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German Pages 252 [300] Year 1914
FÜHRER DURCH DIE KÖNIGLICHEN MUSEEN ZU BERLIN MUSEUM FÜR VÖLKERKUNDE
DIE ETHNOLOGISCHEN ABTEILUNGEN HERAUSGEGEBEN IM AUFTRAGE DES GENERALDIREKTORS
SECHZEHNTE AUFLAGE PREIS 50 PFENNIG
BERLIN 1914 VERLAG G E O R G REIMER
INHALTSVERZEICHNIS. Seite
Einleitung Allgemeines Lichthof
5 6 12
Erdgeschoß: Ostturlristan, Saal V
44
I. Stockwerk: a) Afrika
45
b) Ozeanien
72
c) Nordamerika
91
d) Mittelamerika
108
e) Südamerika
140
II. Stockwerk: a) Indische Sammlungen
172
b) Ostasien
212
III. Stockwerk: a) China, Fortsetzung
246
b) Mittelamerika, Fortsetzung
248
c) Südamerika, Fortsetzung
251
d) Indische Archäologie
251
c) Anthropologische Sammlungen
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Das Museum für Völkerkunde, nach den Plänen des Geh. Reg.-Rates Ende in den Jahren 1880—1886 erbaut, wurde am 18. Dezember 1886 feierlich eröffnet. In dem Neubau fanden Aufnahme die alte ethnologische Abteilung und die alte prähistorische, welche bis 1885 sich im Erdgeschoß des sogenannten „Neuen Museums" befunden hatten. Die e t h n o l o g i s c h e A b t e i l u n g hat die Bestimmung, den Kulturbesitz derjenigen Völker, welche in den Rahmen der um die alte Mittelmeerkultur bewegten Weltgeschichte nicht inbegriffen sind, durch Proben ihres Kultus-, Haus-, Kriegs-, Jagd-, Fischerei-, Ackerbau- und Handwerksgerätes, ihrer Kleidung, ihres Schmuckes usw., sowie durch alle anderen Arten von Denkmälern aus alter und neuer Zeit in seiner besonderen Entwicklung und seinen Zusammenhängen zu veranschaulichen. An erster Stelle gehören hierzu die Erzeugnisse der sogenannten N a t u r v ö l k e r , dann die selbständig entwickelten Kulturen I n d i e n s und seiner Nebenländer, die o s t asiatischen und die altamerikanischen Kulturen; aus Europa diejenigen Gegenstände des heutigen Lebens, die sich als „Überlebsel" aus früheren Perioden bis jetzt noch erhalten, oder die in der allmählichen Entwicklung ihrer Formen ein eigenartiges, für das bezügliche Volk charakteristisches Gepräge angenommen haben. Die v o r - und f r ü h g e s c h i c h t l i c h e n Sammlungen (vergl. den Führer durch die vorgeschichtliche Abteilung) umfassen Denkmäler und Überreste der europäischen Stämme von ihrem ersten Auftreten an bis zu ihrer Bekehrung zum Christentum und ihrem Eintritt in die völlig geschichtliche Zeit. Mit ihnen verbunden sind die Schliemannschen Funde aus der Troas, vom griechi-
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Allgemeines.
sehen Festlande und den ägäischen Inseln, sowie Funde Alfred Körtes aus Phrygien und Schliemannsche Erwerbungen aus Ägypten, schließlich die Sammlung Rudolf Virchow. Im Erdgeschoß sind die v o r g e s c h i c h t l i c h e n Altertümer und die S c h l i e m a n n - S a m m 1 u n g sowie im Saal V die Ergebnisse der T u r f a n e x p e d i t i o n e n , soweit sie zugänglich gemacht werden konnten, im ersten Stockwerk die Sammlungen aus A f r i k a , O z e a n i e n und A m e r i k a , im zweiten Stockwerk die Sammlungen aus I n d i e n , I n d o c h i n a , Indonesien, Tibet, China, J a p a n , Korea, R y ü k y ü - I n s e l n , im dritten Stockwerk: Fortsetzung der i n d i s c h e n , c h i n e s i s c h e n , afrikanis c h e n , o z e a n i s c h e n und a m e r i k a n i s c h e n Sammlungen. Die Anfänge der ethnologischen Sammlungen gehen in verhältnismäßig frühe Zeit zurück. Sie bildeten einen Teil der im Laufe des 17. Jahrhunderts entstandenen wissenschaftlichen und kunstästhetischen Sammlungen, welche lange gemeinsam den Namen „Kunstkammer" führten. Die kolonialen Unternehmungen des Großen Kurfürsten hatten die Anknüpfung geboten. Eine geregelte Beachtung und Pflege konnten sie aber erst finden, als die ursprünglich mit ihr vereinigten Sammlungen welche der alten Mittelmeerkultur galten, einzelnen Wissenszweigen zugefallen waren und so die Ziele und Aufgaben der jetzt ethnologisch genannten Forschung mit größerer Klarheit erkannt und festgestellt werden konnten. Als erst die antike Archäologie mit ihren Zweigdisziplinen, die mittelalterliche und moderne Kunstgeschichte sich entwickelt hatten, als die Entzifferung der Hieroglyphen und der Keilschrift der alten Geschichte Vorderasiens eine Basis gegeben hatte, wodurch diese Wissenschaft erst lebensfähig geworden war, da erübrigte es nur noch, die Behandlung der asiatischen und amerikanischen Kulturen sowie die Eigenartigkeiten der sege-
Allgemeines.
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nannten Naturvölker wissenschaftlich zu gliedern und durch Sammlungen zu stützen. D a diese Arbeit erst seit etwa einem Menschenalter mit bewußter Methode angefaßt wurde, so bedarf es zur Herstellung einer den vorliegenden Zielen entsprechenden Sammlung außergewöhnlicher Anstrengungen, und in Anbetracht der Versäumnisse, die es nachzuholen gilt, ist das lebhafte Interesse und die mannigfache Unterstützung, welche den Sammlungen zug u t e kommen, um so wärmer zu begrüßen. Vor allem h a t es dem Museum an reichster Förderung durch die Gnade Sr. Majestät des hochseligen Kaisers und Königs Wilhelm I. und durch andere Mitglieder des Königlichen Hauses, insbesondere I. I. K. K . H. H. die Prinzen Karl und Friedrich Karl nicht gefehlt: eine der wichtigsten Erweiterungen ward ihr durch die indische Sammlung Sr. Königlichen Hoheit des Prinzen Waldemar zuteil. Der durch den erlauchten Protektor der Königlichen Museen, Se. Majestät den hochseligen Kaiser Friedrich III., über die Ethnologie und deren Sammlungen gebreitete Schutz waltet fort in ihrem Gedeihen, und ebenso sind Seiner Majestät dem Kaiser Wilhelm II. vielfache huldvolle Zuwendungen zu danken. Wiederholte Förderung fand die Sammlung durch die Kaiserliche Admiralität, welche jedem wissenschaftlichen Ansuchen stets geneigtes Gehör geliehen hat. Zahlreiche Bereicherungen des ethnologischen Materials sind der unter Leitung der Königlichen Akademie der Wissenschaften stehenden Humboldt-Stiftung, der Afrikanischen Gesellschaft und ihren regelmäßig ausgerüsteten Expeditionen sowie auch der Ritter-Stiftung zu verdanken. Eine wirksame Förderung wurde mit Begründung des Ethnologischen Hilfskomitees') gewährt, indem die aus ' ) Dasselbe bestand bei der Begründung aus den folgenden Mitgliedern: Isidor Richter, Emil Hecker, Geheimer Kommerzienrat von Bleichröder, B a p t i s t Dotti, Kommerzienrat Franke, K o m m e r zienrat Goldberger, Wilhelm Maurer, V. Weisbach, A. v. L e Coq, sämtlich in Berlin, und außerdem Konsul Reiß in Mannheim. Der gegenwärtige Vorsitzende ist Herr Geheimer Kommerzienrat H, F r e n k e 1,
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Allgemeines.
dessen Mitteln ausgerüsteten Reisenden mit speziellen Instruktionen des Museums entsandt werden konnten. Die großartige B ä s s 1 e r Stiftung ermöglicht die Aussendung zahlreicher Expeditionen und hat dem Museum ein neues Publikationsorgan, das Bässler-Archiv geschaffen. Zu ganz besonderem Danke ist das Königliche Museum auch dem Reichs-Kolonialamt und den Herren Gouverneuren sowie vielen Beamten und Offizieren in den Schutzgebieten verpflichtet, durch deren unermüdliches Zusammenwirken es möglich geworden ist, die Sammlungen aus Afrika und Ozeanien auf eine Höhe zu bringen und auf ihr zu erhalten, die in keinem anderen Museum übertroffen oder auch nur erreicht wird. Auch sonst hat die ethnologische Abteilung seit ihrem selbständigen Bestehen sich stets der tatkräftigsten Unterstützung einer großen Zahl von Gönnern zu erfreuen gehabt; allen, welche die Sammlungen durch Zuwendungen irgend welcher Art gefördert haben, sei hier der schuldige Dank ausgesprochen. Da die Namen aller Schenker regelmäßig in den „Amtlichen Berichten aus den Königlichen Kunstsammlungen" zum Druck gelangen, so kann hier eine Nennung der Namen unterlassen werden, um so eher, als die Listen, welche gerade in den letzten Jahren ungewöhnlich sich vergrößerten, hier mehrere Seiten füllen würden. Wenn also der Raummangel zwingt, hiervon abzusehen, so kann, wie erwähnt, für die Geschichte der Sammlung überhaupt, wie für ihre Vermehrung durch Geschenke auf die genannten Berichte verwiesen werden; es muß aber auch hervorgehoben werden, daß die Etiketten der Sammlungen überall die Namen der Geschenkgeber aufführen. Die ethnologische Abteilung besteht aus folgenden Gruppen. 1. Europa, umfangreiche Sammlungen aus Lappland, Island, dem europäischen Rußland: Tscheremissen, Syrjänen, Wotjaken etc. Aus Raummangel nicht aufgestellt. 2. Asien: Kleinasien, Syrien, Arabien (aus Raummangel nicht aufgestellt); Persien (nicht aufgestellt),
Allgemeines
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Turkistän (von diesen Sammlungen ist jetzt ein Teil im ersten Saale der ind. Abteilung (2. Stockw.) aufgestellt. Indische Kulturländer: im 2. und 3. Stockwerk. Ostasiatische Kulturländer: im 2. und 3. Stockwerk aufgestellt. Ebenfalls nicht zugänglich sind z. Z. die Sammlungen aus Westasien (außer den erwähnten Ausnahmen) und Nord asien, welchc aus Raummangel eingepackt werden mußten. 3. Afrika, die Sammlungen sind, soweit der vorhandene R a u m gestattet, im 1. Stockwerk aufgestellt. Die Sammlungen aus Marokko und Senegambien und einige neu erworbene Serien aus verschiedenen Teilen von Afrika sind vorläufig in Saal V I I des 3. Stockwerkes untergebracht. Große und wichtige Teile der Sammlung sind zurzeit aus Raummangel ganz weggepackt und können erst nach Vollendung der jetzt geplanten Neubauten wieder aufgestellt werden. 4. Amerika, die Sammlungen — sowohl die Altertümer, wie die Ethnologica der modernen Völker — sind im 1. und 3. Stockwerk aufgestellt. Außerdem Skulpturen im Lichthof. Große Teile der Sammlungen mußten aus Raummangel vorläufig im Magazinschuppen in Dahlem untergebracht werden. Infolge des bedeutenden Zuwachses der Abteilung mußten Teile der beiden Hauptsäle des I. Stockwerkes sowie der Saal V I I I dem Publikum verschlossen werden. 5. Ozeanien, die Sammlungen sind, soweit der vorhandene Raum gestattet, im I. Stockwerk aufgestellt, nur die Sammlungen von den Matty-Inseln, von St. Matthias, sowie Teile der Sammlungen v o m Bismarck-Archipel, Neu-Guinea und von den Salomonen sind vorläufig im Saal V I I des 3. Stockwerkes untergebracht, ebenso eine Reihe von Bootmodellen. Große Serien sind aus Mangel an Raum ganz weggepackt und bis auf weiteres unzugänglich. Wissenschaftliches Material über d i e S a m m l u n g e n findet sich u. a. in den 1. Originalmitteilungen aus dem Königl. Museum für Völkerkunde, 4 Hefte 1885/1886 (nicht mehr erschienen );
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Allgemeines.
2. Veröffentlichungen aus dem. Königl. Museum für Völkerkunde, Bd. I—VII und XII; 3. in der mit amtlicher Unterstützung herausgegebenen „Zeitschrift für Ethnologie"; 4. in dem „Ethnologischen Notizblatt", Bd. I (Hefti—3, 1894—6), Bd. II (Hefti—3, 1899—1901), Bd. III (Heft I—3, 1901—4 (nicht mehr erschienen);) 5. in der Festschrift für A. Bastian. Berlin, Reimer l8g6; 6. in den ,,Beiträgen zur Völkerkunde er deutschen Schutzgebiete, herausgegeben mit Unterstützung des Kgl. Museums für Völkerkunde von Dr. v. Luschan." Berlin, Reimer 1897; 7. im „Internationalen Archiv für Ethnographie", Leiden 1888 flg.; 8. im Handbuch: „BuddhistischeKunst in Indien v. Grünwedel", 2. Aufl. 1900; englische, erweiterte Ausgabe von Burgess, London 1901; 9. in den „Sitzungsberichten und Abhandlungen der Kgl. Preußischen Akademie der Wissenschaften" 1904, 1905, 1907 f f . (die Turfanfunde betreffend); 10. im „Bericht über archäologische Arbeiten in Idikutschari und Umgebung" v. A. Grünwedel, in den Abhandlgg. der Kgl. Bayrischen Akademie der Wissenschaften I. Kl. XXIV. Bd. 1906; 11. in „Chotscho, Faksimilewiedergaben der wichtigeren Funde der ersten Kgl. Preuß. Expedition nach Turfan in Ost-Turkistan (Ergebnisse der Kgl. Preuß. Turfan-Expeditionen) v. A. v. Le Coq. Berlin 1912; 12. in „ Altbuddhistische Kultstätten in Chinesisch Turkistan" v. A. Grünwedel. Berlin 1912 (Kgl. Preuß. Turfan-Expeditionen ); 13. in den „Comptes rendus der Internationalen Amerikanisten-Kongresse." VII. Sitzung (Berlin 1888) bis XVIII. Sitzung (London 1912); 14. in den Veröffentlichungen Hermann Strebeis (AltMexiko, 2 Bde. Hamburg und Leipzig 1885, 1889; Über Tierornamente auf Tongefäßen aus Alt-Mexiko. Berlin 1899; Über Ornamente auf Tongefäßen aus Alt-Mexiko. Hamburg und Leipzig 1904).
Allgemeines.
15. Reiss und Stübel. Das Totenfeld von Ancon in Peru. Berlin 1880—1887. 16. Bässler. Altperuanische Kunst. Berlin 1904. iy. Amerikas Nordwestküste. Berlin 1883. 18. Bässler-Archiv, Beiträge zur Völkerkunde herausgegeben aus Mitteln des Baessler-Instituts, redigiert von P. Ehrenreich. Band I—IV, IQII—1913, Berlin, B. G. Teubner.
LICHTHOF. Im Lichthof sind monumentale S t ü c k e o s t - und s ü d a s i a t i s c h e r und a l t a m e r i k a n i s c h e r K u l t u r aufgestellt, ferner einige Gegenstände v o n besonderer Größe aus den S a m m l u n g e n d e r N a t u r Stämme. Gleich am E i n g a n g : die kolossale, vergoldete, j a p a n i s c h e H o l z s t a t u e des Amida Butsu
( = Sanskrit A m i t a b h a B u d d h a = der B u d d h a unermeßlichen Glanzes. Vgl. über diese Gottheit u. a. Veröffentlichungen aus dem K g l . Museum f. V ö l k e r k u n d e B d . I Seite 60 Nr. 59). E s fehlen: der L o t o s - S i t z (japanisch: renza, Sanskrit: padmäsana) und der Heiligenschein (japanisch: gokwo, Sanskrit: b h ä m a p d a l a ) . Links d a v o n : Eine große, im Jahre 1802 gegossene, chinesische G l o c k e aus einem buddhistischen Tempel. A u f der linken Seite im R u n d g a n g des Lichthofes: Drei v o n den Russen B a b a - J a g a oder J a g a Anmerkung. Bei der gegenwärtigen Raumbedrängnis in mehreren Abteilungen des Königlichen Museums ist ein Aufstellen neu erworbener Sammlungen nur ausführbar, wenn ältere Sammlungen ganz oder teilweise entfernt oder weggepackt werden. Unter diesen Umständen ist es nicht zu vermeiden, daß einzelne Hinweise auf Schranknummern schon während der Drucklegung des Führers und jedenfalls bis zur Fertigstellung der nächsten Auflage unrichtig oder ungenau werden. Dem gegenüber sei hier darauf hingewiesen, daß dieser Führer auch eine große Summe allgemeiner Angaben von bleibendem wissenschaftlichem Wert enthält und daher auch ganz ohne jeden Hinweis auf einzelne Schränke brauchbar sein würde.
Lichthof.
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G i b a ( = Hexen) genannte große S t e i n f i g u r e n aus der Provinz Charkow, Kreis Isjum, Rußland. 1 desgl. aus Sibirien, an dem Ufer des Jessater, Altai, unweit der chinesischen Grenze gefunden. I n d i s c h e S k u l p t u r e n und
Abgüsse.
Vor der Mitte der Rückwand erhebt sich der mehr als 10 m h o h e G i p s a b g u ß d e s östlichen Tores des großen Stüpa von Säntschi. D o r t (am linken Ufer des Betwaflusses, südwestlich von Bhilsä, in der Nordostecke des Fürstentums Bhüpäl, Zentral-Indien) sind elf große und kleine „ S t ü p a s " (engl. Tope) erhalten: kuppeiförmige, mit einer Art Terrasse bekrönte Dome aus Ziegelbau auf einer darunter vortretenden Basis, welche die Reliquienurnen buddhistischer Heiligen enthalten. Den größten Stüpa umgibt ein massiver Steinzaun. (Vgl. das verkleinerte Gipsmodell des Stüpa im Schau tische vor dem Tore.) Auf jeder Seite öffnet sich in der Mitte des Steinzaunes ein Torweg, vor dem je ein reich skulptierter Torbogen aus feingekörntem Sandstein aufgeführt ist. Diese vier Tore, welche Holzarchitektur nachahmen, sind nicht gleichzeitig erbaut. Das älteste ist das südliche Tor, welches um 140 v. Chr. errichtet wurde, die drei anderen bald danach, sicher alle vor 100 v. Chr. Sie geben im großen und ganzen noch den Stil der Zeit wieder, welcher an den Bauten des buddhistischen Großkönigs Aäoka (um die Mitte des 3. Jahrhunderts v. Chr.) der herrschende war. Die Tore bestehen aus zwei massiven vierseitigen Pfeilern mit reichem Schmuck in Flachrelief und Kapitalen in Hochrelief; am östlichen Tore: Elefantenreiter. Über diesen Kapitalen erheben sich zwei Stützbalken, welche durch drei in Voluten auslaufende Querbalken (Architrave) geschnitten werden; die Stellen, wo die Querbalken die Pfeiler schneiden, sind mit vortretenden Reliefplatten verkleidet, welche in ihren Darstellungen: Reitergruppen (mythische und wirkliche Fremdvölker), eine dreimalige kleine Wiederholung der großen Elefantenkapitäle des Unterbaues
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Lichthof.
bilden. Drei sehr schmale, aber sehr tiefe Pfeilerchen helfen außerdem die Architrave in der Mitte tragen; ihre Flachreliefs sind nur dekorativ; sie stellen Löwensäulen, Säulen mit dem heiligen Rade, dem Symbol der buddhistischen Religion usw. dar. Die Zwischenräume zwischen den mit Voluten gezierten Enden der drei großen Querbalken trugen je eine Statue einer Fee (Jakschini) unter einem Baume und einen Elefantenreiter. In den Zwischenräumen der sechs kleinen Stützpfeilerchen waren wahrscheinlich kleine Reiterstatuetten. Über den Pfeilern waren religiöse Symbole, zusammengesetzt aus dem Rade und dem Dreizack (einer ist noch erhalten, der andere ist ergänzt), während in der Mitte des obersten Architravs ein großes Rad (Symbol des Buddhismus) stand; die Zwischenräume waren mit kleinen Statuen besetzt, wie sie auf dem nördlichen Tore noch erhalten sind. Rechter Pfeiler, Vorderseite: Terrassenpalast der Götter, welche die Geburt eines Buddha erwarten; Innenseite: Götter und Menschen verehren den Bodhibaum zu Gayä, unter welchem Buddha die Erkenntnis erlangt, darunter: der Traum der Mäyä, der Mutter Buddhas. Ferner: Ausfahrt des Königs Suddhodana, um mit seinem Sohne, der Buddha geworden ist, zusammenzutreffen. Unten: in großer Figur eine Lokalgottheit (Gandharva). Linker Pfeiler, Vorderseite: Asokas Kapelle um den Bodhibaum, darunter das Wasserwunder von Uruvilvä. Auszug eines Königs, feierlicher Besuch des Königs Bimbisära beim Bodhibaum zu Buddhagayä. Rückseite: Elefanten verehren den Stüpa Buddhas. Innenseite oben: Darstellung einer Einsiedelei, vielleicht das Opfer der Sudschätä. Darunter: das Feuerwunder von Uruvilvä. Unten: Lokalgottheit (Gandharva). Die Darstellungen der Architrave: der erste (untere): Besuch eines Königs (Aäoka) bei der Kapelle um den Bodhibaum zu Buddhagayä. Der zweite (mittlere): der Bodhisattva verläßt sein Haus auf dem Pferde Kanthaka. Rückseite symbolische Darstellung vom Aufenthalt Buddhas in der Einsamkeit: Thron von Tieren umgeben. Oberster: Vorderseite: die Stüpas der früheren Buddhas, Rückseite: ihre heiligen Bäume Bignonia suaveolens des
Lichthof.
