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German Pages 292 Year 2006
Volkswirtschaftliche Schriften Heft 548
Öffentliche Förderung des Sports Eine ordnungspolitische Analyse
Von
Mathias Langer
asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin
MATHIAS LANGER
Öffentliche Förderung des Sports
Volkswirtschaftliche Schriften Begründet von Prof. Dr. Dr. h. c. J. Broermann
Heft 548
Öffentliche Förderung des Sports Eine ordnungspolitische Analyse
Von
Mathias Langer
asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin
Die Fakultät für Sozial- und Verhaltenswissenschaften der Friedrich-Schiller-Universität Jena hat diese Arbeit im Jahre 2005 als Dissertation angenommen.
Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.
Alle Rechte vorbehalten # 2006 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fremddatenübernahme und Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0505-9372 ISBN 3-428-12115-5 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier ∞ entsprechend ISO 9706 *
Internet: http://www.duncker-humblot.de
Meinen Eltern
Vorwort Nach Aristoteles beflügelt ein gesunder Körper einen gesunden Geist – der erste Marathonläufer brach nach seiner Ankunft in Athen tot auf dem Marktplatz zusammen. Coubertins Olympismus schreibt dem Sport eine völkerverbindende und friedensstiftende Wirkung zu – Thomas Bernhard sieht die Bedeutung des Sports für Regierungen in seiner Eigenschaft die Massen zu unterhalten, zu benebeln und zu verdummen begründet. Die Diskussion um die Gemeinwohlpotentiale des Sports führt zur grundsätzlichen Frage nach der Rechtmäßigkeit und Ausgestaltung der öffentlichen Sportförderung. Die Beantwortung kann aber nur aus der übergeordneten Perspektive der Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung gelingen. Dies hat mich dazu bewogen, eine ordnungspolitische Analyse der öffentlichen Sportförderung durchzuführen und darauf aufbauend Vorschläge für eine zielführende und mit den Grundsätzen der marktwirtschaftlichen Ordnung zu vereinbarenden Förderung zu entwickeln. Dafür, daß die Zweifel an der ordnungspolitischen Legitimität der öffentlichen Sportförderung nicht zu meiner eigenen Verzweifelung führten, sondern im aristotelischen Sinne „in richtiger Weise zur Erlangung rechter Erkenntnis“ erfolgten, habe ich zahlreichen Personen zu danken. Zuvorderst gilt mein Dank meinem Doktorvater Herrn Prof. Dr. Frank Daumann, der mir ein „produktives Zweifeln“ im Rahmen großzügig gewährter Freiräume und einer freundschaftlichen Zusammenarbeit ermöglichte. Nicht zuletzt aufgrund seiner steten Diskussionsbereitschaft und fürsorglichen Ermunterung gelang die zügige Verfassung der Abhandlung. Ebenso bedanke ich mich bei Herrn Prof. Dr. Dr. h. c. Peter Oberender, der nicht nur bereitwillig das Korreferat übernahm, sondern schon in seinem wirtschaftstheoretischen Seminar mein Interesse an ordnungspolitischen Fragestellungen weckte. In Momenten überwiegender Verzweiflung war es gut, auf moralische Stützen bauen zu können. Für verständnisvollen Zuspruch, fruchtbare Diskussionen und Ansporn, die Arbeit voranzutreiben, danke ich Christoph Brauner, Arnd Fischer, Dr. Philipp Hoffmann und Jörg Kulzer. Wolfgang Schäff und Sebastian Schöne gebührt darüber hinaus mein besonderer Dank für die sorgfältige Durchsicht des Manuskripts, Daniela Eichhorn für ihre liebevolle Unterstützung. Mein größter Dank gilt meinen Eltern, die mich auf meinem Lebensweg stets uneingeschränkt unterstützten und mir aufmunternd und mit unermeßlicher Geduld zur Seite standen. Ihnen ist diese Arbeit gewidmet. Jena, im Februar 2006
Mathias Langer
Inhaltsverzeichnis 1. Kapitel Problemstellung und Vorgehensweise
19
2. Kapitel Methodische und terminologische Grundlagen
23
A. Methodik der Abhandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
23
I. Wissenschaftsverständnis und Erkenntnisobjekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
24
II. Sozialwissenschaftliche Erklärungsmethode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
25
1. Methodologischer Individualismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
25
2. Institutionalistischer Erklärungsansatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
27
III. Menschenbild und individualistische Bewertungsmethode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
28
B. Konkretisierung des Untersuchungsgegenstandes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
31
I. Spezifizierung des Begriffs „Sport“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
31
II. Angebotsformen des Sports . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
35
III. Abgrenzung und Formen der öffentlichen Förderung des Sports . . . . . . . . . . . . . . . .
38
C. Sport als wirtschaftliches Gut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
40
3. Kapitel Sport und Staat: Darstellung der öffentlichen Sportförderung
43
A. Institutionelle Arrangements im Sport . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
43
I. Die Entwicklung der Organisationen des Sports in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . .
43
II. Die heutige Organisation des Sports . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
45
III. Grundsätze öffentlicher Sportförderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
47
10
Inhaltsverzeichnis
B. Rechtliche Grundlagen öffentlicher Sportförderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
49
C. Förderung des Sports durch die verschiedenen staatlichen Ebenen . . . . . . . . . . . . . .
51
I. Problembereiche der Erfassung des öffentlichen Engagements . . . . . . . . . . . . . . . . . .
51
II. Transferleistungen durch die verschiedenen staatlichen Ebenen . . . . . . . . . . . . . . . . .
52
1. Bundesebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
52
2. Landesebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
56
3. Kommunalebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
60
4. Gesamtumfang der Sportförderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
62
5. Sportförderung durch die Europäische Union . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
64
III. Regulierungsansätze zur Sportförderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
65
1. Ein-Verbands-Prinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
65
2. Verbandsregelungen und staatlich geduldete Ausnahmebereiche . . . . . . . . . . . . .
67
3. Öffentlich-rechtlicher Rundfunk . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
69
D. Strukturelle und wirtschaftliche Entwicklung des Sports in Deutschland . . . . . . .
71
I. Angebotsseitige, nachfrageseitige und strukturelle Entwicklungen der Sportanbieter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
72
1. Allgemeine Trends im Sport . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
72
2. Selbstverwalteter Sport . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
74
3. Fremdverwalteter Sport . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
77
4. Nichtverwalteter Sport . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
78
5. Situation der Sportinfrastruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
79
II. Finanzwirtschaftliche Entwicklung der Sportanbieter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
81
E. Sport und öffentliche Sportförderung – Zusammenschau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
84
4. Kapitel Entwicklung des ordnungspolitischen Referenzrahmens
87
A. Leitbild der Marktwirtschaft als Bezugspunkt der Beurteilung . . . . . . . . . . . . . . . . .
87
I. Grundlagen eines ordnungspolitischen Referenzrahmens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
88
II. Das marktwirtschaftliche System als Ausgangspunkt ordnungspolitischer Überlegungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
90
Inhaltsverzeichnis
11
III. Zentrale Steuerungsmechanismen des marktwirtschaftlichen Systems. . . . . . . . . . .
91
1. Marktprozeß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
92
2. Wettbewerbsprozeß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
94
IV. Ordnungspolitische Prinzipien der Marktwirtschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
96
B. Ordnungspolitische Beurteilungskriterien der öffentlichen Sportförderung . . . . .
99
I. Bedingungen einer ordnungspolitisch legitimen öffentlichen Sportförderung . . . 100 1. Marktversagen und sportförderungsrelevante Marktversagensfälle . . . . . . . . . . . 101 a) Öffentliche Güter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 b) Externe Effekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 c) Öffentliche Gutskomponente als externer Effekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 2. Wettbewerbsversagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 3. Übergeordnete politisch determinierte Ziele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 II. Kriterien ordnungspolitisch legitimer Maßnahmen der öffentlichen Sportförderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 1. Zielkonformität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 2. Systemkonformität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 a) Traditionelles Verständnis der Systemkonformität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 b) Freiheitssichernde Regeln als Konformitätsmaßstab . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 c) Pragmatische Konkretisierung der Systemkonformität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 3. Verhältnismäßigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 III. Zusammenfassung: Anforderungen an eine ordnungspolitisch legitime öffentliche Sportförderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 5. Kapitel Ordnungspolitische Analyse der ökonomischen Rechtfertigungsansätze einer öffentlichen Sportförderung
130
A. Externe Effekte des Sports . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 I. Gesundheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 II. Sozio-edukatorische Werte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 1. Bildungs- / Erziehungswert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 2. Sozialwert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 3. Sport und die Bildung von Sozialkapital . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145
12
Inhaltsverzeichnis III. Optionswert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 IV. Prestigewert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 V. Wachstumsexternalitäten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158
B. Meritorik als Begründung der öffentlichen Sportförderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 I. Meritorik als Phänomen verzerrter Präferenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 1. Ansatz der Redistribution . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 2. Ansatz der öffentlichen Gutskomponente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 3. Ansatz verzerrter Präferenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 II. Verzerrte Präferenzen zur Rechtfertigung öffentlicher Sportförderung . . . . . . . . . . 166 1. Informationsmängel als Ursache verzerrter Präferenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 2. Irrationalität als Ursache verzerrter Präferenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 3. Gemeinschaftsbedürfnisse als Ursache verzerrter Präferenzen . . . . . . . . . . . . . . . 171 4. Willensschwäche als Ursache verzerrter Präferenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 C. Distributionspolitische Argumente einer öffentlichen Sportförderung . . . . . . . . . . . 174 D. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178
6. Kapitel Ordnungspolitische Beurteilung der Maßnahmen der öffentlichen Sportförderung
180
A. Zur Zielkonformität der öffentlichen Sportförderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180 I. Die Zielhierarchie der öffentlichen Sportförderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180 1. Ziel- und Instrumentenebene der öffentlichen Sportförderung . . . . . . . . . . . . . . . 181 2. Angebotssubventionen als Förderinstrument . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182 II. Zielkonformität auf der Zielebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184 1. Formulierung der Zielstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184 2. Eignung zur Gemeinwohlförderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186 III. Zielkonformität auf der Instrumentenebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188 1. Zielformulierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188
Inhaltsverzeichnis
13
2. Zielgenauigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 a) Sport für alle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 b) Ausmaß sportlicher Aktivität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 c) Erreichung Bedürftiger und Mitnahmeeffekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195 d) Verteilungswirkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196 IV. Konfliktionäre Nebenziele und innere Widersprüchlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198 1. Instrumentalisierung vs. Autonomie des Sports . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198 2. Selbstverwalteter Sport vs. alternative Angebotsformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201 B. Die öffentliche Sportförderung aus Sicht der Systemkonformität . . . . . . . . . . . . . . . . 203 I. Problembereiche aus Sicht der Systemkonformität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203 1. Vorhersehbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204 2. Selbstbetroffenheit und Sozialisierung von Verlusten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206 3. Eingriff in den Preismechanismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209 4. Subsidiarität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210 5. Diskriminierung in verschiedenen Bereichen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212 6. Staatlich bedingte Marktzutrittsschranken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216 7. Zusammenfassender Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 218 II. Ordnungspolitisch bedenkliche Folgewirkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 218 1. Auswirkungen auf das Verhalten der Akteure des selbstverwalteten Sports . . . 219 2. Auswirkungen auf den Markt- und Wettbewerbsprozeß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 3. Weitere Folgewirkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223 C. Anmerkungen zur Verhältnismäßigkeit der öffentlichen Sportförderung . . . . . . . 224 D. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227
7. Kapitel Einige Überlegungen zur alternativen Ausgestaltung der öffentlichen Sportförderung
230
A. Überleitender Rekurs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 231 B. Grundversorgung mit Sport über den Markt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232 I. Der Markt als Alternative . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232
14
Inhaltsverzeichnis II. Möglichkeiten einer Grundversorgung über den Markt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233 1. Förderung des Sports durch den selbstverwalteten Sport . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233 a) Potential zur Förderung des Sports . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 234 b) Motivation zur Förderung des Sports . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 236 2. Förderung des Sports durch alternative Sportanbieter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237 III. Staatlicher Handlungsbedarf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 238 1. Abbau staatlich bedingter Marktzutrittsschranken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 238 2. Gestaltung der Rahmenbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 240
C. Ergänzende staatliche Maßnahmen zur Sportförderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 242 I. Direkte Transferzahlungen an Nachfrager . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243 1. Grundidee . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243 2. Sportgutscheine oder Sportgeld als mögliche Ausgestaltungsansätze . . . . . . . . 246 3. Geltungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 248 a) Theoretisches und technisches Problem der Abgrenzung des Geltungsbereichs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 248 b) Positivliste vs. Negativliste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 251 4. Tarif, Anspruchsberechtigung und Finanzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 252 II. Gezielte Förderung ausgewählter Sportbereiche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 254 1. Determinierung des Förderzwecks . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 255 2. Selektion förderungswürdiger Sportbereiche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 256 3. Anforderungen an die technische Ausgestaltung des Instrumentariums zur Förderung ausgewählter Sportbereiche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 258 a) Ansatzpunkte des Förderinstrumentariums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 258 b) Regeln zur technischen Ausgestaltung des Förderinstrumentariums . . . . . . 259 D. Zusammenfassung und Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 263
8. Kapitel Fazit
265
Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269 Sachregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 288
Abbildungs- und Tabellenverzeichnis Abbildung 1:
Angebotsformen des Sports nach Organisationsstrukturen . . . . . . . . . . . . . .
37
Abbildung 2:
Formen der öffentlichen Sportförderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
39
Abbildung 3:
Sportausgaben des Bundes von 1965 bis 2002 (nominal, in Millionen Euro) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
56
Sportausgaben der Länder (mit Stadtstaaten) von 1965 bis 2002 (nominal, in Millionen Euro) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
59
Sportausgaben der Kommunen von 1965 bis 2002 (nominal, in Millionen Euro) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
61
Sportausgaben der Kommunen von 1965 bis 2002 (nominal und real, in Millionen Euro) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
62
Öffentliche Sportförderung durch Bund, Länder und Gemeinden von 1965 bis 2002 (nominal, in Millionen Euro) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
63
Öffentliche Sportförderung in der Bundesrepublik Deutschland von 1965 bis 2002 (nominal und real, in Millionen Euro) . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
64
Entwicklung der Anzahl an Sportvereinen und Mitgliedschaften in Sportvereinen von 1950 bis 2003 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
75
Abbildung 10: Verteilung der Sportanlagen in den Bundesländern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
79
Abbildung 11: Anteile unterschiedlicher Einnahmequellen am Haushaltsvolumen der Sportvereine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
83
Abbildung 12: Öffentliche Sportförderung in der BRD – schematischer Überblick . . . . .
86
Abbildung 4: Abbildung 5: Abbildung 6: Abbildung 7: Abbildung 8: Abbildung 9:
Abbildung 13: Anforderungen an eine ordnungspolitisch legitime öffentliche Sportförderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 Abbildung 14: Wirkungskomplex sozio-edukatorische Werte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 Abbildung 15: Die fünf gesellschaftlichen Bereiche mit der höchsten Zahl der aktiv Beteiligten im Jahr 1998 (in Prozent der deutschen Bevölkerung über 14 Jahre) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 Abbildung 16: Zwei Dimensionen des Prestigewertes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 Abbildung 17: Zielhierarchie der öffentlichen Sportförderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182 Abbildung 18: Systemkonformität ausgewählter Maßnahmen der öffentlichen Sportförderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 219
16
Abbildungs- und Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Komposita des Begriffs „Sport“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
32
Tabelle 2: Sportfördermittel und Sportförderaufgaben der Bundesregierung nach Ressorts (Soll 2002, in Millionen Euro) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
54
Tabelle 3: Ressortzuständigkeiten der Sportförderung in den Bundesländern (Stand: Oktober 2004) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
57
Tabelle 4: Betreiberform der Sportanlagentypen (in Prozent) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
80
Tabelle 5: Anteile unterschiedlicher Einnahmequellen am Haushaltsvolumen der Sportverbände (in Prozent) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
82
Abkürzungsverzeichnis Abs.
Absatz
AO
Abgabenordnung
Art.
Artikel
Aufl.
Auflage
Bd.
Band
BHO
Bundeshaushaltsordnung
BRD
Bundesrepublik Deutschland
BVerfGE
Bundesverfassungsgerichtsentscheid
bzw.
beziehungsweise
ca.
circa
DFB
Deutscher Fußball-Bund
DFL
Deutsche Fußball Liga
d. h.
das heißt
DSB
Deutscher Sportbund
ebda.
ebenda
Ed(s).
Editor(s)
EG
Europäische Gemeinschaft
EGV
Vertrag der Europäischen Gemeinschaft
et al.
et alii
etc.
et cetera
EuGH
Europäischer Gerichtshof
f.
folgende
ff.
fortfolgende
FISAS
Finanz- und Strukturanalyse der Sportvereine
Fn.
Fußnote
GG
Grundgesetz
GWB
Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen
HGrG
Haushaltsgrundsätzegesetz
Hrsg.
Herausgeber
i. d. R.
in der Regel
Jg.
Jahrgang
Kap.
Kapitel
2 Langer
18
Abkürzungsverzeichnis
LVerf
Landesverfassung
Mio.
Million(en)
No.
Number
NOK
Nationales Olympisches Komitee
Nr.
Nummer
RStV
Rundfunkstaatsvertrag
S.
Seite
Tsd.
Tausend
u. a.
und andere, unter anderem
UEFA
Union des Associations Européennes de Football
usw.
und so weiter
vgl.
vergleiche
Vol.
Volume
vs.
versus
z. B.
zum Beispiel
1. Kapitel
Problemstellung und Vorgehensweise Der aus der römischen Antike stammende Spruch „panem et circenses“1 scheint bis heute nichts von seiner Gültigkeit verloren zu haben. Der Sport hat sich zu einem wichtigen Teil der Unterhaltungsindustrie entwickelt, der regelmäßig nicht nur Tausende von Zuschauern in die Sportarenen zieht, sondern auch ein Millionenpublikum bei Fernsehübertragungen erreicht. Der große gesellschaftliche Stellenwert des Sports zeigt sich heutzutage aber nicht nur am Interesse der Bevölkerung an sportlicher Unterhaltung, sondern gerade auch in der auf vielfältige Weise und über alle Bevölkerungsschichten hinweg selbst aktiv ausgeübten sportlichen Betätigung. Umfangreichen Industrien war es möglich, sich rund um das Wirtschaftsgut Sport zu etablieren, wodurch der Bereich des Sports zu einem in seiner volkwirtschaftlichen Bedeutung nicht zu unterschätzenden Wirtschaftssektor angewachsen ist. Dabei zeigt sich, daß die Bereitstellung des Sportangebotes nicht ausschließlich auf privater Initiative basiert. Vielmehr ist eine beträchtliche staatliche Aktivität zur Förderung des Sports auszumachen, die über die letzten Jahrzehnte stark zugenommen hat und von Politikern aller Couleur betrieben wird. Somit scheinen Politiker bis heute auf „Brot und Spiele“ als politisches Instrument zu vertrauen. Allerdings leben wir heute in der Bundesrepublik Deutschland in einem marktwirtschaftlich ausgerichteten System. Die nach dem Zweiten Weltkrieg vorgenommene ordnungspolitische Grundsatzentscheidung für eine marktliche Steuerung des Wirtschaftsprozesses bedingt eine zurückhaltende Rolle des Staates.2 Primäre Aufgabe des Staates ist in der Schaffung und der Durchsetzung eines Ordnungsrahmens zu sehen, der die Funktionsfähigkeit des Markt- und Wettbewerbsprozesses gewährleistet. Insofern offenbart sich ein Spannungsverhältnis zwischen politischer Opportunität hinsichtlich der öffentlichen Sportförderung und dem ordnungspolitischen Anspruch resultierend aus dem Bekenntnis zum marktwirtschaftlichen System. Die Frage nach der ordnungspolitischen Legitimation der öffentlichen Sportförderung liegt auf der Hand. „Brot und Spiele“, Juvenal X, 81. Zur Grundsatzentscheidung für die Soziale Marktwirtschaft siehe beispielsweise die Beiträge in Stützel et al. (1981), S. 39 ff., zu den Aufgaben des Staates siehe ebda., S. 173 ff., für einem knappen Überblick Cassel / Rauhut (1998). 1 2
2*
20
1. Kap.: Problemstellung und Vorgehensweise
Sicherlich mag es berechtigte Gründe für eine öffentliche Sportförderung geben. Allerdings erfolgen die Begründungen oft sehr undifferenziert, und allgemein akzeptierte Begründungsmuster werden kaum hinterfragt. Die Gemeinwohlrhetorik seitens der Organisationen des Sports sowie der politischen Akteure mag ein Beispiel sein, die Heinemann als „ein gutes Beispiel für blühende Phantasie“ bezeichnet.3 Mit dem Versuch, Nachweise über die tatsächlichen Gemeinwohlleistungen des Sports zu erbringen, wird immer noch Neuland betreten.4 Nur eine dezidierte wissenschaftliche Auseinandersetzung kann aber die Frage nach der ordnungspolitischen Legitimation der öffentlichen Sportförderung klären. Es liegen bereits einige Abhandlungen zur öffentlichen Sportförderung vor, in denen auf das ökonomische Instrumentarium zur Durchführung der Untersuchungen zurückgegriffen wurde.5 Wenngleich in diesen auch ordnungspolitisch bedeutsame Aspekte umrissen werden, findet keine umfassende und systematische Analyse der ordnungspolitischen Legitimation der öffentlichen Sportförderung statt. Zudem wird auf ausgewählte Teilaspekte der Gesamtproblematik fokussiert, wie etwa bestimmte Maßnahmen der Förderung oder Teilbereiche des Sports. Dabei hat die Frage der ordnungspolitischen Legitimation aufgrund aktueller Entwicklungen besonders auch an praktischer Relevanz gewonnen. Zum einen hat sich die Struktur auf dem Sportmarkt in den letzten Jahren grundlegend geändert. Mit deutlich gewandelten Präferenzen der Nachfrager etablieren sich zunehmend neue Organisations- und Angebotsformen am Markt. Zum anderen bleibt in Zeiten leerer staatlicher Haushaltskassen auch die Sportförderung nicht von der Diskussion um Einsparpotentiale ausgenommen. Vor dem skizzierten Hintergrund scheint eine ordnungspolitische Analyse der öffentlichen Sportförderung als dringend erforderlich. Da diese bislang allenfalls ansatzweise erfolgt ist, unternimmt diese Abhandlung den Versuch, einen Beitrag zum Abbau des hier existierenden Forschungsdefizits zu leisten. Konkret verfolgt diese Abhandlung das Ziel, eine ordnungspolitische Bewertung der öffentlichen Sportförderung in der Bundesrepublik Deutschland durchzuführen, um hierdurch Erkenntnisse über die ordnungspolitische Legitimation der öffentlichen Sportförderung zu gewinnen. Darüber hinaus sollen für politische Entscheider Handlungsempfehlungen für die Ausgestaltung einer ordnungspolitisch legitimen und damit mit einem marktwirtschaftlichen System zu vereinbarenden öffentlichen Sportförderung entwickelt werden. Heinemann (1999a), zitiert nach Rittner / Breuer (2000), S. 24 f. Vgl. Rittner / Breuer (2002), S. 272. 5 Vgl. Kirsch / Kempf (2002), Daumann / Langer (2002), Engelhardt / Heinemann (2001), Meyer / Ahlert (2000), Kubat (1998), Hockenjos (1995), Weber et al. (1995), Madl (1994), Gärtner (1988), oder die in verschiedenen Bereichen des Sports zahlreich durchgeführten Kosten-Nutzen-Analysen. Zu letzteren siehe statt vieler den Überblick im Kontext Olympischer Spiele in Preuß (1999). 3 4
1. Kap.: Problemstellung und Vorgehensweise
21
Die vorliegende Analyse will sowohl das Phänomen „Sport“ als auch die Maßnahmen der Sportförderung in ihrer gesamten Vielfalt berücksichtigen. Dies setzt ein gewisses Abstraktionsniveau voraus, das zu eventuellen Unschärfen im Detail führen kann. Diese werden aber billigend in Kauf genommen, da die Vielfalt des Sports eines seiner entscheidenden Charakteristika ist, die ordnungspolitische Analyse eine ganzheitliche Betrachtung erfordert und schließlich eine entsprechende Vorgehensweise den aktuellen Stand der Diskussion erweitern kann. Es sei an dieser Stelle ausdrücklich darauf hingewiesen, daß die Anwendung des ökonomischen Instrumentariums auf den Bereich des Sports in keinerlei Weise als ökonomischer Imperialismus zu verstehen ist.6 So sollen die in dieser Abhandlung aus ordnungspolitischer Perspektive gewonnenen Erkenntnisse keinesfalls die Befunde anderer Wissenschaftsdisziplinen, die sich aus einem anderen Blickwinkel mit dem Phänomen „Sport“ beschäftigen, verdrängen, sondern nur gleichberechtigt neben ihnen stehen dürfen. Wenn darüber die Diskussion mit anderen Fachwissenschaftlern angeregt werden kann, ist ein weiteres Ziel dieser Arbeit erreicht. Schließlich verliert die wissenschaftliche Spezialforschung nur dann nicht ihren Sinn, wenn „der Weg [ . . . ] von der ,Diversitas‘ spezialisierter Forschung zur Universitas Literarum führt.“7 Um so wichtiger erscheint es, zu Beginn dieser wissenschaftlichen Abhandlung die relevanten methodischen und terminologischen Grundlagen darzulegen. Hierzu werden im zweiten Kapitel dieser Abhandlung das ihr zugrundeliegende erfahrungswissenschaftliche Verständnis der Nationalökonomie sowie die eingenommene sozialwissenschaftliche Position umrissen, ehe der Untersuchungsgegenstand konkretisiert wird. Ferner wird, um anzutreffende Mißverständnisse vorweg auszuräumen, der vorgestellte ökonomische Ansatz zur Analyse des Untersuchungsgegenstandes gerechtfertigt. Bevor die ordnungspolitische Beurteilung erfolgen kann, ist vorab die konkrete Ausgestaltung der öffentlichen Sportförderung in der Bundesrepublik Deutschland zu skizzieren. Dies erfolgt im dritten Kapitel. Neben knappen historischen und rechtlichen Aspekten steht vor allem die Frage einerseits nach Form, Ausmaß und Trägern der Förderung sowie andererseits nach strukturellen und wirtschaftlichen Gegebenheiten im Bereich des Sports im Vordergrund der Darstellung. Um die öffentliche Sportförderung einer ordnungspolitischen Bewertung zu unterziehen, bedarf es zunächst der Aufstellung eines Beurteilungsschemas. Als ein solches wird im vierten Kapitel ein ordnungspolitischer Referenzrahmen entwickelt. Bezugspunkt der Beurteilung bildet das Leitbild der Marktwirtschaft, dessen Heranziehung zu begründen und das inhaltlich mit seinen zentralen Steuerungs- und Ordnungselementen darzustellen ist. Auf dieser Basis können dann die konkreten ordnungspolitischen Beurteilungskriterien abgeleitet werden. Dabei sind 6 7
Vgl. Stigler (1984). Hensel (1965), S. 18.
22
1. Kap.: Problemstellung und Vorgehensweise
zunächst die Bedingungen zu analysieren, unter welchen überhaupt aus ordnungspolitischer Sicht ein staatlicher Handlungsbedarf besteht und das Tätigwerden des Staates im Rahmen der Sportförderung legitimiert werden kann. Daraufhin sind Kriterien zu entwickeln, um die instrumentelle Ausgestaltung der Sportförderung beurteilen zu können. Der resultierende Referenzrahmen liefert in seiner Gesamtheit Anforderungen, denen eine ordnungspolitisch legitime öffentliche Sportförderung genügen muß. Auf Grundlage der theoretischen Vorüberlegungen sowie der grundlegenden Charakterisierung der öffentlichen Sportförderung kann nun eine konkrete Beurteilung der praktizierten Sportförderung erfolgen. Das fünfte Kapitel konzentriert sich inhaltlich auf die Überprüfung der Bedingungen, die einen staatlichen Handlungsbedarf rechtfertigen. Neben den allokativ orientierten Argumenten, die dem Sport eine Förderung des Gemeinwohls aufgrund von positiven externen Effekten bescheinigen, werden meritorische und verteilungspolitische Rechtfertigungsansätze konsultiert, um Aussagen über eine ordnungspolitisch legitimierte Notwendigkeit für eine öffentliche Sportförderung zu gewinnen. Die Beurteilung der Maßnahmen der öffentlichen Sportförderung ist Gegenstand des sechsten Kapitels. Im Rahmen der Analyse der Zielkonformität sind für das weitere Vorgehen zunächst die grundlegenden Zielbeziehungen zu klären und das zu untersuchende Instrumentarium zu spezifizieren, ehe eine Beurteilung auf den verschiedenen Zielebenen erfolgen kann. Die Beurteilung aus Sicht der Systemkonformität, die neben dem Aufzeigen der zentralen Problembereiche auch die ordnungspolitisch bedenklichen Folgewirkungen herausstellen soll, sowie einige Anmerkungen zur Verhältnismäßigkeit schließen sich an. An dieser Stelle der Analyse liegt ein umfassendes Bild zur Legitimation der öffentlichen Sportförderung in Deutschland aus ordnungspolitischer Perspektive vor. Die sich in der Analyse offenbarenden ordnungspolitischen Defizite bilden den Ausgangspunkt des siebten Kapitels. In diesem sollen einige Überlegungen zu einer alternativen Ausgestaltung der öffentlichen Sportförderung angestellt werden. Es wird der Versuch unternommen, auf Basis der aus dem politischen Prozeß resultierenden Zielstellungen Handlungsempfehlungen zu entwickeln, die eine den theoretisch hergeleiteten ordnungspolitischen Anforderungen entsprechende und damit mit einem marktwirtschaftlichen System vereinbare öffentliche Sportförderung als Ergebnis haben. Die zentralen Gedankengänge und wesentlichen Ergebnisse der Abhandlung werden im achten Kapitel in einem abschließenden Fazit zusammengefaßt.
2. Kapitel
Methodische und terminologische Grundlagen In diesem Kapitel sollen die methodischen und terminologischen Grundlagen dieser Arbeit geklärt werden. Damit werden die Voraussetzungen aufgezeigt, vor deren Hintergrund die zu erzielenden Resultate Geltung beanspruchen. So werden im folgenden die wissenschaftstheoretischen Erfordernisse, denen diese Arbeit zu genügen versucht, sowie das Erkenntnisobjekt der Ökonomie dargestellt. Danach wird die als adäquat erachtete sozialwissenschaftliche Erklärungsmethode erläutert, ehe eine Darlegung des verwendeten Menschenbildes erfolgt. Darüber hinaus soll in diesem Kapitel der Untersuchungsgegenstand konkretisiert werden. Hierzu werden die Begriffe „Sport“ und „öffentliche Förderung“ erläutert sowie die Angebotsformen des Sports charakterisiert. Ferner soll, aufgrund häufiger Mißverständnisse, der Sport nochmals explizit als wirtschaftliches Gut verortet werden.
A. Methodik der Abhandlung Wissenschaftliches Arbeiten erfolgt im Rahmen eines spezifischen Verständnisses der wissenschaftlichen Disziplin als auch unter der Anwendung einer auszuwählenden wissenschaftlichen Methodik. Da diese maßgeblich Einfluß auf die Ergebnisse einer solchen Arbeit nehmen können,1 sind sie im Vorfeld darzustellen. Nur so wird die Voraussetzung geschaffen, die zu treffenden Aussagen korrekt interpretieren und fruchtbar diskutieren zu können. Das Einnehmen einer entsprechenden Position erfordert von Wissenschaftlern das Fällen eines Werturteils. Dieses ist insofern aus wissenschaftstheoretischer Sicht unproblematisch, als die Wertungen aufgedeckt und damit intersubjektiv nachprüfbare Feststellungen von subjektiven Urteilen unterschieden werden können. Eine daran ansetzende kritische Prüfbarkeit des eigenen Vorgehens, wie sie auch zentraler Gegenstand des kritischen Rationalismus ist,2 setzt somit die Offenlegung der Prämissen und Implikationen voraus. Dieser Forderung versucht die 1 2
Vgl. Popper (1984a), S. 78 f., Albert (1967a). Vgl. Popper (1995), S. 9 f., Albert (2000), insbesondere S. 1 ff. und S. 7 ff.
24
2. Kap.: Methodische und terminologische Grundlagen
folgende Arbeit gerecht zu werden. Somit kann festgehalten werden, daß die folgenden Ausführungen dem methodischen Werturteil des Verfassers entsprechen.
I. Wissenschaftsverständnis und Erkenntnisobjekt Bezüglich des Wissenschaftsverständnisses der Ökonomie lassen sich die diametrale erfahrungswissenschaftliche und instrumentalistische Auffassung unterscheiden. Im Vordergrund der instrumentalistischen Sichtweise, wie sie u. a. von Milton Friedmann3 vertreten wird, steht die Prognoseleistung von Aussagesystemen. Aus dieser Sicht kann bewußt auf realitätsnahe Beschreibungen zu Gunsten von gesicherten Prognosen verzichtet werden. Für einen Erklärungsversuch der Realität ergibt sich keine Notwendigkeit. Deshalb soll dieser Perspektive nicht gefolgt,4 sondern dieser Arbeit ein erfahrungswissenschaftliches Verständnis der Ökonomie zugrunde gelegt werden. Ziel einer erfahrungswissenschaftlichen Ökonomie ist es, „befriedigende Erklärungen zu finden für alles, was uns einer Erklärung zu bedürfen scheint.“5 Damit rückt die Erklärung realer Phänomene ins Zentrum wissenschaftlichen Arbeitens. Aufgabe der Wissenschaft ist somit die Annäherung an die Wahrheit,6 wobei Wahrheit gemäß der Korrespondenztheorie als Übereinstimmung mit den Tatsachen verstanden wird.7 Eine solche Erklärung realer Phänomene kann nur auf der Basis empirisch gehaltvoller nomologischer Hypothesen erfolgen.8 Damit müssen Aussagesysteme so konstruiert werden, daß sie an der Erfahrung scheitern können. Sie müssen dem Falsifikationskriterium genügen.9 Die Ökonomie ist eine Sozialwissenschaft und als solche „eine Wissenschaft, welche soziales Handeln deutend verstehen und dadurch in seinem Ablauf und seinen Wirkungen ursächlich erklären will.“10 Damit ist die Ökonomie eine Handlungswissenschaft, die die Beziehung menschlichen Handelns zum Gegenstand hat. Sie unterscheidet sich von den übrigen Sozialwissenschaften, indem sie so3 Vgl. Friedman (1953) sowie die wissenschaftstheoretische Aufarbeitung seiner Position in Arni (1989). 4 Zur Kritik am Instrumentalismus siehe Popper (1994), S. 377, sowie die dort angegebene Literatur. 5 Popper (1984b), S. 198 (Hervorhebung im Original). 6 „Aller Erkenntnisfortschritt besteht in der Verbesserung des vorhandenen Wissens in der Hoffnung, der Wahrheit näher zu kommen.“ Popper (1984a), S. 73. 7 Vgl. Popper (1984a), S. 44 ff., Popper (1984c), Popper (1995b) sowie zum Wahrheitsbegriff Tarski (1936). 8 Vgl. Albert (1967a), insbesondere S. 377 f., Popper (1984b). 9 Das Falsifikationskriterium dient als Abgrenzungskriterium für Theoriesysteme. Vgl. Popper (1994), S. 14 ff., S. 47 ff. Zur Kritik am Popper’schen Falsifikationismus siehe Lakatos (1974). Eine grundlegende kritische Gegenschau bietet Chalmers (2001), S. 51 ff. 10 Weber (1972), S. 1.
A. Methodik der Abhandlung
25
ziale Erscheinungen unter dem Aspekt der Knappheit betrachtet.11 Die Knappheit ergibt sich aus individuellen Zielen, die mit vorhandenen Gütern nicht hinreichend realisiert werden können. Da die vorhandenen Güter verschiedenen Verwendungszwecken zugeführt werden können, eröffnen sich den Individuen Handlungsalternativen, deren Auswahl bei entsprechendem Handeln Auswirkungen auf die Knappheitsbedingungen und damit die individuelle Zielerreichung hat. Insofern läßt sich als Erkenntnisobjekt der Ökonomie das menschliche Handeln in Verbindung mit knappen Gütern zur Realisierung individueller Ziele formulieren. Der Begriff des Gutes ist sehr allgemein zu fassen. Letztlich bezeichnet er „alle Aspekte menschlicher Lebenssituationen, die unter dem Gesichtspunkt einer zu treffenden Entscheidung einer Bewertung unterliegen. [ . . . ] Alles Handeln ist eo ipso Güterverwendung.“12 Personengebundene Fähigkeiten und Fertigkeiten, Zeit, Prestige oder Anerkennung stellen somit auch knappe Güter dar. Im Mittelpunkt der Ökonomie steht also das im sozialen Kontext auftretende Handeln unter Knappheitsbedingungen, wobei Handeln immer das Handeln eines Individuums bedeutet. Die hierfür geeignete sozialwissenschaftliche Erklärungsmethode gilt es nun zu erläutern.
II. Sozialwissenschaftliche Erklärungsmethode 1. Methodologischer Individualismus Entscheidend für die Auswahl der sozialwissenschaftlichen Erklärungsmethode ist die Frage, ob soziale Phänomene nicht nur real und begrifflich existieren, sondern auch mehr darstellen, als durch das Handeln und die Absichten von Individuen erklärbar und auszudrücken wäre, d. h., ob sich soziale Phänomene auf eine individuelle Basis reduzieren lassen.13 Ist letzteres nicht möglich, bedingt dies einen holistischen Erklärungsansatz. Ein individualistischer Erklärungsansatz erfordert hingegen, auf die Individuen Bezug zu nehmen.14 Da die Handlungen der Individuen zentraler Bestandteil der Überlegungen dieser Arbeit sind, wird auf eine individualistische Erklärungsmethode zurückgegriffen. Der methodologische Individualismus stellt die individualistische Erklärungsmethode dar. Dieser besagt, daß alle sozialen Phänomene auf Handlungen von Individuen zurückführbar sind, die damit ihre eigenen, subjektiven Ziele verfol11 Vgl. Albert (1978), S. 66. Der Gesichtspunkt der Knappheit ist somit nicht auf einen bestimmten Bereich des sozialen Lebens beschränkt, wie etwa „die Wirtschaft“, sondern aufgrund der Lebenssituation des Menschen überall anwendbar. Vgl. ebda., S. 65 ff. 12 Albert (1978), S. 65. 13 Vgl. Vanberg (1975), insbesondere S. 239 – 264. 14 Zu einer wertenden Gegenüberstellung von holistischer und individualistischer Erklärungsmethode siehe Daumann (1993), S. 6 ff.
26
2. Kap.: Methodische und terminologische Grundlagen
gen.15 Gesellschaftliche Tatbestände sind demzufolge einzig das Ergebnis des Handelns und der Absichten von Individuen.16 Zur Erklärung sozialer Phänomene wird entsprechend auf die Dispositionen von Individuen zurückgegriffen. Bevor die individualistische Position weiter konkretisiert wird, soll noch auf ein semantisches Problem mit dem methodologischen Individualismus hingewiesen werden. Individuen bilden schon bei den schottischen Moralphilosophen, die über Adam Smith als einer ihrer Vertreter die klassische Ökonomie geprägt haben, den Ausgangspunkt ihrer sozialtheoretischen und ökonomischen Analysen.17 Aber Schumpeter ist es, der den Begriff des methodologischen Individualismus in die theoretische Diskussion einführt und ausdrücklich von der individualistischen Perspektive in der Wissenschaft spricht.18 Der methodologische Individualismus stellt somit ein methodisches Prinzip zur Generierung von Daten zur Theoriebildung dar, das auf der individuellen Ebene, d. h., am Verhalten und den Absichten der Individuen ansetzt. Damit stellt er einen für die Forschung konstruierten Leitfaden der Beschreibung und Erklärung dar,19 aber weniger eine Meta-Theorie über wissenschaftliche Methoden bezüglich des Individualismus, wie es der Begriff der Methodologie vermuten läßt.20 Trotz dieser semantischen Ungenauigkeit soll aus pragmatischen Gründen dennoch im folgenden der von Schumpeter geprägte Begriff beibehalten werden. Ohne auf sämtliche Ausprägungen des methodologischen Individualismus weiter einzugehen,21 soll dennoch eine gemäßigte Form, der in dieser Arbeit gefolgt wird, kurz von einer strengen unterschieden werden. Beiden gemein ist die Ablehnung einer Emergenz sozialer Phänomene, wodurch sie sich eindeutig von der holistischen Position unterscheiden.22 Während die strenge Form gesellschaftliche Erscheinungen aber nur als begriffliche Konstrukte ansieht, gelten sie in der gemäßigten Form als beobachtbare Tatbestände. Sie sind allerdings abhängig von der Existenz und den Eigenschaften von Individuen.23 Auch ermöglicht es ein gemäßigter Vgl. Vanberg (1994), S. 1. Vgl. Watkins (1952 / 53a), S. 186. Popper (1987), S. 123, führt aus, daß „alle kollektiven Phänomene als auf Aktionen, Interaktionen, Zielsetzungen, Hoffnungen und Gedanken von Individuen zurückführbar zu verstehen [ . . . ]“ sind. 17 Neben Adam Smith (1723 – 1790) gehört hierzu auch David Hume (1711 – 1776). Siehe auch Vanberg (1975), S. 5 – 26. 18 Vgl. Schumpeter (1908), S. 88 – 98. 19 Vgl. Meran (1979), S. 35, Scott (1960 / 61), S. 331 f. 20 Zum Begriff der „Methodologie“ siehe Kastrop (1993), S. 19. 21 Zu den Vertretern des methodologischen Individualismus zählen vor allem Popper, Watkins, Hayek, Menger, Mises, Buchanan, Weber. Zum Versuch einer Klassifikation der verschiedenen holistischen und individualistischen Erklärungsmethoden siehe u. a. Meran (1979), Gellner (1976), Vanberg (1975), insbesondere S. 251, Fn. 25, oder die kurze Übersicht in Ruckdäschel (2000), S. 38 ff. 22 Vgl. Ritsert (1976), S. 92 ff., Meran (1979), S. 39 f., S. 43 ff. 23 Vgl. Meran (1979), S. 42. Für die strenge Form spricht sich beispielsweise Hayek (1976) aus. 15 16
A. Methodik der Abhandlung
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methodologischer Individualismus zur Beschreibung individuellen Verhaltens, auf Eigenschaften zurückzugreifen, die nicht in Ausdrücken über das Verhalten eines Individuums definiert sind.24 Als explikatorische Grundlage für gesellschaftliche Tatbestände ist beiden die Ableitung aus individualistischen Theorieansätzen gemein. Damit bedarf es einer Erklärung des individuellen Verhaltens, die sich nun anschließt. 2. Institutionalistischer Erklärungsansatz Zur Erklärung des individuellen Verhaltens lassen sich der reduktionistische Ansatz und der anti-reduktionistische – oder auch institutionalistische – Ansatz unterscheiden. Der reduktionistische Ansatz füllt die Hypothesen über das Verhalten von Individuen mit psychologischen Gesetzen aus.25 Alle soziologischen Gesetze lassen sich demzufolge aus allgemeinen psychologischen Verhaltensgesetzen ableiten. Da damit die Erklärung von Verhaltensänderungen im Zeitablauf nicht ermöglicht wird,26 wie es aber die vorliegende Problematik der Untersuchung erfordert, soll der Versuch, individuelles Verhalten mittels Rekurs auf psychologische Gesetze zu erläutern, nicht weiterverfolgt werden. Grundlage dieser Abhandlung ist der methodologische Individualismus in der Ausprägung eines institutionalistischen Erklärungsansatzes.27 Auf psychologische Hilfe zur Erklärung individuellen Handelns wird verzichtet, das Rationalitätsprinzip28 wird als allgemeines Gesetz zur Erklärung herangezogen.29 Von rationalem Handeln ist dann zu sprechen, wenn ein Individuum in der gleichen Weise gehandelt hätte, wären ihm, bei gleichem faktischen Informationsstand, sämtliche logischen Implikationen seines Verhaltens bewußt gewesen.30 Unter der Prämisse dieses rationalen Handelns zur Erreichung der individuellen Ziele wird dann versucht, die Handlung des Individuums vollständig logisch aus seiner Situation heraus zu erklären.31 24 Dies fußt auf einer logischen Unabhängigkeit von Sätzen über die Absichten und das Verhalten von Individuen sowie von Sätzen über soziale Phänomene. Vgl. Meran (1979), S. 36 f., oder Ritsert (1976), S. 98. Siehe auch Vanberg (1975), S. 257, der in diesem Zusammenhang von deskriptiver Emergenz spricht. 25 Dieser Position entspricht insbesondere der Ansatz Homans. Siehe beispielsweise Homans (1972). 26 So ist nach Homans (1972), S. 81 f., S. 92, das zukünftige Verhalten von der Erfahrungsgeschichte des Individuums determiniert. Siehe hierzu die kritische Darstellung von Daumann (1993), S. 18. 27 Für eine ausführliche Darstellung institutionalistischer Ansätze siehe Vanberg (1975), S. 84 ff. 28 Zum Rationalitätsprinzip siehe Popper (1995c), S. 352 ff. 29 Vgl. Meran (1979), S. 45. Popper (1987), S. 123, schreibt: „Wir können Individualisten sein, ohne den Psychologismus zu akzeptieren.“ 30 Vgl. Watkins (1952 / 53b), S. 40. 31 Popper versteht unter dieser „Situationsanalyse [ . . . ] eine [ . . . ] Erklärung einer menschlichen Handlung aufgrund der Situation des Handelnden.“ (1984d), S. 184. Dieses
28
2. Kap.: Methodische und terminologische Grundlagen
Die vorliegenden Rahmenbedingungen der Handlung als auch deren subjektive Einschätzung nehmen also Einfluß auf das Handeln des Individuums und müssen zur Erklärung herangezogen werden. Diese beinhalten sowohl die individuellen Ziele wie auch das zur Verfügung stehende Wissen. Die Handlung erfolgt dann situationsgerecht respektive dem Rationalitätsprinzip entsprechend.32 Die folgende Untersuchung basiert auf dem dargelegten gemäßigten methodologischen Individualismus unter der Anwendung der situationslogischen Methode zur Erklärung individuellen Handelns und sozialer Phänomene. Hinsichtlich des Erklärungsgehaltes dieses Vorgehens ist anzumerken, daß sich individuelles Verhalten im konkreten Einzelfall einer detaillierten Prognose entzieht. Vielmehr wird reduziert auf typische Individuen in typischen Situationen.33 In Anbetracht der Fragestellung erscheint dies aber als weniger problematisch, interessiert doch gerade der Rekurs auf allgemeine Verhaltensannahmen. Es werden folglich keine Einzelereignisse erklärt. Die Erklärung beschränkt sich auf Erklärungen des Prinzips und führt zur Darlegung allgemeiner Muster-Voraussagen („pattern predictions“).34 Allgemeine „Gesetz“-mäßigkeiten sollen aufgedeckt und bewußt getroffen werden.
III. Menschenbild und individualistische Bewertungsmethode Gegenstand der ökonomischen Betrachtung ist das Handeln von Menschen. Deshalb bedarf es einer konkreten Vorstellung vom Menschen, die im Menschenbild zum Ausdruck kommt. Dieses muß sich notwendigerweise auf die Darstellung der für die Untersuchung relevanten Grundeigenschaften beschränken, zumal eine Erfassung des Seins und des Wesens des Menschen im Ganzen kaum leistbar ist.35, 36 Menschen zeichnen sich durch ihre Verschiedenartigkeit aus. Diese äußert sich in unterschiedlichen geistigen und körperlichen Konstitutionen, die heterogene Präferenzen und Handlungen nach sich ziehen. „Jedes Individuum ist mit einer Vernunft geschaffen, die es erlaubt, Prioritäten und Ziele festzusetzen, Mittel auszuwählen und Alternativen zwischen Zielen und Mitteln zu bewerten. Wir sind ferner mit einem Willen geschaffen, der uns in die Lage versetzt, Maßnahmen zu Konzept hat er im wesentlichen in zwei Aufsätzen (1995c, 1997) entwickelt. Siehe hierzu auch Watkins (1952 / 53b). Zu einer aus wissenschaftstheoretischer Sicht wertenden Darstellung im Vergleich mit alternativen institutionalistischen Zugängen bei Mises, Hayek oder Weber siehe Daumann (1993), S. 19 ff. 32 Vgl. Popper (1995c), S. 352. 33 Vgl. Popper (1995c), S. 351 ff., Watkins (1952 / 52b), S. 35. 34 Vgl. Hayek (1972), Watkins (1952 / 53b), S. 31 ff. 35 Vgl. zum wissenschaftlichen Studium von „Ganzheiten“ Popper (1987), S. 61 ff. 36 Somit sollen im folgenden nicht die Überlegungen der philosophischen Anthropologie weiterverfolgt werden, die versucht, allgemeingültige Aussagen über den Menschen zu treffen.
A. Methodik der Abhandlung
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ergreifen, um unsere Ziele zu erreichen.“37 Menschen sind also hinsichtlich ihres Willens nicht naturgesetzlich determiniert, sondern es ist davon auszugehen, daß sie einen freien Willen haben.38 Diese Vorstellung entspricht der Vernunftbegabung und Willensfreiheit des Menschen im Kantianischen Sinne.39 Sie ermöglicht es dem Menschen, selbstbestimmt, ganz im Sinne eines mündigen Bürgers, zu handeln. Das Handeln des Menschen äußert sich folglich als Konsequenz seines subjektiven Wissens, seiner eigenen Erwartungen, Ziele und Präferenzen. Trotz dieser Verschiedenartigkeit eint die Menschen das Streben nach einer Verbesserung ihrer Lebenssituation. Schon die schottischen Moralphilosophen waren von der Vorstellung geprägt, daß die Individuen vorwiegend vom Streben nach Eigennutz geleitet sind. Ganz im Gegensatz zu der Hobbes’schen pessimistischen Auffassung „homo homini lupus est“40 gingen diese aber davon aus, daß durch das Verfolgen seines Eigeninteresses der Handelnde die Gesellschaft weit wirksamer fördert, als wenn er diese zu fördern beabsichtigt.41 Dieses eigeninteressierte Handeln ergänzt schließlich das der Arbeit zugrundeliegende individualistische Menschenbild. Ein solch individualistisches Menschenbild impliziert weder ein egoistisches noch ein isoliertes Verhalten losgelöst vom sozialen Umfeld des Menschen. Solche Ansichten resultieren vielmehr aus unzulässigen Gleichsetzungen.42 Letztlich entscheidet der einzelne Mensch, was ihm als wertvoll oder nützlich und damit erstrebenswert erscheint. Danach richtet er sein Handeln aus. Dabei ist es sehr wohl möglich, daß der Mensch auch aus scheinbar uneigennützigem Verhalten einen persönlichen „Nutzen“ zieht.43 Dieses Verhalten äußert sich in der Realität, wenn Hoppmann (1990), S. 6. Vgl. Popper (1984e), S. 242 ff., zur Kritik am Determinismus. Hayek (1991), S. 20, spricht diesbezüglich von „innerer Freiheit“, die „sich auf das Ausmaß, in dem ein Mensch in seinen Handlungen von seinem bewußten Willen, von seiner Vernunft und seinen dauernden Überzeugungen geleitet ist und nicht von Impulsen oder Umständen des Augenblicks [bezieht].“ 39 Vgl. Kant (1966), S. 217 ff. 40 „Der Mensch ist dem Menschen ein Wolf“, d. h., er betrachtet alle Menschen als Feinde und führt einen ständigen Krieg gegen diese, weshalb die Menschen, um des gesellschaftlichen Friedens willen, in die Unfreiheit des totalen Staates, des Leviathan, geführt werden sollen. So die Auffassung von Thomas Hobbes (1588 – 1679) in seinem Hauptwerk. Vgl. Hobbes (1963). 41 Vgl. Smith (1923), S. 236. Als Vorläufer kann wohl B. Mandeville gelten, der in seiner „Bienenfabel“ die These vertrat, daß das Streben des einzelnen nach seinem individuellen Vorteil nicht zum Nachteil der Gemeinschaft führt, sondern vielmehr allen nützliche Ergebnisse hervorbringen kann. Siehe hierzu beispielsweise Vanberg (1975), S. 8 – 12, Starbatty (1999), S. 10 ff. 42 Zur unzulässigen Gleichsetzung des Individualismus mit Egoismus und Kollektivismus mit Altruismus siehe Streit (1995), S. 10. 43 Vgl. Kerber (1991), S. 60. Besteht das Bestreben des Altruisten jedoch darin, den Nutzen anderer steigern zu wollen, so zeigt Starbatty beispielhaft, wie eigeninteressiertes Handeln dies besser als selbstloses zu leisten vermag. Vgl. Starbatty (1999), S. 18 ff. 37 38
30
2. Kap.: Methodische und terminologische Grundlagen
beispielsweise, und damit auch aus materieller Perspektive absolut uneigennützig, benachteiligte Personen unterstützt werden mit dem persönlichen Ziel, deren Lebenssituation zu verbessern.44 Somit wird selbstloses Handeln Gegenstand der Handlungsziele des Menschen. Also sind auch altruistische Handlungen vom Eigeninteresse des Menschen geleitet. Außerdem darf die Tatsache nicht übersehen werden, daß die subjektiven Ziele des Menschen von seinem gesellschaftlichen Umfeld geprägt sind und auch häufig nur durch Kooperation mit den Mitmenschen realisiert werden können.45 Die Existenz der Institution Markt, über den sich Austauschhandlungen vollziehen und der damit zur Realisierung individueller Ziele beiträgt, ist schon ein Beispiel für die Vorteilhaftigkeit der Zusammenarbeit der Menschen. Dabei ist die Beachtung gesellschaftlich anerkannter Normen und Werte Voraussetzung für eine einwandfreie Funktionsfähigkeit, wodurch diese wiederum Einfluß auf das individuelle Handeln nehmen. Die Kooperations- und Austauschprozesse müssen in keinerlei Weise unpersönlich ablaufen, sondern sind oft von freundschaftlichen Beziehungen begleitet. Gerade durch die individuelle Entscheidung zur Zusammenarbeit, die auf dem freien Willen und nicht einem auferlegten Zwang beruht, kann echtes gemeinschaftliches Verhalten erst entstehen.46 Insofern stellt ein individualistisches Menschenbild weder eine Abkehr von selbstlosem Verhalten noch eine Absage an menschliche Zusammenarbeit und persönliche Beziehungen dar. Das hier zugrunde gelegte individualistische Menschenbild geht von mündigen Bürgern aus, die die Souveränität besitzen, selbst über ihre subjektiven Bedürfnisse zu entscheiden und diese auf ihre persönliche Weise zu befriedigen. Da aber niemand die Bedürfnisse und die Mittel zur Befriedigung in seiner Gesamtheit kennen kann, hat dies Konsequenzen für normative Fragestellungen. Wünschenswert erscheint demnach einzig, was den Interessen und Zielsetzungen der Individuen entspricht.47 Damit kann ein Bewertungsmaßstab nicht von außen eingebracht werden. Das Individuum ist als einzige Quelle von Wertungen anzusehen; somit findet der normative Individualismus Anwendung in dieser Arbeit.48
44 Ein Beispiel wären Spendenaktionen zur Errichtung einer Sportanlage in einem Land der Dritten Welt, an der sich zahlreiche Privatpersonen beteiligen. Ein Menschenbild, das altruistisches Verhalten per se exkludierte, wäre folglich schon aufgrund empirischer Beobachtungen äußerst realitätsfern. 45 Vgl. Kerber (1991), S. 66 ff. 46 Zu einer kritischen Stellungnahme zum Vorwurf der Entpersönlichung und Entfremdung des Menschen siehe Hoppmann (1990), S. 9 f. 47 Vgl. Vanberg (1994), S. 1. 48 Zum Begriff „normativer Individualismus“ siehe Vanberg (1994), S. 1.
B. Konkretisierung des Untersuchungsgegenstandes
31
B. Konkretisierung des Untersuchungsgegenstandes Gegenstand der Untersuchung bildet die öffentliche Förderung eines ausgewählten Bereichs des gesellschaftlichen Lebens, des Sports. Dies macht es erforderlich, zunächst die dieser Arbeit zugrundeliegende begriffliche Belegung des Sports aufzuzeigen. Mit den folgenden Ausführungen ist damit nicht beabsichtigt, sämtliche in der Literatur auffindbaren Definitionsversuche des Begriffs „Sport“ darzustellen, zu systematisieren oder hinsichtlich ihrer Brauchbarkeit zu bewerten. Vielmehr soll die Breite dieses Bereichs verdeutlicht werden, um dann anhand der weitgehend übereinstimmenden Merkmale den in dieser Arbeit verwendeten Terminus „Sport“ zweckmäßig zu bestimmen. Da der Begriff „Sport“ ein abstraktes Phänomen bezeichnet, können nur die real handelnden Individuen im Sport eine Förderung erfahren. Zur Ermöglichung der sportlichen Betätigung kooperieren diese, weshalb die resultierenden Angebotsformen als Ansatzpunkt der öffentlichen Sportförderung zu charakterisieren sind. Im Anschluß daran ist es erforderlich, die öffentliche Förderung von weiteren Formen der Förderung abzugrenzen. Auch ist ein einheitliches Begriffsverständnis hinsichtlich der Formen der Förderung zu schaffen.
I. Spezifizierung des Begriffs „Sport“ An dieser Stelle soll der Sport nicht aus einer essentialistischen Perspektive definiert werden. Diese zielte darauf ab, die Sache selbst zu erklären, also das Wesen des Begriffs „Sport“ herauszustellen. Dazu wäre es erforderlich, daß das Definiendum vollständig in seinem Wesen durch das Definiens beschrieben wird, womit es zugleich einen Wahrheitsanspruch geltend macht. Eine solch erschöpfende Definition ist aber nicht zu leisten, da jede Beschreibung notwendig selektiv erfolgen muß.49 Ferner impliziert die Darstellung des „Wesens“ eines Begriffs eine ontologische Sicht, die sich Begriffe als ideale Seiende vorstellt und die damit die Sprache metaphysisch erhöht.50 Deshalb ist es hier das Ziel, mittels einer Nominaldefinition den Gebrauch des Wortes „Sport“ festzulegen und damit ein einheitliches Verständnis zu schaffen. Diese nominalistische Sichtweise dient also der sprachlichen Vereinfachung und versucht, eine zweckmäßige Festsetzung des Sprachgebrauchs zu liefern. Den Sinn einer Definition beläßt sie rein auf der semantischen Ebene.51 49 Vgl. Popper (1987), S. 62. Zur Essentialismuskritik siehe ebda., S. 21 ff., S. 61 ff., sowie Popper (1992), S. 15 ff. 50 Vgl. Popper (1992), S. 15 ff. 51 Siehe hierzu Popper (1987), S. 23: „Nominalisten betrachten Worte nur als zur Beschreibung nützliche Instrumente.“ (Hervorhebung im Original).
32
2. Kap.: Methodische und terminologische Grundlagen
Bei einer ersten Annäherung an den Begriff „Sport“ wird deutlich, daß sich dieser durch eine Vielgestaltigkeit auszeichnet. Der Sport weist zahlreiche Erscheinungsformen auf, seine Teilbereiche sind durch Heterogenität gekennzeichnet. Es wird in der Literatur immer wieder angeführt, daß deshalb auch noch keine allgemein anerkannte Definition vorliegt respektive nicht zu leisten ist.52 Folglich kann an dieser Stelle auf eine solche nicht zurückgegriffen werden. Die vielfältigen Erscheinungsformen des Sports werden insbesondere gegenwärtig in den Komposita, die mit dem Ausdruck „Sport“ gebildet werden können. Diese lassen sich anhand verschiedener Kriterien in vielfältigen Klassifikationsschemata systematisieren. Im Zusammenhang mit der hier relevanten Fragestellung sind die Kriterien Ziel des Sports, Sportarten, Angebotsform sowie Qualifikation der Sportakteure von Relevanz, wie die späteren Ausführungen noch zeigen werden (vgl. Tabelle 1).53 Tabelle 1 Komposita des Begriffs „Sport“ Kriterium Sportziel
Sportart
Komposita Aktiv
Ausgleichssport, Fitneßsport, Gesundheitssport, Berufssport, Leistungssport, Erholungssport
Passiv
Zuschauersport
Anzahl Teilnehmer
Mannschaftssport, Individualsport
Körperkontakt
Körperkontaktsport, körperkontaktloser Sport
Ausübungsort
Hallensport, Natursport, anlagengebundener Sport, nicht anlagengebundener Sport
Akteursqualifikation
Freizeitsport, Breitensport, Spitzensport
Angebotsform
Selbstverwalteter Sport, fremdverwalteter Sport, nichtverwalteter Sport, obligatorischer Sport
Quelle: Eigene Darstellung.
Alle die zu bildenden Ausdrücke stellen eine Vielzahl verschiedener Formen der Sportausübung und Sportarten dar. Dies steht aber in keinem Widerspruch, eine für alle diese anwendbare Definition zu geben.54 Um sie mit einer Definition zu erfas52 Zu dieser Sichtweise siehe u. a. die Ausführungen bei Grupe / Krüger (1995), S. 118, Steinkamp (1983), S. 7. Vielfach findet sich auch die Auffassung, daß gerade aufgrund der vielfältigen Erscheinungsformen eine Definition nicht für möglich gehalten wird. Siehe hierzu u. a. Röthig (1992), S. 420, Waldhauser (1999), S. 53. Der Deutsche Sportbund hält eine sachliche Festlegung für wenig sinnvoll. Vgl. Deutscher Sportbund (1980), S. 437. 53 Ähnlich Hockenjos (1995), S. 106 f. Zu den Komposita siehe auch Holzke (2001), S. 154 ff. 54 Vgl. Holzke (2001), S. 154 ff.
B. Konkretisierung des Untersuchungsgegenstandes
33
sen, sollen daher die häufigsten in der Literatur auffindbaren Begriffsmerkmale kurz skizziert und hinterfragt werden, die im Zusammenhang mit dem Versuch einer Definition oder Beschreibung des Sports angeführt werden:55 körperliche Aktivität, Wettkampf, Regeln und Organisationsformen, Zweckfreiheit. Hierbei geht es allerdings nicht um die Bestimmung der Wesensmerkmale des Sports. Vielmehr soll zum einen die Zweckmäßigkeit der Begriffsmerkmale für eine Nominaldefinition erörtert und im Rahmen dieser Diskussion zum anderen die Erscheinungsvielfalt des Sports nochmals verdeutlicht werden. Wird die körperliche Betätigung als zwingendes Kriterium des Sports herangezogen,56 so bleiben viele Formen des Sports ausgeschlossen, die allgemein als Sport anerkannt sind. Zu nennen sind Sportarten wie Schach, Billard oder Dart. Die Anerkennung dieser Formen als Sport findet sich nicht nur im allgemeinen Sprachgebrauch wieder, sondern auch in der Eingliederung in die Organisationen des Sports.57 Insbesondere lassen sich zahlreiche Beispiele an Charaktereigenschaften anführen, die diese körperlich passiven Sportarten mit den körperliche Aktivität erfordernden Sportarten gemein haben.58 Eine Sportdefinition, die ausschließlich auf die körperliche Betätigung abstellt, ist demnach zu eng gefaßt. Gegen das Kriterium Wettkampf59 lassen sich ebenfalls erhebliche Einwände vorbringen. Es macht den Leistungsgedanken sowie den Leistungsvergleich im Rahmen einer sportlichen Auseinandersetzung zum notwendigen Merkmal des Sports. Auch hierbei werden zahlreiche, im allgemeinen Sprachgebrauch als Sport verstandene Betätigungen ausgeschlossen, wie z. B. Joggen, Schwimmen, Ski fahren oder Turnen.60 Hinzu kommt, daß Sportler in ihrer Trainingsphase weder ihre Leistung mit anderen messen noch einen Wettkampf durchführen.61 Folglich würden diese Tätigkeiten nicht dem Sport zugerechnet werden. Dies scheint in Anbetracht der herrschenden Auffassung sowie der Gemeinsamkeiten mit den entsprechenden wettkampfmäßig betriebenen Sportarten als nicht angebracht. Gerade 55 Vgl. u. a. Heinemann (1998), Ketteler (1997), Röthig (1992), Carl et al. (1984), Steinkamp (1983), Deutscher Sportbund (1980). Eine wertende Darstellung verschiedener Begriffsbestimmungen findet sich auch in Holzke (2001), S. 91 ff., oder Bundesministerium der Finanzen (1988), S. 127 ff. 56 Vgl. u. a. Röthig (1992), S. 421, Ketteler (1997), S. 73 f., Steinkamp (1983), S. 16 ff., Heinemann (1998), S. 34, Carl et al. (1984), S. 6 f. 57 Ebenso wie Schach ist auch Bridge 1999 vom IOC gemäß Art. 29 der Olympischen Charta in die Olympische Bewegung aufgenommen worden. 58 So z. B. allgemeine Fertigkeiten für den Erfolg, Wettkampfvor- und -nachbereitung, Talentfindung etc. Siehe hierzu die ausführliche Diskussion am Beispiel Schach bei Holzke (2001), S. 92 ff. 59 Vgl. u. a. Heinemann (1998), S. 34, Steinkamp (1983), S. 26 ff., Röthig (1992), S. 421, Ketteler (1997), S. 74, Carl et al. (1984), S. 8. 60 Wenngleich diese auch auf Wettkampfebene ausgeführt werden können. 61 Vgl. Holzke (2001), S. 103. Er gesteht aber ein, daß diese Tätigkeit der Vorbereitung von Wettkämpfen dienen und somit in enge Verbindung mit diesem Merkmal gebracht werden kann.
3 Langer
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2. Kap.: Methodische und terminologische Grundlagen
aus dem Leistungsgedanken resultiert ein kritischer Grenzbereich, inwieweit beispielsweise der Gesundheits- oder Fitneßsport, soweit nicht wettkampfmäßig betrieben, als Sport zu bezeichnen ist. Vielfach wird auf die Regeln als das den Sport kennzeichnende Kriterium abgestellt.62 Damit eng verbunden ist der Aspekt der Organisation des Sports. Ein (international) einheitliches Regelwerk für einen entsprechenden Leistungsvergleich setzt eine entsprechende Normierung voraus. Hierzu bedarf es einer Institutionalisierung des Sports, die sich in den Organisationsformen des Sports wiederfindet.63 Die Regeln weisen als Abgrenzungskriterium aber die gleichen Mängel wie das Merkmal Wettkampf auf. Die gleichen sportlichen Betätigungen würden ausgeschlossen.64 Die Zweckfreiheit des Sports grenzt den Sport von anderen Tätigkeiten dahingehend ab, daß sportliche Betätigungen lediglich dem Selbstzweck dienten und ansonsten unproduktiv seien.65 Hierbei liegt sowohl eine Unschärfe im Trennkriterium als auch wiederum eine unverhältnismäßige Einschränkung vor. Zum einen verschwimmt durch die steigende Kommerzialisierung und Professionalisierung des Sports zunehmend die Grenze zwischen Sport und Beruf. Zum anderen dient die Sportausübung immer mehr der Realisierung von Zielen wie Gesundheit respektive körperliches Wohlbefinden, Freizeitgestaltung oder sozialer Kontakte. Die diskutierten Kriterien müssen zur Bestimmung des Begriffs Sport nicht zwingend erfüllt sein. Holzke hat durch eine disjunktionale Verkettung der Kriterien eine Definition geschaffen, die das Alltagsphänomen Sport treffend charakterisiert.66 Sport ist ein mehrdeutiger Ausdruck, der „Körpersport“ und / oder „Wettkampfsport“ umfaßt. Das Merkmal der Zweckfreiheit wird dahingehend konkretisiert, daß die Betätigung keinen Nutzen außerhalb des Wettkampfes hat. Regeln sind nur dann erforderlich, wenn ein Leistungsvergleich im Wettkampf erfolgen soll, der einer entsprechenden Organisation bedarf. Berücksichtigt man noch die Tatsache, daß sich Sport auf eine menschliche Betätigung bezieht, ergibt sich für den Wettkampfsport eine „menschliche Betätigung, mit der in einem nach (inter)nationalen Regeln organisierten Wettkampf das Erreichen von Leistungen erstrebt wird, die außerhalb des Wettkampfs keinen Nutzen haben.“67 Der Körpersport ist dann eine „menschliche Betätigung, die eine körperliche Kraftentfaltung Vgl. u. a. Heinemann (1998), S. 34, Röthig (1992), S. 421, Ketteler (1997), S. 74 f. Vgl. ähnlich Steinkamp (1983), S. 35 ff., Carl et al. (1984), S. 8. 64 Gerade die freie sportliche Betätigung ist aber auch expliziter Gegenstand der Sportförderung. Siehe hierzu Ketteler (1997), S. 75. 65 Vgl. u. a. Heinemann (1998), S. 34, Ketteler (1997), S. 75, Steinkamp (1983), S. 62 ff., im Zusammenhang mit dem „Spiel“ Carl et al. (1984), S. 7 f. Siehe auch schon Diem (1949), S. 10 ff. 66 Vgl. Holzke (2001), insbesondere S. 132 ff. 67 Holzke (2001), S. 145. 62 63
B. Konkretisierung des Untersuchungsgegenstandes
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oder eine besondere körperliche Koordination erfordert und als Wettkampfsport oder in Anlehnung an eine Wettkampfsportart oder zur Verbesserung der körperlichen Leistungsfähigkeit betrieben wird.“68 Der Körpersport inkludiert also einen gegebenenfalls existenten Zweck der körperlichen Betätigung im Sinne der körperlichen Leistungsfähigkeit, worunter sich auch eine Verbesserung der Gesundheit verbirgt. Somit ist das Verständnis des für diese Arbeit gültigen Sportbegriffes geklärt. Wie schon angedeutet, lassen sich keine universell gültigen Trennkriterien formulieren, so daß stets Residuen hinsichtlich Sport oder Nicht-Sport bleiben. Die Extension der hier vorgestellten Sport-Definition stimmt aber weitgehend mit der Extension des allgemeinen Sprachgebrauchs überein und reduziert zudem die Zahl der Zweifelsfälle auf ein Minimum.69 Darüber hinaus steht sie in keinem Widerspruch zu Rechtsauffassungen oder Verordnungen, die den Sport im allgemeinen sowie dessen öffentliche Förderungen im besonderen betreffen.70 Es sei noch ergänzt, daß das mit dem Begriff „Sport“ definierte abstrakte Phänomen Sport Handlungen und Interaktionen beschreibt, die durch real agierende und interagierende Individuen ausgeführt werden. Dabei handelt es sich um Individuen mit vielfältigsten Handlungsmotivationen und Handlungsrestriktionen. Wird im weiteren Verlauf dieser Abhandlung der Begriff „Sport“ verwendet, so bezieht er sich auf die real handelnden Individuen in einem mit der abstrakten Spezifizierung des Begriffs „Sport“ verbundenen Interaktionsbereich. Wird nur ein Teilbereich der umfassend beschriebenen Handlungen und Akteure im Sport angesprochen, wird dies entsprechend kenntlich gemacht.
II. Angebotsformen des Sports Die sportliche Betätigung ist völlig individualistisch ohne eine Beziehung zu oder Interaktion mit anderen Individuen möglich. Das Gros der Sportausübung basiert aber auf Interaktionen zwischen den Akteuren im Sport. Um diese zweckgerichtet zu ermöglichen, kommt es zur Kooperation zwischen den Individuen. Die einzelnen Akteure legen individuelle Ressourcen zusammen, um so überhaupt erst das Angebot für die vielfältigen Formen der Sportausübung zu schaffen. Hierbei ist es denkbar, daß die Kooperation aus gewinnorientierten oder anderen Motiven ein Angebot für Dritte im Rahmen einer Leistungs-Gegenleistungsbeziehung offeriert. Ebenso kann die Kooperation die Ermöglichung der Sportausübung ausschließlich für ihre eigenen Mitglieder zum Ziel haben. Die verschiedenen Möglichkeiten der Kooperation finden ihren Ausdruck in unterschiedlichen OrganisaHolzke (2001), S. 146. Dabei wird nicht der Anspruch erhoben, den Sprachgebrauch exakt abzubilden. Die Frage nach der Richtigkeit der Definition kann somit nicht gestellt werden. 70 Vgl. Holzke (2001), S. 149 ff., S. 161 ff. 68 69
3*
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2. Kap.: Methodische und terminologische Grundlagen
tionsstrukturen des Sportangebotes. Das Phänomen „Sport“ läßt sich demzufolge anhand der Organisationsstruktur des Angebots differenziert betrachten, wobei vier Angebotsformen zu unterscheiden sind. Der nichtverwaltete Sport beschreibt den nicht-institutionalisierten Sport in formloser Art. Sport wird aus Eigeninteresse betrieben, Mitgliedschaften sind nicht erforderlich. Die Ausübung findet in informellen Sportgruppen oder der individuellen Nutzung von Bewegungsräumen statt. Der obligatorische Sport ist von einem Ausübungszwang gekennzeichnet. Damit orientiert er sich primär an den Interessen derer, die den Zwang ausüben. Er unterscheidet sich damit von den anderen Organisationsformen durch die fehlende Freiwilligkeit der Sportausübung. Als Beispiele seien der Schul- oder Berufssport angeführt. Der fremdverwaltete Sport stellt den aus organisatorischer Sicht vielschichtigsten Bereich dar. Als Angebotsform ist er gekennzeichnet durch erwerbswirtschaftliche Sportanbieter wie Fitneßstudios, Tanzkursanbieter oder Physiotherapeuten. Diese privatwirtschaftlichen Unternehmen sind in aller Regel an Formalzielen wie Gewinnmaximierung ausgerichtet. Des weiteren sind Nonprofit-Organisationen charakteristisch für den fremdverwalteten Sport. Sie unterscheiden sich von den Forprofit-Anbietern zum einen durch ihre Sachzieldominanz, zum anderen durch das Verbot der Gewinnausschüttung.71 Der Gewinn steht also nicht im Mittelpunkt des Unternehmensinteresses, zudem haben die Mitglieder keinen Anspruch auf eventuell anfallende Gewinne.72 Nonprofit-Organisationen lassen sich wiederum in private und öffentliche Organisationen unterscheiden.73 Letztere werden durch einen öffentlichen Rechtsakt errichtet, sind durch bürokratischhierarchische Entscheidungsstrukturen gekennzeichnet, dienen der Erfüllung staatlicher Aufgaben, und die Leistungserstellung erfolgt ausschließlich für Dritte.74 Beispiele hierfür sind Sportangebote von Krankenkassen, Volkshochschulen oder auch Sportämtern. Private Nonprofit-Organisationen sind insbesondere durch ihre demokratischen Entscheidungsstrukturen gekennzeichnet. Sofern sie Leistungen für Dritte respektive die Allgemeinheit bereitstellen, wie z. B. karitative Organisationen,75 sind sie charakteristisch für den fremdverwalteten Sport. Davon ist schließlich der selbstverwaltete Sport abzugrenzen, der von Angeboten gekennzeichnet ist, die sich an 71 Vgl. Wilkens (1996), S. 52 ff. Das Verbot der Gewinnausschüttung wird in der Literatur als sogenannte non-distribution-constraint bezeichnet. 72 In gewissen Grenzen können immer auch Gewinne erwirtschaftet werden, was der Begriff „Not-For-Profit-Organisation“ treffender zum Ausdruck bringt. Vgl. Weisbrod (1988), S. 16. 73 Vgl. Badelt (1997), S. 10 ff. Für einen Überblick über die verschiedenen möglichen Typenbildungen siehe auch Weisbrod (1988), S. 9 ff., Schwarz et al. (2002), S. 19 ff. 74 Vgl. Wilkens (1996), S. 54 f. 75 So z. B. Gymnastik-Angebote der Arbeiterwohlfahrt für Senioren.
B. Konkretisierung des Untersuchungsgegenstandes
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den Interessen und dem Bedarf der Mitglieder orientieren.76 Da er zentraler Anknüpfungspunkt der öffentlichen Sportförderung ist, werden seine Strukturen weiter unten noch detailliert erörtert. Es sei darauf hingewiesen, daß die Angebotsform des selbstverwalteten Sports nach diesem Verständnis nicht ausschließlich vom Deutschen Sportbund (DSB) mit seinen Mitgliedern und Mitgliedsorganisationen gekennzeichnet ist. Vielmehr gibt es weitere Sportanbieter, die der selbstverwalteten Angebotsform zuzurechnen sind, wie eben nicht im DSB organisierte selbstverwaltete Sportvereine. Da letztere aber eine zu vernachlässigende Ausnahme bilden, steht im weiteren Verlauf der selbstverwaltete Sport synonym für den DSB und alle ihm angeschlossenen Akteure des Sports. Sollte eine Differenzierung innerhalb des selbstverwalteten Sports zwischen dem DSB und seinen Nicht-Mitgliedern zur Erkenntnisgewinnung vonnöten sein, wird darauf explizit hingewiesen. Abbildung 1 verdeutlicht zusammenfassend nochmals die Angebotsformen des Sports nach Organisationsstrukturen.
Organisationsstruktur des Sports Nicht-Institutionalisiert
Institutionalisiert Freiwillig
Obligatorisch
Nonprofit Privat Mitgliederorientiert
Fremdorientiert
Selbstverwalteter Sport
Forprofit Öffentlich Fremdorientiert
Fremdverwalteter Sport
Obligatorischer Sport
Nichtverwalteter Sport
Angebotsform des Sports
Quelle: Eigene Darstellung.
Abbildung 1: Angebotsformen des Sports nach Organisationsstrukturen
76 Damit zeichnet sich die Angebotsform des selbstverwalteten Sports durch Rollenidentität der Anbieter und Nachfrager aus, da die Mitglieder der Sportorganisation das Angebot organisieren und zugleich im Rahmen der Ausübung des Sports nachfragen, also sowohl die Rolle des Produzenten als auch des Konsumenten einnehmen. Siehe hierzu beispielsweise Nagel (2003), S. 2 f.
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2. Kap.: Methodische und terminologische Grundlagen
III. Abgrenzung und Formen der öffentlichen Förderung des Sports Nachdem der Begriff „Sport“ und seine Angebotsformen im Verständnis der vorliegenden Abhandlung konkretisiert wurde, ist nun der Ausdruck „öffentliche Förderung“ hinsichtlich seiner beiden Termini zu erläutern. „Öffentliche“ Sportförderung bezieht sich im Rahmen dieser Arbeit auf die Förderung des Sports durch den Staat, in der föderativen Bundesrepublik Deutschland also durch Bund, Land und Kommune. Die Begriffe „öffentlich“ und „staatlich“ werden in diesem Zusammenhang synonym verwendet. Davon abzugrenzen sind alternative Quellen der Sportförderung seitens der Privatwirtschaft. Hierunter sind sowohl Sponsoren77 als auch Mäzene78 oder weitere Nachfrager des Sports in Form von Einzelpersonen oder privatwirtschaftlichen Institutionen zu subsumieren. Die öffentliche „Förderung“ des Sports ist darauf ausgerichtet, die Handlungsmöglichkeiten innerhalb des Sports zu erweitern.79 Primärer Ansatzpunkt hierzu sind die Handlungsbeschränkungen der Individuen. Die Sportförderung versucht also, die Restriktionen, denen die im Sport agierenden Individuen unterworfen sind, zu verringern oder zu beseitigen. Ein sekundärer Ansatzpunkt ist die individuelle Handlungsmotivation. Über die öffentliche Einflußnahme auf die Präferenzen, die individuelles Handeln bedingen, können sich erweiterte Handlungsmöglichkeiten im Sport auftun.80 Die Formen der öffentlichen Förderung des Sports sind vielfältig. Der Staat kann in freie Märkte eingreifen, um damit ausgewählten Marktteilnehmern, in diesem Fall Sportlern respektive Institutionen des Sports, zu einem für sie vorteilhafteren Marktergebnis zu verhelfen, als dies ohne sein Eingreifen zu erzielen wäre. Dazu bietet sich als Ansatzpunkt ein Eingriff in die Marktstruktur, das Verhalten der Marktteilnehmer oder direkt in das Ergebnis des Marktprozesses an. Da dieses Vorgehen prinzipiell der staatlichen Regulierungspraxis gleichkommt, sei von Regulierungsansätzen gesprochen.81 77 Für eine Definition des Begriffs „Sponsor“ bzw. „Sponsoring“ siehe Hermanns (1997), S. 36 f., zu einer Entwicklung des Begriffsverständnisses Drees (1992), S. 13 ff. 78 Zum Begriff siehe Drees (1992), S. 7 f.; eine Abgrenzung des Mäzenatentums zum Sponsoring nimmt Schalk (1993), S. 9 ff., vor. 79 Vgl. Kirsch / Kempf (2002), S. 255. 80 Öffentlich beeinflußte und damit veränderte Präferenzen führen zu einer veränderten Nachfrage nach Sport, die Anbietern des Sports neue Handlungsmöglichkeiten eröffnet. Die resultierenden Sportangebote erweitern wiederum die Handlungsoptionen der Nachfrager, denen die Nutzung eines veränderten Sportangebotes ermöglicht wird. 81 Eine allgemeingültige Umschreibung, was unter dem Begriff „Regulierung“ zu verstehen ist, gibt es nicht, ebensowenig eine unumstrittene Theorie. Verschiedene Zugänge liefert Bögelein (1990), S. 10 ff. Im vorliegenden Kontext ist eher von einer engen Definition der Regulierung auszugehen. Danach bezeichnet staatliche Regulierung die unmittelbare staatliche Festlegung einzelner Elemente unternehmerischer Wirtschaftspläne. Vgl. Eickhof (1985), S. 64. Im weiteren Sinne ist unter Regulierung beispielsweise nach Phillips in Mül-
B. Konkretisierung des Untersuchungsgegenstandes
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Dem Staat steht ferner offen, den Sport mittels Transferleistungen zu unterstützen. Zum einen können diese mittelbar erfolgen, d. h., der Staat verzichtet auf Einnahmen, beispielsweise in Form von Steuervergünstigungen. Hiervon zu unterscheiden sind zum anderen unmittelbare Förderungen, die direkt in den öffentlichen Haushalten wirksam werden. Letztere sind weiter zu differenzieren in monetäre und reale Transferleistungen. Unmittelbar aus den öffentlichen Haushalten werden also einerseits Gelder an den Sport transferiert. Andererseits werden haushaltswirksam dem Sport Güter zur Verfügung gestellt, deren Kosten die öffentliche Hand trägt. Diese können sowohl personelle als auch materielle Leistungen umfassen. Abbildung 2 verdeutlicht nochmals diese begrifflichen Festlegungen.
Art der Förderung
Regulierungsansatz
Marktstruktureingriff
Transferleistung
Marktverhaltenseingriff
Marktergebniseingriff
Mittelbare Transferleistung
Unmittelbare Transferleistung
Realtransfer
Indirekter Finanzstrom
Monetärtransfer
Direkter Finanzstrom
Quelle: Eigene Darstellung.
Abbildung 2: Formen der öffentlichen Sportförderung
Die Erfassung der staatlichen Sportförderung zielt weitgehend auf direkte Finanzströme ab.82 Diese umfassen nach obigem Begriffsverständnis nur die unler / Vogelsang (1979), S. 19, „jede Einschränkung der Gewerbe- und Vertragsfreiheit durch solche staatlichen Eingriffe zu verstehen, die nicht die für alle geltenden Spielregeln der Marktwirtschaft festlegen.“ Weite Definitionen können neben staatlichen Geboten und Verboten auch die Subventionierung, Besteuerung oder Verstaatlichung umfassen. Siehe hierzu Müller / Vogelsang (1979), S. 197 ff. Gerade die Bereiche Besteuerung und Subventionierung werden in der vorliegenden Arbeit aber getrennt im Rahmen der staatlichen Transferleistungen abgebildet, da sonst mit dem Begriff „Regulierung“ sehr ungleichartige Maßnahmen erfaßt würden. Abzugrenzen von staatlicher Regulierung sind wettbewerbspolitische Bereichsausnahmen bzw. kartellrechtliche Branchenfreistellungen. Hierbei handelt es sich um kartellrechtliche Ausnahmebereiche, d. h., Wirtschaftsbereiche, die von den generellen Regeln des GWB ganz oder teilweise freigestellt sind. Vgl. Eickhof (1993), S. 205, sowie die dort angegebene Literatur. 82 Vgl. Anders (1996), S. 365 ff.
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2. Kap.: Methodische und terminologische Grundlagen
mittelbaren monetären Transfers. Alle weiteren Formen der staatlichen Förderung stellen indirekte Finanzströme dar. Als solche sollen auch die Regulierungsansätze verstanden werden. Sie ermöglichen verbesserte Marktergebnisse in Form höherer Erträge oder geringerer Kosten, was letztlich einer finanziellen Besserstellung gleichkommt, für die die öffentliche Hand verantwortlich zeichnet. In dieser Arbeit sollen alle skizzierten Formen der öffentlichen Förderung Berücksichtigung finden. Lediglich die Förderung des Schulsports, der insbesondere durch die bereitzustellende Infrastruktur als auch entsprechendes Lehrpersonal einen quantitativ bedeutenden Bereich der Förderung darstellt, wird weitgehend ausgeklammert. Schulsport als solcher ist obligatorisch und damit nicht frei von Zwang. Er entzieht sich damit einer freien Entscheidung des Menschen für Sport, wie sie im Mittelpunkt dieser Arbeit steht. Soweit es Interdependenzen mit anderen Bereichen des Sports gibt, wie dies im Fall der Infrastrukturnutzung gegeben ist, werden diese aber berücksichtigt.
C. Sport als wirtschaftliches Gut Immer wieder lassen sich in der öffentlichen Diskussion Vorbehalte ausmachen, sich dem Phänomen „Sport“ mit Instrumenten und Methoden der Ökonomik zu nähern. Der Sport wird als Eigenwelt oder zumindest als ein Teil der Gesellschaft gesehen, dessen Bewertung sich nicht (ausschließlich) in ökonomischen Kategorien vollziehen läßt. Wie in Kulturkreisen „l’art pour l’art“ propagiert wird, so soll auch im Bereich des Sports der Sport an sich und damit die sportliche Leistung im Vordergrund stehen, sozusagen „le sport pour le sport“. Das Erbringen sportlicher Leistungen und die Organisation von Sportveranstaltungen müsse um des Sportes willen und damit nicht aus ökonomischen Interessen erfolgen. Sonst begebe sich der Sport in eine Gefahr, die sich mit den Worten Antoine de Saint-Exupérys beschreiben ließe: „Eine auf dem Profit beruhende Industrie ist bestrebt, Menschen für den Kaugummi und nicht Kaugummi für den Menschen hervorzubringen.“83 Zwar läßt sich mit dem Sport auch Geld verdienen, aber der Sport ist eben mehr als ein „normales“ Gut. Der Sport reicht also über ökonomische Kalküle hinaus.84 Sind demzufolge Sportgüter bzw. -leistungen etwa nicht als wirtschaftliche Güter zu begreifen? Deutlich bringt dies die „Kritische Sporttheorie“ der „Neuen Linken“ zum Ausdruck, die sich in den späten 60er und frühen 70er Jahren in Anlehnung an die Zitiert im gleichen Kontext nach Schmidt-Volkmar (2000), S. 12. Für die heute noch zu erkennende Idealisierung des Sports als nicht-wirtschaftliche Tätigkeit sowie die Vorstellung vom Sport als einem „höheren Gut“ führt Madl (1994), S. 151 ff., drei Gründe an: das griechische Vorbild des Sports mit seiner Verurteilung des Erwerbsstrebens, dessen Fortschreibung in den Amateurklauseln sowie die Nähe des Sports zur Religion. 83 84
C. Sport als wirtschaftliches Gut
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„Kritische Theorie“ der Frankfurter Schule85 entwickelt hat. Aus Sicht der „Neuen Linken“ sind Sportler zu Trägern von Leistungen geworden, die sich verkaufen lassen. Die sportliche Spitzenleistung erscheint „als ein Erzeugnis, das zur Ware verdinglicht und zum Verkauf angeboten werden kann.“86 Der Sportler und seine sportliche Leistung werden zur attraktiven Ware degeneriert.87 Dies impliziert zugleich, daß der „eigentliche“ Sport keine Ware sein kann. Denkt man dies konsequent zu Ende, so kann aus Sicht der „Neuen Linken“ der Sport kein wirtschaftliches Gut sein. Auf der anderen Seite werden die gleichen Argumente herangezogen, um sich für eine Förderung des Sports durch den Staat auszusprechen. Es wird als öffentliche Aufgabe gesehen, den Sport um seiner selbst willen zu ermöglichen und hierfür entsprechende Ressourcen bereitzustellen. Inwieweit ist nun also der Sport als wirtschaftliches Gut zu verorten? Ein wirtschaftliches Gut ist grundsätzlich durch zwei Charakteristika gekennzeichnet: Nutzenstiftung und Knappheit.88 Diese Merkmale liegen beim Sport zweifelsohne vor. Sportgüter stehen nicht allen potentiellen Konsumenten bis zur Sättigungsgrenze zur Verfügung. Um Sport auszuüben oder sich als Zuschauer von ihm unterhalten zu lassen, sind Inputfaktoren wie Sportmaterialien, Sportinfrastruktur, Trainer oder auch der Sportler sui generis erforderlich.89 Der Konsum von Sport, sei es aktiv oder passiv, dient den Menschen zu ihrer Bedürfnisbefriedigung. Insofern stiften die knappen Güter den Menschen Nutzen, Sport ist als wirtschaftliches Gut zu beurteilen. Mit der Erfüllung der Charakteristika von wirtschaftlichen Gütern ist jedoch noch keine Aussage getroffen, inwieweit das Gut auf Märkten von privaten Institutionen angeboten werden sollte oder vom Staat bereitzustellen ist. Auch ist damit keinerlei Forderung nach einer „Kommerzialisierung“ des Sports zu verstehen, wie auch immer dieser Terminus zu begreifen ist. Es bedeutet lediglich, daß sich auch im Bereich des Sports die grundlegenden ökonomischen Probleme stellen und zu lösen sind. Hierunter fallen beispielsweise die ökonomischen Fragen nach der Beseitigung der Knappheit, welche Sportgüter in welchen Mengen zu erzeugen sind, wie diese zu bewerten sind oder von wem die Güter zu produzieren sind. Zur Lösung solcher Fragen bietet sich der Blick aus der ökonomischen Perspektive an. Damit ist noch keine Aussage für oder gegen eine staatliche Förderung getroffen. Vgl. u. a. Habermas (1975), Horkheimer / Adorno (1983). Bernett (1982), S. 231. 87 Zu einer zusammenfassenden Kritik der „Neuen Linken“ mit zahlreichen Literaturhinweisen sowohl zu deren Kritik als auch Anti-Kritik siehe Bernett (1982). Aber auch Autoren wie Grupe / Krüger schreiben, daß durch die aktuellen Entwicklungen der Sport „zu einer Art ,Ware‘“ wird. Grupe / Krüger (1991), S. 122. 88 Vgl. Bartling / Luzius (2002), S. 3 f., Woll (2000), S. 48 f. 89 Zur Produktion von Sport siehe Benner (1992) oder Kappler / Wadsack (1996), S. 80 ff. 85 86
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2. Kap.: Methodische und terminologische Grundlagen
Ebenso liegt ein Mißverständnis vor, was die Forderung nach staatlicher Unterstützung betrifft. Wäre der Sport kein wirtschaftliches Gut, wie in der populären Auffassung oft behauptet wird, so würde daraus gerade nicht folgen, daß der Staat unterstützend aktiv werden muß. Aus der Vorstellung, daß Sportgüter nicht knapp seien und von jedem in beliebigem Maße nachgefragt werden könnten, bis die Sättigungsmenge erreicht ist, ergäbe sich gerade keine Notwendigkeit für den Staat, tätig zu werden. Bei Sport im Überfluß ist die Frage nach der Bereitstellung und Förderung bedeutungslos. Neben dieser konkreten Verortung des Sports als Wirtschaftsgut ist darüber hinaus auch aus wissenschaftstheoretischer Sicht ein Vorbehalt gegen eine Untersuchung des Sports mit Instrumenten und Methoden der Ökonomik abzuweisen. Jedes soziale Phänomen läßt sich mit der hier vorgestellten Methodik der Ökonomik untersuchen.90 Damit ist auch das soziale Phänomen Sport einer ökonomischen Analyse zugänglich. Die Entscheidung darüber, gerade diesen Ausschnitt der sozialen Wirklichkeit mit der Methodik der Ökonomik zu untersuchen, stellt ein Werturteil des Wissenschaftlers dar. Eine solch normative Entscheidung ist aber ganz im Sinne der Freiheit der Forschung und methodologisch unproblematisch.91 Es bleibt festzustellen, daß Sport ein wirtschaftliches Gut darstellt mit den daraus resultierenden ökonomischen Problemen. Mit dieser Klärung scheint die ökonomische Perspektive zur Analyse der öffentlichen Sportförderung als gerechtfertigt. Diese kann nun angegangen werden.
Vgl. Albert (1978), S. 65 ff. Hierbei handelt es sich nach Albert (1967b), S. 151 ff., um den Aspekt der Wertbasis, die in keiner Wissenschaft wertfrei sein kann. Auch wenn die Selektion von Problemen durchaus von Wertungen beeinflußt ist, ist damit nicht die Objektivität der Wissenschaft gefährdet. Entsprechende Entscheidungen unterliegen zum einen kritischer Überprüfung und führen zum anderen nicht zu Werturteilen innerhalb wissenschaftlicher Aussagensysteme. Im gleichen Zusammenhang kann man nach Popper (1997), S. 90, dem Wissenschaftler „nicht seine Wertungen verbieten und zerstören, ohne ihn als Menschen und als Wissenschaftler zu zerstören.“ (Hervorhebung im Original). 90 91
3. Kapitel
Sport und Staat: Darstellung der öffentlichen Sportförderung Die Darstellung der öffentlichen Sportförderung der Bundesrepublik Deutschland beginnt mit einem kurzen historischen Abriß über die Entwicklung des Sports in Deutschland, seiner institutionellen Ausgestaltung sowie seinem Verhältnis zur Politik. Anschließend werden die rechtlichen Grundlagen der öffentlichen Sportförderung skizziert, ehe die Formen und der Umfang der Förderung dargelegt werden. Hierzu ist das öffentliche Engagement auf den verschiedenen staatlichen Ebenen zu betrachten. Der Darstellung der öffentlichen Förderung folgt die genauere Analyse der Institutionen des Sports selbst. Vor dem Hintergrund aktueller Entwicklungen wird deren strukturelle und wirtschaftliche Situation aufgezeigt, wobei der Schwerpunkt der Betrachtung auf der Bereitstellung des Sportangebotes sowie dessen Finanzierung liegt. Daraus ergibt sich zusammenfassend ein Bild über die aktuelle öffentliche Sportförderpraxis in Deutschland.
A. Institutionelle Arrangements im Sport Die aktuellen Strukturen im deutschen Sport sind nur im Kontext ihrer Entstehungsgeschichte verständlich. Diese bestimmt auch maßgeblich das Verhältnis von Sport und Politik in Deutschland. Deshalb sollen die institutionellen Arrangements im Sport sowie das Verhältnis von Sport und Politik auf Basis der historischen Entwicklung skizziert werden.
I. Die Entwicklung der Organisationen des Sports in Deutschland Die Entwicklung des Turnens, der deutschen Variante des frühen Sports,1 war eng mit der Entstehung von Clubs und der Organisationsform des Sports verbun1 Der heutige Sport in der Bundesrepublik Deutschland geht sowohl auf das zu Beginn des 19. Jahrhunderts von Friedrich Ludwig Jahn (1778 – 1852) begründete Turnen als auch auf
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3. Kap.: Darstellung der öffentlichen Sportförderung
den. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts war die Turnanstalt die Organisationsform für den Sport dieser Zeit. Dort ging es zum einen um die Wehrertüchtigung der jungen Männer für den Kampf gegen Napoleons Truppen und damit für nationale Freiheit.2 Zum anderen bildeten die damaligen Sportclubs nach den erfolgreichen Befreiungskriegen einen wichtigen Ort zur Stärkung der nationalen Identität und waren damit Gegenstand der national-liberalen revolutionären Bewegung.3 Hierdurch wurde die Turnbewegung aber zugleich nach den Siegen über Napoleon von der Aristokratie der deutschen Staaten als für ihren Bestand gefährlich eingeschätzt, weshalb schon ab etwa 1819 das Turnen verboten und strafrechtlich verfolgt wurde bzw. nur eine streng reglementierte Ausführung gestattet war.4 Folglich zogen sich die Sportclubs, wie auch weitere Clubs und Bewegungen des Bürgertums, zurück von der politischen Bühne und nahmen Abstand von verdachterregenden politischen Aktivitäten.5 In der Regierungszeit Kaiser Wilhelms II. (1888 – 1918) erfuhr die deutsche Turn- und Sportbewegung um die Jahrhundertwende einen neuen Bedeutungsgewinn.6 Das Schulturnen wurde von staatlicher Seite massiv gefördert wie auch die Verbreitung des Sports im allgemeinen. 7 Die Folge war die Gründung zahlreicher neuer Clubs sowie ein rapider Anstieg der Zahl der Mitgliedschaften. Der Club in Form eines basisdemokratisch organisierten, freien und dauerhaften Zusammenschlusses aktiver und passiver Mitglieder blieb die Normalform der Organisation. Er verstand sich als eine Gemeinschaft von Menschen gleicher Überzeugungen und Interessen, die ihren Ausdruck in immer mannigfaltigeren sportlichen Aktivitäten fanden, weit über das ursprüngliche „Turnen“ hinaus. Ehrenamtliches Engagement gehörte hierzu ebenso wie der Gemeinschaftsgedanke oder bürgerliche Solidarität. Zu dieser Zeit war das Modell der nach wirtschaftlichen Grundsätzen von privaten Anbietern geleiteten Turnanstalten schon lange überholt. Der Staat hatte eine bedeutende Rolle als Anbieter des Sports übernommen. Die Clubs und Verbände den zu Ausgang des 19. Jahrhunderts in Deutschland an Einfluß gewinnenden englischen Sport zurück. Mit Sport und Turnen begründete Differenzen in der historischen Entwicklung hin zum heutigen Sport werden hier weitgehend ausgeklammert, da sie für die zu treffenden Aussagen nicht von Relevanz sind. 2 Vgl. Langenfeld (1988), S. 20. 3 Vgl. Engelhardt / Heinemann (2001), S. 26 f. 4 Vgl. Langenfeld (1988), S. 20. 5 Daran änderte auch das im Rahmen der gescheiterten bürgerlichen Revolution von 1848 nochmals kurzzeitige Aufleben der Sportclubs auf der politischen Ebene nichts. Zur Entwicklung des Sports siehe Langewiesche (1990). 6 Vgl. Langenfeld (1988), S. 26 ff. 7 So wurden beispielsweise drei Turnstunden pro Woche an Jugendschulen vorgeschrieben oder neugebaute Schulen mit Turnhallen ausgestattet. Des weiteren wurde auf politischer Ebene ein „Zentralausschuß zur Förderung der Volks- und Jugendspiele“ etabliert. Vgl. Langenfeld (1988), S. 27.
A. Institutionelle Arrangements im Sport
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waren darüber hinaus auf Spender angewiesen. Sie zeichneten sich jedoch weiterhin durch politische Neutralität aus. Drastische Änderungen erfuhr die Sportorganisation im nationalsozialistischen Deutschland. Bis 1933 war für den Sport seine staatliche Unabhängigkeit und die Vielfalt seiner Organisationen charakteristisch, die unter anderem die bürgerliche Turn- und Sportbewegung, die traditionsreiche Arbeitersportbewegung, kirchliche Sportverbände oder Sportorganisationen für Juden umfaßte. Mit der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten wurde auch der Sport von deren Weltanschauung durchdrungen. Sportorganisationen der Arbeiter und der Kirche wurden aufgelöst, die bürgerlichen Sportvereine „gleichgeschaltet“ und in einen Einheitssportverband, den Nationalsozialistischen Reichsbund für Leibesübungen, zusammengeführt.8 Dem „Führerprinzip“ entsprechend wurden Ämter nicht durch Wahl von der Basis her, sondern von oben besetzt. Die demokratischen Strukturen gingen damit verloren.9 Die Führung im totalitären Staat nutzte die Sportorganisation zu Zwecken der politischen Massenindoktrination. Die Sportvereine dienten der Steigerung der Arbeitskraft und Wehrfähigkeit der Bevölkerung. Darüber hinaus kam dem Spitzensport die Funktion der nationalen Repräsentation sowie der Demonstration der Systemüberlegenheit zu. Mit der Ausrichtung der Olympischen Spiele 1936 in Berlin gelang es, das Vertrauen der Welt in das totalitäre Regime zu gewinnen und von den massiven Kriegsvorbereitungen abzulenken.10 „Nur vor diesem Hintergrund der Erfahrungen der totalen Unterwerfung des Sports unter eine faschistische Sportpolitik und damit einer weitgehenden politischen Instrumentalisierung des Sports zwischen 1933 und 1945 läßt sich die staatliche Sportpolitik erklären, die in der Bundesrepublik Deutschland seit 1949, also seit ihrer Gründung verfolgt wurde.“11 Die daraus resultierenden institutionellen Arrangements im Sport sowie sein Verhältnis zur Politik gilt es nun zu zeigen.
