Extraterritoriale Beweisbeschaffung im deutschen Zivilprozeß: Möglichkeiten und Grenzen der Beweisbeschaffung außerhalb des internationalen Rechtshilfeweges [1 ed.] 9783428502158, 9783428102150

Der Autor zeigt in der vorliegenden Arbeit vielfältige Möglichkeiten deutscher Gerichte auf, von der Anordnung einer Bew

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German Pages 168 Year 2000

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Extraterritoriale Beweisbeschaffung im deutschen Zivilprozeß: Möglichkeiten und Grenzen der Beweisbeschaffung außerhalb des internationalen Rechtshilfeweges [1 ed.]
 9783428502158, 9783428102150

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JAMAL DAOUDI

Extraterritoriale Beweisbeschaffung im deutschen Zivilprozeß

Schriften zum Prozessrecht Band 159

Extraterritoriale Beweisbeschaffung im deutschen Zivilprozeß Möglichkeiten und Grenzen der Beweisbeschaffung außerhalb des internationalen Rechtshilfeweges

Von J amal Daoudi

Duncker & Humblot . Berlin

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme

Daoudi, Jamal: Extraterritoriale Beweisbeschaffung im deutschen Zivilprozeß : Möglichkeiten und Grenzen der Beweisbeschaffung außerhalb des internationalen Rechtshilfeweges I von Jamal Daoudi. Berlin : Duncker und Humblot, 2000 (Schriften zum Prozessrecht ; Bd. 159) Zugl.: Münster (Westfalen), Univ., Diss., 2000 ISBN 3-428-10215-0

D6 Alle Rechte vorbehalten © 2000 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fremddatenübernahme und Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0582-0219 ISBN 3-428-10215-0 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706 8

Für Frauke, Fahim und Younes

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Wintersemester 1999/2000 von der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Westfälischen Wilhelms-Universität zu Münster als Dissertation angenommen. Mein ganz besonderer Dank gilt an erster Stelle meinem verehrten Doktorvater, Herrn Prof. Dr. Herbert Roth, Heidelberg, der die Entwicklung dieser Arbeit stets mit großem Interesse verfolgte und durch seine stete Gesprächsbereitschaft förderte. Herrn Prof. Dr. Ingo Saenger, Münster, danke ich für die überaus zügige Erstellung des Zweitgutachtens. Weiter möchte ich mich ganz herzlich bei Herrn Prof. Dr. Jürgen Schmidt, Münster, bedanken, dessen Lehrstuhl ich nunmehr nach fast siebenjähriger Tätigkeit verlasse. Als sein Mitarbeiter habe ich von ihm über Jahre wertvolle Anregungen, stetige Förderung und liebenswerte Unterstützung erfahren. Bedanken möchte ich mich ferner bei allen meinen Lehrstuhlkollegen, namentlich insbesondere bei Frau Dr. Ute Lohrentz, die immer zu Diskussionen über das Thema bereit war und durch ihre hilfreichen Anregungen und ihrer Kritik zum Gelingen der Arbeit wesentlich beitrug. Besondere Hervorhebung verdient nicht zuletzt meine Ehefrau Frauke, die nicht nur eine äußerst entbehrungsreiche Zeit in Kauf nahm, sondern trotz größter Inanspruchnahme durch unsere beiden Söhne die Kraft gefunden hat, mich zu entlasten. Stets war sie durch Rat und Tat eine unschätzbare Hilfe und ermöglichte mir durch ihre wertvolle Unterstützung und unermüdliche Aufmunterung die Fertigstellung der Arbeit. In Liebe und Dankbarkeit widme ich ihr und unseren beiden Kindern diese Arbeit. Münster, im März 2000

Jamal Daoudi

Inhaltsverzeichnis

Einleitung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

15

Erster Teil Die internationale Rechtshilfe

17

Begriff und Gegenstand der internationalen Rechtshilfe ..........................

17

§ 2 Abgrenzung zur innerstaatlichen Rechtshilfe .................. . ..................

19

I. Notwendigkeit der internationalen Rechtshilfe ..............................

20

11. Rechtshilfe durch auslandsansässige inländische Behörden ..................

21

§ 3 Vertragloser Rechtshilfeverkehr ... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

24

I. Verpflichtung zur Gewährung von Rechtshilfe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

25

1. Keine völkerrechtliche Verpflichtung ....................................

25

2. Herleitung einer Pflicht aus Art. 6 EMRK? ..............................

26

11. Gegenseitigkeitsprinzip .....................................................

27

1. ..courtoisie internationale" ...............................................

27

2. Erfordernis der Gegenseitigkeit ..........................................

28

a) Gegenseitigkeitsverbürgung ..........................................

28

b) Gegenseitiges Entgegenkommen......................................

30

111. Zusammenfassung ..........................................................

30

§ 4 Vertraglicher Rechtshilfeverkehr ........ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

31

I. Multilaterale Rechtshilfeabkommen .........................................

32

1. Haager Übereinkommen .................................................

32

a) Haager Übereinkommen über die Beweisaufnahme in Zivil- oder Handelssachen vom 18. 3.1970 (HBÜ) ...................................

33

§

10

Inhaltsverzeichnis b) Haager Übereinkommen über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke im Ausland in Zivil- oder Handelssachen vom 15. 11. 1965 (HZÜ)..... ..... ..................... ........ .......

36

c) Haager Übereinkommen über den Zivilprozeß vom 1. 3. 1954 (HZPÜ)

37

d) Haager Abkommen über den Zivilprozeß vom 17. 7. 1905 ............

37

e) Vereinbarungen zur weiteren Vereinfachung des Rechtsverkehrs nach den Haager Übereinkommen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

38

2. New Yorker UN-Übereinkommen über die Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen im Ausland vom 20. 6. 1956 ............................

38

11. Bilaterale Rechtshilfeabkommen ............................................

39

III. Sachlicher Anwendungsbereich: Zivil- und Handelssachen ..................

40

1. Vertretene Auffassungen .................................................

40

2. Eigene Stellungnahme: Differenzierung nach Art der Abkommen ........

41

IV. Verhältnis des HBÜ zum Brüsseler EWG-Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 27. 9. 1968 (EuGVÜ) ........................

42

V. Zusammenfassung ..........................................................

44

§ 5 Formelle Gesichtspunkte des internationalen Rechtshilfeverkehrs ................

44

I. Die Rechtshilfeordnung für Zivilsachen vom 19. 10. 1956 (ZRHO) ..........

44

11. Insbesondere: Die Kompetenzzuweisung an die Justizverwaltung . . . . . . . . . . . .

45

1. Vertragloser Rechtshilfeverkehr ..........................................

46

2. Staatsvertraglich geregelter Bereich ............................... . ......

46

a) Pflege der auswärtigen Beziehungen ..................................

46

b) Vorrang der richterlichen Unabhängigkeit. . . . . ... . . . . . . ... . . ... . . . . .. .

47

c) Eigene Stellungnahme................................................

48

3. Verwaltungsmäßige Prüfung gemäß §§ 9, 27 ff. ZRHO ...................

49

111. Rechtsmittel gegen die Entscheidung der Justizverwaltung ..................

51

IV. Antragsberechtigung zur Rechtshilfegewährung .............................

52

V. Zusammenfassung ..........................................................

52

Inhaltsverzeichnis

11

Zweiter Teil MögUchkeiten extraterritorialer Beweiserhebungen und ihr Verhältnis zueinander

54

§ 6 Beweisaufnahme im Ausland ....................................................

54

§ 7 Beweisbeschaffung aus dem Ausland ............ . ...............................

55

I. Völkerrechtliche Zulässigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

56

11. Zulässigkeit nach innerstaatlichem Recht. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

56

§ 8 Verhältnis der Beweisaufnahme zur Beweisbeschaffung unter Berücksichtigung der Beweisunmittelbarkeit und Parteiöffentlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

57

I. Insbesondere: Der Einfluß des Unmittelbarkeitsgrundsatzes .................

57

1. Rechtsprechung ..... .. . . . . .. . . . . . .. . .. .. . . . .. . .. . . .. . .. . .. . .. . . .. . .. . .. ..

59

a) Einschränkung der Beweisunmittelbarkeit durch § 363 ZPO ..........

59

b) Vorrangigkeit der Beweisunmittelbarkeit gegenüber § 363 ZPO .......

61

c) Beweisbeschaffung nach erfolgloser Beweisaufnahme................

62

d) Unmittelbare Beweisaufnahme im Ausland durch das Prozeßgericht ..

62

2. Literatur .................................................................

63

a) Beweisaufnahme im Ausland als gesetzlicher Normalfall .............

63

b) Vorrang der Beweisbeschaffung zur Einhaltung der Maxime..........

65

3. Eigene Stellungnahme ...................................................

66

a) Ratio legis des § 355 Abs. I S. I ZPO ................................

66

b) Wortlaut und Systematik des § 363 ZPO ..............................

68

c) Mangelnde Zwangsmittelanwendung .................................

69

d) Zeit- und Kostenfragen ...............................................

70

11. Parteiöffentlichkeit ..........................................................

73

I. Anspruch auf Benachrichtigung ..........................................

73

2. Kosten ...................................................................

74

111. Zusammenfassung: Vorrangigkeit der Beweisbeschaffung ...................

75

§ 9 Beweisbeschaffung im Anwendungsgebiet des HBÜ .............................

76

I. Exklusivität des HBÜ .......................................................

77

11. Keine Exklusivität des HBÜ ................................................

78

111. Eigene Stellungnahme ......................................................

78

12

Inhaltsverzeichnis

Dritter Teil

Volkerrechtliche Zulässigkeit extraterritorialer BeweisbeschatTung

81

§ 10 Zulässigkeit grenzüberschreitender Anordnungen: Differenzierung nach Adressaten ............................................................................

81

I. "Iex-fori-Regel" nach Leipold .................................. . ............

82

11. ,.Annexzuständigkeit" nach Schlosser .......................................

83

III. Internationale "Beweiszuständigkeit" nach Mössle ..... . ....................

85

IV. "Staatsangehörigkeit" als Unterscheidungsmerkmal .........................

86

V. Eigene Stellungnahme .......................................... :...........

87

I. Keine Notwendigkeit internationaler "Beweiszuständigkeit" .............

88

2. ,,Besondere Rechtfertigung" gegenüber Dritten aus lex-fori-Regel ........

88

3. Fortwirken der Personalhoheit trotz fremder Gebietshoheit ...............

90

§ II Durchsetzbarkeit der Beweisbeschaffungsanordnungen ..........................

92

I. Erzwingung von Mitwirkungshandlungen der Prozeßpartei ..................

92

11. Erzwingung von Mitwirkungshandlungen Dritter ....... . ....... . ............

94

I. Deutsche Staatsangehörige ...............................................

94

2. Nichtdeutsche Staatsangehörige. . . . . . .. . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

95

a) Hinweis auf "Freiwilligkeit" irrelevant. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

95

b) Völkerrechtliche Zulässigkeit bei "Freiwilligkeit" .....................

96

c) Eigene Stellungnahme................................................

97

111. Zusammenfassung ............................................. . ............

99

§ 12 Übermittlung der Beweisbeschaffungsanordnung ................................

99

I. Zustellung auf dem Rechtshilfeweg ..... . ................................... 100 11. Postalische Direktzustellung ................................................ 101 I. Verbot postalischer Direktzustellung ins Ausland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 101 2. Völkerrechtliche Zulässigkeit postalischer Direktzustellungen ............ 103 III. Formlose Mitteilung mit einfachem Postbrief . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 § 13 Sachverständigentätigkeit im Ausland .............................. . . . .......... 107

I. Beauftragung auslandsansässiger Sachverständiger .......................... 107 11. Beauftragung inlandsansässiger Sachverständiger ........................... 108

Inhaltsverzeichnis

13

Vierter Teil Innerstaatliche Zulässigkeit extraterritorialer Beweisbeschaffung

110

§ 14 Beweis durch Augenschein (§§ 371-372a ZPO) ................................. 110

I. Übertragung der Inaugenscheinnahme auf einen Sachverständigen oder Augenscheinsminler ........................................................ 111

11. ,,Import" des Augenscheinsobjektes vor das Prozeßgericht .................. 113 III. Insbesondere: Abstammungsuntersuchung nach § 372a ZPO ................ 114 1. Untersuchung einer Prozeßpartei ......................................... 115 2. Untersuchung eines Dritten.............................................. 117 § 15 Beweis durch Zeugen (§§ 373-401 ZPO) ....................................... 118

I. Ladung des Zeugen gemäß § 377 Abs. 1 ZPO ............................... 118 1. Unzweckmäßigkeit der Ladung von Auslandszeugen ..................... 119 2. Zulässigkeit und Zweckmäßigkeit der Ladung............................ 120 3. Genereller Ausschluß der Ladung von Auslandszeugen .................. 120 a) Grundloser Ausschluß ................................................ 120 b) Ausschluß wegen völkerrechtlicher Unzulässigkeit ................... 120 4. Eigene Stellungnahme ................................................... 121

11. Schriftliche Befragung des Zeugen gemäß § 377 Abs. 3 ZPO ................ 123 1. Unzulässigkeit schriftlicher Befragungen von Auslandszeugen ........... 124 2. Zulässigkeit auch gegenüber Zeugen im Ausland......................... 125 § 16 Beweis durch Sachverständige (§§ 402-414 ZPO) .............................. 126

I. Beauftragung auslandsansässiger Sachverständiger.......................... 127

11. Beauftragung inländischer Sachverständiger................................. 128 111. ,.Ladung" zur Erläuterung des schriftlichen Gutachtens...................... 130 1. ,.Ladung" nach pflichtgemäßem Ermessen des Gerichts gemäß § 411 Abs. 3 ZPO .............................................................. 130 2. Pflicht zur ,.Ladung" auf Antrag einer Partei gemäß §§ 402, 397 ZPO .... 132 § 17 Beweis durch Urkunden (§§ 415 -444 ZPO) ..................................... 133

l. Anordnung der Urkundenvorlage als Beweisbeschaffung .................... 134

11. Verwertung schriftlicher Zeugenaussagen im Wege des Urkundenbeweises 135

14

Inhaltsverzeichnis

§ 18 Beweis durch Parteivernehmung (§§ 445-455 ZPO)

137

I. §§ 445 ff. ZPO .............................................................. 137 11. § 141 ZPO .................................................................. 138 111. § 613 ZPO .................................................................. 138 1. Regelungsgehalt der Vorschrift . . .. . . . .. . . . . .. . . .. . . . .. . .. . .. . .. .. . . . . . . .. 138

2. Der Ehegatte im Ausland ................................... .. ........... 139 § 19 Übermittlung der Beweisbeschaffungsanordnung in das Ausland................. 141

I. Absehen von Zustellungen gemäß § 175 ZPO ................................ 142 11. Kein Zustellungserfordernis bei §§ 613, 450 Abs. 1 S. 2 ZPO ................ 143 111. Zustellung gemäß § 199 ZPO nur bei Parteivernehmung gemäß § 450 Abs. 1 S. 2 ZPO ............................................................. 143

Fünfter Teil

Zusammenfassung: Die zulässigen Maßnahmen der Beweisbeschaffung außerhalb des internationalen Rechtshilfeweges

144

Literaturverzeichnis ....................... . .......................................... 152 Sachregister .......................................................................... 163

Einleitung Durch die ständig zunehmende Internationalisierung von wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Verflechtungen, die Zunahme grenzüberschreitender Handelsbeziehungen sowie der stetig anwachsenden weltweit orientierten Tourismusbranche steigt auch die Anzahl an Konfliktfällen mit Auslandsberührungen. Gleichzeitig wächst damit in zunehmenden Maße der Bedarf nationaler Gerichte, auf auslandsbelegene Beweismittel zurückgreifen zu müssen. Beispiel (nach BGH NJW 1984, 2039): Der Kläger macht einen Rückzahlungsanspruch eines in Ghana ausgezahlten Darlehens von umgerechnet 149.250,- DM geltend. Der Beklagte bestreitet, das Darlehen erhalten zu haben. Der vom Kläger benannte deutsche Zeuge G hat bei seiner gemäß § 363 Abs. 2 ZPO durch den deutschen Konsul in Accra durchgeführten Vernehmung die Auszahlung des Darlehens bestätigt. Der Beklagte benennt gegenbeweislich die ghanaischen Zeugen A und B.

Für den Zugriff auf Beweismittel im Ausland stehen dem Gericht grundsätzlich zwei Möglichkeiten zur Verfügung: Zum einen kann das Prozeßgericht eine Beweisaufnahme im Ausland, also auf ausländischem Territorium, durchführen. Da aber die Zugriffsbefugnis an der innerstaatlichen Grenze halt macht, muß hierzu internationale Rechtshilfe in Anspruch genommen werden. Zum anderen kann eine Beweisaufnahme im Inland vor dem Prozeßgericht durchführt werden. Dies setzt notwendigerweise voraus, daß die im Ausland befindliche Beweisperson vor dem Prozeßgericht erscheint oder auslandsbelegene Beweismittel für die Beweisaufnahme herbeigeschafft werden. Im Beispielsfall käme hinsichtlich der benannten Zeugen insoweit eine Ladung gemäß § 377 Abs. 1 ZPO oder eine Aufforderung zur schriftlichen Beantwortung der Beweisfrage gemäß § 377 Abs. 3 ZPO in Betracht. Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit dieser zweiten Möglichkeit, der extraterritorialen Beweisbeschaffung außerhalb des internationalen Rechtshilfeweges. Obwohl es sich hierbei um ein praktisch bedeutsames Problem handelt - deutsche Gerichte stehen täglich vor der Frage, wie sie an auslandsbelegenes Beweismaterial gelangen -, fehlt es bislang an einer umfassenden und systematischen Behandlung dieses Themenbereichs in allen seinen Aspekten.! Dabei beschränkt sich die nachfolgende Darstellung auf die Möglichkeiten der Beweisbeschaffung 1 Schabenberger; Der Zeuge im Ausland im deutschen Zivilprozeß (1996), beschränkt sich auf eine Darstellung im Rahmen des Zeugenbeweises; E. Geimer; Internationale Beweisaufnahme (1998), spricht die Problematik zwar kurz an, stellt aber im wesentlichen die Durchführung der Beweisaufnahme im Ausland dar.

16

Einleitung

aus der Sicht eines deutschen Zivilgerichts unter Berücksichtigung seiner völkerrechtlichen, innerstaatlichen sowie zivilprozessualen Möglichkeiten und Grenzen. Im Rahmen der Verbesserung der justitiellen Zusammenarbeit in der EU werden Vorschläge diskutiert, wonach Zivilgerichte Beweisaufnahmen künftig in allen EU-Staaten durchführen können. 2 Damit einhergehend werden sich auch die Möglichkeiten der europaweiten Beweisbeschaffung verbessern. Dieser Aspekt soll in der vorliegenden Arbeit jedoch ausgeklammert werden. Die Darstellung beabsichtigt vielmehr, die Möglichkeiten zur Herbeischaffung weltweit belegener Beweismittel aufzuzeigen. Hierzu wird zunächst in einem Ersten Teil das System der internationalen Rechtshilfe dargestellt. Erst das Verständnis der internationalen Rechtshilfe, seiner Grundlagen und seiner Notwendigkeit, erlaubt es, die Eigenheiten und Probleme der extraterritorialen Beweisbeschaffung zutreffend zu erfassen. Im Zweiten Teil der Arbeit wird der Frage nachgegangen, in welchem Verhältnis die Beweisbeschaffung aus dem Ausland zu der Beweisaufnahme im Ausland steht. Grundsätzlich steht dem Prozeßgericht hinsichtlich seiner Entscheidung über die Vorgehensweise ein Wahlrecht zu. Es wird daher dargestellt, ob das Prozeßgericht aus innerstaatlichen Gründen oder aufgrund von staatsvertraglichen Regelungen die eine oder andere Verfahrensweise vorrangig durchzuführen hat. Die Darstellung erfolgt dabei aus innerstaatlicher Sicht, insbesondere unter Heranziehung der bedeutsamen zivilprozessualen Grundsätze der Beweisunmittelbarkeit und der Parteiöffentlichkeit. Da durch gerichtliche Maßnahmen extraterritorialer Beweisbeschaffung zwangsläufig die staatliche Souveränität des Belegenheitsstaates betroffen ist, stellt sich die Frage nach den völkerrechtlichen Grenzen der Beweisbeschaffung. Diese Fragestellung wird Gegenstand des Dritten Teils der Arbeit. Dabei wird neben der grundsätzlichen völkerrechtlichen Zulässigkeit, grenzüberschreitende Beweisbeschaffungsanordnungen zu erlassen, auch erläutert, inwieweit diese in völkerrechtlich zulässiger Weise mit Zwangsmitteln versehen und in das Ausland übermittelt werden können. Der Vierte Teil der Arbeit geht der Frage nach, welche konkreten Maßnahmen zur Beweisbeschaffung auslandsbelegener Beweismittel ein deutsches Gericht zulässigerweise anordnen kann. Die Untersuchung erfaßt hierbei sämtliche der in der ZPO vorgesehenen Beweismittel. Ferner wird aus innerstaatlicher Sicht dargestellt, in welcher Form die Übermittlung von Beweisbeschaffungsanordnungen zu erfolgen hat. Die Arbeit schließt im Fünften Teil mit einer zusammenfassenden Darstellung der zulässigen Maßnahmen der Beweisbeschaffung außerhalb des internationalen Rechtshilfeweges ab. 2 Bohnen, DRiZ 1996,411 (414); ders., Skizzen einer justitiellen Zusammenarbeit, S. 99 ( 101).

Erster Teil

Die internationale Rechtshilfe § 1 Begriff und Gegenstand der internationalen Rechtshilfe Der Begriff der "internationalen Rechtshilfe" hat sich in Deutschland und im deutschsprachigen Raum weitgehend durchgesetzt. 1 Verschiedentlich wird der Bezeichnung "zwischenstaatliche Rechtshilfe" der Vorzug gegeben 2 , um auf diese Weise das grenzüberschreitende Merkmal des Rechtshilfeverkehrs deutlicher hervorzuheben. Ein Bedürfnis hierfür besteht jedoch nicht. Durch das Wort "internationale" kommt die Zwischenstaatlichkeit hinreichend zum Ausdruck. Eine Begriffsbestimmung der internationalen Rechtshilfe findet sich in § 2 Abs. 1 S. 1 der Rechtshilfeordnung für Zivilsachen (ZRHO) vom 19. 10. 1956. 3 Danach ist Rechtshilfe ,jede gerichtliche oder behördliche Hilfe in einer bürgerlichen Rechtsangelegenheit, die entweder zur Förderung eines inländischen Verfahrens im Ausland oder zur Förderung eines ausländischen Verfahrens im Inland geleistet wird". Es handelt sich hierbei nicht um eine Legaldefinition, da die ZRHO lediglich eine Verwaltungsvorschrift darstellt, welche die allgemeinen Richtlinien für den Rechtshilfeverkehr der deutschen Justizbehörden mit dem Ausland in Zivil- und Handelssachen enthält. 4 Ungeachtet der Tatsache, daß der ZRHO der Gesetzescharakter fehlt, ist der Definition dennoch eine erhebliche faktische Aussagekraft zuzusprechen, da sie die einheitliche Auffassung der obersten Justizbehörden der Länder und des Bundes betreffend des Rechtshilfeverkehrs mit dem Ausland widerspiegelt. 5 Dieser Definition entsprechend ist der Begriff der internationalen Rechtshilfe sehr weit zu verstehen. Von ihm umfaßt sind alle Handlungen, die zur Förderung eines Verfahrens dienlich oder erforderlich sind. 6 Die gegen diese Auffassung ge1 Nagel, Rechtshilfe, S. 49 m. w. N.; International liegt dagegen noch keine einheitliche Begriffsbestimmung vor. Zum unterschiedlichen Sprachgebrauch in den verschiedenen Ländern, vgl. Nagel, a. a. 0.; ders. IZPR, Rn. 475. 2 Linke, IZPR, Rn. 446; Hecker, S. 369 ff. 3 i.d.F. vom 26. 2. 1976 und weiteren Ergänzungen, abgedruckt bei Bülow I Böckstiegel/ GeimerlSchütze, GI (Nr. 9(0). 4 Vgl. § 1 Abs. I ZRHO. S Bülow, S. 59f.; Kondring, S. 77. 6 Bülow, S. 60; Amold, MDR 1957, 385.

2 Daoudi

1. Teil: Die internationale Rechtshilfe

18

äußerten Bedenken7 , wonach diese so weit gehende Begriffsbestimmung des § 2 Abs. I S. I ZRHO auch die Anerkennung ausländischer Urteile und Entscheidungen mit einbeziehen könnte, sind überflüssig. Aus dem Wortlaut des § 2 Abs. I S. I ZRHO geht hervor, daß es sich um Rechtshilfehandlungen für solche Verfahren handeln muß, die noch nicht abgeschlossen sind. Dies ergibt sich insbesondere aus der im 2. Halbsatz gemachten Ausnahme, wonach Rechtshilfe auch durch Zustellung von Schriftstücken geleistet werden kann, die nicht oder noch nicht im Zusammenhang mit einem Verfahren stehen. Eine Einbeziehungsmöglichkeit der Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Entscheidungen und Urteile, die heute allgemein anerkannt nicht zum Gegenstand der internationalen Rechtshilfe gehören 8 , läßt sich somit der "weiten" Begriffsbestimmung des § 2 Abs. I S. I ZRHO nicht entnehmen. Zu den klassischen Gegenständen der internationalen Rechtshilfe zählen seit jeher die Vornahme von Auslandszustellungen und die Durchführung von Beweisaufnahmen im Ausland. 9 Eine weitergehende Aufzählung der Verfahrensgegenstände der internationalen Rechtshilfe findet sich in § 5 ZRHO. Gemäß § 5 Nr. I ZRHO fallen hierunter zunächst die Ersuchen um Zustellung von Schriftstücken, wobei es sich hier in Verbindung mit § 2 Abs. I S. 1 ZRHO nicht unbedingt um gerichtliche Schriftstücke, sondern auch um solche handeln kann, die nicht oder noch nicht im Zusammenhang mit einem Verfahren stehen. § 5 Nr. 2 ZRHO erwähnt des weiteren solche Ersuchen, die auf die Vornahme von Beweisaufnahmen oder anderer gerichtlicher Handlungen gerichtet sind. 1O Weiterhin erfaßt sind Ersuchen um Vollstreckungshilfe (§ 5 Nr. 3 ZRHO)lI sowie Ersuchen um Verfahrensüberleitung (§ 5 Nr. 4 ZRHO), wobei letztere nur in der freiwilligen Gerichtsbarkeit denkbar sind l2 , und damit wohl nur in den Grenzbereich der Rechtshilfe einzuordnen sind. Schließlich werden in § 5 Nr. 5 ZRHO Ersuchen um Verfahrenshilfe genannt. Diese enthalten die Bitte, andere als gerichtliche Handlungen, wie z. B. die Übersendung von Akten oder Urkunden, die Erteilung behördlicher Auskünfte oder die Ermittlung von Zeugen vorzunehmen. Ebenfalls hierher gehören Ersuchen um Rechtsauskunft. l3 Nagel, Rechtshilfe, S. 52. a.A. ohne Begründung Delius, S. 98. 9 So schon von Bar; Lehrbuch, S. 176 f.; Böhm, S. 17; Meili, S. 45; Nußbaum, S. 408; von Normann, S. 33; Riezler; S. 672. \0 Ersuchen gemäß § 5 Nr. 2 ZRHO werden auch als Rechtshilfe i.e.S. bezeichnet, vgl. Hecker; S. 368, D 4; Bredthauer; S. 8 (Fn. 2); Arnold, MDR 1957,385 (386). 11 Zu der hier nicht weiter zu erörternden Frage, ob die Vollstreckungshilfe als Gegenstand der internationalen Rechtshilfe anzusehen ist, vgl. einerseits Schack, IZVR, Rn. 173; Linke, IZPR, Rn. 445; Unterreitmayer, RPfleger 1972, 117 (118); Schabenberger, S. 54 m. w. N. (bejahend); andererseits Pfennig, S. 19f.; Bredthauer, S. 8; Bülow, S. 66 (verneinend). 12 Schack, IZVR, Rn. 174. 13 Nagel, IZPR, Rn. 476; Bredthauer; S. 8 (Fn. 4); Pfennig, S. 20; Schabenberger, S. 55; a.A. Luther; RabelsZ 33 (1969), 385, der zu Unrecht davon ausgeht, daß die dem Richter 7

8

§ 2 Abgrenzung zur innerstaatlichen Rechtshilfe

19

Insgesamt ist festzustellen. daß sich mit der Bezeichnung ..internationale Rechtshilfe" ein fester Begriff der deutschen Rechtssprache herausgebildet hat. Was unter internationaler Rechtshilfe zu verstehen ist und welche Verfahrensgegenstände ihr untergliedert sind. läßt sich klar und - entgegen Nagel 14 - unmißverständlich den §§ 2 Abs. 1. 5 ZRHO entnehmen.

§ 2 Abgrenzung zur innerstaatlichen Rechtshilfe Im Gegensatz zur internationalen Rechtshilfe ist die innerstaatliche Rechtshilfe in den §§ 156 ff. GVG formalgesetzlich geregelt. Gemäß § 156 GVG haben die Gerichte die Pflicht. sich in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten und in Strafsachen Rechtshilfe zu leisten. Den §§ 156 ff. GVG kann jedoch nicht entnommen werden. was im einzelnen unter dem Begriff der Rechtshilfe zu verstehen ist. Im innerstaatlichen Bereich besteht aufgrund dieser Lücke und dem verfassungsrechtlichen Gebot aus Art. 35 Abs. 1 GG. wonach alle Behörden des Bundes und der Länder sich gegenseitig Rechts- und Amtshilfe leisten. das Problem. ob und wie die Rechts- von der Amtshilfe zu unterscheiden ist. Eine solche Differenzierung ist im internationalen Rechtshilfeverkehr nicht vorzunehmen. 1S Trotz der innerstaatlich bestehenden Verpflichtung zur Leistung von Rechtshilfe ist es allgemeine Auffassung. daß eine Notwendigkeit hierzu auf nationaler Ebene nicht existiert. Dies ergibt sich heute aus dem durch das RPflege-VereinfG neugefaßten § 166 GVG. wonach ein Gericht Amtshandlungen auch außerhalb seines Bezirks vornehmen darf. Ein Zustimmungserfordernis. wie es noch § 166 GVG a.F. vorsah. ist nicht mehr erforderlich. was ebenso für die vorherige Anzeige an das örtlich zuständige Gericht gilt. Der Gesetzgeber hat bewußt auf diese umständlichen und zeitaufwendigen Verfahren verzichtet. 16 Zusammenfassend ergibt sich hieraus. daß der Leistung innerstaatlicher Rechtshilfe reine Zweckmäßigkeitserwägungen zugrunde liegen. 17

nach dem eigenen Recht vorgeschriebene Aufgabe der Kenntnisverschaffung über ausländische Rechtsvorschriften eine Frage des nationalen Rechts sei. ohne etwas mit Rechtshandlungen internationaler Art zu tun zu haben. 14 Nagel, Rechtshilfe. S. 53. IS a.A. Bredthauer, S. 8. der aber den insoweit klaren Wortlaut des § 2 Abs. I ZRHO (..... jede gerichtliche oder behördliche Hilfe ... ") unberücksichtigt läßt. 16 BT-Drucksache 11/3621 S. 55 f.; MünchKomm-ZPO-Wolf, § 166 GVG Rn. I. 17 Statt aller: Pfennig, S. 12 m. w. N.

20

1. Teil: Die internationale Rechtshilfe

I. Notwendigkeit der internationalen Rechtshilfe

Im internationalen Rechtshilfeverkehr ergibt sich bereits aus dem im Völkerrecht allgemein anerkannten und von jeher geltenden Souveränitätsprinzip eine andere Beurteilung. Neben der territorialen Souveränität, dem Recht eines Staates über das Staatsgebiet oder Teile desselben endgültig und ohne Einschaltung anderer Stellen verfügen zu können l8 , beinhaltet der Souveränitätsgrundsatz auch die sogenannte Gebietshoheit. Danach besitzt jeder Staat die ausschließliche Zuständigkeit innerhalb seines Staatsgebiets gegenüber dessen Bewohnern und gegenüber jedermann, der sich im Gebiet dieses Staates aufhält, Hoheitsakte vorzunehmen. 19 Zugleich ist es einem Staat dadurch verwehrt, in den ebenfalls souveränen Hoheitsbereich eines anderen Staates ohne dessen Einwilligung einzugreifen, insbesondere dort Hoheitsakte vorzunehmen. Das bedeutet, negativ formuliert, daß kein Staat Handlungen ausländischer Gerichte oder Behörden, wie z. B. Zustellungen, Ladungen oder Beweisaufnahmen auf seinem Staatsgebiet zu dulden braucht, wobei es nicht darauf ankommt, ob es sich um Maßnahmen in bezug auf eigene oder fremde Staatsangehörige handelt. 2o Insoweit ist die Staatsgewalt "undurchdringlich".21 Da die Tätigkeit staatlicher Gerichte zur Ausübung hoheitlicher Staatsgewalt gehört, sind deren Handlungen den völkerrechtlichen Regeln der Gebietshoheit unterworfen. 22 Berücksichtigt man diese soeben dargelegten völkerrechtlichen Grundsätze und bedenkt dabei, daß der Schutz von Rechtsuchenden nicht an den innerstaatlichen Grenzen enden darf, so folgt hieraus geradezu eine Notwendigkeit für die internationale Rechtshilfe. 23 Umgekehrt kann aber aus dieser grundsätzlichen Notwendigkeit der Leistung internationaler Rechtshilfe nicht der Schluß gezogen werden, jegliche gerichtliche Maßnahme unterfalle dem Souveränitätsgrundsatz. Vielmehr ist einzelfallabhängig zu prüfen und zu entscheiden, ob durch die jeweilige gerichtliche Maßnahme die fremde Souveränität tatsächlich verletzt wird, mit der dann notwendigen Konsequenz, den internationalen Rechtshilfeweg zu beschreiten. Dagegen reicht es nicht aus, wenn ein ausländischer Staat in einer bestimmten Maßnahme eines deutschen Gerichts möglicherweise eine Verletzung seiner Souveränität erblicken könnte 24 • Mit dieser Begründung aber hat der BGH25 in einer Entscheidung vom 10.5. 1984, auf die später im einzelnen noch näher eingegan18 19 20

21 22 23 24

2S

Seidl-Hohenveldem, Rn. 1112; Geiger, S. 273. Doehring, Rn. 88; Seidl-Hohenveldem, Rn. 11 13; Trittmann, ArchVR 27 (1989),195. Dahm, S. 250f.; Nagel, Rechtshilfe, S. 45. Dahm, S. 250. Schad" IZVR, Rn. 133; Leipold, lex fori, S. 40. So auch Nobel, SZW 1995,72 (74). Schack, IZVR, Rn. 721. BGH NJW 1984,2039; vgl. dagegen Geimer, IZPR, Rn. 2384 m. w. N.

§ 2 Abgrenzung zur innerstaatlichen Rechtshilfe

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gen wird, ausgeführt, daß die unmittelbare Einholung einer schriftlichen Auskunft eines Zeugen gemäß § 377 Abs. 3 ZPO nicht in Betracht käme. Souveränitätsverletzungen liegen immer bei solchen Maßnahmen vor, die mit Zwangsandrohungen verbunden sind und sich im fremden Staatsgebiet aus wirken. 26 Solange diese beiden Merkmale nicht erfüllt oder aber zweifelhaft sind, sollte der Souveränitätsgedanke im grenzüberschreitenden Beweisverfahren nicht überhöht werden. 27 Ergeht die gerichtliche Entscheidung aufgrund überhöhter Souveränitätsvorstellungen ohne Berücksichtigung auslandsbelegener Beweismittel, entweder weil Rechtshilfe nicht geleistet oder aber auf andere gerichtliche Maßnahmen verzichtet wird, so sind regelmäßig die Rechtsuchenden die Leidtragenden. Das Gericht entscheidet dann nämlich nicht aufgrund des "wahren" Sachverhalts, sondern nach den Regeln der Beweislast. Es bleibt festzuhalten, daß sich aus dem Souveränitätsprinzip zwar die Notwendigkeit der internationalen Rechtshilfe ergibt, aber zugleich im Interesse der Rechtsuchenden auf ein übertriebenes Souveränitätsverständnis verzichtet werden sollte.

11. Rechtshilfe durch auslandsansässige inländische Behörden

Wendet sich ein deutsches Gericht an eine im Ausland ansässige deutsche Behörde (Konsulat, Botschaft), so stellt sich die Frage, ob es sich bei solchen Ersuchen um innerstaatliche oder internationale Rechtshilfe handelt. Bei oberflächlicher Betrachtung könnte man davon ausgehen, daß lediglich innerstaatliche Behörden, das Gericht als ersuchende und das Konsulat als ersuchte Behörde, an dem Rechtshilfeverfahren beteiligt sind. In der Tat wird im vorwiegend älteren Schrifttum die Auffassung vertreten, daß es sich bei Ersuchen an deutsche Auslandsvertretungen nicht um internationale Rechtshilfe handelt. 28 Diese liege nur dann vor, wenn die ersuchende und die ersuchte Behörde verschiedenen Staaten angehörten?9 Solange sich das Rechtshilfeersuchen an eine auslandsansässige deutsche Behörde richte, sei lediglich der innerstaatliche Rechts- oder Amtshilfeverkehr berührt. 3o Um die Ansässigkeit der ersuchten deutschen Behörde im Ausland herauszustellen, ist der Begriff ,,nationale Auslands-Rechtshilfe" vorgeschlagen worden. 31 Schack. IZVR, Rn. 589. Ebenso für das Zustellungsrecht, H. Roth. ZZP 106 (1993), 123 (126). 28 Keller/Siehr, S. 603; Riezler, S. 674; Dahm. S. 275; Kissel. § 156 Rn. 20; Nußbaum. S. 408; Hecker, S. 368. 29 Insoweit unklar Arnold. MDR 1957, 385, der unter internationaler Rechtshilfe jede Unterstützung versteht, ,,[ ... ] die von einer ausländischen Behörde zur Förderung eines inländischen Verfahrens geleistet wird", aber gleichzeitig § 2 Abs. I S. 1 ZRHO zitiert. 30 Hecker, S. 368. 31 Nußbaum. S. 408. 26

27

22

1. Teil: Die internationale Rechtshilfe

Diese Auffassung vermag nicht zu überzeugen. Sie läßt unberücksichtigt, daß das Ersuchen um Rechtshilfe eine Tätigkeit der auslandsansässigen deutschen Behörde - regelmäßig ein Konsulat - im Ausland zur Folge hat. Hierbei führt es entweder die vorzunehmende Handlung selbst durch oder leitet das Rechtshilfeersuchen an die zuständige ausländische Stelle zur Durchführung weiter. Die Tätigkeit des Konsuls und der Umfang seiner Befugnisse hängen insoweit von der Zustimmung des Empfangsstaates ab. Nur mit Ermächtigung des Empfangsstaates kann die deutsche Behörde überhaupt erst im Ausland in der Rechtshilfe tätig werden. Die Annahme einer reinen innerstaatlichen Rechts- oder Amtshilfe oder einer "nationalen Auslands-Rechtshilfe" kann daher nicht überzeugen. Das neuere Schrifttum geht bei Ersuchen an deutsche Auslandsvertretungen vom Vorliegen internationaler Rechtshilfe aus. 32 Zur Begründung wird auf den Wortlaut des § 2 Abs. 1 S. 1 ZRHO abgestellt. Die Rechtshilfeleistung werde auf ausländischem Territorium vorgenommen, um damit ein inländisches Verfahren zu fördern. Aufgrund ihrer Vornahme im Ausland wird die Rechtshilfehandlung der internationalen Rechtshilfe zugeordnet. Dieser Auffassung ist jedoch entgegenzuhalten, daß sie nicht hinreichend begründet, worin die Rechtshilfeleistung des ausländischen Staates konkret liegt. Das Vorliegen von internationaler Rechtshilfe kann nicht allein aufgrund des Vornahmeortes der Hilfeleistung begründet werden. Versucht man die Hilfeleistung konkret zu bestimmen, so gelangt man mit einer weiteren Auffassung zu einer differenzierenden Sichtweise. Hiernach ist zwischen zwei verschiedenen Verfahrensabschnitten zu unterscheiden. Bei einem Rechtshilfeersuchen an eine deutsche Auslandsvertretung handele es sich sowohl um aktive innerstaatliche Rechtshilfe als auch um passive internationale Rechtshilfe. 33 Erst durch das Tätigwerden der im Ausland ansässigen inländischen Behörde werde der ausländische Staat betroffen. Dulde dieser die Vornahme gerichtlicher Hoheitsakte durch ausländische Behörden auf seinem Staatsgebiet, so liege passive Rechtshilfe vor. 34 Damit sei internationale Rechtshilfe durch Duldung gegeben?5 Hingegen liege aktive internationale Rechtshilfe vor, wenn der ausländische Staat die vorzunehmende Handlung selbst vornimmt. Somit kann internationale Rechtshilfe durch aktives Tun oder Dulden geleistet werden. Wendet sich ein Gericht mit einem Rechtshilfeersuchen an eine auslandsansässige deutsche Behörde, so ermöglicht der ausländische Staat durch seine Duldung überhaupt erst die Leistung innerstaatlicher Rechtshilfe durch die ersuchte nationale Behörde. Aktive nationale Rechtshilfe wäre demzufolge ohne passive Schock, IZVR, Rn. 173; Linke, IZPR, Rn. 445. Pfennig, S. 17; Nagel, Rechtshilfe, S. 63 a.E.; Geimer, NIW 1989,2177, der aber von nationaler ,,Amtshilfe" ausgeht. 304 Pfennig, S. 17. 35 Ausführlich hierzu: Nagel, Friedenswarte 59 (1976), 249ff.; ders., Thesaurus Acroasium, S. 469 (476ff.). 32 33

§ 2 Abgrenzung zur innerstaatlichen Rechtshilfe

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internationale Rechtshilfe nicht möglich. 36 Die internationale Rechtshilfe leistet der ausländische Staat somit durch seine Duldung. Dieser Auffassung ist jüngst Schabenberger entgegengetreten. 37 Zwar spricht er sich ebenfalls für eine differenzierende Sichtweise aus, lehnt jedoch zugleich die Annahme einer passiven Rechtshilfe durch Duldung ab. Für seine Ansicht führt er zwei Argumente an, die i.E. aber nicht zu überzeugen vennögen. Zum einen könne in der Erteilung der Zustimmung zur konsularischen Erledigung von Rechtshilfeersuchen nur schwerlich die Vornahme einer Hilfeleistung für das Prozeßgericht gesehen werden. Führe der Konsul das Rechtshilfeersuchen kraft Völkergewohnheitsrecht oder aufgrund einer allgemeinen Zustimmung des Empfangsstaates in eigener Zuständigkeit aus, gelange das Rechtshilfeersuchen nicht an die Behörden des ausländischen Staates. Die Hilfeleistung werde durch den Konsul ausgeführt, ohne daß der ausländische Staat hiervon Kenntnis erhielte. Jedoch kann es auf die Kenntniserlangung durch die Behörden des ausländischen Staates nicht ankommen. Erteilt ein Staat seine Zustimmung zur Vornahme gerichtlicher Hoheitsakte auf seinem Staatsgebiet durch den Konsul des ersuchenden Staates in eigener Zuständigkeit, so darf der Konsul nur im Rahmen dieser Zustimmung hoheitlich handeln. Solange der Konsul allein in diesem Rahmen gerichtliche Hoheitsakte vornimmt, wird der ausländische Staat aufgrund seiner vorherigen Zustimmung das Handeln des Konsuls dulden und zwar ohne von dem konkreten Rechtshilfeersuchen im Einzelfall Kenntnis erhalten zu haben. Von den vorgenommenen oder vorzunehmenden fremden hoheitlichen Maßnahmen auf seinem Staatsgebiet hat der ausländische Staat ohnehin Kenntnis, da er diesen unter Berücksichtigung der Möglichkeit ihrer Vornahme zugestimmt hat. In dieser Duldung liegt aber gerade die von Schabenberger bezweifelte konkrete Hilfeleistung des ausländischen Staates für das Prozeßgericht, die zwar aktiv durch die Behörde des Entsendestaates selbst ausgeführt, aber passiv nur durch Duldung des Empfangsstaates ennöglicht wird. Zum anderen, so das zweite Argument von SChabenberger38 , führe es zu einer sehr weiten Ausdehnung des Begriffs der internationalen Rechtshilfe, wenn jede Duldung fremder gerichtlicher Handlungen als passive Rechtshilfe bezeichnet würde. Ein derart umfassender Begriff der internationalen Rechtshilfe würde solche Verfahren erfassen, die durch grenzüberschreitende Ersuchen eingeleitet würden und daneben auch solche, bei denen deutsche Gerichte kein Ersuchen ins Ausland übennittelten, sondern selbst grenzüberschreitend tätig und grenzüberschreitende Anordnungen erlassen würden. Es sei für das Prozeßgericht ein großer Unterschied, ob es selbständig grenzüberschreitend tätig werden könne oder ob es auf Rechtshilfe aus dem Ausland angewiesen sei. 36 37

38

Nagel. Rechtshilfe, S. 63. Schabenberger, S. 50 f. Schabenberger, S. 51.

1. Teil: Die internationale Rechtshilfe

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Ersuchen um internationale Rechtshilfe sind erforderlich, wenn es um die Vornahme hoheitlicher Maßnahmen auf ausländischem Territorium geht, durch die in die fremde Souveränität eingegriffen wird. Notwendiger Bestandteil der Leistung internationaler Rechtshilfe ist die Kenntnis der souveränitätsverletzenden Maßnahme. Da die Leistung passiver Rechtshilfe durch Duldung ebenfalls diese Kenntnis erfordert, kommt es nicht zu einer übermäßigen Ausdehnung des Begriffs der internationalen Rechtshilfe. Wird ein deutsches Gericht selbst grenzüberschreitend tätig, so stellt sich zunächst die Frage, ob hierdurch ein Eingriff in die fremde Souveränität gegeben ist. Bei Bejahung dieser Frage wird die Leistung internationaler Rechtshilfe erforderlich. Hat nun der ausländische Staat Kenntnis von dem souveränitätsverletzenden Eingriff und duldet diesen, so leistet er passive internationale Rechtshilfe durch Duldung. Fehlt ihm im Einzelfall diese Kenntnis, liegt eine völkerrechtswidrige Souveränitätsverletzung unter Umgehung des internationalen Rechtshilfeweges vor. Ist dagegen eine Verletzung der fremden Souveränität nicht gegeben, so ist der Bereich der internationalen Rechtshilfe erst gar nicht tangiert. Der Begriff der internationalen Rechtshilfe um faßt daher auch selbständig durchgeführte grenzüberschreitende gerichtliche Maßnahmen, von denen der Empfangsstaat Kenntnis hat und diese duldet. Entgegen Schabenberger kann auf den Begriff der passiven Rechtshilfe nicht verzichtet werden. Vielmehr sollte, wie Nagel 39 zutreffend ausgeführt hat, bedacht werden, daß letztlich "die internationale Rechtshilfe auch in ihrer passiven Form - im Dulden - nur einer friedlichen Aufgabe [dient], dem Prozeßgericht bei seiner an sich schon schweren Aufgabe Hilfe zu leisten". Im Ergebnis handelt es sich bei Rechtshilfeersuchen an auslandsansässige inländische Behörden sowohl um aktive innerstaatliche als auch um passive internationale Rechtshilfe.

§ 3 Vertragloser Rechtshilfeverkehr Befinden sich Beweismittel im Ausland, die im Inland benötigt werden, so ist das Prozeßgericht unter Berücksichtigung und Achtung der fremden staatlichen Souveränität auf die Inanspruchnahme internationaler Rechtshilfe angewiesen. Wird an den ausländischen Staat ein Rechtshilfeersuchen gestellt, so fragt sich, auf welcher Grundlage die Gewährung dieser Rechtshilfe beruht und weiter, ob der ersuchte Staat zur Leistung der internationalen Rechtshilfe verpflichtet ist. Eine solche Verpflichtung zur Leistung internationaler Rechtshilfe kann sich nicht aus den §§ 156 ff. GVG ergeben, da diese nur nationale Gerichte und Behörden verpflichten. Die §§ 156 ff. GVG enthalten keine Vorschriften des internatio39

Nagel, Friedenswarte 59 (1976),249 (266 a.E.).

§ 3 Vertragloser Rechtshilfeverkehr

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nalen Zivilprozeßrechts. 40 Die gegenteilige, beiläufig geäußerte Auffassung des OLG Hamm41 , wonach die §§ 156 ff. GVG auf die ausländischen Gerichten zu gewährende Rechtshilfe entsprechend anzuwenden seien, ist abzulehnen. Bereits die nationale Gesetzgebung, die eine Verpflichtung eines anderen Staates statuiert, stellt eine Verletzung der fremden Souveränität in Form eines Eingriffs in die Gebietshoheit des fremden Staates dar.42 Obwohl die meisten Staaten sich auch außerhalb geltender multi- oder bilateraler Staatsverträge Rechtshilfe leisten43 , ist für die Feststellung einer Verpflichtung und der völkerrechtlichen Grundlage der Leistung internationaler Rechtshilfe zwischen dem vertraglichen und vertraglosen Rechtshilfeverkehr zu unterscheiden. Im vertraglich geregelten Bereich ist die Feststellung einer Verpflichtung aufgrund der zwischenstaatlichen Vereinbarungen weitaus unproblematischer als in dem nachfolgend dargestellten Bereich des vertraglosen Rechtshilfeverkehrs.

I. Verpflichtung zur Gewährung von Rechtshilfe 1. Keine völkerrechtliche Verpflichtung

Eine Verpflichtung zur Gewährung internationaler Rechtshilfe ist noch bis zum Beginn dieses Jahrhunderts überwiegend angenommen worden. Diese Autoren gingen im Anschluß an von Savigny vom Vorliegen "einer völkerrechtlichen Gemeinschaft der miteinander verkehrenden Nationen" aus. 44 Basierend auf dieser "unter den civilisierten Völkern bestehenden Rechtsgemeinschaft" wurde die Pflicht angenommen, sich einander "zur Wahrung und zum Schutze der privatrechtlichen Berechtigungen" internationale Rechtshilfe zu leisten. 45 Diese Verpflichtung der Kulturstaaten, auch im Rechtswesen aufeinander Rücksicht zu nehmen und zusammen zu arbeiten, ist als tragende Idee nicht nur während der langjährigen Vorbereitung der ersten Haager Konferenz, sondern auch in den Eröffnungsansprachen und selbst während der Verhandlungen immer wieder betont worden. 46 Mit dieser Idee und GrundeinsteIlung verzichtete jeder dieser Staaten gleichzeitig auf eine strenge Auslegung des Souveränitätsbegriffs.47 Zu bedenken ist aber, daß es sich bei der von von Savigny geäußerten Idee einer völkerrechtlichen Gemeinschaft unabhängiger Staaten und der darin liegenden Rechtsgemeinschaft lediglich um die Vorstellung eines Ideals handelte, das nicht 40

41 42

43 44

45 46 47

Nagel, Rechtshilfe, S. 44. Beschl. v. 17.7.1961, IzRspr. 1960-1961, Nr. 217, S. 640(641). Seidl-Hohenveldem, Rn. 1113. Schack, IZVR, Rn. 170; Schütze, DIZPR, S. 244. Von Savigny, S. 27. Meili, S. 45; ähnlich auch von Bar; Lehrbuch, S. 176ff.; Böhm, S. 16; Delius, S. 164. Amold, JZ 1965,708 (709) m. w. N. Nagel, Friedenswarte 59 (1976), 249 (256).

