›Financial Contracting in Venture Capital‹ am Beispiel des Crowdinvesting: Eine rechtliche, rechtstatsächliche und rechtsökonomische Untersuchung des Crowdinvesting und Analyse des Crowdinvesting-Marktes [1 ed.] 9783428588640, 9783428188642

Crowdinvesting hat sich zu einer Finanzierungsalternative für Start-up-Unternehmen entwickelt. Nach einer ausführlichen

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German Pages 610 Year 2023

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›Financial Contracting in Venture Capital‹ am Beispiel des Crowdinvesting: Eine rechtliche, rechtstatsächliche und rechtsökonomische Untersuchung des Crowdinvesting und Analyse des Crowdinvesting-Marktes [1 ed.]
 9783428588640, 9783428188642

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Abhandlungen zum Deutschen und Europäischen Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht Band 221

Financial Contracting in Venture Capital am Beispiel des Crowdinvesting Eine rechtliche, rechtstatsächliche und rechtsökonomische Untersuchung des Crowdinvesting und Analyse des Crowdinvesting-Marktes

Von

Tobias Schilling

Duncker & Humblot · Berlin

TOBIAS SCHILLING

Financial Contracting in Venture Capital am Beispiel des Crowdinvesting

Abhandlungen zum Deutschen und Europäischen Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht Herausgegeben von Professor Dr. Holger Fleischer, LL.M., Hamburg Professor Dr. Hanno Merkt, LL.M., Freiburg Professor Dr. Gerald Spindler, Göttingen

Band 221

Financial Contracting in Venture Capital am Beispiel des Crowdinvesting Eine rechtliche, rechtstatsächliche und rechtsökonomische Untersuchung des Crowdinvesting und Analyse des Crowdinvesting-Marktes

Von

Tobias Schilling

Duncker & Humblot · Berlin

Die Juristische Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin hat diese Arbeit im Jahr 2022 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten

© 2023 Duncker & Humblot GmbH, Berlin

Satz: TextFormA(r)t, Daniela Weiland, Göttingen Druck: Beltz Grafische Betriebe GmbH, Bad Langensalza Printed in Germany ISSN 1614-7626 ISBN 978-3-428-18864-2 (Print) ISBN 978-3-428-58864-0 (E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Meinen Eltern

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Jahr 2022 von der Juristischen Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin als Dissertation angenommen. Die Arbeit ist im Wesentlichen auf dem Stand April 2021, wesentliche Gesetzesänderungen, Rechtsprechung und Veröffentlichungen konnten bis zum 31. Dezember 2022 berücksichtigt werden; die zitierte Literatur befindet sich ebenfalls auf dem Stand 31. Dezember 2022. Die Arbeit entstand in wesentlichen Teilen während meiner Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl von Prof. Dr. Lars Klöhn, zunächst an der Ludwig-Maximilians-Universität München, dann an der Humboldt-Universität zu Berlin. Sie ging aus dem von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten interdisziplinären Forschungsprojekt „Crowdinvesting in Deutschland, England und den USA: Regulierungsperspektiven und Wohlfahrtseffekte einer neuen Finan­zierungsform“ von Prof. Dr. Lars Klöhn und dem Ökonomen Prof. Dr. Lars Hornuf hervor. Mein besonderer Dank gilt meinem Doktorvater Prof. Dr. Lars Klöhn. Er hat dieses Dissertationsvorhaben ermöglicht und mich mit wertvollen Ratschlägen unterstützt, wobei er mir zugleich jeglichen wissenschaftlichen Freiraum ließ. Die Zeit an seinem Lehrstuhl hat mich in vielerlei Hinsicht inspiriert und mein juristisches Denken geprägt. Großer Dank gebührt zudem Prof. Dr. Lars Hornuf, der mir insbesondere im Hinblick auf die empirischen und ökonomischen Teile dieser Arbeit mit Rat und hilfreichen Impulsen zur Seite stand. Herzlich danken möchte ich auch Prof. Dr. Gerhard Wagner für die Erstellung des Zweitgutachtens. Den Herausgebern der Schriftenreihe danke ich für die Aufnahme der Arbeit in die Schriftenreihe. Schließlich bin ich der Stiftung Kapitalmarktrecht für den Finanzstandort Deutschland, die mich in der Anfangsphase dieser Arbeit mit einem Dissertationsstipendium unterstützt hat, zu Dank verpflichtet. Danken möchte ich auch Michaela Zell, Svenja Brüning und Antonia Felber, die mich als studentische Mitarbeiterinnen im Rahmen des Forschungsprojekts tatkräftig bei der teils mühsamen Datensammlung und -aufbereitung unterstützt haben. Herzlich danken möchte ich schließlich Prof. Dr. Michael Ronellenfitsch für die bereichernden Jahre als studentischer Mitarbeiter an seinem Lehrstuhl an der Eberhard Karls Universität Tübingen zu Beginn meiner juristischen Ausbildung, wo ich die Grundlagen wissenschaftlichen Arbeitens lernen durfte.

8

Vorwort

Mein größter Dank gebührt jedoch meinen Eltern. Sie haben meine Ausbildung ermöglicht und mich bei allen Vorhaben stets vorbehaltlos und mit unermüdlichem Zuspruch unterstützt. Ohne ihren bedingungslosen Rückhalt, ihr grenzenloses Verständnis und ihren unerschütterlichen Glauben an mich wäre diese Arbeit nicht entstanden. Ihnen ist diese Arbeit in tiefer Dankbarkeit gewidmet. Berlin, im Dezember 2022

Tobias Schilling

Inhaltsübersicht § 1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 A. Die „Crowd­fun­ding Revolution“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 B. Crowdinvesting in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 C. Untersuchungsgegenstand und Zielsetzung der Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 D. Gang und Methode der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 § 2 Ökonomische und finanzierungstheoretische Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 A. Ökonomische Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 I.

Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56

II.

Neue Institutionenökonomik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56

III. Property Rights-Theorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 IV. Transaktionskostenökonomik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 V.

Prinzipal-Agenten-Theorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62

VI. Ökonomische Vertragstheorie und Incomplete Contracts Approach . . . . . . 73 B. Finanzierungstheoretische Grundlagen und Rahmenbedingungen der Start-up-­ Finanzierung mittels Venture Capital . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 I.

Finanzierungstheoretische Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73

II.

Finanzierung von Start-up-Unternehmen und Venture Capital . . . . . . . . . 80

C. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 § 3 Grundlagen und Charakteristika des Crowdinvesting . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 A. Begriffsbestimmung und Definition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 I.

Crowdsourcing als Vorläufer des Crowd­fun­ding und des Crowdinvesting . 91

II.

Crowd­fun­ding als Überkategorie des Crowdinvesting . . . . . . . . . . . . . . . . 92

III. Crowdinvesting . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 IV. Abgrenzung zu anderen Formen des Crowd­fun­ding . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 B. Entwicklung des Crowd­investing . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 I.

Vorläufer des Crowd­investing . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105

II.

Entwicklungslinien auf dem deutschen Crowd­investing-Markt . . . . . . . . . 107

10

Inhaltsübersicht C. Ablauf einer Crowd­investing-Finanzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 I.

Phase vor dem Funding . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108

II.

Fundingphase . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110

III. Investment-Phase . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 D. Akteure des Crowd­investing . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 I.

Kapitalsuchende Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113

II.

Crowd­investoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115

III.

Crowd­investing-Plattform . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117

E. Chancen und Risiken des Crowd­investing . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 I.

Chancen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118

II.

Risiken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123

F. Politische Wahrnehmung und Regulierungsbestrebungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 I.

Europäische Ebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128

II.

Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131

G. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 § 4 Der Crowd­investing-Markt als Teil des Venture Capital-Marktes . . . . . . . . . . . . 136 A. Der Venture Capital-Markt in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 B. Der deutsche Crowd­investing-Markt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 I.

Marktvolumen und Kapitalnachfrage, Erfolgs- und Finanzierungsquote . . 140

II.

Crowd­investing-Plattformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149

III. Wesentliche Kennzahlen der Crowd­investing-Finanzierungen . . . . . . . . . . 155 IV. Kapitalsuchende Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 C. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 § 5 Rechtlicher Rahmen des Crowd­investing . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 A. Rechtsverhältnis zwischen kapitalsuchendem Unternehmen und Crowd­investingPlattform . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 I.

Rechte und Pflichten der Parteien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180

II.

Rechtsnatur des Vertrages über die Durchführung einer Crowd­investingKampagne . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180

III. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 B. Rechtsverhältnis zwischen Crowd­investoren und Crowdinvesting-Plattform  . . . 186 I.

Maklervertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186

Inhaltsübersicht II.

11

Anlageberatungsvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187

III. Auskunftsvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188 IV. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192 C. Rechtsverhältnis zwischen Crowd­investoren und kapitalsuchenden Unternehmen 192 I.

Stille Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193

II.

Genussrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204

III. Partiarisches Nachrangdarlehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208 IV. Unterbeteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214 V.

Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215

D. Regulatorischer Rahmen des Crowd­investing  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216 I.

Aufsichtsrechtliche Anforderungen an kapitalsuchende Unternehmen als Emittenten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216

II.

Aufsichtsrechtliche Anforderungen an Crowd­investing-Plattformen . . . . . 255

E. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 289 § 6 Agenturprobleme im Rahmen von Crowd­investing-Finanzierungen . . . . . . . . . . 294 A. Crowd­investing-Beziehung als Prinzipal-Agenten-Beziehung . . . . . . . . . . . . . . . 294 I.

Strukturelle Informationsasymmetrien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 295

II.

Ziel- und Interessenkonflikte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 297

III. Risiko opportunistischen Handelns . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 300 IV. Annahmen und Beschränkungen der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 301 B. Anreiz- und Regelungsprobleme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 302 I.

Anekdotische Evidenz: Beispiele für opportunistisches Handeln von Unternehmensgründern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 302

II.

Opportunismusrisiken der Crowd­investoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 308

C. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 330 § 7 Lösungsansätze aus der Venture Capital-Vertragspraxis als Gestaltungsmodelle 333 A. Überblick und Regelungsziel von Venture Capital-Verträgen . . . . . . . . . . . . . . . 333 B. Finanzierungsform und Verteilung der Vermögensrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 334 I.

Finanzierungsformen in der Venture Capital-Vertragspraxis . . . . . . . . . . . . 335

II.

Steuerungswirkung der Finanzierungsform . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 335

III. Dividendenvorzüge und Liquidationspräferenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 337 C. Informations- und Einsichtsrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 340

12

Inhaltsübersicht I.

Informationsrechte und Reportingpflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 340

II.

Einsichts- und Kontrollrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 342

III. Funktion und verhaltenssteuernde Wirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 342 D. Mitwirkungs- und Entscheidungsrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 343 I.

Korporative Stimmrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 344

II.

Vertretung in Kontrollgremien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 345

III. Zustimmungsvorbehalte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 346 IV. Weitergehende Eingriffsrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 347 E. Stufenfinanzierung (Staging) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 347 I.

Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 348

II.

Funktionen und verhaltenssteuernde Wirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 349

F. Bewertungskorrektur und Anpassung der Beteiligungsquote . . . . . . . . . . . . . . . . 355 I.

Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 355

II.

Funktion und verhaltenssteuernde Wirkung der Bewertungskorrektur . . . . 357

G. Schutz vor Verwässerung und Abwertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 358 I.

Anteilsverwässerung und wirtschaftliche Verwässerung bei Down Rounds 358

II.

Verwässerungsschutz und Down Round Protection . . . . . . . . . . . . . . . . . . 359

H. Mechanismen zur Bindung der Gründer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 362 I.

Halteklauseln und Vesting-Regelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 362

II.

Übertragungsbeschränkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 364

III. Wettbewerbsverbote . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 367 IV. Geheimhaltungsverpflichtungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 368 I. Garantien und Zusicherungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 369 J. Arbeitszeitvorgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 370 K. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 371 § 8 Inhalt und Entwicklung der Crowd­investing-Verträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 374 A. Überblick und Datengrundlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 374 I.

Bestandteile der Finanzierungsdokumentation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 374

II.

Regelungsinhalt der Crowd­investing-Verträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 375

III. Datengrundlage dieses Kapitels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 377

Inhaltsübersicht

13

B. Finanzierungsform und Finanzierungsstruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 378 I.

Rechtsform der Finanzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 378

II.

Finanzierungsstruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 387

C. Finanzierungsbetrag und Auszahlung an das kapitalsuchende Unternehmen . . . 390 I.

Finanzierungsbetrag und Zahlungsmodalitäten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 390

II.

Gestaffelte Auszahlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 390

D. Investmentquote und Folgefinanzierungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 391 I.

Investmentquote . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 391

II.

Verwässerung der Investmentquote bei Folgefinanzierungen . . . . . . . . . . . 392

III. Verwässerungsschutz und Down-Round-Protection . . . . . . . . . . . . . . . . . . 394 IV. Schutz vor missbräuchlicher Verwässerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 397 E. Vermögensrechte der Crowd­investoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 397 I.

Überblick über Art und Häufigkeit der Vermögensrechte . . . . . . . . . . . . . . 398

II.

Festzins . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 398

III. Gewinnbeteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 400 IV. Beteiligung an Steigerungen des Unternehmenswerts . . . . . . . . . . . . . . . . 403 V.

Verlustbeteiligung und Nachschusspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 409

VI. Rückzahlungsanspruch und Rückzahlungsmodalitäten . . . . . . . . . . . . . . . . 410 F. Laufzeit und Beendigung des Investments . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 412 I.

Laufzeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 412

II.

Kündigungsrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 417

III. Beendigung durch Exit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 418 G. Mitspracherechte bei der Unternehmensführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 419 I.

Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 419

II.

Empirischer Befund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 420

H. Informations- und Kontrollrechte der Crowd­investoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 423 I.

Quartalsreporting . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 423

II.

Übermittlung des Jahresabschlusses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 427

III. Weitere Informationsrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 429 IV. Einsichts- und Kontrollrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 434 I. Stimmenpooling . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 436 I.

Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 436

14

Inhaltsübersicht II. Mehrheitsentscheidungen über die Ausübung vertraglicher Mitwirkungsrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 437 III. Mehrheitsentscheidungen über Exit-Entscheidungen . . . . . . . . . . . . . . . . . 438 IV. Mehrheitsentscheidungen über Änderungen des Beteiligungsvertrages . . . 438 J. Übertragbarkeit der Crowdinvesting-Verträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 439 K. Nebenpflichten der Crowd­investoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 441 I.

Wettbewerbsverbote der Crowd­investoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 442

II.

Geheimhaltungsverpflichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 443

L. Pflichten des finanzierten Unternehmens, der Unternehmensgründer und der Gesellschafter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 443 I.

Zweckbindung der Finanzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 444

II.

Geschäftsführervergütung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 445

III. Nebentätigkeitsbeschränkungen für Geschäftsführer des finanzierten Unternehmens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 447 IV. Wettbewerbsverbote . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 448 M. Zusicherungen und Garantien  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 449 N. Nachrangklausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 450 O. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 450 § 9 Analyse der Crowd­investing-Verträge und Gestaltungsmöglichkeiten . . . . . . . . . 455 A. Finanzierungsform . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 455 I.

Anforderungen an eine für das Crowd­investing geeignete Finanzierungsform . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 455

II.

Entwicklung des partiarischen Nachrangdarlehens als Rechtsform des Crowd­ investing . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 457

B. Steuerungswirkung der Crowd­investing-Verträge und Gestaltungsmöglichkeiten 463 I.

Ziel und Instrumente der Vertragsgestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 463

II.

Vermögensrechte der Crowd­investoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 465

III. Informations- und Kontrollrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 479 IV. Mitspracherechte und Zustimmungsvorbehalte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 484 V.

Stufenfinanzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 486

VI. Zweckbindung der Kapitalüberlassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 491 VII. Regelungen zur Geschäftsführervergütung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 492 VIII. Nebentätigkeitsbeschränkungen und Arbeitszeitvorgaben . . . . . . . . . . . . . 493

Inhaltsübersicht

15

IX. Folgefinanzierungen und Down Round Protection . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 494 X.

Bewertungskorrektur und Anpassung der Investmentquote . . . . . . . . . . . . 497

XI. Mechanismen zur Reduzierung vorvertraglicher Informationsasymmetrien 498 XII. Mechanismen zur Bindung der Gründer und anderer Key Persons . . . . . . . 505 XIII. Übertragbarkeit der Crowd­investing-Verträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 507 XIV. Wettbewerbsverbote für Crowd­investoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 509 C. Zusammenfassung und Gestaltungsempfehlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 510 § 10 Quantitative Analyse der Crowd­investing-Verträge und Investorenschutzindex 515 A. Grundlagen und Methodik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 515 I. Der Shareholder Rights Index von LLSV als methodisches Vorbild . . . . . . 515 II.

Quantitative Rechtstatsachenforschung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 517

III. Wettbewerb der Crowd­investing-Plattformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 518 B. Konzeption eines Investorenschutzindexes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 522 I.

Konzeptionelle Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 522

II.

Daten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 523

III. Auswahl der Variablen und Coding . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 524 IV. Ermittlung der Indexwerte und des Investorenschutzindexes . . . . . . . . . . . 525 V.

Zusammensetzung der Teilindizes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 526

VI. Beschreibung der Variablen im Einzelnen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 528 C. Ergebnisse der quantitativen Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 532 I.

Überblick über statistische Kenngrößen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 533

II.

Marktweite Entwicklung des Investorenschutzindexes . . . . . . . . . . . . . . . . 536

III. Entwicklung des Investorenschutzindexes nach Crowd­investing-Plattformen 542 D. Zusammenfassende Würdigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 557 § 11 Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 560

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 568 Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 602

Inhaltsverzeichnis § 1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 A. Die „Crowd­fun­ding Revolution“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 B. Crowdinvesting in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 C. Untersuchungsgegenstand und Zielsetzung der Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 D. Gang und Methode der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 § 2 Ökonomische und finanzierungstheoretische Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 A. Ökonomische Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 I.

Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56

II.

Neue Institutionenökonomik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56

III. Property Rights-Theorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 IV. Transaktionskostenökonomik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 V.

Prinzipal-Agenten-Theorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 1. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 2. Interessenkonflikte und Informationsasymmetrien als zentrale Merkmale der Prinzipal-Agenten-Beziehung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 a) Interessenkonflikte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 b) Informationsasymmetrie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 aa) Ex ante-Informationsasymmetrien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 bb) Ex post-Informationsasymmetrien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66 3. Auswirkungen der Agenturprobleme auf den Markt . . . . . . . . . . . . . . . 67 a) Adverse selection . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 b) Moral hazard . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 4. Strategien zur Lösung des Prinzipal-Agenten-Problems und Agency Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 a) Strategien zur Reduzierung von Agency-Problemen . . . . . . . . . . . . 69 aa) Reduzierung von Informationsasymmetrien . . . . . . . . . . . . . . . 70 bb) Anreizmechanismen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 b) Agency-Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72

VI. Ökonomische Vertragstheorie und Incomplete Contracts Approach . . . . . . 73

18

Inhaltsverzeichnis B. Finanzierungstheoretische Grundlagen und Rahmenbedingungen der Start-upFinan­zierung mittels Venture Capital . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 I.

Finanzierungstheoretische Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 1. Innen- und Außenfinanzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 a) Fremdkapital . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 b) Eigenkapital . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 c) Mezzanine-Kapital . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 2. Finanzierungsstruktur als Mittel zur Risikoallokation . . . . . . . . . . . . . . 77 3. Finanzierungsstruktur als Mittel zur Anreizsteuerung . . . . . . . . . . . . . . 77 a) Erfolgsbeteiligung des Kapitalgebers (externe Eigenkapitalfinanzierung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78 b) Feste Entgeltvereinbarung (Fremdkapitalfinanzierung) . . . . . . . . . . 79

II.

Finanzierung von Start-up-Unternehmen und Venture Capital . . . . . . . . . 80 1. Phasen der Unternehmensentwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 2. Spezifika der Unternehmensfinanzierung in der Early Stage-Phase und ­Venture Capital . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 a) Spezifische Risiken in der Early Stage-Phase . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 b) Spezifika von Early Stage-Finanzierungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 c) Venture Capital . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83 d) Möglichkeiten der Frühphasenfinanzierung und Early Stage Gap . . 85

C. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 § 3 Grundlagen und Charakteristika des Crowdinvesting . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 A. Begriffsbestimmung und Definition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 I.

Crowdsourcing als Vorläufer des Crowd­fun­ding und des Crowdinvesting . 91

II.

Crowd­fun­ding als Überkategorie des Crowdinvesting . . . . . . . . . . . . . . . . 92

III. Crowdinvesting . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 1. Begriff des Crowdinvesting . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 2. Typische Elemente des Crowdinvesting . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 a) Finanzierungsbeiträge einer Vielzahl von Anlegern . . . . . . . . . . . . . 94 b) Kapitalnehmer und Finanzierungsgegenstand . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 c) Berechtigung an zukünftigen Zahlungsströmen des Unternehmens als Gegenleistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 d) Einordnung des verwendeten Finanzierungsinstruments . . . . . . . . . 99 e) Einschaltung einer Crowd­investing-Plattform als Intermediär . . . . . 101 3. Definition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 IV. Abgrenzung zu anderen Formen des Crowd­fun­ding . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 1. Schenkungsmodell (donation model) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103

Inhaltsverzeichnis

19

2. Belohungsmodell (reward model) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 3. Subskriptionsmodell (pre-purchase model) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 4. Crowdlending . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 B. Entwicklung des Crowd­investing . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 I.

Vorläufer des Crowd­investing . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105

II.

Entwicklungslinien auf dem deutschen Crowd­investing-Markt . . . . . . . . . 107

C. Ablauf einer Crowd­investing-Finanzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 I.

Phase vor dem Funding . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108

II.

Fundingphase . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110

III. Investment-Phase . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 D. Akteure des Crowd­investing . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 I.

Kapitalsuchende Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113

II.

Crowd­investoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115

III.

Crowd­investing-Plattform . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117

E. Chancen und Risiken des Crowd­investing . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 I.

Chancen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 1. Alternative Finanzierungsform, Schließung des early stage funding gaps und gesamtwirtschaftliche Auswirkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 2. Demokratisierung der Kapitalallokation und „Weisheit der Vielen“ . . . 120 3. Revolution des Innovationsprozesses und Lösung von Kollektivhandlungsproblemen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 4. Zugang zu einem neuen Anlagesegment für Kleinanleger . . . . . . . . . . . 122

II.

Risiken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 1. Risiken von Venture Capital-Investments . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 2. Betrugsrisiko . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 3. Interessenkonflikte zwischen Crowd­ investing-Plattformen und Anlegern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 4. Crowd­investing-Markt als Market for Lemons und Moral Hazard . . . . 125 5. Risiko Vertragsgestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126

F. Politische Wahrnehmung und Regulierungsbestrebungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 I.

Europäische Ebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128

II.

Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131

G. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133

20

Inhaltsverzeichnis

§ 4 Der Crowd­investing-Markt als Teil des Venture Capital-Marktes . . . . . . . . . . . 136 A. Der Venture Capital-Markt in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 B. Der deutsche Crowd­investing-Markt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 I.

Marktvolumen und Kapitalnachfrage, Erfolgs- und Finanzierungsquote . . 140 1. Marktvolumen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 2. Anzahl angebotener Emissionen und Kapitalnachfrage . . . . . . . . . . . . 141 3. Erfolgs- bzw. Finanzierungsquote . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 4. Marktvolumen des Crowd­investing und des traditionellen Venture Capital im Vergleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147

II.

Crowd­investing-Plattformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 1. Im Untersuchungszeitraum aktive Crowd­investing-Plattformen . . . . . . 149 2. Anzahl erfolgreicher Finanzierungen und Finanzierungsvolumen nach Plattform . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 3. Entwicklung von Finanzierungsanzahl und -volumen nach Plattform . . 152 4. Erfolgs- und Finanzierungsquoten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153

III. Wesentliche Kennzahlen der Crowd­investing-Finanzierungen . . . . . . . . . . 155 1. Entwicklung des Finanzierungsvolumens pro Emission (deal size) . . . 155 2. Entwicklung der Kapitalnachfrage pro Finanzierung . . . . . . . . . . . . . . 158 3. Entwicklung der Fundingschwellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 4. Entwicklung der durchschnittlichen Finanzierungsdauer . . . . . . . . . . . 163 5. Entwicklung der Anzahl an Investments und Investoren pro Finanzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 6. Entwicklung der Mindestinvestitionssumme und der durchschnittlichen Anlagesumme pro Anleger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166 IV. Kapitalsuchende Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 1. Rechtsform und Stammkapital der kapitalsuchenden Unternehmen . . . 168 2. Alter der kapitalsuchenden Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 3. Branchenzugehörigkeit der kapitalsuchenden Unternehmen . . . . . . . . . 169 a) Anzahl der erfolgreichen Finanzierungen nach Branche . . . . . . . . . 169 b) Eingesammeltes Kapital nach Branche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 c) Durchschnittliches Finanzierungsvolumen pro Emission nach ­Branche 172 4. Unternehmenswert der kapitalsuchenden Unternehmen . . . . . . . . . . . . 173 C. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 § 5 Rechtlicher Rahmen des Crowd­investing . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 A. Rechtsverhältnis zwischen kapitalsuchendem Unternehmen und Crowd­investingPlattform . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 I.

Rechte und Pflichten der Parteien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180

Inhaltsverzeichnis II.

21

Rechtsnatur des Vertrages über die Durchführung einer Crowd­investingKampagne . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180 1. Handelsmaklervertrag nach §§ 93 ff. HGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 2. Maklervertrag nach §§ 652 ff. BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185

III. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 B. Rechtsverhältnis zwischen Crowd­investoren und Crowdinvesting-Plattform  . . . 186 I.

Maklervertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186

II.

Anlageberatungsvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187

III. Auskunftsvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188 1. Anlagevermittlung auf Grundlage eines Auskunftsvertrages . . . . . . . . . 188 2. Vertragsschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 3. Rechte und Pflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192 IV. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192 C. Rechtsverhältnis zwischen Crowd­investoren und kapitalsuchenden Unternehmen 192 I.

Stille Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 1. Charakteristika und Voraussetzungen der stillen Gesellschaft . . . . . . . . 194 2. Beteiligung mehrerer stiller Gesellschafter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196 a) Zweigliedrige stille Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196 b) Mehrgliedrige stille Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 c) Gesellschaft bürgerlichen Rechts als stiller Gesellschafter . . . . . . . 197 d) Interessenpooling der stillen Gesellschafter in einer GbR . . . . . . . . 198 3. Wesentliche Erscheinungsformen der atypischen stillen Gesellschaft . . 198 4. Rechte und Pflichten des Unternehmens als Inhaber des Handelsgeschäfts 200 5. Rechte und Pflichten des Anlegers als stiller Gesellschafter . . . . . . . . . 201 6. Beendigung der stillen Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202 7. Übertragbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202 8. Stellung des stillen Gesellschafters in der Insolvenz des Geschäfts­ inhabers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203

II.

Genussrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204 1. Charakteristika von Genussrechten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204 2. Abgrenzung zu anderen Rechtsverhältnissen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205 3. Wesentliche Bestimmungen und Ausgestaltungsmöglichkeiten . . . . . . 206 4. Rechte und Pflichten des Anlegers als Genussrechtsinhaber . . . . . . . . . 207 5. Übertragbarkeit und Stellung des Genussrechtsinhabers in der Insolvenz 208

III. Partiarisches Nachrangdarlehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208 1. Charakteristika des partiarischen Nachrangdarlehens . . . . . . . . . . . . . . 208 a) Darlehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208

22

Inhaltsverzeichnis b) Partiarisches Darlehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209 c) Nachrangdarlehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210 2. Abgrenzung zur stillen Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211 IV. Unterbeteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214 V.

Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215

D. Regulatorischer Rahmen des Crowd­investing  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216 I.

Aufsichtsrechtliche Anforderungen an kapitalsuchende Unternehmen als Emittenten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216 1. Nach § 32 Abs. 1 KWG erlaubnispflichtiges Einlagengeschäft . . . . . . . 216 2. Prospektpflicht für das öffentliche Angebot von Wertpapieren nach dem WpPG bzw. der ProspektVO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 219 a) Prospektpflicht nach § 3 Abs. 1 WpPG a. F. bzw. Art. 3 Abs. 1 ­ProspektVO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220 aa) Wertpapier . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 bb) Öffentliches Angebot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222 cc) Anbieter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223 b) Prospektfreie Emission von Wertpapieren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223 aa) Rechtslage vor Inkrafttreten der ProspektVO . . . . . . . . . . . . . . 223 bb) Rechtslage seit Inkrafttreten der ProspektVO . . . . . . . . . . . . . . 224 c) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225 3. Pflichten für das öffentliche Angebot von Vermögensanlagen nach dem VermAnlG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225 a) Anwendungsbereich des VermAnlG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226 aa) Vermögensanlagen im Sinne des VermAnlG . . . . . . . . . . . . . . 226 (1) Rechtslage bis zum 31. Mai 2012 (vor Inkrafttreten des ­VermAnlG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227 (2) Rechtslage vom 1. Juni 2012 bis zum 9. Juli 2015 . . . . . . 228 (3) Rechtslage seit Inkrafttreten des KASG zum 10. Juli 2015 230 bb) Öffentliches Angebot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232 cc) Anbieter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233 b) Pflicht zur Veröffentlichung eines Verkaufsprospekts nach § 6 ­VermAnlG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235 c) Ausnahmen nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 VermAnlG . . . . . . . . . . . . . . . . . . 236 d) Befreiung für Schwarmfinanzierungen nach § 2a VermAnlG . . . . . 237 aa) Privilegierte Vermögensanlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237 bb) Gesamtemissionsgrenze in Höhe von 6 Mio. Euro . . . . . . . . . . 238 (1) Verkaufspreis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 239 (2) Zeitliche Grenze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 239 (3) Für die Berechnung der Gesamtemissionsgrenze relevante Anbieter und Plattformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 241

Inhaltsverzeichnis

23

cc) Vermittlung im Wege der Anlageberatung oder Anlagevermittlung über eine Crowd­investing-Plattform . . . . . . . . . . . . . . . . . 242 (1) Internet-Dienstleistungsplattform . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 242 (2) Anlageberatung oder Anlagevermittlung . . . . . . . . . . . . . . 243 dd) Zeichnungsgrenzen der Einzelinvestitionen und Prüfungspflicht der Crowd­investing-Plattform . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243 (1) Verpflichtung der Crowd­investing-Plattform zur Überprüfung der Zeichnungsgrenzen durch Gesetz oder Verordnung . . . 243 (2) Anlagegrenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245 (3) Keine Geltung der Anlagegrenzen für Kapitalgesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 246 ee) Kein maßgeblicher Einfluss des Emittenten auf die Crowd­ investing-Plattform . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 246 ff) Kombinationsverbot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247 gg) Erleichterungen und Pflichten im Anwendungsbereich des § 2a VermAnlG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 248 (1) Befreiung von der Prospektpflicht nach § 6 VermAnlG . . . 248 (2) Pflicht zur Veröffentlichung eines VIB nach §  13 ­VermAnlG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 248 (3) Widerrufsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 250 e) Weitere Pflichten nach dem VermAnlG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 251 aa) Mindestlaufzeit (§ 5a VermAnlG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 251 bb) Verbot der Nachschusspflicht (§ 5b VermAnlG) . . . . . . . . . . . . 251 cc) Werbebeschränkungen (§ 12 VermAnlG) . . . . . . . . . . . . . . . . . 252 dd) Rechnungslegungs- und Prüfungspflicht (§§ 23 bis 26 ­VermAnlG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 252 (1) Pflicht zur Rechnungslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 252 (2) Umfang der Rechnungslegungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . 253 (3) Prüfungsrecht der BaFin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 254 (4) Pflicht zur Abschlussprüfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 254 (5) Privilegierung von Emissionen im Rahmen des Crowd­ investing . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 254 II.

Aufsichtsrechtliche Anforderungen an Crowd­investing-Plattformen . . . . . 255 1. Erlaubnispflichtigkeit des Betriebs einer Crowd­investing-Plattform . . . 255 a) Erlaubnispflicht nach § 32 Abs. 1 Satz 1 KWG . . . . . . . . . . . . . . . . 256 aa) Gewerbsmäßigkeit oder kaufmännisch eingerichteter Geschäftsbetrieb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 257 bb) Betreiben von Bankgeschäften (§ 1 Abs. 1 Satz 2 KWG) . . . . . 257 (1) Einlagengeschäft (§ 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 KWG) . . . . . . . . 258 (2) Kreditgeschäft (§ 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 KWG) . . . . . . . . . 258 (3) Emissionsgeschäft (§ 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 10 KWG) . . . . . . 259

24

Inhaltsverzeichnis (4) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 260 cc) Erbringen von Finanzdienstleistungen (§ 1 Abs. 1a Satz 2 KWG) 260 (1) Finanzinstrumente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 260 (2) Anlageberatung (§ 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 1a KWG) . . . . . . . 262 (3) Platzierungsgeschäft (§ 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 1c KWG) . . . 262 (4) Abschlussvermittlung (§ 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 2 KWG) . . . 264 (5) Anlagevermittlung (§ 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 1 KWG) . . . . . . 265 (6) Betrieb eines multilateralen Handelssystems (§ 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 1b KWG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 267 (7) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 270 dd) Bereichsausnahme nach § 2 Abs. 6 Nr. 8 lit. e) KWG . . . . . . . . 271 ee) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 272 b) Erlaubnispflicht als Wertpapierinstitut nach § 15 Abs. 1 WpIG . . . . 272 c) Erlaubnis- oder Registrierungspflicht nach KAGB . . . . . . . . . . . . . 274 d) Erlaubnispflicht als Zahlungsinstitut nach § 10 Abs. 1 Satz 1 ZAG . 277 e) Erlaubnispflicht als Finanzanlagenvermittler nach § 34f Abs. 1 Satz 1 GewO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 278 2. Sonstige Pflichten des Betreibers einer Crowd­investing-Plattform . . . . 280 a) Pflichten nach KWG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 280 b) Pflichten nach WpIG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 281 c) Pflichten nach WpHG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 281 d) Pflichten nach VermAnlG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 281 aa) Crowd­investing-Plattformen als Anbieter i. S. d. VermAnlG . . 281 bb) Pflichten des Anbieters von Vermögensanlagen . . . . . . . . . . . . 285 e) Pflichten nach FinVermV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 286 aa) Allgemeine Verhaltenspflicht nach § 11 FinVermV . . . . . . . . . 286 bb) Statusbezogene Informationspflichten nach § 12 FinVermV . . 287 cc) Information des Anlegers über Vergütungspflichtigkeit der Anlagevermittlung nach § 12a FinVermV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 287 dd) Pflicht zur Offenlegung von Zuwendungen nach § 12a Nr. 2 i. V. m. § 17 FinVermV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 287 ee) Information des Anlegers über Risiken, Kosten und Interessenkonflikte nach § 13 FinVermV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 288 ff) Redliche, eindeutige und nicht irreführende Informationen und Werbung nach § 14 FinVermV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 288 gg) Bereitstellung des VIB nach § 15 FinVermV . . . . . . . . . . . . . . 288 hh) Pflicht zur Einholung von Informationen über den Anleger nach § 16 FinVermV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 289 f) Pflichten nach GwG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 289 E. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 289

Inhaltsverzeichnis

25

§ 6 Agenturprobleme im Rahmen von Crowd­investing-Finanzierungen . . . . . . . . . 294 A. Crowd­investing-Beziehung als Prinzipal-Agenten-Beziehung . . . . . . . . . . . . . . . 294 I. II.

Strukturelle Informationsasymmetrien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 295 Ziel- und Interessenkonflikte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 297 1. Interessen der Crowd­investoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 297 2. Interessen der Gründer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 298

III. Risiko opportunistischen Handelns . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 300 IV. Annahmen und Beschränkungen der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 301 B. Anreiz- und Regelungsprobleme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 302 I.

Anekdotische Evidenz: Beispiele für opportunistisches Handeln von Unternehmensgründern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 302 1. Missbrauch von Unternehmensressourcen im Fall Skully . . . . . . . . . . . 303 2. Vorvertragliche Informationsasymmetrien im Fall Vibewrite . . . . . . . . 304 3. Hold-up-Probleme im Rahmen des Exits von Smarchive . . . . . . . . . . . 305 4. Anschlussfinanzierung von Protonet . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 305 5. Probleme der Unternehmensbewertung und der Bindung von Key Persons im Falle des Start-ups Unyte Yoga . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 307

II.

Opportunismusrisiken der Crowd­investoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 308 1. Vorvertragliche Informationsdefizite . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 308 a) Ex ante-Informationsdefizite der Crowd­investoren hinsichtlich Geschäftsidee und Gründerteam . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 309 b) Unternehmensbewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 312 2. Zu geringe Anstrengung und Arbeitseinsatz der Gründer . . . . . . . . . . . 313 a) Zu geringe Anstrengung der Gründer (reduced effort) . . . . . . . . . . . 313 b) Zu geringer zeitlicher Arbeitseinsatz der Gründer . . . . . . . . . . . . . . 314 3. Missbräuchlicher Einsatz von Unternehmensressourcen . . . . . . . . . . . . 314 a) Missbrauch von Unternehmensmitteln für private Zwecke . . . . . . . 315 b) „Fehlgebrauch“ von Unternehmensressourcen . . . . . . . . . . . . . . . . . 316 4. Suboptimales Investitionsverhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 317 a) Unterinvestitionsproblem (underinvestment) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 317 b) Überinvestitionsproblem (overinvestment) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 317 5. Unternehmensstrategie und Risiko . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 318 a) Zielkonflikte hinsichtlich der Unternehmensstrategie . . . . . . . . . . . 318 b) Veränderung des Risikos der Investition (risk shifting) . . . . . . . . . . 320 6. Folgefinanzierungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 321 a) Trilateral Bargaining . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 321 b) Wirtschaftliche Verwässerung bei Down Rounds . . . . . . . . . . . . . . . 321

26

Inhaltsverzeichnis c) Hold-up . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 323 d) Asset Stripping späterer Kapitalgeber zu Lasten der Crowdinvestoren 324 7. Unmittelbare Aushöhlung und Vereitelung der Vermögensrechte der Anleger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 325 a) Vereitelung der Gewinnbeteiligung der Crowd­investoren . . . . . . . . 325 b) Vereitelung der Unternehmenswertbeteiligung am Laufzeitende . . . 326 c) Vereitelung der Exit-Beteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 326 aa) Exit-Entscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 327 bb) Zeitpunkt des Exits . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 327 cc) Form des Exits . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 328 d) Weitere Umgehungs-Gestaltungsmöglichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . 328 8. Key Person-Issues . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 329 9. Gefahr der Insolvenzverschleppung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 329 C. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 330

§ 7 Lösungsansätze aus der Venture Capital-Vertragspraxis als Gestaltungsmodelle 333 A. Überblick und Regelungsziel von Venture Capital-Verträgen . . . . . . . . . . . . . . . 333 B. Finanzierungsform und Verteilung der Vermögensrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 334 I.

Finanzierungsformen in der Venture Capital-Vertragspraxis . . . . . . . . . . . . 335

II.

Steuerungswirkung der Finanzierungsform . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 335

III. Dividendenvorzüge und Liquidationspräferenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 337 1. Dividendenvorzüge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 337 2. Liquidationspräferenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 338 C. Informations- und Einsichtsrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 340 I.

Informationsrechte und Reportingpflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 340

II.

Einsichts- und Kontrollrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 342

III. Funktion und verhaltenssteuernde Wirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 342 D. Mitwirkungs- und Entscheidungsrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 343 I.

Korporative Stimmrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 344

II.

Vertretung in Kontrollgremien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 345

III. Zustimmungsvorbehalte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 346 IV. Weitergehende Eingriffsrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 347 E. Stufenfinanzierung (Staging) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 347 I.

Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 348

II.

Funktionen und verhaltenssteuernde Wirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 349

Inhaltsverzeichnis

27

1. Minimierung des Verlustrisikos des Investors . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 350 2. Reduzierung von Informationsasymmetrien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 350 3. Reduzierung von opportunistischem Verhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 351 4. Entscheidungsbefugnis in Krisensituationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 352 5. Sanktionsmittel gegen hold-up . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 353 6. Bewertungskorrektur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 353 7. Nachteile und Fehlanreize . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 354 F. Bewertungskorrektur und Anpassung der Beteiligungsquote . . . . . . . . . . . . . . . . 355 I.

Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 355

II.

Funktion und verhaltenssteuernde Wirkung der Bewertungskorrektur . . . . 357

G. Schutz vor Verwässerung und Abwertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 358 I.

Anteilsverwässerung und wirtschaftliche Verwässerung bei Down Rounds 358 1. Anteilsverwässerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 358 2. Wirtschaftliche Verwässerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 358

II.

Verwässerungsschutz und Down Round Protection . . . . . . . . . . . . . . . . . . 359 1. Bezugsrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 360 2. Preisbasierter Verwässerungsschutz als Down Round Protection . . . . . 361

H. Mechanismen zur Bindung der Gründer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 362 I.

Halteklauseln und Vesting-Regelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 362

II.

Übertragungsbeschränkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 364 1. Vinkulierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 364 2. Andienungspflichten, Vorerwerbsrechte und Vorkaufsrechte . . . . . . . . 365

III. Wettbewerbsverbote . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 367 IV. Geheimhaltungsverpflichtungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 368 I. Garantien und Zusicherungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 369 J. Arbeitszeitvorgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 370 K. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 371 § 8 Inhalt und Entwicklung der Crowd­investing-Verträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 374 A. Überblick und Datengrundlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 374 I.

Bestandteile der Finanzierungsdokumentation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 374

II.

Regelungsinhalt der Crowd­investing-Verträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 375

III. Datengrundlage dieses Kapitels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 377 B. Finanzierungsform und Finanzierungsstruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 378

28

Inhaltsverzeichnis I.

Rechtsform der Finanzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 378 1. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 378 2. Entwicklung der angebotenen Beteiligungsformen . . . . . . . . . . . . . . . . 380 3. Entwicklung des Finanzierungsvolumens nach Beteiligungsform . . . . 383 4. Durchschnittliches Finanzierungsvolumen nach Beteiligungsform . . . . 383 5. Durchschnittliche Kapitalnachfrage pro Finanzierung . . . . . . . . . . . . . . 384 6. Entwicklung des maximalen Finanzierungsvolumens und der maximalen Kapitalnachfrage nach Finanzierungsform . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 385

II.

Finanzierungsstruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 387 1. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 387 2. Entwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 389

C. Finanzierungsbetrag und Auszahlung an das kapitalsuchende Unternehmen . . . 390 I.

Finanzierungsbetrag und Zahlungsmodalitäten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 390

II.

Gestaffelte Auszahlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 390

D. Investmentquote und Folgefinanzierungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 391 I.

Investmentquote . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 391

II.

Verwässerung der Investmentquote bei Folgefinanzierungen . . . . . . . . . . . 392 1. Zulässigkeit von Folgefinanzierungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 392 2. Entwicklung der Regelungen zur Verwässerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 393

III. Verwässerungsschutz und Down Round Protection . . . . . . . . . . . . . . . . . . 394 IV. Schutz vor missbräuchlicher Verwässerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 397 E. Vermögensrechte der Crowd­investoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 397 I.

Überblick über Art und Häufigkeit der Vermögensrechte . . . . . . . . . . . . . . 398

II.

Festzins . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 398

III. Gewinnbeteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 400 1. Empirischer Befund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 400 2. Relevanter Gewinn und Berechnung der Gewinnbeteiligung . . . . . . . . 402 IV. Beteiligung an Steigerungen des Unternehmenswerts . . . . . . . . . . . . . . . . 403 1. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 403 2. Reguläre Beendigung der Kapitalüberlassung nach Kündigung . . . . . . 403 a) Empirischer Befund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 403 b) Berechnung der Beteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 405 3. Beendigung infolge eines Exit-Ereignisses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 406 a) Empirischer Befund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 406 b) Exitfall und partieller Exit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 406 c) Beteiligungshöhe im Falle eines Exits . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 407

Inhaltsverzeichnis

29

4. Life-Time-Gewinn- und Exit-Beteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 408 V.

Verlustbeteiligung und Nachschusspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 409

VI. Rückzahlungsanspruch und Rückzahlungsmodalitäten . . . . . . . . . . . . . . . . 410 F. Laufzeit und Beendigung des Investments . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 412 I.

Laufzeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 412 1. Befristete und unbefristete Kapitalüberlassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 412 2. Mindestlaufzeit der Kapitalüberlassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 413 a) Marktdurchschnitt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 413 b) Durchschnittliche Laufzeit nach Plattformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 415 3. Unterschiedliche Laufzeiten für Investoren und finanzierte Unternehmen 416

II.

Kündigungsrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 417 1. Ordentliche Kündigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 417 2. Außerordentliche Kündigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 417

III. Beendigung durch Exit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 418 G. Mitspracherechte bei der Unternehmensführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 419 I.

Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 419

II.

Empirischer Befund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 420

H. Informations- und Kontrollrechte der Crowd­investoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 423 I.

Quartalsreporting . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 423 1. Entwicklung der Quartalsreporting-Pflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 423 2. Inhaltliche Ausgestaltung der Quartalsreporting-Pflicht . . . . . . . . . . . . 425 3. Reportingfristen, Durchsetzung und Sanktionsmöglichkeiten . . . . . . . . 426

II.

Übermittlung des Jahresabschlusses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 427

III. Weitere Informationsrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 429 1. Gewinnmitteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 429 2. Mitteilung nach Verwässerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 430 3. Ad-hoc-Mitteilungspflicht und generelle Informationspflicht . . . . . . . . 432 4. Physische und webbasierte Investorenversammlungen . . . . . . . . . . . . . 434 IV. Einsichts- und Kontrollrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 434 I. Stimmenpooling . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 436 I.

Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 436

II.

Mehrheitsentscheidungen über die Ausübung vertraglicher Mitwirkungsrechte 437

III. Mehrheitsentscheidungen über Exit-Entscheidungen . . . . . . . . . . . . . . . . . 438 IV. Mehrheitsentscheidungen über Änderungen des Beteiligungsvertrages . . . 438

30

Inhaltsverzeichnis J. Übertragbarkeit der Crowdinvesting-Verträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 439 K. Nebenpflichten der Crowd­investoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 441 I.

Wettbewerbsverbote der Crowd­investoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 442

II.

Geheimhaltungsverpflichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 443

L. Pflichten des finanzierten Unternehmens, der Unternehmensgründer und der Gesellschafter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 443 I.

Zweckbindung der Finanzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 444

II.

Geschäftsführervergütung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 445

III. Nebentätigkeitsbeschränkungen für Geschäftsführer des finanzierten Unternehmens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 447 IV. Wettbewerbsverbote . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 448 M. Zusicherungen und Garantien  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 449 N. Nachrangklausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 450 O. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 450 § 9 Analyse der Crowd­investing-Verträge und Gestaltungsmöglichkeiten . . . . . . . . 455 A. Finanzierungsform . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 455 I.

Anforderungen an eine für das Crowd­investing geeignete Finanzierungsform . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 455

II.

Entwicklung des partiarischen Nachrangdarlehens als Rechtsform des Crowd­ investing . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 457 1. Crowd­investoren als Gesellschafter an einer GmbH . . . . . . . . . . . . . . . 458 2. Crowd­investoren als Aktionäre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 459 3. Hybride Finanzierungsinstrumente als Lösung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 460 4. Kapitalmarktrechtlicher Rahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 461

B. Steuerungswirkung der Crowd­investing-Verträge und Gestaltungsmöglichkeiten 463 I. II.

Ziel und Instrumente der Vertragsgestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 463 Vermögensrechte der Crowd­investoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 465 1. Rückzahlungsanspruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 465 2. Festzinskomponente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 466 3. Gewinnbeteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 467 a) Wirtschaftliche Bedeutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 468 b) Risiko für opportunistisches Handeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 469 c) Lösungsansätze zur Reduzierung opportunistischen Handelns . . . . 469 4. Unternehmenswertbeteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 471 a) Unternehmenswertbeteiligung nach Kündigung . . . . . . . . . . . . . . . . 471

Inhaltsverzeichnis

31

aa) Bestimmung des maßgeblichen Unternehmenswertes . . . . . . . 471 bb) Anreiz- und Regelungsprobleme der Multiplikator-Methode . . 472 cc) Lösungsansätze und Anreizmechanismen . . . . . . . . . . . . . . . . . 473 b) Exit-Beteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 475 aa) Zeitpunkt des Exits . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 475 bb) Höhe der Exit-Beteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 477 5. Zwischenergebnis und Gestaltungsempfehlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . 477 III. Informations- und Kontrollrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 479 1. Spezifische Interessenlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 479 2. Informations- und Einsichtsrechte im Untersuchungszeitraum . . . . . . . 481 3. Bewertung und Gestaltungsempfehlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 481 IV. Mitspracherechte und Zustimmungsvorbehalte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 484 V.

Stufenfinanzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 486 1. Minimierung des Verlustrisikos . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 486 2. Reduzierung vor- und nachvertraglicher Informationsasymmetrien . . . 487 3. Anreiz zur Reduzierung opportunistischen Verhaltens . . . . . . . . . . . . . 488 4. Grenzen und Fehlanreize des Staging-Mechanismus . . . . . . . . . . . . . . . 488 5. Zwischenergebnis und Gestaltungsempfehlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . 490

VI. Zweckbindung der Kapitalüberlassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 491 VII. Regelungen zur Geschäftsführervergütung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 492 VIII. Nebentätigkeitsbeschränkungen und Arbeitszeitvorgaben . . . . . . . . . . . . . 493 IX. Folgefinanzierungen und Down Round Protection . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 494 1. Auswirkungen von Folgefinanzierungen auf die Investmentquote . . . . 494 2. Status quo der Crowd­investing-Verträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 495 X.

Bewertungskorrektur und Anpassung der Investmentquote . . . . . . . . . . . . 497

XI. Mechanismen zur Reduzierung vorvertraglicher Informationsasymmetrien 498 1. Vorvertragliche Informationsbereitstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 498 2. Zusicherungen und Garantien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 501 a) Rechtliche Einordnung und Steuerungswirkung . . . . . . . . . . . . . . . . 502 b) Bewertung und Gestaltungsmöglichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 503 3. Weitere Lösungsansätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 504 XII. Mechanismen zur Bindung der Gründer und anderer Key Persons . . . . . . . 505 XIII. Übertragbarkeit der Crowd­investing-Verträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 507 XIV. Wettbewerbsverbote für Crowd­investoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 509 C. Zusammenfassung und Gestaltungsempfehlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 510

32

Inhaltsverzeichnis

§ 10 Quantitative Analyse der Crowd­investing-Verträge und Investorenschutzindex 515 A. Grundlagen und Methodik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 515 I. Der Shareholder Rights Index von LLSV als methodisches Vorbild . . . . . . 515 II.

Quantitative Rechtstatsachenforschung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 517

III. Wettbewerb der Crowd­investing-Plattformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 518 1. Recht als Produkt und Wettbewerb um Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 518 2. Klauselwettbewerb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 521 B. Konzeption eines Investorenschutzindexes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 522 I.

Konzeptionelle Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 522

II.

Daten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 523

III. Auswahl der Variablen und Coding . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 524 IV. Ermittlung der Indexwerte und des Investorenschutzindexes . . . . . . . . . . . 525 V.

Zusammensetzung der Teilindizes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 526 1. Mitspracherechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 526 2. Informationsrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 526 3. Anti-Opportunismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 527 4. Exit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 528

VI. Beschreibung der Variablen im Einzelnen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 528 C. Ergebnisse der quantitativen Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 532 I.

Überblick über statistische Kenngrößen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 533

II.

Marktweite Entwicklung des Investorenschutzindexes . . . . . . . . . . . . . . . . 536 1. Entwicklung des Gesamtindexes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 536 2. Entwicklung des Teilindexes Mitspracherechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 537 3. Entwicklung des Teilindexes Informationsrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . 538 4. Entwicklung des Teilindexes Anti-Opportunismus . . . . . . . . . . . . . . . . 539 5. Entwicklung des Teilindexes Exit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 539 6. Würdigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 540

III. Entwicklung des Investorenschutzindexes nach Crowd­investing-Plattformen 542 1. Entwicklung des Investorenschutzniveaus auf den Plattformen . . . . . . 542 a) Entwicklung des Investorenschutzniveaus nach Plattformen . . . . . . 542 b) Entwicklung des Teilindexes Mitspracherechte nach Plattformen . . 544 c) Entwicklung des Teilindexes Informationsrechte nach Plattformen . 545 d) Entwicklung des Teilindexes Anti-Opportunismus nach Plattformen . 546 e) Entwicklung des Teilindexes Exit nach Plattformen . . . . . . . . . . . . . 547 2. Divergenz oder Konvergenz der Crowd­investing-Verträge . . . . . . . . . . 548

Inhaltsverzeichnis

33

a) Funktionale Konvergenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 549 b) Formale Konvergenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 552 3. Innovationsrate der Plattformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 553 4. Würdigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 555 D. Zusammenfassende Würdigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 557 § 11 Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 560

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 568 Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 602

Abbildungsverzeichnis Abb. 1:

Anzahl erfolgreicher Finanzierungen und Fundingsumme pro Jahr (2011–2016, N = 257) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140

Abb. 2:

Entwicklung der erfolgreichen Finanzierungen und des eingeworbenen ­Kapitals (2011–2016, N = 257) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141

Abb. 3:

Anzahl der angebotenen Finanzierungen und Kapitalnachfrage p. a. ­(2011–2016, N = 384) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142

Abb. 4:

Entwicklung der Kapitalnachfrage auf dem deutschen Crowd­investing-Markt (2011–2016, N = 384) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142

Abb. 5: Verhältnis der Anzahl der erfolgreich abgeschlossenen Finanzierungen zur Anzahl der nicht erfolgreich abgeschlossenen Finanzierungen (2011–2016, N = 330) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 Abb. 6: Verhältnis des eingeworbenen Kapitals zum nachgefragten Kapital (2011– 2016, N = 330) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 Abb. 7:

Crowd­investing-Angebote und Kapitalnachfrage, erfolgreiche Finanzierungen und eingeworbenes Kapital pro Jahr (2011–2016, N = 330) . . . . . . . . . . . . . . 144

Abb. 8:

Quartalsweise Entwicklung der Kapitalnachfrage und des eingeworbenen Kap­itals (2011–2016, N = 330) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145

Abb. 9:

Entwicklung der Kapitalnachfrage und des erfolgreich eingeworbenen ­Kapitals pro Jahr (2011–2016, N = 330) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146

Abb. 10: Entwicklung der Finanzierungs- und der Erfolgsquote (2011–2016, N = 330) 146 Abb. 11: Vergleich der finanzierten Unternehmen und des Investitionsvolumens klassischer Beteiligungsgesellschaften in Unternehmen in der Seed-Phase und erfolgreiche Crowdfinanzierungen (2011–2016) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 Abb. 12: Entwicklung des Investitionsvolumens klassischer Beteiligungsgesellschaften in Unternehmen in der Seed-Phase und erfolgreiche Crowdfinanzierungen im Vergleich (2011–2016) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 Abb. 13: Aktive Crowd­investing-Plattformen in Deutschland (2011–2016) . . . . . . . . . 149 Abb. 14: Anzahl erfolgreich vermittelter Finanzierungen und eingeworbenes Kapital auf Seedmatch und Companisto sowie Marktanteil (2011–2016, N = 257) . . . . . 150 Abb. 15: Erfolgreich vermitteltes Kapital  /  Anzahl der erfolgreichen Finanzierungen auf Seedmatch, Companisto und den sonstigen Plattformen (2011–2016, N = 257) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 Abb. 16: Marktanteil von Seedmatch und Companisto am Volumen der erfolgreichen Finanzierungen (2011–2016, N = 257) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151

Abbildungsverzeichnis

35

Abb. 17: Anzahl der erfolgreichen (dunkelgrau) und nicht erfolgreichen (hellgrau) Finanzierungen auf Seedmatch, Companisto und den sonstigen Plattformen (2011–2016, N = 330) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 Abb. 18: Summe des erfolgreich eingeworbenen Kapitals pro Plattform (dunkelgrau) im Vergleich zur Summe der Fundingschwellen der nicht erfolgreichen Emissionen (hellgrau) (2011–2016, N = 330) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153 Abb. 19: Erfolgsquote der Finanzierungen auf Companisto und Seedmatch im Vergleich zur marktweiten Erfolgsquote (2011–2016, N = 330) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154 Abb. 20: Finanzierungsquote auf Companisto und Seedmatch im Vergleich zur marktweiten Finanzierungsquote (2011–2016, N = 330) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 Abb. 21: Quartalsweise Entwicklung des Finanzierungsvolumens der erfolgreichen Finanzierungen (durchschnittliches Finanzierungsvolumen und Spannweite) (2011–2016, N = 257) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156 Abb. 22: Anzahl und Anteil der erfolgreichen Finanzierungen nach jeweils eingesammeltem Volumen (2011–2016, N = 257) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157 Abb. 23: Anteil der erfolgreichen Finanzierungen nach eingesammeltem Volumen (kumulierte Häufigkeiten) (2011–2016, N = 257) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 Abb. 24: Entwicklung der durchschnittlichen Kapitalnachfrage (Fundinglimit) pro Emission (2011–2016, N = 384) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 Abb. 25: Anzahl und Anteil des pro Emission nachgefragten Finanzierungsvolumens (2011–2016, N = 384) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160 Abb. 26: Anteil der pro Angebot nachgefragten Finanzierungsvolumina (kumulierte Häufigkeiten) (2011–2016, N = 384) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160 Abb. 27: Entwicklung der durchschnittlichen, der geringsten und der höchsten Fundingschwelle (2011–2016, N = 342) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 Abb. 28: Entwicklung der durchschnittlichen Fundingschwelle nach Plattform (­ 2011–2016, N = 342) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 Abb. 29: Entwicklung der durchschnittlichen Finanzierungsdauer der erfolgreichen Finanzierungen in Tagen nach Plattform (2011–2016, N = 239) . . . . . . . . . . 163 Abb. 30: Entwicklung der durchschnittlichen Anzahl der Investments pro Emission (2011–2016, N = 232) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 Abb. 31: Anzahl der Investments / Investoren pro erfolgreicher Finanzierung (2011–2016, N = 232) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 Abb. 32: Entwicklung der durchschnittlichen Anzahl an Investments pro erfolgreicher ­Finanzierung nach Plattformen (2011–2016, N = 232) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 Abb. 33: Durchschnittliche Höhe der Einzelinvestments nach Plattformen (2011–2016, N = 232) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 Abb. 34: Entwicklung der durchschnittlichen Höhe der Einzelinvestments (2011–2016, N = 232) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 Abb. 35: Rechtsformen der kapitalsuchenden Unternehmen nach Anzahl der Finanzierungen (2011–2016, N = 302) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168

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Abbildungsverzeichnis

Abb. 36: Rechtsform der kapitalsuchenden Unternehmen und eingeworbenes Kapital nach Rechtsform der Unternehmen (2011–2016, N = 302) . . . . . . . . . . . . . . 168 Abb. 37: Alter der kapitalsuchenden Unternehmen zu Beginn der Finanzierungsphase (kumulierte Häufigkeit) (2011–2016, N = 337) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 Abb. 38: Anzahl der erfolgreichen Finanzierungen nach Branchen (2011–2016, N = 208) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 Abb. 39: Anteil der erfolgreichen Finanzierungen nach Branchen (2011–2016, N = 208) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 Abb. 40: Eingesammeltes Kapital nach Branche (2011–2016, N = 208) . . . . . . . . . . . . 171 Abb. 41: Anteil des eingesammelten Kapitals am Marktvolumen nach Branche ­(2011–2016, N = 208) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 Abb. 42: Durchschnittliches Finanzierungsvolumen pro Emission nach Branche ­(2011–2016, N = 208) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 Abb. 43: Durchschnittliche Pre-Money-Unternehmensbewertung der erfolgreich finanzierten Unternehmen und durchschnittliches Finanzierungsvolumen ­(2011–2016, N = 219) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 Abb. 44: Entwicklung der Pre-Money-Unternehmensbewertung aller kapitalsuchenden Unternehmen (2011–2016, N = 275) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 Abb. 45: Entwicklung der durchschnittlichen Pre-Money-Bewertung der erfolgreich und der nicht erfolgreich finanzierten Unternehmen (2011–2016, N = 275) . . . . . 175 Abb. 46: Durchschnittliche Unternehmensbewertungen der erfolgreich und nicht erfolgreich finanzierten Unternehmen auf Companisto, Seedmatch und den sonstigen Plattformen (2011–2016, N = 273) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 Abb. 47: Anzahl der angebotenen Beteiligungsformen (2011–2016, N = 326) . . . . . . . 379 Abb. 48: Eingeworbenes Kapital nach Beteiligungsformen (2011–2016, N = 238) . . . 379 Abb. 49: Anteil des mittels der jeweiligen Beteiligungsformen eingeworbenen Kapitals am Gesamtvolumen (2011–2016, N = 238) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 380 Abb. 50: Entwicklung der Anzahl der angebotenen Rechtsformen (Anzahl der angebotenen Rechtsformen pro Quartal) (2011–2016, N = 297) . . . . . . . . . . . . . . . . 381 Abb. 51: Entwicklung der angebotenen Rechtsformen (Anteil der jeweiligen Rechtsform an der Gesamtzahl der pro Quartal angebotenen Emissionen) (2011–2016, N = 297) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 382 Abb. 52: Entwicklung der Anzahl der angebotenen Rechtsformen nach Jahren ­(2011–2016, N = 297) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 382 Abb. 53: Entwicklung des pro Quartal eingeworbenen Kapitals nach Rechtsform ­(2011–2016, N = 238) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 383 Abb. 54: Minimale, durchschnittliche und maximale Fundingsummen nach Vertrags­ typen (2011–2016, N = 229) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 384 Abb. 55: Minimale, durchschnittliche und maximale Kapitalnachfrage nach Vertrags­ typen (2011–2016, N = 297) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 385

Abbildungsverzeichnis

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Abb. 56: Entwicklung des mittels stillen Gesellschaften höchsten angebotenen Finanzierungsvolumens (max. Kapitalnachfrage) und der höchsten erzielten Fundingsumme pro Quartal (2011–3/2014, N = 100) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 386 Abb. 57: Entwicklung des mittels partiarischer Nachrangdarlehen höchsten angebotenen Finanzierungsvolumens (max. Kapitalnachfrage) und der höchsten erzielten Fundingsumme pro Quartal (2011–2016, N = 173) . . . . . . . . . . . . . . . . . 387 Abb. 58: Anzahl der Crowd­investing-Angebote mit mittelbarer und unmittelbarer Finanzierungsstruktur (2011–2016, N = 326) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 388 Abb. 59: Entwicklung des Anteils der Angebote mit mittelbarer und unmittelbarer Finanzierungsstruktur, Anzahl der mittelbaren Finanzierungsangebote (2011–2016, N = 326) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 388 Abb. 60: Entwicklung der Anzahl der angebotenen Crowd­investing-Verträge mit unveränderlicher Beteiligungsquote (2011–2016, N = 264) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 394 Abb. 61: Anzahl der Verträge mit und ohne Down Round Protection (2011–2016, N = 225) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 396 Abb. 62: Entwicklung der Verträge mit und ohne Missbrauchsklausel bei Folgefinanzierungen (2011–2016, N = 225) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 397 Abb. 63: Häufigkeit der Vermögensrechte in den Crowd­investing-Verträgen (2011–2016, N = 326) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 398 Abb. 64: Anteil  /  Anzahl der Verträge mit und ohne Festzins-Element (2011–2016, N = 326) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 400 Abb. 65: Entwicklung der Verträge mit gedeckelter und ungedeckelter Gewinnbeteiligung nach Quartalen (2011–2016, N = 286) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 401 Abb. 66: Entwicklung der Verträge mit Unternehmenswertbeteiligung bei regulärer Beendigung (2011–2016, N = 326) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 404 Abb. 67: Entwicklung der Verträge mit Exit-Beteiligung (2011–2016, N = 326) . . . . . 406 Abb. 68: Entwicklung der Verträge mit und ohne Verlustbeteiligung (2011–2016, N = 326) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 410 Abb. 69: Entwicklung der Ratenzahlungs- und Stundungsrechte der kapitalsuchenden Unternehmen (2011–2016, N = 326) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 411 Abb. 70: Entwicklung der Angebote mit Festlaufzeit und unbefristeter Laufzeit ­(2011–2016, N = 326) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 413 Abb. 71: Quartalsweise Entwicklung der durchschnittlichen Mindestlaufzeit der angebotenen Verträge in Tagen (2011–2016, N = 326) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 414 Abb. 72: Jährliche Entwicklung der durchschnittlichen Mindestlaufzeit der angebotenen Verträge in Jahren (2011–2016, N = 326) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 414 Abb. 73: Entwicklung der durchschnittlichen Mindestlaufzeit der angebotenen Verträge in Jahren nach Plattform (2011–2016, N = 326) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 415 Abb. 74: Entwicklung der Verträge mit identischer und divergierender Laufzeit für Anleger und kapitalsuchende Unternehmen (2011–2016, N = 326) . . . . . . . . . . 416 Abb. 75: Entwicklung der Anzahl der angebotenen Verträge mit und ohne Zustimmungsrechte der Crowd­investoren (2011–2016, N = 326) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 421

38

Abbildungsverzeichnis

Abb. 76: Verträge mit und ohne Zustimmungsrechte der Anleger nach Plattformen (2011–2016, N = 326) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 421 Abb. 77: Entwicklung des Verhältnisses von angebotenen Verträgen mit und ohne Quartalsreportingpflicht nach Quartalen (2011–2016, N = 326) . . . . . . . . . . . . . . 424 Abb. 78: Entwicklung des Verhältnisses von angebotenen Verträgen mit und ohne Quartalsreportingpflicht nach Jahren (2011–2016, N = 326) . . . . . . . . . . . . . . . . . 424 Abb. 79: Entwicklung der Anzahl der angebotenen Verträge mit und ohne Quartalsreportingpflicht nach Plattformen (2011–2016, N = 326) . . . . . . . . . . . . . . . . . 425 Abb. 80: Entwicklung der Pflicht zur Übermittlung des Jahresabschlusses (2011–2016, N = 326) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 428 Abb. 81: Entwicklung der Anzahl der Verträge, nach denen der Jahresabschluss nur auf Anfrage übermittelt werden muss (2011–2016, N = 267) . . . . . . . . . . . . . . . . 428 Abb. 82: Entwicklung der Verträge mit und ohne Gewinnmitteilungspflicht (2011–2016, N = 264) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 429 Abb. 83: Häufigkeit der Verträge mit und ohne Pflicht zur Gewinnmitteilung nach Plattformen (2011–2016, N = 264) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 430 Abb. 84: Entwicklung der Verträge mit und ohne Pflicht des finanzierten Unternehmens zur Mitteilung einer Verwässerung der Investmentquote der Crowd­investoren (2011–2016, N = 228) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 431 Abb. 85: Entwicklung der Verträge mit und ohne Pflicht zur Mitteilung einer Verwässerung nach Plattformen (2011–2016, N = 228) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 431 Abb. 86: Entwicklung ausgewählter Informationspflichten (2011–2016, N = 326) . . . 433 Abb. 87: Entwicklung ausgewählter Informationspflichten nach Plattform (2011–2016, N = 326) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 433 Abb. 88: Entwicklung der Verträge mit und ohne Einsichtsrechte der Investoren ­(2011–2016, N = 326) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 435 Abb. 89: Entwicklung der Verträge mit und ohne Einsichtsrechte der Investoren nach Plattformen (2011–2016, N = 326) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 436 Abb. 90: Entwicklung der Verträge mit Stimmenpooling der Crowd­investoren ­(2011–2016, N = 326) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 437 Abb. 91: Beschränkungen der Übertragbarkeit der Crowd­investing-Beteiligungen (2011–2016, N = 326) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 440 Abb. 92: Entwicklung der Übertragungsbeschränkungen (2011–2016, N = 326) . . . . . 441 Abb. 93: Entwicklung der Verträge mit Wettbewerbsverboten für Crowd­ investoren (2011–2016, N = 326) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 442 Abb. 94: Entwicklung der Verträge mit Geheimhaltungsverpflichtungen für Crowd­ investoren (2011–2016, N = 326) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 443 Abb. 95: Entwicklung der Verträge mit und ohne ausdrückliche Zweckbestimmung (2011–2016, N = 326) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 444 Abb. 96: Entwicklung der Verträge mit Sanktionsmöglichkeiten der Crowd­investoren bei zweckwidriger Verwendung des überlassenen Kapitals (2011–2016, N = 182) 445

Abbildungsverzeichnis

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Abb. 97: Entwicklung der Verträge mit Regelungen zur Vergütung der Geschäftsführer (2011–2016, N = 326) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 446 Abb. 98: Entwicklung der Verträge mit Regelungen zur Vergütung der Geschäftsführer nach Plattformen (2011–2016, N = 324) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 447 Abb. 99: Entwicklung der Verträge mit Wettbewerbsbeschränkungen für Gründer, Gesellschafter oder Geschäftsführer der finanzierten Unternehmen (2011–2016, N = 326) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 448 Abb. 100: Entwicklung der Verträge mit Zusicherungen oder Garantien der Gründer gegenüber den Crowd­investoren (2011–2016, N = 326) . . . . . . . . . . . . . . . . . 449 Abb. 101: Kenngrößen Investorenschutzindex, Teilindizes und Variablen . . . . . . . . . . . 534 Abb. 102: Entwicklung des Investorenschutzindexes (Durchschnitt und Spannweite) (2011–2016, 33 Variablen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 536 Abb. 103: Entwicklung des Teilindexes Mitspracherechte (2011–2016, 3 Variablen) . . . 537 Abb. 104: Entwicklung des Teilindexes Informationsrechte (2011–2016, 9 Variablen) . 538 Abb. 105: Entwicklung des Teilindexes Anti-Opportunismus (­ 2011–2016, 15 Variablen) 539 Abb. 106: Entwicklung des Teilindexes Exit (2011–2016, 6 Variablen) . . . . . . . . . . . . . 540 Abb. 107: Entwicklung des Investorenschutzindexes nach Plattformen (2011–2016, 33 Variablen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 543 Abb. 108: Entwicklung des Teilindexes Mitspracherechte nach Plattformen (2011–2016, 3 Variablen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 544 Abb. 109: Entwicklung des Teilindexes Informationsrechte nach Plattformen (2011–2016, 9 Variablen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 545 Abb. 110: Entwicklung des Teilindexes Anti-Opportunismus nach Plattformen ­(2011–2016, 15 Variablen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 546 Abb. 111: Entwicklung des Teilindexes Exit nach Plattformen (2011–2016, 6 Variablen) 547 Abb. 112: Funktionale Konvergenz: Variationskoeffizient der Investorenschutzindizes aller Verträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 549 Abb. 113: Funktionale Konvergenz: Variationskoeffizient der Investorenschutzindizes nach Plattformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 550 Abb. 114: Funktionale Konvergenz Seedmatch / Companisto: Differenz der durchschnittlichen Indexwerte von Seedmatch und Companisto . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 551 Abb. 115: Formale Konvergenz der Verträge von Seedmatch und Companisto (Summe der Abweichungen der 33 Variablen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 553 Abb. 116: Innovationsrate der Plattformen Seedmatch, Companisto und Sonstige Plattformen ­(2011–2016) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 554

Abkürzungsverzeichnis a. A. andere(r) Ansicht a. E. am Ende alte Fassung a. F. Abb. Abbildung ABl. EU Amtsblatt der Europäischen Union ABl. Amtsblatt Abs. Absatz Academy of Management Review Acad. Manag. Rev. Account. Rev. Accounting Review ACM Trans. Comput.- ACM Transactions on Computer-Human Interaction   Hum. Interact. AG (Die) Aktiengesellschaft AGB Allgemeine Geschäftsbedingungen AktG Aktiengesetz Am. Econ. Rev. American Economic Review Am. J. Comp. L. American Journal of Comparative Law AnSchVG Anlegerschutzverbesserungsgesetz Anz. Beob. Anzahl an Beobachtungen AO Abgabenordnung Aufl. Auflage BaFin Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht BB Betriebs-Berater Bd. Band BeckOGK AktG beck-online.​GROSSKOMMENTAR zum Aktienrecht BeckOGK BGB beck-online.​GROSSKOMMENTAR BGB BeckOGK HGB beck-online.​GROSSKOMMENTAR HGB BeckOK GewO BeckOnline Kommentar Gewerbeordnung BeckOnline Kommentar GmbH-Gesetz BeckOK GmbHG BeckOK HGB BeckOnline Kommentar Handelsgesetzbuch BeckOK InsO BeckOnline Kommentar Insolvenzordnung BeckOK BeckOnline Kommentar Bell J. Econ. Bell Journal of Economics BeurkG Beurkundungsgesetz BFH Bundesfinanzhof BGBl. Bundesgesetzblatt BGH Bundesgerichtshof BKR Zeitschrift für Bank- und Kapitalmarktrecht BMJV Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz BR-Drs. Bundesrats-Drucksache BT-Drs. Bundestags-Drucksache Business Horizons Bus. Hor.

Abkürzungsverzeichnis BVerfG Bundesverfassungsgricht BVK Bundesverbands Deutscher Kapitalbeteiligungsgesellschaften Zeitschrift für das Notariat in Baden-Württemberg BWNotZ BYU L. Rev. Brigham Young University Law Review Calif. Manag. Rev. California Management Review Cardozo J. Int’l & Cardozo Journal of International and Comparative Law   Comp. L. CCZ Corporate Compliance Zeitschrift Corporate Finance CF Colum. Bus. L. Rev. Columbia Business Law Review Colum. L. Rev. Columbia Law Review Constit. Polit. Econ. Constitutional Political Economy d. h. das heißt Der Betrieb DB Die Betriebswirtschaft DBW Del. J. Corp. Law Delaware Journal of Corporate Law DePaul Business and Commercial Law Journal DePaul Bus. &   Comm. L. J. DigiWorld Econ. J. DigiWorld Economic Journal DiRL Digitalisierungsrichtlinie DiRUG Gesetz zur Umsetzung der Digitalisierungsrichtlinie DNotZ Deutsche Notar-Zeitschrift Drs. Drucksache DStR Deutsches Steuerrecht Durchschn. Durchschnitt EBOR European Business Organization Law Review Econ. J. Economic Journal ECSP-VO Verordnung über Europäische Schwarfinanzierungsdienstleister ed. edition EGHGB Einführungsgesetz zum Handelsgesetzbuch ET&P Entrepreneurship Theory and Practice et cetera etc. Europäische Union EU European Company Law EUCL European Journal of Law and Economics Eur. J. L. & Econ. Europäische Wirtschaftsgemeinschaft EWG f. folgende FB Finanz-Betrieb ff. folgenden Fin. Anal. J. Financial Analysts Journal Verordnung über die Finanzanlagenvermittlung FinVermV Fla. St. U. L. Rev. Florida State University Law Review Fn. Fußnote Front. Entrep. Res. Frontiers of entrepreneurship research FS Festschrift GbR Gesellschaft bürgerlichen Rechts Geo. Wash. L. Rev. George Washington Law Review GewArch Gewerbearchiv

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Abkürzungsverzeichnis

GewO Gewerbeordnung GG Grundgesetz ggf. gegebenenfalls German Law Journal GLJ Gesellschaft mit beschränkter Haftung GmbH GmbHG Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung GmbHR GmbH-Rundschau Gerichts- und Notarkostengesetz GNotKG GwG Geldwäschegesetz Gesellschafts- und Wirtschaftsrecht GWR herrschende Meinung h. M. Harvard Business Review Harv. Bus. Rev. Harvard Journal of Law & Public Policy Harv. J. Law   Public Policy HGB Handelsgesetzbuch Hrsg. Herausgeber Hs. Halbsatz High-Tech Gründerfonds HTGF in Höhe von i. H. v. im Sinne des i. S. d. im Sinne von i. S. v. in Verbindung mit i. V. m. Indiana Law Journal Ind. L. J. Information Systems Research Inf. Syst. Res. InsO Insolvenzordnung Int. J. Entrepreneurial International Journal of Entrepreneurial Behaviour and Research   Behav. Res. Int. J. Ind. Organ. International Journal of Industrial Organization Journal of Accounting Research J. Account. Res. J. Bus. Vent. Journal of Business Venturing Journal of Business J. Bus. Journal of Corporation Law J. Corp. L. Journal of Corporate Law Studies J. Corp. Law Stud. Journal of Economic History J. Econ. Hist. Journal of Economic Literature J. Econ. Lit. J. Econ. Manag. Strateg. Journal of Economics & Management Strategy Journal of Economic Perspectives J. Econ. Perspect. Journal of Economic Theory J. Econ. Theory Journal of Empirical Legal Studies J. Empir. Leg. Stud. Journal of Financial Economics J. Fin. Econ. Journal of Finance J. Finance Journal of Information Science J. Inf. Sci. Journal of Innovation Economics J. Innov. Econ. Journal of Interactive Advertising J. Interact. Advert. Journal of Law, Economics, and Organization J. L. Econ. & Org. Journal of Law & Economics J. Law & Econ. Journal of Law, Economics, & Organization J. Law Econ. Organ. Journal of Legal Education J. Legal Educ.

Abkürzungsverzeichnis

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J. Legal Stud. Journal of Legal Studies J. Political Econ. Journal of Political Economy Journal of Public Economics J. Publ. Econ. J. Small & Emerging Journal of Small and Emerging Business Law   Bus. L. J. Small Bus. Strategy Journal of Small Business Strategy jM juris – Die Monatszeitschrift JuS Juristische Schulung JZ Juristenzeitung KAGB Kapitalanlagegesetzbuch KASG Kleinanlegerschutzgesetz KfW Kreditanstalt für Wiederaufbau KG Kammergericht Kommanditgesellschaft auf Aktien KGaA Kleine und mittlere Unternehmen KMU KSI Krisen-, Sanierungs- und Insolvenzberatung Kölner Schrift zum Wirtschaftsrecht KSzW KV Kostenverzeichnis KWG Kreditwesengesetz LG Landgericht LLSV La Porta, Lopez-de-Silanes, Shleifer und Vishny Loy. L. A. Ent. L. Rev. Loyola of Los Angeles Entertainment Law Review m. w. N. mit weiteren Nachweisen Manag. Sci. Management Science Max. Maximum MiFID Markets in Financial Instruments Directive (Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente) MiFID II Markets in Financial Instruments Directive 2014 (Zweite Richtlinie über Märkte für Finanzierungsinstrumente) Milbank Q. Milbank Memorial Fund Quarterly/Health and Society Min. Minimum Minnesota Law Review Minn. L. Rev. Mio. Million(en) Multimedia und Recht MMR Münchener Kommentar zum Aktiengesetz MüKo AktG Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch MüKo BGB Münchener Kommentar zum GmbHG MüKo GmbHG Münchener Kommentar zum Handelsgesetzbuch MüKo HGB Münchener Kommentar zur Insolvenzordnung MüKo InsO MüKo Münchener Kommentar North Carolina Law Review N. C. L. Rev. N. Y.U. L. Rev. New York University Law Review Statistische Systematik der Wirtschaftszweige in der Europäischen NACE Rev. 2 Gemeinschaft (Nomenclature statistique des activités économiques dans la Communauté européenne) Revision 2 NJOZ Neue Juristische Online-Zeitschrift NJW-RR NJW-Rechtsprechungs-Report Notre Dame L. Rev. Notre Dame Law Review

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Abkürzungsverzeichnis

Northwestern University Law Review Nw. U. L. Rev. Neue Zeitschrift für Gesellschaftsrecht NZG Neue Zeitschrift für Insolvenz- und Sanierungsrecht NZI OLG Oberlandesgericht Pepperdine Law Review Pepp. L. Rev. Prospekt-RL Prospekt-Richtlinie Prospekt-VO Prospekt-Verordnung Q Quartal Quarterly Journal of Economics Quar. J. Eon. Rabels Zeitschrift für ausländisches und internationales Privatrecht RabelsZ RAND Journal of Economics RAND J. Econ. Recht der Finanzinstrumente RdF Review of Economic Studies Rev. Econ. Stud. Review of Financial Studies Rev. Financ. Stud. RG Reichsgericht Rn. Randnummer Rspr. Rechtsprechung S. Seite Science, Technology & Innovation Studies Sci. Technol.   Innov. Stud. SE Societas Europaea Small Business Economics Small Bus. Econ. ständige Rechtsprechung st. Rspr. Stan. J. L. Bus. & Fin. Stanford Journal of Law, Business & Finance Stanford Law Review Stan. L. Rev. Std.abw. Standardabweichung Strategic Change Strat. Change Transactions: The Tennessee Journal of Business Law Tenn. J. Bus. L. Tennessee Law Review Tenn. L. Rev U. Pa. J. Bus. L. University of Pennsylvania Business Law University of Pennsylvania Law Review U. Pa. L. Rev. unter anderem / und andere u. a. Uabs. Unterabsatz UCLA Law Review UCLA L. Rev. Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) UG Urt. Urteil Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb UWG v. vom VerkProspG Verkaufsprospektgesetz VermAnlG Vermögensanlagengesetz VermVerkProspV Vermögensanlagen-Verkaufsprospektverordnung VG Verwaltungsgericht VGH Verwaltungsgerichtshof Vgl. Vergleiche VIB Vermögensanlagen-Informationsblatt VIBBestV Vermögensanlagen-Informationsblatt-Bestätigungsverordnung Vorbem. Vorbemerkung Vermont Law Review Vt. L. Rev.

Abkürzungsverzeichnis

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WM Zeitschrift für Wirtschafts- und Bankrecht WpHG Wertpapierhandelsgesetz WpIG Wertpapierinstitutsgesetz WpPG Wertpapierprospektgesetz WRP Wettbewerb in Recht und Praxis z. B. zum Beispiel ZAG Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz ZBB Zeitschrift für Bankrecht und Bankwirtschaft Zeitschrift für Betriebswirtschaft ZfB ZFCM Zeitschrift für Controlling und Management ZFGK Zeitschrift für das gesamte Kreditwesen ZfIR Zeitschrift für Immobilienrecht ZfKE Zeitschrift für KMU und Entrepreneurship Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht ZGR Zeitschrift für das gesamte Handels- und Wirtschaftsrecht ZHR Ziff. Ziffer Zeitschrift für Wirtschaftsrecht ZIP ZPO Zivilprozessordnung ZUM Zeitschrift für Urheber- und Medienrecht ZUM-RD Zeitschrift für Urheber- und Medienrecht – Rechtsprechungsdienst ZVertriebsR Zeitschrift für Vertriebsrecht

§ 1 Einleitung A. Die „Crowd­fun­ding Revolution“ Für Unternehmensgründer, die eine Idee verwirklichen und ein Unternehmen gründen wollen, ist es regelmäßig schwer, Kapital zur Umsetzung ihrer Idee und zur Finanzierung ihres Unternehmens einzuwerben.1 Insbesondere in der Seed-, aber auch in der Start-up-Phase sind Unternehmen die klassischen Kapitalangebote des Kapitalmarkts in der Regel verwehrt. Für Risikokapitalgeber wie Venture Capital-Fonds sind die erforderlichen Finanzierungsvolumina noch zu klein. So verbleiben neben Business Angels zunächst häufig nur Familie und Freunde als Kapitalgeber.2 Daneben und wenn diese Mittel nicht ausreichen, bestehen staat­ liche Förderprogramme sowie vermehrt Angebote von Inkubatoren und Acceleratoren, die zumindest einen Teil des Finanzierungsbedarfs der Unternehmensgründer decken.3 Gleichwohl wird vielfach ein volkswirtschaftlich relevantes funding gap beklagt, das dazu führe, dass finanzierungswürdige Ideen und Innovationen mangels entsprechender Frühphasenfinanzierung nicht umgesetzt werden können.4 Seit Beginn der 2010er Jahre wird den Phänomenen Crowd­fun­ding und insbesondere Crowdinvesting das Potential zugeschrieben, als ein möglicher Baustein zur Füllung dieses funding gaps beitragen zu können.5 Bei diesen Finanzierungsformen sammeln Unternehmen eine Vielzahl von kleinen Finanzierungsbeiträgen von der Crowd, das heißt von einer Vielzahl von Menschen, ein. Jeder einzelne dieser Kapitalgeber trägt häufig nur eine verschwindend geringe Summe bei.6 Nach der Einschätzung von Kevin Lawton und Dan Marom in ihrem 2010 erschienenen Buch The Crowd­fun­ding Revolution  – Social Networking Meets Venture Financing soll Crowd­investing nicht nur die Finanzierungslücken in der 1

Siehe auch Klöhn / Hornuf, ZBB 2012, 237, 238; Bradford, 2012 Colum. Bus. L. Rev. 1, 5 (2012). Ausführlich dazu unter § 2 B. II. 2. d) unten. 2 Oft auch als „Family, Friends, and Fools“ bezeichnet, vgl. etwa Schwartz, 88 Notre Dame L. Rev. 1457, 1461 (2013); Weitnauer, in: Weitnauer (Hrsg.), Handbuch Venture Capital, 7. Aufl., 2022, Teil A., Rn. 9; Epstein, 39 Harv. J. Law Public Policy 1, 11 (2016); Cooter, 33 Fla. St. U. L. Rev. 373, 377 (2005); oder auch „5Fs – founders, family, friends, fans and fools“, vgl. Harrison, 15 Venture Capital 283 (2013). 3 Siehe dazu Weitnauer, in: Weitnauer (Hrsg.), Handbuch Venture Capital, 7. Aufl., 2022, Teil A., Rn. 5 ff., 18 ff. 4 Siehe dazu § 2 B. II. 2. d) unten, ferner etwa Bradford, 2012 Colum. Bus. L. Rev. 1, 5 (2012); Harrison, 15 Venture Capital 283 (2013). 5 Vgl. etwa Klöhn / Hornuf, ZBB 2012, 237; Bradford, 2012 Colum. Bus. L. Rev. 1, 5, 100 f. (2012); Bradford, ZBB 2015, 376, 377. 6 Für eine Definition des Crowdinvesting siehe § 3 A. III. 3. unten.

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§ 1 Einleitung

Start-up-Finanzierung schließen, sondern zudem die Allokation des Kapitals zur Start-up-Finanzierung grundlegend verändern.7 Mittels Crowd­investing gelänge es erstmalig, die kollektive Weisheit der Menschheit – oder jedenfalls derjenigen mit Zugang zum Internet – für die Kapitalallokation zu nutzen.8 Während bisher Einzelne (Business Angels oder Venture Capital-Gesellschaften) über die Finanzierung von Unternehmen und Ideen entschieden, werde mittels Crowd­investing die Entscheidung, welche Ideen und Projekte finanziert werden, dem kollektiven Willen und der Weisheit der Vielen9 übertragen.10 Die neuartige Finanzierungsform führe daher nicht nur zu einer Demokratisierung der Kapital­allokation,11 sondern zu einer grundlegenden Veränderung der Finanzierungslandschaft und zu einer Revolution des Selektionsprozesses von Ideen jeglicher Art.12 Lawton und Marom bezeichnen dies als die „Crowd­fun­ding Revolution“.

B. Crowdinvesting in Deutschland Crowd­fun­ding und Crowd­investing sind globale Phänomene.13 Den deutschen Markt erreichte das Phänomen des Crowd­investing als Form der Unternehmensfinanzierung im Jahr 2011.14 Ab dem Jahr 2011 waren in Deutschland die ersten 7

Lawton / Marom, The Crowdfunding Revolution, 2010, S. 1, 172. Lawton / Marom, The Crowdfunding Revolution, 2010, S. 2, 33, 172. 9 Der Begriff der „Weisheit der Vielen“ bzw. „Wisdom of the Crowd“ wurde geprägt von dem US-amerikanischen Journalisten James Surowiecki in seinem 2004 erschienenen Buch „The Wisdom of Crowds – Why the many are smarter than the few and how collective wisdom shapes business, economies, societies, and nations“. Als Beleg dafür, dass eine Gruppe von Individuen unter bestimmten Umständen kollektiv bessere Entscheidungen trifft als jedes einzelne Mitglied der Gruppe wird etwa die empirische Studie des Statistikers und Naturforschers Galton aus dem Jahr 1907 angeführt. Galton untersuchte hierzu einen Wettbewerb auf der jährlichen Nutztierschau in Plymouth, bei dem Teilnehmer das Gewicht eines Ochsen schätzen sollten. Der mittlere Schätzwert der Teilnehmer war genauer als sämtliche Einzelschätzungen und wich nur 0,8 % vom tatsächlichen Gewicht des Ochsen ab (Galton, 72 Nature 450–451 (1907)). Als weiterer Beleg wird beispielsweise die Studie von Treynor, 43(3) Fin. Anal. J. 50– 53 (1987), angeführt, in der die Gesamtheit der Teilnehmer eines Experiments die Anzahl der in einem Glas enthaltenen Geleebonbons – bis auf wenige Ausnahmen – besser schätzen konnte als jeder Einzelteilnehmer. Siehe dazu und zu ähnlichen Experimenten auch Surowiecki, The Wisdom of Crowds, 2004, S. 4 ff. Hierzu und zu den Voraussetzungen der „Entfaltung“ der Weisheit der Vielen im Kontext des Crowdinvesting auch Klöhn / Hornuf, ZBB 2012, 237, 257. 10 Lawton / Marom, The Crowdfunding Revolution, 2010, S. 172 f. 11 Vgl. dazu auch Bradford, 2012 Colum. Bus. L. Rev. 1, 5 f. (2012); Hemer / Schneider /  Dornbusch / Frey, Crowdfunding, 2011, S. 8, 13. 12 Lawton / Marom, The Crowdfunding Revolution, 2010, S. 48 ff. 13 Vgl. etwa Bradford, 2012 Colum. Bus. L. Rev. 1, 13 f. (2012) mit Beispielen für Crowd­ investing-Plattformen in den USA, Großbritannien, Hongkong, Brasilien, Deutschland, den Niederlanden und Afrika sowie Gabison, 13 DePaul Bus. & Comm. L. J. 359–409 (2015) im Hinblick auf unterschiedliche Regulierungsansätze in verschiedenen Ländern. Zu Crowdfunding in Frankreich siehe Clasen, RIW 2015, 344–350. 14 Für eine umfassende Analyse des deutschen Crowdinvesting-Marktes in den ersten fünfeinhalb Jahren seit seiner Entstehung siehe § 4 unten. 8

B. Crowdinvesting in Deutschland

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Crowd­investing-Plattformen aktiv – Unternehmen, die sich darauf spezialisieren, über Internetplattformen vor allem Start-up-Unternehmen als Kapitalnachfrager und Privatpersonen als Kapitalgeber zusammenzubringen. Als Gegenleistung für die Bereitstellung von Kapital – zum Teil konnten Anleger bereits Einzelinvestments ab 5 Euro tätigen – wurde Kapitalgebern eine Beteiligung am wirtschaftlichen Erfolg des finanzierten Unternehmens versprochen. Ein eindrucksvolles Beispiel für eine in der Frühphase des deutschen Crowd­ investing-Marktes erfolgreich durchgeführte Finanzierung ist die Crowdfinanzierung des Start-ups Protonet, ein Unternehmen das Cloudserver-Lösungen entwickelte. Im November 2012 warb Protonet in seiner ersten Crowd­investingKampagne auf der Plattform Seedmatch innerhalb von 48 Minuten Kapital in Höhe von 200.000 Euro von 216 Investoren ein. Im Juni 2014 gelang dem Start-up ein weiterer Crowd­investing-Rekord: Innerhalb von weniger als sechs Tagen konnte es in einer zweiten Finanzierungsrunde drei  Millionen Euro von 1.826 Crowd­­ investoren einsammeln.15 Mit anfänglich vielversprechenden Wachstumsraten – in den ersten drei Jahren, d. h. bis zum Ende des Jahres 2014, wuchs das Volumen der erfolgreich durchgeführten Finanzierungen um durchschnittlich 323 % pro Jahr16 – weckte Crowd­ investing als Form der Unternehmensfinanzierung zunächst große Erwartungen.17 Nach den anfänglichen Finanzierungserfolgen schien die Crowd­investing-Euphorie jedoch zunehmend abzukühlen, das Bewusstsein für das Risiko von Wagniskapital-Investments zuzunehmen und Zweifel an der Finanzierungsform des Crowd­ investing zu wachsen. Zahlreiche Crowd­investing-Plattformen zogen sich wieder vom Markt zurück oder änderten ihr Geschäftsmodell grundlegend. Einerseits blieben durchschlagende Erfolgsgeschichten crowdfinanzierter Start-ups zunächst aus. Andererseits nahm die Anzahl an Insolvenzen, bei denen Anleger viel Geld verloren, zu. Mit seiner Insolvenz im Jahr 2017 hält etwa Protonet nicht nur die Rekorde für die schnellste und die größte Crowd­investing-Finanzierung im Untersuchungszeitraum, sondern ist auch für eine der größten Pleiten auf dem deutschen Crowd­investing-Markt verantwortlich.18 Hinzu kamen tatsächliche und vermeintliche „Skandale“, die Crowd­investoren nicht nur an der Seriosität der finanzierten Start-ups, sondern auch an der Finanzierungsform als solcher zweifeln ließen.19 Das Münchener Start-up Vibewrite 15 Vgl. dazu etwa https://blog.seedmatch.de/protonet-crowdfunding-ali-jelveh-erfolgsfaktorencrowdinvesting/. Am 08. 02. 2017 meldete Protonet Insolvenz an, siehe dazu auch Klein, KSI 2019, 251, 253. 16 Siehe dazu § 4 B. I. 1.  unten. 17 Zur politischen Wahrnehmung in Deutschland und auf europäischer Ebene siehe § 3 F. unten. 18 Große Ausfälle in den ersten Jahren des Crowdinvesting-Marktes waren etwa Protonet: 3,2 Mio. Euro (2017), Panono: 1,6 Mio. Euro (2017), Freygeist: 1,5 Mio. Euro (2017), Cringle: 1,3 Mio. Euro (2018), Returbo: 1,1 Mio. Euro (2017); vgl. dazu Klein, KSI 2019, 251, 253. 19 Siehe dazu auch Nezik, Sauercrowd, Der Spiegel 34/2016, S. 64–66.

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§ 1 Einleitung

etwa warb damit, einen digitalen Lernstift zu entwickeln, der die Handschrift des Schreibenden eigenständig erkennen und bei Rechtschreibfehlern vibrieren sollte. Der Lernstift stand angeblich kurz vor der Markteinführung als Vibewrite 2014 über 500.000 Euro von über 500 Crowd­­investoren einsammelte. Vibewrite, das seinen Unternehmenswert mit fünf Millionen Euro bezifferte, warb mit der Erwartung, binnen zwei Jahren eine Umsatzschwelle von 60 Millionen Euro zu erreichen. Tatsächlich wurde allerdings schon drei Monate nach erfolgreichem Abschluss der Crowdfinanzierung die Eröffnung des Insolvenzverfahrens beantragt und gegen den Gründer wegen des Verdachts auf Insolvenzverschleppung ermittelt. Die Crowd­investoren mussten einen Totalverlust ihres Investments verbuchen – der vorgeführte Prototyp erwies sich als weitgehend funktionslos; wohin das investierte Kapital floss, war für die Crowd­investoren nicht mehr nachvollziehbar. In einem anderen Fall standen die Gründer im Verdacht, das von der Crowd eingeworbene Kapital zur Finanzierung ihres verschwenderischen Lebensstils – unter anderem für Privatwohnungen, Luxusfahrzeuge, Urlaubsreisen und Stripclub-­ Besuche – verwendet zu haben.20 Auch im Fall Protonet sah sich die Crowd um ihr Investment und ihre Renditechancen gebracht: Dem Gründer wurde unter anderem vorgeworfen, das Betriebsvermögen des finanzierten Unternehmens sowie das gesamte operative Geschäft an eine neue Gesellschaft mit Sitz in den USA übertragen zu haben, während die von den Crowd­investoren finanzierte deutsche Gesellschaft als „leere Hülle“ zurückblieb.21

C. Untersuchungsgegenstand und Zielsetzung der Arbeit Mit den vorgenannten Beispielen ist der Untersuchungsgegenstand dieser Arbeit bereits angesprochen. Neben den Chancen, die Crowd­investing22 bietet, sind mit der Finanzierungsform und abhängig von der Art und Weise ihrer Umsetzung und Ausgestaltung ernstzunehmende Risiken für Anleger verbunden. Sowohl vor als auch nach Abschluss des Finanzierungsvertrages bestehen zwischen Crowd­investoren als Kapitalgebern und finanzierten Start-up-Unternehmen massive Informations­asymmetrien und Interessenkonflikte.23 Vor der Investitionsentscheidung und Abschluss des Finanzierungsvertrages können Crowd­investoren erfolgsversprechende Start-ups regelmäßig nicht von schlechten unterscheiden. Start-up-Unternehmen haben keine Unternehmenshistorie. Das Gründerteam 20

Siehe dazu § 6 B. I. 1.  unten. Siehe dazu § 6 B. I. 4.  unten. 22 Zu der hier zugrunde gelegten Definition des Crowdinvesting siehe § 3 A. III. 3. unten. Der Fokus der Arbeit liegt auf Crowdinvesting im Sinne der Unternehmensfinanzierung. Immobilien- und andere Projektfinanzierungen sind nicht Gegenstand der Arbeit. Zu Filmfinanzierungen mittels Crowdfunding vgl. etwa Bareiß, ZUM 2012, 456, 456 ff.; zu Immobilienfinanzierungen Wunschel / Gaßner, ZfIR 2015, 853–870. 23 Siehe dazu § 6 A. I. unten. 21

C. Untersuchungsgegenstand und Zielsetzung der Arbeit

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konnte seine Fähigkeiten in der Regel noch nicht beweisen. Der Markttest und die Entscheidung über die Umsetzbarkeit der Idee oder des Produkts des Start-ups stehen ebenfalls noch aus. Diese Faktoren und damit die Erfolgschancen und das Risiko des Start-ups sowie dessen Kapitalwert können von den Gründern deutlich besser eingeschätzt werden als von den Crowd­investoren. Aber auch nach der Finanzierungsentscheidung bestehen Informationsasymmetrien und Interessenkonflikte zwischen Kapitalgebern und finanziertem Unternehmen fort. Crowd­ investoren sind typischerweise nicht in der Lage, das Verhalten der Gründer und deren Unternehmensführung zu beobachten und für sie nachteilige Handlungen zu verhindern. Die Gründer haben indes einen Anreiz, ihre Handlungsspielräume zur Steigerung ihres eigenen Nutzens auf Kosten der Crowd­investoren auszunutzen (moral hazard). Der Fokus der vorliegenden Arbeit liegt auf der mit Abschluss des jeweiligen Crowd­investing-Vertrages entstehenden Finanzierungsbeziehung zwischen Crowd­ investor und finanziertem Unternehmen und der in dieser Phase bestehenden Gefahr des moral hazard. Mangels eines ausdifferenzierten gesetzlichen Regelungsregimes wird die Finanzierungsbeziehung maßgeblich von den zwischen Crowd­investoren und finanziertem Unternehmen geschlossenen Finanzierungsverträgen geprägt. Die von den Crowd­investing-Plattformen als Klauselproduzenten entwickelten und zur Verfügung gestellten Crowd­investing-Verträge bestimmen grundlegend das Rechte- und Pflichtenprogramm von Anlegern und Kapitalnehmern. Nur wenn die Crowd­investing-Verträge so ausgestaltet sind, dass sie die in der Finanzierungsbeziehung typischerweise bestehenden Interessen- und Anreizkonflikte zwischen Crowd­investoren und Unternehmensgründern weitgehend minimieren und Crowd­investoren nicht systematisch benachteiligen, kann das Vertrauen der Anleger in den Crowd­investing-Markt aufrechterhalten werden und Crowd­investing sich als Finanzierungs- und Anlagealternative dauerhaft etablieren. Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, die Gefahr des moral hazards in der Finanzierungsbeziehung zwischen Crowd­investoren und finanziertem Unternehmen auf der Basis der in den ersten fünfeinhalb Jahren auf dem deutschen Crowd­investingMarkt verwendeten Crowd­investing-Modelle zu analysieren.24 Hierzu soll zunächst ein grundlegendes Verständnis der Finanzierungsform und der Charakteristika des Crowd­investing sowie des rechtlichen Rahmens erarbeitet werden. Sodann sollen die in den ersten fünfeinhalb Jahren auf dem deutschen Crowd­investing-Markt angebotenen Verträge im Rahmen einer empirischen Analyse auf ihre Geeignetheit, opportunistischem Handeln der Gründer entgegenzuwirken, untersucht werden. Nach einer detaillierten Analyse der wesentlichen Vertragsklauseln sollen unter Berücksichtigung von in Venture Capital-Beteiligungs­verträgen gängigen Lö 24 Nicht im Zentrum der vorliegenden Untersuchung steht die Problematik der vorvertraglichen Informations­asymmetrien und der daraus resultierenden Fehlanreize sowie allgemein die Frage nach dem Investorenschutz vor der Investitionsentscheidung.

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§ 1 Einleitung

sungsansätzen Gestaltungsmöglichkeiten für Crowd­investing-Verträge aufgezeigt werden, die nachvertragliche Interessen- und Anreizkonflikte minimieren können. Mit der Konzeption eines Investorenschutzindexes soll ferner das durch die untersuchten Verträge begründete Investorenschutzniveau quantifiziert und vergleichbar gemacht werden. Das so bestimmte Investorenschutzniveau gibt dabei auf einer relativen Skala wieder, wie ausgeprägt Mechanismen zur Reduzierung opportunistischen Verhaltens der Gründer in einem Vertrag sind. Der Wert zeigt damit wie stark die Rechtsposition der Crowd­investoren unter dem jeweiligen Vertrag ist und wie geeignet der jeweilige Vertrag ist, den beschriebenen Opportunismus-Problemen zu begegnen. Auf dieser Grundlage soll der Frage nachgegangen werden, wie sich das Investorenschutzniveau auf einzelnen Plattformen und marktweit entwickelt hat. Der Index gibt so wertvolle Hinweise darüber, wie die Crowd­ investing-Plattformen ihre Rolle als Klauselproduzenten wahrnehmen und welche Auswirkungen ein potentieller Wettbewerb der Crowd­investing-Plattformen auf die Entwicklung der Rechtsposition der Anleger hat. Der Investorenschutzindex soll zeigen, ob sich die Crowd­investing-Verträge im Untersuchungszeitraum zu für Anleger „besseren“ Verträgen entwickelten, die das beschrieben Risiko des moral hazard reduzierten, oder ob sich das Investorenschutzniveau – im Sinne eins race to the bottom – verschlechterte.

D. Gang und Methode der Untersuchung Allein mit der rechtswissenschaftlichen Methodik lassen sich weder die in der Finanzierungsbeziehung zwischen Crowd­investoren und Gründern bestehenden Anreiz- und Zielkonflikte analysieren noch die rechtlichen Regelungen der Crowd­ investing-Verträge hinreichend auf ihre Funktion und Wirkung untersuchen. § 2 gibt daher zunächst einen Überblick über die wesentlichen Grundlagen der Neuen Institutionenökonomik und ihre mikroökonomischen Analyseinstrumente. Dieses Instrumentarium soll zur Analyse der Finanzierungsbeziehungen und der diesen immanenten Regelungsprobleme nutzbar gemacht werden. Ferner werden die finanzierungstheoretischen Grundlagen und die für das Crowd­investing relevanten Rahmenbedingungen der Start-up-Finanzierung skizziert. In § 3 werden sodann die Grundlagen und Charakteristika des Crowd­investing erläutert, um das für die weitere Untersuchung erforderliche Verständnis der Finanzierungsform zu schaffen. Nach einer Begriffsbestimmung unter Abgrenzung zu anderen Formen des Crowd­fun­ding soll in gebotener Kürze auf die Entwicklung des Crowd­investing eingegangen werden. Sodann werden die wesentlichen Akteure und der Ablauf der Finanzierungsprozesse über Crowd­investing-Plattformen erläutert. Nach Herausarbeitung der zentralen Chancen und der mit dem Crowd­ investing verbundenen Risiken, erfolgt ein knapper Überblick über die politische Wahrnehmung des Crowd­investing und entsprechende Regulierungsbestrebungen.

D. Gang und Methode der Untersuchung

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Um eine fundierte Einschätzung der wirtschaftlichen Relevanz des Crowd­ investing als Finanzierungsform – vor allem auch im Vergleich zu herkömmlichen Venture Capital-Finanzierungen – zu ermöglichen, folgt in § 4 eine umfassende Analyse des deutschen Crowd­investing-Marktes im Zeitraum von Mitte 2011 bis Ende 2016, den ersten fünfeinhalb Jahren seit seiner Entstehung. Hierzu wurden die relevanten Daten nahezu sämtlicher Crowd­investing-Finanzierungen, die in diesem Zeitraum auf deutschen Crowd­investing-Plattformen angeboten wurden, gesammelt und systematisch ausgewertet. Der der Marktanalyse zugrunde liegende Datensatz umfasst detaillierte Informationen zu den im Untersuchungszeitraum angebotenen Crowd­investing-Finanzierungen, den diese anbietenden Crowd­ investing-Plattformen und den kapitalsuchenden Unternehmen. Die Marktanalyse soll nicht nur die Entwicklung des Marktvolumens und der Kapitalnachfrage beleuchten, sondern auch zentrale Parameter der Crowd­investing-Plattformen und der kapitalsuchenden Unternehmen sowie wesentliche Kennzahlen der Crowd­ investing-Finanzierungen darstellen. Die Marktanalyse soll so eine Einordnung der Relevanz des Crowd­investing als Finanzierungsalternative ermöglichen und einen Beitrag zu einer im Hinblick auf regulatorische Entscheidungen erforder­lichen Gesamtbewertung des Crowd­investing-Marktes und seiner Bedeutung leisten. In § 5 wird der rechtliche Rahmen, in dem sich Crowd­investing in Deutschland entwickelte, dargestellt. Dabei ist zum einen auf die jeweiligen Rechtsverhältnisse zwischen den beteiligten Akteuren einzugehen. Insbesondere sollen die gesetzlichen Grundlagen und Rahmenbedingungen der in der Entstehungszeit in Deutschland verwendeten Finanzierungsformen geschildert werden. Zum anderen wird der regulatorische Rahmen des Crowd­investing, d. h. kapitalmarkt- und bankaufsichtsrechtliche Anforderungen an die Crowd­investing-Plattformen und die kapitalsuchenden Unternehmen untersucht. Sodann werden in § 6 die Finanzierungsbeziehung zwischen Crowd­investoren und finanziertem Unternehmen analysiert und die zentralen aus Informationsasymmetrien und Verhaltensunsicherheiten resultierenden Anreiz- und Zielkonflikte identifiziert. Auf Grundlage der Prinzipal-Agenten-Theorie werden die Beziehungen und Interessen der beteiligten Akteure auf die im Rahmen der Finanzierungsbeziehung bestehenden Agenturprobleme untersucht. Zunächst werden anekdotisch Interessenkonflikte und opportunistische Verhaltensweisen von Gründern zu Lasten von Crowd­investoren geschildert. Sodann werden die im Rahmen der Finanzierungsbeziehung relevanten Anreiz- und Regelungsprobleme sowie die resultierenden Opportunismus-Risiken für Crowd­investoren unter Zuordnung zu verschiedenen Problemfeldern ausdifferenziert und im Detail dargestellt. § 7 gibt einen Überblick über Regelungsansätze aus der Venture Capital-Vertragspraxis, mit denen typische Agenturprobleme in Venture Capital-Finanzierungsbeziehungen gelöst werden. Diese Lösungsansätze sollen als Gestaltungsmodelle für die Entwicklung von Regelungsmechanismen und Anreizsystemen für Crowd­investing-Verträge dienen.

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§ 1 Einleitung

In § 8 folgt sodann eine ausführliche Analyse des Regelungsinhalts und der Entwicklung der in den Jahren 2011 bis Ende 2016 in Deutschland angebotenen Crowd­investing-Verträge. Der Darstellung liegt ein umfassender Datensatz zugrunde, der nahezu sämtliche im Untersuchungszeitraum auf den deutschen Crowd­investing-Plattformen angebotenen Crowd­investing-Verträge umfasst. Für die vorliegende Analyse hat der Verfasser sämtliche Verträge im Hinblick auf über 30 verschiedene Klauseln und Kriterien untersucht und systematisch erfasst. In § 9 werden die im Untersuchungszeitraum auf dem deutschen Crowdinvestingmarkt angebotenen Verträge einer Bewertung unterzogen und auf ihr Lösungspotential hinsichtlich der beschriebenen Agenturprobleme untersucht. Es gilt die Frage nach Funktion und Wirkung der verwendeten Vertragsklauseln zu beantworten und herauszufinden, inwieweit diese geeignet sind, den bestehenden Regelungsproblemen entgegenzuwirken. Des Weiteren sollen unter Berücksichtigung der Lösungsansätze aus der Venture Capital-Vertragspraxis Gestaltungsmöglichkeiten herausgearbeitet werden, wie die institutionellen Arrangements zwischen Crowd­investoren und finanzierten Unternehmen effizienter gestaltet und die bestehenden Risiken für opportunistisches Verhalten der Gründer zu Lasten der Crowd­investoren reduziert werden können. § 10 enthält schließlich eine quantitative Analyse des durch die Crowd­investingVerträge vermittelten Investorenschutzniveaus. Mit der Konzeption eines Investorenschutzindexes sollen Aussagen über die Entwicklung des Anlegerschutzniveaus auf den verschiedenen Plattformen und marktweit ermöglicht werden und Indizien für einen Wettbewerb der Crowd­investing-Plattformen und dessen Auswirkungen ermittelt werden. Abschließend fasst § 11 die wichtigsten Ergebnisse der Arbeit thesenartig zusammen. Die Arbeit stellt eine deskriptive, vergleichende, empirische25 und ökonomische Analyse dar. Neben theoretischen und dogmatischen Erwägungen liegt der Schwerpunkt der Arbeit auf der Auswertung von umfangreichen Datensätzen zu in den ersten fünfeinhalb Jahren des deutschen Crowd­investing-Marktes angebotenen Crowd­investing-Finanzierungen und der Entwicklung der zugrundeliegenden Finanzierungsverträge. Auf dieser empirischen Grundlage, ergänzt um anekdotische Befunde, werden Regelungsprobleme in der Finanzierungsbeziehung und Verhaltensanreize der Beteiligten untersucht sowie die Steuerungswirkungen einzelner Klauseln einer ökonomischen Analyse unterzogen. Weiterhin werden, 25 Zur empirischen Kapitalmarktforschung siehe einleitend und überblicksartig Möller /  Hüfner, in: Gerke / Steiner (Hrsg.), Handwörterbuch des Bank- und Finanzwesens, 3. Aufl., 2001, Kapitalmarktforschung, empirische, S. 1275–1293. Zur Bedeutung der empirischen Forschung für die (US-amerikanische) Rechtswissenschaften vgl. Heise, 26 Pepp. L. Rev. 807, 813 ff. (1999). Zuvor bereits Bok, 33 J. Legal Educ. 570, 581 f. (1983); Friedman, 38 Stan. L. Rev. 763 (1986); Schuck, 39 J. Legal Eudc. 323, 323 ff. (1989); Posner, Overcoming Law, 1995; Posner, 73 N. Y.U. L. Rev. 1 (1998).

D. Gang und Methode der Untersuchung

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soweit vorhanden und zugänglich, weitere Erkenntnisse der wirtschaftswissenschaftlichen Forschung in die Untersuchung einbezogen. Dieser methodische Ansatz dient als Referenzrahmen für die Betrachtung und Bewertung der Regelungen der Crowd­investing-Verträge. Die ergänzende quantitative Analyse vermag schließlich weitere Anhaltspunkte zur Entwicklung des marktweiten Investorenschutzniveaus und den Auswirkungen eines potentiellen Wettbewerbs der Crowd­ investing-Plattformen liefern.

§ 2 Ökonomische und finanzierungstheoretische Grundlagen A. Ökonomische Grundlagen I. Überblick Allein mit der rechtswissenschaftlichen Methodik lassen sich weder die in den Finanzierungsbeziehungen zwischen Crowd­investoren und Gründern bestehenden Anreiz- und Zielkonflikte hinreichend analysieren noch die rechtlichen Regelungen der Crowd­investing-Verträge auf ihre Funktion und Steuerungswirkung untersuchen. Aus diesem Grund soll auf geeignete Instrumentarien außerhalb der klassischen Rechtswissenschaft zurückgegriffen werden. Ein hervorragend geeignetes Instrumentarium sowohl für die Analyse von Austauschbeziehungen in Bezug auf diesen immanente Regelungsprobleme als auch zur Funktions- und Wirkungsanalyse rechtlicher Regelungen bietet die Neue Institutionenökonomik mit ihren mikroökonomischen Analyseinstrumenten. Dieses Instrumentarium soll zur Beantwortung der in dieser Arbeit relevanten Fragen nutzbar gemacht werden. Im Folgenden werden die ökonomischen Grundlagen sowie die wesentlichen Theorien und Argumentationsmuster in ihren für diese Arbeit relevanten Grundzügen dargestellt. Damit wird in diesem Kapital der für die folgende Untersuchung erforderliche theoretische Bezugsrahmen entwickelt.

II. Neue Institutionenökonomik Die Neue Institutionenökonomik1 als eine seit den 1970er-Jahren im Vordringen befindliche Forschungsrichtung der Volkswirtschaftslehre stellt die Relevanz von Institutionen für den Wirtschaftsprozess in den Mittelpunkt.2 Als Fortentwicklung der neo­k lassischen Wirtschaftstheorie und der neoklassischen Finanzierungstheo 1

Als Mitbegründer der Neuen Institutionenökonomik gelten u. a. Armen Alchian, Ronald Coase, Douglas North und Oliver Williamson, während der Begriff auf Williamson, Markets and Hierarchies, 1975, S. 1 ff., zurückgeht, vgl. Richter / Furubotn, Neue Institutionenökonomik, 4. Aufl., 2010, S. 39. Umfassend zur Neuen Institutionenökonomik Richter / Furubotn, Neue Institutionenökonomik, 4. Aufl., 2010; Erlei / L eschke / Sauerland, Neue Institutionenökonomik, 2016; Williamson, Die ökonomischen Institutionen des Kapitalismus, 1990, S. 1 ff., 17 ff.; instruktiv Fleischer, Informationsasymmetrie im Vertragsrecht, 2001, S. 131 ff. 2 Richter / Furubotn, Neue Institutionenökonomik, 4. Aufl., 2010, S. 1. Siehe auch Fleischer, Informationsasymmetrie im Vertragsrecht, 2001, S. 132: „Institutions matter!“.

A. Ökonomische Grundlagen

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rie geht die Neue Institutionenökonomik nicht mehr von dem Idealbild eines perfekten Marktes aus, sondern versucht reale Abweichungen und institutionelle Arrangements in ihre wirtschaftstheoretische Betrachtung einzubeziehen.3 Die Neue Institutionenökonomik untersucht, wie Institutionen entstehen, welche Wirkungen sie entfalten und wie sie normativ gestaltet sein müssen, um effizient zu wirken.4 Der zentrale Begriff der Institution ist grundsätzlich sehr weit zu verstehen.5 Er umfasst Systeme formgebundener und informeller Regeln, die dazu bestimmt sind, menschliches Verhalten mittels bestimmter Vorkehrungen wie Anreiz- und Strafmechanismen in eine bestimmte Richtung zu lenken.6 Beispiele hierfür sind Unternehmungen und andere Organisationen. Aber auch rechtliche Regelungen und Regelungssysteme können zusammen mit Vorkehrungen, die ihre Durchsetzung ermöglichen, als Institutionen begriffen werden.7 Im Vergleich zu der klassischen ökonomischen Theorie sind insbesondere drei veränderte Grundannahmen der Neuen Institutionenökonomik hervorzuheben: der methodologische Individualismus, die beschränkte Rationalität und die Eigennutzenorientierung der Individuen.8 Der methodologische Individualismus9 löst sich von Organisationen und Kollektiven als den zentralen Betrachtungsobjekten.10 Grundlage ist die Annahme, dass Menschen unterschiedlich sind, vielfältige verschiedene Präferenzen und Ideen haben und daher unterschiedliche Ziele verfolgen.11 Ansatzpunkte des methodologischen Individualismus sind demgemäß die 3

Richter / Furubotn, Neue Institutionenökonomik, 4. Aufl., 2010, S. 1 ff.; Peukert, in: Gabler Wirtschaftslexikon, K–O, 19. Aufl., 2019, Stichwort: Neue Institutionenökonomik, S. 2433 ff.; Fleischer, Informationsasymmetrie im Vertragsrecht, 2001, S. 132. 4 Vgl. Peukert, in: Gabler Wirtschaftslexikon, K–O, 19. Aufl., 2019, Stichwort: Neue Insti­ tutionenökonomik, S. 2433 ff. 5 Fleischer, Informationsasymmetrie im Vertragsrecht, 2001, S. 132. 6 Richter / Furubotn, Neue Institutionenökonomik, 4. Aufl., 2010, S. 7; Peukert, in: Gabler Wirtschaftslexikon, K–O, 19. Aufl., 2019, Stichwort: Neue Institutionenökonomik, S. 2433 ff. Vgl. ferner Nee, 88 Am. Econ. Rev. 85 (1998); Kirchner, in: Budde (Hrsg.), FS Beisse, 1997, S. 267, 269; Erlei / L eschke / Sauerland, Neue Institutionenökonomik, 2016, S. 20 f. Nach North, Institutionen, institutioneller Wandel und Wirtschaftsleistung, 1992, S. 3, sind „Institutionen […] die Spielregeln einer Gesellschaft oder, förmlicher ausgedrückt, die von Menschen erdachten Beschränkungen menschlicher Interaktion. Dementsprechend gestalten sie die Anreize im zwischenmenschlichen Tausch, sei dieser politischer, gesellschaftlicher oder wirtschaftlicher Art.“ 7 Fleischer, Informationsasymmetrie im Vertragsrecht, 2001, S. 132. Zu rechtlichen Regelungen als Institutionen vgl. Kirchner, in: Budde (Hrsg.), FS Beisse, 1997, S. 267, 274. 8 Weitere Grundannahmen sind Ressourcenknappheit und Existenz von Transaktionskosten. Vgl. dazu Richter / Furubotn, Neue Institutionenökonomik, 4. Aufl., 2010, S. 2 ff. Zu Transaktionskosten siehe § 2 A. IV. unten. 9 Der Begriff des methodologischen Individualismus geht auf Schumpeter, Das Wesen und der Hauptinhalt der theoretischen Nationalökonomie, 1908, S. 88 ff. zurück. Vgl. zur Rolle des methodologischen Individualismus in der Neuen Institutionenökonomik Richter / Furubotn, Neue Institutionenökonomik, 4. Aufl., 2010, S. 3 ff.; Peukert, in: Gabler Wirtschaftslexikon, K–O, 19. Aufl., 2019, Stichwort: Neue Institutionenökonomik, S. 2433 ff. 10 Richter / Furubotn, Neue Institutionenökonomik, 4. Aufl., 2010, S. 3. 11 Richter / Furubotn, Neue Institutionenökonomik, 4. Aufl., 2010, S. 3.

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§ 2 Ökonomische und finanzierungstheoretische Grundlagen

Ansichten und Verhaltensformen von Individuen.12 Zunehmend nimmt die Neue Institutionenökonomik von der Annahme einer vollständigen und vollkommenen individuellen Rationalität Abstand.13 Stattdessen geht sie von einer unvollkommenen individuellen Rationalität (beschränkte Rationalität)14 aus.15 Menschen beabsichtigen zwar rational zu handeln. Infolge des beschränkten Zugangs zu Informationen, der endlichen Fähigkeit, Informationen aufzunehmen und zu verarbeiten, sowie der Ungewissheit über zukünftige Entwicklungen handeln sie jedoch nicht „hyperrational“.16 Eine weitere Grundannahme der Neuen Institutionenökonomik ist schließlich die Eigennutzenorientierung der Individuen.17 Individuen streben auf Grundlage ihrer jeweiligen individuellen Präferenzen danach, ihren eigenen persönlichen Nutzen zu maximieren.18 Damit einher geht die Bereitschaft der Akteure zu opportunistischem Verhalten, d. h. der Normverletzung um des eigenen Vorteils willen.19 Zusammenfassend lässt sich das institutionenökonomische Paradigma wie folgt beschreiben:20 Wirtschaftssubjekte sind aufgrund bestehender Ressourcenknappheit gezwungen, Wahlentscheidungen zu treffen, also in dem für sie gegebenen institutionellen Umfeld (Handlungsbedingungen) zwischen verschiedenen vorgegebenen Handlungsalternativen zu wählen (Handlungen).21 Aufgrund ihrer Eigennutzenorientierung wählen die Wirtschaftssubjekte diejenige Handlung, die unter Berücksichtigung der Handlungsbedingungen ihren jeweiligen individuellen 12

Richter / Furubotn, Neue Institutionenökonomik, 4. Aufl., 2010, S. 3. Gleichwohl überwiegt die Annahme vollständiger Rationalität nach wie vor noch in der Prinzipal-Agenten-Theorie, vgl. Richter / Furubotn, Neue Institutionenökonomik, 4. Aufl., 2010, S. 4. 14 Die Theorie der beschränkten Rationalität (bounded rationality) geht auf Simon, 69 Quar. J. Econ. 99–118 (1955) zurück. Demnach ist statt von der umfassenden Rationalität des homo oeconomicus von einem Verhalten von Individuen auszugehen, das geprägt ist von einem eingeschränkten Informationszugang (access to information) und einer individuell beschränkten Fähigkeit, Informationen zu verarbeiten (computational capactiy). Vgl. auch Williamson, Die ökonomischen Institutionen des Kapitalismus, 1990, S. 50 ff.; Conlisk, 34 J. Econ. Lit. 669–700 (1996); Wolff, in: Korff (Hrsg.), Handbuch der Wirtschaftsethik, Bd. 3, 2009, S. 113 ff. Für eine einführende Zusammenfassung siehe Fleischer, Informationsasymmetrie im Vertragsrecht, 2001, S. 112 f. 15 Richter / Furubotn, Neue Institutionenökonomik, 4. Aufl., 2010, S. 4. Vgl. insbesondere Williamson, Markets and Hierarchies, 1975, S. 4 f.; Williamson, Die ökonomischen Institutionen des Kapitalismus, 1990, S. 51 ff. 16 Richter / Furubotn, Neue Institutionenökonomik, 4. Aufl., 2010, S. 4 f. und 192 ff. 17 Williamson, Die ökonomischen Institutionen des Kapitalismus, 1990, S. 53 ff. 18 Wolff, in: Korff (Hrsg.), Handbuch der Wirtschaftsethik, Bd. 3, 2009, S. 113 ff. 19 Richter / Furubotn, Neue Institutionenökonomik, 4. Aufl., 2010, S. 3, 5 f.; Peukert, in: Gabler Wirtschaftslexikon, K–O, 19. Aufl., 2019, Stichwort: Neue Institutionenökonomik, S. 2433 ff.; Williamson, Die ökonomischen Institutionen des Kapitalismus, 1990, S. 54 ff., 73 ff. Siehe auch Fn. 66. 20 Vgl. Kirchner, in: Budde (Hrsg.), FS Beisse, 1997, S. 267, 271; Röpke, Gläubigerschutzregime, 2007, S. 10. 21 Kirchner, in: Budde (Hrsg.), FS Beisse, 1997, S. 267, 271. Für einen Überblick zur Entscheidungstheorie siehe Fleischer, Informationsasymmetrie im Vertragsrecht, 2001, S. 110 ff. 13

A. Ökonomische Grundlagen

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Präferenzen am ehesten entspricht und somit ihren persönlichen Nutzen maximiert. Dabei beabsichtigen die Individuen zwar rational zu handeln. Infolge ihres eingeschränkten Informationszugangs und der individuell beschränkten Verarbeitungsfähigkeit, bleibt ihre Rationalität jedoch beschränkt. Vorausgesetzt die Präferenzen der Individuen bleiben gleich, bewirkt eine Veränderung der Institutionen, d. h. eine Veränderung der Handlungsbedingungen, eine Verhaltensänderung der Wirtschaftssubjekte.22 Institutionen als Handlungsbedingungen bestimmen somit den Handlungsrahmen der Individuen, indem sie einerseits Handlungsmöglichkeiten eröffnen und Anreize setzen und andererseits Handlungsalternativen mit Sanktionen (Kosten) belegen.23 Die geschilderten Grundkonzepte der Neuen Institutionenökonomik bilden die Grundlage der im Folgenden darzustellenden zentralen Analysemethoden der Neuen Institutionenökonomik,24 namentlich der Property-Rights-Analyse (Verfügungsrechtsanalyse), der Transaktionskostenökonomik und der Prinzipal-Agenten-Theorie.25

III. Property Rights-Theorie Die Property Rights-Theorie26 untersucht die Entstehung, Ausgestaltung und Zuordnung von Verfügungsrechten (property rights).27 Verfügungsrechte können als in einer Gesellschaft auf der Grundlage von Konvention, Rechtsnormen oder Verträgen akzeptierte Handlungsrechte verstanden werden, die erlaubte Handlungen von unerlaubten abgrenzen.28 Die mit einzelnen knappen Wirtschaftsgütern verbundenen Handlungsrechte betreffen die Nutzung eines Gutes (Nutzungsrecht, 22 Kirchner, in: Budde (Hrsg.), FS Beisse, 1997, S. 267, 271; Röpke, Gläubigerschutzregime, 2007, S. 10. 23 Vgl. Kirchner, in: Budde (Hrsg.), FS Beisse, 1997, S. 267, 271; Röpke, Gläubigerschutzregime, 2007, S. 10. 24 Zu einer Systematisierung der verschiedenen Ansätze der Neuen Institutionenökonomik siehe auch Schefczyk, Erfolgsstrategien deutscher Venture Capital-Gesellschaften, 3. Aufl., 2004, S. 129, 138; ähnlich Richter / Furubotn, Neue Institutionenökonomik, 4. Aufl., 2010, S. 101. 25 Vgl. Richter / Furubotn, Neue Institutionenökonomik, 4. Aufl., 2010, S. 41 ff. mit einem Überblick über weitere Teilgebiete der Neuen Institutionenökonomik. 26 Grundlegend Coase, 2 J. Law & Econ. 1–40 (1959); Coase, 3 J. Law & Econ. 1–44 (1960); Demsetz, 7 J. Law & Econ. 11–26 (1964); Alchian, 30 Il Politico 816–829 (1965); Demsetz, 9 J. Law & Econ. 61–70 (1966); Demsetz, 57(2) Am. Econ. Rev. 347–359 (1967); Alchian / Demsetz, 33 J. Econ. Hist. 16–27 (1973); für einen frühen Literaturüberblick siehe Furubotn / Pejovich, 10 J. Econ. Lit. 1137–1162 (1972). Ausführlich zur ökonomischen Analyse der Verfügungsrechte Richter / Furubotn, Neue Institutionenökonomik, 4. Aufl., 2010, S. 87–215. 27 Vgl. Windisch / Burgold, in: Gabler Wirtschaftslexikon, T–Z, 19. Aufl., 2019, Stichwort: Verfügungsrechte, S. 3612 ff. 28 Vgl. Erlei / L eschke / Sauerland, Neue Institutionenökonomik, 2016, S. 284. Grundlegend Alchian / Demsetz, 33 J. Econ. Hist. 16, 17 f. (1973).

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§ 2 Ökonomische und finanzierungstheoretische Grundlagen

ius usus), die Veränderung des Gutes (Veränderungsrecht, ius abusus), den Ertrag aus der Nutzung (Ertragsrecht, ius usus fructus) und die Veräußerung des Gutes (Veräußerungsrecht, ius successionis).29 Der Wert eines Gutes hängt entscheidend von dem bei einer Transaktion übertragenen Rechtsbündel ab.30 Aus der Perspektive der Property Rights-Theorie kann zum Beispiel das zivilrechtliche Eigentum an einer Sache als ein Bündel von Verfügungsrechten, nämlich dem Recht des Gebrauchs, dem Recht der Veränderung der Sache, dem Nutzungsrecht und dem Recht der Übertragung dieser Rechte interpretiert werden.31 Auch Finanzierungsvorgänge können als Zuordnung und Übertragung von Verfügungsrechten verstanden werden.32 Die Property Rights-Theorie versucht zu erklären, welche Struktur Verfügungsrechte haben, wie diese zustande kam und wie sie sich auf die Interaktion zwischen Individuen auswirkt.33 Die Verteilung der Verfügungsrechte auf mehrere Individuen ist dann effizient, wenn die durch externe Effekte hervorgerufenen Wohlfahrtsverluste internalisiert und die Transaktionskosten minimiert werden.34 Die Property Rights-Theorie ist eine wesentliche Grundlage für die methodischen Weiterentwicklungen der Agency-Theorie, der Theorien zur asymmetrischen Informationsverteilung, des Transaktionskostenansatzes und der ökonomischen Vertragstheorie.35

29

Vgl. Erlei / L eschke / Sauerland, Neue Institutionenökonomik, 2016, S. 284; Richter / Furubotn, Neue Institutionenökonomik, 4. Aufl., 2010, S. 90. 30 Erlei / L eschke / Sauerland, Neue Institutionenökonomik, 2016, S. 284; Furubotn / Pejovich, 10 J. Econ. Lit. 1137, 1139 (1972). 31 Richter / Furubotn, Neue Institutionenökonomik, 4. Aufl., 2010, S. 90. 32 So auch Schefczyk, Erfolgsstrategien deutscher Venture Capital-Gesellschaften, 3. Aufl., 2004, S. 135. 33 Vgl. dazu Alchian / Demsetz, 33 J. Econ. Hist. 16, 17 f. (1973). 34 Vgl. dazu Erlei / L eschke / Sauerland, Neue Institutionenökonomik, 2016, S. 284, grundlegend zur Internalisierung externer Effekte mittels property rights Demsetz, 57(2) Am. Econ. Rev. 347, 348 (1967). 35 Schefczyk, Erfolgsstrategien deutscher Venture Capital-Gesellschaften, 3. Aufl., 2004, S. 138; vgl. auch Richter / Furubotn, Neue Institutionenökonomik, 4. Aufl., 2010, S. 101; anders offenbar Perridon / Steiner / Rathgeber, Finanzwirtschaft, 18. Aufl., 2022, S. 636 ff., die Transaktionskostentheorie, Agency-Theorie und Property Rights-Theorie als nebeneinander stehende neoinstitutionalistische Ansätze verstehen.

A. Ökonomische Grundlagen

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IV. Transaktionskostenökonomik Im Mittelpunkt der Transaktionskostenökonomik36 stehen Transaktionskosten.37 Als Transaktionskosten können alle Kosten verstanden werden, die im Zusammenhang mit Tauschprozessen am Markt entstehen.38 Hauptzweck von ökono­m ischen Institutionen ist nach der Transaktionskostenökonomik die Einsparung von Transaktionskosten.39 Die Transaktionskostenökonomik stellt ein Instrumentarium zur Verfügung, das die Entstehung und die Gestaltung von effizienten Regeln zur Minimierung von Transaktionskosten erklärt.40 Sie erklärt die Wahlentscheidung zwischen verschiedenen institutionellen Arrangements – wie Markt, Unternehmen oder hybride Organisationsform –, in deren Rahmen wirtschaftliche Transaktionen abgewickelt werden.41 Transaktionskosten sind insbesondere diejenigen Kosten, die erforderlich sind, um eine Institution zu schaffen, sie zu betreiben und die Einhaltung ihrer Regeln sicherzustellen.42 Bei Transaktionen mittels Verträgen über den Markt stehen die Markttransaktionskosten, die beim Leistungsaustausch entstehen, im Mittelpunkt.43 Sie können in drei Kategorien untergliedert werden:44 Erstens Such- und Informationskosten, die im Rahmen der Vertragsanbahnung anfallen. Es handelt sich um Kosten, die entstehen, um Anbieter zu suchen, Informationen über potenzielle Vertragspartner, den Preis oder die Qualität des Transaktionsgegenstandes zu erlangen.45 Als weitere Kosten entstehen Verhandlungs- und Entscheidungskosten, 36

Die Relevanz von Transaktionskosten wurde von Coase „entdeckt“, vgl. grundlegend Coase, 4 Economica 386–405 (1937). Die Entwicklung der hierauf aufbauenden Theorie wird hauptsächlich Williamson (vgl. Williamson, Die ökonomischen Institutionen des Kapitalismus, 1990, S. 1 ff. und 21 ff.) zugeschrieben, vgl. Richter / Furubotn, Neue Institutionenökonomik, 4. Aufl., 2010, S. 53 ff. 37 Richter / Furubotn, Neue Institutionenökonomik, 4. Aufl., 2010, S. 41, ausführlich S. 53– 86; Peukert, in: Gabler Wirtschaftslexikon, T–Z, 19. Aufl., 2019, Stichwort: Transaktionskostenökonomik, S. 3431 f. Grundlegend Coase, 4 Economica 386–405 (1937); Williamson, Die ökonomischen Institutionen des Kapitalismus, 1990, S. 21 ff. 38 Vgl. Williamson, Die ökonomischen Institutionen des Kapitalismus, 1990, S. 21 ff.; ferner auch Peukert, in: Gabler Wirtschaftslexikon, T–Z, 19. Aufl., 2019, Stichwort: Transaktionskostenökonomik, S. 3431 f. 39 Williamson, Die ökonomischen Institutionen des Kapitalismus, 1990, S. 1, 19; Fleischer, Informationsasymmetrie im Vertragsrecht, 2001, S. 134. 40 Vgl. Fleischer, Informationsasymmetrie im Vertragsrecht, 2001, S. 134; Peukert, in: Gabler Wirtschaftslexikon, T–Z, 19. Aufl., 2019, Stichwort: Transaktionskostenökonomik, S. 3431 f.; Richter / Furubotn, Neue Institutionenökonomik, 4. Aufl., 2010, S. 194 ff. 41 Vgl. Peukert, in: Gabler Wirtschaftslexikon, T–Z, 19. Aufl., 2019, Stichwort: Transaktionskostenökonomik, S. 3431 f. 42 Richter / Furubotn, Neue Institutionenökonomik, 4. Aufl., 2010, S. 13 f., ausführlich S. 53 ff.; vgl. zudem Williamson, Die ökonomischen Institutionen des Kapitalismus, 1990, S. 21 ff. 43 Richter / Furubotn, Neue Institutionenökonomik, 4. Aufl., 2010, S. 58 ff.; vgl. auch ­Williamson, Die ökonomischen Institutionen des Kapitalismus, 1990, S. 22 f. 44 Fleischer, Informationsasymmetrie im Vertragsrecht, 2001, S. 134, 143. 45 Vgl. Peukert, in: Gabler Wirtschaftslexikon, T–Z, 19. Aufl., 2019, Stichwort: Transaktionskostenökonomik, S. 3431 f.

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§ 2 Ökonomische und finanzierungstheoretische Grundlagen

die mit dem Abschluss von (schriftlichen) Verträgen entstehen.46 Nach Abschluss eines Vertrages entstehen schließlich Überwachungs- und Durchsetzungskosten, also Kosten für die Kontrolle der Vertragsbeziehung und die Durchsetzung der vertraglichen Leistungspflichten.47 Die Annahme positiver Transaktionskosten steht in wesentlichem Zusammenhang mit der Existenz der unvollkommenen Voraussicht und Informationsasymmetrien sowie der Theorie unvollständiger Verträge.48 Unter der Prämisse, dass Erwerb von Wissen Kosten verursacht, ist die unbegrenzte Sammlung von Informationen zu teuer oder unmöglich. Dies erklärt die Existenz asymmetrischer Information und unvollkommener Verträge.49

V. Prinzipal-Agenten-Theorie 1. Überblick Im Zentrum der Prinzipal-Agenten-Theorie50 steht die Analyse von Prinzipal-Agenten-Beziehungen und den aus Interessenkonflikten und Informationsasymmetrien zwischen Prinzipal und Agent resultierenden Anreizproblemen (Agenturproblemen).51

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Richter / Furubotn, Neue Institutionenökonomik, 4. Aufl., 2010, S. 60. Vgl. Richter / Furubotn, Neue Institutionenökonomik, 4. Aufl., 2010, S. 60 f.; Peukert, in: Gabler Wirtschaftslexikon, T–Z, 19. Aufl., 2019, Stichwort: Transaktionskostenökonomik, S. 3431 f. 48 Richter / Furubotn, Neue Institutionenökonomik, 4. Aufl., 2010, S. 4 f., 53 ff. 49 Vgl. Fleischer, Informationsasymmetrie im Vertragsrecht, 2001, S. 136. 50 Grundlegend zur Agency-Theorie Ross, 63 Am. Econ. Rev. 134 (1973); Stiglitz, 41 Rev. Econ. Stud. 219 (1974); Mirrlees, 7 Bell J. Econ. 105–131 (1976); Jensen / Meckling, 3 J. Fin. Econ. 305–360 (1976); Fama, 88 J. Pol. Econ. 288–307 (1980); ferner: Grossman / Hart, 51 Econometrica 7–45 (1983); Fama / Jensen, 26 J. L. & Econ. 301–325 (1983); Fama / Jensen, 26 J. L. & Econ. 327–349 (1983); Cooter / Freedmann, 66 N. Y.U. L. Rev. 1045–1075 (1991). Für einen Überblick siehe auch Eisenhardt, 14 Acad. Manag. Rev. 57–74 (1989); Arrow, in: Pratt / Zeckhauser (Hrsg.), Principals and Agents, 1991, S. 37 ff.; Richter / Furubotn, Neue Institutionenökonomik, 4. Aufl., 2010, S. 173 ff., 217 ff., 225 ff.; Erlei, in: Gabler Wirtschaftslexikon, A–B, 19. Aufl., 2019, Stichwort: Agency-Theorie, S. 57 f.; Erlei / Schmidt-Mohr, in: Gabler Wirtschaftslexikon, P–S, 19. Aufl., 2019, Stichwort: Prinzipal-Agent-Theorie, S. 2763 ff.; bezogen auf das Gesellschaftsrecht z. B. Armour / Hansmann / Kraakman, in: Kraakman et al. (Hrsg.), Anatomy of Corporate Law, 3rd ed., 2017, S. 29 ff.; Fama, 88 J. Pol. Econ. 288–307 (1980); mit Blick auf die Unternehmensfinanzierung Franke / Hax, Finanzwirtschaft des Unternehmens, 6. Aufl., 2009, S. 457 ff.; Jost (Hrsg.), Die Prinzipal-Agenten-Theorie, 2001. 51 In der ökonomischen Literatur wird die Agency-Theorie vielfach in zwei Teilgebiete unterteilt: die (normative) Prinzipal-Agent-Theorie und die positive Agency-Theorie (positive theory of agency), vgl. dazu Richter / Furubotn, Neue Institutionenökonomik, 4. Aufl., 2010, S. 176; Erlei, in: Gabler Wirtschaftslexikon, A–B, 19. Aufl., 2019, Stichwort: Agency-Theorie, S. 57 f.; grundlegend zur Unterscheidung der Ansätze Jensen, 58 Account. Rev. 319, 334 ff. 47

A. Ökonomische Grundlagen

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Eine Prinzipal-Agenten-Beziehung besteht zwischen zwei Wirtschaftssubjekten, wenn eine Partei (der Prinzipal oder Auftraggeber) sich einer anderen Partei (Agent, Beauftragter oder Vertreter) zur Erfüllung von Aufgaben bedient und dieser hierzu einen gewissen Entscheidungsspielraum einräumt.52 Prinzipal-AgentenBeziehungen sind kennzeichnend für eine Vielzahl von Zweipersonenverhältnissen in unterschiedlichsten Zusammenhängen und charakteristisch für eine moderne Wirtschaft mit einem hohen Maß an Arbeitsteilung und Spezialisierung.53 Sie sind nicht nur in Austauschbeziehungen auf dem Markt anzutreffen, sondern ebenso charakteristisch für die Innenbeziehung von Organisationen.54 Prinzipal-Agenten-Beziehungen bestehen beispielsweise zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer, Arbeitgeber und Arbeitnehmer, Kreditgeber und Kreditnehmer, zwischen Arzt und Patient55 sowie als Folge der Trennung von Eigentum und Kontrolle in

(1983); ferner ausführlich Eisenhardt, 14 Acad. Manag. Rev. 57, 59 ff. (1989). Die normative Prinzipal-Agenten-Theorie ist mathematisch und weniger empirisch orientiert, sie untersucht formal-analytisch optimale Anreiz- und Entlohnungsfunktionen unter Einbeziehung von Risikoaspekten. Angesichts des Abstraktionsniveaus sind ihre Aussagen universeller (Richter /  Furubotn, Neue Institutionenökonomik, 4. Aufl., 2010, S. 176; Jensen, 58 Account. Rev. 319, 334 (1983); Reißig-Thust, Venture-Capital-Gesellschaften, 2003, S. 79). Für grundlegende Beiträge zur normativen Ausprägung der Prinzipal-Agenten-Theorie siehe Spence / Z eckhauser, 61 Am. Econ. Rev. 380–387 (1971); Ross, 63 Am. Econ. Rev. 134 (1973); Mirrlees, 7 Bell J. Econ. 105–131 (1976); Harris / Raviv, 68 Am. Econ. Rev. 20–30 (1978); Raviv, 69 Am. Econ. Rev. 84–96 (1979); Townsend, 21 J. Econ. Theory 265–293 (1979); Shavell, 10 Bell J. Econ. 55–73 (1979); Holmström, 10 Bell J. Econ. 74–91 (1979); Harris / Townsend, 49 Econometrica 33–64 (1981); Demski / Kreps, 20 J. Account. Res. 117–148 (1982). Umfassend zu Anwendungsfällen der normativen Prinzipal-Agenten-Theorie in der Betriebswirtschaftslehre siehe z. B. Jost (Hrsg.), Die Prinzipal-Agenten-Theorie, 2001. Die Herangehensweise der positiven Agency-Theorie ist im Allgemeinen nicht mathematisch, sondern empirisch orientiert (Richter /  Furubotn, Neue Institutionenökonomik, 4. Aufl., 2010, S. 176; Jensen, 58 Account. Rev. 319, 334 (1983)). Sie leitet insbesondere Governance-Strukturen zur Lösung von Agenturpro­ blemen und der Vermeidung opportunistischen Verhaltens ab (Eisenhardt, 14 Acad. Manag. Rev. 57, 59 (1989); Reißig-Thust, Venture-Capital-Gesellschaften, 2003, S. 79). Grundsätzlich ist der positivistische Ansatz eher auf Grundlagen der Agentur-Probleme, d. h. deren Existenz und die generelle Lösung durch verschiedene Vertragsalternativen ausgerichtet, während die normative Prinzipal-Agenten-Theorie eher einen konkreten Vertrag auf die effizienteste Gestaltungsalternative untersucht (Eisenhardt, 14 Acad. Manag. Rev. 57, 69 (1989)). Für grundlegende Beiträge zu der positivist agency theory siehe Jensen / Meckling, 3 J. Fin. Econ. 305–360 (1976); Fama / Jensen, 26 J. L. & Econ. 301–325 (1983); Jensen, 62(6) Harv. Bus. Rev. 109–121 (1984). 52 Vgl. Richter / Furubotn, Neue Institutionenökonomik, 4. Aufl., 2010, S. 173; Erlei, in: Gabler Wirtschaftslexikon, A–B, 19. Aufl., 2019, Stichwort: Agency-Theorie, S. 57 f.; Fleischer, Informationsasymmetrie im Vertragsrecht, 2001, S. 138. 53 Vgl. Arrow, in: Pratt / Zeckhauser (Hrsg.), Principals and Agents, 1991, S. 37: „analogous interactions are virtualy universal in the econcomy, representing a significant component of almost all transactions“. Ferner Erlei / L eschke / Sauerland, Neue Institutionenökonomik, 2016, S. 71 ff. 54 Kumpan, Interessenkonflikt, 2014, S. 59. 55 Arrow, The Economics of Agency, in: Pratt / Zeckhauser (Hrsg.), Principals and Agents, 1991, S. 37, 38.

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§ 2 Ökonomische und finanzierungstheoretische Grundlagen

Kapitalgesellschaften56.57 Allen Situationen ist gemein, dass der Agent über besonderes Wissen oder besondere Fähigkeiten zur Erfüllung der ihm übertragenen Aufgabe verfügt.58 2. Interessenkonflikte und Informationsasymmetrien als zentrale Merkmale der Prinzipal-Agenten-Beziehung a) Interessenkonflikte Der Prinzipal-Agenten-Theorie liegt die Annahme zugrunde, dass Prinzipal und Agent rational handelnde Menschen sind.59 Ausgehend von dem methodologischen Individualismus und dem Postulat der Eigennutzenorientierung60 geht die Theorie davon aus, dass sowohl Prinzipal als auch Agent unterschiedliche Interessen und Präferenzen haben und bestrebt sind, ihren jeweiligen Eigennutzen (auch zu Lasten der jeweils anderen Partei) zu maximieren.61 Darüber hinaus geht die Prinzipal-Agenten-Theorie in der Regel davon aus, dass der Agent eine andere Risikoneigung hat als der Prinzipal.62 Aus dem Vorhergehenden ergibt sich der für die Prinzipal-Agenten-Beziehung kennzeichnende Interessenkonflikt zwischen den beiden Parteien:63 Der Prinzipal möchte seinen Anteil am Kooperationsgewinn maximieren. Er hat daher ein Interesse an einer bestmöglichen Durchführung der delegierten Aufgabe.64 Dies erfordert regelmäßig einen möglichst hohen Arbeitseinsatz bei möglichst geringer Entlohnung des Agenten. Der Agent strebt gleichfalls nach einer Maximierung seines Anteils am Kooperationsgewinn (Entloh 56 Grundlegend Berle / Means, The Modern Corporation and Private Property, 1933, dazu Stigler / Friedland, 26 J. L. & Econ. 237–268 (1983). Grundlegend zu den mit der Kapitalstruktur eines Unternehmens verbundenen Agenturkosten: Jensen / Meckling, 3 J. Fin. Econ. 305, 308 ff. (1976); Fama / Jensen, 26 J. L. & Econ. 301 (1983); Arrow, The Economics of Agency, in: Pratt / Zeckhauser (Hrsg.), Principals and Agents, 1991, S. 37, 39; Richter / Furubotn, Neue Institutionenökonomik, 4. Aufl., 2010, S. 177 ff. 57 Vgl. Ferner Erlei / L eschke / Sauerland, Neue Institutionenökonomik, 2016, S. 71 f.; Fleischer, Informationsasymmetrie im Vertragsrecht, 2001, S. 138 f.; Kumpan, Interessenkonflikt, 2014, S. 59 f. 58 Vgl. Erlei, in: Gabler Wirtschaftslexikon, A–B, 19. Aufl., 2019, Stichwort: Agency-Theorie, S. 57 f. 59 In der Prinzipal-Agenten-Theorie überwiegt noch die Annahme vollständiger Rationalität, vgl. Richter / Furubotn, Neue Institutionenökonomik, 4. Aufl., 2010, S. 4. 60 Siehe grundlegend dazu § 2 A. II. oben. 61 Vgl. dazu Brunner / Meckling, 9 J. Money, Credit, Banking 70, 71 f. (1977); Richter /  Furubotn, Neue Institutionenökonomik, 4. Aufl., 2010, S. 4; Schäfer / Ott, Lehrbuch der ökonomischen Analyse des Zivilrechts, 6. Aufl., 2021, S. 107 ff. Grundlegend zur Ausrichtung auf das Eigeninteresse und Opportunismus Williamson, Die ökonomischen Institutionen des Kapitalismus, 1990, S. 54 ff., 73 ff. 62 Jost, in: Jost (Hrsg.), Die Prinzipal-Agenten-Theorie, 2001, S. 11, 21 f. 63 Jost, in: Jost (Hrsg.), Die Prinzipal-Agenten-Theorie, 2001, S. 11, 16. 64 Jost, in: Jost (Hrsg.), Die Prinzipal-Agenten-Theorie, 2001, S. 11, 17.

A. Ökonomische Grundlagen

65

nung) und einer Minimierung der mit seinem Arbeitseinsatz verbundenen Kosten in Form von physischen Arbeitskosten oder Arbeitsleid.65 Die Prinzipal-AgentenTheorie nimmt also an, dass sich Individuen opportunistisch verhalten. Sie setzt voraus, dass Individuen sich ausschließlich an der Maximierung ihres persönlichen Nutzens orientieren und sich dabei auch über vertragliche, gesetzliche und mora­ lische Verpflichtungen hinwegsetzen, wenn die hierdurch erreichbaren Vorteile die Nachteile überwiegen.66 b) Informationsasymmetrie Prinzipal-Agenten-Beziehungen sind des Weiteren von Informationsasymmetrien geprägt. Kennzeichnend für Prinzipal-Agenten-Beziehungen ist, dass der Prinzipal einen Informationsnachteil gegenüber dem Agenten hat. In zeitlicher Hinsicht kann zwischen bereits vor Beginn der Kooperationsbeziehung bzw. vor Vertragsschluss bestehenden Informationsasymmetrien und Informationsasymmetrien, die erst nach Vertragsschluss entstehen, unterschieden werden.67 aa) Ex ante-Informationsasymmetrien Vor Vertragsschluss bestehen Informationsasymmetrien (ex-ante-Informationsasymmetrien) im Hinblick auf ex ante nicht festzustellende Eigenschaften und die Qualität68 des Transaktionsgegenstandes, aber auch hinsichtlich Verhaltensmerkmalen des potentiellen Transaktionspartners (hidden characteristics).69 Typischer-

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Jost, in: Jost (Hrsg.), Die Prinzipal-Agenten-Theorie, 2001, S. 11, 17. Franke / Hax, Finanzwirtschaft des Unternehmens, 6. Aufl., 2009, S. 460; vgl. auch Williamson, Die ökonomischen Institutionen des Kapitalismus, 1990, S. 53 f. Nach Williamson, Die ökonomischen Institutionen des Kapitalismus, 1990, S. 54, umfasst Opportunismus „die Verfolgung des Eigeninteresses unter Zuhilfenahme von List. Das schließt krassere Formen ein, wie Lügen, Stehlen und Betrügen, beschränkt sich aber keineswegs auf diese. Häufiger bedient sich der Opportunismus raffinierterer Formen der Täuschung. […] Allgemeiner gesagt, bezieht sich der Opportunismus auf die unvollständige oder verzerrte Weitergabe von Information, insbesondere auf vorsätzliche Versuche irrezuführen, zu verzerren, verbergen, verschleiern oder sonstwie zu verwirren. Er ist für die Zustände echter oder künstlich herbeigeführter Informationsasymmetrie verantwortlich“. 67 Ausführlich dazu etwa Demougin / Jost, in: Jost (Hrsg.), Die Prinzipal-Agenten-Theorie, 2001, S. 46–80. Vgl. aber auch die Typenlehre von Spremann, ZfB 1990, 561 ff. 68 Grundlegend zu Informationsproblemen Stigler, 69 J. Pol. Econ. 213–225 (1961); ferner McCall, 84 Quar. J. Eon. 113–126 (1970); Salop / Stiglitz, 44 Rev. Econ. St. 493–510 (1977). 69 Vgl. dazu und zum Folgenden Franke / Hax, Finanzwirtschaft des Unternehmens, 6. Aufl., 2009, S. 458; Erlei / Szczutkowski, in: Gabler Wirtschaftslexikon, F–J, 19. Aufl., 2019, Stichwort: Informationsasymmetrie, S. 1686; ferner Weimerskirch, Finanzierungsdesign, 2. Aufl., 1999, S. 24 f. 66

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§ 2 Ökonomische und finanzierungstheoretische Grundlagen

weise ist der Agent „näher“ am Transaktionsgegenstand und kann daher dessen Eigenschaften und Qualität besser einschätzen. Eigenschaften des Agenten wie Begabung, Talent, Fähigkeit oder Qualifikation, d. h. Leistungsfähigkeit und Leistungswilligkeit, sind dem Agenten selbst naturgemäß bekannt, während sie dem Prinzipal weitgehend verborgen bleiben.70 bb) Ex post-Informationsasymmetrien Weitere Informationsa­sym­metrien lassen sich zeitlich nach Beginn der Transaktion bzw. des Vertragsschlusses, also während der Durchführung der Transaktionsbeziehung, verorten (ex-post-Informationsasymmetrien).71 Ein grundlegendes Informationsdefizit des Prinzipals ergibt sich daraus, dass er das Verhalten des Agenten weder unmittelbar beobachten noch – angesichts prohibitiv hoher Kosten72 – kontrollieren kann (hidden action).73 Dem Prinzipal bleibt so regelmäßig verborgen, ob der Transaktionspartner ausreichend Anstrengung, Fleiß und Sorgfalt aufwendet.74 Hängt das Ergebnis der Aufgabenerfüllung zudem von exogenen Faktoren ab, die für den Prinzipal ebenfalls nicht quantifizierbar sind, besteht kein eindeutiger Zusammenhang zwischen dem Verhalten des Agenten und dem Erfolg der delegierten Aufgabe.75 Der Prinzipal kann somit auch nicht vom Erfolg auf das Verhalten oder die Anstrengung des Agenten schließen.76 Da der Agent unzureichende Ergebnisse in diesem Fall immer mit dem Einfluss exogener Faktoren erklären kann, muss er keine Entdeckung oder Sanktionierung von mangelndem Fleiß, Anstrengung oder Sorgfalt fürchten und kann seine eigenen Ziele auf Kosten der Interessen des Prinzipals durchsetzen.77 Weiterhin macht der Agent im Rahmen der Ausführung seiner Aufgaben typischerweise Beobachtungen, die für

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Vgl. Spremann, ZfB 1990, 561, 566 ff. Vgl. dazu und zum Folgenden Franke / Hax, Finanzwirtschaft des Unternehmens, 6. Aufl., 2009, S. 458; Erlei / Szczutkowski, in: Gabler Wirtschaftslexikon, F–J, 19. Aufl., 2019, Stichwort: Informationsasymmetrie, S. 1686; ferner Weimerskirch, Finanzierungsdesign, 2. Aufl., 1999, S. 25 f. 72 Hier ist der Fall angesprochen, dass eine Kontrolle theoretisch zwar möglich, aus Kostengründen jedoch ausgeschlossen ist. Zu Informationskosten siehe grundlegend Arrow, 64 Am. Econ. Rev. 1–10 (1974). 73 Vgl. Arrow, The Economics of Agency, in: Pratt / Zeckhauser (Hrsg.), Principals and Agents, 1991, S. 37, 38 ff.; Richter / Furubotn, Neue Institutionenökonomik, 4. Aufl., 2010, S. 173 f.; Jost, in: Jost (Hrsg.), Die Prinzipal-Agenten-Theorie, 2001, S. 11, 25. 74 Vgl. Arrow, The Economics of Agency, in: Pratt / Zeckhauser (Hrsg.), Principals and Agents, 1991, S. 37, 38; Spremann, ZfB 1990, 561, 566. 75 Vgl. Richter / Furubotn, Neue Institutionenökonomik, 4. Aufl., 2010, S. 174; Jost, in: Jost (Hrsg.), Die Prinzipal-Agenten-Theorie, 2001, S. 11, 26, 31. 76 Vgl. Jost, in: Jost (Hrsg.), Die Prinzipal-Agenten-Theorie, 2001, S. 11, 26. 77 Vgl. Richter / Furubotn, Neue Institutionenökonomik, 4. Aufl., 2010, S. 174; Jost, in: Jost (Hrsg.), Die Prinzipal-Agenten-Theorie, 2001, S. 11, 26. 71

A. Ökonomische Grundlagen

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die weitere Ausführung relevant sind, die dem Prinzipal aber verborgen bleiben (hidden information78).79 Unter der Grundannahme des eigennutzenmaximierenden Agenten besteht für den Prinzipal das Risiko, dass der Agent seinen Informationsvorteil zu seinem eigenen Vorteil ausnutzt und sich für ein Handeln entscheidet, das nicht den Nutzen des Prinzipals, sondern seinen eigenen Nutzen maximiert.80 Die Unsicherheit des Prinzipals bezüglich des Verhaltens des Agenten nach Vertragsschluss wird als moral hazard bezeichnet.81 3. Auswirkungen der Agenturprobleme auf den Markt Interessenkonflikte und Informationsasymmetrien in Prinzipal-Agenten-Verhältnissen können zu Ineffizienzen bei Vertragsschluss und Vertragsdurchführung führen und so einerseits wohlfahrtsökonomische Auswirkungen auf die jeweiligen Geschäftsherren haben.82 Sie können sich andererseits aber auch auf die Volkswirtschaft insgesamt auswirken, indem sie Markt­in­effizienzen herbeiführen oder verfestigen.83 Bereits die Existenz eines Interessenkonflikts kann zu Misstrauen der potentiellen Vertragsparteien und einem Unterbleiben von wünschenswerten Transaktionen führen, was letztlich in einem Marktversagen resultieren kann.84 Nutzen Agenten ihre Informationsvorteile tatsächlich zu Lasten der Prinzipale aus, werden Produktionsfaktoren nicht mehr der unter Effizienzgesichtspunkten bestmöglichen Verwendung zugeführt.85 Dies führt zu gesamtgesellschaftlichen Wohlfahrtseinbußen.86 Bezogen auf den Kapitalmarkt besteht die Gefahr, dass 78 Die Terminologie bzw. Zuordnung ist nicht immer einheitlich. Zum Teil wird auch im Falle von vorvertraglichen Informationsasymmetrien von „versteckten Informationen“ bzw. „hidden information“ gesprochen, so z. B. Franke / Hax, Finanzwirtschaft des Unternehmens, 6. Aufl., 2009, S. 458. 79 Vgl. dazu Richter / Furubotn, Neue Institutionenökonomik, 4. Aufl., 2010, S. 174, 218. 80 Vgl. Jost, in: Jost (Hrsg.), Die Prinzipal-Agenten-Theorie, 2001, S. 11, 26. 81 Vgl. Richter / Furubotn, Neue Institutionenökonomik, 4. Aufl., 2010, S. 174 f., 218; Jost, in: Jost (Hrsg.), Die Prinzipal-Agenten-Theorie, 2001, S. 11, 26; siehe auch Arrow, The Economics of Agency, in: Pratt / Zeckhauser (Hrsg.), Principals and Agents, 1991, S. 37, 38; Alchian /  Woodward, 26 J. Econ. Lit. 65, 68 (1988). 82 Vgl. Erlei / Schmidt-Mohr, in: Gabler Wirtschaftslexikon, P–S, 19. Aufl., 2019, Stichwort: Prinzipal-Agent-Theorie, S. 2763 ff.; Kumpan, Interessenkonflikt, 2014, S. 58. 83 Kumpan, Interessenkonflikt, 2014, S. 58. 84 Vgl. Erlei / Schmidt-Mohr, in: Gabler Wirtschaftslexikon, P–S, 19. Aufl., 2019, Stichwort: Prinzipal-Agent-Theorie, S. 2763 ff.; Kumpan, Interessenkonflikt, 2014, S. 58. Zum Zusammenhang zwischen Informationsasymmetrien und Marktversagen siehe auch Fleischer, Informationsasymmetrie im Vertragsrecht, 2001, S. 121 ff. Zur Gefahr des Marktversagens infolge von Informationsasymmetrien im Bereich des Crowdinvesting vgl. etwa Agrawal / Catalini /  Goldfarb, 14 Innov. Policy Econ. 63, 78 f. (2014); Ahlers / Cumming / Günther / Schweizer, 39 ET&P 955, 959 (2015). 85 Vgl. Kumpan, Interessenkonflikt, 2014, S. 58. 86 Vgl. Kumpan, Interessenkonflikt, 2014, S. 58.

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§ 2 Ökonomische und finanzierungstheoretische Grundlagen

Anleger aufgrund der Existenz von Interessenkonflikten und Informationsasymmetrien ihr Vertrauen sowohl in die Intermediäre als auch in die Funktionsfähigkeit und Integrität des Kapitalmarkts verlieren.87 Dies führt dazu, dass eine effiziente Kapitalallokation zwischen Anlegern und kapitalsuchenden Unternehmen verhindert wird.88 a) Adverse selection Vorvertragliche Informationsasymmetrien können zu einer Negativauslese (adverse selection) führen.89 Informationsvorsprünge des Agenten gegenüber dem Prinzipal vor Vertragsschluss können sich wie beschrieben etwa auf Informationen über den Agenten selbst, seine eigene Leistungsfähigkeit oder Leistungswilligkeit oder die Qualität des von ihm angebotenen Produkts beziehen (hidden characteristics). Gibt es auf einem Markt bessere und schlechtere Agenten, bleibt dem Prinzipal die Qualität der Agenten verborgen. Folglich ist der Prinzipal nur zur Zahlung einer durchschnittlichen Vergütung bereit. Dies führt dazu, dass schlechte Agenten für ihre Leistung eine zu hohe Vergütung erhalten, überdurchschnittlich gute Agenten werden hingegen nur durchschnittlich vergütet, d. h. sie erhalten weniger als den wahren Wert ihrer Leistung. Mit der infolge mangelnder Information der Prinzipale erforderlichen Durchschnittspreisbildung geht eine Begünstigung von schlechten Qualitäten zu Lasten von guten Qualitäten einher.90 Gute Agenten werden sich in der Folge vom Markt zurückziehen. Als Folge sinkt die durchschnittliche Qualität der Agenten weiter, was zu einer erneuten Preisanpassung seitens der Prinzipale führt. Dieser Prozess der Selbstselektion führt zu einer systematischen Negativauslese (adverse selection) mit der Folge, dass sich ein Marktgleichgewicht einstellt, bei dem nur noch die allerschlechteste Qualitätsklasse auf dem Markt vorzufinden ist.91 Im Ergebnis kann es so zu einem Zusammenbruch des Marktes (Marktversagen) kommen.92

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Kumpan, Interessenkonflikt, 2014, S. 58. Kumpan, Interessenkonflikt, 2014, S. 58. 89 Dazu und zum Folgenden grundlegend Akerlof, 84 Q. J. Econ. 488 (1970). Vgl. ferner Erlei / Szczutkowski, in: Gabler Wirtschaftslexikon, A–B, 19. Aufl., 2019, Stichwort: Adverse Selection, S. 54 f.; Fleischer, Informationsasymmetrie im Vertragsrecht, 2001, S. 121 ff. 90 Fleischer, Informationsasymmetrie im Vertragsrecht, 2001, S. 122. 91 Dies ist der von Akerlof, 84 Q. J. Econ. 488 (1970) beschriebene market for lemons. Vgl. Fleischer, Informationsasymmetrie im Vertragsrecht, 2001, S. 122; Franke / Hax, Finanzwirtschaft des Unternehmens, 6. Aufl., 2009, S. 458 f. Dazu im Kontext des Crowdinvesting siehe § 3 E. II. 4.  unten. 92 Fleischer, Informationsasymmetrie im Vertragsrecht, 2001, S. 122. Zu Marktversagen im Hinblick auf (Equity) Crowdfunding vgl. auch Agrawal / Catalini / Goldfarb, 14 Innov. Policy Econ. 63, 78 f. (2014). 88

A. Ökonomische Grundlagen

69

b) Moral hazard Auch nach Vertragsschluss auftretende Informationsasymmetrien und das resultierende „moralische Risiko“ des Prinzipals, d. h. die Unsicherheit hinsichtlich des Verhaltens des Vertragspartners, können das Zustandekommen von Transaktionen behindern und letztlich zu einem Marktversagen führen.93 Muss der Prinzipal als schlechter informierte Partei damit rechnen, dass sein Vertragspartner dessen Informationsvorteil zu seinen Lasten ausnutzt, wird er entweder nur zur Zahlung einer geringeren Vergütung oder überhaupt nicht zum Vertragsschluss bereit sein, sodass eine an sich wünschenswerte Transaktion unterbleibt.94 4. Strategien zur Lösung des Prinzipal-Agenten-Problems und Agency Kosten Regelmäßig werden die Akteure allerdings versuchen, bestehenden Informationsasymmetrien durch geeignete Mechanismen entgegenzuwirken, und bereit sein, die durch diese Mechanismen und etwaige verbleibende Residualverluste entstehende Wohlfahrtseinbußen hinzunehmen. a) Strategien zur Reduzierung von Agency-Problemen Zur Reduzierung von Agentur-Problemen kommen im Wesentlichen zwei Strategien in Betracht.95 Einerseits können Informationsasymmetrien reduziert werden, indem der schlechter informierten Partei Möglichkeiten eingeräumt werden, ihren Wissensstand zu verbessern und Informationsnachteile auszugleichen.96 Ein weiterer Ansatzpunkt sind die bestehenden Interessenkonflikte zwischen Prinzipal und Agent: Werden die Interessen des Agenten mittels geeigneter Anreizmechanismen an die Interessen des Prinzipals angeglichen, können die Anreize des Agenten zu opportunistischem Handeln reduziert werden.97

93 Franke / Hax, Finanzwirtschaft des Unternehmens, 6. Aufl., 2009, S. 458 f.; Richter /  Furubotn, Neue Institutionenökonomik, 4. Aufl., 2010, S. 163 f. 94 Franke / Hax, Finanzwirtschaft des Unternehmens, 6. Aufl., 2009, S. 458 f. 95 Vgl. dazu Franke / Hax, Finanzwirtschaft des Unternehmens, 6. Aufl., 2009, S. 461; ferner Jensen / Meckling, 3 J. Fin. Econ. 305, 308 ff. (1976); Fleischer, Informationsasymmetrie im Vertragsrecht, 2001, S. 139 f.; zu den Strategien Überwachung und Schaffung von Anreizen siehe auch Richter / Furubotn, Neue Institutionenökonomik, 4. Aufl., 2010, S. 176. 96 Die schlechter informierte Partei muss also Überwachungskosten aufwenden, vgl. dazu auch Fleischer, Informationsasymmetrie im Vertragsrecht, 2001, S. 139; ferner HartmannWendels, Zeitschrift für Betriebswirtschaftliche Forschung, 1987, 16, 19. 97 Vgl. Franke / Hax, Finanzwirtschaft des Unternehmens, 6. Aufl., 2009, S. 461; Fleischer, Informationsasymmetrie im Vertragsrecht, 2001, S. 139 f.

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§ 2 Ökonomische und finanzierungstheoretische Grundlagen

aa) Reduzierung von Informationsasymmetrien Sowohl vor als auch nach Vertragsschluss bestehen für die Akteure Möglichkeiten, das bestehende Informationsgefälle zu reduzieren.98 Der vorvertragliche Informationsnachteil des Prinzipals kann reduziert werden, wenn der Prinzipal die Möglichkeit erhält, die seitens des Agenten übermittelten Informationen im Hinblick auf Eigenschaften und Qualität des Transaktionsgegenstandes sowie die Person des Agenten selbst zu überprüfen und entsprechende eigene Informationen zu erheben.99 Des Weiteren können unabhängige Dritte als Gutachter eingeschaltet werden.100 Hinsichtlich der nachvertraglich bestehenden Unsicherheiten können dem Prinzipal Informationsrechte eingeräumt und Kontrollmechanismen zur Überprüfung des Verhaltens des Agenten installiert werden.101 Ferner kann dem Prinzipal mittels Mitwirkungs- und Mitentscheidungsrechten die Möglichkeit gegeben werden, unmittelbar auf das Verhalten des Agenten Einfluss zu nehmen.102 Die Reduzierung von Informationsasymmetrien ist allerdings mit Informationsbeschaffungskosten verbunden.103 Die erforderlichen Kosten sind meist höher als die Kosten für die Implementierung eines Anreizsystems, das somit häufig einen effizienteren Mechanismus zur Minimierung von Agenturproblemen darstellt.104 bb) Anreizmechanismen Anreizmechanismen sind ein weiteres Element zur Reduzierung von AgenturProblemen. Sie sollen den Agenten als besser informierten Vertragspartner dazu motivieren, im Einklang mit den Interessen des Prinzipals, d. h. nicht opportunistisch zu handeln.105 Wichtige Ansätze für die Situation vor Vertragsschluss sind Signaling und Screening. Im Fall des Signaling gibt die besser informierte Partei aus eigenem Interesse „Signale“, aus denen die Marktteilnehmer zutreffende Informationen hinsichtlich der angebotenen Ware oder Dienstleistung oder der Partei selbst entnehmen können.106 98 Dazu und zum Folgenden Franke / Hax, Finanzwirtschaft des Unternehmens, 6. Aufl., 2009, S. 461 f. 99 Franke / Hax, Finanzwirtschaft des Unternehmens, 6. Aufl., 2009, S. 461 f. 100 Franke / Hax, Finanzwirtschaft des Unternehmens, 6. Aufl., 2009, S. 461 f. 101 Franke / Hax, Finanzwirtschaft des Unternehmens, 6. Aufl., 2009, S. 461 f. 102 Franke / Hax, Finanzwirtschaft des Unternehmens, 6. Aufl., 2009, S. 461 f. 103 Franke / Hax, Finanzwirtschaft des Unternehmens, 6. Aufl., 2009, S. 461 f.; vgl. auch Richter / Furubotn, Neue Institutionenökonomik, 4. Aufl., 2010, S. 60, 162 f. 104 Erlei / Szczutkowski, in: Gabler Wirtschaftslexikon, K–O, 19. Aufl., 2019, Stichwort: Moral Hazard, S. 2371. 105 Vgl. dazu und zum Folgenden Franke / Hax, Finanzwirtschaft des Unternehmens, 6. Aufl., 2009, S. 462 f. 106 Franke / Hax, Finanzwirtschaft des Unternehmens, 6. Aufl., 2009, S. 462 f.; Fleischer, Informationsasymmetrie im Vertragsrecht, 2001, S. 214 f. Grundlegend dazu Spence, 87 Q. J. Econ. 355–374 (1973).

A. Ökonomische Grundlagen

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Notwendige Bedingung für entsprechende „Qualitätssignale“ ist, dass das Aussenden eines nicht der Wahrheit entsprechenden Signals für den Signalgeber immer ungünstiger ist als das Aussenden eines zutreffenden Signals.107 Die Kosten falscher Signale müssen für den Signalgeber daher so hoch sein, dass sie sich nicht lohnen.108 Während beim Signaling die besser informierte Partei von sich aus Signale gibt, geht die Initiative beim Screening von der schlechter informierten Partei aus.109 Mittels Auswahlgesprächen oder Tests (z. B. von Kreditwürdigkeitsprüfungen) kann sich die schlechter informierte Partei Informationen über die Präferenzen des potentiellen Vertragspartners beschaffen.110 Des Weiteren kann der Prinzipal dem Agenten verschiedene Vertragsbedingungen zur Auswahl vorlegen, die so gestaltet sind, dass der Agent wesentliche Informationen offenbart, indem er sich für einen der angebotenen Verträge entscheidet (self-selection).111 Nachvertraglichen Agenturproblemen kann mit Anreizmechanismen begegnet werden. Ein zentraler Anknüpfungspunkt zur Gestaltung von Anreizen ist die Entlohnung des Agenten.112 Mit der Etablierung entsprechender Entlohnungssysteme kann das Ergebnis aus der Transaktionsbeziehung so zwischen Prinzipal und Agent aufgeteilt werden, dass der Agent möglichst im Einklang mit den Interessen des Prinzipals handelt und wenig Anreiz zu opportunistischem Verhalten hat.113

107

Franke / Hax, Finanzwirtschaft des Unternehmens, 6. Aufl., 2009, S. 462. Franke / Hax, Finanzwirtschaft des Unternehmens, 6. Aufl., 2009, S. 462. Ein Beispiel sind etwa Ausbildungsnachweise als Signal gegenüber potentiellen Arbeitgebern für die Eignung und die Fähigkeiten des Bewerbers. Ist es für einen weniger geeigneten Bewerber mit so großen Kosten und Mühen verbunden, einen entsprechenden Ausbildungsnachweis zu erlangen, dass sich dies für ihn trotz des mit dem Nachweis einhergehenden positiven Nutzens (z. B. bessere Bezahlung) nicht lohnt, können Arbeitgeber davon ausgehen, dass Arbeitnehmer mit der Ausbildung zutreffende Signale über ihre Fähigkeiten geben. Eine Ausprägung des Signalings ist auch der Einsatz von Garantien. Vgl. dazu Grossman, 24 J. L. & Econ. 461–483 (1981); Fleischer, Informationsasymmetrie im Vertragsrecht, S. 126 f. 109 Erlei / Szczutkowski, in: Gabler Wirtschaftslexikon, A–B, 19. Aufl., 2019, Stichwort: Adverse Selection, S. 54 f.; Franke / Hax, Finanzwirtschaft des Unternehmens, 6. Aufl., 2009, S. 463. 110 Franke / Hax, Finanzwirtschaft des Unternehmens, 6. Aufl., 2009, S. 463. 111 Franke / Hax, Finanzwirtschaft des Unternehmens, 6. Aufl., 2009, S. 463; Fleischer, Informationsasymmetrie im Vertragsrecht, 2001, S. 125 f. Klassisches Beispiel ist ein Versicherungsunternehmen, das verschiedene Versicherungsverträge anbietet. Sind die Verträge hinsichtlich Versicherungsprämie und Selbstbehalt so ausgestaltet, dass Versicherungsnehmer aus eigenem Interesse den Vertrag wählen, der ihren jeweiligen Risikomerkmalen entspricht, legen sie damit zugleich die für das Versicherungsunternehmen wesentliche Information offen. Dazu Rothschild / Stiglitz, 90 Q. J. Econ. 629–649 (1976); Franke / Hax, Finanzwirtschaft des Unternehmens, 6. Aufl., 2009, S. 463. 112 Siehe dazu ausführlich § 2 B. I. 3.  unten. 113 Franke / Hax, Finanzwirtschaft des Unternehmens, 6. Aufl., 2009, S. 463. 108

72

§ 2 Ökonomische und finanzierungstheoretische Grundlagen

b) Agency-Kosten Zur Beurteilung von Prinzipal-Agenten-Beziehungen und möglicher Lösungen des Prinzipal-Agenten-Problems wird auf das Konzept der Agency-Kosten (agency costs) zurück­gegriffen.114 Als Agency-Kosten werden sämtliche Kosten bezeichnet, die durch die Delegation einer Aufgabe und deren Durchführung durch einen Agenten mit eigenen Interessen entstehen.115 Agency-Kosten können als die Summe von (1.) Überwachungskosten des Prinzipals (monitoring expenditures), (2.) Bindungskosten des Agenten (bonding expenditures) und (3.) dem Residualverlust (residual loss) definiert werden.116 Überwachungskosten sind die Aufwendungen, die ein Prinzipal erbringen muss, um Anreizmechanismen zu etablieren und das Verhalten des Agenten zu überwachen und zu kontrollieren.117 Bindungskosten (bonding costs; Kautionsausgaben118) sind die Ressourcen, die ein Agent aufwendet, um ein vom Prinzipal unerwünschtes Verhalten diesem gegenüber glaubhaft auszuschließen.119 Residualverlust ist die Wohlfahrts­einbuße des Prinzipals, die als Differenz zwischen dem hypothetischen Gewinn des Prinzipals bei einer erstbesten Lösung und dem tatsächlichen Gewinn entsteht, wobei dabei Überwachungs- und Bindungskosten sowie der Wohlfahrtsverlust, der dadurch entsteht, dass der Agent nicht vollständig im Interesse des Prinzipals handelt, zu berücksichtigen sind.120 Mittels des Agency-Kosten-Ansatzes können somit verschiedene Arrangements aus Anreiz- und Überwachungsmechanismen verglichen werden. Das zentrale Ziel aus ökonomischer Perspektive ist es, die anfallenden Agenturkosten durch geeignete Arrangements, zum Beispiel vertragliche Gestaltungen, so zu minimieren, dass Interessenkonflikte und damit der aus der Delegation entstehende Wohlfahrtsverlust auf ein Minimum reduziert werden.121 Mit der Prinzipal-Agenten-Theorie soll somit die Gestaltung möglichst effizienter Verträge erklärt werden.122 114

Grundlegend zu Agency-Kosten Jensen / Meckling, 3 J. Fin. Econ. 305, 308 ff. (1976). Vgl. ferner Erlei / Szczutkowski, in: Gabler Wirtschaftslexikon, A–B, 19. Aufl., 2019, Stichwort: Agency-Kosten, S. 57; Fleischer, Informationsasymmetrie im Vertragsrecht, 2001, S. 139 f. 115 Erlei / Szczutkowski, in: Gabler Wirtschaftslexikon, A–B, 19. Aufl., 2019, Stichwort: Agency-Kosten, S. 57. 116 Jensen / Meckling, 3 J. Fin. Econ. 305, 308 (1976); Fama / Jensen, 26 J. L. & Econ. 327 (1983); ferner: Erlei / Szczutkowski, in: Gabler Wirtschaftslexikon, A–B, 19. Aufl., 2019, Stichwort: Agency-Kosten, S. 57; Fleischer, Informationsasymmetrie im Vertragsrecht, 2001, S. 139. 117 Jensen / Meckling, 3 J. Fin. Econ. 305, 308 (1976); Erlei / Szczutkowski, in: Gabler Wirtschaftslexikon, A–B, 19. Aufl., 2019, Stichwort: Agency-Kosten, S. 57. 118 Fleischer, Informationsasymmetrie im Vertragsrecht, 2001, S. 139. 119 Jensen / Meckling, 3 J. Fin. Econ. 305, 308 (1976); Erlei / Szczutkowski, in: Gabler Wirtschaftslexikon, A–B, 19. Aufl., 2019, Stichwort: Agency-Kosten, S. 57. 120 Jensen / Meckling, 3 J. Fin. Econ. 305, 308 (1976); Erlei / Szczutkowski, in: Gabler Wirtschaftslexikon, A–B, 19. Aufl., 2019, Stichwort: Agency-Kosten, S. 57. 121 Vgl. Fleischer, Informationsasymmetrie im Vertragsrecht, 2001, S. 140. 122 Vgl. Richter / Furubotn, Neue Institutionenökonomik, 4. Aufl., 2010, S. 41; Erlei, in: Gabler Wirtschaftslexikon, A–B, 19. Aufl., 2019, Stichwort: Agency-Theorie, S. 57 f.; Demou­ gin / Jost, in: Jost (Hrsg.), Die Prinzipal-Agenten-Theorie, 2001, S. 45 ff.

B. Finanzierungstheoretische Grundlagen der Start-up-Finanzierung 

73

VI. Ökonomische Vertragstheorie und Incomplete Contracts Approach Die ökonomische Vertragstheorie untersucht privatrechtliche Verträge.123 Unter der Prämisse von unvollkommener Voraussicht, eingeschränkter Rationalität, hoher Transaktionskosten, Informationsasymmetrien und opportunistischem Verhalten der Vertragsparteien124 ist es unmöglich, Vertragsbedingungen auszuformulieren, die allen möglicherweise in der Zukunft der Vertragsbeziehung auftretenden Probleme und Eventualitäten ex ante Rechnung tragen.125 Die Erkenntnis, dass es unmöglich ist, einen vollständigen Vertrag zu entwerfen, der alle denkbaren Eventualitäten antizipiert, ist Gegenstand der Theorie der unvollständigen Verträge.126 Obwohl es im Ergebnis unabhängig von der vertraglichen Gestaltung nicht gelingen wird, Agenturprobleme vollständig zu eliminieren, zielt die ökonomische Vertragstheorie darauf, Agenturprobleme so weit wie möglich zu antizipieren und deren Auswirkungen durch geeignete Anreizstrukturen zu reduzieren.127

B. Finanzierungstheoretische Grundlagen und Rahmenbedingungen der Start-up-Finanzierung mittels Venture Capital Im Folgenden soll ein Überblick über die für den weiteren Gang der Untersuchung erforderlichen finanzierungstheoretischen Grundlagen gegeben und die Rahmenbedingungen der Start-up-Finanzierung mittels Venture Capital skizziert werden.

I. Finanzierungstheoretische Grundlagen Unternehmen können zur Kapitalakquise auf Innen- und Außenfinanzierung zurückgreifen. Im Rahmen der Außenfinanzierung kann zwischen Eigenkapital, Fremdkapital und Mezzanine-Kapital differenziert werden. Die Entscheidung über die Finanzierungsstruktur des Unternehmens ist nicht nur Mittel, um Risiken zwischen Kapitalgebern und Kapitalnehmer zu allokieren. Die Finanzierungsstruk 123

Vgl. dazu Richter / Furubotn, Neue Institutionenökonomik, 4. Aufl., 2010, S. 173 ff. Siehe zu den Grundannahmen der Neuen Institutionenökonomik bereits § 2 A. II. oben. 125 Anders in der neoklassischen Welt kostenloser Transaktionen und vollständiger Voraussicht, vgl. Fleischer, Informationsasymmetrie im Vertragsrecht, 2001, S. 137. Zur Schwierigkeit alle Eventualitäten vorauszusehen vgl. etwa Easterbrook / Fischel, 36 J. L. & Econ. 425, 426 (1993); Fleischer, ZGR 2001, 1, 5. 126 Vgl. Richter / Furubotn, Neue Institutionenökonomik, 4. Aufl., 2010, S. 184 f. 127 Cumming / Johan, Venture Capital, 2nd ed., 2014, S. 44. Zu Wagniskapitalverträgen als dynamische Verträge vgl. Kuntz, Gestaltung von Kapitalgesellschaften, 2016, S. 47. 124

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§ 2 Ökonomische und finanzierungstheoretische Grundlagen

tur dient vielmehr auch der Verhaltenssteuerung und damit der Reduzierung von Agenturkonflikten. 1. Innen- und Außenfinanzierung Die für die Finanzierung eines Unternehmens in Frage kommenden Mittel lassen sich entsprechend der Mittelherkunft der Innen- oder der Außenfinanzierung zuordnen.128 Unter Innenfinanzierung werden die Finanzmittel zusammengefasst, die dem Unternehmen nicht von außen zufließen, sondern die es „von innen“, d. h. primär durch seine eigene betriebliche Leistung als Überschuss erwirtschaftet.129 Die Mittel der Innenfinanzierung resultieren also aus den Überschüssen des betrieblichen Leistungs- und Umsatzprozesses.130 Weiterhin können Finanzmittel der Innenfinanzierung aus der Anlage und späteren Auflösung stiller Reserven, Abschreibungen oder Rückstellungen stammen.131 Stehen dem Unternehmen – wie bei Start-up-Unternehmen typischerweise der Fall – keine oder nicht ausreichende Mittel der Innenfinanzierung zur Verfügung,132 muss auf Finanzmittel zurückgegriffen werden, die dem Unternehmen „von außen“ durch externe Kapitalgeber zur Verfügung gestellt werden (Außenfinanzierung).133 Idealtypisch lassen sich dabei zwei Gruppen von Kapitalgebern unterscheiden, Fremdkapital- und Eigenkapitalgeber. Mischformen, die Elemente beider Formen vereinen, werden als Mezzanine- oder hybrides Kapital bezeichnet.134 128

Möllmann / Möllmann, BWNotZ 2013, 74, 76; Gesell / Seulen, in: Kessler (Hrsg.), Unternehmensfinanzierung Mittelstand, 2015, § 4, Rn. 33; Perridon / Steiner / Rathgeber, Finanzwirtschaft, 18. Aufl., 2022, S. 431 ff. Vgl. auch Cumming / Johan, Venture Capital, 2nd ed., 2014, S. 7 ff. Siehe generell zur Unternehmensfinanzierung auch Brealey / Myers / Allen, Principles of Corporate Finance, 11th ed., 2014, S. 348 ff. 129 Vgl. dazu etwa Baums, Recht der Unternehmensfinanzierung, 2017, § 2, Rn. 8 sowie 1. Teil, 5. Kapitel; Möllmann / Möllmann, BWNotZ 2013, 74, 77; Gesell / Seulen, in: Kessler (Hrsg.), Unternehmensfinanzierung Mittelstand, 2015, § 4, Rn. 33. 130 Baums, Recht der Unternehmensfinanzierung, 2017, 1. Teil, 5. Kapitel, Rn. 2; Möllmann / Möllmann, BWNotZ 2013, 74, 77. 131 Vgl. Baums, Recht der Unternehmensfinanzierung, 2017, 1. Teil, 5. Kapitel, Rn. 2. Siehe auch Perridon / Steiner / Rathgeber, Finanzwirtschaft, 18. Aufl., 2022, S. 555 ff. 132 Angesichts der mit der Außenfinanzierung verbundenen Kosten ist die Innenfinanzierung im Grundsatz vorzugswürdig. Dazu und zur „pecking order“ hinsichtlich der Finanzierungsquellen siehe etwa Cumming / Johan, Venture Capital, 2nd ed., 2014, S. 10. Vgl dazu auch die empirischen Studien von Myers / Majluf, 16 J. Financ. Econ. 187–222 (1984); Cosh /  Cumming / Hughes, 119 Econ. J. 1494–1533 (2009). 133 Vgl. Baums, Recht der Unternehmensfinanzierung, 2017, § 2, Rn. 8; Perridon / Steiner /  Rathgeber, Finanzwirtschaft, 18. Aufl., 2022, S. 435 ff. Zu verschiedenen Möglichkeiten der Außenfinanzierung auch Cumming / Johan, Venture Capital, 2nd ed., 2014, S. 7 ff. 134 Für einen knappen Überblick siehe Renner / Hesselbarth, JuS 2014, 11 ff. Vgl. ferner etwa Eilers, in: Eilers / Rödding / Schmalenbach (Hrsg.), Unternehmensfinanzierung, 2. Aufl., 2014, A, Rn. 1 ff. Zur Abgrenzung von Eigenkapital und Fremdkapital ausführlich auch Heeren, Kapitalgeberschutz, 2008, S. 33 ff.

B. Finanzierungstheoretische Grundlagen der Start-up-Finanzierung 

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a) Fremdkapital Fremdkapital wird von den Kapitalgebern befristet zur Verfügung gestellt.135 Idealtypisch steht dem Fremdkapitalgeber neben dem festen Rückzahlungsanspruch ein in der Regel ertragsunabhängiger, fester Zins als Gegenleistung für die Kapitalüberlassung zu.136 Der Fremdkapitalgeber trägt das Ausfallrisiko des Kapitalnehmers, nicht jedoch das Verwendungsrisiko des überlassenen Kapitals.137 Die Höhe des dem Kapitalgeber zu zahlenden Zinses ist abhängig von der Bonität des Unternehmens sowie etwaigen Sicherheiten und spiegelt somit die Höhe des Ausfallrisikos wider.138 Der Fremdkapitalgeber hat idealtypisch nur beschränkte Kontroll- und Sanktionsmöglichkeiten, die ihm eine Durchsetzung seiner Zinsund Rückzahlungsansprüche ermöglichen sollen.139 b) Eigenkapital Eigenkapital ist dadurch gekennzeichnet, dass es dem Unternehmen durch die „Eigentümer“ dauerhaft zur Verfügung gestellt wird.140 Es nimmt am Gewinn und Verlust und damit an den Chancen und Risiken des Unternehmens teil.141 Der Eigenkapitalgeber hat keinen festen Anspruch auf Rückzahlung des Kapitals oder Zahlung eines festen Zinses, sondern nimmt am Residualvermögen142 teil.143 Der Eigenkapitalgeber trägt damit insbesondere auch das Verwendungsrisiko des eingesetzten Kapitals.144 Im Hinblick auf das Ausfallrisiko steht der Eigenkapitalgeber ebenfalls schlechter als der Fremdkapitalgeber. Im Falle der Insolvenz tritt er hinter den anderen Gläubigern, d. h. auch den Fremdkapitalgebern, zurück.145 Zur Absicherung und Steigerung des ihm zustehenden Residuums und zur Reaktion auf Gefahren für seine Vermögensposition bedarf der Eigenkapitalgeber grundsätzlich umfassender Überwachungs- und Eingriffsmöglichkeiten.146 135

Gesell / Seulen, in: Kessler (Hrsg.), Unternehmensfinanzierung Mittelstand, 2015, § 4, Rn. 33. Baums, Recht der Unternehmensfinanzierung, 2017, § 2, Rn. 10; Gesell / Seulen, in: Kessler (Hrsg.), Unternehmensfinanzierung Mittelstand, 2015, § 4, Rn. 33. 137 Renner / Hesselbarth, JuS 2004, 11, 12. 138 Vgl. Renner / Hesselbarth, JuS 2004, 11, 11. 139 Baums, Recht der Unternehmensfinanzierung, 2017, § 2, Rn. 10. 140 Gesell / Seulen, in: Kessler (Hrsg.), Unternehmensfinanzierung Mittelstand, 2015, § 4, Rn. 33. 141 Gesell / Seulen, in: Kessler (Hrsg.), Unternehmensfinanzierung Mittelstand, 2015, § 4, Rn. 33. 142 Das Residuum ist der Betrag, den die Eigenkapitalgeber nach Auflösung und Liquidation des Unternehmensträgers beanspruchen können. Es entspricht der Differenz zwischen Aktivvermögen und sämtlichen Verbindlichkeiten des Unternehmensträgers. Vgl. Baums, Recht der Unternehmensfinanzierung, 2017, § 3, Rn. 1 f. 143 Baums, Recht der Unternehmensfinanzierung, 2017, § 2, Rn. 10. 144 Renner / Hesselbarth, JuS 2004, 11, 12. 145 Vgl. § 199 InsO, dazu etwa Nicht, in: Fridgen / Geiwitz / Göpfert (Hrsg.), BeckOK InsO, 29. Edition, Stand 15. 10. 2022, § 199 InsO, Rn. 1 ff. 146 Baums, Recht der Unternehmensfinanzierung, 2017, § 2, Rn. 10. 136

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§ 2 Ökonomische und finanzierungstheoretische Grundlagen

c) Mezzanine-Kapital Finanzierungsinstrumente, die typische Elemente von Eigenkapital und Fremdkapital kombinieren, werden als Mezzanine-Kapital147 oder hybrides Kapital bezeichnet.148 Je nach Ausgestaltung – beispielsweise im Hinblick auf Rückzahlbarkeit, Gewinnabhängigkeit der Verzinsung oder Teilnahme an Verlusten – kann die Einordnung von hybriden Finanzierungsinstrumenten in Eigen- oder Fremdkapital steuerlich und bilanziell unterschiedlich ausfallen.149 Hybride Elemente in der Finanzierungsstruktur können zum einen als „wirtschaftliches Eigenkapital“ eine Deckung des Kapitalbedarfs ohne Erhöhung des Verschuldungsgrades ermöglichen und so die Kapitalstruktur des Unternehmens verbessern.150 Wird mit der Strukturierung ein bilanzieller Eigenkapitalausweis erreicht, lässt sich zudem das Bilanzbild verbessern.151 Trotz Qualifikation als wirtschaftliches Eigenkapital kann mit entsprechender Gestaltung eine steuer­ liche Abzugsfähigkeit des Zinsaufwandes erreicht werden.152 Schließlich begründen Mezzanine-Finanzierungsinstrumente keine korporationsrechtlichen Rechtsbeziehungen zwischen den Beteiligten und greifen somit nicht in die bestehende Gesellschaftsstruktur ein.153

147 Der Begriff „Mezzanine“ stammt aus dem Italienischen (mezzo = halb) und bezeichnet in der Architektur ein Zwischengeschoss zwischen zwei Hauptgeschossen, vgl. etwa Achleitner /  Hölscher / Breuer / Breuer / Helms, in: Gabler Wirtschaftslexikon, K–O, 19. Aufl., 2019, Stichwort: Mezzanine Finanzierungen. 148 Vgl. Eilers, in: Eilers / Rödding / Schmalenbach (Hrsg.), Unternehmensfinanzierung, 2. Aufl., 2014, A, Rn. 1 ff.; Gesell / Seulen, in: Kessler (Hrsg.), Unternehmensfinanzierung Mittelstand, 2015, § 4, Rn. 50. Für einen Überblick über Mezzanine-Kapital siehe Golland / Gelhaar / Grossmann / Eickhoff-Kley / Jänisch, BB 2005, BB-Special 4/2005, 1, 1 ff.; zu verschiedenen mezzaninen Finanzierungsinstrumente auch Heeren, Kapitalgeberschutz, 2008, S. 77 ff. 149 Vgl. Gesell / Seulen, in: Kessler (Hrsg.), Unternehmensfinanzierung Mittelstand, 2015, § 4, Rn. 50. Zu den Anforderungen, um ein Finanzierungsinstrument als wirtschaftliches Eigenkapital qualifizieren zu können, sowie zu den Abgrenzungen zu bilanziellem, steuerlichem und aufsichtsrechtlichem Eigenkapital vgl. Stamm / Ries, in: Habersack / Mülbert / Schlitt (Hrsg.), Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, 3. Aufl., 2013, § 24, Rn. 4 ff. 150 Vgl. Gleske / L audenklos, in: Eilers / Rödding / Schmalenbach (Hrsg.), Unternehmensfinanzierung, 2. Aufl., 2014, D., Rn. 2 ff. 151 Vgl. Gleske / L audenklos, in: Eilers / Rödding / Schmalenbach (Hrsg.), Unternehmensfinanzierung, 2. Aufl., 2014, D., Rn. 2, 9 ff. 152 Vgl. Gleske / L audenklos, in: Eilers / Rödding / Schmalenbach (Hrsg.), Unternehmensfinanzierung, 2. Aufl., 2014, D., Rn. 2, 15 ff.; Stamm / Ries, in: Habersack / Mülbert / Schlitt (Hrsg.), Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, 3. Aufl., 2013, § 24, Rn. 16. 153 Vgl. Gleske / L audenklos, in: Eilers / Rödding / Schmalenbach (Hrsg.), Unternehmensfinanzierung, 2. Aufl., 2014, D., Rn. 2, 18.

B. Finanzierungstheoretische Grundlagen der Start-up-Finanzierung 

77

2. Finanzierungsstruktur als Mittel zur Risikoallokation Die Finanzierung ermöglicht es Unternehmen nicht nur Kapital für Investitionen zu beschaffen. Mit der Außenfinanzierung können zugleich Risiken des Unternehmens auf Kapitalanleger transferiert und entsprechend den jeweiligen Risikopräferenzen verteilt werden.154 Charakteristisches Mittel zur Aufteilung des mit der Investition verbundenen Risikos ist die Wahl der Finanzierungsform und der Entgeltvereinbarung.155 Bei Annahme einer symmetrischen Informationsverteilung zwischen beiden Parteien lassen sich die beiden folgenden Grundkonstellationen der Risikoallokation unterscheiden:156 Erhält der Kapitalgeber  – wie typischerweise bei einer Fremdkapitalfinanzierung – ein festes Entgelt für die Kapitalüberlassung, trägt der Kapitalnehmer das wesentliche Risiko seiner Investition bzw. des Unternehmens weit überwiegend selbst.157 Der Fremdkapitalgeber trägt lediglich das Insolvenzrisiko des Kapitalnehmers.158 Erhält der Kapitalgeber hingegen kein festes Entgelt, sondern partizipiert – wie insbesondere bei einer Eigenkapitalbeteiligung – am Erfolg des Unternehmens, ist er entsprechend seiner Beteiligungsquote auch am Risiko der Investition beteiligt.159 3. Finanzierungsstruktur als Mittel zur Anreizsteuerung Angesichts bestehender Informationsasymmetrien zwischen Kapitalgeber und Kapitalnehmer muss jede Partei mit opportunistischem Verhalten der anderen Partei rechnen.160 Rational handelnde Vertragsparteien sind daher sowohl im Vorfeld einer Finanzierung als auch bei der Vertragsgestaltung bestrebt, potentielles opportunistisches Verhalten der anderen Seite zu antizipieren und diesem durch Gestaltung möglichst effizienter Verträge entgegenzuwirken.161 In einer Situation mit asymmetrischer Informationsverteilung und konfligierenden Interessen der Akteure kommt der Entgeltvereinbarung zusätzlich zur Funktion der Risikoallokation eine entscheidende Steuerungswirkung für das Verhalten des Unternehmers

154

Franke / Hax, Finanzwirtschaft des Unternehmens, 6. Aufl., 2009, S. 457. Zur Risikotransformationsfunktion von Venture Capital vgl. etwa Schefczyk, Erfolgsstrategien deutscher Venture Capital-Gesellschaften, 3. Aufl., 2004, S. 172 f. 155 Franke / Hax, Finanzwirtschaft des Unternehmens, 6. Aufl., 2009, S. 467 ff. 156 Vgl. dazu Franke / Hax, Finanzwirtschaft des Unternehmens, 6. Aufl., 2009, S. 467. 157 Siehe § 2 B. I. 1. a) oben. 158 Franke / Hax, Finanzwirtschaft des Unternehmens, 6. Aufl., 2009, S. 467. 159 Siehe § 2 B. I. 1. b) oben. Ferner Franke / Hax, Finanzwirtschaft des Unternehmens, 6. Aufl., 2009, S. 467. 160 Siehe dazu bereits § 2 A. V. oben. 161 Vgl. zu den Grundlagen der Prinzipal-Agenten-Beziehung § 2 A. V. oben, ferner Franke /  Hax, Finanzwirtschaft des Unternehmens, 6. Aufl., 2009, S. 457, 464 f.

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§ 2 Ökonomische und finanzierungstheoretische Grundlagen

als Kapitalnehmer zu.162 Ergänzend werden regelmäßig weitere Mechanismen zur Anreizsteuerung wie etwa Einwirkungs- und Informationsrechte oder Besicherungen vereinbart.163 a) Erfolgsbeteiligung des Kapitalgebers (externe Eigenkapitalfinanzierung) Erhält der Kapitalgeber – beispielsweise als Eigenkapitalgeber – eine Beteiligung am Erfolg des Unternehmens, schmälert dies zugleich den Anteil des Unternehmers am Unternehmenserfolg.164 Für den Unternehmer ergibt sich daraus ein Anreiz zu opportunistischem Handeln: Während er die Kosten, d. h. das „Arbeitsleid“, vollumfänglich alleine zu tragen hat, kommen ihm die Vorteile seiner Arbeit nur anteilig im Umfang seiner Beteiligungsquote zu.165 Der Unternehmer hat daher einen Anreiz, seinen persönlichen Nutzen durch Dispositionen zu steigern, die zwar den Unternehmensgewinn schmälern, deren Vorteile aber ausschließlich ihm selbst zu Gute kommen. Denn während er den gesamten Nutzen des Vorteils für sich erhält, trägt er die Kosten, d. h. die Gewinnschmälerung, nur anteilig, da sie quotal auf den Kapitalgeber abgewälzt werden. Je weniger der Unternehmer am Erfolg des Unternehmens partizipiert, desto größer ist sein Anreiz zu opportunistischen Handlungen. Im Grenzfall, in dem der Kapitalgeber den gesamten Gewinn erhält und der Unternehmer, anstatt am Gewinn des Unternehmens beteiligt zu werden, nur ein festes Gehalt erhält, hat der Unternehmer einen Anreiz, nicht mehr Einsatz als unbedingt nötig in das Unternehmen zu investieren. Der Unternehmer kann hier von den Vorteilen seines opportunistischen Handelns profitieren, ohne jegliche Kosten im Sinne einer Schmälerung seines Gewinns tragen zu müssen.166 Mit der Gewinnbeteiligung des Unternehmers geht – quasi als Kehrseite des Anreizes zu opportunistischem Verhalten  – ein Leistungsanreiz für den Unternehmer einher. Solange der Gewinn dem Unternehmer allerdings nur anteilig zufließt, wirkt der Leistungsanreiz nur beschränkt: Der Unternehmer trägt die Kosten seines Einsatzes alleine, während ihm der durch den zusätzlichen Einsatz erzielte Gewinn nur anteilig zufließt.167 Je höher die Beteiligung des Unternehmers am Erfolg seines Unternehmens, desto größer ist auch sein Leistungsanreiz. Werden die residualen Zugriffsrechte dem Unternehmer vollständig zugeteilt, hat dieser

162

Franke / Hax, Finanzwirtschaft des Unternehmens, 6. Aufl., 2009, S. 467 f. Franke / Hax, Finanzwirtschaft des Unternehmens, 6. Aufl., 2009, S. 457, 467 f. 164 Zum Folgenden Franke / Hax, Finanzwirtschaft des Unternehmens, 6. Aufl., 2009, S. 468. 165 Vgl. Antonczyk, Venture-Capital-Verträge, 2006, S. 32. 166 Vgl. Franke / Hax, Finanzwirtschaft des Unternehmens, 6. Aufl., 2009, S. 468. 167 Franke / Hax, Finanzwirtschaft des Unternehmens, 6. Aufl., 2009, S. 468. 163

B. Finanzierungstheoretische Grundlagen der Start-up-Finanzierung 

79

einen Anreiz, sich bestmöglich für das Unternehmen einzusetzen, da ihm der aus den höheren Anstrengungen fließende Gewinn vollständig zufließt.168 b) Feste Entgeltvereinbarung (Fremdkapitalfinanzierung) Eine reine Fremdkapitalfinanzierung hat für den Kapitalgeber den Vorteil, dass er einen gleichbleibenden und vorhersehbaren Cashflow an Zinszahlungen erhält.169 Der Kapitalgeber muss daher grundsätzlich weniger Überwachungskosten aufwenden.170 Im Gegensatz zur Eigenkapitalfinanzierung wirkt sich opportunistisches Verhalten des Unternehmers auf die Vermögensposition des Kapitalgebers zunächst nicht aus.171 Da dem Unternehmer jeder Mehrerlös, der durch seinen Arbeitseinsatz erzielt wird, allein zufließt, hat er insoweit grundsätzlich keinen Anreiz zu opportunistischem Verhalten.172 Dies ändert sich allerdings, wenn sich die Lage des Unternehmens verschlechtert. Reichen die Gewinne des Unternehmens nicht mehr oder nur noch für die Zinszahlung aus oder muss der Unternehmer mit einer Insolvenz rechnen, hat er einen Anreiz zu opportunistischem Verhalten.173 Während in nicht-insolvenz­nahen Situationen Gewinne und Verluste die Position des Unternehmers verändern, verändern sie in Situationen, in denen sich die Insolvenz nicht abwenden lässt, nur die Position des Kapitalgebers.174 So kann der Unternehmer seinen Privatnutzen steigern und die haftende Vermögensmasse zu Lasten des Kapitalgebers reduzieren, indem er bei drohender Insolvenz etwa Vermögensgegenstände in sein Privatvermögen überträgt oder – gegebenenfalls durch weitere Kredite finanzierte – Ausschüttungen tätigt.175 Weiterhin hat er in dieser Situation einen Anreiz, seinen privaten Konsum aus Unternehmensmitteln zu steigern. Schließlich besteht für den Unternehmer ein Risikoanreiz (gambling for redemption):176 Führt er Investitionen mit hohem Risiko durch, kann er bei gutem Ausgang einen Gewinn erzielen. Bei Misserfolg erhöht die Investition lediglich den Verlust des Kapitalgebers, beeinträchtigt jedoch nicht seine eigene Vermögensposition. Gegenanreize, die 168

Kuntz, Gestaltung von Kapitalgesellschaften, 2016, S. 63; siehe dazu auch Aghion / Bolton, 59 Rev. Fin. Stud. 473, 480 f. (1992). 169 Ziegert, Der Venture Capital-Beteiligungsvertrag, 2005, S. 61. 170 Kuntz, Gestaltung von Kapitalgesellschaften, 2016, S. 63. 171 Vgl. dazu Antonczyk, Venture-Capital-Verträge, 2006, S. 33; Franke / Hax, Finanzwirtschaft des Unternehmens, 6. Aufl., 2009, S. 470, 474. 172 Antonczyk, Venture-Capital-Verträge, 2006, S. 33. 173 Vgl. Franke / Hax, Finanzwirtschaft des Unternehmens, 6. Aufl., 2009, S. 470, 474; ­Ziegert, Der Venture Capital-Beteiligungsvertrag, 2005, S. 61. 174 Franke / Hax, Finanzwirtschaft des Unternehmens, 6. Aufl., 2009, S. 474. 175 Franke / Hax, Finanzwirtschaft des Unternehmens, 6. Aufl., 2009, S. 470. 176 Franke / Hax, Finanzwirtschaft des Unternehmens, 6. Aufl., 2009, S. 470. Vgl. dazu auch Brealey / Myers / Allen, Principles of Corporate Finance, 11th ed., 2014, S. 297; Gebhardt /  Schmidt, Perspektiven der Wirtschaftspolitik 2002, 235, 241.

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§ 2 Ökonomische und finanzierungstheoretische Grundlagen

opportunistischem Handeln des Unternehmers in insolvenznahen Situationen entgegenwirken, können etwa durch die Bestellung von Sicherheiten zugunsten des Kapitalgebers gesetzt werden.177

II. Finanzierung von Start-up-Unternehmen und Venture Capital Bevor im Folgenden die Spezifika der Finanzierung von Start-up-Unternehmen skizziert und ein Überblick über Venture Capital-Finanzierungen gegeben werden, werden zunächst die Phasen der Unternehmensentwicklung knapp dargestellt. 1. Phasen der Unternehmensentwicklung Von seiner Gründung über den Markteintritt bis zu einer möglichen internationalen Expansion und einem etwaigen Börsengang durchläuft ein Unternehmen verschiedene Phasen, die mit entsprechenden Besonderheiten im Hinblick auf die Finanzierung einhergehen. Dem zeitlichen Ablauf entsprechend lassen sich die Phasen grob in die Early Stage-Phase und die Later Stage-Phase unterteilen.178 Die Early Stage-Phase kann wiederum in die Seed-Phase, die Start-up-Phase und die First Stage-Phase unterteilt werden. Die Later Stage-Phase lässt sich in die Second Stage- und die Third Stage-Phase unterteilen.179 In der Seed-Phase oder Vorgründungsphase wird die Idee oder das Produkt entwickelt, Chancen und Risiken abgewogen und ein Businessplan entworfen.180 In dieser Phase werden noch verhältnismäßig geringe Finanzmittel für entsprechende Forschungs- und Entwicklungsleistungen, Marktrecherchen und Machbarkeitsstudien (proof of concept) benötigt.181 In der sich anschließenden Start-up-Phase (Gründungsphase)  wird der Geschäftsbetrieb aufgenommen, das Produkt bzw. die Idee bis zur Marktreife entwickelt und erste Marketingaktivitäten gestartet.182 Die First Stage-Phase (Frühentwicklungsphase) ist geprägt von der vollständigen Produktionsaufnahme, dem Aufbau von Vertriebswegen und dem vollständigen 177

Vgl. Franke / Hax, Finanzwirtschaft des Unternehmens, 6. Aufl., 2009, S. 474. Vgl. dazu auch Cumming / Johan, Venture Capital, 2nd ed., 2014, S. 5 ff. Für die Definition der entsprechenden Finanzierungsphasen durch den Bundesverband Deutscher Kapitalbeteiligungs­gesellschaften (BVK) siehe § 4, Fn. 21 unten. 179 Vgl. dazu Krecek, Venture Capital, 2005, S. 12 ff.; ferner Sahlman, 27 J. Fin. Econ. 473, 479 (1990). Zu einer abweichenden Terminologie siehe etwa Cumming / Johan, Venture Capital, 2nd ed., 2014, S. 5 ff. 180 Krecek, Venture Capital, 2005, S. 13; Cumming / Johan, Venture Capital, 2nd ed., 2014, S. 5; Möllmann / Möllmann, BWNotZ 2013, 74, 76 ff. 181 Sahlman, 27 J. Fin. Econ. 473, 479 (1990); Krecek, Venture Capital, 2005, S. 13. 182 Krecek, Venture Capital, 2005, S. 14; Cumming / Johan, Venture Capital, 2nd ed., 2014, S. 5. 178

B. Finanzierungstheoretische Grundlagen der Start-up-Finanzierung 

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Markteintritt.183 Durch den Verkauf der Produkte bzw. die Erbringung der Dienstleistungen werden erste Umsätze erzielt.184 Ab der Second Stage-Phase benötigt das Unternehmen ausreichendes Betriebskapital (Working Capital) um ein schnelles Wachstum zu finanzieren.185 Das Unternehmen erzielt typischerweise noch keinen Gewinn. In der Third Stage-Phase wird typischerweise der Break Even erreicht186 und eine Innenfinanzierung wird überhaupt erst denkbar. Weiteres Kapital wird in diesem Stadium für weiteres Wachstum und die Expansion des Unternehmens benötigt.187 2. Spezifika der Unternehmensfinanzierung in der Early Stage-Phase und Venture Capital Unternehmen in der Early Stage-Phase sehen sich mit spezifischen Risiken konfrontiert, die zu besonderen Schwierigkeiten bei der Kapitalaufbringung führen. a) Spezifische Risiken in der Early Stage-Phase In der Seed-Phase verfügen die Gründer regelmäßig nur über die Idee eines Produkts oder ggf. einen Prototypen. Ob sich dieses Produkt tatsächlich umsetzen und zur Markt- und Serienreife entwickeln lässt, ist zunächst offen (technologisches Risiko).188 Unklar ist ferner, ob es für das neuartige Produkt einen Markt gibt und die Präferenzen der Kunden konstant bleiben (Kundenrisiko).189 Selbst bei erfolgreicher Markteinführung und vorhandenem Markt, besteht die Gefahr, dass Wettbewerber etwaige Vorteile ausnutzen und im Ergebnis den anfänglichen Erfolg des Start-ups konterkarieren können (Wettbewerbsrisiko).190 Weiterhin lässt sich zu Beginn schwer abschätzen, wie sich der Kapitalbedarf des Start-up-Unternehmens tatsächlich ausgestaltet. Schließlich kommt für Kapitalgeber das Risiko der Gründer hinzu, die im Hinblick auf die Führung eines Unternehmens häufig unerfahren sind.191

183 Krecek, Venture Capital, 2005, S. 14; Möllmann / Möllmann, BWNotZ 2013, 74, 76. Siehe auch Cumming / Johan, Venture Capital, 2nd ed., 2014, S. 5 („other early stage“). 184 Krecek, Venture Capital, 2005, S. 14; Möllmann / Möllmann, BWNotZ 2013, 74, 76. 185 Krecek, Venture Capital, 2005, S. 14. Diese Phase wird auch als „expansion phase“ bezeichnet, vgl. Cumming / Johan, Venture Capital, 2nd ed., 2014, S. 5. 186 Sahlman, 27 J. Fin. Econ. 473, 479 (1990); Krecek, Venture Capital, 2005, S. 14. 187 Krecek, Venture Capital, 2005, S. 14. 188 Antonczyk, Venture-Capital-Verträge, 2006, S. 43. 189 Weimerskirch, Finanzierungsdesign, 2. Aufl., 1999, S. 7; Antonczyk, Venture-CapitalVerträge, 2006, S. 44. 190 Antonczyk, Venture-Capital-Verträge, 2006, S. 44. 191 Antonczyk, Venture-Capital-Verträge, 2006, S. 44 f.

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§ 2 Ökonomische und finanzierungstheoretische Grundlagen

b) Spezifika von Early Stage-Finanzierungen Während Unternehmen eine Innenfinanzierung aufgrund der geringeren Kosten häufig vorziehen, erzielen Start-up-Unternehmen typischerweise noch keinen Gewinn und besitzen kein bzw. kein ausreichendes betriebsinternes Kapital zur Umsetzung der Unternehmensziele. Angesichts der geringen Selbstfinanzierungskraft sind sie auf eine externe Finanzierung angewiesen.192 Die Einwerbung von (Fremd-)Kapital durch klassische Geldgeber wie insbesondere Banken muss allerdings regelmäßig scheitern.193 Neben den oben genannten unternehmens- und marktspezifischen Risiken, d. h. der Unsicherheit hinsichtlich der Marktentwicklung, der Durchführbarkeit, Umsetzung sowie der Akzeptanz der Idee,194 sind die Finanzierungsbeziehung zudem gekennzeichnet von im Bereich der Start-up-Finanzierung besonders stark ausgeprägten Informationsasymmetrien zu Lasten der Kapitalgeber sowie massiven Anreizproblemen.195 Start-up-Unternehmen basieren in der Regel lediglich auf einer Idee und dem Gründerteam als Humankapital. Eine aussagekräftige Bewertung des Unternehmens scheitert regelmäßig, da keine Unternehmenskennzahlen oder Erfahrungen aus der Vergangenheit vorliegen.196 Jegliche Bewertung erschöpft sich damit in einer höchst subjektiven Bewertung zukünftiger Chancen und Risiken.197 Zudem verfügen Start-ups typischerweise über keinerlei greifbare Vermögenswerte wie etwa Immobilien oder Produktionsanlagen, die als Sicherheit für eine Finanzierung dienen könnten.198 Da in den ersten Jahren auch keine regelmäßigen Cashflows zu erwarten sind, sind Start-up-Unternehmen auch nicht in der Lage regelmäßige Zinszahlungen zu leisten. Aufgrund der fehlenden Gewinnerzielung befinden sich Start-up-Unternehmen vielmehr ständig in drohender Insolvenznähe. Bei einer Fremdkapitalfinanzierung bestehen daher massive Fehlanreize für die Gründer, durch opportunistisches Verhalten ihren privaten Nutzen zu Lasten des Fremdkapitalgebers zu maximieren.199 192

Vgl. Weimerskirch, Finanzierungsdesign, 2. Aufl., 1999, S. 6. Vgl. Schwienbacher / L arralde, in: Cumming (Hrsg.), Oxford Handbook of Entrepreneurial Finance, 2012, S. 369; Cosh / Cumming / Hughes, 119 Econ. J. 1494–1533 (2009). 194 Siehe § 2 B. II. 2. a) oben. 195 Vgl. Cumming / Johan, Venture Capital, 2nd ed., 2014, S. 10; Gilson, 55 Stan. L. Rev. 1067, 1076 f. (2003). Siehe auch Cosh / Cumming / Hughes, 119 Econ. J. 1494–1533 (2009), die zeigen, dass der Zugang für Unternehmen zu externen Kapitalquellen primär von dem Ausmaß der bestehenden Informationsasymmetrien und der Fähigkeit des Kapitalgebers, diese zu verringern, abhängt. Siehe dazu ausführlich § 6 A. unten. 196 Vgl. Weimerskirch, Finanzierungsdesign, 2. Aufl., 1999, S. 7. 197 Vgl. Weimerskirch, Finanzierungsdesign, 2. Aufl., 1999, S. 7. 198 Vgl. Weimerskirch, Finanzierungsdesign, 2. Aufl., 1999, S. 7. Die Untersuchung von Ueda, 59 J. Finance 601–621 (2004) zeigt dementsprechend, dass die Wahrscheinlichkeit für Unternehmen höher ist Kapital von Venture Capital Funds zu erhalten als von Banken, wenn diese über wenige Assets, die als Sicherheit dienen können, verfügen. 199 Vgl. § 2 B. I. 3. b) oben. 193

B. Finanzierungstheoretische Grundlagen der Start-up-Finanzierung 

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c) Venture Capital Dieser spezifischen Situation von kapitalsuchenden Start-up-Unternehmen trägt die Venture Capital-Finanzierung Rechnung. Venture Capital (Wagnis- oder Risikokapital)200 wird jungen Unternehmen in der Early Stage-Phase, die typischerweise keinen Zugang zu Bankenfinanzierungen und dem klassischen Kapitalmarkt haben, von spezialisierten Investoren für den Auf- und Ausbau ihres Geschäfts zur Verfügung gestellt.201 Dementsprechend wird Venture Capital auch als „money of invention“ bezeichnet.202 Neben Kapital stellen Venture Capital-Investoren in der Regel weitere Leistungen wie die Beratung der Gründer, aktive Managementunterstützung oder Zugang zu ihren Netzwerken bereit.203 Die Investitionen erfolgen mit einem mittelfristigen Beteiligungshorizont, in der Regel nicht länger als zehn Jahre.204 In Deutschland erfolgt die Finanzierung regelmäßig als Eigenkapital oder Mezzanine-Finanzie-

200

Teilweise synonym, teilweise als Oberbegriff und teilweise mit eigenständiger Bedeutung wird der Begriff Private Equity verwendet. Als Oberbegriff bezeichnet Private Equity, entsprechend dem Wortsinn, den vor- oder außerbörslichen (private) Einsatz von Eigenkapital (equity) im Unterschied zum Public Equity, dem am öffentlichen Kapitalmarkt gehandeltem Beteiligungskapital. Als Private Equity im engeren Sinne wird die Eigenkapitalfinanzierung reiferer, mittelständischer Unternehmen mit geringerem Wagnispotential bezeichnet. Vgl. dazu Weitnauer, in: Weitnauer (Hrsg.), Handbuch Venture Capital, 7. Aufl., 2022, Teil A., Rn. 2. Zur Entwicklung der Begrifflichkeiten siehe auch Schefczyk, Finanzieren mit Venture Capital, 2. Aufl., 2006, S. 7 ff. 201 Weitnauer, in: Weitnauer (Hrsg.), Handbuch Venture Capital, 7. Aufl., 2022, Teil A., Rn. 1 ff.; Sagasser / L euschner, in: Assmann / Schütze / Buck-Heeb (Hrsg.), Handbuch des Kapitalanlagerechts, 5. Aufl., 2020, § 27, Rn. 785; Kuntz, Gestaltung von Kapitalgesellschaften, 2016, S. 11 f.; Antonczyk, Venture-Capital-Verträge, 2006, S. 6 f. Zur Entwicklung des Venture Capital in den USA siehe auch Gompers / L erner, 15 J. Econ. Perspect. 145 ff. (2001). 202 Vgl. Gompers / L erner, The money of invention, 2001. Vgl. ferner Kortum / L erner, 31 RAND J. Econ. 647–692 (2000), 647, die einen signifikanten Zusammenhang zwischen Venture Capital-Finanzierungen und Patentanmeldungen nachweisen konnten. Demnach waren mit Venture Capital finanzierte Unternehmen signifikant innovativer als solche, die keine Venture Capital-Finanzierung erhielten. 203 Schefczyk, Erfolgsstrategien deutscher Venture Capital-Gesellschaften, 3. Aufl., 2004, S. 39; Cumming / Johan, Venture Capital, 2nd ed., 2014, S. 5; Weitnauer, in: Weitnauer (Hrsg.), Handbuch Venture Capital, 7. Aufl., 2022, Teil A., Rn. 1 ff.; Fried / Hisrich, 37 Calif. Manag. Rev. 101–113 (1995); Smith, 24 J. Corp. L. 949, 967 ff. (1999). Die Studie von Landström, 2 Entrepreneurship Reg. Dev. 345–362 (1990) konnte etwa einen positiven Zusammenhang zwischen kontinuierlichem Monitoring und aktiver Managementbegleitung durch den Venture Capital-Geber und dem Erfolg des finanzierten Unternehmens nachweisen. Venture Capital wird vor diesem Hintergrund auch als „smart money“ bezeichnet, während andere Mittel, insbesondere Fremdkapital, die nicht mit entsprechenden Beratungs- und Unterstützungsleistungen einhergehen, als „stupid money“ bezeichnet werden. Vgl. Schwienbacher / L arralde, in: Cumming (Hrsg.), Oxford Handbook of Entrepreneurial Finance, 2012, S. 369, 377. 204 Antonczyk, Venture-Capital-Verträge, 2006, S. 7; Cumming / Johan, Venture Capital, 2nd ed., 2014, S. 5 (regelmäßig zwei bis fünf Jahre); Kuntz, Gestaltung von Kapitalgesellschaften, 2016, S. 11 f.

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§ 2 Ökonomische und finanzierungstheoretische Grundlagen

rung (beispielsweise durch Nachrangdarlehen oder stille Gesellschaften) sowie Mischformen.205 Venture Capital-Finanzierungen erfolgen auf Grundlage detaillierter Finanzierungsverträge, die den oben beschriebenen spezifischen Risiken durch entsprechende Informations-, Kontroll- und Mitwirkungsrechte sowie Anreizmechanismen angemessen Rechnung tragen.206 Angesichts der relativ kurzfristigen Beteiligungsdauer und der Spezialisierung der Investoren auf bestimmte Unternehmensphasen, kommt dem Beteiligungsausstieg (Exit) und dem dabei erzielbaren Erlös eine entscheidende Bedeutung zu. Exit-Möglichkeiten bieten sich für Kapitalgeber im Rahmen von Börsengängen oder einem Verkauf der Beteiligung an andere Industrieunternehmen (trade sale) oder Finanzinvestoren (secondary sale).207 Weitere Möglichkeiten, ein Investment zu beendigen, sind der Rückkauf durch die Unternehmensgründer sowie die Abschreibung und Liquidation der Beteiligung.208 Kennzeichnend für Venture Capital-Investitionen ist, dass Investoren in Einzelfällen außergewöhnlich hohe Rendite erzielen. So konnte etwa ein Investor, der 2004 einen Betrag von 500.000 USD in das Unternehmen Facebook investierte, bei einem Exit im Jahr 2012 einen Erlös von mehr als einer Milliarde USD realisieren.209 Allerdings erzielen nur die wenigsten Investitionen Rendite in dieser Größenklasse.210 Entsprechend den mit der Beteiligung verbundenen Risiken sind vielmehr viele Beteiligungen mit Verlusten oder allenfalls geringen Renditen verbunden. Gemeinhin wird davon ausgegangen, dass von den Venture Capital-finanzierten Unternehmen etwa 20 bis 30 % scheitern, was für die Kapitalgeber mit einem Totalverlust des investierten Kapitals einhergeht.211 Etwa 60 bis 70 % der finanzierten Unternehmen sind sog. Living Deads.212 Diese Start-ups „überleben“ zwar, entwickeln sich aber allenfalls durchschnittlich und erzielen keine nennenswerten Gewinne. Investoren erhalten in diesen Fällen kaum ihr investiertes Kapital zurück, geschweige denn eine nennenswerte Rendite. Lediglich etwa 10 % der 205 Antonczyk, Venture-Capital-Verträge, 2006, S. 7; Kuntz, Gestaltung von Kapitalgesellschaften, 2016, S. 12. 206 Siehe dazu ausführlich § 7 unten. 207 Vgl. dazu Antonczyk, Venture-Capital-Verträge, 2006, S. 72 f.; Weitnauer, in: Weitnauer (Hrsg.), Handbuch Venture Capital, 7. Aufl., 2022, Teil A., Rn. 95 ff. 208 Antonczyk, Venture-Capital-Verträge, 2006, S. 72 f. 209 Siehe etwa Koch, Facebook-Investor Peter Thiel, Auf der Suche nach der Zukunft, Süddeutsche Zeitung vom 22. 08. 2012, abrufbar unter https://www.sueddeutsche.de/politik/ facebook-investor-peter-thiel-auf-der-suche-nach-der-zukunft-1.1446784. 210 Die höchsten Renditen lassen sich in der Regel mit einem Börsengang erzielen; vgl. dazu Antonczyk, Venture-Capital-Verträge, 2006, S. 75. 211 Gebhardt / Schmidt, Perspektiven der Wirtschaftspolitik 2002, 235, 241; vgl. ferner etwa Schmidt, in: Franz / Hesse / Ramser / Stadler (Hrsg.), Ökonomische Analyse von Verträgen, 2000, S. 248, 258. Zu Gründen für die hohe Anzahl wenig erfolgreicher Unternehmen vgl. etwa Gorman / Sahlman, 4 J. Bus. Vent. 231, 238 ff. (1989). 212 Gebhardt / Schmidt, Perspektiven der Wirtschaftspolitik 2002, 235, 241. Zum Begriff Living Deads siehe etwa Gorman / Sahlman, 4 J. Bus. Vent. 231, 237 f. (1989).

B. Finanzierungstheoretische Grundlagen der Start-up-Finanzierung 

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finanzierten Unternehmen sind High Flyers, also Unternehmen, die mit hohem Gewinn verkauft werden können.213 d) Möglichkeiten der Frühphasenfinanzierung und Early Stage Gap Zur Frühphasenfinanzierung von Start-up-Unternehmen kommen verschiedene Kapitalgeber in Betracht. Wie beschrieben nehmen Venture Capital-Gesellschaften eine zentrale Rolle als Venture Capital-Investoren ein. Das von diesen investierte Kapital kommt regelmäßig von Dachfonds oder institutionellen Anlegern.214 Im Hinblick auf die Zielunternehmen haben sich die verschiedenen Venture CapitalGesellschaften größtenteils auf bestimmte Phasen der Unternehmensentwicklung oder bestimmte Branchen spezialisiert.215 In frühen Finanzierungsphasen engagieren sich Venture Capital-Gesellschaften allerdings nur beschränkt.216 Einerseits sind von Frühphaseninvestitionen geringere risikoadjustierte Erträge zu erwarten als von Spätphaseninvestitionen.217 Andererseits sind in frühen Investitionsphasen nur relativ geringe Investitionsbeträge erforderlich, die sich für die Venture Capital-Gesellschaften vor dem Hintergrund der üblichen Fondsvolumen und dem unabhängig von der Größe erforderlichen Betreuungsaufwand regelmäßig nicht lohnen.218 Als Kapitalgeber in früheren Finanzierungsphasen und bei geringerem Finanzierungsbedarf kommen Business Angels in Betracht.219 Als Business Angels werden wohlhabende private Investoren bezeichnet, die Unternehmen in der Frühphase neben eigenem Kapital vor allem auch unternehmerisches Know-how, ihre eigene Erfahrung und ihr Netzwerk zur Verfügung stellen.220 Die von Business Angels zur 213 Gebhardt / Schmidt, Perspektiven der Wirtschaftspolitik 2002, 235, 241. Vgl. etwa die Studie von Sahlman, 27 Fin. Econ. 473, 484 (1990): Aus einem Portfolio mit 383 Investitionen von 13 VC-Gesellschaften aus dem Zeitraum von 1969 bis 1985 waren 15,7 % sehr profitabel und erlösten mehr als das Fünffache der ursprünglich investierten Summe, 34,5 % der Beteiligungen brachten Verluste ein und ca. 50 % waren Living Deads, die weder Verluste noch nennenswerte Profite einbrachten. Vgl. dazu auch Kuntz, Gestaltung von Kapitalgesellschaften, 2016, S. 49. 214 Weitnauer, in: Weitnauer (Hrsg.), Handbuch Venture Capital, 7. Aufl., 2022, Teil A., Rn. 6. 215 Weitnauer, in: Weitnauer (Hrsg.), Handbuch Venture Capital, 7. Aufl., 2022, Teil A., Rn. 6. Hierzu und zu weiteren Klassifizierungen siehe auch Schefczyk, Finanzieren mit Venture Capital, 2. Aufl., 2006, S. 9 f. 216 Brettel / Meier / Reißig-Thust, DBW 2004, 431, 433. 217 Brettel / Meier / Reißig-Thust, DBW 2004, 431, 433. 218 Brettel / Meier / Reißig-Thust, DBW 2004, 431, 433. 219 Siehe zur Finanzierung von Start-up-Unternehmen etwa Wong / Bhatia / Freeman, 18 Strat. Chance 221–230 (2009). 220 Weitnauer, in: Weitnauer (Hrsg.), Handbuch Venture Capital, 7. Aufl., 2022, Teil A., Rn. 9., Teil D., Rn. 7; vgl. dazu auch Cumming / Johan, Venture Capital, 2nd ed., 2014, S. 6; Wong / Bhatia / Freeman, 18 Strat. Chance 221, 222 ff. (2009).

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§ 2 Ökonomische und finanzierungstheoretische Grundlagen

Verfügung gestellten Finanzmittel haben in der der Regel ein Volumen zwischen 50.000 Euro und 250.000 Euro.221 Daneben bieten Inkubatoren und Acceleratoren Start-ups in der Seedphase neben Kapital vor allem Unterstützung bei der Unternehmensgründung und -führung sowie die erforderliche Infrastruktur.222 Inkubatoren unterstützen Start-ups bei der Umsetzung ihres Geschäftskonzepts, indem sie neben Infrastruktur intensive Beratung, Coaching und Zugang zu Netzwerken bereitstellen.223 Inkubatoren verstehen sich häufig zudem als Company Builder, die eigene Geschäftsideen entwickeln und zu deren Umsetzung sie Gründerteams zusammenstellen.224 Acceleratoren beteiligen sich dagegen meist an bereits bestehenden Start-ups.225 Sie statten die Start-ups mit dem für eine relativ kurze Phase von durchschnittlich drei bis sechs Monaten erforderlichen Kapital aus, stellen die erforderliche Infrastruktur zur Verfügung und beschleunigen so die Entwicklung des Geschäftskonzepts und den Weg zu einer Folgefinanzierung.226 Auch Beteiligungsgesellschaften von Industrieunternehmen kommen als Kapitalgeber für Start-ups in Betracht. Industrieunternehmen versuchen so, sich Zugang zu technologischen Innovationen zu sichern und Synergieeffekte zu schaffen.227 Angesichts der positiven wirtschaftlichen Auswirkungen von Venture Capital fördert ferner auch die öffentliche Hand durch eigens für diesen Zweck gegründete Beteiligungsgesellschaften Unternehmensgründungen und Start-up-Unternehmen.228 221

Weitnauer, in: Weitnauer (Hrsg.), Handbuch Venture Capital, 7. Aufl., 2022, Teil A., Rn. 10. Zum Investitionsverhalten sowie den Business Angels üblicherweise gewährten Rechten siehe auch Wong / Bhatia / Freeman, 18 Strat. Chance 221–230. (2009). Zur Gestaltung der Beteiligungen siehe auch Weitnauer, in: Weitnauer (Hrsg.), Handbuch Venture Capital, 7. Aufl., 2022, Teil D., Rn. 29 ff. 222 Weitnauer, in: Weitnauer (Hrsg.), Handbuch Venture Capital, 7. Aufl., 2022, Teil A., Rn. 18 sowie ausführlich Teil D., Rn. 1 ff. 223 Weitnauer, in: Weitnauer (Hrsg.), Handbuch Venture Capital, 7. Aufl., 2022, Teil A., Rn. 18, Teil D., Rn. 1. 224 Weitnauer, in: Weitnauer (Hrsg.), Handbuch Venture Capital, 7. Aufl., 2022, Teil A., Rn. 18, Teil D., Rn. 1. 225 Ein bekannter Accelerator ist etwa das in Kalifornien ansässige Unternehmen Y Combinator, das beispielsweise Airbnb in seiner Gründungsphase förderte. Vgl. Weitnauer, in: Weitnauer (Hrsg.), Handbuch Venture Capital, 7. Aufl., 2022, Teil D., Rn. 3. 226 Weitnauer, in: Weitnauer (Hrsg.), Handbuch Venture Capital, 7. Aufl., 2022, Teil D., Rn. 3. 227 Weitnauer, in: Weitnauer (Hrsg.), Handbuch Venture Capital, 7. Aufl., 2022, Teil A., Rn. 23 f. 228 Vgl. Weitnauer, in: Weitnauer (Hrsg.), Handbuch Venture Capital, 7. Aufl., 2022, Teil A., Rn. 36; ferner Missling, in: Weitnauer (Hrsg.), Handbuch Venture Capital, 7. Aufl., 2022, Teil C., Rn. 359 ff. Als Beispiel sei der High-Tech Gründerfonds (HTGF), eine Public-Public-Private Partnership des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie, der KfW Bankengruppe sowie zahlreichen Wirtschaftsunternehmen, genannt, der über bislang drei Fonds mit einem Volumen von rund 1,3 Mrd. Euro under Management verfügt und bisher über 670 High-Tech-Start-ups finanziert hat. Ein vierter Fonds verfügt bereits über Zusagen für mehr als 400 Mio. Euro (https://www.htgf.de/de/ueberuns/fonds/). Weitere Beispiele sind das EXISTGründerstipendium, das German Accelerator Program, der Mikrokreditfonds Deutschland, der INVEST – Zuschuss für Wagniskapital für private Investoren. Vgl. dazu die Förderdatenbank des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie unter http://www.foerderdatenbank.de.