II. Die heutige Organisation des Sports Nach Ende des Zweiten Weltkrieges wurden alle faschistischen Organisationen eliminiert und damit auch die Aktivitäten der Sportorganisationen aufgelöst. Somit begann ein kompletter Neuaufbau des Sportsystems in Deutschland, der wesentlich von den Erfahrungen und der Instrumentalisierung des Sports im Dritten Reich geprägt war.12 Vgl. Bernett (1983), S. 7 ff. Vgl. Langenfeld (1988), S. 32 f. 10 Vgl. Teichler (1991), S. 163 ff. 11 Heinemann (1996), S. 179. 12 Somit hatte auch der Sport vom „Nullpunkt“ zu beginnen. Vgl. Sorg (1955). 8 9
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3. Kap.: Darstellung der öffentlichen Sportförderung
Nach Auflösung der Sportorganisation durch die Alliierten gestatteten diese dennoch nichtmilitärische Sportorganisationen lokalen Charakters.13 Mit der Gründung der Bundesrepublik Deutschland wurde dann den Sportorganisationen Autonomie gegenüber staatlicher Politik garantiert. Sie können unabhängig von der Politik und in Eigenverantwortung den Interessen ihrer Mitglieder nachgehen, ihre Aufgaben bestimmen und deren Erfüllung realisieren. Der Sport verwaltet sich selbst. Diese formale Trennung von autonom organisiertem Sport und staatlicher Politik bedeutet jedoch nicht, daß nicht auch der Sport Gegenstand staatlicher Politik ist, wie gerade die Diskussion um staatliche Sportförderung zeigt. Schon ab den sechziger Jahren wurde das Konzept der Autonomie um das Konzept der partnerschaftlichen Zusammenarbeit ergänzt.14 Der selbstverwaltete Sport übernimmt gesellschaftspolitische Aufgaben des Staates und erfüllt die Bedürfnisse der Bürger nach Sport. Für diese „Auftragsarbeit“ erwartet er als Gegenleistung staatliche Förderung.15 Die Basis des selbstverwalteten Sports bilden die Sportvereine, in denen die Sportler aus freiem Entscheid Mitglied werden. Jeder Sportverein ist i. d. R. zweifach organisiert: zum einen über sportartspezifische Fachverbände über die Ebene Kreis-, Bezirks- und Landesfachverbände bis zu den Fachverbänden auf Bundesebene (Spitzenverbände), zum anderen in sportartübergreifenden Landessportbünden über die Ebene der Stadt-, Kreis- und Bezirkssportbünde. Die Dachorganisation des selbstverwalteten Sports in Deutschland bildet der Deutsche Sportbund (DSB), der 1950 gegründet wurde.16 Ihm gehören neben den 16 Landessportbünden und Spitzenverbänden (Bundesfachverbände) noch Sportverbände mit besonderer Aufgabenstellung, Verbände für Wissenschaft und Bildung sowie Förderverbände an.17 Mit nahezu 27 Millionen Mitgliedern stellt er numerisch die größte Organisation der Bundesrepublik Deutschland dar.18 Vor dem Hintergrund der Autonomie seiner Mitgliedsverbände ist es Aufgabe des DSB, den Sport zu fördern, die gemeinschaftlichen Interessen der Mitgliedsorganisationen gegenüber dem Staat und in der Öffentlichkeit zu vertreten sowie den Sport in überverbandlichen und überfachlichen Angelegenheiten im In- und Vgl. Gieseler (1988), S. 35. So wird schon in der „Charta des deutschen Sports“ des DSB von 1966 das „Programm der Partnerschaft“ explizit formuliert. Siehe hierzu Deutscher Sportbund (1991a), S. 11. 15 Vgl. hierzu sowie zur partnerschaftlichen Zusammenarbeit im allgemeinen Gebauer et al. (1999), S. 50, sowie die dort angegebene Literatur. Siehe auch Deutscher Sportbund (2003a), S. 70. 16 Zur Gründung und Entwicklung der Sportselbstverwaltung siehe Gieseler (1988), zur heutigen Struktur siehe Deutscher Sportbund (2003a), S. 11 ff. 17 Vgl. § 5 Nr. 1 und 2 Satzung DSB. 18 Vgl. Deutscher Sportbund (2003b). Für eine umfassende Darstellung des DSB siehe Deutscher Sportbund (2003a), S. 17 ff. 13 14
A. Institutionelle Arrangements im Sport
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Ausland zu vertreten.19 Die Landessportverbände nehmen vergleichbare Aufgaben auf Länderebene wahr. Der DSB vertritt letztlich alle in Sportvereinen organisierten Sportler. Er nimmt für sich in Anspruch, der einzige Repräsentant des deutschen Sports zu sein. Diese Monopolstellung als einziger Agent des Sports in der Gesellschaft sieht der DSB als notwendigen Schutz vor einer neuerlichen politischen Vereinnahmung an.20 Neben diesem Monopol der Interessenvertretung gegenüber dem Staat verfügt er traditionell weitgehend über ein Angebotsmonopol als Anbieter von Möglichkeiten der Sportausübung sowie sportlichen Leistungen. Der fremdverwaltete Sport als alternative Angebotsform des Sporttreibens gewann erst in den letzten Jahren an Bedeutung, ebenso der nichtverwaltete Sport.21 Mit der Zunahme der Anbieter und Nachfrager für alternative Angebotsformen erodiert aber zugleich das Angebotsmonopol des selbstverwalteten Sports.
III. Grundsätze öffentlicher Sportförderung Die öffentliche Sportförderung basiert in der Bundesrepublik Deutschland im wesentlichen auf drei Grundsätzen: Autonomie des Sports, partnerschaftliche Zusammenarbeit von Sport und Staat sowie Subsidiarität der öffentlichen Sportförderung.22 Die Autonomie des Sports bezeichnet die Unabhängigkeit und Selbstverwaltung des Sports. Der Sport organisiert sich selbst und regelt seine Angelegenheiten in eigener Verantwortung autonom. Dieser Grundsatz läßt sich aus dem Grundgesetz ableiten, das garantiert, daß individuelle Interessen und Rechte in freien, autonomen Organisationen wahrgenommen und verwirklicht werden können.23 Für eine erfolgreiche Kooperation zwischen dem Sport und dem Staat wird eine partnerschaftliche Zusammenarbeit angestrebt.24 Diese erstreckt sich von der Konzeption über die Erarbeitung gemeinsamer Vorstellungen und operativer Maßnahmen hinsichtlich der Förderung bis hin zu Beteiligungen des Sports bei wichtigen internationalen Treffen. Mit dem Grundsatz der Subsidiarität wird deutlich, daß der Staat dem Sport „Hilfe zur Selbsthilfe“ leisten will.25 Die Organisationen des Sports sollen eigenVgl. Deutscher Sportbund (2003a), S. 17. Vgl. Engelhardt / Heinemann (2001), S. 30. 21 Detaillierte Informationen zur Entwicklung finden sich in diesem 3. Kap., D. I. 22 Vgl. Bundesministerium des Innern (2002), S. 15. 23 Vgl. Heinemann (1996), S. 179. 24 Vgl. Bundesministerium des Innern (2002), S. 15. 25 Der Begriff der Subsidiarität geht auf die katholische Soziallehre zurück. Siehe hierzu Nell-Breuning (1968). 19 20
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3. Kap.: Darstellung der öffentlichen Sportförderung
ständig und ohne staatliche Steuerung ihre Belange regeln. Der Staat unterstützt die Organisationen des selbstverwalteten Sports nur dort, wo sie ihre selbstgewählten Aufgaben alleine nicht bewältigen können.26 Er greift ein, wenn die Finanzierungsmöglichkeiten des Sports bereits erschöpft sind und der Sport dadurch in seiner Funktionsfähigkeit gestört wird. Damit gesteht der Staat dem selbstverwalteten Sport zugleich zu, öffentliche Interessen zu verfolgen und „Träger öffentlicher Belange“ zu sein.27 Die partnerschaftliche Zusammenarbeit im Hinblick auf die Übernahme von Aufgaben des Staates durch den Sport bei gleichzeitig subsidiärer Unterstützung des Sports durch den Staat birgt allerdings Konfliktpotentiale bezüglich der Autonomie des Sports.28 Aufgrund der verfassungsrechtlich garantierten Autonomie des selbstverwalteten Sports stellt die finanzielle Förderung letztlich das zentrale dem Staat zur Verfügung stehende Instrument zur Einflußnahme gegenüber dem Sport dar. So wird die Autonomie zunehmend durch die Bereitstellung staatlicher zweckgebundener Mittel eingeschränkt. Verbände erhalten die „öffentlichen Zuschüsse mit der Begründung [ . . . ], die im öffentlichen Interesse liegenden Aufgaben zu erfüllen.“29 Verantwortlich für die Förderung des Sports ist die öffentliche Sportverwaltung des Sports, die damit die „staatliche Seite des deutschen Sports bildet.“30 Nach Auffassung des Staates bildet die öffentliche Sportverwaltung zusammen mit der Selbstverwaltung des Sports die beiden Pfeiler der Sportverwaltung. Damit beziehen sich auch alle Angaben im Sportbericht der Bundesregierung ausschließlich auf den selbstverwalteten Sport. Andere Formen des Sportangebotes wie z. B. der erwerbswirtschaftliche Sport finden keine Erwähnung.31 Die öffentliche Sportverwaltung wird entsprechend des föderativen Aufbaus der Bundesrepublik Deutschland von Bund, Ländern und Kommunen getragen. Ihre Erscheinungsform ist sehr vielfältig und differenziert, weshalb auf eine detaillierte Beschreibung an dieser Stelle verzichtet werden soll. Bevor deren Förderaktivitäten nun näher dargestellt werden, gilt es, noch kurz die rechtlichen Grundlagen für die öffentliche Sportförderung abzustecken.
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Vgl. Deutscher Sportbund (2003a), S. 70 ff. Vgl. Hartmann-Tews (1996), S. 132. Vgl. Heinemann (1996). Trosien (1999), S. 71. Gebauer et al. (1999), S. 51. Vgl. Bundesministerium des Innern (2002), S. 15 ff.
B. Rechtliche Grundlagen öffentlicher Sportförderung
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B. Rechtliche Grundlagen öffentlicher Sportförderung Im folgenden sollen die rechtlichen Grundsätze der öffentlichen Sportförderung kurz skizziert werden. Hierüber können Erkenntnisse über die Rechtsgrundlage staatlicher Sportförderung sowie die Aufteilung der Kompetenzen zwischen den drei staatlichen Ebenen Bund, Land und Kommune gewonnen werden.32 Das deutsche Grundgesetz enthält keine ausdrückliche Kompetenz für die Sportförderung des Bundes. Nach Artikel 30 GG, der die Zuständigkeit von Bund und Ländern regelt, ist Sport grundsätzlich Sache der Länder. Es existieren jedoch einige Bestimmungen im Grundgesetz, aus denen sich für Teilbereiche des Sports Bundeskompetenzen ableiten lassen.33 Gegenstandsbereiche, die über die Interessen eines einzelnen Bundeslandes hinausreichen und von zentraler Bedeutung für die gesamte Bundesrepublik sind, werden als Aufgabe vom Bund wahrgenommen.34 Dies sind primär die gesamtstaatliche Repräsentation durch den Sport (Olympische Spiele, Weltmeisterschaften etc.), Auslandsbeziehungen sowie die Förderung nicht-staatlicher zentraler Organisationen, die für das Bundesgebiet als Ganzes von Bedeutung sind (DSB, NOK, Bundesfachverbände etc.). Darüber hinaus kann der Bund den Sport in seinem eigenen Dienstbereich fördern.35 Der Bund hat mit seiner Gesetzgebungskompetenz eine weitere Möglichkeit der Sportförderung. Durch den Erlaß entsprechender Gesetze ist es ihm möglich, die Rahmenbedingungen für den Sport festzulegen. Dabei sind insbesondere die Steuer- und Sozialgesetzgebung, die Raumordnung und der Städtebau von Bedeutung. Da je nach Gesetzesvorlage eine Zustimmung durch den Bundestag erforderlich sein kann, ist damit auch der Kompetenzbereich der Länder angesprochen. Mit Artikel 30 GG werden die Ausübung staatlicher Befugnisse und die Erfüllung staatlicher Aufgaben den Ländern zugewiesen. Die Sportförderung ist für diese eine freiwillige Aufgabe. Deshalb haben drei Bundesländer schon in den Vgl. Tettinger (1987), S. 38 ff. Die sogenannten „geschriebenen grundgesetzlichen Zuständigkeiten“ sind im einzelnen: – Art. 32 GG für die Pflege der Beziehungen zu auswärtigen Staaten, – Art. 91a GG für den Hochschulbau und die Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur, – Art. 91b GG für die Bildungsplanung und die überregionale Forschungsförderung, – Art. 104a Abs. 4 GG für Finanzhilfen im Zusammenhang mit dem Städtebauförderungsgesetz. Darüber hinaus ist sportliche Betätigung verfassungsrechtlich geschützt mit dem Grundrecht der freien Entfaltung der Persönlichkeit (Art. 2 Abs. 1 GG). Ferner können sich Sportvereine und -verbände sowie Sportler selbst auf Vereinigungsfreiheit (Art. 9 Abs. 1 GG) berufen. Zu einer weiteren Darstellung und Analyse siehe Hölzl (2002), S. 67 ff. 34 Vgl. Bundesministerium des Innern (2002), S. 15. Hierbei handelt es sich um die „ungeschriebenen Zuständigkeiten aus der Natur der Sache oder kraft Sachzusammenhangs.“ 35 Damit sind insbesondere die Bundeswehr und der Bundesgrenzschutz angesprochen. 32 33
4 Langer
50
3. Kap.: Darstellung der öffentlichen Sportförderung
siebziger Jahren Sportfördergesetze erlassen, um eine politische Selbstverpflichtung sowie allgemeine Regelungen für die Förderung zu schaffen.36 Drei der neuen Bundesländer gingen ebenfalls diesen Schritt.37 Indem die Sportförderung unter Haushaltsvorbehalte gestellt wird, bleibt darin aber der Anspruch des Sports bezüglich seiner Finanzierung offen.38 Das Bundesland Hessen hat 2002 als vierzehntes Land die Sportförderung in der Landesverfassung verankert. Damit wurde die Förderung des Sports als Staatsaufgabe in allen Landesverfassungen bis auf Hamburg und Sachsen aufgenommen. Dort bringen die Länder explizit zum Ausdruck, daß der Sport durch Land, Gemeinde und Gemeindeverbände zu schützen, zu pflegen und zu fördern sei.39 Die Förderung des Sports als kommunale Aufgabe läßt sich explizit in keinem Gesetz finden. Das Sportengagement der Kommunen ist aber aus Artikel 28 Absatz 2 GG abzuleiten, der den Gemeinden gewährleistet, alle Belange der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in Eigenverantwortung zu regeln. Deshalb finden sich Bestimmungen über die kommunale Sportförderung häufig, gerade bei größeren Gemeinden, in entsprechenden Richtlinien wieder.40 Die Hauptaufgabe der Kommunen liegt im Bau und Unterhalt der Sportstätten. Darüber hinaus existieren sehr vielfältige und heterogene Programme und Maßnahmen zur Förderung des selbstverwalteten Sports. Abschließend soll noch kurz der Sport im Kontext des europäischen Rechts beleuchtet werden. Ähnlich wie im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland, findet der Sport im Wortlaut des EG-Vertrages keine Berücksichtigung. Damit erfährt der Sport einen gemeinschaftsrechtlichen Status allenfalls mittelbar und über solche Bestimmungen, die im Rahmen ihrer allgemeinen Zwecksetzungen sportliche Sachverhalte miterfassen.41 Darauf basiert dann auch die Rechtsprechung 36 Landesgesetz über die öffentliche Förderung von Sport und Spiel in Rheinland-Pfalz (9.12.1974), Gesetz zur Förderung des Sports im Lande Bremen (5.7.1976), Gesetz zur Förderung des Sports im Lande Berlin (12.10.1978). Zu einer näheren Kommentierung und Analyse der Gesetzestexte siehe Güldenpfennig (1980), S. 106 ff. 37 Gesetz über die Sportförderung im Land Brandenburg (10.12.1992), Thüringer Sportfördergesetz (8.7.1994), Gesetz zur Sportförderung in Mecklenburg-Vorpommern (9.11. 2002). 38 Vgl. Güldenpfennig (1980), S. 146 f. 39 Art. 3c Abs. 1 LVerf Baden-Württemberg, Art. 140 Abs. 3 LVerf Bayern, Art. 32 LVerf Berlin, Art. 35 LVerf Brandenburg, Art. 35a LVerf Bremen, Art. 62a LVerf Hessen, Art. 16 Abs. 1 LVerf Mecklenburg-Vorpommern, Art. 6 LVerf Niedersachsen, Art. 18 Abs. 3 LVerf Nordrhein-Westfalen, Art. 40 Abs. 4 LVerf Rheinland-Pfalz, Art. 34a LVerf Saarland, Art. 36 Abs. 1 und 3 LVerf Sachsen-Anhalt, Art. 9 Abs. 3 LVerf Schleswig-Holstein, Art. 30 Abs. 3 LVerf Thüringen. Eine Darstellung und knappe Kommentierung der Sportförderklauseln bietet Hölzl (2002), S. 42 ff. 40 Vgl. Hockenjos (1995), S. 20, S. 25 ff. 41 Folgende Regelungen aus dem EG-Vertrag haben eine Wirkung auf den Sport: – Freizügigkeit der Arbeitnehmer (Art. 39),
C. Förderung des Sports durch die staatlichen Ebenen
51
des Europäischen Gerichtshofes (EuGH), wie beispielsweise die Diskussion um die Arbeitnehmerfreizügigkeit bzw. Sportlerfreizügigkeit im Fall Bosman verdeutlicht.42 Der Sport erfuhr auf europäischer Ebene allerdings eine Aufwertung durch die Erklärung Nr. 29 zum Sport im Amsterdamer Vertrag, in der die gesellschaftliche Bedeutung des Sports betont wird und deshalb die Gremien der Europäischen Union zur Anhörung der Sportverbände bei wichtigen, den Sport betreffenden Fragen unter der besonderen Berücksichtigung der Besonderheiten des Amateursports aufgefordert werden.43 Mit dem Beschluß der Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union, den Sport in die Europäische Verfassung aufzunehmen, würde im Falle der noch ausstehenden Ratifizierung die Europäische Union erstmals eine Rechtsgrundlage haben, den Sport zu fördern.
C. Förderung des Sports durch die verschiedenen staatlichen Ebenen Im folgenden sollen Formen und Umfang der staatlichen Sportförderung dargestellt werden. Hierzu ist zunächst auf einige Problembereiche bei der Erfassung des öffentlichen Engagements einzugehen, ehe die staatlichen Transferleistungen, unterschieden nach den staatlichen Ebenen, dargestellt werden. Anschließend ist auf die Regulierungsansätze einzugehen.
I. Problembereiche der Erfassung des öffentlichen Engagements Bei der Erfassung des Umfangs der staatlichen Sportförderung ergeben sich insbesondere zwei Problembereiche: die Abgrenzung der Sportförderung sowie die Quantifizierung der Förderung. Wie schon weiter oben erläutert, liegt kein einheitliches Verständnis von „Sport“ respektive den mit diesem Begriff beschriebenen Aktivitäten vor.44 Manchmal werden Wandern, Fischen, Tanzen oder andere Aktivitäten dem Sport zugerechnet, manchmal sind diese Aktivitäten aber auch ausgeschlossen. Insbesondere die – Freier Dienstleistungsverkehr (Art. 49 und 50), – Niederlassungsfreiheit (Art. 43). Zum Schutz des Sports durch EU-Grundrechte und Grundfreiheiten siehe Hölzl (2002), S. 143 ff. 42 Zum Fall Bosman siehe die Ausführungen in diesem 3. Kap., C. III. 2. 43 Vgl. Europäische Gemeinschaften (1997), S. 136. 44 Vgl. 2. Kap., B. I. 4*
52
3. Kap.: Darstellung der öffentlichen Sportförderung
Abgrenzung der Sportförderung zur Förderung alternativer Formen der Freizeitgestaltung oder Erholung gestaltet sich schwierig.45 Ist dies schon im nationalen Kontext ein Problembereich, so erst recht im internationalen Vergleich der Sportförderung.46 Die Quantifizierung des Volumens der Sportförderung in ihrer vollen Breite ist ein mühsames, wenn nicht unmögliches Unterfangen. Werden die öffentlichen Transferleistungen betrachtet, so findet nur ein Teil davon unmittelbar in den öffentlichen Haushalten seinen Ausdruck. Zahlreiche Förderleistungen in Form von Einnahmeverzichten sind kaum verläßlich zu erfassen. Deshalb soll ein Versuch der Quantifizierung entsprechender Förderleistungen auch im Rahmen dieser Arbeit unterbleiben. Sie werden qualitativ beschrieben und nur, sofern Schätzwerte oder vergleichbare Erkenntnisse bekannt sind, mit quantitativem Wissen punktuell angereichert. Der quantitative Umfang der staatlichen Sportförderung durch Regulierungsansätze ist ebenfalls schwer zu ermitteln. Neben der problematischen Zurechnung der Kosten der Durchführung der Regulierung wäre es erforderlich, das Marktergebnis durch Regulierung mit dem Marktergebnis ohne Regulierung zu vergleichen und aus der Differenz der jeweiligen Marktergebnisse die Höhe der Förderung abzuleiten. Aufgrund der zahlreichen Interdependenzen, Dynamik und damit verbundenen Komplexität von Märkten würde dies den Rahmen dieser Arbeit sprengen. Deshalb soll nach der Darstellung der staatlichen Transferleistungen eine qualitative Beschreibung der Regulierungsansätze erfolgen.
II. Transferleistungen durch die verschiedenen staatlichen Ebenen Im folgenden sollen für die einzelnen staatlichen Ebenen die Trägerschaft der Sportförderung, qualitative Aspekte der unmittelbaren und mittelbaren Transferleistungen sowie, soweit dies die oben gemachten Einschränkungen zulassen, quantitative Aspekte der staatlichen Sportförderung dargelegt werden.
1. Bundesebene Träger der Sportförderung sind auf Bundesebene im wesentlichen die Bundesregierung und der Bundestag. Wenngleich die Aufgaben der Sportförderung auf insgesamt zehn Ressorts verteilt sind, so übernimmt das Bundesministerium des 45 Dies zeigt sich beispielsweise im Rahmen der Erfassung der Ausgaben der öffentlichen Haushalte durch das Statistische Bundesamt, das die Ausgaben für Sport und Erholung auch konsolidiert abbildet und im Aufgabenbereich „Sonstiges“ entsprechende Grenzfälle abbildet. 46 Vgl. Anders (1996), S. 368 f., Andreff (1996).
C. Förderung des Sports durch die staatlichen Ebenen
53
Innern als das für den Sport auf Bundesebene zuständige Bundesministerium eine koordinierende Funktion (vgl. Tabelle 2). Dem Bundesministerium des Innern nachgeordnet ist das Bundesinstitut für Sportwissenschaft (BISp), das sportwissenschaftliche Aufgaben fördert und koordiniert. Auf legislativer Ebene zeichnet der Sportausschuß des Deutschen Bundestags für die Sportförderung verantwortlich. Die unmittelbaren Zuwendungen des Bundes an den Sport sind äußerst facettenreich geartet, wie aus Tabelle 2 schon zu entnehmen ist.47 Einen wesentlichen Teil der Förderung erfahren der Hochleistungssport respektive die jeweiligen Spitzenverbände.48 Trainingsstätten in Form von Leistungszentren und Stützpunkten, der Sportstättenbau im allgemeinen, Sportgeräte, technische Hilfsmittel sowie qualifizierte Personalausstattung werden mitfinanziert. Ferner beteiligt sich der Bund an den Kosten der Talentsuche und -förderung, der medizinischen Betreuung der Sportler sowie der sportwissenschaftlichen Forschung. Wettkampfteilnahmen und die Ausrichtung von Sportgroßveranstaltungen werden ebenso finanziell unterstützt wie die international repräsentativen Organe der deutschen Sportselbstverwaltung. Der Breitensport erfährt nur dort unmittelbare Transferzahlungen des Bundes, wo die Maßnahmen von zentraler Bedeutung für die gesamte Bundesrepublik Deutschland sind und von einzelnen Ländern nicht wirksam gefördert werden können.49 Der Bund fördert den Sport mittelbar im Rahmen der Steuergesetzgebung. Wenngleich die Entscheidungen über Steuererleichterungen auf Bundesebene getroffen werden, sind davon nicht weniger die Länder und Kommunen betroffen, die auf potentielle Steuereinnahmen verzichten müssen.50 Entscheidend für die steuerrechtliche Behandlung von Vereinen des selbstverwalteten Sports ist der Status der Gemeinnützigkeit.51 Wird die Gemeinnützigkeit dem Sportverein zuerkannt, kommt er in den Genuß zahlreicher steuerlicher Vergünstigungen.52 Die diversen Steuererleichterungen gestalten sich im wesentlichen derart, daß der 47 Zur Sportförderpolitik und den Sportfördermitteln des Bundes siehe auch Büch (1999), S. 169 ff., oder Schmidt (1987), S. 26 ff. 48 Einen umfassenden Überblick über die Sportförderung des Hochleistungssports durch den Bund findet sich in Bundesministerium des Innern (2002), S. 27 ff. 49 Zu entsprechenden Maßnahmen des Bundes siehe Bundesministerium des Innern (2002), S. 71 ff. 50 Dies ergibt sich aus der Steuerertragshoheit (Art. 106, 107 GG) und dabei insbesondere aus den Gemeinschaftssteuern, d. h., solchen, deren Aufkommen Bund, Ländern und Gemeinden gemeinsam zusteht (Art. 106 III GG). So teilen sich Bund und Länder die Körperschaftssteuereinnahmen hälftig, die Umsatzsteuerverteilung entspricht aktuell einem Verhältnis von etwa 51,41 zu 46,52 zu 2,07 zwischen Bund, Ländern und Gemeinden. Auch wenn die Gewerbesteuererträge grundsätzlich den Gemeinden zustehen, haben diese eine Gewerbesteuerumlage an Bund und Länder zu leisten. 51 Das Gemeinnützigkeitsrecht ist in der Abgabenordnung geregelt: §§ 51 bis 68 AO. 52 Zur Besteuerung von Vereinen siehe Engelsing / Littkemann (2002), S. 55 ff., sowie die dort angegebene Literatur. Allgemein zur steuer- sowie zivilrechtlichen Sonderstellung des Sportvereins siehe Madl (1994), S. 7 ff.
54
3. Kap.: Darstellung der öffentlichen Sportförderung Tabelle 2 Sportfördermittel und Sportförderaufgaben der Bundesregierung nach Ressorts (Soll 2002, in Millionen Euro)
Ressort
Aufgabe
Auswärtiges Amt
Sportförderung im Rahmen der auswärtigen Kulturpolitik
Bundesministerium des Innern* Förderung Hochleistungs- und Behindertensport, Sportstättenbau, Sportwissenschaft, internationale Angelegenheiten, Sport im Bundesgrenzschutz, Sport für Aussiedler / Ausländer / benachteiligte Jugendliche
Soll 2,8
205,5
Bundesministerium der Finanzen
Steuerliche Behandlung des Sports, Sport der Zollverwaltung, Postsport
1,4
Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung
Versehrten- und Behindertensportförderung im Rahmen der Rehabilitation, Sport im Arbeitsleben
1,7
Bundesministerium für Verteidigung
Spitzensportförderung in der Bundeswehr, Dienst- und Ausgleichssport
34,0
Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Fragen zu Sport und Umwelt, Projektfinanzierung, rechtliche Regelungen
0,3
Bundesministerium für Familie, Jugendsport-, Frauen- und Mädchensport-, Senioren, Frauen und Jugend Familiensport- und Alterssportförderung, Sport im Zivildienst
6,6
Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung
0,1
Sportförderung im Rahmen der Entwicklungspolitik
Bundesministerium für Bildung Sport im Rahmen des Bildungswesens, und Forschung Hochschulsport Bundesministerium für Gesundheit
Sport im Rahmen der Gesundheitsvorsorge
Bundesministerium für Verkehr, Förderung der Eisenbahnersportvereine Bau- und Wohnungswesen Summe
1,1 ** ** 253,5
* einschließlich Bundesgrenzschutz und Bundesinstitut für Sportwissenschaft. ** kein eigener Ausweis in Haushaltsplänen des Bundes. Quelle: Bundesministerium des Innern (2002), S. 16 ff., S. 22.
gemeinnützige Verein von der Körperschafts- und Gewerbesteuer befreit ist und daß bei der Umsatzsteuer verschiedene Steuerermäßigungen gelten. Darüber hinaus kann der Verein Spendenquittungen ausstellen, womit der steuerliche Abzug
C. Förderung des Sports durch die staatlichen Ebenen
55
der Spende für den Spender ermöglicht wird. Übungsleiter im gemeinnützigen Bereich sind, sofern sie für ihre nebenberufliche Tätigkeit ein Entgelt erhalten, bis zu einem Höchstsatz von der Einkommenssteuer befreit.53 Die quantitativen Aspekte der unmittelbaren Förderung des Sports durch den Bund, wie auch in den folgenden Abschnitten durch die Länder und Kommunen, erfolgt auf Basis der Rechnungsergebnisse der öffentlichen Haushalte, wie diese vom Statistischen Bundesamt dokumentiert werden.54 Hierbei handelt es sich, sofern nicht anders vermerkt, um nominale Werte. Die unmittelbare Sportförderung des Bundes ist von weitgehender Stetigkeit gekennzeichnet (vgl. Abbildung 3). Die Ausgaben für den Sport sind von 1965 bis 1990 um mehr als das Dreieinhalbfache gestiegen. Dann ergab sich im Zuge der Wiedervereinigung eine sprunghafte Erhöhung der Ausgaben, die sich in der Folge auf etwa doppeltem Niveau zu 1990 einpendelten. Bereits in den Jahren 1970 bis 1973 gab es Abweichungen von der konstanten Entwicklung, die auf der Förderung besonders des Sportstättenbaus im Rahmen der Olympischen Spiele 1972 in München beruhen. Für das Jahr 2000 ermittelte das Statistische Bundesamt Ausgaben in Höhe von rund 121 Millionen Euro.55 Die neuerlichen Abweichungen in den Jahren 2001 und 2002 gehen auf die Förderung des Ausbaus von Stadien im Rahmen der Ausrichtung der Fußball-Weltmeisterschaft 2006 zurück,56 so daß die Sportförderung des Bundes im Jahre 2002 rund 228 Millionen Euro betrug. Schließlich ist die mittelbare Förderung noch nicht berücksichtigt. Über deren monetären Umfang liegen nach Kenntnisstand des Autors keine gesicherten Erkenntnisse vor. Beispielsweise ermittelten Heinemann / Schubert, daß aus der steuerlichen Spendenabzugsfähigkeit eine mittelbare Transferleistung des Staates Vgl. Bundesministerium des Innern (2002), S. 23. Die Zahlen stammen aus folgenden Reihen des Statistischen Bundesamtes, Finanzen und Steuern: – 1965 bis 1969: Fachserie L, Reihe 5, Sonderbeiträge zur Finanzstatistik, Aufwendungen von Bund, Ländern und Gemeinden (GV) für Gesundheitspflege und Sport, – 1970 bis 1973: Fachserie L, Reihe 5, Sonderbeiträge zur Finanzstatistik, Ausgaben der öffentlichen Haushalte für Gesundheit, Sport und Erholung, – 1974 bis 1979: Fachserie 14, Reihe 3.6, Rechnungsergebnisse der öffentlichen Haushalte für Gesundheit, Sport und Erholung, – ab 1980: Fachserie 14, Reihe 3.5, Rechnungsergebnisse der öffentlichen Haushalte für soziale Sicherung und für Gesundheit, Sport und Erholung. 55 Dieser Wert liegt deutlich unter dem Wert der für Sport verausgabten Mittel nach dem Sportbericht der Bundesregierung. Ein Großteil dieser Abweichung läßt sich damit erklären, daß in letzterem die sportorientierten Mittel aller Einzelpläne enthalten sind. So liegen generell die Werte nach Angabe des Statistischen Bundesamtes unter den in den Sportberichten der Bundesregierung ausgewiesenen Werten. 56 Der Bund stellte für den Ausbau des Olympiastadions in Berlin und des Zentralstadions in Leipzig insgesamt 247 Millionen Euro an Bundesfördermitteln bereit. Vgl. Bundesministerium des Innern (2002), S. 70. 53 54
56
3. Kap.: Darstellung der öffentlichen Sportförderung
in Höhe von fast 53 Millionen Euro resultiert.57 Eine weitere Quantifizierung gestaltet sich aufgrund von Zurechnungsschwierigkeiten und Wirkungsinterdependenzen äußerst problematisch und würde den Rahmen dieser Arbeit sprengen. Es bleibt aber festzuhalten, daß der quantitative Gesamtumfang der Sportförderung durch den Bund erheblich höher liegen dürfte als dargestellt.
350 300
Mio. Euro
250 200 150 100 50 0 1965
1970
1975
Förderung des Sports
1980
1985 Jahr Sportstätten
1990
1995
2000
Nettosportausgaben
Quelle: Statistisches Bundesamt, Finanzen und Steuern (1965 – 2002).
Abbildung 3: Sportausgaben des Bundes von 1965 bis 2002 (nominal, in Millionen Euro)58
2. Landesebene Die Ressortzuständigkeiten für die Sportförderung sind uneinheitlich in den einzelnen Bundesländern und wechseln auch zuweilen. Neben den in Tabelle 3 dargestellten federführenden Ministerien sind häufig noch andere Ressorts mit Aufgaben des Sports betraut. Die Koordinierung der Sportförderung in den Ländern und die Wahrung der Länderinteressen im Sport auf nationaler und internationaler Ebene ist Aufgabe der Ständigen Konferenz der Sportminister der Länder in der Bundesrepublik 57 Unter Annahme der von Heinemann / Schubert (1994), S. 276, ermittelten Höhe der Spendeneinnahme von rund 132 Millionen Euro und einem durchschnittlichen Steuersatz von 40 Prozent ergibt sich eine mittelbare Transferleistung des Staates in Höhe von fast 53 Millionen Euro. 58 Ein gesonderter Ausweis der Förderung des Sports und Sportstätten erfolgt auf Bundesebene erst seit 1970.
C. Förderung des Sports durch die staatlichen Ebenen
57
Deutschland (SMK).59 Sie behandelt seit ihrer ersten Konferenz 1977 Angelegenheiten des Sports der Länder mit überregionaler Bedeutung. Ihr gehören die 16 für den Sport zuständigen Landesminister / -senatoren an. Als Gäste wirken der Bundesminister des Innern, der Deutsche Sportbund, kommunale Spitzenverbände wie auch die Kultusministerkonferenz an der Beschlußfassung mit. Tabelle 3 Ressortzuständigkeiten der Sportförderung in den Bundesländern (Stand: Oktober 2004) Bundesland
Ressort
Baden-Württemberg
Ministerium für Kultus, Jugend und Sport
Bayern
Staatsministerium für Unterricht und Kultus
Berlin
Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Sport
Brandenburg
Ministerium für Bildung, Jugend und Sport
Bremen
Senator für Inneres und Sport
Hamburg
Behörde für Bildung und Sport
Hessen
Ministerium des Innern und für Sport
Mecklenburg-Vorpommern
Sozialministerium
Niedersachsen
Ministerium für Inneres und Sport
Nordrhein-Westfalen
Ministerium für Städtebau und Wohnen, Kultur und Sport
Rheinland-Pfalz
Ministerium des Innern und für Sport
Saarland
Ministerium für Inneres, Familien, Frauen und Sport
Sachsen
Staatsministerium für Kultus
Sachsen-Anhalt
Ministerium für Gesundheit und Soziales
Schleswig-Holstein
Innenministerium
Thüringen
Ministerium für Soziales, Familie und Gesundheit
Quelle: Eigene Erhebung.
Die Sportförderpolitik ist in den einzelnen Ländern äußerst uneinheitlich, die Fördermaßnahmen sind differenziert und vielfältig. Trotz struktureller Unter59 Darüber hinaus haben sich auf Landesebene Landessportkonferenzen etabliert, in denen staatliche und kommunale Stellen sowie Vertreter der Parteien mit Vertretern aus dem selbstverwalteten Sport an der Meinungsbildung und Entscheidungsvorbereitung in Fragen der Sportpolitik und -förderung mitwirken.
58
3. Kap.: Darstellung der öffentlichen Sportförderung
schiede und verschiedener Priorisierung im Detail lassen sich dennoch einige Gemeinsamkeiten über die Bundesländer hinweg erkennen.60 Ein Großteil der für die Sportförderung bereitgestellten Landesmittel sind Zweckzuweisungen und Zuschüsse für den kommunalen wie auch den vereinseigenen Sportstättenbau. Ferner bauen und unterhalten die Länder Leistungszentren und Trainingsstützpunkte, die insbesondere der Nachwuchs- und Spitzensportförderung dienen. Sie bezuschussen erforderliche Trainer und stellen die medizinische Versorgung bereit. Der Vereinssport erfährt eine laufende Förderung seines Übungsbetriebs durch Landesmittel, die in aller Regel der Anschaffung von Sportgeräten, Finanzierung der Wettkampfteilnahme sowie zu einem bedeutenden Teil der Entlohnung, Aus- und Fortbildung der Übungsleiter zufließen. Darüber hinaus fördern die Länder gezielt besondere Zielgruppen und Projekte. Hier seien beispielhaft die direkten Zuwendungen an die Landesverbände des Behindertensports, die sogenannten „Fan-Projekte“ zur Betreuung von Anhängern einer Sportart oder andere Initiativen und Projekte für den Sport mit Kranken, Arbeitslosen, Jugendlichen, Strafgefangenen oder Ausländern genannt. Der Sport an Schulen und Hochschulen, im besonderen der Bau entsprechender Sportstätten sowie die Besoldung von Lehrern und Dozenten, ist ebenfalls Aufgabe der Länder. Die Bundesländer verzichten auf Einnahmen aus den Sportwetten und Lotterien zugunsten des Sports. Die Lotterien unterliegen in Deutschland der Länderhoheit. Für sie gilt das jeweilige Landesrecht, sie stehen unter staatlicher Aufsicht, ihre Organisation ist länderspezifisch, wenngleich immer von einer öffentlichen Beteiligung geprägt. Von den erwirtschafteten Beträgen sind umsatzabhängige Zweckerträge bzw. Konzessionen an die Landeshaushalte oder direkt an bestimmte Destinatäre mit gemeinnützigem Charakter abzuführen. Die Höhe und Aufteilung sind entsprechend länderspezifischer Regelungen nicht einheitlich, wenngleich neben sozialen und kulturellen Einrichtungen insbesondere der Sport von diesen Geldern profitiert.61 So konnten 1998 kumuliert über alle Bundesländer rund 2,5 Milliarden Euro erwirtschaftet werden, die den gemeinnützigen Destinatären, und unter ihnen in besonderem Maße den sportlichen, direkt zugeflossen sind bzw. für eine entsprechende Verwendung in die Landeshaushalte eingestellt wurden.62 Ferner darf nicht übersehen werden, daß erhebliche Landesmittel für Personalkosten staatlicher Sportbehörden aufgebracht werden.63 Als ein Beispiel sei nur der umfangreiche Polizeieinsatz bei Sportgroßveranstaltungen angeführt, ein Vgl. Kemper (1999), S. 156 ff., Schmidt (1987), S. 22 ff. Zu den umsatzabhängigen Abgaben über die verschiedenen Spielarten in den einzelnen Ländern siehe Leonhardt (1999), S. 183 ff. 62 Vgl. Leonhardt (1999), S. 204, S. 206 f. Da die Lotterie-Einnahmen teilweise in die Landeshaushalte eingestellt werden und dem Sport in Form monetärer Transfers als direkter Finanzstrom zufließen, soll die Förderung durch Lotterien auch als unmittelbare, monetäre Transferleistung verstanden werden. 63 Vgl. Schmidt (1987), S. 26. 60 61
C. Förderung des Sports durch die staatlichen Ebenen
59
„Sicherheitsservice“, an dessen Kosten die veranstaltenden Sportorganisationen nicht beteiligt werden. Da die mittelbare Förderung auf Landesebene von untergeordneter Bedeutung ist, kann die Entwicklung der Ausgaben für die unmittelbare Sportförderung durch die Länder näher betrachtet werden (vgl. Abbildung 4). Diese weisen im Trend einen Anstieg auf und lagen im Jahr 2002 bei rund 641 Millionen Euro. Aufgrund der Wiedervereinigung wurden ab dem Rechnungsjahr 1992 die neuen Bundesländer mit erfaßt, wodurch die ausgewiesenen Länderausgaben um fast 30 Prozent stiegen. Der deutliche Einbruch im Jahr 1998 ist weitgehend durch die Stadt Berlin bedingt, die ihre Sportausgaben drastisch kürzte.64 Während die Ausgaben für die Sportförderung, von einer Trendabweichung Mitte der 70er Jahre abgesehen, einen relativ kontinuierlichen Verlauf aufweisen, bedingt insbesondere die Förderung der Sportstätten, auf Landesebene primär investiver Natur, die Schwankungen der Nettoausgaben.
800
Mio. Euro
600 400 200 0 1965
1970
1975
1980
Förderung des Sports Badeanstalten
1985 Jahr
1990
1995
2000
Sportstätten Nettosportausgaben
Quelle: Statistisches Bundesamt, Finanzen und Steuern (1965 – 2002).
Abbildung 4: Sportausgaben der Länder (mit Stadtstaaten) von 1965 bis 2002 (nominal, in Millionen Euro)65
Auch auf Landesebene ist die Quantifizierung wieder problembehaftet. Die mittelbare Förderung findet ebenso wenig Berücksichtigung wie ein Großteil der 64 Die Haushalte der Stadtstaaten rechnet das Statistische Bundesamt den Länderhaushalten zu. 65 Ein gesonderter Ausweis der Förderung des Sports und Sportstätten erfolgt auf Landesebene erst seit 1970, ebenso werden Landesmittel für Badeanstalten erst seit 1970 ausgewiesen.
60
3. Kap.: Darstellung der öffentlichen Sportförderung
Lotterie-Transfers. Zurechnungsschwierigkeiten werden am Beispiel der Polizeieinsätze deutlich, womit vergleichbare Ausgaben in den ausgewiesenen Zahlen nicht enthalten sind. Damit kann auch auf Landesebene von einem tatsächlich höher liegenden Umfang der öffentlichen Förderung als dargestellt ausgegangen werden. 3. Kommunalebene Entscheidungen zur Sportförderung werden auf kommunaler Ebene in den Gemeindeverwaltungen vorbereitet und von den Gemeinderäten getroffen. Die hierfür geschaffenen Verwaltungsinstanzen variieren in ihrem Umfang und ihren Entscheidungskompetenzen.66 Sie reichen von eigenen Sportämtern und -dezernaten vor allem in Großstädten über die Bündelung der Aufgaben zusammen mit dem Sozial-, Jugend- oder Kulturbereich bis hin zur reinen Aufgabenmitverwaltung in kleinen Gemeinden. Die kommunale Sportförderpraxis ist sehr heterogen und insbesondere abhängig von lokalen Gegebenheiten und Traditionen sowie der jeweiligen örtlichen Finanzkraft. In den einzelnen Kommunen werden verschiedene Maßnahmen gefördert. Selbst bei übereinstimmenden förderungswürdigen Maßnahmen differieren doch häufig Umfang und Priorität.67 Dennoch lassen sich einige allgemeine Aussagen zu den Schwerpunkten der kommunalen Förderung treffen.68 Wesentlicher Gegenstand der Förderung sind Sportstätten. Im Rahmen der monetären Transferleistungen erhält der selbstverwaltete Sport zum einen Baukostenzuschüsse, zum anderen Unterhaltszuschüsse für im eigenen Besitz befindliche Sportstätten. Auch für die Anschaffung von technischen Gerätschaften und Sportgeräten erhalten die Vereine Gelder von den Kommunen. Darüber hinaus wird das lokale Sportangebot durch Beteiligung an den Übungsleiterkosten oder anderen im Zusammenhang mit der Sportausübung stehenden Kosten gefördert. Die Ausrichtung von Sportveranstaltungen wird häufig ebenso bezuschußt wie die Teilnahme von Sportlern an solchen Veranstaltungen. Ortsansässige Vereine können eine allgemeine Förderung entsprechend der Anzahl ihrer Mitglieder erhalten. Gratifikationen und Ehrungen bei besonderen sportlichen Erfolgen oder Jubiläen runden die Förderpalette ab. Bei den Realtransfers spielen Sportstätten ebenfalls eine zentrale Rolle. Eine Vielzahl der Sportstätten befindet sich im Besitz der Kommunen. Die Kommunen stellen die Sportstätten bereit, sorgen für deren Instandhaltung und überlassen sie den Sportvereinen meist unentgeltlich oder für einen sehr niedrigen Preis, der eher symbolischen Charakter hat. Gemeindepersonal wird zur Pflege der vereinseigenen Anlagen eingesetzt oder unterstützt die Vereine in technischen und organisatorischen Angelegenheiten. Vgl. Hockenjos (1995), S. 19 f. Vgl. die umfassende Analyse von Hockenjos (1995), S. 28 ff. 68 Vgl. Schmidt (1987), S. 19 ff. Zu einer detaillierten Darstellung der Arten kommunaler Sportförderung siehe Hockenjos (1999). 66 67
C. Förderung des Sports durch die staatlichen Ebenen
61
Die Kommunen stehen den Vereinen ebenfalls durch die Beteiligung an Risiken bei. Viele bieten die Übernahme von Ausfallbürgschaften oder die Abgabe von Defizitgarantien an, die bei der Veranstaltung von Großsportereignissen von Relevanz sind. Diese lassen sich als unmittelbare Transferleistungen verstehen. Langfristig ist bei den kommunalen Sportausgaben ein Anstieg zu erkennen (vgl. Abbildung 5). Die deutliche Steigerung der Sportförderung 1973 / 74 dürfte in Zusammenhang mit der deutschen Ausrichtung der Fußball-Weltmeisterschaft 1974, der Anstieg 1992 mit der erstmals mit in die Rechnung aufgenommenen Ausgaben der neuen Bundesländer stehen. 1965 verausgabten die Kommunen rund 249 Millionen Euro für den Sport. Dieser Wert belief sich zum Vergleich auf über 3,1 Milliarden Euro im Jahre 2002 und damit auf mehr als das Zwölffache. Werden hiervon die unmittelbaren Einnahmen abgezogen, die weit über die Hälfte aus den Badeanstalten resultieren, so ergibt sich ein kommunaler Zuschußbedarf von über 2,4 Milliarden Euro. 3500 3000
Mio. Euro
2500 2000 1500 1000 500 0 1965
1970
1975
1980
Förderung des Sports Badeanstalten
1985 Jahr
1990
1995
2000
Sportstätten Nettosportausgaben
Quelle: Statistisches Bundesamt, Finanzen und Steuern (1965 – 2002).
Abbildung 5: Sportausgaben der Kommunen von 1965 bis 2002 (nominal, in Millionen Euro)69
Nicht alle Positionen der mittelbaren Förderung, insbesondere die Realtransfers, werden dem Sport zugerechnet, ebenso fehlen quantitative Angaben zur unmittelbaren Förderung. Folglich unterschätzen die ausgewiesenen Zahlen wiederum die Höhe der tatsächlichen kommunalen Ausgaben zur Sportförderung. 69 Ein gesonderter Ausweis der Förderung des Sports und Sportstätten erfolgt auf Kommunalebene erst seit 1974. Für die Jahre 1965 bis 1973 wurde deshalb auf die von Hockenjos (1995), S. 176 f., geschätzten Anteile auf Basis der Durchschnittswerte der Folgejahre zurückgegriffen.
62
3. Kap.: Darstellung der öffentlichen Sportförderung
Der langfristige Trend steigender Sportausgaben der Kommunen muß relativiert werden, wenn die nominalen mit den realen Ausgaben einem Vergleich unterzogen werden (vgl. Abbildung 6). Auch die realen Ausgaben stiegen bis Anfang der 80er Jahre, von einer Konsolidierung Mitte der 70er abgesehen, enorm an. Das Anfang der 80er Jahre realisierte Niveau wurde, einen erneuten Peak durch die Wiedervereinigung vernachlässigend, seitdem nicht mehr erreicht. Somit könnte von einer tendenziellen Stagnation der realen kommunalen Sportausgaben in den letzten beiden Jahrzehnten gesprochen werden.
3500 3000 Mio. Euro
2500 2000 1500 1000 500 0 1965
1970
1975
1980
1985
1990
1995
2000
Jahr nominal
real
Quelle: Eigene Berechnung auf Basis Statistisches Bundesamt, Finanzen und Steuern (1965 – 2002), Konsumentenpreisindex-Deflator.
Abbildung 6: Sportausgaben der Kommunen von 1965 bis 2002 (nominal und real, in Millionen Euro)
4. Gesamtumfang der Sportförderung Die gesamte unmittelbare Sportförderung gemäß der vorgenommenen Abgrenzung belief sich im Jahr 2002 netto auf über 3,9 Milliarden Euro (vgl. Abbildung 7).70 Werden darüber hinaus die Ausgaben für Schul- und Hochschulsport sowie weitere, nicht in den Sporteinzelplänen explizit aufgeführte Mittel berücksichtigt, dürfte das Gesamtvolumen der unmittelbaren öffentlichen Sportförderung in Deutschland bei über sechs Milliarden Euro liegen.71 70 Darin nicht enthalten sind die Ausgaben der Zweckverbände, die sich auf rund zehn Millionen Euro beliefen. 71 Vgl. hierzu auch Bundesministerium des Innern (2002), S. 21.
C. Förderung des Sports durch die staatlichen Ebenen
63
Den größten Teil der öffentlichen Sportförderung tragen, vorbehaltlich der vorgenommenen Abgrenzung der Quantifizierung, die Kommunen mit rund 78 Prozent. Der Anteil der kommunalen Sportförderung war im Zeitablauf kontinuierlich gestiegen, lag in den 80er Jahren auf deutlich über 80 Prozent und sank mit der Wiedervereinigung wieder auf unter 80 Prozent. Unter einer partiellen Berücksichtigung der Ausgaben der Stadtstaaten, die in den dargestellten Werten in vollem Umfang den Ländern zugerechnet sind, dürfte der Anteil der Kommunen aber schon immer deutlich höher liegen. Eine leichte Relativierung ergibt sich unter Berücksichtigung der mittelbaren Transfers in Form der von Bund und Land getragenen Steuervergünstigungen sowie des Einnahmeverzichts der Länder auf die Lotterieeinnahmen zugunsten des selbstverwalteten Sports. Dennoch bestätigen diese Werte die Sportförderung als primär kommunale Aufgabe in Deutschland.
4000 3500
Mio. Euro
3000 2500 2000 1500 1000 500 0 1965 Bund
1970 Länder
1975
1980
1985 Jahr
Kommunen
1990
1995
2000
Nettosportausgaben gesamt
Quelle: Statistisches Bundesamt, Finanzen und Steuern (1965 – 2002).
Abbildung 7: Öffentliche Sportförderung durch Bund, Länder und Gemeinden von 1965 bis 2002 (nominal, in Millionen Euro)
Entsprechend dem hohen Anteil kommunaler Transferleistungen weist das reale Gesamtvolumen der unmittelbaren öffentlichen Sportförderung einen ähnlichen Entwicklungsverlauf wie die realen kommunalen Sportausgaben auf. Abgesehen vom Höchstniveau der Gesamtförderung im Zuge der Wiedervereinigung in der ersten Hälfte der 90er Jahre, ist der reale Höchststand von 1980 bis heute nicht mehr erreicht worden (vgl. Abbildung 8). Haben sich die Transferleistungen nominal seit 1965 bis ins Jahr 2002 mehr als verzehnfacht, stiegen diese real um 350 Prozent. Allerdings vollzog sich der enorme reale Anstieg bereits bis zum Jahr 1980.
64
3. Kap.: Darstellung der öffentlichen Sportförderung
4000 3500 Mio. Euro
3000 2500 2000 1500 1000 500 0 1965
1970
1975
1980
1985
1990
1995
2000
Jahr nominal
real
Quelle: Eigene Berechnung auf Basis Statistisches Bundesamt, Finanzen und Steuern (1965 – 2002), Konsumentenpreisindex-Deflator.
Abbildung 8: Öffentliche Sportförderung in der Bundesrepublik Deutschland von 1965 bis 2002 (nominal und real, in Millionen Euro)
5. Sportförderung durch die Europäische Union Zur Komplettierung der Sportförderung soll noch kurz die Sportförderung durch die Europäische Union skizziert werden. Vergleichbar mit der Sportministerkonferenz haben sich auf europäischer Ebene eine Europäische Sportministerkonferenz sowie regelmäßige informelle Sportministerbegegnungen etabliert. Diese wirken als Impulsgeber der europäischen Sport(förder)politik und legen deren grundsätzliche Richtung fest. Die politischen Beschlüsse werden dann durch die Europäische Kommission umgesetzt, die ferner als „Hüter der Verträge“ fungiert sowie die Finanzmittel und Fonds und damit auch die Gelder für den Sport der Europäischen Union verwaltet. Zuständig für den Sport bei der Kommission ist die Generaldirektion Bildung und Kultur und dort im speziellen die 1998 eingerichtete sogenannte „Sport Unit“. Von der Unterstützung in der Doping-Problematik abgesehen, gibt es gegenwärtig kein direktes Sportförderprogramm der Europäischen Union. Eurathlon als ein solches ist mangels rechtlicher Grundlage ausgelaufen.72 Eurathlon richtete sich ausschließlich an Institutionen des selbstverwalteten Sports, Einrichtungen der öffentlichen Sportverwaltung sowie Schulen und Hochschulen, die die Sportförderung zu ihren satzungsgemäßen Zielen zählen. Für die Förderung insbesondere von integrationsfördernden Austauschprogrammen, der gemeinsamen Sport72
Vgl. Eulering (2001), S. 273 f.
C. Förderung des Sports durch die staatlichen Ebenen
65
aus- und Weiterbildung sowie von sportlicher Betätigung im Interesse der Gesundheit standen 1997 zwei Millionen Euro für 175 Projekte zur Verfügung. Auch wenn der Europäischen Union die rechtliche Basis zur Sportförderung fehlt, d. h., sie weder über spezifische Kompetenzen noch finanzielle Mittel verfügt, kann der Sport dennoch in übergreifenden Programmen und Aktionen mitgefördert werden.73 Des weiteren deklarierte die Europäische Union das Jahr 2004 zum Europäischen Jahr der Erziehung durch Sport und stellte dafür über elf Millionen Euro zur Verfügung.74 Insgesamt bleibt die finanzielle Förderung des Sports durch die Europäische Union im Vergleich zur nationalen öffentlichen Förderung kaum beachtenswert.
III. Regulierungsansätze zur Sportförderung Im folgenden soll erörtert werden, wie der Staat durch regulierende Eingriffe in den Markt zur Förderung des Sports beiträgt. Hierbei können nicht alle staatlichen Regulierungen vollständig beschrieben werden, die sich auf das im Bereich des Sports erzielte Marktergebnis positiv auswirken. Es sollen aber entsprechend der Möglichkeiten eines Eingriffs in die Marktstruktur, das Marktverhalten oder das Marktergebnis die drei zentralen Regulierungsansätze exemplarisch herausgegriffen werden, um so zu verdeutlichen, daß die öffentliche Sportförderung weit über staatliche Transferleistungen hinausreicht. Ein Eingriff in die Marktstruktur erfolgt durch die Anerkennung nur eines Sportverbandes seitens des Staates, ein Eingriff in das Marktverhalten durch die Duldung mittels Verbandsregeln geschaffener und dem Bereich des Sports zuzurechnender Ausnahmebereiche und ein Eingriff in das Marktergebnis im Rahmen der Sportberichterstattung im öffentlich-rechtlichen Rundfunk.75 1. Ein-Verbands-Prinzip Sportverbände haben in der Bundesrepublik Deutschland als Anbieter des Sports eine Monopolstellung. Zwar stehen die Sportverbände untereinander im Wettbewerb bezüglich der Sportarten und müssen sich gegen andere Formen der Freizeitgestaltung und weiteren Unterhaltungsgüteranbieter behaupten.76 Allerdings 73 Als mögliche Finanzierungsquellen wären hier der Europäische Fonds für Regionale Entwicklung, der Europäische Sozialfonds, der Europäische Ausgleichs- und Garantiefonds für Landwirtschaft oder die Gemeinschaftsinitiativen der Europäischen Union zu nennen. Siehe hierzu auch Eulering (2001), S. 274. 74 Vgl. Europäisches Parlament / Europäischer Rat (2003). 75 Die Förderung des Sports über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk basiert zugleich auf einem Eingriff in die Marktstruktur, da die Struktur des dualen Rundfunksystems weitgehend staatlich determiniert und reguliert ist. 76 Bei der Frage nach den Wettbewerbern handelt es sich letztlich um das Problem der Abgrenzung des relevanten Marktes. Siehe hierzu Oberender (1975).
5 Langer
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3. Kap.: Darstellung der öffentlichen Sportförderung
liegen hierbei nur bedingt Substitutionsbeziehungen vor. Auch wenn zunehmend alternative Angebotsformen zum selbstverwalteten Sport an Bedeutung gewinnen,77 stehen insbesondere die Spitzen- und Wettkampfsportler als Inputfaktoren der sportlichen Leistungserstellung einem Nachfragemonopol gegenüber.78 Dabei interessiert an dieser Stelle weniger, inwieweit diese Marktstruktur durch Marktleistungen seitens der Sportverbände bedingt ist.79 Vielmehr ist zu zeigen, daß durch staatliche Markteingriffe Marktzutrittsschranken geschaffen werden. Sportverbände und öffentliche Hand stehen durch die finanzielle Unterstützung im Rahmen des Subsidiaritätsprinzips in enger Beziehung zueinander. Um den Vorteil staatlicher Unterstützung nutzen zu können, müssen die Sportverbände offiziell anerkannt sein. In Deutschland ist der DSB der offizielle, von staatlicher Seite anerkannte Dachverband des Sports. Da der Staat nur einen Verband anerkennt, kommt dieser, inklusive seiner angeschlossenen Mitgliedsverbände, als einziger in den Genuß der staatlichen Förderung.80 Innerhalb des DSB gilt ebenfalls das Ein-Verbands-Prinzip.81 Sowohl im DSB als auch in den Landessportbünden steht für jedes Fachgebiet nur jeweils ein Mitgliedsplatz zur Verfügung.82 Damit kann nur ein Fachverband Mitglied im DSB werden, als solches in die staatliche Anerkennung gelangen und damit an der öffentlichen Sportförderung partizipieren. Dies gilt ebenso für die internationalen Sportverbände. Auch diese wenden das Ein-Verbands-Prinzip an und erkennen somit in jeder Sportart lediglich einen nationalen Sportverband an.83 Damit ist das Monopol der jeweiligen Fachverbände national sowie international geschützt. Die nicht offiziell vom DSB respektive Staat anerkannten Verbände oder Organisationen des Sports können für sich keine staatlichen Transferleistungen in Anspruch nehmen. Dies bezieht sich sowohl auf die unmittelbaren Zahlungen als auch mittelbaren Leistungen beispielsweise durch die unentgeltliche Nutzung öffentlicher Sportstätten. Damit hat der Staat eine Markteintrittsbarriere geschaffen, die Siehe hierzu die Ausführungen in diesem 3. Kap., D. I. Zwar haben die Sportler Wahlfreiheit zwischen konkurrierenden Sportvereinen, unterliegen aber bei der Produktion der sportlichen Leistung durch Kooperation auf Sportveranstaltungen den jeweiligen Verbandsregelungen. Zum Modell der Produktion sportlicher Leistung siehe Benner (1992), Kappler / Wadsack (1996), S. 80 ff. 79 Vgl. ausführlich zu den Determinanten der Monopolstellung der Sportverbände Kubat (1998), S. 43 ff. 80 Durch diesen sogenannten „Sportvorbehalt“ erhalten Sportdachverbände eine Sonderstellung bei der Förderung sowie der juristischen Rechtsauslegung. Vgl. Kirsch / Kempf (2002), S. 257. 81 Auch wenn im deutschen Sportverbandswesen hierfür die Bezeichnung „Ein-Platz-Prinzip“ verbreitet ist, wird der Anschaulichkeit wegen der Begriff „Ein-Verbands-Prinzip“ präferiert. Siehe ebenso Vieweg (1990), S. 61. 82 § 5 Nr. 2 und 3 Satzung DSB. 83 Vgl. Vieweg (1990), S. 58, S. 61 ff., sowie die Ausführungen am Beispiel Fußball von Parlasca (1993), S. 218 f. 77 78
C. Förderung des Sports durch die staatlichen Ebenen
67
neuen, nicht offiziell anerkannten Sportanbietern den Zutritt zum Markt erschwert und damit die Anbieter des selbstverwalteten Sports vor Konkurrenten schützt. Das Prinzip der staatlichen Anerkennung von nur einem Sportverband ist eine Ursache für die Monopolstellung der Sportverbände.84 Verbunden mit der Monopolstellung der Sportverbände ist Marktmacht.85 Mittels der Marktmacht können die Sportverbände Monopolrenten erzielen. Es findet eine Umverteilung der Renten, sowohl von den Inputfaktoren der sportlichen Leistungserstellung, insbesondere den Spitzensportlern, als auch von den Nachfragern nach sportlichen Leistungen als Unterhaltungsgut, also den Konsumenten vor Ort bzw. den Medien, statt.86 Gerade durch die Schaffung von Marktzutrittsschranken fördert der Staat die Marktmacht der Verbände und unterstützt damit indirekt die daraus resultierenden Konsequenzen in Form von sportlichen bzw. wirtschaftlichen Regelungen durch die Sportverbände zur Erzielung von Monopolrente. Diese Regelungen sollen nun explizit betrachtet werden.
2. Verbandsregelungen und staatlich geduldete Ausnahmebereiche Die Regelungen der Sportverbände sind sehr vielfältig und betreffen sowohl die Input- als auch die Outputmärkte.87 Diese Regelungen greifen in Marktprozesse in einer Form ein, wie sie anderen Marktteilnehmern staatlich nicht gestattet werden. Somit werden den Sportverbänden durch relativ erweiterte Handlungsspielräume privilegierte Marktverhaltensweisen zugestanden. Es werden dem Bereichs des Sports zurechenbare Ausnahmebereiche akzeptiert bzw. definiert, die es den Sportverbänden ermöglichen, Marktmacht zu entwickeln. Dabei stehen zwei Bereiche besonders in der Diskussion und haben schon staatliches Handeln nach sich gezogen, weshalb diese näher zu beleuchten sind: die Vermarktung der Fernsehübertragungsrechte als auch Mobilitätsbeschränkungen der Spieler durch das Transfersystem sowie durch Ausländerbegrenzungen. Die Diskussion um die Vermarktung der Fernsehübertragungsrechte soll exemplarisch am Fußball dargestellt werden. Die Vermarktung der Übertragungsrechte erfolgte bis 2001 durch den Deutschen Fußball-Bund (DFB), seitdem durch die neugegründete Deutsche Fußball Liga (DFL). Diese traten bzw. treten als Monopolisten auf und vermarkten die Rechte zentral. Dieses Vorgehen erfährt sowohl von ökonomischer als auch juristischer Seite erhebliche Kritik, da die FußballBundesliga ein Vermarktungskartell bildet.88 Vgl. ebenso Kubat (1998), S. 46 ff. Vgl. Franck (1995), S. 82 ff., Parlasca (1993), S. 98 ff., Kubat (1998), S. 49 ff. 86 Das Ausmaß der Umverteilung der Renten hängt dabei insbesondere von den Regelungen ab, die von den jeweiligen Sportverbänden getroffen werden. Siehe hierzu Franck (1995), S. 82 ff., Parlasca (1993), S. 105 ff., Kubat (1998), S. 49 ff. 87 Vgl. Franck (1995), S. 82 ff., Parlasca (1993), S. 105 ff., Kubat (1998), S. 49 ff. 84 85
5*
68
3. Kap.: Darstellung der öffentlichen Sportförderung
Im Fall der Rechte an den europäischen Pokalspielen (UEFA-Pokal) wurde die zentrale Vermarktung bereits 1997 vom Bundesgerichtshof untersagt.89 Folglich mußte der DFB damit rechnen, daß auch die zentrale Vermarktung der FußballBundesliga-Spiele gegen nationales und europäisches Kartellrecht verstößt. Damit dieser Fall nicht eintritt, hat die Bundesregierung 1998 Änderungen im Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) vorgenommen. Die Spitzensportverbände wurden vom Kartellierungsverbot freigestellt und somit auch die zentrale Vermarktung legitimiert. So wurde im GWB ein weiterer kartellrechtlicher Ausnahmebereich geschaffen, d. h., die Spitzensportverbände sind von den generellen Regeln des GWB partiell freigestellt und können grundsätzlich verbotene private Wettbewerbsbeschränkungen vornehmen.90 Es ist allerdings noch offen, ob diese Lösung auch vor dem europäischen Kartellrecht Bestand hat. Im Falle der verbandlichen Arbeitsmarktregulierung im Rahmen des Transfersystems und der Ausländerbeschränkung hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) bereits ein im Spitzensport grundlegende Veränderungen hervorrufendes Urteil gefällt.91 Bis zu diesem sogenannten Bosman-Urteil92 im Dezember 1995 mußte für professionelle Fußballspieler auch nach Ablauf ihrer Vertragszeit bei einem Vereinswechsel der neue Verein eine Ablösesumme an den alten Verein zahlen. Begründet wurde dies mit der Refinanzierung der Ausbildungsinvestitionen, die vom bisherigen Verein für den Spieler getätigt worden waren.93 Auch sollten die finanziell schwächeren Vereine damit gegenüber den finanzstarken gefördert werden, um die Ausgeglichenheit der Liga nicht zu gefährden.94 Da der abgebende Verein die Ablösesumme weitgehend selbst bestimmen konnte,95 war es ihm möglich, durch entsprechend hohe Forderungen den Spieler für potentiell interessierte neue 88 Vgl. Parlasca (1993), S. 140 ff., Hausmann (1994), Franck (1995), S. 110 ff., Klodt (1998), Erning (2000), S. 141 ff. Zu einer etwas differenzierteren Sicht siehe Schellhaaß / Enderle (1998). 89 Vgl. Erning (2000), S. 139 f., sowie allgemein zur Entwicklung der Vermarktung der Übertragungsrechte ebda., S. 134 ff. 90 Zur Problematik der Branchenfreistellungen siehe Eickhof (1993) sowie die dort angegebene Literatur. 91 EuGH C-415 / 93. Zum Inhalt siehe auch Büch (1998), S. 283 f. 92 Der belgische Profi-Fußballer Jean-Marc Bosman klagte beim EuGH gegen seinen damaligen Sportverein, den RFC Lüttich, der den beabsichtigten Wechsel Bosmans zum französischen Verein US Dünkirchen verhinderte, indem er ihm trotz Beendigung seines Arbeitsvertrages die für einen Wechsel erforderliche Freigabeerklärung gegenüber dem belgischen Fußballverband verweigerte. 93 Vgl. Büch / Schellhaaß (1978), S. 257 ff., Büch (1998), S. 286 ff., Schellhaaß (1984). 94 Vgl. Wertenbruch (1996), S. 375 f. 95 Bis 1980 konnte in der Fußball-Bundesliga die Ablösesumme beliebig hoch angesetzt werden. Da damit aber ein Verstoß gegen Art. 12 Abs. 1 GG, der die Freiheit der Arbeitsplatzwahl garantiert, vorlag, wurden daraufhin die Transferregelungen weniger restriktiv gestaltet, wenngleich sie immer noch wettbewerbsbeschränkende Elemente beinhalteten. Siehe hierzu Parlasca (1993), S. 183 ff., sowie die dort angegebene Literatur.
C. Förderung des Sports durch die staatlichen Ebenen
69
Vereine uninteressant zu machen.96 Darin sah der EuGH einen Verstoß gegen die im EG-Vertrag geregelte Arbeitnehmerfreizügigkeit. 97 Ablösesummen sind somit nur noch bei Vereinswechseln während der Vertragslaufzeit statthaft. Obgleich das Urteil in Verbindung mit einem Fußballspieler gefällt wurde, bezieht es sich auf alle professionellen Sportler, die wie jeder andere europäische Arbeitnehmer zu bewerten sind, und hatte damit auch enorme Auswirkungen auf die anderen Sportverbände. In Verbindung mit der Transferregelung wurde im gleichen Urteil die bis dahin bestehende Ausländerbegrenzung als rechtswidrig erklärt. Bis 1995 war den Vereinen lediglich der Einsatz einer im Rahmen der Ausländerklausel i. d. R. auf drei Spieler beschränkten Anzahl ausländischer Spieler erlaubt. Damit sollte die nationale Identität der Ligen gewahrt bleiben und der deutsche Nachwuchs vor ausländischer Konkurrenz geschützt werden.98 Auch hierin sah der EuGH einen Verstoß gegen das Recht auf Freizügigkeit der Arbeitnehmer.99 Letztlich handelt es sich bei den Ausländerklauseln um rein protektionistische Maßnahmen zum Schutz deutscher Sportler, die somit ein auf freien Märkten aus dem Zusammenspiel von Angebot und Nachfrage nach professionellen Sportlern sich einstellendes Marktergebnis verhindern.100 Mit dem Urteil des EuGH zur Abschaffung der Mobilitätsbeschränkungen der Sportler durch Transfersummen und Ausländerbeschränkungen ist ein wegweisender Schritt unternommen worden, die unter anderem aus staatlichen Marktzutrittsschranken resultierenden Marktregulierungen durch die Sportverbände zu unterbinden und für mehr Wettbewerb zu sorgen.
3. Öffentlich-rechtlicher Rundfunk Eine weitere Förderung erfährt der Sport im Rahmen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Auf dem staatlich regulierten dualen deutschen Rundfunkmarkt kommt dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk die Aufgabe der Grundversorgung zu.101 Grundversorgung meint „Empfangbarkeit für alle“102 sowie die Erfüllung des klassischen Rundfunkauftrags, der Meinungs- und politische Willensbildung,
Vgl. Franck (1995), S. 96. EuGH C-415 / 93, in Bezug auf Art. 39 EGV (alte Fassung: Art. 48 EGV). 98 Vgl. Frick / Wagner (1996), S. 611. 99 EuGH C-415 / 93. 100 Vgl. Parlasca (1993), S. 191 f., Frick / Wagner (1996), S. 613 f., Erning (2000), S. 184. 101 Zur dualen Rundfunkordnung im marktwirtschaftlichen Kontext siehe u. a. Bardt (2002), Hoffmann-Riem (2000), Schellhaaß (2000), Knorr / Winkler (2000) oder die Beiträge in Mestmäcker (1988), S. 161 ff. 102 BVerfGE 74, 297 (326). 96 97
70
3. Kap.: Darstellung der öffentlichen Sportförderung
Unterhaltung, Information und kulturelle Verantwortung umfaßt.103 Diese wird nur den gebührenfinanzierten öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, nicht aber den privaten Rundfunkanstalten zugetraut, da letztere aufgrund der privatwirtschaftlich organisierten Finanzierung der Aufgabe umfassender Information nicht gerecht werden könnten.104 Der Sport gehört zu dem Bereich, über den der öffentlich-rechtliche Rundfunk zu berichten hat.105 Zum einen stellt der Sport einen zentralen Bereich des öffentlichen Lebens der Bundesrepublik Deutschland dar, zum anderen ist er ein zentraler Faktor kulturellen Lebens. Allerdings ergibt sich aus der Gebührenfinanzierung, daß über die gesamte Bandbreite des Sports zu berichten sowie die föderale und regionale Vielfalt zu berücksichtigen ist.106 Aufgabe des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ist es damit, gerade die von den privaten Sendeanstalten vernachlässigten, da ökonomisch wenig attraktiven, Sportarten in die Berichterstattung mit einzubinden. Damit können auch die weniger nachgefragten Sportarten Rundfunkpräsenz erhalten. Dies schließt aber keineswegs die Berichterstattung von sportlichen Großereignissen aus, was sich schon aus der Informationsaufgabe ergibt. Die Sportberichterstattung nimmt einen bedeutenden Teil der Sendezeit im öffentlich-rechtlichen Rundfunk ein.107 Die reale Verteilung der Sendezeit zeigt eine Priorisierung von wenigen, attraktiven Sportarten, insbesondere des Fußballs.108 Ähnlich verhält es sich mit den sportlichen Großereignissen, die aufgrund ihrer erheblichen gesellschaftlichen Bedeutung auf einer Schutzliste stehen und damit im Free-TV empfangbar bleiben sollen.109 Aufgrund der enorm gestiegenen Kosten für die Fernsehübertragungsrechte müssen die öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten für diese wenigen Ereignisse enorme Summen aufwenden, obwohl für erheblich weniger Geld mehr Sportarten gezeigt werden könnten.110 BVerfGE 73, 157 f. Vgl. Voß (2000), S. 16 f. 105 Vgl. Dörr (2000), S. 40 ff. 106 Vgl. Dörr (2000), S. 54 ff. 107 So sendeten ARD und ZDF im Jahr 1998 gegenüber den privaten Rundfunkanstalten SAT.1 und RTL jeweils die rund dreifache Stundenzahl an Sportberichten. Abgesehen vom Deutschen Sportfernsehen (DSF) auf Rang zwei, lagen Eurosport auf Rang eins sowie die weiteren öffentlich-rechtlichen Anbieter ZDF, ARD und deren Dritte Programme auf Rang drei bis neun der „Top Ten“-Sender der Sportberichterstattung nach zeitlicher Dauer. SAT.1, RTL und die weiteren privaten Rundfunkanstalten folgten dahinter. Zu diesen Zahlen siehe Morhart (2000), S. 50 ff. 108 Vgl. Schauerte (2002), S. 85 ff. 109 „Großereignisse“ im Sinne des § 5a II S. 1 RStV sind im einzelnen: – Olympische Sommer- und Winterspiele, – Fußball-Europa- und Weltmeisterschaften mit deutscher Beteiligung, sowie, unabhängig von deutscher Beteiligung, das Eröffnungsspiel, die Halbfinalspiele sowie das Endspiel, – DFB-Pokal-Finale, – Heim- und Auswärtsspiele der Deutschen Fußball-Nationalmannschaft, – Endspiele der europäischen Vereinswettbewerbe im Fußball bei deutscher Beteiligung. 103 104
D. Wirtschaftliche Entwicklung des Sports in Deutschland
71
Mit jeder Medienpräsenz können für die jeweiligen Sportarten ökonomische Vorteile verbunden sein. So sind bereits mit der unentgeltlichen Kurzberichterstattung über Sportereignisse,111 einer maximal 90 Sekunden dauernden nachrichtenformatigen Sportberichterstattung, Multiplikator-Effekte für Werbebotschaften sowie Werbung für die jeweilige Sportart sui generis verbunden.112 Damit sollte deutlich geworden sein, daß über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk bedingt eine indirekte Finanzierung von Sportvereinen und -verbänden erfolgen kann.113 Die finanzielle Besserstellung der Sportvereine und -verbände ist also auch das Ergebnis der Struktur auf dem Rundfunkmarkt. Die Marktstruktur des dualen Rundfunksystems ist allerdings weitgehend staatlich determiniert und reguliert, insbesondere im Zusammenhang mit der positiven Rundfunkordnung. Hierdurch wird es ermöglicht, von politischer Seite Einfluß auf Programminhalte und damit das Ergebnis des Marktprozesses zu nehmen.114 Insofern erfährt der Sport eine Förderung durch den staatlich regulierten Rundfunkmarkt über den öffentlichrechtlichen Rundfunk.
D. Strukturelle und wirtschaftliche Entwicklung des Sports in Deutschland Nach der vorangegangenen Darstellung der Förderung des Sports durch die verschiedenen staatlichen Ebenen stehen nun die Sportanbieter im Fokus der Betrachtung. Dabei wird zunächst deren strukturelle Entwicklung und dann deren finanzwirtschaftliche Lage erläutert.
110 Für knapp über vier Millionen Euro konnten ARD und ZDF über vier Jahre lang von 1999 bis 2003 von insgesamt 31 Sportarten berichten, während zur gleichen Zeit alleine für einzelne Europameisterschafts-Qualifikationsspiele der Fußball-Nationalmannschaft ein deutlich höherer Preis zu entrichten war. Siehe hierzu Morhart (2000), S. 57. 111 Das Recht auf unentgeltliche Kurzberichterstattung über Sportereignisse wird vom Bundesverfassungsgericht (BVerfGE 97, 228) bezüglich berufsmäßig durchgeführter Veranstaltungen verneint. 112 Vgl. Kruse (1991). 113 Vgl. Bardt (2002), S. 30 ff. Zur Werbung für Sportarten, die mit der Fernsehpräsenz verbunden ist, siehe auch Kruse (1991), S. 59 ff. 114 Zu einer Kritik an der dualen Rundfunkordnung aufgrund der fehlenden Staats- und Gruppenferne der binnenpluralistischen Rundfunkaufsicht und damit möglicher Einflußnahmen auf Programminhalte siehe Knorr / Winkler (2000), S. 334 ff.
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3. Kap.: Darstellung der öffentlichen Sportförderung
I. Angebotsseitige, nachfrageseitige und strukturelle Entwicklungen der Sportanbieter Die wirtschaftliche Situation der Sportanbieter, die hier differenziert nach den Angebotsformen nichtverwalteter Sport, fremdverwalteter Sport und selbstverwalteter Sport zu betrachten ist, wird nicht nur von der gerade beschriebenen Förderung durch die öffentliche Hand bestimmt, sondern auch von angebotsseitigen und nachfrageseitigen Entwicklungen. Diese gilt es nun kurz darzustellen, wobei einige allgemeine Trends im Sport den Überlegungen vorangestellt werden.
1. Allgemeine Trends im Sport Der Sport ist ein bedeutendes gesellschaftliches Phänomen. Im Zuge gesellschaftlicher Veränderungen unterliegt auch der Sport einem Wandel, der in der Nachfrage nach Sport wie auch dem entsprechenden Angebot seinen Ausdruck findet, soweit diese dem freien Spiel des Marktes überlassen bleiben. Die Nachfrage nach Sport hat sich durch einen erweiterten Dispositionsspielraum des einzelnen verändert. Dieser resultiert aus dem anhaltenden gesellschaftlichen Wandel.115 Die Arbeitszeit ist bei steigender Lebenserwartung rückläufig, wodurch der einzelne zunehmend mehr Zeit zu seiner freien Verfügung hat. Gleichzeitig erfolgt aber auch eine Flexibilisierung der Arbeitszeit. Damit steigt generell die geforderte Flexibilität, starre Zeitpläne nehmen ab. Diese Entwicklungen gehen einher mit einem wachsenden Wohlstand, so daß dem einzelnen mehr Mittel zur Verfügung stehen, die nicht unmittelbar zur Sicherung des Lebensunterhaltes benötigt werden. Mit dem gesellschaftlichen Wandel ist auch eine Pluralisierung der Wertvorstellungen verbunden.116 Der Bezug zu den gesellschaftlich vorgegebenen traditionellen Werten nimmt ab. Statt allgemein verbindlicher gesellschaftlicher Werte bleibt dem einzelnen zunehmend die Entwicklung eigener Normen und Lebensentwürfe überlassen. Damit werden traditionelle Vorstellungen mit vielfältigen neuen, insbesondere „Hier- und Jetzt-Wertorientierungen“ ergänzt oder substituiert. Ausdruck dieses allgemeinen Lebenswandels sind auch die Motive für das Sporttreiben. Im traditionellen Sport standen Leistung, Wettkampf und Erfolgsorientierung im Vordergrund, unabhängig vom Niveau der sportlichen Leistung. Heute dominieren hingegen Spaß, Fitneß und Gesundheit.117 115 Zum gesellschaftlichen Wandel in Bezug auf den Freizeitbereich siehe Opaschowski (1995), S. 13 ff., zu den wesentlichen Zukunftstrends Opaschowski (2001), S. 28 ff., speziell zum Sport ebda., S. 152 ff. 116 Vgl. Dietrich / Heinemann / Schubert (1990), S. 15 ff. 117 Vgl. Veltins (2002), S. 8. Diese Aussage gilt sicherlich primär für den Bereich des Breitensports.
D. Wirtschaftliche Entwicklung des Sports in Deutschland
73
Aus dem Anstieg verfügbarer Ressourcen sowie aus pluralisierten Wertorientierungen resultieren eine zunehmende Individualisierung und Differenzierung der Lebensstile.118 Es gibt immer weniger starre Biographien. Sowohl berufliche Karriere als auch Privatleben werden immer weniger planbar und prognostizierbar.119 Dies hat weitreichende Konsequenzen für die Sportnachfragetrends. Sport bietet die Möglichkeit, Bestandteil sowie Ausdruck des eigenen Lebensstils zu sein. Somit wird Sport instrumentalisiert zur Stilisierung des eigenen Lebens.120 Im Zuge der Flexibilisierung und Individualisierung geht der Trend zu regelungebundenen Sportarten wie Joggen oder Radfahren sowie zu einer nicht-institutionalisierten Ausübung. Gestiegener Wohlstand und Wertewandel bedingen eine Abkehr vom reinen Versorgungskonsum hin zu einem Erlebniskonsum, bei dem das eigene Erleben im Mittelpunkt steht.121 Die vielfältigen Bedürfnisse führen zu einer Ausdifferenzierung der Sportarten. Gleichzeitig nimmt die Spezialisierung in einzelnen Sportarten ab und der spontane Wechsel der ausgeübten Sportart zu.122 Das Sportangebot hat sich auf die nachfrageseitigen Konsequenzen der zunehmenden Individualisierung und Differenzierung einzustellen. Neben dem klassischen Vereins- und Verbandsangebot, also dem selbstverwalteten Sport, haben sich weitere Institutionen als Sportanbieter am Markt erfolgreich etabliert. Sowohl die Angebotsformen als auch die angebotenen Sportarten unterliegen dem Prozeß der Anpassung an die veränderten Bedürfnisse. In Anbetracht der entstandenen Vielfalt des Angebotes und der steigenden Konkurrenz gewinnt ein attraktives Angebot für Kunden bzw. Mitglieder und eine schnelle Anpassung an veränderte Bedürfnisse mehr und mehr an Bedeutung. Die ökonomische Rationalität hält zunehmend Einzug im Sport. Die Kommerzialisierung des Sports, die mit der ökonomischen Rationalität im Sport bereits angesprochen ist, stellt eine weitere bedeutende Entwicklungstendenz im Sport dar.123 Zum einen hat das Aufkommen profitorientierter Anbieter des fremdverwalteten Sports zu einer verstärkten Marktorientierung des Sportangebotes geführt. Zum anderen hat sich besonders der Zuschauersport zu einem Unterhaltungsgut entwickelt, das Gegenstand wirtschaftlicher Interessen ist. Schließlich hat der beschriebene gesellschaftliche Wandel erst die Voraussetzung zur wirtschaftlichen Verwertung des Sports geschaffen, die sich auch auf, teils neuentstandenen, vor- und nachgelagerten „Supportmärkten“ vollzieht.124 Vgl. Dietrich / Heinemann / Schubert (1990), S. 15 f., Schwier (1996), S. 86 ff. Vgl. Engelhardt / Heinemann (2001), S. 46 ff. 120 Vgl. Schwier (1996), S. 89. 121 Vgl. Opaschowski (1995), S. 138 ff., Deutsche Gesellschaft für Freizeit (1999), S. 34 ff. 122 Engelhardt / Heinemann (2001), S. 49, sprechen hier treffend von „Sport-Hopping“. Zum allgemeinen Freizeittrend des „Sowohl-als-auch“ siehe Deutsche Gesellschaft für Freizeit (1999), S. 31 ff. 123 Vgl. Brandmaier / Schimany (1998), Henze (1991). 124 Vgl. Daumann / Langer (2003), S. 4 ff. 118 119
74
3. Kap.: Darstellung der öffentlichen Sportförderung
2. Selbstverwalteter Sport Zur Situation des selbstverwalteten Sports liegt gutes Datenmaterial vor: zum einen in Form der Mitgliederstatistiken der Sportverbände, zum anderen durch umfangreiche Untersuchungen zu den Sportvereinen, insbesondere den Finanzund Strukturanalysen der Sportvereine (FISAS). So waren im Jahr 2003 23.524.760 Mitglieder über die Landessportbünde sowie zusätzlich knapp 3,4 Millionen über weitere Mitgliedsorganisationen im DSB organisiert.125 Dies entspricht einem Anteil von 28,5 Prozent respektive 32,6 Prozent der bundesdeutschen Bevölkerung. Bei einer Betrachtung der Entwicklung der Mitgliederzahlen als auch der Anzahl an Sportvereinen seit 1950 zeigt sich ein stetiges Wachstum (vgl. Abbildung 9).126 Dieses setzte sich unabhängig des zusätzlichen Schubs durch die Aufnahme der Landessportbünde der fünf neuen Bundesländer 1990 fort. Die Anzahl der Mitglieder ist bis zum Jahr 2003 um mehr als das Achtfache gegenüber 1950 gestiegen, die Anzahl der Vereine um 450 Prozent. Das durchschnittliche Wachstum der Mitgliedschaften liegt bei über vier Prozent per annum. Nach Jahren starker Mitgliederzuwächse ist die Wachstumskurve seit Ende der 90er Jahre abgeflacht. Es sind aber weiterhin Zuwächse zu verzeichnen: im Jahr 2003 stieg die Mitgliederzahl um 0,07 Prozent (2002: 0,22%), die Anzahl der Sportvereine erhöhte sich um 0,39 Prozent (2002: 0,48%).127 Das Angebot und die Nachfrage nach Sportarten und deren Ausübungsformen ist sehr vielschichtig. Die fünf mitgliederstärksten Fachverbände sind der Deutsche Fußball-Bund (6,27 Mio. Mitglieder), der Deutsche Turner Bund (5,07 Mio.), der Deutsche Tennis Bund (1,84 Mio.), der Deutsche Schützenbund (1,55 Mio.) sowie der Deutsche Leichtathletik Verband (0,87 Mio.).128 Bezüglich des relativen Mitgliederzuwachses lag im Jahr 2003 der Deutsche Verband für Modernen Fünfkampf (21,63 %) vor der International Taekwon-Do Federation Deutschland 125 Vgl. Deutscher Sportbund (2003b). Die zusätzlich knapp 3,4 Millionen Mitglieder sind teilweise in den Landessportbünden registriert und damit bedingt doppelt erfaßt. Grundsätzlich weisen die Verbandsstatistiken einige methodische Probleme auf, um die Zahl der kumulativen Netto-Mitglieder zu bestimmen. Hierzu gehören Mehrfachmitgliedschaften, Zuordnungsschwierigkeiten und unterlassene Mitgliedschaftsmeldungen. Vgl. Hartmann-Tews (1996), S. 95 ff., S. 105 f. Auch ist zwischen sportlich aktiven und passiven Mitgliedern zu unterscheiden. 126 Vgl. Deutscher Sportbund (2003b). Der einmalige enorme Mitgliederrückgang im Jahr 1991 resultiert aus der Datentransformation der Mitgliedschaften in den neuen Bundesländern. Aufgrund des Aufbaus des bundesrepublikanischen Bestandserhebungsmodells wird in diesen ein „statistischer“ Mitgliederrückgang von fast einer Million Mitgliedern ausgewiesen. 127 Werden ausschließlich die über die Landessportbünde im DSB organisierten Mitglieder berücksichtigt, so sanken im Jahr 2003 die Mitgliederzahlen. Der Rückgang belief sich auf 0,07 Prozent. 128 Vgl. Deutscher Sportbund (2003b).
D. Wirtschaftliche Entwicklung des Sports in Deutschland
75
(17,71 %) und dem Deutschen Sportakrobatik Bund (13,70 %).129 Von den im Rahmen der FISAS 1996 befragten 3024 Sportvereinen bieten mehr als zehn Prozent folgende Sportarten an: Fußball (32 % der Sportvereine), Turnen (32 %), Tischtennis (17 %), Volleyball (14 %), Tennis (12%), Leichtathletik (11 %).130 Insgesamt wurden mehr als 8000 Sportangebote genannt, die sich auf über 600 verschiedene Angebotsformen verteilen. Darunter dominieren wettkampfbezogene Sportangebote, insbesondere Sportspiele, mit rund 85 Prozent. Innerhalb der nicht wettkampfbezogenen Sportangebote sind primär Fitneß-, Wellneß- und Gesundheitssportangebote vertreten. Darüber hinaus organisieren 87 Prozent der Sportvereine zusätzliche außersportliche Angebote.131 Knapp die Hälfte aller Vereine hat mindestens zwei Abteilungen, in denen die vielfältigen Angebote organisiert sind.132
30
200 180 160 140
20
120 15
100 80
10
Vereine (Tsd.)
Mitglieder (Mio.)
25
60 40
5
20 0 1950 1955 1960 1965 1970 1975 1980 1985 1990 1995 2000 Mitglieder West (Mio.) Vereine West (Tsd.)
0
Mitglieder gesamt (Mio.) Vereine gesamt (Tsd.)
Quelle: Deutscher Sportbund (2003b).
Abbildung 9: Entwicklung der Anzahl an Sportvereinen und Mitgliedschaften in Sportvereinen von 1950 bis 2003
Sowohl die Mitglieder- als auch die Vereinszahlen im selbstverwalteten Sport steigen weiter an. Der zunehmenden Konkurrenz und den gesellschaftlichen Ten129 Im Vorjahr (2002) lag der Deutsche Golf Verband (7,7 %) vor dem American Football Verband Deutschland (7,3 %) und dem Deutschen Rollsport und Inline-Verband (4,91 %). Vgl. Deutscher Sportbund (2003b). 130 Vgl. Emrich / Pitsch / Papathanassiou (2001), S. 16, S. 207 f. 131 Vgl. Emrich / Pitsch / Papathanassiou (2001), S. 16 f., S. 208 ff. 132 Vgl. Emrich / Pitsch / Papathanassiou (2001), S. 14, S. 189 ff.
76
3. Kap.: Darstellung der öffentlichen Sportförderung
denzen entsprechend paßt auch der selbstverwaltete Sport sein Angebot an. Dazu verfolgt er verschiedene Strategien, die zu einem vermehrt fremdorientierten Angebot und damit weg von der klassischen Mitgliederinteressenorientierung führen, in anderen Fällen aber auch die Rückbesinnung auf die traditionelle Mitgliederorientierung forcieren.133 Betrachtet man die Nachfrager, also Nutzer des selbstverwalteten Sportangebotes, nach soziodemographischen Merkmalen, so ist zunächst festzustellen, daß Jugendliche im Alter von sieben bis 18 Jahren entsprechend ihrem Anteil an der Wohnbevölkerung deutlich überrepräsentiert sind.134 Ferner sind Frauen weniger in Sportvereinen zum aktiven Sporttreiben organisiert als Männer, wenngleich ihr Anteil von gut zehn Prozent im Jahr 1950 auf 37,9 Prozent im Jahr 2003 gestiegen ist. Deutlichere Unterschiede lassen sich hinsichtlich des Bildungsniveaus erkennen, das bei den Mitgliedern in Sportvereinen überdurchschnittlich hoch ist.135 Umgekehrt ausgedrückt sind untere soziale Schichten in Sportvereinen unterrepräsentiert.136 Im speziellen Fall der überrepräsentierten Jugendlichen nehmen in den 6. Klassen in Nordrhein-Westfalen über vier Fünftel der Gymnasiasten an den Sportangeboten der Vereine teil, während dies nur knapp 40 Prozent der Hauptschüler tun.137 Neben den Unterschieden im Bildungsniveau sind auch in dieser Gruppe deutlich mehr Jungen als Mädchen im Sportverein organisiert, wenngleich die Diskrepanz etwas geringer ausfällt als in der Gesamtbevölkerung. Bezüglich des selbstverwalteten Sports ist festzuhalten, daß das offerierte Sportangebot sowohl in seiner Vielfalt als auch der Anzahl der Vereine quantitativ weiter steigt, als auch die Zahl der Mitglieder der Sportverbände weiter zunimmt. Dabei repräsentieren Sportvereine nur bedingt die Bevölkerung: Jugendliche, Männer und höhere soziale Schichten dominieren.138
133 Für eine aktuelle Bestandsaufnahme bei den Sportvereinen siehe Nagel (2003). Zu verschiedenen Szenarien der Entwicklung von Sportvereinen siehe die Beiträge von Schwier, Bädeker, Jütting und Dieckert in Wopp (1996), S. 86 ff. 134 Vgl. Emrich / Pitsch / Papathanassiou (2001), S. 195 ff. 135 Siehe hierzu beispielsweise die Untersuchung im Großraum Köln, als deren Ergebnis Sporttreibende in Vereinen die höchste Schulbildung haben im Vergleich zu Nutzern alternativer Sportanbieter. Vgl. Mrazek (1988), S. 192 f. Hinsichtlich Jugendlicher im Land Nordrhein-Westfalen siehe Kurz et al. (1996), S. 82. 136 In einer aktuellen Untersuchung kommt Kellermann (2003) zu dem Ergebnis, daß Fußballer nach Bildungsmaßstäben in der oberen Mittelschicht oder gar der Oberschicht zu verorten seien. Siehe auch die Ergebnisse der Wohlfahrtssurvey nach Schöb (1999), S. 9 f., oder Dietrich / Heinemann / Schubert (1990), S. 48; hinsichtlich Jugendlicher im Land NordrheinWestfalen siehe Kurz / Sonneck (1996), S. 81. 137 Vgl. Brettschneider / Kleine (2002), S. 83 ff., wenngleich die Zahl der im Sportverein aktiven Gymnasiasten im späteren Schulalter auf gut 54 Prozent in den zehnten Klassen fällt. 138 Vgl. Brettschneider / Kleine (2002), S. 87 ff.
D. Wirtschaftliche Entwicklung des Sports in Deutschland
77
3. Fremdverwalteter Sport Neben den Entwicklungen innerhalb des selbstverwalteten Sports bedingt die Etablierung einer Vielfalt alternativer Angebote und Formen des Sporttreibens im Rahmen des fremdverwalteten Sports weitere strukturelle Veränderungen des Sports. Hierzu gehören Sportangebote der Städte und Kommunen, von Bildungswerken und Volkshochschulen oder den kommerziellen Sportanbietern, beispielsweise in Form multifunktionaler Sportanlagen oder Fitneßstudios. Bewegungs- und sportbezogene Angebote der Volkshochschulen erfreuten sich einer deutlichen Nachfragesteigerung. Die Teilnehmerzahlen haben sich ebenso wie die entsprechenden Kurse von 1977 bis 1992 verdreifacht auf rund 75.500 Kurse mit ca. 1,2 Millionen Teilnehmern.139 Eine Erhebung unter Sportlern im Großraum Köln ergab, daß über 23 Prozent von ihnen in Kursen von Volkshochschulen oder Bildungswerken sportlich aktiv sind.140 Dabei wurde festgestellt, daß unter den Nutzern das Verhältnis von Frauen zu Männern mit zwei zu eins sich exakt reziprok zu dem in Sportvereinen verhält. Überwiegend ältere Menschen mit hoher Schulbildung präferieren das Angebot von Bildungswerken und Volkshochschulen. Den deutlichsten Mitgliederzuwachs konnten in den vergangenen Jahren die Sportstudios verzeichnen. In seiner Bestandserhebung von 2001 hat der Deutsche Sportstudio Verband eine Anzahl von 6.550 Fitneß-Anlagen mit 5,39 Millionen Mitgliedern registriert.141 Dabei stieg die Anzahl der Mitglieder absolut um durchschnittlich 359.000 per annum in den vergangenen zehn Jahren. Der Verband geht für die nächsten Jahre von einem Mitgliederwachstum auf sieben Millionen aus, was einem Anteil der Bevölkerung von knapp neun Prozent entspräche. Die vielfältigen Bedürfnisse der Nachfrager bedienen die Sportstudios mit einem differenzierten Sportangebot. Das Angebot bietet die erforderliche Flexibilität und schafft Raum für Individualität. Statt reinem Bodybuilding stehen der Fitneß-, Gesundheits- und Spaßaspekt im Zentrum des Angebotes in Form zahlreicher, vielschichtiger Kurse oder anderer Übungsformen. Dies zeigt sich auch bei der Entwicklung der Sportanlagen, bei denen das kleine Segment der FreeClimbing- und Inlineskating-Anlagen die höchsten Wachstumsraten verzeichnet, oder den erfolgreich am Markt etablierten Indoor-Skihallen.142 Auch wenn der selbstverwaltete Sport, bezogen auf die Mitgliederzahl, über fünfmal mehr aktive Sportler repräsentiert als die Sportstudios, so weisen letztere die deutlich größeren Zuwachsraten auf. Zieht man die weiteren Angebote des Vgl. Hartmann-Tews (1996), S. 177. Vgl. Mrazek (1988), S. 192 f. Aufgrund der spezifischen Bevölkerungsstruktur im Großraum Köln ist eine Verallgemeinerung der Ergebnisse dieser Erhebung allerdings mit Vorsicht zu genießen. 141 Vgl. Focus-Marktstudie (2002a), S. 10. 142 Vgl. Focus-Marktstudie (2002a), S. 12. 139 140
78
3. Kap.: Darstellung der öffentlichen Sportförderung
fremdverwalteten Sports mit in die Betrachtung ein, so hat dieser dem selbstverwalteten Sport trotz aller Förderung seine traditionelle Monopolstellung bereits strittig gemacht. 4. Nichtverwalteter Sport Die bisher betrachteten Mitgliederbestände im selbst- bzw. fremdverwalteten Sport spiegeln noch nicht das gesamte Bild aller Sporttreibenden wider. Um dieses zu vervollständigen, können die vorliegenden Ergebnisse zahlreicher Bevölkerungsumfragen zur Sportpartizipation herangezogen werden. Das generelle Sportinteresse ist steigend: Interessierten sich 1994 bereits 73 Prozent aller Einwohner über 14 Jahre in Deutschland für Sport, so waren es 2000 bereits 89 Prozent.143 Darin enthalten sind neben den aktiv Sporttreibenden auch die passiven Sportkonsumenten. Aber auch der Anteil der Bevölkerung, der regelmäßig bzw. gelegentlich Sport treibt, steigt.144 So liegt dieser Anteil bei der über 14jährigen Bevölkerung in Deutschland bei über 60 Prozent.145 Aus der Differenz zu dem im selbst- und fremdverwalteten Sport organisierten Anteil der Bevölkerung ergibt sich eine große Anzahl Sporttreibender, die Sport ohne jede Anbindung an eine bestimmte Organisation ausüben. Die nach Bevölkerungsumfragen von den Deutschen mit Abstand am meisten betriebenen Sportarten sind Radfahren, Schwimmen und Joggen.146 Dabei handelt es sich um Individualsportarten, die problemlos ohne die Anbindung an eine Organisation ausgeübt werden können und außer den erforderlichen Sportgeräten und der notwendigen Sportausrüstung zwingend keinerlei weiterer spezifischer Infrastruktur bedürfen.147 Ein bedeutender Anteil der diese Sportarten ausübenden Bevölkerung ist weder Mitglied in Sportvereinen noch bei kommerziellen Sportanbietern.148 Der stark ausgeprägte nichtverwaltete Sport, der ohne Anbindung an Organisationen individuell oder in informellen Gruppen betrieben wird, scheint letztlich die bereits skizzierten allgemeinen gesellschaftlichen Trends insbesondere der Individualisierung und Flexibilisierung widerzuspiegeln.
Vgl. UFA (2000), S. 10. Vgl. den Überblick über verschiedene Studien in Hartmann-Tews (1996), S. 107. 145 Im Rahmen der Focus-Marktstudie (2002a), S. 8, liegt dieser Anteil gar bei über 70 Prozent. 146 Vgl. Veltins (2001), S. 8, Focus-Marktstudie (2002a), S. 9. 147 Davon ausgenommen sind gegebenenfalls Schwimmbäder, ausgewiesene Jogging- oder Trimmpfade sowie Radwege. 148 Vgl. Veltins (2001), S. 8. 143 144
D. Wirtschaftliche Entwicklung des Sports in Deutschland
79
5. Situation der Sportinfrastruktur Abschließend soll noch kurz der Flächendeckungsgrad sowie der allgemeine Zustand und die Betreiberschaft von Sportanlagen skizziert werden. Es läßt sich feststellen, daß Sportanlagen eine breite räumliche Streuung haben und flächendeckend über das gesamte Bundesgebiet vorhanden sind (vgl. Abbildung 10). Mit ausschlaggebend hierfür ist der von der Deutschen Olympischen Gesellschaft in Abstimmung mit dem DSB erarbeitete und 1960 verabschiedete sogenannte „Goldene Plan“. Dieser legt Richtwerte für die Ausstattung von Kommunen verschiedener Größen mit Sportstätten fest und wurde zum Orientierungsrahmen der Sportförderpolitik im Sportstättenbau. Bereits nach 15 Jahren wurden so 14.700 Sportplätze, 15.900 Sporthallen, 3.000 Hallenbäder, 2.400 Freibäder und 31.000 Kinderspielplätze durch die öffentliche Hand geschaffen.149
3.943
4.408
4.036
1.667
6.096
7.401
21.353
14.723
2.719
1.852
10.189
741
3.978
3.095
22.027
18.556
7.935
Anzahl Sportanlagen
100% 80% 60% 40% 20% 0%
Ø Ba Bu de nd n- es W ge ür bi tte et m be r Ba g ye rn Br Be an rli de n nb u Br rg em H am en bu M r ec H g kl ess e N Ni nb. en or ed -V dr he ersa orp in c . Rh -W hsen ei estf nl an alen dPf Sa alz ar la Sa S nd a c Sc h c hl sen hse es -A n w ig nh -H al o t Th lste ür in in ge n
. ringen Berlin Bremen HessenVorp WestfalenPfalz Anhalt Bayern Sachsen Holstein rttemberg - Saarland BrandenburgHamburg Niedersachsen Bundesgebiet .- - Thü ü Rheinland Sachsen W Mecklenb Schleswig ØBadenNordrhein
Ungedeckte Anlagen
Sporthallen
Bäder
Tennisanlagen
Schießsportanlagen
Sonstige
Quelle: Sportministerkonferenz (2002), S. 12.
Abbildung 10: Verteilung der Sportanlagen in den Bundesländern
Im Zusammenhang mit der Wiedervereinigung hat der Deutsche Sportbund den „Goldenen Plan Ost“ entwickelt und 1992 vorgestellt. Mit diesem soll der Mangel an Sportstätten in den neuen Bundesländern überwunden und eine Angleichung 149
Vgl. Heinemann (1996), S. 184.
80
3. Kap.: Darstellung der öffentlichen Sportförderung
der Sportstätten in Anzahl und Qualität an das West-Niveau erreicht werden. Seit 1999 stellt hierfür auch der Bund umfangreiche Mittel bereit. Zusammen mit den Aufwendungen der Länder und Kommunen flossen von 1999 bis 2003 über 200 Millionen Euro in rund 350 Projekte.150 Nach der aktuellen Sportstättenstatistik der Länder umfaßt die Grundinfrastruktur 126.962 Sportstätten in Deutschland.151 Davon sind 60.161 ungedeckte Anlagen zuzüglich 14.192 Tennisanlagen, 35.409 Sporthallen, 7.792 Bäder sowie 408 Großsport- und Mehrzweckhallen, 186 Eishallen, 8.814 Schießsportanlagen.152 Hinsichtlich des Betriebs der Sportanlagen dominieren die Kommunen (vgl. Tabelle 4). Differenziert nach Anlagentyp ist die Betreiberschaft unterschiedlich.153 Bei ungedeckten Anlagen (66 %) und Sporthallen (85 %) dominieren die Kommunen, ansonsten liegt deren Betrieb weitgehend in der Hand der Sportvereine. Schießsportanlagen (86 %) werden fast ausschließlich, Tennisanlagen (73 %) weitgehend von den Vereinen betrieben. Tabelle 4 Betreiberform der Sportanlagentypen (in Prozent) Kommune
Sonstige öffentl. Hand
Verein / Verband*
Kommerzielle
Ungedeckte Anlagen**
65,9
3,0
29,7
0,5
Sporthallen
84,6
4,2
9,4
1,2
Bäder
78,6
5,9
5,3
8,4
Tennisanlagen
9,1
1,7
72,7
15,8
Schießsportanlagen
9,3
1,7
85,8
2,1
Eishallen
52,2
9,6
11,7
24,8
Groß- / Mehrzweckhallen
76,7
7,9
5,2
4,7
* Umfaßt auch sonstige gemeinnützige Organisationen. ** Ohne Tennis. Quelle: Sportministerkonferenz (2002), S. 24.