1. Teil: Die internationale Rechtshilfe

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der Realität entsprach. Aber auch wenn eine solche Rechtsgemeinschaft bestanden hat, so ist sie spätestens mit dem ersten Weltkrieg zerbrochen. 48 Dadurch hat der Souveränitätsbegriff seine ganze Härte wieder zurückgewonnen. Trotz der weiterhin zunehmenden Bildung von großen Wirtschaftsblöcken, in denen die einzelnen Mitgliedsstaaten Teile ihrer vollen Souveränität aufgeben49 , ist man heute fast einhelliger Ansicht, daß es keine völkerrechtliche Verpflichtung zur Leistung internationaler Rechtshilfe im vertraglosen Zustand gibt. 50

2. Herleitung einer Pflicht aus Art. 6 EMRK?

Eine andere Auffassung vertritt Bajons51 für grenzüberschreitende Rechtshilfeersuchen im Anwendungsgebiet der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) vom 4. 11. 1950.52 Sie leitet aus Art. 6 EMRK, der effektiven Rechtsschutz und ein faires Verfahren garantiert53 , eine völker(vertrags-)rechtliche Pflicht zur Leistung von Rechtshilfe ab. Lasse sich das Hauptverfahren nicht ohne Zugriff auf auslandsbelegene Beweismittel durchführen, so habe der Vertragsstaat (der EMRK) die Beweisaufnahme im Rechtshilfeweg zuzulassen, um nicht selbst gegen das Rechtsverweigerungsverbot gegenüber dem Rechtsuchenden zu verstoßen. Hiergegen hat Geimer zu Recht darauf hingewiesen, daß bei dieser Sichtweise der Regelungsspielraum der einzelnen Vertragsstaaten der EMRK beim Abschluß von Rechtshilfeverträgen erheblich eingeschränkt würde. 54 Darüber hinaus könnte m.E. sogar bezweifelt werden, ob bei Zugrundelegung der von Bajons gemachten Überlegungen überhaupt ein Regelungsspielraum verbleiben würde. Denn letztlich dienen alle Rechtshilfeverträge mittelbar allein dazu, den Rechtsuchenden in den einzelnen Vertragsstaaten effektiven Rechtsschutz zu gewährleisten. Eine Verpflichtung zur Leistung internationaler Rechtshilfe auf völkerrechtlicher Grundlage ist damit auch im Anwendungsbereich des Art. 6 EMRK nicht gegeben.

Pfennig, S. 22; Kondring, S. 80 f. Süß, FG Rosenberg, S. 229. so Amold, MDR 1957,385 (386, Fn. 12); von Normann, S. 9; Riezler, S. 674; Lunz, S. 75; Nagel, ZZP 75 (1962),408 (445); Schütze, DIZPR, S. 244; Pfennig, S. 22; Pfeil-Kammerer, S. 57; Geimer, IZPR, Rn. 3631; Schack, IZVR, Rn. 170. 51 Bajons, Rn. 31. 52 BGBl. 195411, S. 14. 53 SchwablGottwald, S. 61. 54 Geimer, IZPR, Rn. 2074; ders., FS Matscher, 133 (140, Fn. 25); kritisch auch Kondring, S. 81 Fn. 51. 48

49

§ 3 Vertragloser Rechtshilfeverkehr

27

11. Gegenseitigkeitsprinzip

Obwohl also eine völkerrechtliche Verpflichtung zur Gewährung internationaler Rechtshilfe fehlt, leisten dennoch die meisten Staaten Rechtshilfe im vertraglosen Zustand. 55 Grundlage dieser Rechtshilfeleistung ist das Gegenseitigkeitsprinzip. Zwischenstaatliche Zugeständnisse werden dabei von entsprechenden Zusicherungen und Leistungen oder einem gleichartigen Verhalten der Gegenseite abhängig gemacht. 56 Der ersuchte Staat geht davon aus, daß er durch die Gewährung der Rechtshilfe von dem ersuchenden Staat für die Zukunft gleiches erwarten darf. Dieses Prinzip der Gegenseitigkeit findet sich noch in zwei Vorschriften der ZPO wieder, wobei es hier im Sinne einer Verbürgung der Gegenseitigkeit verstanden wird. Gemäß § 110 Abs. 2 Nr. 1 ZPO sind Kläger, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt außerhalb eines Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines Vertrags staates des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum haben, nicht verpflichtet, auf Verlangen des Beklagten für die Prozeßkosten Sicherheit zu leisten, wenn aufgrund völkerrechtlicher Verträge keine Sicherheit verlangt werden kann. Gemäß § 328 Abs. 1 Nr. 5 ZPO ist die Anerkennung des Urteils eines ausländischen Gerichts ausgeschlossen, wenn die Gegenseitigkeit nicht verbürgt ist, also der ausländische Staat nicht ebenfalls Urteile deutscher Gerichte anerkennt. Auch in der ZRHO findet sich das Gegenseitigkeitsprinzip in Form von gegenseitigem Entgegenkommen. Beim Fehlen zwischenstaatlicher Vereinbarungen wird der internationale Rechtshilfeverkehr gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 2 ZRHO aufgrund gegenseitigen Entgegenkommens durchgeführt.

1. "courtoisie internationale" Grundlage des Gegenseitigkeitsprinzips ist die sogenannte "courtoisie internationale", die gegenseitige internationale Höflichkeit. 57 Die Regeln der "courtoisie internationale" werden von den verschiedenen Staaten aus Achtung voreinander und dem Willen zur gegenseitigen Rücksichtnahme beachtet. 58 Es handelt sich bei ihnen nicht um völkerrechtliche Rechtsnormen, vielmehr wird die "courtoisie internationale" von den Staaten aus freiem Willen, ohne Bestehen einer rechtlichen Verpflichtung, geübt. Diese "aus Höflichkeit" vorgenommenen Zugeständnisse bilden eine Zwischenstufe zwischen dem Völkergewohnheitsrecht und der unverbindlichen Sitte. 59 Da eine Rechtspflicht zur Befolgung fehlt, stellen Mißachtungen zwar einen unfreundlichen Akt, der mit einer Retorsion beantwortet werden kann, nicht aber ein völkerrechtliches Delikt dar. 60 55 56

57

58 59

Schack. IZVR, Rn. 170; Stein I Jonas-Schumann. (20. Aufl.), Einl. Rn. 854. Schaumann. S. 630. Linke. IZPR. Rn. 447; Pfennig. S. 25. Dahml Delbrückl Wolfrum. S. 74. Seidl-Hohenveldem. Rn. 469.

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1. Teil: Die internationale Rechtshilfe

Wird die Anwendung der Regeln der "courtoisie internationale" versagt, so wird dies in der Regel damit begründet, daß die Gegenseitigkeit nicht verbürgt sei. 61 Die Gegenseitigkeit bietet damit eine gewisse Sicherheit für die Leistung internationaler Höflichkeit. Regelmäßig kann aber unterstellt werden, daß Staaten eine grundsätzliche Bereitschaft besitzen, einander auch vertraglos internationale Rechtshilfe zu leisten. 62

2. Erfordernis der Gegenseitigkeit

Auch wenn daher grundsätzlich Gegenseitigkeit gegeben sein wird, da jeder Staat davon ausgehen muß, gegebenenfalls irgend wann einmal auf Rechtshilfe angewiesen zu sein, wird in dem Gegenseitigkeitserfordernis allgemein ein Druckmittel der einzelnen Staaten gesehen, andere Staaten zur Kooperation im internationalen Rechtsverkehr zu bewegen. 63 Nicht zuletzt deswegen ist das Gegenseitigkeitserfordernis auch in neuerer Zeit zunehmend kritisiert und insgesamt in Frage gestellt worden. Hierbei ist zwischen zwei graduell verschiedenen Gegenseitigkeitserfordernissen zu unterscheiden, der strengen Verbürgung der Gegenseitigkeit einerseits und dem schlichten gegenseitigen Entgegenkommen andererseits. 64

a) Gegenseitigkeitsverbürgung Soweit von den Kritikern die Abschaffung der Gegenseitigkeit gefordert wird65 , kann dem für das Erfordernis ihrer Verbürgung in vollem Umfang zugestimmt werden. Zu Recht ist von Nagel betont worden, daß sich die internationale Rechtshilfe ihrer ganzen Natur und Aufgabe nach nicht mit der Verbürgung der Gegenseitigkeit verträgt. 66 Eine Förderung des internationalen Rechtsverkehrs kann durch das Erfordernis der Gegenseitigkeit nicht erreicht werden, worauf bereits von Bar hinwies. 67 Das Beharren auf dem Gegenseitigkeitserfordernis aus rechtspolitischen Gründen 68 führt zu einer Verkennung der tatsächlichen Sachlage. Das Prozeßgericht ist auch dann zu einer Entscheidung verpflichtet, wenn internationale Dahml Delbrückl Wolfrum, S. 75; Blomeyer, S. 301 (302). Dahm/Delbrück/Woljrum, S. 75; Stein I Jonas-Schumann, (20. Aufl.), Ein!. Rn. 885. 62 Stein I Jonas-Schumann, (20. Aufl.), Ein!. Rn. 885. 63 Schack, IZVR, Rn. 38. 64 Schack, IZVR, Rn. 170. 65 Nagel, Thesaurus Acroasium, S. 469 (479ff.); Schack, ZZP 103 (1990), 241 (242); Pfennig, S. 24ff. mit umfangreichen weiteren Nachweisen. 66 Nagel, Friedenswarte 59 (1976), 249 (257). 67 Von Bar, Theorie und Praxis, S. 510. 68 Vgl. die Begründung des Bundesministers der Justiz, in BVerfGE 30,409 (411). 60

61

§ 3 Vertragloser Rechtshilfeverkehr

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Rechtshilfe nicht gewährt wird, welche dann bei zwischenstaatlichen Beweisverfahren ohne Berücksichtigung der erforderlichen Beweismittel, also ohne hinreichende Sachverhaltsaufklärung, erfolgt. Dies muß zwangsläufig zu unglücklichen Ergebnissen für die einzelnen Rechtsuchenden führen, ganz gleich welchem Staat sie angehören. 69 Im übrigen ergeben sich auch Zweifel an der grundsätzlichen Geeignetheit und Zweckmäßigkeit, durch das Erfordernis der Gegenseitigkeit andere Staaten zur Kooperation im internationalen Rechtsverkehr zu zwingen. Das Gegenseitigkeitserfordernis wirkt im Gegensatz zur Retorsion präventiv. Der ersuchte Staat, der die Verbürgung der Gegenseitigkeit fordert, droht bereits präventiv, also nicht mögliche Mißstände abwartend, die Rechtsfolgen an, mit denen er bei verweigerter Zusammenarbeit auf dem Gebiet des internationalen Rechtsverkehrs reagieren würde. 7o Ein solches präventives Verhalten stellt gewiß keinen Akt internationaler Höflichkeit dar, die jedoch gerade die Grundlage des Gegenseitigkeitsprinzips bedeutet. 7l Vielmehr ist dieses Verhalten als "eine rechtspolitische Daumenschraube für unkooperative fremde Staaten" bezeichnet worden. 72 Anstatt auf das Erfordernis der Gegenseitigkeit zu pochen, sollte jeder Staat die Initiative ergreifen und im vertraglich nicht geregelten Bereich als Vorbild Rechtshilfe auch ohne Verbürgung der Gegenseitigkeit leisten. Jeder Staat dürfte das, was er als richtig und zweckmäßig erkannt hat, nicht deshalb unterlassen, weil auch der andere Staat dieses unterläßt, insbesondere nicht aus nationalem Prestige heraus?3 Kein Staat wird ernsthaft anzweifeln können, daß die Leistung von internationaler Rechtshilfe eine der zweckmäßigsten Aufgaben des zwischenstaatlichen Rechtsverkehrs darstellt. Daher sollte de lege ferenda im internationalen Rechts(hilfe)verkehr auf das letztendlich allein auf rechtspolitischen Erwägungen beruhende Erfordernis74 der Gegenseitigkeitsverbürgung verzichtet und im Interesse der Rechtsuchenden großzügig Rechtshilfe geleistet werden, wie dies schon seit langem in der Literatur gefordert wird. 75 Im vertraglosen Rechtshilfeverkehr besteht damit kein Bedürfnis für eine Gegenseitigkeitsverbürgung. Andererseits kann aus der Verbürgung der Gegenseitigkeit, soweit diese vorgenommen wird, kein völkerrechtlicher Anspruch auf Leistung von Rechtshilfe abgeleitet werden. 76 Anderenfalls könnte jeder um Rechtshilfe ersuchende Staat durch die einfache Erklärung, daß er die Gegenseitig69

70 71 72

73 74

7S 76

Nagel, Grundzüge des Beweisrechts, S. 445. Geimer/Schütze, Bd. 1/2, S. 1751. Pfennig, S. 25. Puttfarken, RIW 1976, 149 (150) m. w. N. Süß, FG Rosenberg, S. 229 (243). Nagel, FS Laun, S. 338 (355); Riezler. S. 553. Statt vieler Schack, IZVR, Rn. 38 m. w. N. So aber Szaszy, S. 649.

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1. Teil: Die internationale Rechtshilfe

keit verbürge, den ersuchten Staat zur Rechtshilfeleistung verpflichten. 77 Außerdem handelt es sich bei der auf der "courtoisie internationale" beruhenden Hilfeleistung um "aus Höflichkeit" vorgenommene freiwillige Zugeständnisse78, so daß bereits die Freiwilligkeit der Annahme einer Rechtspflicht begriffsnotwendig entgegensteht. 79 b) Gegenseitiges Entgegenkommen Wie bereits angesprochen kann das Gegenseitigkeitsprinzip aber auch im Sinne eines schlichten gegenseitigen Entgegenkommens verstanden werden. Ohne eine Verbürgung der Gegenseitigkeit zu erwarten, geht dabei der ersuchte Staat davon aus, daß ein Staat nicht um die erbetene Rechtshilfe ersuchen würde, wenn er nicht selbst auch bereit und in der Lage wäre, im umgekehrten Fall ebenfalls Rechtshilfe zu leisten. 8o Dieses der internationalen Höflichkeit auch in tatsächlicher Hinsicht entsprechende Verhalten des gegenseitigen Entgegenkommens gibt auch die Haltung Deutschlands wieder, die an eingehende Rechtshilfeersuchen keine strengen Anforderungen stellt und die Gegenseitigkeitsverbürgung nicht erwartet. 81 Diese Haltung ergibt sich bereits aus § 3 Abs. I Nr. 2 ZRHO, wonach die Durchführung des Rechtsverkehrs aufgrund gegenseitigen Entgegenkommens erfolgt, wenn zwischenstaatliche Vereinbarungen nicht vorliegen. Solange ersuchende Staaten ihrerseits bereit sind, in entsprechenden Fällen Rechtshilfe zu leisten, sollte im Rahmen des gegenseitigen Entgegenkommens bereitwillig und großzügig Rechtshilfe geleistet werden, um damit sowohl der internationalen Höflichkeit Genüge zu tun, als auch, was wesentlich bedeutender ist, den auf die Rechtshilfe angewiesenen Prozeßparteien bei ihrer Rechtsdurchsetzung behilflich zu sein.

IH. Zusammenfassung

Im vertraglosen Rechtshilfeverkehr wird Rechtshilfe auf der Grundlage der "courtoisie internationale" geleistet. Um der internationalen Höflichkeit gerecht zu werden, haben alle Staaten gegenseitiges Entgegenkommen zu zeigen, was für jeden Staat bedeutet, solange großzügig Rechtshilfe zu gewähren, wie auch von dem ersuchenden Staat im umgekehrten Fall Rechtshilfe erwartet werden darf. Aus nationaler Sicht ergibt sich dies bereits aus § 3 Abs. I Nr. 2 ZRHO. Auf die Verbürgung der Gegenseitigkeit kann im internationalen Rechtsverkehr und damit Pfennig. S. 25 f.; Schabenberger; S. 59 f. Seidl-Hohenveldern. Rn. 469. 79 Kondring. S. 84 a.E. 80 Unterreitmayer, Rpfleger 1972, 117 (118); Schacl" IZVR, Rn. 170. 81 Arnold, MDR 1957, 385 (386 Fn. 12); Unterreitmayer, Rpfleger 1972, 117 (118). 77 78

§ 4 Vertraglicher Rechtshilfeverkehr

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auch bei der internationalen Rechtshilfe insgesamt verzichtet werden. Ein Beharren auf die Gegenseitigkeitsverbürgung fördert nicht die internationalen Rechtsbeziehungen, sondern führt vielmehr zu einer Lähmung der internationalen Kooperation auf diesem Gebiet. Letztlich geht die Verweigerung der Rechtshilfe bei fehlender Gegenseitigkeitsverbürgung regelmäßig zu Lasten der Prozeßparteien, die weder für das Verhalten ausländischer Staaten verantwortlich gemacht werden können noch Einfluß auf diese auf nationalem Prestige gründenden Verhaltensformen haben. Im übrigen verbleibt jedem Staat die Möglichkeit, auf unkooperatives Verhalten anderer Staaten mit der Retorsion zu antworten. Eine völkerrechtliche Verpflichtung zur Leistung internationaler Rechtshilfe existiert im vertraglosen Rechtshilfeverkehr nicht. Eine solche Verpflichtung ergibt sich weder für den Anwendungsbereich des Art. 6 EMRK, da sonst weiteren Rechtshilfeverträgen im gleichen Anwendungsgebiet der Regelungsspielraum entzogen würde, noch kann bei verbürgter Gegenseitigkeit eine Verpflichtung angenommen werden, da es sonst jeder Staat selbst in der Hand hätte, durch die einfache Erklärung der Gegenseitigkeitsverbürgung einen Anspruch auf Leistung internationaler Rechtshilfe zu begründen. Trotz dieser fehlenden Verpflichtung sollte bei der Frage, ob im vertraglosen Zustand internationale Rechtshilfe geleistet wird, immer die zutreffende Feststellung von Schack82 bedacht werden: ,,Das Völkerrecht ist nicht Selbstzweck, sondern wie alles Recht letztlich den Menschen verpflichtet, deren Interessen zu schützen [ ... ], Aufgabe des Staates ist."

§ 4 Vertraglicher Rechtshilfeverkehr Im Gegensatz zum vertraglosen besteht im vertraglichen Rechtshilfeverkehr eine Verpflichtung der einzelnen Staaten, sich einander aufgrund und im Rahmen der vertraglichen Vereinbarungen internationale Rechtshilfe zu leisten. 83 Diese Verpflichtung besteht nur für die einzelnen Vertragsstaaten, bei multilateralen Übereinkommen für die einzelnen Signatarstaaten. Den Anspruch, auf dieser staatsvertraglichen Grundlage Rechtshilfe zu erhalten, kann allein der Staat geltend machen. Er steht dagegen nicht den an der Gewährung internationaler Rechtshilfe interessierten Parteien bzw. Beteiligten eines Verfahrens ZU. 84 Davon zu trennen sind mögliche, im Rahmen verfassungsmäßig garantierter Rechte bestehende Ansprüche der Beteiligten gegen den eigenen Staat, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzen, im Sinne eines erforderlichen Rechtshilfeersuchens tätig zu werden. Ein solcher Anspruch der am Verfahren beteiligten Personen wird sich aus der Rechts82 83 84

Schack, Einführung, S. 52. Greger, FS Schwab. S. 331 f. Unterreitmayer, Rpfleger 1972, 117 (118); Pfennig, S. 36.

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l. Teil: Die internationale Rechtshilfe

schutzgarantie des Staates gegenüber seinen Bürgern ergeben, wobei dies von den in den einzelnen Staaten unterschiedlich geregelten verfassungsmäßig garantierten Rechten abhängt. 85

I. Multilaterale Rechtshilfeabkommen Aufgrund der ständig zunehmenden wirtschaftlichen Verflechtungen im internationalen Bereich und dem daraus resultierenden Anstieg "internationaler" Zivilprozesse wächst das Bedürfnis aller Staaten, internationale Rechtshilfe in Anspruch nehmen zu können. Dies spiegelt sich unter anderem auch darin wider, daß immer mehr Staaten entweder bilaterale Rechtshilfeabkommen vereinbaren oder bereits bestehenden multilateralen Übereinkommen beitreten. Die bedeutendsten multilateralen Übereinkommen im Bereich des internationalen Rechtshilfeverkehrs stellen die Haager Übereinkommen dar.

1. Haager Übereinkommen Basis aller Haager Übereinkommen ist die 1893 erstmals zusammengetretene "Haager Konferenz für Internationales Privatrecht", die nachfolgend zu einer ständigen Institution geworden ist. Anläßlich ihrer Einberufung nach dem ersten Weltkrieg wurde 1925 der Grundsatz der "Ständigkeit der Haager Konferenz" offiziell festgelegt. 86 In Art. 1 der revidierten Satzung der Haager Konferenz für Internationales Privatrecht 87 , die auf der 7. Tagung am 31. 10. 1951 beschlossen wurde, ist als ihr Ziel "die fortschreitende Vereinheitlichung der Regeln des Internationalen Privatrechts" festgelegt worden. Um dieses Ziel zu erreichen, sind für den Bereich der internationalen Rechtshilfe die folgend dargestellten Übereinkommen abgeschlossen worden. Ihnen ist allen gemeinsam, daß sie nicht einheitliches Recht schaffen, also nicht in die verschiedenen nationalen Zivilprozeßordnungen eingreifen, sondern lediglich die vertragliche Verpflichtung der Signatarstaaten zum Ausdruck bringen, sich gegenseitig in gewissem Umfang Rechtshilfe zu leisten. 88

85 Unterreitmayer; Rpfleger 1972. 117 (118 a.E.); für das aus dem Justizgewährungsanspruch herzuleitende Recht des Klägers auf Ersuchen um Rechtshilfe im Zustellungsrecht, vg!. H. Roth. IPRax 1990.90 (91 Fn. 26). 86 Amold. JZ 1965. 708 mit ausführlicher Darstellung der gesamten Entwicklung. 87 BGB!. 1959 11, S. 981 ff. 88 Nagel. Rechtshilfe. S. 75.

§ 4 Vertraglicher Rechtshilfeverkehr

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a) Haager Übereinkommen über die Beweisaufnahme in Ziviloder Handelssachen vom 18. 3. 1970 (HBÜ) Das jüngste und zugleich bedeutendste Übereinkommen auf dem Gebiet der internationalen Rechtshilfe für extraterritoriale Beweisverfahren - das insbesondere die Praxis beherrscht89 - ist das Haager Übereinkommen über die Beweisaufnahme im Ausland in Zivil- oder Handelssachen vom 18. 3. 1970 (HBÜ)90 und das hierzu geltende Ausführungsgesetz (AusfG) vom 22. 12. 197791 . Nach seiner Präambel ist Ziel des HBÜ "die Übermittlung und Erledigung von Rechtshilfeersuchen zu erleichtern sowie die Angleichung der verschiedenen dabei angewandten Verfahrensweisen zu fördern". Bei der Angleichung der verschiedenen angewandten Verfahrensweisen ist insbesondere an die unterschiedlichen Ausgestaltungen der Beweisaufnahmeverfahren im anglo-amerikanischen Rechtskreis, wo die Beweisaufnahme auch bei Auslandsbeweisaufnahmen Parteihandlung ist92 , und im kontinental-europäischen Rechtskreis gedacht worden. 93 Durch diese Zielsetzung sollte gerade auch den Ländern des common law, namentlich Großbritannien und den USA, der Beitritt zu einem Beweisübereinkommen eröffnet werden. 94 Da in allen dem HBÜ vorangegangenen Rechtshilfeübereinkommen die Möglichkeit direkter extraterritorialer Beweisaufnahmen unzureichend geregelt wurden, sind die Staaten des common law diesen Übereinkommen ferngeblieben. 95 Aufgrund der wesentlichen Bedeutung des HBÜ für die extraterritoriale Beweisaufnahme im internationalen Rechtshilfeverkehr, sollen im folgenden die wichtigsten Vorschriften dieses Übereinkommens näher dargestellt werden. Das Haager Beweisaufnahmeübereinkommen, das in drei Kapitel unterteilt ist, regelt in Kapitel I (Art. 1-14 HBÜ) die klassischen Rechtshilfeersuchen, die vom ausländischen Staat zugunsten des ersuchenden Staates ausgeführt werden. Einen wesentlichen Fortschritt im Vergleich zu den älteren Übereinkommen hat das HBÜ bei der Übermittlung von Rechtshilfeersuchen erreicht. Gemäß Art. 2 Abs. 1 HBÜ ist von jedem Staat eine Zentrale Behörde zu bestimmen, an die die Rechtshilfeersuchen direkt von der gerichtlichen Behörde des ersuchenden Staates ohne Beteiligung weiterer Behörden übermittelt werden können. 96 Damit kann auf die langH. Roth, ZZP 106 (1993),123 (125). BGBI. 197711, S. 1472; hierzu Denkschrift BT-Dr. 8/217, S. 50ff.; zu den aktuellen Vertragsstaaten, vgl. Jayme/Hausmann, S. 481 Fn. 1. 91 BGBI. 1977 I, S. 3105; Bekanntmachung vom 21. 6. 1979 (BGBI. 11, S. 780). 92 Nagel, Rechtshilfe, S. 144ff.; Beckmann, IPRax 1990,201. 93 Greger. ZRP 1988,164; Koch, IPRax 1985,245 (248). 94 Böckstiegel/ Schlafen, NJW 1978, 1073 (1076); Junker. Discovery, S. 223. 95 Blaschczok, S. 18 ff. 96 Die Bundesrepublik Deutschland hat von der durch Art. 24 Abs. 2 HBÜ eröffneten Möglichkeit Gebrauch gemacht, mehrere Zentrale Behörden zu bestimmen; vgl. die Bekanntmachung des Auswärtigen Amtes vom 21. 6. 1979 (BGBI. III, S. 779) sowie für die neuen Bundesländer die Bekanntmachung vom 11. 3. 1993 (BGBI. 11, S. 703). Gemäß § 7 AusfG 89

90

3 Daoudi

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I. Teil: Die internationale Rechtshilfe

wierigen und umständlichen konsularischen oder diplomatischen Übermittlungswege verzichtet werden. Die inhaltlichen Angaben und Anforderungen an ein Rechtshilfeersuchen werden in Art. 3 HBÜ, die Sprache des Ersuchens in Art. 4 HBÜ geregelt. Gemäß Art. 11 HBÜ steht den betroffenen Personen ein kumulatives Aussageverweigerungsrecht, sowohl solche des ersuchenden als auch solche des ersuchten Staates, zu. In Art. 12 HBÜ findet sich eine Aufzählung von Ablehnungsgründen gegenüber dem Rechtshilfeersuchen. Eine im Verhältnis zu früheren Übereinkommen erstmalig eingeführte Regelung ist die in Art. 8 HBÜ eröffnete Teilnahmemöglichkeit bei der Erledigung eines Rechtshilfeersuchens durch Mitglieder der ersuchenden gerichtlichen Behörde. Jeder Vertragsstaat kann ein solches Anwesenheitsrecht erklären (Art. 8 S. 1 HBÜ), dieses Recht aber auch von einer vorherigen Genehmigung abhängig machen (Art. 8 S. 2 HBÜ).97 Hierdurch wird dem ausländischen Richter jedoch kein Mitwirkungsrecht bei der Beweisaufnahme gewährt. 98 Für den Rechtsverkehr mit den Staaten des common law ist insbesondere Kapitel II (Art. 15-22 HBÜ) von grundlegender Bedeutung, der die Beweisaufnahme durch diplomatische oder konsularische Vertreter und durch Beauftragte regelt. Wie bereits angesprochen, war ein Beitritt der Länder des common law, insbesondere der USA, Großbritanniens und Kanadas für diese nur dann interessant, wenn ihrem Verfahrensverständnis Rechnung getragen wurde. Da im common law die Beschaffung von Beweismitteln allein Aufgabe der Parteien und ihrer Prozeßvertreter ist und das Gericht allenfalls tätig wird, um auf Antrag bestimmte Schutzmaßnahmen anzuordnen oder um Sanktionen wegen mangelhafter Mitwirkung bei der discovery99 zu verhängen sowie bei Anordnungen medizinischer Untersuchungen von Personen 1OO, mußte eine solche Verfahrensweise Berücksichtigung finden. Auch bei Auslandsbeweisaufnahmen ist es in den Ländern des common law üblich, diese entgegen' dem kontinental-europäischen Rechtssystem durch einen Beauftragten (commissioner) durchführen zu lassen, und zwar ohne Einschaltung ausländischer Stellen 101. Die Mitwirkung ausländischer Gerichte wird vielmehr für überflüssig und system widrig gehalten. 102 HBÜ nehmen die von den Landesregierungen bestimmten Stellen die Aufgaben der Zentralen Behörde wahr, wobei jedes Bundesland nur eine Zentrale Behörde einrichten darf. 'TI Erklärungen nach Art. 8 S. I HBÜ haben Frankreich, Israel, Luxemburg, Schweden, das Vereinigte Königreich und Zypern abgegeben. Unter Vorbehalt einer vorherigen Genehmigung ist die Erklärung außerdem von Dänemark, Finnland, Italien, der Niederlande, Spanien, den Vereinigten Staaten und der Bundesrepublik Deutschland abgegeben worden. 98 Böckstiegel/ Schlafen, NJW 1978, \073 (1077). 99 Nach Junker, Discovery, S. 41 ist der Begriff der "discovery" unübersetzbar. Auch wenn er im folgenden nicht übersetzt wird, kann unter ihm annähernd "Erforschungsverfahren" (Jacoby, ZZP 74 (1961), 145; Stürner, Aufklärungspflicht, S. 24), "Offenlegungsverfahren" (Heck, ZVgIRWiss. 84 (1985), 208 (209» oder "Beweisermittlungsverfahren" (Hol/mann, RlW 1982, 784 (788» verstanden werden. 100 Schade, Einführung, S. 44. 101 Denkschrift, BT-Dr. 8/217, S. 51; Junker, JZ 1989, 121 (125). 102 Junker, Discovery, S. 232.

§ 4 Vertraglicher Rechtshilfeverkehr

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Gemäß Art. 15 Abs. 1 HBÜ kann ein diplomatischer oder konsularischer Vertreter eines Vertragsstaates im Hoheitsgebiet eines anderen Vertragsstaates ohne Anwendung von Zwang Beweis für ein Verfahren aufnehmen, das vor einem Gericht des Entsendestaates anhängig ist, wenn nur Angehörige des Entsendestaates betroffen sind. Jeder Vertragsstaat kann jedoch gemäß Art. 15 Abs. 2 HBÜ durch einseitige Erkärung derartige Beweisaufnahmen unter einen Genehmigungsvorbehalt stellen. Die Vernehmung eines Angehörigen des Empfangsstaates oder eines dritten Staates ist gemäß Art. 16 HBÜ möglich, wenn der Empfangsstaat entweder Beweisaufnahmen in diesen Fällen generell von einer vorherigen Genehmigung befreit hat (Art. 16 Abs. 2 HBÜ) oder die zuständige Behörde des Empfangsstaates ihre Genehmigung allgemein oder für den Einzelfall, gegebenenfalls unter Auflage, dazu erteilt hat (Art. 16 Abs. 1 HBÜ). In der Bundesrepublik Deutschland ist gemäß § 11 S. 1 AusfG HBÜ eine Beweisaufnahme durch konsularische oder diplomatische Vertreter unzulässig, soweit sie deutsche Staatsangehörige betrifft. Betrifft die Beweisaufnahme dagegen Angehörige eines dritten Staates oder Staatenlose, so ist sie nur nach vorheriger Genehmigung durch die jeweilige Zentrale Behörde zulässig (§ 11 S. 2 AusfG HBÜ), es sei denn, es handelt sich um Staatsangehörige des Entsendestaates (§ 11 S. 3 AusfG HBÜ). Unter denselben Voraussetzungen wie denen des Art. 16 HBÜ kann gemäß Art. 17 HBÜ jede Person, die zu diesem Zweck ordnungsgemäß zum Beauftragten (commissioner) bestellt worden ist, im Hoheitsgebiet eines Vertragsstaates ohne Anwendung von Zwang Beweis für ein Verfahren aufnehmen, das vor einem Gericht eines anderen Vertragsstaates anhängig ist. Im Gegensatz zur diplomatischen und konsularischen Beweisaufnahme unterscheidet Art. 17 HBÜ dabei nicht nach der Staatsangehörigkeit der Beweispersonen. Ordnungsgemäß bestellt im Sinne dieser Vorschrift ist nur der gerichtlich bestellte Beauftragte, wobei die Beauftragung sowohl durch Gerichtsbehörden des Entsendestaates als auch durch die des Empfangsstaates erfolgen kann. 103 In den Vereinigten Staaten und in Großbritannien können auch Mitglieder des erkennenden Gerichts zum commissioner bestellt werden 104, so daß die Möglichkeit der Beweisaufnahme gemäß Art. 17 HBÜ auch für Verfahren, die vor deutschen Gerichten anhängig sind, von praktischer Bedeutung sein kann. Zu berücksichtigen ist aber, daß die Beauftragung im Hinblick auf § 363 ZPO nicht durch deutsche Gerichte selbst erfolgen kann. Ein deutsches Gericht könnte eine Bestellung zum Beauftragten im Sinne von Art 17 HBÜ also nur durch ein Rechtshilfeersuchen gemäß Kapitel I betreiben und hierzu eine entsprechende Anregung geben. 105 In Deutschland ist gemäß § 12 Abs. 1 AusfG HBÜ die Beweisaufnahme durch einen Beauftragten nur nach erteilter Genehmigung durch die Zentrale Behörde zulässig, die gegebenenfalls mit Auflagen verbunden sein kann. Ferner ist gemäß 103 104

105



BöckstiegellSchlafen, NJW 1978, \073 (1077); Junker; Discovery, S. 235. Denkschrift, BT-Dr. 8/217, S. 51. Böckstiegell Schlafen, NJW 1978, \073 (\077 Fn. 59).

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1. Teil: Die internationale Rechtshilfe

§ 12 Abs. 2 AusfG HBÜ das zuständige Amtsgericht befugt, die Vorbereitung und Durchführung der Beweisaufnahme zu überwachen und an ihr teilzunehmen. Art. 33 Abs. 1 HBÜ eröffnet jedem Vertragsstaat die Möglichkeit, das gesamte Kapitel 11 ganz oder teilweise auszuschließen. 106

Desweiteren finden sich in Kapitel III des HBÜ allgemeine Bestimmungen, die insbesondere die Möglichkeiten von Anwendungs- und Erledigungsvorbehalten regeln. 107 b) Haager Übereinkommen über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke im Ausland in Zivil- oder Handelssachen vom 15. 11. 1965 (HZÜ) Unter den multilateralen Verträgen in Zustellungssachen kommt dem Haager Übereinkommen über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke im Ausland in Zivil- oder Handelssachen vom 15. 11. 1965 (HZÜ)108 und dem hierzu geltenden Ausftihrungsgesetz (AusfG HZÜ) die größte Bedeutung zu. 109 Bei dem AusfG HZÜ 110 handelt es sich um dasselbe Ausftihrungsgesetz wie zum HBÜ, in dem sich im ersten Teil (§§ 1-6) Regelungen zum Zustellungs übereinkommen und im zweiten Teil (§§ 7 -14) die Regelungen zum Beweisaufnahmeübereinkommen finden. Unter den gleichen Erwägungen wie bei dem HBÜ ist auch mit dem Abschluß des HZÜ versucht worden, den anglo-amerikanischen Rechtskreis zu berücksichtigen und die Länder des common law zum Beitritt zu diesem Rechtshilfeübereinkommen zu gewinnen. 111 Im Gegensatz zum kontinental-europäischen Rechtskreis, wo die Auffassung vertreten wird, daß Zustellungen hoheitliche Amtshandlungen darstellen 112, erfolgen Zustellungen im anglo-amerikanischen Rechtssystem grundsätzlich im Parteibetrieb. 113 In neuerer Zeit nehmen in den USA die Regeln über Auslandszustellungen wesentlich mehr als früher Rücksicht auf ausländische Souveränitätsvorstellungen, indem den einschlägigen Staatsverträgen, insbesondere dem HZÜ, der Vorrang eingeräumt wird. 114 106 Die Anwendung des Kapitels H ist von Singapur (BGBI. 1981 H, S. 962) und Argentinien (BGBI. 1988 H, S. ß23) ausgeschlossen worden. 107 Vgl. insbesondere zu dem Vorbehalt gemäß Art. 23 HBÜ und den sich hieraus ergebenden Problemen Junker, Herausforderung des Internationalen Zivilprozeßrechts, S. 103 (lIOf.); Lowenfeld, IPRax 1984,51 (52f.); Paulus, ZZP 104 (1991),397 (4IOff.); Koch/ Kirchner, AG 1988, 127ff. 108 BGBI. 1977 H, S. 1453; zu den aktuellen Vertragsstaaten, vgl. Jayme/Hausmann, S. 464 Fn. I. 109 Stein/Jonas-H. Roth, § 199 Rn. 5; Kondring, S. lIO. 110 BGBI. 11977, S. 3105. 111 Böckstiegel/Schlafen. NJW 1978, 1073; Pfennig, S. 41. 112 Statt aller: Schlosser, FS Stiefel, S. 683 (685). 113 Schade, Einführung, S. 36.

§ 4 Vertraglicher Rechtshilfeverkehr

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Das HZÜ unterscheidet sich von den früheren Übereinkommen auf diesem Gebiet vor allem dadurch, daß es neben der Verbesserung einiger technischer Details einen effizienteren Übermittlungsweg für Zustellungsersuchen eröffnet (Art. 2, 3 HZÜ) sowie Schutzvorschriften zugunsten des Zustellungsempfangers eingeführt hat (Art. 15, 16 HZÜ), die diesen vor den negativen verfahrensrechtlichen Folgen einer Säumnis aufgrund unzureichender Benachrichtigung sichern sollen. 115

c) Haager Übereinkommen über den Zivilprozeß vom 1. 3.1954 (HZPÜ) Vorläufer sowohl des HBÜ als auch des HZÜ war das Haager Übereinkommen über den Zivilprozeß vom 1. 3.1954 (HZPÜ).l16 In den ersten bei den Abschnitten dieses Übereinkommens werden die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke (I.) sowie die Rechtshilfeersuchen (11.) geregelt. Die Vorschriften über die Zustellung (Art. I - 7 HZPÜ) sind jedoch durch das HZÜ (Art. 22) und die Vorschriften über Rechtshilfeersuchen (Art. 8 - 16 HZPÜ) durch das HBÜ (Art. 29) verdrängt worden, soweit gegenüber den betreffenden Staaten die neueren Übereinkommen gelten. Dadurch hat das HZPÜ jedoch nicht an Bedeutung verloren, was bereits durch die jüngsten Beitritte verschiedener Staaten zu diesem Übereinkommen belegt wird. 117

d) Haager Abkommen über den Zivilprozeß vom 17. 7. 1905 Das Haager Abkommen über den Zivilprozeß vom 17.7. 1905 118 stellt das erste bedeutendere Abkommen dieses Jahrhunderts im Bereich des internationalen Zivil verfahrens dar. Sein Vorläufer war das nur kurze Zeit geltende Abkommen zur Regelung von Fragen des internationalen Privatrechts vom 14. 11. 1896 119 nebst Zusatzprotokoll vom 22. 5. 1897 12 das heute keine Wirkungen mehr entfaltet. Das Haager Abkommen von 1905 regelt derzeit das internationale Zivilverfahren nur noch im Verhältnis zu Island. 121 Im Verhältnis zu den übrigen Vertragsstaaten ist es durch das HZPÜ (Art. 29) ersetzt worden.

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Schack. Einführung, S. 37. Böckstiegel/Schlafen. NJW 1978, \073 (\074); Pfennig. S. 41 f. 116 BGBI. 195811, S. 577; hierzu AusfG vom 18. 12. 1958 (BGB\. I, S. 939); zu den aktuellen Vertragsstaaten, vgl. Jayme/Hausmann, S. 451 Fn. 3 117 Usbekistan am 2. 12. 1996 (BGB\. 1996 H, S. 2757); Armenien am 29. 1. 1997 (BGBI. 199711, S. 554); Kirgistan am 14.8.1997 (BGB\. 199711, S. 1521). 118 RGBl.l909, S. 410; AusfG vom 5. 4.1909 (RGB\. 1909, S. 430). 119 RGB\. 1899, S. 285. 120 RGB\. 1899, S. 295. 121 Jayme/Hausmann, S. 452 Fn. 4. 114 115

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I. Teil: Die internationale Rechtshilfe

e) Vereinbarungen zur weiteren Vereinfachung des Rechtsverkehrs nach den Haager Übereinkommen Neben den dargestellten Haager Übereinkommen haben einige Staaten zusätzliche Vereinbarungen zur weiteren Vereinfachung des Rechtsverkehrs nach den Haager Übereinkommen getroffen. 122 Für solche Staaten, die Vertrags staaten des HBÜ bzw. HZÜ sind und gleichzeitig Zusatzvereinbarungen zu dem Abkommen von 1905 und dem Übereinkommen von 1954 getroffen haben, bleiben diese gemäß Art. 31 HBÜ und Art. 24 HZÜ weiterhin bestehen, solange die beteiligten Staaten nicht etwas anderes vereinbaren. Ausgenommen bei der deutsch-schwedischen Zusatzvereinbarung wird die Vereinfachung des Rechtsverkehrs vor allem durch die Vereinbarung des unmittelbaren Behördenweges für Zustellungen und Beweisaufnahmeersuchen erreicht, der an die Stelle des sonst üblichen und langwierigen konsularischen Übermittlungsweges tritt. Der kürzeste Rechtshilfeweg wird durch die deutsch-österreichische Zusatzvereinbarung ermöglicht, wonach sich das Prozeßgericht direkt und unmittelbar an das Rechtshilfegericht wenden kann. 2. New Yor/cer UN-Übereinkommen über die Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen im Ausland vom 20. 6. 1956

Als weiterer multilateraler Staatsvertrag enthält auch das New Yorker UN-Übereinkommen über die Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen im Ausland vom 20. 6. 1956 123 Regelungen zur internationalen Rechtshilfe. 124 Zwar liegt das Schwergewicht dieses Übereinkommens in einer gegenseitigen Verwaltungshilfe, doch regelt es gleichzeitig in Art. 7 die für die Verfolgung des Unterhaltsanspruchs im Ausland notwendige Rechtshilfe. 125 Soweit nach dem Recht beider Vertragsparteien um Rechtshilfe ersucht werden kann, kann gemäß Art. 7 lit. a) des New Yorker UN-Übereinkommens ein Gericht, bei dem eine Unterhaltsklage anhängig ist, Ersuchen um Erhebung weiterer Beweise, entweder an das zuständige Gericht der anderen Vertragspartei oder an jede andere Behörde oder Stelle richten, welche vom Empfangsstaat hierzu bestimmt worden ist.

122 Belgien. Vereinb. v. 25. 4. 1959 (BGB!. 11, S. 1524); Dänemark, I. 6. 1910 (RGB!. 1910, S. 873) i.d.F. der Vereinb. v.6. I. 1932 (RGB\. 11, S. 20); Frankreich. 6. 5.1961 (BGB\. 11, S. 1040); Luxemburg. I. 8. 1909 (RGB\. 1909, S. 907); den Niederlanden. 30. 8. 1962 (BGB\. 1964 11, S. 468); Norwegen. 17. 6. 1977 (BGB\. 1979 11, S. 1292); Österreich. 6.6. 1959 (BGB\. 11, S. 1523); Polen. (BGB\. 199411, S. 361); Schweden. 1. 2. 1910 (RGB\. 1910, S. 455); Schweiz. 30.4.1910 (RGB\. 1910, S. 674). 123 BGB\. 195911, S. 150; zu den aktuellen Vertragsstaaten, vg\. Jayme/Hausmann. S. 492 Fn. 1. 124 Linke. IZPR. Rn. 450; Geimer, IZPR, Rn. 2369. m Stein I Jonas-Schumann (20. Aufl.), Ein!. Rn. 867 a.E.

§ 4 Vertraglicher Rechtshilfeverkehr

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11. Bilaterale Rechtshilfeabkommen Neben den oben dargestellten multilateralen Rechtshilfeverträgen und den hierzu geltenden Zusatzvereinbarungen hat die Bundesrepublik Deutschland außerdem mit verschiedenen Staaten bilaterale Rechtshilfeabkommen vereinbart. Dabei handelt es sich um sogenannte selbständige Rechtshilfeabkommen. 126 Diese sind das deutsch-britische Abkommen über den Rechtsverkehr vom 20. 3. 1928 127 , das deutsch-türkische Abkommen über den Rechtsverkehr in Zivil- und Handelssachen vom 28. 5. 1929 128 , das deutsch-griechische Abkommen über die gegenseitige Rechtshilfe in Angelegenheiten des bürgerlichen und Handels-Rechts vom 11. 5. 1938 129 , der deutsch-tunesische Vertrag vom 19. 7. 1966 über Rechtsschutz und Rechtshilfe, die Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen sowie über die Handeisschiedsgerichtsbarkeit 130 und der deutsch-marokkanische Vertrag über die Rechtshilfe und Rechtsauskunft in Zivil- und Handelssachen vom 29. 10. 1985 131 • Das deutsch-türkische und das deutsch-griechische Abkommen entsprechen hinsichtlich der Beweisaufnahmen und der Zustellungen weitgehend dem HZPÜ vom 1. 3. 1954, so daß auf diese Abkommen nicht näher eingegangen wird. Das gleiche gilt für den deutsch-tunesischen Vertrag, der jedoch die Besonderheit aufweist, daß in ihm sowohl die internationale Rechtshilfe als auch die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Entscheidungen geregelt werden. Aufgrund seines sehr weiten räumlichen Anwendungsbereichs ist das deutsch-britische Abkommen von großer praktischer Bedeutung. Es regelt den Rechtshilfeverkehr auch zu den meisten Staaten, die ehemals Territorien bzw. Kolonien des British Empire waren und daher ihre internationalen Rechtsbeziehungen noch nicht eigenständig wahrnehmen konnten. 132 Regelmäßig sind die Vertragsparteien dieser selbständigen bilateralen Rechtshilfeverträge nicht gleichzeitig auch Vertragsstaaten der Haager Übereinkommen. Dennoch ist es nicht ausgeschlossen, daß sich der internationale Rechtshilfeverkehr sowohl nach dem Haager Übereinkommen als auch nach einem bilateralen Rechtshilfevertrag richtet, wie dies im deutsch-türkischen Rechtsverhältnis der Fall ist. Soweit sich die Regelungen inhaltlich nicht decken, ist nach dem Günstigkeitsprinzip vorzugehen, d. h. es sind dann die jeweils günstigeren Bestimmungen für die Durchführung des Rechtshilfeverkehrs anzuwenden. 133 Im Verhältnis der 126 127 128 129 130

Stein lJonas-H. Roth, § 199 Rn. 9. RGB\. 192811, S. 623; AusfVO vom 5.3.1929 (RGB\. 192911, S. 135). RGB\. 1930 H, S. 6. RGB\. 193911, S. 848. BGB\. 196911, S. 889.

131 BGB\. 198811, S. 1955; in Kraft getreten am 23. 6. 1994 (BGB\. 1994 H, S. 1192); hierzu auch Denkschrift, BT- Dr. 11/2026. S. 10 ff. 132 Vg\. die Nachweise bei Jayme/Hausmann, S. 527 Fn. 2. 133 Stein lJonas-H. Roth, § 199 Rn. 10.

1. Teil: Die internationale Rechtshilfe

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Bundesrepublik Deutschland zu Marokko ist das deutsch-marokkanische Abkommen nach dem Grundsatz der lex posterior an die Stelle des HZPÜ getreten. 134

111. Sachlicher Anwendungsbereich: Zivil- und Handelssachen Die oben genannten Übereinkommen beschränken regelmäßig ihren sachlichen Anwendungsbereich auf Zivil- und Handelssachen, ohne daß ihnen eine weitergehende Erläuterung entnommen werden kann, wann es sich bei aus- bzw. eingehenden Rechtshilfeersuchen um solche Verfahrensgegenstände handelt, die den Zivil- und Handelssachen zuzuordnen sind. Unstreitig werden den Zivil- und Handelssachen sowohl Angelegenheiten der streitigen als auch der freiwilligen Gerichtsbarkeit zugeordnet. 135 Einigkeit besteht auch darüber, daß für die Qualifikation die materielle Rechtslage maßgebend ist und nicht die Art des Verfahrens, in dem der Anspruch geltend gemacht wird. 136 Aufgrund der teils erheblichen Unterschiede bei der Abgrenzung zwischen Privat-, Verwaltungs- und Strafrecht in den einzelnen Vertrags staaten bleibt aber weiterhin unklar, welche Rechtsordnung, die des ersuchenden oder die des ersuchten Staates, darüber entscheidet, ob dem Rechtshilfeersuchen eine Zivil- und Handelssache zugrunde liegt. J. Vertretene Auffassungen

Nach einer Auffassung erfolgt die Qualifikation des Begriffs Zivil- und Handelssache nach dem materiellen Recht des ersuchenden Staates 137 , damit dem Interesse einer möglichst weitgehenden Anwendbarkeit der Abkommen Rechnung getragen wird. 138 Nach anderer Auffassung ist auf das Recht des ersuchten Staates abzustellen. 139 Nur auf diese Weise lasse sich vermeiden, daß der ersuchte ausländische Staat aufgrund einer Vorgabe des ausländischen Rechts oder möglicherweise lediglich einer bloßen Bezeichnung Rechtshilfe in einem Verfahren leisten müsse, das nach seiner Rechtsordnung nicht als Zivil- und Handelssache einzuordnen sei. Das Interesse an einer möglichst weitgehenden Anwendbarkeit der Übereinkommen müsse hinter diesem Interesse der rechtlichen Souveränität und der Herrschaft über das innerstaatliche Verfahren zurücktreten. 140 Eine dritte Auffassung wendet für Kondring, S. 115. Unterreitmayer, Rpfleger 1972,117; Pfennig, S. 36. 136 Vgl. Denkschrift zum deutsch-marokkanischen Vertrag, BT-Dr. 11/2026, S. 11; Kondring, S. 116. 137 Nagel, IZPR, Rn. 493; Böckstiegel/Schlafen, NJW 1978, 1073 (1074); Schlosser, NJW 1977, 457 (459 Fn. 21); so auch die Ansicht der Bundesregierung in der Denkschrift zum deutsch-marokkanischen Vertrag, BT-Dr. 11/2026, S. IOf. 138 Böckstiegel/Schlafen, NJW 1978, 1073 (1074). 139 Hollmann, RlW 1982,784 (785); Junker, IPRax 1986, 197 (206). 140 Hollmann, RlW 1982,784 (786). 134 135

§ 4 Vertraglicher Rechtshilfeverkehr

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die Qualifikation kumulativ das Recht des ersuchenden und des ersuchten Staates an, erkennt jedoch zugleich, daß diese Vorgehensweise das Auftreten von Rechtskonflikten durchaus fördert. 141 Um diese zu vermeiden sei nicht auf die im Verfahren anzuwendenden Rechtsnormen, sondern auf die ,,Natur des Gegenstandes" abzustellen. Dabei sei zu prüfen, ob nach allgemeiner Auffassung die Angelegenheit dem bürgerlichen Recht zuzuordnen sei, was sich danach bemesse, ob es sich um Privatrecht handele, also dem Teil der Rechtsordnung, der auf dem Prinzip der Gleichordnung der Rechtspersönlichkeiten beruhe und insoweit das Recht der Persönlichkeiten für sich und im Verhältnis zu anderen regele. 142 Letztlich wäre hiernach die dem deutschen Recht bekannte Differenzierung zwischen Über I Unterordnungs- und Gleichordnungsverhältnissen entscheidend. Gerade diese Tatsache spricht aber gegen die letztgenannte Auffassung, da diese Differenzierung nicht in allen Rechtskreisen vorgenommen wird, so daß im Ergebnis die vermehrt auftretenden Konflikte nur schwerlich durch die Frage nach der ,,Natur des Gegenstandes" gelöst werden können.