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B u d d h a V i p a s y i , Mangifera des Öikhi, S h o r e a r o b u s t a d e s V i s v a b h ü , A c a c i a sirissa des K r a k u t s c h h a n d a , F i c u s g l o m e r a t a des K a n a k a m u n i , F. i n d i c a des K ä i y a p a u n d F . religiosa des G a u t a m a . Ausführlicheres bei A. F o u c h e r , L a p o r t e Orientale du S t ü p a de Sänchi, P a r i s 1910. H i n t e r d e m T o r e : moderne siamesische N a c h b i l d u n g der S t a t u e e i n e s a l t s i a m e s i s c h e n K ö n i g s , B e k ä m p f e r s des B u d d h i s m u s ; S t ü c k e des O r i g i n a l s ( B ü s t e und H ä n d e ) sind g e f u n d e n auf d e m R u i n e n f e l d v o n K ä m p h e n g p h e t , einer alten H a u p t s t a d t S i a m s . D e r K ö n i g ist als G o t t S ' i v a dargestellt. (Auf V e r a n l a s s u n g des K ö n i g s C h u l a l o n g k o r n v o n S i a m f ü r das M u s e u m angefertigt.) I m G l a s k a s t e n hinter der H o l z s t a t u e des A m i d a B u t s u : V o l l s t ä n d i g g e s c h m ü c k t e D a m a s z e n e r i n in häuslicher U m r a h m u n g .
AMERIKANISCHE SAMMLUNG. Nordamerika. Z w e i H a u s w a p p e n p f ä h l e aus K A N A D A , die bis z u m ersten S t o c k w e r k h i n a u f r a g e n . In den geschnitzten und b e m a l t e n Tierfiguren sind die B e z i e h u n g e n der A h n e n des Geschlechts zu gewissen m y t h i s c h e n T i e r e n gegeben. D e r P f a h l links s t a m m t v o n den H a i d a , den B e w o h n e r n der K ö n i g i n - C h a r l o t t e - I n s e l n , d e r j e n i g e r e c h t s v o n den ihnen g e g e n ü b e r a n der n o r d w e s t a m e r i k a n i s c h e n K ü s t e selbst s e ß h a f t e n T s e m s c h i a n - Indianern. Mittelamerika. L ä n g s der T r e p p e n w a n g e n finden sich eine R e i h e v o n Gipsabgüssen hervorragender Tempelskulpturen a u f gestellt. D a m i t die Figuren und H i e r o g l y p h e n sich d e u t lich abheben, ist der G r u n d o c k e r f a r b e n gestrichen. Rechts : R e l i e f p l a t t e : stehende Figur m i t J a g u a r p r a n k e n , aus der R u i n e n s t ä t t e E l C e i b a 1 im Quellgebiete des R i o Cancuen, eines der oberen Zuflüsse des U s u m a c i n t a , in G u a t e m a l a . A u ß e n p f e i l e r u n d A l t a r p l a t t e n v o n den beiden K r e u z t e m p e l n und dem s o g e n a n n t e n
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Lichthof.
S o n n e n t e m p e l zu P a l e n q u e in C h i a p a s , M e x i c o . — Die großartige Ruinenstätte von P a lenque war merkwürdigerweise geraume Zeit den erobernden Spaniern unbekannt geblieben. U m 1564 wurde der Flecken Santo Domingo del Palenque von einem Dominikanerpater durch Ansiedlung bekehrter Lacandonen gegründet. Die im Waldesdickicht verborgenen Monumente wurden dagegen erst im Jahre 1746 entdeckt. Sie gerieten aber wieder in Vergessenheit. Erst 1784 wurde José Ant. Calderón von der spanischen Kolonialverwaltung mit ihrer Untersuchung betraut, später der italienische Architekt Bernasconi und Antonio del Rio. Des letzteren Bericht und Skizzen gelangten in die spanischen Archive des Rats von Indien, während mehrere Kopien in Amerika verblieben. K a r l IV. entsandte 1805—1808 mehrere Expeditionen, an deren Spitze ein österreichischer Offizier, K a p i t ä n Dupaix, stand, begleitet von dem Zeichner Castañeda, dessen freilich sehr idealisierte und unzuverlässige Arbeiten erst 1834 durch die Bemühungen Baradère's und Saint-Priest's publiziert wurden. Mehrere Reisende versuchten in der Folgezeit die Ruinen näher zu erforschen, so vor allem Graf Waldeck und Stephens in Begleitung seines vortrefflichen Zeichners Catherwood (1840), später Morelet, Charnay u. a. m. Vorzügliche Abbildungen finden sich in dem großen Werke von Alfred P. Maudslay (Biologia Centrali-Americana, Archaeology). Die meisten der mit Inschriften versehenen Monumente, die die Wände und Pfeiler an den Galerien der Temnel bedecken, weisen die sogenannten „Initial-series" auf, an deren Spitze eine große Hieroglyphe mit rudimentären Fischflossen oder ganzen Fischen über dem Zeichen „ S t e i n " (wie in Copan) steht. Sie bedeutet etwa „große Zeitperiode". Darunter folgen dann regelmäßig 5 Gruppen von je 2 Hieroglyphen, von denen allemal die linksstehenden Zahlen (entweder in Form von senkrechten Linien und Kreisen oder aber von Köpfen) darstellen, nämlich die Multiplikatoren der rechtsstehenden Multiplikanden. Der Stellungswert der letzteren ist durch das
Lichthol".
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vigesimale Zahlen- und Kalendersystem (mit 18 zwanzigtägigen Wochen oder uinal) bedingt; es haben demnach die 5 Multiplikanden in der Reihenfolge von unten nach oben die folgenden konstanten Werte: 1, 20, 18.20, 18.20.20, 18.20.20.20. Da an diese 5 Zahlenwerte ausnahmslos ein Kalenderdatum sich anschließt, so ist es klar, daß die Summe der 5 vorhergehenden Zahlreihen den Abstand eines Datums von einem anderen darstellt. Das letztere bildet den zuerst von Förstemann gefundenen Nullpunkt des Mayakalenders, der, abgesehen von einigen lokalen oder chronologischen Verschiebungen, in der Tat Gemeingut der Maya-Kulturvölker war, und der daher nicht nur auf den Steinbildwerken, sondern auch in den Bilderschriften allen größeren Berechnungen zugrunde liegt. Dieser wichtige Tag ist der 8te Tag des i8ten u i n a l (c u m k u), namens 4 a h a u. Da er auf den meisten Denkmälern um 2—3000 Jahre zurück liegt, so entspricht er wohl einem mythischen Ereignis, etwa der Weltschöpfung. Leider ist es bisher nicht gelungen, eine befriedigende Konkordanz zwischen dem Maya-Kalender einerseits und dem mexikanischen oder gregorianischen andererseits herzustellen. Es ist daher zurzeit noch nicht möglich, das wirkliche Alter der Steinmonumente anzugeben. Da aber der absolute Zeitabstand auf der jüngsten und ältesten der bekannten Inschriften mehrere Jahrhunderte beträgt, und die Bauwerke schon zur Zeit der Conquista in Trümmern lagen, so kann man wohl das Alter einzelner Stücke, ab^r keineswegs das der ganzen Kultur, auf etwa 800 bis I O O O Jahre bemessen. Im einzelnen ist noch folgendes zu bemerken: Außenpfeiler.
Palenque.
Kreuztempel Nr. I (jetzt an der Dorfkirche von Santo Domingo del Palenque eingemauert). (Links) reich verzierte Gestalt mit einem Kopfputze in Form eines Tierrachens. (Rechts) alter Gott mit einem Jaguarfelle umgürtet, Tabak rauchend. Führer durch das Museum für Völkerkunde.
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Licbthof.
Altarplatten
von
Palenque:
IV Ca. 19006. Kreuztempel Nr. I. Links „Initial series", noch nicht ganz entziffert, da von den Köpfen, die multiplikatorischen Wert haben, nicht alle sicher bestimmt sind. In der Mitte der Platte prächtige Darstellung eines kreuzförmig sich verästelnden Baumes, dessen Äste in Reptil-(Feuerschlangen)köpfe ausgehen, während auf der Spitze ein mit einer Edelsteinkette geschmückter Vogel sitzt; seitlich von dem Baume, der über einer Art Himmelfries sich erhebt, eine größere und eine kleinere adorierende Priesterfigur. Der größere hält eine kleine sitzende Figur A h b o l o n t z ' a c a b ' s , des Gottes des Wassers (der Fruchtbarkeit), die er gleichsam darbringt. Rechts eine umfangreiche, noch unentzifferte Inschrift. IV Ca. 19 004. Sogenannter Sonnentempel. Links „Initial Series": 1. 20. 20.360 18. 20.360 5-360 3. 20 6. 1 13 c i m i 19 c e h. In der Mitte der Platte adorierende Priester zu Seiten eines Rundschildes, der das Gesicht einer Gottheit trägt, und der an zwei Lanzen aufgehängt ist, die auf einer von zwei kauernden Personen gestützten Platte ruhen. Rechts noch unentzifferte lange Inschrift. IV Ca. 1 9 0 0 7 . Kreuztempel Nr. II. Links „Initial Series": I. 20. 20. 360 18. 20. 360 5. 360 4. 20 0. I 1 a hau 13 m a c
Lichthof.
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In der Mitte der Platte adorierende Priester zu Seiten eines in ähnlicher Weise sich kreuzförmig verästelnden Baumes, dessen Aste aber in als Menschenköpfe ausgebildete junge Maiskolben ausgehen. Auf der Spitze des Baumes wieder der ornamentale Quetzalvogel, mit der Perlkette um den Hals. Der Kopf hat, wie beim Kreuztempel Nr. I, die Form und Bildung des Wassergottes Ah bolon t z ' a c a b . Links: Hölzerne Altarplatte (Original in Basel) aus dem Sonnentempel zu T i k a l (Guatemala). Darstellung Quetzalcouatl-Kukulcan's („Federschlange"). In der Mitte sieht man eine außerordentlich reich geschmückte Figur, thronend auf dreistufigem tragbarem Unterbau, auf dem links und rechts je das Kopf- und Schwanzende einer mächtigen Schlange ruhen, deren Leib ovale helle und größere eckige, mit gekreuzter Strichelung erfüllte (d. h. schwarze) Flecke aufweist. Aus ihrem Rachen (links) kommt Kopf und Arm einer Gottheit mit verschnörkelter Nase, der Wassergottheit A h b o l o n t z ' a c a b , hervor. Das Schwanzende (rechts) ist auch als Schlangenkopf gestaltet, ist aber aus Totenknochen gebildet. Der Schild der Hauptfigur weist Todessymbole auf. Die Helmmaske wird von einer Türkisschlange gebildet, die an der Schläfe die Hieroglyphe des Planeten Venus trägt. Über dem Scheitel endlich ist das enface-Gesicht eines Vogels zu sehen mit rachenartig stilisierten, ausgebreiteten Flügeln. Von den Hieroglyphen sind einige Daten zum Teil lesbar. Ferner Hieroglyphen aus dem Inschriftentempel zu P a l e n q u e in Chiapas, Mexico. (Gipsabguß.) In dem Lichthofe selbst befinden sich auf der rechten Seite an der hinteren Seite der hohen Stellwand oben Gipsabgüsse von Reliefen von M e n c h e am Usumacinta, Chiapas, Mexico. Die übrigen amerikanischen Gegenstände sind durch die 2*
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Lichthof.
Schaunummern 1—78 besonders bezeichnet; Nr. i—3, 24, 28, 33—35 befinden sich in der R o t u n d e d e s H a u p t e i n g a n g s . Es handelt sich ausschließlich um S t e i n s k u l p t u r e n , in Originalen oder Abgüssen, aus den Gebieten der Kulturvölker des mittleren und südlichen Amerika. Die Schaunummern verteilen sich, wie folgt: Mittelamerika. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr.
1—32 33—49 SO—53 54—60 61—70
Santa Lucia (Guatemala). Copan u. Quirigua (Honduras, Guatemala). und Nr. 53 a—f Yucatan. und Nr. 60 a—n Mexico (Abformungen). Mexico (Originale).
Südamerika. Nr. 73 Ecuador. Nr. 74—78 Peru-Bolivien. Nr. 79 Brasilien. S A N T A L U C I A (Guatemala), Nr. 1—32. (1—28 Originale, 29—32 Abformungen.) Die hochinteressanten Steinskulpturen von Sta. Lucia gehören zu den größten Schätzen des Museums. Sie sind in Guatemala, in dem Departement von Escuintla am Südabhang der Cordillere bei der Ortschaft Sta. Lucia Cozumalhuapa, als man im Walde Pflanzungen anlegte, gefunden worden. Erwerbung und Überführung in das Museum, die fünf Jahre in Anspruch nahmen, sind im Jahre 1876 eingeleitet worden. ») Nr. 1. Flaches Steingefäß (Eingangsrotunde). Feuerbecken? Eine kniende Figur mit einem Strick umgürtet, die das Gefäß auf dem Rücken trägt, in eine anscheinend aus Federn gearbeitete Decke gehüllt. ' ) Vgl. Zeitschrift f. Ethnologie 1876, S. 3 2 2 ; A . B a s t i a n , Steinskulpturen aus Guatemala, Berlin 1882. S. H a b e l , T h e Sculptures of Santa Lucia Cosumalwhuapa, Washington 1872, mit Zeichnungen der Skulpturen vor ihrer Wegschaffung.
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Der Kopf der Figur hat die Gestalt eines A f f e n s c h ä d e 1 s. Vor sich hält die Figur ein S k e l e t t , das mit einer Schambinde umgürtet, also männlichen Geschlechts gedacht ist und die Zunge herausstreckt. Der Kopf des Skeletts ist mit Haarschopf, Ohrschmuck und wie das Ohr eines Tieres gestalteten seitlichen Gebilden versehen, die ihn gleichsam gehörnt erscheinen lassen. Die kreisrunde Vertiefung in der Mitte des Leibes war wohl ursprünglich mit einer anderen Substanz, Metall oder einem geschliffenen Steine ausgefüllt. ; Nr. 2. 3. S t e i n k l ö t z e (Eingangsrotunde), auf der Vorderseite in Gestalt einer mit einem Zackenhalsband geschmückten menschlichen Figur gearbeitet. Der Leib ist dick, die Wangen quellen hervor und die dicken Augenlider sind anscheinend über dem Auge geschlossen. Nr. 4. S t e i n k l o t z , auf der Vorderseite in Gestalt eines mit einer Schambinde umgürteten S k e l e t t s gearbeitet, das die Zunge hervorstreckt. Der Kopf ist mit Haarschopf versehen. Zu den Seiten des Kopfes sind Ohrpflöcke angegeben, aus denen ein Band heraushängt. In der rechten Hand hält die Figur einen Steinhammer. In der Linken, wie es scheint, einen kleinen viereckigen Schild. Nr. 5. S c h ä d e l mit Haarschopf und Ohrschmuck, ähnlich dem vorigen und gleich diesem die Zunge herausstreckend. Der Kiefer ist stark prognath. Nr. 6. W e r k s t ü c k , mit hinterem zapfenartigem Ende, vorn in Gestalt eines A f f e n s c h ä d e l s gearbeitet. Die Stirn springt stark hervor. Die großen Eckzähne des Affen sind deutlich. In dem durchbohrten Ohrläppchen hängt an einem Bande ein Ring. Nr. 7. Kleines Feuerbecken, jedenfalls gleich Nr. I in Gestalt einer Figur gedacht, die das Gefäß auf dem Rücken trägt. Von der Figur sind aber nur die Arme und der Kopf angegeben. Der letztere hat die Gestalt eines A f f e n s c h ä d e l s mit denselben Merkmalen, wie Nr. 6. Nr. 8. S c h a l e , außen mit einem Relief von Ranken, Blumen und Früchten geschmückt.
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Nr. 9. S c h a l e , außen mit Figuren von Fröschen geschmückt. Nr. 10. W e r k s t ü c k mit hinterem zapfenartigem Ende, vorn in Gestalt eines f a b e l h a f t e n Tierk o p f e s , mit ausgelaufenen, aus den Höhlen heraushängenden Augen. Nr. 11. W e r k s t ü c k mit hinterem zapfenartigem Ende, vorn in Gestalt eines A f f e n k o p f e s . Nr. 12. K l e i n e r Steinpfeiler, mit der Figur eines V o g e l s (Geiers) auf der Spitze. Nr. 13. K l e i n e r S t e i n p f e i l e r , mit einer sitzenden m e n s c h l i c h e n F i g u r auf derSpitze. Nr. 14. K l e i n e s R e l i e f , eine mit untergeschlagenen Beinen sitzende m e n s c h l i c h e F i g u r , die die Arme über die Brust gekreuzt hat. Nr. 15. Steinklotz, auf der Unterseite mit einem m e n s c h l i c h e n G e s i c h t e , dessen Ohrläpp chen mit Scheiben geschmückt sind, aus denen ein Band heraushängt. Auf dem Scheitel sieht man eine Krabbe, ähnlich wie auf dem Scheitel der Figur des Priesters in Nr. 17. Nr. 16. B r u c h s t ü c k eines großen Steinreliefs, das einen Geier mit ausgebreiteten Schwingen darstellte, der eine Flammenscheibe auf der Brust trug, gleich der Gottheit des Steinfeilers Nr. 22, und in dem Schnabel einen Menschen (einen Feind) gepackt hielt. Das Hauptstück ist durch einen unglücklichen Zufall, durch schweren Seegang beim Verladen ins Schiff, in das Meer gesunken und verloren. Nr. 17. G r o ß e r S t e i n p f e i l e r mit einer Reliefdarstellung auf der Vorderseite. Die Figur in der Mitte stellt den O p f e r p r i e s t e r dar, der in der Rechten das steinerne O p f e r m e s s e r und in der Linken den abgeschnittenen K o p f des Opfers hält. Die Ranke, die von dem Opfermesser nach oben geht, soll das von ihm triefende B l u t zum Ausdruck bringen, das in mexikanischen Bilderschriften sehr häufig durch eine Blume veranschaulicht wird. Auf dem Scheitel des Opferpriesters sieht man eine Krabbe, und über dem Nacken hängt das Haar in Gestalt eines geflochtenen und mit Ballen von Daunenfedern besteckten Zopfes herab, der anscheinend
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aus zwei Streifen besteht, die etwas unter der Mitte mit einem Riemen umbunden und kurz v o r dem durch eine Federquaste gebildeten E n d e mit einer Spange zusammengenommen sind. Der Schlangenleib, der darunter hervorhängt, ist wohl als Rückenschmuck oder Mantel gedacht. V o n dem Ohrläppchen hängt ein Reif herab. Die Mitte des Leibes ist bei diesem Opferpriester, wie bei den sämtlichen Figuren der folgenden Reliefpfeiler (Nr. 18—24), mit einem steifen Gürtel umgeben, der anscheinend aus festem Material (Holz oder L e d e r ? ) geschnitten ist, schräge viereckige Durchbrechungen zeigt und hinten mit einem Tierkopf, hier dem K o p f einer Schlange, geschmückt ist. Unter diesem steifen Gürtel sieht man einen kurzen Schurz und die Schleife und die freien E n d e n der Schambinde, die bei diesem Priester, ähnlich wie bei den Skeletten auf den Reliefs Nr. 22 und 27 b von einer Schlange gebildet wird. Der rechte Fuß des Priesters ist bloß, der linke ist mit einer Sandale bekleidet. Der Priester steht auf dem R u m p f des Geopferten, der noch mit seiner Schambinde bekleidet ist. Der Kopf fehlt, die A r m e und Beine sind aus ihren Gelenken gelöst. Die nach unten herabhängende R a n k e bezeichnet auch hier das triefende Blut. Die Mexikaner der historischen Zeit pflegten Verräter in der Weise zu bestrafen, daß sie den Kopf abschnitten und Arme und Beine aus ihren Gelenken lösten, also den Leib, wie sie sagten, in fünf Teile zerschnitten. Auf den vier E c k e n des Steines verteilt, sieht man die v i e r G e h i l f e n d e s P r i e s t e r s , von denen zwei, der rechts unten und der oben, Skelette sind. Die beiden oberen Figuren sind außerdem als Vögel gedacht, mit Schwungfedern und Schwanz eines Vogels ausgestattet. Diese vier Figuren sollen wohl den vier Himmelsrichtungen entsprechen (unten links O, unten rechts N, oben rechts W, oben links S). J e d e der vier Figuren trägt einen abgeschnittenen K o p f . Diese vier K ö p f e , die sich in der Bildung des Gesichts, in der H a a r t r a c h t und im Ohrschmuck unterscheiden, bringen vermutlich die in den vier Weltgegenden wohnenden benachbarten (feindlichen)
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Nationen zur Anschauung. Der Kopf, den das Skelett rechts unten in den Händen trägt, stimmt in der Gesichtsbildung, in dem Kinnbart und der Haartracht, der Schlange, die augenscheinlich als Haarband gedacht, neben den Haarsträhnen herabhängt, mit dem Kopfe überein, den der Hauptpriester in der linken Hand hält. Es scheint demnach diese ganze Darstellung den Sieg über eine im N o r d e n wohnende benachbarte Nation zur Anschauung zu bringen. Nr. 18—24. Die folgenden Steinpfeiler Nr. 18—24 gehören mit dem vorhergehenden Stücke zusammen und sind gleichartig in der Darstellung, die das Relief ihrer Vorderseite zeigt. Die ursprüngliche Dicke der Pfeiler ist an dem Bruchstück Nr. 24 zu sehen. Die anderen sind in ihrer gegenwärtigen Dicke abgesägt worden, um die Last für den Transport nicht zu groß zu machen. Der Bruch, der verschiedene Platten betroffen hat, ist erst beim Ausladen in Liverpool erfolgt. Das Relief der Vorderseite zeigt bei allen Platten oben den Kopf und die Arme einer G o t t h e i t , von Rankenwerk und Emblemen umgeben. Darunter sieht man eine m ä n n l i c h e F i g u r i n T a n z s t e l l u n g . Der Kopf trägt einen reichen Schmuck, dessen Embleme wechseln. Ein paar Haarstreifen fallen nach vorn, die Hauptmasse des Nackenhaars aber ist in einen langen Zopf geflochten, der, mit Federballen besteckt und in eine Federquaste endend, in jeder Beziehung dem gleicht, der oben bei dem Hauptpriester des Pfeilers Nr. 17 beschrieben worden ist. Über den Rücken fällt eine Art Mantel, dessen Embleme ebenfalls wechseln. Aus dem durchbohrten Ohrläppchen hängt als Schmuck ein Reif oder eine siebartig durchlöcherte Scheibe. Der Halsschmuck ist verschieden. Den Leib umgibt ein aus festem Material gefertigter breiter Gürtel, wie er bei der Hauptfigur von Nr. 17 beschrieben worden ist. Darunter sind ein Schurz und die Schleife und die Enden der Schambinde zu sehen. Um