70 Prozent aller Sportanlagen in den neuen und rund 35 Prozent aller Sportanlagen in den alten Bundesländern gelten als sanierungsbedürftig.154 Das Deutsche Institut für Urbanistik Berlin (Difu) hat im Rahmen einer kommunalen InvestiVgl. Bundesministerium des Innern (2002), S. 69 f. Vgl. Sportministerkonferenz (2002). Dabei nicht berücksichtigt sind private Sporteinrichtungen sowie spezielle Sportanlagen wie beispielsweise Reit- oder Wassersportanlagen. 152 Vgl. Sportministerkonferenz (2002), S. 11 ff. Dort findet sich auch die räumliche Verteilung nach Bundesländern. 153 Vgl. Sportministerkonferenz (2002), S. 19 ff. 154 Vgl. Sportministerkonferenz (2002), S. 25 ff. 150 151
D. Wirtschaftliche Entwicklung des Sports in Deutschland
81
tionsanalyse ermittelt, daß in den alten Bundesländern insgesamt über zwölf Milliarden Euro und in den neuen Bundesländern nahezu vier Milliarden Euro bis 2009 für den Neu- und Ersatzbedarf an Sportstätten aufgewendet werden müssen.155 Insgesamt verfügt die Bundesrepublik Deutschland über eine Sportstättendichte in international wohl unvergleichlichem Ausmaß. Gleichzeitig stellen diese aber auch eine enorme Belastung für die öffentliche Hand insbesondere auf kommunaler Ebene dar.
II. Finanzwirtschaftliche Entwicklung der Sportanbieter Die Betrachtung der finanzwirtschaftlichen Entwicklung soll auf die Anbieter des selbstverwalteten Sports beschränkt werden, da nur sie staatliche Förderung erfahren. Dabei interessiert insbesondere die Einnahmenseite und damit die Bedeutung der bereits erörterten öffentlichen Förderung aus Gebersicht nun aus Sicht der Empfänger. Die Sportvereine und Sportverbände lieferten 1993 Leistungen im Wert von 2,93 Milliarden Euro an die privaten Haushalte.156 Im Jahr 1990 wiesen sie insgesamt eine Haushaltssumme von rund 3,5 Milliarden Euro aus. Fast zwei Fünftel der Einnahmen stammten von den Mitgliedern, ein knappes Viertel wird durch eigene wirtschaftliche Tätigkeit sowie durch Einnahmen aus Werbung und Sponsoring erzielt, etwa ein Siebtel wird durch Sportveranstaltungen erwirtschaftet und rund ein Viertel der Einnahmen sind Zuschüsse öffentlicher Haushalte.157 Auf der Ausgabenseite machten Sach-, Verwaltungs- und Betriebskosten knapp die Hälfte und Personalkosten (ohne Spielergehälter) knapp ein Viertel der gesamten Ausgaben aus und stellten damit mit Abstand die größten Ausgabenpositionen dar.158 Werden die Einnahmepositionen der Sportverbände analysiert, so bürgen die öffentlichen Haushalte durch monetäre Transfers in Form von Zuschüssen als auch in Form von Wettmitteleinnahmen in entscheidendem Umfang für die Einnahmen (vgl. Tabelle 5).159 Insbesondere der DSB als auch die Landessportbünde weisen eine große Abhängigkeit von diesen Transferzahlungen auf. Bedenkt man, daß auch die Zuschüsse anderer Sportorganisationen teils auf öffentlichen Geldern basieren, so nimmt auch deren Bedeutung für die Landesfachverbände sowie Kreis-, Stadt- und Bezirkssportbünde zu, wenngleich hier mehr Einnahmen durch Mitgliedsbeiträge, Serviceleistungen, Veranstaltungen, Vermögensverwaltung etc. selbst erwirtschaftet werden. 155 156 157 158 159
Vgl. Reidenbach (2002). Vgl. Meyer / Ahlert (2000), S. 124. Vgl. Weber et al. (1995), S. 46, S. 146 f. Vgl. Weber et al. (1995), S. 147. Vgl. Weber et al. (1995), S. 120 ff.
6 Langer
82
3. Kap.: Darstellung der öffentlichen Sportförderung Tabelle 5 Anteile unterschiedlicher Einnahmequellen am Haushaltsvolumen der Sportverbände (in Prozent)
Deutscher Sportbund
Bundesfachverbände
Landesfachverbände
Landessportbünde
Kreis- / Stadt- / Bezirkssportbünde
Zuschüsse aus öffentl. Haushalten
50,3
28,3
4,4
54,6
30,2
Zuschüsse aus Wettmitteln
34,0
0,3
0,0
25,8
0,0
Zuschüsse anderer Sportorganisationen
0,0
0,0
45,1
0,0
36,1
Mitgliedsbeiträge
6,5
24,8
18,1
9,0
14,6
Weitere Einnahmen
9,2
46,6
32,4
10,6
19,1
Quelle: Eigene Berechnungen auf Basis der Zahlen in Weber et al. (1995), S. 122 ff.
Eine Fokussierung der Betrachtung auf die Sportvereine offenbart, daß im Hinblick auf das Budget sehr viele Sportvereine mit kleinem Budget einer kleinen Anzahl mit hohem Finanzvolumen gegenüberstehen. Während ein Viertel der Vereine über eine Haushaltssumme von unter 4.428 Euro verfügt, weisen zehn Prozent der Vereine ein jährliches Budget von über 94.482 Euro auf.160 Die wichtigste Finanzquelle der Sportvereine stellen ihre Mitgliedsbeiträge dar (vgl. Abbildung 11).161 Diese machen über die Hälfte der Einnahmen aus. Zuschüsse der öffentlichen Hand, also direkte Finanzströme durch monetäre Transferleistungen, bedingen nicht einmal ein Zehntel des verfügbaren Budgets. Einnahmen aus der Eigenvermarktung durch Werbung und Veranstaltungserlöse sind hier mit knapp 14 Prozent Anteil am Haushaltsvolumen bedeutender. Die Sportvereine finanzieren ihren Haushalt aus einem breiten Spektrum an Mitteln, unter denen die öffentlichen Zuschüsse eine eher weniger bedeutende Rolle zu spielen scheinen. Diese Betrachtung unterschätzt allerdings die Wichtigkeit der öffentlichen Förderung für die Sportvereine. Zum einen lassen die Budgets einen so geringen finanziellen Spielraum, daß selbst der Ausfall einzelner EinnahmeVgl. Emrich / Pitsch / Papathanassiou (2001), S. 306 f. Vgl. Emrich / Pitsch / Papathanassiou (2001), S. 24, S. 299 ff. Diese Hochrechnung aus der entsprechenden Stichprobe kann allerdings hinsichtlich ihrer Repräsentativität fehlerbehaftet sein, da die Antworthäufigkeit in den einzelnen Kategorien stark schwankt. Heinemann / Schubert (1994) S. 283 ff., ermittelten auf Basis der FISAS von 1991 vergleichbare Werte: einen Anteil der Mitgliedsbeiträge am Gesamtbudget von 54,7 Prozent der WestSportvereine bzw. 48,6 Prozent der Ost-Sportvereine sowie öffentliche Zuschüsse in Höhe von 10,7 Prozent bzw. 26,8 Prozent. 160 161
D. Wirtschaftliche Entwicklung des Sports in Deutschland
83
quellen die Vereine in finanzielle Nöte bringen kann.162 Zum anderen sind noch nicht die indirekten Finanzströme berücksichtigt, die bei den Sportvereinen nicht in die Haushalte eingehen. Neben mittelbaren Transfers in Form nicht zu zahlender Steuern sind dies insbesondere Realtransfers durch die Nutzung öffentlicher Sportinfrastruktur.
Eigene Wirtschaftsgesellschaft 0,1% Kreditaufnahme Sonderleistungen 5,5% 4,6% Werbeverträge 6,2%
Mitgliedsbeiträge, Aufnahmegebühren, Spenden 54,3%
Veranstaltungen 7,7% Selbstbetriebene Gaststätte 3,9% Vermögensverwaltung 5,3% Zuschüsse öffentliche Hand 9,3% Zuschüsse Sportorganisationen 3,1% Quelle: Emrich / Pitsch / Papathanassiou (2001), S. 24.
Abbildung 11: Anteile unterschiedlicher Einnahmequellen am Haushaltsvolumen der Sportvereine
Über 64 Prozent der Sportvereine können Sportanlagen völlig entgeltfrei nutzen, wobei es sich dabei wiederum in 61 Prozent der Fälle um kommunale Sportanlagen handelt.163 Darüber hinaus stehen 47 Prozent der Sportvereine vereinseigene Anlagen zur Bedarfsdeckung zur Verfügung. 48 Prozent der Vereine nutzen Sportanlagen, primär kommunale, gegen Entgelt.164 Die Nutzung privater oder gewerblicher Sportanlagen findet nur durch einen sehr geringen Teil der Sportvereine statt. Eine Besonderheit, die ebenfalls der Ausgabenseite der Sportvereine zugute kommt, stellt das Ehrenamt dar. Durch das umfangreiche ehrenamtliche EngageVgl. Hartmann-Tews (1996), S. 183. Zur Sportanlagensituation aus Sicht der Vereine siehe Emrich / Pitsch / Papathanassiou (2001), S. 325 ff. In den folgenden Zahlenwerten sind Mehrfachnennungen inbegriffen. 164 Eine Quantifizierung der daraus resultierenden Förderung ist äußerst problembehaftet, da der Sportstättenbau und die -erhaltung auch für Schulen und die Allgemeinheit erfolgt und damit zu fragen wäre, welche zusätzlichen Kosten dem Staat durch die kostenfreie Nutzung durch die Vereine der ansonsten eventuell ungenutzten Kapazitäten entsteht. 162 163
6*
84
3. Kap.: Darstellung der öffentlichen Sportförderung
ment sparen die Sportvereine Ausgaben für Personal und Dienstleistungen in immenser Höhe. Auf den Daten der FISAS von 1992 beruhend ermittelte Heinemann für die Vereine der alten Bundesländer einen monetären Gegenwert der unbezahlten Stunden ehrenamtlicher Arbeit von rund drei Milliarden Euro per annum.165 Bezogen auf die Anzahl der Mitglieder in den westdeutschen Sportvereinen im Jahr 1992 entspricht dies rund 133 Euro je Mitglied. Hinzu kommt, daß sich dieser Wert aufgrund einer fehlenden monetären Bewertung über den Markt auch der Besteuerung entzieht. Sportvereine können die durch staatliche Förderung und Minderausgaben anderer Art bedingten Kostenvorteile direkt an ihre Mitglieder weitergeben. Dies geschieht in Form niedriger Mitgliedsbeiträge. Die jährlichen Einnahmen der Sportvereine aus Mitgliedsbeiträgen zuzüglich Aufnahmegebühren lagen 1996 pro Mitglied unter 50 Euro (bei einem Median von rund 29 Euro).166 Eine andere Erhebung ergab, daß bei 62 Prozent der im Sportverein Aktiven der Mitgliedsbeitrag maximal zehn Euro monatlich beträgt.167 Es bleibt festzuhalten, daß die Haushalte der Sportverbände, insbesondere des DSB und der Landessportbünde, in sehr bedeutendem Umfang durch öffentliche Zuwendungen finanziert werden. Sportvereine haben viele Finanzierungsquellen, aber gerade mit Hilfe der öffentlichen Förderung sowie des ehrenamtlichen Engagements können sie ihre Leistungen zu äußerst günstigen Konditionen anbieten. Die Höhe des Mitgliedsbeitrags stellt in der Mehrzahl der Vereine respektive Sportangebote kaum eine Zugangsbarriere zum Vereinssport dar.168 Aufgrund dieses moderaten Niveaus sind Mitgliedsbeiträge aber als marktliches Steuerungsinstrument beispielsweise zur Mitgliedergewinnung in den meisten Fällen eher wenig geeignet.169
E. Sport und öffentliche Sportförderung – Zusammenschau Der Sport nimmt heute einen hohen gesellschaftlichen Stellenwert in Deutschland ein. Fast 90 Prozent der deutschen Bevölkerung interessieren sich für Sport, weit über 60 Prozent sind sportlich aktiv. 165 Vgl. Heinemann (1996), S. 186. Die Hochrechnung erfolgt auf Basis der Ermittlung des ehrenamtlichen Engagements in fünf Prozent repräsentativ ausgewählter Vereine unter Annahme eines durchschnittlichen Stundenlohnes von 15 Euro. 166 Vgl. Emrich / Pitsch / Papathanassiou (2001), S. 324. 167 Vgl. Veltins (2002), S. 14. 168 Siehe hierzu sowie im besonderen zur Aufnahmegebühr als Instrument der partiellen sozialen Schließung auch Emrich / Pitsch / Papathanassiou (2001), S. 319 ff. 169 Dies impliziert die Annahme einer geringen Elastizität der Nachfrage, die aber in Anbetracht der Mitgliederstruktur und Substitutionsgüter als realistisch erscheint.
E. Sport und öffentliche Sportförderung – Zusammenschau
85
Verbunden mit dem gesellschaftlichen Wandel ergeben sich neue nachfrageseitige Tendenzen hinsichtlich der Sportausübung. Dies verdeutlicht die erforderliche Anpassungsflexibilität des Sportangebotes. Auf der Angebotsseite hat sich neben dem selbstverwalteten Sport ein neuer Anbietertyp in Form fremdorientierter Forprofit-Organisationen rasant etabliert. Der selbstverwaltete Sport als größte Anbieterorganisation bedient zwar weiterhin rund ein Drittel der Bevölkerung, aber gerade die Teilnehmer am fremdverwalteten wie auch am nichtverwalteten Sport nehmen zu. Die traditionelle Monopolstellung des selbstverwalteten Sports erodiert. Der selbstverwaltete Sport sieht sich mit einer steigenden Konkurrenz und neuen Anforderungen der Nachfrager konfrontiert. Die öffentliche Sportförderung gestaltet sich facettenreich und umfangreich. Neben einer Förderung im Rahmen von Regulierungsansätzen erhält der Sport mittelbare und unmittelbare Transferleistungen. Alleine die unmittelbare Förderung hat sich nominal in den letzten vier Jahrzehnten mehr als verzehnfacht und betrug über alle Gebietskörperschaften hinweg im Jahr 2002 netto über 3,9 Milliarden Euro, wobei ein Großteil der unmittelbaren Transferleistungen noch nicht erfaßt ist. Unter weiterer Berücksichtigung der mittelbaren Transfers dürfte dieser Wert deutlich höher liegen. Auch real sind die unmittelbaren Transferleistungen im gleichen Zeitraum um rund 350 Prozent gestiegen, wenngleich sich diese Entwicklung bereits bis zum Jahr 1980 vollzogen hatte und seitdem tendenziell stagniert. Die Sportförderung erfolgt auf allen staatlichen Ebenen, stellt aber faktisch eine primär kommunale Aufgabe dar. Eine explizite Rechtsgrundlage für die Bundesförderung existiert nicht. In 14 Landesverfassungen sowie in den Sportförderrichtlinien zahlreicher Kommunen verpflichten sich die Gebietskörperschaften zur Förderung des Sports, stellen diese allerdings ausdrücklich unter Haushaltsvorbehalt. Adressat der öffentlichen Sportförderung ist ausschließlich der selbstverwaltete Sport, wenngleich insbesondere Teile der Realtransfers auch dem nichtverwalteten Sport zugute kommen. Trotz der vielfältigen Möglichkeiten der Sportausübung ist der selbstverwaltete Sport aus Sicht des Staates die ideale Angebotsform und damit einzig förderungswürdig. Die öffentliche Förderung des selbstverwalteten Sports basiert auf drei Prinzipien: Autonomie des selbstverwalteten Sports, partnerschaftliche Zusammenarbeit sowie Subsidiarität. Der selbstverwaltete Sport übernimmt öffentliche Aufgaben und wird bei deren Erfüllung nach dem Subsidiaritätsprinzip unterstützt. Der selbstverwaltete Sport finanziert sich in bedeutendem Umfang über die staatlichen Transferleistungen, wodurch ein vergleichsweise preisgünstiges Leistungsangebot ermöglicht wird. Abbildung 12 gibt nochmals einen schematischen Überblick über die öffentliche Sportförderung in Deutschland. Bevor diese aus ordnungspolitischer Perspektive bewertet werden kann, muß zunächst ein Beurteilungsschema aufgestellt werden. Als ein solches wird im nächsten Schritt ein ordnungspolitischer Referenzrahmen entwickelt.
86
3. Kap.: Darstellung der öffentlichen Sportförderung
Angebotsform
Öffentliche Förderung Bund
Förderprinzipien - Autonomie - Partnerschaft - Subsidiarität
Selbstverwalteter Sport
Land
Fremdverwalteter Sport
Kommunen
Nichtverwalteter Sport
Bevölkerung >60% inkludiert in Sport
Umfang der Transferleistung Quelle: Eigene Darstellung.
Abbildung 12: Öffentliche Sportförderung in der BRD – schematischer Überblick
4. Kapitel
Entwicklung des ordnungspolitischen Referenzrahmens Ziel der vorliegenden Abhandlung ist es, eine ordnungspolitische Bewertung der öffentlichen Sportförderung in der Bundesrepublik Deutschland vorzunehmen. Eine entsprechende Beurteilung setzt voraus, daß ein Referenzrahmen entwickelt wird, anhand dessen die praktische öffentliche Sportförderung auf geeignete Weise ordnungspolitisch beurteilt werden kann. Damit liefert der Referenzrahmen zugleich die Anforderungen, die an eine ordnungspolitisch legitime öffentliche Sportförderung zu stellen sind. Ein solcher Referenzrahmen sollte dabei die ordnungspolitischen Gegebenheiten widerspiegeln. Entsprechend der in Deutschland vorzufindenden Gestaltungsprinzipien der faktischen Ordnung läßt sich eine Grundsatzentscheidung zugunsten eines marktwirtschaftlichen Systems ableiten. Im folgenden gilt es nun, in einem ersten Schritt die zentralen System- und Ordnungselemente der Marktwirtschaft in ihrem dieser Arbeit zugrundeliegenden Verständnis herauszuarbeiten, um dann im zweiten Schritt hieraus ordnungspolitische Beurteilungskriterien für die öffentliche Sportförderung abzuleiten.
A. Leitbild der Marktwirtschaft als Bezugspunkt der Beurteilung Um die Anforderungen an eine ordnungspolitisch legitime öffentliche Sportförderung in einem marktwirtschaftlichen Wirtschaftssystem ableiten zu können, muß dieses zunächst in seinen wesentlichen Zügen aus ordnungspolitischer Perspektive skizziert werden. Diese ordnungstheoretischen Grundlagen sollen Gegenstand der folgenden Ausführungen sein. Zunächst sind einige grundsätzliche Aspekte der Herleitung eines ordnungspolitischen Referenzrahmens sowohl semantischer als auch inhaltlicher Art zu klären. Dann ist die Grundsatzentscheidung für ein marktwirtschaftliches System kurz zu begründen, ehe die zentralen ordnungsspezifischen Mechanismen der marktlichen respektive wettbewerblichen Steuerung aufgezeigt werden. Schließlich können hieraus die allgemeinen ordnungspolitischen Prinzipien der Marktwirtschaft abgeleitet werden.
88
4. Kap.: Entwicklung des ordnungspolitischen Referenzrahmens
I. Grundlagen eines ordnungspolitischen Referenzrahmens Das Wirtschaftssystem ist ein Teil des gesamten Gesellschaftssystems und umfaßt „die Menge aller in privaten, gesellschaftlichen und öffentlichen Haushalten sowie in Unternehmungen wirtschaftenden Menschen und jene ihrer Beziehungen [ . . . ], durch welche es Mitgliedern der Gesellschaft ermöglicht wird, ihren Bedarf an knappen Gütern zu decken und die hinter diesem Bedarf stehenden Ziele der Lebenserhaltung und der Lebensgestaltung zu verwirklichen.“1 Das Wirtschaftssystem ist also zu begreifen als ein soziales System, das die bestehenden Beziehungen zwischen Wirtschaftssubjekten umfaßt. Es läßt sich anhand dreier Strukturelemente beschreiben: der Verteilung der Entscheidungskompetenzen, der mit dieser verbundenen Informationsstruktur sowie die damit einhergehende Motivationsstruktur.2 Somit ist für ein Wirtschaftssystem die Art und Weise kennzeichnend, wie Entscheidungskompetenzen auf Wirtschaftssubjekte übertragen werden, die Möglichkeiten, entscheidungsrelevante Informationen zu sammeln, zu nutzen und zu verbreiten als auch die Formen der Gewährleistung, daß Entscheidungen in Handlungen umgesetzt und realisiert werden. Die entsprechenden Regelungen für ein Wirtschaftssystem manifestieren sich in der Wirtschaftsordnung. Wirtschaftsordnungen sind „sittliche, rechtliche und morphologische Gebilde.“3 Jede konkrete Ordnung ist grundsätzlich „charakterisiert durch herrschende Sitten und Gebräuche; das Verhalten der Menschen ist geleitet durch Bindung an Religionen und Weltanschauungen, durch sittliche Normen oder auch durch Sittlosigkeit.“4 Aus morphologischer Sicht ist jede Wirtschaftsordnung eine besondere Kombination von Formelementen. Ein Teil dieser Ordnungsformen wird in den meisten Gesellschaftssystemen in der Staatsverfassung, Gesetzen oder Rechtsverordnungen verankert. Diese Ordnungsformen, die rechtlich kodifiziert sind, bilden die Wirtschaftsverfassung.5 Anhand der Ausprägung der Formelemente lassen sich Wirtschaftsordnungen charakterisieren und real beobachtbare Wirtschaftsordnungen voneinander abgrenzen. Formen der Planung, des Eigentums, der Märkte der Geldversorgung und der Unternehmungen werden häufig als Hauptordnungselemente angeführt.6 Zusammen mit den sozio-ökonomischen Rahmenbedingungen, wie der politischen und kulturellen Ordnung oder der Ausstattung mit natürlichen Ressourcen und Arbeitsvermögen, prägt die Wirtschaftsordnung das jeweils realisierte Wirtschaftssystem, aus dem in zeitlicher Hinsicht der Wirtschaftsprozeß hervorgeht.7 1 2 3 4 5 6 7
Gutmann (1980), S. 34. Vgl. Neuberger / Duffy (1976). Hensel (1965), S. 6. Hensel (1965), S. 6. Vgl. Thieme (1999), S. 11. Vgl. Hensel (1965), S. 6. Vgl. Cassel (1988), S. 315, und die dort angeführte Literatur.
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Als Referenzrahmen zur Beurteilung staatlicher Handlungen kann zum einen die tatsächlich realisierte Ordnung, zum anderen ein Ordnungsleitbild herangezogen werden. Die faktisch realisierte Ordnung erweist sich jedoch als eher ungeeignet als Bezugspunkt, da sie kein statisches Gebilde darstellt, sondern im Zeitablauf Änderungen unterworfen ist, womit sich auch der Bezugspunkt für die Beurteilung ständig wandeln würde.8 Schließlich ist die realisierte Ordnung immer nur bezogen auf ein historisches Moment Datum des Geschehens. Die praktische Politik benötigt darüber hinaus einen generellen, langfristig geltenden Orientierungsrahmen für ihre Maßnahmen.9 Deshalb bietet sich ein Rückgriff auf ein Ordnungsleitbild als Referenzmaßstab an.10 Im Gegensatz zur faktisch realisierten Ordnung, die im Rahmen der positiven Theorie der Ordnungspolitik hinsichtlich der Gestaltungsmöglichkeiten zur Lösung aktueller wirtschaftspolitischer Probleme analysiert wird, ist ein Ordnungsleitbild von der normativen Theorie der Ordnungspolitik entwickelt und gerechtfertigt.11 Da diese Abhandlung ein Ordnungsleitbild als Beurteilungsmaßstab für staatliche Eingriffe heranzieht, fußt sie folglich auf der normativen Theorie der Ordnungspolitik. Das Ordnungsleitbild ist ein hypothetisches Konstrukt, das auf theoretischen Erkenntnissen, aber auch auf Werturteilen zugunsten bestimmter Wirtschaftssysteme basiert. Dies ist im Kontext der vorliegenden Abhandlung nicht unproblematisch, wenn das Leitbild realitätsfremd ist und Werte impliziert, die nicht zwingend von allen Individuen in der Gesellschaft mitgetragen werden.12 Dann wären auch alle vom Ordnungsleitbild abgeleiteten Aussagen, wie eben auch das Konformitätskriterium als Beurteilungsmaßstab für staatliche Maßnahmen, nicht frei von dieser Problematik. Deshalb darf das Ordnungsleitbild nicht unreflektiert als gegeben akzeptiert werden.13 Vielmehr müssen die ihm zugrundeliegenden theoretischen Erkenntnisse und insbesondere Werturteile offengelegt werden, um die zu treffenden Aussagen korrekt interpretieren und gewinnbringend diskutieren zu können.
Vgl. Gutmann (1986), S. 52. Vgl. Cassel (1988), S. 326. 10 Allerdings darf auch hier die Vorläufigkeit des Wissens nicht unberücksichtigt bleiben, von der auch ordnungstheoretisches Wissen nicht gefeit ist, wodurch sich auch bei der Zugrundelegung eines Ordnungsleitbildes die Beurteilung im Zeitablauf ändern kann. Vgl. Gutmann (1980), S. 36. 11 Zum Systembezug der Ordnungspolitik in Form der positiven und normativen Theorie der Ordnungspolitik siehe Cassel (1988), S. 323 ff. 12 Zu den allgemeinen Problemkreisen normativer ordnungspolitischer Konzeptionen siehe Cassel (1988), S. 325 ff. 13 Cassel (1988), S. 325, spricht von der Gefahr der Dogmatisierung der anvisierten Wirtschaftsordnung. 8 9
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II. Das marktwirtschaftliche System als Ausgangspunkt ordnungspolitischer Überlegungen Dieser Abhandlung wird, aufgrund der in Deutschland vorzufindenden Gestaltungsprinzipien der faktischen Ordnung, als Ordnungsleitbild das marktwirtschaftliche System zugrunde gelegt. Da dieses somit den Ausgangspunkt für die weiteren ordnungspolitischen Überlegungen bildet, ist diese Grundsatzentscheidung kurz zu begründen. Grundlegend kann die Auffassung vertreten werden, daß sich staatliches Handeln am Gemeinwohl orientieren soll.14 Staatliches Handeln soll also der Aufrechterhaltung oder Herbeiführung des Gemeinwohls dienen. Allerdings hat der Begriff des „Gemeinwohls“ weitgehend Leerformelcharakter, und die inhaltliche Begriffsbestimmung ist wesentlich vom jeweiligen Standpunkt des Betrachters abhängig. Obwohl somit kaum eine einheitliche Gemeinwohlvorstellung existieren kann, läßt sich in jeder Gesellschaft eine kleine Anzahl an Grundwerten finden, die ein breites Maß an Zustimmung der einzelnen Individuen in der Gesellschaft aufweisen und somit als Determinanten des Gemeinwohls herangezogen werden können. Als solche Grundwerte können Freiheit, Gerechtigkeit und Sicherheit angesehen werden,15 wobei Sicherheit als „Freiheit von der Angst um die Freiheit“ umschrieben werden kann.16 Als Aufgabe des Staates kann folglich die Gewähr dieser Grundwerte angesehen werden. Wie bereits dargestellt, ist die Wirtschaftsordnung ein Teil der Gesellschaftsordnung und nimmt als solche Einfluß auf die Realisierung des Gemeinwohls. Nun ist die Realisierung einer Wirtschaftsordnung zunächst eine Frage der „ordnungspolitische[n] Gesamtentscheidung“17, d. h., es gilt eine Grundsatzentscheidung zu treffen für ein ordnungspolitisches Leitbild, an dem sich das staatliche Handeln ausrichten soll. Damit eine solche Grundsatzentscheidung als legitim gelten kann, sollte sie von den Betroffenen mitgetragen werden. Hierbei kann unterstellt werden, daß sich der mündige Bürger für das Wirtschaftssystem entscheiden würde, welches seinem Wunsch nach Realisierung der gesellschaftlichen Grundwerte am ehesten gerecht wird. Zur Realisierung dieser Grundwerte wird das marktwirtschaftliche System als dem System der Zentralverwaltungswirtschaft überlegen angesehen.18 Aufgrund der dezentralen Aufstellung und Koordination der individuellen Wirtschaftspläne wird weitgehend Entscheidungs- und Handlungsfreiheit sowie eine bestmögliche 14 Vgl. Tuchtfeldt (1982), S. 182, Berg / Cassel / Hartwig (1999), S. 237 ff., sowie die dort angegebene Literatur. 15 Vgl. Tuchtfeldt (1982), S. 188 f., Giersch (1961), S. 68 ff., Streit (1991), S. 241 ff., Hayek (2002), S. 87. 16 Giersch (1961), S. 83. 17 Eucken (1952), S. 250. 18 Vgl. Eucken (1952), S. 99 ff., Hoppmann (1993), S. 12 ff.
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Befriedigung individueller Bedürfnisse gesichert. Darüber hinaus werden durch den Wettbewerbsprozeß Leistungsanreize gesetzt, die Effizienz der Koordination verbessert sowie Leistungsgerechtigkeit verwirklicht. Ohne hier schon konkreter auf das marktwirtschaftliche System eingehen zu wollen, scheint vor diesem Hintergrund die Entscheidung für ein marktwirtschaftliches System als Ordnungsleitbild einem zentralverwaltungswirtschaftlichen System vorziehenswürdig. Diese Einschätzung wird noch genährt, betrachtet man den historischen Ausleseprozeß der Wirtschaftssysteme. Der Niedergang der zentralverwaltungswirtschaftlichen Systeme in Osteuropa sowie deren Transformation hin zu marktwirtschaftlichen Systemen kann als Indiz gedeutet werden, daß auch die Bevölkerung der dortigen Länder nach mehr individueller Freiheit strebte und damit eine Grundsatzentscheidung für ein marktwirtschaftliches System fällte.19 Bevor nun auf die ordnungspolitischen Prinzipien des marktwirtschaftlichen Systems eingegangen werden kann, sind zunächst noch die zentralen Steuerungsmechanismen innerhalb der Marktwirtschaft darzustellen.
III. Zentrale Steuerungsmechanismen des marktwirtschaftlichen Systems Der wettbewerbliche Marktprozeß ist das konstitutive Merkmal des marktwirtschaftlichen Systems.20 Dabei stehen die Begriffe Markt und Wettbewerb in einer engen inhaltlichen Beziehung zueinander und sind in der Realität nicht mehr als zwei Seiten ein und derselben Medaille.21 Eine analytische Unterscheidung zwischen Markt- und Wettbewerbsprozeß, wie sie sich bei einigen Autoren finden läßt,22 erscheint auch im hiesigen Kontext als zielführend. Marktprozeß und Wettbewerbsprozeß nehmen in einem marktwirtschaftlichen System voneinander differierende Aufgaben wahr. Im Rahmen des Marktprozesses werden die dezentral aufgestellten Pläne der Wirtschaftssubjekte koordiniert, während der Wettbewerb durch Leistungskontrolle und Anreize zur Leistungssteigerung die Effizienz der marktlichen Koordination bestimmt.23 Die Entscheidungs-, Informations- und Motivationsstruktur des marktwirtschaftlichen Systems kann somit über den Marktprozeß und Wettbewerbsprozeß beschrieben werden. Sie sind die zentralen ordnungsspezifischen Steuerungsmechanismen und sollen deshalb kurz in ihrem dieser Abhandlung zugrundeliegenden Verständnis skizziert werden.24 Vgl. Kloten (1989). Vgl. Gutmann (1986), S. 55. 21 Vgl. Eickhof (1986), S. 470. 22 Vgl. Bögelein (1990), S. 99 ff., Eickhof (1993), S. 209, Willeke (1977), S. 156; ähnlich bei Streit (2001), S. 69 f. 23 Vgl. Eickhof (1993), S. 209, Bögelein (1990), S. 100 f., Streit (2000), S. 45. 19 20
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Es sei bereits vorweggenommen, daß sowohl der Marktprozeß als auch der Wettbewerbsprozeß ein komplexes, evolutorisches Phänomen darstellen. Da niemand über vollständige Informationen über alle Teilnehmer im marktwirtschaftlichen System verfügt, sind keine Aussagen über konkrete Individuen, ihr Handeln sowie die Ergebnisse des Markt- und Wettbewerbsprozesses möglich.25 Entsprechende Aussagen müssen sich auf „Muster-Voraussagen“ und „Erklärungen des Prinzips“ beschränken.26 Diese allgemeinen Kennzeichen des Markt- und Wettbewerbsprozesses gilt es darzulegen.
1. Marktprozeß Da es keine vollständig bekannten, „objektiven“ gesamtwirtschaftlichen Daten gibt, bilden den Ausgangspunkt der Betrachtung die sogenannten „subjektiven Daten“, also das individuelle Wissen jedes einzelnen Wirtschaftssubjektes.27 Auf Basis ihrer subjektiven Daten stellen die Wirtschaftssubjekte ihre Wirtschaftspläne auf. Dabei haben sie die Erwartung, auf korrespondierende Pläne anderer Marktteilnehmer zu treffen, so daß Tauschakte zur Realisierung der Pläne durchgeführt werden können. Allerdings ist aufgrund der Subjektivität der Daten und der Komplexität der Beziehungen davon auszugehen, daß nicht immer die Pläne der anderen angepaßt sind und somit nicht alle Pläne wie vorgesehen realisiert werden können. Mittels der Überraschungen und Enttäuschungen, die die Wirtschaftssubjekte erfahren, werden sie zugleich über die lückenhafte Plankoordination informiert.28 Entsprechend der mittels dieser Erfahrung gewonnenen Informationen werden sie ihre Pläne revidieren, um Tauschakte zu ermöglichen. Die Planabstimmung erfolgt somit in einem fortlaufenden Prozeß des Lernens durch Versuch und Irrtum.29 Der Marktprozeß koordiniert folglich die dezentral aufgestellten Pläne der Wirtschaftssubjekte. Der beschriebene Marktprozeß führt nicht zu einem totalen Konkurrenzgleichgewicht,30 sondern zu einer ständigen wechselseitigen Abstimmung sich ändernder Pläne der Wirtschaftssubjekte und weist damit allenfalls eine Tendenz zum Gleichgewicht auf.31 Diese Koordination kann besser als Ordnung bezeichnet wer24 Es sei nochmals betont, daß trotz der hier vorgenommenen analytischen Trennung des Markt- und des Wettbewerbsprozesses sich die marktliche Koordination auf den Wettbewerbsprozeß auswirkt und vice versa. 25 Vgl. Hoppmann (1981), S. 220. 26 Vgl. Hayek (1972). 27 Vgl. Hoppmann (1981), S. 222. 28 Vgl. Hayek (1981), S. 168 ff. 29 Vgl. Hayek (1981), S. 169. 30 In diesem Fall müßten die Pläne aller Wirtschaftssubjekte vollständig koordiniert sein. 31 Vgl. Kirzner (1978), S. 56 ff. „Allenfalls“ deshalb, weil eine Gleichgewichtstendenz impliziert, daß im Zeitablauf die spontane Interaktion der Individuen abgebaut und der Wettbewerbsprozeß eingeschränkt würde. Siehe hierzu Röpke (1980), S. 145 f.
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den,32 die Abläufe wechselseitig verbundenen Handelns folglich als Handelnsordnung.33 Sie ergibt sich, weil nach eigenen Plänen handelnde Individuen ihr Handeln aufgrund gemeinsamer Regeln spontan koordinieren, nicht etwa durch bewußte Anordnung. Das Marktsystem ist damit eine spontane Ordnung34, die sich dadurch auszeichnet, daß sie die Vielfältigkeit der Ziele und das Wissen aller Teilnehmer am Marktprozeß nutzt.35 Auf diese Weise wird eine große Informationsmenge, die dezentral über die beteiligten Wirtschaftssubjekte verstreut ist, verarbeitet, so „daß mehr Wissen genützt wird, als irgend eine Einzelperson besitzt, oder als der Verstand synthetisch bilden könnte; und dank solcher Verwertung von verstreutem Wissen werden Errungenschaften möglich, die größer sind, als irgend ein Einzelverstand voraussehen kann.“36 Die Handelnsordnung ist Resultat spontaner Interaktionen im Rahmen institutioneller Beschränkungen.37 Verhaltensregeln, wie solche der Moral, der Tradition, der Religion oder des Rechts, bilden solche institutionellen Beschränkungen und sind konstituierende Bedingung für das Entstehen und den Bestand des Marktsystems.38 Die Regeln des Rechts lassen sich teilweise bewußt setzen, so daß hiermit Einfluß auf den Marktprozeß genommen werden kann. Eine besondere Bedeutung kommt dem Preissystem in der spontanen Handelnsordnung des Marktsystems zu. Da Güter einen Preis haben, ist die Höhe des Preises letztlich das Ergebnis des Versuchs der Wirtschaftssubjekte, ihre Wirtschaftspläne über den Tausch von Gütern im Marktprozeß zu realisieren.39 Durch die fortlaufende Aufspürung und Beseitigung von Koordinationslücken werden die einzelnen Wirtschaftspläne besser aneinander angepaßt und zugleich der Wissensstand der Marktteilnehmer verbessert. Dies spiegelt sich in einer Änderung der Preise wider.40 Preise sind damit Informationssignale, die dem einzelnen sagen, was er tun sollte.41 Auf diese Weise wird Wissen verarbeitet und durch Preise und Preisänderungen in kodierter Form wiedergegeben.42 Die Koordination der Wirtschaftspläne wird folglich mit der Preisbildung in einem permanent iterativen Prozeß herbeigeführt. Während also der Marktprozeß ohne ein funktionierendes Preissystem Vgl. Hayek (1969), S. 256. Vgl. Hoppmann (1981), S. 223. 34 Vgl. Hoppmann (1990), S. 4. Zu den Arten der Ordnung siehe Hayek (1963). 35 Vgl. Hayek (1969), S. 255. 36 Hayek (1991), S. 40. 37 Vgl. Streit / Wohlgemuth (1999), S. 16. 38 Vgl. Hoppmann (1981), S. 228. 39 Vgl. Streit (2000), S. 38. 40 Vgl. Hoppmann (1981), S. 224. 41 Vgl. Hayek (1981), S. 159 f. An anderer Stelle schreibt Hayek allgemein, daß es die vorläufigen Ergebnisse des Marktprozesses sind, die dem einzelnen sagen, wonach zu suchen es sich lohnt. Siehe hierzu Hayek (1969), S. 253. 42 Vgl. Hayek (1981), S. 169 f. 32 33
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undenkbar ist, kann umgekehrt aber die Anpassungsreaktion nicht deduktiv aus Preissignalen geschlossen werden. Änderungen der relativen Preise müssen erst durch die Wirtschaftssubjekte in ihrem jeweiligen situativen Kontext interpretiert werden, ehe sie gegebenenfalls durch eine entsprechende Anpassung ihrer Wirtschaftspläne reagieren.43 Zwar ist das Preissystem eine sehr wirtschaftliche Koordinationsform, dennoch funktioniert es nicht kostenlos für die Wirtschaftssubjekte. Für die Abstimmung ihrer Wirtschaftspläne fehlt ihnen das Wissen, wer als Transaktionspartner in Frage kommen könnte, zu welchen Bedingungen eine Transaktion konsensfähig sein wird und ob die vertraglich zugesicherten Eigenschaften der Transaktionsgegenstände auch zutreffen werden.44 Die zum Erwerb des entsprechenden Wissens aufzubringenden Kosten werden als Transaktionskosten bezeichnet. Dabei können Anbahnungs-, Aushandlungs- und Durchsetzungskosten unterschieden werden.45 Neben diesen laufenden Transaktionskosten ist zudem die erforderliche institutionelle Ausgestaltung des Handlungsrahmens, also insbesondere die Etablierung von Regeln des Rechts, mit Transaktionskosten verbunden.46 Die Transaktionskosten als Kosten der Koordination im marktwirtschaftlichen System stellen aber keine fixe Größe dar, sondern unterliegen Änderungen im fortlaufenden Marktprozeß.47
2. Wettbewerbsprozeß Wie bereits dargelegt, handeln die Wirtschaftssubjekte aufgrund ihres eigenen Wissens und ihrer eigenen Ziele, wobei sie ihr Handeln mit Hilfe allgemeiner Verhaltensregeln koordinieren. In einer spontanen Handelnsordnung werden hierdurch lediglich bestimmte Verhaltensweisen verboten, aber kein Zwang zu einem bestimmten Verhalten auferlegt. Dies bezeichnet man im Marktsystem als „Freiheit des Wettbewerbs“, das Marktsystem ist insofern ein wettbewerbliches System.48 Damit ein Wirtschaftssubjekt seinen individuellen Plan erfüllen kann, muß sein Handeln auf eine erfolgreiche Transaktion mit der Marktgegenseite gerichtet sein. Um dies zu erreichen, ist der Anbieter des Transaktionsgutes gezwungen, sich gegen konkurrierende Wirtschaftssubjekte durchzusetzen. Aus diesem Grund wird er sein Transaktionsgut derart gestalten und anbieten, daß dieses den Präferenzen der Wirtschaftssubjekte der Marktgegenseite besser entspricht als dies vermeintliche Substitutionsgüter tun. Die Existenz der Marktnebenseite wirkt damit als Anreiz 43 44 45 46 47 48
Zu Preissignalen und ihrer Perzeption siehe Wegner (1996), S. 130 ff. Vgl. Streit (1995), S. 17. Vgl. Coase (1960), S. 15. Vgl. Streit (2000), S. 89 f. Vgl. Wegehenkel (1981), S. 22 ff., Streit (2000), S. 86 ff. Vgl. Hoppmann (1981), S. 229.
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für den Anbieter, autonom vorhandenes Wissen zu nutzen und nach neuem Wissen zu forschen.49 Der Anbieter ist durch den Druck der Marktnebenseite gezwungen, auf der Basis seines individuellen Wissensstands zu Kombinationen seiner Aktionsparameter zu gelangen, die als wettbewerblicher Vorstoß der Bewertung durch die Marktgegenseite ausgesetzt sind. Trifft die wissensbedingt ermöglichte Neukombination der Aktionsparameter auf gesteigerte Akzeptanz seitens der Marktgegenseite, so kann der Anbieter zusätzliche Nachfrage attrahieren und einen Vorsprung gegenüber seinen Konkurrenten erzielen. Wollen die betroffenen Konkurrenten nicht dauerhaft Nachfrage verlieren und einer möglichen eigenen Verdrängung aus dem Markt vorbeugen, sind sie ihrerseits gezwungen, durch geeignete Maßnahmen auf den Vorstoß zu reagieren. Durch den ursprünglich initiativen Verstoß des Anbieters wird neues Wissen generiert, das die betroffenen Konkurrenten für erfolgreiche Gegenstrategien in Form von Imitationshandlungen oder Vorstößen ihrerseits verwerten können. Das so entstehende andauernde Wechselspiel von vor- und nachstoßenden Handlungen kennzeichnet den Wettbewerb als dynamischen Prozeß.50 Als solcher ist sein Ergebnis ex ante nicht konkretisierbar.51 Der Wettbewerbsprozeß enthält also den inhärenten Anreiz, den eigenen Wissensstand zum Zwecke erfolgreicher Handlungen auszunutzen und ist deshalb „ein Verfahren zur Entdeckung von Tatsachen [ . . . ], die ohne sein Bestehen entweder unbekannt bleiben oder doch zumindest nicht genutzt werden würden.“52 Darüber hinaus wird im Wettbewerbsprozeß aber auch die Wissensverwertung kontrolliert.53 So wird das Wissen über Leistungsunterschiede von Anbietern offengelegt, die folglich von der Marktgegenseite negativ sanktioniert werden können. Dies kann schließlich zum Ausscheiden der Anbieter aus dem Marktprozeß führen, wenn es ihnen nicht gelingt, mittels zu ergreifender Maßnahmen den Präferenzen der Wirtschaftssubjekte der Marktgegenseite zu entsprechen.54 Im Wettbewerbsprozeß wird also Wissen entdeckt und verwertet. Voraussetzung der Funktionsfähigkeit ist die durch allgemeine Verhaltensregeln allen Wirtschaftssubjekten gleichermaßen gewährleistete Entscheidungs- und Handlungsfreiheit.55 Sie muß allen gegeben werden, da wegen der konstitutionellen Unwissenheit der Individuen niemand weiß, wer wann Freiheit braucht, um für alle nützliche Problemlösungen hervorzubringen.56 Vgl. Hayek (1969). Vgl. Schumpeter (1993), S. 134 ff., Hoppmann (1975), S. 238. 51 Vgl. Hoppmann (1981), S. 231, Hayek (1969), S. 250 f. 52 Hayek (1969), S. 249. 53 Vgl. Streit (1995), S. 19 f. 54 An dieser Stelle wird die Interdependenz des Marktprozesses und Wettbewerbsprozesses besonders deutlich, deren Trennung nur aus analytischen Gründen erfolgte. 55 Vgl. Gutmann (1986), S. 55, Röpke (1980), S. 130 f., Hoppmann (1975), S. 234 f. 56 Vgl. Hayek (1991), S. 37 f. 49 50
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Die vorangegangenen Ausführungen verdeutlichen, daß der Wettbewerbsprozeß ein Verfahren zur Schaffung von Leistungsanreizen und zur Leistungskontrolle darstellt. Er beinhaltet eine Tendenz zu innovativen Leistungen und leistet eine Selektion nicht konkurrenzfähiger Marktteilnehmer. Damit bestimmt der Wettbewerbsprozeß die Effizienz der Koordination der dezentral aufgestellten Pläne der Wirtschaftssubjekte im Rahmen des Marktprozesses. Der Marktprozeß erbringt also die Koordinationsleistung, während der Wettbewerbsprozeß die Ergebnisse des Marktprozesses verbessert.
IV. Ordnungspolitische Prinzipien der Marktwirtschaft Die Entwicklung eines allgemeinen Regelrahmens und die Kontrolle der Einhaltung dieser Regeln zur Sicherstellung eines funktionierenden Markt- und Wettbewerbsprozesses ist eine ordnungspolitische Gestaltungsaufgabe des Staates. Dieser Regelrahmen ist zum einen unabdingbar, um die maximale relative individuelle Freiheit zu sichern.57 Zum anderen kann es auch zu Funktionsstörungen des Markt- und Wettbewerbsprozesses oder Defiziten durch fehlende Märkte, wie im Falle von öffentlichen Gütern, kommen. Diese können das Schaffen entsprechender Institutionen erfordern, die sich nicht aus der spontanen Ordnung ergeben und folglich staatlich gesetzt werden müssen.58 Das Verständnis der Gestaltung der Wirtschaftsordnung als positive Aufgabe entspricht der ordoliberalen Denktradition.59 Für die grundlegende Gestaltung der Wirtschaftsordnung und laufend zu fällende Entscheidungen entwickeln die Ordoliberalen Prinzipien als Leitlinien für die Politik. Die bekannte Unterscheidung der Prinzipien nach Eucken in konstituierende, regulierende, ergänzende und staatspolitische Prinzipien60 hat Grossekettler aufgegriffen und in einer Form weiterentwickelt, wie sie dem dieser Arbeit zugrunde gelegten dynamischen Markt- und Wettbewerbsprozeß eher gerecht wird.61 Grossekettler unterscheidet dabei in Basisprinzipien und Evolutionsprinzipien.62 Basisprinzipien stellen die notwendigen Bedingungen für eine rudimentäre Form von Marktwirtschaften dar. Ihre Realisierung soll die grundlegende Funktionsfähigkeit des Markt- und Wettbewerbsprozesses gewährleisten. Als erstes BasisVgl. Leckebusch (1991), S. 79 ff. Vgl. Grossekettler (1991), S. 104 ff. 59 Vgl. hierzu den Überblick bei Grossekettler (1987). 60 Vgl. Eucken (1952), S. 254 ff. 61 Vgl. Grossekettler (1991), S. 108 ff. So ist Euckens (1952), S. 244 ff., Idealtyp des vollständigen Wettbewerbs dem statischen Konzept der vollkommenen Konkurrenz sehr ähnlich und damit kaum mit dem dieser Abhandlung zugrunde gelegten dynamischen Markt- und Wettbewerbsprozeß vereinbar. 62 Vgl. Grossekettler (1991), S. 110 ff. 57 58
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prinzip ist die Vermittlung von exklusiven Handlungs- und Ausschlußrechten durch Privateigentum an Gütern, Faktoren und Ideen anzuführen. Mit dem Privateigentum gehen insbesondere Informations- und Motivationsvorteile aufgrund der Selbstbetroffenheit einher.63 Als weiteres Basisprinzip gilt die Vertragsfreiheit sowie die Haftung für eingegangene Verpflichtungen. Hierdurch wird ermöglicht, daß Individuen ihre Pläne gemäß ihrer eigenen Präferenzen aufstellen und entsprechende Transaktionen durchführen können. Da damit positive und negative Konsequenzen verbunden sein können, sind diese von den betroffenen Individuen selbst zu tragen und dürfen nicht auf Dritte abwälzbar sein. Des weiteren ist für die Funktionsfähigkeit des marktwirtschaftlichen Systems das Basisprinzip des Offenhaltens von Märkten zu realisieren. Dadurch soll gewährleistet sein, daß der marktliche Koordinationsprozeß nicht durch Beschränkungen des Wettbewerbs gestört bzw. außer Kraft gesetzt wird. Mit der Einhaltung des Basisprinzips der Stabilisierung des Geldwertes können inflationär bedingte Verzerrungen ökonomischer Kalküle vermieden und damit Erwartungen der Wirtschaftssubjekte stabilisiert werden. Schließlich bezieht sich das letzte Basisprinzip auf die Gestaltung von Transaktionskosten im Hinblick auf die Förderung von Treu und Glaube, verwirklicht durch den Vorrang der Ordnungs- vor der Prozeßpolitik, der Wahrung der Rechtsstaatlichkeit sowie der Sicherung der Stetigkeit der Wirtschaftspolitik. Die Verwirklichung der Basisprinzipien ist zwar eine notwendige Voraussetzung zur Realisierung eines funktionsfähigen marktwirtschaftlichen Systems, kann jedoch nicht als hinreichend gelten.64 Eine Ergänzung der Basisprinzipien wird aufgrund einiger systemimmanenter Mängel und exogener Herausforderungen erforderlich, weshalb es einen Bedarf an weitergehenden Evolutionsprinzipien gibt.65 Die Evolutionsprinzipien bilden einen zusätzlichen Katalog von Merksätzen zu den ökonomischen Aspekten einer liberalen Gesetzgebungslehre und damit Verfahrensregeln zur Ermittlung „legitimer“ Maßnahmen zur Fortentwicklung der bestehenden rudimentären Ordnung. Als erstes Evolutionsprinzip kann das Subsidiaritätsprinzip angeführt werden. Dieses besagt, daß die Entscheidungskompetenzen über einzelne Maßnahmen bei den einzelnen Individuen liegen, sofern es nicht „gute“ Gründe gibt, sie einer höheren Ebene zuzuordnen, die dem Zentralstaat näher steht. Das Subsidiaritätsprinzip betont dabei den Eigenwert der Freiheit und stellt heraus, daß auch bei Vgl. Thieme (1999), S. 24 f. Vgl. Grossekettler (1991), S. 111. 65 Der Begriff „Evolution“ im Terminus Evolutionsprinzipien ist allerdings etwas irritierend gewählt. Im ordoliberalen Denken stellt der ökonomische Ordnungsrahmen ein Datum dar, und die Politik ist dazu aufgefordert, an diesem festzuhalten. Vgl. Eucken (1952), S. 289. Grossekettler (1991), S. 111, geht einen Schritt weiter und verweist auf die Notwendigkeit einer situationsgerechten Ergänzung der Basisprinzipien im Zeitablauf, also einer Anpassung des Ordnungsrahmens an neue Entwicklungen. Damit legt er aber keine evolutorische Ordnungstheorie zugrunde. Eine selbstorganisierende Evolution marktwirtschaftlicher Ordnungen und damit ein unvermeidbarer Wandel von Wirtschaftsordnungen bildet nicht den Fokus seiner Überlegungen. 63 64
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einem staatlichen Eingriff sicherzustellen ist, daß die individuelle Freiheit und damit die Fähigkeit zum Agieren der Wirtschaftssubjekte bestehen bleibt. Somit findet im Kriterium der Subsidiarität die größtmögliche Handlungs- und Entscheidungsfreiheit des einzelnen Individuums ihren Ausdruck mit den damit verbundenen Informations- und Motivationsvorteilen, die das marktwirtschaftliche System auszeichnen. Jeder Zentralisierungsschritt erfordert also „gute“ Gründe, d. h., er bedarf einer ökonomischen Rechtfertigung. Das entsprechende Legitimationspostulat stellt das zweite Evolutionskriterium dar. Es verlangt, daß zum einen wirtschaftspolitische Ziele operationalisiert und vertragstheoretisch legitimiert werden, und zum anderen nur solche staatlichen Maßnahmen ergriffen werden, die zur Zielrealisierung beitragen, eine systemkonforme Ergänzung des bestehenden Rahmens darstellen und im Hinblick auf die Nutzen-Kosten-Relation verhältnismäßig sind.66 Das Kongruenzprinzip als drittes Evolutionsprinzip liefert einen Anhaltspunkt für die Verteilung der Entscheidungskompetenzen, speziell für den Fall öffentlicher Güter. Es läßt sich weiter differenzieren in das Äquivalenzprinzip, nach welchem die Identität des Kreises der Nutzer und des Kreises der Zahler eines (öffentlichen) Gutes gewährleistet sein soll,67 das Demokratieprinzip, das eine Übereinstimmung des Kreises der Entscheidungsunterworfenen mit dem Kreis der dort Kontrollberechtigten fordert sowie das Prinzip der Direktkontrolle, also eine Kontrolle möglichst ohne Mediatisierung. Die Anwendung des Kongruenzprinzips „führt dazu, daß Entscheidungskompetenzen für die Beschaffung und Finanzierung von Kollektivgütern stets auf einer möglichst dezentralen, gleichwohl aber die Hauptnutzer umfassende[n] Ebene angesiedelt sind.“68 Das vierte Evolutionsprinzip ist die ZMT-Zuordnungsregel. Diese weitere Kompetenzverteilungsregel fordert, „daß jedem Ziel (Z) wenigstens ein nicht auch zur Realisierung konfligierender Ziele eingesetztes Mittel (M) sowie ein und nur ein Entscheidungs- und Verantwortungsträger (T) zugeordnet wird, und zwar derjenige, der über das höchste Informationsniveau verfügt.“69 Damit sollen zum einen Dosierungskonflikte, zum anderen Kompetenzstreitigkeiten vorgebeugt und die Nichtnutzung von Informationsvorteilen vermieden werden. Abschließend verbleibt noch das Beherrschbarkeitsprinzip als letztes der Evolutionsprinzipien kurz zu besprechen. Nach diesem Prinzip soll bei der Planung wirtschaftspolitischer Handlungen unter Einbeziehung der Erkenntnisse der Neuen Politischen Ökonomie auch immer deren Mißbrauchsmöglichkeiten im politischadministrativen Apparat mitbedacht werden. Der Staat sollte sich hierzu selbst an rechtliche Grundsätze binden. 66 67 68 69
Vgl. hierzu auch Grossekettler (1987), S. 16 ff. Zum Äquivalenzprinzip im Kontext des Föderalismus siehe auch Olson (1977). Grossekettler (1991), S. 117. Grossekettler (1991), S. 117.
B. Ordnungspolitische Beurteilungskriterien
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Neben den Basisprinzipien als grundlegende Ordnungsprinzipien eines marktwirtschaftlichen Systems bieten die Evolutionsprinzipien Hilfestellung für die ordnungspolitische Beurteilung staatlicher Maßnahmen. Dabei kommt dem Subsidiaritätsprinzip wie auch dem Legitimationspostulat eine zentrale Rolle zu. Das Subsidiaritätsprinzip betont den Eigenwert der Freiheit, auch im Falle staatlichen Handelns, läßt aber offen, wann „gute“ Gründe für staatliche Maßnahmen vorliegen. Solche „guten“ Gründe können anhand des Legitimationspostulats gerechtfertigt werden, das sich sowohl auf das Ziel des Eingriffs als auch auf die Maßnahme selbst bezieht. Insofern gibt das Subsidiaritätsprinzip die grundlegende Denkrichtung vor, während das Legitimationspostulat ein Prüfschema zur Konkretisierung dieser Vorgabe darstellt.70 Als ein solches Prüfschema wird das Legitimationspostulat deshalb im folgenden Abschnitt als Rahmen bei der Ableitung von Anforderungen an staatliches Handeln Eingang und weitere Erläuterung im spezifischen Kontext der Sportförderung finden.
B. Ordnungspolitische Beurteilungskriterien der öffentlichen Sportförderung Auf Basis des dargelegten Markt- und Wettbewerbsprozesses sowie der grundlegenden ordnungspolitischen Prinzipien der Marktwirtschaft können nun in enger Anlehnung an das Legitimationspostulat die Anforderungen an staatliche Eingriffe in marktwirtschaftlichen Systemen herausgearbeitet werden.71 Hiernach ist zum einen zu klären, „ob“ überhaupt ein staatlicher Handlungsbedarf besteht. Zum anderen ist die Frage nach dem „wie“ eines möglichen staatlichen Eingriffs zu erörtern. Im folgenden sollen deshalb zunächst die Bedingungen konkretisiert werden, deren Vorliegen eine notwendige Voraussetzung ist, um ein staatliches Tätigwerden zur öffentlichen Sportförderung als ordnungspolitisch legitim bewerten zu können. Dann sind Kriterien zu entwickeln, anhand derer die Maßnahmen der öffentlichen Sportförderung auf ihre ordnungspolitische Legitimität hin überprüft werden können. Schließlich werden die Bedingungen und Beurteilungskriterien als ordnungspolitische Anforderungen an eine öffentliche Sportförderung zusammengefaßt.
Vgl. Grossekettler (1991), S. 112. Begriffe wie „Eingriff“, „Intervention“, „Maßnahme“, „Instrument“, „Mittel“ oder „Werkzeug“ werden in der Literatur meist synonym verwendet, was auch im weiteren Verlauf der Abhandlung geschehen soll. Siehe hierzu Tuchtfeldt (1982), S. 192. 70 71
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4. Kap.: Entwicklung des ordnungspolitischen Referenzrahmens
I. Bedingungen einer ordnungspolitisch legitimen öffentlichen Sportförderung Im marktwirtschaftlichen System hat die individuelle Entscheidungs- und Handlungsfreiheit eine zentrale Rolle inne. Staatliches Handeln kann sich zunächst nur auf das Setzen eines allgemeinen Regelrahmens beziehen. Darüber hinausgehende staatliche Eingriffe müssen folglich Antwort auf besonders zu begründende Ausnahmesituationen sein. Solche ordnungspolitischen Ausnahmebereiche liegen dann vor, wenn die Funktionsfähigkeit des Markt- oder Wettbewerbsprozesses partiell oder vollständig außer Kraft gesetzt ist, also Marktversagen respektive Wettbewerbsversagen vorliegt. Im Falle eines uneingeschränkt funktionsfähigen Marktund Wettbewerbsprozesses kann staatliches Handeln dennoch begründet werden, wenn diese Prozesse zu Ergebnissen führen, die mit ordnungskonformen politisch determinierten Zielen nicht in Einklang zu bringen sind. Bereits hier soll darauf hingewiesen werden, daß die angeführten Tatbestände zwar notwendige Bedingungen für staatliche Maßnahmen sind, sich diese aber nicht zwingend daraus ergeben. So muß nicht immer bei Vorliegen von Marktoder Wettbewerbsversagensfällen der Staat die entsprechende Aufgabe besser bewältigen können als der Markt. Vielmehr kann auch ein staatlicher Eingriff problembehaftet sein, wobei im Extremfall auch der Staat bei der Bewältigung der Aufgabe versagen kann.72 Deshalb sind die negativen Folgen der Funktionsstörungen des Markt- und Wettbewerbsprozesses mit den negativen Folgen des Staatsversagens zu vergleichen, ehe Aussagen über die institutionelle Bewältigung der Aufgaben getroffen werden können.73 Dabei bieten sich zwischen den beiden Eckpunkten marktliche versus staatliche Bereitstellung zahlreiche weitere institutionelle Arrangements. Hierauf wird im Zusammenhang mit der Beurteilung ordnungspolitisch legitimer Maßnahmen nochmals ausführlicher zurückzukommen sein. Staatliche Eingriffe in das marktwirtschaftliche System und damit auch die öffentliche Sportförderung können grundsätzlich dann als gerechtfertigt gelten, wenn entweder Marktversagen, Wettbewerbsversagen oder übergeordnete politisch determinierte Ziele vorliegen. Diese drei grundsätzlichen Legitimationsbedingungen für eine öffentliche Sportförderung sind nun näher zu begründen und zu spezifizieren.
Vgl. Fritsch / Wein / Ewers (2003), S. 370 ff., Heinemann (1995), S. 82 f. Exakt dieser Fragestellung widmet sich der „Comparative Institution Approach“. Danach sollte aufbauend auf der Diagnose eines Marktversagens die jeweilige Situation mit real existierenden oder denkbaren konkreten institutionellen Arrangements verglichen und nur im Falle zu erwartender Verbesserungen das Marktversagen korrigiert werden. Vgl. Demsetz (1969). 72 73
B. Ordnungspolitische Beurteilungskriterien
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1. Marktversagen und sportförderungsrelevante Marktversagensfälle Zunächst ist das Marktversagen als ein Rechtfertigungsgrund für einen ordnungspolitisch legitimen Eingriff des Staates in den Marktprozeß zu konkretisieren. Vor dem Hintergrund, eine Evaluationsgrundlage für die ordnungspolitische Bewertung der öffentlichen Sportförderung zu erarbeiten, sollen vor allem die Tatbestände detailliert herausgearbeitet werden, die im Rahmen der Legitimation der öffentlichen Sportförderung von besonderer Relevanz sind. Grundsätzlich lassen sich in der Literatur viele und teils recht unterschiedliche Tatbestände für ein Vorliegen von Marktversagen finden.74 Wann nun ein Tatbestand vorliegt, der ein Marktversagen charakterisiert, hängt ganz entscheidend von der inhaltlichen Fassung dieses Begriffs ab. Somit ist zunächst der Begriff des Marktversagens inhaltlich zu bestimmen, ehe die im Rahmen der Sportförderung relevanten Marktversagensfälle erläutert werden. Die Beschreibung der prinzipiellen Funktionsweise des Marktprozesses hat deutlich gemacht, daß seine Aufgabe in der Koordination der dezentral aufgestellten Pläne der einzelnen Wirtschaftssubjekte besteht. In einem ständigen Prozeß von Versuch und Irrtum wird die gegenseitige Abstimmung der dezentral aufgestellten Wirtschaftspläne herbeigeführt. Dieser Steuerungsmechanismus der marktlichen Koordination funktioniert aber nicht immer störungsfrei, sondern kann in Einzelfällen auch versagen. Liegen also Funktionsstörungen der Koordinationsleistung des Marktprozesses vor, kann von Marktversagen gesprochen werden.75 Als Maßstab für die Ermittlung des Marktversagens wird also nicht das paretianische Wohlfahrtsmaximum herangezogen, auf das der häufig verwandte Begriff des allokativen Marktversagens abstellt.76 Ein solcher Optimalzustand wäre kaum zu erreichen und wird deshalb auch als „Nirvana-Approach“ bezeichnet.77 Nach der neoklassischen Wohlfahrtsökonomie wäre bereits jede Abweichung vom Pareto-Optimum als Marktversagen aufzufassen, also wenn die Realität von den restriktiven Prämissen des Modells der vollkommenen Konkurrenz abweicht.78 Aufgrund der realitätsfernen Annahmen dieses Modells ließe sich im realen Marktprozeß somit stets ein Marktversagen ermitteln, das einen staatlichen Handlungsbedarf begründen würde.79 Darüber hinaus ist ein solches Optimum auch gar nicht erstrebenswert, weil es der Dynamik des Marktprozesses zuwiderläuft.80 Folglich 74 Siehe u. a. Müller / Vogelsang (1979), S. 35 f., Ramb (1988), S. 235 ff., Bögelein (1990), S. 108 ff., Streit (2000), S. 13 ff., Fritsch / Wein / Ewers (2003), S. 82 ff. 75 Vgl. Eickhof (1986), S. 471. 76 Vgl. hierzu statt vieler Fritsch / Wein / Ewers (2003), S. 22 ff. 77 Vgl. Demsetz (1969), S. 1. 78 Vgl. Bögelein (1990), S. 26. 79 Von der Ubiquität allokativen Marktversagens spricht deshalb in diesem Zusammenhang Eickhof (1986), S. 469 f. 80 Vgl. Hoppmann (1981), S. 231.
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4. Kap.: Entwicklung des ordnungspolitischen Referenzrahmens
erscheint ein solcher Vergleich einer idealisierten Norm mit der Realität als ungeeignet für einen ordnungspolitisch brauchbaren Bewertungsmaßstab. Entsprechend dem Verständnis eines dynamischen Marktprozesses ist als Maßstab zur Beurteilung, ob ein Marktversagen vorliegt, vielmehr das Fehlen einer Tendenz hin zu einem Marktgleichgewicht heranzuziehen. Liegt also keine Tendenz des Marktprozesses zu einer vollständigen Koordination der Pläne der einzelnen, dezentral aufgestellten Wirtschaftspläne vor, kann von Marktversagen gesprochen werden. Auf Basis dieser Begriffsklärung können nun konkrete Marktversagensfälle unterschieden werden. Dabei lassen sich, in Anlehnung an Vorschläge in der Literatur, die eine inhaltlich vergleichbare Begriffsbestimmung wählen, vier Fälle von Marktversagen anführen: eine mangelnde Versorgung mit öffentlichen Gütern, das Auftreten externer Effekte, das Vorliegen unüberwindbarer marktlicher Koordinationshemmnisse und das transaktionale Marktversagen.81 Wie noch gezeigt wird, wird zur Begründung der öffentlichen Sportförderung auf die positiven externen Effekte des Sports wie auch seinen Charakter als öffentliches Gut verwiesen.82 Deshalb sollen diese beiden konkreten Marktversagensfälle nun näher erläutert werden. a) Öffentliche Güter Eine zentrale Bedingung für die Funktionsfähigkeit des marktwirtschaftlichen Systems und des Entstehens einer spontanen Handelnsordnung ist die Existenz exklusiver Handlungs- und Ausschlußrechte, wie sie auch nach dem ersten Basisprinzip gefordert werden. Sind diese für ein Gut nicht vorhanden, ist auch eine marktliche Koordination dieses Gutes nicht zu erwarten.83 Diese Problematik trifft auf öffentliche Güter zu. Reine öffentliche Güter zeichnen sich durch Nichtrivalität im Konsum und durch eine fehlende Exklusionsmöglichkeit vom Konsum aus.84 Nichtrivalität im Konsum ist gegeben, wenn mehrere Konsumenten gleichzeitig eine Einheit eines Gutes konsumieren können, ohne daß hierdurch der Konsumnutzen für einen der Konsumenten vermindert wird. Die fehlende Exklusionsmöglichkeit vom Konsum eines Gutes besagt, daß kein Interessent von der Nutzung des Gutes ausgeschlossen werden kann, wenn es erst einmal bereitgestellt ist. Folglich wird kein Nachfrager bereit sein, eine positive Zahlungsbereitschaft für das öffentliche Gut zu äußern. Vielmehr ist es für ihn immer ökonomisch sinnvoll, die Freifahrerposition Vgl. Streit (2000), S. 14 f., Bögelein (1990), S. 108 ff., Eickhoff (1986), S. 471 ff. Vgl. 5. Kap., A. 83 Vgl. Bögelein (1990), S. 109. 84 Vgl. Samuelson (1954), Musgrave (1959), S. 9 ff., Olson (1968), S. 13 f. Davon abzugrenzen sind private Güter, bei denen Rivalität und Ausschließbarkeit des Konsums gegeben sind, Allmendegüter, bei denen Rivalität aber keine Ausschließbarkeit vorliegt, sowie Mautgüter, die von fehlender Rivalität aber möglicher Ausschließbarkeit charakterisiert sind. Vgl. Blankart (2001), S. 66. 81 82
B. Ordnungspolitische Beurteilungskriterien
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einzunehmen und auf andere Akteure zu vertrauen. Da schließlich niemand bereit ist, einen Preis für das Gut zu zahlen, bestehen auch für einen privaten Anbieter keine Anreize, das Gut über den Markt bereitzustellen. Obwohl Nachfrage für das öffentliche Gut besteht, wird es nicht hergestellt: der Markt versagt.85 Die Ursache für die fehlende Exklusionsmöglichkeit zahlungsunwilliger Konsumenten liegt letztlich in mangelnden exklusiven Handlungs- und Verfügungsrechten.86 Erst wenn diese für bis dato öffentliche Güter geschaffen werden, kann ein Ausschluß vom Konsum erfolgen. Daß dies unterbleibt, kann technisch, ökonomisch oder politisch begründet sein. Es sind Fälle denkbar, in denen die Schaffung und Verteilung exklusiver Handlungs- und Verfügungsrechte technisch nicht möglich sind, wie beispielsweise bei der Partizipation an der steigenden nationalen Reputation nach Erfolgen des nationalen Sports im internationalen Vergleich. Ferner kann der Ausschluß zwar technisch möglich, ökonomisch aber wenig sinnvoll sein. Spezielle Wege für RollerBlader oder Jogging-Pfade könnten sicherlich eingezäunt und für ihre Nutzung ein Entgelt am Kassenhäuschen eingefordert werden, welches allerdings wohl kaum zur Deckung der entstehenden Kosten ausreichen würde. Im Falle der fehlenden Ausschließbarkeit aus technischen und ökonomischen Gründen versagt der Markt bei der Bereitstellung der öffentlichen Güter. Deshalb liegt es am Staat, die entsprechenden Güter anzubieten und damit die vorhandene Nachfrage zu befriedigen. Allerdings sind technische und wirtschaftliche Gegebenheiten keine fixen Parameter, sondern Änderungen im Zeitablauf unterworfen. Folglich ändern sich auch die Rahmenbedingungen für die Schaffung von Handlungs- und Verfügungsrechten. Was heute ein öffentliches Gut ist, kann in Zukunft möglicherweise dem Ausschlußprinzip unterworfen und damit privat angeboten werden. Schließlich kann sowohl die technisch mögliche als auch ökonomisch sinnvolle Exklusionsmöglichkeit gegeben sein, die Schaffung von Handlungs- und Verfügungsrechten aber aus politischen Gründen unterbleiben. So könnten für den kostenlosen Sportunterricht in Schulen durchaus zahlungsunwillige Schüler mit minimalem Aufwand ausgeschlossen werden. Der Staat verhindert damit die Koordination der entsprechenden öffentlichen Güter über den Markt. Somit ist das Marktversagen politisch begründet.87 Die zur Rechtfertigung der öffentlichen Bereitstellung grundsätzlich exkludierbarer Güter vielfach angeführten meritorischen Zielsetzungen werden noch im folgenden fünften Kapitel als häufig genannter Grund für eine staatliche Sportförderung dezidiert erörtert.
85 86 87
Siehe hierzu das Beispiel von Buchanan (1968), S. 88 ff. Vgl. Bögelein (1990), S. 111 ff. Zum politischen Marktversagen siehe Bögelein (1990), S. 84 ff.
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4. Kap.: Entwicklung des ordnungspolitischen Referenzrahmens
b) Externe Effekte Externe Effekte stellen Wirkungen auf andere Marktteilnehmer dar, die durch die Produktion oder den Konsum eines Gutes entstehen und nicht über den Marktprozeß erfaßt werden.88 In Abhängigkeit davon, ob die von der Produktion oder dem Konsum ausgehenden Wirkungen zugunsten oder zu Lasten weiterer Marktteilnehmer gehen, wird von positiven oder negativen externen Effekten der Produktion bzw. des Konsums gesprochen. Die Folge externer Effekte ist ein Abweichen des privaten vom sozialen Grenznutzen. Die Marktteilnehmer berücksichtigen für individuelle Entscheidungen nur ihren privaten Grenznutzen, der beim Vorliegen positiver externer Effekte geringer ist als der soziale Grenznutzen. Hieraus resultiert nachfrageseitig eine zu niedrige Preisbereitschaft, die angebotsseitig zu einer zu geringen Produktion führt. Im Falle negativer externer Effekte wäre das Angebot aufgrund der Sozialisierung individuell verursachter Aufwendungen zu hoch. Aus wohlfahrtstheoretischer Sicht bedingen externe Effekte also eine suboptimale Güterversorgung über den Markt. Grundsätzlich ist eine Internalisierung der externen Effekte in den Marktprozeß durch die Marktteilnehmer möglich, wenn sich Verursacher und Empfänger auf einen monetären Ausgleich einigen können.89 Entsprechende Verhandlungen können aber ausbleiben, wenn zum einen die Transaktionskosten zu hoch sind und / oder keine eindeutig definierten exklusiven Handlungs- und Verfügungsrechte bestehen. Ist, wie im Falle der öffentlichen Güter bereits dargelegt, die Schaffung eines entsprechenden Rechtsrahmens technisch unmöglich oder ökonomisch wenig sinnvoll, kann von einem Versagen des Marktes aufgrund externer Effekte gesprochen werden. Versagt der Markt aufgrund externer Effekte, können mittels staatlicher Maßnahmen die externen Effekte in den Marktprozeß internalisiert werden. Aufgabe des Staates ist es dann, die Differenz zwischen individuellem und sozialem Grenznutzen auszugleichen. Im Falle positiver Effekte kann dies über Subventionen geschehen. Allerdings dürften externe Effekte bei jeder Form wirtschaftlicher Aktivität auftreten und damit allgegenwärtig im Wirtschaftsprozeß sein.90 Vielfach sind sie für die Betroffenen kaum spürbar, weshalb diese keine Wirtschaftspläne aufstellen, um die externen Effekte zu internalisieren. Damit ist dann aber auch kein Koordinationsbedarf gegeben. Erst wenn die externen Effekte ein solches Maß erreichen, daß die von ihren Auswirkungen betroffenen Marktteilnehmer den Wunsch nach deren Reduktion oder einem monetären Ausgleich haben, betroffene Vgl. u. a. Bögelein (1990), S. 132 ff., Fritsch / Wein / Ewers (2003), S. 90 ff. Vgl. Coase (1960). 90 Nach Eickhof (1986), S. 473, stellen wirtschaftliche Aktivitäten ohne externe Effekte primär ein theoretisches Konstrukt dar und können in Anlehnung an Samuelson und Bonus als „knife edge of reality“ bezeichnet werden. 88 89
B. Ordnungspolitische Beurteilungskriterien
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und verursachende Marktteilnehmern zur Internalisierung dieser externen Effekte aber nicht miteinander in Verhandlung treten, kann staatliches Handeln gefordert sein.91 In diesem Fall haben die Wirtschaftssubjekte Pläne aufgestellt, die aber nicht über den Markt koordiniert werden. Von den bisher beschriebenen sogenannten technologischen Externalitäten sind nun pekuniäre externe Effekte zu unterscheiden.92 Pekuniäre externe Effekte schlagen sich aufgrund der marktlichen Interdependenz als Preisreaktionen auf das wirtschaftliche Handeln Dritter nieder. Derartige externe Effekte vollziehen sich jedoch innerhalb des Marktprozesses und rechtfertigen aus allokationstheoretischer Sicht keinen staatlichen Eingriff. Allenfalls unter distributiven Gesichtspunkten lassen sich hier staatliche Interventionen begründen. Auf diese wird noch im folgenden fünften Kapitel als häufig angebrachtes Argument für eine öffentliche Sportförderung gesondert einzugehen sein. c) Öffentliche Gutskomponente als externer Effekt Eng verbunden mit der fehlenden Exklusionsmöglichkeit bei öffentlichen Gütern sind externe Effekte. Externe Effekte wirken sich auf weitere Marktteilnehmer aus, ohne daß diese von den Wirkungen ausgeschlossen werden können. Dennoch handelt es sich zunächst bei öffentlichen Gütern und externen Effekten um unterschiedliche ökonomische Probleme.93 Öffentliche Güter können nicht planmäßig über den Markt bereitgestellt werden, während mit externen Effekten verbundene Güter über den Marktprozeß koordiniert werden. Das ökonomische Problem externer Effekte ist also nicht die grundsätzliche Bereitstellung der ihnen zugrundeliegenden privaten Güter, sondern die mit der Bereitstellung und dem Konsum der Güter verbundenen Wirkungen auf weitere Marktteilnehmer. In der Realität setzen sich die angebotenen Güter häufig sowohl aus privaten als auch aus öffentlichen Komponenten zusammen. Solche Güter lassen sich dann über ihren „Öffentlichkeitsgrad“ beschreiben.94 Bei der Produktion eines Gutes, das dem Ausschlußprinzip unterliegt, werden zugleich Güter produziert, von deren Konsum niemand ausgeschlossen werden kann. Dabei handelt es sich um die mit der Bereitstellung des privaten Gutes verbundenen externen Effekte. Wird ein öffentliches Gut als ein Kuppelprodukt zusammen mit einem privaten Gut produziert, so stellt diese öffentliche Gutskomponente einen externen Effekt dar. Vgl. Bögelein (1990), S. 133 f. Obwohl diese Unterscheidung in der Literatur üblich ist (siehe für viele Fritsch / Wein / Ewers (2003), S. 90 ff.), lehnt Mishan (1971), S. 6, den Begriff pekuniärer externer Effekte ab, da er keinen Mehrwert liefere und nur verwirre. 93 Siehe auch Andel (1998), S. 427, Bögelein (1990), S. 134 f., insbesondere Fn. 99. 94 Zu diesem Begriff siehe Bonus (1980). 91 92
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4. Kap.: Entwicklung des ordnungspolitischen Referenzrahmens
2. Wettbewerbsversagen Wettbewerbsversagen wurde als weiterer Rechtfertigungsgrund für einen ordnungspolitisch legitimen Eingriff des Staates in das marktwirtschaftliche System angeführt. Analog zum Vorgehen bei der Konkretisierung des Marktversagens, ist auch hier zunächst der Begriff des Wettbewerbsversagens näher zu bestimmen. Auf eine ausführliche Darstellung der Tatbestände, die Wettbewerbsversagensfälle charakterisieren, kann dann allerdings verzichtet werden, da Wettbewerbsversagen als Rechtfertigungsgrund für staatliche Maßnahmen im Rahmen der Sportförderung nicht von Relevanz ist. Wie noch zu zeigen sein wird,95 kann Wettbewerbsversagen aber auch in Folge staatlicher Eingriffe auftreten. Deshalb darf zumindest eine kurze inhaltliche Begriffsbestimmung des Wettbewerbsversagens nicht unterbleiben. Der evolutorische Charakter des Wettbewerbsprozesses wurde bereits dargelegt. Er dient der Schaffung von Anreizen zur Leistungssteigerung und der Leistungskontrolle und bestimmt damit maßgeblich die Effizienz der marktlichen Koordination. Insbesondere bewirkt er einen Selektionsprozeß zugunsten der leistungsfähigeren Marktteilnehmer und beinhaltet eine Tendenz zu innovativen Leistungen. Wie schon die marktliche Koordination funktioniert aber auch der Steuerungsmechanismus des Wettbewerbsprozesses nicht immer störungsfrei und kann in Einzelfällen versagen. Ein solches Wettbewerbsversagen liegt also dann vor, wenn der Wettbewerbsprozeß zum Erliegen kommt bzw. seine Funktion nicht mehr erfüllen kann.96 Auf Basis von erfahrungswissenschaftlichen Erkenntnissen lassen sich konkrete Tatbestände ermitteln, bei deren Vorliegen Störungen des Wettbewerbsprozesses zu erwarten sind. Als Wettbewerbsversagensfälle lassen sich unterscheiden: Marktzutrittsschranken, die zu verfestigt vermachteten Märkten führen, wettbewerbsbeschränkende Verhaltensweisen in Verbindung mit hohen Marktzutrittsschranken, hohe Marktzutrittsschranken verbunden mit Überkapazitäten sowie transaktionales Wettbewerbsversagen.97 Marktzutrittsschranken nehmen eine zentrale Rolle für die Entstehung von Wettbewerbsversagen ein. Sie schränken die Funktionsweise des Wettbewerbsprozesses dahingehend ein, daß sie grundsätzlich geeignet sind, effiziente Unternehmen am Eintritt in den Markt zu hindern.98 Aufgrund des evolutorischen Charakters des Wettbewerbsprozesses können für Wettbewerbsversagensfälle allerdings immer nur Muster-Voraussagen getroffen werden.99 Liegen also die Tatbestände für ein Wettbewerbsversagen vor, ist typiVgl. 6. Kap., B., insbesondere B. I. 6. Vgl. Bögelein (1990), S. 156, Eickhof (1986), S. 471. 97 Vgl. Bögelein (1990), S. 156 ff., Eickhoff (1993), S. 214 ff., Streit (2000), S. 102 ff. 98 Vgl. Bögelein (1990), S. 164. Zu einer ausführlichen kritischen Darstellung der Bestimmung des Begriffs der „Marktzutrittsschranken“ siehe ebda., S. 159 ff. 99 Vgl. Bögelein (1990), S. 157. 95 96
B. Ordnungspolitische Beurteilungskriterien
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scherweise ein Wettbewerbsversagen zu erwarten. Im konkreten Einzelfall ist dennoch stets zu prüfen, ob der Wettbewerbsprozeß tatsächlich zum Erliegen gekommen ist respektive in seiner Funktionsweise beeinträchtigt wurde und somit nicht die erwarteten Wirkungen eingetreten sind.100
3. Übergeordnete politisch determinierte Ziele Neben Marktversagen und Wettbewerbsversagen wurde als weitere Rechtfertigungsbedingung, die staatliche Eingriffe in marktwirtschaftlichen Systemen aus ordnungspolitischer Perspektive legitimieren kann, das Vorliegen ordnungspolitisch legitimer Ziele, die bei einem funktionsfähigen Markt- und Wettbewerbsprozeß nicht erreicht werden können, angeführt. Im Gegensatz zum Markt- und Wettbewerbsversagen, für deren Vorliegen sich konkrete Tatbestände als Indikatoren identifizieren lassen, ist die Festlegung eines abschließende Gültigkeit beanspruchenden Katalogs politisch determinierter Ziele, die eine ordnungspolitisch legitime Begründung für einen staatlichen Eingriff liefern, kaum möglich. Ursache hierfür ist insbesondere die Dynamik von gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Prozessen, die im Zeitablauf zu Änderungen der wirtschaftlichen und sozialen Lage führen und entsprechende Zielfestlegungen immer nur als eine Momentaufnahme erscheinen lassen.101 Deshalb soll vielmehr auf ein Verfahren zurückgegriffen werden, mit dem sich übergeordnete politisch determinierte Ziele ordnungspolitisch rechtfertigen lassen und damit einen legitimen staatlichen Handlungsbedarf begründen. Im Zusammenhang mit dem Bekenntnis zu einem marktwirtschaftlichen System wurde bereits verdeutlicht, daß dieses besonders zur Realisierung der gesellschaftlichen Grundwerte Freiheit, Gerechtigkeit und Sicherheit geeignet ist.102 Insbesondere das für eine freiheitliche Gesellschaftsordnung fundamentale Ziel der individuellen Freiheit wird hierdurch sehr gut realisiert. Solange die Ziele eine formale Interpretation erfahren, besteht zwischen Freiheit, Sicherheit und Gerechtigkeit Zielharmonie.103 Die Sicherstellung der individuellen Freiheit korrespondiert also mit Gerechtigkeit und Sicherheit. Werden diese Ziele hingegen in materialer Weise interpretiert, so erhalten sie einen Ergebnischarakter.104 Gleichheit wird dann als materielles Ergebnis der Freiheit verstan100 Eine solche Prüfung ist mit enormen Schwierigkeiten verbunden. Sehr anschaulich werden entsprechende Bewertungsprobleme von Crandall / Winston (2003) am Beispiel der amerikanischen Antitrust-Politik herausgearbeitet. 101 Vgl. Giersch (1961), S. 59 ff., Streit (2000), S. 241 ff. 102 Siehe hierzu die Ausführungen in diesem 4. Kap., A. II. 103 Vgl. Leckebusch (1991), S. 97 f. 104 Zu einer Unterscheidung von materieller und formaler Freiheit siehe Giersch (1961), S. 73 f.
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4. Kap.: Entwicklung des ordnungspolitischen Referenzrahmens
den, Sicherheit als eine auch in der Zukunft gesicherte materielle Existenzgrundlage, so daß sich diese Zielsetzungen als „soziale Gerechtigkeit“ zusammenfassen lassen.105 Bei einer solchen Interpretation der Ziele ist davon auszugehen, daß das marktwirtschaftliche System unter Umständen nur bedingt zu einer Verwirklichung der sozialen Gerechtigkeit führen kann, wodurch das angestrebte Ziel der maximalen relativen Freiheit mit dem Gerechtigkeits- und Sicherheitsziel konfligiert.106 So kann beispielsweise zur Absicherung des Existenzminimums ein Mindestmaß an materialer Freiheit jedem Individuum in der Gesellschaft zu garantieren sein.107 Hieraus resultiert eine Umverteilung der Einkommens- und Vermögenspositionen zur Wahrung eines Mindestmaßes an „sozialer Gerechtigkeit“. Die entsprechend erforderlichen staatlichen Eingriffe müssen sich aber am formalen Freiheitsziel orientieren und dürfen dieses nicht weiter einschränken, als für die gewünschte Mindesterfüllung der übrigen Grundwerte erforderlich ist. Im Falle auftretender Zielkonflikte ist der formalen Freiheit eindeutig Priorität einzuräumen, um der freiheitlichen Gesellschaftsordnung zu entsprechen wie auch die Funktionsfähigkeit des marktwirtschaftlichen Systems aufrecht zu erhalten.108 Die Ausführungen zeigen jedoch, daß trotz des Bekenntnisses zu maximaler relativer Freiheit gewisse Bewertungsspielräume bei der Einschätzung der weiteren Grundwerte und der zu deren Realisierung erforderlichen staatlichen Handlungen verbleiben. Diese Spielräume lassen sich jedoch über eine vertragstheoretische Legitimation der Ziele reduzieren. Ausgehend von einer individuellen Betrachtung der Grundwerte erscheint die Verankerung solcher Ziele in einem Gesellschaftsvertrag als legitim, denen alle von der Realisierung betroffenen Individuen freiwillig und einstimmig zustimmen würden.109 Über einen solchen freiwilligen Konsens kann jeder einzelne mittels seines Vetorechts seine individuellen Interessen schützen und seiner eigenen Diskriminierung vorbeugen. Die Anwendung des Einstimmigkeitsprinzips scheitert realiter jedoch schon an den damit verbundenen hohen Transaktionskosten, insbesondere für die Konsensfindung, die damit die einstimmige Entscheidungsfindung als wenig sinnvoll und praktikabel erscheinen lassen.110 Deshalb soll im folgenden das Einstimmigkeitsprinzip durch ein zweistufiges Näherungsverfahren verfeinert werden, das die ordnungspolitische Legitimation von übergeordneten politisch determinierten Zielen auf Basis der Vertragstheorie ermöglicht.111 Vgl. Leckebusch (1991), S. 99, Streit (1995), S. 14. Vgl. Streit (1995), S. 13 ff. 107 Vgl. Leckebusch (1991), S. 103 f. 108 So schreibt Eucken (1952), S. 193: „Die soziale Frage ist heute in ihrem Kern die Frage nach der Freiheit des Menschen.“ Siehe hierzu ebda., S. 312 ff. 109 Vgl. Buchanan (1967), S. 285. 110 Vgl. Homann (1985), S. 54. Darüber hinaus ist mit Erpresserhandlungen einzelner zu rechnen. 111 Vgl. hierzu Homann (1985), S. 60 ff., Grossekettler (1987), S. 16 f., Grossekettler (1991), S. 116 f. 105 106
B. Ordnungspolitische Beurteilungskriterien
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In einem ersten Prüfschritt wird auf der Ebene der theoretischen Rekonstruktion eines hypothetischen Gesellschaftsvertrags gefragt, ob es plausibel erscheint, daß ein bestimmtes Ziel dem Wohle aller von seiner Realisierung Betroffener dient und deshalb konsensfähig erscheint. Dabei wird unterstellt, daß sich die Beteiligten bei der Diskussion des Gesellschaftsvertrags in einem Rawls’schen Urzustand unter dem „Schleier der Ungewißheit“ befinden.112 Eine solche Entscheidungssituation zeichnet sich dadurch aus, daß keiner der Beteiligten die Auswirkungen der zur Diskussion stehenden Entscheidung auf seine persönliche Lage abschätzen kann, wodurch eine von Partikularinteressen losgelöste Entscheidung im Interesse aller zu erwarten ist.113 Rein theoretische Überlegungen im Rahmen eines hypothetischen Vertrags reichen aber nicht aus, um zu prüfen, ob das Ziel tatsächlich dem Allgemeininteresse entspricht und damit legitimiert werden kann.114 Auch dürfte der idealtypische Rawls’sche Urzustand in der Realität niemals exakt vorliegen. Deshalb wird ein zweiter Prüfschritt auf der Ebene der Empirie vorgenommen, bei dem nach Anzeichen in der realen Erfahrungswelt gesucht wird, die das zur Diskussion stehende Ziel faktisch als allgemein anerkannt erachten lassen.115 Mit dem Verweis auf konkludentes Handeln kann daher auf einen impliziten Gesellschaftsvertrag geschlossen werden.116 Die beiden Prüfschritte des Näherungsverfahrens sind als gegenseitiger Test aufzufassen.117 Die theoretischen Überlegungen können sich als falsch erweisen und bedürfen daher der Kritik durch den Verweis auf konkludentes Handeln, umgekehrt bedarf das mit Defiziten gekennzeichnete in Form der Demokratie institutionalisierte Konsenssystem zumindest der Kritik durch theoretische Reflexion. Erst wenn sowohl die hypothetische Rechtfertigung als gegeben erscheint und sich zusätzlich Anzeichen der Zustimmung in der Realität bei faktisch Betroffenen finden lassen, können übergeordnete politisch determinierte Ziele als vertragstheoretisch legitim erachtet werden und somit eine Rechtfertigung für staatliche Eingriffe liefern. Das Vorliegen übergeordneter politisch determinierter Ziele ist damit neben Marktversagen und Wettbewerbsversagen eine weitere Bedingung, deren Erfüllung eine Voraussetzung für einen ordnungspolitisch legitimen staatlichen Eingriff zur Förderung des Sports darstellt. Mit der Erfüllung einer dieser drei Bedingungen ist damit die ordnungspolitische Legitimationsbasis für einen staatlichen Eingriff ge112 Zum Rawls’schen Urzustand und zum „Schleier der Ungewißheit“ siehe Rawls (1975), S. 27 ff., S. 140 ff., insbesondere S. 159 ff. 113 Vgl. Rawls (1975), S. 29. 114 Vgl. Homann (1985), S. 64. Er führt insbesondere das Argument an, daß die Entscheidung zu leicht von einer kleinen Gruppe vermeintlicher Experten bestimmt werden kann und damit schwerlich mit einem freiheitlichen System in Einklang zu bringen ist. 115 Vgl. Homann (1985), S. 62 f. 116 Vgl. Grossekettler (1987), S. 16 f. 117 Vgl. Homann (1985), S. 64 f., Grossekettler (1991), S. 116.
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4. Kap.: Entwicklung des ordnungspolitischen Referenzrahmens
geben, wenngleich damit ein solcher keinesfalls zwingend erfolgen muß. Es ist weder etwas darüber ausgesagt, ob ein Eingriff tatsächlich erfolgen sollte, noch in welchem Umfang dies zu geschehen hätte. Insbesondere im Fall des Marktversagens oder Wettbewerbsversagens liegt noch kein konkretes Ziel vor, das den Ausgangspunkt für staatliche Maßnahmen bildete. Beispielsweise lassen sich vielen Gütern die Eigenschaften eines öffentlichen Gutes zuschreiben, ohne daß damit gleichzeitig deren staatliche Bereitstellung als sinnvoll erachtet werden kann.118 Die Ziele hinsichtlich der Bereitstellung respektive des Umfangs der Bereitstellung werden letztlich im politischen Prozeß ermittelt.119 Hierbei muß als Kriterium für die Zielstellung des staatlichen Eingriffs das Interesse der Allgemeinheit herangezogen werden, womit sich die konkrete Zielstellung wiederum mittels des bereits vorgestellten zweistufigen Näherungsverfahrens vertragstheoretisch legitimieren läßt.120 In diesem Fall dient also das vertragstheoretische Prüfverfahren der Legitimation einer konkreten politischen Zielstellung, wobei die Voraussetzung für die Notwendigkeit einer entsprechend zu formulierenden Zielstellung auf ein Marktversagen oder Wettbewerbsversagen zurückzuführen ist. Hiervon abzugrenzen sind übergeordnete politisch determinierte Ziele. Diese beruhen zwar ebenfalls auf einer vertragstheoretischen Legitimation, stellen aber selbst eine notwendige Bedingung dar, deren Erfüllung die Voraussetzung für einen ordnungspolitisch legitimen staatlichen Eingriff schafft. Insofern stehen übergeordnete politisch determinierte Ziele, Marktversagen und Wettbewerbsversagen als notwendige Bedingungen für einen ordnungspolitisch legitimen staatlichen Eingriff in gleichwertigem Verhältnis zueinander.
II. Kriterien ordnungspolitisch legitimer Maßnahmen der öffentlichen Sportförderung Marktversagen, Wettbewerbsversagen oder übergeordnete politisch determinierte Ziele wurden im vorangegangenen Abschnitt als Bedingungen für einen ordnungspolitisch legitimen Eingriff des Staates in die marktwirtschaftlichen Prozesse zur Förderung des Sports dargestellt. Bereits dort wurde darauf hingewiesen, daß die Erfüllung einer dieser Bedingungen eine notwendige Voraussetzung für einen ordnungspolitisch gerechtfertigten staatlichen Eingriff darstellt, einen solchen aber keinesfalls zwingend nach sich ziehen muß. Vielmehr setzt ein staatlicher Eingriff voraus, daß der Staat über geeignete ordnungspolitisch legitime Maßnahmen verfügt, seine anvisierten Ziele zu realisieren. Es stellt sich nun also die Frage, welchen Kriterien ordnungspolitisch legitime Maßnahmen der öffentlichen Sportförderung genügen müssen. 118 Einen Überblick über Verfahren zur Präferenzaufdeckung für die Bereitstellung öffentlicher Güter liefern Pommerehne / Römer (1992). 119 Vgl. Bögelein (1990), S. 231. 120 Vgl. Grossekettler (1987), S. 16 f., Grossekettler (1991), S. 113 ff.
B. Ordnungspolitische Beurteilungskriterien
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Zentrales Beurteilungskriterium muß sein, inwieweit die zu ergreifenden Maßnahmen mit dem Leitbild des Wirtschaftssystems kompatibel sind, also die Frage nach ihrer Systemkonformität. Das Ergreifen systemkonformer Maßnahmen erscheint jedoch erst dann als sinnvoll, wenn bereits sichergestellt wurde, daß sie zur Realisierung der anvisierten Ziele beitragen. Darüber hinaus sollten auch nur solche Maßnahmen tatsächlich ergriffen werden, die aus Sicht ihrer Wirtschaftlichkeit vertretbar erscheinen. Deshalb sollen hier, anknüpfend an das ordnungspolitische Legitimationspostulat, die Maßnahmen im Hinblick auf Zielkonformität, Systemkonformität sowie Verhältnismäßigkeit beurteilt werden.121 Nachfolgend werden diese Beurteilungskriterien nun konkretisiert.
1. Zielkonformität Staatliche Maßnahmen gelten dann als zielkonform, wenn sie zur Erreichung gesetzter Ziele geeignet sind. „Wie jedes technische Instrument so konstruiert sein muß, daß mit seiner Hilfe der gewollte Effekt optimal herbeigeführt werden kann, so muß auch das wirtschaftspolitische Mittel im Hinblick auf den Zweck, dem es dienen soll, brauchbar sein. Es muß zielkonform sein.“122 Die Forderung nach der Zielkonformität einer Maßnahme bedeutet also, daß die potentielle Maßnahme über einen entsprechenden Kausalnexus zu einer Veränderung des zu beeinflussenden Zielsachverhaltes in der gewünschten Weise geeignet sein muß. Die Maßnahme wird unter einem teleologischen Aspekt beurteilt. Es findet eine Art Umkehrung der theoretischen Kausal-Funktional-Analyse statt, wobei vom Ziel ausgehend nach dem Weg seiner Verwirklichung gefragt wird.123 Die Beurteilung einer potentiellen Maßnahme setzt also eine kausaltheoretisch fundierte Mittel-Zweck-Betrachtung voraus, da nur aufgrund der theoretischen Erkenntnisse über Tatsachen und deren Zusammenhänge bestimmte Maßnahmen auf die instrumentelle Eignung für die angestrebte Zielverwirklichung eingeschätzt werden können.124 Können die Kausalzusammenhänge zwischen Zielen und Maßnahmen als theoretisch geklärt angenommen werden, so lassen sich sämtliche Ziele rational ansteuern.125 121 Vgl. Grossekettler (1987), S. 16 f., Grossekettler (1991), S. 112 ff. Damit wird der enge ordnungspolitische Rahmen, der sich auf die Prüfung der Maßnahmen hinsichtlich ihrer Systemkonformität beschränkt, um eigenständig daneben stehende Forderungen aus dem Bereich der allgemeinen Theorie der Wirtschaftspolitik erweitert. Für eine strikte Unterscheidung von Ziel- und Ordnungskonformität siehe beispielsweise Gutmann (1986), S. 49 f. 122 Seraphim (1955), S. 316. 123 Vgl. Mehler (1970), S. 215. 124 Vgl. Mehler (1970), S. 216. 125 Vgl. Wegner (1996), S. 41.
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4. Kap.: Entwicklung des ordnungspolitischen Referenzrahmens
Die operationale Formulierung von Zielen ist eine logische Voraussetzung, um Maßnahmen hinsichtlich ihrer Zielerreichung beurteilen zu können.126 Die angestrebten Ziele sollen zu einer Änderung der aktuellen Situation hin zu einer politisch gewünschten Soll-Situation führen.127 Diesen Soll-Zustand gilt es nachvollziehbar zu beschreiben, so daß die Annäherung an diesen Zustand theoretisch und empirisch überprüfbar wird. Dies erweist sich insbesondere bei qualitativen Zielen als schwierig. Ist die konkrete Zielbildung erschwert oder nahezu unmöglich, oder werden politische Ziele unscharf formuliert, so sind nomologische Aussagen kaum noch zu treffen.128 Damit kann schon eine theoretisch fundierte Beurteilung der Maßnahmen schwerlich erfolgen. Je mehr das politisch gesetzte Ziel aber über reinen Leerformelcharakter hinaus reicht und je größer der empirische Gehalt seiner Formulierung ist, um so günstiger gestaltet sich die Möglichkeit einer fundierten Beurteilung der Zielerreichung.129 Die Abgrenzung von Ziel und Maßnahme ist nicht immer eindeutig. Im Falle vertikaler Zielbeziehungen erhalten Ziele auch Mittelcharakter, d. h., sie sind nach anderen Zielen hinterfragbar.130 Dies resultiert daraus, daß jedes Problem, also jede unbefriedigende und damit zu verbessernde Ausgangslage im Hinblick auf eine erstrebenswert erscheinende Soll-Situation, immer nur einen Ausschnitt aus der zu einem bestimmten Zeitpunkt gegebenen „Problemhierarchie“ darstellt.131 Jedes Problem stellt ein Teilproblem innerhalb eines übergeordneten Problemkreises dar respektive weist selbst wieder untergeordnete Probleme auf. Damit läßt sich nur im konkreten Fall sagen, was Ziel und was Maßnahme ist. Dient ein Ziel als Maßnahme zur Erreichung eines höherrangigen Ziels, so stellt es ein Vor- oder Zwischenziel dar, während das höherrangige Ziel das Endziel bildet.132 Streng genommen kann es also nur ein Ziel mit reinem Endzielcharakter geben, das seinerseits nicht als Maßnahme für ein höherrangiges Ziel dient, und nur eine Maßnahme mit reinem Maßnahmencharakter, die nicht selbst den Stellenwert eines Ziels aus einer untergeordneten Ebene heraus betrachtet hat. Die im Rahmen der Zielverfolgung mit der ergriffenen Maßnahme verbundenen Nebenwirkungen müssen ebenfalls analysiert werden. Nebenwirkungen ergeben sich, weil das jeweilige Ziel immer nur einen Ausschnitt aus der ganzen Zielsituation respektive der gesamten Problemhierarchie und den daraus resultierenden vertikalen wie horizontalen Ziel-Maßnahmen-Beziehungen darstellt.133 Der die Maßnahme ergreifende Politiker, „der nicht nur die primären, sondern auch die sekun126 127 128 129 130 131 132 133
Vgl. Grossekettler (1991), S. 113. Vgl. Wegner (1996), S. 51 f. Vgl. Wegner (1996), S. 52. Vgl. Tuchtfeldt (1982), S. 182 ff. Zu möglichen Zielbeziehungen siehe Streit (2000), S. 282 ff. Vgl. Jöhr / Singer (1969), S. 30 f. Vgl. Tuchtfeldt (1982), S. 182. Vgl. Myrdal (1933), S. 305.
B. Ordnungspolitische Beurteilungskriterien
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dären und gegebenenfalls auch die weiteren Wirkungen der von ihm einzusetzenden Mittel kennt und sich dessen bewußt ist, daß es sich in aller Regel nicht darum handelt, ein isoliertes Ziel zu verwirklichen, wird bei der Wahl der Mittel auch die Zusammenhänge möglicher Ziele zu berücksichtigen haben.“134 Im Hinblick auf die angestrebten Hauptwirkungen können die nicht-intendierten Nebenwirkungen der Maßnahmen positiv, neutral oder negativ sein, wobei insbesondere die negativen Wirkungen von Interesse der hier vorgenommenen Betrachtung sind. Nebenwirkungen ergeben sich aber nicht nur im Hinblick auf das anvisierte Ziel und weitere Ziele. Vielmehr ist davon auszugehen, daß jede potentielle Maßnahme auf eine Vielzahl ökonomischer Systemzustände Einfluß nimmt.135 Hieraus können sich Situationen ergeben, die Nachkorrekturen bzw. weitere Eingriffe des Staates nach sich ziehen.136 Setzen sich solche Prozesse fort, kann es auch zu einer Neubewertung des ursprünglich verfolgten Ziels kommen, die im Extremfall die Aufgabe des Ziels nach sich zieht. Die Analyse der Zielkonformität stellt eine Ausschnittsbetrachtung dar. Letztlich bleibt es der Politik überlassen, wie sie das Wissen um mögliche Nebenfolgen einschätzt und aufgrund dieser Einschätzung an den ergriffenen Maßnahmen festhält respektive zu einer Zielverfolgung noch bereit ist. Bei der Beurteilung der Maßnahmen bezüglich ihrer Zielkonformität kommt es folglich auch darauf an, nicht intendierte Nebenwirkungen der potentiellen Maßnahmen offenzulegen. Im Rahmen der Zielkonformitätsanalyse soll also das Augenmerk auf die Operationalisierung der Ziele, auf Beziehungen zwischen den Zielen und Nebenwirkungen sowie auf die den potentiellen Maßnahmen zugrundeliegende theoretische Fundierung der Zielgerichtetheit gelenkt werden.