2. Eigene Stellungnahme: Differenzierung nach Art der Abkommen

Im Rahmen der Qualifikation des Begriffs Zivil- und Handelssache sollte zwischen bilateralen und multilateralen Übereinkommen unterschieden werden: Soweit es sich um bilaterale Abkommen handelt, sollte das für die Qualifikation maßgebliche Recht entsprechend der Interessenlage der einzelnen Vetragsstaaten ermittelt werden. Hier steht das Interesse aller Staaten, durch eine weitgehende Anwendbarkeit der Abkommen umfassend Rechtshilfe in Anspruch nehmen zu können, dem Interesse des ersuchten Staates auf Berücksichtigung seiner innerstaatlichen rechtlichen Souveränität gegenüber. Doch kann die Berücksichtigung der rechtlichen Souveränität in diesem Zusammenhang nicht so entscheidend sein, daß bei der Qualifikation auf das Recht des ersuchten Staates abzustellen ist. Alle im Rahmen der internationalen Rechtshilfe abgeschlossenen Abkommen enthalten einen ordre public-Vorbehalt, wonach der ersuchte Staat es regelmäßig ablehnen kann, Rechtshilfe zu leisten, wenn er die begehrte Maßnahme für geeignet hält, seine Hoheitsrechte oder seine Sicherheit zu gefährden. Durch diese ordre publicKlausel ist die Souveränität des ersuchten Staates hinreichend geschützt. Dem Interesse an einer weitgehenden Anwendung der Rechtshilfeabkommen ist der Vorzug zu geben, mit der Konsequenz, daß es für die Qualifikation des Begriffs Zivil- und Handelssache auf das Recht des ersuchenden Staates ankommt. Handelt es sich dagegen um multilaterale Übereinkommen, sollte eine vertragsautonome Qualifikation erfolgen, bei der nicht ausschließlich auf das Recht des ersuchenden bzw. ersuchten Staates oder kumulativ auf das beider Staaten abge141 142

Unterreitmayer; Rpfleger 1972,117 (119); Pfennig, S. 36. Unterreitmayer; Rpfleger 1972,117 (119).

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1. Teil: Die internationale Rechtshilfe

stellt wird. 143 Diese vertragsautonome Qualifikation bietet - mit Blick auf den Geist, den Zweck und die Entwicklung multilateraler Übereinkommen - am ehesten die Möglichkeit, die unbeweglichen verschiedenen nationalen Konzepte zu überwinden. 144 In der "Grauzone" der Materien, die sich zwischen dem Privatrecht und dem öffentlichen Recht befinden, sollte eine liberale und weite Auslegung des Begriffs Zivil- und Handelssache erfolgen. 145 Zusammenfassend läßt sich festhalten, daß der Begriff Zivil- und Handelssache bei multilateralen Übereinkommen vertragsautonom, bei bilateralen Abkommen dagegen nach dem Recht des ersuchenden Staates zu qualifizieren ist.

IV. Verhältnis des IIBÜ zum Brusseler EWG-Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 27. 9.1968 (EuGVÜ) Gemäß Art. 25 des Brüsseler EWG-Übereinkommens über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 27. 9.1968 (EuGVÜ)146 fällt unter den Begriff ,,Entscheidung" im Sinne dieses Übereinkommens jede von einem Gericht eines Vertragsstaates erlassene Entscheidung, ohne Rücksicht auf ihre Bezeichnung wie Urteil, Beschluß oder Vollstreckungsbefehl, einschließlich des Kostenfestsetzungsbeschlusses eines Urkundsbeamten. Aufgrund des Art. 25 EuGVÜ stellt sich die Frage, ob auch ,,Zwischenentscheidungen" zum Zwecke der Beweisermiulung (Beweisbeschlüsse, Beweisurteile) in den Anwendungsbereich dieser Vorschrift fallen, mit der Folge, daß die einzelnen Vertragsstaaten des EuGVÜ solche ,,Entscheidungen" anerkennen und vollstrecken müssen. Nach der Rechtsprechung des EuGH fallen jedenfalls solche Gerichtsentscheidungen nicht unter den Begriff "Entscheidung" im Sinne des Art. 25 EuGVÜ, die auf einseitigen Antrag ergehen. Unter Berücksichtigung dieser Rechtsprechung wird teilweise vertreten, daß dann solche "Zwischenentscheidungen" , die aufgrund einer streitigen mündlichen Verhandlung ergehen, wie beispielsweise die französische ordonnance de referc~ expertise (Beweissicherungsmaßnahme), Entscheidun143 So auch die Abschlußerklärung der Sonderkommission der Haager Konferenz für internationales Privatrecht (Sitzung vom 17.-20.4. 1989 zu Fragen des Zustellungsübereinkommens vom 15.11. 1965 und des Beweisaufnahmeübereinkommens vom 18. 3. 1970) in: RabelsZ 54 (1990),370,371; vgl. auch Kondring, S. 118; Nagel/Gottwald, IZPR, § 8 Rn. 10. 144 Welp, RabelsZ 54 (1990), 364 (366) (Bericht über die einstimmige Meinung der Expertenkommission der Haager Konferenz für internationales Privatrecht vom 17.-20.4. 1989); Böhmer; NJW 1990, 3049 (3051). 145 Abschlußerklärung der Sonderkommission der Haager Konferenz (Sitzung vom 17.20. 4. 1989) in: RabelsZ 54 (1990), 370, 371; So auch Stein /Jonas-Roth, § 199 Rn. 19; Schad" IZVR, Rn. 726, 605; Mössle, S. 470; Kondring, S. 118; Pfeil-Kammerer; S. 195. 146 BGBI. 1972 11, S. 774.

§ 4 Vertraglicher Rechtshilfeverkehr

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gen i.S. des Art. 25 EuGVÜ darstellen und demnach in anderen Vertragsstaaten des EuGVÜ anzuerkennen und zu vollstrecken sind. 147 Die durch diese Ansicht vorgenommene extensive Auslegung des Art. 25 EuGVÜ hat jedoch zur Folge, daß das HBÜ im Verhältnis zu den Mitgliedsstaaten aus den Angeln gehoben würde. Nach ganz h.M. fallen die Anerkennung von Beweisaufnahmeverfahren und ihren Ergebnissen nicht in den Anwendungsbereich der Art. 25 ff. EuGVÜ, und zwar auch dann nicht, wenn sie in Form von Beweisurteilen ergehen. 148 Dies wird im Bericht von Schlosser 149 zum EuGVÜ deutlich ausgesprochen: "Wollte man auch gerichtliche Zwischenentscheidungen über den Verfahrensfortgang, insbesondere über vorzunehmende Beweisaufnahmen, unter Artikel 25 EuGVÜ fallen lassen, so würden auch Entscheidungen betroffen, denen die Parteien ohne Mitwirkung des Gerichts gar nicht nachkommen könnten und deren Ausführung Dritte, namentlich Zeugen, beträfe. Eine ,Vollstreckung' solcher Ent&cheidungen nach dem EuGVÜ wäre daher nicht durchführbar. Man muß daraus den Schluß ziehen, daß gerichtliche Zwischenentscheidungen, welche nicht auf die Regelung von Rechtsverhältnissen unter den Parteien abzielen, sondern den weiteren Verfahrensfortgang gestalten, vom Anwendungsbereich des 3. Titels des EuGVÜ ausgeschlossen sein sollen." M.E. können gerichtliche Zwischenentscheidungen nicht allgemein aus dem Anwendungsbereich der Artt. 25 ff. EuGVÜ ausgeschlossen werden. Vielmehr sollte eine differenzierende Sichtweise hierüber entscheiden. Soweit es sich um Zwischenentscheidungen über den Verfahrensfortgang handelt, denen die Parteien nicht ohne gerichtliche Mitwirkung nachkommen können, wie z. B. ein Beschluß zur Ladung eines Zeugen oder zur Bestellung eines Sachverständigen, fallen diese nicht unter Art. 25 EuGVÜ. Anders zu entscheiden ist dagegen bei solchen "Zwischenentscheidungen", die das Bestehen von Auskunfts- oder sonstigen Informationsverschaffungsansprüchen, also die Pflicht einer Partei, Aufklärungsmaßnahmen zu dulden, festlegen. Denn ein solcher Beschluß entscheidet bereits vorläufig über das Bestehen von Ansprüchen zwischen den Parteien und stellt eine Regelung von Rechtsverhältnissen unter den Parteien dar. Demgegenüber können die Parteien auch ohne Mitwirkung des Gerichts solchen gerichtlichen "Zwischenentscheidungen" nachkommen, die die Prozeßparteien verpflichten, beispielsweise Auskunft zu geben oder Einsicht in Unterlagen zu gewähren. Daraus folgt, daß auch die französische ordonnance de refen~ expertise dem Art. 25 EuGVÜ unterfällt und damit anerkennungs- und vollstreckungsfähig ist. 150 Soweit es hierdurch zu Überschneidungen mit dem Anwendungsbereich des Bloch, RIW 1989,567. OLG Hamm RIW 1989, 566f.; Kropholler, Art. 25 Rn. 25; Stürner, IPRax 1984,299 (300); Schlosser, EuGVÜ, Art. 25 Rn. 7 GeimerlSchütze, Bd. 1/1, S. 987; dies., EZVR, Art. 25 Rn. 43. 149 Schlosser-Bericht, Nr. 187, abgedruckt bei Zöller-Geimer, (14. Aufl.), Texte IZPR, S.2587. ISO SO auch Bloch, RIW 1989,567; MünchKomm-ZPO-Gottwald, Art. 25 EuGVÜ Rn. 15; vgl. hierzu auch Schlosser, EuGVÜ, Art. 25 Rn. 9. 147

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1. Teil: Die internationale Rechtshilfe

HBÜ kommt, müssen diese hingenommen werden, da dies Ausdruck der Willensentscheidung der einzelnen Vertragsstaaten ist.

v. Zusammenfassung Der internationale Rechtshilfeverkehr im Bereich grenzüberschreitender Beweisverfahren wird durch eine Vielzahl bi- und multilateraler Übereinkommen geregelt. Das bedeutendste Übereinkommen auf diesem Gebiet stellt das HBÜ dar, durch dessen Ausgestaltung auch den Staaten des common law der Beitritt zu einem internationalen Beweisaufnahmeübereinkommen unter Berücksichtigung ihrer prozessualen Eigenart ermöglicht bzw. deren Beitritt erreicht wurde. Soweit sich der Anwendungsbereich der Übereinkommen auf Zivil- und Handelssachen beschränkt, hat die Qualifikation dieses Begriffs differenzierend zu erfolgen. Bei multilateralen Übereinkommen ist vertragsautonom zu qualifizieren, bei bilateralen Abkommen dagegen nach dem Recht des ersuchenden Staates. Bei der Frage nach einer staatsvertraglichen Grundlage für die Leistung internationaler Rechtshilfe und dem aktuellen Rechtsstand zu einzelnen Staaten sollten der Länderteil der ZRHO und der FundsteIlennachweis B zum BGBI. Teil II hinzugezogen werden.

§ 5 Formelle Gesichtspunkte des internationalen Rechtshilfeverkehrs I. Die Rechtshilfeordnung für Zivilsachen vom 19. 10. 1956 (ZRHO) Die Rechtshilfeordnung für Zivilsachen vom 19. 10. 1956 (ZRHO)l5l stellt die wesentlichste innerstaatliche Grundlage zur Durchführung des Rechtshilfeverkehrs mit dem Ausland dar, obwohl sie lediglich eine Verwaltungsanordnung und kein Gesetz ist. Die ZRHO regelt das Verfahren sowohl für ausgehende (§§ 11-56) als auch für eingehende (§§ 57 -100) Rechtshilfeersuchen, wobei in ihrem 1. Abschnitt (§§ 1-10) allgemeine Vorschriften für beide Verfahrensweisen zu finden sind. Im 2. Abschnitt finden sich für die ausgehenden Rechtshilfeersuchen Regelungen zur Form und zum Inhalt dieser Ersuchen (§§ 16-24 ZRHO), zu Übersetzungen (§§ 25, 26 ZRHO) und zur verwaltungsmäßigen Prüfung solcher Ersuchen (§§ 27-29 ZRHO). Die §§ 36-40 ZRHO beinhalten besondere Bestimmungen für die Rechtshilfeersuchen Le.S. (Beweisaufnahmen und andere gerichtliche Handlungen, vgl. § 5 Nr. 2 ZRHO), wie beispielsweise die Teilnahme von Beteiligten oder von Richtern an der Beweisaufnahme (§§ 38, 38a ZRHO) oder die Durchführung schriftlicher Befragungen (§ 39 ZRHO). 151 Ld.F. vom 26.2. 1976 und weiteren Ergänzungen, abgedruckt bei BülowlBöckstiegel/ GeimerllSchütze, GI (Nr. 9(0).

§ 5 Fonnel1e Gesichtspunkte des internationalen Rechtshilfeverkehrs

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11. Insbesondere: Die Kompetenzzuweisung an die Justizverwaltung Die Entscheidungsgewalt über die Durchführung des internationalen Rechtshilfeverkehrs, also darüber, ob eingehende Rechtshilfeersuchen erledigt oder abgelehnt und ausgehende Ersuchen weitergeleitet werden, liegt in der Bundesrepublik Deutschland bei den zuständigen Justizverwaltungsbehörden. IS2 Dieser Kompetenzzuweisung an die Justizverwaltung liegt die Erwägung zugrunde, daß der Rechtshilfeverkehr mit dem Ausland als Ausfluß der Pflege der auswärtigen Beziehungen eine Angelegenheit der Exekutive sei, die gemäß Art. 32 GG allein der Bundesregierung zugewiesen ist. IS3 Zwar kann die Beschränkung der richterlichen und damit hoheitlichen Tätigkeit allein auf das eigene Hoheitsgebiet durch eine Zustimmung des ausländischen Staates durchbrochen werden, doch fällt die Frage, ob eine solche Zustimmung herbeigeführt oder von einer bereits erteilten Zustimmung Gebrauch gemacht werden soll, wiederum in den Bereich der Beziehungen zu auswärtigen Staaten. IS4 Die Bundesregierung hat also das Recht, einer richterlichen Tätigkeit im Ausland außenpolitische Bedenken entgegenzusetzen. Ebenso ist die zuständige Behörde (Landesjustizverwaltung) berechtigt und verpflichtet, die Weiterleitung von Rechtshilfeersuchen an ausländische Staaten aus außenpolitischen Gründen abzulehnen. ISS Mit der Pflege der auswärtigen Beziehungen zu ausländischen Staaten hat der Bund die Bundesländer und die in ihrem Namen handelnden Prüfungsstellen betraut, indem er seine Zustimmung zum Erlaß der ZRHO erteilt hat. IS6 Damit ist ihnen die Entscheidungsgewalt über die Weiterleitung eingehender und ausgehender Rechtshilfeersuchen übertragen worden. Neben dieser Überprüfung von Rechtshilfeersuchen in außenpolitischer Hinsicht, wird gemäß § 9 ZRHO durch Prüfungsstellen eine verwaltungsmäßige Prüfung durchgeführt, die auf die Feststellung gerichtet ist, ob ausgehende Ersuchen zur Weiterleitung geeignet sind. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, inwieweit durch die Ablehnung der Weiterleitung von Rechtshilfeersuchen in die durch Art. 97 GG garantierte richterliche Unabhängigkeit eingegriffen wird bzw. werden darf. Dabei muß zwischen dem vertraglosen und dem vertraglich geregelten Rechtshilfeverkehr unterschieden werden.

152 g.h.M.: Nagel, IPRax 1984, 239; ders., IPRax 1982, 138; Arnold, MDR 1957, 385 (Fn. 1); Nehlert, JR 1958, 121; Junker, DRiZ 1985, 161 (162); Geimer, NJW 1991, 1431; ders., NJW 1989, 2204 (2205); Hess, RlW 1989, 254 (258); BiMseil, NJW 1991, 3071 (3072); Pfennig, S.47. 153 Geimer, IZPR, Rn. 257. 154 BGHZ 71, 9 (12); BGHZ 87, 385 (389); BGH NJW 1986, 664; vgl. auch BVerfG, DRiZ 1979,219. 155 BGH NJW 1986,664; BGHZ 87,385 (389). 156 Schlosser, GS Constantinesco, S. 653 (660).

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1. Teil: Die internationale Rechtshilfe

1. Vertragloser Rechtshilfeverkehr Die soeben erörterten Grundsätze sind für den vertraglosen Rechtshilfeverkehr allgemeine Meinung. Im Rechtshilfeverkehr ohne staatsvertragliehe Grundlage werden bei jedem Ersuchen um Rechtshilfe die auswärtigen Beziehungen der Bundesrepublik zum ersuchten Staat berührt, da der ersuchte Staat aufgrund der fehlenden Verpflichtung in diesem Bereich internationale Rechtshilfe zu leisten, bei jedem eingehenden Ersuchen prüft, ob aufgrund gegenseitigen Entgegenkommens Rechtshilfe geleistet wird. Bei dem Spannungsverhältnis zwischen der Pflege der auswärtigen Beziehung (Art. 32 GG) einerseits und der richterlichen Unabhängigkeit (Art. 97 GG) andererseits hat im vertraglosen Bereich die richterliche Unabhängigkeit zurückzutreten, was jedoch nicht bedeutet, daß die Justizverwaltungen und Prüfungsstellen ohne Rechtsbindung handeln könnten. Eine Ablehnung der Weiterleitung von Rechtshilfeersuchen muß aus Gründen erfolgen, die auch tatsächlich auf außenpolitische Bedenken zurückzuführen sind. 157 Selbst im Falle der Ablehnung der Weiterleitung steht den Justizverwaltungsbehörden kein Recht zu, eigenmächtig Änderungen eines vom Gericht ausgehenden Rechtshilfeersuchens vorzunehmen, um auf diese Weise eine Weiterleitung zu ermöglichen. Anderenfalls wäre die richterliche Unabhängigkeit in unzulässiger Weise beeinträchtigt.

2. Staatsvertraglich geregelter Bereich Im Rechtshilfeverkehr auf staatsvertraglicher Grundlage ist die Abgrenzung zwischen der Unabhängigkeit des Richters (Art. 97 GG) und der Pflege auswärtiger Beziehungen (Art. 32 GG) weitaus problematischer. Die für den vertraglosen Bereich allgemein befürwortete Ansicht der Einschränkung der richterlichen Unabhängigkeit aus außenpolitischen Gründen wird im vertraglichen Rechtshilfeverkehr kontrovers diskutiert.

a) Pflege der auswärtigen Beziehungen Die Rechtsprechung 158 und weite Teile der Literatur 159 gehen auch im vertraglich geregelten Bereich der internationalen Rechtshilfe davon aus, daß gegenüber der verfassungsmäßig garantierten richterlichen Unabhängigkeit die Pflege der auswärtigen Beziehungen, die gemäß Art. 32 GG der Exekutive zukommt, domiSchlosser, GS Constantinesco, S. 653 (660). BGHZ 71,9; 87, 385; BGH NJW 1986,664; BVerfG, DRiZ 1979,219; OLG Frankfurt a.M., IPRax 1992, 166. 159 Geimer, IZPR, Rn. 257 ff.; ders., RabelsZ 57 (1993), 746 (749); Schack, IZVR, Rn. 171; Nagel, IPRax 1984, 239; ders., IPRax 1982, 138; Nehlert, JR 1958, 121; Junker, DRiZ 1985, 161 (162); Hess, RIW 1989, 254 (258); Schabenberger, S. 71 ff.; Pfennig, S. 47ff.; Kondring, S. 77 f. 157

158

§ 5 Formelle Gesichtspunkte des internationalen Rechtshilfeverkehrs

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nieren muß. Durch den internationalen Rechtshilfeverkehr seien auch im vertraglichen Bereich Hoheitsrechte berührt, die nicht zur Disposition der Gerichte stünden. Würde einem Gericht zugestanden, in einem ausländischen Staat, der die Vornahme ausländischer richterlicher Handlungen auf seinem Territorium duldet, entgegen den Vorstellungen der Bundesregierung tätig zu werden, so würden ihm entgegen Art. 32 GG die Pflege der auswärtigen Beziehungen übertragen sein. 160 Es sei auch zu berücksichtigen, daß letztlich die Entscheidung darüber, ob eine grenzüberschreitende Beweisaufnahme und damit die Inanspruchnahme internationaler Rechtshilfe erforderlich sei, immer dem Kompetenzbereich der Judikative vorbehalten bleibe. 161 Daher werde durch die Ablehnung der Weiterleitung durch die Justizverwaltungsbehörden nicht unzulässig in die Unabhängigkeitsgarantie des Art. 97 GG eingegriffen. Dies auch dann nicht, wenn zu dem ersuchten Staat der unmittelbare Behördenverkehr möglich sei. Vielmehr stellten das Gewaltenteilungs- und Rechtsstaatsprinzip sowie Art. 32 GG gerade eine Grenze der richterlichen Unabhängigkeit dar 162 , so daß im Ergebnis die den Gerichten verfassungsmäßig garantierten Rechte erst gar nicht betroffen seien. 163 b) Vorrang der richterlichen Unabhängigkeit Gegen diese Auffassung sind insbesondere von Schlosser und Linke Bedenken erhoben worden. l64 Soweit der Rechtshilfeverkehr staatsvertraglich geregelt sei, habe die Exekutive von ihrer Befugnis der Regelung auswärtiger Beziehungen Gebrauch gemacht. Die spätere Durchführung des Rechtshilfeverkehrs im Rahmen der durch die Exekutive gestalteten zwischenstaatlichen Regelungen berührten nicht mehr den Bereich der Pflege auswärtiger Beziehungen. Sobald sich die Bundeskompetenz zur Pflege auswärtiger Beziehungen in Ratifikationsgesetzen zu völkerrechtlichen Verträgen niedergeschlagen habe, sei sie gleichsam geronnen. Ihre Ausübung obliege dann uneingeschränkt den innerstaatlichen Behörden und Gerichten. 165 Dies sei auch in anderen justizbezogenen Staatsverträgen eine Selbstverständlichkeit, wie z. B. bei Abkommen betreffend der internationalen Zuständigkeit oder der Anerkennung ausländischer Urteile. Ferner sind die Staatsgewalten nach dem Inhalt ihrer Aufgaben getrennt, so daß es eine bemerkenswerte Wesensänderung darstelle, wenn sich klassische Gerichtstätigkeit bei Überschreitung der Staatsgrenze in Verwaltung verwandeln sollte. 166 Der Vorrang der richterlichen Unabhängigkeit gelte erst recht, wenn der unmittelbare Behördenverkehr Pfennig, S. 48 f. Junker, DRiZ 1985, 161 (163); Geimer, NJW 1989,2204 (2205). 162 BGHZ 71, 9 (11); BVerfG, DRiZ 1979,219; Geimer, NJW 1989,644 (645). 163 Nagel, IPRax 1984, 239f.; Pfennig, S. 49 rn. w. N. 164 Schlosser, GS Constantinesco, S. 653 (661 f.); Linke, IZPR, Rn. 458 f.; ebenso Puttfarken, NJW 1988,2155 (2156f.). 165 Schlosser, GS Constantinesco, S. 653 (661). 166 Puttfarken, NJW 1988,2155 (2156). 160 161

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1. Teil: Die internationale Rechtshilfe

zwischen den Vertragsstaaten vereinbart sei. In diesem Fall nämlich hätten die betreffenden Staaten gegenseitig so viel Vertrauen in ihre Justiz und Beziehungen im übrigen, daß sie im Bereich des Rechtshilfeverkehrs von vornherein keine Bedenken außenpolitischer Natur sehen würden. 167

c) Eigene Stellungnahme Der Exekutive steht ein Prüfungsrecht und ein Recht, die Weiterleitung von Rechtshilfeersuchen abzulehnen, gewiß immer dann zu, wenn das Ersuchen in einen Bereich eindringt, der der Pflege auswärtiger Beziehungen zuzuordnen ist. Die zu beantwortende Frage lautet also, ob jedes an einen ausländischen Staat gestellte Rechtshilfeersuchen, das auf staatsvertraglicher Grundlage basiert, in den Schutzbereich des Art. 32 GG fällt. Diese Frage stellt sich insbesondere für den staatsvertraglich geregelten unmittelbaren Behördenverkehr. Zur sachlichen Komponente der durch Art. 97 GG garantierten richterlichen Unabhängigkeit gehören neben dem Rechtsspruch auch alle der Rechtsfindung mittelbar dienenden Entscheidungen, die nicht selbst zum Inhalt des Rechtsspruchs gehören, sondern diesen erst vorbereiten oder ihm nachfolgen. 168 Hierzu zählen vorbereitende Tätigkeiten wie die Vornahme von Ladungen, die Entscheidung über die Art und Weise ihrer Durchführung, die Auswahl geeigneter Beweise und die Vornahme der Beweisaufnahme selbst. Diese richterlichen Tätigkeiten sind jedoch nur auf bundesdeutschem Territorium verfassungsrechtlich geschützt. Sobald sich ein Beweismittel außerhalb dieses Territoriums befindet, wird Art. 97 GG sowohl durch Art. 32 GG als auch durch das Gewaltenteilungsprinzip des Art. 20 Abs. 2 GG und das Rechtsstaatsprinzip begrenzt. Wenn sich Schlosser nunmehr auf den Standpunkt stellt, daß die sich aus Art. 32 GG ergebende Bundeskompetenz zur Pflege auswärtiger Beziehungen durch die Ratifikation von Staatsverträgen "geronnen" sei, so kann dem nicht gefolgt werden. Auch der Hinweis auf das bei der Vereinbarung unmittelbaren Behördenverkehrs vorliegende Vertrauen der Staaten in "ihre Justiz und Beziehung im übrigen,,169, kann nicht überzeugen. Dies schon aus dem Grunde, daß sich ein solches Vertrauen, das im Zeitpunkt der staatsvertraglichen Vereinbarung vorlag, im Laufe der Zeit durchaus wandeln kann. So ist der Rechtshilfeverkehr zu Polen, der seit dem 13. 3. 1963 staatsvertraglich geregelt ist 170, ab dem 6. 6. 1984 entsprechend der Mitteilung des Justizministers des Landes Nordrhein-Westfalen zeitweilig zum Ruhen gekommen. 171 Dies obwohl der Rechtshilfeverkehr in Zivil- und Handels167

Puttfarken, NJW 1988,2155 (2157).

168 BGHZ 42, 163 (169). 169 So Puttfarken, NJW 1988,2155 (2157). 170

Polen ist am 13. 3. 1963 dem HZPÜ von 1954 beigetreten (BGBL 1963 11, S. 1466).

171 Zitiert nach OLG Hamm, NJW-RR 1988, 703; die Wiederaufnahme erfolgte am 28.7.1992, vgl. OLG Hamm, IPRspr. 1994, Nr. 113 (S. 239).

§ 5 Fonnelle Gesichtspunkte des internationalen Rechtshilfeverkehrs

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sachen mit Polen bei weitem der umfangreichste mit den Staaten des ehemaligen Ostblocks ist und war. 172 Das zeigt, daß eine einmal getroffene staatsvertragliche Vereinbarung nicht gleichzeitig einen Ausschluß außenpolitischer Bedenken für die Zukunft bedeuten muß. Daher muß dem Bund und damit den lustizverwaltungen in jedem Fall die Möglichkeit verbleiben, ausgehenden Ersuchen um Rechtshilfe außenpolitische Bedenken entgegenzusetzen und zwar auch dann, wenn zu dem ersuchten Staat ein unmittelbarer Behördenverkehr vereinbart worden ist. Insoweit wird nicht in die richterliche Unabhängigkeit eingegriffen. Abgesehen davon sagt die Zulassung des unmittelbaren Behördenverkehrs, welche lediglich eine Erleichterung gegenüber den komplizierten konsularischen und diplomatischen Übermittlungswegen bezweckt, nichts darüber aus, wie die Unabhängigkeit des Richters gegenüber der Prärogative der Bundesregierung zur Pflege der auswärtigen Beziehungen abzugrenzen iSt. 173 Damit fällt jedes an einen ausländischen Staat gestellte Rechtshilfeersuchen in den Schutzbereich des Art. 32 GG, so daß die Ablehnung der Weiterleitung ausgehender Rechtshilfeersuchen durch die lustizverwaltungsbehörden aus außenpolitischen Gründen durchaus berechtigt ist.

3. Verwaltungsmäßige Prüfung gemäß §§ 9, 27ff. ZRHO Den Prüfungsstellen kommt gemäß §§ 9, 27 ff. ZRHO die Aufgabe zu, bei ausgehenden Rechtshilfeersuchen eine verwaltungsmäßige Prüfung dahingehend durchzuführen, ob die Ersuchen um Rechtshilfe zur Weiterleitung geeignet sind. Gemäß § 28 Abs. 1 ZRHO hat die Prüfungsstelle die Ersuchen auf ihre Vollständigkeit hin zu überprüfen, sowie festzustellen, ob die Bestimmungen der einschlägigen Staatsverträge und der ZRHO beachtet sind. Desweiteren kommt der Prüfungsstelle gemäß § 29 Abs. 1 ZRHO das Recht und die Pflicht zu, die Ersuchen nach Prüfung, gegebenenfalls nach Behebung von Mängeln, weiterzuleiten. Bei der Auslegung dieser Vorschriften ist zu berücksichtigen, daß die ZRHO als Verwaltungsanordnung nur insoweit Rechtswirkungen entfalten kann, als sie sich in dem gesetzlichen Rahmen hält, der durch die Staatsverträge nebst den hierzu erlassenen deutschen Zustimmungs- und Ausftihrungsgesetzen vorgegeben wird. 174 Dies kommt auch in § 1 Abs. 2 ZRHO zum Ausdruck, wonach die Vorschriften des Allgemeinen Teils nicht anzuwenden sind, soweit nach dem Länderteil oder nach zwischenstaatlichen Vereinbarungen anders zu verfahren ist. Daher bilden im staatsvertraglich geregelten Rechtshilfeverkehr die Bestimmungen der einschlägigen Staatsverträge den Maßstab für die verwaltungsmäßige Prüfung durch die Prüfungsstellen. In diesem Bereich haben die Vorschriften der ZRHO außer Betracht zu bleiben. Die verwaltungsmäßige Prüfung beschränkt sich darauf, ob die zwi172 173 174

Meyer. WiRO 1997,215 (217). Geimer. RabelsZ 57 (1993),746 (749). Schae/e, IZVR. Rn. 177.

4 Daoudi

1. Teil: Die internationale Rechtshilfe

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schenstaatlichen Vereinbarungen eingehalten sind. Daher steht den Prüfungsstellen das Recht zu, die Weiterleitung abzulehnen, wenn ein ausgehendes Rechtshilfeersuchen die zwischenstaatlichen Vereinbarungen nicht hinreichend berücksichtigt. Im Anwendungsbereich des HBÜ kommt daher, entgegen Schlosser 175 , dem ersuchenden Gericht nicht das Recht zu, sein Ersuchen um Rechtshilfe unter Umgehung der Zentralen Behörde (Art. 2 HBÜ) direkt an das ersuchte Gericht weiterzuleiten, selbst wenn es der Auffassung ist, das HBÜ gestatte diese Vorgehensweise. Hiergegen spricht bereits der eindeutige Wortlaut des Art. 2 Abs. 2 HBÜ, wonach Rechtshilfeersuchen der Zentralen Behörde des ersuchten Staates ohne Beteiligung einer weiteren Behörde dieses Staates übermittelt werden. Schlosser ist jedoch insoweit Recht zu geben, als daß im Anwendungsbereich des HBÜ, entgegen § 27 Satz 1 ZRHO, keine Pflicht der ersuchenden Gerichte besteht, ausgehende Rechtshilfeersuchen den Prüfungsstellen vorzulegen. Anderenfalls würde die ZRHO als Verwaltungsanordnung den ihr durch das Zustimmungsund Ausführungsgesetz gesetzlich vorgegebenen Rahmen überschreiten. Art. 2 Abs. 1 HBÜ sieht gerade eine unmittelbare Übermittlung vom ersuchenden Gericht an die Zentrale Behörde des ersuchten Staates vor. Auch der Hinweis auf ein Prüfungsrecht der Landesjustizverwaltungen aus der Notwendigkeit heraus, die umfangreichen Formalitäten vorab zu prüfen, um zu verhindern, daß Ersuchen wegen formaler Mängel vom ersuchten Staat nicht weitergeleitet werden, kann de lege lata keine Vorlagepjlicht der ersuchenden Gerichte begründen. 176 Doch wäre in diesem Zusammenhang eine gesetzliche Regelung dringend erforderlich 177, um die gesamte Materie nicht mehr in dem Bereich einer Verwaltungsanordnung zu belassen. Außerdem würde hierdurch das der Exekutive gemäß Art. 32 GG zukommende Recht zur Pflege der auswärtigen Beziehungen gewährleistet. Eine solche gesetzliche Regelung könnte im AusfG HBÜ erfolgen und sollte aus den genannten Gründen ein Prüfungsrecht der Justizverwaltungsbehörden anordnen. 178 Gemäß § 29 Abs. 1 ZRHO leitet die Prüfungsstelle das Ersuchen nach Prüfung, gegebenenfalls nach Behebung von Mängeln, weiter. Hieraus kann jedoch nur beschränkt eine Kompetenz der Justizverwaltung zur eigenmächtigen Abänderung ausgehender Rechtshilfeersuchen abgeleitet werden. Diese Befugnis steht der Schlosser, GS Constantinesco, S. 653 (662). So aber Hess, RIW 1989, 254 (258) für Auslandszustellungen. 177 Schlosser, GS Constantinesco, S. 653 (662 a.E.); Schabenberger, S. 78. 178 Eine gesetzliche Regelung könnte durch Einfügung eines Absatz 2 in § 7 AusfG HBÜ erfolgen: § 7. (1) Die Aufgaben der Zentralen Behörde (Artikel 2,24 Abs. 2 des Übereinkommens) nehmen die von den Landesregierungen bestimmten Stellen wahr. Jedes Land kann nur eine Zentrale Behörde einrichten. (2) Die von den Landesregierungen bestimmten Stellen haben festzustellen, ob die Bestimmungen der einschlägigen Staatsverträge beachtet sind. Sie prüfen auch, ob gegen die Absendung des Ersuchens wegen Gefährdung der staatlichen Sicherheit oder Hoheitsrechte Bedenken bestehen. 175

176

§ 5 Fonnelle Gesichtspunkte des internationalen Rechtshilfeverkehrs

51

Justizverwaltung nur dann zu, wenn es um die Vornahme formaler Korrekturen geht. Handelt es sich dagegen um inhaltliche, über rein redaktionelle Vorgaben hinausgehende Korrekturen, so sind diese vom ersuchenden Gericht genehmigen zu lassen. 179 Verweigert das ersuchende Gericht eine Änderungsgenehmigung, so hat sich die Prüfungsstelle dem zu fügen, was aber nicht bedeutet, daß sie das Ersuchen dann ohne Mängelbehebung an den ersuchten Staat weiterleiten müßte. In diesem Fall steht der Justizverwaltung ein Recht zur Ablehnung der Weiterleitung ZU. 180

IH. Rechtsmittel gegen die Entscheidung der Justizverwaltung

Die Ablehnungsentscheidung der Weiterleitung von ausgehenden Rechtshilfeersuchen durch die Justizverwaltung stellt einen Justizverwaltungsakt gemäß § 23 EGGVG dar l81 , gegen den ein Antrag auf Überprüfung seiner Rechtmäßigkeit gemäß §§ 23 ff. EGGVG zulässig ist. Antragsberechtigt ist gemäß § 24 Abs. 1 EGGVG, wer geltend macht, durch die Maßnahme oder ihre Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein. Zu den antragsberechtigten Personen gehören zunächst die Parteien des Rechtsstreits. Im Rechtshilfeverkehr mit dem Ausland sind auch Zeugen, die eine Rechtsverletzung geltend machen können, zu den Antragsberechtigten zu zählen, da hier, im Unterschied zum innerstaatlichen Rechtshilfeverkehr, in dem den Zeugen keine Rechtsmittel zur Verfügung stehen, die Zeugnispflicht erst aus einem "Transformationsakt" der Justizverwaltung folgt. 182 Bei der Verweigerung oder Ablehnung der Weiterleitung ausgehender Rechtshilfeersuchen sind jedoch nur die Parteien antragsberechtigt. Paradoxerweise ist in diesem Zusammenhang das um Rechtshilfe ersuchende Gericht zur Erledigung und Durchsetzung der in seinen Zuständigkeitsbereich fallenden Aufgabe der Beweisaufnahme - auf die Mithilfe einer antragsberechtigten Person LS. des § 24 Abs. 1 EGGVG angewiesen, um die für erforderlich gehaltene Maßnahme der Rechtshilfe zu erzwingen. 183 Über den Antrag entscheidet gemäß §§ 25 Abs. I, 29 Abs. 1 EGGVG das Oberlandesgericht abschließend, wobei der Antrag innerhalb eines Monats nach ZustelSchlosser; GS Constantinesco, S. 653 (661). So auch Schabenberger; S. 79. 181 Schae/c, IZVR, Rn. 172; OLG München vom 31. 10. 1980 (9 VA 3/80), ZZP 94 (1981),468 (mit Anm. Nagel, IPRax 1982, 138ff.) sowie vom 27. 11. 1980 (9 VA 4/80), ZZP 94 (1981), 462 (463); OLG Köln, NJW 1987, 1091; OLG Hamm, MDR 1982,602; a.A. Puttfarken, NJW 1988, 2155 (2157); dagegen ausdrücklich: OLG Frankfurt a.M., IPRax 1982, 166 (167) (mit Anm. Stadler; IPRax 1992, 147 ff.). 182 OLG München, ZZP 94 (1981), 462 (463); Martens, RIW 1981,725 (731). 183 Hierzu Linke, IZPR, Rn. 458 mit der Schlußfolgerung, daß ,jedenfalls im staatsvertraglichen geregelten Bereich der internationalen Rechtshilfe die richterliche Tätigkeit samt ihrer Unabhängigkeitsgarantie dominieren muß". 179

180

1. Teil: Die internationale Rechtshilfe

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lung oder schriftlicher Bekanntgabe des Bescheides gestellt werden muß (§ 26 EGGVG).

IV. Antragsberechtigung zur Rechtshilfegewährung Die Gewährung internationaler Rechtshilfe setzt ein entsprechendes Ersuchen bzw. einen entsprechenden Antrag auf Weiterleitung von Ersuchen voraus. Für ausgehende Rechtshilfeersuchen sind insoweit die mit der Rechtsangelegenheit befaßten Gerichte berechtigt, Ersuchen oder entsprechende Anträge zu stellen (§ 2 Abs. 2 S. 1 ZRHO). Aber auch den Verfahrensbeteiligten, wie den Parteien, Hauptund Nebenintervenienten oder Streitverkündeten, kann das Recht zukommen, um Rechtshilfe zu ersuchen, jedoch aus bundesdeutscher Sicht nur mit gewissen Einschränkungen. Gemäß § 2 Abs. 2 S. 2 ZRHO wird auf Antrag eines Verfahrensbeteiligten Rechtshilfe nur dann gewährt, wenn dieser aufgrund einer zwischenstaatlichen Vereinbarung einen solchen Antrag stellen kann oder wenn ihm das Gericht oder die Behörde aufgegeben hat, einen solchen Antrag zu stellen. Diese Einschränkung ist mit Rücksicht auf das deutsche Verfahrensrecht getroffen worden. 184 Sie trägt den §§ 363, 364 ZPO Rechnung, wonach entweder das Gericht das Ersuchen stellen oder es der beweisführenden Partei zur Auflage machen kann, die Erledigung des Ersuchens selbst zu betreiben. Desweiteren sind zum Kreise der antragsberechtigten Behörden und Personen auch solche Stellen zu rechnen, die mit der Erledigung von Zivil- und Handelssachen befaßt sind und denen die Wahrnehmung öffentlich-rechtlicher Aufgaben anvertraut ist, ohne dabei eine Behörde zu sein, wie z. B. Notare. 18S

V. Zusammenfassung Die Entscheidung über die Durchführung des internationalen Rechtshilfeverkehrs, die auch die Entscheidung über die Weiterleitung ausgehender gerichtlicher Rechtshilfeersuchen beinhaltet, obliegt den Justizverwaltungsbehörden. Durch diese Kompetenzzuweisung an die Justizverwaltung wird in zulässiger Weise in die durch Art. 97 GG geschützte richterliche Unabhängigkeit eingegriffen. Den Gerichten verbleibt immer die letztendliche Entscheidung über die Durchführung des Rechtshilfeersuchens, weil jede Änderung ausgehender Ersuchen, abgesehen solcher formaler Art, durch das ersuchende Gericht genehmigt werden muß, um auf diese Weise das Gleichgewicht zwischen der richterlichen Unabhängigkeit einerseits und der Pflege der auswärtigen Beziehungen andererseits zu erhalten. Demnach steht der Justizverwaltung im Rahmen der verwaltungsmäßigen Prüfung 184 185

Unterreitmayer. Rpfleger 1972, 117 (120). Pfennig, S. 52.

§ 5 Forrnel1e Gesichtspunkte des internationalen Rechtshilfeverkehrs

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ausgehender Ersuchen gemäß §§ 9, 27 ff. ZRHO kein Recht zu, die Weiterleitung inhaltlich geänderter Rechtshilfeersuchen ohne Rücksprache und Genehmigung durchzuführen. Diese Rechtslage ist im Anwendungsbereich des HBÜ de lege lata anders zu beurteilen. Den Gerichten steht gemäß Art. 2 HBÜ das Recht zu, Rechtshilfeersuchen unmittelbar den im ausländischen Staat hierzu errichteten Zentralen Behörden zu übermitteln. Lediglich als Verwaltungsanordnung kann die ZRHO nicht den durch Staatsverträge und der hierzu erlassenen Zustimmungs- und Ausführungsgesetze gesetzten rechtlichen Rahmen unterlaufen. Um Klarheit zu schaffen, sollte in diesem Zusammenhang der Gesetzgeber zum Handeln aufgerufen werden. Die Entscheidung der Justizverwaltung über die Weiterleitung ausgehender Rechtshilfeersuchen ergeht in Form eines Justizverwaltungsaktes, gegen den die Rechtsmittel der §§ 23 ff. EGGVG bestehen.

Zweiter Teil

Möglichkeiten extraterritorialer Beweiserhebungen und ihr Verhältnis zueinander Befinden sich die für die Sachentscheidung erforderlichen Beweismittel im Ausland, so stehen dem Gericht verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung, an diese Beweismittel zu gelangen. Zum einen kann an eine Beweisaufnahme im Ausland gedacht werden, was voraussetzt, daß der Beweis auch tatsächlich auf ausländischem Territorium erhoben wird. 1 Zum anderen könnte erwogen werden, auf eine Beweisaufnahme im Ausland zu verzichten und stattdessen darauf hinzu wirken, daß die in Betracht kommenden Beweismittel aus dem Ausland herbeigeschafft, "importiert" werden. 2 Bei dieser Vorgehensweise, der Beweisbeschaffung aus dem Ausland, findet die Beweisaufnahme nicht auf ausländischem Territorium, sondern im Inland vor dem Prozeßgericht selbst statt. 3 Im folgenden Teil wird untersucht, in welchem Verhältnis diese beiden Verfahrensweisen der extraterritorialen Beweiserhebung zueinander stehen, und ob nicht möglicherweise ein prinzipieller Vorrang der einen oder anderen Vorgehensweise besteht. Dabei wird das Verhältnis der verschiedenen Beweiserhebungsmethoden zueinander insbesondere unter Beriicksichtigung der zivilprozessualen Grundsätze der Beweisunmittelbarkeit und Parteiöffentlichkeit erörtert.

§ 6 Beweisaufnahme im Ausland Die Beweisaufnahme besteht in der Entgegennahme des Beweismaterials zwecks Aufklärung und Feststellung der entscheidungserheblichen Tatsachen. 4 Dies kann nach der ZPO für Beweisaufnahmen im Ausland auf unterschiedliche Art und Weise geschehen. Gemäß § 363 Abs. 1 ZPO, der eine Beweisaufnahme im Ausland ausdriicklich vorsieht, hat das Gericht die zuständige (ausländische) Behörde um Aufnahme des Beweises zu ersuchen. Hierbei kann das Gericht gemäß § 364 Abs. 1 ZPO anordnen, daß der Beweisführer das Ersuchungsschreiben zu MünchKomm-ZPO-Musielak. § 363 Rn. 2. Geimer, IZPR, Rn. 2380. 3 Im folgenden ist mit dem Begriff der ,,Beweisaufnahme" die Beweisaufnahme im Ausland (auf ausländischem Territorium) und mit dem Begriff der .,Beweisbeschaffung" die Herbeischaffung des Beweismaterials vor das Prozeßgericht gemeint. • Rosenberg/Schwab/Gottwald. § 112 VI 2.; Jauemig. § 49 IV. 1

2

§ 7 Beweisbeschaffung aus dem Ausland

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besorgen und die Erledigung des Ersuchens zu betreiben habe. Weiterhin sieht § 363 Abs. 2 ZPO für den Fall, daß die Beweisaufnahme durch einen Bundeskonsul erfolgen kann, die Adressierung des Ersuchens an diesen vor. Einzelheiten dieser Vorgehensweisen und die Frage, ob deutschen Gerichten weitere Mittel und Wege der Beweisaufnahme im Ausland zur Verfügung stehen, ist nicht Gegenstand der vorliegenden Arbeit. Insoweit wird auf die einschlägigen Kommentierungen zu den §§ 363,364 ZPO verwiesen. 5 An dieser Stelle kann zunächst festgehalten werden, daß bei der Beweisaufnahme im Ausland die Entgegennahme des entscheidungserheblichen Beweismaterials entweder durch die zuständige ausländische Behörde oder durch einen deutschen Bundeskonsul, in jedem Fall aber auf ausländischem Territorium und nicht vor dem Prozeßgericht erfolgt.

§ 7 Beweisbeschaffung aus dem Ausland Im Gegensatz zur Beweisaufnahme im Ausland hat die Beweisbeschaffung aus dem Ausland zum Ziel, die Beweismittel in den Forumstaat herbeizuschaffen, um dann eine Beweisaufnahme im Inland vor dem Prozeßgericht durchzuführen. Dieses Vorgehen setzt eine gerichtliche Anordnung des Prozeßgerichts zur grenzüberschreitenden Herbeischaffung des Beweismaterials voraus. Die Anordnung zum Beweismitteltransfer kann sich dabei entweder an auslandsansässige Prozeßparteien oder an prozeßunbeteiligte Dritte, wie z. B. Zeugen oder Sachverständige, richten. Neben der Zulässigkeit dieser Vorgehensweise aus innerstaatlicher Sicht wird zu untersuchen sein, inwieweit das Volkerrecht solchen Beweisbeschaffungsanordnungen Schranken setzt. Denn durch den Erlaß einer grenzüberschreitenden Beweisbeschaffungsanordnung wirkt das Gericht über die Grenzen des Forumstaates hinaus auf das Territorium eines ausländischen Staates ein. 6 Dabei ist die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen die Souveränität des fremden Staates durch die Vornahme gerichtlicher Hoheitsakte auf dessen Territorium verletzt wird, weitaus schwieriger zu beantworten als bei Beweisaufnahmen im Ausland7 , da nicht jede Anordnung zur Beweisbeschaffung souveränitätsverletzende Auswirkungen auf den fremden Staat hat. Hierbei ist im Einzelfall zu überprüfen, ob es sich bei der jeweiligen Anordnung tatsächlich um eine Anordnung zur Beschaffung von Beweismitteln aus dem Ausland oder aber um eine Anordnung handelt, die auf eine Beweisaufnahme im Ausland abzielt. 8 S Darüber hinaus vgl. die ausführlichen Darstellungen bei: Geimer E., S. 111 ff.; Schabenberger. S. 81 ff.; Nagel/Gottwald, IZPR, § 8. 6 Stadler. S. 284. 7 Leipold, lex fori, S. 48. 8 Vgl. hierzu ausführlich den Dritten Teil; sowie für die Aufforderung an einen auslandsansässigen Zeugen zu einer schriftlichen Aussage, Leipold, lex fori, S. 48 f.

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2. Teil: Möglichkeiten extraterritorialer Beweiserhebungen

I. Völkerrechtliche Zulässigkeit

Aus völkerrechtlicher Sicht sind Anordnungen zur Beweisbeschaffung aus dem Ausland immer dann zulässig, wenn sie nicht in die Souveränität, insbesondere in die Gebiets- und in die Personalhoheit des Belegenheitsstaates eingreifen. Wann ein solcher Eingriff gegeben ist, kann nicht generell festgestellt werden, sondern hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Eine allgemeingültige Antwort auf die Frage der völkerrechtlichen Zulässigkeit solcher grenzüberschreitenden Anordnungen läßt sich nur dann finden, wenn berücksichtigt wird, an welchen Adressaten sich die Anordnung richtet und welche Staatsangehörigkeit dieser hat. Ferner ist entscheidend, ob mit der Anordnung zum Beweismitteltransfer Sanktionsandrohungen verbunden sind oder lediglich um freiwillige Mithilfe gebeten wird. 9 Aufgrund dieser verschiedenen zu berücksichtigenden Kriterien hat sich noch keine einheitliche Meinung zum Umfang des völkerrechtlich zulässigen Inhalts extraterritorialer Beweisbeschaffungsmaßnahmen gebildet. Einigkeit besteht jedoch darüber, daß die Beweisbeschaffung aus dem Ausland nicht von vornherein aus völkerrechtlichen Gründen unzulässig ist. Welche konkreten Maßnahmen und Anordnungen deutsche Gerichte treffen können, um in völkerrechtlich zulässiger Weise Beweismittel aus dem Ausland zu beschaffen, wird im 3. Teil der Arbeit behandelt.

11. Zulässigkeit nach innerstaatlichem Recht

Die Regelung des Beweisverfahrens hinsichtlich auslandsbelegener Beweismittel findet sich lediglich in den vereinzelten Vorschriften der §§ 363, 364 und 369 ZPO. Es fragt sich daher, ob aus innerstaatlicher Sicht neben der in den genannten Vorschriften geregelten Beweisaufnahme im Ausland eine Beweisbeschaffung überhaupt noch zulässig ist oder aber die Entscheidungsfreiheit deutscher Gerichte hinsichtlich der Herbeischaffung von Beweismitteln aus dem Ausland durch die §§ 363, 364 ZPO eingeschränkt wird. Dem Wortlaut dieser Vorschriften kann eine Einschränkung der gerichtlichen Entscheidungsfreiheit nicht entnommen werden. Sie regeln zwar die Vorgehensweise des Gerichts bei einer Beweisaufnahme im Ausland, nicht aber die Frage, ob eine solche bei auslandsbelegenen Beweismitteln vorrangig erfolgen muß. lO Dem Gericht steht es daher frei, einen anderen Weg als den der §§ 363, 364 ZPO einzuschlagen, um an die notwendigen auslandsbelegenen Beweismittel zu gelangen. 11 Es kann unter der Voraussetzung der völkerrechtlichen Zulässigkeit darauf 9 Zu diesen unterschiedlichen Merkmalen und der völkerrechtlichen Zulässigkeit insgesamt vgl. die ausführliche Darstellung von Schabenberger; S. 142 ff. 10 Geimer, IZPR, Rn. 2380. 11 Nordmann, S. 74; Stein! Jonas-Berger; § 363 Rn. 6; MünchKomm-ZPO-Musielak, § 363 Rn. I; OLG Schleswig, RIW 1989,910 (91\).

§ 8 Verhältnis der Beweisaufnahme zur Beweisbeschaffung

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hinwirken, einzelne Beweismittel zu "importieren", um auf diese Weise eine Beweisaufnahme vor dem Prozeßgericht zu ermöglichen. Dabei ist die Frage, in welchem Umfang innerhalb des völkerrechtlichen Rahmens - insbesondere auch unter Berücksichtigung der einschlägigen Staaatsverträge - die Herbeischaffung von Beweismitteln aus dem Ausland angeordnet bzw. den Parteien auferlegt und durch (mittelbaren) Zwang durchgesetzt werden kann, nach der lex fori zu entscheiden. 12 Die Reichweite der innerstaatlichen Zulässigkeit extraterritorialer Beweisbeschaffung ist Gegenstand des 4. Teils der Arbeit.

§ 8 Verhältnis der Beweisaufnahme zur Beweisbeschaft'ung

unter Berücksichtigung der Beweisunmittelbarkeit und Parteiöft'entlichkeit Befinden sich Beweismittel im Ausland, so hat das deutsche Prozeßgericht die Wahl zwischen der Durchführung einer Beweisaufnahme im Ausland (§§ 363, 364 ZPO) und der Herbeischaffung der Beweismittel vor das Prozeßgericht. Betrachtet man diese bei den Möglichkeiten extraterritorialer Beweiserhebungsverfahren und berücksichtigt zugleich die grundlegenden Verfahrens maximen des deutschen Zivilprozesses, so stellt sich die Frage, ob sich aus den verfahrensimmanenten zivilprozessualen Grundsätzen eine bestimmte Reihenfolge der Vorgehensweise des Gerichts ergibt. Im folgenden Abschnitt wird untersucht, in welchem Verhältnis die Beweisaufnahme im Ausland zur Beweisbeschaffung steht und ob sich hieraus ergibt, daß die eine oder andere Verfahrensweise extraterritorialer Beweiserhebung vorrangig durchzuführen ist.

