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German Pages 153 [164] Year 1927
UNGARISCHE JAHRBÜCHER ZEITSCHRIFT FÜR DIE KULTURELLEN, SOZIALEN UND WIRTSCHAFTLICHEN FRAGEN UNGARNS UND SEINER NACHBARLÄNDER HERAUSGEGEBEN
VOM
U N G A R I S C H E N INSTITUT AN D E R UNIVERSITÄT BERLIN DIE AUSGABE DER JAHRBÜCHER
ERFOLGT VIERMAL JÄHRLICH
Bandl, Heft 1—4: Reichsmark 6, in Halbleinen gebunden Reichsmark 8*5» Band ii „ „ „ 4-50, „ „ „ „ 6-50 Bandiii „ „ „ 6, in Ganzleinen „ ,, 8*50 Band IV „ „ „ 8, „ „ „ „ 10 Band V „ „ „ 16, „ „ „ „ 18 Band VI „ „ „ 20^ „ „ „ „. 22 „ „ 26, Band VU „ „ „ 24, n Preis der Einzelhefte je nach Umfang.
Inhalt des L Bandes:
I. A u f s ä t z e und B e r i c h t e : Bajz.h, J. y.: Die kroatische Publizistik während des Weltkrieges / Bonkälö, A.: Die ungarländischen Rüthenen / Buday, L. v.: Die Bevölkerungsbewegung in Ungarn und der Krieg / Buday, L. v.; Landwirtschaftliche Produktion in Ungarn / Fucjss, A. v.: Skizze des ungarischen Bankwesens t Gombocz, Z. : Die bulgarische Frage und die ungarische Hunnensage / Gragger, R.: Unser Arbeitsplan / Horvâth, J.v.: Das Genossenschaftswesen in Ungarn / Kvassay, E. v. : Die Donau vom Standpunkt der Schiffahrt / MAlyusz, E. v.: Die Entstehung des Komitatés Turöc / Moor, E . : Die Deutschen Spielleute in Ungarn / Ré2, M- v.: Gedanken über- Stephan Tisza / Sebess, D. v,: Die Agrarreform in Ungarn / TagInyi, K. : Alte Grenzschutzvorrichtungen und Grenzödland: gyefä und gyepüehe I Takâts, A.: Ungarische und türkische Berufsr schreiber im 16. und 17. Jahrhundert / Thîm, J. R.:- Die Gründungsversuche Jugoslawiens 1848/49 / Vizciän, E. v.: Die Wasserkraft der Donau / Zolnai, B. : Ungarische Literatur 1906^1921, II. Kleine, Mitteilungen, Anzeigen, Bibliographie. I n h a l t d e s II. B a n d e s : I. A u f s ä t z e und B e r i c h t e : Buday, L. v.: Agrarpolitische Zukunftsaufgäben / Domanovszky, A.: Die Vergangenheit der ungarischen Donau-Handelsschiffahrt / Fehér, G.: Ungarns Gebietsgrenzen in der Mitte des 10. Jahrhunderts / Gragger, R.: Ungarische Institute für Geschichtsforschung / Höman, B-: Der Ursprung der Siebenbürger Székler / Kakqlyi, A.: Stephan Széchenyis beschlagnahmte Schriften: / Kovics, A.: Die Wiedergeburt der ungarischen Völkskraft / Losonczy, Z. : Die ungarische Sprachwissenschaft 1920—1921 / NyulÂszi, J.: Staatsy ertrage zur Regelung von Steuer- und Gebührenfragen / Thienemann, Th.: Die deutschen Lehnwörter der ungarischen Sprache. II. K l e i n e M i t t e i l u n g e n , Anzeigen, Bibliographie. (Fortsetzung siehe 3, Seite dieses Ufmchlages./,
UNGARISCHE BIBLIOTHEK herausgegeben vom
Ungarischen
I n s t i t u t an d e r U n i v e r s i t ä t Erste Reihe
Berlin
- .. __
13.
Festgabe
JOSEF SZINNYEI zum 70. Geburtstag Herausgegeben vom Ungarischen Institut an der Universität Berlin
1927 Walter de Gruyter & Co. vormals G. J. Göschen'sche Verlagshandlung — J. Guttentag, Verlagsbuchhandlung — Georg Reimer — Karl J. Trübner — Veit & Comp.
Berlin und Leipzig
Inhaltsverzeichnis. Seite SETÄLÄ, E . N . : RANG, W . :
Josef Szinnyei 70-jährig
1
Turkologische Briefe aus dem Berliner Ungarischen Institut.