2. Systemkonformität Nicht alle Nebenwirkungen staatlicher Maßnahmen können antizipiert und transparent gemacht werden. Folglich hat jeder Eingriff Experimentcharakter.137 Ziel muß es daher sein, die Nebenwirkungen möglichst gering zu halten. Damit dürfte dann zu rechnen sein, wenn die Funktionsprinzipien des Systems durch die staatliche Maßnahme nicht gefährdet werden. Damit ist das zweite Beurteilungskriterium, die Systemkonformität, angesprochen. Da es in der Literatur keine einheitliche inhaltliche Konkretisierung der Systemkonformität gibt, existieren divergierende Ansätze und daraus resultierende KriSeraphim (1955), S. 317. Vgl. Wegner (1996), S. 64 ff. 136 Dies wäre nur im Falle einer realistischerweise nicht durchführbaren Totalanalyse vermeidbar, die ex ante sämtliche in Frage kommenden Nebenwirkungen prognostizierte. 137 Vgl. Wegner (1996), S. 69. 134 135
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4. Kap.: Entwicklung des ordnungspolitischen Referenzrahmens
terien zur Beurteilung der Systemkonformität einer staatlichen Maßnahme. Die Bewertung einer Maßnahme hinsichtlich ihrer Systemkonformität wird aber maßgeblich von den zugrunde gelegten Beurteilungskriterien determiniert. Deshalb sind diese offenzulegen. Es bietet sich an, zunächst die relevanten Ansätze für das Verständnis der Systemkonformität nachzuzeichnen und hinsichtlich ihrer Geeignetheit zur Bewertung der Systemkonformität einer staatlichen Maßnahme im Rahmen der vorliegenden Abhandlung zu untersuchen. Die sich in der Analyse offenbarenden Defizite können als Ansatzpunkte für ein für diese Abhandlung zu entwickelndes Verständnis von systemkonformen Maßnahmen dienen. Mit diesem sollen die eruierten Defizite vermieden, die gewonnenen Erkenntnisse aber genutzt werden, um auf dieser Basis praktikable Kriterien zur Beurteilung staatlicher Maßnahmen erarbeiten zu können. Im folgenden sollen zunächst das traditionelle Verständnis des Kriteriums der Systemkonformität sowie dessen Erweiterung aus freiheitlicher Perspektive aufgezeigt und problematisiert werden, bevor dieses Kriterium im nächsten Schritt auf Basis der identifizierten Problemkreise als Beurteilungsmaßstab für staatliche Maßnahmen pragmatisch konkretisiert wird. a) Traditionelles Verständnis der Systemkonformität Das Konformitätskriterium setzt an dem allgemein anerkannten Prinzip der Einheitlichkeit und inneren Widerspruchslosigkeit wirtschaftspolitischer Maßnahmen zueinander an.138 In diesem Kontext bezieht es sich auf das Ausmaß der Vereinbarkeit von Maßnahmen mit dem wirtschaftlichen Gesamtsystem.139 Das Kriterium der Systemkonformität trifft also eine Aussage darüber, ob Maßnahmen im Rahmen des gegebenen Wirtschaftssystems zur Lösung des betreffenden Problems „zugelassen“ werden können.140 Dabei wird die Diskussion um zugelassene Instrumente bisweilen auf das Kriterium der Marktkonformität beschränkt. Ausgehend von einem punktualistisch orientierten Interventionismus nach dem Ersten Weltkrieg wurde nach kategorialen Regeln für staatliche Eingriffe gesucht. Von Mises’ „Kritik des Interventionismus“ (1929) angeregt, führten diese Anstrengungen über Röpkes „Maximen rationeller Intervention“ (1929) bis zu Rüstows „Liberalen Interventionismus“ (1932).141 Ausgangspunkt für das Kriterium der Marktkonformität bildet Röpkes Konformitätsprinzip.142 „Konform sind solche Interventionen, die die Preismechanik und Vgl. Tuchtfeldt (1960), S. 203 ff., Seraphim (1955), S. 318, Thalheim (1955). Vgl. Tuchtfeldt (1960), S. 214. 140 Vgl. Tuchtfeldt (1960), S. 209. Während also Zielkonformität ein teleologisches Kriterium ist, macht diese Definition von Systemkonformität deutlich, daß es sich hierbei um ein eher dogmatisches Kriterium handelt. 141 Zu einem historischen Abriß der Entwicklung von der Markt- zur Systemkonformität siehe Tuchtfeldt (1960), S. 210 ff. 138 139
B. Ordnungspolitische Beurteilungskriterien
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die dadurch bewirkte Selbststeuerung des Marktes nicht aufheben, sondern sich ihr als neue ,Daten‘ einordnen und von ihr assimiliert werden, nichtkonform solche, die die Preismechanik lahmlegen und daher durch planwirtschaftliche (kollektivistische) Ordnung ersetzen müssen.“143 Eine solche Ausrichtung der Konformitätsprüfung ausschließlich auf den Preismechanismus ist für eine Beurteilung der Systemkonformität anhand des oben skizzierten Systemverständnisses aber nicht ausreichend. So können Maßnahmen wie Zölle, die den Preismechanismus nicht außer Kraft setzen, nach dem Prinzip der Marktkonformität als systemkonform klassifiziert werden, im Falle einer zu hohen Eingriffsquantität aber eine prohibitive Wirkung entfalten und damit den Preismechanismus lahm legen.144 Auch das Heranziehen des Modells der vollständigen Konkurrenz bei der Prüfung der Funktionsweise des Preismechanismus ist zu kritisieren, da der Preis hier für die Wirtschaftssubjekte als der einzig verhaltenssteuernde Parameter begriffen wird, was nicht der Realität entspricht.145 Auch ist ein solch statisches Kriterium nicht mit dem hier zugrunde gelegten dynamischen Markt- und Wettbewerbsverständnis vereinbar. Ferner und hier von besonderer Relevanz ist, daß der Preismechanismus zwar ein wesentliches, aber nicht das einzig relevante Element eines funktionierenden marktwirtschaftlichen Systems ist.146 Wie schon gezeigt wurde, wird der Wirtschaftsprozeß auch von der jeweiligen Rahmenordnung bestimmt. So sind staatliche Eingriffe denkbar, die nicht unmittelbar auf den Preismechanismus einwirken, sondern über eine Änderung der Ordnung Einfluß auf das Marktgeschehen nehmen.147 Entsprechende Maßnahmen, die geeignet erscheinen, das Verhalten der Wirtschaftssubjekte in einer Weise zu verändern, die zu einer (nicht intendierten) Veränderung des Wirtschaftssystems beitragen können, sind von daher kaum als systemkonform zu bezeichnen.148 Das Kriterium der Marktkonformität ist also zu erweitern. Es darf nicht alleine auf einen funktionsfähigen Preismechanismus abgestellt werden. Deshalb hat Thalheim eine tiefergehende Klassifikation entwickelt, die staatliche Eingriffe dahingehend überprüft, inwieweit die Wirtschaftsordnung sie noch „verdauen“ kann.149 142 Es sei darauf hingewiesen, daß Röpke selbst den Ausdruck „marktkonform“ niemals verwendet hat, sondern stets nur von „konform“ oder „nichtkonform“ spricht. Siehe hierzu Tuchtfeldt (1960), S. 212, Gutmann (1980), S. 140. 143 Röpke (1979), S. 259. 144 Vgl. Dohrendorf (1952), S. 27 ff. Für sie ist die Qualität einer Maßnahme abhängig von ihrer Anwendung, weshalb sie a priori nicht zwingend klassifizierbar sein muß. 145 Vgl. Watrin (1957), S. 52, Dohrendorf (1952), S. 32 ff. 146 Vgl. Dohrendorf (1952), S. 40. 147 Nach Eucken (1952), S. 250, hängt die Wirkung einer Maßnahme von der Wirtschaftsordnung ab und bewirkt zugleich ihrerseits eine größere oder kleinere Veränderung dieser Ordnung. 148 Vgl. Gutmann (1986), S. 50. 149 Vgl. Thalheim (1955), S. 582 ff.
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4. Kap.: Entwicklung des ordnungspolitischen Referenzrahmens
Fünf Konformitätsgrade können unterschieden werden.150 Systemnotwendig sind Eingriffe, die das Wirtschaftssystem sichern respektive es an das ihr zugrundeliegende Leitbild annähern sollen. Systemfördernde Eingriffe dienen der Verringerung oder Beseitigung von Funktionsstörungen innerhalb des Systems und erleichtern damit dessen Wirkungsweise. Von systemadäquaten Maßnahmen wird vermutet, daß sie die Funktionsfähigkeit des Systems gar nicht oder nur unwesentlich beeinflussen. Als systemverschlechternd werden Eingriffe bezeichnet, die die Funktionsfähigkeit des Systems mindern, aber noch vom System verarbeitet werden können, seine Funktionsfähigkeit also nicht völlig außer Kraft setzen. Letzteres wird den systemzerstörenden Maßnahmen zugeschrieben, die zu ihrer Absicherung oftmals weitere systemzerstörende Interventionen nach sich ziehen. Im Falle einer großen Summation entsprechender, immer weitergehender Interventionen ist dann die Gefahr des Übergangs von einem marktwirtschaftlichen System in eine Zentralverwaltungswirtschaft gegeben.151 Die Einordnung der Eingriffe hinsichtlich der Konformitätsgrade ist aber nicht frei von Schwierigkeiten. Zum einen ist die Einordnung abhängig von der konkreten Ausgestaltung und Dosierung der Maßnahme sowie dem spezifischen Kontext ihres Einsatzes.152 Zum anderen erfordert eine ex ante-Beurteilung der Maßnahmen Wissen, über welches die staatlichen Akteure im dynamischen Markt- und Wettbewerbsprozeß nicht vollständig verfügen können.153 Somit ist auch dieser Ansatz nur bedingt befriedigend. Eine alternative Erweiterung zielt auf die Bedeutung des Wettbewerbs als konstituierendes Element eines marktwirtschaftlichen Systems ab. So könnte die Erweiterung „etwa der Art [sein], daß man ,wettbewerbskonforme Eingriffe‘ empfiehlt“, die sich an einem Modell des dynamischen Wettbewerbs zu orientieren haben.154 Dann kann die Wettbewerbskonformität als Kriterium der Systemkonformität staatlicher Eingriffe verstanden werden, wobei wettbewerbskonforme und wettbewerbsinkonforme Maßnahmen zu unterscheiden sind.155 Entsprechend der Gradualisierung der Systemkonformität kann auch hier eine Unterscheidung in 150 Thalheim (1955), S. 583 ff., unterscheidet sechs Konformitätsgrade, wobei die systemneutralen Eingriffe hier ausgeklammert bleiben. Systemneutral bedeutet, daß die Eingriffe die Funktionsfähigkeit des Systems in keiner Weise beeinflussen, wobei dies bereits in der Kategorie der systemadäquaten enthalten ist. Siehe hierzu auch Tuchtfeldt (1960), S. 225 ff., der ebenfalls nur fünf Konformitätsgrade unterscheidet. 151 Ein entsprechend mechanischer Übergang, wie ihn die Transformationshypothese nach Mises (1923) oder Röpke (1948), S. 260 ff., beschreibt, ist aber nicht zwingender Natur; der Trend eines Übergangs ist aber anzunehmen. Siehe hierzu Dohrendorf (1952), S. 24 f., S. 36, Mehler (1970), S. 223, Gutmann (1980), S. 141. 152 Vgl. Streit (2000), S. 316 f. 153 Siehe hierzu bereits Tuchtfeldt (1960), S. 225, S. 232 ff. Zum grundsätzlichen Problem einer a priori-Klassifizierung siehe auch Dohrendorf (1952), S. 27 ff. 154 Watrin (1957), S. 60. 155 Vgl. Gutmann (1986), S. 50 f., Gutmann (1980), S. 190.
B. Ordnungspolitische Beurteilungskriterien
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wettbewerbsnotwendige, -fördernde, -adäquate, -inadäquate und -zerstörende Eingriffe vorgenommen werden,156 wobei auch hier das Problem einer korrekten Einordnung nur unbefriedigend gelöst werden kann. Festzuhalten bleibt, daß ein Kriterium der Systemkonformität, das auf einen funktionsfähigen Preismechanismus als Koordinationssystem beschränkt ist, zu kurz greift. Systemkonforme Eingriffe müssen kompatibel mit dem System sein. Das marktwirtschaftliche System zeichnet sich durch den bereits dargestellten dynamischen Markt- und Wettbewerbsprozeß sowie die für deren Funktionsfähigkeit erforderlichen Ordnungsprinzipien aus. Systemkonform sind demnach Maßnahmen, die weder die Funktionsfähigkeit des Markt- noch des Wettbewerbsprozesses negativ beeinträchtigen. Das Kriterium der Systemkonformität ist hierbei gradueller Natur. Eine pauschalisierende Beurteilung staatlicher Maßnahmen ist kaum möglich, da die Bewertung von der konkreten Ausgestaltung und Dosierung der Maßnahme sowie ihrem kontextspezifischen Einsatz abhängt.
b) Freiheitssichernde Regeln als Konformitätsmaßstab Bei systemkonformen Maßnahmen dürfen der Markt- und der Wettbewerbsprozeß in ihrer Funktionsfähigkeit nicht negativ beeinträchtigt werden. Beide basieren auf der Freiheit der Wirtschaftssubjekte. Die Handlungs- und Entscheidungsfreiheit der Wirtschaftssubjekte sicherzustellen, also Wettbewerbsfreiheit zu garantieren, gilt demnach als oberste Anforderung. Freiheit kann aber nur bestehen, wenn sie nicht dem willkürlichen Zwang anderer Wirtschaftssubjekte oder dem Staat ausgesetzt ist. Vielmehr sollte sie eine Freiheit im Sinne eines Freiseins von Zwang sein.157 Diese gilt es durch allgemeine, abstrakte Regeln, die nur bestimmte Verhaltensweisen verbieten, zu sichern; d. h., niemandem wird positiv ein spezifisches Verhalten vorgeschrieben.158 Zur Konkretisierung freiheitssichernder Regeln kann auf die Konzeption Hayeks zurückgegriffen werden, nach der die Regeln, die den Individuen das maximale Maß an relativer persönlicher Handlungsfreiheit garantieren, allgemein, abstrakt, negativ formuliert und gewiß sein müssen.159 Bei der Ausgestaltung der Regeln lassen sich Anwendungsbereich und Regelungsinhalt differenzieren.160 Aus der Allgemeinheit der Regeln folgt im Hinblick auf den Anwendungsbereich die Forderung nach personeller Indifferenz, zeitlicher Vgl. Gutmann (1980), S. 191 f. Vgl. Hayek (1991), insbesondere S. 13 – 29. 158 Vgl. Hoppmann (1981), S. 228 f. 159 Die weiteren Ausführungen lehnen sich an der Darstellung nach Daumann (2000) an. Siehe auch Streit (1995), S. 25 ff., Daumann (2001), S. 87 ff. 160 Vgl. Daumann (2000), S. 566, Daumann (2001), S. 87. 156 157
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4. Kap.: Entwicklung des ordnungspolitischen Referenzrahmens
Konkretisierung und räumlicher Indifferenz der Regeln.161 Personelle Indifferenz bedeutet, daß eine Regel auf alle Individuen unabhängig ihrer individuellen Eigenschaften angewandt wird, so daß sich der Anwendungsbereich nicht auf ausgewählte Individuen oder Gruppen beschränkt.162 In Bezug auf die zeitliche Konkretisierung hat eine Regel zeitlich unbeschränkt zu gelten, wobei eine rückwirkende Geltung ausgeschlossen ist.163 Die uneingeschränkte räumliche Gültigkeit der Anwendung einer Regel entspricht der Forderung nach räumlicher Indifferenz.164 Damit bedeutet die Allgemeinheit der Regeln, daß der Anwendungsbereich der Regeln sämtliche Individuen gleichermaßen zu umfassen hat. Mit der Allgemeinheit der Regeln ist sichergestellt, daß Individuen formal eine gleiche Behandlung erfahren, die Diskriminierung einzelner Individuen aufgrund von individuellen Eigenschaften oder situativen Gegebenheiten ist aber weiter möglich.165 Von daher sind Anforderungen an den Regelungsinhalt dahingehend zu stellen, daß er weder diskriminierend noch privilegierend wirken darf. So darf er nur „an unbekannte Personen gerichtet [sein] und von allen besonderen Umständen von Ort und Zeit [absehen] und sich nur auf solche Bedingungen [beziehen], die jederzeit und überall auftreten können.“166 Eine Differenzierung des Regelinhalts nach individuellen Eigenschaften ist dann möglich, wenn sie nicht wegen der damit verbundenen Auswirkungen auf identifizierbare Individuen vorgenommen wird.167 Daneben darf im Regelinhalt eine explizite Differenzierung nach Klassen von Individuen vorgenommen werden, die allerdings voraussetzt, daß ihr die Zustimmung der Mehrheit sowohl der Einbezogenen als auch Ausgeschlossenen sicher ist.168 Die Forderung nach Abstraktheit der Regeln kann als konsequente Folgerung aus dem Grundsatz der Allgemeinheit auf semantischer Ebene gesehen werden.169 Um den Regelungsinhalt auf eine unbekannte Zahl von Individuen und Fällen in der Zukunft anwenden zu können, bedarf es einer entsprechend abstrakten Fassung desselben.170 Die Regeln dürfen daher nicht an bestimmte Orte, Situationen oder Zeiten geknüpft sein und keine obligatorischen, konkreten Ziele vorgeben.171 Vgl. Daumann (2000), S. 567 f., Daumann (2001), S. 87 f. Vgl. Hayek (1991), S. 185. 163 Vgl. Hayek (1991), S. 270. 164 Vgl. Hayek (1991), S. 270. 165 So ist beispielsweise die öffentliche Subventionierung der Stahlindustrie, in deren Genuß lediglich die Produzenten einer ausgewählten geographischen Zone kommen, durchaus mit den bisherigen Forderungen vereinbar. Siehe auch Daumann (2001), S. 88. 166 Hayek (1991), S. 181. 167 Vgl. Daumann (2000), S. 568. 168 Vgl. Hayek (1991), S. 186, S. 272. 169 Vgl. Daumann (2000), S. 570. 170 Vgl. Hayek (1991), S. 270. 171 Vgl. Hayek (1954), S. 7. 161 162
B. Ordnungspolitische Beurteilungskriterien
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Die positive Vorgabe konkreter Handlungsanweisungen ist mit individueller Handlungsfreiheit nicht vereinbar. Deshalb fordert der Grundsatz der negativen Formulierung, daß nicht bestimmte Handlungen vorgeschrieben werden, sondern daß Handlungen verboten werden, die einen Eingriff in die individuelle Freiheit anderer zur Folge hätten.172 Damit soll ein Mindestmaß an Freiheit der Individuen gesichert werden. Eine weitere Forderung ist die Gewißheit und damit verbunden die Konsistenz der Regeln.173 Um die Erwartungsbildung der Individuen zu erleichtern und ihnen Planungssicherheit zu gewähren, müssen sowohl Regelungsinhalte als auch Anwendungsbereiche in inhaltlicher wie zeitlicher Dimension gewiß, also eindeutig bestimmt sein. Dies umfaßt auch die Sanktionsmechanismen bei einem Regelverstoß, deren Durchsetzung mit Gewißheit zu erfolgen hat.174 Zur erleichterten Erwartungsbildung ist es ebenso erforderlich, daß die einzelnen Regeln zueinander konsistent sind, da sonst die Gewißheit negativ tangiert wird. Bei gegebener Gewißheit und Konsistenz der Regeln wird es den Individuen dann möglich, bestimmte zukünftige Folgen ihres Handelns auszuschließen und damit die gegebene Ungewißheit in einem gewissen Maße zu reduzieren.175 Die Implementierung freiheitssichernder Regeln in der eben skizzierten Ausgestaltung soll größtmögliche individuelle Handlungsfreiheit sichern, die zentrale Voraussetzung der Funktionsfähigkeit des Markt- und Wettbewerbsprozesses ist. Staatliche Handlungen, die diesen Regelanforderungen nicht zuwiderlaufen, scheinen also mit dem freiheitlichen marktwirtschaftlichen System konform zu sein. Allerdings ist diese Konzeption freiheitssichernder Regeln nicht frei von Schwächen, die es noch aufzuzeigen gilt. Nur so kann geschlossen werden, inwieweit die dargestellte Konkretisierung freiheitssichernder Regeln tatsächlich als Maßstab zur Beurteilung der Zulässigkeit und Ausgestaltung staatlichen Handelns herangezogen werden kann. Allgemeine, abstrakte, negativ formulierte und gewisse Regeln reichen nicht aus, um Einschränkungen der individuellen Freiheit zu verhindern.176 Vielmehr können sie auch den Markt- und den Wettbewerbsprozeß in ihrer Funktionsfähigkeit beeinträchtigen, wie das Extrembeispiel eines allgemeinen und abstrakten Verbots des Privateigentums offenbart. Aber auch das Untersagen des Produzierens und Handelns mit Sportgütern wäre durchaus regelkonform. Ferner entspricht ein Gebot, das ja nicht regelkonform wäre, logisch einer bestimmten Anzahl von Verboten.177 So ist es möglich, über die Intensität der allgemeinen Verbote den Frei172 173 174 175 176 177
Vgl. Hayek (2002), S. 75 ff., Hayek (1991), S. 172 ff. Vgl. Hayek (1991), S. 270 ff. Vgl. Hayek (1991), S. 172. Vgl. Daumann (2000), S. 572. Vgl. Daumann (2001), S. 89 f. Diese Aussage impliziert ein beschränktes Set an Handlungsalternativen.
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4. Kap.: Entwicklung des ordnungspolitischen Referenzrahmens
heitsspielraum weitgehend einzuengen und damit durchaus ein bestimmtes Verhalten zu erzwingen. Das Beispiel eines allgemeinen Verbots des Produzierens und Handelns mit Sportgütern zeigt, daß auch weiterhin Diskriminierungen und Privilegierungen nicht ausgeschlossen werden können.178 Solche allgemeinen Verbote können sehr wohl zu Lasten einzelner Bevölkerungsgruppen gehen, wenn diese unterschiedlich stark davon betroffen sind. Im angeführten Fall wären insbesondere die Sport ausübenden Individuen durch das allgemeine Verbot diskriminiert. Schließlich bedürfen auch allgemeine, abstrakte, negative und gewisse Regeln der individuellen Interpretation. Um die Regeln umzusetzen, müssen im Einzelfall positive Entscheidungen getroffen werden, die notwendig Interpretationsspielräume enthalten.179 Je abstrakter hierbei die Regeln gefaßt sind, desto größer werden die Interpretationsspielräume bei der Anwendung der Regeln sein. Mit zunehmenden Auslegungsmöglichkeiten geht aber vermehrt die Gewißheit über den Regelungsinhalt verloren. Damit wird auch die Planungssicherheit der Individuen reduziert. Eine stärkere Konkretisierung des Regelungsinhaltes könnte dem entgegenwirken, ginge aber zu Lasten einer abstrakten Formulierung. Es existiert folglich ein Trade-off zwischen Abstraktheit und Gewißheit der Regeln.180 Es bleibt festzuhalten, daß die vorgestellte Ausgestaltung freiheitssichernder Regeln für die Konkretisierung des Kriteriums der Systemkonformität keinesfalls abzulehnen ist. Sie ist aber ebensowenig für eine Beurteilung staatlicher Eingriffe ausreichend und bedarf der Ergänzung und weiteren Konkretisierung. Insbesondere erweist sich die Operationalisierung der Regeln als schwierig, die aber für eine trennscharfe Beurteilung staatlicher Handlungen im Hinblick auf deren Systemkonformität unerläßlich ist. c) Pragmatische Konkretisierung der Systemkonformität Die bisherigen Ausführungen verdeutlichen die mit einer Konkretisierung des Kriteriums der Systemkonformität verbundenen Problemkreise. In Zusammenhang mit der Diskussion des traditionellen Verständnisses wurde offenbar, daß eine Maßnahme nicht per se als systemkonform oder systeminkonform klassifiziert werden kann. Eine entsprechende Einordnung hängt immer auch von der konkreten Ausgestaltung und Dosierung der Maßnahme wie auch dem situativen Kontext ihres Einsatzes ab. Ferner kann eine Maßnahme nicht kategorisch als entweder absolut systemkonform oder vollkommen systeminkonform bezeichnet werden. Vielmehr bilden diese beiden Extreme die Endpunkte eines Kontinuums, auf dem sich verschiedene Grade der Systemkonformität abtragen lassen. Die Diskussion frei178 179 180
Vgl. Daumann (2001), S. 90 f. Vgl. Okruch (1998), S. 15 f. Vgl. Daumann (2000), S. 576 f.
B. Ordnungspolitische Beurteilungskriterien
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heitssichernder Regeln hat die Schwierigkeiten ihrer Konkretisierung und Operationalisierung als Konformitätsmaßstab gezeigt und damit ebenfalls die Problematik einer trennscharfen Beurteilung von staatlichen Maßnahmen verdeutlicht. Insgesamt wurde aus beiden dargestellten Ansätzen ersichtlich, daß es durchaus möglich ist, eine Reihe relevanter Kriterien zur Beurteilung der Systemkonformität einer Maßnahme aufzustellen. Da die zu beurteilende konkrete Maßnahme de facto aber kaum allen Kriterien vollständig genügen wird, kann nicht mittels eines einfachen schematischen Vorgehens im Wege einer Überprüfung der Erfüllung der Kriterien eine abschließende Beurteilung der Maßnahmen bezüglich ihrer Systemkonformität vorgenommen werden. Es verbleiben immer noch Beurteilungsspielräume. Eine pragmatische Lösung für die Reduktion der Bewertungsspielräume und die Beurteilung der Maßnahmen hinsichtlich ihrer Systemkonformität muß gefunden werden. Dabei ist im Einzelfall der konkreten Maßnahme ein Abwägen erforderlich, das die Ausgestaltung der Maßnahme wie auch den Gesamtkontext ihres Einsatzes in Betracht zieht.181 Hierbei können dann alternative Maßnahmen berücksichtigt werden, die ebenfalls als zielkonform gelten. Von diesen ist derjenigen der Vorzug zu gewähren, die die beste Erfüllung der noch aufzuzeigenden Kriterien der Systemkonformität erwarten läßt. Systemkonform ist in diesem pragmatischen Sinne eine Maßnahme also dann, wenn sie weder die Funktionsfähigkeit des Markt- noch des Wettbewerbsprozesses mindert oder völlig außer Kraft setzt, wobei bei Vorliegen einer Bedingung für eine ordnungspolitisch gerechtfertigte staatliche Tätigkeit von den zielkonformen Maßnahmen diejenige das höchste Konformitätsniveau aufweist, die die Funktionsfähigkeit des Markt- und Wettbewerbsprozesses im konkreten Einzelfall am wenigsten beeinträchtigt. Ausgangspunkt für die Kriterien der Systemkonformität muß also der Erhalt der Funktionsfähigkeit des Markt- und des Wettbewerbsprozesses sein. Maßnahmen werden die Funktionsfähigkeit des Marktprozesses dann nicht gefährden, wenn weder Privateigentum und Haftung noch der Preismechanismus eingeschränkt werden und dem Subsidiaritätsprinzip folge geleistet wird. Der Wettbewerbsprozeß wird dann funktionsfähig sein, wenn die Maßnahmen allgemein sind, ein freier Einsatz der Aktionsparameter sichergestellt ist und die Märkte offengehalten werden. Insgesamt werden die beiden marktwirtschaftlichen Prozesse nicht beeinträchtigt, wenn die Maßnahmen vorhersehbar sind. Im folgenden sollen diese Kriterien nun inhaltlich konkretisiert werden. Privateigentum ist eine Grundvoraussetzung für ein funktionsfähiges marktwirtschaftliches System. Exklusive Handlungs- und Ausschlußrechte, verbunden mit der Haftung für das eigene Handeln, ermöglichen es, die Folgen des Handelns den sie verursachenden Wirtschaftssubjekten zuzurechnen. Damit hat das einzelne Wirtschaftssubjekt die Chance, private Handlungs- und Ausschlußrechte zu mehren und damit seinen Handlungsspielraum zu erweitern, trägt aber zugleich das 181
Vgl. Streit (2000), S. 316 f.
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4. Kap.: Entwicklung des ordnungspolitischen Referenzrahmens
Risiko, diesen zu verlieren.182 Somit wird insbesondere vermieden, negative Handlungskonsequenzen auf Dritte abwälzen zu können. Aus dieser Selbstbetroffenheit der Wirtschaftssubjekte resultieren Informations- und Motivationsvorteile, die zu einer Reduktion der Koordinationslücken der individuellen Wirtschaftspläne führen.183 Staatliche Eingriffe, die die Selbstbetroffenheit des individuellen Handelns durch nicht exakt abgegrenztes Privateigentum oder fehlende Haftungsregeln außer Kraft setzen, können nicht als systemkonform gelten. Das Preissystem fungiert im Rahmen des Marktprozesses als zentraler Koordinationsmechanismus, der das im System vorhandene Wissen verbreitet und signalisiert, wie zu handeln ist. Daher können nur solche Eingriffe als systemkonform gelten, die die Beweglichkeit der relativen Preise und der damit korrespondierenden Mengen nicht einschränken. Mindest- oder Höchstpreise, Mindest- oder Höchstmengen oder auch politische Mengen- und Preisfestlegungen sind grundsätzlich nicht systemkonform. Sie schränken den Koordinationsmechanismus des Marktes ein und wirken sich negativ auf den Prozeß der Informationsgewinnung und -verbreitung aus.184 Der Marktprozeß ist gekennzeichnet durch die Dezentralität des Aufstellens der Wirtschaftspläne und derer Koordination. Die Entscheidungskompetenzen liegen demnach zunächst bei den einzelnen Individuen. Im Falle der Notwendigkeit staatlichen Handelns regelt das Subsidiaritätsprinzip die Verteilung der Entscheidungskompetenzen. Zur Wahrung einer größtmöglichen individuellen Handlungs- und Entscheidungsfreiheit beim Aufstellen der Wirtschaftspläne sind die Entscheidungskompetenzen so dezentral wie möglich anzusiedeln. Eine Maßnahme, die gegen das Subsidiaritätsprinzip verstößt, kann folglich nicht als systemkonform gelten. Ein funktionsfähiger Wettbewerb setzt die Freiheit aller, verstanden als relative Freiheit, voraus, die durch allgemeine Regeln abgesichert ist. Aufgrund der bereits erörterten Problematik allgemeiner Regeln sollen allgemeine Regeln als nicht punktuelle Eingriffe des Staates in das marktwirtschaftliche System verstanden werden.185 Allgemeine, möglichst alle Wirtschaftssubjekte betreffende Maßnahmen sind damit als vorrangig gegenüber speziellen, punktuell bei einzelnen Wirtschaftssubjekten ansetzende Maßnahmen zu betrachten. Hauptkritikpunkt an punktuellen Maßnahmen ist aus ordnungspolitischer Sicht ihre diskriminierende respektive privilegierende Wirkung.186 Entsprechende Eingriffe nehmen eine willkürliche Unterscheidung von Wirtschaftssubjekten vor und stellen eine Anmaßung von Wissen der Eingreifenden dar. Die Selektion erfolgt durch das Ergebnis des politischen Prozesses und nicht im Wettbewerbsprozeß. Die damit einhergehende 182 Vgl. Woll (1994), S. 264. Zu den entsprechenden Anreiz- und Sanktionswirkungen siehe auch Hamm (1994), S. 313 ff. 183 Vgl. Thieme (1999), S. 24 f. 184 Vgl. Gutmann (1980), S. 191. 185 Vgl. Eucken (1952), S. 250 f., S. 344 f., Grossekettler (1987), S. 11 ff. 186 Vgl. Hayek (1991), S. 186.
B. Ordnungspolitische Beurteilungskriterien
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willkürliche Selektion einzelner Wirtschaftssubjekte schränkt den Wettbewerbsprozeß hinsichtlich seiner Generierung von Wissen ein und reduziert insbesondere seine kontrollierende Wirkung. Verbunden mit dem Problem der Diskriminierung bzw. der Privilegierung ist auch die nicht zwingend intendierte Beeinflussung des Anreizmechanismus.187 Wirtschaftssubjekte, die durch staatliche Eingriffe eine Privilegierung genießen, orientieren sich nicht mehr zwingend nur an Marktsignalen. Sie können dazu tendieren, ihre unternehmerischen Entscheidungen von der staatlichen Privilegierung abhängig zu machen. Damit wird die individuelle Bereitschaft zu Innovationen tendenziell reduziert. Sowohl die Dynamik des Wettbewerbsprozesses als auch der Marktpreismechanismus büßen an Funktionsfähigkeit ein. Aus den genannten Gründen können punktuelle und damit diskriminierende respektive privilegierende Maßnahmen nicht als systemkonform gelten. Sind staatliche Eingriffe in die für einen funktionsfähigen Wettbewerbsprozeß elementare Handlungs- und Entscheidungsfreiheit der Wirtschaftssubjekte erforderlich, so sollten diese die Handlungsmöglichkeiten nicht nur allgemein einschränken, sondern die Suche nach neuem Wissen zumindest nicht unterbinden bzw. auch Anreize zur Kreation neuer Handlungsmöglichkeiten beinhalten.188 D. h., trotz des staatlichen Eingriffs sollte den Wirtschaftssubjekten ausreichend individuelle Handlungs- und Entscheidungsfreiheit verbleiben, um auf die staatliche Maßnahme reagieren zu können.189 Wirtschaftssubjekten soll so die weitgehend freie Wahl und der freie Einsatz ihrer Aktionsparameter garantiert werden.190 Nur so ist mit innovativen Reaktionen der Anbieter zu rechnen, die ihrerseits wieder Imitationen oder alternative Vorstöße auf der Marktnebenseite nach sich ziehen. Mit zunehmenden individuellen Verhaltensspielräumen wird also tendenziell innovatives Verhalten stimuliert, die Anpassungsflexibilität erhöht und somit die Dynamik des Wettbewerbsprozesses gewährleistet. Werden die Wirtschaftssubjekte durch eine staatliche Maßnahme in der freien Wahl und dem freien Einsatz ihrer Aktionsparameter dahingehend eingeschränkt, daß sie ihnen ein positives Verhalten vorschreibt und keine wahren alternativen Reaktionsmöglichkeiten beläßt, so ist deren Systemkonformität zu negieren. Neben der Gewährung der freien Wahl der Aktionsparameter sollten staatliche Eingriffe auch der Anforderung des Offenhaltens der Märkte genügen. Konkret 187 Vgl. Vanberg (1996), S. 21 ff., Berthold (1967), S. 117 f.; am konkreten Beispiel der staatlichen Technologieförderung siehe Oberender (1987), S. 134. 188 Vgl. Wegner (1996), S. 58 ff., S. 133 ff. 189 Grenzen für die individuelle Handlungs- und Entscheidungsfreiheit werden durch den bestehenden Ordnungsrahmen gesetzt. Die Kreation neuer Handlungen kann jedoch durchaus eine Fortentwicklung der bestehenden Ordnung induzieren. Dann sind die bereits skizzierten Evolutionsprinzipien als ökonomische Aspekte einer liberalen Gesetzgebung zu beachten. Vgl. Grossekettler (1991), S. 111 f., sowie die Ausführungen in diesem 4. Kap., A. IV. 190 Die Relevanz des gesamten Aktionsparametersystems für den Wettbewerb kann unter Ökonomen als prinzipiell anerkannt gelten. Siehe hierzu Herdzina (1986), S. 528, sowie die dort angegebene Literatur.
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4. Kap.: Entwicklung des ordnungspolitischen Referenzrahmens
bedeutet dies, daß durch eine staatliche Maßnahme der freie Marktzutritt und Marktaustritt der Wirtschaftssubjekte nicht eingeschränkt werden darf.191 Offene, nicht geschützte Märkte erhöhen den Raum individueller Handlungsmöglichkeiten. Sie bieten einerseits Anreize zu innovativem Verhalten für einen Verstoß auf den entsprechenden Markt, womit sie andererseits bereits agierende Anbieter dem Druck einer potentiellen Konkurrenz aussetzen.192 Anbieter müssen sich an veränderte Daten anpassen und im Falle mangelnder Anpassungsfähigkeit gegebenenfalls aus dem Markt ausscheiden. Damit setzt der Wettbewerbsprozeß Anreize zur Generierung von Wissen und kontrolliert dessen Verwertung. Staatliche Eingriffe, die dem Offenhalten von Märkten zuwiderlaufen, die also den freien Marktzutritt oder Marktaustritt beschränken, können nicht systemkonform sein. Die Funktionsfähigkeit des Markt- und Wettbewerbsprozesses zeichnet sich auch durch Vorhersehbarkeit der staatlich gesetzten Rahmenbedingungen und Eingriffe aus. Die Sportförderung muß demnach mit einer gewissen Konstanz betrieben werden. Die Forderung nach Konstanz staatlicher Eingriffe ergibt sich aus der Bedeutung der individuellen Erwartungen der Wirtschaftssubjekte für die Koordination ihrer Pläne im Rahmen der Marktprozesse.193 Selbst für das Entstehen der spontanen Handelnsordnung ist ein gewisses Maß an Ordnung und Planungssicherheit für die Wirtschaftssubjekte erforderlich. Instabile, diskretionäre staatliche Eingriffe führen demnach zu einer Erhöhung der individuellen Planungsunsicherheit. Damit stören sie die ordnende Wirkung institutioneller Ausgestaltungen auf die Interaktionen der Wirtschaftssubjekte. Aufgrund der Dynamik der Prozesse kann Konstanz aber nicht auf stationäre und unveränderliche Bedingungen abzielen. Vielmehr ist Konstanz dynamisch zu begreifen, um die Funktionsfähigkeit des Systems auch unter veränderten Daten zu gewährleisten.194 Dies erfordert dann aber, daß mögliche Änderungen der Rahmenbedingungen und Eingriffe den Wirtschaftssubjekten ex ante publiziert werden, damit sie von diesen antizipierbar sind und bei deren Erwartungsbildung Berücksichtigung finden können. Damit wird die staatliche Tätigkeit vorhersehbar. Instabile Rahmenbedingungen und unvorhersehbare staatliche ad hoc-Eingriffe destabilisieren die Erwartungen der Wirtschaftssubjekte, setzen eine erhöhte Anpassungsflexibilität voraus und können daher nicht als systemkonform bezeichnet werden.195 191 Hinsichtlich der Relevanz von Marktschranken im Zusammenhang mit funktionsfähigem Wettbewerb besteht, sofern nicht die konkrete Definition von Marktschranken Gegenstand der Debatte ist, Einigkeit unter Ökonomen. Siehe hierzu Herdzina (1986), S. 529, sowie die dort angegebene Literatur. 192 Vgl. Hamm (1994), S. 307 ff. 193 „Konstanz ist ein zentrales Erfordernis der Wirtschaftspolitik der Wettbewerbsordnung. Die Wirtschaftspolitik stelle einen brauchbaren wirtschaftsverfassungsrechtlichen Rahmen für den Wirtschaftsprozeß her; an diesem Rahmen halte sie beharrlich fest und ändere nur mit Vorsicht.“ Eucken (1952), S. 289. 194 Siehe hierzu die Ausführungen zur grundsätzlichen Ergänzung der Basisprinzipien eines marktwirtschaftlichen Systems um Evolutionsprinzipien in diesem 4. Kap., A. IV.
B. Ordnungspolitische Beurteilungskriterien
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Zusammenfassend bleibt festzuhalten, daß staatliche Eingriffe nicht als systemkonform gelten können, wenn sie die Selbstbetroffenheit individueller Handlungen aushöhlen, die Beweglichkeit relativer Preise verringern, nicht dem Subsidiaritätsprinzip entsprechen, den freien Aktionsparametereinsatz punktuell und diskriminierend statt weitgehend allgemein einschränken, den freien Marktzutritt oder den freien Marktaustritt beschränken sowie mangels Vorhersehbarkeit eine erwartungsdestabilisierende Wirkung entfalten. 3. Verhältnismäßigkeit Ist eine der drei Bedingungen als Voraussetzung für einen ordnungspolitisch legitimierten staatlichen Eingriff in das marktwirtschaftliche System erfüllt und sind zudem ziel- und systemkonforme Maßnahmen gefunden, so sollten dem zu erwartenden Nutzen eines staatlichen Eingriffs auch die mit diesem verbundenen Kosten gegenübergestellt werden. Hierbei sollten staatliche Maßnahmen „im Hinblick auf die Kosten-Nutzen-Relation verhältnismäßig [sein].“196 Mit dem Ergreifen einer Maßnahme sind immer auch zahlreiche Kosten verbunden, die u. a. bei der Planung, Durchführung oder Kontrolle der Maßnahme anfallen. Lassen sich nun keine Maßnahmen finden, bei denen der zu erzielende Nutzen die mit einem Eingriff zusammenhängenden Kosten überwiegt, so ist ein staatlicher Eingriff abzulehnen. Ein staatlicher Eingriff kann erst dann als gerechtfertigt gelten, wenn aus dem Ergreifen einer Maßnahme ein positiver Nettonutzen resultiert.197 Anders ausgedrückt dürfen die Kosten für die Beseitigung einer Funktionsstörung des Markt- oder Wettbewerbsprozesses respektive der Realisierung eines ordnungspolitisch legitimen übergeordneten politisch determinierten Ziels nicht höher sein als der daraus zu erwartende Nutzen. Eine staatliche Maßnahme kann auf ihre Verhältnismäßigkeit hinsichtlich ihrer Kosten-Nutzen-Relation überprüft werden, indem alle durch die Maßnahme verursachten gesamtwirtschaftlichen Kosten und Nutzen erfaßt, bewertet und gegeneinander abgewogen werden. Diesen Versuch unternimmt die Nutzen-Kosten-Analyse, die alle in einer Volkswirtschaft anfallenden Kosten und Nutzen erfaßt und in die Betrachtung zum einen die direkten / internen und zum anderen die indirekten / externen Nutzen und Kosten sowohl pekuniärer als auch technologischer Art mit einbezieht.198 Erweiterte Nutzen-Kosten-Analysen berücksichtigen darüber hinaus 195 Das Prinzip des Vorrangs der Ordnungspolitik vor der Prozeßpolitik kann demnach als eine Spezifizierung des Kriteriums der Vorhersehbarkeit verstanden werden, da mit der Ordnungspolitik das Setzen dauerhafter vorhersehbarer Rahmenbedingungen für den Wirtschaftsprozeß angestrebt wird, die Prozeßpolitik dagegen steuernde Eingriffe in den Wirtschaftsprozeß darstellt. Siehe hierzu Cassel (1988), S. 314 ff. 196 Grossekettler (1991), S. 113. 197 Vgl. Streit (2000), S. 22, S. 317. 198 Vgl. Andel (1998), S. 86 ff., Hanusch (1994), insbesondere S. 8 ff. In Deutschland ist die Durchführung von Nutzen-Kosten-Analysen für geeignete Maßnahmen von erheblicher
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4. Kap.: Entwicklung des ordnungspolitischen Referenzrahmens
die Beschäftigungs- und Verteilungswirkungen von Maßnahmen.199 Am Beispiel einer Sportgroßveranstaltung veranschaulicht, sind beispielsweise direkte Kosten Zuschüsse zum Bau von Sportanlagen, indirekte pekuniäre Kosten Verdrängungseffekte im Tourismussektor, indirekte technologische Kosten Unmut in der Bevölkerung und analog hierzu direkte Nutzen Erlöse aus der Veranstaltung, indirekte pekuniäre Nutzen Einkommenssteigerungen in der Bevölkerung, indirekte technologische Nutzen ein erhöhter Freizeitwert.200 Allerdings ist die Durchführung einer Nutzen-Kosten-Analyse nicht frei von Problemen.201 Diese ergeben sich unter anderem in Bezug auf die Erfassung und Bewertung aller jetziger und zukünftiger Kosten und Nutzen der Maßnahme, der Berücksichtigung der Nebenwirkungen und möglichen Mitnahmeeffekte, der Abschätzung der ökonomischen Wirkungsdauer oder der Auswahl des geeigneten Zinssatzes zur Abdiskontierung zukünftiger Kosten und Nutzen. Damit können Nutzen-Kosten-Analysen nicht abschliessend dem Ideal entsprechen, alle Kosten und Nutzen umfassend zu ermitteln und monetär zu bewerten, trotz dieser bedingten Aussagefähigkeit aufgrund von Informationsdefiziten aber dennoch eine hilfreiche Entscheidungsunterstützung sein. Grundsätzlich kommen als Alternative zur Beurteilung der Verhältnismäßigkeit von Maßnahmen zur Sportförderung ökonomische und ökonometrische Modelle in Betracht.202 Ökonomische Modelle ermöglichen in Form eines stark vereinfachten Abbildes der Wirklichkeit die Beurteilung der Wirkung einer Maßnahme durch einen modelltheoretischen Vergleich der Situationen vor und nach deren Einsatz. Damit können allgemeingültige Erkenntnisse über die Wirkungen von staatlichen Maßnahmen gewonnen werden. Diese beruhen aber auf meist sehr restriktiven ceteris paribus Annahmen und beanspruchen keine empirische Gültigkeit. Ferner betrachten sie i. d. R. nur einen Teilausschnitt aus dem ökonomischen Gesamtzusammenhang. Insofern können ökonomische Modelle hinsichtlich des gesamtwirtschaftlichen Nettonutzens der Sportförderung kaum mehr leisten, als den Rahmen für Plausibilitätsabwägungen zu verbessern.203 Ökonometrische Modelle versuchen, die ökonomischen Wirkungszusammenhänge realitätsnah abzubilden und über empirische Werte der Modellvariablen abzusichern, um dann durch Simulation die Wirkungen der Durchführung einer Maßnahme zu ermitteln.204 Wenngleich entsprechende Schätzungen gerade bei raschem sozio-ökonomischen Wandel im Laufe der Zeit schnell hinterfragensfinanzieller Bedeutung haushaltsrechtlich als Instrument der öffentlichen Haushaltsplanung vorgeschrieben. Siehe hierzu § 6 Abs. 2 HGrG und § 7 Abs. 2 BHO. 199 Vgl. Hanusch (1994), S. 4 f., S. 139 ff. 200 Vgl. Maennig (1998), S. 312 ff. 201 Zu Problemen im allgemeinen siehe Andel (1998), S. 91, im speziellen Fall der Beurteilung von Sportgroßveranstaltungen Maennig (1998), S. 317 ff., Késenne (1999). 202 Vgl. Tuchtfeldt (1982), S. 195 ff. 203 Vgl. Tuchtfeldt (1982), S. 196. 204 Vgl. Tuchtfeldt (1982), S. 196 f.
B. Ordnungspolitische Beurteilungskriterien
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würdig werden und neuerer Spezifikationen bedürften, können aktuelle Schätzungen dennoch eine gute Annäherung an die mit einer Maßnahme verbundene Kosten-Nutzen-Relation bieten. Die Ausführungen machen deutlich, daß die Verhältnismäßigkeit einer Maßnahme zur Sportförderung hinsichtlich der Kosten-Nutzen-Relation nur schwerlich vollständig wissenschaftlich abgesichert und praktisch durchführbar bestimmt werden kann. Zur Überprüfung der Verhältnismäßigkeit können Plausibilitätsüberlegungen eine gute Annäherung sein. Diese können durch die Ergebnisse und Aussagen der skizzierten Ansätze zur Bestimmung der Kosten-Nutzen-Relation gestützt werden.
III. Zusammenfassung: Anforderungen an eine ordnungspolitisch legitime öffentliche Sportförderung In diesem Kapitel sollte ein Referenzrahmen zur Beurteilung der öffentlichen Sportförderung aus ordnungspolitischer Perspektive entwickelt werden. Unter Bezugnahme auf das Leitbild der Marktwirtschaft als Ausgangspunkt ordnungspolitischer Überlegungen konnten Anforderungen entwickelt werden, denen eine ordnungspolitisch legitime öffentliche Sportförderung genügen muß. Diese beziehen sich zunächst auf die Frage, „ob“ überhaupt ein staatlicher Handlungsbedarf gegeben ist und dann darauf, „wie“ gegebenenfalls gehandelt werden soll. Es müssen also Bedingungen als Voraussetzung für eine ordnungspolitische Legitimation eines staatlichen Eingriffs zur Sportförderung erfüllt sein, und zudem muß die zu ergreifende Maßnahme den Kriterien, die eine Maßnahme der öffentlichen Sportförderung ordnungspolitisch rechtfertigen, entsprechen. Marktversagen, Wettbewerbsversagen oder übergeordnete politisch determinierte Ziele wurden als notwendige Bedingungen für einen ordnungspolitisch legitimen Eingriff des Staats zur Förderung des Sports herausgearbeitet. Dabei sind im Falle der Sportförderung die mangelnde Versorgung mit öffentlichen Gütern und die Existenz externer Effekte als konkrete Marktversagensfälle sowie übergeordnete politisch determinierte Ziele von Relevanz. Letztere können dann als ordnungspolitisch legitim aufgefaßt werden, wenn sie in einem zweistufigen Näherungsverfahren sowohl auf theoretischer Ebene Gegenstand eines hypothetischen Vertrags als auch auf empirischer Ebene Gegenstand eines impliziten Vertrags sein können. Ist mindestens eine der drei Bedingungen erfüllt und damit die Voraussetzung für einen ordnungspolitisch legitimen staatlichen Eingriff zur Sportförderung gegeben, ist im nächsten Schritt zu prüfen, wie der Eingriff erfolgen sollte, damit er ebenfalls eine ordnungspolitische Rechtfertigung erfährt. Hierzu müssen die Maßnahmen den Kriterien der Zielkonformität, Systemkonformität und Verhältnismäßigkeit genügen. Während Zielkonformität und Verhältnismäßigkeit relativ einfach zu fassen sind, wurde Systemkonformität pragmatisch dahingehend konkreti-
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4. Kap.: Entwicklung des ordnungspolitischen Referenzrahmens
siert, daß eine systemkonforme Maßnahme weder die Funktionsfähigkeit des Markt- noch des Wettbewerbsprozesses mindert oder außer Kraft setzt, wobei von den zielkonformen Maßnahmen diejenige das höchste Konformitätsniveau aufweist, die im konkreten Einzelfall die Funktionsfähigkeit des Markt- und Wettbewerbsprozesses am wenigsten beeinträchtigt. Von der Systemkonformität einer Maßnahme ist dann auszugehen, wenn sie weder Privateigentum und Haftung noch den Preismechanismus einschränkt, das Subsidiaritätsprinzip nicht gefährdet, den freien Einsatz der Aktionsparameter nicht bzw. weitgehend allgemein statt punktuell und diskriminierend einschränkt, dem Offenhalten der Märkte durch eine Beschränkung des freien Marktzutritts und Marktaustritts nicht zuwiderläuft sowie keine erwartungsdestabilisierende Wirkung mangels Vorhersehbarkeit entfaltet. Die folgende Abbildung 13 faßt die Anforderungen an eine ordnungspolitisch legitime öffentliche Sportförderung nochmals zusammen. Die Erfüllung einer der Bedingungen stellt lediglich eine notwendige Voraussetzung eines ordnungspolitisch legitimen staatlichen Eingriffs zur Förderung des Sports dar. Lassen sich keine geeigneten Maßnahmen finden, die den Kriterien ihrer ordnungspolitischen Legitimation genügen, so ist auch der Eingriff an sich in Frage zu stellen und sollte gegebenenfalls unterbleiben.
Ordnungspolitische Legitimation für einen staatlichen Eingriff zur Sportförderung („ob?“)
Erfüllung einer der drei notwendigen Bedingungen eines ordnungspolitisch legitimen Eingriffs 1) Marktversagen 1.1) Öffentliche Güter 1.2) Externe Effekte 2) Wettbewerbsversagen 3) Übergeordnete politisch determinierte Ziele (Vertragstheoretische Legitimation) Erfüllung der Kriterien einer ordnungspolitisch legitimen Maßnahme
Ordnungspolitische Legitimation staatlicher Maßnahmen zur Sportförderung („wie?“)
1) Zielkonformität 2) Systemkonformität • Privateigentum und Haftung • Funktionsfähiger Preismechanismus • Subsidiarität • Allgemeinheit (Non-Punktualismus) • Freier Aktionsparametereinsatz • Offenhalten der Märkte • Vorhersehbarkeit 3) Verhältnismäßigkeit
Quelle: Eigene Darstellung.
Abbildung 13: Anforderungen an eine ordnungspolitisch legitime öffentliche Sportförderung
B. Ordnungspolitische Beurteilungskriterien
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Die folgenden beiden Kapitel dieser Arbeit widmen sich nun der Überprüfung der öffentlichen Sportförderung in der Bundesrepublik Deutschland anhand der eben skizzierten Anforderungen. Im sich anschließenden fünften Kapitel wird die ordnungspolitische Legitimation für einen staatlichen Eingriff zur Sportförderung geprüft, ehe im sechsten Kapitel die Maßnahmen der öffentlichen Sportförderung einer Bewertung hinsichtlich ihrer ordnungspolitischen Legitimation unterzogen werden.
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5. Kapitel
Ordnungspolitische Analyse der ökonomischen Rechtfertigungsansätze einer öffentlichen Sportförderung Die Ausführungen des dritten Kapitels belegen eindeutig, daß der Sport in der Bundesrepublik Deutschland eine facetten- und umfangreiche staatliche Förderung erfährt. Dieser rein deskriptive Tatbestand sagt aber noch nichts über die Sinnhaftigkeit einer solch weitgehenden öffentlichen Sportförderung aus ordnungspolitischer Sicht aus. Eine entsprechende Aussage kann getroffen werden, indem geprüft wird, ob die Bedingungen für ein staatliches Tätigwerden erfüllt sind und die ergriffenen Maßnahmen den Kriterien ordnungspolitischer Legitimität genügen. In diesem Kapitel soll die Fragestellung geklärt werden, inwieweit eine öffentliche Förderung des Sports aus ordnungspolitischer Sicht als notwendig und damit legitim erscheint. Zur Legitimation der Sportförderung wird insbesondere auf die positive Wirkung auf das Gemeinwohl verwiesen. Diese korrespondiert mit der Existenz öffentlicher Güter sowie externer Effekte, wobei die vermeintlich reinen öffentlichen Güter als öffentliche Gutskomponente und somit als externer Effekt aufgefaßt werden können. Liegen diese vor und begründen ein Marktversagen, so kann ein staatlicher Eingriff zur Förderung des Sports ordnungspolitisch notwendig werden. Aus dem Stand und dem Charakter der aktuellen Diskussion um staatliche Sportförderung ergibt sich aber auch die Notwendigkeit, die dort angeführten meritorischen und distributiven Argumente für staatliche Eingriffe einer näheren Analyse zu unterziehen. Ein Markt- oder Wettbewerbsversagen liegt hier zwar nicht vor. Können diese Gründe aber als übergeordnete politisch determinierte Ziele ordnungspolitisch legitimiert werden, erfüllen auch sie die notwendige Bedingung für einen staatlichen Eingriff. Zusammenfassend gilt es im folgenden zu prüfen, inwieweit der Sport einen ordnungspolitischen Ausnahmebereich darstellt, in dem sich aufgrund allokativer, meritorischer oder distributiver Argumente eine ordnungspolitisch legitimierte Notwendigkeit für eine staatliche Förderung ergibt.
A. Externe Effekte des Sports
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A. Externe Effekte des Sports Dem Sport werden zahlreiche bedeutende Funktionen für das Gemeinwohl zugeschrieben, die auf mannigfaltigen positiven Leistungen des Sports für die Gesellschaft gründen.1 Diese Funktionen werden für den Sport von staatlich-politischer als auch von sportpolitischer Seite nahezu symbiotisch proklamiert.2 Von staatlicher Seite werden die Funktionen des Sports zur Rechtfertigung der öffentlichen Sportförderung angeführt, womit sie deren zentrale politische Legitimationsbasis bilden. Dem selbstverwalteten Sport dienen sie als Beweis seiner herausragenden gesellschaftspolitischen Rolle, da er sich einzig zur Erfüllung dieser Funktionen in der Lage wähnt. Handelt es sich bei den positiven Auswirkungen des Sports um externe Effekte, ließe sich damit eine staatliche Förderung aus allokationstheoretischer Sicht begründen. Damit gilt es in zwei Schritten zu prüfen, inwieweit die dem Sport zugeschriebenen Wirkungen (1) in einem breiten wissenschaftlichen Konsens als existent anerkannt sind, (2) externe Effekte darstellen, die nach oben dargelegtem Verständnis eine öffentliche Sportförderung rechtfertigen. Insgesamt lassen sich die zur Untermauerung einer öffentlichen Sportförderung bemühten Argumentationsstränge der positiven Effekte in fünf wesentlichen Wirkungskomplexen zusammenfassen: Gesundheit der Bevölkerung, sozio-edukatorische Werte, Optionswert des Sportangebotes, Prestigewert des Sports sowie Wachstumsexternalitäten.3
I. Gesundheit „Mens sana in corpore sano“4 ist heute noch immer eine geflügelte Redewendung. Schon im vierten Jahrhundert vor Christus wurde in Platons Akademie 1 Zu den allgemeinen Funktionen des Sports siehe beispielsweise Gebhard (1995), S. 11 ff., zu seinem gesellschaftlichen Wert die Thesen nach Lenk (2000), S. 46 ff. Eine weitergehende Analyse umfassender Art bieten Rittner / Breuer (2000), von ausgewählten Aspekten Hartmann-Tews (1996), S. 139 ff. 2 Ebenso Rittner / Breuer (2000), S. 24. Als Beispiele entsprechender Funktionszuschreibungen seitens der Politik siehe u. a. Bundesministerium des Innern (2002), S. 13 f., S. 19 f., Schmidt-Volkmar (2000), S. 12, Europäische Kommission (1998), S. 5 ff., seitens des Sports Deutscher Sportbund (1991a), S. 9, Deutscher Sportbund (1991b), S. 21, Deutscher Sportbund (1991c), S. 97. Siehe auch die Funktionen des Sports für die Allgemeinheit, wie sie das Bundesinstitut für Sportwissenschaft anführt, zitiert nach dem Bundesministerium der Finanzen (1988), S. 134. 3 Ähnlich schon bei Heinemann (1987), S. 236. 4 Auch wenn Juvenal X, 356, nur die Götter um „gesunden Geist in gesundem Leibe“ bat, so steht dieses Zitat in der heutigen Alltagsverwendung doch eher dafür, daß nur in einem gesunden Körper ein gesunder Verstand möglich sei oder, noch weitergehend, sich in einem gesunden Körper quasi automatisch ein gesunder Geist einstellt.
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5. Kap.: Analyse der ökonomischen Rechtfertigungsansätze
neben Mathematik und Physik auch Gymnastik unterrichtet, da er der Überzeugung war, daß ein gesunder Körper einen gesunden Geist bedingt, und sein Schüler Aristoteles sah den Nutzen der Gymnastik in der Förderung von Gesundheit und Wehrtüchtigkeit.5 Auch heute lassen sich vielfältige Aussagen zu den positiven Auswirkungen des Sports auf die Gesundheit finden.6 Wie mit dem Zitat schon angedeutet, wird Gesundheit dabei nicht nur auf die Physis reduziert, sondern schließt eben auch die psychische Gesundheit mit ein. Deshalb ist zunächst zu diskutieren, ob diese positiven Auswirkungen des Sports auf die Gesundheit wissenschaftlich nachweisbar existieren, ehe eine sich daraus ergebende Notwendigkeit eines staatlichen Eingriffs zu analysieren ist. Eingangs dieser Arbeit wurde bereits der Sport als ein Phänomen charakterisiert, das durch vielfältige Ausprägungen gekennzeichnet ist. Die Heterogenität des Sports erfordert auch im Hinblick auf seine gesundheitlichen Auswirkungen eine differenzierte Betrachtung. Die Nachfrage nach Sport kann sich zum einen durch das Bedürfnis nach aktivem Sporttreiben und zum anderen durch das Bedürfnis nach bloßer Beobachtung von Sportereignissen konstituieren.7 Damit ist zwischen aktivem Sporttreiben und passivem Konsum des Sports zu unterscheiden. Letzterer kann hinsichtlich positiver Gesundheitswirkungen ausgeschlossen werden, womit diese zunächst auf die Ausübung des Sports und damit den aktiven Sportkonsum zu begrenzen sind. Des weiteren sind auch weite Bereiche des Spitzensports von generellen gesundheitsfördernden Wirkungen auszunehmen. Die extrem hohen körperlichen Belastungen der Spitzensportler führen zu Verletzungen, der körperliche Verschleiß tritt mit zunehmendem Alter der Sportler immer deutlicher zu Tage. Hinzu kommt die enorme psychische Beanspruchung, die zu Disequilibrationseffekten führen kann.8 Doping oder Medikamentenmißbrauch werden bei steigendem Leistungsdruck zur gängigen Praxis.9 Die gesundheitlichen Argumente müssen daher auf den aktiv betriebenen Freizeit- und Breitensport bezogen werden. In den vergangenen Jahren erschienen zahlreiche neue epidemiologische Untersuchungen über den Zusammenhang von sportlicher Aktivität und Gesundheit.10 Dabei wurden positive Wechselwirkungen insbesondere für kardio-vaskuläre Erkrankungen, nicht Insulin abhängige Diabetes, Osteoporose, verschiedene Arten Vgl. Kurz (1973). Zur Entwicklung des Sports in Verbindung mit dem Problem „Volksgesundheit“ nach 1945 siehe Cachay (1988), S. 232 ff. 7 Vgl. Shamir / Ruskin (1984), S. 9. 8 Dies gilt nicht ausschließlich für den Spitzensport, sondern wurde generell für den wettkampfmäßig betrieben Sport von Alfermann / Stoll (1996) berichtet. 9 Zu dieser Problematik siehe Daumann (2003), Bird / Wagner (1997), S. 751, Digel (1994), S. 134 ff. 10 Siehe hierzu den Überblick über die Studien und Ergebnisse bei Blair (1996), Rittner / Breuer (2000), S. 154 ff., Lüschen (1998), S. 41 ff., Knoll (1997), S. 37 ff. 5 6
A. Externe Effekte des Sports
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von Krebs, Bluthochdruck sowie Fettleibigkeit (Adipositas) diskutiert. Darüber hinaus wurden viele weitere positive Gesundheitseffekte von sportlicher Aktivität thematisiert. Herz-Kreislauf-Erkrankungen stellen in westlichen Ländern mit die häufigste Todesursache dar.11 Aus medizinischer Sicht ist der positive Einfluß von körperlicher Bewegung auf Herz-Kreislauf-Erkrankungen gut abgesichert. Dies gilt insbesondere für koronare Herzerkrankungen, wobei sich dort zusätzlich die positive Schutzwirkung körperlicher Aktivität als weitgehend unabhängig von anderen Risikofaktoren zeigt.12 Regelmäßige körperliche Aktivität beugt Bluthochdruck ebenfalls vor. Gerade moderater Ausdauersport kann den Fettstoffwechsel anregen und auf diese Weise Fettleibigkeit vorbeugen bzw. heilen helfen. Insbesondere die Beeinflussung des Übergewichts erfordert aber neben körperlicher Aktivität auch eine entsprechend gesunde Lebensweise. Diese vermag insgesamt die positiven Wirkungen des Sports zu unterstützen.13 Ferner sind die positiven Wirkungen körperlicher Aktivität von der Art und Weise der Sportausübung abhängig, ebenso wie von den individuellen Ausgangsvoraussetzungen.14 HerzKreislauf-Erkrankungen und Fettleibigkeit wird am effektivsten durch Ausdauertraining vorgebeugt, das regelmäßig und moderat betrieben wird. Die Verringerung der Wahrscheinlichkeit von Mortalität und die damit einhergehende höhere Lebenserwartung durch ausreichend Bewegung gilt nach dem derzeitigen Forschungsstand als bestätigt.15 Ebenso wird von einem positiven Zusammenhang zwischen Bewegung und der Reduktion des Erkrankungsrisikos an Dickdarmkrebs ausgegangen. Für weitere Krebsarten liegen erst bedingt positive Ergebnisse vor.16 Durch Bewegung kann ebenfalls Kraft, Beweglichkeit, Schnelligkeit und Koordination gefördert werden. Kraft- und Beweglichkeitstraining kann als Haltungsprophylaxe zur Stabilisierung und Sicherung der Wirbelsäule sowie des gesamten passiven Stütz- und Bewegungsapparates wirken und durch die korrelierende höhere Knochendichte dem bei Inaktivität erhöhten Osteoporoserisiko sowie Frakturgefahr bei Stürzen vorbeugen.17 Schnelligkeit und Koordinationsvermögen wird Vgl. Weiß et al. (2000), S. 14. Vgl. Powell et al. (1987). 13 Vgl. hierzu die angeführten Studien und Diskussion bei Hockenjos (1995), S. 113 ff., über die Wechselwirkung von Sport, gesunder Lebensweise und körperlicher Gesundheit. So können die positiven Auswirkungen auf eine an sich gesündere Lebensweise zurückgeführt und weniger in einer sportlichen begründet werden. Siehe hierzu auch Bachl (1991), insbesondere S. 113 ff., der neben Bewegung und Ernährung noch die Lebenseinstellung als zusätzlichen Gesundheitsfaktor anführt. 14 Siehe hierzu im Detail Knoll (1997), S. 63 ff. 15 Vgl. Blair (1996), S. 12, Rittner / Breuer (2000), S. 154. 16 Vgl. Blair (1996), S. 13. 17 Vgl. Rittner / Breuer (2000), S. 156 ff. 11 12
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5. Kap.: Analyse der ökonomischen Rechtfertigungsansätze
eine unfallvorbeugende bzw. unfallfolgenmildernde Wirkung zugestanden. Insgesamt sind die hierzu vorliegenden Forschungsergebnisse noch als defizitär zu bezeichnen.18 Auch gehen diese Effekte nicht von allen Sportarten in gleichem Umfang aus. Spielsportarten und insbesondere Ballsportarten fördern die genannten Eigenschaften am ehesten. Studien im Hinblick auf die Auswirkungen des Sports auf die psychische und soziale Gesundheit liegen nur unzureichend vor. Wird der Bereich Entwicklungspsychologie und Sport ausgeklammert, so liegen kaum valide Erkenntnisse über die Zusammenhänge zwischen Sport und Wohlbefinden, Streß, Psychotherapie etc. vor, wenngleich die Studien meist einen positiven Zusammenhang vermuten lassen.19 Diese Studien machen aber deutlich, daß die Auswirkungen des Sports auf die psychische Gesundheit von situativen und personalen Variablen beeinflußt werden und zudem von der Art und Ausübung des Sports abhängen.20 Im Zusammenhang mit dem Spitzensport wurde bereits dargelegt, daß der Sport neben seinen positiven Auswirkungen auch negative Effekte auf die Gesundheit haben kann. Auch im Breiten- und Freizeitsport kommt es immer wieder zu Unfällen und Verletzungen. Jährlich verletzen sich im Sport rund 1,25 Millionen Deutsche so schwer, daß sie ärztlich versorgt werden müssen.21 Mehr als die Hälfte dieser Unfälle geschehen im Rahmen des selbstverwalteten Sports, wobei wiederum dort die Sportarten Fußball, Handball und Volleyball am stärksten betroffen sind.22 Da es sich dabei um die am häufigsten betriebenen Sportarten in Deutschland handelt, sagt dies weder über das relative Risikopotential dieser Sportarten noch über die Höhe der dadurch induzierten Behandlungskosten etwas aus. Hierüber dürfte die immer wieder aufkommende Diskussion über die Einführung von Zusatzbeiträgen in der Krankenversicherung für vermeintliche Risikosportarten oder die Ausgrenzung von Sportunfällen aus der gesetzlichen Krankenversicherung tendenziell mehr aussagen, die übrigens auch die gesundheitlichen Risiken des Sports verdeutlicht.23 Neben den Sportverletzungen können vom Sport weitere gesundheitsschädigende Wirkungen ausgehen. Wie schon angeklungen, kann Sport Streß und Disequilibrationseffekte auslösen und damit psychisch belastend wirken.24 Ferner kann der Sport zu ökologischen Beeinträchtigungen führen, die indirekt einen negativen Einfluß auf die Gesundheit nehmen.25 Zu denken sei beispielsweise an Vgl. Rittner / Breuer (2000), S. 156. Vgl. Lüschen (1998), S. 42, Rittner / Breuer (2000), S. 158 ff. 20 Vgl. Rittner / Breuer (2000), S. 158 ff. 21 Vgl. Henke / Gläser / Heck (2000), S. 141. 22 Vgl. Henke / Gläser / Heck (2000), S. 149. 23 Zu dieser Diskussion siehe o. V. (2002a), o. V. (2002b). 24 Vgl. Alftermann / Stoll (1996). 25 Zu Belastungen der Allgemeinheit durch Sport siehe Bundesministerium der Finanzen (1988), S. 140 ff. 18 19
A. Externe Effekte des Sports
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den Schadstoffausstoß, der durch einige Sportarten verursacht wird, oder die Umgestaltung von Landschaftsräumen zur Ermöglichung der sportlichen Betätigung. Gesicherte empirische Befunde über die Dominanz der positiven oder negativen Wirkungen des Sports auf die Gesundheit liegen nicht vor. Insbesondere die Quantifizierung der positiven Effekte erweist sich als problematisch. Die durch Sportverletzungen verursachten Kosten für das Gesundheitssystem liegen in Deutschland bei geschätzten 1,3 Milliarden Euro per annum.26 Eine für Österreich durchgeführte Studie kam zu dem Ergebnis, daß der gesundheitsökonomische Nutzen des Sports mit 565 Millionen Euro die sportbedingten volkswirtschaftlichen Kosten in Höhe von 323 Millionen Euro im Saldo um 242 Millionen Euro im Jahr übersteigt.27 An dieser Stelle soll kurz resümierend festgehalten werden, daß von sportlicher Aktivität positive gesundheitliche Wirkungen zu erwarten sind. Nach dem aktuellen sportmedizinischen Forschungsstand gelten diese im Bereich von Herz-Kreislauf-Erkrankungen als erwiesen, in anderen Bereichen deuten starke Indizien darauf hin. Sportliche Aktivität, die entsprechende positive gesundheitliche Wirkungen nach sich zieht, kann als Gesundheitssport bezeichnet werden. Dennoch sind die positiven Gesundheitseffekte des Sports nicht genereller Natur, wie dies vom Bundesministerium des Innern dargestellt wird. Liegen sie im Gesundheitssport vor, sind im Bereich des Spitzensports tendenziell eher negative Beeinträchtigungen der Gesundheit zu erwarten. Auch im Bereich des Freizeit- und Breitensports ist weiter zu differenzieren nach Sportarten, den Rahmenfaktoren der Sportausübung sowie den individuellen Ausgangsvoraussetzungen. Eine Differenzierung nach der Organisationsform der Sportausübung, wie sie im Rahmen der ausschließlichen Förderung des selbstverwalteten Sports von öffentlicher Seite vorgenommen wird, erweist sich hingegen als unerheblich. Somit bleibt festzuhalten: „Soweit Sportvereine den Sport ausschließlich zur Gesundheitspflege betreiben [ . . . ], dient der Sport der öffentlichen Gesundheitspflege [ . . . ]. Viele Sportarten dienen aber nicht ausschließlich der Gesundheit, nicht wenige schädigen sie sogar mehr oder weniger nachhaltig.“28 Mit der Erkenntnis über die bedingt positiven Auswirkungen des Sporttreibens auf die Gesundheit ist nun im zweiten Schritt zu erörtern, ob damit eine staatliche Förderung zu rechtfertigen ist. Jeder, der Sport auf eine Art und Weise betreibt, die seinem Gesundheitszustand förderlich ist, nutzt damit primär sich selbst. Somit stellen die positiven Auswirkungen des Sports zunächst interne Effekte dar. 26 Vgl. Henke / Gläser / Heck (2000), S. 141 ff. Demgegenüber werden in Deutschland Kosten durch Erkrankungen aufgrund von Bewegungsmangel wie Herzerkrankungen und Übergewicht auf rund 25 Milliarden Euro geschätzt. Vgl. o. V. (1997). 27 Weiß et al. (2000), S. 76 f. Eine solche Schätzung ist mit Vorsicht zu genießen. Beispielsweise müßte eine aussagekräftige Berechnung Kosten anderer Krankheiten, die etwa aufgrund einer durch den Sport bedingten höheren Lebenserwartung auftreten, ebenfalls berücksichtigen. 28 Bundesministerium der Finanzen (1988), S. 143.
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5. Kap.: Analyse der ökonomischen Rechtfertigungsansätze
Wenngleich die Gesundheit den Charakter eines privaten Gutes hat, liegen Wechselwirkungen vor, die auf eine öffentliche Gutskomponente hinweisen.29 So kann eine Schutzimpfung dazu beitragen, auch andere Individuen vor dem Befall von infektiösen Krankheiten zu bewahren.30 Sie wirkt sich damit als externer Effekt positiv auf das volkswirtschaftliche Leistungspotential aus. Damit wird sozialer Grenznutzen generiert, der den individuellen übersteigt und von dem aufgrund hoher Transaktionskosten niemand ausgeschlossen werden kann. Insofern ist Gesundheit ein privates Gut mit öffentlicher Komponente. Hiermit kann aber nur schwerlich ein Marktversagen begründet werden. Der eigeninteressierte Mensch, von dem im Menschenbild dieser Arbeit ausgegangen wird, wird sich nur soweit einem gesundheitlichen Risiko aussetzen, wie dieses nicht seine physischen und psychischen Ressourcen zur individuellen Nutzenmaximierung gefährdet. Er wird bestrebt sein, die mit einer Erkrankung verbundenen Behandlungs- und Heilungskosten, einen möglichen Einkommensausfall sowie einen durch den unbefriedigenden physischen und psychischen Zustand bedingten Verlust an Lebensqualität zu vermeiden.31 Hierzu wird er die verschiedenen Handlungsalternativen abwägen und die für sich geeigneten Entscheidungen treffen und Maßnahmen ergreifen, die eine sportliche Betätigung mit einschließen können. Das Interesse an der individuellen Gesundheit dominiert, es besteht ein positiver individueller Grenznutzen. Erst bei der Bekämpfung epidemischer oder endemischer Krankheiten kann aufgrund des Ausmaßes der negativen externen Effekte und der fehlenden Unabhängigkeit des Risikos eine staatliche Förderung der Bekämpfung gerechtfertigt sein.32 Fraglich bleibt allerdings der positive Beitrag, den der Sport hierzu liefern kann. Zwar wird dem Sport eine Stärkung des Immunsystems bescheinigt,33 wodurch das allgemeine Infektionsrisiko sinken kann. Dennoch wird aus oben genannten Gründen der einzelne an einer Stärkung seines Immunsystems interessiert sein, ein positiver individueller Grenznutzen also bestehen. Zudem ist insgesamt von sportlicher Betätigung nur eine marginale kollektive Wirkung zur Vermeidung infektiöser Krankheiten zu erwarten. Eine öffentliche Förderung des Sports ist somit nicht zu legitimieren.
Vgl. Ruckdäschel (2000), S. 69 ff. Ähnlich schon Musgrave (1959), S. 9 f. Dieser Fall beschreibt sogenannte physische externe Effekte, die durch die Behandlung oder Vorbeugung gegen ansteckende Krankheiten durch ein Individuum entstehen, durch die sich die Wahrscheinlichkeit verringert, daß sich ein weiteres Individuum mit dieser Krankheit infiziert. Vgl. Breyer / Zweifel (1999), S. 153 f. 31 Vgl. Ruckdäschel (2000), S. 70. 32 Vgl. Breyer / Zweifel (1999), S. 153 f., Ruckdäschel (2000), S. 71. 33 Diese Wirkungen sind wieder in Abhängigkeit der individuellen Ausgangsvoraussetzungen sowie der Rahmenfaktoren des Sporttreibens zu sehen. Siehe hierzu Findeisen (1994), Uhlenbruck (1996). 29 30
A. Externe Effekte des Sports
137
Die positiven gesundheitlichen Wirkungen des Sports werden darüber hinaus als externe Effekte im Rahmen des Gesundheitssystems diskutiert.34 Das gesetzliche Krankenversicherungssystem in der Bundesrepublik Deutschland zeichnet sich dadurch aus, daß die zu leistenden Kassenbeiträge nicht direkt mit der Leistungsinanspruchnahme verknüpft, sondern einkommensabhängig zu leisten sind. Die Beiträge werden ohne jegliche Berücksichtigung des individuellen Risikos kalkuliert.35 Treibt also der einzelne Sport und verringert durch diese Aktivität seine Gesundheitsschäden, wird er weniger Leistungen von den Krankenkassen beanspruchen.36 Dadurch können diese ihre Beiträge entsprechend günstiger kalkulieren, wodurch wiederum die gesamte Versichertengemeinschaft finanziell entlastet wird. Somit stellt die durch den Sport geförderte Gesundheit einen positiven externen Effekt im Sinne der finanziellen Entlastung aller gesetzlich Krankenversicherten dar. Letztlich handelt es sich bei diesem externen Effekt um eine politisch induzierte positive Externalität. Sie ist das Resultat des gesetzlichen Krankenversicherungssystems in Deutschland, das politisch gewollt auf dem Solidarprinzip aufgebaut ist. Alternativ könnte dieses ebenso auf dem Individualprinzip gründen.37 Im Falle des Individualprinzips hätte jeder sein individuelles Risiko selbst zu versichern. Ein durch angemessenes Sporttreiben bedingter verbesserter Gesundheitszustand käme dem einzelnen dann direkt zugute: einerseits würde das Krankheitsrisiko reduziert und durch die zu erwartenden Kosteneinsparungen der individuelle Beitrag günstiger oder aber die (teils) individuell zu tragenden Behandlungs- und Heilkosten verringerten sich aufgrund reduzierter Erkrankungen.38 Damit würde dann auch das Auftreten von externen Effekten verhindert. Bei politisch induzierten externen Effekten liegt kein Marktversagen vor. Grundsätzlich verläuft hier der Marktprozeß ohne Funktionsstörungen. Externe Effekte treten also zunächst nicht über der Spürbarkeitsschwelle auf und erfordern somit keinen staatlichen Eingriff. Gerade erst durch staatliches Handeln werden die Marktdaten dahingehend geändert, daß nun, in Folge dieses staatlichen Handelns, externe Effekte auftreten. Diese resultieren also nicht aus Funktionsstörungen des Marktes, sondern sind ausschließlich politisch induziert. Sie können demVgl. Hockenjos (1995), S. 110 f. Vgl. Gitter / Oberender (1987). 36 Dabei ist wiederum anzumerken, daß diese Betrachtung einen starken Gegenwartsbezug aufweist und Folgewirkungen außer Betracht läßt. So wäre durchaus zu berücksichtigen, daß etwa durch Krankheiten, die aufgrund einer durch den Sport bedingten höheren Lebenserwartung auftreten, zukünftig mehr Leistungen von den Krankenkassen beansprucht werden könnten. 37 Zu einer ausführlichen Darstellung und Diskussion des Individual- und Solidarprinzips im Rahmen der Krankenversicherung siehe Volk (1989). 38 In welcher Form der Versicherte von seinem individuell verbesserten Gesundheitszustand nach dem Individualprinzip profitiert, hängt letztlich von der Ausgestaltung des Versicherungssystems ab. 34 35
138
5. Kap.: Analyse der ökonomischen Rechtfertigungsansätze
zufolge nicht als Rechtfertigung staatlichen Handelns und damit zur Begründung einer öffentlichen Sportförderung herangezogen werden. Es bleibt festzuhalten, daß mit dem aktiven Sporttreiben positive Wirkungen auf die Gesundheit des Sportlers verbunden sein können. Diese sind aber nicht genereller Natur, sondern abhängig von der individuellen Ausgangsvoraussetzung des Sportlers, der betriebenen Sportart sowie der Art und Weise der Sportausübung. Eine Rechtfertigung für eine staatliche Sportförderung stellen diese positiven Wirkungen nicht dar. Zum einen ist Gesundheit ein privates Gut mit geringer öffentlicher Komponente, die kaum mit dem Sport in Verbindung steht. Zum anderen sind die externen Effekte im Rahmen des Gesundheitssystems politisch induziert und nicht Folge eines Marktversagens.
II. Sozio-edukatorische Werte Dem Sport werden mittels mannigfaltiger Thesen soziale und erzieherische Werte attestiert. Im zehnten Sportbericht der Bundesregierung wird die gesellschaftspolitische Bedeutung des Sports an einigen Beispielen verdeutlicht. So leiste der Sport einen Beitrag zur Bildung von Sozialkapital, zur sozialen Integration, zum bürgerschaftlichen Engagement, zur Identifikation, zur Einübung sozialen Verhaltens, zur Anerkennung des Leistungsprinzips, zur Gesundheit, zur Entwicklungsbewältigung und Lebenshilfe.39 Unterzieht man die sich dahinter verbergenden Argumente einer inhaltsanalytischen Betrachtung,40 so lassen sich im wesentlichen drei Thesenkomplexe bilden, die entsprechend einer ökonomischen Analyse zugänglich sind, wie sie hier vorgenommen werden soll: der Bildungs- / Erziehungswert des Sports, der Sozialwert des Sports sowie der Beitrag des Sports zur Bildung von Sozialkapital. Die folgende Abbildung 14 legt die im Rahmen der gesellschaftspolitischen Bedeutung des Sports angeführten Argumente offen und verdeutlicht deren Zuordnung zu den einzelnen Thesenkomplexen. Da im nächsten Schritt die Prüfung der einzelnen Argumente innerhalb des jeweiligen Thesenkomplexes erfolgen muß, bildet sie zugleich eine Orientierungshilfe für das weitere Vorgehen in diesem Abschnitt.
Vgl. Bundesministerium des Innern (2002), S. 13 f. Davon ausgenommen sind die bereits diskutierten Gesundheitswirkungen des Sports ebenso wie die Identifikationswirkung, die noch im Rahmen des Prestigewertes des Sports aufgegriffen wird. 39 40
A. Externe Effekte des Sports
Sozio-edukatorische Werte
Wirkungskomplex Bildungs-/ Erziehungswert*
Thesenkomplex
Argumente
139
Sozialwert
• Aufbau sozialer • Entfaltung der Beziehungen Persönlichkeit • Integration ver• Sozialisation schiedener Bevöl- Anerkennung des kerungsgruppen Leistungsprinzips und -schichten - Einüben demokratischer Ver haltensweisen - Einordnung in die Gesellschaft (u. a. Gewaltprävention)
Sozialkapital • Entwicklung sozialen Zusammenhalts • Entfaltung bürgerschaftlichen Engagements
* Die Identifikationswirkung ist hierbei ausgenommen, da sie noch im Rahmen des Prestigewertes des Sports aufgegriffen wird. Quelle: Eigene Darstellung.
Abbildung 14: Wirkungskomplex sozio-edukatorische Werte
1. Bildungs- / Erziehungswert Der Thesenkomplex zum Bildungs- respektive Erziehungswert des Sports faßt die Argumente zusammen, die dem Sport einen positiven Beitrag einerseits hinsichtlich der Entfaltung der Persönlichkeit und andererseits bezüglich der Sozialisation bzw. der Herausbildung normen- und wertkonformer persönlicher Charaktermerkmale von Individuen zuschreiben. Die jeweiligen Argumente sollen nun dargestellt und weiter aufgeschlüsselt werden, um dann jeweils zu überprüfen, ob sie als Rechtfertigung einer staatlichen Sportförderung herangezogen werden können. Dieser Thesenkomplex sieht den Sport in einem anthropologisch-pädagogischen Zusammenhang und schreibt dem Sport das Potential zu, zur Entfaltung der Persönlichkeit von Individuen beizutragen.41 Der Staat sieht durch die Betätigung in Sportvereinen einen Weg zur Identitätsbildung sowie zur Steigerung der Selbstkompetenz und des Selbstvertrauens.42 Der selbstverwaltete Sport unterstreicht, daß „Bewegung, Turnen, Spiel und Sport [ . . . ] unaustauschbare Grunderfahrungen, Möglichkeiten der Selbstgestaltung und der Kreativität“ vermitteln.43 Gerade im Kindes- und Jugendalter ist die Möglichkeit, sich kreativ zu entwickeln, von Bedeutung, wozu der Sport durch seine vielfältigen Formen wie auch den über ihn offerierten sozialen Kontakt ein Angebot darstellt. Auch wenn der 41 42 43
Vgl. Hartmann-Tews (1996), S. 142. Vgl. Bundesministerium des Innern (2002), S. 14. Deutscher Sportbund (1991b), S. 21.
140
5. Kap.: Analyse der ökonomischen Rechtfertigungsansätze
empirische Forschungsstand in diesem Bereich generell noch defizitär ist, so liegen zum Selbstkonzept von jugendlichen Sportvereinsmitgliedern Erkenntnisse vor, die auf positive Auswirkungen des Sports schließen lassen.44 Im Hinblick auf ein gesteigertes Selbstwertgefühl durch Sport kann eine aktuelle, umfassende Studie zur Jugendarbeit in Sportvereinen jedoch einen Wirkungsnachweis des Sports nicht belegen.45 Sofern Sport die Kreativität fördert, kann der Kreativitätswert des Sports als ein externer Effekt hinsichtlich der unternehmerischen Produktion verstanden werden.46 Die im Sport erworbene Kreativität wäre dann ein Input in den Produktionsprozeß weiterer Unternehmen, der jedoch nicht entlohnt wird. Durch den Sport generierter Nutzen würde letztlich marktlich nicht abgegolten. Hinsichtlich der weiteren Aspekte der Persönlichkeitsentfaltung ließe sich vergleichbar argumentieren. Die angeführten Argumente rechtfertigen aber noch keine staatliche Sportförderung. Neben dem Sport gibt es zahlreiche Alternativen, Kreativität und Selbstentfaltung zu fördern. Somit müßte für den Sport zunächst nachgewiesen werden, daß er hierzu einen höheren Beitrag als andere Güter leistet. Selbst wenn dem so sei, sind für die Inanspruchnahme von Sportangeboten Marktpreise zu zahlen, die sich ohne Funktionsstörungen bilden können. Aus der Wahrnehmung der Sportangebote resultierende positive Wirkungen auf die eigene Person können in Form einer höheren Produktivität in den Produktionsprozeß weiterer Unternehmen eingebracht werden. Es ist davon auszugehen, daß diese Arbeitsleistung entsprechend ihrem Grenzwertprodukt entlohnt wird. Somit wird durch den Sport generierter Nutzen über Produktivitätssteigerung und entsprechende Entlohnung sehr wohl marktlich abgegolten. Sporttreiben zur Kreativitätsförderung und Selbstentfaltung stellt damit nichts anderes als eine Investition in das eigene Humankapital dar. Darüber hinaus wird auf die positiven Sozialisationseffekte des Sports verwiesen. Darunter lassen sich die Herausbildung normen- und wertkonformer persönlicher Charaktermerkmale, insbesondere die Anerkennung des Leistungsprinzips, das Einüben demokratischer Verhaltensweisen sowie die Anpassung und Einordnung in die Gemeinschaft subsumieren.47 Diese aus dem Sport abgeleiteten Effekte etablieren einen unmittelbaren Bezug zu den Sozialisationseffekten des Erziehungssystem, weshalb sie in diesem Thesenkomplex diskutiert werden. 44 Siehe hierzu den Überblick über die aktuelle Forschung bei Rittner / Breuer (2000), S. 94 f. 45 Vgl. Brettschneider / Kleine (2002), S. 215 ff., zu einer Quer- und Längsschnittstudie im Land Nordrhein-Westfalen. 46 Siehe hierzu beispielsweise die Diskussion um den Kreativitätswert der Kunst und Kultur für Unternehmen bei Krieger (1996), S. 100 f. 47 Vgl. Bundesministerium des Innern (2002), S. 13 f. Anpassung und Einordnung in die Gemeinschaft umfaßt dabei die Aspekte kontrollierte Konfliktlösung, Team- und Kooperationsfähigkeit, Selbstbehauptung und Durchsetzungsvermögen.
A. Externe Effekte des Sports
141
Auf theoretischer Ebene weisen zahlreiche wissenschaftliche Arbeiten darauf hin, daß der Sport einen positiven Beitrag zur Sozialisation leistet, deren empirische Fundierung aber noch weitgehend aussteht.48 Einzig für das bereits diskutierte Selbstkonzept konnten positive Beiträge des Sports belegt werden. Aber auch hier gibt es Untersuchungen, in denen Hinweise auf positive Wirkungen des Sports spärlich sind deshalb eher auf Selektionseffekte hindeuten.49 Hinsichtlich der Erziehung zu sozialem Verhalten durch Sport sind die bisherigen Ergebnisse widersprüchlich. Auch kann bisher kaum von einem Transfer des Leistungsprinzips ausgegangen werden. Die Nutzung der Partizipations- und Artikulationsmöglichkeiten innerhalb des demokratie-basierten selbstverwalteten Sports erfolgt nur eingeschränkt. Gerade für Jugendliche ist die Teilnahme am demokratischen Entscheidungsprozeß nur bedingt möglich. Kein empirischer Nachweis konnte bislang erbracht werden, ob über das Praktizieren von Demokratie in Sportvereinen hinaus tatsächlich demokratische Verhaltensweisen eingeübt werden. Dagegen ist der Ambivalenzcharakter des Vereinssports im Hinblick auf die Sozialisation im Sinne einer Prävention vor normabweichendem Verhalten im Jugendalter empirisch belegt. Jugendliche Mitglieder in Sportvereinen sind bei Alkohol- wie auch (leichtem) Drogenkonsum keineswegs zurückhaltender als NichtMitglieder, wobei manche Sportarten den Konsum geradezu zu fördern scheinen.50 Hinsichtlich der Gewaltprävention durch Sport wird selbst auf theoretischer Ebene eine konträre Diskussion geführt. In der Aggressionsforschung ist die Hypothese, der Sport habe eine reinigende Kraft und führe zu Aggressionsabbau, stark in der Kritik. Zuschauer- und Sportlergewalt treten immer wieder auf. So belegt die bisherige empirische Forschung auch eher gegensätzliche Tendenzen wie Steigerungen in der Aggressionsbereitschaft.51 Wenngleich neuere Studien belegen, daß Sportvereinsmitglieder zu weniger delinquentem Verhalten neigen als NichtMitglieder, sagt das nichts darüber aus, ob es sich dabei um Sozialisations- oder Selektionseffekte handelt.52 Bezüglich der theoretischen Erkenntnisse sei noch angemerkt, daß diese nicht verallgemeinernd auf den Sport zu übertragen sind. Auch hier ist wieder eine Differenzierung innerhalb des Sports vorzunehmen. So ist das Leistungsprinzip in weiten Teilen des heutigen Sports, wie z. B. dem Gesundheitssport, kaum mehr anzutreffen. Ferner bezieht sich die Sozialisation primär auf den Kinder- und JuSiehe hierzu den Überblick bei Rittner / Breuer (2000), S. 92 ff., S. 105 ff. Vgl. Brettschneider / Kleine (2002), S. 275 f. 50 Vgl. Brettschneider / Kleine (2002), S. 310 ff. 51 Einen Überblick über Forschungsergebnisse bietet die Projektgruppe „Sport und Gewalt“ (1982), S. 15. Dabei kommt es neben Zuschauergewalt auch zu Sportlergewalt. Vgl. hierzu die entsprechenden Beiträge in Pilz (1986). 52 Vgl. Pfeiffer / Wetzels (1999), S. 20 f., Brettschneider / Kleine (2002), S. 332 ff., wobei letztere diesen Zusammenhang nur für leichte, nicht aber für schwere Delinquenz belegen können. 48 49
142
5. Kap.: Analyse der ökonomischen Rechtfertigungsansätze
gendsport. Aggressive Verhaltensmuster treten vorwiegend im wettkampforientierten Sport auf und dort vorrangig in körperbetonten Mannschaftsballspielarten.53 Wenngleich der Sport sowohl aufgrund theoretischer als auch primär empirischer Erkenntnisse im Hinblick auf seine Sozialisationseffekte ambivalent zu beurteilen ist, so können doch positive Effekte durch den gezielten Einsatz des Sports hervorgerufen werden. So wird der Sport gerade im Rahmen von Programmen der Sozialen Arbeit nutzbar zu machen versucht, beispielsweise in der Jugendsozialarbeit in sozialen Brennpunkten, zur Gewalt- und Suchtprävention oder Resozialisierung.54 Hierzu können auch Sportanbieter zielgerichtete Beiträge leisten. Diese versprechen insbesondere dann erfolgreich zu sein, wenn sie darüber hinaus eine gezielte staatliche Steuerung erfahren.55 Somit werden die mittels Sport durchaus möglichen positiven Sozialisationseffekte keineswegs per Automatismus durch die sportliche Betätigung hervorgerufen.56 Vielmehr werden sie gerade durch den gezielten Einsatz des Sports zur Sozialisation erst initiiert. Trotz der mangelnden empirischen Evidenz von Sozialisationseffekten soll hinterfragt werden, ob es sich hierbei um externe Effekte handelt. Die theoretisch möglichen positiven Auswirkungen des Sports dienen der Entwicklung der „persönlichen Charaktermerkmale“. Schon dieser Terminus weist auf internalisierte Effekte hin. Das Zurechtfinden in einem Normen- und Wertesystem und die Einordnung in die Gesellschaft betreffen zuallererst das jeweilige Individuum selbst. Dieses zieht seinen individuellen Nutzen aus den positiven Auswirkungen der Nachfrage nach Sport, wodurch dieser internalisiert ist. Das Individuum erwirbt Wissen, Erfahrung, soziale Kompetenz und erweitert dadurch seine individuellen Fähigkeiten und Fertigkeiten durch den Sport. Somit läßt sich auch hier das Teilnehmen am Sport wieder als Investition in das individuelle Humankapital begreifen. Über die internalisierten Effekte hinausgehend können mit der Sozialisation aber auch externe Effekte begründet werden, da ein normen- und wertesystemkonformes Handeln zur Erwartungsstabilisierung der handelnden Akteure beiträgt. Damit wird die Funktionsfähigkeit des Marktprozesses verbessert, was zum Vorteil aller am marktlichen Austauschprozeß teilnehmenden Individuen ist.57 Da hierauf im Rahmen der Sozialkapitaldiskussion noch dezidiert eingegangen wird, genüge an dieser Stelle das vorweggenommene Ergebnis, daß mit der sportlichen Betätigung nicht zwingend die Gewißheit einer Verhaltensbindung erzielt wird, von der Dritte profitieren können.58 Darüber hinaus gibt es zahlreiche weitere Institutionen außerhalb des Sports, die ebenfalls einen positiven Beitrag zur Sozialisation leisten kön53 54 55 56 57 58
Vgl. Hockenjos (1995), S. 119. Vgl. Pilz (2001). Vgl. Breuer (2003). Vgl. Brettschneider / Kleine (2002), S. 486. Vgl. Hoppmann (1981), S. 228. Siehe hierzu die Ausführungen in diesem 5. Kap., A. II. 3.
A. Externe Effekte des Sports
143
nen. Ohne eine stichhaltige empirische Absicherung, daß die positiven Sozialisationseffekte des Sports vergleichsweise stärker auftreten, bleibt eine hierauf begründete öffentliche Sportförderung zweifelhaft. Diesbezüglich erhärten sich die Zweifel unter Berücksichtigung des oben angeführten empirisch bestätigten Ambivalenzcharakters des Sports. Einzig der vermeintlich positive Beitrag zur Gewaltprävention und zum rechtlichen Denken verbleibt als positiver externer Effekt. Rechtssicherheit ist ein öffentliches Gut, für deren Gewährleistung der Staat öffentliche Ressourcen einsetzen muß. Je eher sich die Individuen im vorgegebenen rechtlichen Rahmen bewegen, um so geringer wird dieser Ressourceneinsatz sein, was letztlich jedem einzelnen (Steuerzahler) zugute kommt. Allerdings wurde bereits darauf hingewiesen, daß vom Sport auch gegenteilige Effekte ausgehen können. So geht mit der Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit im Zusammenhang mit Sport, insbesondere bei massenanziehenden Sportevents, ein enormer öffentlicher Ressourceneinsatz einher. Dieser stellt einen negativen externen Effekt dar. Erst bei der Gegenrechnung mit dem positiven Effekt, der empirisch weder nachgewiesen und noch viel weniger quantifizierbar ist, ließe sich im Falle eines positiven Saldos eine Förderungswürdigkeit ableiten.
2. Sozialwert Der Sozialwert des Sports beschreibt die sozial-integrativen Wirkungen des Sports. Nach Ausführungen der Politik ermögliche es der Sport, relativ problemfrei soziale Beziehungen aufzubauen, biete er die Möglichkeit zur Kommunikation in der sozialen Gruppe und unterstütze er die Aufbrechung der Isolation. Darüber hinaus wird dem Sport eine immense Integrationsfähigkeit unterschiedlichster Bevölkerungsgruppen und -schichten attestiert.59 Der Aspekt der sozialen Integration soll an dieser Stelle so eng gefaßt bleiben, da im Zusammenhang mit der Bildung von Sozialkapital durch Sport der sozialen Integration nochmals gesondert Rechnung getragen wird, allerdings mit einem anderen konzeptionellen Zugang. Der Sport, sofern er nicht individuell außerhalb jedweder Organisation betrieben wird, führt Menschen zusammen. Er schafft die Möglichkeit zu persönlichen Kontakten und bietet Raum für Geselligkeit. Dies wurde schon im Zusammenhang mit dem Sportangebot seitens des selbstverwalteten Sports thematisiert, bei dem Feste und Feierlichkeiten oder auch die gemeinsame Freizeitgestaltung eine nicht unerhebliche Rolle spielen.60 So verwundert es nicht, daß Geselligkeit und Gemeinschaft für Sportvereinsmitglieder neben Spaß und noch deutlich vor der Gesundheitsförderung Motivation für die Mitgliedschaft im Sportverein ist.61 Aber auch 59 60 61
Vgl. Bundesministerium des Innern (2002), S. 13 f. Vgl. 3. Kap., D. I. 2. Vgl. Veltins (2001), S. 8 f.
144
5. Kap.: Analyse der ökonomischen Rechtfertigungsansätze
der fremdverwaltete und informelle Sport bieten die Möglichkeit zur Befriedigung dieser Bedürfnisse. Somit bleibt festzuhalten, daß der Sport, und nicht ausschließlich der selbstverwaltete Sport, den Aufbau sozialer Beziehungen unterstützen kann. Die soziale Integration verschiedener Bevölkerungsgruppen und -schichten durch den Sport und insbesondere durch den selbstverwalteten Sport ist allerdings in Frage zu stellen. Es wurde bereits erarbeitet, daß sich die Vereinsmitglieder aus begrenzten sozialen Schichten rekrutieren und nicht alle Bevölkerungsgruppen repräsentieren.62 Auch innerhalb der Vereine findet nur selten ein Austausch zwischen den Angehörigen unterschiedlicher sozialer Schichten statt. Vielmehr kann hier sogar von einer partiellen Segregation gesprochen werden.63 Die zunehmende Bildung von ethnischen Vereinen unterstützt ebenfalls diese Ansicht, da diese für die soziale Integration eher kontraproduktive Auswirkungen haben dürfte.64 Zudem können durch Sport Aggression und Vorurteile gegenüber anderen Bevölkerungsgruppen vermehrt werden.65 Dennoch lassen sich auch Erfolge des selbstverwalteten Sports bei der Integration unterschiedlichster Bevölkerungsgruppen nachweisen, die dort relativ zu anderen Freiwilligenorganisationen stärker vertreten sind. Diese Erfolge resultieren jedoch zu einem nicht unerheblichen Teil aus staatlicher Initiative.66 Damit ist die Existenz der sozialen Integration empirisch äußerst fragwürdig. Bei den mit dem Sozialwert des Sports verbundenen Konsequenzen handelt es sich primär um internalisierten Nutzen. Der Aufbau sozialer Beziehungen über den Sport kommt dem am geselligen Rahmen des Sports teilnehmenden Individuum zugute. Damit nutzt dieses nicht jeder aktive Sportler zwangsweise, vor allem wenn er sich davon keinen Nutzen verspricht. Andererseits können auch passive Sportler und weitere Personen von dem entsprechenden Umfeld profitieren und ihren Nutzen daraus ziehen. Es ergeben sich aber keine Effekte auf Dritte, sofern man von Netzwerkeffekten absieht, die im folgenden unter dem Aspekt des Sozialkapitals erörtert werden. Sofern der Sport einen Beitrag zur sozialen Integration leistet, kann er zur Verständigung und zur Entwicklung freundschaftlicher Beziehungen zwischen verschiedenen Bevölkerungsgruppen und damit zur Entspannung und Friedenssicherung beitragen.67 Davon profitieren alle Mitglieder der Gesellschaft, nicht nur die sportlich aktiven. Allerdings kann dieser positive externe Effekt ebenso negativ sein, wenn sich, wie oben skizziert, durch den Sport desintegrative Tendenzen erVgl. 3. Kap., D. I. 2. Vgl. Schlagenhauf (1977), S. 113, S. 150 ff., zitiert nach Hartmann-Tews (1996), S. 147. 64 Siehe hierzu die Diskussion bei Rittner / Breuer (2000), S. 72 f. 65 Vgl. Herrnkind (1995), S. 82 f. 66 Vgl. Bröskamp (1994), Breuer (2003). 67 Vgl. Bundesministerium der Finanzen (1988), S. 124 f., im Kontext der Völkerverständigung. 62 63
A. Externe Effekte des Sports
145
geben. Ferner ist dieser Effekt nicht zwangsläufig mit der sportlichen Aktivität verbunden. Zwar hat der Sport durchaus das Potential, einen Beitrag zur sozialen Integration zu leisten. Über dieses Potential verfügen aber nicht nur zahlreiche andere Aktivitäten ebenso. Vielmehr bedarf es des gezielten Einsatzes des Sports, um dieses Potential nutzbar zu machen. Insofern ist nicht von einem positiven externen Effekt per se auszugehen. Aus dem Sozialwert auf Basis sportlicher Betätigung förderungswürdige positive externe Effekte abzuleiten, bedeutete jedenfalls – etwas überspitzt formuliert – einer Subventionswürdigkeit sämtlicher gesellschaftlicher kontaktstiftender Ereignisse Tür und Tor zu öffnen.
3. Sport und die Bildung von Sozialkapital Die bereits erörterten sozialen aber auch erzieherischen Werte des Sports finden sich auch im Zusammenhang mit Sozialkapital wieder. Da sich hinter diesem Begriff allerdings ein anderer konzeptioneller Zugang verbirgt und sich die Sozialkapitaldebatte in jüngster Zeit größter Beliebtheit sowohl in der Wissenschaft als auch in der Öffentlichkeit erfreut,68 soll hierauf an dieser Stelle etwas detaillierter eingegangen werden. Hierzu soll das Konzept des Sozialkapitals in seinem soziologischen Ursprung kurz skizziert und die Begründung seiner Produktion im Sport nachvollzogen werden, ehe das Konzept nochmals aus ökonomischer Perspektive kritisch hinterfragt wird, um so zu Aussagen über die Förderungswürdigkeit des Sportbereichs als Produzent von Sozialkapital im ordnungspolitischen Kontext zu gelangen. Sozialkapital wurde mit den Arbeiten von Coleman69 und Putnam70 seit Beginn der 90er Jahre zu einem vielfach und interdisziplinär diskutierten Konzept, über dessen spezifische Inhalte aufgrund der vielfältigen Zugänge und theoretischen Einbindungen noch kein wissenschaftlicher Konsens besteht.71 Unter Sozialkapital wird, mit unterschiedlicher Akzentuierung, „in der Regel eine Kombination aus Vertrauen, speziellen gemeinschaftsbezogenen Werten und Normen sowie – ganz allgemein – sozialen Kontakten und Netzwerken verstanden.“72 Trotz aller Unterschiede in den Konzeptionen ist ihnen gleich, daß Sozialkapital Handlungen der Individuen ermöglicht, die sonst nicht möglich gewesen wären. Sozialkapital bildet Faktoren ab, die Vertrauen innerhalb einer Gruppe schaffen, wodurch opportunistisches Verhalten eingedämmt, Transaktionskosten gesenkt oder Transaktio68 Zu denken sei beispielsweise an die Arbeit der Enquête-Kommission „Zukunft des Bürgerschaftlichen Engagements“. Vgl. Deutscher Bundestag (2002). 69 Vgl. Coleman (1990). 70 Vgl. Putnam (1993, 1995). 71 Das Konzept ist an der Schnittstelle zwischen Soziologie, Politologie und Wirtschaftswissenschaft zu verorten. Zur Entwicklung des Konzepts und seiner Ausdifferenzierung vgl. Panther (2002). 72 Gabriel et al. (2002), S. 25.