I. Insbesondere: Der Einfluß des Unmittelbarkeitsgrundsatzes Der Grundsatz der Unmittelbarkeit bedeutet, daß die gesamte mündliche Verhandlung und die Beweisaufnahme vor dem erkennenden Gericht zu erfolgen haben. Hierzu ist die persönliche Teilnahme der entscheidenden Richter ohne ein Dazwischentreten richterlicher Mittelspersonen erforderlich. 13 Der in diesem Zusammenhang relevante Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme ist in § 355 Abs. I S. 1 ZPO geregelt, wonach die Beweisaufnahme vor dem Prozeßgericht erfolgt. Das bedeutet, daß bei einem Kollegialgericht die Beweisaufnahme vor dem vollbesetzten Kollegium stattzufinden hat. Wurde der Rechtsstreit gemäß § 348 Abs. 1 ZPO einem Einzelrichter zur Entscheidung übertragen, so stellt allein dieser das Prozeßgericht i. S. d. § 355 Abs. I S. I ZPO dar, mit der Konsequenz, 12 13

Geimer, IZPR, Rn. 2380. MünchKomm-ZPO-Musielak. § 355 Rn. I; Weth, JUS 1991,34.

2. Teil: Möglichkeiten extraterritorialer Beweiserhebungen

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daß die Beweisaufnahme weder vor dem Kollegium noch vor einem anderen Mitglied des Kollegiums durchgeführt werden darf. 14 Das Prinzip der Beweisunmittelbarkeit stellt einen der wichtigsten Grundsätze des Beweisrechts dar und gehört zu den grundlegendsten Prinzipien der ZPO. 15 Nur wer das gesamte Verfahren miterlebt, selbst die Vorträge der Parteien gehört hat und bei der Beweisaufnahme anwesend war, also Zeugen, Sachverständige oder die zu vernehmenden Parteien hören und befragen, Einsicht in vorgelegte Urkunden nehmen oder Augenscheinsobjekte bewerten konnte, ist in der Lage, im Rahmen der Beweiswürdigung über den Wert und Erfolg eines Beweises zu entscheiden. 16 Insbesondere bei der Zeugenaussage kann eine gewissenhafte Tatsachenfeststellung des erkennenden Gerichts nur erreicht werden, wenn es sich auf der Grundlage der eigenen Anschauung und Wahrnehmung einen Eindruck von der Persönlichkeit und der Glaubwürdigkeit des Zeugen machen konnte. Aber auch beim Beweis durch Urkunden kann nur derjenige, der die Urkunde selbst gesehen hat, über ihre Leserlichkeit, Vollständigkeit und Echtheit urteilen. 17 Selbst das ausführlichste und sorgfältigste Protokoll eines beauftragten (§ 361 ZPO) oder ersuchten Richters (§ 362 ZPO) vermag nicht eine Beweisaufnahme unmittelbar vor dem Prozeßgericht zu ersetzen, da lediglich Angaben inhaltlicher Art getreu wiedergegeben werden können, niemals aber eine genaue Darstellung der während der Durchführung der Beweisaufnahme gemachten Wahrnehmungen (Art und Weise der Darstellung durch den Zeugen etc., sogenannte "aussagepsychologische Kriterien,,18) erfolgen kann. 19 Beweisaufnahmen dienen letztlich dazu, dem Gericht eine Überzeugung vom Vorliegen oder Nichtvorliegen behaupteter Tatsachen zu verschaffen. Zu dieser Überzeugung gelangt das Gericht, indem es die Ergebnisse einer etwaigen Beweisaufnahme einer "freien Beweiswürdigung" unterzieht, § 286 Abs. 1 ZPO. Um aber entsprechend dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung handeln zu können, kommt das Prozeßgericht nicht umhin, sich einen persönlichen Eindruck von allen Beweismitteln zu verschaffen, was wiederum die Einhaltung des Grundsatzes der Beweisunmittelbarkeit notwendigerweise voraussetzt. Der Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme läßt aufgrund seiner erheblichen Bedeutung nur eng begrenzte Ausnahmen zu. Gemäß § 355 Abs. I S. 2 ZPO kann die Beweisaufnahme nur in den durch dieses Gesetz bestimmten Fällen einem Mitglied des Prozeßgerichts oder einem anderen Gericht übertragen werden. Ein Abweichen vom Unmittelbarkeitsgrundsatz ist also nur dann möglich, wenn dies in der ZPO ausdrücklich vorgesehen ist. Stein/ Jonas-Schumann, (20. Aufl.) § 355 Rn. 6. Stein/Jonas-Berger, § 355 Rn. 7; MusielaklStadler, S. 21. 16 RosenberglSchwablGottwald, § 83 I; MünchKomm-ZPO-Musielak, § 355 Rn. 1; Stein / Jonas-Berger, § 355 Rn. 5. 17 Stein / Jonas-Berger, § 355 Rn. 5. 18 Vgl. hierzu ausführlich Koch, S. 54ff. 19 Koukouselis, S. 11. 14

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§ 8 Verhältnis der Beweisaufnahme zur Beweisbeschaffung

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Bei auslandsbelegenen Beweismitteln sieht die ZPO in den §§ 363, 364 eine Beweisaufnahme im Ausland kraft Ersuchens um Rechtshilfe an die zuständige ausländische Behörde oder einen Bundeskonsul vor. Bei dieser Vorgehensweise findet die Beweisaufnahme jedoch nicht vor dem Prozeßgericht statt, so daß LE. der Unmittelbarkeitsgrundsatz nicht eingehalten wird, es sei denn, das Prozeßgericht begibt sich zulässigerweise in das Ausland und führt die Beweisaufnahme (z. B. Inaugenscheinnahmen) vor Ort selbst durch oder nimmt zumindest an ihr teil. 2o Das Verhältnis des Unmittelbarkeitsgrundsatzes (§ 355 ZPO) zur Beweisaufnahme im Ausland auf dem Rechtshilfeweg (§ 363 ZPO) und insbesondere die Auswirkung dieses Verhältnisses auf die Reihenfolge der Vorgehensweise bei der extraterritorialen Beweisennittlung wird in Literatur und Rechtsprechung in unterschiedlichster Weise beurteilt.

1. Rechtsprechung

Die Rechtsprechung hat sich bislang nur vereinzelt zu dem Verhältnis der Auslandsbeweisaufnahme zum Grundsatz der Beweisunmittelbarkeit gemäß § 355 Abs. 1 S. 1 ZPO geäußert. Soweit aber zu dieser Frage Stellung genommen worden ist, zeichnet sie sich durch eine umfangreiche Meinungsvielfalt aus. Auffällig ist dabei, daß die verschiedenen dabei vertretenen Auffassungen zur Verfahrensweise besonders zwischen den Tatsachen- und den Revisionsinstanzen divergieren, was sicherlich damit zu begründen ist, daß Ld.R. allein die Tatsacheninstanzen vor dem "praktischen" Problem der Beweisennittlung im Ausland und dessen Würdigung (§ 286 Abs. 1 ZPO) stehen.

a) Einschränkung der Beweisunmittelbarkeit durch § 363 ZPO In einer Entscheidung vom 24. 4. 1980 hat der BGH 21 ausgeführt, daß das Gericht nicht verpflichtet sei, den Versuch zu unternehmen, einen im Ausland wohnenden Sachverständigen zwecks Befragung zum Erscheinen vor dem Prozeßgericht zu bewegen. Eine Befragung erfolge vielmehr auf einem der in § 363 ZPO vorgesehenen Wege. Versagten diese, müsse auf die im Rechtshilfeersuchen vorgesehene Beweisaufnahme verzichtet werden. Hinsichtlich der Möglichkeit einer Ladung des Sachverständigen vor das Prozeßgericht wies der BGH auf die Unzweckmäßigkeit dieser Vorgehensweise hin 22 , wobei die grundsätzliche Zulässigkeit einer solchen Maßnahme nicht erörtert worden ist. Der BGH begründete seine Auffassung damit, daß der Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme 20 21 22

Vgl. hierzu Schabenberger. S. 127 ff.; Geimer. E., S. 115 ff. BGH, IPRax 1981,57. BGH,IPRax 1981,57 (58).

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2. Teil: Möglichkeiten extraterritorialer Beweiserhebungen

gemäß § 355 Abs. 1 S. 1 ZPO nicht uneingeschränkt gelte. So sehe § 375 ZPO vor, daß im Inland lebende Zeugen unter gewissen Umständen nach pflichtgemäßem Ermessen des Prozeßgerichts statt vor diesem vor einem verordneten Richter vernommen werden könnten. Bei Auslandsbeweisaufnahmen sei aber gemäß § 363 ZPO vorzugehen, so daß letztlich § 363 ZPO hiernach eine gesetzlich geregelte Ausnahme des Prinzips der Beweisunmittelbarkeit darstellt. Das BAG 23 hat in einer Entscheidung aus dem Jahr 1977 ausgeführt, daß die Vernehmung eines Zeugen, der nur im Wege der Rechtshilfe durch den ersuchten Richter vernommen werden könne, nicht mit der Begründung abgelehnt werden dürfe, ohne unmittelbare Vernehmung vor dem Prozeßgericht sei der Wahrheitsgehalt der Aussage nicht zu beurteilen. Es ging hierbei um eine allein mögliche Vernehmung eines Zeugen durch ein Gericht der ehemaligen DDR als Rechtshilfegericht, da der Zeuge wegen Fluchthilfe festgenommen und verurteilt wurde und sich zu der Zeit in Haft befand. Das BAG führte aus, daß derjenige Tatrichter, der auf eine unmittelbare Beweisaufnahme vor dem Prozeßgericht bestehe und deswegen eine Beweisaufnahme im Wege der Rechtshilfe unterlasse, die Beweiswürdigung unzulässig vorwegnehme, da ein vorheriges abschließendes Urteil über den Wahrheitsgehalt der Aussage nicht möglich sei. Die fehlende Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme erlaube für sich allein nicht den endgültigen Schluß, das Beweismittel sei als Grundlage einer tatrichterlichen Feststellung völlig ungeeignet. Damit sieht das BAG der Sache nach in der Auslandsbeweisaufnahme im Wege der Rechtshilfe eine hinzunehmende Einschränkung des Grundsatzes der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme. Die gleiche Beurteilung findet sich in einer Entscheidung des OLG Frankfurt a.M. 24 , wo es um die Vernehmung eines von der Klägerin gegenbeweislich be-

nannten Zeugen im Wege der Rechtshilfe durch das zuständige dänische Gericht ging. Das OLG Frankfurt hatte im Rahmen der Beweiswürdigung die aufgrund des persönlichen Eindrucks für glaubwürdig gehaltene Aussage eines unmittelbar vor dem Prozeßgericht vernommenen Zeugen vorrangig berücksichtigt und daraus nachteilige Schlußfolgerungen für die Klägerin gezogen. Der fehlende persönliche Eindruck des in Dänemark vernommenen Zeugen sei die notwendige Folge der als solchen zulässigen Vernehmung im Wege der ausländischen Rechtshilfe. 25 Auch in dieser Entscheidung findet sich also eine Einschränkung des Grundsatzes der Beweisunmittelbarkeit durch § 363 ZPO.

BAG, AP § 355 ZPO Nr. I. OLG Frankfurt a.M., Urt. v. 31. 3.1989 (24 U 93/88), zitiert nach BGH, NJW 1990, 3088 (3089). 2S OLG Frankfurt a.M., zitiert nach BGH, NJW 1990, 3088 (3090). 23

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§ 8 Verhältnis der Beweisaufnahme zur Beweisbeschaffung

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b) Vorrangigkeit der Beweisunmittelbarkeit gegenüber § 363 ZPO In anderen Entscheidungen zu dieser Problemstellung wird der Stellenwert des Grundsatzes der Beweisunmittelbarkeit hingegen sehr hoch gehalten. So ging das LAG Berlin 26 als Berufungsinstanz zu der o.g. Entscheidung des BAG davon aus, daß eine kommissarische Vernehmung des Zeugen in der ehemaligen DDR im Wege der Rechtshilfe zwar durchführbar gewesen wäre, hielt aber den dahingehenden Beweisantrag für ein "nicht präsentes" Beweismittel. Es sei wegen der fehlenden Unmittelbarkeit der Vernehmung nicht möglich, die gegebene oder fehlende Glaubhaftigkeit der Zeugenaussage zu beurteilen. Somit ist gerade im Hinblick auf die Beweisunmittelbarkeit auf ein Vorgehen gemäß § 363 ZPO verzichtet worden. So auch in einer Entscheidung des OLG Celle 27 : Ein in der Türkei ansässiger türkischer Staatsbürger ist auf wiederholte Ladung als Zeuge nicht zur mündlichen Verhandlung erschienen. Der Zeuge beantwortete die zweite Ladung, die wie die erste im Rechtshilfeweg über die deutsche Botschaft in Ankara erfolgte, mit der Bitte, ihn aus zeitlichen Gründen in der Türkei auf dem Rechtshilfeweg zu vernehmen, "weil es viel praktische(r)" sei. 28 Das OLG lehnte diese Vorgehensweise ab und führte aus, daß es nicht verpflichtet sei, einen im Ausland lebenden ausländischen Zeugen im Wege der Rechtshilfe vernehmen zu lassen, nachdem eine eigene Vernehmung im Ausland nicht in Betracht komme. Nach Ansicht des OLG habe der Zeuge mit dem Brief außerdem zum Ausdruck gebracht, "daß er auch auf erneute Ladung nicht erscheinen werde,,?9 Angesichts des Gebotes der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme (§ 355 ZPO) halte es eine kommissarische Vernehmung im Ausland wegen des nicht ganz einfach gelagerten Sachverhalts und der Notwendigkeit, Fragen selbst zu stellen, bzw. durch die Parteien und deren Prozeßbevollmächtigte stellen zu lassen, auch nicht für angebracht. In der Revision ging der BGH30 auf diese Ausführungen des Berufungsgerichts nicht (mehr) ein. 31 Er legte dem Brief des Zeugen eine andere Beurteilung zugrunde und schlußfolgerte daraus, daß ein Erscheinen des Zeugen vor dem Prozeßgericht auf eine erneute Ladung noch in Betracht kam. Es sei daher verfahrens widrig gewesen, die Bemühungen zur Vernehmung des Zeugen einzustellen. Mangels Entscheidungsreife verwies er daraufhin den Rechtsstreit an das Berufungsgericht zurück. LAG Berlin, Urt. v. 28. 4.1976 (6 Sa 99175), zitiert nach BAG, AP § 355 ZPO Nr. 1. OLG Celle, Urt. v. 19.7. 1990 (7 U 120/88), zitiert nach BGH, NJW 1992,1768. 28 Zitiert nach BGH, NJW 1992, 1768 (1769). 29 OLG Celle, Urt. v. 19.7. 1990, zitiert nach BGH, NJW 1992, 1768 (1769). 30 BGH, NJW 1992, 1768. 31 Die fehlende Auseinandersetzung des BGH mit den Ausführungen des OLG ist in der Literatur stark kritisiert worden. Nach Leipold, ZZP 105 (1992), 507 (508), sei es doch auffällig, daß der BGH die Ausführungen des Berufungsgerichts nicht einmal andeutungsweise kritisiert. Vgl. auch Nagel, IPRax 1992,301 (302). 26

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2. Teil: Möglichkeiten extraterritorialer Beweiserhebungen

c) Beweisbeschaffung nach erfolgloser Beweisaufnahme Eine andere Auffassung zu dem Verhältnis der Beweisunmittelbarkeit zur Auslandsbeweisaufnahme vertritt der BGH in einer Entscheidung vom 11. 7. 1990. 32 Entgegen der oben genannten Entscheidung des BGH vom 24. 4. 1980, in der unter Hinweis auf die Einschränkung des Unmittelbarkeitsgrundsatzes durch § 363 ZPO auf eine Ladung eines Sachverständigen verzichtet wurde, weist der BGH nunmehr darauf hin, daß eine Wiederholung der Zeugenvernehmung vor dem Prozeßgericht durchzuführen bzw. zu versuchen sei, auch wenn der Zeuge bereits im Wege der Rechtshilfe vernommen wurde, dies aber für die Beurteilung seiner Glaubwürdigkeit unzureichend gewesen sei. Soweit das als einzige Erkenntnisquelle zur Verfügung stehende Vernehmungsprotokoll des Rechtshilfegerichts keinerlei Rückschlüsse auf die Glaubwürdigkeit des Zeugen zulasse, sei eine erneute Vernehmung des im Ausland wohnenden Zeugen vor dem Prozeßgericht zumindest zu versuchen, da die Beurteilung der Glaubwürdigkeit des Zeugen wesentlich von dessen persönlichem Eindruck abhänge. Daß der Zeuge im Ausland wohnhaft sei, stünde dem dann nicht entgegen, wenn beide Parteien die erneute Vernehmung beantragten und der Zeuge bereit sei, vor einem deutschen Gericht zu erscheinen und auszusagen. 33 In dieser Entscheidung weist der BGH zwar ebenfalls auf eine Einschränkung des Grundsatzes der Beweisunmittelbarkeit als notwendige Folge der Auslandsbeweisaufnahme im Rechthilfeweg hin, versucht aber dennoch durch alle zur Verfügung stehenden Möglichkeiten extraterritorialer Beweiserhebungen dem Grundsatz des § 355 Abs. 1 S. 1 ZPO gerecht zu werden. Zur Einhaltung des Unmittelbarkeitsgrundsatzes wird daher auch auf die Möglichkeit der ,,Beweisbeschaffung" zurückgegriffen.

d) Unmittelbare Beweisaufnahme im Ausland durch das Prozeßgericht Einen Schritt weiter geht das OLG Celle in einer Entscheidung vom 28. 10. 1993 34 : In diesem Verfahren - eine Klage auf Schadensersatz aufgrund eines Verkehrsunfalls - ordnete das LG als Vorinstanz durch Beweisbeschluß die Einvernahme eines in den Niederlanden lebenden Zeugen vor dem Prozeßgericht an. Nachdem dieser sich weigerte vor einem deutschen Gericht zu erscheinen, ist eine Vernehmung des Zeugen im Wege der Rechtshilfe durch das zuständige Gericht in den Niederlanden angeordnet worden. Beide Parteien lehnten einen Verzicht auf die Teilnahme an der Beweisaufnahme ausdrücklich ab. Der Zeuge wurde gleichwohl ohne vorherige Benachrichtigung der Parteien vernommen und zwar nicht durch das zuständige Gericht, sondern durch einen Polizeibeamten. Das LG sah den Kläger als beweisfallig an und wies die Klage mit der Begründung ab, es 32 33

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BGH, NJW 1990,3088. BGH, NJW 1990,3088 (3090). OLG Celle, NJW-RR 1994,830.

§ 8 Verhältnis der Beweisaufnahme zur Beweisbeschaffung

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habe auf der Grundlage der im Wege der Rechtshilfe eingeholten Aussage keine Überzeugung von der Richtigkeit seiner Aussage gewinnen können. Die Berufung führte zur Aufhebung und Zurückverweisung. Das OLG Celle bemängelte, daß die verfahrensrechtlichen Möglichkeiten der Sachaufklärung nicht ausgeschöpft worden seien. Soweit nämlich eine verläßliche Beurteilung der Glaubwürdigkeit den eigenen persönlichen Eindruck des Prozeßgerichts und damit die Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme erfordere, habe das Prozeßgericht auch die Möglichkeit einer Beweisaufnahme durch die Kammer oder durch ein Mitglied des Prozeßgerichts (§ 375 Abs. 1 Nr. 3 ZPO) am Wohnsitz des Zeugen im Ausland in Betracht zu ziehen. Dies gelte auch dann, wenn das Rechtshilfeersuchen ordnungsgemäß35 durch das zuständige ausländische Gericht ausgeführt werde. Deutsche Gerichte dürften auf dem Gebiet fremder Staaten jedenfalls dann im Rahmen einer Beweisaufnahme hoheitlich tätig werden, wenn der betroffene Staat hierzu seine Zustimmung erteile. 36 Damit geht das OLG Celle davon aus, daß zur Einhaltung des Grundsatzes der Beweisunmittelbarkeit alle verfahrensrechtlichen Möglichkeiten der Beweiserhebung auszuschöpfen sind, was unter anderem neben der Beweisbeschaffung und der Beweisaufnahme im Wege der Rechtshilfe auch eine unmittelbare Beweisaufnahme des Prozeßgerichts im Ausland beinhalten kann.

2. Literatur

Auch in der Literatur läßt sich eine einstimmige Auffassung zu der Frage des Verhältnisses der Beweisbeschaffung zur Beweisaufnahme unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Beweisunmittelbarkeit nicht finden. Auffällig ist vor allem eine nur sehr geringfügige inhaltliche Auseinandersetzung mit diesem Problemkreis. Dennoch können zwei unterschiedliche Grundtendenzen festgestellt werden.

a) Beweisaufnahme im Ausland als gesetzlicher Normalfall Häufig wird die Beweisaufnahme im Ausland gemäß § 363 ZPO ohne nähere Begründung zu den Ausnahmen des Unmittelbarkeitsgrundsatzes gezählt. 37 Dabei fehlen jedoch eingehendere Erörterungen zur Möglichkeit der Beweisbeschaffung und zu dem Verhältnis zur Beweisaufnahme. Linke 38 weist im Zusammenhang mit der Vernehmung von auslandsansässigen Zeugen im Wege der Rechtshilfe auf § 375 Abs. 1 Nr. 3 ZPO hin, der als solcher eine Ausnahmeregelung des Hier verstieß die Durchführung gegen Art. 9 Abs. 2 HBÜ. OLG Celle, NJW-RR 1994, 830 unter Hinweis auf Zöller-Geimer (17. Aufl.), § 363 Rn. I. 37 Weth, JUS 1991, 34 (35); Stein I Jonas-Schumann, (20. Aufl.) § 355 Rn. 13. 38 Linke, IZPR (1990), Rn. 310. 35

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2. Teil: Möglichkeiten extraterritorialer Beweiserhebungen

Unmittelbarkeitsgrundsatzes darstellt. Es kommt aber nicht klar zum Ausdruck, ob es bei Beweisaufnahmen im Ausland auf diese Vorschrift ankommt oder nicht. 39 Eingehender mit dem "Stellenwert der Rechtshilfe im Verhältnis zur unmittelbaren Beweisaufnahme vor dem Prozeßgericht" hat sich Leipold in einer Urteilsanmerkung zur bereits oben erwähnten Entscheidung des BGH vom 29. 1. 199240 beschäftigt.41 Er prüft, ob für Beweisaufnahmen im Ausland dasselbe Regel-Ausnahmeverhältnis zum Grundsatz der Beweisunmittelbarkeit gilt, wie bei Beweisaufnahmen im Inland. Im einzelnen geht er auf die Frage ein, ob speziell für den Zeugenbeweis eine Zeugenvernehmung im Wege ausländischer Rechtshilfe nur unter den Voraussetzungen des § 375 ZPO angeordnet werden dürfe. Ausgehend vom Wortlaut der §§ 363, 364 ZPO einerseits und der §§ 355, 375 ZPO andererseits kommt er zu dem Ergebnis, daß die Beweisaufnahme im Ausland den gesetzlichen Normalfall darstelle. Der Wortlaut der Vorschriften lasse darauf schließen, daß der Gesetzgeber die Vernehmung im Ausland von vornherein für zulässig ansah und nicht von Ausnahmebestimmungen zu § 355 ZPO, wie etwa § 375 ZPO, abhängig machen wollte. 42 Denn weder würden die §§ 363, 364 ZPO von einem ausländischen Gericht sprechen - anders die Bestimmung des § 355 ZPO - noch würden umgekehrt die §§ 355, 375 ZPO die Beweisaufnahmen durch ausländische Behörden oder durch einen Bundeskonsul erwähnen. Auch würden die besseren Sachgründe dafür sprechen, daß die §§ 363, 364 ZPO die Rechtfertigung zur Durchbrechung des Unmittelbarkeitsgrundsatzes bereits in sich tragen würden. Zur Einhaltung des Grundsatzes der Beweisunmittelbarkeit würde die Berechtigung des Prozeßgerichts, das Erscheinen eines Zeugen vor dem Prozeßgericht anzuordnen, im Inland notfalls mit entsprechenden Zwangsmitteln durchgesetzt werden können. Hingegen könne ein auslandsansässiger Zeuge allenfalls ohne Androhung von Zwangsmitteln um sein Erscheinen gebeten werden, da dieser den Zwangsmitteln von vornherein nicht unterworfen sei. Daher sei die Vernehmung im Ausland als Regelfall zu werten. 43 Es stünde also nicht im Ermessen des Gerichts, sich für die Beweisaufnahme im Ausland zu entscheiden oder von ihr Abstand zu nehmen. Eine Beweisbeschaffung käme allenfalls in Ausnahmefällen in Betracht. Würde jedoch der Versuch einer Beweisbeschaffung mißlingen, etwa weil der Zeuge nicht freiwillig vor dem Prozeßgericht erscheint, dürfe das Gericht keinesfalls unter Berufung auf den Grundsatz der Beweisunmittelbarkeit eine Beweisaufnahme im Wege der ausländischen Rechtshilfe unterlassen. 44 39

40 41

42 43

44

Leipold, 'ZZP 105 (1992), 507 (509). BGH, NJW 1992, 1768. Leipold, 'ZZP 105 (1992), 507. Leipold, 'ZZP 105 (1992), 507 (510). Leipold, 'ZZP 105 (1992), 507 (510). Leipold, 'ZZP 105 (1992), 507 (512).

§ 8 Verhältnis der Beweisaufnahme zur Beweisbeschaffung

65

Die Vertreter dieser Meinungsgruppe werten die Beweisaufnahme im Ausland gemäß §§ 363, 364 ZPO als gesetzlichen Normalfall, der die Berechtigung zur Durchbrechung des Unmittelbarkeitsgrundsatzes bereits immanent beinhaltet. Bei auslandsbelegenen Beweismitteln erfolgt die Beweisaufnahme im Wege der internationalen Rechtshilfe, ohne an das Gebot der Beweisunmittelbarkeit gemäß § 355 ZPO gebunden zu sein.

b) Vorrang der Beweisbeschaffung zur Einhaltung der Maxime Nach einer anderen Literaturauffassung, die wohl eher als Mindermeinung einzustufen ist, erfolgt eine andere Beurteilung. Zwar wird auch hier das Vorgehen gemäß §§ 363, 364 ZPO als Ausnahmetatbestand zum Unmittelbarkeitsgrundsatz gesehen45 , wobei jedoch aus dem Gebot der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme gemäß § 355 Abs. 1 S. 1 ZPO andere Konsequenzen für die Reihenfolge der Beweiserhebung auslandsbelegener Beweismittel gezogen werden. Deutlich ist dies von Musielak46 zum Ausdruck gebracht worden: ,,Auch wenn sich ein Beweismittel im Ausland befindet, soll im Grundsatz die Beweisaufnahme vor dem Prozeßgericht durchgeführt und das Beweismittel zu diesem Zweck herbeigeschafft werden (§ 355 Abs. 1 S. 1 ZPO)." Zur Einhaltung des Unmittelbarkeitsprinzips seien alle Möglichkeiten auszuschöpfen, die es dem Prozeßgericht erlaubten, sich einen eigenen und unmittelbaren Eindruck der Beweismittel zu machen. Wenn also eine Beweisbeschaffung nicht möglich sei, solle die Beweisaufnahme im Ausland zunächst durch das Prozeßgericht selbst oder durch einen beauftragten Richter durchgeführt werden und erst wenn dies ebenfalls aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht erreicht werden könne, sei eine Beweisaufnahme im Wege der Rechtshilfe gemäß §§ 363, 364 ZPO durchzuführen. 47 Die §§ 363, 364 ZPO selbst normierten lediglich das Vorgehen des Gerichts, wenn es sich für eine Beweisaufnahme im Ausland entschieden habe, nicht aber die Frage, ob eine solche stattzufinden habe. 48 Da die Beweisbeschaffung aus dem Ausland darauf gerichtet sei, die Beweismittel in den Forumstaat vor das Prozeßgericht zu schaffen, stehe sie im Einklang mit dem Unmittelbarkeitsgrundsatz und sei daher vorrangig durchzuführen. 49 Eine Durchbrechung des Unmittelbarkeitsgrundsatzes kommt nach dieser Auffassung also immer nur dann in Betracht, wenn als letzte Möglichkeit extraterrito4S MünchKornrn-ZPO-Musielak. § 355 Rn. 13 ff.; Schabenberger. S. 222 f.; Stein /JonasBerger. § 355 Rn. 27. 46 MünchKornrn-ZPO-Musielak, § 363 Rn. 1; vgl. auch Geimer. IZPR. Rn. 2380; Schabenberger. S. 223 ff. 47 MünchKornrn-ZPO-Musielak. § 363 Rn. 1. 48 Geimer. IZPR. Rn. 2380. 49 Schabenberger. S. 223; Stein/Jonas-Berger. § 363 Rn. 2.

5 Daoudi

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2. Teil: Möglichkeiten extraterritorialer Beweiserhebungen

rialer Beweiserhebung eine Beweisaufnahme im Ausland im Wege der internationalen Rechtshilfe gemäß den §§ 363, 364 ZPO durchzuführen ist.

3. Eigene Stellungnahme

Erfolgt eine Beweisaufnahme im Ausland im Wege der Rechtshilfe gemäß den §§ 363, 364 ZPO, weil andere Möglichkeiten der Beweiserhebung auslandsbelegener Beweismittel aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht gegeben sind, so wird damit der Unmittelbarkeitsgrundsatz durchbrochen. Diese Durchbrechung des Unmittelbarkeitsgrundsatzes ist aber aufgrund des völkerrechtlichen Souveränitätsprinzips, das es verbietet, auf ausländischem Territorium hoheitliche Handlungen vorzunehmen, nicht vermeidbar. In den Fällen, in denen neben der Beweisaufnahme im Ausland keine anderen Möglichkeiten der Beweiserhebung vorliegen, muß unter Verzicht auf die Beweisunmittelbarkeit auf diese Maßnahme zurückgegriffen werden. Keinesfalls darf es zu einem Verzicht auf das Beweismittel kommen. Insoweit stellen die §§ 363, 364 ZPO notgedrungen einen Ausnahmetatbestand zum Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme gemäß § 355 Abs. I S. 1 ZPO dar. Die teilweise von der Rechtsprechung vertretene Auffassung, im Hinblick auf den Unmittelbarkeitsgrundsatz auf eine Beweisaufnahme gemäß § 363 ZPO zu verzichten 5o, ist daher abzulehnen. Tatsächlich handelt es sich anderenfalls um eine unzulässige Vorwegnahme der Beweiswürdigung und damit um einen Verstoß gegen § 286 Abs. 1 ZPO.

a) Ratio legis des § 355 Abs. 1 S. 1 ZPO Die in diesem Zusammenhang zu beantwortende Frage lautet, ob die Belegenheit eines Beweismittels im Ausland notwendigerweise eine Durchbrechung des Grundsatzes der Beweisunmittelbarkeit gemäß § 355 Abs. 1 S. 1 ZPO zur Folge haben muß oder ob nicht trotz Auslandsbelegenheit versucht werden sollte, dieses verfahrensbeherrschende Prinzip einzuhalten. Der Beantwortung dieser Frage ist es dienlich, sich nochmals die grundlegende Bedeutung und die ratio legis des § 355 Abs. 1 ZPO zu vergegenwärtigen: Die Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme ist zunächst einmal die notwendige Voraussetzung zur Durchführung einer ordnungsgemäßen Beweiswürdigung gemäß § 286 Abs. 1 ZPO. Daneben spielen noch folgende Gesichtspunkte eine Rolle, die insbesondere durch die Einhaltung des Unmittelbarkeitsgrundsatzes zu erreichen sind. so LAG Berlin, Vrt. v. 28. 4. 1976 (6 Sa 99175), zitiert nach BAG, AP § 355 ZPO Nr. 1; OLG Celle, Vrt. v. 19.7. 1990 (7 V 120/88), zitiert nach BGH, NJW 1992, 1768.

§ 8 Verhältnis der Beweisaufnahme zur Beweisbeschaffung

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Ein ersuchtes Gericht hat typischerweise weniger Interesse an der Beweisaufnahme als das Prozeßgericht, das den Streitstoff kennt, die Beweiswürdigung vorzunehmen hat und auch das Urteil fällen muß, so daß einer bloß mittelbaren Beweisaufnahme letztlich die ,,klärende Kraft" fehlt. 51 Den Unklarheiten und Widersprüchlichkeiten, die besonders bei Zeugenvernehmungen auftreten können, kann durch Nachfragen und Hinterfragen durch das Gericht, die Prozeßbevollmächtigten und die Parteien begegnet werden. Nur so wird ein wahres und erschöpfendes Beweisergebnis erzielt. 52 Hierdurch werden Zeit und Kosten gespart, die anderenfalls, wie in der Entscheidung des BGH vom 11. 7. 199053 , durch den erneuten Versuch der Ladung eines Zeugen vor das Prozeßgericht entstehen, obwohl bereits zuvor eine Vernehmung im Wege der Rechtshilfe erfolgt war. 54 Ein weiterer Vorteil der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme liegt in der größeren Hemmschwelle zur Prozeßlüge, wenn ein Zeuge oder eine Partei "Auge in Auge" mit dem Gericht vernommen wird. 55 Ohne persönlichen Kontakt mit dem Gericht und den Parteien ist die Neigung, unwahre oder bewußt unvollständige Aussagen zu machen, in der Regel weitaus größer als bei unmittelbarer Vernehmung. Ferner kann durch die Beweisunmittelbarkeit eine "Zerreißung von Verhandlung, Beweiserhebung und Verhandlung über das Beweisergebnis" vermieden und damit eine Prozeßbeschleunigung erreicht werden. 56 Es müßten nicht zunächst vom ausländischen Rechtshilfegericht erstellte Protokolle studiert und ausgewertet werden, so daß letzten Endes eine Entscheidung erheblich schneller gefällt werden könnte. 57 Selbst wenn im Einzelfall eine Vernehmung im Wege der internationalen Rechtshilfe zeitsparender ist, so wird auf Dauer gesehen die Rechtspflege durch die Einhaltung des Unmittelbarkeitsgrundsatzes zeitlich wahrscheinlich weniger beansprucht. 58

51

52 53

54

Bosch. S. 112; Rosenberg. ZZP 57 (1933),185 (326). Peters. ZZP 76 (1963), 145 (158). BGH. NJW 1990,3088. Vgl. auch Musielakl Stadler, S. 22, die darauf hinweisen, daß es gelegentlich vom Ge-

richt und von den Parteien für notwendig empfunden wird, einen im Rechtshilfeweg bereits vernommenen Zeugen zur Klärung von Widersprüchen und Lücken in seiner Aussage, doch noch vor das Prozeßgericht zu laden. 55 Bosch. S. 112; Koch. S. 62; vgl. auch die Begründung zum ZPO-Entwurf 1931. S. 341: ,,Die Neigung zur Prozeßlüge kann gar nicht wirksamer bekämpft werden als durch eine energische Förderung der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme." 56 So ausdrücklich die Begründung zum ZPO-Entwurf 1931. S. 341; vgl. auch Rosenberg. ZZP 57 (1933),185,326; Bosch. S. 112; Koukouselis. S. 12; Stein I Jonas-Berger, § 355 Rn. 6. 57 Vgl. auch Stümer, FS Baur, S. 647 (666), der Zweifel an der Rechtsstaatlichkeit von Vernehmungen im Wege der Rechtshilfe hegt: "wer selbst schon jahrealte Vernehmungsprotokolle anderer Richter verwertet hat, die dazuhin oft keine sprachlichen und psychologischen Meisterleistungen sind, wird Fairneß und Rechtsstaatlichkeit solchen Verfahrens nicht frohen Herzens bejahen." 58

Bosch. S. 112.

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2. Teil: Möglichkeiten extraterritorialer Beweiserhebungen

Nach alledem dient der Grundsatz der unmittelbaren Beweisaufnahme nicht nur dazu, dem Prozeßgericht einen "unmittelbaren" Eindruck vom Beweismittel zu verschaffen, sondern insbesondere auch der Gerichtsentlastung und der Prozeßbeschleunigung, was bei der heutzutage bestehenden Überlastung der Gerichte umso notwendiger wird. Allein aufgrund dieser doch erheblichen Auswirkungen der Beweisunmittelbarkeit sollte auch bei auslandsbelegenen Beweismitteln immer zunächst versucht werden, diese vor das Prozeßgericht zu schaffen, um eine unmittelbare Beweisaufnahme durchführen zu können, anstatt sich von vornherein mit einer Beweisaufnahme im Ausland im Wege der Rechtshilfe gemäß §§ 363, 364 ZPO zu begnügen.59

b) Wortlaut und Systematik des § 363 ZPO Zur Unterstreichung dieses Ergebnisses soll auf die Vorschrift des § 363 ZPO näher eingegangen werden. In § 363 Abs. I ZPO heißt es: .. Soll die Beweisaufnahme im Ausland erfolgen, so hat der Vorsitzende die zuständige Behörde um Aufnahme des Beweises zu ersuchen. " Der Wortlaut dieser Vorschrift regelt das Vorgehen des Gerichts für den Fall, daß es sich für eine Beweisaufnahme im Ausland entschieden hat. Zunächst muß das Gericht also darüber befinden, ob eine Beweisaufnahme im Ausland überhaupt stattfinden soll, was in Form eines Beweisbeschlusses gemäß § 358 ZPO geschieht. In diesem Rahmen hat das Gericht nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden. 60 Da dem Gericht insoweit ein Ermessen zukommt, widerspricht der Wortlaut des § 363 Abs. I ZPO nicht dem oben geschilderten Ergebnis, die Beschaffung von Beweismitteln vor das Prozeßgericht einer Beweisaufnahme im Ausland vorzuziehen bzw. erstere vorrangig zu versuchen. Systematisch steht § 363 ZPO im fünften Titel des ersten Abschnitts des zweiten Buches unter der (amtlichen) Überschrift "Allgemeine Vorschriften über die Beweisaufnahme". Dieser fünfte Titel beginnt mit § 355 ZPO, also gerade mit dem in § 355 Abs. I S. I ZPO niedergelegten Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme. Dadurch, daß im Rahmen der ,,Allgemeinen Vorschriften über die Beweisaufnahme" der Grundsatz der Beweisunmittelbarkeit den übrigen Bestimmungen vorangestellt worden ist, kommt die grundlegende und außerordentliche Bedeutung dieses Gebotes deutlich zum Ausdruck. Daß von diesem Gebot Ausnahmen (§ 355 Abs. I S. 2 ZPO) unumgänglich sind, ergibt sich zwangsläufig aus der Natur der Sache. 59 Entschieden abzulehnen ist die Auffassung von Zender, NJW 1991,2947, der die "offenkundig grob fehlerhafte Abwägung zwischen den Prinzipien der Unmittelbarkeit der Beweiserhebung und der Verfahrensvereinfachung" der Vernehmung eines Zeugen durch ein benachbartes Gericht trotz geringer Entfernung seines Wohnortes für hinnehmbar hält, "weil immerhin dem Zeugen einige Kilometer Anfahrt erspart bleiben". 60 Stein I Jonas-Berger, § 363 Rn. 6.

§ 8 Verhältnis der Beweisaufnahme zur Beweisbeschaffung

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Hat das Prozeßgericht ein Ermessen über die Entscheidung des "Ob" einer Beweisaufnahme im Ausland, so muß es dieses unter Berücksichtigung des ihn bindenden Gebotes der Beweisunmittelbarkeit ausüben. Es hat die Entscheidung über das "Ob" einer Beweisaufnahme gemäß § 363 ZPO stets im Lichte der Bedeutung des § 355 Abs. I S. 1 ZPO zu treffen und im Hinblick auf diese Bedeutung vorrangig andere Maßnahmen zur Erlangung eines "unmittelbaren" Eindrucks der Beweismittel vorzuziehen. Das bedeutet letzten Endes nichts anderes, als daß immer zunächst versucht werden sollte, auslandsbelegene Beweismittel ins Inland vor das Prozeßgericht zu "importieren", also eine Beweisbeschaffung aus dem Ausland durchzuführen. Versagt dieser Weg, so ist im weiteren Fortgang der Versuch zu untemehmen, als Prozeßgericht die Beweisaufnahme unmittelbar im Ausland durchzuführen. Erst wenn auch dies aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nicht durchführbar ist, was sicherlich in den meisten Fällen der Fall sein wird, sollte sich das Gericht für eine Beweisaufnahme im Ausland gemäß § 363 ZPO entscheiden und entsprechend dieser Vorschrift vorgehen. 61 Somit sprechen weder Wortlaut noch Systematik gegen die vorrangige Durchführung einer Beweisbeschaffung aus dem Ausland. Vielmehr verpflichtet gerade eben die systematische Stellung des § 355 ZPO einerseits und die des § 363 ZPO andererseits das Prozeßgericht dazu, sein Ermessen über das "Ob" einer Auslandsbeweisaufnahme unter strengster Beachtung des Grundsatzes der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme auszuüben.

c) Mangelnde Zwangsmittelanwendung Soweit eingewandt wird, daß ein Vorgehen gemäß den §§ 363, 364 ZPO den gesetzlichen Regelfall darstelle und hierfür auch die besseren Sachgründe sprechen würden, weil die Beschaffung auslandsbelegener Beweismittel, entgegen den Möglichkeiten im Inland, nur ohne Anwendung von Zwangsmitteln durchführbar sei62 und hieraus gefolgert wird, daß der Versuch einer unmittelbaren Ladung von Zeugen allenfalls in Ausnahmefällen in Frage komme63 , so ist dem zu widersprechen. Der Grundsatz der Beweisunmittelbarkeit gemäß § 355 Abs. 1 S. 1 ZPO muß auch dann eingehalten werden, wenn Zwangsmittel nicht zur Verfügung stehen. Ein Begründungsansatz dahingehend, daß auf die Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme wegen der Auslandsbelegenheit des Beweismittels verzichtet werden könne, überzeugt nicht. Denn auch im Inland erfolgen die Beweisaufnahmen vor dem Prozeßgericht in den meisten Fällen ohne Anwendung von Zwangsmitteln, auch wenn faktisch die Möglichkeit ihrer Anwendung gegeben ist. Eine Regel, 61 62 63

So insgesamt auch Stein I Jonas-Berger, § 363 Rn. 6. Leipold. 'Z:z1> 105 (1992), 507 (510). Leipold. 'Z:z1> 105 (1992). 507 (512).

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2. Teil: Möglichkeiten extraterritorialer Beweiserhebungen

wonach auslandsansässige Personen (Parteien oder Dritte) nur dann einer Anordnung zur Beweisbeschaffung nachkommen, wenn sie durch die tatsächliche Anwendung von Zwang hierzu angehalten werden, existiert nicht. Es kann nicht angehen, aufgrund der fehlenden faktischen Möglichkeit der Zwangsmittelanwendung im Ausland, von vornherein die Beweisaufnahme im Ausland als den Regelfall einzustufen, bei dem der Grundsatz der unmittelbaren Beweisaufnahme unberücksichtigt bleibt. Auch bei Belegenheit von Beweismitteln im Ausland kann durchaus damit gerechnet werden, daß beispielsweise Zeugen freiwillig vor dem Prozeßgericht erscheinen oder Urkunden freiwillig vorgelegt werden. Daher spricht auch die fehlende Möglichkeit der Zwangsmittelanwendung nicht gegen den Vorrang der Beweisbeschaffung aus dem Ausland. Doch ist Leipold in seiner Urteilsanmerkung insoweit Recht zu geben, als daß ein Verzicht auf ein Vorgehen gemäß den §§ 363, 364 ZPO unter Hinweis auf die fehlende Unmittelbarkeit keinesfalls erfolgen darf. 64 Denn für den Fall, daß alle Maßnahmen zur Durchführung einer unmittelbaren Beweisaufnahme erfolglos geblieben sind, handelt es sich bei einem Vorgehen gemäß den §§ 363, 364 ZPO dann um den gesetzlichen Regelfall. Kann ein Beweis wegen seiner Auslandsbelegenheit nicht unter Einhaltung der Unmittelbarkeit erhoben werden, so darf deswegen nicht auf den Beweis verzichtet werden, sondern in diesem Fall muß die Unmittelbarkeit zurücktreten. Umgekehrt bedeutet das aber nicht, entgegen den Ausführungen des BGH in seiner Entscheidung vom 24. 4. 198065 , daß allein die in § 363 ZPO vorgesehenen Wege zu beschreiten wären und wenn diese versagten, auf die im Rechtshilfeersuchen vorgesehene Beweisaufnahme verzichtet werden müsse. An dieser Stelle sei nochmals betont, daß alle zulässigen Möglichkeiten extraterritorialer Beweiserhebungen auszuschöpfen sind. Wenn schon nicht mit dem Versuch einer Beweisbeschaffung aus dem Ausland begonnen wird, so darf nic.ht im nachhinein auf diese verzichtet werden, nur weil die Beweisaufnahme im Wege der Rechtshilfe erfolglos war. Insoweit ist der Entscheidung des BGH vom 11. 7. 199066 darin zuzustimmen, daß nach erfolgloser Beweisaufnahme gemäß § 363 ZPO ein Versuch zur Herbeischaffung des Beweismittels vor das Prozeßgericht zu unternehmen ist.

d) Zeit- und Kostenfragen Gegen eine vorrangige Durchführung von Beweisbeschaffungsmaßnahmen könnte eingewandt werden, daß diese erheblich zeitaufwendiger und kostenintensiver sind. Man könnte (fälschlicherweise) meinen, daß wegen der fehlenden 64

Leipold. z:zP 105 (1992), 507 (512); Stein/ Jonas-Berge" § 355 Rn. 27.

65

BGH,IPRax 1981,57. BGH, NJW 1990, 3088.

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§ 8 Verhältnis der Beweisaufnahme zur Beweisbeschaffung

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Zwangsmittel im Ausland Beweisbeschaffungsmaßnahmen häufig erfolglos bleiben werden. Um dennoch an die erforderlichen Beweismittel zu gelangen, müßte dann zusätzlich eine Beweisaufnahme im Rechtshilfeverkehr erfolgen, was gleichzeitig bedeutet, daß durch die Anordnung einer Beweisbeschaffung eine erhebliche Verzögerung des gesamten Verfahrens eintritt. Bezogen auf den zeitlichen Aspekt hat bereits Schabenberger67 zutreffend darauf hingewiesen, daß die Ladung eines Zeugen aus dem Ausland mit der Bitte um kurzfristige Bestätigung seiner Bereitschaft zum Erscheinen versehen werden könnte. Gehe nicht innerhalb der angesetzten Frist eine Bestätigung ein, so könne das Gericht ohne größeren zeitlichen Verlust eine Beweisaufnahme im Wege der internationalen Rechtshilfe gemäß § 363 ZPO anordnen. Dies gilt umso mehr, wenn man bedenkt, daß die zeitliche Dauer der Erledigung von internationalen Rechtshilfeersuchen oftmals ein Jahr und länger, bis hin zu über zwei Jahren, betragen kann. 68 Da § 356 ZPO seiner Grundidee nach der Prozeßverschleppung durch eine Verzögerung der Beweisaufnahme vorbeugen will69 , liegt in diesem Zusammenhang ein Vorgehen in Anlehnung an den Rechtsgedanken dieser Vorschrift nahe. Gemäß § 356 S. 1 ZPO ist, soweit der Aufnahme des Beweises ein Hindernis von ungewisser Dauer entgegensteht, eine Frist zu bestimmen, nach deren fruchtlosen Ablauf das Beweismittel nur benutzt werden kann, wenn nach der freien Überzeugung des Gerichts dadurch das Verfahren nicht verzögert wird. In diesem Fall müßte sich die ,,Beibringungsfrist" nicht an die beweispflichtige Partei, sondern an die auslandsansässige Beweisperson richten. Erfolgt innerhalb der festgesetzten Frist keine Bestätigung zum Erscheinen, so ist der Versuch einer Beweisbeschaffung wegen eines nicht behebbaren Hindernisses70 zu unterlassen und entsprechend § 363 ZPO vorzugehen. Dementsprechend spricht der zeitliche Aspekt nicht gegen den Vorrang von Maßnahmen, die der Beschaffung auslandsbelegener Beweismittel dienen. 71 An dieser Stelle sei auf die zutreffenden und besonders hervorzuhebenden Ausführungen des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in einem Beschluß aus dem Jahre 198872 hingewiesen, die zwar im Rahmen einer 67 68

Schabenberger, S. 225. Schad" IZVR, Rn. 184; vgl. auch LG Aachen, NJW-RR 1993, 1407: In einem Verfah-

ren wegen Reisemängeln hatte das zuständige Amtsgericht die Vernehmung einer in Malta lebenden Zeugin auf diplomatischem Weg angeordnet. Nachdem das Gericht noch nach 2 Jahren (!) darauf wartete, ob die maltesische Rechtshilfebehörde das Ersuchen ausführen wird, legte der Kläger Beschwerde gegen die Untätigkeit des Gerichts ein. 69 Zöller-Gll'ger, § 356 Rn. 1; Stein I Jonas-Berger, § 356 Rn. 1. 70 Es muß sich regelmäßig um ein behebbares Hindernis handeln, da es ansonsten keinen Grund gibt, daß Verfahren durch eine Fristsetzung zu verzögern, vgl. MUnchKomm-ZPOMusielak, § 356 Rn. 3. 71 Vgl. auch Müller, DRiZ 1977.305 (307), der darauf hinweist, daß die bloß mittelbare Beweisaufnahme eine der Hauptursachen der Prozeßverschleppung sei. n RIW 1989.910 (911).

2. Teil: Möglichkeiten extraterritorialer Beweiserhebungen

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Strafsache erfolgten, aber für den hier betreffenden Zivilprozeß gleichermaßen Geltung haben: "Für die Vernehmung von im Ausland lebenden Personen durch ein innerstaatliches Gericht sprechen sowohl die beschleunigte Erledigung als auch die größere Zuverlässigkeit der Vernehmungsergebnisse. Die schnellere Erledigung durch ein innerstaatliches Gericht ergibt sich insbesondere daraus, daß der grenzüberschreitende Dienstweg bei Rechtshilfeersuchen nicht eingehalten werden muß. Hinzu kommt, daß sich die Vernehmung auch sonst kurzfristiger durchführen läßt, da die zu vernehmende Person ihr Erscheinen zugesagt hat und insofern von ihrer Kooperationsbereitschaft auch bei der Terminierung ausgegangen werden kann." Hinsichtlich der Kostenfrage ließe sich einwenden, daß die Ladung eines auslandsansässigen Zeugen vor das Prozeßgericht erhebliche Reisekosten verursachen kann, die bei einer Beweisaufnahme im Wege der Rechtshilfe unterblieben bzw. erheblich geringer ausfielen. Hiergegen ist angeführt worden, daß Beweise nur über streitige und entscheidungserhebliche Tatsachen erhoben würden, und daher das Gericht vor der Anordnung einer Ladung eines Zeugen aus dem Ausland sehr sorgfältig zu prüfen habe, ob dieser wirklich für eine streitige und entscheidungserhebliche Tatsache benannt worden sei. 73 Diesem Ansatz ist hinzuzufügen, daß der Gesetzgeber weder bei der Formulierung des § 355 ZPO noch bei § 363 ZPO irgendwelche Kostenfragen berücksichtigen wollte. Das Gebot an das Gericht, die Beweisaufnahme unmittelbar vor dem Prozeßgericht durchzuführen, steht nicht in Abhängigkeit zu dabei möglicherweise entstehenden Kosten. Eine solche Regelung müßte sich ansonsten unter den Ausnahmen des Unmittelbarkeitsgrundsatzes finden lassen, was nicht der Fall ist. An dem Unmittelbarkeitsgrundsatz ist das Gericht gebunden, ohne eine Berechtigung zu haben, ihn unter Berufung auf entstehende Kosten zu unterlaufen. Wenn es sich also um streitige und auch entscheidungsrelevante Tatsachen handelt, die durch eine Beweisbeschaffung aus dem Ausland ermittelbar sind, muß diese grundsätzlich vorrangig durchgeführt werden. Es kann nicht angehen, den Grundsatz der Beweisunmittelbarkeit - "ein vom gesunden Menschenverstand gebotener Verfahrensgrundsatz,,74 - aus Kostengründen einzuschränken, mit der Folge, daß eine vorrangige Durchführung einer Beweisbeschaffung vor der Beweisaufnahme im Ausland im Rechtshilfeweg grundsätzlich ebenfalls nicht aus Kostengründen unterbleiben darf. Natürlich ist dabei ebenso der verfassungsmäßige Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu berücksichtigen, der u. a. auch gebietet, die Kostspieligkeit einer möglicherweise von weither anzutretenden Auslandsreise gegen den konkreten Aufklärungsbedarf abzuwägen. Doch müßte jedes Gericht trotz dieser Abwägung zur Vorrangigkeit einer Beweisbeschaffung kommen. Denn was nützt es dem Gericht und insbesondere auch der Partei, wenn das Gericht zwar eine über 73 74

Schabenberger, S. 226. Staud, DJ 1934,512.

