optionspreis wieder. Verfallsdatum Datum, an dem ein Termingeschäft verfällt (auch Verfallstag
oder Fälligkeitstag genannt); in der Regel der 3. Freitag im Monat. Volatilität Ausmaß der tatsächlichen bzw. erwarteten Schwankung eines Fi-
nanzinstruments (gibt nur die Schwankungsintensität, nicht deren Richtung an). Sie kann als historische wie auch als implizite Volatilität berechnet werden. Volatility-Forecast Unter einem Volatility-Forecast versteht man das Schät-
zen der Volatilität eines Instrumentes. Volatility Smile Variation der impliziten Volatilität auf den Basispreis. Volatility-Surface Unter einem Volatility-Surface versteht man die kom-
plette Volatilitätsstruktur eins Underlying. Dieses wird i. d. R. in einer dreidimensionalen Darstellung aufgezeigt. Warentermingeschäfte Termingeschäfte, denen als Basiswerte Waren/Roh-
stoffe zugrunde liegen und die folglich anderen Schwankungsgegebenheiten bzw. anderen Außeneinflüssen unterliegen als Finanztermingeschäfte. Wetterderivat Derivate, deren Auszahlung vom Wetter oder dessen Verän-
derung abhängt. Wiener-Prozess Zeitstetiger stochastischer Prozess, der normalverteilte un-
abhängige Zuwächse hat. Währungsderivate Derivate, welche als Underlying eine Währung haben.
604
Appendix
Zeitwert Der Teil des Optionspreises, welcher sich auf die Restlaufzeit der
Option sowie deren Möglichkeit bezieht, im Geld zu enden. Der Zeitwert nimmt mit abnehmender Restlaufzeit zunehmend schneller ab. Zerobond Anleihe, welche keine Kuponzahlung vorsieht. Zinsstrukturkurve Beziehung zwischen Zinssätzen und Laufzeiten. Zwangsliquidation Auflösung von Terminmarktpositionen, da die Margin-
Höhe nicht ausreicht und der Investor keine weitere Margin stellen kann oder will.
Tabelle der Standardnormalverteilung
605
Tabelle der Standardnormalverteilung z-Werte -2,9 -2,8 -2,7 -2,6 -2,5 -2,4 -2,3 -2,2 -2,1 -2 -1,9 -1,8 -1,7 -1,6 -1,5 -1,4 -1,3 -1,2 -1,1 -1 -0,9 -0,8 -0,7 -0,6 -0,5 -0,4 -0,3 -0,2 -0,1 0 0 0,1 0,2 0,3 0,4 0,5 0,6 0,7 0,8 0,9 1 1,1 1,2 1,3 1,4 1,5 1,6 1,7 1,8 1,9 2 2,1 2,2 2,3 2,4 2,5 2,6 2,7 2,8 2,9
0 0,00190 0,00260 0,00350 0,00470 0,00620 0,00820 0,01070 0,01390 0,01790 0,02280 0,02870 0,03590 0,04460 0,05480 0,06680 0,08080 0,09680 0,11510 0,13570 0,15870 0,18410 0,21190 0,24200 0,27430 0,30850 0,34460 0,38210 0,42070 0,46020 0,50000 0,50000 0,53980 0,57930 0,61790 0,65540 0,69150 0,72570 0,75800 0,78810 0,81590 0,84130 0,86430 0,88490 0,90320 0,91920 0,93320 0,94520 0,95540 0,96410 0,97130 0,97720 0,98210 0,98610 0,98930 0,99180 0,99380 0,99530 0,99650 0,99740 0,99810
0,01 0,00180 0,00250 0,00340 0,00450 0,00600 0,00800 0,01040 0,01360 0,01740 0,02220 0,02810 0,03510 0,04360 0,05370 0,06550 0,07930 0,09510 0,11310 0,13350 0,15620 0,18140 0,20900 0,23890 0,27090 0,30500 0,34090 0,37830 0,41680 0,45620 0,49600 0,50400 0,54380 0,58320 0,62170 0,65910 0,69500 0,72910 0,76110 0,79100 0,81860 0,84380 0,86650 0,88690 0,90490 0,92070 0,93450 0,94630 0,95640 0,96490 0,97190 0,97780 0,98260 0,98640 0,98960 0,99200 0,99400 0,99550 0,99660 0,99750 0,99820