10 Langer
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5. Kap.: Analyse der ökonomischen Rechtfertigungsansätze
nen erst ermöglicht werden können. Ebenso steht es für alle Institutionen einer Gesellschaft, die Erwartungssicherheit schaffen und abweichendes Verhalten sanktionieren.73 Sozialkapital ist sowohl als individuelle Ressource wie auch öffentliches Gut zu verstehen. Als individuelle Ressource können Individuen ihre sozialen Kontakte und das in sie gesetzte Vertrauen zur Durchführung von Transaktionen zum Zwecke der Verwirklichung ihrer individuellen Ziele nutzen.74 Sozialkapital hat zugleich den Charakter eines öffentlichen Gutes, da die allgemeine Vertrauenswürdigkeit jedem Akteur zur Verfügung steht, unabhängig seines Beitrages, und ein Gebrauch dieses Gutes keinerlei Rivalität bedeutet. Für Coleman ergibt sich Sozialkapital ausschließlich aus den strukturellen Gegebenheiten, in die ein Individuum eingebettet ist, und erleichtert bestimmte individuelle Handlungen.75 Es sind damit individuelle Akteure, für die sich aufgrund ihrer Einbettung in Netzwerke und der damit verbundenen Beziehungen zusätzliche Handlungsmöglichkeiten ergeben. Damit wird ersichtlich, daß Sozialkapital als individuelle Ressource zu verstehen ist.76 Als Merkmal der Sozialstruktur ist Sozialkapital aber öffentlich.77 Im Gegensatz zu Coleman bilden bei Putnam Vertrauen, Normen und Netzwerkstrukturen gleichermaßen Sozialkapital, das kollektive Handlungen ermöglicht und die Effizienz ganzer Gesellschaften bestimmt.78 Hier steht also die Handlungsfähigkeit des Kollektivs im Vordergrund. Für Putnam ist Sozialkapital insoweit öffentlich, als es als Kuppelprodukt mit anderen sozialen Aktivitäten erzeugt werden muß.79 Beide gelangen in ihren Studien zu dem Ergebnis, daß Sozialkapital eine wichtige Voraussetzung ebenso für volkswirtschaftliche Erfolge wie auch für eine stabile und aktive Demokratie ist.80 Der selbstverwaltete Sport wird als einer der wichtigsten Produzenten sozialen Kapitals in Deutschland angeführt.81 „Sportvereine tragen als ,Kitt‘ zum sozialen Zusammenhalt der komplexen, pluralistischen Gesellschaft bei. In ihnen entwickelt sich Vertrauen der Menschen zueinander, das für die Funktionsfähigkeit 73 Vor diesem Hintergrund findet Sozialkapital in den Wirtschaftswissenschaften insbesondere Verwendung in der Wachstums- und Entwicklungstheorie, der Neuen Institutionenökonomie sowie der Ordnungsökonomie. 74 So auch das Verständnis von Bourdieu, der Sozialkapital als Ressource definiert, die auf der Zugehörigkeit zu einer Gruppe beruht und über die Individuen verfügen können, um sie zum persönlichen Vorteil in unterschiedlichen Kontexten zu nutzen. Vgl. Bourdieu (1983), S. 190 f. 75 Vgl. Coleman (1990), S. 302. 76 So auch Panther (2002), S. 158 f. 77 Vgl. Coleman (1990), S. 315 ff. 78 Vgl. Putnam (1993), S. 163 ff. 79 Vgl. Putnam (1993), S. 170 ff. 80 Vgl. Putnam (1993), Putnam (1999), S. 23 ff., Coleman (1990). 81 Vgl. Bundesministerium des Innern (2002), S. 13, Rittner / Breuer (2000), S. 29 ff., Hickel (2002), S. 412 f.
A. Externe Effekte des Sports
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sozialer Beziehungen in der Gesellschaft insgesamt unentbehrlich ist.“82 Darüber hinaus zeichnet sich der selbstverwaltete Sport durch das hohe Niveau freiwilligen Engagements aus. Dort „entfaltet sich bürgerschaftliches Engagement, das dem freiheitlich demokratischen Gemeinwesen zugute kommt.“83 Die Aussagen zur Bedeutung des Sportbereichs als Produzent von Sozialkapital stützen sich auch auf dessen Messung. Zur Messung des Sozialkapitals, das der selbstverwaltete Sport produziert, ist dieses zunächst zu operationalisieren. Wenngleich verschiedene Ansätze denkbar sind, wird zumeist die Mitgliedschaft in Freiwilligenorganisationen wie auch das Ausmaß ehrenamtlicher Tätigkeit herangezogen.84 Betrachtet man die Ergebnisse der Wohlfahrtssurvey für Deutschland von 1998, so waren im Sport 25 Prozent der Bevölkerung über 18 Jahre organisiert und damit deutlich mehr als in kirchlichen Vereinen (8 %), Musik- / Gesangsvereinen (6 %), Gewerkschaften (12 %), Parteien (3 %), Bürgerinitiativen (1 %) oder sonstigen Vereinen und Organisationen (20 %).85 Nach der Freiwilligensurvey von 1999 waren im Bereich Sport und Bewegung 37 Prozent der Befragten aktiv, womit dieser den bedeutsamsten gesellschaftlichen Bereich aktiver Beteiligung darstellt (vgl. Abbildung 15).86 Somit integriert der (selbstverwaltete) Sport, gemessen an der Zugehörigkeit und Aktivität, mit deutlichem Abstand vor anderen freiwilligen Vereinigungen die meisten Menschen in Deutschland.
Sport und Bewegung
37%
Freizeit und Geselligkeit
25%
Kultur und Musik
16%
Schule/Kindergarten
11%
Sozialer Bereich
11%
Aktiv Beteiligte (%) Quelle: Rosenbladt (2000), S. 41.
Abbildung 15: Die fünf gesellschaftlichen Bereiche mit der höchsten Zahl der aktiv Beteiligten im Jahr 1998 (in Prozent der deutschen Bevölkerung über 14 Jahre) Bundesministerium des Innern (2002), S. 13. Bundesministerium des Innern (2002), S. 13. 84 Bei einer solchen Operationalisierung des Sozialkapitals stimmen auch die ansonsten divergierenden inhaltlichen Ansätze der Sozialkapitalkonzeption bei Coleman und Putnam überein. Zu grundsätzlichen Möglichkeiten der Messung von Sozialkapital siehe Noll (1999). 85 Eigene Berechnungen auf Basis von Schöb (1999), S. 8. Da der Wohlfahrtssurvey lediglich die erwachsene Bevölkerung repräsentiert, im selbstverwalteten Sport aber auf das Alter bezogen relativ viele Kinder und Jugendliche organisiert sind, dürfte der Sport, im Vergleich zu anderen freiwilligen Vereinigungen, noch mehr Menschen integrieren. 86 Vgl. Rosenbladt (2000), S. 39 ff. Grundlage der 1998 durchgeführten repräsentativen Erhebung war die Bevölkerung ab 14 Jahren in Deutschland. 82 83
10*
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5. Kap.: Analyse der ökonomischen Rechtfertigungsansätze
Hinsichtlich des ehrenamtlichen Engagements verhält es sich ebenso.87 Bei der Verteilung der freiwilligen, ehrenamtlich ausgeübten Tätigkeit nach Bereichen entfallen 22 Prozent auf den Bereich Sport und Bewegung. Elf Prozent entfallen jeweils auf die Bereiche Schule / Kindergarten, Freizeit und Geselligkeit sowie Kirche / Religion, zehn Prozent auf Kultur und Musik. Damit entfallen auf die fünf größten Bereiche zusammen 65 Prozent. Innerhalb des Bereichs Sport und Bewegung werden 94 Prozent der ehrenamtlichen Tätigkeiten und Freiwilligenarbeit im Rahmen des selbstverwalteten Sports erbracht, selbstorganisierte Gruppen außerhalb dieses Bereichs haben mit vier Prozent und öffentliche sowie private Einrichtungen mit zusammen zwei Prozent eine quantitativ geringe Bedeutung.88 Werden die Zahl der freiwilligen Mitgliedschaften sowie der Umfang ehrenamtlichen Engagements als Indikator für Sozialkapital herangezogen, ist der selbstverwaltete Sport die bedeutendste Quelle sozialen Kapitals in Deutschland. Es bleibt allerdings zu fragen, ob sich damit auch eine Notwendigkeit zur Förderung des Sports ableiten läßt.89 Um diese Frage zu beantworten, soll zunächst das Konzept sozialen Kapitals nochmals aus ökonomischer Sicht näher dargestellt werden. Sozialkapital wurde als „missing link“ zu Sachkapital, Finanzkapital und Humankapital in die ökonomische Debatte eingebracht.90 Dabei verdeutlicht schon der Begriff „Kapital“, daß von sozialem Kapital, wie von jedem anderen Kapital, nutzensteigernde Rückflüsse zu erwarten sein müssen.91 Darüber hinaus stellt Sozialkapital eine individuelle Eigenschaft dar, sozusagen die soziale Komponente des Humankapitals. Damit kann die Akkumulation von Sozialkapital zunächst als individuelle Investitionsentscheidung begriffen werden.92 Tritt ein Individuum einem Netzwerk wie beispielsweise einem Sportverein bei, so tätigt es eine Investition in seine individuelle Ressource Sozialkapital. Dieses kann es zur Realisierung seiner eigenen Ziele einsetzen. Die Mitgliedschaft in einem Golfclub kann hilfreich sein für erfolgreiche Geschäftsabschlüsse durch ein entsprechendes Standing, das Kooperationen erst ermöglicht, Informationstransfers 87 Vgl. Rosenbladt (2000), S. 43 ff. Insgesamt wird die Zahl ehrenamtlich Tätiger im Sport auf rund 4 – 4,5 Millionen geschätzt. Vgl. Rosenbladt (2000), S. 169 f. 88 Vgl. Rosenbladt (2000), S. 168. 89 So z. B. bei Rittner / Breuer (2002), S. 275, Bundesministerium des Innern (2002), S. 13. In diesem Zusammenhang fordert beispielsweise die Enquête-Kommission „Zukunft des Bürgerschaftlichen Engagements“ des Deutschen Bundestages konkret die Überprüfung des Steuerabzugs bei Übernahme der Unterbringungs- und Verpflegungskosten ausländischer Gastmannschaften, um den internationalen Sportaustausch nicht zu behindern. Vgl. Deutscher Bundestag (2002), S. 78. 90 Vgl. Fine / Green (2000), S. 78. 91 Vgl. Fine / Green (2000), S. 81. Allerdings wird zuweilen auch der Kapitalbegriff in Verbindung mit Sozialkapital als irreführend bezeichnet, so z. B. bei Offe (1999), S. 116 f. 92 Vgl. Glaeser / Laibson / Sacerdote (2002), S. F440 ff. Sie weisen in der entsprechenden Studie auch empirisch nach, daß Sozialkapital immer dann von Individuen in besonderem Maße akkumuliert wird, wenn die privaten Anreize hierzu besonders hoch sind.
A. Externe Effekte des Sports
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anregt etc.93 Das Verfügen über bestimmte soziale Eigenschaften kann die Arbeitsaussichten verbessern oder einen höheren Lohn bedeuten. Gleichzeitig sind die Handlungen der Individuen in solchen Netzwerken von einheitlich akzeptierten Normen gesteuert. So gelten im Sportverein Verhaltenskodizes wie Ehrlichkeit, Aufrichtigkeit, Fairneß etc. Abweichendes Verhalten kann sanktioniert werden. Darüber hinaus fließen weitere Informationen, soziale Distanzen werden abgebaut und Vertrauen generiert. Dieses Vertrauen bietet Handlungssicherheit und erleichtert so Transaktionen.94 Damit entstehen positive Externalitäten innerhalb des Netzwerkes. Ausgehend von einem Netzwerk von mindestens drei Akteuren A, B, C muß es positive externe Effekte zwischen den Transaktionen geben.95 Schließt A mit B eine Transaktion erfolgreich ab, C kennt A, weiß von der Transaktion und wertet diese als Indikator für weitere erfolgreiche Transaktionen, so schließe C nun eine Transaktion mit B ab. Beide nutzen die Information der erfolgreichen Transaktion zwischen A und B, so daß diese einen positiven externen Effekt auf die Transaktionen zwischen C und B darstellt. Die Transaktion zwischen C und B basiert auf Vertrauen. Allgemein stabilisieren die Transaktionen innerhalb des Netzwerkes die Verhaltenserwartungen und senken den Aufwand für Transaktionen. Diese positiven externen Effekte machen das Sozialkapital innerhalb des Netzwerkes aus. Sofern sie innerhalb des Netzwerkes wirken, stellt Sozialkapital ein Clubgut dar.96 Häufig wird argumentiert, daß das Sozialkapital eines Netzwerkes positive externe Effekte auf andere Netzwerke bzw. generell nicht dem Netzwerk angehörende Individuen hat.97 Vertrauen innerhalb eines Netzwerkes schaffe somit ein generalisiertes Vertrauen in der Gesellschaft. Dies ist aber kritisch zu hinterfragen. Vielmehr sind negative externe Effekte von sozialkapitalbildenden Netzwerken auf Nichtmitglieder zu erwarten.98 Vielfach stellen die sich innerhalb eines Netzwerkes entwickelnden Normen und Verhaltensregeln für Nichtmitglieder Eintrittsbarrieren dar.99 Nicht erlernte und erworbene Codes und Spielregeln können den Zugang zum Netzwerk erschweren. Nimmt man im obigen Beispiel konkret einen Akteur D hinzu, der nicht dem Netzwerk A, B, C angehört, so hat dieser eventuell kein Interesse an einer Transaktion mit C, weil dieser mit B interagiert, dessen Beziehung mit A wiederum D bekannt Vgl. Bourdieu (1987), S. 334. Vgl. Kujath (2002), S. 30 f. 95 Vgl. hierzu und im folgenden Herrmann-Pillath / Lies (2001), S. 363. 96 Vgl. Herrmann-Pillath / Lies (2001), S. 363 ff., Kujath (2002), S. 26. 97 Vgl. Putnam (1993), S. 171 ff., Meier (1996), S. 14, Collier (1998), S. 4. 98 Vgl. Collier (1998), S. 3, S. 21 f., Glaeser / Laibson / Sacerdote (2002), S. F443 f., Bowles / Gintis (2002), S. F428, Immenfall (1999), S. 122 f. 99 Vgl. Kujath (2002), S. 26. Zu Beispielen aus dem Bereich des Sports siehe Bourdieu (1987), S. 332 ff. 93 94
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5. Kap.: Analyse der ökonomischen Rechtfertigungsansätze
ist.100 In diesem Fall geht also eine diskriminierende Wirkung von dem Netzwerk A, B, C aus, durch die D ausgeschlossen wird und die somit zu einer Abgrenzung zwischen den Netzwerken respektive Akteuren führt. Ebenso kann mit der Zugehörigkeit zu einem Netzwerk eine Privilegierung verbunden sein.101 Bei dieser Privilegierung kann es sich grundsätzlich schon um die Partizipation am Sozialkapital in der Gruppe handeln. Hat dieses Netzwerk Ausschlußmechanismen, die Dritten den Zugang verwähren, so erfahren diese eine Diskriminierung, da sie keinen Zugang zu den entsprechenden Privilegien haben. Als diskriminierend kann bereits eine Behinderung der Verbreitung von Informationen über die Tätigkeiten des Netzwerkes verstanden werden.102 Als ein Beispiel eines Produzenten von Sozialkapital mit negativen externen Effekten auf Nichtmitglieder des Netzwerkes wird häufig die Mafia angeführt.103 In der Terminologie Zintls104 handelt es sich hierbei um eine Clique.105 Eine Clique ist darauf bestrebt, monopolistische Vorteile kollektiv zu nutzen, die gerade durch das kollektive Handeln entstehen. Folglich hat sie ein Interesse an einer Begrenzung der Mitgliedschaft sowie an der Monopolisierung von Informationen. Entsprechende Zutrittsbarrieren und Ausschlußmechanismen werden also zur Diskriminierung von Nicht-Mitgliedern eingesetzt. Neben diesen negativen externen Effekten von Netzwerken auf Nicht-Mitglieder liegen die positiven externen Effekte innerhalb des Netzwerkes nicht zwingend vor. So ist es im obigen Beispiel durchaus möglich, daß A das Vertrauen des B und des C genießt und C das Vertrauensverhältnis zwischen A und B bekannt ist, C deshalb aber nicht zwingend B vertraut. Die Probleme opportunistischen Verhaltens können auch in Netzwerken bestehen bleiben.106 Besonders bei umfassenden Netzwerken ist die Verhaltensgeschichte der Akteure meist nur unzureichend bekannt, so daß ein Rest von Mißtrauen existieren kann. Wenn jeder Akteur nun aber dem anderen unterstellt, die Freifahrerposition einzunehmen, entsteht für den einzelnen Akteur kaum ein Anreiz, dies nicht auch selbst zu tun. Die reine Zugehörigkeit zu Netzwerken, in diesem Fall zu Sportvereinen, und damit hergestellten sozialen Beziehungen sagen zudem noch nichts über deren Qualität aus. Wie die Geschichte gezeigt hat, kann über Vereine auch negatives Sozialkapital produziert werden. Bereits in den vorangegangenen Unterpunkten wurden Vgl. Herrmann-Pillath / Lies (2001), S. 363. Vgl. Collier (1998), S. 22, der auf Untersuchungen bezüglich Sippschaften in Ghana verweist, in denen deutlich wurde, daß mit der Zugehörigkeit zu den dominanten Sippschaften höhere Löhne im öffentlichen Sektor verbunden waren. 102 Vgl. Herrmann-Pillath / Lies (2001), S. 365. 103 Vgl. Collier (1998), S. 21, Immenfall (1999), S. 122, Herrmann-Pillath / Lies (2001), S. 364 f. 104 Vgl. Zintl (1993), S. 94 ff. 105 Vgl. hierzu Herrmann-Pillath / Lies (2001), S. 364 f. 106 Vgl. Collier (1998), S. 21. 100 101
A. Externe Effekte des Sports
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die sozialen Leistungen des Sports aus qualitativer Sicht näher betrachtet. Daraus konnte gegenüber anderen Vereinigungen keine besondere Förderwürdigkeit des Sports abgeleitet werden. Informelle Kontakte am Arbeitsplatz oder regelmäßige nachbarschaftliche Skatrunden sind ebenso soziale Beziehungen und als solche Produzenten von Sozialkapital wie die Aktivitätsentfaltung in Sportvereinen.107 Die bisherigen Ausführungen machen deutlich, daß die vermeintlich positiven Effekte der Produktion von Sozialkapital differenziert zu betrachten sind. Zunächst liegen im Rahmen der Investition in Sozialkapital internalisierte Effekte vor. Darüber hinaus können aber positive externe Effekte im Netzwerk existieren. Negative externe Effekte des Netzwerkes wiederum sind ebenfalls zu berücksichtigen, so daß sich nur hieraus ein Gesamtbild über die Wirkung des Sozialkapitals gewinnen läßt. Vor diesem Hintergrund ist dann auch die Messung von Sozialkapital über die Mitgliedschaft in Vereinen mit Aggregationsschwierigkeiten behaftet. So ist zwischen internalisierten und externen Effekten zu unterscheiden. Ebenso sind die positiven und negativen externen Effekte bei einer Aggregation zu verrechnen. Eine entsprechende empirische Überprüfung, um Aussagen zum bereitgestellten Sozialkapital des Sportbereichs zu treffen, ist allerdings schwer durchführbar.108 Damit ist auch ein Vergleich des Beitrags zur Bildung von Sozialkapital des Sports mit anderen Netzwerken kaum möglich.109 Darüber hinaus liegt auch empirisch Evidenz gegen die Hypothese, die Mitgliedschaft in Netzwerken und insbesondere in Sportvereinen trage wesentlich zur Bildung von Sozialkapital in der Gesellschaft bei, vor.110 Im Rahmen der Wohlfahrtssurvey 1998 wurde das soziale Vertrauen im Zusammenhang mit Vereinsmitgliedschaften bei erwachsenen Deutschen abgefragt. Dieses lag in Westdeutschland, unabhängig einer Mitgliedschaft in jedweder Vereinigung, im Mittel bei 20 Prozent, bei Mitgliedern in Sportvereinen nur unwesentlich um zwei Prozentpunkte höher. In Ostdeutschland lag es mit zwölf Prozent bei Sportvereinsmitgliedern sogar unter dem gesamten mitgliedschaftsunabhängigen Durchschnitt von 13 Prozent. Eine weitere Erhebung offenbarte, daß mit dem individuellen Engagement im Sportverein eine Binnenorientierung verbunden ist und demnach weniger das Ziel verfolgt wird, spezifische Entwicklungen außerhalb des Vereins zu beeinflussen.111 Eine staatliche Förderung des Sports kann über seinen vermeintlichen Beitrag zur Bildung von Sozialkapital nur schwerlich begründet werden. Allerdings könnte eine Aufgabe des Staates aus den negativen Wirkungen der Bildung von Netzwerken und damit auch Sportvereinen resultieren.112 So kann der Staat gefordert 107 108 109 110 111 112
Vgl. Gabriel et al. (2002), S. 26. Vgl. Herrmann-Pillath / Lies (2001), S. 365. Siehe auch Immerfall (1999), S. 121. Vgl. hierzu und im folgenden Schöb (1999), S. 10. Vgl. Braun (2003), S. 6. Vgl. Bowles / Gintis (2002), S. F431 f., Herrmann-Pillath (2001), S. 365 f.
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5. Kap.: Analyse der ökonomischen Rechtfertigungsansätze
sein, mögliche Diskriminierungen zwischen den Netzwerken zu verhindern, die Freiheitsrechte der Individuen zu schützen und ihnen den Zugang zu gesellschaftlichen Netzwerken offenzuhalten.
III. Optionswert Der Optionswert stellt einen weiteren Versuch der Konkretisierung der öffentlichen Gutskomponente von privaten Gütern dar.113 Der Optionswert beschreibt den Wert, den ein Individuum einem Gut heute beimißt, um sich die Option für die Nutzung in Zukunft offenzuhalten. Das Individuum zieht also einen Nutzen daraus, daß die Möglichkeit zum Konsum eines bestimmten Gutes besteht, unabhängig davon, inwieweit es dieses Gut auch tatsächlich nachfragen wird. Da es um die Option zur Nachfrage geht, erfolgt der Konsum entsprechender Güter nicht zwingend. Die Anbieter können den Optionswert der Nichtkonsumenten nicht vereinnahmen, folglich stellen sie die Option ohne marktliche Gegenleistung bereit, positive externe Effekte sind gegeben. Der Optionswert wird in der Literatur primär im Zusammenhang mit Umwelt-, Gesundheits- und Kulturgütern diskutiert. Kubat hat ihn auf den Sport bezogen. „Individuen bewerten allenfalls die Option auf einen zukünftigen Besuch von Sportveranstaltungen und insbesondere auf die zukünftige Nutzung von Infrastruktur des Sports positiv, obwohl sie nicht wissen, ob sie das Angebot je nutzen werden.“114 Im Rahmen einer in der Schweiz durchgeführten Abstimmungsanalyse konnte Kubat die Existenz des Optionswertes des Sports empirisch nachweisen.115 Abgesehen von den methodischen Problemen dieser Untersuchung116 sowie fehlenden Replikationen ist dennoch zu fragen, ob sich mit dem Optionswert des In der Literatur wird der Optionswert erstmals von Weisbrod (1964) behandelt. Kubat (1998), S. 93 f. Auch Heinemann (1987), S. 236, erwähnt den Optionswert im Zusammenhang mit dem Sport, ohne ihn jedoch weiter zu konkretisieren. 115 Vgl. Kubat (1998), S. 100 ff. Die Abstimmungsanalyse wurde für fünf Volksabstimmungen in der Schweiz durchgeführt. Gegenstand der Abstimmungen war die zur Disposition stehende finanzielle Unterstützung durch den Staat der Olympischen Winterspiele der entsprechenden Jahre. Es wurde angenommen, daß unterschiedliche sozioökonomische Eigenschaften der Abstimmenden zu einer unterschiedlichen Wertschätzung öffentlicher Güter führen und damit die Hypothese begründet, daß der Optionswert stärker nachgefragt wird von Individuen, die eine größere sportliche (Wintersport-)Aktivität haben. Diese Hypothese wurde für das entsprechende ökonometrische Schätzmodell anhand einer Variable operationalisiert, die den Anteil der Mitglieder im schweizerischen Skiverband an der Wohnbevölkerung der an der Abstimmung beteiligten Gemeinden angibt. Die Erwartung, daß diese Gruppe die Option auf den Besuch der Olympischen Winterspiele oder die Nutzung der Infrastruktur höher bewerten müßte als der durchschnittliche Stimmbürger, konnte erfüllt werden, der Einfluß der Variable erwies sich als mehrheitlich stabil. 116 Siehe hierzu Kubat selbst (1998), S. 147 f. Weiter ist beispielsweise anzumerken, daß gerade die im Skiverband organisierten Sportler auch bereits Nutzer der gegenwärtigen Infra113 114
A. Externe Effekte des Sports
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Sports eine staatliche Förderung begründen läßt. Während in der Literatur einige Autoren die Existenz eines positiven Optionswertes unterstellen, weisen andere darauf hin, daß der Optionswert auch negativ sein kann, und wieder andere verneinen seine Existenz grundsätzlich.117 Wird diese Grundsatzdiskussion nicht weiter verfolgt und die Existenz des Optionswertes akzeptiert, stellt sich die Frage, weshalb kein Markt für die Option entstanden ist. Zum einen wäre es möglich, durch die Mitgliedschaft in Fördervereinen oder freiwillige Spenden die Aufrechterhaltung des Sportangebotes zu sichern und somit die Option auf eine zukünftige Inanspruchnahme zu wahren. Auch wenn dies im Bereich des Sports umfassend praktiziert wird, so bleibt das Trittbrettfahrer-Problem bestehen, wodurch nicht unbedingt von einer vollständigen Internalisierung ausgegangen werden kann. Zum anderen wäre es denkbar, das Risiko des Wegfalls des Sportangebots zu versichern. Aufgrund von Problemen der adversen Selektion sowie insbesondere des moral hazard ist kaum mit einem funktionsfähigen Versicherungsmarkt zu rechnen.118 Die Einrichtung eines Marktes für den Optionswert ist damit unwahrscheinlich. Schließlich muß aber auch in Betracht gezogen werden, daß der Optionswert unterhalb der Spürbarkeitsschwelle verbleibt und er deshalb für Entscheidungen im Rahmen des Marktprozesses nicht von Relevanz ist. Somit bedarf es zur Bestimmung der Existenz des Optionswertes empirischer Evidenz. Akzeptiert man das qualitative Argument des Optionswertes im Sport, wird eine mit dem Optionswert begründete staatliche Förderung also zu einer quantitativen Frage. Die Quantifizierung des Optionswertes erweist sich in der Praxis aber noch als äußerst schwierig. Deshalb sollen einige theoretische Überlegungen angestellt werden. Neben der Unsicherheit über den künftigen Konsum werden noch die Seltenheit des Konsums sowie Kosten einer quantitativen Angebotsausweitung als Voraussetzungen für das Versagen eines privatwirtschaftlichen Angebotes diskutiert.119 Die Seltenheit der Nachfrage ist eine relative Größe, die bei allen Gütern in einem gewissen Grad vorhanden ist. Genauso verhält es sich auch mit den Kosten der Produktionserweiterung zur Deckung der Nachfrage gelegentlicher Konsumenten. Hierbei handelt es sich um die Konsequenzen von Nachfrageschwankungen, wie sie in unterschiedlichem Ausmaß bei allen Gütern anzutreffen sind. „It seems therefore, that in principle, the option demand exists for all commodities.“120 Allerdings wird weiter ausgeführt, daß „the option demand becomes important with respect to resource-allocation decisions when user charges [ . . . ] begin to fall short of costs at the margin of service, so that private entrepreneurs struktur sind. Interessanter wäre doch das Abstimmungsverhalten der gegenwärtigen Nichtnutzer. 117 Für einen knappen Überblick über die entsprechende Diskussion siehe Cicchetti / Freeman (1971), hinsichtlich des Vorzeichens des Optionswertes Schmalensee (1972). 118 Siehe hierzu die ähnlich gelagerte Diskussion im Kontext der Kulturförderung bei Krieger (1996), S. 93 f. 119 Vgl. Weisbrod (1964), S. 471. 120 Weisbrod (1964), S. 476.
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5. Kap.: Analyse der ökonomischen Rechtfertigungsansätze
will cease or curtail operations.“121 Der Optionswert wird dann relevant, wenn sich ohne seine Berücksichtigung das Angebotsniveau verringerte respektive das Angebot wegfiele. Dann sei der Staat mit entsprechenden Maßnahmen gefordert. Aufgrund der Ubiquität des Optionswertes kann nicht jeder internalisiert werden.122 Wie bedeutend ist er nun im Bereich des Sports? Grundsätzlich ist seine Bedeutung um so geringer, je häufiger das entsprechende Gut nachgefragt wird und je weniger Kosten eine Angebotsausweitung verursacht. Hinsichtlich beider Aspekte weisen Sportangebote im allgemeinen keine Besonderheiten auf, die über die typischen Merkmale von Dienstleistungen hinausreichen.123 Des weiteren ist der Optionswert von untergeordneter Relevanz, wenn eine hohe Nutzungswahrscheinlichkeit unterstellt werden kann.124 Bei der hohen aktiven Sportbeteiligung der deutschen Bevölkerung kann hiervon ausgegangen werden. Der Optionswert existiert also für Sportgüter wie auch für zahlreiche andere Güter, ohne daß sich bei seiner Vernachlässigung eine Änderung des tatsächlichen Sportangebotes ergeben würde. Darüber hinaus verursacht die Internalisierung Kosten, die mit dem zu erwartenden Nutzen saldiert werden müssen. Es ist quantitativ zu belegen, daß der Optionswert hinreichend hoch ist, die mit dem staatlichen Eingriff verbundenen Kosten zu decken. Der Optionswert kann auch negativ sein, z. B. wenn mit staatlichen Eingriffen eine höhergeschätzte Alternativverwendung derselben Ressource vereitelt wird.125 Darüber hinaus stellen die Kosten des Angebotes sowie der quantitativen Angebotsausweitung keine fixe Größe dar. Sie bilden vielmehr eine durch unternehmerisches Handeln gestaltbare sowie durch Veränderungen in den Rahmenbedingungen veränderliche und damit letztlich variable Größe. Auch ist es durchaus denkbar, daß Mechanismen zur Erfassung des Optionswertes von den Anbietern installiert werden, die diesen damit abgreifen und in ihrer Ertragsfunktion berücksichtigen können. Zusammenfassend ist festzustellen, daß von der Existenz eines Optionswertes des Sportangebotes auszugehen ist. Dennoch lassen sich aufgrund theoretischer Überlegungen hinsichtlich seiner Vernachlässigbarkeit sowie mangels empirischer Evidenz über seine Höhe schwerlich Argumente finden, weshalb der allgegenwärtige Optionswert im Zusammenhang mit Sport eine staatliche Förderung rechtfertigen könnte.
Weisbrod (1964), S. 476. Vgl. Bonus (1979 / 80), S. 69 f., der dieses Argument allgemein für externe Effekte vorbringt. 123 Siehe hierzu Woratschek (1998). 124 Vgl. Cicchetti / Freeman (1971), S. 538 f. 125 Zu denken sei an den Bau einer ungedeckten Anlage, wenn den Konsumenten eine Sporthalle mit den entsprechenden funktionellen Möglichkeiten eines alternativen Sportangebotes einen höheren Nutzen stiften würde. 121 122
A. Externe Effekte des Sports
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IV. Prestigewert Der Erfolg von Sportlern oder die gut organisierte Ausrichtung von Sportveranstaltungen können einen Prestigewert mit sich bringen. Die Bürger eines bestimmten Landes fühlen sich unter Umständen stolz, wenn Sportler ihrer Nation internationale Erfolge erzielen oder wenn Sportgroßveranstaltungen erfolgreich im Inland durchgeführt werden. Dies sorgt für Gesprächsstoff und für eine gewisse Identifikation mit den Sportlern. Gerade im Zusammenhang mit den Sportveranstaltungen kann sich ein Zusammengehörigkeitsgefühlt entwickeln, das die Identifikation der Bürger mit ihrer Nation stärkt und nationale Identität stiftet.126 Die identitätsstiftende Wirkung des Prestigewertes kann sich nicht nur auf nationaler, sondern auch auf regionaler oder lokaler Ebene vollziehen.127 Auch ein gewonnenes Lokalderby in einer unterklassigen Sportliga oder ein dörfliches Sportfest können die örtliche Bevölkerung stolz auf „ihre“ Mannschaft oder „ihr“ Dorf sein lassen, so daß auch dort die lokale Identitätsbildung gefördert wird. Sportlicher Erfolg oder professionell durchgeführte Sportveranstaltungen sorgen aber nicht nur für Stolz innerhalb der betroffenen Region, sondern können auch Anerkennung auf überregionaler Ebene finden. Somit ermöglicht der Sport regionale, nationale und auch internationale Repräsentation.128 Sportler und Sportveranstaltungen repräsentieren ihre Region oder Nation und können das Ansehen der jeweiligen Region oder Nation beeinflussen. Auf nationaler Ebene weist diese Repräsentationswirkung auch eine weitergehende außenpolitische Dimension auf, wie etwa die Pflege und Entwicklung internationaler Beziehungen. Der Prestigewert des Sports ist folglich in zwei Dimensionen zu gliedern (vgl. Abbildung 16). Die Identitätsstiftung ist primär eine nach innen gerichtete Wirkung, die Repräsentationswirkung nach außen gerichtet. Aufgrund dieser beiden Dimensionen des Prestigewertes muß die Beurteilung eines staatlichen Handlungsbedarfs entsprechend differenziert erfolgen.
Prestigewert
Identitätsstiftung
Repräsentationswirkung
Quelle: Eigene Darstellung.
Abbildung 16: Zwei Dimensionen des Prestigewertes 126 127 128
Vgl. Bundesministerium des Innern (2002), S. 13 f. Vgl. Klein (1996), S. 222 f., Bundesministerium des Innern (2002), S. 14. Vgl. Bundesministerium des Innern (2002), S. 13 f.
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5. Kap.: Analyse der ökonomischen Rechtfertigungsansätze
Es ist nicht davon auszugehen, daß der Sport generell einen Prestigewert hat, wie entsprechende Proklamationen dies häufig vorzugeben scheinen. Prestige geht immer nur in Verbindung mit sportlicher Leistung und insbesondere mit sportlichen Erfolgen einher. Im Hinblick auf die Identifikation mit Idolen dürften daneben noch Charaktermerkmale von Relevanz sein. Nun sind sportliche Erfolge nicht auf allen geographischen Ebenen über alle Sportarten und Niveaustufen hinweg gegeben, so daß entsprechende Effekte im Sport nicht genereller Natur sein können. Dies gilt auch für die Ausrichtung von Sportveranstaltungen, die eine entsprechend erfolgreiche Organisation und Durchführung voraussetzen, um Prestigewirkungen entfalten zu können. Entscheidend für Prestigewirkungen ist der erfolgreiche Sportler oder die erfolgreich ausgerichtete Sportveranstaltung. Dabei dürfte es unerheblich sein, ob diese Leistungen im Rahmen des selbstverwalteten Sports oder des fremdverwalteten Sports erbracht werden. Auch wenn hierzu eine empirische Bestätigung fehlt, so kann wohl kaum abgestritten werden, daß beispielsweise ein fremdverwaltet organisierter Radprofi wie Jan Ullrich zum einen Deutschland international repräsentiert als auch für seinen ehemaligen Wahlwohnsitz Merdingen und seine Trainingsregion Südbaden / Schwarzwald ein Identifikationspotential bietet.129 Grundsätzlich ist der Prestigewert des Sports kaum wissenschaftlich erforscht. Dies mag daran liegen, daß entsprechende Wirkungen des Sports als evident angesehen werden und damit keiner weiteren Forschung bedürfen.130 In der bereits angeführten Abstimmungsanalyse in der Schweiz konnte neben dem Optionswert auch ein Prestigewert identifiziert werden.131 Dessen Operationalisierung bildet allerdings nur die identitätsstiftende Wirkung des Prestigewertes ab.132 Von anderer Seite wird die identitätsstiftende Wirkung wieder in Frage gestellt.133 Eine solche Wirkung, sofern sie überhaupt merklich auftritt, könne allenfalls vorübergehender Natur sein. Es bleibt darauf hinzuweisen, daß der Prestigewert nicht zwingend positiv ausfallen muß, sondern sich durchaus auch ins Gegenteil verkehren kann. Im Zusammenhang von Sportlern sei an schlechte sportliche Leistungen oder ein fragwürdiges Verhalten der „Idole“ gedacht. Vor allem gedopte Sportler ziehen die Aufmerksamkeit der Medien und Öffentlichkeit auf sich. Aber auch schlecht organisierte 129 Augenscheinlich wird dies bei dem massenhaften Auflaufen von Zuschauern aus eben dieser Region, wenn eine Tour de France-Etappe in der Nähe dieses Gebietes vorbeiführt. Angemerkt sei noch, daß Jan Ullrich mittlerweile in der Schweiz lebt. 130 So z. B. die Vermutung von Rittner / Breuer (2000), S. 84. 131 Vgl. Kubat (1998), S. 100 ff. 132 Ausgegangen wird von der Hypothese, der Prestigewert werde um so mehr nachgefragt, je größer die Verankerung eines Individuums im jeweiligen Kanton ist. Operationalisiert wird die lokale Verankerung mit der Anzahl der im Wohnkanton geborenen Stimmbürger. Je höher deren Anteil an der Wohnbevölkerung in einer Gemeinde ist, desto höher sollte ceteris paribus der Zustimmungsgrad ausfallen. Vgl. Kubat (1998), S. 100 ff. 133 Vgl. Klein (1996), S. 222 f.
A. Externe Effekte des Sports
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Sportveranstaltungen oder Fanausschreitungen bei Sportevents dürften eine negative Wirkung haben, so auch der unreflektierte und zerstörerische Umgang mit Umweltressourcen zur Realisierung von Sportinfrastrukturprojekten. Dies kann sowohl nach innen gerichtet desintegrierende Tendenzen auslösen als auch nach außen gerichtet zu negativem Ansehen führen.134 Dies gilt wiederum nicht nur für internationale Spitzensportler oder Sportgroßveranstaltungen. Auch auf lokaler Ebene kann beispielsweise eine mit einem Sportereignis einhergehende Lärmbelästigung entsprechend negative Wirkungen nach sich ziehen. Werden trotz der diskutablen Sachlage positive Prestigewerte unterstellt, ist zu erörtern, ob diese internalisiert sind oder aber als externe Effekte eine staatliche Förderung rechtfertigen können. Damit einem Individuum die identitätsstiftende Wirkung des Sports zuteil wird, muß dieses über die entsprechenden sportlichen Erfolge in Kenntnis gesetzt sein und diese Informationen nutzen, beispielsweise in der Interaktion mit anderen Individuen. Dabei kommt dieser Nutzen nicht nur den Eintritt zahlenden und damit ausschließbaren und konkurrierenden Nutzern der Sportveranstaltung zu. Die Informationen können auch über andere Kanäle bezogen werden, so im Rahmen der Berichterstattung der Medien. Aber auch für die Nutzung der Medien und der von selbigen bereitgestellten Sportinformationen sind Marktpreise zu entrichten. Eine Exklusion ist grundsätzlich möglich.135 Wird die Exklusion von entsprechenden Informationen nicht durchgeführt oder werden keine marktlichen Preise erhoben, wie es im Rahmen der Sportberichterstattung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks der Fall ist, so handelt es sich um eine politische Entscheidung, aber nicht um ein Versagen des Marktes. Die identitätsstiftende Wirkung des Prestigewertes des Sports ist, soweit überhaupt vorhanden, ein internalisierter Nutzen.136 Anders verhält es sich mit der Repräsentationswirkung des Prestigewertes. Diese nach außen gerichtete Wirkung führt zur Anerkennung bei Dritten. Diese Dritten lassen ihre Anerkennung und ihren Respekt allen repräsentierten Individuen zu teil werden. Unabhängig des Konsums von Sportleistungen oder damit verbundener Informationen profitiert folglich jedes repräsentierte Individuum von einer positiven Repräsentation. In diesem Fall ist eine Exklusion nicht möglich, auch besteht keine Rivalität im Konsum. Ein positiver externer Effekt liegt vor. Dennoch sollte hieraus nicht gleich ein staatlicher Handlungsbedarf in Form einer öffentlichen Sportförderung abgeleitet werden.137 Hier stellt sich zum einen die Frage nach der Spürbarkeitsschwelle dieser Effekte, ob also die Wirtschaftssub134 Ein weiterer Aspekt ist der übertriebene Aufbau nationaler Identität, wie dies angesichts der Instrumentalisierung des Sports im nationalsozialistischen Deutschland der Fall war. 135 Selbst im Rahmen der Kommunikation zwischen zwei Individuen wäre es denkbar, einen Preis für die entsprechende Informationsweitergabe zu verlangen. 136 Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt Hockenjos (1995), S. 125 ff., wenngleich dort Prestigeeffekte nicht weiter differenziert werden. 137 Siehe ebenso Herrnkind (1995), S. 92 ff.
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5. Kap.: Analyse der ökonomischen Rechtfertigungsansätze
jekte bereit wären, für nationale Repräsentation einen monetären Ausgleich zu zahlen.138 Zum anderen konkurrieren Sportgüter mit weiteren Gütern, die ebenfalls einen repräsentativen Prestigewert aufweisen. Ohne eine genauere empirische Absicherung, daß der Prestigewert bei Sportgütern höher ausfällt als beispielsweise bei Kunst- und Kulturgütern, Bildungsgütern oder rein privaten Gütern, wie z. B. Luxusautomobilen, bleibt eine öffentliche Sportförderung aus Reputationsgründen zweifelhaft. Ein Prestigewert ist nicht allen Sportereignissen und -leistungen gleichermaßen zuzuschreiben. Hinsichtlich seiner Identitätsstiftung beschreibt der Prestigewert einen internalisierten Nutzen. Seine Repräsentationswirkung stellt einen externen Effekt dar, der eine staatliche Sportförderung nicht auszuschließen, aber aufgrund vielfältiger alternativer Güter mit Repräsentationswirkung auch nicht zwingend erforderlich erscheinen läßt.
V. Wachstumsexternalitäten Der Sportbereich stellt mittlerweile einen bedeutenden Wirtschaftsfaktor dar. Das sportbezogene Bruttoinlandsprodukt in der Bundesrepublik Deutschland betrug im Jahre 1998 rund 27 Milliarden Euro. Es entspricht damit 1,4 Prozent des gesamten deutschen Bruttoinlandsproduktes. Die sportbezogene Nachfrage der privaten Haushalte belief sich dabei alleine auf über 20 Milliarden Euro. Zugleich waren im Bereich des Sports 1998 rund 783.000 Menschen beschäftigt. Dabei erweist sich die Sportbranche als Wirtschaftssektor mit überdurchschnittlichem Wachstum.139 Der Sport sorgt als eigener Wirtschaftssektor direkt für Beschäftigung und Wertschöpfung. Unabhängig seiner Organisationsstruktur schafft er Arbeitsplätze, Einkommen und Umsätze, auch in vor- und nachgelagerten Märkten. Aufgrund der Verflechtungen und Wechselwirkungen der Wirtschaft kann der Sport auch indirekt sektorfremde Bereiche stimulieren. Zu denken sei beispielsweise an zusätzliche Einnahmen in der Gastronomie oder im Einzelhandel einer Stadt, die durch die zugereisten Besucher einer Sportveranstaltung generiert werden. Darüber hinaus ist im Kontext der gesamtwirtschaftlichen Verflechtung von keynesianischen Multiplikatorwirkungen auszugehen. Im Rahmen des indirekten Einflusses des Sports auf die Wirtschaftsentwicklung werden noch zwei weitere Effekte diskutiert, die zur Begründung einer öffentlichen Sportförderung herangezogen werden: Imageeffekte des Sports sowie der positive Beitrag des Sports zur Standortattraktivität. Da diese Effekte eine positive 138 Hierzu bedarf es der Erfassung der Zahlungsbereitschaft der Nachfrager. Für eine Darstellung und Bewertung verschiedener Verfahren zur Aufdeckung der Präferenzen für öffentliche Güter siehe Pommerehne / Römer (1992). 139 Siehe hierzu Meyer / Ahlert (2000), S. 54 ff.
A. Externe Effekte des Sports
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Impulswirkung auf die wirtschaftliche Entwicklung haben, können sie auch als Wachstumsexternalitäten des Sports bezeichnet werden. In einer Region durchgeführte Sportveranstaltungen, regionale Sportteams oder Individualsportler können der Region140 zum Aufbau eines positiven Images dienen.141 Die Ausrichtung einer Veranstaltung durch eine Stadt kann zunächst wesentlich zur Erhöhung ihres Bekanntheitsgrades beitragen.142 Entscheidend für die Erhöhung des Bekanntheitsgrades ist die mediale Präsenz, die insbesondere von der Bedeutung der Veranstaltung bzw. den erbrachten sportlichen Leistungen und Erfolgen sowie der Popularität der Sportart abhängen dürfte. Durch die Sportberichterstattung werden auch die Namen der die Veranstaltungen durchführenden Regionen oder Kommunen, die Heimatstädte der Teams oder Sportler genannt und damit einer breiten, zumindest der entsprechend sportinteressierten Bevölkerung kommuniziert. So werden dann auch beispielsweise die Olympischen Spiele in den USA im Jahr 1996 gemeinhin als „Atlanta-Spiele“ bezeichnet.143 Ferner fand Hockenjos nach einer kasuistischen Überprüfung die Bekanntheitshypothese im Zusammenhang des damaligen Fußball-Bundesligisten SC Freiburg und der Stadt Freiburg als bestätigt.144 Die Erhöhung des Bekanntheitsgrades des Austragungsortes kann nun gezielt genutzt werden, um die Region in einem positiv besetzten Kontext zu präsentieren und damit ein positives Image aufzubauen. Ein Beispiel hierfür könnte die zunehmende Anzahl an Bewerberstädten für die Ausrichtung Olympischer Spiele darstellen, die in der Bewerbung eine preisgünstige Möglichkeit zum Aufbau eines weltweiten positiven Images sehen und sich weniger eine realistische Chance auf eine tatsächliche Austragung ausrechnen.145 Auch die Bewerbungsphase um die Ausrichtung der Fußball-Weltmeisterschaft 2006 in Deutschland wurde von der öffentlich geförderten Deutschen Zentrale für Tourismus (DTZ) zum Zwecke der Außendarstellung Deutschlands und positiven Meinungsbildung im Tourismusmarkt unterstützt.146 Über den Besuch der Veranstaltung hinaus sind schließlich durch Imageeffekte positive Wirkungen gerade für den Tourismusbereich zu erwarten. Dies deckt sich mit den Ergebnissen von Untersuchungen, die am Beispiel der Olympischen Spiele zeigen, daß gerade im Tourismussektor langfristig Arbeitsplätze geschaffen werden.147 140 Die Region als Gebiet ist hier exemplarisch herausgegriffen. Die Aussagen können ebenso auf eine gesamte Nation oder eine Lokalität bezogen werden. 141 Vgl. Hockenjos (1995), S. 121 ff., Klein (1996), S. 222, Preuß (1999), S. 105 ff. 142 Zum Auftreten und zur Wirkung von Bekanntheitseffekten bei Olympischen Spielen als auch zur Image-Messung von Sportgroßveranstaltungen siehe Preuß (1999), S. 105, und die dort angegebene Literatur. 143 Vgl. Preuß (1999), S. 105. 144 Vgl. Hockenjos (1995), S. 122 f. 145 Diese Ansicht vertritt u. a. Maennig (1997), S. 177, Fn. 38. 146 Vgl. Bundesministerium des Innern (2002), S. 21. 147 Vgl. Preuß (1999), S. 83 ff.
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5. Kap.: Analyse der ökonomischen Rechtfertigungsansätze
Ein nachhaltig besseres Sportangebot, sowohl zum aktiven Sporttreiben als auch zum passiven Konsum durch Zuschauer, nimmt Einfluß auf die weichen Standortfaktoren einer Region, in dem es einen Beitrag zum Freizeit- und Erlebniswert einer Region leistet.148 Damit kann das Sportangebot zu einer Verbesserung der Standortattraktivität einer Region führen.149 Ist der Freizeit- und Erlebniswert im allgemeinen sowie das Sportangebot im speziellen ein Entscheidungskriterium für Arbeitskräfte bei der Wahl ihrer Arbeitsstätte, werden sie sich bevorzugt in Regionen niederlassen, in denen dieses ihren Bedürfnissen entspricht. Dadurch profitieren die Wirtschaftsunternehmen in der entsprechenden Region von einem verbesserten Arbeitskräfteangebot. Ein verbessertes Sportangebot kann folglich auch zu einer verstärkten Ansiedlung von Unternehmen führen, was wiederum neue Arbeitsplätze schaffen kann und allgemein die wirtschaftliche Prosperität der Region positiv beeinflußt.150 Davon profitieren alle Seiten, Arbeitnehmer wie Arbeitgeber, aber auch die Gebietskörperschaft durch höhere Steuereinnahmen und damit letztlich die Bewohner der Region. Die Bedeutung des Sportangebotes als Standortfaktor wird in verschiedenen Studien herausgearbeitet. 151 Bei einer Untersuchung in Nordrhein-Westfalen wurden vielfältige Sportmöglichkeiten, Sportvereine in der Kommune als auch sportliche Großereignisse in der Nähe von der Mehrheit der befragten Führungskräfte und Entscheider in Unternehmen als wichtig oder sehr wichtig für das Halten bzw. Gewinnen von Mitarbeitern eingestuft. In einer für Österreich repräsentativen Studie sprechen 84 Prozent der bis 49jährigen von einer sehr bis recht wichtigen Bedeutung des Sports für die Lebensqualität. Sowohl beim Standorteffekt als auch beim Imageeffekt muß darauf hingewiesen werden, daß diese Effekte wieder unabhängig von der Angebotsform des Sports zu erwarten sind. Es ist wohl unzweifelhaft anzunehmen, daß beispielsweise ein fremdverwaltet angebotenes Motorsportevent am Hockenheimring ebenso die Bekanntheit der Stadt und Region Hockenheim erhöht wie dies ein vom selbstverwalteten Sport durchgeführtes „Deutsches Turnfest“ für die austragende Stadt bzw. Region leistet. Auch dürften die Skihallen als fremdverwaltete Sportangebote den Freizeit- und Erlebniswert der jeweiligen Region deutlich verbessern und eben nicht nur ein umfassendes selbstverwaltetes Vereinsangebot. Vgl. Klein (1996), S. 221, Preuß (1999), S. 119 ff. Vgl. Hockenjos (1995), S. 120 f., Klein (1996), S. 221 f. 150 Kritisch zu dieser Sichtweise stehen beispielsweise Sigfried / Zimbalist (2000), S. 109 f. Bezugnehmend auf die Existenz bedeutender Sportteams und -stadien in einer Stadt sehen sie weniger diese, als vielmehr die Nähe zu Kunden und Produktionsfaktoren, eine gute Infrastruktur, die Steuerbelastung, das Angebot an öffentlichen Dienstleistungen sowie das generelle Kulturangebot, worunter sie den Sport subsumieren, als entscheidungsrelevante Standortfaktoren für Unternehmen an. Allerdings geben sie auch ein entsprechendes Arbeitskräfteangebot als Voraussetzung für eine Unternehmensansiedlung an. Orientieren sich aber die Arbeitnehmer in zunehmenden Maße am Freizeit- und Erholungswert einer Stadt, so stellt dieser auch für Arbeitgeber indirekt über die Arbeitnehmer ein bedeutendes Entscheidungskriterium dar. 151 Dargestellt nach Rittner / Breuer (2000), S. 142 f. 148 149
A. Externe Effekte des Sports
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Darüber hinaus handelt es sich beim Standorteffekt wie auch beim Imageeffekt um regional beschränkte Effekte.152 Inwieweit daraus ein gesamtstaatlicher Nettonutzen resultiert, sei dahingestellt.153 Es ist offensichtlich, daß die Regionen bzw. ihre Gebietskörperschaften im Wettbewerb zueinander hinsichtlich der Attrahierung von Arbeitnehmern und der Ansiedelung von Unternehmen stehen. Ein verbessertes Sportangebot, das die Attraktivität der entsprechenden Gebietskörperschaft steigern kann, stellt diese relativ zu ihren Konkurrenten besser, so daß lediglich Wanderbewegungen zwischen den Gebietskörperschaften resultieren. Ähnlich verhält es sich mit dem Imageeffekt, der auf die Region beschränkt bleibt, in der der imagewirksame Sport angeboten und die Sportgroßveranstaltung durchgeführt wird bzw. die Sportler beheimatet sind. Da zahlreiche Gebietskörperschaften auf den Imageeffekt bauen, führt dies letztlich zu einer „Homogenisierung der Sportlandschaft“154 und nicht zwangsläufig zur erhofften Differenzierung von anderen Gebietskörperschaften. Auch die Empirie bestätigt, daß vom Sportangebot positive wirtschaftliche Impulse auf die Region ausgehen. Die entsprechenden Studien beschränken sich aber zumeist auf sportliche Großveranstaltungen. Eine ex post-Analyse der Olympischen Spiele von 1972 bis 1996 kommt zu dem Ergebnis, daß die ausrichtende Stadt durch Infrastrukturverbesserungen, die Erhöhung des Einkommens und die Steigerung der Beschäftigung profitiert.155 In einer empirischen ex ante-Untersuchung zu den ökonomischen Effekten der möglichen Ausrichtung der Olympischen Winterspiele in Graz 2002 wird die Bedeutung lokaler und regionaler Effekte im Gegensatz zu weniger bedeutsamen nationalen volkswirtschaftlichen Effekten ebenfalls deutlich.156 Studien zur Ausrichtung der Fußball-Weltmeisterschaft in Deutschland 2006 errechnen ebenso positive gesamtwirtschaftliche Effekte,157 weisen aber zugleich darauf hin, daß zwischen Gewinner- und Verliererregionen unter den Austragungsorten zu unterscheiden ist.158 Abschließend bleibt festzuhalten, daß vom Sport positive Wachstumseffekte ausgehen können. Soweit es sich hierbei um Verflechtungen innerhalb des Sportsektors und mit anderen Wirtschaftssektoren handelt, spiegeln diese lediglich die Interdependenzen der arbeitsteiligen, komplexen Volkswirtschaft wider und vollziehen sich innerhalb des Marktprozesses, indem sie sich als Preisreaktionen auf Vgl. Daumann / Langer (2002), S. 283 f., S. 289 ff. Die folgenden Überlegungen beziehen sich auf Image- und Standorteffekte im Vergleich nationaler Gebietskörperschaften. Aber selbst aus dem Blickwinkel eines internationalen Wettbewerbs der Gebietskörperschaften ist ein gesamtstaatlicher Nettonutzen fraglich, da international vergleichbare Städte bzw. Gebietskörperschaften ähnliche Strategien verfolgen. 154 Klein (1996), S. 224. 155 Vgl. Preuß (1999), S. 40 – 132. 156 Vgl. Steiner / Thöni (1995). 157 Vgl. Meyer / Ahlert (2000), S. 70 ff. 158 Vgl. Rahmann (1999), S. 364 ff. 152 153
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5. Kap.: Analyse der ökonomischen Rechtfertigungsansätze
das wirtschaftliche Handeln Dritter niederschlagen. Aus allokationstheoretischer Sicht liefern sie kein Argument für einen staatlichen Eingriff in den Marktprozeß. Einzig Wachstumsexternalitäten durch den positiven Beitrag des Sports zum Image oder zur Standortattraktivität scheinen eine öffentliche Sportförderung zu rechtfertigen, wenngleich sich diese aufgrund der regionalen Begrenztheit der Effekte nur auf die entsprechend regionale Ebene beziehen kann.159
B. Meritorik als Begründung der öffentlichen Sportförderung Schon eingangs dieser Arbeit wurde das in der öffentlichen Diskussion vielfach bemühte Argument für eine staatliche Förderung angeführt, daß der Sport eine besonders „verdienstwürdige“ und damit förderungswürdige Aktivität darstellt. In ökonomischen Termini ausgedrückt, stellt der Sport also ein meritorisches Gut dar.160 Dieses von Musgrave in den späten 50er Jahren erstmals in die wissenschaftliche Diskussion eingebrachte Konzept der Meritorik zeichnet sich in seiner Weiterentwicklung durch seine Heterogenität aus, die auch Widersprüchlichkeiten nicht ausschließt. Deshalb ist es im folgenden zunächst erforderlich, das zugrunde gelegte Verständnis der Meritorik offenzulegen. Erst dann kann dieses auf Bereiche des Sports Anwendung finden, um zu prüfen, inwieweit sich aufgrund meritorischer Argumente eine ordnungspolitisch legitimierte Notwendigkeit für eine öffentliche Sportförderung ergibt.
I. Meritorik als Phänomen verzerrter Präferenzen Der Begriff der „merit wants“ wurde 1957 von Richard A. Musgrave in die Finanzwissenschaft eingeführt und das dahinterstehende Konzept kurze Zeit später 159 Es sei nochmals betont, daß damit lediglich eine notwendige Bedingung als Voraussetzung für einen ordnungspolitisch legitimen staatlichen Eingriff erfüllt ist. Damit ist noch nichts darüber ausgesagt, ob und wie gegebenenfalls der Sport gefördert werden sollte, insbesondere vor dem Hintergrund alternativ verfügbarer Instrumente. Zu einer grundsätzlichen kritischen Auseinandersetzung mit Raumordnungspolitik aus ordnungspolitischer Sicht siehe beispielsweise Gutmann (1996), S. 176 ff. 160 Das Konzept der Meritorik wird zwar von staatlicher Seite nicht explizit angeführt, um eine öffentliche Sportförderung zu begründen. Da es aber das Interesse des Staates ist, durch die Sportförderung das Niveau der Versorgung mit Sportgütern aufgrund ihrer „Verdienstwürdigkeit“ für die Gesellschaft über das einer rein marktlichen Bereitstellung hinaus zu erhöhen, wird das Konzept der Meritorik implizit bemüht. So wird dann auch von theoretischer Seite der Sport als Beispiel eines meritorischen Gutes dargestellt, wie beispielsweise bei Andel (1998), S. 425. Deshalb würde die Analyse der Rechtfertigungstatbestände zu kurz greifen, würde sie nicht auch auf das Konzept der Meritorik und die dahinter liegenden Argumentationslinien eingehen.
B. Meritorik als Begründung der öffentlichen Sportförderung
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von ihm konkretisiert.161 Damit unternahm er den Versuch, staatliches Handeln zu rechtfertigen, das zu einem größeren Angebot an Gütern führt, als es der Markt aufgrund der individuellen Zahlungsbereitschaft der Nachfrager bereitstellen würde.162 Ein solchermaßen vergrößertes Güterangebot ist genau die Absicht des Staates bei seiner Sportförderung. Musgrave selbst hat sein Konzept im Laufe der Zeit weiterentwickelt, wobei immer wieder die Vereinbarkeit der meritorischen Güter mit einem individualistischen Theorieansatz Gegenstand der Ausführungen war.163 Auch die allgemeine wissenschaftliche Diskussion um das Konzept der Meritorik hält an, ohne zu einer abschließenden Klärung gekommen zu sein.164 So konnte neben einer normativen Rechtfertigung des Konzepts auch noch keine Einigung hinsichtlich der Charaktermerkmale von meritorischen Gütern erzielt werden. „Since no pattent attaches to the term, it is thus difficult to provide a unique definition.“165 Üblicherweise werden in der Literatur drei Ansätze zur Charakterisierung meritorischer Güter unterschieden:166 der Ansatz der Redistribution, der Ansatz der öffentlichen Gutskomponente sowie der Ansatz verzerrter Präferenzen als Merkmale meritorischer Güter. Da sich aus diesen drei Ansätzen verschieden gelagerte Rechtfertigungstatbestände für staatliche Eingriffe in das Marktgeschehen ergeben, sollen diese Ansätze zunächst separat geklärt werden.
1. Ansatz der Redistribution Als eine originäre Situation von Meritorik bezeichnet Musgrave den Fall, in dem der Staat bei seinen Umverteilungsmaßnahmen den Bedürftigen Sachleistungen zukommen läßt.167 Auch wenn hier explizit die naturale Umverteilung von Finanztransfers unterschieden wird, so findet dennoch eine Verwischung der Grenzen zwischen dem Konzept der Meritorik und der Umverteilung im Rahmen der Haushaltstheorie statt. Da Umverteilungsaspekte, und damit auch Umverteilungen durch Sachleistungen, noch im Rahmen der distributionspolitischen Argumente für Vgl. Musgrave (1956 / 57) und Musgrave (1959), S. 13 f. Der Gegenpart hierzu sind demeritorische Güter, bei denen der Staat tätig wird, um den Konsum dieser Güter hinter die individuellen Bedürfnisse zurückzudrängen. Da im Rahmen dieser Arbeit ausschließlich die Rechtfertigung der Sportförderung analysiert wird, können die folgenden Ausführungen auf meritorische Güter beschränkt bleiben. 163 Einen Überblick über die Veränderungen in der Position Musgraves bezüglich seiner Konzeption der meritorischen Güter im Zeitablauf bietet Andel (1984). 164 Eine Zusammenfassung der Debatte um das Konzept der Meritorik sowie eine kritische Bewertung bieten Schmidt (1988) oder Tietzel / Müller (1998). 165 Musgrave (1991), S. 452. 166 Vgl. Head (1966), S. 3 ff., Head (1988), S. 4 ff. 167 Vgl. explizit Musgrave / Musgrave / Kullmer (1994), S. 90, aber auch schon Musgrave (1959), S. 49. 161 162
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5. Kap.: Analyse der ökonomischen Rechtfertigungsansätze
eine Rechtfertigung der Sportförderung gesondert diskutiert werden, kann an dieser Stelle auf das dort Gesagte verwiesen werden.168 An dieser Stelle stellt sich weiter die grundsätzliche Frage, inwieweit der Ansatz der Redistribution überhaupt zur Charakterisierung meritorischer Güter herangezogen werden kann. Zur Beantwortung dieser Frage soll der Ansatz der Umverteilung durch Sachleistungen in zwei dahinter stehende Argumentationslinien gegliedert werden, die beide in der Einkommensverteilung ihren Ursprung nehmen. Zum einen wird die Auffassung vertreten, daß besonders in den unteren Einkommensgruppen das Auftreten von Informationsmängeln zu erwarten ist, das in seiner Folge verzerrte Konsumentenpräferenzen nach sich zieht.169 Deshalb seien Naturaltransfers vorziehenswürdig, da nur so eine Verwendung der Transfers entsprechend der unverzerrten „wahren“ Präferenzen sichergestellt werden könne. Zum anderen wird argumentiert, daß das Einkommen einiger Personengruppen schlichtweg nicht ausreicht, um gewisse Güter im Rahmen einer notwendigen Mindestversorgung nachfragen zu können.170 Folglich kann über einen Naturaltransfer eben diese Mindestversorgung garantiert werden. Die erste Argumentationslinie deckt sich mit dem im folgenden noch zu erörternden Ansatz verzerrter Präferenzen.171 Die zweite Argumentationslinie wiederum ist Gegenstand der Umverteilung in der Haushaltstheorie. Damit bleibt fraglich, wie mit dem Ansatz der Redistribution meritorische Güter charakterisiert werden können.172
2. Ansatz der öffentlichen Gutskomponente Meritorische Güter werden auch dahingehend charakterisiert, daß sie substantielle Elemente von öffentlichen Gütern beinhalten können.173 Damit sind Güter gemeint, die sowohl Merkmale von privaten als auch von öffentlichen Gütern aufweisen, wie beispielsweise Erziehung oder Gesundheit.174 Es handelt sich demnach bei meritorischen Gütern um solche, für die grundsätzlich die Exklusionsmöglichkeit gegeben ist, bei deren Produktion aber weitere Güter erstellt werden, von deren Konsum niemand ausgeschlossen werden kann. Siehe hierzu die Ausführungen in diesem 5. Kap., C. Vgl. Head (1966), S. 8. 170 Vgl. Müller / Tietzel (1998), S. 109 ff., Andel (1984), S. 642, Hockenjos (1995), S. 144. 171 Vgl. ebenso Bögelein (1990), S. 96 f. 172 So weist Andel (1984), S. 641, in Bezug auf die Verknüpfung der meritorischen Güter mit dem Verteilungsaspekt darauf hin, daß „die meritorischen Güter [ . . . ] nicht als verteilungspolitische Konsequenz des normativen Ansatzes abgeleitet [werden], sondern es werden konkrete, an Güter, die dem Ausschlußprinzip unterliegen (können), anknüpfende finanzpolitische Maßnahmen zu erklären versucht.“ 173 Vgl. Head (1966), S. 8 ff., sowie Head (1988), S. 6 ff. 174 Vgl. Musgrave (1959), S. 13. 168 169
B. Meritorik als Begründung der öffentlichen Sportförderung
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Das so charakterisierte meritorische Gut erinnert an die öffentliche Gutskomponente als externer Effekt, die bereits weiter oben dargestellt wurde.175 Damit bietet diese Definition von Meritorik nichts, was nicht mit dem Begriff des „Öffentlichkeitsgrades“ von Gütern abgedeckt wäre.176 Meritorische Güter sind demnach nichts weiter als Güter mit einem externen Effekt bzw. Güter mit begrenztem Öffentlichkeitsgrad und werden damit vollständig mit der Theorie öffentlicher Güter abgedeckt.177 Kann das Ausschlußprinzip nicht angewendet werden, so könnte der Staat gefordert sein, die positiven externen Effekte mittels einer Subventionierung zu internalisieren. Damit würde jedem Individuum der gesamte, also auch der soziale Nutzen seiner individuellen Nachfrage zugerechnet. Aufgrund der Subventionierung würden die entsprechenden Güter vermehrt nachgefragt, was zu einer Verhaltensänderung der Individuen führte. Allerdings richtete sich das Verhalten der Individuen weiterhin an ihren eigenen, unveränderten Präferenzen aus.178 Versucht man auf Basis dieses Ansatzes der Charakterisierung meritorischer Güter eine staatliche Sportförderung zu begründen, so kommt die gleiche Argumentation zum Tragen, wie sie im vorangegangenen Abschnitt bei der Analyse von externen Effekten des Sports bereits erfolgte. Dieser Ansatz liefert somit keine neuen Rechtfertigungstatbestände einer staatlichen Sportförderung.
3. Ansatz verzerrter Präferenzen Einigkeit besteht in der Literatur darüber, daß meritorische Güter einen Eingriff des Staates in die Konsumentenpräferenzen darstellen.179 Der Staat gibt sich mit dem über den Marktpreis zustande gekommenen Ausschluß nicht zufrieden, da er diesen als zu hoch einschätzt. Deshalb greift er korrigierend in das Marktgeschehen ein, um gegen die Präferenzen der Konsumenten ein alternatives Nachfrageverhalten zu induzieren, also einen höheren Konsum durchzusetzen. Hierbei orientiert sich der Staat an einem von ihm vorgegebenen politischen Präferenzsystem, welches vom tatsächlichen Präferenzsystem der Haushalte abweicht. Dieser Ansatz unterscheidet sich deutlich vom Ansatz der öffentlichen Gutskomponente. Beide führen zwar zu einem veränderten Nachfrageverhalten der Individuen. Während im Falle der Internalisierung externer Effekte die Individuen Siehe hierzu die Ausführungen in diesem 5. Kap., A. Zu diesem Begriff siehe Bonus (1980). 177 Siehe ebenso Tietzel / Müller (1998), S. 92, Bögelein (1990), S. 97 f.; Andel (1984), S. 639 f., stellt grundsätzlich in Frage, ob, wie Head (1966) ausführt, der Aspekt des öffentlichen Gutes zur Charakterisierung meritorischer Güter bei Musgrave überhaupt von Relevanz sei. 178 Vgl. Tietzel / Müller (1998), S. 92 f. 179 Vgl. Andel (1984), S. 641. 175 176
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5. Kap.: Analyse der ökonomischen Rechtfertigungsansätze
ihr Verhalten allerdings weiterhin an ihren eigenen Präferenzen ausrichten, werden ihnen bei diesem Ansatz meritorischer Güter Präferenzen von seiten des Staates vorgegeben.180 Damit wird auch deutlich, daß die Meritorisierung von Gütern unabhängig von deren Öffentlichkeitsgrad ist. Sowohl private als auch rein öffentliche Güter können meritorisiert werden, indem der Staat in die Präferenzen der Konsumenten eingreift und ein von ihren Präferenzen abweichendes Nachfrageverhalten induziert oder erzwingt. Dem staatlichen Eingriff in die Konsumentenpräferenzen liegt die Ansicht zugrunde, daß selbst im Bereich privater Güter die Individuen nicht immer die für sie selbst optimalen Entscheidungen treffen. Ursächlich hierfür sind verzerrte Präferenzen der Individuen. Somit können verzerrte Präferenzen, nach den Überlegungen zur Redistribution und öffentlichen Gutskomponente, als der zentrale Ansatz der Meritorik betrachtet werden.181 Im folgenden ist nun zu prüfen, ob dieser für die ordnungspolitische Legitimation einer staatlichen Sportförderung hilfreich ist.
II. Verzerrte Präferenzen zur Rechtfertigung öffentlicher Sportförderung Meritorische Güter sollen einen staatlichen Eingriff erfordern, da diese Güter aufgrund verzerrter Präferenzen von den Konsumenten gering geschätzt und damit in nicht ausreichendem Maße nachgefragt würden. Vier Gründe für das Vorliegen verzerrter Präferenzen lassen sich unterscheiden:182 Informationsmängel, Irrationalität, Gemeinschaftsbedürfnisse und Willensschwäche. Diese vier Gründe sollen einen staatlichen Eingriff in die Konsumentensouveränität rechtfertigen. Deshalb werden diese im folgenden gesondert betrachtet. Hierbei ist zu fragen, ob (1) die Gründe für verzerrte Präferenzen im Sport vorliegen und (2) diese Gründe zwingend einen staatlichen Eingriff nach sich ziehen. Mit der Analyse der Gründe für verzerrte Präferenzen unter diesen beiden Fragestellungen kann geklärt werden, welchen Beitrag das Konzept der Meritorik zur Rechtfertigung einer staatlichen Sportförderung zu leisten vermag. Es soll hierbei nicht nur in Betracht gezogen werden, ob eine der notwendigen Bedingungen als Voraussetzung für einen ordnungspolitisch legitimen staatlichen Eingriff erfüllt ist. Vielmehr soll noch weiter hinterfragt werden, ob sich im Falle einer Erfüllung auch zwingend ein staatlicher Handlungsbedarf ergibt. Da bei meritorischen Gütern der Markt- und der Wettbewerbsprozeß grundsätzlich störungsfrei funktio180 Da die Meritorik lediglich Eingriffe in die Konsumentenpräferenzen kennt, weist auch Bögelein (1990), S. 97 f., auf die Vermeidung der Vermischung mit der Theorie öffentlicher Güter hin. 181 Verzerrte Präferenzen gelten als der ursprüngliche Ansatz zur Charakterisierung meritorischer Güter bei Musgrave. So auch Head (1966), S. 3. 182 Vgl. Tietzel / Müller (1998).
B. Meritorik als Begründung der öffentlichen Sportförderung
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nieren, kann sich die Prüfung der notwendigen Bedingungen auf das Vorliegen eines übergeordneten politisch determinierten Ziels beschränken. Lediglich im zunächst zu erörternden Fall der Informationsmängel wird sich zeigen, daß hier ein Markt- respektive Wettbewerbsversagen vorliegen kann.
1. Informationsmängel als Ursache verzerrter Präferenzen Beim Vorliegen von Informationsmängeln sind den Individuen Eigenschaften von Gütern, die ihnen einen positiven Nutzen stiften, nicht bekannt oder werden von ihnen falsch eingeschätzt.183 Aus diesen fehlenden, unzureichenden oder auch falschen Informationen über die positiven Eigenschaften dieser Güter resultieren verzerrte Präferenzen und damit eine geringere Nachfrage nach diesen Gütern als bei vollständiger und zutreffender Information. Deshalb sei es Aufgabe des Staates, in das Präferenzsystem der Individuen einzugreifen und durch eine Förderung der Bereitstellung dieser Güter die Nachfrage zu korrigieren.184 Der Staat müßte den Sport fördern, wenn den Individuen Informationen über die Eigenschaften von Sportgütern fehlen und folglich Sportgüter in zu geringem Ausmaß nachfragen. Damit ist auf die positiven Eigenschaften des Sports einzugehen, wie sie bereits im Rahmen der externen Effekte diskutiert wurden, wobei hier auch die internalisierten Wirkungen des Sports Berücksichtigung finden, primär also die positiven Gesundheitswirkungen sowie sozio-edukatorischen Effekte des Sports.185 Sport kann, unter den bereits diskutierten Einschränkungen, einen positiven Effekt auf die Gesundheit haben. Aufgrund seiner präventiven Wirkung zahlen sich die positiven Wirkungen oftmals erst im Alter aus. Dabei ist es denkbar, daß Individuen hierüber nicht ausreichend informiert sind, den zukünftigen Nutzen unterschätzen und folglich zu wenig der entsprechenden Sportgüter nachfragen. Diese zu geringe Nachfrage ergibt sich damit aus verzerrten Präferenzen, die auf Informationsmängeln beruhen. Erfolgt aufgrund der positiven Gesundheitswirkungen eine Meritorisierung des Sports, so ist diese aber auf alle Angebotsformen des Sports zu beziehen, da diese unabhängig der Organisationsstruktur anfallen.186 Der nichtverwaltete und der fremdverwaltete müßten ebenso wie der selbstverwaltete Sport eine Förderung erfahren, soweit sich die jeweilige Sportausübung positiv auf die Gesundheit auswirkt. Hinsichtlich der sozio-edukatorischen Wirkungen des Sports ist eher nachzuvollziehen, daß diese primär im selbstverwalteten Sport generiert werden kön183 Dies kann bedingt sein durch die Unterschätzung des gegenwärtigen oder zukünftigen Nutzens, irreführende Werbung oder hohe Informationskosten. 184 Vgl. Head (1966), S. 4 f. 185 Vgl. hierzu und im folgenden Hockenjos (1995), S. 143 f. 186 Vgl. hierzu sowie zu den relevanten Faktoren die Ausführungen in diesem 5. Kap., A. I.
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5. Kap.: Analyse der ökonomischen Rechtfertigungsansätze
nen.187 Allerdings darf nicht vergessen werden, daß viele der vermeintlich positiven Wirkungen im Verein noch nicht empirisch nachgewiesen sind. Auch können im fremd- wie auch nichtverwalteten Sport entsprechende Wirkungen auftreten. Das Zusammenkommen in einer informellen Gruppe kann nicht ohne ein gewisses Maß an Organisation erfolgen, auch hier werden Mannschaftssportarten betrieben, soziale Kontakte können geknüpft werden und man kann sich sozial bewähren. Gerade die letzten beiden Aspekte können sicherlich ebenfalls bei kommerziellen Anbietern gegeben sein. Wird also unterstellt, daß die Individuen nur unzureichend über die positiven Gesundheitswirkungen und sozio-edukatorischen Effekte des Sports, und zwar unabhängig seiner Organisationsstruktur, informiert sind und Sportgüter in zu geringem Ausmaß nachfragen, ist noch nichts darüber ausgesagt, ob der Staat das Sportangebot tatsächlich fördern soll. Eine staatliche Förderung würde implizieren, daß der Staat über mehr Informationen verfügt als die einzelnen Individuen. Den Individuen wird ein allwissender Staat gegenübergestellt, ein Vorgehen, das als „Nirvana-Approach“ bezeichnet und abgelehnt wurde.188 Ferner ist zu bedenken, daß auch für den Staat eine Informationsbeschaffung nicht kostenlos ist. Somit liegen bei den staatlichen Akteuren ebenfalls Informationsmängel vor. Letztlich erfolgen auch staatliche Entscheidungen unter zumindest partieller Unwissenheit. Selbst wenn dem Staat ein gewisser Wissensvorsprung gegenüber den Sport nachfragenden Individuen zugestanden wird, kann damit nicht zwingend eine staatliche Bereitstellung respektive Förderung des Sportangebotes begründet werden. So ist es mit dem individualistischen Ansatz eher vereinbar, daß der Staat zur Beseitigung der Informationsmängel zusätzliche Informationen bereitstellt, als daß ein staatlicher Eingriff in den Preisbildungsmechanismus mit dem Ergebnis verzerrter Preise erfolgt.189 Zudem kann damit die zugrundeliegende Hypothese unzureichender Information einem Test unterzogen werden mit der Betrachtung, inwieweit das erweiterte Informationsangebot tatsächlich zu einer erhöhten Nachfrage führt.190 Grundsätzlich ist eine solch staatliche Informationsbereitstellung aber nur dann ökonomisch zu rechtfertigen, wenn der Markt bei der Versorgung mit Informationen tatsächlich versagt. Der Ansatz meritorischer Güter als verzerrte Präferenzen durch Informationsmängel entpuppt sich schließlich als ein Problem des Marktversagens aufgrund von Informationsmängeln oder genauer als ein Fall von transaktionalem Wettbewerbsversagen.191 Liegt ein entsprechendes Wettbewerbsversagen vor, wäre eine Bedingung für einen ordnungspolitisch legitimen staatlichen Eingriff erfüllt. Siehe hierzu die Ausführungen in diesem 5. Kap., A. II. Vgl. Demsetz (1969), S. 1. 189 Vgl. Andel (1984), S. 645. 190 Vgl. Tietzel / Müller (1998), S. 109. 191 Vgl. Eickhof (1993), S. 219. Zu einer kritischen Auseinandersetzung mit Marktversagen aufgrund von Informationsdefiziten im Wettbewerbsprozeß siehe Bögelein (1990), S. 209 ff. 187 188
B. Meritorik als Begründung der öffentlichen Sportförderung
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Fehlen Informationen über Produkteigenschaften, ist aber nicht gleich von einem Wettbewerbsversagen zu sprechen und eine staatliche Beseitigung des Informationsdefizits zu fordern. Vielmehr können sich vielfältige marktliche Institutionen herausbilden, die zur Bewältigung des Informationsproblems beitragen. Das Individuum selbst ist gefordert, sich gemäß seiner Kosten-Nutzen-Relation entsprechende Informationen zu besorgen. Bei häufig konsumierten Gütern, wie das beim regelmäßigen Sporttreiben der Fall ist, kann sich der Informationsstand über die tatsächlichen Gütereigenschaften vergrößern. Auch können Dritte die Informationen über den Nutzen des Sports bereitstellen, wie dies umfassend durch verschiedenste Organisationen mit sachlichen Beiträgen in den Medien geschieht. Aber auch über die Werbung versuchen Organisationen, die positiven Wirkungen des Sporttreibens zu kommunizieren. Dabei handelt es sich nicht nur um die Organisationen des Sports, sondern ebenso um Krankenkassen, Ärzte, Unternehmen des Sportsektors, aber auch sonstige öffentliche und private Unternehmen, die ihre Mitarbeiter zum, häufig sogar betriebsintern organisierten, Sporttreiben animieren wollen. Sollten durch vergleichbare marktliche Maßnahmen die Informationsmängel nicht behoben werden können, kann der Staat zu einer Partizipation an der Bereitstellung von Informationen gefordert sein. Eine staatliche Sportförderung läßt sich mit verzerrten Präferenzen aufgrund von Informationsmängeln nicht nur nicht begründen. Vielmehr liefert dieser Ansatz keine Erkenntnisse, die nicht schon die Theorie des Marktversagens aufgrund von Informationsmängeln respektive der Fall des transaktionalen Wettbewerbversagens bereitstellt. Liegt dieser vor, so ist zwar eine notwendige Bedingung für einen ordnungspolitisch legitimen staatlichen Eingriff zur Sportförderung gegeben. Nach obiger Diskussion ist davon allerdings nicht auszugehen. Selbst wenn, würde allenfalls eine staatliche Unterstützung der Versorgung der Bevölkerung mit Informationen über die positiven Wirkungspotentiale des Sports gerechtfertigt erscheinen. 2. Irrationalität als Ursache verzerrter Präferenzen Irrationale Entscheidungen der Nachfrager werden als weiterer Grund verzerrter Präferenzen angeführt.192 Irrational handelt ein Individuum dann, wenn sich sein Verhalten nicht aus der Logik seiner Situation erklären läßt, d. h., das Verhalten des Individuums nicht gemäß seiner Ziele bei seinen situativen Rahmenbedingungen und seinem individuelle Wissensstand erfolgt.193 Das Individuum verhält sich also nicht gemäß seiner „wahren“ Präferenzen, sondern als ob es andere Präferenzen hätte. Ein entsprechendes Verhalten liegt aber weniger im Gut selbst, als vielmehr in den Eigenschaften des Individuums begründet.194 So werden (psychische) Krank192 193 194
Vgl. Head (1966), S. 5 f. Vgl. 2. Kap., A. II. 2. Vgl. Head (1966), S. 5.
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5. Kap.: Analyse der ökonomischen Rechtfertigungsansätze
heit, Unreife oder generell mangelndes Beurteilungsvermögen als Gründe irrationalen Handelns in der Literatur genannt.195 Tritt ein solches auf, bedarf es einer staatlichen Intervention, um das Nachfrageverhalten zu ändern und es an die „wahren“ Präferenzen anzupassen, um damit dem Individuum zu einer Wohlfahrtserhöhung zu verhelfen. Die Existenz eines solch irrationalen Verhaltens in der realen Welt ist sicherlich nicht zu leugnen. Gerade geistig Behinderte und Kinder können nicht ausreichend befähigt sein, die eigene Situation zu analysieren, die Handlungsoptionen mit ihren Konsequenzen zu evaluieren und entsprechend ihres Zielsystems zu entscheiden.196 Somit kann es auch in Bezug auf die Nachfrage von Sportgütern zu Entscheidungen kommen, die nicht der Erhöhung der eigenen Wohlfahrt dienen. Folglich sollte diesen Personengruppen ein „benevolenter Pater“ an die Seite gestellt werden, der sie in ihrer Entscheidungsfindung unterstützt. Auch aus vertragstheoretischer Sicht dürfte sich die Notwendigkeit eines Entscheidungsbeistands als übergeordnetes politisch determiniertes Ziel rechtfertigen lassen. Ausgehend vom Rawls’schen „Schleier der Ungewißheit“ kennt keiner „seine natürlichen Gaben, seine Intelligenz, Körperkraft usw.“197 Da der einzelne nicht wissen kann, ob er selbst geistig behindert oder unreif sein wird, wird er sich gegen seine mögliche Irrationalität dahingehend abzusichern suchen, daß ihm in einem solchen Falle ein „benevolenter Pater“ als Beistand garantiert zur Seite steht. Neben dieser hypothetischen Rechtfertigung kann auch durch den Verweis auf konkludentes Verhalten die Forderung nach einem Entscheidungsbeistand gestützt werden, zieht man nur die entsprechende öffentliche Diskussion um die Notwendigkeit der Unterstützung der genannten irrational handelnden Individuen in Betracht. Damit ist zwar die notwendige Bedingung als Voraussetzung für einen ordnungspolitisch legitimen Eingriff erfüllt, aber noch nichts darüber ausgesagt, ob dieser notwendigerweise durch den Staat erfolgen sollte. Bei einer Beurteilung der staatlichen Sportförderung vor diesem Hintergrund ist zunächst zu fragen, welche Wirkungen eine Preisreduktion bei irrational handelnden Individuen hat. Diese richten ihr Verhalten ja aufgrund ihrer Irrationalität gerade nicht an Preisen aus, weshalb ein entsprechendes Signal unbeachtet und damit unwirksam bliebe. Darüber hinaus legt die Tatsache, daß es sich um eine kleine Personengruppe handelt, eine gezielte Förderung eben dieser Personengruppe und nicht des Sportbereichs im Ganzen nahe. Hierfür spricht auch, daß sich irrationale Entscheidungen wohl kaum ausschließlich auf den Sport als einen Bereich der Wirtschaft beschränken, sondern die Mehrheit der Entscheidungen von Irrationalität gekennzeichnet sein wird. Somit sollte diese Personengruppe durch einen direkten Entscheidungsbeistand gefördert werden. 195 196 197
Vgl. Head (1966), S. 5, Andel (1984), S. 646. Vgl. Andel (1984), S. 646, Tietzel / Müller (1998), S. 105. Rawls (1975), S. 160.
B. Meritorik als Begründung der öffentlichen Sportförderung
171
Der „benevolente Pater“ als Entscheidungsbeistand muß, um seine Aufgaben erfüllen zu können, die „wahren“ Präferenzen des irrational handelnden Individuums kennen. Da kein Akteur außer dem Individuum selbst über die hierzu erforderlichen Informationen verfügt, ist auch niemand in der Lage, ein beobachtetes Verhalten des Individuums als irrational zu charakterisieren. 198 Aufgrund der Nichtbeobachtbarkeit irrationalen Handelns kann somit kaum ein staatlicher Eingriff in die Präferenzen des Konsumenten begründet werden. Wird dennoch das Argument akzeptiert, daß bestimmten Individuen aufgrund fundierter Gründe unterstellt werden kann, sich nicht rational zu Verhalten, kann deren Entscheidungsfindung durch den „benevolenten Pater“ unterstützt werden. Dies setzt allerdings voraus, daß dieser über möglichst umfassende Informationen über die Situation, Handlungsoptionen und Zielsysteme des Individuums verfügt. Schon eher als der Staat können deshalb Freunde oder Familienangehörige, die das Individuum gut kennen, ihm gegebenenfalls als Entscheidungshelfer zur Seite stehen.199 So würden für unmündige Kinder wohl die Eltern am ehesten diese Rolle übernehmen, da diese das größte Interesse am Wohlergehen ihrer Kinder haben dürften, bei geistig Behinderten nahestehende Familienangehörige oder Freunde. Das Ziel einer Unterstützung irrational handelnder Individuen durch einen Entscheidungsbeistand läßt sich vertragstheoretisch legitimieren. Eine notwendige Bedingung für einen staatlichen Eingriff ist damit erfüllt. Allerdings resultiert dieses Ziel aus den Eigenschaften der Individuen und nicht aus den Merkmalen des Sports. Zudem können irrational handelnde Individuen kaum durch staatliche Eingriffe im Bereich des Sports unterstützt werden. Somit läßt sich auch mit irrationalem Verhalten als Ursache verzerrter Präferenzen eine staatliche Förderung des Sports ordnungspolitisch nicht legitimieren. Vielmehr ist noch anzumerken, daß es sich hierbei eigentlich nicht um ein Problem verzerrter Präferenzen handelt, sondern die Individuen in ihrem Handeln lediglich keine Befriedigung ihrer „wahren“ Präferenzen anstreben.
3. Gemeinschaftsbedürfnisse als Ursache verzerrter Präferenzen Gemeinschaftsbedürfnisse sind eine Form kollektiver Werte oder kollektiver Präferenzen, die für Musgrave einen weiteren Fall für einen meritorisch motivierten staatlichen Eingriff darstellen.200 Bei den Gemeinschaftsbedürfnissen handelt es sich aber nicht um die einfache Aggregation individueller Bedürfnisse, die ja bereits bei Gütern mit öffentlicher Gutskomponente beschrieben wäre. Vielmehr gibt es bestimmte Gemeinschaftswerte oder -präferenzen, die von den individu198 199 200
Vgl. Bögelein (1990), S. 95. Vgl. Tietzel / Müller (1998), S. 106. So Tietzel / Müller (1998), S. 113.
172
5. Kap.: Analyse der ökonomischen Rechtfertigungsansätze
ellen Präferenzen der Individuen abweichen, aber dennoch von diesen akzeptiert werden.201 Nach Tietzel / Müller ist das einzig genuine Beispiel Musgraves für solche Gemeinschaftswerte die Prostitution, die als Vergehen an der menschlichen Würde abzulehnen und folglich als demeritorisches Gut in ihrem Angebot zu unterbinden ist.202 Darin sehen sie aber zurecht „die klassische Domäne paternalistischen Staatshandelns“, bei dem eine Mehrheit versucht, „anderen Menschen ihre persönlichen Auffassungen vom ,guten Leben‘ zu oktroyieren.“203 Um eine staatliche Sportförderung mittels solcher Gemeinschaftswerte zu rechtfertigen, muß die Existenz dieser Gemeinschaftsbedürfnisse im Bereich des Sports akzeptiert sein. Dies ist aber nicht ohne einen Ausflug in die Metaphysik möglich. Jedenfalls lassen sich aus individuellen Präferenzen keine über deren Aggregation stehenden Gemeinschaftspräferenzen deduzieren. Auf Basis der dieser Arbeit zugrunde gelegten Untersuchungsmethode des methodologischen Individualismus sind Gemeinschaftspräferenzen also nicht herleitbar.204 Liegen aber keine Gemeinschaftsbedürfnisse vor, können daraus auch keine verzerrten Präferenzen resultieren. Somit kann eine staatliche Sportförderung auf Basis von Gemeinschaftsbedürfnissen aus individualistischer Sicht nicht begründet werden.
4. Willensschwäche als Ursache verzerrter Präferenzen Als abschließende Ursache verzerrter Präferenzen soll nun die Korrektur von Willensschwäche thematisiert und geprüft werden, ob mit dieser Begründung eines meritorischen Eingriffs eine staatliche Sportförderung aus ordnungspolitischer Sicht zu legitimieren ist.205 Tietzel / Müller gehen zur Modellierung von Willensschwäche davon aus, daß ein Individuum mehrere Präferenzsysteme haben kann und daß diese Präferenzsysteme unter Umständen sogar gegensätzliche Handlungen aus Sicht des Individuums als optimal erscheinen lassen.206 Sie greifen dabei auf ein Modell von Thaler / Shefrin207 zurück, nach dem jedes Individuum eine zweistufige Hierarchie Vgl. Musgrave (1991), S. 452. Vgl. Tietzel / Müller (1998), S. 115. 203 Tietzel / Müller (1998), S. 115. 204 Damit wird auch die Frage obsolet, ob aufgrund von Gemeinschaftsbedürfnissen als Ursache verzerrter Präferenzen eine der notwendigen Bedingungen für einen ordnungspolitisch legitimen staatlichen Eingriff als erfüllt angesehen werden kann. 205 Tietzel / Müller haben die Willensschwäche in den Kontext der Meritorik-Diskussion einbezogen. Musgsrave (1991), S. 453, selbst spricht hierbei von „Multiple Preferences or Higher Values“. 206 Vgl. hierzu und im folgenden Tietzel / Müller (1998), S. 116 ff. 207 Vgl. Thaler / Shefrin (1981). 201 202
B. Meritorik als Begründung der öffentlichen Sportförderung
173
von (gegebenen) Präferenzsystemen inne hat, wobei die unmittelbar handlungsleitenden Präferenzen erster Ordnung (doer) der Formung durch übergeordnete Präferenzen (planner) unterliegen. Die Präferenzen erster Ordnung werden als kurzfristig orientiert, strikt egoistisch und kurzsichtig charakterisiert, wohingegen die übergeordneten Präferenzen das langfristig „aufgeklärte Eigeninteresse“ des Individuums darstellen. So mag der „planner“ im Skifahrer wünschen, daß aus Sicherheitsgründen ein Helm getragen wird, während der „doer“ das als unbequem und überflüssig empfindet. Deshalb könne es Aufgabe des Staates sein, das Verhalten der Individuen dahingehend zu korrigieren, daß den langfristig aufgeklärten Präferenzen zum Durchbruch verholfen wird. Im Bereich des Sports wäre es denkbar, daß es Individuen mit langfristigen aufgeklärten Präferenzen hinsichtlich des aktiven Sporttreibens gibt, da sie sich der potentiellen positiven Gesundheitswirkungen bewußt sind. Handlungsleitend sind aber die kurzfristig orientierten Präferenzen, so daß es die gleichen Individuen vorziehen, ihre Freizeit anderweitig zu gestalten, beispielsweise durch den aus Bequemlichkeitsgründen motivierten passiven Konsum von Sportereignissen zu Hause vor dem Fernsehgerät. Dies ist der bekannte Fall, wenn man den „inneren Schweinehund“ überwinden muß, um sich sportlich zu betätigen. Ein Eingriff in die Korrektur der Präferenzen ist von daher zunächst nicht abzulehnen, zumal die langfristigen Präferenzen eigene individuelle Präferenzen darstellen und damit aus individualistischer Sicht qua definitione legitimiert sind. Somit läßt sich die Durchsetzung der langfristigen Präferenzen mit dem Verweis auf einen hypothetischen Vertrag rechtfertigen. Wird wieder die Metapher des „inneren Schweinehunds“ bemüht und bedacht, wie häufig diese im alltäglichen Gebrauch eingesetzt und nach Mitstreitern und Motivatoren zur aktiven Sportausübung gesucht wird, so kann auch von einer impliziten Rechtfertigung ausgegangen werden. Ein übergeordnetes politisch determiniertes Ziel ließe sich damit begründen und somit eine ordnungspolitische Legitimationsgrundlage für eine staatliche Sportförderung finden. Aus der Notwendigkeit folgt aber nicht zwingend ein staatlicher Eingriff zur Förderung des Sports. Zunächst ist zu bezweifeln, daß der Staat über die entsprechenden Informationen zur Beurteilung der langfristigen Präferenzen der Individuen verfügt. Selbst wenn er auf diese zugreifen könnte, bleibt weiter unklar, wie er den langfristigen Präferenzen zum Durchbruch verhelfen sollte. Der Zwang zum aktiven Sporttreiben ist als Lösung in einem freiheitlichen System sicherlich auszuschließen. Schon eher könnte der Staat eine Informationslösung anstreben. Wie aber schon im Kontext der Irrationalität als Ursache verzerrter Präferenzen diskutiert, liegt auch in diesem Fall eine nicht-staatliche Lösung näher. Familienangehörige, Freunde und Bekannte sind gefordert, zum Sporttreiben zu motivieren und zur Überwindung des „inneren Schweinehundes“ beizutragen. Preissenkungen, in deren Zusammenhang auch die allgemeine Angebotssubventionierung des Sports zu sehen ist, können kaum ein adäquates Mittel sein. Von
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5. Kap.: Analyse der ökonomischen Rechtfertigungsansätze
einem solch globalen Eingriff profitieren nicht nur alle potentiellen Sportler, die von Willensschwäche gekennzeichnet sind und damit sicherlich den Ausnahmefall darstellen, sondern alle sportlichen Akteure.208 Zudem ist unklar, inwieweit von einer preiselastischen Nachfrage der betroffenen Individuen auszugehen ist, zumal diese ja gerade nicht durch die hohen Preise von der Handlung nach ihren langfristigen Präferenzen abgehalten werden. Ferner zeichnet sich das Problem der Willensschwäche i. d. R. durch einen temporären Charakter aus.209 So sind nicht immer die kurzfristig orientierten Präferenzen handlungsleitend, sondern auch phasenweise die langfristigen aufgeklärten. In diesen Zeiten ist es dem betroffenen Individuum nun selbst möglich, Vorkehrungen gegen seine eigene Willensschwäche zu treffen. Zur Schaffung eines erhöhten Anreizes zum gesundheitsbewußten Sporttreiben ist beispielsweise der Abschluß eines längerfristigen Vertrages mit einem entsprechenden Sportanbieter möglich. Zum einem können bei einem frühzeitigen Ausscheiden Vertragsstrafen fällig werden. Zum anderen verändert sich das kurzfristige Kosten-Nutzen-Kalkül durch steigende Opportunitätskosten für eine zum Sport alternative Freizeitgestaltung aufgrund der zu leistenden Beiträge, zu denen sich das Individuum vertraglich verpflichtet hat. Ebenso könnte sich das Individuum einer Sportgruppe anschließen, bei der bei unbegründeter Abwesenheit der Teilnehmer ein festgelegter Beitrag in einen gemeinsamen Topf fällig wäre.210 Ein staatlicher Eingriff in die individuellen Präferenzen zur Korrektur von Willensschwäche erscheint wenig sinnvoll und zudem kaum umsetzbar. Einzig die Bereitstellung von Informationen über die positiven Wirkungen des Sports scheint nachvollziehbar. Darüber hinaus ist eine staatliche Förderung des Sports nicht zu rechtfertigen.
C. Distributionspolitische Argumente einer öffentlichen Sportförderung In der allgemeinen Literatur zur Rechtfertigung staatlicher Eingriffe werden neben Markt- respektive Wettbewerbsversagen und Meritorik staatliche Eingriffe zur Korrektur marktlicher Verteilungsergebnisse als dritter Eingriffsgrund angeführt.211 Damit ergibt sich staatlicher Handlungsbedarf nicht nur aus den bisher beleuchteten allokativen Gründen, sondern auch aus Motiven der Distribution. 208 Zur mangelnden Zielgenauigkeit entsprechender staatlicher Eingriffe und daraus resultierenden Problemen siehe auch 6. Kap., insbesondere A. III. 2. c). 209 Vgl. Tietzel / Müller (1998), S. 121. 210 Aufgrund der Heterogenität der individuellen Präferenzen wäre allerdings zu erwarten, daß der individuell optimale Beitrag zwischen den Individuen divergiert, was wiederum Realisierungsprobleme der Beitragserhebung erwarten läßt. 211 Vgl. Musgrave (1959), S. 17 ff., Andel (1998), S. 445 ff.
C. Distributionspolitische Argumente
175
Hinter distributiv motivierten öffentlichen Eingriffen in Marktergebnisse steht die Vorstellung, der Markt habe für eine optimale Allokation der Ressourcen, der Staat für eine sozial gerechte Verteilung der Ergebnisse zu sorgen. Damit wird der normative Charakter des distributionspolitischen Argumentes deutlich. Was als sozial gerecht definiert wird, ist üblicherweise eine staatliche Entscheidung als Folge des politischen Willensbildungsprozesses und somit ein Werturteil.212 Konkret wird damit unter anderem die Sicherung eines angemessen Lebensstandards auch sozial Schwacher mittels der Garantie eines Existenzminimums angestrebt. Ebenso zählt hierzu die Verringerung der Einkommens- und Vermögenskonzentration mit dem Ziel der Förderung des sozialen Friedens, der Sicherheit und der Stabilisierung des demokratischen Systems.213 Wenngleich in diesem Kontext bisweilen von distributivem Marktversagen gesprochen wird, so funktionieren der Markt- und der Wettbewerbsprozeß ohne Funktionsstörung und führen die von ihnen erwartete leistungsgerechte Einkommensverteilung herbei.214 Lediglich korrespondiert das sich einstellende Verteilungsergebnis nicht mit den ebenfalls angestrebten Zielen der Gerechtigkeit und Sicherheit. Damit verfehlt das Marktergebnis diese Grundwerte sowie darüber hinausgehende sozial wünschenswerte Normen und wird als unerwünscht klassifiziert, der Markt- und der Wettbewerbsprozeß laufen jedoch störungsfrei ab.215 Daraus die Forderung abzuleiten, der Staat möge die aus dem Markt- und Wettbewerbsprozeß resultierende Primärverteilung dahingehend korrigieren, daß sie bestimmten Vorstellungen von sozialer Gerechtigkeit entspricht, ist aus vertragstheoretischer Perspektive aber verfehlt. Hierdurch ließe sich praktisch jeder staatliche Eingriff mit dem Verweis auf „soziale Gerechtigkeit“ rechtfertigen.216 Dem Staat würde so der Weg für eine umfassende interventionistische Politik freigemacht. Da diese ordnungspolitisch kaum legitim sein kann, gilt es zu prüfen, welche distributiv motivierten staatlichen Eingriffe im allgemeinen aus vertragstheoretischer Sicht begründet erscheinen und ob sich im speziellen hierüber eine ordnungspolitische Rechtfertigung für eine staatliche Sportförderung ergibt.217 Es erscheint unzweifelhaft und im Wege der Introspektion nachvollziehbar, daß sich mündige Bürger im Rawls’schen Urzustand unter dem „Schleier der UngewißZur Frage des „,proper‘ state of distribution“ siehe schon Musgrave (1959), S. 19 f. Zu weiteren Verteilungszielen siehe Andel (1998), S. 447 f. 214 Zur Diskussion distributiven Marktversagens siehe Bögelein (1990), S. 89 ff. 215 Vgl. Ramb (1988), S. 239 ff. 216 Deshalb lehnt beispielsweise Hayek jeden Versuch der staatlichen Korrektur der Einkommensverteilung strikt ab, da ein solcher die spontane Ordnung des Marktes stört und damit mit ihr nicht vereinbar ist. „Soziale Gerechtigkeit“ an sich bleibt für ihn, bezieht sie sich auf die Ergebnisse der spontanen Handelnsordnung, bedeutungslos. Siehe hierzu Hayek (1981), S. 93 ff., Hayek (2002), S. 84. 217 Zur grundsätzlichen Vereinbarkeit von Umverteilungsmaßnahmen mit dem individualistischen Ansatz siehe Andel (1998), S. 452 f. 212 213
176
5. Kap.: Analyse der ökonomischen Rechtfertigungsansätze
heit“ darauf einigen würden, jedem Individuum ein Recht auf eine soziale Mindestsicherung zur Erhaltung seiner Existenz zuzugestehen.218 Die Sicherung des individuellen sozialen Existenzminimums kann daher als übergeordnetes politisch determiniertes Ziel einen staatlichen Eingriff aus ordnungspolitischer Sicht rechtfertigen. Es bleibt aber zu hinterfragen, ob damit auch eine staatliche Sportförderung begründet werden kann. Im Bereich des Sports lassen sich verteilungspolitisch motivierte Begründungen der Notwendigkeit einer staatlichen Sportförderung finden. Der selbstverwaltete Sport argumentiert, daß kommerzielle Sportanbieter nicht den Funktionen des Sports in gleichem Umfang nachkommen könnten und daß die sozial Schwächeren ausgegrenzt würden.219 Mit der Europäischen Charta „Sport für alle“ wurde unter Bezug auf Artikel I, der jedem Menschen das Recht auf Sporttreiben zuschreibt, die Politik aufgefordert, jedem Menschen unabhängig seines Alters oder Geschlechts, aber eben auch unabhängig seiner finanziellen Ressourcen, die aktive Sportausübung durch das Schaffen entsprechender Rahmenbedingungen zu ermöglichen.220 So wird auch seitens der Politik unterstrichen, daß der Sport nicht das Privileg einiger weniger sein darf, sondern allen der Zugang zum Sport offengehalten werden soll.221 Letztlich werden Befürchtungen ausgesprochen, daß ohne eine staatliche Förderung ein zumindest kostendeckendes und somit am Markt überlebensfähiges Sportangebot nur zu Preisen realisiert werden könne, die für viele, insbesondere sozial Schwache, ein Ausschlußkriterium von sportlicher Betätigung bedeuteten. Ökonomisch ausgedrückt soll den Individuen bei divergierenden Zugangsvoraussetzungen zu den Angeboten für aktives Sporttreiben aus politischer Sicht dennoch der Zugang zu entsprechenden Sportgütern nicht verwährt bleiben. Insbesondere darf das Sporttreiben nicht an den finanziellen Restriktionen des einzelnen scheitern. Mit der staatlichen Förderung des Sports wird also auch ein gleicher Zugang aller zum Sport angestrebt. Oder anders formuliert: Es soll eine Grundversorgung der Bevölkerung mit Sport gewährleistet werden. Distributiv motivierte Eingriffe wie die Offenhaltung des Sportangebotes für alle sind Ergebnis eines staatlichen Werturteils. Wie schon eingangs dieser Arbeit erläutert kann aber auch ein mündiger Bürger unterstellt werden, der eigenverantwortlich sein Leben gestaltet und dessen Grenzen seiner Freiheit dort liegen, wo die freie Entfaltung der Mitbürger eingeschränkt wird. Verbunden mit staatlichen 218 Siehe beispielsweise Woll (1994), S. 265. Selbst Hayek, der einer Korrektur der Einkommensverteilung sehr kritisch gegenübersteht, fordert ein garantiertes Mindesteinkommen für alle zum Schutz vor Verelendung. Siehe hierzu Streit / Wohlgemuth (1999), S. 19, oder auch Hayek (2002), S. 84. 219 Vgl. Hockenjos (1995), S. 144. 220 Vgl. Europäische Union (1991) sowie die Ausführungen von Hartmann-Tews (1996), S. 40. 221 Vgl. Schmidt-Volkmar (2000), S. 12.