C. Zusammenfassung  

87

Gelingt es Gründern (noch) nicht, von den vorgenannten Kapitalgebern Kapital zur Umsetzung ihrer Geschäftsidee zu erhalten, bleibt ihnen nur die Möglichkeit, sich zunächst durch persönliche Ersparnisse und Finanzmittel von Familienmitgliedern und Freunden zu finanzieren.229 Bis zur Möglichkeit der Banken- und Venture Capital-Finanzierung ist es für Start-up-Unternehmen trotz des bestehenden Finanzierungsmix aus Kapital von Freunden und Familie, staatlichen Förderprogrammen, Acceleratoren sowie Business Angels regelmäßig schwierig, Kapital zur Umsetzung der Idee einzuwerben. Aufgrund dieser Finanzierungslücke können eine Vielzahl von förderungswürdigen Projekten und Ideen häufig nicht finanziert werden.230 Dies führt zu weniger Innovation und einem geringeren Wachstum der entsprechenden Volkswirtschaften.231

C. Zusammenfassung  1. Allein mit der rechtswissenschaftlichen Methodik lassen sich weder die in der Finanzierungsbeziehung zwischen Crowd­investoren und Gründern bestehenden Anreiz- und Zielkonflikte analysieren noch die rechtlichen Regelungen der Crowd­investing-Verträge auf ihre Funktion und Wirkung untersuchen. Die Neue Institutionenökonomik bietet mit ihren mikroökonomischen Analyseinstrumenten ein hervorragend geeignetes Instrumentarium sowohl für die Analyse von Austauschbeziehungen bezüglich den diesen immanenten Regelungsproblemen als auch zur Funktions- und Wirkungsanalyse rechtlicher Regelungen. 2. Ausgangspunkt ist das folgende institutionenökonomische Paradigma: Aufgrund bestehender Ressourcenknappheit müssen sich Wirtschaftssubjekte unter gegebenen Handlungsbedingungen (dem institutionellen Umfeld)  zwischen ver 229

Siehe bereits § 1, Fn. 2. Auch dies lässt sich mit dem bestehenden Ausmaß an Informationsasymmetrien erklären. Da Familienmitglieder und Freunde den Gründer in der Regel schon lange kennen, sehen sie sich geringeren Informationsasymmetrien ausgesetzt als andere potentielle Kapitalgeber. Vgl. dazu Cumming / Johan, Venture Capital, 2nd ed., 2014, S. 10 f. Zum sog. Bootstrapping in verschiedenen Ausprägungen vgl. etwa Ebben / Johnson, 21 J. Bus. Vent. 851–865 (2006); Ebben, 15 Int. J. Entrepreneurial Behav. Res. 346–363 (2009); Jones / Jayawarna, 12 Venture Capital 127–152 (2010). 230 Zu den Schwierigkeiten junger Unternehmen, ausreichende externe Finanzierungsquellen, sei es in Form von Bankkrediten oder als Eigenkapital, zu erschließen, und der Diskussion um Existenz und Ausmaß eines Funding Gaps siehe etwa Mason / Harrison, 7 Small Bus. Econ. 153–172 (1995); Berger / Udell, 68 J. Bus. 351–381 (1995); Cressy, 112 Econ. J. F1-F16 (2002); Cassar, 19 J. Bus. Ventur. 261–283 (2004); Hellmann, 16 J. Econ. Manag. Strateg. 81–109 (2007); Cosh / Cumming / Hughes, 119 Econ. J. 1494–1533 (2009); Bradford, 2012 Colum. Bus. L. Rev. 1, 100 f. (2012); Belleflamme / L ambert / Schwienbacher, 29 J. Bus. Ventur. 585, 586 (2014). 231 Siehe die Nachweise in § 2, Fn. 229. Vgl. aber auch Fisch, 2 J. Small & Emerging Bus. L. 57, 63 (1998), die bezweifelt, dass die Finanzierungsschwierigkeiten von small businesses auf ein Marktversagen, sondern vielmehr auf das hohe Risiko und den möglicherweise nicht ausreichenden Kapitalwert der zu finanzierenden Unternehmen zurückzuführen sind.

88

§ 2 Ökonomische und finanzierungstheoretische Grundlagen

schiedenen vorgegebenen Handlungsalternativen entscheiden. Aufgrund ihrer Eigennutzenorientierung wählen die Wirtschaftssubjekte diejenigen Handlungen, die ihren jeweiligen individuellen Präferenzen am besten entsprechen und ihren persönlichen Nutzen maximieren. Infolge ihres eingeschränkten Informationszugangs und der individuell beschränkten Verarbeitungsfähigkeit handeln sie jedoch nur beschränkt rational. Bei gleichbleibenden Präferenzen der Individuen lässt sich durch eine Veränderung der Institutionen, d. h. der Handlungsbedingungen, eine Verhaltensänderung der Individuen bewirken. Indem Institutionen einerseits Handlungsmöglichkeiten eröffnen und Anreize setzen und andererseits Handlungsalternativen mit Sanktionen (Kosten) belegen, bestimmen sie so den Handlungsrahmen von Individuen. 3. Ein zentrales Instrument zur Analyse von Austauschbeziehungen ist die Prinzipal-Agenten-Theorie. Eine Prinzipal-Agenten-Beziehung besteht zwischen zwei Wirtschaftssubjekten, wenn eine Partei sich einer anderen Partei zur Erfüllung von Aufgaben bedient und dieser hierzu einen gewissen Entscheidungsspielraum einräumt. Das Verhältnis zwischen Prinzipal und Agent ist regelmäßig von strukturellen Informationsasymmetrien sowie einer unterschiedlichen Risikoneigung und konfligierenden Interessen der beiden Akteure geprägt. Diese Informationsasymmetrien und Interessenkonflikte führen zu Ineffizienzen bei Vertragsschluss und Vertragsdurchführung und können nicht nur zu Wohlfahrtseinbußen des Prinzipals, sondern auch zu Marktineffizienzen führen. Vorvertragliche Informationsasymmetrien resultieren insbesondere aus dem Informationsvorsprung des Agenten hinsichtlich der Qualität des Transaktionsgegenstandes, aber auch hinsichtlich seiner eigenen Verhaltensmerkmale wie Leistungsfähigkeit und Leistungswilligkeit (hidden characteristics). Sie bergen das Risiko der adverse selection. Auch die Durchführung der Transaktionsbeziehung ist geprägt von (nachvertraglichen) Informationsasymmetrien. Diese resultieren im Wesentlichen aus hidden action und hidden information des Agenten. Die nachvertraglichen Informationsasymmetrien begründen für den Prinzipal die Gefahr, dass der eigennutzenmaximierende Agent seine Informationsvorsprünge zu Lasten des Prinzipals ausnutzt und durch opportunistisches Verhalten seinen eigenen Nutzen maximiert und den Nutzen des Prinzipals schmälert (moral hazard). Ein solches opportunistisches Verhalten kann nach Williamson die Zuhilfenahme von List sowie krassere Formen, wie Lügen, Stehlen und Betrügen, aber auch raffiniertere Formen der Täuschung, die unvollständige oder verzerrte Weitergabe von Information sowie vorsätzliche Versuche irrezuführen, zu verzerren, verbergen, verschleiern oder sonstwie zu verwirren, einschließen. Als Strategien zur Lösung dieser Agenturprobleme können einerseits bestehende Informationsasymmetrien minimiert werden. Andererseits können geeignete Anreizmechanismen die Anreize des Agenten zu opportunistischem Handeln reduzieren. 4. Unternehmensfinanzierung kann sowohl in Form von Innen- als auch als Außenfinanzierung erfolgen. Im Rahmen der Außenfinanzierung ist idealtypisch zwischen Fremdkapital- und Eigenkapitalgebern zu unterscheiden. Während

C. Zusammenfassung  

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Fremdkapitalgeber typischerweise mit einem festen Rückzahlungs- und Zins­ anspruch lediglich das Ausfallrisiko des Kapitalnehmers tragen, partizipieren Eigenkapitalgeber auch am Verwendungsrisiko des überlassenen Kapitals und nehmen am Residualvermögen teil. Die Wahl der Finanzierungsstruktur kann somit Mittel zur Risikotransformation und -allokation sein. Gleichzeitig geht mit der Wahl der Finanzierungsstruktur auch eine entscheidende Steuerungswirkung für das Verhalten des Kapitalnehmers einher. Die Erfolgsbeteiligung des Eigenkapitalgebers schmälert etwa den Anteil des Unternehmers am Erfolg seines Unternehmens und setzt diesem Anreize zu opportunistischem Handeln. Bei einer reinen Fremdkapitalfinanzierung hat der Unternehmer grundsätzlich geringere Anreize zu opportunistischem Verhalten. Gleichzeitig wirkt sich opportunistisches Verhalten des Unternehmers für den Kapitalgeber angesichts von fest vereinbarten Zinsansprüchen im Regelfall nicht aus. Dies ändert sich allerdings grundlegend in insolvenznahen Situationen. Hier entstehen für den Unternehmer massive Risikoanreize und Anreize, mittels opportunistischen Handelns seinen Privatnutzen zu Lasten des Kapitalgebers zu steigern. 5. In der Finanzierungsbeziehung zwischen Risikokapitalgebern und Start-upUnternehmen sind die spezifischen Unsicherheiten und Risiken der Unternehmensentwicklung sowie Informationsasymmetrien besonders stark ausgeprägt. Zudem fehlen vorhersehbare Cashflows und Betriebsmittel, die Kapitalgebern als Sicherheiten für die Finanzierung dienen können. Klassische Finanzierungskanäle wie Bankenfinanzierungen und der Kapitalmarkt sind Start-up-Unternehmen daher regelmäßig verwehrt. Stattdessen trägt Venture Capital als „money of invention“ den Besonderheiten von Early Stage-Unternehmen mit spezifischen Finanzierungsstrukturen und auf die bestehenden Agenturprobleme zugeschnittenen Regelungsmechanismen Rechnung. Gleichwohl wird überwiegend von einem volkswirtschaftlich relevanten funding gap für Unternehmen in der Seed-  und Start-up-Phase ausgegangen, das dazu führt, dass finanzierungswürdige Innovationen häufig nicht finanziert werden.

§ 3 Grundlagen und Charakteristika des Crowdinvesting Nach einer Begriffsbestimmung und der Erarbeitung einer dieser Arbeit zugrunde zulegenden Definition des Crowd­investing wird im Folgenden zunächst die Entwicklung von Crowd­fun­ding und Crowd­investing überblicksartig dargestellt.1 Sodann soll der typische Ablauf einer Crowd­investing-Finanzierung sowie die wesentlichen Akteure und die zwischen diesen bestehenden Rechtsbeziehungen geschildert werden. Ferner werden die mit Crowd­investing verbundenen Chancen und Risiken skizziert. Schließlich wird ein knapper Überblick über die politische Wahrnehmung des Crowd­investing sowie Regulierungsbestrebungen in Deutschland und auf europäischer Ebene gegeben.

A. Begriffsbestimmung und Definition Zur Annäherung an das Crowd­investing wird zunächst das Crowdsourcing als Vorläufer des Crowd­fun­ding und des Crowd­investing erläutert und das Phänomen des Crowd­fun­ding als Überkategorie des Crowd­investing beschrieben. Sodann wird der Begriff des Crowd­investing erläutert und die wesentlichen konstitutiven Elemente herausgearbeitet. Daraus wird eine dieser Arbeit zugrunde zulegende Definition des Crowd­investing abgeleitet. Schließlich wird das Crowd­investing von anderen Formen des Crowd­fun­ding abgegrenzt.

1

Das vorliegende Kapital soll eine knappe Einführung in die wesentlichen Themenkreise des Crowdinvesting geben, die für den Gegenstand der vorliegenden Arbeit erforderlich sind. Für ausführliche Darstellungen sei auch auf die folgenden Monographien verwiesen: ­Baumann, Crowdinvesting im Finanzmarktrecht, 2014; Söpper, Crowdfunding, 2016; Fischer, Rechtslage, Zukunftsperspektiven und Regulierungsansätze des Crowdinvestings in Deutschland, 2017; Heuer, Die Regulierung von Crowdinvesting, 2017; Schedensack, Crowd­investing, 2018; mit Blick auf die USA Schuster, Die Regulierung von Investment Crowdfunding in den USA, 2018; mit eher praxisbezogenem Fokus: Sixt, Schwarmökonomie und Crowd­funding, 2014; ferner auch Beck, Crowdinvesting, 3. Aufl., 2014.

A. Begriffsbestimmung und Definition 

91

I. Crowdsourcing als Vorläufer des Crowd­fun­ding und des Crowdinvesting Herkunft, Entstehung und Bedeutung des Begriffs Crowd­investing sind im Zusammenhang mit und in Abgrenzung zu den Begriffen Crowdsourcing und Crowd­ fun­ding zu betrachten.2 Mit Crowdsourcing3 wird das „Sammeln von Beiträgen einer Vielzahl von Menschen zur Erreichung eines gemeinsamen Ziels“ beschrieben.4 Beispiele, in denen Crowdsourcing zum Einsatz kommt, sind die Enzyklopädie Wikipedia oder die Entwicklung von Open Source Software.5 Auch Geschäftsmodelle wie eBay oder Soziale Netzwerke, die auf Beiträgen von Nutzern basieren, machen sich das Crowdsourcing zunutze.6 Die Beiträge der Crowd können dabei eine weite Bandbreite einnehmen.7 Sie könne von Ideen oder der Erbringung kleinerer, abgrenzbarer Aufgaben (Crowdcreation)8 über die Abgabe einer Stimme, Meinung oder Bewertung (Crowdvoting)9 bis hin zu Finanzierungsbeiträgen (Crowd­f un­ding)10 2

Vgl. auch Klöhn / Hornuf, ZBB 2012, 237, 239; Belleflamme / L ambert / Schwienbacher, 29 J. Bus. Ventur. 585, 586, 588 (2014). 3 Die Begründung des Begriffs Crowdsourcing wird Jeff Howe zugeschrieben, der in dem im US-amerikanischen online Technologie-Magazin Wired erschienen Artikel „The Rise of Crowdsourcing“ die Auslagerung von Arbeit auf die über das Internet verbundene Crowd mit „It’s not outsourcing; it’s crowdsourcing.“ beschreibt (Howe, The Rise of Crowdsourcing, Wired Magazine, Juni 2006, abrufbar unter https://www.wired.com/2006/06/crowds/). Dazu Schenk / Guittard, 7 J. Innov. Econ. 93–107 (2011); Baumann, Crowdinvesting im Finanzmarktrecht, 2014, S. 7 f.; Schwienbacher / L arralde, in: Cumming (Hrsg.), Oxford Handbook of Entrepreneurial Finance, 2012, S. 369, 372; Howe, Crowdsourcing, 2008; Kleemann / Voß / Rieder, 4 Sci. Technol. Innov. Stud. 5, 9 (2008); Bayus, 59 Manag. Sci. 226 (2013); Brabham, 14 Convergence 75, 86 (2008). 4 Klöhn / Hornuf, ZBB 2012, 237, 239. Ferner Bradford, 2012 Colum. Bus. L. Rev. 1, 27 (2012); Hazen, 90 N. C. L. Rev. 1735, 1736 (2012); Fischer, Rechtslage, 2017, S. 6 f. Für einen Überblick über verschiedene Definitionen des Begriffs Crowdsourcing vgl. Estellés-Arolas /  González-Ladrón-de-Guevara, 38 J. Inf. Sci. 189–200 (2012). Ausführlich zum Crowdsourcing Schenk / Guittard, 7 J. Innov. Econ. 93–107 (2011). 5 Klöhn / Hornuf, ZBB 2012, 237, 239; Bradford, 2012 Colum. Bus. L. Rev. 1, 27 (2012); Howe, Crowdsourcing, 2008, S. 8 ff. Zum Unterschied von Open Source Modellen und Crowd­ funding vgl. auch Belleflamme / L ambert / Schwienbacher, 29 J. Bus. Ventur. 585, 588 (2014). Für weitere Beispiele siehe ferner Brabham, 14 Convergence 75, 76 ff. (2008). 6 Vgl. bereits Howe, The Rise of Crowdsourcing, Wired Magazine, Juni 2006, abrufbar unter https://www.wired.com/2006/06/crowds/. 7 Zu weiteren Formen des Crowdsourcing siehe auch Kleemann / Voß / Rieder, 4 Sci. Technol. Innov. Stud. 5, 11 ff. (2008). 8 Zu Crowdsourcing als „moderne Form der interaktiven Wertschöpfung“ siehe etwa Berger /  Lienbacher / Reutterer, transfer Werbeforschung & Praxis 2011, 22; Leimeister, ZfCM 2012, 388, 389 f.; sowie Bayus, 59 Manag. Sci. 226 (2013), der die Mitglieder der Crowd als „ideators“ bezeichnet. 9 Dazu auch Berger / Lienbacher / Reutterer, transfer Werbeforschung & Praxis 2011, 22; Leimeister, ZfCM 2012, 388, 389. 10 Grundlegend Lawton / Marom, The Crowdfunding Revolution, 2010; Belleflamme / L ambert / Schwienbacher, 29 J. Bus. Ventur. 585 (2014); Harrison, 15 Venture Capital 283–287 (2013).

92

§ 3 Grundlagen und Charakteristika des Crowdinvesting

reichen. Auch im Unternehmenskontext können einzelne Arbeitsschritte an das Netzwerk der Internetnutzer ausgelagert werden (Crowdworking).11 Nach einem engeren, mehr auf den Unternehmenskontext bezogenen Verständnis wird Crowd­ sourcing auch als die Auslagerung von bestimmten Funktionen eines Unternehmens auf die Crowd begriffen.12

II. Crowd­fun­ding als Überkategorie des Crowdinvesting Eine Ausprägung des Crowdsourcing ist das Crowd­fun­ding. Sind die Beiträge der Crowd monetärer Natur, handelt es sich also um Finanzierungsbeiträge, wird diese Form des Crowd­sourcing als Crowd­fun­ding bezeichnet.13 Crowd­fun­ding kann demnach als das „Sammeln von Finanzierungsbeiträgen einer Vielzahl von Menschen zur Erreichung eines gemeinsamen Ziels“ definiert werden.14 Crowd­fun­ding wiederum kann als Oberbegriff über verschiedene Formen der Finanzierung durch die Crowd verstanden werden.15 Je nachdem, ob bzw. welche Art von Gegenleistung die Beitragsleistenden erhalten, kann weiter zwischen verschiedenen Arten des Crowd­fun­ding differenziert werden. Im Wesentlichen lassen sich fünf Varianten unterscheiden: das Schenkungsmodell (donation model), das Belohnungsmodell (reward model), das Subskriptionsmodell (pre-purchased model), das Crowdlending (lending model oder peer to peer lending) sowie das Crowd­investing (equity crowdfunding).16

11

Zu den rechtlichen Rahmenbedingungen von Crowdworking vgl. Meyer-Michaelis /  Falter / Schäfer, DB 2016, 2543. 12 Nach der vielzitierten Definition von Kleemann / Voß / Rieder, 4 Sci. Technol. Innov. Stud. 5, 6 (2008) findet Crowdsourcing statt, „when a profit-oriented firm outsources specific tasks essential for the making or sale of its product to the general public (the crowd) in the form of an open call over the internet, with the intention of animating individuals to make a contribution to the firm’s production process for free or for significantly less than that contribution is worth to the firm.“ Dazu Belleflamme / L ambert / Schwienbacher, 29 J. Bus. Ventur. 585, 588 (2014); ferner Moritz / Block, ZfKE 2014, 57, 59. Zu Crowdsourcing als Chance für mittelständische Unternehmen siehe Richter / Seidler-de Alwis / Jötten, ZfKE 2014, 1. 13 Vgl. Klöhn / Hornuf, ZBB 2012, 237, 239; siehe auch Bradford, 2012 Colum. Bus. L. Rev. 1, 10 ff. (2012). 14 Klöhn / Hornuf, ZBB 2012, 237, 239; vgl. auch Bradford, 2012 Colum. Bus. L. Rev. 1, 10 (2012). Ähnlich die Definition von Belleflamme / L ambert / Schwienbacher, 29 J. Bus. Ventur. 585, 588 (2014), die jedoch zusätzlich das Medium Internet als Voraussetzung sehen und die Art der Gegenleistung einbeziehen: „Crowdfunding involves an open call, mostly through the Internet, for the provision of financial resources either in the form of donation or in exchange for the future product or some form of reward and to support initiatives for specific purposes.“ Weitere Definitionsansätze finden sich etwa bei Moritz / Block, ZfKE 2014, 57, 60. 15 Vgl. etwa Mollick, 29 J. Bus. Ventur. 1, 3 (2014). 16 Vgl. Klöhn / Hornuf, ZBB 2012, 237, 239; Bradford, 2012 Colum. Bus. L. Rev. 1, 14 ff. (2012); Moritz / Block, ZfKE 2014, 57, 61 f.; Agrawal / Catalini / Goldfarb, 14 Innov. Policy Econ. 63 ff. (2014); Mollick, 29 J. Bus. Ventur. 1, 2 (2014).

A. Begriffsbestimmung und Definition 

93

III. Crowdinvesting 1. Begriff des Crowdinvesting Gegenstand der vorliegenden Arbeit ist das Crowd­investing17 als eine Unterform des Crowd­fun­ding.18 Weitgehend synonym werden die Begriffe Equity-based Crowd­f un­ding oder Equity Crowd­f un­ding,19 Securities Crowd­fun­ding,20 Investment-based Crowd­f un­ding oder Investment Crowd­fun­ding21 sowie Crowd-Financing22 verwendet. Der deutsche Gesetzgeber verwendet seit dem KASG auch den Begriff Schwarmfinanzierung.23 Der Begriff „Crowd­investing“ setzt sich aus „crowd“ und „investing“ zusammen. Ausgehend von den Bedeutungen der Begriffsbestandteile – Crowd als die Menge, die Menschenmenge oder die Masse24 und to invest im Sinne von investieren, anlegen25 – ist mit Crowd­investing dem Wortsinn nach die Geldanlage durch oder für die breite Masse gemeint. Begreift man Crowd­fun­ding als das Sammeln von Finanzierungsbeiträgen einer Vielzahl von Menschen zur Erreichung eines gemeinsamen Ziels,26 zeichnet sich Crowd­investing durch die Qualifikation des gemeinsamen Ziels (nämlich als Geldanlage oder Investment) und somit das Hinzutreten einer bestimmten Gegen 17 Der Begriff wurde in der deutschen rechtswissenschaftlichen Literatur maßgeblich von Klöhn und Hornuf geprägt, vgl. Klöhn / Hornuf, ZBB 2012, 237; Klöhn / Hornuf, DB 2015, 47. 18 Zur Abgrenzung der verschiedenen Formen des Crowdfunding siehe § 3 A. IV. unten. 19 Der Begriff Equity (based) Crowdfunding wird vor allem in der englischsprachigen Literatur verwendet (vgl. zum Beispiel Bradford, 2012 Colum. Bus. L. Rev. 1, 15, 33 f. (2012): „equity model“). Angesichts der damit verbundenen Implikation einer Eigenkapital-Finanzierung ist dieser Begriff vor allem aus deutscher Perspektive abzulehnen. In Deutschland erfolgte Crowdinvesting anfänglich in Form von stillen Beteiligungen, später weit überwiegend mittels partiarischen Nachrangdarlehen. Der Begriff Crowdinvesting scheint aufgrund seiner Neutralität und Entwicklungsoffenheit insofern vorzugswürdig. Er beschränkt Crowdinvesting nicht auf eine bestimmte rechtliche Gestaltung und schließt weder eine mitgliedschaftliche noch eine schuldrechtliche Stellung des Anlegers aus. Er ist somit auch unabhängig von der – im Einzelfall schwierigen – Einordnung in Eigen-, Fremd- oder Hybridkapital. Dazu bereits Klöhn / Hornuf, ZBB 2012, 237, 239, Fn. 14. Ähnlich argumentiert Burkett, 13 Tenn. J. Bus. L. 63, 64 (2011) für den Begriff Investment Crowdfunding. 20 Schwartz, 88 Notre Dame L. Rev. 1457, 1458 (2013); Heminway, 38 Vt. L. Rev. 827, 829 (2014). 21 Burkett, 13 Tenn. J. Bus. L. 63, 64 (2011); Schuster, Die Regulierung von Investment Crowdfunding in den USA, 2018, S. 74 f. 22 So zum Beispiel Forster, Crowdfinancing, 2013, S. 26 ff. 23 Vgl. § 2a VermAnlG „Befreiung für Schwarmfinanzierungen“ sowie erstmals Gesetzentwurf der Bundesregierung, Entwurf eines Kleinanlegerschutzgesetzes, BT-Drs. 18/3994, S. 1. 24 Siehe zum Beispiel Pons-Online-Wörterbuch, „crowd“, abrufbar unter https://de.pons. com/übersetzung/englisch-deutsch/crowd. 25 Siehe zum Beispiel Pons-Online-Wörterbuch, „to invest“, abrufbar unter https://de.pons. com/übersetzung/englisch-deutsch/to+invest. 26 Vgl. § 3 A. II. oben.

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§ 3 Grundlagen und Charakteristika des Crowdinvesting

leistung27 aus. Entscheidendes Merkmal in Abgrenzung zu anderen Formen des Crowd­fun­ding ist damit – aus der Perspektive der Kapitalgeber – das Ziel, eine monetäre Rendite zu erzielen.28 Ungeachtet der vielfältigen tatsächlichen Erscheinungsformen des Phänomens, seiner nationalen Besonderheiten sowie der kontinuierlichen Weiterentwicklungen dürfte das Erfordernis einer monetären Gegenleistung allen Definitionsansätzen als Grundkonsens gemein sein.29 2. Typische Elemente des Crowdinvesting Im Folgenden sollen typische Elemente des Crowd­investing diskutiert und im Hinblick auf ihre Begriffsnotwendigkeit bewertet werden. Mit der Herausarbeitung der begriffsnotwendigen Elemente des Crowd­investing soll eine für diese Arbeit brauchbare und der weiteren Untersuchung zugrunde zu legende Definition erarbeitet werden. a) Finanzierungsbeiträge einer Vielzahl von Anlegern Zentrales Element des Crowd­fun­ding ist die Crowd. Entsprechendes gilt für das Crowd­investing. Mittels Crowd­investing versuchen Kapitalnehmer, Kapital von einer Vielzahl von Menschen einzuwerben. Typischerweise werden mittels Crowd­ investing relativ kleine Einzelbeiträge eingesammelt, die für den Kapitalnehmer unter Finanzierungsaspekten für sich genommen vernachlässigbar wären. Erst die Summe der relativ geringen Beträge der Vielzahl der Kapitalgeber30 ergibt das für die Finanzierung notwendige Volumen. Angesichts der geringen Mindestinvestitionssummen31 sind Kapitalgeber im Rahmen des Crowd­investing typischerweise Kleinanleger.32 Dies schließt grundsätzlich nicht aus, dass sich im Rahmen von 27

Auf die Gegenleistung als zentrales Abgrenzungskriterium stellen auch ab Hemer / Schneider / Dornbusch / Frey, Crowdfunding, 2011, S. 24; Söpper, Crowdfunding, 2016, S. 33; Heuer, Die Regulierung von Crowdinvesting, 2017, S. 26. 28 Vgl. auch Baumann, Crowdinvesting im Finanzmarktrecht, 2014, S. 9; Fiedler / Horsch, ZfKE 62 (2014), 91, 93; Fischer, Rechtslage, 2017, S. 7. 29 Zu Definitionsansätzen vgl. etwa Baumann, Crowdinvesting im Finanzmarktrecht, 2014, S. 9; Söpper, Crowdfunding, 2016, S. 25. Mittlerweile auch Fischer, Rechtslage, 2017, S. 7 f.; Heuer, Die Regulierung von Crowdinvesting, 2017, S. 28 ff.; Schuster, Die Regulierung von In­ vestment Crowdfunding in den USA, 2018, S. 68 ff.; Schedensack, Crowdinvesting, 2018, S. 77 ff. 30 Zur Vielzahl von Anlegern als generelles Wesensmerkmal von Kapitalanlagen siehe Kalss, Anlegerinteressen, 2001, S. 71 ff. 31 Zu den von den Plattformen vorausgesetzten Mindestinvestitionssummen siehe § 4 B. III. 6. unten. 32 Der Begriff des Kleinanlegers wird im deutschen Recht im KASG zur Beschreibung des Gesetzeszwecks verwendet, vgl. Hakenberg, in: Creifelds, Rechtswörterbuch, 26. Edition, 2021, Stichwort: „Kleinanleger“. Zum Begriff des Kleinanlegers in Abgrenzung zum Begriff des Verbrauchers mit Blick auf das Unionsrecht siehe Assmann / Buck-Heeb, in: Assmann /  Schütze / Buck-Heeb, Handbuch des Kapitalanlagerechts, 5. Aufl., 2020, § 1, Rn. 90a ff.

A. Begriffsbestimmung und Definition 

95

Crowd­investing-Kampagnen auch die Gründer selbst, Freunde, Business-Angels oder andere Investoren beteiligen. Umgekehrt widerspräche es grundsätzlich der Natur des Crowd­investing, wenn das angestrebte Finanzierungsvolumen durch einen Kapitalgeber in einem Betrag oder durch wenige Anleger zur Verfügung gestellt werden würde. Entsprechende Einschränkungen des Crowd­investing-Begriffs hinsichtlich einer Mindestanzahl oder der Person des Kapitalgebers oder der Höhe der Finanzierungsbeiträge sind allerdings abzulehnen. Entscheidend ist vielmehr, dass Crowd­ investing auf die Einwerbung einer Vielzahl an Klein- und Kleinstbeträgen abzielt und insofern jedenfalls implizit an eine Vielzahl von Kleinanlegern gerichtet ist. Beteiligen sich gleichwohl Business Angels, andere professionelle oder institutionelle Anleger im Rahmen der Funding-Kampagne über die dort vorgesehenen Mechanismen und zu den gleichen Bedingungen wie die übrigen Crowd­investoren,33 lässt dies die Qualifikation als Crowd­investing unberührt. Erforderlich ist also, dass sich das Crowd­investing-Angebot an Kleinanleger richtet.34 Ziel ist es, von möglichst vielen Anlegern einen insgesamt möglichst hohen Betrag einzusammeln, um möglichst schnell die angestrebte Finanzierungssumme zu erreichen, wobei die Einzelbeträge für sich genommen relativ klein sein können. b) Kapitalnehmer und Finanzierungsgegenstand Crowd­fun­ding-Kampagnen werden initiiert zur Finanzierung vielfältiger Projekte und Veranstaltungen wohltätiger, gemeinnütziger oder kultureller Natur,35 zur Finanzierung von Filmprojekten36 oder der Entwicklung und Herstellung von neuen Produkten. Weitere Finanzierungsgegenstände sind ökologische Projekte wie Wind- oder Solarparks und Immobilienprojekte37 bis hin zu öffentlichen Einrichtungen.38 Schließich können Unternehmen auf allen Entwicklungsstufen und in jeder Größe, insbesondere aber Start-up-Unternehmen sowie KMU finanziert werden. 33

Im Rahmen der Crowdinvesting-Finanzierung und auf der Grundlage der hier untersuchten Crowdinvesting-Verträge dürften nennenswerte Investments von Business Angels oder institutionellen Anlegern praktisch ohnehin ausgeschlossen sein. 34 Vgl. auch die Definition bei Schedensack, Crowdinvesting, 2018, S. 83, der ebenfalls die Kleinanleger in seinen Definitionsvorschlag einbezieht und im Übrigen auf die Begebung im „kapitalmarktuntypischen, weil kleinen Volumen […] typischerweise unter Zulassung auch kleinerer Beteiligungsbeträge“ abstellt. 35 Zu Crowdfunding in der Plattenindustrie siehe etwa Kappel, 29 Loy. L. A. Ent. L. Rev. 375–385 (2009). 36 Zu Filmfinanzierungen vgl. etwa Bareiß, ZUM 2012, 456, 456 ff. 37 Zur Immobilienfinanzierung mittels Crowdfunding siehe etwa Wunschel / Gaßner, ZfIR 2015, 853–870. 38 Vgl. dazu auch etwa Söpper, Crowdfunding, 2016, S. 23 f. Für Überlegungen zur Finanzierung kommunaler Infrastrukturprojekte mittels Crowdfunding siehe etwa Kay, jM 2016, 178; zu Crowdfunding als einer generellen Finanzierungsalternative für Kommunen siehe Assenmacher, Crowdfunding als kommunale Finanzierungsalternative, 2017.

96

§ 3 Grundlagen und Charakteristika des Crowdinvesting

Ausgehend von der Absicht der Investoren, eine Rendite zu erzielen, kommen als Finanzierungsgegenstand des Crowd­investing indes nur solche Projekte in Betracht, die grundsätzlich geeignet sind, einen positiven Cashflow zu generieren und damit eine potentielle Rendite des Anlegers zu ermöglichen.39 Mit Renditepotential wurden auf dem deutschen Markt typischerweise Finanzierungen für Start-upUnternehmen aber auch für mittelständische Unternehmen angeboten. In letzter Zeit kamen zudem vermehrt Finanzierungen von ökologischen Projekten hinzu. Zuletzt hat zudem die Finanzierung von Immobilienprojekten einen enormen Bedeutungszuwachs erfahren. Kapitalnehmer im Rahmen des Crowd­investing sind grundsätzlich juristische Personen.40 Nicht einheitlich beantwortet wird die Frage, ob Crowd­investing grundsätzlich auf die Finanzierungen von Unternehmen beschränkt ist41 oder ob Finanzierungsgegenstand von Crowd­investing auch Immobilien- und andere Projekte (z. B. Windräder, Solarparks, Filme) sein können.42 Auch bei Immobilienoder sonstigen Projekten tritt typischerweise eine Zweckgesellschaft oder eine Projektgesellschaft als Kapitalnehmer auf, sodass Kapitalnehmer auch hier eine juristische Person ist. Umgekehrt ist auch denkbar, dass ein Unternehmen mit verschiedenen Geschäftsaktivitäten nur ein bestimmtes Projekt finanzieren möchte, der Anleger konsequenterweise auch nur an dem Erfolg dieses konkreten Projekts oder einer bestimmten Investition beteiligt werden soll. Für die Zwecke der vorliegenden Arbeit wird dem Begriff Crowd­investing ein enges Verständnis zugrunde gelegt. Crowd­investing wird demnach ausschließlich als eine Form der Unternehmensfinanzierung verstanden. Durch das einschränkende Merkmal der Unternehmensfinanzierung werden bloße Projekt- und Immobilienfinanzierungen ausgeschlossen.43

39

Die Renditeorientiertheit der Investoren betonend auch Fischer, Rechtslage, 2017, S. 7. So auch Schedensack, Crowdinvesting, 2018, S. 82. Zu Crowdinvesting als Form der Unternehmensfinanzierung vgl. auch Klöhn / Hornuf, ZBB 2012, 237, 239; Bader, WM 2014, 2249; Nietsch / Eberle, DB 2014, 1788, 1788 ff.; Bradford, ZBB 2015, 376, 377. 41 Unternehmen im hier verwendeten Sinne ist zu unterscheiden von der juristischen Person als Unternehmensträger. Juristisch stellt sich das Unternehmen als eine Zusammenfassung aller Rechtsverhältnisse, Rechte und Pflichten des Unternehmensträgers dar (Baums, Recht der Unternehmensfinanzierung, 2017, § 1, Rn. 5). Zum Begriff der Unternehmung in der Betriebswirtschaftslehre siehe etwa Schierenbeck / Wöhle, Grundzüge der Betriebswirtschaftslehre, 19. Aufl., 2016, S. 29 ff. 42 Gegen eine Differenzierung nach dem Finanzierungsobjekt etwa Schedensack, Crowd­ investing, 2018, S. 78. So nun wohl auch Klöhn, ZIP 2017, 2125, 2125, Fn. 2. Als Form der Unternehmensfinanzierung wird Crowdinvesting jedenfalls implizit verstanden von Klöhn /  Hornuf, ZBB 2012, 237, 239; Bader, WM 2014, 2249; Nietsch / Eberle, DB 2014, 1788, 1788 ff.; Bradford, ZBB 2015, 376, 377. Ebenso wohl auch, wenngleich sich nicht endgültig festlegend Baumann, Crowdinvesting im Finanzmarktrecht, 2014, S. 9: „Bei Crowdinvesting […] tritt als wesentliches Merkmal hinzu, dass es sich beim konkreten Projekt i. d. R. um eine Gesellschaftsfinanzierung handelt […]“. 43 Zu „Einzelprojektinvestings“ siehe etwa Söpper, Crowdfunding, 2016, S. 61 ff. 40

A. Begriffsbestimmung und Definition 

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Die Einschränkung auf Unternehmensfinanzierungen für die Zwecke der vorliegenden Arbeit ist unter mehreren Gesichtspunkten gerechtfertigt. Unternehmen haben theoretisch eine unbegrenzte Lebensdauer,44 während eine Projektfinanzierung in der Regel mit Erreichung eines bestimmten Ziels erledigt ist. Projektund Immobilienfinanzierungen werden typischerweise durch einen bestimmten, inhaltlich und zeitlich eng begrenzten Zweck gekennzeichnet. Demgegenüber ist eine Crowd­investing-Anlage theoretisch geeignet, einen lebenslangen Cashflow zu generieren. Eine Projektfinanzierung ist hingegen zeitlich begrenzt und mit Abschluss des Projekts (Fertigstellung der Immobilie, des Films) beendet. Der Gegenstand eines Unternehmens ist grundsätzlich weiter, flexibler und wandelbarer als der inhaltlich eng begrenzte Zweck eines Projekts (zum Beispiel der Betrieb eines Windrades). Damit einher geht eine unterschiedliche Risiko-Rendite-Konfiguration.45 Investitionen in Start-up-Unternehmen erfolgen in der Regel mit dem Ziel, im Falle eines Exits an dem exponentiellen Wachstum des Unternehmens zu partizipieren. Vergleichbare Wachstumsraten und Renditemöglichkeiten sind bei reinen Projektfinanzierungen typischerweise nicht zu erwarten. Spiegelbildlich zum Renditepotential eines Unternehmens ist auch das mit der Investition verbundene Risiko mit dem von Projektfinanzierungen nicht vergleichbar. Eine Investition in ein Immobilienprojekt mag vorhersehbarer sein und geringere Risiken sowie weniger Unsicherheiten aufweisen als die Investition in ein Unternehmen. Andererseits kann der Erfolg des Immobilienprojekts noch stärker von einzelnen Faktoren abhängen als der einer Geschäftsidee. Zudem stehen den Kapitalgebern hier in der Regel andere Sicherheiten zur Verfügung. Damit verbunden und für die vorliegende Arbeit entscheidend ist jedoch, dass die Investition in (Start-up-)Unternehmen mit speziellen und besonders ausgeprägten Informationsasymmetrien und Interessenkonflikten verbunden ist, denen mittels besonderer Anreizmechanismen zu begegnen ist.46 Bei Projektfinanzierungen bestehen diese Informationsasymmetrien und Interessenkonflikte typischerweise in geringerem Maße. Vor diesem Hintergrund wird Crowd­investing hier als eine Form der Finanzierung von Unternehmen verstanden. Unternehmen in diesem Sinne ist jede juristische Person, die sich mit Gewinnerzielungsabsicht und einem Mindestmaß an institutioneller Einrichtung für unbestimmte Zeit am Wirtschaftsleben beteiligt und deren Zweck nicht auf ein bestimmtes, inhaltlich und zeitlich begrenztes Projekt beschränkt ist.

44

Siehe etwa Stout, in: Parisi (Hrsg.), Oxford Handbook of Law and Economics, Vol. 2, 2017, S. 342. Siehe dazu und zu dem hieraus resultierenden langfristigen Investitionshorizont auch Schwartz, 80 Geo. Wash. L. Rev. 764, 768, 773 ff. (2012). 45 Grundlegend zum Verhältnis von Risiko und Rendite siehe Brealey / Myers / Allen, Principles of Corporate Finance, 11th ed., 2014, S. 197 f. 46 Siehe dazu § 6 unten.

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§ 3 Grundlagen und Charakteristika des Crowdinvesting

c) Berechtigung an zukünftigen Zahlungsströmen des Unternehmens als Gegenleistung Ein entscheidendes Abgrenzungskriterium zu anderen Formen des Crowd­fun­ ding47 ist die Art der den Kapitalgebern versprochenen Gegenleistung48 bzw. die Art und Weise wie die Kapitalgeber am Erfolg des Unternehmens partizipieren.49 Während bei anderen Formen des Crowd­fun­ding die Gegenleistung immaterieller Natur ist oder beispielsweise ein bestimmtes Produkt sein kann, erwarten Anleger beim Crowd­investing eine monetäre Rendite.50 Als Gegenleistung für die Kapitalüberlassung erhalten die Kapitalgeber eine Berechtigung an zukünftigen Zahlungsströmen des finanzierten Unternehmens.51 Fraglich ist, wie die Berechtigung an zukünftigen Zahlungsströmen des Unternehmens ausgestaltet sein muss. Eine eindeutige Linie, wie die Gegenleistung im Crowd­investing ausgestaltet sein muss, hat sich bislang nicht herausgebildet. Denkbar ist eine Beteiligung der Kapitalgeber am Gewinn des Unternehmens oder an der Entwicklung des Unternehmenswertes. Denkbar ist aber auch, dass Anleger  – wie bei einer Kreditfinanzierung üblich  – lediglich eine fest vereinbarte Verzinsung ihres eingesetzten Kapitals erhalten. Auch der Festzins wird letztlich aus den Zahlungsströmen des Unternehmens bedient. Solche festverzinsliche Finanzierungsinstrumente werden teilweise auch dem Crowd­investing zugeordnet.52 Dagegen spricht jedoch die typischerweise vorzufindende Motivation der Anleger. Anleger möchten mittels Crowd­investing typischerweise am Erfolg eines Unternehmens partizipieren. Dieses Interesse am Unternehmenserfolg geht über das generelle Interesse an einer ausreichenden Liquidität des Unternehmens zur Zahlung eines festen Zinses oder zur Rückzahlung des überlassenen Kapitals hinaus.53 Nur für eine entsprechend überproportionale Renditemöglichkeit sind die Anleger typischerweise bereit, das überproportionale Risiko resultierend aus der Ungewissheit des Erfolges eines Start-up-Unternehmens gepaart mit dem regelmäßig vereinbarten Rangrücktritt hinzunehmen.

47

Zur Abgrenzung der verschiedenen Formen des Crowdfunding siehe § 3 A. IV. unten. Ähnlich Baumann, Crowdinvesting im Finanzmarktrecht, 2014, S. 9. Zur Ausgestaltung der Gegenleistung bei Kapitalanlagen generell Kalss, Anlegerinteressen, 2001, S. 69 ff. 49 So Heuer, Die Regulierung von Crowdinvesting, 2017, S. 28. 50 Vgl. bereits § 3 A. III. 1.  oben. 51 Klöhn / Hornuf, ZBB 2012, 237, 239; Moritz / Block, ZfKE 2014, 57, 61; ebenso Baumann, Crowdinvesting im Finanzmarktrecht, 2014, S. 9. 52 So etwa Schedensack, Crowdinvesting, 2018, S. 79 f. 53 Vgl. dazu, allerdings als Argument für eine Einordnung des Finanzierungsinstruments als Eigenkapital oder Mezzanine-Kapital als entscheidendes Definitionsmerkmal, Heuer, Die Regulierung von Crowdinvesting, 2017, S. 30 f. Vgl. auch Klöhn, ZIP 2017, 2125, 2125, Fn. 2, der Crowdinvesting nun als „Oberbegriff für die Finanzierung von Unternehmen, Immobilien und anderen Projekten (z. B. Windrädern, Filmen) mittels typischerweise nicht wertpapiermäßig verbriefter und über spezialisierte Internet-Plattformen vermittelter Vermögensanlagen“ verstanden wissen will. 48

A. Begriffsbestimmung und Definition 

99

Informationsasymmetrien und Interessenkonflikte nehmen dann ein besonderes Ausmaß an, wenn die Kapitalgeber nicht lediglich die Position eines Fremdkapitalgebers einnehmen und ihre Vergütung nicht auf einen vorab bestimmbaren Festzins beschränkt ist, sondern sie grundsätzlich unbegrenzt am Unternehmenserfolg partizipieren.54 Für den Zweck der vorliegenden Arbeit ist die im Rahmen des Crowd­investing zu gewährende Gegenleistung daher enger zu fassen. Entscheidend ist, dass Anleger am Erfolg des finanzierten Unternehmens partizipieren, indem ihnen eine höhenmäßig grundsätzlich unbegrenzte Berechtigung an zukünftigen Zahlungsströmen des Unternehmens versprochen wird. Die Erfolgsabhängigkeit der Vergütung muss dabei über eine bloße Abhängigkeit von der Liquidität des Unternehmens hinausgehen. d) Einordnung des verwendeten Finanzierungsinstruments Verbreitet wird die Einordnung der verwendeten Finanzierungsinstrumente55 in die Kategorien Eigen-, Fremd- oder Mezzanine-Kapital für die Definition des Crowd­investing herangezogen. Nach einer gängigen Definition wird Crowd­ investing als eine Form von Crowd­fun­ding verstanden, bei der Emittenten Eigenkapital oder hybride Finanzierungsinstrumente über das Internet an Kleinanleger ausgeben.56 Stellen Kapitalgeber lediglich Fremdkapital zur Verfügung, soll dies nicht als Crowd­investing zu qualifizieren sein. Wie oben ausgeführt, wird im Rahmen der Unternehmensfinanzierung57 grundsätzlich zwischen Eigenkapital, Fremdkapital und Mezzanine-Kapital unterschieden.58 Eigenkapital ist dadurch gekennzeichnet, dass es dem Unternehmen durch die „Eigentümer“ dauerhaft zur Verfügung gestellt wird.59 Es nimmt am Gewinn 54

Siehe dazu bereits § 2 B. I. 3.  oben. Zum Begriff des Finanzierungsinstruments siehe Heeren, Kapitalgeberschutz, 2008, S. 65, der den Begriff als Synonym zum Begriff der Kapitalanlage (zu diesem Begriff auch Kalss, Anlegerinteressen, 2001, S. 23 ff.) begründet, im Gegensatz hierzu den Fokus allerdings auf die Kapitalnehmersicht anstelle der Kapitalgebersicht setzt. Finanzierungsinstrument ist demnach „das auf vertraglicher Grundlage beruhende Mittel zur Kapitalaufnahme des jeweiligen Verbands von verschiedenen Kapitalgebern“. 56 Klöhn / Hornuf, ZBB 2012, 237, 239; dem folgend etwa Fischer, Rechtslage, 2017, S. 7; Heuer, Die Regulierung von Crowdinvesting, 2017, S. 32, 35 f. 57 Von der hier beschriebenen Außenfinanzierung, d. h. der Zuführung von Finanzmitteln durch die Gesellschafter oder Dritte, ist die Innenfinanzierung zu unterscheiden, bei der die Liquidität aus dem Unternehmen heraus generiert wird. Vgl. etwa Gesell / Seulen, in: K ­ essler (Hrsg.), Unternehmensfinanzierung Mittelstand, 2015, § 4, Rn. 33. Siehe ausführlich dazu § 2 B. I. 1. oben. Generell zur Unternehmensfinanzierung siehe auch Brealey / Myers / Allen, Principles of Corporate Finance, 11th ed., 2014, S. 348 ff. 58 Einen guten Überblick hierzu geben Renner / Hesselbarth, JuS 2014, 11 ff. Vgl. ferner etwa Eilers, in: Eilers / Rödding / Schmalenbach (Hrsg.), Unternehmensfinanzierung, 2. Aufl., 2014, A, Rn. 1 ff. Zur Abgrenzung von Eigenkapital und Fremdkapital ausführlich Heeren, Kapitalgeberschutz, 2008, S. 33 ff. 59 Gesell / Seulen, in: Kessler (Hrsg.), Unternehmensfinanzierung Mittelstand, 2015, § 4, Rn. 33. Siehe dazu bereits § 2 B. I. 1. b) oben. 55

100

§ 3 Grundlagen und Charakteristika des Crowdinvesting

und Verlust und damit an den Chancen und Risiken des Unternehmens teil.60 Der Eigenkapitalgeber hat keinen festen Anspruch auf Rückzahlung des Kapitals und eines festen Zinses, sondern nimmt am Residualvermögen61 teil.62 Der Eigenkapitalgeber trägt das Ausfallrisiko sowie das Verwendungsrisiko des eingesetzten Kapitals.63 Fremdkapital wird von den Kapitalgebern hingegen nur befristet zur Verfügung gestellt.64 Idealtypisch steht dem Fremdkapitalgeber neben dem festen Rückzahlungsanspruch ein in der Regel ertragsunabhängiger Zins als Gegenleistung für die Kapitalüberlassung zu.65 Der Fremdkapitalgeber trägt lediglich das Ausfallrisiko des Kapitalnehmers, nicht jedoch das Verwendungsrisiko des überlassenen Kapitals.66 Diesen Grundlinien entsprechend sind auch die Rechte der beiden Kapitalgeber unterschiedlich ausgestaltet: Der Fremdkapitalgeber bedarf idealtypisch nur beschränkter Kontroll- und Sanktionsmöglichkeiten, die ihm eine Durchsetzung seiner Zins- und Rückzahlungsansprüche ermöglichen.67 Der Eigenkapitalgeber bedarf zur Absicherung und Steigerung des ihm zustehenden Residuums und zur Reaktion auf Gefahren für seine Vermögensposition dagegen umfassender Überwachungs- und Eingriffsmöglichkeiten.68 Vereinen Finanzierungsinstrumente Elemente von Eigenkapital und Fremdkapital werden diese als hybride Finanzierungsinstrumente oder Mezzanine-Kapital bezeichnet.69 Je nach Ausgestaltung (beispielsweise im Hinblick auf Rückzahlbarkeit des überlassenen Kapitals, der Gewinnabhängigkeit der Verzinsung oder der Teilnahme an Verlusten) können diese dem Eigen- oder Fremdkapital zuzuordnen sein.70

60

Gesell / Seulen, in: Kessler (Hrsg.), Unternehmensfinanzierung Mittelstand, 2015, § 4, Rn. 33. 61 Das Residuum ist der Betrag, den die Eigenkapitalgeber nach Auflösung und Liquidation des Unternehmensträgers beanspruchen können. Es entspricht der Differenz zwischen Aktivvermögen und sämtlichen Verbindlichkeiten des Unternehmensträgers. Vgl. Baums, Recht der Unternehmensfinanzierung, 2017, § 3, Rn. 1 f. 62 Baums, Recht der Unternehmensfinanzierung, 2017, § 2, Rn. 10. 63 Renner / Hesselbarth, JuS 2004, 11, 12. 64 Gesell / Seulen, in: Kessler (Hrsg.), Unternehmensfinanzierung Mittelstand, 2015, § 4, Rn. 33. 65 Baums, Recht der Unternehmensfinanzierung, 2017, § 2, Rn. 10; Gesell / Seulen, in: ­Kessler (Hrsg.), Unternehmensfinanzierung Mittelstand, 2015, § 4, Rn. 33. 66 Renner / Hesselbarth, JuS 2004, 11, 12. 67 Baums, Recht der Unternehmensfinanzierung, 2017, § 2, Rn. 10. 68 Baums, Recht der Unternehmensfinanzierung, 2017, § 2, Rn. 10. 69 Vgl. Eilers, in: Eilers / Rödding / Schmalenbach (Hrsg.), Unternehmensfinanzierung, 2. Aufl., 2014, A, Rn. 1 ff.; Gesell / Seulen, in: Kessler (Hrsg.), Unternehmensfinanzierung Mittelstand, 2015, § 4, Rn. 50. 70 Vgl. Gesell / Seulen, in: Kessler (Hrsg.), Unternehmensfinanzierung Mittelstand, 2015, § 4, Rn. 50. Zu den Anforderungen, um ein Finanzierungsinstrument als wirtschaftliches Eigenkapital qualifizieren zu können, sowie zu den Abgrenzungen zu bilanziellem, steuerlichem und aufsichtsrechtlichem Eigenkapital vgl. Stamm / Ries, in: Habersack / Mülbert / Schlitt (Hrsg.), Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, 3. Aufl., 2013, § 24, Rn. 4 ff. Siehe im Übrigen bereits § 2 B. I. 1. c) oben.

A. Begriffsbestimmung und Definition 

101

Für den Begriff des Crowd­investing ist eine Beschränkung auf die Einordnung des Finanzierungsinstruments als Eigenkapital oder Mezzanine-Kapital jedoch abzulehnen.71 Die im Untersuchungszeitraum vorzufindenden Finanzierungs­ instrumente sind zwar typischerweise als Mezzanine-Kapital zu qualifizieren. Allerdings ist die Einordnung von Unschärfen geprägt. Zudem sollte die Definition entwicklungsoffen ausgestaltet sein, um der Weiterentwicklung des Crowd­ investing und der verwendeten Finanzierungsinstrumente Rechnung zu tragen. Vor diesem Hintergrund erscheint das Merkmal der höhenmäßig grundsätzlich unbegrenzten Berechtigung an zukünftigen Zahlungsströmen des finanzierten Unternehmens als sachgerecht und insoweit ausreichend. Aus denselben Gründen ist auch die Anknüpfung an einen  – im Untersuchungszeitraum typischerweise vereinbarten72 – (qualifizierten) Rangrücktritt abzulehnen.73 e) Einschaltung einer Crowd­investing-Plattform als Intermediär Ob Crowd­investing voraussetzt, dass Vertragsanbahnung und -abschluss über das Internet erfolgen und ob zudem die Einschaltung einer Crowd­investing-Plattform als Intermediär zwingend erforderlich ist, wird nicht einheitlich beantwortet. Zwar ist es grundsätzlich denkbar, dass ein Kapitalnehmer von einer Vielzahl an Menschen Kapital einwirbt, ohne sich ausschließlich des Internets zu bedienen. Prominentes historisches Beispiel ist etwa die Finanzierung der Freiheitsstatue in New York.74 Kennzeichnend für Crowd­investing im hier verstandenen Sinne ist jedoch gerade „die Art der Einsammlung des Kapitals“75 sowie die mit der Vertragsanbahnung und dem Vertragsschluss über das Internet einhergehenden Effekte (Einsparung von Transaktions- und Suchkosten).76 Gleiches gilt für die Vermittlung durch eine Crowd­investing-Plattform als Intermediär. Teilweise wird diese als nicht begriffsnotwendig erachtet77 und stattdessen ausschließlich auf die Beziehung vieler Geldgeber zu einem Kapitalnehmer abgestellt („many-to-one relationship“).78 Andererseits ermöglicht gerade die Existenz der Plattform als Intermediär die Initiierung und Durchführung des Fundingprozesses.79 Schließlich sind für Crowd­investing im hier verstandenen Sinne die durch die Plattform erbrachten 71 So im Ergebnis wohl auch Fischer, Rechtslage, 2017, S. 7 sowie Schedensack, Crowd­ investing, 2018, S. 82. 72 Die Vereinbarung eines Rangrücktritts erfolgt unter anderem zur Vermeidung der Qualifikation der Crowdfinanzierung als nach § 32 Abs. 1 KWG genehmigungspflichtiges Einlagengeschäft. Vgl. dazu im Detail § 5 D. I. 1. unten. 73 Im Ergebnis auch Schedensack, Crowdinvesting, 2018, S. 80 ff. 74 Siehe § 3 B. I. unten. 75 So Casper, ZBB 2015, 265, 266. 76 Vgl. dazu § 3 B. I. unten. 77 Burkett, 13 Tenn. J. Bus. L. 63, 68 (2011). 78 Burkett, 13 Tenn. J. Bus. L. 63, 67 f. (2011). 79 Baumann, Crowdinvesting im Finanzmarktrecht, 2014, S. 22.

102

§ 3 Grundlagen und Charakteristika des Crowdinvesting

Intermediärsleistungen wie Selektion, Vermittlung, Marketing, Informations- und Kommunikationskanal, Entwicklung der Finanzierungsverträge und Bereitstellung der Finanzierungsinfrastruktur kennzeichnend.80 Aus der Perspektive des Anlegerschutzes ergeben sich die besonderen Risiken und Chancen gerade auch aus der Beteiligung einer dritten Partei als Intermediär. Crowd­investing im Sinne dieser Arbeit setzt daher die Einschaltung einer Crowd­investing-Plattform zur Anbahnung, Abschluss und Durchführung der Finanzierung voraus.81 3. Definition Die für die Zwecke der vorliegenden Arbeit wesentlichen Elemente des Crowd­ investing lassen sich in der folgenden Definition zusammenfassen: Crowd­investing ist die über spezialisierte Internet-Plattformen vermittelte Finanzierung von Unternehmen durch eine Vielzahl von Kleinanlegern mittels Finanzierungsinstrumenten, die typischerweise gegen geringe Einzelbeträge ausgegeben werden und die den Kapitalgebern eine höhenmäßig grundsätzlich unbegrenzte Berechtigung an zukünftigen Zahlungsströmen des finanzierten Unternehmens gewähren. Unternehmen in diesem Sinne ist jede juristische Person, die sich mit Gewinnerzielungsabsicht und einem Mindestmaß an institutioneller Einrichtung für unbestimmte Zeit am Wirtschaftsleben beteiligt und deren Zweck nicht auf ein bestimmtes, inhaltlich und zeitlich begrenztes Projekt beschränkt ist.

IV. Abgrenzung zu anderen Formen des Crowd­fun­ding Crowd­investing ist von anderen Formen des Crowd­fun­ding abzugrenzen.82 Wie oben dargestellt, kann Crowd­fun­ding als das „Sammeln von Finanzierungsbeiträgen einer Vielzahl von Menschen zur Erreichung eines gemeinsamen Ziels“ definiert werden, wobei das zentrale Abgrenzungsmerkmal in der vereinbarten Gegenleistung, welche die Crowd für die Kapitalüberlassung erhält, zu sehen ist.83

80

Siehe dazu § 3 D. III. unten. Ebenso Klöhn / Hornuf, ZBB 2012, 237, 239; Ahlers / Cumming / Günther / Schweizer, 39 ET&P 955, 958 (2015); Heuer, Die Regulierung von Crowdinvesting, 2017, S. 31 f. Zunächst unklar, im Ergebnis wohl aber ebenso Schedensack, Crowdinvesting, 2018, S. 82 f.; Baumann, Crowdinvesting im Finanzmarktrecht, 2014, S. 21 f. 82 Zu anderen Formen des Crowdfunding vgl. beispielsweise Bradford, 2012 Colum. Bus. L. Rev. 1, 14 ff. (2012); Baumann, Crowdinvesting im Finanzmarktrecht, 2014, S. 12 ff.; Söpper, Crowdfunding, 2016, S. 23 ff. 83 Siehe § 3 A. II. und § 3 A. III. 2. c) oben. 81

A. Begriffsbestimmung und Definition 

103

1. Schenkungsmodell (donation model) Beim Schenkungsmodell84 (donation model)85 wird das Kapital dauerhaft schenkweise als Spende überlassen.86 Das Schenkungsmodell zeichnet sich also durch das Fehlen einer Gegenleistung für die Kapitalüberlassung aus.87 Die nach eigenen Angaben größte deutsche Spendenplattform ist die Plattform betterplace.org.88 2. Belohungsmodell (reward model) Beim Belohnungsmodell89 (reward model) erfolgt die Kapitalüberlassung ebenfalls dauerhaft. Als Gegenleistung erhalten die Kapitalgeber eine irgendwie geartete Belohnung, die jedoch regelmäßig nicht monetärer Natur ist (d. h. keine Zinsen oder Beteiligung an Unternehmenserlösen).90 Denkbare Belohnungen sind etwa die Nennung des Namens im Abspann des finanzierten Films91 oder auf der CD-Hülle des finanzierten Musikstücks.92 3. Subskriptionsmodell (pre-purchase model) Auch beim Subskriptionsmodell93 (pre-purchase model) erhalten die Kapitalgeber keine monetäre Gegenleistung.94 Stattdessen erhalten sie das von dem finan 84

Begriff nach Klöhn / Hornuf, ZBB 2012, 237, 239; siehe auch Herr / Bantleon, DStR 2015, 532, 532. Ein weiterer Begriff ist spendenbasierendes Crowdfunding, vgl. etwa Sixt, Schwarmökonomie und Crowdfunding, 2014, S. 101. 85 Vgl. Bradford, 2012 Colum. Bus. L. Rev. 1, 31 (2012). 86 Vgl. Klöhn / Hornuf, ZBB 2012, 237, 239; Bradford, 2012 Colum. Bus. L. Rev. 1, 15 (2012); Paschen, 60 Bus. Hor. 179, 181 (2017). 87 Beispiele für mittels Crowdfunding eingesammelte Spenden finden sich etwa bei Hemer / Schneider / Dornbusch / Frey, Crowdfunding, 2011, S. 21 f. Ausführlich dazu auch Sixt, Schwarmökonomie und Crowdfunding, 2014, S. 101 ff. 88 https://www.betterplace.org/de, die 2007 gegründete Plattform wird von der gut.org gemeinnützige Aktiengesellschaft betrieben. Sie hatte anlässlich ihres zehnjährigen Bestehens am 09. 11. 2017 ein Spendenvolumen von insgesamt 50 Mio. Euro eingeworben, vgl. Jahresbericht 2017, abrufbar unter https://www.betterplace.org/c/medien/files/2018/07/gut-orgjahresbericht-2017.pdf. 89 Begriff nach Klöhn / Hornuf, ZBB 2012, 237, 239. Ferner wird auch der Begriff rewardbasierendes Crowdfunding verwendet, vgl. etwa Sixt, Schwarmökonomie und Crowdfunding, 2014, S. 113. 90 Bradford, 2012 Colum. Bus. L. Rev. 1, 16 (2012); Bareiß, ZUM 2012, 456, 459 ff.; siehe auch Kappel, 29 Loy. L. A. Ent. L. Rev. 375, 378 ff. (2009). 91 Bareiß, ZUM 2012, 456, 459 ff. 92 Klöhn / Hornuf, ZBB 2012, 237, 239; Kappel, 29 Loy. L. A. Ent. L. Rev. 375, 376 (2009). Vgl. auch Bareiß, ZUM 2012, 456, 461. 93 Begriff nach Klöhn / Hornuf, ZBB 2012, 237, 239. 94 Vgl. dazu Bradford, 2012 Colum.  Bus.  L.  Rev. 1, 16 (2012); Belleflamme / L ambert /  Schwienbacher, 29 J. Bus. Vent. 585, 586 (2014).

104

§ 3 Grundlagen und Charakteristika des Crowdinvesting

zierten Unternehmen produzierte Produkt oder das Recht, dieses (ggf. vorab oder vor anderen) zu erwerben.95 Das Subskriptionsmodell wird häufig mit dem Belohnungsmodell kombiniert.96 Prominente Crowd­fun­ding-Plattformen, die Crowd­ fun­ding im Sinne des reward- und pre-purchase model anbieten, sind etwa Kickstarter97 und Indiegogo98. 4. Crowdlending Weiterhin ist Crowd­investing von Crowdlending abzugrenzen.99 Zentrales Merkmal des Crowdlending ist die befristete Überlassung des Kapitals in Form eines Darlehens an Kapitalnehmer.100 Im Gegensatz zum klassischen Kreditgeschäft treten hier Anleger und Kreditnehmer über Crowdlending-Plattformen in direkten Kontakt ohne die Involvierung von Banken als Intermediären.101 Darlehensempfänger können sowohl Privatpersonen (Peer-to-Peer-Lending, P2P-Lending) als auch Unternehmen (Peer-to-Business-Lending, P2B-Lending) sein.102 Crowdlending ist in zwei unterschiedlichen Formen vorzufinden: Teilweise wird ein Darlehen für eine begrenzte Zeit ohne eine Gegenleistung (d. h. zinslos) überlassen.103 Überwiegend handelt es sich jedoch um ein verzinsliches Darlehen.104 Entscheidendes Abgrenzungskriterium zum Crowd­investing ist die Ausgestaltung der Vergütung für die Kapitalüberlassung. Während die Gegenleistung beim Crowd­investing die Teilhabe am Unternehmensgewinn und am Unternehmenswert ist,105 erfolgt die Kapitalüberlassung beim Crowdlending für einen festen, vom Unternehmenserfolg unabhängigen Zins.106

95 Bradford, 2012 Colum. Bus. L. Rev. 1, 16 (2012); Belleflamme / L ambert / Schwienbacher, 29 J. Bus. Vent. 585, 586 (2014). 96 Bradford, 2012 Colum. Bus. L. Rev. 1, 16 (2012). 97 https://www.kickstarter.com/. 98 https://www.indiegogo.com/. 99 Vgl. Bradford, 2012 Colum. Bus. L. Rev. 1, 20 ff. (2012). Zum Crowdlending siehe etwa Veith, BKR 2016, 184 ff.; Renner, ZBB 2014, 261 ff. 100 Renner, ZBB 2014, 261, 262 f. 101 Renner, ZBB 2014, 261, 262; Moritz / Block, ZfKE 2014, 57, 61. 102 Paschen, 60 Bus. Hor. 179, 181 (2017); Söpper, Crowdfunding, S. 29. 103 So zum Beispiel auf der Plattform Kiva (https://www.kiva.org/). 104 Moritz / Block, ZfKE 2014, 57, 61. Beispiele für Plattformen sind etwa Auxmoney (https:// www.auxmoney.de) oder Smava (https://www.smava.de). 105 Siehe § 3 A. III. 2. c) oben. 106 Veith, BKR 2016, 184, 185; Renner, ZBB 2014, 261, 262.

B. Entwicklung des Crowd­investing 

105

B. Entwicklung des Crowd­investing Die Entwicklung des Crowd­fun­ding und des Crowd­investing in dem hier verstandenen Sinne geht einher mit der Entwicklung des Internets. Vorläufer des Crowd­fun­ding lassen sich jedoch weit vor den Anfängen des Crowd­investing und der Verwendung des Begriffs Crowd­fun­ding finden.

I. Vorläufer des Crowd­investing Die Grundelemente des Crowd­fun­ding, die Finanzierung eines Projekts durch eine große Anzahl von Unterstützern, die jeweils nur kleinere Beträge beitragen, waren bereits vor den Anfängen des Internets bekannt und haben insofern eine lange Tradition.107 Nachfolgend sollen nur wenige Beispiele genannt werden, bei denen eine Vielzahl von Menschen zu der Finanzierung eines wie auch immer gearteten Projekts beitrug.108 Im 17. und 18. Jahrhundert entwickelte sich beispielsweise auf dem deutschen Buchmarkt das Subskriptions- oder Pränumerationsmodell.109 Bei dem Verfahren wurden aufgrund ihres speziellen Inhalts, ihrer Gestaltung oder des Umfangs nur schwer verkäufliche Werke verbindlich vorbestellt, um deren Erscheinen zu ermöglichen.110 Ähnlich finanzierten berühmte Komponisten wie Mozart und Beethoven Premierenkonzerte oder den Druck ihrer Komposition mit einem Subskriptionskonzept, bei dem eine bestimmte Anzahl an Subskripienten vorab zur Zahlung einer bestimmten Summe verpflichtet wurden.111 Auch der Sockel der Freiheitsstatue von New York wurde mit Mitteln der „Crowd“ finanziert.112 Der Herausgeber der New Yorker Zeitung New York World, Jospeh Pullitzer, veröffentlichte 1885 einen Aufruf in seiner Zeitung, in dem er um Spenden für den Sockel der Freiheitsstatue bat.113 Als Gegenleistung sollten die Namen der Geldgeber in der Zeitung abgedruckt werden. Innerhalb von fünf Monaten konnten so von über 120.000 Spendern insgesamt 102.000 US-Dollar eingesammelt werden.114 Ein weiteres Beispiel ist die Wahlkampffinanzierung in 107

Vgl. Hemer / Schneider / Dornbusch / Frey, Crowdfunding, 2011, S. 19 f. Zur Entstehungsgeschichte des Crowdfunding siehe auch Hemer / Schneider / Dornbusch /  Frey, Crowdfunding, 2011, S. 17 ff.; Söpper, Crowdfunding, 2016, S. 11 ff. 109 Vgl. dazu Söpper, Crowdfunding, 2016, S. 13 f. 110 Vgl. dazu Söpper, Crowdfunding, 2016, S. 13 f. 111 Hemer / Schneider / Dornbusch / Frey, Crowdfunding, 2011, S. 7, 19; Söpper, Crowdfunding, 2016, S. 14. 112 Vgl. etwa Bareiß, ZUM 2012, 456, 457; Baumann, Crowdinvesting im Finanzmarktrecht, 2014, S. 7; Leimeister, ZfCM 2012, 388, 389; Hemer / Schneider / Dornbusch / Frey, Crowdfunding, 2011, S. 19 f.; Schmitt / Doetsch, BB 2013, 1451. 113 Leimeister, ZfCM 2012, 388, 389; Schmitt / Doetsch, BB 2013, 1451. 114 Leimeister, ZfCM 2012, 388, 389. 108

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§ 3 Grundlagen und Charakteristika des Crowdinvesting

den USA. Seit langem sammeln Politiker in den USA Geld für ihren Wahlkampf von potentiellen Wählern ein.115 Mit zunehmendem Bedeutungsgewinn des Internets nutzten insbesondere Musiker und Bands dieses, um ihre Fans um Beiträge zur Finanzierung von neuen Alben, Konzerten oder Tourneen aufzufordern.116 Hatten zuvor insbesondere hohe Transaktionskosten der Sammlung von beliebig kleinen Beiträgen von einer großen Anzahl von Menschen entgegengestanden, wurden durch die Entwicklung des Internets die Transaktionskosten erheblich minimiert und eine geographische Nähe der Akteure sowie Intermediäre grundsätzlich entbehrlich gemacht.117 Eine der ersten Crowd­fun­ding-Plattformen in den USA war die im Jahr 2001 gegründete Plattform ArtistShare,118 die sich selbst als „the Internet’s first ‚fanfunding‘ platform“ und Vorbild für spätere Crowd­fun­ding-Plattformen wie KickStarter und Indiegogo beschreibt.119 Mit Kiva ging 2005 eine weitere Crowd­fun­ dingplattform in den USA an den Start.120 Der Begriff Crowd­fun­ding wurde wohl erstmals 2006 verwendet.121 Eine der bislang erfolgreichsten Crowd­fun­ding-Plattformen122 ist die 2009 gegründete amerikanische Plattform Kickstarter.123 Die Plattform beschreibt sich selbst als eine „Finanzierungsplattform für kreative Projekte – von Filmen über Spiele und Musik bis hin zu Kunst-, Design- und Technologieprojekten“.124 Über die Plattform können Künstler, Filmemacher, Designer, Entwickler und andere Projektgründer ihre Ideen finanzieren. Nach eigenen Angaben wurden im Zeitraum von April 2009 bis Ende 2020 auf der Plattform mehr als 200.000 Projekte erfolgreich finanziert. Dazu haben mehr als 20 Millionen Menschen mit mehr als 5,7 Milliarden US-Dollar beigetragen.125 115

Vgl. Bradford, 2012 Colum. Bus. L. Rev. 1, 11 (2012). Der ehemalige US-Präsident Barack Obama sammelte zur Finanzierung seines Wahlkampfs 2008 fast eine dreiviertel Milliarde US-Dollar von der Crowd ein, Kappel, 29 Loy. L. A. Ent. L. Rev. 375 (2009); vgl. ferner Howe, Crowdsourcing, 2008, S. 253. 116 Vgl. dazu Hemer / Schneider / Dornbusch / Frey, Crowdfunding, 2011, S. 20; Agrawal /  Catalini / Goldfarb, 24 J. Econ. Manag. Strateg. 253–274 (2015); Kappel, 29 Loy. L. A. Ent. L. Rev. 375 (2009); ferner Söpper, Crowdfunding, 2016, S. 12 (mit Beispielen). 117 Bradford, 2012 Colum. Bus. L. Rev. 1, 5, 10, 11, 28 (2012). Auf die Bedeutung des Web 2.0 für die Entwicklung des Crowdsourcing weisen auch hin Brabham, 14 Convergence 75, 86 (2008); Kleemann / Voss / Rieder, 4 Sci. Technol. Innov. Stud. 5, 20 f. (2008). 118 http://www.artistshare.com/. 119 Vgl. dazu auch Söpper, Crowdfunding, 2016, S. 12. 120 Bradford, 2012 Colum. Bus. L. Rev. 1, 11 (2012). 121 Lawton / Marom, The Crowdfunding Revolution, 2010, S. 66. 122 Einen Überblick über die Performance ausgewählter ausländischer Plattformen findet sich etwa bei Hemer / Schneider / Dornbusch / Frey, Crowdfunding, 2011, S. 83. Für weitere Beispiele siehe Söpper, Crowdfunding, 2016, S. 14 f. 123 Siehe dazu auch Sixt, Schwarmökonomie und Crowdfunding, 2014, S. 114 ff. 124 https://www.kickstarter.com/press?ref=hello. 125 https://www.kickstarter.com/help/stats?ref=hello.

B. Entwicklung des Crowd­investing 

107

Ebenfalls im Jahr 2009 bot die weltweit vermutlich erste Crowd­investingPlattform ProFounder in den USA Start-up-Finanzierungen an.126 ProFounder wurde im Jahr 2012 wieder eingestellt. Im Jahr 2010 folgten in Europa Plattformen wie Investiere in der Schweiz, Crowdcube in Großbritannien, WISEED in Frankreich und Symbid in den Niederlanden.127

II. Entwicklungslinien auf dem deutschen Crowd­investing-Markt Eine der ersten deutschen Crowd­fun­ding-Plattformen war die 2010 gegründete Plattform Startnext.128 Startnext beschreibt sich selbst als Crowd­fun­dingCommunity für Ideen, Projekte und Start-ups im deutschsprachigen Raum, die Gründern, Erfindern und Kreativen die Möglichkeit gibt, ihre Ideen und Projekte vorzustellen und mit der Unterstützung von vielen Menschen zu finanzieren.129 Auf Startnext wurden verschiedene Formen des Crowd­fun­ding (Donation- und Reward-Crowd­fun­ding), vereinzelt aber auch Start-up-Finanzierungen in der Form des Crowd­investing angeboten. Nach eigenen Angaben wurden über Startnext bis Ende 2019 rund 90 Millionen Euro für über 9.000 erfolgreiche Projekte eingeworben.130 Die Plattform gab an, über 1,5 Millionen Nutzer zu haben.131 Die ersten originär auf die Finanzierung von Start-up-Unternehmen spezialisierten Plattformen in Deutschland waren die Plattformen Seedmatch,132 Innovestment und Companisto133. Seedmatch bot die erste Finanzierung im August 2011 an, Innovestment im November 2011 und Companisto im Juni 2012. Im Jahr 2012 hatten bereits elf Crowd­investing-Portale erste Start-up-Finanzierungen auf dem deutschen Markt angeboten.134 Im Jahr 2013 folgten weitere neue Plattformen. 2015 waren auf dem deutschen Markt 14 verschiedene Plattformen aktiv.135 Während erste Plattformen schon wieder vom Markt verschwanden, kamen neue hinzu.

126

Vgl. dazu Beck, Crowdinvesting, 3. Aufl., 2014, S. 37. Beck, Crowdinvesting, 3. Aufl., 2014, S. 37. 128 https://www.startnext.com/. 129 https://www.startnext.com/info/startnext.html. 130 https://www.startnext.com/info/startnext.html. 131 Stand Ende 2019, https://www.startnext.com/info/startnext.html. 132 https://www.seedmatch.de. 133 https://www.companisto.com. 134 Dies waren die Plattformen Bankless24, BerlinCrowd, BestBC, Companisto, Deutsche Mikroinvest, GründerPlus, Innovestment, MashupFinance, MyBusinessBacker, Seedmatch, United Equity. Vgl. dazu bereits Klöhn / Hornuf / Schilling, ZBB 2016, 142, 143. Für einen Überblick über die im Untersuchungszeitraum auf dem deutschen Crowdinvesting-Markt aktiven Plattformen siehe § 4 B. II. unten. 135 Aescuvest, Bankless24, Bergfürst, Companisto, Deutsche Mikroinvest, FunderNation, Geldwerk1, Innovestment, Lightfin, MashupFinance, Seedmach, Startnext, Unternehmerich, Venturate, vgl. dazu bereits Klöhn / Hornuf / Schilling, ZBB 2016, 142, 143. 127

108

§ 3 Grundlagen und Charakteristika des Crowdinvesting

Teilweise spezialisierten sich Plattformen auf bestimmte Geschäftsideen, wie zum Beispiel die Plattform Aescuvest auf Start-ups mit Geschäftsideen im Gesundheitswesen. Trotz der Anzahl der Plattformen konzentrierten sich die erfolgreichen und volumenstarken Start-up-Finanzierungen auf wenige Plattformen, insbesondere Companisto und Seedmatch.136

C. Ablauf einer Crowd­investing-Finanzierung Im Folgenden soll der typische Ablauf einer Crowd­investing-Finanzierung137 – von der Entscheidung des Start-ups für eine Finanzierung mittels Crowd­investing über die Investitionsentscheidung des Anlegers bis zum Ende der Finanzierung – dargestellt werden.138 Angesichts der Vielzahl an Crowd­investing-Plattformen und der im Detail häufig divergierenden Modelle sowie deren fortwährenden Weiterentwicklung kann die Darstellung lediglich als Beispiel für ein im Untersuchungszeitraum vorzufindendes typisches Modell dienen. Die für die Finanzierung relevanten Abschnitte lassen sich in zeitlicher Hinsicht in drei Phasen unterteilen: Erstens den Zeitraum vor dem Finanzierungsangebot auf der Website der Crowd­investing-Plattform, zweitens die Fundingphase und drittens die Laufzeit des Investments ab erfolgreicher Finanzierung bis zur Beendigung des Investments.

I. Phase vor dem Funding Vor dem Beginn der Fundingphase, also dem öffentlichen Angebot auf der Crowd­investing-Plattform und der Freischaltung der Investitionsmöglichkeit für die Crowd­investoren, steht die Kontaktaufnahme des kapitalsuchenden Unternehmens mit einer Crowd­investing-Plattform und deren Entscheidung, die Finanzierung durchzuführen. In der Regel haben sich Start-ups mit einem Pitch-Deck bei der Plattform um die Durchführung der Finanzierung zu bewerben.139 Teils sahen die Crowd­investing-Plattformen eigens für die Bewerbung der Start-ups vorgesehene Online-Bewerbungs-Tools vor. Je nach Plattform haben die Unternehmen 136 Zu den über die einzelnen Crowdinvesting-Plattformen im Untersuchungszeitraum eingeworbenen Finanzierungsvolumen siehe § 4 B. II. 2.  unten. 137 Zum Ablauf einer Venture Capital-Finanzierung vgl. beispielhaft etwa Grisebach, Innovationsfinanzierung, 1989, S. 47–74. Zum Ablauf von Crowdinvesting-Finanzierungen siehe auch Herr / Bantleon, DStR 2015, 532, 533. 138 Siehe dazu auch Klöhn / Hornuf, ZBB 2012, 237, 245 f.; Schmitt / Doetsch, BB 2013, 1451, 1452 f.; Beck, Crowd­investing, 3. Aufl., 2014, S. 19 ff.; Hagedorn / Pinkwart, in: Brüntje / Gajda (Hrsg.), Crowdfunding in Europe, 2016, S. 71–85. 139 In dem Pitch-Deck wird die Präsentation des Unternehmens mit allen relevanten Daten zu dem Geschäftsmodell samt Alleinstellungsmerkmalen, dem Team, der Unternehmensphase und bereits erreichter Meilensteine, der Positionierung auf dem Markt und zu Wettbewerbern sowie die wichtigsten Unternehmenskennzahlen (KPIs) erwartet.

C. Ablauf einer Crowd­investing-Finanzierung 

109

gegebenenfalls weitere Unterlagen wie Business Pläne und Jahresabschlüsse einzureichen und ihr Team persönlich vorzustellen. Die Entscheidung der Plattform, ein Unternehmen zur Finanzierung anzunehmen, erfolgt nach internen Kriterien und wird nach außen gegenüber den Anlegern nicht begründet. Auch die Entscheidungskriterien werden nach außen nicht transparent gemacht. Ob und in welchem Umfang die Crowd­investing-Plattform eine Financial oder Legal Due Diligence durchführt, wird ebenfalls nicht bzw. widersprüchlich kommuniziert. In der Regel betonen die Plattformen gegenüber den Anlegern, dass sie das Start-up und dessen Geschäftsmodell nicht prüfen und bewerten, auch eine bloße Plausibilitätsprüfung finde nicht statt.140 Im Gegensatz hierzu stehen allerdings die ebenfalls von den meisten Plattformen kommunizierten Ablehnungsquoten. Companisto etwa warb damit, dass lediglich 1 % der sich bewerbenden Unternehmen den Auswahlprozess erfolgreich durchlaufen und zu einer Finanzierung über die Plattform zugelassen werden.141 Im Rahmen des Zulassungsprozesses vereinbaren die Crowd­investing-Plattform und das Start-up-Unternehmen ferner die Rahmenbedingungen für die Finanzierung wie etwa den Mindestbetrag (Fundingschwelle) und den Maximalbetrag (Fundinglimit) des einzuwerbenden Kapitals. Zudem wird die maximale Laufzeit des Fundingprozesses (Fundingdauer) und die Gegenleistung der Kapitalnehmer festgelegt. Soweit die Investoren eine Beteiligung an etwaigen Gewinnen und / oder Exiterlösen des Start-ups erhalten sollen, wird zudem die Bewertung des Unternehmens festgelegt, auf deren Grundlage die Investmentquote der Anleger berechnet wird. Ferner vereinbaren die Parteien, welche Informationen den Anlegern im Rahmen der Fundingphase zur Verfügung gestellt werden. Nach Unterzeichnung der entsprechenden Verträge mit der Crowd­investing-Plattform,142 bereiten Start-up 140 So auch Baumann, Crowdinvesting im Finanzmarktrecht, 2014, S. 25. Vgl. etwa die AGB von Companisto (Stand 27. 09. 2017): „Companisto stellt mit der Companisto-Webseite lediglich eine Plattform zur Verfügung, mittels derer Companisten Investitionen in Crowdinvestingprojekte tätigen und Crowdinvestingprojekte Investoren suchen können. Die Informationen über die Crowdinvestingprojekte auf der Companisto-Webseite werden ausschließlich von den Crowdinvestingprojekten zur Verfügung gestellt. Eine Plausibilitätsprüfung der Angaben des Crowdinvestingprojektes oder eine Prüfung der Wirtschaftlichkeit des Crowdinvestingprojektes durch Companisto findet nicht statt. Companisto steht daher nicht für die Richtigkeit und Vollständigkeit dieser Informationen ein.“ (Ziff. 3.1.), außerdem die Risikohinweise in Ziff. 13.4.: „Companisto ist von der Idee und dem Team der auf der Webseite präsentierten Crowdinvestingprojekte überzeugt. Die Informationen über die Crowdinvestingprojekte auf der Companisto-Webseite werden ausschließlich von den Crowdinvestingprojekten zur Verfügung gestellt. Eine Plausibilitätsprüfung der Angaben des Crowdinvestingprojektes oder eine Prüfung der Wirtschaftlichkeit des Crowdinvestingprojektes durch Companisto findet nicht statt.“ 141 https://www.companisto.com/de/how-it-works (08. 01. 2019). Dazu auch Klöhn / Hornuf, ZBB 2012, 237, 245; Baumann, Crowdinvesting im Finanzmarktrecht, 2014, S. 24 f. Für eine empirische Analyse des Auswahlprozesses der Plattformen siehe ferner Löher, 19 Venture Capital 51–74 (2017). 142 Zur rechtlichen Einordnung siehe § 5 A. unten.

110

§ 3 Grundlagen und Charakteristika des Crowdinvesting

und Plattform die Crowd­investing-Kampagne vor. Sie stellen relevante Informationen zusammen und produzieren Marketingmaterialien, die die Anleger ansprechen sollen, wie etwa Imagefilme über das Start-up und dessen Produkt, Businesspläne sowie Modellrechnungen. Die Finanzierung wird sodann auf der Crowd­investingPlattform angekündigt und von dieser beworben.

II. Fundingphase Bevor Anleger auf Crowd­investing-Plattformen in Unternehmen investieren können, müssen sie sich in der Regel für die Nutzung der Website registrieren.143 Mit der Registrierung erklären die Anleger insbesondere auch ihre Zustimmung zu den jeweiligen AGB der Plattform.144 Die auf der Plattform angebotenen Investmentmöglichkeiten sind für Anleger in der Regel erst nach Registrierung und Anmeldung auf der Website vollständig zugänglich. Auf einer Übersichtsseite werden sodann alle laufenden Investitionsmöglichkeiten dargestellt. Neben der verbleibenden Laufzeit der jeweiligen Fundingprozesse wird in der Regel zudem die bereits erreichte Fundingsumme, das Erreichen der Fundingschwelle sowie der Anteil des bereits erzielten Fundinglimits für die jeweiligen Finanzierungen angezeigt. Auf einer Präsentationsseite des zu finanzierenden Start-ups kann der Nutzer der Plattform regelmäßig sämtliche Details der Finanzierung einsehen. Dazu gehören die Fundingschwelle, das Fundinglimit und die Fundingdauer sowie das Mindestinvestitionsvolumen. Ferner werden die Bewertung des Unternehmens145 und die sich daraus ergebende Beteiligungsquote pro Mindestinvestitionsvolumen genannt. In der Regel wird das Unternehmen mit Team, Unternehmensgegenstand, Geschäftsidee oder Produkten ausführlich vorgestellt. Zudem stehen in der Regel kurze Imagefilme zur Verfügung, in denen das Unternehmen, das Gründerteam oder das Produkt vorgestellt wird. Weiterhin werden den Investoren regelmäßig Businesspläne, detaillierte Finanzierungspläne mit Gewinn- und Verlustrechnungen und Cashflow-Planungen zur Verfügung gestellt sowie die Erwartungen und Pläne des Unternehmens erläutert.146 Häufig enthält die Präsentation auch verschie 143 Zum Registrierungsprozess beim Crowdfunding generell etwa Bareiß, ZUM 2012, 456, 460; zur rechtlichen Einordnung siehe § 5 B. unten. 144 Dazu auch Jansen / Pfeifle, ZIP 2012, 1842, 1848. 145 In einem Verfahren der Verbraucherzentrale Berlin gegen die Companisto GmbH stufte das Landgericht Berlin die Angabe „einer Unternehmensbewertung in Euro“ im Rahmen der konkreten Unternehmensbeschreibung „ohne darüber zu informieren, von wem und auf welcher Grundlage die Bewertung vorgenommen wurde“ als irreführende geschäftliche Handlung durch Unterlassen i. S. v. § 5a Abs. 2 UWG ein und verurteilte Companisto zur Unterlassung, vgl. LG Berlin, Urteil vom 03. 11. 2015, Az. 16 O 439/14. Die Information über Zustandekommen und Grundlagen der Unternehmensbewertung sei eine Information, derer der Verbraucher bedarf, um eine informierte Entscheidung treffen zu können. 146 Vgl. auch Nietsch / Eberle, DB 2014, 1788, 1794; Uffmann, JZ 2016, 928, 931.

C. Ablauf einer Crowd­investing-Finanzierung 

111

dene Modellrechnungen, die die Rendite der Anleger auf Grundlage verschiedener Entwicklungsannahmen darstellen. Anleger erhalten ferner die Möglichkeit, die Vertragsdokumentation einzusehen. Regelmäßig stellen Crowd­investing-Plattformen zudem einen Informationskanal zur Verfügung, mit dessen Hilfe Nutzer in direkten Kontakt mit dem Unternehmen und dessen Gründern treten und für die Investitionsentscheidung relevante Fragen stellen können. Diese Kommunikation ist in der Regel für alle Nutzer einsehbar, sodass Nutzer auch auf die Fragen und Kommentare anderer Nutzer antworten können. Zudem können die Nutzer der Plattform in der Regel live beobachten wie andere Nutzer in das jeweilige Projekt investieren. Dazu wird zum einen die Summe des bereits eingeworbenen Kapitals angezeigt. Zudem wird laufend aktualisiert angezeigt, welche Beträge zuletzt in das Start-up investiert wurden. Neben dem Betrag und der Uhrzeit wird zum Teil auch die geografische Herkunft der Investoren angezeigt. Hat sich ein Anleger entschieden, in ein angebotenes Start-up zu investieren, kann er die von ihm gewünschte Investitionssumme auswählen und muss gegebenenfalls seine Kontodaten eingeben. Die Investition erfolgt dann nach Anklicken eines entsprechenden Buttons ähnlich dem Absenden einer Bestellung in einem Online-Shop. Üblicherweise kann so lange in ein Start-up investiert werden bis entweder das Fundinglimit oder aber das Ende der Fundingdauer erreicht wurde.147 Eine Finanzierung ist in der Regel nur dann erfolgreich, wenn die zuvor festgelegte Fundingschwelle innerhalb des Fundingzeitraums erreicht wurde.148 Das Zustandekommen des Finanzierungsvertrages ist typischerweise aufschiebend oder auflösend bedingt durch das Erreichen der Fundingschwelle innerhalb des Fundingzeitraums. Die Zahlung des Investitionsbetrages erfolgt in der Regel über einen Zahlungsdienstleister, der die Zahlungen zunächst treuhänderisch verwaltet.149 Erst nach erfolgreichem Abschluss der Finanzierung leitet der Zahlungsdienstleister das eingesammelte Kapital abzüglich der an die Crowd­investing-Plattform zu zahlenden Provision an das zu finanzierende Unternehmen weiter.150 Wird die Fundingschwelle nicht erreicht, erhalten die Anleger ihre gesamte Investition erstattet.

147

Klöhn / Hornuf, ZBB 2012, 237, 243 bezeichnen dies als „first come first served-Modell“. Die Studie von Mäschle, Thünen-Series of Applied Economic Theory, Working Paper No. 126, 2012, kommt zu dem Ergebnis, dass bei einem Überangebot an Kapital das first come first served-Modell aus mehreren Gründen nicht geeignet ist, optimale Finanzierungsergebnisse zu erreichen. Auf der Plattform Innovestment erfolgte die Zuteilung anfänglich mittels eines Auktionsmechanismus, der später offenbar aufgrund seiner zu hohen Komplexität wieder abgeschafft wurde. Dazu Klöhn / Hornuf, ZBB 2012, 237, 243. Für eine Analyse dieses Preisfindungsmechanismus siehe auch Hornuf / Neuenkirch, 48 Small Bus. Econ. 795–811 (2017). 148 Sog. Alles-oder-Nichts-Prinzip, vgl. zu diesem Begriff Bareiß, ZUM 2012, 456, 459. 149 Ungenau insoweit Fischer, Rechtslage, 2017, S. 22 f., zutreffend dann jedoch S. 31. 150 Siehe dazu auch Klöhn / Hornuf, ZBB 2012, 237, 243.

112

§ 3 Grundlagen und Charakteristika des Crowdinvesting

Teilweise waren im Beobachtungszeitraum auch Plattformen zu beobachten, die die Fundingdauer nach Ablauf beliebig verlängerten, wenn die Fundingschwelle oder das Fundinglimit nicht erreicht wurde. Eine gängige Praxis war es zudem, zunächst ein geringeres Fundinglimit zu kommunizieren, das dann bei dessen Erreichen teilweise mehrfach erhöht wurde. Einzelnen Crowd­investing-Plattformen wurde diese Praxis gerichtlich als irreführende geschäftliche Handlung untersagt, die Investoren bei ihrer Investitionsentscheidung unter einen tatsächlich nicht bestehenden Zeitdruck setzte.151 Companisto etwa stellte daraufhin Anfang 2019 seinen Funding-Prozess von einem Laufzeit-basierten System auf ein Ziel-basiertes System um. Dabei liefen Finanzierungsrunden grundsätzlich so lange bis das angestrebte Maximum erreicht wurde, maximal jedoch zwölf Monate. Gleichzeitig musste allerdings innerhalb von zwei Monaten die Finanzierungsschwelle erreicht werden, andernfalls wurde die Finanzierung abgebrochen.152

III. Investment-Phase Nach Erreichen der Fundingschwelle und Abschluss der Finanzierung kann der Anleger die Details seiner Investition in der Regel in seinem Nutzerprofil auf der Crowd­investing-Plattform einsehen. Dort wird auch die Vertragsdokumentation hinterlegt. Ferner stellt die Crowd­investing-Plattform weiterhin einen Kommunikationskanal zwischen Start-up und Anleger zur Verfügung. Start-ups können über diesen Kanal Updates zum Geschäftsgang sowie etwaige Reportings und Jahresabschlüsse veröffentlichen. Investoren haben die Möglichkeit in einer Art Forum, Fragen an das Start-up zu richten, die von dessen Mitarbeitern beantwortet werden können.

D. Akteure des Crowd­investing Nachfolgend soll ein Überblick über die Akteure des Crowd­investing und ihre Motivation gegeben werden. Die zentralen Beteiligten einer Crowd­investingFinanzierung sind das kapitalsuchende Unternehmen als Kapitalnehmer, die Crowd­investoren als Kapitalgeber sowie die Crowd­investing-Plattform als Inter 151

In einem Verfahren der Verbraucherzentrale Berlin gegen die Companisto GmbH untersagte das Landgericht Berlin Companisto, die Werbung für Crowdinvestments in der Weise, dass „im Rahmen der konkreten Unternehmensbeschreibung […] ein ‚Maximum‘ des einzuwerbenden Kapitals angegeben ist, wenn dieses ‚Maximum‘ in der Angebotszeit erhöht wird“, LG Berlin, Urteil vom 03. 11. 2015, Az. 16 O 439/14. Das LG Berlin wertete die Praxis als irreführende geschäftliche Handlung i. S. v. § 5 Abs. 1 Nr. 1 UWG. Die Veränderlichkeit des Maximums stelle eine erhebliche Information dar, da einerseits die Investmentquote, die der Investor erhält, hiervon abhänge. Andererseits würde der Investor bei seiner Investitionsentscheidung unter einen tatsächlich nicht bestehenden Zeitdruck gesetzt. 152 Siehe https://www.companisto.com/de/article/article-2421 (07. 02. 2019).

D. Akteure des Crowd­investing 

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mediär. Daneben sind je nach Ausgestaltung weitere Dienstleister wie etwa Zahlungsdienstleister in die Abwicklung der Finanzierung involviert.

I. Kapitalsuchende Unternehmen Kapitalnehmer153 im Rahmen des Crowd­investing und Emittenten der Finanzierungsinstrumente sind in der Regel Start-up-Unternehmen oder KMU.154 Die Entscheidung eines Unternehmens für einer Finanzierung mittels Crowd­investing lässt sich auf verschiedene Motive zurückführen.155 Im Zentrum der Entscheidung eines Unternehmens für Crowd­investing als Finanzierungsform steht in aller Regel primär der Kapitalbedarf.156 Als weitere Gründe, die aus Unternehmensperspektive für eine Finanzierung mittels Crowd­ investing sprechen, werden etwa die dem Crowd­investing zugeschriebene Finanzierungsgeschwindigkeit oder eine erhöhte Flexibilität im Vergleich zu einer herkömmlichen Venture Capital-Finanzierung genannt.157 Infolge des funding gaps158 kann Crowd­investing allerdings auch eine Möglichkeit sein, überhaupt Kapital zur

153 Die Kapitalnehmer einer Crowdinvesting-Finanzierung werden in dieser Arbeit u. a. als kapitalsuchende Unternehmen, zu finanzierende Unternehmen, finanzierte Unternehmen, Kapitalnehmer oder Emittenten bezeichnet, um die dem jeweiligen Kontext entsprechende Perspektive bzw. Rolle zum Ausdruck zu bringen. 154 Oehler / Horn / Wendt, CF 2018, 1, 7, weisen allerdings darauf hin, dass Finanzierungen über Crowdinvesting-Plattformen von Mittelstandsunternehmen bislang kaum praktiziert werden. Als mögliche Gründe werden der Aufwand bei der Anbahnung der Transaktion, Ressentiments bei der Bereitstellung erforderlicher Informationen sowie ein generell fehlendes Verständnis für die Finanzierungsart genannt. Zu empirischen Erkenntnissen über das Alter der kapitalsuchenden Unternehmen siehe § 4 B. IV. 2. unten. 155 Vgl. dazu auch Belleflamme / L ambert / Schwienbacher, 15 Venture Capital 313, 321 f. (2013), die in einer empirischen Studie die Initiatoren von Crowdfunding-Kampagnen mittels Fragebögen nach ihrer Motivation befragten. Danach waren für alle Teilnehmer das Einwerben von Kapital eine wichtige Motivation, für über 85 % das Erlangen öffentlicher Aufmerksamkeit und für rund 60 % war es wichtig, mittels Crowdfunding Feedback zu dem entwickelten Produkt bzw. der Dienstleistung zu erhalten. Vgl. mit ähnlichen Ergebnissen auch die auf teilstrukturierten Interviews basierende Studie von Gerber / Hui, 20(6) ACM Trans. Comput.-Hum. Interact. 1–32 (2013). Siehe ferner auch die Studie von Estrin / Gozman / Khavul, 51 Small Bus. Econ. 425, 430 ff. (2018) basierend auf Interviews auf dem britischen Crowdinvesting-Markt. Vgl. schließlich zu den Motiven von Initiatoren von Crowdfunding-Projekten auch Mollick, 29 J. Bus. Ventur. 1, 3 (2014). 156 Vgl. etwa Belleflamme / L ambert / Schwienbacher, 15 Venture Capital 313, 321 f. (2013): Für alle Teilnehmer der Befragung war die Kapitalakquise ein zentrales Motiv der CrowdfundingKampagne. Zur Motivation der kapitalsuchenden Unternehmen ferner auch Schwienbacher /  Larralde, in: Cumming (Hrsg.), Oxford Handbook of Entrepreneurial Finance, 2012, S. 369, 373 f. 157 In diese Richtung jedenfalls Hemer / Schneider / Dornbusch / Frey, Crowdfunding, 2011, S. 77. 158 Siehe dazu bereits § 2 B. II. 2. d) oben.

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§ 3 Grundlagen und Charakteristika des Crowdinvesting

Umsetzung einer Idee einwerben zu können, wenn andere Finanzierungs­kanäle versagen.159 Neben der Kapitalakquise können mit einer erfolgreichen Crowd­investingFinanzierung auch positive Signaleffekte gegenüber anderen Marktteilnehmern einhergehen.160 So kann der erfolgreiche Abschluss einer Crowd­investing-Kampagne wie eine externe Bestätigung für das Unternehmen und sein Produkt wirken und weitere externe Finanzierungsmöglichkeiten eröffnen.161 Ob eine erfolgreiche Finanzierung mittels Crowd­investing tatsächlich ein positives Signal für Folgeinvestoren darstellt und diese veranlasst oder jedenfalls bekräftigt, in späteren Finanzierungsphasen in das Unternehmen zu investieren, lässt sich mit den bislang verfügbaren empirischen Erkenntnissen allerdings nicht zweifelsfrei beantworten.162 Neben der Deckung des Kapitalbedarfs verfolgen Unternehmen mit der Entscheidung für eine Crowd­investing-Finanzierung häufig auch das Ziel, öffentliche Aufmerksamkeit für ihr Produkt und das Unternehmen zu erlangen.163 Crowd­investing kann somit auch als Marketinginstrument zur Gewinnung potentieller Kunden164

159 Vgl dazu und zur Problematik der Finanzierungslücke etwa Bradford, 2012 Colum. Bus. L. Rev. 1, 100 f. (2012); Belleflamme / L ambert / Schwienbacher, 29 J. Bus. Vent. 585, 586 (2014). Vgl. ferner auch die empirische Studie von Moedl, The Crowd for Lemons: Venture Investors’ Perceptions of an Equity Pecking Order, 1. August 2019, https://doi.org/10.5465/ AMBPP.2019.176, die einen kausalen empirischen Beleg dafür liefert, dass  – aus der Perspektive von Venture Capital-Gebern – Gründer einer pecking order bei der Wahl von Finanzierungsalternativen folgen: Erfolgsversprechende Start-ups (peaches) finanzieren sich demnach eher mittels Kapital von Business Angels und Venture Capital-Gebern, während „schlechtere“ Start-ups (lemons) sich mit einer höheren Wahrscheinlichkeit des Crowdinvesting bedienen. 160 Hemer / Schneider / Dornbusch / Frey, Crowdfunding, 2011, S. 77. 161 Drover / Wood / Zarcharakis, 41 Entrep. Theory Pract. 323–347 (2017); Bellavitis / Filatotchev /  Kamu­riwo / Vanacker, 19 Venture Capital 1, 10 (2017). 162 Sorenson / Assenova / Guan-Cheng / Boada / Fleming, 354 Science 1526–1528 (2016), konnten etwa eine Korrelation zwischen dem Anstieg von erfolgreichen Crowdfundings in einem bestimmten geographischen Gebiet und dem Anstieg von Venture Capital-Finanzierungen in diesem Gebiet nachweisen. Drover / Wood / Z archarakis, 41 Entrep. Theory Pract. 323–347 (2017), konnten in einer experimentellen Studie nachweisen, dass sich Crowdfunding abhängig von der Reputation der Plattform und der Crowdfundingform (vor allem reward based Crowd­ funding) positiv auf Entscheidungen von Venture Capital-Gebern auswirken. Im Gegensatz dazu kommt die Studie von Moedl, 37 Frontiers of Entrepreneurship Research 44–49 (2017), zum Ergebnis, dass Venture Capital-Geber eine vorhergehende Crowdfinanzierung als negatives Signal wahrnehmen, das die Wahrscheinlichkeit einer Folgefinanzierung verringert. Siehe zudem Fn. 159. 163 Schwienbacher / L arralde, in: Cumming (Hrsg.), Oxford Handbook of Entrepreneurial Finance, 2012, S. 369, 371 f. Vgl. auch die Ergebnisse in der auf teilstrukturierten Interviews basierenden Studie von Gerber / Hui, 20(6) ACM Trans. Comput.-Hum. Interact. 1–32 (2013) sowie Estrin / Gozman / Khavul, 51 Small Bus. Econ. 425, 430 ff. (2018). 164 Belleflamme / L ambert / Schwienbacher, 29 J. Bus. Vent. 585, 602 (2014); Uffmann, JZ 2016, 928, 929.

D. Akteure des Crowd­investing 

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und zur Steigerung der Bekanntheit des Unternehmens und des Produkts eingesetzt werden.165 Die Anleger sind dabei nicht nur potentielle Kunden sondern zugleich auch wichtige Multiplikatoren.166 Weiterhin kann Crowd­investing für Unternehmen die Möglichkeit bieten, Produkttests durchzuführen.167 So kann ein Unternehmen bereits aus dem Erfolg oder Misserfolg der Crowd­investing-Kampagne wichtige Rückschlüsse auf den zukünftigen Erfolg des Produkts oder der Geschäftsidee ziehen. Zudem können Investoren über die von den Crowd­investing-Plattformen zur Verfügung gestellten Kommunikationskanäle unmittelbares Feedback liefern und Verbesserungsvorschläge einbringen.168

II. Crowd­investoren Crowd­investoren169 stellen als Kapitalgeber den kapitalsuchenden Unternehmen im Rahmen des Crowd­investing Kapital zur Verfügung. Erste Untersuchungen zu den Investoren auf der Plattform Innovestment kamen zu dem Ergebnis, dass auf der Plattform registrierte Crowd­investoren durchschnittlich 39 Jahre alt und zu über 90 % männlich sind.170 Beinahe die Hälfte der Investoren war beruflich selbständig und im Bereich der Informationstechnologie, dem Beratungs- oder dem Finanzdienstleistungssektor tätig.171 Außerdem gab die Mehrheit der Investoren an, über Erfahrungen am Kapitalmarkt zu verfügen; über 80 % hatten bereits in Aktien investiert.172 Auch auf anderen Portalen war die überwiegende Anzahl der Investoren männlich.173 Angesichts der relativ hohen Mindestinvestitionssumme von 1.000 Euro zum Untersuchungszeitpunkt auf der Plattform Innovestment dürften die Daten zu den weiteren Eigenschaften der Investoren allerdings nicht 165 Bareiß, ZUM 2012, 456, 457; Uffmann, JZ 2016, 928, 929. Vgl. für eine empirische Untersuchung von Online-Journalismus-Projekten, die nahelegt, dass mit Crowdfunding-Kampagnen ein positiver Marketing-Effekt für das finanzierte Produkt ausgeht, Burtch / Ghose / Wattal, 24 Inf. Syst. Res. 499–519 (2013). 166 Hemer / Schneider / Dornbusch / Frey, Crowdfunding, 2011, S. 77. 167 Vgl. Schwienbacher / L arralde, in: Cumming (Hrsg.), Oxford Handbook of Entrepreneurial Finance, 2012, S. 369, 371 f., 374. 168 Vgl. etwa Herr / Bantleon, DStR 2015, 532; Uffmann, JZ 2016, 928, 929; Hemer / Schneider /  Dornbusch / Frey, Crowdfunding, 2011, S. 77. 169 Die Kapitalgeber im Rahmen einer Crowdinvesting-Finanzierung werden in dieser Arbeit als Crowdinvestoren, Investoren, Anleger oder Kapitalgeber bezeichnet. Die Verwendung unterschiedlicher und, soweit sich nicht aus dem Kontext etwas anderes ergibt, grundsätzlich austauschbarer Begriffe soll die dem jeweiligen Kontext entsprechende Perspektive bzw. Rolle der Crowdinvestoren zum Ausdruck zu bringen. 170 Klöhn / Hornuf, ZBB 2012, 237, 244. 171 Klöhn / Hornuf, ZBB 2012, 237, 244. 172 Klöhn / Hornuf, ZBB 2012, 237, 244. 173 Hainz / Hornuf / Klöhn, Praxiserfahrungen mit den Befreiungsvorschriften des Kleinanlegerschutzgesetzes, 2017, S. 37.

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§ 3 Grundlagen und Charakteristika des Crowdinvesting

ohne Weiteres auf andere Plattformen übertragen werden können.174 Insbesondere die deutlich geringeren Mindestinvestitionssummen von anfänglich 5  Euro auf Companisto und 250 Euro auf Seedmatch175 dürften dazu führen, dass die diese Plattformen nutzenden Anleger tendenziell weniger wohlhabend und weniger qualifiziert waren.176 Die geringen Mindestinvestitionssummen dürften vielmehr geeignet sein, weniger wohlhabende und in finanziellen Fragen unqualifiziertere Personen anzuziehen.177 Dafür spricht auch die Höhe der durchschnittlichen Investitionssumme, die im Untersuchungszeitraum marktweit bei 804 Euro lag.178 Aus der Perspektive der Crowd­investoren dient die Finanzierung des kapitalsuchenden Unternehmens in erster Linie der Erzielung einer Rendite.179 Neben der finanziellen Motivation spielen jedoch häufig auch andere Motive eine Rolle.180 Teilweise möchten Investoren bestimmte Produkte oder Unternehmen fördern. Mit einer Investition kann ferner der Wunsch zur sozialen Interaktion mit anderen Crowd­investoren in sozialen Netzwerken und das Gefühl, Teil einer größeren Community zu sein, verbunden sein.181 Überdies kann die Investition durch einen gewissen Spieltrieb182 oder dem Spaß an der Investition und der Auseinandersetzung mit den verschiedenen Geschäftsmodellen innovativer Unternehmen motiviert sein.183 174

Vgl. dazu Hainz / Hornuf / Klöhn, Praxiserfahrungen mit den Befreiungsvorschriften des Kleinanlegerschutzgesetzes, 2017, S. 37. Für eine im Wesentlichen vergleichbare Teilnehmergruppe indes noch Klöhn / Hornuf, ZBB 2012, 237, 244. 175 Siehe zu den Mindestinvestitionssummen auf verschiedenen Plattformen § 4 B. III. 6.  unten. 176 Vgl. auch Hainz / Hornuf / Klöhn, Praxiserfahrungen mit den Befreiungsvorschriften des Kleinanlegerschutzgesetzes, 2017, S. 37. Schedensack, Crowdinvesting, 2018, S. 133 geht im Ergebnis von einer tendenziell heterogenen Crowd und eher gering qualifizierten Anlegern aus. Seine Argumentation stützt sich im Wesentlichen darauf, dass Anleger ihre Anlageentscheidung überwiegend auf „soft facts“ und weniger auf eine professionelle Analyse von Business Plänen und Chancen und Risiken des Unternehmens stützen. Die Argumentation lässt allerdings außer Acht, dass dieses Verhalten bei einer angenommenen Weisheit der Crowd, jedenfalls aber angesichts der geringen Investitionssummen auch rational sein könnte. 177 So auch Schedensack, Crowdinvesting, 2018, S. 133. 178 Siehe zur Entwicklung der durchschnittlichen Anlagesumme auf verschiedenen Plattformen und marktweit § 4 B. III. 6.  unten. 179 Vgl. etwa Gabison, 13 DePaul Bus. & Comm. L. J. 359, 368 (2015). Zur Motivation der Crowdinvestoren vgl. auch Hemer / Schneider / Dornbusch / Frey, Crowdfunding, 2011, S. 41; Baumann, Crowdinvesting im Finanzmarktrecht, 2014, S. 38 sowie die auf teilstrukturierten Interviews basierende Studie von Gerber / Hui, 20(6) ACM Trans. Comput.-Hum. Interact. 1–32 (2013); generell für Crowdfunding siehe auch Mollick, 29 J. Bus. Ventur. 1, 3 f. (2014). 180 Siehe dazu etwa Agrawal / Catalini / Goldfarb, 14 Innov. Policy Econ. 63, 73 f. (2014); für eine experimentelle Studie zu individuellen Investmententscheidungen der Crowdinvestoren siehe etwa Brem / Wassung, ZfKE 2014, 31.  181 Agrawal / Catalini / Goldfarb, 14 Innov. Policy Econ. 63, 73 f. (2014); Gabison, 13 DePaul Bus. & Comm. L. J. 359, 368 (2015); vgl. auch Schwienbacher / L arralde, in: Cumming (Hrsg.), Oxford Handbook of Entrepreneurial Finance, 2012, S. 369, 374 f. So im Übrigen auch die Ergebnisse der auf teilstrukturierten Interviews basierenden Studie von Gerber / Hui, 20(6) ACM Trans. Comput.-Hum. Interact. 1, 8, 16 (2013). 182 So Weitnauer, GWR 2015, 309, 310. 183 Schwienbacher / L arralde, in: Cumming (Hrsg.), Oxford Handbook of Entrepreneurial Finance, 2012, S. 369, 374; Hemer / Schneider / Dornbusch / Frey, Crowdfunding, 2011, S. 41.

D. Akteure des Crowd­investing 

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III. Crowd­investing-Plattformen Im Mittelpunkt des Crowd­investing stehen die Crowd­investing-Plattformen.184 Diese führen als Intermediäre Emittenten und Anleger zusammen, indem sie aus ihrer Sicht erfolgsversprechende Start-ups auswählen185 und auf ihrer Plattform als Investitionsmöglichkeit für Anleger anbieten. Insoweit erfüllen die Plattformen als Gatekeeper eine Filterfunktion.186 Indem sie Kapitalnehmer und Kapitalgeber vor Vertragsschluss vermitteln tragen sie zur Verringerung von Suchkosten bei.187 Ihnen kommt insoweit auch eine Vermittlungs- und Marktplatzfunktion zu.188 Darüber hinaus übernehmen sie eine Marketingfunktion, indem sie für die Finanzierungen werben.189 Weiterhin bestimmen Plattformen, welche Informationen kapitalsuchende Unternehmen im Vorfeld einer Crowd­investing-Kampagne offenlegen müssen. Sie ermöglichen zudem den Informationsaustausch zwischen kapitalsuchendem Unternehmen und Investoren und tragen so durch die Bereitstellung von Kommunikationskanälen zur Reduzierung von Informationsdefiziten bei.190 Neben dieser Funktion als Informationsintermediär191 stellen Crowd­investing-Plattformen die erforderliche Finanzierungsinfrastruktur zur Verfügung. Über die genannten Funktionen hinaus entwickeln Crowd­investing-Plattformen auch die von Crowd­investoren und kapitalsuchenden Unternehmen abzuschließenden Finanzierungsverträge. Damit bieten Crowd­investing-Plattformen neben dem zu vermittelnden Start-up als Investitionsobjekt auch ihr eigenes Investment-Produkt in Form des entsprechenden Finanzierungsvertrages an.192 Mit diesem Finanzprodukt treten sie in Konkurrenz zu anderen Plattformen. Crowd­investing-Plattformen haben somit zugleich eine entscheidende Rolle als „Klauselproduzenten“.193 Für die Vermittlung der Crowd­investing-Verträge erhalten Crowd­investingPlattformen regelmäßig eine Provision. Die Provisionen und Gebühren der Plattformen können sich aus verschiedenen Elementen zusammensetzen.194 Neben einer 184

In der vorliegenden Arbeit auch als Crowdinvesting-Portale bezeichnet. Zur Rolle der Crowdinvesting-Plattformen vgl. etwa Klöhn / Hornuf, ZBB 2012, 237, 245 f.; vgl. ferner Belle­ flamme / L ambert / Schwienbacher, 29 J. Bus. Ventur. 585, 602 (2014). 185 Für empirische Erkenntnisse zum Auswahlprozess der Crowdinvesting-Portale siehe Löher, 19 Venture Capital 51–74 (2017). Dazu auch Klöhn / Hornuf, ZBB 2012, 237, 245. 186 Zur Funktion der Crowdinvesting-Plattformen als Gatekeeper vgl. bereits Klöhn / Hornuf, ZBB 2012, 237, 264 f.; ferner auch Riethmüller, DB 2015, 1451, 1453; Casper, ZBB 2015, 265, 280. 187 Vgl. Klöhn / Hornuf, ZBB 2012, 237, 256. 188 Im Hinblick auf Crowdlending-Plattformen siehe Renner, ZBB 2014, 261, 271. 189 Vgl. dazu Klöhn / Hornuf, ZBB 2012, 237, 245. Im Hinblick auf Crowdlending-Plattformen siehe Renner, ZBB 2014, 261, 271. 190 Im Hinblick auf Crowdlending-Plattformen siehe Renner, ZBB 2014, 261, 271. 191 Renner, ZBB 2014, 261, 271 für Vermittlungsplattformen im Bereich des P2P-Lending. 192 Siehe dazu § 10 A. III. 1. unten. 193 Dazu und zu dem Begriff bereits Klöhn / Hornuf / Schilling, ZBB 2016, 142, 147. 194 Im Zusammenhang mit der Finanzierung des Start-ups Cogia (Beteiligungsvertrag in Form eines partiarischen Nachrangdarlehens zur Finanzierung des Start-ups Cogia, Dezember

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§ 3 Grundlagen und Charakteristika des Crowdinvesting

festen, volumenunabhängigen Platzierungsgebühr erhalten Plattformen regelmäßig eine Emissionsgebühr bei erfolgreichem Abschluss einer Finanzierung. Diese ist regelmäßig von dem tatsächlich erreichten Emissionsvolumen abhängig. Darüber hinaus lassen sich einige Plattformen zusätzlich einen Anteil des von den Crowd­ investoren erzielten Gewinns abtreten. Damit partizipieren die Plattformbetreiber mit den Crowd­investoren am Erfolg der finanzierten Unternehmen.

E. Chancen und Risiken des Crowd­investing  I. Chancen Crowd­investing wird ein ernstzunehmendes Potential als neue Finanzierungsform, insbesondere für Start-up-Unternehmen, aber auch für KMU, zugeschrieben, welches sich positiv auf die Volkswirtschaft auswirken kann. Zudem kann Crowd­ investing die Kapitalallokation „demokratisieren“ und führt unter Nutzung der Weisheit der Vielen möglicherweise zu einer effizienteren Preisbildung. Weiterhin könnte es den Innovationsprozess sowie die Selektion von zu finanzierenden Ideen revolutionieren und gleichzeitig als Mechanismus zur Lösung von Kollektivhandlungsproblemen dienen. Nicht zuletzt ermöglicht Crowd­investing Kleinanlegern einen Zugang zu einem bisher so nicht verfügbaren Anlagesegment. 1. Alternative Finanzierungsform, Schließung des early stage funding gaps und gesamtwirtschaftliche Auswirkungen Gerade für die Frühphasenfinanzierung von Start-up-Unternehmen kann Crowd­investing als alternative Finanzierungsquelle ein weiterer Baustein in dem bestehenden Finanzierungsmix aus Kapital von Freunden und Familie, staatlichen Förderprogrammen, Acceleratoren, Business Angels und Venture Capital Fonds sein.195 Aufgrund der viel beklagten Finanzierungslücke bis zur Banken- und VCFinanzierung196 können eine Vielzahl von Projekten und Ideen häufig nicht finan2016) verlangte Companisto etwa die folgenden Gebühren: Von dem finanzierten Unternehmen: (1) Eine platzierungsabhängige Provision in Höhe von „bis zu zehn Prozent“ des eingesammelten Kapitals, bei erfolgreichem Abschluss der Finanzierung. (2) Eine Verwaltungspauschale in Höhe von 2.000 Euro pro Jahr solange die Laufzeit der Crowdinvesting-Verträge nicht beendet ist. Die Anleger mussten zudem von allen erzielten Erträgen (mit Ausnahme der Rückzahlung des Darlehensbetrages und der jährlichen Festverzinsung in Höhe von 1 %) eine Gewinnbeteiligung von 10 % an Companisto abtreten (sog. Carried Interest). 195 Zu den Finanzierungsquellen siehe bereits § 2 B. II. 2. d) oben. Vgl. auch Meschkowski /  Wilhelmi, BB 2013, 1411, 1411; Belleflamme / L ambert / Schwienbacher, 29 J. Bus. Vent. 585, 586 (2014). 196 Siehe dazu etwa Mason / Harrison, 7 Small Bus. Econ. 153–172 (1995). Für einen generellen Überblick über die Diskussion zur Existenz und Ausmaß eines Funding Gaps siehe Cressy, 112 Econ. J. F1-F16 (2002).

E. Chancen und Risiken des Crowd­investing  

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ziert werden.197 Dies kann zu weniger Innovation und einem geringeren Wachstum der entsprechenden Volkswirtschaften führen. Infolge der Finanzmarktkrise wurden diese Finanzierungsschwierigkeiten noch verschärft.198 Crowd­investing kann dazu beitragen, diese Finanzierungslücke zu schließen oder zu verkleinern.199 Daneben kommt Crowd­investing auch als Finanzierungsalternative für den deutschen Mittelstand und zur Schließung der Eigenkapitallücke von KMU in Betracht.200 Gesamtwirtschaftlich kann Crowd­investing somit auf verschiedenen Ebenen als alternative Finanzierungsquelle zu mehr Wachstum sowie der Schaffung von Arbeitsplätzen beitragen.201 Aus volkswirtschaftlicher Perspektive sind Unternehmen allerdings nur dann finanzierungswürdig, wenn sie einen positiven Kapitalwert aufweisen und somit tatsächlich zum Wachstum der Volkswirtschaft beitragen.202 Voraussetzung dafür, dass Crowd­investing insoweit einen volkswirtschaftlichen Mehrwehrt ge­ 197

Siehe dazu § 2 B. II. 2. d) oben. Junge Start-up-Unternehmen haben grundsätzlich Schwierigkeiten, ausreichende externe Finanzierungsquellen, sei es in Form von Bankkrediten oder als Eigenkapital, zu erschließen, vgl. dazu nur Belleflamme / L ambert / Schwienbacher, 29 J. Bus. Ventur. 585, 586 (2014); Berger / Udell, 68 J. Bus. 351–381 (1995); Cassar, 19 J. Bus. Ventur. 261–283 (2004); Cosh / Cumming / Hughes, 119 Econ. J. 1494–1533 (2009). Aus diesem Grund werden viele erfolgsversprechende Projekte nicht finanziert und bleiben unrealisiert. Vgl. dazu und zu den Finanzierungsschwierigkeiten von Start-up-Unternehmen auch Belleflamme / L ambert / Schwienbacher, J. Bus. Ventur. 29 (2014), 585, 586; Hellmann, 16 J. Econ. Manag. Strateg. 81–109 (2007). 198 Die empirische Untersuchung von Block / Sandner, 11 Venture Capital 295–309 (2009) zeigt etwa einen 20-prozentigen Rückgang der Venture Capital-Investments in US-amerikanische Internet-Start-ups im Rahmen von späteren Finanzierungsrunden im Zusammenhang mit der Finanzkrise. 199 Vgl. Meschkowski / Wilhelmi, BB 2013, 1411, 1411. Im Hinblick auf Crowdfunding allgemein Bradford, 2012 Colum. Bus. L. Rev. 1, 103 f. (2012); Heminway / Hoffman, 78 Tenn. L. Rev. 879, 931 (2011); Pope, 13 U. Pa. J. Bus. L. 973, 985 (2011); Schmitt / Doetsch, BB 2013, 1451, 1452. 200 So auch die Europäische Kommission, Commission Staff Working Document, Crowd­ funding in the EU Capital Markets Union, 03. 05. 2016, SWD(2016) 154 (final), S. 4. Zu Crowdsourcing als Chance für mittelständische Unternehmen vgl. etwa Richter / Seidler-de Alwis / Jötten, ZfKE 2014, 1 ff. Siehe aber auch Oehler / Horn / Wendt, CF 2018, 1, 7, die darauf hinweisen, dass Finanzierungen über Crowdinvesting-Plattformen von Mittelstandsunternehmen bislang kaum praktiziert werden, vgl. dazu Fn. 154. 201 Lawton / Marom, The Crowdfunding Revolution, 2010, S. 186 sowie S. 203: Crowdfunding „has the potential to be one of the most powerful economic and job growth creation engines in our history“. Vgl. auch Klöhn / Hornuf, ZBB 2012, 237, 258; Meschkowski / Wilhelmi, BB 2013, 1411, 1411; Heminway / Hoffman, 78 Tenn. L. Rev. 879, 931 ff. (2011); Pope, 13 U. Pa. J. Bus. L. 973, 985 (2011); ferner Europäische Kommission, Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen, Freisetzung des Potenzials von Crowdfunding in der Europäischen Union, 27. 03. 2014, COM(2014) 172 final, S. 6. 202 Klöhn / Hornuf, ZBB 2012, 237, 255. Vgl. dazu auch Fisch, 2 J. Small & Emerging Bus. L. 57, 63 (1998), die infrage stellt, dass die Finanzierungsschwierigkeiten von small businesses auf ein Marktversagen, sondern vielmehr auf das hohe Risiko und den möglicherweise nicht ausreichenden Kapitalwert zurückzuführen sind.

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§ 3 Grundlagen und Charakteristika des Crowdinvesting

neriert, ist daher, dass solche (Start-up-)Unternehmen mittels Crowd­investing eine Finanzierung erhalten, die sie ohne Crowd­investing nicht erhalten würden, obwohl sie einen positiven Kapitalwert aufweisen.203 Crowd­investing müsste also herkömmlichen Finanzierungsformen in gewisser Hinsicht überlegen sein. Ein Grund, warum Crowd­investing die Ursachen der bestehenden Finanzierungslücken möglicherweise besser lösen kann als herkömmliche Finanzierungsformen, könnte darin liegen, dass Crowd­investing Transaktionskosten204 reduziert.205 Indem beim Crowd­investing das spezifische Wissen der potentiellen Investoren – u. a. über das Gründerteam und das Geschäftskonzept des Unternehmens, ggf. aber auch über die Nachfragesituation eines bestimmten Produkts – gebündelt wird, kann die Investitionsentscheidung unter Umständen kostengünstiger erfolgen als dies bei herkömmlichen Investoren möglich ist.206 Da Crowd­investing-Plattformen zwar eine Vorauswahl über die angebotenen Unternehmen treffen, die endgültige Investitionsentscheidung aber durch die Anleger erfolgt, könnte Crowd­investing zudem zu einer Reduzierung von Agenturkosten führen.207 Weiterhin könnten Crowd­investing-Plattformen dazu beitragen, dass geographische Hürden überwunden werden, und damit Suchkosten reduzieren.208 Treffen diese Annahmen zu, spricht viel dafür, dass Crowd­investing nicht nur zu einer Finanzierung von nicht finanzierungswürdigen Projekten mit negativem Kapitalwert, sondern zu volkswirtschaftlichem Wachstum beiträgt.209 2. Demokratisierung der Kapitalallokation und „Weisheit der Vielen“ Indem Finanzierungslücken, denen bisher zum Teil durch staatliche Förderung begegnet wird, geschlossen werden, bietet Crowd­investing auch die Chance staatliche Förderungen junger Unternehmen weitgehend entbehrlich zu machen oder diese jedenfalls zu ergänzen.210 Neben dem fiskalischen Vorteil211 kann Crowd­ investing zu einer grundlegenden Veränderung des herkömmlichen Kapitalalloka 203

Klöhn / Hornuf, ZBB 2012, 237, 255. Zu Transaktionskosten siehe ausführlich § 2 A. IV. oben. Zur Reduzierung von Such- und Informationskosten bei der Finanzierung von small businesses durch internet offerings vgl. Fisch, 2 J. Small & Emerging Bus. L. 57, 58 (1998). 205 Ausführlich dazu Klöhn / Hornuf, ZBB 2012, 237, 256 f. 206 Vgl. Klöhn / Hornuf, ZBB 2012, 237, 256. 207 Dazu Klöhn / Hornuf, ZBB 2012, 237, 256. 208 Klöhn / Hornuf, ZBB 2012, 237, 257. Vgl. dazu etwa die Studie zur Bedeutung geographischer Distanz für Investments im Rahmen von Early Stage-Finanzierungen von Agrawal /  Catalini / Goldfarb, 24 J. Econ. Manag. Strateg. 253–274 (2015), die zu dem Ergebnis kommt, dass durch die geographische Entfernung zwischen Kapitalgeber und Kapitalnehmer bestehende Hürden durch Online-Mechanismen reduziert werden können. 209 Klöhn / Hornuf, ZBB 2012, 237, 255. 210 Vgl. dazu Klöhn / Hornuf, ZBB 2012, 237, 239. 211 Klöhn / Hornuf, ZBB 2012, 237, 239. 204

E. Chancen und Risiken des Crowd­investing  

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tionsmechanismus führen.212 An die Stelle der staatlichen Entscheidung über die Förderungswürdigkeit eines Projekts oder der Finanzierungsentscheidung eines Business Angels oder Venture Capital-Fonds tritt die Allokation von Finanzmitteln durch den kollektiven Willen der Crowd213 bzw. die Weisheit der Vielen.214 Aus volkswirtschaftlicher Perspektive ist dies vor allem dann erstrebenswert, wenn Crowd­investing infolge der Weisheit der Vielen traditionellen Finanzierungskanälen und Kapitalgebern bei der Bewertung von Start-up-Unternehmen überlegen ist.215 Eine Ursache dafür könnte in der Heterogenität der Anleger begründet sein, was dazu führen kann, dass mehr Informationen in die Preisbildung einfließen können als dies bei professionellen Anlegern der Fall wäre.216

3. Revolution des Innovationsprozesses und Lösung von Kollektivhandlungsproblemen Eine weitere Chance könnte darin liegen, dass Crowd­investing dazu beiträgt, dass die Selektion von Ideen jeglicher Art – gewissermaßen demokratisiert – durch kollektive Entscheidungsmechanismen erfolgt und so eine Revolution des Innovationsprozesses begründet wird.217 Dies könnte vor allem Kollektivhandlungspro-

212 Lawton / Marom, The Crowdfunding Revolution, 2010, S. 1, 172; ferner Klöhn / Hornuf, ZBB 2012, 237, 239. 213 Lawton / Marom, The Crowdfunding Revolution, 2010, S. 2, 33, 172 f. 214 Zum Begriff siehe § 1, Fn. 9. 215 Klöhn / Hornuf, ZBB 2012, 237, 257. Vgl. dazu etwa Mollick / Nanda, 62 Manag. Sci. 1533–1553 (2014), die für eine Stichprobe von Crowdfunding-Finanzierungen von Theaterprojekten etwa zu dem Ergebnis kommen, dass die Finanzierungsentscheidungen der Crowd mit denen traditioneller Kapitalgeber (experts) in qualitativer Hinsicht vergleichbar ist. 216 Ausführlich Klöhn / Hornuf, ZBB 2012, 237, 257. Hakenes / Schlegel, Exploiting the Financial Wisdom of the Crowd – Crowdfunding as a Tool to Aggregate Vague Information (1. August 2014), abrufbar unter https://papers.ssrn.com/abstract=2475025, zeigen etwa, dass Investoren im Crowdinvesting bereit sind, private Informationen über ihre eigenen Präferenzen (z. B. über das zu finanzierende Produkt) offenzulegen, die für sich genommen eine Finanzierung noch nicht rechtfertigen würden. Angesichts des Alles-oder-Nichts-Ansatzes (vgl. zu diesem Begriff Bareiß, ZUM 2012, 456, 459) wird die Finanzierungszusage des Einzelinvestors für diesen nur verbindlich, wenn weitere Investoren die gleichen Präferenzen offenlegen, indem sie sich für die Finanzierung entscheiden und damit die Fundingschwelle erreicht wird. Die für sich genommen unzureichenden Informationen der Einzelnen ermöglichen in aggregierter Form eine wohlfahrtssteigernde Entscheidung über die Finanzierungswürdigkeit eines Projekts oder Start-ups. Gegen eine Entfaltung der „Weisheit der Vielen“ könnte allerdings sprechen, dass die Auswahl finanzierungswürdiger Start-ups durch die Crowd nicht auf unabhängigen Einzelentscheidungen der Investoren beruht, sondern vielmehr durch Herdenverhalten getrieben sein könnte. Dazu Cumming / Hornuf, in: Cumming / Hornuf (Hrsg.), The Economics of Crowdfunding, 2018, S. 1, 4. Zu Indikationen für die Existenz strategischen und rationalen Herdenverhaltens der Investoren im Bereich des Crowdlending siehe auch Herzenstein /  Dholakia / Andrews, 25 J. Interact. Advert. 27–36 (2011). 217 Vgl. Lawton / Marom, The Crowdfunding Revolution, 2010, S. 48 ff.

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§ 3 Grundlagen und Charakteristika des Crowdinvesting

bleme im Zusammenhang mit Produkten mit Eigenschaften von Gemeinschaftsgütern (public goods)218 lösen.219 Gemeinschaftsgüter zeichnen sich durch die Nicht-Ausschließbarkeit ihrer Konsumenten, d. h. eine aus ökonomischen, technologischen, institutionellen oder normativen Gründen nicht mögliche Zuweisung oder Durchsetzbarkeit von Nutzungsoder Eigentumsrechten, und die Nicht-Rivalität im Konsum aus, d. h. der Konsum eines Konsumenten schließt den eines anderen nicht aus.220 Da es für den Einzelnen rational ist, keinen finanziellen Beitrag zur Schaffung von Gemeinschaftsgütern zu leisten, werden Öffentliche Güter infolge dieses Trittbrettfahrerverhaltens (free riding) nicht von privaten Unternehmen hergestellt, sondern erfordern üblicherweise eine staatliche Finanzierung.221 Angesichts der Tatsache, dass viele Crowd­investing-Anleger neben ihrem Finanzierungs- bzw. Renditeinteresse auch ein Konsuminteresse an den finanzierten Produkten bzw. den diese herstellenden Start-ups haben, könnte Crowd­investing geeignet sein, genau diese Kollektivhandlungsprobleme in Bezug auf Produkte mit Eigenschaften von Gemeinschaftsgütern (public goods) zu lösen.222 Ist der Crowd­ investing-Prozess so ausgestaltet, dass ein Projekt erst dann finanziert wird, wenn eine bestimmte Anzahl an Anlegern eine bestimmte Mindeststumme zugesagt hat,223 könnten Konsumenten ihre Finanzierungszusage davon abhängig machen, dass sich auch andere Investoren zur Finanzierung des Start-ups verpflichten.224 4. Zugang zu einem neuen Anlagesegment für Kleinanleger Auch aus der Perspektive der Kapitalgeber bietet Crowd­investing Chancen.225 Kleinanleger erhalten mit der neuen Anlageform einen einfachen Zugang zu Risikokapital-Anlagen.226 Bislang stand Kleinanlegern diese Anlageklasse in der Regel nur über Beteiligungen an Risikokapitalgebern und erst ab einer gewissen Investitionssumme zur Verfügung. Mittels Crowd­investing können Kleinanleger bereits 218 Grundlegend zu public goods Olson, The Logic of Collective Action: Public Goods and the Theory of Groups, 1965, S. 28. 219 Vgl. dazu Klöhn / Hornuf, ZBB 2012, 237, 258. 220 Olson, The Logic of Collective Action: Public Goods and the Theory of Groups, 1965, S. 28. 221 Klöhn / Hornuf, ZBB 2012, 237, 258; Mankiw / Taylor, Grundzüge der Volkswirtschaftslehre, 6. Aufl., 2016, S. 311 ff. 222 Vgl. dazu Klöhn / Hornuf, ZBB 2012, 237, 258. 223 So das überwiegend praktizierte „Alles-oder-Nichts-Prinzip“, dazu etwa Bareiß, ZUM 2012, 456, 459. 224 Klöhn / Hornuf, ZBB 2012, 237, 258. 225 Vgl. dazu und zum Folgenden Klöhn / Hornuf, ZBB 2012, 237, 239; Cumming / Hornuf, in: Cumming / Hornuf (Hrsg.), The Economics of Crowdfunding, 2018, S. 1, 4. 226 Vgl. dazu auch Bader, WM 2014, 2249, 2249; Agrawal / Catalini / Goldfarb, 14 Innov. Policy Econ. 63, 73 (2014).

E. Chancen und Risiken des Crowd­investing  

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geringe Beträge mit geringen Transaktionskosten direkt in innovative Projekte und Start-ups investieren. Kleinanleger haben so die Chance, an der Entwicklung von Wachstumsunternehmen zu partizipieren und ihr privates Investmentportfolio um eine Anlageklasse zu erweitern und weiter zu diversifizieren.

II. Risiken Den Chancen, die Crowd­investing kapitalsuchenden Unternehmen und damit der Volkswirtschaft bietet, stehen zahlreiche spezifische Risiken für Anleger gegenüber.227 1. Risiken von Venture Capital-Investments Zunächst ist die Investition in Start-up-Unternehmen naturgemäß hochspekulativ.228 Der Wert eines Start-ups basiert im Wesentlichen auf einer Idee. Ob und wie sich diese Idee tatsächlich umsetzen lässt, ist zum Zeitpunkt der Investitionsentscheidung noch weitgehend ungewiss. Neben der Idee kommen dem Gründerteam und seiner Fähigkeit zur Umsetzung der Idee eine herausragende Bedeutung zu. Die anzutreffenden Gründer sind häufig jung, unerfahren und risikoaffin.229 Der Erfolg eines Start-ups hängt zudem von zahlreichen weiteren Faktoren wie etwa externen marktbedingten Faktoren ab. Das Ausfallrisiko der Anleger, d. h. das Risiko eines Totalverlusts des Anlagebetrages, ist infolgedessen entsprechend hoch.230 In einer 2010 veröffentlichten Studie, die die Erfolgswahrscheinlichkeit von risikokapitalfinanzierten Neugründungen in den USA zwischen 1986 und 2000 untersuchte, betrug die Erfolgswahrscheinlichkeit der untersuchten Startup-Unternehmen lediglich 25,7 %.231 Problematisch wird das Risikoprofil von Start-up-Investitionen im Rahmen des Crowd­investing insbesondere dann, wenn Crowd­investoren aufgrund unzureichender Qualifikation die Risiken nicht richtig einschätzen können und infolgedessen keine eigenverantwortliche und informierte Anlageentscheidung treffen.232 227

Vgl. dazu insgesamt Klöhn / Hornuf, ZBB 2012, 237, 258 f. Vgl. etwa Klöhn / Hornuf, ZBB 2012, 237, 258. 229 Klöhn / Hornuf, ZBB 2012, 237, 258; Meschkowski / Wilhelmi, BB 2013, 1411, 1412. 230 Vgl. Klöhn / Hornuf, ZBB 2012, 237, 258; Bradford, 2012 Colum. Bus. L. Rev. 1, 105 ff. (2012); Meschkowski / Wilhelmi, BB 2013, 1411, 1411. 231 Gompers / Kovner / L erner / Scharfstein, 96 J. Fin. Econ. 18–32 (2010) untersuchten einen Datensatz von 3.796 risikokapitalfinanzierten Neugründungen in den USA zwischen 1986 und 2000. Von einer erfolgreichen Neugründung gingen sie aus, wenn das Unternehmen bis Dezember 2007 an die Börse gebracht wurde. Gompers / Kovner / L erner / Scharfstein konnten ferner zeigen, dass die Unternehmen von Seriengründern mit 36,7 % eine deutlich höhere Erfolgswahrscheinlichkeit hatten und die Erfahrung der Gründer insofern einen erheblichen Einfluss auf die Erfolgswahrscheinlichkeit hatte. Zu der Erfolgswahrscheinlichkeit von Investitionen in Start-up-Unternehmen siehe zudem bereits § 2 B. II. 2. c) oben. 232 Vgl. dazu auch Schedensack, Crowdinvesting, 2018, S. 189. 228

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§ 3 Grundlagen und Charakteristika des Crowdinvesting

2. Betrugsrisiko Zum Teil wird Crowd­investing generell als besonders betrugsanfällig beschrieben.233 Träfe dies zu, würden die infolge der oben beschriebenen Vorteile des Crowd­investing reduzierten Finanzierungskosten möglicherweise durch das antizipierte Betrugsrisiko und die infolgedessen entsprechend erhöhten Kapitalkosten kompensiert werden oder gar noch höher ausfallen.234 Angesichts der Kommunikationsmöglichkeiten der Anleger über Crowd­investing-Plattformen spricht allerdings Einiges dafür, dass die Aufdeckungswahrscheinlichkeit von Betrug bzw. Betrugsversuchen im Vergleich zu anderen Kapitalanlagen relativ hoch ist.235 3. Interessenkonflikte zwischen Crowd­investing-Plattformen und Anlegern Ein weiteres Risiko könnte sich aus potentiellen Interessenkonflikten zwischen Crowd­investing-Plattformen und Anlegern ergeben. Die Attraktivität von Crowd­investing-Plattformen dürfte u. a. auch von der Anzahl und der Frequenz der auf den Plattformen zur Finanzierung angebotenen Start-up-Unternehmen abhängen.236 Soweit die Geschäftsmodelle der Crowd­investing-Plattformen eine Provision für die erfolgreiche Vermittlung einer Finanzierung vorsehen und die Plattformen nicht am Erfolg der Start-up-Unternehmen partizipieren, haben die Plattformen zumindest kurz- bis mittelfristig ein Interesse daran, möglichst viele Unternehmen zu finanzieren.237 Ein Interesse an der Profitabilität oder an einem überdurchschnittlichen Kapitalwert der angebotenen Start-ups dürften die Plattformen zunächst nicht haben.238 Hinzu kommt, dass es generell nur eine begrenzte Anzahl an Start-ups mit einem positiven oder gar überdurchschnittlichen Kapital 233 Vgl. etwa Coates in seiner Stellungnahme vor dem Banking Committee des US-Senats vom 14. 12. 2011, Testimony of John C. Coates IV Before the U. S. Senate Subcommittee on Securities, Insurance and Investment on Proposed Securities Law Reforms (December 14, 2011), abrufbar unter https://ssrn.com/abstract=1973258, S. 11: „The entirety of the crowd­ financing concept suggests nothing to me so much as a catchy, high-risk, and very possibly fraudulent investment scheme. It might work. It might turn out to be a neat new thing. Or it might turn out to be mostly a cheaper, better vehicle for fraud […].“ Zum Betrugsrisiko siehe auch Hazen, 90 N. C. L. Rev. 1735, 1763 ff. (2011–2012); Bradford, 2012 Colum. Bus. L. Rev. 1, 105 f. (2012); ferner Meschkowski / Wilhelmi, BB 2013, 1411, 1412; Aramendia / Spinner, ZFGK 11/2014, 558, 558 f.; Baumann, Crowdinvesting im Finanzmarktrecht, 2014, S. 211, die zudem ein Geldwäscherisiko sieht; Heminway / Hoffman, 78 Tenn. L. Rev. 879, 935 ff. (2011). 234 Vgl. Coates, Testimony Before the U. S. Senate Subcommittee on Securities, Insurance and Investment on Proposed Securities Law Reforms (December 14, 2011), S. 3. 235 Klöhn / Hornuf, ZBB 2012, 237, 259; Bradford, 2012 Colum. Bus. L. Rev. 1, 113 (2012). 236 Zum Crowdinvesting-Markt als two-sided market und resultierenden Netzwerkeffekten siehe auch § 10 A. III. unten. 237 Zu den Provisionen der Crowdinvesting-Plattformen siehe etwa § 3, Fn. 194. Vgl. ferner Klöhn / Hornuf, ZBB 2012, 237, 258. 238 Klöhn / Hornuf, ZBB 2012, 237, 258 f.

E. Chancen und Risiken des Crowd­investing  

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wert gibt.239 Je mehr Konkurrenz zwischen den am Markt befindlichen Crowd­ investing-Plattformen stattfindet, desto schwieriger dürfte es für diese werden, „gute“ Start-ups anzuziehen.240 Folglich wird der Anreiz verstärkt, auch Finanzierungen für unterdurchschnittliche Start-ups anzubieten. Außerdem dürfte die Konkurrenz der Crowd­investing-Plattformen zusammen mit dem Zufluss des bisher nicht vorhandenen Kapitals der Anleger (d. h. das erhöhte Angebot an Kapital) zu einer generell höheren Bewertung der Start-ups führen, die gerade nicht auf einem höheren Kapitalwert basiert (money chasing deals).241 Der zu hohe Einstiegspreis würde schließlich zu einer reduzierten Rendite der Anleger führen. 4. Crowd­investing-Markt als Market for Lemons und Moral Hazard Informationsasymmetrien sind in Finanzierungsbeziehungen im Zusammenhang mit Start-up-Unternehmen in besonderem Maße ausgeprägt.242 Start-up-Unternehmen haben keine Unternehmenshistorie. Das Gründerteam konnte seine Fähigkeiten in der Regel bislang noch nicht beweisen. Der Markttest und die Entscheidung über die Umsetzbarkeit der Idee bzw. des Produkts des Start-ups stehen ebenfalls noch aus. Diese Faktoren und damit die Erfolgschancen und das Risiko des Startups sowie dessen Kapitalwert können von den Gründern deutlich besser eingeschätzt werden als von Anlegern.243 Diese vorvertraglichen Informationsasymmetrien können dazu führen, dass Investoren erfolgsversprechende Start-ups nicht von schlechten unterscheiden können und es zu einer systematischen Negativauslese der angebotenen Start-ups (adverse selection) kommt. In der Folge besteht die Gefahr, dass sich der Crowd­investing Markt zu einem market for lemons entwickelt,244 239

Klöhn / Hornuf, ZBB 2012, 237, 259. Klöhn / Hornuf, ZBB 2012, 237, 259. 241 Siehe hierzu etwa Gompers / L erner, 55. J. Fin. Econ. 281–325 (2000), die im Hinblick auf Venture Capital Fonds zeigen konnten, dass ein Kapitalzufluss in Venture Capital Fonds signifikante Auswirkungen auf die Bewertung von Investments hatte. Die Studie legt nahe, dass der Nachfragedruck bei hohem Kapitalangebot zu einer Erhöhung der Preise (d. h. der Bewertung) führt. 242 Vgl. dazu § 6 A. unten. Ferner Fisch, 2 J. Small & Emerging Bus. L. 57, 61 (1998); Gilson, 55 Stan. L. Rev. 1067, 1076 f. (2003). 243 Gilson, 55 Stan. L. Rev. 1067, 1076 f. (2003); siehe auch Klöhn / Hornuf, ZBB 2012, 237, 255 f. 244 Als market for lemons wird ein Markt bezeichnet, der durch das Vorhandensein asymmetrischer Informationen zwischen Käufer und Verkäufer gekennzeichnet ist. Da die Käufer keine ausreichenden Informationen über die Qualität der angebotenen Produkte besitzen, gehen sie von einer schlechteren Qualität aller Produkte aus und sind daher nur bereit den einem schlechteren Produkt entsprechenden Preis zu bezahlen. Anbieter von Produkten höherer Qualität sind nicht mehr in der Lage, den für ihre Produkte angemessenen Preis zu erzielen und verlassen daher den Markt. Dies führt dazu, dass letztlich nur noch schlechte Produkte (lemons) angeboten werden. Vgl. dazu grundlegend Akerlof, 84 Q. J. Econ. 488 (1970). Zur Problematik im Hinblick auf den amerikanischen Crowdfunding Markt und Title III des JOBS Act siehe Ibrahim, 100 Minn. L. Rev. 561–607 (2015). Siehe ferner bereits § 2 A. V. 3. a) oben. 240

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§ 3 Grundlagen und Charakteristika des Crowdinvesting

einem Markt, auf dem nur noch die allerschlechteste Qualitätsklasse an kapitalsuchenden Unternehmen vorzufinden ist.245 Die beschriebenen Informationsasymmetrien bestehen auch nach der Entscheidung der Anleger für die Finanzierung eines Start-up-Unternehmens fort: Anleger kennen weder das Verhalten der Unternehmensgründer und der Mitarbeiter der Start-ups noch alle zur Beurteilung des Erfolgs des Start-ups notwendigen Informationen wie zum Beispiel die Entwicklung des Gesamtmarktes. Die hierdurch entstehenden Verhaltensspielräume führen zusammen mit den Interessenkonflikten zu dem Risiko opportunistischer Verhaltensweisen der Gründer (moral hazard).246 Die Gründer haben einen Anreiz, ihre persönlichen Ziele auf Kosten der Anleger zu verfolgen.247 5. Risiko Vertragsgestaltung Die Gestaltung der Finanzierungsverträge im Bereich des Crowd­investing ist in mehrfacher Hinsicht für den Erfolg eines Investments ausschlaggebend. Auf dem deutschen Crowd­investing-Markt werden keine einheitlichen, auf gesetz­ lichen Institutionen beruhenden Unternehmensbeteiligungen vermittelt. Anleger erhalten keine Eigenkapitalposition, sondern eine vertraglich vereinbarte virtuelle Beteiligung.248 Diese vermittelten Vermögensanlagen bewegen sich in einem Bereich ausgesprochen hoher Vertragsfreiheit.249 Die die Vermögensanlagen begründenden Finanzierungsverträge werden zudem nicht zwischen den Parteien ausgehandelt. Es kommen vielmehr Standardverträge zum Einsatz, die von den Crowd­investing-Plattformen als Klauselproduzenten entwickelt und zur Verfügung gestellt werden.250 Die Vertragsbedingungen werden als Allgemeine Geschäftsbedingungen Vertragsbestandteil. Crowd­investing-Plattformen vermitteln somit nicht nur „Beteiligungen“ an Start-up-Unternehmen, sondern bieten zugleich ihr eigenes Finanzprodukt an.251 Unabhängig vom Erfolg des finanzierten Start-upUnternehmens kann die Kapitalanlage des Kapitalgebers nur so erfolgreich sein, wie das Finanzprodukt diesen Erfolg abbildet. Ein entscheidendes Risiko der Anleger besteht somit darin, dass Crowd­investingVerträge den Erfolg der Start-ups nicht hinreichend abbilden. Weiterhin besteht

245

Vgl. etwa Moedl, The Crowd for Lemons: Venture Investors’ Perceptions of an Equity Pecking Order, 1. August 2019, https://doi.org/10.5465/AMBPP.2019.176 und Fn. 159 oben. 246 Siehe bereits § 2 A. V. oben sowie ausführlich § 6 A. III. unten. 247 Vgl. dazu auch Klöhn / Hornuf, ZBB 2012, 237, 256. 248 Zur Vertragsgestaltung auf dem Crowdinvesting-Markt siehe ausführlich § 8 unten. 249 Siehe auch Klöhn / Hornuf / Schilling, ZBB 2016, 142, 145. 250 Siehe dazu § 3 D. III. oben sowie § 10 A. III. unten. Ferner bereits Klöhn / Hornuf / Schilling, ZBB 2016, 142, 147. 251 Siehe dazu § 10 A. III. unten.

F. Politische Wahrnehmung und Regulierungsbestrebungen 

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das Risiko, dass die von den Crowd­investing-Plattformen angebotenen Finanzierungsverträge keine hinreichenden Mechanismen bieten, um den bestehenden Informationsasymmetrien und den daraus folgenden Fehlanreizen zu begegnen. Angesichts des ausgeprägten Maßes an Unsicherheit, Interessenkonflikten, Informationsasymmetrien und Agenturkosten im Zusammenhang mit der Finanzierung von Start-up-Unternehmen bzw. Venture Capital,252 kommt der Vertragsgestaltung auch insofern eine herausragende Bedeutung zu.253 Optimale Finanzierungsverträge adressieren die vorgenannten Probleme, indem sie entsprechende Organisations- und Anreizstrukturen schaffen sowie Monitoring-Rechte begründen.254 Tragen die Finanzierungsverträge den genannten Punkten hingegen nicht ausreichend Rechnung, werden die Möglichkeiten der Gründer zu opportunistischem Verhalten zu Lasten der Anleger möglicherweise noch vertraglich erweitert. Als Beispiel seien nur einseitige Kündigungsrechte der Gründer zur Beendigung des Finanzierungsvertrages vor einem Exit oder Möglichkeiten zur Verwässerung der Beteiligung der Crowd­investoren genannt.255

F. Politische Wahrnehmung und Regulierungsbestrebungen Sowohl auf europäischer als auch auf deutscher Ebene geriet das Crowd­investing schnell in den Fokus von Politik und Gesetzgeber. Als neue Finanzierungsalternative weckte es Hoffnungen auf positive gesamtwirtschaftliche Effekte. Insbesondere die Europäische Kommission betonte wiederholt die Chancen der neuen Finanzierungsform, beschränkte sich zunächst aber auf ein abwartendes Beobachten, bevor sie 2018 einen Entwurf für eine Crowd­fun­ding-Verordnung vorlegte. Der deutsche Gesetzgeber sah bereits früh eine Notwendigkeit, verbliebene Regelungslücken auf dem „Grauen Kapitalmarkt“ zu schließen, die sich die Akteure des Crowd­investing in Deutschland zunächst zu Nutze machten, um den Schutz der Anleger zu verbessern.

252

Siehe dazu bereits § 2 B. II. 2.  oben. Vgl. etwa Gilson, 55 Stan. L. Rev. 1067, 1076 ff. (2003); Fisch, 2 J. Small & Emerging Bus. L. 57, 61 (1998). Die Bedeutung der Vertragsgestaltung für das Crowdinvesting erwähnen am Rande auch Meschkowski / Wilhelmi, BB 2013, 1411, 1412. 254 Vgl. Gilson, 55 Stan. L. Rev. 1067, 1077 f. (2003). Für einen Überblick über grundlegende Studien zum Financial Contracting siehe Hart, 39 J. Econ. Lit. 1079–1101 (2001). 255 Siehe ausführlich zu den Risiken der Crowdinvestoren § 6 B. unten und zum Inhalt der Crowdinvesting-Verträge § 8 unten. 253

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§ 3 Grundlagen und Charakteristika des Crowdinvesting

I. Europäische Ebene Auf Grundlage ihres Grünbuchs „Langfristige Finanzierung der Europäischen Wirtschaft“ vom 25. März 2013256 führte die Europäische Kommission Konsultationen zu der Frage durch, wie der Zugang für Unternehmen zu verlässlichen, langfristigen Finanzierungen gesichert werden kann. Um die Finanzierungsmöglichkeiten von KMU zu verbessern, wurde auch die Förderung nichttraditioneller Finanzierungsquellen wie Crowd­fun­ding als „internetbasierte Finanzierung“ diskutiert.257 Im März 2014 veröffentlichte die Kommission ein Programmpapier mit dem Titel „Freisetzung des Potenzials von Crowd­fun­ding in der Europäischen Union“,258 in dem sie Crowd­fun­ding ein „großes Potenzial“ attestierte, „um traditionelle Finanzierungsquellen zu ergänzen und einen Beitrag zur Finanzierung der Realwirtschaft zu leisten“.259 Das Potential von Crowd­fun­ding sah die Kommission insbesondere darin, „Jungunternehmen den Aufstieg auf der ‚Finanzierungsleiter‘ zu ermöglichen“ und Innovation, Forschung und Entwicklung zu fördern. Crowd­fun­ ding könne, so die Kommission, zu „Wachstum, der Förderung des Gemeinwesens und zur Schaffung von Arbeitsplätzen“ beitragen.260 Zunächst sah die Kommission ihre Aufgabe allerdings darin, „weiterhin den Markt zu überwachen und auf Grundlage unterschiedlicher Erfahrungen [zu] prüfen, inwieweit veränderte Umstände Regulierungsmaßnahmen erforderlich machen“.261 In ihrem Aktionsplan zur Schaffung einer Kapitalmarktunion vom 30. September 2015, mit dem die europäische Wirtschaft und die Kapitalmärkte gestärkt werden sollten,262 betonte die Kommission erneut die Bedeutung von Crowd­fun­ 256

Europäische Kommission, Grünbuch „Langfristige Finanzierung der Europäischen Wirtschaft“, 25. 03. 2013, COM(2013) 150 final. 257 Europäische Kommission, Grünbuch „Langfristige Finanzierung der Europäischen Wirtschaft“, 25. 03. 2013, COM(2013) 150 final, S. 20. 258 Europäische Kommission, Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen, Freisetzung des Potenzials von Crowdfunding in der Europäischen Union, 27. 03. 2014, COM(2014) 172 final. 259 Europäische Kommission, Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen, Freisetzung des Potenzials von Crowdfunding in der Europäischen Union, 27. 03. 2014, COM(2014) 172 final, S. 2. 260 Europäische Kommission, Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen, Freisetzung des Potenzials von Crowdfunding in der Europäischen Union, 27. 03. 2014, COM(2014) 172 final, S. 6. 261 Europäische Kommission, Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen, Freisetzung des Potenzials von Crowdfunding in der Europäischen Union, 27. 03. 2014, COM(2014) 172 final, S. 9. 262 Europäische Kommission, Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen, Aktionsplan zur Schaffung einer Kapitalmarktunion, 30. 09. 2015, COM(2015) 468.

F. Politische Wahrnehmung und Regulierungsbestrebungen 

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ding.263 Die Erschließung neuer Finanzierungsquellen sollte insbesondere KMU mehr Finanzierungsoptionen bieten: „unter gleichzeitiger Wahrung des Anlegerschutzes und der Finanzstabilität“ sollten dazu auch innovative Formen der Unternehmensfinanzierung wie das Crowd­fun­ding gefördert werden.264 Zweck einer erfolgreichen Kapitalmarktunion sei insbesondere, die Erweiterung der Finanzierungsmöglichkeiten für Wachstumsunternehmen. Neben der Finanzierung durch Banken sah die Kommission in Crowd­fun­ding eine Möglichkeit der bankenfremden Start-up-Finanzierung. Die Kommission setzte sich zunächst zum Ziel, die nationalen Regelungen zu bewerten und die Entwicklung des Crowd­fun­ding-Sektors zu beobachten, um dann zu entscheiden, mit welchen Mitteln die Entwicklung des Crowd­fun­ding unionsweit am besten unterstützt werden kann.265 Am 8. März 2018 legte die Kommission schließlich einen FinTech-Aktionsplan vor,266 in dem sie das Ziel erklärte, technologiegestützte Innovationen bei Finanzdienstleistungen und die sich daraus ergebenden Chancen für den europäischen Binnenmarkt bestmöglich zu nutzen. Neben Vorschlägen zur Ermöglichung der Nutzung von Blockchain, künstlicher Intelligenz und Cloud-Diensten im Finanzsektor, zur Cybersecurity und regulatory sandboxes, schlug die Kommission zugleich neue Vorschriften zur Förderung von Crowd­fun­ding-Plattformen im europäischen 263

Auch das Europäische Parlament vertrat in einer Entschließung vom 9. Juli 2015 zur Schaffung einer Kapitalmarktunion die Ansicht, dass „durch die Kapitalmarktunion ein angemessenes regulatorisches Umfeld geschaffen werden sollte, das den grenzüberschreitenden Zugang zu Informationen über die Unternehmen, die sich um Kredit-, Quasi-Eigenkapital- und Eigenkapitalstrukturen bemühen, verbessert, um das Wachstum von Nichtbanken-Finanzierungsmodellen, einschließlich Schwarmfinanzierungen und Partnerkrediten, zu fördern“, vgl. Europäisches Parlament, Entschließung des Europäischen Parlaments vom 9. Juli 2015 zu der Schaffung einer Kapitalmarktunion (2015/2634(RSP)), Ziff. 47. In seiner Entschließung vom 19. Januar 2016 hob das Europäische Parlament „das Potential innovativer marktbasierter Finanzierungen und insbesondere die Möglichkeiten in Bezug auf Finanztechnologien hervor, darunter auch Schwarmfinanzierung und Kredite zwischen Privatpersonen“. Ferner betonte es, „dass die einschlägigen regulatorischen Anforderungen harmonisiert werden müssen“ und forderte die Kommission auf, „der Entstehung dieser neuen Modelle Raum zu verschaffen und sie zu prüfen und zu fördern und dabei der grenzüberschreitenden Dimension dieser Modelle Vorrang einzuräumen und dafür zu sorgen, dass die Marktzugangshemmnisse abnehmen“. Vgl. Europäisches Parlament, Entschließung des Europäischen Parlaments vom 19. Januar 2016 zu dem Thema „EU-Vorschriften für den Finanzdienstleistungssektor – Bestandsaufnahme und Herausforderungen: Auswirkungen und Wege zu einem effizienteren und wirksameren EURahmen für die Finanzregulierung und eine Kapitalmarktunion“ (2015/2106(INI)), Ziff. 22. 264 Europäische Kommission, Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen, Aktionsplan zur Schaffung einer Kapitalmarktunion, 30. 09. 2015, COM(2015) 468, S. 5. 265 Europäische Kommission, Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen, Aktionsplan zur Schaffung einer Kapitalmarktunion, 30. 09. 2015, COM(2015) 468, S. 8. 266 Europäische Kommission, Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, die Europäische Zentralbank, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen, FinTech-Aktionsplan: Für einen wettbewerbsfähigeren und innovativeren EU-Finanzsektor, 08. 03. 2018, COM(2018) 109 final.

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§ 3 Grundlagen und Charakteristika des Crowdinvesting

Binnenmarkt vor. Zur Umsetzung dieser Crowd­fun­ding-Regulierungs­vorschläge veröffentlichte die Kommission zeitgleich einen Verordnungsentwurf über EU-weit einheitliche Crowd­fun­ding-Regelungen.267 Am 20. Juli 2020 wurde der Verordnungsentwurf vom Rat der Europäischen Union in abgeänderter Fassung angenommen und am 20. Oktober 2020 im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht.268 Die Verordnung gilt nach Art. 51 Abs. 2 ECSP-VO seit dem 10. November 2021. Die ECSP-VO sieht insbesondere die Möglichkeit eines „EU-Passes“ für Crowd­fun­ding-Plattformen vor, mit dem Crowd­fun­ding-Plattformen ihre Dienstleistung im gesamten europäischen Binnenmarkt erbringen können und soll damit ein grenzüberschreitendes Tätigwerden der Crowd­investing-Plattformen fördern.269 Weitere Implikationen auf das Crowd­investing dürfte auch die neue Prospektverordnung (ProspektVO)270 zeitigen, welche die bis dahin maßgebliche Pros-

267 Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über Europäische Crowdfunding-Dienstleister für Unternehmen vom 8. 03. 2018, COM(2018) 113 final. Für eine erste kritische Analyse vgl. etwa Will / Quarch, WM 2018, 1481; vgl. ferner Rusch, ZBB 2020, 217. 268 Verordnung (EU) 2020/1503 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. Oktober 2020 über Europäische Schwarmfinanzierungsdienstleister für Unternehmen und zur Änderung der Verordnung (EU) 2017/1129 und der Richtlinie (EU) 2019/1937, ABl. EU L 347 vom 20. 10. 2020, S. 1 (ECSP-VO). Für einen ersten Überblick siehe Rennig, ZBB 2020, 385; ferner etwa Engelmann-Pilger, BKR 2022, 144; Riethmüller, BKR 2022, 149; Izzo-Wagner / Otto, BKR 2022, 155. 269 Die im Untersuchungszeitraum vorzufindende und den Gegenstand dieser Arbeit bildende Form des Crowdinvesting mittels partiarischen Nachrangdarlehen wird vom Anwendungsbereich der ECSP-VO allerdings nicht erfasst. Der Anwendungsbereich der ECSP-VO ist nach Art. 1 Abs. 1 ECSP-VO auf Schwarmfinanzierungsdienstleistungen beschränkt. Diese umfassen nach Art. 2 Abs. 1 lit. a) ECSP-VO die Vermittlung von Krediten und die Platzierung von übertragbaren Wertpapieren und für Schwarmfinanzierungszwecke zugelassenen Instrumenten (nach Art. 2 Abs. 1 lit. n) ECSP-VO sind dies Anteile einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, die keinen Übertragungsbeschränkungen unterliegen). Kredit wird in Art. 2 Abs. 1 lit. b) ECSP-VO definiert als „Vereinbarung, in deren Rahmen ein Anleger einem Projektträger für einen vereinbarten Zeitraum einen vereinbarten Geldbetrag zur Verfügung stellt und der Projektträger die unbedingte Verpflichtung übernimmt, diesen Betrag zuzüglich der aufgelaufenen Zinsen gemäß dem Ratenzahlungsplan an den Anleger zurückzuzahlen“ (Hervorhebung nur hier). An dieser unbedingten Rückzahlungspflicht fehlt es im Falle der im Untersuchungszeitraum vorzufindenden partiarischen Nachrangdarlehen aufgrund des qualifizierten Rangrücktritts. Ebenso Rusch, ZBB 2020, 217, 220 f.; Engelmann-Pilger, BKR 2022, 144, 147; Riethmüller, BKR 2022, 149, 151; Izzo-Wagner / Otto, BKR 2022, 155, 157 f. 270 Verordnung (EU) 2017/1129 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2017 über den Prospekt, der beim öffentlichen Angebot von Wertpapieren oder bei deren Zulassung zum Handel an einem geregelten Markt zu veröffentlichen ist und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/71/EG, ABl. EU Nr. L 168 vom 30. 06. 2017, S. 12, in der Fassung der Änderung durch Verordnung (EU) 2019/2115 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. November 2019 zur Änderung der Richtlinie 2014/65/EU und der Verordnungen (EU) Nr. 596/2014 und (EU) 2017/1129 zur Förderung der Nutzung von KMU-Wachstumsmärkten, ABl. EU Nr. L 320 vom 11. 12. 2019, S. 1.

F. Politische Wahrnehmung und Regulierungsbestrebungen 

131

pektrichtlinie (ProspektRL)271 und die sie konkretisierende delegierte Prospektverordnung (ProspektVO 2009)272 ablöste. Nach der ProspektVO sind öffentliche Angebote von Wertpapieren mit einem Gesamtgegenwert im Europäischen Wirtschaftsraum von weniger als 1 Mio. Euro innerhalb eines Zeitraums von zwölf Monaten zwingend prospektfrei.273 Außerdem können die Mitgliedstaaten nun über die europarechtlich zwingende Prospektfreiheit hinaus Wertpapiere bis zu einem Volumen von 8 Mio. Euro p.a. von der Prospektpflicht ausnehmen.274

II. Deutschland In Deutschland rückte die Finanzierung von Start-up-Unternehmen mittels Crowd­investing nach der Bundestagswahl 2013 in den Fokus der Politik. Im Hinblick auf ihre Annahme „[d]ie Existenzgründer von heute sind der Mittelstand von morgen“275 vereinbarten CDU, CSU und SPD in ihrem Koalitionsvertrag vom 27. November 2013, einen „verlässlichen Rechtsrahmen“ für „neue Finanzierungsformen wie das Crowd­fun­ding“ zu schaffen.276 271

Richtlinie 2003/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 betreffend den Prospekt, der beim öffentlichen Angebot von Wertpapieren oder bei deren Zulassung zum Handel zu veröffentlichen ist, und zur Änderung der Richtlinie 2001/34/ EG, ABl. EU Nr. L 345 vom 31. 12. 2003, S. 64 in der Fassung der Änderung der Richtlinie 2010/73/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 zur Änderung der Richtlinie 2003/71/EG betreffend den Prospekt, der beim öffentlichen Angebot von Wertpapieren oder bei deren Zulassung zum Handel zu veröffentlichen ist, und der Richtlinie 2004/109/EG zur Harmonisierung der Transparenzanforderungen in Bezug auf Informationen über Emittenten, deren Wertpapiere zum Handel auf einem geregelten Markt zugelassen sind, ABl. EU Nr. L 327 vom 11. 12. 2010, S. 1. 272 Verordnung (EG) Nr. 809/2004 der Kommission vom 29. April 2004 zur Umsetzung der Richtlinie 2003/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates betreffend die in Prospekten enthaltenen Angaben sowie die Aufmachung, die Aufnahme von Angaben in Form eines Verweises und die Veröffentlichung solcher Prospekte sowie die Verbreitung von Werbung, ABl. EU Nr. L 149 vom 30. 04. 2004, S. 3. 273 Art. 1 Abs. 3 Prospekt-VO. Allerdings gestattet Art. 1 Abs. 3 Satz 3 Prospekt-VO die Einführung anderer Offenlegungspflichten, sofern diese keine unverhältnismäßige oder unnötige Belastung darstellen. Der deutsche Gesetzgeber hat von dieser Möglichkeit in § 4 WpPG mit der Pflicht zur Hinterlegung und Veröffentlichung eines Wertpapier-Informationsblatts Gebrauch gemacht. 274 Art. 3 Abs. 2 Prospekt-VO. Der deutsche Gesetzgeber hat in § 3 WpPG von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht. Unter dem bisherigen Prospektrecht griff die europarechtlich zwingende Prospektpflicht bereits ab einem Jahresvolumen von 5 Mio. Euro, vgl. Art. 1 Abs. 2 lit. h) Prospekt-RL. Siehe dazu § 5 D. I. 2. b) bb) unten. 275 So die Formulierung im Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD vom 27. 11. 2013, Deutschlands Zukunft gestalten, Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD, 18. Legislaturperiode, S. 22, https://www.bundestag.de/blob/194886/696f36f795961df200fb27fb6803d83e/ koalitionsvertrag-data.pdf. 276 Deutschlands Zukunft gestalten, Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD, 18. Legislaturperiode, S. 22, https://www.bundestag.de/blob/194886/696f36f795961df200fb27fb68 03d83e/koalitionsvertrag-data.pdf. Zu einer Evaluation des Versprechens der Großen Koalition siehe Klöhn, ZIP 2017, 2125.

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§ 3 Grundlagen und Charakteristika des Crowdinvesting

Mit dem KASG277 nahm die Große Koalition 2015 ihr Versprechen in Angriff und führte erstmals spezifische Regelungen für das Crowd­investing ein. Im Zentrum der Regelungen stand der Versuch – vor allem als Reaktion auf die ProkonInsolvenz –, Lücken des VermAnlG zu schließen, indem der Katalog der erfassten Vermögensanlagen und damit die Prospektpflicht nach dem VermAnlG auf die auch im Crowd­investing verwendeten Finanzierungsverträge (partiarische Darlehen und Nachrangdarlehen) erweitert wurde. Gleichzeitig wurde jedoch eine „Befreiung für Schwarmfinanzierungen“ von der Prospektpflicht eingeführt, soweit diese bestimmte Voraussetzungen erfüllen, insbesondere ein Emissionsvolumen von (zunächst) 2,5 Mio. Euro nicht übersteigen.278 Bereits in ihrem Gesetzesentwurf kündigte die Bundesregierung an, die mit dem KASG neu eingeführten Regelungen unter Berücksichtigung der europä­ ischen Entwicklungen bis zum Ende des Jahres 2016 zu überprüfen, um dann zu entscheiden, ob eine weitere Regulierung des Crowd­investing erforderlich ist.279 Nach dem Bericht der Bundesregierung280 beschloss der Bundestag 2017 zusammen mit der Umsetzung der Zweiten Zahlungsdiensterichtlinie281 eine Revision der „Befreiung für Schwarmfinanzierungen“ des § 2a VermAnlG.282 Nach einer erneuten Evaluierung283 beschloss der Bundestag am 9. Mai 2019 eine weitere Än-

277

Kleinanlegerschutzgesetz (KASG) vom 03. 07. 2015, BGBl. I 2015, S. 1114–1129. Siehe dazu die Nachweise in § 5, Fn. 357. 278 Siehe im Detail dazu § 5 D. I. 3. d) unten. 279 Gesetzentwurf der Bundesregierung, Entwurf eines Kleinanlegerschutzgesetzes, BTDrs. 18/3994, S. 42; vgl. auch die Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung – Drs.18/3994 –, Entwurf eines Kleinanlegerschutzgesetzes vom 22. 04. 2015, BT-Drs. 18/4708, S. 60. 280 Unterrichtung durch die Bundesregierung, Bericht der Bundesregierung über die Evaluierung der durch das Kleinanlegerschutzgesetz vom 3. Juli 2015 eingeführten Befreiungsvorschriften in §§ 2a bis 2c des Vermögensanlagengesetzes, https://www.bundestag. de/blob/504710/1a1d8118889a0ef68ab70a3b0c5f0483/bericht-data.pdf. Grundlage des Berichts der Bundesregierung war u. a. die empirische Untersuchung von Hainz / Hornuf /  Klöhn, Praxiserfahrungen mit den Befreiungsvorschriften des Kleinanlegerschutzgesetzes, 2017. 281 Richtlinie (EU) 2015/2366 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2015 über Zahlungsdienste im Binnenmarkt, zur Änderung der Richtlinien 2002/65EG, 2009/110/EG und 2013/36/EU und der Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 sowie zur Aufhebung der Richtlinie 2007/64/EG, Abl. L 337 vom 23. 12. 2015, S. 35, L 169 vom 28. 06. 2016, S. 18. 282 Art. 5 des Gesetzes zur Umsetzung der Zweiten Zahlungsdiensterichtlinie vom 17. 07. 2017, BGBl. I, S. 2446. 283 Der Finanzausschuss hatte von der Bundesregierung bis Anfang 2019 einen erneuten Evaluationsbericht über die Befreiungstatbestände des VermAnlG und ggf. erforderliche Änderungen erbeten, vgl. Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses u. a. zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung – Drucksachen 18/11495, 18/11929, 18/12181 Nr. 1.9 – Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Zweiten Zahlungsdiensterichtlinie vom 31. 05. 2017, BT-Drs. 18/12568, S. 154. Die Evaluation sollte v. a. berücksichtigen, inwieweit die Befreiungstatbestände bei Immobilienfinanzierungen zur Anwendung kommen und inwieweit dies angemessen erscheint.

G. Zusammenfassung  

133

derung des VermAnlG, mit der er insbesondere die Emissionsobergrenze in § 2a VermAnlG auf 5 Mio. Euro anhob.284 Ferner machte der deutsche Gesetzgeber mit dem Gesetz zur Ausübung von Optionen der EU-Prospektverordnung und zur Anpassung weiterer Finanzmarktgesetze285 von der Möglichkeit der neuen EU-Prospektverordnung Gebrauch und weitete die Ausnahme von der Prospektpflicht auf Wertpapieremissionen mit einem Jahresvolumen von weniger als 8 Millionen Euro aus.286 Die Tatsache, dass bisher prospektfreie Wertpapieremissionen nur bis zu einem Volumen von weniger als 100.000 Euro möglich waren, wurde weithin als Ursache für die Nutzung von Vermögensanlagen (insbesondere partiarischen Nachrangdarlehen) im deutschen Crowd­investing-Markt angeführt. Auf Grundlage der Befreiung für Schwarmfinanzierungen konnten Vermögensanlagen bis zum 15. Juli 2019 bis zu einem Volumen von 2,5 Millionen Euro und seit dem 16. Juli 2019 bis zu einem Volumen von 6 Millionen Euro prospektfrei begeben werden.287 Die Ausweitung der Prospektfreiheit für Wertpapieremissionen ermöglicht es Crowdinvesting-Plattformen nun auch auf dem deutschen Crowd­investing-Markt ein echtes equity crowdfunding mit Aktien anzubieten.288

G. Zusammenfassung 1. Das Phänomen des Crowdsourcing als Ausgangsform des Crowd­fun­ding und des Crowd­investing kann als Sammeln von Beiträgen von einer Vielzahl von Menschen zur Erreichung eines beliebigen gemeinsamen Ziels beschrieben werden. Sofern die Beiträge monetärer Art sind, spricht man von Crowd­fun­ding. Crowd­fun­ding ist demnach das Sammeln von Finanzierungsbeiträgen einer Vielzahl von Menschen zur Erreichung eines gemeinsamen Ziels. Abhängig von der den Kapitalgebern für die Kapitalüberlassung versprochenen Gegenleistung lassen sich unter anderem das Schenkungsmodell, das Belohnungsmodell, das Subskriptionsmodell, Crowdlending und Crowd­investing als Ausprägungen des Crowd­fun­ ding unterscheiden. 284

Gesetz zur weiteren Ausführung der EU-Prospektverordnung und zur Änderung von Finanzmarktgesetzen vom 8. Juli 2019, BGBl. I, S. 1002. Vgl. ferner Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses (7. Ausschuss) zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung – Drucksachen 19/8005, 19/8617, 19/9079 Nr. 6 – Entwurf eines Gesetzes zur weiteren Ausführung der EU-Prospektverordnung und zur Änderung von Finanzmarktgesetzen vom 08. 06. 2019, BT-Drs. 19/10000. 285 Gesetz zur Ausübung von Optionen der EU-Prospektverordnung und zur Anpassung weiterer Finanzmarktgesetze vom 10. Juli 2018, BGBl. I, S. 1102. 286 Siehe nun § 3 Abs. 2 Nr. 6 WpPG. Vgl. zur neuen Prospektfreiheit „kleiner“ Wertpapieremissionen allgemein Klöhn, ZIP 2018, 1713. 287 Siehe dazu § 5 D. I. 3. d) bb) unten. 288 Siehe Klöhn, ZIP 2018, 1713, 1720, der es allerdings für wahrscheinlich hält, dass sich kurz- oder mittelfristig wenig an dem auf Crowdinvesting-Plattformen angebotenen Finanzierungsmodell ändert.

134

§ 3 Grundlagen und Charakteristika des Crowdinvesting

2. Unter Crowd­investing wird für die Zwecke der vorliegenden Arbeit die über spezialisierte Internet-Plattformen vermittelte Finanzierung von Unternehmen durch eine Vielzahl von Kleinanlegern verstanden. Die Finanzierung erfolgt mittels Finanzierungsinstrumenten, die typischerweise gegen geringe Einzelbeträge ausgegeben werden und die den Kapitalgebern eine höhenmäßig grundsätzlich unbegrenzte Berechtigung an zukünftigen Zahlungsströmen des finanzierten Unternehmens gewähren. Nach diesem Verständnis werden insbesondere reine Projekt- und Immobilienfinanzierungen sowie Finanzierungen mit einer nicht über eine feste Verzinsung hinausgehenden Beteiligung der Anleger am Erfolg des finanzierten Unternehmens nicht erfasst. 3. Crowd­investing findet im Wesentlichen in einem Dreiecksverhältnis zwischen vornehmlich Start-ups als kapitalsuchenden Unternehmen, Crowd­investoren als Kapitalgebern und Crowd­investing-Plattformen als Intermediären statt. Den Crowd­investing-Plattformen kommt dabei eine zentrale Rolle zu. Einerseits entscheiden sie als Gatekeeper über die zu finanzierenden Unternehmen und steuern den Informationsfluss. Sie vermitteln den Vertragsschluss und stellen die relevante Finanzierungsinfrastruktur zur Verfügung. Gleichzeitig entwickeln sie als Klauselproduzenten die zwischen Crowd­investoren und kapitalsuchenden Unternehmen abzuschließenden Finanzierungsverträge. Mit diesem Produkt treten sie in Wettbewerb um kapitalsuchende Unternehmen einerseits und Kapitalgeber andererseits. Zugleich geben sie mit den Finanzierungsverträgen nahezu das gesamte Rechteund Pflichtenprogramm für Kapitalnehmer und Anleger vor. Sie entscheiden somit grundlegend über das Erfolgspotential der Beteiligung der Crowd­investoren. 4. Crowd­investing wird das Potential zugeschrieben, als neue Finanzierungsform einen wichtigen Beitrag im Finanzierungsmix für Start-ups und KMU und zur Schließung des early stage funding gaps leisten zu können. Daneben weckt Crowd­investing die Hoffnung auf eine effizientere und „demokratischere“ Kapitalallokation, indem die „Weisheit der Vielen“ über die Zuteilung von Finanzmitteln und damit die Förderungswürdigkeit von Innovationen entscheidet. Auch Kollektivhandlungsproblemen im Zusammenhang mit Produkten, die Eigenschaften von Gemeinschaftsgütern aufweisen, könnte das Crowd­investing bei entsprechender Ausgestaltung des Finanzierungsprozesses entgegenwirken. Schließlich eröffnet Crowd­investing Kleinanlegern ein neues Anlagesegment und die Möglichkeit zur Erweiterung ihres Investmentportfolios. 5. Für Crowd­investoren, typischerweise Kleinanleger, können mit Investments im Rahmen des Crowd­investing ernstzunehmende Risiken einhergehen. Den Chancen von Venture Capital als einer naturgemäß hochspekulativen Finanzierung stehen naturgemäß die Risiken einer hohen Ausfallswahrscheinlichkeit und des Totalverlusts des Investments gegenüber. Diese spezifischen Risiken resultieren zum einen in der Ungewissheit hinsichtlich des Erfolgs der Innovation als solcher. Hinzu kommen allerdings erhebliche Informationsasymmetrien und Fehlanreize für die Unternehmensgründer, die in Finanzierungsbeziehungen mit Start-up-Unterneh-

G. Zusammenfassung  

135

men in besonderem Maße ausgeprägt sind. Typischerweise wird die Gefahr, dass Unternehmensgründer Verhaltensspielräume durch opportunistisches Verhalten zu Lasten der Investoren ausnutzen (moral hazard) und so das Erfolgspotential der Investoren schmälern, durch eine entsprechende Gestaltung der Venture CapitalVerträge minimiert. Im Hinblick auf das Crowd­investing besteht das Risiko, dass die von den Crowd­investing-Plattformen verwendeten Standardverträge einerseits einen Erfolg des Start-ups nicht hinreichend abbilden und etwaige Erlöse an die Investoren nicht weitergeben. Andererseits besteht die Gefahr, dass die Verträge den genannten Agenturproblemen nicht hinreichend begegnen. Verstärkt werden diese aus der Vertragsgestaltung resultierenden Risiken durch die besondere Rolle der Crowd­investing-Plattformen, die auf einem zweiseitigen Markt (two-sided market) nicht nur um Anleger (money) konkurrieren, sondern auch um zu finanzierende Start-ups (deals). Es besteht die Gefahr, dass die Crowd­investing-Plattformen als Klauselproduzenten Verträge anbieten, die die Anleger zu Gunsten der finanzierten Unternehmen benachteiligen. Angesichts des Wettbewerbs der Crowd­investingPlattformen könnte dies zu einer Entwicklung von immer nachteiligeren Verträgen führen (race to the bottom). 6. Sowohl auf europäischer als auch auf deutscher Ebene geriet Crowd­investing schnell in den Fokus von Politik und Gesetzgeber und weckte Hoffnungen auf positive gesamtwirtschaftliche Effekte. Mit dem KASG setzte der deutsche Gesetzgeber früh an, verbliebene Regelungslücken auf dem „Grauen Kapitalmarkt“ zu schließen und die im Rahmen des Crowd­investing in Deutschland genutzten Rechtsformen zu regulieren. Auf Europäischer Ebene wurden die Chancen der neuen Finanzierungsform ebenfalls früh betont. Mit der am 20. Oktober 2020 im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlichten und seit dem 10. November 2021 geltenden Crowd­investing-Verordnung (ECSP-VO) versucht der europäische Gesetzgeber einen harmonisierten europäischen Rahmen für das bislang aufgrund mitgliedstaatlich fragmentierter Regulierung vornehmlich nationale Phänomen des Crowd­investing zu schaffen. Die im Untersuchungszeitraum in Deutschland vornehmlich angebotenen Formen des Crowdinvesting werden vom Anwendungsbereich der Crowd­investing-Verordnung allerdings nicht erfasst. Sowohl auf deutscher als auch auf europäischer Ebene standen im Fokus der Regulierung im Wesentlichen die aus vorvertraglichen Informationsasymmetrien resultierenden Gefahren und eine entsprechende Information und Aufklärung der Anleger. Der entscheidenden Bedeutung der Finanzierungsverträge für den Erfolg jedes Investments und der in diesem Zusammenhang ausschlaggebenden Bedeutung der Crowd­investing-Plattformen wurde hingegen bislang nur unzureichend Beachtung geschenkt.

§ 4 Der Crowd­investing-Markt als Teil des Venture Capital-Marktes In diesem Kapitel soll die Entwicklung des deutschen Crowd­investing-Marktes in den ersten rund fünfeinhalb Jahren seit seiner Entstehung, das heißt im Zeitraum von August 2011 bis Ende 2016, umfassend dargestellt und analysiert werden. Gegenstand der folgenden Darstellung sind wesentliche Parameter des Crowd­ investing-Marktes wie insbesondere das Marktvolumen und das Marktwachstum, ferner die Marktstruktur, Marktteilnehmer und ihre Marktanteile sowie weitere für den Finanzierungsprozess relevante Größen. Um die Bedeutung des Crowd­investing-Marktes in den Kontext der Frühphasenfinanzierung einordnen zu können, wird zunächst ein knapper Überblick über die Entwicklung des Venture Capital-Marktes in Deutschland gegeben. Sodann erfolgt eine ausführliche Analyse des deutschen Crowd­investing-Marktes auf Grundlage nahezu sämtlicher Crowd­investing-Finanzierungen, die im Untersuchungszeitraum angeboten wurden.

A. Der Venture Capital-Markt in Deutschland Die Ursprünge des Venture Capital1 als einer relativ jungen Form der Unternehmensfinanzierung liegen in den USA.2 Nahezu alle großen Unternehmen der amerikanischen Wirtschaft, die in den letzten Jahrzehnten eine entscheidende Rolle bei der Durchsetzung neuer Technologien und der Schaffung von Arbeitsplätzen spielten, wurden in ihrer Anfangsphase durch Venture Capital finanziert.3 Auch die Entstehung und das Wachstum von Apple, Amazon, Microsoft, Alphabet, Facebook, Alibaba und Tencent, die heute zu den nach Marktkapitalisierung wertvollsten Unternehmen der Welt zählen,4 wäre ohne Venture Capital nicht möglich 1

Zum Begriff Venture Capital siehe etwa Weitnauer, in: Weitnauer (Hrsg.), Handbuch Venture Capital, 7. Aufl., 2022, Teil A., Rn. 1 ff. Für eine empirische Untersuchung des Finanzierungsprozesses und der konkreten Tätigkeiten von Venture Capital-Gebern siehe etwa Gorman /  Sahlman, 4 J. Bus. Vent. 231, 233 ff. (1989). Vgl. im Übrigen bereits § 2 B. II. 2. c) oben. 2 Vgl. dazu etwa Weitnauer, in: Weitnauer (Hrsg.), Handbuch Venture Capital, 7. Aufl., 2022, Teil A., Rn. 66 ff. Zu den Anfängen der US-amerikanischen Venture Capital-Industrie siehe auch Gompers / L erner, 39 J. Law & Econ. 463, 465 ff. (1996). 3 Vgl. mit Beispielen Sahlman, 27 J. Fin. Econ. 473, 482 (1990); ferner Gebhardt / Schmidt, Perspektiven der Wirtschaftspolitik 2002, 235, 235. 4 Am 18. 05. 2018 waren dies die sieben nach Marktkapitalisierung wertvollsten Unternehmen der Welt.

A. Der Venture Capital-Markt in Deutschland 

137

gewesen.5 Alle sieben Unternehmen wurden in ihrer Gründungsphase durch Venture Capital finanziert.6 Allein Facebook erhielt in den ersten fünf Jahren nach seiner Gründung über 600 Mio. USD Venture Capital.7 Als erste moderne Venture Capital-Gesellschaft gilt die 1946 u. a. von dem Harvard Professor Georges Doriot, gegründete American Research and Development Corp. (ARD), deren Ziel es war, Kapital für junge Technologieunternehmen im Raum Boston zur Verfügung zu stellen.8 Ihren größten Erfolg hatte die ARD mit ihrer Beteiligung von 70.000 USD an der 1957 von vier Studenten des M. I. T. gegründeten Digital Equipment Corp., die später zu einem Preis von 355 Mio. USD verkauft werden konnte.9 Zu einem ersten Boom der Wagniskapitalfinanzierung in den USA kam es Ende der 1970er Jahre.10 Ein zweiter Boom folgte Mitte der 1990er Jahre mit Beteiligungen im Software-, Netzwerk- und Internetbereich, der im Jahr 2000 eine Rekordmarke von 103 Mrd. USD erreichte.11 In der Folgezeit gingen die Investitionssummen wieder zurück und erreichten 2009 im Zuge der Finanzkrise einen relativen Tiefpunkt von 27 Mrd. USD.12 Seit 2010 ist wieder ein deutlicher Anstieg der Venture Capital-Investitionen zu beobachten, die im Jahr 2020 mit 164 Mrd. USD den Höchststand erreichten.13 Die Schwerpunkte der Investments lagen im Jahr 2020 in den Bereichen Software (31 %), Life Science (21 %) sowie Biotechnologie (17 %).14 Der Markt für Wagniskapitalfinanzierungen in Deutschland entwickelte sich erst seit Ende der 1980er Jahre und erreichte im Jahr 2000 mit Venture Capital

5 So die Studie von Roland Berger / Internet Economy Foundation (IE.F)/Bundesverband Deutscher Kapitalbeteiligungsgesellschaften e. V. (BVK), Treibstoff Venture Capital: Wie wir Innovation und Wachstum befeuern, abrufbar unter https://www.bvkap.de/sites/default/files/ publication/vc_studie_von_ief_bvk_roland_berger_treibstoff_venture_capital_0.pdf, S. 13 f. 6 Roland Berger / Internet Economy Foundation (IE.F)/Bundesverband Deutscher Kapitalbeteiligungsgesellschaften e. V. (BVK), Treibstoff Venture Capital: Wie wir Innovation und Wachstum befeuern (Fn. 5), S. 13 f. 7 Roland Berger / Internet Economy Foundation (IE.F)/Bundesverband Deutscher Kapitalbeteiligungsgesellschaften e. V. (BVK), Treibstoff Venture Capital: Wie wir Innovation und Wachstum befeuern (Fn. 5), S. 14. 8 Vgl. Weitnauer, in: Weitnauer (Hrsg.), Handbuch Venture Capital, 7. Aufl., 2022, Teil A., Rn. 67; Gompers / L erner, 39 J. Law & Econ. 463, 465 (1996). 9 Gebhardt / Schmidt, Perspektiven der Wirtschaftspolitik 2002, 235, 237; Weitnauer, in: Weitnauer (Hrsg.), Handbuch Venture Capital, 7. Aufl., 2022, Teil A., Rn. 67. 10 Gebhardt / Schmidt, Perspektiven der Wirtschaftspolitik 2002, 235, 237; vgl. auch Weitnauer, in: Weitnauer (Hrsg.), Handbuch Venture Capital, 7. Aufl., 2022, Teil A., Rn. 66 ff. 11 Gebhardt / Schmidt, Perspektiven der Wirtschaftspolitik 2002, 235, 237; Weitnauer, in: Weitnauer (Hrsg.), Handbuch Venture Capital, 7. Aufl., 2022, Teil A., Rn. 81. 12 Weitnauer, in: Weitnauer (Hrsg.), Handbuch Venture Capital, 7. Aufl., 2022, Teil A., Rn. 81. 13 Weitnauer, in: Weitnauer (Hrsg.), Handbuch Venture Capital, 7. Aufl., 2022, Teil A., Rn. 81. 14 Weitnauer, in: Weitnauer (Hrsg.), Handbuch Venture Capital, 7. Aufl., 2022, Teil A., Rn. 81.

138

§ 4 Der Crowd­investing-Markt als Teil des Venture Capital-Marktes

Investments in Höhe von 965 Mio. Euro einen ersten Höhepunkt.15 Mit dem Platzen der „Dotcom-Blase“ folgte ein rapider Abschwung.16 Nach der Marktstatistik des Bundesverbands Deutscher Kapitalbeteiligungs­gesellschaften (BVK)17 wurden 2010 rund 706 Mio. Euro18 und 2012 rund 574 Mio. Euro19 Venture Capital investiert.20 2017 betrug das Investitionsvolumen in Unternehmen in der Seed-, Start-up- und Later Stage-Phase21 etwa 1,309 Mrd. Euro.22 Im Jahr 2018 betrug das Investitionsvolumen 1,373 Mrd. Euro.23 Im europäischen Vergleich liegen die Venture Capital-Investitionen in Deutschland unter dem Durchschnitt. Während im europäischen Durchschnitt im Jahr 2017 Venture Capital Investitionen 0,039 % des nationalen Bruttoinlandsprodukts ausmachten, beliefen sich die Venture Capital-Investitionen in Deutschland nur auf 0,035 %.24 Deutschland liegt damit auf Platz neun hinter Großbritannien (0,076 %), Schweden (0,060 %), Frankreich und Finnland (jeweils 0,055 %), den Niederlanden (0,044 %), der Schweiz und Spanien (jeweils 0,043 %) sowie Irland (0,040 %). 15 Gebhardt / Schmidt, Perspektiven der Wirtschaftspolitik 2002, 235, 237; Weimerskirch, Finanzierungsdesign, 2. Aufl., 1999, S. 11; Weitnauer, in: Weitnauer (Hrsg.), Handbuch Venture Capital, 7. Aufl., 2022, Teil A., Rn. 88. 16 Weitnauer, in: Weitnauer (Hrsg.), Handbuch Venture Capital, 7. Aufl., 2022, Teil A., Rn. 88. 17 BVK, Der deutsche Beteiligungskapitalmarkt 2017, Stand Februar 2018, abrufbar unter https://www.bvkap.de/sites/default/files/page/20180226_bvk-statistik_2017_praesentation_ final2.pdf, S. 19. 18 Davon entfielen 51 Mio. Euro auf die Seed-, 377 Mio. Euro auf die Start-up- und 278 Mio. Euro auf die Later-Stage-Phase. Finanziert wurden insgesamt 965 Unternehmen. 19 Davon entfielen 32 Mio. Euro auf die Seed-, 337 Mio. Euro auf die Start-up- und 205 Mio. Euro auf die Later-Stage-Phase. Finanziert wurden insgesamt 789 Unternehmen. 20 BVK, Der deutsche Beteiligungskapitalmarkt 2018, Stand Februar 2019, abrufbar unter https://www.bvkap.de/sites/default/files/page/20190225_bvk-statistik_2018_in_charts.pdf, S. 19. 21 Die den Zahlen zugrunde liegenden Finanzierungsphasen werden wie folgt definiert: „Seed: Finanzierung für ein Unternehmen bevor dieses die Massenproduktion / Vertrieb beginnt mit dem Ziel Forschung, Produktdefinition oder Produktdesign zum Abschluss zu bringen. Dies umfasst auch Markttests und die Erstellung von Prototypen. Diese Finanzierung wird nicht für Massenproduktion / Vertrieb verwendet. Start-up: Finanzierung für Unternehmen, sobald das Produkt oder die Dienstleistung fertig entwickelt wurde, um Massenproduktion / Vertrieb zu starten und anfängliches Marketing zu finanzieren. Unternehmen können sich im Aufbau befinden oder seit Kurzem im Geschäft sein, haben jedoch ihr Produkt noch nicht auf dem Markt gebracht. Das hauptsächliche Ziel besteht darin, Investitionsausgaben und Working Capital zu decken. Later-Stage: Finanzierung für ein operatives Unternehmen, das den Break-even erreicht haben kann oder auch noch nicht. Later Stage-Venture Capital fließt gewöhnlich in bereits mit VC finanzierte Unternehmen, üblicherweise in C-und D-Venture Capital-Runden.“, vgl. BVK, Der deutsche Beteiligungskapitalmarkt 2017, Stand Februar 2018, abrufbar unter https://www.bvkap.de/sites/default/files/page/20180226_bvk-statistik_2017_ praesentation_final2.pdf, S. 34. 22 Davon entfielen 100 Mio. Euro auf die Seed-, 716 Mio. Euro auf die Start-up- und 492 Mio. Euro auf die Later-Stage-Phase. Finanziert wurden insgesamt 659 Unternehmen. 23 Davon entfielen 63 Mio. Euro auf die Seed-, 840 Mio. Euro auf die Start-up- und 470 Mio. Euro auf die Later-Stage-Phase. Finanziert wurden insgesamt 684 Unternehmen. 24 BVK, Statistik Europa 2017, https://www.bvkap.de/sites/default/files/page/20180510_ statistik_europa_2017_praesentation_final.pdf, S. 19.

B. Der deutsche Crowd­investing-Markt 

139

Noch weiter entfernt ist das Volumen der Venture Capital-Investitionen in Deutschland von dem Investitionsvolumen in den USA. Während in Deutschland in den Jahren 2014 bis 2016 etwa 2,4 Mrd. Euro Venture Capital investiert wurde, belief sich das Investitionsvolumen in den USA mit ca. 117 Mrd. Euro auf beinahe das 49-fache (das Bruttoinlandsprodukt der USA betrug im Jahr 2016 das 5,3-fache gegenüber dem Bruttoinlandsprodukt Deutschlands).25

B. Der deutsche Crowd­investing-Markt Im Folgenden wird die Entwicklung des Crowd­investing-Marktes in Deutschland in den ersten rund fünfeinhalb Jahren seit seiner Entstehung, das heißt, im Zeitraum vom 1. August 201126 bis zum 31. Dezember 201627, dargestellt und analysiert.28 Hierzu werden die Daten nahezu sämtlicher in diesem Zeitraum auf dem deutschen Markt angebotenen Crowd­investing-Kampagnen ausgewertet.29 Die Darstellung analysiert zunächst das Volumen des Crowd­investing-Marktes, sodann folgt eine Darstellung der auf dem Markt aktiven Crowd­investing-Platt­ formen und ihrer Bedeutung für den Gesamtmarkt. Im Anschluss erfolgt eine detaillierte Auswertung wesentlicher Parameter der Finanzierungen sowie der kapitalsuchenden Unternehmen.

25

Weitnauer, in: Weitnauer (Hrsg.), Handbuch Venture Capital, 6. Aufl., 2019, Teil A., Rn. 85. Im Zeitraum von 2018 bis 2020 stehen VC-Investitionen in der Höhe von 5,6 Mrd. Euro in Deutschland einem Volumen von ca. 375 Mrd. Euro in den USA gegenüber. Dies entspricht einem 67-fachem Investitionsvolumen (bei einem 5,5-fach größeren Bruttoinlandsprodukt im Jahr 2020). Siehe dazu Weitnauer, in: Weitnauer (Hrsg.), Handbuch Venture Capital, 7. Aufl., 2022, Teil A., Rn. 93. 26 Die ersten Crowdinvesting-Kampagnen waren die der Start-ups Neuronation, einer Internetplattform zum Gedächtnistraining, und Cosmopol, einem Online-Shop für Souvenirs, die ab dem 01. 08. 2011 auf Seedmatch angeboten wurden. 27 Der Zeitraum wird in dieser Arbeit als Beobachtungs- oder Untersuchungszeitraum bezeichnet. 28 Für einen Marktüberblick über den Zeitraum bis zum 31. 12. 2015 vgl. bereits Klöhn /  Hornuf / Schilling, ZBB 2016, 142, 143 ff.; einen ersten Überblick zum 01. 07. 2012 geben bereits Klöhn / Hornuf, ZBB 2012, 237, 239 ff. Siehe ferner auch den Marktüberblick zum 01. 06. 2016 bei Hainz / Hornuf / Klöhn, Praxiserfahrungen mit den Befreiungsvorschriften des Kleinanlegerschutzgesetzes, 2017, S. 14 ff. Für einen anfänglichen Überblick über den weltweiten Crowd­ investing-Markt siehe etwa Ahlers / Cumming / Günther / Schweizer, ET&P 955, 956 (2015). 29 In räumlicher Hinsicht ist der hier relevante Markt sowie die nachfolgende Analyse beschränkt auf Crowdinvesting-Finanzierungen, die von deutschen Plattformen und an deutsche Anleger gerichtet angeboten wurden; in sachlicher Hinsicht auf Finanzierungen, die der Definition unter § 3 A. III. 3. oben unterfallen. Generell ist im Hinblick auf die Vergleichbarkeit der mittlerweile zahlreichen nationalen und internationalen Marktdarstellungen und -vergleiche insoweit Vorsicht geboten als diesen kein einheitliches Begriffsverständnis des Crowdinvesting zugrunde liegt und teils Immobilien- und Projektfinanzierungen einbezogen oder – jedoch mit unklarer Abgrenzung – ausgeschlossen werden.

140

§ 4 Der Crowd­investing-Markt als Teil des Venture Capital-Marktes

I. Marktvolumen und Kapitalnachfrage, Erfolgs- und Finanzierungsquote 1. Marktvolumen Im Zeitraum vom 1. August 2011 bis zum 31. Dezember 2016 warben 257 Unternehmen30 Kapital in Höhe von insgesamt knapp 72 Mio. Euro auf dem deutschen Crowd­investing-Markt ein (siehe Abb. 1).31 Jahr

Anzahl erfolgreicher Finanzierungen

Fundingsumme

Wachstums­rate

2011

7

578.964 €

 

2012

54

4.978.764 €

760 %

2013

65

12.960.351 €

160 %

2014

54

19.206.671 €

48 %

2015

40

17.668.215 €

−8 %

37

16.332.445 €

−8 %

257

71.725.410 €

 

2016 Gesamt

Abb. 1: Anzahl erfolgreicher Finanzierungen und Fundingsumme pro Jahr (2011–2016, N = 257)

Im Jahr 2011 wurden sieben Finanzierungen über Crowd­investing-Plattformen angeboten, die erfolgreich abgeschlossen wurden und mit denen knapp 600.000 Euro eingeworben wurde. Im Jahr 2012 wurden bereits 54 erfolgreiche Finanzierungen angeboten; das Finanzierungsvolumen wuchs im Vergleich zu den fünf Monaten des Vorjahres um 760 % auf rund 5 Mio. Euro. Im Jahr 2013 setzte sich das Wachstum des Crowd­investing-Marktes mit einer Wachstumsrate von 160 % im Vergleich zum Vorjahr fort (65 Finanzierungen mit insgesamt knapp 13 Mio. Euro). Im Jahr 2014 betrug die Wachstumsrate noch 48 %. Mit 54 Finanzierungen und einem Volumen von 19 Mio. Euro erreichte der Crowd­investing-Markt allerdings auch das höchste in einem Jahr erzielte Finanzierungsvolumen im Untersuchungszeitraum. Bis zum Ende des Jahres 2014 wuchs das Volumen der erfolgreichen Finanzierun 30

Von 330 ausgewerteten Crowdinvesting-Kampagnen. Mangels öffentlicher Verfügbarkeit entsprechender Daten sind in den folgenden Darstellungen die Finanzierungen auf den Plattformen Deutsche Mikroinvest (50 Finanzierungsangebote) und die-beteiligungsplattform (zwei Finanzierungsangebote) sowie sechs Angebote auf der Plattform United Equity, drei Angebote auf der Plattform Lightfin und ein Angebot auf der Plattform Fundsters nicht berücksichtigt. 31 Um eine einheitliche und kohärente Darstellung zu ermöglichen, wurde in dieser Arbeit jede Finanzierung mit dem Angebotsdatum, d. h. dem Datum, an dem die Finanzierung erstmals öffentlich angeboten und zur Zeichnung durch die Crowdinvestoren freigegeben wurde, und nicht dem Finanzierungsdatum, d. h. dem Datum, an dem die Finanzierung erfolgreich abgeschlossen wurde, erfasst.

141

B. Der deutsche Crowd­investing-Markt 

gen damit im Gesamtdurchschnitt um 323 % pro Jahr. Die Jahre 2015 und 2016 waren durch ein negatives Wachstum von jeweils −8 % gekennzeichnet. Im Jahr 2016 sammelten kapitalsuchende Unternehmen in 37 Crowd­­investing-Kampagnen insgesamt etwas mehr als 16 Mio. Euro ein. Abb. 2 stellt die beschriebene Entwicklung der Anzahl der erfolgreichen Finanzierungen pro Jahr und des jeweils erzielten Finanzierungsvolumens im Beobachtungszeitraum graphisch dar. 20 Mio. €

70

18 Mio. €

60

16 Mio. € 50

14 Mio. € 12 Mio. €

40

10 Mio. € 30

8 Mio. € 6 Mio. €

20

4 Mio. € 10

2 Mio. € 0 Mio. €

2011

2012

2013

Eingeworbenes Kapital

2014

2015

2016

0

Anzahl erfolgreicher Finanzierungen

Abb. 2: Entwicklung der Anzahl der erfolgreichen Finanzierungen und des eingeworbenen Kapitals (2011–2016, N = 257)

2. Anzahl angebotener Emissionen und Kapitalnachfrage Im Untersuchungszeitraum wurden 392 Crowd­­investing-Finanzierungen auf 27 verschiedenen Plattformen angeboten – von denen allerdings nicht alle erfolgreich abgeschlossen wurden. Mit 384 ausgewerteten Finanzierungsangeboten32 fragten kapitalsuchende Unternehmen Kapital in Höhe von rund 166 Mio. Euro nach (siehe Abb. 3).33 32 Mangels Verfügbarkeit entsprechender Daten bzw. Fehlen eines Fundinglimits sind in den folgenden Angaben die zwei Angebote auf der Plattform die-beteiligungsplattform sowie sechs Angebote auf der Plattform United Equity nicht berücksichtigt. 33 Als Kapitalnachfrage wird hier die Summe der von Unternehmen nachgefragten Finanzierungsmittel bezeichnet. Als Maß für die Kapitalnachfrage wird das jeweilige Fundinglimit einer Crowdinvesting-Kampagne angesehen. Fundinglimit ist der Betrag, den ein kapitalsuchendes Unternehmen in einer Kampagne maximal einzuwerben beabsichtigt. Bei Errei-

142

§ 4 Der Crowd­investing-Markt als Teil des Venture Capital-Marktes

Anzahl angebotener Emissionen

Jahr

Veränderung zum Vorjahr

Kapital­nachfrage

2011

8

750.000 €

2012

71

7.521.000 €

+ 903 %

2013

104

22.849.500 €

+ 204 %

2014

76

43.363.771 €

+ 90 %

2015

77

59.310.705 €

+ 37 %

2016 Gesamt

48

32.525.000 €

−45 %

384

166.319.976 €

238 %

Abb. 3: Anzahl der angebotenen Finanzierungen und Kapitalnachfrage p.a. (2011–2016, N = 384) 60 Mio. €

59,31 Mio.

50 Mio. € 43,36 Mio. 40 Mio. €

32,53 Mio.

30 Mio. € 22,85 Mio. 20 Mio. €

10 Mio. €

0 Mio. €

7,52 Mio. 0,75 Mio. 2011

2012

2013

2014

2015

2016

Abb. 4: Entwicklung der Kapitalnachfrage auf dem deutschen Crowd­investing-Markt (2011–2016, N = 384)

chen des Fundinglimits wird die Finanzierungskampagne in der Regel beendet. Siehe dazu bereits § 3 C. II. oben. Teilweise erhöhten Plattformen bzw. Start-ups jedoch auch sukzessive das Fundinglimit. Das Landgericht Berlin untersagte in einem Verfahren der Verbraucherzentrale Berlin gegen die Companisto GmbH allerdings diese Praxis. Die Werbung für Crowd­ investments in der Weise, dass „im Rahmen der konkreten Unternehmensbeschreibung […] ein ‚Maximum‘ des einzuwerbenden Kapitals angegeben ist, wenn dieses ‚Maximum‘ in der Angebotszeit erhöht wird“, stelle eine irreführende geschäftliche Handlung dar, LG Berlin, Urteil vom 03. 11. 2015, Az. 16 O 439/14. Siehe dazu bereits § 3, Fn. 151 oben.

143

B. Der deutsche Crowd­investing-Markt 

Während im Jahr 2011 zunächst lediglich acht Emissionen mit einer Kapitalnachfrage von insgesamt 750.000 Euro angeboten wurden, boten im Jahr 2012 bereits 71 Unternehmen Vermögensanlagen in Höhe von etwa 7,5 Mio. Euro an (siehe Abb. 3 und Abb. 4). Die Kapitalnachfrage auf dem Crowd­investing-Markt stieg weiter an und erreichte im Jahr 2015 mit knapp 60 Mio. Euro bei 77 angebotenen Finanzierungen einen Höchststand. Im Jahr 2016 sank die Anzahl der angebotenen Finanzierungen auf 48 mit einem nachgefragten Kapital in Höhe von insgesamt rund 32,5 Mio. Euro. Damit brach die Kapitalnachfrage auf dem Crowd­investingMarkt im Jahr 2016 um knapp die Hälfte ein. 3. Erfolgs- bzw. Finanzierungsquote Von 330 im Untersuchungszeitraum angebotenen Finanzierungen34 wurde in 257 Fällen die angestrebte Fundingschwelle erreicht und die Finanzierung erfolgreich abgeschlossen (siehe Abb. 5). Damit beträgt die Quote der erfolgreich abgeschlossenen Finanzierungen (Erfolgsquote35) über den gesamten Beobach-

73

66 Mio. € 72 Mio. € 257

Finanzierung erfolgreich (78 %) Fundingschwelle nicht erreicht (22 %)

Abb. 5: Verhältnis der Anzahl der erfolgreich abgeschlossenen Finanzierungen zur Anzahl der nicht erfolgreich abgeschlossenen Finanzierungen (2011–2016, N = 330)

Finanzierung erfolgreich (52 %) Fundingschwelle nicht erreicht (48 %)

Abb. 6: Verhältnis des eingeworbenen Kapitals zum nachgefragten Kapital (2011–2016, N = 330)

34 Mangels öffentlicher Verfügbarkeit entsprechender Daten sind in den folgenden Darstellungen die Finanzierungen auf den Plattformen Deutsche Mikroinvest (50 Finanzierungsangebote) und die-beteiligungsplattform (zwei Finanzierungsangebote) sowie sechs Angebote auf der Plattform United Equity, drei Angebote auf der Plattform Lightfin und ein Angebot auf der Plattform Fundsters nicht berücksichtigt. 35 Mit Erfolgsquote wird hier das Verhältnis der erfolgreich abgeschlossenen Kampagnen zu den angebotenen Crowdinvesting-Kampagnen bezeichnet (Quotient aus der Anzahl erfolgreich abgeschlossener Finanzierungen und der Anzahl angebotener Finanzierungen).

144

§ 4 Der Crowd­investing-Markt als Teil des Venture Capital-Marktes

tungszeitraum 78 %. Von knapp 138 Mio. Euro nachgefragtem Kapital36 konnten kapitalsuchende Unternehmen etwas mehr als die Hälfte nämlich 72 Mio. Euro, erfolgreich mittels Crowd­investing einwerben (siehe Abb. 6). Die Finanzierungsquote37 beträgt über den Beobachtungszeitraum somit rund 52 %.38 Abb. 7 stellt die angebotenen Finanzierungen den erfolgreichen Finanzierungen gegenüber. Im Entstehungsjahr des Crowd­investing, d. h. von August bis Dezember 2011, wurden insgesamt acht Crowd­investing-Kampagnen in Deutschland durchgeführt. Von diesen wurden sieben erfolgreich finanziert.39 Von insgesamt 750.000 Euro, die kapitalsuchende Unternehmen im Jahr 2011 auf dem Crowd­ investing-Markt nachfragten, konnten 578.964 Euro erfolgreich eingeworben werden. Dies entspricht einer Erfolgsquote von 88 % und einer Finanzierungsquote von 77 %. Im Jahr 2012 gab es bereits 65 Finanzierungsangebote, von denen 54 die Fundingschwelle erreichten. Das Volumen der erfolgreichen Finanzierungen verzehnfachte sich auf knapp 5 Mio. Euro. 2013 steigerte sich die Zahl der angebotenen Crowd­investings weiter auf 88, von denen 65 erfolgreich finanziert wurden (Erfolgsquote von 74 %). Die Summe des eingeworbenen Kapitals lag mit knapp

Jahr

Anzahl Crowd­ investingAngebote

2011

8

2012 2013

Summe nachgefragtes Kapital

Anzahl erfolgreicher Finanzie­ rungen

Summe eingeworbe­ nes Kapital

Erfolgs­ quote

Finanzie­ rungsquote

578.964 €

88 %

77 %

750.000 €

7

65

6.771.000 €

54

4.978.764 €

83 %

74 %

88

19.949.500 €

65

12.960.351 €

74 %

65 %

2014

66

34.213.771 €

54

19.206.671 €

82 %

56 %

2015

58

45.040.705 €

40

17.668.215 €

69 %

39 %

2016

45

31.125.000 €

37

16.332.445 €

82 %

52 %

330

137.849.976 €

257

71.725.410 €

78 %

52 %

Gesamt

Abb. 7: Crowd­investing-Angebote und Kapitalnachfrage, erfolgreiche Finanzierungen und eingeworbenes Kapital pro Jahr (2011–2016, N = 330)

36

Die Differenz zu § 4 B. I. 2. oben ergibt sich aus der verringerten Datenbasis (siehe Fn. 34). Die Finanzierungsquote gibt das Verhältnis der Summe des tatsächlich eingeworbenen Kapitals zu der Summe des nachgefragten Kapitals wieder (Quotient aus Fundingsumme und Fundinglimit). 38 Zu der Entwicklung der Erfolgs- und Finanzierungsquoten nach einzelnen Plattformen siehe § 4 B. II. 4.  unten. 39 Im Ergebnis nicht erfolgreich war die erste auf der Plattform Innovestment angebotene Finanzierung des Start-ups Audiogent, welches die Entwicklung von interaktiven Hörspielen und Hörbüchern als Unternehmensgegenstand hatte. Infolge von Widerrufserklärungen der Anleger musste die zunächst erfolgreiche Finanzierung rückabgewickelt werden (vgl. Klöhn / Hornuf, ZBB 2012, 237, 240). 37

145

B. Der deutsche Crowd­investing-Markt 

13 Mio. Euro mehr als doppelt so hoch wie im Vorjahr. Ab 2014 war die Anzahl der Crowd­investing-Angebote mit 66 Angeboten und 54 erfolgreichen Finanzierungen wieder rückläufig, während das Finanzierungsvolumen seinen vorläufigen Höhepunkt von rund 19 Mio. Euro erreichte. Im Jahr 2015 wurden 58 Crowd­­investingFinanzierungen angeboten, von denen 40 erfolgreich abgeschlossen wurden. Seit dem Jahr 2015 war auch das Finanzierungsvolumen leicht rückläufig und lag 2015 noch bei knapp 18 Mio. Euro. 2016 wurden 37 von 45 angeboten Finanzierungen erfolgreich abgeschlossen, die Summe des eingeworbenen Kapitals betrug noch etwa 16 Mio. Euro. Die Finanzierungsquote nahm über den gesamten Beobachtungszeitraum von zunächst 77 % auf 52 % im Jahr 2016 ab. Abb. 8 zeigt die quartalsweise Entwicklung der Kapitalnachfrage im Vergleich zum erfolgreich eingeworbenen Kapital. Es wird deutlich, dass sich Kapitalnachfrage und das Volumen des erfolgreich eingeworbenen Kapitals ab dem dritten Quartal 2012 auseinanderentwickelten, das heißt, die Finanzierungsquote sank. Weiterhin stieg die Kapitalnachfrage bis Mitte 2013 zunächst kontinuierlich. Nach einer Stagnation Ende 2013 und Anfang 2014, erreichte die Kapitalnachfrage zwischen dem zweiten Quartal 2014 und dem ersten Quartal 2016 die höchsten Werte (zwischen rund 10 und 13 Mio. Euro pro Quartal). Ab dem zweiten Quartal 2016 war die Kapitalnachfrage wieder rückläufig. 14 Mio. € 12 Mio. € 10 Mio. € 8 Mio. € 6 Mio. € 4 Mio. € 2 Mio. € 0 Mio. €

Q3

Q4

2011

Q1

Q2

Q3

2012

Q4

Q1

Q2

Q3

Q4

2013 Kapitalnachfrage

Q1

Q2

Q3

Q4

2014

Q1

Q2

Q3

2015

Q4

Q1

Q2

Q3

Q4

2016

Eingeworbenes Kapital

Abb. 8: Quartalsweise Entwicklung der Kapitalnachfrage und des eingeworbenen Kapitals (2011–2016, N = 330)

Abb. 9 zeigt die Entwicklung der Kapitalnachfrage und des erfolgreich eingeworbenen Kapitals nach Jahren. Während die Kapitalnachfrage bis zum Jahr 2015 anstieg, hatte das Volumen der erfolgreichen Finanzierungen bereits im Jahr 2014 seinen Höhepunkt erreicht und war in den Jahren 2015 und 2016 leicht rückläufig.

146

§ 4 Der Crowd­investing-Markt als Teil des Venture Capital-Marktes

45 Mio. € 40 Mio. € 35 Mio. € 30 Mio. € 25 Mio. € 20 Mio. € 15 Mio. € 10 Mio. € 5 Mio. € 0 Mio. €

2011

2012

2013

Kapitalnachfrage

2014

2015

2016

Erfolgreich eingeworbenes Kapital

Abb. 9: Entwicklung der Kapitalnachfrage und des erfolgreich eingeworbenen Kapitals pro Jahr (2011–2016, N = 330)

Abb. 10 stellt die Entwicklung der Erfolgsquote und der Finanzierungsquote über den Untersuchungszeitraum gegenüber. Die Erfolgsquote, das heißt das Verhältnis von angebotenen und erfolgreich finanzierten Unternehmensfinanzierun100% 90% 80% 70% 60% 50% 40% 30% 20% 10% 0%

2011

2012

2013

2014

2015

2016

Finanzierungsquote (Finanzierungs- / Nachfragevolumen) Erfolgsquote (angebotenene Finanzierungen / erfolgreich abgeschlossene Finanzierungen)

Abb. 10: Entwicklung der Finanzierungs- und der Erfolgsquote (2011–2016, N = 330)

B. Der deutsche Crowd­investing-Markt 

147

gen, schwankte zwischen knapp 90 % im Jahr 2011 und knapp 70 % im Jahr 2015. Die Finanzierungsquote, das heißt, das Verhältnis des tatsächlich eingeworbenen Kapitals zu dem von den kapitalsuchenden Unternehmen nachgefragten Kapital, sank im Zeitraum von 2011 (knapp 80 %) auf die Hälfte (knapp 40 %) im Jahr 2015. 4. Marktvolumen des Crowd­investing und des traditionellen Venture Capital im Vergleich Geht man davon aus, dass überwiegend Unternehmen in der Seed-Phase Finanzierungen mittels Crowd­investing suchen,40 lohnt sich ein Vergleich mit dem Investitionsvolumen deutscher Beteiligungsgesellschaften. Nach den Zahlen des BVK41 investierten in Deutschland ansässige Beteiligungsgesellschaften in den Jahren 2011 bis 2016 rund 234 Mio. Euro in 948 Unternehmen in der Seed-Phase. Über Crowd­investing konnten 257 Unternehmen Kapital in Höhe von knapp 72 Mio. Euro einwerben. Das Volumen des Crowd­investing-Marktes betrug in diesem Zeitraum somit rund 31 % des Volumens des traditionellen Venture Capital-Marktes. Die Anzahl der mittels Crowd­investing finanzierten Unternehmen belief sich auf 27 % der in der Seed-Phase mittels klassischem Beteiligungskapital finanzierten Unternehmen (siehe Abb. 11 und Abb. 12). investing-Marktes Das Verhältnis des Finanzierungsvolumens des Crowd­ (19 Mio. Euro) zum Finanzierungsvolumen des klassischen VC-Seed-PhasenMarktes (35 Mio. Euro) stieg bis zum Jahr 2014 auf 55 % des klassischen VCSeed-Phasen-Marktes. In den Jahren 2015 und 2016 bewegte sich das Volumen auf einem Niveau von knapp über 40 %.

40 Die sich mittels Crowdinvesting finanzierenden Unternehmen waren durchgehend junge Unternehmen. 34 % der Unternehmen waren zu Beginn der Crowdinvesting-Kampagne noch kein Jahr alt, 76 % waren jünger als drei Jahre. Siehe dazu § 4 B. IV. 2. unten. 41 BVK-Statistik, Das Jahr in Zahlen 2011, 2012, 2013, 2014, 2015, 2016, jeweils Tab. Investitionen Branchenstatistik, sämtliche abrufbar unter https://www.bvkap.de/markt/bvkstatistiken-deutschland. Der BVK-Statistik liegen Investitionen von in Deutschland ansässigen Beteiligungsgesellschaften zur Seed-Finanzierung zugrunde, nicht erfasst sind insbes. Investitionen von Privatpersonen oder Unternehmen. Unter Seed-Finanzierungen werden Finanzierungen für Unternehmen mit dem Ziel Forschung, Produktdefinition oder Produktdesign zum Abschluss zu bringen, bevor das Unternehmen die Massenproduktion / den Vertrieb beginnt, verstanden. Vgl. zur Abgrenzung der Phasen auch Fn. 21 oben.

148

§ 4 Der Crowd­investing-Markt als Teil des Venture Capital-Marktes Venture Capital42

Crowd­investing

Verhältnis Finanzierungs­ volumen Crowd­ investing /  Venture Capital

Jahr

Investitions­ volumen (Seed-Phase)

Anzahl ­finanzierter Unter­ nehmen

2011

43,56 Mio. €

167

0,58 Mio. €

7

1,3 %

2012

31,99 Mio. €

151

4,98 Mio. €

54

15,6 %

2013

43,32 Mio. €

172

12,96 Mio. €

65

29,9 %

2014

34,63 Mio. €

154

19,21 Mio. €

54

55,5 %

2015

40,64 Mio. €

165

17,67 Mio. €

40

43,5 %

2016

39,51 Mio. €

139

16,33 Mio. €

37

41,3 %

233,65 Mio. €

948

71,73 Mio. €

257

30,7 %

Gesamt

Erfolg­reiche Crowd­ investings

Anzahl ­finanzierter Unter­ nehmen

Abb. 11: Vergleich der finanzierten Unternehmen und des Investitionsvolumens klassischer Beteiligungsgesellschaften in Unternehmen in der Seed-Phase und erfolgreiche Crowdfinanzierungen (2011–2016) 45 Mio. € 40 Mio. € 35 Mio. € 30 Mio. € 25 Mio. € 20 Mio. € 15 Mio. € 10 Mio. € 5 Mio. € 0 Mio. €

2011

2012

2013

2014

2015

2016

VC-Inves��onen (Seed-Phase) durch Beteiligungsgesellscha�en Volumen der erfolgreichen Crowdinves�ng-Finanzierungen

Abb. 12: Entwicklung des Investitionsvolumens klassischer Beteiligungsgesellschaften in Unternehmen in der Seed-Phase und des Volumens erfolgreicher Crowdfinanzierungen im Vergleich (2011–2016) 42 Quelle der Daten: BVK-Statistik, Das Jahr in Zahlen 2011, 2012, 2013, 2014, 2015, 2016, jeweils „Investitionen“, Branchenstatistik, sämtliche abrufbar unter https://www.bvkap.de/ markt/bvk-statistiken-deutschland.

149

B. Der deutsche Crowd­investing-Markt 

II. Crowd­investing-Plattformen 1. Im Untersuchungszeitraum aktive Crowd­investing-Plattformen Im gesamten Untersuchungszeitraum waren insgesamt 27 verschiedene Crowd­ investing-Plattformen, die Unternehmensfinanzierungen43 anboten, auf dem deutPlattform

Jahr 2011

2012

2013

2014

2015

2016

×

 

×

 

×

 

Aescuvest Bankless24

×

×

×

Bergfürst BerlinCrowd

×

 

BestBC

×

 

Companisto

×

×

×

CrowdNine

×

×

Crowdrange

×

Deutsche Mikroinvest

×

×

×

×    

×

×

×

die-beteiligungsplattform

×

DUB

×

FundedByMe

×

×

 

×

×

 

×

×

FunderNation Fundsters

×

Innovestment

 

× ×

×

Lightfin Mashup Finance / Conda

×

MyBusinessBacker Seedmatch

 

×

Geldwerk1 GründerPlus

 

×

  ×

×

×

×

×

×

 

×

×

×

×

×

×

×

×

×

×

×

×

×

Startkapital Online

×

 

Startnext

  ×

 

Unternehmerich

×

×

Venturate

×

 

United Equity

×

×

 

WelcomeInvestment

 

 

 

×

 

 

Anzahl aktiver Plattformen

2

11

13

15

15

7

Abb. 13: Aktive Crowd­investing-Plattformen in Deutschland (2011–2016) 43

Zur Rolle der Crowdinvesting-Plattformen siehe bereits § 3 D. III. oben.

150

§ 4 Der Crowd­investing-Markt als Teil des Venture Capital-Marktes

schen Markt aktiv (siehe Abb. 13).44 First Mover auf dem deutschen Markt waren die Plattformen Seedmatch und Innovestment 45 im Jahr 2011. Im Jahr 2012 waren bereits elf Plattformen aktiv46 (darunter Companisto). Während in den folgenden Jahren die ersten Plattformen bereits wieder vom Markt verschwanden, kamen zugleich neue hinzu. In den Jahren 2013 und 2014 gab es 13 bzw. 15 aktive Crowd­ investing-Plattformen. Im Jahr 2015 waren 15 Plattformen aktiv. 2016 gab es noch sieben aktive Plattformen. 2. Anzahl erfolgreicher Finanzierungen und Finanzierungsvolumen nach Plattform Trotz der Vielzahl an Crowd­investing-Plattformen konzentrierten sich die erfolgreich finanzierten und volumenstarken Crowd­investing-Kampagnen auf wenige Plattformen. Im Untersuchungszeitraum ist eine deutliche Marktführerschaft der beiden Plattformen Companisto und Seedmatch festzustellen. So wurden im Zeitraum von 2011 bis 2016 über Seedmatch 95 und über Companisto 69 Finanzierungen erfolgreich abgeschlossen (siehe Abb. 14 und Abb. 15).47 Damit wurden knapp zwei Drittel (63,8 %) aller erfolgreichen Crowd­investings

Plattform

Erfolgreich vermittelte Finanzierungen

Vermitteltes Kapital

Anzahl

Marktanteil

Summe

Marktanteil

Seedmatch

95

37,0 %

30.058.750 €

41,9 %

Companisto

69

26,8 %

28.325.735 €

39,5 %

Sonstige

93

36,2 %

13.340.925 €

18,6 %

Gesamt

257

100 %

71.725.410 €

100 %

Abb. 14: Anzahl erfolgreich vermittelter Finanzierungen und eingeworbenes Kapital auf Seedmatch und Companisto sowie Marktanteil (2011–2016, N = 257)

44 Vgl. hierzu bereits Klöhn / Hornuf / Schilling, ZBB 2016, 142, 143; für eine Übersicht aktiver Crowdinvesting-Plattformen in Deutschland unter Berücksichtigung von Immo­bilien-, Projekt- und Filmfinanzierungen mit Stand vom 01. 06. 2011 vgl. Hainz / Hornuf / Klöhn, Praxiserfahrungen mit den Befreiungsvorschriften des Kleinanlegerschutzgesetzes, 2017, S. 18 f. 45 Innovestment meldete Ende 2017 Insolvenz an und stellte den Betrieb seiner Crowd­ investing-Plattform ein. 46 Als aktiv wurde eine Plattform gewertet, wenn sie im entsprechenden Zeitraum mindestes eine Finanzierung anbot. 47 Mangels öffentlicher Verfügbarkeit entsprechender Daten sind in der folgenden Auswertung die Finanzierungen auf den Plattformen Deutsche Mikroinvest (50 Finanzierungsangebote)  und die-beteiligungsplattform (2 Finanzierungsangebote)  sowie 6 Angebote auf der Plattform United Equity, 3 Angebote auf der Plattform Lightfin und ein Angebot auf der Plattform Fundsters nicht berücksichtigt (N = 330).

151

B. Der deutsche Crowd­investing-Markt 

100

35 Mio. € 95

93

90

30 Mio. € 80 25 Mio. €

70

69

60

20 Mio. €

50 15 Mio. €

40 30

10 Mio. €

20 5 Mio. € 10 0 Mio. €

Seedmatch

Companisto

Sonstige

0

Abb. 15: Erfolgreich vermitteltes Kapital / Anzahl der erfolgreichen Finanzierungen auf Seedmatch, Companisto und den sonstigen Plattformen (2011–2016, N = 257)

13,3 Mio. €

30,1 Mio. €

28,3 Mio. €

Seedmatch (41,9%) Sons�ge (18,6%)

Companisto (39,5%)

Abb. 16: Marktanteil von Seedmatch und Companisto am Volumen der erfolgreichen Finanzierungen (2011–2016, N = 257)

über die beiden Plattformen Seedmatch und Companisto abgewickelt. Auf Seedmatch warben Unternehmen Kapital in Höhe von insgesamt 30,1 Mio. Euro, auf Companisto in Höhe von 28,3 Mio. Euro ein (siehe Abb. 14, Abb. 15 und Abb. 16). Zusammen vermittelten die beiden Plattformen Kapital in Höhe von 58,4 Mio. Euro im Vergleich zu einem Gesamtmarktvolumen von 71,2 Mio. Euro. Der Markt-

152

§ 4 Der Crowd­investing-Markt als Teil des Venture Capital-Marktes

anteil von Seedmatch am auf dem Crowd­investing-Markt vermittelten Kapital betrug damit im Untersuchungszeitraum 41,9 %, der Marktanteil von Companisto 39,5 %. Zusammen hatten Seedmatch und Companisto einen Marktanteil von 81,4 %. 3. Entwicklung von Finanzierungsanzahl und -volumen nach Plattform Die Markführerschaft der Plattformen Seedmatch und Companisto verfestigte sich bereits seit der Entstehung des Crowd­investing-Marktes in Deutschland. Abb. 17 zeigt die Entwicklung der erfolgreichen und nicht erfolgreichen Crowd­ investing-Angebote auf den Plattformen Seedmatch, Companisto sowie den sonstigen Plattformen im Vergleich. 35

30 18

11

25

1

1 1

7

20

13

15

20

5

1

23 17

17

17 10

7

1

2 15 9

12

20

2011

2013

2014

6

2015

Companisto

Seedmatch

Sons�ge

Companisto

Seedmatch

Sons�ge

Companisto

Seedmatch

Sons�ge

Companisto

Seedmatch

Sons�ge

Seedmatch

Sons�ge

Companisto 2012

6

11

3 Companisto

0

Seedmatch

4

23

Sons�ge

25 10

2016

Abb. 17: Anzahl der erfolgreichen (dunkelgrau) und nicht erfolgreichen (hellgrau) Finanzie­ rungen auf Seedmatch, Companisto und den sonstigen Plattformen (2011–2016, N = 330)

Abb. 18 zeigt die Summe des im jeweiligen Jahr eingeworbenen Kapitals der erfolgreichen Finanzierungen und die Beträge, die zur Erreichung der Funding­ schwellen der nicht erfolgreichen Finanzierungen noch erforderlich gewesen wären. Im Jahr 2011 wurden über Seedmatch Unternehmensfinanzierungen in Höhe von 350.000 Euro erfolgreich abgeschlossen. Im Jahr 2012 konnten Unternehmen über Seedmatch 2,9 Mio. Euro und über Companisto rund 600.000 Euro einwerben. Über die sonstigen Plattformen wurden Finanzierungen in Höhe von rund 1,4 Mio. Euro gezeichnet. 2013 belief sich das Finanzierungsvolumen bei Seedmatch auf 7,5 Mio. Euro, 3,5 Mio. Euro bei Companisto und 1,9 Mio. Euro bei den

153

B. Der deutsche Crowd­investing-Markt 

sonstigen Plattformen. Im Jahr 2014 wurden über Seedmatch 11,8 Mio. Euro, über Companisto 5,3 Mio. Euro und über sonstige Plattformen rund 2,1 Mio. Euro eingeworben. Im Jahr 2015 vermittelte Seedmatch Finanzierungen i. H. v. 3 Mio. Euro, Companisto i. H. v. 8,9 Mio. Euro und die sonstigen Plattformen i. H. v. 5,7 Mio. Euro. Die im Jahr 2016 vermittelten Finanzierungen beliefen sich bei Seedmatch auf 4,5 Mio. Euro und bei Companisto auf 10 Mio. Euro, während die sonstigen Plattformen rund 1,9 Mio. Euro erfolgreich vermittelten. 12 Mio. €

10 Mio. €

8 Mio. €

6 Mio. €

4 Mio. €

2011

2012

2013

2014

Sons�ge

Companisto

Seedmatch

Sons�ge

Companisto

Seedmatch

Sons�ge

Companisto

Seedmatch

Sons�ge

Companisto

Seedmatch

Sons�ge

Companisto

Seedmatch

Sons�ge

Companisto

0 Mio. €

Seedmatch

2 Mio. €

2015

Abb. 18: Summe des erfolgreich eingeworbenen Kapitals pro Plattform (dunkelgrau) im Vergleich zur Summe der Fundingschwellen der nicht erfolgreichen Emissionen (hellgrau) (2011–2016, N = 330)

4. Erfolgs- und Finanzierungsquoten Deutlich wird die Marktführerschaft von Seedmatch und Companisto auch an der Erfolgsquote der angebotenen Finanzierungen. Im gesamten Beobachtungszeitraum wurde auf der Plattform Companisto nur in einem Fall48 die Fundingschwelle nicht innerhalb der Fundingdauer erreicht, sodass die Finanzierung scheiterte. Dies 48

Hierbei handelte es sich um das Finanzierungsangebot des Start-ups GroopDoo UG (haftungsbeschränkt). Unternehmensgegenstand des Start-ups war die Entwicklung und der Betrieb einer Internetplattform zwecks Vermittlung von gruppenbasierten Aktivitäten in den Sektoren Freizeit, Sport, Gastronomie, Bildung, Kunst und im sozialen Bereich, sowie das Bereitstellen in diesem Zusammenhang stehender Dienstleistungen, die unter das Zahlungsdienste­ aufsichtsgesetz fallen. Das Stammkapital des Start-ups betrug 2.000 Euro. Die angestrebte Finanzierungssumme (Fundinglimit) belief sich auf 400.000 Euro. Im Fundingzeitraum vom

154

§ 4 Der Crowd­investing-Markt als Teil des Venture Capital-Marktes

entspricht einer Erfolgsquote von 98,6 %. Auf Seedmatch wurden insgesamt fünf Finanzierungen erfolglos beendet, weil die Fundingschwelle nicht erreicht wurde (Erfolgsquote von 95 %).49 Marktweit wurden im Untersuchungszeitraum 257 von 330 Finanzierungen erfolgreich abgeschlossen. Dies entspricht einer Erfolgsquote von lediglich 78 %.50 Abb. 19 zeigt, dass sich die Erfolgsquote der Finanzierungen auf Companisto und Seedmatch im Beobachtungszeitraum deutlich über dem Marktdurchschnitt bewegten. 100%

80%

60%

40%

20%

0%

2011

2012

2013 Seedmatch

2014 Companisto

2015

2016

Markt

Abb. 19: Erfolgsquote der Finanzierungen auf Companisto und Seedmatch im Vergleich zur marktweiten Erfolgsquote (2011–2016, N = 330)

Abb. 20 zeigt die Entwicklung der Finanzierungsquote auf Seedmatch und Companisto im Vergleich zum Marktdurchschnitt. Die Finanzierungsquoten lagen auf beiden Plattformen zunächst deutlich über dem Marktdurchschnitt. Ab 2012 fiel die Finanzierungsquote marktweit. Zum Ende des Beobachtungszeitraums im Jahr

01. 11. 2016 bis zum 31. 12. 2016 zeichneten 189 Anleger allerdings lediglich partiarische Nachrangdarlehen i. H. v. rund 40.000 Euro, womit die Fundingschwelle von 100.000 Euro deutlich verfehlt wurde. 49 Dies waren die Finanzierungsangebote Roomsurfer (24.750 Euro gezeichnet, Fundingschwelle: 50.000 Euro), Cloud&Heat 2 (86.250  Euro gezeichnet, Fundingschwelle: 450.000  Euro), belsonno (60.000 Euro gezeichnet, Fundingschwelle: 100.000 Euro), 5drops (24.000 Euro gezeichnet, Fundingschwelle: 100.000 Euro) und FUBALYTICS (55.750 Euro gezeichnet, Fundingschwelle: 100.000 Euro). 50 Siehe § 4 B. I. 3.  oben.