0,02 0,00180 0,00240 0,00330 0,00440 0,00590 0,00780 0,01020 0,01320 0,01700 0,02170 0,02740 0,03440 0,04270 0,05260 0,06430 0,07780 0,09340 0,11120 0,13140 0,15390 0,17880 0,20610 0,23580 0,26760 0,30150 0,33720 0,37450 0,41290 0,45220 0,49200 0,50800 0,54780 0,58710 0,62550 0,66280 0,69850 0,73240 0,76420 0,79390 0,82120 0,84610 0,86860 0,88880 0,90660 0,92220 0,93570 0,94740 0,95730 0,96560 0,97260 0,97830 0,98300 0,98680 0,98980 0,99220 0,99410 0,99560 0,99670 0,99760 0,99820
Teil 2 des z-Wertes 0,04 0,05 0,06 0,03 70 0,00160 0,00160 0,00150 0,0017 30 0,00230 0,00220 0,00210 0,0023 20 0,00310 0,00300 0,00290 0,0032 30 0,00410 0,00400 0,00390 0,0043 70 0,00550 0,00540 0,00520 0,0057 50 0,00730 0,00710 0,00690 0,0075 90 0,00960 0,00940 0,00910 0,0099 90 0,01250 0,01220 0,01190 0,0129 60 0,01620 0,01580 0,01540 0,0166 20 0,02070 0,02020 0,01970 0,0212 80 0,02620 0,02560 0,02500 0,0268 60 0,03290 0,03220 0,03140 0,0336 80 0,04090 0,04010 0,03920 0,0418 60 0,05050 0,04950 0,04850 0,0516 00 0,06180 0,06060 0,05940 0,0630 40 0,07490 0,07350 0,07210 0,0764 80 0,09010 0,08850 0,08690 0,0918 30 0,10750 0,10560 0,10380 0,1093 20 0,12710 0,12510 0,12300 0,1292 50 0,14920 0,14690 0,14460 0,1515 20 0,17360 0,17110 0,16850 0,1762 30 0,20050 0,19770 0,19490 0,2033 70 0,22960 0,22660 0,22360 0,2327 30 0,26110 0,25780 0,25460 0,2643 10 0,29460 0,29120 0,28770 0,2981 60 0,33000 0,32640 0,32280 0,3336 70 0,36690 0,36320 0,35940 0,3707 00 0,40520 0,40130 0,39740 0,4090 30 0,44430 0,44040 0,43640 0,4483 00 0,48400 0,48010 0,47610 0,4880 00 0,51600 0,51990 0,52390 0,5120 70 0,55570 0,55960 0,56360 0,5517 00 0,59480 0,59870 0,60260 0,5910 30 0,63310 0,63680 0,64060 0,6293 40 0,67000 0,67360 0,67720 0,6664 90 0,70540 0,70880 0,71230 0,7019 70 0,73890 0,74220 0,74540 0,7357 30 0,77030 0,77340 0,77640 0,7673 70 0,79950 0,80230 0,80510 0,7967 80 0,82640 0,82890 0,83150 0,8238 50 0,85080 0,85310 0,85540 0,8485 80 0,87290 0,87490 0,87700 0,8708 70 0,89250 0,89440 0,89620 0,8907 20 0,90990 0,91150 0,91310 0,9082 60 0,92510 0,92650 0,92790 0,9236 00 0,93820 0,93940 0,94060 0,9370 40 0,94950 0,95050 0,95150 0,9484 20 0,95910 0,95990 0,96080 0,9582 40 0,96710 0,96780 0,96860 0,9664 20 0,97380 0,97440 0,97500 0,9732 80 0,97930 0,97980 0,98030 0,9788 40 0,98380 0,98420 0,98460 0,9834 10 0,98750 0,98780 0,98810 0,9871 10 0,99040 0,99060 0,99090 0,9901 50 0,99270 0,99290 0,99310 0,9925 30 0,99450 0,99460 0,99480 0,9943 70 0,99590 0,99600 0,99610 0,9957 80 0,99690 0,99700 0,99710 0,9968 70 0,99770 0,99780 0,99790 0,9977 30 0,99840 0,99840 0,99850 0,9983
0,07 0,00150 0,00210 0,00280 0,00380 0,00510 0,00680 0,00890 0,01160 0,01500 0,01920 0,02440 0,03070 0,03840 0,04750 0,05820 0,07080 0,08530 0,10200 0,12100 0,14230 0,16600 0,19220 0,22060 0,25140 0,28430 0,31920 0,35570 0,39360 0,43250 0,47210 0,52790 0,56750 0,60640 0,64430 0,68080 0,71570 0,74860 0,77940 0,80780 0,83400 0,85770 0,87900 0,89800 0,91470 0,92920 0,94180 0,95250 0,96160 0,96930 0,97560 0,98080 0,98500 0,98840 0,99110 0,99320 0,99490 0,99620 0,99720 0,99790 0,99850