C. Distributionspolitische Argumente
177
distributionspolitischen Maßnahmen ist ebenfalls eine Beschränkung der Freiheit der Bürger, so daß auch den staatlichen Eingriffen im Zuge der „sozialen Gerechtigkeit“ Grenzen gesetzt sind. Diese ergeben sich hinsichtlich zweier Aspekte. Der Sport, vom Berufssport abgesehen, wie er in dieser Arbeit verstanden wird, stellt eine mögliche Form von Freizeitaktivität dar. Zum einen ist es nun aber „weder im Grundgesetz noch sonst in Gesetzen angeordnet [ . . . ], daß der Staat die Freizeit seiner Bürger zu organisieren und zu gestalten hat. Freizeitgestaltung ist keine staatliche Pflichtaufgabe.“222 Zum anderen ist die Unterscheidung mit Schwierigkeiten verbunden, ob der Sport ein förderungswürdiges Grundbedürfnis oder ein Luxusbedürfnis darstellt, und kann letztlich nur im politischen Willensbildungsprozeß getroffen werden.223 Grundsätzlich ist es immer gegeben, eine sportliche Aktivität in gewissen Ausprägungsformen ohne spezifischen monetären Ressourceneinsatz auszuführen. Beispiele hierfür wären Wandern oder Gymnastik. Damit kann das Grundbedürfnis nach sportlicher Betätigung befriedigt werden, solange es sich eben nicht um eine individuell präferierte und mit hohem monetären Ressourceneinsatz verbundene sportliche Aktivität handelt. Wird allerdings die Verbesserung der materiellen Situation einer Gruppe angestrebt, damit diese ihre spezifischen Grundbedürfnisse befriedigen kann, so ist das Einkommen ein besserer Indikator als das vorhandene bzw. entsprechend genutzte Sportangebot. Es wird ersichtlich, daß die Offenhaltung des Sportangebots für alle über die Sicherung des individuellen sozialen Existenzminimums hinausreicht. Sie läßt sich damit schwerlich vertragstheoretisch legitimieren. Die Organisation der privaten Freizeit der Individuen kann nicht im Interesse der Allgemeinheit sein und damit nicht Gegenstand eines hypothetischen Vertrags. Auch das Vorliegen eines existentiellen Grundbedürfnisses nach Sport, das ein übergeordnetes politisch determiniertes Ziel darstellte, ist anzuzweifeln. Die große Zahl nicht sportlicher Aktiver mag als Beleg hierfür dienen.224 Zudem wurde bereits dargelegt, daß die sportliche Betätigung auch ohne großen individuellen Ressourcenaufwand durchführbar und damit die Befriedigung des vermeintlichen Grundbedürfnisses für jeden möglich ist. Aus diesen Überlegungen folgt, daß der gleiche Zugang aller zum Sport zwar politischer Wille ist, dieser aber schwerlich vertragstheoretisch gerechtfertigt werden kann. Eine Grundversorgung aller mit Sport als übergeordnetes politisch determiniertes Ziel muß angezweifelt werden. Ein distributiv motivierter Eingriff zur staatlichen Sportförderung ist damit aus ordnungspolitischer Sicht als äußerst bedenklich zu bewerten.
Bundesministerium der Finanzen (1988), S. 126. Vgl. hierzu Madl (1994), S. 190. 224 Da sich Nicht-Sportler in allen sozialen Schichten wiederfinden, kann auch das Argument nicht gelten, es handele sich hierbei primär um sozio-ökonomisch Schwache, für die Sporttreiben aufgrund individueller Restriktionen nicht möglich sei. 222 223
12 Langer
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5. Kap.: Analyse der ökonomischen Rechtfertigungsansätze
D. Zwischenergebnis In diesem Kapital wurde versucht, mittels allokativer, meritorischer sowie distributiver Argumente die Notwendigkeit einer öffentlichen Sportförderung ordnungspolitisch zu legitimieren. Auf Basis der dem Sport nachgesagten positiven Wirkungen für das Gemeinwohl wurden verschiedene Wirkungskomplexe mit potentiellen externen Effekten des Sports herausgearbeitet. So vielfältig das Phänomen Sport in Erscheinung tritt, so differenziert sind die ihm zugeschriebenen positiven Wirkungen zu beurteilen. Die positiven Wirkungen des Sports sind keineswegs vorbehaltlos gegeben, vielmehr sind sie teils nur rhetorischer Art. In Abhängigkeit der Sportart, Ausübungsform und individuellen Voraussetzungen können positive, neutrale und negative Effekte mit dem aktiven Sporttreiben verbunden sein. Dabei ist das Auftreten der externen Effekte an die aktive Ausübung von Sport geknüpft und somit i. d. R. unabhängig von der Organisationsstruktur des Sportangebotes. Es handelt sich größtenteils um internalisierte Effekte respektive regionalwirtschaftliche Effekte, die kein Markt- oder Wettbewerbsversagen begründen. Darüber hinausgehende, qualitativ vorliegende externe Effekte sind quantitativ kaum zu fassen, so daß eine hierauf begründete Förderung einer ordnungspolitisch nicht zu legitimierenden politischen Entscheidung bedarf. Dies trifft auch auf die externen Effekte der Repräsentationswirkung zu. Die für den Gesundheitssport nachgewiesenen positiven externen Effekte sind politisch induziert und wären durch eine Änderung des Rechtsrahmens im Bereich der gesundheitlichen Versicherungssysteme weitgehend zu internalisieren. Weitere positive Wirkungen des Sports, insbesondere im Bereich der sozio-edukatorischen Effekte, sind dem Sporttreiben nicht immanent und stellen sich deshalb nicht automatisch ein. Sie werden bei der Ausübung von Sport mit originär neutralen Wirkungen erst durch den gezielten Einsatz des Sports als Mittel staatlicher Steuerung hervorgerufen, sind aber nicht die Folge eines Markt- oder Wettbewerbsversagens. Hierbei gilt zu bedenken, daß diese Effekte nicht ausschließlich durch den Sport, sondern auch mittels alternativer Leistungen und Angebote realisiert werden können. Das Konzept der Meritorik hat sich als kaum brauchbar zur Rechtfertigung einer öffentlichen Sportförderung erwiesen. Dies liegt weniger an der Einordnung von Sportgütern als meritorische Güter als vielmehr am Konzept selbst. Das Konzept kann letztlich auf Informationsmängel im Marktprozeß reduziert werden. In diesem Kontext kann gegebenenfalls eine öffentliche Förderung der Bereitstellung von Informationen gerechtfertigt sein. Eine öffentliche Förderung des Sports läßt sich damit allerdings nicht begründen. Die flächendeckende Förderung des Sportangebotes vor dem Hintergrund der Verteilungsgerechtigkeit ist ebenfalls kritisch zu hinterfragen. Der Markt- und der Wettbewerbsprozeß sind voll funktionsfähig. Der distributiv motivierte Eingriff
D. Zwischenergebnis
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zur Änderung des politisch unerwünschten Marktergebnisses mit dem Ziel einer Sicherstellung der Grundversorgung mit Sport läßt sich schwerlich als übergeordnetes politisch determiniertes Ziel vertragstheoretisch legitimieren. Zum einen geht die öffentliche Sportförderung über die Existenzsicherung hinaus und stellt einen Eingriff in die private Freizeitgestaltung dar. Zum anderen ist sportliche Betätigung auch ohne großen finanziellen Ressourcenaufwand für jeden möglich. Zusammenfassend stellt der Sport keinen ordnungspolitischen Ausnahmebereich per se dar. Keine der notwendigen Bedingungen für einen ordnungspolitisch legitimen staatlichen Eingriff zur Sportförderung ist hinreichend erfüllt. Eine staatliche Intervention in das Marktgeschehen läßt sich aus ökonomischer Sicht nur schwerlich begründen. Damit aber den bedingungslosen Rückzug des Staates aus der Sportförderung zu fordern, würde die politische Realität und Praktikabilität verkennen. Im Gesundheitsbereich kann vor dem Hintergrund eines dauerhaft institutionalisierten Sozialprinzips und allgemeinen Rechtsrahmens der gesundheitlichen Versicherungssysteme eine öffentliche Sportförderung zur Internalisierung der positiven externen Effekte durchaus angebracht sein. Ebenso kann der Sport als staatliche Maßnahme eingesetzt werden, um politische Zielstellungen, auch ohne ordnungspolitische Legitimation, zu realisieren. Schließlich hat der Staat einen Gestaltungsauftrag, der weitgehend unbestimmt ist. Somit ist auch die Ausgestaltung Ergebnis des politischen Willensbildungsprozesses. Letztlich findet staatliche Aktivität ihre Grenzen in den verfassungsmäßigen Beschränkungen. Wenn der Staat aber im Rahmen seines Gestaltungsspielraumes eine Sportförderpolitik betreibt, so kann die ökonomische Theorie Hilfestellung zu deren Ausgestaltung geben, so daß politische Zielstellungen mit marktlicher Koordination vereinbar gestaltet werden können. Dieser Problematik wird sich diese Abhandlung in ihrem weiteren Gang annehmen. Im nächsten Schritt sind hierzu die Maßnahmen der öffentlichen Sportförderung hinsichtlich ihrer ordnungspolitischen Legitimation zu überprüfen.
12*
6. Kapitel
Ordnungspolitische Beurteilung der Maßnahmen der öffentlichen Sportförderung Nachdem im vergangenen Kapitel versucht wurde, die öffentliche Sportförderung aus ordnungspolitischer Sicht zu legitimieren, ist zwar die Frage nach dem „Ob“ staatlicher Eingriffe erörtert, nicht aber die Frage nach dem „Wie“, da verschiedene Formen staatlichen Intervenierens unterschiedliche Konsequenzen nach sich ziehen. Eine entsprechende Beurteilung der Maßnahmen zur öffentlichen Sportförderung setzt Bewertungskriterien voraus, denen ein staatlicher Eingriff genügen sollte, um als ordnungspolitisch legitim zu gelten. Gemäß der im Kontext des Referenzrahmens entwickelten Anforderungen müssen die Maßnahmen die Kriterien Zielkonformität, Systemkonformität und Verhältnismäßigkeit erfüllen. Im folgenden soll nun untersucht werden, inwieweit die bereits im Verlauf dieser Abhandlung skizzierte Ausgestaltung der öffentlichen Sportförderung in Deutschland als zielkonform, systemkonform und verhältnismäßig gelten kann und damit ordnungspolitisch legitim erscheint.
A. Zur Zielkonformität der öffentlichen Sportförderung Bei der Beurteilung der Zielkonformität der öffentlichen Sportförderung stehen im Zentrum der Überlegungen die Operationalisierung der Ziele, die Beziehungen zwischen den Zielen und ihre Nebenwirkungen sowie die den Maßnahmen zugrundeliegende theoretische Fundierung der Zielgerichtetheit. Deshalb sollen zunächst die grundlegenden Zielbeziehungen geklärt und das zu untersuchende Instrumentarium der öffentlichen Sportförderung abgesteckt werden, ehe auf dieser Basis Aussagen zur Zielkonformität in den jeweiligen Beziehungsgefügen getroffen werden.
I. Die Zielhierarchie der öffentlichen Sportförderung Die öffentliche Sportförderung dient nicht einem isolierten Ziel, sondern stellt vielmehr ein Ziel- und Maßnahmengeflecht dar. Dieses soll entzerrt und damit einer Analyse zugänglich gemacht werden, bevor das zu untersuchende Instrumentarium der öffentlichen Sportförderung spezifiziert wird.
A. Zur Zielkonformität der öffentlichen Sportförderung
181
1. Ziel- und Instrumentenebene der öffentlichen Sportförderung Die Ziele der öffentlichen Sportförderung wurden bereits im vorangegangenen Kapitel im Zusammenhang mit dem Versuch der ordnungspolitischen Rechtfertigung der Notwendigkeit eines staatlichen Eingriffs thematisiert. Zum einen soll der Sport der Förderung des Gemeinwohls dienen, zum anderen ist eine Grundversorgung aller mit Sport erwünscht. Die Ziele der Sportförderung stehen nicht isoliert nebeneinander, sondern werden von sport- und staatspolitischer Seite in einen Zusammenhang gebracht.1 Diese verfolgt den Ansatz, daß mit dem Sport positive Effekte verbunden sind, die das Gemeinwohl fördern.2 Folglich ist es notwendig, daß möglichst viele Gesellschaftsmitglieder Sport treiben, um die positiven Effekte realisieren zu können. Deshalb wird es als erforderlich angesehen, jedem den Zugang zum Sport zu ermöglichen, also eine Grundversorgung mit Sport sicherzustellen. Die Argumentation lautet also: durch die Sportförderung den Sport für alle ermöglichen und damit die Zahl der Sporttreibenden steigern, wodurch die positiven Wirkungen des Sports das Gemeinwohl erhöhen, was letztlich im Interesse aller ist. Aus dieser Argumentationskette wird ersichtlich, daß die beiden Ziele Gemeinwohlförderung durch Sport und Grundversorgung mit Sport in Beziehung zueinander gesetzt werden. Diese ist vertikaler Art, wodurch sich eine Zielhierarchie ergibt.3 Das Oberziel bildet das Gemeinwohl, das letztlich die Realisierung der positiven Effekte des Sports widerspiegelt. Das Ziel der Grundversorgung mit Sport erhält hierdurch Mittelcharakter. Durch eine Grundversorgung mit Sport soll allen die Möglichkeit zur Ausübung von Sport ermöglicht und die Zahl der sportlich Aktiven gesteigert werden, um damit dessen positive Effekte zu realisieren und das Gemeinwohlziel zu erreichen. Es behält aber seinen Charakter als Ziel dahingehend, als über die Maßnahmen der öffentlichen Sportförderung die Grundversorgung gesichert werden soll. Damit wird die Grundversorgung zum Zwischenziel, die Maßnahmen der Sportförderung werden zum Instrumentarium der Zielerreichung. Vgl. Deutscher Sportbund (1991c), S. 97, Schmidt-Volkmar (2000), S. 12. Eine einheitliche inhaltliche Bestimmung des Begriffs „Gemeinwohl“ existiert kaum, da diese wesentlich vom jeweiligen Standpunkt des Betrachters abhängig ist. Der Begriff hat weitgehend Leerformelcharakter, das Gemeinwohl als Zielstellung entzieht sich einer Operationalisierung. Siehe hierzu Tuchtfeldt (1982), S. 182, S. 188 f., Giersch (1961), S. 97 f. Operationalisierbare Ziele finden sich meist erst auf der Ebene der verschiedenen Politikbereiche. Sind diese Ziele im Interesse der Allgemeinheit gesetzt, lassen sie sich also mit dem in dieser Arbeit vorgestellten zweistufigen Näherungsverfahren vertragstheoretisch legitimieren, kann deren Realisierung als ein Beitrag zum Gemeinwohl verstanden werden. Ebenso können positive externe Effekte das Gemeinwohl erhöhen, da der soziale Grenznutzen den individuellen übersteigt und folglich die Allgemeinheit von den Handlungen einzelner Individuen profitiert. Vor diesem Hintergrund sind also politische Maßnahmen zu verstehen, denen eine Förderung des Gemeinwohls attestiert wird. Zu einer ähnlichen Interpretation des Gemeinwohls und damit verbundener Kritik siehe auch Koller (2002), S. 10 ff. 3 Zu Zielbeziehungen und -hierarchien vgl. 4. Kap., B. II. 1. 1 2
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6. Kap.: Ordnungspolitische Beurteilung der Maßnahmen
Vor dem Hintergrund dieser Zielhierarchie können zwei Ebenen der Sportförderung unterschieden werden: die Zielebene und die Instrumentenebene (vgl. Abbildung 17). Die Zielebene beschreibt die Beziehung des Zwischenziels zum Oberziel, also ob mit Sport das Gemeinwohl gefördert wird. Die Instrumentenebene bezieht sich auf das Verhältnis des Instrumentariums zum Zwischenziel, also inwieweit die Maßnahmen der Sportförderung den Zugang aller zum Sport ermöglichen. Des weiteren stellen die Grundsätze der öffentlichen Sportförderung Ansprüche an die Ausgestaltung der Sportförderung. Subsidiarität, Autonomie und Partnerschaft können daher als Nebenziele interpretiert werden, deren Erreichen mitzubedenken ist.
Gemeinwohl Zielebene Sport Instrumentenebene Sportförderung
Quelle: Eigene Darstellung.
Abbildung 17: Zielhierarchie der öffentlichen Sportförderung
Im folgenden soll nun die Zielkonformität auf der Zielebene und auf der Instrumentenebene untersucht und die Beziehung zu den Nebenzielen analysiert werden. Zunächst ist aber noch das eingesetzte Instrumentarium zu konkretisieren.
2. Angebotssubventionen als Förderinstrument Die öffentliche Sportförderung gestaltet sich äußerst facettenreich. 4 Sie erfolgt durch alle drei staatlichen Ebenen: Bund, Länder und Kommunen. Dabei sind die konkreten Erscheinungsformen der öffentlichen Träger der Sportförderung sehr vielfältig und differieren stark zwischen den einzelnen Gebietskörperschaften. Ebenso verhält es sich mit den Maßnahmen zur Sportförderung. Auch deren konkrete Ausgestaltung und spezifischer Einsatz variieren deutlich. 4
Siehe hierzu die deskriptive Betrachtung der öffentlichen Sportförderung im 3. Kapitel.
A. Zur Zielkonformität der öffentlichen Sportförderung
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Die ordnungspolitische Beurteilung der Maßnahmen der öffentlichen Sportförderung setzt zunächst eine Darstellung voraus, wie die jeweils betrachtete Maßnahme konkret eingesetzt wird, also sowohl der konkreten Ausgestaltung der Maßnahme wie auch des spezifischen Kontextes ihres Einsatzes. Die Vielfältigkeit der öffentlichen Sportförderung scheint damit eine ordnungspolitische Beurteilung zu erschweren. Um diese dennoch vornehmen zu können, ohne in Detailbetrachtungen den Gesamtzusammenhang zu verlieren, ist es erforderlich, die Gemeinsamkeiten der Maßnahmen herauszustellen, um so auf einer allgemeineren Ebene die Maßnahmen beurteilen zu können. Dann ist es immer noch möglich, im Einzelfall Differenzierungen vorzunehmen, sollte dies erforderlich sein, um präzisere Aussagen treffen zu können. Die Maßnahmen der öffentlichen Sportförderung zeichnen sich zunächst dadurch aus, daß sie nahezu ausschließlich den Institutionen und Akteuren des selbstverwalteten Sports als Adressaten haben. In Form von Transferleistungen oder Regulierungsaktivitäten werden diesen Vorteile eingeräumt, für die sie grundsätzlich keine marktwirtschaftliche Gegenleistung zu erbringen haben. Allerdings sind die Begünstigungen teilweise mit Auflagen verbunden. Träger der Maßnahmen sind unmittelbar die Gebietskörperschaften Bund, Länder und Kommunen. Deren Ziel ist es, den Sport allen zugänglich zu halten, um die mit der Sportausübung verbundene Förderung des Gemeinwohls zu erreichen. Diese Gemeinsamkeiten der Maßnahmen der öffentlichen Sportförderung legen es nahe, sie zusammenfassend als Subventionen zu deklarieren.5 In einer weiten Fassung der Umschreibung können Subventionen verstanden werden als „partielle Begünstigungen, welche ein Leistungsträger der öffentlichen Finanzwirtschaft einem Empfänger außerhalb der staatlichen Verwaltung ohne marktwirtschaftliche Gegenleistung zur Erfüllung bestimmter öffentlicher Zwecke gewährt.“6 Die gemeinsamen Charakteristika der Maßnahmen der öffentlichen Sportförderung entsprechen damit exakt den in der Umschreibung von Subventionen angeführten fünf charakteristischen Eigenschaften.7 5 Das Wort „Subvention“ hat seinen etymologischen Ursprung in dem lateinischen Wort „subvenire“, das soviel wie „beistehen“, „zur Hilfe kommen“ bedeutet, wobei die Charakterisierung als Hilfestellung kennzeichnend für alle noch so stark divergierenden Definitionen in der Literatur ist. 6 Dickertmann / Diller (1987), S. 538 f. 7 Zu weiteren, meist enger gefaßten Definitionen von Subventionen siehe Bundesministerium der Finanzen (2003), S. 15 f., S. 138 f., sowie Hansmeyer (1977), S. 960 ff. Bei der Abgrenzung von Subvention nach dem Subventionsbericht des Bundesministeriums der Finanzen werden dort die Maßnahmen zur öffentlichen Sportförderung nicht aufgeführt, da über solche „subventionsähnlichen Zuwendungen“ gesondert, in diesem Fall im Sportbericht, informiert wird. Bedenkt man jedoch, daß im Subventionsbericht als Sonstige Hilfen Subventionen ausgewiesen werden, die in wichtigen volkswirtschaftlichen Bereichen bestimmte Güter und Leistungen für private Haushalte verbilligen, so trifft dies auch auf die Zielstellung der öffentlichen Förderung des Sports zu. Vgl. Bundesministerium der Finanzen (2003), S. 15, S. 136 ff. Wenngleich also Subventionen nach dem Subventionsbericht zu ihrer Erfas-
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Bei einer Differenzierung der technischen Ausgestaltung der Subventionen nach ihren budgetären Effekten lassen sich angebotsintensive Maßnahmen in Form von (1) Geldleistungen sowie (2) staatlichen Leistungsabnahmen zu Konditionen über Marktpreisen, einnahmeintensive Maßnahmen in Form von (3) Steuervergünstigungen sowie (4) staatlichen Leistungsabgaben zu Konditionen unter Marktpreisen und darüber hinaus (5) verordnungsintensive Subventionsformen wie Gebote oder Verbote unterscheiden.8 Bei einem Vergleich mit den Arten der Sportförderung, wie sie bisher in dieser Abhandlung zur besseren Darstellung aus haushaltstechnischer Sicht abgegrenzt wurden, werden die Parallelen offensichtlich. So entsprechen die monetären Transfers den Geldleistungen, Realtransfers den staatlichen Leistungsabgaben zu Konditionen unter Marktpreisen, die mittelbaren Transfers den Steuervergünstigungen und schließlich die Regulierungsansätze den verordnungsintensiven Subventionsformen. Die verschiedenen Formen von Subventionen, die dem selbstverwalteten Sport gewährt werden, spiegeln damit das zu analysierende Instrumentarium der öffentlichen Sportförderung wider. Subventionen gelten als Instrument, um Funktionsstörungen des Markt- und Wettbewerbsprozesses zu korrigieren als auch Verteilungsziele zu erreichen.9 Diesen Einsatzfeldern von Subventionen entsprechen zugleich die notwendigen Bedingungen und Gründe, weshalb der Sport eine öffentliche Förderung erfährt. Deshalb gilt nun weiter zu prüfen, inwieweit Subventionen an den selbstverwalteten Sport eine ordnungspolitisch legitime Maßnahme sind.
II. Zielkonformität auf der Zielebene Die Analyse der Zielkonformität auf der Zielebene soll zunächst hinterfragen, wie konkret die mit dem Sport angestrebten Gemeinwohlziele formuliert und operationalisiert sind. Dann gilt es zu prüfen, ob diese Ziele mit dem Sport erreicht werden und welche Nebenwirkungen zu erwarten sind.
1. Formulierung der Zielstellung Voraussetzung eines staatlichen Eingriffs bildet, in enger Anlehnung an das Legitimationspostulat, die Formulierung und Operationalisierung von Zielen der Maßnahmen. Damit wird zum einen festgelegt, worauf das staatliche Handeln absung anders abgegrenzt werden, steht hierzu die in dieser Abhandlung vorgenommene Interpretation weitgehender Maßnahmen der öffentlichen Sportförderung als Subventionen inhaltlich in keinem Widerspruch. 8 Vgl. Dickertmann / Diller (1987), S. 539 f. Verordnungsintensive Maßnahmen wie auch Realtransfers werden nicht immer unter dem Begriff der Subvention subsumiert. Siehe hierzu Hansmeyer (1977), S. 960 ff. 9 Vgl. Dickertmann / Diller (1987), S. 537 f., Issing (1984), S. 5 f., Hansmeyer (1977), S. 963.
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zielt, also der zu erreichende Soll-Zustand. Zum anderen wird so die Kontrolle ermöglicht, ob dieser tatsächlich erreicht wurde, die Maßnahmen also erfolgreich waren. Auf der Zielebene der Sportförderung vermißt man ein entsprechendes Vorgehen auf politischer Seite. Nicht nur werden die Ziele nicht operationalisiert, vielmehr lassen sich auch schwerlich konkrete Zielformulierungen finden. Statt dessen wird allgemein auf die Gemeinwohlwirkungen des Sports verwiesen. So heißt es im zehnten Sportbericht der Bundesregierung: „Das Staatswesen in der Bundesrepublik Deutschland braucht den Sport und die ihn tragenden Sportorganisationen, da sie für die Stabilisierung und Wohlfahrt der Gesellschaft [ . . . ] unverzichtbare Leistungen erbringen. Staatliche Förderung [ . . . ] unterstützt die gesellschaftspolitischen Effekte des Sports.“10 Eine Vielzahl ähnlicher Aussagen wird auch auf den anderen staatlichen Ebenen getroffen, die entsprechend nicht über einen leerformelhaften Charakter hinausgehen. Anstelle konkreter Ziele, die mit dem Sport erreicht werden sollen, werden seine positiven Funktionen und damit seine Gemeinwohlförderung angeführt. Aber auch diese werden kaum hinterfragt, wofür eine Operationalisierung und Messung erforderlich wäre. Statt dessen überwiegt die „normative Dimension der Gemeinwohlzuschreibungen.“11 Letztlich werden über die Funktionen und Gemeinwohlwirkungen des Sports immer nur Begründungen geliefert, weshalb der Sport zu fördern sei, aber keine mit dem Sport verbundenen Ziele formuliert.12 Fehlen aber Ziele, ist unklar, was als Leitlinie des staatlichen Handelns fungieren kann. Ebenso sind Erfolgskontrollen des Mitteleinsatzes schwerlich möglich. Die mit dem Einsatz des Sports als staatliche Maßnahme erforderliche Zielformulierung fehlte historisch gesehen nicht immer. Traditionell sollte durch den Sport die Wehrtauglichkeit der Bevölkerung gefördert werden.13 Die Wehrertüchtigung diente letztlich der Schlagkraft des Militärs im Verteidigungsfall und damit der Sicherheit der Nation. Da die Landesverteidigung ein öffentliches Gut darstellt, war nicht nur eine konkrete Zielformulierung gegeben, sondern der Eingriff zur Sportförderung auch ordnungspolitisch gerechtfertigt. Unter den heute veränderten gesellschaftspolitischen Rahmenbedingungen ist mit dem Sport nicht mehr das Ziel der Wehrertüchtigung verknüpft. So hat sich auch die gesellschaftliche Funktion des Sports gewandelt. Sportanbieter sind heute primär Dienstleistungsunternehmen, die für ihre Mitglieder eine mögliche Freizeitgestaltung anbieten.14 Dennoch erfährt der Sport weiterhin eine umfassende öffentBundesministerium des Innern (2002), S. 13. Rittner / Breuer (2002), S. 268. 12 Zu der entsprechenden Legitimationspraxis siehe Heinemann (1996), S. 193, HartmannTews (1996), S. 149, Schmidt-Volkmar (2000), S. 12, Rittner-Breuer (2000), S. 23 ff. 13 Vgl. Herrnkind, S. 17 f. 14 Zum Sportverein als Dienstleistungsanbieter siehe Madl (1994), Woratschek (1998); etwas kritischer hierzu Nagel (2003). 10 11
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liche Förderung. Diese bedarf einer politischen Begründung. Sie wird geliefert, indem dem Sport zahlreiche Funktionen zugeschrieben und ihm seine Gemeinwohlwirkung attestiert wird. Mit dem Sport werden auf der Zielebene keine konkret formulierten und operationalisierten Ziele angestrebt. Vielmehr werden dem Sport vielfältige Funktionen und eine positive Gemeinwohlwirkung zugeschrieben, die aber weitgehend Leerformelcharakter besitzen.
2. Eignung zur Gemeinwohlförderung Der Sport wird als ein Mittel gesehen, mit dem Gemeinwohlziele verwirklicht werden können. Hierzu fördert der Staat den Sport, wobei sich die Förderung primär auf den selbstverwalteten Sport beschränkt. Damit stellt sich die Frage, inwieweit der selbstverwaltete Sport als Mittel zur Realisierung der Gemeinwohlziele geeignet ist. Bereits im Zusammenhang mit der Analyse der Rechtfertigungsansätze für eine ordnungspolitisch legitime öffentlichen Sportförderung wurde die Gemeinwohlförderung durch Sport vor dem Hintergrund positiver externer Effekte umfassend diskutiert. Deshalb reicht es an dieser Stelle, kurz die dort gewonnenen Erkenntnisse zu rekurrieren.15 Zunächst ist festzuhalten, daß der Sport nicht pauschal das Gemeinwohl fördert. Je nach Sportart, Ausübungsform und individuellen Voraussetzungen können mit Sport positive, neutrale und negative Effekte auf das Gemeinwohl verbunden sein. Wird der Sport gezielt zur Förderung der individuellen Gesundheit betrieben, also als Gesundheitssport, so wird hierdurch das Gemeinwohl gefördert. Sport kann als Instrument der Prävention und Rehabilitation eingesetzt werden und der Steigerung der Gesundheit dienen. Allerdings wird die Ausübung von Sport als einzelne Maßnahme hierzu zwar hilfreich, meist jedoch nicht ausreichend sein und die alte Weisheit von Hippokrates zur Geltung kommen, daß es einer gesamtheitlichen gesunden Lebensweise bedarf.16 Bei allen anderen Formen des Sporttreibens sind die Gemeinwohleffekte eher zweifelhaft. Hinsichtlich seiner Gesundheitswirkungen ist der Sport mangels fundierter wissenschaftlicher Erkenntnisse als neutral oder in Anbetracht der umfangreichen Unfälle und Verletzungen als negativ zu bewerten. Unter der Berücksichtigung der erforderlichen Infrastruktur sowie zahlreicher in der Natur ausgeübter Sportarten sind die entsprechenden Bereiche des Sports nicht frei von negativen Beeinträchtigungen der Umwelt. Auf der anderen Seite ist der Sport durchaus geVgl. 5. Kap., A. So gilt auch heute noch die alte Weisheit von Hippokrates, daß Gesundheit das richtige Maß von Diät und Bewegung sei. 15 16
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eignet zur Bildung und Erziehung, Sozialisation und Bildung von Sozialkapital beizutragen. Die damit verbundenen positiven Effekte sind nicht von der Hand zu weisen, dienen aber vielfach primär dem einzelnen und seiner Freizeitgestaltung und weniger dem Gemeinwohl. Zudem stellen sie sich, wie beispielsweise im Falle der sozialen Integration, nicht automatisch mit der Sportausübung ein, sondern nur, wenn der Sport gezielt als Mittel zur Erreichung der entsprechenden Ziele eingesetzt wird.17 Speziell im Bereich des Hochleistungs- bzw. Spitzensports sind tendenziell eher negative Beeinträchtigungen der Gesundheit zu erwarten. Seine vermeintliche Vorbildfunktion im sozio-edukatorischen Bereich ist eher fraglich, werden die mit dem Spitzensport verbundenen negativen Begleiterscheinungen wie der Einsatz unerlaubter Mittel, Ausschreitungen im Umfeld, Umweltbelastungen etc. in Betracht gezogen. Soweit er von diesen frei ist und zudem die Spürbarkeitsschwelle überschritten wird, kann er aber gerade als Prestigefaktor gemeinwohlfördernd sein. Sportarten, bei denen Verletzungen des Gegners zum Spielzweck gehören oder billigend in Kauf genommen werden, oder solche, deren Ausübung regelmäßig mit einer Schädigung der Umwelt verbunden ist, wirken eher negativ auf das Gemeinwohl, als daß sie dieses fördern. Die Institutionen des selbstverwalteten Sports offerieren nun ein sehr vielfältiges Sportangebot, das verschiedenste Sportarten und Ausübungsformen inkludiert. Kennzeichnend ist hierbei, daß die meisten Sportvereine mehrere, hinsichtlich ihrer Gemeinwohlförderung stark differierende Sportarten und Ausübungsformen bereithalten.18 Damit erscheinen Teilbereiche des selbstverwalteten Sports als geeignetes Mittel, das Gemeinwohl zu fördern. Aber eben nur Teilbereiche und nicht der selbstverwaltete Sport per se. So dominieren bei den Sportvereinen vielfach Angebote, die nicht dem Gemeinwohl dienen oder diesem sogar zuwiderlaufen. Der selbstverwaltete Sport ist nicht pauschal als Mittel geeignet, das Gemeinwohl zu fördern. Eine zielkonforme Gemeinwohlförderung durch den selbstverwalteten Sport setzt vielmehr eine differenzierende Betrachtung voraus. Insbesondere der Sport zur gezielten Gesundheitsförderung als auch der gezielte Einsatz des Sports zur Erreichung sozio-edukatorischer Zielstellungen oder von Prestigewirkungen kann gemeinwohlfördernd sein. Alle anderen Formen der Sportausübung sind eher zweifelhaft bis negativ bezüglich ihrer Gemeinwohlwirkungen. In diesen wohl überwiegenden Bereichen ist der Sport ungeeignet als Instrument zur Gemeinwohlförderung.
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Vgl. Herrnkind (1995), S. 83 f. Vgl. 3. Kap., D. I. 2.
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III. Zielkonformität auf der Instrumentenebene Wie schon auf der Zielebene, gilt es auch auf der Instrumentenebene zunächst die Formulierung und Operationalisierung der Zielstellung zu überprüfen. Dann ist zu hinterfragen, inwieweit die Ziele erreicht werden, wobei im speziellen auf die Genauigkeit der Zielerreichung und die Nebenwirkungen eingegangen wird.
1. Zielformulierung Anders als auf der Zielebene, auf der von politischer Seite weniger Ziele formuliert werden, als vielmehr eine Legitimation des Sports als Mittel zur Gemeinwohlförderung vorgenommen wird, verhält es sich auf der Instrumentenebene. Hier lassen sich zumindest ansatzweise Zielstellungen in Verbindung mit der Subventionierung des Sports finden. Wird zunächst der selbstverwaltete Sport betrachtet, so artikulierte der DSB auf seinem Bundestag 1959 das Ziel, die gesamte Bevölkerung in das Sportsystem zu integrieren. Neben dem traditionellen Übungs-, Trainings- und Wettkampfbetrieb sollte ein „zweiter Weg“ aufgebaut werden, der dem vermehrten Erholungsbedürfnis und der vermehrten freien Zeit gerecht wird.19 Dieser wurde dann auch in der „Charta des Deutschen Sports“ des DSB von 1966 verankert.20 Hierdurch sollte der gesamten Bevölkerung das Sporttreiben ermöglicht werden. Etwas anders formuliert, ist es das Ziel des DSB und seiner Vereine und Verbände, „Sport für alle“ zu ermöglichen und sicherzustellen.21 Die Zielstellung „Sport für alle“ findet sich entsprechend in allen programmatischen Schriften des selbstverwalteten Sports.22 Der Bestimmtheitsgrad des Ziels „Sport für alle“ ist äußerst gering.23 Es stellt kaum mehr als eine Absichtserklärung dar und hat folglich weitgehend deklaratorischen Charakter. Interpretiert man es dahingehend, daß möglichst die gesamte Bevölkerung Sport treiben soll bzw. angestrebt wird, daß zumindest mehr Leute in der Bevölkerung Sport treiben, so läßt sich der angestrebte Zustand zumindest mittels eines ordinalen Kriteriums charakterisieren. Der aktuelle Ist-Zustand wird als Vgl. Hartmann-Tews (1996), S 138, S. 151 ff. Vgl. Deutscher Sportbund (1991a). Diese Charta aus dem Jahr 1966 wurde erst im Jahr 2000 mit der Verabschiedung des „Leitbildes des deutschen Sports“ zukunftsgerecht fortgeschrieben. Dort finden sich auch konkrete Zielstellungen, mit deren Realisierung der Sport einen Beitrag zum Gemeinwohl leisten möchte. Siehe hierzu Deutscher Sportbund (2003a), S. 28 ff., S. 76. 21 Vgl. Heinemann (1989), S. 220 f. 22 Siehe stellvertretend für viele Deutscher Sportbund (1991b), Deutscher Sportbund (1991c). 23 Zur Formulierung von Zielen und deren Bestimmtheitsgrad siehe Tuchtfeldt (1982), S. 182 ff. 19 20
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unbefriedigend bewertet und ein besserer Soll-Zustand in Form eines „Mehr“ an Sporttreibenden angestrebt. Die Situation hinsichtlich des Sporttreibens ist empirisch ermittelbar. Wenngleich zwar keine konkreten Zielvorgaben bezüglich der angestrebten Quantität und Qualität der Sportausübung der Bevölkerung erfolgen, so ist doch das Ausmaß der Sportausübung meßbar und damit auch die Zielerreichung bestimmbar. Im Hinblick auf die öffentliche Sportförderung kann das Ziel „Sport für alle“ als „the one and only goal, related in our welfare context“ bezeichnet werden.24 Auf europäischer Ebene hat die Sportministerkonferenz 1975 die Europäische Charta „Sport für alle“ verabschiedet.25 In ihr wird jedem Menschen das Recht, Sport zu treiben, zugestanden, weshalb der Sport mit öffentlichen Mitteln angemessen zu unterstützen ist. Eine weitergehende Operationalisierung des Ziels bleibt aber aus, sowohl auf europäischer als auch auf bundesdeutscher Ebene. Neben einer fehlenden Zieloperationalisierung werden von politischer Seite zudem nicht die politischen Ziele der Subventionierung des Sports, sondern vielmehr der Subventionstatbestand selbst angeführt. So heißt es beispielsweise im zehnten Sportbericht der Bundesregierung: „Dieser besondere Stellenwert des Sports für die moderne Gesellschaft bestimmt die Sportpolitik der Bundesregierung, die daher die Sportförderung erstmals in einer Koalitionsvereinbarung als wichtiges Politikziel ausdrücklich festgelegt hatte.“26 Dabei bezieht sich die Sportförderung des Bundes nicht ausschließlich auf den Spitzensport, sondern beinhaltet ebenso das „Ziel der Förderung des Breitensports.“27 Der Tatbestand der Sportförderung wird also zum Ziel des staatlichen Eingriffs erklärt, ohne damit weitere Ziele der Sportförderung zu formulieren.28 Insgesamt ist die Zielformulierung auf der Instrumentenebene sehr vage und nicht operationalisiert. Insbesondere gestattet sie kaum Rückschlüsse auf den Gemeinwohlbezug der Sportförderung. Vielmehr wird der Tatbestand der öffentlichen Sportförderung selbst zum Ziel deklariert, das über die Gemeinwohlbedeutung des Sports zu legitimieren versucht wird.
Engelhardt / Heinemann (2001), S. 39. Vgl. Europäische Union (1991). 26 Bundesministerium des Innern (2002), S. 10. 27 Bundesministerium des Innern (2002), S. 10. 28 Die konkreteste Zielsstellung im zehnten Sportbericht der Bundesregierung findet sich im Kontext der Spitzensportförderung. So würden mit dieser „die finanziellen Voraussetzungen für das von den Sportverbänden verfolgte Ziel geschaffen, ihre Stellung im internationalen Sport als eine der führenden Sportnationen zu behaupten.“ Bundesministerium des Innern (2002), S. 11. 24 25
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6. Kap.: Ordnungspolitische Beurteilung der Maßnahmen
2. Zielgenauigkeit Die recht vage Zielformulierung auf der Instrumentenebene erschwert die Überprüfung der Zielerreichung der Sportförderung. Grundsätzlich wurde als Ziel identifiziert, den Sport für alle zu ermöglichen und zu sichern, was auch beinhaltet, eine möglichst große Partizipation am aktiven Sporttreiben tatsächlich zu realisieren. Hierfür werden die Anbieter des selbstverwalteten Sports von staatlicher Seite subventioniert. Die hieraus resultierenden Kostenvorteile dieser Anbieter sollen an die Nachfrager weitergegeben werden, so daß diese kostengünstig Sport treiben können. Im folgenden ist zu prüfen, inwieweit es dem Staat mittels seiner Subventionen an die Anbieter des selbstverwalteten Sports gelingt, Sport für alle zu ermöglichen und darüber hinaus ein hohes Ausmaß an sportlicher Betätigung der Bevölkerung zu bewirken. Zugleich ist zu hinterfragen, wie genau diese Ziele angesteuert werden und welche Nebenwirkungen hierbei auftreten. a) Sport für alle Jedem einzelnen soll die Möglichkeit sportlicher Betätigung garantiert werden. Insbesondere soll diese nicht an finanziellen Restriktionen scheitern. Deshalb unterstützt der Staat die Anbieter des selbstverwalteten Sports mit Subventionen, um somit ein kostengünstiges Angebot für die sportliche Betätigung zu schaffen und sie damit für alle offenzuhalten. Es gilt zu analysieren, welche Kosten dem einzelnen bei der Sportausübung entstehen und ob diese durch die Sportförderung so gesenkt werden können, daß sie keine Zugangsbarriere zum Sporttreiben darstellen. Wenngleich Unterschiede zwischen den verschiedenen Sportarten und ihrer konkreten Ausübungsformen bestehen, so sind zur aktiven sportlichen Betätigung grundsätzlich eine entsprechende Sportstätte, Sportausrüstung, ein Trainer oder Betreuer sowie ein ausreichendes Zeitbudget erforderlich.29 Darüber hinaus entstehen Wegekosten in Form der Zeit, die für die An- und Abreise zur Sportstätte aufgewandt werden muß, sowie der zusätzlichen Transportkosten. Abgesehen von der individuell aufzubringenden Zeit für die Dauer der aktiven Sportausübung, die letztlich Opportunitätskosten darstellt, sind alle weiteren Kosten durch die staatliche Sportförderung beeinflußt. Mit der Mitgliedschaft in einem Sportverein kann dessen Sportangebot genutzt werden. Für die Mitgliedschaft ist ein Mitgliedsbeitrag und in manchen Fällen eine einmalige Aufnahmegebühr an den Sportverein zu entrichten. Dieser Mitgliedsbeitrag beinhaltet dann sowohl die Nutzung der Sportstätte als auch die Betreuung, Trainingseinheiten oder Wettkampforganisation durch den Verein bzw. den Verband. Wie schon im Rahmen der deskriptiven Betrachtung der Sportförderung dar29
Vgl. Késenne / Butzen (1987), S. 102 f., Kubat (1994), S. 3 ff.
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gelegt, sind alle diese Bereiche von öffentlicher Seite subventioniert.30 Die resultierenden Kostenvorteile können die Vereine direkt an ihre Mitglieder weitergeben, so daß die Mitglieder von subventionierten Mitgliedsbeiträgen profitieren. Wenngleich viele sportlich Aktive hohe Summen für Sportausrüstung wie Sportgeräte oder -bekleidung ausgeben,31 so ist dies nicht zwingend nötig, da für die Ausübung der meisten Sportarten lediglich die zumeist vorhandene Sportbekleidung erforderlich ist. Weitergehende Ausrüstungsgegenstände, sofern diese benötigt werden, können häufig von den Vereinen zur Verfügung gestellt werden. Damit entstehen neben dem Mitgliedsbeitrag, von den noch zu erörternden Wegekosten abgesehen, zwingend keine weiteren wesentlichen Kosten. Die jährlichen Einnahmen der Sportvereine aus Mitgliedsbeiträgen zuzüglich Aufnahmegebühren lagen 1996 bei durchschnittlich 50 Euro pro Mitglied.32 Eine andere Erhebung ergab, daß bei 62 Prozent der im Sportverein Aktiven der Mitgliedsbeitrag maximal zehn Euro monatlich beträgt und lediglich 13 Prozent über 25 Euro aufwenden müssen.33 Diese subventionierten Mitgliedsbeiträge im selbstverwalteten Sport stellen kaum eine Zugangsbarriere zum aktiven Sporttreiben dar.34 Anders hingegen die oft deutlich höheren Preise von Anbietern im Bereich des fremdverwalteten Sports.35 Kann ein Individuum aus finanziellen Gründen nicht für den Mitgliedsbeitrag bei einem kommerziellen Anbieter aufkommen, könnte es sich ohne ein subventioniertes Vereinsangebot ein aktives Sporttreiben nicht leisten. Insofern scheinen die subventionierten Mitgliedsbeiträge das Sportangebot für alle offenzuhalten. Auch die Wegekosten können durch die öffentliche Sportförderung gesenkt werden. Insbesondere im Rahmen des sogenannten „Goldenen Plans“ und nach der Wiedervereinigung des „Goldenen Plans Ost“ konnte ein flächendeckendes Sportangebot weitgehend realisiert werden.36 Es ermöglicht in allen Regionen Deutschlands aktives Sporttreiben mit einem relativ geringen Ressourcenaufwand in Form von Anreisezeit oder Anreisekosten zu den Sportstätten. Diese bisherigen Überlegungen machen deutlich, daß das Sportangebot im Rahmen des selbstverwalteten Sports für alle offengehalten wird. Durch die staatliche Vgl. 3. Kap., insbesondere D. II. Vgl. Meyer / Ahlert (2000), S. 121 ff., insbesondere S. 125 f. 32 Vgl. Emrich / Pitsch / Papathanassiou (2001), S. 324. Der Median lag bei rund 29 Euro. 33 Vgl. Veltins (2002), S. 14. 34 Vgl. Emrich / Pitsch / Papathanassiou (2001), S. 319 ff. Allerdings ist hierbei zusätzlich noch die Ausgestaltung der Mitgliedsbeiträge von Relevanz. So kann ein zu Beginn des Jahres erhobener Jahres-Mitgliedsbeitrag zuzüglich Aufnahmegebühr im Gegensatz zu monatlichen Zahlungen schon eher eine soziale Schließung bewirken. Siehe auch hierzu Emrich / Pitsch / Papathanassiou (2001), S. 323. 35 Wenngleich diese höheren Preise auch auf einer höheren Leistungsqualität basieren können. 36 Vgl. 3. Kap., D. I. 5. 30 31
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6. Kap.: Ordnungspolitische Beurteilung der Maßnahmen
Förderung scheint ein gleicher Zugang zum Sport geschaffen, unabhängig der finanziellen Voraussetzungen des einzelnen. Allerdings ist die eben getroffene Aussage aus zwei Perspektiven zu relativieren. Zum einen ist wieder die Heterogenität des Sports anzuführen, wodurch eine differenzierende Betrachtungsweise erforderlich ist. Zum anderen ist die geringe Höhe der Mitgliedsbeiträge nicht ausschließlich auf die öffentliche Sportförderung zurückzuführen. Was den zweiten Punkt betrifft, so wurde schon im Verlauf der Abhandlung erörtert, daß der günstige Mitgliedsbeitrag nicht ausschließlich aus der öffentlichen Sportförderung, sondern vor allem auch aus den ehrenamtlich erbrachten Leistungen in den Sportvereinen resultiert.37 So wurde der monetäre Gegenwert der unbezahlten Arbeitsstunden ehrenamtlicher Arbeit in westdeutschen Sportvereinen auf ca. drei Milliarden Euro für das Jahr 1992 beziffert, was rund 133 Euro je Mitglied entspricht. Bei einer Umlage der, wie in dieser Arbeit geschehen, haushaltstechnisch erfaßten gesamten öffentlichen Aufwendungen in Deutschland für Sport auf alle Mitglieder des selbstverwalteten Sports ergibt sich eine Förderung von rund 142 Euro pro Mitglied, wobei der wahre Wert aufgrund der bekannten Erfassungsprobleme höher liegen dürfte.38 Die ausschließliche Berücksichtigung der dem selbstverwalteten Sport unmittelbar und monetär gewährten öffentlichen Transferzahlungen, also der den Vereinen und Verbänden direkt zufließenden Finanzströme, zeigt, daß diese im Jahr 1990 in den alten Bundesländern bei knapp über 37 Euro je Mitglied lagen.39 Wenngleich diese Werte nur sehr grobe Näherungswerte sein können, unterstreichen sie allemal, welchen Stellenwert die ehrenamtliche Arbeit im selbstverwalteten Sport im Hinblick auf günstige Mitgliedsbeiträge hat. Die zweite relativierende Perspektive ergibt sich aus der Tatsache, daß es „den Sport“ nicht gibt, sondern sich unter diesem Begriff unter anderem zahlreiche Sportarten und Ausübungsformen subsumieren lassen. Aufgrund begrenzter öffentlicher Ressourcen kann so auch nicht der gesamte Sport gleichermaßen gefördert werden, sondern es erfolgt eine Priorisierung. Dies wird am Beispiel des Sportstättenbaus besonders deutlich. Da verschiedene Sportangebote unterschiedliche Sportstätten erfordern, die nicht alle öffentlich gefördert werden können, werden primär Kernsportstätten realisiert.40 Folglich wird eine politische Entscheidung zuVgl. 3. Kap., D. II. Es wurde das Jahr 1991 als Vergleichsjahr gewählt, da ab 1992 auch die Sportförderausgaben der neuen Bundesländer vom Statistischen Bundesamt miterfaßt wurden, was zu möglichen Verzerrungen führen kann. Grundsätzlich kann es sich bei dem errechneten Wert nur um eine sehr grobe Näherung handeln, da die vollständige und korrekt zugeordnete Erfassung der öffentlichen Aufwendungen für Sport äußerst problembehaftet ist, wie schon im 3. Kap., C., insbesondere C. I., dargelegt wurde. 39 Eigene Berechnung auf Basis von Weber et al. (1995), S. 144, S. 146 f., die die direkten öffentlichen Finanzströme an den selbstverwalteten Sport in den alten Bundesländern auf gut 807 Millionen Euro beziffern. 37 38
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gunsten der dort ausführbaren Sportarten getroffen. Es gelangen hierbei also nicht alle Sportarten gleichermaßen in den Genuß einer öffentlichen Förderung. Darüber hinaus erfordern Sportarten und ihre jeweiligen Ausübungsformen finanzielle Aufwendungen in unterschiedlichem Ausmaß. So gibt es teure Sportarten, bei denen neben anfallenden hohen Kosten für die Sportausrüstung und Training auch hohe Mitgliedsbeiträge, die deutlich über 50 Euro im Jahr liegen, zu entrichten sind. Um z. B. Golf zu spielen, mußten im Jahr 2001 im Durchschnitt 4.850 Euro an Aufnahmegebühr sowie durchschnittlich 938 Euro Jahresspielgebühr aufgewendet werden.41 Damit können diese Sportarten schwerlich für alle offengehalten werden. Es ist allerdings zutreffend, daß es sich bei diesen Sportarten um Ausnahmen handelt. Schließlich sind es insgesamt nur gut vier Prozent der Sportvereine, deren Aufnahme- und Mitgliedsbeitrag für das erste Jahr bei über 500 Euro liegt.42 Ähnliches trifft auch für Sportarten zu, die hohe Aufwendungen für die Sportausrüstung erfordern. Zu denken sei an Reit-, Flug- oder Fahrsportarten. Sofern die Ausrüstung nicht über den Verein gegen geringe Gebühren genutzt werden kann, fallen hier hohe Kosten zur Ausübung der Sportart an, so daß trotz subventionierter Mitgliedsbeiträge diese Sportarten nicht für alle offengehalten werden können. Es bleibt festzuhalten, daß nicht das gesamte Sportangebot, wohl aber sehr weite Bereiche des Sportangebots im Rahmen des selbstverwalteten Sports für alle offengehalten werden. Hierzu trägt die öffentliche Sportförderung maßgeblich bei, wenngleich die ehrenamtlich in den Sportvereinen erbrachten Leistungen von ebensolcher Bedeutung sind. b) Ausmaß sportlicher Aktivität Auch wenn es dem Staat gelingt, mittels seiner Angebotssubventionen jedem den Zugang zum Sport zu ermöglichen, ist damit noch nichts darüber ausgesagt, wie dieses Angebot angenommen wird. Es muß aber gerade auch Ziel des Staates sein sicherzustellen, daß möglichst viele in der Bevölkerung aktiv Sport treiben, da nur so die vermeintlich positiven Gemeinwohlwirkungen realisiert werden können. Da es keine konkreten Zielvorgaben hinsichtlich des Ausmaßes an sportlicher Aktivität der Bevölkerung von staatlicher Seite gibt, ist auch eine Kontrolle der 40 Erfolgte die Grundversorgung mit Kernsportstätten seit dem Goldenen Plan bzw. dem Goldenen Plan Ost anhand fester städtebaulicher Richtwerte, muß allerdings eingeräumt werden, daß seit den 90er Jahren ein Umdenken hin zu einer verhaltens- und nachfrageorientierten Sportstättenplanung erfolgt. Siehe hierzu den Überblick bei Hübner (2003). 41 Vgl. Focus-Marktstudie (2002b), S. 9 f., wobei darauf hinzuweisen ist, daß zum einen die Nutzungsentgelte bei gewinnorientierten Betreiber- und Trägergesellschaften höher liegen als bei gemeinnützigen Vereinen und zum anderen die Jahresspielgebühren und insbesondere die Aufnahmegebühren in den letzten Jahren eine fallende Tendenz aufweisen. 42 Vgl. Emrich / Pitsch / Papathanassiou (2001), S. 321.
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Zielerreichung kaum möglich. Schließlich kann der aktuelle Ist-Zustand nicht mit einem vorgegebenen Soll-Zustand verglichen werden. Folglich muß sich die Analyse auf die Entwicklung des Ausmaßes sportlicher Aktivität beschränken und versuchen zu erörtern, ob diese durch die öffentliche Sportförderung positiv beeinflußt werden konnte. Die Entwicklung der Mitgliederzahl der im DSB organisierten Sportvereine ist von 3,2 Millionen im Jahr 1950 auf über 23,5 Millionen im Jahr 2003 gestiegen, was einem Anteil von rund 28,5 Prozent der bundesdeutschen Bevölkerung entspricht.43 Auch wenn hier nicht zwingend ein kausaler Zusammenhang mit der öffentlichen Sportförderung gegeben sein muß, soll zunächst tendenziell unterstellt werden, daß die partnerschaftliche Zusammenarbeit zwischen dem Staat und dem selbstverwalteten Sport mittels der öffentlichen Sportförderung erfolgreich im Hinblick auf das Ausmaß aktiven Sporttreibens ist.44 Diese in ihrer Tendenz richtige Aussage ist nun allerdings zu relativieren. Zunächst sind in den Vereinen zahlreiche passive Mitglieder miterfaßt. Deren Anteil wird in verschiedenen Studien übereinstimmend auf 30 bis zu 50 Prozent geschätzt.45 Diese können somit nicht zur Zielgruppe der öffentlichen Sportförderung gezählt werden, die das aktive Sporttreiben beinhaltet. Die Motive für passive Mitgliedschaften dürften vielfältig und nicht zuletzt auch in der Nutzung der umfangreichen außersportlichen Angebote der Sportvereine zu suchen sein.46 Die geringen Beitragshöhen können ebenso die passive Mitgliedschaft dahingehend fördern, daß der finanzielle Aufwand für die sportliche Betätigung selbst bei seltener Nutzung des Vereinsangebotes noch günstiger ist als bei vergleichbaren Alternativen.47 Somit dürfte die tatsächliche Höhe der aktiv Sporttreibenden im selbstverwalteten Sport niedriger als beschrieben sein. Ferner hat das Ausmaß an sportlicher Aktivität, unabhängig der Organisationsform, deutlich zugenommen.48 So liegt der Anteil der bundesdeutschen Bevölkerung über 14 Jahren, der regelmäßig bzw. gelegentlich Sport treibt, bei über 60 Prozent.49 Folglich ist weniger als die Hälfte der sportlich Aktiven im staatlich geförderten selbstverwalteten Sport organisiert. Vielmehr sind es gerade der fremdVgl. 3. Kap., D. I. 2. Zur Sportpartizipation in anderen Ländern Europas sowie zu den Bestimmungsgründen für existierende Unterschiede siehe die Beiträge in Heinemann (1999b), insbesondere S. 17 f., oder Hartmann-Tews (1996), S. 97 ff., S. 109 ff. 45 Vgl. Engelhardt / Heinemann (2001), S. 52, Heinemann / Schubert (1994), S. 145 ff., Digel et al. (1992), S. 48 ff. 46 Zu den außersportlichen Angeboten der Sportvereine siehe Emrich / Pitsch / Papathanassiou (2001), S. 16 f., S. 208 ff. 47 Vgl. Heinemann / Schubert (1994), S. 148. 48 Vgl. Hartmann-Tews (1996), S. 106 ff. 49 Vgl. Veltins (2001), S. 6, Focus-Marktstudie (2002a), S. 9, sowie zahlreiche weitere Studien nach Hartmann-Tews (1996), S. 107. 43 44
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verwaltete wie auch der nichtverwaltete Sport, die in den vergangenen Jahren und immer noch anhaltend deutlichen Zulauf genießen.50 Das hohe Ausmaß sportlicher Aktivität scheint nicht nur ein Steuerungserfolg der öffentlichen Sportförderung zu sein. Vielmehr wirken sich die Konsequenzen des gesellschaftlichen Wandels auch auf den Sport aus.51 Ein höheres verfügbares Einkommen, mehr Zeit zur freien Gestaltung, die zunehmende Individualisierung oder auch ein gestiegenes Gesundheitsbewußtsein führen zu einer veränderten und insgesamt wachsenden Nachfrage nach sportlicher Aktivität. Abschließend ist es schwer zu beurteilen, inwieweit das gestiegene Ausmaß sportlicher Aktivität als direkter Erfolg der öffentlichen Sportförderung zugeschrieben werden kann. Dennoch muß festgehalten werden, daß das Ausmaß sportlicher Betätigung in Deutschland in den vergangenen Jahrzehnten deutlich gestiegen ist. c) Erreichung Bedürftiger und Mitnahmeeffekte Im vorausgegangenen Abschnitt konnte die Frage nicht abschließend beantwortet werden, welchen Anteil die öffentliche Sportförderung zum gestiegenen Ausmaß sportlicher Betätigung beigetragen hat. Allerdings können Aussagen getroffen werden, welche Nachfragergruppen von der öffentlichen Sportförderung erreicht werden. Ziel ist es ja, den Sport für alle offenzuhalten respektive einen gleichen Zugang zum Sport zu ermöglichen. Mittels des subventionierten selbstverwalteten Sports sollte es folglich gelingen, gerade den sozio-ökonomisch schwächeren Teilen der Bevölkerung aktives Sporttreiben zu ermöglichen. Daher ist zu prüfen, in welchem Umfang diese Gruppe mit dem selbstverwalteten Sport erreicht wird, also wie hoch deren Partizipation im selbstverwalteten Sport ist. Im Rahmen der deskriptiven Betrachtung der öffentlichen Sportförderung konnte schon gezeigt werden, daß grundsätzlich die Struktur der Mitglieder im selbstverwalteten Sport nicht annähernd die Struktur der Bevölkerung widerspiegelt.52 Während Frauen unterrepräsentiert sind und primär die Angebote des fremdverwalteten Sports nutzen, sind Jugendliche und junge Erwachsene überrepräsentiert. Im Hinblick auf sozio-ökonomische Aspekte ist das Bildungsniveau eher durchschnittlich bis überdurchschnittlich hoch. Untere soziale Schichten sind im Sportverein deutlich unterrepräsentiert. Deshalb kann der selbstverwaltete Sport auch als „clear-cut middle-class phenomena“ bezeichnet werden.53 Somit sind es gerade nicht die sozio-ökonomisch schwachen Bevölkerungsgruppen, die das Angebot des subventionierten selbstverwalteten Sports nutzen. 50 51 52 53
13*
Vgl. 3. Kap., D. I. 3. und D. I. 4. Vgl. 3. Kap., D. I. 1. Vgl. 3. Kap., D. I. 2. Engelhardt / Heinemann (2001), S. 52.
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6. Kap.: Ordnungspolitische Beurteilung der Maßnahmen
Folglich wird häufig kritisiert, daß eben nicht die Bedürftigen von der staatlichen Sportförderung profitieren, sondern vor allem jene indirekt subventioniert werden, die ihre sportliche Aktivität auch selbst finanzieren könnten.54 Diejenigen also, die sich ohnehin sportlich betätigen würden und sich die hierfür erforderlichen Aufwendungen leisten könnten, bekommen die Nutzung des selbstverwalteten Sportangebotes zu einem subventionierten Preis ermöglicht. Es ist daher von umfangreichen Mitnahmeeffekten der öffentlichen Sportförderung auszugehen. Die mit der Förderung anvisierten Ziele eines hohen Ausmaßes sportlicher Partizipation scheinen auch ohne eine solch umfassende öffentliche Sportförderung realisierbar. Untersuchungen über die Einkommenselastizität verschiedener Sportarten können als Indiz gedeutet werden, das diese Aussage stützt. Studien in England ergaben, daß mit zunehmendem verfügbaren Einkommen Individuen sich stärker in teureren Sportarten betätigen.55 Teurer bedeutet in diesem Fall, daß die Aufwendungen für Sportstättennutzung, Ausrüstung und Betreuung höher sind als in anderen Sportarten. Somit wirkt sich ein steigendes Einkommen der Individuen auf die von ihnen ausgeübte Sportart aus. Damit scheint weniger die Frage von Relevanz zu sein, ob sich der einzelne eine sportliche Betätigung leisten kann, sondern vielmehr welchen Sport er sich leisten kann und mag. Schließlich stellt ein subventioniertes Sportangebot im Umkehrschluß nichts anderes dar als ein höheres verfügbares Einkommen bei den Individuen, die dieses Angebot nachfragen. Zusammenfassend bleibt festzuhalten, daß mit der öffentlichen Förderung des selbstverwalteten Sports nicht die sozio-ökonomisch Bedürftigen erreicht werden. Vielmehr treten umfangreiche Mitnahmeeffekte auf. Den ohnehin schon im selbstverwalteten Sport sportlich Aktiven wird es so ermöglicht, vergünstigt ihren Sport zu treiben. Allenfalls beeinflußt die öffentliche Sportförderung die Wahl der Sportart der Sporttreibenden, nicht aber die Sportausübung sozio-ökonomisch Schwacher an sich. d) Verteilungswirkungen Durch die öffentliche Sportförderung soll der Sport für alle offengehalten und damit jedem einzelnen ein gleicher Zugang zum Sport ermöglicht werden. Dahinter verbirgt sich auch der Gedanke der Verteilungsgerechtigkeit, d. h., über eine Umverteilung der Primärverteilung soll es auch den sozio-ökonomisch schwachen Bevölkerungsgruppen ermöglicht werden, Sport zu treiben. Wie die bisherige Analyse gezeigt hat, scheint ein gleicher Zugang zum Sport geschaffen, unabhängig der finanziellen Voraussetzungen des einzelnen. Damit ist aber noch nichts über die tatsächliche Verteilungswirkung der Maßnahmen ausgesagt. Eine entsprechende Aussage zu den Verteilungswirkungen der öffentlichen Sportförderung ist nur möglich, wenn die Verteilungssituation ohne und mit staat54 55
Vgl. Heinemann (2000), S. 99. Vgl. Kubat (1994), S. 7 f.
A. Zur Zielkonformität der öffentlichen Sportförderung
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lichen Verteilungsaktivitäten im Sportbereich beleuchtet wird. Es sind folglich die simultanen Einnahmen- und Ausgabenwirkungen der staatlichen Sportförderung zu analysieren. Hinsichtlich der Ausgabenseite ist zu fragen, wer von den staatlichen Ausgaben zur Förderung des Sports profitiert. Bezogen auf die Einnahmenseite sind die Träger der Finanzierung der öffentlichen Sportförderung zu eruieren, ist also herauszufinden, wer hierfür die Steuerlast trägt. Im Rahmen der deskriptiven Betrachtung der öffentlichen Sportförderung sowie im vorangegangenen Abschnitt wurde bereits ersichtlich, daß die Mitgliederstruktur in subventionierten Sportvereinen, gerade im Vergleich zu den fremdverwalteten Anbietern, sozio-ökonomisch Schwache nicht in besonderem Maße repräsentiert. Zwar stellen finanzielle Zwänge kaum ein Hindernis zur Sportausübung dar, dennoch nutzen sozio-ökonomisch Schwache das Angebot des selbstverwalteten Sports nur in geringem Umfang. Vielmehr dominieren mittlere und höhere Bildungs- und Einkommensschichten im Sportverein, die somit von einem subventionierten Sportangebot profitieren. Im Vergleich zu einer Situation ohne staatliche Sportförderungsaktivitäten nimmt ausgabenseitig die Ungleichverteilung tendenziell zu. Aussagen hinsichtlich der einnahmeseitigen Verteilungseffekte gestalten sich schwieriger. Da es in Deutschland keine zweckgebundenen Steuern zur Finanzierung der Sportförderung gibt, können solche auch nicht zur Beurteilung der Verteilungseffekte herangezogen werden. Vielmehr erfolgt die Finanzierung der Sportförderung aus dem allgemeinen Steueraufkommen. Deshalb ist zu unterstellen, daß sich die steuerliche Belastung durch Ausgaben für die Sportförderung proportional zur gesamten Steuerbelastung verhält.56 Wenngleich die Spezifizierung der Verteilungswirkungen des Steuersystems aufgrund seiner Komplexität nicht unproblematisch ist, kann die Ansicht vertreten werden, das deutsche Steuersystem weise in seinem Verteilungsergebnis einen leicht progressiven oder eher sogar proportionalen Effekt auf.57 Werden die Effekte der Einnahmen- und Ausgabenseite zusammengeführt, so ergibt sich per Saldo ein weitgehend proportionaler, vielleicht sogar leicht regressiver Effekt der öffentlichen Sportförderung. Bestehende Verteilungsunterschiede werden demzufolge nicht verringert, sondern bleiben tendenziell unverändert bzw. werden durch die öffentliche Sportförderung sogar verstärkt. Es bleibt festzuhalten, daß es zwar gelingt, mit der Subventionierung des selbstverwalteten Sports dessen Angebot für breite Gruppen der Bevölkerung offen56 Dies entspricht dem Proportionalansatz im Rahmen einer partiellen Budgetinzidenzanalyse. Siehe hierzu Zimmermann / Henke (2001), S. 278 ff. 57 „Insgesamt gesehen, nimmt man die Umverteilungseffekte von direkten und indirekten Steuern, deutet einiges darauf hin, daß das deutsche Steuersystem eher einen proportionalen, denn progressiven Belastungsverlauf hervorbringt, und das trotz eines durchaus scharf progressiven Einkommenssteuertarifs.“ Peters (1988), S. 83. Einen Überblick über die Ergebnisse einschlägiger empirischer Untersuchungen bieten Peters (1988), S. 81 ff., Blankart (2001), S. 533 ff.
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6. Kap.: Ordnungspolitische Beurteilung der Maßnahmen
zuhalten. Umverteilungseffekte werden hierdurch aber kaum erreicht. Soweit sie dennoch auftreten, sind sie eher in der nicht erwünschten Richtung von unten nach oben zu erwarten.
IV. Konfliktionäre Nebenziele und innere Widersprüchlichkeit Bisher wurde die vertikale Zielbeziehung auf der Ziel- und Instrumentenebene erläutert. Darüber hinaus können die drei Grundsätze der öffentlichen Sportförderung als weitere Nebenziele angesehen werden, die es ebenfalls in Beziehung zueinander und zu den Zielen der Sportförderung zu setzen und zu analysieren gilt. Während auf das Subsidiaritätsprinzip noch im Rahmen der Systemkonformitätsanalyse weiter eingegangen wird, soll im folgenden auf die Grundsätze der Autonomie des Sports und der partnerschaftlichen Zusammenarbeit fokussiert werden. Zudem gilt es noch zu thematisieren, wie sich die Limitierung der öffentlichen Sportförderung primär auf den selbstverwalteten Sport und die Nichtberücksichtigung alternativer Angebotsformen des Sports auf die Erreichung der angestrebten Ziele auswirkt.
1. Instrumentalisierung vs. Autonomie des Sports Der Grundsatz der Autonomie des Sports soll dem selbstverwalteten Sport seine Unabhängigkeit vom Staat garantieren. Damit soll, auch aufgrund der geschichtlichen Erfahrungen, sichergestellt werden, daß die Akteure des selbstverwalteten Sports frei von staatlichem Determinismus agieren können. Dies bedeutet im Umkehrschluß für den Staat, keinen Einfluß auf den selbstverwalteten Sport mit seinen Organisationen und Akteuren zu nehmen. Der Sport soll somit nicht zu einem Instrument staatlicher Steuerung werden. Andererseits drückt die partnerschaftliche Zusammenarbeit zwischen Sport und Staat aus, daß vom Sport und Staat gleichermaßen verfolgte Ziele in Kooperation miteinander realisiert werden sollen. Der Sport übernimmt in diesem Zusammenhang Aufgaben des Staates, für die er durch die öffentliche Sportförderung eine insbesondere finanzielle staatliche Unterstützung erfährt.58 Hierin kommt implizit bereits zum Ausdruck, daß der Sport ein Mittel zur Erreichung öffentlicher Ziele sein kann. Aufgrund der verfassungsrechtlich garantierten Autonomie des selbstverwalteten Sports stellt die finanzielle Förderung das zentrale dem Staat zur Verfügung stehende Instrument zur Einflußnahme auf den Sport dar. Damit deutet sich ein möglicher Konflikt zwischen der partnerschaftlichen Zusammenarbeit und dem Grundsatz der Autonomie des Sports an. 58
Vgl. Hartmann-Tews (1996), S. 183, Engelhardt / Heinemann (2001), S. 40 f.
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Dem Sport wird die Förderung des Gemeinwohls zugeschrieben. Damit die positiven Wirkungen des Sports realisiert werden können, fördert der Staat den Sport. Dies geschieht im öffentlichen Interesse zum Wohle aller. Deshalb werden auch alle an der Förderung des Sports beteiligt, da sich der Staat aus den von allen Steuerzahlern generierten Einkommen bedient, nicht etwa nur aus denen der den Sport nachfragenden. Von daher ist es naheliegend, daß der Staat sicherstellen muß, daß die positiven Gemeinwohlwirkungen auch tatsächlich erreicht werden.59 Soweit durch den selbstverwalteten Sport in partnerschaftlicher Zusammenarbeit mit dem Staat die öffentlichen Ziele erreicht werden, bedarf es keiner weiteren Einflußnahme durch den Staat. Hiervon ist aber eher nicht auszugehen. Zum einen ist der Sport nicht per se sondern nur bedingt ein geeignetes Mittel zur Zielerreichung. Zum anderen können die Zielstellungen der Akteure des Sports vom öffentlichen Interesse und hieraus resultierenden Zielstellungen abweichen. Die Analyse der Zielerreichung auf der Zielebene hat ergeben, daß der Sport nicht pauschal zur Zielerreichung als Mittel geeignet ist, sondern entsprechend der jeweiligen Zielstellung nur bestimmte Sportarten und Formen der Sportausübung auf Basis der individuellen Ausgangsvoraussetzungen. Ferner ist kein zwingender Automatismus zwischen der aktiven Ausübung von Sport und der Zielerreichung zu konstatieren. Es bedarf vielmehr konkret definierter Ziele, für die der entsprechende Sport als Mittel gezielt eingesetzt wird. Folglich ist es von staatlicher Seite nur konsequent, wenn eine Förderung des Sports an diese Zielerreichung gebunden wird und anhand konkreter Vorgaben erfolgt. Von den Akteuren des Sports muß der Staat erwarten können, daß sie die Förderung zur Erreichung der Allgemeinwohlziele einsetzen. Im Falle vollständiger Autonomie bei der Verfügung über die staatlich gewährte Unterstützung ist es durchaus denkbar, daß das aus dem eigeninteressierten Handeln der Akteure des Sports resultierende Ergebnis den öffentlichen Zielen entspricht. Dies dürfte aber nicht die Regel sein.60 Vielmehr ist zu erwarten, „dass die verschiedenen Akteure die ihnen durch die staatliche Finanzierung eröffneten Freiräume wohl zu ihrem eigenen Vorteil, nicht aber im Sinne des Geld- und damit des staatlichen Auftraggebers nutzen.“61 Insofern ist es auch hier nur die logische Folge, wenn der Staat versucht, mittels entsprechender institutioneller Arrangements die Zielerreichung sicherzustellen. In der aktuellen öffentlichen Sportförderpraxis ist die zu erwartende Tendenz zunehmender staatlicher Einflußnahme zu beobachten. Dies zeigt sich beispielsweise daran, daß die staatliche Mittelvergabe an den selbstverwalteten Sport immer mehr an genau definierte Zwecke gebunden wird und der Anteil zweck59 60 61
Vgl. Engelhardt / Heinemann (2001), S. 35. Vgl. Heinemann (1996), S. 195, Kirsch / Kempf (2002), S. 261 f. Kirsch / Kempf (2002), S. 259 (Hervorhebung im Original).
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6. Kap.: Ordnungspolitische Beurteilung der Maßnahmen
ungebundener Unterstützungsleistungen rückläufig ist.62 Im Rahmen der Sozialen Arbeit werden die Maßnahmen nicht einfach von der öffentlichen Hand gefördert, sondern eine konkrete Gegenleistung seitens der Sportanbieter erwartet und zu deren Sicherstellung auch von staatlicher Seite interveniert.63 Aber auch der Spitzensport gerät in finanzieller Hinsicht zunehmend in die Abhängigkeit des Staates und ist längst zu einem staatlich gesteuerten System geworden.64 Es bleibt festzuhalten: „The state increasingly tries to gain influence and manipulate sport according to its own wants.“65 Im Rahmen der partnerschaftlichen Zusammenarbeit zwischen Sport und Staat wird der Sport als Mittel verstanden, das dem Wohle aller dient. Hierfür erfährt er seine öffentliche Förderung. Damit nutzt der Staat den Sport als Mittel zur Realisierung der Gemeinwohlziele. Eine Instrumentalisierung des Sports von staatlicher Seite liegt vor. Dies ist die logische Konsequenz, wenn die Förderung des Sports mit Gemeinwohlzielen begründet wird. „Wer für eine staatliche Finanzierung des Sports plädiert, setzt sich – wenigstens implizit – für die Politisierung, für die Verstaatlichung des Sports, genauer: für die Unterwerfung der im Sport verbundenen Akteure unter den Primat der Politik ein.“66 Für einen Konflikt zwischen der Instrumentalisierung des Sports im Dienste einer Gemeinwohlorientierung und den Interessen der Vereinsmitglieder lassen sich empirische Indizien als Beleg finden.67 Instrumentalisierte Angebote werden kaum von den aktiven Mitgliedern nachgefragt und sind insgesamt von untergeordneter Bedeutung. Sie scheinen dem Interesse der Initiatoren, nicht aber dem der Vereinsmitglieder zu entsprechen. Im Hinblick auf die Selbstdarstellung der Vereine liegt die Dimension Solidaritätsdenken mit Eigenschaften wie Geselligkeit und Gemeinschaft deutlich vor der Dimension Leistungs- und Wettkampfsport, während die Darstellung als innovativer Breiten- und Freizeitsportanbieter oder über die Gemeinwohlorientierung von geringer Relevanz ist. Ähnliches gilt für die Mitgliedererwartungen, bei denen der Dimension Solidaritätsdenken weit mehr Bedeutung beigemessen wird als der Gemeinwohlorientierung. Dies deckt sich auch mit der Binnenorientierung der im Sportverein engagierten Mitglieder, denen es um Gemeinschaft im Sportverein geht und weniger um die Beeinflussung spezifischer Entwicklungen außerhalb des Vereins.68 Die Instrumentalisierung des Sports konfligiert mit dem Grundsatz der Autonomie. Um die für den selbstverwalteten Sport nicht unbedeutende öffentliche Unterstützung zu erhalten, richtet er sich verstärkt an den staatlichen Zielen aus. 62 63 64 65 66 67 68
Vgl. Trosien (1999), S. 71, Hartmann-Tews (1996), S. 183, Heinemann (1996), S. 195. Vgl. Breuer (2003), insbesondere S. 4. Vgl. Heinemann (1996), S. 195. Engelhardt / Heinemann (2001), S. 41. Kirsch / Kempf (2002), S. 258 (Hervorhebung im Original). Vgl. Emrich / Pitsch / Papathanassiou (2001), S. 209 ff., S. 295 ff. Vgl. Braun (2003).
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Damit gewinnen äußere Einflüsse, insbesondere von staatlicher Seite, vermehrt an Einfluß auf den selbstverwalteten Sport.69 Entsprechend rückläufig wird der Einfluß der Mitglieder, deren Interessen zunehmend zurückgedrängt werden.70 Es wird nicht mehr unbedingt angestrebt, was im Interesse des Vereins und seiner Mitglieder, sondern was von politischer Seite erwünscht ist. Damit ist sicherlich die Gefahr des Verlusts an Autonomie verbunden. Zur Wahrung der Autonomie ist eine weitgehend freie Verfügung über die öffentlichen Mittel erforderlich. Dann können die Mittel im Interesse des Vereins und seiner Mitglieder eingesetzt werden. Stimmen diese Interessen aber nicht mit den politischen Interessen überein, können so die politischen Ziele, wie sie mit der Förderung verbunden sind, schwerlich erreicht werden. Eine Instrumentalisierung des Sports ist somit nicht mit dem Grundsatz der Autonomie des selbstverwalteten Sports vereinbar.
2. Selbstverwalteter Sport vs. alternative Angebotsformen Mit der öffentlichen Sportförderung sollen die positiven Wirkungen des Sports zur Erhöhung des Gemeinwohls realisiert werden. Hierfür wird eine möglichst hohe aktive Beteiligung der Bevölkerung an der Sportausübung angestrebt. Eine Grundversorgung mit Sport soll sichergestellt werden. Zugleich wird die öffentliche Sportförderung auf den Bereich des selbstverwalteten Sports limitiert. Begründet wird diese selektive Förderung mit den Gemeinwohlwirkungen dieser Angebotsform des Sports. Die Limitierung wäre folglich dann begründet, wenn ausschließlich mit der Nutzung der Angebote des selbstverwalteten Sports die positiven Wirkungen des Sports verbunden sind. Die bisherige Analyse legt eher nahe, daß keineswegs nur die Sportausübung im Rahmen des selbstverwalteten Sports positive Effekte hat. Das Auftreten der positiven Effekte ist weitgehend unabhängig von der Organisationsstruktur des Sportangebots und vielmehr durch die ausgeübte Sportart, Ausübungsform und individuelle Ausgangsvoraussetzung bedingt. Gerade im bedeutenden Bereich der positiven Wirkungen auf die Gesundheit tritt dies augenscheinlich zutage. Hinsichtlich des Gesundheitssports spielen die Angebote des selbstverwalteten Sports noch immer eine untergeordnete Rolle. Hier sind es vielmehr alternative Vereine oder andere Organisationsformen wie Gesundheitszentren, Physiotherapeuten, Fitneß-Studios oder Laufgruppen, die diesen gezielt anbieten und für die eine große Nachfrage besteht. Die nachgewiesenen und anerkannten Prestigeeffekte sind ebenso wenig ausschließlich an die Akteure und Veranstaltungen des selbstverwalteten Sports ge69 70
Vgl. Hartmann-Tews (1996), S. 183. Vgl. Engelhardt / Heinemann (2001), S. 35.
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6. Kap.: Ordnungspolitische Beurteilung der Maßnahmen
knüpft. Im Gegenteil scheinen, zumindest auf überregionaler Ebene, von alternativen Organisationsstrukturen höhere Prestigeeffekte auszugehen. Prestigeeffekte setzen zunächst Bekanntheit und Popularität der Sportler oder Veranstaltungen in der Öffentlichkeit voraus. Der Bekanntheitsgrad wird um so ausgeprägter sein, je höher die Präsenz in den Medien ist. Das Interesse der Medien hängt hierbei von den verzeichneten und zu erwartenden Leistungen und Erfolgen, aber auch vom Interesse in der Bevölkerung bzw. der Popularität der jeweiligen Sportart bzw. -events ab. Die Sportarten wiederum, die große Popularität genießen und auf ein großes Interesse der Bevölkerung stoßen, dürften durchgehend auch jene sein, die über ein umfangreiches Vermarktungspotential verfügen. Entsprechend werden sie über den Markt verwertet.71 Dann handelt es sich aber meist um Angebote aus dem Bereich des fremdverwalteten Sports. Die Clubs und die Spieler der FußballBundesliga, die Formel-1 mit Akteuren wie Michael Schuhmacher oder die Tour de France mit Teilnehmern wie Jan Ullrich mögen dies beispielhaft belegen. Der selbstverwaltete Sport ist auch nicht die einzige Angebotsform, von der regionale Wachstumsexternalitäten ausgehen können. Standort- und Imageeffekte treten unabhängig von der Organisationsstruktur des Angebots auf. Betrachtet man Sport als eigenen Wirtschaftsfaktor, der direkt für Beschäftigung und Wertschöpfung sorgt, so dürften stärkere Impulswirkungen von einem fremdverwalteten Sportangebot als von einem durch Ehrenamtlichkeit und Gemeinnützigkeit gekennzeichneten selbstverwalteten Sport ausgehen. Die positiven Effekte im Wirkungskomplex der Sozio-Edukatorik fußen auf dem Gemeinschafts- und Solidaritätsgedanken, der anders als bei anderen Angebotsformen des Sports zentrales Element des selbstverwalteten Sports ist. Allerdings kann einerseits die Existenz sozio-edukatorischer Effekte in Frage gestellt werden bzw. weist der selbstverwaltete Sport diesbezüglich ambivalente Charakterzüge auf. Andererseits bieten auch alternative Sportanbieter die Möglichkeit zum Aufbau sozialer Beziehungen oder basieren informelle Sportgruppen gerade auf einem normenkonformen Verhalten in der Gruppe. Die positiven Wirkungen des Sports gehen nicht ausschließlich von den Angeboten des selbstverwalteten Sports aus. Insofern ist eine Limitierung der öffentlichen Sportförderung auf diese Angebotsform im Hinblick auf die Zielerreichung äußert kritisch zu beurteilen. Zudem kann sich die Limitierung der Förderung negativ auf die Grundversorgung mit Sport auswirken, wie im folgenden gezeigt wird. Die ausschließliche öffentliche Förderung des selbstverwalteten Sports soll über die Offenhaltung seiner Angebote Sport für alle ermöglichen und damit eine Grundversorgung mit Sport garantieren. Alternative Angebotsformen werden hingegen nicht begünstigt, obwohl eine sportliche Betätigung bei diesen vergleichbare 71 Auch Kubat (1998), S. 154 f., vermutet, daß ein hoher Prestigewert gerade von denjenigen Sportarten ausgeht, in denen hohe Preisgelder vergeben werden.
B. Sportförderung aus Sicht der Systemkonformität
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positive Wirkungen hervorrufen kann. Ist also die Sportausübung tatsächlich vom Preis für seine Ausübung abhängig und sind alternative Angebote teurer als die des selbstverwalteten Sports, so müßten in der Logik der öffentlichen Sportförderung auch alternative Angebotsformen eine Förderung erfahren, da sie sonst einem Teil der Nachfrager verschlossen blieben. Dies wirkte sich dann negativ auf die gesamte Beteiligung an der Ausübung von Sport aus. Schließlich entspricht die Angebotsform des selbstverwalteten Sports nicht der Präferenz aller Nachfrager. Es existieren durchaus auch Vorbehalte gegenüber der selbstverwalteten sportlichen Betätigung. Somit bleibt fraglich, ob die Nachfrage ausreichend preiselastisch ist, um diese Nachfrager zur Sportausübung im Verein zu bewegen oder ob sich diese per se dem selbstverwalteten Sport verschließen bzw. seine Angebote nicht nachfragen können. Einerseits sollen Gemeinwohleffekte realisiert und eine Grundversorgung mit Sport sichergestellt werden. Andererseits wird nur eine Angebotsform des Sports, der selbstverwaltete Sport, gefördert. Damit werden, der Logik der öffentlichen Sportförderung folgend, die Potentiale der aktiven Sportausübung nur teilweise ausgeschöpft. Hier liegt ein innerer Widerspruch der öffentlichen Sportförderung vor.
B. Die öffentliche Sportförderung aus Sicht der Systemkonformität Für die ordnungspolitische Legitimation staatlicher Maßnahmen zur Sportförderung sind diese nach der soeben analysierten Zielkonformität auch hinsichtlich ihrer Systemkonformität zu überprüfen. Systemkonformität wurde anhand untergeordneter Kriterien, denen die öffentliche Maßnahme genügen muß, pragmatisch konkretisiert. Anhand dieser Kriterien kann die Bewertung der Systemkonformität der Maßnahmen der öffentlichen Sportförderung erfolgen. In aller Regel ist nicht davon auszugehen, daß die staatlichen Maßnahmen, so auch die Sportförderung mittels Subventionierung des selbstverwalteten Sports, allen Kriterien vollständig genügen wird. Deshalb werden im weiteren Vorgehen nicht schematisch die einzelnen Kriterien abgeprüft, sondern in Anlehnung an die Kriterien zunächst die jeweiligen Problembereiche aus Sicht der Systemkonformität aufgezeigt, um dann auf die ordnungspolitischen Folgewirkungen einzugehen.
I. Problembereiche aus Sicht der Systemkonformität In Anlehnung an die entwickelten Kriterien zur pragmatischen Konkretisierung der Systemkonformität sollen im folgenden die problembehafteten Aspekte der öffentlichen Sportförderung mittels Subventionierung des selbstverwalteten Sports skizziert werden.
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6. Kap.: Ordnungspolitische Beurteilung der Maßnahmen
1. Vorhersehbarkeit Die Pläne der Wirtschaftssubjekte werden von ihren individuellen Erwartungen maßgeblich beeinflußt. Deshalb ist für eine effiziente Koordination der Wirtschaftspläne ein Mindestmaß an Planungssicherheit erforderlich. Folglich sollen staatliche Eingriffe nicht ad hoc erfolgen, sondern regelgebunden und von allen Wirtschaftssubjekten antizipierbar durchgeführt werden, so daß sie in deren Erwartungsbildung Berücksichtigung finden können. Subventionen gelten prinzipiell als diskretionäres Instrument der Politik.72 Sowohl für den Anlaß, der zur Förderung mittels Subventionen führt, als auch für die Behandlung der Wirtschaftssubjekte, die grundsätzlich die Subventionsvoraussetzungen innerhalb eines Förderprogrammes erfüllen, sind Ungleichmäßigkeiten bis hin zu Willkür kennzeichnend.73 Ob dies auch für die Subventionspraxis im Rahmen der öffentlichen Sportförderung zutrifft, gilt es im folgenden zu untersuchen. Die Möglichkeit der Inanspruchnahme mittelbarer Transferleistungen in Form zahlreicher Steuervergünstigungen durch Sportanbieter ist umfassend gesetzlich geregelt. Voraussetzung zum Erhalt der Steuererleichterungen ist die Anerkennung der Gemeinnützigkeit durch die Finanzämter.74 Die sich aus der Erlangung des Status der Gemeinnützigkeit ergebenden Rechtsfolgen sind dann in den jeweiligen Einzelsteuergesetzen geregelt. Insofern existieren eindeutige, allgemeine Regeln, die den Anlaß für den Erhalt unmittelbarer Transferleistungen begründen. Sicherlich liegen auch bei der Anerkennung der Gemeinnützigkeit gewisse Auslegungsspielräume vor, ob der Verein nach der Satzung und der tatsächlichen Geschäftsführung gemeinnützigen Zielen dient. Diese sind aber stark eingeschränkt, da es sich schließlich um einklagbare Rechtstatbestände handelt. Wird die mittelbare Förderung gewährt, sind also die entsprechenden Förderungsvoraussetzungen erfüllt, so erfolgt die Förderung ohne weitere Unterscheidung der förderungswürdigen Sportanbieter nach für allen gleichermaßen gültigen und nachvollziehbaren Regelungen. Die unmittelbare Sportförderung erfolgt primär auf kommunaler Ebene. Dort besitzen nahezu alle Kommunen in einer Größenordnung von mehr als 20.000 Einwohnern Sportförderrichtlinien, nur ganz wenige machen von diesem Instrument der Sportförderung keinen Gebrauch.75 In diesen Richtlinien sind die allgemeinen Voraussetzungen zum Erhalt unmittelbarer öffentlicher Transferleistungen festgelegt sowie konkrete Regelungen zu den einzelnen Förderungsmöglichkeiten im Rahmen der Sportförderung enthalten. Letztere beziehen sich insbesondere auf die Bereitstellung von Infrastruktur wie auch direkte monetäre Transfers an die Sportvereine. 72 73 74 75
Vgl. Molitor (1984), S. 118, Andel (1998), S. 279. Vgl. Andel (1998), S. 279. Vgl. hierzu Engelsing / Littkemann (2000), S. 55 ff. Vgl. Hockenjos (1995), S. 30.
B. Sportförderung aus Sicht der Systemkonformität
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Den kommunalen Sportförderrichtlinien folgend ist neben der Gemeinnützigkeit der Sportvereine deren Mitgliedschaft in einem dem DSB zugehörigen Verband eine zentrale Voraussetzung für den Erhalt von Transferleistungen.76 Damit ist eine unmittelbare Förderung sonstiger Sportanbieter im Rahmen der kommunalen Sportförderung von vornherein ausgeschlossen. Die Fördermittel müssen in der Mehrheit der Fälle bei der öffentlichen Sportverwaltung beantragt werden. Teile der monetären Transferleistungen sind ausschließlich an die Beantragung und Erfüllung der Fördervoraussetzungen gemäß der Richtlinien geknüpft und werden dann, vorbehaltlich ausreichender finanzieller Ressourcen, uneingeschränkt gewährt. Beispiele hierfür wären eine Pro-Kopf-Bezuschussung je Vereinsmitglied, Jugend- oder Übungsleiterzuschüsse. In diesen Fällen ist der Anlaß der Förderung klar definiert und die Mittelvergabe innerhalb der Sportförderung für alle förderungswürdigen Sportanbieter gleichermaßen geregelt. Bei diesen Fällen handelt es sich jedoch, gemessen am Fördervolumen, um eher unbedeutende Bereiche, in denen auch nicht von allen Kommunen eine Förderung gewährt wird. Der verbleibende, quantitativ weitaus bedeutendere Teil der unmittelbaren Transferleistungen bedarf im Einzelfall der Genehmigung seitens der Kommune. Die Sportförderrichtlinien geben hierbei lediglich eine grobe Orientierung, bei welcher Ausgangsvoraussetzung und bis zu welcher Höhe öffentlich unterstützt werden soll. Letztlich liegt die Entscheidung aber in der Hand der öffentlichen Sportverwaltung. Dabei wird von öffentlicher Seite ausdrücklich betont, daß die Sportvereine keinerlei Rechtsansprüche auf die öffentlichen Transferleistungen haben und diese zudem von der Haushaltslage der Kommune abhängig sind.77 Die Richtlinien schaffen somit nur bedingt Transparenz und ermöglichen eine differenzierende politische Förderungshandhabe selbst für diejenigen Sportanbieter, die die allgemeinen Fördervoraussetzungen gleichermaßen erfüllen. Damit werden den Politikern diskretionäre Handlungsspielräume eröffnet. Dies bedeutet im Umkehrschluß für die Sportanbieter, daß das „ob“ und die Höhe einer Förderung schwer antizipierbar sind, da sie in die Abhängigkeit von politischem Wohlwollen gerät und nicht an allgemeine Regeln gebunden ist. Es ist damit von einer negativen Beeinträchtigung der Koordination der Wirtschaftspläne auszugehen. 76 Vgl. Hockenjos (1995), S. 31 ff. Als weitere allgemeine Voraussetzungen für den Erhalt direkter öffentlicher Zuwendungen wurden der Sitz des Vereins in der jeweiligen Stadt, die Erfordernis eines Verwendungsnachweises, die Eintragung ins Vereinsregister wie auch die Tatsache, daß es sich um einen Sportverein handeln muß, empirisch ermittelt, die aber im Rahmen dieser Untersuchung von untergeordneter Bedeutung sind. Darüber hinaus spielt die Erfordernis von Eigenmitteln eine wesentliche Rolle, worauf noch im Zusammenhang mit dem Subsidiaritätsprinzip zurückzukommen sein wird. Siehe hierzu die Ausführungen in diesem 6. Kap., B. I. 4. 77 Vgl. Hockenjos (1995), S. 33. Ähnlich wurde bereits im Rahmen der Sportfördergesetze der Länder darauf hingewiesen, daß auch dort die Transferleistungen von der finanziellen Lage abhängig gemacht und Ansprüche des Sports damit unter Haushaltsvorbehalte gestellt werden.
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6. Kap.: Ordnungspolitische Beurteilung der Maßnahmen
Die im Rahmen der öffentlichen Sportförderung gewährten Subventionen an die Sportanbieter können nicht per se als willkürlich und damit diskretionäres Instrument mangels Vorhersehbarkeit aus Sicht der Systemkonformität verworfen werden. Die mittelbaren Transferleistungen über Steuervergünstigungen erfolgen anhand allgemeiner gesetzlicher Regelungen, die weder bezüglich des Anlasses der Förderung noch innerhalb des Förderprogramms Ungleichmäßigkeiten und Beliebigkeiten zulassen. Anders verhält es sich bei den unmittelbaren Transferleistungen. Zwar liegen Sportförderrichtlinien auf kommunaler Ebene vor, die die allgemeinen Voraussetzungen der Förderungswürdigkeit determinieren. Darüber hinaus verbleibt aber ein weitgehender diskretionärer Handlungsspielraum für die Politiker, der zu einer Ungleichbehandlung unter den förderungswürdigen Sportanbietern führen kann und folglich die Förderung schwer antizipierbar macht. In diesem Fall stellen Subventionen das typisch diskretionäre Instrument der Politik dar, das mit dem Kriterium der Vorhersehbarkeit kollidiert und nicht als systemkonform gelten kann. 2. Selbstbetroffenheit und Sozialisierung von Verlusten In einem funktionsfähigen markwirtschaftlichen System müssen die Chancen und Risiken der wirtschaftlichen Aktivitäten ungeteilt bei den Wirtschaftssubjekten liegen. Dann haben sie zum einen Anreize, ihre Handlungsmöglichkeiten zu erweitern, da sie die Früchte ihrer Anstrengungen selbst ernten. Zum anderen werden sie für fehlerhafte Handlungen im Marktprozeß sanktioniert, da sie von den Konsequenzen ihres Handelns selbst betroffen sind, also auch die negativen Folgen tragen müssen. Staatliche Eingriffe dürfen folglich die Wirtschaftssubjekte nicht ihrer Selbstbetroffenheit entheben. Wie ist nun diesbezüglich die öffentliche Sportförderung zu beurteilen? Zunächst ist festzustellen, daß nicht nur die Anbieter des fremdverwalteten Sports, sondern auch die Anbieter des selbstverwalteten Sports grundsätzlich die vollen Konsequenzen ihrer wirtschaftlichen Aktivitäten tragen. Sie haften vollständig für ihr Handeln. Im positiven Kontext werden Vereine und Verbände, die mitgliederorientierte respektive nachfrageadäquate Leistungen anbieten, prämiert. Im negativen Sinne wird fehlerhaftes unternehmerisches Handeln, bleibt der teilweise existierende Protektionismus, auf den weiter unten noch einzugehen sein wird, unberücksichtigt, sofort sanktioniert. Bieten die Vereine unerwünschte und schlechte Leistungen an, müssen sie mit negativen Folgen im Marktprozeß rechnen. Diese können ihren Ausdruck in geringeren Beiträgen und Gebühren sowie Nachfragerückgang bzw. Mitgliederschwund finden, die die Vereine in wirtschaftliche Nöte bringen können. Ebenso wird vereinsinterne Mißwirtschaft sanktioniert. Im Ergebnis kann dies nicht nur als Konsequenz nach sich ziehen, daß einzelne Angebote nicht mehr offeriert werden können und einzelne Abteilungen oder gar der komplette Verein aufgelöst werden müssen, sondern auch den vollständigen Verlust des Vereinsvermögens bedeuten.
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Trotz alledem lassen sich Beispiele finden, bei denen durch die Maßnahmen der öffentlichen Sportförderung der Sanktionsmechanismus des Wettbewerbs und damit die Selbstbetroffenheit der Wirtschaftssubjekte von ihren Handlungen außer Kraft gesetzt werden. Der Fußball-Bundesligist 1. FC Kaiserslautern war in Folge vereinsinterner Mißwirtschaft zum Ende der Spielzeit 2002 / 03 von der Insolvenz bedroht. Nur durch die Intervention des Landes Rheinland-Pfalz und der Stadt Kaiserslautern sowie die Unterstützung der öffentlich-rechtlichen Sparkassen konnte diese verhindert werden.78 Auch der hochverschuldete Verein Real Madrid konnte nur durch die Veräußerung seines Trainingsgeländes an die Stadt Madrid den finanziellen Ruin abwenden.79 In Folge der Insolvenz der Kirch-Media waren die Fußball Spitzenvereine von existentiellen Einnahmerückgängen bedroht. Aus diesem Anlaß wurden von politischer Seite staatliche Bürgschaften für die FußballBundesliga Vereine vorgeschlagen, um den Vereinen die Einnahmen aus dem Verkauf der Fernseh-Übertragungsrechte zu garantieren.80 Zudem rief der im Anschluß zwischen den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten und der DFL geschlossene Vertrag über die Übertragungsrechte öffentliche Kritik hervor, da der Kaufpreis als überhöht betrachtet wurde und somit der Fußball zu Lasten der Gebührenzahler subventioniert worden sei.81 Die Liste dieser exemplarischen Darstellung zur Veranschaulichung ließe sich durchaus noch erweitern. In allen Fällen waren die sportanbietenden Unternehmen in wirtschaftliche Engpässe geraten, da sie den verantwortungsvollen Umgang mit knappen Ressourcen vermissen ließen. Während die Sportanbieter ihre Gewinne privat aneignen konnten, sprang die öffentliche Hand in der wirtschaftlichen Krisensituation bei, um die wirtschaftlich angeschlagenen Unternehmen zu unterstützen. Somit konnten die Sportanbieter die Sanktionen für ihr fehlerhaftes Handeln auf Dritte überwälzen. Da die Subventionierung durch die öffentliche Hand einer Finanzierung bedarf, muß hierfür letztlich der allgemeine Steuerzahler aufkommen. Die staatliche Subventionierung bewirkte damit in den skizzierten Fällen eine Sozialisierung der Verluste. 78 Insbesondere durch Lohnsteuer-Nachforderungen des Finanzamtes aufgrund vorausgegangener Falschangaben, rückläufiger Einnahmen aus der Vermarktung der Fernseh-Übertragungsrechte sowie der vereinseigenen Umbaukostenbeteiligung am Stadion im Hinblick auf die Weltmeisterschaft 2006 von über 18 Millionen Euro wurde für das Ende des Geschäftsjahres 2002 / 03 ein negativer Überschuß von 17 Millionen Euro bei rund 40 Millionen Euro an Verbindlichkeiten und einem etwa gleich hohen Umsatz erwartet. Zur Abwendung der Insolvenz wurde das Fritz-Walter-Stadion und das Nachwuchs-Leistungszentrum an eine eigens hierfür gegründete städtische Objekt-Gesellschaft für über 60 Millionen Euro verkauft und im Gegenzug ein über 25 Jahre laufender Pacht- und Betreibervertrag abgeschlossen, der den Rückerwerb des Stadions zum Ende der Laufzeit bei einem jährlichen Pachtzins von mindestens 3,2 Millionen Euro ermöglicht. Vgl. Ashelm (2003). 79 In diesem Fall ermittelt sogar die europäische Wettbewerbskommission mit dem Verdacht auf eine unzulässige Beihilfe, da sie vermutet, daß durch eine spätere Ausweisung als Kernbauland der Preis zugunsten von Real Madrid künstlich erhöht worden sei. Siehe hierzu Gröteke (2004), S. 146. 80 Vgl. Daumann / Langer (2002), S. 279. 81 Vgl. Gehrmann / Hamann (2003).