155

B. Der deutsche Crowd­investing-Markt 

2016 lag die Finanzierungsquote auf Companisto und Seedmatch mit knapp unter bzw. über 60 % indes immer noch leicht über dem Marktdurchschnitt von 52 %.51 100%

80%

60%

40%

20%

0%

2011

2012

2013 Seedmatch

2014 Companisto

2015

2016

Markt

Abb. 20: Finanzierungsquote auf Companisto und Seedmatch im Vergleich zur marktweiten Finanzierungsquote (2011–2016, N = 330)

III. Wesentliche Kennzahlen der Crowd­investing-Finanzierungen Nachfolgend wird die Entwicklung der wesentlichen Parameter der einzelnen Crowd­investing-Finanzierungen analysiert. Neben Finanzierungsvolumen und Kapitalnachfrage pro Finanzierung wird die Entwicklung der Fundingschwellen, der Finanzierungsdauer, der Anzahl der Investments pro Finanzierung sowie der Mindestinvestitionssumme und der durchschnittlichen Anlagesumme dargestellt. 1. Entwicklung des Finanzierungsvolumens pro Emission (deal size) Das durchschnittliche Finanzierungsvolumen auf dem Crowd­investing-Markt betrug im Beobachtungszeitraum 279.087 Euro. Der geringste mit einer Finanzierung eingeworbene Betrag lag bei 10.000 Euro.52 Das größte im Beobachtungszeitraum erzielte Finanzierungsvolumen lag bei 3 Mio. Euro.53 Insgesamt 14 ka 51

Siehe § 4 B. I. 3.  oben. 10.000 Euro warb etwa das Unternehmen vairRes auf der Plattform WelcomeInvestment ein. 53 Dabei handelte es sich um die zweite Crowdinvesting-Finanzierung von Protonet auf der Plattform Seedmatch. Siehe dazu auch § 1 B. oben und § 6 B. I. 4. unten. 52

156

§ 4 Der Crowd­investing-Markt als Teil des Venture Capital-Marktes

pitalsuchende Unternehmen konnten im Beobachtungszeitraum einen Betrag von jeweils über 1 Mio. Euro einwerben. Abb. 21 zeigt die quartalsweise Entwicklung des Finanzierungsvolumens der Crowd­investing-Finanzierungen. Die Grafik zeigt die Spannweite des Finanzierungsvolumens, das heißt, einerseits das im jeweiligen Quartal geringste Finanzierungsvolumen sowie das größte erzielte Finanzierungsvolumen. Zudem wird die Entwicklung des durchschnittlichen Finanzierungsvolumens dargestellt. Das durchschnittliche Finanzierungsvolumen pro Crowd­investing-Finanzierung war bis zum dritten Quartal 2012 zunächst konstant unter 100.000 Euro. Ab dem vierten Quartal 2013 bis zum ersten Quartal 2014 bewegte sich die pro Finanzierung durchschnittlich eingeworbene Summe um 200.000 Euro. Ab dem zweiten Quartal 2014 bis zum Ende des Jahres 2016 bewegte sich das durchschnittliche Finanzierungsvolumen um rund 500.000 Euro. 3,0 Mio. €

2,5 Mio. €

2,0 Mio. €

1,5 Mio. €

1,0 Mio. €

0,5 Mio. €

0,0 Mio. €

Q3

Q4

2011

Q1

Q2

Q3

2012

Q4

Q1

Q2

Q3

2013

Durchschni�liche Fundingsumme

Q4

Q1

Q2

Q3

Q4

Q1

2014 Minimale Fundingsumme

Q2

Q3

2015

Q4

Q1

Q2

Q3

Q4

2016

Maximale Fundingsumme

Abb. 21: Quartalsweise Entwicklung des Finanzierungsvolumens der erfolgreichen Finanzierungen (durchschnittliches Finanzierungsvolumen und Spannweite) (2011–2016, N = 257)

Die geringste Fundingsumme steigt über den Beobachtungszeitraum leicht von zunächst rund 50.000 Euro auf am Ende zwischen 100.000 und 200.000 Euro an. Die maximale Fundingsumme stieg über den Beobachtungszeitraum an. Generell konnten einzelne Finanzierungen ab dem vierten Quartal 2012 deutlich mehr Kapital als zuvor einwerben. Abb. 22 zeigt die Finanzierungsvolumen der im jeweiligen Zeitraum erfolgreich abgeschlossenen Finanzierungen sowie die Anzahl der Emissionen in der jewei-

157

B. Der deutsche Crowd­investing-Markt 

ligen Größenordnung. Im Jahr 2011 belief sich das Finanzierungsvolumen der erfolgreich abgeschlossenen Finanzierungen auf maximal 100.000 Euro. Im Jahr 2012 konnten erstmals ein Unternehmen ein Finanzierungsvolumen zwischen 100.000 Euro und 200.000 Euro und zwei weitere zwischen 200.000 Euro und 300.000 Euro realisieren.54 Im Jahr 2016 gab es nur noch eine Finanzierung mit einem Volumen bis 100.000 Euro. Zehn Unternehmen erzielten ein Volumen zwischen 100.001 Euro bis 200.000 Euro, in acht Finanzierungen wurden zwischen 200.001  Euro bis 300.000 Euro und in neun Finanzierungen wurden zwischen 300.001 Euro und 500.000 Euro erzielt. Weitere sechs Unternehmen konnten einen Betrag zwischen 500.001 Euro bis 1 Mio. Euro einwerben. Zwei Unternehmen erzielten zwischen 1 Mio. und 1,5 Mio. Euro und ein Unternehmen warb einen Betrag von zwischen 1,5 Mio. und 2 Mio. Euro ein. Die Rekordsumme im Untersuchungszeitraum wurde im Jahr 2014 mit 3 Mio. Euro erzielt.55 2016 1

2015

10

8

2014

9

8

7

6

5

8

2012

3

6

10

13

32

2

7

11

8

18

2013

1

1

1 1 1

7

2 1

1 2

51

2011 0%

9

7 10%

20%

30%

40%

50%

60%

70%

80%

90%

100%

≤ 100.000 € 100.001 € bis 200.000 € 200.001 € bis 300.000 € 300.001 € bis 500.000 € 500.001 € bis 1,0 Mio. € > 1,0 Mio. € bis 1,5 Mio. € > 1,5 Mio. € bis 2,0 Mio. € > 2,0 Mio. € bis 2,5 Mio. € > 2,5 Mio. € bis 3,0 Mio. €

Abb. 22: Anzahl und Anteil der erfolgreichen Finanzierungen nach jeweils eingesammeltem Volumen (2011–2016, N = 257)

Betrachtet man die kumulierten Häufigkeiten (siehe Abb. 23) der über den gesamten Untersuchungszeitraum eingesammelten Finanzierungsvolumina wird noch einmal deutlich, dass bislang mit keiner Finanzierung ein Volumen von über 3 Mio. erzielt wurde. 54

Dabei handelte es sich um die ersten auf der Plattform Seedmatch vermittelten partiarischen Nachrangdarlehen. 55 Dabei handelte es sich um die zweite Crowdinvesting-Finanzierung von Protonet auf der Plattform Seedmatch. Siehe bereits Fn. 53 sowie § 1 B. oben und § 6 B. I. 4. unten.

158

§ 4 Der Crowd­investing-Markt als Teil des Venture Capital-Marktes

≤ 3.000.000 €

100,0%

≤ 2.500.000 €

99,6%

≤ 2.000.000 €

99,2%

≤ 1.500.000 €

98,4%

≤ 1.000.000 €

95,7%

≤ 500.000 €

87,5%

≤ 300.000 €

76,3%

≤ 200.000 €

60,7%

≤ 100.000 € 0%

45,1% 20%

40%

60%

80%

100%

Abb. 23: Anteil der erfolgreichen Finanzierungen nach eingesammeltem Volumen (kumulierte Häufigkeiten) (2011–2016, N = 257)

99,6 % aller Finanzierungen lagen in der Spanne bis 2,5 Mio. Euro. 99,2 % aller erfolgreichen Finanzierungen hatten ein Volumen von bis zu 2 Mio. Euro. 98,4 % aller Finanzierungen bewegten sich im Bereich bis zu 1,5 Mio. Euro. In 95,7 % der Finanzierungen wurden maximal 1 Mio. Euro eingeworben. 87,5 % der Finanzierungen bewegen sich im Bereich bis 500.000 Euro. Rund 45 % der Crowd­investingFinanzierungen hatten ein Volumen von maximal 100.000 Euro. 2. Entwicklung der Kapitalnachfrage pro Finanzierung Unter Kapitalnachfrage wird hier die Summe verstanden, die Unternehmen mittels einer Crowd­investing-Kampagne maximal einzusammeln beabsichtigten (maximales Fundinglimit).56 Im Durchschnitt betrug die Kapitalnachfrage im Beobachtungszeitraum 406.306 Euro pro Emission. Abb. 24 zeigt die Entwicklung der durchschnittlichen Kapitalnachfrage pro Emission. Während die durchschnittliche Kapitalnachfrage zunächst knapp unter 100.000 Euro lag, ist bis zum Jahr 2013 ein Anstieg auf knapp 220.000 Euro zu beobachten. 2014 betrug das durchschnittlich nachgefragte Kapital rund 570.000 Euro. Nach einem Anstieg auf rund 770.000 Euro im Jahr 2015 sank die durchschnittliche Kapitalnachfrage im Jahr 2016 auf knapp 680.000 Euro pro angebotener Finanzierung. 56

Siehe bereits Fn. 33 oben.

159

B. Der deutsche Crowd­investing-Markt  800.000 €

700.000 €

600.000 €

500.000 €

400.000 €

300.000 €

200.000 €

100.000 €

0 €

2011

2012

2013

2014

2015

2016

Abb. 24: Entwicklung der durchschnittlichen Kapitalnachfrage (Fundinglimit) pro Emission (2011–2016, N = 384)

Abb. 25 zeigt die im jeweiligen Zeitraum nachgefragten Finanzierungsvolumen sowie die Anzahl der in der jeweiligen Größenordnung angebotenen Finanzierungen. Im Jahr 2011 hatten alle acht angebotenen Finanzierungen ein Finanzierungsvolumen von maximal 100.000 Euro. 2012 wurden 65 Finanzierungen mit einer Kapitalnachfrage von maximal 100.000 Euro, drei Finanzierungen mit einer Kapitalnachfrage von maximal 200.000 Euro und drei weitere mit einer Kapital­nachfrage von maximal 300.000 Euro angeboten. 2013 wurden bereits zwölf Finanzierungen mit einem Finanzierungsziel zwischen 300.001 Euro und 500.000 Euro, zwei mit einem maximalen Finanzierungsvolumen zwischen 500.001 Euro und 1 Mio. Euro und eine Finanzierung mit einem Finanzierungsziel zwischen 1 Mio. Euro und 1,5 Mio. Euro angeboten. Im Jahr 2016 gab es nur noch ein Finanzierungsangebot mit einer Kapitalnachfrage von bis zu 100.000 Euro. Die Mehrzahl der angebotenen Finanzierungen hatten eine Kapitalnachfrage zwischen 300.001 Euro und 500.000 Euro (15 Angebote) bzw. 500.001 Euro bis 1 Mio.  Euro (19 Angebote). Mit vier Finanzierungen sollte ein Kapitalbedarf zwischen 1  Mio. Euro und 1,5 Mio. Euro und mit zwei Finanzierungen Kapital in der Höhe von 1,5 Mio. Euro bis 2 Mio. Euro über den Crowd­investingMarkt eingeworben werden. Im gesamten Untersuchungszeitraum gab es nur drei Finanzierungs­angebote mit einer Kapitalnachfrage von 3 Mio. Euro bis 5 Mio. Euro. Lediglich in zwei Fällen betrug der Kapitalbedarf zwischen 5 Mio. Euro und 7,5 Mio. Euro. Dies sind die höchsten auf dem Crowd­investing-Markt nachgefragten Beträge.

160

§ 4 Der Crowd­investing-Markt als Teil des Venture Capital-Marktes

2016 1

2015

3

4

6

2014

15

9

17

20

7

2013

19

4

21

14

16

2012

2 2

15

11

19

43

3 1 2

3

2

27

2

12

21

3

3

65

2011

2

8

0%

10%

20%

≤ 100.000 € 500.001 € bis 1,0 Mio. € > 2,5 Mio. € bis 3,0 Mio. €

30%

40%

100.001 € bis 200.000 € > 1,0 Mio. € bis 1,5 Mio. € > 3 Mio. € bis 5,0 Mio. €

50%

60%

70%

200.001 € bis 300.000 € > 1,5 Mio. € bis 2,0 Mio. € > 5 Mio. € bis 7,5 Mio. €

80%

90%

100%

300.001 € bis 500.000 € > 2,0 Mio. € bis 2,5 Mio. €

Abb. 25: Anzahl und Anteil des pro Emission nachgefragten Finanzierungsvolumens (2011–2016, N = 384)

≤ 7.500.000 €

100,0%

≤ 5.000.000 €

99,5%

≤ 3.000.000 €

98,7%

≤ 2.500.000 €

97,9%

≤ 2.000.000 €

97,1%

≤ 1.500.000 €

96,1%

≤ 1.000.000 €

93,8%

≤ 500.000 €

81,8%

≤ 300.000 €

65,4%

≤ 200.000 €

47,9%

≤ 100.000 € 0%

37,2% 10%

20%

30%

40%

50%

60%

70%

80%

90%

Abb. 26: Anteil der pro Angebot nachgefragten Finanzierungsvolumina (kumulierte Häufigkeiten) (2011–2016, N = 384)

100%

B. Der deutsche Crowd­investing-Markt 

161

Abb. 26 zeigt die kumulierten Häufigkeiten der im Untersuchungszeitraum nachgefragten Finanzierungsvolumina. Die Kapitalnachfrage aller Finanzierungen bewegte sich in einem Bereich bis 7,5 Mio. Euro. In 99,5 % aller Crowd­investingAngebote lag die Kapitalnachfrage bei maximal 5 Mio. Euro. Die Kapitalnachfrage von 97,9 % aller Angebote lag bei maximal 2,5 Mio. Euro. Mit 93,8 % aller Finanzierungen wurden jeweils maximal 1 Mio. Euro nachgefragt. 81,8 % der Finanzierungen hatten ein Fundinglimit von bis zu 500.000 Euro. Mit 65,4 % bewegte sich die Kapitalnachfrage von knapp zwei Dritteln aller Finanzierungen in einem Bereich von maximal 300.000 Euro. Die Kapitalnachfrage von 37,2 % aller Finanzierungen lag schließlich unter 100.000 Euro. 3. Entwicklung der Fundingschwellen Die Fundingschwelle ist wie bereits ausgeführt der von der Plattform (ggf. nach Absprache mit dem kapitalsuchenden Unternehmen) vorgegebene Mindestbetrag, den die Crowd zeichnen muss, damit die Finanzierung durchgeführt wird.57 Wird der Mindestbetrag nicht erreicht, wird die Finanzierung abgebrochen. Etwaige bereits gezahlte Beträge werden an die Anleger zurückgezahlt. Die durchschnittliche Fundingschwelle betrug im Beobachtungszeitraum 72.518 Euro. Abb. 27 zeigt die Entwicklung der durchschnittlichen Fundingschwellen sowie der Spannweite, das heißt, der geringsten und der höchsten Fundingschwelle, die im jeweiligen Kalenderjahr auf dem Crowd­investing-Markt anzutreffen war. Während die durchschnittliche Fundingschwelle marktweit zunächst um 50.000 Euro schwankte, ist ab 2014 ein Anstieg zu verzeichnen. In den Jahren 2015 und 2016 lag die Fundingschwelle im marktweiten Durchschnitt bei knapp über 100.000 Euro. Im Zeitraum von 2012 bis 2015 wurden Finanzierungen ohne Fundingschwelle angeboten. Die maximalen Fundingschwellen lagen in den Jahren 2011 und 2012 bei rund 80.000 Euro. In den Jahren 2013 bis 2015 lag die maximale Fundingschwelle bei 500.000 Euro, im Jahr 2016 bei 400.000 Euro. Abb. 28 zeigt die Entwicklung der durchschnittlichen Fundingschwellen im Vergleich der Plattformen. Im Jahr 2012 lag die durchschnittliche Fundingschwelle auf Seedmatch bei 50.000 Euro, während Finanzierungen bei Companisto bereits ab Erreichen eines Betrages von 25.000 Euro durchgeführt wurden. Die durchschnittliche Fundingschwelle erhöhte sich über den Beobachtungszeitraum bei allen Plattformen. Im Jahr 2016 belief sich die Fundingschwelle bei Seedmatch im Durchschnitt auf knapp 110.000 Euro, bei Companisto auf gut 95.000 Euro, während der Durchschnitt bei den übrigen Plattformen ebenfalls bei knapp 130.000 Euro lag.

57

Siehe hierzu bereits § 3 C. II. oben.

162

§ 4 Der Crowd­investing-Markt als Teil des Venture Capital-Marktes

500.000 € 450.000 € 400.000 € 350.000 € 300.000 € 250.000 € 200.000 € 150.000 € 100.000 € 50.000 € 0 €

2011

2012

Durchschn. Fundingschwelle

2013

2014

Höchste Fundingschwelle

2015

2016

Geringste Fundingschwelle

Abb. 27: Entwicklung der durchschnittlichen, der geringsten und der höchsten Fundingschwelle (2011–2016, N = 342) 150.000 €

125.000 €

100.000 €

75.000 €

50.000 €

25.000 €

0 €

2011

2012

2013

2014

Seedmatch

Companisto

Sons�ge

2015

2016

Marktdurchschni�

Abb. 28: Entwicklung der durchschnittlichen Fundingschwelle nach Plattform (2011–2016, N = 342)

163

B. Der deutsche Crowd­investing-Markt 

4. Entwicklung der durchschnittlichen Finanzierungsdauer Die Finanzierungsdauer58 entspricht dem Zeitraum von dem Zeitpunkt, ab dem Crowd­investoren erstmalig einen Finanzierungsvertrag auf der Crowd­investingPlattform abschließen können, bis zu dem Zeitpunkt, zu dem keine weiteren Finanzierungsverträge mehr abgeschlossen werden können, weil entweder das Fundinglimit erreicht wurde oder die von der Plattform vorgegebene Fundingfrist (maximale Funding­dauer) verstrichen ist.59 Im Beobachtungszeitraum betrug die durchschnittliche Finanzierungsdauer 74 Tage. Die kürzeste Finanzierungsdauer lag bei weniger als einem Tag,60 die längste Finanzierungsdauer bei 410 Tagen.61 Abb. 29 zeigt zunächst die Entwicklung der durchschnittlichen Finanzierungsdauer in Tagen im Marktdurchschnitt. 120

100

80

60

40

20

0

2011

2012 Seedmatch

2013 Companisto

2014 Sons�ge

2015

2016

Marktdurchschni�

Abb. 29: Entwicklung der durchschnittlichen Finanzierungsdauer der erfolgreichen Finanzierungen in Tagen nach Plattform (2011–2016, N = 239)

Während Finanzierungsphasen zu Beginn durchschnittlich rund 50 Tage dauerten, pendelte sich die Finanzierungsdauer in den Jahren 2014 bis 2016 bei etwa 100 Tagen ein. Auf der Plattform Seedmatch fiel die durchschnittliche Finanzie 58 Der Auswertung liegen 239 erfolgreiche Finanzierungen zugrunde, für die Daten zur Finanzierungsdauer vorlagen. 59 Zum Ablauf des Fundingprozesses siehe § 3 C. II. oben. 60 So erreichte etwa das Start-up Protonet in seiner ersten Crowdinvesting-Kampagne im November 2012 innerhalb von 48 Minuten das angestrebte Fundinglimit, vgl. dazu bereits § 1 B. oben. 61 Hierbei handelte es sich um die über Seedmatch vermittelte Finanzierung des Start-ups OakLabs.

164

§ 4 Der Crowd­investing-Markt als Teil des Venture Capital-Marktes

rungsdauer von zunächst rund 50 Tagen im Jahr 2011 auf 20 Tage im Jahr 2012 ab, stieg bis zum Jahr 2014 dann aber auf einen durchschnittlichen Zeitraum von knapp 120 Tagen an. Finanzierungen auf Companisto dauerten anfänglich durchschnittlich knapp 60 Tage, ab dem Jahr 2014 rund 110 Tage. Danach fiel die Finanzierungsdauer auf rund 100 Tage ab. Im Jahr 2016 hatte sich die durchschnittliche Finanzierungsdauer auf allen Plattformen an einen Zeitraum von etwa 100 Tagen angenähert. 5. Entwicklung der Anzahl an Investments und Investoren pro Finanzierung Bei einer Auswertung der Finanzierungsdaten von 232 erfolgreichen Finanzierungen, für die Daten zu der Anzahl der jeweils getätigten Einzelinvestments vorliegen, ergibt sich eine durchschnittliche Anzahl von 362 Investments pro Finanzierung. Unter der Annahme, dass jeder Crowdinvestor nur ein Investment tätigt und es keine mehrfachen Investments derselben Person gibt, entspricht diese Zahl der Investorenanzahl pro Finanzierung.62 Abb. 30 zeigt die Entwicklung der durchschnittlichen Anzahl an Investments pro Crowd­investing-Finanzierung. 600 550 500 450 400 350 300 250 200 150 100 50 0

2011

2012

2013

2014

2015

2016

Abb. 30: Entwicklung der durchschnittlichen Anzahl der Investments pro Emission (2011–2016, N = 232) 62

Vgl. auch Hainz / Hornuf / Klöhn, Praxiserfahrungen mit den Befreiungsvorschriften des Kleinanlegerschutzgesetzes, 2017, S. 38, die (unter Einschluss von Immobilien- und Projektfinanzierungen aber begrenzt auf den Zeitraum bis 2015) durchschnittlich 289 Investments pro Emission zählten.

165

B. Der deutsche Crowd­investing-Markt 

Über den gesamten Beobachtungszeitraum ist hier ein deutlicher Anstieg festzustellen. Während im Jahr 2011 durchschnittlich 90 Investments pro Crowd­ finanzierung getätigt wurden, waren es im Jahr 2012 bereits knapp doppelt so viele. Die durchschnittliche Anzahl an Investments stieg weiter stetig an und lag in den Jahren 2014 und 2015 bei rund 450, während sich eine Finanzierung im Jahr 2016 durchschnittlich aus knapp 600 Einzelinvestments zusammensetzte. Vergleicht man die Anzahl der im Beobachtungszeitraum erfolgten Investments nach Plattformen (siehe Abb. 31), liegt Companisto mit durchschnittlich 738 Invest­ments pro Finanzierung weit an der Spitze. Auf der Plattform Seedmatch investierten durchschnittlich 305 Investoren pro Finanzierung. Auf den sonstigen Plattformen liegt die Anzahl der Investments pro Finanzierung bei lediglich 60. Plattform

Anzahl Finanzie­ rungen

Anzahl Investments / Investoren pro Finanzierung Gesamt

Minimum

Maximum

Durch­ schnitt

Companisto

69

50.917

261

2.016

738

Seedmatch

95

28.977

84

1.052

305

Sonstige

68

4.049

4

348

60

Gesamt

232

83.943

4

2.016

362

Abb. 31: Anzahl der Investments / Investoren pro erfolgreicher Finanzierung (2011–2016, N = 232) 1.200

1.000

800

600

400

200

0

2011

2012 Seedmatch

2013 Companisto

2014 Sons�ge Pla�ormen

2015 Marktdurchschni�

Abb. 32: Entwicklung der durchschnittlichen Anzahl an Investments pro erfolgreicher Finanzierung nach Plattformen (2011–2016, N = 232)

2016

166

§ 4 Der Crowd­investing-Markt als Teil des Venture Capital-Marktes

Abb. 32 zeigt die Entwicklung der durchschnittlichen Investorenanzahl pro Finanzierung getrennt nach Plattformen. Es wird deutlich, dass sich die durchschnittliche Anzahl an Anlegern über den Beobachtungszeitraum auf allen Plattformen vervielfacht hat. Während bei Seedmatch im Jahr 2011 durchschnittlich 139 Anleger ein Unternehmen finanzierten, waren es 2016 durchschnittlich 370. Bei Companisto stieg die durchschnittliche Investorenanzahl von 437 im Jahr 2012 auf 768. Im Jahr 2014 setzte sich eine Finanzierung auf Companisto durchschnittlich aus 1.082 Einzelinvestments zusammen. Auf den übrigen Plattformen beteiligten sich zunächst nur durchschnittlich 25 Anleger an einer Finanzierung, während es zum Ende des Beobachtungszeitraums 155 waren. 6. Entwicklung der Mindestinvestitionssumme und der durchschnittlichen Anlagesumme pro Anleger Regelmäßig sehen Crowd­investing-Plattformen eine Mindestinvestitionssumme vor.63 Diese variierte zunächst deutlich zwischen den einzelnen Plattformen. Auf Innovestment mussten Anleger mindestens 1.000 Euro investieren, Seedmatch sah eine Mindestinvestitionssumme von 250 Euro vor. Auf Companisto lag der Mindestinvestitionsbetrag bei 5 Euro.64 Bei Fundsters konnten Anleger bereits ab einem Euro investieren. Die durchschnittliche Höhe der Einzelinvestments variieren ebenfalls in Abhängigkeit von der betrachteten Plattform.65 Während ein Anleger marktweit durchschnittlich 804 Euro pro Finanzierung investierte (siehe Abb. 33), liegt das durchschnittliche Einzelinvestment bei Companisto bei 556 Euro, bei Seedmatch bei 1.037 Euro und bei den sonstigen Plattformen bei 2.243 Euro.66

63

Vgl. § 3 C. II. oben. Dazu bereits Klöhn / Hornuf, ZBB 2012, 237, 242 f. Companisto erhöhte die Mindestinvestitionssumme allerdings im Juni 2017 auf 100 Euro und im Februar 2019 auf 250 Euro (vgl. https://www.companisto.com/de/press#/pressreleases/ startups-companisto-erhoeht-mindestinvestment-auf-250-euro-2822242 (06. 02. 2019)). 65 Vgl. hierzu bereits Klöhn / Hornuf, ZBB 2012, 237, 242 f. 66 Siehe ferner auch Hainz / Hornuf / Klöhn, Praxiserfahrungen mit den Befreiungsvorschriften des Kleinanlegerschutzgesetzes, 2017,  S.  44 f., die die konkreten Anlagebeträge von 56.456 Investments in 137 Emission von Companisto, Innovestment, Seedmatch und United Equity im Zeitraum bis 1. Juni 2016 auswerten. Demnach investierten 37 % aller Anleger  – bezogen auf den gesamten Crowdinvesting-Markt zuzüglich Projekt- und Immobilienfinanzierungen  – weniger als 100 Euro und trugen mit diesen Einzelinvestments nur 2 % des gesamten Marktvolumens bei. Weitere 23 % der Anleger investierten zwischen 100 Euro und 250 Euro in ein Unternehmen (6 % des Marktvolumens). 86 % der Anleger investierten einen Betrag von bis zu 1.000 Euro und trugen dabei lediglich zu 29 % des Marktvolumens bei. Nur 14 % der Investoren waren hingegen für 71 % der investierten Mittel verantwortlich. 64

167

B. Der deutsche Crowd­investing-Markt 

Plattform 

Finanzierungs­ volumen

Anzahl Investments

Durchschnittliche Investmenthöhe

Seedmatch

30.058.750 €

28.977

1.037 €

Companisto

28.325.735 €

50.917

556 €

Sonstige

9.082.670 €

4.049

2.243 €

Gesamt

67.467.155 €

83.943

804 €

Abb. 33: Durchschnittliche Höhe der Einzelinvestments nach Plattformen (2011–2016, N = 232)

Abb. 34 zeigt die marktweite Entwicklung der durchschnittlichen Höhe der Einzelinvestments. 1.200 €

1.000 €

800 €

600 €

400 €

200 €

0 €

2011

2012

2013

2014

2015

2016

Abb. 34: Entwicklung der durchschnittlichen Höhe der Einzelinvestments (2011–2016, N = 232)

IV. Kapitalsuchende Unternehmen Im Folgenden wird ein Überblick über die Eigenschaften der über Crowd­ investing-Plattformen finanzierten Unternehmen – insbesondere die Rechtsform, das Alter, die Branchenzugehörigkeit sowie der Unternehmenswert der kapital­ suchenden Unternehmen – gegeben.

168

§ 4 Der Crowd­investing-Markt als Teil des Venture Capital-Marktes

1. Rechtsform und Stammkapital der kapitalsuchenden Unternehmen Von 302 untersuchten Unternehmen,67 die im Zeitraum von 2011 bis 2016 Crowd­investing-Finanzierungen mittels deutscher Crowd­investing-Plattformen anboten, waren 80,8 % (244) als GmbH organisiert (siehe Abb. 35 und Abb. 36). Auf GmbHs entfiel ein Anteil von 88,1 % (62,3 Mio. Euro) des erfolgreich eingeworbenen Kapitals. 13,6 % (41) der kapitalsuchenden Unternehmen waren Unternehmergesellschaften (haftungsbeschränkt). Auf diese entfielen 8,6 % (6,1 Mio. Euro) des Finanzierungsvolumens. Sons�ge 5,6% UG 13,6%

GmbH 80,8%

Abb. 35: Rechtsformen der kapitalsuchenden Unternehmen nach Anzahl der Finanzierungen (2011–2016, N = 302) Rechtsform des kapital­ suchenden Unternehmens GmbH

Angebotene Finanzierungen Anzahl

Anteil

Eingeworbenes Kapital Summe

Anteil

244

80,8 %

62.276.203 €

88,1 %

UG

41

13,6 %

6.051.079 €

8,6 %

Sonstige

17

5,6 %

2.332.603 €

3,3 %

Gesamt

302

100,0 %

70.659.885 €

100,0 %

Abb. 36: Rechtsform der kapitalsuchenden Unternehmen und eingeworbenes Kapital nach Rechtsform der Unternehmen (2011–2016, N = 302) 67

Hierzu liegen Daten von 302 Finanzierungen vor. Nicht inbegriffen sind die Finanzierungen auf den Plattformen CrowdRange, die-beteiligungsplattform, Deutsche Mikroinvest, DUB, Lightfin, Startkapital online, UnitedEquity sowie eine Finanzierung auf der Plattform Fundsters.

169

B. Der deutsche Crowd­investing-Markt 

2. Alter der kapitalsuchenden Unternehmen Bei den kapitalsuchenden Unternehmen handelte es sich um junge Unternehmen (siehe Abb. 37). 34 % aller Unternehmen waren zu Beginn der Crowd­investingFinanzierung noch kein Jahr alt, 76 % der Unternehmen waren jünger als drei Jahre und 90 % aller Unternehmen jünger als fünf Jahre.68 100%

80%

60%

40%

20%

0%

< 1 Jahr

< 3 Jahre

< 5 Jahre

< 10 Jahre

> 10 Jahre

Abb. 37: Alter der kapitalsuchenden Unternehmen zu Beginn der Finanzierungsphase (kumulierte Häufigkeit) (2011–2016, N = 337)

3. Branchenzugehörigkeit der kapitalsuchenden Unternehmen a) Anzahl der erfolgreichen Finanzierungen nach Branche Der größte Teil der erfolgreich mittels Crowd­investing finanzierten Unternehmen (41 %) lässt sich dem Wirtschaftszweig Information und Kommunikation69 zuordnen (siehe Abb. 38 und Abb. 39).70 27 % der erfolgreichen Crowd­investing 68 Der Auswertung liegen 337 Finanzierungsangebote, die erfolgreich oder nicht erfolgreich abgeschlossen wurden, zugrunde. Vgl. ferner auch die Daten für den Zeitraum bis Ende 2015 bei Hainz / Hornuf / Klöhn, Praxiserfahrungen mit den Befreiungsvorschriften des Klein­ anlegerschutzgesetzes, 2017, S. 16, 19. 69 Die Klassifizierung erfolgte entsprechend der Statistischen Systematik der Wirtschaftszweige in der Europäischen Gemeinschaft, NACE Rev. 2. 70 Der Auswertung nach Branchenzugehörigkeit liegen 337 erfolgreiche Finanzierungen zugrunde. Für eine etwas umfassendere Datenbasis (für den Zeitraum bis Ende 2015) siehe auch Hainz / Hornuf / Klöhn, Praxiserfahrungen mit den Befreiungsvorschriften des Kleinanlegerschutzgesetzes, 2017, S. 20 f.

170

§ 4 Der Crowd­investing-Markt als Teil des Venture Capital-Marktes

Kampagnen wurden von Unternehmen der Branche Handel durchgeführt, 12 % sind dem Bereich Herstellung von Waren zuzuordnen. Informa�on und Kommunika�on

85

Handel; Instandhaltung und Reparatur von Kra�fahrzeugen

55

Verarbeitendes Gewerbe/Herstellung von Waren

25

Erbringung von freiberuflichen, wissenscha�lichen und technischen Dienstleistungen

23

Erbringung von Finanz- und Versicherungsdienstleistungen

7

Erbringung von sons�gen wirtscha�lichen Dienstleistungen

5

Gesundheits- und Sozialwesen

2

Gastgewerbe/Beherbergung und Gastronomie

2

Energieversorgung

2

Grundstücks- und Wohnungswesen

1

Erziehung und Unterricht

1 0

10

20

30

40

50

60

70

80

Abb. 38: Anzahl der erfolgreichen Finanzierungen nach Branchen (2011–2016, N = 208)

Sons�ge 6% Informa�on und Kommunika�on 41%

Erbringung von Finanz-und Versicherungsdienstleistungen 3%

Erbringung von freiberuflichen, wissenscha�lichen und technischen Dienstleistungen 11%

Verarbeitendes Gewerbe/ Herstellung von Waren 12%

Handel; Instandhaltung und Reparatur von Kra�fahrzeugen 27%

Abb. 39: Anteil der erfolgreichen Finanzierungen nach Branchen (2011–2016, N = 208)

90

B. Der deutsche Crowd­investing-Markt 

171

b) Eingesammeltes Kapital nach Branche Entsprechend der Anzahl der erfolgreich durchgeführten Finanzierungen71 wurde der größte Anteil des im Beobachtungszeitraum eingesammelten Kapitals Informa�on und Kommunika�on Handel; Instandhaltung und Reparatur von Kra�fahrzeugen Verarbeitendes Gewerbe/Herstellung von Waren Erbringung von freiberuflichen, wissenscha�lichen und technischen Dienstleistungen Erbringung von Finanz- und Versicherungsdienstleistungen Erbringung von sons�gen wirtscha�lichen Dienstleistungen Gesundheits- und Sozialwesen Gastgewerbe/Beherbergung und Gastronomie Grundstücks- und Wohnungswesen Energieversorgung Erziehung und Unterricht

Abb. 40: Eingesammeltes Kapital nach Branche (2011–2016, N = 208) Sons�ge 6% Informa�on und Kommunika�on 33%

Erbringung von Finanz-und Versicherungsdienstleistungen 5%

Erbringung von freiberuflichen, wissenscha�lichen und technischen Dienstleistungen 13%

Verarbeitendes Gewerbe/Herstellung von Waren 14%

Handel; Instandhaltung und Reparatur von Kra�fahrzeugen 29%

Abb. 41: Anteil des eingesammelten Kapitals am Marktvolumen nach Branche (2011–2016, N = 208) 71

Siehe § 4 B. IV. 3. a) oben.

172

§ 4 Der Crowd­investing-Markt als Teil des Venture Capital-Marktes

von Unternehmen der Branche Information und Kommunikation (33 %) eingeworben, dicht gefolgt von Unternehmen aus dem Bereich Handel (29 %) (siehe Abb. 40 und Abb. 41). Etwa 14 % des Gesamtfinanzierungsvolumens entfiel jeweils auf die Bereiche Herstellung von Waren sowie den Dienstleistungsbereich. c) Durchschnittliches Finanzierungsvolumen pro Emission nach Branche Analysiert man das durchschnittliche Finanzierungsvolumen pro Emission nach Branchen zeigt sich, dass Unternehmen der Branche Information und Kommunikation im Untersuchungszeitraum im Durchschnitt 200.000 Euro mittels Crowd­investing einwerben konnten (siehe Abb. 42). Unternehmen im Bereich Handel erzielten im Durchschnitt rund 270.000 Euro und im Bereich Herstellung von Waren tätige Unternehmen erzielten durchschnittlich rund 300.000 Euro pro Crowd­investing-Kampagne. Die im Durchschnitt höchsten Finanzierungsbeträge erzielten Unternehmen aus den Sektoren Gesundheits- und Sozialwesen sowie Erbringung von Finanz- und Versicherungsdienstleistungen mit rund 400.000 Euro pro Finanzierung. Gesundheits- und Sozialwesen Erbringung von Finanz- und Versicherungsdienstleistungen Erbringung von freiberuflichen, wissenscha�lichen und technischen Dienstleistungen Verarbeitendes Gewerbe/Herstellung von Waren Grundstücks- und Wohnungswesen Handel; Instandhaltung und Reparatur von Kra�fahrzeugen Erziehung und Unterricht Informa�on und Kommunika�on Erbringung von sons�gen wirtscha�lichen Dienstleistungen Gastgewerbe/Beherbergung und Gastronomie Energieversorgung

0€

50

.00

45 25 40 15 20 30 35 10 0.0 0.0 0.0 0.0 0.0 0.0 0.0 0 00 00 00 00 00 00 0 € .000 00 € € € € € € € €

Abb. 42: Durchschnittliches Finanzierungsvolumen pro Emission nach Branche (2011–2016, N = 208)

B. Der deutsche Crowd­investing-Markt 

173

4. Unternehmenswert der kapitalsuchenden Unternehmen Die durchschnittliche Pre-Money-Unternehmensbewertung72 der im Untersuchungszeitraum auf dem Crowd­investing-Markt kapitalsuchenden Unternehmen belief sich auf rund 2,6 Mio. Euro.73 Ebenfalls bei rund 2,6 Mio. Euro liegt die durchschnittliche Bewertung aller erfolgreich finanzierten Unternehmen. Dem steht ein durchschnittliches Finanzierungsvolumen von rund 270.000 Euro gegenüber74 (siehe Abb. 43). 273.326 €

2.650.042 € Durchschni�liche Fundingsumme Durchschni�licher Pre-Money-Unternehmenswert

Abb. 43: Durchschnittliche Pre-Money-Unternehmensbewertung der erfolgreich finanzierten Unternehmen und durchschnittliches Finanzierungsvolumen (2011–2016, N = 219)

Abb. 44 zeigt die Entwicklung der durchschnittlichen Unternehmensbewertung über den Beobachtungszeitraum. Während die durchschnittliche Unternehmensbewertung der kapitalsuchenden Unternehmen 2011 zunächst bei rund 800.000 Euro lag, ist über den Beobachtungszeitraum ein deutlicher Anstieg festzustellen. Zum Ende des Beobachtungszeitraums, im Jahr 2016, lag die durchschnittliche Bewertung der kapitalsuchenden Unternehmen bei rund 4,5 Mio. Euro.

72

Vgl. dazu und dem Zustandekommen der Bewertung § 6 B. II. 1. b) und § 7 F. I. unten. Der Auswertung liegen 275 Crowdinvesting-Angebote zugrunde, von denen die Pre-Money-Bewertung vorlag. 74 Siehe zum durchschnittlichen Finanzierungsvolumen bereits § 4 B. III. 1. oben. Der leicht abweichende Wert für das durchschnittliche Finanzierungsvolumen ergibt sich aus der kleineren Datenbasis, die im Hinblick auf die Pre-Money-Bewertung zur Verfügung stand, und der Berechnung hier zugrunde liegt. 73

174

§ 4 Der Crowd­investing-Markt als Teil des Venture Capital-Marktes

5,0 Mio. € 4,5 Mio. € 4,0 Mio. € 3,5 Mio. € 3,0 Mio. € 2,5 Mio. € 2,0 Mio. € 1,5 Mio. € 1,0 Mio. € 0,5 Mio. € 0,0 Mio. €

2011

2012

2013

2014

2015

2016

Abb. 44: Entwicklung der Pre-Money-Unternehmensbewertung aller kapitalsuchenden Unternehmen (2011–2016, N = 275)

Abb. 45 stellt die Unternehmensbewertung der erfolgreich finanzierten und der nicht finanzierten Unternehmen gegenüber. Ein Vergleich der Pre-Money-Bewertungen der Unternehmen, die erfolgreich Kapital mittels Crowd­investing einwarben, und derjenigen mit erfolglosen Crowd­investing-Kampagnen, zeigt, dass die Unternehmen, die eine erfolgreiche Crowd­investing-Kampagne durchführten, im Durchschnitt höher bewertet waren, als die Unternehmen, deren Finanzierung nicht erfolgreich war. Abb. 46 zeigt schließlich die durchschnittliche Unternehmensbewertung getrennt nach Plattformen. Die Darstellung zeigt, dass die auf den Plattformen Seedmatch und Companisto angebotenen Unternehmen mit rund 2,9 Mio. Euro bzw. 3 Mio. Euro im Durchschnitt deutlich höher bewertet wurden als die auf den übrigen Plattformen angebotenen Unternehmen (1,5 Mio. Euro). Weiterhin waren die auf Companisto und Seedmatch nicht erfolgreich finanzierten Unternehmen deutlich geringer bewertet als die erfolgreich finanzierten. Auf Companisto hatte das einzige nicht erfolgreich finanzierte Unternehmen75 eine Bewertung von nur 43 % der durchschnittlichen Bewertung der erfolgreich finanzierten Unternehmen. Auf Seedmatch waren die nicht erfolgreich finanzierten Unternehmen durchschnittlich mit nur 63 % der erfolgreich finanzierten Unternehmen bewertet. Auf den anderen Plattformen waren hingegen die nicht erfolgreich finanzierten Unternehmen durchschnittlich 21 % höher bewertet als die erfolgreich finanzierten Unternehmen. 75 Hierbei handelte es sich um das über Companisto vermittelte Finanzierungsangebot des Start-ups GroopDoo UG (haftungsbeschränkt), siehe Fn. 48.

175

B. Der deutsche Crowd­investing-Markt  5,0 Mio. € 4,5 Mio. € 4,0 Mio. € 3,5 Mio. € 3,0 Mio. € 2,5 Mio. € 2,0 Mio. € 1,5 Mio. € 1,0 Mio. € 0,5 Mio. € 0,0 Mio. €

2011

2012

2013

Erfolgreiche Finanzierungen

2014

2015

Nicht erfolgreiche Finanzierungen

2016 Gesamt

Gesamtergebnis

Abb. 45: Entwicklung der durchschnittlichen Pre-Money-Bewertung der erfolgreich und der nicht erfolgreich finanzierten Unternehmen (2011–2016, N = 275) 3,0 Mio. €

2,5 Mio. €

2,0 Mio. €

1,5 Mio. €

1,0 Mio. €

0,5 Mio. €

0,0 Mio. €

Companisto Erfolgreich finanziert

Seedmatch Nicht erfolgreich finanziert

Sons�ge

Angebotene Finanzierungen (Gesamtdurchschni�)

Abb. 46: Durchschnittliche Unternehmensbewertungen der erfolgreich und nicht erfolgreich finanzierten Unternehmen auf Companisto, Seedmatch und den sonstigen Plattformen (2011–2016, N = 273)76 76

Die Finanzierungen von Companisto auf Companisto (erfolgreich) und Cloud&Heat (nicht erfolgreich) wurden als Ausreißer (Unternehmensbewertung von jeweils 20 Mio. Euro) nicht berücksichtigt.

176

§ 4 Der Crowd­investing-Markt als Teil des Venture Capital-Marktes

C. Zusammenfassung 1. In den ersten rund fünfeinhalb Jahren seit Entstehung des deutschen Crowd­ investing-Marktes, das heißt im Zeitraum vom 1. August 2011 bis zum 31. Dezember 2016, sammelten kapitalsuchende Unternehmen mittels 257 Crowd­­ investing-Kampagnen rund 72 Mio. Euro ein.77 Dem steht eine Kapitalnachfrage der kapitalsuchenden Unternehmen von insgesamt knapp 138 Mio. Euro und 330 angebotenen Crowd­investing-Kampagnen gegenüber.78 Daraus ergibt sich für den Beobachtungszeitraum eine Erfolgsquote der angebotenen Crowd­investingFinanzierungen von 78 % und eine Finanzierungsquote von 52 % des nachgefragten Kapitals. 2. Das Volumen des deutschen Crowd­investing-Marktes wuchs von zunächst knapp 600.000 Euro im Rumpfjahr 2011 auf das höchste in einem Jahr erzielte Finanzierungsvolumen im Untersuchungszeitraum von über 19 Mio. Euro im Jahr 2014. Ab diesem Zeitpunkt war das jährliche Finanzierungsvolumen leicht rückläufig und sank um jährlich rund 8 % auf rund 6 Mio. Euro im Jahr 2016. Die Kapitalnachfrage stieg von 750.000 Euro im Rumpfjahr 2011 auf knapp 60 Mio. Euro im Jahr 2015 an, um im Jahr 2016 mit einer Nachfrage von 32,5 Mio. Euro auf beinahe die Hälfte einzubrechen. 3. Die Finanzierungsquote, das heißt das Verhältnis des tatsächlich eingeworbenen Kapitals zum nachgefragten Kapital, sank im Zeitraum von 2011 (knapp 80 %) auf die Hälfte (knapp 40 %) im Jahr 2015. Zum Ende des Beobachtungszeitraums lag die Finanzierungsquote bei rund 50 %. Die Erfolgsquote, das heißt das Verhältnis von erfolgreich beendeten Finanzierungen zu angebotenen Finanzierungen, schwankte zwischen knapp 90 % (2011) und knapp 70 % (2015) und lag im Jahr 2016 zum Ende des Beobachtungszeitraums bei rund 80 %. 4. Das Volumen des Crowd­investing-Marktes betrug im Beobachtungszeitraum rund 31 % des Volumens von Seed-Phasen-Finanzierungen mittels traditionellem Venture Capital. Mit 257 finanzierten Unternehmen belief sich die Anzahl der mittels Crowd­investing finanzierten Unternehmen auf 27 % der mittels klassischem Beteiligungskapital finanzierten Unternehmen in der Seed-Phase. 5. Im Untersuchungszeitraum vermittelten insgesamt 27 verschiedene Crowd­ investing-Plattformen Finanzierungen zwischen kapitalsuchenden Unternehmen und Anlegern. Nachdem zunächst schnell eine Vielzahl an neuen Akteuren in Erscheinung trat, konsolidierte sich der Markt ebenso schnell und Plattformen verschwanden wieder vom Markt. Von Beginn an nahmen die Plattformen Seedmatch und Companisto die Stellung von Marktführern ein. Rund 42 % des im Untersuchungszeitraum mittels Crowd­investing eingeworbenen Kapitals wurde über 77

Zu den der Auswertung zugrunde liegenden Daten siehe Fn. 30 oben. Bei Einbeziehung der Finanzierungen, zu denen keine Angaben zum erfolgreichen Abschluss der Finanzierung und der ggf. erzielten Finanzierungssumme vorliegen, ergibt sich eine Kapitalnachfrage von insgesamt 166 Mio. Euro mittels 384 Finanzierungsangeboten. 78

C. Zusammenfassung 

177

Seedmatch und rund 39 % über Companisto vermittelt. Die beiden Marktführer hatten damit im Beobachtungszeitraum zusammen einen Marktanteil von 81 %. Die Marktführerschaft der beiden Plattformen wird auch in der Erfolgsquote deutlich. Während im Marktdurchschnitt nur 78 % aller angebotenen Finanzierungen erfolgreich abgeschlossen wurden, betrug die Erfolgsquote auf Seedmatch 95 % und auf Companisto 98 %. Im Hinblick auf die Finanzierungsquote bewegten sich die beiden Marktführer zum Ende des Beobachtungszeitraums in etwa im Marktdurchschnitt. 6. Die durchschnittliche deal size auf dem Crowd­investing-Markt betrug im Beobachtungszeitraum 279.087 Euro. Bis zum dritten Quartal 2012 bewegte sich das durchschnittliche Finanzierungsvolumen pro Crowd­investing-Finanzierung zunächst konstant unter 100.000 Euro. Bis zum ersten Quartal 2014 lag das durchschnittliche Finanzierungvolumen bei etwa 200.000 Euro. Zum Ende des Beobachtungszeitraums wuchs das durchschnittliche Finanzierungvolumen auf etwa 500.000 Euro. Die Spannweite des Finanzierungsvolumens im Beobachtungszeitraum reicht von der kleinsten Finanzierung mit einem Volumen von 10.000 Euro bis zu einem Volumen von 3 Mio. Euro. Über 95 % aller im Beobachtungszeitraum erfolgreich abgeschlossenen Finanzierungen hatten ein Finanzierungsvolumen von maximal 1 Mio. Euro. 7. Die durchschnittliche Kapitalnachfrage, also der Betrag, den kapitalsuchende Unternehmen maximal einzusammeln beabsichtigten, stieg von zunächst knapp unter 100.000 Euro auf knapp 700.000 Euro zum Ende des Beobachtungszeitraums. Über den Beobachtungszeitraum ergibt sich eine durchschnittliche Kapitalnachfrage von 406.306 Euro pro Crowd­investing-Finanzierung. Die Kapitalnachfrage von 95 % aller Finanzierungen lag unter 5 Mio. Euro. Knapp 94 % aller Kampagnen hatten ein Finanzierungsziel von maximal 1 Mio. Euro. Knapp zwei Drittel aller im Untersuchungszeitraum kapitalsuchenden Unternehmen strebten ein Finanzierungsvolumen von 300.000 Euro oder weniger an. 8. Die durchschnittliche Höhe der Fundingschwelle, also des Mindestbetrages, der mit für einen erfolgreichen Abschluss einer Finanzierung erforderlich war, betrug im Beobachtungszeitraum 72.518 Euro. Die von den Plattformen vorgegebene Schwelle betrug im Marktdurchschnitt zunächst etwa 50.000 Euro, pendelte sich zum Ende des Beobachtungszeitraums hin jedoch bei knapp über 100.000 Euro ein. Während einige Finanzierungen keinerlei Fundingschwelle erforderten, wurde bei anderen Finanzierungen ein Minimum an Finanzierungszusagen von insgesamt 500.000 Euro für das Zustandekommen der Finanzierung gefordert. 9. Die durchschnittliche Finanzierungsdauer auf dem Crowd­investing-Markt betrug im Untersuchungszeitraum 74 Tage. Zu Beginn betrug die durchschnittliche Finanzierungsdauer zunächst rund 50 Tage. Zum Ende des Untersuchungszeitraums dauerte eine Finanzierung durchschnittlich etwa 100 Tage. Während die Finanzierungsdauer zu Beginn auf den verschiedenen Plattformen stärker variierte, ist zum Ende des Beobachtungszeitraums eine marktweite Annäherung festzustellen.

178

§ 4 Der Crowd­investing-Markt als Teil des Venture Capital-Marktes

10. Im Marktdurchschnitt beteiligten sich 323 Investoren an einer erfolgreichen Finanzierung. Auch hier ist ein deutlicher Anstieg über den Beobachtungszeitraum festzustellen. Zu Beginn lag die durchschnittliche Anzahl an Investments pro Finanzierung bei rund 90, im Jahr 2014 bei 400 und im Jahr 2016 bei knapp 600 Einzelinvestments. Im Hinblick auf die Investorenanzahl ist ein deutlicher Unterschied zwischen den Plattformen auszumachen: Bei Companisto lag die durchschnittliche Investorenzahl bei 738 pro Finanzierung, bei Seedmatch bei 305 und bei den sonstigen Plattformen bei lediglich 60 Investoren. Damit beteiligten sich bei Companisto rund zwölfmal, bei Seedmatch rund sechsmal so viele Crowd­ investoren an einer Finanzierung wie bei den übrigen Plattformen. 11. Umgekehrt verhält es sich bei der durchschnittlichen Investitionssumme pro Anleger. Diese war bei Seedmatch mit 1.037 Euro fast doppelt so hoch wie bei Companisto mit 556 Euro. Bei den übrigen Plattformen lag die durchschnittliche Investitionssumme pro Anleger bei 2.243 Euro. Im Marktdurchschnitt investierten Anleger im Beobachtungszeitraum durchschnittlich 804 Euro pro Finanzierung. 12. 80,8 % der kapitalsuchenden Unternehmen hatte die Rechtsform einer GmbH, auf die zugleich 88,1 % des gesamten Finanzierungsvolumens entfiel. Die auf dem Crowd­investing-Markt kapitalsuchenden Unternehmen waren überwiegend junge Unternehmen. 34 % aller Unternehmen waren zu Beginn der Crowd­ investing-Finanzierung noch kein Jahr alt, 76 % der Unternehmen waren jünger als drei Jahre und 90 % aller Unternehmen jünger als fünf Jahre. Im Hinblick auf die Branchenzugehörigkeit lassen sich 41 % der mittels Crowd­investing erfolgreich finanzierten Unternehmen der Branche „Information und Kommunikation“ zuordnen, 27 % dem Bereich „Handel“ und 12 % dem Bereich „Herstellung von Waren“. Die im Durchschnitt höchsten Finanzierungsvolumen erzielten indes Unternehmen aus den Sektoren „Gesundheits- und Sozialwesen“ sowie „Erbrin­ gung von Finanz- und Versicherungsdienstleistungen“, die durchschnittlich rund 400.000 Euro pro Finanzierung einwerben konnten. Das durchschnittliche Finanzierungsvolumen der Unternehmen aus den Branchen „Information und Kommunikation“, „Handel“ und „Herstellung von Waren“ bewegte sich zwischen 200.000 Euro und 300.000 Euro. 13. Der durchschnittliche Pre-Money-Unternehmenswert sowohl der kapitalsuchenden als auch der erfolgreich finanzierten Unternehmen belief sich im Beobachtungszeitraum auf etwa 2,6 Mio. Euro. Hier ist ein deutlicher Anstieg von zunächst ca. 800.000 Euro im Jahr 2012 auf einen durchschnittlichen Unternehmenswert von ca. 4,5 Mio. Euro im Jahr 2016 zu verzeichnen. Erfolgreich finanzierte Unternehmen waren leicht höher bewertet als kapitalsuchende Unternehmen, deren Finanzierung nicht erfolgreich war. Die auf den Plattformen Seedmatch und Companisto kapitalsuchenden Unternehmen waren mit rund 2,9 Mio. Euro bzw. 3 Mio. Euro im Durchschnitt deutlich höher bewertet als die Unternehmen, die sich auf den sonstigen Plattformen zu finanzieren suchten (1,7 Mio. Euro).

§ 5 Rechtlicher Rahmen des Crowd­investing Bis heute hält das deutsche Recht keinen spezifischen Vertragstypus für Crowd­ investing-Finanzierungen bereit. In seiner Entstehungsphase unterlag Crowd­ investing auch keiner spezifischen kapitalmarktrechtlichen Regulierung.1 Erst mit dem zum 10. Juli 2015 in Kraft getretenen KASG und der mit diesem eingeführten „Befreiung für Schwarmfinanzierungen“ in § 2a VermAnlG rückte Crowd­investing in den Fokus des Gesetzgebers. Die konkrete Ausgestaltung des Crowd­investing, insbesondere die Rechte und Pflichten der beteiligten Akteure werden im Wesentlichen durch die wechselseitigen vertraglichen Rechtsbeziehungen zwischen kapitalsuchenden Unternehmen, Crowd­investoren und Crowd­ investing-Plattform bestimmt. Das vorliegende Kapitel soll einen Überblick über den rechtlichen Rahmen geben, in dem Crowd­investing stattfindet und sich im Untersuchungszeitraum entwickelte. Hierzu wird zunächst das Rechtsverhältnis zwischen kapitalsuchenden Unternehmen und Crowd­investing-Plattform in den Blick genommen, bevor auf das Rechtsverhältnis zwischen Anlegern und Crowd­investing-Plattform eingegangen wird. Sodann soll der rechtliche Rahmen der Beziehung zwischen Anlegern und kapitalsuchenden Unternehmen untersucht werden. Dieser besteht im Wesentlichen aus den gesetzlichen Regelungen über die – je nach vertraglicher Ausgestaltung gewählten – Vertragstypen oder Gesellschaftsformen. Dem folgend wird der regulatorische Rahmen, in dem Crowd­investing stattfindet, beleuchtet: Zunächst werden die aufsichtsrechtlichen Anforderungen an die kapitalsuchenden Unternehmen als Emittenten dargestellt. Sodann werden die aufsichtsrechtlichen Anforderungen an die Crowd­investing-Portale beschrieben.

A. Rechtsverhältnis zwischen kapitalsuchendem Unternehmen und Crowd­investing-Plattform Akzeptiert der Betreiber einer Crowd­investing-Plattform die Bewerbung eines kapitalsuchenden Unternehmens zur Durchführung einer Crowdfinanzierung,2 schließen der Plattformbetreiber und das kapitalsuchende Unternehmen regelmäßig einen Vertrag über die Durchführung der Finanzierungskampagne (im Folgenden Fundingvertrag). Nachfolgend werden zunächst die typischerweise

1 2

Siehe dazu zuerst Klöhn / Hornuf, ZBB 2012, 237, 246. Vgl. zum tatsächlichen Ablauf § 3 C. I. oben.

180

§ 5 Rechtlicher Rahmen des Crowd­investing

bestehenden gegenseitigen Leistungspflichten der Parteien dargestellt, bevor die Rechtsnatur des Fundingvertrages bestimmt wird.

I. Rechte und Pflichten der Parteien In dem Fundingvertrag zwischen kapitalsuchendem Unternehmen und dem Betreiber der Crowd­investing-Plattform verpflichtet sich der Plattformbetreiber zur Durchführung der Crowd­investing-Kampagne.3 Die Pflichten des Plattformbetreibers umfassen typischerweise insbesondere die Aufbereitung von Informationen, die Erstellung von Marketingmaterialien, die Präsentation des kapitalsuchenden Unternehmens auf der Website der Crowd­investing-Plattform sowie das (Online-) Marketing für die Crowd­investing-Kampagne. Ferner verpflichtet sich der Plattformbetreiber, die technische Infrastruktur, insbesondere den Vertragsschlussmechanismus und den Entwurf des zwischen Anleger und kapitalsuchendem Unternehmen zu schließenden Vertrages, zur Verfügung zu stellen. Weiterhin stellt die Plattform in der Regel die Infrastruktur zur Kommunikation mit potentiellen Anlegern im Vorfeld des Vertragsschlusses sowie einen Investor Relations-Kanal zur Investoren-Kommunikation nach erfolgreicher Finanzierung zur Verfügung. Das kapitalsuchende Unternehmen ist im Gegenzug zur Zahlung einer Provision verpflichtet.4 Typischerweise wird diese nur bei erfolgreichem Abschluss des Fundings fällig, das heißt wenn die vereinbarte Fundingschwelle innerhalb des Fundingzeitraums erreicht wurde. Die Provision ist in der Regel abhängig von der Summe des eingesammelten Kapitals und betrug bei Companisto beispielsweise 10 Prozent des Fundingvolumens.5 Teilweise werden zudem einmalige „Platzierungsgebühren“, die unabhängig vom Fundingerfolg geschuldet werden, oder auch nach erfolgter Finanzierung weiterlaufende Kostenpauschalen (etwa für die Bereitstellung des Investor Relations-Kanals) vereinbart.6

II. Rechtsnatur des Vertrages über die Durchführung einer Crowd­investing-Kampagne Abhängig von der konkreten Ausgestaltung im Einzelfall kommt eine rechtliche Einordnung des Fundingvertrages zwischen Crowd­investing-Plattform und kapitalsuchendem Unternehmen als Handelsmaklervertrag nach den §§ 93 ff. HGB oder als Zivilmaklervertrag nach den §§ 652 ff. BGB in Betracht.

3

Zur Rolle der Crowdinvesting-Plattformen siehe bereits § 3 D. III. oben. Siehe dazu bereits § 3 D. III. oben. 5 Siehe § 3, Fn. 194 oben. 6 Vgl. etwa die „Verwaltungspauschale“ auf der Plattform Companisto in Höhe von 2.000 Euro pro Jahr, siehe § 3, Fn. 194 oben. 4

A. Rechtsverhältnis zwischen Unternehmen und Crowd­investing-Plattform

181

1. Handelsmaklervertrag nach §§ 93 ff. HGB Das Vertragsverhältnis zwischen kapitalsuchendem Unternehmen und Plattformbetreiber könnte als Handelsmaklervertrag i. S. d. §§ 93 ff. HGB zu qualifizieren sein. Voraussetzung dafür ist, dass es der Plattformbetreiber gewerbsmäßig übernimmt, für das kapitalsuchende Unternehmen Verträge über die Anschaffung oder Veräußerung von in § 93 Abs. 1 HGB genannten Gegenständen des Handelsverkehrs zu vermitteln – ohne jedoch aufgrund eines Vertragsverhältnisses von dem kapitalsuchenden Unternehmen ständig damit betraut zu sein (§ 93 Abs. 1 HGB).7 Der Betreiber der Crowd­investing-Plattform vermittelt Verträge zwischen kapitalsuchendem Unternehmen und Anlegern, indem er mit beiden Parteien in Verbindung tritt, diese auf der Crowd­investing-Plattform zusammenführt und den Abschluss des Crowd­investing-Vertrages ermöglicht.8 Die Tätigkeit des Plattformbetreibers erfolgt zudem gewerbsmäßig, da sie insbesondere planmäßig auf eine gewisse Dauer angelegt und von der Absicht dauernder Gewinnerzielung beherrscht wird9 bzw. jedenfalls entgeltlich am Markt angeboten wird.10 Des Weiteren ist der Plattformbetreiber nicht ständig mit der Vermittlung von Verträgen über die in § 93 Abs. 1 HGB genannten Handelsgegenstände von dem kapitalsuchenden Unternehmen betraut und damit kein Handelsvertreter.11 Erforderlich für ein ständiges Betrautsein ist ein vertragliches Dauerschuldverhältnis mit einer Pflicht zur Vermittlung einer unbestimmten Vielzahl von Vertragsschlüs 7

Zur vertragstypologischen Einordnung des Verhältnisses zwischen den Betreibern von Wohnungsvermittlungsplattformen wie etwa Airbnb und Wohnungsanbietern vgl. Henke / Singbartl / Zintl, NZM 2018, 1, 3 f., die eine Einordnung als Maklervertrag – u. a. mit dem Argument, der Plattformbetreiber vermittle keine Vertragsabschlüsse im technischen Sinne, sondern schaffe lediglich deren Voraussetzungen und ermögliche daher lediglich den Vertragsschluss – ablehnen und einen typengemischten Vertrag mit Elementen aus Dienstvertrags-, Treuhandund Zahlungsdiensterecht annehmen. 8 Zur Vermittlungstätigkeit des Handelsmaklers und der Abgrenzung zur Nachweiserbringung Roth, in: Hopt (Hrsg.), HGB, 41. Aufl., 2022, § 93, Rn. 13; Röhricht / Mock, in: Röhricht / Graf von Westphalen / Haas (Hrsg.), HGB, 5. Aufl., 2019, Vor § 93, Rn. 27 ff., jeweils m. w. N. 9 So die ständige Rspr. des BGH, vgl. dazu Ries, in: Röhricht / Graf von Westphalen / Haas (Hrsg.), HGB, 5. Aufl., 2019, § 1, Rn. 23, 48 ff. mit entsprechenden Nachweisen. 10 Die h. L. verzichtet auf das Merkmal der Gewinnerzielungsabsicht und fordert stattdessen eine Entgeltlichkeit vgl. dazu etwa K. Schmidt, in: MüKo HGB, 5. Aufl., 2021, § 1, Rn. 31; Ries, in: Röhricht / Graf von Westphalen / Haas (Hrsg.), HGB, 5. Aufl., 2019, § 1, Rn. 23 sowie Rn. 48, jeweils m. w. N.; Körber, in: Oetker (Hrsg.), HGB, 7. Aufl., 2021, § 1, Rn. 29; Merkt, in: Hopt (Hrsg.), HGB, 41. Aufl., 2022, § 1, Rn. 16. Das Merkmal der Gewerbsmäßigkeit grenzt den Handelsmakler vom Gelegenheitsmakler ab, vgl. etwa Decker, in: Hennsler / Herres­ thal / Paschke (Hrsg.), BeckOGK HGB, Stand 15. 07. 2022, § 93, Rn. 31; Lehmann, in: Häublein / Hoffmann-Theinert (Hrsg.), BeckOK HGB, 38. Edition, 15. 10. 2022, § 93, Rn. 48. 11 Das negative Merkmal der ständigen Betrauung dient der Abgrenzung zum Handelsvertreter (§ 84 Abs. 1 HGB), vgl. Martinek / Bergmann, WRP 2006, 1047, 1051 f.; Röhricht / Mock, in: Röhricht / Graf von Westphalen / Haas (Hrsg.), HGB, 5. Aufl., 2019, § 93, Rn. 8, 11. Wie hier Schedensack, Crowdinvesting, 2018, S. 226.

182

§ 5 Rechtlicher Rahmen des Crowd­investing

sen.12 Für das Vorliegen eines ständigen Betrautseins müssen die zu vermittelnden Verträge bzw. Objekte an sich unbestimmt sein.13 Die Vermittlungspflicht der Crowd­investing-Plattform ist hingegen auf einen konkreten Finanzierungsvertrag beschränkt. Zudem ist die Anzahl der zu vermittelnden Verträge von vornherein durch die Fundingsumme und die Mindestinvestitionssumme beschränkt.14 In Abgrenzung zum Zivilmakler nach §§ 652 ff. BGB ist für die Einordnung als Handelsmakler die Art der vermittelten Vertragsobjekte entscheidend.15 Vertragsgegenstände müssen die in § 93 Abs. 1  HGB explizit genannten16 oder sonstige Gegenstände des Handelsverkehrs sein (§ 92 Abs. 2 HGB). Als sonstige Gegenstände des Handelsverkehrs werden alle Vermögensobjekte angesehen, die einen Handelswert darstellen und durch die Möglichkeit des leichten Umschlags gekennzeichnet sind.17 Neben der Umschlagsfähigkeit wird als Kriterium zudem herangezogen, ob für die Vermögensobjekte ein Markt besteht und diese deshalb über einen Marktpreis verfügen oder ein solcher jedenfalls theoretisch anhand objektiver Kriterien ermittelbar ist18 bzw. ihnen eine handelsübliche Umschlagsfähigkeit zuerkannt wird.19 Bankkredite und sonstige Bankgeschäfte wurden seit jeher als Gegenstände des Handelsverkehrs im Sinne der Vorschrift angesehen.20 Im Gegensatz zu den in § 93 Abs. 1 HGB genannten Wertpapieren werden „Anteile an Unternehmen“ wie auch Unternehmen als Ganzes mangels Möglichkeit des leichten Umschlags nicht als Handelsgegenstände i. S. v. § 93 Abs. 1 HGB qualifiziert.21 Eine Ausnahme bilden hingegen genormte Beteiligungen, die im Geschäftsverkehr wie Waren oder Wertpapiere umgeschlagen werden können.22 Anteile an Personenhandelsgesellschaften wurden früher nicht als Gegenstände 12 Martinek / Bergmann, WRP 2006, 1047, 1052; Röhricht / Mock, in: Röhricht / Graf von Westphalen / Haas (Hrsg.), HGB, 5. Aufl., 2019, § 93, Rn. 11; Ströbl, in: MüKo HGB, 5. Aufl., 2021, § 84, Rn. 71. 13 Vgl. BGH, Urteil vom 02. 04. 2993, IV ZR 154/91, zitiert nach juris, Rn. 14. 14 Ebenso Schedensack, Crowdinvesting, 2018, S. 226. 15 Ströbl, in: MüKo HGB, 5. Aufl., 2021, § 93, Rn. 1, 37; Decker, in: Hennsler / Herres­ thal / Paschke (Hrsg.), BeckOGK HGB, Stand 15. 07. 2022, § 93, Rn. 19. 16 Neben sonstigen Gegenständen des Handelsverkehrs nennt § 93 Abs. 1 HGB die Anschaffung oder Veräußerung von Waren oder Wertpapieren, über Versicherungen, Güterbeförderungen oder Schiffsmiete als Vertragsobjekte der von Handelsmaklern vermittelten Verträge. 17 Ströbl, in: MüKo HGB, 5. Aufl., 2021, § 93, Rn. 1, 37; Lehmann, in: Häublein / HoffmannTheinert (Hrsg.), BeckOK HGB, 38. Edition, 15. 10. 2022, § 93, Rn. 55. 18 Lehmann, in: Häublein / Hoffmann-Theinert (Hrsg.), BeckOK HGB, 38. Edition, 15. 10. 2022, § 93, Rn. 55. 19 Kotzian-Marggraf, in: Oetker (Hrsg.), HGB, 5. Aufl., 2017, § 93, Rn. 2. 20 OLG München, NJW 1970, 1924, 1925; Ströbl, in: MüKo HGB, 5. Aufl., 2021, § 93, Rn. 38. 21 Lehmann, in: Häublein / Hoffmann-Theinert (Hrsg.), BeckOK HGB, 38. Edition, 15. 10. 2022, § 93, Rn. 59; Ströbl, in: MüKo HGB, 5. Aufl., 2021, § 93, Rn. 1, 38. Weiter aber offenbar Roth, in: Hopt (Hrsg.), HGB, 41. Aufl., 2022, § 93, Rn. 12, der auch übertragbare GmbH-Anteile als tauglichen Handelsgegenstand ansieht. 22 Röhricht / Mock, in: Röhricht / Graf von Westphalen / Haas (Hrsg.), HGB, 5. Aufl., 2019, § 93, Rn. 6.

A. Rechtsverhältnis zwischen Unternehmen und Crowd­investing-Plattform

183

des Handelsverkehrs angesehen,23 für Beteiligungen an Publikumsgesellschaften hat sich eine Anerkennung als Geschäft i. S. d. § 93 Abs. 1 HGB mittlerweile jedoch weitgehend durchgesetzt.24 Stellt man auf die Umlauffähigkeit als wesentliches Kriterium zur Bestimmung von Handelsgegenständen ab, ist das Ausscheiden von GmbH-Anteilen als Handelsgüter mangels einfacher Handelbarkeit25 unmittelbar einleuchtend: Zwar sind GmbH-Anteile nach § 15 Abs. 1 GmbHG grundsätzlich frei übertragbar. Allerdings kann die Übertragbarkeit nach § 15 Abs. 5 GmbHG – wie in der Praxis häufig der Fall – durch den Gesellschaftsvertrag von weiteren Voraussetzungen, insbesondere der Genehmigung der Gesellschaft oder der Gesellschafter abhängig gemacht werden. Diese Vinkulierung, vor allem aber auch das Erfordernis der notariellen Beurkundung der Verfügung über Gesellschaftsanteile sowie des zugrundeliegenden Verpflichtungsgeschäfts nach § 15 Abs. 3 und 4 GmbHG stehen einer einfachen Umlauffähigkeit sowie einer leichten Übertragbarkeit entgegen.26 Für die im Rahmen des Crowd­investing verwendeten Finanzierungsverträge ist zwischen der hier untersuchten „Erstvermittlung“ und der Vermittlung von bestehenden Finanzierungsverträgen auf einem potentiellen Sekundärmarkt zu unterscheiden. Im Hinblick auf die von Crowd­investing-Plattformen vermittelten erstmalig abzuschließenden Crowd­investing-Verträge ist die Möglichkeit des leichten Umschlags gegeben. Diese sind daher – wie dies für Kreditverträge seit jeher anerkannt ist  – taugliche Gegenstände des Handelsverkehrs.27 Bereits die Entstehungsgeschichte der im Rahmen des Crowd­investing verwendeten Rechtsformen, insbesondere der partiarischen Nachrangdarlehen, zeigt, dass sich diese gerade aufgrund der einfachen und kaum Transaktionskosten verursachenden Ab-

23

Kotzian-Marggraf, in: Oetker (Hrsg.), HGB, 5. Aufl., 2017, § 93, Rn. 7. So die wohl ganz h. M., vgl. nur Kotzian-Marggraf, in: Oetker (Hrsg.), HGB, 5. Aufl., 2017, § 93, Rn. 7; Roth, in: Hopt (Hrsg.), HGB, 41. Aufl., 2022, § 93, Rn. 12 m. w. N. 25 Dies ist auch ein wesentlicher Grund dafür, dass in Deutschland zunächst stille Beteiligungen und später partiarische Nachrangdarlehen als Finanzierungsinstrumente im Rahmen des Crowdinvesting verwendet wurden, vgl. dazu § 9 A. II. 1. unten; ferner bereits Hornuf / Klöhn / Schilling, 19 GLJ 509, 524 (2018). 26 Generell ist die GmbH als geschlossene Gesellschaftsform mit längerfristigen Beziehungen der Gesellschafter ausgestaltet (zu unterschiedlichen Konzepte vgl. aber Armour / Hansmann / Kraakmann / Pargendler, in: Kraakman et al. (Hrsg.), Anatomy of Corporate Law, 3rd ed., 2017, S. 10 f.). Es ist weithin anerkannt, dass die GmbH gerade keine offene Gesellschaftsform sein soll, deren Anteile leicht gehandelt werden können (zu entsprechenden Forderungen vgl. aber Claussen, GmbHR 1988, 417; Reuter, Gutachten B für den 55. Deutschen Juristentag, 1984, S. B 28 ff.). Zweck des Erfordernisses der notariellen Form ist es daher gerade auch, die Übertragbarkeit von GmbH-Anteilen einzuschränken und zu verhindern, dass sich die GmbH zu einem Substitut der AG und dem ausdifferenzierten aktienrechtlichen Regelungsregime entwickelt. Vgl. dazu Hornuf / Klöhn / Schilling, 19 GLJ 509, 576 (2018). 27 A. A. Jansen / Pfeifle, ZIP 2012, 1842, 1852, die die Einordnung der Finanzierungsverträge als Gegenstände des Handelsverkehrs mangels Vorhandenseins eines Marktpreises ablehnen, sowie Schedensack, Crowdinvesting, 2018, S. 226 ff. 24

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§ 5 Rechtlicher Rahmen des Crowd­investing

schlussmöglichkeit herausgebildet haben.28 Die Finanzierungsverträge sind zudem zu einem hohen Grad und in zunehmenden Maße standardisiert.29 Am Bestehen eines Primärmarktes und eines Marktwertes sowie eines Markpreises zum – hier entscheidenden – Zeitpunkt des Angebots auf der Crowd­investing-Plattform und des Abschlusses des Crowd­investing-Vertrages bestehen keine Zweifel.30 Plattformbetreiber von Crowd­investing-Plattformen, die erstmalig abzuschließende Crowd­investing-Verträge vermitteln, unterfallen somit als Handelsmakler den Vorschriften der §§ 93 ff. HGB.31 Schließlich ist davon auszugehen, dass es dem kapitalsuchenden Unternehmen regelmäßig nicht erlaubt sein soll, eine weitere Crowd­investing-Plattform zur parallelen Vermittlung der Beteiligungen einzuschalten. Insofern ist der Maklervertrag als Alleinauftrag zu qualifizieren.32 Während ein (Handels-)Makler grundsätzlich nicht zum Tätigwerden verpflichtet ist,33 ist der Betreiber der Crowd­investingPlattform zwar nicht verpflichtet, einen Vermittlungserfolg, das heißt das Erreichen der Fundingschwelle, herbeizuführen. Gleichwohl sind die Plattformbetreiber zum Tätigwerden verpflichtet, insbesondere zur Einstellung des Finanzierungsangebots auf der Internetseite. Der Handelsmaklervertrag mit der Crowd­investingPlattform ist daher ein (Handels-)Maklerdienstvertrag.34

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Siehe dazu § 9 A. II. unten. Siehe ausführlich zu Inhalt und Ausgestaltung der Crowdinvesting-Verträge § 8 unten. 30 Etwas anderes mag indes für bereits abgeschlossene Crowdinvesting-Verträge und deren (Weiter-)Vermittlung auf einem potentiellen Sekundärmarkt gelten. Ein solcher Sekundärmarkt bestand im Untersuchungszeitraum allenfalls in Ansätzen. Zudem fehlte es an einem Marktpreis. Vor allem aber sahen die Crowdinvesting-Verträge überwiegend Übertragungsbeschränkungen vor (siehe dazu die empirischen Erkenntnisse unter § 9 B. XIII. unten). An einer leichten Umschlagsfähigkeit und der Einordnung als Gegenstände des Handelsverkehrs von laufenden Crowdinvesting-Verträgen bestehen somit jedenfalls bei Vereinbarung von Übertragungsbeschränkungen Zweifel. 31 Ohne jede weitergehende Erörterung und insoweit offen Fischer, Rechtslage, 2017, S. 30: „In Betracht käme prinzipiell auch die Einordnung als Handelsmakler […]“. A. A. (ohne Auseinandersetzung mit den §§ 93 ff. HGB) auch Uffmann, JZ 2016, 928, 933. Allgemein für die Anwendung des Handelsmaklerrechts auf Anlagevermittler hingegen etwa OLG Düsseldorf, Urteil v. 19. 02. 1999, 16 U 233/97, NZG 1999, 609, 611. 32 Vgl. zum Alleinauftrag Ströbl, in: MüKo HGB, 5. Aufl., 2021, § 93, Rn. 22 f. m. w. N. 33 Roth, in: Hopt (Hrsg.), HGB, 41. Aufl., 2022, § 93, Rn. 23. Zum Handelsmaklervertrag als Maklerwerkvertrag siehe auch Ströbl, in: MüKo HGB, 5. Aufl., 2021, § 93, Rn. 36 m. w. N. 34 Zum (Handels-)Maklerdienstvertrag siehe etwa Ströbl, in: MüKo HGB, 5. Aufl., 2021, § 93, Rn. 1, 36 m. w. N.; ferner Althammer, in: MüKo BGB, 9. Aufl., 2023, § 652, Rn. 28 ff. Siehe ferner OLG Hamm, NJW-RR 2015, 825, das die honorarpflichtige Vermittlung von Fremdkapital als Maklerdienstvertrag qualifiziert, ungeachtet der Tatsache, dass der Vermittler zur Tätigkeit verpflichtet war und weitere Leistungen wie etwa das Erstellen eines Investmentmemorandums zu erbringen hatte. Siehe dazu auch Fn. 40. 29

A. Rechtsverhältnis zwischen Unternehmen und Crowd­investing-Plattform

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2. Maklervertrag nach §§ 652 ff. BGB Soweit eine Anwendung des Handelsmaklerrechts ausscheidet, weil der vermittelte Finanzierungsvertrag aufgrund der konkreten Ausgestaltung nicht als Handelsgegenstand qualifiziert werden kann,35 ist das Vertragsverhältnis zwischen kapitalsuchendem Unternehmen und Plattformbetreiber als Maklervertrag i. S. d. §§ 652 ff. BGB zu qualifizieren.36 Angesichts der Tatsache, dass das kapitalsuchende Unternehmen regelmäßig verpflichtet sein wird, keine weitere Plattform mit der Durchführung der Crowd­investing-Kampagne zu beauftragen, handelt es sich dann um einen Alleinauftrag.37 Mit Abschluss des Fundingvertrages wird der Plattformbetreiber generell zu einem Tätigwerden verpflichtet.38 Trotz der vereinbarten Tätigkeitspflicht handelt es sich um eine Vermittlungstätigkeit des Plattformbetreibers mit einer erfolgsbezogenen Vergütungspflicht. Der Fundingvertrag ist unter diesen Voraussetzungen als Maklerdienstvertrag zu qualifizieren,39 auf den die §§ 652 ff. BGB Anwendung finden.40

III. Zwischenergebnis Mit dem zwischen Crowd­investing-Plattform und kapitalsuchendem Unternehmen geschlossenen Fundingvertrag verpflichtet sich der Betreiber der Crowd­ investing-Plattform zur Durchführung der Crowd­investingkampagne und zur Vermittlung der Finanzierungsverträge. Mit der Vermittlung erstmalig abzuschlie­ ßender Crowd­investing-Verträge (insbesondere in Form von partiarischen Nachrangdarlehen) vermittelt die Crowd­investing-Plattform Gegenstände des Handels­ 35

Siehe § 5 A. II. 1.  oben. So die vertragstypologische Einordnung von Jansen / Pfeifle, ZIP 2012, 1842, 1852; ebenso Uffmann, JZ 2016, 928, 933 (ohne Auseinandersetzung mit den §§ 93 ff. HGB); Fischer, Rechtslage, 2017, S. 30; siehe auch Schedensack, Crowdinvesting, 2018, S. 226 ff. 37 Siehe § 5 A. II. 1.  oben; so auch Jansen / Pfeifle, ZIP 2012, 1842, 1852. 38 Siehe bereits Fn. 34. 39 Vgl. Jansen / Pfeifle, ZIP 2012, 1842, 1852; Uffmann, JZ 2016, 928, 933; Fischer, Rechtslage, 2017, S. 30. 40 A. A. Schedensack, Crowdinvesting, 2018, S. 228, der zwar ebenfalls einen Maklerdienstvertrag annimmt, die §§ 652 ff. BGB aber für nur ergänzend anwendbar hält. Lediglich um einen Dienstvertrag würde es sich allerdings nur dann handeln, wenn eine „feste, von vornherein erfolgsunabhängige, üblicherweise nach Zeitaufwand und Zeitabschnitten bemessene Vergütung“ für das Tätigwerden als solches vereinbart werden würde (BGH, NJW 1987, 1634, 1636; Althammer, in: MüKo BGB, 9. Aufl., 2023, § 652, Rn. 30). Zur auch auf diesen Kontext übertragbaren Abgrenzung zwischen Ehemäklervertrag und Eheanbahnungsdienstvertrag oder Partnervermittlungsvertrag siehe BGH, NJW 1983, 2817. Zur Abgrenzung ferner auch Ströbl, in: MüKo HGB, 5. Aufl., 2021, § 93, Rn. 36 m. w. N.; Roth, in: Hopt (Hrsg.), HGB, 41. Aufl., 2022, § 93, Rn. 9; Kotzian-Marggraf, in: Oetker (Hrsg.), HGB, 7. Aufl., 2021, § 93, Rn. 5. Zentrale Abgrenzungskriterien und entscheidend für die Anwendbarkeit von Makler- oder Dienstvertragsrecht sind die Abschlussfreiheit des Kunden einerseits und die Erfolgsprovision andererseits. 36

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§ 5 Rechtlicher Rahmen des Crowd­investing

verkehrs. Der der Vermittlungstätigkeit zugrundeliegende Fundingvertrag zwischen kapitalsuchenden Unternehmen und Plattformbetreiber ist als Handelsmaklervertrag einzuordnen.

B. Rechtsverhältnis zwischen Crowd­investoren und Crowdinvesting-Plattform  Crowd­investing-Plattformen treten als Intermediär zwischen kapitalsuchende Unternehmen und Investoren.41 Bereits mit der Registrierung auf der Crowd­ investing-Plattform kommt ein Vertrag mit dem Plattformbetreiber über die Nutzung des Online-Angebots zustande.42 Dieser wird durch die jeweiligen regelmäßig einbezogenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Plattformbetreiber näher ausgestaltet. Angesichts der Tatsache, dass die Crowd­investing-Plattformen auch alle für die Investitionsentscheidung der Crowd­investoren erforderlichen Informationen zur Verfügung stellen und den Vertragsschluss vermitteln, könnte das zwischen Anleger und Plattformbetreiber bestehende Rechtsverhältnis als Maklervertrag, als Anlageberatungsvertrag oder als Auskunftsvertrag zu qualifizie­ren sein.

I. Maklervertrag Das Rechtsverhältnis zwischen dem Betreiber der Crowd­investing-Plattform und Crowd­investoren als potentiellen Anlegern könnte als Maklervertrag i. S. d. §§ 652 ff. BGB zu qualifizieren sein.43 Ein Makler verpflichtet sich nach § 652 Abs. 1 Satz 1 BGB zum Nachweis einer Gelegenheit zum Abschluss eines Vertrages oder zur Vermittlung eines Vertrages.44 Einer Einordnung als Maklervertrag steht dabei nicht bereits die Tatsache entgegen, dass sich der Plattformbetreiber schon gegenüber dem kapitalsuchenden Unternehmen zur Vermittlung der Finanzierungsverträge verpflichtet hat.45 Allerdings dürfte regelmäßig kein dahingehender Wille des Plattformbetreibers bestehen, sich auch gegenüber den auf der Plattform registrierten Crowd­investoren zum Nachweis oder der Vermittlung von Crowd­investing-Verträgen zu verpflichten.46 Ferner steht einem Makler regelmä 41

Generell zur Rolle der Crowdinvesting-Plattformen siehe § 3 D. III. oben. Zum Vertragsschluss bei der Nutzung von Webseiten und Internetportalen LG München I, ZUM-RD 2007, 261, 267; Schmitz, MMR 2000, 396, 397; Kreutz, ZUM 2018, 162–168. Vgl. für Crowdfunding-Portale auch Bareiß, ZUM 2012, 456, 460; Meschkowski / Wilhelmi, BB 2013, 1411, 1414; Wunschel / Gaßner, ZfIR 2015, 853, 856. 43 Vgl. dazu auch Jansen / Pfeifle, ZIP 2012, 1842, 1848 f. 44 Vgl. dazu etwa Kneller, in: Hau / Poseck (Hrsg.), BeckOK BGB, 63. Edition, Stand 01. 08. 2022, § 652, Rn. 2. 45 Siehe § 5 A. II. oben. Zur grundsätzlichen Zulässigkeit der Doppeltätigkeit eines Maklers BGH, NJW-RR 1998, 992, 993 m. w. N. sowie Althammer, in: MüKo BGB, 9. Aufl., 2023, § 654, Rn. 7 m. w. N. 46 Im Ergebnis ebenso Schedensack, Crowdinvesting, 2018, S. 240. 42

B. Rechtsverhältnis zwischen Crowd­investoren und Crowdinvesting-Plattform  

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ßig ein typischerweise erfolgsabhängiger Provisionsanspruch zu.47 Die Dienstleistungen der Crowd­investing-Plattform sind für die Anleger hingegen in der Regel kostenlos.48 Das Rechtsverhältnis zwischen Crowd­investing-Plattform und Anleger ist daher typischerweise nicht als Maklervertrag zu qualifizieren.49

II. Anlageberatungsvertrag In Betracht kommt des Weiteren die Einordnung des Rechtsverhältnisses zwischen Anleger und Crowd­investing-Plattform als Anlageberatungsvertrag.50 Bei einem Anlageberatungsvertrag verpflichtet sich der Anlageberater, dem Anleger eine nach dessen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen geeignete Vermögensanlage zu empfehlen.51 Der Berater schuldet demnach eine anleger- und objekt- bzw. anlagegerechte Beratung.52 Für die Einordnung entscheidend ist, ob der Berater unter Berücksichtigung der persönlichen Verhältnisse des Anlegers Informationen fachkundig bewertet und individuelle Empfehlungen ausspricht oder lediglich Informationen weitergibt.53 Der Anlageberatungsvertrag ist in der Regel ein besonderer Geschäftsbesorgungsvertrag mit Dienstvertragscharakter54 oder – sofern die Beratung unentgeltlich erfolgt – ein Auftragsverhältnis.55 Gegen eine Einordnung der Rechtsbeziehung zwischen Plattformbetreiber und Crowd­investoren als Anlageberatungsvertrag spricht jedoch bereits der Umstand, dass die Crowd­investoren dem Plattformbetreiber weder detaillierte Informationen über ihre individuellen Vermögensverhältnisse noch über ihre Anlageinteressen zur Verfügung stellen.56 Die Empfehlung einer nach den persönlichen und wirt 47 Nach dem gesetzlichen Leitbild ist der Maklervertrag ein entgeltlicher, einseitig verpflichtender Vertrag, vgl. Althammer, in: MüKo BGB, 9. Aufl., 2023, § 652, Rn. 3 f. 48 Etwaige als Carried Interest ausgestaltete Provisionszahlungen werden nicht für die Vermittlung des Vertrages bei Vertragsschluss fällig, sondern sind an den Erfolg des Start-ups geknüpft. Zu den weiteren, den kapitalsuchenden Unternehmen geschuldeten Provisionen siehe § 3, Fn. 194 oben. 49 Ebenso Jansen / Pfeifle, ZIP 2012, 1842, 1849. 50 Vgl. dazu auch Jansen / Pfeifle, ZIP 2012, 1842, 1848 f.; Uffmann, JZ 2016, 928, 933. 51 Zahrte, in: MüKo HGB, 4. Aufl., 2019, Bd. 6, Teil 2, M. Anlageberatung, Rn. 119. 52 Vgl. dazu Emmerich, MüKo BGB, 9. Aufl., 2022, § 311, Rn. 106 ff. Grundlegend BGH, Urteil vom 06. 07. 1993, XI ZR 12/93, NJW 1993, 2433 (Bond I). 53 Edelmann, in: Assmann / Schütze / Buck-Heeb (Hrsg.), Handbuch des Kapitalanlagerechts, 5. Aufl., 2020, § 3, Rn. 3 ff. Zur Abgrenzung von Anlagevermittler und Anlageberater siehe auch BGH, Urteil vom 13. 05. 1993, III ZR 25/92, NJW-RR 1993, 1114, 1114 f. 54 Zahrte, in: MüKo HGB, 4. Aufl., 2019, Bd. 6, Teil 2, M. Anlageberatung, Rn. 117; Edelmann, in: Assmann / Schütze / Buck-Heeb (Hrsg.), Handbuch des Kapitalanlagerechts, 5. Aufl., 2020, § 3, Rn. 3 ff. 55 Vgl. Zahrte, in: MüKo HGB, 4. Aufl., 2019, Bd. 6, Teil 2, M. Anlageberatung, Rn. 117. 56 Vgl. auch Jansen / Pfeifle, ZIP 2012, 1842, 1849. Die nach § 16 Abs. 3a Satz 1 FinVermV erforderliche Einholung von Informationen der Anleger zur Prüfung der Angemessenheit und der Einhaltung der Zeichnungsgrenzen (siehe dazu § 5 D. I. 3. d) dd) (1) unten) steht dem nicht entgegen. Die insoweit von den Anlegern offenzulegenden Informationen sind weder umfas-

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§ 5 Rechtlicher Rahmen des Crowd­investing

schaftlichen Verhältnissen geeigneten Vermögensanlage ist dem Plattformbetreiber insoweit bereits nicht möglich. Die Plattformen stellen den Anlegern lediglich Informationen über die zu finanzierenden kapitalsuchenden Unternehmen zur Verfügung. Eine Bewertung im Hinblick auf individuelle Interessen der Anleger und entsprechende Anlageempfehlungen werden weder versprochen noch erfolgen diese tatsächlich.57 Überdies stehen die Plattformen im „Lager“ der kapitalsuchenden Unternehmen und handeln für die Crowd­investoren erkennbar im Interesse der kapitalsuchenden Unternehmen.58 Dies spricht ebenfalls gegen eine Einordnung als Beratungsvertrag.59 Die den hier untersuchten Geschäftsmodellen zugrundeliegenden Nutzungsvereinbarungen sind daher nicht als Anlageberatungsvertrag zu qualifizieren.60

III. Auskunftsvertrag Fraglich ist, ob die Tätigkeit der Crowd­investing-Plattform im Verhältnis zu den Crowd­investoren als Anlagevermittlung verstanden werden kann und zwischen den Parteien ein Auskunftsvertrag zustande kommt.61 1. Anlagevermittlung auf Grundlage eines Auskunftsvertrages Bei der Anlagevermittlung schuldet der Anlagevermittler regelmäßig die Erteilung einer verbindlichen, richtigen und vollständigen Auskunft über bestimmte Finanzinstrumente, jedoch nicht deren Bewertung oder auf individuellen Umständen basierende Empfehlungen.62 Der Anleger erwartet lediglich Informationen, die zwar werbenden und anpreisenden Charakter haben können.63 Darüber hinaus muss der Anleger aber zumindest konkludent zu erkennen geben, dass er eine send noch detailliert genug, um eine persönliche Anlageempfehlung zu ermöglichen. So im Ergebnis auch Schedensack, Crowdinvesting, 2018, S. 231. 57 So auch Uffmann, JZ 2016, 928, 933. 58 Uffmann, JZ 2016, 928, 933. 59 Vgl. dazu etwa die Argumentation in BGH, Urteil vom 13. 05. 1993, III ZR 25/92, NJWRR 1993, 1114, 1114 f. 60 Im Ergebnis ebenso Jansen / Pfeifle, ZIP 2012, 1842, 1850; Uffmann, JZ 2016, 928, 933; Fischer, Rechtslage, 2017, S. 26; Schedensack, Crowdinvesting, 2018, S. 231. 61 Vgl. dazu auch Jansen / Pfeifle, ZIP 2012, 1842, 1849 f.; Uffmann, JZ 2016, 928, 933 f. 62 Edelmann, in: Assmann / Schütze / Buck-Heeb (Hrsg.), Handbuch des Kapitalanlagerechts, 5. Aufl., 2020, § 3, Rn. 8; BGH, Urteil vom 13. 05. 1993, III ZR 25/92, NJW-RR 1993, 1114, 1114 f. Die Abgrenzung von Anlageberatung und Anlagevermittlung ist nicht immer trennscharf möglich, vgl. Emmerich, MüKo BGB, 9. Aufl., 2022, § 311, Rn. 139; Edelmann, in: Assmann / Schütze / Buck-Heeb (Hrsg.), Handbuch des Kapitalanlagerechts, 5. Aufl., 2020, § 3, Rn. 2. 63 Edelmann, in: Assmann / Schütze / Buck-Heeb (Hrsg.), Handbuch des Kapitalanlagerechts, 5. Aufl., 2020, § 3, Rn. 8; Einsiedler, WM 2013, 1109, 1110; BGH, Urteil vom 13. 05. 1993, III ZR 25/92, NJW-RR 1993, 1114, 1114 f. m. w. N.

B. Rechtsverhältnis zwischen Crowd­investoren und Crowdinvesting-Plattform  

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verbindliche, über eine bloße Werbung hinausgehende Auskunft erwartet.64 Der Vermittler steht dabei typischerweise im „Lager“ des kapitalsuchenden Unternehmens.65 Der Anlagevermittlung liegt regelmäßig ein Auskunftsvertrag zugrunde.66 Dieser ist in der Regel als Dienstvertrag mit Geschäftsbesorgungscharakter, bei nur einmaliger Auskunftserteilung als Werkvertrag zu qualifizieren.67 Erfolgt die Anlagevermittlung unentgeltlich handelt es sich um einen Auftrag.68 2. Vertragsschluss Mit der Registrierung auf den Crowd­investing-Portalen ist jedenfalls keine ausdrückliche Vereinbarung über die Erteilung von Auskünften bzw. kein ausdrücklicher Abschluss eines Auskunftsvertrages verbunden. Ob durch die Erteilung einer Auskunft konkludent ein Vertragsverhältnis begründet wird, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab (vgl. § 675 Abs. 2 BGB).69 Von einem konkludenten Abschluss eines Auskunftsvertrages ist grundsätzlich auszugehen, wenn sich aus den Gesamtumständen unter Berücksichtigung der Verkehrsauffassung ergibt, dass beide Teile nach dem objektiven Inhalt ihrer Erklärungen die Auskunft zum Gegenstand vertraglicher Rechte und Pflichten gemacht haben.70 Für die Gesamtschau maßgebend ist, ob die Auskunft für den Empfänger erkennbar von erheblicher Bedeutung ist, und der Auskunftsgeber für die Erteilung der Auskunft besonders sachkundig ist oder ein eigenes wirtschaftliches Interesse an der Auskunftserteilung hat.71 Nach der Rechtsprechung des BGH kommt ein Auskunftsvertrag im 64

Edelmann, in: Assmann / Schütze / Buck-Heeb (Hrsg.), Handbuch des Kapitalanlagerechts, 5. Aufl., 2020, § 3, Rn. 8; Einsiedler, WM 2013, 1109, 1110. 65 Emmerich, MüKo BGB, 9. Aufl., 2022, § 311, Rn. 139. Dazu auch BGH, Urteil vom 13. 05. 1993, III ZR 25/92, NJW-RR 1993, 1114, 1114 f. 66 Edelmann, in: Assmann / Schütze / Buck-Heeb (Hrsg.), Handbuch des Kapitalanlagerechts, 5. Aufl., 2020, § 3, Rn. 9; Emmerich, MüKo BGB, 9. Aufl., 2022, § 311, Rn. 139; Eiben / Boesenberg, NJW 2013, 1398, 1398 f.; Dörr, WM 2010, 533, 533 f.; Assmann, ZIP 2002, 637, 638, 647. Aus der Rspr. vgl. etwa BGH, Urteil vom 12. 05. 2005, III ZR 413/04, NJW-RR 2005, 1120; Urteil vom 19. 10. 2006, III ZR 122/05, NJW-RR 2007, 348, 349 f. 67 Edelmann, in: Assmann / Schütze / Buck-Heeb (Hrsg.), Handbuch des Kapitalanlagerechts, 5. Aufl., 2020, § 3, Rn. 9; vgl. auch Herresthal, in: Gsell / K rüger / Lorenz / Reymann (Hrsg.), BeckOGK BGB, Stand 15. 09. 2022, § 311, Rn. 725. Zur Abgrenzung von entgeltlichem Dienst-/ Werkvertrag und unentgeltlichem Auftrag siehe etwa BGH, Teilurteil vom 11. 03. 1999, III ZR 292–97, NJW 1999, 1540, 1541. 68 Vgl. Herresthal, in: Gsell / K rüger / Lorenz / Reymann (Hrsg.), BeckOGK BGB, Stand 15. 09. 2022, § 311, Rn. 725. 69 Vgl. Heermann, MüKo BGB, 9. Aufl., 2023, § 675, Rn. 129; Assmann, ZIP 2002, 637, 649. Zum stillschweigenden Abschluss eines Auskunftsvertrages siehe etwa auch BGH, Urteil vom 13. 02. 1992, III ZR 28/90, NJW 1992, 2080. 70 Heermann, in: MüKo BGB, 9. Aufl., 2023, § 675, Rn. 129 m. w. N. Aus der Rspr. siehe etwa BGH, Urteil vom 14. 07. 2009, XI ZR 152/08, NJW 2009, 3429, 3433; Urteil vom 06. 07. 1993, XI ZR 12/93, NJW 1993, 2433 (Bond I); Urteil vom 13. 02. 1992, III ZR 28/90, NJW 1992, 2080, 2082. 71 Heermann, in: MüKo BGB, 9. Aufl., 2023, § 675, Rn. 129.

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§ 5 Rechtlicher Rahmen des Crowd­investing

Rahmen einer Anlagevermittlung konkludent zu Stande, wenn ein Anlagevermittler72 ohne Beratung ein Anlageprodukt vertreibt und der Anlageinteressent erkennbar die besonderen Erfahrungen und Kenntnisse des Vermittlers in Anspruch nehmen will und der Anlagevermittler die gewünschte Tätigkeit beginnt.73 Im Unterschied zur Anlageberatung schuldet der Vermittler keine anlegerspezifische Anlageempfehlung, sondern lediglich eine vollständige und zutreffende Information über sämtliche für die betreffende Anlage wichtigen Umstände.74 Dazu gehört, dass er sich die nötigen Informationen hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit der Kapitalanlage und der Bonität des Kapitalsuchenden beschafft, das Anlagekonzept zumindest auf seine Plausibilität und seine wirtschaftliche Tragfähigkeit hin überprüft und alle ihm zugänglichen Informationen über die vertriebene Anlage an den Kunden weitergibt.75 Im Rahmen der untersuchten Geschäftsmodelle der Crowd­investing-Plattformen ist die Rolle der Crowd­investing-Plattformen nicht auf die Rolle eines Portal-Anbieters beschränkt. Die Anbieter der Crowd­investing-Plattformen beschränken sich nicht darauf, lediglich eine Online-Plattform für kapitalsuchende Unternehmen bereitzustellen, auf der diese – von dem Plattformbetreiber inhaltlich ungeprüfte – Informationen für interessierte Anleger hinterlegen und Anleger mit den Unternehmen in Kontakt treten können.76 Die Rolle der Plattformanbieter geht vielmehr weit über diese Konzeption hinaus.77 Die Crowd­investing-Plattformen werben mit einer sorgfältigen Auswahl der angebotenen Unternehmen.78 Die bereitgestellten Informationen werden seitens der Plattformen für die Anleger aufgearbeitet, strukturiert und in einer einheitlichen, die Vergleichbarkeit ermöglichenden Form dargestellt.79 Die gesamte Präsentation auf den jeweiligen Webseiten der Crowd­investing-Plattformen weckt bei einem verständigen Anlageinteressenten den Eindruck, dass die jeweilige Plattform eine entsprechende Vorauswahl an ka 72 Zur Abgrenzung zum Anlageberater vgl. auch Assmann, ZIP 2002, 637, 638 ff.; BGH, Urteil vom 13. 05. 1993, III ZR 25/92, NJW-RR 1993, 1114, 1114 f. 73 Siehe etwa BGH, Urteil vom 08. 04. 2014, XI ZR 341/2, NJW 2014, 2348, 2349 m. w. N. 74 Emmerich, in: MüKo BGB, 9. Aufl., 2022, § 311, Rn. 139; Edelmann, in: Assmann / ​ Schütze / Buck-Heeb (Hrsg.), Handbuch des Kapitalanlagerechts, 5. Aufl., 2020, § 3, Rn. 8; Dörr, WM 2010, 533, 533 f.; für die ständige Rspr. siehe BGH, Urteil vom 01. 12. 2011, III ZR 56/11, NJW 2012, 380, 380 f. m. w. N. 75 Emmerich, in: MüKo BGB, 9. Aufl., 2022, § 311, Rn. 139; Edelmann, in: Assmann / ​ Schütze / Buck-Heeb (Hrsg.), Handbuch des Kapitalanlagerechts, 5. Aufl., 2020, § 3, Rn. 8; Eiben / Boesenberg, NJW 2013, 1398, 1401; Dörr, WM 2010, 533, 534; für die ständige Rspr. siehe BGH, Urteil vom 01. 12. 2011, III ZR 56/11, NJW 2012, 380, 380 f. m. w. N. 76 So im Ergebnis wohl aber Meschkowski / Wilhelmi, BB 2013, 1411, 1413. Ablehnend auch Jansen / Pfeifle, ZIP 2012, 1842, 1849. 77 Vgl. zur Rolle der Crowdinvesting-Plattformen § 3 D. III. oben. 78 Siehe dazu bereits § 3 A. I. oben. Ferner Klöhn / Hornuf, ZBB 2012, 237, 245; Jansen / Pfeifle, ZIP 2012, 1842, 1849. Mit den tatsächlichen Gegebenheiten kaum zu vereinbaren ist die a. A. von Meschkowski / Wilhelmi, BB 2013, 1411, 1413, die davon ausgehen, dass keinerlei inhaltliche Auseinandersetzung der Crowdinvesting-Plattform mit dem entsprechenden Start-up stattfinde. 79 Jansen / Pfeifle, ZIP 2012, 1842, 1849.

B. Rechtsverhältnis zwischen Crowd­investoren und Crowdinvesting-Plattform  

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pitalsuchenden Unternehmen getroffen hat.80 Schließlich sind Anleger, die in das jeweilige Unternehmen investieren möchten, zwingend auf die Vermittlung durch die Crowd­investing-Plattform angewiesen, die die entsprechenden Verträge zur Verfügung stellt. Ein Vertragsschluss ist ausschließlich über die Plattform möglich.81 Aufgrund der Vorauswahl, der Informationsstrukturierung und -darstellung entsteht bei potentiellen Anlegern somit der Eindruck, der Plattformbetreiber habe sich intensiv mit den entsprechenden kapitalsuchenden Unternehmen auseinandergesetzt und verfüge über besondere Kenntnisse.82 Im Ergebnis ist daher regelmäßig davon auszugehen, dass potentielle Anleger erkennbar die besonderen Erfahrungen und Kenntnisse der Crowd­investingPlattformen, die aufgrund ihrer Provisions- und etwaiger Carried Interest-Ansprüche zudem ein eigenes Interesse an einer erfolgreichen Vertragsvermittlung haben, in Anspruch nehmen wollen.83 Regelmäßig wird daher mit der Registrierung auf der Website des Anbieters der Crowd­investing-Plattform ein Anlagevermittlungsvertrag in Form eines konkludenten Auskunftsvertrags abgeschlossen.84 Etwas anderes lässt sich auch nicht aus etwaigen Regelungen in AGB der Plattformen ableiten, wonach die Plattformbetreiber gerade nicht für Inhalt, Plausibilität und Richtigkeit der bereitgestellten Informationen verantwortlich seien und ein Auskunftsvertrag nicht zustande kommen solle.85 Angesichts der dargestellten Situation dürften entsprechende Klauseln als so ungewöhnlich anzusehen sein, dass ein potentieller Anleger mit ihnen nicht zu rechnen braucht und diese somit nach § 305c Abs. 1 BGB nicht wirksam einbezogen werden.86 Jedenfalls aber kann sich eine Partei in Anwendung des Grundsatzes des venire contra factum proprium nicht auf eine Regelung in AGB berufen, wenn diese in Widerspruch zu objektiv geweckten Erwartungen steht.87 80

Jansen / Pfeifle, ZIP 2012, 1842, 1849 f.; a. A. Meschkowski / Wilhelmi, BB 2013, 1411, 1413. Jansen / Pfeifle, ZIP 2012, 1842, 1849. 82 Jansen / Pfeifle, ZIP 2012, 1842, 1849; Heuer, Die Regulierung von Crowdinvesting, 2017, S. 87. 83 A. A. Meschkowski / Wilhelmi, BB 2013, 1411, 1413. 84 Jansen / Pfeifle, ZIP 2012, 1842, 1849 f.; Uffmann, JZ 2016, 928, 934; Fischer, Rechtslage, 2017, S. 29; Spindler, ZBB 2017, 129, 135; Heuer, Die Regulierung von Crowdinvesting, 2017, S. 87; a. A. Meschkowski / Wilhelmi, BB 2013, 1411, 1413. Ablehnend wohl auch Söpper, Crowdfunding, 2016, S. 119, der im Hinblick auf eine Haftung der Plattformbetreiber für bereitgestellte Informationen jegliche Haftung für Informationen unter Verweis auf entsprechende Disclaimer in den AGB der Plattformbetreiber ablehnt, allerdings ohne weitere Auseinandersetzung mit den tatsächlichen Gegebenheiten und ihrer rechtlichen Einordnung. 85 Dazu Nietsch / Eberle, DB 2014, 1788, 1789; Bujotzek / Mocker, BKR 2015, 358, 359; Uffmann, JZ 2016, 928, 932, 934; Nastold, ZVertriebsR 2014, 366, 368; Söpper, Crowdfunding, 2016, S. 119; Spindler, ZBB 2017, 129, 134 f.; Schedensack, Crowdinvesting, 2018, S. 234 f. 86 Umfassend dazu Schedensack, Crowdinvesting, 2018, S. 235 ff. 87 So die Begründung von Spindler, ZBB 2017, 129, 135, der offenbar von einer wirksamen Einbeziehung ausgeht, die Regelung dem kontrollfreien Bereich der Primärpflichten zurechnet und daher eine Anwendung des § 305c Abs. 1 BGB ablehnt. Weiterhin würden entsprechende Regelungen auch an der Transparenzkontrolle nach § 307 Abs. 2 BGB scheitern, vgl. dazu auch Uffmann, JZ 2016, 928, 934. 81

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3. Rechte und Pflichten Aus dem zwischen Plattformbetreiber und Plattformnutzer bestehenden Vertragsverhältnis ergibt sich zunächst die Pflicht des Plattformbetreibers, registrierten Nutzern die Nutzung der Plattform im Rahmen der Nutzungsbedingungen zu gewährleisten und die technische Infrastruktur zum Vertragsschluss, der Vertragsabwicklung und der nachträglichen Verwaltung des Investments zur Verfügung zu stellen.88 Darüber hinaus ist der Plattformbetreiber aufgrund des bestehenden Auskunftsvertrages zu richtiger und vollständiger Information über die tatsächlichen Umstände verpflichtet, die für die Anlageentscheidung des Crowdinvestors von besonderer Bedeutung sind.89 Dieser Informationspflicht geht eine Pflicht der Crowd­investing-Plattform zur Informationsbeschaffung und zur Prüfung der Plausibilität der vermittelten Anlagekonzepte voraus.90

IV. Zwischenergebnis Mit der Registrierung der Anleger auf der Website der Crowd­investing-Plattform kommt regelmäßig ein typengemischter Nutzungsvertrag91 zustande. Im Rahmen investing-Finanzierungen zugrunde liegenden der den untersuchten Crowd­ Geschäftsmodellen schuldet der Plattformbetreiber zwar keine Anlageberatung. Allerdings ist das Rechtsverhältnis regelmäßig als Auskunftsvertrag zu qualifizieren, nach dem die Crowd­investing-Plattform jedenfalls die Erteilung einer verbindlichen, richtigen und vollständigen Auskunft über die angebotenen Crowd­ investing-Finanzierungen schuldet.

C. Rechtsverhältnis zwischen Crowd­investoren und kapitalsuchenden Unternehmen Im Folgenden soll ein Überblick über den gesetzlichen Rahmen gegeben werden, in dem sich das Rechtsverhältnis zwischen Crowd­investoren und den sich mittels Crowd­investing finanzierenden Unternehmen im Untersuchungszeitraum 88

Vgl. Schedensack, Crowdinvesting, 2018, S. 244. Vgl. dazu BGH, Urteil vom 30. 10. 2014 – III ZR 493/13, NJW-RR 2015, 365, 366; Edelmann, in: Assmann / Schütze / Buck-Heeb (Hrsg.), Handbuch des Kapitalanlagerechts, 5. Aufl., 2020, § 3, Rn. 11 f., 30; Emmerich, in: MüKo BGB, 9. Aufl., 2022, § 311, Rn. 144. 90 Vgl. dazu Emmerich, in: MüKo BGB, 9. Aufl., 2022, § 311, Rn. 144; Edelmann, in: Assmann / Schütze / Buck-Heeb (Hrsg.), Handbuch des Kapitalanlagerechts, 5. Aufl., 2020, § 3, Rn. 30; Eiben / Boesenberg, NJW 2013, 1398, 1398 f. Zur ständigen Rspr. etwa BGH, Urteil vom 01. 12. 2011, III ZR 56/11, NJW 2012, 380, 380 f. Ausführlich zu den aus dem Auskunftsvertrags resultierenden Pflichten des Plattformbetreibers, Schedensack, Crowdinvesting, 2018, S. 244 ff. 91 So auch Bareiß, ZUM 2012, 456, 460. 89

C. Rechtsverhältnis zwischen Crowd­investoren und Unternehmen

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bewegte. Dieses Rechtsverhältnis wird maßgeblich durch die zwischen dem jeweiligen Crowdinvestor und dem zu finanzierenden Unternehmen abgeschlossenen Crowd­investing-Verträge bestimmt.92 Neben der Begründung der Rechte und Pflichten der Crowd­investoren und der kapitalsuchenden Unternehmen entscheiden die Crowd­investing-Verträge zugleich über das zur Anwendung kommende gesetzliche Regelungsregime. Die Finanzierungsverträge auf dem deutschen Markt waren im Untersuchungszeitraum im Wesentlichen als drei unterschiedliche Vertragstypen konzipiert:93 In der Entstehungsphase wurden Crowd­investoren als stille Gesellschafter an dem zu finanzierenden Unternehmen beteiligt. Vereinzelt waren Crowd­investing-Verträge als Genussrechte ausgestaltet. Zuletzt schlossen Crowd­investoren mit den kapitalsuchenden Unternehmen weit überwiegend Finanzierungsverträge in Form von partiarischen Nachrangdarlehen. Nachfolgend sollen der gesetzliche Rahmen – in dem sich die vertragliche Ausgestaltung bewegen kann – sowie die Charakteristika des jeweiligen Vertragstyps überblicksartig dargestellt werden. Es soll ferner aufgezeigt werden, welche Rechtspositionen den Crowd­investoren nach der gesetzlichen Standardkonfiguration zukommen, soweit keine abweichenden vertraglichen Regelungen getroffen werden.

I. Stille Gesellschaft Die ersten auf dem deutschen Crowd­investing-Markt vermittelten Finanzierungsinstrumente waren stille Beteiligungen.94 Crowd­investoren, die mittels Crowd­ investing in Start-ups investieren wollten, unterzeichneten – vermittelt durch die entsprechende Crowd­investing-Plattform – Verträge über die Beteiligung als stiller Gesellschafter an dem jeweiligen Start-up-Unternehmen. Die stille Gesellschaft95 ist nach ihrer Regelung in § 230 Abs. 1 HGB dadurch gekennzeichnet, dass sich ein stiller Gesellschafter mit einer Vermögenseinlage 92

Zu Inhalt und Entwicklung der Crowdinvesting-Verträge siehe ausführlich § 8 unten. Siehe dazu die Analyse der angebotenen Finanzierungsformen unter § 8 B. I. unten. Nicht näher eingegangen wird im Folgenden auf vereinzelt vorzufindende Crowdinvestings in Form von Wertpapieremissionen sowie Schuldverschreibungen. Nach Hainz / Hornuf / Klöhn, Praxiserfahrungen mit den Befreiungsvorschriften des Kleinanlegerschutzgesetzes, 2017,  S.  21 f. fanden bis zum 30. 06. 2016 zwei Crowdinvesting-Finanzierungen in Form von Inhaberschuldverschreibungen (Finanzierungen der AK Immobilien Projektentwicklungs GmbH und der Penell GmbH), eine Finanzierung mittels Ausgabe von Genussscheinen (FAH Grundbesitz GmbH & Co. KG) sowie eine Finanzierung mittels Aktien (Urbanara Home AG) statt. 94 Siehe § 8 B. I. 2.  unten. 95 Für einen Überblick über die historische Entwicklung der stillen Gesellschaft siehe Blaurock, Handbuch Stille Gesellschaft, 9. Aufl., 2020, Rn. 3.1 ff. sowie Keul, in: Gummert / Weipert (Hrsg.), Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, Bd. 2, 5. Aufl., 2019, § 72, Rn. 3 ff.; für einen rechtsvergleichenden Überblick: Lamprecht, in: Blaurock (Hrsg.), Handbuch Stille Gesellschaft, 9. Aufl., 2020, Rn. 3.8 ff. 93

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an einem Handelsgewerbe beteiligt und dafür an dessen Ergebnis beteiligt wird.96 Charakteristisch sind zwei verschiedene Gesellschaftergruppen: einerseits der unternehmerisch tätige Inhaber des Handelsgewerbes und andererseits der als Kapitalgeber fungierende stille Gesellschafter.97 Angesichts der wenigen und weitgehend dispositiven gesetzlichen Vorgaben98 bestehen weitgehende Gestaltungsspielräume der Parteien und dementsprechend eine Vielfalt verschiedener Ausprägungen der stillen Gesellschaft.99 1. Charakteristika und Voraussetzungen der stillen Gesellschaft Die stille Gesellschaft ist eine reine Innengesellschaft zwischen dem Inhaber des Unternehmens und dem stillen Gesellschafter und ein Spezialfall der Gesellschaft bürgerlichen Rechts im Sinne des § 705 BGB.100 Als Innengesellschaft ist die stille Gesellschaft – im Gegensatz zur BGB-Außengesellschaft101 – nicht rechtsfähig, 96

Kraus, in: Weitnauer (Hrsg.), Handbuch Venture Capital, 7. Aufl., 2022, Teil C., Rn. 149. Nach der Definition von K. Schmidt, in: MüKo HGB, 4. Aufl., 2019, § 230, Rn. 2, liegt eine stille Gesellschaft vor, wenn „auf Grund des zwischen einem kaufmännischen Rechtsträger […] und einem Anderen (stillen Gesellschafter) zur Erreichung eines gemeinsamen Zwecks ein Gesellschaftsvertrag geschlossen worden [ist], kraft dessen der andere ohne Bildung eines Gesellschaftsvermögens mit einer Einlage am kaufmännischen Unternehmen […] beteiligt ist und eine Gewinnbeteiligung erhält“. 97 Vgl. Koch, Gesellschaftsrecht, 12. Aufl., 2021, § 24, Rn. 1. 98 Die stille Beteiligung findet ihre gesetzliche Grundlage in den §§ 230 ff. HGB. Subsidiär sind die §§ 705 ff. BGB anzuwenden (vgl. auch Art. 2 Abs. 1 EGHGB), soweit diese nicht mit dem Wesen der stillen Gesellschaft unvereinbar sind, vgl. K. Schmidt, in: MüKo HGB, 4. Aufl., 2019, § 230, Rn. 6; Hoffmann-Theinert, in: BeckOK HGB, 38. Edition, Stand 15. 10. 2022, § 230, Rn. 6. 99 Kraus, in: Weitnauer (Hrsg.), Handbuch Venture Capital, 7. Aufl., 2022, Teil C., Rn. 149 f.; Blaurock, in: Blaurock (Hrsg.), Handbuch Stille Gesellschaft, 9. Aufl., 2020, Rn. 4.24. 100 K. Schmidt, in: MüKo HGB, 4. Aufl., 2019, § 230 HGB, Rn. 4, 7; Kraus, in: Weitnauer (Hrsg.), Handbuch Venture Capital, 7. Aufl., 2022, Teil C., Rn. 149. Siehe dazu bereits BGH, Urteil vom 29. 10. 1952, II ZR 16/52, NJW 1953, 138, 138 ff. 101 Seit dem Grundsatzurteil des BGH vom 29. 01. 2001, II UR 331/00, NJW 2001, 1056 zur Rechtsfähigkeit der Außen-GbR ist die Rechtsfähigkeit der Außen-GbR nach jahrzehntelangem Grundlagenstreit heute anerkannt. Nachdem im ersten Entwurf des BGB die Gesellschaft als ausschließlich schuldrechtliches Rechtsverhältnis der Gesellschafter ohne eigenes Gesellschaftsvermögen nach römisch-rechtlichem Vorbild gestaltet war, sah die zweite Kommission ein Gesellschaftsvermögen als Gesamthand vor. Die sich hieraus ergebenden Fragen zur theoretischen Konstruktion und dem Wesen der Gesellschaft ließ der historische Gesetzgeber offen. Auf dieser Grundlage sah die traditionelle Lehre ausschließlich die einzelnen Gesellschafter als Zuordnungssubjekte der die Gesellschaft betreffenden Rechte und Pflichten an. Im Gegensatz hierzu stand die im Anschluss an die deutsch-rechtliche Gesamthandslehre des 19. Jahrhunderts entwickelte Gruppenlehre Flumes (vgl. Flume, ZHR 136 (1972), 177 ff.). Danach sollte Zuordnungssubjekt nicht die Gesellschafter „in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit“, sondern die Gesamthand (Gruppe) als solche sein. Diese Ansicht hatte sich in der Literatur bereits vor dem Urteil des BGH weitgehend durchgesetzt. Siehe dazu BGH vom 29. 01. 2001, II UR 331/00, NJW 2001, 1056, 1056 f. Überblicksartig ferner Schäfer, in: MüKo BGB, 8. Aufl., 2020, § 705, Rn. 297 ff. Zur Einordnung und Besprechung des Urteils siehe K. Schmidt, NJW 2001, 993.

C. Rechtsverhältnis zwischen Crowd­investoren und Unternehmen

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kann also nicht Trägerin von Rechten und Pflichten sein.102 Sie ist weder parteifähig noch insolvenzfähig.103 Insbesondere ist die Bildung eines der stillen Gesellschaft dinglich zugewiesenen Gesellschaftsvermögens ausgeschlossen.104 Der stille Gesellschafter leistet seine Einlage vielmehr in das Vermögen des Inhabers des Handelsgewerbes (vgl. § 230 Abs. 1 HGB).105 Voraussetzungen für eine stille Gesellschaft sind (1.) ein Kaufmann i. S. v. §§ 1 ff. HGB als Unternehmensträger, (2.) ein stiller Gesellschafter, (3.) ein Gesellschaftsvertrag, der einen gemeinsamen Zweck normiert, (4.) die Beteiligung des stillen Gesellschafters mit einer Einlage am Unternehmen, jedoch ohne Bildung eines Gesellschaftsvermögens und (5.) die Beteiligung des stillen Gesellschafters am Unternehmensgewinn.106 Als Unternehmensträger setzt § 230 HGB ein „Handelsgewerbe, das ein anderer betreibt“ voraus. Unternehmensträger muss also ein Kaufmann i. S. der §§ 1 ff. HGB sein.107 Stiller Gesellschafter kann grundsätzlich jede natürliche oder juristische Person sein.108 Dieser darf allerdings nicht selbst Unternehmensträger sein.109 Begründet wird die stille Gesellschaft durch einen Gesellschaftsvertrag zwischen dem Inhaber und dem stillen Gesellschafter.110 Neben dem Willen, eine gesellschaftsrechtliche Beteiligung am Handelsgewerbe eines anderen eingehen zu wollen (animus contrahendae societatis),111 sind zentrale Vertragsbestandteile die Vereinbarung des gemeinsamen Zwecks sowie die Beitragspflicht.112 Der Vertrag kann grundsätzlich formfrei,113 d. h. auch konkludent, geschlossen werden.114 Weiter­hin muss der stille Gesellschafter mit einer Einlage am Unternehmen betei 102 K. Schmidt, in: MüKo HGB, 4. Aufl., 2019, § 230 HGB, Rn. 8; Blaurock, in: Blaurock (Hrsg.), Handbuch Stille Gesellschaft, 9. Aufl., 2020, Rn. 4.12. 103 Vgl. K. Schmidt, in: MüKo HGB, 4. Aufl., 2019, § 230 HGB, Rn. 8. 104 Ganz h. M., vgl. nur K. Schmidt, in: MüKo HGB, 4. Aufl., 2019, § 230 HGB, Rn. 9 m. w. N. 105 Vgl. Windbichler, Gesellschaftsrecht, 24. Aufl., 2017, § 18, Rn. 2. 106 K. Schmidt, in: MüKo HGB, 4. Aufl., 2019, § 230 HGB, Rn. 2 f. 107 Blaurock, in: Blaurock (Hrsg.), Handbuch Stille Gesellschaft, 9. Aufl., 2020, Rn. 6.1 ff. m. w. N. Ebenso K. Schmidt, in: MüKo HGB, 4. Aufl., 2019, § 230 HGB, Rn. 19. Auf nichtkaufmännische Gewerbe (kleingewerbliche, land- oder forstwirtschaftliche Unternehmen, die nicht im Handelsregister eingetragen sind) und nichtgewerbliche Unternehmen können die §§ 230 ff. HGB nach h. M. analog angewendet werden, vgl. K. Schmidt, in: MüKo HGB, 4. Aufl., 2019, § 230 HGB, Rn. 24 f. m. w. N.; Blaurock, in: Blaurock (Hrsg.), Handbuch Stille Gesellschaft, 9. Aufl., 2020, Rn. 5.2 f. („stille Gesellschaft des bürgerlichen Rechts“). 108 K. Schmidt, in: MüKo HGB, 4. Aufl., 2019, § 230 HGB, Rn. 34; Blaurock, in: Blaurock (Hrsg.), Handbuch Stille Gesellschaft, 9. Aufl., 2020, Rn. 6.37 ff.; Roth, in: Hopt (Hrsg.), HGB, 41. Aufl., 2022, § 230, Rn. 6. 109 K. Schmidt, in: MüKo HGB, 4. Aufl., 2019, § 230 HGB, Rn. 35. 110 Vgl. K. Schmidt, in: MüKo HGB, 4. Aufl., 2019, § 230 HGB, Rn. 36. 111 Blaurock, in: Blaurock (Hrsg.), Handbuch Stille Gesellschaft, 9. Aufl., 2020, Rn. 10.2. 112 Vgl. K. Schmidt, in: MüKo HGB, 4. Aufl., 2019, § 230 HGB, Rn. 36. 113 Besondere Formerfordernisse können sich etwa aus § 311b Abs. 1 BGB oder § 518 BGB ergeben. 114 Roth, in: Hopt (Hrsg.), HGB, 41. Aufl., 2022, § 230, Rn. 10.

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ligt sein.115 Zwingende Voraussetzung für das Vorliegen einer stillen Gesellschaft ist schließlich die Beteiligung des stillen Gesellschafters am Gewinn des Handelsgewerbes (vgl. § 231 Abs. 2 Hs. 2 HGB).116 Die Beteiligung am Verlust ist hingegen dispositiv (§ 231 Abs. 2 Hs. 1 HGB). 2. Beteiligung mehrerer stiller Gesellschafter Beteiligen sich mehrere stille Gesellschafter an einem Handelsgewerbe, sind grundsätzlich vier verschiedene Formen des Zusammenschlusses denkbar. Entscheidend für die Frage, welche Ausgestaltungsform der stillen Gesellschaft in concreto vorliegt, ist der im Wege der Vertragsauslegung zu ermittelnde Wille der Beteiligten.117 a) Zweigliedrige stille Gesellschaft Nach der Vorstellung des Gesetzes ist die stille Gesellschaft regelmäßig eine zweigliedrige Gesellschaft.118 Mehrere stille Gesellschafter errichten also mehrere, voneinander unabhängige, selbständige zweigliedrige stille Gesellschaften, die als grundsätzlich selbständige Gesellschaften unabhängig nebeneinander stehen. Zwischen den stillen Gesellschaftern bestehen keine Rechtsbeziehungen.119 Die Beendigung einer stillen Gesellschaft lässt den Fortbestand der anderen unberührt.120 Die Aufnahme weiterer stiller Gesellschafter bedarf keiner Zustimmung der vorhandenen stillen Gesellschafter.121

115 Vgl. dazu und zur Frage der Beitragsleistung K. Schmidt, in: MüKo HGB, 4. Aufl., 2019, § 230 HGB, Rn. 37. 116 Hoffmann-Theinert, in: BeckOK HGB, 38. Edition, 15. 10. 2022, § 230, Rn. 14; Windbichler, Gesellschaftsrecht, 24. Aufl., 2017, § 18, Rn. 3. Eine Gewinnbeteiligung erfordert die Beteiligung am Unternehmenserfolg, nicht ausreichend ist etwa eine Festverzinsung, vgl. dazu K. Schmidt, in: MüKo HGB, 4. Aufl., 2019, § 230 HGB, Rn. 38, 41. 117 Vgl. Blaurock, in: Blaurock (Hrsg.), Handbuch Stille Gesellschaft, 9. Aufl., 2020, Rn. 6.61; Keul, in: Gummert / Weipert (Hrsg.), Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, Bd. 2, 5. Aufl., 2019, § 75, Rn. 24. 118 Blaurock, in: Blaurock (Hrsg.), Handbuch Stille Gesellschaft, 9. Aufl., 2020, Rn. 6.55. 119 Blaurock, in: Blaurock (Hrsg.), Handbuch Stille Gesellschaft, 9. Aufl., 2020, Rn. 6.55. 120 Blaurock, in: Blaurock (Hrsg.), Handbuch Stille Gesellschaft, 9. Aufl., 2020, Rn. 6.55. 121 Blaurock, in: Blaurock (Hrsg.), Handbuch Stille Gesellschaft, 9. Aufl., 2020, Rn. 6.55.

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b) Mehrgliedrige stille Gesellschaft Denkbar ist auch die Beteiligung mehrerer stiller Gesellschafter an einer mehrgliedrigen stillen Gesellschaft mit einer Mehrheit von Teilhabern.122 Bei einer mehrgliedrigen stillen Gesellschaft123 verpflichten sich die Beteiligten gegenseitig zur Förderung eines gemeinsamen Zwecks und sind durch wechselseitige Rechtsbeziehungen in einer einheitlichen Gesellschaft verbunden.124 Eine mehrgliedrige stille Gesellschaft kann körperschaftlich organisiert werden.125 Änderungen im Gesellschafterbestand stellen sich als Eintritt bzw. Austritt von Gesellschaftern dar, die entsprechend personengesellschaftlichen Regeln durch Vertrag mit allen am Verband Beteiligten erfolgen.126 Zum Abschluss entsprechender Verträge kann allerdings die als Unternehmensträger fungierende Handelsgesellschaft bevollmächtigt werden.127 c) Gesellschaft bürgerlichen Rechts als stiller Gesellschafter Denkbar ist ferner ein Zusammenschluss Mehrerer in einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts, welche sich sodann als stiller Gesellschafter an dem Handelsgewerbe des Inhabers beteiligt.128 Die GbR fungiert somit als Treuhänder, die als stiller Treuhandgesellschafter ein (einziges) zweiseitiges stilles Gesellschaftsverhältnis mit dem Unternehmensträger begründet.129 Es entsteht also nur eine stille Gesellschaft.130 Das Ausscheiden eines Gesellschafters führt lediglich zu einer Auseinandersetzung im Rahmen der GbR, lässt die stille Gesellschaft als solche jedoch unberührt.131 Die Einlage wird als einheitliche Einlage seitens der GbR geleistet.132 Es

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Vgl. Blaurock, in: Blaurock (Hrsg.), Handbuch Stille Gesellschaft, 9. Aufl., 2020, Rn. 6.61; Roth, in: Hopt (Hrsg.), HGB, 41. Aufl., 2022, § 230, Rn. 7; Keul, in: Gummert / Weipert (Hrsg.), Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, Bd. 2, 5. Aufl., 2019, § 75, Rn. 25. 123 Zur Zulässigkeit K.  Schmidt, in: MüKo HGB, 4. Aufl., 2019, § 230, Rn. 83; Keul, in: Gummert / Weipert (Hrsg.), Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, Bd. 2, 5. Aufl., 2019, § 75, Rn. 25 jeweils m. w. N. 4. 124 Blaurock, in: Blaurock (Hrsg.), Handbuch Stille Gesellschaft, 9. Aufl., 2020, Rn. 6.61. 125 Vgl. dazu K. Schmidt, in: MüKo HGB, 4. Aufl., 2019, § 230, Rn. 84. 126 K. Schmidt, in: MüKo HGB, 4. Aufl., 2019, § 230, Rn. 84. 127 K. Schmidt, in: MüKo HGB, 4. Aufl., 2019, § 230, Rn. 84. 128 Vgl. Blaurock, in: Blaurock (Hrsg.), Handbuch Stille Gesellschaft, 9. Aufl., 2020, Rn. 6.62; K. Schmidt, in: MüKo HGB, 4. Aufl., 2019, § 230, Rn. 86. 129 Vgl. Blaurock, in: Blaurock (Hrsg.), Handbuch Stille Gesellschaft, 9. Aufl., 2020, Rn. 6.62; K. Schmidt, in: MüKo HGB, 4. Aufl., 2019, § 230, Rn. 86. 130 Vgl. Blaurock, in: Blaurock (Hrsg.), Handbuch Stille Gesellschaft, 9. Aufl., 2020, Rn. 6.62; K. Schmidt, in: MüKo HGB, 4. Aufl., 2019, § 230, Rn. 86. 131 Blaurock, in: Blaurock (Hrsg.), Handbuch Stille Gesellschaft, 9. Aufl., 2020, Rn. 5.50. 132 Vgl. Blaurock, in: Blaurock (Hrsg.), Handbuch Stille Gesellschaft, 9. Aufl., 2020, Rn. 6.62.

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entsteht nur ein Gewinnanteil der GbR.133 Eine Kündigung der stillen Gesellschaft ist nur einheitlich durch die Gesellschaft bürgerlichen Rechts möglich.134 d) Interessenpooling der stillen Gesellschafter in einer GbR Schließlich können sich mehrere stille Gesellschafter untereinander zur Koordination der gemeinschaftlichen Ausübung ihrer Rechte und Wahrnehmung ihrer Interessen zu einer Innengesellschaft bürgerlichen Rechts zusammenschließen.135 Die Rechtsbeziehungen der einzelnen stillen Gesellschafter zum Inhaber des Handelsgewerbes, d. h. die Existenz der stillen Gesellschaften als solche, bleiben hiervon im Grundsatz unberührt.136 Die Gesellschaft bürgerlichen Rechts tritt als interner Zusammenschluss der stillen Gesellschafter unabhängig vom Inhaber des Handelsunternehmens neben die stillen Gesellschaften.137 3. Wesentliche Erscheinungsformen der atypischen stillen Gesellschaft Terminologisch wird vielfach zwischen typischen und atypischen stillen Gesellschaften unterschieden. Mit dieser Begrifflichkeit ist nicht jede Abweichung von dispositiven gesetzlichen Regelungen gemeint.138 Vielmehr werden mit dem Begriff der atypischen stillen Gesellschaft bestimmte Grundkonfigurationen beschrieben. Dabei ist zwischen dem steuerrechtlichen und dem handelsrechtlichen Begriff der atypischen stillen Gesellschaft zu differenzieren. Eine atypische stille Gesellschaft im steuerrechtlichen Sinne ist eine stille Gesellschaft, die den Tatbestand der Mitunternehmerschaft139 nach § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG erfüllt.140 Die Einkünfte aus der atypischen (im steuerlichen Sinne) stillen 133

Vgl. Blaurock, in: Blaurock (Hrsg.), Handbuch Stille Gesellschaft, 9. Aufl., 2020, Rn. 6.62. Blaurock, in: Blaurock (Hrsg.), Handbuch Stille Gesellschaft, 9. Aufl., 2020, Rn. 6.62. 135 Blaurock, in: Blaurock (Hrsg.), Handbuch Stille Gesellschaft, 9. Aufl., 2020, Rn. 6.57; K. Schmidt, in: MüKo HGB, 4. Aufl., 2019, § 230, Rn. 85. 136 Blaurock, in: Blaurock (Hrsg.), Handbuch Stille Gesellschaft, 9. Aufl., 2020, Rn. 6.57. 137 Vgl. Blaurock, in: Blaurock (Hrsg.), Handbuch Stille Gesellschaft, 9. Aufl., 2020, Rn. 6.57. 138 Vgl. K. Schmidt, in: MüKo HGB, 4. Aufl., 2019, § 230 HGB, Rn. 74; dazu auch Blaurock, in: Blaurock (Hrsg.), Handbuch Stille Gesellschaft, 9. Aufl., 2020, Rn. 4.24 ff. 139 Eine Mitunternehmerschaft setzt nach der Rechtsprechung des BFH voraus, dass der Gesellschafter kumulativ sowohl Unternehmerinitiative entfalten kann als auch ein Unternehmerrisiko trägt. Mitunternehmerinitiative setzt im Grundsatz eine Teilhabe an unternehmerischen Entscheidungen voraus, Mitunternehmerrisiko erfordert eine Teilnahme des Gesellschafters am Erfolg und Misserfolg des Unternehmens. Entscheidend für die Einordnung ist eine Gesamtbetrachtung anhand der Umstände des Einzelfalls. Ein gering ausgeprägtes Mitunternehmerrisiko kann dabei unter Umständen durch ein Mehr an Unternehmerinitiative ausgeglichen werden und umgekehrt. Siehe dazu BFH, Urteil vom 7. 11. 2006, VIII R 5/04, BeckRS 2006, 25011224 sowie K. Schmidt, in: MüKo HGB, 4. Aufl., 2019, § 230 HGB, Rn. 75 m. w. N. 140 K. Schmidt, in: MüKo HGB, 4. Aufl., 2019, § 230 HGB, Rn. 75. 134

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Gesellschaft sind somit Einkünfte aus Gewerbebetrieb, während der Gewinnanteil des (steuerlich) typischen stillen Gesellschafters als Einkünfte aus Kapitalvermögen i. S. v. §§ 20 Abs. 1 Nr. 4, 43 Abs. 1 Nr. 3 EStG zu qualifizieren sind.141 Die steuerrechtliche und handelsrechtliche Abgrenzung zwischen typischer und atypischer stiller Gesellschaft sind nicht deckungsgleich. Die für die Mitunternehmerinitiative erforderliche Teilhabe an unternehmerischen Entscheidungen wird jedenfalls dann als vorliegend erachtet, wenn der stille Gesellschafter eine einem Kommanditisten entsprechende Rechtsstellung innehat.142 Unter Umständen reicht es auch aus, wenn ihm Kontrollrechte nach § 716 Abs. 1 BGB eingeräumt werden.143 Das Mitunternehmerrisiko, also die Beteiligung am Erfolg und Misserfolg des Unternehmens, setzt grundsätzlich eine Beteiligung am Gewinn und Verlust des Unternehmens sowie an den stillen Reserven der Gesellschaft und dem Geschäftswert voraus.144 Von einer atypischen stillen Gesellschaft im gesellschaftsrechtlichen Sinne kann gesprochen werden, soweit die stille Gesellschaft vom gesetzlichen Leitbild der §§ 230 ff. HGB abweicht.145 Die verschiedenen Ausprägungen lassen sich im Wesentlichen in zwei Kategorien zusammenfassen.146 Erstens eine stille Gesellschaft, bei der der stille Gesellschafter mit Geschäftsführungsbefugnissen ausgestattet ist.147 Und zweitens eine Beteiligung des stillen Gesellschafters am Gesellschaftsvermögen (d. h. nicht nur am Umlaufvermögen, sondern auch am Anlagevermögen, dem Geschäftswert und den Rücklagen).148

141

K. Schmidt, in: MüKo HGB, 4. Aufl., 2019, § 230 HGB, Rn. 75; Levedag, in: Blaurock (Hrsg.), Handbuch Stille Gesellschaft, 9. Aufl., 2020, Rn. 22.304. 142 K. Schmidt, in: MüKo HGB, 4. Aufl., 2019, § 230 HGB, Rn. 75 m. w. N. 143 K. Schmidt, in: MüKo HGB, 4. Aufl., 2019, § 230 HGB, Rn. 75 m. w. N. 144 K. Schmidt, in: MüKo HGB, 4. Aufl., 2019, § 230 HGB, Rn. 75 m. w. N. 145 Kritisch inwieweit überhaupt ein gesetzlicher Idealtypus der stillen Gesellschaft unterstellt werden kann, Blaurock, in: Blaurock (Hrsg.), Handbuch Stille Gesellschaft, 9. Aufl., 2020, Rn. 4.25 f., insbes. Fn. 21. 146 Vgl. K. Schmidt, in: MüKo HGB, 4. Aufl., 2019, § 230, Rn. 76 ff.; Blaurock, in: Blaurock (Hrsg.), Handbuch Stille Gesellschaft, 9. Aufl., 2020, Rn. 4.26 ff. K. Schmidt, in: MüKo HGB, 4. Aufl., 2019, § 230, Rn. 76, 81, nennt als dritte Ausprägung eine atypische stille Gesellschaft als „Innen-KG“, bei der der stille Gesellschafter eine qualifizierte Vermögensbeteiligung an der „virtuellen Kommanditgesellschaft“ hält. Ausführlich dazu auch Polzer, in: Gummert / Weipert (Hrsg.), Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, Bd. 2, 5. Aufl., 2019, § 74, Rn. 1 ff. 147 K. Schmidt, in: MüKo HGB, 4. Aufl., 2019, § 230 HGB, Rn. 76 ff. m. w. N. 148 K. Schmidt, in: MüKo HGB, 4. Aufl., 2019, § 230 HGB, Rn. 79 m. w. N.

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4. Rechte und Pflichten des Unternehmens als Inhaber des Handelsgeschäfts Zur Geschäftsführung ist ausschließlich der Inhaber des Handelsgeschäfts berechtigt – zugleich gegenüber dem stillen Gesellschafter aber auch verpflichtet.149 Der Inhaber ist zur Führung des Unternehmens für gemeinsame Rechnung verpflichtet und hat die Geschäftsführung allein an den Interessen der Gesellschaft, nicht an eigenen, gesellschaftsfremden Interessen auszurichten und muss auf berechtigte Interessen des stillen Gesellschafters Rücksicht nehmen.150 Hieraus ergibt sich zum einen die Pflicht des Inhabers, das Handelsgeschäft in seinen wesentlichen Grundlagen gegenüber dem Zeitpunkt der Begründung der stillen Gesellschaft nicht zu verändern.151 Eine Änderung von Art oder Umfang des Handelsgeschäfts, des Unternehmensgegenstandes, der Firma oder eine Sitzverlegung sind ohne Zustimmung des stillen Gesellschafters – und ohne anderweitige Vereinbarung – nur in engen Grenzen zulässig, soweit sie handelsüblich sind.152 Ob eine Änderung der wesentlichen Grundlagen des Handelsgeschäfts vorliegt, kann nur im Einzelfall unter Berücksichtigung von Treu und Glauben, der Handelsüblichkeit und der Verkehrssitte festgestellt werden.153 Ohne konkrete Vereinbarungen wird in der Praxis nur in krassen Fällen eine Verletzung der Pflicht zur Erhaltung der Grundlagen des Handelsgeschäfts festzustellen oder gar (zur Durchsetzung eines Schadensanspruchs) zu beweisen sein. Aus der Pflicht des Inhabers zur Förderung des Gesellschaftszwecks folgt auch, dass er grundsätzlich nicht zur ganzen oder teilweisen Veräußerung oder zur Einstellung des Geschäftsbetriebs berechtigt ist, solange eine Fortführung möglich ist.154 Die stille Einlage darf der Inhaber nur zur Erreichung des gemeinsamen Zwecks der stillen Gesellschaft verwenden.155 Der Inhaber des Handelsgeschäfts ist dem stillen Gesellschafter bei schuldhafter Verletzung der ihm aus dem Vertrag obliegenden Pflichten zum Schadensersatz verpflichtet.156 Eine solche Pflichtverletzung kann auch vorliegen, 149

Vgl. Lamprecht, in: Blaurock (Hrsg.), Handbuch Stille Gesellschaft, 9. Aufl., 2020, Rn. 12.2 f.; Windbichler, Gesellschaftsrecht, 24. Aufl., 2017, § 18, Rn. 11; K. Schmidt, in: MüKo HGB, 4. Aufl., 2019, § 230, Rn. 138. 150 Lamprecht, in: Blaurock (Hrsg.), Handbuch Stille Gesellschaft, 9. Aufl., 2020, Rn. 12.7, 12.9; K. Schmidt, in: MüKo HGB, 4. Aufl., 2019, § 230 HGB, Rn. 138. 151 Lamprecht, in: Blaurock (Hrsg.), Handbuch Stille Gesellschaft, 9. Aufl., 2020, Rn. 12.9 ff.; K. Schmidt, in: MüKo HGB, 4. Aufl., 2019, § 230 HGB, Rn. 138. 152 Lamprecht, in: Blaurock (Hrsg.), Handbuch Stille Gesellschaft, 9. Aufl., 2020, Rn. 12.9; K. Schmidt, in: MüKo HGB, 4. Aufl., 2019, § 230 HGB, Rn. 138. 153 Lamprecht, in: Blaurock (Hrsg.), Handbuch Stille Gesellschaft, 9. Aufl., 2020, Rn. 12.10. 154 Lamprecht, in: Blaurock (Hrsg.), Handbuch Stille Gesellschaft, 9. Aufl., 2020, Rn. 12.13; K. Schmidt, in: MüKo HGB, 4. Aufl., 2019, § 230, Rn. 138. 155 K. Schmidt, in: MüKo HGB, 4. Aufl., 2019, § 230, Rn. 139. 156 Lamprecht, in: Blaurock (Hrsg.), Handbuch Stille Gesellschaft, 9. Aufl., 2020, Rn. 12.26.

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wenn er die Auflösung der Gesellschaft schuldhaft herbeiführt oder dem stillen Gesellschafter einen Grund zur außerordentlichen Kündigung gibt.157 Der Schadensersatz­anspruch umfasst den Gewinn, mit dessen Entstehung bei pflichtgemäßer Geschäftsführung bzw. bei Fortführung gerechnet werden konnte.158 Der Haftungsmaßstab des Geschäftsinhabers bei der Erfüllung der ihm obliegenden Pflichten ist nach § 708 BGB grundsätzlich auf in eigenen Angelegenheiten angewandte Sorgfalt (diligentia quam in suis) beschränkt.159 5. Rechte und Pflichten des Anlegers als stiller Gesellschafter Die Hauptflicht des stillen Gesellschafters ist die Leistung bzw. das Halten der Einlage.160 Dieser Hauptpflicht steht als Vermögensrecht die verträglich näher auszugestaltende Gewinn- und ggf. Verlustbeteiligung gegenüber. Die als Nebenpflicht grundsätzlich bestehende Treuepflicht des stillen Gesellschafters hängt in ihrem Ausmaß von der konkreten Ausgestaltung der stillen Gesellschaft ab.161 Bei einer typischen stillen Gesellschaft ist der stille Gesellschafter in der Regel lediglich zur Wahrung der Betriebsgeheimnisse sowie dazu verpflichtet, seine Rechte nur in einer Weise wahrzunehmen, die berechtigte Belange des Unternehmens nicht beeinträchtigten.162 Der stille Gesellschafter ist etwa keinem allgemeinen Wettbewerbsverbot unterworfen.163 Die Informations- und Kontrollrechte des stillen Gesellschafters in § 233 HGB sind an die Informationsrechte des Kommanditisten nach § 166 HGB angelehnt.164 157

Vgl. Lamprecht, in: Blaurock (Hrsg.), Handbuch Stille Gesellschaft, 9. Aufl., 2020, Rn. 12.26. Lamprecht, in: Blaurock (Hrsg.), Handbuch Stille Gesellschaft, 9. Aufl., 2020, Rn. 12.26. 159 Windbichler, Gesellschaftsrecht, 24. Aufl., 2017, § 18, Rn. 11. Etwas anderes gilt allerdings bei stillen Beteiligungen mit Kapitalanlagecharakter in Publikumsgesellschaften: Hier haftet der Geschäftsinhaber nach § 276 BGB für jedes Verschulden, vgl. dazu K. Schmidt, in: MüKo HGB, 4. Aufl., 2019, § 230, Rn. 165 m. w. N. 160 Windbichler, Gesellschaftsrecht, 24. Aufl., 2017, § 18, Rn. 12. Zum lediglich erforderlichen Halten der Einlage als der Leistung eines Beitrags zu einem gemeinsamen Zweck in Abgrenzung zum Leisten der Einlage, vgl. K. Schmidt, in: MüKo HGB, § 230, 4. Aufl., 2019, Rn. 143. 161 Vgl. K.  Schmidt, MüKo HGB, 4. Aufl., 2019, § 230, Rn. 155; Roth, in: Hopt (Hrsg.), 41. Aufl., 2022, § 230, Rn. 23. 162 K. Schmidt, in: MüKo HGB, 4. Aufl., 2019, § 230 HGB, Rn. 155. 163 K. Schmidt, in: MüKo HGB, 4. Aufl., 2019, § 230 HGB, Rn. 156; Lamprecht, in: Blaurock (Hrsg.), Handbuch Stille Gesellschaft, 9. Aufl., 2020, Rn. 12.42. Eine entsprechende Anwendung des § 112 HGB kommt allenfalls in Betracht, wenn der stille Gesellschafter im Innenverhältnis Geschäftsführungsbefugnisse wahrnimmt. Im Einzelfall können sich aber auch aus der Treuepflicht Wettbewerbsverbote ergeben. Vgl. dazu K. Schmidt, in: MüKo HGB, 4. Aufl., 2019, § 230 HGB, Rn. 156 m. w. N. 164 Im Vergleich zum Kommanditisten ist die Stellung des stillen Gesellschafters schwächer ausgeprägt, insbesondere sieht das Gesetz kein § 164 HGB entsprechendes Widerspruchsrecht vor, vgl. Schlitt, Die Informationsrechte des stillen Gesellschafters, 1996, S. 66. Zur rechtspolitischen Kritik an der „Schlechterstellung“ des stillen Gesellschafters gegenüber dem Ge 158

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§ 5 Rechtlicher Rahmen des Crowd­investing

Nach § 233 Abs. 1 HGB kann der stille Gesellschafter von dem Inhaber des Handelsgeschäfts, die abschriftliche Mitteilung des Jahresabschlusses verlangen und dessen Richtigkeit unter Einsicht der Bücher und Papiere zu prüfen. Der Jahresabschluss umfasst die (Handels-)Bilanz sowie die Gewinn- und Verlustrechnung (§ 242 Abs. 3 HGB). Soweit für die Gewinn-/Verlustbeteiligung nach der vertraglichen Vereinbarung die Steuerbilanz maßgeblich ist, muss auch diese mitgeteilt werden.165 Das Einsichtsrecht des stillen Gesellschafters nach § 233 Abs. 1 HGB ist – im Unterschied zu § 118 Abs. 1 HGB – auf das zur Kontrolle des Jahresabschlusses erforderliche Maß beschränkt.166 Als außerordentliches Informationsrecht kann der stille Gesellschafter nach § 233 Abs. 3 HGB die gerichtliche Anordnung der Mitteilung einer Bilanz und eines Jahresabschlusses oder sonstiger Aufklärungen sowie die Vorlage der Bücher und Papiere verlangen.167 Voraussetzung ist das Vorliegen eines wichtigen Grundes, d. h. ein berechtigtes Misstrauen gegen die Geschäftsführung oder eine Verweigerung der Einsicht nach § 233 Abs. 1 HGB ohne triftigen Grund.168 6. Beendigung der stillen Gesellschaft Die stille Gesellschaft kann bei einer entsprechenden Vereinbarung durch Ablauf der vereinbarten Dauer oder bei Eintritt entsprechender Bedingungen enden.169 Ist die Gesellschaft für unbestimmte Zeit eingegangen oder wird sie nach Ablauf einer bestimmten Zeit fortgesetzt, kann die stille Gesellschaft mit einer Kündigungsfrist von sechs Monaten zum Schluss des Geschäftsjahrs gekündigt werden (§ 234 Abs. 1 Satz 1 HGB i. V. m. §§ 132, 134 HGB). Bei Vorliegen eines wichtigen Grundes kann die stille Gesellschaft außerordentlich nach § 234 Abs. 1 Satz 2 HGB i. V. m. § 723 BGB gekündigt werden. 7. Übertragbarkeit Die stille Beteiligung ist als Personengesellschaft nach der gesetzlichen Regel grundsätzlich nicht übertragbar (§ 717 BGB).170 Eine Übertragung ist lediglich im Einvernehmen der Gesellschafter möglich.171 Die Übertragung einer typischen sellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts in § 233 HGB siehe K. Schmidt, MüKo HGB, 4. Aufl., 2019, § 233, Rn. 2. 165 Lamprecht, in: Blaurock (Hrsg.), Handbuch Stille Gesellschaft, 9. Aufl., 2020, Rn. 12.47. 166 Lamprecht, in: Blaurock (Hrsg.), Handbuch Stille Gesellschaft, 9. Aufl., 2020, Rn. 12.48. 167 Zu verfahrensrechtlichen Fragen vgl. Lamprecht, in: Blaurock (Hrsg.), Handbuch Stille Gesellschaft, 9. Aufl., 2020, Rn. 12.52. 168 Lamprecht, in: Blaurock (Hrsg.), Handbuch Stille Gesellschaft, 9. Aufl., 2020, Rn. 12.50 ff. 169 Vgl. Roth, in: Hopt (Hrsg.), HGB, 41. Aufl., 2022, § 234, Rn. 2. 170 K. Schmidt, in: MüKo HGB, 4. Aufl., 2019, § 230, Rn. 175. 171 K. Schmidt, in: MüKo HGB, 4. Aufl., 2019, § 230, Rn. 176.

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stillen Beteiligung erfolgt im Wege der Vertragsübernahme, an der grundsätzlich die Mitwirkung aller Beteiligten (des alten und des neuen stillen Gesellschafters sowie des Geschäftsinhabers) erforderlich ist.172 8. Stellung des stillen Gesellschafters in der Insolvenz des Geschäftsinhabers Die Rechte des stillen Gesellschafters in der Insolvenz des Geschäftsinhabers173 hängen maßgeblich von der konkreten Ausgestaltung der stillen Beteiligung und der Qualifizierung der Einlage als Fremd- oder Eigenkapital ab.174 Im typischen Fall der Ausgestaltung als Fremdkapital kann der stille Gesellschafter seine Einlage, soweit sie den Betrag des auf ihn entfallenden Anteils am Verlust übersteigt, als Insolvenzgläubiger nach § 38 InsO geltend machen (§ 236 Abs. 1 HGB).175 Der Rückforderungsanspruch ist jedoch keine bevorrechtigte Insolvenzforderung, dem stillen Gesellschafter steht also kein Absonderungsrecht zu.176 § 236 Abs. 1 HGB findet allerdings keine Anwendung, wenn die Einlagen aufgrund der konkreten Ausgestaltung der stillen Beteiligung wie Eigenkapital zu behandeln sind.177 Dies ist u. a. dann der Fall, wenn dies im Gesellschaftsvertrag vereinbart ist (Finanzplanabrede) oder die Rechtsstellung des stillen Gesellschafters wie die eines Kommanditisten ausgestaltet ist sowie bei einer Rangrücktrittsvereinbarung nach § 39 Abs. 2 InsO.178 Stattdessen nimmt der stille Gesellschafter mit einer eigenkapitalähnlichen Beteiligung in voller Höhe am Verlust teil.179 Erst nach Befriedigung aller Insolvenzgläubiger kann der stille Gesellschafter nach § 199 InsO an einem verbleibenden Überschuss teilhaben.180

172

K. Schmidt, in: MüKo HGB, 4. Aufl., 2019, § 230, Rn. 176. Die stille Gesellschaft ist als reine Innengesellschaft nicht rechtsfähig und mangels eigenen Gesellschaftsvermögens nicht insolvenzfähig, vgl. Hoffmann-Theinert, in: BeckOK HGB, 38. Edition, 15. 10. 2022, § 236, Vor Rn. 1. 174 K. Schmidt, in: MüKo HGB, 4. Aufl., 2019, § 236 HGB, Rn. 5; Hoffmann-Theinert, in: BeckOK HGB, 38. Edition, 15. 10. 2022, § 236, Rn. 6. 175 Vgl. K. Schmidt, in: MüKo HGB, 4. Aufl., 2019, § 236 HGB, Rn. 16; Windbichler, Gesellschaftsrecht, 24. Aufl., 2017, § 18, Rn. 17. 176 Hoffmann-Theinert, in: BeckOK HGB, 38. Edition, 15. 10. 2022, § 236, Rn. 7. 177 Wedemann, in: Oetker (Hrsg.), HGB, 7. Aufl., 2021, § 236, Rn. 10 ff. 178 Vgl. dazu Hoffmann-Theinert, in: BeckOK HGB, 38. Edition, 15. 10. 2022, § 236, Rn. 10; Wedemann, in: Oetker (Hrsg.), HGB, 7. Aufl., 2021, § 236, Rn. 10. 179 Hoffmann-Theinert, in: BeckOK HGB, 38. Edition, 15. 10. 2022, § 236, Rn. 14. 180 Hoffmann-Theinert, in: BeckOK HGB, 38. Edition, 15. 10. 2022, § 236, Rn. 14. 173

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II. Genussrecht Vereinzelt waren die auf dem deutschen Crowd­investing-Markt vermittelten Finanzierungsinstrumente auch als Genussrechte ausgestaltet.181 1. Charakteristika von Genussrechten Genussrechte haben eine lange Tradition als Instrumente zur Unternehmens­ finanzierung.182 Obwohl der Begriff des Genussrechts in zahlreichen gesetzlichen Vorschriften erwähnt wird,183 sind Genussrechte nicht als eigenständiger Vertragstyp gesetzlich geregelt oder definiert.184 Überwiegend werden Genussrechte als „schuldrechtliche Gläubigerrechte“ beschrieben.185 Der Genussrechtsvertrag ist ein schuldrechtlicher Vertrag,186 der nach überwiegender Ansicht187 ein Dauer­ schuldverhältnis eigener Art zwischen den Parteien begründet.188 Mit dem Genussrechtsvertrag verpflichtet sich der Kapitalgeber, dem emittierenden Unternehmen einen bestimmten Geldbetrag für eine bestimmte Laufzeit zu überlassen.189 Im Gegenzug gewähren Genussrechte dem Kapitalgeber schuldrechtliche Ansprüche auf gesellschaftertypische Vermögensrechte, insbesondere die Teilhabe am Gewinn- und / oder Liquidationserlös.190 Grundsätzlich steht dem Genussrechtsinhaber ein Rückzahlungsanspruch zu, dieser kann allerdings herabgesetzt sein, wenn der Genussrechtsinhaber auch am Verlust teilnimmt.191

181

Siehe § 8 B. I. 2.  unten. Vgl. Habersack, in: MüKo AktG, 5. Aufl., 2021, § 221, Rn. 15 ff. 183 Siehe z. B. in § 221 Abs. 3 AktG, §§ 5 Abs. 1 Nr. 7, 23 UmwG, § 1 Abs. 2 Nr. 5 VermAnlG. Vgl. dazu ferner Habersack, in: MüKo AktG, 5. Aufl., 2021, § 221, Rn. 60 f. 184 Vgl. Stöber, NZG 2017, 1401, 1402. 185 BGH, Urteil vom 05. 10. 1992, II ZR 172/91, NJW 1993, 57. 186 D. h. sie sind nicht korporationsrechtlicher Natur, begründen keine Mitgliedschaft, vgl. Koch, AktG, 16. Aufl., 2022, § 221, Rn. 26; Kersting, in: Noack / Servatius / Haas (Hrsg.), GmbHG, 23. Aufl., 2022, § 29, Rn. 90; Habersack, in: MüKo AktG, 5. Aufl., 2021, § 221, Rn. 64. 187 A. A., die für Genussrechte mit Verlustteilnahme eine stille Gesellschaft annimmt, etwa Habersack, in: MüKo AktG, 5. Aufl., 2021, § 221, Rn. 88 ff. 188 BGH, Urteil vom 05. 10. 1992, II ZR 172/91, NJW 1993, 57, 63; Urteil vom 14. 06. 2016, II ZR 121/15, NZG 2016, 983, 984; Koch, AktG, 16. Aufl., 2022, § 221, Rn. 27; Scholz, in: Hoffmann-Becking (Hrsg.), Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, Bd. 4, 5. Aufl., 2020, § 64, Rn. 71. 189 Vgl. etwa Kraus, in: Weitnauer (Hrsg.), Handbuch Venture Capital, 7. Aufl., 2022, Teil C., Rn. 172 f. 190 Kersting, in: Noack / Servatius / Haas (Hrsg.), GmbHG, 23. Aufl., 2022, § 29, Rn. 88 f.; Ziebe, DStR 1991, 1594; Stöber, NZG 2017, 1401, 1402; Koch, AktG, 16. Aufl., 2022, § 221, Rn. 25. 191 Koch, AktG, 16. Aufl., 2022, § 221, Rn. 25; Kraus, in: Weitnauer (Hrsg.), Handbuch Venture Capital, 7. Aufl., 2022, Teil C., Rn. 177. 182

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Genussrechte können in Genussscheinen verbrieft werden, um sie am Kapitalmarkt verkehrsfähig zu machen und zum Börsenhandel zuzulassen.192 Damit können auch nicht börsennotierte Unternehmen über die Emission von Genussscheinen Zugang zum Kapitalmarkt erlangen.193 Hinsichtlich der inhaltlichen Ausgestaltung der Genussrechtsbedingungen besteht eine weitgehende vertragliche Gestaltungsfreiheit, sodass Genussrechte flexibel auf die individuellen Bedürfnisse der Parteien angepasst und für vielfältige Zwecke eingesetzt werden können.194 Je nach Ausgestaltung können Genussrechte als Fremd- oder Eigenkapital zu qualifizieren sein.195 Fremdkapitalähnliche Genussrechte sehen regelmäßig eine vom Unternehmenserfolg unabhängige Mindestverzinsung vor.196 Eigenkapitalähnliche Genussrechte enthalten hingegen eine vom Unternehmenserfolg abhängige Gewinnbeteiligung.197 2. Abgrenzung zu anderen Rechtsverhältnissen Die Abgrenzung von Genussrechten zu anderen Rechtsverhältnissen, insbesondere der stillen Gesellschaft und dem partiarischen Darlehen, lässt sich nicht immer trennscharf vornehmen.198 Im Hinblick auf die stille Gesellschaft hat sich die Abgrenzung an der grundsätzlichen Einordnung des Genussrechts als vertragliche Beziehung zwischen Emittent und Genussrechtsinhaber mit einer grundsätzlich befristeten Laufzeit zu orientieren.199 Neben dem Bestehen von Treuepflichten gegenüber dem Unternehmen stehen dem stillen Gesellschafter auch gesellschaftsrechtliche Rechte wie Einsichts-, Kontroll- und Mitspracherechte zu.200 Das Vorliegen einer Verbriefung sowie das Fehlen von Mitwirkungs- und Kontrollrechten spricht hingegen für ein Genussrechtsverhältnis.201 Angesichts der ebenfalls weitreichenden Gestaltungsfreiheit der stillen Gesellschaft ist die Abgrenzung im

192 Eilers / Teufel, in: Eilers / Rödding / Schmalenbach (Hrsg.), Unternehmensfinanzierung, 2. Aufl., 2014, A., Rn. 94; Habersack, in: MüKo AktG, 5. Aufl., 2021, § 221, Rn. 204; Kraus, in: Weitnauer (Hrsg.), Handbuch Venture Capital, 7. Aufl., 2022, Teil C., Rn. 166. 193 Seiler, in: Spindler / Stilz (Hrsg.), BeckOGK AktG, Stand 01. 02. 2021, § 221, Rn. 31. 194 Kersting, in: Noack / Servatius / Haas (Hrsg.), GmbHG, 23. Aufl., 2022, § 29, Rn. 89; Seiler, in: Spindler / Stilz (Hrsg.), BeckOGK AktG, Stand 01. 02. 2021, § 221, Rn. 31; So auch Mock, NZI 2014, 102, 102; Scholz, in: Hoffmann-Becking (Hrsg.), Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, Bd. 4, 5. Aufl., 2020, § 64, Rn. 76. 195 Seiler, in: Spindler / Stilz (Hrsg.), BeckOGK AktG, Stand 01. 02. 2021, § 221, Rn. 31; Kraus, in: Weitnauer (Hrsg.), Handbuch Venture Capital, 7. Aufl., 2022, Teil C., Rn. 167 ff. 196 Kraus, in: Weitnauer (Hrsg.), Handbuch Venture Capital, 7. Aufl., 2022, Teil C., Rn. 168. 197 Kraus, in: Weitnauer (Hrsg.), Handbuch Venture Capital, 7. Aufl., 2022, Teil C., Rn. 169. 198 Vgl. dazu etwa Seiler, in: Spindler / Stilz (Hrsg.), BeckOGK AktG, Stand 01. 02. 2021, § 221, Rn. 34 f. 199 Seiler, in: Spindler / Stilz (Hrsg.), BeckOGK AktG, Stand 01. 02. 2021, § 221, Rn. 34. 200 Seiler, in: Spindler / Stilz (Hrsg.), BeckOGK AktG, Stand 01. 02. 2021, § 221, Rn. 34. 201 Seiler, in: Spindler / Stilz (Hrsg.), BeckOGK AktG, Stand 01. 02. 2021, § 221, Rn. 34.

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Einzelfall dennoch häufig schwierig, sodass in Grenzfällen der Bezeichnung der Parteien ein maßgebliches Gewicht beigemessen wird.202 Auch die Abgrenzung von Genussrechten zu partiarischen Darlehen, die insbesondere im Hinblick auf die Kündigungsmöglichkeiten des Darlehensnehmers nach § 489 Abs. 1 und 2 BGB praktische Relevanz erhält, gestaltet sich schwierig.203 Jedenfalls bei Vereinbarung einer Verlustteilnahme kann eine Einordnung als Darlehen ausgeschlossen werden.204 3. Wesentliche Bestimmungen und Ausgestaltungsmöglichkeiten Wesentlichen Regelungen einer Genussrechtsvereinbarung betreffen regelmäßig die Gegenleistung des Kapitalgebers, die Dauer der Kapitalüberlassung und etwaige Kündigungsrechte, die Verlustteilnahme sowie einen Rangrücktritt.205 Weitere Nebenbestimmungen können insbesondere Informationsrechte des Genussrechtsinhabers betreffen.206 Die Gegenleistung des Genussrechtsinhabers wird regelmäßig vom Ertrag des Emittenten abhängig gemacht. Dem Genussrechtsinhaber kann eine variable Vergütung zugesagt werden, die sich am Gewinn des Unternehmens orientiert (gewinn­orientierte Vergütung).207 Die Bemessungsgrundlage für die Bestimmung der variablen Vergütung kann dabei vielfältig definiert werden.208 Dem Genussrechtsinhaber kann aber auch ein Festzins versprochen werden, der jedoch nur insoweit ausgezahlt wird, wie ein entsprechend bestimmter Gewinn erzielt wurde (gewinnabhängige Vergütung).209 Neben einer Beteiligung am Gewinn können Genussrechtsinhaber grundsätzlich auch am Liquidationserlös beteiligt werden.210 202

Seiler, in: Spindler / Stilz (Hrsg.), BeckOGK AktG, Stand 01. 02. 2021, § 221, Rn. 34. Seiler, in: Spindler / Stilz (Hrsg.), BeckOGK AktG, Stand 01. 02. 2021, § 221, Rn. 35. 204 Seiler, in: Spindler / Stilz (Hrsg.), BeckOGK AktG, Stand 01. 02. 2021, § 221, Rn. 35; Lienau / L otz, DStR 1991, 618, 619 f. im Hinblick auf die Abgrenzung des partiarischen Darlehens zur stillen Gesellschaft. 205 Vgl. dazu Seiler, in: Spindler / Stilz (Hrsg.), BeckOGK AktG, Stand 01. 02. 2021, § 221, Rn. 36 ff.; ferner Scholz, in: Hoffmann-Becking (Hrsg.), Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, Bd. 4, 5. Aufl., 2020, § 64, Rn. 78. 206 Kraus, in: Weitnauer (Hrsg.), Handbuch Venture Capital, 7. Aufl., 2022, Teil C., Rn. 174. 207 Seiler, in: Spindler / Stilz (Hrsg.), BeckOGK AktG, Stand 01. 02. 2021, § 221, Rn. 36; Habersack, in: MüKo AktG, 5. Aufl., 2021, § 221, Rn. 94, 99; Kraus, in: Weitnauer (Hrsg.), Handbuch Venture Capital, 7. Aufl., 2022, Teil C., Rn. 175. 208 In Betracht kommen der Jahresüberschuss, der ausschüttungsfähige Gewinn, der Bilanzgewinn, die Dividende, eine näher bestimmte Gesamtkapitalrendite oder ein bestimmtes Spartenergebnis, vgl. dazu Habersack, in: MüKo AktG, 5. Aufl., 2021, § 221, Rn. 95 f. 209 Vgl. Habersack, in: MüKo AktG, 5. Aufl., 2021, § 221, Rn. 99; Seiler, in: Spindler / Stilz (Hrsg.), BeckOGK AktG, Stand 01. 02. 2021, § 221, Rn. 37; vgl. ferner Kraus, in: Weitnauer (Hrsg.), Handbuch Venture Capital, 7. Aufl., 2022, Teil C., Rn. 175. 210 Vgl. dazu Habersack, in: MüKo AktG, 5. Aufl., 2021, § 221, Rn. 114 f.; Kraus, in: Weitnauer (Hrsg.), Handbuch Venture Capital, 7. Aufl., 2022, Teil C., Rn. 176. 203

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Ferner ist eine Verlustbeteiligung der Genussrechtsinhaber denkbar.211 In der Regel enthalten Genussrechtsbedingungen schließlich eine Nachrangabrede, die die Rückzahlungsansprüche, ggf. auch alle Ansprüche aus dem Genussrecht, im Insolvenz- oder Liquidationsfall hinter die Ansprüche der übrigen Gläubiger zurücktreten lässt.212 Im Zweifel treten die Forderungen nach § 39 Abs. 2 InsO hinter die Forderungen nach § 39 Abs. 1 InsO zurück.213 4. Rechte und Pflichten des Anlegers als Genussrechtsinhaber Als schuldrechtliche Gläubigerrechte gewähren Genussrechte keine Mitgliedschaftsrechte und damit weder Teilnahme- oder Stimmrechte in einer Gesellschafter- bzw. Hauptversammlung noch Anfechtungs- oder Bezugsrechte.214 Soweit keine gesonderten vertraglichen Regelungen getroffen wurden und die Vergütung des Genussrechtsinhabers am Gewinn des emittierenden Unternehmens anknüpft, hat der Genussrechtsinhaber grundsätzlich ein schützenswertes Interesse an der Erteilung derjenigen Informationen, die zur Überprüfung seiner Vergütung erforderlich sind.215 Gesetzliche Informationsrechte des Genussrechtsinhabers bestehen jedoch nicht.216 Ein Genussscheininhaber kann lediglich nach allgemeinen Grundsätzen Rechenschaftslegung verlangen, soweit diese zur Plausibilisierung seines Anspruchs erforderlich sind.217 Bei begründetem Manipulationsverdacht kann der Genussrechtsinhaber unter Umständen zudem die über die Mitteilung des Jahresabschlusses hinausgehende Mitteilung einzelner Bilanzpositionen verlangen.218

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Vgl. dazu Habersack, in: MüKo AktG, 5. Aufl., 2021, § 221, Rn. 101 ff. mit verschiedenen Möglichkeiten der Ausgestaltung; ferner Kraus, in: Weitnauer (Hrsg.), Handbuch Venture Capital, 7. Aufl., 2022, Teil C., Rn. 177. 212 Seiler, in: Spindler / Stilz (Hrsg.), BeckOGK AktG, Stand 01. 02. 2021, § 221, Rn. 40. 213 Vgl. Mock, NZI 2014, 102, 104. 214 BGH, NJW 1993, 57, 62; Seiler, in: Spindler / Stilz (Hrsg.), BeckOGK AktG, Stand 01. 02. 2021, § 221, Rn. 28. 215 Zu Informationsrechten des Genussrechtsinhabers Stöber, NZG 2017, 1401 ff. 216 Vgl. dazu BGH, NZG 2016, 983, 984. Der BGH hat in dieser Entscheidung das Bestehen von Kontrollrechten von Genussrechtsinhabern (insbesondere nach § 233  HGB) abgelehnt. Vgl. auch Stöber, NZG 2017, 1401, 1402. 217 BGH, NZG 2016, 983, 984. Der Informationsanspruch ergibt sich aus dem aus den §§ 666, 681, 687 Abs. 2 BGB i. V. m. § 242 BGB abgeleiteten allgemeinen Rechtsgrundsatz, wonach „rechenschaftspflichtig ist, wer fremde oder solche Angelegenheiten besorgt, die zugleich fremde und eigene sind. Diese Rechenschaftslegungspflicht besteht bei jedem Rechtsverhältnis, dessen Wesen es mit sich bringt, dass der Berechtigte in entschuldbarer Weise über Bestehen und Umfang seines Rechts im Ungewissen, der Verpflichtete hingegen in der Lage ist, unschwer solche Auskünfte zu erteilen.“ 218 BGH, NZG 2016, 983, 984, 985, dazu auch Stöber, NZG 2017, 1401, 1406.

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5. Übertragbarkeit und Stellung des Genussrechtsinhabers in der Insolvenz Genussrechte sind, soweit keine anderweitige Vereinbarung getroffen wurde, grundsätzlich frei übertragbar.219 Die im Falle einer Kündigung entstehenden Rückzahlungsforderungen aus Genussrechten stellen im Grundsatz Insolvenzforderungen nach § 38 InsO dar.220 Soweit für die Genussrechte jedoch – wie in der Praxis üblich – ein Nachrang vereinbart wird, sind diese als nachrangige Forderungen i. S. v. § 39 Abs. 2 InsO zu qualifizieren, die hinter die Forderungen nach § 39 Abs. 1 InsO zurücktreten.221

III. Partiarisches Nachrangdarlehen Die weit überwiegende Anzahl der im Untersuchungszeitraum mittels Crowd­ investing angebotenen Finanzierungsinstrumente waren als partiarische Nachrangdarlehen ausgestaltet.222 1. Charakteristika des partiarischen Nachrangdarlehens Als partiarische Nachrangdarlehen werden Darlehensverträge bezeichnet, die sowohl eine Nachrangvereinbarung als auch ein partiarisches Element in Form einer gewinnabhängigen Vergütung enthalten. a) Darlehen Grundlage des partiarischen Nachrangdarlehens ist ein Darlehensvertrag nach den §§ 488 ff. BGB. Durch den Darlehensvertrag als gegenseitigem Vertrag wird der Darlehensgeber verpflichtet, dem Darlehensnehmer einen Geldbetrag (das Darlehen) zur Verfügung zu stellen (§ 488 Abs. 1 Satz 1 BGB). Der Darlehensnehmer ist zur Zahlung eines vereinbarten Zinses und bei Fälligkeit zur Rückzahlung des Darlehens verpflichtet (§ 488 Abs. 1 Satz 2 BGB). Das verzinsliche Darlehen ist ein synallagmatischer Austauschvertrag, bei dem die Pflicht des Darlehensgebers zur Hingabe und Belassung der Darlehensvaluta im Gegenseitigkeitsverhältnis mit der Pflicht des Darlehensnehmers zur Zinszahlung steht.223 Der Darlehensvertrag 219

Kersting, in: Noack / Servatius / Haas (Hrsg.), GmbHG, 23. Aufl., 2022, § 29, Rn. 92; Ha­ bersack, in: MüKo AktG, 5. Aufl., 2021, § 221, Rn. 210. 220 Vgl. Mock, NZI 2014, 102, 104. 221 Habersack, in: MüKo AktG, 5. Aufl., 2021, § 221, Rn. 102, 111 ff.; Mock, NZI 2014, 102, 104; Bork, ZIP 2014, 997. 222 Siehe § 8 B. I. 2.  unten. 223 Vgl. etwa Berger, in: MüKo BGB, 9. Aufl., 2023, § 488, Rn. 55, 156 m. w. N.

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ist grundsätzlich formfrei.224 Eine Ausnahme gilt insbesondere für Verbraucherdarlehensverträge, die nach § 492 Abs. 1 BGB mindestens der Schriftform bedürfen.225 Die Höhe des Zinses,226 Modalitäten und Fälligkeit der Zinszahlung sowie die Laufzeit der Kapitalüberlassung sind grundsätzlich der privatautonomen Entscheidung der Parteien überlassen.227 Ein Gelddarlehen mit einem festen Zinssatz und einem festen Anspruch auf Rückzahlung des überlassenen Geldbetrages ist ein klassisches Instrument der Fremdkapitalfinanzierung.228 b) Partiarisches Darlehen Partiarische Rechtsverhältnisse sind Austauschverträge, bei denen die Vergütung nicht betragsmäßig fixiert, sondern vom jeweiligen Erfolg der anderen Vertragspartei abhängig gemacht wird.229 Anstelle eines fest vereinbarten Entgelts partizipiert eine Partei mittelbar an dem von der anderen Partei erwirtschafteten Umsatz oder Gewinn.230 Partiarische Darlehen sind demgemäß Darlehen, bei denen dem Darlehensgeber als Gegenleistung für die Darlehensgewährung statt einer festen Verzinsung der Darlehenssumme eine gewinnabhängige variable Vergütungskomponente versprochen wird.231 An die Stelle des Zinsanspruchs tritt 224 Steffek, in: Langenbucher / Bliesener / Spindler (Hrsg.), Bankrechts-Kommentar, 3. Aufl., 2020, § 488 BGB, Rn. 18. Zum Teil wird allerdings eine Schriftformvermutung für wichtige Darlehensverträge, d. h. solche mit großem Volumen oder langer Laufzeit angenommen, so etwa Berger, in: MüKo BGB, 9. Aufl., 2023, § 488, Rn. 6 m. w. N. Dagegen Steffek, in: Langen­ bucher / Bliesener / Spindler (Hrsg.), Bankrechts-Kommentar, 3. Aufl., 2020, § 488 BGB, Rn. 18. 225 Verbraucherdarlehensverträge sind nach § 491 Abs. 1 Satz 2 BGB Allgemein-Verbraucher­ darlehensverträge und Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträge. Allgemein-Verbraucherdarlehensverträge werden in § 491 Abs. 2 BGB als entgeltliche Darlehensverträge zwischen einem Unternehmer als Darlehensgeber und einem Verbraucher als Darlehensnehmer definiert, die nicht den Ausschlusstatbeständen des § 491 Abs. 2 Satz 2 BGB unterfallen. Grundsätzlich sind die potentiellen Anleger im Rahmen des Crowdinvesting regelmäßig Verbraucher i. S. d. § 13 BGB und die Kapitalnehmer Unternehmer i. S. d. § 14 Abs. 1 BGB. Allerdings liegt hier die umgekehrte Konstellation vor: Darlehensgeber sind hier die Verbraucher und Darlehensnehmer der Unternehmer. Ein (Allgemein-)Verbraucherdarlehensvertrag liegt daher nicht vor. 226 Im Hinblick auf die Zinshöhe sind allerdings v. a. die Grenzen des § 138 BGB zu beachten, vgl. hierzu ausführlich Berger, in: MüKo BGB, 9. Aufl., 2023, § 488, Rn. 100 ff. 227 Steffek, in: Langenbucher / Bliesener / Spindler (Hrsg.), Bankrechts-Kommentar, 3. Aufl., 2020, § 488 BGB, Rn. 21. 228 Vgl. Baums, Recht der Unternehmensfinanzierung, 2017, § 28, Rn. 7 ff. 229 Schäfer, in: MüKo BGB, 8. Aufl., 2020, Vor § 705, Rn. 111. Allgemein zu partiarischen Rechtsverhältnissen und ihrer Abgrenzung zur stillen Gesellschaft: K.  Schmidt, in: MüKo HGB, 4. Aufl., 2019, § 230, Rn. 54 ff.; Blaurock, in: Blaurock (Hrsg.), Handbuch Stille Gesellschaft, 9. Aufl., 2020, Rn. 5.16 ff. Umfassend zum partiarischen Darlehen auch Brauer, Das partiarische Darlehen als Instrument der Unternehmensfinanzierung, 2020. 230 Schäfer, in: MüKo BGB, 8. Aufl. 2020, Vor § 705, Rn. 112; vgl. auch Kraus, in: Weitnauer (Hrsg.), Handbuch Venture Capital, 7. Aufl., 2022, Teil C., Rn. 160 ff. 231 Kraus, in: Weitnauer (Hrsg.), Handbuch Venture Capital, 7. Aufl., 2022, Teil C., Rn. 160 ff.; vgl. ferner EIlers / Teufel, in: Eilers / Rödding / Schmalenbach (Hrsg.), Unternehmensfinanzierung, 2. Aufl., 2014, A., Rn. 101.

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damit die Beteiligung am Gewinn des Darlehensnehmers als Gegenleistung für die Kapitalüberlassung. c) Nachrangdarlehen Als Nachrangdarlehen (subordinated debt oder junior debt) werden Darlehen bezeichnet, bei denen die Forderungen des Darlehensgebers aufgrund einer Rangrücktrittsvereinbarung hinter die Forderungen erstrangiger Gläubiger (senior debt) zurücktreten.232 Nachrangdarlehen sind fremdkapitalnahe mezzanine Finanzierungsinstrumente, bei denen die rechtliche Stellung des Kapitalgebers der Stellung eines externen Gläubigers angenähert ist.233 Gleichwohl sind sie regelmäßig so ausgestaltet, dass sie von Banken als wirtschaftliches Eigenkapital akzeptiert werden.234 Regelmäßig können Kapitalnehmer so ihre Eigenkapitalbasis stärken und u. a. die Kosten für weiteres Fremdkapital senken.235 Ein wesentliches Element, um ein Darlehen als wirtschaftliches Eigenkapital qualifizieren zu können, stellt der Rangrücktritt dar.236 Grundsätzlich werden 232

Kraus, in: Weitnauer (Hrsg.), Handbuch Venture Capital, 7. Aufl., 2022, Teil C., Rn. 160 ff. Zu steuerlichen und bilanziellen Aspekten von Nachrangdarlehen vgl. Bock, DStR 2005, 1067. 233 Kraus, in: Weitnauer (Hrsg.), Handbuch Venture Capital, 7. Aufl., 2022, Teil C., Rn. 157; Wedemann, in: Oetker (Hrsg.), HGB, 7. Aufl., 2021, § 230, Rn. 11; Golland / Gelhaar / Grossmann / Eickhoff-Kley / Jänisch, BB 2005, BB-Special 4/2005, 1, 18 ff. 234 Poelzig, WM 2014, 917, 917. Gleichwohl bleibt das Nachrangdarlehen sowohl in der Handels- auch in der Steuerbilanz passivierungspflichtig, vgl. Richter, in: Langenbucher / Bliesener / Spindler, Bankrechtskommentar, 3. Aufl., 2020, 31. Kapitel, Rn. 131. 235 Poelzig, WM 2014, 917, 917. 236 Poelzig, WM 2014, 917, 917. Zu den Anforderungen für eine wirksame Vereinbarung eines Rangrücktritts siehe etwa Poelzig, WM 2014, 917, 919 f., Gehrlein, WM 2017, 1385, 1385 f. sowie Prosteder / Dachner, in: Fridgen / Geiwitz / Göpfert (Hrsg.) BeckOK InsO, 29. Edition, Stand 15. 10. 202, § 39 InsO, Rn. 113 ff. m. w. N. Speziell zur Wirksamkeit qualifizierter Nachrangklauseln in vorformulierten Crowdinvesting-Finanzierungsverträgen siehe Oppenheim / Bögeholz, BKR 2018, 504, die eine Übertragung der Erwägungen des OLG München, Urteil vom 25. 04. 2018, 13 U 2823/17, BKR 2018, 518, wonach die in AGB enthaltene Vereinbarung eines qualifizierten Rangrücktritts für einen Darlehensrückzahlungsanspruch als unangemessene Benachteiligung unwirksam sein kann, auf Crowdinvesting-Verträge ablehnen. Der BGH hat zuletzt in seinem Urteil vom 12. 12. 2019 (IX ZR 77/19), WM 2020, 311, seine sehr hohen Anforderungen an eine im Sinne von § 307 Abs. 1 BGB transparente Formulierung einer qualifizierten Nachrangabrede insbesondere gegenüber „Anleger[n] ohne Erfahrung in Fragen der Unternehmensfinanzierung oder des Insolvenzrechts“ konkretisiert. Demnach muss aus der Formulierung die „Wesensänderung der Geldhingabe vom bankgeschäftsähnlichen Darlehen mit unbedingter Rückzahlungsverpflichtung hin zur unternehmerischen Beteiligung mit einer eigenkapitalähnlichen Haftungsfunktion“ deutlich zutage treten. Außerdem müssen aus der Nachrangabrede „die Rangtiefe, die vorinsolvenzliche Durchsetzungssperre, deren Dauer und die Erstreckung auf die Zinsen klar und unmissverständlich hervorgehen.“ Dies erfordert auch, „dass die Voraussetzungen der vorinsolvenzlichen Durchsetzungssperre hinreichend deutlich erklärt werden“, insbesondere muss die Klausel klarstellen „inwieweit die Ansprüche aus dem Darlehen bereits dann nicht mehr durchsetzbar sind, wenn die Gesellschaft zum Zeitpunkt

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Forderungen des Darlehensgebers in der Insolvenz des Darlehensnehmers als allgemeine Insolvenzforderungen nach § 38 InsO gleichrangig mit den Forderungen anderer Insolvenzgläubiger aus der Masse befriedigt.237 Aufgrund der Nachrangvereinbarung wird der Rückzahlungsanspruch des Darlehensgebers im Rang hinter den Forderungen der übrigen allgemeinen Insolvenzgläubiger, allerdings noch vor den Gesellschaftern berücksichtigt.238 Angesichts des resultierenden besonderen Ausfallrisikos, das sich in einem Totalverlust realisieren kann, übernimmt der Darlehensgeber im Ergebnis ein unternehmerisches Risiko, welches typischerweise durch höhere Zinsen vergütet wird.239 2. Abgrenzung zur stillen Gesellschaft Die Abgrenzung zwischen partiarischen (Nachrang-)Darlehen und stiller Gesellschaft ist seit jeher umstritten und kaum trennscharf zu bewerkstelligen.240 Gleichwohl kann der Abgrenzung hinsichtlich der unterschiedlichen Folgewirkungen entscheidende Bedeutung zukommen.241 So richtet sich die Kündigungsdes Leistungsverlangens bereits zahlungsunfähig oder überschuldet ist oder dies zu werden droht.“ Hierzu ist eine genaue Darstellung erforderlich, unter welchen konkreten Voraussetzungen keine Rückzahlung verlangt werden kann. Ein allgemeiner Verweis auf das Vorliegen oder die Herbeiführung von Insolvenzgründen ist nicht ausreichend. Die Formulierungen der qualifizierten Nachrangklauseln in den Crowdinvesting-Verträgen wurden im Beobachtungszeitraum ständig verfeinert und um entsprechende Hinweise ergänzt. Gleichwohl bestehen in einer Vielzahl von Fällen gewichtige Bedenken, ob die Klauseln einer gerichtlichen AGBKontrolle standhalten würden. Eine tiefergehende Auseinandersetzung ist im Rahmen dieser Arbeit angesichts der Vielzahl unterschiedlicher Formulierungen nicht möglich. Ausschlaggebend für eine wirksame Vereinbarung sind im Ergebnis ohnehin die Umstände des Einzelfalls. Das OLG Hamburg hielt in seinem Urteil vom 11. 03. 2020, Az. 13 U 141/19, die in (frühen) Verträgen von Seedmatch zur Finanzierung von Protonet enthaltene qualifizierte Nachrangklausel als überraschende Klausel i. S. v. § 305c BGB sowie als intransparente Klausel i. S. v. § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB für unwirksam (vgl. § 6, Fn. 56 unten). In späteren Verträgen wurde u. a. die qualifizierte Rangrücktrittsklausel neu gefasst, sodass sich das Urteil insofern nicht unmittelbar auf spätere Finanzierungen übertragen lässt. 237 Vgl. Poelzig, WM 2014, 917, 918. 238 Kraus, in: Weitnauer (Hrsg.), Handbuch Venture Capital, 7. Aufl., 2022, Teil C., Rn. 15; Poelzig, WM 2014, 917, 918. 239 Poelzig, WM 2014, 917, 918. 240 Vgl. dazu K.  Schmidt, in: MüKo HGB, 4. Aufl., 2019, § 230, Rn. 54 ff.; Lienau / L otz DStR 1991, 618, 618 ff.; ferner Brauer, Das partiarische Darlehen als Instrument der Unternehmensfinanzierung, 2020, S. 35 ff. Das Problem der Abgrenzung zwischen Kredit und Gesellschaftsverhältnis geht zurück bis ins Mittelalter. Während eine Kapitalüberlassung gegen Entgelt nach dem kanonischen Recht untersagt war, war die Kapitalüberlassung im Rahmen einer gesellschaftsrechtlichen Beteiligung gegen Gewinnbeteiligung erlaubt. Dazu auch Schön, ZGR 1993, 210, 212. 241 Blaurock, in: Blaurock (Hrsg.), Handbuch Stille Gesellschaft, 9. Aufl., 2020, Rn. 5.21 ff.; Schäfer, in: MüKo BGB, 8. Aufl., 2020, Vor § 705, Rn. 113; K.  Schmidt, in: MüKo HGB, 4. Aufl., 2019, § 230, Rn. 59 hält die zivilrechtliche Tragweite der Unterscheidung für überbewertet. Gegen eine prinzipielle Unterscheidbarkeit von partiarischem Darlehen und stiller

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frist und der Kündigungstermin – soweit das Rechtsverhältnis unbefristet ist – bei einer stillen Gesellschaft nach §§ 234 Abs. 1, 132 HGB (mindestens sechs Monate, zum Schluss eines Geschäftsjahrs), bei einem partiarischen Darlehen nach § 488 Abs. 3 BGB (3 Monate).242 Zudem steht dem Darlehensnehmer bei einem Gelddarlehen mit veränderlichem Sollzinssatz243 etwa ein vertraglich nicht abdingbares244 jederzeitiges Kündigungsrecht mit einer Kündigungsfrist von drei Monaten zu (§ 489 Abs. 2 BGB).245 Eine Mindestlaufzeit für den Darlehensnehmer kann in diesen Fällen also nicht wirksam vereinbart werden.246 Wird einem stillen Gesellschafter die Einlage ganz oder teilweise innerhalb eines Jahres vor Stellung des Insolvenzantrages zurückgezahlt, gibt § 136 Abs. 1 InsO dem Insolvenzverwalter eine erleichterte Anfechtungsmöglichkeit.247 Während der Tod des Unternehmensträgers bei der stillen Gesellschaft im gesetzlichen Regelfall nach § 727 Abs. 1 BGB, § 234 Abs. 2 HGB zu einer Auflösung der stillen Gesellschaft führt, lässt der Tod des Darlehensnehmers den Bestand des Darlehensvertrages unberührt.248 Ähnlich führt auch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen eines Gesellschafters zur Beendigung der stillen Gesellschaft.249 Bei einer fehlerhaften Begründung der stillen Gesellschaft kommen nach herrschender Ansicht die Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft250 zur Anwendung, während die entsprechenden Mängel bei Abschluss des partiarischen Darlehensvertrages grundsätzlich zur Nichtigkeit des Vertrags mit ex tunc-Wirkung und zur Rückabwicklung bereits erbrachter Leistungen nach Bereicherungsrecht führen.251 Gesellschaft Schön, ZGR 1993, 210, 211 ff. Vielmehr soll jeder mit einer Gewinnbeteiligung verbundene Unternehmenskredit als stille Gesellschaft und nicht als partiarisches Darlehen zu qualifizieren sein. 242 Vgl. Schäfer, in: MüKo BGB, 8. Aufl., 2020, Vor § 705, Rn. 113. 243 Hierunter fallen insbesondere auch Nachrangdarlehen, die neben einem festen Zinssatz eine von der Unternehmensentwicklung abhängige Sonderverzinsung vorsehen, vgl. Berger, in: MüKo BGB, 9. Aufl., 2023, § 489, Rn. 15; dazu auch Berger, ZBB 2008, 92, 97. 244 Siehe § 489 Abs. 4 BGB. 245 Vgl. dazu Berger, in: MüKo BGB, 9. Aufl., 2023, § 489, Rn. 14 f. 246 Vgl. Berger, in: MüKo BGB, 9. Aufl., 2023, § 489, Rn. 14. 247 Vgl. Schäfer, in: MüKo BGB, 8. Aufl., 2020, Vor § 705, Rn. 113; Gehrlein, in: MüKo InsO, 4. Aufl., 2019, § 136, Rn. 1. Der Grund liegt in der besonderen Nähe des stillen Gesellschafters zum Unternehmen im Vergleich zu anderen Gläubigern, vgl. etwa K. Schmidt, in: MüKo HGB, 4. Aufl., 2019, Anh. § 236, § 136 InsO, Rn. 3. Die Unterschiede werden allerdings minimiert, sofern man entgegen der h. M. § 136 Abs. 1 InsO analog auf Unternehmenskredite anwendet, dafür K. Schmidt, in: MüKo HGB, 4. Aufl., 2019, § 136 InsO, Rn. 33. A. A. jedoch die h. M., vgl. Gehrlein, in: MüKo InsO, 4. Aufl., 2019, § 136, Rn. 8 m. w. N. 248 Vgl. Schäfer, in: MüKo BGB, 8. Aufl., 2020, Vor § 705, Rn. 113. 249 K.  Schmidt, in: MüKo HGB, 4. Aufl., 2019, § 230, Rn. 59, § 234, Rn. 11; Kauffeld, in: Blaurock (Hrsg.), Handbuch Stille Gesellschaft, 9. Aufl., 2020, Rn. 16.130; Polzer, in: Gummert / Weipert (Hrsg.), Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, Bd. 2, 5. Aufl., 2019, § 91, Rn. 33, 36; Roth, in: Hopt (Hrsg.), HGB, 41. Aufl., 2022, § 234, Rn. 5. Zur Ausnahme bei der mehrgliedrigen stillen Gesellschaft vgl. K. Schmidt, MüKo HGB, 4. Aufl., 2019, § 234, Rn. 12. 250 Siehe dazu etwa Schäfer, in: MüKo BGB, 8. Aufl., 2020, § 705, Rn. 333 ff. 251 Schäfer, in: MüKo BGB, 8. Aufl., 2020, Vor § 705, Rn. 113.

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Eine Abgrenzung von partiarischem (Nachrang-)Darlehen und stiller Gesellschaft ist nur im Einzelfall im Rahmen einer Gesamtwürdigung des Vertrages und der ihm zugrunde liegenden persönlichen und geschäftlichen Beziehung der Parteien möglich.252 Als zentrales Abgrenzungskriterium wird überwiegend darauf abgestellt, ob die Parteien einen gemeinsamen Zweck verfolgen (dann stille Gesellschaft), oder ob ihre Beziehung im Sinne eines reinen Austauschvertrages ausschließlich durch die Verfolgung eigener Interessen bestimmt werden (dann partiarisches Darlehen).253 Die Frage, ob eher ein gemeinsamer Zweck oder eher ein Austauschverhältnis vorliegt, ist letztlich anhand einer Gesamtbetrachtung von Zweck und Inhalt der Vereinbarung sowie den Zielen der Vertragsparteien zu beantworten.254 Für eine Abgrenzung können grundsätzlich die folgenden Kriterien als Indizien herangezogen werden: Die Vereinbarung einer festen Laufzeit sowie die Einräumung von Sicherheiten sprechen regelmäßig für eine Einordnung als partiarisches Darlehen.255 Die Vereinbarung einer Mindestvergütung ist allein noch kein Indiz für ein partiarisches Nachrangdarlehen, da solche Vereinbarungen auch bei stillen Gesellschaften üblich sind.256 Der Risikoverteilung und dem Bestehen von Kontroll- und Einflussrechten kommt hingegen eine gewisse Bedeutung zu: Je mehr Kontroll- und Mitwirkungsbefugnisse dem Kapitalgeber eingeräumt werden, desto eher kann von einem gemeinsamen Zweck und damit einer stillen Gesellschaft ausgegangen werden.257 Sofern eine Verlustteilnahme vereinbart wurde, liegt regelmäßig eine stille Gesellschaft vor.258 Die Verlustteilnahme geht deutlich über das übliche Gläubigerrisiko hinaus und widerspricht insoweit dem Wesen des Darlehensvertrages.259 Soll die Rechtsstellung des Kapitalgebers nicht übertragbar sein, spricht dies für eine stille Gesellschaft.260

252 Schäfer, in: MüKo BGB, 8. Aufl., 2020, Vor § 705, Rn. 115; siehe auch BGH, Urteil vom 10. 10. 1994, II ZR 32/94, NJW 1995, 192. 253 BGH, Urteil vom 10. 10. 1994, II ZR 32/94, NJW 1995, 192; Kraus, in: Weitnauer (Hrsg.), Handbuch Venture Capital, 7. Aufl., 2022, Teil C., Rn. 159. 254 Kraus, in: Weitnauer (Hrsg.), Handbuch Venture Capital, 7. Aufl., 2022, Teil C., Rn. 159. 255 Wedemann, in: Oetker (Hrsg.), HGB, 7. Aufl., 2021, § 230, Rn. 36; Roth, in: Hopt (Hrsg.), HGB, 41. Aufl., 2022, § 230, Rn. 4. 256 BGH, Urteil vom 19. 02. 2009, IV R 83/06, NJW-RR 2009, 1119, 1120; Wedemann, in: Oetker (Hrsg.), HGB, 7. Aufl., 2021, § 230, Rn. 36. 257 Wedemann, in: Oetker (Hrsg.), HGB, 7. Aufl., 2021, § 230, Rn. 37. 258 Wedemann, in: Oetker (Hrsg.), HGB, 7. Aufl., 2021, § 230, Rn. 37; Eilers / Teufel, in: Eilers / Rödding / Schmalenbach (Hrsg.), Unternehmensfinanzierung, 2. Aufl., 2014, A., Rn. 101; Schäfer, in: MüKo BGB, 8. Aufl., 2020, Vor § 705, Rn. 110; Blaurock, in: Blaurock (Hrsg.), Handbuch Stille Gesellschaft, 9. Aufl., 2020, Rn. 533; Lienau / L otz, DStR 1991, 618, 619 f. 259 Schäfer, in: MüKo BGB, 8. Aufl., 2020, Vor § 705, Rn. 110; K. Schmidt, in: MüKo HGB, 4. Aufl., 2019, § 230, Rn. 60; Blaurock, in: Blaurock (Hrsg.), Handbuch Stille Gesellschaft, 9. Aufl., 2020, Rn. 533. 260 Wedemann, in: Oetker (Hrsg.), HGB, 7. Aufl., 2021, § 230, Rn. 37; K. Schmidt, in: MüKo HGB, 4. Aufl., 2019, § 230, Rn. 66.

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§ 5 Rechtlicher Rahmen des Crowd­investing

IV. Unterbeteiligung Vereinzelt wurden Crowdfinanzierungen auch in Form von Unterbeteiligungen angeboten.261 Die Unterbeteiligung ist eine allgemein anerkannte, gesetzlich jedoch nicht geregelte Rechtsfigur, die darauf abzielt, dem Unterbeteiligten eine „virtuelle“ Beteiligung an einer Beteiligung eines anderen einzuräumen.262 Durch den schuldrechtlichen Unterbeteiligungsvertrag wird einer oder mehreren Personen eine Mitberechtigung an den Anteilen des Hauptbeteiligten an einer Personen- oder Kapitalgesellschaft eingeräumt.263 Die Mitberechtigung bezieht sich dabei auf die mit dem Anteil verbundenen Vermögensrechte, insbesondere auf den Gewinnanspruch.264 Nach überwiegender Ansicht ist die Unterbeteiligung als BGB-Innengesellschaft zu qualifizieren.265 Gemeinsamer Zweck i. S. d. § 705 BGB ist das gemeinsame Halten, Nutzen und Verwalten des Anteils an der Hauptgesellschaft.266 Auf die Unterbeteiligung sind nach überwiegender Ansicht grundsätzlich die §§ 230–236 HGB analog anzuwenden und die §§ 705 ff. BGB im Einzelfall teleologisch zu reduzieren.267 Der Abschluss des Unterbeteiligungsvertrages zwischen Haupt- und Unterbeteiligtem erfolgt grundsätzlich formlos.268 Eine Mitwirkung anderer Mitglieder der Hauptgesellschaft ist nicht erforderlich.269 Die Rechte des Unterbeteiligten richten sich ausschließlich gegen den Hauptbeteiligten, nicht gegen die Hauptgesellschaft und ergeben sich primär aus dem Unterbeteiligungsvertrag.270 Vorbehaltlich anderweitiger vertraglicher Regelungen bestim­ men sich die Rechnungslegungs-, Informations- und Kontrollrechte des Unterbeteiligten nach § 233 HGB analog und sind lediglich auf die auf den Anteil an der Hauptgesellschaft entfallenden Erträge und deren Zusammensetzung bezogen.271 261

Siehe § 8 B. II. unten. Weller / Reichert, in: MüKo GmbHG, 4. Aufl., 2022, § 15, Rn. 244; Pupeter, GmbHR 2006, 910, 911. 263 Schäfer, in: MüKo BGB, 8. Aufl., 2020, Vor § 705, Rn. 97; vgl. auch Pupeter, GmbHR 2006, 910, 911. 264 Weller / Reichert, in: MüKo GmbHG, 4. Aufl., 2022, § 15, Rn. 244; Schäfer, in: MüKo BGB, 8. Aufl., 2020, Vor § 705, Rn. 97. 265 Weller / Reichert, in: MüKo GmbHG, 4. Aufl., 2022, § 15, Rn. 245; Schäfer, in: MüKo BGB, 8. Aufl., 2020, Vor § 705, Rn. 97; Pupeter, GmbHR 2006, 910, 911. So auch für den dort entschiedenen Fall BGH, Urteil vom 13. 06. 1994, II ZR 259/92, NJW 1994, 2886, 2887 f. 266 Weller / Reichert, in: MüKo GmbHG, 4. Aufl., 2022, § 15, Rn. 245. 267 Vgl. dazu Weller / Reichert, in: MüKo GmbHG, 4. Aufl., 2022, § 15, Rn. 246; Schäfer, in: MüKo BGB, 8. Aufl., 2020, Vor § 705, Rn. 97; Pupeter, GmbHR 2006, 910, 911. 268 Schäfer, in: MüKo BGB, 8. Aufl., 2020, Vor § 705, Rn. 101. 269 Schäfer, in: MüKo BGB, 8. Aufl., 2020, Vor § 705, Rn. 102. Zur sog. „offenen (qualifizier­ ten) Unterbeteiligung“ vgl. Schäfer, in: MüKo BGB, 8. Aufl., 2020, Vor § 705, Rn. 106. 270 Vgl. Schäfer, in: MüKo BGB, 8. Aufl., 2020, Vor § 705, Rn. 103. 271 So die h. M., vgl. Schäfer, in: MüKo BGB, 8. Aufl., 2020, Vor § 705, Rn. 104; Weller / Reichert, in: MüKo GmbHG, 4. Aufl., 2022, § 15, Rn. 264; Roth, in: Hopt (Hrsg.), 41. Aufl., 2022, § 233, Rn. 13; K. Schmidt, in: MüKo HGB, § 233, 4. Aufl., 2019 Rn. 33. 262

C. Rechtsverhältnis zwischen Crowd­investoren und Unternehmen

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Die Dauer der Unterbeteiligung kann grundsätzlich nicht an die Existenz der auf unbestimmte Zeit geschlossenen Hauptgesellschaft oder die Mitgliedschaft des Hauptbeteiligten geknüpft werden.272 Eine solche Vereinbarung käme einem generellen Kündigungsausschluss gleich und wäre mit dem zwingenden Kündigungsrecht nach § 723 BGB unvereinbar.273 Die Kündigungsfristen ergeben sich nach herrschender Ansicht aus den § 234 Abs. 1 HGB i. V. m. §§ 132, 135 HGB (sechs Monate zum Schluss eines Geschäftsjahres).274 Die Unterbeteiligung als solche ist grundsätzlich nur mit der Zustimmung des Hauptbeteiligten übertragbar, die allerdings im Unterbeteiligungsvertrag vorweggenommen werden kann.275

V. Zwischenergebnis Der vorstehende Abriss über den gesetzlichen Rahmen der bisher zur Umsetzung des Crowd­investing in Anspruch genommenen Vertragstypen zeigt einerseits, dass sämtliche Vertragstypen von einer weitgehenden Vertragsfreiheit geprägt sind. Soweit überhaupt eine gesetzliche Standardkonfiguration besteht, sind die gesetzlichen Regelungen weitestgehend disponibel. Während dem stillen Gesellschafter nach der gesetzlichen Ausgestaltung noch ein Mindestmaß an Informationsrechten zusteht und der Inhaber des Handelsgeschäfts gewissen Grundpflichten hinsichtlich der Mittelverwendung unterliegt, sind die Rechtspositionen der Kapitalgeber im Rahmen von Genussrechten und partiarischen Nachrangdarlehen noch schwächer ausgeprägt. Gleichzeitig zeigt sich, dass eine Abgrenzung der verschiedenen Vertragstypen kaum abstrakt, sondern typischerweise nur im Einzelfall unter Gesamtwürdigung der jeweiligen Vereinbarungen und Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalls möglich ist. Angesichts der weitgehenden Vertragsfreiheit kann sowohl unter Verwendung einer stillen Beteiligung, von Genussrechten als auch von partiarischen Nachrangdarlehen ein für die Parteien im Ergebnis weitgehend deckungsgleiches Rechte- und Pflichtenprogramm vereinbart werden. Zur Bestimmung der Rechte und Pflichten der an der Finanzierungsbeziehung Beteiligten kommt es daher entscheidend auf die vertragliche Ausgestaltung im Einzelfall, mithin den konkreten zwischen Crowd­investor und kapitalsuchendem Unternehmen abgeschlossenen Crowd­investing-Vertrag an.276

272

BGH, NJW 1994, 2886, 2888; Schäfer, in: MüKo BGB, 8. Aufl., 2020, Vor § 705, Rn. 107. BGH, NJW 1994, 2886, 2888; Schäfer, in: MüKo BGB, 8. Aufl., 2020, Vor § 705, Rn. 107. 274 Schäfer, in: MüKo BGB, 8. Aufl., 2020, Vor § 705, Rn. 107 m. w. N. 275 Weller / Reichert, in: MüKo GmbHG, 4. Aufl., 2022, § 15, Rn. 267. 276 Zu Inhalt und Entwicklung der Crowdinvesting-Verträge siehe ausführlich § 8 unten. 273

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§ 5 Rechtlicher Rahmen des Crowd­investing

D. Regulatorischer Rahmen des Crowd­investing  Im Folgenden soll der regulatorische Rahmen, in dem sich Crowd­investing in Deutschland entwickelte, analysiert werden. Dabei sind zum einen die aufsichtsrechtlichen Anforderungen an kapitalsuchende Unternehmen, deren Finanzierung über Crowd­investing-Plattformen angeboten wird, in den Blick zu nehmen. Zum anderen sind die aufsichtsrechtlichen Anforderungen an die Crowd­investingPlattformen zu beleuchten.

I. Aufsichtsrechtliche Anforderungen an kapitalsuchende Unternehmen als Emittenten Mit Blick auf die kapitalsuchenden Unternehmen ist zunächst zu prüfen, ob bzw. unter welchen Voraussetzungen die Emission der Finanzierungsinstrumente über Crowd­investing-Plattformen als Einlagengeschäft zu qualifizieren und nach § 32 Abs. 1 KWG erlaubnispflichtig ist. Weiterhin sind die Rahmenbedingungen für die Emission von Wertpapieren zu skizzieren und insbesondere die Möglichkeiten eines prospektfreien Angebots von Wertpapieren über Crowd­investing-Plattformen zu untersuchen. Da Crowd­investing im Untersuchungszeitraum fast ausschließlich mittels Vermögensanlagen i. S. d. VermAnlG erfolgte, liegt der Schwerpunkt der folgenden Darstellung auf den Pflichten der Emittenten nach dem VermAnlG. 1. Nach § 32 Abs. 1 KWG erlaubnispflichtiges Einlagengeschäft Die Emission von Finanzierungsinstrumenten der kapitalsuchenden Unternehmen über Crowd­investing-Plattformen könnte als Einlagengeschäft i. S. d. § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 KWG zu qualifizieren sein und damit ein nach § 32 Abs. 1 KWG erlaubnispflichtiges Bankgeschäft darstellen. Einlagengeschäft ist nach § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 KWG „die Annahme fremder Gelder als Einlagen oder anderer unbedingt rückzahlbarer Gelder des Publikums, sofern der Rückzahlungsanspruch nicht in Inhaber- oder Orderschuldverschreibungen verbrieft wird, ohne Rücksicht darauf, ob Zinsen vergütet werden“.277 Beide Varianten des Einlagengeschäftstatbestands setzen die Annahme unbedingt rückzahlbarer Gelder des Publikums voraus.278 Angesichts der Konzeption der zweiten Alternative als weiter gefasster Auffangtatbestand ist die Bedeutung der ersten 277

Vgl. zum Einlagengeschäft Schäfer, in: Boos / Fischer / Schulte-Mattler (Hrsg.), KWG, CRR-VO, 5. Aufl., 2016, § 1 KWG, Rn. 35 ff. 278 BaFin, Merkblatt v. 11. 03. 2014, geändert am 20. 08. 2021 – Hinweise zum Tatbestand des Einlagengeschäfts (Stand: August 2021), abrufbar unter https://www.bafin.de/dok/7851608; Freis-Janik, in: Kümpel / Mülbert / Früh / Seyfried (Hrsg.), Bank- und Kapitalmarktrecht, 6.  Aufl., 2022, Rn. 2.79.

D. Regulatorischer Rahmen des Crowd­investing  

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Variante (die Annahme als Einlage) als spezieller Unterfall praktisch zu vernachlässigen.279 Ein Einlagengeschäft liegt somit jedenfalls bei Annahme unbedingt rückzahlbarer Gelder des Publikums vor.280 Geld im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 KWG ist Bargeld in Form des gesetzlichen Zahlungsmittels oder Buchgeld.281 Für die Annahme ist die tatsächliche Übergabe bzw. die Konto­gutschrift entscheidend.282 Gelder des Publikums umfassen grundsätzlich alle Gelder von Dritten, auch wenn sie lediglich aus einer kleinen, eindeutig abgrenzbaren Teilmenge des Publikums stammen.283 Es kann sich generell um Gelder von Privatpersonen,284 oder auch von Arbeitnehmern, Freunden oder Bekannten handeln.285 Zentrales Merkmal des Einlagengeschäfts ist die „unbedingte Rückzahlbarkeit“ der Gelder.286 Rückzahlbar sind Gelder dann, wenn ein zivilrechtlicher Rückzahlungsanspruch besteht – unabhängig davon, ob es sich um eine betagte oder sofort fällige Forderung handelt.287 Unbedingt ist die Rückzahlbarkeit nur, wenn die Rückzahlung nicht durch ein ungewisses Ereignis bedingt ist.288 Typische gesellschaftsrechtliche Beteiligungen sind  – soweit es sich im Einzelfall um rückzahlbare bzw. fremde Gelder handelt289 – aufgrund ihrer Verlust­ 279 Vgl. Freis-Janik, in: Kümpel / Mülbert / Früh / Seyfried (Hrsg.), Bank- und Kapitalmarktrecht, 6. Aufl., 2022, Rn. 2.79; Servatius, in: Langenbucher / Bliesener / Spindler (Hrsg.), Bankrechts-Kommentar, 3. Aufl., 2020, 35. Kapitel, Rn. 10. 280 Vgl. Servatius, in: Langenbucher / Bliesener / Spindler (Hrsg.), Bankrechts-Kommentar, 3. Aufl., 2020, 35. Kapitel, Rn. 10. 281 Schäfer, in: Boos / Fischer / Schulte-Mattler (Hrsg.), KWG, CRR-VO, 5. Aufl., 2016, § 1 KWG, Rn. 37; Schwennicke, in: Schwennicke / Auerbach (Hrsg.), KWG mit ZAG, 4. Aufl., 2021, § 1 KWG, Rn. 12. 282 Schäfer, in: Boos / Fischer / Schulte-Mattler (Hrsg.), KWG, CRR-VO, 5. Aufl., 2016, § 1 KWG, Rn. 39. 283 BaFin, Merkblatt v. 11. 03. 2014, geändert am 20. 08. 2021 – Hinweise zum Tatbestand des Einlagengeschäfts (Stand: August 2021), abrufbar unter https://www.bafin.de/dok/7851608. 284 Siehe etwa BGH, Urteil vom 11. 07. 2006, VI ZR 339/04, DStR 2006, 1847, 1849. 285 Vgl. dazu Schäfer, in: Boos / Fischer / Schulte-Mattler (Hrsg.), KWG, CRR-VO, 5. Aufl., 2016, § 1 KWG, Rn. 46; Schwennicke, in: Schwennicke / Auerbach (Hrsg.), KWG mit ZAG, 4. Aufl., 2021, § 1 KWG, Rn. 28. 286 Freis-Janik, in: Kümpel / Mülbert / Früh / Seyfried (Hrsg.), Bank- und Kapitalmarktrecht, 6. Aufl., 2022, Rn. 2.79; Schwennicke, in: Schwennicke / Auerbach (Hrsg.), KWG mit ZAG, 4. Aufl., 2021, § 1 KWG, Rn. 26 f. Siehe ausführlich Henke, WM 2010, 2157, 2159 ff. 287 Freis-Janik, in: Kümpel / Mülbert / Früh / Seyfried (Hrsg.), Bank- und Kapitalmarktrecht, 6. Aufl., 2022, Rn. 2.79; Schwennicke, in: Schwennicke / Auerbach (Hrsg.), KWG mit ZAG, 4. Aufl., 2021, § 1 KWG, Rn. 13; BaFin, Merkblatt v. 11. 03. 2014, geändert am 20. 08. 2021 – Hinweise zum Tatbestand des Einlagengeschäfts (Stand: August 2021), abrufbar unter https:// www.bafin.de/dok/7851608. Kritisch Servatius, in: Langenbucher / Bliesener / Spindler (Hrsg.), Bankrechts-Kommentar, 3. Aufl., 2020, 35. Kapitel, Rn. 11. 288 Freis-Janik, in: Kümpel / Mülbert / Früh / Seyfried (Hrsg.), Bank- und Kapitalmarktrecht, 6. Aufl., 2022, Rn. 2.80; Schwennicke, in: Schwennicke / Auerbach (Hrsg.), KWG mit ZAG, 4. Aufl., 2021, § 1 KWG, Rn. 13. 289 Die für die Ausgabe von Aktien bzw. Geschäftsanteilen geleistete Kapitaleinlage von Gesellschaftern einer Kapitalgesellschaft werden mit der Einzahlung Eigenmittel der Ge-

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§ 5 Rechtlicher Rahmen des Crowd­investing

teilnahme nicht unbedingt rückzahlbar und scheiden daher aus dem Einlagentatbestand aus.290 Mezzanine Finanzierungsformen wie partiarische Darlehen, Nachrangdarlehen, Genussrechte oder stille Gesellschaften können abhängig von der konkreten Ausgestaltung im Einzelfall als rückzahlbare Gelder anzusehen sein.291 Eine unbedingte Rückzahlbarkeit liegt einerseits dann nicht vor, wenn der Kapitalgeber an Verlusten der Gesellschaft partizipiert, die Rückzahlung also von dem ungewissen Ereignis, dass die Gesellschaft über die Laufzeit keinen Verlust verbucht, abhängt.292 Zum anderen ist die Rückzahlbarkeit bedingt im Sinne des Einlagentatbestandes, wenn ein qualifizierter Rangrücktritt wirksam293 vereinbart wurde.294 Dieser setzt einerseits voraus, dass die Rückzahlung des Geldes in der Insolvenz des Unternehmens erst nach der Befriedigung sämtlicher anderer Gläubiger des Unternehmens erfolgt, die Forderung also hinter die Forderungen des § 39 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 InsO zurücktritt.295 Zudem muss die Rangrücktrittsvereinbarung eine insolvenzhindernde Funktion entfalten (vorinsolvenzliche Durchsetzungssperre296).297 Die Geltendmachung des Anspruchs auf Rückzahlung muss

sellschaft und sind daher grundsätzlich nicht rückzahlbar bzw. fremd, vgl. BaFin, Merkblatt v. 11. 03. 2014, geändert am 20. 08. 2021 – Hinweise zum Tatbestand des Einlagengeschäfts (Stand: August 2021), abrufbar unter https://www.bafin.de/dok/7851608; siehe auch Schwennicke, in: Schwennicke / Auerbach (Hrsg.), KWG mit ZAG, 4. Aufl., 2021, § 1 KWG, Rn. 22. Grundsätzlich rückzahlbar ist hingegen die Einlage des stillen Gesellschafters soweit eine Teilnahme am Verlust ausgeschlossen wurde, vgl. Servatius, in: Langenbucher / Bliesener / Spindler (Hrsg.), Bankrechts-Kommentar, 3. Aufl., 2020, 35. Kapitel, Rn. 13. 290 Freis-Janik, in: Kümpel / Mülbert / Früh / Seyfried (Hrsg.), Bank- und Kapitalmarktrecht, 6. Aufl., 2022, Rn. 2.80; für die stille Gesellschaft auch Tettinger, DStR 2006, 849, 850. 291 Freis-Janik, in: Kümpel / Mülbert / Früh / Seyfried (Hrsg.), Bank- und Kapitalmarktrecht, 6. Aufl., 2022, Rn. 2.80; BaFin, Merkblatt v. 11. 03. 2014, geändert am 20. 08. 2021 – Hinweise zum Tatbestand des Einlagengeschäfts (Stand: August 2021), abrufbar unter https://www. bafin.de/dok/7851608; Servatius, in: Langenbucher / Bliesener / Spindler (Hrsg.), BankrechtsKommentar, 3. Aufl., 2020, 35. Kapitel, Rn. 13. 292 Vgl. dazu Schäfer, in: Boos / Fischer / Schulte-Mattler (Hrsg.), KWG, CRR-VO, 5. Aufl., 2016, § 1 KWG, Rn. 46; Schwennicke, in: Schwennicke / Auerbach (Hrsg.), KWG mit ZAG, 4. Aufl., 2021, § 1 KWG, Rn. 13. 293 Unstreitig können nur wirksame Rangrücktrittsvereinbarungen eine bedingte Rückzahlbarkeit der Gelder begründen, vgl. Schäfer, in: Boos / Fischer / Schulte-Mattler (Hrsg.), KWG, CRR-VO, 5. Aufl., 2016, § 1 KWG, Rn. 46. Die Unwirksamkeit kann sich u. a. aus Verstößen gegen die §§ 305 ff. BGB ergeben. Siehe dazu bereits Fn. 236. 294 Freis-Janik, in: Kümpel / Mülbert / Früh / Seyfried (Hrsg.), Bank- und Kapitalmarktrecht, 6. Aufl., 2022, Rn. 2.80; Schäfer, in: Boos / Fischer / Schulte-Mattler (Hrsg.), KWG, CRR-VO, 5. Aufl., 2016, § 1 KWG, Rn. 46; Schwennicke, in: Schwennicke / Auerbach (Hrsg.), KWG mit ZAG, 4. Aufl., 2021, § 1 KWG, Rn. 22. Zu den Anforderungen an eine wirksame Vereinbarung von qualifizierten Rangrücktritten in AGB siehe Fn. 236. 295 Bitter, ZIP 2015, 345. 296 Dazu Bitter, ZIP 2015, 345, 345 ff. 297 BaFin, Merkblatt v. 11. 03. 2014, geändert am 20. 08. 2021 – Hinweise zum Tatbestand des Einlagengeschäfts (Stand: August 2021), abrufbar unter https://www.bafin.de/dok/7851608; Schäfer, in: Boos / Fischer / Schulte-Mattler (Hrsg.), KWG, CRR-VO, 5. Aufl., 2016, § 1 KWG, Rn. 46; Poelzig, WM 2014, 917, 919; a. A. Henke, WM 2010, 2157, 2162.

D. Regulatorischer Rahmen des Crowd­investing  

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solange und soweit ausgeschlossen sein, wie die Rückzahlung einen Grund für die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens herbeiführt.298 Ein Einlagengeschäft der sich über das Crowd­investing finanzierenden Unternehmen liegt bei den im Beobachtungszeitraum angebotenen Finanzierungen regelmäßig jedoch nicht vor, weil die angebotenen Crowd­investing-Verträge üblicherweise einen qualifizierten Rangrücktritt299 beinhalten.300 In diesem Fall begründen die Crowd­ investing-Verträge keinen unbedingten Rückzahlungs­ anspruch.301 Soweit die entsprechende Nachrangklausel allerdings unzureichend formuliert ist oder sich – insbesondere als Allgemeine Geschäftsbedingung – als unwirksam erweist,302 besteht das Risiko, dass das Einwerben von Kapital im Rahmen des Crowd­investing als Einlagengeschäft zu qualifizieren und nach § 32 Abs. 1 KWG erlaubnispflichtig ist. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die entsprechenden Crowd­investing-Verträge – wie üblich303 – keine Teilnahme der Anleger an den Verlusten des kapitalsuchenden Unternehmens vorsehen. 2. Prospektpflicht für das öffentliche Angebot von Wertpapieren nach dem WpPG bzw. der ProspektVO Crowd­investing-Finanzierungen wurden in den ersten fünfeinhalb Jahren seit der Entstehung des deutschen Crowd­investing-Marktes bis auf wenige Ausnah­ men304 nicht mittels Wertpapieren umgesetzt. Vielmehr versuchten CrowdinvestingPlattformen mit der Verwendung anderer Finanzierungsinstrumente, bestehende 298

BaFin, Merkblatt v. 11. 03. 2014, geändert am 20. 08. 2021 – Hinweise zum Tatbestand des Einlagengeschäfts (Stand: August 2021), abrufbar unter https://www.bafin.de/dok/7851608; Gehrlein, WM 2017, 1385, 1386. 299 Die BaFin lässt es für das Vorliegen eines qualifizierten Rangrücktritts ausreichen, wenn „die Geltendmachung des Anspruchs auf Rückzahlung solange und soweit ausgeschlossen wird, wie die Rückzahlung einen Grund für die Eröffnung des Insolvenzverfahrens herbeiführt“, vgl. BaFin, Merkblatt v. 11. 03. 2014, geändert am 20. 08. 2021 – Hinweise zum Tatbestand des Einlagengeschäfts (Stand: August 2021), abrufbar unter https://www.bafin.de/ dok/7851608, Ziff. 5. 300 Siehe dazu auch die Ergebnisse der Auswertung der im Untersuchungszeitraum angebotenen Crowdinvesting-Vertrage unter § 8 N. unten. 301 Ebenso Begner, BaFinJournal 09/2012, S. 11, 13; Weitnauer, in: Weitnauer (Hrsg.), Handbuch Venture Capital, 7. Aufl., 2022, Teil D., Rn. 89; Nietsch / Eberle, DB 2014, 1788, 1791; Fischer, Rechtslage, 2017, S. 53; Heuer, Die Regulierung von Crowdinvesting, 2017, S. 40; Schedensack, Crowdinvesting, 2018, S. 339. 302 Siehe dazu etwa Gehrlein, WM 2017, 1385, 1386 ff. Zu diesem Risiko im Hinblick auf Crowdinvesting-Verträge vgl. Schedensack, Crowdinvesting, 2018, S. 263 ff. Im Übrigen siehe bereits Fn. 236. 303 Lediglich zu Beginn des Beobachtungszeitraums waren Crowdinvesting-Verträge mit einer Verlustbeteiligung der Crowdinvestoren verbreitet. Ab Mitte 2015 wurden hingegen keine Verträge mit Verlustbeteiligung mehr angeboten. Siehe dazu § 8 E. V. unten. 304 Lediglich die Plattform Bergfürst bot zunächst wenige Crowdinvesting-Finanzierungen mittels Aktien an.

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§ 5 Rechtlicher Rahmen des Crowd­investing

Prospektpflichten zu vermeiden. Im Folgenden soll ein Überblick über die Voraussetzungen der sich bislang aus dem WpPG und seit dem 21. Juli 2019 aus der ProspektVO305 für die Emission von Wertpapieren ergebenden Prospektpflicht gegeben werden. Außerdem sollen die Möglichkeiten der prospektfreien Emission von Wertpapieren geschildert werden. a) Prospektpflicht nach § 3 Abs. 1 WpPG a. F. bzw. Art. 3 Abs. 1 ProspektVO Anbieter, die Wertpapiere im Inland306 öffentlich anbieten möchten, waren  – soweit keine Ausnahmeregelung griff  – bis zum 20. Juli 2019 nach § 3 Abs. 1 WpPG a. F. zur Veröffentlichung eines Prospekts verpflichtet. Nach § 5 Abs. 1 Satz  1 WpPG a. F. musste der Prospekt „in leicht analysierbarer und verständlicher Form sämtliche Angaben enthalten, die […] notwendig sind, um […] ein zutreffendes Urteil über die Vermögenswerte und Verbindlichkeiten, die Finanzlage, die Gewinne und Verluste, die Zukunftsaussichten des Emittenten und jedes Garantiegebers sowie über die mit diesen Wertpapieren verbundenen Rechte zu ermöglichen“.307 Seit dem 21. Juli 2019 ergibt sich die Pflicht zur Veröffentlichung eines Wertpapierprospekts aus Art. 1 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1, 3 ProspektVO. Demnach ist ein Prospekt grundsätzlich sowohl für das öffentliche Angebot von Wertpapieren (Angebotsprospekt) als auch für die Zulassung von Wertpapieren zum Handel an einem geregelten Markt (Zulassungsprospekt) erforderlich.308

305

Verordnung (EU) 2017/1129 des Europäischen Parlaments und des Rates v. 14. 06. 2017 über den Prospekt, der beim öffentlichen Angebot von Wertpapieren oder bei deren Zulassung zum Handel an einem geregelten Markt zu veröffentlichen ist und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/71/EG, ABl. EU L 168 v. 30. 06. 2017, S. 12. Die ProspektVO trat am 21. 07. 2019 in vollem Umfang in Kraft. Art. 1 Abs. 5 Unterabs. 1 Buchst. a bis c und Art. 1 Abs. 5 Unterabs. 2 ProspektVO galten bereits seit 20. 07. 2017. Art. 1 Abs. 3 und Art. 3 Abs. 2 ProspektVO traten zum 21. 07. 2018 in Kraft. Für einen Überblick zur ProspektVO siehe etwa Bauerschmidt, BKR 2019, 324 ff. 306 Zum Inlandsbezug vgl. Groß, Kapitalmarktrecht, 8. Aufl., 2022, Art. 3 (EU) 2017/1129, Rn. 5: Bei Angeboten im Inland kommt es darauf an, ob Anleger im Inland mit dem Angebot angesprochen werden sollen. Indizien sind insbesondere die Verwendung der deutschen Sprache, die Angabe von Kontaktdaten in Deutschland sowie ggf. Erläuterungen zur steuerlichen Behandlung in Deutschland. 307 Zu den in den Prospekt nach dem Baukastenprinzip (building block approach) aufzunehmenden Mindestangaben vgl. etwa Schlitt, in: Habersack / Mülbert / Schlitt (Hrsg.), Handbuch der Kapitalmarktinformation, 3. Aufl., 2020, § 4, Rn. 16 ff. 308 Zur ProspektVO vgl. auch Bauerschmidt, BKR 2019, 324, 325.

D. Regulatorischer Rahmen des Crowd­investing  

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aa) Wertpapier Wertpapiere im Sine des WpPG bzw. der ProspektVO sind übertragbare Wertpapiere, die auf einem Kapitalmarkt gehandelt werden können, mit Ausnahme von Geldmarktinstrumenten mit einer Laufzeit von weniger als zwölf Monaten.309 Entscheidend für die Qualifizierung als Wertpapier i. S. d. WpPG a. F. war die Übertragbarkeit und Handelbarkeit (Fungibilität).310 Fungibilität setzte eine standardisierte Ausstattung und das Fehlen von Übertragungshindernissen voraus.311 Auf die Verbriefung in einer Urkunde kam es hingegen nicht an.312 An diesen Voraussetzungen dürfte sich auch nach dem neuen, autonom europarechtlich zu bestimmenden Wertpapierbegriff i. S. v. Art. 4 Abs. 1 Nr. 44 MiFID II (auf den Art. 2 lit. a) ProspektVO verweist) nichts geändert haben.313 Wertpapiere in diesem Sinne sind insbesondere Aktien, vergleichbare Wertpapiere, Aktienzertifikate, Schuldverschreibungen oder andere verbriefte Schuldtitel und Zertifikate sowie alle sonstigen Wertpapiere, die zum Kauf oder Verkauf solcher Wertpapiere berechtigen oder zu einer Barzahlung führen, die anhand von übertragbaren Wertpapieren, Währungen, Zinssätzen oder -erträgen, Waren oder anderen Indizes oder Messgrößen bestimmt wird (Art. 4 Abs. 1 Nr. 44 MiFID II).314 Keine Wertpapiere in diesem Sinne liegen insbesondere vor, wenn die Übertragung nur mittels Abtretung erfolgen kann oder nicht jederzeit frei möglich ist, wie beispielsweise bei Namensschuldverschreibungen, Schuldscheindarlehen oder Anteilen an einer GmbH, KG oder GbR sowie bei stillen Beteiligungen.315

309

Vgl. etwa Schlitt, in: Habersack / Mülbert / Schlitt (Hrsg.), Handbuch der Kapitalmarkt­ information, 3. Aufl., 2020, § 3, Rn. 20. Der für die Prospektpflicht relevante Wertpapierbegriff war in § 2 Nr. 1 WpPG a. F. legal definiert. Art. 2 lit. a) ProspektVO verweist auf die Legaldefinition in Art. 4 Abs. 1 Nr. 44 MiFID II. Der für die Prospektpflicht relevante Wertpapierbegriff ist vom zivil- bzw. wertpapierrechtlichen Wertpapierbegriff zu unterscheiden. Ein Wertpapier im wertpapierrechtlichen Sinne ist nach h. M. eine Urkunde, die ein subjektives Recht derart verbrieft, dass es nur von dem Inhaber der Urkunde ausgeübt werden kann (sog. weiter Wertpapierbegriff), Habersack, in: MüKo BGB, 8. Aufl., 2020, Vorbemerkung (§ 793), Rn. 9. Zum Streit bezüglich des weiten und engen Wertpapierbegriffs vgl. Habersack, in: MüKo BGB, 8. Aufl., 2020, Vorbemerkung (Vor § 793), Rn. 8 ff. 310 Groß, Kapitalmarktrecht, 8. Aufl., 2022, § 2 WpPG, Rn. 3; vgl. auch Preuße, in: Schwark / ​ Zimmer (Hrsg.), Kapitalmarktrechts-Kommentar, 5. Aufl., 2020, § 2 WpPG, Rn. 5 f. 311 Groß, Kapitalmarktrecht, 8. Aufl., 2022, § 2 WpPG, Rn. 3. 312 Groß, Kapitalmarktrecht, 8. Aufl., 2022, § 2 WpPG, Rn. 3. 313 Groß, Kapitalmarktrecht, 8. Aufl., 2022, § 2 WpPG, Rn. 3. 314 Vgl. Schlitt, in: Habersack / Mülbert / Schlitt (Hrsg.), Handbuch der Kapitalmarktinformation, 3. Aufl., 2020, § 3, Rn. 21; Groß, Kapitalmarktrecht, 8. Aufl., 2022, § 2 WpPG, Rn. 2 f. 315 Schlitt, in: Habersack / Mülbert / Schlitt (Hrsg.), Handbuch der Kapitalmarktinformation, 3. Aufl., 2020, § 3, Rn. 22; Groß, Kapitalmarktrecht, 8. Aufl., 2022, § 2 WpPG, Rn. 3.

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§ 5 Rechtlicher Rahmen des Crowd­investing

bb) Öffentliches Angebot Ein öffentliches Angebot von Wertpapieren ist nach der nunmehr geltenden Legaldefinition in Art. 2 lit. d) ProspektVO, die der Definition in § 2 Nr. 4 WpPG a. F. entspricht, „eine Mitteilung an das Publikum in jedweder Form und auf jedwede Art und Weise, die ausreichende Informationen über die Angebotsbedingungen und die anzubietenden Wertpapiere enthält, um einen Anleger in die Lage zu versetzen, über den Kauf oder die Zeichnung dieser Wertpapiere zu entscheiden“.316 Ein Angebot in diesem Sinne liegt nicht erst bei einem Antrag auf Abschluss eines Zeichnungsvertrages, d. h. einem rechtsverbindlichen Angebot i. S. d. BGB (vgl. §§ 145 ff. BGB) vor.317 Ausreichend ist bereits die Aufforderung zur Abgabe eines solchen Antrages (invitatio ad offerendum).318 Erforderlich ist allerdings eine konkrete Erwerbsmöglichkeit.319 Der Anleger muss aufgrund des Angebots die Möglichkeit haben, sich nicht nur für den Kauf zu entscheiden, sondern diese Entscheidung auch unmittelbar umsetzen und einen verbindlichen Vertrag über den Erwerb der Wertpapiere abschließen können.320 Öffentlich ist ein Angebot, wenn es – in Abgrenzung zu einer Privatplatzierung (private placement) – an einen unbestimmten Personenkreis gerichtet ist.321 Ein an einen unbestimmten Personenkreis gerichtetes Angebot im Internet ist etwa ein öffentliches Angebot in diesem Sinne.322

316

Vgl. dazu etwa Schlitt, in: Habersack / Mülbert / Schlitt (Hrsg.), Handbuch der Kapitalmarktinformation, 3. Aufl., 2020, § 3, Rn. 30 ff. Groß, Kapitalmarktrecht, 8. Aufl., 2022, § 2 WpPG, Rn. 6 ff. 317 Schlitt, in: Habersack / Mülbert / Schlitt (Hrsg.), Handbuch der Kapitalmarktinformation, 3. Aufl., 2020, § 3, Rn. 31; Grunewald / Schlitt, Einführung in das Kapitalmarktrecht, 4. Aufl., 2020, S. 227. 318 Schlitt, in: Habersack / Mülbert / Schlitt (Hrsg.), Handbuch der Kapitalmarktinformation, 3. Aufl., 2020, § 3, Rn. 31; Grunewald / Schlitt, Einführung in das Kapitalmarktrecht, 4. Aufl., 2020, S. 227; Groß, Kapitalmarktrecht, 8. Aufl., 2022, § 2 WpPG, Rn. 11. 319 Groß, Kapitalmarktrecht, 8. Aufl., 2022, § 2 WpPG, Rn. 16; Schlitt, in: Habersack / Mülbert / Schlitt (Hrsg.), Handbuch der Kapitalmarktinformation, 3. Aufl., 2020, § 2, Rn. 31; Grunewald / Schlitt, Einführung in das Kapitalmarktrecht, 4. Aufl., 2020, S. 227. 320 Groß, Kapitalmarktrecht, 8. Aufl., 2022, § 2 WpPG, Rn. 17. 321 Grunewald / Schlitt, Einführung in das Kapitalmarktrecht, 4. Aufl., 2022, S. 227; Groß, Kapitalmarktrecht, 8. Aufl., 2022, § 2 WpPG, Rn. 21 f. 322 Grunewald / Schlitt, Einführung in das Kapitalmarktrecht, 4. Aufl., 2022, S. 227; Schlitt, in: Habersack / Mülbert / Schlitt (Hrsg.), Handbuch der Kapitalmarktinformation, 3. Aufl., 2020, § 3, Rn. 32 f.; Groß, Kapitalmarktrecht, 8. Aufl., 2022, § 2 WpPG, Rn. 24.

D. Regulatorischer Rahmen des Crowd­investing  

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cc) Anbieter Adressat der Prospektpflicht ist der Anbieter, also derjenige, der Wertpapiere öffentlich anbietet bzw. dem ein öffentliches Angebot zuzurechnen ist.323 In der Regel ist dies der Emittent der Wertpapiere.324 b) Prospektfreie Emission von Wertpapieren Im Folgenden soll ein knapper Überblick über für die vorliegende Untersuchung relevanten Privilegierungen im Hinblick auf die Prospektpflicht für Wertpapierangebote gegeben werden. Die während des Untersuchungszeitraums unter dem WpPG a. F. bestehenden Möglichkeiten der prospektfreien Emission von Wertpapieren wurden infolge der ProspektVO erweitert, sodass zunächst auf die Rechtslage vor Inkrafttreten der ProspektVO und sodann auf die Rechtslage unter der ProspektVO einzugehen ist. aa) Rechtslage vor Inkrafttreten der ProspektVO Im Entstehungszeitraum des Crowd­investing und bis zum teilweisen Inkrafttre­ ten der ProspektVO zum 21. Juli 2017 und des Gesetzes zur Ausübung von Optionen der EU-Prospektverordnung325 zum 21. Juli 2018 bestanden insbesondere die folgenden Ausnahmetatbestände für die prospektfreie Emission von Wertpapieren:326 Einerseits waren Privatplatzierungen, d. h. Angebote, die sich ausschließlich an qualifizierte Anleger richteten (§ 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 WpPG a. F.), und Angebote, die sich in jedem Staat des Europäischen Wirtschaftsraums an weniger als 150 nicht qualifizierte Anleger richteten (§ 3 Abs. 2 Nr. 2 WpPG a. F.)327 von der Prospektpflicht ausgenommen. Des Weiteren bestanden Ausnahmen bei bestimmten Betragsgrenzen, nämlich für Angebote mit einer Mindeststückelung von 100.000 Euro (§ 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 WpPG a. F.) und Angeboten mit einem 323

Preuße, in: Schwark / Zimmer (Hrsg.), Kapitalmarktrechts-Kommentar, 5. Aufl., 2020, § 2 WpPG, Rn. 34; Schlitt, in: Habersack / Mülbert / Schlitt (Hrsg.), Handbuch der Kapitalmarktinformation, 3. Aufl., 2020, § 3, Rn. 38. 324 Preuße, in: Schwark / Zimmer (Hrsg.), Kapitalmarktrechts-Kommentar, 5. Aufl., 2020, § 2 WpPG, Rn. 34; Schlitt, in: Habersack / Mülbert / Schlitt (Hrsg.), Handbuch der Kapitalmarktinformation, 3. Aufl., 2020, § 3, Rn. 38. Siehe aber auch § 5 D. II. 2. d) aa) unten. 325 Gesetz zur Ausübung von Optionen der EU-Prospektverordnung und zur Anpassung weiterer Finanzmarktgesetze vom 10. 08. 2018, BGBl. I, S. 1102. Vgl. zudem den Regierungsentwurf BT-Drs. 19/2435. 326 Vgl. dazu und zur Rechtslage unter dem VerkProspG Klöhn / Hornuf, ZBB 2012, 237, 247. 327 Vgl. dazu Schlitt, in: Habersack / Mülbert / Schlitt (Hrsg.), Handbuch der Kapitalmarkt­ information, 3. Aufl., 2020, § 3, Rn. 47, 49; Groß, Kapitalmarktrecht, 6. Aufl., 2016, § 3 WpPG, Rn. 7 f.