0,08 0,00140 0,00200 0,00270 0,00370 0,00490 0,00660 0,00870 0,01130 0,01460 0,01880 0,02390 0,03010 0,03750 0,04650 0,05710 0,06940 0,08380 0,10030 0,11900 0,14010 0,16350 0,18940 0,21770 0,24830 0,28100 0,31560 0,35200 0,38970 0,42860 0,46810 0,53190 0,57140 0,61030 0,64800 0,68440 0,71900 0,75170 0,78230 0,81060 0,83650 0,85990 0,88100 0,89970 0,91620 0,93060 0,94290 0,95350 0,96250 0,96990 0,97610 0,98120 0,98540 0,98870 0,99130 0,99340 0,99510 0,99630 0,99730 0,99800 0,99860
0,09 0,00140 0,00190 0,00260 0,00360 0,00480 0,00640 0,00840 0,01100 0,01430 0,01830 0,02330 0,02940 0,03670 0,04550 0,05590 0,06810 0,08230 0,09850 0,11700 0,13790 0,16110 0,18670 0,21480 0,24510 0,27760 0,31210 0,34830 0,38590 0,42470 0,46410 0,53590 0,57530 0,61410 0,65170 0,68790 0,72240 0,75490 0,78520 0,81330 0,83890 0,86210 0,88300 0,90150 0,91770 0,93190 0,94410 0,95450 0,96330 0,97060 0,97670 0,98170 0,98570 0,98900 0,99160 0,99360 0,99520 0,99640 0,99740 0,99810 0,99860
606
Appendix
Bonitätsbewertung1 Moody’s Long Term
S&P Short Term
Long Term
Fitch Short Term
Long Term
Aaa
AAA
AAA
Aa1
AA+
AA+
Aa2
AA
Aa3
P-1
AA-
A1
A+
A2
A
A3
A-
Baa1 Baa2 Baa3
P-2 P-3
A-1+
BBB+ BBB BBB-
AA
A-1 A-2 A-3
A+ A ABBB+ BBB BBB-
BB+
BB+
Ba2
BB
BB
Ba3
BB-
B1
B+
B2
B
B
B3
B-
B-
Ca C
Not Prime
B
A1+
BBB+
A1
High grade
Upper Medium grade
A2 A3
Lower Medium grade Non Investmentgrade speculative
B Highly Speculative
CCC+ CCC
Substantial risks C
CCC
C
CCC-
/
Extremely speculative In default with little prospect for recovery
DDD D
1
Prime
AA-
Ba1
Caa
Short Term
Quelle: Commerzbank.
/
/
In default
Rendite und Rating im Kontext
607
Rendite und Rating im Kontext
Zusammenhang zwischen Anleihenrendite und Rating Rendite in % 20
19,85
15
10
13,51 9,35
5 AAA
9,68
10,11
AA
A
11,36
BBB
BB
B
Rating
Abbildung 17.1: Zusammenhang Anleihenrendite und Rating2
Tabelle 17.1: Durchschnittliche kumulierte Ausfallraten (%) 1970–20063 1
2
3
4
5
7
10
Aaa
0.000
0.000
0.000
0.026
0.099
0.251
0.521
Aa
0.008
0.019
0.042
0.106
0.177
0.343
0.522
A
0.021
0.095
0.220
0.344
0.472
0.759
1.287
Baa
0.181
0.506
0.930
1.434
1.938
2.959
4.637
Ba
1.205
3.219
5.568
7.958
10.215
14.005
19.118
B
5.236
11.296
17.043
22.054
26.794
34.771
43.343
Caa-C
19.476
30.494
39.717
46.904
52.622
59.938
69.178
2 3
Quelle: Moody’s. Quelle: Basisinformationen über Vermögensanlage in Wertpapiere, Bank-Verlag Köln.
608
Appendix
MSCI Europe MSCI Japan
Anleihen Globale Immobilienaktien Europe
MSCI World
MSCI Asia ex Japan
Anleihen Schwellenl.
Hochzinsanleihen
0,71
0,96
0,86
0,46
0,57
-0,17
0,64
0,69
0,65
0,48
0,56
-0,30
0,71
0,96
0,77
0,64
0,72
-0,28
0,68
0,89
0,98
0,48
0,57
1,00
-0,09
-0,34
-0,25
0,08
-0,21
1,00
0,75
0,70
0,45
0,59
1,00
0,89
0,59
0,69
1,00
0,46
0,57
1,00
0,80
MSCI Europe
MSCI Japan
S&P 500
MSCI EM
1,00
0,58
0,88
0,88
-0,35
0,60
0,66
1,00
0,76 1,00
1,00
S&P 500
MSCI EM Anleihen Europe Globale Immobilienaktien MSCI World MSCI Asia ex Japan Anleihen Schwellenl. Hochzinsanleihen
Abbildung 17.2: Korrelation einzelner Märkte (Stand: Juli 2009)4
4
Quelle: JP Morgan.