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6. Kap.: Ordnungspolitische Beurteilung der Maßnahmen
Wenngleich die obigen Beispiele alle dem Bereich des kommerzialisierten Spitzensports entnommen sind, bleibt eine Sozialisierung von Verlusten keineswegs auf diesen Bereich des Sports beschränkt. Wie der kommerzialisierte Spitzensport ein enormes öffentliches Interesse genießt, hat der kommunale Sport eine vergleichbare Bedeutung im lokalen Kontext. So ließen sich denn auch beliebig Beispiele anführen, in denen gerade auf kommunaler Ebene die wirtschaftliche Schieflage von Sportvereinen durch eine Kooperation und mit finanzieller Unterstützung seitens der öffentlichen Hand zu lösen versucht wird. Erklärungen hierfür lassen sich vor allem aus politökonomischer Sicht anführen, die an dieser Stelle nicht weiter vertieft werden sollen, da sie nicht Gegenstand dieser normativ angelegten Abhandlung sind.82 Es sei aber darauf hingewiesen, daß im Gegensatz zu anderen in wirtschaftliche Krisen geratenen Unternehmen die Sportvereine in besonderem Maße öffentliche Hilfe erwarten können, nicht nur aufgrund ihrer ökonomischen Bedeutung, sondern vielmehr wegen ihrer vermeintlichen Gemeinwohlwirkungen und insbesondere des großen öffentlichen Interesses, das ihnen entgegengebracht wird.83 Gerade letzteres machen sich Politiker gerne zunutze, um sich durch eine Förderung finanziell angeschlagener Sportanbieter profilieren und damit persönliche Interessen verfolgen zu können. Die Möglichkeit oder alleine schon die Erwartung, daß negative Handlungskonsequenzen auf Dritte abgewälzt werden können, kann die Sportanbieter zu einem leichtfertigen Umfang mit knappen Ressourcen verleiten. So kann es zu Investitionen und Angeboten kommen, die trotz ihres hohen Risikos noch vorteilhaft erscheinen.84 Schließlich ist bei Fehlinvestitionen und daraus resultierenden wirtschaftlichen Problemen mit öffentlicher Unterstützung zu rechnen. Insgesamt entbindet die öffentliche Sportförderung mittels Subventionen die Anbieter des Sports nicht davon, für ihr Handeln zu haften und damit die Konsequenzen ihres Handelns zu tragen. Dennoch lassen sich einzelne Maßnahmen finden, die den Grundsatz der Selbstbetroffenheit aushöhlen. Wenngleich dies sicherlich Ausnahmefälle sind, so sind sie in ihrem Ausmaß und ihren Auswirkungen nicht unerheblich, insbesondere sofern sie erwartungsbildenden Charakter haben.
82 Zur Erklärung der öffentlichen Sportförderung aus politökonomischer Perspektive siehe Hockenjos (1995), S. 146 ff., für den hiesigen Kontext insbesondere S. 146 f., S. 163. 83 In diesem Kontext sind dann auch die Maßnahmen zur Unterstützung wirtschaftlich angeschlagener Sportanbieter als Sportförderung zu verstehen, auch wenn sie nicht nur dem Grundanliegen der Sportförderung als durchaus auch dem der Struktur- respektive regionalen Wirtschaftspolitik entstammen können. Als Transferleistungen an Akteure aus dem Bereich des Sports sind sie gemäß der dieser Abhandlung zugrunde gelegten Terminologie grundsätzlich aber als Maßnahmen der Sportförderung zu verstehen. 84 Siehe hierzu im allgemeinen Hamm (1994), S. 315 f.
B. Sportförderung aus Sicht der Systemkonformität
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3. Eingriff in den Preismechanismus Ein funktionierender Preismechanismus wurde als zentrales Element eines funktionsfähigen Marktprozesses identifiziert. Der Preis bildet die Grundlage für die wechselseitige Anpassung der individuellen Wirtschaftspläne der Wirtschaftssubjekte. Die herrschenden Preisrelationen und deren Veränderungen übermitteln Informationen über die existierende Knappheit. Damit ist der Preis ein Signal, das dem einzelnen sagt, wie er handeln sollte.85 Entsprechend von Bedeutung ist es, daß der Preismechanismus möglichst unverfälscht diese Informationen vermittelt. Subventionen werden den Anbietern des selbstverwalteten Sports zugestanden, so daß bei diesen tendenziell die Kosten und in Folge dessen die Marktpreise respektive Mitgliedsbeiträge sinken. Somit stellen sie einen indirekten Eingriff in den Preismechanismus dar. Mit der Gewährung von Subventionen werden die bestehenden Preisrelationen verändert mit der Konsequenz, daß die tatsächlichen Knappheitsverhältnisse und Marktchancen nicht mehr unverfälscht übermittelt werden. Das Resultat ist eine Fehlsteuerung des Nachfrageverhaltens der Wirtschaftssubjekte.86 Ein entsprechender Eingriff in den Preismechanismus kann ordnungspolitisch gerechtfertigt sein. Subventionen stellen eine Möglichkeit zur Internalisierung positiver externer Effekte dar. Soweit diese im Sport vorliegen, können Subventionen zu einer Angleichung von privatem und sozialem Grenznutzen führen. In diesem Fall spricht für die Subventionen, daß sie das Prinzip der freien Preisbildung nicht stören. Im Gegensatz zu Höchstpreisen bleiben die Preise beweglich, lediglich auf das Preisniveau wird Einfluß genommen, was aber gerade beabsichtigt ist. Folglich bleibt der Marktprozeß unangetastet und die individuelle Entscheidungsfreiheit der Wirtschaftssubjekte grundsätzlich gewahrt. Deshalb werden Subventionen, vor allem in geringem Umfang und auf kurze Zeit befristet, häufig positiv hinsichtlich ihrer Markt- und Systemkonformität beurteilt.87 Allerdings liegen die positiven externen Effekte, soweit sie denn überhaupt existent sind, keinesfalls pauschal vor. Dann im besonderen, aber auch im Falle ihrer Rechtfertigung, führen Subventionen an den selbstverwalteten Sport unter dem Blickwinkel eines funktionsfähigen Preismechanismus zu nicht unbedenklichen Auswirkungen. Immerhin führt der Eingriff in den Preisbildungsprozeß zu einer Verfälschung der Preissignale. „Interpretiert man das interdependente System aller Marktpreise als den ,Sanktionsmechanismus‘, der systemgerechtes Verhalten belohnt und systemwidriges Verhalten bestraft, so setzen Subventionen, die nach Vgl. Hayek (1981), S. 159 f., 169 f. Vgl. Molitor (1984), S. 118. 87 Siehe hierzu die kritischen Ausführungen von Issing (1984), S. 6, sowie die von ihm angeführte Literatur. Ebenso kritisch äußert sich Molitor (1984), S. 118. 85 86
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6. Kap.: Ordnungspolitische Beurteilung der Maßnahmen
staatswirtschaftlichen Grundsätzen vergeben werden, offenbar andere Normen, die sich mit marktwirtschaftlichen Prinzipien primär nicht vertragen.“88 Die verzerrten Informationen über die Knappheit von Gütern können Fehlallokationen von Ressourcen nach sich ziehen.89 So ist unter anderem daran zu denken, daß es beim Einsatz der öffentlich bereitgestellten Sportinfrastruktur, bei der Nutzung von und dem Umgang mit Sportgeräten oder auch bei Vereinsgrößen zu Ineffizienzen kommt.90 Ebenso führen die staatlich beeinflußten Preisrelationen zu einer Veränderung in der Struktur des Angebots. Aufgrund der ausschließlichen Förderung des selbstverwalteten Sports betrifft dies primär die Organisationsform des Sportangebotes, aber auch die geförderten angebotenen Sportarten und Ausübungsformen. Die öffentliche Sportförderung ist aus Sicht des Preismechanismus insoweit systemkonform, als daß durch die Subventionierung des selbstverwalteten Sports der Preismechanismus nicht angetastet wird und damit voll funktionsfähig bleibt. Allerdings führen Subventionen zu veränderten Preissignalen und damit zu einem veränderten Marktergebnis. Dies ist insbesondere in den Bereichen des Sports aus Sicht der Systemkonformität bedenklich, in denen ein staatlicher Eingriff nicht über positive externe Effekte legitimiert werden kann.
4. Subsidiarität Das Subsidiaritätsprinzip fordert, daß Entscheidungskompetenzen so dezentral wie möglich anzusiedeln sind. Damit bringt es den Eigenwert der Freiheit zum Ausdruck. Nur bei dem Vorliegen „guter Gründe“ sollte die Entscheidungskompetenz auf eine höhere Ebene übertragen werden.91 Wie die bisherigen Ausführungen gezeigt haben, liegen nur in einigen wenigen Bereichen des Sports solche „guten Gründe“ vor. Dennoch erfolgt die öffentliche Sportförderung weitgehend pauschalisiert für den gesamten Bereich des selbstverwalteten Sports. Damit werden die begründeten Ausnahmefälle zur Regel erhoben, was kaum mit dem Subsidiaritätsprinzip in Einklang zu bringen ist.92 Abgesehen von der mittelbaren Sportförderung in Form von Steuervergünstigungen, die zu einem Großteil auch von Bund und Land mitgetragen wird, so erfolgen die Maßnahmen der öffentlichen Sportförderung äußerst dezentral. Schließlich ist die öffentliche Sportförderung primär eine kommunale Aufgabe, die in der kommunalen öffentlichen Sportverwaltung wahrgenommen wird. Damit erfolgt sie 88 89 90 91 92
Hansmeyer (1972), S. 980. Vgl. Andel (1998), S. 279, Heinemann (1996), S. 190 f. Vgl. Heinemann (1996), S. 191. Vgl. Grossekettler (1991), S. 112 f. Vgl. Madl (1994), S. 195.
B. Sportförderung aus Sicht der Systemkonformität
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auf einer unteren Politik- bzw. Bürokratieebene. Diese kann, betrachtet man ausschließlich die öffentliche Sportverwaltung, die örtlichen Gegebenheiten am besten einschätzen und entsprechend Maßnahmen zur Förderung einleiten. Noch besser als die öffentlichen Instanzen können aber die betroffenen Sportnachfrager und -anbieter die Situation einschätzen. Deshalb bedeutet Subsidiarität auch, den Anbietern Spielräume bei der Gewährung von Subventionen zu lassen. Diese benötigen eine möglichst große Handlungs- und Entscheidungsfreiheit. Nur so kann die Verwendung der Mittel an die jeweiligen Verhältnisse im Verein angepaßt werden. Mit der bereits erörterten zunehmenden Zweckbindung der Mittel wird aber auch die Entscheidungskompetenz in den Vereinen eingeschränkt und auf höhere Ebenen verlagert. Soweit diese Zweckbindung pauschalisiert erfolgt, ohne den jeweiligen Verhältnissen in den Vereinen Rechnung zu tragen, geht mit der Einschränkung der Entscheidungsfreiheit insbesondere ein Verlust der Informationsvorteile dezentraler Entscheidungsstrukturen einher.93 Dies steht im Konflikt mit dem Subsidiaritätsprinzip.94 Ferner sollten die Maßnahmen zur Förderung des Sports auch dem eng mit dem Subsidiaritätsprinzip verbundenen Grundsatz der „Hilfe zur Selbsthilfe“ genügen. Dieser bezieht sich weniger auf die Trägerproblematik, sondern mehr auf die inhaltliche Ausgestaltung der Entscheidungen, wird aber dennoch häufig synonym verwendet.95 So sollte der Staat nur eingreifen, wo seine Mithilfe in keiner Weise zu entbehren ist, wobei die Wirtschaftssubjekte nicht ihrer eigenen Verantwortung enthoben werden dürfen.96 Der Staat soll also mit seiner Sportförderung einen minimalen Anstoß geben, um das anvisierte Sportangebot zu realisieren und bei den bereits existierenden Anbietern nur in Einzelfällen eingreifen, wenn dies aus ordnungspolitisch legitimierten Gründen zwingend erforderlich ist. Bei einzelnen Maßnahmen der Sportförderung wird dem Grundsatz der „Hilfe zur Selbsthilfe“ gefolgt. Zu denken sei beispielsweise an den Bau von vereinseigenen Sportstätten, die für die Ausübung bestimmter Sportarten unerläßlich sind, die Unterhaltsfinanzierung dieser Anlagen oder die Anschaffung von Sportgeräten. Hierbei tragen die Sportvereine zumeist eine große Eigenbeteiligung und erhalten fehlende Mittel in Form einer öffentlichen Bezuschussung, die meist auf einen Höchstsatz begrenzt ist.97 Vielfach ist das Vorhandensein von angemessenen 93 Damit ist also nicht ausgesagt, daß eine Zweckbindung vor dem Hintergrund des Subsidiaritätsprinzips grundsätzlich abzulehnen ist. Diese kann vielmehr gerade notwendig sein, um die Erreichung der anvisierten Ziele sicherzustellen. 94 Zum Konflikt zwischen dem Subsidiaritätsprinzip und der partnerschaftlichen Zusammenarbeit zwischen selbstverwaltetem Sport und Staat mit zunehmender Kontrolle der Aufgabenerfüllung siehe auch Heinemann (1996), S. 192 f. 95 Für eine solche Verwendung siehe beispielsweise Dickertmann / Diller (1987), S. 540. Aber auch das Bundesministerium des Innern (2002), S. 15, nimmt in seinem Sportbericht eine entsprechende Konzeptionalisierung des Subsidiaritätsprinzips vor. 96 Vgl. Eucken (1952), S. 348. 97 Vgl. Hockenjos (1995), S. 31 f., S. 34 ff., S. 46.
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6. Kap.: Ordnungspolitische Beurteilung der Maßnahmen
Eigenmitteln in den kommunalen Sportförderrichtlinien sogar explizit als unabdingbare Voraussetzung für den Erhalt von unmittelbaren Transferleistungen deklariert, um so dem Subsidiaritätsprinzip Rechnung zu tragen.98 Sofern eine Prüfung der Bedürftigkeit hinsichtlich einer staatlichen Unterstützung stattfindet und die öffentliche Transferleistung dann als Anstoß für die Bereitstellung des Sportangebotes wirkt, haben entsprechende Maßnahmen eindeutig subsidiären Charakter. Für das Gros der Maßnahmen der öffentlichen Sportförderung erfolgt jedoch keine Prüfung der Bedürftigkeit im Einzelfall. Vielmehr wissen die Sportvereine über die Möglichkeiten der pauschalen Förderung. Dies betrifft nicht nur die mittelbare Förderung in Form umfangreicher Steuervergünstigungen sowie die weniger bedeutenden unmittelbaren monetären Transferleistungen, die ausschließlich an die Beantragung und Erfüllung der Förderungsvoraussetzungen gemäß der Richtlinien geknüpft sind und dann, soweit noch ein ausreichendes Budget hierfür vorhanden ist, uneingeschränkt gewährt werden. Vielmehr ist auch bei den weiteren unmittelbaren monetären wie realen Transferleistungen davon auszugehen, daß, bei Beantragung und Erfüllung der Voraussetzungen und solange ausreichend finanzielle Mittel vorhanden sind, die Transferleistung entsprechend der festgelegten Richtwerte erbracht wird. In diesen Fällen werden die Maßnahmen der öffentlichen Sportförderung zeitlich unbefristet in einer einmal fixierten Höhe pauschal gewährt. Wenngleich dies zwar nicht die Entscheidungs- und Handlungsfreiheit der geförderten Sportvereine negativ beeinträchtigt, sind solche Maßnahmen nicht mehr an der Bedürftigkeit der Wirtschaftssubjekte orientiert und damit kaum mit dem Grundsatz der „Hilfe zur Selbsthilfe“ in Einklang zu bringen. Ein Großteil der öffentlichen Sportförderung wird pauschal und dauerhaft ohne Berücksichtigung der konkreten Einzelsituation gewährt. Folglich reichen die Maßnahmen weit über den Grundsatz der „Hilfe zur Selbsthilfe“ hinaus. Begründete Ausnahmefälle werden zum Regeltatbestand. Ferner erfolgt eine zunehmende Zweckbindung der gewährten Unterstützung, die die Handlungs- und Entscheidungsfreiheit der Sportanbieter einschränkt. Insofern darf die Ansiedlung der öffentlichen Sportförderung auf kommunaler Ebene nicht darüber hinwegtäuschen, daß die Maßnahmen der öffentlichen Sportförderung nicht im Regelfall als subsidiär charakterisiert werden können.
5. Diskriminierung in verschiedenen Bereichen Liegen wahrnehmbare positive externe Effekte im Sport vor, können Subventionen ein probates Mittel sein, um diese zu internalisieren, so daß die Anbieter den monetären Gegenwert in Form eines subventionierten Preises realisieren können. In diesem ordnungspolitisch gerechtfertigten Fall von Transferleistungen an die Sportanbieter, der, wie die Analyse gezeigt hat, im Sport eher die Ausnahme bildet, 98
Vgl. Hockenjos (1995), S. 31.
B. Sportförderung aus Sicht der Systemkonformität
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müssen diese allen Anbietern entsprechend der vorliegenden Effekte gleichermaßen zugestanden werden. Nur so wird dem Kriterium der Allgemeinheit entsprochen. Können nur einige ausgewählte Anbieter die öffentliche Förderung erhalten, wenngleich mit dem Angebot anderer Anbieter die gleichen positiven Effekte verbunden sind, so liegt eine Privilegierung der ausgewählten Anbieter vor. In allen anderen Fällen stellen Subventionen grundsätzlich ein Privileg für denjenigen dar, der einen verwertbaren Vorteil aus dem Erhalt der Subventionen oder den damit verbundenen Konsequenzen ziehen kann. Jede Form der Privilegierung für einige ist immer zugleich eine Diskriminierung für die übrigen Wirtschaftssubjekte.99 Während die Handlungsfreiheit bei einer Gruppe von Wirtschaftssubjekten auf Basis einer willkürlichen Unterscheidung erweitert wird, wird sie zugleich bei den übrigen eingeschränkt. So stellt die öffentliche Förderung des Sports eine nicht-marktliche Diskriminierung all derjenigen dar, die nicht in ihren Genuß kommen und damit nicht von ihr profitieren. Hierbei läßt sich eine Diskriminierung nach der Nachfrage nach Sport, der Angebotsform des Sports, den Sportarten sowie den geographischen Regionen unterscheiden. Was die Nachfrager nach Sport betrifft, so kann grundsätzlich jeder, der Sport treibt, in den Genuß der öffentlichen Sportförderung gelangen. Voraussetzung hierfür ist, daß das subventionierte Angebot des selbstverwalteten Sports oder die öffentlich bereitgestellte bzw. subventionierte Infrastruktur in Anspruch genommen wird. Wer dies nicht tut und anderweitig bzw. gar nicht Sport treibt, erfährt eine Benachteiligung. Schließlich müssen durch höhere Abgaben und Steuern die Mittel zur Finanzierung der Sportförderung aufgebracht werden, so daß jeder hierzu beiträgt. Ein konstruiertes Beispiel soll die Diskriminierung nach der Nachfrage nach Sport nochmals plakativ verdeutlichen. Für Person A ist eine gesunde Lebensweise charakteristisch. Sie engagiert sich sozial in der Gemeinde, pflegt Geselligkeit und soziale Kontakte bei regelmäßigen informellen Skat-Abenden und hinterläßt auf Reisen eine positive Visitenkarte für ihre Heimat. Person B hingegen treibt Individualsport bei einem lokalen Sportverein, woraus sie häufig Verletzungen zieht, und führt ansonsten ein zurückgezogenes Leben. Person A trägt folglich zu vielen der mit Sport in Verbindung gebrachten Gemeinwohlwirkungen bei, ohne jedoch von einer öffentlichen Förderung zu profitieren. Person B trägt eher weniger zum Gemeinwohl bei, kommt aber durch ihre sportliche Aktivität im Verein in den Genuß staatlicher Förderung. Folglich wird Person A gegenüber Person B von staatlicher Seite diskriminiert, zumal sie darüber hinaus mit ihren Steuern für die Finanzierung des von Person B wahrgenommenen öffentlichen Sportangebotes mit aufkommt. Wird dieses Beispiel erweitert und nun davon ausgegangen, daß sich Person A zusätzlich in einem privaten Fitneßstudio mit einem kontrollierten gesundheitsorientierten Training fit hält, so muß sie hierfür den vollen marktüblichen Preis 99
Vgl. Hayek (1991), S. 186.
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6. Kap.: Ordnungspolitische Beurteilung der Maßnahmen
bezahlen. Person B hingegen kann ihren eher gesundheitsschädlichen Individualsport zu einem subventionierten Mitgliedsbeitrag betreiben. Dies ist möglich, da der Anbieter des selbstverwalteten Sports die durch die öffentliche Förderung erzielten Kostenvorteile direkt an seine Mitglieder weitergeben kann, während der Anbieter des fremdverwalteten Sports keinerlei öffentliche Förderung erfährt. Im obigen Beispiel ist es jedoch der fremdverwaltete Anbieter, mit dessen Angebot positive Gesundheitswirkungen verbunden sind. Wie die bisherige Analyse schon gezeigt hat, kann der fremdverwaltete Sport auch in anderen Bereichen ähnliche positive Gemeinwohlwirkungen wie der selbstverwaltete Sport erbringen, während letzterer diese nicht zwingend erbringt, im Gegenteil sogar auch negative Wirkungen hervorrufen kann.100 Da aber lediglich der selbstverwaltete Sport eine öffentliche Förderung erfährt, wird die Angebotsform des fremdverwalteten Sports diskriminiert. Bei der Mehrzahl der Angebote, bei denen überhaupt nicht von positiven Wirkungen auszugehen ist, ist diese Benachteiligung grundsätzlicher Art. Die Diskriminierung geht aber noch einen Schritt weiter. Nicht nur gelangen die Anbieter des fremdverwalteten Sports nicht in den Vorteil einer Förderung, vielmehr tragen sie mit ihren Abgaben und Steuern zur Finanzierung der öffentlichen Förderung des selbstverwalteten Sports bei. Dabei bleibt in diesem Bereich die Diskriminierung keineswegs auf den fremdverwalteten Sport beschränkt. Alle Sportanbieter, denen sich keine Möglichkeit auf den Erhalt einer öffentlichen Förderung bietet, werden diskriminiert.101 Als weiterer Bereich wurde die Diskriminierung nach Sportarten angeführt. Zunächst sind im DSB organisierte Sportarten von nicht im DSB organisierten Sportarten zu unterscheiden. Da nur die im DSB organisierten Sportarten eine öffentliche Sportförderung erfahren, können vom DSB nicht anerkannte Sportorganisationen mit ihren Sportarten auch keine entsprechende Subventionierung erhalten, so daß sie hierdurch eine Benachteiligung erfahren.102 Was den selbstverwalteten Sport betrifft, ist weiter zu unterscheiden in sportartenspezifische und -unspezifische Förderung. Die sportartenunspezifische Förderung richtet sich ausschließlich an der Organisationsstruktur des Angebots aus und kommt damit allen Sportarten und Ausübungsformen zugute. Hierzu zählt u. a. die mittelbare Förderung durch Steuervergünstigungen, die sich ausschließlich am Gemeinnützigkeitsstatus orientiert. Andere Bereiche aber, wie die unmittelbaren realen Transfers in Form der Bereitstellung öffentlicher Infrastruktur, sind sportartenspezifisch. Da für die Vgl. 5. Kap., A. So werden in den Sportförderrichtlinien der Kommunen alle Sportanbieter, die keine gemeinnützigen Sportvereine mit Mitgliedschaft in einem dem DSB zugehörigen Verband sind, zumeist von vornherein explizit von der öffentlichen Förderung ausgeschlossen. Siehe hierzu Hockenjos (1995), S. 31 ff. 102 Vgl. Kirsch / Kempf (2002), S. 265. Betroffen sind hierbei insbesondere Trendsportarten. Gerade durch die Zunahme des nichtverwalteten Sporttreibens sind die Möglichkeiten einer entsprechenden Sportausübung vielfach eingeschränkt. Dies äußert sich in mangelnden Sportgelegenheiten sowie fehlenden Trendsportanlagen. Siehe hierzu auch Rittner (2003), S. 27, S. 30. 100 101
B. Sportförderung aus Sicht der Systemkonformität
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Vielfalt der Sportarten verschiedenartige Infrastruktur benötigt wird, muß bei Infrastrukturprojekten immer eine Entscheidung zugunsten einiger ausgewählter Sportarten getroffen werden. Dies sind meist die Sportarten, die in den primär geförderten Kernsportstätten durchführbar sind.103 Es sind aber nicht zwingend diejenigen, mit denen die vermeintlichen positiven Effekte verbunden sind. Insofern findet eine willkürliche Unterscheidung nach Sportarten statt, die eine Diskriminierung einzelner Sportarten bedeutet. Die Diskriminierung bleibt aber nicht auf die Realisierung von Infrastrukturprojekten beschränkt, sondern findet ihre Fortsetzung in den laufenden Unterhaltszuschüssen der Kommunen. Diese werden für vereinseigene Sondersportanlagen in deutlich weniger Fällen gewährt als für vereinseigene oder gepachtete Kernsportstätten.104 Gerade die erwähnten Infrastrukturprojekte sind ein typisches Beispiel für die Diskriminierung nach geographischen Regionen. Sportliche Infrastrukturprojekte, unabhängig ihrer Realisierung durch eine Kommune oder einen Anbieter des selbstverwalteten Sports, werden vielfach mit Landes-, gelegentlich mit Bundesmitteln gefördert.105 Insofern erfährt die Region, in der das Projekt verwirklicht wird, einen Vorteil, da sie externe überregionale Mittelzuflüsse verbuchen kann. Für die Regionen hingegen, die nicht an der Förderung partizipieren, bedeutet dies eine Diskriminierung. Wenngleich Infrastrukturprojekte einen Großteil der regionalen Diskriminierung abdecken dürften, existieren noch andere Formen der regionalen Diskriminierung.106 Aber auch im Bereich der kommunalen Sportförderung existiert eine, hier eher lokale denn regionale, Diskriminierung. Schließlich müssen Stadt- oder Ortsteile selektiert werden, in die die öffentlichen Mittel fließen und die davon in unterschiedlichem Ausmaß profitieren respektive benachteiligt sind. Die Ausführungen haben deutlich gemacht, daß die Subventionen grundsätzlich anhaftenden ordnungspolitischen Bedenken aufgrund ihres diskriminierenden Charakters auch in der öffentlichen Sportförderung zu identifizieren sind. Dort findet eine staatlich bedingte und somit nicht-marktliche Diskriminierung nach der Sportnachfrage, der Angebotsform des Sports, den Sportarten sowie den geographischen Regionen statt. Vor dem Hintergrund dieser enormen Diskriminierung steht die 103 Zwar sind die diesbezüglich aufgestellten Richtlinien der Deutschen Olympischen Gesellschaft und des DSB nicht verpflichtend, bilden aber dennoch eine vielfach genutzte Planungshilfe. In den Kommunen, in denen sportartenspezifische Unterscheidungen hinsichtlich der Förderhöchstsätze bei Baumaßnahmen vorgenommen werden, liegen diese für Kernsportstätten tendenziell höher. Siehe hierzu Hockenjos (1995), S. 34. Allerdings geht der Trend der Sportstättenplanung weg von den im „Goldenen Plan“ bzw. „Goldenen Plan Ost“ propagierten städtebaulichen Richtwerten hin zu einer verhaltens- bzw. nachfrageorientierten Planung. Siehe hierzu den Überblick bei Hübner (2003). 104 Vgl. Hockenjos (1995), S. 43, wobei sich Kernsportstätten im konkreten Fall auf Rasensportflächen und Leichtathletikanlagen beziehen. 105 Vgl. Kemper (1999), S. 158, Büch (1999), S. 176, Schmidt (1987), S. 22 ff., S. 29. 106 Ein Beispiel wären die Bundes- und Landesleistungszentren oder Olympiastützpunkte, für die laufende Unterhaltungszahlungen geleistet werden und mit denen auch bezahlte Arbeitsplätze verbunden sind.
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6. Kap.: Ordnungspolitische Beurteilung der Maßnahmen
öffentliche Sportförderung in offensichtlichem Konflikt mit dem Kriterium der Allgemeinheit und ist als nicht systemkonform zu bewerten.
6. Staatlich bedingte Marktzutrittsschranken Für die Funktionsfähigkeit des Wettbewerbsprozesses ist die Freiheit des Wettbewerbs zentrale Voraussetzung. Konkret umfaßt diese für etablierte Anbieter den freien Einsatz der Aktionsparameter sowie die Freiheit zum Vorstoß und Nachstoß in allen Bereichen, für potentielle Konkurrenten den freien Markteintritt.107 Staatliche Eingriffe in das markwirtschaftliche System dürfen deshalb die etablierten Anbieter nicht vor neuen Konkurrenten schützen. Folglich gilt es zu prüfen, ob mit den Maßnahmen zur öffentlichen Sportförderung Marktzutrittsschranken für potentielle neue Konkurrenten verbunden sind und damit gegen das Kriterium des Offenhaltens der Märkte verstoßen wird. Bereits im Rahmen der Regulierungsansätze zur öffentlichen Sportförderung wurde gezeigt, daß der Bereich des selbstverwalteten Sports über Marktzutrittsschranken geschützt wird.108 Um in den Vorteil der staatlichen Förderung zu gelangen, müssen die in Sportverbänden organisierten Sportanbieter offiziell anerkannt sein. Der DSB ist in Deutschland der einzige, offiziell vom Staat anerkannte Dachverband des Sports. Folglich können nur die im DSB organisierten Sportverbände und -vereine von der öffentlichen Sportförderung profitieren. Dies könnte aus wettbewerblicher Sicht noch unbedenklich erscheinen, würde der DSB als verlängerter Arm der öffentlichen Hand aufgefaßt, der näher an den Sportlern und am sportlichen Geschehen ist, deshalb über bessere Informationen als der Staat verfügt und somit eine effiziente und effektive Förderung durch die partnerschaftliche Zusammenarbeit mit dem Staat sicherstellen könnte. Allerdings gilt auch innerhalb des DSB das Ein-Verbands-Prinzip. Folglich kann in jedem Fachgebiet nur jeweils ein Fachverband Mitglied und damit öffentlich gefördert werden. Damit wird der Marktzutritt für neue, nicht offiziell anerkannte Verbände und Sportanbieter erschwert und der selbstverwaltete Sport vor potentieller Konkurrenz geschützt. Das Ein-Verbands-Prinzip schwächt somit die Funktionsfähigkeit des Wettbewerbsprozesses.109 Konkret äußert sich diese Marktzutrittsschranke in den Preisen des selbstverwalteten Sportangebotes. Wie schon dargelegt, führt die umfangreiche öffentliche Sportförderung zu Kostenvorteilen bei den Sportvereinen. Diese können sie über niedrige Beiträge respektive Preise direkt an ihre Mitglieder bzw. Nachfrager weitergeben. Ein potentieller neuer Anbieter konkurriert bei gleichem Leistungsangebot mit diesen subventionierten Preisen. Da Anbieter außerhalb des selbstverwalte107 108 109
Vgl. Eickhof (1990), S. 228. Vgl. 3. Kap., C. III. Vgl. Kirsch / Kempf (2002), S. 257 f.
B. Sportförderung aus Sicht der Systemkonformität
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ten Sports keine Förderung erhalten, erfahren sie eine Benachteiligung. Sie werden in ihrer Konkurrenzfähigkeit von vornherein eingeschränkt. Die subventionierten Preise können eine abschreckende Wirkung entfalten, die den selbstverwalteten Sport vor potentiellen neuen Anbietern schützt. Die aus der öffentlichen Sportförderung resultierenden Kostenvorteile der Anbieter des selbstverwalteten Sports bilden damit eine staatlich bedingte Marktzutrittsschranke. Die Vergabe der Nutzungsrechte an öffentlicher Sportinfrastruktur stellt eine weitere konkrete Form des staatlichen Protektionismus dar. Öffentliche Sportstätten werden meist unentgeltlich oder gegen geringe Entschädigungen weit unter Marktpreisniveau den Sportanbietern zur Verfügung gestellt. Aufgrund begrenzter Kapazitäten ist von Nachfragekonkurrenz auszugehen, so daß es einer Selektion der nachfragenden Sportanbieter bedarf. In einem marktwirtschaftlichen System erfolgt diese üblicherweise im Marktprozeß über den Preis. Anders hingegen im Bereich der öffentlichen Sportinfrastruktur, bei der die Mitgliedschaft im Dachverband entscheidungsrelevantes Kriterium ist. Die Preisbereitschaft bleibt hingegen unerheblich. Dies führt folglich zur Benachteiligung der Anbieter, die nicht dem selbstverwalteten Sport zuzurechnen sind. Sofern diese überhaupt einen Zugang erfahren, so meist nur zu unerwünschten Randzeiten, und dies auch dann noch, wenn sie eine höhere Preisbereitschaft als die Anbieter des selbstverwalteten Sports haben.110 Da die Nutzung von Sportstätten für viele Sportarten unerläßlich ist, liegt auch hier mit der Vergabe der Nutzungsrechte primär an Anbieter des selbstverwalteten Sports, unabhängig der Preisbereitschaften, eine staatlich gesetzte Marktzutrittschranke in Form einer Inputrestriktion vor. Solange die öffentliche Infrastruktur weit unter Marktpreisen bereitgestellt wird, ist auch die private respektive vereinseigene Finanzierung und Bereitstellung von Sportstätten keine echte Alternative. Zunächst handelt es sich um spezifische Investition, die nur schwer einem alternativen Verwendungszweck zugänglich gemacht werden können, was grundsätzlich das Risiko der Investition erhöht und damit die Investitionsbereitschaft senkt.111 Eine private Investition wird erst dann lohnend, wenn mit den Einnahmen aus der Bereitstellung der Sportstätte sämtliche Kosten gedeckt und darüber hinaus eine marktübliche Rendite erzielt werden kann.112 110 So zeigt die empirische Studie von Hockenjos zur kommunalen Sportförderung, daß Freiluftanlagen meist per langfristigem Pachtvertrag kostenfrei oder zu symbolischen Pachtzinsen ausschließlich an gemeinnützige, vom DSB anerkannte Sportvereine vergeben werden. Hinsichtlich Sporthallen räumen nur die Hälfte der untersuchten Kommunen Sportanbietern außerhalb des selbstverwalteten Sports Nutzungsrechte ein, von denen wiederum 65 Prozent explizit auf deren Nachrangigkeit bei der Vergabe hinweisen. Zusätzlich werden diese gegenüber dem selbstverwalteten Sport mit höheren Gebühren belegt. Vgl. Hockenjos (1995), S. 37 ff. 111 Vgl. Kubat (1998), S. 43 ff., S. 47. 112 Für den selbstverwalteten Sport dürfte der Aspekt der Rendite eine untergeordnete Rolle spielen, wenngleich auch dessen Akteure alternative Anlagemöglichkeiten für ihr Vereinsvermögen in Betracht ziehen werden und sich für die für sie profitabelste Lösung entscheiden dürften.
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6. Kap.: Ordnungspolitische Beurteilung der Maßnahmen
Folglich fließen diese voll in die Preiskalkulation mit ein, so daß der Nutzer ein höheres Entgelt zu zahlen hat als bei der Nutzung der öffentlichen Infrastruktur. Dies erschwert es einem Investor, der direkt mit der öffentlichen Infrastruktur konkurriert, Nachfrager für sich zu gewinnen. Wenn überhaupt, so umfaßt die Nachfrage diejenigen Sportanbietern, die bei der Vergabe der Nutzungsrechte an der öffentlichen Infrastruktur ohnehin schon benachteiligt wurden, so daß diesen wiederum erhöhte Kosten entstehen. Es bleibt festzuhalten, daß das Ein-Verbands-Prinzip eine Marktzutrittsschranke darstellt, die den Wettbewerb beschränkt. Darüber hinaus sind die potentiellen neuen Sportanbieter außerhalb des selbstverwalteten Sports von Marktzutrittsschranken in Form von Kostennachteilen und Benachteiligungen bei der Nutzung öffentlicher Sportinfrastruktur betroffen. Da diese Marktzutrittsschranken kein Ergebnis des Wettbewerbsprozesses, sondern durch die Maßnahmen der öffentlichen Sportförderung gesetzt sind, sind die entsprechenden Maßnahmen kaum mit dem Kriterium des Offenhaltens der Märkte vereinbar und somit aus Sicht der Systemkonformität äußerst bedenklich.
7. Zusammenfassender Überblick Die vorangegangene Diskussion hat gezeigt, daß die öffentliche Sportförderung in Form der Angebotssubventionierung des selbstverwalteten Sports hinsichtlich der Kriterien der Systemkonformität zu ordnungspolitisch bedenklichen Problembereichen führt. Die folgende Abbildung 18 stellt zusammenfassend noch einmal die wesentlichen Erkenntnisse schematisch dar, ehe im folgenden Abschnitt die hieraus resultierenden Folgewirkungen aus ordnungspolitischer Sicht erörtert werden.
II. Ordnungspolitisch bedenkliche Folgewirkungen Aus den Ergebnissen der Prüfung der Maßnahmen der öffentlichen Sportförderung hinsichtlich ihrer Systemkonformität können nun die mit den Maßnahmen verbundenen ordnungspolitisch bedenklichen Folgewirkungen abgeleitet werden. Zunächst werden die Auswirkungen auf das Verhalten der geförderten Wirtschaftssubjekte dargestellt, sodann die allgemeinen Auswirkungen auf den Marktund Wettbewerbsprozeß skizziert und abschließend einige weitere Folgewirkungen erörtert.
B. Sportförderung aus Sicht der Systemkonformität
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Transferleistung Mittelbare Transferleistung
Unmittelbare Transferleistung Monetärtransfer
Realtransfer • Steuererleichterung
Vorhersehbarkeit
regelgebunden
• Bereitstellung/ Nutzung Infrastruktur
• Baukosten-, • Unterhalts-, • Gerätebeschaffungskosten
diskretionär/ regelgebunden
Selbstbetroffenheit
Handlung und Haftung, bedeutsame Ausnahmebereiche
Preismechanismus
voll funktionsfähig, verzerrte Preissignale
Subsidiarität
Entscheidungsfreiheit
Diskriminierung
• Pro-KopfPauschale
Ausnahmen als Regeltatbestand Zweckbindung
regelgebunden/ diskretionär
Entscheidungsfreiheit
personell, organisational regional, sportartspezifisch staatlich bedingter Kostenvorteil Inputrestriktion
Marktzutritt
Quelle: Eigene Darstellung.
Abbildung 18: Systemkonformität ausgewählter Maßnahmen der öffentlichen Sportförderung
1. Auswirkungen auf das Verhalten der Akteure des selbstverwalteten Sports Die Subventionen an die Anbieter des selbstverwalteten Sports stellen eine Gewährung von Privilegien dar. Diese führen zu einer nicht-marktlichen Diskriminierung der weiteren Sportanbieter, die hierdurch Nachteile im Wettbewerbsprozeß erfahren. Deshalb ist der Versuch der Akteure des selbstverwalteten Sports, über den Erhalt der Privilegien einen Wettbewerbsvorteil zu erlangen, naheliegend. Gleichzeitig können Subventionen als Mittel zur öffentlichen Förderung des Sports als weitgehend diskretionäres Instrument charakterisiert werden. Zwar existiert für einen Teil der Transferleistungen ein fester rechtsverbindlicher Rahmen, der aber zugleich eine dauerhafte Subventionierung begründet. Insbesondere hinsichtlich der umfangreichen Transferleistungen auf kommunaler Ebene haben die politischen Akteure ausgedehnte Handlungsspielräume, da sie an keine verbindlichen Vorgaben zur Sportförderung gebunden sind. In dem Maße, wie nun aber Privilegien im politischen Prozeß für Partikularinteressen erreichbar sind, bestehen für die Wirtschaftssubjekte Anreize, ihre An-
220
6. Kap.: Ordnungspolitische Beurteilung der Maßnahmen
strengungen von einem wettbewerblichen Profit-Seeking im Marktprozeß auf ein lobbyistisches Rent-Seeking im Politikprozeß zu verlagern.113 Hierbei steigt die Erreichbarkeit von Privilegien mit den bereits erhaltenen, so daß sich hieraus ein selbstverstärkender Charakter ergibt.114 Ein treffendes Beispiel für die Lobby-Arbeit des selbstverwalteten Sports findet sich im Zusammenhang mit dem vom Bundesministerium der Finanzen in Auftrag gegeben „Gutachten der Unabhängigen Sachverständigenkommission zur Prüfung des Gemeinnützigkeits- und Spendenrechts.“115 Dieses 1988 veröffentlichte Gutachten kam zu dem Ergebnis, daß Sportvereine nicht selbstlos handeln, sondern der Freizeitbeschäftigung des einzelnen dienen, weshalb sie nicht als gemeinnützig anzuerkennen seien. Mit dem Verlust des Status der Gemeinnützigkeit wäre der Verlust umfangreicher Steuervergünstigungen einhergegangen. Den Akteuren des selbstverwalteten Sports gelang es jedoch nicht nur, weiterhin als gemeinnützigen Zwecken dienend eingestuft zu werden, sondern darüber hinaus zu erwirken, daß im Rahmen des 1989 in Kraft getretenen Vereinsförderungsgesetzes Vereinfachungen und Erleichterungen der Steuerregelungen sowie insgesamt eine Verbesserung der Situation der Vereine erreicht wurden.116 Neben dem Lobbyismus zum Erhalt und zum Ausbau der Privilegien werden durch die öffentliche Sportförderung grundlegende Veränderungen im Verhalten sowie der Mentalität der geförderten Akteure des selbstverwalteten Sports ausgelöst. Um in den Genuß der Förderung zu gelangen, konzentrieren sie ihr Interesse und ihre Aktivitäten vermehrt auf die Möglichkeiten und Anforderungen zur Förderung. Dadurch entsteht die Gefahr, daß sie die Anforderungen der Beschaffungs- und Absatzmärkte vernachlässigen und sich statt dessen verstärkt auf einen Wettbewerb um die öffentlichen Mittel einlassen.117 Damit ist auch ein Abrücken von den Interessen der Mitglieder zu verzeichnen. Zu treffende Entscheidungen orientieren sich weniger an den Interessen der Mitglieder, sondern werden von bestehenden Förderkriterien geleitet.118 Dies ist nicht nur zum Nachteil des Wettbewerbsprozesses. Es korrumpiert auch den Sinn und Zweck der mitgliederorientierten Sportvereine. Ebenso bedenklich ist die nachhaltige Beeinflussung der Akteure des selbstverwalteten Sports hinsichtlich ihrer Erwartungen. Nicht nur können sie Einfluß auf den politischen Prozeß zum Erhalt von Transferleistungen nehmen. Vielmehr wer113 Vgl. Vanberg (1995), S. 201 f., Vanberg (1996), S. 21 ff., Vanberg (1997), insbesondere S. 24 ff. 114 Vgl. Eucken (1952), S. 335 f. 115 Vgl. Bundesministerium der Finanzen (1988). 116 Siehe hierzu sowie allgemein zur Entwicklung des Gemeinnützigkeitsstatus HartmannTews (1996), S. 160 ff. Für eine beispielhafte Argumentationsführung des DSB in der Gemeinnützigkeitsdebatte siehe Kühl (1989), Kühl (1996). 117 Vgl. Kirsch / Kempf (2002), S. 259 ff. 118 Vgl. Madl (1994), S. 191.
B. Sportförderung aus Sicht der Systemkonformität
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den umfangreiche Transferleistungen, insbesondere in Form der Steuervergünstigungen, zeitlich unbefristet gewährt. Da folglich eine Subventionierung im Problemfall zu erwarten ist respektive uneingeschränkt geleistet wird, stellen sich Gewöhnungseffekte bei den Akteuren des selbstverwalteten Sports ein.119 Diese können zu einer Subventionsmentalität führen.120 So ist auch im selbstverwalteten Sport zu beobachten, daß die öffentliche Förderung zum sozialen Besitzstand deklariert wird. Sie bildet einen festen Bestandteil im ökonomischen Kalkül der Akteure. Die für die Wirtschaftssubjekte im marktwirtschaftlichen System charakteristischen Attribute der Eigeninitiative und Selbstverantwortung werden durch die ununterbrochen erhaltenen respektive zu erwartenden Transferleistungen ausgehöhlt. Die staatliche Privilegierung der Akteure des selbstverwalteten Sports nimmt Einfluß auf deren unternehmerische Entscheidungen. So rücken diese von einer Orientierung an Marktsignalen ebenso wie von einer wettbewerbsinduzierten Suche nach neuen Handlungsmöglichkeiten ab. Der Marktpreismechanismus büßt an Funktionsfähigkeit ein, die Dynamik des Wettbewerbsprozesses wird eingeschränkt, womit schon zu den allgemeinen Auswirkungen auf den Markt- und Wettbewerbsprozeß übergeleitet ist.
2. Auswirkungen auf den Markt- und Wettbewerbsprozeß Zunächst muß im politischen Prozeß festgelegt werden, welche Wirtschaftssubjekte im Rahmen der öffentlichen Sportförderung als förderungswürdig gelten. Diesbezüglich hat die Analyse schon gezeigt, daß die hieraus resultierenden Kriterien nur sehr eingeschränkt als ordnungspolitisch legitimiert gelten können. Da die Mittel zur Förderung knapp sind, muß darüber hinaus die Mittelvergabe selektiv erfolgen. Auch diese wird von Politikern und Bürokraten nach weitgehend subjektivem Ermessen vorgenommen.121 Damit erfolgt die Auslese anhand oft willkürlicher Kriterien der Politiker und Bürokraten und nicht durch die anonymen Kräfte des Marktes. Hierdurch werden die Ergebnisse des Markt- und Wettbewerbsprozesses durch subjektive Entscheidungen der Politiker verzerrt. Die Gewähr von Subventionen ausschließlich an die Anbieter des selbstverwalteten Sports schützt diese vor alternativen Sportanbietern. Damit sehen sie sich nur eingeschränkt dem Wettbewerbsdruck ausgesetzt, da für neue Anbieter der Eintritt in den Markt erschwert wird. Dies bedeutet für alternative Anbieter eine Einschränkung der Handlungsspielräume. Sie werden in ihren Entscheidungen durch staatliche Maßnahmen beeinflußt, und ihr Aktionsparametereinsatz wird verzerrt. 119 Zu Gewöhnungseffekten im allgemeinen siehe Molitor (1984), S. 118, Gröbner (1983), S. 130, Berthold (1967), S. 117 f. 120 Vgl. Issing (1984), S. 11. 121 Vgl. Hockenjos (1995), S. 163.
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6. Kap.: Ordnungspolitische Beurteilung der Maßnahmen
Für die Anbieter des selbstverwalteten Sports bedeutet dies eine Verringerung des Anpassungsbedarfs an veränderte Umweltzustände. Ihre Handlungen und ihr aktueller Aktionsparametereinsatz werden geschützt, es besteht ein reduzierter Anreiz zur Suche nach Handlungsalternativen. Dies bedeutet nichts anderes als ein sinkender Anreiz zu Innovationen. Hinzu kommt noch die Gefahr, daß sich die geförderten Sportanbieter im Falle von Problemsituationen auf die öffentliche Unterstützung verlassen und diese erwarten. Im Ergebnis resultiert aus den vorgenannten Aspekten eine Einschränkung der Dynamik des Markt- und Wettbewerbsprozesses. Kreativität und die Suche nach neuen Handlungsmöglichkeiten werden geschwächt, der Ausleseprozeß wird zum Erhalt des Bestehenden hin verzerrt. Deshalb neigt die Gewährung von Subventionen dazu, die Verhältnisse zu konservieren, die sie in den Augen ihrer Befürworter erforderlich gemacht haben.122 So wird trotz der dem selbstverwalteten Sport in vielen Aspekten ähnlichen vermeintlichen Gemeinwohlleistungen alternativer Sportanbieter und trotz veränderter gesellschaftlicher Rahmenbedingungen und Bedürfnisse der Nachfrager weiterhin ausschließlich der selbstverwaltete Sport gefördert. Aufgrund der Interdependenz von Angebot und Nachfrage wird durch die Subventionierung des selbstverwalteten Sports nicht nur die Angebotsstruktur, sondern auch das Nachfrageverhalten nachhaltig beeinflußt. Durch die Förderung der Angebote des selbstverwalteten Sports werden diese für alle Wirtschaftssubjekte unabhängig ihrer finanziellen Restriktionen offengehalten, woraus eine vermehrte Nachfrage resultiert. Allerdings wird zur Finanzierung der Subventionierung auf die Zwangsabgaben aller Steuerzahler zugegriffen. Hieraus resultieren Nachteile für einige Wirtschaftssubjekte, da durch die erhöhten Abgaben der Zugang zu individuell vorteilhafteren Handlungsmöglichkeiten erschwert wird.123 Statt dessen sind sie darauf angewiesen, die subventionierten und damit vorteilhaften Angebote des selbstverwalteten Sports verstärkt nachzufragen. Damit nimmt der Staat Einfluß auf die Eigenverantwortlichkeit der Wirtschaftssubjekte.124 Der Bürger wird seiner Mündigkeit enthoben und der Staat gibt vor zu wissen, was gut für ihn ist. Die staatliche Sportförderung führt zu Verzerrungen im Markt- und Wettbewerbsprozeß. Eigenverantwortliches Verhalten wird eingeschränkt, Anreize zu innovativem Verhalten werden gesenkt und der wettbewerbliche Selektionsmechanismus wird entkräftet. Das Resultat ist eine verringerte Marktdynamik sowie die Tendenz zur Konservierung der bestehenden Zustände.
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Vgl. Witt (1996), S. 11. Vgl. Vanberg (1997), S. 25. Vgl. Adlung (1985 / 86), S. 259.
B. Sportförderung aus Sicht der Systemkonformität
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3. Weitere Folgewirkungen Als zwei weitere ordnungspolitisch bedenkliche Auswirkungen der öffentlichen Sportförderung soll noch kurz die Problematik der Folgesubventionen sowie möglicher Beschäftigungseffekte thematisiert werden. Allgemein wird Subventionen unterstellt, daß sie oftmals weitere Subventionen nach sich ziehen, woraus die Gefahr einer Handlungsspirale mit immer weiteren Subventionen resultiert.125 Zieht die originäre Subventionsvergabe in der Folgezeit weitere öffentliche Unterstützung nach sich, liegen Folgesubventionen vor. Die Ursache hierfür kann darin gesehen werden, daß ein subventionsinduzierter Mißerfolg durch weitere Subventionierung zu kompensieren versucht wird.126 Dabei kann es sich zum einen um Subventionen für die bereits geförderten Wirtschaftssubjekte handeln. Da von jeder Subventionierung Wettbewerbsverzerrungen ausgehen, kann diese die nicht geförderten Wirtschaftssubjekte in wirtschaftliche Schieflagen bringen und damit zum anderen auch diese originär nicht öffentlich unterstützten zu einem Subventionsfall machen.127 Wenngleich auch der zweite Fall von Folgesubventionen im Bereich der öffentlichen Sportförderung auftreten kann, ist primär der erste Fall von Relevanz. Sportstätten werden zumeist öffentlich bereitgestellt und ihr Bau von den Kommunen finanziert. Dann gestaltet es sich für die Kommunen aber schwierig, sich von den Folgekosten insbesondere in Form des Unterhaltungsaufwands zu befreien. Eine Übertragung der Sportstätten an Vereine ist oft schwierig, da sie von mehreren genutzt werden. Eine Erhöhung der Nutzungsgebühren ist politisch schwer durchsetzbar, zumal vor dem Hintergrund des Zugangs aller zum Sport nicht erwünscht. Gerade auch im Falle der Sanierungsbedürftigkeit vieler kommunaler Sportstätten, von dem aktuell viele Sportstätten betroffen sind,128 kommen umfangreiche Folgezahlungen auf die Kommunen zu. Aber selbst bei vereinseigenen Anlagen tragen die Kommunen nach dem Bau häufig zum Unterhalt bei, z. B. in Form des Einsatzes von Gemeindepersonal zur Pflege der Anlagen. Insbesondere für den Bereich des Spitzensports lassen sich die Folgesubventionen sehr anschaulich darstellen. „Hat der Staat erst begonnen, den Sport etwa in Form von Stadien zu finanzieren, so hat er sich im Zweifel einer Dynamik ausgeliefert [ . . . ]. Werden nämlich Bau und Betrieb der Stadien durch den Staat mitfinanziert, so erhöht sich der Druck, diese auch zu nutzen. Die zu diesem Zweck erforderlichen Veranstaltungen müssen zum Teil ebenfalls vom Staat mitfinanziert wer125 Vgl. Adlung (1985 / 86), S. 259 f., Issing (1984), S. 11 f., S. 15, Berthold (1967), S. 112 ff. 126 Vgl. Issing (1984), S. 11 f. 127 Vgl. Issing (1984), S. 15. 128 70 Prozent aller Sportanlagen in den neuen und rund 35 Prozent aller Sportanlagen in den alten Bundesländern sind sanierungsbedürftig. Vgl. Sportministerkonferenz (2002), S. 25 ff.
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6. Kap.: Ordnungspolitische Beurteilung der Maßnahmen
den, und sei dies nur in der Form, dass Leistungen wie etwa ein verstärkter Polizeieinsatz nicht zu vollen Kosten verrechnet werden. Und sollen darüber hinaus diese Veranstaltungen das heimische Publikum ansprechen, so muss wenigstens die Aussicht bestehen, dass heimische Athleten Erfolgschancen haben. Dies bedeutet – vielleicht –, dass Mittel für die Nachwuchsförderung ausgegeben werden; es bedeutet aber – wahrscheinlich –, dass Superstars bevorzugt behandelt werden.“129 Zahlreiche kommunale Sportstättenprojekte werden mit Bundes- und insbesondere Landesmitteln gefördert. Die Länder beteiligen sich häufig mit Zuschüssen von bis zu 50 Prozent an den zuwendungsfähigen Kosten.130 Bei der Möglichkeit des Erhalts entsprechender Zweckzuweisungen ist es naheliegend, daß die kommunalen Entscheidungsträger auf diese vermeintlichen Geschenke nicht verzichten wollen.131 Die Gefahr, hierbei die für die Kommune entstehenden Folgekosten nicht ausreichend zu berücksichtigen, ist dabei stets gegeben. Somit können letztlich durch die Zweckzuweisungen von Bund und Ländern Folgesubventionen auf kommunaler Ebene initiiert werden. Abschließend sei noch auf mögliche Beschäftigungswirkungen der öffentlichen Sportförderung hingewiesen. Dabei geht es ausdrücklich nicht um die umfassend thematisierte Beziehung zwischen Ehrenamt und Erwerbsarbeit, für die innerhalb des Vereins eine Substitutionsbeziehung zwischen „Billigkonkurrenz“ und „Professionalisierung“ möglich sein kann.132 Vielmehr geht es um die Folgen des öffentlich subventionierten Sportangebotes auf alternative Sportanbieter. Durch die staatlich bedingte Diskriminierung und staatlich geschaffenen Marktzutrittsschranken erfahren auch kommerzielle Sportanbieter Nachteile respektive wird die Etablierung von potentiellen neuen Anbietern erschwert. Damit kann die Schaffung von Arbeitsplätzen verhindert werden, was sich negativ auf die Gesamtbeschäftigung auswirken kann.
C. Anmerkungen zur Verhältnismäßigkeit der öffentlichen Sportförderung Die Maßnahmen der öffentlichen Sportförderung sind abschließend noch auf ihre Verhältnismäßigkeit hin zu untersuchen. Verhältnismäßig ist eine Maßnahme dann, wenn der Nutzen der Zielrealisation mit Hilfe der Maßnahme in einem ver129 Kirsch / Kempf (2002), S. 259. Als Beispiel sei das Zentralstadion in Leipzig angeführt. Dessen Umbau wurde mit 51 Millionen Euro vom Bund finanziert, mit zwölf Millionen war die Stadt Leipzig beteiligt, der Wunsch einer WM-Spielstätte 2006 in Leipzig kam vom DFB. Die örtlichen Fußball-Vereine spielen jedoch derzeit nur maximal viertklassig. Dabei ist die Stadion-Betreibergesellschaft auf Bundesliga-Fußball angewiesen. Vgl. Grossekathöfer (2004). 130 Vgl. Kemper (1999), S. 158. 131 Vgl. Hockenjos (1995), S. 155, S. 160. 132 Für einen Überblick zu diesem Problemkreis siehe Kistler / Rauschenbach (2001).
C. Anmerkungen zur Verhältnismäßigkeit
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nünftigen Verhältnis zu den Kosten aller Art steht, die mit der Durchführung der Maßnahme verbunden sind.133 Ein Instrument zur Überprüfung der Verhältnismäßigkeit ist eine gesamtwirtschaftliche Nutzen-Kosten-Analyse, deren Durchführung allerdings nicht frei von Problemen ist.134 Gerade die zahlreichen, vielfältigen und interdependenten, beabsichtigten wie unbeabsichtigten Wirkungen der öffentlichen Sportförderung sind nur schwer identifizierbar und separierbar und noch schwerer monetär zu bewerten. Deshalb müssen an dieser Stelle einige Plausibilitätsüberlegungen zur Verhältnismäßigkeit genügen. Im Hinblick auf den Nutzen der Zielrealisation kann wieder auf die Ergebnisse der Diskussion um die positiven externen Effekte des Sports sowie der Zielkonformität der Maßnahmen der öffentlichen Sportförderung zurückgegriffen werden.135 So sind mit der aktiven Sportausübung durchaus positive Effekte verbunden, wenngleich diese ungleich schwerer erfaßt und in ihrem monetären Wert ausgedrückt werden können. Allerdings ist nicht pauschal von positiven Gemeinwohlwirkungen des Sports auszugehen. Vielmehr sind diese primär bei gezieltem Einsatz des Sports zur Gesundheitsförderung, in Verbindung mit Prestige sowie zur Erreichung spezifischer sozio-edukatorischer Zielstellungen zu erwarten und somit nur in Teilbereichen des Sports. Darüber hinaus ist die Angebotssubventionierung des selbstverwalteten Sports nur unzureichend als Mittel geeignet, um Sport für alle im Sinne einer möglichst hohen Partizipation der Gesellschaftsmitglieder am aktiven Sporttreiben zu ermöglichen respektive zu erzielen. Damit können die vermeintlichen Gemeinwohlwirkungen nur eingeschränkt realisiert werden. Insbesondere Mitnahmeeffekte reduzieren darüber hinaus den gesamtgesellschaftlichen Nutzen. Evident sind hingegen die aus der Vergabe der Förderung resultierenden Kosten in Form der umfassenden Transferleistungen des Staates an die Akteure des Sports.136 Darüber hinaus entstehen Transaktionskosten in Verbindung mit der Vergabe der Förderung. Das Ergreifen von Maßnahmen zur öffentlichen Sportförderung geht beim Staat mit einem Verwaltungsaufwand einher, der zu Informations-, Vorbereitungs-, Durchführungs- und Kontrollkosten führt.137 Spiegelbildlich hierzu müssen aber auch die Sportanbieter Ressourcen einsetzen, um sich über Förderungsmöglichkeiten, -voraussetzungen, -vorschriften etc. zu informieren sowie öffentliche Mittel beantragen, verwalten und Verwendungsnachweis führen. Der darüber hinausgehende Lobbyismus oder Einsatz von Förderungsberatern dient nur der Erzielung der Fördergelder und damit von staatlichen Renten, die Vgl. Grossekettler (1987), S. 16a f. Vgl. 4. Kap., B. II. 3. 135 Vgl. 5. Kap., A. sowie die Ausführungen in diesem 6. Kap., A. II. 136 Allerdings ist die Höhe dieser Transferleistungen im Rahmen der Nutzen-Kosten-Analyse nicht von Relevanz, da die entsprechenden Kosten für die Geberseite einem gleichhohen Nutzen auf der Nehmerseite gegenüberstehen. Dennoch sollten sie nicht aus dem Blick verloren werden. 137 Vgl. Adlung (1985 / 86), S. 258. 133 134
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6. Kap.: Ordnungspolitische Beurteilung der Maßnahmen
nicht in Form von Differentialeinkommen im Marktprozeß entstehen und damit weder Anpassungsprozesse auslösen noch im Wettbewerb tendenziell wieder ausgelöscht werden.138 Sie verändern nur die Verteilung, und dies nicht einmal zwingend in die politisch anvisierte Richtung, wobei die Gesamtwirtschaft die Kosten in Form von Ressourcenverschwendung zu tragen hat. Die Kosten der öffentlichen Sportförderung gehen aber noch über die mit der Vergabe der Förderung bedingten Kosten hinaus. So hat die Diskussion um die vermeintlichen positiven Effekte des Sports auch zahlreiche negative Wirkungen der Sportausübung wie Gesundheitsschäden oder negative Umweltbeeinträchtigungen offengelegt, die zu weiteren Kosten führen. Damit trägt die pauschale und undifferenzierte Förderung des Sports zur Erhöhung dieser Kosten bei. Die Wirkungen der Maßnahmen der Sportförderung im Hinblick auf das Wirtschaftssystem und den Wirtschaftsprozeß müssen ebenfalls auf der Kostenseite berücksichtigt werden.139 Sie stellen durch Einzelbeobachtungen zu belegende, aber kaum noch quantifizierbare Effekte dar. Im Rahmen der vorangegangenen Systemkonformitätsanalyse wurde deutlich, daß durch die öffentliche Sportförderung den nichtbegünstigten Wirtschaftssubjekten Nachteile in Form von Diskriminierung und Marktzutrittsschranken entstehen. Eine kreislauftheoretische Betrachtungsweise hat zudem offengelegt, daß auch die nicht geförderten Wirtschaftssubjekte durch höhere Abgaben und Steuern die Mittel zur Finanzierung der öffentlichen Förderung beitragen. Damit werden deren Handlungsmöglichkeiten eingeschränkt, ohne daß es hierfür, zumindest gilt dies für weite Bereiche des Sports, eine ordnungspolitische Legitimation gäbe. Folglich ist es dem einzelnen nicht uneingeschränkt möglich, seine Ressourcen im eigenen Interesse einzusetzen, was eine weitere Verschwendung von Ressourcen zu Lasten der Allgemeinheit nach sich zieht. Darüber hinaus pertubieren die Maßnahmen der öffentlichen Sportförderung den Anreiz- und Selektionsmechanismus des Wettbewerbsprozesses und korrumpieren den im Wettbewerbsprozeß inhärenten Prozeß der Informationsgewinnung und -verbreitung. All diese ordnungspolitisch bedenklichen Einschränkungen der Funktionsfähigkeit des Markt- und Wettbewerbsprozesses stellen letztlich gesamtwirtschaftliche Kosten dar. Wenngleich abschließend keine konkrete, quantitativ belegte Aussage über die Verhältnismäßigkeit der öffentlichen Sportförderung stehen kann, so sollte aufgrund der vorangegangenen Plausibilitätsüberlegungen deutlich geworden sein, daß die aktuellen Maßnahmen der öffentlichen Sportförderung nicht als verhältnismäßig gelten können. Dies liegt weniger an den Kosten im Zusammenhang mit der Vergabe der Förderung, als vielmehr an der mangelnden Zielerreichung, den negaVgl. Issing (1984), S. 11. Vgl. Grossekettler (1987), S. 17. Dies soll die weitere Unterscheidung nach Eucken (1952), S. 220 f., umfassen, der die Maßnahmen differenziert nach unmittelbaren Wirkungen auf die Wirtschaftsordnung, von ihnen ausgehende Tendenzen zur Veränderung der Wirtschaftsordnung sowie nach ihrer Weiterwirkung auf andere Ordnungen. 138 139
D. Zwischenergebnis
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tiven Nebeneffekten sowie der negativen Auswirkungen auf den Markt- und Wettbewerbsprozeß.
D. Zwischenergebnis Die öffentliche Sportförderung hat an oberster Stelle das Gemeinwohlziel. Dieses soll erreicht werden, indem auf der Zielebene die positiven Effekte des Sports realisiert werden. Der Sport ist hier also Mittel, zugleich aber auch Zwischenziel, da auf der Instrumentenebene durch Angebotssubventionen an den selbstverwalteten Sport versucht wird, den Sport für alle offenzuhalten und eine möglichst hohe aktive Sportpartizipation zu erzielen. Konkrete politische Zielstellungen werden vermißt und verbleiben weitgehend auf Leerformelniveau. Der Tatbestand der Förderung wird zum Ziel der Sportförderung deklariert, das durch eine umfangreiche Legitimationsrhetorik zu rechtfertigen versucht wird. Auf der Zielebene führt der Sport weder per Automatismus zu den positiven Wirkungen noch ist er pauschal geeignet, das Gemeinwohl zu fördern. Der selbstverwaltete Sport offeriert Angebote und Ausübungsformen mit positiven, neutralen und negativen Wirkungen, so daß nur Teilbereiche vor dem Hintergrund der Zielerreichung als förderungswürdig erscheinen. Durch die pauschale und undifferenzierte Förderung des selbstverwalteten Sports werden zwar Gemeinwohlziele erreicht, ebenso verpufft aber auch ein Teil der Förderung bzw. führt zu unerwünschten Ergebnissen. Auf der Instrumentenebene gelingt es, weite Bereiche des selbstverwalteten Sportangebotes für alle offenzuhalten, wenngleich hierbei dem Ehrenamt eine den öffentlichen Angebotssubventionen gleichermaßen tragende Rolle zukommt. Auch ist die aktive Sportausübung in den letzten Jahrzehnten stark gestiegen, wobei weniger als die Hälfte der Sportler ihrer Freizeitbeschäftigung im selbstverwalteten Sport nachgeht, und dieser Bereich im Vergleich zu alternativen Angebotsformen vermehrt weniger Anklang findet. Dabei zeigt sich, daß es gerade nicht die sozioökonomisch schwächeren Bevölkerungsgruppen sind, die durch den selbstverwalteten Sport repräsentiert werden. Dies führt zu Mitnahmeeffekten und tendenziell politisch unerwünschten Verteilungswirkungen, die sich negativ auf die Zielerreichung auswirken. Ebenso führt die Limitation der Förderung auf den selbstverwalteten Sport zu einer reduzierten Zielerfüllung, da der Zugang zu alternativen Angebotsformen nicht erleichtert wird und die positiven Effekte alternativ betriebenen Sports nicht gefördert werden. Die positiven Gemeinwohlwirkungen des Sports stellen sich weder per Automatismus ein noch bilden sie ein zwingendes Interesse der Akteure des selbstverwalteten Sports. Da sie aber als Legitimationsbasis der öffentlichen Sportförderung dienen, ist die zunehmende politische Instrumentalisierung des Sports zur Sicher15*
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6. Kap.: Ordnungspolitische Beurteilung der Maßnahmen
stellung der Zielerreichung eine logische Folge der Bereitstellung öffentlicher Mittel. Damit wird aber zugleich ein Spannungsverhältnis zum Grundsatz der Autonomie des selbstverwalteten Sports aufgebaut, da die staatliche Einflußnahme kaum mit dieser zu vereinbaren ist. Neben der insgesamt unbefriedigenden Zielkonformität genügen die Subventionen an die Anbieter des selbstverwalteten Sports auch den Kriterien der Systemkonformität nur unzureichend. Grundsätzlich haften die Akteure des selbstverwalteten Sports, von einigen Fällen der Sozialisierung von Verlusten abgesehen, für ihr Handeln und sind von dessen Konsequenzen selbst betroffen. Der Preismechanismus ist voll funktionsfähig, wenngleich Preissignale verzerrt werden. Dies ist bedenklich, da keine externen Effekte internalisiert werden, sondern ein politisch selektierter Bereich im Wettbewerb punktuell privilegiert wird. Eine nicht-marktliche Diskriminierung der Nicht-Nutzer des selbstverwalteten Sports sowie alternativer Angebotsformen liegt vor, die sich im Rahmen der öffentlichen Infrastrukturförderung auf eine Diskriminierung von Sportarten und Regionen ausweitet. Zudem werden von staatlicher Seite in Form des Ein-Verbands-Prinzips, der Kostenvorteile durch selektive staatliche Begünstigung sowie der bevorzugten Berücksichtigung bei der Vergabe der Nutzungsrechte an öffentlicher Infrastruktur Marktzutrittsschranken geschaffen, die die Anbieter des selbstverwalteten Sports vor Wettbewerbern schützen. Weder die pauschalen und unbefristeten noch die zweckgebundenen Fördermaßnahmen sind mit dem Subsidiaritätsgedanken vereinbar. Schließlich läßt der fehlende verbindliche Regelrahmen insbesondere im Rahmen der unmittelbaren Förderung diskretionäre Handlungsspielräume für politische Entscheider und schafft Erwartungsunsicherheit. Die mangelnde Systemkonformität der Maßnahmen führt im Resultat zur Störung der Funktionsfähigkeit des Markt- und Wettbewerbsprozesses. Die Privilegierung der Akteure des selbstverwalteten Sports veranlaßt diese, sich tendenziell nicht mehr an Marktsignalen zu orientieren, sondern ihre unternehmerischen Entscheidungen von der staatlichen Privilegierung abhängig zu machen und diese über Lobbyismus im politischen Prozeß zu beeinflussen. Ferner verringert die dauerhafte Förderung und staatliche Protektion den Anreiz zu eigeninitiiertem und selbstverantwortlichem Handeln und reduziert den Anpassungsdruck und damit die kreative Suche nach neuen Handlungsmöglichkeiten. Zudem wird die anonyme wettbewerbliche Selektion beeinträchtigt, indem sie durch teils willkürliche politische Entscheidungen ersetzt wird. Die Diskriminierung Dritter limitiert deren Handlungsspielräume. Alternative Sportanbieter erfahren staatlich induzierte Wettbewerbsnachteile und werden in der Freiheit ihres Aktionsparametereinsatzes eingeschränkt, während der einzelne einen Teil seiner Eigenverantwortlichkeit im Hinblick auf die Wahl der individuell vorteilhaftesten Form der Sportausübung einbüßt. Insgesamt beeinträchtigt die staatliche Sportförderung den marktlichen Koordinationsmechanismus, schränkt die Dynamik des Markt- und Wettbewerbsprozes-
D. Zwischenergebnis
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ses ein und verzerrt den Ausleseprozeß zum Erhalt der bestehenden Zustände hin. Dabei weisen die Maßnahmen einen selbstverstärkenden Charakter dahingehend auf, daß sie, einmal ergriffen, weitere systeminkonforme Maßnahmen induzieren können. Die Störungen der Funktionsfähigkeit des Markt- und Wettbewerbsprozesses ziehen die Verschwendung von Ressourcen nach sich und führen zu gesamtwirtschaftlichen Kosten. Hinzu kommen weitere Kosten der öffentlichen Sportförderung durch die Verstärkung negativer Effekte sportlicher Betätigung. Ferner entstehen Kosten in Höhe der Transferleistungen selbst sowie der in Verbindung mit der Vergabe der Förderung auftretenden Transaktionskosten. Demgegenüber steht der Nutzen der öffentlichen Sportförderung in Form der positiven Gemeinwohlwirkungen, der aber nur eingeschränkt realisiert werden kann. Wenngleich alle Wirkungen nur schwer identifizierbar und monetär zu bewerten sind, weshalb hier keine konkrete, quantitativ belegte Aussage über die Kosten-Nutzen-Relation stehen kann, scheinen die obigen Überlegungen doch zu zeigen, daß die Maßnahmen der öffentliche Sportförderung nicht als verhältnismäßig gelten können. Vor dem Hintergrund der mangelnden Zielerreichung, der negativen Nebeneffekte, der unzureichenden Systemkonformität und daraus resultierenden negativen Auswirkungen auf den Markt- und Wettbewerbsprozeß sowie einer scheinbar ungünstigen Kosten-Nutzen-Relation der Maßnahmen der öffentlichen Sportförderung sind diese als ordnungspolitisch äußerst bedenklich und in ihrer Gesamtheit kaum als legitim zu beurteilen.
7. Kapitel
Einige Überlegungen zur alternativen Ausgestaltung der öffentlichen Sportförderung Ziel der vorliegenden Abhandlung ist die Bewertung der öffentlichen Sportförderung aus ordnungspolitischer Perspektive. Wie in den vorherigen Kapiteln dargelegt wurde, ist die öffentliche Sportförderung aus Sicht des Referenzrahmens mit ordnungspolitischen Defiziten behaftet. Sie betreffen nicht nur die Maßnahmen, sondern auch die Legitimation der öffentlichen Sportförderung sui generis. Dennoch ist es ausdrücklicher politischer Wille, den Sport zu fördern. Zum einen soll niemand vom aktiven Sporttreiben aufgrund individueller Restriktionen ausgeschlossen bleiben. Vielmehr muß der Zugang zum Sport allen offenstehen, eine Grundversorgung mit Sport soll gewährleistet sein. Zum anderen sind mit der aktiven Sportausübung durchaus positive Effekte verbunden, die sich der Staat zur Realisierung seiner Gemeinwohlziele zunutze machen möchte. Wenngleich die Zielstellungen politischer Natur sind und sich ökonomischen Analysen weitgehend entziehen, kann die Ökonomie dennoch Empfehlungen zur Ausgestaltung der Maßnahmen zur Realisierung der Ziele erarbeiten.1 Aufbauend auf der geäußerten Kritik sollen in diesem Kapitel einige Überlegungen zur alternativen Ausgestaltung der öffentlichen Sportförderung angestellt werden. Es kann nicht erwartet werden, daß ein vollständiges, in sich geschlossenes System für die öffentliche Sportförderung entwickelt wird.2 Bei den folgenden Ausführungen handelt es sich vielmehr um Überlegungen, die zu einem Umdenken anregen und zu weiteren Untersuchungen Anlaß geben sollen. Die zentralen ordnungspolitischen Probleme der öffentlichen Sportförderung sollen zunächst in einem überleitenden Rekurs nochmals zusammenfassend dargestellt werden. Die Möglichkeiten einer Grundversorgung über den Markt sowie aus den politischen Zielstellungen resultierender ergänzender staatlicher Handlungsbedarf bilden die Ausgangspunkte der sich anschließenden Überlegungen.
1 Dies entspricht dem Ideal einer rationalen Wirtschaftspolitik. Siehe hierzu beispielsweise Giersch (1961), S. 22 ff., Tuchtfeldt (1982), S. 181 ff. Zu den Möglichkeiten rationaler Wirtschaftspolitik in offenen, komplexen Systemen siehe Wegner (1996), Streit (2001). 2 Dies ist schließlich nicht primäre Zielstellung dieser Abhandlung, deren Fokus auf der ordnungspolitischen Bewertung der aktuellen öffentlichen Sportförderung liegt.
A. Überleitender Rekurs
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A. Überleitender Rekurs Eine scheinbar offensichtliche aber dennoch in der Argumentation für eine öffentliche Sportförderung häufig vernachlässigte zentrale Tatsache ist die Vielfalt der Erscheinungsformen des Phänomens „Sport“. Hier liegt durchweg ein semantisches Problem vor, wenn undifferenziert von „dem Sport“ gesprochen wird, da es „den Sport“ nicht gibt. Die dem Sport vermeintlich attestierten zahlreichen Gemeinwohlwirkungen können folglich nicht pauschalisiert werden. Die aktive Sportausübung kann zum einen zu funktional divergierenden und zum anderen zu positiven, neutralen und negativen Effekten führen. Ursächlich hierfür ist aber weniger die Angebotsform des Sports, wie sie als Anknüpfungspunkt der öffentlichen Förderung herangezogen wird, sondern vielmehr die Sportart, Ausübungsform und individuelle Ausgangsvoraussetzung des Sportlers. Zudem treten viele der Effekte nicht als automatische Begleiterscheinung des Sporttreibens auf, sondern erst im Fall des gezielten Einsatzes des Sports zur positiven Erfüllung seiner Funktionen. Da die aktuelle Ausgestaltung der Sportförderung diese fundamentalen Einsichten verkennt, resultieren hieraus drei zentrale Problembereiche aus ordnungspolitischer Sicht: (1) Eine Grundversorgung mit Sport kann nicht über die positiven Gemeinwohlwirkungen des Sports legitimiert werden. Entsprechende positive Externalitäten sind nicht pauschal mit der sportlichen Betätigung verbunden und rechtfertigen allenfalls die Förderung ausgewählter Bereiche des Sports. (2) Die aktuelle Ausgestaltung der Sportförderung in Form der ausschließlichen und pauschalen Förderung des selbstverwalteten Sports ist nur eingeschränkt zur Sicherstellung der Grundversorgung mit Sport geeignet. Diese wird vielmehr durch Mitnahmeeffekte und unerwünschte Verteilungswirkungen einerseits sowie Wettbewerbsverzerrungen mit den resultierenden negativen Folgewirkungen andererseits beeinträchtigt. (3) Die staatlich ergriffenen Maßnahmen zur Realisierung der positiven Effekte des Sports sind ordnungspolitisch bedenklich. Sie sind mit Steuerungsdefiziten im Hinblick auf die Zielerreichung verbunden, nur unzureichend systemkonform und insgesamt nicht verhältnismäßig. Es ist daher zu klären, welche Möglichkeiten existieren, um die unerwünschten Effekte der Sportförderung zu vermeiden und die ordnungspolitischen Defizite auszuräumen. Handlungsempfehlungen sind zu entwickeln, die eine den ordnungspolitischen Anforderungen, wie sie im Zusammenhang mit dem Referenzrahmen formuliert wurden, gerecht werdende öffentliche Sportförderung als Ergebnis haben. Dabei müssen die politischen Zielstellungen als gegeben akzeptiert werden. Dies vorausgesetzt, sind die weiteren Überlegungen auf die Maßnahmen zu beschränken. Hierzu wird zunächst auf das politische Ziel der Grundversorgung ein-
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7. Kap.: Überlegungen zur alternativen Ausgestaltung
gegangen und kritisch hinterfragt, ob es hierzu überhaupt eines staatlichen Eingriffs bedarf.
B. Grundversorgung mit Sport über den Markt Eine Lösung über den Markt zur Grundversorgung mit Sport stellt eine aus ordnungspolitischer Sicht vorziehenswürdige Alternative zum staatlichen Interventionismus dar. Dieser Aspekt soll vor dem Hintergrund der politischen Zielsetzung näher erläutert werden, bevor die Möglichkeiten einer marktlichen Grundversorgung aufgezeigt und daraus der staatliche Handlungsbedarf abgeleitet werden.
I. Der Markt als Alternative Politisch erklärtes Ziel ist es, jedem den Zugang zum Sport zu ermöglichen. Der Staat soll deshalb eine Grundversorgung mit Sport sicherstellen. Wie soeben erläutert wurde, ist dieses Ziel aber nicht über ein Marktversagen zu rechtfertigen, da die positiven externen Effekte des Sports nicht pauschal auftreten und damit keinen Eingriff des Staates für eine Grundversorgung legitimieren. Auch eine vertragstheoretische Legitimation der Grundversorgung wurde als zweifelhaft verworfen, da es sich nicht um die Sicherung existentieller Grundbedürfnisse, sondern um einen staatlichen Eingriff zur Gestaltung der privaten Freizeit handelt.3 Bei der Grundversorgung mit Sport handelt es sich um ein verteilungspolitisch motiviertes Ziel, das kaum ordnungspolitisch legitimierbar ist. An dieser Stelle soll jedoch die Legitimation der Grundversorgung nicht weiter hinterfragt werden, sondern der politische Wunsch, wie er sich als Ergebnis des politischen Prozesses gestaltet, akzeptiert und als allgemein anerkannt betrachtet werden. Schließlich hat der Staat einen Gestaltungsauftrag, bei dem die staatliche Aktivität ihre Grenzen in den verfassungsmäßigen Beschränkungen erfährt.4 Fördert der Staat aber im Rahmen seines Gestaltungsspielraums den Sport, so stellt sich die Frage nach der Ausgestaltung der öffentlichen Sportförderung. Die aktuelle Ausgestaltung der öffentlichen Sportförderung in Form der ausschließlichen und pauschalen Förderung des selbstverwalteten Sports ist zur Sicherstellung der Grundversorgung ordnungspolitisch weitgehend zu verwerfen. Sowohl im Hinblick auf die Zielerreichung aber insbesondere in Bezug auf die Systemkonformität sind die staatlich ergriffenen Maßnahmen kritisch zu betrachVgl. 5. Kap., C. Bisweilen wird die Auffassung vertreten, daß der Staat, zumindest mit Teilen seiner Sportförderung, den ihm verfassungsrechtlich gebotenen Rahmen sprengt. So z. B. Herrnkind (1995). 3 4
B. Grundversorgung mit Sport über den Markt
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ten. Sie führen einerseits zu Mitnahmeeffekten und unerwünschten Verteilungswirkungen, andererseits zu Diskriminierung, Marktzutrittsschranken und letztlich Einschränkungen der individuellen Handlungsfreiheit. Ist das Ziel der Grundversorgung akzeptiert, während die aktuellen Maßnahmen zu verwerfen sind, erfordert dies ein Denken in Alternativen.5 Es bedarf der Suche nach alternativen Maßnahmen, die den ordnungspolitischen Anforderungen besser gerecht werden. Hierzu kann auch ein Verzicht auf staatliche Unterstützung gehören, wenn man zu dem Schluß gelangt, der Markt alleine könne ein besseres Ergebnis liefern. Cum grano salis funktionieren der Markt- und der Wettbewerbsprozeß ohne Funktionsstörungen hinsichtlich der Bereitstellung und Nachfrage von Sportangeboten. Dies legt es nahe, eine rein marktliche Lösung zur Grundversorgung mit Sport als Alternative zu betrachten. Schließlich könnten so die mit den staatlichen Eingriffen verbundenen Probleme der Systemkonformität und Verhältnismäßigkeit sowie der unerwünschten Nebenwirkungen bei der Zielerreichung von vornherein ausgeschlossen werden. Fraglich bleibt nur, wie leistungsfähig der Markt zur Erreichung des Ziels der Grundversorgung ist. Dies soll im folgenden eruiert werden, um auf dieser Basis den staatlichen Handlungsbedarf ableiten zu können.
II. Möglichkeiten einer Grundversorgung über den Markt Verbunden mit der öffentlichen Sportförderung ist eine Verzerrung der Struktur des Sportangebots zugunsten der subventionierten Angebote.6 Eine marktliche Lösung und die damit verbundene Rückführung der Subventionen, die diese existierende Verzerrung aufhebt, bedingt damit zugleich strukturelle Änderungen des Sportangebots. Diese strukturellen Änderungen bedeuten aber nicht, wie von Kritikern häufig angeführt, das Ende einer Grundversorgung mit Sport. Vielmehr unterschätzen die Gegner einer marktlichen Lösung die Leistungsfähigkeit des Marktes und insbesondere der Akteure des selbstverwalteten Sports, wie nun gezeigt werden soll.
1. Förderung des Sports durch den selbstverwalteten Sport An dieser Stelle ist von Interesse, ob die Akteure des selbstverwalteten Sports auch ohne ihre umfassende staatliche Förderung in der Lage sind, ihr Leistungsangebot aufrecht zu erhalten und somit zur Grundversorgung mit Sport beizutragen. Konkret ist im folgenden zu hinterfragen, ob die Anbieter des selbstverwal5 6
Vgl. Gröbner (1983), S. 137 ff. Vgl. Hansmeyer (1972), S. 983.
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7. Kap.: Überlegungen zur alternativen Ausgestaltung
teten Sports weiterhin zum einen den Sport fördern könnten und zum anderen den Sport fördern würden.7 a) Potential zur Förderung des Sports Verbunden mit dem Wegfall der öffentlichen Förderung wäre zunächst eine Erosion der Kostenvorteile der Anbieter des selbstverwalteten Sports, sofern diese auf der staatlichen Förderung beruhen. Steigende Aufnahmegebühren und Mitgliedsbeiträge sind als Folge zu erwarten. Wie wirken sich diese nun aber auf die sportliche Betätigung und damit die Fördermöglichkeiten durch den selbstverwalteten Sport aus? Für den Sporttreibenden ist die Ausübung seiner Tätigkeit mit verschiedenen Kosten verbunden. Hierzu zählen Aufwendungen zur Sportstättennutzung, für die Sportausrüstung, Trainer und die benötigte Zeit der Sportausübung sowie für Wegekosten.8 Mitgliedsbeiträge, die neben der Betreuung, dem Training und der Wettkampforganisation insbesondere die Nutzung der Sportinfrastruktur beinhalten, repräsentieren also nur einen Teil der für die Sportausübung aufzubringenden Kosten. Ein Vergleich der hohen Gesamtausgaben für sportliche Aktivität mit den durchschnittlichen Sportvereinsbeiträgen zeigt, daß letztere eine eher untergeordnete Kostenkategorie darstellen. Ihr Anteil lag im Durchschnitt der über 14jährigen westdeutschen Bevölkerung 1990 nicht über 15 Prozent der Ausgaben für eine aktive sportliche Betätigung.9 Diese Aussage wird von einer in Belgien anhand von 62 Sportarten durchgeführten Untersuchung gestützt.10 Diese kam zu dem Ergebnis, daß die Ausgaben für die Nutzung von Sportstätten, die Nutzungsentgelte wie auch Mitgliedsbeiträge umfassen, lediglich einen Anteil von im Mittel 14,5 Prozent ausmachten, während Zeit- und Ausrüstungskosten den bedeutendsten Anteil an den Sportausgaben hatten. Vielleicht ist in diesem geringen Anteil der subventionierten Sportstättennutzungsgebühren an den gesamten Kosten der Sportausübung auch der Grund zu sehen, weshalb in der gleichen Studie eine geringe Preiselastizität hinsichtlich der Nutzungsgebühren von Sportstätten nachgewiesen wurde.11 Niedrige NutzungsSiehe zu diesen beiden Fragestellungen auch Herrnkind (1995), S. 168 ff. Vgl. 6. Kap., A. III. 2. a). 9 Der Mitgliedsbeitrag umfaßt hierbei auch Spenden an die Vereine. Eigene Berechnung auf Basis von Weber et al. (1995), S. 80 ff. In den neuen Bundesländern erreichte der Anteil des Mitgliedsbeitrags an den Gesamtausgaben für sportliche Aktivität nicht einmal zehn Prozent. Ferner liegen die allgemeinen Sportausgaben bei sportlich Aktiven weitaus höher. Dies dürfte den möglichen Einwand, daß in den obigen Zahlen auch die Verbrauchswerte von Nicht-Vereinsmitgliedern enthalten sind, mehr als überkompensieren. Zu allgemeinen Verbrauchswerten siehe auch Meyer / Ahlert (2000), S. 121 ff. 10 Vgl. Késenne / Butzen (1987). 11 Vgl. Késenne / Butzen (1987), S. 106 ff. 7 8
B. Grundversorgung mit Sport über den Markt
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gebühren respektive niedrige Mitgliedsbeiträge scheinen also alleine nicht ausschlaggebend zu sein, um die sportliche Aktivität zu steigern. Ferner liegen die Aufnahmegebühren und Mitgliedsbeiträge der Sportvereine auf einem solchen Niveau, daß sie aktuell kein ökonomisches Ausschlußkriterium von sportlicher Betätigung bilden. Folglich muß auch eine Erhöhung der Mitgliedsbeiträge nicht zwingend das Sporttreiben für viele finanziell nicht mehr darstellbar gestalten und keineswegs die Existenz der Vereine bedrohen. Hierfür spricht auch die stetig wachsende Nachfrage aus allen Bevölkerungsschichten nach den Angeboten des fremdverwalteten Sports. Dessen Anbietern scheint es möglich, auch ohne öffentliche Förderung, Sport zu einem akzeptablen Preis anbieten zu können. Außerdem stellt sich grundsätzlich die Frage nach dem Ausmaß des Anstiegs der Mitgliedsbeiträge bei einem Wegfall der staatlichen Unterstützung. Es ist nicht von einem Anstieg im gleichen Verhältnis zur Kürzung der Förderung auszugehen. Schließlich stehen den Akteuren des selbstverwalteten Sports zahlreiche weitere Finanzierungsmöglichkeiten zur Verfügung.12 Gerade durch den Wegfall der Förderung wird der Wettbewerbsdruck auf die Vereine erhöht und Anreize geschaffen, das Potential alternativer Einnahmequellen auszuloten und auszuschöpfen, um die Mitgliedsbeiträge möglichst günstig zu halten. Eine in ihrer Bedeutung der öffentlichen Sportförderung vergleichbare Ressource steht dem selbstverwalteten Sport in Form des Ehrenamts auch bei einer marktlichen Lösung noch zur Verfügung. Durch den gezielten Einsatz und Ausbau ehrenamtlicher Tätigkeit können die Mitgliedsbeiträge auch weiterhin niedrig gehalten werden. Das Ehrenamt ermöglicht dem selbstverwalteten Sport darüber hinaus einen Kostenvorteil gegenüber alternativen Anbietern, der zu preiswerteren Leistungsangeboten führen kann. Insgesamt wird es den Akteuren des selbstverwalteten Sports auch ohne öffentliche Förderung möglich sein, ihren Mitgliedern wie auch Dritten die aktive Sportausübung zu ermöglichen. Dennoch gilt es, die distributiven Wirkungen zu berücksichtigen, die eventuell ein Offenhalten des Sports für alle nicht mehr ermöglichen. Die Erhöhung der Mitgliedsbeiträge wird die sportliche Aktivität in unterschiedlichem Ausmaß betreffen. Besonders preiselastische oder stark von einer öffentlichen Sportförderung profitierende Sportarten und Ausübungsformen könnten ohne staatliche Unterstützung nicht mehr allen Individuen offenstehen. Dieser Aspekt ist allerdings unproblematisch und zu vernachlässigen. Schon im aktuellen System der öffentlichen Sportförderung sind gewisse Sportarten nicht allen zugänglich. Ferner gibt es keinen Bestandsschutz für Sportarten. Vielmehr wird bei einer marktlichen Lösung die aktuelle politische Selektion von Sportarten durch 12 Einen Überblick über die aktuellen Einnahmepositionen der Sportvereine bieten Emrich / Pitsch / Papathanassiou (2001), S. 299 ff.
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7. Kap.: Überlegungen zur alternativen Ausgestaltung
eine Bewertung des Marktes ersetzt. Damit muß keinesfalls ein Verlust der Vielfalt des Sports einhergehen.13 Es werden ja gerade Anreize und individuelle Handlungsspielräume für innovative Angebote geschaffen. Tradierte wie neue Angebote müssen sich im Markt bewähren und damit verstärkt an den Präferenzen der Nachfrager ausrichten. Bei einem Wegfall der öffentlichen Sportförderung können die steigenden Mitgliedsbeiträge aber zu einer Schließung des Sports bei finanziell unzureichend ausgestatteten Individuen führen, was einer Grundversorgung diametral gegenübersteht. In diesem Fall mag es politisch wünschenswert erscheinen, die entsprechenden Individuen gezielt zu fördern. Die vorgebrachten Einwände ändern nichts an der Tatsache, daß der selbstverwaltete Sport grundsätzlich auch ohne öffentliche Sportförderung weiterhin den Sport fördern kann. Ob er auch gewillt ist, dies zu tun, ist nun zu prüfen. b) Motivation zur Förderung des Sports Die Mitglieder von Sportvereinen wie auch von Sportverbänden bringen ihre Ressourcen ein, um in Kooperation ein Angebot zur sportlichen Betätigung zu schaffen. Da sie ihre eigenen Ressourcen einbringen, soll das resultierende Angebot ihren Interessen und Präferenzen hinsichtlich ihrer sportlichen Aktivitäten entsprechen. Die Akteure des selbstverwalteten Sports sind also keineswegs selbstlos tätig, sondern verfolgen ihren eigenen Zweck, eben die Ermöglichung der eigenen sportlichen Betätigung.14 Der Nutzen, den die Mitglieder aus dem Einbringen ihrer Ressourcen ziehen können, fließt ihnen dabei selbst zu. Schließlich wollen sie keine Opfer bringen, sondern für ihren Beitrag eine entsprechende Gegenleistung erhalten.15 Die vermeintlichen Gemeinwohlwirkungen hingegen, sofern sie überhaupt auftreten, stellen höchstens einen Nebeneffekt dar. Spaß und Geselligkeit sind die primären Motive des Sporttreibens in Vereinen.16 Letztlich finanzieren die Mitglieder ihre eigene Freizeitgestaltung. 17 Eigennütziges Handeln der Mitglieder bildet also die Motivation für das Entstehen der Sportvereine, die mit ihren Angeboten weitgehend die Interessen ihrer Mitglieder verfolgen. Da die Mitglieder den Nutzen ihrer Beiträge selbst realisieren, bedarf es keines zusätzlichen staatlichen Anreizes. Der selbstverwaltete Sport könnte also nicht nur, sondern würde auch ohne eine staatliche Förderung den Sport fördern. 13 14 15 16 17
So auch Güldenpfennig (2001), S. 80 ff. Vgl. Bundesministerium der Finanzen (1988), S. 127. Vgl. Herrnkind (1995), S. 121. Vgl. Veltins (2001), S. 10. Vgl. Bundesministerium der Finanzen (1988), S. 126 f.
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2. Förderung des Sports durch alternative Sportanbieter Die Akteure des selbstverwalteten Sports sind auch ohne staatliche Förderung in der Lage, den Sport zu fördern und eine Grundversorgung zu gewährleisten. Darüber hinaus tragen alternative Angebotsformen auch zur Grundversorgung mit Sport bei. Bereits heute ist davon auszugehen, daß in den meisten Gebieten neben einem selbstverwalteten Sportangebot auch fremdverwaltete Angebote nutzbar sind.18 Diese erfahren, ebenso wie der nichtverwaltete Sport, in den letzten Jahren regen Zulauf, der auch weiterhin anhalten dürfte. Von einer marktlichen Lösung der Grundversorgung dürften alternative und potentielle neue Anbieter und Angebote weiter profitieren, so daß sie verstärkt sportliche Aktivität für alle ermöglichen können. Bei einer Bereitstellung des Sportangebots ohne öffentliche Förderung fällt die nicht-marktliche Diskriminierung der nicht dem selbstverwalteten Sport zugehörigen Anbieter weg. Insbesondere müßten die Anbieter des fremdverwalteten Sports nicht mehr mit Teilen ihrer Steuern zur Finanzierung der öffentlichen Förderung aufkommen. Dies bedeutet für sie eine erweiterte Ressourcenausstattung und größere Handlungsfreiheit. Diese kann zu kostengünstigeren und damit preisweiteren oder qualitativ verbesserten Angeboten genutzt werden. Damit verbessern sich die Möglichkeiten des Bereichs des fremdverwalteten Sports, zur Grundversorgung mit Sport beizutragen. Ebenso fallen bei der Rückführung der öffentlichen Unterstützung auch die staatlich bedingten Marktzutrittsschranken weg. Etablierte und potentielle neue Anbieter werden damit im freien Einsatz ihrer Aktionsparameter nicht mehr staatlich beeinflußt und eingeschränkt. Sie können nach freier Entscheidung in alle Bereiche des Sportangebots Vor- und Nachstöße initiieren und frei in neue Märkte eintreten. Eine erhöhte Dynamik des Markt- und Wettbewerbsprozesses ist zu erwarten. In concreto äußert sich diese in einer zunehmenden kreativen Suche nach neuen Handlungsmöglichkeiten. Kostensenkungen wie auch qualitative Verbesserungen und Weiterentwicklungen der Sportangebote können hieraus resultieren, die die Grundversorgung mit Sport verbessern. Des weiteren liegen Preissignale nicht mehr verzerrt vor. Entsprechend kann das im Markt- und Wettbewerbsprozeß generierte Wissen unverzerrt verbreitet und genutzt werden. Die Informationsbasis über die Knappheit von Gütern verbessert sich und damit auch die Allokation der knappen Ressourcen. Der Wettbewerbsprozeß kann neues Wissen uneingeschränkt generieren. Die rückläufige Fehlallokation und damit verbundene Verschwendung von Ressourcen führt insgesamt zu einer Steigerung des verfügbaren Einkommens. Der Wegfall der Zwangsabgaben aller Steuerzahler zur Finanzierung der Subventionierung des Sports führt einerseits zu einer Erhöhung des individuell verfügbaren Ein18
Vgl. Emrich / Pitsch / Papathanassiou (2001), S. 281 ff.
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7. Kap.: Überlegungen zur alternativen Ausgestaltung
kommens. Andererseits bedingt er zugleich das Ende der staatlichen Beeinflussung zur verstärkten Nachfrage der subventionierten Angebote des selbstverwalteten Sports. Statt dessen gewinnen die Wirtschaftssubjekte an Freiheit, um sich für die individuell vorteilhaften Handlungsmöglichkeiten zu entscheiden. Dies kann die Nutzung der Angebote des selbstverwalteten Sports oder eben auch alternativer Angebotsformen bedeuten, ganz in Abhängigkeit der Präferenzen und Restriktionen der Nachfrager. Das höhere individuelle Einkommen ermöglicht es den Wirtschaftssubjekten, bei gleichbleibender relativer finanzieller Belastung ihrer Budgets mit Sportausgaben höhere Aufwendungen für die sportliche Aktivität zu tätigen.19 Damit steht das meist teurere Angebot des fremdverwalteten Sports mehr Sportlern offen, womit wiederum die Grundversorgung verbessert wird. Hinzu kommt, daß aufgrund des Wegfalls der nicht-marktlichen Diskriminierung und Marktzutrittsschranken günstigere Angebote zu erwarten sind. Der funktionsfähige Markt- und Wettbewerbsprozeß ermöglicht existierenden und potentiellen neuen fremdverwalteten Sportanbietern eine Verbesserung ihrer Angebote in qualitativer wie preislicher Hinsicht. Zudem steht mit dem Wegfall der öffentlichen Förderung dem einzelnen ein höheres individuelles Einkommen zur Verfügung. Deshalb führt eine marktliche Lösung zu einem, über den aktuell bereits existierenden Beitrag hinausgehenden, verbesserten Beitrag von Sportanbietern außerhalb des selbstverwalteten Sports zur Grundversorgung mit Sport.
III. Staatlicher Handlungsbedarf Die vorangegangenen Ausführungen haben gezeigt, daß der Markt eine Grundversorgung mit Sport leisten kann. Folglich ist es die Aufgabe des Staates, für die Funktionsfähigkeit des Markt- und Wettbewerbsprozesses im Bereich des Sports zu sorgen. Dies kann er durch den Abbau von Hemmnissen und Widerständen sowie die Gestaltung der gesetzlichen und institutionellen Rahmenbedingungen sicherstellen.
1. Abbau staatlich bedingter Marktzutrittsschranken Das Ein-Verbands-Prinzip, die ausschließlich den Akteuren des selbstverwalteten Sports ermöglichten Kostenvorteile durch die öffentliche Sportförderung sowie deren Privilegierung bei der Vergabe von Nutzungsrechten an öffentlicher Sport19 Damit steht natürlich auch für die Begleichung der steigenden Beiträge zur Nutzung des selbstverwalteten Sportangebots mehr Einkommen zur Verfügung, womit die Argumentation untermauert wird, daß der selbstverwaltete Sport auch ohne staatliche Unterstützung weiterhin den Sport fördern kann.
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infrastruktur stellen nicht-marktliche Marktzutrittsschranken dar, die den Wettbewerb beschränken. Der Staat ist deshalb aufgefordert, diese durch ihn bedingten Einschränkungen des Wettbewerbs aufzuheben. Die Möglichkeit zur Nutzung der öffentlichen Sportinfrastruktur muß allen Sportanbietern gleichberechtigt offenstehen.20 Bei Nachfragekonkurrenz darf also nicht, wie aktuell üblich, die Zugehörigkeit zum DSB ausschlaggebendes Kriterium für eine bevorzugte Behandlung bei der Vergabe der Nutzungsrechte sein. Vielmehr ist ein transparenter Vergabeprozeß zu institutionalisieren, der auf nachvollziehbaren und die Marktkräfte berücksichtigenden Kriterien basiert. Insbesondere das Kriterium der höchsten Zahlungsbereitschaft gilt es anzuwenden, das bisher allenfalls eine untergeordnete bis gar keine Rolle spielt. Für den Erwerb der Nutzungsrechte der Infrastruktur sind dann marktübliche Entgelte zu entrichten.21 Darüber hinaus scheint es durchaus angebracht, auch für den Betrieb bzw. die Finanzierung der existierenden öffentlichen Infrastruktur auf private Kräfte zurückzugreifen. Denkbar ist eine Trennung von Eigentum und Nutzung der Sportinfrastruktur, wie dies in anderen Staaten vielfach bereits üblich ist22 oder in Deutschland in netzgebundenen Wirtschaftsbereichen praktiziert wird. Auch das Public Private Partnership scheint hier alternative Möglichkeiten zu eröffnen.23 Entsprechende Modelle sorgen für zusätzlichen Wettbewerb und versprechen Effizienzvorteile, die zur Entlastung der öffentlichen Haushalte beitragen und letztlich der gesamtwirtschaftlichen Wohlfahrt zugute kommen. Die ausschließliche Subventionierung des selbstverwalteten Sports führt zu Kostenvorteilen, die die Wettbewerber benachteiligen bzw. potentielle neue Konkurrenten von einem Markteintritt abschrecken können. Folglich ist der Staat gefordert, auch diese staatlich bedingten Marktzutrittsschranken zu eliminieren. Dies bedeutet konkret die Rückführung der Förderung des selbstverwalteten Sports. Während die ausschließliche Förderung des selbstverwalteten Sports ordnungspolitisch nicht haltbar ist, kann insgesamt dennoch nicht zwingend ein vollständiger Abbau der Förderung erstrebenswert sein. Zum einen ist es verteilungspolitisch erwünscht, jedem den Zugang zum Sport zu ermöglichen, was durch eine gezielte Förderung Bedürftiger realisiert werden kann. Zum anderen kann es ökonomisch geboten sein, mittels einer staatlichen Förderung die positiven externen Effekte des Sports zu internalisieren. Ziel ist somit kein vollständiger Abbau, sondern ein Umbau der Förderung, so daß die Fördermaßnahmen gezielt zur Erreichung der Vgl. Kubat (1998), S. 152. So werden in anderen Staaten, beispielsweise in Kanada oder Großbritannien, zunehmend kostendeckende Entgelte für die Nutzung öffentlicher Sportinfrastruktur erhoben. Siehe hierzu Slack (1996) sowie die dort angegebene Literatur. 22 Vgl. Slack (1996). 23 Siehe hierzu die Beiträge in Gesellschaft für öffentliche Wirtschaft (2004), insbesondere S. 173 ff., oder entsprechende Vorschläge der Deutschen Gesellschaft für Freizeit (1999), S. 180 f. 20 21
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7. Kap.: Überlegungen zur alternativen Ausgestaltung
intendierten Zwecke eingesetzt werden können, ohne jedoch die aktuell bestehenden ordnungspolitisch bedenklichen Probleme hervorzurufen. Ein entsprechender Umbau der Sportförderung kann nur Ergebnis der Überprüfung der einzelnen Maßnahmen sein.24 Durch die in dieser Abhandlung offensichtlich notwendig gewordene Abkehr von dem aktuell praktizierten Gießkannenprinzip hin zu einer differenzierenden Förderpraxis ist insgesamt dennoch von einer deutlichen Reduktion des Umfangs der Förderung auszugehen. Der erforderliche Abbau sollte aber keineswegs schockartig vollzogen werden. Es ist nicht davon auszugehen, daß die an die staatliche Unterstützung gewöhnten Akteure des selbstverwalteten Sports über die hierzu benötigte Anpassungsflexibilität verfügen. Folglich könnten sie von einer Schocktherapie überfordert sein. Vielmehr sollte ein verbindlicher Ablaufplan des Abbaus erstellt werden, der allen beteiligten und betroffenen Wirtschaftssubjekten Planungssicherheit und damit Erwartungsstabilität bietet sowie die nötige Anpassungszeit läßt. Es ist darauf zu achten, daß ein verbindlicher Endtermin für den Ablauf der jeweiligen unterstützenden Maßnahmen festgelegt wird. Ebenso kann darüber hinaus durch eine progressive Staffelung der Rückführung eine allmähliche und insofern zumutbare Steigerung der Eigeninitiative der Akteure des selbstverwalteten Sports bewirkt werden. Eine für alle zugängliche öffentliche Infrastruktur sowie ein Ende der ausschließlichen und pauschalen Förderung des selbstverwalteten Sports zieht nun eine veränderte Beurteilung des Ein-Verbands-Prinzips nach sich. Ist die Mitgliedschaft im DSB nicht mehr ausschlaggebendes Kriterium für eine bevorzugte Behandlung, fällt automatisch die Privilegierung für seine Mitglieder weg. Damit stellt das Ein-Verbands-Prinzip keine staatlich bedingte Marktzutrittsschranke mehr dar. Erkennt der DSB aber weiterhin nur einen Verband je Sportart an, ist dies als eine aus dem Wettbewerb resultierende Beschränkung zu werten. Eine Unterscheidung, inwieweit diese eine angemessene oder unangemessene Beschränkung des Handlungsspielraums der Wirtschaftssubjekte darstellt, ist nicht immer einfach.25 Im Zweifel sollte sie als wettbewerbliche Verhaltensweise akzeptiert werden, um staatliche Eingriffe möglichst gering zu halten. Letztlich hat die Wettbewerbspolitik darüber zu befinden.