Vierter Brief
4
JOKL, N.: Die magyarischen Bestandteile des albanischen Wortschatzes . JUHASZ,
J.: Mokschamordwinische Wortpaare
53
LEWY, E . : Eine wotjakisch-iranische Gleichung? MARKWART,
55
J.: Np. ädina „ F r e i t a g "
57
MOOR, E . : Eine Vorrichtung der ungarischen Sperrfischerei POPPE, N . : SCHULZE,
90
Türkische Lehnwörter im Tschuwassischen
119
W . : Zum Tocharischen
136
.
146
E . N . : Ein vorarisches, ev. urindogermanisches Kulturwort im Finnisch-ugrischen
150
SCHÜNEMANN,
K.: Esztergom, der ungarische Name der Stadt Gran
14
.
SETÄLÄ,
WICHMANN,
Y . : Etymologisches
152
Josef S z i n n y e i 70 jährig. Von E. N. Setälä.
Das Ungarische Institut hat Herrn Professor Josef Szinnyei in Budapest eine Festgabe zu der 70. Wiederkehr seines Geburtstages widmen wollen. Die Widmungsworte hätten natürlich von dem beweinten Präses und Begründer des Institutes ausgesprochen werden sollen. Da jedoch das harte Schicksal ihn unerwartet hinweggerafft, hat das Institut mir den ehrenvollen A u f t r a g gegeben, im Namen der Fachgenossen Josef Szinnyeis die Gefühle der Verehrung und D a n k barkeit bei dieser Gelegenheit zum Ausdruck zu bringen. Josef Szinnyei hat schon in ganz jungen Jahren, als Gymnasiast, seine literarische Tätigkeit begonnen. Der erste Gegenstand seines Interesses war die Literatur- und Kulturgeschichte; in den Studienjahren wurde aber sein Interesse von dem belebenden Geist des höchst anregenden akademischen Unterrichts von Josef Budenz angehaucht. Und so k a m es, d a ß der junge Josef Szinnyei bald alle seine K r ä f t e der Sprachwissenschaft zu widmen beschloß. Entscheidend für seinen Lebensberuf wurde auch seine Reise nach Finnland (1879 bis 1880), wo er sich die finnische Sprache vollständig — wie kein Ausländer vor ihm — aneignete und sich mit der damaligen finnischen Sprachforschung vertraut machte. Daselbst fand er seine Lebensgefährtin, welche ihm seit dieser Zeit getreu zur Seite steht. Nach seiner Rückkehr begann er in der Heimat sogleich seine akademische Lehrtätigkeit, zuerst als Privatdozent in Budapest, vom Jahre 1883 an. Im Jahre 1886 ging er als außerordentlicher Professor der ungarischen Sprachwissenschaft nach Kolozsvär (Klausenburg), wo er im Jahre 1888 ordentlicher Professor desselben Faches wurde und biz zum Jahre 1893 wirkte. Im letztgenannten Jahre wurde er nach dem T o d des großen Meisters Josef B u d e n z nach Budapest berufen um das verwaiste Katheder der uralaltaischen Sprachwissenschaft in Besitz zu nehmen. A n dieser Stelle wirkt er noch heute, und hat folglich 44 Jahre als akademischer Lehrer gewirkt, davon 34 Jahre an der Budapester Universität.