§ 8 Verhältnis der Beweisaufnahme zur Beweisbeschaffung

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die internationale Rechtshilfe kostengünstigere Aussage eines Zeugen erhält, diese aber wegen fehlender Unmittelbarkeit nicht hinreichend zu würdigen vermag?

11. ParteiötTentlichkeit Der Grundsatz der Parteiöffentlichkeit der Beweisaufnahme ergibt sich aus § 357 Abs. 1 ZPO. Danach ist es den Parteien gestattet, der Beweisaufnahme beizuwohnen. Er stellt genau wie der Unmittelbarkeitsgrundsatz einen wichtigen Grundsatz des Beweisrechts und eine wesentliche Bedingung eines fairen Beweisverfahrens dar. 75 Der Grundsatz der Parteiöffentlichkeit leitet sich aus dem grundgesetzlich verankerten Anspruch auf rechtliches Gehör gemäß Art. 103 Abs. 1 GG ab. Denn durch das Recht der Parteien und ihrer Vertreter an der Beweisaufnahme teilzunehmen, gibt man ihnen die Möglichkeit, Kenntnis von den erhobenen Beweisen zu erlangen und durch Fragen, Stellungnahmen und Anregungen an der Feststellung des für den Rechtsstreit maßgebenden Tatsachenstoffes mitzuwirken. 76 Für die Zeugenvernehmung findet der Anspruch auf rechtliches Gehör seine besondere Ausprägung gerade im Fragerecht der Parteien (§ 397 ZPO), ebenso bei der Sachverständigen- und Parteivernehmung (§§ 402, 451 ZPO). Denn die mit dem Sachverhalt vertrauten Parteien sind oftmals am besten in der Lage, die zur Aufklärung sachdienlichen Fragen zu stellen oder leichtfertige Aussagen zu verhindern. 77 Jedermann hat in einem gerichtlichen Verfahren das Recht Tatsachen zu behaupten und hierfür Beweis anzutreten. Dem steht gegenüber, daß der Gegner hiervon Kenntnis erlangen und sich dazu äußern können muß. Das gleiche gilt bei Beweiserhebungen von Amts wegen. Solchen Entscheidungen, denen eine Amtsermittlung vorausgegangen ist, dürfen ebenfalls keine Tatsachen und Beweise zugrundegelegt werden, zu denen sich die Parteien nicht äußern durften. 78

1. Anspruch auf Benachrichtigung

Damit die Parteien ihr Recht auf Teilnahme an der Beweisaufnahme wahrnehmen können, folgt aus dem in § 357 Abs. 1 ZPO aufgestellten Grundsatz zugleich ein Anspruch der Parteien auf rechtzeitige Benachrichtigung von den Beweisterminen. 79 Solange die Beweisaufnahme im Inland vor einem deutschen Gericht erfolgt, ergeben sich hinsichtlich der Benachrichtigung der Parteien oder ihrer Vertreter 75 SteinlJonas-Berger, § 357 Rn. 1; Geimer, Bericht d. dt. Ges. f. V6lkerR, 33 (1994), 213 (243). 76 MünchKomm-ZPO-Musielak, § 357 Rn. 1. 77 Stadler, ZZP 110 (1997), 137 (147); Schneider, ZZP 74 (1961),87 (88). 78 SchwablGottwald. S. 50. 79 Stein I Jonas-Berger, § 357 Rn. 3; MünchKomm-ZPO-Musielak. § 357 Rn. 1.

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2. Teil: Möglichkeiten extraterritorialer Beweiserhebungen

nur selten Probleme. Übertragen auf das Verhältnis der Beweisbeschaffung zur Beweisaufnahme im Ausland bedeutet dies, daß bei Erscheinen eines ausländischen Zeugen vor dem deutschen Prozeßgericht hinsichtlich der Einhaltung der Parteiöffentlichkeit keine besonderen Schwierigkeiten zu erwarten sind. Soll aber die Beweisaufnahme im Ausland im Wege der internationalen Rechtshilfe erfolgen, beispielsweise beim Zeugenbeweis durch Vernehmung des Zeugen durch die ausländische Behörde, so können durchaus Komplikationen hinsichtlich der Einhaltung des Grundsatzes der Parteiöffentlichkeit auftreten. Denn die Frage, ob die Parteien auch an der im Ausland stattfindenden Beweisaufnahme teilnehmen dürfen, richtet sich nicht nach der lex fori, sondern nach dem Recht des jeweiligen Staates, in dem die Beweisaufnahme stattfinden sol1.80 Zwar sehen die meisten ausländischen Rechtsordnungen regelmäßig ein Recht der Parteien auf Teilnahme an der Beweisaufnahme vor. Doch sind die Einwirkungsmöglichkeiten der Parteien gegenüber dem deutschen Recht oftmals erheblich eingeschränkt. 81 Daneben kann es den Parteien auch noch aus tatsächlichen Gründen nicht möglich sein, an der Auslandsbeweisaufnahme teilzunehmen. So kann es vorkommen, daß die Parteien trotz ihres Wunsches, nicht rechtzeitig oder gar nicht benachrichtigt werden 82 oder aber, der Teilnahme stehen von der Staatsangehörigkeit der Parteien abhängig, Einreisevorschriften des ersuchten Staates entgegen. 83 Demgegenüber wird einem in die Bundesrepublik Deutschland einreisenden Ausländer gewöhnlich aufgrund des öffentliches Interesses eine (zweckgebundene) Aufenthaltsbewilligung erteilt (§ 28 Abs. 1 AuslG).84 Da also die aufgezeigten Schwierigkeiten durch Maßnahmen zur Beweisbeschaffung verhindert werden können, ist unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Parteiöffentlichkeit eine Beweisbeschaffung vor einer Beweisaufnahme im Ausland durchzuführen.

2. Kosten

Aber auch aus Kostengründen sollte in Anbetracht der Parteiöffentlichkeit immer zunächst versucht werden, auslandsbelegene Beweismittel vor das Prozeßgericht zu schaffen. Zwar können die Kosten für die Herbeischaffung von Beweismitteln, z. B. beim Zeugenbeweis die Anreisekosten etc., je nach Entfernung entsprechend hoch ausfallen. Umgekehrt muß aber ebenso in Betracht gezogen werden, daß die durch die Anordnung einer Beweisaufnahme im Ausland im Wege der Rechtshilfe entstehenden Kosten zwangsläufig in doppelter Höhe entstehen, soweit nicht beide Prozeßparteien auf eine Teilnahme an der Auslandsbeweisaufnahme 80 81

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83 84

SteinlJonas-Berger, § 363 Rn. 74; Nagel/Gottwald, IZPR, § 6 Rn. 20. MünchKornm-ZPO-Musielak, § 363 Rn. 9. Z. B. OLG CeIIe, NJW-RR 1994,830; BGH, ZZP 74 (1961), 86. Geimer, Berichtd. dt. Ges. f. VölkerR, 33 (1994), 213 (243). Vgl. hierzu Renner, Einreise und Aufenthalt, Rn. 420, 447.

§ 8 Verhältnis der Beweisaufnahme zur Beweisbeschaffung

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verzichten. Denn es handelt sich bei allen durch die Wahrnehmung des Rechts aus § 357 Abs. I ZPO aufgewandten Kosten um erstattungsfähige Kosten, worunter Fahrt- und Reisekosten, Verdienstausfälle sowie Tage-, Übemachtungs- und Zehrgelder fallen. 85 Das bedeutet, daß die Parteien durch die Anordnung einer Beweisaufnahme im Ausland mittelbar zur Inkaufnahme höherer Verfahrenskosten gezwungen werden, wenn sie, wie es rechtsstaatlich eigentlich vorgesehen ist, von ihrem Recht auf Teilnahme an der Beweisaufnahme Gebrauch machen wollen. Hiervon wird gewöhnlich die unterliegende Partei betroffen sein. All dies läßt sich dort nicht vermeiden, wo es keine anderen Möglichkeiten der Beweiserhebung auslandsbelegener Beweismittel mehr gibt, z. B. wenn aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen eine Beweisbeschaffung nicht zulässig oder möglich ist. Jedoch darf eine Beweisaufnahme im Rechtshilfeverfahren nicht zur Folge haben, daß das Recht der Parteien, Fragen zu ,stellen, mehr als nötig geschmälert wird, beispielsweise dadurch, daß den Parteien allein die Möglichkeit zur Stellung schriftlicher Fragen gegeben wird. 86 Dort aber, wo die Möglichkeit der Herbeischaffung noch gegeben ist, sollte diese Chance auch wahrgenommen werden, um auf diese Weise die sonst möglicherweise entstehenden hohen Verfahrenskosten zu senken.

III. Zusammenfassung: Vorrangigkeit der Beweisbeschaffung Das Verhältnis der Beweisbeschaffung aus dem Ausland zur Beweisaufnahme im Ausland läßt sich unter Berücksichtigung des Prinzips der Beweisunmittelbarkeit wie folgt zusammenfassen: Das Prozeßgericht hat bei der Entscheidung über die Art und Weise der extraterritorialen Beweiserhebung die erhebliche Bedeutung des Grundsatzes der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme zu berücksichtigen. Daraus ergibt sich ein Vorrang der Beweisbeschaffung gegenüber der Beweisaufnahme im Ausland. Soweit die Herbeischaffung von Beweismitteln vor das Prozeßgericht aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen scheitert, hat sich das Gericht weiterhin darum zu bemühen, die Beweisaufnahme unmittelbar im Ausland durchführen oder zumindest an ihr teilnehmen zu können, um auf diese Weise dem Unmittelbarkeitsgrundsatz Genüge zu tun. Erst wenn auch diese Maßnahmen nicht erfolgreich sind, hat das Gericht die in den §§ 363, 364 ZPO vorgesehenen Wege zu beschreiten und eine Beweisaufnahme im Rechtshilfeweg vorzunehmen. Die hierdurch bedingte Durchbrechung des Unmittelbarkeitsgrundsatzes ist dann hinzunehmen, weil andere Möglichkeiten der Beweiserlangung und Sachverhaltsaufklärung nicht mehr bestehen. Für diese Auffassung lassen sich die ratio des § 355 ZPO, der Wortlaut des § 363 ZPO und die Systematik dieser Vorschriften anführen. Die hiergegen 85

86

Stein I Jonas-Bork, § 91 Rn. 53, 91; Zöller-Geimer. § 363 Rn. 9. Geimer. Bericht d. dt. Ges. f. VölkerR, 33 (1994), 213 (243).

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2. Teil: Möglichkeiten extraterritorialer Beweiserhebungen

vorgebrachten Einwände, die auf der fehlenden Möglichkeit der Zwangsmittelanwendung im Ausland basieren oder auf Kosten- und Zeitfragen gestützt werden, können nicht überzeugen. Zutreffend ist dagegen die Entscheidung des OLG Celle vom 28. 10. 199387 , wonach zur Einhaltung der Beweisunmittelbarkeit alle verfahrensrechtlichen Möglichkeiten der Sachverhaltsaufklärung auszuschöpfen sind. Damit weist diese jüngste Entscheidung in diesem Bereich auf eine Tendenz in der Rechtsprechung hin, die Durchbrechung des Unmittelbarkeitsgrundsatzes nur ausnahmsweise für zulässig zu erklären und dann auch nur, wenn für die Glaubwürdigkeit kein persönlicher Eindruck erforderlich ist. Auch der Grundsatz der Parteiöffentlichkeit gemäß § 357 Abs. 1 ZPO spricht sowohl aus praktischen Erwägungen als auch aus Kostengründen für eine vorrangige Durchführung von Beweisbeschaffungsmaßnahmen. Da sich das Beweisaufnahmeverfahren bei einer Beweisaufnahme im Ausland im Wege der Rechtshilfe nach der lex fori des Empfangsstaates richtet, können sich hieraus erhebliche Einschränkungen des Teilnahmerechts der Parteien ergeben. Diese Einschränkungen können darauf beruhen, daß den Parteien Ein- und Mitwirkungsmöglichkeiten, die sie vor dem deutschen Prozeßgericht hätten, im Ausland nicht zustehen, die Parteien nicht oder nicht rechtzeitig von dem Beweisaufnahmetermin in Kenntnis gesetzt werden oder sogar Einreisevorschriften des Empfangsstaates einer Teilnahme entgegenstehen. Insgesamt bleibt damit festzuhalten, daß die Beweisbeschaffung aus dem Ausland, soweit sie völkerrechtlich und innerstaatlich zulässig ist88 , aufgrund des Grundsatzes der Beweisunmittelbarkeit und Parteiöffentlichkeit vorrangig vor der Beweisaufnahme im Ausland im Wege der internationalen Rechtshilfe gemäß § 363 ZPO durchzuführen ist.

§ 9 Beweisbeschaffung im Anwendungsgebiet des HBÜ Es stellt sich die Frage, ob dieser Grundsatz auch dann Anwendung findet, wenn die Beweisaufnahme auslandsbelegener Beweismittel staatsvertraglich geregelt ist. Diese Problemstellung ergibt sich insbesondere im Anwendungsbereich des HBÜ, da dieses multilaterale Übereinkommen auch im Verhältnis zu den Staaten des common law, insbesondere den USA, gilt. Die häufig als ,.1ustizkonflikt zwischen den USA und Europa" bezeichnete Problematik besteht in der Reichweite des HBÜ. Hat das Bestehen des HBÜ zwischen den Vertragsstaaten zur Folge, jedes auslandsbelegene Beweismittel diesem Übereinkommen entsprechend aufzunehmen, oder anders gefragt: Besitzt das HBÜ Exklusivität? Das würde letztendlich für das Prozeßgericht bedeuten, allein auf die internationale Rechtshilfe angewie87

OLG Celle, NJW-RR 1994,830.

88

Vgl. dazu den Dritten und Vierten Teil der Arbeit.

§ 9 Beweisbeschaffung im Anwendungsgebiet des HBÜ

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sen zu sein. Oder aber können die einzelnen Vertragsstaaten des HBÜ auch außerhalb des Übereinkommens und damit außerhalb der internationalen Rechtshilfe Beweise im Ausland erheben, wenn sie damit nicht gegen völkerrechtliche Grundsätze verstoßen?

I. ExkIusivität des HBÜ Mit all zu großer Sorge gegen US-amerikanische Übergriffe ist häufig, insbesondere auch von der deutschen Bundesregierung, die Auffassung vertreten worden, daß das HBÜ in seinem Anwendungsbereich ausschließlich anzuwenden sei. Die deutsche Bundesregierung hat gegenüber den USA in verschiedenen amicus curiae-Schriftsätzen89 immer wieder die Ansicht vertreten, der in dem HBÜ vorgesehene Weg der extraterritorialen Beweisaufnahme sei der einzige, mithin genieße das HBÜ Exklusivität. 90 Die Verpflichtung, sich bei auslandsbelegenen Beweismitteln an den im HBÜ vorgesehenen Weg zu halten, ergebe sich aus der ratio legis des HBÜ und aus dem auch im V6lkervertragsrecht geltenden Prinzip von Treu und Glauben ("good faith,,).91 Ein Verstoß gegen Treu und Glauben läge immer dann vor, wenn ein Vertragsstaat außerhalb des Übereinkommens eine Beweisaufnahme in einem anderen Vertragsstaat ohne dessen Zustimmung anordne, Art. 27 bzw. Art. 32 HBÜ. 92 Sinn und Zweck des HBÜ und aller internationalen Übereinkommen im Bereich der internationalen Beweisaufnahme sei, den ausländischen Vertragspartnern auslandsbelegene Beweismittel und Informationen auf völkervertraglicher Grundlage zugänglich zu machen. Synallagmatisches Gegenstück zu dieser vereinbarten Ausführungspflicht sei die völkerrechtliche Verpflichtung des Forumstaates, in einem anderen Vertragsstaat belegene Beweismittel dem HBÜ entsprechend anzufordern. 93 Als Gegenleistung resultiere aus der Rechtshilfeverpflichtung gleichermaßen die Einschränkung im Direktzugriff4, anderenfalls sei das HBÜ nahezu bedeutungslos.95

89 Bei amicus curiae-Schriftsätzen handelt es sich um Stellungnahmen prozeßunbeteiligter Dritter, die das Gericht von der Richtigkeit eines bestimmten Prozeßergebnisses überzeugen wollen, vgl. Schack, Einführung, S. 53 (Fn. 397). 90 Z. B. In re Societe Nationale Industrielle Aerospatiale, Brief for the Federal Republic of Germany as Amicus Curiae, I.L.M. 1986, 1539ff.; zur Entscheidung vgl. Heidenberger, RIW 1987, 666ff.; Koch, IPRax 1987, 328f.; Veltins, DB 1987, 2396ff.; kritisch dazu Heck, NJW 1987,2128 (2129); Nobel, SZW 1995,72 (79); Volken, S. 103 ff. 91 Heck, ZVglRWiss 84 (1985),208 (220); vgl. auch Trittmann, S. 225 ff. 92 Heck, ZVglRWiss 84 (1985),208 (221). 93 Heck, ZVglRWiss 84 (1985),208 (221). 94 Stadler, S. 317. 95 Trittmann, S. 256.

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2. Teil: Möglichkeiten extraterritorialer Beweiserhebungen

11. Keine Exklusivität des HBÜ Im international-zivil prozessualen Schrifttum wird diese Auffassung in zunehmendem Maße kritisiert, mithin eine Exklusivität des HBÜ abgelehnt. 96 Das HBÜ regele lediglich die Durchführung einer Beweisaufnahme im Ausland, wolle jedoch nach innerstaatlichem Recht bestehende Möglichkeiten der Beweisaufnahme im Inland nicht abschneiden. Keiner der Vertragsstaaten wollte sich mit dem Beitritt zu diesem Übereinkommen solcher Befugnisse begeben, die seinen Gerichten zuvor zustanden und im Verhältnis zu anderen Staaten noch zustehen. 97 Das HBÜ habe einen sehr engen sachlichen Anwendungsbereich. Schon seinem Titel nach gelte es nur für Beweisaufnahmen "im Ausland", d. h. es greife immer erst dann ein, wenn sich das Prozeßgericht eines Vertragsstaates zur Durchführung einer Beweisaufnahme in einem anderen Vertragsstaat entschieden habe und den anderen Vertragsstaat um Rechtshilfe ersucht. 98 Für diesen Fall lege dann das HBÜ die technischen Möglichkeiten und Methoden (Rechtshilfe, Konsuln, Beauftragte) fest. 99 Keinesfalls werde das Prozeßgericht eines Vertragsstaates durch das Übereinkommen in seiner Entscheidung präjudiziert, ob es eine Beweisaufnahme seIbst durchführen oder um eine solche nachsuchen möchte. 100

111. Eigene Stellungnahme Die Entscheidung darüber, ob bei auslandsbelegenen Beweismitteln das HBÜ unter den Vertragsstaaten exklusiv anzuwenden ist, hängt in der Tat von der Frage ab, ob die Vertragsstaaten ihre vor dem Beitritt bestehenden Möglichkeiten der Beweisbeschaffung aus dem Ausland aufgeben wollten oder nicht. Diese Frage ist zu verneinen. Bei den Beratungen des Übereinkommens im Haag standen allein die verschiedenen Möglichkeiten der Beweisaufnahme im Ausland zur Debatte. In den Materialien hierzu wird an keiner Stelle die Möglichkeit der Beweisbeschaffung aus dem 96 Schack, IZVR, Rn. 725; ders., Einführung, S. 53ff.; Geimer. IZPR, Rn. 2361; Schlosser. Justizkonflikt, S. 30; Gottwald, FS Habscheid. S. 119 (125); Drobnig, S. 114; Junker. Discovery. S. 401 f.; ders., JZ 1989, 121 (126ff.); Stein/ Jonas-Berger. Anh. § 363 Rn. 8; Schlosser. EuGVÜ, Art. I HBÜ, Rn. 5. m Schlosser. in Habscheid. Justizkonflikt, S. 112; Schack, IZVR, Rn. 725; Junker. Discovery, S. 401. 98 Drobnig, S. 114; Beckmann, IPRax 1990,201 (204); Junker. Herausforderung des Internationalen Zivilprozeßrechts, S. 103 (116). 99 Junker. Discovery, S. 401. 100 Geimer. IZPR, Rn. 2363; Drobnig, S. 114; Beckmann, IPRax 1990, 201 (204); vgl. auch Stümer. JZ 1987, 988 (990): Die vorrangige Bedienung des HBÜ ,,muß selbst den Europäer mit Grausen erfüllen [ ... ]. Oder will man im Ernst für jede gerichtlich angeordnete Urkundenvorlage durch eine Partei die Haager Konvention bemühen, falls die Urkunde in Frankreich, Italien, England etc. lagert?".

§ 9 Beweisbeschaffung im Anwendungsgebiet des HBÜ

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Ausland angesprochen. 101 Daraus kann nur geschlossen werden, daß es den Vertragsstaaten allein um die Regelung der Durchführung einer Beweisaufnahme im anderen Vertragsstaat ging, ohne sich ihrer bis dahin bestehenden (völkerrechtlich und innerstaatlich zulässigen) Möglichkeiten der Beweisbeschaffung zu begeben. Hiergegen kann auch nicht eingewandt werden, daß aus der zwischen den Vertragsstaaten vereinbarten Ausführungspflicht internationaler Rechtshilfe, quasi als synallagmatisches Gegenstück, eine Einschränkung im Direktzugriff bzw. eine völkerrechtliche Verpflichtung, auslandsbelegene Beweismittel entsprechend dem HBÜ anzufordern, resultiere. Soweit nämlich deutsche Gerichte tatsächlich Beweisbeschlüsse bei ausländischen und im Ausland lebenden Parteien allein nach dem HBÜ durchführen müßten, dann würde dies, worauf Junker lO2 mit Recht hinweist, für den Rechtshilfeverkehr einen Zusammenbruch bedeuten. Außerdem würde die Annahme einer synallagmatischen Gegenleistung, auslandsbelegene Beweismittel stets allein dem HBÜ entsprechend anzufordern, aus deutscher Sicht bedeuten, daß mit dem Beitritt zu dem Übereinkommen eines der bedeutendsten innerprozessualen Grundsätze, die Beweisunmittelbarkeit, für den Fall der Auslandsbelegenheit von Beweismitteln preisgegeben wurde. Denn von wenigen Ausnahmen (Art. 17 HBÜ) abgesehen, ist die Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme durch das HBÜ nicht gewährleistet. Eine solche synallagmatische Gegenleistung kann nicht angenommen werden. Es entspricht geradezu einer Selbstverständlichkeit, daß jedes Gericht der verschiedenen Vertrags staaten eine eigene Beweiserhebung der auslandsbelegenen Beweismittel gegenüber einem Rechtshilfeersuchen vorzieht. Aus deutscher Sicht wird so die Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme gewährleistet sowie Kosten, Zeit und auch das Risiko von Mißverständnissen erspart. 103 Das HBÜ regelt daher ausschließlich diejenigen Fälle, in denen sich das Prozeßgericht zur Durchführung einer Beweisaufnahme in einem anderen Vertragsstaat entschieden hat. Für diesen Fall, und zwar nur für diesen, besitzt das HBÜ, insoweit ist der Gegenansicht zuzustimmen, Exklusivität. Desweiteren muß den Befürwortern der Exklusivität und hierbei insbesondere der Auffassung der deutschen Bundesregierung entgegengehalten werden, daß sie sich damit in Widerspruch zur teilweise national geübten Gerichtspraxis setzt. Auch deutsche Gerichte haben keine Bedenken, eine Partei zu Handlungen zu verurteilen, die im Ausland vorgenommen werden müssen lO4 oder aber eine ausländische Partei zur Mitwirkung an der Beweisaufnahme zu verpflichten (§ 372 a ZPO) und an seine Weigerung negative Konsequenzen zu knüpfen lO5 • Von Bodungen/ lestaedt, FS Stiefel, S. 63 (73). lunker; Discovery, S. 402. 103 Drobnig, S. 114. 104 OLG Stuttgart, ZZP 97 (1984), 487 (488): Errichtung eines Gitters auf einem spanischen Grundstück. 101

102

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2. Teil: Möglichkeiten extraterritorialer Beweiserhebungen

Zusammenfassend bleibt somit festzustellen, daß keine Verpflichtung und kein Zwang der einzelnen Vertragsstaaten besteht, dem HBÜ entsprechend vorzugehen, wenn sich Beweismittel in einem anderen Vertragsstaat befinden. Keiner der Vertragsstaaten muß aufgrund seines Beitritts zum HBÜ auf innerstaatlich und völkerrechtlich zulässige Maßnahmen der Beweisbeschaffung verzichten. Exklusivität besitzt das HBÜ nicht.

lOS BGH, NJW 1986,2371: Weigerung eines Italieners, eine Blutentnahme zwecks Vaterschaftsfeststellung zu dulden. Der BGH hat es für zulässig erachtet, daß die Anordnung zur Blutentnahme direkt vom Prozeßgericht an den Beklagten nach Italien übermittelt wurde. Obwohl auch Italien Vertragsstaat des HBÜ war, konnte nach Ansicht des BGH auf ein Rechtshilfeersuchen an die italienischen Behörden verzichtet werden, da dies nicht erfolgversprechend gewesen wäre. Vgl. hierzu auch die Anmerkungen von Schlosser, IPRax 1987, 153; Stürner, lZ 1987,44,607; Schröder, lZ 1987, 605.

Dritter Teil

Völkerrechtliche Zulässigkeit extraterritorialer BeweisbeschafTung Nachdem im zweiten Teil der Arbeit festgestellt worden ist, daß jedes Gericht aufgrund des ihn verpflichtenden Grundsatzes der Beweisunmittelbarkeit und der Parteiöffentlichkeit vorrangig Maßnahmen zur Beweisbeschaffung auslandsbelegener Beweismittel vor das Prozeßgericht ergreifen und erst sekundär eine Beweisaufnahme im Ausland durchführen sollte, wird in diesem dritten Teil der Arbeit die völkerrechtliche Zulässigkeit und Reichweite extraterritorialer Beweisbeschaffungsmaßnahmen untersucht. Die Reichweite des völkerrechtlich Zulässigen hängt von der jeweils angeordneten Beweisbeschaffungsmaßnahme ab, und vor allem aber auch von der Frage, ob die angeordnete Maßnahme mit der Androhung von Zwangsmitteln verbunden ist. Daher wird im folgenden stets zu differenzieren sein zwischen der völkerrechtlichen Zulässigkeit der Anordnung von Beweisbeschaffungsmaßnahmen, ihrer Durchsetzbarkeit (Umfang der Zwangsmittelandrohung bzw. -anwendung) und ihrer Übermittlung in das Ausland.

§ 10 Zulässigkeit grenzüberschreitender Anordnungen: Differenzierung nach Adressaten Zunächst gilt es festzustellen, daß die Reichweite der völkerrechtlichen Zulässigkeit grenzüberschreitender Anordnungen zur Beweisbeschaffung vom jeweiligen Adressaten der Anordnung abhängt. Die Beweisbeschaffungsanordnung kann sich an eine Partei oder an Dritte, Zeugen oder Sachverständige richten. Bei Anordnungen gegenüber Dritten gehen die Auffassungen hinsichtlich der Reichweite zulässiger Maßnahmen weit auseinander. Demgegenüber besteht bei Anordnungen gegenüber einer sich im Ausland aufhaltenden Partei im Ergebnis dahingehend Einigkeit, daß die Grenze völkerrechtlicher Unzulässigkeit angeordneter Maßnahmen selten erreicht sein wird bzw. grenzüberschreitende Aufforderungen in erheblichem Ausmaß hinzunehmen sind.' 1

Leipold. lex fori. S. 64; Geimer, IZPR. Rn. 2381.

6 Daoudi

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3. Teil: Völkerrechtliche Zulässigkeit extraterritorialer Beweisbeschaffung

Trotz der diesbezüglichen Einigkeit im Ergebnis sind die Begründungsansätze für die Reichweite völkerrechtlich zulässiger Maßnahmen gegenüber Parteien und Dritten sehr verschieden. Dabei stellt sich neben der Frage nach der inhaltlichen Zulässigkeit auch die Frage, ob und mit welchen Zwangsmitteln grenzüberschreitende Beweisbeschaffungsanordnungen versehen und notfalls durchgesetzt werden dürfen. I. "Iex-fori-Regel" nach Leipold Die völkerrechtlichen Grenzen von grenzüberschreitenden Anordnungen zur Beweisbeschaffung sowie die notwendige Differenzierung zwischen Parteien und Nichtparteien begründet Leipold mit Hilfe der lex-fori-Regel. Er mißt dieser Regel einen völkerrechtlichen Gehalt bei, spricht ihr den Charakter von Völkergewohnheitsrecht zu. 2 Bei der lex-fori-Regel handele es sich um eine international anerkannte Regel, die von jedem Staat respektiert werde, da jeder Staat das Recht eines anderen Staates anerkenne, das Verfahren vor seinen Gerichten selbst zu gestalten. 3 Insofern sei die lex-fori-Regel ihrerseits Ausdruck staatlicher Souveränität. Wenn dieser Grundsatz nicht ausgehöhlt werden solle, könne das nur bedeuten, daß nicht jede grenzüberschreitende Wirkung gerichtlicher Prozeßhandlungen die ausländische Gebietshoheit beeinträchtige und einen völkerrechtlich unzulässigen Eingriff darstelle. 4 Daher sei es naheliegend, jedenfalls einen Teil der Anordnungen mit grenzüberschreitender Wirkung allein durch den völkerrechtlichen Gehalt der lex-fori-Regel zu rechtfertigen. An dieser Stelle setzt Leipold mit der Unterscheidung zwischen Parteien und Dritten an: Durch den völkerrechtlichen Gehalt der lex-fori-Regel seien Anordnungen an Prozeßparteien in weitem Umfang hinzunehmen, da die Einbeziehung der Parteien in das Prozeßrechtsverhältnis nach Maßgabe der lex fori unverzichtbar sei, und zwar auch bei Parteien mit auslandsbelegenem Wohnsitz. s Nur so sei die lex-foriRegel überhaupt funktionstüchtig zu erhalten, denn jeder Zivilprozeß sei gegenüber den Prozeßparteien mit einer Vielzahl von Pflichten und Obliegenheiten verbunden, die geradezu notwendigerweise grenzüberschreitend wirkten, sobald eine Partei ihren Sitz oder Wohnsitz im Ausland habe. Gegenüber Parteien seien daher grenzüberschreitende Anordnungen in erheblichem Ausmaß hinzunehmen, was insbesondere für die Ladung zu Verhandlungsterminen aber auch für die Aufforderung zur Abgabe schriftlicher Erklärungen gelte. 6 Diesbezüglich sei die Gebietshoheit des ausländischen Staates auch dann nicht verletzt, wenn die Anordnungen mit innerprozessualen Sanktionen verbunden würden, vorausgesetzt, es Leipold. Leipold. 4 Leipold. 5 Leipold. 6 Leipold. 2

3

lex fori, lex fori, lex fori, lex fori, lex fori,

S. 29f. S. 30. S. 55. S. 55. S. 64.

§ 10 Differenzierung nach Adressaten

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handele sich um derartige die Partei als solche treffende Pflichten und Obliegenheiten. 7 Die Grenze des völkerrechtlich Zulässigen sei aber dann erreicht, wenn auf die im ausländischen Staat wohnende Partei durch Androhung von unmittelbaren und nicht nur innerprozessual wirkenden Sanktionen eingewirkt werden solle, beispielsweise durch Androhung von Strafen oder Beugemitteln. 8 Bei extraterritorial wirkenden Aufforderungen zum Beweismitteltransfer gegenüber Dritten ergebe der völkerrechtliche Gehalt der lex-fori-Regel keinen hinlänglichen Grund zu einer Einschränkung des Souveränitätsanspruchs des ausländischen Staates. Dritte werden durch die Anhängigkeit des Prozesses zunächst nicht in das Prozeßrechtsverhältnis einbezogen, sondern erst durch die grenzüberschreitende Aufforderung zum Erscheinen, zur schriftlichen Aussage oder zur Vorlage einer Urkunde. Daher sei die Gebietshoheit des ausländischen Staates bereits durch die Aufforderung zu einer schriftlichen Aussage an einen im Ausland wohnenden Zeugen oder zum Erscheinen vor dem Prozeßgericht verletzt, selbst wenn diese nicht mit einer Sanktionsandrohung verbunden werde. 9 Hierauf könnte weder die Staatsangehörigkeit des Dritten Einfluß nehmen, da die durch die Staatsangehörigkeit begründete Personalhoheit eines Staates ihre Grenze an der Gebietshoheit anderer Staaten finde, noch könnte sich aus einem möglichen Einverständnis des Dritten etwas anderes ergeben, da dieser nicht über die Gebietshoheit des Staates verfügen könne. 10

11. "Annexzuständigkeit" nach Schlosser Schlosser geht von einem Annex zur internationalen Zuständigkeit aus. Habe ein Staat in völkerrechtlich akzeptabler Weise internationale Zuständigkeit in Anspruch genommen, so seien auslands ansässige Prozeßparteien genau wie auch Inlandsbewohner zur Mitwirkung im laufenden Verfahren verpflichtet. 11 Ausgangspunkt seiner Überlegung ist, daß noch nie ein Gericht irgendeines Staates Bedenken gehabt habe, Parteien zu Handlungen oder Unterlassungen zu verurteilen, die im Ausland vorzunehmen seien. Dies gelte ebenso für deutsche Gerichte. So ist in einer Entscheidung des OLG Stuttgart aus dem Jahre 1984 der deutsche Beklagte zur Anbringung eines Gitters an seinem Schwimmbecken auf einem spanischen Feriengrundstück verurteilt worden. 12 Das LG Nümberg Fürth verurteilte einen italienischen Beklagten zur Überlassung eines Buchauszugs und zur Abrechnung und drohte für den Fall der Nichtleistung Zwangsmittel an. 13 In seiner EntscheiLeipold, lex fori, S. 65. Leipold, lex fori, S. 66. 9 Leipold, lex fori, S. 63. 10 Leipold, lex fori, S. 63 (Fn. 122). 11 Schlosser. FS Lorenz, S. 497 (510).

7

8

12

UJ> 97 (1984), 487.

13

IPRspr. 1974, Nr. 188.

84

3. Teil: Völkerrechtliche Zulässigkeit extraterritorialer Beweisbeschaffung

dung aus dem Jahre 1980 hat das OLG Nürnberg einen materiell-rechtlichen Auskunftsanspruch gegen einen im Ausland wohnenden Erbschaftsbesitzer grenzüberschreitend durchgesetzt und sogar zur Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung verurteilt. 14 Könnten die Prozeßparteien aus völkerrechtlicher Sicht zulässig zur Vornahme solcher Handlungen im Ausland verurteilt werden, so könne für die Mitwirkungspflichten der Prozeßparteien im laufenden Verfahren nichts anderes gelten. 15 Die Entscheidung, eine ausländische Prozeßpartei hinsichtlich ihrer Mitwirkungspflichten behutsamer zu behandeln als eine inländische, würde auf Kosten der prozessualen Waffengleichheit gehen. 16 Kein Gericht der Welt sei völkerrechtlich verpflichtet, ausländische Prozeßparteien schonender als inländische zu behandeln, wenn es darum ginge, ihnen im laufenden Verfahren Mitwirkungshandlungen aufzuerlegen. 17 Und auch gegenüber der Person des Dritten (,,Informanten") müsse Gerichtsbarkeit in Anspruch genommen werden können, wenn sein Wissen für einen Inlandsprozeß verwertet werden soll. Hierzu genüge allerdings nicht bereits, daß die Information für einen legitimerweise im Inland laufenden Prozeß benötigt werde. Vielmehr müsse in diesem Fall eine besondere Rechtfertigung gegeben sein, damit eine Person im Forumstaat gerichtspflichtig sei. Ein durch den Gerichtsstaat reisender Ausländer könne nicht zur Zeugenaussage gezwungen werden. Demgegenüber könne aber ein im Ausland wohnender Erbschaftsbesitzer eines deutschen, in Deutschland wohnhaft gewesenen Erblassers sehr wohl zur Auskunftserteilung gezwungen werden, gleich ob durch Klage oder Ladung als Zeuge. 18 Mit seiner Auffassung hält Schlosser an der früh entwickelten Meinung fest, wonach mit der internationalen Zuständigkeit die beweisrechtliche Zuständigkeit gleichsam als Annex verbunden sei. Bereits 1938 traf Neumeyer folgende Feststellung: ,,Nimmt ein Staat Zuständigkeit für einen Prozeß und damit über den Beweis in Anspruch, so sind die Parteien seinen Befehlen schlechthin unterworfen, ohne Unterschied ihrer Staatsangehörigkeit oder ihres Aufenthaltortes, ohne Unterschied, wo ein Gegenstand, den sie nach Beweisrecht vorzulegen haben, sich befindet. Völlig anders verhält es sich jedoch mit der Herrschaft über dritte Personen, denen im Dienst des staatlichen Interesses am Rechtsstreit Hilfspflichten auferlegt werden, Zeugen, Besitzer von Beweisstücken, Sachverständige. Die Zuständigkeit für den Prozeß gibt noch keine Herrschaft über die Auskunftspersonen, es bedarf eines selbständigen Rechtsgrundes, ihnen die öffentliche Last einer Mitwirkung aufzuerlegen." 19 14 IPRspr. 1980, Nr. 144; weitere Beispiele bei Schlosser; lustizkonflikt, S. 18; vgl. auch Schade, IZVR, Rn. 712. 15 Schlosser; lustizkonflikt, S. 19. 16 Schlosser; lustizkonflikt, S. 21 f. 17 Schlosser; ZZP 101 (1988),327 (331). 18 Schlosser; FS Lorenz, S. 497 (511). 19 Neumeyer; RabelsZ 43 (1979), 225 (239), [Manuskript 1938].

§ 10 Differenzierung nach Adressaten

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Aber auch heute noch wird im überwiegenden Teil des international-zivilprozessualen Schrifttums die weitgehende völkerrechtliche Zulässigkeit grenzüberschreitender Anordnungen gegenüber Parteien und ihre Trennung von solchen gegenüber Dritten mit der internationalen Zuständigkeit2o, teilweise mit dem bestehenden Prozeßrechtsverhältnis21 begründet.

IH. Internationale "Beweiszuständigkeit" nach Mössle

Mössle sieht eine Lösung der völkerrechtlichen Problematik extraterritorialer Beweisbeschaffung in dem, im Anschluß an die in den USA verwendete Bezeichnungjurisdiction over evidence22 und auf die Anregung von Kaufmann-Kohler, für die extraterritoriale Anwendung von Beweisbeschaffungsnormen "un troisieme type de juridiction" zu bilden 23 , von ihm entwickelten Begriff der internationalen ,,Beweiszuständigkeit" . Hierunter versteht er "die Befugnis der Gerichte oder Behörden, im Ausland befindliche Beweismittel - sowohl Urkunden als auch Zeugen - direkt, d. h. ohne Inanspruchnahme von Rechtshilfe, durch extraterritoriale Auskunftsverlangen anzufordern und bei Nichtbefolgung der Anordnung Sanktionen zu verhängen".24 Die internationale Beweiszuständigkeit sei gegenüber der internationalen Zuständigkeit als ein "separates Phänomen" zu sehen, denn aus der internationalen Zuständigkeit folge noch nicht die Befugnis, auslandsbezogene Beweisanordnungen zu erlassen. 25 Die Voraussetzungen der internationalen Beweiszuständigkeit werden von Mössle anhand der US-Doktrin umschrieben, die sich auf drei wesentliche Begriffe des US-amerikanischen Prozeßrechts konzentriert: Zunächst muß internationale Zuständigkeit - personal jurisdiction - gegeben sein, d. h. die staatliche Stelle, von der das extraterritoriale Auskunftsverlangen ausgeht, muß Hoheitsgewalt über den Adressaten (Beteiligte oder Zeugen) besitzen, um damit die Beweisbeschaffung anordnen zu dürfen. 26 Eine Differenzierung zwischen Verfahrensbeteiligten und Dritten erfolgt nach Mössle an dieser Stelle noch nicht. Grundsätzlich könne ein Zeuge nach Völkerrecht immer dann zur Aussage verpflichtet werden, wenn er als Person hinreichende Kontakte mit dem Forumstaat aufweise, welche die Ausübung von Hoheitsgewalt - personal jurisdiction - durch inländische Gerichte oder 20 Geimer, IZPR, Rn. 431; Gottwald, FS Habscheid, S. 119 (125); Schabenberger, S. 160; vgl. auch Pfeiffer, S. 77 (89 f.). 21 Schack, IZVR, Rn. 711 ff. 22 V gl. Hermann, Conflicts of National Laws, S. 78 . 23 Kaufmann-Kohler, Schweizer JbiR XLI 1985, 110 (117, Fn. 30). 24 Mössle, S. 200. 2!1 Mössle, S. 200. 26 Mössle, S. 207.

86

3. Teil: Völkerrechtliche Zulässigkeit extraterritorialer Beweisbeschaffung

Behörden als sachgemäß erscheinen ließen. Mit Bestehen der Hoheitsgewalt über die Person sei immer auch automatisch die Beweiszuständigkeit gegeben. 27 Weiterhin muß der Adressat des Auskunftsverlangens Verfügungsmacht über das Beweismittel - control - haben. Mit dem dritten Begriff - comity - versucht Mössle die Grenzen extraterritorialer Auskunftsverlangen festzulegen, um so zu einer völkerrechtlich akzeptablen Lösung zu gelangen. Die Prüfung dieser dritten Voraussetzung erfolgt zweistufig durch Prüfung der völkerrechtlichen Grenze der Beweiszuständigkeit zum einen und der Ausübung der aus der Beweiszuständigkeit folgenden Befugnisse zum anderen. Die internationale Beweiszuständigkeit sei nur dann gegeben, wenn die Tatsachen, auf die sich die angeforderten Beweismittel beziehen, hinreichende Bezüge zum inländischen Territorium aufweisen, anderenfalls seien die begehrten Informationen in völkerrechtlich zulässiger Weise nur auf dem Rechtshilfeweg zu erreichen.28 Hinsichtlich der Ausübung der aus der Beweiszuständigkeit folgenden Befugnisse ergebe sich nach dem comity-Gedanken eine Grenze in der allgemeinen völkerrechtlichen Pflicht zur Rücksichtnahme. 29 Die Differenzierung zwischen Verfahrensbeteiligten und Dritten beginnt nach Mössle daher an dieser Stelle. Erst bei der Ausübung der Beweiszuständigkeit sei zu prüfen, ob durch Vorschriften nationalen Verfahrens- oder Verfassungsrechts einer Inanspruchnahme unbeteiligter Dritter Grenzen gesetzt würden. 3o

IV. "Staatsangehörigkeit" als Unterscheidungsmerkmal Insbesondere Geimer 31 und Schack32 differenzieren hinsichtlich der Reichweite völkerrechtlich zulässiger Maßnahmen und Anordnungen gegenüber Dritten nach deren Staatsangehörigkeit. Grenzüberschreitende Anordnungen gegenüber Parteien seien ohnehin kraft der internationalen Zuständigkeit bzw. kraft des Prozeßrechtsverhältnisses völkerrechtlich zulässig. Hier komme es auf die Staatsangehörigkeit der Partei nicht an. Denn der Prozeßpartei obliege eine weitreichende prozessuale Mitwirkungspflicht, die auch mit den (wenigen) vorhandenen Zwangsmitteln der ZPO durchgesetzt werden könne, wobei die Zwangsausübung selbstverständlich nur auf das eigene Territorium beschränkt sei. Grenzüberschreitende Anordnungen gegenüber Dritten, die die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen, seien kraft der Personalhoheit Deutschlands völkerrechtlich zulässig. Deutsche Staatsangehörige unterlägen grundsätzlich, und zwar unab27 28

29 30

31

32

Mössle, Mössle, Mössle, Mössle,

S. 341. S. 438, 445 ff. S. 451 ff. S. 439, 458. Geimer. lZPR, Rn. 427 ff. Schock, IZVR, Rn. 715 f.

§ 10 Differenzierung nach Adressaten

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hängig von ihrem Wohnort, der deutschen Gerichtsgewalt. Sie seien daher zeugnispflichtig und könnten auch durch Zwangsandrohung (z. B. § 390 ZPO) zur Mitwirkung veraniaßt werden, ohne daß eine Souveränitätsverletzung des Aufenthaltsstaates gegeben sei. 33 Freilich ist auch hier die Zwangsausübung auf das deutsche Territorium beschränkt. Von der völkerrechtlichen Zulässigkeit gegenüber eigenen Staatsangehörigen sei jedoch die Frage zu trennen, ob und inwieweit dem Betroffenen das Erscheinen im Gerichtsstaat zuzumuten ist. Aus dem Übermaßverbot, das "als völkerrechtlich verbürgtes Menschenrecht den Handlungsspielraum der Staaten gegenüber ihren eigenen Staatsangehörigen einschränkt", ergebe sich, daß auch von Völkerrechts wegen geprüft werden müsse, ob wegen zu großer Entfernung oder aus einem anderen wichtigen Grund ein Erscheinen im Gerichtsstaat unzumutbar ist. 34 Handele es sich bei den auslandsansässigen Dritten dagegen um fremde Staatsangehörige, so unterfielen diese nicht der deutschen Gerichtsgewalt, mit der Konsequenz, daß sie auch nicht zeugnispflichtig seien. Fremde Staatsangehörige könnten daher nicht unter Androhung von Zwangs- bzw. Ordnungsmitteln (§§ 377 Abs. 2 Nr. 3,402 ZPO) zum Erscheinen vor einem deutschen Gericht oder zur Vorlage von Urkunden aufgefordert werden. Stattdessen könne das deutsche Gericht jedoch versuchen, den im Ausland lebenden Dritten zu veranlassen, freiwillig an der Beweisbeschaffungsmaßnahme, sei es durch Erscheinen vor Gericht, durch Beantwortung von Beweisfragen oder durch Vorlage von Urkunden mitzuwirken. Eine solche formlose Anfrage um freiwillige Mithilfe sei völkerrechtlich nicht zu beanstanden und verletze nicht die Souveränität des Aufenthaltsstaates. 35

V. Eigene Stellungnahme Die Reichweite der völkerrechtlichen Zulässigkeit grenzüberschreitender Anordnungen zur Beweisbeschaffung hängt nach einheitlicher Auffassung vom jeweiligen Adressaten ab. Anordnungen zur Beweisbeschaffung sind gegenüber Parteien in weitem Umfang zulässig. Dies ergibt sich aus dem Prozeßrechtsverhältnis und als Annex aus der internationalen Zuständigkeit. Ob es bei Anordnungen gegenüber den Parteien eines Rückgriffs auf den lex-fori-Grundsatz bedarf oder ob die Zulässigkeit aus einer besonderen "Beweiszuständigkeit" folgt, mag an dieser Stelle dahinstehen. Denn jedenfalls wird die Zulässigkeit allgemein bejaht. In diesem Zusammenhang ist im Ergebnis lediglich die Frage der Durchsetzbarkeit (Umfang der Androhung bzw. Anwendung von Zwangsmitteln) und der Übermittlung der Anordnung problematisch. 33 Schack. IZVR, Rn. 715; Geimer, IZPR, Rn. 427; das .• IPRax 1997, 137 (139); so auch Schabenberger, S. 154ff. 34 Geimer, IZPR, Rn. 428. 3S Schack, IZVR, Rn. 716; Geimer, IZPR, Rn. 430; Gottwald, FS Habscheid, S. 119 (128); MünchKomm-ZPO-Damrau, § 377 Rn. 5, 14.

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3. Teil: Völkerrechtliche Zulässigkeit extraterritorialer Beweisbeschaffung

Demgegenüber hat sich bei Beweisbeschaffungsanordnungen gegenüber Dritten noch keine einheitliche Meinung gebildet.

1. Keine Notwendigkeit internationaler .. Beweiszuständigkeit"

Der Versuch Mössles, mit Hilfe der internationalen "Beweiszuständigkeit" ein angemessenes Lösungsmodell zu entwickeln, überzeugt nicht. Mössle kann nicht hinreichend darlegen, wieso neben der internationalen Zuständigkeit eine in der Sache zu unterscheidende internationale ,,Beweiszuständigkeit" - quasi als "separates Phänomen" - erforderlich ist. Soweit er davon ausgeht, daß als erste Voraussetzung der internationalen Beweiszuständigkeit die internationale Zuständigkeit gegeben sein muß, und er zudem annimmt, daß mit Bestehen der Hoheitsgewalt über die Beweisperson die internationale Zuständigkeit gegeben sei, so erscheint dieser Ansatz inkonsequent. Denn auf die weiteren Voraussetzungen, control und comity, käme es demnach nicht mehr an. 36 Im übrigen ist auch zu bedenken, daß die "personal jurisdiction", die Mössle als erste Voraussetzung der internationalen Beweiszuständigkeit fordert, in den Vereinigten Staaten eine ganz andere Reichweite hat, als dies in Deutschland der Fall ist. Ferner erscheint die Ansicht zweifelhaft, aus dem Bestehen der internationalen Zuständigkeit folge noch nicht die Befugnis, auslandsbezogene Beweisanordnungen zu erlassen.

2... Besondere Rechtfenigung" gegenüber Dritten aus lex-fori-Regel

Schlosse?7 folgert mit der h.M. bereits aus dem Bestehen der internationalen Zuständigkeit die völkerrechtliche Zulässigkeit zum Erlaß von Beweisbeschaffungsanordnungen zumindest gegenüber den Parteien, fordert aber für Anordnungen gegenüber Dritten eine besondere Rechtfertigung. Worin diese besondere Rechtfertigung besteht oder bestehen soll schildert Schlosser hingegen nicht abstrakt; vielmehr erläutert er dies anhand von Beispielen. Es fragt sich jedoch, ob dieser Ansatz nicht so ausgeweitet werden könnte, daß sich hieraus eine konkrete Regel ableiten ließe. Dies ist m.E. durchaus möglich. Als besondere Rechtfertigung zur Anordnung von Beweisbeschaffungsmaßnahmen gegenüber Dritten ist dabei nicht bloß auf Inlandskontakte etc. abzustellen, wie von Schlosser vorgeschlagen, sondern stattdessen der lex fori Grundsatz heranzuziehen. Aus dem lex fori Grundsatz ergibt sich die besondere Rechtfertigung des Forumstaates auch gegenüber Dritten Beweisbeschaffungsanordnungen zu erlassen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn man mit Leipold davon ausgeht, daß dem lex fori Grundsatz der Charakter von Völkergewohnheitsrecht zukommt. Dies kann 36 Vgl. auch Schlosser; FS Lorenz, S. 510; Schabenberger; S. 148; kritisch auch Geimer; lZPR, Rn. 2383. 37 Schlosser; FS Lorenz, S. 51Of.