1,00
Terminbörsen weltweit und ihre Webadressen
609
Terminbörsen weltweit und ihre Webadressen
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http://www.afet.or.th/v081/english/
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http://www.apxgroup.com/index.php?id=1
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http://www.adex.ase.gr/AdexHomeEN/ns/index.html
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http://www.baumwollboerse.de/
BIFFEX
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www.bostonoptions.com/
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http://www.bse.hu/
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http://www.m-x.ca/accueil en.php
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www.dce.com.cn
610
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Dubai Mercantile Exchange
www.dubaimerc.com
ELX Electronic Liquidity Exchange
http://www.elxfutures.com/
Eurex
http://www.Eurexchange.com
Euronext
www.euronext.com
European Climate Exchange
http://www.ecx.eu/
European Energy Derivatives Exchange
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European Energy Exchange: EEX
http://www.eex.com/de/
Hong Kong Futures Exchange (HKFE)
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www.kcbt.com
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London Stock Exchange
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Terminbörsen weltweit und ihre Webadressen
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611
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www.rts.ru/en/
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http://www.sibex.ro/?l=en
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Singapore Exchange
www.sgx.com/
Singapur Mercantile Exchange
http://www.smx.com.sg/
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Über die Autoren
613
Über die Autoren Michael Bloss ist Direktor der Commerzbank AG und des Europ¨aischen Instituts f¨ur Financial Engineering und Derivateforschung (EIFD). Er lehrt Financial Engineering an der Hochschule f¨ur Wirtschaft und Umwelt, Nürtingen-Geislingen (HfWU). Manuel Kleinknecht ist Doktorand am Centre for Computational Finance and Economic Agents der University of Essex. Er forscht im Bereich künstlicher Intelligenz mit Schwerpunkt heuristische Optimierung. Daniel Sörensen ist Inhouse Consultant bei der Deutschen Bank AG. Er lehrt International Finance an der Frankfurt School of Finance and Management sowie an der Hochschule f¨ur Wirtschaft und Umwelt, N¨urtingen-Geislingen (HfWU).
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Index
A Abrechnungspreis 594 Abzinsen 20 Act-Of-God-Bonds 465 Additional Margin 149, 546, 551–553, 555, 592, 594, 599 After-Sales-Betreuung 8 Aktienanleihen 309 Aktionsplan 72 Algo-Trading 516 Alpha 516 Am Geld 200, 594 American-Style Option 189 Amerikanische Optionen 594 Approximationsverfahrens 252 Arbitrage 594 Arbitrage-Gewinn 382 Arbitrageur 123, 594 ARCH 577, 594 ARMA-Modell 577 Asiatische Option 421, 594 Ask (Brief) 594 Assetswap 379 Assignment 192, 478 Asymmetrisch 506 Aufgeld (Agio) 594 Aufzinsen 20 Auktion 457 Aus dem Geld 200, 594 Ausfallintensität 594 Aussi 324 Ausübung/Assignement 594 Ausübungspreis 594 Autokorrelation 50 Autokovarianz 50 Average Optionen 421 Averaging 473, 474, 490, 594
B Back Spread 289 Back-Office 4 Backwardation 341–343, 345, 595 Barausgleich 595 Barrier-Option 410, 411, 595 Barwert (Present Value) 22, 382, 595 Basis 595 Basiskonvergenz 162, 163, 185, 595 Basispreis 595 Basisswap 374 Basiswert 595 Basiszinssatz 505 Basket-Option 409, 418 Behavioural Finance 88, 92 BEKK 578 Bermuda-Optionen 414 Beta 84, 595 ˇ-Hedge 273 Betafaktor 60, 80, 83, 179, 180 Bid (Geld) 595 Bid-Ask Spread 595 Binomialmodell 242, 247, 249, 595 Black-76-Modell 300, 369, 425 Black-Karasinski Modell 579 Black-Scholes inkl. Greeks 229 Black-Scholes-Formel 235 Black-Scholes-Merton-Modell 233, 237 Black-Scholes-Modell 29, 39, 326, 595 Bonität 372 Bonitätsbewertung 606 Bonuszertifikat 498, 499, 511 Bootstrapping 24 Boston-Option 420, 595, 609 Box 289 Break-Even 595 Broker 595 Brownsche Bewegung 31 geometrisch 35