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das rechte Knie ist unterhalb des Knies ein Band gebunden. Die Füße stecken in Sandalen. Bei Nr. 22, 23 ist, ebenso wie bei der Hauptfigur von Nr. 17, der rechte Fuß bloß. Und auch bei den Figuren der anderen Platten ist die rechte Sandale einfacher als die linke, indem außer der Hackenkappe nur noch die Bandriemen vorhanden sind, während bei der linken Sandale die Oberseite des Fußes mit einer verzierten Kappe bedeckt ist. Bei allen Figuren ist die linke Hand mit einer Art Maske bedeckt. Bei allen kommt aus dem Munde eine Ranke hervor, die ganz der Ranke gleicht, mit der auf dem Steinpfeiler Nr. 17 das am Opfermesser haftende und vom Leibe des Geopferten triefende Blut zum Ausdruck gebracht wird. Hier bezeichnet diese Ranke aber etwas anderes: den Hauch, der aus dem Munde geht, die R e d e , den Gesang, oder vielleicht auch das Leben. In mexikanischen Bilderschriften findet man in der Tat in dieser Weise durch ein kleines Züngelchen vor dem Munde die Rede und den Befehl, durch eine verzierte Ranke die verzierte Rede oder den Gesang zur Anschauung gebracht. Bei den Figuren der Platten 18—21 züngelt von dem steifen Gürtel eine Art Flamme in die Höhe, die bei der Figur von Platte 21 noch mit zwei kleinen Züngelchen besetzt ist. Bei der Figur des Pfeilers 22 fehlt die Gürtelflamme. Dafür kommt hinter dem Gesicht, von der Gegend des linken Auges, eine solche Flamme hervor, die sich über den Scheitel nach hinten biegt. Bei der Figur des Pfeilers Nr. 23 scheint die Flamme ganz und gar zu fehlen. Vier der auf den Pfeilern dargestellten Figuren (Nr. 18, 19, 23, 24) sind nach links gewendet. Die übrigen (Nr. 17, 20, 21, 22) nach rechts. Nr. 18. S t e i n p f e i l e r mit Relief auf der Vorderseite. Die Gottheit, die in der oberen Hälfte der Platte dargestellt ist, scheint weiblichen Geschlechts zu sein. Sie hat lang herabfallendes Haar. Um Stirn und Schläfe ist eine Schlange gebunden. Der Kopf hebt sich von einer geschweiften Platte ab, über deren Natur nichts weiter auszusagen ist, die aber wohl den Kopfschmuck oder die
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Rückendevise der Göttin darstellen soll. Sie ist ganz von blütentragenden Ranken umsponnen, die an dem Scheitel der Göttin ihren Ursprung zu nehmen scheinen. Der Tänzer in der unteren Hälfte der Platte ist mit Federn an den Armen und einem Vogelschwanze dargestellt, gleich den beiden obersten Figuren des Pfeilers Nr. 17. Der Kopf ist von einer Art Diadem umgeben, dem ein Menschenkopf aufsitzt, dessen Haar von einer Schlange umwunden ist, gleich dem der Göttin auf der oberen Hälfte dieses Pfeilers. Vor dem Munde dieses Menschenkopfes scheint noch ein Vogelschnabel angegeben zu sein. Der feste Gürtel, den der Leib des Tänzers umgibt, ist ganz abweichend von dem, was die anderen Figuren uns zeigen, mit einem en face- Gesicht, das die Mitte des Gürtels einnimmt, geschmückt. Als Mantel hängt eine Art Fell herab, dessen Schwanzteil breit umgebogen in eine Federquaste endet. Auf seiner Fläche ist eine große Schmuckscheibe angegeben. Die Maske, die die linke Hand umgibt, hat die Gestalt eines Affenschädels. Nr. 19. S t e i n p f e i l e r mit Relief auf der Vorderseite. Die Gottheit gleicht der der Nr. 18 und hat, wie diese, das Haar von einer Schlange umwunden. Aber in der durchbohrten Nasenscheidewand steckt ein Stab. Den Hals umgibt eine Schnur, die in eine große Quetzalfederquaste endet, und der Kopf trägt als Schmuck die große Braue mit den 3 aufgesetzten Zacken, die, einem Auge aufgesetzt, in den Bilderschriften die Himmelslichter oder S t e r n e bezeichnen. Der Kopf der Göttin bildet hier gleichsam das Auge des Sterns. Der Kopfschmuck selbst ist, wie die der Figur der vorigen Platte, mit blütentragenden Ranken übersponnen. Auf den Ranken, die unter dem Arm hervorkommen, sieht man neben blütenartigen Gebilden auch ein deutliches Sternauge. Der Tänzer unten trägt als Kopfschmuck ebenfalls ein Sternauge, in der Form dem großen der Göttin entsprechend. Ein Busch wallender Quetzalfedern ragt daraus hervor. Als Mantel trägt der Tänzer einen Jaguar,
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dessen Kopf unten hinten am rechten Fuß, dessen Pranke vor und über dem rechten Fuß sichtbar wird. Der Speer, der das Tier erlegt hat, ragt aus der Wunde nach unten heraus. Die Zeichnung auf dem Gürtel ist etwas undeutlich, doch scheint an seinem hinteren Ende ein J a g u a r köpf mit der Schnauze nach hinten dargestellt zu sein. Ein Jaguarkopf zweifellos bildet die Maske, die die linke gegen die Brust gekehrte Hand bedeckt. Nr. 20. S t e i n p f e i l e r mit Relief auf der Vorderseite. Dieser Pfeiler scheint das Gegenstück zu Nr. 18 gebildet zu haben. Der Kopf der Göttin ist ähnlich dem der Göttin des Pfeilers Nr. 18. Eine Platte hinter dem Kopf ist auch hier vorhanden, aber am Grunde hat sie zwei seitliche sich einrollende Teile, ähnlich der Braue des Sternauges des Pfeilers Nr. 19. Vom Scheitel und den Seiten des Kopfes gehen Ranken ab, die diese Platten überspinnen. Die Arme der Göttin sind mit Federn besetzt, wie die des Tänzers des Pfeilers Nr. 18. Es scheint demnach, daß sie in Vogelverkleidung gedacht sein soll. Den Hals umgibt ein eigentümliches, aus Schlangen geknüpftes Band, von dem ein Säckchen herabhängt, ganz gleich dem der Göttin des Pfeilers Nr. 23. Die merkwürdigste Besonderheit dieses Säckchens ist ein stufenartig ausgeschnittener Anhang, mit einem Kreuze auf der Fläche. E r soll wohl einen Beutel mit Weihrauchharz (Kopal) darstellen. Das Kreuz findet man in den Bilderschriften auf Gegenständen angebracht, die dem Kultus der vier Himmelsrichtungen, der Götter des Regens und des Himmels gewidmet sind. Der Tänzer trägt als Kopfschmuck ein Menschengesicht, das von einem breiten Kranze von Federn umgeben ist, und aus dem ein Busch langer, steifer Federn heraushängt. Den Mantel bildet ein Fell ganz ähnlich dem des Tänzers des Pfeilers Nr. 18. Doch ist hier auf der Fläche ein Totenschädel zu sehen, der die Zunge herausstreckt und in der Zeichnung ganz demjenigen auf dem Feuerbecken Nr. 1 gleicht. Auf dem Gürtel scheint als Schmuck hinten ebenfalls ein Schädel angegeben zu sein. Die Maske, die die linke Hand bedeckt, stellt äugen-
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scheinlich ein mit einer Maske bedecktes Menschengesicht vor. Ähnliche Gesichter werden nicht selten unter den Tonköpfchen in Teotihuacan gefunden. Vielleicht sollen sie die Maske eines Ballspielers wiedergeben. Nr. 21. S t e i n p f e i l e r mit Relief auf der Vorderseite. Der Kopf der Gottheit ähnelt dem der bisher beschriebenen Pfeiler. Es ist eine Göttin, deren Haar mit einem Band von Schlangen umschlungen ist. Bloß Hals und Schultern sind hier von einem breiten Kragen aus Steinperlen bedeckt. Und hinter dem Kopfe ragt ein mächtiger Schmuck auf, der kuppeiförmig mit querverlaufenden Schnüren verziert ist, deren Enden durch je eine Rosette begrenzt sind. Dieser Kopfschmuck mit den Rosetten an den Ecken erinnert in auffallender Weise an den riesigen Kopfaufsatz der mexikanischen Maisgöttin, nur daß bei dem letzteren die domförmige Wölbung fehlt. Von Ranken sind nur zwei vorhanden, die u n t e r dem Gesicht hervorkommen. Der Tänzer in der unteren Hälfte der Platte trägt als Kopfschmuck ein Menschengesicht, in dessen Haare vorn eine einzelne lange gerade Feder steckt. Der Mantel, dessen Hauptstreifen mattenartig geflochten erscheint, trägt auf seiner Fläche die Gestalt eines herabschwebenden A d l e r s . Der Gürtel des Tänzers ist hinten, wie es scheint, ebenfalls mit einem Adlerkopfe verziert. Und die Maske, die die linke Hand des Tänzers bedeckt, zeigt ganz deutlich die Gestalt eines Vogelkopfes. Nr. 22. S t e i n p f e i l e r mit Relief auf der Vorderseite. Die in der oberen Hälfte dargestellte Gottheit ist hier anderen Charakters. Es ist augenscheinlich ein männliches Gesicht, die Hände sind mit Krallen bewaffnet, die Arme mit Federn oder Flammen besetzt. Eine von Flammen umgrenzte Scheibe trägt die Gestalt als Schmuck auf der Brust. Den Scheitel schmückt ein viereckiges geflochtenes Stück, dem nach hinten (oben) fallend der zähnestarrende Oberkiefer eines reptilartigen Ungeheuers angefügt ist. Die drei Halbkreise, die die geflochtene Scheitelplatte umgeben, sollen vielleicht die Nüstern dieses Tieres sein. In dem ganzen Umkreis des Gottes
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ist eine schräg nach oben strahlende Flammenzeichnung angegeben. — Während die Gottheiten der anderen Pfeiler wahrscheinlich verschiedene Formen der Erdgöttin zur Anschauung bringen, ist dies hier augenscheinlich ein Sonnen- oder Feuergott. Der Reptilrachen, der von seinem Kopfe nach hinten fällt, scheint dem x i u h coa-naualli zu entsprechen, dem ^Drachenkopfe, der Feuerschlangenverkleidung, die das auszeichnende Merkmal des m e x i k a n i s c h e n Feuergottes bildet. Die beiden Kreise unter dem rechten Arm der Figur, in deren jedem man den Kopf eines Raubtieres erkennen muß, stellen wahrscheinlich ein Datum vor — einen Tag, der mit dem Zeichen i t z c u i n 1 1 i „ H u n d " und mit der Zahl „ z w e i " bezeichnet wurde. Personen und Gottheiten wurden von den Mexikanern in dieser Weise durch einen Tag bezeichnet. Bei den Menschen war dies in der Regel der Tag der Geburt. Bei Gottheiten ein fingierter Geburtstag, der in seinem Namen eine Beziehung zu der betreffenden Gottheit zu offenbaren schien. Während auf den übrigen Pfeilern in der unteren Häfte des Steines nur e i n e Figur, der Tänzer, dargestellt ist, ist hier dem Tänzer gegenüber noch ein Skelett gezeichnet. Die Ranke, die aus dem Munde des Tänzers hervorgeht, und die, wie oben angegeben, den Hauch des Mundes, Rede, Gesang, oder vielleicht auch das Leben, zum Ausdruck bringt, geht in den Mund dieses Skelettes über. Dem Tänzer fehlt ein Kopfputz der Art, wie wir ihn bei den Figuren der oben beschriebenen Platten gefunden haben. Von dem Haar strebt auf dem Wirbel ein Busch in die Höhe, der mit einem Riemen besonders umwickelt ist. Das ist eine Haartracht, die in auffallender Weise mit der der m e x i k a n i s c h e n Kriegshäupt]1 i n g e übereinstimmt. Als Mantel oder Rückenschmuck ist nur ein kurzes Stück vorhanden. Auf ihm sieht man einen Menschenkopf, ähnlich dem, den die Tänzer der anderen Pfeiler auf dem Scheitel tragen. Der steife Gürtel ist mit einem Schlangenkopfe verziert, der dem auf dem Gürtel des Opferpriesters des Pfeilers Nr. 17 gleicht. Und wie dort, sehen wir an dem ganzen unteren Rande
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des Gürtels die Bauschschuppen der Schlange angegeben. Die Maske auf der linken Hand hat die Gestalt eines Steinmessers, zeigt aber auf seiner Fläche ein Gesicht mit geschlossenen Augen, ein Totengesicht. Das Skelett gegenüber dem Tänzer ist in Haltung und Ausstattung sein Widerspiel. Der Leib ist auch mit einem steifen Gürtel umgeben, aber die Schleifen der Schambinde werden von einer Schlange gebildet. Die linke Hand ist ebenfalls mit einer Maske bedeckt, die aber hier die Gestalt eines Schlangenkopfes wiedergeben soll, wie an der heraushängenden Zunge zu sehen ist. Uber dem Skelett steht auf einem besonderen Gestell ein Kopf, der, wie der wellig begrenzte Halsrand vermuten läßt, einen abgeschnittenen Menschenkopf darstellen soll. Die Zähne sind spitz gefeilt, das Kinn mit einer Wirbellinie tatuiert. In dem Nasenflügel steckt ein knopfförmiger Pflock, und ein ähnlicher Knopf in der Stirnhaut oberhalb der Nasenwurzel. Von dem Ohrläppchen hängen ein Paar Ringe herab. In dem Schmucke der Nasenflügel, dem Knopfe in der Stirnhaut, sowie in Haartracht und der ganzen Gesichtsbildung stimmt dieser Kopf mit dem überein, den auf dem Pfeiler Nr. 17 die Figur unten links in der Hand trägt, und der, wie dort angegeben ist, vermutlich die Nationen des Nordens bezeichnet. Tonfiguren mit solchen Knöpfen in den Nasenflügeln sind in der Sammlung Manuel M. Alvarado aus Antigua in Guatemala (amerikanische Abteilung Schrank 184) zu sehen. Nr. 23. S t e i n p f e i l e r mit Relief auf der Vorderseite. Im oberen Teil ist wieder eine Göttin dargestellt, mit ihrem von einer Schlange umwundenen Haare. Der Kopf ist umrahmt von zwei breiten, nach oben (hinten) ragenden flügelartigen Gebilden. Von dem Halse gehen zwei Ranken ab, die sich nach unten und oben verzweigen. An ihren Enden hängen kugelförmige Gebilde, nach Art von Schellen, die ein Gesicht auf ihrer Fläche zeigen. Hals und Schulter der Göttin umgibt ein Perlkragen, und vor der Brust hängt ein Kopalbeutel ähnlich dem der Gottheit des Pfeilers Nr. 20.
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Dem Tänzer in der unteren Hälfte des Pfeilers fehlt der von dem Gürtel nach oben lodernde flammenartige Streifen. Die aus dem Munde kommende Ranke, die, wie oben angegeben, Rede, Gesang oder Leben bedeutet, ist hier länger als bei den Figuren der anderen Platten und nach unten gebogen. Dem Scheitel des Tänzers fehlt der Kopfschmuck, den die Figuren der Pfeiler 18 bis 22 zeigen. Das Haar, das in ähnlicher Weise geflochten ist wie bei dem Priester des Pfeilers Nr. 17, fällt bis zur Kniekehle herab. Der mantelartige Überwurf aber ist kurz und von der Form, wie ihn die Tänzer der Pfeiler 18 und 20 haben. Der steife Gürtel trägt als Verzierung den Kopf und den zähnestarrenden Rachen eines Reptils. Die linke Hand ist, wie bei sämtlichen Tänzern, mit einer Maske bedeckt, die hier das Ansehen eines Menschengesichts zeigt, eines Kriegers oder Fürsten, der in der durchbohrten Nasenscheidewand einen dicken Stab mit kolbig angeschwollenen Enden trägt. Vor dem Tänzer steht ein Kasten, über den ein am Ende stufenförmig ausgeschnittener Streifen fällt, mit einem Kreuze auf der Fläche, ganz gleich dem an dem Kopalbeutel, den die Göttin auf der Brust trägt. Die Natur des Gegenstandes, der auf diesem Kasten liegt, würde gegenwärtig schwer zu bestimmen sein, da bei dem Ausladen in Liverpool von dem Stein an dieser Stelle ein Stück abgeschlagen worden ist. Glücklicherweise gibt es Zeichnungen, die von Dr. Berendt an Ort und Stelle gemacht worden sind (Smithson. Contributions to knowledge 269). Aus ihnen ersieht man, daß unter dem aufgeklappten Deckel des Kastens ein Menschenkopf hervorsieht. Der Mund desselben und die Ranke, die aus ihm hervorquillt (seine Rede, sein Gesang) ist am Rande der beschädigten Stelle noch deutlich zu erkennen. Es ist das wahrscheinlich eine Darstellung analog gewissen Stellen der Bildschriften, die das Fasten und die Einschließung im Hause zum Zwecke des Fastens unter dem Bilde einer aufgeklappten Schachtel zur Anschauung bringen, aus der ein Mensch hervorkommt. Nr. 24. O b e r e H ä l f t e e i n e s S t e i n p f e i l e r s
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(Eingansgrotunde), mit Relief auf der Vorderseite. Das Bruchstück zeigt die Dicke, die die gesamten Pfeiler Nr. 17—24 ursprünglich hatten. Eine Gottheit ist dargestellt, weiblichen Geschlechts, wie auf den Pfeilern 18—21 und 23, aber das Haar ist hier nicht von einer Schlange umwunden, sondern mit einem Bande aus Edelstein Scheiben geschmückt. Der Kopf sieht aus dem aufgesperrten Rachen eines krokodilartigen Ungeheuers hervor, das wohl das c i p a c t l i darstellen soll, das Tier und die Verkleidung der Gottheit der lebenspendenden Erde. Die Schultern der Göttin bedeckt ein breiter Perlkragen, die Hände sind über der Brust gekreuzt. Von dem Halse gehen zwei Ranken aus, die mit Blüten und Früchten besetzt sind. Von dem Tänzer ist nur der Rand des Gesichts, die Ranke aus seinem Munde und der Kopfschmuck zu erkennen der, wie man deutlich sieht, hier eine Krabbe ist, wie bei dem Priester des Pfeilers Nr. 17. Die Figur war, wie die der Pfeiler 17, 18, 23, nach links gewandt. Nr. 25. S t e i n p f e i l e r mit Relief auf der Vorderseite. Ein Würdenträger auf dem Stuhle, die rechte Hand hält einen Stab mit ruderartig verbreiteter Basis Die linke Hand stützt sich auf einen Stuhl. Tracht und Ausstattung sind ähnlich denen der Figuren der zuvor beschriebenen Pfeiler. Das Haar ist auch hier in einen langen Zopf geflochten, dessen mit einer Federquaste versehenes Ende bis auf den Boden reicht. Eigenartig ist der Kopfputz. Die Einzelheiten aber sind schwer zu deuten. An der hinteren oberen Ecke befindet sich eine große Rosette, von der ein Federschmuck weit nach hinten fällt. Ihr entspricht an der unteren hinteren Ecke eine spiralig sich einrollende Scheibe, von der vier Schlangenleiber nach unten hängen. Das auffälligste Trachtstück ist der Brustschmuck, der aus einem rechteckigen Stück besteht, das auf beiden Seiten in einem großen Schlangenkopf endet. Nr. 26. S t e i n p l a t t e mit Relief. Auf einer zusammengebundenen Leiter steigt ein Mann in die Höhe, wo aus blütentragendem Rankenwerk ein Skelett herab-
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sieht. Die neun Kreise an dem linken und unteren R a n d e des Steines müssen die Zahl Neun bedeuten. Die Scheibe am Fuß der Leiter ist — vielleicht — ein Tageszeichen. Nr. 27 a. S t e i n p l a t t e mit Relief. A m Boden liegt ein Mann, der am Kinn einen Bart, im Haare fünf lange, mit Augenflecken gezeichnete Federn trägt. Ihm gegenüber steht ein Dämon in Hirschgestalt, aus dessen Munde eine lange Flamme züngelt, und der mit dem erhobenen linken Vorderfuß einen Gegenstand dem Liegenden darzureichen scheint. A m oberen R a n d e des Steines befindet sich die Zahl Fünf. Nr. 27 b. S t e i n p l a t t e mit Relief. A m Boden liegt ein Mann, in der Haartracht dem von dem Vogel dämon getragenen K o p f e in der rechten oberen E c k e des Pfeilers Nr. 1 7 gleichend. A b e r der Kopf ist mit einer Schnur umbunden, und darin steckt ein hoch aufragendes schmal dreieckiges Blatt. Dem Liegenden gegenüber steht ein Skelett, dessen Arme, gleich denen der Gottheit des Steinpfeilers Nr. 22 mit Federn oder Flammen besetzt sind. A m oberen Rande des Steines ist die Zahl Zehn zu sehen, und von dem hintersten der Einer geht eine doppelte Wellenlinie nach unten, deren Bedeutung unklar bleibt. Nr. 28. R u n d e r S t e i n mit Relief. (Eingangsrotunde.) Zwei Köpfe, mit großen und verzweigten blütentragenden R a n k e n vor dem Munde, die wohl hier auch Zeichen der Rede, des Gesanges oder des Lebens sind. Der lang herabfallende Haarzopf, der in gleicher A r t geflochten ist, wie er bei den Figuren der Steinpfeiler 1 7 — 2 5 zu sehen und beschrieben ist, ist hier, um ihn in den R a u m zu bringen, nach vorn über den Scheitel gebogen, so daß die Federquaste dieses Haarschopfs, die bei dem K o p f e zur Linken v o n vier Schlangen gebildet ist, über die Stirn herabfällt. Unter dem K o p f e zur Linken ist ein Schädel im Profil, der vielleicht ein Affenschädel sein soll, unter dem K o p f e zur Rechten ein Schädel en face, ein Menschenschädel mit herausgestreckter Zunge, zu sehen. Nr. 29. Abguß d e s R e l i e f s der schrägen Vorderseite eines großen natürlichen Lavablocks, der F ü h r e r durch das Museum für V ö l k e r k u n d e .