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§ 5 Rechtlicher Rahmen des Crowd­investing

Mindestkaufpreis von 100.000 Euro pro Anleger (§ 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 WpPG a. F.).328 Schließlich waren Kleinstemissionen mit einem Volumen von höchstens 100.000 Euro in einem Zeitraum von zwölf Monaten von der Prospektpflicht befreit (§ 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 WpPG a. F.).329 bb) Rechtslage seit Inkrafttreten der ProspektVO Auch nach vollständigem Inkrafttreten der ProspektVO am 21. Juli 2019 bestehen die Ausnahmen von der Prospektpflicht für das öffentliche Angebot von Wertpapieren für Privatplatzierungen (Art. 1 Abs. 4 lit. a) und b) ProspektVO)330 und die genannten Betragsgrenzen (Mindeststückelung von 100.000 Euro und Mindestbetrag von 100.000 Euro, Art. 1 Abs. 4 lit. c) und d) ProspektVO)331 fort. Darüber hinaus räumt der Europäische Gesetzgeber den Mitgliedstaaten die Möglichkeit ein, weitere Ausnahmen für sogenannte Klein- oder Mikroemissionen, d. h. Wertpapierangebote deren Gesamtgegenwert in der Europäischen Union über einen Zeitraum von zwölf Monaten einen Betrag von 8 Millionen Euro nicht überschreitet (Art. 3 Abs. 2 lit. b) ProspektVO), vorzusehen.332 Der deutsche Gesetzgeber hat von dieser Möglichkeit in § 3 Nr. 2 WpPG Gebrauch gemacht.333 Danach sind Angebote, deren Gesamtgegenwert im Europäischen Wirtschaftsraum nicht mehr als 8 Millionen Euro betragen, von der Prospektpflicht ausgenommen. Der Gesamtgegenwert ist über einen Zeitraum von zwölf Monaten zu berechnen. Statt wie bisher bis weniger als 100.000 Euro sind Wertpapieremissionen nun bis zu einem Volumen von weniger als 8 Millionen Euro prospektfrei möglich.334 328

Vgl. dazu Groß, Kapitalmarktrecht, 6. Aufl., 2016, § 3 WpPG, Rn. 8. Bei diesem Volumen stünden die Kosten der Prospekterstellung in keinem vertretbaren Verhältnis zum Emissionserlös, vgl. Groß, Kapitalmarktrecht, 6. Aufl., 2016, § 3 WpPG, Rn. 9. 330 Vgl. dazu etwa Schlitt, in: Habersack / Mülbert / Schlitt (Hrsg.), Handbuch der Kapitalmarktinformation, 3. Aufl., 2020, § 3, Rn. 46 ff. 331 Vgl. dazu etwa Schlitt, in: Habersack / Mülbert / Schlitt (Hrsg.), Handbuch der Kapitalmarktinformation, 3. Aufl., 2020, § 3, Rn. 50 f. 332 Auf Grundlage der ProspektVO kann zwischen Kleinstemissionen (Angebote mit einem Gesamtgegenwert bis 1 Mio. Euro) und Kleinemissionen (Angebote mit einem Gesamtgegenwert zwischen 1 Mio. und 8 Mio. Euro) unterschieden werden. Nach Art. 1 Abs. 3 ProspektVO findet die ProspektVO generell keine Anwendung auf öffentliche Angebote mit einem Gesamtgegenwert in der Europäischen Union von weniger als 1 Mio. Euro über einen Zeitraum von zwölf Monaten. Für solche Kleinstemissionen verbietet Art. 1 Abs. 3 Uabs. 2 ProspektVO den Mitgliedstaaten eine Prospektpflicht vorzusehen. Im Hinblick auf Kleinemissionen ist es den Mitgliedstaaten freigestellt, diese von der Prospektpflicht auszunehmen. Vgl. dazu Poelzig, BKR 2018, 357, 359. 333 Dies erfolgte durch das Gesetz zur Ausübung von Optionen der EU-Prospektverordnung und zur Anpassung von Finanzmarktgesetzen, BGBl. I 2018, 1102 mit der Änderung von § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 6 WpPG a. F. mit Wirkung zum 21. 07. 2018. 334 Die Nutzung des Ausnahmetatbestands setzt allerdings voraus, dass der Emittent zuvor ein bei der BaFin zu hinterlegendes Wertpapier-Informationsblatt als Prospektersatz erstellt und veröffentlich hat (§ 4 Satz 1 WpPG). Außerdem gilt die Ausnahme nur bei einer Vermitt 329

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c) Zwischenergebnis Sofern kapitalsuchende Unternehmen beabsichtigen, im Rahmen des Crowd­ investing Kapital mittels Wertpapieren einzuwerben, unterliegt ein solches Angebot von Wertpapieren grundsätzlich der Prospektpflicht – im Untersuchungszeitraum und bis zum 20. Juli 2019 nach § 3 Abs. 1 WpPG a. F., seither nach Art. 3 Abs. 1 ProspektVO. Während im Untersuchungszeitraum eine prospektfreie Emission von Wertpapieren lediglich bis zu einem Jahresvolumen von 100.000 Euro möglich war, können nunmehr Wertpapiere bis zu einem Jahresvolumen von 8 Mio. Euro prospektfrei öffentlich angeboten werden. Im Untersuchungszeitraum wurden auf dem deutschen Crowd­investing-Markt überwiegend stille Beteiligungen, Genussrechte und partiarische Nachrangdarlehen vermittelt.335 Da diese Finanzierungsinstrumente nicht als Wertpapier im oben beschriebenen Sinne zu qualifizieren waren, unterlagen die hier untersuchten Emissionen keiner Prospektpflicht nach dem WpPG a. F.336 Mit der „neuen Prospektfreiheit ‚kleiner‘ Wertpapieremissionen“337 hat sich der für die Entwicklung des Crowd­investing maßgebliche Rechtsrahmen in einem entscheidenden Punkt verändert. Seither können Crowd­investing-Plattformen ihr Geschäftsmodell zu einem echten equity crowdfunding weiterentwickeln und Aktien anbieten. Auch ein Angebot verbriefter Anleihen (Crowdbonds) ist vorstellbar.338 3. Pflichten für das öffentliche Angebot von Vermögensanlagen nach dem VermAnlG Im Untersuchungszeitraum wurden im Rahmen des Crowd­investing bis auf wenige Ausnahmen keine Wertpapiere, sondern partiarische Nachrangdarlehen, stille Beteiligungen und Genussrechte angeboten.339 Im Folgenden soll daher geprüft lung durch Anlageberater und -vermittler (sog. Mediatisierungserfordernis) und bei Einhaltung von Zeichnungsgrenzen für nichtqualifizierte Anleger (§ 6 Satz 1 WpPG). Vgl. dazu Poelzig, BKR 2018, 357, 358 ff.; Schulz, WM 2018, 212, 213 f.; Klöhn, ZIP 2018, 1713, 1713 ff.; Schlitt, in: Habersack / Mülbert / Schlitt (Hrsg.), Handbuch der Kapitalmarktinformation, 3. Aufl., 2020, § 3, Rn. 52 ff. 335 Zu den im Untersuchungszeitraum verwendeten Finanzierungsformen siehe § 8 B. I. unten. Nach Hainz / Hornuf / Klöhn, Praxiserfahrungen mit den Befreiungsvorschriften des Kleinanlegerschutzgesetzes, 2017, S. 21 f. wurden bis zum 30. 06. 2016 insgesamt vier Finanzierungen mittels Wertpapieren und Prospekt nach dem WpPG angeboten (Inhaberschuldverschreibungen der AK Immobilien Projektentwicklungs GmbH und der Penell GmbH, Genussscheine der FAH Grundbesitz GmbH & Co. KG, Aktien der Urbanara Home AG). 336 Vgl. auch Klöhn / Hornuf, ZBB 2012, 237, 247. 337 Klöhn, ZIP 2018, 1713. 338 Dazu auch Klöhn, ZIP 2018, 1713, 1720; Voß, ZBB 2018, 305, 320. 339 Siehe hierzu die umfassende empirische Auswertung der im Zeitraum von 2011 bis 2016 auf dem deutschen Crowdinvesting-Markt angebotenen Crowdinvestings unter § 8 B. I. 2. unten. Zu den vier Finanzierungen mittels Wertpapieren bis zum 30. 06. 2016 siehe Fn. 335.

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§ 5 Rechtlicher Rahmen des Crowd­investing

werden, ob und zu welchem Zeitpunkt diese Finanzierungsinstrumente als Vermögensanlagen dem Anwendungsbereich der jeweiligen Fassung des VermAnlG unterfielen und inwieweit ein öffentliches Angebot der vorgenannten Finanzierungsinstrumente der Pflicht unterliegt, einen Verkaufsprospekt zu veröffentlichen. Schließlich ist auf weitere einschlägige Pflichten im Zusammenhang mit dem öffentlichen Angebot von Vermögensanlagen, wie insbesondere die Pflicht zur Erstellung eines Vermögensanlagen-Informationsblatts (VIB) einzugehen. a) Anwendungsbereich des VermAnlG Nach § 1 Abs. 1 VermAnlG ist der Anwendungsbereich des VermAnlG eröffnet, wenn im Inland Vermögensanlagen öffentlich angeboten werden.340 aa) Vermögensanlagen im Sinne des VermAnlG Andere Vermögensanlagen als Wertpapiere waren vor Inkrafttreten des VermAnlG zunächst der Regulierung durch das VerkProspG unterworfen, welches zur Verbesserung des Anlegerschutzes auf dem Grauen Kapitalmarkt im Wesentlichen erstmals eine Prospektpflicht für diese Vermögensanlagen normierte. Mit Inkrafttreten des VermAnlG zum 1. Juni 2012 wurde der Pflichtenkanon der Anbieter und Emittenten von Vermögensanlagen erheblich erweitert. Das KASG erweiterte schließlich den Anwendungsbereich des VermAnlG nochmals, um Schutzlücken auf dem Grauen Kapitalmarkt zu schließen. Im Folgenden soll zunächst dargestellt werden, inwieweit die auf dem deutschen Crowd­investing-Markt in den verschiedenen Zeiträumen – unter Geltung des VerkProspG, mit Inkrafttreten des VermAnlG zum 1. Juni 2012 und seit den Änderungen durch das KASG zum 10. Juli 2015 – angebotenen Finanzierungsinstrumente in den jeweiligen Anwendungsbereich des VerkProspG bzw. des VermAnlG fallen.

340 Seit Geltung der ECSP-VO und Inkrafttreten des Gesetzes zur begleitenden Ausführung der Verordnung (EU) 2020/1503 und der Umsetzung der Richtlinie EU 2020/1504 zur Regelung von Schwarmfinanzierungsdienstleistern und anderer europarechtlicher Finanzmarkt­ vorschriften (Schwarmfinanzierung-Begleitgesetz) vom 03. 06. 2021 (BGBl. I, 1568), darf nach der seit 10. 11. 2021 geltenden Fassung des § 1 Abs. 1 VermAnlG das öffentliche Angebot außerdem nicht von einem im Rahmen der ECSP-VO zugelassenen Schwarmfinanzierungsdienstleister unterbreitet werden, es sei denn es übersteigt den Schwellenwert von 5 Mio. Euro gem. Art. 1 Abs. 2 lit. c) ECSP-VO. Solche öffentlichen Angebote von Schwarmfinanzierungsdienstleistern sind aus dem Anwendungsbereich des VermAnlG ausgenommen, vgl. auch Maas, in: Assmann / Schlitt / von Kopp-Colomb (Hrsg.), Prospektrecht, 4. Aufl., 2022, § 1 VermAnlG, Rn. 27. Die im Untersuchungszeitraum vorzufindenden und den Gegenstand dieser Arbeit bildenden Formen des Crowdinvesting fallen allerdings nicht in den Anwendungsbereich der ECSP-VO, siehe dazu § 3, Fn. 269. 

D. Regulatorischer Rahmen des Crowd­investing  

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(1) Rechtslage bis zum 31. Mai 2012 (vor Inkrafttreten des VermAnlG) Vor Inkrafttreten des VermAnlG zum 1. Juni 2012 unterlagen im Inland öffent­ lich angebotene, nicht in Wertpapieren verbriefte Vermögensanlagen dem Regime des VerkProspG und damit insbesondere einer Prospektpflicht nach § 8f Abs. 1 Satz 1 VerkProspG.341 Vermögensanlagen im Sinne des § 8f Abs. 1 Satz 1 VerkProspG waren unverbriefte Anteile, die eine Beteiligung am Ergebnis eines Unternehmens gewähren, unverbriefte Anteile an einem Vermögen, das der Emittent oder ein Dritter in eigenem Namen für fremde Rechnung hält oder verwaltet (Treuhand­vermögen), sowie unverbriefte Anteile an sonstigen geschlossenen Fonds. Für die vorliegende Untersuchung von Interesse sind unverbriefte Anteile, die eine Beteiligung am Ergebnis eines Unternehmens gewähren. Stille Beteiligungen sind Anteile, die eine Beteiligung am Ergebnis eines Unternehmens gewähren, und unterlagen daher nach § 8f Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 VerkProspG der Prospektpflicht.342 Ob Genussrechte von der Prospektpflicht des § 8f Abs. 1 VerkProspG umfasst waren, war unter dem VerkProspG umstritten.343 Von der BaFin wurde dies bejaht.344 Teilweise wurden Genussrechte generell als Anteile, die eine Beteiligung am Ergebnis eines Unternehmens gewähren, qualifiziert,345 teilweise nur, sofern diese neben einer Gewinn- auch eine Verlustbeteiligung vorsahen.346 Im Zeitraum vom 1. August 2011 bis zum 31. Mai 2012 wurden insgesamt 19  Crowd­­investing-Finanzierungen auf Crowd­investing-Plattformen angeboten, sämtliche als stille Beteiligung oder Genussrechte. Die angebotenen Finanzierungen unterfielen grundsätzlich dem Anwendungsbereich des VerkProspG, waren wegen eines maximalen Finanzierungsvolumens von 100.000 Euro allerdings

341

Eine gesetzliche Prospektpflicht für Vermögensanlagen wurde erstmals mit dem Anlegerschutzverbesserungsgesetz (AnSchVG), Gesetz zur Verbesserung des Anlegerschutzes vom 28. 10. 2004, BGBl. I 2004, 2630, in § 8f Abs. 1 VerkProspG eingeführt, um den Anlegerschutz auf dem Grauen Kapitalmarkt zu verbessern. Vgl. Heidelbach, in: Schwark / Zimmer (Hrsg.), Kapitalmarktrechts-Kommentar, VerkProspG, I. bis III. Abschnitt. §§ 1–8e [aufgehoben], 4. Aufl., 2010, Rn. 1 f.; Bußalb / Vogel, WM 2012, 1416, 1416. Zur Prospekthaftung unter dem VerkProspG siehe etwa Barta, NZG 2005, 305, 306 f. 342 Zwissler, in: Habersack / Mülbert / Schlitt (Hrsg.), Handbuch der Kapitalmarktinformation, 3. Aufl., 2020, § 8, Rn. 19; Arndt / Bruchwitz, in: Arndt / Voß, (Hrsg.), VerkProspG, 2008, § 8f, Rn. 28; vgl. auch Klöhn / Hornuf, ZBB 2012, 237, 247. 343 Vgl. Bußalb / Vogel, WM 2012, 1416. Nach Arndt / Bruchwitz, in: Arndt / Voß (Hrsg.), VerkProspG, 2008, § 8f, Rn. 41 fielen Genussrechte mit Eigenkapitalcharakter in den Anwendungsbereich der Prospektpflicht, während Genussrechte mit Fremdkapitalcharakter nicht vom Anwendungsbereich der Prospektpflicht umfasst waren. Dazu auch Hanten / Reinholz, ZBB 2012, 36, 37. 344 Vgl. Bußalb / Vogel, WM 2012, 1416. 345 Maas, in: Assmann / Schlitt / v. Kopp-Colomb (Hrsg.), WpPG / VerkProspG, 2.  Aufl., 2010, § 8f VerkProspG, Rn. 56. 346 Vgl. Arndt / Bruchwitz, in: Arndt / Voß (Hrsg.), VerkProspG, 2008, § 8f, Rn. 41.

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§ 5 Rechtlicher Rahmen des Crowd­investing

nach der Ausnahmeregelung für Kleinemissionen nach § 8f Abs. 2 Nr. 3 Alt. 2 ­VerkProspG347 von der Prospektpflicht befreit.348 (2) Rechtslage vom 1. Juni 2012 bis zum 9. Juli 2015 Mit Inkrafttreten des VermAnlG zum 1. Juni 2012349 wurde die Prospektpflicht auf weitere Vermögensanlagen ausgedehnt sowie die Pflichten der Anbieter und Emittenten von Vermögensanlagen erweitert.350 Bis zu den Änderungen durch das KASG mit Wirkung zum 10. Juli 2015 umfasste der Begriff der Vermögensanlage i. S. d. VermAnlG nach der Legaldefinition in § 1 Abs. 2 VermAnlG a. F. wie bereits unter dem VerkProspG zunächst Anteile, die eine Beteiligung am Ergebnis eines Unternehmens gewähren, (§ 1 Abs. 2 Nr. 1 VermAnlG) und Anteilen an einem Vermögen, das der Emittent oder ein Dritter in eigenem Namen für fremde Rechnung hält oder verwaltet, (Treuhandvermögen) (§ 1 Abs. 2 Nr. 2 VermAnlG). Darüber hinaus unterfielen nach § 1 Abs. 2 Nr. 4 VermAnlG a. F. nun auch explizit Genussrechte sowie nach § 1 Abs. 2 Nr. 5 VermAnlG a. F. Namensschuldverschreibungen dem Anwendungsbereich des VermAnlG.351 Sämtliche Finanzierungsinstrumente fielen nur in den Anwendungsbereich des VermAnlG, sofern die Anteile jeweils nicht in Wertpapieren i. S. d. WpPG verbrieft und nicht als Anteile an Investmentvermögen i. S. d. § 1 Abs. 1 KAGB ausgestaltet waren. Anteile, die eine Beteiligung am Ergebnis eines Unternehmens gewähren, i. S. d. § 1 Abs. 2 Nr. 1 VermAnlG sind alle Unternehmensbeteiligungen wie insbesondere Anteile an BGB-Gesellschaften und an Personengesellschaften, GmbH-Ge 347

Siehe dazu sogleich unter § 5 D. I. 3. c) unten. Von den 19 im Zeitraum vom 01. 08. 2011 bis zum 31. 05. 2012 auf Crowdinvesting-Plattformen angeboten Crowdinvesting-Finanzierungen wurden 18 erfolgreich abgeschlossen. Die Investmentbeziehung war in 18 Fällen als stille Beteiligung und in einem Fall als Genussrecht ausgestaltet. 18 der angebotenen Finanzierungen waren auf ein Fundingvolumen von 100.000 Euro begrenzt, in einem Fall war die maximale Fundingsumme 50.000 Euro, sodass aufgrund der Ausnahmeregelung für Kleinemissionen nach § 8f Abs. 2 Nr. 3 Alt. 2 VerkProspG ein Verkaufsprospekt in keinem Fall erforderlich war. Zu einer ausführlichen empirischen Analyse der Entwicklung der auf dem Crowdinvesting-Markt angebotenen Rechtsformen siehe § 8 B. I. 2.  unten. 349 Das Gesetz über Vermögensanlagen (Vermögensanlagengesetz  – VermAnlG) wurde durch Art. 1 des Gesetzes zur Novellierung des Finanzanlagenvermittler- und Vermögensanlagenrechts vom 06. 12. 2011, BGBl. I, S. 2481, in Kraft seit 01. 06. 2012, eingeführt, welches zugleich das VerkProspG außer Kraft setzte. Vgl. dazu und zur beabsichtigten Verbesserung des Anlegerschutzes auf dem Grauen Kapitalmarkt Bruchwitz / Voß, BB 2011, 1226; Wagner, NZG 2011, 609 ff.; Bußalb / Vogel, WM 2012, 1416 ff.; Hanten / Reinholz, ZBB 2012, 36; Fried­ richsen / Weisner, ZIP 2012, 756; Zingel / Varadinek, BKR 2012, 177. 350 Vgl. etwa Hanten / Reinholz, ZBB 2012, 36, 36 ff. 351 § 1 Abs. 2 Nr. 3 VermAnlG, wonach auch „Anteile an sonstigen geschlossenen Fonds“ unter den Begriff der Vermögensanlage i. S. d. VermAnlG fielen, wurde durch das AIFMUmsetzungsgesetz vom 04. 07. 2013, BGBl. I 2013, S. 1981, mit Wirkung vom 22. 07. 2013 aufgehoben. 348

D. Regulatorischer Rahmen des Crowd­investing  

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schäftsanteile, Genossenschaftsanteile sowie stille Beteiligungen.352 Nicht in Wertpapieren verbriefte Genussrechte waren nunmehr ausdrücklich in § 1 Abs. 2 Nr. 4 VermAnlG a. F. von der Definition der Vermögensanlagen umfasst.353 Keine Vermögensanlagen i. S. d. § 1 Abs. 2 Nr. 1 VermAnlG a. F. waren nach überwiegender Ansicht partiarische Darlehen.354 Mit Blick auf das Crowd­investing von Bedeutung ist insbesondere, dass sowohl die bislang hauptsächlich zur Finanzierung verwendeten stillen Beteiligungen als auch Genussrechte als Vermögensanlagen i. S. d. VermAnlG zu qualifizieren waren. Partiarische Nachrangdarlehen fielen nach überwiegender Ansicht hingegen weiterhin nicht in den Anwendungsbereich des VermAnlG und konnten nach dieser Ansicht – in unbegrenzter Höhe – prospektfrei angeboten werden.355 Angesichts der mit den Abgrenzungsschwierigkeiten von partiarischen Nachrangdarlehen zu Genussrechten und stillen Beteiligungen356 sowie der Gegenansicht hinsichtlich der Qualifikation von partiarischen Nachrangdarlehen als Vermögensanlagen im Sinne des VermAnlG einhergehenden Rechtsunsicherheit war dies für die Emittenten jedoch mit Risiken behaftet. 352

Zwissler, in: Habersack / Mülbert / Schlitt (Hrsg.), Handbuch der Kapitalmarktinformation, 3. Aufl., 2020, § 8, Rn. 19. 353 Vgl. dazu Bußalb / Vogel, WM 2012, 1416, 1417; Hanten / Reinholz, ZBB 2012, 36, 37. 354 So die Gesetzesbegründung, BT-Drs. 15/3174, S. 42; ferner Zwissler, in: Habersack / Mülbert / Schlitt (Hrsg.), Handbuch der Kapitalmarktinformation, 2. Aufl., 2013, § 8, Rn. 15; Bußalb / Vogel, WM 2012, 1416, 1417; Nietsch / Eberle, DB 2014, 1788, 1792; kritisch Bruchwitz / Voß, BB 2011, 1226, 1227. A. A. aber Hanten / Reinholz, ZBB 2012, 36, 37, die partiarische Nachrangdarlehen soweit deren Darlehensbeträge nicht unbedingt rückzahlbar waren als Genussrechte einordneten. Ebenfalls a. A. Weitnauer / Parzinger, GWR 2013, 153, 155: Bei Einräumung einer quotalen Beteiligung am Gewinn oder Veräußerungserlös unterscheide sich das partiarische Darlehen von der stillen Beteiligung allenfalls in seiner Bezeichnung und sei daher als Vermögensanlage zu qualifizieren. A. A. speziell mit Blick auf das Crowdinvesting schließlich auch Bader, WM 2014, 2249, 2253, 2256, der die im Rahmen des Crowdinvesting angebotenen partiarischen Nachrangdarlehen aufgrund ihrer eigenkapitalgleichen Teilhabe am Gewinn und an den stillen Reserven und dem Firmenwert sowie angesichts des eigenkapitalgleichen Verlustrisikos als Unternehmensbeteiligungen im Sinne des § 1 Abs. 2 Nr. 1 VermAnlG begreift. 355 Im Zeitraum vom 01. 06. 2012 bis zum 09. 07. 2015 wurden insgesamt 198 Crowdinvestments angeboten. Hiervon erfolgten 82 in Form von stillen Beteiligungen und 23 in Form von Genussrechten. Die Finanzierungsvolumina der zur Finanzierung der Start-ups angebotenen stillen Beteiligungen und Genussrechte betrugen dabei – bis auf zehn Ausnahmen – jeweils maximal 100.000 Euro. Die angebotenen Vermögensanlagen unterfielen somit – bis auf die zehn Ausnahmen – der Ausnahme nach § 2 Nr. 3 lit. b) VermAnlG und konnten daher prospektfrei begeben werden. Für die nicht im Rahmen der Ausnahme für Kleinemissionen nach § 2 Nr. 3 lit. b) VermAnlG angebotenen Vermögensanalgen vgl. § 8, Fn. 293. Weitere 93 Crowdinvesting-Angebote erfolgten in Form von partiarischen Nachrangdarlehen. Die Fundingsumme reichte bis zu 3 Mio. Euro und betrugen im Durchschnitt rund 350.000 Euro. Es wird deutlich, dass die Crowdinvesting-Plattformen auf partiarische Nachrangdarlehen umgeschwenkt sind, um höhere Emissionsvolumina ohne Prospektpflicht realisieren zu können. Zu einer ausführlichen empirischen Analyse der Entwicklung der auf dem Crowdinvesting-Markt angebotenen Rechtsformen siehe § 8 B. I. 2.  unten. 356 Siehe dazu § 5 C. III. 2.  oben.

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§ 5 Rechtlicher Rahmen des Crowd­investing

(3) Rechtslage seit Inkrafttreten des KASG zum 10. Juli 2015 Mit dem Kleinanlegerschutzgesetz (KASG)357 wurde der Katalog der prospekt­ pflichtigen Vermögensanlagen insbesondere um die im Rahmen des Crowdinvesting verwendeten partiarischen Nachrangdarlehen erweitert. Neben den bereits zuvor als Vermögensanlagen zu qualifizierenden Unternehmensbeteiligungen, Anteilen an Treuhandvermögen, Genussrechten und Namensschuldverschreibungen358 sind seither auch partiarische Darlehen (Nr. 3), Nachrangdarlehen (Nr. 4) und „sonstige Anlagen, die einen Anspruch auf Verzinsung und Rückzahlung gewähren oder im Austausch für die zeitweise Überlassung von Geld einen vermögenswerten auf Barausgleich gerichteten Anspruch vermitteln“ (Nr. 7 a. F.)359 nach § 1 Abs. 2 VermAnlG dem Regelungsregime des VermAnlG unterworfen. Weitere Voraussetzung für die Anwendung des VermAnlG ist zudem, dass die entsprechenden Finanzierungsinstrumente nicht in Wertpapieren im Sinne des WpPG verbrieft und nicht als Anteile an Investmentvermögen im Sinne des § 1 Abs. 1 KAGB ausgestaltet sind. Das WpPG (bzw. die ProspektVO) und das KAGB haben insoweit Vorrang.360 Ferner darf die Annahme der Gelder durch den Emittenten nicht als Einlagengeschäft im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 KWG zu qualifizieren sein (§ 1 Abs. 2 VermAnlG a. E.).361 Mit der Aufnahme der partiarische Darlehen in § 1 Abs. 2 Nr. 3 VermAnlG und der Nachrangdarlehen in § 1 Abs. 2 Nr. 4 VermAnlG als Vermögensanlagen i. S. d. VermAnlG wollte der Gesetzgeber bestehende Strukturen zur Umgehung der Anforderungen an die Emissionen von bislang dem VermAnlG unterfallen-

357 Kleinanlegerschutzgesetz vom 03. 07. 2015, BGBI I 2015, S. 1114, in Kraft getreten mit Wirkung zum 10. 07. 2015. Für einen Überblick zu den Änderungen durch das KASG siehe etwa Buck-Heeb, NJW 2015, 2535–5241; Kollrus, MDR 2015, 1334–1339; Heisterhagen / Conreder, DStR 2015, 1929; Aschenbeck-Florange / Drefke, RdF 2015, 284; Bußalb / Vogel, WM 2015, 1733 ff. und 1785 ff.; Kollrus, MDR 2015, 1334–1339; Roth, GWR 2015, 243; Bujotzek / Mocker, BKR 2015, 358. Zu Übergangsbestimmungen siehe Riethmüller, DB 2015, 1451, 1456 f. Zum Gesetzesentwurf vgl. insbesondere Jesch / Siemko, BB 2014, 2570; Nietsch / Eberle, DB 2014, 2575; Klöhn / Hornuf, DB 2015, 47; Fett, KSzW 2015, 139. 358 Siehe § 5 D. I. 3. a) aa) (2) oben. 359 Die aktuelle Fassung des § 1 Abs. 2 Nr. 7 VermAnlG lautet: „sonstige Anlagen, die eine Verzinsung und Rückzahlung oder einen vermögenswerten Barausgleich im Austausch für die zeitweise Überlassung von Geld gewähren oder in Aussicht stellen“. 360 Vgl. zum Vorrang des KAGB von Ammon, in: Siering / Izzo-Wagner (Hrsg.), VermAnlG, 2017, § 1, Rn. 36 ff. 361 Der Anwendungsbereich des § 1 Abs. 2 Nr. 3 VermAnlG dürfte begrenzt sein. Sofern partiarische Darlehen keinen Rangrücktritt enthalten, begründen diese grundsätzlich einen unbedingten Rückzahlungsanspruch. Die Entgegennahme der Darlehen ist dann als Einlagengeschäft i. S. d. § 1 Abs. 1 Satz Nr. 1 KWG zu qualifizieren, sodass das VermAnlG nicht anwendbar ist (§ 1 Abs. 2 VermAnlG a. E.). Vgl. dazu von Ammon, in: Siering / Izzo-Wagner (Hrsg.), VermAnlG, 2017, § 1, Rn. 71.

D. Regulatorischer Rahmen des Crowd­investing  

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den Vermögensanlagen zukünftig verhindern.362 Mit § 1 Abs. 2 Nr. 7 VermAnlG wurde zudem erstmals ein generalklauselartiger Auffangtatbestand eingefügt.363 Danach unterfallen auch „sonstige Anlagen, die eine Verzinsung und Rückzahlung oder einen vermögenswerten Barausgleich im Austausch für die zeitweise Überlassung von Geld gewähren oder in Aussicht stellen,“ als Vermögensanlagen dem Anwendungsbereich des VermAnlG. Ziel des Auffangtatbestandes des § 1 Abs. 2 Nr. 7 VermAnlG ist es nach der Gesetzesbegründung, sämtliche mit partiarischen Darlehen und Nachrangdarlehen wirtschaftlich vergleichbaren Vermögensanlagen zu erfassen und entsprechende Umgehungsstrukturen zu verhindern.364 Die Abgrenzung von partiarischen Darlehen und Nachrangdarlehen und damit die Einordnung unter § 1 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 VermAnlG erweist sich angesichts der Existenz zahlreicher Mischformen im Einzelfall allerdings als schwierig. Die im Bereich des Crowd­investing vornehmlich vorzufindenden Darlehensverträge, die sowohl partiarische Elemente als auch eine Rangrücktrittsvereinbarung beinhalten, unterfallen sowohl § 1 Abs. 2 Nr. 3 als auch Nr. 4 VermAnlG. Eine alternative Einordnung ist insoweit nicht möglich – mangels divergierender Rechts­ folgen jedoch auch nicht erforderlich.365 Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass seit Inkrafttreten des KASG zum 10. Juli 2015 auch die im Rahmen des Crowd­investing hauptsächlich zum Einsatz kommenden partiarische Nachrangdarlehen366 als Vermögensanlagen i. S. d. § 1 Abs. 2 Nr. 3 bzw. Nr. 4 VermAnlG in den Anwendungsbereich des VermAnlG fallen. Insoweit bestehende Rechtsunsicherheiten wurden durch das KASG beseitigt. Das öffentliche Angebot von partiarischen Nachrangdarlehen erforderte damit seither grundsätzlich die Veröffentlichung eines Verkaufsprospekts.367

362 Gesetzentwurf der Bundesregierung, Entwurf eines Kleinanlegerschutzgesetzes, BTDrs. 18/3994, S. 38. 363 Casper, ZBB 2015, 265, 268 bezeichnet § 1 Abs. 2 Nr. 7 VermAnlG als „kleine Generalklausel“. Vgl. zum Charakter eines Auffangtatbestandes auch VG Frankfurt a. M., Beschl. v. 13. 06. 2016, 7 L 1268/16.F, WM 2017, 468. 364 Gesetzentwurf der Bundesregierung, Entwurf eines Kleinanlegerschutzgesetzes, BTDrs. 18/3994, S. 38. Zur Kritik an und offenen Fragen in Bezug auf die (mittlerweile geänderte) Fassung des § 1 Abs. 2 Nr. 7 VermAnlG a. F. vgl. etwa Casper, ZBB 2015, 265, 268; Danwerth, ZBB 2016, 20, 23; ferner auch Bußalb / Vogel, WM 2015, 1733, 1735; von Ammon, in: Siering / Izzo-Wagner (Hrsg.), VermAnlG, 2017, § 1, Rn. 86. 365 Ebenso Danwerth, ZBB 2016, 20, 23. 366 Nach Inkrafttreten des Kleinanlegerschutzgesetzes zum 10. 07. 2015 bis zum 31. 12. 2016 wurden auf dem deutschen Crowdinvesting-Markt 63 Unternehmensfinanzierungen in Form von partiarischen Nachrangdarlehen angeboten. Von diesen wurden 43 Finanzierungen erfolgreich abgeschlossen. Die Fundingsummen reichten bis zu rund 1 Mio. Euro und betrugen im Durchschnitt rund 370.000 Euro. 367 Zur Prospektpflicht nach § 6 VermAnlG siehe sogleich unter § 5 D. I. 3. b) unten, zu den Ausnahmen von der Prospektpflichtsiehe unter § 5 D. I. 3. c) und § 5 D. I. 3. d) unten.

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§ 5 Rechtlicher Rahmen des Crowd­investing

bb) Öffentliches Angebot Die Anwendbarkeit des VermAnlG setzt weiterhin voraus, dass die Vermögensanlage im Inland öffentlich angeboten wird (§ 1 Abs. 1 VermAnlG). Zwar enthält das VermAnlG keine Definition des öffentlichen Angebots. Allerdings kann angesichts derselben Schutzrichtung des WpPG die Definition des § 2 Nr. 4 WpPG a. F. herangezogen werden.368 Demnach kann ein öffentliches Angebot i. S. d. VermAnlG verstanden werden als eine Mitteilung an das Publikum in jedweder Form und auf jedwede Art und Weise, die ausreichende Informationen über die Angebotsbedingungen und die anzubietenden Vermögensanlagen enthält, um einen Anleger in die Lage zu versetzen, über den Kauf oder die Zeichnung dieser Vermögensanlagen zu entscheiden.369 Ein Angebot in diesem Sinne liegt nicht erst bei einem rechtsverbindlichen Vertragsangebot i. S. d. BGB (vgl. §§ 145 ff. BGB) vor.370 Ausreichend ist bereits die Aufforderung des Anlegers, seinerseits ein Angebot abzugeben.371 Voraussetzung ist allerdings, dass der Erwerb der Vermögensanlage konkret und tatsächlich möglich ist.372 Öffentlich ist das Angebot, wenn es an einen unbestimmten Personenkreis gerichtet ist.373 Im Hinblick auf den Inlandsbezug ist schließlich erforderlich, dass sich das Angebot zielgerichtet an den deutschen Markt wendet.374 Bei Angeboten über das Internet sprechen insbesondere ein Angebot in deutscher Sprache, Werbung in deutschen Medien oder deutschlandspezifische Produktbeschreibungen dafür, dass sich das Angebot an deutsche Anleger wendet.375 Die auf den Crowd­investing-Plattformen angebotenen Vermögensanlagen sind mit Beginn der Zeichnungsfrist als Aufforderung an das Publikum zu verstehen, ein Zeichnungsangebot abzugeben. Mit Beginn der Zeichnungsfrist und Freischal 368

von Ammon, in: Siering / Izzo-Wagner (Hrsg.), VermAnlG, 2017, § 1, Rn. 12. Siehe dazu bereits § 5 D. I. 2. a) bb) oben. 369 Vgl. von Ammon, in: Siering / Izzo-Wagner (Hrsg.), VermAnlG, 2017, § 1, Rn. 12; ferner Schlitt, in: Habersack / Mülbert / Schlitt (Hrsg.), Handbuch der Kapitalmarktinformation, 3. Aufl., 2020, § 3, Rn. 30 ff.; Groß, Kapitalmarktrecht, 8. Aufl., 2022, § 2 WpPG, Rn. 6 ff. 370 von Ammon, in: Siering / Izzo-Wagner (Hrsg.), VermAnlG, 2017, § 1, Rn. 13; vgl. auch Schlitt, in: Habersack / Mülbert / Schlitt (Hrsg.), Handbuch der Kapitalmarktinformation, 3. Aufl., 2020, § 3, Rn. 31; Grunewald / Schlitt, Einführung in das Kapitalmarktrecht, 4. Aufl., 2020, S. 227. 371 von Ammon, in: Siering / Izzo-Wagner (Hrsg.), VermAnlG, 2017, § 1, Rn. 13; vgl. auch Groß, Kapitalmarktrecht, 8. Aufl., 2022, § 2 WpPG, Rn. 11; Schlitt, in: Habersack / Mülbert / ​ Schlitt (Hrsg.), Handbuch der Kapitalmarktinformation, 3. Aufl., 2020, § 3, Rn. 31. 372 von Ammon, in: Siering / Izzo-Wagner (Hrsg.), VermAnlG, 2017, § 1, Rn. 14; Zwissler, in: Habersack / Mülbert / Schlitt (Hrsg.), Handbuch der Kapitalmarktinformation, 3. Aufl., 2020, § 8, Rn. 14; Schlitt, in: Habersack / Mülbert / Schlitt (Hrsg.), Handbuch der Kapitalmarktinformation, 3. Aufl., 2020, § 3, Rn. 31. 373 Zwissler, in: Habersack / Mülbert / Schlitt (Hrsg.), Handbuch der Kapitalmarktinformation, 3. Aufl., 2020, § 8, Rn. 12; Grunewald / Schlitt, Einführung in das Kapitalmarktrecht, 4. Aufl., 2020, S. 227. 374 von Ammon, in: Siering / Izzo-Wagner (Hrsg.), VermAnlG, 2017, § 1, Rn. 24 f. 375 von Ammon, in: Siering / Izzo-Wagner (Hrsg.), VermAnlG, 2017, § 1, Rn. 27.

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tung der jeweiligen Kampagne ist der Erwerb der Vermögenanlage konkret und tatsächlich möglich. Das Angebot ist zudem an einen unbestimmten Personenkreis gerichtet. Zwar ist zum endgültigen Abschluss des Finanzierungsvertrages in der Regel eine Registrierung bzw. Anmeldung auf der Crowd­investing-Plattform erforderlich. Allerdings sind die Angebote regelmäßig bereits ohne Anmeldung öffentlich einsehbar. Überdies ist eine Registrierung für jedermann möglich. Schließlich richtet sich das Angebot zielgerichtet an Anleger auf dem deutschen Markt. cc) Anbieter Der Begriff des Anbieters als Adressat der Pflichten des VermAnlG wird im VermAnlG nicht definiert. Zwar ist das VermAnlG nicht Bestandteil des europarechtlich unmittelbar determinierten Kapitalmarktrechts.376 Allerdings ist davon auszugehen, dass der Gesetzgeber mit der Terminologie des VermAnlG an das übrige, harmonisierte Kapitalmarktrecht, insbesondere an die Begrifflichkeiten des Prospektrechts anknüpfen wollte.377 § 6 VermAnlG knüpft insbesondere an die zirkuläre Definition des Anbieters von Wertpapieren an.378 Nach § 2 Nr. 10 WpPG a. F. war Anbieter eine Person oder Gesellschaft, „die Wertpapiere öffentlich anbietet“.379 Auch Art. 2 lit. i) ProspektVO definiert Anbieter als „eine Rechtspersönlichkeit oder natürliche Person, die Wertpapiere öffentlich anbietet“. Nach der Gesetzesbegründung zum VermAnlG ist Anbieter derjenige, der für das öffentliche Angebot der Vermögensanlage verantwortlich ist und den Anlegern gegenüber nach außen erkennbar als Anbieter auftritt.380 Damit ist die in der Lite-

376

Vgl. Maas, in: Assmann / Schlitt / von Kopp-Colomb (Hrsg.), Prospektrecht, 4. Aufl., 2022, § 1 VermAnlG, Rn. 2. 377 Dies wird bereits dadurch deutlich, dass der Gesetzgeber einerseits in der Gesetzesbegründung zum VermAnlG im Hinblick auf den Anbieterbegriff auf die Gesetzesbegründung zum VerkProspG verwies, vgl. BT-Drs. 17/6051, S. 32, und andererseits auch in der Gesetzesbegründung zum WpPG auf den Anbieterbegriff in der Gesetzesbegründung zum VerkProspG verwies (vgl.  RegBegr. zum Prospektrichtlinie-Umsetzungsgesetz, BT-Drs. 15/4999, S. 29). Siehe auch Maas, in: Assmann / Schlitt / von Kopp-Colomb (Hrsg.), Prospektrecht, 4. Aufl., 2022, § 1 VermAnlG, Rn. 1 ff.; Bruchwitz / Voß, BB 2011, 1229; Zwissler, in: Habersack / Mülbert / Schlitt (Hrsg.), Handbuch der Kapitalmarktinformation, 3. Aufl., 2020, § 8, Rn. 10. 378 Vgl. von Ammon, in: Siering / Izzo-Wagner (Hrsg.), VermAnlG, 2017, § 6, Rn. 12. 379 Vgl. von Ammon, in: Siering / Izzo-Wagner (Hrsg.), VermAnlG, 2017, § 6, Rn. 12. 380 So die RegBegr. zum Entwurf eines Gesetzes zur Novellierung des Finanzanlagenvermittler- und Vermögensanlagenrechts vom 06. 06. 20211, BT-Drs. 17/6051, S. 32, die insoweit der Gesetzesbegründung zu den Vorgängernormen des VerkProspG (RegBegr. zum Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung des Anlegerschutzes (Anlegerschutzverbesserungsgesetz – AnSVG) vom 24. 05. 2004, BT-Drs. 15/3174, S. 42) entspricht; vgl. Zwissler, in: Haber­ sack / Mülbert / Schlitt (Hrsg.), Handbuch der Kapitalmarktinformation, 3. Aufl., 2020, § 8, Rn. 10; Maas, in: Assmann / Schlitt / von Kopp-Colomb (Hrsg.), Prospektrecht, 4. Aufl., 2022, § 6 VermAnlG, Rn. 3.

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ratur wohl überwiegend vertretene sog. Zwei-Elemente-Lehre381 angesprochen.382 Der Anbieterbegriff setzt demnach zwei Elemente voraus: als funktionales Element eine innere Verantwortlichkeit und als formelles Element ein Auftreten nach außen.383 Nach Ansicht der BaFin und überwiegender Ansicht in der Literatur ist es ausreichend, wenn eines der beiden Elemente vorliegt.384 Für ein solches alternatives Verständnis spricht vor allem, dass andernfalls mit dem Schutzzweck der jeweiligen Normen unvereinbare Umgehungsmöglichkeiten geschaffen würden.385 Die Verantwortlichkeit drückt sich unter anderem in der Übernahme des Platzierungs- oder Haftungsrisikos für die Emission aus.386 Weiterhin setzt das Merkmal der Verantwortlichkeit einen aktiven Beitrag zur Distribution der Wertpapiere bzw. der Vermögensanlagen oder eine „sonstige Kontrolle über den Ablauf der Transaktion“ sowie ein eigenes wirtschaftliches Interesse voraus.387 Unstreitig ist, dass neben Dritten, die beispielsweise für den Vertrieb der Vermögensanlage verantwortlich sind, jedenfalls auch der Emittent Anbieter sein kann. Emittent und Anbieter können also identisch sein.388 Emittent ist nach der Legaldefinition des § 1 Abs. 3 VermAnlG „die Person oder die Gesellschaft, deren Vermögensanlagen auf Grund eines öffentlichen Angebots im Inland ausgegeben

381

Ritz / Z eising, in: Just / Voß / R itz / Zeising, WpPG, 2009, § 2, Rn.  197; Arndt / Voß, in: Arndt / ​ Voß (Hrsg.), VerkProspG, 2008, Vor § 8f, Rn. 13; von Ammon, in: Siering / Izzo-Wagner (Hrsg.), VermAnlG, 2017, § 6, Rn. 11; Danwerth, ZBB 2016, 20, 28; Maas, in: Assmann / Schlitt / von Kopp-Colomb (Hrsg.), Prospektrecht, 4. Aufl., 2022, § 6 VermAnlG, Rn. 3; Hanten / Reinholz, ZBB 2012, 36, 38. 382 Eine andere Ansicht versucht die Anbietereigenschaft unter Übertragung der strafrecht­ lichen Lagertheorie zu bestimmen. Anbieter ist demnach derjenige, der im Lager des Emittenten steht und nicht unabhängig von diesem handelt. Entscheidende Kriterien dafür sind typologische Merkmale wie beispielsweise ein bestehendes Auftragsverhältnis oder umsatzabhängige Provisionen. Siehe dazu von Kopp-Colomb / L enz, BKR 2002, 5, 7; vgl. ferner Ritz / Z eising, in: Just / Voß / R itz / Zeising (Hrsg.), WpPG, 2009, § 2, Rn.  215 ff. 383 Vgl. von Ammon, in: Siering / Izzo-Wagner (Hrsg.), VermAnlG, 2017, § 6, Rn. 11; Hennrichs, in: Schwark / Zimmer (Hrsg.), Kapitalmarktrechts-Kommentar, 4. Aufl., 2010, § 8f VerkProspG, Rn. 16; Ritz / Z eising, in: Just / Voß / R itz / Zeising (Hrsg.), WpPG, 2009, § 2, Rn. 197; Arndt / Voß, in: Arndt / Voß (Hrsg.), VerkProspG, 2008, Vor § 8f, Rn. 13. 384 Zur Regelung unter dem VerkProspG Hennrichs, in: Schwark / Zimmer (Hrsg.), Kapitalmarktrechts-Kommentar, 4. Aufl., 2010, § 8f VerkProspG, Rn. 16; Groß, Kapitalmarktrecht, 5. Aufl., 2012, § 2 WpPG, Rn. 25 f.; siehe auch von Kopp-Colomb / J. Schneider, in: Assmann / ​ Schlitt / von Kopp-Colomb (Hrsg.), WpPG / VermAnlG, 3. Aufl., 2017, § 2 WpPG, Rn. 94. 385 Hennrichs, in: Schwark / Zimmer (Hrsg.), Kapitalmarktrechts-Kommentar, 4. Aufl., 2010, § 8f VerkProspG, Rn. 16. 386 Vgl. Heidelbach, in: Schwark / Zimmer (Hrsg.), Kapitalmarktrechts-Kommentar, 4. Aufl., 2010, § 2 WpPG, Rn. 55 ff. 387 Schnorbus, AG 2008, 389, 390; Preuße, in: Schwark / Zimmer (Hrsg.), Kapitalmarktrechts-Kommentar, 5. Aufl., 2020, § 2 WpPG, Rn. 34. 388 Zwissler, in: Habersack / Mülbert / Schlitt (Hrsg.), Handbuch der Kapitalmarktinformation, 3. Aufl., 2020, § 8, Rn. 10. So auch der Gesetzentwurf der Bundesregierung für das Gesetz zur Novellierung des Finanzanlagenvermittler- und Vermögensanlagenrechts, BTDrs. 17/6051, S. 32.

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sind.“ Als derjenige, der Kapital von den Anlegern erhält und gegenüber dem der Anleger einen Anspruch auf Kapitalrückzahlung und / oder Gewinnbeteiligung und / oder Zinszahlung hat, dürfte der Emittent regelmäßig funktional verantwortlich sein.389 Tritt im Falle einer Eigenemission nur der Emittent nach außen auf und ist zugleich für das Angebot verantwortlich, werden beide Elemente i. S. d. „ZweiElemente-Lehre“ in einer Person verwirklicht.390 Werden neben dem Emittenten weitere Personen tätig, bleibt die Anbietereigenschaft des Emittenten grundsätzlich – ggf. neben weiteren Anbietern – bestehen, da die Wertpapiere (bzw. Vermögensanlagen) nicht ohne den Willen des Emittenten begeben bzw. angeboten werden können.391 Es kann somit festgehalten werden, dass die kapitalsuchenden Unternehmen392 nach allen Ansichten nicht nur Emittenten sondern zugleich auch Anbieter der Vermögensanlagen i. S. d. VermAnlG sind.393 b) Pflicht zur Veröffentlichung eines Verkaufsprospekts nach § 6 VermAnlG Nach § 6 VermAnlG ist ein Anbieter, der im Anwendungsbereich des ­VermAnlG Vermögensanlagen anbietet, grundsätzlich zur Veröffentlichung eines Verkaufsprospekts verpflichtet. Der Verkaufsprospekt muss nach § 7 Abs. 1 Satz 1 VermAnlG alle tatsächlichen und rechtlichen Angaben enthalten, die notwendig sind, um dem Publikum eine zutreffende Beurteilung des Emittenten und der Vermögensanlagen einschließlich der Anlegergruppe, auf die die Vermögensanlage abzielt, zu ermöglichen.394 Detaillierte Anforderungen zum Inhalt des Verkaufsprospekts werden in § 7 VermAnlG geregelt und in der Vermögensanlagen-Verkaufsprospektverordnung (VermVerkProspV)395 konkretisiert. Der Verkaufsprospekt ist vor seiner 389

von Ammon, in: Siering / Izzo-Wagner (Hrsg.), VermAnlG, 2017, § 6, Rn. 16. Ritz / Z eising, in: Just / Voß / R itz / Zeising (Hrsg.), WpPG, 2009, § 2, Rn. 198; Hennrichs, in: Schwark / ​Zimmer (Hrsg.), Kapitalmarktrechts-Kommentar, 4. Aufl., 2010, § 8f VerkProspG, Rn. 17; ferner Zwissler, in: Habersack / Mülbert / Schlitt (Hrsg.), Handbuch der Kapitalmarktinformation, 3. Aufl., 2020, § 8, Rn. 10; Maas, in: Assmann / Schlitt / von Kopp-Colomb (Hrsg.), Prospektrecht, 4. Aufl., 2022, § 6 VermAnlG, Rn. 5. Vgl. auch den Gesetzentwurf der Bundesregierung für das Gesetz zur Novellierung des Finanzanlagenvermittler- und Vermögensanlagenrechts, BT-Drs. 17/6051, S. 32. 391 Preuße, in: Schwark / Zimmer (Hrsg.), Kapitalmarktrechts-Kommentar, 5. Aufl., 2020, § 2 WpPG, Rn. 35. 392 Zur Frage der Anbietereigenschaft der Crowdinvesting-Plattformen siehe § 5 D. II. 2. d) aa) unten. 393 Im Ergebnis ebenso Schedensack, Crowdinvesting, 2018, S. 334; Voß, ZBB 2018, 305, 313 f.; zweifelnd Danwerth, ZBB 2016, 20, 28. 394 Ausführlich zum erforderlichen Inhalt des Verkaufsprospekts nach § 6 VermAnlG Heuer, Die Regulierung von Crowdinvesting, 2017, S. 98 ff. m. w. N. 395 Verordnung über Vermögensanlagen-Verkaufsprospekte (Vermögensanlagen-Verkaufs­ prospektverordnung  – VermVerkProspV) vom 16. 12. 2004 (BGBl. 2004 I, S. 3464) zuletzt geändert durch Artikel 1 der Verordnung vom 18. August 2021 (BGBl. I S. 3917). Zur ­VermVerkProspV vgl. etwa Bußalb / Vogel, WM 2015, 1785, 1785 ff. 390

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Veröffentlichung durch die BaFin zu billigen (§ 8 Abs. 1 VermAnlG).396 Nach § 15a VermAnlG kann die BaFin vom Anbieter die Aufnahme zusätzlicher Angaben in den Prospekt verlangen, wenn dies zum Schutz des Publikums geboten erscheint. c) Ausnahmen nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 VermAnlG Entsprechend der Regelungen des WpPG a. F. bzw. der ProspektVO397 bestehen nach § 2 VermAnlG partielle Ausnahmen von Vorschriften des VermAnlG (insbesondere der Pflicht zur Erstellung eines Verkaufsprospekts). Die Ausnahmetatbestände sollen eine Überregulierung des Grauen Kapitalmarkts verhindern.398 Im Kontext des Crowd­investing von Bedeutung ist insbesondere § 2 Abs. 1 Nr. 3 b) VermAnlG. Demnach gelten für Kleinstemissionen, d. h. Angebote, bei denen der Verkaufspreis399 der in einem Zeitraum von zwölf Monaten angebotenen Anteile der Vermögensanlage insgesamt 100.000 Euro nicht übersteigt, Ausnahmen, insbesondere eine Befreiung von den Pflichten zur Erstellung eines Prospekts (§ 6 VermAnlG) und eines Vermögensanlagen-Informationsblatts (§ 13 Abs. 1 ­VermAnlG).400 Bereits unter Geltung des VerkProspG waren nach der entsprechenden Vorgängerregelung (§ 8f Abs. 2 Nr. 3 Alt.  2 Verk­ProspG) Kleinstemissionen mit einem Jahresemissionsvolumen von bis zu 100.000 Euro von der Prospektpflicht befreit. Der Ausnahmetatbestand des § 2 Abs. 1 Nr. 3 b) VermAnlG bzw. die entsprechende Vorgängerregelung in § 8f Abs. 2 Nr. 3 Alt. 2 VerkProspG war in der Entstehungsphase des Crowd­investing von maßgeblicher Bedeutung.401 396

Der Billigung durch die BaFin liegt allerdings lediglich eine Vollständigkeits-, Kohärenzund Verständlichkeitsprüfung des Verkaufsprospekts zugrunde (§ 8 Abs. 1 Satz 2 VermAnlG). Vgl. dazu etwa von Ammon, in: Siering / Izzo-Wagner (Hrsg.), VermAnlG, 2017, § 8, Rn. 1 ff. 397 Siehe dazu § 5 D. I. 2. b) aa) oben.­ 398 Vgl. Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Gesetz zur Novellierung des Finanz­ anlagenvermittler- und Vermögensanlagenrechts, BT-Drs. 17/6051, S. 32; ferner Melovski, in: Siering / Izzo-Wagner (Hrsg.), VermAnlG, 2017, § 2, Rn. 1. Gleichwohl hat die BaFin auch im Anwendungsbereich der Ausnahmevorschriften die Befugnisse der Produktintervention nach § 15 WpHG sowie die hierzu erforderlichen Auskunftsansprüche (§ 2 Abs. 1 i. V. m. §§ 18 Abs. 2, 19 Abs. 1 Nr. 3 und 4 VermAnlG). 399 Als „Verkaufspreis“ ist der Erwerbspreis für die Vermögensanlagen nach § 4 Satz 1 Nr. 9 VermVerkProspV zu verstehen. Im Hinblick auf partiarische Darlehen und Nachrangdarlehen stößt diese Terminologie zwar an ihre Wortlautgrenze. Vor dem Hintergrund der Intention des Gesetzgebers, sämtliche Vermögensanlagen von der Ausnahme zu umfassen, ist der Begriff jedoch entsprechend weit auszulegen. Vgl. Melovski, in: Siering / Izzo-Wagner (Hrsg.), VermAnlG, 2017, § 2, Rn. 20. 400 Vgl. dazu etwa Melovski, in: Siering / Izzo-Wagner (Hrsg.), VermAnlG, 2017, § 2, Rn. 19 ff. 401 Siehe bereits Fn. 348 und Fn. 355 oben. Von den 217 bis zum 09. 07. 2015 angebotenen Crowd­investing-Finanzierungen waren 124 stille Beteiligungen oder Genussrechte. Von diesen wurden wiederum 114 im Rahmen der Bereichsausnahme für Kleinstemissionen, d. h. mit einem maximalen Finanzierungsziel von 100.000 Euro, prospektfrei angeboten. Weitere 93 Crowd­ investing-Angebote (mit einer Fundingsumme von bis zu 3 Mio. Euro) erfolgten in Form von partiarischen Nachrangdarlehen. Zu einer ausführlichen empirischen Analyse der Entwicklung der auf dem Crowdinvesting-Markt angebotenen Rechtsformen siehe § 8 B. I. 2. unten.

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d) Befreiung für Schwarmfinanzierungen nach § 2a VermAnlG Neben den „sektoralen Ausnahmetatbeständen“402 der §§ 2b und 2c VermAnlG, die soziale Projekte (§ 2b VermAnlG) sowie gemeinnützige Projekte und Religionsgemeinschaften (§ 2c VermAnlG)403 von wesentlichen Vorgaben des VermAnlG befreien, wurde mit dem KASG in § 2a VermAnlG eine Privilegierung des Crowd­ investing (in der Terminologie des VermAnlG „Schwarmfinanzierungen“) eingeführt.404 Mit Blick auf das Crowd­investing zentrale Erleichterung ist die Befreiung von der Pflicht zur Veröffentlichung eines Verkaufsprospekts nach § 6 VermAnlG (§ 2a Abs. 1 VermAnlG) bei der Emission der im Rahmen des Crowd­investing verwendeten Nachrangdarlehen und partiarischen Darlehen. Die Befreiung für Schwarmfinanzierungen nach § 2a VermAnlG ist an fünf Voraussetzungen geknüpft: Erstens sind nur Vermögensanlagen i. S. d. § 1 Abs. 2 Nr. 3, 4, 5 oder 7 VermAnlG erfasst. Zweitens durfte der Verkaufspreis der Vermögensanlagen eines Emittenten insgesamt zunächst 2,5 Mio. Euro, seit dem 16. Juli 2019 darf der Verkaufspreis 6 Millionen Euro nicht übersteigen. Drittens darf die Vermögensanlage ausschließlich im Wege der Anlageberatung oder Anlagevermittlung über eine Internet-Dienstleistungsplattform vermittelt werden. Viertens muss die Internet-Dienstleistungsplattform zur Überprüfung bestimmter Zeichnungsgrenzen verpflichtet sein. Fünftens darf der Emittent keinen maßgeblichen Einfluss auf den Betreiber der Internet-Dienstleistungsplattform ausüben können. aa) Privilegierte Vermögensanlagen Von der Crowd­investing-Ausnahme des § 2a VermAnlG erfasst sind ausschließlich Vermögensanlagen i. S. d. § 1 Abs. 2 Nr. 3, 4, 5 oder 7 VermAnlG, also partiarische Darlehen, Genussrechte,405 Nachrangdarlehen oder sonstige Anlagen, die einen Anspruch auf Verzinsung und Rückzahlung gewähren oder im Austausch für die zeitweise Überlassung von Geld einen vermögenswerten, auf Barausgleich gerichteten Anspruch vermitteln. Nicht unter die Privilegierung fallen hingegen insbesondere stille Gesellschaften als Anteile, die eine Beteiligung am Ergebnis eines Unternehmens gewähren (§ 1 Abs. 2 Nr. 1 VermAnlG).406 402

Casper, ZBB 2015, 265, 269. Zu §§ 2b und 2c VermAnlG siehe etwa Weitnauer, GWR 2017, 149, 155 f. 404 Zu § 2a VermAnlG siehe etwa Casper, ZBB 2015, 265, 275 ff.; Riethmüller, DB 2015, 1451, 1453 ff.; Danwerth, ZBB 2016, 20, 25 ff.; Buck-Heeb, NJW 2015, 2535, 2535; Weitnauer, GWR 2017, 149, 155. 405 Genussrechte sind erst seit der Änderung des § 2a VermAnlG durch das Gesetz zur weiteren Ausführung der EU-Prospektverordnung und zur Änderung von Finanzmarktgesetzen vom 08. 07. 2019, BGBl. I 2019, 1002 privilegierte Vermögensanlagen i. S. d. § 2a VermAnlG. 406 Angesichts der Beschränkung der Ausnahme für Schwarmfinanzierungen auf die genannten Vermögensanlagen ist auch hier die Abgrenzung von partiarischen (Nachrang-)Darlehen zu den nicht privilegierten stillen Gesellschaften von Relevanz. Zu den Abgrenzungsschwie 403

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§ 5 Rechtlicher Rahmen des Crowd­investing

bb) Gesamtemissionsgrenze in Höhe von 6 Mio. Euro Weitere Voraussetzung der Befreiung für Schwarmfinanzierungen ist, dass der Verkaufspreis sämtlicher in einem Zeitraum von zwölf Monaten angebotenen Vermögensanlagen desselben Emittenten 6 Millionen Euro nicht übersteigt (§ 2a Abs. 1 VermAnlG a. E.).407 Die Gesamtemissionsgrenze betrug im Zeitraum vom 10. Juli 2015 bis zum 15. Juli 2019 zunächst 2,5 Millionen Euro.408 Mit Wirkung zum 16. Juli 2019 wurde die Grenze auf 6 Millionen Euro erhöht.409 Die Regelung der Gesamtemissionsgrenze nach § 2a Abs. 1 VermAnlG warf zunächst mehrere Ungereimtheiten und Fragen auf.410 Nach mehrmaligem Nachbessern des Gesetzgebers sind die Zweifelsfragen mittlerweile weitgehend ausgeräumt.

rigkeiten siehe § 5 C. III. 2.  oben; vgl. ferner Danwerth, ZBB 2016, 20, 25; Heuer, Regulierung von Crowdinvesting, 2017, S. 125 ff. Zur einhelligen Kritik an der Beschränkung des Ausnahmetatbestandes auf bestimmte Vertragsformen im Schrifttum siehe Casper, ZBB 2015, 265, 277 f., 281; Riethmüller, DB 2015, 1451, 1454; Klöhn / Hornuf / Schilling, EUCL 2016, 56, 61, 66; Danwerth, ZBB 2016, 20, 25 f.; Hornuf / Klöhn / Schilling, 19 GLJ 510, 577 (2018). Zur Kritik bereits im Gesetzgebungsverfahren Klöhn / Hornuf, ZBB 2012, 237, 265; Klöhn / Hornuf, DB 2015, 47, 50; Nietsch / Eberle, DB 2014, 2575, 2579 f.; Bader, WM 2014, 2249, 2255 f.; ­Bujotzek / Mocker, BKR 2015, 258, 259; Fett, KSzW 2015, 139, 142. 407 Die ursprünglich durch das KASG eingefügte Fassung des § 2a Abs. 1 VermAnlG lautete: „Die §§ 5a, 6 bis 11a […] sind nicht anzuwenden auf Vermögensanlagen […], wenn der Verkaufspreis sämtlicher von dem Anbieter angebotener Vermögensanlagen desselben Emittenten 2,5 Millionen Euro nicht übersteigt.“ Die Worte „von dem Anbieter“ wurden nach der Evaluierung durch den Gesetzgeber durch das Gesetz zur Umsetzung der Zweiten Zahlungsdiensterichtlinie vom 17. 07. 2017, BGBl. I 2017, 2446 gestrichen. Neben der Aufnahme der Genussrechte in § 2a Abs. 1 VermAnlG wurde durch das Gesetz zur weiteren Ausführung der EUProspektverordnung und zur Änderung von Finanzmarktgesetzen vom 08. 07. 2019, BGBl. I 2019, auch die Gesamtemissionsgrenze auf 6 Millionen Euro erhöht. Ferner wurde klargestellt, dass sich die Gesamtemissionsgrenze auf einen Zeitraum von zwölf Monaten bezieht und dass nicht verkaufte oder nicht vollständig getilgte Vermögensanlagen bei der Berechnung außer Betracht bleiben. 408 Der Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Kleinanlegerschutzgesetz v. 11. 02. 2015 (BT-Drs. 18/3994) sah zunächst eine Gesamtemissionsgrenze von 1 Mio. Euro vor. Vgl. dazu Klöhn / Hornuf, DB 2015, 47, 48; Klöhn / Hornuf / Schilling, EUCL 2016, 56, 56 (Fn. 27). Als zu niedrig empfand diese Schwelle etwa Dieckmann, WPg 2015, 130, 135. Die Schwelle wurde nach Forderungen der Crowdinvesting-Lobby im Finanzausschuss auf 2,5 Mio. Euro erhöht. Kritisch zur Erhöhung der zunächst vorgesehenen Grenze von 1 Mio. Euro: Casper, ZBB 2015, 265, 276, 281; Danwerth, ZBB 2016, 20, 27; Nastold, ZvertriebsR 2014, 336, 369. Zustimmend zur Erhöhung auf 2,5 Mio. Euro Bujotzek / Mocker, BKR 2015, 358, 359; Heisterhagen / Conreder, DStR 2015, 1929, 1934; Weitnauer, GWR 2015, 309, 310. Kritik angesichts unterschiedlicher Grenzwerte in Europa äußerten Möllers / Kastl, NZG 2015, 848, 850 f. 409 Siehe Fn. 407 oben. 410 Auf die zu zahlreichenden Zweifelsfragen führende Unklarheit der Norm weist etwa auch Casper, ZBB 2015, 265, 276 hin.

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(1) Verkaufspreis Verständnisschwierigkeiten kann zunächst bereits der Begriff des „Verkaufspreises“ von partiarischen Darlehen, Nachrangdarlehen, Genussrechten oder sonstigen Vermögensanlagen i. S. d. § 1 Abs. 2 Nr. 7 VermAnlG bereiten. Ein „Kauf“ des Darlehens als Vermögensanlage durch den originären Darlehensgeber lässt sich mit der Grundkonzeption des Darlehens schwerlich in Einklang bringen. Nach § 4 Satz 1 Nr. 9 VermVerkProspV ist unter Verkaufspreis i. S. d. VermAnlG grundsätzlich der Erwerbspreis für die Vermögensanlagen zu verstehen.411 Im Hinblick auf partiarische Darlehen und Nachrangdarlehen entspricht der Verkaufs- bzw. Erwerbspreis in systematischer und teleologischer Auslegung dem Zeichnungsbetrag im Sinne des Nominalbetrags der jeweiligen angebotenen Beteiligung bzw. Vermögensanlage.412 (2) Zeitliche Grenze Unklar war die Regelung in § 2a  Abs.  1 VermAnlG ferner zunächst in ihrer zeitlichen Reichweite. Während etwa die Bereichsausnahme für Kleinstemissionen nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 lit. b) VermAnlG Angebote von Vermögensanlagen ausnimmt, wenn der Verkaufspreis der „im Zeitraum von zwölf Monaten“ angebotenen Anteile eine Summe von 100.000 Euro nicht übersteigt, enthielt § 2a Abs. 1 VermAnlG zunächst keine vergleichbare zeitliche Begrenzung. Aus dem Wortlaut und dem systematischen Zusammenhang konnte daher geschlossen werden, dass für die Befreiung von Schwarmfinanzierungen keine zeitliche Grenze existierte und sämtliche von einem Emittenten jemals angebotenen Vermögensanlagen die Gesamtsumme von 2,5 Mio. Euro nicht übersteigen dürften.413 Mit Blick auf den Wortlaut (Verkaufspreis sämtlicher „angebotener“ Vermögensanlagen) konnte § 2a Abs. 1 VermAnlG allerdings auch so verstanden werden, dass die Befreiung nach § 2a VermAnlG immer dann in Anspruch genommen werden kann, wenn aktuell keine Vermögensanlagen des entsprechenden Emittenten angeboten werden.414 Eine erneute Inanspruchnahme der Ausnahme 411

Vgl. von Ammon, in: Siering / Izzo-Wagner (Hrsg.), VermAnlG, 2017, § 2a, Rn. 18 sowie zu § 2 Abs. 1 Nr. 3 lit. b) VermAnlG Melovski, in: Siering / Izzo-Wagner (Hrsg.), VermAnlG, 2017, § 2, Rn. 20. 412 Ebenso von Ammon, in: Siering / Izzo-Wagner (Hrsg.), VermAnlG, 2017, § 2a, Rn. 18. 413 Vgl. auch Danwerth, ZBB 2016, 20, 28; Casper, ZBB 2015, 265, 276. 414 Angeboten werden Vermögensanlagen grundsätzlich, wenn Anleger ihrerseits zur Abgabe eines Zeichnungsangebots aufgefordert werden und der Erwerb der Vermögensanlage konkret und tatsächlich möglich ist. Ist das öffentliche Angebot beendet – weil im Bereich des Crowdinvestings etwa entweder das Fundinglimit erreicht wurde oder die Fundingdauer verstrichen ist – werden keine Vermögensanlagen des entsprechenden Emittenten mehr angeboten. In diese Richtung die Argumentation bei Danwerth, ZBB 2016, 20, 28 f., der auch auf die Möglichkeit einer teleologischen Reduktion hinweist.

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nach § 2a VermAnlG wäre nach diesem Verständnis möglich gewesen, sobald ein Angebot beendet wurde. Beide Verständnisse  – sowohl die Interpretation als einmalige Befreiung als auch als Möglichkeit der unbeschränkten Mehrfachausnutzung  – waren allerdings schwer mit dem der Gesamtemissionsgrenze zugrunde liegenden Zweck in Einklang zu bringen. Die Befreiung für Schwarmfinanzierungen als solche soll vor allem den für junge Unternehmen prohibitiv hohen Kosten für die Prospekterstellung und damit den Kapitalzugangsinteressen der Unternehmen Rechnung tragen.415 Die Gesamtemissionsgrenze kann insoweit als Gegengewicht verstanden werden als sie potentielle Risiken im Interesse des Anlegerschutzes begrenzen soll. Grundsätzlich dürfte es für das Risiko des Anlegers nicht nachteilig sein, wenn ein Emittent in der Vergangenheit bereits Vermögensanlagen ausgegeben hatte, die bereits vollständig zurückgeführt wurden. Risikobestimmend ist vielmehr, die Summe der aktuell angebotenen bzw. bereits ausgegebenen und noch laufenden, d. h. noch nicht getilgten Vermögensanlagen. Im Gegenteil lässt eine Tilgung von Vermögensanlagen in der Vergangenheit den Schluss zu, dass ein Emittent mit seinem Geschäftsmodell in der Vergangenheit zumindest insoweit erfolgreich war, dass er die Vermögensanlagen zurückführen konnte. Dieser Schutzzweck kommt auch in § 2a Abs. 4 VermAnlG zum Ausdruck.416 Danach sperrt die Inanspruchnahme der Bereichsausnahme nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 VermAnlG die Befreiung für Schwarmfinanzierungen (nur) solange bis die auf diese Weise angebotenen Vermögensanlagen vollständig getilgt sind. Gegen die Annahme einer nur einmaligen Befreiung konnte daher eingewendet werden, dass – sobald ein Emittent ausstehende Vermögensanlagen getilgt hat und daher nicht mehr finanziell gebunden ist – kein erhöhtes Schutzbedürfnis der Anleger mehr gegeben ist.417 Andernfalls wäre es einem etablierten Unternehmen verwehrt, erneut die Ausnahme für Schwarmfinanzierungen in Anspruch zu nehmen und prospektfrei Vermögensanlagen zu begeben, wenn es sich bereits zuvor in seiner Start-up-Phase mittels Crowd­investing finanziert hätte.418 Unter Übertragung des Rechtsgedankens des § 2a Abs. 4 VermAnlG konnte die Gesamtemissionsgren­ze so verstanden werden, dass die Befreiung für Schwarmfinanzierungen jedenfalls nach vollständiger Tilgung der unter § 2a VermAnlG begebenen Vermögensanlagen durch den Emittenten erneut in Anspruch genommen werden konnte.419 Unter Berücksichtigung des Wortlauts und des Schutzzwecks der Gesamtemissionsgrenze musste § 2a Abs. 1 VermAnlG daher so verstanden werden, dass die Bereichsausnahme nicht nur einmalig gilt, sondern grundsätzlich erneut genutzt 415

Vgl. Casper, ZBB 2015, 265, 276. Vgl. auch von Ammon, in: Siering / Izzo-Wagner (Hrsg.), VermAnlG, 2017, § 2a, Rn. 33; Casper, ZBB 2015, 265, 277. 417 Heuer, Die Regulierung von Crowdinvesting, 2017, S. 133. 418 Vgl. Danwerth, ZBB 2016, 20, 28. 419 Vgl. Danwerth, ZBB 2016, 20, 28; Casper, ZBB 2015, 265, 276 f.; Nietsch / Eberle, DB 2014, 2575, 2576; von Ammon, in: Siering / Izzo-Wagner (Hrsg.), VermAnlG, 2017, § 2a, Rn. 33. 416

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werden kann.420 Voraussetzung für eine erneute Inanspruchnahme der Befreiung musste nach dem Schutzzweck allerdings sein, dass das Angebot der unter Inanspruchnahme des § 2a Abs. 1 VermAnlG begebenen Vermögensanlagen insoweit beendet ist und die begebenen Vermögensanlagen in der Höhe getilgt sind, in der erneut Vermögensanlagen begeben werden sollen.421 Der Schutzzweck erforderte hingegen nicht, dass neben der Beendigung des Angebots auch sämtliche unter Inanspruchnahme des § 2a Abs. 1 VermAnlG begebenen Vermögensanlagen bereits vollständig getilgt wurden, unabhängig davon, in welcher Höhe die Befreiung für Schwarmfinanzierung in Anspruch genommen werden sollte.422 Mit dem Gesetz zur weiteren Ausführung der EU-Prospektverordnung und zur Änderung von Finanzmarktgesetzen vom 8. Juli 2019423 hat der Gesetzgeber eine Beschränkung der Gesamtemissionsgrenze auf einen Zeitraum von zwölf Monaten normiert und klargestellt, dass nicht verkaufte oder nicht vollständig getilgte Vermögensanlagen bei der Berechnung außer Betracht bleiben. Die bestehenden Unklarheiten wurden insoweit ausgeräumt. (3) Für die Berechnung der Gesamtemissionsgrenze relevante Anbieter und Plattformen Vor der Evaluierung der Regulierung des Crowd­investing424 und der folgenden Revision des § 2a VermAnlG durch das Gesetz zur Umsetzung der Zweiten Zahlungsdiensterichtlinie vom 17. Juli 2017425 war angesichts der Worte „von dem An 420 In Erwägung zu ziehen war ferner eine Übertragung des Zwölf-Monats-Zeitraums im Wege einer Gesamtanalogie zu den § 2 Abs. 1 Nr. 3 lit. b)  VermAnlG, § 1 Abs. 2 Nr. 4, § 3 Abs. 2 Nr. 5 und 6, § 3a Abs. 1, § 3c WpPG a. F., wobei freilich bereits Zweifel an einer planwidrigen Regelungslücke angebracht sein dürften. Schedensack, Crowdinvesting, 2018, S. 457, hielt es de lege ferenda für wünschenswert, die Gesamtemissionsgrenze auf sämtliche innerhalb von zwölf Monaten angebotenen Vermögensanlagen zu beschränken und führte dafür die US-amerikanische Regelung in Sec. 4(a)(6)(A) Securities Act 1933 sowie die französische Regelung ins Feld, die jeweils auf eine Jahresfrist abstellen. Zur US-amerikanischen Regelung siehe auch Bradford, 2012 Colum. Bus. L. Rev. 1, 121 (2012); zur französische Regulierung Clasen, RIW 2015, 344, 345. 421 Ebenso zu verstehen wohl Klöhn, ZIP 2018, 1713, 1720, Fn. 79; ebenso Schedensack, Crowdinvesting, 2018, S. 348. 422 So wohl aber Nietsch / Eberle, DB 2014, 2575, 2576; Heuer, Die Regulierung von Crowd­ investing, 2017, S. 133; von Ammon, in: Siering / Izzo-Wagner (Hrsg.), VermAnlG, 2017, § 2a, Rn. 33; in diese Richtung gehend auch Casper, ZBB 2015, 265, 277. Wie hier Schedensack, Crowdinvesting, 2018, S. 348. 423 BGBl. I 2019, 1002. 424 Siehe dazu Unterrichtung durch die Bundesregierung, Bericht der Bundesregierung über die Evaluierung der durch das Kleinanlegerschutzgesetz vom 3. Juli 2015 eingeführten Befreiungsvorschriften in §§ 2a bis 2c des Vermögensanlagengesetzes, https://www.bundestag. de/blob/504710/1a1d8118889a0ef68ab70a3b0c5f0483/bericht-data.pdf. 425 Art. 5 des Gesetzes zur Umsetzung der Zweiten Zahlungsdiensterichtlinie vom 17. 07. 2017, BGBl. I 2017, 2446. Siehe bereits Fn. 407, vgl. ferner § 3 F. II. oben.

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bieter“ in § 2a Abs. 1 VermAnlG a. F. zunächst unklar, ob sich die Gesamtemissionsgrenze nur auf diejenigen Vermögensanlagen bezieht die von einem einzelnen Anbieter (d. h. eines kapitalsuchenden Unternehmens)426 oder auf sämtliche auf einer einzelnen Crowd­investing-Plattform427 angebotenen Vermögensanlagen bezieht.428 Diese Rechtsunsicherheit beseitigte der Gesetzgeber, indem er die Wörter „von dem Anbieter“ strich.429 Nach geltender Rechtslage darf der Verkaufspreis sämtlicher angebotener Vermögensanlagen eines Emittenten 6 Mio. Euro nicht übersteigen. Es kommt dabei nicht darauf an, ob die Vermögensanlagen auf derselben Plattform angeboten werden. Werden Vermögensanlagen eines Emittenten von verschiedenen (anderen) Anbietern angeboten, sind sämtliche Angebote zusammenzurechnen.430 cc) Vermittlung im Wege der Anlageberatung oder Anlagevermittlung über eine Crowd­investing-Plattform Weitere Voraussetzung für die Inanspruchnahme der Befreiungen nach § 2a Abs. 1 und 2 VermAnlG ist des Weiteren, dass die Vermögensanlagen ausschließlich im Wege der Anlageberatung oder Anlagevermittlung über eine InternetDienstleistungsplattform vermittelt werden (§ 2a Abs. 3 VermAnlG). (1) Internet-Dienstleistungsplattform Eine Definition der Internet-Dienstleistungsplattform kennt das Gesetz nicht. Nach der Gesetzesbegründung sollen „die Anbieter von sogenannten Crowdinvest 426

Dies legte der Wortlaut der ursprünglichen Formulierung des § 2a Abs. 1 VermAnlG in der Fassung des KASG vom 03. 07. 2015 nahe: „Die §§ 5a, 6 bis 11a […] sind nicht anzuwenden auf Vermögensanlagen […], wenn der Verkaufspreis sämtlicher von dem Anbieter angebotener Vermögensanlagen desselben Emittenten 2,5 Millionen Euro nicht übersteigt.“ (Hervorhebung nur hier). 427 Sah man (nur) die Crowdinvesting-Plattform als Anbieter der Vermögensanlagen ließ sich zudem vertreten, dass Emittenten auf beliebig vielen Plattformen Vermögensanlagen jeweils bis zu einer Grenze von 2,5 Mio. Euro prospektfrei begeben konnten. Vgl. Casper, ZBB 2015, 265, 276 f. Dies war allerdings bereits deshalb unzutreffend, da das kapitalsuchende Unternehmen (jedenfalls auch) als Anbieter zu qualifizieren ist (siehe § 5 D. I. 3. a) cc) oben). 428 Vgl. dazu Casper, ZBB 2015, 265, 276 f.; Danwerth, ZBB 2016, 20, 28; Heuer, Die Regulierung von Crowdinvesting, 2017, S. 130 ff. 429 Siehe auch die Unterrichtung durch die Bundesregierung, Bericht der Bundesregierung über die Evaluierung der durch das Kleinanlegerschutzgesetz vom 3. Juli 2015 eingeführten Befreiungsvorschriften in §§ 2a bis 2c des Vermögensanlagengesetzes, https://www.bundestag. de/blob/504710/1a1d8118889a0ef68ab70a3b0c5f0483/bericht-data.pdf, S. 11. 430 Danwerth, ZBB 2016, 20, 28 kam bereits unter der alten Rechtslage mittels einer angesichts des Schutzzwecks gebotenen teleologische Reduktion der Norm zu diesem Ergebnis. Dem im Ergebnis folgend Heuer, Die Regulierung von Crowdinvesting, 2017, S. 132. Ebenso in Bezug auf die gegenwärtige Rechtslage Schedensack, Crowdinvesting, 2018, S. 348 ff.

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ments über Vertriebsplattformen im Internet“ privilegiert werden.431 Der Begriff der Internet-Dienstleistungsplattform ist daher so zu verstehen, dass jedenfalls alle bestehenden Crowd­investing-Plattformen umfasst sein sollen, die Vermögensanlagen i. S. d. § 1 Abs. 2 Nr. 3 bis 5 und 7 VermAnlG vertreiben und mit der Bereitstellung der Verträge, Marketing- und Abwicklungsunterstützungen weitere Dienstleistungen anbieten.432 (2) Anlageberatung oder Anlagevermittlung Die Voraussetzung des Vertriebs der Vermögensanlagen ausschließlich im Wege der Anlageberatung oder Anlagevermittlung soll sicherstellen, dass Internet­ plattformen, die die Vermögensanlagen vertreiben, über eine Erlaubnis als Wertpapierdienstleistungsunternehmen nach dem KWG oder als Finanzanlagenvermittler nach der GewO verfügen.433 Dies soll insbesondere gewährleisten, dass die Plattformen einem Mindestmaß an Verhaltensanforderungen unterliegen und jedenfalls die Angemessenheit (§ 63 Abs. 10 WpHG bzw. § 16 Abs. 2 FinVermV) bzw. die Geeignetheit der Vermögensanlage (§ 64 Abs. 3 WpHG bzw. § 16 Abs. 1 FinVermV) überprüfen.434 dd) Zeichnungsgrenzen der Einzelinvestitionen und Prüfungspflicht der Crowd­investing-Plattform Weiterhin muss die Crowd­investing-Plattform durch Gesetz oder Verordnung verpflichtet sein, die Einhaltung der in § 2a Abs. 3 VermAnlG genannten Anlagegrenzen zu überprüfen. (1) Verpflichtung der Crowd­investing-Plattform zur Überprüfung der Zeichnungsgrenzen durch Gesetz oder Verordnung § 2a Abs. 3 VermAnlG setzt voraus, dass die Internet-Dienstleistungsplattform435 durch Gesetz oder Verordnung zur Überprüfung der Zeichnungsgrenzen verpflichtet ist. § 2a Abs. 3 VermAnlG enthält damit lediglich das Tatbestandsmerkmal der 431 Gesetzentwurf der Bundesregierung, Entwurf eines Kleinanlegerschutzgesetzes, BTDrs. 18/3994, S. 40. 432 Vgl. dazu insgesamt Danwerth, ZBB 2016, 20, 29. 433 Gesetzentwurf der Bundesregierung, Entwurf eines Kleinanlegerschutzgesetzes, BTDrs. 18/3994, S. 41. 434 Gesetzentwurf der Bundesregierung, Entwurf eines Kleinanlegerschutzgesetzes, BTDrs. 18/3994, S. 41. Vgl. auch von Ammon, in: Siering / Izzo-Wagner (Hrsg.), VermAnlG, 2017, § 2a, Rn. 47. 435 Gemeint ist der Betreiber der Internet-Dienstleistungsplattform, vgl. dazu von Ammon, in: Siering / Izzo-Wagner (Hrsg.), VermAnlG, 2017, § 2a, Rn. 54.

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„Verpflichtung durch Gesetz oder Verordnung“, ohne diese Pflicht selbst zu normieren.436 Während die Prüfungspflicht für Wertpapierdienstleistungsunternehmen unmittelbar mit dem KASG in das WpHG aufgenommen wurde,437 wurde eine entsprechende Pflicht für die für das Crowd­investing relevanten Finanzanlagenvermittler zunächst nicht normiert.438 Mittlerweile ergibt sich die Pflicht der Crowd­investing-Plattformen, die Einhaltung der Zeichnungsgrenzen zu gewährleisten, aus § 16 Abs. 3a FinVermV. Nach § 16 Abs. 3a Satz 3 FinVermV dürfen Gewerbetreibende den Vertragsschluss über eine Vermögensanlage im Sinne des § 2a VermAnlG nur vermitteln, wenn sie geprüft haben, „dass der Gesamtbetrag der Vermögensanlagen desselben Emittenten, die vom Anleger erworben werden, der keine Kapitalgesellschaft ist,“ die fest­gelegten Anlagegrenzen nicht übersteigt. Um dieser Prüfpflicht nachkommen zu können, sind Gewerbetreibende nach § 16 Abs. 3a Satz 1 FinVermV verpflichtet, vor der Vermittlung eine entsprechende Selbstauskunft des Anlegers über dessen Vermögen oder dessen Einkommen einzuholen. Überschreitet der Gesamtbetrag der zu erwerbenden Vermögensanlagen 1.000 Euro nicht, entfällt die Pflicht der Plattform zur Einholung der entsprechenden Auskunft (§ 16 Abs. 3a Satz 2 FinVermV). Crowd­investing-Plattformen dürfen sich grundsätzlich auf die Angaben des Anlegers verlassen. Eine etwaige Fehlerhaftigkeit oder Unvollständigkeit der Angaben hat der Plattformbetreiber lediglich dann zu vertreten, wenn ihm die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der Angaben bekannt oder infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt war (§ 16 Abs. 4 Satz 1 FinVermV). Für das Eingreifen der Befreiung für Schwarmfinanzierung kommt es allerdings nicht darauf an, dass 436

Zur Problematik der Regelungstechnik Gerlach / Köhler, ZBB 2017, 84, 85 („Konstruktionsfehler“); bereits im Hinblick auf den Regierungsentwurf Fett, KSzW 2015, 139, 142; ferner von Ammon, in: Siering / Izzo-Wagner (Hrsg.), VermAnlG, 2017, § 2a, Rn. 53; vgl. nun auch Schedensack, Crowdinvesting, 2018, S. 352. 437 Vgl. jetzt § 65 Abs. 1 Satz 3 WpHG; zunächst § 31 Abs. 5a Satz 3 WpHG in der Fassung des KASG v. 03. 07. 2015 (BGBl. I S. 1114) (vgl. Art. 3 Nr. 6 lit. a) KASG). 438 Während das KASG bereits am 10. 07. 2015 in Kraft trat, wurde eine entsprechende Überprüfungsverpflichtung für Finanzanlagenvermittler erst mit Wirkung vom 07. 05. 2016 in dem neu eingefügten § 16 Abs. 3a FinVermV normiert (vgl. Art. 3 der Verordnung zur Einführung einer Verordnung über Immobiliardarlehensvermittlung und zur Änderung weiterer Verordnungen vom 28. April 2016, veröffentlicht am 06. 05. 2016, BGBl. I 2016, S. 1046, 1056). Genau genommen konnten sich Finanzanlagenvermittler damit erst ab dem 10. 07. 2016 auf die Befreiung für Schwarmfinanzierungen berufen. Gleichwohl boten Crowdinvesting-Plattformen im Zeitraum vom 10. 07. 2015 bis 06. 05. 2016 49 Finanzierungen in Form von partiarischen Nachrangdarlehen mit einem Angebotsvolumen von jeweils mehr als 100.000 Euro an. Das Gesamtvolumen der in diesem Zeitraum angebotenen Crowdfinanzierungen betrug rund 30 Mio. Euro. Während aufsichtsrechtliche Konsequenzen zumindest nicht bekannt wurden, birgt diese Situation insbesondere vor dem Hintergrund der nach h. M. verschuldensunabhängigen (vgl. dazu Fleischer, WM 2004, 1897, 1901; Barta, NZG 2005, 305, 306 f.; Klöhn, DB 2012, 1854, 1859) Haftung nach § 21 VermAnlG bei fehlendem Prospekt enorme Haftungsrisiken für die Crowdinvesting-Plattformen. Dazu und zu möglichen Lösungsansätzen Gerlach / Köhler, ZBB 2017, 84; nun auch Schedensack, Crowdinvesting, 2018, S. 353 ff.

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die Anlagegrenzen tatsächlich eingehalten werden oder die Plattform diese tatsächlich überprüft hat.439 (2) Anlagegrenzen Mit der Einführung von Einzelanlagegrenzen (single issuer limits)440 wollte der Gesetzgeber potentiellen Klumpenrisiken sowohl beim Anleger als auch beim Emittenten vorbeugen.441 § 2a Abs. 3 VermAnlG sieht drei Anlagegrenzen vor: Grundsätzlich dürfen Anleger bis zu 1.000 Euro unabhängig von ihren Einkommens- und Vermögensverhältnissen in Vermögensanlagen eines Emittenten investieren (§ 2a Abs. 3 Nr. 1 VermAnlG).442 Nach der vermögensabhängigen Anlagegrenze des § 2a Abs. 3 Nr. 2 VermAnlG dürfen Anleger bis zu 10.000 Euro investieren, sofern sie nach ihrer Selbstauskunft über ein frei verfügbares Vermögen von mindestens 100.000 Euro verfügen. Als frei verfügbares Vermögen gelten Bankguthaben und Finanzinstrumente.443 § 2a Abs. 3 Nr. 3 VermAnlG statuiert schließlich eine einkommensbezogene Anlegegrenze. Demnach dürfen Anleger maximal den zweifachen Betrag ihres durchschnittlichen monatlichen Nettoeinkommens444 investieren, höchstens jedoch 25.000 Euro.445 Insgesamt sind Investitionen damit jedenfalls auf maximal 25.000 Euro beschränkt.446 439

So auch Schedensack, Crowdinvesting, 2018, S. 352. Der Gesetzgeber hat sich gegen eine Gesamtanlagegrenze (aggregate limit) entschieden. Diese wäre ohnehin schwer umsetzbar. Außerdem würde eine Gesamtanlagegrenze im Hinblick auf ihre einschränkende Wirkung bezüglich der Fähigkeit zur Portfoliodiversifizierung Bedenken begegnen, vgl. dazu bereits Klöhn / Hornuf, ZBB 2012, 237, 263; ferner Klöhn / Hornuf, DB 2015, 47, 52; Klöhn / Hornuf / Schilling, EUCL 2016, 56, 60. 441 Gesetzentwurf der Bundesregierung, Entwurf eines Kleinanlegerschutzgesetzes, BTDrs. 18/3994, S. 41. Zu einer Bewertung mit rechtsvergleichender Perspektive siehe Klöhn / Hornuf / Schilling, EUCL 2016, 56, 64; mit Blick auf den Entwurf des KASG bereits Klöhn / Hornuf, DB 2015, 47, 52 f.; zuvor schon Klöhn / Hornuf, ZBB 2012, 237, 263. 442 Zur Kritik an der Höhe dieser Anlagegrenze im Hinblick auf den Entwurf des KASG siehe Klöhn / Hornuf, DB 2015, 47, 52, die eine Erhöhung der einkommens- und vermögensunabhängigen Anlagegrenze auf 5.000 Euro forderten. Dass Anleger, die mehr als 1.000 Euro investieren möchten, aus Angst um die Geheimhaltung ihrer Daten auf eine entsprechende Selbstauskunft verzichten, darf allerdings bezweifelt werden. 443 Für die Einbeziehung von Barvermögen im Wege eines Erst-recht-Schlusses von Ammon, in: Siering / Izzo-Wagner (Hrsg.), VermAnlG, 2017, § 2a, Rn. 67. 444 Zur Unsicherheit bzw. Interpretationsspielräumen bei der Bestimmung des durch­ schnittlichen monatlichen Nettoeinkommens vgl. von Ammon, in: Siering / Izzo-Wagner (Hrsg.), ­VermAnlG, 2017, § 2a, Rn. 71 ff. 445 In der ursprünglich durch das KASG eingefügten und vom 10. 07. 2015 bis zum 15. 07. 2019 geltenden Fassung des § 2a Abs. 3 VermAnlG betrug die maximale Grenze zunächst 10.000 Euro. Durch das Gesetz zur weiteren Ausführung der EU-Prospektverordnung und zur Änderung von Finanzmarktgesetzen vom 08. 07. 2019, BGBl. I 2019, wurde neben der Erhöhung der Gesamtemissionsgrenze auf 6 Millionen Euro (siehe Fn. 407 oben) auch die individuelle Investitionsgrenze auf 25.000 Euro erhöht. 446 Für eine Erhöhung der zunächst geltenden absoluten Schutzgrenze von 10.000 Euro etwa Heisterhagen / Conreder, DStR 2015, 1929, 1934. A. A. hingegen Casper, ZBB 2015, 265, 278, 440

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(3) Keine Geltung der Anlagegrenzen für Kapitalgesellschaften Die in § 2a Abs. 3 VermAnlG statuierten Anlagegrenzen gelten insbesondere nicht für Kapitalgesellschaften.447 Kapitalgesellschaften sind die GmbH, die Unter­ nehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) als Unterform der GmbH, die AG, die KGaA sowie die SE.448 Die Ausnahme ist nach der Intention des Gesetzgebers dadurch gerechtfertigt, dass von Kapitalgesellschaften als Formkaufleute bei der Geldanlage ein höherer Professionalitätsstandard erwartet werden kann.449 ee) Kein maßgeblicher Einfluss des Emittenten auf die Crowd­investing-Plattform Die Befreiung für Schwarmfinanzierungen nach § 2a Abs. 5 VermAnlG kann dann nicht in Anspruch genommen werden, wenn maßgebliche Interessenverflech­ tungen zwischen dem jeweiligen Emittenten und dem Unternehmen, das die Internet-Dienstleistungsplattform betreibt, bestehen.450 Mit der Regelung des § 2a Abs. 5 VermAnlG451 beabsichtigt der Gesetzgeber, potentielle Interessenkonflikte zu verhindern sowie Umgehungs- und Betrugsmögder sich für eine feste Grenze ohne Selbstauskunft bei unter 10.000 Euro, zum Beispiel bei 5.000 Euro ausspricht. Ähnlich Schedensack, Crowdinvesting, 2018, S. 497, der ebenfalls für eine Reduzierung auf 5.000 Euro plädiert. Generell kritisch gegenüber Anlagegrenzen Danwerth, ZBB 2016, 20, 32. Zur Kritik im Hinblick auf den Ausschluss professioneller Investoren vgl. Klöhn / Hornuf, DB 2015, 47, 52 f.; Nietsch / Eberle, DB 2014, 2575, 2579 f.; Klöhn / Hornuf / Schilling, EUCL 2016, 56, 64; Bradford, ZBB 2015, 376, 379 f.; Möllers / Kastl, NZG 2015, 849, 851; Casper, ZBB 2015, 265, 278; Danwerth, ZBB 2016, 20, 32. 447 Die Ausnahme für Kapitalgesellschaften wurde nach der Evaluierung durch den Gesetzgeber durch das Gesetz zur Umsetzung der Zweiten Zahlungsdiensterichtlinie vom 17. 07. 2017, BGBl. I 2017, 2446 mit Wirkung zum 22. 08. 2017 aufgenommen. Durch das Gesetz zur weiteren Ausführung der EU-Prospektverordnung und zur Änderung von Finanzmarktgesetzen vom 08. 07. 2019, BGBl. I 2019, wurde dies insoweit mit Wirkung zum 16. 07. 2019 erweitert als nun auch eine GmbH & Co. KG, deren Kommanditisten gleichzeitig Gesellschafter der GmbH oder an der Entscheidungsfindung der GmbH beteiligt sind, nicht an die Zeichnungsgrenzen gebunden sind, sofern die GmbH & Co. KG kein Investmentvermögen und keine Verwaltungsgesellschaft nach dem Kapitalanlagegesetzbuch ist. 448 Vgl. von Ammon, in: Siering / Izzo-Wagner (Hrsg.), VermAnlG, 2017, § 2a, Rn. 61. 449 BT-Drs. 18/4708, S. 64. Zur Kritik an der Anknüpfung an die Rechtsform vgl. Klöhn / Hornuf / Schilling, EUCL 2016, 56, 65. Vorzugswürdig wäre vor dem Hintergrund des intendierten Schutzwecks eine Anknüpfung an professionelle im Gegensatz zu nicht professionellen Anlegern. 450 Eine maßgebliche Interessenverflechtung wird nach § 2a Abs. 5 Satz 2 VermAnlG insbesondere dann angenommen, wenn (1.) ein Mitglied der Geschäftsführung des Emittenten oder seines Vorstands oder deren Angehöriger im Sinne des § 15 der Abgabenordnung auch Mitglied der Geschäftsführung oder des Vorstands des Unternehmens ist, das die InternetDienstleistungsplattform betreibt, oder (2.) der Emittent mit dem Unternehmen, das die Internet-Dienstleistungsplattform betreibt, gemäß § 15 des Aktiengesetzes verbunden ist. 451 § 2a Abs. 5 VermAnlG wurde im Rahmen der Revision des § 2a VermAnlG durch das Gesetz zur Umsetzung der Zweiten Zahlungsdiensterichtlinie vom 17. 07. 2017, BGBl. I 2017,

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lichkeiten einzuschränken.452 Insbesondere soll verhindert werden, dass Crowd­ investing-Plattformen  – ggf. durch Tochtergesellschaften  – mit Betrugsabsicht speziell für die Finanzierung einzelner Projekte gegründet werden.453 Ferner soll Interessenkonflikten durch personelle Verflechtungen zwischen Emittenten und Plattformbetreibern entgegengewirkt werden, die dazu führen könnten, dass Plattformen ihre Intermediärsfunktion nicht mehr uneingeschränkt erfüllen.454 ff) Kombinationsverbot Nach § 2a Abs. 4 VermAnlG kann die Befreiung für Schwarmfinanzierungen schließlich nicht in Anspruch genommen werden, solange eine Vermögensanlage des Emittenten unter Inanspruchnahme einer der Ausnahmetatbestände nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 VermAnlG455 öffentlich angeboten wird oder eine auf diese Weise angebotene Vermögensanlage des Emittenten nicht vollständig getilgt ist. § 2a Abs. 4 VermAnlG verbietet also die Kombination verschiedener Ausnahmetatbestände durch einen Emittenten.456

2446 mit Wirkung zum 15. 07. 2019 eingefügt und durch das Gesetz zur weiteren Ausführung der EU-Prospektverordnung und zur Änderung von Finanzmarktgesetzen vom 08. 07. 2019, BGBl. I 2019, mit Wirkung zum 16. 07. 2019 neu gefasst. 452 Vgl. Unterrichtung durch die Bundesregierung, Bericht der Bundesregierung über die Evaluierung der durch das Kleinanlegerschutzgesetz vom 3. Juli 2015 eingeführten Befreiungsvorschriften in §§ 2a bis 2c des Vermögensanlagengesetzes, https://www.bundestag.de/blob/5 04710/1a1d8118889a0ef68ab70a3b0c5f0483/bericht-data.pdf, S. 11. Ausführlich zur Fragwürdigkeit der Regelung Schedensack, Crowdinvesting, 2018, S. 429 ff. („der Gesetzgeber jagt Geister“), der denn auch ihre Abschaffung de lege ferenda fordert. 453 Vgl. Unterrichtung durch die Bundesregierung, Bericht der Bundesregierung über die Evaluierung der durch das Kleinanlegerschutzgesetz vom 3. Juli 2015 eingeführten Befreiungsvorschriften in §§ 2a bis 2c des Vermögensanlagengesetzes, https://www.bundestag.de/blob/5 04710/1a1d8118889a0ef68ab70a3b0c5f0483/bericht-data.pdf, S. 11. 454 Vgl. Unterrichtung durch die Bundesregierung, Bericht der Bundesregierung über die Evaluierung der durch das Kleinanlegerschutzgesetz vom 3. Juli 2015 eingeführten Befreiungsvorschriften in §§ 2a bis 2c des Vermögensanlagengesetzes, https://www.bundestag.de/blob/5 04710/1a1d8118889a0ef68ab70a3b0c5f0483/bericht-data.pdf, S. 11. 455 Siehe dazu § 5 D. I. 3. c) oben. 456 Vgl. dazu von Ammon, in: Siering / Izzo-Wagner (Hrsg.), VermAnlG, 2017, § 2a, Rn. 77 ff. Siehe ferner Aschenbeck-Florange / Drefke, RdF 2015, 284, 289 f., die den Wortlaut der Vorschrift als zu weit empfinden und eine teleologische Reduktion bzw. restriktive Auslegung dergestalt fordern, dass sich das Kombinationsverbot (i)  nur auf fremdkapitalbasierte Vermögensanlagen bezieht und (ii) Finanzierungen von professionellen Investoren im Rahmen eines Private Placements nicht umfasst. Für eine Abschaffung des Kombinationsverbot de lege ferenda Schedensack, Crowdinvesting, 2018, S. 359.

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gg) Erleichterungen und Pflichten im Anwendungsbereich des § 2a VermAnlG Für Anbieter von Crowd­investing-Finanzierungen, die die Voraussetzungen der Schwarmfinanzierungsausnahme nach § 2a VermAnlG erfüllen, gilt ein abgeschwächter Pflichtenkatalog. (1) Befreiung von der Prospektpflicht nach § 6 VermAnlG Als zentrale Erleichterung sind Anbieter im Anwendungsbereich des § 2a ­ ermAnlG von der Pflicht zur Erstellung und Veröffentlichung eines kostenintenV siven Verkaufsprospekts befreit. Mit der Befreiung von der Prospektpflicht geht auch eine Befreiung von den sonstigen mit der Prospektpflicht im Zusammenhang stehenden Pflichten des VermAnlG einher.457 (2) Pflicht zur Veröffentlichung eines VIB nach § 13 VermAnlG Nach § 13 Abs. 1 VermAnlG sind Anbieter von Vermögensanlagen dazu verpflichtet, vor dem Beginn des öffentlichen Angebots ein Vermögensanlagen-Informationsblatt (VIB) zu erstellen und bei der BaFin zu hinterlegen. Nach § 13 Abs. 2 VermAnlG darf das VIB erst nach Gestattung der BaFin veröffentlich werden.458 Das VIB459 soll Anlegern (soweit für das Angebot ein Prospekt zu erstellen ist, neben dem Prospekt) als Grundlage für eine informierte Investitionsentscheidung dienen.460 Entsprechend dem vom deutschen Gesetzgeber verfolgten Informationsmodell als Mittel des Anlegerschutzes sollen Anleger durch Information 457 Die Befreiung für Schwarmfinanzierungen umfasst neben der Prospektpflicht insbesondere die weiteren mit der Prospektpflicht im Zusammenhang stehenden Pflichten nach §§ 6 bis 11a VermAnlG, die Hinweispflicht auf den veröffentlichten Verkaufsprospekt (§ 12 Abs. 1 VermAnlG), die Hinterlegungspflicht für den Verkaufsprospekt und Nachträge (§ 14 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1 VermAnlG), die Pflicht zur Aufnahme zusätzlicher Angaben (§ 15a VermAnlG), die Möglichkeit der BaFin die Veröffentlichung des Verkaufsprospekts (§ 17 VermAnlG) bzw. bei Verletzung von prospektbezogenen Pflichten das öffentliche Angebot (§ 18 Abs. 1 Nr. 2 bis 6 VermAnlG) zu untersagen, die Auskunftspflicht gegenüber der BaFin bzgl. Angaben im Prospekt (§ 19 Abs. 1 Nr. 2 VermAnlG) sowie die Vorschriften zur Prospekthaftung (§ 20 f. VermAnlG). 458 Mit dem Gesetz zur Umsetzung der Zweiten Zahlungsdiensterichtlinie vom 17. 07. 2017 (BGBl. I 2017, 2446) wurde mit Wirkung zum 22. 08. 2018 in § 13 Abs. 2 Satz 1 VermAnlG eine (rein formale) Prüfungspflicht der BaFin normiert. Seither darf das VIB erst nach Gestattung durch die BaFin veröffentlicht werden. Zuvor war nur eine Hinterlegung bei der BaFin erforderlich. Vgl. dazu Klöhn, ZIP 2017, 2125, 2127, 1729. 459 Generell zu Produktinformationsblättern bei Finanzprodukten Podewils, ZBB 2011, 169; zum Vermögensanlagen-Informationsblatt nach dem VermAnlG siehe Hanten / Reinholz, ZBB 2012, 36, 45 f.; Rinas / Pobortscha, BB 2012, 1615. 460 Gerlach / Schedensack, in: Siering / Izzo-Wagner (Hrsg.), VermAnlG, 2017, § 13, Rn. 1.

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in die Lage versetzt werden, selbst informierte Entscheidungen zu treffen.461 Die Pflicht zur Veröffentlichung eines VIB gilt auch für Crowd­investing-Plattformen im Bereich der Ausnahme des § 2a VermAnlG. Das VIB darf maximal drei DIN A4-Seiten umfassen (§ 13 Abs. 3 Satz 1 ­ ermAnlG) und muss mindestens die in § 13 Abs. 3 Satz 2 VermAnlG genannten V wesentlichen Informationen enthalten.462 Die Informationen müssen kurz gehalten werden, in übersichtlicher und leicht verständlicher Weise und allgemein verständlicher Sprache dargestellt sein, sodass das Publikum die Angaben einschätzen und in bestmöglicher Weise mit den Merkmalen anderer Finanzinstrumente vergleichen kann (§ 13 Abs. 3 Satz 2 und Abs. 6 Satz 2 VermAnlG). Weiterhin muss das VIB einen drucktechnisch hervorgehobenen Warnhinweis hinsichtlich der Risiken der Vermögensanlage und der damit einhergehenden Möglichkeit des Totalverlusts enthalten (§ 13 Abs. 4 Satz  1 VermAnlG).463 Ferner müssen die weiteren in § 13 Abs. 4 Satz  2 VermAnlG genannten Warnhinweise enthalten sein. Soweit – wie insbesondere im Anwendungsbereich des § 2a ­VermAnlG – kein Prospekt zu erstellen ist, ist darauf hinzuweisen, dass für die Vermögensanlage kein von der BaFin gebilligter Verkaufsprospekt hinterlegt wurde (§ 13 Abs. 5 Satz 1 VermAnlG). Nach § 13 Abs. 7 VermAnlG ist das VIB während der Dauer des öffentlichen Angebots unverzüglich zu aktualisieren, wenn es unrichtig wird oder mit den Angaben in dem Verkaufsprospekt nicht mehr übereinstimmt. Soweit kein Verkaufsprospekt zu erstellen war, gilt die Aktualisierungspflicht auch für jeden wichtigen neuen 461

Vgl. dazu etwa Mülbert, ZHR 177 (2013), 160, 184 ff. Die Grenzen des Informations­ modells werden allerdings durch die Erkenntnisse der Behavioral Economics aufgezeigt, wonach Anleger nicht immer rational handeln und ihre Informationsaufnahme- und Informationsverarbeitungsfähigkeit begrenzt ist, vgl. dazu Klöhn, Kapitalmarkt, Spekulation und Behavioral Finance, 2006, S. 80 ff., 136 ff.; ferner Mülbert, ZHR 177 (2013), 160, 187 ff.; speziell in Bezug auf das Crowdinvesting auch Ibrahim, 100 Minn. L. Rev. 561, 594 f. (2015). Dem Problem des information overload (dazu Klöhn, ZIP 2010, 1005, 1011; ferner Möllers / Kernchen, ZGR 2011, 1, 1 ff.) versucht der Gesetzgeber mit Produktinformationsblättern Rechnung zu tragen, die eine kurze und für den durchschnittlichen Anleger verständliche Zusammenfassung der wesentlichen Entscheidungsgrundlagen bieten und zugleich die Vergleichbarkeit verschiedener Produkte ermöglichen sollen, vgl. dazu auch die Begründung im Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Gesetz zur Novellierung des Finanzanlagenvermittler- und Vermögensanlagenrechts, BT-Drs. 17/6051, S. 33 f.; allgemein dazu Mülbert, ZHR 177 (2013), 160, 187; Buck-Heeb, ZHR 177 (2013), 310, 314 ff., 326 ff.; überblicksartig zum Ganzen auch Gerlach / Schedensack, in: Siering / Izzo-Wagner (Hrsg.), VermAnlG, 2017, § 13, Rn. 4 f. Grundlegend zum Informationsparadigma im Wertpapierhandelsrecht und dessen ökonomischen Hintergrund, Klöhn, ZHR 177 (2013), 349–387. 462 Ausführlich zum erforderlichen Inhalt des VIB Heuer, Die Regulierung von Crowdin­ vesting, 2017, S. 108 ff. 463 Der Warnhinweis ist auf der ersten Seite, unmittelbar unterhalb der ersten Überschrift zu platzieren und muss lauten: „Der Erwerb dieser Vermögensanlage ist mit erheblichen Risiken verbunden und kann zum vollständigen Verlust des eingesetzten Vermögens führen.“ (vgl. § 13 Abs. 4 Satz 1 VermAnlG).

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Umstand oder jede wesentliche Unrichtigkeit, die die Beurteilung der Vermögensanlagen oder des Emittenten beeinflussen könnten (§ 13 Abs. 7 Satz 4 VermAnlG). Das VIB ist nach § 13 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 14 Abs. 1 Satz 2 vor dem Beginn des öffentlichen Angebots bei der BaFin zu hinterlegen und darf erst veröffentlicht werden, wenn die BaFin die Veröffentlichung gestattet (§ 13 Abs. 2 Satz 1 VermAnlG). Es muss zudem mindestens einen Werktag vor dem öffentlichen Angebot auf der Internetseite des Anbieters veröffentlicht werden (§ 13a Abs. 1 Satz 1 VermAnlG). Im Anwendungsbereich des § 2a VermAnlG muss das VIB dabei auf der Internetseite der Internet-Dienstleistungsplattform und des Anbieters ohne Zugriffsbeschränkungen für jedermann zugänglich sein (§ 13a Abs. 2 VermAnlG). Nach § 15 Abs. 1 VermAnlG hat der Anbieter einem Anleger oder einem am Erwerb einer Vermögensanlage Interessierten auf dessen Verlangen während der Dauer des öffentlichen Angebots jederzeit eine aktuelle Fassung des VIB in Textform und auf Verlangen in Papierform zu übermitteln. Vor Vertragsschluss hat der Anleger die Kenntnisnahme des nach § 13 Abs. 4 Satz 1 VermAnlG erforderlichen Warnhinweis des VIB nach Maßgabe der § 15 Abs. 3 und 4 VermAnlG grundsätzlich durch Unterschriftsleistung zu bestätigen. Nach § 15 Abs. 4 VermAnlG ist bei einem Vertragsschluss, der ausschließlich mittels Fernkommunikationsmitteln erfolgt, eine Bestätigung der Kenntnisnahme des Warnhinweises auch in einer der Unterschriftsleistung gleichwertigen Art und Weise zulässig. Eine Bestätigung gilt dann als gleichwertig, wenn sie vom Anleger durch eigenständige Texteingabe vorgenommen wird, die zweifelsfrei seine Identität erkennen lässt (§ 15 Abs. 4 Satz 2 VermAnlG).464 (3) Widerrufsrecht Schließlich wird Anlegern nach § 2d Abs. 1 VermAnlG ein Widerrufsrecht für Anlagen, die im Anwendungsbereich des § 2a VermAnlG angeboten werden, eingeräumt.465

464

Detaillierte Anforderungen an die gleichwertige Bestätigung i. S. d. § 15 Abs. 4 Verm­AnlG werden in der auf Grundlage des § 15  Abs.  5 VermAnlG erlassenen VermögensanlagenInfor­mationsblatt-Bestätigungsverordnung (VIBBestV) vom 20. 08. 2015 (BGBl. I S. 1437), die zuletzt durch Art. 5 Abs. 23 des Gesetzes vom 21. 06. 2019 (BGBl. I S. 846) ge­ändert worden ist, geregelt. Demnach kann eine Bestätigung eines Anlegers, der eine natürliche Person ist, beispielsweise durch Eingabe der folgenden Angaben erfolgen: Name, Geburtsort, Geburtsdatum, Personalausweis- oder Reisepassnummer, Anschrift sowie E-Mail-Adresse oder Telefonnummer (§ 2 Abs. 1 Nr. 2 VIBBestV). 465 Handelt es sich bei den Anlegern um Verbraucher, steht ihnen bereits nach § 312g Abs. 1 BGB ein Widerrufsrecht in Bezug auf die im Fernabsatzwege geschlossenen CrowdinvestingVerträge zu. Zu § 2d VermAnlG siehe etwa Danwerth, WM 2016, 1212 ff.

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e) Weitere Pflichten nach dem VermAnlG Neben der Prospektpflicht und der Pflicht zur Veröffentlichung eines VIB normiert das VermAnlG eine Reihe weiterer Pflichten des Anbieters von Vermögensanlagen. Teilweise sind Anbieter, die Vermögensanlagen unter der Bereichsausnahme des § 2a VermAnlG anbieten, auch hinsichtlich dieser Pflichten privilegiert. aa) Mindestlaufzeit (§ 5a VermAnlG) Nach  § 5a Satz 1 VermAnlG müssen Vermögensanlagen eine Laufzeit von mindestens 24 Monaten ab dem Zeitpunkt des erstmaligen Erwerbs haben und eine ordentliche Kündigungsfrist von mindestens sechs Monaten vorsehen. Mit der Mindestlaufzeit und der zwingenden Kündigungsfrist von mindestens sechs Monaten möchte der Gesetzgeber einerseits sicherstellen, dass der Anbieter der Vermögensanlage eine stabile Finanzierungsgrundlage erhält.466 Andererseits soll dem Anleger vor Augen geführt werden, dass seine Vermögensanlage eine unternehmerische Investition von gewisser Dauer darstellt und er keine kurzfristige Rückzahlung erwarten kann.467 Im Anwendungsbereich der Befreiung für Schwarmfinanzierungen findet nach § 2a Abs. 1 VermAnlG die Vorschrift des § 5a VermAnlG allerdings keine Anwendung, sodass es im Bereich der hier untersuchten Crowdinvesting-Finanzierungen keine gesetzliche Mindestlaufzeit oder Vorgaben hinsichtlich Kündigungsfristen gibt.468 bb) Verbot der Nachschusspflicht (§ 5b VermAnlG) § 5b VermAnlG verbietet das öffentliche Angebot bzw. den Vertrieb von Vermögensanlagen, die eine Nachschusspflicht vorsehen. Damit soll die Haftung 466

Hintergrund ist das Problem der Fristeninkongruenz bei Vermögensanlagen, die die Gefahr begründet, dass der Emittent für die unternehmerische Tätigkeit langfristig gebundenes Vermögen auf Verlangen des Anlegers kurzfristig zurückzahlen muss; vgl. dazu Gesetzentwurf der Bundesregierung, Entwurf eines Kleinanlegerschutzgesetzes, BT-Drs. 18/3994, S. 42; Möllers / Kastl, NZG 2015, 849, 851; Wilhelmi / Seitz, WM 2016, 101, 101. 467 Gesetzentwurf der Bundesregierung, Entwurf eines Kleinanlegerschutzgesetzes, BTDrs. 18/3994, S. 42. Vgl. dazu Eberhardt, in: Siering / Izzo-Wagner (Hrsg.), VermAnlG, 2017, § 5a, Rn. 2 f.; Möllers / Kastl, NZG 2015, 849, 851; Roth, GWR 2015, 243, 245; Wilhelmi / Seitz, WM 2016, 101, 101. 468 Die durchschnittliche Mindestlaufzeit der im Untersuchungszeitraum auf dem Crowdinvesting-Markt angebotenen Vermögensanlagen variierte zwischen drei bis vier Jahren in der Entstehungsphase und rund sechs Jahren zum Ende des Beobachtungszeitraums. Im Gesamtdurchschnitt betrug die Mindestlaufzeit im Beobachtungszeitraum rund 5 Jahre und 4 Monate. Für eine ausführliche Analyse der Laufzeiten der Crowdinvesting-Verträge siehe § 8 F. I. unten.

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der Anleger grundsätzlich auf den eingezahlten Anlagebetrag beschränkt sein.469 Diese Vorgabe findet auch im Bereich der Crowd­investing-Ausnahme des § 2a VermAnlG Anwendung. Im Untersuchungszeitraum wurde kein Crowd­investingVertrag mit einer Nachschusspflicht der Anleger angeboten.470 cc) Werbebeschränkungen (§ 12 VermAnlG) § 12 VermAnlG normiert Regelungen zur Bewerbung von Vermögensanlagen. Die Regelung dient dem Anlegerschutz und soll verhindern, dass Anleger Investitionsentscheidungen ohne hinreichendes Risikobewusstsein treffen.471 Anstatt eines totalen Werbeverbots sollen die Regelungen Werbung so kanalisieren, dass diese primär Personen erreicht, die eine gewisse Bereitschaft zur Auseinandersetzung mit wirtschaftsbezogenen Sachinformationen haben und die daher auch die gesetzlich vorgeschriebenen Produktinformationen ihrer Anlageentscheidung zu Grunde legen.472 dd) Rechnungslegungs- und Prüfungspflicht (§§ 23 bis 26 VermAnlG) Die §§ 23 bis 26 VermAnlG normieren umfassende Rechnungslegungs- und Prüfungspflichten für Emittenten von Vermögensanlagen. Einerseits statuieren sie eine Rechnungslegungspflicht für Unternehmen, die nach den handelsrechtlichen Rechnungslegungsvorschriften nicht zur Erstellung und Offenlegung eines Jahresabschlusses verpflichtet sind. Andererseits werden die handelsrechtlichen Vorgaben für Emittenten von Vermögensanlagen modifiziert und erweitert. (1) Pflicht zur Rechnungslegung § 23 Abs. 1 Satz 1 VermAnlG statuiert eine Pflicht zur Erstellung und Bekanntmachung von Jahresberichten für Emittenten, die nicht nach den Vorschriften des HGB zur Erstellung und Offenlegung eines Jahresabschlusses verpflichtet sind. Nach §§ 325, 264a Abs. 1 HGB sind alle Kapitalgesellschaften und haftungsbeschränkten Personengesellschaften verpflichtet einen Jahresabschluss offenzu­ legen. Der Anwendungsbereich des § 23 Abs. 1 Satz 1 VermAnlG beschränkt sich

469 Vgl. Gesetzentwurf der Bundesregierung, Entwurf eines Kleinanlegerschutzgesetzes, BT-Drs. 18/3994, S. 43. Siehe dazu etwa Wilhelmi / Seitz, WM 2016, 101, 101. 470 Siehe zu den Ergebnissen der empirischen Auswertung § 8 E. V. unten. 471 Vgl. Gesetzentwurf der Bundesregierung, Entwurf eines Kleinanlegerschutzgesetzes, BT-Drs. 18/3994, S. 45. 472 Vgl. Gesetzentwurf der Bundesregierung, Entwurf eines Kleinanlegerschutzgesetzes, BT-Drs. 18/3994, S. 45.

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daher auf nicht haftungsbeschränkte Personenhandelsgesellschaften, Einzelkaufleute und Gesellschaften bürgerlichen Rechts.473 Damit besteht eine umfassende Rechnungslegungspflicht für Emittenten von Vermögensanlagen. Der Jahresbericht ist spätestens sechs Monate nach Ablauf des Geschäftsjahres beim Betreiber des Bundesanzeigers elektronisch einzureichen und bekannt machen zu lassen sowie den Anlegern auf Anforderung zur Verfügung zu stellen (§ 23 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 VermAnlG). Die Bekanntmachung ist über die Internetseite des Unternehmensregisters zugänglich zu machen (§ 23 Abs. 4 Satz 1 VermAnlG). Für nicht nach dem HGB zur Erstellung und Offenlegung von Jahresberichten verpflichtete Unternehmen bestimmt § 23 Abs. 2 VermAnlG, dass der Jahresbericht mindestens jeweils einen nach den Vorgaben des § 24 VermAnlG aufgestellten und von einem Abschlussprüfer geprüften Jahresabschluss (Nr.  1) und Lagebericht (Nr. 2), einen sog. Bilanzeid (Nr. 3) sowie eine Bestätigung des Abschlussprüfers (Nr. 4) enthalten muss.474 (2) Umfang der Rechnungslegungspflicht Unabhängig davon, ob die Pflicht zur Erstellung eines Jahresberichts erst durch § 23 Abs. 1 Satz 1 VermAnlG begründet wird oder auf handelsrechtlichen Vorschriften beruht, richtet sich der Inhalt von Jahresabschlüssen und Lageberichten nach § 24 VermAnlG. Im Hinblick auf Unternehmen, die bereits handelsrechtlich zur Erstellung von Jahresabschlüssen und Lageberichten verpflichtet sind, ist § 24 VermAnlG lex specialis.475 In beiden Fällen richtet sich der Inhalt des Jahresabschlusses grundsätzlich nach den Vorgaben der §§ 264 bis 289f HGB, der Lagebericht nach den Vorgaben des § 289 HGB (§ 24 Abs. 1 HGB). Emittenten von Kapitalanlagen haben den Jahresabschluss zwingend um eine Kapitalflussrechnung zu ergänzen, sofern sie keine kleine Kapitalgesellschaft i. S. v. § 267 Abs. 1 HGB sind (§ 24 Abs. 1 Satz 1 Hs. 2 und Hs. 3 VermAnlG). Während für kleine Kapitalgesellschaften i. S. v. § 267 Abs. 1 HGB nach den handelsrechtlichen Rechnungslegungsvorschriften eine Ausnahme von der Pflicht zur Aufstellung eines Lageberichts besteht (§ 264 Abs. 1 Satz 4 Hs. 1 HGB), gilt diese Ausnahme nicht, wenn die kleine Kapitalgesellschaft als Emittent von Kapitalanlagen zu qualifizieren ist (§ 24 Abs. 1 Satz 2 VermAnlG). Die Regelung des § 264 Abs. 1 Satz 5 HGB, wonach Kleinstgesellschaften i. S. v. § 267a HGB den Jahresabschluss nicht um einen Anhang erweitern brauchen, gilt hingegen für Kapitalgesellschaften auch dann, wenn diese Emittenten von Kapitalanlagen sind.476

473

Dorenkamp, in: Siering / Izzo-Wagner (Hrsg.), VermAnlG, 2017, § 23, Rn. 18.  Vgl. dazu Dorenkamp, in: Siering / Izzo-Wagner (Hrsg.), VermAnlG, 2017, § 23, Rn. 4.  475 Dorenkamp, in: Siering / Izzo-Wagner (Hrsg.), VermAnlG, 2017, § 21, Rn. 1.  476 Vgl. dazu Dorenkamp, in: Siering / Izzo-Wagner (Hrsg.), VermAnlG, 2017, § 25, Rn. 15, der dies auf ein Versehen des Gesetzgebers zurückführt und eine Pflicht zur Aufstellung 474

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Über die Vorgaben nach § 289 HGB hinaus ist der Lagebericht um Angaben zur Gesamtsumme der im Geschäftsjahr gezahlten Vergütungen zu ergänzen. Die gezahlten Vergütungen sind einerseits aufzuteilen in feste und variable Vergütungen, die Zahl der Begünstigten und gegebenenfalls besondere Gewinnbeteiligungen (§ 24 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 VermAnlG). Zum zweiten ist die Gesamtsumme der gezahlten Vergütungen nach Führungskräften und Mitarbeitern, deren berufliche Tätigkeit sich wesentlich auf das Risikoprofil des Emittenten auswirkt (Risikoträger), aufzuteilen (§ 24 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 VermAnlG).477 (3) Prüfungsrecht der BaFin Nach den §§ 24 Abs. 5 bis 8 VermAnlG kann die BaFin bei konkreten Anhaltspunkten für einen Verstoß gegen Rechnungslegungsvorschriften, insbesondere auf Grund von Eingaben Dritter, eine Prüfung der Rechnungslegung des Emittenten von Vermögensanlagen anordnen. (4) Pflicht zur Abschlussprüfung Nach § 25 Abs. 1 Satz 1 VermAnlG sind der Jahresabschluss und der Lagebericht eines Emittenten von Vermögensanlagen entsprechend den Bestimmungen der §§ 316 bis 324a HGB durch einen Abschlussprüfer zu prüfen. Ferner ist der Jahresabschluss und der Lagebericht mit dem Bestätigungsvermerk oder einem Vermerk über die Versagung der Bestätigung zu versehen (§ 25 Abs. 1 Satz 2 VermAnlG). (5) Privilegierung von Emissionen im Rahmen des Crowd­investing Die vorgenannten Rechnungslegungs- und Prüfungspflichten finden grundsätzlich auch auf Emittenten von Vermögensanlagen, welche die Befreiung für Schwarmfinanzierung nach § 2a VermAnlG in Anspruch nehmen, Anwendung. Dabei gelten allerdings die folgenden Ausnahmen: Zunächst besteht für Unternehmen, die Vermögensanlagen im Bereich der Schwarm­fin­an­zierungs-Ausnahme begeben, keine Pflicht zur Erstellung eines Lageberichts (§ 2a Abs. 2 Satz 2 Verm­AnlG). Unberührt bleibt allerdings eine bereits nach den Bestimmungen des HGB bestehende Pflicht zur Erstellung eines Lageberichts.478 Zudem muss der Jahresabschluss nicht durch einen Abschlussprüfer geprüft werden (§ 2a Abs. 2 Satz 1 eines Lageberichts für Kleinstkapitalgesellschaften im Rahmen des Anwendungsbereichs des ­VermAnlG für erforderlich hält. 477 Vgl. Dorenkamp, in: Siering / Izzo-Wagner (Hrsg.), VermAnlG, 2017, § 25, Rn. 18. 478 Vgl. auch die Klarstellung im Gesetzesentwurf der Bundesregierung, Entwurf eines Kleinanlegerschutzgesetzes, BT-Drs. 18/3994, S. 41.

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VermAnlG). Entsprechend ist dem Jahresbericht auch kein Bestätigungsvermerk eines Abschlussprüfers anzufügen. Schließlich finden auch die Prüfungsrechte der BaFin nach § 24 Abs. 5 bis 8 VermAnlG keine Anwendung. Da es sich bei den Emittenten im Rahmen des Crowd­investing im Wesentlichen um Kapitalgesellschaften handelt,479 ergibt sich die Pflicht zur Erstellung eines Lageberichts trotz der Ausnahme nach § 2a Abs. 2 Satz 2 VermAnlG grundsätzlich aus § 264 Abs. 1 Satz 1 HGB. Allerdings dürften für kapitalsuchende Unternehmen im Rahmen des Crowd­investing regelmäßig Ausnahmen von der Pflicht zur Erstellung eines Lageberichts bestehen. Nach § 264 Abs. 1 Satz 4 HGB sind kleine Kapitalgesellschaften und nach § 264 Abs. 1 Satz 5 HGB Kleinstkapitalgesellschaften von der Pflicht zur Erstellung eines Lageberichts befreit. Als Kleinstkapitalgesellschaften sind nach § 267a HGB kleine Kapitalgesellschaften anzusehen, die mindestens zwei der drei folgenden Merkmale nicht überschreiten: (i) 350.000 Euro Bilanzsumme, (ii) 700.000 Euro Umsatzerlöse in den zwölf Monaten vor dem Abschlussstichtag und (iii) im Jahresdurchschnitt zehn Arbeitnehmer. Kleine Kapitalgesellschaften sind nach § 267 Abs. 1 HGB Kapitalgesellschaften, die mindestens zwei der drei folgenden Merkmale nicht überschreiten: (i) 6 Mio. Euro Bilanzsumme, (ii) 12 Mio. Euro Umsatzerlöse in den zwölf Monaten vor dem Abschlussstichtag und (iii) im Jahresdurchschnitt fünfzig Arbeitnehmer. Kleine Kapitalgesellschaften sind nach § 316 Abs. 1 Satz 1 HGB ferner nicht zur Prüfung des Jahresabschlusses durch einen Abschlussprüfer verpflichtet.

II. Aufsichtsrechtliche Anforderungen an Crowd­investing-Plattformen Nachdem zunächst die aufsichtsrechtlichen Anforderungen an die kapitalsuchenden Unternehmen als Emittenten von Crowdfinanzierungen dargestellt wurden, sollen im Folgenden die Crowd­investing-Plattformen in den Blick genommen werden. Zunächst ist zu überprüfen, ob der Betrieb einer Crowd­investingPlattform einer Erlaubnis bedarf. Sodann sind an die Betreiber von Crowd­ investing-Plattformen gerichtete Verhaltenspflichten herauszuarbeiten. 1. Erlaubnispflichtigkeit des Betriebs einer Crowd­investing-Plattform Abhängig vom jeweiligen Geschäftsmodell und dessen konkreter Ausgestaltung könnten Crowd­investing-Plattformen als Finanzdienstleistungsinstitute bzw. Wertpapierinstitute zu qualifizieren sein und ihr Betrieb einer Erlaubnispflicht nach 479 Im Untersuchungszeitraum waren rund 95 % der Unternehmen, die Crowdfinanzierungen anboten, Kapitalgesellschaften. Siehe zu den empirischen Erkenntnissen zu den kapitalsuchenden Unternehmen § 4 B. IV. oben.

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dem KWG bzw. dem WpIG unterliegen.480 In Betracht kommt ferner eine Erlaubnispflicht nach dem KAGB, eine Erlaubnispflicht als Zahlungsinstitut nach dem ZAG sowie als Finanzanlagenvermittler nach der GewO. a) Erlaubnispflicht nach § 32 Abs. 1 Satz 1 KWG Die Betreiber von Crowd­investing-Plattformen bedürfen einer Erlaubnis481 nach § 32 Abs. 1 Satz 1 KWG,482 wenn sie im Inland gewerbsmäßig oder in einem Umfang, der einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert, Bankgeschäfte betreiben oder Finanzdienstleistungen erbringen.483 Das präventive Verbot mit Erlaubnisvorbehalt484 soll verhindern, dass ungeeignete Personen oder finanziell nicht ausreichend ausgestattete Unternehmen Bankgeschäfte und Finanzdienstleistungen erbringen.485 Die Erlaubnis ist nach § 33 KWG daher u. a. bei fehlender Eignung, unzureichender Kapitalausstattung oder

480

Seit Inkrafttreten der ECSP-VO zum 10. 11. 2021 und Ablauf der Übergangszeit nach Art. 48 ECSP-VO zum 10. 11. 2022 kommt ferner eine Erlaubnispflicht nach Art. 12 ECSPVO in Betracht. Nach Art. 12 Abs. 1 ECSP-VO muss eine juristische Person, die beabsichtigt, Schwarmfinanzierungsdienstleistungen zu erbringen, bei der zuständigen Behörde des Mitgliedstaates, in dem sie niedergelassen ist, (in Deutschland ist dies die BaFin) die Zulassung als Schwarmfinanzierungsdienstleister beantragen. Die im Untersuchungszeitraum vorzufindenden und hier untersuchten Formen des Crowdinvesting sind indes nicht als Schwarmfinanzierungsdienstleistungen i. S. v. Art. 2  Abs.  1 lit. a)  ECSP-VO zu qualifizieren (siehe § 3, Fn. 269), sodass der Anwendungsbereich der ECSP-VO nicht eröffnet ist und für die im Untersuchungszeitraum vornehmlich vorzufindenden Geschäftsmodelle der CrowdinvestingPlattformen keine Erlaubnispflicht nach der ECSP-VO besteht. Für einen Überblick über die aufsichtsrechtlichen Zulassungsvoraussetzungen unter der ECSP-VO siehe Izzo-Wagner / Otto, BKR 2022, 155. 481 Als Einschränkung der Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG müssen objektive Zulassungsvoraussetzungen aus Gründen des Gemeinwohls bzw. zum Schutz überragend wichtiger Gemeinschaftsgüter zwingend geboten sein, vgl. BVerfG, Urteil vom 11. 06. 1958, NJW 1958, 1035 (Apotheken-Urteil). Die Erlaubnispflichtigkeit von Kreditinstituten rechtfertigende zwingende Gründe sind die Schlüsselfunktion der Kreditinstitute bei der Vermittlung von Kapital an die Wirtschaft, die Funktion als Instrument staatlicher Wirtschaftspolitik sowie die besondere Vertrauensempfindlichkeit, Fischer / Müller, in: Boos / Fischer / Schulte-Mattler (Hrsg.), KWG, CRR-VO, 5. Aufl., 2016, § 32 KWG, Rn. 5. 482 Seit 26. 06. 2021 tritt die Erlaubnispflicht nach § 32 KWG hinter die mit dem WpIG neu eingeführte Erlaubnispflicht für Wertpapierinstitute nach § 15 Abs. 1 WpIG zurück (vgl. § 32 Abs. 1 Satz 2 KWG, § 15 Abs. 7 WpIG), sofern das Wertpapierinstitut die in § 32 Abs. 1 Satz 2 KWG normierten Schwellen nicht überschreitet. Siehe hierzu sogleich unter § 5 D. II. 1. b). 483 Vgl. dazu Freis-Janik, in: Kümpel / Mülbert / Früh / Seyfried (Hrsg.), Bank- und Kapitalmarktrecht, 6. Aufl., 2022, Rn. 2.163 ff. 484 Vgl. Fischer / Müller, in: Boos / Fischer / Schulte-Mattler (Hrsg.), KWG, CRR-VO, 5. Aufl., 2016, § 32 KWG, Rn. 5. 485 Freis-Janik, in: Kümpel / Mülbert / Früh / Seyfried (Hrsg.), Bank- und Kapitalmarktrecht, 6. Aufl., 2022, Rn. 2.163.

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mangelhaften organisatorischen Voraussetzungen zu versagen.486 Der Betrieb von Bankgeschäften oder die Erbringung von Finanzdienstleistungen ohne die nach § 32 Abs. 1 Satz 1 KWG erforderliche Erlaubnis ist nach § 54 KWG – nicht nur bei Vorsatz, sondern auch bei fahrlässiger Begehung – strafbewehrt. Zudem kann die BaFin gegen das Unternehmen, in dem die nicht erlaubten Geschäfte betrieben werden, nach § 30 OWiG i. V. m. § 59 KWG eine Geldbuße von bis zu 10 Mio. Euro bei vorsätzlicher bzw. bis zu 5 Mio. Euro bei fahrlässiger Begehung verhängen.487 Daneben besteht für das Unternehmen angesichts der Qualifikation des § 32 KWG als Schutzgesetz i. S. v. § 823 Abs. 2 BGB488 ein entsprechendes Haftungsrisiko.489 aa) Gewerbsmäßigkeit oder kaufmännisch eingerichteter Geschäftsbetrieb Die Tätigkeit der Crowd­investing-Plattformen erfolgt gewerbsmäßig, da sie auf eine gewisse Dauer ausgerichtet ist und mit Gewinnerzielungsabsicht erfolgt. Gewerbsmäßigkeit liegt vor, wenn der Betrieb auf eine gewisse Dauer490 angelegt ist und der Betreiber ihn mit Gewinnerzielungsabsicht verfolgt.491 Die Schwelle der Gewerbsmäßigkeit liegt dabei erheblich niedriger als das Erfordernis des kaufmännisch eingerichteten Geschäftsbetriebs.492 bb) Betreiben von Bankgeschäften (§ 1 Abs. 1 Satz 2 KWG) Die Tätigkeit der Crowd­investing-Plattformen könnte als Betreiben von Bankgeschäften i. S. d. § 1 Abs. 1 Satz 2 KWG zu qualifizieren sein. 486 Vgl. auch Freis-Janik, in: Kümpel / Mülbert / Früh / Seyfried (Hrsg.), Bank- und Kapitalmarktrecht, 6. Aufl., 2022, Rn. 2.163. 487 Vgl. dazu Fischer / Müller, in: Boos / Fischer / Schulte-Mattler (Hrsg.), KWG, CRR-VO, 5. Aufl., 2016, § 32 KWG, Rn. 29; Lindemann, in: Boos / Fischer / Schulte-Mattler (Hrsg.), KWG, CRR-VO, 5. Aufl., 2016, § 59 KWG, Rn. 1 ff. 488 St. Rspr., siehe etwa BGH, Urteil vom 19. 01. 2006, NJW-RR 630, 632; Versäumnisurteil vom 21. 04. 2005, III ZR 238/03, NJW 2004, 2703. Siehe ferner auch Tettinger, DStR 2006, 903, 909. 489 Vgl. Jansen / Pfeifle, ZIP 2012, 1842, 1851. 490 Ein Betrieb ist neben der wiederholten Tätigkeit bereits dann auf eine gewisse Dauer angelegt, wenn Geschäfte erstmalig, aber subjektiv mit der Absicht regelmäßiger Wiederholung vorgenommen werden; vgl. Freis-Janik, in: Kümpel / Mülbert / Früh / Seyfried (Hrsg.), Bankund Kapitalmarktrecht, 6. Aufl., 2022, Rn. 2.71 f.; Schwennicke, in: Schwennicke / Auerbach (Hrsg.), KWG mit ZAG, 4. Aufl., 2021, § 1 KWG, Rn. 6; Schäfer, in: Boos / Fischer / SchulteMattler (Hrsg.), KWG, CRR-VO, 5. Aufl., 2016, § 1 KWG, Rn. 22. 491 Freis-Janik, in: Kümpel / Mülbert / Früh / Seyfried (Hrsg.), Bank- und Kapitalmarktrecht, 6. Aufl., 2022, Rn. 2.71 f.; Schäfer, in: Boos / Fischer / Schulte-Mattler (Hrsg.), KWG, CRR-VO, 5. Aufl., 2016, § 1 KWG, Rn. 21; Schwennicke, in: Schwennicke / Auerbach (Hrsg.), KWG mit ZAG, 4. Aufl., 2021, § 1 KWG, Rn. 6; Schwennicke, WM 2010, 542, 546 ff. 492 Vgl. Freis-Janik, in: Kümpel / Mülbert / Früh / Seyfried (Hrsg.), Bank- und Kapitalmarktrecht, 6. Aufl., 2022, Rn. 2.71 f.; Schäfer, in: Boos / Fischer / Schulte-Mattler (Hrsg.), KWG, CRR-VO, 5. Aufl., 2016, § 1 KWG, Rn. 21.

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(1) Einlagengeschäft (§ 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 KWG) Ein Einlagengeschäft i. S. v. § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 KWG der Crowd­investingPlattformen493 liegt bei den im Untersuchungszeitraum auf dem deutschen Crowd­ investing-Markt zu beobachtenden Geschäftsmodellen bereits deshalb nicht vor, weil die Plattformbetreiber kein Geld der Anleger annehmen, sondern sich externer Zahlungsdienstleister bedienen.494 Ungeachtet dessen läge in der Regel auch deshalb kein Einlagengeschäft vor, weil die Beteiligungsbedingungen einen qualifizierten Rangrücktritt beinhalten und damit keinen unbedingten Rückzahlungsanspruch vorsehen.495 (2) Kreditgeschäft (§ 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 KWG) Als Kreditgeschäft fällt die Gewährung von Gelddarlehen und Akzeptkrediten nach § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 KWG unter den Begriff des Bankgeschäfts. Soweit es sich um Crowd­investing in Form von unmittelbaren Vertragsbeziehungen zwischen Anleger und zu finanzierendem Unternehmen handelt, liegt bereits keine Darlehensgewährung der Crowd­investing-Plattform an das zu finanzierende Unternehmen vor. Anders ist dies in Fällen der mittelbaren Beteiligung,496 bei der eine Zweckgesellschaft als Investmentvehikel in Vertragsbeziehungen zu dem zu finanzierenden Unternehmen tritt. Hier kann – abhängig von der konkreten Ausgestaltung – die Zweckgesellschaft als Darlehensgeberin gegenüber dem zu finanzierenden Unternehmen auftreten. Auch wenn die Zweckgesellschaft die Voraussetzung der Gewerbsmäßigkeit erfüllen würde, läge regelmäßig gleichwohl kein erlaubnispflichtiges Kreditgeschäft vor. Nach Auffassung der BaFin stellt die Gewährung von Darlehen an Unternehmen, bei denen der Darlehensgeber mit einer möglichen Verlustteilnahme oder aufgrund einer qualifizierten Nachrangklausel eine Finanzierungsverantwortung übernimmt (und die auf der Seite des Darlehensnehmers daher nicht als Einlagengeschäft i. S. v. § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 KWG einzuordnen wären), kein Kreditgeschäft i. S. v. § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 KWG dar.497 493 Zum Betreiben eines Einlagengeschäfts durch die emittierenden Unternehmen siehe § 5 D. I. 1.  oben. 494 Im Ergebnis ebenso Begner, BaFinJournal 09/2012, S. 11, 13 und Nietsch / Eberle, DB 2014, 1788, 1790 f., die allerdings auf den aufgrund des qualifizierten Rangrücktritts fehlenden unbedingten Rückzahlungsanspruch abstellen; ohne Begründung Nastold, ZVertriebsR 2014, 366, 366; ferner Schedensack, Crowdinvesting, 2018, S. 363. 495 Siehe dazu sowie zum Risiko bei fehlender / unwirksamer Rangrücktrittsvereinbarung bereits § 5 D. I. 1.  oben. Ebenso Begner, BaFinJournal 09/2012, S. 11, 13; Weitnauer, in: Weitnauer (Hrsg.), Handbuch Venture Capital, 7. Aufl., 2022, Teil D., Rn. 89. 496 Vgl. zu den empirischen Erkenntnissen im Hinblick auf die Entwicklung der Finanzierungsstruktur § 8 B. II. unten. 497 BaFin, Merkblatt v. 08. 01. 2009, geändert am 02. 05. 2016 – Hinweise zum Tatbestand des Kreditgeschäfts (Stand: Mai 2016), abrufbar unter https://www.bafin.de/dok/7866820;

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Die Tätigkeit der Crowd­investing-Plattformen ist somit – jedenfalls im Rahmen der im Untersuchungszeitraum vorzufindenden Geschäftsmodelle – sowohl in der mittelbaren als auch in der unmittelbaren Ausgestaltung der Finanzierungen kein erlaubnispflichtiges Kreditgeschäft.498 (3) Emissionsgeschäft (§ 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 10 KWG) Als Emissionsgeschäft (sog. underwriting) definiert § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 10 KWG „die Übernahme von Finanzinstrumenten für eigenes Risiko zur Platzierung oder die Übernahme gleichwertiger Garantien“. Emission ist die erstmalige Platzierung von Wertpapieren durch einen Emittenten.499 Das Emissionsgeschäft umfasst nur die Emission unter Beteiligung eines Dritten (Fremdemission), nicht hingegen die Emission durch den Emittenten selbst (Eigenemission).500 Entscheidend für die Einordnung als Emissionsgeschäft ist, dass die Finanzinstrumente durch die platzierende(n) Bank(en) „für eigenes Risiko“ übernommen werden.501 Der Platzierende muss sich also zur Abnahme der zu platzierenden Finanzinstrumente und zur Zahlung des Übernahmepreises verpflichten, das Absatzrisiko bleibt allein bei ihm (Übernahmekonsortium, firm commitment underwriting).502 Kein Emissionsgeschäft liegt hingegen vor, wenn das Platzierungsrisiko beim Emittenten verbleibt (sog. best effort underwriting), weil Finanzinstrumente im Namen des Unternehmens (z. B. der Bank oder des Konsortiums) für Rechnung des Emittenten (Begebungskonsortium) oder im Namen und für Rechnung des Emittenten (offene Stellvertretung) (Vermittlungskonsortium) platziert werden.503 Schäfer, in: Boos / Fischer / Schulte-Mattler (Hrsg.), KWG, CRR-VO, 5. Aufl., 2016, § 1 KWG, Rn. 63; Weitnauer / Parzinger, GWR 2013, 153, 155. 498 Ebenso Weitnauer / Parzinger, GWR 2013, 153, 155; Weitnauer, in: Weitnauer (Hrsg.), Handbuch Venture Capital, 7. Aufl., 2022, Teil D., Rn. 90. 499 Freis-Janik, in: Kümpel / Mülbert / Früh / Seyfried (Hrsg.), Bank- und Kapitalmarktrecht, 6. Aufl., 2022, Rn. 2.107; Schwennicke, in: Schwennicke / Auerbach (Hrsg.), KWG mit ZAG, 4. Aufl., 2021, § 1 KWG, Rn. 69; Grundmann / Denga, in: Ellenberger / Bunte (Hrsg.), Bankrechts-Handbuch, 6. Aufl., 2022, § 92, Rn. 1. 500 Freis-Janik, in: Kümpel / Mülbert / Früh / Seyfried (Hrsg.), Bank- und Kapitalmarktrecht, 6. Aufl., 2022, Rn. 2.107; BaFin, Merkblatt v. 07. 01. 2009, geändert am 24. 07. 2013 – Hinweise zum Tatbestand des Emissionsgeschäfts (Stand: Juli 2013), abrufbar unter https://www.bafin. de/dok/7866834, Ziff. 1 a); Schwennicke, in: Schwennicke / Auerbach (Hrsg.), KWG mit ZAG, 4. Aufl., 2021, § 1 KWG, Rn. 69; du Buisson, WM 2003, 1401, 1401. 501 BaFin, Merkblatt v. 07. 01. 2009, geändert am 24. 07. 2013 – Hinweise zum Tatbestand des Emissionsgeschäfts (Stand: Juli 2013), abrufbar unter https://www.bafin.de/dok/7866834, Ziff. 1 b)  bb); Freis-Janik, in: Kümpel / Mülbert / Früh / Seyfried (Hrsg.), Bank- und Kapitalmarktrecht, 6. Aufl., 2022, Rn. 2.107. 502 Schäfer, in: Boos / Fischer / Schulte-Mattler (Hrsg.), KWG, CRR-VO, 5. Aufl., 2016, § 1 KWG, Rn. 112; du Buisson, WM 2003, 1401, 1402. 503 BaFin, Merkblatt v. 07. 01. 2009, geändert am 24. 07. 2013 – Hinweise zum Tatbestand des Emissionsgeschäfts (Stand: Juli 2013), abrufbar unter https://www.bafin.de/dok/7866834, Ziff. 1 b)  bb); Freis-Janik, in: Kümpel / Mülbert / Früh / Seyfried (Hrsg.), Bank- und Kapitalmarktrecht, 6. Aufl., 2022, Rn. 2.109; Schäfer, in: Boos / Fischer / Schulte-Mattler (Hrsg.), KWG, CRR-VO, 5. Aufl., 2016, § 1 KWG, Rn. 115 f. 

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§ 5 Rechtlicher Rahmen des Crowd­investing

Kein Geschäftsmodell der im Untersuchungszeitraum auf dem deutschen Markt agierenden Crowd­investing-Plattformen sah jedoch die Übernahme der Finanzinstrumente durch die Plattform auf eigenes Risiko vor, sodass ein Emissionsgeschäft der Plattformen i. S. d. KWG für die untersuchten Geschäftsmodelle ausgeschlossen werden kann.504 (4) Zwischenergebnis Die hier untersuchten Geschäftsmodelle der Crowd­investing-Plattformen können nicht als Betreiben von Bankgeschäften i. S. v. § 1 Abs. 1 Satz 2 KWG qualifiziert werden. cc) Erbringen von Finanzdienstleistungen (§ 1 Abs. 1a Satz 2 KWG) Die Tätigkeit der Crowd­investing-Plattformen könnte aber als Finanzdienstleis­ tung i. S. v. § 1 Abs. 1a Satz 2 KWG einzuordnen sein. Voraussetzung ist, dass die vermittelten Crowd­investing-Finanzierungen als Finanzinstrumente i. S. v. § 1  Abs. 11 Satz 1 KWG einzuordnen sind und Crowd­investing-Plattformen eine der in § 1 Abs. 1a Satz 2 KWG genannten Tätigkeiten ausüben. (1) Finanzinstrumente Die in § 1 Abs. 1a Satz 2 KWG genannten Finanzdienstleistungen beziehen sich auf Finanzinstrumente i. S. v. § 1 Abs. 11 Satz 1 KWG.505 Der Begriff der Finanz­ instrumente wurde in der Vergangenheit immer weiter ausgedehnt.506 Bis zum 31. Mai 2012 waren Finanzinstrumente nach der damals geltenden Fassung des § 1 Abs. 11 Satz 1 KWG „Wertpapiere, Geldmarktinstrumente, Devisen oder Rechnungseinheiten sowie Derivate“. Bis zum 31. Mai 2012 wurden auf dem deutschen Crowd­investing-Markt vornehmlich stille Beteiligungen und (unverbriefte) Genussrechte angeboten.507 Insoweit bezog sich die Tätigkeit der Crowd­ investing-Plattformen regelmäßig bereits nicht auf Finanzinstrumente i. S. d. zu diesem Zeitpunkt geltenden Fassung des § 1 Abs. 11 Satz 1 KWG.508 504

Ebenso Klöhn / Hornuf, ZBB 2012, 237, 249; Weitnauer / Parzinger, GWR 2013, 153, 155; Weitnauer, in: Weitnauer (Hrsg.), Handbuch Venture Capital, 7. Aufl., 2022, Teil D., Rn. 90; ferner auch Schedensack, Crowdinvesting, 2018, S. 364. 505 Vgl. Schäfer, in: Boos / Fischer / Schulte-Mattler (Hrsg.), KWG, CRR-VO, 5. Aufl., 2016, § 1 KWG, Rn. 278. 506 Zur Entwicklung der Norm vgl. Schäfer, in: Boos / Fischer / Schulte-Mattler (Hrsg.), KWG, CRR-VO, 5. Aufl., 2016, § 1 KWG, Rn. 277 ff. 507 Für empirische Erkenntnisse zur Entwicklung der angebotenen Finanzinstrumente siehe § 8 B. I. unten. 508 Ebenso Klöhn / Hornuf, ZBB 2012, 237, 249.

D. Regulatorischer Rahmen des Crowd­investing  

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Mit Inkrafttreten des Gesetzes zur Novellierung des Finanzanlagenvermittlerund Vermögensanlagenrechts509 zum 1. Juni 2012 wurden der Begriff der Finanzinstrumente i. S. v. § 1 Abs. 11 Satz 1 KWG um Vermögensanlagen i. S. d. § 1 Abs. 2 VermAnlG erweitert.510 Vermögensanlagen waren nach § 1 Abs. 2 VermAnlG bis zum Inkrafttreten des KASG511 Anteile, die eine Beteiligung am Erfolg eines Unternehmens gewähren, Anteile an einem Vermögen, das der Emittent oder ein Dritter in eigenem Namen für fremde Rechnung hält oder verwaltet (Treuhandvermögen), Genussrechte und Namensschuldverschreibungen. Im Hinblick auf das Crowd­investing sind neben Genussrechten (§ 1 Abs. 2 Nr. 4 VermAnlG a. F.) vor allem Anteile, die eine Beteiligung am Erfolg eines Unternehmens gewähren, (§ 1 Abs. 2 Nr. 1 VermAnlG) von Relevanz. Wie oben dargestellt fallen insbesondere stille Beteiligungen als Anteile, die eine Beteiligung am Erfolg eines Unternehmens gewähren, unter § 1 Abs. 2 Nr. 1 VermAnlG. Im Zeitraum vom 1. Juni 2012 bis zum 9. Juli 2015 wurden 82 CrowdinvestingFinanzierungen in Form von stillen Beteiligungen und 23 in Form von Genussrechten auf dem deutschen Crowd­investing-Markt angeboten.512 Die angebotenen stillen Beteiligungen und Genussrechte waren als Vermögensanlagen i. S. d. § 1 Abs. 2 VermAnlG a. F. damit zugleich Finanzinstrumente i. S. d. § 1 Abs. 11 Satz 1 Nr. 2 KWG. Mit Inkrafttreten des Kleinanlegerschutzgesetzes zum 10. Juli 2015 wurde der Katalog der Vermögensanlagen i. S. d. § 1 Abs. 2 VermAnlG um partiarische Darlehen, Nachrangdarlehen und „sonstige Anlagen“ erweitert.513 Damit wurde zugleich der Begriff der Finanzinstrumente i. S. d. § 1 Abs. 11 Satz 1 KWG auf diese Anlageformen erstreckt. Seit dem 10. Juli 2015 wurden auf dem deutschen Crowd­investing-Markt 62 Finanzierungen in Form von partiarischen Nachrangdarlehen angeboten.514 Die im Rahmen des Crowd­investing im Untersuchungszeitraum überwiegend verwendeten Finanzierungsinstrumente waren somit als Finanzinstrumente i. S. d. § 1 Abs. 11 Satz 1 KWG zu qualifizieren.515

509 Gesetz zur Novellierung des Finanzanlagenvermittler- und Vermögensanlagenrechts vom 06. 12. 2011, BGBl. I, S. 2481, in Kraft seit 01. 06. 2012. Siehe dazu auch die Nachweise in Fn. 349, vgl. auch Bruchwitz / Voß, BB 2011, 1226; Hanten / Reinholz, ZBB 2012, 36. 510 Schäfer, in: Boos / Fischer / Schulte-Mattler (Hrsg.), KWG, CRR-VO, 5. Aufl., 2016, § 1 KWG, Rn. 281. Ziel der Gesetzesänderung war, die Aufsicht der BaFin auch auf Vermögensanlagen i. S. v. § 1 Abs. 2 VermAnlG zu erstrecken, vgl. Begründung im Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Gesetz zur Novellierung des Finanzanlagenvermittler- und Vermögensanlagenrechts, BT-Drs. 17/6051, S. 42. 511 Siehe dazu § 5 D. I. 3. a) aa) (2) oben. 512 Vgl. Fn. 355 oben. 513 Vgl. § 5 D. I. 3. a) aa) (3) oben. 514 Vgl. Fn. 366 oben. 515 Ebenso etwa Aschenbeck-Florange / Drefke, RdF 2015, 284, 292.

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§ 5 Rechtlicher Rahmen des Crowd­investing

(2) Anlageberatung (§ 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 1a KWG) Die Tätigkeit der Crowd­investing-Plattformen im Rahmen der untersuchten Geschäftsmodelle ist nicht als Anlageberatung i. S. d. KWG zu qualifizieren.516 Nach der Legaldefinition des § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 1a KWG ist Anlageberatung „die Abgabe von persönlichen Empfehlungen an Kunden oder deren Vertreter, die sich auf Geschäfte mit bestimmten Finanzinstrumenten beziehen, sofern die Empfehlung auf eine Prüfung der persönlichen Umstände des Anlegers gestützt oder als für ihn geeignet dargestellt wird und nicht ausschließlich über Informationsverbreitungskanäle oder für die Öffentlichkeit bekannt gegeben wird“. Zwar muss der Anleger seit Inkrafttreten des Kleinanlegerschutzgesetzes – sofern Kapitalanlagen unter Inanspruchnahme der Ausnahme nach § 2a VermAnlG emittiert werden  – bestimmte Angaben zu seinen Vermögensverhältnissen machen, von denen abhängt, ob er die Vermögensanlage erwerben darf.517 Gleichwohl bieten Crowd­investing-Plattformen den Anlegern bislang keine „bestimmten Finanzinstrumente“ in Form von persönlichen Empfehlungen an, welche auf die Prüfung ihrer persönlichen Umstände gestützt werden.518 Vielmehr preisen Crowd­investing-Plattformen die von ihnen angebotenen Kapitalanlagen unter Bereithaltung von Informationen über die zu finanzierenden Start-ups in identischer Form gegenüber der gesamten Öffentlichkeit – oder jedenfalls allen registrierten Nutzern – gleichermaßen an.519 Eine Anlageberatung wurde daher von den im Untersuchungszeitraum aktiven Crowd­investing-Plattformen nicht erbracht.520 (3) Platzierungsgeschäft (§ 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 1c KWG) Das Platzieren von Finanzinstrumenten ohne feste Übernahmeverpflichtung ist als Platzierungsgeschäft nach § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 1c KWG eine Finanzdienstleistung.521 516

Vgl. dazu bereits § 5 B. II. oben. Siehe dazu bereits Fn. 61. 518 Siehe § 5 B. II. oben. Zur automatisierten Finanzberatung durch FinTechs (sog. Robo-Advisory oder Robo-Advice) und deren aufsichtsrechtlicher Einordnung, insbesondere der Qualifikation als Anlageberatung, siehe etwa Baumanns, BKR 2016, 366; ferner Klebeck / DobrauzSaldapenna, RdF 2015, 276; Möslein / L ordt, ZIP 2017, 793; Lins, BKR 2020, 181. 519 Vgl. zu den für die Abgrenzung der Anlageberatung vom bloßen Anpreisen eines Finanzinstruments entscheidenden Merkmalen der „persönlichen Empfehlung“ und der „Prüfung der persönlichen Umstände“ Schäfer, in: Boos / Fischer / Schulte-Mattler (Hrsg.), KWG, CRR-VO, 5. Aufl., 2016, § 1 KWG, Rn. 143 ff. 520 Ebenso Fischer, Rechtslage, 2017, S. 45; Schedensack, Crowdinvesting, 2018, S. 366. 521 Das Platzierungsgeschäft galt bislang als Unterfall der Abschlussvermittlung i. S. d. § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 2 KWG, wurde jedoch mit dem Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetz vom 16. 07. 2007, BGBl. I 2007 zum 01. 11. 2007 in einen eigenen Tatbestand ausgegliedert. 517

D. Regulatorischer Rahmen des Crowd­investing  

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Unter Platzieren ist die (erstmalige)522 Unterbringung, d. h. die Veräußerung,523 von Finanzinstrumenten im Kapitalmarkt oder an einen begrenzten Kreis von Personen oder Anlegern im Rahmen einer Emission zu verstehen.524 Erforderlich ist zudem eine „Platzierungsabrede“, durch die der Emittent den Platzierenden mit der Unterbringung der von ihm emittierten Finanzinstrumente im Kapitalmarkt beauftragt.525 Allerdings übernimmt der Platzierende keine feste Übernahme­ verpflichtung. Das Platzierungsrisiko bleibt daher – im Unterschied zum Emissionsgeschäft – beim Emittenten.526 Das Platzierungsgeschäft setzt weiter voraus, dass Finanzinstrumente für einen anderen veräußert werden. Umstritten ist allerdings, ob das Platzierungsgeschäft zwingend „im fremden Namen für fremde Rechnung“, d. h. in offener Stellvertretung für den Emittenten, erfolgen muss527 oder sämtliche Fälle einer Platzierung für einen anderen ohne Übernahme eines Platzierungsrisikos umfasst.528 Weitgehend unstreitig liegt jedenfalls dann ein Platzierungsgeschäft vor, wenn Finanzinstrumente im Wege einer offenen Stellvertretung platziert werden.529 Unabhängig hiervon ist in jedem Fall erforderlich, Vgl. etwa Assmann, in: Assmann / Schneider / Mülbert (Hrsg.), Wertpapierhandelsrecht, 7. Aufl., 2019, § 2 WpHG, Rn. 141. 522 BaFin, Merkblatt v. 10. 12. 2009, geändert am 25. 07. 2013  – Hinweise zum Tatbestand des Platzierungsgeschäfts vom (Stand: Juli 2013), abrufbar unter https://www.bafin.de/ dok/7866838; a. A. etwa Assmann, in: Assmann / Schneider / Mülbert (Hrsg.), Wertpapierhandelsrecht, 7. Aufl., 2019, § 2 WpHG, Rn. 144 (auch „secondary offerings“ erfasst). 523 BaFin, Merkblatt v. 10. 12. 2009, geändert am 25. 07. 2013  – Hinweise zum Tatbestand des Platzierungsgeschäfts vom (Stand: Juli 2013), abrufbar unter https://www.bafin.de/ dok/7866838. 524 BaFin, Merkblatt v. 10. 12. 2009, geändert am 25. 07. 2013 – Hinweise zum Tatbestand des Platzierungsgeschäfts vom (Stand: Juli 2013), abrufbar unter https://www.bafin.de/dok/​ 7866838; Assmann, in: Assmann / Schneider / Mülbert (Hrsg.), Wertpapierhandelsrecht, 7. Aufl., 2019, § 2 WpHG, Rn. 144. 525 BaFin, Merkblatt v. 10. 12. 2009, geändert am 25. 07. 2013  – Hinweise zum Tatbestand des Platzierungsgeschäfts vom (Stand: Juli 2013), abrufbar unter https://www.bafin.de/ dok/7866838; Assmann, in: Assmann / Schneider / Mülbert (Hrsg.), Wertpapierhandelsrecht, 7. Aufl., 2019, § 2 WpHG, Rn. 144. 526 Freis-Janik, in: Kümpel / Mülbert / Früh / Seyfried (Hrsg.), Bank- und Kapitalmarktrecht, 6. Aufl., 2022, Rn. 2.125; Assmann, in: Assmann / Schneider / Mülbert (Hrsg.), Wertpapierhandelsrecht, 7. Aufl., 2019, § 2 WpHG, Rn. 143. 527 So die Ansicht der BaFin, vgl. BaFin, Merkblatt v. 10. 12. 2009, geändert am 25. 07. 2013 – Hinweise zum Tatbestand des Platzierungsgeschäfts vom (Stand: Juli 2013), abrufbar unter https://www.bafin.de/dok/7866838. Da das Platzierungsgeschäft einen Sonderfall der Abschlussvermittlung darstelle, seien auch deren Tatbestandsmerkmale erforderlich. 528 So die wohl herrschende Ansicht in der Literatur, vgl. Schäfer, in: Boos / Fischer / SchulteMattler (Hrsg.), KWG, CRR-VO, 5. Aufl., 2016, § 1 KWG, Rn. 154; Assmann, in: Assmann / Schneider / Mülbert (Hrsg.), Wertpapierhandelsrecht, 7. Aufl., 2019, § 2 WpHG, Rn. 145. Die Gesetzesbegründung, wonach das Platzierungsgeschäft bisher unter die Abschlussvermittlung fiel, sei nicht so zu verstehen, dass für jedes Platzierungsgeschäft zwingend eine Tätigkeit im fremden Namen und auf fremde Rechnung erforderlich sei, vgl. Schäfer, in: Boos / Fischer / Schulte-Mattler (Hrsg.), KWG, CRR-VO, 5. Aufl., 2016, § 1 KWG, Rn. 154. 529 Freis-Janik, in: Kümpel / Mülbert / Früh / Seyfried (Hrsg.), Bank- und Kapitalmarktrecht, 6. Aufl., 2022, Rn. 2.125.

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§ 5 Rechtlicher Rahmen des Crowd­investing

dass der Platzierer eine eigene Willenserklärung abgibt.530 Die bloße Weiterleitung fremder Willenserklärungen als Bote unterfällt hingegen der Anlagevermittlung.531 Nach den im Untersuchungszeitraum anzutreffenden Geschäftsmodellen erfolgte die Platzierung der Finanzinstrumente weder in unmittelbarer noch in mittelbarer Stellvertretung der Crowd­investing-Plattformen für die zu finanzierenden Unternehmen.532 Die Betreiber der Crowd­investing-Plattformen gaben keine eigenen auf die Veräußerung der Vermögensanlagen gerichteten Willenserklärungen ab.533 Unabhängig davon, ob man allein die offene Stellvertretung oder jeden Fall der Stellvertretung als Voraussetzung des Platzierungsgeschäfts begreift, erfüllt die Tätigkeit der untersuchten Crowd­investing-Plattformen nicht den Tatbestand des Platzierungsgeschäfts.534 (4) Abschlussvermittlung (§ 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 2 KWG) Die Anschaffung oder die Veräußerung von Finanzinstrumenten im fremden Namen für fremde Rechnung ist als Abschlussvermittlung nach § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 2 KWG Finanzdienstleistung.535 Der Tatbestand der Abschlussvermittlung erfordert somit eine offene Stellvertretung bei der Anschaffung oder Veräußerung von Finanzinstrumenten.536 Der Abschlussvermittler muss eine eigene Willenserklärung als Vertreter seines Kunden abgeben.537 Die untersuchten Geschäftsmodelle der Crowd­investing-Portale sahen indes keine Stellvertretung beim Erwerb der Vermögensanlagen vor. Die Finanzdienst 530

So Klöhn / Hornuf, ZBB 2012, 237, 250. BaFin, Merkblatt v. 07. 12. 2009, geändert am 11. 09. 2014 – Hinweise zum Tatbestand der Abschlussvermittlung (Stand: September 2014), abrufbar unter https://www.bafin.de/ dok/7866840; Klöhn / Hornuf, ZBB 2012, 237, 250. 532 Ebenso Klöhn / Hornuf, ZBB 2012, 237, 250. 533 Klöhn / Hornuf, ZBB 2012, 237, 250; Weitnauer / Parzinger, GWR 2013, 153, 155. 534 Klöhn / Hornuf, ZBB 2012, 237, 250; Weitnauer / Parzinger, GWR 2013, 153, 155; Nietsch  / ​ Eberle, DB 2014, 1788, 1790; Weitnauer, in: Weitnauer (Hrsg.), Handbuch Venture Capital, 7. Aufl., 2022, Teil D., Rn. 91; ferner Fischer, Rechtslage, 2017, S. 44; Heuer, Die Regulierung von Crowdinvesting, S. 76; Schedensack, Crowdinvesting, 2018, S. 369. Etwas anderes gilt allerdings für einige Emissionen auf der Plattform Bergfürst, vgl. dazu Nietsch / Eberle, DB 2014, 1788, 1791. 535 Vgl. Schäfer, in: Boos / Fischer / Schulte-Mattler (Hrsg.), KWG, CRR-VO, 5. Aufl., 2016, § 1 KWG, Rn. 157; BaFin, Merkblatt v. 07. 12. 2009, geändert am 11. 09. 2014 – Hinweise zum Tatbestand der Abschlussvermittlung (Stand: September 2014), abrufbar unter https://www. bafin.de/dok/7866840. 536 Vgl. Schäfer, in: Boos / Fischer / Schulte-Mattler (Hrsg.), KWG, CRR-VO, 5. Aufl., 2016, § 1 KWG, Rn. 157; BaFin, Merkblatt v. 07. 12. 2009, geändert am 11. 09. 2014 – Hinweise zum Tatbestand der Abschlussvermittlung (Stand: September 2014), abrufbar unter https://www. bafin.de/dok/7866840. 537 BaFin, Merkblatt v. 07. 12. 2009, geändert am 11. 09. 2014 – Hinweise zum Tatbestand der Abschlussvermittlung (Stand: September 2014), abrufbar unter https://www.bafin.de/ dok/7866840. 531

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leistung der Abschlussvermittlung kommt daher für die untersuchten Geschäftsmodelle nicht in Betracht.538 (5) Anlagevermittlung (§ 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 1 KWG) Anlagevermittlung ist nach § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 1 KWG die Vermittlung von Geschäften über die Anschaffung und die Veräußerung von Finanzinstrumenten. Vermittlung in diesem Sinne ist jede final auf den Abschluss von Geschäften über die Anschaffung und Veräußerung von Finanzinstrumenten gerichtete Tätigkeit.539 Der Begriff der Anlagevermittlung ist grundsätzlich weit auszulegen.540 Eine solche Tätigkeit liegt bereits dann vor, wenn der Vermittler den Abschluss eines konkreten Geschäfts so umfassend vorbereitet und abgewickelt hat, dass der Kunde den Auftrag nur noch zu unterschreiben und abzusenden braucht,541 oder wenn der Vermittler nach einer Anlageberatung den vom Kunden unterschriebenen Auftrag weiterleitet.542 Unerheblich ist dabei, ob die Vermittlung für den Anbieter der Vermögensanlagen oder den Anleger erfolgt.543 Die Anlagevermittlung beschränkt sich ferner nicht auf die Anschaffung und Veräußerung von bereits ausgegebenen Finanzinstrumenten auf dem Sekundärmarkt, sondern umfasst auch erstmalig ausgegebene Finanzinstrumente.544 Nicht als Vermittlung gilt hingegen der bloße Nachweis der Gelegenheit zum Abschluss von Verträgen über die Anschaffung und Veräußerung von Finanzinstrumenten.545 538

Ebenso Nietsch / Eberle, DB 2014, 1788, 1790; Schedensack, Crowdinvesting, 2018, S. 369. Falsch insoweit Baumann, Crowdinvesting im Finanzmarktrecht, 2014, S. 84, die ohne Begründung von einer Abschlussvermittlung ausgeht, ohne sich mit deren Voraussetzungen auseinanderzusetzen. 539 BGH, Urteil vom 5. 12. 2013 – III ZR 73/12, NJW-RR 2014, 307; Urteil vom 30. 10. 2014 – III ZR 493/13, NJW-RR 2015, 365; vgl. ferner VGH Kassel, Beschluss vom 18. 07. 2003 – 6 TG 3395/02, NJW 2003, 3578, 3579; BaFin, Merkblatt v. 17. 05. 2011, geändert am 13. 07. 2017 – Hinweise zum Tatbestand der Anlagevermittlung (Stand: Juli 2017), abrufbar unter https:// www.bafin.de/dok/7851610; Schäfer, in: Boos / Fischer / Schulte-Mattler (Hrsg.), KWG, CRRVO, 5. Aufl., 2016, § 1 KWG, Rn. 134; Schwennicke, in: Schwennicke / Auerbach (Hrsg.), KWG mit ZAG, 4. Aufl., 2021, § 1 KWG, Rn. 83. Zur Abgrenzung des Begriffs der Anlagevermittlung nach dem Bürgerlichen Recht von dem des KWG vgl. Schlick, WM 2015, 261, 264. 540 BGH, Urteil vom 30. 10. 2014 – III ZR 493/13, NJW-RR 2015, 365, 367. 541 So VGH Kassel, Beschluss vom 18. 07. 2003 – 6 TG 3395/02, NJW 2003, 3578, 3579; Schlick, WM 2015, 261, 264. 542 BGH, Urteil vom 5. 12. 2013 – III ZR 73/12, NJW-RR 2014, 307; Urteil vom 30. 10. 2014 – III ZR 493/13, NJW-RR 2015, 365, 367; Schäfer, in: Boos / Fischer / Schulte-Mattler (Hrsg.), KWG, CRR-VO, 5. Aufl., 2016, § 1 KWG, Rn. 134; Schlick, WM 2015, 261, 264. 543 Schäfer, in: Boos / Fischer / Schulte-Mattler (Hrsg.), KWG, CRR-VO, 5. Aufl., 2016, § 1 KWG, Rn. 134. 544 Klöhn / Hornuf, ZBB 2012, 237, 250; BaFin, Merkblatt v. 17. 05. 2011, geändert am 13. 07. 2017 – Hinweise zum Tatbestand der Anlagevermittlung (Stand: Juli 2017), abrufbar unter https://www.bafin.de/dok/7851610. 545 Klöhn / Hornuf, ZBB 2012, 237, 250. Bis zum 31. 10. 2007 lautete der Wortlaut von § 1 Abs. 1a Nr. 1 KWG „die Vermittlung von Geschäften über die Anschaffung und die Veräuße-

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Die BaFin hält für eine Vermittlungstätigkeit bereits eine Botentätigkeit für ausreichend.546 Eine Vermittlungstätigkeit erbringe demnach bereits derjenige, der als Bote eine auf Anschaffung oder Veräußerung eines Finanzinstruments gerichtete Willenserklärung des Anlegers an den Geschäftspartner weiterleitet, vorausgesetzt der Bote kann – in Abgrenzung zu einem bloßen Brieftransportunternehmen – erkennen, dass er eine auf die Anschaffung oder Veräußerung von Finanzinstrumenten gerichtete Willenserklärung weiterleitet.547 Die Weiterleitung kann auch elektronisch erfolgen.548 Keine Anlagevermittlung, sondern ggf. der Betrieb eines multilateralen Handelssystems liegt hingegen vor, wenn der Vermittler Angebot und Nachfrage nach Finanzinstrumenten nach einem festen (nichtdiskretionären) Regelwerk zusammenführt, ohne dass den Parteien ein Entscheidungsspielraum verbleibt, ob sie den Vertrag im konkreten Fall und mit dem entsprechenden Vertragspartner tatsächlich schließen wollen.549 Diese Tätigkeit erfüllt ggf. den Tatbestand des Betriebs eines multilateralen Handelssystems.550 Ob die Tätigkeit der Crowd­investing-Portale als Anlagevermittlung i. S. v. § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 1 KWG zu qualifizieren ist, hängt von den Details der konkreten Ausgestaltung im Einzelfall ab. Werden Emittent und Anleger nach einem festen Regelwerk zusammengeführt, ohne dass ihnen ein Entscheidungsspielraum hinsichtlich des konkreten Vertragsschlusses verbleibt, läge insoweit keine Anlagevermittlung vor.551 Als Anlagevermittlung wäre der Übermittlungsvorgang nur zu rung von Finanzinstrumenten oder deren Nachweis (Anlagevermittlung)“. Die Einbeziehung der Nachweistätigkeit wurde zum Teil als EU-rechtswidrig betrachtet, da die Wertpapierdienstleistungsrichtlinie den Nachweismakler nicht erfasste, vgl. etwa VGH Kassel, Beschluss vom 06. 01. 2006, 6 TG 985/05, BeckRS 2006, 15683 sowie VGH Kassel, Beschluss vom 03. 03. 2006, 6 TG 2789/05, ZBB 2006, 297. A. A. etwa Linker, ZBB 2007, 187, 193; Stüsser, ZBB 2006, 298, 306. Mit Urteil vom 26. 05. 2010, ZIP 2010, 1841, gab der VHG Kassel seine Auffassung auf und subsumierte den Nachweismakler unter den Tatbestand der Anlagevermittlung. Mit Inkrafttreten des Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetz zum 01. 11. 2007 wurde die Nachweistätigkeit („oder deren Nachweis“) gestrichen, vgl. Gesetzesentwurf der Bundesregierung, Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente und der Durchführungsrichtlinie der Kommission (Finanzmarkt-Richtlinie-Umsetzungsgesetz) v. 12. 01. 2007, BT-Drs. 16/4028, S. 56; vgl. dazu Schäfer, in: Boos /  Fischer / Schulte-Mattler (Hrsg.), KWG, CRR-VO, 5. Aufl., 2016, § 1 KWG, Rn. 136. 546 BaFin, Merkblatt v. 17. 05. 2011, geändert am 13. 07. 2017 – Hinweise zum Tatbestand der Anlagevermittlung (Stand: Juli 2017), abrufbar unter https://www.bafin.de/dok/7851610. 547 BaFin, Merkblatt v. 17. 05. 2011, geändert am 13. 07. 2017 – Hinweise zum Tatbestand der Anlagevermittlung (Stand: Juli 2017), abrufbar unter https://www.bafin.de/dok/7851610. 548 BaFin, Merkblatt v. 17. 05. 2011, geändert am 13. 07. 2017 – Hinweise zum Tatbestand der Anlagevermittlung (Stand: Juli 2017), abrufbar unter https://www.bafin.de/dok/7851610. 549 BaFin, Merkblatt v. 17. 05. 2011, geändert am 13. 07. 2017 – Hinweise zum Tatbestand der Anlagevermittlung (Stand: Juli 2017), abrufbar unter https://www.bafin.de/dok/7851610. 550 BaFin, Merkblatt v. 17. 05. 2011, geändert am 13. 07. 2017 – Hinweise zum Tatbestand der Anlagevermittlung (Stand: Juli 2017), abrufbar unter https://www.bafin.de/dok/7851610. Siehe dazu sogleich unter § 5 D. II. 1. a) cc) (6) unten. 551 Vgl. Klöhn / Hornuf, ZBB 2012, 237, 250.

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qualifizieren, wenn die Willenserklärung der Anleger an die Emittenten weitergeleitet wird und diese selbständig über den Abschluss des Vertrages entscheiden.552 Nimmt man die gesamte Tätigkeit der Crowd­investing-Portale in den Blick, so erstreckt sich diese weit über die bloße Übermittlungstätigkeit. Neben der Bereitstellung der Infrastruktur zum Abschluss des Vertrages stellen die Crowd­investingPlattformen die Beteiligungsverträge bereit, bewerben das Angebot der Emittenten und ermöglichen die Kommunikation zwischen (potentiellen) Anlegern und Emittenten.553 Die Tätigkeit der Plattformen ist final auf den Abschluss von Geschäften über die Anschaffung und Veräußerung von Finanzinstrumenten gerichtet, da die Portale den Abschluss eines konkreten Geschäfts so umfassend vorbereiten und abwickeln, dass die Anleger den Antrag auf Abschluss des Vertrages mit wenigen Eingaben online fertigstellen und absenden können. Insoweit muss die Tätigkeit der Crowd­investing-Portale daher regelmäßig als Anlagevermittlung qualifiziert werden.554 Überdies dürfen – soweit Crowd­investing-Verträge als Vermögensanlagen im Rahmen der Ausnahme für Schwarmfinanzierungen nach § 2a VermAnlG angeboten werden sollen555 – die Vermögensanlagen ausschließlich im Wege der Anlageberatung oder Anlagevermittlung über eine Internet-Dienstleistungsplattform angeboten werden.556 (6) Betrieb eines multilateralen Handelssystems (§ 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 1b KWG) Auch der Betrieb eines multilateralen Handelssystems (Multilateral Trading

­Facility, MTF) ist eine erlaubnispflichtige Finanzdienstleistung.557 § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 1b KWG definiert den Betrieb eines multilateralen Handelssystems als den „Betrieb eines multilateralen Systems, das die Interessen einer Vielzahl von 552

Vgl. Klöhn / Hornuf, ZBB 2012, 237, 250. Siehe dazu § 3 D. III. oben, vgl. ferner Klöhn / Hornuf, ZBB 2012, 237, 251; Jansen / Pfeifle, ZIP 2012, 1842, 1851. 554 Ebenso Klöhn / Hornuf, ZBB 2012, 237, 251; Jansen / Pfeifle, ZIP 2012, 1842, 1851; Nietsch / Eberle, DB 2014, 2575, 2577; ferner Weitnauer / Parzinger, GWR 2013, 153, 155; Schäfer, in: Boos / Fischer / Schulte-Mattler (Hrsg.), KWG, CRR-VO, 5. Aufl., 2016, § 1 KWG, Rn. 139; Söpper, Crowdfunding, 2016, S. 162; Fischer, Rechtslage, 2017, S. 45 f.; Heuer, Die Regulierung von Crowdinvesting, S. 77; Schedensack, Crowdinvesting, 2018, S. 366; a. A. offenbar Aschenbeck-Florange / Drefke, RdF 2015, 284, 292, die – freilich ohne Begründung – auf § 1 Abs. 1a Nr. 2 KWG (Abschlussvermittlung) abstellen. 555 Siehe § 5 D. I. 3. d) oben. 556 So auch Nietsch / Eberle, DB 2014, 2575, 2577; Schedensack, Crowdinvesting, 2018, S. 366. 557 Für einen Überblick über multilaterale Handelssysteme als eine Art von Handelsplätzen neben dem geregelten (organisierten) Markt und systematischen Internalisierern nach der MiFID siehe Buck-Heeb, Kapitalmarktrecht, 12. Aufl., 2022, Rn. 129 ff. Unter Geltung der MiFID II sind Handelsplätze geregelte Märkte, MTF und organisierte Handelssysteme ­(Organised Trading Facilities, OTF), vgl. Art. 4 Abs. 1 Nr. 24 MiFID II. 553

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Personen am Kauf und Verkauf von Finanzinstrumenten innerhalb des Systems und nach festgelegten Bestimmungen in einer Weise zusammenbringt, die zu einem Vertrag über den Kauf dieser Finanzinstrumente führt“.558 Der Betrieb eines multilateralen Handelssystems stellt einen Sonderfall der Anlagevermittlung dar.559 Ein multilaterales Handelssystem erfordert zunächst ein System im Sinne eines objektiven Regelwerks „über die Mitgliedschaft, die Handelsaufnahme von Finanzinstrumenten, den Handel zwischen den Mitgliedern, Meldungen über abgeschlossene Geschäfte und Transparenzpflichten“.560 Eine Handelsplattform im technischen Sinne wird hingegen nicht vorausgesetzt.561 Weiterhin müssen die Interessen am Kauf und Verkauf von Finanzinstrumenten einer Vielzahl von Personen zusammengeführt werden. Das System muss also für mehr als nur zwei Parteien offen sein (Marktplatzfunktion).562 Schließlich müssen die Interessen innerhalb des Systems und nach festgelegten festen Regeln und nichtdiskretionär zusammengeführt werden.563 Der Betreiber der MTF darf keinerlei 558

Die Definition geht auf Art. 4 Abs. 1 Nr. 15 der Finanzmarktrichtlinie (Markets in Financial Instruments Directive, MiFID = Richtlinie 2004/39/EG des Europäischen Parlaments und des Rates v. 21. 04. 2004 über Märkte für Finanzinstrumente, zur Änderung der Richtlinien 85/611/ EWG und 93/6/EWG des Rates und der Richtlinie 2000/12/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinie 93/22/EWG des Rates, ABl. L 145 v. 30. 04. 2004, S. 1; berichtigt ABl. L 45 v. 16. 02. 2005, S. 18) zurück. Vgl. nunmehr auch Art. 4 Abs. 1 Nr. 22 MiFID II. Nach der MiFID II stehen neben MTF nun auch OTFs, siehe bereits Fn 557. 559 Schäfer, in: Boos / Fischer / Schulte-Mattler (Hrsg.), KWG, CRR-VO, 5. Aufl., 2016, § 1 KWG, Rn. 149. 560 Vgl. Gesetzentwurf der Bundesregierung, Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente und der Durchführungsrichtlinie der Kommission (Finanzmarkt-Richtlinie-Umsetzungsgesetz) v. 12. 01. 2007, BT-Drs. 16/4028, S. 56; BaFin, Merkblatt – Tatbestand des Betriebs eines multilateralen Handelssystems v. 07. 12. 2009, Stand 25. 07. 2013; Schäfer, in: Boos / Fischer / Schulte-Mattler (Hrsg.), KWG, CRR-VO, 5. Aufl., 2016, § 1 KWG, Rn. 150; vgl. zudem Erwägungsgrund 6 der MiFID. 561 Vgl. Gesetzentwurf der Bundesregierung, Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente und der Durchführungsrichtlinie der Kommission (Finanzmarkt-Richtlinie-Umsetzungsgesetz) v. 12. 01. 2007, BT-Drs. 16/4028, S. 56; BaFin, Merkblatt – Tatbestand des Betriebs eines multilateralen Handelssystems v. 07. 12. 2009, Stand 25. 07. 2013; Schäfer, in: Boos / Fischer / Schulte-Mattler (Hrsg.), KWG, CRR-VO, 5. Aufl., 2016, § 1 KWG, Rn. 150; vgl. zudem Erwägungsgrund 6 der MiFID. 562 Freis-Janik, in: Kümpel / Mülbert / Früh / Seyfried (Hrsg.), Bank- und Kapitalmarktrecht, 6. Aufl., 2022, Rn. 2.124; Schwennicke, in: Schwennicke / Auerbach (Hrsg.), KWG mit ZAG, 4. Aufl., 2021, § 1 KWG, Rn. 100. Bedenken hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit mangels Bestimmtheit des Begriffs der „Vielzahl“ äußert Schäfer, in: Boos / Fischer / Schulte-Mattler (Hrsg.), KWG, CRR-VO, 5. Aufl., 2016, § 1 KWG, Rn. 152; vgl. zudem Erwägungsgrund 6 der MiFID. 563 Vgl. Gesetzentwurf der Bundesregierung, Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente und der Durchführungsrichtlinie der Kommission (Finanzmarkt-Richtlinie-Umsetzungsgesetz) v. 12. 01. 2007, BT-Drs. 16/4028, S. 56; Freis-Janik, in: Kümpel / Mülbert / Früh / Seyfried (Hrsg.), Bank- und Kapitalmarktrecht, 6. Aufl., 2022, Rn. 2.124; Schäfer, in: Boos / Fischer / Schulte-Mattler (Hrsg.), KWG, CRR-VO, 5. Aufl., 2016, § 1 KWG, Rn. 151; Schwennicke, in: Schwennicke / Auerbach (Hrsg.), KWG mit ZAG, 4. Aufl., 2021, § 1 KWG, RN. 120; vgl. zudem Erwägungsgrund 6 der MiFID.

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Ermessensspielraum haben, die Bestimmungen also nicht im Einzelfall abwandeln können.564 Gleichzeitig darf den Parteien nach erfolgtem matching kein Entscheidungsspielraum mehr zukommen.565 Schließlich muss die Zusammenführung der Interessen zu einem Vertragsabschluss innerhalb des Systems führen.566 Systeme, bei denen kein Vertragsschluss erfolgt, sondern die lediglich als Kommunikationsforum dienen, während der Vertragsschluss außerhalb des Systems erfolgt, stellen keine MTF dar.567 Umstritten ist, ob der Betrieb eines multilateralen Handelssystems darüber hinaus auch den Betrieb eines Sekundärmarkts erfordert, sodass das Handelssystem nicht nur die Erstausgabe von Finanzinstrumenten abdeckt, sondern diese dort auch gehandelt werden können.568 Aus der Entstehungsgeschichte des § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 1b KWG folgt, dass der Gesetzgeber multilaterale Handelssysteme als funktionale Äquivalente zu den Börsen verstand.569 Der Wortlaut von § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 1b KWG sowie Art. 4 Abs. 1 Nr. 15 MiFID, „Handelssystem“, spricht dafür, dass in einer MTF nicht nur die Organisation der Erstausgabe von Vermögensanlagen, sondern ein „Handel“ mit Finanzinstrumenten stattfindet.570 Zwar definierte die MiFID den Begriff des „Handels“ nicht, gleichwohl ist er als „Sekundärmarkthandel“ zu verstehen.571 So setzte etwa Art. 4 Abs. 1 Nr. 14 M ­ iFID „zum Handel zugelassen[e]“ Finanzinstrumente voraus. Art. 4 Abs. 1 Nr. 18 M ­ iFID definierte übertragbare Wertpapiere als „Gattungen von Wertpapieren, die auf dem Kapitalmarkt gehandelt werden können […]“.572 Auch die Folgepflichten für Betreiber multilateraler Handelssysteme – wie die Regeln zur Vor- und Nachhandels­transparenz oder die Pflicht zur Regelung des Zugangs von Handelsteilnehmern zu dem multilateralen Handelssystem entsprechend der Teilnahme am Börsenhandel (§ 74 Abs. 1 WpHG) – ergeben nur beim Betrieb eines Zirkulationsmarktes Sinn.573 Schließlich ist der Betreiber eines multilateralen Handelssystems nach § 74 Abs. 1 WpHG ver-

564 BaFin, Merkblatt  – Tatbestand des Betriebs eines multilateralen Handelssystems gemäß § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 1b KWG v. 07. 12. 2009, Stand Mai 2021; Schäfer, in: Boos / Fischer / Schulte-Mattler (Hrsg.), KWG, CRR-VO, 5. Aufl., 2016, § 1 KWG, Rn. 151; vgl. zudem Erwägungsgrund 6 der MiFID. 565 BaFin, Merkblatt – Tatbestand des Betriebs eines multilateralen Handelssystems gemäß § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 1b KWG v. 07. 12. 2009, Stand Mai 2021. 566 Schäfer, in: Boos / Fischer / Schulte-Mattler (Hrsg.), KWG, CRR-VO, 5. Aufl., 2016, § 1 KWG, Rn. 151. 567 Schäfer, in: Boos / Fischer / Schulte-Mattler (Hrsg.), KWG, CRR-VO, 5. Aufl., 2016, § 1 KWG, Rn. 151. 568 Klöhn / Hornuf, ZBB 2012, 237, 251; a. A. Weitnauer / Parzinger, GWR 2013, 153, 155. 569 Klöhn / Hornuf, ZBB 2012, 237, 251, vgl. auch Schäfer, in: Boos / Fischer / Schulte-Mattler (Hrsg.), KWG, CRR-VO, 5. Aufl., 2016, § 1, Rn 149. 570 Klöhn / Hornuf, ZBB 2012, 237, 251. 571 Klöhn / Hornuf, ZBB 2012, 237, 251. 572 Vgl. Klöhn / Hornuf, ZBB 2012, 237, 251, Fn. 102. 573 Klöhn / Hornuf, ZBB 2012, 237, 251.

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pflichtet, Regelungen vorzusehen, die ausschließen, dass Privatanleger Zugang zu dem multilateralen Handelssystem erhalten (§ 19 Abs. 2–4 BörsG).574 Teilweise werden Crowd­investing-Plattformen als multilaterale Handelssysteme qualifiziert. Dies wird damit begründet, dass über die Plattformen „verschiedene Kapitalanleger nach im Vorhinein festgelegten Bestimmungen mit dem Endziel des Abschlusses von Darlehen bzw. stillen Beteiligungen zusammengeführt werden“.575 Hält man hingegen den gleichzeitigen Betrieb eines Sekundärmarktes für erforderlich, scheitert eine Einordnung der untersuchten Geschäftsmodelle der Crowd­investing-Plattformen bereits an diesem Erfordernis.576 Gegen die Einordnung als multilaterales Handelssystem spricht darüber hinaus bereits der Wortlaut des § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 1b KWG. Crowd­investing-Plattformen bringen gerade nicht die Interessen einer Vielzahl von Personen am Kauf und Verkauf von Finanzinstrumenten innerhalb des Systems und nach festgelegten Bestimmungen zusammen. Zwar sind auf einer Plattform regelmäßig Angebote verschiedener kapitalsuchender Unternehmen als Emittenten vorzufinden. Die Entscheidung für einen konkreten Emittenten (den Verkäufer) trifft allerdings der Anleger, nicht festgelegte Regeln des Systems. Nach der Investitionsentscheidung des Anlegers, steht dem Anleger allein das kapitalsuchende Unternehmen als Verkäufer gegenüber. Lediglich auf der Kapitalgeberseite tritt eine Vielzahl von Investoren auf. Letztlich bringen Crowd­investing-Plattformen also die Interessen einer Vielzahl von Personen am Kauf mit den Interessen lediglich einer Person am Verkauf von Finanzinstrumenten zusammen.577 Eine Einordnung der Tätigkeit der Crowd­ investing-Portale als Betrieb eines multilateralen Handelssystems i. S. v. § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 1b KWG ist daher im Ergebnis abzulehnen.578 (7) Zwischenergebnis Die Tätigkeit der Crowd­investing-Plattformen stellt regelmäßig eine Anlagevermittlung i. S. v. § 1 Abs. 1a Nr. 1 KWG und damit grundsätzlich eine Finanzdienstleistung dar.

574 BaFin, Merkblatt – Tatbestand des Betreibens eines multilateralen Handelssystems gemäß § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 1b KWG v. 07. 12. 2009, Stand Mai 2021, S. 2 (1.c). 575 Weitnauer / Parzinger, GWR 2013, 153, 155; Weitnauer, in: Weitnauer (Hrsg.), Handbuch Venture Capital, 7. Aufl., 2022, Teil E., Rn. 91. Im Ergebnis ebenso Fischer, Rechtslage, 2017, S. 47; Spindler, ZBB 2017, 129, 134. 576 So Klöhn / Hornuf, ZBB 2012, 237, 251; Söpper, Crowdfunding, 2016, S. 164; Heuer, Die Regulierung von Crowdinvesting, 2017, S. 76; Schedensack, Crowdinvesting, 2018, S. 367 f. 577 In eine ähnliche Richtung gehend die Argumentation bei Schedensack, Crowdinvesting, 2018, S. 367 f. 578 Ebenso Klöhn / Hornuf, ZBB 2012, 237, 251; Söpper, Crowdfunding, 2016, S. 164; Heuer, Die Regulierung von Crowdinvesting, 2017, S. 76; Schedensack, Crowdinvesting, 2018, S. 367 f.

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dd) Bereichsausnahme nach § 2 Abs. 6 Nr. 8 lit. e) KWG Gleichwohl gelten Betreiber von Crowd­investing-Plattformen nicht als Finanz­ dienstleistungsinstitute und unterliegen keiner Erlaubnispflicht nach § 32 Abs. 1 KWG, wenn einer der Ausnahmetatbestände des § 2 Abs. 6 KWG greift. In Betracht kommt insbesondere eine Ausnahme nach § 2 Abs. 6 Nr. 8 lit. e) KWG. Demnach gelten Unternehmen nicht als Finanzdienstleistungsinstitute, wenn sie ausschließlich die Anlageberatung und die Anlagevermittlung zwischen Kunden und Anbietern oder Emittenten von Vermögensanlagen i. S. d. § 1 Abs. 2 Verm­AnlG betreiben und sich diese Finanzdienstleistungen auf Vermögensanlagen i. S. d. § 1 Abs. 2 VermAnlG, die erstmals öffentlich angeboten werden,579 beschränken. Zudem darf die Plattform nicht befugt sein, sich Eigentum oder Besitz an Geldern oder Anteilen von Kunden zu verschaffen. Der Plattform bleibt es allerdings unbenommen, gleichwohl eine entsprechende Erlaubnis nach § 32 Abs. 1 KWG zu beantragen und damit den Status eines Finanzdienstleistungsinstituts zu erhalten. Greift die Bereichsausnahme des § 2 Abs. 6 Nr. 8 lit. e)  KWG, unterfallen die Portale nicht der Aufsicht durch die BaFin, sondern der qualifizierten Gewerbeaufsicht.580 Im Untersuchungszeitraum wurden über Crowd­investing-Plattformen Vermögensanlagen i. S. d. § 1 Abs. 2 VermAnlG angeboten. Die Tätigkeit der untersuchten Crowd­investing-Plattformen ist auf die Vermittlung von Vermögensanlagen zwischen Kunden und Anbietern beschränkt.581 Weiterhin boten die Plattformen im Untersuchungszeitraum keinen Sekundärmarkt an, sodass die Vermögensanlagen erstmalig angeboten werden. Schließlich dürfen die Plattformen nicht befugt sein, sich Eigentum oder Besitz an Geldern der Kunden zu verschaffen. Dies wird regelmäßig dadurch verhindert, dass der Zahlungsverkehr an Zahlungsdienstleister als

579 Die Beschränkung der Bereichsausnahme auf Vermögensanlagen, „die erstmals öffentlich angeboten werden“, wurde durch das 1. Finanzmarktnovellierungsgesetz vom 30. 06. 2016 (BGBl. I. 2016, S. 1514) (1. FiMaNoG) eingefügt und ist zum 31. 12. 2016 in Kraft getreten. Hintergrund war das Urteil des VG Frankfurt am Main vom 25. 02. 2013, Az. 9 K 3960/12.F, BeckRS 2013, 48750, in dem die Vermittlung von bestimmten Anteilen an geschlossenen Fonds auf dem Zweitmarkt – entgegen der vom Gesetzgeber „beabsichtigten“ Reichweite des Ausnahmetatbestandes – als von der Ausnahme erfasst und damit nicht als erlaubnispflichtig angesehen wurde, vgl. BT-Drs. 18/8099, S. 110 f. 580 Vgl. Klöhn / Hornuf, ZBB 2012, 237, 251; ferner Schwennicke, in: Schwennicke / Auerbach (Hrsg.), KWG mit ZAG, 4. Aufl., 2021, § 2 KWG, Rn. 53 f. 581 Siehe § 5 B. III. und § 5 D. II. 1. a) cc) (5) oben. Vgl. auch Aschenbeck-Florange / Drefke, RdF 2015, 284, 292. Nach dem Sinn und Zweck ist es für ein Eingreifen der Bereichsausnahme ausreichend, wenn sich das Unternehmen – entgegen dem Wortlaut – auf die Anlagevermittlung oder die Anlageberatung von Vermögensanlagen beschränkt, vgl. Klöhn / Hornuf, ZBB 2012, 237, 251, Fn. 94; Schäfer, in: Boos / Fischer / Schulte-Mattler (Hrsg.), KWG, CRR-VO, 5. Aufl., 2016, § 2 KWG, Rn. 79; BaFin, Merkblatt v. 16. 04. 2015, geändert am 02. 11. 2017 – Hinweise zur Bereichsausnahme für die Vermittlung von Investmentvermögen und Vermögensanlagen (§ 2 Abs. 6 Satz 1 Nr. 8 KWG) (Stand: November 2017), abrufbar unter https://www.bafin.de/ dok/7866788.

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Dritte ausgelagert wird. Im Ergebnis greift für die untersuchten Geschäftsmodelle somit die Bereichsausnahme nach § 2 Abs. 6 Nr. 8 lit. e) KWG.582 ee) Zwischenergebnis Die Tätigkeit der Crowd­investing-Plattformen in Form der im Untersuchungszeitraum praktizierten Geschäftsmodelle war regelmäßig als Anlagevermittlung i. S. d. § 1  Abs.  1a Satz  2 Nr. 1 KWG zu qualifizieren. Solange die Crowd­ investing-Plattformen die als Vermögensanlagen zu qualifizierenden Crowd­ investing-Verträge erstmalig vermitteln und keinen Sekundärmarkt anbieten sowie zugleich – etwa durch die Einschaltung von Zahlungsdienstleistern – sicherstellen, dass sie sich selbst kein Eigentum oder Besitz an Kundengeldern verschaffen, sind sie aufgrund der Bereichsausnahme nach § 2 Abs. 6 Nr. 8 lit. e) KWG keine Finanzdienstleistungsinstitute. Sie unterliegen dann keiner Erlaubnispflicht nach § 32 Abs. 1 Satz 1 KWG.583 b) Erlaubnispflicht als Wertpapierinstitut nach § 15 Abs. 1 WpIG Seit Inkrafttreten des WpIG584 zum 26. Juni 2021585 unterliegen Unternehmen, die gewerbsmäßig oder in einem Umfang, der einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert, Wertpapierdienstleistungen allein oder zu 582

Ebenso Klöhn / Hornuf, ZBB 2012, 237, 251 f.; Jansen / Pfeifle, ZIP 2012, 1842, 1851 f.; Müller-Schmale, BaFinJournal 06/2014, S. 10, 13; Weitnauer, in: Weitnauer (Hrsg.), Handbuch Venture Capital, 7. Aufl., 2022, Teil D., Rn. 91; Aschenbeck-Florange / Drefke, RdF 2015, 284, 292; Riethmüller, DB 2015, 1451, 1453; ferner auch Schedensack, Crowdinvesting, 2018, S. 369 ff. A. A. offenbar Nietsch / Eberle, DB 2014, 2575, 2577, die, jedoch ohne Auseinandersetzung mit der Bereichsausnahme nach § 2 Abs. 6 Nr. 8 lit. e)  KWG, von einer Erlaubnispflichtigkeit nach § 32 Abs. 1 S. 1 KWG ausgehen. 583 Um in den Genuss des sog. Europäischen Passes nach § 24a Abs. 1 und 3 KWG zu gelangen, steht es den Unternehmen jedoch frei, gleichwohl eine Erlaubnis nach § 32 Abs. 1 KWG zu beantragen (opt-in), vgl. Schäfer, in: Boos / Fischer / Schulte-Mattler (Hrsg.), KWG, CRR-VO, 5. Aufl., 2016, § 2 KWG, Rn. 79; BaFin, Merkblatt v. 16. 04. 2015, geändert am 02. 11. 2017 – Hinweise zur Bereichsausnahme für die Vermittlung von Investmentvermögen und Vermögensanlagen (§ 2 Abs. 6 Satz 1 Nr. 8 KWG) (Stand: November 2017), abrufbar unter https:// www.bafin.de/dok/7866788. Entsprechendes gilt seit Inkrafttreten des WpIG (siehe Fn. 480) für Unternehmen, die in den Anwendungsbereich der entsprechenden Bereichsausnahme des WpIG (siehe unter § 5 D. II. 1. b)) fallen. 584 Gesetz zur Beaufsichtigung von Wertpapierinstituten (Wertpapierinstitutsgesetz, WpIG) vom 12. 05. 2021 (BGBl. I 2021, S. 990), zuletzt geändert durch Artikel 9 des Gesetzes vom 19. 12. 2022 (BGBl. I 2022, S. 2606). 585 Mit dem WpIG wurde das Aufsichtsrecht über kleinere und mittlere Finanzdienstleister neu geregelt. Finanzdienstleistungsinstitute bzw. Wertpapierinstitute fallen seither nicht mehr in den Anwendungsbereich des KWG, sondern unterliegen den Regelungen des WpIG. Das WpIG folgt grundsätzlich der Systematik des KWG, differenziert hinsichtlich der aufsichtsrechtlichen Anforderungen jedoch nach Größe und Risikopotenzial des Wertpapierinstituts.

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sammen mit Wertpapiernebendienstleistungen oder Nebengeschäften erbringen, als Wertpapierinstitute dem WpIG.586 § 15 Abs. 1 WpIG normiert für Wertpapierinstitute, die im Inland bestimmte Wertpapierdienstleistungen erbringen, eine Erlaubnispflicht.587 Die im Grundsatz parallel weiterbestehende Erlaubnispflicht nach § 32 KWG tritt für kleine und mittlere Wertpapierinstitute, d. h. solange die Schwellenwerte nach § 32 Abs. 1 Satz 2 KWG nicht erreicht werden, gemäß § 15 Abs. 7 WpIG, § 32 Abs. 1 Satz 2 KWG hinter die Erlaubnispflicht nach § 15 Abs. 1 WpIG zurück.588 Die Wertpapierdienstleistungen i. S. d. § 2 Abs. 2 WpIG entsprechen weitgehend den im KWG definierten Finanzdienstleistungen.589 Als Wertpapierdienstleistung kommt im Rahmen des Crowdinvesting insbesondere die Anlagevermittlung nach § 2 Abs. S. 1 Nr. 3 WpIG, also die Vermittlung von Geschäften über die Anschaffung und die Veräußerung von Finanzinstrumenten, in Betracht.590 Finanzinstrumente im Sinne des WpIG sind nach § 2 Abs. 5 Nr. 2 WpIG – entsprechend § 1 Abs. 11 Satz 1 KWG591 – unter anderem Vermögensanlagen im Sinne des § 1 Abs. 2 VermAnlG (mit Ausnahme von Genossenschaftsanteilen). Allerdings sieht auch das WpIG  – entsprechend des Ausnahmetatbestandes nach § 2 Abs. 6 Nr. 8 lit. e) KWG592 – eine Bereichsausnahme vor. Nach § 3 Abs. 1 Nr. 11 lit. e)  WpIG gelten Unternehmen, die als Wertpapierdienstleistungen für andere ausschließlich die Anlageberatung und die Anlagevermittlung zwischen Kunden und Anbietern oder Emittenten von Vermögensanlagen im Sinne des § 1 Abs. 1 VermAnlG, die erstmals öffentlich angeboten werden, erbringen, nicht als Wertpapierinstitut. Wie im Rahmen der Bereichsausnahme nach § 2 Abs. 6 Nr. 8 lit. e) KWG darf das Unternehmen zudem nicht befugt sein, sich Eigentum oder Besitz an Geldern oder Anteilen von Kunden zu verschaffen. Solange Crowd­investing-Plattformen die als Vermögensanlagen zu qualifizierenden Crowd­investing-Verträge erstmalig vermitteln, keinen Sekundärmarkt anSiehe dazu Sethe, in: Schäfer / Sethe / Lang (Hrsg.), Handbuch der Vermögensverwaltung, 3. Aufl., 2022, § 5, Rn. 178; Blassl, WM 2021, 2413, 2413 ff.; Schwennicke, BKR 2021, 150, 150 ff.; siehe dort auch zum europarechtlichen Hintergrund. 586 § 2 Abs. 1 WpIG. 587 Nach § 15 Abs. 1 WpIG bedarf einer Erlaubnis, wer im Inland Wertpapierdienstleistungen im Sinne des § 2 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 bis 10 WpIG, Wertpapiernebendienstleistungen nach § 2 Abs. 3 Nr. 1, 2 und 4 WpIG oder ein Nebengeschäft im Sinne des § 2 Abs. 4 WpIG erbringen will, ohne die in § 32 Abs. 1 S. 2 KWG bestimmte Schwelle zu überschreiten. Zur Klassifizierung der Wertpapierinstitute siehe etwa Schwennicke, BKR 2021, 150, 153 f.; Blassl, WM 2021, 2413, 2414 f. 588 Vgl. dazu Sethe, in: Schäfer / Sethe / Lang (Hrsg.), Handbuch der Vermögensverwaltung, 3. Aufl., 2022, § 5, Rn. 9, 183; Blassl, WM 2021, 2413, 2416; Schwennicke, BKR 2021, 150, 155. 589 Sethe, in: Schäfer / Sethe / Lang (Hrsg.), Handbuch der Vermögensverwaltung, 3. Aufl., 2022, § 5, Rn. 181; Schwennicke, BKR 2021, 150, 153. 590 Siehe bereits § 5 D. II. 1. a) cc) (5) im Hinblick auf die Qualifizierung des Crowdinvesting als Anlagevermittlung i. S. d. KWG. 591 Siehe dazu § 5 D. II. 1. a) cc) (1). 592 Siehe § 5 D. II. 1. a) dd) oben.

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bieten und zugleich sicherstellen, dass sie sich selbst kein Eigentum oder Besitz an Kundengeldern verschaffen, sind sie aufgrund der Bereichsausnahme nach § 3 Abs. 1 Nr. 11 lit. e) WpIG auch nicht als Wertpapierinstitut zu qualifizieren. Sie unterliegen dann auch nicht der Erlaubnispflicht nach § 15 Abs. 1 WpIG. c) Erlaubnis- oder Registrierungspflicht nach KAGB Das KAGB stellt den Geschäftsbetrieb einer Kapitalverwaltungsgesellschaft unter einen Erlaubnis- bzw. Registrierungsvorbehalt und sieht weitere Pflichten vor. Nach § 20 Abs. 1 Satz 1 KAGB bedarf der Geschäftsbetrieb einer Kapital­ verwaltungsgesellschaft grundsätzlich einer Erlaubnis der BaFin. Als Regulierung „light“ sieht § 44 Abs. 1 KAGB für bestimmte Fälle zumindest eine Regis­ trierungspflicht vor.593 Zentraler, für die Anwendung des KAGB entscheidender Begriff ist das Investmentvermögen. Investmentvermögen ist nach § 1 Abs. 1 Satz 1 KAGB jeder Organismus für gemeinsame Anlagen, der von einer Anzahl von Anlegern Kapital einsammelt, um es gemäß einer festgelegten Anlagestrategie zum Nutzen dieser Anleger zu investieren und der kein operativ tätiges Unternehmen außerhalb des Finanzsektors ist.594 Im Falle der unmittelbaren Konstellationen des Crowd­investings,595 in denen Anleger unmittelbar in Rechtsbeziehungen mit dem zu finanzierenden Unternehmen treten, erfolgt die Investition unmittelbar in ein operativ tätiges Unternehmen außerhalb des Finanzsektors.596 Die kapitalsuchenden Unternehmen sind typischerweise operativ tätige Start-up-Unternehmen, die Crowd­investing zur Finanzierung ihres laufenden Geschäftsbetriebs durchführen.597 Ein Investmentvermögen i. S. d. § 1 Abs. 1 Satz 1 KAGB liegt in diesem Fällen bereits deshalb nicht vor.598

593

Siehe dazu Boxberger, in: Weitnauer / Boxberger / Anders (Hrsg.), KAGB, 3. Aufl., 2021, § 44 KAGB, Rn. 1; Boxberger, GWR 2013, 415. 594 Siehe dazu etwa Volhard / Jang, in: Weitnauer / Boxberger / Anders (Hrsg.), KAGB, 3. Aufl., 2021, § 1 KAGB, Rn. 2; Verfürth / Emde, in: Emde / Dornseifer / Dreibus (Hrsg.), KAGB, 2. Aufl., 2019, § 1 KAGB, Rn. 8. 595 Zur Häufigkeit der unmittelbaren und mittelbaren Finanzierungsstruktur im Beobachtungszeitraum siehe § 8 B. II. unten. 596 Damit wird weder das Tatbestandsmerkmal des Organismus für gemeinsame Anlagen noch der festgelegten Anlagestrategie erfüllt. Zugleich liegt das Negativmerkmal des nicht außerhalb des Finanzsektors operativ tätigen Unternehmens nicht vor. Zur Klarstellungsfunktion dieses Merkmals siehe etwa Verfürth / Emde, in: Emde / Dornseifer / Dreibus (Hrsg.), KAGB, 2. Aufl., 2019, § 1 KAGB, Rn. 75 f. 597 Zur Motivation der kapitalsuchenden Unternehmen für eine Finanzierung mittels Crowd­ investing siehe auch § 3 D. I. oben. Vgl. ferner Aschenbeck-Florange / Drefke, RdF 2015, 284, 291. 598 Ebenso Weitnauer, in: Weitnauer (Hrsg.), Handbuch Venture Capital, 7. Aufl., 2022, Teil D., Rn. 93; Weitnauer, GWR 2015, 309, 311.

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Ein Organismus für gemeinsame Anlagen wird auch nicht durch Pooling-Vereinbarungen, mit denen Entscheidungsmechanismen für Mehrheitsentscheidungen im Hinblick auf die Kündigung der Finanzierungsverträge oder Exitentscheidungen eingeführt werden,599 begründet.600 Mit den entsprechenden Pooling-Vereinbarungen werden allenfalls bestimmte aus der entsprechenden Finanzierungsbeziehung folgenden Rechte gepoolt, nicht hingegen das Kapital zur Begründung einer gemeinsamen Beteiligung.601 Eine andere Bewertung könnte sich allerdings für Crowd­investing-Modelle mit mittelbarer Beteiligungskonstruktion ergeben. In diesen Konstellationen beteiligen sich die Crowd­investoren an einer Zweckgesellschaft, die die Investments der Crowd­investoren bündelt und wiederum in das zu finanzierende Unternehmen investiert. Zwischen Crowd­investoren und Zweckgesellschaft waren im Untersuchungszeitraum insbesondere die Vereinbarung einer stillen Gesellschaft als auch die Gewährung von partiarischen Nachrangdarlehen zu beobachten.602 Die Kapitalüberlassung durch die Zweckgesellschaft an das zu finanzierende Unternehmen erfolgte teilweise als partiarisches Darlehen, teilweise in der Form einer stillen Beteiligung. Außerdem waren einzelne Crowdfinanzierungen zu beobachten, bei denen sich die Zweckgesellschaft als Gesellschafterin an dem zu finanzierenden Unternehmen (in Form einer GmbH) beteiligte. Fraglich ist, ob die Zweckgesellschaft als Organismus für gemeinsame Anlagen zu qualifizieren ist.603 Grundsätzlich kann die Zweckgesellschaft als ein Vehikel verstanden werden, das externes von den Investoren eingesammeltes Kapital poolt. Damit liegt jedenfalls ein Organismus im Sinne eines rechtlich verselbständigten gepoolten Vermögens vor.604 Eine gemeinsame Anlage setzt allerdings voraus, dass die Anleger an den Chancen und Risiken des Organismus beteiligt werden.605 Der Anleger muss neben einer erfolgsbezogenen Gewinnbeteiligung insbesondere

599

Zu den im Untersuchungszeitraum vorzufindenden Pooling-Vereinbarungen siehe § 8 I. unten. 600 Ebenso Weitnauer, GWR 2015, 309, 311; Schedensack, Crowdinvesting, 2018, S. 376. 601 So auch Weitnauer, GWR 2014, 1, 2 f., 4. 602 Siehe § 8 B. II. 2.  unten. 603 Vgl. dazu Eckhold / Balzer, in: Assmann / Schütze / Buck-Heeb (Hrsg.), Handbuch des Kapitalanlagerechts, 5. Aufl., 2020, § 22, Rn. 8 ff.; Volhard / Jang, in: Weitnauer / Boxberger / Anders, KAGB, 3. Aufl., 2021, § 1 Rn. 4 ff.; Aschenbeck-Florange / Drefke, RdF 2015, 284, 291; Weitnauer, in: Weitnauer (Hrsg.), Handbuch Venture Capital, 7. Aufl., 2022, Teil D., Rn. 93; Spindler, ZBB 2017, 129, 134. 604 Zu diesem Tatbestandsmerkmal etwa Volhard / Jang, in: Weitnauer / Boxberger / Anders, KAGB, 3. Aufl., 2021, § 1 Rn. 5; Verfürth / Emde, in: Emde / Dornseifer / Dreibus (Hrsg.), KAGB, 2. Aufl., 2019, § 1 KAGB, Rn. 14 ff. 605 BaFin, Auslegungsschreiben zum Anwendungsbereich des KAGB und zum Begriff des „Investmentvermögens“ vom 14. 06. 2013, geändert am 09. 03. 2015, Ziff. I. 2; Eckhold / Balzer, in: Assmann / Schütze / Buck-Heeb (Hrsg.), Handbuch des Kapitalanlagerechts, 5. Aufl., 2020, § 22, Rn. 12; Volhard / Jang, in: Weitnauer / Boxberger / Anders, KAGB, 3. Aufl., 2021, § 1, Rn. 7.

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auch an den Verlusten des Organismus beteiligt sein.606 Dies ist allerdings dann ausgeschlossen – und ein gemeinsames Investmentvermögen abzulehnen – wenn die Anleger – wie etwa im Falle eines Darlehens – einen unbedingten Kapitalrückzahlungsanspruch gegenüber dem Investmentvehikel behalten.607 Ein unbedingter Rückzahlungsanspruch ist selbst dann anzunehmen, wenn der Anleger mit dem Organismus einen qualifizierten Rangrücktritt vereinbart hat.608 Denn in diesem Fall ist der Anleger nicht generell am Verlust des Organismus beteiligt.609 Solange die Erfüllung des Rückzahlungsanspruches nicht die Insolvenz des Organismus auslöst, bleibt der Anspruch auf die Rückzahlung seines zur Verfügung gestellten Kapitals unabhängig von etwaigen Verlusten des Organismus bestehen.610 Die Gewährung von partiarischen Nachrangdarlehen reicht daher nicht zur Annahme der für eine gemeinsame Anlage erforderlichen Verlustbeteiligung aus.611 Soweit die Beteiligung der Crowd­investoren an dem gemeinsamen Investmentvehikel in Form von partiarischen Nachrangdarlehen mit qualifiziertem Rangrücktritt oder als stille Beteiligung, aber in beiden Fällen unter Ausschluss einer Verlustbeteiligung erfolgt,612 kann nach dem Vorgehenden eine Einordnung als Investmentvermögen i. S. d. KAGB ausgeschlossen werden.613 Anders wäre lediglich der Fall zu beurteilen, in dem die Beteiligung der Anleger an der Zweck­

606

BaFin, Auslegungsschreiben zum Anwendungsbereich des KAGB und zum Begriff des „Investmentvermögens“ vom 14. 06. 2013, geändert am 09. 03. 2015, Ziff. I. 2; Eckhold / Balzer, in: Assmann / Schütze / Buck-Heeb (Hrsg.), Handbuch des Kapitalanlagerechts, 5. Aufl., 2020, § 22, Rn. 12; siehe auch Verfürth / Emde, in: Emde / Dornseifer / Dreibus (Hrsg.), KAGB, 2. Aufl., 2019, § 1 KAGB, Rn. 7: Das Fehlen einer Verlustbeteiligung ist mangels Risikoteilung ein Ausschlusskriterium. 607 BaFin, Auslegungsschreiben zum Anwendungsbereich des KAGB und zum Begriff des „Investmentvermögens“ vom 14. 06. 2013, geändert am 09. 03. 2015, Ziff. I. 2; vgl. auch Weitnauer, GWR 2015, 309, 311; Weitnauer, in: Weitnauer (Hrsg.), Handbuch Venture Capital, 7. Aufl., 2022, Teil D., Rn. 94; Volhard / Jang, in: Weitnauer / Boxberger / Anders, KAGB, 3. Aufl., 2021, § 1, Rn. 8. 608 BaFin, Auslegungsschreiben zum Anwendungsbereich des KAGB und zum Begriff des „Investmentvermögens“ vom 14. 06. 2013, geändert am 09. 03. 2015, Ziff. I. 2; Volhard / Jang, in: Weitnauer / Boxberger / Anders (Hrsg.), KAGB, 3. Aufl., 2021, § 1, Rn. 8. 609 BaFin, Auslegungsschreiben zum Anwendungsbereich des KAGB und zum Begriff des „Investmentvermögens“ vom 14. 06. 2013, geändert am 09. 03. 2015, Ziff. I. 2; Verfürth / Emde, in: Emde / Dornseifer / Dreibus (Hrsg.), KAGB, 2. Aufl., 2019, § 1 KAGB, Rn. 36. 610 BaFin, Auslegungsschreiben zum Anwendungsbereich des KAGB und zum Begriff des „Investmentvermögens“ vom 14. 06. 2013, geändert am 09. 03. 2015, Ziff. I. 2; Verfürth / Emde, in: Emde / Dornseifer / Dreibus (Hrsg.), KAGB, 2. Aufl., 2019, § 1 KAGB, Rn. 36. 611 BaFin, Auslegungsschreiben zum Anwendungsbereich des KAGB und zum Begriff des „Investmentvermögens“ vom 14. 06. 2013, geändert am 09. 03. 2015, Ziff. I. 2; Verfürth / Emde, in: Emde / Dornseifer / Dreibus (Hrsg.), KAGB, 2. Aufl., 2019, § 1 KAGB, Rn. 36. 612 Zur Verlustbeteiligung in den im Untersuchungszeitraum angebotenen CrowdinvestingVerträgen siehe § 8 E. V. unten. 613 So wohl auch Schedensack, Crowdinvesting, 2018, S. 378. A. A. wohl Weitnauer, GWR 2015, 309, 311, der jedenfalls in einem Fall, in dem Crowdinvestoren das Verlustrisiko der Zweckgesellschaft tragen und diese – wie typischerweise der Fall – über kein anderes Vermögen

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gesellschaft als stille Beteiligung mit Verlustbeteiligung ausgestaltet wäre. In diesem Fall kommt eine Einordnung der Zweckgesellschaft als Investmentvermögen in Betracht, für das dann eine Registrierungspflicht und eine Pflicht zur Erstellung eines Verkaufsprospekts nach den §§ 2 Abs. 5, 268–270 KAGB bestünde.614 d) Erlaubnispflicht als Zahlungsinstitut nach § 10 Abs. 1 Satz 1 ZAG Nach § 10 Abs. 1 Satz 1 ZAG615 i. V. m. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZAG bedürfen Zahlungsinstitute, die im Inland Zahlungsdienste erbringen wollen, einer Erlaubnis nach dem ZAG. Zahlungsinstitute (d. h. Zahlungsdienstleister i. S. d. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZAG) sind Unternehmen, die gewerbsmäßig oder in einem Umfang, der einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Gewerbebetrieb erfordert, Zahlungsdienste erbringen, ohne Zahlungsdienstleister i. S. d. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 bis 5 ZAG zu sein. Welche Dienstleistungen unter den Begriff der Zahlungsdienste fallen, ergibt sich aus § 1 Abs. 1 Satz 2 ZAG. Gemeinsame Voraussetzung aller Zahlungsdienste – mit Ausnahme der Kontoinformationsdienste – ist, dass es sich um privatrechtlich begründete Dienstleistungen eines an dem Grundgeschäft nicht beteiligten Dritten handelt, die es dem Zahler ermöglichen, Geldbeträge von ihm auf den Zahlungsempfänger zu übertragen.616 Im Hinblick auf das Crowd­investing kommt insbesondere ein Finanztransfer­ geschäft i. S. v. § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 ZAG in Betracht. Finanztransfergeschäfte sind Dienste, bei denen ohne Einrichtung eines Zahlungskontos auf den Namen des Zahlers oder des Zahlungsempfängers ein Geldbetrag des Zahlers nur zur Übermittlung eines entsprechenden Betrags an einen Zahlungsempfänger oder an einen anderen, im Namen des Zahlungsempfängers handelnden Zahlungsdienstleister verfügt, an der Annahme eines unbedingten Rückzahlungsanspruchs zweifelt. A. A. und ohne Begründung, außerdem zu undifferenziert Eckhold / Balzer, in: Assmann / Schütze / Buck-Heeb (Hrsg.), Handbuch des Kapitalanlagerechts, 5. Aufl., 2020, § 22, Rn. 13. 614 Vgl. Weitnauer, GWR 2015, 309, 311; Weitnauer, in: Weitnauer (Hrsg.), Handbuch Venture Capital, 7. Aufl., 2022, Teil D., Rn. 94. Siehe auch Schedensack, Crowdinvesting, 2018, S. 378 f. 615 Gesetz über die Beaufsichtigung von Zahlungsdiensten (Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz – ZAG) vom 17. 07. 2017 (BGBl. I S. 2446). Das „neue“ ZAG trat am 13. 01. 2018 in Kraft und setzt den aufsichtsrechtlichen Teil der Zweiten Zahlungsdiensterichtlinie (Richtlinie (EU) 2015/2366 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2015 über Zahlungsdienste im Binnenmarkt, zur Änderung der Richtlinien 2002/65/EG, 2009/110/EG und 2013/36/EU und der Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 sowie zur Aufhebung der Richt­linie 2007/64/EG) um. Vgl. allgemein zu den Neuerungen Conreder / Schneider / Hausemann, DStR 2018, 1722. 616 Schwennicke, in: Schwennicke / Auerbach (Hrsg.), KWG mit ZAG, 4. Aufl., 2021, § 1 ZAG, Rn. 17; Baumbach / Hefermehl / Casper, in: Baumbach / Hefermehl / Casper (Hrsg.), Recht des Zahlungsverkehrs, 24. Aufl., 2020, E., Rn. 35. Vgl. auch die Reg. Begr. zum Gesetz zur Umsetzung der aufsichtsrechtlichen Vorschriften der Zahlungsdiensterichtlinie (Zahlungsdienste­ umsetzungsgesetz), BT-Drs. 16/11613, S. 32.

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§ 5 Rechtlicher Rahmen des Crowd­investing

entgegengenommen wird oder bei dem der Geldbetrag im Namen des Zahlungsempfängers entgegengenommen und diesem verfügbar gemacht wird (§ 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 ZAG). Erfasst ist also die Entgegennahme von Zahlungen und die anschließende Weiterleitung an einen anderen Zahlungsempfänger.617 Zwar setzen die gängigen Crowd­investing-Modelle voraus, dass das eingesammelte Kapital zunächst treuhänderisch verwahrt und erst nach Erreichen der Fundingschwelle an das kapitalsuchende Unternehmen ausgekehrt wird.618 Allerdings binden die Betreiber von Crowd­investing-Plattformen in der Praxis regelmäßig Zahlungsdienstleister oder Banken mit einer entsprechenden Erlaubnis ein, die das eingesammelte Kapital treuhänderisch verwalten und nach erfolgreichem Abschluss der Crowd­investing-Kampagne an die kapitalsuchenden Unternehmen auskehren. Soweit der Zahlungsverkehr über externe Dienstleister abgewickelt wird, besteht daher regelmäßig keine Erlaubnispflicht nach dem ZAG für Crowd­investing-Plattformen.619 e) Erlaubnispflicht als Finanzanlagenvermittler nach § 34f Abs. 1 Satz 1 GewO Soweit Crowd­investing-Plattformen nicht über eine Erlaubnis nach § 32 Abs. 1 Satz 1 KWG bzw. § 15 Abs. 1 WpIG verfügen, könnte jedoch eine gewerberechtliche Erlaubnis erforderlich sein. In Betracht kommt insbesondere die Erlaubnispflichtigkeit als Finanzanlagenvermittler. Nach § 34f Abs. 1 Satz 1 GewO bedarf u. a. einer Erlaubnis, wer im Umfang der Bereichsausnahme des § 2 Abs. 6 Satz 1 Nr. 8 KWG gewerbsmäßig die Anlagevermittlung i. S. v. § 1 Abs. 1a Nr. 1 KWG oder Anlageberatung i. S. v. § 1 Abs. 1a Nr. 1a KWG hinsichtlich Vermögensanlagen i. S. d. § 1 Abs. 2 VermAnlG erbringen will.620 617

BaFin, Merkblatt v. 22. 12. 2011, geändert am 29. 11. 2017 – Hinweise zum Anwendungsbereich des Gesetzes über die Beaufsichtigung von Zahlungsdiensten (Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz  – ZAG) (Stand: November 2017), abrufbar unter https://www.bafin.de/dok/​ 7846622; Schwennicke, in: Schwennicke / Auerbach (Hrsg.), KWG mit ZAG, 4. Aufl., 2021, § 1 ZAG, Rn. 52; Weitnauer, in: Weitnauer (Hrsg.), Handbuch Venture Capital, 7. Aufl., 2022, Teil D., Rn. 96. Vgl. auch die Reg. Begr. zum Gesetz zur Umsetzung der aufsichtsrechtlichen Vorschriften der Zahlungsdiensterichtlinie (Zahlungsdiensteumsetzungsgesetz), BT-Drs. 16/​ 11613, S. 35. 618 Siehe zur Umsetzung des Fundingprozesses § 3 C. II. oben. Vgl. dazu auch Weitnauer, in: Weitnauer (Hrsg.), Handbuch Venture Capital, 7. Aufl., 2022, Teil D., Rn. 96. 619 Weitnauer / Parzinger, GWR 2013, 153, 157; Aschenbeck-Florange / Drefke, RdF 2015, 284, 292; Nastold, ZVertriebsR 2014, 366, 366; Nietsch / Eberle, DB 2014, 1788, 1791; Fischer, Rechtslage, 2017, S. 51; Gerlach / Köhler, ZBB 2017, 84, 86; Schedensack, Crowdinvesting, 2018, S. 375. Vgl. auch Begner, BaFinJournal 09/2012, S. 11, 14; Müller-Schmale, BaFinJournal 06/2014, S. 10, 13. 620 § 34f Abs. 1 Satz 1 GewO nimmt zur Definition seines Anwendungsbereichs lediglich die Bereichsausnahme nach § 2 Abs. 6 Satz 1 Nr. 8 KWG, nicht hingegen die entsprechende Bereichsausnahme nach § 3 Abs. 1 Nr. 11 lit. e) WpIG in Bezug. Zur Frage, ob für bislang im Rahmen der Bereichsausnahme des KWG tätige und seit Inkrafttreten des WpIG grundsätz-

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Crowd­investing-Plattformen vermitteln – auf Grundlage des hier untersuchten Geschäftsmodells – regelmäßig Vermögensanlagen i. S. d. § 1 Abs. 2 VermAnlG unter Inanspruchnahme der Bereichsausnahme des § 2 Abs. 6 Satz 1 Nr. 8 KWG.621 Crowd­investing-Plattformen bedürfen daher regelmäßig der Erlaubnis als Finanzanlagenvermittler nach § 34f Abs. 1 Satz 1 GewO.622 Im Hinblick auf die vermittelten partiarischen Nachrangdarlehen käme daneben grundsätzlich auch eine Erlaubnispflichtigkeit als Darlehensvermittler nach § 34c Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 GewO in Betracht. Demnach bedarf derjenige einer gewerberechtlichen Erlaubnis, der gewerbsmäßig den Abschluss von Darlehensverträgen (mit Ausnahme von Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträgen) vermitteln oder die Gelegenheit zum Abschluss solcher Verträge nachweisen will. Allerdings ist § 34f Abs. 1 Satz 1 GewO lex specialis im Hinblick auf Vermögensanlagen,623 sodass lediglich eine Erlaubnis als Finanzanlagenvermittler erforderlich ist.624 Voraussetzungen für die Erteilung einer Erlaubnis nach § 34f GewO sind im Wesentlichen die Zuverlässigkeit des Plattformbetreibers (§ 34f Abs. 2 Nr. 1 GewO),625 der Nachweis einer Berufshaftpflichtversicherung (§ 34f Abs. 2 Nr. 3 GewO)626 und der lich in den Anwendungsbereich des WpIG fallende Unternehmen insoweit eine Regelungs­lücke besteht und diese keiner Erlaubnis als Finanzanlagenvermittler nach § 34f Abs. 1 Satz 1 GewO bedürfen, siehe Fornoff, BKR 2022, 853. 621 Siehe § 5 D. II. 1. a) dd) oben. 622 Im Ergebnis ebenso Klöhn / Hornuf, ZBB 2012, 237, 251; Jansen / Pfeifle, ZIP 2012, 1842, 1851, 1852; Nastold, ZVertriebsR 2014, 366, 367; Aschenbeck-Florange / Drefke, RdF 2015, 284, 292. Ferner Will, GewArch 2015, 430, 432; Riethmüller, DB 2015, 1451, 1453; Weitnauer, GWR 2017, 149, 155; Weitnauer, in: Weitnauer (Hrsg.), Handbuch Venture Capital, 7. Aufl., 2022, Teil D., Rn. 92; Will, in: Pielow (Hrsg.), BeckOK GewO, 57. Edition, 01. 06. 2022, § 34f, Rn. 61b. 623 Will, GewArch 2015, 430, 433, 435; Will, in: Pielow (Hrsg.), BeckOK GewO, 57. Edition, 01. 06. 2022, § 34c, Rn. 24a und § 34f, Rn. 61c. Dies ergibt sich bereits aus der Systematik, da die Regelungen hinsichtlich des Finanzanlagenvermittlers das strengere Regime statuieren. Bestätigt wird dies ferner durch die Übergangsregelung des § 157 Abs. 5 Satz 2 GewO, wonach bei Beantragung einer Erlaubnis als Finanzanlagenvermittler die bisherige Erlaubnis als Darlehensvermittler erlischt. Vgl. dazu auch Gesetzentwurf der Bundesregierung, Entwurf eines Kleinanlegerschutzgesetzes, BT-Drs. 18/3994, S. 59. 624 Im Ergebnis ebenso Schedensack, Crowdinvesting, 2018, S. 372 f. Anders noch vor Aufnahme von partiarischen Darlehen und Nachrangdarlehen in § 1 Abs. 2 VermAnlG Nastold, ZVertriebsR 2014, 366, 367. 625 Die erforderliche Zuverlässigkeit besitzt nach § 34f Abs. 2 Nr. 1 GewO in der Regel nicht, wer in den letzten fünf Jahren vor Stellung des Antrags wegen eines Verbrechens oder wegen Diebstahls, Unterschlagung, Erpressung, Betrugs, Untreue, Geldwäsche, Urkundenfälschung, Hehlerei, Wuchers oder einer Insolvenzstraftat rechtskräftig verurteilt worden ist. Ferner darf der Antragsteller nicht in ungeordneten Vermögensverhältnissen lebt. Dies ist nach § 34f Abs. 2 Nr. 2 GewO in der Regel der Fall, wenn über das Vermögen des Antragstellers das Insolvenzverfahren eröffnet worden oder er in das vom Insolvenzgericht oder vom Vollstreckungsgericht zu führende Verzeichnis nach § 26 Abs. 2 InsO, § 882b ZPO eingetragen ist. 626 Die Anforderungen an die Berufshaftpflichtversicherung werden in §§ 9, 10 FinVermV präzisiert. Demnach ist insbesondere eine Mindestversicherungssumme i. H. v. 1.130.000 Euro für jeden Versicherungsfall und 1.700.000 Euro für alle Versicherungsfälle eines Jahres nach­ zuweisen.

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erforderlichen Sachkunde627 als Finanzanlagenvermittler (§ 34 f Abs. 2 Nr. 4 GewO). Finanzanlagenvermittler haben sich gem. § 34f Abs. 5 GewO ferner in das bei jeder Industrie- und Handelskammer geführte Vermittlerregister (§ 11a Abs. 1 GewO) eintragen zu lassen.628 2. Sonstige Pflichten des Betreibers einer Crowd­investing-Plattform Abhängig von der konkreten Einordnung der Crowd­investing-Plattform und der entsprechenden Erlaubnispflichtigkeit unterliegen diese spezifischen Verhaltenspflichten. Da sich die hier untersuchten Geschäftsmodelle der Crowd­investingPlattformen zwar regelmäßig als Anlagenvermittlung i. S. v. § 1 Abs. 1a Nr. 1 KWG darstellen, die Plattformen aber innerhalb der Bereichsausnahme nach § 2 Abs. 6 Nr. 8 lit. e) KWG agieren,629 liegt der Schwerpunkt der folgenden Darstellung auf Verhaltenspflichten nach dem VermAnlG sowie den Verhaltenspflichten für Finanzanlagenvermittler nach § 34g GewO i. V. m. der Verordnung über die Finanz­ anlagenvermittlung (FinVermV). a) Pflichten nach KWG Die Tätigkeit der Crowd­investing-Plattformen ist zwar regelmäßig als Anlagevermittlung i. S. d. § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 1 KWG zu qualifizieren. Gegenstand der Anlagevermittlung sind in den untersuchten Crowd­investing-Modellen allerdings typischerweise Vermögensanlagen i. S. d. § 1 Abs. 2 VermAnlG, die erstmals öffent­ lich angeboten werden. Zudem wird sichergestellt, dass sich die Plattformen selbst kein Eigentum oder Besitz an Kundengeldern verschaffen können. Die Crowd­ investing-Plattformen operieren daher im Rahmen der Bereichsausnahme des § 2 Abs. 6 Nr. 8 lit. e)  KWG und sind somit nicht als Finanzdienstleistungsinstitute zu qualifizieren.630 Sie unterliegen daher – mit den hier untersuchten Geschäftsmodellen – nicht den Organisations- und Verhaltensanforderungen des KWG.631 627

Die erforderliche Sachkunde über die für die Vermittlung von und Beratung über Finanzanlagen notwendigen fachlichen und rechtlichen Grundlagen sowie über die Kundenberatung ist durch eine vor der Industrie- und Handelskammer abzulegende Prüfung nachzuweisen (§ 34f Abs. 2 Nr. 4 GewO). Details werden in §§ 1 bis 5 FinVermV geregelt. 628 Details ergeben sich aus den §§ 6 bis 8 FinVermV. Das Vermittlerregister ist unter https:// www.vermittlerregister.info einsehbar. 629 Seit Inkrafttreten des WpIG zum 26. 06. 2021 sind die hier untersuchten Geschäftsmodelle der Crowd­investing-Plattformen zudem als Anlagevermittlung i. S. v. § 2 Abs. S. 1 Nr. 3 WpIG zu qualifizieren. Die Tätigkeit der Crowd­investing-Plattformen fällt allerdings insoweit unter die parallele Bereichsausnahme nach § 3 Abs. 1 Nr. 11 lit. e) WpIG (siehe § 5 D. II. 1. b) oben). 630 Siehe § 5 D. II. 1. a) ee) oben. 631 Vgl. Klöhn / Hornuf, ZBB 2012, 237, 251; Weitnauer / Parzinger, GWR 2013, 153, 155; Bujotzek / Mocker, BKR 2015, 358, 259; Casper, ZBB 2015, 265, 280; Riethmüller, DB 2015, 1451, 1453; Klöhn, ZIP 2017, 2125, 2127. Siehe auch Fischer, Rechtslage, 2017, S. 49; Heuer, Die Regulierung von Crowdinvesting, 2017, S. 77; Schedensack, Crowdinvesting, 2018, S. 372.