628
Brownsche Brücke 576 Burn-Analyse 456 Burning-Cost-Methode 456 Butterfly 285–287 Buy-and-Hold-Produkt 493 Börsenaufsicht 135 C Cable 324 Calender Spread 291 Call 137, 187–189, 192, 199, 200, 204, 205, 218, 220–222, 224, 226, 231, 261– 267, 270, 272, 275–278, 280, 283–291, 299, 300, 303, 304, 306, 307, 350, 404, 405, 408, 410, 413, 414, 416, 417, 419, 479, 481, 483, 485, 495, 498, 504, 536, 545, 549, 558–560, 571, 585, 587, 588, 590, 593, 594, 596, 597, 599–601 Call-Volatility-Trade 512, 513 Callable 502 Callable Bond 596 Cap 365, 367–369, 425, 596 Capital-Asset-Pricing-Modell (CAPM) 79 Caplets 367, 369, 425 Cash Settlement 153, 158, 168, 189, 335, 351, 358, 436, 549 Cash-and-Carry-Arbitrage 176, 596 Cash-Settlement 406, 435, 442 CatBonds 465 CCC Constant Conditional Correlation 578 CCP 564 CCW 484, 596 CCW-Strategie 516 CDS 434–437, 441, 443–447, 596 Central Counter Party 561 Channel 324 Cheapest to Deliver 155, 166, 167 Chooser-Optionen 414, 596 Clearing 136, 137, 146, 168, 170, 190– 193, 349, 543–545, 548, 558, 599 Clearinghouse 596 Cliquet Optionen 419 Closing 118, 138, 141, 151, 168, 195, 196, 303, 308, 333, 334, 479, 481, 482, 485, 538, 598, 600 Club Deal 6 CME 113 CMS 375, 376, 430 Collar 369, 370, 425, 596 Collateral 523 Collateral Management 567
Index
Collateral Trust 464 Collateralized Obligation 443 Combo 512, 514 Combo vs. Long Underlying 512, 514 Commodity Futures Trading Commission (CFTC) 134 Commodity-Futures 147, 169 Compound-Optionen 415 Computerbörse 129, 140 Conditional Value at Risk 65 Condor 287, 288 Confirmation 402 Contango 341–343, 345, 358, 589, 596 Contingent-Capital-Programm 463 Convenience Yield 341–343, 589, 596 Conversion 155, 514, 515 Conversion vs. Underlying 514, 515 Cooling Degree Days (CDD) 449 Cost of Carry 161, 173, 174, 341, 596 Counterpart 101, 143, 493, 535, 598 Counterparty-Risiko 440 Covered Call Writing 266 Covered Warrants 501 Cox-Ingersoll-Ross-Modell (CIR) 579 Credit Default Swap 596 Credit Event 435 Credit Linked Notes (CLN) 441 Cross Margining 544 Cross Rate 323, 324, 596 Cross-Margining-Ansatz 567 Cross-Roll-over 481 CTD 596 Cumulative Average Temperature (CAT) 453 Currency Options 325, 621 CVaR 596 D Darkpools 325 DCC Dynamic Conditional Correlation 578 Default 432, 434, 436, 441, 596, 610 Default Management Komitee (DMK) 568 Deferred-Premium-Option 420 Deflation 508 Delta 62, 183, 221–223, 226, 271, 272, 350, 355, 417, 593, 596, 598 Deport 318, 319, 596 Derivat 597 Derivatehandel 529 Devisen-Notierungsarten 315 Devisenhandel 313, 314
Index
Devisenkassageschäft 317 Devisentermingeschäft 313, 318, 319, 321, 322, 329 Dichtefunktion 43 Differentialgleichung 33, 252 Digitale-Optionen 412, 597 Direkt Clearing Member (DCM) 137 Discountzertifikat 10, 306, 307, 309, 356, 494, 496, 497 Dividende 597 Dividendenauszahlungen 217 Dividendenswap 372, 376 Dothan-Modell 579 Downside 537 Downside Additional Margin 555 Driftrate 32, 34 Dünngitterverfahren 597 Duplikation 62, 63 Duration 57 E EGARCH 578 Eigenmittel 463 Einstein 201 EMIR 561, 563 Emissionsplattformen 597 Emissionsprodukt 11 Emittentenrisiko 298, 442 Endwert (Future Value) 21 ESMA 562 ETF 597 ETF/ETC 511 Eurex 113 Eurex Clearing Prisma 597 Euribor 379 Euro-Inflations-Future 457 European-Digital 413 European-Style Option 189 Europäische Option 597 Exchange Options 421, 618 Exchange Traded Fund (ETF) 508 Exchange-Minimum-Margin 597 Exercise 191, 194, 600 Exotische Optionen 408, 409, 597 Expected Shortfall 65 F Fiber 324 Fiduciary Call 597 Fill and Kill 138