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nicht weit von dem Orte, wo die Steinpfeiler Nr. 17—24 gefunden worden sind, am Fuße einer Erdpyramide lag. (Der Grund ist ockerfarben gestrichen, damit das Relief besser zu erkennen ist.) In einer Art Zauberwald, aus einem die ganze Platte überspinnenden Rankenwerke, an dem nicht nur Blätter, Blüten und Früchte, sondern auch Schmuckscheiben, mit der Zeichnung eines Gesichts versehene runde Körper, Steinmesser, Köpfe und ganze Figuren (Idole) sitzen, und in dem es auch an lebendigen Wesen — Vögeln, die an den Zweigen picken (ganz unten rechts und links) — nicht fehlt, sieht man zur Rechten auf einem Stuhle, der über einem, wie es scheint, aus dem schuppigen Leibe einer Schlange gebildeten Behälter steht, eine Figur mit markanten Gesichtszügen. Das Haar ist von zwei Schlangen umwunden. Von dem Scheitel hebt sich ein Busch kurzer, wallender Federn ab. In der durchbohrten Nasenscheidewand steckt ein dicker Stab. In dem Ohrläppchen ein Pflock mit heraushängendem Bande. Ein Kragen aus Jaguarfell bedeckt die Schultern. Aus Jaguarfeil scheint auch der Schurz zu bestehen, der unterhalb der Schambinde sichtbar wird und der die Lenden bis zu den Knien bedeckt. Eine Ranke vor dem Munde bezeichnet Rede oder das Leben. Zwischen den Beinen kommt unterhalb der Kniee eine Schlange hervor. In den Händen hält die Figur je einen runden Körper, von denen sie den einen (mit der linken Hand) an sich zu nehmen, den andern (mit der rechten Hand) zu entsenden oder darzureichen scheint. Vor dieser sitzenden Gestalt ist m der Mitte des Reliefs und beinahe die ganze Höhe desselben einnehmend, eine große stehende Figur, in eigentümlicher verdrehter Haltung zu sehen. Die Beine und der Rumpf sind nach vorn (nach links), der Kopf nach hinten (nach rechts) gewandt. Die Züge sind milder, jugendlich. Tracht und Ausputz der Gestalt im wesentlichen dem der Figuren auf den Pfeilern Nr. 17—24 gleichend. Aus den Ohrläppchen hängt eine runde Scheibe, das Haar ist in einen langen Zopf geflochten, der, ähnlich wie bei den Köpfen
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auf dem Reliefe Nr. 28, nach vorn über den Scheitel gebogen ist, so daß die das Ende bildende Federquaste über der Stirn nach vorn ragt. Der Kopf ist außerdem von einer mit Schmuckscheiben besetzten Binde umgeben, deren Schnur weit herabhängt. Ein dreieckiges Fellstück, ähnlich dem der Figur auf dem Relief Nr. 27 b, ist hinten a n dieser Binde befestigt. Ein den Leib umgebender steifer Gürtel ist nicht vorhanden. Die Enden der Schambinde sind reich verziert, das linke Knie t r ä g t als Bandschnur eine Schlange, die Füße stecken in Sandalen, die denen der Figuren der Pfeiler gleichen. Eine gewaltige R a n k e kommt aus seinem Munde oder hinter seinem Gesichte hervor. Die rechte Hand hält einen Gegenstand, den m a n als das Ende eines Speeres deuten möchte. Die N a t u r des Gegenstandes, den die Linke darzureichen scheint, k a n n nicht näher bestimmt werden. Über dem rechten Fuße, zwischen ihm und dem Ende der Schambinde, ist eine kleine sitzende Figur zu sehen, über deren Beziehung zu der H a u p t f i g u r aber auch nichts angegeben werden k a n n . Vor dieser Hauptfigur endlich ist, in lebhafter Bewegung und auf sie zuschreitend, ein D ä m o n zu sehen, m i t rundem Totenauge, der die Zunge weit herausstreckt. Mit dem erhobenen rechten Arme hält er eine A r t Puppe, einen Weiberkopf, über einem Weiberhemde, aus dessen Armlöchern die H ä n d e hervorragen. Mit der Linken reicht der D ä m o n einen Knochen dar. Die ganze Gruppe ist augenscheinlich di Darstellung eines b e s t i m m t e n sagenhaften Vorgangs. Über die E r bauer dieser Monumente fehlen aber jegliche Nachrichten. Und aus den Sagen verwandter oder b e n a c h b a r t e r Völker ist nichts bekannt, das eine D e u t u n g dieses Reliefs ermöglichte. Nr. 30—32. A b g ü s s e d e s R e l i e f s der Vorderseiten dreier Steinpfeiler, die auf dem Gebiete der H a cienda P a l o v e r d e , einige Leguas oberhalb S a n t a Lucia Cozumalhuapa zusammen mit einigen anderen Skulpturstücken, einem von einer Krabbe getragenen Altar, Ungeheuerköpfen u. dergl. m., im Walde lagen, in neuerer Zeit aber nach der H a u p t s t a d t Guatemala gebracht worden sind. 3*
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— Das Relief zeigt stehende männliche Gestalten, die in Tracht und Ausputz den Figuren der Pfeiler Nr. 17—23 und der Hauptfigur des Reliefs Nr. 29 gleichen, wie diese aus dem Ohrläppchen eine Scheibe hängen haben, das Haar zu einem mit Federbällen besteckten Zopfe geflochten haben, der hinten weit herabfällt und, wie bei dem Priester des Pfeilers Nr. 17, mit einem über den Rücken fallenden Schlangenleibe verbunden ist. Es fehlt aber der steife Gürtel. Die Figuren halten mit beiden Händen jede einen Gegenstand oder eine Figur in die Höhe, die die Vermutung erweckt, daß sie ein Tageszeichen darstellen soll, denn neben ihr sind eine Anzahl Kreise angegeben, die zweifellos eine bestimmte Zahl zur Anschauung bringen soll. Der Gegenstand, den der Priester des Reliefs Nr. 30 in die Höhe hält, ist schwer zu deuten. Die Kreise daneben geben die Zahl Sechs. Es sind nicht einfache leere Kreise wie auf den anderen beiden Platten, und wie auf den Reliefen Nr. 27 a, 27 b, sondern jeder Kreis enthält hier das Bild eines Sternauges, wie wir es auf dem Steinpfeiler Nr. 19 kennen gelernt hatten. Die Figur, die der Priester des Reliefs Nr. 31 in die Höhe hält, ist eine von oben herabstürzende hundsköpfige Gestalt. Die Kreise daneben geben die Zahl Acht. Die ganze Gruppe könnte also den T a g „ a c h t H u n d " bezeichnen. Der Priester des Reliefs Nr. 32 endlich hält ein Skelett in die Höhe, die Kreise daneben geben die Zahl Neun. Die ganze Gruppe könnte danach den T a g „neun T o d " bezeichnen. C O P A N (Guatemala) und Q U I R I G U A (Honduras) (Nr. 33 bis 49), sämtlich Abgüsse der an Ort und Stelle verbliebenen Originale. An diesen beiden nicht allzuweit voneinander entfernten Lokalitäten finden sich ausgedehnte Ruinen verwandter Art, die in Hügeln verschiedener GröCe und Gestalt, Pyramiden mit Gebäuden auf ihrer oberen Fläche und umfangreichen Höfen bestehen. Die hervorragendsten Monumente aber sind einzeln aufragende S t e l e n , die
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auf einer oder zwei entgegengesetzten Seiten in tiefem Reliefe das Bild einer Gottheit zeigen, an den anderen mit Hieroglyphen bedeckt sind. Diese M o n u m e n t e sind, wie sich aus den Hieroglyphen ergibt, an dem Anfange eines der großen Zeiträume, die die Maya K a t u n n a n n t e n , und die 2 0 x 3 6 0 Tage u m f a ß t e n , oder am A n f a n g e eines der vier Viertel eines K a t u n s errichtet worden. Der Anfangstag dieses Abschnittes u n d sein A b s t a n d von dem N o r m a l d a t u m 4 a h a u , 8 c u m k u sind an der Spitze der Hieroglyphenreihen angegeben. Vor diesen Mon u m e n t e n finden sich in sehr vielen Fällen niedrigere, aus Stein gehauene Stücke, die m a n sich gewöhnt h a t als A 11 ä r e zu bezeichnen, obwohl sie vermutlich mit einem solchen nichts zu tun haben. Sie zeigen häufig die Gestalt eines Ungeheuerkopfes. (Vgl. Maudslay, Biologia Centrali -Americana, Archaeology.) Der größte Teil der hier ausgestellten Abgüsse sind Geschenke Sr. Exz. des Herzogs von L o u b a t in Paris. Altäre
von
Copan.
33—35 (in der Eingangsrotunde), 36—39 (im Lichthof). Nr. 33. Altar vor Stele 4. In der Mitte des großen Platzes. Nr. 34. Altar Q. Von der Mitte der Ostseite des Westhofes. An den vier Seiten sitzende Figuren, zwischen ihnen vorn das D a t u m 6 c a b a n 10 m o l . Auf der Oberseite Hieroglyphen, die mit dem D a t u m 5 c a b a n 15 y a x k i n beginnen. Nr. 35. Altar T. Von dem Dorfplatze in Copan. Auf der Ostseite ein Krokodil, dessen Schnauzenspitze über die Vorderseite, dessen gespaltener Schwanz in der Mitte der Hinterseite herabreicht. Zu beiden Seiten des letzteren, in Gestalt von sitzenden Figuren die D a t e n 3 c a b a n 10 m o l und 4 c a b a n 10 z i p . Auf der Vorderfläche und den beiden Seiten sitzende Figuren, Menschen und Tiergestalten. Nr. 36. Altar U. Vom Dorfplatze in Copan. Vorn das Gesicht eines Ungeheuers. An den Ecken sitzende
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Figuren. Auf der Ober- und Hinterseite Hieroglyphen, die mit dem Datum 2 c a b a n 20 p o p beginnen. Nr. 37. A l t a r vor der Stele M. Ungeheuer. Hinter dem K o p f e und auf den Gliedmaßen die Elemente des Zeichens c a u a c (Regen, Gewitter). Nr. 38. Altar vor der Nordseite der Stele N. Stellt ein Ungeheuer dar, vorn und hinten mit einem Gesichte. Auf der Oberseite eine Wirbelzeichnung. Auf den Schultern die Elemente des Zeichens c a u a c. Nr. 39. Altar vor der Stele D. A n zwei gegenüberliegenden Ecken das Gesicht und das Bein eines Ungeheuers. Auf dem hinteren gleichfalls die Elemente des Zeichens c a u a c (Regen, Gewitter). Nr. 40. Doppelköpfige Federschlange G. I an der Ostseite des großen Platzes. C o p a n. Der eine Kopf ist als lebende Schlange, der andere als Schädel gezeichnet. Aus dem aufgesperrten Rachen beider kommt eine Menschenfigur hervor. In der Mitte Hieroglyphen, die mit dem D a t u m 10 a h a u beginnen. Nr. 41. Skulptur am Treppenaufgang zum Tempel I I . C o p a n. A n der einen Breitseite ein doppelköpfiges Reptil, der eine Kopf lebendig, der andere als Schädel gezeichnet. Über dem Bauche die Elemente des Zeichens c a u a c (Regen, Gewitter). An der einen Schmalseite ein Frosch. Nr. 42. Stela 11. Im Jahre 1892 von der Expedition des Peabody Museums an der Ostseite der großen Pyramide 16 von C o p a n ausgegraben. Die Hieroglyphen der Hinterseite beginnen mit dem Tage 8 a h a u. Nr. 43. G r o ß e S t e l e K von Q u i r i g u a , unter dem Namen enano „ Z w e r g " bekannt, weil sie kleiner als die anderen Stelen dieser - Ruinenstadt ist. Es ist gleichzeitig das jüngste der dortigen Monumente. Auf der Vorder- und Hinterseite sind weibliche Gestalten, Gottheiten in reicher Tracht, dargestellt. Die Seiten sind mit Hieroglyphenreihen bedeckt. Die auf der rechten Seite des Monuments geben die Periode ( K a t u n) 3 a h a u 3 y a x und ihren Abstand von dem Normaldatum.
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Nr. 44. S k u l p t u r M von Q u i r i g u a. Ein Schlangenkopf. Über dem Auge das Zeichen i m i x (erstes Zeichen des Kalenders, Symbol der lebenspendenden Erde). Nr. 45. S i t z e n d e F i g u r von der Hieroglyphen treppe auf der Westseite des Hügels 26. C 0 p a n. Nr. 46. Z w e i F i g u r e n von der Terrasse an der Ostseite des großen Platzes. C o p a n. Nr. 47. K a t u n - Z e i c h e n (vgl. 43), Stele C. C 0 p a n. Nr. 48. H i e r o g l y p h e n 5—7, Stele D, Ostseite. Q u i r i g u a. Die erste bedeutet 0 x 2 0 , die zweite o x i , die dritte bezeichnet den Tag 7 a h a u. Nr. 49. H i e r o g l y p h e n . Copan. YUKATAN, Nr. 50—53. Nr. 50—52 sind Originalstücke, deren Fundorte des genaueren nicht bekannt sind, das übrige sind Abgüsse. Nr. 50. Z y l i n d r i s c h e S ä u l e , ringsum skulptiert. (Kopf einer Göttin.) Nr. 51. Vier Bruchstücke von zylindrischen Säulen, skulptiert. Nr. 52. R e p t i 1 k 0 p f. Nr. 52 a. W e r k s t ü c k mit skulptiertem Kopfe. Nr. 53. L i e g e n d e S t a t u e , die Abformung eines Steinbildes, das im Jahre 1877 von Auguste Le Plongeon in der Ruinenstadt C h i c h e n - i t z a in Yukatan im Zentrum einer 4 Meter hohen Pyramide, dem sogenannten Mausoleum I Teobert Malers, gefunden wurde. Zu den Füßen der Figur befand sich ein großes, I Meter im Durchmesser haltendes kreisrundes Steingefäß mit schwerem Deckel, und am Boden desselben eine Kristallkugel (.zaztun), wie sie von den Wahrsagern der Yukateken gebraucht wurden. Die Statue ist von Le Plongeon C h a c - m o 1, d. h. „Jaguar", getauft worden, ein gänzlich unberechtigter Name, unter dem die Figur aber in der wissenschaftlichen Welt bekannt ist. Ähnliche Steinbilder sind auch auf dem Hochlande, in Tlaxcala und in der Nähe von Mexiko gefunden worden. Ein weiteres in
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einem Tempel von Cempoallan, der alten Hauptstadt der Totonaken, nördlich von dem heutigen Vera Cruz. Nr. 5 3 a . (Vorderseite der großen Stellwand rechts): Teil des Reliefs, das die Innenwände einer Halle bedeckt, die der Außenseite der Ostseite des großen Ballspielplatzes in C h i c h ' e n I t z a unten angebaut ist. In der Mitte die Kenotaph-Figur (Rüstung und Schmuck) eines toten Heros, der von einer großen Federschlange (K u k u 1 c a n) begleitet ist. Ihm bringen die verschiedenen Stämme und die 11 z ä - Fürsten Huldigung und Gaben dar. Nr. 5 3 b . (Hinterseite derselben Stellwand): Links Reliefe einzelner der Wandpfeilerseiten an dem Eingange in die Cella des Tempels der Jaguare und der Schilde, der der Ostmauer des großen Ballspielplatzes in C h i c h ' e n I t z a aufgesetzt ist. — Darüber Abguß einer der Seiten der skulptierten Oberschwelle der Tür, die zu der Cella des Tempels der Jaguare und der Schilde führt. — Rechts: Abgüsse einzelner Seiten der Mittelpfeiler der Cella des „Castillo" (Schlosses) von C h i c h e n I t z a und der Pfeiler an den Türeingängen, die zur Cella und zu dem die Cella umgebenden Korridor führen. Nr. 53 c. Reste der mit Hieroglyphen bedcckten Ballspielringe (mexik. t l a c h t e m a l a c a t l ) , die, einander gegenüber, den Seitenwänden des Ballspielplatzes (mexik. 11 a c h 11 i , Maya h o m) von U x m a 1 eingesetzt sind. Den Ball durch einen dieser Ringe zu treiben, galt als der Hauptwurf. Nr. 53 d. Abguß eines Steinkopfes mit einer mosaikartigen Tatuierung auf der rechten Backe, der der Mitte des Friesuntergesimses des Erdgeschosses der C a s a d e 1 A d i v i n o in U x m a l aufgesetzt ist, gerade unter der großen Maske, die die Mitte des Frieses bildet. Die Stücke sind, wie der ganze mittlere Teil der Fassade, durch die Treppe überbrückt, die zu dem I. Stockwerke der Casa del Adivino emporführt. Der Kopf heißt bei den Indianern der Gegend „ L a V i e j a ", die alte Frau. Nr. 53 e. Abguß einer Reliefplatte von M a y a p a n (Hacienda X c a n c h a k a n ) , die in ihrem oberen Teile mit
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j e t z t fast ganz undeutlich gewordenen Hieroglyphen bedeckt ist. Ganz ähnliche Monumente werden bereits von Bischof Landa beschrieben. Nr. 53 f. Reliefplatte aus dem Museum zu Merida. Große stehende Figur und kleine vor ihr niederkniende. Andere Abgüsse yukatekischer Reliefe sind Raummangels halber im Schuppen in Dahlem untergebracht. M E X I C O , Nr. 54—70. Nr. 54—60 sind Abgüsse, meist aus dem Nationalmuseum in Mexico, Nr. 6 1 — 7 0 Originale. Nr. 54. S t a t u e der E r d g ö t t i n , Couatl-icue „ d i e mit dem Schlangengewand" oder Ciua-couatl die „Schlangenfrau", „weibliche Schlange". A m 13. August 1790 unter dem Pflaster des Hauptplatzes der Stadt Mexico aufgefunden. (Gewöhnlich, aber irrigerweise, als Teo-yaomiqui „ G ö t t i n des Schlachtentodes" bezeichnet.) Das kreisrunde Relief an der Vorderseite des Postaments ist der A b g u ß der Unterseite einer ähnlichen Kolossalfigur. Nr. 55. H i m m e l s g o t t (Feuergott) und Nr. 56. E r d g ö t t i n , beide aus Cozcatlan, Distrikt Tehuacan im Staate Puebla. Sie tragen auf dem Hinterkopfe eine Zahl und ein Zcichen, die zusammen ein Datum ergeben, einen Tag, der mit dem Wesen dieser Gottheiten in Verbindung stehend gedacht wurde. Die Erdgöttin gibt dieselbe Auffassung wieder, die in der Kolossalfigur aus Mexico, Nr. 54, zum Ausdruck gebracht ist. Bei Nr. 54 sind aber der Kopf und die Hände abgeschlagen gedacht, und an deren Stelle ringeln sich an den A r m stümpfen eine, an der Halsfläche zwei Schlangen empor. Nr. 57. Quauhxicalli d e s K ö n i g s T i ^ o c , der am 17. Dezember 1791 in der Nordwestccke des Hauptplatzes der Stadt Mexico vergraben aufgefunden wurde. Auf der Oberseite sieht man das Bild der Sonne. Die Reliefe des Zylindermantels zerfallen in 15 Gruppen von Kriegern, die je einen Gefangenen am Schopf halten. Die Krieger sind in der Tracht des Gottes Tezcatlipoca dargestellt (mit rauchendem Fuße), sind also keine gewöhnlichen
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Krieger, sondern als die im Himmel lebenden Seelen der toten Krieger aufzufassen. Sie führen Schild, Wurfbrett, Speerbündel und Handfähnchen. Ihr Führer trägt einen reicheren Federschmuck und ist durch die Hieroglyphe hinter seinem K o p f e als T i g o c o d e r T i g o c i c , der siebente mexikanische König, 1483—1486, gekennzeichnet. Die Gefangenen halten ein Speerbündel hinter sich und reichen mit der Rechten dem Sieger das W u r f b r e t t dar, mit dem die Speere geschleudert wurden. Hinter dem K o p f e jedes der Gefangenen steht eine Hieroglyphe, den Namen der Stadt darstellend, deren Unterwerfung durch die betreffende Gruppe bezeichnet wird. So finden wir als Namen der unterworfenen Städte, von der Gefangenenfigur des Königs anfangend und nach rechts fortschreitend: Nr. 1 Matlatzinco (Gegend von Toluca), Nr. 2 Ahuilizapan (Orizaba), Nr. 5 Colhuacan, Nr. 7 Xochimilco, Nr. 8 Chalco, Nr. 14 Cuellaxtlan (Cotastla im Staate Vera Cruz). Die 5. und 7. in der Reihe (Colhuacan und Xochimilco) sind in weiblicher Tracht dargestellt, denn die Stammgottheit dieser beiden Städte war die Erdgöttin. Sie halten statt des Speerbündels ein Webemesser (zum Festschlagen der Gewebefäden) hinter sich, das Merkmal weiblicher Tätigkeit. Auch die anderen Figuren sind augenscheinlich in der Tracht und mit den Abzeichen der betreffenden Landschaften oder ihrer Gottheit dargestellt. Die Figurengruppen sind unten und oben von einem schmalen Saume eingefaßt, der oben einen Sternhimmel, unten einen aufgeklappten Erdrachen darstellt. Zu der gleichen Klasse von Monumenten gehört auch der viereckige Stein. Nr. 58. O p f e r s t e i n , Quauhxicalli. Das Original ist im Jahre 1896 bei dem Abbruche eines Hauses an der Ecke des Hauptplatzes von Mexico unter den Fundamenten gefunden worden. Auf den Seitenflächen sind aber keine Gruppen von Kriegern und Gefangenen, sondern nur Kriegerfiguren in Wehr und Waffen dargestellt. Nr. 59. G o t t des S p i e l e s und Tanzes, Macuilxochitl oder Xochipilli. Die Figur scheint eine Maske vor dem Gesicht zu tragen. Das Original stammt aus T l a l m a n a l c o , jetzt im Museo Nacional de México.