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b) Pflichten nach WpIG Seit Inkrafttreten des WpIG zum 26. Juni 2021 sind die hier untersuchten Crowd­investing-Modelle zugleich als Anlagevermittlung i. S. v. § 2 Abs. S. 1 Nr. 3 WpIG zu qualifizieren.632 Soweit sich die Crowdinvesting-Plattformen allerdings im Rahmen der Bereichsausnahme nach § 3 Abs. 1 Nr. 11 lit. e) WpIG bewegen, sind diese keine Wertpapierinstitute und unterliegen somit nicht dem Regelungsregime des WpIG. c) Pflichten nach WpHG Des Weiteren fallen Crowd­investing-Plattformen unter den geschilderten Voraussetzungen unter die Ausnahme des § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 lit. e) WpHG und sind somit auch nicht als Wertpapierdienstleistungsunternehmen zu qualifizieren. Damit unterliegen sie auch nicht den Organisations- und Verhaltensanforderungen des WpHG, insbesondere nicht den Wohlverhaltenspflichten nach §§ 63 ff. WpHG.633 d) Pflichten nach VermAnlG Sind Crowd­investing-Plattformen – neben den kapitalsuchenden Unternehmen634 – als Anbieter von Vermögensanlagen zu qualifizieren, unterliegen sie aller­dings den Pflichten für Anbieter von Vermögensanlagen nach dem VermAnlG. aa) Crowd­investing-Plattformen als Anbieter i. S. d. VermAnlG Entscheidend dafür, ob Crowd­investing-Plattformen  – neben den kapitalsuchenden Unternehmen als Emittenten der Vermögensanlagen – ebenfalls den anbieterspezifischen Pflichten des VermAnlG unterliegen, ist die Frage, ob Crowd­ investing-Plattformen als Anbieter i. S. d. VermAnlG zu qualifizieren sind.635 632

Zum Verhältnis zwischen KWG und WpIG seit Inkrafttreten des WpIG zum 26. 06. 2021 siehe bereits Fn. 482 sowie § 5 D. II. 1. b). 633 Vgl. Klöhn / Hornuf, ZBB 2012, 237, 251; Weitnauer / Parzinger, GWR 2013, 153, 155; Bujotzek / Mocker, BKR 2015, 358, 259; Casper, ZBB 2015, 265, 280; Riethmüller, DB 2015, 1451, 1453; Danwerth, ZBB 2016, 20, 29; Klöhn, ZIP 2017, 2125, 2127. Siehe ferner Heuer, Die Regulierung von Crowdinvesting, 2017, S. 78; Schedensack, Crowdinvesting, 2018, S. 397. 634 Siehe § 5 D. I. 3. a) cc) oben. 635 Die Crowdinvesting-Plattformen selbst sind naturgemäß bestrebt ihrer Einordnung als Anbieter i. S. d. VermAnlG entgegenzuwirken. Vgl. etwa die Hinweise in den Finanzierungsverträgen von Companisto („Anbieter und Emittent dieser Vermögensanlage ist [das Start-up], Companisto ist weder Anbieter noch Emittent der Vermögensanlage, sondern ist ausschließlich die Internet-Dienstleistungsplattform.“) und Seedmatch („Die Plattform ist auch nicht Anbieter der Vermögensanlage, sondern lediglich eine von dem Start-up beauftragte Internet-Dienst-

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Anbieter ist grundsätzlich derjenige, der für das öffentliche Angebot der Vermögensanlage verantwortlich ist und den Anlegern gegenüber nach außen erkennbar als Anbieter auftritt.636 Der Anbieter kann mit dem Emittenten, etwa bei Eigenemissionen, identisch sein oder aber – insbesondere bei der Zwischenschaltung eines Vermittlers im Falle von Fremdemissionen – eine vom Emittenten verschiedene Person sein.637 Grundsätzlich können auch mehrere Personen zugleich Anbieter sein.638 Aus der Qualifikation des kapitalsuchenden Unternehmens als Emittent und zugleich Anbieter kann also jedenfalls nicht geschlossen werden, dass Crowd­ investing-Plattformen nicht (auch) Anbieter sind. Ob und unter welchen Voraussetzungen Emissionshelfer und Intermediäre als Anbieter zu qualifizieren sind und wann sie bloße Informationsdienstleister sind, ist unter wertender Berücksichtigung der Umstände der Angebotsvornahme zu beantworten.639 Grundsätzlich können auch Vermittler sowie Makler, die Vermögensanlagen an Zweiterwerber verkaufen, oder Zweitmarktbetreiber Anbieter sein, wenn diese für den Anleger erkennbar nach außen auftreten und für den technisch-organisatorischen Ablauf des Angebots verantwortlich sind.640 Sofern der Vertrieb über Vertriebsorganisationen oder Vermittler erfolgt, ist derjenige als Anbieter anzusehen, der  – insbesondere aufgrund entsprechender Vereinbarungen mit dem Emittenten – die Verantwortung für die Koordination der Vertriebs­ aktivitäten innehat.641 Als verantwortlich für das öffentliche Angebot einer Emission und damit als Anbieter wird etwa regelmäßig derjenige angesehen, der im Lager des Emittenten steht und nicht unabhängig von diesem handelt.642 Teilweise wird entweder ein wesentlicher aktiver Beitrag bei dem öffentlichen Angebot gefordert, der über die passive Hinnahme hinausgeht, oder aber die Kontrolle über das öffentliche Angebot der Vermögensanlagen.643 Andere stellen darauf ab, wer die entscheidenden leistungsplattform gem. § 2a Abs. 3 VermAnlG. Ausschließlich das Start-up ist Anbieter im Sinne des VermAnlG.“). 636 Zum Begriff des Anbieters siehe bereits § 5 D. I. 3. a) cc) oben. 637 Siehe die Nachweise in Fn. 388 oben. Ferner Maas, in: Assmann / Schlitt / von Kopp-Colomb (Hrsg.), Prospektrecht, 4. Aufl., 2022, § 6 VermAnlG, Rn. 5. 638 Voß, ZBB 2018, 305, 313; Arndt / Voß, in: Arndt / Voß (Hrsg.), VerkProspG, 2008, Vor § 8f, Rn. 14; Maas, in: Assmann / Schlitt / von Kopp-Colomb (Hrsg.), Prospektrecht, 4. Aufl., 2022, § 6 VermAnlG, Rn. 6; Zwissler, in: Habersack / Mülbert / Schlitt (Hrsg.), Handbuch der Kapitalmarktinformation, 3. Aufl., 2020, § 8, Rn. 10. So auch die Begründung im Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Gesetz zur Novellierung des Finanzanlagenvermittler- und Vermögensanlagenrechts, BT-Drs. 17/6051, S. 32. Dazu Bruchwitz / Voß, BB 2011, 1226. 639 Vgl. dazu von Kopp-Colomb / L enz, BKR 2002, 5, 6 ff.; Maas, in: Assmann / Schlitt / von Kopp-Colomb (Hrsg.), WpPG, VermAnlG, 3. Aufl., 2017, § 6 VermAnlG, Rn. 6. 640 Maas, in: Assmann / Schlitt / von Kopp-Colomb (Hrsg.), Prospektrecht, 4. Aufl., 2022, § 6 VermAnlG, Rn. 5. 641 Vgl. RegBegr. zum Prospektrichtlinie-Umsetzungsgesetz, BT-Drs. 15/4999, S. 29. 642 von Kopp-Colomb / L enz, BKR 2002, 5, 7. 643 Maas, in: Assmann / Schlitt / von Kopp-Colomb (Hrsg.), Prospektrecht, 4. Aufl., 2022, § 6 VermAnlG, Rn. 6.

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absatzfördernden Maßnahmen übernimmt und wessen Handlungen unmittelbar darauf gerichtet sind, die Wertpapiere oder Vermögensanlagen beim Anleger unterzubringen.644 Entscheidend für die Einordnung ist demnach die absatzbezogene Aufgabenverteilung sowie die Frage wie die Aufteilung der Verantwortung zwischen Emittenten und Intermediären ausgestaltet ist.645 Werden Anlageberater oder Anlagevermittler mit dem Exklusivvertrieb beauftragt, sind sie jedenfalls solange Anbieter, wie der Absatz nicht überwiegend oder ausschließlich von dem Emittenten oder einer andere Person gesteuert wird.646 Zum Teil wird auch verlangt, dass der Anbieter das Angebot veranlasst und ein eigenes wirtschaftliches Interesse an der Emission hat.647 Entscheidend ist demnach, welche (wirtschaftlichen) Interessen die beteiligten Personen haben.648 Das eigene wirtschaftliche Interesse ist anhand typologischer Merkmale wie beispielsweise ein bestehendes Auftragsverhältnis mit dem Emittenten oder einer umsatzabhängigen Provision zu bestimmen.649 Die klare sprachliche Unterscheidung zwischen Anbieter und Internet-Dienst­ leistungs­plattform in der Systematik des VermAnlG könnte zunächst als Argument gegen eine generelle Einordnung der Plattformen als Anbieter angeführt werden.650 Zwingend ist dieser Schluss allerdings nicht; aus der gesetzlichen Differenzierung zwischen Anbieter und Emittent etwa folgert niemand, dass der Emittent nicht zugleich auch Anbieter sein kann. Die Differenzierung zwischen Anbieter und Internet-Dienstleistungs­plattform erlaubt vielmehr erst eine differenziertere Anknüpfung an die Internet-Dienstleistungs­plattform und die Begründung spezifischer Pflichten, die nur die Internet-Dienstleistungsplattform und nicht etwa den Emittenten als (weiteren) Anbieter treffen. Zwar verdeutlicht die Gesetzesbegründung, dass die Dienstleistungsplattform allein durch die Übernahme der Erstellung des VIB nicht auch zum Anbieter der Vermögensanlage wird.651 Allerdings betont der Gesetzgeber zugleich, dass „die Dienstleistungsplattform und der Anbieter oder der Emittent im Innenverhältnis ihre Beziehung [insoweit] regeln [müssen]“.652 Dadurch wird deutlich, dass auch der Gesetzgeber davon ausgeht, dass die Plattform bei einer entsprechenden Ausgestaltung der jeweiligen Aufgaben und Funktionen Anbieter sein kann. 644

Grundmann, in: Canaris / Habersack / Schäfer (Hrsg.), Großkomm. HGB, Band 11/1, 5. Aufl., 2017, 6. Teil, Rn. 95; dem folgend Klöhn, ZIP 2018, 1713, 1716 f.; Voß, ZBB 2018, 305, 314. 645 Klöhn, ZIP 2018, 1713, 1717; Voß, ZBB 2018, 305, 314. 646 Klöhn, ZIP 2018, 1713, 1717; Voß, ZBB 2018, 305, 314. 647 von Kopp-Colomb / L enz, BKR 2002, 5, 6 f.; Schnorbus, AG 2008, 389, 390; Preuße, in: Schwark / Zimmer (Hrsg.), Kapitalmarktrechts-Kommentar, 5. Aufl., 2020, § 2 WpPG, Rn. 34. 648 von Kopp-Colomb / L enz, BKR 2002, 5, 7. 649 von Kopp-Colomb / L enz, BKR 2002, 5, 7. 650 So Schedensack, Crowdinvesting, 2018, S. 387. 651 Gesetzentwurf der Bundesregierung, Entwurf eines Kleinanlegerschutzgesetzes, BTDrs. 18/3994, S. 41. 652 Gesetzentwurf der Bundesregierung, Entwurf eines Kleinanlegerschutzgesetzes, BTDrs. 18/3994, S. 41.

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Entscheidend für die die Einordnung der Crowd­investing-Plattform als Anbieter ist daher, ob die Crowd­investing-Plattform für das öffentliche Angebot der Vermögensanlage verantwortlich ist und den Anlegern gegenüber nach außen erkennbar als Anbieter auftritt, etwa weil sie für den technisch-organisatorischen Ablauf des Angebots verantwortlich ist und die Verantwortung für die Koordination der Vertriebsaktivitäten innehat. Aus der Perspektive der Anleger stehen Crowd­investing-Plattformen typischerweise klar im Lager der Emittenten.653 Die gesamte äußere Gestaltung des Angebots des Emittenten folgt der Struktur und dem Design sowie den inhaltlichen Vorgaben der Plattform. Der Finanzierungsvertrag ist das Produkt der Plattform, mit dem diese gegenüber anderen Plattformen in Konkurrenz tritt.654 Sämtliche auf einer Plattform angebotenen Vermögensanlagen verschiedener Emittenten sind daher für den Anleger klar als Angebot der Plattform zu erkennen. Zudem bewirbt die Plattform die Angebote offensiv und stets mit Verweis auf ihre Plattform. Die Plattform ist regelmäßig zentraler Ansprechpartner und Anlaufpunkt der Anleger.655 Demnach haben Crowd­investing-Plattformen für den Anleger erkennbar die Verantwortung für den Vertrieb der Vermögensanlage inne und sind zudem für den technisch-organisatorischen Ablauf des Angebots verantwortlich. Für den Anleger ist ferner klar ersichtlich, dass die Plattform ein eigenes Provisionsinteresse an der Erreichung der Fundingschwelle und damit der erfolgreichen Vermittlung der Vermögensanlage hat. Nimmt man die Beziehung zwischen Emittent und Plattformbetreiber in Blick, wird diese Einschätzung bestätigt. Die Plattformen übernehmen regelmäßig den Exklusivvertrieb der Vermögensanlage.656 Ein Abschluss der jeweiligen Crowd­investing-Verträge ist allein über den von der Plattform angebotenen Vertragsschlussmechanismus möglich. Crowd­investing-Plattformen sind ferner nicht nur vertraglich gegenüber dem Emittenten zur Vermittlung der Vermögensanlage verpflichtet.657 Aufgrund ihres Provisionsanspruchs haben sie zudem ein erhebliches wirtschaftliches Interesse an der Erreichung der Fundingschwelle und der erfolgreichen Vermittlung der Vermögensanlage. Die Plattformen haben in der Regel auch ein erhebliches Interesse am wirtschaftlichen Erfolg der von ihnen vermittelten kapitalsuchenden Unternehmen. Der Erfolg der über eine Plattform finanzierten Unternehmen ist einerseits zentrale Grundlage für die Reputation und damit letztlich auch den Erfolg der Crowd­investing-Plattform selbst. Daneben lassen sich Plattformen regelmäßig jedoch auch einen Anteil an den Erlösen im Falle eines Exits des Emittenten versprechen (sog. Carried Interest).658 Die Plattformen haben somit ein deutlich über ihr Provisionsinteresse hinausgehendes Eigeninteresse an einer erfolgreichen Emission.659 653

A. A. Schedensack, Crowdinvesting, 2018, S. 386. Siehe bereits § 3 D. III. oben. 655 Vgl. auch Klöhn, ZIP 2018, 1713, 1717. 656 Siehe dazu bereits § 5 A. So auch Klöhn, ZIP 2018, 1713, 1717. 657 Siehe § 5 A. III. oben. 658 Siehe § 3, Fn. 194. 659 A. A. Schedensack, Crowdinvesting, 2018, S. 386. 654

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Unter wertender Berücksichtigung sämtlicher Umstände der Angebotsvornahme sind die Betreiber von Crowd­investing-Plattformen im Rahmen der hier untersuchten Geschäftsmodelle daher regelmäßig als Anbieter i. S. d. VermAnlG zu qualifizieren.660 bb) Pflichten des Anbieters von Vermögensanlagen Sind Crowd­investing-Plattformen als Anbieter zu qualifizieren, treffen sie neben den spezifischen Pflichten als Internet-Dienstleistungsplattform auch die anbieterspezifischen Pflichten. Crowd­investing-Plattformen sind daher  – neben dem Emittenten, der ebenfalls Anbieter ist661 – insbesondere zur Veröffentlichung eines VIB662 sowie zur Einhaltung der Vorschriften bzgl. der Werbung für Vermögensanlagen (§ 12 VermAnlG)663 verpflichtet.664 Die Pflicht zur Erstellung eines Verkaufsprospekts nach § 6 VermAnlG besteht im Anwendungsbereich des § 2a VermAnlG hingegen gerade nicht. Geht man davon aus, dass sowohl Emittent als auch Plattformbetreiber Anbieter sind, trifft grundsätzlich jeden eine originäre Pflicht zur Erstellung eines VIB. Sämtliche Anbieter sind zudem einem möglichen aufsichtsrechtlichen Zugriff ausgesetzt.665 Gleichwohl besteht die Pflicht zur Erstellung eines VIB insgesamt nur einmal. Hat eine als Anbieter in Betracht kommende Person ein VIB veröffentlicht, werden die anderen Anbieter nach der gesamtschuldnerischen Lösung666 von ihrer Pflicht befreit.667 660 Wie hier für eine Qualifikation der im Untersuchungszeitraum typischerweise vorzufindenden Crowdinvesting-Plattformen als Anbieter i. S. d. VermAnlG: Bader, WM 2014, 2249, 2253 f.; Casper, ZBB 2015, 265, 276; Uffmann, JZ 2016, 928, 930; Danwerth, ZBB 2016, 20, 28; Danwerth, WM 2016, 1212, 1215; Klöhn, ZIP 2018, 1713, 1717; Voß, ZBB 2018, 305, 314. A. A., d. h. regelmäßig nicht Anbieter i. S. d. VermAnlG: Begner, BaFin Journal 09/12, S. 11, 14; Nastold, ZVertriebsR 2014, 366, 367; von Ammon, in: Siering / Izzo-Wagner (Hrsg.), ­VermAnlG, 2017, § 2a, Rn. 20; Wunschel / Gaßner, ZfIR 2015, 853, 866; ­Fischer, Rechtslage, 2017, S. 35; Heuer, Die Regulierung von Crowdinvesting, 2017, S. 119 f.; Schedensack, Crowd­ investing, 2018, S. 387. 661 Siehe § 5 D. I. 3. a) cc) oben. 662 Vgl. § 5 D. I. 3. d) gg) (2) oben. Die Pflicht zur Veröffentlichung des VIB auf der Internetseite der Internet-Dienstleistungsplattform ist mittlerweile auch in § 13a Abs. 2 VermAnlG normiert. 663 Siehe § 5 D. I. 3. e) cc) oben. 664 Schedensack, Crowdinvesting, 2018, S. 388 kommt auch bei Ablehnung der Anbieter­ eigenschaft der Crowdinvesting-Plattformen zu einer (mittelbaren) Geltung der vorgenannten Pflichten nach dem VermAnlG für die Plattformen. 665 Vgl. mit Blick auf das WpPG a. F. bzw. die ProspektVO Voß, ZBB 2018, 305, 313. 666 Vgl. dazu das Auslegungsschreiben der BaFin zur Prospektpflicht für VermögensanlagenVerkaufsprospekte vom 30. 06. 2005, Ziff. 3; Arndt / Voß, in: Arndt / Voß (Hrsg.), VerkProspG, 2008, Vor § 8f, Rn. 14. 667 Vgl. Voß, ZBB 2018, 305, 313; Arndt / Voß, in: Arndt / Voß (Hrsg.), VerkProspG, 2008, Vor § 8f, Rn. 14; vgl. auch Bauerschmidt, in: Assmann / Schlitt / von Kopp-Colomb (Hrsg.), Prospektrecht, 4. Aufl., 2022, Art. 2 ProspektVO, Rn. 86.

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§ 5 Rechtlicher Rahmen des Crowd­investing

e) Pflichten nach FinVermV Als Finanzanlagenvermittler668 unterliegen Crowd­investing-Plattformen den ins­besondere in der FinVermV669 enthaltenen gewerberechtlichen Pflichten für Finanzanlagenvermittler. Die §§ 11 ff. FinVermV normieren Informations-, Beratungs- und Dokumentationspflichten, die nach § 34g Abs. 1 Satz 3 GewO ein dem Abschnitt 11 des WpHG vergleichbares Anlegerschutzniveau sicherstellen sollen. Da den Wohlverhaltenspflichten auch eine anlegerschützende Funktion zukommt, können sie auch auf vertragliche und vorvertragliche Aufklärungs- und Beratungspflichten des Vermittlers ausstrahlen.670 Bei einer Verletzung der Verhaltenspflichten sind zudem zivilrechtliche Schadensersatzansprüche denkbar.671 aa) Allgemeine Verhaltenspflicht nach § 11 FinVermV Nach § 11 FinVermV ist der Finanzanlagenvermittler verpflichtet, seine Tätigkeit mit der erforderlichen Sachkenntnis, Sorgfalt und Gewissenhaftigkeit im bestmöglichen Interesse des Anlegers auszuüben.672 Außerdem ist er nach § 11a FinVermV zur Vermeidung und Offenlegung von Interessenkonflikten zwischen ihm und seinen Mitarbeitern einerseits und den Anlegern andererseits sowie zwischen den Anlegern verpflichtet.

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Zu der für Crowdinvesting-Plattformen typischerweise bestehenden Erlaubnispflichtigkeit als Finanzanlagenvermittler siehe § 5 D. II. 1. e) oben. 669 Verordnung über die Finanzanlagenvermittlung (Finanzanlagenvermittlungsverordnung – FinVermV) vom 02. 05. 2012 (BGBl. I S. 1006), zuletzt geändert durch Art. 1 der Zweiten Verordnung zur Änderung der Finanzanlagenvermittlungsverordnung vom 09. 10. 2019 (BGBl I, S. 1434). Rechtsgrundlage der FinVermV ist § 34g GewO. Mit der Zweiten Verordnung zur Änderung der Finanzanlagenvermittlungsverordnung wurde die FinVermV an die Vorgaben der Finanzmarktrichtlinie 2014/65/EU (MiFID II) angepasst. Die Anpassungen zur Umsetzung der MiFID II umfassten zusätzliche Wohlverhaltensregelungen wie beispielsweise die Pflicht zur Vermeidung, Regelung und Offenlegung von Interessenkonflikten und die Aufzeichnungspflicht von telefonischen Beratungsgesprächen und elektronischer Kommunikation. Vgl. Referentenentwurf des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie, Zweite Verordnung zur Änderung der FinVermV vom 07. 11. 2018, https://www.bmwi.de/Redaktion/ DE/Downloads/XYZ/zweite-verordnung-zur-aenderung-der-finanzanlagenvermittlungsverord nung.pdf?__blob=publicationFile&v=4. Siehe dazu auch Lorenz / Watermann, CCZ 2019, 33. 670 Glückert, in: Landmann / Rohmer (Hrsg.), GewO, 87. EL, September 2021, § 11 FinVermV, Rn. 2. 671 Glückert, in: Landmann / Rohmer (Hrsg.), GewO, 87. EL, September 2021, § 11 FinVermV, Rn. 2. 672 Vgl. dazu Glückert, in: Landmann / Rohmer (Hrsg.), GewO, 87. EL, September 2021, § 11 FinVermV, Rn. 4.

D. Regulatorischer Rahmen des Crowd­investing  

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bb) Statusbezogene Informationspflichten nach § 12 FinVermV Der Finanzanlagenvermittler hat dem Anleger vor der ersten Anlageberatung bzw. -vermittlung die im Katalog des § 12 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 FinVermV geregelten Pflichtangaben klar und verständlich in Textform mitzuteilen. Die Textform erfordert nach § 126b BGB, dass die Erklärung auf einem dauerhaften Datenträger abgegeben wird. Eine „gewöhnliche“ Internetseite, die durch den Vermittler einseitig abgeändert werden kann, reicht hierfür jedenfalls nicht aus.673 Die mitzuteilenden Pflichtangaben entsprechen den im Vermittlerregister nach § 6 FinVermV aufgeführten Angaben zum Finanzanlagenvermittler, dem Emittenten sowie zur zuständigen Aufsichtsbehörde.674 Ferner sind die Emittenten und Anbieter anzugeben, deren Finanzanlageprodukte der Finanzanlagenvermittler vermittelt. Zweck dieser Angabe ist, dass sich der Anleger darüber informieren kann, ob der Finanzanlagenvermittler Produkte von verschiedenen oder nur von einem oder wenigen Produktgebern anbietet.675 Für Crowd­investing-Plattformen dürfte es ausreichen, die gegenwärtig zur Vermittlung angebotenen Unternehmen anzugeben. cc) Information des Anlegers über Vergütungspflichtigkeit der Anlagevermittlung nach § 12a FinVermV Nach § 12a FinVermV muss der Finanzanlagenvermittler den Anleger vor Beginn der Anlagenvermittlung rechtzeitig in Textform über eine etwaige Vergütungspflichtigkeit seiner Tätigkeit informieren. dd) Pflicht zur Offenlegung von Zuwendungen nach § 12a Nr. 2 i. V. m. § 17 FinVermV Die provisionsbasierte Finanzanlagenvermittlung ist nur unter der Voraussetzung zulässig, dass die Zuwendungen offengelegt werden und dem Interesse des Anlegers nicht entgegenstehen. Nach § 12a Nr. 2 FinVermV muss der Finanzanlagenvermittler den Anleger vor Beginn der Anlagenvermittlung rechtzeitig in Textform darüber informieren, ob er im Zusammenhang mit der Anlageberatung oder -vermittlung Zuwendungen von Dritten annehmen und behalten darf. Die Verpflichtung, Art und Umfang bzw. Art und Weise der Berechnung der Zuwendung mitzuteilen ergibt sich aus § 17 Abs. 1 FinVermV.

673 Vgl. Glückert, in: Landmann / Rohmer (Hrsg.), GewO, 87. EL, September 2021, § 12 ­FinVermV, Rn.  4. 674 Vgl. dazu Glückert, in: Landmann / Rohmer (Hrsg.), GewO, 87. EL, September 2021, § 12 FinVermV, Rn. 1 ff. 675 Glückert, in: Landmann / Rohmer (Hrsg.), GewO, 87. EL, September 2021, § 12 FinVermV, Rn. 7.

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§ 5 Rechtlicher Rahmen des Crowd­investing

ee) Information des Anlegers über Risiken, Kosten und Interessenkonflikte nach § 13 FinVermV Nach § 13 Abs. 1 FinVermV ist der Finanzanlagenvermittler verpflichtet, dem Anleger rechtzeitig vor Abschluss eines Geschäfts und in verständlicher Form angemessene Informationen über die Finanzanlagen und die damit verbundenen Risiken, die vorgeschlagenen Anlagestrategien und alle Kosten und Nebenkosten zur Verfügung zu stellen, die erforderlich sind, damit der Anleger nach vernünftigem Ermessen die Art und die Risiken der ihm angebotenen oder von ihm nachgefragten Finanzanlagen verstehen und auf dieser Grundlage seine Anlageentscheidung treffen kann.676 Die zur Verfügung zu stellenden Informationen umfassen insbesondere auch geeignete Warnhinweise zu den mit der Finanzanlage verbundenen Risiken sowie zu dem Risiko eines Verlusts der gesamten Finanzanlage (§ 13 Abs. 2 Nr. 1 lit. b) und Nr. 2 lit. a)). ff) Redliche, eindeutige und nicht irreführende Informationen und Werbung nach § 14 FinVermV Nach § 14 Abs. 1 Satz 1 FinVermV müssen sämtliche von dem Finanzanlagenvermittler zugänglich gemachten Informationen und Werbemitteilungen redlich, eindeutig und nicht irreführend sein. Redlich bedeutet, dass Informationen objektiv zutreffend sind.677 Eindeutig sind Informationen, wenn sie für den Anleger klar und verständlich sind.678 Werbemitteilungen müssen eindeutig als solche erkennbar sein (§ 14 Abs. 1 Satz 2 FinVermV). gg) Bereitstellung des VIB nach § 15 FinVermV Die Pflicht des Finanzanlagenvermittlers, ein Vermögensanlagen-Informations­ blatt (VIB) nach § 13 VermAnlG zur Verfügung zu stellen, besteht nach § 15 ­FinVermV nur im Falle der Anlageberatung über Vermögensanlagen i. S. v. § 1 Abs. 2 VermAnlG.

676 Vgl. Glückert, in: Landmann / Rohmer (Hrsg.), GewO, 87. EL, September 2021, § 13 ­FinVermV, Rn.  1. 677 Glückert, in: Landmann / Rohmer (Hrsg.), GewO, 87. EL, September 2021, § 14 FinVermV, Rn. 2. 678 Glückert, in: Landmann / Rohmer (Hrsg.), GewO, 87. EL, September 2021, § 14 FinVermV, Rn. 2.

E. Zusammenfassung 

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hh) Pflicht zur Einholung von Informationen über den Anleger nach § 16 FinVermV Nach § 16 Abs. 2 FinVermV hat der Finanzanlagenvermittler im Falle der Anlagenvermittlung eine Angemessenheitsprüfung vorzunehmen und den Anleger darauf hinzuweisen, wenn die von ihm gewünschte Finanzanlage nicht angemessen ist. Die Explorationspflicht des Finanzanlagenvermittlers beschränkt sich insoweit auf die Kenntnisse und Erfahrungen des Anlegers mit bestimmten Arten von Finanzanlagen.679 Der Finanzanlagenvermittler ist hingegen nicht zu einer Angemessenheitsprüfung verpflichtet, wenn er den Anleger darüber informiert, dass er keine Angemessenheitsprüfung vornimmt (§ 16 Abs. 5 Nr. 2 FinVermV). Weiterhin ist der Finanzanlagenvermittler bei der Vermittlung von Vermögensanlagen i. S. d. § 2a VermAnlG nach § 16  Abs.  3a FinVermV dazu verpflichtet, die Einhaltung der in § 3 Abs. 3 VermAnlG normierten Zeichnungsgrenzen zu überprüfen.680 f) Pflichten nach GwG Da Crowd­investing-Plattformen in der Regel keine Zahlungen entgegennehmen, sind sie regelmäßig nicht als Zahlungsinstitute nach § 1 Abs. 2a ZAG681 zu qualifizieren. Sie sind ferner nicht als Finanzdienstleistungsinstitute nach § 1 Abs. 1a KWG einzustufen, da sie sich regelmäßig auf die Bereichsausnahme nach § 2 Abs. 6 Nr. 8 lit. e) KWG berufen können.682 Crowd­investing-Plattformen sind daher regelmäßig weder nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 GwG noch nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 GwG verpflichtet, die Pflichten nach dem Geldwäschegesetz zu erfüllen.683

E. Zusammenfassung 1. Zur Betrachtung des rechtlichen Rahmens, in dem sich Crowd­investing im Untersuchungszeitraum entwickelte, sind die jeweiligen Beziehungen zwischen den drei beteiligten Hauptakteuren – kapitalsuchendes Unternehmen, Crowdinvestor und Crowd­investing-Plattform – zu unterscheiden. Der jeweilige rechtliche Rah 679

Glückert, in: Landmann / Rohmer (Hrsg.), GewO, 87. EL, September 2021, § 16 FinVermV, Rn. 3. 680 Siehe § 5 D. I. 3. d) dd) (1) und § 5 D. II. 2. e) hh) oben. 681 Gemeint sind Zahlungsinstitute i. S. d. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZAG in der Fassung vom 17. 07. 2017. 682 Siehe § 5 D. II. 1. a) dd) oben. 683 Im Ergebnis ebenso Weitnauer / Parzinger, GWR 2013, 153, 157; Weitnauer, in: Weitnauer (Hrsg.), Handbuch Venture Capital, 7. Aufl., 2022, Teil D., Rn. 97; Schedensack, Crowd­ investing, 2018, S. 398.

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§ 5 Rechtlicher Rahmen des Crowd­investing

men dieser Rechtsbeziehungen wird dabei durch die auf die jeweilige Beziehung anwendbaren schuldrechtlichen und gesellschaftsrechtlichen Regelungen gebildet. Darüber hinaus setzt das Kapitalmarktrecht dem Crowd­investing einen regulatorischen Rahmen, aus dem sich bestimmte Verhaltensanforderungen an die einzelnen Akteure ergeben. 2. Der Betreiber einer Crowd­investing-Plattform verpflichtet sich gegenüber dem kapitalsuchenden Unternehmen in einem Fundingvertrag zur Durchführung der Crowd­investing-Kampagne auf der von ihm betriebenen Internet-Plattform und zur Vermittlung der Finanzierungsverträge an Crowd­investoren. Abhängig von der konkreten Ausgestaltung des Vertrages im Einzelfall sind die Fundingverträge in den dieser Untersuchung zugrundeliegenden Geschäftsmodellen der Crowd­investing-Plattformen regelmäßig als Handelsmaklerverträge in der Form von Dienstverträgen zu qualifizieren. Richtigerweise handelt es sich bei den vermittelten Crowd­investing-Verträgen um Gegenstände des Handelsverkehrs i. S. d. § 93 Abs. 1 HGB. 3. Das Rechtsverhältnis zwischen Anlegern und Crowd­investing-Plattform ist regelmäßig als Anlagevermittlungsvertrag in Form eines Auskunftsvertrages zu qualifizieren. Die Crowd­investing-Plattform schuldet den auf der Internet-Plattform registrierten Nutzern neben der technischen Infrastruktur zum Vertragsschluss, der Vertragsabwicklung und der nachträglichen Verwaltung des Investments primär die Erteilung einer verbindlichen, richtigen und vollständigen Auskunft über die angebotenen Finanzierungen und alle wesentlichen tatsächlichen Umstände, die für die Anlageentscheidung der Crowdinvestoren von besonderer Bedeutung sind. Dieser Informationspflicht der Crowd­investing-Plattformen geht eine Pflicht zur Informationsbeschaffung und zur Prüfung der Plausibilität der vermittelten Anlagekonzepte voraus. 4. Im Zentrum dieser Arbeit steht das Rechtsverhältnis zwischen Crowd­ investoren und kapitalsuchenden Unternehmen. Das relevante Regelungsregime wird dabei durch den jeweiligen zwischen Crowdinvestor als Kapitalgeber und kapitalsuchendem Unternehmen als Kapitalnehmer geschlossenen Crowd­investingVertrag bestimmt. Im Untersuchungszeitraum waren die Crowd­investing-Verträge zunächst als stille Beteiligungen und Genussrechte, zuletzt fast ausschließlich als partiarische Nachrangdarlehen ausgestaltet. Die Betrachtung der gesetzlichen Rahmenbedingungen der genannten Vertragstypen zeigt, dass für alle drei Rechtsformen eine weitgehende Vertragsfreiheit besteht und die bestehenden gesetzlichen Regelungen weitestgehend dispositiv sind. Dies führt auch dazu, dass unabhängig von der verwendeten Rechtsform im Untersuchungszeitraum ein für die Parteien im Ergebnis weitgehend deckungsgleiches Rechte- und Pflichtenprogramm vereinbart werden konnte. Im Ergebnis werden die Rechte und Pflichten in der Finanzierungsbeziehung zwischen Crowd­investoren und finanziertem Unternehmen somit maßgeblich durch die zwischen den Parteien vereinbarten Regelungen in den Crowd­investing-Verträgen bestimmt.

E. Zusammenfassung 

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5. Aus kapitalmarktrechtlicher Perspektive bedürfen die kapitalsuchenden Unternehmen als Emittenten der Crowd­investing-Finanzierungen im Rahmen der hier untersuchten Crowd­investing-Modelle regelmäßig keiner Erlaubnis nach § 32 Abs. 1 KWG. Unter anderem zur Vermeidung eines erlaubnispflichtigen Einlagengeschäfts enthielten die untersuchten Crowd­investing-Verträge eine qualifizierte Nachrangvereinbarung. Damit wird das für das Einlagengeschäft wesentliche Erfordernis der unbedingten Rückzahlbarkeit ausgeschlossen. Bei einer abweichenden Ausgestaltung oder sofern sich die qualifizierte Nachrangvereinbarung als unwirksam erweist, kann das Einwerben von Kapital im Rahmen des Crowd­ investing indes als Einlagengeschäft und somit als erlaubnispflichtiges Bank­ geschäft zu qualifizieren sein. 6. Die Tatsache, dass im Untersuchungszeitraum bis auf vereinzelte Ausnahmen keine Wertpapiere im Rahmen des Crowd­investing emittiert wurden, resultiert insbesondere daher, dass das öffentliche Angebot von Wertpapieren eine Pflicht des Anbieters zur Veröffentlichung eines kostenintensiven Wertpapierprospekts begründet. Die bis zum Inkrafttreten der ProspektVO bestehenden Ausnahmen von der Prospektpflicht – etwa für ausschließlich an qualifizierte Anleger gerichtete Privatplatzierungen oder Kleinstemissionen mit einem Volumen von maximal 100.000 Euro in einem Zeitraum von zwölf Monaten – waren für Finanzierungsmodelle im Rahmen des Crowd­investing ungeeignet. Mit (teilweisem) Inkrafttreten der ProspektVO zum 21. Juli 2018 (und Änderung von § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 6 WpPG a. F.) hat sich der regulatorische Rahmen indes in entscheidender Hinsicht geändert: Seither ist das öffentliche Angebot von Wertpapieren bis zu einem Volumen von 8 Mio. Euro (u. a. bei Hinterlegung eines VIB bei der BaFin und Einhaltung bestimmter Zeichnungsgrenzen für nichtqualifizierte Anleger) von der Prospektpflicht ausgenommen. Damit ergibt sich ein neuer Spielraum zur Weiterentwicklung des Crowd­investing und der verwendeten Finanzierungsmodelle. 7. Die Ausgestaltung des im Untersuchungszeitraum vorzufindenden Finanzierungsmodells des Crowd­investing hat sich maßgeblich vor dem Hintergrund des durch das VermAnlG vorgegebenen Rechtsrahmens entwickelt. Das öffentliche Angebot der in der Anfangsphase des Crowd­investing hauptsächlich verwendeten stillen Beteiligungen unterlag zunächst nach § 8f Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 VerkProspG bzw. nach Inkrafttreten des VermAnlG nach §§ 1 Abs. 2 Nr. 1, 6 VermAnlG a. F. grundsätzlich einer Prospektpflicht. Die Prospektpflicht konnte zunächst dadurch vermieden werden, dass die angebotenen Finanzierungsvolumina maximal 100.000 Euro betrugen und somit unter den Ausnahmetatbestand nach § 8f Abs. 2 Nr. 3 Alt. 2 VerkProspG bzw. § 2 Nr. 3b) VermAnlG fielen. Um Finanzierungen mit höheren Volumina durchführen zu können, boten die Crowd­investing-Plattformen seit November 2012 partiarische Nachrangdarlehen an. Diese waren nach überwiegender Ansicht nicht als Vermögensanlagen i. S. d. VermAnlG zu qualifizieren und konnten angesichts der zunächst bestehenden Regelungslücke prospektfrei angeboten werden. Seit der Änderung des VermAnlG durch das KASG mit Wirkung zum 10. Juli 2015 fallen auch partiarische Darlehen und Nachrangdarlehen in

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§ 5 Rechtlicher Rahmen des Crowd­investing

den Anwendungsbereich des KASG. Das Angebot sämtlicher im Untersuchungszeitraum im Rahmen des Crowd­investing verwendeten Rechtsformen ist seither grundsätzlich prospektpflichtig. 8. Allerdings wurde mit dem durch das KASG eingeführten § 2a VermAnlG zugleich auch eine Ausnahme für „Schwarmfinanzierungen“ geschaffen. Im Anwendungsbereich dieser Schwarmfinanzierungs-Ausnahme können bestimmte Vermögensanlagen prospektfrei emittiert werden. Während von der Ausnahme für Schwarmfinanzierungen insbesondere die bislang überwiegend zum Einsatz kommenden partiarischen Nachrangdarlehen erfasst werden, sind Crowd­investingFinanzierungen mittels Unternehmensbeteiligungen wie etwa stillen Beteiligungen nicht privilegiert. Zentrale Voraussetzung des Ausnahmetatbestands ist die Einhaltung einer Gesamtemissionsgrenze. Diese betrug zunächst 2,5 Mio. Euro und wurde zum 16. Juli 2019 auf 6 Mio. Euro erhöht. Um ein Mindestmaß an Verhaltenspflichten und aufsichtsrechtlicher Kontrolle sicherzustellen, müssen die Vermögensanlagen ferner im Wege der Anlageberatung oder Anlagevermittlung über eine Internet-Dienstleistungsplattform vermittelt werden. Diese Internet-Dienstleistungsplattform muss die Einhaltung bestimmter Zeichnungsgrenzen der Anleger überprüfen. Um die Anleger zu einer zumindest grundlegend informierten Investitionsentscheidung zu befähigen, sind Anbieter von Vermögensanlagen auch im Anwendungsbereich der Schwarmfinanzierungs-Ausnahme zur Veröffentlichung eines VIB verpflichtet. Seit dem 10. Juli 2015 fanden Crowd­investingFinanzierungen nahezu ausschließlich im Anwendungsbereich der Schwarmfinanzierungs-Ausnahme statt. 9. Die Tätigkeit der Crowd­investing-Plattformen ist  – jedenfalls im Rahmen der im Untersuchungszeitraum vorzufindenden Geschäftsmodelle  – regelmäßig sowohl als Anlagevermittlung i. S. d. § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 1 KWG als auch (seit Inkrafttreten des WpIG zum 26. Juni 2021) i. S. d. § 2 Abs. 1 Nr. 3 WpIG zu qualifizieren. Gleichwohl unterliegen die Plattformen weder einer Erlaubnispflicht nach § 32 Abs. 1 KWG noch nach § 15 Abs. 1 WpIG, da sie regelmäßig im Rahmen der Bereichsausnahme nach § 2 Abs. 6 Nr. 8 lit. e) KWG bzw. § 3 Abs. 1 Nr. 11 lit. e) WpIG tätig sind und daher nicht als Finanzdienstleistungs- bzw. Wertpapierinstitute gelten. Stattdessen bedürfen Crowd­investing-Plattformen regelmäßig der Erlaubnis als Finanzanlagenvermittler nach § 34f Abs. 1 Satz 1 GewO. Als Finanzanlagenvermittler unterliegen Crowd­investing-Plattformen den insbesondere in der FinVermV enthaltenen gewerberechtlichen Verhaltenspflichten. Diese sollen ein den Verhaltenspflichten für Wertpapierdienstleistungsunternehmen nach den §§ 63 ff. WpHG vergleichbares Anlegerschutzniveau sicherstellen. 10. Crowd­investing-Plattformen sind – im Rahmen des untersuchten Geschäftsmodells – typischerweise keine Kapitalverwaltungsgesellschaften, sodass eine Erlaubnispflichtigkeit nach § 20 Abs. 1 KAGB regelmäßig nicht in Betracht kommt. Im Falle der unmittelbaren Finanzierungsstrukturen wird typischerweise der Geschäftsbetrieb operativ tätiger Start-up-Unternehmen finanziert. Allerdings sind

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auch die Zweckgesellschaften, die im Rahmen der im Untersuchungszeitraum vereinzelt anzutreffenden mittelbaren Finanzierungsstrukturen als Investmentvehikel dienen, keine Investmentvermögen i. S. d. KAGB. Typischerweise wurde nämlich in den Finanzierungsverträgen mit den Crowd­investoren ein qualifizierter Rangrücktritt vereinbart. Zudem war eine Beteiligung der Crowd­investoren am Verlust ausgeschlossen, sodass nach überwiegender Ansicht ein unbedingter Rückzahlungsanspruch der Anleger besteht und eine Einordnung der Zweckgesellschaft als Investmentvermögen ausscheidet.

§ 6 Agenturprobleme im Rahmen von Crowd­investing-Finanzierungen Finanzierungsbeziehungen zwischen Kapitalgebern und jungen Unternehmen sind geprägt von Informationsasymmetrien und Verhaltensunsicherheiten sowie den daraus resultierenden Anreiz- und Regelungsproblemen. In Finanzierungsbeziehungen zwischen Crowd­investoren und Start-ups treten diese in besonderem Maße zu Tage. Zur Untersuchung der vorherrschenden Anreiz- und Regelungsprobleme werden im Folgenden die in § 2 vorgestellten institutionenökonomischen Analyseinstrumente herangezogen und die Finanzierungsbeziehung zwischen Crowd­investoren und Unternehmensgründern1 als Prinzipal-Agenten-Beziehung interpretiert. Auf Grundlage der Prinzipal-Agenten-Theorie sollen potentielle Anreiz- und Zielkonflikte zwischen Crowd­investoren und Unternehmensgründern analysiert und spezifische Regelungsprobleme herausgearbeitet werden, die ein Risiko opportunistischen Handelns der Gründer zu Lasten der Investoren begründen. Der Schwerpunkt der folgenden Untersuchung liegt dabei auf Anreiz- und Zielkonflikten, die während der Laufzeit der Finanzierungsbeziehung auftreten.

A. Crowd­investing-Beziehung als Prinzipal-Agenten-Beziehung Zur Untersuchung der Anreiz- und Regelungsprobleme in der Finanzierungs­ beziehung zwischen Crowd­investoren und den zu finanzierenden Unternehmen soll die Prinzipal-Agenten-Theorie fruchtbar gemacht werden.2 Eine Prinzipal-Agen 1 Für die vorliegende Untersuchung wird von dem Hauptanwendungsbereich des Crowdinvesting als Early Stage-Finanzierung ausgegangen (zu empirischen Erkenntnissen zum Alter der mittels Crowdinvesting kapitalsuchenden Unternehmen siehe § 4 B. IV. 2. oben) und angenommen, dass das kapitalsuchende Unternehmen zum Zeitpunkt einer Finanzierung durch die Crowdinvestoren noch kein Kapital von anderen Investoren aufgenommen hat. Ferner wird davon ausgegangen, dass die Unternehmensgründer die alleinigen Anteilseigner des zu finanzierenden Unternehmens sind und gleichzeitig – wie regelmäßig der Fall etwa als Gesellschafter-Geschäftsführer – die Unternehmensleitung innehaben. Soweit in der Praxis bereits vor der Crowdfinanzierung Finanzierungsrunden durch Business Angels oder Venture Capital-Geber erfolgt sind, ist die Interessenlage entsprechend komplexer. Dies soll aus Vereinfachungsgründen hier unberücksichtigt bleiben. Die Begriffe „Gründer“ und „Unternehmensgründer“ gehen – soweit ein anderes Verständnis nicht explizit kenntlich gemacht oder aus dem Kontext erkennbar – von Gründern aus, die sowohl Anteilseigner des finanzierten Unternehmens als auch Mitglied der Geschäftsführung sind. Zu weiteren Annahmen und Beschränkungen der vorliegenden Untersuchung siehe auch § 6 A. IV. unten. 2 Zur Anwendung der Agency-Theorie auf Finanzierungsverträge im Rahmen der Unternehmensfinanzierung und den in diesem Kontext relevanten Agenturproblemen siehe etwa

A. Crowd­investing-Beziehung als Prinzipal-Agenten-Beziehung 

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ten-Beziehung zeichnet sich dadurch aus, dass sich ein Prinzipal eines Agenten zur Erfüllung bestimmter Aufgaben bedient und diesem hierzu gewisse Entscheidungsspielräume einräumt.3 Die Handlungen des Agenten haben direkte Auswirkungen auf die Vermögenspositionen des Prinzipals. Das Verhältnis zwischen Prinzipal und Agent ist regelmäßig von strukturellen Informationsasymmetrien, einer unterschiedlicher Risikoneigung sowie konfligierenden Interessen der beiden Akteure geprägt. Für den Prinzipal resultiert daraus das Risiko opportunistischen Verhaltens des Agenten (moral hazard).

I. Strukturelle Informationsasymmetrien Venture Capital-Finanzierungsbeziehungen mit jungen Unternehmen sind von strukturellen Informationsasymmetrien bestimmt.4 Die Entwicklung eines jungen Unternehmens ist generell von einer Vielzahl von Unsicherheiten geprägt. Der Erfolg eines Start-ups hängt maßgeblich von Faktoren ab, die von den Vertragsparteien nicht oder kaum beeinflussbar sind (exogene Unsicherheiten).5 Diese exogenen Unsicherheiten bestehen zwar grundsätzlich sowohl für Unternehmensgründer als auch für Investoren. Allerdings haben die Unternehmensgründer einen Informationsvorsprung hinsichtlich ihrer eigenen Geschäftsidee sowie deren (technischen) Realisierbarkeit und Umsetzbarkeit (hidden characteristics).6 Aufgrund ihrer Sachnähe zu der Geschäftsidee haben sie typischerweise auch eine deutlich ausgeprägtere Kenntnis der relevanten Branche, potentieller Wettbewerber und der Marktchancen und können so exogene Unsicherheiten besser einschätzen.7 Dieser Franke / ​Hax, Finanzwirtschaft des Unternehmens, 6. Aufl., 2009, S. 467 ff.; Armour / Hansmann / ​Kraakman, in: Kraakman et al. (Hrsg.), Anatomy of Corporate Law, 3rd ed., 2017, S. 28 ff.; Perridon / ​Steiner / Rathgeber, Finanzwirtschaft, 18. Aufl., 2022, S. 635 ff. Für den Bereich der Venture Capital-Finanzierung Reißig-Thust, Venture-Capital-Gesellschaften, 2003, S. 78 ff.; Schefczyk, Erfolgsstrategien deutscher Venture Capital-Gesellschaften, 3. Aufl., 2004, S. 139 ff.; Mark, Venture Capital, 2005, S. 143 ff.; Cumming / Johan, Venture Capital, 2nd ed., 2014, S. 39 ff.; Kuntz, Gestaltung von Kapitalgesellschaften, 2016, S. 48; für die Anleihefinanzierung Reps, Rechtswettbewerb und Debt Governance bei Anleihen, 2014, S. 170 ff. 3 Siehe dazu § 2 A. V. 1.  oben. 4 Vgl. dazu etwa Fisch, 2 J. Small & Emerging Bus. L. 57, 61 (1998); Gilson, 55 Stan. L. Rev. 1067, 1076 f. (2003); Antonczyk, Venture-Capital-Verträge, 2006, S. 88 ff.; Gebhardt /  Schmidt, Perspektiven der Wirtschaftspolitik 2002, 235, 240 ff. Siehe ferner bereits § 2 B. II. 2. oben. 5 Vgl. dazu etwa Bigus, ZBB 2003, 435, 438; Spremann, ZfB 1990, 561, 564. 6 Vgl. dazu Baums / Möller, in: Hommel / K necht (Hrsg.), Wertorientiertes Start-up-Manage­ ment, 2002, S. 396, 397; Reißig-Thust, Venture-Capital-Gesellschaften, 2003, S. 65 f.; Anton­ czyk, Venture-Capital-Verträge, 2006, S. 27 ff., 88 ff.; Houben / Nippel, in: Börner / Grichnik (Hrsg.), Entrepreneurial Finance, 2005, S. 325, 335 f.; Reißig-Thust / Brettel / Witt, FB 2004, 636, 636 f.; Schefczyk, Finanzieren mit Venture Capital, 2. Aufl., 2006, S. 58 ff.; Schefczyk, Erfolgsstrategien deutscher Venture Capital-Gesellschaften, 3. Aufl., 2004, S. 149 ff.; Brehm, Venture-Capital-Vertragswerk, 2012, S. 17. 7 Vgl. Gilson, 55 Stan. L. Rev. 1067, 1076 f. (2003); siehe auch Klöhn / Hornuf, ZBB 2012, 237, 255 f.

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§ 6 Agenturprobleme im Rahmen von Crowd­investing-Finanzierungen

Informationsvorsprung der Unternehmensgründer besteht bereits vor Abschluss der Finanzierung. Nach Vertragsschluss setzen sich die Informationsasymmetrien fort, da die Gründer im Gegensatz zu den Kapitalgebern aktiv in die Unternehmensführung und das Tagesgeschäft involviert sind (hidden information), während die Crowd­investoren das Verhalten der Gründer nicht beobachten können. Hinzu kommen weitere Informationsdefizite der Crowd­investoren im Hinblick auf die Qualifikation und die Geeignetheit der Gründer zur Führung des Unternehmens.8 Darüber hinaus bleiben den Investoren die charakterlichen Eigenschaften, die Leistungswilligkeit und die Absichten der Gründer verborgen (hidden intention).9 Auch diese Informationsdefizite bestehen nach Vertragsschluss fort. Außerdem haben die Investoren regelmäßig keine Möglichkeit, das Verhalten der Gründer zu beobachten und festzustellen, ob diese mit ausreichend Anstrengung, Fleiß und Sorgfalt arbeiten oder sich opportunistisch zu Lasten der Kapitalgeber verhalten (hidden action).10 Die beschriebenen Informationsasymmetrien sind typisch für Venture Capital-Finanzierungen.11 Im Bereich des Crowd­investing sind die Informationsasymmetrien und Verhaltensunsicherheiten im Verhältnis zwischen Crowd­investoren und Gründern allerdings besonders stark ausgeprägt.12 Die typischen Crowd­investoren sind regelmäßig Kleinanleger und haben überwiegend weder Erfahrungen mit Venture Capital im Allgemeinen noch mit der Bewertung und Überwachung von Start-up-Unternehmen.13

8 Zu bei Venture Capital-Finanzierungen typischerweise auftretenden vorvertraglichen Informationsasymmetrien siehe etwa auch Amit / Glosten / Muller, 36 Manag. Sci. 1232–1245 (1990), die zeigen, dass weniger profitable Start-ups mit weniger fähigen Gründern mit Venture Capital finanziert werden, während profitablere Start-ups mit Gründern mit ausgeprägteren Fähigkeiten aufgrund bestehender Informationsasymmetrien auf Venture Capital-Finanzierungen verzichten. 9 Spremann, ZfB 1990, 561, 566. 10 Vgl. Baums / Möller, in: Hommel / K necht (Hrsg.), Wertorientiertes Start-up-Management, 2002, S. 396, 397. 11 Siehe bereits § 2 B. II. 2.  oben. 12 So auch Vismara, in: Cumming / Hornuf (Hrsg.), The Economics of Crowdfunding, 2018, S. 29, 32 f.; Kleinert, Information Asymmetries in Equity Crowdfunding, 2019, S. 4; vgl. ferner Ahlers / Cumming / Günther / Schweizer, 39 ET&P 955, 959 (2015). 13 Kleinert, Information Asymmetries in Equity Crowdfunding, 2019, S. 4; vgl. Schwienbacher / L arralde, in: Cumming (Hrsg.), Oxford Handbook of Entrepreneurial Finance, 2012, S. 369, 377; Ahlers / Cumming / Günther / Schweizer, 39 ET&P 955, 959 (2015). Die qualitative Untersuchung von Kleinert / Volkmann, 21 Venture Capital 327, 338 (2019), die Diskussionsbeiträge von Investoren in Diskussionsforen der britischen Plattform Crowdcube untersucht, zeigt etwa, dass es Investoren häufig bereits an einem grundlegenden Verständnis des Risikound Renditepotentials von Crowdinvesting fehlt. Zu einem anderen Ergebnis kommt allerdings die Studie von Estrin / Gozman / Khavul, 51 Small Bus. Econ. 425–439 (2018), ebenfalls für den britischen Crowdinvesting-Markt. Demnach verstehen Crowdinvestoren das mit Crowdinvestments verbundene Risiko und können das mit ihren Investments verbundene Risiko zutreffend einschätzen.

A. Crowd­investing-Beziehung als Prinzipal-Agenten-Beziehung 

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II. Ziel- und Interessenkonflikte Das Verhältnis zwischen Gründern und Crowd­investoren ist zudem geprägt von Ziel- und Interessenkonflikten.14 Diese liegen im Ausgangspunkt darin begründet, dass sich das Interesse der Crowd­investoren im Wesentlichen auf den Cashflow des finanzierten Unternehmens und die Erzielung einer möglichst hohen Rendite richtet. Die Gründer haben zwar auch ein Interesse an den Cashflows des Unternehmens als Voraussetzung ihrer eigenen finanziellen Beteiligung. Daneben sind für Gründer allerdings häufig vielfältige private Vorteile von Bedeutung, die sie im Zusammenhang mit ihrer Tätigkeit und ihrer Beteiligung an dem finanzierten Unternehmen erzielen können.15 Diese können für Gründer im Einzelfall von größerer Bedeutung als unmittelbar finanzielle Ziele sein. 1. Interessen der Crowd­investoren Ziel der Crowd­investoren ist es, mit ihrem Investment eine möglichst hohe Rendite zu erzielen.16 Ihr Interesse ist auf eine bestmögliche, positive Entwicklung des Unternehmens gerichtet, die sich in einer Steigerung des Unternehmenswertes manifestiert. Primär erstreben die Crowd­investoren keine regelmäßige Abschöpfung der Unternehmensgewinne oder regelmäßige Zinszahlungen, sondern eine Beteiligung an einem möglichst ertragreichen Exit.17 Die Crowd­investoren haben demnach ein elementares Interesse an einer Veräußerung des Start-ups innerhalb der Laufzeit ihres Investments, um in vollem Umfang an der Wertsteigerung des 14 Generell für den Bereich der Venture Capital-Finanzierung Cumming / Johan, Venture Capital, 2nd ed., 2014, S. 44; Bigus, ZBB 2003, 435, 438. 15 In Bezug auf Venture Capital-Finanzierungen im Allgemeinen vgl. Hart, 39 J. Econ. Lit. 1079, 1085 (2001). 16 Dies wird auch in der qualitativen Studie von Kleinert / Volkmann, 21 Venture Capital 327, 338 (2019), die Diskussionsbeiträge von Investoren in Diskussionsforen der britischen Plattform Crowdcube untersucht, bestätigt. Demnach zeigen die Diskussionsbeiträge, dass Investoren ihren Renditeerwartungen einen hohen Stellenwert beimessen. Siehe ferner auch die Studie von Cholakova / Clarysee, 39 ET&P 145–172 (2015), die zu dem Ergebnis kommt, dass nicht-monetäre Motive keine Rolle für Crowdinvestoren spielen. Die Studie von Estrin /  Gozman / Khavul, 51 Small Bus. Econ. 425, 433 ff. (2018) kommt auf Basis von Interviews auf dem britischen Crowdinvesting-Markt ebenfalls zu dem Ergebnis, dass Crowdinvestoren primär durch finanzielle Motive motiviert sind. Im Hinblick auf die Kapitalgeber einer klassischen VC-Finanzierung vgl. Reißig-Thust, Venture-Capital-Gesellschaften, 2003, S. 65; Grisebach, Innovationsfinanzierung, 1989, S. 111 f.; Kuntz, Gestaltung von Kapitalgesellschaften, 2016, S. 46. Zu weiteren Motiven der Crowdinvestoren siehe bereits § 3 D. II. oben. 17 Vergleichbar ist die Zielsetzung einer VC-Gesellschaft, nämlich die Maximierung des Beteiligungserfolges durch eine Wertsteigerung des Portfoliounternehmens, vgl. ­Reißig-​ Thust, Venture-Capital-Gesellschaften, 2003, S. 65; Brehm, Venture-Capital-Vertragswerk, 2012, S. 20; Schefczyk, Erfolgsstrategien deutscher Venture Capital-Gesellschaften, 3. Aufl., 2004, S. 28. Zu den Renditemöglichkeiten von Venture Capital-Investoren siehe auch § 2 B. II. 2. c) oben. Zu den Interessen der verschiedenen, hinter der VC-Gesellschaft stehenden Kapitalgeber vgl. Grisebach, Innovationsfinanzierung, 1989, S. 75 ff.

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§ 6 Agenturprobleme im Rahmen von Crowd­investing-Finanzierungen

Unternehmens partizipieren und diese realisieren zu können.18 Zudem muss das finanzierte Unternehmen zum Zeitpunkt der Beendigung der Kapitalüberlassung über ausreichend Liquidität verfügen, um das Investment der Crowd­investoren nebst Zinsen bzw. Erträgen (zurück) zahlen zu können.19 2. Interessen der Gründer Die Interessen der Unternehmensgründer gestalten sich regelmäßig deutlich vielschichtiger.20 Unmittelbares Ziel der Gründer ist es zunächst, eine möglichst langfristige Finanzierung des Unternehmens zu sichern, um ausreichend Liquidität für dessen Wachstum zur Verfügung zu haben.21 Im Hinblick auf die Konditionen der Kapitalüberlassung besteht naturgemäß ein Interessenkonflikt zwischen den Crowd­investoren als Kapitalgebern und den Unternehmensgründern.22 Darüber hinaus streben Gründer regelmäßig nach einer maximal erfolgreichen Entwicklung ihres Unternehmens und einer Maximierung des Unternehmenswertes, um so ihr eigenes Vermögen zu mehren.23 Insoweit herrscht grundsätzlich Interessenkonformität der beiden Akteure.24 Allerdings haben Unternehmensgründer eine eher langfristige Perspektive mit dem Ziel einer nachhaltigen, stetigen Wertentwicklung des Unternehmens.25 Häufig hat das Unternehmen für Gründer den Charakter eines „Lebenswerkes“.26 Dies kann dem Interesse der Crowd­investoren an einem schnellem Wachstum, überdurchschnittlichen Renditen, zeitnahen Kapitalrückflüssen und einem schnellstmöglichen Exit entgegenstehen.27 18

Zu den Vermögensrechten der Crowdinvestoren siehe § 8 E. unten. Dies gilt für Crowd­ investing-Verträge, die eine Beteiligung an dem tatsächlich erzielten Exiterlös vorsehen. Bei den Verträgen von Companisto, die eine Life-Time-Gewinn- und Exit-Beteiligung vorsehen (vgl. § 8 E. IV. 4. unten), partizipieren die Investoren unter bestimmten Voraussetzungen auch nach Beendigung ihres Investments an einem späteren Exiterlös. 19 Vgl. mit Blick auf Venture Capital-Finanzierungen auch Grisebach, Innovationsfinanzierung, 1989, S. 111. 20 Für Studien zu Motiven und Zielsetzungen von Unternehmensgründern siehe etwa ­Estrin / Gozman / Khavul, 51 Small Bus. Econ. 425, 430 ff. (2018); Krueger / Reilly / Carsrud, 15 J. Bus. Ventur. 413–421 (2000); Birley / Westhead, 12 Int. Small Bus. J. 38–60 (1992). 21 Vgl. Brehm, Venture-Capital-Vertragswerk, 2012, S. 20; Krecek, Venture Capital, 2005, S. 25. 22 Vgl. auch Grisebach, Innovationsfinanzierung, 1989, S. 115. 23 Vgl. Grisebach, Innovationsfinanzierung, 1989, S. 115; Reißig-Thust, Venture-CapitalGesellschaften, 2003, S. 66. 24 Vgl. Grisebach, Innovationsfinanzierung, 1989, S. 115; Pfeifer, BB 1999, 1665, 1666, jeweils für das Verhältnis zwischen Gründern und Venture Capital-Kapitalgebern. 25 Ziegert, Der Venture Capital-Beteiligungsvertrag, 2005, S. 81; Brehm, Venture-CapitalVertragswerk, 2012, S. 20; Pfeifer, BB 1999, 1665, 1666. 26 Ziegert, Der Venture Capital-Beteiligungsvertrag, 2005, S. 81; Pfeifer, BB 1999, 1665, 1666, 1671. 27 Vgl. für Venture Capital im Allgemeinen Brehm, Venture-Capital-Vertragswerk, 2012, S. 20; Grisebach, Innovationsfinanzierung, 1989, S. 114 ff., 188; Krecek, Venture Capital, 2005, S. 27; Pfeifer, BB 1999, 1665, 1666.

A. Crowd­investing-Beziehung als Prinzipal-Agenten-Beziehung 

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Neben dem Interesse an einer Maximierung der Cashflows liegt ein weiteres Ziel von Unternehmensgründern regelmäßig darin, sich eine eigene selbständige Tätigkeit aufzubauen und ihre damit verbundene Autonomie und Unabhängigkeit dauerhaft zu sichern.28 Gründer streben häufig nach maximaler unternehmerischer Freiheit und Eigenständigkeit und den größtmöglichen Handlungsspielräumen bei Management und Geschäftsführung.29 Als Gegenentwurf zu einer abhängigen Beschäftigung kann die unternehmerische Betätigung eine Form der Selbst­verwirklichung darstellen und ihr Streben nach maximaler Autonomie befriedigen.30 Empirische Studien legen nahe, dass – entgegen der Annahme, dass Menschen nur dann Unternehmen gründen, wenn ihr hierdurch erwartetes Einkommen höher als ihr gegenwärtiges Einkommen bei abhängiger Beschäftigung ist – nur für etwa ein Zehntel der Gründer eine höhere Einkommenserwartung ein Gründungsmotiv ist; vielmehr war für 60 % der Befragten die Selbständigkeit als solche Motiv für die Gründung eines eigenen Unternehmens.31 Für eine Vielzahl von Gründern sind Motive wie „selbst entscheiden zu können“, Flexibilität und mehr Kreativität im Rahmen der Arbeit entscheidend für eine Unternehmensgründung. Das Interesse der Gründer ist demnach darauf ausgerichtet, das Schicksal des Unternehmens möglichst selbst zu bestimmen und einen etwaigen Einfluss der Crowd­investoren auf die Unternehmensführung auszuschließen sowie etwaige Pflichten zur Auskunft oder Informationsweitergabe so weit wie möglich zu begrenzen.32 Der Aufbau und die Führung eines Unternehmens kann Gründern des Weiteren auch als Qualifikationsschritt dienen und reputationsfördernd sein.33 Mit der Gründung und Führung eines Unternehmens, der Durchführung einer Crowd­ investing-Kampagne und einer sich anschließenden erfolgreichen Venture Capital-Finanzierung können Gründer unternehmerische Erfahrungen sammeln und 28

Vgl. Reißig-Thust, Venture-Capital-Gesellschaften, 2003, S. 67. Vgl. Ziegert, Der Venture Capital-Beteiligungsvertrag, 2005, S. 81, 83; Grisebach, Innovationsfinanzierung, 1989, S. 117; Pfeifer, BB 1999, 1665, 1666; Brehm, Venture-CapitalVertragswerk, 2012, S. 19. 30 Vgl. Grisebach, Innovationsfinanzierung, 1989, S. 115; Pfeifer, BB 1999, 1665, 1666. 31 Vgl. hierzu und zu dem Folgenden Reißig-Thust, Venture-Capital-Gesellschaften, 2003, S. 67 mit Nachweisen zu empirischen Studien. Nach einer dort geschilderten Studie ist nur für 13 Prozent der Unternehmensgründer eine höhere Einkommenserwartung ein Gründungsmotiv. In einer weiteren empirischen Studie gaben 39,8 % der befragten westdeutschen und 42,2 % der befragten ostdeutschen Unternehmensgründer den „Wunsch selbst zu bestimmen“ als wesentliches Gründungsmotiv an. Die auf Interviews basierende Studie von Amit / MacCrimmon / ​ Zietsma / Oesch, 16 J. Bus. Ventur. 119–143 (2001) kommt ebenfalls zu der Erkenntnis, dass Wohlstandsmaximierung weder das einzige noch das wichtigste Ziel von Unternehmensgründern ist. 32 Generell für Venture Capital Brehm, Venture-Capital-Vertragswerk, 2012, S. 19; vgl. ferner Krecek, Venture Capital, 2005, S. 25; Schefczyk, Erfolgsstrategien deutscher Venture Capital-Gesellschaften, 3. Aufl., 2004, S. 36 f.; Schefczyk, Finanzieren mit Venture Capital, 2. Aufl., 2006, S. 21 f. 33 Reißig-Thust, Venture-Capital-Gesellschaften, 2003, S. 67. 29

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§ 6 Agenturprobleme im Rahmen von Crowd­investing-Finanzierungen

dokumentieren. Diese Erfahrungen können sich auf die weitere Karriere – in aller Regel unabhängig vom Erfolg des Start-up-Unternehmens – positiv auswirken.34 Als eigennutzenmaximierende Individuen haben Unternehmensgründer allerdings auch ein Interesse daran, ihren persönlichen Nutzen in unmittelbarerer Weise zu steigern und etwa ihre physischen Arbeitskosten und ihr Arbeitsleid zu minimieren.35

III. Risiko opportunistischen Handelns Im Rahmen des Crowd­investing überlassen die Crowd­investoren den Unternehmensgründern gegen ein Renditeversprechen Kapital, damit diese ihre Geschäftsidee umsetzen und unternehmerische Investitionen tätigen können.36 Mit den Verfügungsrechten über das Kapital werden den Gründern grundlegende Entscheidungsbefugnisse und Einflussmöglichkeiten übertragen. Da Akteure generell lediglich ihre jeweiligen Partikularinteressen verfolgen, werden auch die Gründer in ihrem Entscheidungskalkül nur die für sie selbst erzielbaren Erträge und den für sie entsprechend der oben geschilderten Interessenlage erzielbaren persönlichen Nutzen berücksichtigen.37 Für die Crowd­investoren besteht somit das Risiko, dass Gründer sich opportunistisch verhalten und bestehende Handlungsspielräume zu ihren eigenen Gunsten und zu Lasten der Crowd­investoren ausnutzen.38 Crowd­ investoren müssen davon ausgehen, dass sich die Gründer zur Maximierung ihres persönlichen Nutzens auch über vertragliche, gesetzliche und moralische Verpflichtungen hinwegsetzen, wenn die hierdurch erreichbaren Vorteile die Nachteile überwiegen.39 Da Crowd­investoren das Verhalten der Gründer nicht überwachen

34

Vgl. Reißig-Thust / Brettel / Witt, FB 2004, 636, 637 f. Dies kann beispielsweise dadurch erfolgen, dass sie Unternehmensressourcen unmittelbar zur Steigerung ihres privaten Nutzens einsetzen (on the job consumption). Gründer können etwa Unternehmensressourcen für Forschung und Entwicklung einsetzen, die keinen unmittelbaren Mehrwert für das Unternehmen haben, oder sich Statussymbole wie luxuriöse Dienstwagen und Büroausstattung finanzieren. Siehe dazu bereits § 2 A. V. 2. oben. Vgl. ferner Reißig-Thust, Venture-Capital-Gesellschaften, 2003, S. 66; Cable / Shane, 22 Acad. Manag. Rev. 142, 150 (1997); Barney / Busenitz / Fiet / Moesel, 20 Manag. Finance 19, 20 (1994), die im Hinblick auf diesen Opportunismus zwischen „managerial opportunism“ und „competitive opportunism“ unterscheiden. 36 Vgl. allgemein für Finanzierungsbeziehungen Franke / Hax, Finanzwirtschaft des Unternehmens, 6. Aufl., 2009, S. 467. 37 Vgl. Mark, Venture Capital, 2005, S. 138; Antonczyk, Venture-Capital-Verträge, 2006, S. 87. 38 Siehe aber auch die empirische Studie von Higashide / Birley, 17 J. Bus. Vent. 59–81 (2002), die zu dem Ergebnis kommt, dass sich Zielkonflikte zwischen Unternehmensgründern und Venture Capital-Gebern positiv auf den Erfolg des finanzierten Unternehmens auswirken können. 39 Siehe dazu § 2 A. V. 2. a) oben. Grundlegend Williamson, Die ökonomischen Institutionen des Kapitalismus, 1990, S. 54 ff., 73 ff. 35

A. Crowd­investing-Beziehung als Prinzipal-Agenten-Beziehung 

301

können, müssen sie davon ausgehen, dass sich das Risiko des opportunistischen Handelns der Gründer verwirklicht und müssen dies wiederum in ihr eigenes Entscheidungskalkül einbeziehen.40

IV. Annahmen und Beschränkungen der Untersuchung Im Bereich der Venture Capital-Finanzierung wird die Prinzipal-Agenten-Theorie zahlreichen sowohl theoretischen Untersuchungen als auch empirischen Studien zugrunde gelegt.41 Typischerweise wird dabei das opportunistische Verhalten der Gründer bzw. des Start-up-Unternehmens als Agent untersucht und Lösungs­ ansätze, wie die Venture Capital-Gesellschaft als Prinzipal das opportunistische Verhalten verhindern kann, analysiert. Agency-Konflikte sind indes auch umgekehrt bzw. bilateral vorstellbar. Insbesondere wenn der Kapitalgeber, wie bei Venture Capital-Finanzierungen üblich, eine aktive Rolle einnimmt und das finanzierte Unternehmen u. a. mit Beratung unterstützt, kann auch das finanzierte Unternehmen als Prinzipal und der Kapitalgeber als Agent verstanden werden.42 Für die vorliegende Arbeit wird indes allein das einseitige Prinzipal-AgentenVerhältnis zwischen Crowd­investoren als Prinzipalen und Gründern als Agenten betrachtet. Dabei wird davon ausgegangen, dass die Crowd­investoren dem finanzierten Unternehmen als homogene Gruppe einheitlich gegenüberstehen. Gestützt wird diese Vereinfachung durch die für alle Investoren einer Finanzierung einheitlichen Vertragswerke und die Tatsache, dass sich alle Entscheidungen und Maßnahmen des Start-ups weitgehend einheitlich auf die Crowd­investoren auswirken. Etwaige Interessenkonflikte unter den einzelnen Crowd­investoren, die angesichts spärlicher Entscheidungs- oder Mitwirkungsrechte ohnehin von untergeordneter Bedeutung sein dürften, werden vorliegend nicht berücksichtigt. Als weitere Vereinfachung werden Gründer, Gesellschafter und Geschäftsführer des Unternehmens einheitlich als Agent betrachtet. Für die Anfangsphase in der Unternehmensentwicklung – in der Crowd­investing als Finanzierungsform typischerweise eingesetzt wird43 – kann davon ausgegangen werden, dass die Gründer 40 Mit Bezug zu Finanzierungsbeziehungen im Allgemeinen bzw. im Venture CapitalBereich: Franke / Hax, Finanzwirtschaft des Unternehmens, 6. Aufl., 2009, S. 467; ReißigThust / Brettel / Witt, FB 2004, 636, 637. 41 Vgl. bspw. Amit / Glosten / Muller, 36 Manag. Sci. 1232–1245 (1990); Weimerskirch, Finanzierungsdesign, 2. Aufl., 1999, S. 65 ff.; Reißig-Thust, Venture-Capital-Gesellschaften, 2003; Cumming / Johan, Venture Capital, 2nd ed., 2014, S. 44 ff. Für die Anleihefinanzierung vgl. Reps, Rechtswettbewerb und Debt Governance bei Anleihen, 2014. 42 Zu umgekehrten bzw. bilateralen Agency-Konflikten bei der VC-Finanzierung vgl. Cumming / Johan, Venture Capital, 2nd ed., 2014, S. 44 ff.; Smith, 2 J. Small & Emerging Bus. L. 1–49 (1998). 43 Zu empirischen Erkenntnissen zum Alter der Unternehmen, die Finanzierungen mittels Crowdinvesting suchen, siehe § 4 B. IV. 2.  oben.

302

§ 6 Agenturprobleme im Rahmen von Crowd­investing-Finanzierungen

auch Gesellschafter und Geschäftsführer ihres Start-ups sind. Das Unternehmen wird somit im Wesentlichen von den Interessen der Gründer dominiert, denen auch alle wesentlichen Entscheidungsrechte zustehen. Mit zunehmender Entwicklung des Start-ups, insbesondere der Aufnahme weiterer Gesellschafter und Kapitalgeber, wird das Interessengefüge im Unternehmen komplexer. Die zwischen den verschiedenen Organen innerhalb des Unternehmens bestehenden Interessendivergenzen und Koordinationsprobleme werden für den Zweck der vorliegenden Arbeit jedoch ausgeblendet.44 Des Weiteren werden auch die Interessen weiterer Kapitalgeber wie etwa Venture Capital-Gesellschaften, die bei weiteren Finanzierungsrunden relevant werden, in die vorliegende Betrachtung nicht einbezogen.45 Ebenfalls weitgehend ausgeblendet werden etwaige Implikationen, die sich aus der Einbeziehung der Crowd­investing-Plattformen als Intermediäre ergeben.

B. Anreiz- und Regelungsprobleme Nachfolgend sollen wesentliche Anreiz- und Regelungsprobleme in der Finanzierungsbeziehung zwischen Crowd­investoren und Unternehmensgründern herausgearbeitet werden, die aus den soeben beschriebenen Ziel- und Interessenkonflikten resultieren. Zunächst werden anhand von anekdotischen Beispielen Situationen geschildert, in denen die Interessenkonflikte offen zutage traten und opportunistische Verhaltensmöglichkeiten der Gründer zu Lasten der Crowd­investoren deutlich werden. Sodann werden mögliche Anreiz- und Regelungsprobleme und resultierende Opportunismus-Risiken unter Zuordnung zu verschiedenen Problemfeldern weiter ausdifferenziert und im Detail dargestellt.

I. Anekdotische Evidenz: Beispiele für opportunistisches Handeln von Unternehmensgründern Die nachfolgend geschilderten Fälle illustrieren opportunistisches Verhalten von Unternehmensgründern zu Lasten von Crowd­investoren exemplarisch. Diese anekdotische Evidenz46 vermag zwar keine empirische Erkenntnis über das Bestehen

44 Zu den verschiedenen Konstellationen von Agenturproblemen in Unternehmen vgl. etwa Armour / Hansmann / Kraakman, in: Kraakman et al. (Hrsg.), Anatomy of Corporate Law, 3rd ed., 2017, S. 28 ff. 45 Zu den ggf. konfligierenden Interessen verschiedener Investoren, die hier nicht näher berücksichtigt werden sollen, vgl. etwa Bartlett, 54 UCLA L. Rev. 37, 71 ff. (2006). 46 Mit anekdotischer Evidenz werden Daten bezeichnet, die ohne intersubjektiv nachvollziehbare Auswahlkriterien gewonnen werden. Kumulative Evidenz bezeichnet hingegen Daten, die systematisch und in einem veröffentlichten Verfahren erhoben wurden und damit überprüfbar sind. Jedenfalls als Ausgangspunkt für einen empirischen Erkenntnisprozess kann anekdotische Evidenz einen wichtigen Beitrag für die empirische Forschung leisten. Vgl. dazu

B. Anreiz- und Regelungsprobleme 

303

von Anreiz- und Regelungsproblemen zu liefern. Gleichwohl sind die Beispiele geeignet, erste Anhaltspunkte für Problemfelder zu geben und das Bewusstsein dafür zu schärfen, mit welchen opportunistischen Verhaltensweisen der Unternehmensgründer Crowd­investoren rechnen müssen und welche Regelungsprobleme diese aufwerfen können.47 1. Missbrauch von Unternehmensressourcen im Fall Skully Der Fall des Start-ups Skully illustriert eindrücklich, wie Unternehmensgründer mit dem von Investoren überlassenen Kapital nicht nur die Entwicklung des Unternehmens fördern, sondern auch ihren eigenen privaten Nutzen steigern können, indem sie Unternehmensressourcen missbräuchlich verwenden. Das 2013 in Kalifornien gegründete Start-up hatte es sich zum Ziel gesetzt, das Motorradfahren mit der Entwicklung eines „smarten“ Augmented-Reality-Motorradhelms zu revolutionieren. Mit einer Crowd­investing-Kampagne auf Indiegogo sammelte das Unternehmen 2014 hierzu knapp 2,5 Millionen US-Dollar von Crowd­investoren ein.48 Im August 2016 musste Skully allerdings Insolvenz anmelden und die Einstellung aller Aktivitäten bekannt geben, noch bevor die vorbestellten Helme ausgeliefert werden konnten.49 Kurz zuvor hatte eine ehemalige Angestellte Klage gegen die beiden Gründer des Unternehmens erhoben und ihnen vorgeworfen, das Geld des Unternehmens zur Finanzierung ihres verschwenderischen Lebensstils verwendet zu haben. Die ehemalige Buchhalterin behauptete, sie habe die aus Unternehmensmitteln beglichenen Ausgaben der Gründer für Privatwohnungen, Lebensmittel, Luxusfahrzeuge wie zwei Dodge Viper, einen Audi R8 und vier Motorräder verschleiern sollen. Auch sei ein Stripclub-Besuch in Florida für 2.000 US-Doller so-

Hamann, Evidenzbasierte Jurisprudenz, 2014, S. 55 f. Kritisch im Hinblick auf anekdotische Evidenz und die Notwendigkeit der empirischen Analyse betonend Heise, 26 Pepp. L. Rev. 807, 808 f. (1999); Saks, 140 U. Pa. L. Rev. 1147, 1159 ff. (1992). Für eine grundsätzliche Analyse der anekdotischen Evidenz siehe auch Hyman, 73 Ind. L. J. 797, 800 ff. (1998), der mit dem Ratschlag schließt: „For anecdotes, the short version is ‚be exceedingly skeptical,‘ ‚consider the source,‘ and ‚don’t generalize without additional (nonanecdotal) evidence.‘“ 47 Für eine Analyse von Betrugsfällen auf der Plattform Kickstarter im Zeitraum von 2010 bis 2015 in drei verschiedenen Ländern siehe Cumming / Hornuf / Karami / Schweizer, Disentangling Crowdfunding from Fraudfunding (18 November 2020), Max Planck Institute for Innovation & Competition Research Paper No. 16-09, abrufbar unter https://ssrn.com/ abstract=2828919. 48 Schade, Die Skully-Gründer sollen das Geld der Crowd verprasst haben, Gründerszene vom 11. 08. 2016, https://www.businessinsider.de/gruenderszene/allgemein/skully-indiegogoinsolvenz-vorwuerfe/. 49 Schade, Die Skully-Gründer sollen das Geld der Crowd verprasst haben, Gründerszene vom 11. 08. 2016, https://www.businessinsider.de/gruenderszene/allgemein/skully-indiegogoinsolvenz-vorwuerfe/.

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§ 6 Agenturprobleme im Rahmen von Crowd­investing-Finanzierungen

wie private Urlaubsreisen mit Mitteln des Unternehmens finanziert worden. Darunter ein Last-Minute-Flug erster Klasse von den Bermudas nach Hawaii, nachdem einem der Gründer der zunächst ausgewählte Urlaubsort nicht zugesagt hatte.50 2. Vorvertragliche Informationsasymmetrien im Fall Vibewrite Das Münchner Start-up Vibewrite sammelte über Seedmatch im September 2014 über 500.000 Euro von mehr als 500 Crowd­­investoren ein. Der Finanzierung wurde eine Unternehmensbewertung von 5 Millionen Euro zugrunde gelegt. Vibe­write gab an, einen digitalen Lernstift zu entwickeln, der die Handschrift des Schreibenden eigenständig erkennen und bei Rechtschreibfehlern vibrieren sollte. Bereits drei Monate nach erfolgreichem Abschluss der Crowdfinanzierung wurde allerdings die Eröffnung des Insolvenzverfahrens beantragt und gegen den Gründer wegen Insolvenzverschleppung ermittelt.51 Auch die Suche nach einer Anschlussfinanzierung in Höhe von 1,5 Millionen Euro gestaltete sich als wenig erfolgreich: Während Investoren im Rahmen der Crowd­investing-Kampagne – unter anderem mit kurzen Videos – ein funktionsfähiges und nahezu marktreifes Produkt suggeriert wurde, gelangte der Stift letztlich nie zur Marktreife. Vielmehr stellte sich heraus, dass der vorgeführte Prototyp weitgehend funktionslos war. Im Rahmen der Crowd­investing-Kampagne hatte Vibewrite gleichwohl Umsatzerwartungen in Höhe von 3,3 Millionen Euro noch für das Jahr der Crowd­investing-Kampagne und 60 Millionen Euro binnen zwei Jahren angegeben.52 Das Beispiel des Start-ups Vibewrite zeigt unter anderem deutlich, wie schwierig es für Crowd­investoren ist, zu beurteilen, ob die im Rahmen der Crowd­investingKampagne gemachten Versprechungen der Wahrheit entsprechen und die Prognosen realistisch sind. Regelmäßig haben Crowd­investoren keine Möglichkeit, die zur Verfügung gestellten Informationen zu verifizieren. Sie sind zudem häufig nicht in der Lage, die technische Realisierbarkeit eines Produkts, den aktuellen Entwicklungsstand und die Prognosen der Gründer zu überprüfen und zu beurteilen.

50

Kendall, Bay Area start-up Skully was a sham; ex-employee says, Los Angeles Times vom 10. 08. 2016, http://www.latimes.com/business/la-fi-tn-skully-20160810-snap-story.html. 51 Kyriasoglou, Crowd-Pleite, Anzeige wegen Insolvenzverschleppung bei Vibewrite, Gründerszene vom 27. 03. 2015, https://www.businessinsider.de/gruenderszene/allgemein/vibewriteinsolvenzverschleppung-anzeige/. 52 Kyriasoglou, Crowd-Pleite, Anzeige wegen Insolvenzverschleppung bei Vibewrite, Gründerszene vom 27. 03. 2015, https://www.businessinsider.de/gruenderszene/allgemein/vibewriteinsolvenzverschleppung-anzeige/.

B. Anreiz- und Regelungsprobleme 

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3. Hold-up-Probleme im Rahmen des Exits von Smarchive Das Münchner Start-up Smarchive – später Gini – wurde im Dezember 2011 als eines der ersten Unternehmen über Seedmatch finanziert. In der damaligen Rekordzeit von 60 Stunden konnte Smarchive den Maximalbetrag von 100.000 Euro von 144 Crowd­­investoren einsammeln. Nur drei Monate später wollten T-Venture, der damalige Wagniskapitalgeber der Deutschen Telekom, Check24 und mehrere Business Angel einen siebenstelligen Betrag in das Münchner Start-up investieren.53 Die Finanzierung stand allerdings unter dem Vorbehalt, dass jeder einzelne der Crowd­investoren entweder einer Barabfindung in Höhe von 25 Prozent des Investments zustimmte oder seine stille Beteiligung in eine Zweckgesellschaft einbrachte.54 4. Anschlussfinanzierung von Protonet Das Hamburger IT-Start-up Protonet entwickelte und verkaufte datenschutzfreundliche Server an Kleinunternehmer und Privatleute.55 Nach einer ersten Crowd­ finanzierung im November 2012 konnte Protonet im Juli 2014 in einer zweiten Finanzierungsrunde auf Seedmatch einen Crowd­investing-Rekord aufstellen. Von über 1.000 Crowd­­investoren sammelte Protonet 3 Millionen Euro ein. Im November 2015, auf der Suche nach einer Anschlussfinanzierung, nahm der kalifornische Start-up Inkubator Y Combinator, der bereits Unternehmen wie Airbnb oder Dropbox in ihrer Anfangsphase gefördert hat, Protonet in sein Programm auf. Gleichzeitig kamen bei den Crowd­investoren jedoch Unmut und die Befürchtung auf, aus dem Unternehmen gedrängt und um ihren Anteil gebracht zu werden.56 53 Hüsing, Wie smarchive nach der Crowdfinanzierung das ganz große Geld einsammelte – und die Probleme dabei, deutsche startups vom 14. 11. 2012, https://www.deutsche-startups. de/2012/11/14/wie-smarchive-crowd-anschluss/. 54 Pfeil, Crowdinvesting: Das nächste große Ding, Zeit online vom 18. 03. 2013, https://www. zeit.de/2013/17/geldanlage-crowdinvesting-start-up-unternehmen/. 55 Siehe dazu bereits § 1 B. oben. 56 Hüfner, Protonet in Erklärungsnot: Neue Y-Combinator-Förderung provoziert Aufstand der Crowdinvestoren, t3n vom 28. 04. 2016, https://t3n.de/news/protonet-seedmatch-697960/. In einem der wenigen bekanntgewordenen Verfahren begehrte ein Crowdinvestor vor dem LG Hamburg die Rückzahlung seiner in Form partiarischer Nachrangdarlehen getätigten Investments in Höhe von insgesamt 5.000 Euro zuzüglich Nutzungsentschädigung (LG Hamburg, Urteil vom 14. 12. 2017, Az. 309 O 116/16). Begründet wurde die Klage mit der Unwirksamkeit der in den Crowdinvesting-Verträgen vereinbarten Nachrangklausel und dem resultierenden Verstoß gegen die Erlaubnispflichtigkeit des Betreibens eines Einlagengeschäfts nach § 32 KWG. Während das LG Hamburg die Klage zunächst abgewiesen hatte, hielt das OLG Hamburg die in den Verträgen enthaltene qualifizierte Nachrangklausel als überraschende Klausel i. S. v. § 305c BGB sowie als intransparente Klausel i. S. v. § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB für unwirksam und gab der Klage in der Berufung überwiegend statt (OLG Hamburg, Urteil vom 11. 03. 2020, Az. 13 U 141/19). Das OLG Hamburg bejahte einen Schadensersatzanspruch in Form der Rückabwicklung des Vertrags nach § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 32 KWG, da es

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§ 6 Agenturprobleme im Rahmen von Crowd­investing-Finanzierungen

Zunächst sorgte die Unternehmensbewertung, die dem Einstieg von Y Combinator offenbar zugrunde gelegt wurde, für Verwirrung: Y Combinator investierte regelmäßig pauschal 120.000 US-Dollar gegen eine Beteiligung in Höhe von 7 %. Daraus ergäbe sich eine Bewertung von rund 1,7 Millionen US-Dollar (rund 1,5 Millionen Euro).57 Der Crowd­investing-Kampagne gut ein Jahr zuvor wurde jedoch mit 11,9 Millionen Euro noch eine knapp achtfache Bewertung zugrunde gelegt. Selbst bei der ersten Crowd­investing-Finanzierung auf Seedmatch Ende 2012 war Protonet mit 2 Millionen Euro bereits höher bewertet worden. Stimmen diese Zahlen hätten Crowd­investoren ihren Anspruch auf einen Anteil an zukünftigen Cashflows des Unternehmens zu einem mehr als dreimal so hohen Preis erworben wie Y Combinator, obwohl sie durch ihren Einstieg zu einem früheren Zeitpunkt ein deutlich höheres Risiko eingegangen sind.58 Nach Ansicht des Gründers von Protonet war die deutlich geringere Bewertung im Rahmen der Finanzierungsrunde mit Y Combinator hingegen dadurch gerechtfertigt, dass die Beteiligung von Y Combinator durch Coaching und Netzwerk einen deutlich über den monetären Wert der Beteiligung hinausgehenden Wert gehabt habe.59 Weiterhin könnte die Folgefinanzierung infolge der deutlich geringeren Bewertung (down round) neben einer Verwässerung der Investmentquote auch zu einer erheblichen wirtschaftlichen Verwässerung des Investments der Crowd­investoren geführt haben. Hier ist allerdings davon auszugehen, dass die vertragliche down round protection60 griff, und die Investmentquote nicht anzupassen war. Ohne­ dies scheint sich Y Combinator an der neu gegründeten US-amerikanischen Gesellschaft und nicht an der von den Crowd­investoren finanzierten deutschen Gesellschaft beteiligt zu haben.61 Damit hängt jedoch ein weiterer Vorwurf der Crowd­investoren zusammen: Offenbar gründete Protonet eine neue Gesellschaft in den USA, die das operative Geschäft übernehmen und der das gesamte Betriebs­

sich bei der Geldannahme mangels wirksamer qualifizierter Rangrücktrittsklausel um ein Einlagengeschäft i. S. d. § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 KWG handelte, das finanzierte Unternehmen allerdings nicht über die erforderliche Erlaubnis nach § 32 KWG verfügte. 57 Hüfner, Protonet in Erklärungsnot: Neue Y-Combinator-Förderung provoziert Aufstand der Crowdinvestoren, t3n vom 28. 04. 2016, https://t3n.de/news/protonet-seedmatch-697960/. 58 Ausgehend von der Formel Investmentquote = Finanzierungsbetrag / (Pre-Money-Unternehmensbewertung + Fundingvolumen) ergäbe dies für die Crowdinvestoren, die Protonet finanzierten, eine Investmentquote von 250 Euro / (2.000.000 Euro + 3.000.000 Euro) = 0,005 % für ein Investment von 250 Euro. Für eine Beteiligung von 1 % hätten Crowdinvestoren damit 50.000 Euro bezahlen müssen. Legt man die oben genannten Zahlen zugrunde ergäbe sich für Y Combinator ein Preis von 18.200 US-Doller (rund 16.000 Euro) für eine Beteiligung von 1 %. 59 Hüfner, Protonet in Erklärungsnot: Neue Y-Combinator-Förderung provoziert Aufstand der Crowdinvestoren, t3n vom 28. 04. 2016, https://t3n.de/news/protonet-seedmatch-697960/. 60 Siehe zu den entsprechenden Regelungen in den Crowdinvesting-Verträgen § 8 D. III. unten. 61 Hüfner, Protonet in Erklärungsnot: Neue Y-Combinator-Förderung provoziert Aufstand der Crowdinvestoren, t3n vom 28. 04. 2016, https://t3n.de/news/protonet-seedmatch-697960/.

B. Anreiz- und Regelungsprobleme 

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vermögen übertragen werden sollte.62 Die Crowd­investoren blieben an der deutschen Gesellschaft beteiligt, die dann jedoch nur noch einer „leere Hülle“ war.63 Ein weiterer Vorwurf der Crowd­investoren lautete schließlich, dass Protonet mit dem von der Crowd bereitgestellten Kapital nicht die in der Crowd­investingKampagne beschriebenen Serverlösungen, sondern mit einer Smart-Home-Zentrale ein völlig neues Produkt entwickelt habe.64 Das von den Crowd­investoren bereitgestellte Kapital wurde also für einen anderen als den ursprünglich vorausgesetzten und im Rahmen der Crowd­investing-Kampagne beworbenen Zweck verwendet. 5. Probleme der Unternehmensbewertung und der Bindung von Key Persons im Falle des Start-ups Unyte Yoga Ziel des Start-ups Unyte Yoga war der Aufbau einer Yogastudio-Kette mit etwa 20 Studios in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Unyte Yoga schloss im Juli 2015 eine Crowd­investing-Kampagne über Companisto erfolgreich ab und sammelte rund 200.000 Euro von über 250 Crowd­­investoren ein. Von den 20 Studios, die innerhalb von fünf Jahren eröffnet werden sollten, wurde allerdings kein einziges eröffnet.65 Das gesamte Projekt verlief vielmehr relativ schnell im Sande; mittlerweile ist das Unternehmen liquidiert. Verschiedene Presseartikel legen nahe, dass die zentralen Akteure bereits kurz nach Abschluss der Finanzierung nach und nach das Unternehmen verlassen hatten.66 Während die „Kreativdirektorin“ offenbar bereits mehr oder weniger zeitgleich mit Abschluss der Crowd­investing-Kampagne aus dem Unternehmen ausschied, verließ der „Director Expansion & Construction“ das Start-up nach etwa einem halben Jahr. Nach weniger als neun Monaten nach Abschluss der Crowd­ investing-Kampagne nannte auch der Gründer in seinen Profilen in sozialen Netz-

62 Nezik, Sauercrowd, Der Spiegel 34/2016, S. 64, 65; Koch, Protonet, Was wurde aus Protonet? brandeins, https://www.brandeins.de/themen/rubriken/was-wurde-aus/protonet. Siehe dazu auch den Tatbestand des Urteils des LG Hamburg vom 14. 12. 2017, Az. 309 O 116/16. 63 Hüfner, Protonet in Erklärungsnot: Neue Y-Combinator-Förderung provoziert Aufstand der Crowdinvestoren, t3n vom 28. 04. 2016, https://t3n.de/news/protonet-seedmatch-697960/4/. 64 Hüfner, Protonet in Erklärungsnot: Neue Y-Combinator-Förderung provoziert Aufstand der Crowdinvestoren, t3n vom 28. 04. 2016, https://t3n.de/news/protonet-seedmatch-697960/4/. 65 Vgl. hierzu Manager Magazin, Artikel vom 25. 05. 2016, Crowdfunding-Investoren auf der Suche nach ihrem Geld, Ex-Pixelpark-Chef Paulus Neef scheitert mit Yoga-Kette, https:// www.manager-magazin.de/unternehmen/artikel/paulus-neef-ex-pixelpark-chef-scheitert-mityoga-kette-a-1094472.html. 66  Manager Magazin, Artikel vom 25. 05. 2016, Crowdfunding-Investoren auf der Suche nach ihrem Geld, Ex-Pixelpark-Chef Paulus Neef scheitert mit Yoga-Kette, https://www. manager-magazin.de/unternehmen/artikel/paulus-neef-ex-pixelpark-chef-scheitert-mit-yogakette-a-1094472.html; Nezik, Sauercrowd, Der Spiegel 34/2016, S. 64–66.

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§ 6 Agenturprobleme im Rahmen von Crowd­investing-Finanzierungen

werken Unyte Yoga nur noch als eine „frühere Berufsstation“. Die Crowd­investoren hatten zu diesem Zeitpunkt noch keinerlei Informationen über das Scheitern des Start-ups, sondern hofften noch darauf, dass sich die Yogastudio-Kette zum neuen Facebook entwickeln würde. Wofür das Geld der Kleinanleger verwendet wurde, blieb unklar. Im Rahmen der Finanzierung war die Idee der Yogastudio-Kette entsprechend den Vorstellungen des Gründers mit 6 Millionen Euro bewertet worden. Die Bewertung war zuvor weder seitens der Crowd­investing-Plattform plausibilisiert worden, noch stand diese für die Crowd­investoren zur Verhandlung.67

II. Opportunismusrisiken der Crowd­investoren Crowd­investoren als Prinzipale sind mit zahlreichen Unsicherheiten im Hinblick auf das Verhalten der Unternehmensgründer als Agenten konfrontiert. Die Verhaltensunsicherheiten resultieren insbesondere aus dem Auseinanderfallen der beiderseitigen Interessen sowie den Informationsdefiziten der Crowd­investoren.68 Crowd­investoren müssen damit rechnen, dass Gründer ihre Verhaltensspielräume und Informationsvorteile opportunistisch zur Verfolgung eigener (monetärer oder nichtmonetärer) Interessen ausnutzen. Da das Verhalten der Gründer die Unternehmensentwicklung und die Rendite der Crowd­investoren unmittelbar beeinflusst, besteht für die Crowd­investoren das Risiko, dass ihre Rendite(-chancen) durch oppor­tunistisches Handeln verringert werden. Sowohl vor Abschluss der Crowd­investing-Finanzierung als auch während der Vertragslaufzeit bestehen zahlreiche Situationen und Problemfelder, in denen Gründer einen Anreiz zu opportunistischem Handeln und zur Ausnutzung beste­ hender Handlungsspielräume zu ihrem Vorteil haben sowie Entscheidungen zu Lasten der Crowd­investoren treffen können. Im Folgenden werden ausgewählte Opportunismusrisiken unter Zuordnung zu verschiedenen Problemfeldern dargestellt und weiter ausdifferenziert.69 1. Vorvertragliche Informationsdefizite Während der Crowd­investing-Kampagne und vor Abschluss des Crowd­investingVertrages sehen sich die Crowd­investoren nicht nur mit exogenen Unsicherheitsfaktoren – etwa im Hinblick auf die technische Realisierbarkeit, den Markt und die Konkurrenzsituation70 – sondern zudem mit ausgeprägten Informationsvorsprün-

67

Siehe auch Nezik, Sauercrowd, Der Spiegel 34/2016, S. 64, 66. Vgl. § 6 A. oben. 69 Die Darstellung kann indes keinen erschöpfenden Überblick über sämtliche denkbaren Opportunismusrisiken und Problemfelder geben. 70 Siehe § 6 A. I. oben. 68

B. Anreiz- und Regelungsprobleme 

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gen der Gründer konfrontiert.71 Sowohl hinsichtlich der Geschäftsidee als auch des Gründerteams haben die Investoren erhebliche Informationsdefizite. a) Ex ante-Informationsdefizite der Crowd­investoren hinsichtlich Geschäftsidee und Gründerteam Vor ihrer Investitionsentscheidung sehen sich Investoren grundsätzlich mit einem massiven Informationsdefizit konfrontiert.72 Crowd­investoren stehen vor der Schwierigkeit, dass sie kaum über objektiv überprüfbare Informationen über das entsprechende Projekt und das mit ihm verbundene Risiko verfügen (hidden characteristics), auf deren Grundlage sie eine hinreichend fundierte Investitionsentscheidung treffen können.73 Während die Unternehmensgründer über detail­ lierte Informationen über ihr Konzept und die (technische) Realisierbarkeit ihrer Geschäftsidee bzw. ihres Produkts verfügen,74 sind die Informationen der Crowd­ investoren überwiegend auf die im Rahmen der Crowd­investing-Kampagne zur Verfügung gestellten Informationen beschränkt.75 Zwar werden den Investoren über die Crowd­investing-Plattform Informationen zum Projekt und dessen Entwicklungsstand zur Verfügung gestellt. Regelmäßig erhalten die Investoren auch Einblicke in Business Pläne und Prognosen über die erwartete Geschäftsentwicklung. Ferner wird das Gründerteam vorgestellt. Häufig präsentieren sich die zu finanzierenden Start-ups in kurzen Videofilmen. Allerdings sind die Crowd­ investoren auf die seitens der Gründer zur Verfügung gestellten Informationen angewiesen. In der Regel existieren zudem keine historischen Daten in Bezug auf das Unternehmen, die etwaigen Prognosen zugrunde gelegt werden könnten. Auch im Hinblick auf die Qualifikation und die charakterlichen Eigenschaften der Gründer, können Investoren in der Regel nicht auf Erfahrungswerte zurückgreifen, da Gründer häufig keine Managementerfahrung haben und oft zum ersten Mal unternehmerisch tätig werden. Dieses strukturelle Informationsdefizit der Crowd­investoren wird durch das Risiko verstärkt, dass Gründer den Investoren unvollständige, zu optimistische 71

Siehe § 6 A. II. oben. Siehe dazu auch die Ergebnisse der qualitativen Studie von Kleinert / Volkmann, 21 Ven­ ture Capital 327, 336 ff. (2019) (vgl. Fn. 82 unten). 73 Vgl. dazu auch Kuntz, Gestaltung von Kapitalgesellschaften, 2016, S. 50. Die qualitative Analyse von Diskussionsbeiträgen von Investoren in Diskussionsforen der britischen Plattform Crowdcube von Kleinert / Volkmann, 21 Venture Capital 327, 336 ff. (2019) zeigt, dass Crowdinvestoren im Wesentlichen Inkonsistenzen und fehlende Informationen seitens der Gründer beklagen. Ein Großteil der Diskussionsbeiträge bemängelt fehlende Informationen, die für die Investitionsentscheidung maßgeblich sind (u. a. hinsichtlich der Markt- und Wettbewerbssituation, Finanzkennzahlen des Unternehmens und hinsichtlich des Renditepotentials des Investments). 74 Vgl. etwa Antonczyk, Venture-Capital-Verträge, 2006, S. 88. 75 Siehe dazu ausführlich § 3 C. I. oben. 72

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§ 6 Agenturprobleme im Rahmen von Crowd­investing-Finanzierungen

oder falsche Informationen zur Verfügung stellen. Vor Abschluss der Crowd­ investing-Kampagne liegt das zentrale Interesse der Gründer darin, genügend Crowd­investoren von ihrer Idee zu überzeugen und so die Fundingschwelle zu erreichen und möglichst viel Kapital einzuwerben. Die Gründer haben einen starken Anreiz, nicht nur ihre Geschäftsidee und ihr Produkt, sondern auch sich selbst als Gründerteam in einem sehr günstigen Licht darzustellen und für Investoren nachteilige Informationen zurückzuhalten.76 Das Beispiel von Vibewrite77 zeigt, wie im Rahmen der Präsentation der Crowd­investing-Kampagne ein fertig entwickeltes, technisch funktionsfähiges und nahezu marktreifes Produkt suggeriert wurde, um die Crowd­investoren dazu zu bewegen, in das Start-up zu investieren. Tatsächlich gab es zu diesem Zeitpunkt offenbar lediglich einen noch nicht funktionsfähigen Prototypen, der noch weit von der Marktreife entfernt war. Das Risiko, dass sich Gründer opportunistisch verhalten, wird darüber hinaus durch systematische Urteilsverzerrungen und Verhaltensanomalien im menschlichen Verhalten verstärkt:78 Empirische Studien und Experimente der Urteilspsychologie sowie der Verhaltensökonomik zeigen, dass Menschen dazu neigen, bei ihren Urteilen zu selbstbewusst zu sein und ihre eigenen Fähigkeiten sowie ihr eigenes Wissen systematisch zu überschätzen (overconfidence oder übersteigerte Urteilssicherheit).79 Damit einher geht der Hang von Individuen, übermäßig optimistisch zu sein (overoptimism oder übermäßiger Optimismus).80 Gleichzeitig gehen Menschen davon aus, selbst von negativen Ereignissen seltener betroffen zu sein als andere.81 Overconfidence und overoptimism führen also regelmäßig dazu, 76 Vgl. generell im Hinblick auf Venture Capital-Finanzierungen, Bigus, ZBB 2003, 435, 439; Antonczyk, Venture-Capital-Verträge, 2006, S. 89; Hartmann-Wendels, Zeitschrift für Betriebswirtschaftliche Forschung 1987, 16, 19. 77 Siehe § 6 B. I. 2.  oben. 78 Vgl. auch Bigus, ZBB 2003, 435, 439. 79 Siehe die eingängliche Zusammenfassung des Forschungsstandes bei Klöhn, Kapitalmarkt, Spekulation und Behavioral Finance, 2006, S. 116 f.; siehe ferner Thaler, 14 J. Econ. Persp. 133, 133 (2000); Langevoort, 146 U Pa. L. Rev. 101, 139 ff. (1997). Grundlegend Fischhoff / Slovic / Lichtenstein, 3 J. Exper. Psychol. 552–564 (1977). Für experimentelle Studien vgl. etwa Svenson, 47 Acta Psychologica 143–148 (1981); Camerer / L ovallo, 89 Am. Econ. Rev. 306–318 (1999); Malmendier / Tate, 60 J Fin. 2661–2700 (2005) (zu overconfidence von Managern). In dem Experiment von Svenson, 47 Acta Psychologica 143, 146 (1981) glaubten etwa 88 % (bzw. 93 %) der befragten amerikanischen und 77 % (bzw. 69 %) der befragten schwedischen Studenten, sicherere (bzw. bessere) Autofahrer zu sein als der durchschnittliche Autofahrer. 80 Klöhn, Kapitalmarkt, Spekulation und Behavioral Finance, 2006, S. 116; Sunstein, 122 Yale L. J. 1826, 1848 ff. (2013); Thaler, 14 J. Econ. Persp. 133, 133 (2000); Langevoort, 146 U Pa. L. Rev. 101, 139 ff. (1997). Nach einer Studie von Cooper / Dunkelberg / Woo, 3 J. Bus. Ventur. 97–108 (1988), glaubten 81 % der Befragten Unternehmensgründer, dass ihr Unternehmen mit einer Wahrscheinlichkeit von mindestens 70 % auch noch in fünf Jahren existieren würde, während die tatsächliche Überlebensrate für einen 5-Jahres-Zeitraum zwischen 29 % und 50 % lag. Siehe ferner die experimentelle Studie von Irwin, 21 J. Personality 329–335 (1953). 81 Vgl. Klöhn, Kapitalmarkt, Spekulation und Behavioral Finance, 2006, S. 116; Sunstein, 122 Yale L. J. 1826, 1849 (2013).

B. Anreiz- und Regelungsprobleme 

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dass Gründer bereits im Ausgangspunkt dazu neigen, die Erfolgschancen ihrer Geschäftsidee positiver einzuschätzen als diese tatsächlich sind. Angesichts der vorgenannten Faktoren müssen Crowd­investoren grundsätzlich davon ausgehen, dass die von den Gründern zur Verfügung gestellten Informationen nicht vollständig und nicht wahrheitsgemäß sind, sondern die Erfolgs­ aussichten des Start-ups deutlich positiver dargestellt werden.82 Da Kapitalgeber mit opportunistischem Verhalten rechnen müssen, ist es umgekehrt für die Gründer schwierig, diese „Vermutung“ der Kapitalgeber zu widerlegen und glaubhafte und überprüfbare Informationen zur Qualität ihrer Idee und ihren Fähigkeiten zur Verfügung zu stellen.83 Gelingt es den Investoren nicht, zwischen guten und schlechten Gründern und Start-ups zu unterscheiden, besteht – über die für die individuellen Beziehungen zwischen Investoren und Gründern hinaus – die Gefahr einer Negativauslese (adverse selection) und letztlich eines Versagens des Crowd­investing-Marktes.84

82

Diese Annahme wird auch durch die qualitative Studie von Kleinert / Volkmann, 21 Venture Capital 327, 337 ff. (2019), bestätigt, die zeigt, dass Crowdinvestoren in Diskussionsbeiträgen nicht nur unzureichende Informationen im Hinblick auf die Unternehmensbewertung und zugrunde gelegte Faktoren, das Marktumfeld und die Marktposition des kapitalsuchenden Unternehmens, Finanzkennzahlen und Renditepotential beklagen, sondern auch Befürchtungen äußern, dass negative Informationen bewusst zurückgehalten werden. Außerdem drücken Investoren Bedenken aus, dass Finanzkennzahlen und Prognosen zu optimistisch dargestellt werden, um Investoren zu Investments zu bewegen. 83 Kuntz, Gestaltung von Kapitalgesellschaften, 2016, S. 50. 84 Siehe zum Adverse Selection-Problem bereits § 2 A. V. 3. a) oben. Vgl. für den Bereich der Venture Capital-Finanzierung Cumming, 20 J. Bus. Ventur. 573, 583 (2005); Cumming / Johan, Venture Capital, 2nd ed., 2014, S. 48 ff. Können Crowdinvestoren nicht zwischen „guten“ und „schlechten“ Gründern und Start-ups unterscheiden, führt dies dazu, dass sie nicht bereit sind, den Preis für die Beteiligung an einem „guten“ Start-up zu bezahlen, sondern nur zur Gewährung von Durchschnittskondition bereit sind. Dies führt zu einer Negativauslese in dem Sinne, dass besonders erfolgsversprechende Start-ups Finanzierungen mittels Crowdinvesting meiden und auf andere Kapitalquellen ausweichen. Lediglich Start-ups mit unterdurchschnittlichen Ertragsaussichten fragen noch Kapital auf dem Crowdinvesting-Markt nach. Als Konsequenz passen die Kapitalgeber ihre Erwartungen an; der durchschnittliche Preis, den Investoren für eine Beteiligung zu zahlen bereit sind, sinkt weiter. Am Ende sind nur noch „schlechte“ Start-ups auf dem Crowdinvesting-Markt anzutreffen. Dies führt dazu, dass die Investoren ihr Vertrauen in den Crowdinvesting-Markt verlieren und kein Kapital mittels Crowdinvesting mehr zur Verfügung gestellt wird. Vgl. dazu auch Klöhn / Hornuf, ZBB 2012, 237, 258 f.; Kortleben / Vollmar, Crowdinvesting – eine Alternative in der Gründungsfinanzierung, PFH Forschungspapiere / Research Papers No. 2012/06, 22; siehe ferner zur Gefahr des Marktversagens infolge von Informationsasymmetrien im Bereich des Crowdinvesting etwa Ahlers / Cumming / Günther / Schweizer, 39 ET&P 955, 958 (2015); Agrawal / Catalini / Goldfarb, 14 Innov. Policy Econ. 63, 78 f. (2014). Grundlegend zum Akerlof’schen Lemon-Problem Akerlof, 84 Q. J. Econ. 488 (1970).

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§ 6 Agenturprobleme im Rahmen von Crowd­investing-Finanzierungen

b) Unternehmensbewertung Unmittelbar auf den Erfolgsaussichten der Geschäftsidee basiert die Bewertung des zu finanzierenden Unternehmens.85 Die Unternehmensbewertung ist entscheidend für die Berechnung der Investmentquote86 der Crowd­investoren und bestimmt damit den Anteil an den Vermögensrechten, die die Crowd­investoren im Rahmen der Finanzierung erwerben. Die Unternehmensbewertung bestimmt somit den Preis, den Crowd­investoren für den von ihnen zu erwerbenden Anteil an den zukünftigen Cashflows des Unternehmens bezahlen, und damit letztlich ihre Rendite.87 Allerdings findet zwischen Investoren und Gründern regelmäßig keine Preisverhandlung statt. Die Unternehmensbewertung wird vielmehr einseitig von dem kapitalsuchenden Start-up bestimmt oder zwischen Start-up und Crowd­investing-Plattform vereinbart.88 Die Crowd­investoren erhalten üblicherweise keine Auskunft darüber, wie die Bewertung zustande kam und auf welchen Annahmen sie basiert. Ob die Bewertung gerechtfertigt ist, lässt sich für Crowd­ investoren daher nur sehr schwer überprüfen oder plausibilisieren.89 Crowd­investoren müssen damit rechnen, dass Start-ups systematisch zu hoch bewertet sind und sie deshalb einen zu hohen Preis für ihre Beteiligung bezahlen.90 Die Interessen von Gründern und Crowd­investoren liegen im Hinblick auf die Bewertung des zu finanzierenden Unternehmens diametral zueinander:91 Die 85

Zur Schwierigkeit der Bewertung von Start-up-Unternehmen siehe bereits § 2 B. II. 2. b) oben. 86 Die Investmentquote wird regelmäßig wie folgt berechnet: Investmentquote = Investitionsbetrag / (Pre-Money-Bewertung + Volumen der Finanzierungsrunde). Siehe dazu § 8 D. unten. 87 Ebenso Kleinert / Volkmann, 21 Venture Capital 327, 337 (2019). 88 Siehe dazu § 3 C. II. oben. Zur Überbewertung von Unicorns, d. h. Unternehmen mit einer Marktbewertung von mehr als einer Milliarde US-Dollar, siehe auch Gornall / Strebulaev, 135 J. Fin. Econ. 120–143 (2020), die zu dem Ergebnis kommen, dass von 135 US-amerikanischen Unicorns 14 um mehr als 100 % überwertet sind, während die durchschnittliche Überbewertung bei 48 % liegt. Nach einer entsprechenden Wertanpassung würde knapp die Hälfte der Unternehmen ihre Einordnung als Unicorn verlieren. 89 Im Fall von Unyte Yoga wurde die „Idee“ einer Fitnessstudio-Kette offenbar relativ willkürlich durch den Gründer mit 6 Millionen Euro bewertet, ohne dass die Bewertung für die Investoren nachvollziehbar war. Das Beispiel Protonet zeigt, dass ein Unternehmen, für das bei der ersten Crowdfinanzierung ein Unternehmenswert von 2 Millionen Euro und bei der zweiten Crowdinvesting-Runde ein Wert von 11,9 Millionen Euro angenommen wurde, in der folgenden Finanzierungsrunde von einem professionellen Investor offenbar nur noch mit rund 1,5 Millionen Euro bewertet wurde. 90 In der von Kleinert / Volkmann, 21 Venture Capital 327, 337 (2019) untersuchten Stichprobe der Diskussionsbeiträge von Investoren in Diskussionsforen der britischen Plattform Crowdcube war die Bewertung des zu finanzierenden Unternehmens das mit Abstand meistdiskutierte Thema. Die Investoren brachten in den Beiträgen vor allem ihre Bedenken im Hinblick auf zu hohe und nicht gerechtfertigte Unternehmensbewertungen und geschönte Finanzkennzahlen zum Ausdruck. Vgl. Antonczyk, Venture-Capital-Verträge, 2006, S. 89 für die parallele Problemlage im Bereich der Venture Capital-Finanzierung. 91 Siehe auch Weitnauer, NZG 2001, 1065, 1066.

B. Anreiz- und Regelungsprobleme 

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Gründer haben naturgemäß ein Interesse an einer möglichst hohen Bewertung. Je höher die Bewertung, desto höher ist der Preis, den die Crowd­investoren für ihren Anspruch auf Anteile an zukünftigen Cashflows bezahlen. Für die Investoren ist hingegen eine geringe Bewertung und ein geringer Preis ihres Investments und damit höhere Renditechancen vorteilhafter. Neben den strukturellen Informationsdefiziten der Investoren verstärken auch hier die Urteilsverzerrungen der Gründer, overconfidence und overoptimism, das Risiko einer Überbewertung des zu finanzierenden Unternehmens.92 2. Zu geringe Anstrengung und Arbeitseinsatz der Gründer Jedenfalls in den ersten Lebensphasen des Unternehmens leiten die Gründer die Geschäfte des Unternehmens. Sie sind verantwortlich für die Umsetzung der im Rahmen der Crowd­investing-Kampagne beworbenen Geschäftsidee und müssen ein marktfähiges Produkt oder eine marktfähige Dienstleistung entwickeln, diese vermarkten und ein konkurrenzfähiges Unternehmen aufbauen. Aus Sicht der Crowd­investoren als Kapitalgeber besteht das Risiko, dass sich Gründer nach erfolgter Finanzierung nicht ausreichend anstrengen, um eine bestmögliche Ent­ wicklung des Unternehmens zu erreichen, und nicht ihre gesamte Arbeitskraft für die Entwicklung des finanzierten Unternehmens einsetzen. a) Zu geringe Anstrengung der Gründer (reduced effort) Nach Abschluss des Finanzierungsvertrages besteht für Crowd­investoren das Risiko, dass Gründer ihren Arbeitseinsatz reduzieren und sich nicht ausreichend im Sinne der Crowd­investoren anstrengen (reduced effort, shirking), während der Erfolg des Projekts und der Wert des Start-ups jedoch entscheidend vom Maß der Anstrengungen der Gründer abhängen.93 Eine Studie zu den Präferenzen von Managern amerikanischer Unternehmen kam etwa zu dem Ergebnis, dass Manager ein „ruhiges Leben“ anstreben, wenn sie keiner Überwachung und keinem Leistungsdruck ausgesetzt sind.94 Die Gründe für mangelnde Anstrengungen der Gründer eines Start-up-Unternehmens können vielfältig sein. Sie können in der Vermeidung von „Arbeitsleid“ oder in anderen 92

Siehe dazu bereits § 6 B. II. 1. a) oben. Vgl. generell für Finanzierungsbeziehungen im Bereich der Unternehmens- bzw. Venture Capital-Finanzierung Brealey / Myers / Allen, Principles of Corporate Finance, 11th ed., 2014, S. 296; Cumming / Johan, Venture Capital, 2nd ed., 2014, S. 46 f.; Kuntz, Gestaltung von Kapitalgesellschaften, 2016, S. 48; Weimerskirch, Finanzierungsdesign, 2. Aufl., 1999, S. 25. 94 Bertrand / Mullainathan, 111 J. Political Econ. 1043–1075 (2003). Entscheidender Ausgangspunkt der Studie war, dass die Manager keine oder allenfalls eine geringe Eigenkapitalbeteiligung an dem von ihnen geführten Unternehmen, und damit wenig Anreiz für maximales Engagement hatten. 93

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§ 6 Agenturprobleme im Rahmen von Crowd­investing-Finanzierungen

konkurrierenden Interessen begründet liegen. Entwickelt sich das Unternehmen nicht wie von den Gründern gewünscht und sind beispielsweise eigene Einnahmen oder der erwartete Erfolg nicht absehbar, kann sich auch dies demotivierend auf die Gründer auswirken und sie zu einer Verringerung ihrer Anstrengungen veranlassen.95 Für die Crowd­investoren wird das Risiko einer zu geringen Anstrengung seitens der Gründer dadurch verstärkt, dass es ihnen de facto unmöglich ist, zu beobachten, mit welchem Maß an Anstrengung die Unternehmensgründer agieren. Angesichts zahlreicher exogener Risiken können Investoren aus dem Erfolg oder Misserfolg des Start-ups nicht auf die Performance und den Einsatz der Gründer schließen.96 Selbst soweit eine Beobachtung der konkreten Tätigkeit möglich wäre, ist es – von krassen Fällen abgesehen – weder überprüfbar noch justiziabel, welches Verhalten der maximalen oder jedenfalls einer ausreichenden Anstrengung im Sinne der Investoren entspricht.97 b) Zu geringer zeitlicher Arbeitseinsatz der Gründer Eng verbunden mit dem Risiko einer zu geringen Anstrengung ist das Risiko, dass Gründer einen zu geringen zeitlichen Arbeitseinsatz für das finanzierte Unternehmen erbringen und ihre Zeit – entgegen den Erwartungen der Kapitalgeber – für andere Tätigkeiten und Projekte einsetzen. So können Gründer etwa noch weiteren Haupt- oder Nebenjobs nachgehen, gleichzeitig mehrere Geschäftsideen verfolgen oder zeitintensive Ehrenämter oder Hobbies haben, die die Zeit, die ihnen für das finanzierte Unternehmen zur Verfügung steht, reduzieren. 3. Missbräuchlicher Einsatz von Unternehmensressourcen Ein weiteres Risiko für Investoren besteht darin, dass Gründer Unternehmensressourcen missbräuchlich verwenden. Liegt die Unternehmensführung bei den Gründern, entscheiden diese auch über den Einsatz des bereitgestellten Kapitals sowie sämtlicher weiterer Ressourcen des Unternehmens. Dabei verfügen die Gründer regelmäßig über sehr weite Ermessensspielräume und können Ressourcen nicht nur zur Steigerung des Unternehmenswertes, sondern auch zur Steigerung ihres privaten Nutzens einsetzen. Der missbräuchliche Einsatz von Unternehmensmitteln wird dabei durch bestehende Fehlanreize gefördert: Werden Unternehmensmittel für private Zwecke eingesetzt, internalisieren Gründer den jeweiligen Nutzen solcher Handlungen vollständig, während die Kosten (auch) von den

95

Kuntz, Gestaltung von Kapitalgesellschaften, 2016, S. 48. Siehe dazu bereits § 2 A. V. 2. b) bb) oben. 97 Ebenso Cumming / Johan, Venture Capital, 2nd ed., 2014, S. 47. 96

B. Anreiz- und Regelungsprobleme 

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Inves­toren zu tragen sind.98 Bei wirtschaftlicher Betrachtung führt dies dazu, dass Crowd­investoren Vermögenwerte entzogen werden. Denn die zukünftigen Cashflows und damit der Unternehmenswert werden folglich geringer sein als dies bei ordnungsgemäßem Einsatz der Mittel der Fall wäre.99 a) Missbrauch von Unternehmensmitteln für private Zwecke Anstatt Mittel zur Entwicklung des Unternehmens und zur Maximierung des Unternehmenswertes einzusetzen, können Gründer Unternehmensressourcen unmittelbar für eigene, private Zwecke verwenden und so ihren privaten Nutzen unmittelbar steigern.100 Gründer können dafür einerseits unmittelbar auf Mittel des Unternehmens zugreifen. Verfügen die Gründer über Mehrheiten in der Gesellschafterversammlung, können sie etwa Vermögensausschüttungen in Form von Dividendenzahlungen an sich selbst veranlassen. Darüber hinaus sind auch unmittelbare Vermögensverschiebungen durch unmittelbaren Zugriff auf das Unternehmenskonto denkbar. Weiterhin haben Unternehmensgründer einen Anreiz, sich selbst überhöhte Vergütungen und Bonusse zu bezahlen. Ihren privaten Nutzen können Unternehmensgründer jedoch auch durch privaten Konsum steigern (on the job consumption, perquisite consumption, perks).101 Die Möglichkeiten sind vielfältig und reichen von direkten Vorteilen aus der Nutzung eines Dienstwagens für private Zwecke, regelmäßigen Bewirtungen auf Kosten des Unternehmens bis hin zu indirekten Vorteilen wie etwa einer luxuriösen Büroausstattung und anderen Annehmlichkeiten.102 98

Vgl. Antonczyk, Venture-Capital-Verträge, 2006, S. 92. Vgl. für Venture Capital-Finanzierungen Kuntz, Gestaltung von Kapitalgesellschaften, 2016, S. 57. 100 Vgl. generell etwa Brealey / Myers / Allen, Principles of Corporate Finance, 11th ed., 2014, S. 296; Reißig-Thust, Venture-Capital-Gesellschaften, 2003, S. 66; Weimerskirch, Finanzierungsdesign, 2. Aufl., 1999, S. 25; grundlegend: Jensen / Meckling, 3 J. Fin. Econ. 305–360 (1976). 101 Grundlegend dazu Jensen / Meckling, 3 J. Fin. Econ. 305–360 (1976); Jensen, 76(2) Am. Econ. Rev. 323–329 (1986). Vgl. ferner etwa Rajan / Wulf, 79 J. Fin. Econ. 1, 2 ff. (2006); vgl. auch Barney / Busenitz / Fiet / Moesel, 20 Manag. Finance 19, 20 (1994). 102 Vgl. etwa Cable / Shane, 22 Acad. Manag. Rev. 142, 150 (1997), „lavish company cars and meals that entrepreneurs perceive as deserved may be viewed as frivolous expenditures by venture capitalists“; ferner Hart, 39 J. Econ. Lit. 1079, 1081 (2001), der perks definiert als nichtmonetäre Leistungen wie beispielsweise „fancy offices, private jets, the easy life, etc. These benefits are attractive to management but are of no interest to shareholders – in fact they reduce firm value. Moreover, it is reasonable to assume that they are inefficient in the sense that one dollar of perks reduces firm value by more than a dollar.“ Dem liegt also die grundlegende Annahme zugrunde, dass die Kosten von perks den mit diesen erzielten Nutzen im Sinne einer Produktivitätssteigerung übersteigen. Siehe aber auch die Studie von Rajan / Wulf, 79 J. Fin. Econ. 1–33 (2006), die zu dem Ergebnis kommt, dass nicht alle privaten Vergünstigungen von Managern zwingend Ausdruck von Agenturproblemen sind, sondern dass diese durchaus als Mittel zur Produktivitätssteigerung eingesetzt werden können. 99

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§ 6 Agenturprobleme im Rahmen von Crowd­investing-Finanzierungen

Die Vorwürfe im Fall Skully103 zeigen ein breites Spektrum an Möglichkeiten, wie Finanzmittel des Unternehmens missbräuchlich verwendet werden können. Ein weiteres Missbrauchsrisiko besteht im Zusammenhang mit Verträgen, die das finanzierte Unternehmen mit den Gründern oder diesen nahestehenden Dritten abschließt (Related Party Transactions).104 Gründer können dem Unternehmen Ressourcen entziehen, indem sie Verträge schließen, für die es bereits keine sachliche Notwendigkeit gibt oder indem sie überhöhte Gegenleistungen vereinbaren. Denkbar sind auch Transaktionen mit nahestehenden Dritten zu für diese besonders günstigen Bedingungen, die einem Fremdvergleich nicht standhalten (Arm’s-Length-Grundsatz). b) „Fehlgebrauch“ von Unternehmensressourcen Für Crowd­investoren als Kapitalgeber besteht des Weiteren das Risiko, dass Gründer sowohl finanzielle als auch nicht-finanzielle Unternehmensressourcen und Produktionsfaktoren zu Zwecken einsetzen, die zwar im Grundsatz vom Unternehmensgegenstand und dem Finanzierungszweck gedeckt sind, gleichwohl aber nicht der Maximierung des Unternehmenswertes dienen und damit den eigenen Interessen der Gründer mehr nutzen als den Interessen der Kapitalgeber.105 Unternehmensgründer können etwa ihr eigenes Arbeitsleid reduzieren, indem sie ihre verfügbare Arbeitszeit auf Tätigkeiten richten, die weniger Arbeitsleid verursachen, ihnen also mehr „Spaß machen“ anstatt auf Tätigkeiten, die aus unternehmerischer Sicht erforderlich sind. Wissenschaftlich interessierte Gründer können etwa forschungsnahe Tätigkeiten ausüben, die für den Unternehmenserfolg nicht unmittelbar erforderlich sind, anstatt sich notwendigen kaufmännischen Aufgaben zu widmen.106 Zur Verfolgung eigener wissenschaftlicher Interessen können sie Unternehmensressourcen in größerem Maße für Forschung- und Entwicklung einsetzen als dies zur Maximierung des Unternehmenswertes erforderlich wäre und etwa mit der Teilnahme an Konferenzen am Aufbau ihrer eigenen persönlichen Reputation arbeiten.107 Unternehmensressourcen können auch in einem über ein angemessenes, zur Erreichung des Unternehmenszwecks erforderliches Maß hinausgehenden Umfang zur „Motivation“ von Mitarbeitern verwendet werden, etwa durch regelmäßige Bewirtung der Mitarbeiter oder die Veranstaltung von Mitarbeiterpartys.108 103

Siehe § 6 B. I. 1.  oben. Vgl. dazu auch Franke / Hax, Finanzwirtschaft des Unternehmens, 6. Aufl., 2009, S. 469. 105 Vgl. generell für Venture Capital Cumming, 20 J. Bus. Ventur. 573, 583 (2005); Gompers, 50 J. Fin. 1461, 1464 ff. (1995). 106 Vgl. Antonczyk, Venture-Capital-Verträge, 2006, S. 92. 107 Vgl. Cumming / Johan, Venture Capital, 2nd ed., 2014, S. 55; Gompers, 50 J. Fin. 1461, 1465 (1995); siehe ferner Barney / Busenitz / Fiet / Moesel, 20 Manag. Finance 19, 20 (1994). 108 In diese Richtung auch Cumming / Johan, Venture Capital, 2nd ed., 2014, S. 55. 104

B. Anreiz- und Regelungsprobleme 

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4. Suboptimales Investitionsverhalten Ein weiteres Risiko besteht im Zusammenhang mit Investitionsentscheidungen der Gründer und dem Einsatz von Mitteln für Investitionen des Unternehmens. Für Crowd­investoren nachteilig ist es dabei einerseits, wenn Investitionsprojekte mit positivem Nettobarwert nicht durchgeführt werden (underinvestment), andererseits wenn Investitionen (weiter-)verfolgt werden, obwohl diese einen negativen Nettobarwert aufweisen (overinvestment).109 a) Unterinvestitionsproblem (underinvestment) Unternehmensgründer haben einen Anreiz, Investitionsprojekte nicht durchzuführen, obwohl diese erfolgsversprechend sind und einen positiven Nettobarwert aufweisen, wenn die Steigerung ihres persönlichen Nutzens bei einem anderweitigen Einsatz der Mittel größer ist (beispielsweise durch eine Auszahlung der Mittel als Dividende) als bei einer Investition der Mittel.110 Für das Unternehmen führt dies dazu, dass Chancen auf Wachstum und Wertsteigerung nicht wahrgenommen werden.111 b) Überinvestitionsproblem (overinvestment) Mit dem Begriff overinvestment wird die konträre Gefahr beschrieben, dass Gründer in Projekte investieren, die keine positive Rendite erwarten lassen, oder Projekte, die sich als nicht profitabel herausstellen, nicht rechtzeitig abbrechen.112 Die Gefahr für overinvestment ist besonders groß, wenn das Unternehmen viel freien Cashflow zur Verfügung hat.113 Aber auch im Bereich der Start-up-Finanzierung kann es zu overinvestment kommen. Eine Ausprägung des overinvestments ist das sog. empire building. Dieses beschreibt das Bestreben von Unternehmensführern, unabhängig von der Rentabili 109

Zu Investitionsentscheidungen auf Grundlage des Nettobarwerts siehe Brealey / Myers / Allen, Principles of Corporate Finance, 11th ed., 2014, S. 130 ff. 110 Grundlegend zum Unterinvestitionsproblem bei Fremdkapitalfinanzierungen Myers, 5 J. Fin. Econ. 147 ff. (1977); vgl. ferner Bratton, 7 EBOR 39, 47 f. (2006). 111 Siehe dazu das Beispiel bei Bratton, 7 EBOR 39, 47 f. (2006); Jensen / Meckling, 3 J. Fin. Econ. 305, 337 (Fn. 44) (1976). 112 Vgl. Brealey / Myers / Allen, Principles of Corporate Finance, 11th ed., 2014, S. 296; Kuntz, Gestaltung von Kapitalgesellschaften, 2016, S. 59 f.; Gompers, 50 J. Fin. 1461, 1464 (1995); siehe ferner das Beispiel bei Bratton, 7 EBOR 39, 48 (2006). 113 Nach Jensen, 76(2) Am. Econ. Rev. 323–329 (1986) sind Interessenkonflikte zwischen Gesellschaftern und Anteilseignern dann besonders groß, wenn ein Unternehmen in nennenswertem Umfang „free cash flow“ generiert, also mehr Cash Flow zur Verfügung hat als zur Finanzierung sämtlicher Projekte mit positivem Nettobarwert erforderlich wäre.

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§ 6 Agenturprobleme im Rahmen von Crowd­investing-Finanzierungen

tät möglichst große Organisationen aufzubauen. Der private Nutzen der Gründer wächst mit der Größe des Unternehmens und dem Umfang der Unternehmens­ ressourcen, über die diese verfügen können.114 Ein weiterer Anreiz im Zusammenhang mit dem Investitionsverhalten der Gründer, ist der Anreiz zu sog. entrenching investments. Damit werden Investitionen in Vermögenswerte beschrieben, die für das Unternehmen einen höheren Wert haben, solange der entsprechende Gründer in dem Unternehmen tätig ist.115 Sobald der entsprechende Gründer das Unternehmen verlässt, reduziert sich der Wert der Investition für das Unternehmen. Als Beispiel können etwa speziell an die persönlichen Präferenzen des Gründers angepasste Arbeitsmittel genannt werden. Mit solchen Investitionen können Gründer ihren eigenen Wert für das Unternehmen erhöhen und gleichzeitig die Kosten für ihre Ersetzung verteuern.116 5. Unternehmensstrategie und Risiko Weitere Risiken der Crowd­investoren ergeben sich im Hinblick auf die Unternehmensstrategie der Gründer und Veränderungen des mit der Finanzierung verbundenen Risikos. a) Zielkonflikte hinsichtlich der Unternehmensstrategie Für Crowd­investoren besteht das Risiko, dass die Strategie des finanzierten Unternehmens von ihren Interessen als Kapitalgeber abweicht.117 Divergierende Interessen können dabei insbesondere hinsichtlich der Wachstumsrate, des Zeithorizonts und der Frage, wie die Wertsteigerung des Unternehmens erreicht werden soll, bestehen.118 Crowd­investoren, die eine jährliche Gewinnbeteiligung erhalten, können etwa ein Interesse daran haben, dass das Unternehmen so schnell wie möglich profitabel wird und Gewinne erzielt. Im Widerspruch dazu kann das Ziel eines langsamen und nachhaltigen Unternehmenswachstums der Gründer stehen. Erhalten die Investoren bei Beendigung der Kapitalüberlassung eine Unternehmenswertbeteili 114

Brealey / Myers / Allen, Principles of Corporate Finance, 11th ed., 2014, S. 296; Mark, Venture Capital, 2005, S. 64. Grundlegend dazu Jensen, 76(2) Am. Econ. Rev. 323–329 (1986). Gegen die Präferenz des empire building von Managern sprechen dagegen die Erkenntnisse aus der Studie von Bertrand / Mullainathan, 111 J. Political Econ. 1043–1075 (2003). 115 Brealey / Myers / Allen, Principles of Corporate Finance, 11th ed., 2014, S. 296; Shleifer  / ​ Vishny, 25 J. Fin. Econ. 123–139 (1989). 116 Shleifer / Vishny, 25 J. Fin. Econ. 123 (1989). 117 Zu den Interessen der Crowdinvestoren siehe bereits § 6 A. II. 1. oben. 118 Vgl. hierzu und zum Folgenden Grisebach, Innovationsfinanzierung, 1989, S. 116; Baums  / ​ Möller, in: Hommel / K necht (Hrsg.), Wertorientiertes Start-up-Management, 2002, S. 396, 397; Pfeifer, BB 1999, 1665, 1665 f.

B. Anreiz- und Regelungsprobleme 

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gung, die auf Basis von Umsatz- oder Gewinn-Multiples berechnet wird, haben die Investoren ein elementares Interesse daran, dass das finanzierte Unternehmen möglichst schnell – und insbesondere noch während der Laufzeit der Finanzierung  – entweder einen hohen Gewinn oder hohe Umsätze erwirtschaftet. Sind Crowd­investoren am Erlös eines Exits beteiligt, ist es entscheidend, dass während der Laufzeit der Kapitalüberlassung ein Exit realisiert wird.119 Regelmäßig gehen mit der für die Crowd­investoren vorteilhaften schnelleren Unternehmensentwicklung jedoch auch höhere Risiken als mit einer langsamen Unternehmensentwicklung einher.120 Für die langfristige Unternehmensentwicklung kann ein kurzfristiges explosives Wachstum etwa nachteilig sein, wenn dabei bestimmte Bereiche wie beispielsweise Forschung und Entwicklung oder Qualitätsverbesserungen vernachlässigt werden.121 Angesichts der in der Regel geringen Finanzierungsbeträge122 der einzelnen Investoren, haben Crowd­investoren die Möglichkeit zur Diversifizierung und Risikostreuung. Sie können damit das größere Risiko einer schnellen Unternehmensentwicklung besser tragen als die Unternehmensgründer, die insofern grundsätzlich risikoaverser sein dürften. Im Gegensatz zu den Crowd­investoren sind Unternehmensgründer häufig finanziell in wesentlichem Umfang an dem finanzierten Unternehmen beteiligt. Gegebenenfalls haben sie ihr gesamtes Vermögen in das Unternehmen investiert. Außerdem verfolgen Gründer häufig nicht lediglich das Ziel einer maximalen Wertsteigerung des Unternehmens, sondern haben tendenziell längerfristige Ziele. Gründer können ein Interesse an einer langfristigen Sicherung der Liquidität des Unternehmens haben, etwa um sich regelmäßig eine Vergütung auszahlen zu können und damit ihre Lebensgrundlage zu sichern, sowie um ihre Selbständigkeit und Autonomie aufrechtzuerhalten.123 Vor diesem Hintergrund haben Gründer einen starken Anreiz, die Gefahr existenzbedrohender Fehlschläge zu minimieren, indem sie geringere Risiken eingehen.124 Schließlich kann ein zu schnelles Wachstum auch die Managementkapazitäten der Gründer überfordern, die insoweit häufig relativ unerfahren sind.125 Eine Abgabe der Geschäftsführung an erfahrenere Manager liefe jedoch dem Autonomiestreben der Gründer regelmäßig zuwider. Auch vor diesem Hintergrund können Gründer bestrebt sein, ein zu starkes Wachstum zu vermeiden.126

119

Für Zielkonflikte hinsichtlich Exitentscheidungen siehe § 6 B. II. 7. c) aa) unten. Für das Verhältnis zwischen Unternehmensgründern und Venture Capital-Fonds vgl. Grisebach, Innovationsfinanzierung, 1989, S. 116. 121 Grisebach, Innovationsfinanzierung, 1989, S. 116. 122 Die durchschnittliche Summe, die Crowdinvestoren im Zeitraum von 2011 bis 2016 auf dem deutschen Crowdinvestingmarkt pro Investment investierten, betrug 804 Euro, siehe dazu die Ergebnisse der Marktanalyse unter § 4 B. III. 6. oben. 123 Vgl. § 6 A. II. 2.  oben. 124 Vgl. Grisebach, Innovationsfinanzierung, 1989, S. 115. 125 Grisebach, Innovationsfinanzierung, 1989, S. 116 f. 126 Grisebach, Innovationsfinanzierung, 1989, S. 116 f. 120

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§ 6 Agenturprobleme im Rahmen von Crowd­investing-Finanzierungen

b) Veränderung des Risikos der Investition (risk shifting) Soweit die Gründer allerdings nicht in wesentlichem Umfang mit eigenem Vermögen an ihrem Start-up beteiligt sind und das Ziel, mit dem finanzierten Unternehmen eine unabhängige Lebensgrundlage aufzubauen, eher schwächer ausgeprägt ist, ist auch die Risikoaversion der Gründer weniger ausgeprägt. Insbesondere bei einer reinen Fremdkapitalfinanzierung127 oder absehbarem Scheitern des Start-ups haben Gründer vielmehr den gegenteiligen Anreiz, nämlich in signifikant riskantere Projekte zu investieren als zunächst gegenüber den Kapitalgebern kommuniziert (risk shifting).128 Da die Kapitalgeber bei einer reinen Fremdkapitalfinanzierung an den Erlösen nicht beteiligt werden, fließen die erzielten (Mehr-)Erlöse allein den Gründern zu. Umso riskanter die Geschäfte sind, desto höher sind ihre zu erwartenden Erlöse.129 Das gleichzeitig gesteigerte Risiko eines Scheiterns des Projekts wiegt im Entscheidungskalkül der Gründer hingegen kaum, da die Kosten des Scheiterns und einer Insolvenz des Unternehmens im Wesentlichen von den Kapitalgebern getragen werden.130 Wirtschaftlich betrachtet kommt das risk shifting einer Umverteilung von Vermögenswerten von den Kapitalgebern zu den Gründern gleich:131 Angesichts des höheren Risikos des Unternehmens verliert der Rückzahlungsanspruch der Kapitalgeber an Wert. Umgekehrt hätten die Kapitalgeber bei Kenntnis des höheren Risikos einen höheren Preis, d. h. einen höheren Zinssatz bzw. eine höhere Beteiligungsquote verlangt. Ein Anreiz für Unternehmensgründer, risikoreichere Entscheidungen zu treffen als vor der Finanzierung „vereinbart“, besteht zudem in Situationen, in denen die Erfolglosigkeit oder das Scheitern der Geschäftsidee (für die Gründer) bereits erkennbar ist. Sobald ein Scheitern des Unternehmens nach Einschätzung der Gründer absehbar ist, haben sie nichts mehr zu verlieren. In dieser Situation besteht deshalb ein Anreiz, in besonders riskante Projekte zu investieren, die das Potential einer hohen Rendite (bei geringer Wahrscheinlichkeit) haben und so das Unternehmen doch noch retten könnten (gambling for redemption).132

127 Grundlegend zu den in Abhängigkeit von der Finanzierungsstruktur bestehenden Anreizen siehe bereits § 2 B. I. 3.  oben. 128 Vgl. dazu Green, 13 J. Fin. Econ. 115–136 (1984); Cumming / Johan, Venture Capital, 2nd ed., 2014, S. 55 f.; Weimerskirch, Finanzierungsdesign, 2. Aufl., 1999, S. 25; Myers, 5 J. Fin. Econ. 147 ff. (1977). 129 Grundlegend zum Verhältnis von Risiko und Ertrag Brealey / Myers / Allen, Principles of Corporate Finance, 11th ed., 2014, S. 160 ff. 130 Vgl. auch Cumming / Johan, Venture Capital, 2nd ed., 2014, S. 56; Kuntz, Gestaltung von Kapitalgesellschaften, 2016, S. 59. 131 Cumming / Johan, Venture Capital, 2nd ed., 2014, S. 56; Kuntz, Gestaltung von Kapitalgesellschaften, 2016, S. 59. 132 Vgl. Brealey / Myers / Allen, Principles of Corporate Finance, 11th ed., 2014, S. 297; Gebhardt / Schmidt, Perspektiven der Wirtschaftspolitik 2002, 235, 241.

B. Anreiz- und Regelungsprobleme 

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6. Folgefinanzierungen Im Zusammenhang mit Folgefinanzierungen besteht für Crowd­investoren die Gefahr, dass Gründer mit neuen Kapitalgebern Vereinbarungen treffen, die sich zu Lasten der Crowd­investoren auswirken (trilateral bargaining). Des Weiteren besteht das Risiko einer wirtschaftlichen Verwässerung der Vermögensrechte der Crowd­investoren in sog. down rounds. Außerdem sind Crowd­investoren dem Risiko einer Erpressung seitens der Gründer und der neuen Kapitalgeber im Zusammenhang mit Folgefinanzierungen in besonderem Maße ausgesetzt. In bestimmten Konstellationen können sich Crowd­investoren ferner mit asset stripping der neuen Kapitalgeber konfrontiert sehen. a) Trilateral Bargaining Wenn Gründer mit neuen Kapitalgebern, etwa Venture Capital-Gesellschaften oder anderen Investoren, über Folgefinanzierungen verhandeln, besteht die Gefahr, dass diese Vereinbarungen zu Lasten der Crowd­investoren treffen (trilateral bargaining).133 Diese Gefahr ist naturgemäß deshalb besonders groß, weil die Crowd­investoren nicht an der Kontrolle des Unternehmens beteiligt sind und regelmäßig keinerlei Mitspracherechte haben.134 Absprachen mit neuen Kapitalgebern können einerseits die zukünftige Unternehmensstrategie betreffen und sich dadurch mittelbar auf die Interessen der Crowd­investoren auswirken. Absprachen können aber auch unmittelbar zu einer Aushöhlung oder Vereitelung der Vermögensrechte der Crowd­investoren führen. Verlangt der neue Kapitalgeber etwa wie im Fall Protonet135 die Übertragung des Geschäfts und sämtlicher Vermögenswerte auf eine andere (ausländische) Gesellschaft, kann dies dazu führen, dass die Vermögensrechte der Crowd­investoren massiv entwertet werden. b) Wirtschaftliche Verwässerung bei Down Rounds Grundsätzlich verwässern bei Folgefinanzierungen durch neue Kapitalgeber die Vermögensrechte früherer Investoren.136 Einigen sich die Gründer und der neue Kapitalgeber im Rahmen der Anschlussfinanzierung auf eine geringere Unternehmensbewertung als die frühere Bewertung, die der Berechnung der Investment­ 133

Vgl. dazu im Venture Capital-Kontext Cumming / Johan, Venture Capital, 2nd ed., 2014, S. 53, 325 ff.; Kuntz, Gestaltung von Kapitalgesellschaften, 2016, S. 54 ff.; Berglöf, 10 J. Law Econ. Organ. 247, 249 (1994). Zu kollusivem Zusammenwirken von Unternehmensgründern und Venture Capital-Gebern zum Nachteil von Dritten wie etwa Folgeinvestoren vgl. Dessí, 36 RAND J. Econ. 255, 256 (2005). 134 Vgl. Kuntz, Gestaltung von Kapitalgesellschaften, 2016, S. 55. 135 Siehe § 6 B. I. 4.  oben. 136 Siehe dazu ausführlich § 7 G. I. unten.

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§ 6 Agenturprobleme im Rahmen von Crowd­investing-Finanzierungen

quote der Crowd­investoren zugrunde gelegt wurde,137 führt dies zu einer wirtschaftlichen Verwässerung der Vermögensrechte der Crowd­investoren (dilution).138 Hintergrund einer geringeren Unternehmensbewertung können einerseits tatsächlich verschlechterte Erfolgsaussichten des Unternehmens sein. Andererseits kann eine geringere Bewertung auch Ausdruck der Korrektur einer anfänglichen Überbewertung des Start-ups sein.139 Daneben kann eine geringe Bewertung auch das Ergebnis von trilateral bargaining sein. Am Beispiel des Einstiegs von Y Combinator bei dem Start-up Protonet können die Auswirkungen einer down round verdeutlicht werden: Unter der Annahme, dass der Beteiligung von Y Combinator eine Unternehmensbewertung von rund 1,5 Millionen Euro zugrunde gelegt wurde,140 haben Crowd­investoren ihren Anspruch auf einen Anteil an zukünftigen Cashflows des Unternehmens im Vergleich zu Y Combinator zu einem mehr als dreimal so hohen Preis erworben. Hinzu kommt, dass das Investment der Crowd­investoren zu einem früheren Zeitpunkt erfolgte und daher mit einem deutlich höheren Risiko behaftet war.141 Aus Sicht der Crowd­investoren stellt die down round eine Entwertung ihrer Vermögensrechte dar, da sie gemessen am investierten Kapital nun einen geringeren Anteil am Gesamterlös erhalten als der neue Kapitalgeber.142

137

Siehe dazu § 8, Fn. 306. Siehe dazu § 7 G. I. 2. unten sowie das Beispiel in § 7, Fn. 184. Vgl. ferner Kuntz, Gestaltung von Kapitalgesellschaften, 2016, S. 55 f. 139 Zur Schwierigkeit der Bewertung von Start-up-Unternehmen und der Problematik der Überbewertung siehe bereits § 2 B. II. 2. b) oben sowie § 6 B. II. 1. b) oben. 140 Vgl. dazu § 6 B. I. 4. oben. Ausgangspunkt ist die Annahme, dass Y Combinator für ein Investment von 120.000 US-Dollar (rund 110.000 Euro) eine Beteiligung an Protonet von 7 % erhalten hat. Die Annahme lässt allerdings etwaige nicht-monetären Vorteile, die die Aufnahme in das Programm von Y Combinator mit sich bringt, außer Betracht. 141 Ausgehend von der Formel Investmentquote = Finanzierungsbetrag / (Pre-Money-Unternehmensbewertung + Fundingvolumen) ergäbe dies für die Crowdinvestoren, die Protonet finanzierten, eine Investmentquote von 250 Euro / (2.000.000 Euro + 3. 000.000 Euro) = 0,005 % für ein Investment von 250 Euro. Für eine Beteiligung von 1 % hätten Crowdinvestoren damit 50.000 Euro bezahlen müssen. Legt man die oben genannten Zahlen zugrunde ergäbe sich für Y Combinator ein Preis von 18.200 US-Doller (rund 16.000 Euro) für eine Beteiligung von 1 %. 142 Die Vergleichbarkeit des von Crowdinvestoren und Folgeinvestor gezahlten Preises setzt natürlich eine Vergleichbarkeit der als Gegenleistung erhaltenen Beteiligung am Start-up voraus. Soweit es sich um eine echte Eigenkapitalbeteiligung handelt und der Folgeinvestor insbesondere auch wesentliche Stimmrechte erhalten hat, ist eine Vergleichbarkeit mit der bloßen Beteiligung der Crowdinvestoren am Cashflow nicht gegeben. Da allerdings eine Eigenkapitalbeteiligung mit Stimmrechten höher zu bewerten ist als eine schuldrechtliche Beteiligung an Cashflows, gilt die obige Aussage umso mehr. 138

B. Anreiz- und Regelungsprobleme 

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c) Hold-up Eine ebenfalls auf asymmetrischen Informationen beruhende Verhaltensunsicherheit ist das hold-up-Problem.143 Kennzeichnend für hold-up-Situationen ist, dass eine Partei hohe transaktionsspezifische Investitionen tätigt und dadurch der anderen Partei die Möglichkeit zu opportunistischem Verhalten eröffnet.144 Ausgangspunkt der Überlegung ist eine Partei, die gewisse Vorentscheidungen trifft und irreversible Investitionen tätigt, ohne jedoch zu diesem Zeitpunkt bereits zu wissen wie sich die Gegenpartei nach erfolgter Investition verhalten wird.145 Verhaltensmerkmale der Gegenseite wie etwa Entgegenkommen, Kulanz oder Fair­ness sind dem Investor zunächst unbekannt (hidden intention).146 Die Rentabilität der Investition hängt allerdings in erheblichem Maße vom Verhalten der anderen Seite ab, welches nach erfolgter Disposition für den Investor auch offen zutage tritt.147 Da die Investition irreversibel ist, hat die andere Partei nach erfolgter Investition eine deutlich höhere Verhandlungsmacht und kann daher die andere Partei „erpressen“, die Vertragsbedingungen nachzuverhandeln.148 Im Rahmen von Venture Capital-Finanzierungen hängt der Erfolg des finanzierten Unternehmens regelmäßig von einer oder wenigen Personen (den Gründern) und deren Kenntnissen und Fähigkeiten ab.149 Die Kapitalüberlassung hat damit den Charakter einer spezifischen Investition150 in das Humankapital der Gründer.151 143 Der Begriff hold-up wurde von Goldberg, 7 Bell J. Econ. 426, 439 (1976) geprägt, der darunter das opportunistische Ausnutzen von Vertragslücken verstand. Vgl. dazu auch Spremann, ZfB 1990, 561, 568 f.; ferner Alchian / Woodward, 26 J. Econ. Lit. 65, 67 f. (1988). 144 Vgl. Spremann, ZfB 1990, 561, 568 ff. 145 Spremann, ZfB 1990, 561, 568. 146 Spremann, ZfB 1990, 561, 566, 568. 147 Spremann, ZfB 1990, 561, 568. 148 Cumming / Johan, Venture Capital, 2nd ed., 2014, S. 52. 149 Vgl. dazu Hart / Moore, 109 Q. J. Econ. 841–879 (1994); Neher, 66 Rev. Econ. Stud. 25, 255–274 (1999); Denis, 10 J. Corp. Fin. 301, 315 (2004); ferner Kuntz, Gestaltung von Kapitalgesellschaften, 2016, S. 53. 150 Spezifische Investitionen sind durch die Bindung von Kapital gekennzeichnet, dessen Ertrag von der Fortsetzung der Transaktionsbeziehung abhängt. Unter der Annahme, dass der Investor bei Abbruch der Transaktion leer ausgeht, stellt der gesamte potentielle Ertrag eine Quasirente dar. Als Quasirente wird die Differenz zwischen dem Ertrag einer Investition in der gegenwärtigen Verwendung im Vergleich zur nächstbesten Verwendung verstanden. Die Quasirente unterliegt der Gefahr der opportunistischen Aneignung durch den Trans­a ktionspartner, da der Investor bei einer Drohung mit dem Abbruch der Transaktionsbeziehung diese solange aufrechterhalten wird, wie er einen Mehrertrag im Vergleich zur nächstbesten Verwendung erzielt. Vgl. dazu Peukert, in: Gabler Wirtschaftslexikon, P–S, 19. Aufl., 2019, Stichwort: Quasirente, S. 2859 und Haric, in: Gabler Wirtschaftslexikon, P–S, 19. Aufl., 2019, Stichwort: spezifische Investition. 151 Hart / Moore, 109 Q. J. Econ. 841, 843 (1994) unterscheiden etwa zwischen „ physical assets (the project capital) and human assets (the entrepreneur’s human capital). The former is alienable (that is, control of it can be transferred), while the latter is inalienable (the entre­ preneur’s human capital always resides with him)“. Das Problem, dass Gründer Kapital­gebern ex ante nicht glaubhaft versichern können, nach erfolgter Finanzierung nicht von ihrem Er-

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§ 6 Agenturprobleme im Rahmen von Crowd­investing-Finanzierungen

Das auf wenige Personen konzentrierte Humankapital ist zunächst meist das einzige Asset des Unternehmens. Andere Vermögensgegenstände werden regelmäßig erst im Laufe der Unternehmensentwicklung geschaffen.152 Aus der Human­ kapitalspezifität der Investition folgt die Erpressungsmöglichkeit der Gründer: Sobald der Finanzierungsvertrag unterzeichnet ist, kann der Gründer jederzeit damit drohen, aus dem Unternehmen auszusteigen, wenn sich der Kapitalgeber nicht auf Neu- oder Nachverhandlungen der Beteiligungsbedingungen einlässt.153 Da das Investment angesichts der Humankapitalspezifität dann regelmäßig verloren ist, müssen sich Investoren bei rationalem Handeln auf Nachverhandlungen einlassen.154 Die Existenz von hold-up-Problemen führt typischerweise dazu, dass Verträge nicht zustande kommen und Projekte nicht finanziert werden, sofern das Problem nicht durch entsprechende Gestaltungen überwunden werden kann.155 Im Bereich des Crowd­investing besteht die Gefahr des hold-up vor allem im Zusammenhang mit Folgefinanzierungen wie der Fall von Smarchive illustriert.156 Dort wurde eine Anschlussfinanzierung an die Bedingung geknüpft, dass sämtliche Crowd­investoren einer Änderung der Crowd­investing-Verträge zustimmen oder gegen Zahlung einer Abfindung ihr Investment vollständig beenden. Die Crowd­investoren standen vor der Wahl, entweder dem „Nachverhandlungsangebot“ zuzustimmen oder einen Totalverlust ihres Investments hinzunehmen – bei Ablehnung des „Angebots“ wäre die Folgefinanzierung nicht zustande gekommen und das Start-up liquidiert worden. Bei rationaler Entscheidung hatten die Crowd­ investoren somit keine andere Möglichkeit, als die von den Gründern bzw. seitens des Investors diktierten Bedingungen zu akzeptieren. d) Asset Stripping späterer Kapitalgeber zu Lasten der Crowd­investoren Eine weitere Gefahr für Crowd­investoren im Zusammenhang mit Folgefinanzierungen liegt darin, dass sich neue Kapitalgeber Vermögenswerte des finanzierten Unternehmens aneignen.157 Kennzeichnend für die mittels Crowd­investing finanpressungspotential angesichts der spezifischen Investitionen des Kapitalgebers Gebrauch zu machen und Nachverhandlungen zu verlangen, führt nach Hart / Moore dazu, dass Projekte von vornherein nicht finanziert werden. Ein Lösungsansatz zur Minimierung des hold-upProblems ist das staged financing, vgl. dazu Neher, 66 Rev. Econ. Stud. 25, 255–274 (1999). 152 Vgl. Kuntz, Gestaltung von Kapitalgesellschaften, 2016, S. 53; Neher, 66 Rev. Econ. Stud. 25, 255, 256 (1999). 153 Vgl. dazu Hart / Moore, 109 Q. J. Econ. 841–879 (1994); Neher, 66 Rev. Econ. Stud. 25, 255–274 (1999); Denis, 10 J. Corp. Fin. 301, 315 (2004); Kuntz, Gestaltung von Kapitalgesellschaften, 2016, S. 53. 154 Vgl. dazu Hart / Moore, 109 Q. J. Econ. 841–879 (1994). 155 Hart / Moore, 109 Q. J. Econ. 841–879 (1994). Ein typischer Lösungsansatz ist das Staging, vgl. Neher, 66 Rev. Econ. Stud. 25, 256 (1999), siehe dazu § 7 E. unten. 156 Siehe § 6 B. I. 3.  oben. 157 Vgl. hierzu im VC-Kontext Kuntz, Gestaltung von Kapitalgesellschaften, 2016, S. 57.

B. Anreiz- und Regelungsprobleme 

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zierten Geschäftsideen ist häufig ihre Einzigartigkeit und Innovativität. Damit einher geht aber auch die Schwierigkeit oder Unmöglichkeit, entsprechende unternehmensspezifische Investitionen und Entwicklungen präzise zu bewerten, da es für diese häufig keinen Markt und keinen Marktwert gibt.158 Denkbar ist etwa, dass ein Start-up eine Software entwickelt oder ein Patent angemeldet hat, für die isoliert keine Verwendung bestehen und daher kein Marktpreis zu ermitteln oder nur ein geringer Preis am Markt zu erzielen ist. Erlangt ein neuer Kapitalgeber im Rahmen der Folgefinanzierung Kontrolle über das finanzierte Unternehmen, hat er die Möglichkeit, das Unternehmen zu liquidieren und sich die Vermögensgegenstände – ohne Kompensation der Crowd­investoren – zu verschaffen.159 Für ein Unternehmen könnte die Software oder das Patent, für das zwar kein Markt besteht, dennoch interessant sein, weil sich damit etwa spezifische Synergien im Unternehmen heben lassen. Daneben besteht das Risiko, dass ein neuer Kapital­ geber Beschäftigte mit Sonderwissen abwirbt, um sie in seinem eigenen oder einem anderen Portfoliounternehmen einzusetzen.160 7. Unmittelbare Aushöhlung und Vereitelung der Vermögensrechte der Anleger Des Weiteren besteht für Investoren die Gefahr, dass ihre Vermögensrechte durch opportunistisches Verhalten der Gründer unmittelbar ausgehöhlt oder vereitelt werden. In den nachfolgend beschriebenen Situationen können Gründer unmittelbar Einfluss auf die Verteilung etwaiger Erlöse nehmen und so ihre eigene Rendite steigern, indem sie die Beteiligung der Crowd­investoren schmälern. a) Vereitelung der Gewinnbeteiligung der Crowd­investoren Nach den meisten Finanzierungsverträgen haben die Crowd­investoren einen Anspruch auf Beteiligung am jährlichen Gewinn des finanzierten Unternehmens entsprechend ihrer Investmentquote.161 Die Gründer haben einen Anreiz dafür zu sorgen, dass das Unternehmen zum jeweiligen Jahresende keinen Gewinn erzielt, solange die Finanzierungsbeziehung mit den Crowd­investoren besteht. Zur Vermeidung eines Gewinns können sich die Gründer einen potentiellen Überschuss etwa als Bonus ausschütten. Weitere Möglichkeiten zum Missbrauch von Unter 158 Berglöf, 10 J. Law Econ. Organ. 247, 248 (1994) nennt als Beispiel eine speziell auf die Unternehmensbedürfnisse ausgerichtete Computersoftware. Vgl. auch Kuntz, Gestaltung von Kapitalgesellschaften, 2016, S. 57. 159 Vgl. im VC-Kontext Kuntz, Gestaltung von Kapitalgesellschaften, 2016, S. 57. 160 Vgl. im VC-Kontext Kuntz, Gestaltung von Kapitalgesellschaften, 2016, S. 57. Siehe zu Key Person-Issues ferner § 6 B. II. 8.  unten. 161 Dazu ausführlich im Rahmen der empirischen Analyse der Crowdinvesting-Verträge unter § 8 E. III. unten.

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§ 6 Agenturprobleme im Rahmen von Crowd­investing-Finanzierungen

nehmensressourcen, die sie auch auf die Erwirtschaftung eines Gewinns auswirken, wurden oben162 bereits erörtert. Angesichts der zeitlichen Befristung der Kapitalüberlassung der Crowd­investoren besteht zudem ein massiver Anreiz, die Entstehung eines Überschusses auf die Zeit nach Beendigung der Finanzierungsverträge mit den Crowd­investoren zu verzögern. Ein effektives Mittel können beispielsweise vorgezogene Investitionen des Unternehmens oder Vorauszahlungen sein, wenn sich zum Jahresende ein Jahresüberschuss abzeichnet. Möglichkeiten zur Beeinflussung ergeben sich aber auch durch die Ausübung steuerlicher Gestaltungsmöglichkeiten und Ermessensspielräume zum Nachteil der Crowd­investoren. b) Vereitelung der Unternehmenswertbeteiligung am Laufzeitende Die überwiegende Anzahl der Finanzierungsverträge sieht eine Beteiligung der Crowd­investoren an einer potentiellen Unternehmenswertsteigerung bei regulärer Beendigung ihres Investments infolge ordentlicher Kündigung vor.163 Der zugrunde zulegende Unternehmenswert wird überwiegend mittels zuvor festgelegter Gewinn- und Umsatz-Multiples des dem Beendigungszeitpunkt unmittelbar vorangegangenen Geschäftsjahres bestimmt.164 Insbesondere wenn die Gründer sämtliche Crowd­investing-Verträge nach Ablauf der Mindestlaufzeit einheitlich kündigen, haben sie einen starken Anreiz, durch eine entsprechende Unter­nehmensführung und die Wahrnehmung von Gestaltungsmöglichkeiten darauf hinzuwirken, dass sowohl Gewinn- als auch Umsatz in dem für die Berechnung der Beteiligung der Crowd­investoren relevanten Zeitraum möglichst gering ausfallen. c) Vereitelung der Exit-Beteiligung Weitere Risiken für opportunistisches Handeln der Gründer bestehen im Zusammenhang mit Entscheidungen über den Verkauf des finanzierten Unternehmens (Exit-Entscheidungen), den Zeitpunkt eines Exits sowie der Form eines möglichen Exits. Überwiegend werden Crowd­investoren im Falle eines Exits an dem erzielten Exiterlös und damit an einer realisierten Wertsteigerung des Unternehmens beteiligt.165 Da die Interessen von Crowd­investoren und Gründern auch hier konfligieren und die Entscheidungsbefugnis allein bei den Gründern liegt, müssen Crowd­investoren auch insofern mit opportunistischem Handeln rechnen.

162 Siehe im Hinblick auf weitere Möglichkeiten zum Missbrauch von Unternehmensressourcen, die sie auch auf die Erwirtschaftung eines Gewinns auswirken, bereits unter § 6 B. II. 3.  oben. 163 Zur Auswertung der untersuchten Crowdinvesting-Verträge siehe § 8 E. IV. unten. 164 Siehe im Detail § 8 E. IV. 2. b) unten. 165 Dazu ausführlich im Rahmen der empirischen Analyse der Crowdinvesting-Verträge unter § 8 E. IV. 3.  unten.

B. Anreiz- und Regelungsprobleme 

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aa) Exit-Entscheidung Liegt die Hauptmotivation der Gründer nicht in einer schnellstmöglichen Maxi­ mierung ihres eigenen Vermögens, sondern in der Erhaltung ihrer Selbständigkeit und Autonomie sowie dem Aufbau einer langfristigen Einkommensquelle,166 haben Gründer unter Umständen nur ein geringes Interesse an einem Verkauf ihres Unternehmens – insbesondere, wenn ein Verkauf nur zu Bedingungen möglich ist, die nicht den Vorstellungen der Gründer entsprechen. Die Gründer können daher bestrebt sein, Exit-Möglichkeiten nicht zu nutzen oder aktiv zu verhindern, um ihre Selbständigkeit und Autonomie aufrechtzuerhalten.167 bb) Zeitpunkt des Exits Um ihren eigenen Erlös im Falle eines Exits zu maximieren, haben Gründer einen Anreiz, den Exitzeitpunkt so zu wählen, dass eine Beteiligung der Crowd­ investoren vereitelt wird. Die Crowd­investing-Verträge sind überwiegend auf unbegrenzte Zeit abgeschlossen und können nach Ablauf einer bestimmten Festlaufzeit von beiden Parteien, in der Regel zum Jahresende, ordentlich gekündigt werden.168 Soweit das Laufzeitende der Kapitalüberlassung einzelner oder aller Crowd­investoren bereits feststeht, weil die Verträge bereits gekündigt wurden, haben die Gründer einen Anreiz, den Verkauf des Unternehmens auf den Zeitpunkt nach Ende der Beteiligung der jeweiligen Crowd­investoren zu verzögern. Eine Verzögerung des Exits kann grundsätzlich bereits dadurch erreicht werden, dass der Kaufvertrag mit dem Käufer zwar schon unterzeichnet wird (Signing) aber der dingliche Vollzug (Closing)169 auf einen Zeitpunkt nach Beendigung der Finanzierungsverträge verschoben wird. Ist die Festlaufzeit bereits abgelaufen und planen die Gründer den Verkauf des Unternehmens oder zeichnet sich eine Exitmöglichkeit ab, haben die Gründer einen massiven Anreiz die Crowd­investing-Verträge rechtzeitig vor Abschluss des Exits zu kündigen, sodass die Crowd­investoren nicht am Exiterlös beteiligt werden müssen.

166

Vgl. dazu bereits § 6 A. II. 2.  oben. Vgl. dazu Reißig-Thust, Venture-Capital-Gesellschaften, 2003, S. 67; Reißig-Thust  / ​ ­Brettel / Witt, FB 2004, 636, 637. 168 Siehe dazu § 8 F. I. unten. Die Kündigungsfristen bewegen sich zwischen drei und zwölf Monaten (siehe § 8 F. II. 1.  unten). 169 Vgl. zur Unterscheidung zwischen Vertragsschluss und Vollzug auch Ziegert, Der Venture Capital-Beteiligungsvertrag, 2005, S. 102 f. Zum Begriff des Closing und dessen Entstehung siehe Merkt, in: Berger (Hrsg.), FS Sandrock, 2000, S. 657, 680 f. 167

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§ 6 Agenturprobleme im Rahmen von Crowd­investing-Finanzierungen

cc) Form des Exits Anreize zu opportunistischem Handeln bestehen schließlich auch im Hinblick auf die Form des Exits. Als Exit-Möglichkeiten kommen typischerweise ein Börsengang oder der Verkauf des Start-ups an einen Investor oder ein anderes Unternehmen in Betracht.170 Häufig lassen sich mit einem Börsengang die höheren Renditen erzielen. Die Gründer präferieren regelmäßig auch deshalb einen Börsengang, da sie so üblicherweise in der Geschäftsführung des Unternehmens beteiligt bleiben können.171 Bei einem Verkauf an ein anderes Unternehmen müssen Gründer hingegen häufig die Geschäftsführung abgeben.172 Allerdings kann sich je nach Marktumfeld auch ein trade sale deutlich schneller oder mit höherem Erlös verwirklichen lassen. Vor dieser Interessenlage besteht das Risiko, dass Gründer ExitMöglichkeiten durch einen Verkauf verweigern und einen Börsengang (zu einem späteren Zeitpunkt) anstreben. Der Anreiz der Gründer zu einem Aufschub des Exits wird zudem durch die Aussicht verstärkt, dass die Beteiligung der Crowd­ investoren zu diesem Zeitpunkt gegebenenfalls schon beendet sein wird. Wie im Rahmen von Folgefinanzierungen besteht auch im Zusammenhang mit Exitentscheidungen die Gefahr des trilateral bargaining173 und des asset stripping174 zu Lasten der Crowd­investoren. Insbesondere soweit Crowd­investingVerträge die Möglichkeit eines partiellen Exits vorsehen175 und das erwerbende Unternehmen vor allem an dem Produkt oder der Technologie des Start-ups interessiert ist, besteht ein Anreiz, nur einen Teil des Start-ups zu kaufen. Erwirbt das übernehmende Unternehmen nur so viele Anteile wie für die entsprechenden Stimmenmehrheiten erforderlich sind, kann das Start-up beispielsweise liquidiert werden und die entsprechende Technologie übernommen werden. Die Crowd­ investoren erhalten dann nur den dem partiellen Exit entsprechenden Exiterlös. d) Weitere Umgehungs-Gestaltungsmöglichkeiten Über die oben genannten Möglichkeiten, steuerliche Ermessensspielräume und Gestaltungsmöglichkeiten zu Lasten der Crowd­investoren wahrzunehmen sowie das Tagesgeschäft und die Investitionspolitik den relevanten Stichtagen anzupassen, besteht ferner die Gefahr, dass Gründer die Vermögensrechte der Crowd­ investoren durch strukturelle Gestaltungen vereiteln. Gestaltungen können etwa durch Ausgliederung des operativen Geschäfts in eine Tochtergesellschaft darauf 170

Vgl. etwa Bigus, ZBB 2003, 435, 440. Bigus, ZBB 2003, 435, 440. 172 Bigus, ZBB 2003, 435, 440. 173 Siehe § 6 B. II. 6. a) oben. 174 Siehe § 6 B. II. 6. d) oben. 175 Siehe dazu im Rahmen der empirischen Auswertung der Crowdinvesting-Verträge § 8 E. ​ IV. 3. b) unten. 171

B. Anreiz- und Regelungsprobleme 

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zielen, dass bei der von den Crowd­investoren finanzierten Gesellschaft kein für die Beteiligung relevanter Gewinn oder Umsatz entsteht. 8. Key Person-Issues Wie bereits beschrieben, ist die Investition in Start-up Unternehmen zunächst regelmäßig eine Investition in das Humankapital der Gründer, von denen der Erfolg des Start-ups typischerweise abhängt.176 Die Gründer sind regelmäßig die Kompetenz- und Wissensträger des Unternehmens und dessen einzige „Vermögensgegenstände“.177 Mit einem Verlust der Gründer ist regelmäßig nicht nur die Gefahr eines Wissensverlusts des Unternehmens, sondern eine Gefährdung des ge­samten Projekts verbunden.178 Damit einher geht ein erheblicher Verlust des Unternehmenswertes.179 Verlassen Gründer das Unternehmen besteht außerdem die Gefahr, dass diese Geschäftsgeheimnisse mitnehmen und in Konkurrenzunternehmen einbringen.180 Behalten Gründer ihre Beteiligung auch nach Verlassen des Unternehmens, besteht insoweit ein Fehlanreiz, als sie weiterhin als Trittbrettfahrer von den Anstrengungen der verbliebenen Gründer profitieren (free riding).181 Während für die Gründer zahlreiche Anreize bestehen können, ihren eigenen Nutzen zu steigern, indem sie ihr Engagement bei dem finanzierten Unternehmen beenden und einer anderen Tätigkeit nachgehen, hat dies für die Crowd­investoren gravierende Nachteile. Die Crowd­investoren haben daher ein massives Interesse, die Gründer – jedenfalls für die Laufzeit ihres Investments – an das finanzierte Unternehmen zu binden. 9. Gefahr der Insolvenzverschleppung Befindet sich das Unternehmen in einer insolvenznahen Situation oder zeichnet sich für die Gründer eine entsprechende Entwicklung ab, können Gründer einen Anreiz haben, notwendige Reorganisationsmaßnahmen aber auch die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens so lange wie möglich hinauszuzögern.182 Je länger entsprechende Maßnahmen hinausgezögert werden, desto länger können Gründer 176

Antonczyk, Venture-Capital-Verträge, 2006, S. 89; Grisebach, Innovationsfinanzierung, 1989, S. 241. 177 Vgl. Kuntz, Gestaltung von Kapitalgesellschaften, 2016, S. 146. Zur Humankapital­ spezifität der Investition siehe bereits § 6 B. II. 6. c) oben. 178 Antonczyk, Venture-Capital-Verträge, 2006, S. 89; Kuntz, Gestaltung von Kapitalgesell­ schaften, 2016, S. 47. 179 Kuntz, Gestaltung von Kapitalgesellschaften, 2016, S. 146. 180 Vgl. Kuntz, Gestaltung von Kapitalgesellschaften, 2016, S. 146. 181 Dazu Kuntz, Gestaltung von Kapitalgesellschaften, 2016, S. 53; Gorton / Grund, NBER Working Paper 5779, 3. 182 Vgl. auch Bigus, ZBB 2003, 435, 439. Siehe ferner den Fall Vibewrite, § 6 B. I. 2.  oben.

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§ 6 Agenturprobleme im Rahmen von Crowd­investing-Finanzierungen

ihren bisherigen Besitzstand wahren und müssen das eigene Scheitern nicht eingestehen.183 Für Kapitalgeber können solche Verzögerungen jedoch zu einem weiteren Verfall der Vermögenswerte führen, einen entscheidenden Zeitverlust für notwendige Reorganisationsmaßnahmen bedeuten und sich letztlich in einer gesteigerten Wahrscheinlichkeit eines vollständigen Verlusts ihres Investments materialisieren.184

C. Zusammenfassung 1. Die Kapitalüberlassung der Crowd­investoren an Unternehmensgründer kann als Prinzipal-Agenten-Beziehung interpretiert werden. In Prinzipal-Agenten-Beziehungen bestehen typischerweise strukturelle Informationsasymmetrien. Diese sind im Bereich des Crowd­investing besonders stark ausgeprägt. Hinzu kommen starke exogene Unsicherheiten sowie Interessendivergenzen zwischen Gründern und Crowd­investoren. Bereits vor ihrer Investitionsentscheidung und vor Abschluss des Crowd­investing-Vertrages sehen sich Crowd­investoren mit massiven Informationsdefiziten gegenüber den Gründern, etwa im Hinblick auf die Geschäftsidee, das Start-up und die Eignung des Gründerteams (hidden characteristics) konfrontiert (ex ante-Informationsasymmetrien). Infolge der bestehenden Interessendivergenzen haben die Gründer einen starken Anreiz, sich selbst und ihr Projekt bestmöglich darzustellen und nachteilige Informationen zurückzuhalten. Diese Gefahr wird verstärkt durch systematische Urteilsverzerrungen wie overconfidence und overoptimism, denen auch die Gründer unterliegen. Die Investoren stehen daher vor der Schwierigkeit, weder die Erfolgsaussichten und Risiken des Start-ups noch dessen Bewertung als für ihre Investitionsentscheidung grundlegende Faktoren hinreichend realistisch beurteilen zu können. Einerseits verfügen sie bereits nicht über ausreichende Informationen über entscheidungsrelevante Tatsachen. Andererseits müssen sie von opportunistischem Informationsverhalten der Gründer ausgehen. 2. Auch nach Abschluss des Crowd­investing-Vertrages bleiben den Investoren nicht nur die für eine Beurteilung der Performance der Gründer und des finanzierten Unternehmens entscheidenden Unternehmens- und Marktinformationen verborgen (hidden information). Zudem ist für die Investoren nicht erkennbar, welche Handlungen die Gründer vornehmen und mit welchem Maß an Anstrengung und Fleiß sie vorgehen (hidden action). Gleichzeitig hängt der Erfolg des Start-ups und die Rendite der Investoren unmittelbar von dem Verhalten der Gründer ab, die nahezu unbeschränkte Entscheidungsspielräume bei der Unternehmensführung haben. Angesichts der zudem bestehenden Ziel- und Interessenkonflikte müssen Crowd­investoren daher mit opportunistischem Verhalten der Gründer rechnen. Sie 183 Im Kontext von Unternehmensanleihen vgl. Reps, Rechtswettbewerb und Debt Governance bei Anleihen, 2014, S. 177 f. 184 Siehe dazu Tauke, Colum. Bus. L. Rev. 1, 3 (1989).

C. Zusammenfassung 

331

müssen davon ausgehen, dass Gründer Handlungsspielräume zu ihren Gunsten und zum Nachteil der Crowd­investoren ausnutzen (moral hazard). 3. Crowd­investoren müssen etwa damit rechnen, dass Gründer nicht durchgängig maximale Anstrengungen erbringen, um eine bestmögliche Entwicklung des Unternehmens und eine Maximierung der Rendite der Crowd­investoren zu gewährleisten. Es besteht vielmehr das Risiko, dass Gründer ihrer Arbeit nur mit verminderter Anstrengung und nur geringer Motivation nachgehen (reduced effort, shirking) oder ihren Arbeitseinsatz für das Unternehmen generell reduzieren und stattdessen ihre Zeit in andere Tätigkeiten und Projekte investieren. 4. Weiterhin besteht die Gefahr, dass Gründer Unternehmensressourcen nicht effizient zur Maximierung des Unternehmenswertes, sondern zur Steigerung ihres privaten Nutzens einsetzen (private benefits, perquisit consumption). Gründer können dem Unternehmen finanzielle Ressourcen durch unmittelbare Vermögensverschiebungen entziehen oder ihren eigenen Nutzen durch privaten Konsum steigern (on the job consumption). Unternehmensressourcen werden auch dann ineffizient eingesetzt, wenn Gründer ihr Arbeitsleid dadurch reduzieren, dass sie sich auf Tätigkeiten konzentrieren, die primär ihren privaten Nutzen steigern. 5. Ein weiteres Risiko für Crowd­investoren als Kapitalgeber sind suboptimale Investitionsentscheidungen der Gründer. Ein Unterinvestitionsproblem (underinvestment) liegt vor, wenn Investitionsprojekte mit positivem Nettobarwert nicht wahrgenommen werden, etwa weil die Auszahlung der finanziellen Mittel an die Gründer für diese einen höheren privaten Nutzen bringt. Investieren Gründer in Projekte, obwohl diese keine positiven Renditen (mehr) erwarten lassen, liegt ein Überinvestitionsproblem (overinvestment) vor. 6. Ein weiteres Problemfeld betrifft die Unternehmensstrategie und das Unternehmensrisiko. Crowd­investoren und Gründer haben unter anderem hinsichtlich Wachstumsrate, Zeithorizont der Unternehmensentwicklung und Wertsteigerung unterschiedliche Interessen. Für die Crowd­investoren besteht daher die Gefahr, dass die von den Gründern verfolgte Unternehmensstrategie nicht den Interessen der Crowd­investoren entspricht. Gründer können etwa eine langfristige Wachstumsstrategie verfolgen, die verhindert, dass Crowd­investoren während der Laufzeit ihres Investments an Unternehmenswertsteigerungen partizipieren. Außerdem können Gründer Anreize haben, das zum Zeitpunkt der Investitionsentscheidung dem Unternehmen anhaftende Risiko zu verändern (risk shifting). Eine signifikante Erhöhung des Risikos kann zu einer Entwertung der Beteiligungsposition der Kapitalgeber führen. Insbesondere in Situationen, in denen das Scheitern für die Gründer bereits erkennbar ist, haben diese einen Anreiz mit besonders riskanten Projekten zu versuchen, eine hohe Rendite zu erzielen, um das Unternehmen noch „zu retten“ (gambling for redemption). 7. Im Rahmen von Folgefinanzierungen besteht das Risiko, dass Gründer mit neuen Kapitalgebern Vereinbarungen zu Lasten der Crowd­investoren treffen (tri-

332

§ 6 Agenturprobleme im Rahmen von Crowd­investing-Finanzierungen

lateral bargaining). Weiterhin treten auch im Kontext von Folgefinanzierungen hold-up-Probleme zu Tage: Sowohl Gründer als auch neue Kapitalgeber können mit einem Ausstieg bzw. der Verweigerung der notwendigen Anschlussfinanzierung drohen, wenn sich die Crowd­investoren nicht auf Nachverhandlungen ihrer Beteiligungsbedingungen einlassen. Wird der Folgefinanzierung eine geringere Unternehmensbewertung zugrunde gelegt als der Crowd­investing-Kampagne (down round), führt dies schließlich zu einer wirtschaftlichen Verwässerung der Beteiligung der Crowd­investoren. 8. Für Gründer bieten sich zahlreiche weitere Möglichkeiten, die Vermögensrechte der Crowd­investoren unmittelbar zu vereiteln. Im Zusammenhang mit Entscheidungen über einen Exit der Gründer sowie die Form und den Zeitpunkt des Exits, bestehen vielfältige Möglichkeiten der Gründer durch opportunistisches Handeln eine positive Rendite der Crowd­investoren zu schmälern oder zu verhindern. Gründer können einerseits Exit-Möglichkeiten generell vereiteln, andererseits den Zeitpunkt des Exits so beeinflussen, dass die Crowd­investoren angesichts der begrenzten Laufzeit ihres Investments oder aufgrund einer rechtzeitigen Kündigung durch das Unternehmen nicht am Exiterlös beteiligt werden. 9. Die Rendite der Crowd­investoren kann in zahlreichen weiteren Situationen geschmälert werden, indem die Gründer unmittelbaren Einfluss auf die Verteilung etwaiger Erlöse nehmen und die Vermögensrechte der Crowd­investoren aushöhlen, um ihre eigene Rendite zu erhöhen. Die Gründer haben etwa einen Anreiz – beispielsweise durch Investitionen oder Vorauszahlungen – Jahresüberschüsse während der Laufzeit der Crowdinvestments zu verhindern und so eine jährliche Gewinnbeteiligung der Crowd­investoren zu vereiteln. Weiter können sie nicht nur durch gesellschaftsrechtliche Gestaltungsmöglichkeiten, sondern auch durch strategische unternehmerische Entscheidungen und rechtzeitige Kündigung der Crowd­investing-Verträge die Vermögensrechte der Crowd­investoren vereiteln. 10. Die Kapitalüberlassung seitens der Crowd­investoren hat den Charakter einer spezifischen Investition in das Humankapital der Gründer. Die Crowd­investoren haben daher ein massives Interesse daran, dass keiner der Gründer das Unternehmen während der Laufzeit des Investments der Crowd­investoren verlässt. Verlassen Gründer das Unternehmen, steht regelmäßig der Erfolg und die Zukunft des gesamten Unternehmens in Frage.

§ 7 Lösungsansätze aus der Venture CapitalVertragspraxis als Gestaltungsmodelle Das folgende Kapitel gibt einen Überblick über ausgewählte Ansätze aus der Venture Capital-Vertragspraxis zur Lösung von Anreiz- und Regelungsproblemen zwischen Kapitalgebern und Kapitalnehmern. Die Lösungsansätze sollen als Referenzmaßstab für die in § 9 folgende Analyse der Crowd­investing-Verträge und als Gestaltungsmodelle dafür dienen wie Agenturprobleme in der Finanzierungsbeziehung zwischen Crowd­investoren und finanzierten Start-up-Unternehmen minimiert werden können.

A. Überblick und Regelungsziel von Venture Capital-Verträgen Ausgehend vom US-amerikanischen Markt haben sich ausdifferenzierte Regelungsmechanismen zur Gestaltung der Finanzierungsbeziehungen zwischen Venture Capital-Gebern und zu finanzierendem Unternehmen entwickelt. Ziel der Vertragsgestaltung ist die Etablierung einer Governance-Struktur,1 die den – oben2 mit Fokus auf das Crowd­investing beschriebenen – komplexen Agentur- und Regelungsproblemen begegnet. Die Regelungen bezwecken einerseits bestehende Informationsasymmetrien zu verringern, andererseits sollen mittels geeigneter Anreizmechanismen die Interessen der Akteure harmonisiert und damit bestehenden Interessendivergenzen begegnet werden. Entsprechende Governance-Strukturen sind auch in deutschen Venture Capital-Beteiligungsverträgen gängige Praxis.3 Ausgangspunkt für die Etablierung einer Governance-Struktur ist die Annahme, dass sämtliche Akteure ihre Partikularinteressen verfolgen, um ihren persönlichen Nutzen zu maximieren.4 Die Akteure berücksichtigen für ihre Entscheidungen und 1

Dazu Mark, Venture Capital, 2005, S. 12 f.; Reps, Rechtswettbewerb und Debt Governance bei Anleihen, 2014, S. 7. 2 Siehe § 6 B. oben. 3 Vgl. dazu etwa Brehm, Venture Capital-Vertragswerk, 2012, 22 ff.; Ziegert, Der Venture Capital-Beteiligungsvertrag, 2005, S. 94 ff.; Kuntz, Gestaltung von Kapitalgesellschaften, 2016, S. 523 ff.; Weitnauer, NZG 2001, 1065, 1065 ff.; Kuntz, in: Drygala / Wächter (Hrsg.), Venture Capital, Beteiligungsverträge und Unterkomplexitätsprobleme, 2018, S. 25 ff. Die rechtstatsächliche Entwicklung wird flankiert von einer breiten Fülle an empirischen Studien aus dem Bereich der Corporate Finance und dem Teilbereich des Financial Contracting zu Verwendung und Wirkung von verschiedenen Anreizmechanismen. Für eine Einführung in die Literatur zum Financial Contracting siehe Hart, 39 J. Econ. Lit. 1079–1100 (2001). 4 Siehe grundlegend dazu § 2 A. oben.

334

§ 7 Lösungsansätze aus der Venture Capital-Vertragspraxis 

Handlungen nur die Erträge, die ihnen aus eigenen Zahlungsansprüchen gegen das Unternehmen zustehen, sowie den für sie erzielbaren persönlichen Nutzen.5 Aus Sicht des einzelnen Akteurs können sich daher Verhaltensweisen als vorteilhaft erweisen, die die insgesamt erzielbare Nettowertschöpfung reduzieren.6 Ziel der Venture Capital-Vertragsgestaltung ist es, durch entsprechende Anreiz- und Motivationsmechanismen der Verfolgung von Partikularinteressen entgegenzusteuern, um so die durch die Transaktion erzielbare Nettowertschöpfung zu maximieren.7 In diesem Kapitel werden ausgewählte Lösungsansätze dargestellt, die typischerweise Gegenstand von Venture Capital-Beteiligungsverträgen8 sind, um die beschriebene Governance-Struktur zwischen Kapitalgebern (Venture Capital-Gesellschaften) und Kapitalnehmern (Start-up-/Portfoliounternehmen) zu etablieren. Die Darstellung wird – soweit für die weitere Untersuchung dienlich – durch ausgewählte empirische Befunde aus der ökonomischen Forschung ergänzt.9 Der Fokus der nachfolgenden Darstellung liegt auf Regelungsansätzen, die aus der Perspektive der Kapitalgeber geeignet erscheinen, opportunistischem Verhalten der Kapitalnehmer entgegenzuwirken. Der Schwerpunkt der Darstellung liegt auf Mechanismen, die in ähnlicher Form bereits in einzelnen Crowd­investing-Verträgen vorzufinden sind oder als Gestaltungsmodelle für das Crowd­investing fruchtbar gemacht werden können.

B. Finanzierungsform und Verteilung der Vermögensrechte Der Finanzierungsform und der damit einhergehenden Verteilung der Verfügungs- und Vermögensrechte, d. h. der Zugriffsrechte auf Cashflows des Unternehmens, kommt eine grundlegende Bedeutung für die Harmonisierung der Interessen 5 Vgl. auch Mark, Venture Capital, 2005, S. 138; Antonczyk, Venture-Capital-Verträge, 2006, S. 87. 6 Als Nettowertschöpfung wird dabei die Steigerung des Marktwerts des Unternehmens zuzüglich der privaten Nutzenkomponenten der Beteiligten und abzüglich der aus Anreizkonflikten entstehenden Koordinations- und Motivationskosten verstanden, vgl. Mark, Venture Capital, 2005, S. 138; Antonczyk, Venture-Capital-Verträge, 2006, S. 86. 7 Mark, Venture Capital, 2005, S. 138; Antonczyk, Venture-Capital-Verträge, 2006, S. 86. 8 Mit Venture Capital-Beteiligungsvertrag sind im Folgenden sämtliche Absprachen gemeint, die im Zusammenhang mit der Beteiligung eines Finanzinvestors an dem zu finanzierenden Unternehmen getroffen werden. Zu diesem Begriff siehe etwa Ziegert, Der Venture Capital-Beteiligungsvertrag, 2005, S. 23 ff. 9 Eine erschöpfende Auswertung des gesamten ökonomischen Schrifttums zur Venture Capital-Finanzierung kann diese Arbeit schon allein angesichts der nahezu unüberschaubaren Fülle der Literatur (auf die Fülle der Literatur hinweisend auch Kuntz, Gestaltung von Kapitalgesellschaften, 2016, S. 42, Fn. 3) nicht leisten. Ziel dieses Teils der Arbeit ist es vielmehr, unter Berücksichtigung ausgewählter ökonomischer Studien Lösungsansätze aus dem Bereich der Venture Capital-Finanzierung für die unter § 6 B. oben erarbeiteten Regelungsprobleme zu präsentieren, um sodann zu prüfen, ob diese auch für Finanzierungsbeziehungen im Rahmen des Crowdinvesting fruchtbar gemacht werden können.

B. Finanzierungsform und Verteilung der Vermögensrechte 

335

von Kapitalgebern und Kapitalnehmern bei Venture Capital-Finanzierungen zu.10 Die Beteiligungsstrukturierung ist damit entscheidend für den Erfolg des Unternehmens und das Investment des jeweiligen Kapitalgebers.

I. Finanzierungsformen in der Venture Capital-Vertragspraxis In Deutschland11 erwerben Venture Capital-Gesellschaften in der Regel Eigenkapitalbeteiligungen oder Finanzierungsinstrumente, die eine überwiegende Eigenkapitalkomponente beinhalten.12 Häufig werden diese Beteiligungen mit Fremdkapital- oder hybriden Finanzierungsinstrumenten wie stillen Beteiligungen oder (partiarischen) Nachrangdarlehen kombiniert.13 Ergänzend werden regelmäßig Dividendenvorzüge und Liquidationspräferenzen vereinbart.

II. Steuerungswirkung der Finanzierungsform Ein zentrales Ziel der Kapitalgeber ist es, den Gründern durch eine geeignete Beteiligungsstrukturierung Anreize zu setzten, sich möglichst stark für den Erfolg des Unternehmens einzusetzen – und der Gefahr zu geringer Anstrengung (reduced effort), eines zu geringen Arbeitseinsatzes und der missbräuchlichen Verwendung von Unternehmensressourcen entgegenzuwirken.14 Dies kann dadurch erreicht werden, dass die persönliche Vermögenssituation der Gründer vom 10

Siehe zur Finanzierungsstruktur als Mittel zur Anreizsteuerung bereits § 2 B. I. 3. oben. Vgl. ferner Antonczyk, Venture-Capital-Verträge, 2006, S. 103 ff.; Franke / Hax, Finanzwirtschaft des Unternehmens, 6. Aufl., 2009, S. 467 ff.; Mark, Venture Capital, 2005, S. 61. 11 In den USA werden zur Venture Capital-Finanzierung hauptsächlich Vorzugsanteile mit Konvertierungsoptionen (convertible preferred shares) verwendet, während die Gründer typischerweise Stammanteile (common shares) halten. Preferred shares sind Anteile, die bestimmte Rechte und Privilegien, regelmäßig Dividenden- und Liquidationsvorrechte, ge­ währen. Die Konvertierungsoption ermöglicht es den Kapitalgebern, die Anteile in Stammanteile umzuwandeln. Siehe dazu Kuntz, Gestaltung von Kapitalgesellschaften, 2016, S. 62, 65 ff. m. w. N. 12 Antonczyk, Venture-Capital-Verträge, 2006, S. 104, 148 ff. (mit empirischen Befunden); Weitnauer, in: Weitnauer (Hrsg.), Handbuch Venture Capital, 7. Aufl., 2022, Teil A., Rn. 1. Nach der empirischen Untersuchung von Antonczyk, Venture-Capital-Verträge, 2006, S. 142 f., 146 ff., die 91 Venture Capital-Investitionen von fünf Kapitalbeteiligungsgesellschaften in deutsche Unternehmen im Zeitraum von Mai 1997 bis Dezember 2004 umfasst, erwarben sämtliche Kapitalbeteiligungsgesellschaften Anteile am Eigenkapital des Zielunternehmens (Aktien, GmbH-Anteile, Kommandit-Anteile). In 39,6 % der Fälle wurden die Eigenkapital-Beteiligung mit Fremd- bzw. mezzaninen Finanzierungsformen (stille Beteiligungen, Darlehen, Wandelanleihen) kombiniert. 13 Antonczyk, Venture-Capital-Verträge, 2006, S. 104; Weitnauer, in: Weitnauer (Hrsg.), Handbuch Venture Capital, 7. Aufl., 2022, Teil A., Rn. 1. Siehe dazu auch Grisebach, Innovationsfinanzierung, 1989, S. 196 ff. 14 Siehe dazu § 6 B. II. oben. Vgl. etwa Kuntz, in: Drygala / Wächter (Hrsg.), Venture Capital, Beteiligungsverträge und Unterkomplexitätsprobleme, 2018, S. 25, 32.

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§ 7 Lösungsansätze aus der Venture Capital-Vertragspraxis 

Unternehmenswert und der Unternehmensentwicklung abhängig gemacht wird, ihre Gewinnchancen also maßgeblich vom Erfolg des Unternehmens abhängen.15 Je weniger die Kapitalgeber und umso stärker die Gründer am Residuum beteiligt werden, desto stärker fällt der Leistungsanreiz der Gründer aus.16 Daraus resultiert ein grundsätzliches Interesse der Kapitalgeber daran, Gründer maßgeblich am Eigenkapital des finanzierten Unternehmens zu beteiligen bzw. deren Beteiligung aufrecht zu erhalten.17 Eine Eigenkapitalbeteiligung der Gründer wirkt auch dem Unter- und dem Überinvestitionsproblem entgegen, da sich sowohl Unterinvestitionen als auch Überinvestitionen unmittelbar gewinnmindernd für die Gründer auswirken.18 Eine reine Fremdkapitalfinanzierung – bei maximaler Beteiligung der Gründer am Eigenkapital – hätte für die Kapitalgeber darüber hinaus den Vorteil gewinnunabhängiger und von vornherein feststehender Zugriffsrechte.19 Angesichts von vornherein feststehender Zinszahlungen, wäre der Überwachungsaufwand der Kapitalgeber insoweit deutlich reduziert.20 Reine Fremdkapitalfinanzierungen kommen bei Early Stage-Finanzierungen allerdings bereits wegen des resultierenden massiven Risikoanreizes und des Fehlens von Sicherheiten der zu finanzierenden Unternehmen nicht in Betracht.21 Regelmäßig werden daher Beteiligungskonstruktionen gewählt, die eine Eigenkapitalbeteiligung der Kapitalgeber mit Fremdkapitalelementen kombinieren.22 Mit einer partiellen Fremdkapitalfinanzierung, bei der Gründer maßgeblich am Eigenkapital beteiligt bleiben, kann den Gründern ein Anreiz zu wertmaximierendem Investitionsverhalten gesetzt werden.23 Indem die Konsequenzen der eigenen Handlungen der Gründer so zumindest teilweise internalisiert werden, bleibt der Zusammenhang zwischen der Ertragssituation des Unternehmens und der Vermögensposition der Gründer gewahrt.24 Da mit Fremdkapitalelementen für den Fall einer Insolvenz 15

Antonczyk / Breuer / Mark, in: Gregoriou / Kooli / K raeussl (Hrsg.), Venture Capital in E ­ urope, 2006, S. 236; Kuntz, in: Drygala / Wächter (Hrsg.), Venture Capital, Beteiligungsverträge und Unterkomplexitätsprobleme, 2018, S. 25, 32; Kuntz, Gestaltung von Kapitalgesellschaften, 2016, S. 63; Aghion / Bolton, 59 Rev. Fin. Stud. 473, 480 f. (1992). 16 Siehe dazu ausführlich § 2 B. I. 3. b) oben. 17 Antonczyk / Breuer / Mark, in: Gregoriou / Kooli / K raeussl (Hrsg.), Venture Capital in E ­ urope, 2006, S. 236; Kuntz, in: Drygala / Wächter (Hrsg.), Venture Capital, Beteiligungsverträge und Unterkomplexitätsprobleme, 1. Aufl., 2018, S. 25, 32. 18 Vgl. Antonczyk / Breuer / Mark, in: Gregoriou / Kooli / K raeussl (Hrsg.), Venture Capital in Europe, 2006, S. 236; Kuntz, in: Drygala / Wächter (Hrsg.), Venture Capital, Beteiligungsverträge und Unterkomplexitätsprobleme, 1. Aufl., 2018, S. 25, 32; Kuntz, Gestaltung von Kapitalgesellschaften, 2016, S. 63, 103. 19 Kuntz, Gestaltung von Kapitalgesellschaften, 2016, S. 63. 20 Kuntz, Gestaltung von Kapitalgesellschaften, 2016, S. 63. 21 Siehe dazu § 2 B. I. 3. b) und § 2 B. II. 2.  oben. Ferner Antonczyk, Venture-Capital-Verträge, 2006, S. 105; Antonczyk / Breuer / Mark, in: Gregoriou / Kooli / K raeussl (Hrsg.), Venture Capital in Europe, 2006, S. 236. 22 Antonczyk, Venture-Capital-Verträge, 2006, S. 105; Weitnauer, in: Weitnauer (Hrsg.), Handbuch Venture Capital, 7. Aufl., 2022, Teil A., Rn. 1. 23 Antonczyk, Venture-Capital-Verträge, 2006, S. 105. 24 Antonczyk, Venture-Capital-Verträge, 2006, S. 105.

B. Finanzierungsform und Verteilung der Vermögensrechte 

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ein drohender Kontrollverlust für die Gründer einhergeht, kann die Fremdkapitalfinanzierung auch insoweit einen Leistungsanreiz entfalten.25

III. Dividendenvorzüge und Liquidationspräferenzen Als weitere Mechanismen zur Verteilung der Vermögensrechte und der Anreizsteuerung kommen regelmäßig Dividendenvorzüge und Liquidationspräferenzen zu Gunsten der Kapitalgeber zum Einsatz. 1. Dividendenvorzüge Dividendenvorzüge sichern den Kapitalgebern eine bevorzugte Zahlung eines bestimmten Betrages aus einem festgestellten Gewinn.26 Dividendenvorzüge können eine Vergütungsfunktion ähnlich einer Verzinsung von Fremdkapital einnehmen.27 Allerdings ist dies zumindest in der Anfangsphase des Start-ups insoweit von untergeordneter Bedeutung als typischerweise noch keine Dividendenausschüttungen zu erwartet sind.28 Außerdem beabsichtigt der Venture CapitalGeber, ein Vielfaches seines Investments zu realisieren.29 Gelingt dies, fallen die Dividendenvorzüge nicht wesentlich ins Gewicht.30 Eine Relevanz kommt Dividendenvorzügen als Vergütungsform daher insbesondere bei Start-ups zu, die zwar nicht scheitern, sich aber nur durchschnittlich entwickeln (living deads)31 und bei denen keine Rendite über einen Exit erzielt werden kann, etwa weil im Finanzierungszeitraum kein Verkauf stattfindet oder der Verkauf unter der Post-MoneyBewertung zum Beteiligungszeitpunkt stattfindet.32 Allerdings können Dividendenvorzüge Kapitalgeber vor einer privaten Vorteilsnahme der Gründer, die sich mit ihrer anzunehmenden Stimmenmehrheit ansonsten Gewinne ausschütten und sich so mittelbar Zugriff auf das Kapital der Kapital­ geber verschaffen könnten, und dem Missbrauch von Unternehmensressourcen schützen.33 Vor Vertragsschluss signalisieren Gründer, indem sie Kapitalgebern mit Dividendenvorzügen eine überproportionale Partizipation bei schlechter Ent 25

Antonczyk, Venture-Capital-Verträge, 2006, S. 105. Houben / Nippel, in: Börner / Grichnik (Hrsg.), Entrepreneurial Finance, 2005, S. 325, 328; Baums / Möller, in: Hommel / K necht (Hrsg.), Wertorientiertes Start-up-Management, 2002, S. 403. 27 Kuntz, Gestaltung von Kapitalgesellschaften, 2016, S. 74, 369. 28 Baums / Möller, in: Hommel / K necht (Hrsg.), Wertorientiertes Start-up-Management, 2002, S. 403. 29 Kuntz, Gestaltung von Kapitalgesellschaften, 2016, S. 74. 30 Vgl. Kuntz, Gestaltung von Kapitalgesellschaften, 2016, S. 74 mit Rechenbeispiel. 31 Zum Begriff siehe § 2 B. II. 2. c) oben. 32 Kuntz, Gestaltung von Kapitalgesellschaften, 2016, S. 74 f. 33 Kuntz, Gestaltung von Kapitalgesellschaften, 2016, S. 75 f., 103. 26

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§ 7 Lösungsansätze aus der Venture Capital-Vertragspraxis 

wicklung versprechen, ihr Vertrauen in eine positive Entwicklung.34 Dividendenvorzüge sind somit auch ein Mittel für Gründer, um im Wege des Signaling vorvertraglichen Informationsasymmetrien entgegenzuwirken.35 2. Liquidationspräferenzen Liquidationspräferenzen36 gewährleisten dem Begünstigten eine bevorzugte Berücksichtigung bei der Erlösverteilung.37 Eine Liquidationspräferenz berechtigt den Begünstigen dazu, bei Auflösung und Liquidation der Gesellschaft entweder einen festen Betrag (das Investment) oder ein Vielfaches des Investments (Multiple) vor den übrigen Gesellschaftern zurückzuerhalten.38 Neben Erlös­präferenzen für den Fall der Abwicklung des Unternehmens in wirtschaftlichen Krisensituationen werden häufig auch Erlöspräferenzen für verschiedene Formen des Kontrollwechsels gewährt.39 Erlöspräferenzen können etwa so ausgestaltet sein, dass der Begünstigte, falls sein Erlös hinter seinem Investment zurückbleibt, den Differenzbetrag von den übrigen Parteien erhält.40 Vorrangiger Zweck von Liquidationspräferenzen ist es, das Interesse des Kapitalgebers zu schützen, zumindest sein investiertes Kapital zurückzuerhalten.41 34

Houben / Nippel, in: Börner / Grichnik (Hrsg.), Entrepreneurial Finance, 2005, S. 325, 335 f. Houben / Nippel, in: Börner / Grichnik (Hrsg.), Entrepreneurial Finance, 2005, S. 325, 335 f. 36 Der Begriff der Liquidation in diesem Sinne ist weiter als der im insolvenz- und gesellschaftsrechtlichen Sinne. Im Kontext der US-amerikanischen Venture Capital-Finanzierung werden als liquidity events üblicherweise verschiedene Formen des Kontrollwechsels wie der Unternehmensverkauf, Verschmelzungen oder die Veräußerung der Stimmrechtsmehrheit definiert, Kuntz, Gestaltung von Kapitalgesellschaften, 2016, S. 76. 37 Nach der Studie von Reißig-Thust / Brettel / Witt, FB 2004, 636, 645, wurde der Venture Capital-Gesellschaft in 42,1 % der untersuchten Beteiligungsfälle (n = 114) eine Liquidationspräferenz eingeräumt. Ein signifikanter Einfluss der Liquidationspräferenz auf den Erfolg der Beteiligung konnte hingegen nicht nachgewiesen werden. Der Untersuchung lagen Daten aus dem Jahr 2001 zu 49 renditeorientierten VC-Gesellschaften mit einem Fondsvolumen von 7,48 Mrd. Euro (26,2 % des zu diesem Zeitpunkt in Deutschland verfügbaren Risikokapitals in Höhe von 28,6 Mrd. Euro und 47,3 % des investierten Kapitals (15,8 Mrd. Euro)) zugrunde. In der empirischen Studie von Antonczyk, Venture-Capital-Verträge, 2006, S. 152, wurden Kapitalgebern in 64,4 % der Beteiligungsverträge der 91 untersuchten Venture Capital-Investitionen Erlösvorrechte eingeräumt. 38 Weitnauer, NZG 2001, 1065, 1072; Kuntz, Gestaltung von Kapitalgesellschaften, 2016, S. 77. 39 Vgl. Kuntz, Gestaltung von Kapitalgesellschaften, 2016, S. 76; Weitnauer, NZG 2001, 1065, 1072. 40 Schäfer / Stephan, Venture-Capital-Verträge, 2003, S. 163, Rn. 629. Teilweise gewähren Liquidationspräferenzen neben der vorrangigen Zahlung des vereinbarten Betrages auch eine Beteiligung am Liquidationserlös mit den übrigen Anteilseignern (Participating Liquidation Preferences), vgl. Kuntz, Gestaltung von Kapitalgesellschaften, 2016, S. 77 f. Vgl. ferner Schäfer / Stephan, Venture-Capital-Verträge, 2003, S. 163, Rn. 629. 41 Weitnauer, NZG 2001, 1065, 1072. Vgl. auch Kuntz, Gestaltung von Kapitalgesellschaften, 2016, S. 103. 35

B. Finanzierungsform und Verteilung der Vermögensrechte 

339

Außerdem können Liquidationspräferenzen das Interesse der Kapitalgeber an einer Mindestverzinsung bedienen.42 Wie bei Dividendenvorzügen fällt die wirtschaftliche Relevanz von Liquidationspräferenzen mit zunehmendem Erfolg des Unternehmens weniger ins Gewicht. Liquidationspräferenzen sind daher ebenfalls vor allem bei sich nur durchschnittlich entwickelnden Unternehmen (living deads) von Bedeutung.43 Liquidationspräferenzen können einerseits einen Leistungsanreiz setzen und die Gründer zur effizienten Mittelverwendung motivieren, da sie nur partizipieren, wenn der Erlös des Unternehmens den zur Befriedigung der Liquidationspräferenzen erforderlichen Betrag übersteigt.44 Andererseits können sowohl Dividendenvorzüge als auch Liquidationspräferenzen demotivierend auf Gründer wirken, wenn Dividenden- und Liquidationspräferenzen so ausgestaltet sind, dass es faktisch schwierig ist, einen über den zur Befriedigung der Vorzüge hinausgehenden Betrag und damit einen eigenen Erlös zu erzielen.45 Führt die Liquidationspräferenz zusammen mit einer Beteiligung am Liquidationserlös dazu, dass die Kapitalgeber weit überproportional am Gesamterlös partizipieren, kann dies die ursprüngliche Anreizstruktur in ihr Gegenteil verkehren. Entsteht für die Gründer der Eindruck einer ungerechtfertigten Bevorzugung der Kapitalgeber, setzt dies einen Anreiz, zu reduzierter Anstrengung und einer missbräuchlichen Verwendung von Unternehmensressourcen zur Steigerung des privaten Nutzens der Gründer.46 Weiterhin können Liquidationspräferenzen auch als vorvertragliches SignalingInstrument und damit als Mittel, um vorvertraglichen Informationsasymmetrien entgegenzuwirken, dienen.47 Indem Gründer eine überproportionale Partizipation der Kapitalgeber bei einer schlechten Entwicklung des Unternehmens akzeptieren, signalisieren sie, über ausreichend eigene Fähigkeiten zu verfügen, leistungsbereit zu sein und auf eine positive Entwicklung des Unternehmens zu vertrauen.48

42 Baums / Möller, in: Hommel / K necht (Hrsg.), Wertorientiertes Start-up-Management, 2002, S. 403. 43 Kuntz, Gestaltung von Kapitalgesellschaften, 2016, S. 79. 44 Baums / Möller, in: Hommel / K necht (Hrsg.), Wertorientiertes Start-up-Management, 2002, S. 403. 45 Baums / Möller, in: Hommel / K necht (Hrsg.), Wertorientiertes Start-up-Management, 2002, S. 403 f. 46 Vgl. Weitnauer, NZG 2001, 1065, 1072; Kuntz, Gestaltung von Kapitalgesellschaften, 2016, S. 82. 47 Houben / Nippel, in: Börner / Grichnik (Hrsg.), Entrepreneurial Finance, 2005, S. 325, 335 f. 48 Houben / Nippel, in: Börner / Grichnik (Hrsg.), Entrepreneurial Finance, 2005, S. 325, 335 f.; Baums / Möller, in: Hommel / K necht (Hrsg.), Wertorientiertes Start-up-Management, 2002, S. 403 f.

340

§ 7 Lösungsansätze aus der Venture Capital-Vertragspraxis 

C. Informations- und Einsichtsrechte Informationsasymmetrien können zunächst reduziert werden, indem der schlech­ter informierten Partei Informationen zugänglich gemacht werden. In der Venture Capital-Vertragspraxis werden Kapitalgebern daher regelmäßig umfangreiche Informations- und Überwachungsrechte eingeräumt. Daneben sollen Einsichtsrechte die Kapitalgeber in die Lage versetzen, sich selbst bestimmte Informationen zu verschaffen und erhaltene Informationen auf ihre Richtigkeit und Vollständigkeit zu überprüfen.

I. Informationsrechte und Reportingpflichten Soweit Finanzierungen mittels Eigenkapitalbeteiligungen der Kapitalgeber erfolgen, stehen den Kapitalgebern als Anteilseignern des finanzierten Unternehmens abhängig von dessen Rechtsform gesetzliche Auskunfts- und Informationsrechte gegenüber dem Vorstand bzw. der Geschäftsführung zu.49 Allerdings genügen die gesetzlichen Informationsrechte dem umfassenden Informationsbedürfnis der Kapitalgeber im Rahmen von Venture Capital-Finanzierungen und ihrem Interesse an einer möglichst engmaschigen Kontrolle der Unternehmensführung in der Regel nicht.50 In nahezu sämtlichen Venture Capital-Verträgen werden den Kapitalgebern daher deutlich weitergehende Auskunfts- und Informationsrechte eingeräumt.51 49

Vgl. etwa § 131 AktG und § 51a GmbHG. Zur grundsätzlichen Bedeutung von Informationsrechten als zwingend erforderliche mitgliedschaftliche Grundrechte vgl. Kuntz, Gestaltung von Kapitalgesellschaften, 2016, S. 565 f. m. w. N. Zu den gesetzlichen Informationsrechten und -pflichten und deren Unzulänglichkeit im Bereich der Venture Capital-Finanzierung siehe auch Brehm, Venture-Capital-Vertragswerk, 2012, S. 74 f. (für die AG) und S. 80 f. (für die GmbH); Ziegert, Der Venture Capital-Beteiligungsvertrag, 2005, S. 152 ff. sowie ausführlich Kuntz, Gestaltung von Kapitalgesellschaften, 2016, S. 567 ff. 50 Vgl. dazu Brehm, Venture-Capital-Vertragswerk, 2012, S. 74 f.; Ziegert, Der Venture ­Capital-Beteiligungsvertrag, 2005, S. 152, 158; Weitnauer, in: Weitnauer (Hrsg.), Handbuch Venture Capital, 7. Aufl., 2022, Teil E., Rn. 168 ff.; Kuntz, Gestaltung von Kapitalgesellschaften, 2016, S. 567; Weitnauer, NZG 2001, 1065, 1070; Mellert, NZG 2003, 1096, 1099. Zur Umsetzung der Rechte von Wagniskapitalgebern im Hinblick auf die kleine Aktiengesellschaft siehe etwa Zetsche, NZG 2002, 942. 51 In der empirischen Untersuchung von Antonczyk, Venture-Capital-Verträge, 2006, S. 152, enthielten 98,9 % der Beteiligungsverträge der 91 untersuchten Venture Capital-Investitionen Informationsrechte zugunsten der Kapitalgeber. In der Studie von Antonczyk / Breuer / Mark, in: Gregoriou / Kooli / K raeussl (Hrsg.), Venture Capital in Europe, 2006, S. 239, die Vertragswerke von 51 Venture Capital-Investments auswertet, enthielten sämtliche untersuchten Verträge Informationsrechte zugunsten der Kapitalgeber. Für weitere empirische Angaben zu Inhalt und Häufigkeit von Informationsrechten siehe Reißig-Thust / Brettel / Witt, FB 2004, 637, 644 f. Vgl. ferner Ziegert, Der Venture Capital-Beteiligungsvertrag, 2005, S. 157 f.; Houben / Nippel, in: Börner / Grichnik (Hrsg.), Entrepreneurial Finance, 2005, S. 325, 330; Bartlett, 54 UCLA L. Rev. 37, 53 (2006); Pfeifer, BB 1999, 1665, 1671; Weitnauer, NZG 2001, 1065, 1070.

C. Informations- und Einsichtsrechte 

341

In der Regel werden Gründer verpflichtet, die Kapitalgeber regelmäßig über den Geschäftsverlauf ihres Unternehmens zu informieren.52 Viele Beteiligungsverträge sehen monatliche Berichte (flash reports) mit bestimmten Kennzahlen der laufenden Buchführung des Unternehmens vor.53 Da Illiquidität eine der Hauptgefahren für eine Insolvenz des Start-ups darstellt, ist der Finanzstatus für Kapitalgeber von besonderer Bedeutung.54 Darüber hinaus werden in der Regel vierteljährliche Berichterstattungspflichten vereinbart.55 Die Beteiligungsunternehmen werden typischerweise verpflichtet, die Bilanz, die Gewinn- und Verlustrechnung, eine Cash-Flow-Analyse sowie einen Kurzbericht über die gegenwärtige Situation ihres Produktes oder der Dienstleistung zu übermitteln.56 Ferner enthalten die Beteiligungsverträge die Pflicht, den Umsatz- und Finanzplan für das Folgejahr sowie die Jahresbilanz des vergangenen Jahres an die Kapitalgeber zu übermitteln.57 Soweit die Unternehmen nicht bereits nach § 316 Abs. 1 HGB zur Prüfung des Jahresabschlusses verpflichtet sind,58 wird die Prüfpflicht in der Regel vertraglich vereinbart.59 Schließlich verpflichten sich die finanzierten Unternehmen regelmäßig, die Kapitalgeber unaufgefordert über alle Ereignisse zu informieren, die für die geschäftliche Entwicklung des Unternehmens von wesentlicher Bedeutung sind oder den Wert des Beteiligungsunternehmens beeinträchtigen.60

52 Vgl. Grisebach, Innovationsfinanzierung, 1989, S. 216. Ferner Kuntz, Gestaltung von Kapitalgesellschaften, 2016, S. 567. 53 Ziegert, Der Venture Capital-Beteiligungsvertrag, 2005, S. 157. 54 Grisebach, Innovationsfinanzierung, 1989, S. 216, Fn. 100. 55 Grisebach, Innovationsfinanzierung, 1989, S. 216; Ziegert, Der Venture Capital-Beteiligungsvertrag, 2005, S. 157. 56 Grisebach, Innovationsfinanzierung, 1989, S. 216 f. 57 Grisebach, Innovationsfinanzierung, 1989, S. 217. 58 Nach § 316 Abs. 1 HGB sind Jahresabschluss und Lagebericht rechtsform- und größenabhängig nur von mittelgroßen und großen Kapitalgesellschaften durch einen Abschlussprüfer zu prüfen. Grundsätzlich nicht prüfpflichtig sind kleine Kapitalgesellschaften im Sinne von § 267 Abs. 1 HGB. Zu Befreiungen und weiteren Prüfpflichten siehe etwa Merkt, in: Hopt (Hrsg.), HGB, 41. Aufl., 2022, § 316, Rn. 1. Kleine Kapitalgesellschaften sind nach § 267 Abs. 1 HGB solche, die mindestens zwei der drei nachstehenden Merkmale nicht überschreiten: (1.) 6 Mio. Euro Bilanzsumme, (2.) 12 Mio. Euro Umsatzerlöse in den zwölf Monaten vor dem Abschlussstichtag, (3.) im Jahresdurchschnitt fünfzig Arbeitnehmer. Die meisten mittels Crowdinvesting finanzierten Unternehmen dürften demnach nicht nach § 316 Abs. 1 HGB prüfpflichtig sein. Siehe hierzu bereits § 5 D. I. 3. e) dd) (2) oben. 59 Grisebach, Innovationsfinanzierung, 1989, S. 217. 60 Vgl. Weitnauer, NZG 2001, 1065, 1071; Houben / Nippel, in: Börner / Grichnik (Hrsg.), Entrepreneurial Finance, 2005, S. 325, 330; Ziegert, Der Venture Capital-Beteiligungsvertrag, 2005, S. 157.

342

§ 7 Lösungsansätze aus der Venture Capital-Vertragspraxis 

II. Einsichts- und Kontrollrechte Die Informationsrechte der Venture Capital-Geber werden typischerweise flankiert durch Einsichts- und Kontrollrechte.61 Daneben werden den Kapitalgebern häufig Besuchsrechte eingeräumt, damit sich diese einen unmittelbaren Eindruck vor Ort verschaffen und auch mit den Mitarbeitern des finanzierten Unternehmens in Kontakt treten können.62 Entsprechende Rechte der Kapitalgeber, die erhaltenen Informationen zu überprüfen, etwa durch Einsichtnahme in Handelsbücher und Unterlagen des finanzierten Unternehmens, tragen zu einer wirksamen Kontrollmöglichkeit durch die gewährten Informationsrechte bei.63 Einsichts- und Kontrollrechte müssen allerdings mit dem berechtigten Interesse der Gründer am Schutz ihrer Betriebsgeheimnisse in Ausgleich gebracht werden.64

III. Funktion und verhaltenssteuernde Wirkung Zwischen Gründern und Kapitalgebern besteht ein erhebliches Informationsgefälle.65 Die Gründer sind mit der Geschäftsführung betraut und in den Unternehmensorganen vertreten. Sie haben umfassende Kenntnis über die Entwicklung und Interna des Unternehmens. Den Kapitalgebern fehlt hingegen regelmäßig ein effektiver Zugang zu Unternehmensinformationen. Hinzu kommt ein starker Anreiz der Gründer, negative Informationen zurückzuhalten und sich gegenüber den Kapitalgebern so positiv wie möglich darzustellen.66 Dieser Anreiz ist besonders ausgeprägt, wenn Gründer bei schlechter Unternehmensentwicklung Sanktionen, etwa eine Einschränkung ihres Einflusses auf die Unternehmensführung67 oder den Austausch des Managementteams, befürchten müssen.68 Informationsrechte und Reporting-Pflichten verringern das strukturelle Informationsgefälle zwischen Gründern und Kapitalgebern und wirken opportunistischem Verhalten und Ressourcenverschwendung durch die Gründer entgegen.69 61

Vgl. Grisebach, Innovationsfinanzierung, 1989, S. 217 ff. Grisebach, Innovationsfinanzierung, 1989, S. 217. 63 Grisebach, Innovationsfinanzierung, 1989, S. 220. 64 Vgl. Grisebach, Innovationsfinanzierung, 1989, S. 220. 65 Vgl. ausführlich oben § 6 A. I. 66 Siehe dazu oben § 6 B. II. 1.; vgl. ferner Reißig-Thust / Brettel / Witt, FB 2004, 636, 636. 67 Reißig-Thust / Brettel / Witt, FB 2004, 636, 636; ferner etwa Fried / Hisrich, 37 Calif. ­Manag. Rev. 101, 105 ff. (1995). 68 Reißig-Thust / Brettel / Witt, FB 2004, 636, 636; Fried / Hisrich, 37 Calif. Manag. Rev. 101, 105 (1995). 69 Vgl. dazu Grisebach, Innovationsfinanzierung, 1989, S. 219 f.; Reißig-Thust, VentureCapital-Gesellschaften, 2003, S. 122 ff., 197 ff.; Ziegert, Der Venture Capital-Beteiligungsvertrag, 2005, S. 151; Antonczyk, Venture-Capital-Verträge, 2006, S. 114 f.; Brehm, Venture-Capital-Vertragswerk, 2012, S. 81 f.; Weitnauer, in: Weitnauer (Hrsg.), Handbuch Venture Capital, 7. Aufl., 2022, Teil E., Rn. 168. 62

D. Mitwirkungs- und Entscheidungsrechte 

343

Gleichzeitig kann ein Monitoring dem Risikomanagement der Kapitalgeber dienen, indem es diesen ermöglicht, rechtzeitig Fehlverhalten und wirtschaftliche Fehlentwicklungen zu erkennen und durch zielgerichtete Gegenmaßnahmen auf die Gründer und die Unternehmensentwicklung einzuwirken.70 Ferner ist die von Venture Capital-Gebern regelmäßig gewünschte Beratung nur auf Grundlage ausreichender Information möglich.71 Informations- und Reportingpflichten ermöglichen so die Reduzierung von Wohlfahrtsverlusten und eine Erhöhung der erzielbaren Nettowertschöpfung.72 Allerdings führen Informationspflichten sowohl auf Gründerseite als auch auf der Seite des Kapitalgebers zu erheblichen Transaktionskosten.73 Je engmaschiger die Informationsrechte ausgestaltet sind, desto mehr Ressourcen der Gründer werden gebunden, die dann nicht mehr für die Unternehmensführung und das Tagesgeschäft zur Verfügung stehen.74 Verstärkt wird diese Problematik, wenn mehre Kapitalgeber mit unterschiedlichen Reporting-Anforderungen aufeinandertreffen. In diesem Fall ist ein möglichst einheitlicher und standardisierter Informationsfluss zur Verringerung von Transaktionskosten erforderlich.75 Auch auf Kapital­ geberseite ist das Monitoring des finanzierten Unternehmens mit erheblichen Kosten verbunden. Informationsrechte werden daher üblicherweise durch weitere Anreizmechanismen ergänzt.

D. Mitwirkungs- und Entscheidungsrechte Eine Möglichkeit, unmittelbar auf das Verhalten der Gründer einzuwirken, opportunistischem Verhalten zu begegnen und insbesondere zu verhindern, dass das investierte Kapital für unternehmensfremde Zwecke verwendet wird, bieten Mitwirkungs- und Entscheidungsrechte der Kapitalgeber.76 Regelmäßig sind Venture 70 Vgl. Brehm, Venture-Capital-Vertragswerk, 2012, S. 81 f.; Ziegert, Der Venture CapitalBeteiligungsvertrag, 2005, S. 142 f. 71 Grisebach, Innovationsfinanzierung, 1989, S. 220; Kuntz, Gestaltung von Kapitalgesellschaften, 2016, S. 567. 72 Siehe dazu § 2 B. II. 2. c)  oben. In der Studie von Landström, 2 Entrepreneurship Reg. Dev. 345–362 (1990) konnte etwa ein positiver Zusammenhang zwischen kontinuierlichem Monitoring und aktiver Begleitung durch den Venture Capital-Geber und dem Erfolg des finanzierten Unternehmens nachgewiesen werden. 73 Vgl. Grisebach, Innovationsfinanzierung, 1989, S. 219. 74 Vgl. Ziegert, Der Venture Capital-Beteiligungsvertrag, 2005, S. 157; Brehm, VentureCapital-Vertragswerk, 2012, S. 82 75 Vgl. Brehm, Venture-Capital-Vertragswerk, 2012, S. 84 f. 76 Kuntz, in: Drygala / Wächter (Hrsg.), Venture Capital, Beteiligungsverträge und Unterkomplexitätsprobleme, 2018, S. 25, 33; Kuntz, Gestaltung von Kapitalgesellschaften, 2016, S. 105 f. Zu Mitwirkungsrechten (control rights) siehe auch Dessein, 60 J. Fin. 2513–2549 (2005), der zeigt, dass Entrepreneure mit zunehmenden Informationsvorsprüngen und zunehmender Unsicherheit Investoren Mitwirkungsrechte gewähren, um die Qualität ihres Projekts und gleichgerichtete Interessen zu signalisieren; ferner Hellman, 29 RAND J. Econ. 57–76 (1998); Bratton, 100 Mich. L. Rev. 891–945 (2002). Zur optimalen Zuteilung von Ent-

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§ 7 Lösungsansätze aus der Venture Capital-Vertragspraxis 

Capital-Geber allerdings nicht an einer umfassenden Kontrolle des Unternehmens interessiert, sondern lediglich an Rechten, mit denen sie in problematischen Situa­ tionen in die Unternehmensführung eingreifen können und insbesondere offen opportunistisches Verhalten verhindern können.77 Je weitergehend Mitwirkungs- und Entscheidungsrechte ausgestaltet sind, desto mehr wird die Autonomie der Gründer und eine sachnahe Unternehmensführung eingeschränkt. Zu exzessive Mitwirkungsrechte der Kapitalgeber können daher nicht nur zu einer Einschränkung der Flexibilität und der Handlungsfähigkeit des Unternehmens führen, sondern angesichts der Einschränkung der Autonomie der Gründer demotivierend auf diese wirken. Im Ergebnis können sich zu weitgehende Mitwirkungsrechte der Kapitalgeber daher negativ auf die Unternehmensentwicklung auswirken.78 Kapitalgeber können unmittelbaren Einfluss auf die Unternehmensführung nehmen, wenn ihnen korporative Stimmrechte eingeräumt werden, wenn sie in Kontrollorganen des Unternehmens vertreten sind oder wenn bestimmte Maßnahmen vertraglich vereinbarten Zustimmungsvorbehalten unterliegen.79

I. Korporative Stimmrechte Erhalten die Kapitalgeber Anteile mit Stimmrechten an dem finanzierten Unternehmen, können sie bei Entscheidungen mitwirken, die in den Kompetenzbereich der Anteilseigner fallen, und die Risikostruktur der Gesellschaft insoweit unmittelbar beeinflussen.80 Je nach Ausgestaltung der Unternehmensverfassung können scheidungsrechten siehe auch Yerramilli, 42 RAND J. Econ. 705–728 (2011), der zeigt, dass eine Verschiebung der Entscheidungsrechte von Managern zu den Kapitalgebern bei einer schlechten Unternehmensentwicklung positive Anreizwirkungen entfaltet. 77 Vgl. Kuntz, Gestaltung von Kapitalgesellschaften, 2016, S. 107. Siehe auch Dessein, 60 J. Fin. 2513, 2515, 2535 f. (2005). 78 Vgl. Grisebach, Innovationsfinanzierung, 1989, S. 221. Siehe aber auch Dessein, 60 J. Fin. 2513, 2529 (2005), der zwischen „formal control right“, also dem Recht, formal Entscheidungen zu treffen, und „real control“, als der tatsächlichen Herrschaft über Entscheidungen, unterscheidet. Das Model zeigt, dass „gute“ Gründer, deren Interessen sich im Einklang mit den Interessen der Kapitalgeber befinden, bereit sind, den Kapitalgebern weitgehende formale Kontrollrechte einzuräumen, da die Gründer damit ihre Interessenkongruenz signalisieren können. Gleichzeitig können sie so das Vertrauen der Kapitalgeber steigern. Dies führt dazu, dass Kapitalgeber – quasi im Austausch gegen „formal control“ – den Gründern mehr vertrauen und de facto weitergehende Entscheidungsspielräume einräumen. Im Ergebnis können Gründer demnach durch Aufgabe formaler Entscheidungsrechte ein höheres Maß an „real control“ erlangen. 79 Kuntz, in: Drygala / Wächter (Hrsg.), Venture Capital, Beteiligungsverträge und Unterkomplexitätsprobleme, 2018, S. 25, 34; Kuntz, Gestaltung von Kapitalgesellschaften, 2016, S. 106; Bratton, 100 Mich. L. Rev. 891, 922 ff. (2002). 80 Vgl. dazu etwa Kuntz, in: Drygala / Wächter (Hrsg.), Venture Capital, Beteiligungsverträge und Unterkomplexitätsprobleme, 2018, S. 25, 34. Ausführlich zu Grundlagen und Ausgestaltungsmöglichkeiten siehe Kuntz, Gestaltung von Kapitalgesellschaften, 2016, S. 109 ff. (in der Delaware Corporation) und S. 556 ff. (unter deutschem Recht).

D. Mitwirkungs- und Entscheidungsrechte 

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Kapitalgeber ferner Entscheidungen der Gründer beeinflussen oder verhindern, die den Interessen der Kapitalgeber zuwiderlaufen. Allerdings dürfte die Einflussnahme regelmäßig auf bestimmte Situationen von wesentlicher Bedeutung beschränkt sein. Außerdem sind die Einflussmöglichkeiten der Kapitalgeber von ihrem Stimmengewicht abhängig. Typischerweise werden Kapitalgeber nur eine Minderheitenposition innehaben, sodass sie sich bei kontroversen Entscheidungen möglicherweise nicht gegen die Stimmen der Gründer durchsetzen können.81

II. Vertretung in Kontrollgremien Eine weitere Möglichkeit zur Kontrolle und gegebenenfalls Einflussnahme auf die Unternehmensführung ist die Entsendung von Vertretern in ein Kontroll­ gremium  – insbesondere Aufsichtsrat82 oder Beirat83  – des zu finanzierenden Unternehmens.84 Die Kapitalgeber haben so einerseits die Möglichkeit bei Entscheidungen mitzuwirken, die der Entscheidungsbefugnis des Kontrollorgans unterliegen.85 Regelmäßig kann so auch auf die Zusammensetzung der Geschäftsleitung Einfluss genommen werden.86 Andererseits ermöglicht es die Vertretung 81 Eine Kontrolle durch Sperrminoritäten kann allerdings abhängig von den Beteiligungsverhältnissen auch ermöglicht werden, indem höhere als die gesetzlichen Mehrheitserfordernisse (vgl. § 133 Abs. 1 AktG, § 47 Abs. 1 GmbHG) vereinbart werden. Vgl. dazu Ziegert, Der Venture Capital-Beteiligungsvertrag, 2005, S. 150 f. 82 Der Aufsichtsrat der AG (vgl. §§ 95 bis 116 AktG sowie § 84 Abs. 1, 3 AktG) hat Überwachungsfunktion. Nach § 111 Abs. 1 und 2 AktG überwacht er die Geschäftsführung des Vorstands und verfügt dafür über umfangreiche Informations- und Einsichtsrechte, vgl. etwa Koch, AktG, 16. Aufl., 2022, § 111, Rn. 2 ff. Daneben bestellt er den Vorstand (§§ 30 Abs. 4, 84 AktG), vgl. Koch, AktG, 16. Aufl., 2022, § 84, Rn. 1. Siehe dazu, zu Problemen und Gestaltungsmöglichkeiten im Kontext der Venture Capital-Finanzierung etwa Brehm, Venture-Capital-Vertragswerk, 2012, S. 86 ff.; Kuntz, Gestaltung von Kapitalgesellschaften, 2016, S. 601 ff. 83 Für die GmbH kann in der Satzung ein Aufsichtsrat vorgesehen werden (fakultativer Aufsichtsrat), auf den spezifische Regelungen des Aktienrechts Anwendung finden (§ 52 Abs. 1 GmbHG). Dem Aufsichtsrat können durch die Satzung Teilaufgaben der Überwachung der Geschäftsführer übertragen werden (vgl. dazu Noack, in: Noack / Servatius / Haas (Hrsg.), GmbHG, 23. Aufl., 2022, § 52, Rn. 1). In der Praxis wird hingegen häufig ein Beirat eingerichtet, dem neben Beratungs- und Kontrollaufgaben auch organschaftliche Befugnisse der Gesellschafter­ versammlung und der Geschäftsführer zugewiesen werden können (vgl. Giedinghagen, in: Michalski / Heidinger / Leible / J. Schmidt (Hrsg.), GmbH-Gesetz, 3.  Aufl., 2017, § 52, Rn.  417 ff.). Siehe dazu, zu Problemen und Gestaltungsmöglichkeiten im Kontext der Venture CapitalFinanzierung etwa Brehm, Venture-Capital-Vertragswerk, 2012, S. 93 ff.; Kuntz, Gestaltung von Kapitalgesellschaften, 2016, S. 613 ff. 84 Vgl. Ziegert, Der Venture Capital-Beteiligungsvertrag, 2005, S. 142 ff.; Weitnauer, NZG 2001, 1065, 1071; Houben / Nippel, in: Börner / Grichnik (Hrsg.), Entrepreneurial Finance, 2005, S. 325, 330 f.; Kuntz, Gestaltung von Kapitalgesellschaften, 2016, S. 106. In der Untersuchung von Brehm, Venture-Capital-Vertragswerk, 2012, S. 205, waren in 78,2 % der untersuchten Fälle Venture Capital-Investoren in Gremien des Zielunternehmens vertreten. 85 Kuntz, Gestaltung von Kapitalgesellschaften, 2016, S. 106. 86 Kuntz, in: Drygala / Wächter (Hrsg.), Venture Capital, Beteiligungsverträge und Unterkomplexitätsprobleme, 2018, S. 25, 34; Hellman, 29 RAND J. Econ. 57, 60 (1998).