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Fill or Kill 138, 146 Finanzderivate 6 Finanzmarktkrise 2007 3, 445 Fixed Income Futures 132, 143, 147 Fixed Leg 376 Floating Leg 376 Floor 368–370, 425, 596, 598 Floorlets 368, 369, 425, 598 Flow-Produkt 10, 493 Fluch der Dimensionalität 256 Forward 115, 116, 118, 146, 147, 319, 334, 367, 370, 371, 377, 407, 425, 598 Forward Rate Agreement 598 frequentistische Wahrscheinlichkeit 27 Front Month 169 Front-Office 4 Funding 408, 597 Funding Cost 493 Funding-Leg 509 Funding-Spread 438 Fusion 219 Future 17, 93, 115–117, 119, 129, 133, 134, 137–139, 143–164, 166–185, 197, 294, 296, 298–300, 302–306, 311, 314, 322, 327, 328, 330, 331, 334, 335, 338, 341, 342, 344–350, 352, 354–358, 364, 365, 370, 429, 446, 467, 477, 480, 483– 486, 488, 489, 500, 544, 546, 548, 549, 551, 552, 554, 560, 570, 571, 582, 584, 587, 589, 591–593, 595, 596, 598–601, 603, 609–612, 618, 622 Future Spread Margin 548 Future Style Options 598 Future-Preis 598 Future-Spread-Margin 598 Future-Style-Optionen 553 Fälligkeitsdatum/Verfall 597 G Gamma 62, 194, 223, 226, 417, 593, 598 Garantie Zertifikate 511 GARCH 577, 598 Garman-Kohlhagen 326 Gegenpartei 598 General Clearing Member (GCM) 136 General Collateral 525 Genusskapital 6, 463, 464 Geometrisch Brownsche Bewegung 576 Geppi 324 Gewinnerweiterung 475 Gewinnerweiterungsstrategie 476
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Glattstellung 598 Glattstellungskosten 545, 546, 555, 594, 600 GLOBEX 113 Goldkonvertibilität 313 Greeks 220, 226 Grundintensionen 306 Gruppendenken 90 H Haircut 523 Handels-Limit 530 Handelsdesk 536 Hard Commodities 598 Heating Degree Days (HDD) 449, 598 Hebelprodukte 338, 486, 500 Hedge 178 Hedge-Ratio 172, 271, 583, 598 Hedger 122, 123, 125, 182, 338, 598 Hedging 598 Herdenverhalten 89 Hexensabbat 119, 120, 598 HGB 486, 487, 490 Histogramm 46 empirisch 49 historischen Volatilität 206 Ho-Lee Modell 579 Hull-White Modell 579 HVPI 459 I IFRS 486, 487 Im Geld 200, 599 Immediate or Cancel 138 implizite Volatilität 207, 598 Index-Differential-Swap 416 Indexzertifikat 486 Inflationsderivat 457 Inflationsrate 508 Inflationsswap 384, 508 Initial Margin 546, 551, 599 Innerer Wert 198, 199, 201–203, 367, 425, 599 Inter-Market Spread 175, 599 Interest Swap 374 Interkontrakt-Spread 175, 599 Interpolation 20 Intrakontrakt-Spread 175, 599 Intrinsic Value 199 IRG 407
Index
ISDA 374, 402, 435, 464 J Jump Effekt 599 Jump-Diffusions-Modell 257, 576 K Kapitalmaßnahmen 218, 219 Kiwi 324 klassische Entscheidungstheorie 66 Kombinationen 599 Komparativer Vorteil 371 Konsiliar-Meinung 475 Konsortialkredite 6 Kontrakt 119, 149, 154, 155, 157, 174, 175, 191, 196, 219, 298, 299, 304, 326, 335, 345, 346, 351, 365, 476, 549, 552, 553, 558, 587, 599 Kontraktgrößen 135 Konvexität 58, 405 Korrelation 50–52, 54, 76, 210, 294, 371, 417, 544, 608 Korrelationskoeffizient 55, 56, 61, 78, 94, 176, 177, 599 Kovarianz 55, 61, 82, 83 Kredit-Ratings 432 Kreditderivate 144, 431–434, 438, 441, 443, 445, 447, 488, 599 Kreditereignis 435 Kreditprodukte 6 Kreditrisiko 432, 433, 435 L Ladder Optionen 419 Laplace-Wahrscheinlichkeit 26 Legal Department 5 LEI 562 Lemma von It¯o 37 LEPO 194, 364, 495, 600 Leverage 599 Leveraged Floater 506, 507 Levy-Prozess 576 Libor 379 Lieferprobleme 340 Limit-Order 138 Lognormalverteilung 47, 599 Long Call 261, 262, 413 Long Future 170, 178, 334, 350 Long Option 122 Long Put 262, 272, 281, 484
Index
Long-Position 599 Long-Vol 502 Lookback Option 599 Lookback-Option 418 Low Exercise Pricing Options (LEPO) 600 Lévy Modelle 259
631
Non Deliverable Forward 331 Non Deliverable Option 331 Normalverteilung 30, 49, 600 Not-Held 140 Notification Day 168
M Margin 122, 149, 151, 153, 155, 305, 329, 483, 500, 530, 534, 536, 543–546, 548– 555, 558–560, 571, 582, 584, 587, 591, 592, 594, 597–604 Margin Call 559, 560, 600 Margin-Buchung 299 Margin-Risiko 535 Margining 543, 544, 555, 571, 601 MaRisk 531 Mark-to-Market 149, 153, 548, 553, 600, 603 Mark-to-Market-Value 524 Market Order 137, 138, 140, 260 Market-if-Touched 140 Market-Maker 131, 322 Markov-Prozess 29 Marktpsychologie 87 Marktrisiken 534 Marktzins 217, 220, 494 Martingal 39, 94, 438, 600 Master Agreement 402 Matching 129, 133, 140 Maximum Likelihood Schätzung 578 Medusa 318 Mehrperiodenmodell 247 Mezzanine 6, 464 Middle-Office 4 MiFID 561 MiFIR 561 Mistrade 142 Mistraderegelung 142 Monte-Carlo-Simulation 252, 507, 578, 600 Multi Callable Bond 504 Multi Faktor Option 421 Multi Putable Bond 505