1
2 Die ersten Früchte seiner Reise nach Finnland waren — außer verschiedenen Schriften in der finnischen Sprache, unter denen ein ungarisches Lehrbuch für Finnen, welches er zusammen mit Antti Jalava herausgab — ein Buch über Finnland, welches ein allseitiges Bild von dem Land und Volk darbot (1882), und ein vorzügliches finnisch-ungarisches Wörterbuch (1884). Schon vor wie auch nach diesen Arbeiten erschienen seine Untersuchungen und Studien in Zeitschriften und selbständigen Werken, sowie auch seine Lehr- und Handbücher sowohl für den akademischen als den Schulunterricht in rascher Folge. Es wäre hier unmöglich, diese zahlreichen Arbeiten zu verzeichnen und zu würdigen. Dies ist auch nicht der Zweck dieser Widmungsworte, wir werden uns hier auf einige Grundlinien beschränken. Als Hauptwerk von Josef Szinnyei ist zweifellos das ungarische Dialektwörterbuch — Magyar Tdjszötdr (in 2664 großen Spalten, 1897—1901) — hervorzuheben. Dieses Buch bietet in übersichtlicher und leicht zu handhabender Form eine reiche Fülle von Daten aus dem ungarischen Wortschatz, die für jeden wichtig sind, der mit der finnisch-ugrischen und im besondern mit der ungarischen Sprachforschung zu tun hat. Neben der Gewissenhaftigkeit und Genauigkeit des Herausgebers verdient außerordentliche Anerkennung die große Mühe, die er darauf verwandte, um die Ausarbeitung und Redaktion des ganzen umfangreichen Lexikons a l l e i n zu bewerkstelligen. Diese Arbeit bildet — das soll besonders hervorgehoben werden — für den Forscher ein ganz notwendiges Komplement zu dem ungarischen „Sprachhistorischem Wörterbuch" d. h. dem Wörterbuch der älteren ungarischen Sprache. Als Forscher der ungarischen Sprache hat Szinnyei außerdem in seinen Arbeiten über die ungarischen Possessivsuffixe, ganz besonders aber durch seine Untersuchungen über den ältesten Bestand der ungarischen Sprache nach den ältesten erhaltenen Denkmälern, wodurch er über diese Sprachperiode ein ganz neues Licht geworfen, sich große Verdienste erworben. Auf dem finnisch-ugrischen Gebiete verdanken wir Szinnyei, außer vielen einzelnen | Untersuchungen von bleibendem Wert, die einzige übersichtliche Darstellung der heutigen finnisch-ugrischen Sprachwissenschaft, welche wir besitzen. Der Inhalt dieser Arbeit ist in ungarischer Sprache als Grundriß der Vorlesungen des Verfassers erschienen; der Verfasser hat aber diese Arbeit auch in deutscher Sprache erscheinen lassen und diese Arbeit bildet heute für das internationale wissenschaftliche Publikum das alleindastehende Hilfsmittel zur Orientierung in der finnisch-ugrischen Sprachwissenschaft. Wir wollen uns heute nicht in Einzelheiten verlieren. Wir haben nur hervorzuheben, daß Josef Szinnyei während seiner langen akademischen Lehrtätigkeit an der Universität der ungarischen Hauptstadt
3 als Lehrer alle ungarischen Sprachforscher des jüngeren Stammes erzogen hat und daß folglich sein Einfluß auf die Ausbildung der Sprachforscher in Ungarn und somit auf das Fortschreiten der ganzen finnisch-ugrischen Sprachforschung von der allergrößten Bedeutung gewesen ist. In den zahlreichen Arbeiten, in erster Linie in seinem Dialektwörterbuche und in den höchst wertvollen Untersuchungen des ältesten ungarischen Sprachbestandes, wird der Name Josef Szinnyei in der Geschichte der finnisch-ugrischen Sprachwissenschaft fortleben. Der Name Josef Szinnyei gehört aber nicht nur der Geschichte. Lebenskräftig und mit vollem Interesse steht er noch immer da in voller Wirksamkeit in der Mitte seiner Lebensarbeit, und wir wünschen ihm nur Kräfte und Gesundheit, um seine Arbeiten weiterführen und uns neue Ergebnisse seines unermüdlichen Schaffens darbieten zu können.
1*
Turkologische Briefe aus dem Berliner Ungarischen Institut. Von
W. Bang. Vierter
Brief:
Das privative Suffix -stz. I.
In meinem Negativen Verbum der Türksprachen habe ich versucht, das weitverbreitete W o r t uz 'fähig' usw. 1 ) zu analysieren und es von dem schon inschriftlich belegten u- 'können' abzuleiten, das erst in den Turfanfunden in seinem alten Glanz erstanden ist. Demnach wäre -z ein Element, das Nomina aus Verbalstämmen (*u-z) bildete, und es liegt auf der Hand, daß wir ohne weiteres berechtigt sind, dieses -z auch in dem negativen Präsens der Türksprachen (qilmaz < *q'il-ma-z) anzunehmen. 2 ) Andre ^-Nomina findet der Leser im Negativen Verbum, sowie u. a. in den Manichäischen Hymnen. Die wichtigsten für die türkische Sprachgeschichte sind: i. *yab-, *yam-. Dazu das Gerundium *yabi, von dem ein »schwaches« Verbum auf -la- gebildet wurde: *yab'ila-. Die ^ - F o r m desselben lautete *yab'ilaq, dies wurde durch Mittelsilbenschwund zu kökt. usw. yablaq 'schlecht'. V o n der angesetzten Wurzel stammt direkt aber auch kökt. usw. yabiz 'schlecht'. *) Wörtl.'könnend, Könnender, Könner; Können'usw. R A D L O F F gibt u . A . : ^Geschicklichkeit, Kunst' (Wb. I 1742), 'gewandt, geschickt, fähig5 ( 1 7 5 4 ) ; an dieser Stelle uz Gegensatz zu yawuz 'untauglich1 (vgl. unten). In den Fragmenten ist das Wort gut belegt. So z.B. in A. VON L E C O Q S Türk. Maiiich.\ 16 — 17 uzlar und uz kisi im Sinn von 'Meister' (vgl. Beichtspiegel 239 Anm. 2). Mehrfach als Adverb: 'gut, ganz, voll' — wie unser 'tüchtig'! Vgl. besonders F. W. K. M Ü L L E R S Uigurica III 81—82. 2) Die immer wieder behauptete ursprüngliche Identität des -z von qilmaz und des -r von qilur bezweifle ich sehr stark. Sie wird ja nur deswegen angenommen, weil wir immer die Brille des indogermanischen Präsens auf der Nase haben! Zum Wechsel z r vgl. im allgemeinen meine Anmerkungen zu P O P P E in diesen Jahrbüchern VI 1 1 5 unten.