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Nr. 60. Reliefstein, der auf fünf Seiten die Wellenlinien des Wassers (Bluts) und darauf abgeschnittene menschliche Glieder und eine große Figur des Obsidianschmetterlings I t z p a p a l o t l , auf der sechsten, der Vorderseite, in Relief den geopferten Krieger zeigt, mit aufgeschnittener Brust, den linken Arm ausgebreitet, so daß von dem Schilde, der nicht mehr der Verteidigung dienen kann, die Innenseite sichtbar wird. Nr. 60 a. Gipsabguß eines parallelepipedischen Steines. Auf der Ostseite Darstellung des Obsidian-Schmetterlings (Itzpapalotl); an den Seiten Totenschädel, vorn das Datum 12 Feuerstein (matlactli omome tecpatl). Mexico. Nr. 60 b. Gipsabguß eines hohen viereckigen Steinpfeilers mit den Daten: vorn i cipatli (Krokodil), links I tecpatl (Feuerstein), hinten 13 xochitl (Blume), rechts 13 acatl (Rohr). Von C a s t i l l o d e T e a y o (Kanton Tuxpan, Staat Vera Cruz). Nr. 60 c und d sind weitere Abgüsse von Skulpturen von C a s t i l l o d e T e a y o . Nr. 60 e—1. Abgüsse von Skulpturen aus der Umgebung der großen Tempelpyramide (Tajin) von P a p a n t l a , Staat Vera Cruz. Nr. 60 m. Gipsabguß einer Reliefplatte, vielleicht totonakischen Ursprungs, mit Darstellung eines Büßers, der sich einen Dornenzweig durch die Zunge zieht. Sein Körper ist reich tätowiert oder bemalt. Daneben steht eine kleinere Figur mit Schild, Speerbündel und Fahne. Oben sieht man das Datum „eins Jaguar", Huilocingo (Kanton Tuxpan). Nr. 60 n. Gipsabguß einer ähnlichen Platte wie Nr. 60 m, ebenfalls aus Huilocingo stammend, aber jetzt in dem Museum von Jalapa. Der Körper ist ebenfalls tätowiert. Zwischen den Beinen der Figur befindet sich dasselbe Datum „eines Jaguar". Den unteren Teil der Platte umgibt am Rande eine Art Feuerschlange (xiuhcouatl). Die Abgüsse der g r o ß e n M o n u m e n t e v o m M o n t e A l b a n bei Oaxaca und anderer aus denselben Gegenden stammender Skulpturen haben ebenfalls, Raummangels halber, im Schuppen zu Dahlem untergebracht werden müssen.
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Originale: Nr. 61. T lalo c , der Regengott. Nr. 62. Quetzalcouatl, der Windgott. Nr. 63. Priester des Regengottes T 1 a 1 0 c. Nr. 64. Federschlange ( q u e t z a l c o u a t l ) . Nr. 65. Schlange, auf dem Leibe mit Jaguarflecken gezeichnet, auf dem Hinterkopfe den „rauchenden Spiegel" des Gottes T e z c a t l i p o v a tragend. Nr. 66. Steinklotz mit flacher Aushöhlung. Die Skulptur bedeutet das Datum „7 Wind" chicome eecatl. Nr. 67. Papageienkopf. Nr. 68. Steinpfeiler mit der Hieroglyphe des Kriegs: „Wasser-Feuer" (all tlachinolli). Nr. 69. Säulentrommel. Nr. 70. Runder Stein mit dem Bilde eines Adlers. Nr. 73. S t e i n s e s s c l aus ECUADOR. Cerro de Hoja bei Monte Christi, unweit Manta an der Küste. Unter der Sitzplatte eine liegende Menschen- oder Katzenfigur. Nr. 74, 75. S t e i n f i g u r e n aus P E R U , H u a r a z. Nr. 76. F 1 a c h r e 1 i e f - P 1 a 11 e , Abguß. Aus einem unterirdischen Tempel in C h a v i n. Nr. 77. T o r v o n T i a h u a n a c o , BOLIVIEN, nahe dem Titicaca-See; Abguß und zwei 1/10 Modelle, das eine (mit dem in der Öffnung stehenden Mann, der die Größenverhältnisse veranschaulichen soll) für den gegenwärtigen Erhaltungszustand, das andere für die ursprüngliche Anlage. Das Original ist ein M o n o l i t h von sehr hartem Trachyt, der mit höchster Meisterschaft bearbeitet ist. Die Darstellung ist trotz vieler Deutungsversuche noch völlig dunkel geblieben. Die Vogelköpfe der Stäbe und eines Teils der beflügelten Figur sir.d Kondorköpfe. Nr. 78. S t e i n k ö p f von Tiahuanaco. Gipsabguß. SAAL V. Ergebnisse der 1. Preußischen (2. Deutschen) Turfanexpedition: Fresken und Kleinfunde, Chinesisch Turkistan.
I. STOCKWERK. E i n g a n g links:
Afrika und Ozeanien.') E i n g a n g rechts:
Amerika. S A A L I und
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Afrika. Die B e v ö l k e r u n g A f r i k a s bildet kein homogenes Ganze, sondern gehört mehreren Rassen an. W ä h r e n d der Nordrand und die Sahara größtenteils von Angehörigen der weißen R a s s e bewohnt sind, ist der ganze übrige Kontinent mit A u s n a h m e der Südspitze und einiger E n k l a v e n im Innern von dunkelhäutigen Menschen be') Die Sammlungen sind nach geographischen Gesichtspunkten geordnet, indessen hat sich bei ihrem andauernden, kräftigen Wachstum die ursprüngliche räumliche Anordnung nicht immer festhalten lassen, so daß nebeneinander stehende Schränke oft Sammlungen aus ganz verschiedenen Gegenden Afrikas und Ozeaniens enthalten. Die Schränke verteilen sich auf die einzelnen Säle folgendermaßen'. Es enthält Saal I die Schränke 1—40, 233—239, 2 5 / — 2 5 5 , 291—294 und die Wandplatten 261 und 262; Saal II die Schränke 41—50, 228—232; Saal III die Schränke 51—81, 240—246, 249, J50, 263, 295, 296; Saal IV die Schränke 201—227, 247, 248, 256, 260, 264, 265, 297,Galerie des Lichthofs: die Schränke 2 5 7 — 2 5 9 , 299. Saal VII in der 3. Etage: die Schränke 266—290, 298. Saal II lind Saal VII sind zur Zeit für das Publikum geschlossen.
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siedelt, die man unter dem Namen N e g e r zusammenzufassen pflegt, obwohl sie weder physisch, noch sprachlich, noch kulturell eine vollkommene Einheit bilden. Als gemeinsame k ö r p e r l i c h e M e r k m a l e betrachtet man außer der dunklen Hautfarbe hauptsächlich die platte eingedrückte Nase, die dicken wulstigen Lippen und das kurze krause, spiralig gedrehte Haar. Konstant ist eigentlich nur das letztere Kennzeichen; die Hautfarbe durchläuft alle Nuancen vom lichten Gelbbraun bis zum tiefen Schwarzbraun, ohne aber jemals wirklich schwarz zu werden, und statt der typischen Negernase findet man häufig schmale hochrückige, ja selbst Adlernasen. Diese Variabilität ist wohl auf Beimischung fremden Bluts zurückzuführen; es sind einerseits die Pygmäenrassen, anderseits die hellfarbigen Nordafrikaner, die hier in Betracht kommen. S p r a c h l i c h teilt man die Neger in zwei große Gruppen: die B a n t u , die die Südhälfte Afrikas einnehmen — bis zu einer Linie etwa, die den Cross River im Westen mit dem unteren Tana im Osten verbindet — und die S u d a n n e g e r , nördlich der Bantu bis zur großen Wüste. Während die Bantusprachen, die sich durch großen Formenreichtum auszeichnen, im grammatischen Bau und im Wortschatz einander sehr ähnlich sind, weichen die Sudansprachen so beträchtlich voneinander ab, daß man erst in jüngster Zeit imstande gewesen ist, ihre Zusammengehörigkeit wahrscheinlich zu machen. Über das Verhältnis der beiden Sprachen familien gehen die Meinungen auseinander; eine ältere Theorie hielt die Bantusprachen für die ursprünglichen und die Sudansprachen für Abkömmlinge derselben, die unter dem Einfluß hamitischer Sprachen degeneriert seien; eine neuere Ansicht läßt umgekehrt die Bantusprachen unter hamitischer Einwirkung aus den Sudansprachen hervorgehen. Eine Reihe von Sprachen, die sich im Grenzgebiet der zwei Hauptgruppen finden, sind wahrscheinlich als Mischsprachen aufzufassen. Nordafrika ist das Gebiet der h a m i t i s c h e n S p r a c h e n ; hierzu gehören die Berber des Nord-
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westens, die Tuareg der Wüste, die Fulbe und Haussa im westlichen Sudan, die alten Ägypter, die B e d j a - S t ä m m e am roten Meer, die Galla und Somali, dieMasai, Nandi u. a. Völker in Ostafrika. Einige dieser Sprachen, wie Haussa. Masai, Nandi, weisen eine starke sudanische Beeinflussung auf. Körperliche und kulturelle Merkmale zeigen aber, daß hamitische Wanderungen viel weiter ins Negergebiet gedrungen sind, als die Sprache nachzuweisen gestattet. Die B a h i m a z. B., die herrschende Klasse in den Staaten an den großen zentralafrikanischen Seen von Unyoro bis Urundi gehören nach ihrer körperlichen Erscheinung durchaus in den Kreis der hamitischen Völkergruppe, obwohl sie heute die Sprache der unterworfenen Bantu sprechen. J a sogar die Sprache der südafrikanischen Hottentotten zeigt in ihrer Grammatik deutliche Spuren hamitischen Einflusses und wird daher von einigen Sprachforschern direkt der hamitischen Familie zugerechnet. Der zweite und hauptsächlichste Faktor bei der Entstehung des Hottentottischen ist zweifellos die Sprache der Buschmänner gewesen, aus der auch die eigentümlichen Schnalzlaute in die Sprachen der Hottentotten und der benachbarten Bantustämme übergegangen sind. B u s c h m ä n n e r und H o t t e n t o t t e n , deren Reste heute in die unwirtlichsten Gegenden, wie die Kalahari und die Sandsteppen Deutsch-Südwest-Afrikas zurückgedrängt sind, haben früher zweifellos ganz Südafrika bis zum Sambesi, j a vielleicht noch viel weiter nördlich, bewohnt. Durch das Vordringen der Bantu nach Süden und später durch die europäische Kolonisation sind sie dann mehr und mehr zurückgetrieben und schließlich fast ausgerottet worden. Beide Völker sind hellfarbig, die Buschmänner außerdem ausgezeichnet durch ihre geringe Körpergröße, die im Durchschnitt nicht mehr als 1,44 m beträgt. Auch in Zentralafrika, in den großen Urwäldern des Kongogebiets und der Westküste, gibt es Pygmäenstämme, die vielleicht den Buschmännern verwandt sind, aber keine eigene Sprache besitzen, sondern die der benachbarten Bantu oder Sudanneger sprechen. Man betrachtet Buschmänner und Pygmäen als die ältesten
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Bewohner A f r i k a s ; wo und unter welchen Bedingungen die Hottentottenrasse sich gebildet hat, ist noch ein Rätsel. Wiederholt haben s e m i t i s c h e Einwanderungen in A f r i k a stattgefunden; eine ältere hat semitische Sprache und K u l t u r nach Abessinien verpflanzt, während sich im Gefolge der großen islamischen Religionsbewegung zahlreiche arabische S t ä m m e über N o r d a f r i k a und einen großen Teil des Sudan ergossen haben. Älter noch als diese Völkerwanderungen sind die Ansiedlungen arabischer K a u f l e u t e an der ganzen Ostküste bis hinab nach Sofala, die ihre Handels- und Sklavenraubzüge bis tief ins Innere des Kontinents ausdehnten. Arabische Kleinstaaten f a n d e n die Portugiesen am Ende des 1 5 . J a h r h . längs der ganzen K ü s t e ; einzelne, wie der v o n Sansibar, haben bis in die Neuzeit bestanden. Mit einer sehr alten arabischen B e siedelung werden von manchen Forschern auch die v o r geschichtlichen Goldminen und Steinbauten in Rhodesia in Verbindung gebracht. Auf der großen Insel M a d a g a s k a r schließlich, die ursprünglich auch von Negern bewohnt war, haben wiederholte Einwanderungen von Indonesien her m a 1 a i i s c h e Sprache und K u l t u r zur H e r r s c h a f t gebracht. Man kann A f r i k a in zwei K u l t u r k r e i s e einteilen, von denen der eine die Westküste und den größten Teil des Kongogebiets, der andere den ganzen übrigen Kontinent südlich der S a h a r a umfaßt. Die H a u p t m e r k male des ersteren, gewöhnlich westafrikanischer K u l t u r kreis genannt, sind: rechteckige Giebeldachhäuser, die Verwendung von Palmfasergewebe und Rindenstoff zur Kleidung, geflochtene Schilde, Bogen mit B a m b u s - oder Rotangsehne, die hölzerne Schlitztrommel und die damit verbundene Trommelsprache, Geheimbünde mit Maskentänzen, das Ordal des G i f t t r a n k s und die Anthropophagie; die • Hauptkulturpflanzen sind die B a n a n e und einige Knollenfrüchte, als Haustiere werden Huhn, Ziege und Schwein gehalten. Dem zweiten Kulturkreis gehören an: Rundhütten, Leder- und Fellkleidung, Bogen mit Lederoder Tierfasersehne, Fell- und Lederschilde, Wurfkeulen,
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K ö r b e in Spiralwulsttechnik, die R i n d v i e h z u c h t und der A n b a u von Hirsearten. D a z u treten im S u d a n noch m a n c h e besonderen Eigentümlichkeiten, wie im Osten W u r f h o l z und Wurfeisen, im W e s t e n der G e l b g u ß usw. Beiden Kulturkreisen gemeinsam ist die G e w i n n u n g und V e r a r b e i t u n g des Eisens. I. Südafrika A. Die hellfarbigen Völker. ( H o t t e n t o t t e n und B u s c h m ä n n e r ) . Die H o t t e n t o t t e n bewohnen hauptsächlich D e u t s c h - S ü d w e s t a f r i k a ; ihre Nordgrenze ist e t w a der 23.0 südl. Br., wo sie an die Hererö grenzen. Sie sind ein Hirtenvolk, im Gegensatz zu den unter ihnen und in der K a l a h a r i ( K u n g , Haiumga) zerstreut lebenden B u s c h m ä n n e r n , die ein unstetes Jägerleben führen. S t ä r k ster und reinster S t a m m der H o t t e n t o t t e n sind die N a m a in G r o ß - N a m a l a n d ; mehr mit fremden E l e m e n t e n durchsetzt sind dagegen die Griqua an den K a r r o o b e r g e n und in Griqualand und die K o r a n n a im Gebiet des Oranjefreistaats. Mischlinge v o n H o t t e n t o t t e n und W e i ß e n sind die Bastards, die sich zum Teil zu eigenen S t ä m m e n z u s a m mengeschlossen haben. Bemerkenswert aus dem Kulturbesitz dieser Völker sind die prachtvollen Fellmäntel (Karoß), die Steinskulpturen und Malereien der Buschmänner (mehrere Steine mit Darstellungen von Tieren: Antilopen, Elefant, Nashorn, Strauße zwischen Saal I und III), sowie deren Waffen (Bogen und vergiftete Pfeile); ferner Steinwerkzeuge, besonders runde, durchbohrte Steine, die zum Beschweren der Grabstöcke dienen, mit denen die Buschmänner Wurzeln und Knollen aus der Erde stechen ( 3 h ) . Sachen der im Caprivi-Zipfel wohnenden Hukwe-Buschmänner in Sehr. ig. Ein Gipsabguß eines männlichen Buschmannes in Saal I gegenüber Sehr. 21. Die den Buschmännern nahestehenden Zwergvölker sind bei den Stämmen aufgestellt, unter denen sie leben; demnach siehe die Abongo bei den Gabunvölkern (z. Z. weggepackt), F ü h r e r durch das Museum f ü r Völkerkunde.
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50 die (25 die bei
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Watwa (Bdtua und Bapoto) im südlichen Congobecken und 2 7 ) sowie in Ruanda und Urundi (49, 291, 292), Akka bei den Niarn Niam. (14), die Wambutti (Ewe) den Zwischenseevölkern (16).
B. Die sUdlichen Bantuvölker. 1. Die Kaffern. Sie sind der am weitesten nach Südosten vorgeschobene Teil der Bantuvölker und deren energischste und kriegerischste Vertreter. Die Südgrenze ist jetzt der Große Fischfluß im Kapland; im Westen gehen sie bis in die Kalahari hinein. Die Grenze in Norden bildet der Sambesi, jedoch sind einzelne Kaffernhorden bis über den Nyassa-See hinaus, ja bis iast an den Victoria-Nyansa vorgedrungen; im allgemeinen kann die Breite von Sansibar als äußerste Grenze ihres Vordringens nach Norden gelten. Heute zerfallen sie in folgende Hauptgruppen: a) Die Südost-Kaffern im Osten des Kaplandes bis zur Grenze von Natal ( A m a k o s a , A m a p o n d o , F i n g u ) . b) Die S u 1 u (Zulu) in Natal und im Sululand. Sie sind der kriegerischste und bestorganisierte aller Kaff er stämme und nehmen mit ihren häufigen Kriegen gegen die Weißen einen breiten Raum in der Geschichte Südafrikas ein. Zu ihnen gehören die Matabele und Amaswasi. c) Die B e t s c h u a n e n , in der Mitte Südafrikas, zwischen Oranjefluß und Sambesi. Sie sind weniger kriegerisch als die Sulu und der Kultur zugänglicher. Die Betschuanen zerfallen in zahlreiche Stämme, deren hauptsächlichste sind: die Basuto, Ost- und West-Bamangwato, Bakwena, Barolong, Batlapi etc. Untergegangen sind die in der ersten Hälfte des Jahrhunderts an den Sambesi gewanderten Makololo. Auf das Niveau der Buschmänner herabgedrückt sind die in die Steppe hinausgedrängten und verkümmerten Bakalahari. d) Den Kaffern nahe verwandt und von eingedrungenen Kaffernhorden durchsetzt sind die Völker nördlich des Limpopo und die Stämme am unteren und mittleren Sambesi: die Baronga an der Delagoa-Bay, die Makalanga und Maschona in Rhodesia, die Landin am unteren
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Sambesi, die Marutse oder Barotse, Mambunda, Masupia, Batonga am mittleren Lauf dieses Stromes, die Maschukulumbwe nördlich davon usw. Den kriegerischen Neigungen der Kaffern entsprechend, nimmt die Bewaffnung in ihrem Kulturbesitz die erste Stelle ein, wie die zahlreichen Angriffs- und Schutzwaffen bezeugen. Außerdem ist bemerkenswert neben der eigenartigen Fellkleidung der ungemein reichhaltige Schmuck; ferner die kunstvollen Schnitzarbeiten (Schnupftabaksdosen, Stöcke) der Sulu, die Zauberwürfel der Amakosa und die aus Straußeneiern bestehenden Wasserbehälter der Bakälahari. Ausgewählte Proben von dem Kulturbesitz der verschiedenen Kaffernstämme befinden sich in Schränk 21. Gebrauchsgegenstände der Sulu, darunter ein Häuptlings schmuck, Perlenschmuck verschiedener Art und Kopfbänke auf der Galerie des Lichthofs in Schrank 299. Der bei weitem größte Teil der Sammlungen hat wegen Raummangels weggepackt werden müssen. 2. Die südwestlichen Bantu. Die Gruppe umfaßt die O v a h e r e r o (3f'S), O v a m b o , O n d o n g a und O v a m b a n d j e r u (3e). Dem körperlichen Habitus nach gehören dazu auch die B e r g d a m a r a (HauKoin) (3e), die aber hottentottische Sprache haben. Alle diese Völkerschaften bewohnen den nördlichen Teil Deutsch-Südwestafrikas bis zum Kunene. Die Herero treiben ausschließlich Viehzucht, während die Ovambo schon Getreide bauen. Bezeichnend für den ganz in der Viehzucht aufgehenden Charakter der Herero ist die ungemein große und mannigfaltige Sammlung von Geräten für Milchwirtschaft; eigenartig ist auch die Kleidung und der Schmuck, besonders der Hererofrauen. Die ursprünglichen Waffen, Speere und Bogen, sind sehr zurückgetreten und verkümmert, da die Herero schon lange fast alle mit Flinten bewaffnet sind. Sammlungen von den Stämmen des C a p r i v i Z i p f e l s sind in Sehr. 19 aufgestellt. (Ein großer Teil der sehr reichhaltigen Sammlungen aus Deutsch-Südwestafrika ist aus Mangel an Raum nicht aufgestellt.) 4*
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II. Zentralafrika. A. Der Westen. Die ungeheure Menge der im gewaltigen Becken des Kongo und an der langgestreckten Westküste wohnenden Bantuvölkerschaften zerlegt man behufs leichterer Übersicht am besten in geographisch bestimmte Gruppen, deren Benennung sich vorteilhaft an die Stromgebiete anschließt. i. Kassai-Völker. Nördlich von den im Museum nicht vertretenen Völkerschaften der Wasserscheide zwischen Sambesi und Kongo, den Ambuella, Ganguella, Luchaze etc., nehmen die L u n d a - V ö l k e r einen breiten Raum ein. Ihre politische Organisation gipfelt in dem durch seine merkwürdige Regierungsform berühmten Lundareich des Muata-Jamwo (28), doch gehören zu den Lundavölkern auch noch die überaus rührigen und als Jäger und Händler geschickten K i o q u e (28), wie auch die Bewohner von Kazembes Reich. Von höherem Interesse und auch stärker in den Sammlungen vertreten sind die durch die Reisen von Pogge, Wißmann, Wolf, von François etc. so bekannt gewordenen Stämme im Norden der Lunda-Völker, die verhältnismäßig hoch kultivierten B a k u b a mit den ihnen verwandten Bakongo, Baschilele und Bena Lussambo (27) und die B a 1 u b a mit ihrem durch den erst vor wenig Jahrzehnten eingeführten Hanf(Riamba)-Kultus merkwürdigen Seitenzweig der B a s e h i 1 a n g e (25). Zu ebenderselben Gruppe zwischen dem Loange im Westen und dem Lualaba-Kongo im Osten gehören ferner die in viele Unterstämme zerfallenden Bassonge, Batetela, Bena N'Gongo im Süden und die Bakete, Bassongo-Mino, Bajeje etc. an den nördlichen Zuflüssen des Kassai (Sankurru) (24. 25). Zwar dem Kassaigebiet, aber einem anderen Kulturkreise gehören die Anwohner des Kuango an, die Minungo, Songo, Bangala, Schinsche, Hollo (28) an dessen Oberlauf, die Mayakalla (26) am Mittellauf und die W a b u m a (26) um die Einmündung des Kuango in den Kassai und an dessen unterstem Lauf selbst. Räumlich weit von allen diesen
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Völkerschaften getrennt, nur flüchtig von europäischen Reisenden (v. François) berührt und in ihrer ethnologischen Stellung noch wenig bekannt sind die Anwohner des Lulongo, Tschuapa und Bussera, die Balolo, Imballa, Inkundo und Baringa, und die Bena-Kamba am Mittellauf des Lomami (25). Spärlich über den z e n t r a l a f r i kanischen Urwald verteilt leben inmitten der hochgewachsenen Bantustämme die Batua und Bapoto, Angehörige der merkwürdigen, kleinwüchsigen Urrasse, die B a t u a besonders im Flußgebiet des Sankurru (27), die B a p o t o am Tschuapa (25). Neben vielem Gemeinsamen, z. B. der aus den Fasern der Raphiapalme gewebten Kleidung, dem geflochtenen oder durchflochtenen Schild und dem das Abgleiten der Sehne verhindernden Bogenknauf, haben alle diese Völkerschaften ihre Besonderheiten, die im Charakter des Kulturbesitzes trefflich zum Ausdruck gelangen. Besonders bemerkenswert sind: 24: Die überaus elegant und kunstreich gearbeiteten Messer, Äxte und Speere. Kultfiguren der Bassonge. 25: Die großen Trommeln in Menschengestalt. Eine außerordentlich schöne Baluba-Holzfigur, einen alten Krieger in voller Rüstung darstellend; die Difvma dia Dikongo, das alte Reichszepter des Baschilange-Häuptlings Mona Katembe. 27: Bemalte Tanzmasken; schön geschnitzte Trinkbecher (z. T. in Form menschlicher Köpfe) und andere Gefäße aus Holz; hölzerne Tabakspfeifen mit Knochen mundstück; reich ornamentierte Trinkhörner aus Büffelhorn und Nachahmungen von solchen aus Holz; Schwerter und Dolche in verschiedenen Formen; prachtvolle Plüschgewebe aus der Faser der Raphiapalme. 28 : Großes Musikinstrument (Marimba ), Keulenszepter. Kioque-Holzfiguren, an ägyptische Figuren erinnernd. Die Kongovölker. a) Aus dem Gebiet des o b e r s t e n K o n g o bis zu den Stanley-Fällen hinunter sind im Museum vertreten: das große, mit den Baluba nahe verwandte Volk der Warua, ferner die Wamarungu, Waguha, Wabudschwe,
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Wasi-Malungo, Waregga (23); nördlich schließen sich an die Manyema und die Wakussu (24 a ). Zu erwähnen sind die schön geschnitzten Ahnen figuren (mit der typischen Haartracht), Bogenhalter und Trommeln der Warua, die Speere und Schwerter der Manyema und Wakussu, die Schilde der Wasi-Malungo und Wabudschwe (Saal I, nördl. Längswand). b) Den o b e r e n K o n g o von den Stanley-Fällen abwärts bewohnen Stämme (Wakumu, Wabuna, Wassangolo, Basoko, Topoke), deren Technik, soweit sie sich in ihren Schilden und Angriffswaffen offenbart, sicherlich am höchsten von allen zentralafrikanischen Völkern steht *). Bekannter als alle diese sind die zwischen unterem Ubangi und Kongo sitzenden Bangala, ein Handelsvolk, das gleich den um die Kassaimündung wohnenden Bayansi und Bateke ausgezeichnet ist durch den ungemein massigen Schmuck, der in Gestalt schwerer Metallringe um Arme, Hals und Beine getragen wird (26 und 40). In Sehr. 26 befinden sich die Sammlungen von den Bateke und ihren südlichen Nachbarn (Babuma, Bahuana etc. )•, Holzfiguren der Bateke und Bahuana, Messinghalsring der Bateke-Häuptlinge, merkwürdige runde Wurfmesser, die geschnitzte und bemalte Haustür der Wambundu. In Sehr. 40 Sammlungen von den Bayansi, Bangala, Bondjo, Wangata, Bapoto: die Rieht- und Opfermesser der Bangala und die mannigfaltigen Formen der Wurfmesser und des Eisengeldes. c) Der u n t e r e K o n g o . Vom Stanley-Pool abwärts bis zur Mündung werden die Ufer des Stromes von Stämmen bewohnt (Babwende, Bakongo, Mussorongo, Muschikongo, Kakongo), die mit den Völkerschaften im nördlichen Angola, wie auch den zahlreichen Stämmen der Loangoküste ethnographisch die größte Ähnlichkeit besitzen. Von den Loangostämmen seien nur erwähnt die Bawili, Mayombe, Bakunya, Bayaka, Bantetje und Balumbo. T ) Die hierher gehörigen Sammlungen haben weggepackt werden müssen, um Raum für neue Sammlungen zu schaffen; voraussichtlich werden in nächster Zeit aus demselben Grunde noch weitere Teile der Kongo-Sammlung fortgeräumt werden müssen.