O Öffnungsklausel 533 One Cancels the Other 141 Open Interest 600 Open Outcry 600 Open-Outcry-Verfahren 128, 146 Opening 119, 133, 138, 141, 151, 334, 479, 481 Optimized Sampling 508 Option 62, 116, 119, 137, 143, 186, 187, 189, 191, 192, 195, 196, 199, 200, 202– 205, 207, 210, 217, 218, 221, 223–226, 235, 261–265, 267–269, 271, 279, 298, 299, 303, 306, 307, 319, 325, 326, 364, 367, 403, 404, 407, 408, 410–421, 425, 430, 435, 464, 495, 501, 503–505, 545, 549, 551, 554, 558, 570, 585, 587, 588, 590, 593–597, 599, 600, 602, 604, 609, 619 Optionen auf Futures 117, 134, 546, 600, 603 Optionsanleihe 501 Optionspreis 600 Optionsscheine 501 Optionsstrategie 193, 358, 497, 593 Optionstyp 189, 421, 590 Orderausführung 139, 140 Ordererteilung 142 Ordersysteme 142 Ornstein-Uhlenbeck-Prozess 576 OTC 117, 120, 121, 133, 143, 147, 186, 194, 195, 298, 321, 328, 363–365, 408, 424, 436, 447, 464, 468, 535, 597, 599, 600 OTC-Option 319, 325 Outperformance Zertifikat 511 Outperformance-Option 417, 420 Overlaymanagement 485
N Nearby Future 169 Netting 133, 543, 548, 552, 600 NGARCH 578 Non Clearing Member (NCM) 137
P Pari-Passu-Klausel 522 Payer 373, 375, 380, 383–386, 404, 405, 407, 506, 590 Payer Swap 374
632
Payoff 6, 179, 306, 413, 493, 495, 497, 499, 503 Physische Belieferung 152, 158, 190, 335 Plain Vanilla 10, 144, 261, 355, 404, 488, 588, 590, 600, 622 Plain Vanilla Optionen 325 Poisson Prozesses 259 Poisson-Jump-Process 576 Portfolio Insurance 272, 273 Portfolio-Selection-Modell 76, 77 Portfoliomanagement 75, 85, 87, 473 Portfoliotheorie 75 Positionserweiterung 475 Positionsmanagement 92, 475, 476, 587 Preis-Zeit-Prinzip 140 Preisfaktor 155, 166, 181, 182 Preisrisiko 111 Premium Margin 546, 551, 600 Premium-based-Methode 600 Price-Lookback-Option 419 Private Placement 9, 11 Produktdesk 5, 17, 18 Protective Put 233, 272, 516, 517, 601 Prämie 191, 600 Präsenzbörsen 120, 128, 130, 146 Pseudowahrscheinlichkeit 247 Pseudozufallszahlengenerator 253 Public Offering 9 Put 137, 187–189, 192, 196, 199, 200, 205, 218, 220–222, 224, 226, 231, 262, 264, 267–278, 281, 283–291, 293, 296, 299, 300, 304, 306, 350, 358, 404, 405, 408, 410, 411, 414, 416, 417, 419, 435, 484, 485, 495, 497, 498, 503, 558, 560, 588, 590, 594, 596, 599–601 Put Spread vs. Underlying 513, 515 Put Volatility Trade 512, 513 Put-Call Parität 231, 601 Put-Option 187 Put-Time 292 Put-Volatility-Trade 512 Putable 502 Putable Bond 601 Putable Swap 601 Pyramiding 473, 474, 478, 490, 591, 601 Q Quanto 601 Quanto Optionen 415 Quanto-Swap 416 Quasi-Monte-Carlo Methode 255
Index
Quasi-Monte-Carlo Simulation 578, 601 Quasi-Zufallszahlen 255 Quote Request 131 Quotes 131, 133, 146, 260 R Rainbow Optionen 417, 622 Random Walk 40 Range-Optionen 413 Ratingagenturen 433 Ratio Spread 287 Receiver 375, 380, 383, 384, 386, 387, 404, 405, 407 Receiver Swap 374 Recovery Rate 465 Referenzzinssatz 366, 505 Regular Market Making 131 Regulator 314 relative Häufigkeit 25–27 Rendite 601 diskret 20 stetig 20 Repo-Geschäft 520 Repo-Satz 523 Report 318, 319, 601 Repurchase Operation 523 Restlaufzeit 127, 155, 161, 164, 174, 200, 203, 208, 217, 220, 264, 312, 398, 586, 604 Reverse Cash and Carry Arbitrage 601 Reverse Floater 505, 506 Rho 224, 226, 601 Risikocontrolling 5, 75, 473, 529, 534–536, 538, 539, 601 Risikoloser Zinssatz 601 Risikomanagement 529 Risk Based Margining 543, 601 Risk Reversal 292, 293, 312 Risk Taker 122 Risk-Based Margining 544 Rohwarenswap 402 Roll-over 168–170, 197, 261, 478–481, 530, 602 S Sachdarlehen 520 Schlussabrechnung 460 Schrödingers Katze 91 Securities and Exchange Commission 134 Security Lending 520
Index