5 2. *sö-. D a z u das Gerundium *söyä, von d e m das » s c h w a c h e « V e r b u m söilä-, ' r e d e n ' 1 ) gebildet wurde. V g l . ba- 'binden', baya- und dazu baila-. V o n so- lautet das £-Nomen: j-ftz'Wort', von d e m wieder sözlä- abgeleitet wurde. E s scheint, daß söz mehr 'das gemurmelte, geflüsterte W o r t ' im G e g e n s a t z zu saw 'das laute W o r t ' bedeutet habe. Man könnte also annehmen, sögüt sei *sö-güt oder *sö-gü-t. Heute bedeuten sögüt und seine E n t w i c k l u n g e n fast ausschließlich ' W e i d e 3 , während es früher ganz allgemein ' B a u m ' — wohl speziell ' L a u b b a u m ' im G e g e n s a t z zum ' N a d e l b a u m ' — bedeutete. E s könnte also sögüt ein A b s t r a k t u m oder N o m e n agentis sein; B e d e u t u n g ' G e m u r m e l ' oder 'Flüsterer, Rauscher, Rauner' ? Diese letztere B e d e u t u n g ist mir wahrscheinlicher, weil '*sö-gü-t wie alpayut und bayayut gebildet zu sein scheint: alp und bai, dazu die V e r b a *alpa- 'ein Held sein' und *baya- 'ein Reicher sein'; alpayut : yilpayut ist ein T i t e l in den Inschriften usw., bayayut aber entspricht dem sanskr. sresthi ( z . B . M Ü L L E R , Uigur. III 80, 20). Beide bezeichnen also Personen; doch ist hieraus kein d u r c h a u s s i c h e r e s A r g u m e n t zu gewinnen, weil im Türkischen Personen und überhaupt lebende W e s e n gern durch A b s t r a k t a bezeichnet werden (vgl. unser 'Herrschaften, G n a d e n ' u. dergl.). D e n L e s e r n der Ung. Jahrbb. S S . 2 4 2 — 4 4 b e k a n n t ; vgl. auch bei der A n m .
sind POPPE
die z-Formen von Bd. V im Bd. V I S. 116 am S c h l u ß
II. E s gibt ein V e r b u m ö- 'sich e r i n n e r n , denken an, bedenken' usw., das schon in den Orchoninschriften belegt ist, wie man allgemein erst nach Bekanntwerden der T u r f a n f u n d e erkannt hat: II N 6 = I S 8 (THOMSEN 1 1 7 ) acsar
tosi'q2)
ömäzsän,
bi? todsar
acsiq
ömäzsän'viQnn
du hungrig bist, so erinnerst du dich nicht an das Sattsein, wenn du aber 'mal satt bist, so erinnerst D u Dich [auch] nicht ans Hungrigsein'. In M Ü L L E R S Uigurica II 47 ögultig saqinyuluy 'das woran man denken m u ß ' ; also auch Uigurica 27, 2 u. statt oyu besser öyii saq'inu zu lesen. O f t k o m m e n besonders die Partizipia ö-daci und ö-gli v o r ; letzteres in ädgü ögli 'wohlgesinnt', auch 'freundschaftlich gesinnt, F r e u n d ' ; vgl. Uigur. III 42, 15. Bilden wir von diesem 0- das z-Nomen, so haben wir öz. Dieses W o r t b e d e u t e t : 'der beste T e i l eines D i n g s , das I n n e r e , das Herz, das M a r k ; das W e s e n , die Essenz' (RADL. W b . I 1298); dann 'selbst, eigen . In einigen neueren Mundarten ist öz lautgerecht zu ös geworden ( W b . I 1290), in andren zu Hz (1888) und dies zu us (1877). ') Oder *sög < *so'-g; dies im soj. Verbum söglö- 'sprechen'. 2) So in beiden Denkmälern; schwerlich fehlerhaft, sondern to- = to-d- nach dem 2. Brief (Ung. Jahrbb. V 242 Anm. 2; vgl. 3. Brief, ibid. 408 Anm. 1).