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Von den Sammlungen, soweit sie Kultus und Aberglauben dieser ganzen Region betreffen, ist eine kleine Auswahl in 38 aufgestellt; der größere Teil hat wegen Raummangels w.ggepackt werden müssen. Interessante Elfenbeinschnitzere. in und eine große Federmaske der Bawili ebenfalls in 38. 3. Das Uelle-Gebiet ist der Sitz der h o c h k u l t i v i e r t e n , a b e r m e n s c h e n f r e s s e n d e n M a n g b e t t u , der gleichfalls a n t h r o p o p h a g e n A s a n d e oder N i a m - N i a m , Bombé, M a k r a k á , M o m f ú , B u b u etc. (14). Von den Mangbettu sind zu nennen die Sichelmesser, Tongefäße, großen viereckigen Holzschilde, von den Niam Niam die großen Elfenbeinhörner, Wurfmesser, Haarnadeln, Saiteninstrumente, von den Bubu die schönen Speere. 4. Ogowe-Völker. Keilförmig schiebt sich zwischen die S t ä m m e der L o a n g o k ü s t e einerseits u n d die v o n K a m e r u n andererseits die V ö l k e r g r u p p e der m e n s c h e n fressenden F a n g oder P a n g w e , deren s t ä n d i g e s V o r r ü c k e n nach d e m Meere die f r ü h e r im Ogowegebiet ansässigen S t ä m m e z. T. fest an die K ü s t e gepreßt, z. T. schon auf d a s linke Ogoweufer h i n ü b e r g e d r ä n g t h a t . Die h a u p t s ä c h l i c h s t e n dieser letzteren s i n d : die Akelle, Mpongwe, Osekiani, Orungu, Ininga, Galloa, O k o t a , Okande, Apingi, Osaka, A d u m a u n d M b a m b a . Beachtenswert sind außer den Korbflechtereien und Holzschnitzereien die Eisenarbeiten der Fangvölker (Schwerter und Wurf messer ); von hohem Interesse auch die wahrscheinlich den portugiesischen Entdeckern entlehnten, auch sonst in Westafrika (Kamerun, Togo) stellenweise vorkommenden Armbrüste *). 5- Kamerun, das in den S a m m l u n g e n a u ß e r o r d e n t l i c h reich v e r t r e t e n ist, bildet keine e t h n o g r a p h i s c h e Einheit, sondern zerfällt d u r c h die Scheide zwischen B a n t u - u n d S u d a n n e g e r n in zwei Teile. Freilich ist die Grenze, die im allgemeinen m i t derjenigen zwischen W a l d l a n d und Grasland z u s a m m e n f ä l l t , keine scharfe, d a eine R e i h e von S t ä m m e n U b e r g a n g s - u n d M i s c h u n g s m e r k m a l e in K ö r p e r b e s c h a f f e n h e i t , K u l t u r u n d S p r a c h e zeigt. *) Alle diese Sammlungen sind aus Raummangel weggepackt worden.
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a) V o n den Küstenstämmen sind am bekanntesten die D u a 1 a am Kamerun-Aestuarium, ein Handelsvolk, das unter jahrhundertelanger Berührung mit den Europäern seine kulturelle Eigenart zum größten Teil eingebüßt hat. Ihnen schließen sich an die Bakwiri am K a m e r u n b e r g um Buea, die Abo, Bassa und im Süden die kleinen Stämmchen der Batanga, Banoko und Bapuku. Charakteristisch für die Duala sind in erster Linie die für die sogenannte Trommelsprache gebrauchten Signal trommeln, ferner die bemalten Büffelkopfmasken und die Maskenanzüge aus netzartig geknüpftem. Stoff (4*), die Stühle (oben auf dem Schrank ) und die Boote mit ihren reich geschnitzten phantastischen Schnäbeln und bemalten Rudern (östliche Querwand von Saal I und auf Sehr. 31—32 ). (Nur ein Teil der Sammlungen ist ausgestellt. ) b) Im südlichen Kamerun, zwischen Sannaga und der Südgrenze, sind die alteingesessenen Stämme durch das Eindringen der Fang in zwei Hälften gespalten worden. Im Westen wohnen das große, in viele Unterstämme gegliederte V o l k der Bakoko (Welle) zu beiden Seiten des unteren Sannaga, die Mabea und Ngumba. Im Osten sitzen die sprachlich und ethnographisch anscheinend den Ngumba verwandten Makä, Nyem, Bómome, Kunabembe, Nsimu etc. Zwischen beide Gruppen haben sich von Süden her keilförmig die F a n g eingeschoben, die in viele Stämme zerfallen, wie die Buie, Yengóne, Bane, Yaunde, Yetuti, Mpfong, Genoa, Esüm, Ntum, Mvai etc. Bei den Yaunde und den übrigen Fangstämmen (30, 279, 285) nehmen das größte Interesse in Anspruch die auf die Pubertätsfeier bezüglichen Gegenstände, besonders die von den mannbar werdenden'Jünglingen (insofun ) während der Übergangsperiode angelegten Kleidungs • und Schmuckstücke; ferner die bei dem beliebten Hasardspiel gebrauchten geschnitzten Spielmarken, Holzmasken mit Hörnern, das Eisengeld u. a. m. Von den Bakoko (34 a ) sind besonders zu erwähnen die eigenartigen geschnitzten Saiteninstrumente, die gemusterten Weiberschurze aus Blattstreifen, bemalte Zierbretter von Häusern; von den Ngumba (34b) die Ahnenfiguren (Ngule c malang), von den Mabea (34 ) schön geschnitzte Stöcke.
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c) Im östlichen K a m e r u n bildet der S a n n a g a die ungefähre Grenze zwischen B a n t u u n d Sudannegern. Der bedeutendste S t a m m zwischen S a n n a g a u n d Mbam sind die u n t e r F u l b e - H e r r s c h a f t stehenden W u t e (31), die ebenso wie der östlich von ihnen sitzende große S t a m m der Baia (l a ) mit den Bewohnern v o n A d a m a u a (Mbum etc.) v e r w a n d t zu sein scheinen. Südwestlich der Wute, z. T. von ihnen unterworfen, wohnen die Bati u n d Bapea. Zu erwähnen ist besonders die Bogenspannung der Wute mittels geschnitzter Spannhölzer, von denen eine ganze Reihe, neben vielen Schutzpolstern für das linke Handgelenk in 31» ausgestellt sind. Andere bemerkenswerte Erzeugnisse ihrer hochentwickelten Technik sind die Schwerter, die Kalebassen etc.; auch ihre riesigen, aus Büffelhaut gefertigten Schilde (nördliche Längswand Saal I ) verdienen Beachtung. Wurfmesser und Spielmarken der Baia. d) Das Waldland des nordwestlichen K a m e r u n beh e r b e r g t eine Reihe von S t ä m m e n , die sowohl in ihren Sprachen, soweit dieselben b e k a n n t sind, als auch in ihrer K u l t u r die Merkmale einer Mischung von B a n t u und Sudannegern aufweisen. Am meisten B a n t u c h a r a k t e r besitzen natürlich die südlichsten Völker, die B a k u n d u , Bafo, Balong (39), Bamboko, Ngolo (37 a ' b ) etc., während die Banyang, Bangwa (32^ b ), Keaka, Ekoi (32 c , 33), A n y a n g (294 ) etc. sich in vielen Zügen den Bewohnern von Calabar und denen des Graslandes nähern. Die Boki am Nordufer des Cross-Flußes gehören bereits zu den Sudannegern (33). Besonders ausgezeichnet sind alle diese S t ä m m e durch die außerordentliche Entwicklung des Fetischwesens und der auch sonst in Afrika weit verbreiteten Geheimbünde. Letztere haben hier, obwohl auf religiösem Boden ruhend, zum großen Teil politische Bedeutung angenommen. Die Sammlungen von Geräten etc., die beim Kult und in den Geheimbünden Verwendung finden, sind sehr reichhaltig; hervorzuheben sind besonders die mannigfaltigen, oft sehr phantastischen geschnitzten Figuren von Menschen und a b Tieren (32, 37 > , 39, 294), die Gesichtsmasken, häufig in Form von Ochsenköpfen, sowie die höchst merkwürdigen,
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mit Haut überzogenen Köpfe, die als Abzeichen der Klassen der Geheimbünde dienen und bei Tänzen auf dem Kopf befestigt werden (32, 33). Eine Anzahl größerer Holzfiguren stehen frei neben den Schränken 25— e) Nördlich an das feucht-heiße Waldland grenzt das hochgelegene kühlere Grasland, bewohnt von Stämmen, die, wie Sprache und Kultur zeigen, aus einer Mischung zwischen Sudannegern und Bantu hervorgegangen sind. Einzelne Stämme sind nachweislich vor nicht langer Zeit aus Adamaua eingewandert, zuletzt die Bali. Das Gebiet zerfällt in eine große Anzahl meist kleiner Staaten; der größte ist Bamum, am bekanntesten ist bisher Bali geworden. Die Sammlungen aus Bamum befinden sich in den Schränken 4^f, 35 u. 36, die aus Bali in Sehr. 4sb. Schnitzwerke meist noch aus dem Nachlasse von Cook stammend, c d Keulen aus Holz, Knochen, Nephrit und aus anderem harten Gestein. SteinZu beiden Seiten des Pultschrankes frei beile, Angelhaken. an der Wand größere Schnitzwerke. Über dem Pultschrank an der Wand die geschnitzten Giebel- und Seitenwandbretter eines Vorratshauses. 2 4 0 oben zwei kleine, reich geschnitzte Kanoes, unten Keulen und Ruder. Beim Fenster neben Schrank 56 die Figur eines Maori-Häuptlings in vollem Schmuck, 5 2 a Mäntel aus Phormium tenax und aus Streifen von Hundefellen, Taschen, Beutel, Kämme. 249 Zwei alte tätowierte Köpfe, Schnitzwerke und Gipsabgüsse von solchen.
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Hawaii, 57, a Schmuck, Mörserkeulen, Steine zum maikaSpiel, b Halsgehänge mit Schnüren aus Menschenhaar, Mörser, Lampen, Fakeln, c Fächer, Steinbeile. 57 Boden. Hausmodelle. 58 Rindenzeuge (kapa) und Geräte zu ihrer Herstellung und Bemalung, in der Mitte die Figur eines Häuptlings mit kostbarem Federmantel. 59a Musikinstrumente, 59b>° Gefäß aus Holz und Kalebassen. 60 Federkragen, Helme, Idole, Dolche, Bretter zum Sporte des Schwimmens in der Brandung, Netze, Angelhaken, Apparate zum Octopus-Fang. Ein großes altes Boot hängt frei über Schrank 57. Ein merkwürdiges Idol, wohl einen alten spanischen Seefahrer mit Perücke und Halskrause darstellend, steht frei zwischen den Schränken 52 und 54 und ein anderes steineres Idol frei neben der Tür zwischen Saal I und III. Rapanui (Osterinsel), 68b>c. In b verwitterte Planke (angetriebenes Holz) mit Resten der für die Insel bezeichnenden alten Glyphen. Einzelne alte und sehr kostbare Schnitzwerke, Ruder, Geräte aus Obsidian; daneben eine größere Anzahl neuerer Gegenstände, die anfangs der achtziger Jahre auf Veranlassung von Mr. Salmons, einem HalbblutTahitier, angefertigt und an Reisende verkauft wurden. (Die Sammlung ist wegen Raummangels nur z. T. ausgestellt.) Tonga, 66a>b Keulen, Flöten mit Brandmalerei, OctopusKöder, Körbe, Kämme, Steinbeile, Bögen, genähte Matrizen zum Bedrucken von Rindenzeug. Samoa. 63 a Geräte zur Bereitung von Kawa, dem aus der Wurzel von Piper methysticum hergestellten Getränke, das durch seinen Gehalt an Kawain eine Wirkung äußert, die mit der von Kokain verglichen werden kann. Die älteren Angaben, daß Kawa ein alkoholisches Getränk sei, sind unrichtig. Fächer und geflochtene Körbe. 63b Perücken für Häuptlinge, aus mit Kalk entfärbten menschlichen Haaren. Kämme, Wedel. Geräte zum Tätowieren. 63c Fischereigeräte, insbesondere Angeln. Netze, Reusen, Fischspeere und Haifischangel. Modell eines Bogens, Schleuder, Feuerbohrer und Steinbeile. Hausmodell, verschiedene Keulenformen, 64a und b_ Sprecherstäbe, Kopfbänke. Verzierte Scheiben aus Kokos-
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nußschalen und lange Matten zum Aulafo-Spiel. In 64 b unten feine weiße fellartig geflochtene Matten (iesina )• Oben Kopf eines prähistorischen Steinnagels. In 64° Rindenzeug, geschnitzte Bretter und genähte Matrizen zum Bedrucken von solchem — mit unseren Platten für Holzschnitte zu vergleichen. Schlägel zur Herstellung von Rindenzeug, rote und gelbe Farbe zum Bemalen derselben. Neben dem Schranke und an der Fensterwand zwei große Reibsteine, auch zum Zerkleinern von Kawa-Wurzeln verwendet. Über dem Schranke ein kleines Auslegerboot, Einbaum mit Ovula ovum verziert, an der Wand gegen Saal IV, über den Schränken 244—246 ein größeres Auslegerboot, aus mehreren Planken so kunstvoll zusammengenäht, daß fast nirgends Fugen sichtbar sind. Bei Schrank 63 zwei alte Signaltrommeln, Speere in 203 (Saal IV). Paumotu-Gruppe, 56 a . Über Schrank 57 ein Boot aus Mururoa mit genähten Planken. Tahiti, 56 b . Vorzügliches altes Rindenzeug, Fächer, Schmuckstücke. Ruderförmige Keulen in 202 (Saal IV). H e r v e y - I n s e l n , 56 c . Reich geschnitzte ,,Gabenschaufeln", darunter eine mit einer halben Fruchtschale der Seychellen-Palme (Lodoicea), alle Steinbeile mit geschnitzten Stielen, große, besonders schön geschnitzte alte Trommel, Angelhaken, Ösfässer. Markesas-Gruppe, 66 c , 67. Alle Keulen, Speere, geschnitzte Tritte für stelzenartige Geräte, ähnlich den Spaten der Maori. Alte Muscheltrompeten, reich verzierter kronenartiger Kopfputz, kleine Schnitzwerke aus Knochen mit Darstellungen der auf den Markesas besonders reich entwickelt gewesenen Tätowierung. Ein Zwischengebiet, das in seinem nördlichen Teil bereits nach Mikronesicn überleitet, bilden Niue, Rotuma, Uea, Tokelau, Ellice-Inseln. 68 a Steinbeile, Schurze, Fächer, Schmuck, Keulen in Ruderform und Speere aus Niue in 202 (Saal IV). IV. Mikronesien (Saal III). Die m i k r o n e s i s c h e n Völker schließlich bewohnen die Pelau- und Karolinen-Gruppe, die Marianen
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und die Marshall- und Gilbert-Inseln. Physisch sollen sie ein Mischvolk von Mela- und Polynesiern sein, was natürlich nur so verstanden werden könnte, daß Anklänge an beide Typen unter ihnen zur Beobachtung kommen. Blasrohr und Wurfbrett (neben Speer und Bogen) der Pelau-Inseln weisen auf die nahe Nachbarschaft im Westen hin, ebenso die kunstvoll gewebten Gürtel, Bänder und Stoffe. Auf den Marshall- und Gilbert-Inseln aber hat die Verwendung scharfer Haifischzähne zum Besatz von Dolchen, Schwertern und riesigen Kampfspeeren eine eigene Art von mörderischen Waffen ausgebildet, zu deren Abwehr wiederum, trotz des äquatorialen Klimas, zu deren tige Panzer erforderlich waren, ganz in der Art und auch von dem Gewichte unserer Ritterrüstungen, aber aus Kokosfasern geflochten und mit menschlichen Haaren höchst sorgfältig verziert. Wie in Melanesien dienen auch hier aus Muscheln geschnittene Scheibchen, deren Gewinnung und Herstellung ein Regale der Häuptlinge ist, als Geld, unseren kleinsten Kupfermünzen entsprechend, während auf Pelau einzelne alte Glasperlen aus der Zeit der ersten Entdecker heute den Wert großer Goldstücke oder Banknoten haben und als kostbare J u welen einzeln bekannt sind, so daß sie nicht mit modernen Perlen verwechselt werden können. Glasperlen werden in Masse als Schmuck eingeführt und verdrängen rasch die schönen alten Schmuckstücke, welche in kunstvoller Weise aus weißen und roten Muschelscheibchen, Kokosnußringen, Schildpatt und durchbohrten Zähnen hergestellt waren. A. Ost-Mikronesien. Außer Beziehungen zu Polynesien und dem gemeinmikronesischen Element besitzen die hierher gehörigen Gruppen gewisse Besonderheiten, deren auffälligste der Gebrauch der mit Haifischzähnen besetzten Speere und Schwerter ist. Doch sind auch in Schmuck, Fischereigerätschaften u. a. Übereinstimmungen deutlich er kennbar. Gilbert-Inseln. Verwandtschaft mit Zentral-Polynesien
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auf der anderen Seite in der Flechttechnik der Körbe und der Form der Schöpflöffel Anklänge an indonesische Erscheinungen. Eigentümlich sind die schweren, aus Kokosfaserschnür geflochtenen Panzer und Helme. 54 f . Ebendort Schmuck (z. T. mit Pottwalzähnen), Schwerter und Keulen, Reusen, Angelgerät, Netze. Speere neben dem Schrank 223/224 (Saal IV). Ein Gilbertkrieger in voller Rüstung neben 54 f . Marshall-Inseln. Nähere Beziehung zu Hawai (Auslegerform) und Ponape (Trommel). Besonders ausgebildet ist die Matten flechter ei, hervorragend interessant aber weiter die Herstellung von Seekarten aus Stäbchen mit aufgebundenen Steinchen und Muscheln; teils soll so die Lage der Inseln zueinander, teils sollen Strömungen, herrschende Windrichtungen u. a. dargestellt sein. 54d'e. Außerdem Beile, Drillbohrer, Kokosnußund Brotfruchtschaber, Ösfässer, Angelgerät, Konserven für größere Bootfahrten, Bootschmuck, ein Hausmodell, Wassergefäße, Fächer, Schurze, Schmuck, Flechtmaterial, Klangstäbe zur Begleitung von Tänzen. Ein großes Boot mit Ausleger und Mattensegel aus Raummangel weggepackt. Nauru. Mischkultur von Gilbert- und Marshall-Inseln. 5 4 c : Geflochtene Kappen, Schmuck, Körbe, Netze, Angelgerät, ein Käfig für zahme Fregattvögel, Bola zu deren Fang, Reusen, Fallen. B. Karolinen- und Nachbarinseln. Die A u s ü b u n g der W e b e k u n s t , die sonst in Ozeanien v ö l l i g fehlt, ist die wichtigste Eigenschaft der hierher gehörigen Inselgruppen, eine weitere die v e r h ä l t n i s m ä ß i g h o h e A u s b i l d u n g des Verkehrs mit Hilfe v o n Geldsurrog a t e n . Endlich ist auch der G r u n d t y p u s des Bootes im größten Teile des Gebietes der gleiche. Besonders in den westlichen Teilen ist starke A n l e h n u n g an die indonesische K u l t u r nicht zu übersehen. Kuschai. Der Gebrauch des Kettebocks zur Herstellung der mehrfarbigen Kette ist für die Insel charakteristisch (früher war er wohl auch auf Ponape vorhanden). Webstuhl, Gürtel mit bunter Kante, Rohmaterial; Schmuck, Geld
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(z. T. Schäfte alter Angelhaken), Körbe, Beile (ähnliche Form wie inPonape), Ruder, Tarostampfer, 62 a - i . Hausmodell neben 55 a . P o n a p e , 241. Matten, gewebte Gürtel mit gemusterten In a Enden, Schurze, Beile, Tanzpaddel, Speere, Keulen. Altertümer aus den Ruinen von Nanmatal: Armringe, Muschelscheibchen von Halsketten, Teile von Angelhaken. Trommel frei neben dem Schranke. Truk-Mortlock, 61. Zwei Bootschnäbel, Angelhaken, Keulen, Schleudern, Handwaffen, Beile, Tätowierinstrumente, Tanzstäbe; Schurze, gewebte Stoffe, ein Hut, Ohrpflocke, ponchoartige Gewänder, Schmuck aus Muschel- und Kokosnußscheibchen (darunter ein langer Gürtel). Nukuor. Polynesische Bevölkerung mit einer TrukMortlock nahestehenden Kultur. 62 : Beile, Deckelgefäße, Fischleinen, Angelhaken, Schmuck; ferner eine rohe menschliche Figur. G r e e n w i c h - I n s e l n , 246°. Webstühle, Haifischhaken, Netz, Tapa. Uleai. Zwischenstellung zwischen Truk-Mortlock und Yap: Schmuck, geflochtene Schurze, Holzgefäße in Fischgestalt. 2 4 2 a . Yap. 54 a . Hausmodelle, Fensterhaken, Beile, Drillbohrer, Angelhaken, Netze, Reusen, Ruder, Fallen, Körbe, Tongefäße, Stampfer; Schmuck aller Art. b: Holzschüsseln, Deckelgefäße, Bambusbüchsen, Taschen, Messer und Löffel; Speer und Speerschleudern, Dolche; Webstuhl; Proben von Arragonitgeld. Zwei große Stücke davon in Form von Mühlsteinen sind an der Westwand des Saales aufgestellt. Hausmodelle stehen noch an der Ostwand, die Speere sind größtenteils in 247 (Saal IV) unten aufgehoben. Pelau. Hier macht sich der indonesische Einfluß am deutlichsten geltend; Bogen und Pfeil sowohl wie das Blasrohr sind auf ihn zurückzuführen. Eigentümlich sind der Gruppe die gepreßten Schalen aus Schildpatt, die mit Perlmutter eingelegten Holzgefäße, Lampen aus Ton, den antiken ähnlich, besonders aber das aus alten Perlen bestehende Geld. 65. In a außerdem Netze, Angelgerät, Taschen, Schurze; in c Schmuck, Tongefäße, Beile, Tanzstäbe.