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§ 7 Lösungsansätze aus der Venture Capital-Vertragspraxis 

in einem Kontrollorgan den Venture Capital-Gebern, ihre Erfahrung und ihr spezifisches Wissen einzubringen und den Gründern beratend zur Seite zu stehen.87 Inwieweit die Vertretung in Kontrollorganen geeignet ist, opportunistischem Verhalten der Gründer entgegenzuwirken, hängt jedoch von der Ausgestaltung des Kontrollorgans und den Umständen des Einzelfalls ab. Auch hier dürften die Kompetenzen des Kontrollorgans häufig eingeschränkt sein oder sich auf Situationen von wesentlicher Bedeutung für das Unternehmen beschränken. Zudem müssten Kapitalgeber in Kontrollorganen über ein ausreichendes Stimmengewicht oder Vetorechte verfügen, um Einfluss auf die Unternehmensführung nehmen zu können.

III. Zustimmungsvorbehalte Eine wirksame Möglichkeit, mit der sich Kapitalgeber unmittelbaren Einfluss auf die Geschäftsführung sichern können, bieten zudem vertraglich vereinbarte Zustimmungsvorbehalte.88 Während mitgliedschaftliche Rechte und Abstimmungs­ rechte nur bestimmte Vorgänge umfassen und ein maßgeblicher Einfluss am zu geringen Stimmgewicht der Kapitalgeber scheitern kann, können Zustimmungsvorbehalte – auch ergänzend – eine Mitwirkung der Kapitalgeber sicherstellen.89 Sie sind in der Regel als Verbote mit Erlaubnisvorbehalt ausgestaltet90 und betreffen vor allem solche Maßnahmen der Gesellschaft, die typisierte Risiken mit sich bringen.91 Venture Capital-Verträge enthalten häufig Zustimmungserfordernisse, nach denen Maßnahmen, die über den Rahmen des üblichen Geschäftsbetriebes hinausgehen, der vorherigen Zustimmung des Kapitalgebers bedürfen.92 Solche zustim 87

Vgl. zur Relevanz der Beratungstätigkeit von Venture Capital-Gebern und ihre Auswirkungen auf den Unternehmenserfolg Schefczyk, Erfolgsstrategien deutscher Venture CapitalGesellschaften, 3. Aufl., 2004, S. 338 ff., 399 ff. 88 Vgl. dazu etwa Brehm, Venture-Capital-Vertragswerk, 2012, S. 98 ff.; umfassend Kuntz, Gestaltung von Kapitalgesellschaften, 2016, S. 616 ff. In der empirischen Studie von Anton­ czyk, Venture-Capital-Verträge, 2006, S. 152, enthielten 97,8 % der Beteiligungsverträge der 91 untersuchten Venture-Capital-Investitionen Zustimmungsvorbehalte der Kapitalgeber. Nach der Studie von Reißig-Thust / Brettel / Witt, FB 2004, 636, 645, wurden in 88,6 % der untersuchten Beteiligungsfälle (n = 114) Vetorechte der Venture Capital-Gesellschaft für bedeutsame Managemententscheidungen vereinbart. Ein signifikanter Einfluss auf den Erfolg der Beteiligung konnte hingegen nicht nachgewiesen werden. Zu einer präzisen Unterscheidung zwischen Vetorechten und Zustimmungsrechten, die ein aktives Tätigwerden des Zustimmungsberechtigten erfordern, siehe Ziegert, Der Venture Capital-Beteiligungsvertrag, 2005, S. 150. 89 Vgl. dazu Kuntz, in: Drygala / Wächter (Hrsg.), Venture Capital, Beteiligungsverträge und Unterkomplexitätsprobleme, 2018, S. 25, 35. 90 Kuntz, Gestaltung von Kapitalgesellschaften, 2016, S. 107. 91 Kuntz, in: Drygala / Wächter (Hrsg.), Venture Capital, Beteiligungsverträge und Unterkomplexitätsprobleme, 2018, S. 25, 35. 92 Vgl. Weitnauer, NZG 2001, 1065, 1070; Houben / Nippel, in: Börner / Grichnik (Hrsg.), Entrepreneurial Finance, 2005, S. 325, 330; ferner Grisebach, Innovationsfinanzierung, 1989, S. 218; Kuntz, Gestaltung von Kapitalgesellschaften, 2016, S. 618.

E. Stufenfinanzierung ( Staging)

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mungspflichtige Geschäfte sind häufig Strukturentscheidungen wie Satzungsänderungen, die Aufnahme neuer Gesellschafter, Kapitalmaßnahmen, Veräußerungen von wesentlichen Teilen des Unternehmensvermögens sowie Abschluss, Änderung oder Aufhebung von Unternehmensverträgen oder Umwandlungen.93 Weitere Zustimmungsvorbehalte können den Beschluss des Jahresbudgets, Gewinnausschüttungen oder die Bestellung neuer Geschäftsführer betreffen.94 Ferner werden für operative Geschäfte, die über den alltäglichen Geschäftsbetrieb hinausgehen und von wesentlicher wirtschaftlicher Bedeutung sind – etwa Investitionen, die einen Schwellenwert überschreiten, Aufnahme und Vergabe von Krediten, Verträge mit Gesellschaftern und Angehörigen – Zustimmungsvorbehalte vereinbart.95

IV. Weitergehende Eingriffsrechte Bisweilen lassen sich Venture Capital-Geber für bestimmte Krisensituationen noch weitergehende, über bloße Zustimmungsvorbehalte hinausgehende Eingriffsrechte einräumen.96 Solche Eingriffsrechte können etwa das Recht umfassen, die Geschäftsführung auszuwechseln97 oder die Stimmenmehrheit im Unternehmen zu übernehmen.98 Die Rechte können regelmäßig erst dann ausgeübt werden, wenn bestimmte Bedingungen eingetreten sind – etwa wenn ein bestimmter Anteil des Eigenkapitals aufgezehrt ist oder gegen bestimmte vertragliche Verpflichtungen verstoßen wurde.99

E. Stufenfinanzierung (Staging) Eine wichtige Möglichkeit, das Verhalten der Kapitalnehmer in ihrem Sinne zu beeinflussen, bietet sich Kapitalgebern, wenn sie den Kapitalnehmern das erforderliche Kapital nicht in einer Summe, sondern stufenweise zur Verfügung stellen (sog. Stufen- oder Phasenfinanzierung, Staged Financing oder Staging).

93

Weitnauer, NZG 2001, 1065, 1070 f.; Houben / Nippel, in: Börner / Grichnik (Hrsg.), Entre­ preneurial Finance, 2005, S. 325, 330; Weitnauer, in: Weitnauer (Hrsg.), Handbuch Venture Capital, 7. Aufl., 2022, Teil E., Rn. 173 ff. 94 Grisebach, Innovationsfinanzierung, 1989, S. 218. 95 Vgl. Weitnauer, NZG 2001, 1065, 1070 f.; Brehm, Venture-Capital-Vertragswerk, 2012, S. 105 f. 96 Grisebach, Innovationsfinanzierung, 1989, S. 225 ff. 97 Dazu sowie zu Möglichkeiten der rechtlichen Umsetzung siehe Ziegert, Der Venture Capital-Beteiligungsvertrag, 2005, S. 158 ff.; Kuntz, Gestaltung von Kapitalgesellschaften, 2016, S. 614 ff.; ferner Grisebach, Innovationsfinanzierung, 1989, S. 226 ff. 98 Zur rechtlichen Umsetzung siehe Grisebach, Innovationsfinanzierung, 1989, S. 228 ff. 99 Grisebach, Innovationsfinanzierung, 1989, S. 225 f.

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§ 7 Lösungsansätze aus der Venture Capital-Vertragspraxis 

I. Grundlagen Die stufenweise Bereitstellung von Kapital ist in der Venture Capital-Finanzierung weit verbreitet.100 Üblicherweise stellen Venture Capital-Geber Start-ups nicht sofort so viel Kapital zur Verfügung wie diese voraussichtlich benötigen, um den break even zu erreichen.101 Stattdessen erfolgt die Kapitalüberlassung in mehreren Phasen, in denen die Unternehmen jeweils einzelne Tranchen des benötigten Kapitals erhalten.102 Die Stufenfinanzierung wird im Wesentlichen in zwei verschiedenen Grundformen ausgestaltet.103 Einerseits kann die Finanzierung in mehreren nacheinander geschalteten, selbständigen Finanzierungsrunden stattfinden.104 Bei dieser Form, dem sog. ex post-Staging,105 entscheidet der Kapitalgeber erst nach Abschluss der vorhergehenden Phase, ob er eine weitere Tranche gewährt oder kein weiteres Kapital zur Verfügung stellt.106 Die Weiterfinanzierung steht also im freien Ermessen des Kapitalgebers.107 Bei dem ex ante-Staging verpflichtet sich der Kapitalgeber hingegen bereits von Anfang an dazu, das Unternehmen in mehreren Tranchen zu 100

Nach der Studie von Reißig-Thust / Brettel / Witt, FB 2004, 636, 643 ff., wurde in 42,1 % der untersuchten Beteiligungsfälle (n = 114) eine gestaffelte und meilensteinabhängige Bereitstellung des Kapitals vereinbart. Ein signifikanter Einfluss auf den Erfolg der Beteiligung konnte hingegen nicht nachgewiesen werden. Der Untersuchung lagen Daten aus dem Jahr 2001 zu 49 renditeorientierten VC-Gesellschaften mit einem Fondsvolumen von 7,48 Mrd. Euro (26,2 % des zu diesem Zeitpunkt in Deutschland verfügbaren Risikokapitals in Höhe von 28,6 Mrd. Euro und 47,3 % des investierten Kapitals (15,8 Mrd. Euro)) zugrunde; siehe auch Reißig-Thust, Venture-Capital-Gesellschaften, 2003, S. 190. In der Studie von Antonczyk, Venture-CapitalVerträge, 2006, S. 152, waren 48,4 % der Beteiligungsverträge von 91 untersuchten Venture Capital-Investitionen als Phasenfinanzierung ausgestaltet. 101 Typischerweise statten Kapitalgeber Start-up-Unternehmen nur mit dem zur Erreichung etwaiger Meilensteine unbedingt notwendigen Kapital aus. Vgl. etwa Gorman / Sahlman, 4 J. Bus. Vent, 231, 238 (1989). 102 Vgl. dazu Reißig-Thust, Venture-Capital-Gesellschaften, 2003, S. 106 ff.; Bartlett, 54 UCLA L. Rev. 37, 52 f. (2006); Baums / Möller, in: Hommel / K necht (Hrsg.), Wertorientiertes Start-up-Management, 2002, S. 398 ff.; Ziegert, Der Venture Capital-Beteiligungsvertrag, 2005, S. 122 ff.; Antonczyk, Venture-Capital-Verträge, 2006, S. 109 ff.; Brehm, Venture-Capital-Vertragswerk, 2012, S. 61 ff.; Kuntz, Gestaltung von Kapitalgesellschaften, 2016, S. 121 ff.; Denis, 10 J. Corp. Fin. 301, 315 (2004). 103 Vgl. Antonczyk, Venture-Capital-Verträge, 2006, S. 109 ff.; Kuntz, Gestaltung von Kapitalgesellschaften, 2016, S. 121; Kaplan / Strömberg, 70 Rev. Econ. Stud. 281, 304 (2003). 104 Vgl. etwa Baums / Möller, in: Hommel / K necht (Hrsg.), Wertorientiertes Start-up-Management, 2002, S. 398; Ziegert, Der Venture Capital-Beteiligungsvertrag, 2005, S. 123 ff.; Anton­ czyk, Venture-Capital-Verträge, 2006, S. 109 ff.; Kuntz, Gestaltung von Kapitalgesellschaften, 2016, S. 121. 105 Zu der Unterscheidung von ex ante-Staging und ex post-Staging vgl. Kaplan / Strömberg, 70 Rev. Econ. Stud. 281, 304 (2003); Kaplan / Strömberg, 59 J. Finance 2177, 2200 (2004); Antonczyk, Venture-Capital-Verträge, 2006, S. 109 f. 106 Kaplan / Strömberg, 70 Rev. Econ. Stud. 281, 304 (2003); Kuntz, Gestaltung von Kapitalgesellschaften, 2016, S. 121. 107 Vgl. Kuntz, Gestaltung von Kapitalgesellschaften, 2016, S. 121.

E. Stufenfinanzierung ( Staging)

349

finanzieren.108 Der Venture Capital-Geber erhält in der Regel unmittelbar die volle Anteilsquote.109 Die Auszahlung der Investitionssumme erfolgt hingegen in mehreren Teilbeträgen. Die Auszahlung weiterer Tranchen ist aufschiebend bedingt durch die Erreichung bestimmter zuvor festgelegter Bedingungen (Mile­stones). Das Start-up erhält also zunächst nur so viel Kapital wie es voraussichtlich benötigt, um den nächsten Milestone zu erreichen.110 Als Milestones werden wesentliche, zukunftsgerichtete qualitative oder quanti­ tative Entwicklungsschritte des Unternehmens bestimmt.111 Es kann sich dabei einerseits um wirtschaftliche Kennzahlen, wie beispielsweise bestimmte Umsatzzahlen oder Ertragsgrößen, handeln.112 In Betracht kommen andererseits aber auch technische oder produktbezogene Entwicklungserfolge wie beispielsweise die Fertigstellung eines Prototyps, das Bestehen bestimmter Testverfahren oder die Erteilung eines Patents.113

II. Funktionen und verhaltenssteuernde Wirkung Der Stufenfinanzierung wird in der Venture Capital-Praxis eine überragende Bedeutung zur Verhaltenssteuerung und Reduktion von Agenturproblemen zugeschrieben.114 Darüber hinaus ermöglicht das Staging Kapitalgebern, das mit der Investition verbundene Risiko unmittelbar zu reduzieren. 108

Vgl. dazu Baums / Möller, in: Hommel / K necht (Hrsg.), Wertorientiertes Start-up-Manage­ ment, 2002, S. 398; Weitnauer, in: Weitnauer (Hrsg.), Handbuch Venture Capital, 7. Aufl., 2022, Teil E., Rn. 146 f.; Kuntz, Gestaltung von Kapitalgesellschaften, 2016, S. 121; Kaplan  / ​ Strömberg, 70 Rev. Econ. Stud. 281, 304 (2003). 109 Zu einer weiteren Ausdifferenzierung dieser Form der Stufenfinanzierung (Fortführungsfinanzierungsvariante, Wandlungsvariante, Optionsvariante) vgl. Hoffmann / Hölzle, FB 2004, 233, 233. 110 Vgl. Sahlman, 27 J. Fin. Econ. 473, 507 (1990); Baums / Möller, in: Hommel / K necht (Hrsg.), Wertorientiertes Start-up-Management, 2002, S. 398. 111 Brehm, Venture-Capital-Vertragswerk, 2012. S. 63; Hoffmann / Hölzle, FB 2004, 233, 233; Kuntz, Gestaltung von Kapitalgesellschaften, 2016, S. 124 f.; Weitnauer, in: Weitnauer (Hrsg.), Handbuch Venture Capital, 7. Aufl., 2022, Teil E., Rn. 146 f. 112 Weitnauer, in: Weitnauer (Hrsg.), Handbuch Venture Capital, 7. Aufl., 2022, Teil  E., Rn. 146 f.; Kuntz, Gestaltung von Kapitalgesellschaften, 2016, S. 124; Kaplan / Strömberg, 70 Rev. Econ. Stud. 281, 304 (2003). 113 Vgl. Baums / Möller, in: Hommel / K necht (Hrsg.), Wertorientiertes Start-up-Management, 2002, S. 398; Weitnauer, in: Weitnauer (Hrsg.), Handbuch Venture Capital, 7. Aufl., 2022, Teil E., Rn. 146 f.; Brehm, Venture-Capital-Vertragswerk, 2012. S. 63; Kuntz, Gestaltung von Kapitalgesellschaften, 2016, S. 124. 114 Vgl. Sahlman, 27 J. Fin. Econ. 473, 506 ff. (1990); Reißig-Thust, Venture-Capital-Gesellschaften, 2003, S. 106 f.; Antonczyk, Venture-Capital-Verträge, 2006, S. 109 ff.; Brehm, Venture-Capital-Vertragswerk, 2012, S. 62; Krecek, Venture Capital, 2005, S. 41 f.; Schefczyk, Erfolgsstrategien deutscher Venture Capital-Gesellschaften, 3. Aufl., 2004, S. 48; Schefczyk, Finanzieren mit Venture Capital, 2. Aufl., 2006, S. 29 f. Die aus der empirischen Forschung verfügbaren Daten zur Wirksamkeit der Leistungsanreize sind allerdings nicht eindeutig:

350

§ 7 Lösungsansätze aus der Venture Capital-Vertragspraxis 

1. Minimierung des Verlustrisikos des Investors Kapitalgeber können Staging zunächst als Mechanismus zur unmittelbaren Minimierung des Risikos ihrer Investition einsetzen.115 Wird die Auszahlung einer weiteren Tranche an technische oder produktbezogene Entwicklungserfolge geknüpft (z. B. Erteilung eines Patents), folgt die weitere Kapitalüberlassung erst, wenn ein Teil des Humankapitals der Gründer im Unternehmen gebunden ist und neue Vermögenswerte (z. B. ein Patent) geschaffen wurden, auf die die Kapitalgeber im Krisenfall zugreifen können.116 Mit einer Staffelung der Finanzierung kann damit das mit der Humankapitalspezifität der Investition verbundene Risiko minimiert werden. Außerdem bietet die gestaffelte Finanzierung den Kapitalgebern eine unmittelbare Ausstiegsoption und die Möglichkeit, ihren Verlust zu begrenzen, wenn sich das Unternehmen negativ entwickelt und vereinbarte Meilensteine nicht erreicht werden.117 2. Reduzierung von Informationsasymmetrien Die gestaffelte Finanzierung ist darüber hinaus geeignet, sowohl vorvertraglichen als auch nachvertraglichen Informationsasymmetrien entgegenzuwirken.118 Vor Abschluss des Finanzierungsvertrages werden Gründer durch die in Aussicht gestellte Phasenfinanzierung zu einer realistischeren Darstellung ihres Unternehmens und dessen Entwicklungspotential im Business Plan motiviert.119 Wie oben erörtert, haben Gründer grundsätzlich ein Interesse, die Unternehmensentwicklung im Business Plan möglichst optimistisch darzustellen, um eine Finanzierung zu erhalten.120 Stellen die Gründer die Entwicklungsperspektiven jedoch zu optimistisch dar, werden auch die Milestones zu optimistisch angesetzt. Damit erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, dass diese nicht erreicht werden und die Weiterfinanzierung ­ eißig-Thust / Brettel / Witt, FB 2004, 636, 643, konnten in ihrer Studie eine positive AuswirR kung der gestaffelten und an Meilensteine gebundenen Finanzierung auf den Beteiligungserfolg nicht nachweisen. 115 Vgl. dazu Reißig-Thust, Venture-Capital-Gesellschaften, 2003, S. 107; Houben / Nippel, in: Börner / Grichnik (Hrsg.), Entrepreneurial Finance, 2005, S. 325, 342; Gompers, 50 J. Fin. 1461, 1461 (1995). 116 Kuntz, Gestaltung von Kapitalgesellschaften, 2016, S. 124; Neher, 66 Rev. Econ. Stud. 255, 262 ff., 269 (1999). Zur Problematik der Humankapitalspezifität des Investments siehe bereits § 6 B. II. 6. c) oben. 117 Reißig-Thust, Venture-Capital-Gesellschaften, 2003, S. 107; Houben / Nippel, in: Börner / Grichnik (Hrsg.), Entrepreneurial Finance, 2005, S. 325, 342; Smith, 53 UCLA L. Rev. 315, 323 (2005); Gompers, 50 J. Fin. 1461, 1461 (1995). 118 Baums / Möller, in: Hommel / K necht (Hrsg.), Wertorientiertes Start-up-Management, 2002, S. 399, vgl. ferner Kuntz, Gestaltung von Kapitalgesellschaften, 2016, S. 122. 119 Baums / Möller, in: Hommel / K necht (Hrsg.), Wertorientiertes Start-up-Management, 2002, S. 399. 120 Siehe § 6 B. II. 1. a) oben.

E. Stufenfinanzierung ( Staging)

351

des Unternehmens gefährdet wird.121 Da die Gründer jedoch nicht nur ein Interesse an der Finanzierungszusage, sondern auch an der vollständigen Auszahlung der einzelnen Tranchen haben, setzt die Vereinbarung von Milestones einen Anreiz, zu realistisch(er)en Angaben der Gründer vor Vertragsschluss.122 Auch nachvertraglichen Informationsasymmetrien kann eine Phasenfinanzierung entgegenwirken.123 Vor der Auszahlung weiterer Tranchen müssen Gründer dem Kapitalgeber weitere Informationen übermitteln, um die Erfüllung der vereinbarten Milestones nachzuweisen. Der Kapitalgeber erhält somit auch nach Vertragsschluss weitere Informationen über die bisherige Entwicklung des Unternehmens und verfügt mit der Entscheidung über die Auszahlung über ein wirksames Druckmittel, diese Informationsrechte durchzusetzen. 3. Reduzierung von opportunistischem Verhalten Weiterhin gilt die Stufenfinanzierung als effektives Mittel zur Reduzierung von opportunistischem Verhalten.124 Mit der Staffelung der Finanzierung werden die dem Unternehmen zur Verfügung stehenden liquiden Mittel verknappt. Dies beschränkt die finanziellen Spielräume der Unternehmensführung und somit die Möglichkeit, Ressourcen für eigennützige, unternehmensfremde Zwecke einzusetzen.125 Sind die verfügbaren finanziellen Mittel beschränkt, besteht zugleich ein Anreiz, diese effizienter einzusetzen.126 Zudem werden weitere Leistungsanreize für die Gründer gesetzt.127 Einerseits haben sie durch die Aussicht auf weiteres Kapital einen positiven Anreiz, das Unternehmen erfolgreich zu führen, um die vereinbarten Milestones zu erreichen.128

121

Vgl. Antonczyk, Venture-Capital-Verträge, 2006, S. 110 f.; Reißig-Thust / Brettel / Witt, FB 2004, 636, 638 f. 122 Vgl. Baums / Möller, in: Hommel / K necht (Hrsg.), Wertorientiertes Start-up-Management, 2002, S. 399. 123 Vgl. dazu Antonczyk, Venture-Capital-Verträge, 2006, S. 112. 124 Reißig-Thust, Venture-Capital-Gesellschaften, 2003, S. 106 f.; vgl. auch Baums / Möller, in: Hommel / K necht (Hrsg.), Wertorientiertes Start-up-Management, 2002, S. 398; Kuntz, Gestaltung von Kapitalgesellschaften, 2016, S. 123; Gompers, 50 J. Fin. 1461–1489 (1995). 125 Reißig-Thust, Venture-Capital-Gesellschaften, 2003, S. 106 f.; vgl. auch Baums / Möller, in: Hommel / K necht (Hrsg.), Wertorientiertes Start-up-Management, 2002, S. 398; Kuntz, Gestaltung von Kapitalgesellschaften, 2016, S. 123; Kaplan / Strömberg, 59 J. Finance 2177, 2200 ff. (2004); Schefczyk, Finanzieren mit Venture Capital, 2. Aufl., 2006, S. 29 f.; Schefczyk, Erfolgsstrategien deutscher Venture Capital-Gesellschaften, 3. Aufl., 2004, S. 48. 126 Sahlman, 27 J. Fin. Econ. 473, 507 (1990); Reißig-Thust, Venture-Capital-Gesellschaften, 2003, S. 106; Baums / Möller, in: Hommel / K necht (Hrsg.), Wertorientiertes Start-up-Management, 2002, S. 398. 127 Baums / Möller, in: Hommel / K necht (Hrsg.), Wertorientiertes Start-up-Management, 2002, S. 399. 128 Antonczyk, Venture-Capital-Verträge, 2006, S. 111.

352

§ 7 Lösungsansätze aus der Venture Capital-Vertragspraxis 

Umgekehrt müssen die Gründer bei Nichterreichen der Milestones und einer Verweigerung der Weiterfinanzierung mit einem Abbruch ihres Projekts und dem Entzug der Verfügungsmacht über ihr Unternehmen rechnen.129 Der Leistungsanreiz wird auch dadurch erhöht, dass der Markt und potentielle andere Investoren eine Versagung der Weiterfinanzierung infolge des Nichterreichens von Milestones als negatives Signal wahrnehmen und entsprechend sanktionieren würden.130 4. Entscheidungsbefugnis in Krisensituationen Zeichnet sich ein Scheitern des Projekts ab oder befindet sich das Start-up in wirtschaftlicher Schieflage und ist deshalb nicht fortführungswürdig, besteht für Gründer und Unternehmensführung in der Regel kein Anreiz, das Unternehmen zu liquidieren.131 Vielmehr ist es im Interesse der Gründer, das Unternehmen erst zu liquidieren, wenn keine finanziellen Mittel mehr verfügbar und sie faktisch zur Aufgabe gezwungen sind.132 Eine Liquidierung des Unternehmens bedeutet für Gründer und die Unternehmensführung, sich ihr Scheitern eingestehen zu müssen.133 Damit einher geht der Verlust ihres Arbeitsplatzes.134 Verfügen die Kapitalgeber über Liquidationspräferenzen135 oder erfolgte die Finanzierung mittels Fremdkapital, gehen Gründer bei einer Liquidation in der Regel leer aus, sodass ihre Beteiligung wertlos ist.136 Wird das Unternehmen hingegen fortgeführt, besteht zumindest die theoretische Möglichkeit einer Verbesserung der Situation.137 Außerdem erlangen die Gründer weiterhin private Vorteile aus dem Unternehmen. Kapitalgeber können mit einer rechtzeitigen Liquidation hingegen zumindest ihren Verlust begrenzen.138

129

Antonczyk, Venture-Capital-Verträge, 2006, S. 112; Mark, Venture Capital, 2005, 196 ff. Sahlman, 27 J. Fin. Econ. 473, 507 (1990); Baums / Möller, in: Hommel / K necht (Hrsg.), Wertorientiertes Start-up-Management, 2002, S. 398; Kuntz, Gestaltung von Kapitalgesellschaften, 2016, S. 122. 131 Siehe dazu bereits § 6 B. II. 9. oben. Vgl. ferner Houben / Nippel, in: Börner / Grichnik (Hrsg.), Entrepreneurial Finance, 2005, S. 325, 342. 132 Sahlman, 27 J. Fin. Econ. 473, 507 (1990); Houben / Nippel, in: Börner / Grichnik (Hrsg.), Entrepreneurial Finance, 2005, S. 325, 342; Gebhardt / Schmidt, Perspektiven der Wirtschaftspolitik 2002, 235, 241; vgl. auch Gompers, 50 J. Fin. 1461, 1465 f. (1995); Schmidt, in: Franz / Hesse / Ramser / Stadler (Hrsg.), Ökonomische Analyse von Verträgen, 2000, S. 248, 259. 133 Houben / Nippel, in: Börner / Grichnik (Hrsg.), Entrepreneurial Finance, 2005, S. 325, 342; vgl. auch Tauke, Colum. Bus. L. Rev. 1, 3 (1989). 134 Houben / Nippel, in: Börner / Grichnik (Hrsg.), Entrepreneurial Finance, 2005, S. 325, 342; vgl. auch Tauke, Colum. Bus. L. Rev. 1, 3 (1989). 135 Vgl. dazu § 7 B. III. 2. oben. 136 Houben / Nippel, in: Börner / Grichnik (Hrsg.), Entrepreneurial Finance, 2005, S. 325, 342. 137 Houben / Nippel, in: Börner / Grichnik (Hrsg.), Entrepreneurial Finance, 2005, S. 325, 342. 138 Houben / Nippel, in: Börner / Grichnik (Hrsg.), Entrepreneurial Finance, 2005, S. 325, 342. 130

E. Stufenfinanzierung ( Staging)

353

Mit einer Stufenfinanzierung kann die Kontrolle über das Unternehmen zwischen Investoren und Gründern verteilt und an den wirtschaftlichen Erfolg geknüpft werden:139 Bei wirtschaftlichem Misserfolg (d. h. bei Nichterreichen der Milestones) wird die Entscheidungsbefugnis über eine Liquidation auf den Kapitalgeber übertragen.140 Dieser kann (soweit kein anderer Investor einspringt) die Geschäftstätigkeit des Unternehmens beenden, indem er keine weiteren Mittel bereitstellt.141 Die Gefahr des Verlusts ihrer Verfügungsrechte wirkt zudem opportunistischem Verhalten der Gründer in Krisensituationen entgegen.142 5. Sanktionsmittel gegen hold-up Mit der Entscheidungsbefugnis über eine Weiterfinanzierung – und damit häufig auch über den Fortbestand des Unternehmens – verfügen die Kapitalgeber des Weiteren über ein starkes Sanktionsmittel, um eine abredewidrige Geschäftsführung bzw. abredewidrige Änderungen in der Unternehmensstrategie zu sank­tionieren.143 Die Stufenfinanzierung wirkt damit auch als Mechanismus gegen hold-up seitens der Gründer.144 Da die Gründer zunächst nur einen Teilbetrag der Finanzierung erhalten, wird die von den Kapitelnehmern in hold-up-Konstellationen erzielbare Quasi-Rente entsprechend reduziert.145 6. Bewertungskorrektur Wird die Phasenfinanzierung so ausgestaltet, dass die Anteile, die der Kapital­ geber erhält, nicht gleich zu Beginn festgelegt werden, sondern dass vor Auszahlung der nächsten Tranche eine erneute Bewertung des Unternehmens stattfindet, kann mit der Phasenfinanzierung auch eine Bewertungskorrektur erfolgen.146 Indem die Bewertung auf einen späteren Zeitpunkt verschoben wird, in dem bereits Erfahrungen hinsichtlich der Unternehmensentwicklung und damit eine bessere Bewertungsgrundlage zur Verfügung steht, können anfängliche Bewertungsschwierigkeiten147 kompensiert werden. Neben dem Anreiz für die Gründer zu 139

Vgl. Baums / Möller, in: Hommel / K necht (Hrsg.), Wertorientiertes Start-up-Management, 2002, S. 398 f.; Kuntz, Gestaltung von Kapitalgesellschaften, 2016, S. 122; Smith, 53 UCLA L. Rev. 315, 323 f. (2005); Smith, 24 J. Corp. L. 949, 966 ff. (1999). 140 Houben / Nippel, in: Börner / Grichnik (Hrsg.), Entrepreneurial Finance, 2005, S. 325, 342. 141 Vgl. Sahlman, 27 J. Fin. Econ. 473, 507 (1990). 142 Smith, 24 J. Corp. L. 949, 967 (1999). 143 Baums / Möller, in: Hommel / K necht (Hrsg.), Wertorientiertes Start-up-Management, 2002, S. 398. 144 Baums / Möller, in: Hommel / K necht (Hrsg.), Wertorientiertes Start-up-Management, 2002, S. 398; Kuntz, Gestaltung von Kapitalgesellschaften, 2016, S. 124. 145 Antonczyk, Venture-Capital-Verträge, 2006, S. 110. Siehe dazu § 6, Fn. 150. 146 Kuntz, Gestaltung von Kapitalgesellschaften, 2016, S. 122. 147 Siehe dazu § 6 B. II. 1. b) oben.

354

§ 7 Lösungsansätze aus der Venture Capital-Vertragspraxis 

einer möglichst realistischen anfänglichen Bewertung bewirkt die mit einer Phasenfinanzierung verbundene Bewertungskorrektur auch einen Leistungsanreiz: Werden die Anteile in der Folgerunde bei erfolgreicher Unternehmensentwicklung höher bewertet, führt dies zu einer geringeren Verwässerung der Anteile der Gründer.148 7. Nachteile und Fehlanreize Eine zentrale Herausforderung bei der Vereinbarung einer Phasenfinanzierung liegt in der Bestimmung adäquater Milestones. Werden diese als wirtschaftliche Kennzahlen vereinbart, lässt sich der Eintritt zwar objektiv einfach überprüfen und hold-up-Situationen zu Lasten der Kapitalnehmer werden vermieden. Allerdings haben die Gründer einen starken Anreiz, die entsprechenden Kennzahlen zu manipulieren und den Zustand des Unternehmens zu positiv darzustellen, sodass die vereinbarten Milestones als erreicht angesehen werden (window dressing).149 Außerdem kann es nicht nur von unternehmensinternen Faktoren abhängen, ob Milestones erreicht werden. Ebenso entscheidend können externe Faktoren sein, die sich dem unmittelbaren Einfluss der Gründer entziehen. Sind die Milestones nicht objektiv bestimmbar und steht die Weiterfinanzierung somit im Ermessen der Kapitalgeber, resultiert daraus eine hold-up-Situation zu Lasten der Gründer, die für diese demotivierende Wirkung entfalten kann.150 Einem solchen Risiko der Gründer kann mit klaren zustandsabhängigen Regelungen und präzisen inhaltlichen Kriterien begegnet werden.151 Um positive Leistungsanreize zu entfalten, sollten die vereinbarten Kriterien daher so stark wie möglich vom Verhalten der Gründer abhängen. Neben positiven Leistungsanreizen können Staging-Vereinbarungen Gründer auch zur Eingehung höherer Risiken herausfordern.152 Ein solcher Risikoanreiz besteht insbesondere wenn sich das Unternehmen schlecht entwickelt und die Mile­stones nicht erreicht zu werden drohen. Indem sie die Risikostruktur des Unternehmens erhöhen, können Gründer versuchen, eine drohende Liquidationsentscheidung der Kapitalgeber zu verzögern.153

148

Kuntz, Gestaltung von Kapitalgesellschaften, 2016, S. 122. Antonczyk, Venture-Capital-Verträge, 2006, S. 111 ff.; Kuntz, Gestaltung von Kapital­ gesellschaften, 2016, S. 123; Cornelli / Yosha, 70 Rev. Econ. Stud. 1, 2 (2003). 150 Vgl. Baums / Möller, in: Hommel / K necht (Hrsg.), Wertorientiertes Start-up-Management, 2002, S. 399; Antonczyk, Venture-Capital-Verträge, 2006, S. 113; Kuntz, Gestaltung von Kapitalgesellschaften, 2016, S. 122 f. 151 Vgl. Kuntz, Gestaltung von Kapitalgesellschaften, 2016, S. 122 f.; Yerramilli, 42 RAND J. Econ. 705, 714, 717 (2011); Weitnauer, in: Weitnauer (Hrsg.), Handbuch Venture Capital, 7. Aufl., 2022, Teil E., Rn. 146 f. 152 Siehe dazu Antonczyk, Venture-Capital-Verträge, 2006, S. 111. 153 Siehe dazu bereits § 6 B. II. 5. b) oben. 149

F. Bewertungskorrektur und Anpassung der Beteiligungsquote    

355

Im Ergebnis hängt die verhaltenssteuernde Wirkung des Staging von der tatsächlichen Ausgestaltung und insbesondere den konkret vereinbarten Meilensteinen ab. Hängen die Meilensteine primär von externen Faktoren ab, wirkt das Staging weniger verhaltenssteuernd, sondern dient eher der Begrenzung externer Risiken der Kapitalgeber. Sind die vereinbarten Meilensteine hauptsächlich vom Verhalten der Gründer abhängig und können diese beeinflussen, ob die Meilensteine erreicht werden, kann Staging moral hazard-Problemen effektiv entgegenwirken.154

F. Bewertungskorrektur und Anpassung der Beteiligungsquote   Regelungen zur Bewertungskorrektur erlauben es den Parteien, die der Finanzierung zugrunde gelegte Unternehmensbewertung nachträglich zu korrigieren und die Beteiligungsquote der Kapitalgeber nachträglich entsprechend anzupassen.

I. Grundlagen Die Beteiligungsquote der Kapitalgeber und damit der Anteil, den diese an dem zu finanzierenden Unternehmen und dessen cash flows erhalten, ist abhängig von der (Pre-Money-)Bewertung des zu finanzierenden Unternehmens.155 Die Unternehmensbewertung ist somit von grundlegender Bedeutung für die Finanzierungsbeziehung und die Renditekalkulation des Kapitalgebers. Die Vorstellungen von Gründern einerseits und Investoren andererseits über den „richtigen“ Unternehmenswert gehen allerdings naturgemäß weit auseinander.156 Die Problematik wird dadurch verstärkt, dass eine Bewertung von Start-up-Unternehmen generell erhebliche Schwierigkeiten bereitet.157 Der Wert des Start-ups resultiert im Wesentlichen aus einer Idee, deren Realisierbarkeit und Marktgängigkeit sich erst noch bewähren müssen. Der Bewertung können regelmäßig weder vorhandene Jahresabschlüsse noch nennenswerte Vermögenswerte zugrunde gelegt werden.158 Gängige Methoden zur Unternehmenswertermittlung sind daher nur sehr eingeschränkt

154

Reißig-Thust / Brettel / Witt, FB 2004, 636, 639. Die Summe von Pre-Money-Bewertung und investiertem Kapital ergibt die Post-MoneyBewertung. Die Beteiligungsquote ergibt sich aus dem Verhältnis des investierten Kapitals zu der Post-Money-Bewertung. Vgl. dazu Houben / Nippel, in: Börner / Grichnik (Hrsg.), Entrepreneurial Finance, 2005, S. 325, 326. 156 Vgl. Grisebach, Innovationsfinanzierung, 1989, S. 206; Weitnauer, NZG 2001, 1065, 1066. 157 Siehe dazu bereits § 6 B. II. 1. b)  oben. Vgl. ferner Baums / Möller, in: Hommel / K necht (Hrsg.), Wertorientiertes Start-up-Management, 2002, S. 404; Grisebach, Innovationsfinanzierung, 1989, S. 51 ff. 158 Baums / Möller, in: Hommel / K necht (Hrsg.), Wertorientiertes Start-up-Management, 2002, S. 404. 155

356

§ 7 Lösungsansätze aus der Venture Capital-Vertragspraxis 

anwendbar.159 Das Potential der Geschäftsidee muss vielmehr aufgrund von Schätzungen und Annahmen bewertet werden. Während Gründer typischerweise von ihrer Idee überzeugt sind und der Wertermittlung eine optimistische Prognose zugrunde legen,160 neigen Investoren zu vorsichtigen, konservativen Annahmen.161 Um diese Bewertungsdiskrepanzen vor Vertragsschluss zu überbrücken und die Investoren davor zu schützen, einen zu hohen Preis für ihre Beteiligung zu bezahlen, kommen im Bereich der Venture Capital-Finanzierung Mechanismen zur nachträglichen Bewertungskorrektur zum Einsatz.162 Als Mechanismen zur Bewertungskorrektur dienen insbesondere Regelungen, nach denen bei Erreichen oder Verfehlen bestimmter Milestones Anteilsverschiebungen vorgenommen werden (Bonus-/Malus-Regelungen, earn out-Verfahren oder performance deal).163 Neben der Bewertungskorrektur kommen Ratchets generell auch zur Incentivierung der Unternehmensführung zum Einsatz.164 Als Milestones werden häufig bestimmte Kennzahlen wie Gewinn oder Umsatz verwendet.165 Bewertungskorrekturen können darüber hinaus auch im Rahmen von nachfolgenden Finanzierungsrunden vorgenommen werden.166

159 Für eine Darstellung der wichtigsten Bewertungsmethoden in diesem Kontext siehe Ziegert, Der Venture Capital-Beteiligungsvertrag, 2005, S. 112 ff. 160 Siehe zu dieser Problematik bereits § 6 B. II. 1. a) oben. 161 Vgl. etwa Weitnauer, NZG 2001, 1065, 1066. 162 Vgl. Grisebach, Innovationsfinanzierung, 1989, S. 206; Baums / Möller, in: Hommel / ​ Knecht (Hrsg.), Wertorientiertes Start-up-Management, 2002, S. 405; Weitnauer, in: Weitnauer (Hrsg.), Handbuch Venture Capital, 7. Aufl., 2022, Teil E., Rn. 124 ff.; Pfeifer, BB 1999, 1665, 1669. 163 Grisebach, Innovationsfinanzierung, 1989, S. 207; Weitnauer, in: Weitnauer (Hrsg.), Handbuch Venture Capital, 7. Aufl., 2022, Teil E., Rn. 125; Weitnauer, NZG 2001, 1065, 1066. Zur rechtlichen Umsetzung mittels Optionen vgl. Baums / Möller, in: Hommel / K necht (Hrsg.), Wertorientiertes Start-up-Management, 2002, S. 405 f.; Ziegert, Der Venture Capital-Beteiligungsvertrag, 2005, S. 131 ff. 164 In der empirischen Studie von Antonczyk, Venture-Capital-Verträge, 2006, S. 152, enthielten 23,1 % der Beteiligungsverträge von 91 untersuchten Venture-Capital-Investitionen Ratchet-Klauseln. In der Studie von Reißig-Thust / Brettel / Witt, FB 2004, 636, 638, 645, enthielten 25,4 % der untersuchten Beteiligungsfälle (n = 114) Ratchet-Vereinbarungen, nach denen Gründern bei Erreichen bestimmter Meilensteine zusätzliche Eigenkapital-Anteile in Aussicht gestellt wurden. In 16,2 % der untersuchten Beteiligungsfälle wurden die Gründer zur Abgabe von Eigenkapital-Anteilen verpflichtet für den Fall, dass bestimmte Meilensteine nicht erreicht wurden. Ein signifikanter Einfluss auf den Erfolg der Beteiligung konnte hingegen für beide Varianten nicht nachgewiesen werden. Vgl. zu Ratchets im Kontext der Managementbeteiligung auch Mackensen, in: Eilers / Koffka / Mackensen / Paul / Josenhans (Hrsg.), Private Equity, 4. Aufl., 2022, Teil VI., Rn. 62 ff. Die Beteiligungsveränderung aufgrund des Ratchets muss dabei nicht notwendigerweise tatsächlich durchgeführt werden. Üblich sind auch Vereinbarungen, nach denen etwa lediglich die Quote bei Verteilung eines Exit-Erlöses angepasst wird, ohne dass eine tatsächliche Änderung der Beteiligungsverhältnisse stattfindet. 165 Vgl. Grisebach, Innovationsfinanzierung, 1989, S. 207. 166 Siehe dazu § 7 E. II. 6.  oben. Vgl. auch Grisebach, Innovationsfinanzierung, 1989, S. 206 f.

F. Bewertungskorrektur und Anpassung der Beteiligungsquote    

357

II. Funktion und verhaltenssteuernde Wirkung der Bewertungskorrektur Mechanismen zur Bewertungskorrektur ermöglichen es zunächst, die mit der Geschäftsidee verbundenen externen Risiken167 zwischen Gründern und Kapital­ gebern aufzuteilen.168 Außerdem wirkt die Möglichkeit einer nachträglichen Bewertungsanpassung dem angesichts vorvertraglicher Informationsasymmetrien vorhandenem Anreiz169 der Gründer entgegen, ihre Geschäftsidee und das Unternehmen zu positiv darzustellen.170 Wird die Bewertung bei schlechter Entwicklung nach unten korrigiert, bringt eine zu positive Darstellung im Vorfeld der Finanzierung den Gründern keinen zusätzlichen Nutzen. Wird darüber hinaus vereinbart, dass den Kapitalgebern bei schlechter Unternehmensentwicklung im Rahmen einer nachträglichen Korrektur ein überproportionaler Anteil zuwächst, kann den Gründern ein noch stärkerer Anreiz zu einer realistischen Darstellung der Entwicklungsaussichten gesetzt werden.171 Regeln zur nachträglichen Bewertungskorrektur können zugleich einen Leistungsanreiz für die Gründer entfalten. Müssen diese mit einer Reduzierung ihrer Beteiligungsquote rechnen, werden sie bemüht sein, den bestmöglichen Einsatz zu erbringen, um die festgelegten Ziele zu erreichen und eine Anpassung ihrer Beteiligungsquote zu verhindern.172 Wie bei anderen kennzahlenbasierten Anpassungsmechanismen besteht allerdings auch hier die Gefahr von Fehlanreizen, insbesondere des window dressing.173 Anstatt langfristige und für die Unternehmensentwicklung möglicherweise nachhaltigere Ziele zu verfolgen, werden die Gründer motiviert, auf die kurzfristige Einhaltung bzw. Erreichung der vereinbarten Kriterien hinzuwirken.174

167

Vgl. dazu § 2 B. II. 2. a) oben. Nach der allgemeinen Allokationsregel soll grundsätzlich derjenige ein Risiko tragen, der es am besten beeinflussen (superior risk bearer) oder am günstigsten versichern kann (cheapest insurer), vgl. Schäfer / Ott, Lehrbuch der ökonomischen Analyse des Zivilrechts, 6. Aufl., 2021, S. 490 ff. Da die Entwicklung von externen Faktoren abhängt, die von keiner der Parteien beeinflussbar oder versicherbar sind, ist es – vorausgesetzt beide Partien sind insoweit risikoavers – sachgerecht, das Risiko aufzuteilen. Vgl. Grisebach, Innovationsfinanzierung, 1989, S. 209 f. 169 Siehe § 6 B. II. 6. b) oben. 170 Vgl. dazu Grisebach, Innovationsfinanzierung, 1989, S. 208 f. 171 Grisebach, Innovationsfinanzierung, 1989, S. 208 f. 172 Baums / Möller, in: Hommel / K necht (Hrsg.), Wertorientiertes Start-up-Management, 2002, S. 405. 173 Vgl. dazu bereits § 6 B. II. 7. oben. Zur Problematik des window dressing vgl. auch Kuntz, Gestaltung von Kapitalgesellschaften, 2016, S. 54. 174 Beispielsweise können notwendige, aber sich erst langfristig auszahlende Investitionsentscheidungen, Forschungs- oder Entwicklungsaufwendungen verschoben werden; vgl. Grise­ bach, Innovationsfinanzierung, 1989, S. 210. 168

358

§ 7 Lösungsansätze aus der Venture Capital-Vertragspraxis 

G. Schutz vor Verwässerung und Abwertung I. Anteilsverwässerung und wirtschaftliche Verwässerung bei Down Rounds Im Rahmen von weiteren Finanzierungsrunden besteht für frühere Kapitalgeber die Gefahr einer Verwässerung ihrer Beteiligung (Dilution).175 Gibt eine Gesellschaft neue Anteile an neue Kapitalgeber aus, sinkt – ohne entsprechende Ausgleichsmaßnahmen – der relative Umfang der Beteiligung der bisherigen Investoren, das heißt, ihre Beteiligungsquote verwässert.176 Diese Verwässerung der Beteiligungsquote kann zwei Dimensionen haben: Zunächst geht damit eine Verwässerung der Stimm- und Vermögensrechte des Altinvestors einher; darüber hinaus kann daraus auch eine Abwertung des wirtschaftlichen Werts der Beteiligung resultieren (wirtschaftliche Verwässerung).177 1. Anteilsverwässerung Eine reduzierte Beteiligungsquote führt zunächst zu einem relativen Verlust von Stimmrechten.178 Abhängig von der konkreten Ausgangslage ist der Verlust von Stimmrechten für Venture Capital-Geber allerdings regelmäßig von untergeordneter Bedeutung, da diese häufig ohnehin lediglich Minderheitsbeteiligungen halten.179 Für Venture Capital-Geber entscheidende Mitwirkungs- und Entscheidungsbefugnisse werden zudem regelmäßig unabhängig von der Beteiligungsquote vereinbart. Soweit Stimmrechte erforderlich sind, um auf das mit der Beteiligung verfolgte Ziel der Gewinnmaximierung hinzuwirken, sind die Interessen sämtlicher Kapitalgeber insoweit regelmäßig gleichgerichtet.180 2. Wirtschaftliche Verwässerung Die Reduzierung der Beteiligungsquote führt allerdings auch zu einer (jedenfalls relativen) Verringerung der Zugriffsrechte auf den Unternehmenserlös. Sofern die neue Finanzierungsrunde auf Grundlage einer höheren Unternehmensbewer 175

Siehe § 6 B. II. 6. b) oben. Eine Erhöhung der Gesamtzahl der Anteile (Nenner) führt bei gleichbleibender Anzahl der Anteile des Altinvestors (Zähler) zu einem kleineren Quotienten; vgl. auch Kuntz, Gestaltung von Kapitalgesellschaften, 2016, S. 127. 177 Siehe dazu auch Weitnauer, in: Weitnauer (Hrsg.), Handbuch Venture Capital, 7. Aufl., 2022, Teil E., Rn. 128; Kuntz, Gestaltung von Kapitalgesellschaften, 2016, S. 127. 178 Vgl. Kuntz, Gestaltung von Kapitalgesellschaften, 2016, S. 127. 179 Kuntz, Gestaltung von Kapitalgesellschaften, 2016, S. 127; vgl. auch Weitnauer, in: Weitnauer (Hrsg.), Handbuch Venture Capital, 7. Aufl., 2022, Teil E., Rn. 118. 180 Kuntz, Gestaltung von Kapitalgesellschaften, 2016, S. 127. 176

G. Schutz vor Verwässerung und Abwertung  

359

tung als die vorhergehende erfolgt (Up Round), hält der Altinvestor zwar nun eine geringere Beteiligungsquote als vor der Anschlussfinanzierung. Da der (wirtschaftliche) Wert seiner Anteile im Vergleich zum Erwerbspreis indes gestiegen ist, führt dies nicht zu einer wirtschaftlichen Abwertung des Altinvestors.181 Wird die Folgefinanzierung jedoch auf Grundlage eines geringeren Unternehmenswertes durchgeführt als der vorhergehenden Finanzierungsrunde zugrunde lag (Down Round), wirkt sich dies auch auf den wirtschaftlichen Wert der Beteiligung aus.182 Neben der Reduzierung der Beteiligungsquote des Altinvestors, führt die geringere Bewertung dazu, dass auch der Wert der Beteiligung sinkt. Im Verhältnis zu den Gründern ist dies regelmäßig weniger problematisch, da deren Beteiligungsquote gleichermaßen reduziert wird.183 Im Vergleich zu dem Neu­ investor führt dies allerdings dazu, dass Investoren, die in einer Down Round Anteile erwerben, in einem verhältnismäßig größeren Umfang am Erlös partizipieren als Altinvestoren.184 Im Ergebnis hat der Altinvestor somit einen höheren Preis für seine Beteiligung bezahlt als der neue Kapitalgeber.185

II. Verwässerungsschutz und Down Round Protection Um Kapitalgeber vor einer Verwässerung ihrer Beteiligung durch Folgefinanzierungen zu schützen, sind entsprechende Anti Dilution-Klauseln und Regelungen zu Down Round Protection in Venture Capital-Verträgen weit verbreitet.186 181 Vgl. v. Einem / Schmid / Meyer, FB 2003, 879, 879; Kuntz, Gestaltung von Kapitalgesellschaften, 2016, S. 128. 182 Vgl. Grisebach, Innovationsfinanzierung, 1989, S. 323 ff.; v. Einem / Schmid / Meyer, FB 2003, 879, 879; Brehm, Venture-Capital-Vertragswerk, 2012, S. 129; Weitnauer, in: Weitnauer (Hrsg.), Handbuch Venture Capital, 7. Aufl., 2022, Teil E., Rn. 128 ff.; Kuntz, Gestaltung von Kapitalgesellschaften, 2016, S. 127. 183 Vgl. Kuntz, Gestaltung von Kapitalgesellschaften, 2016, S. 128. 184 Beispiel: Ein Investor hat 10 Anteile zu einem Preis von 100 erworben. In einer weiteren Finanzierungsrunde erwirbt ein weiterer Investor infolge einer gesunkenen Unternehmensbewertung 10 Anteile zu einem Preis von lediglich 50. Entfällt auf die beiden Investoren ein Erlös von 200, erhält jeder entsprechend seiner Anteile 100. Investor 1 erhält damit lediglich seinen Einsatz zurück und erzielt keine Rendite, während Investor 2 eine Rendite von 100 % auf sein eingesetztes Kapital erzielt. Vgl. auch Kuntz, Gestaltung von Kapitalgesellschaften, 2016, S. 128 f. 185 Vgl. v. Einem / Schmid / Meyer, FB 2003, 879, 879. Siehe auch das Beispiel in Fn. 184. 186 Vgl. Weitnauer, in: Weitnauer (Hrsg.), Handbuch Venture Capital, 7. Aufl., 2022, Teil E., Rn. 128 ff.; Kuntz, Gestaltung von Kapitalgesellschaften, 2016, S. 131. In der von Antonczyk, Venture-Capital-Verträge, 2006, S. 152, untersuchten Stichprobe enthielten 60,4 % der Beteiligungsverträge der 91 untersuchten Venture Capital-Investitionen eine Anti-Dilution-Klausel. In der Studie von Reißig-Thust / Brettel / Witt, FB 2004, 636, 638, 645, wurde in 31,6 % der untersuchten Beteiligungsfälle (n = 114) ein Verwässerungsschutz für die folgende Finanzierungsrunde bei sinkendem Unternehmenswert und in 28,9 % der untersuchten Fälle bei steigendem Unternehmenswert vereinbart. Ein signifikanter Einfluss auf den Erfolg der Beteiligung konnte hingegen nicht nachgewiesen werden. In der Studie von Kaplan / Strömberg, 70 Rev.

360

§ 7 Lösungsansätze aus der Venture Capital-Vertragspraxis 

Generell lassen sich dabei zwei Möglichkeiten unterscheiden: Einerseits kann mit Bezugsrechten die Beteiligungsquote an dem finanzierten Unternehmen aufrechterhalten werden, andererseits kann Altinvestoren im Falle von Down Rounds ein Wertausgleich gewährt werden.187 1. Bezugsrechte Bezugsrechte gewähren den bisherigen Gesellschaftern einen Anspruch, neu ausgegebene Anteile entsprechend ihrer bisherigen Beteiligungsquote zu erwerben.188 Sie ermöglichen Altinvestoren damit, ihre Beteiligungsquote aufrechtzuerhal­ten und bieten Schutz gegen eine Verwässerung von Vermögens- und Stimmrechten.189 Aktionäre einer AG und Gesellschafter einer GmbH verfügen grundsätzlich über gesetzliche Bezugsrechte.190 In der Praxis verzichten Altgesell­schafter indes typischerweise freiwillig auf ihr Bezugsrecht und lassen nur den neuen Kapitalgeber zum Bezug der neuen Anteile zu.191 Gleichwohl stellt die Existenz von Bezugsrechten sicher, dass die Begünstigten vor neuen Finanzierungsrunden in die Verhandlungen einbezogen werden.192

Econ. Stud. 281, 289 (2003) enthielten 94,7 % der untersuchten Verträge auf dem US-Markt Anti-Dilution-Vorkehrungen (N = 213). 187 Vgl. auch Ziegert, Der Venture Capital-Beteiligungsvertrag, 2005, S. 200 f. 188 Siehe dazu Weitnauer, in: Weitnauer (Hrsg.), Handbuch Venture Capital, 7. Aufl., 2022, Teil E., Rn. 128; Kuntz, Gestaltung von Kapitalgesellschaften, 2016, S. 143 ff.; Houben / Nippel, in: Börner / Grichnik (Hrsg.), Entrepreneurial Finance, 2005, S. 325, 329. 189 Houben / Nippel, in: Börner / Grichnik (Hrsg.), Entrepreneurial Finance, 2005, S. 325, 329. 190 § 186 Abs. 1 AktG normiert etwa das Bezugsrecht als ein mitgliedschaftliches Grundrecht jedes Aktionärs. Demnach hat jeder Aktionär im Falle einer Erhöhung des Grundkapitals grundsätzlich einen Anspruch auf Zuteilung eines seinem Anteil am bisherigen Grundkapital entsprechenden Teils der neuen Aktien, um ihn vor einer Verwässerung seiner Einflussmöglichkeiten zu schützen. Wegen der entscheidenden wirtschaftlichen Bedeutung kann das Bezugsrecht nur unter strengen formellen und materiellen Voraussetzungen ausgeschlossen werden. Zum Ganzen siehe etwa Hermanns, in: Henssler / Strohn (Hrsg.), Gesellschaftsrecht, 4. Aufl., 2019, § 186 AktG, Rn. 1 ff. Ausführlich zum Bezugsrechtsausschluss im Kontext von VC-Finanzierungen Kuntz, Gestaltung von Kapitalgesellschaften, 2016, S. 672 ff. Zwar fehlt eine entsprechende Regelung im GmbHG. Gleichwohl erkennt die herrschende Meinung ein proportionales Bezugsrecht der Altgesellschafter auf das erhöhte Stammkapital an. Siehe dazu etwa Servatius, in: Noack / Servatius / Haas (Hrsg.), GmbHG, 23. Aufl., 2022, § 55, Rn. 20 ff. 191 Weitnauer, in: Weitnauer (Hrsg.), Handbuch Venture Capital, 7. Aufl., 2022, Teil  E., Rn. 138. Siehe ferner Kuntz, Gestaltung von Kapitalgesellschaften, 2016, S. 145 für die USamerikanische Praxis. 192 Kuntz, Gestaltung von Kapitalgesellschaften, 2016, S. 145.

G. Schutz vor Verwässerung und Abwertung  

361

2. Preisbasierter Verwässerungsschutz als Down Round Protection Der sich im Falle einer Down Round realisierenden Gefahr einer wirtschaftlichen Verwässerung wird mit sog. Anti Dilution-Regelungen begegnet.193 Wirtschaft­lich bewirken Anti Dilution-Klauseln im Falle einer Down Round eine nachträgliche Reduzierung des Kaufpreises für die vor der Folgefinanzierung erworbenen Anteile.194 Technisch sehen die Klauseln entweder eine Verpflichtung der Altgesellschafter vor, im Falle einer Down Round unentgeltlich eigene Anteile an den Kapitalgeber abzugeben.195 Verbreiteter sind Klauseln, nach denen dem Kapitalgeber im Fall einer Down Round das Recht eingeräumt wird, neue Anteile zum Nennwert zu erwerben, wodurch ebenfalls der insgesamt gezahlte Durchschnittspreis pro Anteil sinkt.196 Im Hinblick auf den effektiv gezahlten Preis, kann der frühere Kapitalgeber entweder so gestellt werden, dass der Durchschnittspreis sämtlicher von ihm erworbener Anteile dem niedrigeren Einstiegspreis des Neuinvestors entspricht (Full Ratchet-Klausel).197 Alternativ kann vorgesehen werden, dass der Altinvestor neue Anteile zu dem Durchschnittspreis der letzten Finanzierungsrunden (AverageKlausel) oder einem nach bestimmten Kriterien gewichteten Durchschnittspreis der letzten Finanzierungsrunden (Weighted Average-Klausel) erwerben kann.198

193 Die Begriffe „Verwässerungsschutz“ oder „Antidilution Provision“ als solche sind irreführend, da sie, soweit ersichtlich, gerade nicht für Klauseln verwendet werden, die schlechthin Schutz vor einer Reduzierung der Beteiligungsquote gewähren, sondern lediglich einer „wirtschaftlichen Verwässerung“ der Beteiligung (insbesondere im Falle von Down Rounds) entgegenwirken. Treffender ist daher der Begriff „Down Round Protection“. Dazu auch Weitnauer, in: Weitnauer (Hrsg.), Handbuch Venture Capital, 7. Aufl., 2022, Teil E., Rn. 128. Umfassend zu Verwässerungsschutzklauseln bzw. Down Round Protection siehe etwa Kuntz, Gestaltung von Kapitalgesellschaften, 2016, S. 126 ff.; v. Einem / Schmid / Meyer, FB 2003, 879 ff.; v. Einem / Schmid / Meyer, BB 2004, 2702 ff.; Grisebach, Innovationsfinanzierung, 1989, S. 233 f. Ausführlich zu rechtlichen Umsetzung in Bezug auf AG und GmbH siehe Kuntz, Gestaltung von Kapitalgesellschaften, 2016, S. 672 ff.; ferner Brehm, Venture-Capital-Vertragswerk, 2012, S. 131 ff. 194 Houben / Nippel, in: Börner / Grichnik (Hrsg.), Entrepreneurial Finance, 2005, S. 325, 329; Kuntz, Gestaltung von Kapitalgesellschaften, 2016, S. 131. 195 v. Einem / Schmid / Meyer, FB 2003, 879, 879; Weitnauer, in: Weitnauer (Hrsg.), Handbuch Venture Capital, 7. Aufl., 2022, Teil E., Rn. 129. 196 v. Einem / Schmid / Meyer, FB 2003, 879, 879; Weitnauer, in: Weitnauer (Hrsg.), Handbuch Venture Capital, 7. Aufl., 2022, Teil E., Rn. 129; Houben / Nippel, in: Börner / Grichnik (Hrsg.), Entrepreneurial Finance, 2005, S. 325, 329. 197 Weitnauer, in: Weitnauer (Hrsg.), Handbuch Venture Capital, 7. Aufl., 2022, Teil  E., Rn. 130; Kuntz, Gestaltung von Kapitalgesellschaften, 2016, S. 131. Siehe dazu auch v.  Einem / Schmid / Meyer, FB 2003, 879 ff.; Houben / Nippel, in: Börner / Grichnik (Hrsg.), Entre­preneurial Finance, 2005, S. 325, 329; Ziegert, Der Venture Capital-Beteiligungsvertrag, 2005, S. 200. 198 Weitnauer, in: Weitnauer (Hrsg.), Handbuch Venture Capital, 7. Aufl., 2022, Teil  E., Rn. 130; Kuntz, Gestaltung von Kapitalgesellschaften, 2016, S. 131. Die Weighted AverageMethode lässt sich weiter in Broad Based Weighted Average und Narrow Based Weighted

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§ 7 Lösungsansätze aus der Venture Capital-Vertragspraxis 

Angesichts des mit Verwässerungsschutzklauseln verfolgten Zwecks – Kapitalgeber vor Bewertungsschwierigkeiten und damit zusammenhängenden Fehleinschätzungen des Unternehmenswertes in der Frühphase eines Unternehmens – zu schützen, werden Verwässerungsschutzklauseln regelmäßig zeitlich oder auf die unmittelbar folgende Finanzierungsrunde begrenzt.199 Andernfalls würde das Risiko der zukünftigen Marktentwicklung vollständig auf die Altgesellschafter abgewälzt werden.200

H. Mechanismen zur Bindung der Gründer Da die Unternehmensgründer – jedenfalls in der Anfangsphase – von außerordentlicher Bedeutung für den Erfolg des Start-up-Unternehmens sind, haben die Kapitalgeber ein starkes Interesse, die Gründer und andere für den Unternehmenserfolg maßgebliche Personen im Unternehmen zu halten und möglichst langfristig an das Unternehmen zu binden.201 Venture Capital-Verträge schaffen daher regelmäßig Anreize für die Gründer, das Unternehmen nicht frühzeitig zu verlassen.202 Entsprechende Anreize für die Gründer lassen sich insbesondere mit Halteklauseln und Vesting-Regelungen, Übertragungsbeschränkungen für Unternehmensanteile der Gründer, Wettbewerbsverboten und Geheimhaltungsverpflichtungen erzielen.

I. Halteklauseln und Vesting-Regelungen Regelmäßig203 enthalten Venture Capital-Verträge Regelungen, nach denen am Unternehmen beteiligte Gründer ihre Beteiligung am Unternehmen zurückübertragen müssen bzw. verlieren, wenn sie innerhalb eines bestimmten Zeitraums aus Average-Methode, welche etwa Optionsrechte nicht berücksichtigt, unterscheiden. Ausführlich zu Weigthed-Average-Verwässerungsschutz bei Venture Capital Beteiligungen v. Einem  / ​ Schmid / Meyer, BB 2004, 2702 ff. 199 Weitnauer, in: Weitnauer (Hrsg.), Handbuch Venture Capital, 7. Aufl., 2022, Teil  E., Rn. 131; Brehm, Venture-Capital-Vertragswerk, 2012, S. 136. 200 Weitnauer, in: Weitnauer (Hrsg.), Handbuch Venture Capital, 7. Aufl., 2022, Teil  E., Rn. 131. Vor dem Hintergrund einer vollständigen Verschiebung der Investitionsrisiken auf die Gründer und einer damit einhergehenden Überkompensation der Berechtigten hält Kuntz, Gestaltung von Kapitalgesellschaften, 2016, S. 700, die Vereinbarung von Full Ratched-Klauseln für sittenwidrig i. S. v. § 138 Abs. 1 BGB. Kritisch insoweit auch Ziegert, Der Venture CapitalBeteiligungsvertrag, 2005, S. 201. 201 Siehe dazu § 6 B. II. 6. c) und § 6 B. II. 8.  oben. 202 Vgl. dazu Weitnauer / Grob, GWR, 2015, 353, 353 ff. 203 In der empirischen Studie von Antonczyk, Venture-Capital-Verträge, 2006, S. 152, enthielten 39,6 % der Beteiligungsverträge der 91 untersuchten Venture Capital-Investitionen eine Rückübertragungsklausel. In der Studie von Kaplan / Strömberg, 70 Rev. Econ. Stud. 281, 289 (2003) enthielten 41,2 % der untersuchten Verträge auf dem US-Markt Vesting-Regelungen (N = 213).

H. Mechanismen zur Bindung der Gründer  

363

dem Unternehmen ausscheiden.204 Diese zeitlich befristeten Rückübertragungsklauseln sind in der Regel kombiniert mit Verfügungsverboten unter Erlaubnisvorbehalt.205 Wird das Rückübertragungsrecht ausgeübt, erhalten Gründer häufig lediglich den Buchwert oder jedenfalls nur einen deutlich unter dem Marktwert liegenden Betrag für die zurückzugebenden Anteile.206 Verbreitet sind außerdem Regelungen, wonach die Beteiligung, die Gründer bei einem Ausscheiden behalten dürfen, über einen bestimmten Zeitraum anwächst (Vesting).207 Je länger Gründer im Unternehmen tätig waren, desto mehr Anteile dürfen sie behalten. Typischerweise differenzieren Rückübertragungsklauseln zudem nach der Art des Ausscheidens des entsprechenden Gründers. So finden die Klauseln entweder nur in Bad Leaver-Fällen Anwendung oder Bad Leaver erhalten eine geringere Abfindung als Good Leaver. Good Leaver sind dabei regelmäßig Gründer, die unverschuldet aus persönlichen Umständen wie Alter oder Tod ausscheiden oder deren Ausscheiden von der Gesellschaft veranlasst wurde.208 Bad Leaver-Klauseln umfassen Fälle, in denen Gründer ihr Ausscheiden durch ihr eigenes Verhalten selbst veranlasst haben.209 Entsprechende Halteklauseln setzen zunächst Anreize für die Gründer, im Unternehmen tätig zu bleiben. Gleichzeitig wird das mit der Möglichkeit des Ausscheidens verbundene Erpressungspotential im Verhältnis zu den Kapitalgebern reduziert.210 Halteklauseln wirken aber auch Konflikten zwischen den Gründern entgegen, die entstehen, wenn einzelne Gründer das Unternehmen zu verlassen drohen aber gleichwohl weiterhin von den Anstrengungen der anderen profitieren (free riding).211 Mit den im Falle eines Ausscheidens eines Gründers zurückzugebenden Anteilen verfügen Kapitalgeber darüber hinaus über weitere Anteile, mit denen potentielle neue Geschäftsführer am Unternehmen beteiligt und entsprechend incentiviert werden können.212 204

Vgl. dazu Ziegert, Der Venture Capital-Beteiligungsvertrag, 2005, S. 161 ff.; Houben  / ​ Nippel, in: Börner / Grichnik (Hrsg.), Entrepreneurial Finance, 2005, S. 325, 333; Grisebach, Innovationsfinanzierung, 1989, S. 240 f. Zur rechtlichen Umsetzung der Rückübertragungsverpflichtung  – entweder als schuldrechtliche Abtretungsverpflichtung (Call Option) oder Vereinbarung eines Einziehungsrechts im Gesellschaftsvertrag – und rechtliche Grenzen vgl. Kästle / Heuterkes, NZG 2005, 289, 292 ff.; Weitnauer / Grob, GWR 2015, 353, 353 ff.; Kuntz, Gestaltung von Kapitalgesellschaften, 2016, S. 724 ff. Zur rechtlichen Umsetzung in den USA siehe Kuntz, Gestaltung von Kapitalgesellschaften, 2016, S. 152 f. 205 Kuntz, Gestaltung von Kapitalgesellschaften, 2016, S. 152. 206 Grisebach, Innovationsfinanzierung, 1989, S. 240; Houben / Nippel, in: Börner / Grichnik (Hrsg.), Entrepreneurial Finance, 2005, S. 325, 333. 207 Vgl. Weitnauer / Grob, GWR 2015, 353, 353; Houben / Nippel, in: Börner / Grichnik (Hrsg.), Entrepreneurial Finance, 2005, S. 325, 333. 208 Weitnauer / Grob, GWR 2015, 353, 353; Kästle / Heuterkes, NZG 2005, 289, 290. 209 Weitnauer / Grob, GWR 2015, 353, 353; Kästle / Heuterkes, NZG 2005, 289, 290. 210 Grisebach, Innovationsfinanzierung, 1989, S. 241; Denis, 10 J. Corp. Fin. 301, 315 (2004); Kuntz, Gestaltung von Kapitalgesellschaften, 2016, S. 152. 211 Kuntz, Gestaltung von Kapitalgesellschaften, 2016, S. 53, 152; Gorton / Grund, NBER Working Paper 5779, 3. 212 Grisebach, Innovationsfinanzierung, 1989, S. 241.

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§ 7 Lösungsansätze aus der Venture Capital-Vertragspraxis 

II. Übertragungsbeschränkungen Ein weiterer Ansatzpunkt, Gründer daran zu hindern, das Start-up-Unternehmen frühzeitig zu verlassen, sind Regelungen, die die Übertragung der Gesellschaftsanteile beschränken.213 1. Vinkulierung Eine Möglichkeit, zu verhindern, dass Gründer ihre Gesellschaftsanteile veräußern, bieten Übertragungsbeschränkungen in der Gestalt, dass die Anteile nicht ohne Zustimmung der Gesellschaft oder der übrigen Gesellschafter übertragen werden dürfen (Vinkulierung).214 Typischerweise wird im Rahmen von Venture Capital-Finanzierungen die Übertragung von Anteilen der Gründungsgesellschafter jedenfalls für einen bestimmten Zeitraum von der Zustimmung des Kapitalgebers abhängig gemacht.215 Lassen sich Gründer auf entsprechende Veräußerungs- und Übertragungsverbote ein, signalisiert dies Kapitalgebern bereits vor Vertragsschluss, dass sie bereit sind, sich für einen gewissen Zeitraum an das Unternehmen zu binden und daher selbst von der Qualität und den Erfolgsaussichten des Unternehmens überzeugt sind.216 Außerdem können Veräußerungsbeschränkungen verhindern, dass Gründer mit ihrem Know-how das Unternehmen verlassen.217 Insbesondere wenn Gründer mit ihrem gesamten Vermögen oder jedenfalls mit einem maßgeblichen Einsatz an dem Start-up beteiligt sind, können Veräußerungsbeschränkungen auch Leistungsanreize setzen.218 Da Gründer ihre Beteiligung nicht veräußern und li 213

In der Studie von Reißig-Thust / Brettel / Witt, FB 2004, 636, 645 wurde in 84,2 % der untersuchten Beteiligungsfälle (n = 114) ein Mitbestimmungsrecht der Venture Capital-Gesellschaft für den Verkauf von Anteilen vereinbart. Ein signifikanter Einfluss auf den Erfolg der Beteiligung konnte hingegen nicht nachgewiesen werden. 214 Die Möglichkeit der Vinkulierung im GmbH-Recht ergibt sich aus § 15 Abs. 5 GmbHG. Demnach kann die Satzung die dingliche Übertragbarkeit der Geschäftsanteile in jeder Form beschränken oder gänzlich ausschließen. Siehe dazu etwa Servatius, in: Noack / Servatius / Haas (Hrsg.), GmbHG, 23. Aufl., 2022, § 15, Rn. 37 ff.; Weller / Reichert, in: MüKo GmbHG, 4. Aufl., 2022, § 15, Rn. 361 ff. Zur rechtlichen Umsetzung siehe auch Weitnauer, NZG 2001, 1065, 1071. 215 Grisebach, Innovationsfinanzierung, 1989, S. 242; Baums / Möller, in: Hommel / K necht (Hrsg.), Wertorientiertes Start-up-Management, 2002, S. 396, 407. In der empirischen Studie von Antonczyk, Venture-Capital-Verträge, 2006, S. 152, enthielten 54,9 % der Beteiligungsverträge der 91 untersuchten Venture Capital-Investitionen ein Veräußerungsverbot hinsichtlich der Gründeranteile. 216 Grisebach, Innovationsfinanzierung, 1989, S. 244. 217 Baums / Möller, in: Hommel / K necht (Hrsg.), Wertorientiertes Start-up-Management, 2002, S. 396, 407. 218 Vgl. Baums / Möller, in: Hommel / K necht (Hrsg.), Wertorientiertes Start-up-Management, 2002, S. 396. 407; Kuntz, Gestaltung von Kapitalgesellschaften, 2016, S. 156 ff.

H. Mechanismen zur Bindung der Gründer  

365

quidieren können, bleibt ihr Vermögen im Unternehmen gebunden. Die Interessen der Gründer werden so insoweit mit denen der Kapitalgeber harmonisiert, als beide ein Interesse am wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens haben.219 Außerdem kann verhindert werden, dass Gründer mit dem Erlös aus der Veräußerung ihrer Beteiligung ein Konkurrenzunternehmen aufbauen.220 Ferner kann der Eintritt unerwünschter Dritter in den Gesellschafterkreis unterbunden werden.221 2. Andienungspflichten, Vorerwerbsrechte und Vorkaufsrechte Eine weitere Möglichkeit, die freie Veräußerlichkeit222 und Übertragbarkeit von Anteilen zu beschränken, bieten Andienungspflichten, Vorerwerbsrechte (rights of first refusal) und Vorkaufsrechte.223 Mittels Andienungspflichten und Vorerwerbsrechten können Gesellschafter, die ihre Anteile veräußern möchten, dazu verpflichtet werden, diese zunächst der Gesellschaft oder Mitgesellschaftern anzubieten, bzw. kann den Gesellschaftern ein Erwerbsrecht eingeräumt werden, bevor die Anteile veräußert werden dürfen.224 Die Ausgestaltungsmöglichkeiten sind vielfältig. Die Konditionen, zu denen die Anteile angeboten werden müssen, können dabei denen des Angebots eines Dritten entsprechen. Der Rückkaufpreis kann aber auch unter dem eines Drittangebots liegen.225 Häufig sind Regelungen, wonach die Anteile den Mitgesellschaftern im Verhältnis ihrer Beteiligung anzubieten sind, sodass die Beteiligungsverhältnisse gewahrt bleiben.226 Vorkaufsrechte ermög­lichen

219

Baums / Möller, in: Hommel / K necht (Hrsg.), Wertorientiertes Start-up-Management, 2002, S. 396, 407 f. 220 Baums / Möller, in: Hommel / K necht (Hrsg.), Wertorientiertes Start-up-Management, 2002, S. 396, 407. 221 Vgl. Baums / Möller, in: Hommel / K necht (Hrsg.), Wertorientiertes Start-up-Management, 2002, S. 396, 407; Kuntz, Gestaltung von Kapitalgesellschaften, 2016, S. 156 ff. 222 Für die GmbH ergibt sich der Grundsatz der freien Veräußerlichkeit aus § 15 Abs. 1 GmbHG und ist Ausdruck des allgemeinen korporationsrechtlichen Prinzips der Lösbarkeit der Mitgliedschaft. Im Personengesellschaftsrecht gilt hingegen der (dispositive) Grundsatz der Unübertragbarkeit. Die freie Übertragbarkeit der in Aktien verkörperten Mitgliedschaft des Aktionärs ist unabdingbar. Dazu insgesamt Weller / Reichert, in: MüKo GmbHG, 4. Aufl., 2022, § 15, Rn. 4 f. 223 Vgl. etwa Grisebach, Innovationsfinanzierung, 1989, S. 233; Kuntz, Gestaltung von Kapitalgesellschaften, 2016, S. 154 ff.; Ziegert, Der Venture Capital-Beteiligungsvertrag, 2005, S. 176 f. In der empirischen Studie von Antonczyk, Venture-Capital-Verträge, 2006, S. 152, wurden Kapitalgebern in 87,9 % der Beteiligungsverträge der 91 untersuchten Venture Capital-Investitionen ein Vorkaufsrecht eingeräumt. 224 Weitnauer, in: Weitnauer (Hrsg.), Handbuch Venture Capital, 7. Aufl., 2022, Teil  E., Rn. 194; Baums / Möller, in: Hommel / K necht (Hrsg.), Wertorientiertes Start-up-Management, 2002, S. 396. 407. 225 Vgl. Weitnauer, in: Weitnauer (Hrsg.), Handbuch Venture Capital, 7. Aufl., 2022, Teil E., Rn. 194; Kuntz, Gestaltung von Kapitalgesellschaften, 2016, S. 154 f. 226 Dazu und weiteren Möglichkeiten etwa Kuntz, Gestaltung von Kapitalgesellschaften, 2016, S. 154 f.

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§ 7 Lösungsansätze aus der Venture Capital-Vertragspraxis 

es den Berechtigten, einen Verkauf an einen Dritten zu verhindern und stattdessen die Anteile zu mit dem Dritten vereinbarten Konditionen zu erwerben.227 Andienungspflichten, Vorerwerbsrechte und Vorkaufsrechte ermöglichen es den bestehenden Gesellschaftern einerseits, zu kontrollieren, wer in den Gesellschafterkreis aufgenommen wird und zu verhindern, dass unbekannte oder unerwünschte Dritte Anteile des Unternehmens erwerben.228 Darüber hinaus können Andienungspflichten, Vorerwerbsrechte und Vorkaufsrechte entscheidend dazu beitragen, einem Austritt der Gründer entgegenzuwirken und sie an das Unternehmen zu binden.229 Die Existenz entsprechender Rechte wirkt grundsätzlich abschreckend auf potentielle Erwerber und erschwert es damit den Gründern, ihre Anteile zu veräußern.230 Zunächst werden Dritte faktisch von Geboten abgehalten, da sie damit rechnen müssen, dass nach erfolgreichen Verhandlungen das Vorerwerbsrecht ausgeübt wird.231 Für Drittinteressenten besteht damit die Gefahr, dass ihre bis dahin aufgewendeten Verhandlungskosten frustriert werden.232 Außerdem müssen Drittinteressenten befürchten, dass die Altgesellschafter ihr Vorerwerbsrecht insbesondere bei besonders günstigen Vertragskondition ausüben werden.233 Da die Altgesellschafter über Insiderinformationen verfügen und die Bedingungen daher besser beurteilen können, besteht für die Drittinteressenten die Gefahr, die Anteile nur zu schlechten Beteiligungskonditionen erwerben zu können. Schließlich erschwert die Belastung von Anteilen mit Vorerwerbsrechten es dem veräußerungswilligen Anteilsinhaber, den erzielbaren Verkaufspreis zu optimieren, da zwischen einem potentiellen Drittkäufer und der berechtigten Gesellschaft kein Bieterwettbewerb zustande kommt.234

227

Weitnauer, in: Weitnauer (Hrsg.), Handbuch Venture Capital, 7. Aufl., 2022, Teil E., Rn. 195; Houben / Nippel, in: Börner / Grichnik (Hrsg.), Entrepreneurial Finance, 2005, S. 325, 332. 228 Zu dieser „Eintrittskontrolle“ vgl. Houben / Nippel, in: Börner / Grichnik (Hrsg.), Entrepreneurial Finance, 2005, S. 325, 332; Kuntz, Gestaltung von Kapitalgesellschaften, 2016, S. 156 ff. 229 Kuntz, Gestaltung von Kapitalgesellschaften, 2016, S. 156. 230 Ziegert, Der Venture Capital-Beteiligungsvertrag, 2005, S. 177; Kuntz, Gestaltung von Kapitalgesellschaften, 2016, S. 155 f.; Walker, 5 Stan. J. L. Bus. & Fin. 1, 23 ff. (1999). 231 Kuntz, Gestaltung von Kapitalgesellschaften, 2016, S. 155; Walker, 5 Stan. J. L. Bus. & Fin. 1, 23 ff. (1999). 232 Kuntz, Gestaltung von Kapitalgesellschaften, 2016, S. 155; Walker, 5 Stan. J. L. Bus. & Fin. 1, 16 f. (1999). 233 Vgl. dazu Ziegert, Der Venture Capital-Beteiligungsvertrag, 2005, S. 177; Kuntz, Gestaltung von Kapitalgesellschaften, 2016, S. 155 f. 234 Kuntz, Gestaltung von Kapitalgesellschaften, 2016, S. 156; Walker, 5 Stan. J. L. Bus. & Fin. 1, 19 ff. (1999).

H. Mechanismen zur Bindung der Gründer  

367

III. Wettbewerbsverbote Venture Capital-Verträge enthalten ferner regelmäßig235 Wettbewerbsverbote für Gründungsgesellschafter.236 Diese verbieten den Gründern, in Konkurrenz zu dem Unternehmen tätig zu werden. Wettbewerbsverbote können sowohl für die Zeit der Tätigkeit für oder die Beteiligung an dem entsprechenden Unternehmen als auch – in gewissem Rahmen – für die Zeit danach vereinbart werden. Der Schwerpunkt der vertraglichen Regelungen liegt dabei regelmäßig auf nachvertraglichen Wettbewerbsbeschränkungen.237 Typischerweise werden nachvertragliche Wettbewerbsverbote für einen Zeitraum von zwei Jahren vereinbart.238 235

In der empirischen Studie von Antonczyk, Venture-Capital-Verträge, 2006, S. 152, enthielten 96,7 % der Beteiligungsverträge der 91 untersuchten Venture Capital-Investitionen Wettbewerbsverbote für die Gesellschafter des Zielunternehmens. In der Studie von ReißigThust / Brettel / Witt wurde in 82,5 % der untersuchten Beteiligungsfälle (n = 114) ein Wett­ bewerbsverbot des Managements während der Beteiligung vereinbart, vgl. Reißig-Thust / Brettel / Witt, FB 2004, 636, 645. Ein signifikanter Einfluss des Wettbewerbsverbots auf den Erfolg der Beteiligung konnte hingegen nicht nachgewiesen werden. In der Studie von Kaplan / Strömberg, 70 Rev. Econ. Stud. 281, 289 (2003) enthielten 70,4 % der untersuchten Verträge auf dem US-Markt Wettbewerbsverbote für die Gründer (N = 213). Zwar kann sich ein Wettbewerbsverbot für Gründer grundsätzlich bereits aus Gesetz oder der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht ergeben (vgl. im Hinblick auf Geschäftsführer etwa Beurskens, in: Noack / Servatius / Haas (Hrsg.), GmbHG, 23. Aufl., 2022, § 37, Rn. 83 ff. m. w. N.). In der Praxis sind damit jedoch sowohl hinsichtlich des Bestehens als auch der konkreten Reichweite zahlreiche Unsicherheiten verbunden. Insbesondere ist etwa anerkannt, dass für Minderheitsgesellschafter, die keine Einflussmöglichkeiten auf die Geschäftsführung haben, aus der Treuepflicht regelmäßig kein Wettbewerbsverbot folgt (siehe Fastrich, in: Noack / Servatius / Haas (Hrsg.), GmbHG, 23. Aufl., 2022, § 13, Rn. 28 m. w. N.). Unabhängig davon besteht generell Regelungsbedarf hinsichtlich der Dauer (d. h. der Vereinbarung eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots) sowie der präzisen Bestimmung des Inhalts und möglicher Rechtsfolgen bei Verstößen. Es kann daher regelmäßig von einem Bedürfnis für ein vertraglich vereinbartes Wettbewerbsverbot ausgegangen werden (vgl. Weitnauer, in: Weitnauer (Hrsg.), Handbuch Venture Capital, 7. Aufl., 2022, Teil E., Rn. 241 ff.). 236 Weitnauer, NZG 2001, 1065, 1072; Antonczyk, Venture-Capital-Verträge, 2006, S. 130; Grisebach, Innovationsfinanzierung, 1989, S. 244 ff.; Kuntz, Gestaltung von Kapitalgesellschaften, 2016, S. 147 ff.; Ziegert, Der Venture Capital-Beteiligungsvertrag, 2005, S. 163. 237 Ziegert, Der Venture Capital-Beteiligungsvertrag, 2005, S. 164; Kuntz, Gestaltung von Kapitalgesellschaften, 2016, S. 147. Zur rechtlichen Zulässigkeit und Umsetzung von vertraglichen Wettbewerbsverboten für Geschäftsführer einer GmbH vgl. etwa Jaeger / Steinbrück, in: MüKo GmbHG, 3. Aufl., 2019, § 35, Rn. 371 ff.; Weitnauer, in: Weitnauer (Hrsg.), Handbuch Venture Capital, 7. Aufl., 2022, Teil  E., Rn. 247 ff. Vertragliche Wettbewerbsverbote sind insbesondere an § 138 BGB zu messen und bedürfen vor dem Hintergrund der grundgesetzlich geschützten Berufsausübungsfreiheit einerseits eines schutzwürdigen Interesses des Unternehmens, andererseits darf das Wettbewerbsverbot den Verpflichteten in räumlicher, gegenständlicher und zeitlicher Hinsicht nicht übermäßig beschweren. Zur je nach Bundesstaat unterschiedlichen Zulässigkeit von Non-competition Agreements in den USA und Umgehungsstrategien durch Informationsweitergabeverbote im Zusammenhang mit der Doctrine of Inevitable Dis­closure, vgl. Kuntz, Gestaltung von Kapitalgesellschaften, 2016, S. 147 ff. 238 Weitnauer, NZG 2001, 1065, 1072; Ziegert, Der Venture Capital-Beteiligungsvertrag, 2005, S. 164. Ein zeitlich unbegrenztes nachvertragliches Wettbewerbsverbot ist wegen des hierfür fehlenden berechtigten Interesses des Unternehmens unwirksam. In der Rechtspre-

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§ 7 Lösungsansätze aus der Venture Capital-Vertragspraxis 

Wie Halteklauseln239 setzen Wettbewerbsverbote Gründern einen Anreiz, für das Unternehmen tätig zu bleiben und wirken entsprechenden Drohmöglichkeiten, das Unternehmen zu verlassen, entgegen.240 Indem Wettbewerbsverbote die Möglichkeiten der Gründer reduzieren, ihr Humankapital in einem anderem Unternehmen einzubringen, werden ihre „Außenoptionen“ entwertet, sodass ein Abbruch der Kooperationsbeziehung nicht mehr erstrebenswert ist.241 Weiterhin können nachvertragliche Wettbewerbsverbote Leistungsanreize für Gründer setzen. Da aufgrund nachvertraglicher Wettbewerbsverbote Beschäftigungen in Konkurrenzunternehmen im Falle einer Entlassung (zunächst) nicht oder nur eingeschränkt möglich sind, geht mit einer Entlassung ein erheblicher Wohlfahrtsverlust für den Gründer einher.242 Daraus kann sich ein Anreiz für Gründer ergeben, bestmögliche Leistungen zu erbringen, um eine andernfalls drohende Entlassung zu vermeiden. Umgekehrt kann mit einem drohenden Verlust der Beschäftigung, insbesondere in Krisensituationen, jedoch auch ein erhöhter Risikoanreiz sowie ein Anreiz zur Manipulation von Ergebnissen (window dressing) einhergehen.243

IV. Geheimhaltungsverpflichtungen Mittels Geheimhaltungsverpflichtungen können Gründer zur Verschwiegenheit verpflichtet und kann die Weitergabe von Betriebsgeheimnissen mit Vertragsstrafen sanktioniert werden.244 Ziel von Geheimhaltungsverpflichtungen ist es, das Know-how im Unternehmen zu halten. Mit Geheimhaltungsverpflichtungen können darüber hinaus aber auch mit Wettbewerbsverboten vergleichbare Wirkungen erzielt werden.245 Indem Außenoptionen entwertet werden, können Geheimhaltungsverpflichtungen daher auch zu einer Bindung der Gründer an das Unternehmen beitragen.

chung wird eine Regel-Grenze von zwei Jahren als zulässig angesehen, vgl. Jaeger / Steinbrück, in: MüKo GmbHG, 3. Aufl., 2019, § 35, Rn. 374 m. w. N. 239 Siehe § 7 H. I. oben. 240 Houben / Nippel, in: Börner / Grichnik (Hrsg.), Entrepreneurial Finance, 2005, S. 325, 338; Antonczyk, Venture-Capital-Verträge, 2006, S. 130 ff.; Denis, 10 J. Corp. Fin. 301, 315 (2004). 241 Antonczyk, Venture-Capital-Verträge, 2006, S. 130 f. 242 Mark, Venture Capital, 2005, S. 244 ff.; Antonczyk, Venture-Capital-Verträge, 2006, S. 131 ff. 243 Antonczyk, Venture-Capital-Verträge, 2006, S. 133. 244 Vgl. dazu Grisebach, Innovationsfinanzierung, 1989, S. 246 ff.; Ziegert, Der Venture Capital-Beteiligungsvertrag, 2005, S. 165. 245 Dazu ausführlich Kuntz, Gestaltung von Kapitalgesellschaften, 2016, S. 149 f.

I. Garantien und Zusicherungen  

369

I. Garantien und Zusicherungen Venture Capital-Verträge enthalten des Weiteren typischerweise Zusicherungen und Garantien (representations and warranties).246 In der Regel sichern sowohl die zu finanzierende Gesellschaft als auch die Altgesellschafter bzw. Gründer den Kapitalgebern zu, dass bestimmte Angaben zur Unternehmenssituation zum Zeitpunkt der Abgabe der Garantie vollständig und richtig sind.247 Die Garantien beziehen sich dabei regelmäßig auf Angaben zur rechtlichen, finanziellen und wirtschaftlichen Situation des Unternehmens.248 Sie können die Errichtung und den Bestand der Gesellschaft betreffen, darüber hinaus Abschlüsse der Gesellschaft, bereits bestehende Beteiligungen, gewerbliche Schutzrechte, Wettbewerbsverbote, behördliche Genehmigungen oder Konzessionen, Versicherungsschutz, anhängige oder drohende Rechtsstreitigkeiten, Steuerpflichten, Leistung von Sozialabgaben und sonstigen öffentlichen Abgaben, das Bestehen von wichtigen Verträgen oder Nichtbestehen von Verträgen, die die Gesellschaft in ihrer Geschäftstätigkeit beeinträchtigen oder die Wettbewerbsfreiheit beschränken können.249 Die Zusicherungen und Garantien sind regelmäßig als selbständige Garantie i. S. v. § 311 Abs. 1 BGB zu qualifizieren und schaffen ein eigenständiges vertragliches Gewährleistungsregime.250 Die Garantie kann dabei entweder als verschuldensunabhängige Einstandspflicht ausgestaltet sein oder auf die positive Kenntnis oder fahrlässige Unkenntnis der Gründer über bestimmte Umstände beschränkt sein.251 Häufig wird die Garantiehaftung in der Höhe auf den von den Kapital­ 246 Dazu etwa Ziegert, Der Venture Capital-Beteiligungsvertrag, 2005, S. 139 ff.; Brehm, Venture-Capital-Vertragswerk, 2012, S. 195 ff.; Weitnauer, in: Weitnauer (Hrsg.), Handbuch Venture Capital, 7. Aufl., 2022, Teil E., Rn. 152 ff.; Pfeifer, BB 1999, 1665, 1670. In der empirischen Studie von Antonczyk, Venture-Capital-Verträge, 2006, S. 152, enthielten 98,9 % der Beteiligungsverträge der 91 untersuchten Venture Capital-Investitionen Garantien und Zusicherungen hinsichtlich der vorgelegten Informationen. Nach der Studie von Reißig-Thust / ​ Brettel / Witt, FB 2004, 636, 645 gaben in 87,7 % der untersuchten Beteiligungsfälle (n = 114) Portfoliounternehmen eine Garantie gegenüber der Venture Capital-Gesellschaft für die Vollständigkeit von Informationen ab. Ein signifikanter Einfluss auf den Erfolg der Beteiligung konnte hingegen nicht nachgewiesen werden (siehe auch Reißig-Thust, Venture-­CapitalGesellschaften, 2003, S. 190). Generell zu Zusicherungen und Garantien in Unternehmenskaufverträgen vgl. etwa Merkt, in: Berger (Hrsg.), FS Sandrock, 2000, S. 657, 680 f. 247 Vgl. Grisebach, Innovationsfinanzierung, 1989, S. 213 f.; Weitnauer, NZG 2001, 1065, 1070; siehe auch Houben / Nippel, in: Börner / Grichnik (Hrsg.), Entrepreneurial Finance, 2005, S. 325, 333; Brehm, Venture-Capital-Vertragswerk, 2012, S. 197 f.; Weitnauer, in: Weitnauer (Hrsg.), Handbuch Venture Capital, 7. Aufl., 2022, Teil  E., Rn. 152 ff., 161; Schefczyk, Erfolgsstrategien deutscher Venture Capital-Gesellschaften, 3. Aufl., 2004, S. 49 f.; Schefczyk, Finanzieren mit Venture Capital, 2. Aufl., 2006, S. 31 f.; Schäfer / Stephan, Venture-CapitalVerträge, 2003, S. 43 ff., 93 ff. 248 Brehm, Venture-Capital-Vertragswerk, 2012, S. 197. 249 Weitnauer, NZG 2001, 1065, 1070. 250 Vgl. dazu Brehm, Venture-Capital-Vertragswerk, 2012, S. 197; Ziegert, Der Venture Capi­ tal-Beteiligungsvertrag, 2005, S. 139; Mellert, NZG 2003, 1096, 1099. 251 Weitnauer, NZG 2001, 1065, 1070; Brehm, Venture-Capital-Vertragswerk, 2012, S. 197.

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§ 7 Lösungsansätze aus der Venture Capital-Vertragspraxis 

gebern eingezahlten Betrag als Haftungsobergrenze beschränkt.252 Verbreitet sind zudem Haftungsfreibeträge und Haftungsfreigrenzen.253 Ungeachtet etwaiger Beschränkungen der Haftung werden Gründer häufig nicht über ausreichend liquide Mittel oder verwertbares Vermögen verfügen, um für einen etwaigen Schaden der Kapitalgeber aufkommen zu können.254 Als alternative Gestaltungsmöglichkeiten kommt auch eine Pflicht zur Übertragung von Gesellschaftsanteilen an die Kapitalgeber, die zu einer Verwässerung der Beteiligung der Gründer führt, als Rechtsfolge einer Garantieverletzung in Betracht.255 Eine weitere Alternative sind Kündigungsrechte der Kapitalgeber bei Garantieverletzungen.256 Zusicherungen und Garantien dienen der Reduktion von vorvertraglichen Informationsasymmetrien und dem Schutz der Kapitalgeber vor Risiken, die aus dem Zeitraum vor Abschluss des Finanzierungsvertrages resultieren.257 Auch wenn mögliche Schadensersatzansprüche das Risiko der Kapitalgeber in der Regel nicht abdecken, sind unwahre und unvollständige Informationen mit unmittelbaren Konsequenzen für die Gründer verbunden. Angesichts der drohenden Rechtsfolgen bei einer Verletzung schaffen Zusicherungen und Garantien Anreize zu wahrheits­ gemäßer und vollständiger Offenlegung vor Vertragsschluss.258

J. Arbeitszeitvorgaben Dem Risiko, dass Gründer ihre Arbeitszeit nicht in ausreichendem Umfang für das finanzierte Unternehmen einsetzen und ihre Zeit stattdessen in andere Tätigkeiten und Projekte investieren,259 wird in Venture Capital-Verträgen – neben generellen Leistungsanreizen – mit entsprechenden Pflichten der Gründer begegnet. Es kann etwa vereinbart werden, dass Gründer ihre gesamte Arbeitszeit für das Unternehmen einsetzen müssen und keinen Nebentätigkeiten nachgehen dürfen.260 Daneben können die Gründer dazu verpflichtet werden, sich in einem näher bestimmten zeitlichen Mindestumfang aktiv mit den Belangen des Unternehmens 252

Weitnauer, NZG 2001, 1065, 1070; Houben / Nippel, in: Börner / Grichnik (Hrsg.), Entrepreneurial Finance, 2005, S. 325, 333; Brehm, Venture-Capital-Vertragswerk, 2012, S. 202. 253 Brehm, Venture-Capital-Vertragswerk, 2012, S. 202. 254 Brehm, Venture-Capital-Vertragswerk, 2012, S. 202; Ziegert, Der Venture Capital-Beteiligungsvertrag, 2005, S. 139; Pfeifer, BB 1999, 1665, 1670 f. 255 Brehm, Venture-Capital-Vertragswerk, 2012, S. 203. 256 Brehm, Venture-Capital-Vertragswerk, 2012, S. 203; Weitnauer, ZIP 2005, 1443, 1447. 257 Houben / Nippel, in: Börner / Grichnik (Hrsg.), Entrepreneurial Finance, 2005, S. 325, 335 f.; Brehm, Venture-Capital-Vertragswerk, 2012, S. 196. 258 Grisebach, Innovationsfinanzierung, 1989, S. 241 f.; Brehm, Venture-Capital-Vertragswerk, 2012, S. 204 f.; Ziegert, Der Venture Capital-Beteiligungsvertrag, 2005, S. 139. 259 Siehe dazu § 6 B. II. 2. b) oben. 260 In der Studie von Reißig-Thust / Brettel / Witt, FB 2004, 636, 645, wurde in 83,3 % der untersuchten Beteiligungsfälle (n = 114) eine Verpflichtung der Gründer vereinbart, ihre gesamte Arbeitszeit für das Portfoliounternehmen einzusetzen.

K. Zusammenfassung  

371

beschäftigen zu müssen.261 Für beide Arten von Arbeitszeitvorgaben konnte in einer empirischen Studie ein signifikanter Einfluss auf den Erfolg der Beteiligung nachgewiesen werden.262

K. Zusammenfassung 1. In diesem Kapitel wurden ausgewählte Regelungsmechanismen und Lösungsansätze aus der Venture Capital-Vertragspraxis dargestellt, mit denen typischen Agenturproblemen zwischen Kapitalgebern und Kapitalnehmern begegnet werden und die als Gestaltungsmodelle für Crowd­investing-Verträge dienen können. Ziel der Vertragsgestaltung ist es, eine Governance-Struktur zu etablieren, die es ermöglicht, Informationsasymmetrien zu reduzieren und mittels Anreiz- und Motivationsmechanismen die Interessen der Akteure zu harmonisieren. Damit soll opportunistischem Verhalten der Kapitalnehmer und der Verfolgung von Partikularinteressen entgegengewirkt und die erzielbare Nettowertschöpfung maximiert werden. 2. Der Finanzierungsform und der damit einhergehenden Verteilung der Vermögensrechte kommt eine grundlegende Bedeutung für die Verhaltenssteuerung bei Venture Capital-Finanzierungen zu. Werden Gründer maßgeblich am Eigenkapital beteiligt, das heißt, wird ihre persönliche Vermögenssituation von der Unternehmensentwicklung und dem Unternehmenswert abhängig gemacht, können sie dazu motiviert werden, sich bestmöglich für den Unternehmenserfolg einzusetzen. Je größer der Anteil der Gründer am Residuum ist, desto stärker ist ihr Leistungsanreiz und desto eher können zu geringer Anstrengung der Gründer (reduced ­effort), dem Ressourcenmissbrauch und einem suboptimalen Investitionsverhalten entgegengewirkt werden. Angesichts des massiven Risikoanreizes, den eine reine Fremdkapitalfinanzierung hätte, kommt typischerweise eine Kombination von Fremd- und Eigenkapitalinstrumenten zur Finanzierung zum Einsatz, die weitere Governance-Mechanismen erforderlich macht. 3. Informationsasymmetrien werden dadurch reduziert, dass der schlechter informierten Partei Informationen zugänglich gemacht werden. Typischerweise werden Kapitalgebern weitgehende vertragliche Informations-, Einsichts- und Kontrollrechte eingeräumt. Gründer werden zu regelmäßigen Reportings über die Unternehmensentwicklung, zur Mitteilung maßgeblicher Kennzahlen und besonderer Ereignisse verpflichtet. Die Verringerung des Informationsgefälles wirkt opportunistischem Verhalten und Ressourcenverschwendung durch die Gründer entgegen. Das Monitoring seitens der Kapitalgeber ermöglicht es diesen, Fehlver 261

In der Studie von Reißig-Thust / Brettel / Witt, FB 2004, 636, 645, wurden in 64,9 % der untersuchten Beteiligungsfälle (n = 114) Mindestzeiten für die aktive Beschäftigungsdauer des Managements vereinbart. 262 Reißig-Thust / Brettel / Witt, FB 2004, 636, 645.

372

§ 7 Lösungsansätze aus der Venture Capital-Vertragspraxis 

halten und wirtschaftliche Fehlentwicklungen zu erkennen und korrigierend auf die Gründer einzuwirken. Informations- und Reportingpflichten sowie aktives Monitoring sind allerdings sowohl auf Kapitalnehmer- als auch auf Kapitalgeberseite mit nicht unerheblichen Kosten verbunden. 4. Zur unmittelbaren Vermeidung opportunistischer Maßnahmen der Geschäftsführung können Mitwirkungs- und Entscheidungsrechte der Kapitalgeber beitragen. Beteiligungsverträge enthalten daher regelmäßig Zustimmungsvorbehalte oder andere Mitwirkungs- und Entscheidungsbefugnisse zugunsten der Kapitalgeber. Typischerweise werden etwa für grundlegende Strukturentscheidungen oder die Veräußerungen von wesentlichen Teilen des Unternehmensvermögens sowie für operative Geschäfte, die über den Rahmen des üblichen Geschäftsbetriebes hinausgehen und von wesentlicher wirtschaftlicher Bedeutung sind, Zustimmungsvorbehalte zugunsten der Kapitalgeber vereinbart. 5. Der Stufenfinanzierung kommt im Rahmen von Venture Capital-Finanzierungen eine wichtige Bedeutung zur Verhaltenssteuerung und Reduktion von Agenturproblemen zu. Die Notwendigkeit, realistische Milestones zu vereinbaren, an die die Auszahlung weiterer Tranchen geknüpft ist, kann die Gründer bereits vor Vertragsschluss zu wahrheitsgemäßer und vollständiger Offenlegung relevanter Informationen motivieren. Die Stufenfinanzierung kann so zur Reduktion vorvertraglicher Informationsasymmetrien beitragen. Wird die Bereitstellung weiterer Mittel an das Erreichen bestimmter Meilensteine geknüpft, können den Gründern dadurch wirksam Leistungsanreize gesetzt und opportunistisches Verhalten reduziert werden. Indem Kapitalgeber bei Nichterreichen der vereinbarten Milestones eine Ausstiegsoption erhalten, wird ihnen zudem die Entscheidungsbefugnis über den Fortgang des Unternehmens übertragen. Außerdem ermöglicht die Stufenfinanzierung Kapitalgebern Verluste zu begrenzen und kann damit auch der Minimierung von (exogenen) Risiken dienen. Die zentrale Herausforderung für wirksame Steuerungseffekte liegt in der Vereinbarung adäquater Milestones. Andernfalls besteht die Gefahr von Fehlanreizen wie etwa des window dressing. 6. Die angemessene Bewertung von Start-up-Unternehmen ist mit erheblichen Schwierigkeiten und hohen Unsicherheiten verbunden. Kapitalgeber laufen daher Gefahr, einen zu hohen Preis für ihre Beteiligung zu bezahlen. Zur Minimierung des Bewertungsrisikos werden regelmäßig Mechanismen zur nachträglichen Bewertungskorrektur vereinbart. Vergleichbar mit Milestones im Rahmen der Stufenfinanzierung wirken sie vorvertraglichen Informationsasymmetrien entgegen, indem sie einen Anreiz zu wahrheitsgemäßer Information setzen. Bei entsprechender Ausgestaltung können sie zugleich Leistungsanreize für Gründer entfalten. 7. Im Rahmen von Folgefinanzierungen besteht für frühere Kapitalgeber das Risiko einer Verwässerung der Anteile und Stimmrechte. Liegt der Folgefinanzierung eine geringere Unternehmensbewertung zugrunde (Down Round)  geht mit der Folgefinanzierung zudem eine wirtschaftliche Abwertung der Beteiligung (Dilution) einher. Der Stimmrechtsverwässerung kann mit der Vereinbarung von

K. Zusammenfassung  

373

Bezugsrechten begegnet werden. Vor einer wirtschaftlichen Verwässerung ihrer Beteiligung können Kapitalgeber mit Anti-Dilution-Regelungen geschützt werden. 8. Regelmäßig kommt den Gründern eine entscheidende Bedeutung für die Entwicklung und den Erfolg des Unternehmens zu. Für Kapitalgeber ist es daher entscheidend, die relevanten Personen möglichst langfristig an das finanzierte Unternehmen zu binden. Die Finanzierungsdokumentation enthält daher regelmäßig Halteklauseln und Vesting-Regelungen. Danach verlieren am Unternehmen beteiligte Gründer ihre Beteiligung oder Teile der Beteiligung, wenn sie innerhalb eines bestimmten Zeitraums aus dem Unternehmen ausscheiden. Mittels Vinku­ lierung der Unternehmensanteile der Gründer wird ferner versucht, das Vermögen der Gründer im Unternehmen gebunden zu halten und so die Interessen der Gründer mit denen der Kapitalgeber zu harmonisieren. Des Weiteren können Wettbewerbsverbote und Geheimhaltungsverpflichtungen die „Außenoptionen“ der Gründer entwerten, sodass für sie ein Abbruch der Kooperationsbeziehung weniger erstrebenswert wird. 9. Gründer und das finanzierte Unternehmen gewähren Kapitalgebern regelmäßig Garantien und Zusicherungen. Mittels einer verschuldensunabhängigen Einstandspflicht sichern sie typischerweise die Richtigkeit bestimmter Angaben zur Unternehmenssituation aber auch etwa das Bestehen wichtiger Verträge oder Patente zu. Zwar reicht die Garantiehaftung mangels ausreichend liquider Mittel der Gründer bzw. des finanzierten Unternehmens typischerweise nicht zur Kom­ pensation etwaiger Schäden der Kapitalgeber. Gleichwohl können so unvollständige und falsche Informationen vor Vertragsschluss mit unmittelbaren Konsequenzen für die Gründer wie etwa Kündigungsrechten und damit im Zweifel der Liquidation des Unternehmens sanktioniert werden. Zusicherungen und Garantien setzen so Anreize zu wahrheitsgemäßer und vollständiger Offenlegung vor Vertragsschluss. 10. Kapitalgeber haben schließlich ein Interesse daran, dass sich Gründer vollständig auf das finanzierte Unternehmen konzentrieren und ihre Zeit nicht in andere Tätigkeiten und Projekte investieren. Neben der Incentivierung durch generelle Leistungsanreize werden daher regelmäßig Nebentätigkeitsverbote und Arbeitszeitvorgaben vereinbart.

§ 8 Inhalt und Entwicklung der Crowd­investing-Verträge Die gegenseitigen Rechte und Pflichten der Crowd­investoren und der finanzierten Unternehmen sind in weitem Maße vertraglicher Natur.1 Sie werden durch die von den Crowd­investing-Plattformen zur Verfügung gestellten Crowd­investingVerträge bestimmt. Im Untersuchungszeitraum kamen zur Umsetzung der Finanzierung und Beteiligung der Crowd­investoren vornehmlich stille Beteiligungen und partiarische Nachrangdarlehen zum Einsatz.2 Im Folgenden werden die auf dem deutschen Markt im Zeitraum von August 2011 bis Ende 2016 angebotenen Crowd­investing-Verträge analysiert.3 Zunächst wird die Entwicklung der Beteiligungsform und der Finanzierungsstruktur dargestellt. Sodann folgt eine ausführliche Analyse der vertraglichen Regelungen und ihrer jeweiligen Entwicklung. Neben generellen Aussagen zur marktweiten Relevanz einzelner Regelungskomplexe wird vertieft auf die Vertragsgestaltung der Portale Seedmatch und Companisto eingegangen. Diese beiden Plattformen vermittelten im Untersuchungszeitraum knapp zwei Drittel aller erfolgreichen Crowd­ finanzierungen und waren für über 80 % des gesamten Finanzierungsvolumens auf dem deutschen Crowd­investingmarkt verantwortlich.4 Grundlegend abweichende Regelungen und Gestaltungen in Verträgen anderer Plattformen werden erwähnt, soweit dies einen zusätzlichen Erkenntnisgewinn verspricht.

A. Überblick und Datengrundlage I. Bestandteile der Finanzierungsdokumentation Zentrales Dokument jeder Crowdfinanzierung5 ist der zwischen dem kapitalsuchenden Unternehmen und den einzelnen Crowd­investoren als Kapitalgebern 1

Siehe dazu und zu dem bestehenden gesetzlichen Rahmen bereits § 5 C. oben. Siehe dazu sogleich § 8 B. I. unten. 3 Für eine erste Auswertung der im Zeitraum vom 01. 08. 2011 bis 31. 12. 2015 angebotenen Verträge vgl. bereits Klöhn / Hornuf / Schilling, ZBB 2016, 142, 148 ff. 4 Siehe § 4 B. II. 2.  oben. 5 Mit dem Begriff „Crowdfinanzierung“ wird hier die im Rahmen einer CrowdinvestingKampagne durchgeführte Finanzierungsrunde beschrieben. Eine Crowdfinanzierung besteht aus einer Vielzahl von zu einer Emission zusammengefassten Crowdinvesting-Verträgen, die inhaltsgleiche Schuldverhältnisse zwischen dem jeweiligen kapitalsuchenden Unternehmen als Emittenten und den dieses finanzierenden Crowdinvestoren als Anlegern begründen. 2

A. Überblick und Datengrundlage  

375

abzuschließende Finanzierungsvertrag (Crowd­investing-Vertrag).6 Die Crowd­ investing-Verträge werden von den jeweiligen Plattformen zur Verfügung gestellt. Die Verträge zur Finanzierung eines Unternehmens, die zwischen dem zu finanzierenden Unternehmen und den dieses finanzierenden Crowd­investoren abgeschlossen werden, sind – abgesehen von der Parteibezeichnung, der Finanzierungssumme und der Investmentquote – inhaltsgleich. Von Plattform zu Plattform weisen die angebotenen Crowd­investing-Verträge hingegen teils bedeutende Unterschiede auf. Auch die von einer Plattform für verschiedene Finanzierungen angebotenen Crowd­investing-Verträge sind keineswegs identisch, sondern wurden stetig weiterentwickelt.7 Im Ergebnis weisen daher die Vertragstexte nahezu sämtlicher angebotenen Finanzierungen inhaltliche Unterschiede auf. Die verschiedenen Crowdfinanzierungen basieren somit auf sich im Detail bisweilen beträchtlich unterscheidenden Vertragsbedingungen. Je nach Plattform wird der eigentliche Finanzierungsvertrag um weitere Finanzierungsdokumente ergänzt, die insgesamt den Crowd­investing-Vertrag im hier verstandenen Sinne bilden. Insbesondere auf der Plattform Companisto schlossen Anleger zusätzlich eine „Pooling- und Carry­-Vereinbarung“, in der sie sich u. a.  einem gemeinsamen Abstimmungsverfahren hinsichtlich der Beendigung des Finanzierungsvertrages und etwaigen Vertragsänderungen unterwarfen.8 Bei Finanzierungen über Seedmatch erhielten Anleger zusätzlich zu dem Crowd­ investing-Vertrag eine „Selbsterklärung“ des zu finanzierenden Unternehmens. In dieser gaben die Gründer des Unternehmens den potentiellen Anlegern vor Vertragsschluss bestimmte Zusicherungen und Garantien hinsichtlich Richtigkeit und Vollständigkeit der im Vorfeld der Finanzierung, insbesondere im Exposé und in den weiteren Unterlagen gemachten Angaben.9

II. Regelungsinhalt der Crowd­investing-Verträge Crowd­investing-Verträge hatten im Beobachtungszeitraum typischerweise einen Umfang von etwa zehn bis 15 Seiten. Neben der Bezeichnung der Parteien enthielten die untersuchten Verträge in einer Präambel regelmäßig Angaben zum Unternehmensgegenstand des zu finanzierenden Unternehmens, dessen Stammkapital und den Gesellschaftern sowie zum Zweck der Finanzierung.

6 Weitere auf den Plattformen vorzufindenden Bezeichnungen lauten etwa Beteiligungsvertrag, Beteiligungsvertrag in Form eines partiarischen Darlehens, Darlehensvertrag, qualifiziert nachrangiger partiarischer Darlehensvertrag und Investmentvertrag. 7 Zur Auswertung wie häufig und in welchem Umfang Crowdinvesting-Plattformen ihre Verträge änderten, siehe die Konzeption einer Innovationsrate der Crowdinvesting-Plattformen unter § 10 C. III. 3. unten. 8 Siehe dazu ausführlich § 8 I. unten. 9 Siehe dazu ausführlich § 8 M. unten.

376

§ 8 Inhalt und Entwicklung der Crowd­investing-Verträge

In der Präambel wurde regelmäßig der Finanzierungsprozess und der Vertragsschlussmechanismus der Crowd­investing-Plattform beschrieben. Der Vertrag enthielt Angaben zur Laufzeit der Finanzierung und stellte die einzelne Vermögensanlage in den Gesamtkontext der Crowdfinanzierung, indem die Gesamtsumme angegeben wurde, die von allen Crowd­investoren eingeworben werden sollte. Weiterhin enthielt die Präambel Details zum Unternehmensträger der Crowd­investingPlattform und einen Hinweis darauf, dass der Vertrag durch die Crowd­investingPlattform vermittelt wurde. Typischerweise wurde zudem darauf hingewiesen, dass die Plattform weder Emittent noch Anbieter der Vermögensanlage sei.10 Die Crowd­investing-Verträge regelten des Weiteren die Höhe des von dem jeweiligen Anleger zu gewährenden Finanzierungsbetrages sowie Details zur Abwicklung der Zahlung. Diese war typischerweise auf ein Treuhandkonto eines Zahlungsdienstleisters zu leisten.11 Der Vertrag enthielt zudem Regelungen zu Beginn und Dauer des Vertragsverhältnisses. Typischerweise wurde die Wirksamkeit des Vertrages vom Erreichen der Fundingschwelle abhängig gemacht. Die untersuchten Verträge von Companisto stellten den Vertrag etwa unter die auflösende Bedingung des Nichterreichens der Fundingschwelle bis zum Ende des Finanzierungszeitraums. Weiterhin sind die Pflichten aus dem Vertrag regelmäßig auflösend bedingt durch eine nachträgliche Unterschreitung der Fundingschwelle infolge der Ausübung von Widerrufsrechten. Crowd­investing-Verträge stellten regelmäßig klar, dass die Geschäftsführung des zu finanzierenden Unternehmens allein dem Unternehmen obliegt und den Anlegern keinerlei Mitwirkungsbefugnisse, Stimm- oder Weisungsrechte, sei es in Bezug auf Geschäftsführung, Verwaltung oder Bilanzierung des Unternehmens zustehen.12 Regelmäßig wurden den Anlegern allerdings begrenzte Informationsrechte (etwa Quartalsreports oder die Zurverfügungstellung des Jahresabschlusses des finanzierten Unternehmens) gewährt.13

10

Vgl. etwa die Hinweise in den Finanzierungsverträgen von Companisto („Anbieter und Emittent dieser Vermögensanlage ist [das Start-up], Companisto ist weder Anbieter noch Emittent der Vermögensanlage, sondern ist ausschließlich die Internet-Dienstleistungsplattform.“) und Seedmatch („Die Plattform ist auch nicht Anbieter der Vermögensanlage, sondern lediglich eine von dem Start-up beauftragte Internet-Dienstleistungsplattform gem. § 2a Abs. 3 VermAnlG. Ausschließlich das Start-up ist Anbieter im Sinne des VermAnlG.“). Zur Einordnung der Crowdinvesting-Plattformen als Anbieter i. S. d. VermAnlG siehe § 5 D. II. 2. d) aa) oben. 11 Siehe dazu bereits § 3 C. II. Damit soll insbesondere eine Erlaubnispflichtigkeit der Tätigkeit der Crowdinvesting-Plattform nach § 32 Abs. 1 KWG vermieden werden, vgl. § 5 D. II. 1. a) oben. 12 Siehe ausführlich zu den den Crowdinvestoren gewährten Mitspracherechten unter § 8 G. unten. 13 Siehe ausführlich zu den den Crowdinvestoren gewährten Informations- und Kontrollrechten unter § 8 H. unten.

A. Überblick und Datengrundlage  

377

Neben Regelungen zur Rückzahlung des gewährten Finanzierungsbetrages wurden ferner Details der Gegenleistung geregelt.14 Typischerweise erhielten Investoren eine feste jährliche Verzinsung, die häufig jedoch erst am Ende der Vertragsbeziehung auszuzahlen war (endfällige Verzinsung). Daneben wurde Investoren in der Regel ein Recht auf eine Beteiligung am Unternehmensgewinn eingeräumt. Zum Teil wurden Investoren bei Beendigung des Vertragsverhältnisses zusätzlich auch an der Entwicklung des Unternehmenswerts beteiligt. Der Vertrag enthielt in der Regel relativ detaillierte Regelungen zur Bestimmung dieser Gegenleistungen. Normalerweise wurde in den Verträgen eine sog. Beteiligungs- oder Invest­ mentquote des Anlegers festgelegt, die der Berechnung der Vergütungen zugrunde gelegt wird.15 Typischerweise trafen Crowd­investing-Verträge zudem Regelungen zu den Auswirkungen von Folgefinanzierungen des Unternehmens, Kapitalerhöhungen und weiterer Crowd­investing-Finanzierungen auf das Vertragsverhältnis mit dem Anleger.16 Ferner waren Regelungen zur Übertragbarkeit der Beteilung durch die Crowd­investoren enthalten.17 Schließlich enthielten die Crowd­investing-Verträge in der Regel eine qualifizierte Nachrangklausel.18

III. Datengrundlage dieses Kapitels Die vorliegende Darstellung analysiert die auf dem deutschen Markt im Zeitraum von August 2011 bis Ende 2016 angebotenen Crowd­investing-Verträge. Im Zeitraum vom 1. August 2011 bis zum 31. Dezember 2016 wurden in Deutschland 392  Crowd­­investing-Finanzierungen, die von 27  Crowd­­investing-Plattformen angeboten wurden, erfasst. Die angebotenen Finanzierungen19 hatten ein Nach­ fragevolumen von rund 166 Mio. Euro und ein tatsächliches Finanzierungsvolumen von knapp 72 Mio. Euro.20 Von diesen 392 angebotenen Crowd­investing-Kampagnen liegt dem folgenden Kapitel die Auswertung der Vertragsdokumentation von 326 Finanzierungs­ angeboten zugrunde. 211 der ausgewerteten Finanzierungsverträge lagen im Original vor und wurden händisch erfasst. Die Regelungen weiterer 115 Vertragstexte konnten durch Mustertexte sowie durch Vergleich der auf der entsprechenden Plattform vorhergehenden und nachfolgenden Finanzierungen erschlossen werden. 14

Siehe ausführlich zu den den Crowdinvestoren gewährten Vermögensrechten unter § 8 E. unten. 15 Siehe ausführlich zur Investmentquote der Crowdinvestoren unter § 8 D. I. unten. 16 Siehe ausführlich zu Regelungen im Zusammenhang mit Folgefinanzierungen unter § 8 D. unten. 17 Siehe ausführlich zur Übertragbarkeit der Crowdinvesting-Verträge unter § 8 J. unten. 18 Zur in den Crowdinvesting-Verträgen enthaltenen Nachrangklausel siehe § 8 N. unten. 19 Basierend auf der Auswertung von 384 der 392 angebotenen Finanzierungen, vgl. zur Datenbasis insoweit § 4, Fn. 32. 20 Vgl. dazu § 4 B. I. oben.

378

§ 8 Inhalt und Entwicklung der Crowd­investing-Verträge

Der Datensatz bildet über 82.000 Einzelverträge ab. Die ausgewerteten Verträge bildeten die Grundlage von 326 über Crowd­investing-Plattformen angebotenen Finanzierungen, mit denen Kapital in Höhe von knapp 137 Mio. Euro nachgefragt wurde, und 238 erfolgreich abgeschlossenen Crowdfinanzierungen, mit denen Kapital in Höhe von knapp 65 Mio. Euro eingeworben wurde. Damit werden vorliegend 83 % aller im Untersuchungszeitraum angebotenen Crowd­investing-Verträge ausgewertet. Zugleich sind die ausgewerteten Verträge Vertragsgrundlage für 90 % des gesamten Marktvolumens, d. h. des mittels erfolgreich abgeschlossenen Crowdfinanzierungen eingeworbenen Kapitals.

B. Finanzierungsform und Finanzierungsstruktur Crowd­investing-Plattformen verwendeten im Untersuchungszeitraum im Wesentlichen drei verschiedene Vertragstypen zur Finanzierung der kapitalsuchenden Unternehmen:21 Zunächst waren die Finanzierungen überwiegend als stille Beteiligungen der Crowd­investoren an dem zu finanzierenden Start-up konzipiert.22 Teilweise vermittelten Plattformen in der Anfangsphase auch nicht verbriefte Genussrechte.23 Ab dem vierten Quartal 2014 setzten sich im Wesentlichen partiarische Nachrangdarlehen als Finanzierungsinstrument durch.24 Im Hinblick auf die Struktur der Finanzierung wurde der Finanzierungsvertrag dabei überwiegend unmittelbar zwischen Unternehmen und Anleger geschlossen. Zum Teil wurden indes auch mittelbare Konstruktionen gewählt, bei denen eine Zweckgesellschaft als Investmentvehikel die Investments der Anleger bündelte (im Folgenden „mittelbare Finanzierungsstruktur“).

I. Rechtsform der Finanzierung 1. Überblick Im gesamten Untersuchungszeitraum wurden in 173 der untersuchten Crowd­ investing-Kampagnen partiarische Nachrangdarlehen (53 %), in 100 Kampagnen stille Beteiligungen (31 %), von 24 kapitalsuchenden Unternehmen (unverbriefte) Genussrechte (7 %) und in 29 Fällen (9 %) andere Finanzierungsinstrumente angeboten (siehe Abb. 47).25 21 Im Folgenden wird die von den Parteien vorgenommene Einordnung des Vertrages zugrunde gelegt. Zu Abgrenzungs- und Zweifelsfragen vgl. § 5 C. II. 2. und § 5 C. III. 2. oben. 22 Zu den gesetzlichen Rahmenbedingungen siehe § 5 C. I. oben. 23 Zu den gesetzlichen Rahmenbedingungen siehe § 5 C. II. oben. 24 Zu den gesetzlichen Rahmenbedingungen siehe § 5 C. III. oben. 25 Im Folgenden wird unterschieden zwischen Crowdinvesting-„Angeboten“ und erfolgreich abgeschlossenen Finanzierungen; ferner zwischen „nachgefragtem Kapital“, d. h. der Summe der jeweiligen Fundinglimits, und erfolgreich eingeworbenem Kapital, der Fundingsumme.

379

B. Finanzierungsform und Finanzierungsstruktur   180 160 140 120 100 173

80 60 100 40 20

29

24 0

Genussrechte

S�lle Gesellscha�en

Par�arische Nachrangdarlehen

Sonstige Beteiligungen

Abb. 47: Anzahl der angebotenen Beteiligungsformen (2011–2016, N = 326)

Vergleicht man das auf die einzelnen Vertragstypen entfallende tatsächlich erzielte Finanzierungsvolumina (siehe Abb. 48), so wurde mit rund 52,6 Mio. Euro die mit deutlichem Abstand größte Summe mittels partiarischen Nachrangdarlehen eingeworben (81 %). Ein Finanzierungsvolumen von insgesamt 6,6 Mio. Euro wurde mittels stiller Beteiligungen erzielt (10 %). Die von Crowd­investoren gezeichneten Genussrechte hatten einen Gesamtwert von rund 1 Mio. Euro (2 %). 60 Mio. € 52,6 Mio. € 50 Mio. €

40 Mio. €

30 Mio. €

20 Mio. €

10 Mio. €

0 Mio. €

6,6 Mio. €

4,4 Mio. €

1,0 Mio. € Genussrechte

S�lle Gesellscha�en

Par�arische Nachrangdarlehen

Sonstige Beteiligungen

Abb. 48: Eingeworbenes Kapital nach Beteiligungsformen (2011–2016, N = 238)

380

§ 8 Inhalt und Entwicklung der Crowd­investing-Verträge

Abb. 49 zeigt den jeweiligen Anteil des mittels der entsprechenden Beteiligungsform erfolgreich eingeworbenen Kapitals am Gesamtvolumen des mittels der untersuchten Verträge im Beobachtungszeitraum insgesamt eingeworbenen Kapitals.

Sons�ge 7% Genussrechte 2%

S�lle Gesellscha�en 10%

Par�arische Nachrangdarlehen 81%

Abb. 49: Anteil des mittels der jeweiligen Beteiligungsformen eingeworbenen Kapitals am Gesamtvolumen (2011–2016, N = 238)

2. Entwicklung der angebotenen Beteiligungsformen Abb. 50 und Abb. 51 zeigen die quartalsweise Entwicklung der angebotenen Beteiligungsformen. Abb. 50 zeigt die Anzahl der pro Quartal angebotenen Rechtsformen, Abb. 51 den Anteil der angebotenen Rechtsform an der Gesamtzahl der pro Quartal angebotenen Emissionen. Die ersten Unternehmen, die sich über Crowd­investing-Plattformen auf dem deutschen Markt finanzierten, boten den Anlegern stille Beteiligungen i. S. v. §§ 230 ff. HGB an.26 Die erste Plattform, die stille Beteiligungen vermittelte, war Seedmatch, gefolgt von Innovestment und später Companisto27. Im Jahr 2011 wurden zunächst ausschließlich stille Beteiligungen angeboten. Bis zum dritten Quartal 2012 gab es insgesamt 47 Crowdfinanzierungsangebote in Form von stillen

26

Vgl. insbesondere die Verträge von Seedmatch (seit Q3/2011), Innovestment (seit Q4/2011) und Companisto (seit Q2/2012). Auch die Plattformen BerlinCrowd, Deutsche Mikroinvest, GründerPlus und UnitedEquity boten ab Q4/2012 (auch) stille Beteiligungen an. 27 Bei Companisto wurde die stille Beteiligung allerdings von einem Investmentvehikel gehalten. Die Investoren erhielten eine Unterbeteiligung an der von dem Investmentvehikel gehaltenen stillen Beteiligung, siehe dazu § 8 B. II. unten.

381

B. Finanzierungsform und Finanzierungsstruktur  

Beteiligungen. Nur vereinzelt wurden in diesem Zeitraum auch Finanzierungen mittels (unverbrieften) Genussrechten28 angeboten. Im vierten Quartal 2012 wurden 13 Crowd­­investing-Finanzierungen in Form von stillen Beteiligungen und sechs in Form von Genussrechten angeboten.29 Im November 2012 vermittelte Seedmatch erstmals drei partiarische Nachrangdarlehen.30 Ab dem vierten Quartal 2012 nahm der Anteil der angebotenen partiarischen Nachrangdarlehen plattformübergreifend kontinuierlich zu. Stille Beteiligungen verschwanden hingegen nach und nach vom Markt. Seit dem vierten Quartal 2014 wurden auf dem deutschen Crowd­investing-Markt keine stillen Beteiligungen mehr angeboten. Bis zum Ende des zweiten Quartals 2015 wurden vereinzelt weiterhin Genussrechte zur Finanzierung verwendet. Im Übrigen waren ab diesem Zeitpunkt bis zum Ende des Jahres 2016 nur noch partiarische Nachrangdarlehen auf dem Crowd­investingMarkt vorzufinden. 25

3

20

13 8 15 24

13

12 9

10

11

12

12

7 13 5

7 6

0

2 Q3

Q4

2011

1 Q1

8

6

Q2

1 Q3

Q4

5

5 Q2

2012

1 Q3

2013 Genussrechte

4

Q4

1 Q1

3

2

1 Q2

1 Q3

2014

S�lle Gesellscha�en

16

11

4

6 1 Q1

11

15

10 3 Q4

1 Q1

8

8

Q2

Q3

10

2 Q2

Q3

Q4

2015

Q1

Q4

2016

Par�arische Nachrangdarlehen

Abb. 50: Entwicklung der angebotenen Rechtsformen (Anzahl der angebotenen Rechtsformen pro Quartal) (2011–2016, N = 297)

28

Zur Abgrenzung von Genussrechten und stiller Gesellschaft siehe § 5 C. II. 2. oben. Genussrechte als Finanzierungsform waren zu Beginn insbesondere auf den Portalen Bankless24, Mashup Finance und Deutsche Mikroinvest vorzufinden. 30 Dies waren die Crowdinvesting-Kampagnen der Start-ups Protonet, LeaseRad 2 und ­miBaby. 29

382

§ 8 Inhalt und Entwicklung der Crowd­investing-Verträge

100% 3 8

80% 13 12 60% 6

11

12

12

13

7 2

4

9

8

11

24

11 10

16

15

8

Q3

Q4

Q1

Q2

8

10

Q3

Q4

40% 7 5

6

20% 6 1 0%

13

Q3

Q4

2011

Q1

Q2

1 Q3

4

3

5 1

1 Q4

2

Q1

Q2

2012

Q3

Q4

1

Q1

Q2

2013 Genussrechte

3

1

1

1

Q3

2014

S�lle Gesellscha�en

Q4

Q1

2 Q2

2015

2016

Par�arische Nachrangdarlehen

Abb. 51: Entwicklung der angebotenen Rechtsformen (Anteil der jeweiligen Rechtsform an der Gesamtzahl der pro Quartal angebotenen Emissionen) (2011–2016, N = 297)

Abb. 52 zeigt die Entwicklung der angebotenen Rechtsformen im Jahresüberblick. 80 70 31 60 50

9

40

52

30

42

39

48 41

20 10 0

3 8

8

7

6

2011

2012

2013

2014

Genussrechte

S�lle Gesellscha�en

3 2015

2016

Par�arische Nachrangdarlehen

Abb. 52: Entwicklung der Anzahl der angebotenen Rechtsformen nach Jahren (2011–2016, N = 297)

383

B. Finanzierungsform und Finanzierungsstruktur  

3. Entwicklung des Finanzierungsvolumens nach Beteiligungsform Abb. 53 zeigt die Entwicklung des mit den verschiedenen Beteiligungsformen erzielten Finanzierungsvolumens. Es wird deutlich, dass das mittels Crowd­ investing erzielte Finanzierungsvolumen seit Verwendung von partiarischen Nachrangdarlehen im Jahr 2013 deutlich anstieg. 8 Mio. € 7 Mio. € 6 Mio. € 5 Mio. € 4 Mio. € 3 Mio. € 2 Mio. € 1 Mio. € 0 Mio. €

Q3

Q4

2011

Q1

Q2

Q3

Q4

2012 Genussrechte

Q1

Q2

Q3

Q4

Q1

2013 S�lle Gesellscha�en

Q2

Q3

2014

Q4

Q1

Q2

Q3

2015

Q4

Q1

Q2

Q3

Q4

2016

Par�arische Nachrangdarlehen

Abb. 53: Entwicklung des pro Quartal eingeworbenen Kapitals nach Rechtsform (2011–2016, N = 238)

4. Durchschnittliches Finanzierungsvolumen nach Beteiligungsform Abb. 54 gibt einen Überblick über das durchschnittlich in einer Finanzierungsrunde mit den jeweiligen Beteiligungsformen erzielte Finanzierungsvolumen. Weiterhin zeigt Abb. 54 das geringste und das größte jemals mit der jeweiligen Finanzierungsform erzielte Finanzierungsvolumen. Die erfolgreichen Genussrechtsemissionen hatten ein durchschnittliches Volumen von knapp 65.000 Euro. Mittels stiller Beteiligungen sammelten Unternehmen durchschnittlich knapp 88.000 Euro ein. Das durchschnittliche Finanzierungsvolumen mittels partiarischer Nachrangdarlehen betrug rund 378.000 Euro. Die größten Finanzierungen mittels partiarischer Nachrangdarlehen hatten ein Volumen von 3 Mio. Euro. Das geringste mittels partiarischer Nachrangdarlehen erzielte Finanzierungsvolumen betrug 100.000 Euro. Die größten mittels stiller Gesellschaft und Genussrechten erzielten Finanzierungsvolumina lagen mit 175.000 Euro bzw. 100.000 Euro deutlich unter den mittels partiarischer Nachrangdarlehen erzielten Summen.

384

§ 8 Inhalt und Entwicklung der Crowd­investing-Verträge 3,0 Mio. €

3,0 Mio. €

2,5 Mio. €

2,0 Mio. €

1,5 Mio. €

1,0 Mio. €

0,5 Mio. €

0,0 Mio. €

0,1 Mio. € 0,06 Mio. € 0,03 Mio. € Genussrechte Min. Finanzierungsbetrag

0,2 Mio. € 0,09 Mio. € 0,02 Mio. € Stille Gesellschaften Durchschni�licher Finanzierungsbetrag

0,38 Mio. € 0,01 Mio. € Partiarische Nachrangdarlehen Max. Finanzierungsbetrag

Abb. 54: Minimale, durchschnittliche und maximale Fundingsummen nach Vertragstypen (2011–2016, N = 229)

5. Durchschnittliche Kapitalnachfrage pro Finanzierung Dem durchschnittlichen Finanzierungsvolumen steht die durchschnittliche Kapitalnachfrage gegenüber. Als Maß für die Kapitalnachfrage wird das jeweilige Fundinglimit einer Finanzierung herangezogen. Hier zeigt sich, dass Unternehmen mittels Genussrechten durchschnittlich knapp 92.000 Euro und mittels stiller Beteiligungen im Schnitt ca. 118.000 Euro pro Finanzierung einwerben wollten,31 während die durchschnittliche Kapitalnachfrage mittels partiarischer Nachrangdarlehen bei rund 615.000 Euro pro Finanzierung liegt (siehe Abb. 55). Die durchschnittliche Kapitalnachfrage mittels partiarischen Nachrangdarlehen beträgt damit mehr als das Fünffache des durchschnittlich mittels stiller Beteiligungen nachgefragten Finanzierungsvolumens.

31

Bei den stillen Beteiligungen liegt die durchschnittliche Kapitalnachfrage mit 118.000 Euro sowie die maximal nachgefragte Summe von 500.000 Euro über dem im Rahmen der Ausnahme des § 2 Abs. 1 Nr. 3 lit. b)  VermAnlG prospektfrei zulässigen Maximalbetrag von 100.000 Euro. Hintergrund sind u. a. zwei auf Innovestment angebotene Finanzierungen mit einem Gesamtemissionsvolumen von 500.000 Euro bzw. 200.000 Euro. Angesichts der Mindesthöhe des jeweiligen Einzelinvestments von 25.000 Euro bzw. 10.000 Euro war das Angebot an maximal 20 Investoren gerichtet. Für diese Emissionen griff daher die Ausnahme nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 lit. a) VermAnlG. Für weitere auf Fundsters angebotene stille Beteiligungen mit einem Fundinglimit zwischen 125.000 Euro und 500.000 Euro wurden Verkaufsprospekte erstellt.

385

B. Finanzierungsform und Finanzierungsstruktur  

Das größte angestrebte Finanzierungsvolumen einer Crowd­investing-Finanzie­ rung mittels partiarischer Nachrangdarlehen betrug 5 Mio. Euro.32 Mittels stiller Beteiligungen lag das höchste nachgefragte Volumen bei 500.000 Euro, mittels Genussrechten bei 100.000 Euro. Die geringsten angestrebten Finanzierungsbeträge betrugen bei einer Finanzierung mittels Genussrechten rund 15.000 Euro, mittels stiller Beteiligungen 50.000 Euro und mittels partiarischer Nachrangdarlehen 75.000 Euro. 5,0 Mio. €

5 Mio. €

4 Mio. €

3 Mio. €

2 Mio. €

1 Mio. €

0 Mio. €

0,1 Mio. € 0,1 Mio. € 0,02 Mio. € Genussrechte Min. Kapitalnachfrage

0,5 Mio. € 0,1 Mio. € 0,05 Mio. € Stille Gesellschaften Durchschni�liche Kapitalnachfrage

0,6 Mio. € 0,08 Mio. € Partiarische Nachrangdarlehen Max. Kapitalnachfrage

Abb. 55: Minimale, durchschnittliche und maximale Kapitalnachfrage nach Vertragstypen (2011–2016, N = 297)

6. Entwicklung des maximalen Finanzierungsvolumens und der maximalen Kapitalnachfrage nach Finanzierungsform Abb. 56 zeigt die quartalsweise Entwicklung der angebotenen Finanzierungen mittels stiller Beteiligungen mit der höchsten Kapitalnachfrage (d. h. des maximalen Finanzierungsvolumens) sowie der höchsten Funding­summe. Abb. 57 zeigt die Entwicklung des maximalen Finanzierungsvolumens und der maximalen Kapitalnachfrage pro Quartal mittels partiarischen Nachrangdarlehen.

32

Hierbei handelte es sich um die Finanzierung von Cloud&Heat 2 auf Seedmatch. Tatsächlich wurden jedoch nur Vermögensanlagen im Wert von knapp 90.000 Euro gezeichnet und damit die Fundingschwelle i. H. v. 450.000 Euro nicht erreicht.

386

§ 8 Inhalt und Entwicklung der Crowd­investing-Verträge

Bis zum Ende des Jahres 2012 betrug das größte mittels stiller Beteiligungen angebotene Finanzierungsvolumen in jedem Quartal 100.000 Euro (Abb. 56). Im Jahr 2013 und 2014 lag das angestrebte Finanzierungsvolumen in zwei Quartalen bei 500.000 Euro und in zwei Quartalen bei 250.000 Euro.33 500.000 €

400.000 €

300.000 €

200.000 €

100.000 €

0 €

Q3

Q4

2011

Q1

Q2

Q3

2012

Q4

Q1

Q2

Q3

Q4

2013 Maximale Fundingsumme

Q1

Q2

Q3

2014

Q4

Q1

Q2

Q3

2015

Q4

Q1

Q2

Q3

Q4

2016

Maximale Kapitalnachfrage

Abb. 56: Entwicklung des mittels stillen Gesellschaften höchsten angebotenen Finanzierungsvolumens (max. Kapitalnachfrage) und der höchsten erzielten Fundingsumme pro Quartal (2011–3/2014, N = 100)

Mittels partiarischer Nachrangdarlehen wurde im vierten Quartal 2013 zum ersten Mal eine Finanzierung mit einer Kapitalnachfrage von mehr als 1 Mio. Euro angeboten (siehe Abb. 57). Im zweiten Quartal 2014 wurden Crowdfinanzierungen mittels partiarischer Nachrangdarlehen mit einem Volumen von 3 Mio. Euro angeboten und erfolgreich finanziert. Im vierten Quartal 2015 und im zweiten Quartal 2015 versuchten Unternehmen mittels partiarischer Nachrangdarlehen Volumen von bis zu 5 Mio. Euro bzw. 4,5 Mio. Euro in einer Finanzierung einzuwerben. Im Übrigen bewegten sich die bis Ende 2016 mittels partiarischer Nachrangdarlehen nachgefragten maximalen Finanzierungssummen zwischen knapp 1 Mio. Euro und 1,5 Mio. Euro.

33

Zur Überschreitung des im Rahmen der Ausnahme für Kleinstemissionen nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 lit. b) VermAnlG prospektfrei zulässigen Maximalbetrags von 100.000 Euro siehe Fn. 293.

387

B. Finanzierungsform und Finanzierungsstruktur   5,0 Mio. €

4,0 Mio. €

3,0 Mio. €

2,0 Mio. €

1,0 Mio. €

0,0 Mio. €

Q3

Q4

2011

Q1

Q2

Q3

2012

Q4

Q1

Q2

Q3

Q4

2013 Maximale Fundingsumme

Q1

Q2

Q3

Q4

Q1

2014

Q2

Q3

2015

Q4

Q1

Q2

Q3

Q4

2016

Maximale Kapitalnachfrage

Abb. 57: Entwicklung des mittels partiarischer Nachrangdarlehen höchsten angebotenen Finanzierungsvolumens (max. Kapitalnachfrage) und der höchsten erzielten Fundingsumme pro Quartal (2011–2016, N = 173)

II. Finanzierungsstruktur Hinsichtlich der Finanzierungsstruktur waren zunächst zwei Grundmodelle zu beobachten. Im ersten Modell wird der Finanzierungsvertrag unmittelbar zwischen den Anlegern und dem zu finanzierenden Start-up geschlossen (unmittelbare Finanzierungsstruktur). Im zweiten Modell bündelt eine Zweckgesellschaft als Investmentvehikel die Investments der Crowd­investoren gegenüber dem Start-up (mittelbare Finanzierungsstruktur). 1. Überblick Im Untersuchungszeitraum waren insgesamt 92 % der Finanzierungsangebote (300 Crowdfinanzierungen) als unmittelbare Finanzierung ohne Zweckgesellschaft ausgestaltet. Lediglich 8 % der Finanzierungen (26 Fälle) wurden als mittelbare Finanzierungskonstruktion angeboten (siehe Abb. 58).34 Abb. 59 zeigt die Entwicklung des Anteils der Angebote, die eine mittelbare Finanzierungsstruktur vorsahen, im Vergleich zu den angebotenen Finanzierungen 34 Mittelbare Finanzierungen unter Einschaltung einer Zweckgesellschaft boten (jedenfalls vereinzelt) die Plattformen Companisto, Innovestment und Fundsters an.

388

§ 8 Inhalt und Entwicklung der Crowd­investing-Verträge 92 %

300

250

200

150

100

50 8% 0

Mi�elbare Finanzierungsstruktur

Unmi�elbare Finanzierungsstruktur

Abb. 58: Anzahl der Crowd­investing-Angebote mit mittelbarer und unmittelbarer Finanzierungsstruktur (2011–2016, N = 326)

mit direkter Vertragsbeziehung zwischen Crowd­investoren und finanziertem Unternehmen. Weiterhin zeigt Abb. 59 die Anzahl der angebotenen mittelbaren Beteiligungsverträge. 100%

10

90%

9

80%

8

70%

7

60%

6

50%

5

40%

4

30%

3

20%

2

10%

1

0%

2011

2012

Mi�elbare Finanzierungen

2013 Unmi�elbare Finanzierungen

2014

2015

2016

0

Mi�elbare Finanzierungen (Anzahl der Angebote)

Abb. 59: Entwicklung des Anteils der Angebote mit mittelbarer und unmittelbarer Finanzierungsstruktur, Anzahl der mittelbaren Finanzierungsangebote (2011–2016, N = 326)

B. Finanzierungsform und Finanzierungsstruktur  

389

2. Entwicklung Sämtliche im Beobachtungszeitraum auf der Plattform Seedmatch angebotenen Finanzierungen waren als unmittelbare Beteiligung, d. h. ohne Zwischenschaltung einer Zweckgesellschaft, ausgestaltet. Companisto verwendete bei den ersten acht Emissionen zunächst eine mittelbare Finanzierungsstruktur.35 Hierzu beteiligte sich die Companisto Venture Capital GmbH als stille Gesellschafterin an dem jeweils zu finanzierenden Start-up. Die Anleger schlossen sodann einen Unterbeteiligungsvertrag mit der Companisto Venture Capital GmbH und gingen eine Unterbeteiligung an der stillen Beteiligung der Companisto Venture Capital GmbH ein.36 Seit der Verwendung von partiarischen Nachrangdarlehen war die Finanzierungsstruktur bei Companisto als unmittelbare ausgestaltet. Bei Innovestment waren die anfangs angebotenen stillen Beteiligungen als unmittelbare Investitionen ausgestaltet. Im vierten Quartal 2014 führte die Plattform eine mittelbare Beteiligungsstruktur ein.37 Hierzu stellte Innovestment eine Zweckgesellschaft zur Verfügung, die sich als Gesellschafterin an dem zu finanzierenden Start-up beteiligte. Die Zweckgesellschaft emittierte sodann Genussrechte an die Investoren. Seit dem vierten Quartal 2015 sah das von Innovestment angebotene Modell vor, dass Investoren der Zweckgesellschaft keine Genussrechte, sondern partiarische Nachrangdarlehen gewähren. Im Unterschied zu der anfangs von Companisto angebotenen Variante38 stellte Innovestment für jede Crowd­investing-Kampagne eine separate Zweckgesellschaft zur Verfügung. Als weiterer Unterschied sah das Innovestment-Modell vor, dass die Zweckgesellschaft sich sodann als Gesellschafterin an dem zu finanzierenden Unternehmen beteiligt. Gegen Ende des Untersuchungszeitraums wurden Crowdfinanzierungen – bis auf zwei nicht erfolgreiche Angebote auf Innovestment – ausschließlich als unmittelbare Finanzierungen angeboten, bei denen die Anleger direkt mit den zu finanzierenden Unternehmen kontrahierten.

35 Es handelte sich um die Finanzierungsangebote Companisto, Doxter, ePortrait, Ludufactur, movinary, BetterTaxi, livekritik.de und Meine-Spielzeugkiste. 36 Zu den gesetzlichen Rahmenbedingungen der Unterbeteiligung siehe § 5 C. IV. oben. 37 Erstmals im Rahmen der Finanzierung des Start-ups Scolibri. Das Funding war allerdings nicht erfolgreich. Statt der angestrebten Fundingschwelle von 50.000 Euro wurden nur Genussrechte in Höhe von 34.000 Euro gezeichnet. 38 Die Companisto Venture Capital GmbH hielt alle stillen Beteiligungen an den Start-ups. Es wurden also sämtliche Crowdfinanzierungen über dasselbe Investmentvehikel gebündelt.

390

§ 8 Inhalt und Entwicklung der Crowd­investing-Verträge

C. Finanzierungsbetrag und Auszahlung an das kapitalsuchende Unternehmen I. Finanzierungsbetrag und Zahlungsmodalitäten Zentraler Regelungsgegenstand in dem zwischen Anleger und zu finanzierendem Unternehmen abzuschließenden Crowd­investing-Vertrag ist die Höhe des Finanzierungsbetrages,39 den der jeweilige Investor dem Emittenten für die Laufzeit der Vermögensanlage überlässt. Weitere Regelungen betreffen die Zahlungsmodalitäten. Nach den Verträgen von Seedmatch und Companisto ist die Investitionssumme nicht direkt an das zu finanzierende Unternehmen, sondern mit Erfüllungswirkung an einen Zahlungsdienstleister zu leisten.40 Der Zahlungsdienstleister verwaltet die Fundingsumme zunächst treuhänderisch und leitet das eingeworbene Kapital in der Regel erst nach erfolgreichem Abschluss der Crowd­ investing-Kampagne oder jedenfalls nach Erreichen der Funding-Schwelle an den Emittenten weiter. Die Crowd­investing-Verträge enthalten insoweit detaillierte Regelungen, unter welchen Bedingungen das von sämtlichen Anlegern auf dem Treuhandkonto hinterlegte Kapital abgerufen werden kann. Regelmäßig wird die von dem Emittenten gegenüber der Crowd­investing-Plattform geschuldete Provision direkt von der Fundingsumme abgezogen und an die Plattform ausgezahlt. Wird die Fundingschwelle nicht erreicht, erhalten die Anleger ihren gesamten Finanzierungsbetrag zurück.

II. Gestaffelte Auszahlung Typischerweise konnten kapitalsuchende Unternehmen den gesamten im Rahmen der Crowd­investing-Kampagne eingeworbenen Betrag spätestens nach erfolgreicher Beendigung der Crowd­investing-Kampagne als Gesamtsumme von dem Konto des Treuhänders abrufen. Eine Ausnahme hiervon bildete der im März 2016 in den Verträgen von Companisto eingeführte Staging-Mechanismus (sog. Crowd Voting).41 Nach diesem 39 Soweit es sich um partiarische Nachrangdarlehen handelt, wird der Finanzierungsbetrag konsequenterweise als Darlehensbetrag bezeichnet. 40 Damit soll insbesondere eine Erlaubnispflichtigkeit der Tätigkeit der CrowdinvestingPlattform nach § 32 Abs. 1 KWG vermieden werden, vgl. § 5 D. II. 1. a) oben. 41 Vgl. z. B. Ziff. 4.4. des Beteiligungsvertrags in Form eines partiarischen Nachrangdarlehens zur Finanzierung der ameria GmbH (März 2016): „Das restliche Drittel des von den Companisten investierten Darlehensbetrages wird auf einem Treuhandkonto hinterlegt und kann von dem Startup abgerufen werden, wenn die Companisten der Auszahlung des letzten Drittels in einer Abstimmung zustimmen (nachfolgend ‚Crowd Voting‘). Bei dieser Abstimmung gewähren jede 5 Euro gewährter Darlehensbetrag an das Start-up eine Stimme. Die Stimmabgabe ist nur einheitlich und nur auf der Webseite möglich. Die Auszahlung des letzten Drittels an das Startup findet statt, wenn die einfache Mehrheit der abgegebenen Stimmen für

D. Investmentquote und Folgefinanzierungen  

391

Mechanismus wurde nach Abschluss der Crowd­investing-Kampagne zunächst nur zwei Drittel der von den Crowd­investoren eingeworbenen Summe unmittelbar an das Start-up ausgezahlt. Der restliche Betrag blieb zunächst auf einem Treuhandkonto geparkt. Nach sechs Monaten mussten die Crowd­investoren im Rahmen eines Crowd Voting entscheiden, ob das restliche Kapital an das zu finanzierende Unternehmen ausgezahlt werden sollte. Hierzu wurde eine Abstimmung über die Auszahlung des Restbetrags unter allen Crowd­investoren, die einen entsprechenden Finanzierungsvertrag im Rahmen der Crowd­investing-Kampagne abgeschlossen hatten, durchgeführt. Bei der Abstimmung war die Mehrheit der abgegebenen Stimmen entscheidend. Die Crowd­investoren waren in ihrer Abstimmungsentschei­ dung frei und nicht an inhaltliche Kriterien oder das Erreichen bestimmter Meilensteine gebunden. Lehnte die Mehrheit der Investoren die Auszahlung des Restbetrages in der Abstimmung ab, wurde der Restbetrag nicht an das kapitalsuchende Unternehmen ausgekehrt, sondern den Crowd­investoren – unverzinst – zurückgezahlt. Nach nur drei Crowd­investing-Kampagnen entfernte Companisto im Mai 2016 die gestaffelte Auszahlung des Fundingbetrages und das Crowd Voting wieder aus seinen Verträgen.

D. Investmentquote und Folgefinanzierungen I. Investmentquote Die Crowd­investing-Verträge bestimmen ferner die Investmentquote des jeweiligen Investors.42 Die Investmentquote bildet den „virtuellen“ Anteil ab, den Crowdinvestoren an dem kapitalsuchenden Unternehmen oder jedenfalls den vertraglich vereinbarten Cashflows erhalten. Sie wird der Berechnung der Gewinn-, Unternehmenswert- und Exitbeteiligung zugrunde gelegt.43 Die Investmentquote wird aus dem Verhältnis des investierten Finanzierungs­ betrages zur Post Money-Bewertung des Start-ups ermittelt.44 Die Post Money-Bedie Auszahlung stimmt. Die Beteiligungsquote (Ziffer 11.3) der Companisten erhöht sich dann um ein Drittel. Das Abstimmungsergebnis ist für alle Companisten verbindlich. Die Abstimmung findet planmäßig sechs Monate nach dem Crowdinvestingende statt. Auf Anfrage des Startups kann die Abstimmung auch früher stattfinden. Die Abstimmung dauert mindestens zwei Wochen. Sie ist mindestens eine Woche vor Beginn der Abstimmung per E-Mail und auf der Webseite anzukündigen. […] Wird der Auszahlung des letzten Drittels von den Companisten nicht zugestimmt erhalten die Companisten ein Drittel ihres Darlehensbetrages kostenfrei zurück. Eine Verzinsung dieses Drittels findet dann nicht statt. Der Treuhandvertrag und das Treuhandverhältnis werden zwischen dem Startup und dem Treuhänder geschlossen (nicht mit den Companisten).“ 42 Zum Teil wurde die Investmentquote auch als „Beteiligungsquote“ bezeichnet. 43 Siehe zu den Vermögensrechten § 7 B. unten. 44 Beispiel: Ein Unternehmen wird vor der Crowdfinanzierung mit 1.000.000 Euro bewertet (Pre-Money-Bewertung). Durch das Crowdinvesting wirbt das Unternehmen weitere 1.000.000 Euro ein. Der Post-Money-Unternehmenswert beträgt dann 2.000.000 Euro. Hat

392

§ 8 Inhalt und Entwicklung der Crowd­investing-Verträge

wertung berechnet sich aus der Summe der Pre-Money-Bewertung, also der Bewertung des Start-ups vor der Finanzierung mittels Crowd­investing, und der insgesamt eingeworbenen Fundingsumme. Entscheidend für die Berechnung der Investmentquote ist damit die Bewertung des Start-ups zum Zeitpunkt vor der Finanzierung.45 Die Pre-Money-Unternehmensbewertung wird den Anlegern regelmäßig im Investment-Angebot der Crowd­investing-Plattform mitgeteilt und im Crowd­ investing-Vertrag festgehalten. An den Verhandlungen der Unternehmensbewertung sind die Crowd­investoren nicht beteiligt. Etwaige Bewertungsgutachten oder Informationen dazu, auf welchen Grundlagen die Bewertung beruht und mit welcher Bewertungsmethode diese ermittelt wurde, erhalten Anleger regelmäßig nicht. Typischerweise wird die Bewertung vor der Crowd­investing-Kampagne zwischen kapitalsuchendem Unternehmen und der Crowd­investing-Plattform vereinbart.46

II. Verwässerung der Investmentquote bei Folgefinanzierungen Die Crowd­investing-Verträge regeln des Weiteren, ob das finanzierte Unternehmen in weiteren Finanzierungsrunden neues Kapital aufnehmen darf und wie sich solche Folgefinanzierungen auf die Position der Crowd­investoren auswirken. 1. Zulässigkeit von Folgefinanzierungen Typischerweise werden Start-up-Unternehmen in einer Finanzierungsrunde nicht mit dem gesamten Kapital ausgestattet, das erforderlich ist, um den Breakeven zu erreichen und um sich in der Zukunft ausschließlich mittels Innenfinanzierung47 finanzieren zu können. Vielmehr sind im Lebenszyklus eines Unternehmens regelmäßig mehrere Finanzierungsrunden erforderlich. Gerade das mittels Crowd­investing eingeworbene Kapital ist typischerweise nur ein Finanzierungsbaustein in frühen Entwicklungsphasen eines Start-ups. Nach erfolgreicher Finanzierung durch die Crowd benötigt ein Start-up häufig schnell weiteres Kapital, entweder zur weiteren Wachstumsfinanzierung oder weil geplante Zahlungsströme ausbleiben. Folgefinanzierungen waren nach allen untersuchten Verträgen grundsätzlich zulässig – unabhängig davon, ob die Folgefinanzierungen als Eigenkapital-, Fremdkapital- oder Mezzanine-Finanzierung erfolgen.48 ein Anleger im Rahmen des Crowdinvestings 100 Euro investiert beträgt seine Investmentquote 100 Euro / (1.000.000 Euro + 1.000.000 Euro) = 0,005 %. 45 Die im Untersuchungszeitraum mittels Crowdinvesting finanzierten Unternehmen hatten eine durchschnittliche Pre-Money-Bewertung von 2,6 Mio. Euro. Zur Entwicklung der Bewertung der finanzierten Unternehmen über den Beobachtungszeitraum siehe § 4 B. IV. 4. oben. 46 Vgl. dazu § 3 C. II. sowie § 3, Fn. 145. 47 Siehe dazu § 2 B. I. 1.  oben. 48 Siehe allerdings § 8 D. II. 2. unten zu dem faktischen Veto-Recht jedes einzelnen Crowd­ investors in den ersten von Seedmatch vermittelten Verträgen über eine stille Beteiligung.

D. Investmentquote und Folgefinanzierungen  

393

2. Entwicklung der Regelungen zur Verwässerung In insgesamt 39 zu Beginn des Beobachtungszeitraums angebotenen Verträgen waren die Vermögensrechte der Anleger an eine unveränderliche Investmentquote gekoppelt, die auch bei etwaigen Folgefinanzierungen gleichbleiben sollte. So wurde etwa in den ersten Verträgen über eine stille Beteiligung auf Seedmatch explizit vereinbart, dass die Investmentquote bei Folgefinanzierungen nicht angepasst wird.49 Anleger hatten demnach einen Anspruch auf einen ihrer ursprünglichen Investmentquote entsprechenden, unveränderlichen Anteil am Gewinn bzw. Wertsteigerungen des finanzierten Unternehmens – auch nach weiteren Finanzierungsrunden. Erst mit dem Übergang zu partiarischen Nachrangdarlehen führte Seedmatch entsprechende Verwässerungsklauseln zur Anpassung der Investmentquote der Crowd­investoren bei Folgefinanzierungen ein. Die Verträge von Companisto, die Anlegern zunächst eine Unterbeteiligung an einer von der Companisto Venture Capital GmbH gehaltenen stillen Beteiligung einräumten, enthielten von Anfang an eine Regelung, wonach die Beteiligungsquote der stillen Beteiligung des Investmentvehikels bei Folgefinanzierungen anteilig reduziert wird.50 Folglich verwässerte auch die Investmentquote der Anleger. Die ersten von Innovestment angebotenen Verträge sahen ebenfalls eine Verwässerung der Investmentquote der stillen Gesellschafter vor. Allerdings verwässerte die Investmentquote erst ab einer Kapitalerhöhung von mindestens zehn Prozent.51 49

Siehe z. B. § 11 Nr. 1 des von Seedmatch angebotenen Vertrages über eine Stille Beteiligung am Start-up Neuronation (August 2011): „Den Parteien ist bewusst, dass das Start-up zur Finanzierung des Innovationsvorhabens unter Umständen weitere Eigenmittel (z. B. durch eine Kapitalerhöhung) aufnehmen oder weitere stille Beteiligungen begeben muss. Die Parteien sind sich darüber einig, dass der in § 8 Abs. 1 genannte Gewinnanteil des stillen Gesellschafters von den vorgenannten Maßnahmen unberührt bleibt. […]“. Teils wörtlich übereinstimmende Regelungen finden sich zum Beispiel in einzelnen Verträgen der Plattformen BerlinCrowd, GründerPlus. 50 Siehe z. B. § 9.1. des Vertrages über eine atypische stille Gesellschaft zwischen der Companisto Holding GmbH (Start-up), der Companisto Venture Capital GmbH (Investment­ vehikel) und der Companisto GmbH (Juni 2012): „[…] Kapitalerhöhungen des Startups führen zu einer Änderung der Beteiligungsquote (nachfolgend ‚Verwässerung‘) […]“ und § 9.2.: „Im Falle der Verwässerung ändert sich die Beteiligungsquote durch Multiplikation mit einem Verwässerungsfaktor. Der Verwässerungsfaktor errechnet sich als Quotient aus dem vor der Kapitalerhöhung vorhandenen Stammkapital (Zähler) und dem nach der Kapitalerhöhung vorhandenen Stammkapital (Nenner) und bildet somit die Verwässerung der Altgesellschafter nach.“ 51 Siehe z. B. § 11 des von Innovestment angebotenen Beteiligungsvertrages über eine atypische stille Beteiligung an der sopen GmbH (Juli 2012): „[…] Die Beteiligungsquote des Stillen Gesellschafters verändert sich im folgenden Fall: Wenn im Falle einer oder mehrerer Kapitalerhöhung / en neu geschaffene Geschäftsanteile an Dritte ausgegeben werden und sich dadurch das Stamm- oder Grundkapital des Start-Ups im Vergleich zum Zeitpunkt des Abschlusses dieser Vereinbarung um mehr als 10 % erhöht (‚Maßgebliche Kapitalerhöhung / en‘). In diesem Fall ändert sich die Beteiligungsquote des Stillen Gesellschafters durch Multiplikation mit einem Verwässerungsfaktor. Der Verwässerungsfaktor errechnet sich als Quotient aus

394

§ 8 Inhalt und Entwicklung der Crowd­investing-Verträge

Abb. 60 zeigt die Entwicklung der angebotenen Crowdfinanzierungen mit unveränderlicher Beteiligungsquote. Zum Ende des Beobachtungszeitraums sahen sämtliche Verträge vor, dass die Investmentquote bei späteren Eigenkapitalrunden grundsätzlich an die neuen Kapitalverhältnisse angepasst und entsprechend der Kapitalerhöhung prozentual verwässert wird.52 30 28 25

20

15

10

5 4 0

4 2

2011

2012

2013

2014

1 2015

2016

Abb. 60: Entwicklung der Anzahl der angebotenen Crowd­investing-Verträge mit unveränderlicher Beteiligungsquote (2011–2016, N = 264)

III. Verwässerungsschutz und Down Round Protection Sofern eine Unternehmensbewertung im Rahmen von Folgefinanzierungen der Bewertung zum Zeitpunkt der vorhergehenden Finanzierung entspricht oder höher ist, führt die Verwässerung lediglich zu einer Verwässerung der Beteiligungsquote, nicht jedoch zu einer wirtschaftlichen Verwässerung.53 Wird die Folgefinanziedem vor der Maßgeblichen Kapitalerhöhung vorhandene Stamm- oder Grundkapital (Zähler) und dem nach der Maßgeblichen Kapitalerhöhung vorhandenen Stamm- oder Grundkapital (Nenner) und bildet somit die Verwässerung der Altgesellschafter nach.“ 52 In den Verträgen von Companisto wurde dies etwa folgendermaßen geregelt: „Im Falle einer Kapitalerhöhung ändert sich die Beteiligungsquote durch Multiplikation mit einem Verwässerungsfaktor. Der Verwässerungsfaktor errechnet sich als Quotient aus dem vor der Kapitalerhöhung vorhandenen Stammkapital (Zähler) und dem nach der Kapitalerhöhung vorhandenen Stammkapital (Nenner).“, vgl. Ziff. 17.2. des „Beteiligungsvertrages in Form eines partiarischen Nachrangdarlehens“ zur Finanzierung der TripRebel GmbH (Dezember 2015). 53 Siehe dazu § 7 G. I. 1.  oben.

D. Investmentquote und Folgefinanzierungen  

395

rung hingegen auf Grundlage eines geringeren Unternehmenswertes durchgeführt als die vorhergehende Finanzierungsrunde (down round) so führt dies auch zu einer wirtschaftlichen Verwässerung der Beteiligung.54 Infolge der geringeren Bewertung sinkt neben der Reduzierung der Beteiligungsquote des Altinvestors auch der Wert der Beteiligung. Im Vergleich zu einem Neuinvestor hat der Altinvestor also einen höheren Preis für seine Beteiligung bezahlt. Soweit Crowd­investing-Verträge eine Verwässerung der Investmentquote schuldrechtlich nachbilden, führt dies grundsätzlich dazu, dass die Vermögensrechte der Anleger im Falle von down rounds auch verwässern können. Zum Schutz der Anleger vor einer wirtschaftlichen Verwässerung im Falle von down rounds sahen 72 % der untersuchten Verträge, nach denen eine Verwässerung grundsätzlich möglich war, Schutzmechanismen im Falle von down rounds vor. Nach den ersten Verträgen von Companisto, bei denen Anleger mittels Unterbeteiligungen an der von einer Zweckgesellschaft gehaltenen stillen Beteiligung beteiligt wurden, war die Beteiligungsquote des Investmentvehikels im Falle einer Down Round vor einer Verwässerung geschützt.55 Allerdings war diese Anti-Dilution-Regelung zunächst zeitlich bis zu dem Zeitpunkt befristet, in dem das Startup erstmals bei zumindest gleichbleibender Bewertung eine festgelegte Summe an Kapital aufnahm.56 Sobald eine Folgefinanzierung zu einer gleichen oder höheren Bewertung wie im Rahmen des Crowd­investing erfolgte, waren Investoren bei weiteren Finanzierungen nicht mehr vor wirtschaftlichen Verwässerungen geschützt. Die ersten von Innovestment angebotenen Verträge sahen eine Verwässerung der Investmentquote der stillen Gesellschafter erst ab einer Kapitalerhöhung von mindestens zehn Prozent vor.57 Nach den ersten Verträgen von Seedmatch verwässerte die Beteiligungsquote der Anleger zunächst nicht.58 Die dann eingeführte Ver 54

Siehe dazu § 7 G. I. 2.  oben. Siehe z. B. § 10.1. des Vertrages über eine atypische stille Gesellschaft zwischen der Companisto Holding GmbH (Start-up), der Companisto Venture Capital GmbH (Investment­ vehikel) und der Companisto GmbH (Juni 2012): „Wenn der Ausgabebetrag pro l Euro Stammeinlage im Rahmen einer Ausgabe von neuen Geschäftsanteilen oder einer Erhöhung des Nennbetrags bestehender Geschäftsanteile aufgrund einer Kapitalerhöhung des Startups unter EUR 72,00 liegt (nachfolgend ‚Down-Round‘), wird die neue Beteiligungsquote abweichend von Ziffer 9 wie folgt berechnet: Companisto-Einlage / Ausgabebetrag pro 1 Euro Stammeinlage in der Down Round / Erhöhtes Stammkapital. […]“. 56 Siehe z. B. § 10.2. des Vertrages über eine atypische stille Gesellschaft zwischen der Companisto Holding GmbH (Start-up), der Companisto Venture Capital GmbH (Investmentvehikel) und der Companisto GmbH (Juni 2012): „Ziffer 10.1 findet keine Anwendung mehr, wenn in einer Finanzierungsrunde nach Abschluss dieses Vertrages der Ausgabebetrag pro 1 Euro Stammeinlage im Rahmen einer Kapitalerhöhung des Startups über EUR 72,00 liegt und in dieser Finanzierungsrunde eine Einzahlung von mehr als EUR 200.000,00 durch einen von den Gründungsgesellschaftern verschiedenen Dritten (Ziffer 12) erfolgt. Bis dahin erfolgte Anpassungen der Beteiligungsquote nach Ziffer 10.1 bleiben bestehen.“ 57 Siehe z. B. § 11 des von Innovestment angebotenen Beteiligungsvertrages über eine atypische stille Beteiligung an der sopen GmbH (Juli 2012) (vgl. Fn. 313). 58 Vgl. Fn. 311 oben. 55

396

§ 8 Inhalt und Entwicklung der Crowd­investing-Verträge

wässerungsklausel machte eine Verwässerung der Investmentquote davon abhängig, dass die Unternehmensbewertung bei der entsprechenden Folgefinanzierung nicht geringer war als zum Zeitpunkt des Crowd­investing. Im Falle einer down round blieb die vertraglich festgelegte Investmentquote der Anleger unverändert. Abb. 61 zeigt die Entwicklung derjenigen Verträge, die eine (wie auch immer geartete) down round protection vorsahen im Vergleich zu den Verträgen, bei denen Investoren nicht vor down rounds geschützt waren. Es wird deutlich, dass die Verträge bereits ab 2013 überwiegend Regelungen zum Schutz vor down rounds vorsahen. 100% 90% 10

80% 70%

48

60% 50%

30 40

33

4

40% 20

30% 20%

19

10% 0%

10 7

2011

2012

2013

Keine Down Round Protec�on

2014

4 2015

2016

Down Round Protec�on

Abb. 61: Anzahl der Verträge mit und ohne Down Round Protection (2011–2016, N = 225)

Nach den zum Ende des Untersuchungszeitraums verwendeten Verträgen von Companisto fand die down round protection zeitlich unbefristet Anwendung. Ferner waren Anleger auch vor Verwässerungen in sämtlichen weiteren Finanzierungsrunden geschützt. So fand etwa keine Verwässerung mehr statt, wenn der zweiten Finanzierungsrunde nach dem Crowd­investing ein geringerer Unternehmenswert zugrunde gelegt wurde als der unmittelbar auf das Crowd­investing folgenden. Nach den Verträgen von Seedmatch verwässerte die Investmentquote der Anleger nur dann, wenn Folgefinanzierungen auf Grundlage eines Unternehmenswerts durchgeführt wurden, der mindestens dem für das Crowd­investing maßgeblichen Unternehmenswert entsprach.

397

E. Vermögensrechte der Crowd­investoren  

IV. Schutz vor missbräuchlicher Verwässerung Ferner enthielten 87 % der Verträge, die grundsätzlich eine Verwässerung ermöglichten, Missbrauchsklauseln, wonach eine Verwässerung der Investmentquote ausgeschlossen sein sollte, wenn die Folgefinanzierung allein zum Zwecke der Verwässerung der Beteiligung der Crowd­investoren durchgeführt wurde. Abb. 62 zeigt die Entwicklung der Verträge mit solchen Missbrauchsklauseln. 100%

1

90%

8

6 9

6

80% 70% 60% 50%

4

29

40%

59

41 31

31

30% 20% 10% 0%

2011

2012

2013 Missbrauchsschutz

2014

2015

2016

Kein Missbrauchsschutz

Abb. 62: Entwicklung der Verträge mit und ohne Missbrauchsklausel bei Folgefinanzierungen (2011–2016, N = 225)

E. Vermögensrechte der Crowd­investoren Als Gegenleistung für die Bereitstellung von gegenwärtigen, sicheren Finanzierungsmitteln gewährten die Crowd­investing-Verträge den Crowd­investoren Ansprüche auf zukünftige, ungewisse Cashflows. In den untersuchten Crowd­ investing-Verträgen waren in der Regel mehrere der folgenden Vergütungselemente vorzufinden: (i) ein vom Gewinn des Unternehmens unabhängiger Festzins (Festzins), (ii) eine Beteiligung am Gewinn des Unternehmens während der Laufzeit des Investments (Gewinnbeteiligung) sowie (iii) eine Beteiligung an einer etwaigen Unternehmenswertsteigerung des Start-ups – entweder bei regulärer Beendigung des Investments (Unternehmenswertbeteiligung bei regulärer Beendigung) oder bei Beendigung des Investments durch ein Exitereignis, zum Beispiel bei Verkauf der Beteiligung der Gründer an dem finanzierten Start-up (Exit-Beteiligung).

398

§ 8 Inhalt und Entwicklung der Crowd­investing-Verträge

I. Überblick über Art und Häufigkeit der Vermögensrechte Abb. 63 zeigt die Häufigkeit der verschiedenen Vermögensrechte (Festzinsanspruch, Gewinnbeteiligung und Unternehmenswertbeteiligung) in den Crowd­ investing-Verträgen im Beobachtungszeitraum: 67 % der untersuchten Verträge (217) gewährten den Anlegern einen Anspruch auf eine feste Verzinsung ihres Finanzierungsbeitrages, 88 % (286) sahen eine Beteiligung am Unternehmensgewinn vor und 78 % (254) gewährten den Anlegern einen Anspruch auf Beteiligung an einer Steigerung des Unternehmenswertes. 100% 90% 80% 70% 60% 50% 286 254

40% 217 30% 20% 10% 0%

Festzins

Gewinnbeteiligung

Beteiligung an Wertsteigerungen

Abb. 63: Häufigkeit der Vermögensrechte in den Crowd­investing-Verträgen (2011–2016, N = 326)

II. Festzins 67 % (217) der untersuchten Verträge enthielten ein Festzinselement. Abb. 64 zeigt die Entwicklung der Verträge, die den Anlegern (unter anderem) eine feste Verzinsung ihres investierten Kapitals gewährten. Die ersten auf dem deutschen Crowd­investing-Markt angebotenen Verträge von Seedmatch und Innovestment enthielten lediglich Beteiligungen am Gewinn und an Wertsteigerungen des Unternehmenswertes, jedoch keine Festzins-Elemente. Im ersten Quartal 2012 bot die Plattform Mashup Finance59 erstmals Genuss 59 Mashup Finance schloss sich im Dezember 2014 mit der österreichischen Plattform CONDA zusammen und bot in der Folge unter dem Namen CONDA u. a. in Österreich, Deutschland und der Schweiz Crowdinvestments an.

E. Vermögensrechte der Crowd­investoren  

399

rechte des Start-ups Munich Distillers an, die den Anlegern zusätzlich zu einer Gewinnbeteiligung auch eine jährliche „Grundverzinsung“ in Höhe von 7 % der Investitionssumme gewährten.60 Sowohl Seedmatch als auch Companisto führten mit der erstmaligen Verwendung von partiarischen Nachrangdarlehen neben der variablen Gewinnbeteiligung ein gewinnunabhängiges Festzinselement ein. Den Investoren des im vierten Quartal 2012 über Seedmatch finanzierten Start-ups Protonet wurde neben der Gewinnbeteiligung erstmals eine endfällige, ertragsunabhängige Festverzinsung in Höhe von 1 % der Investitionssumme p. a. eingeräumt. Auf Companisto hatten erstmals Anleger, die im ersten Quartal 2013 in das Start-up swabr investierten, einen Anspruch auf einen Festzins in Höhe von 1 % der Anlagesumme p.a. neben der Gewinnbeteiligung. Die Verträge von Innovestment enthielten hingegen keine Festverzinsung. Die Entwicklung der Crowd­investing-Verträge zeigt eine deutliche Tendenz zu Verträgen mit Festzinskomponente (siehe Abb. 64). Während im Jahr 2011 noch kein Crowd­investing mit Festverzinsung angeboten wurde, nahmen Verträge mit Festverzinsung im vierten Quartal 2012 sprunghaft zu. Seit Ende des Jahres 2014 sehen fast durchgängig über 80 % der Verträge eine Festzinskomponente vor. Abgesehen von zwei Verträgen der Plattform Innovestment wurden im Jahr 2016 nur noch Verträge angeboten, die Crowd­investoren auch ein Recht auf eine feste Verzinsung gewährten. Die Höhe des Festzinses variierte in den angebotenen Verträgen regelmäßig zwischen 1 %61 und 4,5 % p.a.62 Im Beobachtungszeitraum lag der Festzins bei durchschnittlich 1,7 %. Während in einigen Verträgen eine jährliche, teilweise sogar eine unterjährige Fälligkeit der Zinszahlung vorgesehen war, sah die überwiegende Anzahl der Verträge eine endfällige Verzinsung vor. Das heißt, der Festzins wurde erst zum Ende der Laufzeit zur Auszahlung fällig. Zum Ende des Untersuchungszeitraums enthielten beinahe alle analysierten Crowd­investing-Verträge – typischerweise neben weiteren Vergütungskomponen­ ten63 – Festzinselemente, wonach Anleger einen Anspruch auf eine feste Verzinsung ihrer Investitionssumme hatten. Insbesondere die von Seedmatch und Compa-

60

Die Zinszahlung stand unter der Bedingung eines für die Zinszahlungen ausreichenden ausschüttungsfähigen Jahresüberschusses. Reichte dieser nicht aus, bestand in den Folgejahren ein Nachzahlungsanspruch, sobald ein ausreichender Jahresüberschuss zur Verfügung stand (vgl. Ziff. 5 der Genussrechtsbedingungen von Munich Distillers v. 20. 01. 2012). 61 So beispielsweise die Verträge von Companisto und Seedmatch. 62 Crowdinvestoren, die sich an dem über die Plattform Deutsche Mikroinvest angebotenen Unternehmen My Choc – Die Schokoladenwerkstatt Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) beteiligten wurde etwa eine jährliche Vergütung von 4,5 % versprochen, die allerdings als „Gewinnvorzug“ ausgestaltet war. 63 Siehe § 8 E. I. oben.

400

§ 8 Inhalt und Entwicklung der Crowd­investing-Verträge

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Verträge mit Festzins-Element

Abb. 64: Anteil / Anzahl der Verträge mit und ohne Festzins-Element (2011–2016, N = 326)

nisto angebotenen Verträge enthielten eine feste Verzinsung von 1 % pro Jahr, die zum Ende der Laufzeit fällig wurde. Der Festzins war grundsätzlich unabhängig vom Ertrag des jeweiligen Jahres und stand lediglich unter dem Vorbehalt, dass das Start-up zum Ende der Laufzeit über ausreichend Liquidität verfügt.

III. Gewinnbeteiligung 1. Empirischer Befund Nach den meisten der untersuchten Finanzierungsverträge wurden die Crowd­ investoren am Gewinn des finanzierten Unternehmens beteiligt. Bei der Ausgestaltung der Gewinnbeteiligung lassen sich im Wesentlichen zwei Varianten unterscheiden: In der ersten Variante erhalten Investoren einen von ihrer jeweiligen Investmentquote abhängigen Anteil am Jahresgewinn des Start-ups. Die Beteiligung ist somit in der Höhe grundsätzlich unbegrenzt, d. h. ungedeckelt („ungedeckelte Gewinnbeteiligung“). In der zweiten Variante wird die Gewinnbeteiligung der Höhe nach beschränkt, zum Beispiel auf einen bestimmten Prozentsatz der Investitionssumme („gedeckelte Gewinnbeteiligung“). Die gedeckelte Gewinnbeteiligung hat daher den Charakter eines (weiteren) Festzinsanspruchs, der unter der Bedingung des Erreichens eines bestimmten Jahresüberschusses steht. Soweit das Unternehmen keinen Jahresüberschuss erzielt, wird auch keine Gewinnbetei-

401

E. Vermögensrechte der Crowd­investoren  

ligung fällig. Eine Beteiligung an etwaigen Jahresfehlbeträgen ist überwiegend nicht vorgesehen.64 Abb. 65 zeigt die Entwicklung der Verträge mit gedeckelter und ungedeckelter Gewinnbeteiligung im Untersuchungszeitraum. 100%

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Gedeckelte Gewinnbeteiligung

Abb. 65: Entwicklung der Verträge mit gedeckelter und ungedeckelter Gewinnbeteiligung nach Quartalen (2011–2016, N = 286)

Von 286 Verträgen, die grundsätzlich eine Gewinnbeteiligung der Anleger vorsahen, war in 22 Fällen (8 %) die Gewinnbeteiligung gedeckelt. 264 Verträge (92 %) sahen eine ungedeckelte Gewinnbeteiligung vor. Bereits nach den ersten Verträgen von Seedmatch, mit denen Anleger als stille Gesellschafter beteiligt wurden, partizipierten diese entsprechend ihrer Investmentquote grundsätzlich unbegrenzt am Gewinn des Start-ups.65 Bei der von Companisto verwendeten Unterbeteiligungskonstruktion66 wurden die Anleger zunächst mittelbar über das Investmentvehikel, die Companisto Venture Capital GmbH, entsprechend ihrer Investmentquote (Unterbeteiligungsquote) an dem Gewinn des Start-ups beteiligt.67 Die Crowdinvestments von UnitedEquity waren teils als „atypische stille Beteiligungen“, teils als Genussrechte ausgestaltet. Die Gewinnbeteiligung im Rahmen der atypischen stillen Beteiligungen entsprach im

64

Siehe dazu § 8 E. V. unten. So zum Beispiel bei der stillen Beteiligung an dem über Seedmatch finanzierten Start-up Neuronation (August 2011). Die Gewinnbeteiligung bei Innovestment war ähnlich ausgestaltet. 66 Vgl. dazu § 8 B. II. 2.  oben. 67 Siehe ausführliche dazu auch Klöhn / Hornuf / Schilling, ZBB 2016, 142, 158. 65

402

§ 8 Inhalt und Entwicklung der Crowd­investing-Verträge

Wesentlichen der Regelung in den Verträgen von Seedmatch. Die Genussrechte gewährten hingegen lediglich eine gedeckelte Gewinnbeteiligung. Auch die Plattform Deutsche Mikroinvest bot ab der zweiten Jahreshälfte 2012 Verträge in unterschiedlicher Gestaltung – sowohl mit ungedeckelter68 als auch mit gedeckelter69 Gewinnbeteiligung – an. Bis zuletzt wurden auch Verträge mit gedeckelter Gewinnbeteiligung angeboten.70 Die überwiegende Mehrzahl der zum Ende des Untersuchungszeitraums angebotenen Crowd­investing-Verträge – wie beispielsweise diejenigen von Seedmatch und Companisto71 – sahen eine ungedeckelte, d. h. eine nach oben grundsätzlich unbegrenzte, Beteiligung der Anleger am jährlichen Gewinn des finanzierten Unternehmens vor. 2. Relevanter Gewinn und Berechnung der Gewinnbeteiligung Nach den untersuchten Verträgen mit ungedeckelter Gewinnbeteiligung errechnete sich der Zahlungsanspruch der Anleger regelmäßig als das Produkt aus Investmentquote72 und Gewinn des Unternehmens. Nach den Verträgen von Companisto und Seedmatch war der Gewinnbeteiligung der im steuerlichen Jahresabschluss des Emittenten ausgewiesene Ertrag (vor Steuern) zugrunde zulegen. Nach den Companisto-Verträgen wurden bei der Gewinnermittlung jedoch Dividendenzahlungen an die Gesellschafter des finanzierten Unternehmens, Bonuszinszahlungen aus den über das Crowd­investing vermittelten partiarischen Darlehensverträgen sowie Gewinnanteile weiterer Verträge, wie zum Beispiel stillen Beteiligungen, die eine Beteiligung am Gewinn des Unternehmens vorsehen, nicht berücksichtigt. Weiterhin wurden dem Gewinn die Ergebnisse vor Steuern von Unternehmen, an denen die Emittentin eine Mehrheitsbeteiligung hält (§ 16 AktG) entsprechend der Beteiligungsquote hinzugerechnet, soweit diese Ergebnisse nicht bereits im Gewinn des finanzierten Unternehmens enthalten waren (zum Beispiel aufgrund eines Ergebnisabführungsvertrages oder infolge von Ausschüttungen). Bei nachträglichen Änderungen des Jahresabschlusses, beispielsweise in Folge

68

Bei den als stillen Beteiligungen ausgestalteten Verträgen (vgl. bspw. die Finanzierungen der Start-ups HMF HausManufaktur, TARS, Glasfoto.com, Palaterra, MyChoc) hatten die Investoren einen Anspruch auf eine Beteiligung am Gewinn des Start-ups in Abhängigkeit von ihrer Investmentquote.­ 69 Die Anleger des Start-ups Palterra hatten etwa einen Anspruch auf einen „Gewinn­ vorzug“ von 6,5 % auf die eingezahlte Nominaleinlage sowie auf eine „Überschussbeteiligung“ i. H. v. 5 % des Jahresüberschusses – die jedoch auf maximal 5 % der Nominaleinlage begrenzt war. 70 Vgl. zur Entwicklung im Detail auch Klöhn / Hornuf / Schilling, ZBB 2016, 142, 158 ff. 71 Die Gewinnbeteiligung wurde hier als „gewinnabhängiger jährlicher Bonuszins“ bezeichnet. 72 Siehe § 8 D. I. oben.

E. Vermögensrechte der Crowd­investoren  

403

einer Betriebsprüfung, war die Gewinnbeteiligung anzupassen und die Parteien zu entsprechenden Ausgleichszahlungen verpflichtet. Nach den Seedmatch-Verträgen wurde der im steuerlichen Jahresabschluss des Emittenten ausgewiesene Gewinn (vor Steuern) für die Gewinnermittlung ebenfalls um bestimmte Korrekturen verändert. So waren u. a. außerordentliche Aufwendungen sowie Vergütungen der Geschäftsführung des Emittenten, soweit diese insgesamt den Betrag von jährlich 100.000 Euro pro Geschäftsführer übersteigen, hinzuzurechnen und außerordentliche Erträge abzuziehen.73

IV. Beteiligung an Steigerungen des Unternehmenswerts 1. Überblick Nach 254 der untersuchten Verträge (78 %) hatten Crowd­investoren unter bestimm­ten Voraussetzungen einen Anspruch auf Beteiligung an einer etwaigen Wertsteigerung des finanzierten Unternehmens, die dieses während der Laufzeit der Vermögensanlage erfahren hat.74 Die untersuchten Crowd­investing-Verträge sahen je nach Ausgestaltung in den folgenden zwei Situationen eine Beteiligung der Crowd­investoren an Unternehmenswertsteigerungen des finanzierten Unternehmens vor: Einerseits bei regulärer Beendigung der Kapitalüberlassung infolge einer Kündigung seitens des jeweiligen Crowdinvestors oder des Unternehmens und andererseits bei einer Beendigung der Kapitalüberlassung infolge eines Exit-Ereignisses. 2. Reguläre Beendigung der Kapitalüberlassung nach Kündigung a) Empirischer Befund 73 % der untersuchten Verträge gewährten den Anlegern eine Beteiligung an Unternehmenswertsteigerungen bei regulärer Beendigung der Kapitalüberlassung (d. h. nach Kündigung seitens des Anlegers oder des finanzierten Unternehmens oder nach Ablauf der Festlaufzeit bei befristeten Verträgen). Abb. 66 zeigt die Entwicklung der Verträge mit einer Unternehmenswertbeteiligung bei regulärer Beendigung der Kapitalüberlassung an das finanzierte Unternehmen.

73

Vgl. z. B. § 9 Nr. 4 a) v.) des Investmentvertrags in Form eines partiarischen Nachrang­ darlehens zur Finanzierung der rightmart Software GmbH (November 2016). Weiterhin waren z. B. außerordentliche Aufwendungen und die Bildung steuerfreier Rücklagen, die 2 % des Jahresumsatzes übersteigen, hinzuzurechnen sowie außerordentliche Erträge und Erträge aus der Auflösung der vorgenannten Rücklagen abzuziehen. 74 Vgl. zur Häufigkeit der verschiedenen Vermögensrechte § 8 E. I. oben.

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§ 8 Inhalt und Entwicklung der Crowd­investing-Verträge

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Abb. 66: Entwicklung der Verträge mit Unternehmenswertbeteiligung bei regulärer Beendigung (2011–2016, N = 326)

In der Entstehungsphase des Crowd­investing konnten Anleger bei sämtlichen Crowd­investing-Angeboten an Unternehmenswertsteigerungen partizipieren, wenn das Investment infolge ordentlicher Kündigung seitens einer der beiden Parteien beendet wurde. Ab dem Jahr 2012 wurden auch Verträge ohne Unternehmenswertbeteiligung bei regulärer Beendigung angeboten.75 Insbesondere die Verträge von Seedmatch76 und Companisto gewährten den Anlegern bei Beendigung des Investments einen sog. „Bonuszins nach Kündigung“ in Höhe des ihrer Investmentquote entsprechenden Anteils am Unternehmenswert abzüglich des investierten Darlehensbetrages. Anleger sollten damit – im Ergebnis ähnlich einem Eigenkapitalinvestor bei Verkauf seiner Beteiligung – an der Steigerung des Unternehmenswertes während der Beteiligungsphase partizipieren. Nach einigen Verträgen war ein Anspruch auf die Beteiligung an der Unternehmenswertsteigerung allerdings dann ausgeschlossen, wenn der Anleger eine außerordentliche Kündigung seitens des Start-ups schuldhaft verursacht hatte sowie im Falle eines Exit-Ereignisses. Seit Juli 2016 bis zum Ende des Untersuchungszeitraums sahen die Verträge von Companisto hingegen keine Beteiligung an Unternehmenswertsteigerungen bei regulärer Beendigung des Investments mehr vor. Stattdessen wurde eine sog. 75

Zur Entwicklung im Detail vgl. Klöhn / Hornuf / Schilling, ZBB 2016, 142, 161 ff. Vgl. z. B. § 10 des Investmentvertrags in Form eines partiarischen Nachrangdarlehens zur Finanzierung der rightmart Software GmbH (November 2016). 76

E. Vermögensrechte der Crowd­investoren  

405

Life-Time-Gewinn- und Exit-Beteiligung eingeführt.77 Investoren der seither auf Companisto vermittelten Verträge konnten an Steigerungen des Unternehmenswertes nur noch im Falle eines Exits partizipieren. b) Berechnung der Beteiligung Zur Ermittlung des Bonuszinses sahen die untersuchten Verträge verschiedene Mechanismen vor. Nach den Verträgen von Companisto basierte der Bonuszins auf einer der Investmentquote entsprechenden Beteiligung am Unternehmenswert. Die anzuwendende Methode zur Bestimmung des Unternehmenswertes hing zunächst davon ab, welche Partei den Vertrag kündigte. Bei einer Kündigung seitens des Start-ups wurde der Unternehmenswert durch einen Wirtschaftsprüfer nach dem Standard des Instituts der Wirtschaftsprüfer (IDW S1)78 bestimmt.79 Kündigte der Anleger, konnte er nach den zunächst verwendeten Verträgen zwischen einer Unternehmensbewertung nach IDW S1 und einer EBIT-/Umsatz-Multiple-Bewertung wählen. Die Kosten des Wirtschaftsprüfers waren in diesem Fall von allen zu dem entsprechenden Stichtag kündigenden Investoren gemeinsam zu tragen. Nach der Multiple-Methode wurde der Unternehmenswert mittels EBIT-80 oder Umsatz-Multiple81 bestimmt, wobei der höhere Wert entscheidend war. Nach den Verträgen von Seedmatch ergab sich die Höhe der Beteiligung ebenfalls aus dem Faktor von Investmentquote und Unternehmenswert. Der Unternehmenswert war hier ausschließlich nach der geschilderten Multiple-Methode mit den vertraglich vereinbarten Multiples zu bestimmen.82

77

Die Life-Time-Gewinn- und Exit-Beteiligung wurde mit dem Beteiligungsvertrag in Form eines partiarischen Nachrangdarlehens zur Finanzierung der homefort GmbH (Juli 2016) von Companisto eingeführt. Siehe dazu § 8 E. IV. 4. unten. 78 Zur Unternehmensbewertung nach IDW S1 siehe § 9, Fn. 76. 79 Die Kosten des von Companisto zu bestimmenden Wirtschaftsprüfers hatte das Start-up zu tragen. Jeder Anleger hatte das Recht, die Bewertung des Wirtschaftsprüfers auf eigene Kosten überprüfen zu lassen. Eine Regelung für den Fall divergierender Ergebnisse war nicht vorgesehen. 80 Nach der EBIT-Multiple-Methode war das Ergebnis der Steuerbilanz (EBIT), d. h. im Wesentlichen vor Zinsen und Steuern, des letzten abgeschlossenen Geschäftsjahres mit einem vertraglich vereinbarten Faktor (Multiple) zu multiplizieren. Der EBIT-Multiple bei Companisto betrug 6,5. In den Verträgen von Seedmatch bewegte er sich zwischen 5 und 8,5. 81 Nach der Umsatz-Multiple-Methode war der Umsatz der Steuerbilanz des letzten abgeschlossenen Geschäftsjahres mit dem vereinbarten Umsatz-Multiple zu multiplizieren. Der Umsatz-Multiple bei Companisto betrug 1. In den Verträgen von Seedmatch bewegte er sich zwischen 0,75 und 4. 82 Zugrundezulegen war demnach beispielsweise der höhere Wert von entweder a) dem Ergebnis (EBIT) der Steuerbilanz des letzten Geschäftsjahres multipliziert mit dem Faktor 5,0 (EBIT-Multiple) oder b) dem Wert des Umsatzes multipliziert mit dem Faktor 1,6 (UmsatzMultiple).

406

§ 8 Inhalt und Entwicklung der Crowd­investing-Verträge

3. Beendigung infolge eines Exit-Ereignisses a) Empirischer Befund 77 % der ausgewerteten Verträge gewährten Anlegern einen Anspruch auf eine der Investmentquote entsprechenden Beteiligung am Unternehmenswert im Falle eines Exits. Abb. 67 zeigt die Entwicklung der Verträge, die eine Exit-Beteiligung der Crowd­investoren vorsahen. 100% 90%

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Keine Exit-Beteiligung

Abb. 67: Entwicklung der Verträge mit Exit-Beteiligung (2011–2016, N = 326)

b) Exitfall und partieller Exit Die Exit-Beteiligung war regelmäßig an den Eintritt eines Exitfalls geknüpft. Als Exitfall wurde in der Regel jede Form des Verkaufs des Unternehmens durch die Gründer – sei es in Form eines share oder asset deals – oder ein Börsengang verstanden.83 Bei einem Unternehmensverkauf mussten in der Regel mindestens 50 % der Geschäftsanteile oder des wesentlichen Betriebsvermögens übertragen werden. Im Detail wiesen die Regelungen und der Regelungsumfang der Verträge der verschiedenen Plattformen deutliche Unterschiede auf. So wurde nach den Verträgen von Seedmatch ab einer Veräußerung von 50 % der Geschäftsanteile in einem einheitlichen Vorgang bzw. in engem zeitlichen Zusammenhang an Dritte (bzw. der Übertragung eines entsprechenden Anteils des Betriebsvermögens) der 83

Siehe dazu § 8 F. III. unten.

E. Vermögensrechte der Crowd­investoren  

407

Verkauf des gesamten Unternehmens fingiert. In der Folge wurde das Investment der Anleger insgesamt beendet. Für die Berechnung der Exit-Beteiligung wurde eine hundertprozentige Veräußerung der Beteiligung angenommen. Nach den Verträgen von Companisto war hingegen auch ein partieller Exit möglich, bei dem die Crowd­investoren mit einer dem verbleibenden Anteil entsprechenden Quote weiterhin investiert blieben. Das heißt, die Investmentquote wurde proportional zu dem veräußerten Anteil des Unternehmens reduziert. Soweit ein Erwerber (in einer oder mehreren Transaktionen) mindestens drei Viertel aller Geschäftsanteile des Start-ups übernahm, lag nach den Verträgen von Companisto ein sog. „qualifizierter Exitfall“ vor. In diesem Fall hatte das Start-up das Recht, die Investments der Crowd­investoren vollständig zu beenden. Die Rest-Investmentquote wurde dann gegen Zahlung einer Ablösesumme durch das finanzierte Unternehmen – die im Ergebnis einen Vollverkauf des Start-ups fingierte – auf 0 % reduziert und das Vertragsverhältnis beendet. Übte das Start-up dieses Recht auf eine Vollbeendigung der Crowdfinanzierungen nicht aus, wurde die Investmentquote der Crowd­investoren entsprechend der Exit-Quote reduziert und der Crowd­investing-Vertrag lief insoweit weiter. Die überwiegende Mehrzahl der untersuchten Verträge enthielt ferner eine Missbrauchsklausel, wonach der Anspruch auf eine Exit-Beteiligung auch dann entsteht, wenn ein Exitereignis deshalb nicht eintritt, weil Handlungen vorgenommen wurden, die lediglich dazu dienten, den Eintritt des Exitereignisses zu verhindern.84 c) Beteiligungshöhe im Falle eines Exits Im Hinblick auf die Beteiligungshöhe im Falle eines Exits lassen sich im Wesentlichen zwei Varianten aus den untersuchten Verträgen herauskristallisieren. In der ersten Variante wurden Investoren (ihrer Investmentquote entsprechend) am Unternehmenswert beteiligt. Der Unternehmenswert wurde dabei unabhängig von der im Exit zugrunde gelegten Bewertung und damit unabhängig vom tatsächlichen Exiterlös mit der Multiplikator-Methode und vorher festgelegten Multiples berechnet. Nach der zweiten Variante erhielten Investoren einen Anteil am tatsächlich erzielten Exiterlös. Hier wurde also der mit dem Käufer vereinbarte Preis zugrunde gelegt. Nach den ersten Verträgen von Seedmatch hatten Investoren bei Beendigung der stillen Gesellschaft einen Auseinandersetzungsanspruch. Neben dem Saldo 84

Vgl. etwa § 16 Nr. 4 des Investmentvertrags in Form eines partiarischen Nachrangdarlehens zur Finanzierung des Start-ups belsonno GmbH (Juli 2015): „Tritt ein Exitereignis deshalb nicht ein, weil Handlungen vorgenommen wurden, die lediglich dazu dienten, den Eintritt des Exitereignisses gegenüber dem Investor zu verhindern, tritt keine Befreiung von der Zahlung des Bonuszinses nach Exitereignis ein.“

408

§ 8 Inhalt und Entwicklung der Crowd­investing-Verträge

des Einlage-, Gewinn- und Verlustkontos stand ihnen auch ein der Investmentquote entsprechender Anteil am Ergebnis der Steuerbilanz (EBIT) des letzten Geschäftsjahres multipliziert mit dem Faktor 6 – also ein Anteil an dem mit der Multiplikator-Methode zu bestimmenden Unternehmenswert  – zu. An dem tatsächlich erzielten Erlös für den Verkauf des Start-ups (Exiterlös) partizipierten die Anleger hingegen nicht. Ab Anfang 2013 wurden Investoren nach den Verträgen von Seedmatch an dem tatsächlich erzielten Exiterlös85 beteiligt. Bei Companisto und Innovestment hatten Anleger bereits nach den ersten Verträgen einen Anspruch auf einen ihrer Investmentquote entsprechenden Anteil des konkret erzielten Exiterlöses. 4. Life-Time-Gewinn- und Exit-Beteiligung Zum Ende des Beobachtungszeitraums führte Companisto in seinen Verträgen eine sog. Life-Time-Gewinn- und Exit-Beteiligung ein.86 Danach sollte die Gewinn- und Exit-Beteiligung auch bei Kündigung des Crowd­investing-Vertrages durch den Emittenten für einen Zeitraum von 100 Jahren fortbestehen. Mit Kündigung durch das finanzierte Unternehmen war zwar der Finanzierungsbetrag zurückzuzahlen. Gleichwohl sollte der Anspruch der Anleger am jährlichen Gewinn des Unternehmens (gewinnabhängiger jährlicher Bonuszins) und im Falle eines Exitfalles, am Exiterlös beteiligt zu werden, fortbestehen. Gleichzeitig sollten auch die Informationsrechte des Anlegers fortbestehen. Bei einer Kündigung durch den 85 Exiterlös wurde in der Regel definiert als jede Gegenleistung für die Übertragung der Geschäftsanteile, des Betriebsvermögens oder für die öffentlich an der Börse platzierten Geschäftsanteile. Nach den Verträgen von Companisto war Exiterlös „jedwede unmittelbare oder mittelbare Gegenleistung für die Übertragung oder Einräumung der Geschäftsanteile oder des Betriebsvermögens oder für die öffentlich börsenplatzierten Geschäftsanteile. Hierbei sind sämtliche mit dem Exit in Beziehung stehenden vertraglichen Abreden, insbesondere Einzahlungen in eine Kapitalrücklage des Start-ups nach § 272 Abs. 2 HGB, vereinbarte Meilensteine sowie jegliche Zahlungen an die Gesellschafter oder das Start-up zu berücksichtigen. Falls die Gegenleistung ganz oder teilweise nicht in Geld erfolgt, dann ist insoweit der Verkehrswert in Geld anzusetzen. Zu berücksichtigen sind alle Transaktionen durch die der Erwerber Geschäftsanteile oder Betriebsvermögen erworben hat.“ (vgl. z. B. Ziff. 13.4. des „Beteiligungsvertrages in Form eines partiarischen Nachrangdarlehens“ zur Finanzierung der TripRebel GmbH, Dezember 2015). Nach den Verträgen von Seedmatch war Exiterlös „die Gesamtheit der Gegenleistungen, die die Gründer oder deren Gesellschafter im Rahmen des Exitereignisses für die Veräußerung der Geschäftsanteile des Start-ups erlangen. Dabei ist es unerheblich, ob die Gegenleistung in Geld oder wirtschaftlichen Zuwendungen anderer Art besteht. Wird eine Gegenleistung nicht in Geld erbracht, so tritt für die Berechnung des Exiterlöses der Wert der Gegenleistung an seine Stelle.“ (vgl. z. B. § 11 Abs. 6 des „Investmentvertrages in Form eines partiarischen Nachrangdarlehens“ zur Finanzierung der Vidamo Handels GmbH (5drops), Dezember 2015). 86 Die Life-Time-Gewinn- und Exit-Beteiligung wurde mit dem Beteiligungsvertrag in Form eines partiarischen Nachrangdarlehens zur Finanzierung der homefort GmbH (Juli 2016) von Companisto eingeführt.

E. Vermögensrechte der Crowd­investoren  

409

Anleger sollte hingegen keine Life-Time-Gewinn- und Exit-Beteiligung entstehen. Auch ein Ausgleich für eine etwaige Unternehmenswertsteigerung erfolgte (im Gegensatz zu den bisherigen Regelungen) nicht.

V. Verlustbeteiligung und Nachschusspflicht Grundsätzlich ist auch eine Beteiligung der Anleger am Verlust des finanzierten Unternehmens denkbar. Eine Verlustbeteiligung im Sinne einer echten Nachschusspflicht der Crowd­investoren zur Deckung eines etwaigen Verlusts des Startups sah indes keiner der untersuchten Crowd­investing-Verträge vor. Gleichwohl waren Anleger nach den ersten Verträgen spiegelbildlich zur Gewinnbeteiligung entsprechend ihrer Investmentquote auch an einem Jahresfehlbetrag beteiligt. Etwaige Verluste wurden entweder mit vergangenen oder zukünftigen Zins- oder Gewinnansprüchen oder dem Anlagebetrag verrechnet. Abb. 68 zeigt die Entwicklung der Verträge mit und ohne Verlustbeteiligung nach Quartalen. Plattformübergreifend wurden Verträge ohne Verlustbeteiligung erstmals Ende 2012 angeboten. Ihr Anteil nahm stetig zu. Ab dem zweiten Halbjahr 2015 sah keiner der angebotenen Verträge mehr eine Beteiligung der Crowd­ investoren an etwaigen Verlusten des finanzierten Unternehmens vor.87 Weder der investierte Finanzierungsbetrag noch bereits erzielte Renditen wurden durch Verluste des Start-ups aufgezehrt. Die Verträge von Seedmatch sahen bis zum Wechsel zu partiarischen Nachrangdarlehen Ende 2012 eine Verlustbeteiligung der Crowd­investoren entsprechend ihrer Investmentquote vor. Die addierten Verluste konnten auch den Betrag des Investments übersteigen.88 Eine Nachschusspflicht war zwar ausgeschlossen. Um eine positive Rendite zu erzielen oder zumindest den anfänglichen Investitionsbetrag vollständig zurückzuerhalten, mussten etwaige Verluste jedoch zunächst durch Gewinne wieder ausgeglichen werden. Auch im Rahmen der auf Companisto vermittelten Unterbeteiligungen an der jeweiligen stillen Beteiligung der Companisto Venture Capital GmbH wurden Anleger an – auch die Einlage übersteigenden – Verlusten beteiligt. Mit der Einführung partiarischer Nachrangdarlehen Anfang

87 Im Falle einer Insolvenz des Start-ups müssen die Anleger hingegen mit einem Totalverlust rechnen. Sowohl die Investitionssumme als auch aufgelaufene Erträge werden aufgrund der Nachrangvereinbarung regelmäßig uneinbringlich sein. Vgl. dazu § 8 N. unten. 88 Siehe zum Beispiel § 8 Abs. 4 des von Seedmatch angebotenen Vertrages über eine stille Beteiligung am Start-up Neuronation (August 2011): „Am Verlust nimmt der stille Gesellschafter mit [Investmentquote]% bis zur Höhe seiner Einlage teil. Verluste sind dem stillen Gesellschafter auch insoweit zuzurechnen, als die Verluste den Betrag seiner Einlage übersteigen. Solche den Betrag der Einlage übersteigenden Verlustanteile sind jedoch nur mit künftigen Gewinnanteilen auszugleichen; eine Nachschusspflicht des stillen Gesellschafters entsteht dadurch nicht.“

410

§ 8 Inhalt und Entwicklung der Crowd­investing-Verträge

2013 gab Companisto die Verlustbeteiligung auf. Die Verträge von Innovestment sahen bis Ende 2014 eine Verlustbeteiligung der Anleger vor. Diese war jedoch auf die Einlage und ggf. eingestellte, aber nicht ausgezahlte Gewinne beschränkt. Eine Situation, in welcher der Nominalbetrag des Investments infolge von Verlusten negativ werden konnte, war hier ausgeschlossen.89 100% 4

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Keine Verlustbeteiligung

Abb. 68: Entwicklung der Verträge mit und ohne Verlustbeteiligung (2011–2016, N = 326)

VI. Rückzahlungsanspruch und Rückzahlungsmodalitäten Der Anspruch der Crowd­investoren auf Rückzahlung des investierten Kapitals entstand nach den untersuchten Verträgen regelmäßig mit Beendigung des Finanzierungsvertrages.90 Nach den untersuchten Companisto-Verträgen war der Zahlungsanspruch grundsätzlich einen Tag nach Beendigung fällig.91 Nach den Verträgen von Seedmatch wurde der Rückzahlungsanspruch hingegen nicht unmittelbar bei Beendigung fällig, sondern war grundsätzlich in vier (unverzinsten)

89 Vgl. § 5 Abs. 2 S. 2 des von Innovestment angebotenen Beteiligungsvertrages über eine atypische stille Beteiligung an der sopen GmbH (Juli 2012): „Am Verlust nimmt der Stille Gesellschafter nur bis zur Höhe seiner eingezahlten Einlage und (evtl.) eingestellter und nicht ausgezahlter Gewinne des Stillen Gesellschafters teil.“ 90 Vgl. dazu § 8 F. unten. 91 So z. B. in Ziff. 9 des von Companisto angebotenen Beteiligungsvertrages in Form eines partiarischen Nachrangdarlehens zur Finanzierung des Start-ups Cogia (Dezember 2016).

411

E. Vermögensrechte der Crowd­investoren  

Vierteljahresraten zurückzuzahlen, wobei die erste Rate in der Regel drei Monate nach Beendigung fällig wurde.92 Nach den Verträgen von Companisto hatte das Unternehmen ein Recht zur Ratenzahlung, sofern die Rückzahlung zu einer (drohenden) Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung des Unternehmens führen würde. In diesem Fall war der zurückzuzahlende Betrag in vier gleichen Monatsraten zurückzuzahlen, wobei der jeweils ausstehende Betrag mit 6 % p.a. zu verzinsen war. Nach den Verträgen von Seedmatch hatte das finanzierte Unternehmen zusätzlich zur (zinslosen) Ratenzahlungsmöglichkeit, das Recht, die Rückzahlung „angemessen“ zu strecken, wenn die eigentlich geschuldete Rückzahlung in Vierteljahresraten „unter Berücksichtigung der Vermögenslage des Start-ups nicht zu vertreten“ war.93 Dies wurde u. a. dann angenommen, wenn die Auszahlung das Fortbestehen oder das Wachstum des Unternehmens nachhaltig gefährden würde. Im Falle einer solchen Streckung war der Rückzahlungsanspruch mit 6 % p.a. zu verzinsen. Auf die nachhaltige Gefährdung des Wachstums konnte sich das Unternehmen höchstens für einen Zeitraum von zwei Jahren berufen. 100% 7 90%

12

10 18

80% 4 70%

29

60%

16 38

1 3

50% 3

40%

1

3

30% 4 20%

29 25

13

11 2011

2012

18

32

10% 0%

39

2013

2014

2015

Ratenzahlungs- und Stundungsrecht

Nur Ratenzahlungsrecht

Nur Stundungsrecht

Weder Ratenzahlungs- noch Stundungsrecht

10

2016

Abb. 69: Entwicklung der Ratenzahlungs- und Stundungsrechte der kapitalsuchenden Unternehmen (2011–2016, N = 326) 92

So z. B. in § 7 Nr. 2 des von Seedmatch angebotenen Investmentvertrags in Form eines partiarischen Nachrangdarlehens zur Finanzierung der rightmart Software GmbH (November 2016). 93 Vgl. z. B. § 7 Nr. 2 des Investmentvertrags in Form eines partiarischen Nachrangdarlehens zur Finanzierung der rightmart Software GmbH (November 2016).

412

§ 8 Inhalt und Entwicklung der Crowd­investing-Verträge

Im Untersuchungszeitraum wurden 111 Verträge (34 %) angeboten, nach denen das finanzierte Unternehmen die Möglichkeit hatte, den Rückzahlungsbetrag sowohl in Raten zurückzuzahlen, als auch den Rückzahlungsanspruch zu stunden. 38 (12 %) bzw. 91 (28 %) der Verträge sahen entweder das Recht zur Ratenzahlung oder zur Stundung vor. Nach 86 untersuchten Verträgen (26 %) hatte das finanzierte Unternehmen weder das Recht, die Rückzahlung in Raten vorzunehmen noch diese zu stunden. Abb. 69 zeigt die Entwicklung der Verträge im Hinblick auf die Ratenzahlungs- und Stundungsrechte der finanzierten Unternehmen.

F. Laufzeit und Beendigung des Investments I. Laufzeit Den untersuchten Crowd­ investing-Verträgen ist gemein, dass die Crowd­ investoren das überlassene Kapital nicht vor Ablauf einer bestimmten Mindestlaufzeit zurückfordern können. Alle Finanzierungsverträge enthielten entsprechende Regelungen zur Dauer der Kapitalüberlassung. Hinsichtlich der Ausgestaltung dieser Laufzeit lassen sich im Wesentlichen zwei Varianten unterscheiden. Nach der ersten Variante wird das Kapital befristet, d. h. für einen von vornherein bestimmten Zeitraum, überlassen (befristete Kapitalüberlassung mit Festlaufzeit). Während dieser Festlaufzeit ist eine ordentliche Kündigung ausgeschlossen. Mit Ablauf der Festlaufzeit endet die Kapitalüberlassung automatisch und der Finanzierungsbetrag wird zur Rückzahlung fällig. Bei der zweiten Variante erfolgt die Kapitalüberlassung unbefristet, d. h. auf unbestimmte Zeit. Für eine bestimmte Mindestlaufzeit ist eine ordentliche Kündigung allerdings ausgeschlossen. Danach können die Finanzierungsvereinbarungen in der Regel unter Einhaltung bestimmter Kündigungsfristen von beiden Parteien ordentlich gekündigt werden (unbefristete Kapitalüberlassung mit Mindestlaufzeit). 1. Befristete und unbefristete Kapitalüberlassung 85 % der im Beobachtungszeitraum angebotenen Crowdinvestments waren als unbefristete Kapitalüberlassung mit Mindestlaufzeit ausgestaltet.94 Erstmals ab dem vierten Quartal 2014 wurden vereinzelt auch Crowdfinanzierungen mit Festlaufzeit angeboten.95 Abb. 70 zeigt die Entwicklung der Angebote mit Festlaufzeit und unbefristeter Laufzeit.

94

Zur Häufigkeit und der Entwicklung der angebotenen Varianten vgl. auch Klöhn / Hornuf / Schilling, ZBB 2016, 142, 153, insbes. Abb. 12 und 13. 95 So beispielsweise auf den Plattformen Bankless24 und UnitedEquity.

413

F. Laufzeit und Beendigung des Investments   100% 90% 80% 8

70% 60% 50%

19 2

6

8

8

21 14

18

25

6 14 24

15

7 16

14

7

12 8

15

10

40% 30% 7

20% 10% 0%

4

2

4

Q3

Q4

2011

Q1

Q2

Q3

2012

Q4

Q1

2

1

1 Q2

Q3

2013 Festlaufzeit

Q4

Q1

3

3

Q4

Q1

6 5

1

1 Q2

Q3

4

5

Q2

2014

Q3

2015

Q4

Q1

Q2

Q3

Q4

2016

Unbefristet mit Mindestlaufzeit

Abb. 70: Entwicklung der Angebote mit Festlaufzeit und unbefristeter Laufzeit (2011–2016, N = 326)

2. Mindestlaufzeit der Kapitalüberlassung Alle auf dem deutschen Crowd­investing-Markt angebotenen Verträge sahen eine Mindestlaufzeit für die Kapitalüberlassung vor, entweder in Form einer Festlaufzeit oder durch Ausschluss des ordentlichen Kündigungsrechts für einen bestimmten Zeitraum. a) Marktdurchschnitt Die durchschnittliche Mindestlaufzeit96 der angebotenen Verträge betrug über den gesamten Beobachtungszeitraum 1.941 Tage, also etwa 5 Jahre und 4 Monate. Allerdings lässt sich eine deutliche Veränderung der durchschnittlichen Mindestlaufzeiten über den Beobachtungszeitraum feststellen.97 Abb. 71 zeigt die Entwick 96 Die Mindestlaufzeit wurde, um eine Vergleichbarkeit zu ermöglichen, als die Anzahl an Tagen ab Ende des Angebots auf der Crowdinvesting-Plattform bis (i) zu dem Tag, zu dem ein Investment erstmals gekündigt werden konnte, bei unbefristeten Verträgen mit Mindestlaufzeit oder (ii) zu dem Tag, an dem die Festlaufzeit endet, im Falle eines Vertrages mit Festlaufzeit, berechnet. In wenigen Fällen war das Angebotsende auf der Plattform nicht bekannt. In diesen Fällen wurde angenommen, dass das Angebot drei Monate nach Angebotsbeginn beendet wurde. 97 Siehe dazu auch schon Klöhn / Hornuf / Schilling, ZBB 2016, 142, 153 mit Abb. 14 und 15.

414

§ 8 Inhalt und Entwicklung der Crowd­investing-Verträge

2.500

2.000

1.500

1.000

500

0

Q3

Q4

Q1

2011

Q2

Q3

Q4

2012

Q1

Q2

Q3

2013

Q4

Q1

Q2

Q3

2014

Q4

Q1

Q2

Q3

Q4

Q1

2015

Q2

Q3

2016

Abb. 71: Quartalsweise Entwicklung der durchschnittlichen Mindestlaufzeit der angebotenen Verträge in Tagen (2011–2016, N = 326)

6

5

4

3

2

1

0

2011

2012

2013

2014

2015

Abb. 72: Jährliche Entwicklung der durchschnittlichen Mindestlaufzeit der angebotenen Verträge in Jahren (2011–2016, N = 326)

2016

Q4

415

F. Laufzeit und Beendigung des Investments  

lung der durchschnittlichen Mindestlaufzeit in Tagen. In der Anfangsphase sahen die Vermögensanlagen eine durchschnittliche Mindestlaufzeit zwischen rund 1.200 und 1.500 Tagen, d. h. zwischen drei und vier Jahren vor. Über den Beobachtungszeitraum stieg die durchschnittliche Mindestlaufzeit auf über 2.000 Tage an. Im Jahr 2016 betrug die Mindestlaufzeit im Durchschnitt etwa sechs Jahre. Im Vergleich zur Anfangsphase stieg die durchschnittliche Dauer der Kapitalüberlassung im Beobachtungszeitraum damit um etwa zwei Jahre. Abb. 72 zeigt die jährliche Entwicklung der durchschnittlichen Mindestlaufzeit in Jahren. b) Durchschnittliche Laufzeit nach Plattformen Untersucht man die Mindestlaufzeiten getrennt nach Plattformen, zeigt sich, dass sich die Mindestlaufzeiten der verschiedenen Portale in der Anfangsphase deutlich unterschieden (siehe Abb. 73). Die ersten Verträge von Seedmatch hatten eine Mindestlaufzeit für Crowdinvestoren von vier Jahren.98 Auf Innovestment 10 9 8 7 6 5 4 3 2 1 0

2011

2012 Seedmatch

2013 Companisto

2014 Innovestment

2015 Sons�ge

2016

Marktdurchschni�

Abb. 73: Entwicklung der durchschnittlichen Mindestlaufzeit der angebotenen Verträge in Jahren nach Plattform (2011–2016, N = 326) 98

Die stille Beteiligung an dem ersten auf Seedmatch angebotenen Start-up Neuronation konnte durch die Anleger etwa nach Ablauf von vier Jahren mit einer Frist von sechs Monaten zum Ende des Geschäftsjahres gekündigt werden. Das Start-up konnte die stille Beteiligung erst nach Ablauf von sechs Jahren ordentlich kündigen.

416

§ 8 Inhalt und Entwicklung der Crowd­investing-Verträge

sahen die Verträge zunächst eine Mindestlaufzeit von drei Jahren für die Anleger und sieben Jahren für die Start-ups vor. Die ersten Verträge von Companisto hatten zunächst eine Mindestlaufzeit von acht Jahren für Crowdinvestoren und finanzierte Unternehmen. Companisto hob die Mindestlaufzeit seiner Verträge zwischenzeitlich auf zehn (einmalig sogar zwölf99) Jahre an. Zum Ende des Beobachtungszeitraums näherten sich die Mindestlaufzeiten der verschiedenen Portale auf rund fünf (Seedmatch) bis sieben Jahre (Companisto) an. 3. Unterschiedliche Laufzeiten für Investoren und finanzierte Unternehmen Hervorzuheben ist weiterhin, dass die Laufzeit für Anleger und finanzierte Unternehmen in 51 % der untersuchten Verträgen divergierte. So war etwa nach den Verträgen von Seedmatch eine Kündigung für die finanzierten Unternehmen für acht Jahre ausgeschlossen. Die Mindestlaufzeit für Anleger betrug hingegen nur fünf Jahre. Abb. 74 zeigt den Anteil und die Anzahl der Verträge mit identischer und divergierender Laufzeit für Kapitalgeber und Kapitalnehmer. 100% 15 38

75%

27

26 53

50%

8 49 45

25%

31

21 13

0%

2011

2012

2013 Unterschiedliche Laufzeit

2014

2015

2016

Iden�sche Laufzeit

Abb. 74: Entwicklung der Verträge mit identischer und divergierender Laufzeit für Anleger und kapitalsuchende Unternehmen (2011–2016, N = 326)

99

Der Unterbeteiligungsvertrag für das Investment in das Start-up BetterTaxi (Oktober 2012) konnte erst nach einer Mindestvertragslaufzeit von zwölf Jahren ordentlich gekündigt werden.

F. Laufzeit und Beendigung des Investments  

417

II. Kündigungsrechte Im Hinblick auf Kündigungsrechte kann zwischen ordentlichen und außerordent­ lichen Kündigungsrechten unterschieden werden. 1. Ordentliche Kündigung Soweit die Kapitalüberlassung unbefristet ausgestaltet ist,100 kann der jeweilige Investor oder das finanzierte Unternehmen – nach Ablauf der Mindestlaufzeit101 – den jeweiligen Crowd­investing-Vertrag unter Einhaltung der vertraglich bestimmten Kündigungsfrist ordentlich kündigen. Die zum Ende des Untersuchungszeitraums verwendeten Verträge von Companisto sahen für beide Parteien eine Kündigungsfrist von vier Monaten zum Ende der Mindestlaufzeit bzw. zum Ende eines Geschäftsjahres des Start-ups vor.102 Nach den Verträgen von Seedmatch konnte das Investment mit einer Frist von sechs Monaten zum Ende eines Geschäftsjahres von beiden Parteien ordentlich gekündigt werden.103 Die im Beobachtungszeitraum vorzufindenden Kündigungsfristen variierten  – im Wesentlichen abhängig von der den Vertrag bereitstellenden Plattform – zwischen drei und zwölf Monaten. 2. Außerordentliche Kündigung Die untersuchten Verträge stellten regelmäßig klar, dass das Recht der Parteien zur außerordentlichen Kündigung aus wichtigem Grund unberührt bleibt. Als wichtiger Grund für eine außerordentlich Kündigung seitens des Start-ups wurde häufig ein Verstoß des Anlegers gegen das vertraglich vereinbarte Wettbewerbsverbot der Crowd­investoren explizit genannt.104 Wichtige Gründe, die für Anleger eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen, wurden etwa in den Verträgen von Companisto hingegen nicht ausdrücklich benannt. Die Verträge von Seedmatch sahen zum Ende des Beobachtungszeitraums drei Tatbestände vor, die ein außer­

100

Vgl. § 8 F. I. 1.  oben. Vgl. § 8 F. I. 2.  oben. 102 Vgl. z. B. Ziff. 18.1. des Beteiligungsvertrags in Form eines partiarischen Nachrang­ darlehens zur Finanzierung der Free-Linked GmbH (Dezember 2016). 103 Vgl. z. B. § 16 Nr. 1 und 2 des Investmentvertrags in Form eines partiarischen Nachrang­ darlehens zur Finanzierung der rightmart Software GmbH (November 2016). 104 Vgl. z. B. Companisto: Ziff. 18.4. des Beteiligungsvertrags in Form eines partiarischen Nachrangdarlehens zur Finanzierung der Free-Linked GmbH (Dezember 2016); Seedmatch: § 16 Nr. 5 lit. a) des Investmentvertrags in Form eines partiarischen Nachrangdarlehens zur Finanzierung der rightmart Software GmbH (November 2016); Innovestment: Ziff. 3.3. des Vertrags über die Gewährung eines partiarischen Nachrangdarlehens mit qualifiziertem Rangrücktritt mit der Special Purpose v06 UG (haftungsbeschränkt) zur Finanzierung der Polar­ mond AG (Juni 2016). 101

418

§ 8 Inhalt und Entwicklung der Crowd­investing-Verträge

ordentliches Kündigungsrecht der Anleger begründen.105 Zum einen waren Anleger nach den Verträgen von Seedmatch zur Kündigung berechtigt, wenn der Darlehensbetrag in wesentlichem Umfang nicht seinem Zweck entsprechend verwendet wurde.106 Zweitens war der Anleger zur Kündigung berechtigt, wenn das Start-up in qualifizierter Weise gegen seine Quartals-Reporting-Pflichten verstieß.107 Drittens waren Anleger zur außerordentlichen Kündigung berechtigt, wenn das Startup wesentliche Pflichten aus dem Crowd­investing-Vertrag nachhaltig verletzt hat.

III. Beendigung durch Exit Regelmäßig sahen die untersuchten Crowd­investing-Verträge vor, dass das Vertragsverhältnis mit Eintritt eines Exitereignisses automatisch endet. Nach den Verträgen von Seedmatch lag ein Exitereignis insbesondere dann vor, wenn mindestens 50 % der Geschäftsanteile unmittelbar oder mittelbar an Dritte veräußert werden.108 Als Veräußerung gilt dabei insbesondere auch die öffentliche Platzierung neuer und / oder bereits bestehender Anteile der Gesellschaft an einer Börse. Ein Exit-Ereignis lag dabei auch bei einer Veräußerung der wesentlichen Vermögensgegenstände des Start-ups vor.109 105

Vgl. z. B. § 16 Nr. 4 des Investmentvertrags in Form eines partiarischen Nachrangdar­ lehens zur Finanzierung der rightmart Software GmbH (November 2016). 106 Als Zweck der Darlehensüberlassung wurde bei Seedmatch regelmäßig die „Verwirk­ lichung des Innovationsvorhabens, so wie auf der Internetplattform beschrieben“ vereinbart. Siehe dazu § 8 L. I. unten. 107 Vgl. etwa § 16 des von Seedmatch angebotenen Investmentvertrags in Form eines partiarischen Nachrangdarlehens zur Finanzierung des Start-ups belsonno GmbH (Juli 2015): „Als wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung durch den Investor gilt insbesondere, wenn […] b) das Startup mit seinem Reporting im Sinne von § 5 Abs. 4 für zwei aufeinander folgende Termine mit mindestens 6 Wochen in Verzug ist; oder c) das Startup bei Ausbleiben eines Reportings im Sinne von § 5 Abs. 4 dieses bis zur Fälligkeit des darauffolgenden Reportings nicht nachholt […]“. 108 Vgl. etwa § 11 Nr. 2 des von Seedmatch angebotenen Investmentvertrags in Form eines partiarischen Nachrangdarlehens zur Finanzierung der rightmart Software GmbH (November 2016): „Ein Exitereignis im Sinne dieses Vertrages liegt vor, wenn mindestens 50 % der Geschäftsanteile der Gründer an dem Startup in einem einheitlichen Vorgang bzw. in engem zeitlichen Zusammenhang an Dritte […] veräußert werden. Eine Veräußerung der Geschäfts­ anteile am Startup […] kann auch mittelbar z. B. über die Veräußerung von Geschäftsanteilen an den Gründern selbst erfolgen, wenn es sich bei den Gründern um juristische Personen handelt. Für eine Veräußerung ist es unerheblich, ob sie durch eine Übertragung von Nominalanteilen am Startup an Dritte gegen Barzahlung oder Gewährung von Anteilen oder sonstigen Rechten im Rahmen einer Verschmelzung, Vermögensübertragung oder ähnlichen zu vergleichbaren wirtschaftlichen Ergebnissen führenden Transaktionen oder im Wege einer öffentlichen Platzierung neuer und / oder bereits bestehender Anteile der Gesellschaft an einer oder mehreren Börsen erreicht wurde.“ 109 Vgl. etwa § 11 Nr. 3 des von Seedmatch angebotenen Investmentvertrags in Form eines partiarischen Nachrangdarlehens zur Finanzierung der rightmart Software GmbH (November 2016): „Ein Exitereignis liegt auch vor bei der Veräußerung der wesentlichen Vermögensgegenstände (einschließlich von Immaterialgüterrechten und Geschäftsanteilen in Tochterge-

G. Mitspracherechte bei der Unternehmensführung  

419

Im Gegensatz zu der Ausgestaltung bei Seedmatch führte nach den Verträgen von Companisto zunächst nur eine Veräußerung von 100 % der Geschäftsanteile an einen von den Altgesellschaftern verschiedenen Dritten (sowie gleichgestellte Exit-Ereignisse) unmittelbar zu einer Beendigung des Crowd­investing-Vertrages.110 Werden hingegen mehr als 50 % aber weniger als 100 % der Geschäftsanteile veräußert, führte dies zunächst nur zu einer anteilsmäßigen Reduzierung der Investmentquote des Anlegers. Der Crowd­investing-Vertrag bestand zunächst mit der reduzierten Investmentquote fort. Bei einer Veräußerung von mehr als 90 % der Geschäftsanteile hatte das Start-up allerdings das Recht, gegen Zahlung einer Ablösesumme den Crowd­investing-Vertrag insgesamt binnen einer Frist von zwei Wochen zu beenden. Damit wurde der Anleger so gestellt als wären 100 % der Anteile veräußert worden.

G. Mitspracherechte bei der Unternehmensführung I. Überblick GmbH-Gesellschafter und Aktionäre können insbesondere mittels den diesen zustehenden Stimmrechten regelmäßig unmittelbar Einfluss auf die Geschäftsführung des Unternehmens nehmen. Crowd­investoren haben hingegen keine versellschaften) des Startups, der Verteilung eines Schlussverteilungsüberschusses gemäß § 199 Satz 2 InsO, und der Verteilung des Vermögens des Startups gemäß §§ 72, 73 GmbHG.“ 110 Vgl. etwa Ziff. 12.2. des von Companisto angebotenen Beteiligungsvertrag in Form eines partiarischen Nachrangdarlehens zur Finanzierung der cogia GmbH (Dezember 2016): „Exit im Sinne dieses Vertrages bedeutet: (i) Veräußerung von mehr als 50 % der Geschäftsanteile an dem Startup an einen von den Altgesellschaftern verschiedenen Dritten […] (nachfolgend ‚Erwerber‘), (ii) Veräußerung wesentlicher Teile (mehr als 50 %, basierend auf dem Verkehrswert) der Vermögenswerte des Startups an einen von den Altgesellschaftern verschiedenen Dritten […], (iii) Tausch oder Einbringung von mehr als 50 % der Geschäftsanteile an dem Startup oder Verschmelzung mit einem von den Altgesellschaftern verschiedenen Dritten […] als aufnehmenden Rechtsträger, (iv) Liquidation des Startups, einschließlich durch ein Insolvenzverfahren und Verteilung eines Schlussverteilungsüberschusses gemäß § 199 Satz 2 InsO oder Verteilung des Vermögens des Startups gemäß §§ 72, 73 GmbHG, (v) öffentliche Platzierung neuer und / oder bereits bestehender Geschäftsanteile des Startups an einer oder mehreren Börsen, (vi) eine sonstige, zu vergleichbaren wirtschaftlichen Ergebnissen führende Transaktion, insbesondere, aber nicht ausschließlich, nach dem Umwandlungsgesetz, jeweils im Rahmen einer oder mehrerer zusammenhängender Transaktionen oder im Rahmen einer Reihe von Transaktionen in einem engen zeitlichen Zusammenhang (nachfolgend ‚Exitfall‘). Eine Veräußerung der Geschäftsanteile des Startups im Sinne des Satzes 1 kann auch mittelbar, z. B. über die Veräußerung von Geschäftsanteilen an den Altgesellschaftern selbst erfolgen, wenn es sich bei den Altgesellschaftern um juristische Personen handelt. Die Übernahme der Mehrheit der Geschäftsanteile im Rahmen einer Kapitalerhöhung oder durch Mitarbeiter des Startups im Rahmen eines Mitarbeiterbeteiligungsprogramms ist kein Exit­ fall. Tritt ein Exitfall deshalb nicht ein, weil Handlungen vorgenommen wurden, die lediglich dazu dienten, den Eintritt des Exitfalls zu verhindern, tritt keine Befreiung von der Zahlung des Bonus­zinses nach Exitfall ein.“

420

§ 8 Inhalt und Entwicklung der Crowd­investing-Verträge

gleichbaren Mitspracherechte. Nahezu sämtliche zum Ende des Untersuchungszeitraums auf dem Markt zu findenden Crowd­investing-Verträge stellten ausdrücklich klar, dass die Anleger über keinerlei Mitwirkungs-, Stimm- und Weisungsrechte gegenüber dem finanzierten Unternehmen verfügen, weder hinsichtlich der Geschäftsführung noch der Bilanzierung.111 Zu Beginn des Untersuchungszeitraums waren jedoch Verträge verbreitet, nach denen Investoren oder – bei mittelbaren Finanzierungsstrukturen  – der zwischengeschalteten Zweckgesellschaft relativ weitgehende Zustimmungsrechte eingeräumt wurden.

II. Empirischer Befund Die ersten Crowd­investing-Verträge in Form von stillen Beteiligungen sahen relativ weitgehende Zustimmungsvorbehalte zugunsten der Crowd­investoren  – oder bei mittelbaren Finanzierungsstrukturen zugunsten der zwischengeschalteten Zweckgesellschaft – vor.112 Betrachtet man die Marktentwicklung (siehe Abb. 75), weisen zunächst sämtliche Verträge Zustimmungsrechte der Investoren und / oder der Zweckgesellschaften hinsichtlich bestimmter Maßnahmen des Unternehmens auf. Bereits ab Anfang des Jahres 2012 kamen Verträge ohne Zustimmungsrechte auf den Markt. Der Anteil der Verträge mit Zustimmungsrechten nahm stetig ab. Mit der Einführung von partiarischen Nachrangdarlehen verschwanden die Zustimmungsrechte weitgehend aus den Verträgen (so insbesondere bei Companisto und Seedmatch). Ab dem zweiten Quartal 2014 wurden den Crowd­investoren weit überwiegend keine Zustimmungsrechte mehr eingeräumt.113 Abb. 76 zeigt die Entwicklung der Verträge mit und ohne Zustimmungsrechte der Anleger nach Plattformen. Die ersten von Seedmatch verwendeten Verträge sahen einen für atypische stille Beteiligungen typischen Katalog zustimmungspflichtiger Maßnahmen vor.114 111 Nahezu wortgleich etwa § 4 des Investmentvertrages in Form eines partiarischen Nachrangdarlehens zur Finanzierung der rightmart Software GmbH der Plattform Seedmatch (Dezember 2016) und Ziff. 6 des von Companisto angebotenen Beteiligungsvertrages in Form eines partiarischen Nachrangdarlehens zur Finanzierung des Start-ups Cogia (Dezember 2016). 112 Die für stille Beteiligungen typischen Zustimmungsvorbehalte betrafen etwa die Einstellung des Geschäftsbetriebs des finanzierten Unternehmens oder die Änderung des Geschäftsgegenstandes des Start-ups. Teilweise stand die Veräußerung von betriebszugehörigen Patenten oder Gebrauchsmustern oder jedenfalls die Veräußerung eines wesentlichen Teils oder des ganzen Gesellschaftsvermögens unter Zustimmungsvorbehalt. Weitere Zustimmungsvorbehalte betrafen die Einräumung von Krediten oder die Übernahme von Bürgschaften, Schuldversprechen oder Garantien durch das Unternehmen, die sich außerhalb des für den gewöhnlichen Geschäftsverkehr Üblichen bewegten. 113 Die vier Verträge mit Zustimmungsrechten der Investoren wurden von Innovestment angeboten, erfolgreich finanziert wurde allerdings nur eines der vier Unternehmen. 114 Vgl. etwa § 4 Nr. 2 des Vertrages über eine stille Beteiligung des über Seedmatch finanzierten Start-ups Neuronation (August 2011).

421

G. Mitspracherechte bei der Unternehmensführung   25 3

21

20

20 19 17

17

17

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13

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4 12

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Q3

Q4

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2012

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2013

Zus�mmungsrechte der Anleger

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2

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2014

Q3

2

Q4

Q1

2015

Zus�mmungsrechte SPV

Q2

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2016

Keine Zus�mmungsrechte

Abb. 75: Entwicklung der Anzahl der angebotenen Verträge mit und ohne Zustimmungsrechte der Crowd­investoren (2011–2016, N = 326) 100% 3

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2

2011 2012 2013 2014 2015 2016 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2011 2012 2013 2014 2015 2016 Seedmatch

Companisto Zus�mmungsrechte

Sons�ge

Keine Zus�mmungsrechte

Abb. 76: Verträge mit und ohne Zustimmungsrechte der Anleger nach Plattformen (2011–2016, N = 326)

422

§ 8 Inhalt und Entwicklung der Crowd­investing-Verträge

Demnach durfte das Unternehmen im Einzelnen näher definierte Maßnahmen nur durchführen, wenn die Mehrheit der Investoren zugestimmt hatte.115 Unter Zustimmungsvorbehalt standen insbesondere die Änderung des Innovationsvorhabens oder des Unternehmensgegenstandes sowie die Aufgabe des Innovationsvorhabens oder des Geschäftsbetriebs. Weiterhin stand die Veräußerung oder Belastung (eines wesentlichen Teils) des Gesellschaftsvermögens, der Abschluss von Beherrschungs- und Gewinnabführungsverträgen sowie die Übernahme von Bürgschaften und Garantien und die Kreditgewährung – soweit diese jeweils nicht dem gewöhnlichen Geschäftsbetrieb unterfallen – unter Zustimmungsvorbehalt. Auch die Änderung von Geschäftsführeranstellungsverträgen bedurfte der Zustimmung der Anleger. Auch die ersten von Innovestment vermittelten stillen Beteiligungen räumten den Anlegern die Möglichkeit ein, die Geschäftsführung zumindest mittelbar zu beeinflussen. Die Anleger waren zur außerordentlichen Kündigung berechtigt, wenn das Unternehmen bestimmte Maßnahmen umsetzte, ohne dass der jeweilige Anleger den entsprechenden Maßnahmen zuvor zugestimmt hatte.116 Der Katalog zustimmungspflichtiger Maßnahmen war im Einzelnen noch weitergehend als nach den Verträgen von Seedmatch.117 Im Gegensatz zu Seedmatch waren die Anleger hingegen nicht an eine Mehrheitsentscheidung gebunden. Setzte das Unternehmen eine bestimmte Maßnahme um, welcher der Anleger nicht zugestimmt hatte, konnte jeder Anleger individuell seine Beteiligung kündigen.