6 In den manichäischen Turfantexten bedeutet tirig öz soviel wie 'Leben', wie ich in meinem Beichtspiegel 187 ff. und in den Manichäischen Hymnen ioff. nachgewiesen habe. Die buddhistischen Texte bevorzugen dagegen isig öz. Sie gebrauchen daneben das Hendiadyoin öz yas (z. B. Uig. II 49, 20) und bilden dazu das Adj. özlüg z. B. in qisqa özlüg yaslty 'kurzlebig' in Uig. II 42, 28. Unser öz wäre also 'das i n n e r e , sich e r i n n e r n d e , denkende Prinzip im Menschen, das was ihn zu seiner Persönlichkeit macht'. Mit ät 'Fleisch' zusammengesetzt bedeutet ätöz, besser ätüz > kom. ätig, ätis, soviel wie 'Körper'; dies scheint eine Übersetzung aus dem Mitteliranischen zu sein (vgl. Man. Hymnen 33).l) Ungemein interessant sind einige deminutive Weiterbildungen von öz, bei denen wir uns etwas länger aufhalten wollen. Als ich mich im I.Briefe mit den armen käläpän (S. 47) herumschlug, die H. H. S C H A E D E R jetzt so schlagend erklärt hat 2 ), erwähnte ich die türkische Deminution auf -an, -än in oyulan, oylan und ärän. Daß es sich hier um Deminutiva handle, hat P A U L P E L L I O T im Joum. as. 1925 avril—juin S. 202 Anm. leicht bezweifelt. Die Sache hat aber ihre Richtigkeit — nur muß man sich daran erinnern, daß die türkischen und wohl überhaupt die uralaltaischen Deminutiva das betreffende Grundwort nicht nur deminutivieren, sondern daß sie es p o t e n z i e r e n und s u p e r l a t i v i e r e n . Natürlich nach dem Rezept kicig-kicigkiyä 'klein, klimperklein, s e h r klein' usw. Es ist also ärän etwa 'quite a man' — oder ' d e r Mann', ein'Mann im Quadrat', oder kurz 'der tüchtige Mann, der Held' (cf. Wb. s. v. ärän, erän: I 757—58). Wenden wir dies auf öz an, so bedeutet özän zunächst wörtlich 'das Innerste' und in diesem Sinn liegt es z.B. klar vor in Müllers Uigur. II 44, 32: linyuanin özänintin 'aus dem Innersten, Innern einer Lotusblüte'. ') In den Fragmenten bedeutet öz allein ebenfalls häufig 'Leib, Körper'. Daher denn Uigur. III 64, 15 öztä (Abi.) toymis säwär oyulun 'Dein leiblicher lieber Sohn' (vgl. Man. Hymnen 26 Anm. 2) und das nicht ganz sichere Verbum özlüglän'sich verkörpern' {ibid. 27 Anm. 1). Sehr schön eine antithetische Stelle in Türk. Man. III 7: Körper und Seele. Man denke an ahd. lib, mhd. Up = 'Leben' (ne. life) und 'Leib', häufig zur Umschreibung = 'Person', min Up = 'ich', wie 1) ¿/-i>] yv/j — iyd>. 2) Vgl. R . REITZENSTEIN und H . H . SCHAEDER, Studien mm antiken Synkretismus aus Iran und Griechenland (Studien der Bibl. Warburg VII) 272 Anm. 3. Damit platzen die an sich wenig schmackhaften indogermanistischen Windbeutel, die ich /. c. 43 erwähnt habe, und von denen mir nach Erscheinen des 1. Briefes noch andre durch die Post serviert wurden — zur größten Freude unsres armen R O B E R T G R A G G E R , denn der windigste kam aus den Ungarn so schmählich geraubten Gebieten!