§ 10 Differenzierung nach Adressaten

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unproblematisch angenommen werden, da in der Tat jeder Staat anerkennt, daß andere Staaten das Verfahren vor ihren Gerichten selbst gestalten. Das gilt unabhängig davon, ob es sich bei den Parteien um Inländer oder Ausländer handelt. 38 Um aber den lex fori Grundsatz als besondere Rechtfertigung bei Anordnungen gegenüber Dritten heranziehen zu können, muß dieser Grundsatz auch auf Dritte und nicht lediglich auf Prozeßparteien anwendbar sein. Leipold geht in seiner lexfori-Theorie davon aus, dieser Grundsatz sei nur auf Prozeßparteien anwendbar, da nur zwischen ihnen das Prozeßrechtsverhältnis entstünde, bzw. die Einbeziehung der Prozeßpartei in das Prozeßrechtsverhältnis nach Maßgabe der lex fori unverzichtbar sei, auch wenn die Partei ihren Wohnsitz oder Sitz im Ausland habe?9 Demgegenüber ergebe der völkerrechtliche Gehalt der lex-fori-Regel keinen ausreichenden Grund zu einer Einschränkung des Souveränitätsanspruchs des ausländischen Staates, soweit es sich lediglich um Anordnungen gegenüber Dritten handele, da Dritte erst mit grenzüberschreitenden Anordnungen in den Prozeß einbezogen würden. An dieser Haltung Leipolds hat zu Recht bereits Schlosser Kritik geübt. Soweit Staaten Zivilprozesse nach ihrer jeweiligen lex fori respektierten, gebe es keinen Grund, die lex fori gegenüber Dritten auszuschließen. 4o Außerdem sei die Unterscheidung als solche fungibel. Die Frage, ob Dritten prozessuale Mitwirkungspflichten auferlegt würden oder ob sie materiell-rechtlichen Auskunftspflichten unterlägen, könne von Rechtsordnung zu Rechtsordnung sehr verschieden sein. Es sei daher nicht vorstellbar, daß danach die Inpflichtnahme von Dritten in dem einen Fall völkerrechtlich erlaubt sei und im anderen nicht. 41 Dem kann nur zugestimmt werden. Der Sinn und Zweck des lex fori Grundsatzes kann nur dann umgesetzt werden, wenn von ihm auch Dritte erfaßt werden. Der Zivilprozeß ist mit seinem Beibringungsgrundsatz von dem Vortrag streitiger Behauptungen geprägt. Entscheidend für den Ausgang von Prozessen ist die Beweisbarkeit der behaupteten Tatsachen, um nicht an Beweislastgrundsätzen zu scheitern. Die Beweis- und Informationsbeschaffung stellt somit ein Kernstück des Zivilprozesses dar.42 Wenn nun tatsächlich jeder Staat das Recht eines anderen Staates anerkennt, das Verfahren vor seinen Gerichten selbst zu gestalten - Anerkennung des lex fori Grundsatzes -, dann muß dies auch gegenüber Dritten gelten und nicht lediglich für Prozeßparteien. Die Beweisführung erfolgt zumeist durch Beteiligung Dritter, entweder als Zeugen oder Sachverständige sowie als Inhaber von Urkunden. Die allseitige Anerkennung des lex fori Grundsatzes macht nur dann Sinn, wenn die 38

39 40 41

42

H. Roth, FS Stree/Wessels, S. 1045. Leipold, lex fori, S. 55. Schlosser, FS Lorenz, S. 508 f. Schlosser, FS Lorenz, S. 508. Junker, Informationsbeschaffung, S. 63 (65).

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3. Teil: Völkerrechtliche Zulässigkeit extraterritorialer Beweisbeschaffung

Anerkennung als solche zu einem reibungslosen Ablauf des Verfahrens 43 in dem jeweiligen Forumstaat führt. Fragen, die ausschließlich den Fortgang des Verfahrens betreffen, müssen vom Gericht ohne Aufschub und Verzögerung entschieden werden können.44 Als Zwischenergebnis bleibt demnach zunächst festzuhalten, daß das Bestehen der internationalen Zuständigkeit LY.m. dem lex fori Prinzip grundsätzlich einen ausreichenden Grund zur Einschränkung des Souveränitätsanspruchs des ausländischen Staates gibt, und zwar auch hinsichtlich solcher Anordnungen zur Beweisbeschaffung, die gegenüber Dritten ergehen.

3. Fortwirken der Personalhoheit trotzfremder Gebietshoheit

Dieser Grundsatz kann selbstverständlich nicht ohne Ausnahme gelten. Kein Staat würde aufgrund der Anerkennung eines völkerrechtlichen Grundsatzes auf die Ausübung seiner Gebietshoheit verzichten, die zwangsläufig immer berührt ist, sobald sich der Adressat der Beweisbeschaffungsanordnung auf seinem Territorium aufhält. Dies gilt umso mehr, wenn es sich bei dem Dritten um eigene oder fremde Staatsangehörige handelt, also solchen, die jedenfalls nicht die Staatsangehörigkeit des Forumstaates besitzen. In diesem Zusammenhang stellt sich daher die Frage, ob und inwieweit sich die Staatsangehörigkeit des Adressaten der Beweisbeschaffungsanordnung auf das soeben formulierte Zwischenergebnis auswirkt und gegebenenfalls die völkerrechtliche Zulässigkeit von Anordnungen gegenüber Dritten einschränkt. Der Gebietshoheit des ausländischen Staates steht die Personalhoheit des Forumstaates gegenüber, wenn es sich bei dem Dritten um einen Staatsangehörigen des Forumstaates handelt. Die Personalhoheit des Forumstaates endet dabei nicht an der Staatsgrenze, an welcher die Gebietshoheit des ausländischen Staates beginnt, sondern wirkt auch auf dem Territorium des ausländischen Staates fort. 45 43 Auch die US-amerikanische Prozeßordnung geht von dem Gedanken aus, daß die Kenntnis al1er relevanten Tatsachen Voraussetzung für einen sachgerechten Prozeß ist, vgl. lander/Stubbe. WiB 1996.201 (202). 44 laeckel. S. 47. 45 Doehring, Rn. 812; Schack, IZVR, Rn. 715; Geimer; IZPR, Rn. 427, 2388; Stein! JonasSchumann, (20. Aufl.), § 377 Rn. 34; Nagel/Gottwald, IZPR. § 8 Rn. 5; Geimer E., S. 44; Schabenberger; S. 36; Seidl-Hohenveldern, Rn. 1363; a.A.: Leipold, lex fori, S. 122 (Fn. 122); Wieczorek. § 377 Anm. AI a; Schaaff, S. 158; SteinlJonas-Berger; § 363 Rn. 13; Geiger; S. 347. die davon ausgehen. daß die Personalhoheit eines Staates grundSätzlich ihre Grenze an der Gebietshoheit anderer Staaten finde, mit der Konsequenz, daß Anordnungen zur Beweisbeschaffung an auslandsansässige Dritte völkerrechtlich nicht zulässig seien. Dem ist entgegenzuhalten. daß dann die Personalhoheit überflüssig wäre, da die Ausübung von Hoheitsbefugnissen gegenüber eigenen Staatsangehörigen auf das eigene Territorium beschränkt wäre, wo die Hoheitsbefugnisse sich jedoch ohnehin aus der Gebietshoheit ergeben, vgl. auch Geimer E., S. 44.

§ 10 Differenzierung nach Adressaten

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Daraus ergibt sich in jedem Fall die völkerrechtliche Zulässigkeit von Anordnungen gegenüber Deutschen, die sich im Ausland aufhalten. Anders ist die Situation bei Anordnungen gegenüber Nichtdeutschen. Hier fehlt es an einer Legitimation in Form der Personalhoheit. Die Beweisbeschaffungsanordnung des Forumstaates würde die Gebietshoheit und damit die Souveränität des ausländischen Staates jedenfalls dann verletzen, wenn mit der Anordnung zugleich Zwangsmittel angedroht würden. Im übrigen liegt eine Verletzung der ausländischen Souveränität nur vor, wenn auf fremdem Territorium Akte hoheitlicher Gewalt vorgenommen würden. Allein die Anordnung an auslandsansässige Dritte hat nicht zwangsläufig eine Souveränitätsverletzung zur Folge, da die Anordnungen verschieden ausgestaltet sein können. So könnte beispielsweise der Adressat um seine freiwillige Mitarbeit - durch Erscheinen vor dem Prozeßgericht oder Vorlage von Urkunden etc. - gebeten werden. 46 Solche Anordnungen, in denen um freiwillige Mithilfe gebeten wird, entfalten keine den Adressaten belastenden Rechtsfolgen, so daß es sich nicht um völkerrechtswidriges hoheitliches Handeln auf fremdem Staatsgebiet handelt. 47 Daraus ergibt sich als weiteres Zwischenergebnis: Grundsätzlich sind grenzüberschreitende Beweisbeschaffungsanordnungen als solche gegenüber jedermann - Prozeßparteien und Dritte - völkerrechtlich zulässig, wobei es auf die Staatsangehörigkeit des Adressaten nicht ankommt. Die Legitimation hierzu folgt als Annex aus der internationalen Zuständigkeit, wobei das lex-fori-Prinzip die besondere Rechtfertigung darstellt, um auch gegenüber Dritten handlungsfahig zu sein. Handelt es sich bei den Dritten um deutsche Staatsangehörige, ergibt sich die völkerrechtliche Zulässigkeit bereits aus der Personalhoheit Deutschlands. Besitzen die Adressaten hingegen nicht die deutsche Staatsangehörigkeit, kommt es auf die inhaltliche Ausgestaltung der Beweisbeschaffungsanordnung an. Von dieser grundsätzlichen völkerrechtlichen Zulässigkeit zu unterscheiden ist die Frage nach der Durchsetzbarkeit der Anordnungen durch Androhung von Zwangsmitteln, ohne dadurch völkerrechtlich unzulässig zu werden. Diese Fragestellung ist Gegenstand der weiteren Untersuchung.

46 Inwieweit und mit welchem Inhalt mit der grenzüberschreitenden Beweisbeschaffungsanordnung Zwangsmittel angedroht werden dürfen bzw. lediglich um freiwillige Mithilfe gebeten werden darf, wird im folgenden § 11 eingehender erörtert. 47 Schock, IZVR, Rn. 721, der für die Aufforderung zur schriftlichen Beantwortung von Beweisfragen davon ausgeht, das Prozeßgericht handele nicht hoheitlich im Ausland; vgl. auch Mann, NJW 1990,618 (619) und Schlosser, Justizkonflikt, S. 28; a.A.: Geimer E., S. 47, der meint, daß es auf die Frage, ob der Zeuge freiwillig oder nur unter Androhung von Zwang einer Ladung Folge leiste, nicht ankäme. Insgesamt str., eingehender hierzu in § 11.

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3. Teil: Völkerrechtliche Zulässigkeit extraterritorialer Beweisbeschaffung

§ 11 Durchsetzbarkeit der BeweisbeschatTungsanordnungen Bei den Zwangsmitteln zur Durchsetzung grenzüberschreitender Anordnungen zur Beweisbeschaffung ist grundsätzlich zwischen der Verhängung von Prozeßnachteilen (z. B. Versäumnisurteil, Fiktion der Richtigkeit gegnerischen Vorbringens, nachteilige Beweiswürdigung usw.) einerseits und der Verhängung "echter" Zwangsmittel in Form von Ordnungsgeld oder Ordnungshaft andererseits zu unterscheiden. 48

I. Erzwingung von Mitwirkungshandlungen der Prozeßpartei

Die Verhängung und Androhung von Prozeßnachteilen kann nur gegenüber den Prozeßparteien erfolgen (z. B. §§ 427, 446 ZPO). Die Zulässigkeit solcher mittelbaren Einwirkungen ist aus völkerrechtlicher Sicht unproblematisch. Sie ergibt sich aus der Stellung der Prozeßpartei und ist Ausfluß des allgemeinen Prozeßrisikos, dem auch die auslandsansässige Prozeßpartei unterliegt. 49 Solche mittelbaren Zwangsmittel könnten ohnehin nicht vom Aufenthaltsstaat verhängt werden, so daß durch den Forumstaat kein dem Aufenthaltsstaat zustehendes ,,Monopol" verletzt wird. 50 Das führt dazu, daß die Verletzung der Mitwirkungspflichten der Parteien notfalls mit dem Prozeßverlust sanktioniert werden können, ohne hierdurch fremde Souveränität zu verletzen. 51 Es entspricht daher allgemeiner Auffassung, daß die Anordnung grenzüberschreitender Beweisbeschaffung gegenüber der Prozeßpartei auch dann noch völkerrechts konform ist, wenn sie mit der Androhung von Prozeßnachteilen verbunden wird. 52 Die deutschen Gerichte können ausländische Prozeßparteien beispielsweise auffordern, zum Verhandlungstermin zu erscheinen, oder ihnen die Beschaffung von Urkunden aus dem Ausland aufgeben und aus einer Weigerung entsprechende Schlüsse ziehen (§§ 427,444 ZPO bzw. §§ 446, 454 ZPO).

48 Geimer E .• S. 26 f. spricht insoweit von "mittelbarer" und "unmittelbarer" Erzwingung; Junker, Discovery. S. 193 f. unterteilt in "direkte" und "indirekte" Zwangsmittel. Auch im folgenden soll von mittelbaren und unmittelbaren Zwangsmitteln ausgegangen werden, da Ordnungsgeld und Ordnungshaft in der Tat unmittelbar auf den Betroffenen einwirken. die Verhängung von Prozeßnachteilen dagegen nicht. . 49 Schabenberger, S. 151; Stadler, S. 289. 50 Leipold. lex fori. S. 65, der insoweit von innerprozessualen Sanktionen spricht. 51 Schack. IZVR, Rn. 714; Linke. IZPR, Rn. 320 sieht in dem Hinweis auf die Konsequenzen verweigerter Mitwirkung (im Rahmen von Abstammungsuntersuchungen gemäß § 372a ZPO) sogar ein "Gebot prozessualer Fairneß". 52 Vgl. auch Schlosser, ZZP 101 (1988), 327 (331): "Kein Gericht der Welt ist völkerrechtlich verpflichtet, ausländische Prozeßparteien schonender als inländische zu behandeln, wenn es darum geht, daß ihnen Mitwirkungshandlungen im Verfahren auferlegt werden sollen."

§ II Durchsetzbarkeit der Beweisbeschaffungsanordnungen

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Fraglich ist indessen, inwieweit den Prozeßparteien gegenüber auch unmittelbare Zwangsmittel (Ordnungsgeld bzw. -haft) angedroht werden dürfen. Solche Androhungen sind jedenfalls dann völkerrechts widrig, wenn sie sich nicht auf die Androhung inländischen Zwangs beschränken. Denn durch eine solche Androhung würde das deutsche Gericht die territoriale Souveränität des ausländischen Staates verletzen. Demgegenüber ist die Androhung unmittelbarer Zwangsmittel nicht völkerrechtswidrig, solange die Zwangswirkung der Vollstreckung dieser angedrohten Zwangsmittel sich auf das Territorium des Forumstaates begrenzt. 53 Man könnte z. B. an die Vollstreckung eines Ordnungsgeldes in inländisches Vermögen der auslandsansässigen Partei denken. Diese Möglichkeit bestünde trotz der nur wenigen Zwangsmittel, die die deutsche ZPO gegenüber Prozeßparteien zur Verfügung stellt. Diese beschränken sich letztlich auf § 141 Abs. 3 S. 1 ZPO zur Erzwingung des persönlichen Erscheinens der Partei und § 372a Abs. 2 ZPO zur Erzwingung der Duldung einer Untersuchung der Person, wobei es sich hier in den meisten Fällen um die Entnahme von Blutproben zur Blutgruppenbestimmung im Rahmen von Vaterschaftsfeststellungen handelt. 54 Die völkerrechtliche Zulässigkeit solcher Anordnungen ergibt sich daraus, daß sowohl die Androhung selbst als auch die anschließende Vollstreckung bei entsprechender Nichtbefolgung im Inland erfolgen und daher strikt territorialen Charakter besitzen. Daher kann der Auffassung Leipolds55 nicht zugestimmt werden, wonach der auf den Adressaten mit der angedrohten Sanktionierung ausgeübte Druck sich ebenfalls auf das ausländische Territorium auswirke, gerade weil sich der Adressat der Sanktionsandrohung dort aufhalte. Es muß darüber hinaus auch bedacht werden, daß die Unzulässigkeit der Androhung solcher Zwangsmittel gegenüber auslandsansässigen Parteien zu einer ungerechtfertigten Ungleichbehandlung der Prozeßparteien führen würde. 56 Da das Prozeßgericht auf der Grundlage seiner lex fori handelt, besteht nur gegenüber der inländischen Partei die Möglichkeit, diese mit der Androhung und Anwendung von Zwangsmitteln zu Mitwirkungshandlungen zu bewegen, der auslandsansässigen Partei gegenüber dagegen nicht. Diese Ungleichbehandlung ist jedenfalls für den Fall ungerechtfertigt, in dem die Vollstreckung der angedrohten Zwangsmittel sich allein auf das eigene Territorium beschränkt. Es bleibt somit festzuhalten, daß es völkerrechtlich zulässig ist, Beweisbeschaffungsanordnungen gegenüber Prozeßparteien mit der Androhung von Prozeßnach53 Vgl. auch Ziegenhain. S. 197 m. w. N.; a.A. Remien. S. 299f.; Leipold. lex fori. S. 66. der davon ausgeht, daß bei der Androhung unmittelbarer Sanktionen jener Kernbereich der Zwangsanwendung erreicht sei. den sich jeder Staat kraft seiner Gebietshoheit selbst vorbehalten dürfe, so daß darin ein völkerrechtlicher Verstoß zu sehen sei. 54 Eingehend hierzu in § 14 III. 55 Leipold. lex fori, S. 51. 56 Schabenberger, S. 152; Stein! Jonas-Berger, § 363 Rn. 11.

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3. Teil: Völkerrechtliche Zulässigkeit extraterritorialer Beweisbeschaffung

teilen zu verbinden, und darüber hinaus auch Ordnungsmittel anzudrohen, soweit sich die Ausübung des Zwangs auf das Inland beschränkt.

11. Erzwingung von Mitwirkungshandlungen Dritter

Die Möglichkeiten zur Erzwingung von Mitwirkungshandlungen Dritter sind erheblich eingeschränkter als gegenüber den Prozeßparteien. Dritten gegenüber, die nicht in das Prozeßrechtsverhältnis eingebunden sind, können keine mittelbaren Zwangsmittel in Form von innerprozessualen Nachteilen angedroht werden. Es verbleiben daher lediglich die unmittelbar wirkenden Zwangsmittel. Wie bereits geschildert, hängt die Reichweite der zulässigen Androhung dieser Zwangsmittel von der Staatsangehörigkeit des Adressaten ab. 1. Deutsche Staatsangehörige

Unterfällt der Adressat aufgrund seiner deutschen Staatsangehörigkeit und damit aufgrund der Personalhoheit Deutschlands der deutschen Gerichtsbarkeit, so können die angedrohten Maßnahmen wesentlich weitreichender sein, als bei ausländischen Adressaten. Jedoch gilt auch hier, daß die Anwendung der Zwangsmaßnahmen sich auf das Inland beschränken muß, da sonst eine völkerrechtswidrige Verletzung der ausländischen Souveränität gegeben wäre. Die völkerrechtliche Zulässigkeit der Androhung unmittelbarer Zwangsmaßnahmen zur Durchsetzung von Mitwirkungshandlungen ergibt sich auch hier - wie bei den Parteien - aus der Tatsache, daß sowohl die Androhung selbst als auch die spätere Vollstreckung bei entsprechender Nichtbefolgung im Inland erfolgen und sich letztlich nur auf das Territorium des Forumstaates beschränken. Die fremde Gebietshoheit wird durch diese Maßnahme zwar in gewisser Weise tangiert, weil der Adressat sich auf ausländischem Staatsgebiet aufhält. Jedoch überlagert die Personalhoheit des Gerichtsstaates die fremde Gebietshoheit so weitgehend, daß von einer völkerrechtlichen Unzulässigkeit nicht ausgegangen werden kann. Abzulehnen ist daher die Ansicht Leipolds, nach der es auf eine Differenzierung nach der Staatsangehörigkeit des Dritten nicht ankommt. 57 Vielmehr stuft Leipold jede Aufforderung an Dritte - unabhängig davon, ob mit oder ohne Androhung von Zwangsmitteln - als eine unzulässige Umgehung des Rechtshilfeweges ein. 58 S7 Leipold. lex fori. S. 63 (Fn. 122); ihm zustimmend Stein/Jonas-Berger, § 363 Rn. 13. Diese Auffassung folgt aus der Annahme, die durch die Staatsangehörigkeit eines Staates begründete Personalhoheit finde ihre Grenze an der Gebietshoheit anderer Staaten. S8 Leipold. lex fori, S. 59, der betont, daß gerade bei Sanktionsandrohungen gegenüber Dritten der Aspekt der Umgehung des Rechtshilfeweges und ihrer Schutzfunktion besonders in Erscheinung trete. Vgl. auch Stein I Jonas-Schumann. (20. Aufl.), § 363 Rn. 7 zur Umgehung des Rechtshilfeweges im Zusammenhang mit der formlosen Einholung schriftlicher Auskünfte aus dem Ausland.

§ 11 Durchsetzbarkeit der Beweisbeschaffungsanordnungen

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Es bleibt festzuhalten, daß auslandsansässige Dritte, die die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen, mit unmittelbaren und inlandsbezogenen Zwangsmaßnahmen zur Vornahme von Mitwirkungshandlungen angehalten werden können, ohne dabei die fremde staatliche Souveränität zu verletzen. 59

2. Nichtdeutsche Staatsangehörige

Dagegen unterliegen fremde Staatsangehörige nicht der inländischen Gerichtsgewalt und damit auch nicht der Zeugnispflicht, soweit sie sich nicht im Inland aufhalten. 60 Ihnen gegenüber dürfen unstreitig keine Zwangsmaßnahmen angedroht werden. Jedwede Androhung von Zwangsmitteln würde die Souveränität des ausländischen Staates verletzen und wäre damit völkerrechts widrig. Es fragt sich aber, ob hieraus zugleich folgt, daß bei ausländischen Staatsangehörigen auf die Durchführung von Maßnahmen zur Beweisbeschaffung verzichtet werden und zwangsläufig die Beweisaufnahme im Ausland im Wege der internationalen Rechtshilfe erfolgen muß. Wenn das so wäre, dann würden sich die Möglichkeiten zur Durchführung von Beweisbeschaffungsmaßnahmen gegenüber Dritten auf ein Minimum reduzieren. Denn in den allermeisten Fällen handelt es sich bei den auslandsansässigen Dritten eben nicht um deutsche sondern um ausländische Staatsangehörige. Ist die Anordnung von Beweisbeschaffungsmaßnahmen unter Androhung bzw. Anwendung von Zwangsmitteln völkerrechtlich unzulässig, so verbleibt immer noch die Möglichkeit, den auslandsansässigen ausländischen Dritten zu bitten,freiwillig an der Beweisbeschaffung mitzuwirken, z. B. durch freiwilliges Erscheinen vor dem Prozeßgericht oder durch freiwillige Vorlage von Urkunden. Ob diese Bitte nach freiwilliger Mithilfe an der Beweisbeschaffung völkerrechtlich zulässig ist, wird in der Literatur und Rechtsprechung kontrovers diskutiert und soll hier aufgrund der Tatsache, daß es sich bei den Dritten in der Regel um Ausländer - also der größten Fallgruppe - handelt und daher für die deutsche Gerichtspraxis von besonderer Bedeutung ist, eingehender erörtert werden.

a) Hinweis auf ,,Freiwilligkeit" irrelevant Teilweise wird angenommen, daß die Freiwilligkeit des Dritten kein entscheidungserhebliches Kriterium darstelle. Jede Aufforderung an im Ausland wohnende Dritte stelle eine Verletzung der fremden Gebietshoheit dar, auch wenn mit ihr keine Sanktionsandrohungen verbunden seien. 61 Ein Einverständnis des Dritten 59 So auch Sehile,," IZVR, Rn. 715; Geimer, IZPR, Rn. 2388; Pfeiffer, Internationale Zusammenarbeit, S. 91; Sehilbenberger, S. 157; MünchKomm-ZPO-Damrau, § 377 Rn. 5; Nagel/Gottwald, IZPR, § 8 Rn. 5. 60 Sehilck, IZVR, Rn. 716.

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3. Teil: Völkerrechtliche Zulässigkeit extraterritorialer Beweisbeschaffung

mit dieser Verfahrens weise sei unerheblich, da dieser nicht über die Gebietshoheit des ausländischen Staates verfügen könne. 62 Auch die Justizverwaltungen lehnen in § 39 Abs. 1 S. 3 ZRHO im Zusammenhang mit der schriftlichen Befragung auslandsansässiger Zeugen gemäß § 377 Abs. 3 ZPO die Möglichkeit grenzüberschreitender Anordnungen zur Beweisbeschaffung gegenüber Dritten ab, selbst wenn keine Zwangsmittel angedroht werden und lediglich um freiwillige Beantwortung ersucht wird, "da der ausländische Staat darin einen unzulässigen Eingriff in seine Hoheitsrechte erblicken kann". In diesem Sinne sprach sich auch der BGH in einer Entscheidung aus dem Jahre 1984 aus. 63 b) Völkerrechtliche Zulässigkeit bei "Freiwilligkeit" Demgegenüber wird im internationaI-zivilprozessualen Schrifttum überwiegend vertreten, daß die formlose Anfrage nach freiwilliger Mitwirkung bei der Beweisbeschaffungsmaßnahme völkerrechtlich durchaus zulässig sei. 64 Und auch in der Rechtsprechung wird bei freiwilliger Teilnahme des Dritten an der Beweisbeschaffung vermehrt von der völkerrechtlichen Zulässigkeit ausgegangen. 65 Dies wird teilweise damit begründet, daß das Prozeßgericht dabei nicht hoheitlich im Ausland handele, sondern die ausländischen Zeugen lediglich um ihre freiwillige Mithilfe bitte. 66 Desweiteren hat Mann zu Recht darauf hingewiesen, daß zwischen der Zustellung eines Befehls und der Bitte um Information rechtlich ein prinzipieller Unterschied bestehe. 67 Die Bitte um Information sei auch dann völkerrechtlich statthaft, wenn sie von einer Behörde oder einem Gericht ausginge. Die oben genannte Entscheidung des BGH, wonach "der ausländische Staat einen unzulässigen Ein61 Leipold, lex fori. S. 63; Geiger; S. 324; Stein I Jonas-Schumann, (20. Aufl.), § 363 Rn. 7; Stadler; S. 301. 62 Geiger; S. 347; Bischof, S. 187. 63 BGH NJW 1984, 2039; so auch OLG Hamm, NJW-RR 1988,703. 64 Schock, IZVR. Rn. 716, 721; Geimer; IZPR, Rn. 430, 437; Stein/Jonas-Berger; § 363 Rn. 13; Gottwald, FS Habscheid, S. 119 (128); ders., in Habscheid I Beys. S. 3 (95 f.); Mann, NJW 1990,618 (619); MünchKomm-ZPO-Damrau, § 377 Rn. 5. 14; Pfeiffer; Internationale Zusammenarbeit, S. 91; Nagel/Gottwald, IZPR, § 8 Rn. 5; Loritz, S. 152; Schlosser; Justizkonflikt, S. 28; ders., EuGVÜ. Art. 1 HBÜ, Rn. 7; nunmehr ausdrücklich offengelassen von Leipold. ZZP 105 (1992), 507 (511). 65 BGH NJW 1990.3088 (3090); NJW 1992, 1768 (1769); NJW 1980. 1848 (1849); LG Aachen. NJW-RR 1993, 1407; im Zusammenhang mit einem Strafverfahren instruktiv auch Schleswig-Holsteinisches OLG, RIW 1989,910 (911): danach ,,ist es Gerichten in der Bundesrepublik weder durch innerstaatliches Recht noch durch Völkerrecht verboten, Personen, die im Ausland leben. auf jeden Fall dann zu vernehmen, wenn sie freiwillig vor Gericht erscheinen.". 66 Schad" IZVR, Rn. 721. 67 Mann, NJW 1990,618 (619).

§ 11 Durchsetzbarkeit der Beweisbeschaffungsanordnungen

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griff in seine Hoheitsrechte sehen" könnte, sei nur dann zutreffend, wenn die Erstattung der Auskunft angeordnet oder befohlen würde. Soweit das Gericht dem ausländischen Zeugen lediglich den Streitstoff mitteile und es ihm überlasse, ob er die ihm gestellten Fragen beantworten wolle oder nicht, so könne von einer Souveränitätsverletzung des ausländischen Staates nicht ausgegangen werden. Auch Schabenberger geht i.E. davon aus, einen sich im Ausland aufualtenden ausländischen Zeugen ohne Androhung von Sanktionen um seine freiwillige Mitwirkung zu bitten, sei völkerrechtlich unbedenklich. 68 Er lehnt jedoch die Auffassung ab, wonach es sich bei der Anfrage nach freiwilliger Mitwirkung um eine nichthoheitliche Tätigkeit handeln soll. Vielmehr ist er der Ansicht, daß jede Aufforderung oder Bitte, die ein Prozeßgericht an einen ausländischen Adressaten im Ausland sende, eine hoheitliche Maßnahme darstelle und zwar unabhängig davon, ob sie mit oder ohne Sanktionen verbunden sei. Dies folge daraus, daß die gerichtliche Beweisbeschaffungsanordnung von dem Prozeßgericht gerade zur Förderung eines Gerichtsverfahrens, also eines hoheitlichen Verfahrens, erlassen werde. 69 Trotz dieser Einordnung als hoheitliche Maßnahme sei es aber dennoch unbedenklich, Bitten um freiwillige Mitwirkung als völkerrechtlich zulässig anzusehen, denn hierdurch werde erheblich weniger auf das Territorium des ausländischen Staates eingewirkt, als bei Erlaß einer zwangs bewehrten Beweisbeschaffungsanordnung, da es allein vom Willen des Zeugen abhänge, ob dieser der Bitte des Prozeßgerichts nachkomme oder nicht. Desweiteren vergleicht Schabenberger die Bitte um freiwillige Mitwirkung an der Beweisbeschaffung mit grenzüberschreitenden Benachrichtigungen über im Forumstaat bereits wirksam gewordene hoheitliche Maßnahmen oder bereits ausgeführten Zustellungen, die allgemein für völkerrechtlich unbedenklich gehalten werden. 7o Genau wie bei diesen rein informatorischen Benachrichtigungen, bei denen es sich lediglich um Mitteilungen über rechtlich erhebliche Vorgänge an interessierte Personen im Ausland handele und an die sich keine unmittelbaren Rechtswirkungen knüpften, entfalte die Bitte um freiwillige Mitwirkung keine Rechtswirkungen, da die Beachtung der Bitte sanktionsunabhängig vom Willen des Adressaten abhinge. 71

c) Eigene Stellungnahme Entgegen der teilweise vertretenen Auffassung stellt die Bitte um freiwillige Mitwirkung an der Beweisbeschaffung m.E. kein völkerrechtswidriges hoheitliches Handeln dar. Schabenberger, Schabenberger, 70 Schabenberger, FS Stiefel, S. 686 f. 71 Schabenberger, 68

69

7 Daoudi

S. 159f. S. 159. S. 159 unter Hinweis auf Wengier, S. 962; Ipsen, § 23 Rn. 7; Schlosser;

S. 160.

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3. Teil: Völkerrechtliche Zulässigkeit extraterritorialer Beweisbeschaffung

Das an einen im Ausland lebenden ausländischen Dritten gerichtete Schreiben eines deutschen Gerichtes enthält zunächst nichts anderes als die Mitteilung darüber, daß im Forumstaat zwischen zwei Parteien ein Gerichtsverfahren anhängig ist. Diese Mitteilung ist bei der Bitte um freiwillige Mitwirkung mit dem Hinweis verbunden, daß die Mithilfe des Dritten an der Beweisbeschaffung das inländische Verfahren und seinen Abschluß fördern könnte. Aus diesem Grunde werde um die freiwillige Mitwirkung an der Beweisbeschaffung gebeten. Entscheidend ist dabei m.E., daß der Hinweis auf die Freiwilligkeit der Teilnahme ausdrücklich erfolgt und zugleich deutlich darauf hingewiesen wird, daß eine Nichtbeachtung des Schreibens keine nachteiligen Konsequenzen für den Dritten hat. 72 Enthält die Bitte um freiwillige Mitwirkung diesen Inhalt - und nur mit diesem Inhalt darf sie m.E. erfolgen -, so ist es richtig, davon auszugehen, daß sich aus der Bitte um freiwillige Mitwirkung keine Rechtswirkungen für den Adressaten ergeben und die fremde Gebietshoheit aus diesem Grunde nicht verletzt wird?3 Die Bitte um freiwillige Mitwirkung an der Beweisbeschaffung kann dann - worauf Schabenberger74 zu Recht hinweist - mit grenzüberschreitenden Benachrichtigungen über im Inland vorgenommene Maßnahmen verglichen werden, die allgemein für völkerrechtlich zulässig gehalten werden. Auch die Begründung, daß die Gebietshoheit nicht zur Disposition des Dritten stünde und daher ein Einverständnis des Dritten unerheblich sei 75 , ist nach der hier vertretenen Auffassung abzulehnen. Zum einen wird, wie geschildert, durch die Bitte um freiwillige Mitwirkung die fremde Gebietshoheit nicht tangiert. Und zum anderen ist im Zusammenhang mit der Einstufung des Einverständnisses des Dritten ein weiterer Gedanke zu berücksichtigen, den Schlosser für den umgekehrten Fall - Bitte eines ausländischen Gerichtes gegenüber einem Deutschen - formulierte: ..Gegenüber Bewohnern von Deutschland wäre es ein arger und nach Art. 2 GG sicherlich nicht zulässiger Mißbrauch der Staatsgewalt, wenn sie auf diese Weise (Berufung auf Souveränitätsverletzung) daran gehindert werden sollten, aus dem Ausland Post zu empfangen, in denen ihnen formlos mitgeteilt wird, sie hätten Gelegenheit, schriftlich Erklärungen gegenüber ausländischen Behörden oder Gerichten abzugeben.,,76 Darüber hinaus überzeugt auch nicht die Auffassung, daß der ausländische Staat in der Bitte um freiwillige Mitwirkung ..einen unzulässigen Eingriff in seine Hoheitsrechte erblicken kann", wie dies von den Justizverwaltungen und teilweise So auch Schaumburg/Schaumburg, FS Flick, S. 989 (993). Vgl. auch Schlochauer, S. 9, der zu Recht unter dem Begriff des Hoheitsaktes aUe von staatlichen Organen ausgehenden Maßnahmen versteht, ..die in Ausübung hoheitlicher Gewalt - in der Regel also mit öffentlich-rechtlich begründeter Befehls- und Zwangsgewalt vorgenommen" würden. 74 Schabenberger, S. 159. 75 Geiger, S. 324. 76 Schlosser, Justizkonflikt, S. 28. 72 73

§ 12 Übennittlung der Beweisbeschaffungsanordnung

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auch vom BGH angenommen wird. Denn es kommt nicht darauf an, was der ausländische Staat, in dem sich der Adressat aufhält, in der Aufforderung erblicken könnte, sondern allein darauf, ob dieser sich durch diese Maßnahme in seiner Souveränität tatsächlich beeinträchtigt fühlt. Insoweit sei auf die Worte von Mann verwiesen: "Gewiß sollen deutsche Gerichte ausländische Hoheitsrechte respektieren. Aber man darf nicht übertreiben.,,77

m. Zusammenfassung Zusammenfassend kann festgestellt werden, daß es völkerrechtlich zulässig ist, Beweisbeschaffungsanordnungen gegenüber Prozeßparteien mit der Androhung von Prozeßnachteiien zu verbinden und darüber hinaus auch Ordnungsmittel anzudrohen, soweit sich die Ausübung des Zwangs auf das Inland beschränkt. Desweiteren können auslandsansässige Dritte, die die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen, mit unmittelbaren und inlandsbezogenen Zwangsmaßnahmen zur Vornahme von Mitwirkungshandlungen angehalten werden, ohne dabei die fremde staatliche Souveränität zu verletzen. Handelt es sich dagegen bei den auslandsansässigen Dritten um ausländische Staatsangehörige, kommt die Anwendung bzw. Androhung von Zwangsmitteln gleich welcher Art nicht in Betracht. Unbeschadet dessen kann dieser Personenkreis aber gebeten werden, freiwillig an der Beweisbeschaffung mitzuwirken. Entscheidend ist dabei, daß ausdrücklich sowohl auf die Freiwilligkeit der Teilnahme als auch darauf hingewiesen werden muß, daß bei Nichtbeachtung des Schreibens keine nachteiligen Konsequenzen für den Dritten entstehen werden.

§ 12 Übennittlung der BeweisbeschatTungsanordnung Für die Übermittlung der Beweisbeschaffungsanordnung in das Ausland kommen drei Wege in Betracht. Die Übermittlung der Anordnung kann durch Zustellung auf dem Rechtshilfeweg, mittels Zustellung durch die Post (postalische Direktzustellung) oder durch formlose Mitteilung mit einfachem Postbrief erfolgen. Inwieweit durch die eine oder andere Form der Übermittlung in die staatliche Souveränität des Aufenthaltsstaates eingegriffen wird, ist in allen drei Fällen unterschiedlich zu beurteilen. Die völkerrechtliche Zulässigkeit wird im ersten Fall - Übermittlung durch Zustellung auf dem Rechtshilfeweg - am unproblematischsten sein. Hingegen stellt sich bei der zweiten und dritten Möglichkeit die Frage, ob und in welchem Umfang 77

Mann, NJW 1990,618 (619).

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3. Teil: Völkerrechtliche Zulässigkeit extraterritorialer Beweisbeschaffung

der Empfangsstaat sich durch diese Übermittlungsformen in seiner Souveränität beeinträchtigt fühlt bzw. fühlen kann, mit der Folge ihrer völkerrechtlichen Unzulässigkeit.

I. Zustellung auf dem Recbtsbilfeweg

Soweit die Beweisbeschaffungsanordnung mittels Zustellung auf dem Rechtshilfeweg78 dem Adressaten übermittelt wird, stehen dem keine völkerrechtlichen Bedenken entgegen. Nach allgemeiner Auffassung wird gerade hierdurch die fremde staatliche Souveränität geachtet, indem dem ausländischen Staat die Möglichkeit verschafft wird, von dem Inhalt der Aufforderung Kenntnis zu erlangen und selbst zu entscheiden, ob eine Weiterleitung an den Adressaten erfolgen soll. Das gilt sowohl für Aufforderungen, die ohne Zwangsmittelandrohungen als auch für solche, die mit dem Hinweis auf nachteilige Konsequenzen bzw. mit Zwangsmittelandrohungen verbunden sind. Soweit in § 33 Abs. 3 ZRHO "Strafandrohungen" ausgenommen sind, ist dem zu widersprechen. 79 Die Übermittlung des zuzustellenden Schriftstückes an den ausländischen Staat mit der Bitte, dieses dem auslandsansässigen Adressaten zuzustellen, stellt als solche noch keinen Eingriff in die Souveränität des Empfangsstaates dar. Allein die Bitte, eine bestimmte Handlung vorzunehmen, kann noch nicht souveränitätsverletzend sein, da vor der Durchführung der möglicherweise souveränitätsverletzenden Handlung eine Entscheidung des betroffenen Staates vorgeschaltet ist. Über den Zustellungsakt hinaus beinhaltet eine strafbewehrte Ladung kein völkerrechtswidriges Element. Die in einer Ladung vorgenommene Androhung von Strafe ist für sich genommen noch kein staatliches Handeln auf fremdem Territorium. 8o Darüber hinaus ist die überwiegend vertretene Auffassung zur inhaltlich zulässigen Reichweite extraterritorialer Beweisbeschaffungsanordnungen zu berücksichtigen, wonach auslands ansässige Dritte, die die deutsche Staatsangehörigkeit 78 Zur Zustellung auf dem Rechtshilfeweg und ihre Durchführung vgl. die einschlägigen Kommentierungen zu § 199 ZPO und darüber hinaus: Pfennig. Die internationale Zustellung in Zivil- und Handelssachen (1988); Schmitz. Fiktive Auslandszustellung (1980); H. Roth. Wert und Unwert von Fiktionen im internationalen Zivilprozeßrecht (§ 175 Abs. I S. 3 ZPO), IPRax 1990, 90ff.; Kondring. Die Heilung von Zustellungsfehlern im internationalen Zivilrechtsverkehr (1995); Schlosser; Legislatio in fraudem legis internationalis - Eine kritische Studie zu Problemen des grenzüberschreitenden Zustellungswesens, in: FS Stiefel (1987), S.683ff. 79 § 33 Abs. 3 ZRHO lautet: "In Ladungen können zwar die prozessualen Nachteile hervorgehoben werden, die durch Ausbleiben im Termin unter Umständen entstehen; Strafen dünen jedoch nicht angedroht werden." Nach Bülow/Böckstiegel/Geimer/Schütze. G I (Nr. 900). Fn. 126 stellt die Androhung von Strafen einen Eingriff in die fremde Hoheitsgewalt dar. 80 Bertele, S. 360.

§ 12 Übennittlung der Beweisbeschaffungsanordnung

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besitzen, mit unmittelbaren und inlandsbezogenen Zwangsmaßnahmen zur Vornahme von Mitwirkungshandlungen angehalten werden können, ohne dabei die fremde staatliche Souveränität zu verletzen. 81 Sind solche Anordnungen ihrem Inhalt nach völkerrechtlich zulässig, dann muß es auch einen völkerrechtlich zulässigen Weg ihrer Übennittlung an den auslandsansässigen Adressaten geben.

11. Postalische Direktzustellung Bei der postalischen Direktzustellung, etwa durch Einschreiben mit Rückschein, wie in Art. 10 lit. a) HZÜ ausdrücklich zugelassen, wird die Zustellung dadurch bewirkt, daß der ausländische Postbedienstete das Schriftstück dem Adressaten aushändigt. Anders als auf dem Rechtshilfeweg erhält der ausländische Staat von der Zustellung keine Kenntnis. Nach allgemeiner deutscher Auffassung sind grenzüberschreitende postalische Direktzustellungen in jedem Fall immer dann völkerrechtswidrig, wenn sie mit Zwangsandrohungen verbunden sind. Auch in der amerikanischen Praxis ist mittlerweile die Auffassung herrschend, daß Zustellungen, mit denen gleichzeitig Zwangsmittel angedroht werden (subpoena), der ,jurisdiction to enforce" unterfallen und aus diesem Grunde ins Ausland nicht ergehen dürfen. 82 Problematisch sind daher nicht die Fälle, in denen mit der postalischen Zustellung zugleich Zwangsmittel angedroht werden, sondern diejenigen, in denen auf eine Androhung verzichtet wird. 1. Verbot postalischer Direktzustellung ins Ausland

Die h.M. in Deutschland sieht in jeder postalischen Direktzustellung einen völkerrechtswidrigen Eingriff in die staatliche Souveränität des Aufenthaltsstaates. 83 Dies hängt insbesondere damit zusammen, daß sie, ausgehend vom kontinentaleuropäischen Standpunkt, die Zustellung als staatlichen Hoheitsakt qualifiziert. Entsprechend dem völkerrechtlichen Verbot, Hoheitsakte auf fremdem Staatsgebiet vorzunehmen, sei die Direktzustellung ohne Zustimmung des betroffenen Staates unzulässig. 84 Dies gelte unabhängig vom Inhalt des zuzustellenden Schriftstückes, so daß es nicht darauf ankomme, ob die Aufforderung zur Mitwirkung an der 81 So z. B. Sehaek, IZVR, Rn. 715; Geimer. IZPR, Rn. 2388; Pfeiffer. S. 91; Nagel/Gottwald. IZPR, § 8 Rn. 5; MünchKomm-ZPO-Damrau. § 377 Rn. 5. 82 Stürner. Justizkonflikt, S. 1 (21); ders .• ZVgIRWiss 81 (1982), 159 (178f.). 83 Stein/Jonas-Berger. § 363 Rn. 13; Leipold. ZZP 105 (1992), 507 (5ll); Stadler. S. 287; Mössle. K.I.• S. 86; BeneIe. S. 336, alle m. w. N.; BGHZ 58,177 (179f.); BVerfGE 63,343 (372). 84 Vgl. auch OLG Hamm, MDR 1979, 680 (681): ,,Der Bundesminister der Justiz hat dem Senat mitteilen lassen, die Bundesrepublik Deutschland habe einer Postzustellung [ ... ) widersprochen." .

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3. Teil: Völkerrechtliche Zulässigkeit extraterritorialer Beweisbeschaffung

Sachverhaltsaufklärung mit der Androhung von Zwangsmitteln verbunden sei oder nicht. 85 Entscheidend sei vielmehr, daß sich das Gericht eines ihm hierzu nicht zur Verfügung gestellten Postweges bediene, um seine territorial begrenzte Amtshandlungsbefugnis zu verlängern. 86 Obwohl die gerichtliche Handlung sich auf die Übergabe des Schriftstückes an die inländischen Postbehörden beschränke, könne hieraus nicht gefolgert werden, daß kein grenzüberschreitendes hoheitliches Handeln vorliege. Vielmehr sei zu berücksichtigen, daß sich der Zustellungsakt erst im Ausland vollende. Erst mit der Aushändigung des Schriftstückes an den Adressaten und damit auf fremdem Territorium trete die Wirksamkeit der Zustellung ein. 87 Die völkerrechtliche Unzulässigkeit postalischer Direktzustellungen in das Ausland hat Stürner88 aus einer anderen Perspektive zu begründen versucht. Jeder Staat habe gegenüber seinen Einwohnern eine Schutzfunktion, den Schutz der subjektiven Rechte seiner Bürger. Nach seiner Auffassung kann ,,kein ernsthafter Zweifel bestehen, daß staatliche Souveränität nicht nur Gemeinwohlinteressen artikuliert, sondern einen Schutzschild für den einzelnen Bürger darstellt, um ihn vor Übergriffen eines ihm fremden Rechtes zu bewahren, das er weder kennt noch in demokratischem Verfahren beinflussen kann.,,89 Fehlende Kenntnisse im fremden Recht, sprachliche Schwierigkeiten und Verständigungsprobleme infolge schlechter Übersetzungen führten oftmals zu Mißverständnissen, "Wirrnis und Rechtsunsicherheit", die dem Empfänger die Möglichkeit effektiver und rechtzeitiger Abwehr ausländischer Verfahren nehmen könnten. Die postalische Direktzustellung stelle daher eine Verletzung staatlicher Souveränität dar. Deutschland hat in § 6 Satz 2 AusfG HZÜ von seinem Widerspruchsrecht gegen die in Art. 10 lit. a) HZÜ für die Vertragsstaaten des HZÜ grundsätzlich zugelassene Möglichkeit der unmittelbaren Zustellung gerichtlicher Schriftstücke durch die Post Gebrauch gemacht. Unter all den genannten Gründen wurde insbesondere hervorgehoben, daß das Verbot der direkten Zustellung ins Ausland bewirke, daß juristische Urkunden nur mit Einverständnis des Empfängerstaates und unter dessen Kontrolle zugestellt werden könnten. 90 Trotz des Widerspruchs Deutschlands gegen Art. 10 lit. a) HZÜ könnte man eigentlich annehmen, daß das Verbot postalischer Direktzustellung sich lediglich auf "eingehende" Postzustellungen beschränkt und demgegenüber Zustellungen in die Vertragsstaaten des HZÜ, die nicht widersprochen haben, völkerrechtlich zulässig seien. Doch legt die deutsche Praxis - innerstaatlich - den erklärten Vor85 86 87

88 89 90

Bertele, S. 336; Stadler. S. 287. Stadler; S. 287. Mössle, K.I., S. 84. Stürner; FS Nagel, S. 446 (454f.). Stürner; FS Nagel, S. 446 (455). Denkschrift zum HZÜ, BT-Drucksache 8/217,38 ff. (46).

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behalt "allseitig" aus. 91 Aufgrund der "allseitigen" Wirkung des von Deutschland eingelegten Widerspruchs gegen Art. 10 lit. a) HZÜ sei auch die postalische Direktzustellung deutscher Schriftstücke in das Ausland ausgeschlossen. 92

2. Völkerrechtliche Zulässigkeit postalischer Direktzustellungen

In Anlehnung an das anglo-amerikanische Zustellungsverständnis sieht eine Gegenmeinung in der postalischen Direktzustellung in das Ausland zu Recht keine völkerrechtswidrige Verletzung der ausländischen staatlichen Souveränität. 93 Die USA und andere Staaten des common law vertreten die Auffassung, daß nur solche Zustellungen, die unmittelbar mit Zwangsfolgen verbunden sind, staatliche Hoheitsakte darstellen. Dementsprechend sei es völkerrechtlich unbedenklich 94 , wenn ein gerichtliches Schreiben unmittelbar durch die Post zugestellt werde, solange nur kein Zwang angedroht bzw. ausgeübt werde. Dies gelte entgegen der h.M. auch im Anwendungsbereich des HZÜ, und zwar unabhängig davon, daß Deutschland in § 6 des AusfG gegen die direkte Postzustellung Widerspruch erhoben hat. 95 Soweit Deutschland die Postzustellung als Souveränitätsverletzung anderer Staaten qualifiziere, werde damit regelmäßig nicht der Souveränitätsanspruch des fremden Staates berücksichtigt, sondern vielmehr die deutsche Vorstellung auf das Ausland projiziert. 96 Darüber hinaus sei Deutschland außerhalb der Konventionen ohnehin befugt postalisch zuzustellen, denn es bestehe keine völkergewohnheitsrechtliche Pflicht die Übermittlung durch Postbrief gegenüber Nichtvertragsstaaten zu unterlassen. 97 Auch die Tatsache, daß sich eine postalische Zustellung nur unter Mithilfe des ausländischen Postwesens verwirklichen lasse, spreche nicht gegen die völkerrechtliche Zulässigkeit. Zum einen werde das deutsche Gericht eben nicht auf fremdem Territorium tätig und es handele sich auch nicht um eine unzulässige Amtshilfe durch die Post des Empfangsstaates, da dem Empfänger immer die Möglichkeit verbliebe, die Annahme des Schriftstückes zu verweigern. 98 Zum anderen könne das Handeln der ausländischen Post auch nicht dem handelnden OrGeimer; IZPR, Rn. 2085. Kondring, RIW 1996, 722 (723) m. w. N.; anders h.M.: Stein I Jonas-H. Roth. § 199 Rn. 40; Schae/c, IZVR, Rn. 608; Geimer; IZPR, Rn. 2085, 418. 93 Schack, IZVR, Rn. 589ff.; Geimer; IZPR, Rn. 418; Linke, IZPR, Rn. 311; Wiehe, S. 102; Fleischhauer; S. 66; eingeschränkt auch Mössle, S. 256. 94 Nach Schlosser; FS Matscher, S. 387 (389) sei es rechtspolitisch geradezu lächerlich, in 91

92

der Zustellung eines vom ausländischen Gericht herrührenden Schriftstückes einen Hoheitsakt zu sehen. 95 Geimer; IZPR, Rn. 418. 96 Fleischhauer; S. 66. 97 Geimer; IZPR, Rn. 419. 98 Wiehe, S. 102; a.A. Vollkommer; ZZP 80 (1967), 248 (259).