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Gewebte Gürtel, DeckelSüdwest-Karolinen, 242b-c. gefäße, Schnurwickler, Tätowierinstrumente, Schmuck. C. Marianen. Die heutige Bevölkerung ist stark mit Tagalen, Karoliniern und anderen Elementen gemischt, daher auch die Kultur wenig ursprünglich, doch sind im Erdboden und in Höhlen noch Reste des Besitzes der alten Chamorro gefunden worden, und auch einige der Pfeilergruppen, auf denen sie ihre Häuser zu bauen pflegten, haben die Zeit überdauert. 296. Speerspitze aus Knochen, Werkzeuge aus Muschelschale, Schmuck aus Tridacna, Schleuder steine, Angelgerät, Fallen, Netze; Kokosnußschaber, Mörser, Holzgefäße, Musikinstrumente, Kreisel, Spielbrett, Modell eines Wagens. Ein großes Tongefäß steht frei neben dem Schranke. Eine vergleichende Zusammenstellung von Bootmodellen aus ganz Ozeanien enthalten die Schränke 274*, 275*.
NORDAMERIKA. S A A L VII. R e i h e n f o l g e der S c h r a n k n u m m e r n : Schrank 1—20 Hyperboräer (Eskimo). Schrank 21—94 Indianer. Schrank 95—99 Altertümer. Hyperboräer. Schrank 1. Gegenstände der Tschuktschen und der neben ihnen an der asiatischen Seite des Beringmeeres angesiedelten Eskimo. Nr. Ii Schlitten von Kamtschatka (ähnlich den Schlitten der Alaska-Eskimo). Geschenk der Deutschen Südpolar-Expedition. Schrank 2. U nun gun (Aleuten) und K a n i a g m u t (Insel Kadiak); u. a. Regenmäntel aus Robbendärmen (auch die auf dem Boden von Schrank 3 A, B liegenden gehören hierher). Hauptsächlich alte Sammlung von der Fahrt der „Prinzeß Louise" (182g). Der äußerste Norden Amerikas und die beiden Ufer des Beringmeeres sind von Volksstämmen bewohnt, die, in Sprache, Sitte und Lebensweise gleich, als I n n u i t bezeichnet werden mögen, nach dem Wort, mit dem sie in ihrer Sprache Menschen ihrer A r t benennen. E s k i m o wurden die in Labrador ansässigen Angehörigen dieser Nation von den benachbarten Algonkinstämmen genannt. Gleich den Indianern der Nordwestküste sind die Innuit eine ausgesprochene Küstenbevölkerung. Aber während den ersteren die fast stets eisfreie Küste und die großen, von dichter Vegetation umsäumten Flüsse es ermöglichen, ihren Lebensunterhalt ohne Schwierigkeit mit dem Fisch-
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fang zu erwerben, sind die Eskimo in der Hauptsache auf die großen Tiere des Meeres angewiesen, die sie im Sommer im leichten mit Fell überzogenen Boot (K a y a k) auf hoher See aufsuchen, während sie ihnen im Winter auf dem Eise an den Löchern auflauern, die sich der Seehund zum Atemholen offen hält. Und während die Wälder der Nordwestküste den daselbst ansässigen Indianern ein unerschöpfliches Material für alle ihre Lebensbedürfnisse bieten, sind die Eskimo, denen nur das spärlich von Meeresströmungen an ihre Küste getriebene Treibholz zu Gebote steht, genötigt, ihr Haus aus Steinen und Erde oder aus kunstvoll übereinander gefügten Schnee blocken zu bauen und die Knochen und Zähne der Seetiere und Tierhäute zur Herstellung von Böten, Waffen und Hausgerät zu benutzen. In der Anpassung aber an das unwirtliche Klima, in der Ausnutzung der Hilfsquellen, welche das Meer darbietet, in der technischen Durchbildung und künstlerischen Ausgestaltung der mannigfaltigen Geräte, deren sie zur Jagd, beim Befahren des Meeres, bei der Schlittenreise über das Eis benötigen, haben die Eskimo Großes geleistet. Man kann dreist behaupten, daß man mit der größten Anstrengung des Geistes, mit dem uns zu Gebote stehenden Material schwerlich zweckentsprechendere oder auch nur bessere Geräte schaffen könnte, als sie die Eskimo geschaffen haben. — Über die weite Küste des Eismeeres zerstreut, den Binnenstämmen feindlich gegenüberstehend oder der Nachbarn Hunderte von Meilen gänzlich entbehrend, müssen die Eskimo vielerorts lange Jahrhunderte gänzlich unberührt fortbestanden haben. So sind sie noch im letzten Jahrhundert, ja vor wenigen Jahrzehnten, an der Ostküste von Grönland in Angmagsalik angetroffen worden. Anderwärts, so namentlich in Westgrönland und Labrador, oder auch bei den sogenannten zentralen Eskimo von Baffinland, hat die Berührung mit den Europäern vielfach umgestaltend gewirkt. Im Westen endlich sind die Eskimo mit den Indianerstämmen in engere Berührung gekommen und haben von diesen mancherlei übernommen.
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Die Sammlung von den Alaska-Eskimo, eine der schönsten und vollständigsten, die existiert, geht fast ganz auf den Reisenden Adrian Jacobsen zurück, der die Halbinsel 1882)83 im Auftrage des Ethnologischen Hilfskomitees bereiste. Schrank 3 A, B. Knochenschnitzereien (Bohrerbügel, Pfeilstrecker, Tabakspfeifen etc.) mit Ritzzeichnungen. Reiche Auswahl von Schmucksachen an der Hinterwand. Eskimo von Alaska. Schrank 4. Selawigmut, Kaviagmut, Mahlemut, Unaligmut. Hauptsächlich Geräte zu Jagd und Fischfang, Fellbearbeitung etc. Schrank 6. Kwikpagmut (an der Yukon-Mündung ). Tanzmasken; Figur eines Schamanen in vollständiger Ausrüstung. Jagdgerät. Schrank 8. Magemut, Kuskwogmut. Hausgerät; an der Hinterwand groteske Tanzmasken, darunter solche in Miniaturform, die bei den Tänzen auf die Finger gesteckt werden. Schrank 10 A, B. N u s ch a g a gmut, 0 gulmut; Schrank 10 C. Tschugatschigmut (am Prince William Sound). Die letzteren sind die südlichsten AlaskaEskimo und bilden bereits den Übergang zu den Nordwestamerikanern. Schrank 16. Z e n t r a l e E s k i m 0. A, B: 1 g lu l i k , Aiw ilik , Kinipetu (Westküste der Hudsonbai). Sammlung Kapt. Corner. C: 0 q 0 miut, Akudnir miut. (Baffinland, hauptsächlich Cumberland Sound). Sammlung Dr. Franz Boas und Bernhard Hantzsch. Schrank 17. Ost-Grönland (Angmagsalik), Austausch mit dem Kopenhagener Museum und Sammlungen Kruuse und Leden. Nr. iy1 Schlitten. Deutsche Ost-Grönland-Expedition 1869/70. Schrank 18 A, B. Eskimo vom Smith-Sund und Kap York, die nördlichsten Menschen. Sammlung von der Reise des Amerikaners P e ar y (i8g6) und Christian Leden. Nr. 181 Schlitten und Nr. 182 K ay ak vom Smith-Sund.
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Nr. 181 Kayak von Kap York. Glaskasten 19. Funde aus Eskimogräbern in W e s t 0 s t - Gr önl an d , meist von den Reisen Erich und v. Drygalskis 1891—93 (Geschenk) und von der zweiten deutschen Nordpolexpedition 1869/70. Schrank 20. A . B . WestGrönland, meist ältere Sammlungen (Sommer, Kall, Whymper) und Sammlung Hagenbeck und Leden. C. Labrador und S ü d gr önl and. Nr. 201 Kayak. Nr. 201 Winterhaus, Modell. Nr. 203 Kayak von Süd-Grönland. Nr. 20* Weiberböte (umiaq) von West-Grönland, Modelle.
Stämme der Nordwestküste. Den Übergang von den Eskimo zu den Nordwestamerikanern bilden einige Tinne (Athapasken)-Stämme des Yukon-Beckens und der Südküste Alaskas (Sammlung Jacobsen): Schrank 22. Kaiyukhotana, von den Eskimo I n g alik genannt, Bewohner des unteren Yukon. Schrank 23. In der unteren Hälfte Sachen von den Kaiyukhotana (Birkenrinden-, Tongefäße etc.), in der oberen von den Knaiakhotana, den Bewohnern der Halbinsel Kenai. Schrank 24. Ahtena (Copper River), bereits stark von den Tlingit beeinflußt. Figur eines Schamanen in vollem Putz. Vom Puget-Sunde im Washington-Territorium zieht nach Norden bis nach Alaska eine durch tiefe Fjorde und vorgelagerte Inselgruppen zerrissene Küste, die, von südlichen Meeresströmungen erwärmt, durch Regenfälle von anderwärts kaum erreichter Massenhaftigkeit und Häufigkeit befeuchtet, ein gleichmäßiges mildes und trübes Klima aufweist, dessen Wirkungen sich sowohl in der dichten, alle Kämme und Klüfte überziehenden dunkelgrünen Waldbedeckung, wie in der gleichmäßigen, von der der Jägerstämme des Innern beträchtlich ab-
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weichenden Lebensweise und Lebensart der Bewohner des Landes aussprechen. Die Stämme, die hier wohnen, gehören fünf verschiedenen Sprachgruppen an. Im Süden a m Puget-Sunde, an der Küste zu beiden Seiten des Fräser River und im Südosten von Vancouver Island bis zum Cape Mudge wohnen Selisch-Stämme. Derselben Gruppe gehören auch die B i 1 c h ü 1 a (Bellacoola) an, die weiter nordwärts an der Küste zwischen anderssprachigen Stämmen eingekeilt sitzen. Die Westküste von Vancouver Island bis nördlich des Nutka-Sundes wird von einer Anzahl nahe verwandter Stämme eingenommen, die man wohl unter dem Namen NutkaS t ä m m e zusammenfassen kann. Man hat sie auch als Aht-Stämme oder Ahts bezeichnet, weil ihre Stammnamen sämtlich auf die Silbe aht ( = Volk, Leute) ausgehen. Der Norden von Vancouver Island und die Küste nordwärts bis zum Gardener Channel wird von den Kwäkiutl u n d H e i l t s u q (Bilballa) bewohnt, die eine abweichende, aber doch mit der der Nutka-Stämme in entfernter Verwandtschaft stehende Sprache sprechen. Kwäkiutl und Nutka faßt man als die Gruppe der Wakasch-Stämme zusammen. Nordwärts von den Heiltsuq folgen die Ts'emschian und N a s - c h a , die wiederum eine besondere Sprachgruppe bilden, und nördlich und westlich von diesen noch zwei sprachlich verschiedene Völker: die Chaeda oder Haida mit den K a i g a n i , welche die Queen-Charlotte-Inseln und den Süden des Princeof-Wales-Archipels bewohnen, und die Tlingit, die nördlich davon bis an den Ostfuß der S. Elias Range sich ziehen. — Wie sehr aber auch diese Völker ihrer Sprache und wohl auch Abstammung nach auseinandergehen, so sind sie doch die Träger einer scharf ausgeprägten, eigentümlichen, einen sehr einheitlichen Typus darstellenden Kultur. In der Nahrung sind diese Stämme auf den Fischfang angewiesen. Im Frühjahr wird in Mengen der Hering gefangen, wenn er in den flachen Buchten zum Laichen aufsteigt. An den Außenküsten wird mit Grundangeln dem Dorsch und dem Heilbutt nachgestellt. Vor allen Dingen aber ist es der Lachs, der für die Ernährung
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des Volkes in Betracht kommt und der namentlich (in getrocknetem Zustande) als Vorrat für den Winter und als Reiseproviant dient. Aus einer kleinen Stintart endlich (Thaleichthys pacificus) wird ein Öl gewonnen, das mit zerstoßenen Waldbeeren vermischt eines der gewöhnlichsten und beliebtesten Nahrungsmittel bildet. Das Material für Häuser und Geräte liefert der Wald. Sogar die Kochtöpfe bestehen aus Holz. Das Wasser in ihnen wird durch hineingeschüttete glühende Steine erhitzt. Als Kleidung dienen Tierfelle und Gewebe, die sie aus gesponnenem Zederbast und der Wolle einer wilden Ziege herzustellen wissen. Ähnlich den Stämmen des östlichen Nordamerika besitzen die Völker der Nordwestküste eine ausgebildete Geschlechter- und Clanverfassung. Bei den nördlichen Stämmen (Tlingit, Haida, Ts'emschiàn, Hëiltsuq) führen sich diese Geschlechter auf bestimmte Tiere zurück. Hauptgeschlechter sind Wolf und Rabe, die aber in Untergeschlechter zerfallen oder wohl auch in verschiedene Geschlechter gleichen Ranges auseinandergehen. Die Angehörigen eines Geschlechts betrachten sich als blutsverwandt, und Ehen zwischen den Angehörigen desselben Geschlechts sind untersagt. Das Kind gehört in das Geschlecht der Mutter (Matriarchat). Bei den südlicheren Stämmen (Kwäkiutl, Nutka, Selisch) führen die Geschlechter ihren Ursprung auf bestimmte mythische oder göttliche Ahnherren zurück. Das Matriarchat besteht nicht mehr in seinem vollen Umfang. Die Zugehörigkeit zu einem Geschlecht kann durch Heirat erworben werden. Dieser natürlichen Gliederung des Volkes parallel läuft eine künstliche, indem eine Anzahl Orden oder geheimer Gesellschaften bestehen, die bestimmte Geister zu ihrer Disposition haben und diese in den großen winterlichen Tanzfesten mimisch zum Ausdruck bringen. Diese Orden scheinen bei den südlicheren Stämmen, insbesondere den Kwäkiutl, ihren Ursprung gehabt zu haben. Die Abzeichen der Orden sind meist aus gefärbtem Zederbast gefertigt. Die Orden selbst haben sich von den Kwäkiutl aus nordwärts bis zu den Ts'emschiân und Haida
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verbreitet. Von den Wappentieren der Geschlechter, den mythischen Ahnherren, den Geistern, die der Spiritus rector der verschiedenen Orden sind, sind eine Menge Erzählungen im Umlauf. Die oben geschilderte natürliche und künstliche Gliederung des Volkes ist eben nur ein Ausdruck des religiösen Fühlens und des kosmogonischen Denkens der Nation. Der Widerstreit der Naturgewalten, der dem Menschen freundlichen und feindlichen Gewalten, ist in den Tieren, von denen sich die Geschlechter ableiten, in den vom Himmel herab oder aus der Tiefe des Ozeans heraufgekommenen Ahnherren der Geschlechter mythisch zum Ausdruck gelangt. Der einfache Schamanismus verknüpft sich damit, der durch gewisse Mittel bestimmte Geister sich dienstbar und für bestimmte Zwecke nutzbar zu machen sucht. All die Gestalten aber, welche die Phantasie dieser Völker ersonnen, haben sie sich tausendfach und überall in bildlicher Darstellung vor Augen gezaubert. Vor den aus schweren Planken gezimmerten Häusern, die die Angehörigen eines Geschlechts zum Winteraufenthalt beziehen, sind mächtige Pfeiler errichtet, in denen in konventionellen Formen die Wappentiere und die ihnen untergebenen oder verwandten Gestalten oder die Ahnherren der Geschlechter dargestellt sind. (Vgl. die beiden hohen Wappenpfähle im Lichthof, S. 10.) In gleicher Weise sind im Innern des Hauses der mächtige hölzerne Divan, der an der Seite des Feuers steht, die Balken, die das Dach tragen, die Wände der Schlafkammern bemalt. Auf den ledernen Tanzdecken sind die Totemtiere gemalt, in die wollenen eingewebt, der Haut des Oberkörpers werden sie eintätowiert. Gefäße, Schüsseln, Hausgerät jeder Art, Tanzrasseln, Pfeifen etc. sind mit Darstellungen der mythischen Tiere oder mit Vor allem auf sie bezüglichen Figuren geschmückt. aber sind die Kopfaufsätze und die großen Holzmasken, die bei den winterlichen Tanzfesten getragen werden, eine wahre Enzyklopädie des religiösen Glaubens und der mythischen Vorstellungen dieser Völker. Die Sammlungen bilden in der Hauptsache das Ergebnis des durch das Ethnologische Hilfskomitee im F ü h r e r durch das Museum für Völkerkunde.
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Interesse des Königlichen Museums ausgesandten Reisenden J a c o b s e n während der Jahre 1882—1883 (siehe Amerikas Nordwestküste I/II. Berlin 1883, 1884). Schrank 26. T lingit. Sammlungen der Gebrüder Dr. Arthur und Dr. Aurel Krause und Schenkungen des Herrn Paul Schulze in Portland (Oregon). Schrank 29, 30. Haida. In einer Abteilung des Schrankes 2g eine Zusammenstellung von prächtigen Schnitzereien aus Schiefer (Wappenpfähle, Pfeifenköpfe) Schmucksachen, Amuletten etc. Hierher gehörig: Nr. 301 Hausmodell, Nr. 302 Modell eines Wappen Pfahls, Nr. 303 Hauszierat: geschnitztes Tier, Nr. J04 zwei Bären (jetzt an der Wand vor dem Treppenaufgang zum zweiten Stockwerk), Nr. 30S doppelköpfiger Schwertwal, Nr. 306 Kleiderkiste., Nr. 301 Abguß einer Kiste aus schwarzem Schiefer. Schrank 31. Ts' emschidn. Nr. 311 Kleiderkiste. Schrank 32. Bilchüla. Schrank 33. Heiltsuq. Hier außerdem eine Zusammenstellung von Musikinstrumenten der Indianer von der Nordwestküste. Sie werden bei den Mysterien der Geheimgesellschaften gebraucht, aber nicht zur Begleitung des Gesanges. Nr. 321 Boot, Nr. 32* Häuptlingstuhl, Nr. 321 bemalte Holzkiste. Schrank 43, 45, 46. Kw äkiutl. Nr. 461 Holzkiste als Pauke, Nr. 462 neun Holzkisten, Nr. 461 sechs große HolzfLiuren, Nr. 464—5 acht große Eßgefäße, Nr. 466 Vogel, zehn Bretter und deren Gelenkverbindung zum Tochuitl-Tanz, 461 Schlaf- und Ankleidekoje. Schrank 49, 51. Nutka. Nr. 511 Adler aus Holz (Hausschmuck), Nr. 512 Zwei Kleiderkisten. Nr. 5J3 Tanzdecke mit Bemalung. Schrank 52. S e Ii s c h der Küste des Festlandes und vom Südosten der Vancouver-Insel (hauptsächlich der Cowichan-Gruppe; weniges von den Comox und Songisch). Nr. 521—3 Abguß des Felsreliefs von Nanaimo und von Yellow Island nahe Comox, Vancouver. Geschenk von K. Morris Jesup und Austausch mit dem
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Amer. Mus. of Nat. Hist. in New York. (Treppe vor Saal VII.) Nr. 524 Grabfigur eines Häuptlings, Yale am Fräser River. Schrank 54 A—C. Fischereigerät der Kwäkiutl, Nutka und Küsten-Selisch.