115

Zu Details der Mehrheitsentscheidung siehe § 8 I. II. unten. So z. B. nach dem von Innovestment angebotenen Beteiligungsvertrag über eine atypische stille Beteiligung an der sopen GmbH (Juli 2012). 117 Vgl. § 8 Nr. 4 des von Innovestment angebotenen Beteiligungsvertrages über eine atypische stille Beteiligung an der sopen GmbH (Juli 2012): „Wichtige, die außerordentliche Kündigung rechtfertigende Gründe für den Stillen Gesellschafter sind insbesondere: Einstellung des Geschäftsbetriebs; Änderung des Geschäftsgegenstandes des Start-Ups; Veräußerung von betriebszugehörigen Patenten oder Gebrauchsmustern; Änderungen in der Beteiligungsstruktur beim Start-Up von mindestens 50 % im Vergleich zu der zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses zur Eingehung der Stillen Beteiligung bestehenden Beteiligungsstruktur; Änderung der Rechtsform, mit Ausnahme der Umstellung von einer UG zu einer GmbH; Übersteigung des Gehalts aller Geschäftsführer des Start-Ups in den nächsten drei Geschäftsjahren gegenüber der im auf der Innovestment-Website eingestellten Geschäftsplan definierten Gehaltsplanung, jeweils zuzüglich maximal 25 % für variable Vergütungen; Ausführung von bezahlten Nebentätigkeiten für mehr als acht Stunden pro Woche durch die Geschäftsführer des StartUps; Abschluss von Beraterverträgen mit den Gesellschaftern oder deren Angehörigen im Sinne des § 15 der Abgabenordnung (AO); Abschluss von Anstellungsverträgen mit Angehörigen der Gesellschafter im Sinne des § 15 der Abgabenordnung (AO); Vergabe von Darlehen an Gesellschafter des Start-Ups; Abschluss von Unternehmensverträgen in Anlehnung an § 18 AktG (Gewinngemeinschaftsverträge, Teilgewinnabführungsverträge, Betriebspachtverträge oder Betriebsüberlassungsvertrag); Abschluss von Unternehmensverträgen im Sinne der § 291, 292 AktG (Beherrschungsverträge, Gewinnabführungsverträge oder andere Unternehmensverträge).“ 116

H. Informations- und Kontrollrechte der Crowd­investoren  

423

Nach den ersten Unterbeteiligungsverträgen von Companisto stand den Anlegern kein Zustimmungsrecht zu. Allerdings bedurften bestimmte Maßnahmen des finanzierten Unternehmens der Zustimmung der Companisto Venture Capital GmbH, die als stille Beteiligte unmittelbar an dem Start-up beteiligt war und den Investoren Unterbeteiligungen vermittelte. Der Katalog der zustimmungspflichtigen Maßnahmen entsprach dabei im Wesentlichen dem Maßnahmenkatalog in den Verträgen von Seedmatch. Entsprechende Einflussmöglichkeiten der Investoren auf die Companisto Venture Capital GmbH als Investmentvehikel bestanden indes nicht.

H. Informations- und Kontrollrechte der Crowd­investoren Die untersuchten Crowd­investing-Verträge räumten den Anlegern regelmäßig verschiedene Informations- und Kontrollrechte ein. Die im Einzelfall sehr unterschiedlichen Ausgestaltungen umfassten etwa das Recht der Anleger auf einen quartalsweisen Bericht über die aktuelle Lage des finanzierten Unternehmens (Quartalsreporting), die Übermittlung des Jahresabschlusses des finanzierten Unternehmens oder Informationen hinsichtlich der Höhe einer erzielten Gewinnbeteiligung.

I. Quartalsreporting 1. Entwicklung der Quartalsreporting-Pflicht Die im Jahr 2011 angebotenen Verträge verpflichteten die finanzierten Unternehmen, den Anlegern regelmäßig einmal pro Quartal Berichte über den „Fortschritt des Innovationsvorhabens“ zur Verfügung zu stellen.118 In der Folgezeit, ab 2012, wurden auch Verträge ohne entsprechende quartalsweise Berichtspflichten angeboten. Der Anteil der Verträge, die quartalsweise Berichtspflichten vorsahen, nahm zunächst deutlich ab (siehe Abb. 77 und Abb. 78). Im dritten Quartal 2013 sahen nur noch ein Drittel der Verträge eine Pflicht zum Quartalsreporting vor. Ab 2014 setzte sich das Quartalsreporting jedoch zunehmend durch und war gegen Ende des Untersuchungszeitraums in beinahe allen Verträgen enthalten. Abb. 79 zeigt die Entwicklung der angebotenen Verträge mit und ohne Quartals­ re­porting­-Pflicht nach Plattformen. Es wird deutlich, dass sämtliche Verträge von Seedmatch über den gesamten Beobachtungszeitraum eine vierteljährliche Berichtspflicht vorsahen. Die Verträge von Companisto kannten ein entsprechendes Recht der Crowd­investoren hingegen zunächst nicht. Erst Mitte 2014 führte Com 118 So etwa § 5 Ziff. 4 des von Seedmatch angebotenen Vertrages über eine stille Beteiligung an dem Start-up Neuronation (August 2011).

424

§ 8 Inhalt und Entwicklung der Crowd­investing-Verträge

100% 1

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2

9

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1

2

4

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5 7

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2

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2

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2

6 7

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6

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30%

20

13

21

12

13 14

20%

13 9

13

10 9

9 9

3

5

10% 0%

Q3

Q4

Q1

2011

Q2

Q3

Q4

2012

Q1

Q2

Q3

Q4

2013

Q1

Q2

Q3

Q4

Q1

2014

Quartalsrepor�ng

Q2

Q3

2015

Q4

Q3

2016

Kein Quartalsrepor�ng

Abb. 77: Entwicklung des Verhältnisses von angebotenen Verträgen mit und ohne Quartalsreportingpflicht nach Quartalen (2011–2016, N = 326) 100% 5 90%

15

16 21

80%

38

70% 60% 50%

8 42

40%

51

48 37

30%

45

20% 10% 0%

2011

2012

2013 Quartalsrepor�ng

2014

2015

Kein Quartalsrepor�ng

Abb. 78: Entwicklung des Verhältnisses von angebotenen Verträgen mit und ohne Quartalsreportingpflicht nach Jahren (2011–2016, N = 326)

2016

Q4

425

H. Informations- und Kontrollrechte der Crowd­investoren  

panisto in seinen Verträgen eine Verpflichtung zur quartalsweisen Berichterstattung ein. Über den gesamten Beobachtungszeitraum war in 231 Verträgen (71 %) eine Pflicht zum Quartalsreporting enthalten, 95 Verträge (29 %) sahen eine solche Pflicht der finanzierten Unternehmen nicht vor. 100% 90%

9 15

80% 21 70%

5

14

7 60% 50%

4

25

24

24

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4

40%

23 25

30% 21 20%

10

10

3 10% 0%

2011 2012 2013 2014 2015 2016 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2011 2012 2013 2014 2015 2016 Seedmatch

Companisto Quartalsrepor�ng

Sons�ge

Kein Quartalsrepor�ng

Abb. 79: Entwicklung der Anzahl der angebotenen Verträge mit und ohne Quartalsreportingpflicht nach Plattformen (2011–2016, N = 326)

2. Inhaltliche Ausgestaltung der Quartalsreporting-Pflicht Nach den anfangs von Seedmatch angebotenen Verträgen musste sich aus den Berichten der „Fortschritt des Innovationsvorhabens“ ergeben.119 Ferner sollten Angaben zur Entwicklung des Unternehmens, der Strategie, der Produkte, des Wettbewerbs, des Personals, der Finanzen einschließlich Soll-Ist-Abgleich und zu den wichtigen Meilensteinen enthalten sein. In den ab 2013 angebotenen Verträgen wurde die Berichtspflicht dahingehend konkretisiert, dass das Reporting einen Rückblick auf das zurückliegende Quartal und eine Vorschau auf das kommende Quartal enthalten musste. Weiterhin wurde der Berichtsgegenstand dahingehend erweitert, dass die Berichte nun die Bereiche Markt, Produkt, Finanzen, Wettbewerb, Marketing und Vertrieb sowie Forschung und Entwicklung abdecken mussten. Weiterhin war den Crowd­investoren eine Prognose zu den Finanzen (GuV,

119 So etwa § 5 Ziff. 4 des von Seedmatch angebotenen Vertrages über eine stille Beteiligung an dem Start-up Neuronation (August 2011).

426

§ 8 Inhalt und Entwicklung der Crowd­investing-Verträge

Cash-Flow mit Abweichungserläuterungen bzw. mit Wahrscheinlichkeitserläuterung zum Erfüllungsgrad der Prognosen bezogen auf das aktuelle Geschäftsjahr), Informationen zu wichtigen Meilensteinen, zu Änderungen der Kapitalverhältnisse und die aktuelle Beteiligungsquote der Investoren zur Verfügung zu stellen.120 Auch die in den Verträgen von Companisto gegen Ende des Jahres 2014 eingeführte Quartalsreporting-Pflicht wurde inhaltlich sukzessive erweitert. Zunächst musste der Quartalsreport eine Aufstellung zu Umsatz, Rohertrag und EBIT des finanzierten Unternehmens für das jeweils letzte abgelaufene Quartal in Zahlen enthalten.121 Ferner sollten Text-Ausführungen zur Liquiditätssituation des Startups und zu den Bereichen „strategische Ausrichtung & Produkt“, „Marketing & Vertrieb“, „Personal“ sowie „Presse“ enthalten sein (jeweils ohne Zahlen). In den ab Februar 2016 angebotenen Verträgen wurde die Berichtspflicht dahingehend ergänzt, dass das finanzierte Unternehmen auch die aktuelle Mitarbeiterzahl anzugeben hatte.122 Ab Mai 2016 mussten die Angaben zu Umsatz, Rohertrag und EBIT auch einen Soll-/Ist-Vergleich in Bezug auf die aktuelle Jahresfinanzplanung enthalten.123 Überdies mussten die Berichte „Ausführungen zu aktuellen Highlights, aktuellen Herausforderungen und nächsten Schritten“ des finanzierten Unternehmens enthalten. 3. Reportingfristen, Durchsetzung und Sanktionsmöglichkeiten Im Hinblick auf die Fälligkeit der vierteljährlichen Berichte fixierten die von Seedmatch angebotenen Verträge konkrete Reportingfristen.124 Die von Companisto angebotenen Verträge sahen lediglich vor, dass die Reports zu auf der Website veröffentlichten, im Übrigen nicht näher konkretisierten Terminen bereitgestellt werden mussten. Seedmatch nahm in den ab Juli 2015 angebotenen Verträgen ein außerordent­ liches Kündigungsrecht der Investoren für den Fall auf, dass das finanzierte Unternehmen seiner Berichtspflicht nicht fristgerecht nachkam.125 Die Verträge von

120 Vgl. etwa § 5 Ziff. 4 des von Seedmatch angebotenen Vertrages über eine stille Beteiligung an dem Start-up eTukTuk GmbH (Januar 2013). 121 Siehe etwa Ziff. 7.1 des von Companisto angebotenen Beteiligungsvertrages in Form eines partiarischen Nachrangdarlehens zur Finanzierung des Start-ups EN3 GmbH (Oktober 2014). 122 Siehe etwa Ziff. 7.1 des von Companisto angebotenen Beteiligungsvertrages in Form eines partiarischen Nachrangdarlehens zur Finanzierung des Start-ups POET Audio GmbH (Februar 2016). 123 Siehe etwa Ziff. 7.1 des von Companisto angebotenen Beteiligungsvertrages in Form eines partiarischen Nachrangdarlehens zur Finanzierung des Start-ups poqit.berlin UG (Mai 2016). 124 Vgl. etwa § 5 Nr. 4 des von Seedmatch angebotenen Investmentvertrages in Form eines partiarischen Nachrangdarlehens zur Finanzierung der rightmart Software GmbH (November 2016): „jeweils zum 30. Januar, 30. April, 30. Juli und 30. Oktober eines jeden Jahres“. 125 Siehe dazu bereits § 8 F. II. 2. und Fn. 369 oben.

H. Informations- und Kontrollrechte der Crowd­investoren  

427

Companisto sahen hingegen keine Sanktionsmöglichkeiten der Crowd­investoren vor, für den Fall dass auf der Website entweder bereits keine Termine für Quartalsreports bekannt gegeben wurden oder das finanzierte Start-up seiner ReportingPflicht trotz bekanntgegebener Fristen nicht nachkam.

II. Übermittlung des Jahresabschlusses Nach den Verträgen von Seedmatch hatte das finanzierte Unternehmen den Anlegern seinen handelsrechtlichen und steuerrechtlichen Jahresabschluss (Bilanz, Gewinn- und Verlustrechnung – soweit gesetzlich erforderlich – mit Anhang und Lagebericht) innerhalb der gesetzlich vorgesehenen Fristen zu übermitteln.126 Verzögerte sich die Fertigstellung des Jahresabschlusses, hatten die Anleger Anspruch auf Übermittlung eines vorläufigen Jahresabschlusses. Nach den von Companisto seit Juli 2014 angebotenen Verträgen musste das finanzierte Unternehmen den Anlegern jährlich bis zum 30. Juni den Jahresabschluss zur Verfügung stellen.127 Zuvor war der Abschluss den Anlegern nur auf Anfrage zu übermitteln. Der Jahresabschluss hatte den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung und Bilanzierung sowie den steuerrechtlichen Gewinnermittlungsvorschriften zu entsprechen. Die Übermittlung eines Lageberichts sowie die Prüfung des Abschlusses durch einen Wirtschaftsprüfer war über die gesetzlich erforderlichen Fälle hinaus128 regelmäßig nicht vorgeschrieben.129 Nach den seit Mai 2016 bis zum Ende des Beobachtungszeitraums von Companisto angebotenen Verträgen war den Anlegern ferner einmal jährlich bis zum 31. Januar eine aktualisierte Jahres-Finanzplanung auf Monatsbasis für das laufende Kalenderjahr mit mindestens Planzahlen zu Umsatz, Rohertrag und EBIT des finanzierten Unternehmens zu übermitteln. Abb. 80 gibt einen Überblick über die Entwicklung der Anzahl derjenigen Verträge, die die finanzierten Unternehmen zur Übermittlung eines Jahresabschlusses verpflichteten, und der Verträge, die keine solche Verpflichtung enthalten. Abb. 81 zeigt die Anzahl derjenigen Verträge, nach denen das finanzierte Unternehmen seinen Jahresabschluss nur auf Anfrage an die jeweiligen Investoren übermitteln muss, im Vergleich zu den Verträgen, nach denen die Übermittlung ohne separate Anfrage zu erfolgen hat.

126

Vgl. z. B. § 6 des von Seedmatch angebotenen Investmentvertrags in Form eines partiarischen Nachrangdarlehens zur Finanzierung der rightmart Software GmbH (November 2016). 127 Vgl. z. B. Ziff. 7.1. von Companisto angebotenen des Beteiligungsvertrages in Form eines partiarischen Nachrangdarlehens zur Finanzierung des Start-ups Cogia (Dezember 2016). 128 Vgl. dazu § 7, Fn. 58 oben. 129 Vgl. z. B. Ziff. 8 des von Companisto angebotenen Beteiligungsvertrages in Form eines partiarischen Nachrangdarlehens zur Finanzierung des Start-ups Cogia (Dezember 2016).

428

§ 8 Inhalt und Entwicklung der Crowd­investing-Verträge

100%

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Q3

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Q1

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Q1

Q2

2012

Q3

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Q2

2013

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Q1

Q2

2014

Übermi�lung des Jahresabschlusses

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Q4

Q1

Q2

2015

Q3

Q4

2016

Keine Übermi�lung des Jahresabschlusses

Abb. 80: Entwicklung der Pflicht zur Übermittlung des Jahresabschlusses (2011–2016, N = 326) 100% 3

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2 4

2

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1

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10

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6

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Q3

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18 11

11

Q1

Q2

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9

7

9

Q4

Q1

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7

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Q3

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2011

Q1

Q2

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2012

Q4

Q1

Q2

Q3

Q4

2013 Übermi�lung ohne separate Anfrage

2014

2015

2016

Übermi�lung auf Anfrage

Abb. 81: Entwicklung der Anzahl der Verträge, nach denen der Jahresabschluss nur auf Anfrage übermittelt werden muss (2011–2016, N = 267)

429

H. Informations- und Kontrollrechte der Crowd­investoren  

III. Weitere Informationsrechte 1. Gewinnmitteilung Von 264 untersuchten Verträgen, die den Crowd­investoren eine ungedeckelte Beteiligung am Unternehmensgewinn130 gewährten, sahen lediglich 204 (77 %) vor, dass die Anleger eine Mitteilung über den ihrer Investmentquote entsprechenden Gewinnanteil erhalten. 60 Verträge (23 %) regelten keine entsprechende Mitteilungspflicht. Abb. 82 zeigt die Entwicklung der Verträge mit und ohne Pflicht zur Gewinnmitteilung. Demnach etablierte sich die Pflicht zur Gewinnmitteilung zunehmend in den Crowdinvesting-Verträgen. 100% 6

90%

2

5

19

80% 4

24

70% 60% 50% 43

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38

33

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34

20% 10% 0%

2011

2012

2013 Gewinnmi�eilung

2014

2015

2016

Keine Gewinnmi�eilung

Abb. 82: Entwicklung der Verträge mit und ohne Gewinnmitteilungspflicht (2011–2016, N = 264)

Abb. 83 zeigt die Häufigkeit der Verträge mit und ohne Pflicht zur Gewinn­ mitteilung nach Plattformen. Es wird deutlich, dass sämtliche auf Companisto131 und Seedmatch132 angebotenen Verträge über den gesamten Beobachtungszeitraum 130

Vgl. dazu § 8 E. III. 1.  oben. Nach den Verträgen von Companisto musste der Emittent den Anlegern jährlich bis zum 30. Juni eine Mitteilung über auf den Darlehensbetrag des Anlegers entfallenden Gewinn übermitteln; vgl. z. B. Ziff. 7.1. des von Companisto angebotenen Beteiligungsvertrages in Form eines partiarischen Nachrangdarlehens zur Finanzierung des Start-ups Cogia (Dezember 2016). 132 Nach den Verträgen von Seedmatch erhält jeder Investor „für jedes Geschäftsjahr spätestens einen Monat nach Erstellung des jeweiligen Jahresabschlusses (§ 6) entweder eine Gewinnmitteilung und die zugrunde liegende Berechnung über die auf seinen Darlehensbetrag 131

430

§ 8 Inhalt und Entwicklung der Crowd­investing-Verträge

entsprechende Mitteilungspflichten enthielten. In den Verträgen auf den sonstigen Plattformen war eine Pflicht zur Information der Anleger über etwaige Gewinne zunächst nicht vorgesehen. Über den Beobachtungszeitraum setzte sich jedoch auch in diesen Verträgen die Informationspflicht nach und nach durch. 100% 2

90% 80%

6 5

70%

19

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9 5

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2 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2011 2012 2013 2014 2015 2016 Seedmatch

Companisto Gewinnmi�eilung

Sons�ge

Keine Gewinnmi�eilung

Abb. 83: Häufigkeit der Verträge mit und ohne Pflicht zur Gewinnmitteilung nach Plattformen (2011–2016, N = 264)

2. Mitteilung nach Verwässerung Im Rahmen von Folgefinanzierungen verwässerte die Beteiligungsquote der Crowd­investoren regelmäßig.133 Abb. 84 gibt einen Überblick über die Anzahl der Verträge, die eine spezielle Mitteilungspflicht im Falle einer Verwässerung der Beteiligungsquote normierten. Während eine solche Mitteilungspflicht zunächst nicht vorgesehen war, wurde diese über den Beobachtungszeitraum zunehmend in die Verträge aufgenommen. Abb. 85 zeigt die Entwicklung der Informationspflicht hinsichtlich Verwässerungen der Investmentquoten der Crowd­investoren mit Blick auf die Crowd­ investing-Plattformen. Es wird deutlich, dass in den entsprechenden Verträgen entfallenden Bonuszinsen […] oder im Falle des Ausbleibens von Bonuszinsen – eine dementsprechende Mitteilung und Berechnung, jeweils in detaillierter, nachvollziehbarer und elektronischer Form […].“; vgl. § 5 Ziff. 1 des von Seedmatch angebotenen Investmentvertrags in Form eines partiarischen Nachrangdarlehens zur Finanzierung der rightmart Software GmbH (November 2016). 133 Vgl. dazu § 8 D. II. oben.

431

H. Informations- und Kontrollrechte der Crowd­investoren   100% 90%

7

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2015

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2011

2012

2013

Mi�eilung nach Verwässerung

2014

Keine Mi�eilung nach Verwässerung

Abb. 84: Entwicklung der Verträge mit und ohne Pflicht des finanzierten Unternehmens zur Mitteilung einer Verwässerung der Investmentquote der Crowd­investoren (2011–2016, N = 228) 100%

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2012 2013 2014 2015 2016 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2011 2012 2013 2014 2015 2016 Seedmatch Companisto Sons�ge Mi�eilung nach Verwässerung

Keine Mi�eilung nach Verwässerung

Abb. 85: Entwicklung der Verträge mit und ohne Pflicht zur Mitteilung einer Verwässerung nach Plattformen (2011–2016, N = 228)

432

§ 8 Inhalt und Entwicklung der Crowd­investing-Verträge

von Seedmatch eine Pflicht zur Mitteilung von Verwässerungen der Investmentquote über den gesamten Beobachtungszeitraum vorgesehen war. Die Verträge von Companisto kannten eine solche Pflicht zunächst nicht, nahmen diese aber ab 2013 auf. In den Verträgen der übrigen Plattformen waren entsprechende Informationspflichten bis 2013 nicht enthalten. Ab 2014 waren zumindest in einem Teil der angebotenen Verträge der sonstigen Plattformen entsprechende Informationspflichten vorzufinden. 3. Ad-hoc-Mitteilungspflicht und generelle Informationspflicht Teilweise enthielten die angebotenen Crowd­investing-Verträge weitere Informationsrechte der Anleger. So war etwa nach den Verträgen von Seedmatch das finanzierte Unternehmen verpflichtet, Informationen, die für das Start-up und / oder das Innovationsvorhaben von wesentlicher Bedeutung sind, über den InvestorRelations-Kanal der Crowd­investing-Plattform bekanntzumachen.134 Die auf der Plattform Geldwerk1 angebotenen Verträge verpflichteten die finanzierten Unternehmen, über „Ereignisse von besonderer Bedeutung“ „Ad-hoc-Mitteilungen“ an die Investoren herauszugeben.135 Nach den von Innovestment zunächst angebotenen Verträgen waren die finanzierten Unternehmen verpflichtet, die stillen Gesellschafter unaufgefordert und unverzüglich zu informieren, wenn einer der diese zur außerordentlichen Kündigung berechtigenden Kündigungsgründe auftrat.136 Die ab Oktober 2015 angebotenen Verträge sahen deutlich weitergehende Informationspflichten gegenüber der zwischengeschalteten als Gesellschafterin an dem zu finanzierenden Unternehmen beteiligten Zweckgesellschaft vor.137 134

Vgl. etwa § 5 Ziff. 5 des Investmentvertrags in Form eines partiarischen Nachrang­ darlehens zur Finanzierung der rightmart Software GmbH auf Seedmatch (November 2016). 135 Vgl. etwa § 5 Nr. 4 des Beteiligungsvertrag in Form eines partiarischen Nachrangdarlehens zur Finanzierung der Dayzzi Deutschland GmbH auf Geldwerk1 (Oktober 2015). 136 Vgl. § 7 Nr. 3 des von Innovestment angebotenen Beteiligungsvertrag über eine atypische stille Beteiligung zur Finanzierung der sopen GmbH (Juli 2012). 137 Demnach waren sämtliche Tatsachen, die sich auf das Unternehmen beziehen und nicht öffentlich bekannt sind, unverzüglich mitzuteilen, wenn diese wesentliche Auswirkungen auf die Verzinsung oder Rückzahlung des Finanzierungsbetrages hatten oder sonst geeignet waren, die Fähigkeit zur Erfüllung der Verpflichtungen gegenüber den Anlegern zu beeinträchtigen. Die Informationspflicht bestand insbesondere auch bei sämtlichen „wichtigen neuen Umständen“ und „wesentlichen Unrichtigkeiten“ in Bezug auf die Angebotsunterlagen. Als mitteilungspflichtige Tatbestände wurden insbesondere genannt: Vorliegen eines Eröffnungsgrundes i. S. v. § 16 InsO; Wegfall eines für das Unternehmen wesentlichen Vertrages; Beendigung des Vertrages mit einer Schlüsselperson oder sonstigen Mitarbeitern, von denen das Unternehmen abhängig ist; Wegfall einer für den Betrieb des Unternehmens erforderlichen Erlaubnis; relevante Rechtsstreitigkeiten, Gerichts-, Verwaltungs- und Insolvenzverfahren; Eintritt sonstiger außergewöhnlicher Ereignisse. Vgl. dazu Ziff. 11.2 der von Innovestment angebotenen Beteiligungs- und Gesellschaftervereinbarung zwischen der Velibre GmbH, deren Gesellschaftern und der Zweckgesellschaft (Oktober 2015).

433

H. Informations- und Kontrollrechte der Crowd­investoren   100% 90% 20

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2011

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2013

2014

Informa�onspflicht

2015

2016

Keine Informa�onspflicht

Abb. 86: Entwicklung ausgewählter Informationspflichten (2011–2016, N = 326) 100% 90% 80%

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3 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2011 2012 2013 2014 2015 2016 Seedmatch

Companisto Informa�onspflicht

Sons�ge

Keine Informa�onspflicht

Abb. 87: Entwicklung ausgewählter Informationspflichten nach Plattform (2011–2016, N = 326)

434

§ 8 Inhalt und Entwicklung der Crowd­investing-Verträge

Abb. 86 gibt einen Überblick über die Entwicklung der Häufigkeit von Verträgen, die jedenfalls eines der vorgenannten besonderen Informationsrechte enthielten im Vergleich zu Verträgen, die keine vergleichbaren Rechte der Investoren begründeten. Abb. 87 zeigt die Verteilung der Verträge mit und ohne die vorgenannten Informationspflichten nach Plattform. 4. Physische und webbasierte Investorenversammlungen Nach zwei von Bergfürst angebotenen partiarischen Nachrangdarlehen, war das finanzierte Unternehmen verpflichtet, einmal jährlich eine (physische) Informationsveranstaltung für die Investoren abzuhalten, bei der diese im Rahmen einer Präsentation Informationen zur Gesellschaft, zur aktuellen Geschäftsentwicklung und ggf. zur weiteren Planung erhalten sollten.138 Investoren von über Innovestment finanzierten Unternehmen hatten nach den seit Ende 2014 angebotenen Verträgen das Recht, einmal jährlich an einer „webbasierten Investorenversammlung“ teilzunehmen.139 Dabei sollten die Investoren über „die Belange und die Entwicklung“ sowohl des finanzierten Unternehmens als auch der Zweckgesellschaft informiert werden. Mitspracherechte bestanden im Rahmen der genannten Investorenversammlungen hingegen nicht.

IV. Einsichts- und Kontrollrechte Die ersten stillen Beteiligungsverträge von Seedmatch enthielten weitgehende Kontrollrechte der Anleger. So gewährte der erste Seedmatch-Vertrag den Crowd­ investoren das Recht, die Richtigkeit des Jahresabschlusses unter Einsicht der Bücher und Papiere am Sitz des Start-ups zu prüfen.140 Zudem verwiesen die Verträge auf die den Anlegern zustehenden Informations- und Kontrollrechte nach § 716 BGB. Nach Beendigung der stillen Beteiligung bestanden die Rechte in dem zur Überprüfung des Auseinandersetzungsguthabens erforderlichen Umfang fort. Sie konnten ferner durch einen Rechtsanwalt, Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer wahrgenommen werden. Seedmatch schränkte diese Einsichtsrechte jedoch sukzessive ein, bis sie schließlich ganz aus den Verträgen verschwanden. Zunächst wurde die Ausübung der 138 Vgl. etwa § 4 lit. d) des von Bergfürst angebotenen Partiarischen Nachrangdarlehens zur Finanzierung der C. H.Wolf Holding GmbH (Juni 2015). 139 Vgl. hierzu z. B. § 13 des von Innovestment angebotenen Vertrags über die Gewährung eines partiarischen Nachrangdarlehens mit qualifiziertem Rangrücktritt mit der Special ­Purpose v06 UG (haftungsbeschränkt) zur Finanzierung der Polarmond AG (Juni 2016). 140 § 5 Nr. 1 des von Seedmatch angebotenen Vertrags über eine stille Beteiligung an der Synaptikon GmbH (Neuronation) (August 2011).

435

H. Informations- und Kontrollrechte der Crowd­investoren  

Kontrollrechte auf einen zur Berufsverschwiegenheit verpflichteten Dritten, der von Seedmatch zu bestimmen war und dessen Kosten die Anleger zu tragen hatten, beschränkt.141 Auch die ersten partiarischen Darlehensverträge enthielten zunächst dieses § 233 Abs. 1 HGB entsprechende Kontrollrecht zugunsten der Anleger. Vereinzelt wurde die Wahrnehmung des Rechts auf maximal einmal im Jahr beschränkt und musste für allen Investoren gemeinsam ausgeübt werden.142 Seit dem dritten Quartal 2014 bis zum Ende des Beobachtungszeitraums sahen die Verträge von Seedmatch keine entsprechenden Einsichtsrechte mehr vor.143 Anleger der über Companisto finanzierten Start-ups hatten von Anfang an keine entsprechenden Einsichtsrechte. Allerdings standen der Companisto Venture Capital 100% 1

90%

2

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3 Q3

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2013 Einsichtsrechte

Q1

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2014

2015

2016

Keine Einsichtsrechte

Abb. 88: Entwicklung der Verträge mit und ohne Einsichtsrechte der Investoren (2011–2016, N = 326)

141 Vgl. z. B. § 5 Nr. 1 des von Seedmatch angebotenen Beteiligungsvertrages in Form eines partiarischen Nachrangdarlehens zur Finanzierung der eTukTuk GmbH (Januar 2013): „Der Investor ist berechtigt, die […] Richtigkeit [des Jahresabschlusses] unter Einsicht der Bücher und Papiere am Sitz des Startup zu einem im angemessenen Voraus vereinbarten Termin durch einen zur Berufsverschwiegenheit verpflichteten Dritten, der durch Seedmatch zu bestimmen ist, prüfen zu lassen. Die Kosten hierfür trägt der Investor“. 142 Vgl. § 5 Nr. 1 des von Seedmatch angebotenen Beteiligungsvertrages in Form eines partiarischen Nachrangdarlehens zur Finanzierung der AoTerra GmbH (April 2013): „[…] Die Prüfung am Sitz des Startups erfolgt maximal einmal im Jahr und muss für alle Investoren gemeinsam erfolgen.“ 143 Erstmals keine Einsichtsrechte mehr enthält der von Seedmatch angebotenen Investmentvertrag in Form eines partiarischen Nachrangdarlehens zur Finanzierung der flowkey GmbH (Oktober 2014).

436

§ 8 Inhalt und Entwicklung der Crowd­investing-Verträge

GmbH bei den ersten mittelbaren Finanzierungen die nach § 51a GmbHG einem Gesellschafter zustehenden Informations- und Kontrollrechte zu.144 Zum Ende des Beobachtungszeitraums sahen weder die Verträge von Seedmatch oder Companisto noch Innovestment über die periodischen Informationsrechte145 hinausgehende Auskunfts-, Einsichts- oder Kontrollrechte vor. Abb. 88 zeigt die Entwicklung der Verträge mit und ohne Einsichtsrechte der Investoren. Abb. 89 zeigt die Entwicklung nach Plattformen. 100% 4

90%

9

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9

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2011 2012 2013 2014 2015 2016 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2011 2012 2013 2014 2015 2016 Seedmatch

Companisto Einsichtsrechte

Sons�ge

Keine Einsichtsrechte

Abb. 89: Entwicklung der Verträge mit und ohne Einsichtsrechte der Investoren nach Plattformen (2011–2016, N = 326)

I. Stimmenpooling I. Überblick 131 von 326 untersuchten Crowd­investing-Verträgen (rund 40 %) sahen Regelungen zu einem Stimmenpooling der Crowd­investoren vor. Demnach unterwarfen sich die Investoren einem Mechanismus, der Mehrheitsentscheidungen der Crowd­ investoren im Hinblick auf bestimmte Entscheidungen ermöglichte. Als Entscheidungsgegenstand wurden insbesondere folgende Kategorien vereinbart: (1.) Mehr 144 Vgl. z. B. Ziff. 14 des von Companisto angebotenen Vertrags über eine atypische stille Gesellschaft mit der Companisto Holding GmbH (Juni 2012). 145 Siehe § 8 H. I. oben.

437

I. Stimmenpooling  

heitsentscheidungen im Hinblick auf die Wahrnehmung von Zustimmungsrechten (28 Verträge, 21 %), (2.) Mehrheitsentscheidungen im Hinblick auf Verkaufsangebote im Exit-Fall (103 Verträge, 79 %) und (3.) Mehrheitsentscheidungen bezüglich Änderungen der jeweiligen Beteiligungsverträge (86 Verträge, 66 %). Abb. 90 zeigt die Entwicklung der Verträge im Hinblick auf Pooling-Mechanismen zur Ermöglichung von Mehrheitsentscheidungen der Crowd­investoren. 100% 90% 3

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Q3

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2011

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2012

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2013 S�mmenpooling

6

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Q2

Q3

2014

Q4

7

9 4

6 5

Q1

Q2

Q3

Q4

Q1

2015

Q2

Q3

Q4

2016

Kein S�mmenpooling

Abb. 90: Entwicklung der Verträge mit Stimmenpooling der Crowd­investoren (2011–2016, N = 326)

II. Mehrheitsentscheidungen über die Ausübung vertraglicher Mitwirkungsrechte Die ersten auf Seedmatch angebotenen Verträge, sahen Mehrheitsentscheidungen zur Ausübung der dort vorgesehenen Zustimmungsrechte der Investoren146 vor. So galt die Zustimmung zu den zustimmungspflichtigen Maßnahmen als erteilt, wenn die Mehrheit sämtlicher stiller Gesellschafter des Start-ups zugestimmt hatte, wobei für die Berechnung der Mehrheit die Höhe der Einlagen maßgeblich war. Vertragsänderungen oder Mitentscheidungen bei Ablöseangeboten waren hingegen nicht durch Mehrheitsentscheidungen möglich.

146

Vgl. § 8 G. II. oben.

438

§ 8 Inhalt und Entwicklung der Crowd­investing-Verträge

III. Mehrheitsentscheidungen über Exit-Entscheidungen Die Verträge von Companisto sahen bereits zu Beginn des Beobachtungszeitraums die Möglichkeit eines sog. Community Exits vor, also für alle Investoren bindende Mehrheitsentscheidungen bei Exit-Angeboten. Im Falle eines Exitangebots konnten die Mehrheit der Crowd­investoren mit drei Vierteln der abgegebenen Stimmen über die Beendigung oder Veräußerung ihrer Unterbeteiligung an der stillen Gesellschaft gegen Zahlung einer bestimmten Ablösesumme mit für alle Anleger bindender Wirkung entscheiden. Dieser Mehrheitsentscheidungsmechanismus galt auch bei Angeboten zur Umwandlung der Unterbeteiligungen in Geschäftsanteile an dem finanzierten Start-up. Ab Einführung des partiarischen Nachrangdarlehens als Beteiligungsform auf Companisto mussten Crowd­investoren, die im Beobachtungszeitraum über Companisto in Start-ups investieren wollten, zeitgleich mit Abschluss des „Beteiligungsvertrages“ auch eine sog. Pooling- und Carry-Vereinbarung mit der Companisto Beteiligungs GmbH & Co. KG abschließen. In dieser Vereinbarung unterwarfen sich die Investoren einem gemeinsamen Abstimmungsverfahren hinsichtlich Ablöseangeboten für den Erwerb oder die Ablösung des partiarischen Nachrangdarlehens durch Dritte. Die Abstimmungen wurden über die Internetseite von Companisto durchgeführt. Ein Investment in Höhe von 5 Euro gewährte dabei eine Stimme, wobei das Stimmrecht eines Crowdinvestors nur einheitlich ausgeübt werden konnte. Eine Entscheidung musste mit einer Mehrheit von 75 % der abgegebenen Stimmen erfolgen, während eine Mindestbeteiligung nicht erforderlich war. Ein Abstimmungsverfahren war den Investoren mindestens drei Tage vorher anzukündigen, die Abstimmungsdauer betrug mindestens sieben Tage. Im vierten Quartal 2014 hatten Anleger auf Companisto erstmals die Möglichkeit, über einen Exit abzustimmen. Die Lake of Constance Ventures GmbH bot an, die Unterbeteiligungen an Companisto gegen eine Rendite von 100 % in zwei Jahren abzulösen.147 68,1 % der an der Abstimmung teilnehmenden Investoren stimmten jedoch gegen eine Annahme des Ablöseangebots; die Beteiligungsquote lag bei 77 %.148

IV. Mehrheitsentscheidungen über Änderungen des Beteiligungsvertrages Nach den seit Ende 2012 bis zum Ende des Beobachtungszeitraums von Companisto angebotenen Verträgen unterwarfen sich Crowd­investoren ferner einem Mehrheitsentscheidungsmechanismus hinsichtlich Änderungen ihres Beteiligungs 147

Vgl. dazu Hornuf / Schmitt, CESifo DICE Report 2/2016, 16, 21. Siehe Mitteilung von Companisto vom 17. Dezember 2014, https://www.companisto.com/ de/article/article-782 (19. 06. 2016). 148

J. Übertragbarkeit der Crowdinvesting-Verträge  

439

vertrages.149 Demnach konnte eine Mehrheit der Crowd­investoren mit drei Viertel aller abgegebenen Stimmen über die Änderung der Vertragsbedingungen der Unterbeteiligung bzw. des partiarischen Nachrangdarlehens mit für alle Anleger bindender Wirkung entscheiden. Lediglich die Vereinbarung einer Nachschusspflicht der Investoren war im Wege dieses Verfahrens ausgeschlossen.

J. Übertragbarkeit der Crowdinvesting-Verträge Nahezu sämtliche im Beobachtungszeitraum angebotenen Verträge enthalten Regelungen im Hinblick auf die Übertragbarkeit des Crowdinvesting-Vertrages an Dritte (siehe Abb. 91). 56 % der Verträge sahen eine Anzeigepflicht gegenüber dem finanzierten Unternehmen und / oder der die Finanzierung vermittelnden Plattform nach erfolgter Abtretung vor. In 48 % der angebotenen Verträge war eine Teil­ übertragung ausgeschlossen, d. h. das Investment konnte nur insgesamt und nicht in Teilbeträgen an Dritte übertragen werden. In 13 Fällen wurde hingegen explizit festgelegt, dass eine Übertragung des Investments in Einheiten zu 100 Euro zulässig ist. 45 % der Verträge untersagten eine Abtretung der Crowd­investing-Verträge an Wettbewerber des finanzierten Unternehmens. Nach 10 % der Verträge war eine Abtretung erst nach Ablauf einer Haltefrist von zwischen sechs und zwölf Monaten zulässig. In 42 % der Fälle war eine Übertragung nur nach vorheriger Zustimmung des finanzierten Unternehmens zulässig, wobei die Zustimmung in der Regel nur aus wichtigem Grund versagt werden durfte. In einem Vertrag wurde die Anzahl der maximal zulässigen Abtretungen auf drei begrenzt. 38 % der Verträge trafen Vorkehrungen für den Fall, dass die Crowd­investing-Plattform einen eigenen Zweitmarkt anbietet: Nach diesen Verträgen durfte eine Abtretung ausschließlich über eine von der Crowd­investing-Plattform zur Verfügung gestellte Handelsplattform erfolgen, sobald und soweit eine solche angeboten wurde. Eine solche Plattform bot allerdings nur Bergfürst an. Nach 13 Verträgen war schließlich jede vollständige oder teilweise Abtretung der Finanzierung vertraglich ausgeschlossen.150 Abb. 92 zeigt die Entwicklung des Anteils der im jeweiligen Zeitraum angebotenen Verträge, die Übertragungsbeschränkungen enthielten. Es wird deutlich, dass zu Beginn des Beobachtungszeitraums die Mehrheit der angebotenen Verträge Zustimmungsvorbehalte vorsahen. Der Anteil von Zustimmungsvorbehalten in den angebotenen Verträgen nahm über den Beobachtungszeitraum jedoch deutlich ab. Im Gegensatz hierzu sahen zu Beginn des Beobachtungszeitraums zunächst kei 149

Im dritten Quartal 2012 wurden dazu die Regelungen zum Community Exit (siehe § 8 I. III. oben) dahingehend ergänzt, dass das Stimmenpooling auch auf Änderungen des Vertrages über die stille Beteiligung der Crowdinvestoren Anwendung findet. Mit Nutzung des partiarischen Darlehens als Rechtsform wurde eine entsprechende Regelung in die Pooling- und Carry-Vereinbarung aufgenommen. 150 Hierbei handelt es sich um die auf der Plattform Fundsters angebotenen stillen Beteiligungen. Zulässig war lediglich eine Abtretung an gesetzliche Erben und Ehegatten – gegen eine Bearbeitungsgebühr von 20 Euro.

440

§ 8 Inhalt und Entwicklung der Crowd­investing-Verträge

200 184 180 156

160

148 136

140

123

120 100 80 60 40

31

20 0

13 1 Anzeigepflicht

Teilübertragung ausgeschlossen

Übertragung an We�bewerber unzulässig

Haltefrist

Zus�mmungsvorbehalt

Anzahl der zulässigen Abtretungen beschränkt

Beschränkung auf bes�mmte Handelspla�orm (soweit angeboten)

Übertragung ausgeschlossen

Abb. 91: Beschränkungen der Übertragbarkeit der Crowd­investing-Beteiligungen (2011–2016, N = 326)

ner der angebotenen Verträge eine Mitteilungspflicht im Falle einer Übertragung, einen expliziten Ausschluss von Teilübertragungen und / oder ein Verbot, die Beteiligung an Wettbewerber des finanzierten Unternehmens abzutreten, vor. Die Häufigkeit dieser Einschränkungen nahm über den Beobachtungszeitraum hin deutlich zu. Im Jahr 2016 enthielten rund 80 % der angebotenen Verträge alle drei dieser Merkmale. Ferner enthielten ab 2013 knapp die Hälfte aller angebotenen Verträge einen Vorbehalt für Übertragung auf der jeweiligen Handelsplattform des entsprechenden Crowd­investing-Portals, sofern eine solche Handelsplattform angeboten wird. Nach den zum Ende des Untersuchungszeitraums angebotenen Verträgen von Companisto konnten die Rechte aus dem partiarischen Darlehen nur im Ganzen abgetreten werden, eine teilweise Abtretung der Ansprüche war hingegen ausgeschlossen (vgl. § 399 Alt. 2 BGB).151 Weiterhin verpflichteten sich die Anleger in der Pooling- und Carry-Vereinbarung bei einer Übertragung des partiarischen Darlehens ihren Rechtsnachfolgern auch die Pflichten aus der Pooling- und Carry 151

Vgl. z. B. Ziff. 17 des von Companisto angebotenen Beteiligungsvertrags in Form eines partiarischen Nachrangdarlehens zur Finanzierung der Free-Linked GmbH (Dezember 2016). Die Abtretung musste sowohl Companisto als auch dem Start-up mitgeteilt werden. Eine Abtretung war allerdings erst nach Abschluss der Crowdinvesting-Kampagne zulässig („Haltefrist“). Sie durfte zudem nur an Personen erfolgen, die sich nicht in einem „offensichtlichen Wettbewerbsverhältnis“ zu dem Start-up befinden. Schließlich war ab dem Zeitpunkt, ab dem Companisto selbst eine Handelsplattform, auf der partiarische Darlehen gehandelt werden können, anbietet, eine Übertragung nur noch auf dieser Plattform zulässig.

441

K. Nebenpflichten der Crowd­investoren   100%

80%

60%

40%

20%

0%

2011

2012

Mi�eilungspflicht Zus�mmungsvorbehalt

2013

2014

Teilübertragung ausgeschlossen Beschränkung auf Handelspla�orm

2015

2016

Übertragung an We�bewerber unzulässig

Abb. 92: Entwicklung der Übertragungsbeschränkungen (2011–2016, N = 326)

Vereinbarung aufzuerlegen.152 Auch die Verträge von Seedmatch erlaubten eine Übertragung des partiarischen Darlehens.153 Die zuletzt von Innovestment angebotenen Verträge knüpften die Übertragbarkeit der Ansprüche aus dem partiarischen Darlehen – nach einer Haltefrist von zwölf Monaten – (für beide Parteien) an die Zustimmung der Gegenpartei.154

K. Nebenpflichten der Crowd­investoren Als Nebenpflichten statuieren die Crowd­investing-Verträge häufig Wettbewerbsverbote und Geheimhaltungsverpflichtungen für die Crowd­investoren. 152

Vgl. z. B. Ziff. 7.3. der im Rahmen der Finanzierung der Free-Linked GmbH über Companisto vorgesehenen Pooling- und Carry-Vereinbarung (Dezember 2016). 153 Vgl. z. B. § 15 des von Seedmatch angebotenen Investmentvertrags in Form eines partiarischen Nachrangdarlehens zur Finanzierung der rightmart Software GmbH (November 2016). Auch bei Seedmatch bestand eine Mitteilungspflicht gegenüber dem Start-up. Ferner war eine Übertragung nur auf Personen zulässig, die sich nicht in einem „offensichtlichen Wettbewerbsverhältnis“ zu dem Start-up befinden. 154 Vgl. z. B. Ziff. 12.1. des von Innovestment angebotenen Vertrags über die Gewährung eines partiarischen Nachrangdarlehens mit qualifiziertem Rangrücktritt mit der Special Purpose v06 UG (haftungsbeschränkt) zur Finanzierung der Polarmond AG (Juni 2016). Voraussetzung war insbesondere, dass der Erwerber nicht in mittelbarem oder unmittelbarem Wettbewerb zu dem (mittelbar) finanzierten Start-up steht. Zu dem außerordentlichen Kündigungsrecht bei Verstoß gegen diesen Zustimmungsvorbehalt vgl. § 8 F. II. 2. oben.

442

§ 8 Inhalt und Entwicklung der Crowd­investing-Verträge

I. Wettbewerbsverbote der Crowd­investoren Rund 60 % der untersuchten Crowd­investing-Verträge enthielten Wettbewerbsverbote für die Crowd­investoren. So mussten Crowd­investoren sowohl nach den seit Januar 2013 auf Seedmatch als auch nach den seit Februar 2013 von Companisto angebotenen Verträgen erklären, dass sie sich nicht in einem offensichtlichen Wettbewerbsverhältnis zu dem finanzierten Start-up befinden.155 Als offensichtliches Wettbewerbsverhältnis wurde dabei jede mittelbare oder unmittelbare Beteiligung an einem im Wettbewerb stehenden Unternehmen sowie die Ausübung einer aktiven Rolle in diesem verstanden. Die von Companisto angebotenen Verträge stellten seit Oktober 2014 klar, dass das Halten von über die Börse gehandelten Aktien von Wettbewerbern bis zu einer Beteiligungsquote von 5 % unschädlich sei. Bei Verstoß eines Crowdinvestors gegen das vertragliche Wettbewerbsverbot stand dem finanzierten Unternehmen sowohl nach den Verträgen von Seedmatch als auch von Companisto ein außerordentliches Kündigungsrecht zu.156 Weiterhin war in zahlreichen Verträgen eine Übertragung des Vertrages an Personen, die in einem Wettbewerbsverhältnis zu dem finanzierten Unternehmen stehen, ausgeschlossen.157 100% 90% 25

9

15

80% 4 70%

34 42

60% 50% 40% 58

38

43

30% 4 20%

32 22

10% 0%

2011

2012

2013 We�bewerbsverbot

2014

2015

2016

Kein We�bewerbsverbot

Abb. 93: Entwicklung der Verträge mit Wettbewerbsverboten für Crowd­investoren (2011–2016, N = 326) 155

Vgl. etwa Ziff. 3.5 des von Companisto angebotenen Beteiligungsvertrages in Form eines partiarischen Nachrangdarlehens zur Finanzierung des Start-ups Cogia (Dezember 2016) sowie § 1 Nr. 6 des von Seedmatch angebotenen Investmentvertrages zur Finanzierung der rightmart Software GmbH (Dezember 2016). 156 Siehe § 8 F. II. 2.  oben. 157 Siehe § 8 J. oben.

L. Pflichten des Unternehmens, der Unternehmensgründer und der Gesellschafter   443

Abb. 93 zeigt die Entwicklung der Häufigkeit von Verträgen, die ein Wettbewerbsverbot für Crowd­investoren statuieren. Es wird deutlich, dass die Häufigkeit von Wettbewerbsverboten für Anleger über den Beobachtungszeitraum deutlich zunahm.

II. Geheimhaltungsverpflichtung 81 % der untersuchten Verträge sahen eine Geheimhaltungspflicht der Crowd­ investoren im Hinblick auf vertrauliche Informationen vor, die diesen im Zusammenhang mit ihrem Investment zugänglich gemacht wurden. Abb. 94 zeigt die Entwicklung der Häufigkeit von Verträgen, die eine entsprechende Regelung zur Vertraulichkeit enthielten. 100% 10

90%

8

15

7 21

80% 70% 60% 50%

8 73

40%

50

49

40 45

30% 20% 10% 0%

2011

2012

2013

Geheimhaltungsverpflichtung

2014

2015

2016

Keine Geheimhaltungsverpflichtung

Abb. 94: Entwicklung der Verträge mit Geheimhaltungsverpflichtungen für Crowd­investoren (2011–2016, N = 326)

L. Pflichten des finanzierten Unternehmens, der Unternehmensgründer und der Gesellschafter In einigen der angebotenen Verträge gingen das finanzierte Unternehmen oder dessen Gründer und Gesellschafter weitere Pflichten gegenüber den Crowdinvestoren ein, sei es im Hinblick auf die Verwendung der eingeworbenen Finanzierung, die Unternehmensführung oder im Hinblick auf das Verhalten der Gründer.

444

§ 8 Inhalt und Entwicklung der Crowd­investing-Verträge

I. Zweckbindung der Finanzierung 144 der untersuchten Verträge (44 %) enthielten eine ausdrückliche Zweck­ bestimmung im Hinblick auf die Verwendung des von den Crowd­investoren bereitgestellten Kapitals. So regelten die von Seedmatch angebotenen Verträge etwa, dass der Finanzierungsbetrag der Crowd­investoren ausschließlich zur „Verwirklichung des Innovationsvorhabens, so wie auf der Internetplattform beschrieben“ sowie für mit der Crowd­investing-Kampagne in Zusammenhang stehende Kosten verwendet werden darf.158 Abb. 95 zeigt die Entwicklung der Verträge mit und ohne ausdrücklich formulierte Zweckbestimmung. 100% 90% 20 80%

22

70%

50 45

37

60% 50%

8

40% 46 30%

25

20%

33 19

21

10% 0%

2011

2012

2013

Keine ausdrückliche Zweckbes�mmung

2014

2015

2016

Ausdrückliche Zweckbes�mmung

Abb. 95: Entwicklung der Verträge mit und ohne ausdrückliche Zweckbestimmung (2011–2016, N = 326)

158

Vgl. z. B. § 2 Nr. 2 des Investmentvertrags in Form eines partiarischen Nachrangdarlehens zur Finanzierung der rightmart Software GmbH (November 2016): „Der Darlehensbetrag ist durch das Startup ausschließlich für folgende Zwecke zu verwenden: a) Verwirklichung des Innovationsvorhabens, so wie auf der Internetplattform beschrieben; b) Begleichung der an Seedmatch für die Vermittlung des Darlehensbetrags zu entrichtenden Vergütung in Höhe von 5 bis 10 % in Abhängigkeit der tatsächlich erreichten Fundingsumme und sonstiger mit dem Crowdfunding in Zusammenhang stehender Kosten; c) Begleichung der an Secupay für die Abwicklung der nach diesem Vertrag zu leistenden Zahlungen zu entrichtenden Vergütung in Höhe von 1,25 % des eingesammelten Kapitals bis 100.000 Euro, in Höhe von 0,40 % des eingesammelten Kapitals über 100.000 Euro bis 500.000 Euro und in Höhe von 0,30 % des eingesammelten Kapitals über 500.000 Euro.“

L. Pflichten des Unternehmens, der Unternehmensgründer und der Gesellschafter   445

Abb. 96 gibt einen Überblick über die Entwicklung von vertraglich geregelten Sanktionsmöglichkeiten der Crowd­investoren, wie etwa außerordentlichen Kündigungsrechten, für den Fall einer zweckwidrigen Verwendung des überlassenen Kapitals. Sämtliche untersuchten Verträge, die auf der Plattform Seedmatch angeboten wurden, räumten den Crowd­investoren etwa ein außerordentliches Kündigungsrecht ein, wenn der Darlehensbetrag in wesentlichem Umfang nicht seinem Zweck entsprechend verwendet worden ist.159 Rund 15 % der angebotenen Verträge, die zwar eine ausdrückliche Zweckbestimmung für das bereitgestellte Kapital enthielten, sahen hingegen keine Sanktionsmöglichkeit der Crowd­investoren vor. 100% 90% 80% 70% 60% 50%

8

42

30

8

7

15

16

5

6

2015

2016

45

40% 30% 20% 10% 0%

2011

2012

2013 Nicht sank�oniert

2014 Sank�oniert

Abb. 96: Entwicklung der Verträge mit Sanktionsmöglichkeiten der Crowd­investoren bei zweckwidriger Verwendung des überlassenen Kapitals (2011–2016, N = 182)

II. Geschäftsführervergütung 178 der untersuchten Verträge (55 %) enthielten Regelungen, mit denen auf die Vergütung der Geschäftsführer des finanzierten Unternehmens Einfluss genommen werden sollte. Abb. 97 zeigt die Entwicklung der Anzahl der Verträge, die entsprechende Regelungen enthielten. Während zu Beginn des Untersuchungszeitraums ein großer Anteil der angebotenen Verträge solche Regelungen enthielt, nahm die Anzahl entsprechender Verträge zum Ende des Untersuchungszeitraums hin deutlich ab. 159

Siehe § 8 F. II. 2.  oben.

446

§ 8 Inhalt und Entwicklung der Crowd­investing-Verträge

100% 90% 19

12

47

35

2015

2016

80% 70%

51

60%

36

52

50%

8

40% 30% 20%

32

10%

22

12

0%

2011

2012

2013

Keine Regelungen zur GF-Vergütung

2014

Regelungen zur GF-Vergütung

Abb. 97: Entwicklung der Verträge mit Regelungen zur Vergütung der Geschäftsführer (2011–2016, N = 326)

Nach den anfangs auf Seedmatch angebotenen Verträgen über stille Beteiligun­ gen bedurfte zunächst jede Änderung der Geschäftsführeranstellungsverträge der Zustimmung der Crowd­investoren.160 Später waren Änderungen der Geschäftsführeranstellungsverträge nur noch zustimmungspflichtig, sofern die Vergütung der gesamten Geschäftsführung insgesamt 150.000  Euro jährlich übersteigen sollte.161 Mit dem Wechsel zu partiarischen Nachrangdarlehen und der Abschaffung von Zustimmungserfordernissen entfiel diese Regelung im November 2012. Daneben waren jedoch nach allen von Seedmatch angebotenen Verträgen bei der für die Gewinnbeteiligung erforderlichen Berechnung des Unternehmensgewinns Geschäftsführervergütungen, die eine gewisse Schwelle überschritten, herauszurechnen.162 Nach den von Companisto anfangs angebotenen stillen Beteiligungen bedurfte die Vereinbarung von Geschäftsführervergütungen, die einen Betrag von 100.000 Euro überstiegen, der Zustimmung der stillen Beteiligten. Seit Anfang 160

So etwa nach § 4 Nr. 2 lit. h) des von Seedmatch angebotenen Vertrages über eine stille Beteiligung zur Finanzierung des Start-ups Neuronation (August 2011). 161 So etwa nach § 4 Nr. 2 lit. h) des von Seedmatch angebotenen Vertrages über eine stille Beteiligung zur Finanzierung der rankseller International UG (haftungsbeschränkt) (Juli 2012). 162 Zunächst lag die Schwelle bei einer Jahresvergütung der gesamten Geschäftsführung von insgesamt 200.000 Euro. Zwischenzeitlich wurde die Schwelle auf 300.000 Euro angehoben, später aber wieder auf 200.000 Euro abgesenkt. Ab September 2013 galt eine Schwelle von 100.000 Euro pro Geschäftsführer.

L. Pflichten des Unternehmens, der Unternehmensgründer und der Gesellschafter   447

2013 enthielten die Verträge von Companisto keine Regelungen zu Geschäftsführervergütungen mehr. Nach den Verträgen von Innovestment durfte das Gehalt aller Geschäftsführer in den drei auf die Finanzierung folgenden Geschäftsjahren den im Geschäftsplan definierten Gehaltsplan nicht übersteigen.163 Zusätzlich waren 25 % für variable Vergütungen zulässig. Bei Verstoß gegen die Regelung hatten die stillen Gesellschafter ein außerordentliches Kündigungsrecht, sofern sie der Abweichung nicht vorab zugestimmt hatten. Abb. 98 zeigt die Entwicklung der Verträge, die Regelungen zur Geschäftsführervergütung beinhalten, nach Portalen. 100%

1

2

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8

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12

2011 2012 2013 2014 2015 2016 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2011 2012 2013 2014 2015 2016 Seedmatch

Companisto Keine Regelungen zur GF-Vergütung

Sons�ge Regelungen zur GF-Vergütung

Abb. 98: Entwicklung der Verträge mit Regelungen zur Vergütung der Geschäftsführer nach Plattformen (2011–2016, N = 324)

III. Nebentätigkeitsbeschränkungen für Geschäftsführer des finanzierten Unternehmens Lediglich 45 von Innovestment bis Februar 2014 angebotene Vertragswerke (14 %) enthielten Regelungen zu etwaigen Nebentätigkeiten der Geschäftsführer der finanzierten Unternehmen. Demnach durften die Geschäftsführer keinen be 163 Vgl. etwa § 8 Ziff. 4 des von Innovestment angebotenen Beteiligungsvertrages über eine atypische stille Beteiligung zur Finanzierung der Lirdy UG (haftungsbeschränkt) (Februar 2014).

448

§ 8 Inhalt und Entwicklung der Crowd­investing-Verträge

zahlten Nebentätigkeiten mit einem Zeit­aufwand von mehr als acht bzw. zehn Stunden pro Woche nachgehen.164 Die Unternehmen hatten die Möglichkeit, Genehmigungen der stillen Gesellschafter einzuholen. Für den Fall eines Verstoßes gegen die Verpflichtung stand den stillen Gesellschaftern ein außerordentliches Kündigungsrecht zu. In den Verträgen anderer Plattformen sind vergleichbare Regelungen nicht vorzufinden.

IV. Wettbewerbsverbote Lediglich 19 der untersuchten Verträge (6 %) enthielten Regelungen, nach denen das finanzierte Unternehmen sicherzustellen hatte, dass seine Geschäftsführer, Gesellschafter oder Gründer während und / oder für einen gewissen Zeitraum nach der Laufzeit der Crowdfinanzierung nicht in Konkurrenz zu dem finanzierten Unternehmen tätig werden (siehe Abb. 99).165 100% 90% 80% 70% 60% 50%

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2013

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2011

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We�bewerbsklausel

3

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2016

Keine We�bewerbsklausel

Abb. 99: Entwicklung der Verträge mit Wettbewerbsbeschränkungen für Gründer, Gesellschafter oder Geschäftsführer der finanzierten Unternehmen (2011–2016, N = 326)

164

Vgl. etwa § 8 Ziff. 4 des Beteiligungsvertrages über eine atypische stille Beteiligung zur Finanzierung der Lirdy UG (haftungsbeschränkt) auf Innovestment (Februar 2014). 165 Einige der von Innovestment und Fundsters angebotenen Verträge sahen entsprechende Wettbewerbsbeschränkungen vor.

449

M. Zusicherungen und Garantien   

M. Zusicherungen und Garantien  In rund 10 % der untersuchten Vertragsdokumentationen waren Zusicherungen oder Garantien enthalten, die die Gründer oder das finanzierte Unternehmen im Hinblick auf die im Vorfeld der Finanzierung bereitgestellten Informationen abgaben. Abb. 100 zeigt die Entwicklung der Verträge mit entsprechenden Zusicherungen oder Garantien. 100% 8

6

90%

10 12

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2011

2012

2013

Keine Zusicherungen und Garan�en

2014

2015

2016

Zusicherungen und Garan�en

Abb. 100: Entwicklung der Verträge mit Zusicherungen oder Garantien der Gründer gegenüber den Crowd­investoren (2011–2016, N = 326)

Seit Juli 2015 gaben die über Seedmatch finanzierten Unternehmen eine sog. „Selbsterklärung“ gegenüber den Crowd­investoren ab.166 In dieser Erklärung bestätigte das Unternehmen, dass alle Zahlen und Angaben in dem im Vorfeld veröffentlichten Businessplan wahrheitsgemäß und nach bestem Wissen und Gewissen angegeben wurden. Weiterhin wurde bestätigt, dass das Start-up weder an Gerichts-, behördlichen oder schiedsgerichtlichen Verfahren beteiligt ist oder solche nach Kenntnis der Gründer angedroht sind, soweit dies nicht offengelegt wurde. Das Start-up bestätigt ferner, dass das Unternehmen Inhaber aller für den Geschäftsbetrieb notwendigen Schutzrechte, Lizenzen, Marken und Domains ist. Weiterhin wurde bestätigt, dass es keine nicht im Businessplan offengelegten Vereinbarungen und Rechtsverhältnisse zwischen dem zu finanzierenden Unternehmen 166 Die auf Innovestment und Fundsters verwendeten Vertragsdokumentationen sahen teils umfangreiche Garantiekataloge in der Gesellschaftervereinbarung zwischen dem zu finanzierenden Unternehmen, den Altgesellschaftern und der Zweckgesellschaft vor.

450

§ 8 Inhalt und Entwicklung der Crowd­investing-Verträge

und bereits beteiligten Beteiligungsgesellschaften gibt.167 Außerdem bestätigt das Unternehmen, dass es die potenziellen Anleger in dem Businessplan nach bestem Wissen und Gewissen über diejenigen Tatsachen aufklärt, die eine Investitionsentscheidung beeinflussen könnten, insbesondere wesentliche Risiken bzgl. der Tragfähigkeit des Geschäftsmodells, des Markt- und Wettbewerbsumfelds, des Gesamtkapitalbedarfs und ggf. rechtlicher oder regulatorischer Anforderungen sowie Schutzrechten.

N. Nachrangklausel Ein weiteres zentrales Element sämtlicher Crowd­investing-Verträge ist schließlich die qualifizierte Nachrangklausel.168 Mit der Nachrangklausel sollen sämtliche Ansprüche der Crowd­investoren „solange und soweit ausgeschlossen werden, wie sie einen Grund für die Eröffnung des Insolvenzverfahrens des Start-ups herbeiführen würden.“ Außerdem sollen die Crowd­investoren im Falle „einer Insolvenz oder einer Liquidation des Start-ups […] erst nach allen anderen Fremdgläubigern aus der Insolvenzmasse oder Liquidationsmasse bedient“ werden.169

O. Zusammenfassung 1. Die Rechte und Pflichten der Crowd­investoren und des finanzierten Unternehmens werden maßgeblich durch die Crowd­investing-Verträge bestimmt. Diese wurden durch die Crowd­investing-Plattformen entwickelt und werden als Standardvertrag für die jeweiligen Finanzierungen verwendet. Seit den ersten Crowd­ 167

Wie insbesondere Ergebnisabführungsverträge, Stimmrechtsbindungen, Treuhandverträge, stille Gesellschaften, Unterbeteiligungen, Vereinbarungen zu Rückkauf und Einziehung von Gesellschaftsanteilen, Gesellschafterdarlehen, Anteilsverpfändungen und ähnliche die Rechte der Gesellschafter berührende Vereinbarungen. 168 Zu den Anforderungen für eine wirksame Vereinbarung eines Rangrücktritts in Allgemeinen Geschäftsbedingungen mit Verbrauchern siehe etwa Prosteder / Dachner, in: Fridgen / Geiwitz / Göpfert (Hrsg.), BeckOK InsO, 29. Edition, Stand 15. 10. 2022, § 39 InsO, Rn. 118 ff. m. w. N. sowie BGH, Urteil vom 12. 12. 2019 (IX ZR 77/19), WM 2020, 311. Siehe dazu ausführlich § 5, Fn. 236. 169 So etwa die Beschreibung in einem Vertrag von Companisto, vgl. Ziff. 2.11 des Beteiligungsvertrages in Form eines partiarischen Nachrangdarlehens zur Finanzierung des Start-ups Cogia (Dezember 2016). Mit dieser Beschreibung ist die doppelte Funktion der qualifizierten Nachrangklausel angesprochen. Als Verteilungsregel regelt der Rangrücktritt die nachrangige Befriedigung der Forderungen der Crowdinvestoren im Insolvenzverfahren im Rang nach den vorrangigen Gläubigern (vgl. §§ 39 Abs. 2, 38 InsO). Daneben soll die Regelung als vorinsolvenzliche Durchsetzungssperre verhindern, dass die Forderungen der Crowdinvestoren im Überschuldungsstatus berücksichtigt werden. Grundlegend zu Nachrangvereinbarungen und der Unterscheidung zwischen verfahrensmäßigen Verteilungsregeln und vorinsolvenzlichen Durchsetzungssperren vgl. etwa Bitter, ZIP 2015, 345 f.

O. Zusammenfassung  

451

finanzierungen in Deutschland wurden die Verträge stetig weiterentwickelt und verändert, sodass nahezu sämtliche angebotenen Finanzierungen auf sich im Detail bisweilen beträchtlich unterscheidenden Vertragsbedingungen beruhen. In diesem Teil der Arbeit wurden 83 % aller im Zeitraum von 2011 bis 2016 auf dem deutschen Markt angebotenen Verträge analysiert. Hierfür wurden sämtliche Verträge im Hinblick auf über 30 verschiedene Klauseln und Kriterien untersucht und systematisch erfasst. Die analysierten Crowd­investing-Verträge bilden die Grundlage für 90 % des gesamten im Untersuchungszeitraum über den deutschen Crowd­ investing-Markt eingeworbenen Kapitals. 2. Spätestens ab dem Jahr 2013 hat sich das partiarische Nachrangdarlehen als Finanzierungsinstrument für Crowdfinanzierungen in Deutschland durchgesetzt. Im Untersuchungszeitraum wurden in 53 % aller Crowd­investing-Kampagnen partiarische Nachrangdarlehen zur Finanzierung der kapitalsuchenden Unternehmen angebotenen. Rund 53 Mio. Euro, das entspricht 81 % des erfolgreich eingeworbenen Kapitals, wurden mittels partiarischer Nachrangdarlehen finanziert. Das durchschnittliche Finanzierungsvolumen der Crowdfinanzierungen mittels partiarischer Nachrangdarlehen betrug rund 378.000 Euro – im Vergleich zu einem durchschnittlichen Finanzierungsvolumen von rund 88.000 Euro mittels stiller Beteiligungen. Die höchsten mittels partiarischer Nachrangdarlehen nachgefragten Einzelvolumina betrugen 5 Mio. Euro. Erfolgreich finanziert wurden mittels partiarischer Nachrangdarlehen im Untersuchungszeitraum Unternehmen mit einer Fundingsumme von bis zu 3 Mio. Euro. 3. Nach Zeichnung des Crowd­investing-Vertrages überweisen Crowd­investoren ihre Investitionssumme zunächst auf das Bankkonto eines Treuhänders, der dieses nach erfolgreichem Abschluss der Crowdfinanzierung an das finanzierte Unternehmen ausgekehrt. Regelmäßig wurde das gesamte Finanzierungsvolumen unmittelbar an das finanzierte Unternehmen ausgezahlt. Nur drei Verträge enthielten einen Staging-Mechanismus. Dieser sah vor, dass zunächst nur zwei Drittel des Finanzierungsvolumens an das finanzierte Unternehmen ausgezahlt wurde. Die Auszahlung des verbleibenden Drittels erfolgte sechs Monate später, sofern die Crowd­investoren die Auszahlung im Rahmen einer Mehrheitsentscheidung, in der jeder Investor nach freiem Ermessen für oder gegen die Weiterfinanzierung stimmen konnte, freigaben. 4. In Abhängigkeit von der Unternehmensbewertung und der Investmentsumme der Investoren wurde in den Crowd­investing-Verträgen jeweils eine individuelle Investmentquote festgelegt. Diese bestimmte den Anteil, den Crowd­investoren entsprechend den vereinbarten Vermögensrechten an den zukünftigen Cashflows des Unternehmens erhielten. Im Falle von weiteren Finanzierungsrunden wurde die Investmentquote üblicherweise entsprechend reduziert. Nur in 39 der untersuchten Verträge führten Folgefinanzierungen nicht zu einer Verwässerung der Investmentquote der Crowd­investoren. Ein Großteil der untersuchten Crowd­ investing-Verträge enthielt Regelungen zum Schutz der Crowd­investoren vor wirtschaftlichen Verwässerungen im Falle von Down Rounds.

452

§ 8 Inhalt und Entwicklung der Crowd­investing-Verträge

5. Die untersuchten Crowd­investing-Verträge gewährten den Investoren regelmäßig verschiedene Vergütungskomponenten. 67 % der untersuchten Verträge gewährten einen Anspruch auf eine feste Verzinsung, 88 % sahen eine jährliche Gewinnbeteiligung vor und 78 % gewährten den Crowd­investoren einen Anspruch auf Beteiligung an einer Steigerung des Unternehmenswertes bei regulärer Beendigung des Investments oder im Falle eines Exit-Ereignisses. Eine Nachschusspflicht für die Crowd­investoren war in keinem der untersuchten Verträge enthalten. Anfängliche Regelungen zu Verlustbeteiligungen der Crowd­investoren waren ab Mitte 2015 vollständig aus den Verträgen verschwunden. Bei Beendigung des Investments hatten Investoren einen Anspruch auf Rückzahlung des investierten Kapitals. Allerdings ließen sich die finanzierten Unternehmen teils weitgehende Stundungsund Ratenzahlungsmöglichkeiten einräumen, mit denen sie sich wirtschaftlich betrachtet teilweise zinslose Darlehen der Investoren sichern. 6. Die Kapitalüberlassung erfolgte in allen Verträgen für eine bestimmte Mindestlaufzeit. In 85 % der untersuchten Verträge handelte es sich um eine unbefristete Kapitalüberlassung mit Mindestlaufzeit. Das heißt, nach Ablauf der Mindestlaufzeit konnte das Vertragsverhältnis von beiden Parteien gekündigt werden. Die durchschnittliche Mindestlaufzeit für Crowd­investoren betrug im gesamten Beobachtungszeitraum rund fünfeinhalb Jahre. Über den Beobachtungszeitraum ist ein deutlicher Anstieg der Mindestlaufzeit von anfangs durchschnittlich dreieinhalb Jahren auf rund sechs Jahre zum Ende des Untersuchungszeitraums festzustellen. Weiterhin divergierten die Mindestlaufzeiten der von den verschiedenen Plattformen angebotenen Verträge teils deutlich. In 51 % der untersuchten Verträge unterschieden sich schließlich die Mindestlaufzeiten für die beiden Vertragsparteien. Regelmäßig war die Mindestlaufzeit für Investoren kürzer als für das finanzierte Unternehmen. 7. Nur zum Teil regelten die untersuchten Crowd­investing-Verträge ausdrücklich außerordentliche Kündigungsrechte der Parteien. Sofern entsprechende Regelungen enthalten waren, hatten die finanzierten Unternehmen ein außerordentliches Kündigungsrecht, wenn Crowd­investoren gegen das vertraglich vereinbarte Wettbewerbsverbot verstießen. Außerordentliche Kündigungsgründe der Investoren wurden hingegen nur in wenigen Verträgen explizit benannt. Sofern dies der Fall war, berechtigten etwa Verstöße des Unternehmens gegen die Zweckbindung der Kapitalüberlassung, die Nichterfüllung der Pflicht zur Übermittlung von Quartalsreports oder sonstige Vertragsverletzungen Investoren zur außerordentlichen Kündigung des Crowd­investing-Vertrages. 8. Im Gegensatz zu typischen Eigenkapitalgebern hatten Crowd­investoren keinerlei Stimmrechte oder sonstige Mitspracherechte im Hinblick auf die Unternehmensführung. Zu Beginn des Untersuchungszeitraums waren allerdings zunächst Verträge verbreitet, nach denen den Crowd­investoren relativ weitgehende Zustimmungsvorbehalte eingeräumt wurden. Mit der Verwendung von partiarischen Nachrangdarlehen verschwanden diese vom Markt.

O. Zusammenfassung  

453

9. Die untersuchten Crowd­investing-Verträge räumten den Crowd­investoren im Einzelfall sehr unterschiedliche Informations- und Kontrollrechte ein. 71 % der untersuchten Verträge verpflichteten die finanzierten Unternehmen etwa zur quartalsweisen Übermittlung von Reports über die Unternehmensentwicklung. Diese Quartalsreportingpflicht setzte sich über den Beobachtungszeitraum zunehmend marktweit durch. Ferner wurde Investoren häufig ein Recht auf Übermittlung von Jahresabschlüssen, Informationen zur Gewinnberechnung und Mitteilungen der Verwässerung der Investmentquote im Rahmen von Folgefinanzierungen eingeräumt. Nur vereinzelt sahen Verträge weitere Informationsrechte wie etwa eine ad-hoc-Mitteilungspflicht oder Investorenversammlungen vor. Anfangs noch bestehende Einsichts- und Kontrollrechte der Crowd­investoren verschwanden über den Beobachtungszeitraum weitgehend aus den Verträgen. 10. Rund 40 % der untersuchten Verträge begründeten einen vertraglichen Abstimmungsmechanismus, der Mehrheitsentscheidungen der Crowd­investoren ermöglichte. Der Anwendungsbereich des Mehrheitsentscheidungs-Mechanismus bezog sich vor allem auf die Wahrnehmung von Zustimmungsrechten und die Änderung der Finanzierungsverträge, insbesondere im Hinblick auf Exit-Angebote. 11. Nahezu sämtliche Crowd­investing-Verträge schränkten die freie Übertragbar­ keit des Crowd­investing-Vertrages an Dritte ein. Die am häufigsten vorzufindenden Beschränkungen waren Anzeigepflichten, Verbote von Teilübertragungen oder Übertragungen an Wett­bewerber des finanzierten Unternehmens. In 42 % der Verträge stand die Übertragung unter dem Vorbehalt der Zustimmung des finanzierten Unternehmens; in 4 % der Verträge war die Übertragbarkeit ausge­schlossen. 12. Rund 81 % der Verträge sahen Geheimhaltungspflichten für die Investoren vor. 60 % der Verträge enthielten Wettbewerbsverbote für die Crowd­investoren. Ein verbotenes Wettbewerbsverhältnis lag demnach bereits bei jeder mittelbaren Beteiligung an einem im Wettbewerb stehenden Unternehmen vor. Nur zum Teil waren etwa Aktienbeteiligungen an einem an der Börse gehandelten Unternehmen bis zu einer Beteiligungsquote von 5 % erlaubt. 13. Zum Teil sahen die untersuchten Crowd­investing-Verträge ferner Pflichten des finanzierten Unternehmens oder dessen Gründer gegenüber den Crowd­ investoren vor. 44 % der Verträge enthielten etwa eine Zweckbestimmung für die Verwendung der Finanzierung. Demnach durfte das Kapital nur für die Umsetzung der im Vorfeld der Finanzierung näher beschriebenen Geschäftsidee verwendet werden. 55 % der untersuchten Verträge enthielten Regelungen, mit denen mittelbar oder unmittelbar auf die Geschäftsführervergütung Einfluss genommen werden konnte. Nur vereinzelt waren darüber hinaus Wettbewerbsverbote für die Gründer in den Verträgen vorzufinden (6 %). 14 % der untersuchten Verträge enthielten schließlich Nebentätigkeitsbeschränkungen für die Unternehmensgründer. 14. Im Rahmen von rund 10 % der untersuchten Vertragsdokumentationen gaben die Gründer oder das finanzierte Unternehmen Zusicherungen oder Garantien im Hinblick auf die im Vorfeld der Finanzierung bereitgestellten Informationen ab.

454

§ 8 Inhalt und Entwicklung der Crowd­investing-Verträge

15. Sämtliche untersuchten Verträge enthielten schließlich eine qualifizierte Nachrangvereinbarung. Mit dieser Regelung sollte einerseits ein Rangrücktritt sämtlicher Ansprüche der Crowdinvestoren begründet werden. Andererseits sollten Ansprüche im Sinne einer vorinsolvenzlichen Durchsetzungssperre solange und soweit ausgeschlossen werden, wie sie einen Grund für die Eröffnung des Insolvenzverfahrens des Start-ups herbeiführen.

§ 9 Analyse der Crowd­investing-Verträge und Gestaltungsmöglichkeiten Im Folgenden sollen die im Rahmen der empirischen Auswertung in § 8 dargestellten, im Untersuchungszeitraum angebotenen Crowd­investing-Verträge analysiert werden. Zunächst wird auf die Finanzierungsform, insbesondere auf die Herausbildung des partiarischen Nachrangdarlehens vor dem Hintergrund des sich entwickelnden regulatorischen Umfelds eingegangen. Sodann werden ausgewählte Regelungskomplexe der Crowd­investing-Verträge einer kritischen Würdigung unterzogen und auf ihre spezifischen Anreizwirkungen im Hinblick auf die in § 6 beschriebenen Regelungsprobleme analysiert. Unter Rückgriff auf die in § 7 erarbeiteten Gestaltungsmodelle aus der Venture Capital-Vertragspraxis werden dabei Optimierungsmöglichkeiten und Gestaltungsvorschläge für Crowd­investingVerträge erarbeitet, die darauf zielen, den geschilderten Regelungsproblemen entgegenzuwirken und zu Lasten der Crowd­investoren wirkende Anreizkonflikte zu reduzieren.

A. Finanzierungsform Die Finanzierung kapitalsuchender Unternehmen unter Einbeziehung einer Vielzahl von Anlegern als Kapitalgeber über Internetplattformen stellt spezifische Anforderungen an eine geeignete Rechts- bzw. Vertragsform. Die Entwicklung des partiarischen Nachrangdarlehens zur im Untersuchungszeitraum auf dem deutschen Crowd­investing-Markt vorherrschenden Finanzierungsform ist durch diese spezifischen Anforderungen an ein geeignetes Finanzierungsinstrument bedingt und den geltenden rechtlichen Rahmenbedingungen geschuldet.

I. Anforderungen an eine für das Crowd­investing geeignete Finanzierungsform Crowd­investing zeichnet sich durch eine Vielzahl beteiligter Investoren als Kapitalgeber aus,1 von denen jeder Einzelne regelmäßig nur geringe Finanzierungs 1

Eine Crowdinvesting-Finanzierung setzte sich im Untersuchungszeitraum aus den Einzelinvestments von durchschnittlich 362 Crowdinvestoren zusammen. Die durchschnittliche Anzahl der Investments pro Finanzierung stieg von 90 im Jahr 2011 auf knapp 600 im Jahr 2016. Siehe dazu § 4 B. III. 5. oben.

456

§ 9 Analyse der Crowd­investing-Verträge und Gestaltungsmöglichkeiten

beiträge leistet.2 Sowohl das Finanzierungsangebot als auch der Vertragsschluss erfolgen ausschließlich über das Internet.3 Bei den kapitalsuchenden Unternehmen handelt es sich regelmäßig um Start-up-Unternehmen, die sich überwiegend noch in einer frühen Phase ihrer Entwicklung befinden.4 Sie haben regelmäßig noch keinen Zugang zur herkömmlichen Bankenfinanzierung oder zum Kapitalmarkt.5 Auch das Finanzierungsvolumen ist im Vergleich zu „klassischen“ Unternehmensfinanzierungen verhältnismäßig gering.6 Diese Charakteristika des Crowd­investing stellen spezifische Anforderungen an eine Rechts- bzw. Vertragsform, die sich zur Umsetzung des Crowd­investing eignet.7 Um den spezifischen Anforderungen gerecht zu werden, muss eine für das Crowd­investing geeignete Rechts- bzw. Vertragsform zunächst einen unkomplizierten Vertragsschluss über das Internet, das heißt, unter ausschließlicher Verwendung von Fernkommunikationsmitteln, und ohne physische Präsenz der beteiligten Personen erlauben. Vertragstypen, die bestimmten Formvorschriften unterliegen, insbesondere der Schriftform nach § 126 BGB oder etwa die Beteiligung eines Notars erfordern, sind bereits aufgrund des unvermeidbaren Medienbruchs sowie der damit verbundenen Transaktionskosten nicht als Rechtsform für das Crowd­ investing geeignet. Die mit der Finanzierung insgesamt verbundenen Kosten müssen zudem möglichst gering sein und in einem angemessenen Verhältnis zu den relativ kleinen 2

Die durchschnittliche Höhe eines Einzelinvestments eines Crowdinvestors betrug im Untersuchungszeitraum 804 Euro. Auf Companisto war das durchschnittliche Einzelinvestment mit 556 Euro nur halb so hoch wie bei Seedmatch mit 1.037 Euro. Die Mindestinvestitionssumme auf deutschen Crowdinvesting-Plattformen bewegte sich im Zeitraum von 2011 bis 2016 zwischen 5 Euro und 1.000 Euro. Siehe dazu § 4 B. III. 6. oben. 3 Zum Ablauf des Finanzierungsprozesses siehe § 3 C. II. oben. 4 34 % der im Untersuchungszeitraum über Crowdinvesting-Plattformen kapitalsuchenden Unternehmen waren zu Beginn der Crowdinvesting-Finanzierung noch kein Jahr alt, 76 % der Unternehmen waren jünger als drei Jahre und 90 % aller Unternehmen jünger als fünf Jahre. Siehe dazu § 4 B. IV. 2.  oben. 5 Siehe dazu § 2 B. II. 2.  oben. 6 Über den gesamten Untersuchungszeitraum betrug das durchschnittliche Finanzierungsvolumen pro Finanzierung 279.087 Euro. Das durchschnittliche Finanzierungsvolumen der im Jahr 2016 erfolgreich finanzierten Unternehmen betrug rund 500.000 Euro. Der geringste im Untersuchungszeitraum mit einer Finanzierung eingeworbene Betrag lag bei 10.000 Euro das größte Finanzierungsvolumen lag bei 3 Mio. Euro. Knapp 96 % aller Finanzierungen im Untersuchungszeitraum hatten ein Volumen von maximal 1 Mio. Euro, 88 % von 500.000 Euro und immerhin noch rund 45 % der Crowdinvesting-Finanzierungen beliefen sich auf ein Finanzierungsvolumen von maximal 100.000 Euro. Siehe dazu § 4 B. III. 1. oben. Nimmt man die Kapitalnachfrage, also die seitens der kapitalsuchenden Unternehmen angestrebte maximale Finanzierungssumme, in den Blick, ergibt sich eine durchschnittliche Kapitalnachfrage von rund 406.000 Euro im Untersuchungszeitraum. Im Jahr 2016 lag die durchschnittliche Kapitalnachfrage bei rund 680.000 Euro. Bei 99,5 % aller Crowdinvesting-Angebote im Untersuchungszeitraum lag die Kapitalnachfrage bei maximal 5 Mio. Euro, bei rund 94 % der Angebote bei maximal 1 Mio. Euro. Siehe dazu § 4 B. III. 2. oben. 7 Siehe dazu bereits Hornuf / Klöhn / Schilling, 19 GLJ 510, 522 f. (2018).

A. Finanzierungsform  

457

Fundingsummen, den geringen Einzelinvestments und den verfügbaren finanziellen Ressourcen der Start-up-Unternehmen stehen. Dies betrifft einerseits die unmittelbar im Zusammenhang mit der Finanzierung stehenden Kosten wie etwa Marketing- und Beratungskosten, insbesondere auch die Kosten für die Erstellung eines etwaigen Prospekts. Angesichts der geringen Einzelinvestments der Crowd­ investoren darf andererseits auch der Vertragsschluss als solcher keine nennenswerten Kosten verursachen. Der Abschluss einer Vielzahl von Verträgen darf kein nennenswertes Mehr an Transaktionskosten generieren als der Abschluss lediglich eines Vertrages. Im Idealfall sind die Grenzkosten, die durch die Beteiligung jedes weiteren Investors und den Abschluss jedes weiteren Crowd­investing-Vertrages entstehen, gleich Null. Schließlich müssen auch sämtliche weiteren aus der gewählten Finanzierungsform resultierenden Transaktionskosten, insbesondere die mit der Finanzierungsform verbundenen organisatorischen und laufenden Verwaltungskosten möglichst gering sein, sodass sie die Kapazitäten der Start-ups nicht überstrapazieren. Solche Kosten können etwa aus Informationspflichten sowie Pflichten zur Erstellung und Prüfung von Reports und Abschlüssen resultieren.

II. Entwicklung des partiarischen Nachrangdarlehens als Rechtsform des Crowd­investing Unabhängig von unternehmerischen und finanzierungspolitischen Erwägungen, die gegen eine Beteiligung der Crowd­investoren am Eigenkapital des zu finanzierenden Unternehmens sprechen können, erfüllten die Begebung von Gesellschaftsanteilen oder die Ausgabe von Aktien in der Entstehungsphase des Crowd­investing bereits nicht die Kriterien, die eine geeignete Beteiligungsform zur Umsetzung von Crowdfinanzierungen aufweisen musste. Hybride Finanzierungsinstrumente wie stille Beteiligungen oder partiarische Nachrangdarlehen wurden den spezifischen Anforderungen des Crowd­investing hingegen gerecht. Unter den hybriden Finanzierungsinstrumenten hat sich im Untersuchungszeitraum das partiarische Nachrangdarlehen als Finanzierungsform des Crowd­investing herausgebildet. Dies ist im Wesentlichen auf die im Entstehungszeitraum bestehenden kapitalmarktrechtlichen Rahmenbedingungen zurückzuführen.

458

§ 9 Analyse der Crowd­investing-Verträge und Gestaltungsmöglichkeiten

1. Crowd­investoren als Gesellschafter an einer GmbH Eine Beteiligung der Crowd­investoren als Gesellschafter an einer GmbH8 ließ sich angesichts spezifischer Formvorschriften bislang9 nicht über das Internet und ohne physische Präsenz der beteiligten Personen umsetzen.10 Die im Wege einer Kapitalerhöhung geschaffenen Gesellschaftsanteile müssen mittels Übernahmeerklärung des Übernehmers übernommen werden, die nach § 55 Abs. 1 GmbHG der notariellen Beglaubigung (§§ 39 ff. BeurkG) oder der notariellen Beurkundung (§§ 6 ff. BeurkG) bedarf.11 Dies setzte bislang die physische Präsenz des Über­ nehmers oder eines (aufgrund notariell beglaubigter Vollmacht handelnden) Vertreters voraus.12 Die Abtretung bereits bestehender Geschäftsanteile sowie das zugrundeliegende Verpflichtungsgeschäft bedürfen nach § 15 Abs. 3 und Abs. 4 Satz 1 GmbHG der notariellen Form, d. h. der notariellen Beurkundung.13 Angesichts des Notarerfordernisses und der Notwendigkeit der physischen Präsenz vor dem Notar war die Beteiligung von Crowd­investoren als GmbH-Gesellschafter bislang nicht praktikabel. Daran dürfte sich trotz der Erleichterung des notariellen Verfahrens durch die grundsätzlich begrüßenswerten Einführung eines online-Verfahrens zur Beurkundung von Willenserklärungen jedenfalls in bestimmten durch 8

Knapp 95 % der im Untersuchungszeitraum auf Crowdinvesting-Plattformen kapitalsuchenden Unternehmen waren als GmbH oder Unternehmergesellschaft i. S. v. § 5a GmbHG organisiert. Siehe dazu § 4 B. IV. 1.  oben. 9 Zum 01. 08. 2022 traten wesentliche Regelungen des Gesetzes zur Umsetzung der Digitalisierungsrichtlinie (DiRUG) zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2019/1151 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2019 zur Änderung der Richtlinie (EU) 2017/1132 im Hinblick auf den Einsatz digitaler Werkzeuge und Verfahren im Gesellschaftsrecht (ABl. L 186 vom 11. 07. 2019, S. 80) (DiRL) in Kraft. Weitere Regelungen treten zum 01. 08. 2023 in Kraft. Mit dem DiRUG wird in Umsetzung der Richtlinie ein Online-Verfahren für die Gründung und Ersteintragung einer GmbH sowie für Beglaubigungen von für Anmeldungen zum Handelsregister erforderlichen Erklärungen eingeführt. Kernstück ist die Einrichtung eines Videokommunikationssystems für Online-Beurkundungsverhandlungen und Online-Beglaubigungen. Mit dem Online-Verfahren können GmbHs unter Einbindung von Notaren vollständig mittels Fernkommunikation gegründet und Anmeldungen zum Handelsregister von Notaren öffentlich beglaubigt werden, ohne dass ein persönliches Erscheinen der Beteiligten vor dem Notar erforderlich ist. Vgl. zum Referentenentwurf des DiRUG etwa Bock, DNotZ 2016, 643; Omlor, DStR 2019, 1505; Halder, NJOZ 2020, 1505. Die Regelungen zur Beurkundung mittels Videokommunikation und zur elektronischen Niederschrift finden sich nunmehr in den §§ 16a bis 16e BeurkG. Für einen knappen Überblick zur nunmehr möglichen Gründung einer GmbH im Online-Verfahren siehe etwa Rubner / L euering, NJW-Spezial 2022, 463. 10 Siehe dazu und zum Folgenden auch Hornuf / Klöhn / Schilling, 19 GLJ 510, 524 (2018). Vgl. ferner Bader, WM 2014, 2249, 2253. 11 Vgl. etwa Ziemons, in: Ziemons / Jaeger / Pöschke (Hrsg.), BeckOK GmbHG, 54. Edition, Stand 01. 11. 2022, § 55, Rn. 109; Servatius, in: Noack / Servatius / Haas (Hrsg.), GmbHG, 23. Aufl., 2022, § 55, Rn. 2 ff. 12 Nach der ab 01. 08. 2023 geltenden Fassung des 55 Abs. 1 GmbH kann die notarielle Aufnahme oder Beglaubigung der Erklärung dann auch mittels Videokommunikation gem. §§ 16a bis 16e und § 40a BeurkG erfolgen. 13 Vgl. etwa Wilhelmi, in: Ziemons / Jaeger / Pöschke (Hrsg.), BeckOK GmbHG, 54. Edition, Stand 01. 11. 2022, § 15, Rn. 89.

A. Finanzierungsform  

459

Gesetz zugelassenen Fällen (vgl. § 16a Abs. 1 BeurkG) und insbesondere der „digi­ talen GmbH-Gründung“ allerdings auch zukünftig wenig ändern. Darüber hinaus gehen mit der für jeden einzelnen Vertragsschluss erforder­ lichen Involvierung eines Notars erhebliche Kosten einher.14 Diese Grenzkosten stehen einer Skalierbarkeit des Vertragsschlussmechanismus entgegen. Sowohl vor dem Hintergrund der relativ geringen Finanzierungsvolumina als auch und insbesondere angesichts der typischerweise geringen Einzelinvestments entfalten die im Zusammenhang mit der Beteiligung der Crowd­investoren als Gesellschafter an einer GmbH entstehenden Transaktionskosten eine prohibitive Wirkung. Eine Beteiligung der Crowd­investoren als Gesellschafter von GmbHs ist daher unter den gegebenen Bedingungen keine praktikable Lösung zur Umsetzung des Crowd­investing. 2. Crowd­investoren als Aktionäre Das Notarerfordernis für die Übertragung von Gesellschaftsanteilen soll gerade und primär die freie und leichte Übertragbarkeit der Gesellschaftsanteile verhindern.15 Bereits konzeptionell ist die GmbH gerade nicht auf eine Vielzahl anonymer Gesellschafter und frei handelbare Gesellschaftsanteile ausgelegt.16 Für Publikumsgesellschaften sieht das deutsche Gesellschaftsrecht vielmehr primär 14 Neben den insbesondere durch die Abstimmung mit dem Notar und der Abwicklung jedes einzelnen Vertragsschlusses entstehenden Transaktionskosten fallen vor allem die Notargebühren ins Gewicht. Die Gebühren für Beurkundung bzw. Beglaubigung richten sich nach dem GNotKG. Für die nach § 15 Abs. 3, Abs. 4 Satz 1 GmbHG erforderliche notarielle Beurkundung der Abtretung der Geschäftsanteile sowie der schuldrechtlichen Verpflichtung zur Abtretung entsteht etwa (sofern beide Erklärungen in einer Urkunde enthalten sind) bereits eine Beurkundungsgebühr von mindestens 120 Euro (Nr. 21100 KV-GNotKG), zu der jedenfalls eine Vollzugsgebühr und Auslagenpauschale hinzukommen. Instruktiv zur Berechnung von Notarkosten Böhringer, BWNotZ 2014, 166. 15 Vgl. dazu die Begründung zum Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung vom 11. 02. 1892, Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Reichstages, 8. Legislaturperiode, I.  Session 1890/1892, 5. Anlagenband, Anlage Nr. 660, S. 3724, 3728 f.: „die formalen Voraussetzungen der Übertragung müssen in erster Linie Gewähr dafür bieten, daß die Anteilsrechte der neuen Gesellschaften nicht zu einem Gegenstande des Handelsverkehrs werden“ (S. 3729) sowie den Reg. Entwurf zum GmbHGesetz vom 26. 02. 1973, BT-Drs. 7/253, S. 113 (zu Art. 52 Abs. 2 GmbH). Im Einklang mit der Gesetzesbegründung auch die ständige Rechtsprechung des BGH, vgl. etwa BGH, Urteil vom 24. 03. 1954  – II ZR 23/53, NJW 1954, 1157; Urteil vom 10. 03. 2008  – II ZR 312/06, NZG 2008, 377, 378. Vgl. dazu etwa Weller / Reichert, in: MüKo GmbHG, 4. Aufl., 2022, § 15, Rn. 16 m. w. N. 16 Weller / Reichert, in: MüKo GmbHG, 4. Aufl., 2022, § 15, Rn. 16 m. w. N. Zu den verschiedenen Konzepten siehe auch Armour / Hansmann / Kraakmann / Pargendler, in: Kraakman et al. (Hrsg.), Anatomy of Corporate Law, 3rd ed., 2017, S. 10 ff. Zu Forderungen nach einer leichten Handelbarkeit von GmbH-Anteilen vgl. aber Claussen, GmbHR 1988, 417; Reuter, Gutachten B für den 55. Deutschen Juristentag, 1984, S. B 28 ff.

460

§ 9 Analyse der Crowd­investing-Verträge und Gestaltungsmöglichkeiten

die Aktiengesellschaft vor.17 Kennzeichnend für die AG ist die leichte Übertragbarkeit der Aktien, die grundsätzlich keiner bestimmten Form und nicht der Einschaltung eines Notars bedarf.18 Allerdings waren die meisten kapitalsuchenden Unternehmen im Untersuchungszeitraum nicht als Aktiengesellschaft verfasst.19 Allein die Umwandlung in eine AG ist mit für ein Start-up in der Regel prohibitiv hohen Kosten verbunden. Zudem eignet sich die AG aufgrund ihrer Komplexität, dem relativ hohen Verwaltungsaufwand und der für ihre Unterhaltung entstehenden Kosten in der Regel kaum für Start-ups und kleine Unternehmen.20 Jedenfalls in früheren Phasen der Unternehmensentwicklung stellt die AG keine praktikable, den Interessen der Unternehmensgründer gerecht werdende Rechtsform dar. Schließlich standen regulatorischen Rahmenbedingungen der Emission von Aktien (und anderen Wertpapieren) im Rahmen des Crowd­investing entgegen.21 3. Hybride Finanzierungsinstrumente als Lösung Während die Umsetzung von Crowd­investing-Finanzierungen mittels Ausgabe von Gesellschaftsanteilen oder Aktien bislang überwiegend an der technischen Abwicklung und an prohibitiv hohen Transaktionskosten scheiterten, erfüllten hybride Finanzierungsinstrumente wie stille Beteiligungen, Genussrechte und Nachrangdarlehen die zur Umsetzung von Finanzierungen durch die Crowd erforderlichen Voraussetzungen.22 Mangels besonderer Formvorschriften ist der Vertragsschluss grundsätzlich unkompliziert über das Internet und ohne physische Präsenz der Vertragsparteien möglich. Dadurch und durch die Möglichkeit der Verwendung von Standardverträgen streben die Grenzkosten für jeden weiteren Vertragsschluss gegen Null. Außerdem sind stille Beteiligungen, Genussrechte und Nachrangdarle 17

Vgl. Eisenhardt / Wackerbarth, Gesellschaftsrecht I, 16. Aufl., 2015, S. 215 f. Vgl. zum Folgenden auch Hornuf / Klöhn / Schilling, 19 GLJ 510, 524 f., 575 ff. (2018). 18 Die Zeichnung neuer Aktien im Rahmen von Kapitalerhöhungen bedarf nach § 185 Abs. 1 AktG allerdings der Schriftform. Das heißt, die Zeichnungserklärung muss nach § 126 BGB schriftlich fixiert und eigenhändig unterschrieben werden und als empfangsbedürftige Willenserklärung der Gesellschaft nach § 130 Abs. 1 BGB zugehen. Vgl. dazu etwa Schürnbrand / Verse, in: MüKo AktG, 5. Aufl., 2021, § 185, Rn. 14. 19 Knapp 95 % der im Untersuchungszeitraum auf Crowdinvesting-Plattformen kapitalsuchenden Unternehmen waren als GmbH oder Unternehmergesellschaft i. S. v. § 5a GmbHG organisiert; siehe Fn. 8. 20 Vgl. Jansen / Pfeifle, ZIP 2012, 1842, 1846; ferner Hornuf / Klöhn / Schilling, 19 GLJ 510, 525 (2018). Die Plattform Bergfürst bot allerdings zunächst Crowdinvestings mittels Aktien an. 21 Zur Prospektpflicht für das öffentliche Angebot von Wertpapieren siehe bereits § 5 D. I. 2. oben. Mit der Prospektfreiheit für „kleine“ Wertpapieremissionen bis zu einem Emissionsvolumen von 8 Mio. Euro seit Inkrafttreten der ProspektVO hat sich der für die Entwicklung des Crowdinvesting maßgebliche Rechtsrahmen in dieser Hinsicht verändert, sodass nunmehr grundsätzlich auch die Emission von Wertpapieren vorstellbar ist. 22 Siehe dazu bereits Hornuf / Klöhn / Schilling, 19 GLJ 510, 525 f. (2018). Auf die Geeignetheit der partiarischen Nachrangdarlehen, insbesondere vor dem Hintergrund der Kosten und der einfachen Handhabbarkeit, weist auch Bader, WM 2014, 2249, 2253 hin.

A. Finanzierungsform  

461

hen durch ein hohes Maß an Gestaltungsfreiheit und Flexibili­tät gekennzeichnet.23 Für die kapitalsuchenden Unternehmen bieten diese vor allem den Vorteil, dass Investoren im Wesentlichen nur die vertraglich eingeräumten Rechte haben und somit einen deutlich abgeschwächten Schutz genießen.24 Investoren sind nur soweit dies vertraglich vereinbart wird und in jedem Fall lediglich schuldrechtlich an Unternehmenswertsteigerungen beteiligt. Außerdem stehen ihnen (nahezu) keine gesellschaftsrechtlichen Minderheitenschutzrechte zu. Schließlich stellen die Finanzierungsinstrumente keine spezifischen Anforderungen an die Organisationsform der Gesellschaft und verursachen daher keine spezifischen Verwaltungskosten. 4. Kapitalmarktrechtlicher Rahmen Die Herauskristallisierung des partiarischen Nachrangdarlehens als Beteiligungs­ form des Crowd­investing ist im Wesentlichen auf die im Entstehungszeitraum bestehenden kapitalmarktrechtlichen Rahmenbedingungen zurückzuführen.25 In der Entstehungsphase des Crowd­investing, das heißt, im Zeitraum vom 1. August 2011 bis Oktober 2012 wurden Crowd­investing-Finanzierungen lediglich in Form von stillen Beteiligungen oder Genussrechten angeboten.26 Da sich die Finanzierungsvolumina der angebotenen Finanzierungen jeweils auf maximal 100.000 Euro beliefen,27 waren die Angebote von der Ausnahmeregelung für Kleinemissionen nach § 8f Abs. 2 Nr. 3 Alt. 2 VerkProspG (bzw. ab 1. Juni 2012 § 2 Nr. 3 lit. b) VermAnlG) erfasst und von der für Vermögensanlagen grundsätzlich geltenden Prospektpflicht befreit.28 Im November 2012 bot Seedmatch erstmals Finanzierungen mit einem angestrebten Finanzierungsvolumen von 200.000 Euro bzw. 220.000 Euro an.29 Die Finanzierungen konnten damit nicht mehr prospektfrei im Rahmen der Ausnahmeregelung für Kleinemissionen angeboten werden. Geht man davon aus, dass die Erstellung eines Prospekts typischerweise mindestens 30.000 bis 50.000 Euro kostet,30 wird deutlich, dass die Kosten für prospektpflichtige Finanzierungen mittels stiller Beteilungen prohibitiv hoch waren. Da partiarische Nachrangdarlehen bis

23

Siehe dazu § 5 C. V. oben. So auch Bader, WM 2014, 2249, 2253. 25 Zum regulatorischen Rahmen siehe § 5 D. oben. 26 Siehe § 8 B. I. 2.  oben. 27 Siehe § 8 B. I. 3. oben; zu den Ausnahmen siehe § 8, Fn. 293. 28 Vgl. § 5 D. I. 3. c) oben. 29 Zur Entwicklung der Kapitalnachfrage auf dem Crowdinvesting-Markt siehe § 8 B. I. 6. oben. 30 Vgl. Casper, ZBB 2015, 265, 266; Stellungnahme des Bundesverband Crowdfunding e. V. zum Kleinanlegerschutzgesetz (8. September 2016), abrufbar unter https://www.bundesverbandcrowdfunding.de/wp-content/uploads/2016/09/20160908_Bundesverband_Crowdfunding_ KASG_Evaluation.pdf, S. 10. 24

462

§ 9 Analyse der Crowd­investing-Verträge und Gestaltungsmöglichkeiten

zum Inkrafttreten des KASG nicht vom Anwendungsbereich des ­VermAnlG erfasst waren,31 konnten mittels partiarischer Nachrangdarlehen unbegrenzte Finan­ zierungsvolumina prospektfrei angeboten werden. Seither setzte sich das partiarische Nachrangdarlehen als Finanzierungsinstrument für das Crowd­investing durch. Mit der Verwendung des partiarischen Nachrangdarlehens als Finanzierungsform ging ein deutlicher Anstieg der angestrebten Finanzierungsvolumina einher:32 Im Jahr 2013 betrug die durchschnittliche Kapitalnachfrage pro Finanzierungsangebot zunächst rund 220.000 Euro, 2014 rund 570.000 Euro. Im Jahr 2015 lag die durchschnittliche Kapitalnachfrage bei rund 770.000 Euro.33 Die maximale erfolgreich eingeworbene Fundingsumme betrug im Untersuchungszeitraum 3 Mio. Euro. Mit Inkrafttreten des KASG zum 10. Juli 2015 wurden partiarische Nachrangdarlehen in den Katalog der Vermögensanlagen i. S. v. § 1 Abs. 2 VermAnlG aufgenommen. Seither sind Crowdfinanzierungen mittels partiarischer Nachrangdarlehen nur noch im Rahmen der Ausnahme für Schwarmfinanzierungen nach § 2a VermAnlG privilegiert, das heißt, insbesondere von der Prospektpflicht befreit.34 Bis zum 15. Juli 2019 konnten Crowdfinanzierungen bis zu einer Gesamtemissionsgrenze von 2,5 Millionen Euro prospektfrei angeboten werden.35 Mit Wirkung zum 16. Juli 2019 wurde die Gesamtemissionsgrenze nach § 2a VermAnlG auf 6 Millionen Euro erhöht.36 Gleichzeitig perpetuierte der Gesetzgeber mit dem KASG die lediglich aus den regulatorischen Rahmenbedingungen und der Vermeidung der Prospektpflicht unter Ausnutzung einer Gesetzeslücke resultierende Nutzung des partiarischen Nachrangdarlehens, während etwa stille Beteiligungen nicht von der Ausnahme für Schwarmfinanzierungen erfasst werden. Dies wurde zu Recht kritisiert.37 Einerseits bevorzugt der Gesetzgeber damit die Rechtsform mit dem geringsten gesetzlichen Anlegerschutzniveau.38 Andererseits werden mit Blick auf die Abgrenzungsschwierigkeiten zwischen partiarischem Nachrangdarlehen und stiller Gesellschaft erhebliche Rechtsunsicherheiten für die beteiligten Akteure geschaffen.39 Vorzugswürdig wäre vielmehr eine rechtsformunabhängige Ausnahme für Schwarmfinanzierungen. So könnte sich im Wettbewerb der 31

Siehe § 5 D. I. 3. a) aa) oben. Zur empirischen Entwicklung sowohl im Hinblick auf die Anzahl der verschiedenen an­ gebotenen Finanzierungsinstrumente als auch im Hinblick auf das jeweils erzielte Finanzierungsvolumen siehe § 8 B. I. oben. 33 Siehe § 8 B. I. 5. und Abb. 24 oben. 34 Siehe § 5 D. I. 3. d) oben. 35 Siehe § 5 D. I. 3. d) bb) oben. 36 Siehe § 5, Fn. 407 oben. 37 Zur Kritik an der Beschränkung der Schwarmfinanzierungsausnahme auf partiarische Darlehen und Nachrangdarlehen siehe die Nachweise in § 5, Fn. 406. 38 Siehe dazu § 5 C. oben. Im Gegensatz zum partiarischen Nachrangdarlehen stehen dem stillen Gesellschafter jedenfalls gewisse gesetzliche Mindestrechte zu. 39 Klöhn / Hornuf / Schilling, EUCL 2016, 56, 61 f.; Hornuf / Klöhn / Schilling, 19 GLJ 510, 577 (2018). 32

B. Steuerungswirkung  

463

Crowd­investing-Plattformen die am besten geeignete Rechtsform zur optimalen Umsetzung des Crowd­investing herausbilden. Seit dem 21. Juli 2018 können Wertpapiere bis zu einem Gesamtgegenwert von 8 Mio. Euro prospektfrei angeboten werden – statt wie bisher bis weniger als 100.000 Euro.40 Damit eröffnet sich eine neue Möglichkeit zur Weiterentwicklung der Geschäftsmodelle der Crowd­investing-Plattformen, die sich nun auf die prospektfreie Emission von Wertpapieren verlagern könnten. Da sich das angestrebte Finanzierungsvolumen der im Untersuchungszeitraum angebotenen Vermögensanlagen jedoch weit überwiegend deutlich unter der nach der Befreiung für Schwarmfinanzierungen bis zum 15. Juli 2019 geltenden Schwelle von 2,5 Mio. Euro bewegte (93,8 % aller Finanzierungsangebote hatten ein maximales Finanzierungsvolumen (Kapitalnachfrage)  von max. 1  Mio.  Euro),41 dürfte das mög­ liche Finanzierungsvolumen allein allerdings kein entscheidender Faktor sein, der Crowd­investing-Plattformen zu einer generellen Umstellung ihrer Geschäfts­ modelle auf Wertpapieremissionen veranlasst.42

B. Steuerungswirkung der Crowd­investing-Verträge und Gestaltungsmöglichkeiten Im Folgenden werden ausgewählte Regelungen der in § 8 dargestellten, im Untersuchungszeitraum angebotenen Crowd­investing-Verträge einer kritischen Würdigung unterzogen und auf ihre Steuerungswirkung untersucht.43 Weiterhin sollen Gestaltungsmöglichkeiten aufgezeigt werden, mit denen den in § 6 geschilderten Anreiz- und Regelungsproblemen in der jeweiligen Finanzierungsbeziehung zwischen Crowd­investoren und finanzierten Unternehmen begegnet werden kann.

I. Ziel und Instrumente der Vertragsgestaltung Insbesondere vor dem Hintergrund fehlender differenzierter gesetzlicher Rahmenbedingungen, die die Interessen der Kapitalgeber und Kapitalnehmer zu einem Ausgleich bringen, müssen Crowd­investing-Verträge eine Governance-Struktur etablieren, die es ermöglicht, Informations­asymmetrien und Interessenkonflikte 40

Siehe § 5 D. I. 2. b) bb) oben. Siehe dazu § 4B. III. 2. oben. 42 Siehe auch Klöhn, ZIP 2018, 1713, 1720, der es ebenso für wahrscheinlich hält, dass sich kurz- oder mittelfristig wenig an dem auf Crowdinvesting-Plattformen angebotenen Finanzierungsmodell ändert. 43 Zur empirischen Auswertung der Entwicklung der im Untersuchungszeitraum angebotenen Verträge und dem Vorkommen der einzelnen Regelungen in den Verträgen der verschiedenen Plattformen siehe § 8 oben. Zu einer quantitativen Analyse der investorenschützenden Regelungen siehe die Auswertung mittels eines Investorenschutzindexes in § 10 unten. 41

464

§ 9 Analyse der Crowd­investing-Verträge und Gestaltungsmöglichkeiten

sowie die resultierenden Agenturprobleme zwischen Crowd­investoren und finanzierten Unternehmen zu minimieren.44 Einerseits können Crowd­investoren als Kapitalgeber mittels Informations- und Kontrollrechten in die Lage versetzt werden, das Verhalten der Gründer und der Unternehmensführung sowie die Unternehmensentwicklung in hinreichendem Maße zu kontrollieren und erforderlichenfalls Sanktionen auszuüben. Prinzipalen ist es allerdings regelmäßig nur begrenzt möglich, opportunistisches Verhalten der Agenten aufzudecken und zu beobachten.45 Außerdem sind die Informationsbeschaffung und ein entsprechendes Monitoring mit hohen Kosten für die Crowd­investoren verbunden, die insbesondere angesichts der regelmäßig geringen Einzelinvestments prohibitiv wirken.46 Vor diesem Hintergrund müssen Crowd­investing-Verträge zudem Anreiz- und Regelungsmechanismen etablieren, die die Interessen der Gründer weitestmöglich harmonisieren, Agenturpro­bleme minimieren und Überwachungskosten reduzieren.47 Mit einer effizienten Vertragsgestaltung können die Transaktionskosten minimiert und die durch die Transaktion erzielbare Nettowertschöpfung erhöht werden.48 Gleichzeitig können effiziente Verträge verhindern, dass gesamtwirtschaftlich wünschenswerte Finanzierungen aufgrund massiver Agenturprobleme und hoher Transaktionskosten überhaupt

44

Entsprechend der Beschränkung der Arbeit auf die Analyse des einseitigen PrinzipalAgenten-Verhältnisses zwischen Crowdinvestoren und Gründern (siehe § 6 A. IV. oben) sollen auch hier nur Governance-Designs betrachtet werden, die das Verhältnis zwischen Crowd­ investoren und Unternehmensgründern betreffen und im Schwerpunkt nachvertraglichen Agenturproblemen der Crowdinvestoren entgegenwirken. Hinsichtlich der Umsetzung ist zur berücksichtigen, dass Vertragspartei der untersuchten Crowdinvesting-Verträge regelmäßig nur die zu finanzierenden Unternehmen, nicht jedoch deren Gesellschafter waren. Um etwa unmittelbare Pflichten der Gesellschafter oder Geschäftsführer gegenüber den Crowdinvestoren zu begründen, müssten diese ebenfalls Partei des Crowdinvesting-Vertrages werden. Alternativ kann in den Crowdinvesting-Verträgen eine Pflicht der Unternehmen vereinbart werden, bestimmte Vereinbarungen im Verhältnis zu Gründern und Geschäftsführern zu treffen und nicht zu ändern. Dies könnte dann wiederum durch eine vor Vertragsschluss gegenüber den Crowdinvestoren abzugebende Garantieerklärung der Verpflichteten über das Bestehen und die Einhaltung der jeweiligen Pflichten zugesichert werden. 45 Vgl. für Venture Capital-Finanzierungen generell Antonczyk, Venture-Capital-Verträge, 2006, S. 95. 46 Übersteigen die Kosten der Informationsbeschaffung deren Nutzen, ist es für Crowd­ investoren vielmehr rational untätig zu bleiben. Zur rationalen Apathie von Aktionären im Hinblick auf die Ausübung von Stimmrechten vgl. etwa Easterbrook / Fischel, The Economic Structure of Corporate Law, 1991, S. 66 ff.; Black, 89 Mich. L. Rev. 520, 584 ff. (1990) („Becoming informed takes time, which is a scarce resource, and a shareholder who holds a tiny stake knows that her vote probably won’t be decisive anyway. Thus, shareholders will stay uninformed.“); Gulinello, 2010 UTAH L. Rev. 547, 573 (2010). Für Indizien dafür, dass Crowd­ investoren passive Investoren sind, siehe auch die Studie von Hornuf / Schilling / Schwienbacher, J. Corp. Fin. 77 (2022) 101927. 47 Vgl. im Hinblick auf Venture Capital-Verträge Antonczyk, Venture-Capital-Verträge, 2006, S. 103. 48 Vgl. Franke / Hax, Finanzwirtschaft des Unternehmens, 6. Aufl., 2009, S. 461.

B. Steuerungswirkung  

465

nicht zustande kommen.49 Schließlich setzen Crowd­investing-Verträge den Rahmen, wie Crowd­investoren ihr Investment – entweder durch Kündigung und Beendigung der Kapitalüberlassung oder Veräußerung der Finanzierung – beenden und das gebundene Kapital liquidieren können.

II. Vermögensrechte der Crowd­investoren Die untersuchten Crowd­investing-Verträge räumten den Investoren verschiedene Vermögensrechte ein.50 Neben dem Anspruch auf Rückzahlung des Investments am Ende der Laufzeit hatten die Investoren je nach Ausgestaltung einen Anspruch auf eine Festverzinsung ihres Investments, auf eine jährliche Gewinnbeteiligung oder eine Beteiligung an Steigerungen des Unternehmenswertes. Neben der Vergütungsfunktion für die Anleger dient die Ausgestaltung der Entgeltvereinbarung zudem der Risikotransformation. Risiken, die aus der Umsetzung der Geschäftsidee und der Entwicklung des Unternehmens resultieren, können entsprechend den Präferenzen der Parteien auf die Crowd­investoren als Kapitalanleger transferiert werden. Über die Vergütungs- und Risikoallokationsfunktion hinaus hat die Zuteilung der Erlöse entscheidende Anreiz- und Steuerungswirkungen.51 1. Rückzahlungsanspruch Bei Beendigung ihres Investments hatten Crowd­investoren nach allen untersuchten Verträgen einen Anspruch auf Rückzahlung des investierten Kapitals.52 Im Gegensatz zur typischen Situation eines Eigenkapitalgebers, wird Crowd­investoren damit die Möglichkeit eingeräumt, nach der vereinbarten Mindestlaufzeit, unabhängig von der Liquidierung, einem Verkauf oder Börsengang des finanzierten Unternehmens und unabhängig von der Möglichkeit des Verkaufs ihres Investments auf einem Sekundärmarkt, ihr Investment zu beenden und das überlassene Kapital zurückzufordern.53 Allerdings unterliegt auch der Rückzahlungsanspruch 49

Siehe dazu § 2 A. V. 3.  oben. Siehe im Detail § 8 E. oben. 51 Zur Finanzierungsstruktur als Mittel der Risikoallokation und Anreizsteuerung siehe § 2 B. I. 2.  und 3.  oben. 52 Siehe dazu § 8 E. VI. oben. 53 In Venture Capital-Verträgen werden Kapitalgebern häufig redemption rights eingeräumt, die den Kapitalgebern als Druckmittel dienen, um das Unternehmen zu einer Realisierung des Beteiligungswertes durch Verkauf oder einen Börsengang zu veranlassen. Solche Rückübertragungsrechte zu Gunsten der Investoren berechtigen die Investoren bei Eintritt bestimmter Bedingungen, ihre Anteile gegen Zahlung des ursprünglichen Preises an die Gesellschaft zurückzugeben. Teilweise werden auch automatische Rückübertragungen nach Ablauf einer bestimmten Frist vereinbart (mandatory redemption). Mit redemption rights sichern sich Kapitalgeber vor allem ein Druckmittel, um das Unternehmen zu einer Realisierung des Beteiligungswertes in anderer Weise, etwa durch Verkauf oder durch einen Börsengang, zu ver 50

466

§ 9 Analyse der Crowd­investing-Verträge und Gestaltungsmöglichkeiten

der Crowd­investoren dem qualifizierten Nachrang, sodass das finanzierte Unternehmen nicht zur Rückzahlung verpflichtet ist, solange es nicht über ausreichend Liquidität verfügt. Darüber hinaus enthalten sämtliche untersuchten Verträge umfassende (teils zinslose) Stundungs- und Ratenzahlungsmöglichkeiten im Hinblick auf den Rückzahlungsanspruch der Crowd­investoren.54 Insoweit wird die Position der Crowd­investoren weitgehend an die eines Eigenkapitalgebers angenähert. Auch bei Beendigung des Investments im Rahmen eines Exit-Falles haben die Crowd­investoren neben der Exit-Beteiligung einen Anspruch auf Rückzahlung ihrer Investitionssumme. Insoweit kann der Rückzahlungsanspruch als eine bevorzugte Berücksichtigung der Crowd­investoren bei der Erlösverteilung – ähnlich den Inhabern von Liquidationspräferenzen55 – verstanden werden. Auch im Falle eines Exits wird somit das Interesse der Crowd­investoren geschützt, jedenfalls ihr Investment wieder zurückzuerhalten. 2. Festzinskomponente Nach den zu Beginn des Untersuchungszeitraums angebotenen Crowd­investingVerträgen hatten Investoren noch keinen Anspruch auf eine Festverzinsung ihres Investments.56 Über den Untersuchungszeitraum nahmen Verträge mit Festverzinsung jedoch stetig zu. Zum Ende des Untersuchungszeitraums hat sich die Festzinskomponente weitgehend als Standard in Crowd­investing-Verträgen durchgesetzt. Überwiegend sahen die Verträge einen Zinssatz in Höhe von 1 % p.a. vor. Die Zahlung des Zinses war regelmäßig erst zum Ende der Laufzeit fällig. Die Festverzinsung ist grundsätzlich unabhängig von der wirtschaftlichen Entwicklung des finanzierten Unternehmens. Das Unternehmen trägt das wesentliche Risiko der Geschäftsidee und der Unternehmensentwicklung (Verwendungsrisiko) damit insoweit weit überwiegend selbst, während die Crowd­investoren insoweit lediglich das Insolvenzrisiko des finanzierten Unternehmens tragen.57 Angesichts der qualifizierten Nachrangvereinbarung, die sich auch auf den Festzinsanspruch erstreckt, werden die Crowd­investoren in einer Insolvenz des Unternehmens allerdings wie Eigenkapitalgeber erst nach den übrigen Gläubigern befriedigt und somit schlechter als Fremdkapitalgeber gestellt. Überdies ist das Insolvenzrisiko anlassen. Außerdem sichern sich Kapitalgeber so die Möglichkeit, ihre Beteiligung auflösen zu können. Siehe dazu Kuntz, Gestaltung von Kapitalgesellschaften, 2016, S. 167 f., 745. Aus der Pflicht, das mittels Crowdinvesting eingeworbene Kapital zurückzahlen zu müssen, gehen angesichts der Nachrangvereinbarung sowie der weitgehenden Stundungs- und Ratenzahlungsmöglichkeiten jedoch keine spezifischen Anreize für die Unternehmensgründer aus, einen Exit zu realisieren, um so über ausreichend Liquidität zu verfügen. 54 Siehe § 8 E. VI. oben. 55 Siehe dazu § 7 B. III. 2.  oben. 56 Zur empirischen Entwicklung der Festzinskomponente im Untersuchungszeitraum siehe § 8 E. II. oben. 57 Vgl. dazu § 2 B. I. 2.  oben.

B. Steuerungswirkung  

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im Bereich der Start-up-Finanzierung und damit das Risiko eines Totalausfalls generell hoch. Im Hinblick auf ihre Vergütungsfunktion kommt der Festzinskomponente die Funktion einer Mindestvergütung der Crowd­investoren als Gegenleistung für die Kapitalüberlassung zu.58 Angesichts des hohen Ausfallrisikos beabsichtigen Crowd­investoren typischerweise, eine Rendite in Höhe eines Vielfachen ihres Investments zu erzielen. Vor diesem Hintergrund hat das Festzinselement lediglich eine untergeordnete Bedeutung. Gelingt es den Crowd­investoren, die erwarteten Renditen etwa im Falle eines Exits der Gründer zu erzielen, fällt die feste Verzinsung nicht wesentlich ins Gewicht.59 Scheitert das finanzierte Unternehmen, gehen Crowd­investoren aufgrund des vereinbarten Rangrücktritts auch insoweit leer aus. Wirtschaftlich relevant wird das Festzinselement als Vergütungsform daher insbesondere bei Start-ups, die sich über die Laufzeit des Investments nur durchschnittlich entwickeln (living deads). Ferner ist die Mindestvergütung für Crowd­investoren dann von Relevanz, wenn trotz guter Entwicklung des Start-ups während der Laufzeit des Investments kein Exitereignis eintritt und die Crowd­ investoren deshalb nicht an einem (späteren) Exiterlös beteiligt werden. Die Ausgestaltung der Festverzinsung als endfällige Zahlungsverpflichtung ermöglicht es den finanzierten Unternehmen, zu Beginn der Laufzeit ihre Liquidität zu schonen. Da in den ersten Jahren der Unternehmensentwicklung grundsätzlich nicht mit Unternehmensgewinnen zu rechnen ist, erscheint die Zahlung des Festzinses erst zum Ende der Laufzeit als sachgerecht. 3. Gewinnbeteiligung In 88 % der Verträge wurden Crowd­investoren am Jahresgewinn des finanzierten Unternehmens beteiligt. Zur Berechnung der Gewinnbeteiligung wird regelmäßig die jeweilige Investmentquote des Investors mit dem im steuerlichen Jahresabschluss des Unternehmens ausgewiesenen Ertrag vor Steuern multipliziert.60 58

Im Rahmen von Venture Capital-Finanzierungen wird eine ähnliche Vergütungsfunktion regelmäßig mit Dividendenvorzügen erreicht. Vgl. dazu § 7 B. III. 1. oben sowie Kuntz, Gestaltung von Kapitalgesellschaften, 2016, S. 74 ff. 59 Hat ein Investor etwa 1.000 Euro in ein Start-up investiert erhält er bei einem Zinssatz von 1 % p.a. bei Beendigung des Investments nach einer Laufzeit von sechs Jahren  – die Zahlungsfähigkeit des Unternehmens vorausgesetzt  – neben seinem investierten Kapital eine Zinszahlung von 6 × 10 Euro = 60 Euro ausbezahlt. Bedenkt man, dass Venture CapitalInvestoren eine Investition regelmäßig erst dann als Erfolg betrachten, wenn sie ein Vielfaches ihres Investments erzielen, wird die wirtschaftlich untergeordnete Bedeutung des Festzinselements deutlich. Ist das finanzierte Start-up sehr erfolgreich und erzielt der Crowdinvestor beispielsweise einen 50-fachen Gewinn, erhöht sich sein Gewinn durch das Festzinselement von 50.000 Euro um weitere 60 Euro. Vgl. im Hinblick auf Dividendenvorzüge bei Venture Capital-Finanzierungen Kuntz, Gestaltung von Kapitalgesellschaften, 2016, S. 74 f. 60 Siehe § 8 E. III. oben. 81 % der untersuchten Verträge gewährten die hier diskutierte ungedeckelte Gewinnbeteiligung.

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§ 9 Analyse der Crowd­investing-Verträge und Gestaltungsmöglichkeiten

a) Wirtschaftliche Bedeutung Die Gewinnbeteiligung nähert die Position der Crowd­investoren hinsichtlich der Vergütung partiell an die Position von Eigenkapitalgebern an. Mit der Partizipation am Unternehmenserfolg sind Crowd­investoren – entsprechend ihrer Investmentquote – insoweit auch am Risiko bzw. den Chancen der Investition beteiligt als ihre Vergütung davon abhängt, ob das Unternehmen tatsächlich einen Gewinn erzielt. Im Hinblick auf die wirtschaftliche Bedeutung der Gewinnbeteiligung gilt es allerdings zu berücksichtigen, dass sich die mittels Crowd­investing finanzierten Unternehmen überwiegend in der Early Stage-Phase befinden.61 Das Kapital wird in dieser Phase dafür benötigt, ein marktfähiges Produkt zu entwickeln, Marketing zu betreiben und Produktion und Vertrieb auszubauen.62 Erst später erzielt das Unternehmen typischerweise erste Umsätze. Regelmäßig benötigt das Unternehmen in der Folgezeit zunächst weiteres Kapital zur Expansionsfinanzierung, bevor es in der Later Stage-Phase erste Gewinne erzielt. Vor diesem Hintergrund und der Mindestlaufzeit des Investments63 ist auch die Gewinnbeteiligung der Crowd­investoren wirtschaftlich regelmäßig allenfalls von untergeordneter Bedeutung. Typischerweise ist nicht zu erwarten, dass mittels Crowd­investing finanzierte Unternehmen während der Mindestlaufzeit des Investments signifikante Gewinne erzielen.64 Insbesondere das Ziel, ein Vielfaches des Investments als Erlös zu erzielen, ist mittels der Gewinnbeteiligung bereits strukturell kaum zu realisieren. Ähnlich dem Festzinselement liegt die wirtschaftliche Bedeutung der Gewinnbeteiligung primär in einer Mindestvergütung, die insbesondere bei sich nur durchschnittlich entwickelnden Start-ups (living deads) oder wenn während der Laufzeit kein Exitereignis stattfindet eine gewisse Bedeutung erlangen kann, sofern während der Laufzeit des Investments überhaupt ein Gewinn erzielt wird.

61

Zu den Phasen der Unternehmensentwicklung vgl. § 2 B. II. 1. oben. Vgl. Krecek, Venture Capital, 2005, S. 13. 63 Die durchschnittliche Mindestlaufzeit der im Untersuchungszeitraum angebotenen Crowd­ investing-Verträge betrug rund 5 Jahre und 4 Monate. In der Anfangsphase lag die durchschnittliche Mindestlaufzeit noch zwischen drei und vier Jahren, zum Ende des Beobachtungs­zeitraum bei etwa sechs Jahren, wobei sich die Mindestlaufzeiten der Verträge der verschiedenen Plattformen teils deutlich unterschieden (Companisto: 7 Jahre, Seedmatch: 5 Jahre). Siehe dazu § 8 F. I. 2.  oben. 64 So auch die überwiegende Einschätzung der befragten Venture Capital Manager und Business Angel in der Studie von Moedl, Two’s a company, three’s a crowd: Deal breaker terms in equity crowdfunding for prospective venture capital, 57 Small Bus. Econ. 927–952 (2021). 62

B. Steuerungswirkung  

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b) Risiko für opportunistisches Handeln Die in den untersuchten Crowd­investing-Verträgen vorzufindende Ausgestaltung der Gewinnbeteiligung ist überdies ausgesprochen anfällig für opportunistisches Verhalten der Gründer.65 Die untersuchten Crowd­investing-Verträge enthielten regelmäßig kaum Regelungen, die den Anreizen der Gründer angemessen entgegenwirken, den für die Beteiligung der Crowd­investoren relevanten Gewinn zu ihrem persönlichen Vorteil zu minimieren. Ohne entsprechende Sicherungsmechanismen laufen die Crowd­investoren allerdings Gefahr, dass ihr Anspruch auf Gewinnbeteiligung leerläuft. Neben sich generell auf die Performance des finanzierten Unternehmens auswirkenden opportunistischen Handlungen,66 haben Gründer einen massiven Anreiz, den für die Gewinnberechnung maßgeblichen Gewinn während der Laufzeit der Investments der Crowd­investoren zu minimieren und durch window dressing zu beeinflussen. Denkbar sind etwa Ausschüttungen an die Gesellschafter oder Zinszahlungen an andere Beteiligungsinhaber wie zum Beispiel (weitere) stille Gesellschafter. Auch Vergütungen oder Bonusse an Geschäftsführer oder andere Mitarbeiter, mit denen Überschüsse vor der Entstehung eines Gewinns abgeschöpft werden, sind denkbar. Ferner können Gründer etwa Tochterunternehmen gründen und bestimmte Unternehmensteile ausgliedern, um so zu verhindern, dass die für die Gewinnbeteiligung der Crowd­investoren relevante Gesellschaft einen Gewinn erzielt. c) Lösungsansätze zur Reduzierung opportunistischen Handelns Die Möglichkeiten der Gründer, den der Beteiligung der Crowd­investoren zugrunde zulegenden Unternehmensgewinn zu schmälern, können zunächst beschränkt werden, wenn der Beteiligung der Crowd­investoren ein um bestimmte Korrekturpositionen korrigierter Unternehmensgewinn zugrunde gelegt wird. Sowohl die Verträge von Seedmatch als auch von Companisto sahen einzelne Positionen vor, um die der für die Beteiligung der Crowd­investoren relevante Gewinn zu korrigieren war.67 Nach den Seedmatch-Verträgen waren bei der Ermittlung des für die Beteiligung der Crowd­investoren relevanten Gewinns etwa Vergütungen der Geschäftsführung dem festgestellten Gewinn hinzuzurechnen, soweit diese einen bestimmten Betrag überschritten. Nach den Verträgen von Companisto waren bei der Gewinnermittlung Dividendenzahlungen an die Gesellschafter des Unternehmens sowie anteilige Gewinne von Unternehmen, an denen das finanzierte Unternehmen eine Mehrheitsbeteiligung hielt, hinzuzurechnen. Derartige Korrektur 65

Vgl. bereits § 6 B. II. 7. a) oben. Wie etwa zu geringe Anstrengungen oder zu geringer Arbeitseinsatz, missbräuchlicher Einsatz von Unternehmensressourcen oder suboptimales Investitionsverhalten, vgl. dazu § 6 B. II. oben. 67 Siehe § 8 E. III. 2.  oben. 66

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§ 9 Analyse der Crowd­investing-Verträge und Gestaltungsmöglichkeiten

mechanismen können einer unmittelbaren Reduzierung des Gewinns und damit einer Minimierung der Gewinnbeteiligung der Crowd­investoren entgegenwirken.68 Die Beispiele von Seedmatch und Companisto zeigen, dass das Risiko einer Reduzierung des für die Beteiligung der Crowd­investoren relevanten Gewinns erkannt und jedenfalls in einigen der untersuchten Verträgen partiell, im Hinblick auf einzelne Manipulationsmöglichkeiten adressiert wurde. Allerdings enthielt keiner der untersuchten Verträge über punktuelle Korrekturpositionen hinausgehende, umfassende Regelungen, die engmaschig Maßnahmen und Rechtsgeschäfte berücksichtigten, welche mit typisierten Risiken für opportunistisches Verhalten einhergehen. Um den beschriebenen Manipulations- und Gestaltungsmöglichkeiten adäquat entgegenzuwirken, bedarf es indes zwingend eines umfassenden Katalogs an Positionen, um die der relevante Gewinn, welcher der Berechnung der Gewinnbeteiligung der Crowd­investoren zugrunde gelegt wird, zu korrigieren ist.69 Soll eine Gewinnbeteiligung der Crowd­investoren nicht völlig leerlaufen, muss durch einen Katalog mit umfangreichen Korrekturpositionen sichergestellt werden, dass jedenfalls die naheliegendsten Möglichkeiten zur Verminderung des Jahresgewinns un­attraktiv gemacht oder jedenfalls deren Auswirkungen auf den Unternehmensgewinn neutralisiert werden, indem resultierende Gewinnminderungen bei der Berechnung des für die Beteiligung relevanten Gewinns nicht berücksichtigt werden. Zu berücksichtigen sind dabei sämtliche gewinnmindernden Wertabflüsse wie etwa Vergütungen der Geschäftsführer, Bonuszahlungen, Dividendenausschüttungen oder die Verlagerung des Geschäftsbetriebs in Tochterunternehmen. Jedenfalls eine gewisse verhaltenssteuernde Wirkung dürfte zudem eine generalklauselartige Regelung entfalten, wonach jegliche gewinnmindernden Auswirkungen von Maßnahmen, die primär dem Zweck dienen, die Beteiligung der Crowd­investoren zu mindern, dem Gewinn hinzuzurechnen sind. Indem die meisten der untersuchten Verträge der Gewinnermittlung den im steuerlichen Jahresabschluss ausgewiesenen Gewinn zugrunde legen, wird jedenfalls im Hinblick auf die Einhaltung steuerrechtlicher Vorgaben der Gewinnermittlung eine gewisse Kontrolle erreicht. Eine Anknüpfung an die Steuerbilanz anstelle der Handelsbilanz bringt für die Crowd­investoren den Vorteil, dass die der Gewinnermittlung zugrunde zulegenden Bilanz von den Finanzbehörden geprüft wird.70 68

Dem Abfließen der Ressourcen als solchem und dem Problem, dass diese Ressourcen nicht mehr für Unternehmensinvestitionen zur Verfügung stehen, wird damit freilich nicht entgegengewirkt. 69 Alternativ können Maßnahmen, die typisierte Risiken mit sich bringen, als solche einem Zustimmungsvorbehalt der Crowdinvestoren unterworfen werden. Zu Zustimmungsvorbehalten siehe § 9 B. IV. unten. 70 Außerdem mindern handelsrechtlich zulässige Unterbewertungen den Gewinn nicht, vgl. dazu Kolberg, in: Formularbuch Recht und Steuern, 9. Aufl., 2019, A.14.00 (Stand 01. 09. 2019), Rn. 39.

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4. Unternehmenswertbeteiligung Neben der Festzinskomponente und der Beteiligung am Gewinn des Unternehmens werden Crowd­investoren häufig an der über die Laufzeit des Investments realisierten Steigerung des Unternehmenswertes beteiligt.71 Dabei wird regelmäßig unterschieden zwischen Unternehmenswertbeteiligungen nach regulärer Beendigung der Kapitalüberlassung infolge einer Kündigung des Investments und der Beteiligung der Crowd­investoren im Falle eines Exits. a) Unternehmenswertbeteiligung nach Kündigung Kündigen Crowd­investoren oder das finanzierte Unternehmen das Investment der Crowd­investoren nach Ablauf der Mindestlaufzeit, haben Crowd­investoren regelmäßig einen Anspruch auf Beteiligung an etwaigen während der Laufzeit eingetretenen Unternehmenswertsteigerungen. Diese Unternehmenswertbeteiligung wird regelmäßig durch Multiplikation der jeweiligen Investmentquote mit dem Unternehmenswert ermittelt.72 aa) Bestimmung des maßgeblichen Unternehmenswertes Zur Bestimmung des für die Beteiligung der Crowd­investoren maßgeblichen Unternehmenswertes kamen in den untersuchten Verträgen im Wesentlichen zwei verschiedene Methoden zum Einsatz. Nach der Multiplikator-Methode wurde der Unternehmenswert mittels eines EBIT-73 oder Umsatz-Multiplikators bestimmt. Hierzu wurde das Ergebnis (EBIT) und der Umsatz der Steuerbilanz mit einem im Crowd­investing-Vertrag bestimmten EBIT- bzw. Umsatz-Multiplikator multipliziert. Als relevanter Unternehmenswert wurde der höhere der beiden Werte herangezogen.74 In anderen Verträgen wurde der Unternehmenswert durch einen unabhängigen Sachverständigen nach IDW S1-Grundsätzen ermittelt.75 Der maß 71

Zu den empirischen Erkenntnissen siehe § 8 E. IV. oben. Siehe § 8 E. IV. 2. b) oben. 73 EBIT (earnings before interest and taxes), d. h. der Gewinn vor Zinsen und Steuern, ist eine zentrale betriebswirtschaftliche Kennzahl zur Beschreibung des operativen Gewinns eines Unternehmens. 74 Beispiel: Angenommen ein Investor kündigte sein Investment zum 31. 12. 2021, der Rückzahlungsanspruch wurde zum 31. 01. 2022 fällig. Das im steuerlichen Jahresabschluss zum 31. 12. 2021 festgestellte Ergebnis beträgt 1.500.000 Euro, der Umsatz 7.500.000 Euro. Der vertraglich festgelegte EBIT-Multiple beträgt 6,0, der Umsatz-Multiple beträgt 1,0. Das mittels EBIT-Multiple berechnete Produkt (1.500.000 × 6,0 = 9.000.000) ist größer als der mittels Umsatz-Multiple errechnete Wert (7.500.000 × 1 = 7.500.000) und somit für die Berechnung der Unternehmenswertbeteiligung maßgeblich. 75 IDW, IDW Standard: Grundsätze zur Durchführung von Unternehmensbewertungen (IDW S1 i. d. f. 2008). Der nach IDW S1 zu ermittelnde Unternehmenswert ist der objektivierte 72

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§ 9 Analyse der Crowd­investing-Verträge und Gestaltungsmöglichkeiten

gebliche Stichtag war für beide Ansätze regelmäßig das letzte zum Zeitpunkt der Fälligkeit des Rückzahlungsanspruchs abgeschlossene Geschäftsjahr. bb) Anreiz- und Regelungsprobleme der Multiplikator-Methode Die Multiplikator-Methode bietet den Vorteil einer einfachen, schnellen und kostengünstigen Bestimmung eines Unternehmenswertes. Allerdings werden der Wertermittlung mittels den in den Crowd­investing-Verträgen vorab festgelegten Multiplikatoren gerade keine aktuellen, für den konkreten Zeitpunkt und das konkrete Unternehmen ermittelte Branchenmultiplikatoren zugrunde gelegt, wie dies für entsprechende Vergleichsverfahren grundsätzlich üblich ist.76 Neben generellen Bedenken im Hinblick auf die Anwendung von Vergleichswertmethoden wie der Multiplikator-Methode für die Bewertung von Start-up-Unternehmen,77 stellt diese Form der Bewertung in der in den Crowd­investing-Verträgen vereinbarten Form eine sehr abstrahierende, typisierende Wertermittlung dar. Es besteht die Gefahr, dass der so festgelegte, typisierte Vergleichswert nicht den im Rahmen von Zukunftserfolgswertmodellen wie dem Ertragswert- und dem Discounted Cash Flow-Verfahren ermittelten Unternehmenswert widerspiegelt, den ein potentieller Investor einem Unternehmenskauf oder einer Finanzierungsrunde zugrunde legen würde. Für Crowd­investoren besteht somit das Risiko, dass gerade außerordent­ liche Entwicklungen des finanzierten Unternehmens mit der Multiplikator-Methode nicht abgebildet werden. Ungeachtet der Bedenken im Hinblick auf die Bewertungsmethode als solche, begründet die Multiplikator-Methode zudem zahlreiche Anreize für window dressing und anderes opportunistisches Verhalten der Gründer zur Schmälerung der Beteiligung der Crowd­investoren.78 Die bereits oben im Kontext der GewinnUnternehmenswert verstanden als der typisierte Zukunftserfolg, der sich bei Fortführung des Unternehmens mit allen realistischen Zukunftserwartungen ergibt. Nach IDW S1 kann der objektivierte Unternehmenswert sowohl mit der Ertragswertmethode als auch mit verschiedenen Varianten der DCF-Methode ermittelt werden. Den Methoden ist gemein, dass der Liquidationswert die Wertuntergrenze ist. Vgl. Aders, in: Meyer-Sparenberg / Jäckle (Hrsg.), Beck’sches M&A-Handbuch, 2. Aufl., 2022, § 13, Rn. 26 ff. Zur Bewertung von Unternehmen in der Seed-Phase nach IDW S1 siehe auch Wollny, in: Drygala / Wächter (Hrsg.), Venture Capital, Beteiligungsverträge und Unterkomplexitätsprobleme, 2018, S. 8 ff. 76 Grundlegend zur Bestimmung des Unternehmenswertes mittels Marktmultiplikatoren Schwetzler, in: Hommel / K necht, Wertorientiertes Start-up-Management, 2002, S. 580 ff.; ferner Kröll, in: Weitnauer (Hrsg.), Handbuch Venture Capital, 7. Aufl., 2022, Teil G., Rn. 116; Aders, in: Meyer-Sparenberg / Jäckle, Beck’sches M&A-Handbuch, 2. Aufl., 2022, § 14, Rn. 15 ff. 77 Siehe etwa Kröll, in: Weitnauer (Hrsg.), Handbuch Venture Capital, 7. Aufl., 2022, Teil D., Rn. 119. Nach IDW S1 ist die Multiplikator-Methode ausdrücklich keine eigenständige Bewertungsmethode, sondern hat ausschließlich Plausibilisierungsfunktion, Aders, in: MeyerSparenberg / Jäckle (Hrsg.), Beck’sches M&A-Handbuch, 2. Aufl., 2022, § 13, Rn. 28. 78 Siehe bereits § 6 B. II. 7. b) oben.

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beteiligung diskutierten Möglichkeiten, die maßgeblichen Kennzahlen, das heißt Gewinn und Umsatz, zu beeinflussen, bestehen hier in gleichem Maße.79 Darüber hinaus haben Gründer einen Anreiz, die Investments sämtlicher Crowd­investoren nach Ablauf der Mindestlaufzeit zu kündigen, sobald sich das Unternehmen positiv entwickelt und noch bevor ein relevanter Umsatz oder Gewinn erzielt wird. Dieser Anreiz wird durch die weitgehenden Stundungs- und Ratenzahlungsmöglichkeiten des Unternehmens noch verstärkt. Die Gründer können somit den für die Unternehmensbewertung relevanten Stichtag unmittelbar beeinflussen und entsprechende unternehmerische Maßnahmen treffen, um Umsatz und Gewinn für das relevante Geschäftsjahr zu minimieren. cc) Lösungsansätze und Anreizmechanismen Das Risiko opportunistischer Handlungen der Gründer zur Beeinflussung des für die Bewertung mittels der Multiplikator-Methode relevanten Unternehmensgewinns, kann zunächst bereits dadurch reduziert werden, dass auch im Rahmen der Multiplikator-Methode ein angepasster Gewinn zugrunde gelegt wird, das heißt, wie oben bereits ausgeführt, umfassende Korrekturpositionen berücksichtigt werden.80 Den Anreizen der Gründer, das Investment nach Ablauf der Mindestlaufzeit und vor Eintritt in die Gewinnphase zu kündigen und gleichzeitig Gewinne in Folgejahre zu verlagern, kann mit einer Veränderung des für die Beteiligung der Crowd­ investoren relevanten Stichtages begegnet werden. Anstatt ausschließlich das der Beendigung des Investments vorhergehende Geschäftsjahr für die Bestimmung der Beteiligung der Crowd­investoren heranzuziehen, kann etwa zusätzlich das aktuelle und das dem Jahr der Beendigung folgende Geschäftsjahr berücksichtigt werden. So könnte etwa nach Ablauf des auf die Beendigung folgenden Geschäftsjahres der Durchschnitt aus den einzubeziehenden Geschäftsjahren gebildet und ein Nachzahlungsbetrag berechnet werden. Außerdem sollte bei einer Kündigung seitens des finanzierten Unternehmens die Rückzahlung mit Beendigung des Investments fällig sein. Die in den untersuchten Verträgen teilweise unbegrenzten oder über mehrere Jahre laufenden Stundungs- und Ratenzahlungsmöglichkeiten sollten keine Anwendung finden. Sowohl die der beschriebenen Multiplikator-Methode immanenten Nachteile als auch die beschriebenen Opportunismusrisiken können darüber hinaus mittels einer Sachverständigen-Bewertung nach IDW S1 minimiert werden. Allerdings verursacht diese Form der Bewertung – insbesondere bei Kündigungen einzelner Investoren mit kleinen Investmentsummen – unverhältnismäßig hohe Kosten. Vor diesem Hintergrund werden in einigen Verträgen von Companisto die beschrie 79 80

Siehe § 9 B. II. 3. b) oben. Siehe § 9 B. II. 3. c) oben.

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§ 9 Analyse der Crowd­investing-Verträge und Gestaltungsmöglichkeiten

benen Bewertungsansätze wie folgt kombiniert: Im Falle einer Kündigung seitens des Start-ups wird der Unternehmenswert durch einen Gutachter auf Kosten des Start-ups bestimmt. Im Falle einer Beendigung seitens der Crowd­investoren haben Investoren das Recht zwischen Multiplikator-Methode und Sachverständigenbewertung zu wählen. Entscheiden sich Investoren für eine Sachverständigenbewertung haben sie die entstehenden Kosten der Bewertung zu tragen. Dieses Kombinations-Modell hat den Vorteil, dass bei einer Kündigung seitens des Start-ups die vorzugswürdige Bewertung durch einen Sachverständigen stattfindet. Damit wird eine die Umstände des Einzelfalls berücksichtigende Bewertung ermöglicht, die näher an dem Wert liegen dürfte, die ein Investor seiner Preisverhandlung zugrunde legen würde. Außerdem basiert die Bewertung nicht ausschließlich auf Kennzahlen zurückliegender Jahresabschlüsse. Somit werden sowohl Manipulationsanreize hinsichtlich der Kennzahlen als auch der Anreiz der Gründer, die Investments der Crowd­investoren zu kündigen, bevor sich das Start-up zur „Erfolgsgeschichte“ entwickelt, minimiert. Da das Start-up regelmäßig sämtliche Investments der Crowd­investoren gleichzeitig kündigen wird, dürften zudem die mit der Bewertung verbundenen Kosten gerechtfertigt sein. Die Möglichkeit, bei einer Kündigung seitens der Crowd­investoren die Multiplikatoren-Methode anzuwenden, bietet zugleich ein adäquates, unkompliziertes und kostengünstiges Substitut für Fälle, in denen die durch eine Sachverständigenbewertung verursachten Kosten unverhältnismäßig wären. Sowohl bei Kleinstinvestments als auch bei offensichtlicher Erfolgslosigkeit des Start-ups, werden Investoren auf die Option einer Sachverständigenbewertung verzichten, deren Kosten sie zu tragen hätten. Gleichwohl besteht auch für Investoren, die nur geringe Summen investiert haben, die Möglichkeit, diese typisierte Bewertung korrigieren zu lassen, falls sich das Unternehmen im Einzelfall außerordentlich entwickelt hat und dies durch die Vergleichswertmethode nicht hinreichend abgebildet würde. Manipulationsmöglichkeiten zu Lasten der Crowd­investoren können darüber hinaus weiter reduziert werden, indem Unternehmensbewertungen, die im Zusammenhang mit vorhergehenden Transaktionen mit Dritten ermittelt wurden, als Mindestbewertung bei der Berechnung der Beteiligung der Crowd­investoren zugrunde gelegt wird. Nach einer in Verträgen von Companisto vorzufindenden Regelung, war die in Referenzgeschäften ermittelte (Post-Money-)Bewertung auch im Rahmen der Unternehmenswertbeteiligung der Crowd­investoren als Mindestbewertung zugrunde zu legen. Als Referenzgeschäft galt jede Transaktion mit Dritten in einem näher bestimmten Zeitraum vor Beendigung des Investments der Crowd­investoren, bei der ein Unternehmenswert ermittelt wurde (d. h. eine Finanzierungsrunde oder ein Verkauf von Anteilen). Auch in einem bestimmten Zeitraum nach Kündigung der Investments erfolgende Unternehmensbewertungen Dritter können als Korrektiv herangezogen werden und einen Anspruch auf einen Nachzahlungsbetrag begründen.

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b) Exit-Beteiligung Zentrale Motivation von Venture Capital-Investoren ist es, die durch die Steige­ rung des Unternehmenswertes erzielte Rendite durch eine gelungene Desinvestition (Exit) zu realisieren.81 Als Möglichkeiten, die Beteiligung zu verkaufen, kommen insbesondere ein Börsengang des Unternehmens (IPO) sowie der Verkauf des Unternehmens an Dritte (trade sale) in Betracht.82 Die untersuchten Crowd­ investing-Verträge versuchen regelmäßig, die Position der Crowd­investoren im Hinblick auf Exit-Ereignisse an die Position von Eigenkapitalgebern anzunähern. Exit-Ereignisse, in deren Rahmen die Gründer ihre Beteiligung veräußern, werden demnach auch als „Exit-Ereignisse“ für die Crowd­investoren angesehen und führen in der Regel zu einer Beendigung der Crowd­investing-Verträge. Neben dem Anspruch auf Rückzahlung des Investments83 wird den Crowd­investoren regelmäßig ein Anspruch auf Beteiligung an der realisierten Unternehmenswertsteigerung bzw. dem bei dem Exit erzielten Erlös der Gründer eingeräumt. Die Beteiligung der Crowd­investoren an Unternehmenswertsteigerungen im Falle eines Exit-Events kann durch opportunistisches Handeln der Gründer allerdings massiv beeinträchtigt oder vereitelt werden.84 Im Rahmen der Vertragsgestaltung muss daher darauf geachtet werden, das Exit-Ereignis so zu definieren, dass Umgehungsmöglichkeiten – etwa durch sequentielle Teilverkäufe – möglichst verhindert werden. Weitere Opportunismusrisiken ergeben sich im Hinblick auf den Exit-Zeitpunkt und die Höhe der Exit-Beteiligung. aa) Zeitpunkt des Exits Um ihren eigenen Erlös im Falle eines Exits zu maximieren, haben Gründer einen Anreiz, den Exitzeitpunkt so zu wählen, dass eine Beteiligung der Crowd­ investoren vereitelt wird. Manipulationsmöglichkeiten bieten sich für Gründer insbesondere, indem sie das Investment der Crowd­investoren vor Vollzug des Exits kündigen oder den Exit auf einen Zeitpunkt nach Beendigung der Investments hinauszögern.85 Ein grundlegender Mechanismus, um dem Anreiz der Gründer entgegenzuwirken, das Investment der Crowd­investoren kurz vor einem Exit-Ereignis zu kündigen, ist die Vereinbarung von Mindestlaufzeiten für die Crowdfinanzierungen, die über den Zeitraum, in dem typischerweise mit einem Exit der Gründer gerechnet 81

Vgl. dazu etwa Ziegert, Der Venture Capital-Beteiligungsvertrag, 2005, S. 86; Pfeifer, BB 1999, 1665, 1670. 82 Siehe dazu etwa Weitnauer, in: Weitnauer (Hrsg.), Handbuch Venture Capital, 7. Aufl., 2022, Teil I., Rn. 11 ff.; Pfeifer, BB 1999, 1665, 1670. 83 Siehe § 9 B. II. 1.  oben. 84 Siehe bereits § 6 B. II. 7. c) oben. 85 Siehe § 6 B. II. 7. c) bb) oben.

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werden kann, hinausgehen. Während der Mindestlaufzeit können Gründer die Investments der Crowd­investoren nicht kündigen. Eine kurze Mindestlaufzeit verringert dabei die Wahrscheinlichkeit, dass während der Laufzeit ein Exit-Ereignis stattfindet. Je länger die vereinbarte Mindestlaufzeit, desto wahrscheinlicher ist es, dass ein möglicher Exit in den Beteiligungszeitraum der Crowd­investoren fällt. Für die Investoren hat eine längere Mindestlaufzeit hingegen den Nachteil, dass ihr Kapital für längere Zeit gebunden ist und das Investment auch bei schlechter Unternehmensentwicklung nicht beendet werden kann. Sämtliche untersuchten Verträge sahen eine Mindestlaufzeit vor, während die Dauer im Einzelnen deutlich schwankte.86 Über den Beobachtungszeitraum ließ sich ein deutlicher Anstieg der durchschnittlichen Mindestlaufzeit von anfangs ca. drei bis vier Jahren auf etwa sechs Jahre feststellen. Die Verträge von Seedmatch sahen zudem unterschiedliche Mindestlaufzeiten für Investoren und das Unternehmen vor. So war etwa eine Mindestlaufzeit für acht Jahre für das finanzierte Start-up vorgesehen, während die Investoren ihr Investment bereits nach fünf Jahren kündigen konnten. Mit divergierenden Laufzeiten kann sowohl dem Bedürfnis der Investoren nach Liquidität und der Möglichkeit, ihr Investment zu beendigen, als auch dem Schutzbedürfnis im Hinblick auf die Unternehmenswertbeteiligung im Falle eines Exit Rechnung getragen werden. Weiteren Manipulationsanreizen kann schließlich begegnet werden, wenn im Rahmen der Definition des Exit-Ereignisses als relevanter Zeitpunkt bereits auf den Abschluss des Unternehmenskaufvertrages, nicht erst auf dessen Vollzug abgestellt wird. Damit können einfachste Umgehungen im Rahmen eines Exits zum Ende der Mindestlaufzeit erschwert werden. Überdies könnte ein nachlaufender Zeitraum nach der regulären Beendigung des Investments bestimmt werden, in dem die Investoren weiterhin an einem Exit beteiligt werden. So könnte etwa vereinbart werden, dass als Exit-Ereignis auch jedes Exit-Ereignis gilt, das im Zeitraum von einem Jahr nach Beendigung des Investments infolge Kündigung seitens des Unternehmens stattfindet. Die in den Verträgen von Companisto zum Ende des Beobachtungszeitraums eingeführte Life-Time-Gewinn- und Exit-Beteiligung stellt ebenfalls ein geeignetes Mittel dar, opportunistischem Handeln der Gründer im Hinblick auf die Gewinn- und Exitbeteiligung der Investoren entgegenzuwirken. Nach dieser Regelung werden Crowd­investoren für einen Zeitraum von 100 Jahren nach Beendigung ihres Investments weiterhin an Gewinn und Exit-Erlösen beteiligt, wenn die Kündigung von den Gründern erklärt wurde. Mit dieser Regelung werden insbesondere die Anreize der Gründer, Exit-Möglichkeiten zu verzögern oder Gewinne verzögert zu realisieren, deutlich vermindert.

86 Zu den empirischen Erkenntnissen hinsichtlich der Entwicklung der im Untersuchungszeitraum vorzufindenden Mindestlaufzeiten siehe § 8 F. I. 2. oben.

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bb) Höhe der Exit-Beteiligung Die Beteiligung der Crowd­investoren im Falle eines Exit-Ereignisses war in den untersuchten Verträgen im Wesentlichen in zwei Varianten ausgestaltet. Nach der ersten Variante wurde ein Unternehmenswert nach der Multiplikator-Methode bestimmt. Wie oben ausgeführt, bestehen gegen die (ausschließliche) Heranziehung der Multiplikator-Methode grundsätzliche Bedenken.87 Außerdem bestehen zahlreiche Anreize zur Beeinflussung der im Rahmen der Multiplikator-Methode zugrunde zulegenden Kennzahlen (window dressing). Vor allem aber scheint es nicht adäquat, die Beteiligung der Crowd­investoren auf der Grundlage einer typisierenden Bewertungsmethode zu bestimmen, während mit einem tatsächlich erzielten Exiterlös gleichzeitig ein am Markt erzielter Marktwert feststeht. In der zweiten Variante wurden die Investoren (entsprechend ihrer Investmentquote)  am tatsächlich erzielten Exiterlös beteiligt. Haben die Investoren einen Anspruch auf eine anteilige Beteiligung an dem tatsächlich erzielten Exiterlös, bestehen für die Gründer Anreize zu trilateral bargaining. Stimmen die Gründer etwa einem reduzierten Kaufpreis zu und lassen sich dafür weitere Gegenleistungen versprechen, etwa eine Beratertätigkeit oder eine Anstellung in dem verkauften Unternehmen mit entsprechender Vergütung und weiterer Bonusse, können sie die Beteiligung der Investoren minimieren und zugleich ihren eigenen Nutzen erhöhen. Vor diesem Hintergrund muss die vertragliche Definition des Exiterlöses möglichst weit gefasst werden und sämtliche denkbaren unmittelbaren und mittelbaren, ggf. auch erst in der Zukunft realisierten Gegenleistungen einbeziehen.88 5. Zwischenergebnis und Gestaltungsempfehlungen Als zentrale Erkenntnis der vorstehenden Ausführungen lässt sich festhalten, dass die untersuchten Crowd­investing-Verträge die Crowd­investoren nur sehr unzureichend vor opportunistischen Handlungen der Gründer schützen, die unmittelbar auf die Beeinträchtigung der den Crowd­investoren eingeräumten Vermögensrechte zielen. Solange die Crowd­investing-Verträge keine oder nur unzureichende Schutzmechanismen vorsehen, die sicherstellen, dass die Crowd­investoren in dem 87

Siehe § 9 B. II. 4. a) bb) oben. Als Beispiel kann hier etwa die Formulierung in Ziff. 12.4 des von Companisto angebotenen Beteiligungsvertrages in Form eines partiarischen Nachrangdarlehens zur Finanzierung des Start-ups Cogia (Dezember 2016) dienen: „Exiterlös im Sinne dieses Vertrages ist jedwede unmittelbare oder mittelbare Gegenleistung für die Übertragung oder Einräumung der Geschäftsanteile oder der Vermögenswerte oder für die öffentlich börsenplatzierten Geschäftsanteile und der Liquidationserlös. Hierbei sind sämtliche mit dem Exit in Beziehung stehenden vertraglichen Abreden sowie jegliche Zahlungen an die Gesellschafter zu berücksichtigen. Falls die Gegenleistung ganz oder teilweise nicht in Geld erfolgt, dann ist insoweit der Verkehrswert in Geld anzusetzen. Zu berücksichtigen sind alle Transaktionen durch die der Erwerber Geschäftsanteile oder Betriebsvermögen erworben hat.“

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versprochenen Umfang an etwaigen Gewinnen, Unternehmenswertsteigerungen und Exiterlösen partizipieren, ist kaum vorstellbar, dass sich Crowd­investing in der hier untersuchten Form mittel- oder langfristig als ernstzunehmende Finanzierungsalternative etablieren kann. Aus den vorstehenden Ausführungen lassen sich die folgenden grundlegenden Gestaltungsempfehlungen für Crowd­investingVerträge ableiten, die ein unverzichtbares Mindestmaß an Schutz der versprochenen Vermögensrechte gewährleisten. Der Berechnung der Gewinnbeteiligung der Crowd­investoren muss ein um sämtliche gewinnmindernde Wertabflüsse angepasster Unternehmensgewinn zugrunde gelegt werden. Der der Gewinnbeteiligung zugrunde zulegende Unternehmensgewinn ist daher um die Auswirkungen sämtlicher Maßnahmen und Rechtsgeschäfte zu korrigieren, die mit typisierten Risiken für opportunistisches Verhalten einhergehen. Solche Maßnahmen sind etwa Dividendenzahlungen und sonstige Ausschüttungen, Bonuszahlungen und sonstige über eine marktübliche Vergütung hinausgehende Vergütungsbestandteile oder gewinnmindernde Wertabflüsse durch Verträge mit den Gründern und diesen nahestehenden Personen, die nicht zu marktüblichen Bedingungen geschlossen wurden. Für die Zwecke der Beteiligung der Crowd­investoren an Unternehmenswertsteigerungen am Ende der Laufzeit der Kapitalüberlassung, stellt die Multiplikator-Methode grundsätzlich eine Möglichkeit einer einfachen und kostengünstigen Unternehmensbewertung dar. Diese Methode ist insbesondere für Fälle, in denen eine Unternehmensbewertung durch einen Sachverständigen wirtschaftlich nicht sinnvoll ist, angemessen. Typische Fälle sind etwa die Kündigung von kleinvolumigen Investments einzelner Crowd­investoren und Kündigungen bei offensichtlichem Misserfolg des finanzierten Unternehmens. Um eine angemessene Partizipation der Crowd­investoren im Falle einer überdurchschnittlichen Entwicklung des finanzierten Unternehmens sicherzustellen, sollte die Bewertung durch einen Sachverständigen jedenfalls als alternative Bewertungsmethode optional möglich sein, wenn die dafür entstehenden Kosten in einem angemessenen Verhältnis zum Investitionsvolumen oder der zu erwartenden Rendite stehen. Dies sollte einerseits der Fall sein, wenn die Kündigung durch das Start-up-Unternehmen und für sämtliche Investments der Crowd­investoren erfolgte. Zum anderen sollte Crowd­ investoren die Möglichkeit der alternativen Sachverständigenbewertung auf eigene Kosten eingeräumt werden. Zur Vermeidung von window dressing durch Manipulationen der maßgeblichen Kennzahlen in Fällen, in denen die Multiplikator-Methode zur Anwendung kommt, sollten zudem weitere vertragliche Schutzmechanismen vereinbart werden. Der für die Berechnung der Gewinnbeteiligung maßgebliche Gewinn sollte etwa entsprechend den obigen Ausführungen auch bei Anwendung der Multiplikator-Methode korrigiert werden. Um Kündigungen zu für die Gründer strategisch günstigen Zeitpunkten mit dem Ziel, eine Beteiligung der Crowd­investoren zu vereiteln, zu vermeiden, sollten die maßgeblichen Kennzahlen nicht auf einer vergangenen Periode

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beruhen, sondern etwa der Durchschnitt des der Kündigung vorhergehenden, des aktuellen und des nachfolgenden Geschäftsjahres gebildet werden. Außerdem sollten für die Unternehmensbewertung in unmittelbarem zeitlichem Zusammenhang stehende Bewertungen Dritter, etwa im Rahmen von vorhergehenden oder nachfolgenden Finanzierungsrunden, als Mindestbewertung zugrunde gelegt werden. Im Hinblick auf die Beteiligung der Crowd­investoren im Falle eines Exits sollten Crowd­investoren zwingend an einem tatsächlich erzielten Erlös beteiligt werden. Eine Berechnung der Beteiligung mittels Multiplikator-Methode vermag eine außerordentliche Entwicklung des Unternehmens regelmäßig nicht abzubilden. Die Definition des der Beteiligung zugrunde zulegenden Exiterlöses muss möglichst weit gefasst sein und auch mittelbare oder nur im Zusammenhang mit dem Exit gewährte Leistungen einbeziehen. Zur Vermeidung einer Vereitelung einer Exit-Beteiligung der Crowd­investoren durch vorherige Kündigung des Investments seitens des finanzierten Unternehmens sollten einerseits ausreichende Mindestlaufzeiten vereinbart werden, während derer das Unternehmen die Finanzierung nicht kündigen kann. Mittels divergierender Mindestlaufzeiten für Unternehmen und Crowd­investoren kann zugleich dem Interesse der Crowd­investoren an einer ausreichenden Liquidität ihres Investments Rechnung getragen werden. Zudem sollte die Definition des Exit-Ereignisses bereits auf den schuldrechtlichen Vertragsschluss und nicht erst den Vollzug des Exits abstellen. Schließlich sollten auch in einen bestimmten nachlaufenden Zeitraum nach regulärer Beendigung des Investments fallende Exit-Ereignisse die Crowd­investoren zu einer Exit-Beteiligung berechtigten.

III. Informations- und Kontrollrechte Die Finanzierungsbeziehung zwischen Crowd­investoren und finanziertem Startup-Unternehmen ist geprägt von massiven Informationsdefiziten der Crowd­ investoren. In der Venture Capital-Vertragspraxis sind spezifische vertragliche Informations- und Kontrollrechte für Kapitalgeber daher unverzichtbar, damit diese ihr Investment und das finanzierte Unternehmen in angemessener Weise überwachen können. Entsprechend können Informations- und Kontrollrechte auch für Crowd­investoren ein wichtiges Mittel sein, um Informationsdefizite im Hinblick auf die Unternehmensführung und die Entwicklung des Unternehmens zu reduzieren.

1. Spezifische Interessenlage Crowd­investoren haben grundsätzlich ein Interesse an möglichst umfassenden und regelmäßigen Informationen über die Geschäftspolitik, den Stand technischer Entwicklungen sowie die Marktentwicklung, vor allem aber über die wirtschaft­

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liche Gesamtentwicklung des finanzierten Unternehmens. Nur auf Basis einer ausreichenden Informationsgrundlage können sie die Entwicklung ihres Investments hinreichend beurteilen. Dies ist Voraussetzung, um bestehende Handlungsmöglichkeiten auszuüben, etwa das Investment (außerordentlich) zu kündigen oder es (soweit möglich) zu veräußern und so zu liquidieren. Auch soweit die Investoren nicht unmittelbar auf die Unternehmensführung einwirken können,89 besteht unter Umständen die Möglichkeit, auf die Gründer und das Management – etwa über den Investor Relations-Kanal – einzuwirken oder bei Fehlentwicklungen gemeinsam mit den übrigen Crowd­investoren öffentliche Diskussionen anzustoßen und so einen Reputationsdruck auf das Unternehmen aufzubauen. Schließlich können Investoren ihre Rechte auch auf dem Rechtsweg nur durchsetzen, wenn sie Kenntnis von den eine Rechtsverletzung begründenden Tatsachen haben. Vor allem wirkt die Verringerung von Informationsdefiziten jedoch unmittelbar den Anreizen der Gründer zu opportunistischem Verhalten entgegen. Zu berücksichtigen ist allerdings auch, dass ein engmaschiges Monitoring des finanzierten Unternehmens – wie bei typischen Venture Capital-Finanzierungen üblich – regelmäßig außer Verhältnis zu den von den Crowd­investoren investierten Beträgen stehen dürfte und damit für die Investoren irrational wäre.90 Auch angesichts der begrenzten Einfluss- und Handlungsmöglichkeiten ist das objektive Informationsbedürfnis der Crowd­investoren im Hinblick auf Detailgrad, Umfang und Regelmäßigkeit jedenfalls geringer als dies für klassische Venture CapitalGeber regelmäßig der Fall ist. Aus Sicht der Gründer ist die Bereitstellung von Informationen ebenfalls mit Kosten verbunden. Außerdem haben die Gründer ein Interesse, sowohl technische Entwicklungen als auch Unternehmensentwicklungen vor (potentiellen) Wettbewerbern geheim zu halten. Die Informationsweitergabe an Investoren ist immer mit dem Risiko einer weitergehenden Verbreitung von Betriebsgeheimnissen verbunden. Neben diesen berechtigten Interessen haben Gründer zudem einen starken Anreiz, möglichst keine oder nur ausgewählte Informationen offenzulegen, um sich einerseits hinsichtlich ihrer Unternehmensführung und der Entwicklung des Unternehmens nicht angreifbar zu machen und andererseits für die Investoren ungünstige Entscheidungen zu verstecken.

89 Typischerweise verfügen Crowdinvestoren über keinerlei unmittelbare Mitspracherechte bei der Unternehmensführung oder sonstige Mitwirkungs- oder Stimmrechte, vgl. die empirischen Erkenntnisse unter § 8 G. 90 Angesichts der geringen Einzelinvestments dürfte sich ein intensives Monitoring für die Crowdinvestoren regelmäßig nicht „lohnen“, sondern ein Untätigbleiben rational sein. Zu der in diesem Fall rationalen Apathie siehe bereits Fn. 47.

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2. Informations- und Einsichtsrechte im Untersuchungszeitraum Die untersuchten Crowd­investing-Verträge räumen den Crowd­investoren in ganz unterschiedlichem Ausmaß Informationsrechte ein.91 Die in Abhängigkeit von Plattform und Entwicklungsstand des jeweiligen Vertrages unterschiedlichen Ausgestaltungen umfassen Quartalsreports, Übermittlung des Jahresabschlusses, Gewinnmitteilungen und Mitteilungen nach einer Verwässerung der Investmentquote. Zum Teil werden auch generelle Informationspflichten bei Ereignissen von wesentlicher Bedeutung oder „ad-hoc-Mitteilungspflichten“ statuiert. Die Informationen werden in der Regel über einem Investor Relations-Kanal auf der Webseite der Crowd­investing-Plattformen bereitgestellt oder per E-Mail übermittelt. Vereinzelt gab es zudem physische oder webbasierte Investorenversammlungen. Die vorzufindenden Regelungen sind im Wesentlichen an entsprechende Informationsrechte der Kapitalgeber im Rahmen von Venture Capital-Verträgen angelehnt.92 Die vereinzelt vorzufindende Investorenversammlung weckt Assoziationen zur Hauptversammlung der AG. Allerdings handelt es sich in den untersuchten Ausgestaltungen um reine Informationsveranstaltungen, bei denen den Investoren weder Auskunfts- oder Fragerechte93 noch Stimmrechte oder sonstige Rechte zustehen. In den ersten Crowd­investing-Verträgen wurden den Investoren zudem relativ weitgehende Einsichtsrechte eingeräumt.94 Diese wurden im Beobachtungszeitraum allerdings sukzessive eingeschränkt und verschwanden zum Ende des Beobachtungszeitraums ganz aus den Crowd­investing-Verträgen. In Venture Capital-Verträgen werden die Informationsrechte der Kapitalgeber hingegen häufig durch Einsichts- und Kontrollrechte flankiert, mit denen die erhaltenen Informationen, etwa durch Einsicht in entsprechende Unterlagen des Unternehmens vor Ort überprüft werden oder sich Kapitalgeber erforderliche Informationen selbst verschaffen können.95 3. Bewertung und Gestaltungsempfehlungen Die Gewährung von Informationsrechten stellt einen unverzichtbaren Baustein zur Reduzierung der nachvertraglichen Informationsdefizite der Crowd­investoren und des strukturellen Informationsgefälles zu den finanzierten Unternehmen dar. 91

Siehe dazu die empirischen Erkenntnisse unter § 8 H. oben. Für die Darstellung der Entwicklung mittels eines Informationsrechte-Indexes siehe auch § 10 C. II. 3. und § 10 C. III. 1. c) unten. 92 Vgl. § 7 C. I. oben. 93 Aktionären einer AG ist nach § 131 Abs. 1 Satz 1 AktG auf Verlangen in der Hauptversammlung vom Vorstand Auskunft über Angelegenheiten der Gesellschaft zu geben, soweit sie zur sachgemäßen Beurteilung des Gegenstands der Tagesordnung erforderlich ist. 94 Siehe § 8 H. IV. oben. 95 Vgl. § 7 C. II. oben.

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§ 9 Analyse der Crowd­investing-Verträge und Gestaltungsmöglichkeiten

Da die Crowd­investoren keinen Zugang zu Informationen hinsichtlich der Unternehmensentwicklung haben, sind sie auf entsprechende Berichte der Gründer angewiesen. Durch die Verringerung von Informationsdefiziten wirken Informationsrechte opportunistischem Verhalten und Ressourcenverschwendung durch die Gründer entgegen. Schließlich wird es Crowd­investoren erst möglich, etwaiges Fehlverhalten oder wirtschaftliche Fehlentwicklungen zu erkennen und entsprechende Gegenmaßnahmen einzuleiten, wenn sie über die relevanten Informationen über die Entwicklung des Unternehmens verfügen. Nur auf Grundlage ausreichender Informationen können Crowd­investoren etwaige Ansprüche aus ihren Vermögensrechten überprüfen und Entscheidungen über Kündigung oder Verkauf ihres Investments treffen. Während in der Venture Capital-Vertragspraxis häufig relativ detaillierte Informationen erforderlich sind, um ein engmaschiges Monitoring sowie die von den Kapitalgebern regelmäßig zu erbringende Beratung der Gründer zu ermöglichen, können sich Informationsrechte im Bereich des Crowd­investing auf das für die Crowd­investoren notwendige Maß beschränken. Das zum Ende des Untersuchungszeitraums überwiegend vorzufindende Informationsrechte-Bündel aus Quartalsreporting mit aussagekräftigen Informationen über die Unternehmensentwicklung, die Übermittlung des Jahresabschlusses und Mitteilungen über Folgefinanzierungen und resultierender Verwässerungen der Investmentquote sowie die Berechnung von Zahlungsansprüchen erscheint als ein notwendiges Minimum an Informationsrechten, das Investoren überhaupt erst eine vernünftige Verwaltung und Beurteilung der Entwicklung ihres Investments erlaubt. Erhalten die Crowd­investoren keine Informationen zu Kennzahlen wie Gewinn und Umsatz, ist es für sie ausgeschlossen, eine etwaige Gewinn- oder Unternehmenswertbeteiligung zu überprüfen. Ebenfalls müssen sie über erfolgte Folgefinanzierungen und etwaige Auswirkungen auf ihre Investmentquote informiert werden. Nur wenn Quartalsreportings aussagekräftige Informationen wie etwa einen Soll-/Ist-Vergleich in Bezug auf die Finanzplanung, Informationen zur Liquiditätssituation, zur Entwicklung des Produktes und des Vertriebs sowie des Personals erhalten, können Crowd­investoren die Entwicklung des Unternehmens hinreichend beurteilen. Weiterhin sollten Gründer verpflichtet sein, Investoren über wesentliche Ereignisse, die für das Start-up und / oder das Investment von wesentlicher Bedeutung sind, unverzüglich zu informieren. Die Notwendigkeit grundlegender Informations­pflichten wird etwa durch Fälle belegt, in denen Investoren noch Monate, nachdem das gesamte Gründerteam das Unternehmen verlassen und den Geschäftsbetrieb faktisch eingestellt hat,96 von einer erfolgreichen Entwicklung ihres Investments ausgingen.

96

Vgl. dazu den Fall Unyte Yoga, § 6 B. I. 5.  oben.

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Für die Crowd­investoren besteht das Risiko, dass Gründer für die Investoren nachteilige Informationen zurückhalten oder Informationen generell zu positiv darstellen, da sie andernfalls mit Konsequenzen – etwa dem Abzug des Kapitals oder rechtlichen Konsequenzen – rechnen müssen. Ähnlich der Situation vor Vertragsschluss97 besteht auch bei Informationsübermittlungen während der Laufzeit, das Risiko von falschen, unvollständigen oder zu optimistisch interpretierten Informationen. Die Möglichkeit, dass Crowd­investoren unter Ausübung von Einsichts- und Kontrollrechten Informationen auf ihre Korrektheit hin überprüfen, kann den Gründern einen entscheidenden Anreiz zu wahrheitsgemäßer Information setzen. Zwar ist die Ausübung von Einsichtsrechten gerade im Bereich des Crowd­ investing mit im Einzelfall prohibitiv hohen Kosten verbunden. Allerdings dürfte allein die Existenz solcher Einsichtsrechte und die Möglichkeit der Kontrolle und Aufdeckung etwaiger Falschinformationen einen gewissen Anreiz zu wahrheitsgemäßer Information entfalten. Eine Alternative, um das Risiko der Investoren zu reduzieren, falsche oder unvollständige Informationen zu erhalten, ist etwa die Verpflichtung des finanzierten Unternehmens, testierte Abschlüsse zur Verfügung zu stellen.98 Weiterhin können Gründer verpflichtet werden geeignete Nachweise vorzulegen. So könnte etwa die Gewinnberechnung mittels der der Gewinnberechnung zugrunde gelegten Steuerbescheide nachgewiesen werden. Denkbar ist auch, dass die Crowd­investing-Plattform oder ein sonstiger Dritter die Überprüfung bestimmter Informationen für die Crowd­investoren übernimmt und diesen bestätigt. Als Problem für die Crowd­investoren hat sich die Durchsetzung der Informationsrechte erwiesen. Mangels entsprechender Sanktionierung kamen die finan­ zierten Start-ups ihren Reporting­­­pflichten häufig nicht oder nur mit großer Verzögerung nach.99 Das in späteren Verträgen eingeführte außerordentliche Kündigungsrecht der Investoren bei wiederholtem Verstoß gegen die Reportingpflichten dürfte den Gründern einen ausreichenden Anreiz setzen, ihren vertraglichen Reportingpflichten fristgemäß nachzukommen.100 Auch Einsichtsrechte der Crowd­investoren dürften eine Anreizwirkung entfalten, den Investoren geschuldete Informationen rechtzeitig zur Verfügung zu stellen. Erhalten Investoren die 97

Siehe § 6 B. II. 1. a) oben. Eine Prüfpflicht für Jahresabschlüsse besteht nach § 316 Abs. 1 HGB rechtsform- und größenabhängig nur für mittelgroße und große Kapitalgesellschaften. Siehe dazu § 7, Fn. 58. 99 Die Bereitstellung der geschuldeten Reports wurde von Crowdinvestoren häufig in Dis­ cussion Boards angemahnt und entsprechende Verstöße und Verzögerungen in zahlreichen Forenbeiträgen beklagt. Nach Angaben von Seedmatch reichten nur 80 % der 61 bis zu diesem Zeitpunkt über die Plattform finanzierten Unternehmen das Quartalsreporting im dritten Quartal 2014 fristgemäß ein, vgl. Seedmatch, Blog-Beitrag vom 18. 12. 2014, https://blog. seedmatch.de/vibewrite-antrag-auf-eroeffnung-insolvenzverfahrens/. 100 Dieser Sanktionsmechanismus wurde von Seedmatch erstmals im Investmentvertrag in Form eines partiarischen Nachrangdarlehens zur Finanzierung der belsonno GmbH (Juli 2015) aufgenommen. Die Anpassung der Verträge dürfte vor allem auf die Insolvenz und die ausbleibenden Reportings der Vibewrite UG zurückzuführen sein. Siehe dazu auch § 6 B. I. 2.  98

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§ 9 Analyse der Crowd­investing-Verträge und Gestaltungsmöglichkeiten

geschuldeten Reports nicht, könnten sie vermehrt von etwaigen Einsichtsrechten Gebrauch machen, was wiederum mit Kosten für das finanzierte Unternehmen verbunden wäre. Um einem Durchsetzungsdefizit entgegenzuwirken, sollten (jedenfalls wiederholte)  Nichtbeachtungen der Informationspflichten oder von dem finanzierten Start-up zu vertretende Verzögerungen der Informationsbereitstellung mit einen Sonderkündigungsrecht sanktioniert werden. Den bestehenden Anreizen zu falschen Informationen, kann einerseits mit (beschränkten) Einsichtsrechten begegnet werden. Um ein Mindestmaß an Kontrolle zu etablieren, erscheint es allerdings vorzugswürdig und weniger kostenintensiv, das finanzierte Unternehmen vertraglich zu einer Prüfung seiner Jahresabschlüsse zu verpflichten. Angesichts der gleichwohl nur beschränkten Handlungsmöglichkeiten der Crowd­investoren und des infolge der geringen Einzelinvestments typischerweise bestehenden Anreizes der Crowd­investoren, sich passiv zu verhalten,101 sind weitere vertragliche Mechanismen zur Verhaltenssteuerung im Bereich des Crowd­ investing unumgänglich.

IV. Mitspracherechte und Zustimmungsvorbehalte Im Gegensatz zu herkömmlichen Venture Capital-Gebern erhalten Crowd­ investoren weder Stimmrechte noch andere Möglichkeiten, sich unmittelbar an der Unternehmensführung, etwa im Rahmen von Kontrollgremien, zu beteiligen. Vor allem zu Beginn des Untersuchungszeitraums sahen Crowd­investing-Verträge noch vereinzelt Zustimmungsvorbehalte im Hinblick auf wesentliche, über das normale Tagesgeschäft hinausgehende Maßnahmen der Gründer zu Gunsten der Crowd­investoren vor.102 Der Katalog zustimmungspflichtiger Maßnahmen in den anfangs angebotenen Verträgen umfasste unter anderem Änderungen oder die Aufgabe des Innovationsvorhabens oder des Unternehmensgegenstandes sowie die Aufgabe des Geschäftsbetriebs. Weiterhin stand die Veräußerung oder Belastung (eines wesentlichen Teils) des Gesellschaftsvermögens, der Abschluss von Beherrschungs- und Gewinnabführungsverträgen sowie die Übernahme von Bürgschaften und Garantien, wie auch die Kreditgewährung – soweit diese jeweils nicht dem gewöhnlichen Geschäftsbetrieb unterfallen – unter Zustimmungsvorbehalt. Auch die Änderung von Geschäftsführeranstellungsverträgen bedurfte der Zustimmung der Crowd­investoren. Führte das Unternehmen die Maßnahmen durch, ohne die erforderliche Zustimmung der Crowd­investoren einzuholen, konnten diese ihr Investment regelmäßig außerordentlich kündigen.

101 Zur rationalen Apathie siehe bereits Fn. 47. Vgl. dazu auch Hornuf / Schilling / Schwienbacher, J. Corp. Fin. 77 (2022) 101927. 102 Siehe § 8 G. oben.

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Abhängig von ihrer konkreten Ausgestaltung können Zustimmungsvorbehalte ein wirksames Mittel zur Vermeidung von Maßnahmen der Gründer, die typischerweise Opportunismusrisiken bergen, sein.103 In der in den untersuchten Verträgen vorzufindenden Ausgestaltung beschränken Zustimmungsvorbehalte zwar nicht unmittelbar den Handlungsspielraum der Gründer. Setzen Gründer Maßnahmen ohne die vertraglich vereinbarte Zustimmung der Crowd­investoren um, mussten sie jedoch damit rechnen, dass die Crowd­investoren ihr Investment außerordentlich kündigten und das Unternehmen die Finanzierung unverzüglich zurückzahlen musste. Die Rückzahlungsverpflichtung kann die Gründer dazu motivieren, zustimmungspflichtige Maßnahmen, für die die erforderliche Zustimmung nicht erteilt wurde, zu unterlassen. Zustimmungsvorbehalte stehen zwar dem Interesse der Gründer an maximaler Flexibilität und minimaler Einflussnahme der Investoren entgegen. Allerdings lässt sich mit einem adäquaten Katalog an Zustimmungsrechten der der Finanzierung – jedenfalls stillschweigend – zugrunde liegende Konsens der Parteien zum Zeitpunkt der Finanzierung fixieren. Bei zurückhaltender Ausgestaltung der Zustimmungsvorbehalte – insbesondere in deutlich eingeschränkterem Ausmaß als im Rahmen von Venture Capital-Verträgen üblich104 – wird die Flexibilität und die Entscheidungsfreiheit der Gründer nur soweit eingeschränkt, als dies zur Wahrung der Interessen der Crowd­investoren und zur Sicherung der Geschäftsgrundlage der Finanzierung zwingend erforderlich ist. Mit Zustimmungsvorbehalten für eine Änderung des Innovationsvorhabens oder des Unternehmensgegenstandes kann etwa dem Risiko einer Veränderung der Unternehmensstrategie und des risk shifting, aber auch einem suboptimalen Investitionsverhalten entgegengewirkt werden.105 Zustimmungsvorbehalte für die Veräußerung von notwendigem Betriebsvermögen und bestimmten besonders relevanten Assets oder die Gewährung von Krediten begegnen den Risiken, dass Gründer Unternehmensressourcen missbrauchen, die Vermögensrechte der Crowd­ investoren vereiteln oder die Unternehmensstrategie verändern und wirken risk shifting entgegen. Gleichzeitig kann damit auch opportunistischem Verhalten der Gründer im Rahmen von Exit-Entscheidungen und der Gefahr einer Vereitelung der Vermögensrechte der Crowd­investoren, etwa durch einen Ausverkauf des finanzierten Unternehmens, begegnet werden. Das aus Sicht der Gründer bestehende Risiko, dass die Crowd­investoren Maßnahmen, die aus unternehmerischer Sicht erforderlich werden, aus unsachlichen Gründen blockieren, lässt sich durch die Etablierung eines Mehrheitsentscheidungsmechanismus – wie dies in einzelnen Crowd­investing-Verträgen bereits vorzufinden war – minimieren. Widerstreitende Interessen zwischen Unternehmen und Investoren können ferner durch ein außerordentliches Kündigungsrecht der 103

Siehe dazu § 7 D. III. oben. Vgl. dazu § 7 D. III. oben. 105 Siehe dazu § 6 B. II. 4.  und § 6 B. II. 5.  oben. 104

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§ 9 Analyse der Crowd­investing-Verträge und Gestaltungsmöglichkeiten

Investoren für den Fall, dass das Unternehmen an der Durchführung der Maßnahme trotz nicht erteilter Zustimmung festhält, zum Ausgleich gebracht werden. Insbesondere angesichts der zahlreichen Möglichkeiten, durch opportunistisches Verhalten die Vermögensrechte der Crowd­investoren unmittelbar zu vereiteln, erscheint ein ausgewogenes Maß an Zustimmungsvorbehalten zugunsten der Crowd­ investoren unverzichtbar, um die Geschäftsgrundlage der Finanzierungsbeziehung zu sichern. Bei einer angemessenen Ausgestaltung geht damit auch keine über das unbedingt notwendige Maß hinausgehende Einschränkung der Handlungsfreiheiten der Unternehmensgründer einher.

V. Stufenfinanzierung Lediglich drei der untersuchten Crowd­investing-Verträge enthielten Regelungen, nach denen den finanzierten Unternehmen das eingeworbene Kapital lediglich in Tranchen überlassen wird.106 Im Bereich der Venture Capital-Finanzierung ist die Stufenfinanzierung hingegen weit verbreitet und ein wichtiges Mittel, um diversen Agenturproblemen entgegenzuwirken.107 Abhängig von der konkreten Ausgestaltung kann mittels Stufenfinanzierung das generelle Verlustrisiko der Crowd­ investoren minimiert werden, andererseits können Informations­asymmetrien und das Risiko opportunistischen Verhaltens reduziert werden. 1. Minimierung des Verlustrisikos Die in den Verträgen von Companisto kurzfristig vorzufindende Ausgestaltung einer Stufenfinanzierung (in Form des Crowd Voting)108 ist zunächst geeignet, das Verlustrisiko der Crowd­investoren zu minimieren, indem diesen eine Ausstiegsoption eingeräumt wird.109 Ist bereits innerhalb der ersten sechs Monate erkennbar, dass das Start-up nicht erfolgreich sein wird – etwa weil wie im Fall von Unyte Yoga entscheidende Personen das Unternehmen unmittelbar nach Abschluss 106

Siehe § 8 C. II. oben. Siehe dazu § 7 E. oben. 108 Siehe § 8 C. II. oben. 109 Angerer / Niemand / Kraus / T hies, 28 J. Small Bus. Strategy 1–17 (2018) untersuchten in einer experimentellen Studie die Frage, inwieweit Optionen zur Risikoreduzierung wie etwa die gestaffelte Bereitstellung von Kapital mittels Crowd Voting das Investitionsverhalten von Crowdinvestoren beeinflussen. Die Studie kommt zu dem Ergebnis, dass das Angebot entsprechender Absicherungsmechanismen das Risikobewusstsein der Investoren hinsichtlich riskanter Projekte steigert und dazu führt, dass Investoren von riskanteren Projekten Abstand nehmen und in tendenziell weniger riskante Projekte investieren. Das Ergebnis der Studie legt damit nahe, dass Investoren Absicherungsmechanismen nicht als Möglichkeit zur Risikoreduzierung wahrnehmen, sondern vielmehr als Signal für besonders riskante Projekte und die Investoren veranlasst, auf als weniger riskant wahrgenommene Projekte auszuweichen. 107

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der Finanzierung verlassen haben,110 oder wird das Unternehmen wie im Fall von Vibe­write unmittelbar nach der Finanzierung insolvent – können Crowd­investoren potentielle Verluste auf den zunächst dem Unternehmen zur Verfügung gestellten Betrag begrenzen.111 Der zurückbehaltene Anteil des Investments wird an die Investoren zurückgezahlt. Außerdem erhalten die Investoren mit der Entscheidung über die Weiterfinanzierung die Möglichkeit, ihre Investitionsentscheidung anhand der tatsächlichen Entwicklung des Unternehmens und etwaiger exogener Faktoren zu überprüfen, sodass insoweit eine Risikoverschiebung zu Lasten der Gründer stattfindet.112 2. Reduzierung vor- und nachvertraglicher Informationsasymmetrien Generell ist eine Stufenfinanzierung geeignet, vorvertragliche Informationsasymmetrien zu reduzieren.113 Da Gründer ein Interesse an der Auszahlung der weiteren Tranche(n) haben, sind sie bestrebt, Milestones zu vereinbaren, die realistischerweise erreichbar sind. Daraus resultiert zugleich ein Anreiz, das Unternehmen im Vorfeld der Finanzierung möglichst realistisch und nicht übermäßig optimistisch darzustellen. Die von Companisto in drei Verträgen verwendete Staging-Regelung knüpfte die Auszahlung der zweiten Tranche allerdings nicht an das Erreichen konkreter Meilensteine. Die Entscheidung über die Auszahlung stand vielmehr im freien Ermessen der Mehrheit der Investoren.114 Ein so ausgestaltetes Staging ist wenig geeignet, die Gründer zu motivieren, bestimmte Umstände möglichst realistisch darzustellen, um realistischerweise erreichbare Meilensteine vereinbaren zu können. Gleichwohl dürfte der Mechanismus die Gründer vor Vertragsschluss dazu veranlassen, das Unternehmen jedenfalls so darzustellen, dass die generellen Erwartungen der Crowd­investoren nicht vorschnell, d. h. bis zur Entscheidung über die Auszahlung, enttäuscht werden. Insbesondere falschen Angaben oder nicht erreichbaren Zielen, die unmittelbar nach Abschluss der Finanzierung aufgedeckt würden, kann ein so ausgestaltetes Staging durchaus entgegenwirken. Solange die Entscheidung der Crowd­investoren über die Auszahlung weiterer Tranchen noch aussteht, dürften die Gründer zudem einen starken Anreiz haben, ihren – nach den Crowd­investing-Verträgen im Einzelfall bestehenden – Reportingpflichten nachzukommen, um die Erwartungen der Investoren auf ein vertragstreues Verhalten nicht zu enttäuschen.115

110

Vgl. § 6 B. I. 5.  oben. Vgl. auch Angerer / Niemand / Kraus / T hies, 28 J. Small Bus. Strategy 1, 7 (2018). 112 Dazu auch Angerer / Niemand / Kraus / T hies, 28 J. Small Bus. Strategy 1, 5, 7 (2018). 113 Siehe dazu § 7 E. II. 2.  oben. 114 Siehe § 8 C. II. oben. 115 Vgl. dazu auch Angerer / Niemand / Kraus / T hies, 28 J. Small Bus. Strategy 1, 5 (2018). 111

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§ 9 Analyse der Crowd­investing-Verträge und Gestaltungsmöglichkeiten

3. Anreiz zur Reduzierung opportunistischen Verhaltens Angesichts der Verknappung liquider Mittel setzt die Stufenfinanzierung des Weiteren einen Anreiz für einen effizienteren Einsatz finanzieller Ressourcen. Darüber hinaus wird die Möglichkeit beschränkt, Mittel für eigennützige, unternehmensfremde Zwecke zu verwenden.116 Zwar handelt es sich bei den im Rahmen des Crowd­investing zur Verfügung gestellten Beträgen regelmäßig um relativ kleine Summen.117 Außerdem sind die einem Unternehmen in der Anfangsphase zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel naturgemäß knapp. Gleichwohl führt die tranchenweise Auszahlung zu einer weiteren Beschränkung finanzieller Spielräume der Gründer und dürfte daher einen weiteren Anreiz entfalten, die finanziellen Ressourcen möglichst sparsam und effizient einzusetzen. Im Hinblick auf den von Companisto kurzzeitig verwendeten Staging-Mechanismus dürfte ein darüberhinausgehender positiver Leistungsanreiz der Gründer hingegen darauf beschränkt sein, die Erwartungen der Kapitalgeber nicht offensichtlich zu enttäuschen, da sie andernfalls die Weiterfinanzierung verweigern würden. Da die Entscheidung über die Weiterfinanzierung ins Belieben der Crowd­ investoren gestellt ist, geht mit einer so ausgestalteten Staffelung jedoch kein Anreiz einher, durch besonders hohen Arbeitseinsatz bestimmte, konkret vereinbarte Meilensteine zu erreichen. Anders kann dies im Einzelfall allerdings dann zu beurteilen sein, wenn die Gründer von sich aus bereits vor der Finanzierung konkrete Ziele ausgegeben haben, die bis zur Entscheidung über die Weiterfinanzierung erreicht werden sollen. Dann erscheint es plausibel, dass Crowd­investoren die Gründer an diesen Versprechen messen und die Erreichung dieser „impliziten Meilensteine“ in ihre Entscheidung über die Weiterfinanzierung einbeziehen. 4. Grenzen und Fehlanreize des Staging-Mechanismus Aus der Perspektive der Gründer besteht ein zentrales Manko des in den drei von Companisto angebotenen Crowd­investing-Verträgen vorzufindenden Mechanismus darin, dass die Entscheidung über die Weiterfinanzierung ins Belieben der Crowd­investoren gestellt und nicht an sachliche Meilensteine geknüpft ist. Aus Sicht des finanzierten Unternehmens führt dies zu erheblichen Planungsunsicherheiten, die von den Gründern nicht beeinflussbar sind. Zwar ist die Hold-up-Gefahr – also das Risiko, dass Crowd­investoren nachträglich versuchen, die Weiterfinanzierung von bestimmten Bedingungen, etwa der Erhöhung ihrer Investmentquote, abhängig zu machen – angesichts der Heterogenität und man 116

Siehe dazu § 6 B. II. 3. a) oben. Die Fundingsumme von Ameria, das erste Start-up, für dessen Finanzierung ein Staging vorgesehen war, betrug 1,1 Mio. Euro. Entsprechend wurden dem Start-up zunächst rund 733.000 Euro (zwei Drittel) zur Verfügung gestellt, während das letzte Drittel (367.000 Euro) nach sechs Monaten ausgezahlt wurde. 117

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gelnden Organisiertheit der Crowd­investoren gering. Dass die Entscheidung jedoch im freien Ermessen der Investoren steht, dürfte zu einer ähnlich demotivierenden Wirkung auf die Gründer wie eine Hold-up-Situation führen.118 Ein weiterer Nachteil des oben beschriebenen Staging-Mechanismus liegt in den diesem immanenten Fehlanreizen begründet.119 Mangels konkreter Meilensteine haben die Gründer ein besonders hohes Interesse, die Erwartungen der Crowd­ investoren innerhalb der Zeitspanne bis zur Entscheidung über die Weiterfinanzierung nicht zu enttäuschen und generell ein positives Bild des Unternehmens aufrecht zu erhalten. Dieser Anreiz der Gründer wird jedoch nicht zwingend auf die Erreichung konkreter für den Unternehmenserfolg wichtiger Ziele gelenkt. Es besteht vielmehr die Gefahr, dass die Gründer erhebliche Ressourcen für I­ nvestor Relations-Maßnahmen und die Kommunikation mit den Crowd­investoren aufwenden, etwa um deren Responsivitäts­erwartungen gerecht zu werden – auch wenn diese Ressourcen zur bestmöglichen Unternehmensentwicklung anderweitig verwendet werden müssten. Weiterhin verursacht der Mechanismus einen Anreiz, kurzfristig visible Ergebnisse zu erzielen und positive Nachrichten zu generieren, anstatt Ressourcen in längerfristig wertsteigernde Projekte und Maßnahmen zu investieren.120 Aus Sicht des einzelnen Investors dürfte ferner eine Individualentscheidung dem Crowd Voting-Mechanismus, der die Entscheidung über die Weiterfinanzierung einer Mehrheitsentscheidung der Crowd­investoren unterwirft, vorzuziehen sein. Von einer Mehrheitsentscheidung aller Investoren abzuhängen und nicht individuell über die Weiterfinanzierung entscheiden zu können, kann von Investoren als weiteres Risiko wahrgenommen werden.121 Allerdings sprechen nicht nur Praktikabilitäts- und Transaktionskostenerwägungen für Mehrheitsentscheidungen über die Auszahlung der weiteren Tranche. Es kann zudem davon ausgegangen werden, dass die Gruppe der Crowd­investoren – jedenfalls in diesem Kontext – besser in der Lage ist, alle relevanten Informationen zu verarbeiten und damit aus gesamtwirtschaftlicher Perspektive die bessere Entscheidung über die Weiterfinanzierung treffen kann. Außerdem kann so die Verweigerung der Weiterfinanzierung aufgrund individueller sachfremder Erwägungen einzelner Investoren vermieden werden. 118 Zur demotivierenden Wirkung von nicht objektiv bestimmbaren und im Ermessen der Kapitalgeber stehenden Milestones im Bereich der Venture Capital-Finanzierung vgl. Baums / Möller, in: Hommel / K necht (Hrsg.), Wertorientiertes Start-up-Management, 2002, S. 399; Antonczyk, Venture-Capital-Verträge, 2006, S. 113; Kuntz, Gestaltung von Kapitalgesellschaften, 2016, S. 122 f. 119 Allgemein zu Fehlanreizen im Zusammenhang mit der gestaffelten Finanzierung siehe auch Kuntz, Gestaltung von Kapitalgesellschaften, 2016, S. 122 f.  120 Dies kann als eine Ausprägung des Window Dressing-Fehlanreizes verstanden werden. Vgl. dazu Antonczyk, Venture-Capital-Verträge, 2006, S. 111 ff.; Kuntz, Gestaltung von Kapitalgesellschaften, 2016, S. 123; Cornelli / Yosha, 70 Rev. Econ. Stud. 1, 2 (2003). 121 In diese Richtung gehend auch Angerer / Niemand / Kraus / T hies, 28 J. Small Bus. Strategy 1, 4 f. (2018).

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§ 9 Analyse der Crowd­investing-Verträge und Gestaltungsmöglichkeiten

5. Zwischenergebnis und Gestaltungsempfehlungen Wenngleich die positiven Anreizwirkungen geringer ausfallen dürften als im Bereich von Venture Capital-Finanzierungen, kann die gestaffelte Bereitstellung des Kapitals auch im Rahmen von Crowdfinanzierungen entscheidend zur Reduzierung von Agenturproblemen beitragen. Der entscheidende Vorteil des von Companisto verwendeten Staging-Mecha­ nismus liegt für Crowd­investoren in der Möglichkeit, Verlustrisiken zu minimieren. Einerseits werden Teile der exogenen Risiken auf die Gründer verlagert. Zum anderen besteht die Möglichkeit, dass „betrügerische“ Projekte innerhalb der ersten Monate nach Finanzierung erkannt werden und die Crowd­investoren die Auszahlung des restlichen Finanzierungsbetrages verweigern können. Überdies veranlasst der Mechanismus die Gründer – im Zeitraum bis zur Auszahlung des Restbetrages – zu vertragstreuem Verhalten und dürfte insbesondere dazu führen, dass Reportingpflichten eingehalten werden. Die untersuchte Ausgestaltung des Staging-Mechanismus dürfte darüberhinausgehend allerdings nur zu einer eingeschränkten Reduzierung von vor- und nachvertraglichen Informationsasymmetrien führen. Die aus der gestaffelten Bereitstellung des Kapitals resultierende Verknappung der finanziellen Ressourcen dürfte jedoch einen generellen Anreiz zu einem effizienteren Mitteleinsatz bewirken und damit insoweit opportunistischem Verhalten entgegenwirken. Um einen effizienteren Schutz der Crowd­investoren zu gewährleisten, sind Regelungen vorzugswürdig, nach denen die Auszahlung der weiteren Tranche an konkrete, leicht überprüfbare und objektiv bestimmbare Meilensteine geknüpft wird. Die Meilensteine müssen so bestimmt werden, dass es sich um für eine positive Unternehmensentwicklung entscheidende Zwischenziele handelt. Zwar dürfte sich die Vereinbarung bestimmter Kennzahlen im Rahmen des Crowd­investing als noch schwerer umsetzbar erweisen als im Rahmen von herkömmlichen Venture CapitalFinanzierungen. Allerdings könnte die Auszahlung der Folgetranche etwa an die Einhaltung der der Finanzierung zugrundeliegenden Grundannahmen geknüpft werden. Eine solche Grundannahme könnte beispielsweise die Voraussetzung sein, dass sämtliche Gründer oder für die Unternehmensentwicklung zentralen Personen noch für das Start-up tätig sind. Damit könnte zugleich das Bedürfnis der Investoren an eine Bindung der Key Persons gefördert werden.122 Ein weiteres Meilenstein-Kriterium könnte die Erreichung von fundamentalen Zielen sein, die im Zentrum der Versprechungen im Rahmen der Crowd­investingKampagne standen. Wirbt das Start-up beispielsweise mit der unmittelbar bevorstehenden Markteinführung des von ihm entwickelten Produkts oder der zeitnah stattfindenden Eröffnung des ersten Yoga-Studios, könnte der Eintritt dieser Ereignisse als Meilenstein vereinbart werden. Derart ausgestaltete Meilenstein 122

Vgl. dazu § 6 B. II. 8.  oben.

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Regelungen wären einerseits geeignet, einen starken Signaling-Effekt zu entfalten und insbesondere vorvertraglichen Informationsasymmetrien entgegenzuwirken. Gründer könnten damit glaubhaft signalisieren, dass sie bestimmte Versprechen ernst meinen und von bestimmten Prognosen überzeugt sind. Mit dem Angebot entsprechender Meilensteine könnten sich „gute“ Start-ups positiv von „schlechten“ absetzen. Andererseits würden entsprechende Meilensteine starke Leistungsanreize setzen und die Gründer zur Erreichung der vereinbarten Ziele motivieren. Daneben hätte ein solcher Mechanismus eine stark risikobegrenzende Funktion. Schließlich lässt sich durch eine adäquate Festlegung derartiger Meilensteine auch der Fehlanreiz des window dressing minimieren. Angesichts der beschriebenen positiven Steuerungswirkungen kann die Implementierung einer Stufenfinanzierung in Crowd­investing-Verträgen mit einer sorgfältigen Festlegung von Meilensteinen einen gewichtigen Beitrag zur Reduzierung von Opportunismus-Risiken bei Crowd­­­finanzierungen leisten.

VI. Zweckbindung der Kapitalüberlassung Ein Teil der untersuchten Verträge enthielt eine ausdrückliche Zweckbestimmung für die Verwendung des von den Crowd­investoren zur Verfügung gestellten Kapitals.123 Demnach durfte das im Rahmen der Crowd­investing-Kampagne eingeworbene Kapital nur zur Durchführung des im Vorfeld der Finanzierung beschriebenen Innovationsprojekts verwendet werden. In einigen Verträgen war darüber hinaus die zweckwidrige Verwendung des Kapitals mit einem außerordentlichen Kündigungsrecht der Crowd­investoren sanktioniert. Zwar dürfte eine Zweckbindung des überlassenen Kapitals regelmäßig konkludent zwischen den Parteien vereinbart worden sein. Aus den Umständen des Vertragsschlusses und dem nach §§ 133, 157 BGB zu ermittelndem Parteiwillen, dürfte sich regelmäßig eine konkludente Vereinbarung über die Begrenzung des Verwendungszwecks auf das Innovationsvorhaben ergeben.124 Mit einer ausdrück 123

Siehe § 8 L. I. oben. Im Rahmen eines Gelddarlehensvertrages trägt der Darlehensnehmer grundsätzlich das wirtschaftliche Verwendungsrisiko der Darlehensvaluta und kann damit einhergehend grundsätzlich frei über deren Verwendbarkeit entscheiden (vgl. zur typusbedingten Verteilung von Verantwortlichkeiten im Darlehensrecht Berger, in: MüKo BGB, 9. Aufl., 2023, Vor § 488, Rn. 8 m. w. N.). Gleichwohl kann ein bestimmter Verwendungszweck mittels ausdrücklicher Parteivereinbarung zum rechtsgeschäftlichen Inhalt eines Darlehensvertrages gemacht werden oder sich aus den den Vertragsschluss begleitenden Umständen ergeben. Dazu Berger, in: MüKo BGB, 9. Aufl., 2023, § 490, Rn. 9. Dies muss erst recht für Crowdinvesting-Verträge gelten, bei denen der Kapitalnehmer gerade nicht frei über die Verwendung des Kapitals entscheiden können soll. Soweit die Crowdinvestoren als stille Gesellschafter beteiligt sind, darf der Inhaber des Handelsgeschäfts die Einlage regelmäßig nur zur Erreichung des gemeinsamen Zwecks der stillen Gesellschaft verwenden, welcher grundsätzlich nicht ohne die Zustimmung des stillen Gesellschafters verändert werden darf. Siehe dazu § 5 C. I. 4. oben. 124

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§ 9 Analyse der Crowd­investing-Verträge und Gestaltungsmöglichkeiten

lichen vertraglichen Festschreibung lassen sich jedoch Rechtsunsicherheiten vermeiden, die aus dem Rückgriff auf gesetzliche Vorschriften und einer im Einzelfall schwierigen und unsicheren Auslegung der vertraglichen Vereinbarung und der den Vertragsschluss begleitenden Umstände resultieren. Überdies kann mit einer präzisen Beschreibung des erlaubten Zwecks oder des „Innovationsvorhabens“ nicht nur Rechtsunsicherheit vermieden werden, sondern der rechtlich zulässige Handlungsspielraum der Gründer im Interesse der Crowd­investoren eingeschränkt werden. So kann die präzise Bestimmung des Verwendungszwecks beispielsweise einer Änderung oder Neuausrichtung des Innovationsprojekts seitens der Gründer  – wie dies etwa dem Gründer von Protonet vorgeworfen wurde125 – entgegenwirken. Eine Zweckbindung kann einen Anreiz für Gründer schaffen, das überlassene Kapital nur zu dem vereinbarten Zweck zu verwenden. Dies kann jedenfalls krassen Fällen des Ressourcenmissbrauchs, einem suboptimalen Investitionsverhalten wie auch dem risk shifting entgegenwirken. Auch im Hinblick auf die Gefahr einer Aushöhlung der Vermögensrechte der Crowd­investoren vermag eine Zweckbindung positive Anreizwirkungen zu entfalten. Eine gewisse Anreiz- und „Erinnerungswirkung“ dürfte dabei bereits von der ausdrücklichen schriftlichen vertraglichen Vereinbarung ausgehen. So wird einerseits den Gründern die Zweckbindung vor Augen geführt. Andererseits müssen die Gründer davon ausgehen, dass auch die Crowd­investoren sich dem konkreten Verwendungszweck und dessen Grenzen bewusst sind. Mittels vertraglicher Sanktionsmechanismen lässt sich die Anreizwirkung weiter steigern und die Kosten der Gründer im Falle einer zweckwidrigen Verwendung des Kapitals erhöhen. Wird den Investoren ein außerordentliches Kündigungsrecht bei zweckwidriger Verwendung des überlassenen Kapitals eingeräumt,126 müssen Gründer bei zweckwidriger Verwendung mit dem Abzug der finanziellen Mittel rechnen und können nicht auf bestehende Regelungslücken, Rechtsunsicherheit und fehlende Kenntnis der Crowd­investoren spekulieren. Eine präzise Fixierung des Verwendungszwecks des bereitgestellten Kapitals sollte daher zwingend in jedem Crowd­investing-Vertrag enthalten sein.

VII. Regelungen zur Geschäftsführervergütung Regelungen zur Beschränkung der Geschäftsführervergütung können dem Risiko entgegenwirken, dass Gründer Unternehmensressourcen missbräuchlich verwenden und dem Unternehmen Ressourcen entziehen oder die Vermögensrechte der Crowd­investoren unmittelbar vereiteln, indem sie sich selbst zu hohe Vergütungen bezahlen oder Überschüsse mittels Bonussen abschöpfen. 125

Vgl. § 6 B. I. 4.  oben. Ein außerordentliches Kündigungsrecht bei Verwendung des überlassenen Kapitals entgegen einer vertraglich vereinbarten Zweckbestimmung kann sich freilich auch bereits aus (§ 490 Abs. 3 i. V. m.) § 314 BGB ergeben. Vgl. dazu etwa Berger, in: MüKo BGB, 9. Aufl., 2023, § 490, Rn. 51. 126

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Nach den in den ersten Crowd­investing-Verträgen vorzufindenden Regelungen, war entweder die Änderung von Geschäftsführeranstellungsverträgen oder die Vereinbarung von Vergütungen, die einen gewissen Betrag überschritten, ohne die Zustimmung der Investoren unzulässig.127 Den Crowd­investoren wurde mit dieser Regelung eine unmittelbare Einflussmöglichkeit auf die Geschäftsführervergütungen eingeräumt, soweit die Vergütungen den vereinbarten Rahmen überschritten. Spätere Crowd­investing-Verträge sahen keine unmittelbaren Beschränkungen der Geschäftsführervergütungen mehr vor. Stattdessen wurde in einigen Verträgen die Höhe der Geschäftsführervergütung bei der Gewinnberechnung der Crowd­ investoren korrigierend berücksichtigt.128 Diese Regelung kann bei entsprechender Ausgestaltung zunächst verhindern, dass Gründer ihre eigene Vergütung – gegebenenfalls durch Bonuszahlungen – erhöhen und den entstandenen Jahresgewinn abschöpfen und damit die jährliche Gewinnbeteiligung der Crowd­investoren oder die an den Jahresgewinn geknüpfte Unternehmenswertbeteiligung vereiteln. Im Gegensatz zu einem grundsätzlichen Zustimmungsvorbehalt für Geschäftsführeranstellungsverträge im Hinblick auf Vergütungen, die eine bestimmte Grenze überschreiten, lässt diese Regelung den Gründern mehr Autonomie. Gleichzeitig wird der Gefahr, dass die finanziellen Ressourcen dem Unternehmen gleichwohl entzogen werden und etwa nicht mehr für notwendige Investments zur Verfügung stehen, nicht begegnet. Eine weitere Möglichkeit, dem Anreiz der Gründer entgegenzuwirken, sich überhöhte Vergütungen zu gewähren, können schließlich Transparenzpflichten bieten. Indem Gründer bzw. das finanzierte Unternehmen zur Offenlegung der Vergütungen und etwaiger Bonusse verpflichtet werden, kann zumindest ein gewisser Rechtfertigungsdruck erzeugt werden.

VIII. Nebentätigkeitsbeschränkungen und Arbeitszeitvorgaben Regelungen zur Beschränkung von Nebentätigkeiten der Gründer und Geschäftsführer sowie Vorgaben hinsichtlich einer Mindestarbeitszeit können dem Risiko der Crowd­investoren entgegengenwirken, dass Gründer nicht ihre gesamte Arbeitszeit für das finanzierte Unternehmen einsetzen und lediglich einen unzureichenden Arbeitseinsatz erbringen.129 In empirischen Studien konnte nachgewiesen werden, dass die Existenz solcher Regelungen in Venture Capital-Vertragswerken einen signifikanten Einfluss auf den Erfolg der Beteiligung hat.130 In den untersuchten Crowd­investing-Verträgen waren indes nur vereinzelt Verträge mit Nebentätigkeitsbeschränkungen für die Gründer vorzufinden.131 127

Siehe § 8 L. II. oben. Siehe § 8 L. II. oben. 129 Siehe dazu § 7 J. oben. 130 Siehe Nachw. in § 7, Fn. 262. 131 Siehe § 8 L. III. 128

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§ 9 Analyse der Crowd­investing-Verträge und Gestaltungsmöglichkeiten

Typischerweise enthalten etwa Geschäftsführeranstellungsverträge oder Arbeitsverträge Regelungen dazu, dass der Geschäftsführer bzw. Arbeitnehmer seine gesamte Arbeitskraft ausschließlich dem Unternehmen zur Verfügung zu stellen hat. Die Übernahme weiterer entgeltlicher oder unentgeltlicher Tätigkeiten ist regelmäßig unzulässig oder bedarf jedenfalls der Zustimmung des Unternehmens. Im Kontext von Start-up-Unternehmen, in dem die Gründer zumeist Geschäftsführer und Gesellschafter sind, ist allerdings nicht davon auszugehen, dass diese sich selbst vergleichbare Beschränkungen auferlegen. Um Opportunismusproblemen entgegenzuwirken und die Gründer zu veranlassen, den für eine bestmögliche Unternehmensentwicklung erforderlichen Arbeitseinsatz auch tatsächlich zu erbringen, können entsprechende Verpflichtungen in die Crowd­investing-Verträge aufgenommen werden. So kann das finanzierte Unternehmen verpflichtet werden, sicherzustellen,132 dass die Gründer eine bestimmte Mindestanzahl an wöchentlichen Arbeitsstunden erbringen müssen. Alternativ können Gründer verpflichtet werden, ihre gesamte Arbeitszeit für das finanzierte Unternehmen einzusetzen und jegliche Nebentätigkeiten generell verboten oder auf ein bestimmtes Maß begrenzt werden. Weitere Anreize im Sinne der Crowd­ investoren können schließlich durch Transparenz erzielt werden. Verpflichtet sich das finanzierte Unternehmen, sämtliche Nebentätigkeiten der Gründer und für die Unternehmensentwicklung zentraler Personen gegenüber den Crowd­investoren offenzulegen, kann dies einerseits das insoweit bestehende Informationsdefizit der Crowd­investoren reduzieren und die Effektivität der vorbeschriebenen Verpflichtungen flankieren. Andererseits kann bereits die bloße Pflicht zur Offenlegung gewisse Verhaltensanreize auf Gründerseite bewirken. So können bei entsprechender Transparenz Sanktionen der Investoren, etwa Kündigungen der Kapitalüberlassung, vor allem aber auch Diskussionen in den Discussion Boards und damit einhergehend Reputationsverluste der Gründer drohen.

IX. Folgefinanzierungen und Down Round Protection 1. Auswirkungen von Folgefinanzierungen auf die Investmentquote Die Beteiligungsquote von Eigenkapitalgebern verwässert typischerweise bei weiteren Eigenkapital-Finanzierungsrunden (Dilution).133 Gibt eine Gesellschaft neue Anteile aus, sinkt der relative Umfang der Beteiligung der bisherigen Investoren, d. h. die Beteiligungsquote verwässert.134 Mit einer reduzierten Beteiligungsquote geht einerseits ein relativer Verlust von Stimmrechten einher.135 132

Zu den Möglichkeiten der vertraglichen Umsetzung siehe Fn. 45. Siehe dazu § 6 B. II. 6. b) sowie ausführlich § 8 D. II. oben. 134 Eine Erhöhung der Gesamtzahl der Anteile (Nenner) führt bei gleichbleibender Anzahl der Anteile des Altinvestors (Zähler) zu einem kleineren Quotienten. 135 Vgl. Kuntz, Gestaltung von Kapitalgesellschaften, 2016, S. 127. 133

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Andererseits führt die Reduzierung der Beteiligungsquote zu einer (relativen) Verringerung der Zugriffsrechte auf den Unternehmenserlös und kann sich somit auch auf den wirtschaftlichen Wert der Beteiligung auswirken.136 Erfolgt die neue Finanzierungsrunde auf Grundlage einer höheren Unternehmensbewertung als die vorhergehende, resultiert hieraus zwar eine geringere Beteiligungsquote des Altinvestors. Gleichzeitig steigt der (wirtschaftliche) Wert der Anteile des Altinvestors im Vergleich zum Erwerbspreis.137 Mit einer Verwässerung der Beteiligungsquote geht also nicht zwingend auch eine wirtschaftliche Verwässerung im Sinne einer Reduzierung des Werts der Beteiligung einher. Im Gegensatz zu Eigenkapitalbeteiligungen beruht die Beteiligung der Crowd­ investoren mittels partiarischer Nachrangdarlehen lediglich auf der schuldrechtlichen Vereinbarung einer sog. Investmentquote.138 Diese schuldrechtlich vereinbarte Beteiligungsquote bleibt daher von Kapitalmaßnahmen des Unternehmens grundsätzlich unberührt und wird a priori nicht durch Folgefinanzierungen verwässert. Soweit die Verträge keine explizite Vereinbarung enthalten, wird die Beteiligungsquote der Crowd­investoren an Gewinnen und sonstigen Zahlungsströmen durch Kapitalerhöhungen im Rahmen von Folgefinanzierungen nicht beeinflusst.139 Soll die Investmentquote der Crowd­investoren im Rahmen von Folgefinanzierungen angepasst werden, muss ein entsprechender Verwässerungsmechanismus explizit vereinbart werden. 2. Status quo der Crowd­investing-Verträge Nach nahezu allen untersuchten Crowd­investing-Verträgen sind Folgefinanzierungen ohne Involvierung der Crowd­investoren, insbesondere ohne Zustimmungserfordernis, zulässig.140 Lediglich nach einigen zu Beginn des Untersuchungszeitraums angebotenen Verträgen führten Folgefinanzierungen nicht zu einer Verwässerung der Investmentquote der Crowd­investoren. In der Folge erhöhte sich die Beteiligungsquote der Crowd­investoren bei einer Folgefinanzierung faktisch überproportional.141 Im Ergebnis dürfte eine solche Regelung dazu führen, dass kein Kapitelgeber dem Unternehmen weiteres Kapital zur Verfügung stellen wird und Folgefinanzierungen weitgehend verhindert werden.142 Den Crowdinves­ 136

Vgl. Kuntz, Gestaltung von Kapitalgesellschaften, 2016, S. 127. Vgl. v. Einem / Schmid / Meyer, FB 2003, 879, 879. 138 Siehe § 8 D. I. oben. 139 Die zunächst von Seedmatch angebotenen stillen Beteiligungen sahen explizit vor, dass die Investmentquote bei Folgefinanzierungen nicht angepasst wird, d. h. dass der Gewinnanteil der Anleger auch bei weiteren Finanzierungsrunden unverändert bleibt. Siehe dazu § 8 D. II. 2.  oben. 140 Siehe § 8 D. II. oben. 141 Vgl. § 8 D. II. oben; generell zur Verwässerung siehe § 7 G. I. oben. 142 Für eine empirische Untersuchung mit Auflistung von „Deal Breaker Terms“ in Crowdinvesting-Verträgen für Folgefinanzierungen durch Venture Capital-Geber siehe Moedl, Two’s a 137

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toren wird so im Ergebnis ein Vetorecht für Folgefinanzierungen eingeräumt, da weitere Investoren lediglich dann zur Investition weiteren Kapitals bereit sein dürften, wenn die Crowd­investoren einer Anpassung ihrer Beteiligungsquote zustimmen. Angesichts der Vielzahl der Crowd­investoren, deren Zustimmung der neue Kapitalgeber einholen müsste, dürfte sich eine solche Regelung als massives Hindernis für weitere Finanzierungsrunden und damit für den Erfolg des Startups insgesamt auswirken.143 Die in der Folgezeit angebotenen Crowd­investing-Verträge enthielten hingegen Verwässerungsklauseln, nach denen die Investmentquote der Crowd­investoren bei weiteren Finanzierungsrunden anteilig reduziert wird.144 Da den Crowd­investoren nach keinen der untersuchten Verträge Stimmrechte oder sonstige an ihre Investmentquote geknüpfte Mitspracherechte im Hinblick auf die Unternehmensführung eingeräumt wurden, gehen mit der Verwässerung der Investmentquote keine Nachteile im Sinne von Verwässerungen der Stimmrechte der Crowd­investoren einher. Allerdings führen Folgefinanzierungen und die mittels Verwässerungs­k lauseln begründete Verwässerung der Investmentquote im Falle einer Down Round zu einer wirtschaftlichen Verwässerung des Investments, wie etwa das Beispiel Protonet zeigt.145 In Venture Capital-Verträgen wird diesem Problem regelmäßig mit preisbasierten Verwässerungsschutzklauseln begegnet.146 Im Grundsatz erhalten die Kapital­ geber das Recht, weitere Anteile im Rahmen der Folgefinanzierung zu einem geringeren Preis zu erwerben, um so den Durchschnittspreis pro Anteil zu senken. Da Crowd­investoren jedoch nicht am Eigenkapital des finanzierten Unternehmens beteiligt sind und die Verwässerung der Investmentquote nur schuldrechtlich abgebildet wird, kann im Rahmen des Crowd­investing unmittelbar an dem (schuldrechtlichen) Verwässerungsmechanismus angesetzt werden. Dementsprechend unterbleibt nach dem in den Crowd­investing-Verträgen vorzufindenden Konzept zur Down Round Protection im Falle einer Down Round eine Anpassung der Investmentquote, sodass eine Verwässerung nicht stattfindet. Damit wird ein adäquater Schutz der Crowd­investoren vor einer wirtschaftlichen Verwässerung ihrer Anteile bei Folgefinanzierungen erreicht.147

company, three’s a crowd: Deal breaker terms in equity crowdfunding for prospective venture capital, 57 Small Bus. Econ. 927–952 (2021). 143 Vgl. dazu auch den Fall Smarchive (§ 6 B. I. 3.  oben). 144 Siehe § 8 D. II. oben. 145 Siehe § 6 B. I. 4.  oben. 146 Siehe im Detail § 7 G. oben. 147 Zur der Möglichkeit, die Regelung um einen Mechanismus zur Bewertungskorrektur zu ergänzen, siehe § 9 B. X. unten.

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X. Bewertungskorrektur und Anpassung der Investmentquote Wie oben beschrieben, ist eine adäquate Unternehmensbewertung im Vorfeld der Crowd­investing-Finanzierung häufig kaum zu leisten.148 Die von den Gründern – gegebenenfalls im Einvernehmen mit der Crowd­investing-Plattform – festgelegte Unternehmensbewertung ist für die Crowd­investoren regelmäßig weder verhandelbar noch nachvollziehbar. Im Rahmen von Venture Capital-Finanzierungen wird anfänglichen Bewertungsschwierigkeiten vor diesem Hintergrund häufig mit Mechanismen zur nachträglichen Bewertungskorrektur begegnet.149 In den untersuchten Crowd­investing-Verträgen waren indes keinerlei Regelungen vorzufinden, die eine nachträgliche Korrektur der Unternehmensbewertung und eine entsprechende Anpassung der Investmentquote der Crowd­investoren erlaubten. Den krassesten Fehlbewertungen könnte indes bereits begegnet werden, indem Gründer dazu verpflichtet werden, ihre Unternehmensbewertung zu plausibilisieren oder die Bewertungsgrundlagen und -maßstäbe im Vorfeld der Finanzierung offenzulegen.150 Um den bestehenden Interessenkonflikten im Zusammenhang mit der Unternehmensbewertung wirksam zu begegnen, könnten die in der Venture Capital-Vertragspraxis üblichen Mechanismen zur Bewertungskorrektur in Crowd­ investing-Verträgen übernommen werden. Während nachträgliche erneute Unternehmensbewertungen zur Anpassung der Investmentquote (Nachbewertung)151 mit Kosten verbunden sind und die eigentlichen Bewertungsunsicherheiten nicht lösen, verschieben Bonus-/Malus-Regelungen, mit denen die Investmentquote in Abhängigkeit von der Erreichung bestimmter Meilensteine angepasst wird, die Prognoseproblematik auf die Bestimmung von adäquaten Meilensteinen. Außerdem werden Meilensteine regelmäßig als Ergebnis intensiver Verhandlungen der Parteien festgelegt. Eine solche Verhandlungssituation ist zwischen Crowd­investoren und Gründern nicht vorstellbar. Eine anfängliche Überbewertung könnte allerdings unkompliziert im Rahmen von Folgefinanzierungen korrigiert werden. Wird einer Folgefinanzierung eine geringere Unternehmensbewertung zugrunde gelegt als der Berechnung der Investmentquote der Crowd­investoren, könnte die Investmentquote der Crowd­investoren nachträglich an diese Bewertung angepasst, d. h. entsprechend erhöht werden.152 148

Siehe § 2 B. II. 2. b) und § 6 B. II. 1. b) oben. Für einen Überblick zu Problemen der Bewertung im Rahmen von Venture Capital-Finanzierungen siehe auch Ziegert, Der Venture Capital-Beteiligungsvertrag, 2005, 112 ff. 149 Siehe dazu § 7 F. oben. Vgl. außerdem Grisebach, Innovationsfinanzierung, 1989, S. 206 ff. 150 Siehe dazu auch das Urteil des LG Berlin vom 03. 11. 2015, Az. 16 O 439/14, vgl. dazu § 3, Fn. 145. 151 Vgl. dazu etwa Grisebach, Innovationsfinanzierung, 1989, S. 206. 152 Vgl. zu Verwässerungsschutz und down round protection § 9 B. IX. oben. Im Ergebnis würde dies bei Beibehaltung der überwiegend verwendeten Regelungsmechanismen bedeuten, dass im Falle einer Down Round die Investmentquote nicht wie vertraglich vereinbart verwässert bzw. beibehalten (down round protection), sondern stattdessen erhöht wird (Bewertungskorrektur).

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§ 9 Analyse der Crowd­investing-Verträge und Gestaltungsmöglichkeiten

XI. Mechanismen zur Reduzierung vorvertraglicher Informationsasymmetrien Vor ihrer Investitionsentscheidung und Abschluss des Crowd­investing-Vertrages sehen sich Crowd­investoren mit massiven Informationsdefiziten gegenüber den Gründern im Hinblick auf die Geschäftsidee, das Start-up und das Gründerteam konfrontiert.153 Infolge der zudem bestehenden Interessendivergenzen haben die Gründer einen starken Anreiz, sich selbst und ihr Projekt bestmöglich darzustellen und nachteilige Informationen zurückzuhalten. Die Crowd­investoren stehen daher vor der Schwierigkeit, dass sie weder die von den Gründern festgelegte Unternehmensbewertung noch die Erfolgsaussichten des Start-ups hinreichend realistisch beurteilen können. Um diesen Problemen entgegenzuwirken, kommen in Venture Capital-Verträgen regelmäßig Zusicherungen und Garantien im Hinblick auf bestimmte für die Kapitalgeber relevante Sachverhalte zum Einsatz.154 Zusicherungen und Garantien der Gründer können auch in Crowd­investing-Verträgen zusammen mit entsprechender vorvertraglicher Informationsbereitstellung dazu beitragen, vorvertragliche Informationsasymmetrien zu reduzieren und Fehlanreizen der Gründer entgegenzuwirken. 1. Vorvertragliche Informationsbereitstellung Entscheidend um die vorvertraglichen Informationsdefizite der Crowdinvesto­ren zu reduzieren und damit zugleich dem Problem der adverse selection entgegenzuwirken, sind zunächst die von den Gründern im Rahmen der Crowdinvesting-Kampagne zur Verfügung gestellten Informationen. Die Crowd­investing-Plattformen stellen regelmäßig die technischen Möglichkeiten bereit, damit Gründer ihr Projekt vorstellen und ihren Business Plan sowie weitere relevante Informationen präsentieren können. Entscheidend für die Investoren ist jedoch, dass sie die für ihre Investitionsentscheidung maßgeblichen Informationen155 erhalten und sich auf die Richtigkeit und Vollständigkeit der bereitgestellten Informationen verlassen können.

153

Siehe dazu § 6 B. II. 1.  oben. Siehe § 7 I. oben. 155 Vgl. dazu Mäschle, Thünen-Series of Applied Economic Theory, Working Paper No. 127, 2012, S. 8 ff., der aus empirischen Studien zu Erfolgs- und Misserfolgsfaktoren junger Unternehmen eine Liste mit Informationen ableitet, die für die Investitionsentscheidung der Crowd­ investoren von wesentlicher Bedeutung sind und daher seitens der Gründer im Vorfeld der Finanzierung veröffentlicht werden sollten, um Informationsasymmetrien für Kapitalgeber zu reduzieren. Die offenzulegenden Informationen betreffen demnach unter anderem die Gründer und das vorhandene Humankapital (Bildungsgrad, Alter, Team) und das Unternehmen (insbesondere Unternehmensgröße, Rechtsform, Eigentümerstruktur, Industrie, Standort) sowie die Finanzen des Unternehmens (Bilanz). 154

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Um einerseits den Wahrheitsgehalt der zur Verfügung gestellten Informationen überprüfen und andererseits das zu finanzierenden Unternehmen eigenständig auf die für dessen Bewertung maßgeblichen Chancen und Risiken untersuchen zu können, könnte den Crowd­investoren die Möglichkeit eingeräumt werden, eine eigene technische, rechtliche und finanzielle Due Diligence156 des kapitalsuchenden Unternehmens durchzuführen.157 Dafür müssten den Crowd­investoren neben den Angebotsunterlagen auch alle für die Überprüfung des Unternehmens relevanten Bücher und Dokumente zur Verfügung gestellt werden.158 Dies könnte, wie bei Unternehmenstransaktionen üblich, in einem separaten virtuellen Datenraum oder direkt über die Crowd­investing-Plattform erfolgen. Zwar dürften die Crowd­ investoren angesichts ihrer regelmäßig geringen Investmentsummen generell keinen Anreiz haben, selbst – womöglich unter Involvierung rechtlicher, technischer und wirtschaftlicher Berater – eine Due Diligence durchzuführen.159 Eine individuelle Due Diligence-Prüfung jedes Investors wäre zudem höchst ineffizient. Allerdings sprechen gute Gründe dafür anzunehmen, dass die Crowd eine ausreichende Selbstorganisationsfähigkeit aufweisen würde und durch entsprechende Arbeitsteilung und Einsatz des kollektiven Wissens in der Lage wäre, eine kollektive Prüfung des zu finanzierenden Unternehmens – jedenfalls im Hinblick auf offensichtliche Red Flags und Deal Breaker durchzuführen.160 156 Due Diligence bezeichnet die mit „angemessener Sorgfalt“ vorzunehmende, regelmäßig durch den Käufer durchgeführte Prüfung des Transaktionsobjekts. Vgl. dazu Meurer, in: Meyer-Sparenberg / Jäckle, Beck’sches M&A-Handbuch, 2. Aufl., 2022, § 8, Rn. 1; Merkt, in: Berger (Hrsg.), FS Sandrock, 2000, S. 657, 666 ff. Aus Käufersicht bilden die aus der Due Diligence gewonnenen Erkenntnisse über Chancen und Risiken des Transaktionsobjekts die zentrale Entscheidungsgrundlage, ob, zu welchen Bedingungen und wie die Transaktion durchgeführt wird. Auch für finanzierende Banken ist die Due Diligence ein wichtiger Bestandteil ihrer Kreditentscheidung. Siehe etwa Jaques, in: Ettinger / Jaques (Hrsg.), Unternehmenskauf im Mittelstand, 3. Aufl., 2021, C., Rn. 251 f. 157 Zur Relevanz der Due Diligence im Bereich der Venture Capital-Finanzierung siehe auch Ziegert, Der Venture Capital-Beteiligungsvertrag, 2005, S. 100 ff., der eine Due Diligence auch für den Bereich der Finanzierung mit Venture Capital für unverzichtbar hält; ferner Pfeifer, BB 1999, 1665, 1669. 158 Vgl. zu den offenzulegenden Dokumenten auch Mäschle, Thünen-Series of Applied Economic Theory, Working Paper No. 127, 2012, insbesondere S. 18 ff. 159 Siehe dazu bereits Fn. 47. Vgl. auch Vismara, in: Cumming / Hornuf (Hrsg.), The Economics of Crowdfunding, 2018, S. 29, 30; Moedl, 37 Front. Entrep. Res. 44, 45 (2017). Für den Fall, dass Crowdinvestoren beabsichtigen, größere Summen zu investieren, könnte sich die Durchführung einer eigenen Due Diligence hingegen als ökonomisch effizient erweisen. Allerding stellen sich dann Kollektivhandlungsprobleme im Hinblick auf die Kostenteilung und Freeriding-Anreize. 160 Gefördert würde dies durch die Bereitstellung eines entsprechenden Investor Discussion Boards seitens der jeweiligen Plattform, mittels dessen sich die Crowd organisieren und Ergebnisse diskutieren könnte. Für entsprechende Selbstorganisationstendenzen und -fähigkeiten der Crowd siehe auch das Diskussionsforum auf der Website http://www.crowdinvesting-forum.de (25. 04. 2021), auf dem sich Crowdinvestoren über Geschäftsmodelle und Bewertungen von Crowdfinanzierungen, unabhängig von konkreten Crowdinvesting-Plattformen austauschten und das auch Ansätze eines Zweitmarktes, auf dem Crowdfinanzierungen verkauft wurden, erkennen ließ (vgl. Fn. 182).