7 Die Formen und Bedeutungen, die dieses özän in den neuen Mundarten angenommen hat, sind die folgenden: 1. schor. sag. özän 'Mark (des Baums)'. 2. dschag. özän 'das eben von der Milch entwöhnte Kind'. Nach V A M B E R Y ; vgl. Uigur. III 21, 11 özkiyäm-a 'o mein Liebling, mein Herzchen' oder dergl. 3. kir. özön 'der Fluß'. 4. leb. schor. özön 'Radachse'. W b . I 1302 stellt es zum russ. cx r>, was natürlich falsch ist; vgl. unten bar. üzök unter Nr. 17. 5. kir. koib. ktsch özön = özök (unten unter Nr. 11). 6. sag. üzän 'Mark des Baums'. 7. kaz. üzän 'Niederung, Tal'. 1 ) 8. bar. üzön 'Flüßchen, Bach'. 1 ) Ich habe übrigens schon in meinen Großkatzen (KSz XVII 128 Anm., 131, 141 —2) auf einige Deminutiva auf -an : -'in : -un hingewiesen. Die überzeugendsten sind: köt 'Hinterer' : kötän, ködän > ködön. cit 'Grenze' : citän, cedän, setän, sädän. toz 'Staub' : tozan, tozin, tozun. qurt 'Wurm' : qurtun. qoi 'Schaf : qoyun. boi 'Hals' : boyun. Die beiden letzten besonders wichtig, weil sie die cuwas. Kurzform %ü 'Busen' erklären: < *qoi — qoyun 'Hals, Busen'; zum Vokal vgl. türk. soi- 'schinden' > cuwas. sü-\ türk. boi, poi 'Körper, Gestalt, Wuchs' > cuwa§. pü. Der cuwas. Monophthong dürfte aber direkt aus dem kaz. -ui dieser Wörter umgelautet sein? Eine zweite Deminutivbildung ist die auf -äk, -ik, die je nach dem Vokal des Stammwortes und nach den Lautregeln des betreffenden Dialektes zu -ök, -ük labialisiert oder gerundet werden kann. Das Schulbeispiel ist kökt. uig. ^"'Mutter'; dazu als Hypokoristikon ögük '*Mütterlein', dann = 'Liebstes, Herzchen, Seelchen' in P E L L I O T S T e x t im T'oung Pao 1914 (vgl. das Glossar und die Anm.); < *ög-ik. Die Form ögäk liegt zweimal bei A. VON LE COQ vor: Türk. Man. I 15 antay ögäk saw sözläyü umayai 'so liebe (freundliche) Worte werden sie nicht sagen können'; vgl. Türk. Man. III 31 und meinen Beichtspiegel 236 — 37. Das küär. ögök 'Pupille' ist hierher zu stellen; vgl. darüber einen späteren Brief. Zu öz werden mit diesem Formans gebildet: 9. dschag. kom. schor. özäk 'Eingeweide, Herz, Kern (Frucht)'; usw. 10. sag. koib. özäk 'Pflock, Pfahl'? ') Vgl. koib. oi 'Niederung, Tal' = karagass. oi 'kleiner F l u ß ' (CASTREN 84b).
8 11. alt. tel. kir. kkir. özök 'das Innere eines Dings, Kern (der Nuß), Korn (der Ähre), Mark (des Baums), Docht (des Lichts und der Lampe), das Innere des Menschen (Brust und Bauch)1. 12. alt. tel. özök 'Fluß, Bach'. Im Kir. 'Tal'. 13. tel. gehäuft özöyös 'Flüßchen, Bächlein' < *özäkäs. 14. osm. öziik 'das Innere, Kern, Mark, Eiter einer Wunde' (vgl. W b . I 1300 1 özäk unter 2). 15. kaz. tob. tara üzäk 'das Innere, Mark, Kern'; tob. 'Bauch'. 16. kaz. gehäuft üzäkäi = Nr. 15. N.B. kaz. üzäklän- 'in den Halm schießen' und 'nur in der Mitte seine Tätigkeit entwickeln'; z. B. Idil iizäklänip aya 'die Wolga fließt nur in der Mitte' (an den Ufern ist sie mit Eis bedeckt)! 17. bar. iizök 'Mark (Baum), Innere (eines Dings)'; 'Bauchteil des Felles'; ' W a g e n a c h s e ' . Zu ö- stelle ich auch ög ' V e r s t a n d ' usw. < *ö-g w i e btlig usw. D a g e g e n möchte ich das V e r b u m ög- ' d e n k e n ' (Uig. II 11, 8) lieber ök- lesen, weil ich es für ein