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3. Teil: Völkerrechtliche Zulässigkeit extraterritorialer Beweisbeschaffung

gan des Ursprungsstaates zugerechnet werden. Für eine solche Art der Organleihe im internationalen Rechtsverkehr fehle es an einer Rechtsgrundlage und auch am Willen der Beteiligten. Vielmehr handele es sich lediglich um die gewöhnliche Nutzung eines internationalen Kommunikationsmittels. 99 Ein weiteres stichhaltiges Argument gegen die herrschende deutsche Auffassung liefert Schack \()(): "Die deutsche Position verliert weiter an Überzeugungskraft, wenn man die spitzfindige Unterscheidung nachzuvollziehen versucht, daß eine grenzüberschreitende Zustellung durch die Post fremde Souveränität verletzen soll, nicht aber eine Zustellung durch Aufgabe zur Post, weil diese gemäß § 175 I 3 ZPO bereits im Inland bewirkt sei, es sich bei ihr also nur um eine schlichte Benachrichtigung über eine erfolgte Zustellung handele.,,101 Zustellungen und "bloße Mitteilungen" unterscheiden sich nicht in ihrem Inhalt und da jeder Staat eigenmächtig darüber entscheiden kann, welchen Übermittlungsweg - einfache Mitteilung oder Zustellung - er wählt, sei die völkerrechtlich unterschiedliche Behandlung bloße ,Augenwischerei'. Im zwischenstaatlichen Zivilrechtsverkehr komme es im wesentlichen auf die Sicherstellung vollen rechtlichen Gehörs der auslandsansässigen Prozeßbeteiligten an. Der Übermittlungsweg sei daher ebenso sekundär wie Ableitungen zur Völkerrechtswidrigkeit aus dem "Wesen" der Zustellung "müßig" seien. 102 Nach Mössle ist die postalische Direktzustellung völkerrechtskonform, wenn die legitimen Souveränitätsinteressen des ausländischen Staates gewahrt werden. Diese Voraussetzung sei immer dann gegeben, wenn der ausländische Staat über die Direktzustellung informiert würde, so daß dieser den Inhalt des zugestellten Schriftstückes kontrollieren und den Zustellungsempfänger im Hinblick auf die Bedeutung von Zustellungen aus dem Ausland informieren könne. 103 Mössle schlägt daher de lege ferenda vor, postalische Direktzustellungen für Schriftstücke sämtlicher Verfahren und unabhängig von ihrem Inhalt nicht als souveränitätsverletzend zu erachten, vorausgesetzt, das Schriftstück werde mit einer amtlichen Übersetzung versehen und gleichzeitig der Heimatstaat des Zustellungsadressaten benachrichtigt. 104 Auch Schabenberger hält eine postalische Direktzustellung für völkerrechtslegitim, sofern diese nicht mit Zwangsmitteln verbunden sei und die Nichtbeachtung des Schriftstückes für den Empfänger keine nachteiligen Konsequenzen oder Sanktionen habe. lOS In Anlehnung an die von Stürner entwickelte "Schutzschild99 100

Wiehe. S. 102; Sehaek. IZVR. Rn. 594. Sehaek, IZVR, Rn. 594.

101 Schmitz. S. 200 hält selbst die Zustellung durch Aufgabe zur Post für völkerrechtswidrig. 102 Sehaek, IZVR, Rn. 594. 589. 103 Mössle. S. 256. 104 Mössle. S. 256. lOS Sehabenberger, S. 173, 175.

§ 12 Übennittlung der Beweisbeschaffungsanordnung

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theorie" hält Schabenberger es anderenfalls für geboten, die Auslandszustellung nur auf dem Rechtshilfeweg durchzuführen, um auf diese Weise den Empfanger zu schützen und damit auch den Schutz der staatlichen Souveränität zu gewährleisten. M.E. überzeugt dieser Ansatz zwar in seinem Ergebnis, der völkerrechtlichen Zulässigkeit postalischer Direktzustellung bei fehlender Sanktionierung im Falle der Nichtbeachtung, nicht hingegen in der Begründung. Eines Rückgriffs auf die "Schutzschildtheorie", die Stümer im übrigen zur Begründung der Unzulässigkeit von Direktzustellungen entwickelt hat, bedarf es m.E. nicht. Es ist weitestgehend anerkannt, daß im Falle der Direktzustellung keine Zwangsmittel angedroht werden dürfen. Abgesehen davon, daß dies in Deutschland allgemeine Meinung ist, wird dieses Ergebnis auch in den USA ganz herrschend vertreten. Darüber hinaus wäre - konsequent weitergedacht - ein Schutz nur für deutsche Staatsangehörige, die sich im Ausland befinden, notwendig. Nur diesen gegenüber kommt die Androhung unmittelbarer, inlandsbezogener Zwangsmaßnahmen im Falle der Nichtbefolgung der Beweisbeschaffungsanordnung in Betracht. 106

IH. Formlose Mitteilung mit einfachem Postbrief Die dritte Möglichkeit der Übermittlung einer Anordnung zur Beweisbeschaffung in das Ausland ist die schlichte formlose Mitteilung mittels eines einfachen Postbriefs, wobei hierbei nicht mehr von Beweisbeschaffungsanordnung gesprochen werden kann. Besser ist es in diesem Zusammenhang von bloßen Mitteilungen, Anregungen oder Anfragen zu sprechen, da Zwangsmittelandrohungen in jeglicher Form zu unterlassen sind - anderenfalls ist auf dem Rechtshilfeweg vorzugehen -, so daß es lediglich um die freiwillige Mitwirkung des auslandsansässigen Adressaten geht. Bei der schlichten formlosen Mitteilung mittels eines einfachen Postbriefs wird auf eine Zustellung und damit auf eine förmlich beurkundete Übergabe des Schriftstückes verzichtet. Völkerrechtlich bestehen diesbezüglich jedenfalls dann keine Bedenken, soweit der Empfangsstaat bereits keine Einwände gegen die postalische Direktzustellung als solche hat 107 , da die formlose Übermittlung insoweit ein "Weniger" darstellt. Es fragt sich aber, was für den Fall gilt, daß der Empfangsstaat keine direkte Postzustellung gestattet. Hierzu wird die Auffassung vertreten, eine formlose Übermittlung käme nicht in Betracht. Dies wird zum Teil damit begründet, daß sowohl die formlose Übersendung als auch die Zustellung auf dem Postweg in gleicher Weise So auch Schabenberger, S. 157. Vgl. hierzu die zu § 31 des österreichischen Rechtshilfeerlasses für Zivilrechtssachen vorgenommene Zusammenstellung der Staaten, die eine postalische Direktzustellung aus Österreich zulassen bzw. nicht gestatten, abgedruckt bei Loewe, S. 50ff. 106 107

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3. Teil: Völkerrechtliche Zulässigkeit extraterritorialer Beweisbeschaffung

auf das Territorium des ausländischen Staates einwirken würden. lOS Zum Teil wird die völkerrechtliche Zulässigkeit davon abhängig gemacht, wer Absender der schlichten Anfrage bzw. Bitte ist. Soweit die Anfrage von einem Gericht ausginge, stelle dies staatliches Handeln im Ausland dar. 109 Anders sei es lediglich dann, wenn die Bitte von einer Partei, ohne jede gerichtliche Anordnung ausginge. In diesem Fall liege rein privates Handeln vor, was für die Zulässigkeit der Maßnahme ausreiche, selbst wenn die entsprechende Vorgehensweise der Partei vom Gericht angeregt worden sei. l1O Ferner wird teilweise darauf abgestellt, daß formlose Mitteilungen, wenn sie auch keine rechtlichen Wirkungen hätten, so doch eine gewisse faktische Wirkung nach sich zögen, da der Adressat in irgendeiner Weise reagieren müsse. 111 Diesen Auffassungen kann m.E. nicht zugestimmt werden. Zum einen beruht die ablehnende Haltung derjenigen Staaten, die eine Direktzustellung nicht gestatten, letztendlich auf der Qualifizierung der Zustellung als Hoheitsakt. Gerade weil es sich aus der Sicht dieser Staaten um eine hoheitliche Maßnahme des Forumstaates handelt, soll nicht auf die eigene staatliche Souveränität in der Weise verzichtet werden, daß die postalische Direktzustellung für zulässig erachtet wird. Hieraus kann jedoch nicht der Schluß gezogen werden, formlose Übermittlungen mittels der Post seien - obwohl ein Weniger gegenüber der postalischen Zustellung - völkerrechtlich ebenso unzulässig. Zum anderen handelt es sich bei der formlosen Benachrichtigung des Adressaten von einem anstehenden Termin mit der Bitte, freiwillig im deutschen Prozeß mitzuwirken, sei es durch Erscheinen zum Termin, schriftliche Beantwortung von Beweisfragen, Urkundenvorlage usw., um rein "informales gerichtliches Handeln,,1l2. Dieses wird bewußt in keiner rechtlich vorgesehenen Form vorgenommen, um so die formalisierten Rechtsfolgen zu vermeiden. Keinesfalls stellt eine solche Vorgehensweise staatliches Handeln im Ausland dar. Vielmehr besteht ein prinzipieller Unterschied zwischen der Zustellung einer Anordnung oder eines Befehls und der formlosen Übermittlung einer Information oder Bitte um Information. 113 Und selbst wenn die Übermittlung formloser Mitteilungen als hoheitliche Maßnahme eingestuft wird, so bestehen hiergegen dennoch keine völkerrechtlichen Bedenken, da diese Vorgehensweise von der Staatengemeinschaft allgemein akzeptiert wird. 114 Es liegt auch keine unzulässige Umgehung des internationalen Rechtshilfeweges vor. llS Solange solche Benachrichtigungen sich auf die Bitte um freiwillige MitSchabenberger; S. 171. Bertele, S. 360. 110 Bertele, S. 360. 111 Sieg rist, S. 171. 112 Vgl. zu diesem Begriff Schaumburg/Schaumburg, FS Flick, S. 989 (991) m. w. N. 113 So auch Schaumburg/Schaumburg, FS Flick, S. 989 (993). 114 Fleischhauer; S. 67; Gottwald. FS Habscheid. S. 119 (124); vgl. auch Pfennig, S. 32: die meisten Staaten dulden "diese kleinen Eingriffe" im Rahmen formloser Mitteilungen. 115 So aber Stein I Jonas-Schumann. (20. Aufl.). § 363 Rn. 7. 108

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§ 13 Sachverständigentätigkeit im Ausland

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wirkung beschränken, handelt es sich bei ihnen nicht um Hoheitsakte mit Rechtsfolgewirkungen und damit auch nicht um unzulässiges staatliches Handeln im Ausland. Die formlose Übersendung solcher Mitteilungen mittels eines einfachen Postbriefs ist daher selbst dann völkerrechtlich zulässig, wenn ein Gericht tätig wird. 116 Damit kann festgehalten werden: Die Tatsache, daß der Empfangsstaat keine direkte Postzustellung gestattet, spricht nicht notwendigerweise gegen die völkerrechtliche Zulässigkeit der formlosen Übermittlung einer gerichtlichen Mitteilung mittels eines einfachen Postbriefs. Wegen der fehlenden Rechtsfolgenwirkung liegt kein hoheitliches Handeln und demnach auch keine Souveränitätsverletzung des ausländischen Staates vor. Durch formlose Briefpost können auslandsansässige Personen, unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit, zur freiwilligen Mitwirkung an der Beweisbeschaffung aufgefordert werden.

§ 13 Sachverständigentätigkeit im Ausland Eine besondere Konstellation stellt die prozeßfördemde Tätigkeit von Sachverständigen im Ausland dar. Hierbei gilt es zwischen der Beauftragung eines auslands ansässigen und eines inländischen Sachverständigen zu unterscheiden.

I. Beauftragung auslandsansässiger Sachverständiger

Zum einen kann das Prozeßgericht einen auslandsansässigen Sachverständigen beauftragen, Tatsachen im Ausland zu ermitteln, die dann entweder dem Prozeßgericht unmittelbar vorgetragen oder in Form eines Gutachtens in den Prozeß eingeführt werden. 117 Bei dieser Vorgehensweise des Prozeßgerichts gelten die oben dargestellten Grundsätze bezüglich des Inhalts, der Durchsetzbarkeit und der Übermittlung der Beweisbeschaffungsanordnung ebenso, so daß diesbezüglich ausnahmslos nach oben verwiesen werden kann. 118

116 Vgl. auch MünchKomm-ZPO-Damrau. § 377 Rn. 5; Mann. NJW 1990, 618 (619); Ipsen. § 23 Rn. 7; Verdross/Simma. S. 277; Gottwald. FS Habscheid, 119 (128); Geimer, IZPR. Rn. 2388,2389. 117 Vgl. Geimer, IZPR, Rn. 441, 2387 m. w. N.; ders .• FS Nagel, S. 36 (53, Fn. 67), der insbesondere auf die ständige Praxis des X. Zivil senats des BGH (Tatsacheninstanz in Patentsachen) hinweist. So wurde beispielsweise in dem Verfahren des BGH unter dem Aktenzeichen X ZR 13/83 ein Sachverständiger aus Belgien beauftragt, den der Senat direkt anschrieb. 118 Vgl. oben §§ 10, 11, 12.

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3. Teil: Völkerrechtliche Zulässigkeit extraterritorialer Beweisbeschaffung

11. Beauftragung inlandsansässiger Sachverständiger

Zum anderen kann das Prozeßgericht aber auch einem inlandsansässigen Sachverständigen den Auftrag erteilen, im Ausland Tatsachen zu ermitteln, die er zur Abfassung seines Gutachtens benötigt. Es handelt sich dabei nicht um eine Beweisaufnahme im Ausland, sondern um eine inländische Beweisaufnahme und damit um Beweisbeschaffung. 119 Es stellt sich aus völkerrechtlicher Sicht die Frage, ob die Ermittlungstätigkeit des gerichtlich bestellten Sachverständigen im Ausland eine Verletzung der fremden Souveränität darstellt. Dies wird teilweise bejaht. So nimmt etwa Leipold an, durch die ermittelnde Tätigkeit des Sachverständigen im Ausland werde die Gebietshoheit und damit die fremde Souveränität verletzt. Das Rechtsverhältnis zwischen dem Gericht und dem von ihm ernannten Sachverständigen sei öffentlich-rechtlicher Art, so daß der Sachverständige letztlich als verlängerter Arm des Prozeßgerichts im Ausland tätig werde. 120 Diese Auffassung vertritt Leipold, obwohl er selbst unmißverständlich zum Ausdruck bringt, daß der gerichtlich bestellte Sachverständige bei der Ausübung seiner Tätigkeit nicht hoheitlich handele, insbesondere auch, weil ihm keine Zwangsmittel zur Verfügung stünden. 121 Es empfehle sich daher, vor der auslandsbezogenen Tätigkeit des Sachverständigen die Zustimmung des betroffenen Staates im Wege der Rechtshilfe einzuholen. 122 Gegen diese Auffassung spricht jedoch die mangelnde hoheitliche Tätigkeit des wenngleich gerichtlich bestellten Sachverständigen. Der Sachverständige handelt im Ausland gleichsam als Privatperson. 123 Da ihm keine Zwangsmittelbefugnis zusteht, stellt die Ermittlung der erforderlichen Tatsachen im Ausland keine Souveränitätsverletzung des betroffenen Staates dar. Auf eine Zustimmung des ausländischen Staates kommt es nicht an. Anläßlich der Besichtigung im Ausland vertritt der Sachverständige weder das Gericht, noch kommen ihm während der Besichtigung irgend welche gerichtlichen Befugnisse zu. Der Sachverständige macht sich lediglich im Ausland sachkundig. Die Entscheidung, wie er zu der für eine Gutachtenerstellung erforderlichen Sachkunde gelangt, bleibt jedem Sachverständigen unbenommen l24 , selbst wenn er hierzu ins Ausland reisen muß. Zwar handelt der gerichtlich bestellte Sachverständige aufgrund eines gerichtlichen Auftrags, doch MünchKomrn-ZPO-Damrau, § 371 Rn. 14 m. w. N. Leipold, lex fori, S. 47. 121 Leipold, lex fori, S. 47; Stein! Jonas-Leipold, vor § 402 Rn. 21. 122 So auch Jessnitzer/Frieling, Rn. 629, aber unter Hinweis darauf, daß bei einer bloßen Augenscheinseinnahme, im Gegensatz zu Untersuchungen, insbesondere medizinischen Untersuchungen oder Explorationen von Personen, auf die Genehmigung des ausländischen Staates wohl eher verzichtet werden könne; vgl. auch Linke, IZPR, Rn. 330. 123 Schae/c, IZVR, Rn. 710. 124 Wieczorek, § 402 Anm. B III b I. 119

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§ 13 Sachverständigen tätigkeit im Ausland

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stellt sein Handeln selbst gleichwohl keine hoheitliche Tatigkeit dar. Denn er übt keine öffentliche Gewalt aus. 12S Insoweit muß sich die Gegenauffassung den Vorwurf der Inkonsequenz gefallen lassen, denn solange im Ausland nicht hoheitlich gehandelt wird, kommt eine Verletzung der fremden Souveränität nicht in Betracht. Auch der Hinweis darauf, daß dadurch nicht ausgeschlossen werden könne, daß Gerichte gerade zur Umgehung des Rechtshilfeweges Sachverständige beauftragten 126, kann ein anderes Ergebnis nicht überzeugend begründen. 127 Wollte man in dem Handeln des Sachverständigen im Ausland eine Souveränitätsverletzung erblicken, so wäre - darauf weist mit Recht auch Wussow hin - beispielsweise fraglich, ob nicht auch dann ein unzulässiger Eingriff in fremde Hoheitsrechte vorliegen würde, wenn der Sachverständige von einem im Ausland belegenen Unternehmen Unterlagen oder Informationen anfordert oder wenn er auf fremdem Staatsgebiet tätige Fachleute zwecks Informationsbeschaffung anschreibt. 128 Insgesamt läßt sich damit festhalten, daß die Tätigkeit eines gerichtlich bestellten Sachverständigen im Ausland keine Verletzung der Souveränität des betroffenen ausländischen Staates darstellt und damit auch völkerrechtskonform iSt. 129

BGH, NJW 1973, 554; Stein I Jonas-Berger, § 363 Rn. 22. So z. B. Leipold, lex fori, S. 47 f. 127 So auch Geimer, IZPR, Rn. 445. 128 WUSSOW, FS Korbion, S. 493 (495 a.E.). 129 So auch Geimer, IZPR, Rn. 445, 2387; Schade, IZVR, Rn. 710; MUnchKomm-ZPODamrau, § 371 Rn. 14; Stein/Jonas-Bqger, § 363 Rn. 22; Wussow, FS Korbion, S. 493ff.; Wieczorek, § 371 Anm. F; Pfeiffer, Internationale Zusammenarbeit, S. 77 (90 a.E.); offengelassen von Meilicke, NJW 1984,2017. 125

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Vierter Teil

Innerstaatliche Zulässigkeit extraterritorialer BeweisbeschafTung Im folgenden soll untersucht werden, welche Maßnahmen der extraterritorialen Beweisbeschaffung, die aus völkerrechtlicher Sicht zulässig sind, mit dem innerstaatlichen Recht vereinbar und dadurch aus deutscher Sicht überhaupt erst durchführbar sind. Ausgangspunkt sollen die verschiedenen, nach der ZPO zugelassenen Beweismittel sein, also der Beweis durch Augenschein (§§ 371- 372a ZPO), durch Zeugen (§§ 373-401 ZPO), durch Sachverständige (§§ 402-414 ZPO), durch Urkunden (§§ 415-444 ZPO) und durch Parteivernehmung (§§ 445-455 ZPO). Anhand jedes einzelnen dieser Beweismittel und den damit verbundenen möglichen Maßnahmen zur Beweisbeschaffung soll die Reichweite des innerstaatlich Zulässigen dargestellt werden. Zu berücksichtigen ist dabei, daß der Rahmen, innerhalb dessen Maßnahmen zur Beweisbeschaffung ergriffen werden können, vom Völkerrecht - gleichsam als äußere Grenze - vorgegeben ist. Umgekehrt bedeutet aber die völkerrechtliche Zulässigkeit einer Maßnahme nicht auch ihre innerstaatliche Zulässigkeit. Darüber hinaus muß bei den folgenden Ausführungen stets vor Augen gehalten werden, daß auch im internationalen Beweisrecht der Grundsatz von der Anwendbarkeit der lex fori gilt. 1

§ 14 Beweis durch Augenschein (§§ 371-372a ZPO) Beispiel1 (abgewandelt nach OLG Celle, NJW-RR 1994, 830): Der Kläger verlangt vom Beklagten Schadensersatz aufgrund eines Verkehrsunfalls in den Niederlanden. Hierzu behauptet der Kläger, zu dem Unfall sei es gekommen. weil der Beklagte ein Stopschild mißachtet habe. Der Beklagte bestreitet dies und behauptet seinerseits. es habe sich um eine Kreuzung mit einer ..Rechts-vor-Links"-Regelung gehandelt. bei der der Kläger die Vorfahrt des Beklagten unbeachtet ließ. Der Kläger hat Beweis angetreten durch richterlichen Augenschein.

Die Einnahme des Augenscheins liegt in jeder unmittelbaren Sinneswahrnehmung des Gerichts zur Kenntnisnahme von körperlichen Eigenschaften oder I

Coester- Waltjen, S. 88 ff.; Schütze, Rechtsverfolgung im Ausland, Rn. 179.

§ 14 Beweis durch Augenschein (§§ 371- 372a ZPO)

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Zuständen von Personen und Sachen oder eines Vorgangs. 2 Befindet sich das Augenscheinsobjekt im Ausland, so kann das Gericht sich nicht vor Ort begeben, um die Augenscheinseinnahme selbst durchzuführen, da dies gegen das Völkerrecht verstoßen würde. Bei Auslandsbelegenheit des Augenscheinsobjektes kommen zum Zwecke der Beweisbeschaffung nur zwei Möglichkeiten in Betracht. Zum einen kann daran gedacht werden zur Inaugenscheinnahme einen Sachverständigen hinzuzuziehen - diese Möglichkeit eröffnet § 372 Abs. 1 ZPO -, dessen Aufenthalt im Ausland keinen Verstoß gegen die ausländische Souveränität darstellen würde? Zum anderen könnte das Prozeßgericht darauf hin wirken, daß das Augenscheinsobjekt, jedenfalls soweit dies rein tatsächlich möglich ist, in den Gerichtsstaat "importiert" wird. I. Übertragung der Inaugenscheinnahme auf einen Sachverständigen oder AugenscheinsmittIer

Gemäß § 372 Abs. 1 ZPO kann das Prozeßgericht anordnen, daß bei der Einnahme des Augenscheins ein oder mehrere Sachverständige zuzuziehen seien. Das gilt jedoch nicht unbegrenzt, vielmehr ist erforderlich, daß ein besonderer Sachverstand notwendig ist, um den zu beobachtenden Zustand überhaupt zu erkennen. 4 Darüber hinaus kann und muß das Gericht die Inaugenscheinnahme einem Dritten überlassen, wenn ihm aus tatsächlichen (z. B. Besichtigung eines Wracks am Meeresboden) oder rechtlichen Gründen (z. B. Achtung des Persönlichkeitsrechts einer körperlich zu untersuchenden Frau) der Zugang zum Augenscheinsobjekt unmöglich ist. 5 Soweit für die Inaugenscheinnnahme im Ausland ohnehin besonderer Sachverstand erforderlich ist, kann das Prozeßgericht unproblematisch einen inländischen Sachverständigen mit dieser Aufgabe beauftragen. 6 Das Erfordernis der tatsächlichen oder rechtlichen Unmöglichkeit einer Inaugenscheinnahme seitens des Gerichts stellt sich hier nicht. Mit Verweis auf die obigen Ausführungen kann hier nochmals zusammenfassend festgehalten werden, daß die fremde Souveränität durch die Ermittlungstätigkeit des Sachverständigen im Ausland nicht beeinträchtigt wird. 7 Es stellt sich in Abgrenzung hierzu die Frage, inwieweit die Inaugenscheinnahme auf einen Sachverständigen übertragen werden kann, wenn es nicht auf besonBLAH, § 371 Rn. 3; Rosenberg/Schwab/Gottwald, § 120 I. Vgl. oben § 13. 4 MünchKomm-ZPO-Damrau, § 372 Rn. 3. S Stein I Jonas-Berger. vor § 371 Rn. 15; BLAH, § 372 Rn. 3; MünchKomm-ZPO-Damrau, § 372 Rn. 3. 6 Vgl. auch OLGSchleswig, MDR 1974,761. 7 Vgl. oben § 1311. 2

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4. Teil: Innerstaatliche Zulässigkeit extraterritorialer Beweisbeschaffung

deren Sachverstand ankommt, sondern lediglich die tatsächliche Besichtigung eines Gegenstandes oder Zustandes ausreichend ist. So ist im obigen Beispielsfall ein besonderer Sachverstand nicht erforderlich. Die tatsächlichen örtlichen Gegebenheiten können durch das Gericht auch ohne das Vorliegen eines besonderen Sachverstandes eingeschätzt werden. Da keine besondere Sachkunde erforderlich ist, kommt die Beauftragung eines Sachverständigen nicht in Betracht. Stattdessen könnte möglicherweise ein Dritter (sog. Augenscheinsgehilfe oder Augenscheinsmittler) beauftragt werden. Diese Möglichkeit ist für den Fall eröffnet, daß die Inaugenscheinnahme durch das Gericht aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist. 8 Die Belegenheit des Augenscheinsobjekts im Ausland ist als rechtliche Unmöglichkeit zu qualifizieren. Genauso wie das allgemeine Persönlichkeitsrecht einer Person körperlichen Untersuchungen entgegenstehen kann, hindert die Gebietshoheit des fremden Staates das Gericht daran, die Inaugenscheinnahme im Ausland durchzuführen. Die rechtlichen Hindernisses sind insoweit vergleichbar. In beiden Fällen muß das Gericht auf eine unmittelbare Inaugenscheinnahme verzichten und kann sich lediglich einer Hilfsperson bedienen. Die Tatsache, daß sich das Augenscheinsobjekt im Ausland befindet, stellt daher einen ausreichenden Grund für die Einschaltung eines Augenscheinsmiulers dar. Hiergegen könnte berechtigterweise eingewandt werden, daß durch die Einschaltung eines Augenscheinsmittlers ohnehin eine Durchbrechung des Unmittelbarkeitsgrundsatzes gegeben sei, so daß die Inaugenscheinnahme ebensogut im Wege der internationalen Rechtshilfe und damit über § 363 ZPO erfolgen könnte. Gegen einen solchen bedenkenswerten Einwand sprechen jedoch die nachfolgend dargestellten erheblichen Nachteile des grenzüberschreitenden Rechtshilfeersuchens. Zum einen der zeitliche Aspekt: Die Durchführung und Erledigung von Rechtshilfeersuchen ist regelmäßig äußerst langwierig. Die zeitliche Spanne reicht dabei von einigen Wochen bis hin zu zwei Jahren. 9 Demgegenüber könnten sowohl die Bestellung eines Augenscheinsmiulers als auch dessen Inaugenscheinnahme im Ausland und die Durchführung des anschließenden Beweistermins in der Regel innerhalb weniger Wochen erfolgen. Mit dem zeitlichen Aspekt verbunden ist das Problem einer eventuellen Erschwerung oder Vereitelung der Inaugenscheinnahme beispielsweise dadurch, daß sich der äußere Zustand des Augenscheinsobjektes derart verändert, daß eine Beweiserhebung sinnlos wird. Zum anderen spricht auch eine praktische Erwägung für die Beauftragung eines Augenscheinsmittlers. Nach durchgeführter Inaugenscheinnahme durch den Augenscheinsgehilfen hat dieser das Ergebnis seiner Ermittlungen nachprüfbar dem Gericht offenzulegen, wobei er wie, aber nicht als ein Zeuge zu behandeln ist. 10 Die gerichtliche Beweisaufnahme liegt erst in dem Vortrag des Beweisergebnisses Stein I Jonas-Berger, vor § 371 Rn. 15. Schack, IZVR, Rn. 184. 10 BUH, § 372 Rn. 3 a.E.

8 9

§ 14 Beweis durch Augenschein (§§ 371-372a ZPO)

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durch den Augenscheinsgehilfen. 11 Dadurch erhält das Gericht - darin ist gerade der Vorteil zu sehen - die Möglichkeit, ergänzende Fragen zu stellen. Diese Möglichkeit ist bei einer Beweisaufnahme im Wege der internationalen Rechtshilfe erheblich eingeschränkter und mit wesentlichen Schwierigkeiten, insbesondere mit einem erneuten beträchtlichen Zeitaufwand verbunden. Insgesamt kann daher regelmäßig auf die Durchführung grenzüberschreitender Rechtshilfeersuchen verzichtet werden, wenn sich das Augenscheinsobjekt im Ausland befindet. In diesen Fällen ist es angemessen, entweder einen Sachverständigen, soweit es auf besonderen Sachverstand ankommt, oder Augenscheinsmittler mit der Inaugenscheinnahme zu beauftragen. Die Zulässigkeit dieses Vorgehens außerhalb des internationalen Rechtshilfeweges ergibt sich aus dem Umstand, daß weder gegen das Hoheitsrecht des betroffenen Staates l2 noch gegen innerstaatliches Recht verstoßen wird.

11. "Import" des Augenscheinsobjektes vor das Prozeßgericht Als Maßnahme der Beweisbeschaffung könnte im Bereich des Augenscheinsbeweises auch die Herbeischaffung des Augenscheinsobjektes vor das Prozeßgericht in Betracht kommen. Denknotwendig kommt dieses Vorgehen nur dann in Betracht, wenn das Augenscheinsobjekt nach seiner Art und Größe eine Herbeischaffung überhaupt gestattet, also regelmäßig nur bei beweglichen Sachen (z. B. Urkunden, Fotografien etc.). Zu diesem Zweck ist der Inhaber des Augenscheinsobjektes - es kann sich dabei um eine Prozeßpartei oder einen Dritten handeln - aufzufordern, das Objekt dem Gericht vorzulegen oder zuzusenden. Hierbei gilt es zu berücksichtigen, daß keine zwangsweise Durchsetzung der Einnahme des Augenscheins möglich ist, weder gegenüber der Partei noch gegenüber einem Dritten (Ausnahme: § 372a ZPO).13 Besitzt eine der Prozeßparteien die Herrschaftsgewalt über das sich im Ausland befindliche Augenscheinsobjekt, so kann die Vorlage zwar angeordnet, jedoch nicht unter Zwangsmittelanwendung durchgesetzt werden. Die Weigerung kann dagegen, je nachdem ob sich die beweisführende bzw. beweisbelastete Partei oder der Beweisgegner weigert, entweder zum Verlust des Beweismittels führen oder im Rahmen der freien Beweiswürdigung zum Nachteil des Beweisgegners berücksichtigt werden. 14 Ein Hinweis auf diese innerprozessualen nachteiligen Konsequenzen ist gestattet und wird auch erforderlich sein. 15 Befindet sich das AugenStein I Jonas-Berger, § 357 Rn. 8; Ploch-Kumpf. S. 194. Vgl. oben § 1311. 13 ThonuJS/ Putzo, vor § 371 Rn. 2. 14 Stein/Jonas-Berger, vor § 371 Rn. 39; BUH, vor § 371 Rn. 7; MünchKomm-ZPODamrau, § 371 Rn. 6 f. 15 Das gilt auch aus völkerrechtlicher Sicht, vgl. § 11 I. 11

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8 Daoudi

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4. Teil: Innerstaatliche Zulässigkeit extraterritorialer Beweisbeschaffung

scheinsobjekt demgegenüber in den Händen eines zur Herausgabe bzw. Vorlage nicht bereiten Dritten, so führt dessen Weigerung zur Ungeeignetheit des Beweis. mittels. 16 Aus innerstaatlicher Sicht spricht nichts gegen die Zulässigkeit, auslandsansässige Prozeßparteien oder Dritte aufzufordern, dem Gericht Augenscheinsobjekte zur Einnahme des Augenscheins vorzulegen. Zu berücksichtigen ist jedoch dabei, daß die ,,Anordnung" gegenüber einem Dritten sich aus völkerrechtlichen Gründen auf die Bitte um freiwillige Vorlage beschränken muß. Die Anordnung gegenüber der auslandsansässigen Prozeßpartei kann und sollte hingegen den Hinweis auf die nachteiligen Konsequenzen einer Weigerung enthalten. Durch dieses Vorgehen eröffnet sich dem Prozeßgericht eine weitere Möglichkeit, dem langwierigen Weg über die internationale Rechtshilfe auszuweichen. Die Entscheidung darüber, ob im Wege des ,.Imports" des Augenscheinsobjektes oder im Wege der Übertragung der Inaugenscheinnahme vorgegangen werden sollte, ist vom jeweiligen Einzelfall abhängig zu machen.

III. Insbesondere: Abstammungsuntersuchung nach § 372a ZPO

Zum Augenscheinsbeweis gehört nach der Klassifizierung der einzelnen Beweismittel ebenfalls die Abstammungsuntersuchung nach § 372a ZPO. Bemerkenswert ist dabei die Tatsache, daß - sofern die Voraussetzungen des § 372a ZPO erfüllt sind - die Duldungspflicht von Untersuchungen, insbesondere Blutentnahmen, jede Person treffen kann. Der betroffene Personenkreis beschränkt sich also nicht nur auf die Prozeßparteien, sondern umfaßt auch Dritte, wie Zeugen, erforderlichenfalls auch deren Eltern und Großeltern, sowie jede andere Person, die für die Abstammung in Betracht kommen können. 17 Es verwundert daher nicht, daß es aufgrund dieses weiten Anwendungsbereichs und betroffenen Personenkreises notwendigerweise häufig zur Anwendung des § 372a ZPO gerade auch bei auslandsansässigen Personen kommt. 18 Bei unberechtigter Verweigerung der Untersuchung kann das Gericht entsprechend § 372a Abs. 2 ZPO auch Zwangsmittel in Form von Ordnungsgeld und Ordnungshaft, bei wiederholter unberechtigter Verweigerung darüber hinaus die Anwendung unmittelbaren Zwangs anordnen. Hieraus ergibt sich zwangsläufig für Zöller-Greger. § 371 Rn. 6; Stein! Jonas-Berger. vor § 371 Rn. 43. Stein! Jonas-Berger, § 372a Rn. 4; MünchKomm-Damrau, § 372a Rn. 18. 18 Aus der umfangreichen Rechtsprechung zu Vaterschaftsklagen gegen auslandsansässige Ausländer vgl. z. B. OLG Frankfurt, DAVorrn 1972, 20 (Italien); OLG Stuttgart, DAVorrn 1974, 22 (Italien); 1975, 372 (Italien); OLG Köln, DAVorrn 1975,418 (Frankreich); Hans. OLG Hamburg, DAVorrn 1976,626 (Türkei); OLG Karlsruhe, DAVorrn 1976,628 (Spanien); OLG Köln, DAVorrn 1980, 850 (Italien); OLG Braunschweig, DAVorrn 1981, 52 (Italien); KG Berlin, DAVorrn 1985, 1002 (Kanada); Hans. OLG Hamburg, DAVorrn 1987, 360 (Spanien); BGH NJW 1986, 2371 (Italien); OLG Hamm, IPRspr. 1994 Nr. 113. 16

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§ 14 Beweis durch Augenschein (§§ 371- 372a ZPO)

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den Bereich der Möglichkeiten grenzüberschreitender Beweisbeschaffungsmaßnahmen das Problem, daß das Völkerrecht gerade hinsichtlich der Androhung und Anwendung von Zwangsmitteln enge Grenzen zieht, insbesondere dann, wenn es sich um Dritte handelt. Folglich muß auch bei der Abstammungsuntersuchung gemäß § 372a ZPO zwischen Prozeßparteien einerseits und Dritten andererseits unterschieden werden.

1. Untersuchung einer Prozeßpartei Beispiel 2 (nach BGH NJW 1986,2371): Der von einer Deutschen nichtehelich geborene Kläger nimmt den Beklagten, einen italienischen Staatsangehörigen, auf Feststellung der Vaterschaft und auf Zahlung von Regelunterhalt in Anspruch. Der Beklagte behauptet Mehrverkehr der Mutter. Nach Vernehmung verschiedener Zeugen ordnete das Gericht die Einholung eines serologischen Gutachtens unter Einbeziehung des in Italien lebenden Beklagten an. Dieser verweigerte eine Blutentnahme selbst dann noch, als das OLG ihn nochmals unter Fristsetzung zur Erklärung aufforderte, ob er mit einer Blutentnahme durch einen Arzt in Italien einverstanden sei und ihn dabei darauf hinwies, daß sein Verhalten im Falle einer weiteren grundlosen Weigerung "als Beweisvereitelung verstanden werden könne". Da innerhalb der gesetzten Frist keine Erklärung eingegangen war, verurteilte ihn das OLG antragsgemäß. Der BGH hat - auf die Revision des Beklagten hin - das Urteil in vollem Umfang bestätigt. In seinen Entscheidungsgründen führt der BGH u. a. aus: "Ungeachtet seiner Staatsangehörigkeit und seines Aufenthalts in Italien unterliegt der Beklagte im vorliegenden Rechtsstreit deutschem Prozeßrecht als der lex fori und ist damit auch verpflichtet, unter den Voraussetzungen des § 372a I ZPO die Blutentnahme für eine vom Gericht für erforderlich gehaltene Begutachtung zu dulden. [ ... ] Rechtshilfeersuchen an die italienischen Behörden auf eine zwangsweise Blutentnahme versprechen, wie seit langem bekannt ist, keine Aussicht auf Erfolg, weil das italienische Recht diese Maßnahme nicht vorsieht.,,19 Die Entscheidung des BGH, die im übrigen einen heftigen Meinungsaustausch zwischen Stümer und Schröder auslöste 20 , berührt zwei relevante Gesichtspunkte der vorliegenden Problemstel1ung. Zum einen bestätigt der BGH die Anwendungsreichweite von § 372a ZPO auch gegenüber auslandsansässigen Personen. Dem kann nur zugestimmt werden. 21 Demgegenüber wird teilweise vertreten, daß die Duldungspflicht des § 372a ZPO gegenüber Personen mit Auslandsaufenthalt versage, wobei es nicht darauf ankomme, ob es sich um deutsche Staatsangehörige, Angehörige des betroffenen BGH NJW 1986,2371 (2372). Vgl. Anmerkung von Srümer; JZ 1987, 44ff., Erwiderung von Schröder; JZ 1987, 605 ff. und Schlußwort von Srümer; JZ 1987, 607 ff. 21 Vgl. auch Schlosser; IPRax 1987, 153 (154). 19

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4. Teil: Innerstaatliche Zulässigkeit extraterritorialer Beweisbeschaffung

Staates oder um Personen mit sonstiger Staatsangehörigkeit handele. 22 Wieder andere differenzieren nach der Staatsangehörigkeit. So soll ein Deutscher der Duldungspflicht deshalb unterliegen, weil sie eine öffentlich-rechtliche Staatsbürgerpflicht sei. 23 Diese Ansätze überzeugen jedoch nicht. § 372a ZPO macht die Duldungspflicht nicht vom Aufenthaltsort, sei es im Ausland oder im Inland, abhängig. Eine von der Duldungspflicht zu unterscheidende Frage ist dagegen die der Durchsetzbarkeit dieser Pflicht gegenüber auslandsansässigen Personen. Hier kommt die sich aus dem Völkerrecht ergebende einschränkende Wirkung der ausländischen Souveränität hinzu. Die Durchsetzbarkeit der Duldungspflicht und damit die Reichweite möglicher Zwangsmittelanwendungen bzw. -androhungen richtet sich nach den oben geschilderten völkerrechtlichen Grundsätzen. 24 Da also die auslandsansässige Prozeßpartei grundsätzlich der Duldungspflicht des § 372a ZPO unterliegt, kommen aus innerstaatlicher Sicht ihr gegenüber auch Maßnahmen zur Beweisbeschaffung in Betracht. Hierbei ist insbesondere die an die Partei gerichtete Aufforderung in Betracht zu ziehen, sich entweder freiwillig oder unter Zwangsandrohung bzw. Androhung prozessualer Nachteile einer Blutuntersuchung im Gerichtsstaat zu unterziehen. 25 Werden die in § 372a Abs. 2 ZPO vorgesehenen Zwangsmittel angedroht, so ist zu bedenken, daß in diesem Fall die Anordnung auf dem Rechtshilfeweg in das Ausland zuzustellen ist. 26 Die Entscheidung des BGH gibt außerdem Anlaß zu der Frage, ob tatsächlich wegen ,,Aussichtslosigkeit" auf die Durchführung eines Rechtshilfeersuchens verzichtet werden kann bzw. darf. Trotz der im Ergebnis zutreffenden Entscheidung ist dieser Auffassung des BGH zu widersprechen. Das Gericht hat alle denkbaren und geeigneten Maßnahmen zu versuchen um das Ziel der umfassenden Sachverhaltsaufklärung zu verwirklichen. Es stellt für sich genommen noch keinen hinreichenden Grund für den Verzicht auf die Durchführung eines Rechtshilfeersuchens dar, daß der betroffene ausländische Staat eine zwangsweise Blutentnahme gesetzlich nicht vorsieht. Es macht in der Tat aus der Sicht des Betroffenen einen gewaltigen Unterschied aus, wenn er an statt von einem ausländischen Gericht von den eigenen Behörden zur Mitwirkung an der Blutentnahme aufgefordert wird. Wie bereits Stümer7 und auch Hausmann 28 zutreffend dargelegt haben, bleibt ein Rechtshilfeersuchen Stein I Jonas-Berger, § 372a Rn. 31; Schatz. S. 224. BLAH. § 372a Rn. 20; Hecker/Müller-Chorus. § 5 Rn. 38. 24 Vgl. § II I. 25 Gegen einen DirektzugriJf aber Stürner, JZ 1987. 44 (45); Musielak-Stadler, § 363 Rn. 13; wohl auch Eichberger, S. \18; wie hier dagegen: Schlosser, EuGVÜ, Art. I HBÜ, Rn. 6. 26 Vgl. § 1211. 27 Stürner, JZ 1987,44 (45). 28 Hausmann. FamRZ 1977,302 (305). 22

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§ 14 Beweis durch Augenschein (§§ 371-372aZPO)

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immer noch sinnvoll, da keineswegs von vornherein ausgeschlossen werden kann, daß sich der Betroffene bei einer Aufforderung durch seine Heimatbehörde gleich verhalten wird. Bereits ein eindringlicher Hinweis auf etwaige negative beweisrechtliche Folgen - dies von der ausländischen Rechtshilfebehörde ausgeführt läßt eine andere Reaktion des Beklagten erwarten.29 Darüber hinaus könnten beispielsweise durch die ausländische Rechtshilfebehörde Verständigungsschwierigkeiten oder sprachliche Mißverständnisse ausgeräumt werden. 30

2. Untersuchung eines Dritten Beispiel 3 (nach OLG Köln, FamRZ 1983, 825): Der Beklagte ist als Sohn der Zeugin O.-R. geboren worden. Deren Ehe mit dem Kläger ist geschieden worden. Der Kläger ist Deutscher, die Zeugin O.-R. besitzt die italienische Staatsangehörigkeit. Nach der Scheidung ist sie nach Italien gezogen. Der Kläger, dem nach der Scheidung die elterliche Sorge über den Beklagten übertragen worden war, ficht nunmehr die Ehelichkeit des Beklagten an und behauptet, die Zeugin O.-R. habe mit anderen Männern geschlechtlich verkehrt. Das Gericht hat die Einholung eines Blutgruppengutachtens der Zeugin O.-R. angeordnet.

Nachdem die Zeugin O.-R. eine Blutuntersuchung verweigerte, wies das Amtsgericht erstinstanzlich die Klage ab und rührte in seinen Urteilsgründen u. a. aus, es sei dem Gericht nicht möglich gewesen, gegen die Zeugin O.-R. als eine in Italien lebende Italienierin nach § 372a ZPO zu verfahren. 31 In dem Berufungsverfahren fragte das OLG Köln demgegenüber bei der Zeugin an, ob sie nunmehr bereit sei, sich freiwillig eine Blutprobe entnehmen zu lassen oder sich einer erbbiologischen Untersuchung zu unterziehen, was jedoch unbeantwortet blieb. Handelt es sich bei der zu untersuchenden Person nicht um eine Prozeßpartei sondern um einen Dritten, so ist für die Annahme einer Duldungspflicht der Untersuchung nach § 372a ZPO die Angabe von Verdachtsgründen als ein Mindestmaß an Substantiierung erforderlich. 32 Bei Vorliegen von Verdachtsgründen und hinreichender Substantiierung unterfällt auch der Dritte der Duldungspflicht des § 372a ZPO, ohne daß es darauf ankommt, ob er sich im Inland oder im Ausland aufhält. Jedoch beschränken sich die Maßnahmen zur Beweisbeschaffung aus völkerrechtlichen Gründen auf die Bitte um freiwillige Mithilfe. Jegliche Androhungen von Zwangsmitteln haben zu unterbleiben, es sei denn, es handelt sich bei dem auslandsansässigen Dritten um einen deutschen Staatsangehörigen, bei dem die Androhung von Zwangsmaßnahmen möglich ist, soweit sich die Anwendung auf 29

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32

Hausmann, FarnRZ 1977, 302 (305). Stürner,]Z 1987,44 (45). Kritisch hiezu Grunsky, FarnRZ 1983,626. MünchKornm-ZPO-Damrau, § 372a Rn. 5.

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4. Teil: Innerstaatliche Zulässigkeit extraterritorialer Beweisbeschaffung

das Inland beschränkt. 33 Die vom OLG Köln durchgeführte Anfrage bei der Zeugin ist daher zu begrüßen.

§ 1S Beweis durch Zeugen (§§ 373-401 ZPO) Beispiel 4 (nach BGH NJW 1984, 2039): Der Kläger macht einen Rückzahlungsanspruch eines in Ghana ausgezahlten Darlehens von umgerechnet 149.250,- DM geltend. Der Beklagte bestreitet, das Darlehen erhalten zu haben. Der deutsche Zeuge G hat bei seiner gemäß § 363 Abs. 2 ZPO durch den deutschen Konsul in Accra vorgenommenen Vernehmung die Auszahlung des Darlehens bestätigt. Die gegenbeweislieh vom Beklagten benannten ghanaischen Zeugen A und B wollte das OLG im Wege der Rechtshilfe gemäß § 363 Abs. I ZPO vernehmen lassen. Nachdem das den zuständigen ghanaischen Behörden auf diplomatischem Weg zugeleitete Rechtshilfeersuchen weit über ein Jahr erfolglos blieb und die Deutsche Botschaft in Accra die Durchführungen von Zeugenvernehmungen als "nach hiesigen Erfahrungen relativ aussichtslos" bezeichnete, setzte das OLG dem Beklagten gemäß § 364 Abs. 1, 3 ZPO eine Frist von 6 Monaten zur Beibringung der Beweise und gab nach fruchtlosem Ablauf der Klage statt.

Befindet sich ein von der Prozeßpartei benannter Zeuge im Ausland, so kommen als Maßnahmen der Beweisbeschaffung im wesentlichen zwei Möglichkeiten in Betracht. Zum einen kann der Zeuge gemäß § 377 Abs. 1 ZPO vor das Prozeßgericht geladen werden, um unmittelbar vor dem erkennenden Gericht seine Aussage zu machen. Zum anderen besteht die Möglichkeit, daß das Gericht eine Anordnung nach § 377 Abs. 3 ZPO trifft und den auslandsansässigen Zeugen zur schriftlichen Beantwortung der Beweisfrage auffordert.

I. Ladung des Zeugen gemäß § 377 Abs. 1 ZPO

Die Ladung liegt in der schriftlichen Aufforderung an den Zeugen, zu seiner Vernehmung an einen bestimmten Ort zu einer festgesetzten Zeit zu erscheinen. 34 Sie wird gemäß § 377 Abs. 1 S. 2 ZPO formlos, d. h. mit einfachem Postbrief an den Zeugen übersandt, sofern nicht das Gericht die Zustellung anordnet. Gemäß § 377 Abs. 2 ZPO muß die Ladung die Bezeichnung der Parteien, den Gegenstand der Vernehmung und die Anweisung enthalten, zur Ablegung des Zeugnisses bei Vermeidung der durch das Gesetz angedrohten Ordnungsmittel in dem nach Zeit und Ort zu bezeichnenden Termin zu erscheinen. Die Einhaltung der beiden ersten Angaben stellen für eine Ladung des Zeugen aus dem Ausland kein Problem dar. Sie sollen dem Zeugen lediglich die Möglichkeit eröffnen, sich in geeigneter Form 33 34

Vgl. § 11 111. MünchKomrn-ZPO-Damrau, § 377 Rn. 2.

§ 15 Beweis durch Zeugen (§§ 373 -401 ZPO)

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auf die Aussage vor Gericht vorzubereiten (§ 377 Abs. 2 Nr. 2 ZPO) und darüber hinaus zu erkennen, ob ihm ein Zeugnisverweigerungsrecht zusteht (§ 377 Abs. 2 Nr. 1 ZPO). Problematisch könnte jedoch die Einhaltung der dritten Angabe sein, der Hinweis auf die Säumnisfolgen entsprechend § 380 ZPO. Unter der Maßgabe, daß zwingend alle drei Angaben enthalten sein müßten, würde die Ladung eines Zeugen, der nicht Deutscher ist, hieran scheitern, da gegenüber diesem Personenkreis nur die Bitte um freiwilliges Erscheinen zulässig ist. 35 Jedoch ist allgemein anerkannt, daß die Vorschriften über den Inhalt der Ladung nur für die Anwendung der Zwangsmaßnahmen gegen den Zeugen nach § 380 ZPO wesentlich sind. Nur wenn der Zeuge ordnungsgemäß, also unter Beachtung des gesamten Inhalts des § 377 Abs. 2 ZPO geladen wird, können diesem gegenüber Zwangsmaßnahmen ergriffen werden. Fehlt eine der Angaben, so hat dies nur zur Folge, daß die Anordnung eines dem § 380 ZPO entsprechenden Ordnungsmittels unterbleiben muß. 36 Aus den inhaltlichen Vorgaben für eine ordnungsgemäße Ladung folgt somit keine Einschränkung der Möglichkeiten, auslandsansässige Zeugen vor das Prozeßgericht zu laden. Ungeachtet der nach innerstaatlichem Recht gegebenen Voraussetzungen für ein Vorgehen nach § 377 Abs. 1 ZPO gegenüber Zeugen im Ausland wird die Möglichkeit der Ladung von Auslandszeugen dennoch teilweise in Zweifel gezogen.

1. Unzweckmäßigkeit der Ladung von Auslandszeugen

So wird in Teilen der Rechtsprechung 37 und Literatur38 die Auffassung vertreten, daß die Ladung eines sich im Ausland aufhaltenden Zeugen zwar grundsätzlich formell zulässig aber im Ergebnis unzweckmäßig ist. Wegen der fehlenden Erzwingbarkeit des Erscheinens entsprechend § 380 ZPO sei eine Ladung aus dem Ausland nicht erfolgversprechend, so daß auf sie verzichtet werden könne. Insbesondere hätten die Parteien kein Recht auf die Ladung eines im Ausland wohnenden Zeugen?9 Es bleibe insoweit bei der Vernehmung des Zeugen im Ausland im Wege der internationalen Rechtshilfe. Da die deutsche Gerichtsbarkeit an den Grenzen Deutschlands halt mache, müsse allgemein die geringere Ergiebigkeit von Beweisaufnahmen im Ausland hingenommen werden. Ausnahmsweise könne eine Ladung - in der Form einer Bitte um freiwilliges Erscheinen - dann erfolgen, wenn außer Zweifel stehe, daß der Zeuge bereitwillig, insbesondere bei erklärtem Einverständnis, vor Gericht erscheinen werde. 40 Vgl. § 1111 2 c). Stein I Jonas-Berger. § 377 Rn. 7; MünchKomm-ZPO-Damrau, § 377 Rn. 6; BUH, § 377 Rn. 7. 37 BGH,IPRax 1981.57; OLG Hamm. NJW-RR 1988.703. 38 Zöller-Greger. § 377 Rn. la; BUH, § 377 Rn. 4; Stein I Jonas-Berger. § 377 Rn. 33. 39 BGH.IPRax 1981.57 (58). 3S

36

120

4. Teil: Innerstaatliche Zu1ässigkeit extraterritorialer Beweisbeschaffung

2. Zu lässigkeit und Zweckmäßigkeit der Ladung

Andere Teile der Rechtsprechung41 und Literatur42 halten die Ladung von Auslandszeugen gemäß § 377 Abs. 1 ZPO demgegenüber nicht nur für zulässig sondern auch für zweckmäßig. Ob eine Ladung wegen der fehlenden Erzwingbarkeit des Erscheinens erfolgversprechend sei, sollte nicht von vornherein verneint werden. 43 Bereits die Tatsache, daß die Beurteilung der Glaubwürdigkeit des Zeugen wesentlich von dessen persönlichem Eindruck abhänge, lasse es als zweckmäßig erscheinen, eine Ladung des zu vernehmenden Zeugen vor das Prozeßgericht zumindest zu versuchen. 44 Selbst wenn ein Rechtshilfeersuchen um Vernehmung eines auslandsansässigen Zeugen erfolglos geblieben sei, weil die ausländische Rechtshilfebehörde über einen langen Zeitraum nicht tätig wurde, sei in diesem Fall immer noch zu prüfen, ob nicht eine schriftliche Befragung gemäß § 377 Abs. 3 ZPO oder eine formlose und ohne Strafandrohung erfolgende Ladung gemäß § 377 Abs. 1 ZPO zur Vernehmung nach Deutschland in Betracht komme. 45

3. Genereller Ausschluß der Ladung von Auslandszeugen

Nach anderen Auffassungen in der Literatur ist die Ladung auslandsansässiger Zeugen entsprechend § 377 Abs. 1 ZPO unzulässig und deshalb ausgeschlossen. a) Grundloser Ausschluß Wieczorek46 hat die Behauptung aufgestellt, daß es Ladungen von auslandsansässigen Zeugen vor inländische Gerichte nicht gebe. Dabei komme es nicht einmal auf die Staatsangehörigkeit der Zeugen an. Eine Begründung für diese zweifelhafte Annahme ist Wieczorek jedoch schuldig geblieben. b) Ausschluß wegen völkerrechtlicher Unzulässigkeit Andere Autoren halten die Ladung von Auslandszeugen bereits aus völkerrechtlichen Gründen für ausgeschlossen, so daß es für sie nicht darauf ankommt, ob aus 40 SteinlJonas-Berger. § 377 Rn. 33; BGH, IPRax 1981,57 (58); vgl. auch OLG München, NJW 1962, 56 (57): Vernehmung eines Auslandszeugen durch ein grenznahes Amtsgericht kommt nur dann in Betracht, wenn zum ausländischen Staat kein Rechtshilfeverkehr besteht oder dieser sich als besonders schwierig und langwierig herausstellt. 41 BGH, NJW 1992, 1768 (1769); BGH; NJW 1990, 3088 (3090). 42 Linke, IZPR, Rn. 310; MünchKomm-ZPO-Damrau, § 377 Rn. 5. 43 Linke, IZPR, Rn. 310. 44 BGH, NJW 1990,3088 (3090). 45 LG Aachen, NJW-RR 1993, 1407. 46 Wieczorek, § 377 Anm. A I a.