2. Gestaltung der Rahmenbedingungen Der weitgehende Abbau und Umbau der verbleibenden öffentlichen Förderung des Sports sowie die Grundversorgung über den Markt bedeuten nun keineswegs den Rückzug des Staates aus der öffentlichen Sportförderung. Die Funktionsfähigkeit des Markt- und des Wettbewerbsprozesses ist Grundvoraussetzung für die 24 25
Vgl. Gröbner (1983), S. 219 ff. Vgl. Eickhof (1990), S. 231 ff.
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Bereitstellung des Sports über den Markt. Dies im Bereich des Sports zu gewährleisten, ist Aufgabe des Staates. Somit wird seine Aufgabe der Sportförderung neu definiert. Sie muß darin bestehen, zu erkennen, „dass der Sport, – d. h. die Sportler, die Sportvereine und die Sportverbände – Wirtschaftssubjekte sind und als solche den Regeln einer liberalen Marktordnung zu unterwerfen sind.“26 Die entsprechenden Anforderungen an einen solchen Regelrahmen brauchen an dieser Stelle nicht weiter erläutert werden, da diese bereits ausführlich bei der Entwicklung des Referenzrahmens dargestellt wurden. Konkret ist es die Aufgabe des Staates, durch die Festlegung des Regelrahmens die Produktions- und Absatzbedingungen der Sportanbieter zu verbessern. Dies ist, ohne eine Privilegierung des Sports als ein Bereich der Gestaltung der Freizeitaktivität, durch eine Modifikation in Richtung auf eine Liberalisierung zahlreicher existierender, für den gesamten Wirtschaftsprozeß allgemein gültiger Bestimmungen des Ordnungsrahmens möglich. Hierunter fallen beispielsweise allgemeine Reglementierungen bei der Gründung von Unternehmen, Restriktionen auf den Kapitalmärkten zur Beschaffung von Kapital oder die zahlreichen arbeits- und sozialrechtlichen Bestimmungen, die unternehmerische Initiative eindämmen und den Markt- und den Wettbewerbsprozeß in ihrer Dynamik hemmen. Ferner sollte, wie im vorangegangenen Abschnitt schon angedeutet, auch der Bereich des Sports einer konsequenten Wettbewerbspolitik unterworfen werden, die keine Verringerung des Anpassungsdrucks zuläßt. Um das Leistungspotential des selbstverwalteten Sports nicht zu verkennen, muß ein solcher Ordnungsrahmen auch einen Akzent auf die freiwillige private Initiative setzen.27 So ist die Bedeutung von Selbst- und Fremdhilfe in kleinen Gruppen nicht zu unterschätzen. Im Kontext der Sozialpolitik hat Eucken die Bedeutung kleiner Gruppen erkannt und gewürdigt. „Spontane Gruppenbildung auf der Basis gemeinsamer Interessen entsprechen einem ursprünglichen Bedürfnis des Menschen. Gemeinschaften, zu denen die einzelnen sich aus freiem Impuls zusammenfinden, können dazu helfen, den Menschentypus zu bilden, der eine freie Ordnung von Wirtschaft und Gesellschaft zu tragen und auszubilden vermag.“28 Sportvereine in ihrem ursprünglichen Sinne können als solche auf privater Eigeninitiative basierende Selbsthilfegruppen verstanden werden. Individuen kooperieren und bringen individuelle Ressourcen ein, um gemeinsam durch die Gruppe die Ausübung ihrer Freizeitaktivität zu ermöglichen. In dieser Ausgestaltung sind Selbstbestimmung und -haftung gekoppelt. Die Selbsthilfe steht im Mittelpunkt und nicht die Ausbeutung der Allgemeinheit, wie dies durch die heutige Sportverbandslobby meist der Fall ist, die in Verhandlungen mit dem Staat auf Kosten der Allgemeinheit eine wachsende Zahl von Privilegien für einen beschränkten Kreis an Mitgliedern zu erwirken trachtet. 26 27 28
Kirsch / Kempf (2002), S. 266. Im allgemeinen Kontext der Sozialpolitik siehe hierzu Eucken (1952), S. 319. Eucken (1952), S. 320.
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7. Kap.: Überlegungen zur alternativen Ausgestaltung
Folglich muß der ordnungspolitische Rahmen so ausgestaltet sein, daß die Eigeninitiative der Wirtschaftssubjekte und damit das Selbsthilfepotential genutzt werden kann. Dies darf aber nicht zu staatlichen Geschenken in Form einer Privilegierung der beteiligten Akteure führen. Schließlich organisieren diese ihre private Freizeit und erbringen dabei, im Gegensatz beispielsweise zu Selbsthilfeaktivitäten im Bereich der Krankenpflege oder Armutsbekämpfung, kaum nachgewiesene Gemeinwohlwirkungen. Da für eine entsprechende Leistungserstellung aber auch finanzielle Ressourcen unerläßlich sind, über die nicht alle Wirtschaftssubjekte in gleichem Maße verfügen, kann es aus verteilungspolitischen Motiven erwünscht sein, die Bedürftigen gezielt mit entsprechenden Mitteln auszustatten. Unterwirft der Staat den Bereich des Sports konsequent einem solch liberal ausgestalteten Regelrahmen, ist es letztlich der freien Entscheidung der Akteure des Sports überlassen, ob sie sich dem Markt- und Wettbewerbsprozeß stellen und sich dem marktwirtschaftlichen System ausliefern oder sich im Gegensatz dazu auf ihre ursprüngliche Idee einer Selbsthilfegruppe zurückbesinnen. Schließlich sind auch dem Markt- und Wettbewerbsprozeß Grenzen der Leistungsfähigkeit gesetzt. Ein funktionsfähiger Markt- und Wettbewerbsprozeß kann nicht jede Form sportlicher Betätigung für jedes Individuum ermöglichen. Vielmehr ist es gerade die Aufgabe des Preismechanismus, nicht zahlungswillige, aber auch nicht zahlungsfähige Wirtschaftssubjekte von der Nutzung von Sportangeboten auszuschließen. Darüber hinaus versagt der Marktprozeß bei der Bereitstellung öffentlicher Güter und beim Vorliegen externer Effekte. Insbesondere letztere können durchaus mit sportlicher Aktivität verbunden sein, wenngleich sie zumeist nicht automatisch beim Sporttreiben, sondern erst durch den gezielten Einsatz der sportlichen Betätigung auftreten. Eng damit verbunden ist die Möglichkeit, durch den Sport übergeordnete politisch determinierte Ziele zu erreichen. Zu diesen können die Ergebnisse, die das offene Verfahren des Markt- und Wettbewerbsprozesses hervorbringt, durchaus im Widerspruch stehen. Somit kann ergänzender staatlicher Handlungsbedarf, der über die Gestaltung der Rahmenbedingungen zur Sicherung eines funktionsfähigen Markt- und Wettbewerbsprozesses hinausgeht, erforderlich sein.
C. Ergänzende staatliche Maßnahmen zur Sportförderung Die vorangegangenen Überlegungen haben gezeigt, daß die ordnungspolitisch begrüßenswerte Lösung einer Grundversorgung mit Sport über den Markt durchaus realistisch erscheint, wenn der Staat seine Aktivität auf die Gestaltung eines marktwirtschaftlichen Ordnungsrahmens beschränkt. Dennoch ergeben sich aufgrund der politischen Zielstellungen zwei Gründe für ergänzende staatliche Maßnahmen. Zum einen möchte der Staat die Versorgung aller mit Sport sicherstellen und hat ein großes Interesse daran, daß eine bestimmte Menge davon von den privaten
C. Ergänzende staatliche Maßnahmen zur Sportförderung
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Wirtschaftssubjekten verbraucht wird.29 Zum anderen ist es ein Anliegen des Staates, die mit der Sportausübung durchaus verbundenen positiven Effekte im Hinblick auf die Gemeinwohlziele zu realisieren.30 Eine zielführende und vor dem Hintergrund des Referenzrahmens ordnungspolitisch vertretbare Ausgestaltung der öffentlichen Sportförderung soll im folgenden erarbeitet werden.
I. Direkte Transferzahlungen an Nachfrager Wenngleich der Staat durch den Abbau der durch ihn bedingten Marktzutrittsschranken sowie durch die Gestaltung des Ordnungsrahmens für einen funktionsfähigen Markt- und Wettbewerbsprozeß sorgt, über den die Grundversorgung mit Sport erbracht werden kann, so können doch die hervorgerufenen strukturellen Änderungen des Sportangebots für einzelne Wirtschaftssubjekte (weiterhin) zu einem Ausschlußkriterium von selbst- oder fremdverwaltetem Sport werden. Aus politischer Sicht ist es aber wünschenswert, den Zugang zum Sport für alle offenzuhalten. Hierzu sind die bedürftigen Individuen gezielt zu fördern. Ein Übergang von der Angebotsförderung hin zu direkten Transferzahlungen an die Nachfrager ist zu empfehlen. Bevor einzelne Gestaltungselemente einer zu entwickelnden möglichen Ausgestaltungsvariante skizziert und diskutiert werden, ist zunächst das Grundanliegen direkter Transferzahlungen an Nachfrager vor dem Hintergrund der Ziel- und Systemkonformität zu erläutern.
1. Grundidee Bei einer fehlenden oder unzureichenden Versorgung mit Sport aufgrund finanzieller Restriktionen kann die Unterstützung der Betroffenen sowohl mittels der Bereitstellung entsprechender Sportleistungen als auch durch die Erhöhung ihrer Kaufkraft erfolgen. Die Bereitstellung von Sachleistungen ermöglicht grundsätzlich eine bessere Plan- und Kontrollierbarkeit der Versorgung. Insbesondere ist die politische Einflußnahme auf die Quantität und Qualität der Leistungen möglich.31 Allerdings kann sie nicht oder nur unzureichend die divergierenden individuellen Auffassungen hinsichtlich einer adäquaten Versorgung mit Sport abbilden. Dem 29 Dies entspricht dem Ziel der Beeinflussung der Konsumstruktur, wie es regelmäßig bei meritorischen Gütern anzutreffen ist. Sport ist hierbei Konsumzweck. 30 Der Sport wird in diesem Verständnis instrumentalisiert zur Erreichung staatlich vorgegebener Ziele. Sport ist hier also Instrument. 31 Wie die Analyse der Sportförderung gezeigt hat, ist dies aufgrund der Autonomie des selbstverwalteten Sports nur bedingt möglich. Auch die anderen grundsätzlichen Vorteile der Bereitstellung von Sport durch Angebotssubventionen können durch die aktuelle Ausgestaltung der öffentlichen Sportförderung kaum realisiert werden.
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7. Kap.: Überlegungen zur alternativen Ausgestaltung
trägt die Erhöhung der Kaufkraft der betroffenen Nachfrager durch direkte Transferzahlungen Rechnung. Mit der Bereitstellung monetärer Ressourcen wird dem Empfänger ein höheres Maß an Handlungs- und Entscheidungsfreiheit eingeräumt als bei der Bereitstellung von Sachleistungen. Dies entspricht konsequenterweise dem zugrunde gelegten individualistischen Menschenbild. Auf völlige Handlungsfreiheit bei der Verfügung über die öffentlich gewährten monetären Ressourcen muß aber verzichtet werden. Dies gebietet die Wahrung der Zielkonformität, die eine Zweckbindung der Mittel zur Ausübung des Sports erforderlich macht. Durch die Erhöhung der Kaufkraft mittels direkter Transferzahlungen an Nachfrager wird ein Wettbewerbselement in den Subventionsvergabeprozeß eingeführt. Der Nachfrager kann gemäß seiner Präferenzen zwischen allen Sportanbietern zur Ausübung seines Sports wählen. Der Wettbewerbsdruck auf die Anbieter wird intensiviert. Sie werden gezwungen, sich verstärkt an den Wünschen der Nachfrager zu orientieren. Damit wird das Angebot über die Nachfrage gesteuert. Diskriminierenden, schwer nachvollziehbaren politischen Entscheidungen kann vorgebeugt werden. Der Konsument ist souverän und kann eigenverantwortlich entscheiden und handeln. Der Markt- und der Wettbewerbsprozeß werden nicht in ihrer Funktionsfähigkeit eingeschränkt. Direkte Transferzahlungen an Nachfrager scheinen aus Sicht der Systemkonformität durchaus vertretbar. Aus Sicht der Zielkonformität, also im Hinblick auf die gezielte Förderung Bedürftiger, sind direkte Transferzahlungen an Nachfrager ein adäquates, den bisherigen Angebotssubventionen überlegenes Instrument. Grundsätzlich werden die Kosten des Angebots den jeweiligen Nutzern direkt zugerechnet. Wer Sport konsumiert, zahlt hierfür einen marktüblichen Preis. Nur der politisch als bedürftig eingestufte Nachfrager erhält Transferzahlungen zur Erhöhung seiner Kaufkraft. Destinatar und Empfänger der Förderung sind damit identisch. Somit können Bedürftige gezielt gefördert an das Sportangebot herangeführt und für alle kann der Zugang zum Sport offengehalten werden. Gleichzeitig werden Mitnahmeeffekte verringert und einer Umverteilung von unten nach oben vorgebeugt. Ferner sind keine „Sickereffekte“ bei den Sportanbietern zu erwarten.32 Allerdings können auch Einwände gegen eine direkte Subventionierung der Nachfrager mittels Transferzahlungen vorgebracht werden. Bei direkten Transferzahlungen an Nachfrager wird gegenüber Angebotssubventionen von einem tendenziell höheren Verwaltungsaufwand ausgegangen.33 Im Falle eines sachlich begrenzten Umfangs sowie einer einfachen zielgerichteten Ausgestaltung bei wenigen subventionierten Anbietern und einer gleichzeitig hohen Anzahl förderungswürdiger Nachfrager mag dies uneingeschränkt zutreffen. Im Rahmen der Sportförderung ist diese Tendenz aber fraglich. Zum einen ist gerade die praktizierte Angebotsförderung mit einem nicht zu unterschätzenden Verwaltungsaufwand verbunden. Dieser resultiert aus der Vielzahl der Fördermaßnahmen und 32 33
Vgl. Gröbner (1983), S. 143. Vgl. Gröbner (1983), S. 143.
C. Ergänzende staatliche Maßnahmen zur Sportförderung
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insbesondere im Bereich der unmittelbaren Förderung aus dem vielfältigen sachlichen Umfang der Vergabe von öffentlichen Mitteln, deren Beantragung, Durchführung und Kontrolle jeweils bearbeitet werden müssen. Der sachliche Umfang der zweckgebundenen Transferzahlungen ist hingegen wesentlich reduziert. Zum anderen basiert die Bedürftigkeit der Nachfrager auf sozio-ökonomischen Kriterien. Entsprechend können die direkten Transferzahlungen mit anderen sozialpolitischen Maßnahmen bzw. diese durchführenden Institutionen gekoppelt werden. Alternativ ist weiterhin eine Durchführung durch die Sportämter möglich. Somit können die Transferzahlungen an Nachfrager in existierende und funktionierende institutionelle Arrangements eingebettet werden. Die verwaltungstechnischen Voraussetzungen für eine Umsetzung sind damit gegeben. Es ist durchaus realistisch davon auszugehen, daß bei einer zweckmäßigen Ausgestaltung dieser Form der Kaufkrafterhöhung Administrationskosten eingespart werden können.34 Gesicherte empirische Erkenntnisse über den tatsächlich anfallenden Aufwand im Vergleich zu Angebotssubventionen, insbesondere für den Bereich des Sports, liegen nach Kenntnisstand des Autors noch nicht vor. Ein zweiter Einwand könnte vorgebracht werden, sollten die direkten Transferzahlungen an Nachfrager nur auf Antrag gewährt werden.35 Fehlen Informationen über die Möglichkeit zur Inanspruchnahme direkter Transferzahlungen, ist als Konsequenz das Unterbleiben von Antragsstellungen naheliegend.36 Ein solches Informationsdefizit ist im Bereich des Sports allerdings nicht zu erwarten. So dürften die Anbieter des Sports ein reges Interesse daran haben, entsprechende Informationen bereitzustellen, um Mitglieder zu gewinnen bzw. halten zu können. Sollte der Markt wider Erwarten nicht hinreichend Informationen bereitstellen, kann der Staat Maßnahmen für eine gezielte Informationsversorgung ergreifen. Ein dritter Einwand bezieht sich auf den politischen Entscheidungsbedarf, der auch bei direkten Transferzahlungen an Nachfrager nicht gänzlich ausgeschlossen werden kann. Der politische Entscheidungsbedarf geht dabei über die Festlegung der Kriterien der Bedürftigkeit hinaus. Ein Informationsproblem hinsichtlich des optimalen Subventionstarifs liegt vor, wodurch bei der Festlegung des Nennwerts der Transferzahlungen bzw. des Umfangs der konsumierbaren Menge ein Bewertungsproblem gegeben ist. Ebenso gilt es, von politischer Seite zu determinieren, für welche Sportanbieter respektive Sportangebote die Transferzahlungen gewährt 34 Im Theaterbereich konnten beispielsweise mittels eines Gutscheinsystems als möglicher Form direkter Transferzahlungen an Nachfrager aus administrativer Sicht Kosteneinsparungen realisiert werden. Vgl. Baumol (1979), S. 48 f. 35 Dieser Einwand wird gegen das Wohngeld als konkrete Form direkter Nachfragetransfers der Wohnungsmarktpolitik vorgebracht. Dort wird davon ausgegangen, daß über die Hälfte der Anspruchsberechtigten keinen Antrag auf Wohngeld stellt. Siehe hierzu Jetter (1995), S. 15. 36 Ein weiterer Grund unterlassener Antragsstellungen könnten damit verbundene Transaktionskosten sein. Diese hängen aber von der insbesondere institutionellen Ausgestaltung der direkten Nachfragetransfers ab, so daß sie hier nicht weiter berücksichtigt werden.
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7. Kap.: Überlegungen zur alternativen Ausgestaltung
werden. Die angeführten Bewertungsprobleme spiegeln die Gestaltungselemente direkter Transferzahlungen wider. Sie werden beim folgenden Vorschlag eines möglichen Ausgestaltungsansatzes wieder aufgegriffen und diskutiert. Insgesamt bieten sich zur gezielten Förderung bedürftiger Nachfrager nach Sport und damit der Sicherstellung der Grundversorgung mit Sport direkte Transferzahlungen an Nachfrager an. Sie ermöglichen eine weitgehend nebenwirkungsfreie Zielerreichung bei hinreichend akzeptabler Wahrung der Systemkonformität. Mögliche Einwände, die insbesondere die Wirtschaftlichkeit betreffen, sind bei einer adäquaten Ausgestaltung der direkten Transferzahlungen hinfällig. Eine mögliche Ausgestaltung der direkten Transferzahlungen an Nachfrager soll im folgenden skizziert werden. Dabei ist zunächst festzulegen, in welcher Form die Nachfrager monetäre Ressourcen bereitgestellt bekommen und damit eine Kaufkrafterhöhung erfahren sollen.
2. Sportgutscheine oder Sportgeld als mögliche Ausgestaltungsansätze Eine Möglichkeit der Realisierung von direkten Transferzahlungen an die Nachfrager ist ein Gutscheinsystem, wie es etwa für den Bildungs- und Kulturbereich schon seit langem diskutiert und teils praktiziert wird.37 Auch für den Bereich des Sports lassen sich in der ökonomischen Literatur jüngst Empfehlungen für eine auf Gutscheinen basierende Sportförderung finden.38 Konkret bedeutet ein Gutscheinsystem, daß vom Staat an bedürftige potentielle Nachfrager Gutscheine ausgegebenen werden, die zu einer verbilligten Mitgliedschaft bzw. Nutzungsgebühr in einem festgelegten Umfang bei miteinander konkurrierenden Sportanbietern berechtigen. Als eine alternative Möglichkeit der zweckgebundenen Erhöhung der Kaufkraft soll an dieser Stelle ein sogenanntes Sportgeld eingeführt werden. Dieses stellt einen direkten monetären Transfer an den Sportnachfrager dar, der sich an dessen 37 Die wissenschaftliche Diskussion um Gutscheine als Instrument der nachfrageseitigen Subventionierung geht auf den ursprünglichen Vorschlag von Bildungsgutscheinen von Friedman (1962) zurück. Für den Kulturbereich siehe Pommerehne / Frey (1987), S. 269, oder Peacock (1998), S. 201, sowie die dort jeweils angegebene Literatur. Zur Finanzierung der (Schul)Bildung über Gutscheine findet sich ein zusammenfassender Überblick über die international zahlreichen Erfahrungswerte von Modellversuchen bzw. implementierten Finanzierungssystemen beispielsweise bei Dohmen (2000) oder West (1997). 38 Vgl. Engelhardt / Heinemann (2001), S. 56, im Kontext der Grundversorgung mit Sport und Kubat (1998), S. 155, im Zusammenhang mit der Nachwuchsförderung im Spitzensport. In Hamburg wurde ein „Gutschein-Modell“ bereits realisiert. Auszubildende erhielten Sportgutscheine und konnten diese über die Vereine beim Hamburger Sportbund einreichen. Die Sportgutscheine waren als Kompensation gedacht für die Berufsschüler, deren Unterrichtsfach Sport seit 1997 weggefallen war. 2002 endete das „Gutschein-Modell“ ohne Angabe näherer Gründe. Siehe hierzu Hamburger Sportbund (2003), S. 5.
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Bedürftigkeit orientiert. Bei der Wahrnehmung von Sportangeboten haben anspruchsberechtigte Nachfrager die Möglichkeit, einen Teil der geleisteten Mitgliedschaftsbeiträge respektive Nutzungsentgelte durch direkte staatliche Transferzahlungen rückerstattet zu bekommen. Das Sportgeld entspricht damit der monetären Rückerstattungsleistung des Staates. Beide Ausgestaltungsansätze, sowohl der Sportgutschein als auch das Sportgeld, dienen dem politischen Ziel, die Nutzung von Sportangeboten für finanziell leistungsschwache Individuen offenzuhalten. Sie stellen direkte Transferzahlungen an Nachfrager dar, die der oben skizzierten Grundidee entsprechen und als zielund systemkonforme Maßnahme ausgestaltet werden können. Insofern erscheinen beide Ansätze als gleichwertig geeignet. Dennoch wird in dieser Abhandlung das Sportgeld gegenüber Sportgutscheinen präferiert aus Gründen, die im folgenden dargelegt werden. Sportgutscheine werden den anspruchsberechtigten Nachfragern gewährt, die diese dann bei den Sportanbietern für die Nutzung von deren Angeboten einlösen können. Der Staat vergütet den Sportanbietern die eingegangenen Gutscheine und zahlt auf diesem Wege die Subventionen. Beim Sportgeld stellt der Anbieter dem Nachfrager der Angebote lediglich einen Beleg über die Teilnahme und das entrichtete Entgeld aus, das der Nachfrager im Falle seiner Anspruchsberechtigung beim Staat für die Rückerstattung geltend machen kann. Somit liegt der Verwaltungsaufwand beim Nachfrager, die Sportanbieter bleiben davon entlastet. Zudem ist zu erwarten, daß durch die Herausnahme eines Gliedes aus der Subventionskette Transaktionskosten eingespart werden können. Damit scheint vor dem Hintergrund des Verwaltungsaufwands das Sportgeld vorziehenswürdig. Eng damit verbunden ist auch der Aspekt der Risikoverteilung. Bei den Sportgutscheinen laufen die Sportanbieter Gefahr, im Falle des Mißbrauchs durch die Nachfrager die Gutscheine nicht vergütet zu bekommen, was Einnahmeverlusten gleichkommt.39 Damit obliegt den Anbietern die Kontrolle und das Risiko. Beim Sportgeld werden die Sportanbieter hiervon befreit, da sie lediglich eine Bestätigung ausstellen und in jedem Fall den vollen Beitrag durch den Nachfrager erhalten. Hier ist der Staat bei der Rückerstattung der Beiträge in der Kontrollpflicht und trägt das Risiko. Ferner müssen Gutscheine bei den Sportanbietern offengelegt werden. Hierdurch können sich die bedürftigen Nachfrager negativ qualifiziert fühlen und sich so scheuen, öffentlich preiszugeben, daß sie Gutscheine empfangen. Im Ergebnis würden sie die Gutscheine gegebenenfalls nicht einlösen, was der Zielerfüllung nicht zuträglich wäre. Aus den vorgenannten Gründen konzentriert sich die weitere Ausgestaltung der direkten Transferzahlungen an Nachfrager auf das Sportgeld. Für ein alternativ 39 Eine Garantie über die Vergütung der eingelösten Gutscheine wäre keine wirkliche Alternativlösung, da diese Mißbrauch auf Seiten der Anbieter hervorrufen könnte.
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7. Kap.: Überlegungen zur alternativen Ausgestaltung
auszugestaltendes Gutscheinsystem hätten die folgenden Gedankengänge jedoch gleichermaßen Gültigkeit. 3. Geltungsbereich Der Geltungsbereich der Transferzahlungen beschreibt, welche Sportanbieter respektive welche angebotenen Leistungen in Anspruch genommen werden dürfen, um Anspruch auf Sportgeld zu erhalten. Somit ist zu erörtern, welche Empfehlungen sich aus ordnungspolitischer Perspektive hinsichtlich des Umfangs der Einbeziehung der Angebotsformen des Sports sowie der angebotenen Leistungen gewinnen lassen. Hinsichtlich der Angebotsform des Sports darf der Geltungsbereich des Sportgeldes nicht auf den selbstverwalteten Sport beschränkt bleiben. Die ordnungspolitische Analyse der ökonomischen Rechtfertigungsansätze der Sportförderung hat ergeben, daß kein Anbieter pauschal auszuschließen ist. Der Geltungsbereich der direkten Transferzahlungen muß folglich alle Anbieter mit einbeziehen. Neben dem selbstverwalteten Sport sind also auch alle Formen des fremdverwalteten Sportangebots zu berücksichtigen. Der Empfänger der Transferzahlungen erhält damit freie Wahlmöglichkeiten zwischen den verschiedenen Sportanbietern. Nur so kann eine Diskriminierung vermieden und ein unverzerrter Wettbewerb um die begrenzten öffentlichen Förderungsmittel gewährleistet werden. Um trotz des politischen Wunschs des Offenhaltens des Sports für alle und der daraus resultierenden Transferzahlungen an bedürftige Nachfrager die Ausgestaltung möglichst ordnungspolitisch legitim zu halten, sollte der Geltungsbereich auf förderungswürdige Bereiche beschränkt werden. Dies sind die Bereiche des Sports, in denen mit dem aktiven Sporttreiben nachweislich und spürbar externe Effekte auftreten. Wie die Analyse ergeben hat, ist deren, zumindest qualitative, Existenz nicht per se von der Hand zu weisen. Allerdings treten keineswegs nur positive, sondern auch neutrale oder negative Effekte in Verbindung mit der Sportausübung auf. Dabei kann nicht pauschal für einzelne Bereiche des Sports eine Förderungswürdigkeit attestiert werden. Hierzu sind die Erscheinungsformen des Sports zu vielfältig. Externe Effekte treten in Abhängigkeit der Sportart, der Sportausübung sowie der individuellen Ausgangsvoraussetzung auf. Zudem werden sie vielfach erst bei einem gezielten Einsatz des Sports existent. Entsprechend müssen die einzelnen angebotenen Leistungen hinsichtlich der Existenz positiver externer Effekte überprüft und damit förderungswürdige Sportangebote identifiziert werden.
a) Theoretisches und technisches Problem der Abgrenzung des Geltungsbereichs Die Abgrenzung des Geltungsbereichs der Transferzahlungen über die Bestimmung der förderungswürdigen Sportangebote ist mit zwei Problembereichen be-
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haftet, die hier als theoretisches und als technisches Problem umschrieben werden sollen. Während sich das theoretische Problem auf die Qualifizierung und Quantifizierung externer Effekte bezieht und damit grundsätzlicher Natur ist, bezieht sich das technische Problem auf das praktische Verfahren zur Ermittlung der förderungswürdigen Angebote. Beide Problembereiche erschweren die Abgrenzung förderungswürdiger Bereiche. Wie schon die Analyse der Sportförderung im Kontext externer Effekte gezeigt hat, werden zwar zahlreiche positive Externalitäten in Verbindung mit Sport diskutiert, die aber vielfach einer wissenschaftlichen theoretischen wie empirischen Fundierung entbehren. Dies macht die Existenz externer Effekte in qualitativer Hinsicht schwer nachvollziehbar. Wird sie dennoch angenommen, geschieht dies weitgehend auf willkürlicher Basis seitens der Politik oder der Akteure des Sports. Im Falle der nachweislichen Existenz externer Effekte ist deren Quantifizierung mit Hilfe empirischer Methoden ein noch schwierigeres Unterfangen. Gesicherte Erkenntnisse liegen kaum vor. Nur schwerlich sind verläßliche Nachweise zu erbringen, daß hinreichend positive externe Effekte bei spezifischen Sportangeboten anfallen, die auf eine Förderungswürdigkeit schließen lassen. Hinzu kommen die negativen Effekte des Sporttreibens, die ebenfalls mit in das Kalkül einfließen müssen. Auch diese unterliegen dem theoretischen Problem der Qualifizierung und Quantifizierung. Insgesamt ist damit eine Saldierung der Effekte als Grundlage einer Einschränkung des Geltungsbereichs kaum möglich. Eine Förderung bestimmter Angebote bedarf damit letztlich einer politischen Entscheidung, in der der politische Wunsch der Förderung einzelner Bereiche seinen Ausdruck finden kann. Neben diesem theoretischen Problem spiegelt das technische Problem der Abgrenzung des Geltungsbereichs den mit der Durchführung verbundenen Aufwand wider. Die Vielfältigkeit der Erscheinungsformen des Sports läßt kein Pauschalurteil über die Förderungswürdigkeit spezifischer Angebote zu. Auf aggregierter Ebene lassen sich deshalb keine trennscharfen Kriterien entwickeln. Es bedarf folglich der Überprüfung jedes einzelnen Sportangebots auf seine Förderungswürdigkeit. Eine solche Einzelfallprüfung ist mit erheblichem administrativen Aufwand verbunden. So genügt es nicht, alle existierenden sowie neu hinzukommenden Angebote zu akkreditieren, was bereits erhebliche Kosten der Durchführung impliziert. Vielmehr verursacht die laufende Überprüfung der tatsächlichen Realisierung des Sportangebots im Sinne der Förderungswürdigkeit prohibitiv hohe Kontrollkosten. Bei der Vielzahl der Sportangebote sind damit die Kosten der Institutionalisierung der Abgrenzung des Geltungsbereichs so hoch, daß sie ökonomisch unzweckmäßig erscheint.40 Dies gilt um so mehr, als die Abgrenzung nur 40 Auch das Bundesministerium der Finanzen (1988), S. 143, kommt im Zusammenhang mit der Bewertung des Gemeinnützigkeitsstatus‘ des Sports zu dem Schluß, daß eine Differenzierung nach Sportarten hinsichtlich der Gesundheitspflege mangels „Verwaltungspraktikabilität“ nicht möglich ist.
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7. Kap.: Überlegungen zur alternativen Ausgestaltung
für eine überschaubare Gruppe finanzschwacher Individuen durchgeführt wird, deren Teilnahme am sportlichen Angebot nach politischem Willen nicht an ihren finanziellen Restriktionen scheitern soll. Der letztgenannte Aspekt scheint auch einer privatwirtschaftlichen Abgrenzungslösung im Wege zu stehen. Grundsätzlich könnte die Akkreditierung der Sportangebote, für die das Sportgeld einlösbar ist, privaten Institutionen respektive den Sportanbietern selbst überlassen werden.41 Diese Akkreditierungsinstitutionen könnten im freien Wettbewerb zueinander stehen. Befürchtungen, daß es bei einer solchen Lösung zur Senkung der Anforderungen an die Sportangebote kommen könnte, um einen möglichst großen Geltungsbereich des Sportgeldes zu ermöglichen, sind unbegründet. So werden Institutionen wie beispielsweise der DSB bestrebt sein, ihre Reputation sowie die Reputation möglicher Gütesiegel zu erhalten. Im Falle sinkender Anforderungen liefen sie schließlich Gefahr, die staatliche Anerkennung ihrer Gütesiegel und damit die Förderungsmöglichkeit sämtlicher akkreditierter Angebote zu verlieren. Eine solche Lösung würde nicht nur den administrativen Aufwand des Staates deutlich senken, sondern zudem die Autonomie der Sportanbieter nicht gefährden. Dennoch ist der Aufwand eines solchen Verfahrens für die Sportanbieter und Akkreditierungsinstitutionen nicht zu unterschätzen. Es bleibt fraglich, ob sich im Hinblick auf die überschaubare Gruppe bedürftiger Individuen der Aufwand für die Sportanbieter rechnet.42 Selbst wenn ein Anreiz zur Akkreditierung der Angebote unterstellt wird, kann diese, gerade unter Bezug auf das theoretische Problem der Abgrenzung, nur für wenige spezifische Sportangebote erfolgen. Die Vereinbarkeit eines solch enggefaßten Geltungsbereichs mit dem politischen Ziel, auch den Bedürftigen ein möglichst breites Sportangebot offenzuhalten, wäre damit nicht mehr zwingend gegeben. Insgesamt muß aufgrund des technischen Problems der Bestimmung förderungswürdiger Bereiche die Abgrenzung des Geltungsbereichs als nicht verhältnismäßig beurteilt werden. Zwar wäre es durchaus denkbar, vor dem Hintergrund der Praktikabilität auf Einzelfallprüfungen zu verzichten und dafür eine Abgrenzung auf aggregierter Ebene wie beispielsweise nach Ausübungsformen oder Sportarten vorzunehmen. Aufgrund der Vielfältigkeit der einzelnen Ausprägungsformen würde damit aber eine trennscharfe Grenzziehung erschwert und Raum für politische Willkürentscheidungen geschaffen. 41 Eine vergleichbare Lösung wird heute beispielsweise im Bereich des Gesundheitssports praktiziert. So vergeben die Landessportbünde bzw. Fachverbände im DSB das Qualitätssiegel „Sport pro Gesundheit“ für entsprechend zertifizierte Sportangebote. Mit diesem Gütesiegel ausgezeichnete Sportangebote werden dann von den meisten Gesetzlichen Krankenkassen als förderungswürdig angesehen und die Nachfrager solcher Angebote durch Bonuspunkte oder eine Kostenbeteiligung gefördert. 42 Eine andere Einschätzung könnte sich ergeben, erfolgte die Akkreditierung im Hinblick auf die Erfüllung von Zielen aus den einzelnen Politikbereichen, sofern der nachgewiesene Beitrag zur Zielrealisierung die grundsätzliche Voraussetzung für die Förderungswürdigkeit eines Sportangebotes darstellte. Siehe hierzu auch die Ausführungen in diesem 7. Kap., C. II.
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b) Positivliste vs. Negativliste Die bisherigen Überlegungen zielten darauf ab, den Geltungsbereich dahingehend abzugrenzen, daß dieser auf förderungswürdige Sportangebote beschränkt bleibt. Dies entspricht dem Versuch der Festlegung einer Positivliste förderungswürdiger Sportangebote. Eine solche Positivliste enthielte alle Sportangebote, deren Nutzung im Falle der individuellen Anspruchsberechtigung mit einer staatlichen Bezuschussung durch Sportgeld verbunden wäre. Alle Sportangebote, die sich nicht auf dieser Liste befänden, wären nicht für eine Bezuschussung zulässig. Eine Positivliste erscheint vor dem Hintergrund des theoretischen und technischen Problems der Abgrenzung des Geltungsbereichs als nicht zielführend realisierbar. Die Festlegung einzelner Angebote ist kaum wissenschaftlich abzusichern und bedarf politischer Entscheidungen. Zudem erreicht der Aufwand der technischen Durchführung ein solches Ausmaß, daß eine entsprechende Institutionalisierung nicht als verhältnismäßig gelten kann. Alternativ könnte auch eine Negativliste zur Abgrenzung des Geltungsbereichs eingeführt werden. Auf der Negativliste wären dann alle Sportangebote aufgeführt, für deren Ausübung keine Bezuschussung gewährt wird. Somit könnten die Bereiche des Sports, in denen keine positiven Effekte zu erwarten sind oder in denen zumindest negative Effekte eindeutig überwiegen, von einer Förderung ausgenommen werden. Im Gegensatz zu einer Positivliste läßt die Festlegung nicht förderungswürdiger Bereiche die Durchführungs- und insbesondere Kontrollkosten weitaus geringer ausfallen. Schließlich müssen nicht alle Sportangebote einer kontinuierlichen Prüfung bezüglich ihrer tatsächlichen förderungswürdigen Realisierung unterzogen werden. Dem entgegen wirkt aber die Gefahr der Umgehung der Negativliste, so z. B. durch falschen Ausweis der Sportangebote, so daß die Wirksamkeit von der Möglichkeit zur Kontrolle und Sanktionierung abhängt. Ferner wären innovative Sportangebote zunächst nicht aufgelistet und bedürften einer Erfassung und Überprüfung. Damit ist das technische Problem auch bei einer Negativliste nicht zufriedenstellend lösbar. Zudem ist auch eine Negativliste mit dem theoretischen Problem der Abgrenzung des Geltungsbereichs behaftet. Zwar gibt es Bereiche des Sports, die von negativen Effekten dominiert zu werden scheinen. Sportarten, bei denen Verletzungen des Gegners zum Spielzweck gehören oder billigend in Kauf genommen werden, oder solche, deren Ausübung regelmäßig mit einer Beeinträchtigung der Umwelt einhergeht, wären darunter zu subsumieren. Allerdings ist auch in diesen Fällen vor einem pauschalen Urteil zu warnen. Ein solches muß stets mit Unsicherheit behaftet bleiben, da die Wirkungen von der konkreten Ausübungsform und letztlich der individuellen Zielsetzung und Durchführung abhängen. Damit würde auch eine Negativliste Freiräume für politisch opportune Entscheidungen bieten.
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Auf Basis der Grundversorgung über den Markt bezieht sich die Diskussion um die Abgrenzung des Geltungsbereichs nur auf die aufgrund ihrer finanziellen Restriktionen als förderungswürdig erachteten Nachfrager. Eine Einschränkung des Geltungsbereichs der Bezuschussung für diese Individuen erscheint aufgrund der technischen Probleme nicht als verhältnismäßig. Zudem ist bei einer Abgrenzung zwischen den vielfältigen Sportangeboten Willkür politischer Entscheider kaum vermeidbar. Das technische wie auch theoretische Problem der Abgrenzung tritt unabhängig der Lösung über eine Positivliste oder Negativliste auf. Da es politischer Wunsch ist, finanziell leistungsschwachen Individuen den Zugang zu Sportangeboten offenzuhalten, dieser aber einer ordnungspolitischen Legitimation entbehrt, sollten weitere politische Einflußmöglichkeiten bei der Gestaltung des Geltungsbereichs unterbunden werden. Eine ordnungspolitisch legitime Abgrenzung des Geltungsbereichs ist aufgrund des theoretischen und technischen Problems nicht möglich. Deshalb sollte keine Abgrenzung des Geltungsbereichs erfolgen. Damit wird nicht nur weiteren systeminkonformen Eingriffen vorgebeugt, sondern auch das politische Ziel der Offenhaltung des Sports für alle am besten verwirklicht.
4. Tarif, Anspruchsberechtigung und Finanzierung Das Sportgeld ist als ein Indemnitätstarif zu verstehen.43 Der anspruchsberechtigte Nachfrager erhält einen fixen staatlichen Beitrag zu seiner nachgefragten Sportleistung, unabhängig von der Höhe des tatsächlichen Preises des Sportangebots. Das Sportgeld ist damit ein in der Höhe festgelegter öffentlicher Zuschuß. Ein solcher Indemnitätstarif schafft bei den Nachfragern einen Anreiz, mehr Sport zu konsumieren.44 Zudem hat der Nachfrager bei einer Indemnitätsregelung ein starkes Interesse an niedrigen Preisen. Darüber kann der Angebotswettbewerb intensiviert werden. Bei den im Sport gegebenen flexiblen Angebotspreisen kommt darin die allokative Vorteilhaftigkeit von Indemnitätstarifen zum Ausdruck. Damit bleibt aber weiter zu klären, wer als anspruchsberechtigt gilt und wie hoch sein Anspruch ist. Ziel ist es, durch die Zahlung von Sportgeld auch den finanziellen Restriktionen unterliegenden Nachfragern die Nutzung von Sportangeboten offenzuhalten. Dies kann ihnen nur eingeschränkt möglich sein, wenn sie von den für die Wahrnehmung der Sportangebote zu zahlenden Beiträgen finanziell überfordert sind. Eine 43 Üblicherweise wird der Indemnitätstarif als mögliche Form der Selbstbeteiligung im Gesundheitswesen diskutiert. Eine knappe Darstellung bieten Schulenburg / Greiner (2000), S. 80 f. 44 Zu der Wirkungsweise und den Möglichkeiten der Nachfragesteuerung über den Indemnitätstarif, auch im Vergleich zu anderen Formen der Selbstbeteiligung, siehe Knappe / Leu / Schulenburg (1988), S. 48 ff.
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solche Situation kann aufgrund eines unzureichenden Einkommens entstehen.45 Entscheidend für die Beurteilung der Bedürftigkeit und damit des Anspruchs auf den Erhalt von Sportgeld ist folglich das Verhältnis der erforderlichen Beiträge zur Nutzung der Sportangebote zum individuellen Einkommen. Ab wann der einzelne als anspruchsberechtigt auf das Sportgeld eingestuft werden kann, ist wissenschaftlichen Analysen kaum zugänglich.46 Somit können keine objektiven Kriterien entwickelt werden, welcher Anteil des individuellen Einkommens dem einzelnen zur Finanzierung seiner Beiträge für die Sportausübung zugemutet werden kann. Es bedarf einer normativen, letztlich also politischen Entscheidung. Gleiches gilt für die optimale Höhe des Sportgeldes. Auch deren Festlegung bedarf einer politischen Entscheidung. Die Höhe sollte möglichst so gewählt werden, daß durch das Sportgeld dem einzelnen gerade noch die Nutzung der Sportangebote ermöglicht wird. Ziel ist ja die Sicherstellung einer Grundversorgung mit Sport. Mittels Sportgeld soll nicht das gesamte Sportangebot durch staatliche Hilfen für alle offengehalten werden. Hier wird vorgeschlagen, die Höhe des Tarifs des Sportgeldes so zu wählen, daß auch dem Empfänger niedriger Einkommen die Nutzung von Sportangeboten ermöglicht wird. Dieser Tarif sinkt dann mit zunehmendem Einkommen, bis bei einer ebenfalls normativ bestimmten Einkommenshöhe kein Sportgeld mehr bezahlt wird. Diese Einkommenshöhe determiniert somit den Kreis der Anspruchsberechtigten. Eine solche Ausgestaltung des Sportgeldes stellt sicher, daß einkommensschwache Nachfrager stärker unterstützt werden als solche mit mittleren Einkommen, während die Bezieher hoher Einkommen die Aufwendungen für ihre sportliche Aktivität in vollem Maße selbst tragen müssen. Um Nettotransfers vorzubeugen, die aus Beiträgen für Sportangebote unterhalb des Indemnitätstarifs resultieren, darf eine Rückerstattung nur bis maximal zum tatsächlich geleisteten Beitrag erfolgen. Zudem bieten Festzuschußregelungen Anreize für Sportanbieter und -nachfrager zur Wirtschaftlichkeit nur oberhalb des Indemnitätstarifs, da nur dort der Nachfrager eine Eigenbeteiligung in Höhe von 100 Prozent zu tragen hat. Damit auch unterhalb der Festzuschußgrenze Wirtschaftlichkeitsanreize gesetzt werden, wäre eine lediglich anteilige Rückerstattung der geleisteten Beiträge denkbar.47 Aus Gründen des Offenhaltens des Sports für einkommensschwache Individuen müßte dieser Anteil aber nahe bei 100 Prozent liegen. Die Finanzierung des Sportgeldes hat aus allgemeinen Steuermitteln zu erfolgen. Zum einen ist das Sportgeld verteilungspolitisch motiviert und soll der Um45 Einkommen sei hier umfassend verstanden und stehe begrifflich auch für soziale Transferleistungen des Staates. 46 Vgl. Vaubel (1998), S. 29. 47 Vgl. Knappe / Leu / Schulenburg (1988), S. 46.
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verteilung von Einkommen dienen. Hierzu sind alle Gesellschaftsmitglieder an der Finanzierung zu beteiligen. Dies kann über die Finanzierung des Sportgeldes aus einer allgemeinen Steuer sichergestellt werden. Zum anderen ermöglicht das steuerfinanzierte Sportgeld eine transparente Gestaltung und Durchführung der Umverteilung. Somit wird die Kontrollmöglichkeit der politischen Entscheider durch die Bevölkerung erhöht. Treten die finanziellen Konsequenzen des Sportgeldes deutlich erkennbar zutage, und sind die dahinter stehenden Kausalitäten leicht nachvollziehbar, kann der opportunistische Handlungsspielraum politischer Entscheider reduziert werden. Mit dem dargestellten Sportgeld ist ein ziel- und systemkonformes Instrument vorgestellt, mit dem sich die Offenhaltung des Sports für alle realisieren läßt. Einkommensschwache Individuen können gezielt angesteuert werden, der Wettbewerb zwischen den Sportanbietern wird intensiviert und den Nachfragern ein hohes Maß an Handlungs- und Entscheidungsfreiheit gewährt. Der Einsatz dieses Instrumentes kann allerdings ordnungspolitisch nicht legitimiert werden, da die zu erreichende Zielstellung Ergebnis des politischen Wunsches ist und keine der notwendigen Bedingungen eines staatlichen Eingriffs erfüllt. Entsprechend kann eine Abgrenzung des Geltungsbereichs innerhalb der Vielfalt der Sportangebote keine ordnungspolitisch legitimierte Fundierung erfahren.
II. Gezielte Förderung ausgewählter Sportbereiche Ein staatliches Anliegen ist die Realisierung der mit der aktiven Sportausübung durchaus verbundenen positiven Effekte im Hinblick auf das Gemeinwohl. Die positiven Effekte des Sports treten aber weder automatisch noch pauschal auf. Um deren Auftreten zu ermöglichen und im Sinne staatlicher Zielfestlegungen nutzbar zu machen, ist eine Instrumentalisierung des Sports erforderlich. Diese setzt nicht nur voraus, daß der Sport treffsicher eingesetzt und gezielt gefördert wird sowie das hierzu Anwendung findende Instrumentarium systemkonform und verhältnismäßig ist. Vielmehr muß deutlich werden, welche konkreten Ziele mit der Förderung des Sports realisiert werden sollen. Die staatlich angestrebten Ziele müssen demnach zunächst bestimmt und konkretisiert werden. Dann sind die Bereiche des Sports zu identifizieren, die zur Realisierung dieser Ziele beitragen können und damit als grundsätzlich förderungswürdig erscheinen. Schließlich sind die ausgewählten Bereiche des Sports gezielt zu fördern, wofür es einer ordnungspolitisch legitimen Ausgestaltung des Instrumentariums bedarf. Dieses Vorgehen zur Realisierung der positiven Effekte des Sports soll nun weiter konkretisiert werden.
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1. Determinierung des Förderzwecks Die positiven Effekte des Sports im Hinblick auf das Gemeinwohl treten keineswegs pauschal oder automatisch mit der Ausführung der sportlichen Aktivität auf. „Weder die Förderung psychosozialer Gesundheit noch die Entwicklung motorischer Leistungsfähigkeit geschieht so nebenbei.“48 Dies gilt ebenso für die weiteren positiven Effekte des Sports. Deshalb ist es erforderlich, den Sport gezielt einzusetzen und die Voraussetzungen zu schaffen, um seine Gemeinwohlpotentiale im Interesse des Staates nutzbar zu machen.49 Die Instrumentalisierung des Sports zur Sicherstellung der Zielerreichung ist erforderlich. Es stellt sich in diesem Zusammenhang die Frage, welches der konkrete Förderzweck ist respektive wie dieser zu bestimmen ist. Konkrete Zielstellungen, die mit den positiven Effekten des Sports im Hinblick auf das Gemeinwohl verbunden sind, existieren für den Sportbereich nicht. Vielmehr werden die positiven Wirkungen als Legitimationstatbestände für die Sportförderung herangezogen.50 Diese Legitimationstatbestände betreffen unterschiedliche Bereiche der Politik. Zu diesen bestehen real vorhandene Wirkungszusammenhänge. Dies sind nicht nur die externen Effekte, die in den jeweiligen Bereichen auftreten und diese damit betreffen. Auch umgekehrt führt staatliches Handeln in den jeweiligen Politikbereichen zu entsprechenden Reaktionen des Sports hierauf. Insofern hat der Sport und damit auch die öffentliche Sportförderung einen politischen Querschnittscharakter. Die öffentliche Sportförderung stellt aufgrund ihres Querschnittscharakters eine Teilmenge zahlreicher Politikbereiche dar. Diese Politikbereiche können den Anspruch erheben, die Oberziele der Sportförderung zu bestimmen. Damit ist festzulegen, ob die Sportförderung Teil der Sozial-, Familien-, Gesundheits-, Umwelt-, Wirtschafts-, Regionalpolitik etc. ist und deren Zielen unterworfen wird oder ob sie einen eigenständigen Bereich beanspruchen kann, der seine eigenen Ziele formuliert. Mit der erforderlichen Abgrenzung werden Festlegungen getroffen, die die Ziele und Instrumente beeinflussen. Wie die ordnungspolitische Analyse der öffentlichen Sportförderung gezeigt hat, ist der Sport nicht um seiner selbst willen förderungswürdig. Vielmehr sind die Bereiche des Sports förderungswürdig, die zur Realisierung von Zielen beitragen, die aus den einzelnen Politikbereichen stammen.51 Folglich sollten auch diese Politikbereiche die Ziele festlegen. So kann gewährleistet werden, daß die mit dem Sport verfolgten Ziele konsistent mit den Zielstellungen der einzelnen Politikbereiche sind. Zugleich geht die Verantwortung für die Zielerreichung auf diese Brettschneider / Kleine (2002), S. 486. Vgl. Europäische Kommission (1998), S. 5 ff., Pilz (2001), S. 19 ff., Brettschneider / Kleine (2002), S. 486, Breuer (2003). 50 Vgl. 6. Kap., A. II. 1. 51 Vgl. Madl (1994), S. 194. 48 49
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Politikbereiche über. Hierdurch kann Kompetenzkonflikten vorgebeugt werden.52 Ein entsprechendes Vorgehen findet auch in der praktischen Politik vermehrt Einzug. Der Staat erwartet für seine Förderung eine konkrete Gegenleistung und instrumentalisiert insofern den Sport für seine Zielstellungen aus den jeweiligen Politikbereichen. 53 Darüber hinaus hat die ordnungspolitische Analyse immer wieder offenbart, daß der Sport nur ein Mittel ist, das zur Realisierung der Gemeinwohlziele beiträgt. Daneben existieren alternative Instrumente, mit denen die gleichen positiven Effekte wie mit der aktiven Sportausübung verbunden sein können. Deshalb ist es vorteilhaft, die Ziele in einem politischen Bereich zu setzen, der den Einsatz des Sports im Vergleich zu alternativen Instrumenten prüfen und über seine Eignung und damit Förderung zur Zielerfüllung entscheiden kann. So kann die Sportförderung zielführend zur Erreichung der Oberziele eingesetzt werden. Die Zielstellungen für die Sportförderung können sich nur aus den einzelnen Politikbereichen ergeben. Die Zielsetzungen der jeweiligen Politikbereiche stellen die Oberziele für die Sportförderung dar. Hieraus kann sich der Förderzweck des Sports ergeben, wenn sich Bereiche des Sports als adäquates Mittel zur Zielerreichung anbieten. Die Selektion entsprechender Bereiche ist Gegenstand der folgenden Überlegungen.
2. Selektion förderungswürdiger Sportbereiche Die Förderzwecke des Sports ergeben sich aus den Zielsetzungen der jeweiligen politischen Bereiche. Dabei ist zu unterstellen, daß es sich um ordnungspolitisch legitime Zielsetzungen handelt. Die Notwendigkeit eines staatlichen Eingriffs resultiert also aus Funktionsdefiziten des Markt- oder Wettbewerbsprozesses oder aus vertragstheoretisch legitimierten, übergeordneten politisch determinierten Zielen. Eine Förderung des Sports setzt dann eine kausaltheoretisch fundierte MittelZweck-Beziehung voraus. Der Sport muß ein geeignetes Instrument sein, um die angestrebten Ziele zu erreichen. Zur Feststellung seiner Eignung bedarf es einer Prüfung von Handlungsalternativen. Eine intrainstrumentelle Betrachtung wie auch eine interinstrumentelle Betrachtung ist erforderlich. Theoretisch und empirisch abgesicherte Kausalzusammenhänge zwischen den Zielen des Politikbereichs und der Sportausübung sind Voraussetzung für eine rationale Ansteuerung der Ziele. Aufgrund der vielfältigen Erscheinungsformen des Sports müssen im Rahmen der intrainstrumentellen Betrachtung zunächst die 52 Letztlich entspricht dieses Vorgehen dem ZMT-Zuordnungsprinzip. Siehe hierzu Grossekettler (1991), S. 117 f. 53 Vgl. Klein (1996), S. 228 ff., Heinemann (1996), S. 195, Europäische Kommission (1998), S. 5 ff., Breuer (2002), S. 4 ff.
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Bereiche des Sports identifiziert werden, die über einen entsprechenden Kausalnexus eine gezielte Veränderung des Zielsachverhalts ermöglichen. Beispielsweise kann bisweilen Golf und die Anlage und Pflege von Golfplätzen dem Ziel der Landschaftspflege dienen. Ski fahren und die Unterhaltung von Skipisten führt hingegen zu Beeinträchtigungen der Umwelt und läuft Landschaftspflegezielen zuwider. Schon in der ordnungspolitischen Bewertung der öffentlichen Sportförderung wurde vielfach angeführt, daß es neben dem Sport alternative Handlungsmöglichkeiten gibt, die gleichfalls geeignet sein können, die angestrebten Ziele zu erreichen. Nationales Prestige kann nicht nur über spitzensportliche Leistungen, sondern auch über Höchstleistungen im Kulturbereich oder wirtschaftlichen Erfolg erzielt werden. Sport kann zwar als weicher Standortfaktor zur Ansiedlung von Unternehmen führen, ebenso können hierfür aber auch eine Verbesserung der wirtschaftsnahen Infrastruktur, eine Flexibilisierung der rechtlichen Rahmenbedingungen oder eine verminderte Abgabenlast hilfreich sein. Folglich ist eine interinstrumentelle Betrachtung unerläßlich. Ein Bereich des Sports sollte nur dann als Instrument zur Zielerreichung eingesetzt und gezielt gefördert werden, wenn er aus ordnungspolitischer Sicht alternativen Instrumenten vorziehenswürdig erscheint. Zur Identifikation eines ordnungspolitisch legitimen förderungswürdigen Sportbereichs darf sich die intra- und interinstrumentelle Betrachtung der Handlungsalternativen nicht auf das Vorliegen einer nachweislichen Ziel-Mittel-Beziehung beschränken. Nebenwirkungen des Instrumenteneinsatzes müssen ebenso analysiert werden. Diese können den angestrebten Hauptwirkungen oder weiteren Zielstellungen diametral gegenüberstehen. Der Spitzensport kann zum erklärten Ziel des nationalen Prestiges beitragen, gleichzeitig aber nicht wünschenswerte gesundheitliche Folgeschäden bei den Sportlern nach sich ziehen. Den Kriterien der Systemkonformität und Verhältnismäßigkeit müssen die Instrumente gleichfalls genügen. Diesbezüglich ist an dieser Stelle von Bedeutung, daß alle Bereiche und Angebote des Sports in die Auswahl der förderungswürdigen mit einbezogen werden. Die Möglichkeit zur Förderung darf nicht, wie dies aktuell praktiziert wird, von vornherein auf bestimmte Bereiche respektive Angebotsformen des Sports beschränkt werden. Soll Diskriminierungen vorgebeugt und der zielführendste Sportbereich selektiert werden, muß die Förderung allen offenstehen. Im weiteren werden die Kriterien der Systemkonformität und Verhältnismäßigkeit im Zusammenhang mit der Ausgestaltung der Förderung eines ausgewählten Sportbereichs relevant. Ein Sportbereich wird dann für eine Förderung ausgewählt, wenn seine Förderung unter dem Aspekt der Zielkonformität im Vergleich zu alternativen Handlungsmöglichkeiten vorziehenswürdig erscheint. Zentral für die Selektion eines Sportbereichs für seine Förderung zur Erreichung vorgegebener Ziele sind fundierte Studien, die den positiven Wirkungszusammenhang dieses Sportbereichs auf den Zielsachverhalt dokumentieren. Ohne einen solch nachgewiesenen Kausalnexus ist der Sport nicht förderungswürdig. 17 Langer
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7. Kap.: Überlegungen zur alternativen Ausgestaltung
Mit einem solchen Vorgehen findet zugleich eine Umkehrung der Beweislast statt. Nur im Falle nachgewiesener positiver Effekte hinsichtlich der konkreten politischen Zielstellung kann der entsprechende Bereich des Sports eine öffentliche Förderung erfahren.
3. Anforderungen an die technische Ausgestaltung des Instrumentariums zur Förderung ausgewählter Sportbereiche Nach der Selektion förderungswürdiger Bereiche des Sports müssen diese gezielt im Hinblick auf die Zielerreichung gefördert werden. Die vielfältigen Erscheinungsformen des Sports mit ihrer konkreten Angebotsausprägung, die divergierenden staatlichen Zielsetzungen sowie die nicht unerhebliche Zahl möglicher Fördermaßnahmen läßt hier keine umfassende Darstellung der konkreten Ausgestaltung des Förderinstrumentariums zu. Allerdings können Anforderungen an die technische Ausgestaltung der Förderung aufgestellt werden, deren Berücksichtigung eine ordnungspolitisch legitime Sportförderung gewährleistet. Bevor die zu beachtenden Regeln zur technischen Ausgestaltung zu erläutern sind, sollen zunächst die Ansatzpunkte der Fördermaßnahmen dargestellt werden. a) Ansatzpunkte des Förderinstrumentariums Die positiven Effekte des Sports stellen sich nicht automatisch ein. Deshalb müssen die erforderlichen Voraussetzungen geschaffen werden, um die vorhandenen Potentiale des Sports zu realisieren.54 Hierzu gibt es für das Förderinstrumentarium drei Ansatzpunkte: Die Kompetenz, die Motivation und die Rahmenbedingungen der Sportanbieter, um den Sport in einer zielführenden Weise anbieten und mit den Nachfragern umsetzen zu können. Diese Ansatzpunkte müssen den Ausgangspunkt der öffentlichen Förderung in den selektierten Sportbereichen bilden. Von einer Motivation der Sportanbieter, den Sport im Hinblick auf die öffentlichen Ziele zu fördern, ist nicht zwingend auszugehen. Dies hat die ordnungspolitische Analyse schon anhand der Interessendivergenz zwischen Staat, Vereinsvorständen und Vereinsmitgliedern offenbart. Instrumentalisierte Sportangebote werden von den Vereinsmitgliedern kaum wahrgenommen, und die Gemeinwohlorientierung ist bei den Mitgliedererwartungen eher mäßig ausgeprägt.55 Zudem sind die Gemeinwohlleistungen nicht originäre Zielstellungen der Sportvereine. Sie sehen ihre Aufgabe primär in der Wahrnehmung ihrer Mitgliederinteressen. So sind Sportvereine qua definitione weder Ort für Soziale Arbeit noch Gesundheitsdienstleister.56 Vielmehr wird eine einseitige gesellschaftspolitische Vereinnah54 55 56
Vgl. Pilz (2001), S. 19 ff., Brettschneider / Kleine (2002), S. 486. Vgl. Emrich / Pitsch / Papathanassiou (2001), S. 211 f., S. 296 f. Vgl. Pilz (2001), S. 18 ff., Digel (1987).
C. Ergänzende staatliche Maßnahmen zur Sportförderung
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mung des Sports als Bedrohung für den Sport und Infragestellung seiner selbst begriffen und tendenziell abgelehnt.57 Die Möglichkeit der Förderung eines ausgewählten Sportbereichs hängt damit von der Bereitschaft der betroffenen Sportanbieter zur Kooperation ab. Dies muß der Staat bei seiner Förderung bedenken. Den Sportanbietern wird damit die Entscheidungsfreiheit gewährt, sich für die staatlichen Ziele vereinnahmen zu lassen oder aber ihre eigenen originären Zielstellungen zu verfolgen. Sie können somit selbst entscheiden, inwieweit sie eine Leistungs-Gegenleistungs-Beziehung mit der öffentlichen Hand einzugehen bereit sind. Da die Erbringung von Gemeinwohlleistungen nicht originäre Aufgabe der Sportanbieter ist, sind auch deren Kompetenzen und Rahmenbedingungen nicht gezielt dahingehend entwickelt worden und ausgeprägt. Entsprechend wird die Leistungsfähigkeit des Sports bezüglich seiner Gemeinwohlleistungen vielfach überschätzt.58 Der Sport verfügt durchaus über die entsprechenden Potentiale zur Generierung von Gemeinwohlleistungen. Deren Realisierung geschieht aber nicht automatisch, sondern macht eine verstärkte Einbeziehung der jeweiligen Politikbereiche erforderlich, aus denen die Gemeinwohlziele stammen.59 Insbesondere ist auf die dort vorhandenen spezifischen Kompetenzen zurückzugreifen. Nur durch eine Vernetzung mit und Unterstützung aus den jeweiligen Politikbereichen können die Ziele auch erreicht werden. Im Rahmen seiner Sportförderung muß der Staat die Rahmenbedingungen schaffen und Kompetenzen der Sportanbieter fördern, um die Erreichung seiner Ziele sicherzustellen. b) Regeln zur technischen Ausgestaltung des Förderinstrumentariums Mit der Selektion förderungswürdiger Bereiche des Sports ist der kausaltheoretische Zusammenhang zwischen Sport als Mittel und dem Oberziel des jeweiligen Politikbereichs gewährleistet. Durch die Förderung eines ausgewählten Sportbereichs zur Realisierung des Oberziels erhält dieser Zwischenzielcharakter. Die Zusammenhänge der Zielstruktur müssen bei der Förderung berücksichtigt werden. Die Förderung muß geeignet sein, über das gezielte Anvisieren des Zwischenziels auch das Oberziel zu erreichen. Zwischenziel und Oberziel sollten genau benannt und operationalisiert werden. Dies ist notwendige Voraussetzung, um die Zielerreichung durch die Förderung ex post beurteilen zu können.60 Vgl. Digel (1987). Die diesbezügliche Diskrepanz zwischen Anspruch und Wirklichkeit haben Brettschneider / Kleine (2002) in ihrer Studie zumindest für den Jugendbereich in beeindruckender Weise offengelegt. 59 Rittner (2003), S. 30 f., Breuer (2003), Pilz (2001), S. 19 ff. 60 Vgl. Streit (2000), S. 278 f. Zur konkreten Bestimmung von Zielen siehe Tuchtfeldt (1982), S. 182 ff., oder Giersch (1961), S. 269 ff. 57 58
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7. Kap.: Überlegungen zur alternativen Ausgestaltung
Zur Auswahl der ordnungspolitisch legitimen Fördermaßnahmen ist wiederum ein Denken in Alternativen erforderlich.61 Die alternativen Maßnahmen müssen im Hinblick auf ihre Zielkonformität, Systemkonformität und Verhältnismäßigkeit geprüft werden. Dabei ist der Maßnahme der Vorzug zu geben, die eine treffsichere Zielerreichung möglichst ohne unerwünschte Nebenwirkungen und bei geringer Eingriffsintensität und -tiefe in das marktwirtschaftliche System bei einer günstigen Kosten-Nutzen-Relation der Durchführung erwarten läßt. In diesem Zusammenhang ist grundsätzlich eine mittelbare Förderung durch Steuervergünstigungen, wie sie derzeit als Fördermaßnahme umfassend praktiziert wird, sehr kritisch zu betrachten und der Einsatz direkter Finanzhilfen eindeutig zu präferieren.62 Steuervergünstigungen sind nicht geeignet, da sich die Förderung auf einzelne, ausgewählte Sportbereiche bzw. -angebote beschränken muß, die kaum gezielt und kontrolliert über Steuervergünstigungen angesteuert werden können.63 Der Einsatz direkter Finanzhilfen kann hingegen gezielt in Bezug auf die förderungswürdigen Bereiche erfolgen. Direkte Finanzhilfen sind wesentlich genauer zu dosieren hinsichtlich Umfang und Adressat. Zudem zeichnen sie sich durch hohe Transparenz und Kontrollierbarkeit aus. Schließlich können sie gemäß dem Subsidiaritätsprinzip eingesetzt werden, wenn sie aufbauend auf der Eigenleistung der Sportanbieter als gezielte Unterstützung über die identifizierten Ansatzpunkte gewährt werden. Die Zielkonformität der direkten Transferzahlungen kann erhöht werden, wenn die beiden folgenden Regeln Beachtung finden. Erstens sollte die Einsatzstelle der staatlichen Intervention direkt oder zumindest möglichst nahe beim Destinatar liegen.64 Bei Befolgung dieser Norm kann Sicker- und Mitnahmeeffekten vorgebeugt werden.65 Wird z. B. nationales Prestige über sportliche Spitzenleistungen angestrebt, ist es durchaus angeraten, die Spitzensportler direkt zu fördern. Beispielsweise sind für die Förderung des spitzensportlichen Nachwuchses schon Gutscheine für die Sportler vorgeschlagen worden.66 Alternativ ist auch das in dieser Abhandlung vorgestellte Sportgeld eine zielführende und systemkonforme Fördermaßnahme.67 Das Grundkonzept bleibt im Vergleich zur Förderung einkommensVgl. Gröbner (1983), S. 137 ff. Direkte Finanzhilfen umfassen in diesem Kontext nicht nur Zuschüsse, sondern auch Darlehen und Bürgschaften. Staatlich gewährte Garantien, wie sie bisweilen in der aktuellen Sportförderpraxis anzutreffen sind, werden hingegen ausgeschlossen. Sie müssen als systeminkonform abgelehnt werden, da sie dem Garantienehmer eine gewisse Immunität vom tatsächlichen Markt- und Wettbewerbsprozeß gewähren. 63 Vgl. Herrnkind (1995), S. 162 ff., insbesondere S. 169 f., Madl (1994), insbesondere S. 135. Zu einer allgemeinen Kritik an Steuervergünstigungen als Förderinstrument siehe Gröbner (1983), S. 167 ff. 64 Vgl. Andel (1998), S. 277. 65 Vgl. Gröbner (1983), S. 143. 66 Vgl. Kubat (1998), S. 155. 67 Siehe hierzu die Ausführungen in diesem 7. Kap., C. I. 61 62
C. Ergänzende staatliche Maßnahmen zur Sportförderung
261
schwacher Individuen gleich. Allerdings wären jetzt förderungswürdige Nachwuchs- bzw. Spitzensportler anspruchsberechtigt. Zudem müßte der Indemnitätstarif erhöht werden. Schließlich haben Spitzensportler höhere Aufwendungen hinsichtlich Training, Ausrüstung, Infrastruktur oder Wettkampfteilnahmen. Zweitens sollte zur Sicherstellung der Zielerreichung die Sportförderung nur zweckgebunden erfolgen. Damit ist sicherzustellen, daß Handlungen induziert werden, die zur Erreichung des Zwischenziels führen und damit die Wahrscheinlichkeit der Realisierung des Oberziels erhöhen. Gleichzeitig muß die Zweckbindung den Empfängern weiterhin Wahlfreiheit zwischen echten Alternativen lassen. So bleibt bei den geförderten Individuen trotz Zweckbindung größtmögliche Handlungsfreiheit gewahrt. Am Beispiel der Spitzensportförderung verdeutlicht, muß das Sportgeld in die sportliche Ausbildung des Sportlers investiert werden. Der Sportler behält aber die Freiheit zur Wahl des Trainers, der Ausbildungsstätte, der Wettkampfteilnahme etc. gemäß seiner individuellen Präferenzen. Eine weitere zu beachtende Norm bildet die regelmäßige Erfolgskontrolle der Sportförderung.68 Eine nach den bisherigen Anforderungen erfolgende Förderung vorausgesetzt, kann sich die Erfolgskontrolle auf die Realisierung des angestrebten Zielsachverhalts in Form eines Soll-Ist-Vergleichs beschränken. Dieser sollte jedoch alle Stufen der Zielhierarchie umfassen. Sowohl die Erreichung des Zwischenziels als auch des Oberziels der Förderung sind zu überprüfen. Die im Rahmen der Zielerreichungskontrolle gewonnenen Ergebnisse dienen nicht nur als Erfolgsnachweis, sondern können auch als Grundlage für die weitere Planung der Förderung Verwendung finden. Eine über die reine Zielerreichungskontrolle hinausgehende Wirksamkeitskontrolle sollte ebenfalls zur Regel werden. Die Zielerreichung kann nicht nur auf die eingesetzten Fördermaßnahmen zurückzuführen sein, sondern auch auf Datenänderungen beruhen. Beispielsweise kann eine Rückführung der Sportförderung in anderen Staaten dazu führen, daß nationale Spitzensportler, die bisher international nicht in Erscheinung traten, nun zur sportlichen Weltspitze gehören. Auch die Prüfung dieser Kausalbeziehungen sollte die gesamte Zielstruktur umfassen. Nur durch eine solche Wirksamkeitskontrolle kann der Erfolgsnachweis der Förderung abgesichert werden. Aus der Anwendung des Subsidiaritätsprinzips ergibt sich, daß die Entscheidung hinsichtlich der Förderung des Sports möglichst dezentral erfolgen sollte. Damit kann eine bessere Orientierung an den Präferenzen der von der Förderung profitierenden Individuen sichergestellt werden. Eine Verlagerung der Entscheidungskompetenz auf eine höhere Ebene kann allerdings gerechtfertigt sein, wenn Spillover-Effekte vorliegen.69 Hierbei handelt es sich um positive externe Effekte in räumlicher Hinsicht, die mit der Förderung verbunden sind. Vom Nutzen der Sport68 69
Vgl. Giersch (1961), S. 343. Ausführlich zu Spillover-Effekten im Sport siehe Hockenjos (1995), S. 95 ff.
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7. Kap.: Überlegungen zur alternativen Ausgestaltung
förderung profitieren dann nicht nur die Ansässigen in einer untergeordneten Gebietskörperschaft, sondern auch die Einwohner angrenzender Regionen. Beispielsweise kann eine mit dem Ziel der Imageverbesserung geförderte städtische Spitzensport-Veranstaltung einen Impuls für die gesamte Region, in der sich die Stadt befindet, bedeuten. Entsprechend dem Kongruenzprinzip sollte dann der Kreis der Nutznießer der Förderung mit dem Kreis der Entscheidungsberechtigten möglichst übereinstimmen. Für die Finanzierung der Förderung ist dem Grundsatz der fiskalischen Äquivalenz,70 der einen weiteren Bestandteil des Kongruenzprinzips bildet, Rechnung zu tragen. So soll die Identität von Kosten- und Nutzerkreisen gewährleistet werden. Die Kosten der öffentlichen Sportförderung sind demnach von den Gebietskörperschaften zu tragen, deren Einwohner hieraus einen Nutzen ziehen. Da sich beispielsweise der gezielte Einsatz des Sports zur Gesundheitsförderung aufgrund der Konstruktion des deutschen Gesundheitssystems auf alle gesetzlich Versicherten positiv auswirkt, sollten entsprechend alle an der Finanzierung beteiligt werden. Erscheint eine Verlagerung der Entscheidungskompetenz auf eine höhere Ebene jedoch als unzweckmäßig oder wenig verhältnismäßig, können auftretende Spillover-Effekte durch innerstaatliche Ausgleichszahlungen korrigiert werden. Im obigen Beispiel der Spitzensport-Veranstaltung wären zweckgebundene Finanzzuweisungen der nutznießenden Region an die Ausrichterstadt denkbar.71 Schließlich sollten die Maßnahmen, Ergebnisse und Finanzierung der öffentlichen Sportförderung verstärkt publiziert werden. Das Bundesministerium des Innern berichtet zwar in seinem alle zwei Jahre erscheinenden Sportbericht über die Maßnahmen und das Fördervolumen der Bundesförderung. Dabei werden aber kaum konkrete Ziele und Ergebnisse dargelegt, noch ist die Förderung im Hinblick auf ihren quantitativen Umfang vollständig aufgeführt. Auf Länderebene existieren nicht einmal in allen Bundesländern vergleichbare Sportberichte.72 Eine Sportförderung in der in dieser Abhandlung skizzierten Ausgestaltung gewinnt an Transparenz. Damit werden die eingesetzten Maßnahmen und Wirkungszusammenhänge einfacher nachvollziehbar und die hierfür aufgewandten Budgets offensichtlicher. Diese Fakten sollten der Öffentlichkeit periodisch zugänglich gemacht werden. Hierdurch kann das öffentliche Interesse an einer Prüfung der Maßnahmen geweckt und damit eine stärkere Kontrolle der Sportförderung erreicht werden. Mit dem dargestellten Vorgehen zur gezielten Förderung ausgewählter Sportbereiche ist es möglich, die mit der aktiven Sportausübung durchaus verbundenen positiven Effekte hinsichtlich des Gemeinwohls zu realisieren, ohne ordnungspolitische Bedenken hervorzurufen. Eine über die Vorgehensweise hinausreichende Konkretisierung der zu fördernden Bereiche sowie der Ausgestaltung des InstruVgl. Olson (1977). Vgl. Hockenjos (1995), S. 151 f., Andel (1998), S. 513. 72 Eine Anfrage bei den zuständigen Ressorts der jeweiligen Bundesländer hat ergeben, daß neun Bundesländer überhaupt keinen Sportbericht (mehr) erstellen. 70 71
D. Zusammenfassung und Bewertung
263
mentariums ist hier nicht möglich, da diese maßgeblich von den in den jeweiligen Politikbereichen zu formulierenden Zielsetzungen sowie der vorzufindenden Ausgangssituation abhängen. Eine Anwendung der skizzierten Verfahrensweise – also die Determinierung und Operationalisierung der Zielstellung in den jeweiligen Politikbereichen, die Selektion der zur Zielrealisierung aufgrund eines nachweislich positiven kausaltheoretischen Zusammenhangs sowie einer Vorziehenswürdigkeit gegenüber alternativen Instrumenten geeigneten Sportbereiche und schließlich deren gezielte Förderung unter Wahrung der aufgestellten Anforderungen an die technische Ausgestaltung des Förderinstrumentariums – gewährt jedoch eine zielund systemkonforme Realisierung der positiven Effekte des Sports.
D. Zusammenfassung und Bewertung Die ordnungspolitischen Defizite der aktuellen öffentlichen Sportförderung in Deutschland gaben Anlaß, einige Überlegungen hinsichtlich einer alternativen Ausgestaltung der öffentlichen Sportförderung anzustellen. Cum grano salis weisen der Markt- und Wettbewerbsprozeß im Bereich des Sports keine Funktionsstörungen auf. Für eine Versorgung mit Sport bedarf es keiner staatlichen Intervention in das Marktgeschehen. Erst durch die staatlichen Eingriffe im Rahmen der Fördermaßnahmen werden Funktionsstörungen induziert. Diese gilt es durch eine Rückführung der staatlichen Eingriffe zu vermeiden. Zur Förderung des Sports sollte sich der Staat deshalb darauf beschränken, einen Regelrahmen zu schaffen und durchzusetzen, der die Funktionsfähigkeit des Markt- und Wettbewerbsprozesses im Bereich des Sports gewährleistet. Ausgehend von einer marktlichen Steuerung im Bereich des Sports bedarf es einer staatlichen Intervention, wenn einerseits das politische Ziel eines Sports für alle erreicht und andererseits die potentiellen positiven Effekte des Sports für das Gemeinwohl realisiert werden sollen. Um auch den einkommensschwachen Individuen den Zugang zu den vielfältigen Sportangeboten zu ermöglichen, kann diesen ein staatliches Sportgeld gezahlt werden. Dabei handelt es sich um die Möglichkeit der Rückerstattung des geleisteten Beitrags zur Wahrnehmung von Sportangeboten eines uneingeschränkten Geltungsbereichs, die in Form eines einkommensabhängigen Indemnitätstarifs erfolgt und aus einer allgemeinen Steuer finanziert ist. Die dargestellte Sportgeld-Lösung besitzt wesentliche Vorzüge gegenüber der aktuellen Förderpraxis. Direkte Transferzahlungen an Nachfrager besitzen eine hohe Zielgenauigkeit, so daß die Individuen mit niedrigen Einkommen gefördert und Mitnahmeeffekte vermieden werden können. Ein weiterer Vorteil ist die Verbesserung der marktlichen Koordination und wettbewerblichen Steuerung. Die individuelle Handlungs- und Entscheidungsfreiheit wird erhöht, und durch verstärkten angebotsseitigen Wettbewerb werden die Anreize zu wirtschaftlichem Verhalten forciert. Schließlich kann durch das Sportgeld die Transparenz der Vertei-
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7. Kap.: Überlegungen zur alternativen Ausgestaltung
lungsströme gesteigert werden, womit eine bessere Kontrollierbarkeit politischer Entscheidungen verbunden ist. Die Realisierung potentieller positiver Effekte des Sports ist nur durch eine gezielte Förderung ausgewählter Bereiche des Sports möglich. Deren Selektion muß auf Basis der in den jeweiligen Politikbereichen zu formulierenden Zielstellungen erfolgen. Die Auswahl hat alle Sportangebote zu berücksichtigen, für die nachweislich ein positiver Kausalnexus zu den politischen respektive Gemeinwohlzielen existiert. Unter Beachtung der aufgestellten Anforderungen an die technische Ausgestaltung des Förderinstrumentariums wird eine zielgenaue und systemkonforme Realisierung der positiven Effekte des Sports ermöglicht. Das im Rahmen der aktuellen Förderung praktizierte Gießkannenprinzip wird aufgehoben und der Verschwendung von Ressourcen vorgebeugt. Statt dessen werden die realiter vorhandenen Gemeinwohlpotentiale des Sports gezielt ausgeschöpft. Die öffentliche Sportförderung steht allen Sportanbietern gleichermaßen offen. Gleichzeitig wird die Entscheidungsfreiheit der Sportanbieter gestärkt, sich für oder wider eine staatliche Instrumentalisierung auszusprechen. Insgesamt kann so die Förderung zur Realisierung der positiven Effekte beitragen, ohne ordnungspolitische Probleme zu induzieren. Die erarbeiteten Vorschläge zur alternativen Ausgestaltung der öffentlichen Sportförderung stellen einen Lösungsansatz dar, der aufzeigt, wie sich unter Berücksichtigung der politischen Zielstellungen die öffentliche Sportförderung mit einem marktwirtschaftlichen System vereinbar gestalten läßt.
8. Kapitel
Fazit Rund zwei Drittel der deutschen Bevölkerung treiben regelmäßig Sport. Damit nimmt der Sport einen hohen gesellschaftlichen Stellenwert in Deutschland ein. Allerdings gibt es nicht „den Sport“. Vielmehr ist das Phänomen „Sport“ durch vielfältige Erscheinungsformen gekennzeichnet. Alle Erscheinungsformen eint jedoch, daß sie das Ergebnis von Handlungen nach Eigennutz strebender Individuen sind, die aufgrund der Knappheit von Gütern Restriktionen in ihrem Handeln ausgesetzt sind. Insofern ist auch der Sport als Ergebnis ihres Handelns ein knappes, ihnen nutzenstiftendes und damit wirtschaftliches Gut. Eine Analyse der auf die zielgerichtete Reduktion der Knappheit des Sports ausgerichteten öffentlichen Sportförderung aus ökonomischer Perspektive bietet sich an. Die öffentliche Sportförderung in Deutschland gestaltet sich sehr umfangreich und ebenso facettenreich wie der Sport selbst. Alleine die unmittelbare Förderung hat sich in den letzten vier Jahrzehnten mehr als verzehnfacht und betrug über alle Gebietskörperschaften hinweg im Jahr 2002 netto über 3,9 Milliarden Euro. Unter Berücksichtigung weiterer statistisch nicht erfaßter unmittelbarer Transferleistungen, mittelbarer Transfers insbesondere in Form von Steuervergünstigungen sowie aus staatlichen Regulierungsmaßnahmen resultierender finanzieller Vorteile, dürfte realiter der Wert deutlich höher liegen. Die Sportförderung erfolgt auf allen staatlichen Ebenen, stellt aber faktisch eine primär kommunale Aufgabe dar. Empfänger der öffentlichen Sportförderung ist nahezu ausschließlich der selbstverwaltete Sport, also der Deutsche Sportbund mit den unter seinem Dach organisierten Sportvereinen und -verbänden. Dessen Förderung basiert auf den Prinzipien der Autonomie, der partnerschaftlichen Zusammenarbeit sowie der Subsidiarität. Ein Rechtsanspruch auf öffentliche Sportförderung besteht nicht, da diese ausdrücklich unter Haushaltsvorbehalt gestellt ist. Die ordnungspolitische Grundsatzentscheidung für eine marktliche Steuerung des Wirtschaftsprozesses fordert eine zurückhaltende Rolle des Staates. Seine primäre Aufgabe ist die Schaffung und Durchsetzung eines Ordnungsrahmens, der die Funktionsfähigkeit des Markt- und Wettbewerbsprozesses gewährleistet. Ein staatlicher Handlungsbedarf zur Förderung des Sports, wie sie in Deutschland umfangreich praktiziert wird, ist nur dann gegeben, wenn Marktversagen, Wettbewerbsversagen oder übergeordnete politisch determinierte Ziele vorliegen. Ist eine dieser drei notwendigen Bedingungen für einen ordnungspolitisch legitimen staatlichen Eingriff erfüllt, ist die Grundlage für ein staatliches Tätigwerden zur
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8. Kap.: Fazit
Förderung des Sports gegeben. Ein staatlicher Eingriff setzt aber zudem voraus, daß ordnungspolitisch legitime Maßnahmen einsetzbar sind und eingesetzt werden. In concreto bedeutet dies, daß die staatlichen Maßnahmen zur Förderung des Sports den Kriterien der Zielkonformität, Systemkonformität und Verhältnismäßigkeit genügen müssen. Die Analyse der ökonomischen Rechtfertigungstatbestände in Form allokativer, meritorischer sowie distributiver Argumente zur Legitimation eines staatlichen Handlungsbedarfs zeigt, daß keine der notwendigen Bedingungen für einen ordnungspolitisch legitimen staatlichen Eingriff zur Förderung des Sports hinreichend erfüllt ist. Cum grano salis weisen der Markt- und der Wettbewerbsprozeß im Bereich des Sports keine Funktionsdefizite auf. Vermeintlich vorliegende positive Wirkungen des Sports auf das Gemeinwohl, die positive externe Effekte verkörpern, können schwerlich eine pauschale und undifferenzierte Förderung des Sports begründen. Vielfach ist ihre Existenz empirisch nur unzureichend abgesichert. Neben positiven treten auch neutrale oder negative Effekte bei der sportlichen Betätigung auf. Auch sind die Effekte nicht per se mit dem Sporttreiben verbunden, sondern werden meist erst durch einen gezielten Einsatz des Sports als Mittel hervorgerufen. Zudem handelt es sich größtenteils um internalisierte Effekte. Darüber hinausgehende, qualitativ vorliegende externe Effekte sind quantitativ kaum zu fassen, so daß eine hierauf begründete Förderung einer ordnungspolitisch nicht zu legitimierenden politischen Entscheidung bedarf. Anhand meritorischer Argumente kann die öffentliche Sportförderung ebenfalls nicht ordnungspolitisch legitimiert werden. Dies liegt weniger an der Einordnung von Sportgütern als meritorische Güter als vielmehr am Konzept selbst. Das Konzept der Meritorik kann auf Informationsmängel im Markt reduziert werden, womit sich allenfalls eine staatliche Förderung zur Bereitstellung von Informationen über die Vorzüge der sportlichen Betätigung rechtfertigen ließe. Ein distributiv motivierter Eingriff zur Änderung des aus einem funktionsfähigen Markt- und Wettbewerbsprozeß resultierenden, aber politisch unerwünschten, Marktergebnisses mit dem Ziel des Offenhaltens der Sportangebote für alle läßt sich kaum als übergeordnetes politisch determiniertes Ziel vertragstheoretisch legitimieren. Die öffentliche Sportförderung stellt einen Eingriff in die private Freizeitgestaltung des einzelnen Individuums dar und reicht über eine vertragstheoretisch zu legitimierende individuelle Existenzsicherung hinaus. Zudem ist sportliche Betätigung für jeden auch ohne bedeutenden finanziellen Ressourcenaufwand möglich. Wie schon die Notwendigkeit eines staatlichen Eingriffs, erweist sich auch die Ausgestaltung der Maßnahmen zur Förderung des Sports aus ordnungspolitischer Sicht als bedenklich. Die obigen Ausführungen machen deutlich, daß auf der Zielebene der Sport nicht per se als Instrument zur Realisierung der staatlichen Gemeinwohlziele geeignet ist, sondern allenfalls einzelne Bereiche des Sports. Auf der Instrumentenebene führt das Förderinstrumentarium in Form der pauschalen
8. Kap.: Fazit
267
und ausschließlichen Subventionierung der Anbieter des selbstverwalteten Sports zu weiteren Zielungenauigkeiten. Insgesamt gelingt es dem Staat zwar, Gemeinwohlziele zu realisieren und das selbstverwaltete Sportangebot weitgehend für alle offenzuhalten. Jedoch beeinträchtigen unerwünschte Nebenwirkungen, insbesondere Mitnahmeeffekte und Wettbewerbsverzerrungen, die Zielkonformität nicht unerheblich. Darüber hinaus ist die Ausgestaltung des Förderinstrumentariums hinsichtlich der erarbeiteten Kriterien der Systemkonformität mangelhaft. Die selektive Förderung der Anbieter des selbstverwalteten Sports führt zu verzerrten Preissignalen sowie einer nicht-marktlichen Diskriminierung der alternativen Sportanbieter sowie alternativ Sporttreibender. Zudem werden die Anbieter des selbstverwalteten Sports durch staatlich geschaffene Marktzutrittsschranken vor den Kräften des Wettbewerbs geschützt. Ferner ist die pauschale und dauerhafte Förderung schwerlich mit dem Subsidiaritätsprinzip vereinbar. Der unzureichende Regelrahmen der Fördermaßnahmen ist ebenso zu bemängeln. Im Resultat führen die staatlichen Maßnahmen zur Störung des Markt- und Wettbewerbsprozesses. Weniger aufgrund der Kosten in Form der umfassend gewährten staatlichen Transferleistungen als vielmehr durch die mangelnde Zielerreichung, die unerwünschten Nebeneffekte sowie die negativen Auswirkungen auf den Markt- und Wettbewerbsprozeß bedingt, erscheinen die aktuellen Maßnahmen der öffentlichen Sportförderung nicht als verhältnismäßig. Die offensichtlich gewordenen ordnungspolitischen Defizite sind Anlaß für einige Überlegungen hinsichtlich einer alternativen Ausgestaltung der öffentlichen Sportförderung. Da keine Funktionsstörungen des Markt- und Wettbewerbsprozesses vorliegen, kann der Staat den Sport aus ordnungspolitischer Perspektive am besten fördern, indem er sich auf seine zentrale Aufgabe beschränkt und eben die Funktionsfähigkeit des Markt- und Wettbewerbsprozesses gewährleistet. Dies erfordert sowohl die Rückführung staatlicher Eingriffe zur Vermeidung der hierdurch induzierten Funktionsstörungen als auch die Schaffung und Durchsetzung eines wettbewerblichen Ordnungsrahmens. So kann die Leistungsfähigkeit des Marktund des Wettbewerbsprozesses voll ausgeschöpft werden. Die Anbieter des selbstverwalteten Sports werden weiterhin den Sport fördern können und fördern wollen. Alternative Sportanbieter erfahren keine nicht-marktliche Diskriminierung mehr in den marktwirtschaftlichen Prozessen und können somit einen verbesserten Beitrag zur Versorgung mit Sport leisten. Soll darüber hinaus aus politischen Motiven auch den einkommensschwachen Individuen der Zugang zu allen Sportangeboten offengehalten werden, bietet sich die Zahlung eines staatlichen Sportgeldes an die bedürftigen Nachfrager an. Das Sportgeld stellt eine einkommensabhängige Rückerstattung der geleisteten Beiträge zur Wahrnehmung von uneingeschränkt selbstzuwählenden Sportangeboten dar. Hierdurch können einkommensschwache Individuen unter Wahrung ihrer Handlungs- und Entscheidungsfreiheit gezielt gefördert und zugleich der angebotsseitige Wettbewerb verstärkt werden.
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8. Kap.: Fazit
Die Realisierung der potentiellen positiven Effekte des Sports erfordert eine gezielte Förderung ausgewählter Bereiche des Sports. Deren Selektion muß auf Basis der von den positiven Effekten nutznießenden Politikbereichen zu formulierenden Zielstellungen erfolgen. Förderungswürdig sind grundsätzlich alle Sportangebote, für die nachweislich ein positiver kausaltheoretischer Zusammenhang zu den Zielen besteht und die alternativen Instrumenten im Hinblick auf die Zielerreichung überlegen sind. Die technische Ausgestaltung des Förderinstrumentariums ist an den aufgestellten Anforderungen auszurichten, die sich auf Basis des ordnungspolitischen Referenzrahmens ergeben. Eine zielgenaue und systemkonforme Realisierung der positiven Gemeinwohlpotentiale des Sports wird somit möglich. Offen bleibt die Frage, ob der dargestellte Lösungsansatz, der aufzeigt, wie die öffentliche Sportförderung unter Berücksichtigung der politischen Zielstellungen kompatibel mit einem marktwirtschaftlichen System gestaltet werden kann, Realisierungschancen im politischen Prozeß hat. Skepsis scheint angebracht, da die Sportförderung als Politikum anzusehen ist.1 Sie ermöglicht es, mit vergleichsweise geringem Aufwand Geschenke an die große Masse der Mitglieder in Sportvereinen zu verteilen. Optimistisch stimmt hingegen, daß sich durch den globalen wirtschaftlichen Wandel auch Deutschland im weltweiten Standortwettbewerb behaupten muß, wodurch sich die Bereitschaft zu Reformen erhöhen dürfte. Auch die angespannte öffentliche Haushaltslage erfordert ein Umdenken und eine Fokussierung des Staates auf seine originären Aufgaben. Der Sparzwang darf aber nicht zu willkürlichen Einschnitten bei der Förderung des Sports führen, sondern erfordert eine Berücksichtigung seiner Gemeinwohlpotentiale. Jedenfalls ist der Autor dieser Abhandlung persönlich ein begeisterter Vereinssportler und davon überzeugt, daß sich die öffentlichen Investitionen in den Sport lohnen und einen hohen Ertrag erwarten lassen, in gesundheitlicher wie auch sozio-edukatorischer Hinsicht. Dennoch ist auch er wie jeder, der ordnungspolitisch erfolgreich und überzeugend argumentieren will, auf wissenschaftlichen Ansprüchen genügende Evidenz hinsichtlich des Nutzens und der Notwendigkeit öffentlicher Sportausgaben angewiesen. Fundierte empirische Erkenntnisse können aber kaum angeführt werden, da sie nicht existieren oder ambivalenten Charakter haben. Insofern bleibt zu hoffen, daß mittels einer erweiterten Forschung gesicherte Erkenntnisse über die positiven Wirkungen des Sports gewonnen werden können. Gesicherte Erkenntnisse bestehen schon jetzt dahingehend, daß es auch ohne eine öffentliche Sportförderung weiterhin nicht nur Brot, sondern auch Spiele für jedermann geben wird.
1
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Sachregister Akkreditierung 250 Aktionsparameter 95, 121 ff., 216, 221 f., 228, 237 Anreizmechanismus 123, 226 Äquivalenz, fiskalische 262 Äquivalenzprinzip 98 Autonomie 46 ff., 182, 198 ff. Beschäftigungswirkung 126, 158, 161, 224 Deutscher Sportbund 37, 46 f., 66, 74, 79, 81, 84, 188, 194, 205, 214, 216, 239 f., 250 Diskriminierung 108, 118 ff., 150, 212 ff., 219, 224 ff., 237 f., 244, 248 Ein-Verbands-Prinzip 65 f., 216, 240 Emergenz 26 Entscheidungsfreiheit 122 f., 209, 211, 244, 254 Entscheidungskompetenz 88, 97 f., 122, 210 f., 262 Erfahrungswissenschaft 24, 106 Erlebniswert 160 Erziehung 65, 138 f., 164, 187 Existenzminimum 108, 175 ff. Externer Effekt 104 f., 130 f., 136 ff., 165 ff., 186, 209 f., 212, 225, 232, 239, 242, 248 f. – pekuniärer 105, 125 f. – politisch induzierter 137 f., 178 Falsifikationskriterium 24 Fehlallokation 237 Folgesubvention 223 f. Freizeitwert 126, 160 Friedenssicherung 144 Fußball-Weltmeisterschaft 55, 61, 159
Gemeinnützigkeit 53, 58, 202, 204 f., 220 Gemeinwohl 90, 130 f., 181 ff., 199 ff., 208, 213 f., 222, 225, 230 f., 242 f., 254 ff., 259 Gerechtigkeit 90, 107, 175 – Leistungsgerechtigkeit 91, 175 – Verteilungsgerechtigkeit 178, 196 Gesellschaftsordnung 90, 107 f. Gesellschaftspolitik 46, 131, 138, 185, 258 Gesellschaftssystem 88 Gesellschaftsvertrag 108 f. Gesundheit 35, 72, 131 ff., 164, 167, 186 f., 201, 255 Gesundheitssport 34, 75, 135, 141 Gesundheitssystem 135, 137 f., 262 Gesundheitswirkung 132, 167 f., 173, 186 Gewaltprävention 141, 143 Gleichheit 107 Grundgesetz 47, 49 f., 177 Grundversorgung 69, 177, 181, 201 ff., 230 ff., 242 f., 246, 252 f. Gut – meritorisches 162 f., 165 f. – öffentliches 102 ff., 130, 143, 146, 185 – privates 136 – wirtschaftliches 40 ff. Gütesiegel 250 Gutscheinsystem 246, 248 Haftung 97, 121, 241 Handelnsordnung 93 f., 102, 124 Handlungsfreiheit 90, 95, 98, 100, 117, 119, 122 f., 209 ff., 233, 237, 244 Handlungsspielraum, diskretionärer 205, 228 Humankapital 142, 148 Identität, nationale 44, 69 Identitätsstiftung 155, 157 f. Imageeffekt 158 ff., 202, 262
Sachregister Indemnitätstarif siehe Tarif Individualismus – methodologischer 25 ff., 172 – normativer 30 Informationsmängel 164, 166 ff., 178 Infrastruktur 40, 83, 157, 161, 186, 204, 210, 213 ff., 228, 234, 238 ff., 261 Innovation 123, 222 Instrument, diskretionäres 204, 219 Instrumentalisierung 45, 198 ff., 227, 254 f., 264 Integration, soziale 138, 143 ff., 187 Intervention, staatliche 105, 116, 170, 179 f., 200, 260, 263 Interventionismus 114, 175, 232 Irrationalität 169 ff. Kommerzialisierung 34, 41, 73 Konformität – Marktkonformität 114 f. – Systemkonformität 113 ff., 120 ff., 203 ff., 232 f., 244, 246 f., 254, 257, 260 – Wettbewerbskonformität 116 – Zielkonformität 111 ff., 180 ff., 244 f., 247, 260, 254, 260 Kongruenzprinzip 98, 262 Kontrolle – Erfolgskontrolle 185, 193, 261 – Leistungskontrolle 91, 106 – Wirksamkeitskontrolle 261 Koordination 90 ff., 101 ff., 122, 124, 204 ff., 263 Koordinationslücke 93, 122 Kosten-Nutzen-Relation 98, 125, 127, 260 Kritische Sporttheorie 40 Kritischer Rationalismus 23 Legitimationspostulat 98 f., 111, 184 Leistungsprinzip 138, 140 f. Lobbyismus 220, 225, 228 Lotterie 58, 60, 63 Marktstruktur 38, 65 f., 71 Marktverhalten 38, 65, 67 Marktversagen 100 ff., 110, 136 ff., 157, 167 ff., 232, 242 – distributives 175 19 Langer
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Marktzutritt, freier 124 f., 128 Marktzutrittsschranken 66 f., 69, 105, 237 ff., 243 Mitglied 35 ff., 44, 46, 66, 73 ff., 140 ff., 148, 150 f., 185, 191 f., 195, 200 f., 214, 216, 230, 236, 240 f., 245 Mitgliederinteressen 46, 76, 200, 217, 220, 240, 246, 258 Mitgliederzahl 44, 60, 74 ff., 84, 148, 194 Mitgliedsbeitrag 81 ff., 190 ff., 209, 214, 234 f. Mitgliedschaft 36, 143, 147 f., 150 f., 153, 190, 194 Mitnahmeeffekt 126, 196, 227, 231, 244, 260, 263 Monopol 47, 65 ff., 78, 85, 150 Muster-Voraussage 28, 92, 106 Nebenwirkung 112 f., 126, 180, 257, 260 Netzwerk 144 ff., 148 ff. Nirvana-Approach 101 Nominaldefinition 31, 33 Nutzen-Kosten-Analyse 125 f., 225 Nutzungsrecht 217 f., 228, 238 f. Öffentliche Gutskomponente 105, 130, 136 Öffentlichkeitsgrad 105, 165 f. Olympische Spiele 45, 49, 55, 159 Optionswert 152 ff. Ordnungsleitbild 89 ff. Ordnungsrahmen 241, 265 Ordoliberalismus 96 Partikularinteresse 109, 219 Politiker 205 f., 208, 221 Präferenz 28 f., 94 f., 97, 163 ff., 203, 236, 238, 244, 261 Präferenzsystem 165, 167, 172 f. Preismechanismus 115, 128, 209 f., 242 Preissystem 93 f., 122 Prestige 25, 155 ff., 168, 201 f., 225, 257, 260 Privateigentum 97, 119, 121 f. Privilegierung 120, 123, 150, 213, 219 ff., 228, 238, 240 f. Prozeßpolitik 97 Public Private Partnership 239
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Sachregister
Rationalität 73, 171 Rationalitätsprinzip 27 f. Rechtssicherheit 143 Rechtsstaatlichkeit 97 Referenzrahmen 87, 89, 231, 243 Regelrahmen 96, 100, 228, 241 f. Regulierung 38 f., 52, 65 ff., 184, 216, 260 Rent-Seeking 220 Repräsentation, nationale 45, 155 f., 158 Repräsentationswirkung 155, 157 Rundfunk, öffentlich-rechtlicher 69 ff., 157, 207
Steuervergünstigung 39, 53 f., 63, 184, 204, 206, 210, 212, 214, 220 f., 260 Subsidiarität 47, 66, 97 ff., 121 f., 125, 182, 198, 210 ff., 228, 260 f. Subvention 104, 182 ff., 190 ff., 204 ff., 219 ff., 247 Subventionierung 165, 189, 197, 207, 210, 221 ff., 237, 239, 244 f. Subventionsmentalität 221 Subventionstarif siehe Tarif Subventionstatbestand 189 Systemkonformität siehe Konformität
Segregation, partielle 144 Selbstbetroffenheit 125, 206 ff. Selbsthilfegruppe 241 f. Selektionseffekt 141 Selektionsmechanismus 222, 226 Sicherheit 90, 107 Soziale Gerechtigkeit 108, 175 Sozialisation 141 ff., 187 Sozialkapital 138, 145 ff., 187, 255 Sozialpolitik 241, 245 Sozialwert 138, 143 ff. Spenden 55, 153 Spill-over-Effekt 261 f. Sport – Definition 31 ff. – Erscheinungsform 32, 231, 248 f., 256 – kommerzielles Angebot 77 f., 168, 176, 186, 219 – Organisationsstruktur 36 f., 158, 167 f., 201 f., 214 Sportförderpolitik 57, 79, 179 Sportförderrichtlinie 204 ff. Sportförderungsgesetz 50 Sportgeld 246 ff., 260 ff. Sportgroßveranstaltung 53, 58, 126, 155, 157, 161 Sportgutschein 247 Sportpolitik 45, 64, 189 Sportstätte 50, 53 ff., 58 ff., 66, 79 ff., 190 ff., 211, 215, 217, 223 f., 234 Sportsystem 45 Sportverwaltung, öffentliche 48, 205, 210 f. Standorteffekt 160 f., 202 Standortfaktor 160, 252 Steuersystem 197
Tarif – Indemnitätstarif 252 f., 261, 263 – Subventionstarif 245 Tourismussektor 126, 159 Transaktionskosten 94, 97, 104, 108, 136, 145, 225, 247 Transfer – Finanztransfer 163 – Naturaltransfer 164 – Realtransfer 60 f., 83, 184, 214 Transferleistung 39, 52, 63, 66, 183 f., 205, 212, 219 ff., 225 – mittelbare 55, 184, 204 ff. – monetäre 39, 60, 81 f., 184, 205 – unmittelbare 61, 83, 184, 205 f., 212 Transferzahlung, direkte 243 ff., 255, 263 Umverteilung 67, 108, 163 f., 196, 244, 254 Vereinsförderungsgesetz 220 Verfassungsrecht 48, 198, 232 Verhältnismäßigkeit 98, 125 ff., 224 ff., 231, 233, 250 ff., 260 Verteilungswirkung 126, 196, 227, 231 Vertragsfreiheit 97 Vertragstheorie 98, 108 ff., 170 f., 177 Wachstumsexternalität 158 f., 162, 202 Werturteil 23 f., 42, 89, 175 f. Wettbewerbsbeschränkung 68 Wettbewerbsfreiheit 94, 117, 216 Wettbewerbspolitik 240 f. Wettbewerbsversagen 106 f., 109 f., 167 ff. – transaktionales 168 f.
Sachregister Willensfreiheit 29 Willensschwäche 172, 174 Wirtschaftsordnung 88, 90, 96, 115 Wirtschaftspolitik 89, 97 f., 111, 114, 255 Wirtschaftsprozeß 88, 104, 226, 241 Wirtschaftssystem 87 ff., 111, 114 ff., 226 Wirtschaftsverfassung 88
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Zielhierarchie 180 ff., 261 Zielkonflikt 108 Zielkonformität siehe Konformität Ziel-Mittel-Beziehung 257 Zusammenarbeit, partnerschaftliche 47 f., 194, 198, 216 Zweckzuweisung 58, 224