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Gegen die mit einer Due Diligence der Crowd­investoren verbundene umfassende Bereitstellung von Dokumenten spricht freilich das Bedürfnis der Gründer nach Geheimhaltung von Geschäftsgeheimnissen. Zwar könnte entsprechenden Bedenken mit Registrierungspflichten, Geheimhaltungsvereinbarungen und Schwärzungen begegnet werden. Gleichwohl dürften Gründer der Offenlegung von sensiblen Informationen gegenüber einem theoretisch nahezu unbeschränkten Empfängerkreis äußerst ablehnend gegenüberstehen. Generell dürfte der Entwicklungsstand von jungen technologieorientierten Unternehmen ohnehin häufig dazu führen, dass weniger die Überprüfung von Verträgen und anderer Dokumentation im Mittelpunkt steht. Die Due Diligence-Prüfung dürfte vielmehr häufig theoretischer Natur sein und sich auf die Plausibilitätsprüfung der Geschäftsidee und der Angaben im Business Plan der Gründer konzentrieren.161 Ob die Bereitstellung ausführlicher Dokumentation möglich und sinnvoll ist, hängt somit vom Einzelfall, insbesondere vom Entwicklungsstand des zu finanzierenden Unternehmens, aber auch dem berechtigten Bedürfnis der Gründer nach Geheimnisschutz ab. Jedenfalls soweit das zu finanzierende Start-up mit bereits bestehenden Patenten oder Vertragsbeziehungen mit Großkunden etc. wirbt, die zentral für die Unternehmensbewertung sind, besteht ein erhebliches Interesse der Investoren daran, diese Information verifizieren zu können. Einzelne, aber für die Unternehmensbewertung zentrale Dokumente dürften sich zudem auch zuverlässig und mit beschränktem Aufwand durch die Crowd überprüfen und bewerten lassen. So könnten etwa einzelne Dokumente und Nachweise wie Zertifizierungen eines Produkts, Patentanmeldung, zentrale Verträge oder auch Qualifikationsnachweise der Gründer zur Überprüfung durch die Crowd­investoren bereitgestellt werden. In Kombination mit entsprechenden Zusicherungen und Garantien162 kann eine derart eingeschränkte „Due Diligence Light“ im Einzelfall zu einer erheblichen Reduzierung vorvertraglicher Informationsasymmetrien beitragen. Eine entscheidende Rolle bei der Reduzierung vorvertraglicher Informationsasymmetrien kommt auch den Crowd­investing-Plattformen zu. Sind die Platt­ formen als repeat player an einem längerfristig funktionierenden Geschäftsmodell interessiert, haben sie ein eigenes Interesse, vorvertragliche Informationsasymmetrien und Agenturprobleme und damit das Risiko von adverse selection zu reduzieren.163 Crowd­investing-Plattformen sollten daher die kapitalsuchenden Unternehmen zur Offenlegung von für die Investoren relevanten Informationen verpflichten164 und entsprechende Mechanismen bereitstellen. Da die Plattformen regelmäßig ohnehin eine Prüfung des Unternehmens vorneh­ men, bevor dieses für die Finanzierung akzeptiert wird,165 könnten Informations­ 161

Ziegert, Der Venture Capital-Beteiligungsvertrag, 2005, S. 100. Siehe § 9 B. XI. unten. 163 Siehe auch Kleinert / Volkmann, 21 Venture Capital 327, 343 (2019). 164 So auch Kleinert / Volkmann, 21 Venture Capital 327, 343 (2019). 165 Siehe § 8 M. oben. 162

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asymmetrien bereits dadurch reduziert werden, dass die Plattform Details ihres Prüfungsumfangs und ihre eigenen Prüfungsergebnisse gegenüber den Crowd­ investoren offenlegt.166 Damit könnten zugleich etwaige Vertraulichkeitsbedenken der Gründer hinsichtlich umfassender Due Diligence-Prüfungen durch die Crowd begegnet werden. Zudem würden mögliche Ineffizienzen und Fehlanreize bei einer Prüfung durch die Crowd sowie Transaktionskosten reduziert. Diese aus Sicht der Crowd­investoren komfortable und angesichts des Vorgenannten wohlfahrtssteigernde Lösung scheitert in der Praxis allerdings an dem Bestreben der Plattformen, sich gerade nicht bezüglich der Qualität des zu finanzierenden Unternehmens zu positionieren und dem Versuch, jegliche Haftung hinsichtlich der Auswahl der Start-ups zu vermeiden. Erst recht werden die Plattformen bestrebt sein, keine Haftung für die Ergebnisse ihrer Due Diligence gegenüber den Investoren zu übernehmen. 2. Zusicherungen und Garantien Die im Rahmen einiger Finanzierungen abgegebenen „Selbsterklärungen“167 erfüllen die Funktion von Zusicherungen und Garantien.168 In diesen Erklärungen „bestätigt“ das finanzierte Unternehmen – ähnlich der in Unternehmenskaufverträgen169 oder im Rahmen der Unternehmensfinanzierung170 üblichen representations 166

Vgl. auch Kleinert / Volkmann, 21 Venture Capital 327, 343 (2019); Löher, 19 Venture Capital 51–74 (2016); Cumming / Johan, 15 Venture Capital, 361–379 (2013). Zur Relevanz der Due Diligence im Kontext von VC-Finanzierungen siehe auch Cumming / Johan, Venture Capital, 2nd ed., 2014, S. 305 ff. Vgl. dazu auch Bradford, ZBB 2015, 376, 382, der eine umfassende Due Diligence-Pflicht seitens der Crowdinvesting-Plattformen mit Blick auf die entstehenden Kosten ablehnt, allerdings eine Pflicht zur Vollständigkeitsprüfung der zur Verfügung gestellten Unterlagen und eine Art Background Check befürwortet. 167 Siehe § 8 M. oben. 168 Zusicherungen und Garantien kommt als Form des Signaling eine wichtige Bedeutung zur Reduzierung vorvertraglicher Informationsasymmetrien und Adverse Selection zu. Während beim Signaling die Initiative zur Information vom besser informierten Akteur ausgeht, werden mit dem Begriff Screening Methoden zusammengefasst, bei denen die Initiative von der schlechter informierten Partei ausgeht. Siehe dazu bereits § 2 A. V. 4. a) bb) oben. Vgl. dazu ferner Erlei / Szczutkowski, in: Gabler Wirtschaftslexikon, A–B, 19. Aufl., 2019, Stichwort: Adverse Selection, S. 54 f. 169 In Unternehmenskaufverträgen wird regelmäßig die kaufrechtliche Gewährleistung abbedungen und stattdessen ein eigenständiges vertragliches Haftungsregime vereinbart. Neben der Vereinbarung selbständiger Garantien i. S. v. § 311 Abs. 1 BGB als Tatbestandsvoraussetzungen werden auch die Rechtsfolgen (Schadensersatz und Rechtsfolgen) ausdifferenziert geregelt. Dazu Meyer-Sparenberg, in: Meyer-Sparenberg / Jäckle (Hrsg.), Beck’sches M&A-Handbuch, 2. Aufl., 2022, § 47, Rn. 10, 12. 170 Auch in Kreditverträgen zur Unternehmensfinanzierung werden üblicherweise Zusicherungen und Gewährleistungen vereinbart. Diese dienen dazu, die für den Kreditgeber wesentlichen tatsächlichen Umstände, die für seine Kreditentscheidung maßgeblich waren, vertraglich zu fixieren. Stellen sich die Gewährleistungen als unzutreffend heraus, ist der Kreditgeber vertraglich zur sofortigen Kündigung des Kreditvertrages berechtigt. Gegenstand der Zusi-

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and warranties171 – gegenüber den Crowd­investoren die Richtigkeit der im Vorfeld der Finanzierung zur Verfügung gestellten Informationen. Weiterhin bestätigt das Unternehmen, dass die Gründer nach bestem Wissen über alle für die Investitionsentscheidung wesentlichen Informationen aufgeklärt haben. Ferner wird je nach Ausgestaltung im Einzelfall das Nichtvorhandensein bestimmter Umstände, wie etwa anhängige oder angedrohte Rechtsstreitigkeiten, bestätigt. a) Rechtliche Einordnung und Steuerungswirkung Aus rechtlicher Sicht ist die Tragweite der „Selbsterklärungen“ in der untersuchten Form allerdings begrenzt. Einerseits enthalten die untersuchten Crowd­ investing-Verträge keine Regelungen zu Rechtsfolgen für den Fall, dass sich die Zusicherungen der Selbsterklärung als unzutreffend herausstellen. Die Crowd­ investing-Verträge begründen weder ein vertragliches Haftungsregime noch wird den Crowd­investoren ein außerordentliches Kündigungsrecht eingeräumt.172 Auch eine Einordnung der „Selbsterklärungen“ als selbständiges Garantieversprechen im Sinne einer verschuldensunabhängigen Einstandspflicht dürfte sich regelmäßig weder auf Grundlage des Wortlauts noch mit dem Parteiwillen begründen lassen. Die Zusicherungen der „Selbsterklärungen“ ergänzen und präzisieren vielmehr die auf der Crowd­investing-Plattform zur Verfügung gestellten Informationen. Ihnen kommt damit primär eine Informationsfunktion zu. Falsche Zusicherungen sind durch die gesetzlichen Anfechtungs- und Haftungstatbestände sanktioniert.173 cherungen und Gewährleistungen sind üblicherweise rechtliche Zusicherungen, etwa über den gesellschaftsrechtlichen Status des Kreditnehmers oder die Rechtsmacht zum Vertragsschluss. Weitere Zusicherungen betreffen tatsächliche Umstände wie insbesondere die Korrektheit der für die Kreditentscheidung zur Verfügung gestellten Informationen, eine ordnungsgemäße Buchführung, keine Rechtsverstöße oder anhängige oder drohende Rechtsstreitigkeiten, Eigentum an relevantem Produktionsvermögen und immateriellen Vermögensgengegenständen. Vgl. dazu Jetter, in: Eilers / Rödding / Schmalenbach (Hrsg.), Unternehmensfinanzierung, 2. Aufl., 2014, C., Rn. 39 ff. Überwiegend werden Zusicherungen in Kreditverträgen keine selbständigen Garantieerklärungen i. S. v. § 311 Abs. 1 BGB sein und angesichts der abschließenden Regelung der Rechtsfolgen keine Erfüllungs- oder Schadensersatzansprüche begründen (Castor, in: Langenbucher / Bliesener / Spindler, Bankrechtskommentar, 3. Aufl., 2020, 16. Kapitel, Rn. 117, Fn. 608). 171 Im common law ist die Abgrenzung zwischen representations als vor- und außervertragliche Bestätigungen und warranties als vertragliche Zusicherungen üblich, vgl. Castor, in: Langenbucher / Bliesener / Spindler, Bankrechtskommentar, 3. Aufl., 2020, 16. Kapitel, Rn. 116, Fn. 602. Zur Verwendung siehe auch Meyer-Sparenberg, in: Meyer-Sparenberg / Jäckle (Hrsg.), Beck’sches M&A-Handbuch, 2. Aufl., 2022, § 47, Rn. 14 ff. 172 Vgl. zu den vertraglich vereinbarten Rechtsfolgen im Bereich von Unternehmenskaufverträgen und Kreditverträgen Fn. 170 bzw. Fn. 171. 173 Von Bedeutung dürfte hier primär eine Anfechtung des Crowdinvesting-Vertrages seitens der Crowdinvestoren nach § 123 BGB im Falle einer arglistigen Täuschung sein. Eine Täuschungshandlung i. S. v. § 123 BGB kann dabei auch im Verschweigen eines offenbarungspflichtigen Umstandes liegen. Grundsätzlich sind Parteien bei Vertragsverhandlungen im Vorfeld eines Vertragsschlusses verpflichtet, den jeweiligen Vertragspartner von sich aus über

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Weiterhin dürfte die Selbsterklärung ungeachtet etwaiger rechtlicher Implikationen auch angesichts ihrer Form174 eine gewisse Selbstüberprüfung und Selbstreflexion der Gründer im Hinblick auf die enthaltenen Aussagen befördern. Da mit den expliziten Aussagen (im Gegensatz zu vagen Angaben oder bloßem Schweigen im Rahmen des Business Plans oder der weiteren Unternehmenspräsentation) jedenfalls ein faktisch erhöhtes Haftungsrisiko einhergeht, dürften die Selbsterklärungen zudem einen gewissen Anreiz zu wahrheitsgemäßer Information entfalten. Zu berücksichtigen ist allerdings, dass die Selbsterklärung keine persönliche Haftung der Gründer begründet, sodass auch insoweit für die Gründer grundsätzlich kein spezifischer Anreiz zu wahrheitsgemäßen, realistischen und vollständigen Darstellungen begründet wird.175 b) Bewertung und Gestaltungsmöglichkeiten Zusicherungen und Garantien können einen wichtigen Beitrag zur Reduzierung vorvertraglicher Informationsasymmetrien leisten.176 Indem den Investoren ergän­ zende Informationen zur Verfügung gestellt werden,177 werden Informationsdefizite der Crowd­investoren reduziert. Dies gilt umso mehr, wenn der Inhalt der Erklärung standardisiert und von der Plattform vorgegeben ist. Aus der im Rahmen einiger Crowdfinanzierungen verwendeten Form der Selbsterklärung kann sich ferner ein gewisser Anreiz zu wahrheitsgemäßer Information ergeben. Durch eine je nach Formulierung im Einzelfall bestehende Ausweitung oder Erleichterung der Durchsetzung gesetzlicher Haftungstatbestände dürfte sich ein weiterer Anreiz zu wahrheitsgemäßer und vollständiger Information seitens der Gründer ergeben. Umstände aufzuklären, „die zur Vereitelung des Vertragszwecks geeignet und daher für die Entschließung des anderen Teils von wesentlicher Bedeutung sind.“ Voraussetzung für eine solche Offenbarungspflicht ist insbesondere, dass der Vertragspartner „die Mitteilung der betreffenden Tatsache nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrsauffassung erwarten durfte“. Die weiterhin nach § 123 BGB erforderliche Arglist liegt bereits vor, wenn der Täuschende den offenbarungspflichtigen Umstand „kennt und gleichzeitig weiß oder damit rechnet und billigend in Kauf nimmt, dass der Vertragsgegner bei dessen Offenbarung den Vertrag nicht oder nicht mit dem vereinbarten Inhalt geschlossen hätte“. Ausreichend ist dafür bedingter Vorsatz im Sinne eines „Fürmöglichhaltens“. Siehe OLG Saarbrücken, Urteil vom 13. 07. 2006, 8 U 425/05–199, WM 2006, 2251; BGH, Urteil vom 13. 12. 1990, III ZR 333/89, NJW-RR 1991, 439, 440 m. w. N. 174 Die untersuchten „Selbsterklärungen“ waren in einem separaten Dokument enthalten, das von den Geschäftsführern eigenhändig unterzeichnet wurde. 175 Grundsätzlich ist eine persönliche Haftung der Gründer etwa als Geschäftsführer aus Deliktsrecht denkbar. Allerdings bestehen hier hohe Anforderungen. Auch das Risiko einer Haftung des Geschäftsführers im Innenverhältnis nach § 43 GmbHG besteht dem Grunde nach, dürfte aber eher theoretischer Natur sein. 176 Siehe § 7 I. oben. 177 Zum Beispiel, dass sich „alle Schutzrechte, Lizenzen, Marken und Domains, die zum Geschäftsbetrieb nötig sind, […] im Besitz des Startup befinden.“ (so eine Zusicherung, die Bestandteil einer Selbsterklärung im Rahmen von Finanzierungen auf Seedmatch war).

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§ 9 Analyse der Crowd­investing-Verträge und Gestaltungsmöglichkeiten

Eine deutlich verstärkte Anreizwirkung zu wahrheitsgemäßer und vollständiger Information könnte mit klaren vertraglichen Regelungen zu Rechtsfolgen unzutreffender Zusicherungen in Verbindung mit umfassenden Zusicherungen in den Crowd­investing-Verträgen erzielt werden.178 Eine vertragliche Verpflichtung zum Schadensersatz dürfte bereits aufgrund ihrer Existenz und dem bloßen Risiko einer – den Vertragsparteien vor Augen geführten – Haftung eine entsprechende Anreizwirkung entfalten.179 Auch mit der Vereinbarung einer Vertragsstrafe könnte eine deutliche Anreizwirkung begründet werden. Als weitere Rechtsfolge könnte den Crowd­investoren ein außerordentliches Kündigungsrecht für den Fall einer Verletzung der Garantien und Zusicherungen eingeräumt werden. Soweit die Garantien und Zusicherungen nicht von den Gründern selbst, sondern nur von dem zu finanzierenden Unternehmen abgegeben werden, besteht allerdings die Gefahr, dass die Rechte der Crowd­investoren in einer insolvenznahen Situation, in der die Gründer das Start-up ohnehin schon abgeschrieben haben, ins Leere laufen. Die Anreizwirkung von Garantien und Zusicherungen lässt sich daher deutlich steigern, wenn die Gründer für deren Richtigkeit persönlich einstehen. Zwar dürfte das persönliche Vermögen der Gründer häufig nicht ausreichend sein, um etwaige Schäden vollständig auszugleichen, d. h. insbesondere die Investitionssummen zurückzuzahlen. Gleichwohl dürfte aus der Begründung einer persönlichen Haftung und dem bloßen Risiko eines Zugriffs auf das persönliche Vermögen ein massiver Anreiz der Gründer resultieren, nur wahrheitsgemäße Zusicherungen abzugeben.180 3. Weitere Lösungsansätze Zur Reduzierung von Informationsdefiziten der Investoren können auch Investor Discussion Boards beitragen, die Crowd­investing-Plattformen regelmäßig zur Verfügung stellen. Crowd­investoren haben dort die Möglichkeit, direkt mit den Gründern in Kontakt zu treten, Fragen zu stellen und weitere Informationen anzufordern. Ergänzend sollten die Diskussionsforen allerdings so aufgebaut sein, dass auch ein Informationsaustauch und Diskussionen zwischen den potentiellen Inves-

178

Für einen Überblick über häufig in M&A-Transaktionen vereinbarte Zusicherungen siehe etwa Meyer-Sparenberg, in: Meyer-Sparenberg / Jäckle (Hrsg.), Beck’sches M&A-Handbuch, 2. Aufl., 2022, § 47, Rn. 54 ff. 179 Der aus falscher vorvertraglicher Information entstandene Schaden der Crowdinvestoren wird regelmäßig der Vertragsschluss selbst sein. 180 Gegenüber bereits bestehenden gesetzlichen Anfechtungs- und Haftungsrechten können vertragliche Regelungen den Vorteil bieten, Unsicherheiten in tatsächlicher Hinsicht bezüglich bestimmter Tatbestandsmerkmale auszuräumen. So wird es in der Praxis zum Beispiel häufig unsicher sein, ob eine bestimmte Tatsache für die Vertragsentscheidung von wesentlicher Bedeutung war und der Vertragspartner wegen arglistiger Täuschung anfechten kann, weil die andere Vertragspartei eine Offenbarungspflicht arglistig verletzt hat (siehe Fn. 174). Vgl. dazu auch Diem / Jahn, in: Diem / Jahn (Hrsg.), Akquisitionsfinanzierungen, 4. Aufl., 2019, § 21, Rn. 4.

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toren untereinander ermöglicht wird.181 Diskussionen der Investoren untereinander können einen wichtigen Beitrag zur Reduzierung vorvertraglicher Informationsdefizite leisten, indem Wissen über die Gründer und die Qualität des Projekts geteilt wird.182 Gleichzeitig können auch während der Vertragslaufzeit Informationen ausgetauscht werden, und so nachvertragliche Informationsasymmetrien reduziert und unter Umständen hidden actions der Gründer aufgedeckt werden.

XII. Mechanismen zur Bindung der Gründer und anderer Key Persons Angesichts der zentralen Bedeutung, die die Gründer für den Erfolg eines Start-up-Unternehmens einnehmen, enthalten Venture Capital-Verträge regelmäßig Regelungen, mit denen Gründer und andere für den Unternehmenserfolg maßgeb­liche Personen an das Unternehmen gebunden werden sollen.183 Das Risiko eines Verlusts für den Unternehmenserfolg entscheidender Personen besteht für Crowd­investoren gleichermaßen. Die Konsequenzen sind für Crowd­investoren hingegen noch gravierender, da Crowd­investoren im Gegensatz zu Venture CapitalGebern keinerlei Möglichkeiten haben, auf die Unternehmensführung und die Besetzung wichtiger Führungspositionen einzuwirken. Gleichwohl enthielt keiner der untersuchten Crowd­investing-Verträge Vorkehrungen, die darauf ausgerichtet waren, dem Risiko eines Verlusts der Gründer und wichtiger Schlüsselpersonen entgegenzuwirken. Im Kontext der Venture Capital-Finanzierung sind insbesondere drei Mechanis­ men zur Bindung der Gründer an das Unternehmen verbreitet.184 Mit Halteklauseln und Vesting-Regelungen wird der Beteiligungsumfang der Gründer am Unternehmen an die Dauer ihrer Tätigkeit für das Start-up geknüpft. So können etwa Anreize für die Gründer geschaffen werden, das Unternehmen für einen Mindestzeitraum nicht zu verlassen. Mit Übertragungsbeschränkungen wird es Gründern erschwert, ihre Anteile zu veräußern und zu liquidieren. Bleiben Gründer am fi 181

Ein solcher Kommunikationskanal zwischen (potentiellen) Crowdinvestoren hatte sich Crowdinvesting-Plattform-unabhängig etwa auf der Website http://www.crowdinvestingforum.de herausgebildet. Hier wurden teilweise Geschäftsmodelle und Bewertungen konkreter Finanzierungsangebote ausgiebig und kontrovers zwischen den Nutzern diskutiert. Mittlerweile ist die Website offline. 182 Dazu auch Kleinert / Volkmann, 21 Venture Capital 327, 336 ff. (2019), die Discussion Boards primär auf ihre Auswirkungen auf den Finanzierungserfolg untersuchen. Die Studie kommt zu dem Ergebnis, dass sich Discussion Boards je nach Gegenstand der Diskussion sowohl positiv als auch negativ auf den Finanzierungserfolg auswirken können. Allerdings kann die Entscheidung nach entsprechenden Diskussionen mit anderen potentiellen Investoren von einem Investment Abstand zu nehmen, durchaus auf eine verbesserte Entscheidungsgrundlage zurückzuführen sein. 183 Siehe § 7 H. oben. 184 Siehe § 7 H. oben.

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§ 9 Analyse der Crowd­investing-Verträge und Gestaltungsmöglichkeiten

nanzierten Unternehmen beteiligt, wird der jedenfalls partielle Interessengleichlauf zwischen Gründern und Kapitalgebern aufrechterhalten. Nachvertragliche Wettbewerbsverbote für Gründer und andere für den Unternehmenserfolg maßgebliche Personen entwerten schließlich die Außenoption des jeweils Verpflichteten und setzen so einen Anreiz, dem Unternehmen treu zu bleiben. Ähnliche Anreize können mit Geheimhaltungsverpflichtungen erreicht werden. Die vorgenannten Mechanismen sind grundsätzlich auch geeignet, das Interesse der Crowd­investoren an einer Bindung der Gründer und sonstiger wichtiger Personen an das Unternehmen zu sichern. Eine Umsetzungsschwierigkeit ergibt sich zwar daraus, dass weder Gründer noch sonstige Schlüsselpersonen Vertragspartei der Crowd­investing-Verträge sind und Crowd­investoren nicht in den Gesellschafterkreis eintreten. Schuldrechtliche Verpflichtungen wie Wettbewerbsverbote und Geheimhaltungsverpflichtungen der Gründer könnten indes begründet werden, wenn die Gründer neben dem finanzierten Unternehmen – jedenfalls im Hinblick auf die diese treffenden Verpflichtungen  – Vertragspartei des Crowd­investingVertrages würden.185 Ferner können in Crowd­investing-Verträgen mittelbare Anreizmechanismen etabliert werden, um Gründer an das Unternehmen zu binden. So kann sich das finanzierte Unternehmen etwa gegenüber den Crowd­investoren dazu verpflichten, den Gründern im Einzelnen näher bestimmte nachvertragliche Wettbewerbsverbote aufzuerlegen und aufrechtzuerhalten oder erforderliche Zustimmungen zur Übertragung von Gesellschaftsanteilen nicht zu erteilen.186 Für den Fall, dass das Start-up dieser Verpflichtung nicht nachkommt, können den Crowd­investoren außerordentliche Kündigungsrechte gewährt werden.187 Legen Start-ups bereits vor Abschluss der Crowd­investing-Kampagne Nachweise über die zu schließenden Vereinbarungen mit den Unternehmensgründern vor (etwa zu 185

Dies hätte den Vorteil, dass sich Gründer unmittelbar gegenüber den Investoren verpflichten könnten, nach ihrem Ausscheiden nicht in Konkurrenz zu dem finanzierten Unternehmen tätig zu werden. Ferner könnten auch Zusicherungen und Garantien der Gründer unmittelbar in den Crowdinvesting-Vertrag aufgenommen werden (siehe dazu § 9 B. XI. 2. oben). Regelungen, die gesetzlichen Formvorschriften unterliegen – etwa eine Verpflichtung der Gründer zur Übertragung ihrer GmbH-Anteile bei Ausscheiden innerhalb eines näher bestimmten Zeitraums –, können im Rahmen des gegenwärtigen Crowdinvesting-Konzepts freilich nicht wirksam in Crowdinvesting-Verträgen vereinbart werden. 186 Vinkulierungen der Gründeranteile könnten derart ausgestaltet sein, dass eine Veräußerung und Abtretung der Zustimmung der Gesellschaft bedarf. Im Crowdinvesting-Vertrag könnte diese Zustimmung der Gesellschaft etwa einem Zustimmungsvorbehalt der Crowdinvestoren unterworfen werden. 187 Crowdinvestoren könnte etwa für sog. Key Person Events ein außerordentliches Kündigungsrecht eingeräumt werden. Als Key Person Event müsste einerseits die Nichterfüllung der vertraglichen Verpflichtung seitens des Start-ups definiert werden – etwa fehlender Nachweis oder Aufhebung eines Wettbewerbsverbotes der Gründer oder fehlender Nachweis einer Vinkulierung der Gründeranteile. Auf einer zweiten Stufe könnten auch das Einstellen des Tätigwerdens einer bestimmten Person für das Unternehmen und die Beendigung eines Anstellungs- oder Arbeitsvertrages oder das Absinken der Beteiligung der näher zu bezeichnenden Personen am finanzierten Unternehmen unter einen bestimmten Schwellenwert als zur Kündigung berechtigende Key Person Events bestimmt werden.

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Wettbewerbsverboten oder bestehenden Vinkulierungen der Gesellschaftsanteile), können die kapitalsuchenden Unternehmen bzw. die Gründer damit den Investoren signalisieren, dass sie bereit sind, sich an das Unternehmen zu binden und von dessen Erfolgsaussichten überzeugt sind. Ergänzend kann den Crowd­investoren ein Sonderkündigungsrecht für den Fall eingeräumt werden, dass Gründer oder näher zu bestimmende Key Persons ihre Tätigkeit für das Unternehmen einstellen bzw. entsprechende Anstellungs- oder Arbeitsverträge beendet werden. Ähnlich könnten für den Fall der Übertragung von Geschäftsanteilen der Gründer oder des Ausscheidens der Gründer aus dem Gesellschafterkreis change of control-Regelungen vereinbart werden, die die Crowd­investoren zur Kündigung der Crowd­investing-Verträge berechtigen. Zwar dürften solche außerordentlichen Kündigungsrechte nur begrenzt geeignet sein, die Schlüsselperson zu motivieren, im Unternehmen zu bleiben bzw. ihre Gesellschaftsanteile nicht zu veräußern. Gleichwohl können entsprechende Sonderkündigungsrechte Crowd­investoren jedenfalls wichtige Exit-Optionen eröffnen und so zur Minimierung von Risiken beitragen. Jedenfalls Regelungen, mit denen sich das finanzierte Unternehmen gegenüber Crowd­investoren verpflichtet, den Gründern Wettbewerbsverbote aufzuerlegen – sowohl für die Zeit während als auch nach deren Tätigkeit für das finanzierte Unternehmen – und die Gründer zur Geheimhaltung verpflichtet, sind zur Erzielung eines Mindestschutzes der Crowd­investoren unverzichtbar.

XIII. Übertragbarkeit der Crowd­investing-Verträge Grundsätzlich sind die Mittel der Crowd­investoren für die Dauer der Mindestlaufzeit in der Crowdfinanzierung gebunden.188 Erst nach Ablauf der Mindestlaufzeit kann die Finanzierung gekündigt und wieder in Liquidität umgewandelt werden.189 Ist der Investitionshorizont der Anleger allerdings kürzer als die Mindestlaufzeit, können Crowd­investoren mit einer Veräußerung und Übertragung des Crowd­investing-Vertrages an Dritte ihr Investment bereits vor Ablauf der Mindestlaufzeit beenden und in Liquidität umwandeln. Da Crowd­investoren im Ergebnis kaum Möglichkeiten haben, auf die Unternehmensführung und -entwicklung Einfluss zu nehmen, kommt der Beendigung durch Kündigung oder der Veräußerung des Investments als verbleibende Handlungsmöglichkeiten eine wichtige Bedeutung zu. Für das finanzierte Unternehmen ist eine Veräußerung der Finanzierung 188

Die durchschnittliche Mindestlaufzeit der im Untersuchungszeitraum angebotenen Crowd­ investing-Verträge betrug rund 5 Jahre und 4 Monate. In der Anfangsphase lag die durchschnittliche Mindestlaufzeit noch zwischen drei und vier Jahren, zum Ende des Beobachtungszeitraum bei etwa sechs Jahren, wobei sich die Mindestlaufzeiten der Verträge der verschiedenen Plattformen teils deutlich unterschieden (Companisto: 7 Jahre, Seedmatch: 5 Jahre). Siehe dazu § 8 F. I. 2. oben. 189 Zu den Kündigungsrechten siehe § 8 F. II. oben.

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§ 9 Analyse der Crowd­investing-Verträge und Gestaltungsmöglichkeiten

gegenüber einer Kündigung vorzugswürdig, da es Mittel, die in mittel- oder langfristigen Investitionen gebunden sind, nicht unmittelbar zurückzahlen muss.190 Die Existenz eines liquiden Sekundärmarkts vorausgesetzt, könnte die Crowdfinanzierung so neben der Losgrößentransformation auch eine Transformationsfunktion in zeitlicher Hinsicht ermöglichen (Fristentransformation).191 Kapital könnte einerseits langfristig an Unternehmen überlassen werden und dennoch kurzfristig in Liquidität umgewandelt werden.192 Eine Handelbarkeit von Crowdinvestments scheiterte im Untersuchungszeitraum allerdings auch am Fehlen eines Sekundärmarktes. Zwar waren auf speziellen Internetforen Ansätze für einen Handel mit Crowdinvestment zu erkennen.193 Von der Herausbildung eines liquiden Sekundärmarktes oder gar eines Marktpreises kann gleichwohl keine Rede sein. Voraussetzung für eine Handelbarkeit der Crowdinvestment und die Herausbildung eines Sekundärmarktes ist die Umlauffähigkeit der Finanzierungsverträge. Crowd­investing-Verträge müssen zunächst übertragbar sein. Außerdem müsste die Übertragbarkeit möglichst leicht und ohne Hindernisse möglich sein. Schließlich müssten die Vertragsbedingungen annähernd gleich ausgestaltet sein. Tatsächlich wird eine Handelbarkeit durch Anzeigepflichten und Zustimmungsvorbehalte teils erheblich erschwert oder durch Veräußerungsverbote gänzlich unmöglich gemacht.194 Um die Liquidität der Anleger zu gewährleisten und ihnen zugleich zu ermöglichen, ein diversifiziertes Investmentportfolio aufzubauen und aufrechtzuerhalten, sollten Crowd­investing-Verträge eine leichte Übertragbarkeit sicherstellen, um so eine Handelbarkeit der Crowdinvesting-Verträge zu ermöglichen und gleichzeitig die Herausbildung eines Sekundärmarktes nicht zu verhindern.195 190

Dies ist etwa auch der Schutzzweck von § 5a Satz 1 VermAnlG, der im Bereich der Schwarmfinanzierungsausnahme nach § 2a Abs. 1 VermAnlG, also im Bereich des hier untersuchten Crowdinvesting, jedoch keine Anwendung findet. Siehe dazu und zum Problem der Fristenkongruenz bereits § 5 D. I. 3. e) aa) oben sowie die Nachweise in § 5, Fn. 466 und § 5, Fn. 467. 191 Siehe dazu im Kontext von Schuldverschreibungen Reps, Rechtswettbewerb und Debt Governance bei Anleihen, 2014, S. 21 f. m. w. N. Zur Fristentransformationsfunktion von Finanzintermediären allgemein Baums, Recht der Unternehmensfinanzierung, 2017, § 29, Rn. 40. Zur Ausübung von Transformationsfunktionen von Venture Capital-Gesellschaften auf dem Kapitalmarkt (Risikotransformation, Informationstransformation, Losgrößentransformation, Fristentransformation) siehe auch Schefczyk, Erfolgsstrategien deutscher Venture Capital-Gesellschaften, 3. Aufl., 2004, S. 172 ff. 192 Vgl. Schefczyk, Erfolgsstrategien deutscher Venture Capital-Gesellschaften, 3. Aufl., 2004, S. 173; Reps, Rechtswettbewerb und Debt Governance bei Anleihen, 2014, S. 22. 193 Mittels Foreneinträgen boten veräußerungswillige Crowdinvestoren ihre Investments zum Verkauf an, während potentielle Investoren Beteiligungen für bestimmte Start-ups nachfragten (vgl. Fn. 161). 194 Zur Übertragbarkeit der untersuchten Crowdinvesting-Verträgen und Übertragungs­ beschränkungen siehe § 8 J. oben. 195 Vgl. zur Übertragbarkeit auch Armour / Hansmann / Kraakmann / Pargendler, in: Kraakman et al. (Hrsg.), Anatomy of Corporate Law, 3rd ed., 2017, S. 10.

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XIV. Wettbewerbsverbote für Crowd­investoren Rund 60 % der untersuchten Crowd­investing-Verträge enthielten Wettbewerbsverbote für Crowd­investoren. Die Häufigkeit der Wettbewerbsverbote nahm über den Beobachtungszeitraum hin deutlich zu.196 Das für Crowd­investoren verbotene Wettbewerbsverhältnis wurde dabei überwiegend ausgesprochen weit definiert und umfasste neben der Ausübung einer aktiven Rolle an einem im Wettbewerb stehenden Unternehmen auch jede mittelbare oder unmittelbare Beteiligung an einem solchen. Lediglich nach einem Teil der Verträge war das Halten von über die Börse gehandelten Aktien von Wettbewerbern bis zu einer Beteiligungsquote von 5 % zulässig. Bei Verstoß des Crowdinvestors gegen das Wettbewerbsverbot stand dem finanzierten Unternehmen regelmäßig ein außerordentliches Kündigungsrecht zu. Weiterhin war in zahlreichen Verträgen eine Übertragung des Vertrages an Personen, die in einem Wettbewerbsverhältnis zum finanzierten Unternehmen stehen, ausgeschlossen. Bei wörtlichem Verständnis untersagen die Wettbewerbsverbote den Crowd­ investoren überwiegend jede Beteiligung an konkurrierenden Unternehmen schlechthin – unabhängig davon, ob mit der Beteiligung ein wesentlicher unternehmerischer Einfluss des Crowdinvestors verbunden ist oder ob es sich um eine reine Kapitalanlage ohne jegliche Einflussmöglichkeiten handelte. Angesichts der Ausgestaltung der Crowd­investing-Verträge selbst als Kapitalanlage ohne maßgebliche Einflussmöglichkeiten der Crowd­investoren auf das finanzierte Unternehmen erscheinen derart weitgehende Wettbewerbsverbote zu Lasten der Crowd­investoren kaum rechtfertigbar. Derart weitgehende Wettbewerbsverbote beschränken die Anlage- und Diversifizierungsmöglichkeiten der Crowd­investoren erheblich. In Verbindung mit dem Übertragungsverbot an Wettbewerber werden zudem die Ausstiegsoptionen der Investoren entscheidend reduziert.197 Die für die Gründer bestehende außerordentliche Kündigungsmöglichkeit als Sanktionsmittel gegen Verstöße der Crowd­investoren gegen das Wettbewerbsverbot, ist darüber hinaus geeignet, Missbrauchsmöglichkeiten seitens des finanzierten Unternehmens zu eröffnen. Auf der anderen Seite sind kaum berechtigte Interessen des finanzierten Unternehmens an derart weitgehenden Einschränkung der Investoren ersichtlich. Um den berechtigten Interessen der Investoren gerecht zu werden, sollten jedenfalls Beteiligungen an konkurrierenden Unternehmen, die als reine Kapitalanlage ohne unternehmerische Einflussmöglichkeiten ausgestaltet sind, zulässig sein. Das gleiche gilt für Minderheitsbeteiligungen, die keine Kontrolle oder wesentlichen unternehmerischen Einfluss vermitteln – unabhängig von der Börsennotierung des entsprechenden Unternehmens. 196 197

Siehe dazu § 8 K. I. oben. Vgl. dazu bereits § 9 B. XIII. oben.

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§ 9 Analyse der Crowd­investing-Verträge und Gestaltungsmöglichkeiten

C. Zusammenfassung und Gestaltungsempfehlungen 1. Die Umsetzung einer Unternehmensfinanzierung mittels Crowd­investing, bei der Start-up-Unternehmen eine Vielzahl von kleinen Einzelbeträgen über Internetplattformen von einer Vielzahl von Kapitalgebern einwerben, stellt spezifische Anforderungen an eine geeignete Rechts- bzw. Vertragsform. Insbesondere muss der Vertragsschluss mit möglichst geringen Transaktionskosten über das Internet, ohne physische Präsenz der beteiligten Personen, und ohne Einhaltung spezifischer Formerfordernisse wie etwa der Schriftform oder der Mitwirkung eines Notars möglich sein. Angesichts der geringen Finanzierungsvolumina darf die Crowdfinanzierung nur unerhebliche Kosten verursachen. Die Grenzkosten des Vertragsschlusses sollten im Ideal­fall Null betragen. Eine Beteiligung der Crowd­ investoren als Gesellschafter an einer GmbH oder als Aktionäre an einer AG wird den spezifischen Anforderungen des Crowd­investing unter den gegenwärtigen Rahmenbedingungen regelmäßig nicht gerecht. Stattdessen entwickelte sich das partiarische Nachrangdarlehen – zunächst vor dem Hintergrund der bestehenden kapitalmarktrechtlichen Regelungslücke, dann der zweifelhaften Privilegierung durch den Gesetzgeber – zu der im Untersuchungszeitraum vorherrschenden Finanzierungsform des Crowd­investing. 2. Angesichts eines fehlenden ausdifferenzierten gesetzlichen Rahmens, der die Interessen der Crowd­investoren und der finanzierten Unternehmen in der Finanzierungsbeziehung zu einem Ausgleich bringt, kommt den Crowd­investing-Verträgen eine zentrale Bedeutung zur Etablierung einer Governance-Struktur zu. Mit einer effizienten Gestaltung der Crowd­investing-Verträge können Transaktionskosten minimiert und die aus der Finanzierungsbeziehung resultierende Nettowertschöpfung erhöht werden. Wesentliche Elemente einer Governance-Struktur sind Informations- und Kontrollrechte, die dazu beitragen, Informationsdefizite der Crowd­ investoren zu minimieren. Neben der Steuerungswirkung, die von der Zuteilung der Vermögensrechte ausgeht, können mittels weiteren Anreizmechanismen die Interessen der Gründer mit denen der Kapitalgeber harmonisiert und so Überwachungskosten und Agenturprobleme reduziert werden. 3. Crowd­investing-Verträge gewähren den Crowd­investoren verschiedene Vermögensrechte. Für die Rendite der Crowd­investoren ist vor allem die Beteiligung an einer Unternehmenswertsteigerung des finanzierten Unternehmens zum Ende der Laufzeit von Bedeutung. Die Festzinskomponente und die Gewinnbeteiligung haben primär die Funktion einer Mindestvergütung, die in Fällen, in denen sich die entsprechenden Start-ups nur durchschnittlich entwickeln (living deads), eine gewisse Relevanz erfährt. Zum Schutz der Vermögensrechte der Crowd­investoren sahen die untersuchten Crowd­investing-Verträge indes nur unzureichende Schutzmechanismen vor. Selbst bei einer außerordentlichen Entwicklung des finanzierten Start-ups, bestehen nach den untersuchten Verträgen zahlreiche Möglichkeiten wie Crowd­investoren durch opportunistisches Verhalten der Gründer um ihre versprochene Beteiligung gebracht werden können. Solange die Crowd­investing-Verträge

C. Zusammenfassung und Gestaltungsempfehlungen  

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keine angemessenen Mechanismen zum Schutz der Vermögensrechte der Crowd­ investoren vorsehen, ist kaum vorstellbar, dass sich Crowd­investing auf Grundlage der untersuchten Vertragsgestaltungen zu einer ernstzunehmenden Finanzierungsund Anlagealternative entwickeln kann. 4. Um zu verhindern, dass die Vermögensrechte der Crowd­investoren ausgehöhlt oder vereitelt werden, müssen Crowd­investing-Verträge ausdifferenzierte Mechanismen vorsehen, mit denen die der Berechnung der Beteiligung zugrunde zulegenden Kennzahlen wie etwa der Unternehmensgewinn um Auswirkungen von Maßnahmen und Rechtsgeschäften, die mit typisierten Risiken für opportunistisches Verhalten einhergehen, korrigiert werden. Die Bestimmung des Unternehmenswertes als Grundlage der Unternehmenswertbeteiligung muss auf Grundlage eines angemessenen Bewertungsmechanismus erfolgen. Die Multiplikatormethode kann als kostengünstige Lösung in bestimmten Fällen angemessene Ergebnisse liefern. Um eine Partizipation der Crowd­investoren an etwaigen überdurchschnittlichen Entwicklungen zu ermöglichen, muss allerdings eine alternative Bewertung durch einen Sachverständigen oder die Partizipation an tatsächlich erzielten Erlösen möglich sein. Das Risiko, dass die Vermögensrechte der Crowd­investoren im Zusammenhang mit Exits der Gründer vereitelt werden, kann insbesondere durch eine entsprechende Ausgestaltung der Kündigungsfristen für das finanzierte Unternehmen und eine weite Definition des relevanten Exitereignisses vermindert werden. 5. Informations- und Kontrollrechte der Crowd­investoren sind für ein adäquates Monitoring des Investments und damit zur Verringerung des systematischen Informationsgefälles und zur Reduzierung von moral hazard unverzichtbar. Mit dem in den Crowd­investing-Verträgen vorzufindenden Informationsrechte-Bündel aus Quartalsreporting mit aussagekräftigen Informationen über Unternehmensentwicklung und Übermittlung wesentlicher Informationen hat sich im Untersuchungszeitraum ein notwendiges Minimum an Informationsrechten herausgebildet, die Crowd­investoren für ein grundlegendes Monitoring ihres Investments benötigen. Darüber hinaus sollten finanzierte Unternehmen verpflichtet sein, Crowd­investoren in Form von „ad-hoc-Mitteilungen“ über für das Start-up und das Investment wesentliche Ereignisse zu informieren. Informationsrechte können des Weiteren nur dann ihre Wirkung entfalten, wenn zumindest die theoretische Möglichkeit der Verifikation der übermittelten Informationen durch Einsichts- und Kontrollrechte besteht. Außerdem sollte die Nichtbeachtung von Informationsund Reportingpflichten durch die finanzierten Unternehmen in geeigneter Weise mit Sanktionen bedroht sein. Angesichts der mit Informationsbeschaffung und Monitoring verbundenen Kosten der Crowd­investoren und vor dem Hintergrund der regelmäßig geringen Einzelinvestments sind Informations- und Kontrollrechte zwar ein notwendiges Element, aber nicht ausreichend für eine effiziente Governance Struktur. 6. Zustimmungsvorbehalte zugunsten der Crowd­investoren können opportunistischem Verhalten der Gründer entgegenwirken und die Risiken des Ressourcen-

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§ 9 Analyse der Crowd­investing-Verträge und Gestaltungsmöglichkeiten

missbrauchs und des Ressourcenfehlgebrauchs sowie des risk shifting verringern. Weiterhin können sie die Gefahr suboptimalen Investitionsverhaltens sowie der Vereitelung der Vermögensrechte der Investoren reduzieren. Ein ausgewogenes Maß an vertraglichen Zustimmungsrechten erscheint angesichts der zahlreichen Möglichkeiten der Gründer, durch opportunistisches Verhalten die Vermögensrechte der Investoren unmittelbar zu schmälern, unverzichtbar. Mittels Zustimmungsvorbehalten sollte insbesondere der der Finanzierung stillschweigend zugrunde gelegte Grundkonsens zu Gunsten der Investoren abgesichert werden. Dafür sollten Maßnahmen wie eine Änderung des Innovationsvorhabens oder des Unternehmensgegenstandes, eine Veräußerung von notwendigem Betriebsvermögen oder bestimmten betriebsrelevanten Assets sowie die Gewährung von Krediten, die bestimmte Wertgrenzen überschreiten, oder gesellschaftsrechtliche Strukturmaßnahmen der Zustimmung der Investoren unterworfen werden. 7. Die bei Venture Capital-Finanzierungen verbreitete stufenweise Bereitstellung von Kapital kann auch im Bereich des Crowd­investing mit Gewinn eingesetzt werden. Staging kann bei intelligenter Ausgestaltung nicht nur das Verlustrisiko der Crowd­investoren reduzieren, sondern auch einen gewichtigen Beitrag zur Minimierung von Agenturproblemen leisten. Erhalten die Gründer zunächst nur einen Teil der eingeworbenen Finanzierungssumme ausbezahlt, kann dies erheblich zur Reduzierung vorvertraglicher Informationsasymmetrien beitragen und die Gründer vorvertraglich zu realistischen Angaben und Prognosen veranlassen. Damit werden auch mögliche Betrugsrisiken minimiert. Wird die Auszahlung der Folgetranche(n) – entgegen der kurzzeitig in den Verträgen von Companisto vorzufindenden Ausgestaltung – nicht ins freie Ermessen der Investoren gestellt, sondern an angemessene Kriterien und Meilensteine geknüpft, kann mittels einer Stufen­ finanzierung das Risiko opportunistischen Verhaltens der Gründer deutlich reduziert werden. Als Kriterien für die Auszahlung der Folgetranche sollten einerseits der Fortbestand für die Finanzierungsbeziehung wesentlicher Grundannahmen vereinbart werden. Auszahlungsvoraussetzung sollte beispielsweise sein, dass für die Unternehmensentwicklung zentrale Personen noch für das Unternehmen tätig sind oder bislang kein Insolvenzantrag gestellt und kein Insolvenzverfahren eröffnet wurde. Erforderlichenfalls können diese Voraussetzungen um möglichst grundlegende Meilensteine ergänzt werden. Dabei kann es sich insbesondere um zentrale „Versprechungen“ der Gründer im Rahmen der Crowd­investing-Kampagne handeln – etwa die Eröffnung des ersten Geschäfts oder die Fertigstellung eines funktionsfähigen Prototyps innerhalb der ersten sechs Monate. Je nach Ausgestaltung der Meilensteine kann eine Stufenfinanzierung – neben der Risikoreduzierung und der Minimierung vorvertraglicher Informationsasymmetrien – nicht nur dem Missbrauch von Unternehmensressourcen entgegenwirken und den Gründern Leistungsanreize setzen, sondern zugleich eine Bindung wichtiger Schlüsselpersonen bewirken. 8. Eine explizite vertragliche Fixierung des Verwendungszwecks des von den Crowd­investoren bereitgestellten Kapitals ist aus Sicht der Crowd­investoren un-

C. Zusammenfassung und Gestaltungsempfehlungen  

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verzichtbar. Mit einer ausdrücklichen vertraglichen Zweckbindung der Finanzierungssumme kann opportunistischem Verhalten der Gründer, vor allem in Form des Ressourcenmissbrauchs, eines suboptimalen Investitionsverhaltens sowie einer Veränderung der Unternehmensstrategie und des risk shiftings entgegengewirkt werden. Zur Steigerung der verhaltenssteuernden Wirkung sollte eine zweckwidrige Verwendung des überlassenen Kapitals mit einem außerordentlichen Kündigungsrecht sanktioniert werden. 9. Dem Anreiz der Gründer, sich überhöhte Geschäftsführervergütungen und Bonusse zu gewähren, kann mit vertraglichen Beschränkungen der Geschäftsführervergütung begegnet werden. Eine unmittelbare Vereitelung der Vermögensrechte kann verhindert werden, wenn die Gewinnbeteiligung der Crowd­investoren nicht auf Grundlage des tatsächlichen, sondern des um den einen bestimmten Freibetrag übersteigenden Abfluss durch Geschäftsführervergütungen korrigiert wird. Einem generellen Ressourcenmissbrauch durch zu hohe Vergütungen kann hingegen durch Zustimmungsvorbehalte – ggf. kombiniert mit Kündigungsrechten – begegnet werden. Ergänzend können Transparenzpflichten, nach denen das finanzierte Unternehmen zur Offenlegung der gezahlten Vergütungen und Bonusse gegenüber den Crowd­investoren verpflichtet ist, Opportunismus reduzierende Anreize setzen. 10. Das Risiko, dass Gründer keinen ausreichenden Arbeitseinsatz erbringen, kann mit Nebentätigkeitsbeschränkungen und Arbeitszeitvorgaben für Gründer und Mitglieder der Unternehmensführung minimiert werden. Empirische Studien bestätigen, dass sich entsprechende Regelungen positiv auf den Unternehmenserfolg auswirken. Ergänzend kann das finanzierte Unternehmen dazu verpflichtet werden, sämtliche Nebentätigkeiten der Gründer und für die Unternehmensentwicklung zentraler Personen gegenüber den Crowd­investoren offenzulegen. 11. Da Crowd­investoren nicht am Eigenkapital des finanzierten Unternehmens beteiligt sind, bleibt ihre Investmentquote bei Kapitalmaßnahmen im Rahmen von Folgefinanzierungen grundsätzlich unberührt. Um bei Folgefinanzierungen eine relative Erhöhung der Zugriffsrechte der Crowd­investoren auf die Cashflows des Unternehmens und damit eine Wertsteigerung des Investments zu verhindern, müssen Crowd­investing-Verträge mittels Verwässerungsklauseln eine Anpassung der Investmentquote der Crowd­investoren bei Folgefinanzierungen vorsehen. Soweit Folgefinanzierungen eine geringere Unternehmensbewertung zugrunde liegt als der Crowdfinanzierung (down round), führen diese zu einer wirtschaftlichen Verwässerung des Investments der Crowd­investoren. Zum Schutz vor wirtschaftlichen Verwässerungen im Falle von down rounds sind Verwässerungsklauseln erforderlich, die sicherstellen, dass die Investmentquote der Crowd­investoren bei down rounds nicht reduziert wird. 12. Einer willkürlichen Festsetzung der Bewertung des zu finanzierenden Unternehmens im Vorfeld der Finanzierung zur Bestimmung der Investmentquote der Crowd­investoren und der daraus resultierenden Gefahr, dass Crowd­investoren zu

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§ 9 Analyse der Crowd­investing-Verträge und Gestaltungsmöglichkeiten

viel für die ihnen gewährten Vermögensrechte bezahlen, kann mit Mechanismen zur Bewertungskorrektur begegnet werden. Diese können insbesondere an eine im Rahmen von Folgefinanzierungen ermittelte Unternehmensbewertung anknüpfen. Zusicherungen und Garantien der Gründer können ferner einen Beitrag zur Reduzierung von in dieser Hinsicht relevanten Informationsasymmetrien leisten. 13. Um Gründer an das finanzierte Unternehmen zu binden, sollten Crowd­ investing-Verträge die finanzierten Unternehmen jedenfalls zum Abschluss von Wettbewerbsverboten und Geheimhaltungsverpflichtungen mit den Gründern verpflichten sowie weitere mittelbare Verpflichtungen wie etwa Übertragungsbeschränkungen für die Anteile der Gründer begründen. 14. Um dem Liquiditätsinteresse der Crowd­investoren Rechnung zu tragen und die Entwicklung eines Sekundärmarktes nicht zu verhindern, sollte die Übertragbarkeit der Crowd­investing-Verträge erleichtert und Übertragungsbeschränkungen vermieden werden.

§ 10 Quantitative Analyse der Crowd­investing-Verträge und Investorenschutzindex Im Folgenden soll ein Investorenschutzindex entwickelt werden, der quantitative Aussagen über die in den Crowd­investing-Verträgen enthaltenen investorenschützenden Regelungen1 erlaubt und es so ermöglicht, das vertraglich begründete Schutzniveau2 für Crowd­investoren zu quantifizieren und zu vergleichen. Mit Hilfe des Indexes soll in quantitativer Hinsicht untersucht werden, wie ausgeprägt die in § 9 dargestellten Regelungen zum Schutz der Crowd­investoren vor den in § 6 dargestellten Agenturproblemen sind. Der Investorenschutzindex soll damit eine Aussage über die quantitative Entwicklung der in den Verträgen enthaltenen GovernanceRegelungen und das durch diese begründete Anlegerschutzniveau ermöglichen. Neben der marktweiten Entwicklung des Investorenschutzniveaus wird im Folgenden auch das Schutzniveau der Verträge der verschiedenen Crowd­investingPlattformen verglichen und die Entwicklung des Schutzniveaus auf verschiedenen Plattformen nachvollzogen. Weiter wird der Frage nachgegangen, ob sich auf dem Crowd­investing-Markt eine Tendenz zu einheitlichen Verträgen mit einem plattformübergreifend vergleichbarem Schutzniveau beobachten lässt. Mit Blick auf die Rolle der Crowd­investing-Plattformen als Klauselproduzenten soll die quantitative Analyse der Crowd­investing-Verträge schließlich Anhaltspunkte dafür liefern, ob zwischen den Crowd­investing-Plattformen ein Klauselwettbewerb stattfindet und welche Auswirkungen dieser auf das Schutzniveau der Crowd­investing-Verträge hat.

A. Grundlagen und Methodik I. Der Shareholder Rights Index von LLSV als methodisches Vorbild Als methodisches Vorbild für die quantitative Erfassung von Rechtsnormen und den hier entwickelten Investorenschutzindex dienen die 1997 von Rafael La Porta, Florencio Lopez-de-Silanes, Andrei Shleifer und Robert W. Vishny (LLSV) veröffentlichte empirische Untersuchung zur Kapitalmarktentwicklung3 sowie die diese 1

Zur detaillierten empirischen Analyse der Regelungen der Crowdinvesting-Verträge siehe § 8 oben. 2 Dem hier verwendeten Begriff Schutzniveau liegt ein quantitatives und relatives Verständnis zugrunde, siehe dazu die folgenden Ausführungen und § 10 B. III. unten. 3 La Porta / L opez-de-Silanes / Shleifer / Vishny, 106 J. Pol. Econ. 1113–1155 (1998).

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§ 10 Quantitative Analyse und Investorenschutzindex

weiter entwickelnden Arbeiten von John Armour, Simon Deakin, Priya Lele und Mathias Siems.4 LLSV setzten in ihrer Untersuchung die Kapitalmarktentwicklung eines Landes mit der Ausprägung des im jeweiligen Rechtssystem vorherrschenden Anlegerschutzes in Zusammenhang.5 Grundlegend für die Arbeit war der Versuch, die jeweiligen nationalen Rechtsordnungen im Hinblick auf bestimmte Rechte für 49 Länder abzubilden. Der Shareholder Rights-Index besteht beispielsweise aus acht Variablen, die das Recht der jeweils untersuchten Rechtsordnung im Hinblick auf verschiedene anlegerschützende Kriterien erfassen.6 Die Arbeiten von LLSV standen lange Zeit im Fokus der Law and Finance-Forschung und waren Gegenstand kontroverser Diskussionen.7 Armour, Deakin, Lele und Siems entwickelten die Arbeiten von LLSV weiter, indem sie die Anleger-, Gläubiger- und Arbeitnehmerschutzindizes neu konzipier­ ten und die Entwicklung des jeweils relevanten nationalen Rechtsrahmens über einen Zeitraum von 1970 bis 2005 abbildeten.8 Mit diesen neu entworfenen Indizes 4 Insbesondere die Shareholder, Creditor und Worker Protection Indices von Armour  / ​ Deakin / L ele / Siems, 57  Am. J. Comp. L. 579–630 (2009); ferner Armour / Deakin / Sarkar / ​ Siems / Singh, 6 J. Empir. Leg. Stud. 343–380 (2009); Armour / Deakin / Mollica / Siems, BYU L. Rev. 1435–1500 (2009); Lele / Siems, 7 J. Corp. L. Stud. 17–50 (2007). Für einen Überblick über weitere an die Arbeiten von LLSV anknüpfende qualitative Studien siehe Siems, 13 Cardozo J. Int’l & Comp. L. 521, 523 ff. (2005). 5 LLSV untersuchen die jeweiligen Rechtsordnungen darauf, welche Rechte diese Anlegern geben und wie diese Rechte durchgesetzt werden können. LLSV zeigen, dass sich die nationalen Rechtsordnungen in dieser Hinsicht stark unterscheiden. Sie führen die Unterschiede im Anlegerschutz zum Teil auf die unterschiedliche Herkunft der jeweiligen Rechtsordnung zurück („legal origin“). LLSV gehen davon aus, dass die Rechtsordnungen der civil law countries Investoren generell schwächere Rechte gewähren als dies in common law Rechtsordnungen der Fall ist. Im Ergebnis kommen LLSV zu dem Schluss, dass ein höheres Level an Anlegerschutz zu mehr Streubesitz der Aktionäre, Gesellschafter und sonstigen Anteilsinhabern führt. Vgl. La Porta / L opez-de-Silanes / Shleifer / Vishny, 106 J. Pol. Econ. 1113, 1151–1152 (1998). 6 Der Index besteht aus den folgenden Variablen: „one share one vote“, „proxy by mail allowed“, „shares not blocked before shareholders’ meeting“, „cumulative voting“, „oppresed minority“, „pre-emptive right to new issues“, „percentage of share capital required to call an extraordinary shareholders’ meeting“, „mandatory dividend“, vgl. La Porta / L opez-de-Silanes / Shleifer / Vishny, 106 J. Pol. Econ. 1113, 1130 (1998). 7 Für eine zusammenfassende Darstellung siehe etwa Armour / Deakin / Mollica / Siems, BYU L. Rev. 1435, 1439–1453 (2009); La Porta / L opez-de-Silanes / Shleifer, in: Constantinides / Harris / Stulz (Hrsg.), Handbook of the Economics of Finance, Volume 2, Part A, 2013, S. 425–491; knapp Haar, JZ 2008, 964. Die Konzeption des Indexes und die Codierung der untersuchten Rechtsordnung erfuhr in vielerlei Hinsicht Kritik. So wurde etwa die Auswahl und die Anzahl der verwendeten Variablen kritisiert, zahlreiche Coding-Fehler nachgewiesen und ein genereller US-Bias kritisiert, vgl. Spamann, ECGI-Law Working Paper No. 67/2006; Spamann, 23 Rev. Financ. Stud. 467–486 (2010); Cools, 30 Del. J. Corp. Law 697–766 (2005); Braendle, 7 GLJ 257–278 (2006); Lele / Siems, 7 J. Corp. L. Stud. 17, 18 ff. (2007); Pistor, 1 EBOR 59, 95 (2000). Inhaltlich soll auf die von LLSV begründete Legal Origins Theorie sowie die Kontroversen hier nicht weiter eingegangen werden. 8 Armour / Deakin / L ele / Siems, 57 Am. J. Comp. L. 579–630 (2009); ferner Armour / Deakin / Mollica / Siems, BYU L. Rev. 1435, 1439–1453 (2009); Lele / Siems, 7 J. Corp. L. Stud. 17, 18 ff. (2007).

A. Grundlagen und Methodik  

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sollten einerseits Mängel der Arbeiten von LLSV behoben werden. Andererseits analysierten Armour, Deakin, Lele und Siems, wie sich das Ausmaß verschiedener anlegerschützender Vorschriften über den Beobachtungszeitraum entwickelte.9

II. Quantitative Rechtstatsachenforschung Die quantitative Analyse von Rechtsnormen ist eine Methode außerhalb des traditionellen juristischen Methodenkanons, mit der versucht wird, Rechtsnormen quantitativ zu erfassen, sie quantitativ zu bewerten und über Rechtsordnungen hinweg vergleichbar zu machen.10 Im Rahmen der quantitativen Analyse des Rechts werden nicht nur empirische Daten, sondern auch das Recht als solches quantifiziert.11 Mit der Abbildung von Rechtsnormen oder Vertragsklauseln als Variablen, sieht sich der Ansatz zwar mit dem Vorwurf konfrontiert, rechtliche Regelungen zu vereinfachen und in ihrem Regelungsgehalt nicht umfassend abzubilden.12 Gegen eine Abstraktion von Normen mittels Variablen ließe sich außerdem einwenden, dass weder Rechtsnormen noch insbesondere Vertragsklauseln losgelöst vom jeweiligen Kontext und dem individuell zugrunde liegenden Parteiwillen abschließend beurteilt werden können.13 Andererseits geht jede Abstraktion not 9

Vgl. Armour / Deakin / L ele / Siems, 57 Am. J. Comp. L. 579, 579 ff. (2009). Die Methode wird teilweise auch als Leximetrics oder im rechtsvergleichenden Kontext als Numerical Comparative Law bezeichnet. Der Begriff „Leximetrics“ wurde erstmals in Cooter / Ginsburg, U. Illinois Law & Economics Research Paper No. LE03-012 (June 2003) verwendet, vgl. Lele / Siems, 7 J. Corp. L. Stud. 17, 18 (2007). Für einen Überblick über die Methode und Möglichkeiten der quantitativen Analyse des Rechts im rechtsvergleichenden Kontext siehe Siems, Comparative Law, 2nd ed., 2018, S. 180 ff. Grundlegend zur Empirie in den Rechtswissenschaften auch Epstein / Martin, Introduction to Empiricial Legal Research, 2014. 11 Siems, 13 Cardozo J. Int’l & Comp. L. 521, 523 (2005). 12 Dazu und zu weiteren Argumenten gegen eine quantitative Erfassung von Rechtsnormen, insbesondere als Methode der Rechtsvergleichung, siehe Siems, 13 Cardozo J. Int’l & Comp. L. 521, 528 ff. (2005). Vgl. ferner Lele / Siems, 7 J. Corp. L. Stud. 17, 25 (2007). 13 Nach den §§ 133, 157 BGB ist bei der Auslegung von empfangsbedürftigen Willenserklärungen und Rechtsgeschäften der wirkliche Wille der Erklärenden zu erforschen. Dabei kommt es entscheidend darauf an, wie der Empfänger die ihm zugegangene Äußerung nach Treu und Glauben und mit Rücksicht auf die Verkehrssitte verstehen durfte (normative Auslegung nach dem verobjektivierten Empfängerhorizont). Ausgangspunkt der Auslegung ist zwar der Wortlaut der Erklärung. Allerdings sind bei der Auslegung alle Umstände des Einzelfalls, insbesondere das Gesamtverhalten des Erklärenden einschließlich aller Nebenumstände, wie etwaiger Vorverhandlungen, der wirtschaftliche Zweck oder die Historie der Vertragsverhandlungen zu berücksichtigen. Vgl. zur Auslegung etwa Busche, in: MüKo BGB, 9. Aufl., 2021, § 133, Rn. 62 ff. Gehen die Parteien entgegen dem tatsächlichen Wortlaut übereinstimmend von einer anderen Bedeutung der Erklärung aus, so gilt das tatsächlich Gewollte als vereinbart ( falsa demonstratio non nocet). So entschied etwa das Reichsgericht 1920 (RGZ 99, 147–149) in dem berühmten Haakjöringsköd-Fall, dass zwischen den Parteien ein Kaufvertrag über Walfischfleisch zustande kam, obwohl die Parteien – in der beidseitigen irrigen Annahme Haakjköringsköd sei Walfischfleisch – den Kauf von Haakjöringsköd (Haifischfleisch) ver­ einbarten. 10

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§ 10 Quantitative Analyse und Investorenschutzindex

wendigerweise mit einem Verlust an Detailgenauigkeit einher. Diese Reduktion von Komplexität ermöglicht in vielen Fällen erst eine Vergleichbarkeit. Akzeptiert man die genannten Einschränkungen, bietet die quantitative Analyse rechtlicher Regeln die Möglichkeit, durch den Vergleich von Rechtsnormen und Vertragsklauseln vertiefte ergänzende Erkenntnisse im Hinblick auf die Entwicklung der untersuchten Normen zu erlangen.14 Klarstellend ist anzumerken, dass dieser Teil der Arbeit lediglich eine quantitative Erfassung und Analyse vertraglicher Regelungen zum Ziel hat. Er beinhaltet keine ökonometrische Untersuchung, die etwa versucht, Zusammenhänge zwischen der Vertragsgestaltung und dem vermittelten Investorenschutzniveau einerseits und dem Erfolg der Crowd­investing-Kampagne, dem wirtschaftlichen Erfolg des finanzierten Unternehmens oder anderen ökonomischen Daten andererseits zu analysieren.15

III. Wettbewerb der Crowd­investing-Plattformen Die quantitative Analyse der Crowd­investing-Verträge soll auch Anhaltspunkte investingfür die Implikationen eines potentiellen Wettbewerbs der Crowd­ Plattformen auf das durch die Crowd­investing-Verträge vermittelte Schutzniveau auf dem Crowd­investing-Markt liefern. Bevor die theoretisch denkbaren Implikationen eines Wettbewerbs der Crowd­­investing-Plattformen mit den von diesen angebotenen Crowdinvesting-Verträgen skizziert werden, soll zunächst ein Blick auf die Grundlagen des Regulierungswettbewerbs geworfen werden, mit dem Ziel diese für die vorliegende Untersuchung fruchtbar zu machen. 1. Recht als Produkt und Wettbewerb um Recht Recht wurde lange nicht als ein auf einem Markt handelbares Gut angesehen. Dennoch wurde das Recht in vielen Bereichen zunehmend zu einem Produkt, womit zugleich die Entwicklung eines Rechtsmarktes einherging.16 Ein Beispiel für die Entwicklung des Verständnisses von Recht als Produkt und die Herausbildung eines Rechtsmarktes ist die unter dem Stichwort des Regulierungswettbewerbs 14

Vgl. zu Argumenten für eine quantitative Analyse von Rechtsnormen zur Rechtsvergleichung Siems, 13 Cardozo J. Int’l & Comp. L. 521, 528 ff. (2005). Siehe auch Lele / Siems, 7 J. Corp. L. Stud. 17, 25 (2007). Zur Anwendung der quantitativen Analyse von Rechtsnormen im Bereich der Rechtsvergleichung, für einen Überblick über die Methode und zahlreiche Studien und Untersuchungsansätze siehe Siems, Comparative Law, 2nd ed., 2018, S. 180 ff. 15 Für eine Analyse des Zusammenhangs zwischen vertraglichen Rechten der Crowdinvestoren und Fundingerfolg sowie wirtschaftlichem Erfolg der finanzierten Unternehmen vgl. etwa die Untersuchung von Hornuf / Schilling / Schwienbacher, J. Corp. Fin. 77 (2022) 101927. 16 Eidenmüller, JZ 2009, 641.

A. Grundlagen und Methodik  

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geführte Diskussion.17 Ausgangspunkt der Debatte ist die Anwendung grundlegender Erkenntnisse der ökonomischen Markt- und Wettbewerbstheorie auf das „Angebot“ rechtlicher Regeln.18 Damit ein Wettbewerb um Recht entstehen kann, müssen Rechtsunterworfene und Produktions­faktoren entweder mobil sein19 oder Rechtsnachfrager müssen unmittelbar zwischen verschiedenen rechtlichen Regeln wählen können, ohne zugleich ihren Standort verändern zu müssen.20 Regulierungswettbewerb zeichnet sich dadurch aus, dass Regelsetzer möglichst attraktive rechtliche Regeln entwickeln und mit diesem Rechtsangebot im Wettbewerb zu anderen Regelsetzern stehen, während Rechtsnachfrager aus den verschiedenen Rechtsangeboten dasjenige wählen können, welches ihren Bedürfnissen am besten entspricht.21 Regulierungswettbewerb kann dabei zwischen verschiedenen „Rechtsanbietern“ stattfinden. Zunächst können Gesetzgeber im Wettbewerb zueinander stehen. Klassisches Beispiel für einen horizontalen Regulierungswettbewerb ist der Wettbewerb der Einzelstaaten der Vereinigten Staaten von Amerika um das beste Gesellschaftsrecht (charter competition).22 Auch die Mitgliedstaaten der Europäischen Union stehen mit ihren Gesellschaftsrechten in einem (horizontalen) Wettbewerb.23 Stehen Gesetzgeber auf unterschiedlichen Hierarchiestufen – wie etwa in einer föderalen Struktur oder bei einer supranationalen Organisation und ihren Mitgliedstaaten – ist auch in diesem vertikalen Verhältnis ein Regulierungswettbewerb möglich (vertikaler Regulierungswettbewerb).24 Neben staatlichen Rechtssetzern können schließlich auch private Anbieter von Vertragswerken in Wettbewerb zueinander treten und mit staatlichem Rechtssetzern oder untereinander konkurrieren.25 Eine Grundvoraussetzung für Regulierungswettbewerb ist zunächst, dass Rechtsnachfrager eine tatsächliche Wahlmöglichkeit zwischen verschiedenen Rechtsre 17 Die Diskussion wird auch unter den Stichworten „Wettbewerb der Jurisdiktionen“, „institutioneller Wettbewerb“ oder „Systemwettbewerb“ geführt. Vgl. Heine / Kerber, 13 Eur. J. L. & Econ. 47, 51 (2002). Siehe dazu etwa Oates / Schwab, 35 J. Pub. Econ. 333 (1988); Vanberg / Kerber, 5 Constit. Polit. Econ. 193–219 (1994). Grundlegend zum Wettbewerb im Hinblick auf das Angebot öffentlicher Güter Tiebout, 64 J. Pol. Econ. 416–424 (1956). 18 Kerber, in: Grundmann (Hrsg.), Systembildung, 2000, S. 67, 77; Heine / Kerber, 13 Eur. J. L. & Econ. 47, 51 (2002). Zur Entwicklung des Rechts als Produkt siehe auch Eidenmüller, JZ 2009, 641. 19 Kerber, in: Grundmann (Hrsg.), Systembildung, 2000, S. 67, 77. 20 Vgl. Kerber, in: Grundmann (Hrsg.), Systembildung, 2000, S. 67, 79. Zur freien Rechtswahl siehe Ribstein, 18 J. Corp. L. 245–300 (1993). 21 Kerber, in: Grundmann (Hrsg.), Systembildung, 2000, S. 67, 80. 22 Siehe dazu etwa Klöhn, RabelsZ 76 (2012), 276, 285 ff. 23 Vgl. dazu Klöhn, RabelsZ 76 (2012), 276, 291 ff.; zur GmbH im Wettbewerb der Rechtsformen siehe etwa Eidenmüller, ZGR 2007, 168, 170 ff.; für empirische Erkenntnisse siehe vgl. Braun / Eidenmüller / Engert / Hornuf, ZHR 177 (2013), 131. 24 Zum vertikalen Regulierungswettbewerb im europäischen Gesellschaftsrecht siehe Klöhn, RabelsZ 76 (2012), 276, 290 ff. 25 So können etwa in Schiedsverfahren die Verfahrensordnungen privater Schiedsinstitutionen einbezogen werden, vgl. dazu Eidenmüller, JZ 2009, 641, 647.

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§ 10 Quantitative Analyse und Investorenschutzindex

gimen oder Regeln haben.26 Außerdem müssen die Nachfrager dieses Rechtsangebot nicht nur wahrnehmen und einschätzen können, sondern zudem Anreize haben, die bestehende Wahlmöglichkeit auch tatsächlich zu nutzen.27 Der Rechtsetzer muss wiederum die Rechtswahl der Nachfrager zur Kenntnis nehmen und sowohl in der Lage sein als auch einen Anreiz haben, darauf zu reagieren und sein Rechtsangebot an die Präferenzen der Nachfrager anzupassen.28 Geht man davon aus, dass Regelsetzer weder die Präferenzen der Rechtsnachfrager noch das „optimale Recht“ kennen, kann Regulierungswettbewerb als „Entdeckungsverfahren“ dazu beitragen, die spezifischen Bedürfnisse der Rechtsnachfrager zu entdecken und innovative Regelungen bzw. Lösungen für neue Probleme hervorzubringen.29 Im Idealfall führt dies zu einem höheren Innovationstempo und einer kontinuierlichen Verbesserung des Rechts, welches stetig an exogene Faktoren angepasst wird.30 Außerdem kann eine Vielzahl differenzierterer Rechtsangebote die Präferenzen einer heterogenen Gruppe von Nachfragern mit unterschiedlichen Bedürfnissen besser bedienen.31 Ob sich Regulierungswettbewerb im Ergebnis positiv auf die Gesamtwohlfahrt auswirkt, wird kontrovers diskutiert.32 Vor allem vor dem Hintergrund der USamerikanischen charter competition wurde Regulierungswettbewerb einerseits als Prozess wahrgenommen, der immer bessere, annähernd optimale Regeln hervorbringt (race to the top).33 Kritiker beschrieben den Prozess hingegen als race to the bottom, welches zwar für Einzelne zu besseren Regeln, im Ergebnis aber zu einer Wohlfahrtsminderung führe.34 26 Zu den Voraussetzungen vgl. Klöhn, RabelsZ 76 (2012), 276, 290; Röpke, Gläubigerschutzregime, 2007, S. 58 f. 27 Klöhn, RabelsZ 76 (2012), 276, 290; vgl. ferner Reps, Rechtswettbewerb und Debt Governance bei Anleihen, 2014, S. 56 ff. 28 Klöhn, RabelsZ 76 (2012), 276, 290; Reps, Rechtswettbewerb und Debt Governance bei Anleihen, 2014, S. 58 f. 29 Heine / Kerber, 13 Eur. J. L. & Econ. 47, 51 ff. (2002); Kerber, in: Grundmann (Hrsg.), Systembildung, 2000, S. 67, 73 ff.; Klöhn, RabelsZ 76 (2012), 276, 308. Regulierungswettbewerb kann so als (kreisförmiger) trial-and-error-Prozess verstanden werden, bei dem parallel mit verschiedenen Regelungen experimentiert wird und sich die bessere Regelung durchsetzt, so die evolutorischen Modelle des Regulierungswettbewerbs, siehe dazu Vanberg / Kerber, 5 Constit. Polit. Econ. 193, 197 (1994); ferner Klöhn, RabelsZ 76 (2012), 276, 290 (Fn. 70) m. w. N. 30 Vgl. dazu Kerber, in: Grundmann (Hrsg.), Systembildung, 2000, S. 67, 74; Heine / Kerber, 13 Eur. J. L. Econ. 47, 52 (2002); Eidenmüller, JZ 2009, 641, 648. 31 Heine / Kerber, 13 Eur. J. L. Econ. 47, 52 (2002). 32 Im Ergebnis muss die Frage für den jeweiligen Einzelfall beantwortet werden. So auch Hornuf, Regulatory Competition in European Corporate and Capital Market Law, 2012, S. 4. 33 Allgemein zum Wettbewerb verschiedener Rechtssysteme und einem möglichen „race for the bottom“ im Kontext des Wettbewerbs der US-amerikanischen Gesellschaftsrechte Winter, 6 J. Legal Stud. 251–292 (1977); Fischel, 76 Nw. U. L. Rev. 913–945 (1982); Romano, 1 J. L. Econ. & Org. 225–283 (1985). 34 Cary, 83 Yale L. J. 663–705 (1974); Eisenberg, 89 Colum. L. Rev. 1461, 1506 ff. (1989); Bebchuck / Hamdani, 106 Colum. L. Rev. 1793, 1823 ff. (2006); siehe dazu auch Klöhn, RabelsZ 76 (2012), 276, 285.

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2. Klauselwettbewerb Als Klauselproduzenten bestimmen die Crowd­investing-Plattformen – in einem Rahmen ausgeprägter Vertragsfreiheit – maßgeblich die Rechtsbeziehung zwischen kapitalsuchenden Unternehmen und den diese finanzierenden Crowd­investoren.35 Crowd­investing-Plattformen legen fest, inwieweit die Crowd­investing-Verträge die Interessen der kapitalsuchenden Unternehmen berücksichtigen und welches Maß an Schutz die Verträge den Investoren gewähren. Ein wesentlicher Einflussfaktor darauf, wie Crowd­investing-Plattformen diese Rolle als Klauselproduzenten ausfüllen, könnte sich aus der Konkurrenz der Crowd­investing-Plattformen und einem daraus resultierenden Klauselwettbewerb ergeben.36 Mit den von diesen angebotenen Crowd­investing-Verträgen stehen die Crowd­ investing-Plattformen – gewissermaßen als private Rechtssetzer – im Wettbewerb zueinander.37 Der Crowd­investing-Markt stellt sich dabei als ein zweiseitiger Markt (two-sided market) mit Netzwerkeffekten dar:38 Crowd­investing-Plattformen konkurrieren einerseits um kapitalsuchende Unternehmen mit möglichst hohem Finanzierungsbedarf (deals). Andererseits konkurrieren sie um Anleger und deren Kapital (money). Nur wenn Crowd­investing-Plattformen beständig interessante und finanzierungswürdige Start-ups zur Finanzierung anbieten, gewinnen sie an Attraktivität für Anleger.39 Langfristig bleiben sie nur dann attraktiv für Anleger, wenn eine ausreichende Zahl der angebotenen Start-ups erfolgreich ist und sich dies in einer angemessenen Rendite der Crowdinvestoren widerspiegelt. Gleichzeitig ist eine Plattform für kapitalsuchende Unternehmen nur interessant, wenn sie eine ausreichende Anzahl an potentiellen Investoren anspricht und ausreichend Kapital mobilisieren kann, um den kapitalsuchenden Unternehmen einen schnellen Fundingerfolg zu versprechen. Kapitalsuchende Unternehmen können dabei grundsätzlich frei wählen, über welche Crowd­investing-Plattform sie ihre Crowdfinanzierung anbieten und abwickeln. Neben Kriterien wie etwa die Reputation der Crowd­investing-Plattform und der Fähigkeit, in kurzer Zeit eine ausreichende Anzahl an Investoren und Kapital zu mobilisieren, dürfte das verwendete Vertragswerk ein wesentliches Entscheidungskriterium im Hinblick auf die Auswahl der Crowd­investing-Plattform sein. Auch für die Crowd­investoren spielen die der Finanzierung der angebotenen Startups zugrundeliegenden Crowd­investing-Verträge eine entscheidende Rolle dafür, 35

Zur Rolle der Crowdinvesting-Plattformen siehe bereits § 3 D. III. oben. Siehe dazu und zum Folgenden bereits Klöhn / Hornuf / Schilling, ZBB 2016, 142, 147. 37 Zur Entwicklung des Rechts als Produkt und dem Wettbewerb um Recht vgl. Eidenmüller, JZ 2009, 641, 641 ff. 38 Vgl. Viotto, 99 DigiWorld Econ. J. 33, 35, 38 ff. (2015); Klöhn / Hornuf / Schilling, ZBB 2016, 142, 147. Für das Crowdfunding Belleflamme / L ambert / Schwienbacher, 29 J. Bus. Ventur. 585, 602 (2014). Allgemein zu Wettbewerb auf two-sided markets und Netzwerkeffekten Rysman, 71 Rev. Econ. Stud. 483–512 (2004); Kaiser / Wright, 24 Int. J. Ind. Organ. 1–28 (2006); Rysman, 23 J. Econ. Perspect. 125–143 (2009). 39 Vgl. auch Viotto, 99 DigiWorld Econ. J. 33, 35 (2015). 36

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§ 10 Quantitative Analyse und Investorenschutzindex

ob sich Crowd­investoren für die Finanzierung des entsprechenden Unternehmens und damit auch für die entsprechende Crowd­investing-Plattform entscheiden. Im Hinblick auf die Entwicklung der Crowd­investing-Verträge sind anknüpfend an die Diskussion zum Regulierungswettbewerb verschiedene Szenarien denkbar.40 Crowd­investing-Plattform könnten versuchen, optimale Finanzierungsverträge zu entwickeln, die die Finanzierungskosten insgesamt minimieren und ein optimales Anlegerschutzniveau gewährleisten (race to the top).41 Im Wettbewerb um kapitalsuchende Unternehmen könnten Crowd­investing-Portale die Finanzierungsverträge indes auch so ausgestalten, dass die finanzierten Unternehmen einseitig und zu Lasten der Crowd­investoren begünstigt werden (race to the bottom).42 Denkbar wäre schließlich auch, dass ein Klauselwettbewerb der Crowd­ investing-Plattformen gar nicht stattfindet bzw. nicht zu einer Entwicklung der Crowd­investing-Verträge in eine bestimmte Richtung führt.

B. Konzeption eines Investorenschutzindexes I. Konzeptionelle Grundlagen Der in dieser Arbeit konzipierte Investorenschutzindex nimmt die Indizes von LLSV und insbesondere Armour, Deakin, Lele und Siems zum Vorbild. Grundlage der vorgenannten Indizes waren Rechtsnormen nationaler Rechtsordnungen. Mit Hilfe der Indizes sollte die Entwicklung der Rechtsordnungen dargestellt und vergleichbar gemacht werden. Im Gegensatz dazu bildet der vorliegende Index ausschließlich vertragliche Regelungen der von Crowd­investing-Plattformen angebotenen Crowd­investing-Verträge ab. Gesetzliche Regelungen, die etwa weitere Rechte begründen oder die Anwendbarkeit bzw. den Inhalt vertraglicher Regelungen modifizieren, bleiben für die Zwecke des Indexes außer Betracht. Anstelle 40

Siehe dazu bereits Klöhn / Hornuf / Schilling, ZBB 2016, 142, 147 f. Vgl. ferner Cumming  / ​ Johan, 15 Venture Capital 361–379 (2013), die die kanadische Crowdinvesting-Regulierung auf Indizien für einen Regulierungswettbewerb untersuchten. Die Studie konnte einerseits insoweit einen gewissen Wettbewerbsdruck im Sinne eines race to the bottom nachweisen als kapitalsuchende Unternehmen und Crowdinvesting-Plattformen weniger Regulierung vorzogen. Dies wurde allerdings dadurch abgeschwächt, dass Crowdinvestoren gegenläufige Forderungen, wie etwa weitergehende Offenlegungspflichten, forderten. Cumming / Johan leiteten daraus ab, dass die investorenseitige Nachfrage zu einem race to the top im Hinblick auf die Regulierung des Crowdinvesting-Marktes führen wird. 41 Klöhn / Hornuf / Schilling, ZBB 2016, 142, 147. Dies wäre der vollständige Vertrag, den kapitalsuchende Unternehmen und Crowdinvestoren bei rationalem Handeln, vollständiger Information und Abwesenheit von Transaktionskosten schließen würden. Ein optimales Anlegerschutzniveau ist dabei grundsätzlich nicht gleichbedeutend mit einem möglichst starken Anlegerschutz, siehe dazu etwa Hornuf / Schwienbacher, 49 Small Bus. Econ. 579–593 (2017). 42 Dieses Szenario kommt vor allem dann in Betracht, wenn es ein Überangebot an Kapital der Crowdinvestoren gibt. Zu dem Phänomen des money chasing deals siehe auch Gompers / L erner, 55 J. Fin. Econ. 281–325 (2000).

B. Konzeption eines Investorenschutzindexes  

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des Vergleichs verschiedener Rechtsordnungen zielt der vorliegende Index auf den Vergleich von Crowd­investing-Verträgen, die von verschiedenen Crowd­investingPlattformen entwickelt wurden. In den Arbeiten von Armour, Deakin, Lele und Siems wurden Zeitserien durch Codierung des in unterschiedlichen Zeiträumen jeweils geltenden Rechts erstellt.43 Für die Bildung der Zeitserien des vorliegenden Indexes wird jeweils auf den Zeitpunkt abgestellt, zu dem ein Vertrag im Rahmen einer Finanzierung über eine Crowd­investing-Plattform erstmals angeboten wurde. Ziel des Investorenschutzindexes ist es, Vertragsklauseln abzubilden, von denen zu erwarten ist, dass sie die Position der Crowd­investoren gegenüber den finanzierten Unternehmen und dessen Gründern stärken und vor opportunistischem Verhalten schützen. In den Index werden daher Vertragsklauseln einbezogen, die den Investoren bestimmte Rechte einräumen oder Schutzmechanismen etablieren, die opportunistischem Verhalten der Gründer und der Geschäftsführer des finanzierten Unternehmens entgegenwirken.44 Der Investorenschutzindex ermöglicht damit eine quantitative Aussage über die in den Crowd­investing-Verträgen enthaltenen investorenschützenden Regelungen und die Entwicklung des durch die Crowd­investing-Verträge begründeten Schutzniveaus gegen die in § 6 dargestellten Agenturprobleme, insbesondere moral hazard. Die quantitative Erfassung dieser vertraglichen Regelungen soll ferner Aufschluss über die Innovationstätigkeit der verschiedenen Plattformen sowie über mögliche Konvergenztendenzen zwischen den Plattformen im Hinblick auf den Vertragsinhalt bzw. das durch diesen begründete Investorenschutzniveau geben. Weiterhin kann der Investorenschutzindex Anhaltspunkte dafür liefern, ob der Wettbewerb der Crowd­investing-Plattformen zu einem Klauselwettbewerb führt und welche Auswirkungen ein solcher auf die Entwicklung der Crowd­investing-Verträge hat.

II. Daten Zur Entwicklung des Investorenschutzindexes wurden 274 Crowd­­investingVerträge ausgewertet, die von 16 verschiedenen Plattformen im Zeitraum vom 1. August 2011 bis zum 31. Dezember 2016 angeboten wurden. Jeder Vertrag wurde im Hinblick auf 33 verschiedene Klauseln und Kriterien untersucht, die Rechte der Anleger beinhalten oder Mechanismen etablieren, die sich in anlegerschützender Art und Weise auswirken können.45 43

Siehe dazu auch Armour / Deakin / Sarkar / Siems / Singh, 6 J. Empir. Leg. Stud. 343, 352 (2009). 44 Vgl. dazu auch den Ansatz bei Armour / Deakin / L ele / Siems, 57 Am. J. Comp. L. 579, 600 (2009). Der vorliegende Index beschränkt sich jedoch auf die Abbildung der Rechtslage wie sie im Wesentlichen durch den jeweiligen Vertrag begründet würde ließe man bestehende (ergän­zend, subsidiär oder vorrangig geltende) gesetzliche Regelungen außer Acht. 45 Zu dem der Untersuchung zugrunde liegenden Datensatz siehe ausführlich § 8 A. III. oben. Um die Vergleichbarkeit der untersuchten Verträge zu gewährleisten, wurden Verträge,

524

§ 10 Quantitative Analyse und Investorenschutzindex

III. Auswahl der Variablen und Coding Für jeden Vertrag wurden 33 Variablen codiert.46 Jede Variable steht für die Existenz oder das Fehlen einer bestimmten Vertragsklausel oder eines Rechts und ggf. das Ausmaß des durch die Klausel bzw. das Recht vermittelten Schutzes. Zur Konzeption des Investorenschutzindexes wurden im Wesentlichen die oben47 dargestellten und diskutierten Regelungen herangezogen. Die vertraglichen Regelugen wurden überwiegend mittels einer binären Codierung abgebildet.48 Das heißt, enthält ein Crowd­investing-Vertrag eine bestimmte Regelung, die zugunsten des Anlegers wirkt, wird der entsprechenden Variablen der Wert 1 zugewiesen. Ist die entsprechende Regelung in einem Vertrag nicht enthalten, erhält die Variable den Wert 0.49 Teilweise werden auch Teilwerte zwischen 0 und 1 vergeben, etwa um verschieden starke Ausprägungen eines Rechts abzubilden.50 In Einzelfällen werden ferner Kardinalskalen für die Codierung verwendet.51 Aus sämtlichen Variablen wird sodann für jeden Vertrag ein individueller Investorenschutz-Wert ermittelt. Hierzu werden sämtliche für einen Vertrag codierten Variablen addiert und das Ergebnis durch die Anzahl der addierten Variablen geteilt.52 Der Investorenschutz-Wert kann sich auf einer Skala zwischen 0 und 1 die weder eine unbegrenzte Gewinnbeteiligung noch eine Exit-Beteiligung oder eine Unternehmenswertbeteiligung gewähren, für die Entwicklung des Investorenschutzindexes und für die Analysen des vorliegenden Kapitels nicht berücksichtigt. 46 Mit Codierung ist die „Übersetzung“ von Rechtsregeln oder Vertragsklauseln in Zahlen, denen eine qualitative Bedeutung zugewiesen wird, gemeint; vgl. Siems, Comparative Law, 2nd ed., 2018, 181. Grundlegend zur Codierung von rechtlichen Normen etwa Epstein / Martin, Introduction to Empiricial Legal Research, 2014, S. 95 ff. 47 Siehe § 8 oben. 48 Vgl. dazu auch Armour / Deakin / L ele / Siems, 57 Am. J. Comp. L. 579, 601 f. (2009); Lele  / ​ Siems, 7 J. Corp. L. Stud. 17, 29 f. (2007). 49 Beispiel: Die Variable Quartalsreport gibt Auskunft, ob ein Vertrag Investoren einen Anspruch auf regelmäßige Übermittlung von Quartalsreports einräumt. Begründet der Vertrag ein entsprechendes Recht der Investoren, hat die Variable Quartalsreport den Wert 1, andernfalls 0. 50 Beispiel: Die Variable Jahresabschluss codiert, ob ein Vertrag Investoren einen Anspruch auf Übermittlung des Jahresabschlusses einräumt. Jahresabschluss erhält den Wert 0,5, wenn der Jahresabschluss den Investoren nur auf Anfrage übermittelt werden muss. Ist das finanzierte Unternehmen verpflichtet, den Jahresabschluss ohne explizite Anforderung zu übermitteln, erhält Jahresabschluss den Wert 1. Haben Investoren kein vertragliches Recht auf Übermittlung des Jahresabschlusses, erhält die Jahresabschluss den Wert 0. 51 Beispiel: Die Variable Mindestlaufzeit gibt wieder, wie lange das Kapital der Investoren gebunden ist, bevor diese die Kapitalüberlassung kündigen können. Ausgangspunkt ist die Anzahl der Tage vom Tag des Fundingendes bis zu dem Tag, zu dem der Vertrag erstmals gekündigt werden kann. Die so erhaltene Anzahl an Tagen wird nach der Formel (1-x / y) standardisiert, wobei y die längste Mindestlaufzeit (in Tagen) aller überprüften Verträge ist. 52 Sowohl für die Bildung der Gesamtindexwerte als auch für die Teilindexwerte wurde auf eine Gewichtung einzelner Variablen verzichtet (so auch das Vorgehen bei Lele / Siems, 7 J. Corp. L. Stud. 17, 29 (2007)). Damit sollen einerseits subjektive Wertungen so weit wie möglich vermieden und der Eindruck einer Scheingenauigkeit vermieden werden. Wie stark eine Regelung die Interessen der Investoren schützen kann, hängt typischerweise vom Einzelfall

B. Konzeption eines Investorenschutzindexes  

525

bewegen und gibt das Schutzniveau für den jeweiligen Vertrag wieder. Je höher der Wert ist, desto mehr investorenschützende Regelungen sind in dem entsprechenden Vertrag enthalten. Ein höherer Investorenschutz-Wert drückt damit ein grundsätzlich höheres Schutzniveau als ein geringerer Wert aus.53 Ein Wert von 0 bedeutet, dass der Vertrag keine der codierten Klauseln enthält bzw. die ungünstigste Ausgestaltung54 im Hinblick auf das untersuchte Kriterium aufweist. 0 steht damit für das geringste mögliche Schutzniveau. Ein Vertrag mit einem Wert von 1 beinhaltet hingegen sämtliche codierten Klauseln bzw. weist die bestmögliche Ausgestaltung55 auf und steht dementsprechend für den maximal erzielbaren Investorenschutz.

IV. Ermittlung der Indexwerte und des Investorenschutzindexes Die Investorenschutz-Werte der einzelnen Verträge werden sodann entsprechend ihres Angebots­datums in einem Index zusammengefasst. Der Investorenschutzindex besteht aus insgesamt 33 Variablen, die für jeden der 274 Verträge codiert wurden. In die Berechnung des Investorenschutzindex fließen somit 8.977 Beobachtungen ein.56 Als relevanter Zeitpunkt wird für jeden Vertrag das Quartal herangezogen, in dem der Vertrag im Rahmen einer Crowd­investing-Kampagne erstmals angeboten wurde. Entscheidend ist also der Beginn der Crowd­investingKampagne bzw. der erste Tag des öffentlichen Angebots.57 Zur Ermittlung der einzelnen Quartalswerte wird das arithmetische Mittel aller im entsprechenden Quartal angebotenen Verträge berechnet.58 und den konkreten Umständen, sowie der konkreten Formulierung und der Ausgestaltung im Detail ab. 53 Dem Begriff Schutzniveau liegt für die Zwecke dieser Arbeit ein abstrahierend-formalisierendes Verständnis zugrunde. Ausgangspunkt dafür ist die Annahme, dass die jeweiligen in einer Variablen codierten Regelungen ein gleichwertiges Maß an Investorenschutz vermitteln. 54 Hat die Variable Mindestlaufzeit etwa den Wert 0, bedeutet dies, dass der entsprechende Vertrag im Vergleich zu den anderen untersuchten Verträgen die längste Mindestlaufzeit und die längste Kündigungsfrist für Investoren hat. 55 Hat die Variable Mindestlaufzeit den Wert 1, bedeutet dies, dass der entsprechende Vertrag im Vergleich zu den anderen untersuchten Verträgen die kürzeste Mindestlaufzeit und die kürzeste Kündigungsfrist für Investoren hat. 56 Vgl. den Überblick über die statistischen Kenngrößen in § 10 C. I. unten. 57 Im Zentrum der Untersuchung stehen die von den Plattformen angebotenen Crowd­ investing-Verträge. Entscheidend für die Entwicklung der Verträge ist damit das „Angebotsdatum“ des jeweiligen Vertrages, nicht etwa das Datum, an dem eine Finanzierung erfolgreich abgeschlossen wurde. 58 Bei Teilindizes, die die Entwicklung der Werte für einzelne Plattformen wiedergeben, wird das arithmetische Mittel der von der jeweiligen Plattform im relevanten Zeitraum angebotenen Verträge berechnet. Soweit eine Plattform in einzelnen Quartalen keine neuen Crowd­investingkampagnen angeboten hat, generell aber davon ausgegangen werden kann, dass die Plattform ihre Tätigkeit am Markt fortführt, weil in einem späteren Quartal eine weitere Crowdfinanzierung angeboten wurde, wurde die entstehende Lücke mit dem Wert des vorangegangenen Quartals gefüllt.

526

§ 10 Quantitative Analyse und Investorenschutzindex

V. Zusammensetzung der Teilindizes Neben der Aggregation sämtlicher Variablen als Investorenschutzindex (Investorenschutz-Index) werden ferner einzelne Variablen in vier Teilindizes für die folgenden Kategorien zusammengefasst: Informationsrechte (Informationsrechte, bestehend aus 9 Variablen), Mitspracherechte (Mitspracherechte, bestehend aus 3 Variablen), Regelungen gegen opportunistisches Verhalten der Gründer (Anti-Opportunismus, bestehend aus 15 Variablen) und Regelungen hinsichtlich der Beendigung des Investments der Crowd­investoren (Exit, bestehend aus 6 Variablen).59 1. Mitspracherechte Die als Teilindex Mitspracherechte60 zusammengefassten Variablen stehen für Regelungen, die Crowd­investoren im weitesten Sinne Mitspracherechte bei der Unternehmensführung einräumen. Erfasst werden insbesondere auch Regelungen, die bestimmte Maßnahmen der Unternehmensführung unter einen Zustimmungsvorbehalt der Investoren stellen.61 2. Informationsrechte Die als Teilindex Informationsrechte zusammengefassten Variablen codieren Regelungen, die geeignet sind, nachvertragliche Informationsdefizite der Crowd­ investoren zu reduzieren. Dies schließt Regelungen ein, die die Gründer zur Bereitstellung von Quartalsreports verpflichten.62 Weiterhin werden Regelungen erfasst, die den Investoren ein Recht auf Übermittlung des Jahresabschlusses des finanzierten Unternehmens, von Gewinnmitteilungen oder Mitteilungen über eine etwaige Verwässerung der Investmentquote einräumen.63 Erfasst werden auch Regelungen, die eine generelle Informationspflicht bei Ereignissen von wesentlicher Bedeutung

59

Zur Ermittlung der Werte für die Kategorien Informationsrechte (9 Variablen), Mitspracherechte (3 Variablen), Anti-Opportunismus (15 Variablen) und Exit (6 Variablen) wird jeweils das arithmetische Mittel der jeweils berücksichtigten Variablen berechnet. 60 Die beiden Kategorien Mitspracherechte und Exit sind an die beiden alternative Strategien „Exit“ und „Voice“ angelehnt, mit denen Anteilseigner Einfluss auf die Unternehmensführung nehmen können. Mit Voice wird die interne Einflussnahme durch die Ausübung von Stimm- und Informationsrechten beschrieben. Exit beschreibt die Möglichkeit, den Anteil zu veräußern und damit zu liquidieren. Vgl. dazu etwa Coffee, 91 Colum. L. Rev. 1277, 1288 f. (1991); grundlegend Hirschman, Exit, Voice, and Loyalty, 1970; Hirschman, 58 Milbank Q. 430–453 (1980). 61 Siehe dazu § 8 G. oben. 62 Siehe dazu § 8 H. I. oben. 63 Siehe dazu § 8 H. II. und § 8 H. III. oben.

B. Konzeption eines Investorenschutzindexes  

527

oder „ad-hoc“-Mitteilungspflichten statuieren.64 Ferner werden Einsichts- und Überprüfungsrechte der Crowd­investoren sowie Nachweispflichten der Gründer, die einen Anreiz zu vollständiger und wahrheitsgemäßer Information setzen, berücksichtigt.65 Schließlich sind Bestandteil des Teilindexes Informationsrechte Regelungen, die den Gründern Anreize setzen, bestehende Informationspflichten zu befolgen, etwa indem sie den Crowd­investoren Sanktionsmöglichkeiten bei Nichtbeachtung bestimmter Pflichten einräumen. 3. Anti-Opportunismus Die in dem Teilindex Anti-Opportunismus zusammengefassten Variablen codieren Regelungen, die opportunistischem Verhalten der Gründer entgegenwirken. Der Teilindex umfasst Regelungen über eine stufenweise Kapitalüberlassung,66 die vertragliche Bestimmung eines Verwendungszwecks und eine etwaige Sanktionierung zweckwidriger Mittelverwendung.67 Ferner codieren die umfassten Variablen Regelungen im Hinblick auf Nebentätigkeiten der Gründer68 und die Geschäftsführervergütung.69 Weitere umfasste Regelungen betreffen Folgefinanzierungen und Schutzmechanismen im Falle von down rounds sowie missbräuchliche Verwässerungen der Investmentquote der Crowd­investoren.70 Daneben sind Regelungen zu einer nachträglichen Korrektur der Unternehmensbewertung sowie die Existenz von Zusicherungen und Garantien zu Gunsten der Crowd­investoren umfasst.71 Weiterhin schließt der Teilindex Regelungen zur Bindung der Gründer wie Wettbewerbsbeschränkungen, Halteklauseln und Übertragungsbeschränkungen für Gesellschaftsanteile ein.72 Schließlich fließen Variablen für Geheimhaltungsverpflichtungen für Gründer und die Existenz eines einseitigen Vertragsänderungsrechts der Gründer ein. Schließlich wird berücksichtigt, wenn ein Vertrag eine Life-Time-Gewinnbeteiligungsregelung enthält.73

64

Siehe dazu § 8 H. III. 3.  oben. Siehe dazu § 8 H. IV. oben. 66 Siehe dazu § 8 C. II. oben. 67 Siehe dazu § 8 L. I. oben. 68 Siehe dazu § 8 L. III. oben. 69 Siehe dazu § 8 L. II. oben. 70 Siehe dazu § 8 D. oben. 71 Siehe dazu § 8 M. oben. 72 Siehe dazu § 8 L. IV. oben. 73 Siehe dazu § 8 E. IV. 4.  oben. 65

528

§ 10 Quantitative Analyse und Investorenschutzindex

4. Exit Der Teilindex Exit bildet ab, wie einfach Crowd­investoren ihr Investment beenden und liquidieren können.74 Der Teilindex umfasst einerseits Regelungen zur Laufzeit75 und Kündigungsmöglichkeiten76 der Crowd­investoren. Andererseits wird berücksichtigt, ob und inwieweit Übertragungsbeschränkungen einer einfachen Übertragbarkeit der Crowd­investing-Verträge im Wege stehen.77

VI. Beschreibung der Variablen im Einzelnen Die nachfolgende Tabelle gibt einen Überblick über sämtliche Variablen, die Zusammensetzung der Teilindizes sowie des Investorenschutzindexes. Ferner beschreibt die Tabelle wie die jeweiligen Variablen im Einzelnen codiert wurden. Variable

Beschreibung / Codierung

I. Mitspracherechte 1. Stimmrechte

Hat den Wert 1, wenn Investoren über Zustimmungsvorbehalte hinausgehende Mitwirkungsrechte (wie etwa Stimmrechte) eingeräumt werden; andernfalls 0.

2. Veto Folge­ finanzierung

Hat den Wert 1, wenn der Vertrag den Investoren ein (faktisches) Vetorecht für Folgefinanzierungen einräumt, etwa indem die Beteiligungsquote nicht verwässert; andernfalls 0.

3. Zustimmungs­ vorbehalte

Hat den Wert 1, wenn der Vertrag weitere Zustimmungsvorbehalte zugunsten der Crowd­investoren hinsichtlich bestimmter für die Unternehmensentwicklung wesentlicher und über den gewöhnlichen Betrieb des Unternehmens hinausgehender Maßnahmen enthält; andernfalls 0.

M itspracherechte

Index, der sämtliche Mitspracherechte zusammenfasst. Hierzu werden die Variablen (1) Stimmrechte, (2) Veto Folgefinanzierung und (3) Zustimmungsvorbehalte addiert und das Ergebnis anschließend durch 3 dividiert.

II. Informationsrechte 1. Quartalsreport

Hat den Wert 1, wenn Investoren einen Anspruch auf regelmäßige Übermittlung von Quartalsreports haben; andernfalls 0.

2. Durchsetzung Reporting

Hat den Wert 1, wenn in Verträgen mit Quartalsreporting ein (wiederholter) Verstoß gegen die Reportingpflicht sanktioniert wird; andernfalls 0.

74 Für einen ähnlichen Ansatz vgl. Pistor, 1 EBOR 59, 73 (2000). Zu den Strategien „Exit“ und „Voice“ siehe auch die Nachweise in Fn. 60. 75 Siehe dazu § 8 F. I. oben. 76 Siehe dazu § 8 F. II. oben. 77 Siehe dazu § 8 J. oben.

B. Konzeption eines Investorenschutzindexes  

529

3. Jahresabschluss

Hat den Wert 1, wenn Gründer zur Übermittlung des Jahresabschlusses verpflichtet sind; 0,5 wenn der Jahresabschluss nur auf Anfrage der Crowd­investoren übermittelt werden muss; andernfalls 0.

4. Gewinnmitteilung

Hat den Wert 1, wenn Verträge, die eine Beteiligung am Gewinn des Unternehmens vorsehen, Unternehmen zur Mitteilung entsprechender Gewinne verpflichten; 0 wenn keine Mitteilungspflicht besteht.

5. Verwässerungs­ mitteilung

Hat den Wert 1, wenn Verträge, die grundsätzlich eine Verwässerung der Investmentquote bei Folgefinanzierungen ermöglichen, eine Mitteilungspflicht hinsichtlich der Verwässerung normieren; 0, wenn eine entsprechende Mitteilungspflicht nicht besteht.

6. Ad-hoc-Informationspflicht

Hat den Wert 1, wenn Verträge weitere Informationsrechte der Anleger (Ad-hoc-Informationspflicht, Informationspflicht bzgl. wesentlicher Ereignisse) vorsehen; für Verträge, die keine entsprechenden Rechte begründen, 0.

7. Investoren­ versammlung

Hat den Wert 1, wenn Verträge eine regelmäßige (virtuelle oder physische) Informationsveranstaltung für Investoren vorsehen; andernfalls 0.

8. Einsichtsrecht

Hat den Wert 1, wenn Verträge ein Recht der Investoren auf Einsicht in Dokumente des Unternehmens begründen; andernfalls 0.

9. Nachweispflicht

Hat den Wert 1, wenn die Gründer verpflichtet sind, bestimmte Informationen nachzuweisen (etwa durch Übermittlung von Steuerbescheiden, testierten Abschlüssen, sonstigen Bestätigungen Dritter); andernfalls 0.

Informationsrechte

Index, der die Informationsrechte zusammenfasst. Hierzu werden die Variablen (1) Quartalsreport, (2) Durchsetzung Reporting, (3) Jahresabschluss, (4) Gewinnmitteilung, (5) Verwässerungsmitteilung, (6)  Ad-hocInformationspflicht, (7) Investorenversammlung, (8) Einsichtsrecht und (9) Nachweispflicht addiert und das Ergebnis anschließend durch 9 dividiert.78

78 Soweit Verträge keine Verwässerung der Investmentquote oder keine Gewinnbeteiligung der Crowdinvestoren vorsehen, wird für die entsprechende Variable Verwässerungsmitteilung bzw. Gewinnmitteilung für diesen Vertrag kein Wert codiert. Der Divisor reduziert sich dann entsprechend, d. h. der Index Informationsrechte gibt immer das arithmetische Mittel der für den jeweiligen Vertrag relevanten Variablen an.

530

§ 10 Quantitative Analyse und Investorenschutzindex

III. Anti-Opportunismus 1. Staging

Hat den Wert 1, wenn das Kapital dem finanzierten Unternehmen nur stufenweise nach Erreichen bestimmter Milestones ausgezahlt wird; andernfalls 0.

2. Zweckbestimmung

Hat den Wert 1, wenn der Vertrag eine explizite Zweckbeschränkung für das überlassene Kapital enthält; andernfalls 0.

3. Sanktionierung Zweckbestimmung

Hat den Wert 1, wenn in Verträgen mit Zweckbestimmung eine zweckwidrige Verwendung des Kapitals mit Sanktionen belegt ist; 0 wenn keine Sanktionierung besteht.

4. Nebentätigkeitsbeschränkungen

Hat den Wert 1, wenn der Vertrag Regelungen zur Beschränkung von Nebentätigkeiten der Gründer enthält; andernfalls 0.

5. Geschäftsführervergütung

Hat den Wert 1, wenn der Vertrag Regelungen zur Beschränkung von Geschäftsführervergütungen enthält; andernfalls 0.

6. Down Round Protection

Hat den Wert 1, wenn a)  die Investmentquote der Anleger bei Folgefinanzierungen nicht verwässert, oder b) die Investmentquote der Anleger grundsätzlich verwässert und der Vertrag Regelungen vorsieht, die einer wirtschaftlichen Verwässerung im Falle einer Down Round entgegenwirken und 0, wenn der Vertrag trotz Verwässerung keinen Verwässerungsschutz vorsieht.

7. Missbrauchsschutz Folge­ finanzierungen

Hat den Wert 1, wenn der Vertrag grundsätzlich eine Verwässerung der Investmentquote ermöglicht, aber eine Regelung enthält, wonach Kapitalerhöhungen des finanzierten Unternehmens, die vorrangig der Verwässerung der Investmentquote der Crowd­investoren dienen, nicht zu einer Verwässerung der Investmentquote führen; andernfalls 0.

8. Bewertungs­ korrektur

Hat den Wert 1, wenn der Vertrag Regelungen vorsieht, die eine nachträgliche Korrektur der der Finanzierung und Berechnung der Investmentquote zugrunde gelegten Unternehmensbewertung ermöglichen; andernfalls 0.

9. Garantien

Hat den Wert 1, wenn der Vertrag Zusicherungen oder Garantien des finanzierten Unternehmens und / oder dessen Gründer enthält; andernfalls 0.

10. Wettbewerbsbeschränkung

Hat den Wert 1, wenn der Vertrag (nachvertragliche) Wettbewerbsbeschränkungen für die Gründer vorsieht; andernfalls 0.

11. Vesting

Hat den Wert 1, wenn der Vertrag Regelungen zu nachvertraglichen Vesting-Regelungen oder Halteklauseln hinsichtlich der Beteiligung der Gründer am finanzierten Unternehmen enthält; andernfalls 0.

12. Vinkulierung

Hat den Wert 1, wenn der Vertrag Regelungen zu Übertragungsbeschränkungen hinsichtlich der Anteile der Gründer an dem finanzierten Unternehmen enthält; andernfalls 0.

B. Konzeption eines Investorenschutzindexes  

531

13. G eheimhaltungsverpflichtungen

Hat den Wert 1, wenn der Vertrag Geheimhaltungspflichten der Gründer normiert; andernfalls 0.

14. K ein Vertrags­ änderungsrecht

Hat den Wert 1, wenn der Vertrag kein einseitiges Vertragsänderungsrecht für das finanzierte Unternehmen begründet; andernfalls 0.

15. L ife-Time-Gewinnbeteiligung

Hat den Wert 1, wenn der Vertrag eine Regelung enthält, nach der die Gewinn- und Exit-Beteiligung auch nach Kündigung des Vertrages seitens des finanzierten Unternehmens fortbesteht; andernfalls 0.

Anti-Opportunismus

Index, der die Anti-Opportunismus-Klauseln zusammenfasst. Hierzu werden die Variablen (1) Staging, (2) Zweckbestimmung, (3) Sanktionierung Zweckbestimmung, (4) Nebentätigkeitsbeschränkungen, (5)  Geschäftsführervergütung, (6) Down Round Protection, (7) Missbrauchsschutz Folgefinanzierungen, (8) Bewertungskorrektur, (9) Garantien, (10) Wettbewerbsbeschränkung, (11) Vesting, (12)  Vinkulierung, (13) Geheimhaltungsverpflichtungen, (14) Kein Vertragsänderungsrecht und (15)  LifeTime-Gewinnbeteiligung addiert und das Ergebnis anschließend durch 15 dividiert.79

IV. Exit 1. Mindestlaufzeit

Mindestlaufzeit, für die das Kapital der Investoren gebunden ist. Anzahl der Tage standardisiert (1-x / y), wobei y die längste Mindestlaufzeit (in Tagen) aller untersuchten Verträge ist.

2. Kündigungsfrist

Kündigungsfrist für ordentliche Kündigung der unbefristeten Verträge, Anzahl der Monate, standardisiert (1-x / y), wobei y die längste Kündigungsfrist aller überprüften Verträge ist; 1 für Verträge mit Festlaufzeit (keine Kündigungsfrist); 0, wenn eine Kündigung nur nach Zustimmung aller Crowd­investoren möglich ist.

3. Ausserordentliche Kündigungsrechte

Hat den Wert 1, wenn der Vertrag ein außerordentliches Kündigungsrecht des Anlegers für bestimmte Vertragsverstöße der Gründer / des finanzierten Unternehmens normiert; andernfalls 0.

4. Übertragbarkeit

Hat den Wert 0, wenn die Übertragbarkeit der Beteiligung auf Dritte ausgeschlossen ist, 1 wenn die Beteiligung grundsätzlich auf Dritte übertragbar ist.

79

Soweit Verträge keine Verwässerung der Investmentquote oder keine Gewinnbeteiligung der Crowdinvestoren vorsehen, wird für die entsprechende Variable „Mitteilung nach Verwässerung“ bzw. „Gewinnmitteilung“ für diesen Vertrag kein Wert codiert. Der Divisor reduziert sich dann entsprechend, d. h. der Index „Informationsrechte“ gibt immer das arithmetische Mittel der für den jeweiligen Vertrag relevanten Variablen an.

532

§ 10 Quantitative Analyse und Investorenschutzindex

5. Teilüber­ tragbarkeit

Hat den Wert 0, wenn die Übertragbarkeit der Beteiligung in Teilen (d. h. nicht des gesamten initialen Investitionsbetrages) auf Dritte ausgeschlossen ist, andernfalls, wenn eine anteilige Übertragung zulässig ist, 1.

6. Übertragungsbeschränkungen80

Hat den Wert 1, wenn keine weiteren Übertragungsbeschränkungen bestehen; 0,75, wenn die Übertragung gegenüber dem Unternehmen und / oder der Plattform anzeigepflichtig ist; 0,5 wenn die Übertragung an Dritte unter Zustimmungsvorbehalt steht. Jeweils 0,25 werden für jeden der folgenden Punkte abgezogen falls zutreffend: (i) Bestehen einer Haltefrist; (ii) Übertragung an Wettbewerber unzulässig oder Anzahl der zulässigen Übertragungen beschränkt.

E xit

Index, der die Exit-Rechte zusammenfasst. Hierzu werden die Variablen (1) Mindestlaufzeit, (2) Kündigungsfrist, (3) Ausserordentliches Kündigungsrecht, (4) Übertragbarkeit, (5) Teilübertragbarkeit und (6)  Übertragungsbeschränkungen addiert und das Ergebnis anschließend durch 6 dividiert.81

V. Investorenschutzindex InvestorenschutzIndex

Index, der sämtliche Variablen zusammenfasst. Hierzu werden sämtliche in den vorgenannten Sub-Indizes (Informationsrechte, Mitspracherechte, Anti-Opportunismus und Exit) zusammengefassten Variablen addiert und das Ergebnis anschließend durch 33 geteilt.82

C. Ergebnisse der quantitativen Analyse Die folgende Darstellung zeigt die nach den im vorherigen Abschnitt beschriebenen Grund­sätzen gebildeten Indizes und fasst die Ergebnisse der quantitativen Analyse der Crowd­investing-Verträge zusammen.

80 Für Verträge, bei denen eine Übertragbarkeit generell ausgeschlossen ist, findet die Variable keine Anwendung. 81 Für Verträge, bei denen die Variable „Übertragbarkeit“ entfällt wird der Divisor um 1 reduziert; der Index „Exit“ gibt immer das arithmetische Mittel der für den jeweiligen Vertrag relevanten Variablen an. 82 Soweit einzelne Variablen für einen Vertrag keine Anwendung finden, wird der Divisor entsprechend reduziert. Die Variable „Investorenschutz-Index“ gibt also immer das arithmetische Mittel aller tatsächlich einfließenden Variablen an.

C. Ergebnisse der quantitativen Analyse  

533

I. Überblick über statistische Kenngrößen Abb. 101 gibt einen Überblick über die statistischen Kenngrößen der zur Entwicklung des Investorenschutzindexes codierten Variablen sowie der berechneten Indizes. Der durchschnittliche Investorenschutzwert aller untersuchten Verträge beträgt 0,400 (auf einer Skala von 0 bis 1). Der geringste Wert liegt bei 0,158, der höchste Wert bei 0,513. Die durchschnittlichen Werte der Teilindizes liegen für Informationsrechte bei 0,467 und für Mitspracherechte bei 0,176. Der Wert für Anti-Opportunismus beträgt 0,307 und für Exit 0,644. Die Durchschnittswerte der Teilindizes zeigen deutlich, dass Crowd­investoren nach den untersuchten Verträgen nur ausnahmsweise Einfluss auf die Unternehmensführung nehmen konnten (Mitsprachrechte: 0,176), während ihnen zumindest ein gewisses Maß an Informationsrechten zustand (Informationsrechte: 0,467). Vorkehrungen gegen opportunistisches Verhalten der Gründer sind in den im Beobachtungszeitraum angebotenen Crowd­investing-Verträgen nur mäßig ausgeprägt (Anti-Opportunismus: 0,307). Der Index zeigt somit, dass Regelungen, die den in § 6 dargestellten Agenturproblemen entgegenwirken, in den im Untersuchungszeitraum angebotenen Crowd­investing-Verträgen in quantitativer Hinsicht nur mäßig bis gering ausgeprägt waren. Ein Blick auf die einzelnen Variablen zeigt etwa, dass keiner der Verträge den Investoren Mitspracherechte im Hinblick auf die Unternehmensführung, wie etwa Stimmrechte, gewährte (Stimmrechte). Keiner der Verträge sah ferner eine Pflicht des finanzierten Unternehmens vor, bestimmte Sachverhalte (etwa erzielte Gewinne)  gegenüber den Investoren in geeigneter Form nachzuweisen (Nachweispflicht). 73 % der Verträge gewährten den Investoren ein Recht auf Übermittlung eines Quartalsreports (Quartalsreport). Nur 6 % der Verträge sahen allerdings eine Sanktionsmöglichkeit der Investoren vor, wenn das finanzierte Unternehmen dieser Informationspflicht nicht nachkommt (Durchsetzung Reporting). Ebenfalls nur 6 % der Verträge gewährten Investoren Informationsrechte, die über das Recht auf Bereitstellung von Quartalsreports, Jahresabschlüssen und Gewinn- und Verwässerungsmitteilungen hinausgehen (Ad-Hoc-Informationspflicht).

534

§ 10 Quantitative Analyse und Investorenschutzindex

Variable

Anz. Beob.

Durch­ schn.

Median

Std. abw.

Min.

Max.

I. Mitspracherechte 1

Stimmrechte

274

0,000

0,000

0,000

0,000

0,000

2

Veto Folge­ finanzierung

274

0,168

0,000

0,374

0,000

1,000

3

Zustimmungs­ vorbehalte

274

0,361

0,000

0,480

0,000

1,000

Mitspracherechte

274

0,176

0,000

0,223

0,000

0,667

II. Informationsrechte 1

Quartalsreport

274

0,730

1,000

0,444

0,000

1,000

2

Durchsetzung Reporting

274

0,055

0,000

0,227

0,000

1,000

3

Jahresabschluss

274

0,878

1,000

0,275

0,000

1,000

4

Gewinn­ mitteilung

268

0,765

1,000

0,424

0,000

1,000

5

Verwässerungsmitteilung

228

0,636

1,000

0,481

0,000

1,000

6

Ad-hocInformations­ pflicht

274

0,602

1,000

0,489

0,000

1,000

7

Investoren­ versammlung

274

0,029

0,000

0,168

0,000

1,000

8

Einsichtsrecht

274

0,551

1,000

0,497

0,000

1,000

9

Nachweispflicht

274

0,000

0,000

0,000

0,000

0,000

Informations-

274

0,467

0,444

0,174

0,000

0,667

rechte

III. Anti-Opportunismus 1

Staging

274

0,011

0,000

0,104

0,000

1,000

2

Zweckbestimmung

274

0,653

1,000

0,476

0,000

1,000

3

Sanktionierung Zweckbestimmung

274

0,558

1,000

0,497

0,000

1,000

4

Nebentätigkeitsbeschränkungen

274

0,164

0,000

0,370

0,000

1,000

5

Geschäftsführervergütung

274

0,650

1,000

0,477

0,000

1,000

535

C. Ergebnisse der quantitativen Analyse  

Variable

Anz. Beob.

Durch­ schn.

Median

Std. abw.

Min.

Max.

6

Down Round Protection

274

0,664

1,000

0,472

0,000

1,000

7

Missbrauchsschutz Folgefinanzierungen

274

0,715

1,000

0,451

0,000

1,000

8

Bewertungs­ korrektur

274

0,000

0,000

0,000

0,000

0,000

9

Garantien

274

0,131

0,000

0,338

0,000

1,000

Wettbewerbs­ beschränkung

274

0,069

0,000

0,254

0,000

1,000

10 11

Vesting

274

0,018

0,000

0,134

0,000

1,000

12

Vinkulierung

274

0,018

0,000

0,134

0,000

1,000

13

Geheimhaltungsverpflichtungen

274

0,000

0,000

0,000

0,000

0,000

14

Kein Vertrags­ änderungsrecht

274

0,923

1,000

0,266

0,000

1,000

15

Life-Time-Gewinnbeteiligung

274

0,026

0,000

0,158

0,000

1,000

AntiOpportunismus

274

0,307

0,333

0,112

0,000

0,467

IV. Exit 1

Mindestlaufzeit

274

0,645

0,673

0,131

0,000

0,869

2

Kündigungsfrist

274

0,768

0,750

0,206

0,000

1,000

3

Ausserordent­ liches Kündigungsrecht

274

0,558

1,000

0,497

0,000

1,000

4

Übertragbarkeit

274

0,953

1,000

0,213

0,000

1,000

5

Teilübertragbarkeit

274

0,464

0,000

0,499

0,000

1,000

6

Übertragungsbeschränkungen

261

0,482

0,500

0,123

0,000

0,750

Exit

274

0,644

0,648

0,153

0,335

0,864

274

0,400

0,467

0,105

0,158

0,513

V. Investorenschutzindex Investorenschutzindex

Abb. 101: Kenngrößen Investorenschutzindex, Teilindizes und Variablen

536

§ 10 Quantitative Analyse und Investorenschutzindex

II. Marktweite Entwicklung des Investorenschutzindexes Nachfolgend wird mit Hilfe des Investorenschutzindexes die marktweite Entwicklung des Schutzniveaus, das Crowd­investing-Verträge den Crowd­investoren im Untersuchungszeitraum gewährten, beschrieben. Sodann wird die Entwicklung des Investorenschutzniveaus anhand der Teilindizes, die für die Kategorien Mitspracherechte, Informationsrechte, Anti-Opportunismus und Exit gebildet wurden,83 weiter aufgeschlüsselt. 1. Entwicklung des Gesamtindexes Die Kurve in Abb. 102 zeigt die Entwicklung des durchschnittlichen Investorenschutzindexes der im Zeitraum vom 1. August 2011 bis zum 31. Dezember 2016 angebotenen Crowd­investing-Verträge. Die grau hinterlegte Fläche zeigt die Spannweite des Investorenschutzindexes begrenzt durch die jeweiligen Minimalund Maximalwerte. Während der Investorenschutzindex im Jahr 2011 bei den ersten Crowd­investingKampagnen auf dem deutschen Markt mit 0,5 seinen höchsten Wert hatte, sank dieser Wert bis zum Ende des Beobachtungszeitraums auf 0,33 ab. Das marktweit 1,0 0,9 0,8 0,7 0,6 0,5 0,4 0,3 0,2 0,1 0,0

Q3

Q4

2011

Q1

Q2

Q3

Q4

2012

Q1

Q2

Q3

2013

Q4

Q1

Q2

Q3

2014

Q4

Q1

Q2

Q3

2015

Q4

Q1

Q2

Q3

2016

Abb. 102: Entwicklung des Investorenschutzindexes (Durchschnitt und Spannweite) (2011–2016, 33 Variablen) 83

Siehe § 10 B. V. oben.

Q4

537

C. Ergebnisse der quantitativen Analyse  

durchschnittlich vertraglich gewährte Schutzniveau für Crowd­investoren nahm also über den Beobachtungszeitraum deutlich ab. Die Maximal- und Minimalwerte zeigen, dass sich die Verträge mit dem ausgeprägtesten Investorenschutzniveau durchgängig um einen Wert von 0,5 bewegten. Die Verträge mit einem weniger ausgeprägten Schutzniveau schwankten stärker und erzielten teilweise nur Werte von unter 0,2. 2. Entwicklung des Teilindexes Mitspracherechte Abb. 103 zeigt die Entwicklung des Teilindexes Mitspracherechte. Der Teilindex Mitspracherechte fasst Regelungen zusammen, die Investoren Mitspracherechte oder sonstige Möglichkeiten einräumen, auf wesentliche Fragen der Unternehmensführung Einfluss zu nehmen.84 Der Teilindex Mitspracherechte weist zu Beginn des Untersuchungszeitraums mit Werten zwischen rund 0,66 und 0,44 relativ hohe Werte auf. Ab dem dritten Quartal 2012 fällt der Index deutlich auf unter 0,2 zu Beginn des Jahres 2013 ab und verläuft ab 2015 unter einem Wert von 0,1. Während den Crowd­investoren anfangs gewisse Mitspracherechte eingeräumt wurden, enthielten die Verträge ab 2013 kaum noch Regelungen, die Crowd­investoren Möglichkeiten gewährten, aktiv Einfluss auf wesentliche Fragen der Unternehmensführung zu nehmen. 1 0,9 0,8 0,7 0,6 0,5 0,4 0,3 0,2 0,1 0

Q3

Q4

2011

Q1

Q2

Q3

2012

Q4

Q1

Q2

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2013

Q4

Q1

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2014

Q4

Q1

Q2

Q3

Q4

Q1

2015

Q2

Q3

2016

Abb. 103: Entwicklung des Teilindexes Mitspracherechte (2011–2016, 3 Variablen)

84

Zur Zusammensetzung des Indexes siehe § 10 B. V. 1. sowie Abb. 101 oben.

Q4

538

§ 10 Quantitative Analyse und Investorenschutzindex

3. Entwicklung des Teilindexes Informationsrechte Abb. 104 zeigt die Entwicklung des Teilindexes Informationsrechte. Der Teilindex Informationsrechte umfasst Informationsrechte, die geeignet sind, die zulasten der Crowd­investoren bestehenden Informationsdefizite zu reduzieren. Der Teilindex umfasst etwa Reporting- oder Mitteilungspflichten.85 Auch im Hinblick auf die Informationsrechte waren die angebotenen Verträge zu Beginn des Untersuchungszeitraums mit einem Wert von 0,63 am investorenfreundlichsten ausgestaltet. Im Zeitraum zwischen 2012 und 2015 schwankte der Index auf mittleren Werten zwischen rund 0,4 und 0,5. Insgesamt lässt sich in den ersten zweieinhalb Jahren eine deutlich sinkende Tendenz ausmachen. In der Folgezeit stieg der Wert für Informationsrechte zwischenzeitlich auf knapp über 0,5 an, um zum Ende des Beobachtungszeitraums wieder abzufallen. 1 0,9 0,8 0,7 0,6 0,5 0,4 0,3 0,2 0,1 0

Q3

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2011

Q1

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Q3

2012

Q4

Q1

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2013

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Q1

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2014

Q4

Q1

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Q4

Q1

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2016

Abb. 104: Entwicklung des Teilindexes Informationsrechte (2011–2016, 9 Variablen)

85 Zur Zusammensetzung des Teilindexes Informationsrechte siehe § 10 B. V. 2. sowie Abb. 101 oben.

539

C. Ergebnisse der quantitativen Analyse  

4. Entwicklung des Teilindexes Anti-Opportunismus Abb. 105 zeigt die Entwicklung des Teilindexes Anti-Opportunismus. Der Teilindex Anti-Opportunismus bildet Regelungen ab, die geeignet sind, opportunistischem Verhalten der Gründer entgegenzuwirken.86 Der Index schwankt im Beobachtungszeitraum zwischen 0,2 und 0,36 auf einem relativ geringen Niveau. Über den Beobachtungszeitraum ist ein leichtes Abfallen des Schutzniveaus gegen opportunistisches Verhalten der Gründer mit einem Tiefpunkt im zweiten Quartal 2015 zu erkennen. Zum Ende des Beobachtungszeitraums ist ein leichter Anstieg auszumachen. 1 0,9 0,8 0,7 0,6 0,5 0,4 0,3 0,2 0,1 0

Q3

Q4

2011

Q1

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Q3

2012

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Q1

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2013

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Q1

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2016

Abb. 105: Entwicklung des Teilindexes Anti-Opportunismus (2011–2016, 15 Variablen)

5. Entwicklung des Teilindexes Exit Abb. 106 zeigt schließlich die Entwicklung des Teilindexes Exit. Der Teilindex Exit fasst Regelungen zur Laufzeit sowie zu Übertragungs- und Beendigungsmöglichkeiten zusammen. Je höher der Indexwert, desto früher bzw. einfacher können Crowd­investoren ihr Investment beenden oder liquidieren.87 Während der Indexwert zu Beginn des Beobachtungszeitraums bei rund 0,85 lag, ist im weiteren Verlauf bis zum Jahr 2014 ein deutliches Absinken auf einen 86

Zur Zusammensetzung des Teilindexes Anti-Opportunismus siehe § 10 B. V. 3. sowie Abb. 101 oben. 87 Zur Zusammensetzung des Teilindexes Exit siehe § 10 B. V. 4. sowie Abb. 101 oben.

540

§ 10 Quantitative Analyse und Investorenschutzindex

Wert von 0,55 zu erkennen. Bis zum Ende des Beobachtungszeitraums schwankt der Wert dann zwischen 0,55 und 0,65. Das Abfallen ist insbesondere mit der marktweiten Verlängerung der Mindestlaufzeiten der Finanzierungsverträge88 sowie der zunehmenden Aufnahme von Übertragungsbeschränkungen89 zu erklären. 1 0,9 0,8 0,7 0,6 0,5 0,4 0,3 0,2 0,1 0

Q3

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2011

Q1

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2016

Abb. 106: Entwicklung des Teilindexes Exit (2011–2016, 6 Variablen)

6. Würdigung Der maximale Indexwert von rund 0,5 in allen untersuchten Crowd­investingVerträgen zeigt, dass Regelungen zum Schutz von Crowd­investoren im Untersuchungszeitraum in quantitativer Hinsicht nur mäßig bis gering ausgeprägt waren. Während das Investorenschutzniveau zu Beginn des Untersuchungszeitraums quantitativ am ausgeprägtesten war, fällt das Schutzniveau kontinuierlich ab und erreicht zum Ende des Untersuchungszeitraums seinen geringsten Wert. Die Betrachtung der Teilindizes zeigt, dass das Investorenschutzniveau in nahezu allen untersuchten Kategorien deutlich abfällt. Zu Beginn des Beobachtungszeitraums wurden zunächst nur stille Beteiligungen der Plattform Seedmatch angeboten, die den Investoren zunächst relativ weitreichende Rechte einräumten. Dies spiegelt sich darin wider, dass der Investorenschutzindex im Jahr 2011 mit einem Wert von 0,5 einen seiner höchsten Werte verzeichnete. Mit dem Wechsel zu partiarischen Nachrangdarlehen ging jedoch 88 89

Vgl. dazu § 8 F. I. 2.  oben. Vgl. dazu § 8 J. oben.

C. Ergebnisse der quantitativen Analyse  

541

ein Absinken des Schutzniveaus einher. Dies wird am starken Abfallen des Teilindexes Mitspracherechte deutlich, der von zunächst 0,7 auf 0,1 im Jahr 2013 fiel. Die Schwankungen des Investorenschutzindexes in Abb. 102 sind neben der starken Gewichtung besonders aktiver Plattformen vor allem mit dem Markteintritt zahlreicher neuer Plattformen zu erklären, die häufig nur für kurze Zeit aktiv waren und dann wieder vom Markt verschwanden. Insgesamt führte der Markteintritt weiterer Crowd­investing-Plattformen dazu, dass das vertraglich gewährte Investorenschutzniveau über den Beobachtungszeitraum deutlich abfiel. Die über den Beobachtungszeitraum durchgängig relativ große Spannweite des Investorenschutzindexes zeigt zudem, dass die angebotenen Verträge im Hinblick auf den begründeten Investorenschutz große Unterschiede aufwiesen. Die Spannweite in Abb. 102 zeigt auch, dass es im Beobachtungszeitraum keine „Ausreißer“ nach oben gab, das heißt, keine besonders investorenfreundlichen Verträge mit Werten von deutlich über 0,5. Die Entwicklung des Investorenschutzindexes legt nahe, dass es im Untersuchungszeitraum jedenfalls keinen ausgeprägten Wettbewerb der Crowd­investingPlattformen um eine möglichst investorenfreundliche Vertragsgestaltung gab.90 Unter der Annahme, dass Crowd­investing-Plattformen mit ihrer Vertragsgestaltung einerseits um zu finanzierende Unternehmen und andererseits um das Kapital der Anleger im Wettbewerb stehen, erstaunt das Abfallen des Investorenschutzindexes über den Beobachtungszeitraum insbesondere vor dem Hintergrund der Entwicklung der Finanzierungsquote und der Erfolgsquote. Nimmt man die Finanzierungsquote in den Blick, also das Verhältnis des erfolgreich eingeworbenen Kapitals zu dem nachgefragten Kapital, zeigt sich ein deutliches Abfallen der Finanzierungsquote von anfangs knapp 80 % auf rund 40 % im Jahr 2015 und ein leichter Anstieg auf rund 50 % im Jahr 2016. Die Erfolgsquote, also der Anteil der erfolgreichen Crowd­investing-Kampagnen an den angebotenen Crowd­ investing-Kampagnen, fiel von anfangs knapp 90 % auf knapp 70 % im Jahr 2015.91 Die anfänglich hohen Erfolgs- und Finanzierungsquoten legen nahe, dass sich Kapitalangebot und Kapitalnachfrage in der Entstehungsphase der Crowdinvestings nahezu deckten. Während die Kapitalnachfrage der kapitalsuchenden Unternehmen in der Folgezeit relativ schnell wuchs und 2015 ihren Höhepunkt erreichte,92 wuchs das Kapitalangebot der Crowd­investoren deutlich weniger stark und erreichte bereits im Jahr 2014 einen Höhepunkt. Jedenfalls ab diesem Zeitpunkt scheint das Phäno­men des money chasing deals auf dem Crowd­investing-Markt deutlich rückläufig gewesen zu sein. Vielmehr gab es im Beobachtungszeitraum zunehmend mehr Finanzierungsangebote als Crowd­investoren, die bereit waren, Kapital zur Finanzierung bereitzustellen. 90

Hierzu sogleich ausführlich unter § 10 C. III. 4. unten. Siehe dazu § 4 B. I. 3.  oben. 92 Die Kapitalnachfrage stieg bis 2015 stetig an, siehe dazu § 4 B. I. 2. oben. 91

542

§ 10 Quantitative Analyse und Investorenschutzindex

Angesichts der höheren Kapitalnachfrage im Vergleich zu einem deutlich geringeren Kapitalangebot, wäre zu erwarten gewesen, dass Crowd­investing-Portale im Wettstreit um das Kapital der Anleger, das Investorenschutzniveau ihrer Verträge anheben, um ihre Verträge so für die Anleger attraktiver zu gestalten. Ein entsprechender Wettbewerb um Anleger, der sich in einem marktweit steigenden Investorenschutzniveau niederschlägt, ist allerdings nicht zu erkennen. Vielmehr spricht die Entwicklung des marktweiten Investorenschutzniveaus eher dafür, dass sich der Wettbewerb auf die Marktseite der kapitalsuchenden Unternehmen beschränkte und zu einem race to the bottom führte.

III. Entwicklung des Investorenschutzindexes nach Crowd­investing-Plattformen Im Folgenden soll der Fokus auf die Rolle der einzelnen Crowd­investingPlattformen für die Entwicklung des Investorenschutzniveaus gelegt werden. 1. Entwicklung des Investorenschutzniveaus auf den Plattformen Um der Rolle der einzelnen Plattformen im Wettbewerb um Finanzierungen und Kapital der Anleger im Hinblick auf das Anlegerschutzniveau der CrowdinvestingVerträge nachzugehen, werden im Folgenden die Investorenschutzindizes für die Verträge der beiden wichtigsten Plattformen, Seedmatch und Companisto, dargestellt. a) Entwicklung des Investorenschutzniveaus nach Plattformen Abb. 107 zeigt die Entwicklung des Investorenschutzniveaus auf den Plattformen Seedmatch und Companisto.93 Alle weiteren Plattformen werden in der Kurve „Sonstige“ zusammengefasst.94 Die Kurve „Mittelwert aller Plattformen“ zeigt die durchschnittlichen Werte des Investorenschutzindexes für alle Plattformen.95 93

Wurden in einem Quartal mehrere Verträge angeboten, wurde das arithmetische Mittel der in diesem Zeitraum angebotenen Verträge gebildet. Bot eine Plattform in einem Quartal kein neues Crowdinvesting an, wurde der Wert des vorhergehenden Quartals übernommen. Ziel des Indexes ist es, Entwicklungen nachzuzeichnen. Solange eine Plattform keinen neuen Vertrag mit anderen Regelungen anbietet, kann davon ausgegangen werden, dass sie an dem bislang verwendeten Vertragsentwurf festhält. 94 Für die Kurve „Andere“ wurde zunächst für jede Plattform das arithmetische Mittel der Investorenschutzindizes aller in einem Quartal angebotenen Verträge berechnet. Boten Plattformen in einzelnen Quartalen keine Verträge an, wurden die Lücken wie in Fn. 58 beschrieben, um den Wert des vorherigen Quartals ergänzt, sofern es sich bei diesem nicht um den letzten verfügbaren Wert handelte. Aus diesen Mittelwerten für jede Plattform wurde sodann der Mittelwert für sämtliche „anderen“ Plattformen pro Quartal berechnet. 95 Der Index unterscheidet sich von der unter § 10 C. II. 1. oben gewählten Darstellung, die durch die Berücksichtigung sämtlicher Verträge zu einer Übergewichtung der Verträge sol-

543

C. Ergebnisse der quantitativen Analyse   1,0 0,9 0,8 0,7 0,6 0,5 0,4 0,3 0,2 0,1 0,0

Q3

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2011

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2012 Seedmatch

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2013 Companisto

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2014 Sons�ge

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2016

Mi�elwert aller Pla�ormen

Abb. 107: Entwicklung des Investorenschutzindexes nach Plattformen (2011–2016, 33 Variablen)

Die Abbildung zeigt, dass Verträge der Plattform Seedmatch mit Indexwerten, die um 0,5 schwanken, durchgängig und mit deutlichem Abstand die höchsten Werte aufweisen. Während der Wert zunächst leicht abfiel, stieg er gegen Ende des Beobachtungszeitraums auf etwa 0,51 und damit über seinen Wert zu Beginn des Beobachtungszeitraums. Der Investorenschutzindex für die Verträge von Companisto hatte im Jahr 2012, als Companisto die ersten Crowd­investingFinanzierungen anbot, einen Wert von etwa 0,33. Im weiteren Verlauf fiel der Wert zunächst auf etwa 0,25, um im Jahr 2015 wieder auf 3,0 anzusteigen. Gegen Ende des Beobachtungszeitraums wiesen die Verträge von Companisto einen Wert von etwa 0,33 auf und lagen damit wieder auf dem Ausgangsniveau. Während die Verträge von Seedmatch durchgängig um etwa 0,15 Punkte über dem Marktdurchschnitt lagen, bewegten sich die Companisto-Verträge zunächst unter dem marktweiten Durchschnitt. Erst gegen Ende des Beobachtungszeitraums näherten sich die Verträge von Companisto dem Marktdurchschnitt an und erreichten wieder ihr Ausgangsniveau. Die Verträge der sonstigen Plattformen wiesen ab 2012 zunächst Investorenschutz-Werte auf, die zwischen 0,32 und 0,34 schwankten. Ab Ende 2014 fielen diese Werte auf unter 0,3 ab.

cher Plattformen führt, die viele Crowdinvestings innerhalb des jeweils beobachteten Zeitraums anboten. Die Werte hier wurden entsprechend des in Fn. 94 beschriebenen Vorgehens berechnet.

544

§ 10 Quantitative Analyse und Investorenschutzindex

b) Entwicklung des Teilindexes Mitspracherechte nach Plattformen Abb. 108 gliedert den Teilindex Mitspracherechte weiter nach Plattformen auf. Hier ist ein deutliches Abfallen des Marktdurchschnitts von zunächst 0,67 auf 0 zum Ende des Beobachtungszeitraums auszumachen. Hintergrund der Werte von Seedmatch in Höhe von rund 0,67 zu Beginn des Untersuchungszeitraums sind die dort angebotenen stillen Beteiligungen, die weitgehende Zustimmungsvorbehalte zugunsten der Crowd­investoren (Zustimmungsvorbehalte) enthielten. Ferner sahen die ersten von Seedmatch angebotenen Verträge ein faktisches Veto-Recht der Crowd­investoren bei Folgefinanzierungen vor (Veto Folgefinanzierung). Die Verträge von Companisto waren mit einem anfänglichen Wert von 0,33 weniger investorenfreundlich, enthielten zunächst aber ebenfalls weitgehende Zustimmungsvorbehalte zugunsten der Crowd­investoren (Zustimmungsvorbehalte). Sämtliche Mitspracherechte verschwanden jedoch mit Verwendung des partiarischen Nachrangdarlehens als Finanzierungsform Anfang 2013 aus den Verträgen von Seedmatch und Companisto. Die Verträge anderer Plattformen, etwa von ­Innovestment, enthielten teils auch später noch Zustimmungsvorbehalte in Bezug auf bestimmte Maßnahmen. Insgesamt zeigen die Mitspracherechte-Indizes jedoch deutlich, dass Mitwirkungsbefugnisse der Crowd­investoren im Hinblick auf die Unternehmensführung marktweit schnell aus den Crowd­investing-Verträgen verschwanden. 1,0 0,9 0,8 0,7 0,6 0,5 0,4 0,3 0,2 0,1 0,0

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Mi�elwert aller Pla�ormen

Abb. 108: Entwicklung des Teilindexes Mitspracherechte nach Plattformen (2011–2016, 3 Variablen)

Q4

545

C. Ergebnisse der quantitativen Analyse  

c) Entwicklung des Teilindexes Informationsrechte nach Plattformen Abb. 109 zeigt die Entwicklung der Informationsrechte nach Plattformen. Die Verträge von Seedmatch sind mit Werten zwischen 0,6 und 0,7 auch im Hinblick auf Informationsrechte am investorenfreundlichsten ausgestaltet. Der Einbruch Anfang 2015 ist mit dem Entfernen der Einsichtsrechte aus den Verträgen zu erklären (Einsichtsrecht). Nachdem die Rechte der Investoren auf Bereitstellung von Quartalsreports (Quartalsreport) um eine Sanktionierungsmöglichkeit bei Verletzungen dieser Pflicht ergänzt wurden (Durchsetzung Reporting), stieg der Index Mitte 2015 wieder auf den vorhergehenden Wert an. Die Verträge von Companisto bewegten sich zunächst konstant auf einem Wert von 0,28 und damit deutlich unter dem Niveau der Verträge von Seedmatch. Im vierten Quartal 2014 stieg der Wert auf 0,44. Erst ab diesem Zeitpunkt verpflichteten die Verträge von Companisto die Gründer etwa, den Investoren regelmäßige Quartalsreports zur Verfügung zu stellen (Quartalsreport). Ab diesem Zeitpunkt waren die Verträge von Companisto im Hinblick auf Informationsrechte investorenfreundlicher als der Marktdurchschnitt ausgestaltet, der einigermaßen konstant bei 0,35 verlief. 1,0 0,9 0,8 0,7 0,6 0,5 0,4 0,3 0,2 0,1 0,0

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Mi�elwert aller Pla�ormen

Abb. 109: Entwicklung des Teilindexes Informationsrechte nach Plattformen (2011–2016, 9 Variablen)

Q4

546

§ 10 Quantitative Analyse und Investorenschutzindex

d) Entwicklung des Teilindexes Anti-Opportunismus nach Plattformen Abb. 110 zeigt die Entwicklung des Teilindexes Anti-Opportunismus nach Plattformen. Die Kurve für Seedmatch zeigt, dass in den von Seedmatch angebotenen Verträgen nach und nach weitere gegen Opportunismus schützende Klauseln aufgenommen wurden und das Schutzniveau insoweit stetig stieg. Die Verträge von Seedmatch waren damit im Hinblick auf Anti-Opportunismus-Regelungen bereits ab 2013 am investorenfreundlichsten und investorenfreundlicher als der Marktdurchschnitt ausgestaltet. Zum Ende des Beobachtungszeitraums stieg das Niveau erneut an. Die Verträge von Companisto, die im Ausgangspunkt dasselbe Schutzniveau hatten, entwickelten sich hingegen in die gegensätzliche Richtung. Hier nahmen gegen opportunistisches Verhalten der Gründer wirkende Regelungen zunächst ab. Im Jahr 2013 und 2014 lagen die Verträge von Companisto im Hinblick auf Anti-Opportunismus-Regelungen unter dem Marktdurchschnitt. Erst gegen Ende des Beobachtungszeitraums stieg das Niveau – durch Aufnahme der Regelung zur Life-Time-Gewinnbeteiligung (Life-Time-Gewinnbeteiligung)  – wieder auf das Ausgangsniveau an. 1,0 0,9 0,8 0,7 0,6 0,5 0,4 0,3 0,2 0,1 0,0

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2016

Mi�elwert aller Pla�ormen

Abb. 110: Entwicklung des Teilindexes Anti-Opportunismus nach Plattformen (2011–2016, 15 Variablen)

Auffällig ist der zum Ende des Untersuchungszeitraums bestehende deutliche Unterschied von 0,2 Punkten in den Indexwerten für die Verträge von Seedmatch und Companisto. Während die Verträge von Seedmatch ausdrückliche Zweckbestimmungen (Zweckbestimmung), Sanktionierungsmöglichkeiten bei Verstößen gegen die Zweckbestimmung (Durchsetzung Zweckbestimmung),

547

C. Ergebnisse der quantitativen Analyse  

Regelungen zu Geschäftsführervergütungen (Geschäftsführervergütung) und Zusicherungen und Garantien (Garantien) enthielten, sind in den Verträgen von Companisto keine entsprechenden Regelugen enthalten. Die Verträge der übrigen Plattformen bewegen sich auf einem ähnlich niedrigen Niveau wie die von Companisto. e) Entwicklung des Teilindexes Exit nach Plattformen Abb. 111 zeigt die Entwicklung des Teilindexes Exit nach Plattformen. Hier lässt sich eine relativ parallele Entwicklung der Verträge der verschiedenen Plattformen erkennen. Während sich die Verträge von Seedmatch leicht über dem Marktdurchschnitt bewegten, weisen die Verträge von Companisto einen ähnlichen Verlauf, allerdings mit einem gewissen Abstand unter dem Marktdurchschnitt auf. Das Absinken der Werte für die Verträge von Seedmatch ist unter anderem durch den Ausschluss von Teilübertragungen (Teilübertragbarkeit), die Aufnahme einer Anzeigepflicht, das Verbot, das Investment an Wettbewerber zu übertragen und die Aufnahme einer Haltefrist als Übertragungsbeschränkungen (Übertragungs­beschränkungen) begründet. Die geringeren Werte von Companisto sind insbeson­dere auf die deutlich längere Mindestlaufzeit für Investoren (Mindest­l aufzeit), die längeren Kündigungsfristen (Kündigungsfrist) und das Fehlen jeglicher außerordentlicher Kündigungsrechte in späteren Verträgen zurückzuführen. 1,0 0,9 0,8 0,7 0,6 0,5 0,4 0,3 0,2 0,1 0,0

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2011

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2013 Companisto

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Mi�elwert aller Pla�ormen

Abb. 111: Entwicklung des Teilindexes Exit nach Plattformen (2011–2016, 6 Variablen)

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§ 10 Quantitative Analyse und Investorenschutzindex

2. Divergenz oder Konvergenz der Crowd­investing-Verträge Der Fokus der vorhergehenden Betrachtung lag auf der Entwicklung des durchschnittlichen Investorenschutzniveaus aller angebotenen Verträge und dem Vergleich des Niveaus der einzelnen Plattformen. Nachfolgend soll weiter analysiert werden, ob sich eine Tendenz zu einer Annäherung oder Angleichung des durch die Verträge vermittelten Schutzniveaus feststellen lässt. Der Investorenschutzindex gibt für jedes Quartal einen aus dem Schutzniveau aller Verträge gebildeten Mittelwert an. Er trifft somit lediglich eine Aussage über das auf dem Markt im jeweiligen Zeitraum durchschnittlich vorherrschende Schutzniveau. Er erlaubt jedoch keine Aussage dazu, ob die Werte der einzelnen Verträge mehr oder weniger große Abweichungen vom Mittelwert aufweisen oder ob alle ein ähnliches Schutzniveau gewährleisten. Zur Beantwortung dieser Fragen werden in der deskriptiven Statistik Streuungsmaße herangezogen.96 Die Kenntnis der Streuung des Investorenschutzindexes erlaubt eine Aussage dazu, ob es in einem Zeitraum Verträge mit sehr hohem und sehr niedrigem Schutzniveau gab oder alle ein ähnliches Niveau aufwiesen. Darüber hinaus lässt sich aus der Entwicklung der Streuung eine Aussage dazu treffen, ob sich die Verträge über den Beobachtungszeitraum einander angeglichen haben und eine Tendenz zu einem marktweit einheitlichen Vertragstyp besteht. Um die Entwicklung des Ausmaßes der Unterschiede zwischen den Verträgen zu analysieren und eine mögliche Tendenz zu einer Konvergenz der Verträge festzustellen, können zwei verschiedene Methoden herangezogen werden.97 Zunächst soll mittels des Variationskoeffizienten die Streubreite des Investorenschutzindexes und der Teilindizes dargestellt werden (funktionale Konvergenz). Die Aussagekraft dieser Betrachtung ist allerdings insofern begrenzt, als diese nur einen Vergleich der generellen durch die Indexwerte ausgedrückten Schutzniveaus ermöglicht.98 Weisen zwei Verträge denselben Investorenschutz-Wert auf, können sie sich in formaler Hinsicht gleichwohl grundlegend unterscheiden. Ein Vertrag kann etwa zahlreiche Regelungen zu Informationsrechten, aber keine Anti-Opportunismus 96

Die wichtigsten (absoluten) Streuungsmaße sind die Varianz (definiert als das arithmetische Mittel der Quadrate der Abweichungen der Einzelwerte von ihrem arithmetischen ­Mittel) sowie die Standardabweichung (definiert als die positive Quadratwurzel aus der Varianz), vgl. Bleymüller / Weißbach, Statistik für Wirtschaftswissenschaftler, 17. Aufl., 2015, S. 24. Der Variationskoeffizient als relatives Streuungsmaß bezieht die Standardabweichung auf das arithmetische Mittel und ermöglicht daher eine Vergleichbarkeit, vgl. Bleymüller / Weißbach, Statistik für Wirtschaftswissenschaftler, 17. Aufl., 2015, S. 27. 97 Die Untersuchung ist angelehnt an die methodischen Ansätze bei Lele / Siems, 7 J. Corp. L. Stud. 17, 37 ff. (2007); Siems, 33 Del. J. Corp. Law 111, 125 ff. (2008); Armour / Deakin / ​ Lele / Siems, 57 Am. J. Comp. L. 579, 620 ff. (2009). 98 Ausgehend von der Annahme, dass der Investorenschutzindex ein Maß des funktionalen Investorenschutzes abbildet, kann diese Methode der Analyse einer funktionalen Konvergenz dienen. Zu den Begriffen „formale Konvergenz“ und „funktionale Konvergenz“ siehe Armour / Deakin / L ele / Siems, 57 Am. J. Comp. L. 579, 620 (2009).

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C. Ergebnisse der quantitativen Analyse  

Regelungen enthalten, während der andere Vertrag – trotz des identischen Investorenschutz-Wertes – keinerlei Informationsrechte begründet, aber umfangreiche Regelungen enthält, die Investoren vor opportunistischem Verhalten schützen. Um diese formalen Abweichungen im Detail nachzuvollziehen, werden in der zweiten Untersuchungsmethode die Summen der Abweichungen der einzelnen Variablen berechnet (formale Konvergenz).99 a) Funktionale Konvergenz Abb. 112 zeigt die Entwicklung des Variationskoeffizienten für die Indexwerte sämtlicher im jeweiligen Jahr angebotenen Verträge. Ein Wert von 0 bedeutet alle in dem entsprechenden Zeitraum angebotenen Verträge haben denselben Indexwert und bieten ein vergleichbares Schutzniveau. Ein Wert von 1 würde bedeuten, dass die Indexwerte der angebotenen Verträge maximal unterschiedlich sind. 1,0 0,9 0,8 0,7 0,6 0,5 0,4 0,3 0,2 0,1 0,0

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Abb. 112: Funktionale Konvergenz: Variationskoeffizient der Investorenschutzindizes aller Verträge

Nachdem der Variationskoeffizient zunächst bei 0 liegt  – im dritten Quartal 2011 waren zunächst nur identische Verträge von Seedmatch auf dem Markt –, stieg der Variationskoeffizient im Jahr 2012 auf 0,2. In den Jahren 2013 und 2014 lag er bei etwa 0,25. In den Jahren 2015 und 2016 stieg er weiter auf knapp 0,3 an. 99

Vgl. zu dieser Methode etwa Armour / Deakin / L ele / Siems, 57 Am. J. Comp. L. 579, 620 (2009); Lele / Siems, 7 J. Corp. L. Stud. 17, 37 (2007).

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§ 10 Quantitative Analyse und Investorenschutzindex

Die Abweichungen der Indexwerte der einzelnen Verträge vom jeweiligen Mittelwert aller Verträge stiegen demnach von rund 20 % im Jahr 2012 auf knapp 30 % im Jahr 2016. Damit lässt sich über den Beobachtungszeitraum keine Tendenz zu einem marktweit einheitlichen Schutzniveau feststellen. Vielmehr zeigt die Kurve eine Tendenz zu divergierenden Schutzniveaus. Abb. 112 bildet die Streuung des Schutzniveaus sämtlicher Verträge ab. Die Tatsache, dass eine große Anzahl von Verträgen von wenigen Plattformen angeboten wurde,100 führt jedoch dazu, dass die Rolle der Plattformen nicht ausreichend zum Ausdruck kommt. Abb. 113 zeigt daher die Streuung der Indexwerte der von den verschiedenen Plattformen im relevanten Zeitraum angebotenen Verträge. Für die Darstellung wurde zunächst für jede Plattform ein Durchschnittswert aller im jeweiligen Zeitraum angebotenen Verträge101 und sodann der Variationskoeffizient berechnet. Die Kurve zeigt die Entwicklung der Variationskoeffizienten über den Beobachtungszeitraum. Im Vergleich zu Abb. 112 liegen die Variationskoeffizienten hier etwas höher. Damit wird die Divergenz zwischen den Standardverträgen der Plattformen bestätigt. Gleichzeitig zeigt Abb. 113, dass der Variationskoeffizient ab 2012 relativ konstant zwischen 0,3 und 0,35 schwankt. 1,0 0,9 0,8 0,7 0,6 0,5 0,4 0,3 0,2 0,1 0,0

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Abb. 113: Funktionale Konvergenz: Variationskoeffizient der Investorenschutzindizes nach Plattformen 100

Siehe § 4 B. II. 2. oben: 63,8 % der erfolgreichen Finanzierungen wurden etwa über die Marktführer Seedmatch und Companisto abgewickelt. 101 Vgl. Fn. 94 oben.

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C. Ergebnisse der quantitativen Analyse  

Dies bestärkt die oben festgestellten Indizien, dass auf dem Crowd­investingMarkt keine Tendenz zu einheitlichen Verträgen festzustellen ist. Die Tendenz zu divergierenden Verträgen lässt sich vielmehr mit den zahlreichen neu in den Markt eintretenden Crowd­investing-Plattformen erklären, die im Wettbewerb mit bereits etablierten Plattformen um kapitalsuchende Unternehmen konkurrierten. Abb. 114 verengt den Blick schließlich auf die beiden Plattformen Seedmatch und Companisto. Die Kurve zeigt die Differenz der durchschnittlichen Indexwerte der von den beiden Plattformen im jeweiligen Quartal angebotenen Verträge. Die Differenz bewegt sich über den gesamten Beobachtungszeitraum mit rund 0,2 auf einem relativ geringen Niveau. Mit Eintritt von Companisto auf den Crowd­ investing-Markt lag die Differenz der durchschnittlichen Indexwerte bei 0,16. Dies kann damit erklärt werden, dass Companisto zunächst das Geschäftsmodell von Seedmatch kopierte und weitgehend identische Verträge mit ähnlich ausgeprägtem Schutzniveau anbot. Zu Beginn des Jahres 2013 zeigt sich dann ein leichter Anstieg der Differenz der Indexwerte und damit ein (weiteres) Auseinanderfallen des Schutzniveaus. Dies ist konsistent mit der obigen Erklärung, dass Companisto im Wettbewerb um kapitalsuchende Unternehmen die Verträge von Seedmatch im Hinblick auf das gewährte Investorenschutzniveau unterbieten musste, um kapitalsuchende Unternehmen anzuwerben, also abweichende Verträge anbot. 1,0 0,9 0,8 0,7 0,6 0,5 0,4 0,3 0,2 0,1 0,0

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Abb. 114: Funktionale Konvergenz Seedmatch / Companisto: Differenz der durchschnittlichen Indexwerte von Seedmatch und Companisto

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§ 10 Quantitative Analyse und Investorenschutzindex

Die Angleichung im Jahr 2015 lässt sich damit erklären, dass Companisto, nachdem sich die Plattform am Markt etabliert hatte und die Finanzierungs- und Erfolgsquoten deutlich abnahmen, sein Investorenschutzniveau im Wettbewerb um Anleger erhöhte und an das Niveau von Seedmatch anglich. Insgesamt zeigt Abb. 114 eine leichte Tendenz zu einem zunächst zunehmend auseinanderfallenderen Schutzniveau und eine leichte Annäherung im Jahr 2015. b) Formale Konvergenz Wie oben beschrieben, geben die vorhergehenden Ausführungen lediglich Auskunft über Abweichungen des generellen Schutzniveaus, ausgedrückt durch die Streuung der Indexwerte. Nicht abgebildet werden durch den Variationskoeffizienten hingegen, inwieweit Abweichungen in Bezug auf einzelne Variablen bestehen. So könnte Abb. 110 etwa auf den ersten Blick so (falsch) verstanden werden, dass die Verträge von Seedmatch und Companisto im Jahr 2012 im Hinblick auf die enthaltenen Anti-Opportunismus-Regelungen identisch waren, da der Anti-Opportunismus-Index für beide einen Wert von rund 0,3 hatte. Der Variationskoeffizient würde dann (dies als zutreffend unterstellt) insoweit 0 betragen. Der Schluss auf identische Verträge ist allerdings insofern unzutreffend, als der gleiche Indexwert nicht zwingend bedeutet, dass die Verträge im Hinblick auf die einzelnen Variablen und den diesen zugrundeliegenden Regelungen identisch sind. Wird etwa eine Klausel durch eine neue Klausel ersetzt, kann der Wert gleichbleiben, obwohl sich der Vertrag verändert hat. Um die formalen Unterschiede zwischen den Verträgen der Plattformen Seedmatch und Companisto  noch genauer zu untersuchen und festzustellen, ob die beiden Marktführer ihre Verträge aneinander anpassen, wird daher im Folgenden die Summe der Abweichungen der einzelnen Variablen berechnet. Abb. 115 zeigt die Entwicklung der Summen der Abweichungen sämtlicher Variablen für die Verträge von Companisto und Seedmatch. Die Kurve zeigt damit das Ausmaß der formalen Abweichungen im Hinblick auf die im Investorenschutzindex zusammengefassten Regelungen der Verträge beider Plattformen. Je geringer der jeweilige Wert ist, desto ähnlicher sind die angebotenen Verträge. Ein Wert von 0 würde etwa bedeuten, dass die von beiden Plattformen angebotenen Verträge im Hinblick auf sämtliche im Index enthaltenen Regelungen identisch sind. Ein Wert von 33 würde bedeuten, dass sich die Verträge im Hinblick auf alle codierten Regelungen unterscheiden. Während die Verträge der beiden Plattformen zunächst in neun der untersuchten Punkte voneinander abwichen, ist eine zunehmende Angleichung der Verträge bis zum Jahr 2015 festzustellen. Danach entwickeln sich die Verträge wieder auseinander. Die Entwicklung könnte damit erklärt werden, dass Companisto mit der Etablierung am Markt seine Verträge nach und nach an die Verträge von Seedmatch

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C. Ergebnisse der quantitativen Analyse  

anpasste. Die ansteigende Divergenz zum Ende des Beobachtungszeitraums könnte durch den zunehmenden Wettbewerb um Crowd­investoren zu erklären sein, der wieder zu divergierenderen Verträgen führte. 30

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Abb. 115: Formale Konvergenz der Verträge von Seedmatch und Companisto (Summe der Abweichungen der 33 Variablen)

3. Innovationsrate der Plattformen Schließlich soll untersucht werden, wie häufig und in welchem Umfang Crowd­ investing-Plattformen im Untersuchungszeitraum ihre Verträge überarbeiteten und veränderten. Eine solche Innovationsrate kann Anhaltspunkte dafür liefern, wie innovationsfreudig Plattformen im Hinblick auf ihre Vertragswerke sind und ob und in welchem Umfang sie mit der Veränderung ihrer Verträge auf Marktgegebenheiten reagieren oder diese etwa an Bedürfnisse von kapitalsuchenden Unternehmen und / oder der Crowd­investoren anpassen. Als Maßstab zur Bestimmung der Innovationsrate einer Plattform dient hier die Summe der Änderung der Variablen pro Quartal. Um die Änderungsrate pro Quartal zu erhalten, wird die Summe der quartalsmäßigen Änderungen durch die Anzahl der insgesamt erfassten Variablen geteilt. Zur Bildung der jährlichen Innovationsrate wird schließlich die Summe der quartalsweisen Änderungsraten des entsprechenden Jahres gebildet. Abb. 116 stellt die jährlichen Innovationsraten für Seedmatch und Companisto dar. Die Darstellung zeigt, dass Seedmatch und Companisto insbesondere zu

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§ 10 Quantitative Analyse und Investorenschutzindex

Beginn des Beobachtungszeitraums relativ hohe Innovationsraten hatten. So hat Seedmatch nach dem Eintritt in den Crowd­investing-Markt im Jahr 2011 bereits im Jahr 2012 etwa 10 % der für den Investorenschutzindex relevanten Regelungen geändert. Im Jahr 2013 folgten weitere Änderungen im Umfang von 10 %. Companisto hatte im Jahr 2013 eine Änderungsrate von 17 %. Für Seedmatch ergibt sich für den Untersuchungszeitraum eine durchschnittliche Innovationsrate von 5 % p.a., für Companisto von 6 % p.a. Die übrigen Plattformen haben ebenfalls eine Innovationsrate von 5 %.102 Demnach hat Seedmatch im Beobachtungszeitraum durchschnittlich 5 % der untersuchten Klauseln pro Jahr geändert. Bei Companisto waren es 6 % pro Jahr. Die Innovationsrate der Plattformen bestätigt die vorhergehenden Erkenntnisse, dass Crowd­investing-Plattformen kontinuierlich ihre Verträge änderten. Der Grund für die hohe Innovationstätigkeit der Plattformen, dürfte neben Antworten auf veränderte rechtliche Rahmenbedingungen vor allem auch in den sich ändernden Marktbedingungen zu sehen sein. 20% 17,2%

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9,6%

7,7% 6,3%

6,1% 4,9%

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Sons�ge

Abb. 116: Innovationsrate der Plattformen Seedmatch, Companisto und Sonstige Plattformen (2011–2016)

102

In die Berechnung einbezogen sind alle Plattformen, die in mehr als einem Quartal Crowd­investing-Verträge erstmalig anboten. Dies sind die Plattformen Seedmatch, Companisto, Innovestment, Aescuvest, Bergfürst, Deutsche Mikroinvest, Fundernation, Fundsters, Geldwerk1, MashupFinance und Unternehmerich.

C. Ergebnisse der quantitativen Analyse  

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4. Würdigung Der Blick auf die Entwicklung des Investorenschutzes auf den einzelnen Plattformen ergibt ein differenzierteres Bild als für die Entwicklung des Gesamt­ indexes. Während marktweit ein Abfallen des Schutzniveaus im Untersuchungszeitraum auszumachen ist, lässt sich zugleich eine zunehmende Divergenz des Schutzniveaus im Hinblick auf die einzelnen Plattformen ausmachen. Das Schutzniveau der von Seedmatch angebotenen Verträge blieb etwa konstant auf einem deutlich über dem Marktdurchschnitt verlaufenden Niveau und zeigte im Hinblick auf Informationsrechte und Anti-Opportunismus-Regelungen eine leichte Tendenz zu einem höheren Investorenschutzniveau. Das in den Verträgen der anderen Plattformen gewährte Investorenschutzniveau lag hingegen deutlich unter dem von Seedmatch. Dies gilt auch für das Schutzniveau der Verträge von Companisto, die zunächst ein deutlich geringeres Schutzniveau als die Verträge von Seedmatch aufwiesen, welches zunächst noch weiter unter den Marktdurchschnitt abfiel und erst gegen Ende des Beobachtungszeitraums das Marktniveau erreichte. Eine Erklärung für die unterschiedliche Entwicklung der Verträge von Seedmatch und Companisto könnte in dem unterschiedlichen Zeitpunkt des Markteintritts liegen. Ausgehend davon, dass Crowd­investing-Plattformen zunächst zwingend kapitalsuchende Unternehmen anwerben müssen, bevor sie sich den Kapitalgebern zuwenden können,103 konkurriert ein neuer Marktakteur zunächst primär um kapitalsuchende Unternehmen. Nachdem sich Seedmatch als first mover bereits am Markt etabliert hatte, legt die Entwicklung des marktweiten Investorenschutzniveaus nahe, dass neu in den Markt eintretende Plattformen in der Konkurrenz um kapitalsuchende Unternehmen, ihre Verträge zunächst deutlich unternehmensfreundlicher ausgestalteten als die Plattform Seedmatch. Dies lässt sich damit erklären, dass neue Plattformen zunächst auf kapitalsuchende Unternehmen angewiesen sind. Gleichzeitig lässt sich nicht erkennen, dass die Konkurrenz durch Companisto und weitere Plattformen Seedmatch zu einem Absenken des Investorenschutzniveaus der von Seedmatch angebotenen Verträge veranlasst hätte. Die Entwicklung des Investorenschutzniveaus der Verträge von Companisto könnte damit zu erklären sein, dass Companisto den Marktdurchschnitt zunächst noch unterbieten musste, um sich im Wettbewerb um kapitalsuchende Unternehmen durchzusetzen und sich so als zweiter Marktführer zu etablieren. Dass das Investorenschutzniveau der Verträge von Seedmatch und Companisto zum Ende des Beobachtungszeitraums leicht ansteigt, könnte darauf zurückzuführen sein, dass sich Companisto zu diesem Zeitpunkt neben Seedmatch am Markt etabliert hatte. Angesichts der deutlich höheren Kapitalnachfrage im Vergleich zum Kapitalangebot der Anleger dürfte zudem der Wettbewerbsdruck auf dem Markt um kapitalsuchende Unternehmen nachgelassen haben. Die Erhöhung des Investorenschutzniveaus in den Verträgen von Seedmatch und Companisto zum Ende des 103

Vgl. dazu auch Viotto, 99 DigiWorld Econ. J. 33, 38 f. (2015).

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§ 10 Quantitative Analyse und Investorenschutzindex

Beobachtungszeitraums könnte daher durch den gegensätzlichen Wettbewerbsdruck auf der anderen Marktseite, das heißt mit dem Wettbewerb um Anleger zu erklären sein. Nimmt man die Teilindizes für die einzelnen Kategorien in den Blick, zeigt sich für die Mitspracherechte keine signifikant unterschiedliche Entwicklung zwischen den Plattformen. Zunächst fällt der Teilindex Mitspracherechte sowohl im marktweiten Durchschnitt als auch für die Verträge der einzelnen Plattformen deutlich ab. Dass sowohl der Mitspracherechte-Index für Seedmatch als auch Companisto zu Beginn des Jahres 2013 auf Null fiel, dürfte der insbesondere anfangs stark ausgeprägten Konkurrenz um kapitalsuchende Unternehmen geschuldet sein. Start-up-Unternehmen waren typischerweise nicht zu einer Finanzierung mittels Crowd­investing bereit, sofern sie den Crowd­investoren dafür Mitspracherechte einräumen mussten. Im Hinblick auf den Informationsrechte-Index lässt sich zunächst marktweit eine fallende Tendenz, dann eine leicht ansteigende und wieder abfallende Tendenz ausmachen, die zum Ende des Beobachtungszeitraums ihren Tiefpunkt erreicht. Die Entwicklung könnte ebenfalls durch die anfangs stark ausgeprägte Konkurrenz der Plattformen um kapitalsuchende Unternehmen zu erklären sein. Mit zunehmender Etablierung des Crowd­investing als Finanzierungsmöglichkeit und einem Überangebot an kapitalsuchenden Unternehmen, bekamen die Forderungen der Crowd­investoren an Gewicht, die mangelnde Informationen über die Entwicklung des finanzierten Start-ups beklagten. Mit der Einführung von Pflichten zur Übermittlung der ohnehin zu erstellenden Jahresabschlüsse, Mitteilungen über Verwässerungen und vor allem regelmäßigen Reports über die Unternehmensentwicklung konnten zumindest etablierte Crowd­investing-Plattformen die Forderungen der Anleger erfüllen und sich so einen Wettbewerbsvorteil verschaffen ohne zugleich auf der anderen Marktseite die Rechte der kapitalsuchenden Unternehmen zu stark zu beschneiden. Die niedrigeren Werte für die sonstigen Plattformen könnten darauf zurückzuführen sein, dass weniger etablierte oder neu in den Markt eintretende Plattformen ihren Fokus zunächst zwingend auf die Seite der kapitalsuchenden Unternehmen richten mussten. Neue Marktakteure mussten zunächst die kapitalsuchenden Unternehmen überzeugen, sich nicht über die etablierten, führenden Plattformen sondern über eine bislang unbekannte Plattform zu finanzieren. Es spricht Einiges dafür, dass sich dieser Wettbewerbsdruck in der tendenziell unternehmensfreundlicheren Ausgestaltung der Verträge neuer Akteure niedergeschlagen hat. Wenngleich die Verträge von Seedmatch im Hinblick auf Informationsrechte deutlich investorenfreundlicher ausgestaltet waren als die Verträge von Companisto und der übrigen Plattformen, lässt sich jedenfalls eine schwache Annäherung der Informationsrechte in den Verträgen von Companisto an das von Seedmatch vorgegebene Niveau beobachten. In Bezug auf Informationsrechte und beschränkt auf die beiden Marktführer könnte darin ein Anzeichen für positive Auswirkungen

D. Zusammenfassende Würdigung  

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eines Klauselwettbewerbs zugunsten der Investoren gesehen werden. Die Verträge der anderen Plattformen sowie der Marktdurchschnitt erscheinen davon – konsistent mit der obigen Erklärung – allerdings weitgehend unbeeinflusst. Der marktweite Anti-Opportunismus-Index für die marktweit angebotenen Verträge schwankte zunächst und erreichte dann im Jahr 2015 seinen Tiefpunkt, bevor er wieder leicht anstieg. Nimmt man den Anti-Opportunismus-Index für die jeweiligen Verträge der Plattformen in den Blick, zeigt sich im Marktdurchschnitt eine relative konstante Entwicklung. Auffällig ist, dass der Anti-OpportunismusIndex für die Verträge von Seedmatch kontinuierlich ansteigt und zum Ende des Beobachtungszeitraums seinen Höhepunkt erreicht. Eine Erklärungsmöglichkeit liegt auch hier darin, dass sich Seedmatch auf dem Markt für Unternehmensfinanzierungen für kapitalsuchende Unternehmen etabliert hatte. Mit steigendem Wettbewerbsdruck auf dem Markt um das Kapital der Anleger ist Seedmatch dann der Nachfrage der Anleger nach Verträgen, die ein Mindestmaß an Schutz gegen offensichtliche Agenturprobleme bieten, nachgekommen. Der Anti-OpportunismusIndex für die Verträge von Companisto war hingegen zunächst deutlich geringer, fiel anfangs noch weiter ab und stieg erst zum Ende des Beobachtungszeitraums leicht an. Dies bestätigt die obigen Erklärungsansätze. Das Abfallen des Exit-Indexes über den Beobachtungszeitraum lässt sich insbesondere durch den Anstieg der durchschnittlichen Mindestlaufzeit und eine vermehrte Aufnahme von Übertragungsbeschränkungen erklären. Im Hinblick auf die Exit-Rechte verschlechterten sich die Verträge aus der Perspektive der Crowd­ investoren zunehmend. Insgesamt zeigt die Auswertung deutlich, dass jedenfalls die beiden Marktführer, Seedmatch und Companisto, eine hohe Innovationstätigkeit im Hinblick auf die von diesen angebotenen Crowd­investing-Verträge an den Tage legten und so offensichtlich bestrebt waren, auf sich verändernde Marktbedingungen und die Präferenzen der Nachfrager mit Anpassungen ihrer Verträge zu reagieren.

D. Zusammenfassende Würdigung 1. In diesem Kapitel wurde nach dem methodischen Vorbild von LLSV ein Investorenschutzindex entwickelt, der das im Beobachtungszeitraum durch die Crowd­investing-Verträge vermittelte Investorenschutzniveau auf dem Crowd­ investing-Markt abbildet. Weiterhin sollte der Investorenschutzindex Anhaltspunkte dafür liefern, ob der Wettbewerb der Crowd­investing-Plattformen zu einem Klauselwettbewerb führt und wie sich dieser gegebenenfalls auf das Investorenschutzniveau auswirkt. 2. Zur Entwicklung des Investorenschutzindexes wurden für jeden Crowd­ investing-Vertrag 33 Klauseln, die den Investoren bestimmte Schutzrechte einräumen oder Schutzmechanismen etablieren, codiert und so ein Investorenschutzwert

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§ 10 Quantitative Analyse und Investorenschutzindex

ermittelt. Hat der Index einen Wert von 0 enthält der entsprechende Vertrag keine der untersuchten Schutzrechte. Ein Vertrag mit einem Investorenschutzindex-Wert von 1 enthält hingegen sämtliche untersuchten Regelungen und weist das maximale Investorenschutzniveau auf. Neben einem Gesamtindex, der sämtliche 33 Klauseln abbildet, wurden darüber hinaus die Teilindizes Mitspracherechte, Informationsrechte, Anti-Opportunismus und Exit gebildet. 3. Der durchschnittliche Indexwert für sämtliche im Beobachtungszeitraum angebotenen Crowd­investing-Verträge beträgt 0,4. Während der Indexwert im Jahr 2011 mit 0,5 seinen höchsten Wert hatte, sank er zum Ende des Beobachtungszeitraums auf 0,3. Das durchschnittliche marktweite Schutzniveaus der Crowd­investing-Verträge ist über den Beobachtungszeitraum somit um 0,2 Punkte abgefallen. Die marktweite Entwicklung des Investorenschutzindexes im Beobachtungszeitraum deutet darauf hin, dass der Wettbewerb der Crowd­investingPlattformen jedenfalls nicht zu einem marktweiten race to the top im Sinne eines Klausel­wettbewerbs um möglichst investorenschützende Verträge führte. 4. Die Betrachtung der Investorenschutzindizes getrennt nach Crowd­investingPlattformen zeigte, dass das Investorenschutzniveau der von verschiedenen Plattformen angebotenen Verträge deutlich divergiert. Die Betrachtung der formalen und funktionalen Konvergenz der Verträge zeigt, dass sich das Schutzniveau der Crowd­investing-Plattformen über den Beobachtungszeitraum zunehmend auseinanderentwickelte. Während das Investorenschutz-Niveau marktweit abfiel, steigerte sich etwa das durch die Verträge von Seedmatch vermittelte Investorenschutzniveau über den Beobachtungszeitraum leicht. Das Schutzniveau der von Companisto angebotenen Verträge entwickelte sich zunächst unter dem Marktdurchschnitt und erreichte erst zum Ende des Beobachtungszeitraums den Marktdurchschnitt. 5. Generell zeigt die Auswertung eine hohe Innovationstätigkeit der Crowdinvesting-Plattformen im Hinblick auf die von diesen angebotenen Verträge. Für Seedmatch ergibt sich für den Untersuchungszeitraum eine durchschnittliche Innovationsrate von 5 % p.a., für Companisto eine durchschnittliche Innovationsrate von 6 % p.a. Das heißt, die Plattformen änderten im Beobachtungszeitraum durchschnittlich 5 % bzw. 6 % der untersuchten in den Crowd­investing-Verträgen enthaltenen Vertragsklauseln pro Jahr. Der Grund für die hohe Innovationstätigkeit der Plattformen, dürfte neben Antworten auf veränderte rechtliche Rahmenbedingungen vor allem auch in den sich ändernden Marktbedingungen und Anforderungen der Nachfrager zu sehen sein. 6. Eine Erklärungsmöglichkeit für die Entwicklung der Investorenschutzindizes kann in einem beschränkten Klauselwettbewerb der Crowd­investing-Plattformen gesehen werden. Für die Existenz eines Klauselwettbewerbs spricht neben der Entwicklung der Indizes vor allem auch die hohe Innovationsrate der Crowd­ investing-Plattformen, die ihre Verträge kontinuierlich ändern und im Sinne eines Such- und Entdeckungsverfahrens an Marktgegebenheiten und jedenfalls in einem

D. Zusammenfassende Würdigung  

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gewissen Ausmaß auch an die Erwartungen der Nachfrager anpassen. Der Klauselwettbewerb führte im Untersuchungszeitraum allerdings nicht zu einer marktweiten Angleichung des Schutzniveaus, sondern vielmehr zu einer zunehmenden Divergenz. Dies lässt sich damit erklären, dass der Crowd­investing-Markt im Untersuchungszeitraum durch den Markteintritt zahlreicher neuer Akteure geprägt war und sich erst zu entwickeln begann. Etabliertere Crowd­investing-Plattformen konnten Verträge mit einem tendenziell höheren Investorenschutz-Niveau anbieten bzw. einem auf Investorenseite bestehenden Wettbewerbsdruck nachgeben. Neu in den Markt tretende Plattformen boten zunächst Verträge mit geringem Investorenschutz an und konkurrierten zunächst um kapitalsuchende Unternehmen, was insoweit mit einem race to the bottom einherging. Erst mit einer gewissen Marktbekanntheit und einem gewissen Pool an Nachfragern auf beiden Marktseiten können Crowd­investing-Plattformen das Investorenschutzniveau der von ihnen angebotenen Verträge steigern. Gleichwohl bleibt festzuhalten, dass sämtliche der im Untersuchungszeitraum auf dem Crowd­investing-Markt angebotenen Verträge weit hinter dem in § 9 herausgearbeiteten Minimum an Investorenschutz zurückbleiben, der für eine adäquate Adressierung der herausgearbeiteten Agenturprobleme erforderlich wäre.

§ 11 Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse Seit Anfang der 2010er Jahre begann sich Crowd­investing als eine Finanzierungsform für junge Unternehmen und als Anlagemöglichkeit für Kleinanleger in Start-up-Unternehmen in Deutschland zu entwickeln. Die neue Finanzierungsform sorgte für weitverbreitete Euphorie und weckte Hoffnungen auf einen erleichterten Kapitalzugang für innovative Start-up-Unternehmen, eine Demokratisierung der Kapitalallokation bis hin zu einer „Revolution“ der Finanzierungslandschaft und des Selektionsprozesses von Innovationen schlechthin. Nach anfänglich vielversprechenden Wachstumsraten des Crowd­investing-Marktes machten sich bald Zweifel an der Finanzierungsform unter den Crowd­investoren breit – unter anderem bedingt durch das Ausbleiben von durchschlagenden Erfolgsgeschichten crowd­ finanzierter Start-ups und das zunehmende Bewusstsein für das mit Investments in Start-up-Unternehmen verbundene Risiko. Gegenstand der vorliegenden Arbeit war eine grundlegende Beschreibung und Einordnung des Crowd­investing sowie eine Analyse der Finanzierungsbeziehung zwischen Crowd­investoren und finanzierten Unternehmen unter besonderer Berücksichtigung des in dieser Finanzierungsbeziehung zutage tretenden moral hazard. In der Arbeit wurde der Crowd­investing-Markt sowie die in den ersten fünfeinhalb Jahren angebotenen Crowd­investing-Verträge auf der Basis eines händisch erhobenen und nahezu sämtliche in diesem Zeitraum angebotenen Crowdfinanzie­ rungen umfassenden Datensatzes einer detaillierten empirischen Analyse unterzogen. Die Arbeit hatte das Ziel, die folgenden Fragen zu beantworten: Was ist Crowd­ investing? Wie groß ist der deutsche Crowd­investing-Markt und welche wirtschaftliche Relevanz hatte Crowd­investing in den ersten fünfeinhalb Jahren? In welchem rechtlichen Rahmen entwickelte sich Crowd­investing? Welche spezifischen Risiken ergeben sich für Crowd­investoren aus der Finanzierungsbeziehung mit Start-ups bzw. deren Gründern? Welche Regelungen enthielten die angebotenen Crowd­investing-Verträge und inwieweit waren diese geeignet, den in Finanzierungsbeziehungen typischerweise bestehenden Risiken zu begegnen? Wie müssen Crowd­investing-Verträge ausgestaltet sein, um opportunistisches Verhalten der Gründer zu minimieren und den Crowd­investoren eine „faire“ Chance auf eine angemessene Rendite zu bieten? Wie entwickelten sich die anlegerschützenden Regelungen in Crowd­investing-Verträgen in den ersten fünfeinhalb Jahren? Welchen Einfluss hatte der Wettbewerb verschiedener Crowd­investing-Plattformen auf diese Entwicklung der Crowd­investing-Verträge? I. Zunächst wurde die Entwicklung des Crowd­investing beschrieben und ein grundlegendes Verständnis der Finanzierungsform und ihrer Charakteristika erarbeitet.

§ 11 Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse

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1. Die Finanzierungsform des Crowd­investing entwickelte sich aus den Phäno­ menen des Crowdsourcing und des Crowd­fun­ding. Unter Crowd­fun­ding kann das Sammeln von Finanzierungsbeiträgen einer Vielzahl von Menschen zur Erreichung eines gemeinsamen Ziels verstanden werden. Abhängig von der den Kapitalgebern für die Kapitalüberlassung versprochenen Gegenleistung lassen sich verschiedene Formen des Crowd­fun­ding unterscheiden – etwa das Schenkungsmodell, das Belohnungsmodell, das Subskriptionsmodell, das Crowdlending oder das Crowd­investing. 2. Für die Zwecke der vorliegenden Arbeit wurde Crowd­investing als die über spezialisierte Internet-Plattformen vermittelte Finanzierung von Unternehmen durch eine Vielzahl von Kleinanlegern verstanden. Die Finanzierung erfolgt dabei mittels Finanzierungsinstrumenten, die typischerweise gegen geringe Einzelbeträge ausgegeben werden und die den Kapitalgebern eine höhenmäßig grundsätzlich unbegrenzte Berechtigung an zukünftigen Zahlungsströmen des finanzierten Unternehmens gewähren. Insbesondere reine Projekt- und Immobilienfinanzierungen werden nicht von diesem Begriffsverständnis erfasst und waren nicht Gegenstand der vorliegenden Untersuchung. 3. Crowd­investing findet im Wesentlichen in einem Dreiecksverhältnis zwischen vornehmlich Start-ups als kapitalsuchenden Unternehmen, Crowd­investoren als Kapitalgebern und Crowd­investing-Plattformen als Intermediären statt. Crowd­ investing-Plattformen nehmen dabei eine zentrale Rolle ein. Sie entscheiden als Gatekeeper über die zu finanzierenden Unternehmen und steuern den Informationsfluss. Sie vermitteln den Vertragsschluss und stellen die Infrastruktur zur Verfügung. Außerdem entwickeln sie als Klauselproduzenten die zwischen Crowd­investoren und kapitalsuchenden Unternehmen abzuschließenden Finanzierungsverträge. Mit diesen Crowd­investing-Verträgen bestimmen Crowd­investingPlattformen maßgeblich das Rechte- und Pflichtenprogramm für Kapitalnehmer und Anleger und legen somit die Grundlagen für das Erfolgspotential der Investments der Crowd­investoren. II. Sodann wurde die Entwicklung des deutschen Crowd­investing-Marktes in den ersten rund fünfeinhalb Jahren seit seiner Entstehung, das heißt vom 1. August 2011 bis zum 31. Dezember 2016 (Untersuchungs- oder Beobachtungszeitraum), basierend auf einer Auswertung nahezu sämtlicher Crowd­investingFinanzierungen, die in diesem Zeitraum angeboten wurden, analysiert und wesentliche Marktparameter dargestellt. 1. In den ersten rund fünfeinhalb Jahren seit seiner Entstehung wurden über den deutschen Crowd­investing-Markt 257 kapitalsuchende Unternehmen mit einem Gesamtvolumen von rund 72 Mio. Euro erfolgreich finanziert. Das von kapitalsuchenden Unternehmen nachgefragte Kapital betrug insgesamt knapp 138 Mio. Euro. Das Volumen des Crowd­investing-Marktes belief sich auf rund 31 % des Volumens von in diesem Zeitraum durchgeführten Seed-Phasen-Finanzierungen mittels traditionellem Venture Capital.

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2. Im Untersuchungszeitraum waren insgesamt 27 verschiedene Crowd­investingPlattformen auf dem Crowd­investing-Markt aktiv. Die Plattformen Seedmatch und Companisto waren mit rund 42 % bzw. 39 % und insgesamt 81 % des im Untersuchungszeitraum vermittelten Kapitals klare Marktführer. Während im Marktdurchschnitt nur 78 % aller angebotenen Finanzierungen erfolgreich abgeschlossen wurden, betrug die Erfolgsquote der von Seedmatch angebotenen Finanzierungen 95 % und der von Companisto vermittelten Finanzierungen 98 %. 3. Das durchschnittliche Finanzierungsvolumen einer Crowdfinanzierung betrug im Beobachtungszeitraum 279.087 Euro. Von zunächst konstant unter 100.000 Euro stieg das durchschnittliche Finanzierungvolumen bis zum Ende des Beobachtungszeitraums auf etwa 500.000 Euro an. Während die kleinste Finanzierung ein Volumen von 10.000 Euro hatte, betrug das maximale Volumen einer im Beobachtungszeitraum vermittelten Crowdfinanzierung 3 Mio. Euro. Über 95 % aller erfolgreich abgeschlossenen Finanzierungen hatten ein Finanzierungsvolumen von lediglich 1 Mio. Euro oder weniger. 4. Die durchschnittliche Dauer bis zum erfolgreichen Abschluss einer Crowd­ finanzierung betrug zu Beginn des Untersuchungszeitraums rund 50 Tage und stieg auf etwa 100 Tage zum Ende des Untersuchungszeitraums an. Im Gesamtdurchschnitt dauerte eine Finanzierung 74 Tage. An einer erfolgreichen Finanzierung beteiligten sich durchschnittlich 323 Crowd­­investoren, während die durchschnittliche Anzahl an Investments pro Finanzierung zu Beginn des Beobachtungszeitraums noch bei etwa 90 und im Jahr 2016 bei knapp 600 Einzelinvestments lag. Die durchschnittliche Investorenanzahl pro Finanzierung lag bei Companisto mit 738 und bei Seedmatch mit 305 Investoren deutlich über der durchschnittlichen Investorenanzahl der übrigen Plattformen, bei denen sich durchschnittlich nur 60 Crowd­­investoren an einer Finanzierung beteiligten. Umgekehrt verhält es sich bei der durchschnittlichen Investitionssumme pro Anleger. Diese war bei Seedmatch mit 1.037 Euro fast doppelt so hoch wie bei Companisto mit 556 Euro. Bei den übrigen Plattformen lag die durchschnittliche Investitionssumme pro Anleger bei 2.243 Euro. Im Marktdurchschnitt investierten Anleger im Beobachtungszeitraum durchschnittlich 804 Euro pro Finanzierung. 5. 80,8 % der mittels Crowd­investing kapitalsuchenden Unternehmen hatte die Rechtsform einer GmbH. Der durchschnittliche Pre-Money-Unternehmenswert sowohl der kapitalsuchenden als auch der erfolgreich finanzierten Unternehmen belief sich im Beobachtungszeitraum auf etwa 2,6 Mio. Euro. Hier ist ein deutlicher Anstieg von zunächst rund 800.000 Euro im Jahr 2012 auf einen durchschnittlichen Unternehmenswert von rund 4,5 Mio. Euro im Jahr 2016 zu verzeichnen. Erfolgreich mittels Crowd­investing finanzierte Unternehmen waren leicht höher bewertet als kapitalsuchende Unternehmen, deren Finanzierung nicht erfolgreich war. Die über die Plattformen Seedmatch und Companisto kapitalsuchenden Unternehmen waren mit rund 2,9 Mio. Euro bzw. 3 Mio. Euro im Durchschnitt deutlich höher bewertet als die Unternehmen, die über die sonstigen Plattformen Finanzierungen anboten (1,7 Mio. Euro).

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III. Sodann wurde der rechtliche Rahmen, in dem sich Crowd­investing in Deutschland entwickelte, erarbeitet. Hierzu wurden die jeweiligen Rechtsverhältnisse zwischen den beteiligten Akteuren sowie die regulatorischen Rahmenbedingungen untersucht. 1. Zwischen Crowd­investing-Plattform und kapitalsuchendem Unternehmen wird in der Regel ein als Handelsmaklervertrag einzuordnender Fundingvertrag geschlossen, mit dem sich der Betreiber der Crowd­investing-Plattform zur Durchführung der Crowd­investingkampagne und zur Vermittlung der Crowd­ investing-Verträge verpflichtet. Zwischen Plattformbetreiber und den einzelnen Crowd­investoren kommt regelmäßig ein Anlagevermittlungsvertrag in Form eines Auskunftsvertrages zu Stande, nach dem der Plattformbetreiber jedenfalls die Erteilung einer verbindlichen, richtigen und vollständigen Auskunft über die angebotenen Crowd­investing-Finanzierungen, jedoch keine Anlageberatung, schuldet. 2. Das Rechtsverhältnis zwischen Crowd­investoren und kapitalsuchenden Unternehmen wird durch den zwischen Crowd­investoren und finanzierten Unternehmen geschlossenen Crowd­investing-Vertrag bestimmt. Zu Beginn des Untersuchungszeitraums begründeten die Crowd­investing-Verträge stille Beteiligungen der Crowd­investoren an den zu finanzierenden Unternehmen, zuletzt war die Finanzierungsbeziehung fast ausschließlich als partiarisches Nachrangdarlehen ausgestaltet. Ein Blick auf die gesetzlichen Rahmenbedingungen dieser Rechts- bzw. Vertragsformen zeigte, dass die gesetzlichen Bestimmungen, soweit überhaupt vorhanden, weitgehend dispositiv sind und die Parteien daher eine weitgehende Vertragsfreiheit genießen. Den Crowd­investing-Verträgen kommt daher eine maßgebliche Bedeutung im Hinblick auf die Gestaltung der Finanzierungsbeziehungen zu. 3. Im Folgenden wurden die regulatorischen Rahmenbedingungen, unter denen sich Crowd­investing entwickelte, untersucht. Die Betrachtung der aufsichtsrechtlichen Anforderungen an die kapitalsuchenden Unternehmen als Emittenten der Finanzierungsinstrumente zeigte, dass die sich mittels Crowd­investing finanzierenden Unternehmen im Rahmen der bislang vorzufindenden Crowd­ investing-Modelle – insbesondere bei wirksamer Vereinbarung eines qualifizierten Nachrangs in den Crowd­investing-Verträgen – kein nach § 32 Abs. 1 KWG erlaubnispflichtiges Einlagengeschäft betrieben. 4. Allerdings steht für kapitalsuchende Unternehmen, die sich durch die Emission von Wertpapieren oder Vermögensanlagen finanzieren, grundsätzlich eine Prospektpflicht im Raum. Im Untersuchungszeitraum wurden im Rahmen des Crowd­investing – bis auf wenige Ausnahmen – keine Wertpapiere emittiert. Dies ist insbesondere darauf zurückzuführen, dass das öffentliche Angebot von Wertpapieren – jenseits von Privatplatzierungen oder Kleinstemissionen mit einem Volumen von bis zu 100.000 Euro – im Untersuchungszeitraum eine Pflicht zur Veröffentlichung eines kostenintensiven Wertpapierverkaufsprospekts begründete. Mit (teilweisem) Inkrafttreten der ProspektVO zum 21. Juli 2018 hat sich der regulatorische Rahmen insoweit in entscheidender Hinsicht geändert als seither das öffent-

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liche Angebot von Wertpapieren bis zu einem Volumen von 8 Mio. Euro von der Prospektpflicht ausgenommen ist. Damit ergibt sich ein neuer Spielraum zur Weiterentwicklung der für das Crowd­investing verwendeten Finanzierungsmodelle. 5. Die Ausgestaltung des im Untersuchungszeitraum vorzufindenden Crowd­ investing-Modells mittels stillen Beteiligungen und partiarischen Nachrangdarlehen hat sich maßgeblich vor dem Hintergrund des durch das VermAnlG vorgegebenen Rechtsrahmens entwickelt. Das öffentliche Angebot der zunächst angebotenen stillen Beteiligungen war nach dem zunächst geltenden § 8f Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 VerkProspG bzw. später nach §§ 1 Abs. 2 Nr. 1, 6 VermAnlG a. F. grundsätzlich prospektpflichtig. Anfangs wurde eine Prospektpflicht indes durch Nutzung des Ausnahmetatbestands für Kleinemissionen bis 100.000  Euro vermieden. Mit der Nutzung von partiarischen Nachrangdarlehen konnten höhere Emissionsvolumen realisiert werden, da partiarische Nachrangdarlehen bis zum Inkrafttreten des KASG nach überwiegender Ansicht nicht als Vermögensanlagen i. S. d. ­VermAnlG zu qualifizieren waren. Mit Inkrafttreten des KASG zum 10. Juli 2015 wurden partiarische Nachrangdarlehen in den Katalog der Vermögensanlagen i. S. d. VermAnlG aufgenommen. Seither sind kapitalsuchende Unternehmen, die die im Rahmen des Crowd­investing verwendeten Vermögensanlagen öffentlich anbieten, grundsätzlich nach § 6 VermAnlG zur Veröffentlichung eines Verkaufsprospekts verpflichtet. 6. Eine Ausnahme von der Prospektpflicht besteht allerdings im Anwendungsbereich der durch das KASG eingeführten Ausnahme für „Schwarmfinanzierungen“ nach § 2a VermAnlG insbesondere für die überwiegend verwendeten partiarischen Nachrangdarlehen. Zentrale Voraussetzung der Schwarmfinanzierungsausnahme ist die Einhaltung einer Gesamtemissionsgrenze, die anfänglich 2,5 Mio. Euro betrug, seit dem 16. Juli 2019 bei 6 Mio. Euro liegt. Außerdem müssen die Vermögensanlagen im Wege der Anlageberatung oder Anlagevermittlung über eine Internet-Dienstleistungsplattform vermittelt werden, die die Einhaltung der in § 2a Abs. 3 VermAnlG bestimmten Zeichnungsgrenzen der Anleger überprüfen muss. Seit dem 10. Juli 2015 bis zum Ende des Untersuchungszeitraums fanden Crowd­ investing-Finanzierungen nahezu ausschließlich im Anwendungsbereich dieser Schwarmfinanzierungsausnahme statt. 7. Die Tätigkeit der Crowd­investing-Plattformen im Rahmen der im Untersuchungszeitraum vorzufindenden Geschäftsmodelle ist regelmäßig als Anlagevermittlung i. S. d. § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 1 KWG sowie (seit Inkrafttreten des WpIG zum 26. Juni 2021) des § 2 Abs. 1 Nr. 3 WpIG zu qualifizieren. Die Crowd­investingPlattformen unterliegen allerdings keiner Erlaubnispflicht nach § 32 Abs. 1 KWG bzw. § 15 Abs. 1 WpIG, da sie regelmäßig im Rahmen der Bereichsausnahme nach § 2 Abs. 6 Nr. 8 lit. e) KWG bzw. § 3 Abs. 1 Nr. 11 lit. e) WpIG tätig sind. Die im Untersuchungszeitraum vorzufindenden Formen des Crowdinvesting werden ferner nicht vom Anwendungsbereich der seit 10. November 2021 geltenden ECSP-VO erfasst. Stattdessen bedürfen die Crowd­investing-Plattformen der Erlaubnis als

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Finanzanlagenvermittler nach § 34f Abs. 1 Satz  1 GewO. Da Crowd­investingPlattformen – neben den kapitalsuchenden Unternehmen – als Anbieter der Crowd­ investing-Verträge zu qualifizieren sind, unterliegen sie zudem den anbieterspezifischen Pflichten des VermAnlG. IV. Im weiteren Verlauf der Arbeit wurde die Finanzierungsbeziehung zwischen Crowd­investoren und finanzierten Start-up-Unternehmen auf Grundlage der Prinzipal-Agenten-Theorie auf spezifische Agenturprobleme untersucht. 1. Es wurde gezeigt, dass Agenturprobleme angesichts massiver struktureller Informationsasymmetrien, exogener Unsicherheiten und bestehender Ziel- und Interessenkonflikte im Bereich des Crowdinvesting besonders stark ausgeprägt sind. Während Gründer naturgemäß nahezu unbeschränkte Entscheidungs- und Handlungsspielräume im Hinblick auf Unternehmensführung und Mittelverwendung haben, hängt der Erfolg des Start-ups und die Rendite der Crowd­investoren in weitem Maße von dem Verhalten der Gründer ab. Vor diesem Hintergrund müssen Crowd­investoren damit rechnen, dass sich Gründer opportunistisch verhalten und bestehende Handlungsspielräume zur Steigerung ihres persönlichen Nutzens und zum Nachteil der Crowd­investoren ausnutzen (moral hazard). Ein solches opportunistisches Verhalten kann nach Williamson auch die „Zuhilfenahme von List“ sowie „krassere Formen, wie Lügen, Stehlen und Betrügen“, aber auch „raffiniertere Formen der Täuschung“, die „unvollständige oder verzerrte Weitergabe von Information“ sowie „vorsätzliche Versuche irrezuführen, zu verzerren, verbergen, verschleiern oder sonstwie zu verwirren“, einschließen. 2. Anhand anekdotischer Befunde wurden zunächst Situationen illustriert, in denen Agenturprobleme und opportunistisches Verhalten zu Lasten der Crowdinvestoren offen zutage traten. Sodann wurden Problemfelder erarbeitet, in denen typischerweise Risiken opportunistischen Verhaltens der Gründer bestehen. So müssen Crowd­investoren etwa damit rechnen, dass Gründer der Unternehmensführung nicht mit maximaler Anstrengung, sondern nur mit ungenügender Motivation und vermindertem Arbeitseinsatz nachgehen (reduced effort, shirking). Weiterhin besteht die Gefahr, dass Gründer Unternehmensressourcen nicht zur Maximierung des Unternehmenswertes, sondern zur Steigerung ihres persönlichen Nutzens einsetzen oder anderweitig missbräuchlich verwenden (private benefits, perquisit consumption). Weitere Risiken der Crowd­investoren als Kapitalgeber sind suboptimale Investitionsentscheidungen der Gründer (underinvestment, overinvestment) sowie Veränderungen der Unternehmensstrategie und damit des Risikos der Investition der Crowd­investoren. Auch im Rahmen von Folgefinanzierungen bestehen Möglichkeiten, wie Gründer zum Nachteil der Crowd­investoren handeln können. Schließlich haben Gründer zahlreiche Möglichkeiten, die Vermögensrechte der Crowd­investoren unmittelbar zu beeinträchtigen oder zu vereiteln. V. Nach Darstellung der im Rahmen der Finanzierungsbeziehung bestehenden Anreiz- und Regelungsprobleme wurden Regelungsansätze aus der Venture Capital-Vertragspraxis zur Reduzierung der Agenturkonflikte zwischen Kapitalgebern

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(Venture Capital-Gesellschaften) und Kapitalnehmern (Start-up-/Portfoliounternehmen) präsentiert. Diese wurden im Folgenden als Referenzmaßstab für die Analyse der Crowd­investing-Verträge herangezogen und dienten als Gestaltungsmodelle zur Erarbeitung von Lösungsansätzen zur Minimierung von Agenturpro­ blemen in der Finanzierungsbeziehung zwischen Crowd­investoren und finanzierten Start-up-Unternehmen. VI. Sodann folgte eine detaillierte Auswertung der Vertragsbestimmungen der im Untersuchungszeitraum auf dem deutschen Crowd­investing-Markt angebotenen Crowd­investing-Verträge. Hierfür wurden nahezu sämtliche in diesem Zeitraum angebotenen Verträge händisch erfasst und im Hinblick auf über 30 verschiedene Klauseln und Kriterien untersucht. Die analysierten Crowd­investing-Verträge decken 83 % aller im Untersuchungszeitraum angebotenen Finanzierungen ab und bilden die Grundlage für 90 % des gesamten im Untersuchungszeitraum auf dem deutschen Crowd­investing-Markt eingeworbenen Kapitals. VII. Die nachfolgende Analyse der Crowd­investing-Verträge zeigte, dass die im Untersuchungszeitraum angebotenen Crowd­investing-Verträge nur sehr unzureichende Mechanismen zum Schutz der Crowd­investoren gegen opportunistisches Verhalten der Gründer vorsahen. Nach den untersuchten Verträgen bestand vielmehr die Gefahr, dass Crowd­investoren selbst bei einer außerordentlichen Entwicklung des finanzierten Start-ups leer ausgehen, weil die der Finanzierung zugrundeliegenden Crowd­investing-Verträge den Erfolg der Start-ups nicht hinreichend abbildeten und Gründer zahlreiche Möglichkeiten hatten, die Vermögensrechte der Crowd­investoren zu vereiteln und diese um die versprochene Beteiligung zu bringen. Auf Grundlage der Gestaltungsmodelle aus der Venture Capital-Vertragspraxis wurden sodann Gestaltungsvorschläge für eine Governance-Struktur in Crowd­investing-Verträgen erarbeitet, mittels der bestehende Agenturprobleme reduziert werden können. VIII. Schließlich wurde nach dem methodischen Vorbild von La Porta, Lopezde-Silanes, Shleifer und Vishny ein Investorenschutzindex entwickelt, der wertvolle Erkenntnisse über die Entwicklung des Investorenschutzniveaus auf dem Crowd­investing-Markt sowie die Rolle der Crowd­investing-Plattformen ermöglichte. 1. Mit Hilfe des Indexes konnte gezeigt werden, dass das durchschnittliche Investorenschutzniveau der im Untersuchungszeitraum angebotenen Crowd­investingVerträge nur mäßig ausgeprägt war. Über den Beobachtungszeitraum war ein deutliches Abfallen des marktweiten Investorenschutzniveaus auszumachen. 2. Die Untersuchung zeigte zudem, dass das Schutzniveau der von den verschiedenen Crowd­investing-Plattformen angebotenen Verträge zunehmend divergierte. Während das Investorenschutzniveau der meisten Plattformen über den Beobachtungszeitraum abfiel, war etwa eine leichte Steigerung des durch die Verträge von Seedmatch vermittelten Investorenschutzniveaus festzustellen.

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3. Die Auswertung des Investorenschutzindexes zeigte zudem, dass Crowd­ investing-Plattformen eine hohe Innovationstätigkeit im Hinblick auf die angebotenen Crowd­investing-Verträge erkennen lassen. Die hohe Innovationsrate kann als Indiz dafür gesehen werden, dass Crowd­investing-Plattformen ihre Verträge kontinuierlich ändern, um ihre Verträge im Sinne eines Such- und Entdeckungsverfahrens an Marktgegebenheiten und jedenfalls in einem gewissen Ausmaß an die Erwartungen der Nachfrager anzupassen. Dies spricht für die Existenz eines jedenfalls beschränkten Klauselwettbewerbs der Crowd­investing-Plattformen. 4. Zur Beantwortung der Frage nach den Implikationen des Klauselwett­bewerbs der Crowd­investing-Plattformen lässt die Untersuchung keine abschließenden Schlüsse zu. Die Auswertung des Investorenschutzindexes lässt zunächst Anzeichen für ein race to the bottom im Hinblick auf das marktweite Investorenschutzniveau erkennen. Gleichzeitig war im Beobachtungszeitraum aber keine marktweite Angleichung, sondern eine Entwicklung zu einem zunehmend divergierenden Investorenschutzniveau der von den verschiedenen Crowd­investingPlattformen angebotenen Verträge festzustellen: Das Schutzniveau der von den etablierten Plattformen angebotenen Verträge verlief entgegen dem Markttrend relativ konstant während weniger etablierte Plattformen Verträge mit zunehmend schlechterem Schutzniveau anboten. Eine Erklärung für diese Entwicklung kann in den Spezifika des Crowd­investing-Marktes als two-sided market gesehen werden, auf dem Crowd­investing-Plattformen auf der einen Seite um kapitalsuchende Unternehmen und auf der anderen Seite um Crowd­investoren als Kapitalgeber konkurrieren. Die vorliegenden Ergebnisse legen nahe, dass neu in den Markt eintretende und wenig etablierte Plattformen mit unternehmensfreundlichen, für die Crowd­investoren nachteiligen Verträgen um kapitalsuchende Unternehmen konkurrieren. Auf der Marktseite der Crowd­investoren scheint hingegen allenfalls ein geringer Wettbewerbsdruck zu herrschen und – angesichts der geringen Anzahl an etablierten Crowd­in­vesting-Plattformen im Untersuchungszeitraum  – kaum Klauselwettbewerb stattzufinden. Der vorliegenden Untersuchung des Investorenschutzindexes lassen sich keine Anzeichen für einen dahingehenden Klauselwettbewerb erkennen, dass (etablierte) Crowdinvesting-Plattformen mit möglichst investorenschützenden Crowdinvesting-Verträgen – das heißt Verträgen, die die in der Finanzierungsbeziehung zwischen Crowdinvestoren und kapitalsuchenden Unternehmen bestehenden Agenturprobleme und Opportunismusrisiken minimieren – um Crowdinvestoren konkurrieren.

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Stichwortverzeichnis* Abschlussvermittlung  264 f. Accelerator  86 f., 118 ad-hoc-Mitteilungspflicht  432 ff., 481, 511, 527, 529, 533 adverse selection  68 ff., 88, 125, 311, 498 ff., 501 AG  246, 340, 459 f. AGB  110, 191, 211 Agency-Kosten siehe Agenturkosten Agenturkosten  64, 72, 120, 127 Agenturprobleme  62, 67 ff., 73, 294 ff., 349, 464, 486, 490, 500, 523, 533, 557, siehe auch Anreizprobleme Anbieter  223, 233 ff., 241, 281 f., 285 Andienungspflichten  365 f. Angemessenheitsprüfung 289 Anlageberatung  187 f., 190, 237, 242 ff., 262, 265, 267, 271, 278, 283, 287, 288, 292 Anlageberatungsvertrag  187 f. Anlagegrenzen siehe Zeichnungsgrenzen Anlagestrategie  274, 288 Anlagevermittlung  188 ff., 242 ff., 264, 265 ff., 271, 273, 278, 280 f., 287 Anreizmechanismen  69, 70 ff., 97, 127, 339, 343, 473 Anreizprobleme  62, 82, 302 ff. Anreizsteuerung  77 ff. Anreizstrukturen siehe Anreizmechanismen Anschlussfinanzierung siehe Folge­ finanzierungen Anstrengung  66, 79, 296, 313 f., 329, 335, 339, 363 Anteilsverwässerung siehe Verwässerung Anti-Opportunismus  527, 530 f.

Arbeitsleid  65, 300, 313, 316 Arbeitszeitvorgaben  370 f., 493 f. ArtistShare 106 Arm’s-Length-Grundsatz 316 asset stripping  324 f., 328 Ausfallrisiko  75, 89, 100, 123, 211, 467 Auskunftsrechte  340 ff., 436, 481 Auskunftsvertrag  188 ff., 191, 192 Außenfinanzierung  74 ff., 77, 99 Außenoptionen  368, 373, 506 Bad Leaver 363 Bankenfinanzierung  83, 456 Bankgeschäfte  182, 216, 256 ff. Befreiung für Schwarmfinanzierungen siehe Schwarmfinanzierungsausnahme Belohnungsmodell  92, 103 f. Beratungspflicht 286 Bereichsausnahme  236, 239 f., 251, 271 ff., 278 f., 280 f., 281 Berichterstattungspflichten  341, 425 siehe auch Reporting Besuchsrechte 342 Beteiligungsquote  77, 78, 110, 320, 355 ff., 358 ff., 393 ff., 402, 426, 430, 438, 442, 494 ff., 509, siehe auch Investmentquote Betriebsgeheimnis  201, 342, 368, 480 Betrugsrisiko 124 Bewertungskorrektur  353 f., 355 ff., 357, 497, 530 Bezugsrechte  207, 360 Bindung von Gründern / Key Persons 307, 362 ff., 368, 505 ff., 527 Bindungskosten 72 Botentätigkeit 266

* Verweise beziehen sich im Wesentlichen auf zentrale Passagen, in denen der entsprechende Begriff in der Sache verwendet wird, ausgenommen insbesondere einleitende Bemerkungen sowie die Zusammenfassungen der wesentlichen Ergebnisse am Ende eines jeden Abschnitts. Ausgenommen sind ferner Einleitung (§ 1), Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse (§ 11) sowie sämtliche Verzeichnisse.

Stichwortverzeichnis Business Angel  118, 121, 305 Businessplan  80, 110, 449 f. Carried interest  118, 187, 191, 284 charter competition  519 f. Coding  524 f. Crowd Voting  91, 390 f., 486, 489 Crowdcreation 91 Crowdfunding 92 Crowdfunding Revolution  1 f. Crowdinvesting – Abgrezung  102 ff. – Ablauf  108 ff. – Akteuere  112 ff. – Begriffsbestimmung  93 ff. – Chancen  118 ff. – Crowdinvesting-Markt siehe Crowd­ investing-Markt – Definition 102 – Entwicklung  105 ff. – Finanzierungsgegenstand  95 ff. – Fundingphase  110 ff. – Gegenleistung  98 f. – Grundlagen  90 ff. – Investment-Phase 112 – Kapitalnehmer  95 ff., 113 ff. – rechtlicher Rahmen  179 ff. – regulatorischer Rahmen  216 ff. – Risiken  123 ff. – Vorläufer  105 ff. Crowdinvesting-Markt  139 ff. – Anlagesumme, durchschnittliche  166 f. – Crowdinvesting-Plattformen  149 ff. – Erfolgsquote  143 ff., 153 ff. – Finanzierungsdauer  155, 163 f. – Finanzierungsquote  143 ff., 153 ff. – Finanzierungsvolumen  150 ff., 155 ff. – Fundinglimit  109, 110 ff., 141 f., 153, 158 f., 161, 163, 239, 378, 384 – Fundingschwelle  109 ff., 121, 143 f., 152 ff., 161 f., 184, 278, 284, 310, 376, 390 – Investorenanzahl  164 ff. – Kapitalnachfrage  141 ff., 158 ff. – Kapitalsuchende Unternehmen siehe Unternehmen, kapitalsuchende – Marktvolumen  140 f., 147 f. – Mindestinvestitionssumme  166 f.

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Crowdinvesting-Plattform  101 f., 117 f., 149 ff. – aufsichtsrechtliche Anforderungen ​ 255 ff. – Betrieb  255 ff. Crowdinvesting-Verträge  374 ff. Crowdinvestoren  115 f. Crowdlending  92, 104 Crowdsourcing  91 f. Crowdworking 92 Darlehensvermittler 279 Datengrundlage  374 ff., 523 dilution siehe Verwässerung Divergenz  548 ff. Dividendenvorzüge  337 f., 339 Dokumentationspflicht 286 donation model siehe Schenkungsmodell down round  306, 321 f., 358, siehe auch down round protection down round protection  359 ff., 394 ff., 494 ff., 530 Due Diligence  109, 499 ff. Durchsetzungskosten 62 Early Stage Gap  47, 85 ff., 113, 118 ff. Early Stage-Phase  80, 81 ff., 468 Eigenemission  235, 259, 282 Eigenkapital  73 f., 75 f., 77 ff., 83, 99 ff., 126, 203 ff., 210, 335 f., 340, 347, 392 ff., 457, 465 ff., 494 Eigennutzenmaximierung  57 f., 64, 67, 300 Eigennutzenorientierung siehe Eigennutzenmaximierung Eingriffsrechte 347 Einlagengeschäft  216 ff., 230, 258 Einsichtsrechte  342, 434 ff., 481 ff., 529, 545 Emissionsgeschäft  259 f., 263 Emissionsgrenze  238 ff., 462 Emissionshelfer 282 empire building  317 f. Entgeltvereinbarung  77, 79, 465 entrenching investments 318 Entscheidungskosten  61 f. Erlaubnispflichtigkeit  216 ff., 255 ff., 272 ff., 274 ff., 277 f., 278 ff. Erlaubnisvorbehalt  256, 346 f., 363 Evidenz, anekdotische  302 ff.

604

Stichwortverzeichnis

Ex ante-Informationsasymmetrie siehe ­Informationsasymmetrien Ex post-Informationsasymmetrie siehe ­Informationsasymmetrien Exit  84, 97, 127, 109, 284, 297 f., 305, 319, 326 ff., 337, 403 ff., 406 ff., 418 f., 438, 466 ff., 475 ff., 528, 531 f., 533, 535, 539 f., 547, 557 Exit-Beteiligung  109, 326 ff., 391, 397, 406 ff., 475 ff. Exit-Entscheidungen  275, 327, 438 Explorationspflicht 289 Facebook  84, 136, 308 Fehlgebrauch von Unternehmensressourcen  316 Festverzinsung  98, 398 ff., 465, 466 f. Finanzanlagenvermittler  243 f., 256, 278 ff., 286 ff. Finanzdienstleistungen  129, 255 ff., 260 ff., 271 ff. Finanzdienstleistungsinstitut  255 ff., 271 f., 280, 289 Finanzierungsdauer  155, 163 f. Finanzierungsdokumentation  111 f., 374 f. Finanzierungsform  118, 334 ff., 378 ff., 455 ff. Finanzierungsgegenstand  95 ff. Finanzierungsinfrastruktur  73, 102, 117 Finanzierungslücke siehe Early Stage Gap Finanzierungsstruktur  77 f., 378 ff., 387 ff., 420 Finanzierungssumme  95, 153, 295, 375, 386, 456, 512 Finanzierungsvolumen  150 ff., 155 ff. Finanzinstrumente  188, 245, 249, 259 ff., 273 Finanztransfergeschäft 277 FinTech-Aktionsplan  128 ff. First Stage-Phase  80 f. flash reports 341 Folgefinanzierung  86, 114, 305 ff., 312 ff., 321 ff., 358 ff., 377, 392 ff., 430, 494 ff., 497, 527, 528 ff., 544 free riding  122, 329, 363, 499 Freiheitsstatue  101, 105 Fremdemission  259, 282 Fremdkapital  73, 75 ff., 79 f., 82, 99 f., 203, 205, 209 f., 320, 335 ff., 352, 392, 466

funding gap siehe Early Stage Gap Fundingdauer siehe Finanzierungsdauer Fundinglimit  109, 110 ff., 141 f., 153, 158 f., 161, 163, 239, 378, 384 Fundingphase  110 ff. Fundingschwelle  109 ff., 121, 143 f., 152 ff., 161 f., 184, 278, 284, 310, 376, 390 Gambling for redemption  79, 320 Garantien  71, 259, 369 f., 375, 422, 449 f., 484, 498, 500, 501 ff., 527, 530, 547 Gatekeeper  117, 134, 561 Gegenleistung  49, 75, 92, 94, 98 ff., 102 ff., 105, 109, 133, 206, 209 f., 316, 377, 397, 408, 467, 477 Geheimhaltungspflicht  362, 368, 441, 443, 500, 506, 527, 531 Geldwäschegesetz 289 Genussrecht  193, 204 ff., 215, 218, 225, 227 ff., 237, 239, 260 f., 378 ff., 383 ff., 389, 401 f., 460 f. – Abgrenzung  205 f. – Ausgestaltungsmöglichkeiten  206 f. – Charakteristika  204 f. – Genussrechtsinhaber 207 – Insolvenz des Genussrechtsinhabers  208 – Übertragbarkeit 208 Geschäftsführervergütung  445 ff., 492 f., 527, 530, 547 Gewinnbeteiligung  78, 118, 194, 205, 235, 254, 275, 318, 325 f., 397 ff., 400 ff., 409, 423, 446, 465, 467 ff., 493, 524, 527, 546 Gewinnmitteilung  429 f., 481, 526, 529, 531 Gini siehe Smarchive GmbH  168, 183, 221, 246, 275, 360, 419, 458 f. Good Leaver 363 Governance  333 f., 463 f., 515, 566 Gründer  298, 302 ff., 309, 313 f., 362 ff., 443 ff., 505 f. Halteklauseln  362 ff., 368, 505, 527, 530 Handelsmaklervertrag  181 ff. Handelssystem  266, 267 ff. hidden action  66, 296, 505 hidden characteristics  65, 68, 295, 309 hidden information  67, 296 hidden intention  296, 323

Stichwortverzeichnis Hold-up  305, 323 f., 353 f., 488 f. Humankapital  82, 323 f., 329, 350, 368 Immobilienfinanzierungen  50, 96 f. Incomplete Contracts Approach siehe Ökonomische Vertragstheorie Indiegogo  104, 106, 303 Individualismus, methodologischer  57 ff., 64 f. Informationsasymmetrien  50 f., 62, 65 ff., 70, 73, 77, 82, 97, 125 ff., 295 ff., 304, 308 ff., 323, 338, 338 f., 340, 350 f., 357, 370, 486, 487 ff., 498 ff. Informationsdefizite siehe Informations­ asymmetrien Informationsdienstleister 282 Informationskosten  61, 66, 120 Informationsrechte  287, 340 f., 423 ff., 479 ff., 526 f., 538 f., 545 Inkubator  47, 86, 305 Innenfinanzierung  74 ff., 81 f., 392 Innovationsrate  553 ff. Insolvenz  49 f., 75, 77, 79 f., 82, 132, 150, 195, 203, 208, 211 f., 218 f., 303 f., 320, 329 f., 336, 341, 450, 446 Insolvenzverschleppung  329 f. Institution  56 ff., 61 Interessen – der Crowdinvestoren  297 f. – der Gründer  298 ff. Interessenkonflikt  50 ff., 62, 64 f., 67 ff., 72, 124 ff., 127, 246 f., 286, 288, 294, 297 ff., 301 f., 318 f., 464, 497 Intermediär  68, 101 f., 104, 106, 117, 186, 247, 282 f., 302 Internet-Dienstleistungsplattform 237, 242 f., 246, 250, 267, 283, 285 Investition, spezifische  323 ff., 350 Investitionsverhalten  317 ff., 336, 485, 492 Investment-Phase 112 Investmentquote  109, 306, 312, 321 f., 325, 375, 377, 391 ff., 400 ff., 405, 406 ff., 409, 419, 429 ff., 467 f., 471, 477, 481 f., 494 ff., 497, 526 f., 529 f. siehe auch Beteiligungsquote Investmentvermögen  228, 230, 246, 274 ff. Investor Relations-Kanal  180, 432, 480 f.

605

Investorenschutzindex  515 ff., 522 ff., 532 ff., 542 ff. Investorenversammlung  434, 481, 529 Jahresabschluss  109, 112, 202, 207, 252 ff., 341, 355, 376, 402 f., 427 f., 434, 467, 470, 481 f., 524, 526, 529, 533, 556 Kapitalallokation  48, 68, 118, 120 f. Kapitalerhöhung  377, 393 ff., 458, 495, 530 Kapitalnachfrage  141 ff., 158 ff. Kapitalverwaltungsgesellschaft 274 Key Persons  307, 329, 490, 505 ff. Kickstarter  104, 106 Klauselproduzent  51 f., 117, 126, 135, 515, 521 Klauselwettbewerb  515, 521 f., 523, 557 ff. Kleinanlegerschutzgesetz  93, 132, 179, 226, 228, 230 f., 237, 244, 261, 461 f. Kleinstemission  224, 236, 239 Klumpenrisiko 245 Kollektivhandlungsprobleme  118, 121 f. Kombinationsverbot 247 Kontrollgremium  345 f., 484 Kontrollrechte  199, 201, 205, 214, 342, 423, 434 ff., 464, 479 ff. Konvergenz  523, 548 ff. Kooperationsgewinn  64 f. Kreditgeschäft  104, 258 f. Kündigung  127, 198, 201 f., 206, 208, 211 f., 215, 251, 275, 326 f., 370, 403 ff., 412 ff., 417 f., 422, 432, 442, 445, 471 ff., 484 ff., 491 f., 502, 506 ff., 509, 528, 531, 547 La Porta, Lopez-de-Silanes, Shleifer und Vishny  515 ff. Later Stage-Phase  80, 138, 468 Laufzeit  109 ff., ,251, 326, 412 ff. Law and Finance-Forschung  515 ff. Leistungsanreiz  78, 336 f., 339, 351 f., 354, 357, 364, 368, 370, 488, 491 Life-Time-Gewinn- und Exit-Beteiligung ​ 405, 408 f., 476, 527, 531, 546 Liquidationspräferenzen  335, 338 f., 352, 446 living deads  84, 337, 339, 467 f., 510 Maklervertrag  181 ff., 185, 186 f.

606

Stichwortverzeichnis

many-to-one relationship 101 market for lemons  114, 125 f. Marketing  80, 102, 110, 114, 117, 180, 243, 457 Marktineffizienz  67, 88, 501 Marktplatzfunktion  117, 268 Marktversagen  67 ff., 311 Mehrheitsentscheidungen  275, 422, 436 ff., 485, 489 Mezzanine-Kapital  73 f., 76, 83, 99 ff., 210, 218, 392 Mindestinvestitionssumme  166 f. Mindestlaufzeit  212, 251, 326, 412 ff., 465, 468, 471, 473, 475 ff., 507, 531, 539, 547, 557 Mindestverzinsung  205, 339 Missbrauch von Unternehmensressourcen  303 ff., 314 ff., 325, 335, 337, 339, 485, 492, 509 Mitspracherechte  205, 321, 419 ff., 484 ff., 526, 528, 533 f., 536 ff., 544, 556 Mitteilungspflicht  429 f., 432 ff., 440, 481, 527, 529, 538 Mitwirkungsrechte  70, 84, 205, 213, 301, 343 ff., 376, 420, 437, 528, 544 money chasing deals  125, 522, 541 money of invention 83 moral hazard  51 f., 67, 69, 125 f., 135, 295, 355, 523 Multiplikator-Methode  472, 405, 407 f., 471 ff., 478 f. Nachrangdarlehen siehe partiarisches Nachrangdarlehen Nachrangklausel  210 f., 219, 258, 305, 377, 450 Nachschusspflicht  251 f., 409 f. Namensschuldverschreibungen  221, 228, 230, 261 Nebenpflichten  201, 441 ff. Nebentätigkeitsbeschränkungen  370, 447 f., 493 f., 527, 530 Negativauslese siehe adverse selection Nettowertschöpfung  334, 343, 371, 464, Neue Institutionenökonomik  56 ff. Öffentliches Angebot  219 ff., 222 f., 232 f. ökonomische Grundlagen  56 ff.

on the job consumption  300, 315, 331 Online-Beglaubigung 458 Online-Beurkundung 458 Opportunismus  51 f., 58, 65, 69 ff., 73, 77 ff., 82, 126 f., 295 f., 300 f., 302 ff., 308 ff., 323, 325 ff., 334, 342 ff., 351 f., 353, 469 ff., 473, 476, 477 ff., 480, 482, 485 f., 488, 490 f., 494, 523, 526 f., 530 f., 533 ff., 538 f., 546 f., 548 f., 552, 555 ff. Opportunismusrisiken  300 f., 308 ff. Organismus für gemeinsame Anlagen  274 ff. overconfidence  310 ff. overinvestment  317 f., 331, 565 overoptimism  310 ff. Partiarische Darlehen siehe partiarisches Nachrangdarlehen Partiarisches Nachrangdarlehen  132 f., 183, 185, 193, 205 f., 208 ff., 225, 229 ff., 237, 239, 261, 275 f., 279, 335, 374, 378 ff., 389, 393, 399, 402, 409, 420, 434 f., 438 f., 440 f., 457 ff., 461 f., 495, 540, 544 – Abgrenzung  211 ff. – Charakteristika  208 ff. Peer-to-business-lending 104 Peer-to-peer-lending  92, 104 perks siehe perquisite consumption perquisite consumption  315 f., Phasenfinanzierung siehe Stufenfinanzierung Platzierungsabrede 263 Platzierungsgeschäft  262 ff. Platzierungsrisiko  259, 263 Plausibilitätsprüfung  109, 190 ff., 207, 308, 312, 500 Pooling- und Carry-Vereinbarung  375, 438 f., 440 f. Pränumerationsmodell 105 pre-purchase model siehe Subskriptionsmodell Prinzipal-Agenten-Theorie  59, 62 ff., 294 ff., 308, 464 Privatplatzierung  222 ff. Projektfinanzierungen  50, 97 proof of concept 80 Property Rights-Theorie  59 f. Prospektpflicht  131 ff., 219 ff., 248, 461 f.

Stichwortverzeichnis Protonet  49 f., 155, 157, 163, 305 ff., 321 f., 399, 492, 496 Provision  111, 117 f., 124, 180, 185, 187, 191, 283 f., 287, 390 Prüfungspflicht  243 ff., 252 ff. Quantiative Analyse  515 ff. quantitative Rechtstatsachenforschung  417 Quartalsreporting  376, 423 ff., 481 f., 526, 528 f., 533, 545 Race to the bottom  52, 135, 520, 522, 542, 559 race to the top  520, 522, 558 Rangrücktritt siehe Nachrangklausel Ratchet  356, 361 Ratenzahlung  411 f., 466, 473 Rationalität  57 ff., 64, 73, 77, 122, 324, 480 Rechnungslegungspflicht  214, 252 ff. Recht als Produkt  518 ff. reduced effort  313 f., 335, 371 Regelungsprobleme  302 ff., 472 Regulatorischer Rahmen des Crowd­ investing  216 ff. Regulierungsbestrebungen  127 ff. Regulierungswettbewerb  518 ff. Related Party Transactions 316 Reportingpflichten  340 ff., 423 ff., 483, 487, 490, 529 representations and warranties siehe ­Garantien Residualverlust  69, 72 Residualvermögen  75, 78, 100, 336 Residuum siehe Residualvermögen reward model siehe Belohnungsmodell rights of first refusal siehe Vorerwerbsrechte Risiko, moralisches siehe moral hazard Risikoallokation  77, 465 Risikoanreiz  79, 336, 354, 368 Risikotransformation  89, 465, 508 risk shifting  320, 485, 492 Rückzahlungsanspruch  75, 100, 204, 207 f., 211, 216 ff., 258, 276, 320, 410 ff., 465 f., 472, 485 Rückzahlungsmodalitäten  410 ff. Satzungsänderungen 347 Schenkungsmodell  92, 103, 107, 133

607

Schutzniveau  286, 462, 515, 518, 522 f., 525, 536 ff. Schwarmfinanzierungsausnahme  132 f., 179, 237 ff., 251, 254, 463 Screening  70 f., 501 Second Stage-Phase  80 f. Seed-Phase  80 f., 86, 147 f. Selbsterklärung  375, 449, 501 ff. self-selection 71 Shareholder Rights Index  515 ff. shirking  313, 331, 565 Sicherheiten  75, 80, 82, 97, 213 signaling  70 f., 114, 338 f., 490, 501 single issuer limit 245 Skully  303 f., 316 Smarchive  305, 324 Staging siehe Stufenfinanzierung Startnext  107, 149 Start-up-Phase  47, 80, 89, 240 Start-up-Finanzierung, Rahmenbedin­ gungen der  73 ff. statistische Kenngrößen  533 stille Beteiligungen siehe Stille Gesellschaft Stille Gesellschaft  84, 193 ff., 205, 211 ff., 218, 221, 225, 2272, 229, 237, 260 f., 270, 275 ff., 305, 335, 374, 378 ff., 389, 393, 395, 401 f., 407, 409 f., 420 ff., 432, 434, 437, 438, 446 ff., 457, 460 ff., 540, 544 – atypische  198 f. – Beendigung 202 – Charakteristika  194 ff. – Inhaber des Handelsgeschäfts  200 f. – Insolvenz des Geschäftsinhabers  203 – Interessenpooling 198 – mehrgliedrige 197 – Stiller Gesellschafter  201 f., 203 – Übertragbarkeit  202 f. – Vorraussetzungen  194 ff. – zweigliedrige 196 Stimmenpooling  436 ff. Stimmrechte  207, 344 f., 358, 360, 419, 438, 481, 484, 494, 496, 528, 533 Strukturentscheidungen  347, 372 Stufenfinanzierung  347 ff., 390 f., 486 ff., 527, 530 Subskriptionsmodell  92, 103 f., 105 Suchkosten  101, 117, 120

608

Stichwortverzeichnis

Teilindizes  526 ff. Theorie der unvollständigen Verträge  62, 73 Third Stage-Phase  80 f. Transaktionskosten  60, 61 f., 73, 106, 120, 123, 183, 343, 456 ff., 460, 464, 489, 501 Transaktionskostenökonomik  61 f. Treuhandvermögen  227 f., 230, 261 trilateral bargaining  321 f., 328, 477 two-sided market  135, 521, 567 Überinvestitionsproblem siehe over­ investment Übernahmeerklärung 458 Übernahmeverpflichtung  262 f. Übertragbarkeit  138, 202, 208, 221, 364 ff., 439  ff., 459 f., 507 f., 528, 531 f. Übertragungsbeschränkungen  364 ff. Überwachungskosten  62, 72, 75, 79, 336, 464 Überwachungsrechte 340 underinvestment 317 Unsicherheit  67, 69 f., 82, 97, 127, 229, 231, 242, 294 ff., 308, 323, 462, 488, 491 f., 497 Unterbeteiligung  214 f., 389, 393, 395, 401, 409, 423, 438 f., Unterinvestitionsproblem siehe under­ investment Unternehmen, kapitalsuchende  167 ff. – Alter 169 – aufsichtsrechtliche Anforderungen ​ 216 ff. – Branchenzugehörigkeit  169 ff. – Rechtsform 168 – Stammkapital 168 – Unternehmenswert  173 ff. Unternehmensbewertung  82, 109, 110, 121, 125, 173 ff., 296, 306 f., 307 ff., 312 f., 321 f., 337, 353 f., 355 ff., 391 f., 394 f., 405, 407, 471 f., 473 ff., 478, 497 Unternehmensentwicklung, Phasen der ​ 80 ff. Unternehmensstrategie  318 ff. Unternehmenswertbeteiligung  318, 326, 397 ff., 403 ff., 471 ff., 474, 476, 482, 493 Unyte Yoga  307 f., 312, 486, 490 Urteilsverzerrungen  310, 313

Variablen  524 ff., 528 ff. Venture Capital  47 f., 73 ff., 80 ff., 83 ff., 118, 123 f., 136 ff., 295 f., 301 f., 323, 333 ff. Venture Capital Markt  136 ff., 147 f. Verfügungsrechte  59 f., 300, 353 Verfügungsverbote  363 f. Vergleichswertmethode  472, 474 Verhaltensanomalien 310 Verhaltensökonomik 310 Verhandlungskosten 366 Verhandlungsmacht 323 Verkaufsprospekt  216 ff., 220 ff., 223 ff., 235 f., 248 Verlustbeteiligung  201 f., 207, 227, 276 f., 409 f. Verlustrisiko  110, 350, 427, 486 f., 490 Vermögensanlage  126, 132 f., 143, 187 f., 216, 225 ff., 237, 261, 264, 267, 269, 271 ff., 281 ff., 376, 390, 403, 415, 462 f. Vermögensanlagen-Informationsblatt ​ 248 ff., 288 Vermögensrechte  201, 214, 312, 312 f., 325 ff., 334 ff., 397 ff., 465 ff., 477 f., 482, 485 f., 492 Vermögensverschiebungen 315 Vertragsänderungen  438 f., 531 Vertragsstrafe  368, 504 Vertragstheorie, ökonomische  73 Verwässerung  127, 306, 321 f., 354, 358 ff., 370, 392 ff., 430 ff., 481 f., 494 ff., 526 f., 528 ff. Verwässerungsmitteilung  430 ff., 481 f., 529, 533, 556 Verwässerungsschutz  359 ff., 394 ff., 278, 307, 308 Verwendungsrisiko  75, 100, 466, 491 Vesting  362 ff., 530 VIB siehe Vermögensanlagen-Informations­ blatt Vibewrite  49 f., 304 f., 310 Vinkulierung  183, 364 f., 506 f., 530 Voraussicht, unvollkommene  62, 73 Vorerwerbsrechte  365 f. Vorkaufsrechte  365 f. Wachstumsrate  49, 97, 140, 318 Warnhinweis  249 f., 288 Weisheit der Vielen  48, 118, 120 f.

Stichwortverzeichnis Werbebeschränkungen 252 Werbung  121, 142, 189, 232, 252, 285, 288 Wertermittlung  355 f., 472 Wertpapier  131, 133, 182, 216, 219 ff., 221 ff., 233 ff., 243, 259 f., 269, 283, 460, 463 Wertpapierdienstleistung  272 ff., Wertpapierdienstleistungsunternehmen  243 f., 281 Wertpapierinstitut  255 f., 272 ff., 281 Wertpapierprospekt siehe Verkaufsprospekt Wettbewerb der Crowdinvesting-Platt­ formen  52, 134 f., 462 f., 515, 518 ff., 541 f., 551 ff., 555 ff. Wettbewerbsverbote  201, 362, 367 ff., 417, 441 ff., 448 ff., 506 f., 509, 527, 530, 547 Widerrufsrecht  250, 376 window dressing  354, 357, 368, 469, 472, 477 f., 491 wisdom of the crowd siehe Weisheit der Vielen

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Wohlfahrtseinbuße  60, 67, 69, 72, 343, 368, 520 Wohlverhaltenspflicht  281, 286 Y Combinator  86, 305 ff., 322 Zahlungsdienstleister  111, 113, 258, 271 f., 277 f., 376, 390 Zahlungsinstitut  255 f., 277 f., 289 Zeichnungsgrenzen  237, 243 ff., 289 Zusicherungen siehe Garantien Zustimmungserfordernisse siehe Zustimmungsvorbehalte Zustimmungsvorbehalte  344, 346 f., 420, 422, 439 ff., 484 ff., 493, 508, 526, 528, 532, 544 Zweckbindung  444 f., 491 f., 530, Zwei-Elemente-Lehre  234 f. zweiseitiger Markt siehe two-sided market