Settlement 144, 153, 168, 190, 219, 299, 328, 334–336, 358, 406, 548, 558, 602, 603 Settlement-Preis 602 Settlementlinie 535 Short Call 221, 262, 303, 308 Short Future 151, 170, 334, 548 Short Put 221, 262, 267, 268, 281 Short-Option Adjustment 602 Short-Position 602 Shout 420 Shout Optionen 420 Sicherheitenmanagement 529 Sicherheitenverwaltung 567 Single Callable Bonds 503 Single Putable Bonds 502, 503 Single Stock Future 159 Single-Index-Modell 78 Soft Commodities 338, 347, 348, 598, 602 Sonderdividenden 219 SPAN 543 Spekulant 123, 125, 488, 602 Spekulation 602 Spieltheorie 6, 66, 68–71, 93, 621 Spielthorie 93 Spline, kubisch 21 Spread 127, 174, 279, 280, 289, 290, 292, 331, 433, 437, 548, 552, 592, 602 Spread Auftrag 138 Spread Optionen 420 Spread-Position 602 Spreader 124, 602 Sprint Zertifikat 510 SPV (Special Purpose Vehicle) 465 Standardabweichung 43, 77, 80, 82, 206 Standardnormalverteilung 43, 326 Step-Down Swap 399 Stillhalter 602 Stochastic-Volatility-Modell 466 Stop-Auftrag 138 Straddle 274–279, 284, 294, 306, 312, 414, 602 Strangle 277–279, 284, 306, 602 Straps 277, 312 Strategy Master 297 Strike-Lookback-Option 419 Strikepreis 119 Strips 277 Swap 318, 371–378, 380, 384–390, 393, 394, 396–407, 416, 430, 434–436, 464, 506, 590, 596, 601, 602
633
Swap Confirmation 402 Swap-Satz 318, 322, 373, 377, 602 Swap-Spread 437 Swaption 403, 405, 407, 430, 511, 602 SwissKey 141 Symmetrisch 506 Synthetische Positionen 603 Synthetischen Terminmarktpositionen 305 T Tailor Made Solutions 3, 356 Take Time 141 Term-Spread 127 Terminkurs 318, 421 Terminmarktkurve 344 Termsheet 7 The Funds 324 Theta 224–226, 603 Time Spread 173, 291 Time Value 200 TIMS 543 Tracking Error 273 Trading-Phase 132, 133 Trägerportfolio 509 Tree 243 Täglicher Abrechnungspreis 603 U Underlying 116, 119, 124, 126, 135, 137, 140, 142, 144, 147, 148, 151–153, 157, 159, 162, 166, 170–177, 185, 187, 189, 190, 193, 194, 199, 200, 202, 204–206, 217, 220, 221, 224, 243, 261, 262, 264, 266–268, 270–276, 278, 294, 303, 309, 346, 379, 402, 408, 410, 412–418, 421, 434, 481, 483, 485, 493, 495–497, 500, 530, 537, 545, 549, 554, 558, 560, 584, 588, 594, 595, 598, 599, 602, 603 Uniform-Zufallszahlen 255 Upside 537 Upside Additional Margin 555 V Value at Risk 63, 93 VaR 603 Varianz 55, 61, 72, 77, 78, 83, 206 Varianzrate 32, 34 Varianzreduktion 254 Variation Margin 149, 546, 548, 551, 553, 603
634
Vasicek-Modell 579 VEC 578 Vega 62, 226, 227, 603 Verfallsdatum 603 Verfallstag 143 Verhaltensökonomik 87 Versicherungsderivat 456, 463, 468 Verteilung, stetig 43 Volatility Smile 248, 249, 603 Volatility Surface 249 Volatility Trade 512 Volatility-Forecast 603 Volatility-Surface 603 Volatilität 162, 206–208, 210, 220, 226, 234, 235, 238, 248, 270, 274, 276, 287, 294, 312, 370, 414, 417, 418, 425, 482, 545, 552, 554, 583, 598, 603 historisch 206 implizite 206, 208, 248, 312, 545, 603 Volatilitäts-Shift 215 Vollreplikation 508 Vorzugsaktie 463 W Wahrscheinlichkeit bedingt 28 frequentistisch 27 subjektiv 27 Wahrscheinlichkeitsrechnung 6 Währungsfuture 113, 147, 157 Währungsrisiko 316 Währungsswap 376 Warentermin-Futures 158 Warentermingeschäfte 603 Wechselkursrisiko 316
Index
Weekly Options 143, 193, 194 Wertpapierleihe 194, 195, 500, 520 Wertpapierpensionsgeschäft 520 Wetterderivate 448, 456, 603, 618, 621 Wiener-Prozess 29, 31, 575, 603 Window-Optionen 415 Wurzel-Diffusions-Prozess 576 Währungsderivate 603 Y Yield Curve Swap 375, 376 Yields 128, 622 Z Zeitdilatation 202 Zeitwert 198, 200, 201, 203–205, 210, 217, 224, 299, 604 Zeitwertverlust 202 Zentraler Counterpart (CCP) 521 Zentraler Grenzwertsatz 43 Zero-Bond 273, 493, 604 Zero-Cost 292, 293, 312 Zero-Cost-Strategie 293 Zero-Kurve 24 Zero-Strike-Call 495 Zero-Zinssatz 24 Zertifikate 7, 298, 307, 309, 338, 356, 408, 491, 494, 498, 502 Zinsberechnung 20 Zinsobergrenze 366 Zinsstrukturkurve 126, 127, 156, 164, 178, 185, 305, 309, 604 Zwangsliquidation 483, 536, 560, 571, 587, 604