Das östliche Nordamerika, Central Basin und Kalifornien. In vorkolumbischer Zeit waren diese Gebiete von einer großen Zahl verschiedensprachiger Völker bewohnt, deren Kultur, im einzelnen variierend, doch gewisse einheitliche Züge aufweist, jedenfalls aber damals eine weit höhere Entwicklungsstufe erreicht hatte, als wir jetzt an den zurückgedrängten und durch die Berührung mit den Europäern degenerierten Nachkommen dieser Völker wahrnehmen. Unter den noch vorhandenen Stämmen hat man eine Anzahl Gruppen unterscheiden gelernt, deren Angehörige die gleiche oder verwandte Sprachen sprechen. So die Algonkin, deren vorgeschrittenste Repräsentanten die Delawaren oder, wie sie sich selbst nennen, L e n a p e und die M a h i k a n i k oder Mohikaner waren, und zu denen auch die im westlichen Seengebiet wohnenden O d s c h i b w ä (Ojibway) und M i n o m i n i , die S a k (Sauk) und F o x und die S c h a w a n o (Shawnee), die ehemaligen Bewohner des Ohio-Tals, zu rechnen sind. Im östlichen Seengebiet die Familie der HuronIrokesen; derselben Familie gehören in Tennessee und Nordkarolina die T s c h e r o k i (Cherokee) an. In den Südstaaten der Union die Gruppe der Maskoki (Muscogee), unter denen die S e m i n 0 1 e n am berühmtesten geworden sind. Westlich des Mississippi die große Familie der Sioux (Sioux im engeren Sinne oder D a k o t a , W i n n e b a g o , Assiniboin, Mandan, Crow, O m a h a etc.), die Käddo mit den P a n i (Pawnee), die sprachlich zu den Algonkin gehörenden K r i, B 1 a c k f o o t , A r a p a h o und S c h e y e n n e , die Kaiowä (Kiowa), und die Küstenindianer von Texas und vom 7*
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unteren Rio Grande. D i e w e i t v e r b r e i t e t e F a m i l i e der Tinne o d e r A t h a p a s k e n , d e r e n H a u p t s t o c k g a n z i m N o r d e n i n A l a s k a (s. o.) u n d d e m G e b i e t d e r e h e m a l i g e n H u d s o n B a y - C o m p a n y wohnt, während V e r w a n d t e v o n ihnen (u. a. d i e H u p a) i n K a l i f o r n i e n l e b e n , a n d e r e (die g e fürchteten A p a t s c h e u n d die N a v a h o) in d e n südlichen Territorien der U n i o n u n d in den Nordstaaten M e x i k o s u m h e r s t r e i f e n . In d e m C e n t r a l B a s i n d i e K u t o nacha ( C o o t e n a y ) , Schahaptin o d e r N e z p e r c e s u n d die F a m i l i e d e r Selisch o d e r F l a t h e a d s — w i e sie g e w ö h n l i c h , a b e r e i g e n t l i c h sehr m i t U n r e c h t g e n a n n t w e r d e n — die v o m C e n t r a l Basin aus an verschiedenen S t e l l e n bis a n d a s W e s t m e e r v o r g e d r u n g e n s i n d . F e r n e r d i e F a m i l i e d e r Schoschoni o d e r Schlangenindianer, die n e b e n den Y u t e ( U t a h ) a u c h d i e d o r f b e w o h n e n d e n H o p i oder M o k i (siehe die „ P u e b l o s " u n t e n S . 104) u n d die streifenden K o m a n t s c h e u m f a ß t , u n d der a u c h d i e s o n o r i s c h e n V ö l k e r M e x i k o s u n d die M e i k a n e r s e l b s t v e r w a n d t z u sein s c h e i n e n . E i n e große S p r a c h z e r s p l i t t e r u n g z e i g t K a l i f o r n i e n , w o u. a. d i e Y u r o k , K a r o k , W i s c h o s k , W i n t u n , P o m o , H u p a , M a i d u , M u t s u n ganz verschiedene Sprachen reden. E b e n s o b i l d e n i m N o r d e n in O r e g o n d i e Y u k w i n a , W a y i l a t p u , T s c h i n u k , M a k l a k oder K l a m a t h eigene selbständige V ö l k e r - u n d Sprachengruppen. A l l e diese S t ä m m e l e b t e n v o r w i e g e n d oder a u s s c h l i e ß lich v o m E r t r a g e d e r J a g d o d e r d e s F i s c h f a n g s u n d v o n den eßbaren W u r z e l n und den Beeren, die die Prärie und der W a l d darboten. D a n e b e n a b e r f a n d bei einer g r o ß e n Z a h l v o n S t ä m m e n , i n s b e s o n d e r e bei d e n e n , die in a l t e n Z e i t e n d e n O s t e n d e r h e u t i g e n U n i o n b e w o h n t e n , ein m e h r o d e r m i n d e r a u s g e d e h n t e r A c k e r b a u s t a t t . M a i s , B o h n e n u n d K ü r b i s s e w a r e n die F r ü c h t e , die g e b a u t wurden. Die W o h n u n g e n waren bei den mehr seßhaften S t ä m m e n des Ostens ziemlich solide aus P f ä h l e n u n d Baumzweigen erbaut und mit Matten gedeckt. Sie w u r d e n n i c h t s e l t e n a u f d e r S p i t z e u n d in der N ä h e v o n k ü n s t l i c h e n E r d h ü g e l n (Mounds) e r r i c h t e t . Und
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Mounds wurden auch über den gesammelten Gebeinen der Toten aufgeschüttet. Aus diesen Mounds sind in den letzten Jahrzehnten eine Fülle von Gegenständen zutage gefördert worden, Gefäße, Messer, Geräte aus Stein, Schmucksachen aus Muschelschalen etc., die technische Vollendung und einen gewissen künstlerischen Geschmack bekunden. Man hat diese in früheren Jahren einem besonderen ausgestorbenen oder ausgewanderten M o u n d • b u i 1 d e r - Volke zuteilen wollen. In neuerer Zeit ist aber der sichere Nachweis geführt worden, daß einzig die Vorfahren der jetzigen Indianerstämme, Tscheroki, Schawano (Shawnee) u. a. die Urheber der Mounds und die Verfertiger der in den Mounds begrabenen Gerätschaften gewesen sein können. Westlich des Mississippi haben bis in unser Jahrhundert hinein die alten Verhältnisse fortbestanden. Die festen Ansiedelungen bestanden hier aus .halbkugeligen Erdhütten. Vielfach aber wurde an Stelle dessen das bewegliche Zelt (Tipi) gebraucht, aus Stangen und bemalter Tierhaut errichtet (siehe Nr. 57* zwischen Schrank 20 und 136). Die Einführung des Pferdes hat in der Prärie eine mehr nomadische Lebensweise gefördert. Die Stämme der Rocky Mountains und des Central Basin sind meist Fußgänger geblieben. Die Geschlechter- und Clanverfassung bestand bei den meisten Stämmen. Die Geschlechter führten ihren Ursprung auf gewisse mythische Tiere zurück, die sogenannten T o t e m der Geschlechter. Bei den Lenape oder Delawaren waren es z. B.Wolf, Schildkröte, Truthahn. Jedes Geschlecht hatte seinen erblichen oder erwählten Häuptling. Kriegerische Unternehmungen geschahen aber unter Führung besonders hierzu erwählter Häuptlinge. Verehrung des Himmels, der Sonne, der vier Himmelsrichtungen wird von verschiedenen Stämmen berichtet. Und daneben auch von der einer weiblichen Gottheit („die Alte, die nie stirbt"), die mit der Erde, den Feldfrüchten, dem Wechsel der Jahreszeiten, dem Monde in Verbindung gebracht wird. Gewisse mythische Personen, die als „Ahnherren", „erste Menschen", „Urheber des Lebens" bezeichnet werden, scheinen in naher Beziehung zu
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diesen göttlichen Mächten, insbesondere der Sonne, zu stehen. Aus der unendlichen Schar der Natur- und Tiergeister sucht der einzelne durch Askese einen sich dienstbar zu machen, bzw. den Namen desjenigen zu erfahren, der als sein Schutzgeist, seine „Medizin" gedacht wird. Den Schutz des Ahnherrn, des Stammgottes, aber gewinnt der junge Krieger nur dann, wenn er gewisse fürchterliche Martern siegreich besteht. Schrank 55. Südosten und Süden der Union: Einiges von den Maskoki - Stämmen (eigentliche Maskoki oder Crik und Seminolen), besonders aus der alten Sammlung des Konsuls Hebenstreit 184.0. Osten der Union bis Kanada: Weniges von den JrokesenStämmen (Tscheroki, Tuscarora, Onondaga), darunter einige Masken der White Dog Zeremonie. Die AlgonkinStämme sind besonders durch die Sammlung Jones von den heutigen Fox injowa vertreten. Wampum-Gürtel der Ottawaim nördlichen Michigan. Schrank 56. Algonkin - Stämme: Minomini und Odschibwä; Sammlung Jones von der Minomini Reservation in Wisconsin, und von den Odschibwä des angrenzenden Kanada. Bilderschrift und Geräte der Medizingesellschaften der Odschibwä von W. Hoffmann. Nr. 56 1 zwei buntbemalte Ledertaschen. Nr. 5Ö2 und 561 zwei Birkenrindenkanus des Seengebiets. Prärieindianer (meist SiouxSchrank 57 A. B. Stämme); kostbare alte Sammlungen, die in der ersten Hälfte des ig. Jahrhunderts von Köhler, dem Prinzen Maximilian von Wied und dem Herzog Paul von Württemberg angelegt wurden. Schrank 58. Heutige Omaha, beschafft durch Vermittlung der Miss Alice Fletcher. Einiges von den P ani und K e i 0 w ä. Schrank 59 A. B. Heutige C r ow - Indianer. Sammlung Harvey. Schrank 60. Heutige Dakota (besonders Oglala Sioux). Sammlungen Wissler, Ferdinand und Umlauff.
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Schrank 61. Heutige G r 0 sV entr e ( Sioux-Stamm ). Sammlung Wissler. Schrank 62 A. Heutige Blackfoot (südliche Gruppe ), Scheyenne und Ar a p a ho. Sammlungen Wissler, Ehrenreich und Lenders. Schrank 62 B. Nördliche Bl a c k f 0 0 t (auf kanadischem Gebiet ), K r i und Assiniboin. Sammlungen Leden, Wissler. Nr. 621 Bemaltes Fellzelt. Sehr seltenes altes Stück. (Zur Schonung mit genau entsprechend bemalter Leinwand überzogen. ) Nr. 622 Zehn Bilder von C atlin. Nr. 623 Zwölf Porträts von Häuptlingen, gemalt von Lewis. Nr. 624 Lebensgeschichte eines Dakota-Häuptlings in vier Tafeln, von ihm selbst gemalt. Nr. 625—6 Wandkasten mit verzierten und bemalten Büffelfellmänteln, sehr wertvollen alten Stücken, meist aus der Sammlung des Prinzen von Wied. Nr. 621 Figur eines indianischen Kriegers in Lederanzug mit Stachelschweinborstenverzierung. Schrank 63. Y ut e und Schoschoni,Apatsche und Komantsche. Sammlungen Eugen Wolf, Fried mann und Lenders. Auf der Nordseite des Saales: Schrank 65. Altertümer aus dem westlichen Nordamerika (Territorium Washington, Oregon, Kalifornien ), dazu einige Originale und Abgüsse von der „Jesup North Pacific Expedition", vornehmlich Ausgrabungen bei Lytton am Einflüsse des Thompson River in den Fräser, Geschenk von Morris K. Jesup in New York. Nr. 651 Kanu aus Kiefernrinde der Kutonacha. Geschenk von Dr. Franz Boas. S c h r a n k 66 A. B. Oregon. K l am a t h - Indianer. Alte, wertvolle Sammlungen von Deppe (1837 ) und Forrer. Schrank 68. Kalifornien. H up a • Indianer. Sammlung Harvey.
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Pueblo-Indianer und Stämme des nordwestlichen Mexiko. In den südwestlichen Territorien der Vereinigten Staaten und den nördlichen Provinzen der RepublikMexiko lebten in alter Zeit und leben noch heute verschiedene Stämme, die gewissermaßen als die Ausläufer der Kulturvölker Mexikos und Zentralamerikas erscheinen, obwohl kein historischer Zusammenhang zwischen ihnen und den letzteren nachweisbar ist. Das sind die in verschiedene kleine Sprachstämme zerfallenden PuebloIndianer von Neu-Mexiko und Arizona, unter denen die M o k i (die sich selbst H o p i nennen) und die Z u n i die bekanntesten sind, sowie die Y u m a (mit den Mohawe, Hualpai, Marikopa), die P i r n a (mit den Papago, Yaqui, Tarahumara, Cora, Huichol) und andere Stämme des unteren Koloradogebiets und am Golf von Kalifornien. Es sind ackerbauende Völker, die in geschlossenen Ortschaften leben, die künstliche Bewässerung kennen und in vieler Beziehung einen nicht geringen Grad von Kultur entwickeln. In früheren Perioden scheinen die nördlicheren Stämme ihre Behausungen vorwiegend an unzugänglichen Orten, hoch an der Wand der senkrecht in die Felsentafeln eingeschnittenen Flußtäler (der sog. caftones), angelegt zu haben (vgl. die Modelle zu beiden Seiten des Verbindungsganges der Säle V und V I I Nr. 861—865). Später haben sie, bei größerer Sicherheit, sich mehr in die offenen Gegenden, in die Nähe der kultivierten Flächen gezogen. Immer aber zeigen ihre Ansiedelungen einen festungsartigen Charakter dadurch, daß die aus Luftziegeln erbauten Häuser Wand an Wand und in verschiedenen Stockwerken übereinander aufgebaut wurden und im allgemeinen nur mit Leitern vom Dach aus betretbar waren. Vgl. die Modelle Nr. 867—869. Bemerkenswert ist bei diesen Stämmen neben der Sorgfalt, mit der sie den Acker bebauten, auch das Geschick und das künstlerische Verständnis, das sie sowohl in der Flechterei und Weberei, wie namentlich in der Töpferei entwickelten. Sie hatten
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einen ausgebildeten Kult, der, ähnlich wie bei den südlichen Stämmen und aus ähnlichen zwingenden Gründen, in erster Linie an den Wassergott sich richtete. Kultusstätte ist ein geschlossenes, halb unterirdisches Gemach, die K i w a — estufa: „ B a d s t u b e " von den Spaniern genannt —•, das sich im Zentrum des Häuserkonglomerats befindet. Geheime Gesellschaften, religiöse Brüderschaft en, die bestimmte Heiligtümer in Verwahrung haben und besondere Zeremonien und Feste feiern, existieren bei iiinen, wie sie in ähnlicher, wenn auch nicht ganz so ausgebildeter Weise auch bei den nördlicheren Stämmen bestehen. Besonders hat man in jüngerer Zeit die Verhältnisse der H o p i oder M o k i (deren Hauptdörfer Oraibi und Walpi sind) studiert; sie haben einen Tanz mit lebenden Klapperschlangen und zahlreiche „ K a t schina" — Maskenfeste, bei denen neben den feierlichen Tänzern regelrechte Clowns auftreten. In der Nachbarschaft finden sich viele Ruinenstätten mit reicher Ausbeute an Töpferwaren. Von den Hopi besitzt das Museum außer einer reichhaltigen Töpfereisammlung eine Auswahl von Zeremonialgeräten, unter denen auf die Masken, Gebetsstäbe (baho), Kürbisrasseln und Katschinapuppen (tiho) besonders hingewiesen sei. Es hat ferner durch Herrn Cushing, der verschiedene J a h r e unter den Indianern, des Pueblo Zuni als einer der Ihren lebte, auch von den Zuni eine Reihe Kultusgegenstände, Gefäße u. a. erhalten. Eine Anzahl anderer Gegenstände verdankt es der Freigebigkeit der Mrs. Hemenway in Boston, die vor etwa 20 Jahren eine mit reichen Mitteln ausgestattete Expedition zur rationellen Ausbeutung der Altertümer jener Gegenden ausgesandt hat. Besonders enge Beziehungen zu der Religion der alten Mexikaner haben die jüngst genau studierten C o r a (eigentlich Nayeri) und H u i c h 0 1 im Territorium Tepic und dem Staate Jalisco, sowie die Naua sprechenden M e x i c a n o im Staate Durango, die alle drei in unwirtlichen, zerklüfteten Gebirgsgegenden von dem kärglichen Ertrag an Mais und Bohnen der drei Monate
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währenden Regenzeit leben. Erstaunlich ist die Menge ihrer religiösen Feste, ihrer dabei gesungenen Lieder und der Zeremonialgeräte. Ihre schönen Webereien und Stickereien an Umhängetaschen, Gürteln und Kopfbändern, ihre Perlknüpfereien an Armbändern und Ohrgehängen usw. sind besonders bei ihrer Armut bewunderungswürdig. Doch scheinen die Muster größtenteils nicht ursprünglich zu sein, sondern auf die Spanier zurückzugehen, während ihre Religion so gut wie unberührt ist. Schrank 70 A, B. Stämme vom untern Colorado und nordwestlichen Mexiko (Yuma,Mohawe,Hualpai, Pirna, Yaqui). (Im Saal VIII sind in den Glaskästen Ji und 72 Altertümer aus den Höhlen von Coahuila und aus C a s a s Grandes untergebracht.) Schrank 73—76. Gebrauchs- und Kultusgegenstände der C or a , H ui c h 0 l und Mexicano, Samml. Preuss. Schrank 77—80. H 0 p i oder M 0 ki. Funde aus alten Ansiedlungen: Keramik. Hauptsächlich Sammlung Keam. Schrank 81. Ausgrabungen in dem T ule Rosa Canon, Neu-Mexiko. Unten: Skelett, Steingeräte, Tongefäße einer alten Stadt in Arizona. Ergebnisse der H e menw ay - Expedition. Oben: meist Gefäße von den heutigen Pueblo-Indianern Neu-Mexikos. Schrank 82. Zuü i. Vor allem Kultusgerätschaften und Idole der Priesterschaft des Bogens, einer zu religiösen Zwecken gebildeten Jägerbrüderschaft. Schrank 83. Hop i. Modernes: Kultgeräte, Keramik u. a. Hauptsächlich Sammlung Keam. Wandschrank 84, 85. Hopi oder Moki. Katschina-Puppen, die dämonischen Maskentänzer darstellend, z. T. aus Oraibi. Unten Altarplatten des Mamsrauti-Festes u. a. Geschenke von Paul Ehrenreich und Karl von den Steinen und Sammlung Keam. Schrank 86. Indianer der Pueblos am Rio Grande (Neumexiko) und N av ah 0.
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Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr.
861 862, 864 86S 866 861 86s 869
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Modelle: Cliff-Ruinen, Rio Mancos, Nr. 863 Höhlenstadt, Rio de Chelly, Cliff-Ruine, Rio de Chelly, Cliff-Festung, Beaver Creek, Alter Turm, SW. Colorado, Pueblo von Tegua, Pueblo von Taos, Pueblo von Acoma.
Altertümer. Die Trennung der Ruinen und Grabfunde von den Gegenständen der gegenwärtigen Naturvölker ist bisher nicht durchgeführt. So finden sich Altertümer in 19, 52, 65, 71 und 72, 77—80, 81. Schrank 95 (an der Mittelwand). Altertümer aus Missouri, Mississippi, Florida unddenöstlichen atlantischen Staaten. Kupfergeräte vom Oberen See (Michigan), Sammlung Wyman. Schrank 98. Altertümer aus Tennessee, Kentucky, Wisconsin. Steinartefakte wie ,, Banner stones", Schmuckplatten, Pfeifenköpfe usw.
MITTELAMERIKA. S A A L V, VII, VIII. (Moderne Sachen sowohl der nichtindianischen oder europäischen Bevölkerung Mittelamerikas und der Antillen, wie der unzivilisierten Stämme Mittelamerikas, und weitere mexikanische Altertümer im Stockwerk III, Saal IX und Verbindungsgang.) G r o ß e S k u l p t u r e n im Lichthof vgl. S. 15—44. Reihenfolge der S c h r a n k n u m m e r n : 100—103 Spanisches Mittelamerika. 104—106 Naturvölker Mittelamerikas. 107—199 Altertümer. Die alten Kulturnationen Mittelamerikas. A n m e r k u n g . Für die in dem Folgenden aufgeführten Götternamen und anderen Bezeichnungen, welche den Sprachen der alten Kulturvölker des ehemaligen spanischen Amerika entnommen sind, ist, dem allgemeinen Gebrauch entsprechend, die s p a n i s c h e O r t h o g r a p h i e beibehalten worden. Danach wird h gar nicht ausgesprochen, qu vor e und i, sowie c vor a, o und u = unserm k. s, 5 und z sind scharfe Laute, ch = tsch. x = seh.
Alt-Mexiko. Die alten Mexikaner, die Bewohner der Stadt Mexiko, fühlten sich stamm- und sprachverwandt einer Reihe von Stämmen oder ursprünglich selbständigen Gemeinden, deren Wohnsitze teils auf dem Hochlandc zu beiden Seiten des Popocatepetl, teils in den tief eingeschnittenen Tälern im Süden des letzteren lagen und die von da aus nach beiden Seiten sich bis an das Meer dehnten. Man bezeichnet diese Stämme insgesamt als
Amerika-
U m g e g e n d v. M e x i c o . Tuto Zumpongo Apom Ououhtitlon - •. . * • Teotihuccon ^ohuaco Azcopotzalco ' Mexico» Tacuboyo . izfopolopon Tlalpam. ^ « g ^ C h a l c o ^o*™'0 'Toluco Xochi'mffco Tlol monoico ruebja .Tenongo Huexotringo " Tenoncingo Cholulo' Malinalco .Cuernovaco .Tepoztlan .... At!iJ