§ 15 Beweis durch Zeugen (§§ 373 -401 ZPO)

121

innerstaatlicher Sicht eine Befugnis hierzu besteht. Nach einer früheren Auffassung von Leipold kommt eine Ladung des Zeugen selbst dann nicht in Betracht, wenn ihm die Ladung im Wege der Rechtshilfe zugestellt werde. Es sei lediglich eine Vernehmung des Zeugen im Ausland über die internationale Rechtshilfe möglich. 47 Von dieser sehr engen Auffassung scheint Leipold jedoch abgerückt zu sein. Jedenfalls ließ er in einer Urteilsanmerkung48 die Frage der Zulässigkeit einer ohne Zwang erfolgenden Ladung von Zeugen aus dem Ausland ausdrücklich offen und verwies lediglich darauf, daß eine solche Ladung dann jedenfalls auf dem Rechtshilfeweg zugestellt werden müsse. Stadler hält die Ladung auslandsansässiger Zeugen gemäß § 377 Abs. 1 ZPO bereits aus dem Grunde für völkerrechtlich unzulässig, weil - im Unterschied zu § 377 Abs. 3 ZPO - die Zuwiderhandlung unmittelbar mit der Beugestrafe nach § 390 ZPO bedroht sei. 49 Doch scheint auch sie zumindest ein wenig von ihrer ursprünglichen Auffassung abgerückt und der Ansicht Leipolds gefolgt zu sein. Nunmehr erachtet auch Stadler die Ladung von Zeugen aus dem Ausland für zulässig, sofern die Ladung im Wege der Rechtshilfe in das Ausland zugestellt werde. 50 Lediglich eine direkte Ladung sei den deutschen Gerichten verwehrt und zwar auch bei einem Absehen von einer Androhung nach § 377 Abs. 2 Nr. 3 ZPO.

4. Eigene Stellungnahme

Die Auffassung von Wieczorek, wonach es eine Ladung auslandsansässiger Zeugen nicht gebe, ist abzulehnen. Sie widerspricht bereits der Auffassung des Gesetzgebers. Dieser hat in § 6 des Gesetzes über die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen (ZSEG) explizit eine Regelung für die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen getroffen, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland haben. 51 Ein gänzlicher Ausschluß der Ladung aus dem Ausland kann angesichts dieser gesetzlichen Regelung nicht gerechtfertigt werden. Im übrigen wird die Ladung eines sich im Ausland aufhaltenden Zeugen gemäß § 377 Abs. 1 ZPO fast einhellig52 für grundsätzlich zulässig erachtet. Gestritten wird demgegenüber im wesentlichen um die Frage, ob die Ladung aus dem Ausland überhaupt zweckmäßig ist oder ob auf sie trotz der zwar formell bestehenden Leipold, lex forl, S. 64 (Fn. 123). Leipold, ZZP 105 (1992), 507 (511): Anmerkung zu BGH, NJW 1992, 1768ff. 49 Stadler. S. 30 l. so Musielak-Stadler. § 363 Rn. 10. SI § 6 ZSEG lautet: ,.Zeugen und Sachverständigen, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland haben, können unter Berücksichtigung ihrer persönlichen Verhältnisse, insbesondere ihrer regelmäßigen Erwerbstätigkeit, nach billigem Ermessen höhere als die in den §§ 2 bis 5 bestimmten Entschädigungen gewährt werden." Nach Gottwald, Prozessuale Aufklärungspflicht, S. 20 (35), werden diese Personen durch das ZSEG stets schadlos gehalten. S2 a.A. insoweit nur Wieczorek, § 377 Anm. A I a. 47

48

122

4. Teil: Innerstaatliche Zulässigkeit extraterritorialer Beweisbeschaffung

Zulässigkeit wegen der fehlenden Erzwingbarkeit faktisch verzichtet werden kann. Ausgangspunkt des Problems ist die aus völkerrechtlicher Sicht bestehende Reichweite zulässiger Zwangsmittelmaßnahmen gegenüber auslandsansässigen Personen. Wer hier als Maßstab ein strenges Souveränitätsverständnis anlegt und die Auffassung vertritt, daß jegliche Anwendung von Zwangsmitteln gegenüber Zeugen im Ausland unzulässig sei, der mag sich scheinbar mit Recht auf die Position der Unzweckmäßigkeit von Zeugenladungen zurückziehen können. Dem ist jedoch zu widersprechen. Nach der hier vertretenen Auffassung kommt trotz des Auslandsaufenthalts des Zeugen die Anwendung von Zwangsmaßnahmen jedenfalls dann in Betracht, wenn es sich bei dem Zeugen um einen deutschen Staatsangehörigen handelt. Solange es sich lediglich um inlandsbezogene, d. h. nur um im Inland zu vollstreckende Zwangsmaßnahmen handelt, können diese auch gegenüber im Ausland wohnenden Deutschen angedroht und bei entsprechendem Inlandsvermögen auch vollstreckt werden, ohne dadurch die Souveränität des ausländischen Staates zu verletzen. 53 Aber selbst bei Zugrundelegung der (abzulehnenden) Auffassung, daß gegenüber jeder auslandsansässigen Person die Anwendung von Zwangsmaßnahmen völkerrechtlich unzulässig sei, kann der Verzicht auf eine Zeugenladung gemäß § 377 Abs. 1 ZPO aufgrund von "Unzweckmäßigkeit" nicht überzeugen. Hierfür spricht insbesondere die Möglichkeit, die Zeugen im Ausland zu bitten, freiwillig - ohne Androhung irgendwelcher Ordnungsmittel - vor dem Prozeßgericht zu erscheinen. 54 Eine Regel, wonach solchen Aufforderungen üblicherweise nicht nachgekommen wird, existiert nicht. Selbst der BGH vertrat diesen Standpunkt in seiner - bereits oben zitierten - Entscheidung aus dem Jahr 199255 : Das OLG hatte den in der Türkei wohnhaften Zeugen über die Deutsche Botschaft zu einem festgelegten Beweistermin geladen. Der Zeuge antwortete auf die Ladung mit einem Brief, in dem er darauf hinwies, daß er aus zeitlichen Gründen zum anberaumten Termin nicht erscheinen könne. Weiterhin bat er darum, seine Aussage über ein Rechtshilfeersuchen "feststellen zu lassen, weil es viel praktische(r)" sei, dort "vor dem Gericht zu erscheinen". Der BGH führte hierzu aus, daß der Zeuge, entgegen der Auffassung des OLG, nicht zum Ausdruck gebracht hätte, "daß er auch auf erneute Ladung nicht erscheinen werde". Da das Erscheinen des Zeugen vor dem Prozeßgericht somit noch in Betracht kam, habe das OLG seiner durch § 286 Abs. 1 ZPO begründeten Pflicht zur möglichst vollständigen Aufklärung des Sachverhalts nicht entsprochen, als es ohne weiteres von der Vernehmung des Zeugen absah. 53

Vgl. § 11 11 1.

54

Hecker, S. 382 schlägt für die Durchführung einer konsularischen Vernehmung, bei der

auf die Androhung von Ordnungsmitteln nach § 377 Abs. 2 Nr. 3 ZPO verzichtet werden muß, folgende Formulierung vor: ,,Die Botschaft I Das Generalkonsulat bittet Sie, zu diesem Termin im Zimmer ... zu erscheinen.". 55 BGH, NJW 1992, 1768 f.

§ 15 Beweis durch Zeugen (§§ 373 -401 ZPO)

123

Neben der Bitte um freiwilliges Erscheinen kann die "Ladung", zum Zwecke der Zeitersparnis darüber hinaus mit der Bitte versehen werden, dem Gericht alsbald mitzuteilen - ggf. unter Fristsetzung _56, ob ein Erscheinen und eine Aussage seitens des Zeugen beabsichtigt sei. 57 Bei ergebnislosem Verstreichen der Frist kann immer noch der Rechtshilfeweg eingeschlagen werden, ohne daß ein großer Zeitverlust eingetreten wäre. Ob dieser seinerseits immer "zweckmäßig" ist, soll an dieser Stelle dahingestellt bleiben. 58 Es kann somit im Ergebnis festgehalten werden, daß die Ladung eines sich im Ausland aufhaltenden Zeugen gemäß § 377 Abs. 1 ZPO aus innerstaatlicher Sicht zulässig und darüber hinaus auch immer "zweckmäßig" ist.

11. Schriftliche Befragung des Zeugen gemäß § 377 Abs. 3 ZPO Gemäß § 377 Abs. 3 S. 1 ZPO kann das Gericht eine schriftliche Beantwortung der Beweisfrage anordnen, wenn es dies im Hinblick auf den Inhalt der Beweisfrage und die Person des Zeugen für ausreichend erachtet. Die schriftliche Beantwortung der Beweisfrage gemäß § 377 Abs. 3 ZPO ist nach allgemeiner Meinung Zeugen- und nicht Urkundenbeweis. 59 Die Beweisaufnahme ist dabei nicht die Abfassung der schriftlichen Aussage des Zeugen, sondern entweder die Einführung in die Verhandlung durch Verlesung bzw. durch Bezugnahme oder die Zurkenntnisnahme und anschließende Verwertung durch das Gericht im Verfahren ohne mündliche Verhandlung. 60 Insbesondere handelt es sich dabei um eine unmittelbare Beweisaufnahme vor dem Prozeßgericht entsprechend dem Grundsatz der Beweisunmittelbarkeit gemäß § 355 Abs. 1 ZPO. Allein die Tatsache, daß zwischen der Aussageperson und dem Gericht ein Schriftstück tritt, macht die Beweisaufnahme noch nicht zu einer mittelbaren. 61 Vielmehr nimmt das Gericht den Inhalt der zuvor schriftlich niedergelegten Aussage des Zeugen unmittelbar zur Kenntnis, selbst wenn es den Zeugen nicht persönlich anhört. 62 Daraus folgt zugleich, daß es sich bei der Anordnung der Vgl. § 8 I 3 d). Vgl. auch Hecker. S. 382 unter Hinweis auf einen "anliegenden Vordruck". 58 Vgl. LG Aachen, NJW-RR 1993, 1407: Trotz des bestehenden Rechtshilfeverkehrs zwischen Malta und Deutschland wartete das Gericht noch nach zwei Jahren (!) vergeblich darauf, daß die Behörden auf Malta das ihnen auf diplomatischem Weg übermittelte Rechtshilfeersuchen auf Vernehmung einer Zeugin ausführten. Gleichwohl wurde unter Hinweis auf die Bemühungen der Deutschen Botschaft auf Malta die Erledigung des Ersuchens seitens der maltesischen Behörden für noch nicht aussichtslos befunden. 59 Zöller-Greger. § 377 Rn. 6; Musielak-Huber, § 377 Rn. 5; MünchKomm-ZPO-Damrau, § 377 Rn. I; Stadler, ZZP 110 (1997), 137 (139). 60 Stadler. ZZP 110 (1997),137 (l44f.). 61 Stadler. ZZP 110 (1997),137 (144f.); Schabenberger. S. 197. 62 a.A. "Durchbrechung der Unmittelbarkeit": Zöller-Greger. (20. Aufl.), § 377 Rn. 6; Koch, S. 29; Sturmberg, S. 7; Musielak-Huber. § 377 Rn. 4. S6

57

124

4. Teil: Innerstaatliche Zulässigkeit extraterritorialer Beweisbeschaffung

schriftlichen Beantwortung der Beweisfrage gemäß § 377 Abs. 3 ZPO gegenüber auslandsansässigen Zeugen um eine Maßnahme der Beweisbeschaffung und nicht um eine Beweisaufnahme im Ausland handelt. Die schriftliche Aussage des Auslandszeugen wird in den Gerichtsstaat herbeigeschafft, damit sie unmittelbar durch das Gericht verwertet werden kann. Der Beweis wird unmittelbar vor dem Prozeßgericht erhoben. 63 Der innerstaatlichen Zulässigkeit, Auslandszeugen zur schriftlichen Beantwortung von Beweisfragen gemäß § 377 Abs. 3 ZPO aufzufordern, steht auch der Wortlaut des Gesetzes nicht entgegen. Genau wie § 377 Abs. I ZPO enthält auch § 377 Abs. 3 ZPO keine Einschränkung auf solche Zeugen, die sich im Inland aufhalten.

1. Unzulässigkeit schriftlicher Befragungen von Auslandszeugen

Dennoch wird teilweise von der Unzulässigkeit schriftlicher Befragungen von Auslandszeugen ausgegangen. 64 Dies wird zumeist unter Berufung auf die Verletzung der Souveränitätsinteressen des ausländischen Staates begründet, da sich aus der ZPO selbst keine Gründe für eine Unzulässigkeit ableiten lassen. So hat der BGH in dem oben als Beispiel 4 zitierten Fall die Unzulässigkeit der Einholung einer schriftlichen Auskunft der vom Beklagten benannten ghanaischen Zeugen unter Verweisung auf § 39 Abs. 1 ZRHO damit begründet, daß der ausländische Staat darin einen unzulässigen Eingriff in seine Hoheitsrechte erblicken könnte. Das durch diese Auffassung entstehende Dilemma zwischen der Erfolglosigkeit der internationalen Rechtshilfe einerseits und der Unzulässigkeit eines ,,Direktzugriffs" andererseits wird dadurch zu umgehen versucht, daß die beweisbelastete Partei selbst eine schriftliche Aussage des Auslandszeugen beibringt, die dann im Wege des Urkundenbeweises verwertet werden kann. 65 Dies erspart den Vertretern dieser Auffassung "völkerrechtliche Gewissensbisse".66 Obwohl selbst Vertreter eines sehr strengen Souveränitätsverständnisses, hält Leipold die Ersetzung des Zeugenbeweises durch den Urkundenbeweis für eine "unzulässige Umgehung des Rechtshilfeweges" .67

MünchKornrn-ZPO-Musielak, § 363 Rn. 2; Schabenberger, S. 199. Musielak-Stadler, § 377 Rn. \0; Stein/Jonas-Schumann, (20. Aufl.), § 377 Rn. 47; BLAH, § 377 Rn. 8; Thomasl Putzo, § 363 Rn. 4 unter Hinweis auf BGH, NJW 1984, 2039; Schlemmer, S. 46; Leipold, lex fori, S. 63; OLG Hamrn, NJW-RR 1988, 703. 65 Musielak-Stadler, § 377 Rn. \0; BGH, NJW 1984, 2039; Stein I Jonas-Schumann, (20. Aufl.), § 363 Rn. 8. 66 Schack, IZVR, Rn. 723. 67 Leipold, lex fori, S. 66 f. 63

64

§ 15 Beweis durch Zeugen (§§ 373 -401 ZPO)

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2. Zulässigkeit auch gegenüber Zeugen im Ausland

Insgesamt ist die Auffassung der Unzulässigkeit eines Vorgehens gemäß § 377 Abs. 3 ZPO gegenüber auslandsansässigen Zeugen bereits aus den in dieser Arbeit zur völkerrechtlichen Zulässigkeit von Beweisbeschaffungsmaßnahmen vertretenen Gründen abzulehnen. 68 Wie bereits ausgeführt, stellt die Aufforderung zur schriftlichen Beantwortung der Beweisfrage nicht notwendigerweise einen Eingriff in die fremde Souveränität dar. Vielmehr ist eine Souveränitätsverletzung vom Adressaten und vom Inhalt der Aufforderung abhängig. Daher wird zu Recht vennehrt die Auffassung vertreten, daß ein Vorgehen gemäß § 377 Abs. 3 ZPO sowohl völkerrechtlich als auch innerstaatlich eine zulässige Maßnahme der Beweisbeschaffung darstelle. 69 Entsprechend § 377 Abs. 3 ZPO könne auch dann verfahren werden, wenn sich der Zeuge im Ausland befinde. 7o Die schriftliche Vernehmung enthalte ein Angebot an den auslandsansässigen Zeugen, eine fönnliche Beweisaufnahme durch Inanspruchnahme der Rechtshilfe des Aufenthaltsstaates zu umgehen. 7J Darüber hinaus wird zutreffend darauf hingewiesen, daß die zur alten Fassung des § 377 ZPO ergangene gegenteilige Rechtsprechung überholt sei, da dort ein unzulässiger Eingriff in die Hoheitsrechte des fremden Staates ersichtlich deshalb befürchtet wurde, weil nach früherem Recht die Beweisfrage "unter eidesstattlicher Versicherung ihrer Richtigkeit" beantwortet werden mußte. 72 Es verbleibt damit bei der Fragestellung, ob die übrigen Voraussetzungen für die Durchführung einer schriftlichen Befragung gegenüber einem sich im Ausland aufhaltenden Zeugen gegeben sind. Die Entscheidung über die Durchführung einer schriftlichen Befragung gemäß § 377 Abs. 3 ZPO, die im Ennessen des Gerichts steht, hängt von der Eignung der zu vernehmenden Person und der Beweisfrage ab. Bei auslandsansässigen Zeugen wird die Entscheidung über die Eignung der Person in der Regel erheblich schwieriger sein, als sie bereits bei inlandsansässigen Zeugen ist. Hier sollte ein großzügigerer Beurteilungsmaßstab angelegt werden?3 Denn im Unterschied zu Zeugen aus dem Inland können Auslandszeugen nicht immer ohne weiteres gemäß § 377 Abs. 3 S. 2 ZPO auf eine etwaige Ladung zur Vernehmung hingewiesen werden, und erst recht können sie nicht stets durch Anordnung des Gerichts gemäß § 377 Abs. 2 S. 3 ZPO geladen werden. Vgl. § 10 V, § 11 III. Schack. IZVR, Rn. 721; Zöller-Geimer, § 363 Rn. 5; Pfeiffer, S. 77 (91); MünchKommZPO-Damrau. § 377 Rn. 14; Rahm/Künkel-Breuer, VIII, Rn. 47; Schabenberger, S. 199; Musielak-Huber, § 377 Rn. 7; Schlosser, EuGVÜ. Art. 1 HBÜ, Rn. 7; Stein! Jonas-Berger, § 363 Rn. 14. 70 Rahm I Künkel-Breuer, VIII Rn. 47. 71 Rahm I Künkel-Breuer, VIII Rn. 47. 72 Musielak-Huber, § 377 Rn. 7. 73 Schabenberger, S. 199. 68

69

126

4. Teil: Innerstaatliche Zulässigkeit extraterritorialer Beweisbeschaffung

Im Ergebnis ist festzuhalten, daß gegenüber Auslandszeugen auch die Möglichkeit einer schriftlichen Befragung gemäß § 377 Abs. 3 ZPO besteht. Dieses Vorgehen ist sowohl innerstaatlich als auch völkerrechtlich zulässig. Die Reichweite der innerstaatlich zulässigen Anordnungen wird jedoch durch das völkerrechtliche Gebot begrenzt, die ausländische Souveränität zu achten. Insbesondere ist dabei zu berücksichtigen, weIcher Staatsangehörigkeit der Adressat der Anordnung angehört. Im Zweifel muß sich dann das Vorgehen entsprechend § 377 Abs. 3 ZPO auf die Bitte um freiwillige Beantwortung der Beweisfragen beschränken.

§ 16 Beweis durch Sachverständige (§§ 402-414 ZPO) Beispiel 5 (nach BGH, IPRax 1981,57): Der 1926 in Polen geborene Kläger verlangt Entschädigungen, die er auf die Verschleppung zur Zwangsarbeit in Deutschland zurückführt. Er befand sich mehrmals über längere Zeit in psychiatrischer Behandlung. Nachdem das Landgericht Ermittlungen zum Schädigungstatbestand angestellt hatte, wies es die Klage ab. Das Berufungsgericht stellte weitere Ermittlungen zum Schädigungsvorgang an und holte hierzu u. a. ein Gutachten eines in London lebenden Psychiaters ein. Nach Zurückweisung der Berufung legte der Kläger Revision ein. Fehlt dem Gericht die erforderliche eigene Sachkunde bestimmte Tatsachen zu bewerten, so kann es hierzu einen Sachverständigen beauftragen. Dabei stellt § 404 Abs. 1 ZPO die Auswahl des Sachverständigen in das pflichtgemäße Ermessen des Gerichts. Eine Anhörung der Prozeßparteien zur Person des Sachverständigen ist gesetzlich nicht vorgeschrieben. Dennoch sollte schon im Hinblick auf die in § 406 ZPO bestehende Möglichkeit der Ablehnung eines Sachverständigen eine vorherige Anhörung der Parteien stattfinden, erst Recht wenn es darum geht, einen inländischen Sachverständigen mit ErmittIungstätigkeiten im Ausland oder einen auslandsansässigen Sachverständigen mit der Begutachtung bestimmter Tatsachen zu beauftragen. Beim Beweis durch Sachverständige, bei dem Ausländer grundsätzlich ebenso tauglich wie Inländer sind74 , kommen als Maßnahmen der Beweisbeschaffung zum einen die Beauftragung eines auslandsansässigen Sachverständigen zum anderen die Beauftragung eines inländischen Sachverständigen mit der Ermittlung im Ausland in Betracht. Darüber hinaus könnte die "Ladung" eines Sachverständigen aus dem Ausland vor das deutsche Prozeßgericht zur Erläuterung eines etwaig erstellten Gutachtens entsprechend § 411 ZPO erforderlich sein. Die Tatsachenfeststellung durch den Sachverständigen stellt selbst noch nicht die Beweisaufnahme dar75 , so daß es sich in allen Fällen um Maßnahmen der Beweisbeschaffung aus dem Ausland und nicht um Beweisaufnahmen im Ausland handelt. 74

Linke, IZPR, Rn. 313.

75

Stein I Jonas-Schumann, (20. Aufl.), § 363 Rn. 10; Daub, S. 94.

§ 16 Beweis durch Sachverständige (§§ 402-414 ZPO)

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I. Beauftragung auslandsansässiger Sachverständiger

Soll ein sich im Ausland aufllaltender Sachverständiger mit der Begutachtung von Tatsachen für einen Prozeß vor einem deutschen Gericht beauftragt werden, so kann er aus völkerrechtlicher Sicht lediglich um seine freiwillige Mithilfe gebeten werden?6 Gutachtenaufträge an Personen im Ausland setzen demnach ihr erklärtes Einverständnis voraus. 77 Obwohl also der jeweilig beauftragte Sachverständige selbst darüber entscheiden kann, ob er den Auftrag annehmen und ein Gutachten zu einem bestimmten Beweisthema erstellen möchte, wird dennoch teilweise eine direkte Beauftragung des ausländischen Sachverständigen für unzulässig gehalten und auf den internationalen Rechtshilfeweg verwiesen. Zur Begründung begnügen sich die Vertreter dieser Auffassung mit dem Hinweis auf § 40 ZRHO. 78 Die Unzulässigkeit des Direktzugriffs ergibt sich nach dieser Ansicht lediglich aus völkerrechtlichen Gründen; die innerstaatliche Rechtslage scheint dem nicht entgegenzustehen. In der Tat ist aus innerstaatlicher Sicht kein Grund ersichtlich, der gegen einen Direktzugriff außerhalb des internationalen Rechtshilfeweges sprechen könnte. Ganz im Gegenteil ergibt sich aus § 413 ZPO, der für die Entschädigung des Sachverständigen auf das ZSEG und damit insbesondere auf § 6 ZSEG verweist, daß der Gesetzgeber sehr wohl von der Möglichkeit der Beauftragung eines Sachverständigen ausgegangen ist, der seinen gewöhnlichen Aufenthalt nicht in Deutschland hat. 79 Auch aus den übrigen Vorschriften der ZPO ergibt sich kein entgegenstehender Hinweis. § 363 ZPO selbst kommt nur dann zur Anwendung, wenn die Beweisaufnahme tatsächlich im Ausland, also gerade im Wege der internationalen Rechtshilfe, stattfinden soll. 80 Das ist aber bei der direkten Beauftragung durch ein deutsches Gericht gerade nicht der Fall. So wird auch überwiegend vertreten, daß die direkte "Beauftragung" eines auslandsansässigen Sachverständigen bzw. die Bitte um seine freiwillige Mithilfe durchaus zulässig ist. Unterschiedliche Auffassungen werden jedoch zu der Frage vertreten, ob die Übermittlung des ,,Auftrags" direkt an den Sachverständigen 81 oder auf dem Rechtshilfeweg 82 erfolgen muß. Vgl. § 13 I, § 11 m. Linke, IZPR, Rn. 314. 78 Musielak-Stadler, § 363 Rn. 11; MünchKomm-ZPO-Musielak. § 363 Rn. 2; Geimer E., S. 175; § 40 Abs. 1 ZRHO lautet: ,,Ausländische SteBen oder ausländische Privatpersonen (Gutachter usw.) dürfen nicht unmittelbar um die Erstattung eines Gutachtens ersucht werden, da der ausländische Staat hierin einen Eingriff in seine Hoheitsrechte sehen kann. Vielmehr sind die Gutachten im Wege der Rechtshilfe einzuholen. ". 79 Zum Wortlaut des § 6 ZSEG, vgl. Fn. 51. 80 Vgl. § 7 II. 81 So ZöBer-Geimer, § 363 Rn. 5; ders., IZPR, Rn. 441; MünchKornrn-ZPO-Damrau, § 402 Rn. 12; Schlosser, EuGVÜ, Art. I HBÜ, Rn. 9: "Auch dies vorn § 40 ZRHO für untersagt zu halten, wäre absurd."; offenlassend: BLAH, § 411 Rn. 15. 76 77

128

4. Teil: Innerstaatliche Zulässigkeit extraterritorialer Beweisbeschaffung

Nach der hier vertretenen Auffassung, wonach gegenüber ausländischen Dritten sowohl die Bitte um freiwillige Mithilfe als auch die Übermittlung dieser Bitte mittels einfachen Postbriefs völkerrechtlich zulässig ist, kann sich das Gericht unmittelbar an den Sachverständigen wenden. Ein Beschreiten des langwierigen Rechtshilfeweges ist hierzu nicht erforderlich. Diese Verfahrensweise wird auch vom X. Zivilsenat des BGH befürwortet, der in Patentsachen gemäß § 115 PatG als Tatsacheninstanz entscheidet. So beauftragte der Senat in dem Verfahren unter dem Aktenzeichen X ZR 13/83 einen Sachverständigen aus Belgien, indem er ihn direkt anschrieb, ebenso wie einen Experten in den USA. 83 Aus innerstaatlicher Sicht ist die direkte ,,Beauftragung" eines auslandsansässigen Sachverständigen damit eine legitime Möglichkeit des deutschen Prozeßgerichts, einen Sachverständigenbeweis zu erheben. Ein Rückgriff auf den internationalen Rechtshilfeweg ist solange nicht erforderlich, wie der Sachverständige lediglich um eine freiwillige Begutachtung gebeten wird. So hätte im Beispielsfall 5 der in London lebende Psychiater direkt mit der (freiwilligen) Begutachtung beauftragt und der ,,Auftrag" diesem unmittelbar mit einfachem Postbrief übersendet werden können.

11. Beauftragung inländischer Sachverständiger

Nichts anderes kann für den Fall gelten, daß ein inländischer Sachverständiger mit einer Gutachtenerstellung beauftragt wird und sich hierzu ins Ausland begeben muß, um dort beispielsweise Untersuchungen oder Inaugenscheinnahmen durchzuführen. Zwar wird auch diese Vorgehensweise teilweise für unzulässig gehalten. 84 Zur Begründung werden jedoch auch hier rein völkerrechtliche Aspekte angeführt. So meint Leipold, daß durch die Möglichkeit der Beauftragung eines inlandsansässigen Sachverständigen mit der Durchführung von Untersuchungshandlungen im Ausland nicht ausgeschlossen werden könne, daß "ein Gericht einen Sachverständigen gerade deshalb mit Besichtigungen, Untersuchungen oder gar Zeugenvernehmungen im Ausland beauftragt, um auf diese Weise die sonst erforderlich werdende Inanspruchnahme der Rechtshilfe zu vermeiden".85 In diesem Fall sei dafür im Wege der internationalen Rechtshilfe die vorherige Zustimmung des betroffenen Staates einzuholen. 86 Um zwischenstaatlichen Verwicklungen vorzubeugen, So Linke. IZPR. Rn. 314; Stein I Jonas-Berger; § 363 Rn. 22. Vgl. Geimer; FS Nagel. S. 36 (53. Fn. 67). 84 Leipold. lex fori, S. 47 f.; Stadler; S. 276; Musielak-Stadler; § 363 Rn. 14. 8~ Leipold. lex fori, S. 47 f. 86 Leipold. lex fori, S. 47; Jessnitzer; BauR 1975, 73 (75); so auch MünchKomm-ZPOMusielak. § 363 Rn. 2 a.E., obwohl er zugleich ausdrücklich darauf hinweist, daß nach deutschem Recht die Ermiulungstätigkeit des inländischen Sachverständigen im Ausland wohl zulässig sei. 82

83

§ 16 Beweis durch Sachverständige (§§ 402-414 ZPO)

129

sollte das deutsche Gericht die zuständige ausländische Behörde ersuchen, im Wege der Verfahrenshilfe (§ 46 ZRHO) die Augenscheinseinnahme oder Untersuchung durch den deutschen Sachverständigen zu gestatten. 87 Nach der hier vertretenen Auffassung stellt die Tätigkeit eines von einem deutschen Gericht beauftragten inlandsansässigen Sachverständigen im Ausland keine, und auch nicht einmal "möglicherweise" eine Verletzung der fremden Gebietshoheit dar. 88 Bereits aus diesem Grund ist ein Vorgehen im Wege der Rechts- bzw. Verfahrenshilfe entsprechend § 46 ZRHO nicht erforderlich. Hierfür und gegen die obige Auffassung spricht darüber hinaus ein weiterer Grund: Soweit es um die Beauftragung von auslandsansässigen Sachverständigen ging, stand den Vertretern der Gegenauffassung zumindest der Wortlaut des § 40 ZRHO zur Seite, selbst wenn nach der hier vertretenen Auffassung § 40 ZRHO kein hinreichender Grund für die Ablehnung eines Direktzugriffs darstellt. Der Fall, daß ein inländischer Sachverständiger Ennittlungstätigkeiten im Ausland durchzuführen hat, ist in der ZRHO, insbesondere in § 40 ZRHO - bewußt oder unbewußt - nicht geregelt. Auch aus § 38a ZRHO, der die Teilnahme deutscher Richter an einer Beweisaufnahme im Ausland von der Genehmigung der Bundesregierung und des Staates, in dem die Beweisaufnahme stattfinden soll, abhängig macht, ergibt sich nichts anderes. Diese Vorschrift regelt nur die Teilnahme von Richtern und gilt nicht für Sachverständige. 89 Es existiert keine innerstaatliche Norm, die gegen die Beauftragung eines inländischen Sachverständigen spricht, der für seine Gutachtertätigkeit Untersuchungen oder Inaugenscheinnahmen im Ausland durchführen muß. § 363 ZPO steht dem ebenfalls nicht entgegen. Die Durchführung der Tatsachenfeststellungen im Ausland durch einen Sachverständigen betrifft nicht den Anwendungsbereich des § 363 ZPO, da die Beweisaufnahme eben nicht "im Ausland", sondern vor dem Prozeßgericht stattfindet.

Aus alledem folgt, daß die Beauftragung eines inländischen Sachverständigen, der Untersuchungen und Tatsachenfeststellungen im Ausland zu betreiben hat, sowohl aus völkerrechtlicher Sicht90 als auch aus innerstaatlicher Sicht zulässig ist. Zur Durchführung des Sachverständigenbeweises bei auslandsbelegenen "Untersuchungsobjekten" ist es nicht erforderlich, den langwierigen Weg eines Rechtshilfeersuchens zu beschreiten. 91

87 Jessnitzer/Frieling, Rn. 629, die aber zugleich darauf hinweisen, daß es dabei auf den Einzelfall ankomme, insbesondere darauf, um welchen Staat es sich handele und wie die Beziehungen zu dem jeweiligen Staat seien. 88 Vgl. § 13 11. 89 Meilicke, NJW 1984,2017. 90 Vgl. § 13 11. 91 So im Ergebnis auch die h.M.: Schadc, IZVR, Rn. 710; MünchKomm-ZPO-Damrau, § 402 Rn. 12; Geimer, IZPR, Rn. 445; Pfeiffer, in GiIles, S. 77 (90); Wussow, FS Korbion, S. 493 (495); Geimer E., S. 49.

9 Daoudi

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4. Teil: Innerstaatliche Zulässigkeit extraterritorialer Beweisbeschaffung

III. "Ladung" zur Erläuterung des schriftlichen Gutachtens Soweit der Sachverständigenbeweis dadurch erhoben wird, daß ein inländischer Sachverständiger mit der Gutachtenerstellung beauftragt wird, kann dieser unproblematisch zur Erläuterung seines Gutachtens geladen werden, da er ohnehin der deutschen Gerichtsgewalt unterworfen ist. Hat das Gericht dagegen einen im Ausland ansässigen Sachverständigen beauftragt, so kommt bereits aus völkerrechtlicher Sicht allenfalls die Bitte um freiwilliges Erscheinen vor Gericht zur Erläuterung des erstellten Gutachtens in Betracht. Eine ,,Ladung" wäre nur dann möglich, wenn der auslandsansässige Sachverständige die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen würde. 92 Zu einer ,,Ladung" von Sachverständigen zur Erläuterung der erstellten Gutachten stehen zwei Wege offen. Zum einen ,,kann" das Gericht den Sachverständigen nach pflichtgemäßem Ermessen gemäß § 411 Abs. 3 ZPO laden und zum anderen "hat" es den Sachverständigen zu laden, wenn eine der Parteien dies entsprechend §§ 402, 397 ZPO beantragt.

1. "Ladung" nach pflichtgemäßem Ermessen des Gerichts gemäß § 411 Abs. 3 ZPO

Gemäß § 411 Abs. 3 ZPO ,,kann" das Gericht das Erscheinen des Sachverständigen anordnen. Dabei ist die Ermessensentscheidung des Gerichts, ob es eine solche Anordnung treffen soll oder nicht, in gewissem Umfang beschränkt. Es ist nämlich zu berücksichtigen, daß das Gericht seine Ermessensfreiheit verletzt, wenn es bei einem unvollständigen, mißverständlichen oder unverständlichen schriftlichen Gutachten auf die gemäß § 411 Abs. 3 ZPO bestehende Möglichkeit der Anhörung des Sachverständigen verzichtet. 93 Die Gefahr von Mißverständnissen besteht gerade bei Gutachtenerstellungen durch auslandsansässige Personen. Doch darf dieser Umstand weder dazu führen, daß deswegen auf die Beauftragung von auslandsansässigen Sachverständigen verzichtet wird, noch dazu, daß von dem in § 411 Abs. 3 ZPO vorhandenen Anhörungsrecht bei entsprechendem Bedarf Gebrauch gemacht wird. Häufig ermöglicht allein der Aufenthalt des Sachverständigen im Ausland und seine damit verbundenen Kenntnisse von den örtlichen Gegebenheiten und Verhältnissen die besseren Voraussetzungen zur genaueren Gutachtenerstellung, als sie ein inländischer Sachverständiger je haben könnte. Der Umstand, daß der Sachverständige seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland hat, ist nach einhelliger Auffassung kein Grund, von der mündlichen Erläuterung des zuvor schriftlich erstatteten Gutachtens abzusehen. Nur hinsichtlich der 92

Vgl. § 11 11 1.

93

Stein I Jonas-Leipold, § 411 Rn. 10; MünchKomm-ZPO-Damrau, § 411 Rn. 10m. w. N.

§ 16 Beweis durch Sachverständige (§§ 402-414 ZPO)

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praktischen Durchführung der mündlichen Erläuterung bestehen geteilte Auffassungen, die erneut aus der unterschiedlichen Sichtweise zu dem Umfang völkerrechtlich zulässiger Zugriffe auf Personen im Ausland resultieren. In Teilen der Rechtsprechung und Literatur wird vertreten, daß nach den Grundsätzen der Beweisaufnahme im Ausland, also entsprechend § 363 ZPO, auf dem Rechtshilfeweg zu verfahren sei. 94 Der BGH läßt hier jedoch Ausnahmen von seinem strengen Grundsatz zu, grundsätzlich über den Rechtshilfeweg zu verfahren. Danach sei es im Einzelfall bei erklärtem Einverständnis des Sachverständigen angemessen, ihn ausnahmsweise vor das Prozeßgericht zu bitten, um dort Fragen zu beantworten. 95

Diese Entscheidung des BGH zeigt, daß es durchaus möglich und zulässig ist, einen auslandsansässigen Sachverständigen zum freiwilligen Erscheinen vor dem Prozeßgericht zu bitten. Es ist nur kein Grund ersichtlich, warum diese Möglichkeit sich auf Ausnahmefälle beschränken und nur bei erklärtem Einverständnis - der BGH meint offensichtlich ein vorheriges Einverständnis des Sachverständigen - ergriffen werden sollte. Soweit ein solches Vorgehen dem Grunde nach für zulässig erachtet wird, sollte hiervon bereits aus Zweckmäßigkeitsgründen Gebrauch gemacht werden. In seiner Entscheidung führte der BGH hierzu selbst aus, es liege "auf der Hand, daß gerade schwierige Fragen zum schriftlichen Gutachten in aller Regel zweckmäßigerweise vor dem mit dem Stoff vertrauten Prozeßgericht erörtert würden".96 Trotz dieser Erkenntnisse ist der BGH dennoch nicht so weit gegangen, hieraus die konsequente Schlußfolgerung zu ziehen und die Bitte um freiwilliges Erscheinen als Regel, das Beschreiten des Rechtshilfeweges hingegen als Ausnahme anzusehen. Vielmehr beruft er sich auf die eingeschränkte deutsche Gerichtsbarkeit, die an den Grenzen Deutschlands halt mache. 97 Da nach der hier vertretenen Auffassung, eine an die auslandsansässige ausländische Person gerichtete Bitte, freiwillig vor dem Prozeßgericht zu erscheinen, keine Souveränitätsverletzung darstellt, ist ein Vorgehen auf dem internationalen Rechtshilfeweg nicht zwingend erforderlich. Das deutsche Gericht kann vielmehr nach pflichtgemäßem Ermessen den auslandsansässigen Sachverständigen bitten, freiwillig zur Erläuterung seines Gutachtens vor dem Prozeßgericht zu erscheinen. 98 Ein Beschreiten des Rechtshilfeweges ist nur dann unerläßlich, wenn der Sachverständige ein Erscheinen vor dem Prozeßgericht verweigert. Ein gänzlicher Verzicht auf eine Anhörung des Sachverständigen scheidet bereits im Hinblick auf die oben geschilderte Möglichkeit einer "Ermessensreduzierung" des gerichtlichen 94 BGH, MDR 1981, 1014 (1015); BGH, MDR 1960,659; Musielak-Stadler, § 363 Rn. 11; MünchKomm-ZPO-Musielak, § 363 Rn. 2; Wieczorek, § 411 Anm. A 11 b. 95 BGH,IPRax 1981,57 (58). 96 BGH. IPRax 1981,57 (58). 97 BGH,IPRax 1981,57 (58); so auch Nagel, WRax 1981,47 (48). 98 So auch: Schlosser, EuGVÜ, Art. 1 HBÜ, Rn. 9; MünchKomm-ZPO-Damrau, § 411 Rn. 14.

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4. Teil: Innerstaatliche Zulässigkeit extraterritorialer Beweisbeschaffung

Entscheidungsspielraums aus, wie z. B. in den Fällen der Unverständlichkeit des Gutachtens. 2. Pflicht zur .. Ladung" auf Antrag einer Partei gemäß §§ 402, 397 ZPO

Über die Ermessensentscheidung des Gerichts gemäß § 411 Abs. 3 ZPO hinaus ist das Gericht verpflichtet, einer Prozeßpartei gemäß §§ 402, 397 ZPO auf ihren entsprechenden Antrag hin die Möglichkeit zu eröffnen, dem Sachverständigen zur Erläuterung seines schriftlichen Gutachtens Fragen vorzulegen. Die Tatsache, daß der Sachverständige seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland hat, stellt keinen hinlänglichen Ablehnungsgrund dar. 99 Gebunden ist das Gericht aber nur bezüglich des "Ob", nicht dagegen bezüglich des "Wie" der Ladung des Sachverständigen. Das Gericht ist nicht verpflichtet, den Sachverständigen vor das Gericht zu laden bzw. ihn zu bitten, zur Befragung vor dem Prozeßgericht in Deutschland zu erscheinen. Vielmehr kann das Gericht ebensogut anordnen, daß die Erläuterung des Gutachtens auf dem Rechtshilfeweg nach den Grundsätzen der Beweisaufnahme im Ausland gemäß § 363 ZPO zu erfolgen habe. Überwiegend wird ein solches Vorgehen favorisiert. 100 Da aber das Ziel der Sachverständigenladung gemäß §§ 402, 397 ZPO nicht die Vernehmung des Sachverständigen durch das Gericht, sondern die Vorlegung und unmittelbare Stellung von Fragen durch die Parteien ist lOl , erscheint es m.E. geboten, zunächst zu versuchen, den Sachverständigen zum Erscheinen vor dem Prozeßgericht zu bewegen. Auf diese Weise wird den Parteien die Wahrnehmung ihres Rechts auf Vorlegung von Fragen gemäß §§ 402, 397 ZPO ermöglicht, ohne sie dabei zu zwingen, in das Ausland zu reisen, um gegebenenfalls an der "Beweisaufnahme im Ausland" teilzunehmen. Nur für den Fall, daß der Sachverständige nicht freiwillig erscheint, hat die Anhörung über dem internationalen Rechtshilfeweg zu erfolgen. 102 Doch sind m.E. keine nennenswerten Gründe ersichtlich, warum ein im Ausland lebender Sachverständiger, der bereits ein schriftliches Gutachten für ein deutsches Prozeßgericht erstellt hat, sich anschließend weigern sollte, vor dem Prozeßgericht zu erscheinen, um sein Gutachten nochmals mündlich zu erläutern, zumal ihm die dadurch entstehenden Kosten gemäß § 6 ZSEG ersetzt werden.

99 BGH, MDR 1960. 659; BUH. § 4\1 Rn. 15; MünchKomm-ZPO-Damrau. § 4\1 Rn. 14. 100 BGH, MDR 1981, 1014 (1015); BGH, IPRax 1981,57 (58); BGH, MDR 1960,659; BUH. § 4\1 Rn. 15; Nagel. IPRax 1981,47 (48). 101 BGH, MDR 1981, 1014 (1015). 102 So auch: Zöller-Greger. § 405 Rn. 3; MünchKomm-ZPO-Damrau. § 411 Rn. 14.

§ 17 Beweis durch Urkunden (§§ 415 -444 ZPO)

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§ 17 Beweis durch Urkunden (§§ 415-444 ZPO) Beispiel 6: Die Parteien sind geschiedene Eheleute. Die Klägerin macht gegenüber dem Beklagten Zugewinnausgleichsansprüche geltend und behauptet hierzu, dem Beklagten stünden noch erhebliche Forderungen gegenüber Dritten zu, was sich aus verschiedenen Urkunden ergäbe, die sich im Besitz des Beklagten befanden. Der Beklagte, der dies nicht bestreitet, ist der Ansicht, daß ihm gegenüber keine Vorlageanordnung ergehen könne, da die Urkunden in seiner Ferienwohnung in Frankreich seien. Wie ist zu entscheiden? Wie, wenn die Urkunden sich im Besitz eines Dritten befinden würden?

Der Beweis durch Urkunden unterscheidet sich in einem ganz wesentlichen Punkt von den bislang besprochenen Beweismitteln. Dies liegt in dem Umstand, daß eine Urkundenvorlage weder gegenüber einer Prozeßpartei noch gegenüber einem Dritten mit Zwangsmitteln durchgesetzt werden kann. Die Nichtvorlage kann allenfalls Prozeßnachteile zur Folge haben. 103 Soweit sich die beweiserhebliche Urkunde in den Händen eines Dritten befindet, ist es Sache des Beweisführers selbst, diese zu beschaffen und dem Prozeßgericht vorzulegen. I04 Er muß notfalls die Vorlage der Urkunde klageweise gegen den Dritten geltend machen, was jedoch auch nur dann erfolgreich sein wird, wenn ihm gegenüber dem Dritten ein Anspruch auf Herausgabe oder Vorlegung zusteht (§§ 429, 422 ZPO). Der Beweisführer hat hierzu auf Antrag einen Anspruch auf eine vom Gericht zu bestimmende "Schonfrist" gemäß §§ 428, 431 ZPO. 105 Befindet sich die Urkunde nach der Behauptung des Beweisführers in den Händen des Gegners, so wird der Urkundenbeweis gemäß § 421 ZPO durch den Antrag angetreten, dem Gegner die Vorlegung der Urkunde aufzugeben. Erachtet das Gericht die Urkunde für beweiserheblich und den Antrag für begründet, was gemäß § 422 ZPO voraussetzt, daß dem Beweisführer ein materiell-rechtlicher Anspruch auf Herausgabe oder Vorlegung der Urkunde zusteht, so ordnet es die Vorlegung der Urkunde an. Bei Nichtvorlage oder Weigerung des Beweisgegners kann das Gericht entsprechende Schlüsse ziehen (§§ 427,444 ZPO). Die Vorschriften der ZPO zum Urkundenbeweis differenzieren dabei nicht hinsichtlich des Belegenheitsortes der Urkunde. Die verfahrensrechtliche Vorgehensweise ist unabhängig davon, ob sich die Urkunde im Inland oder im Ausland befindet. Entsprechend der lex fori erstreckt sich die prozessuale Vorlagepflicht auch auf Ausländer, die Parteien eines in Deutschland anhängigen Rechtsstreits sind, und zwar unabhängig davon, ob sie sich im Inland oder im Ausland aufhalten. 106 Geimer. ZfRV 1992,321 (336). Kersting, S. 127, der darauf hinweist, daß sich die beweisbelastete Partei ohnehin um die Beschaffung bemühen werde, da sie unabhängig vom Erfolg oder der Zumutbarkeit der Vorlage das Risiko ihrer Bemühungen trage. ws Zöller-Geimer. § 428 Rn. I. 106 Nagel/Gottwald, IZPR, § 9 Rn. 128; Geimer. IZPR, Rn. 2327. 103

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4. Teil: Innerstaatliche Zulässigkeit extraterritorialer Beweisbeschaffung

Hiervon bleiben jedoch die nach der lex causae zu behandelnden materiell-rechtlichen Verpflichtungen zur Vorlage unberührt. 107

I. Anordnung der Urkundenvorlage als BeweisbeschatTung Befindet sich die vom Beweisgegner vorzulegende Urkunde im Ausland, so stellt sich die Frage, ob es sich bei der Anordnung der Urkundenvorlage um eine Maßnahme der Beweisbeschaffung oder um eine Beweisaufnahme im Ausland handelt. Entgegen der von Deutschland vertretenen Auffassung handelt es sich um eine Beweisaufnahme im Forumstaat, also um eine Maßnahme der Beweisbeschaffung. Deutschland 108 vertritt hierzu die Auffassung, daß bei der Anordnung der Urkundenvorlage die völkerrechtlich relevante Handlung auf ausländischem Territorium stattfinde, dem des Belegenheitsstaates der Urkunde. Das anordnende Gericht greife auf Material zu, das der ausländischen Hoheitsgewalt unterliege und verletze dadurch die fremde Souveränität. Maßgebliche Handlung sei nämlich das Sammeln des Beweismaterials und nicht die anschließende Verwertung im Prozeß. Die Beweisaufnahme beginne bereits im Ausland, so daß es sich um eine völkerrechtswidrige Beweisaufnahme im Ausland handele. Hierzu sei internationale Rechtshilfe in Anspruch zu nehmen. 109 Dem kann nicht zugestimmt werden. Die maßgebliche Handlung findet keineswegs im Ausland statt. Maßgebend ist nicht das Sammeln des Beweismaterials sondern die anschließende Verwertung im Prozeß. Die Beweisaufnahme im Urkundenbeweis beginnt erst, wenn das Prozeßgericht Einsicht in die zuvor von den Parteien beschafften und vorgelegten Urkunden nimmt. Die Herbeischaffung der Urkunden selbst ist Sache der Parteien. Sie stellt lediglich eine Vorbereitungshandlung und nicht den Beginn der Beweisaufnahme dar. Bei der Herbeischaffung der Urkunden wird der Vorlegungspflichtige lediglich in gleicher Weise im Ausland tätig wie zur Erfüllung privater Angelegenheiten. Darüber hinaus greift das Gericht mit der Anordnung der Urkundenvorlage nicht auf die auslandsbelegene Urkunde sondern einzig und allein auf die Prozeßpartei zu. Von einer Souveränitätsverletzung des Belegenheitsstaates kann daher ebenfalls nicht die Rede sein. 110 Die Haltung Deutschlands läßt sich nur damit erklären, Geimer; IZPR, Rn. 2327; Linke, IZPR, Rn. 316. Z. B. amicus curiae brief der Bundesregierung im FaH A~rospatia1e, abgedruckt in I.L.M. 25 (1986), S. 1475-1586; zu weiteren FäHen. vgl. Stiefel, RIW 1979,509 (515) sowie Heidenberger; RIW 1986,489 (49Of.); ders., RIW 1985,437 (439). 109 Vgl. dagegen Schlosser; ZZP 94 (1981),369 (394), der es "für von vornherein witzlos" hält, die Vorlage im Wege der Rechtshilfe durchzusetzen, da das deutsche Gericht die vom Gesetz für den FaH der Nichtvorlage bereitgesteHten Sanktionen verhängen kann. HO Vgl. auch Stümer; JZ 1981,521 (524), wonach der Lagerungsort der Urkunde kaum ausreichen dürfte, um die lex fori außer Kraft zu setzen. 107

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§ 17 Beweis durch Urkunden (§§ 415 -444 ZPO)

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daß mit ihr insbesondere Vorlageanordnungen US-amerikanischer Gerichte abgewehrt werden sollten, die auf die Vorlage von in Deutschland befindlichen Dokumenten gerichtet waren und womit zugleich die Frage der Anwendungsreichweite des HBÜ einherging.'" Doch muß berücksichtigt werden, daß selbst deutsche Gesetze wie z. B. § 294 Abs. 3 HGB und insbesondere § 90 Abs. 2 AO" 2 dieser strikt territorialen Haltung entgegenstehen. 113 Außerdem hat die Nichtvorlage von Urkunden nach der ZPO "lediglich" Prozeßnachteile zur Folge, wohingegen nach den US-amerikanischen Federal Rules auf unmittelbar wirkende Zwangsmittel zur Durchsetzung der Anordnung zurückgegriffen werden kann. "4 Es kann somit festgehalten werden, daß die Anordnung der Urkundenvorlage keine Beweisaufnahme im Ausland darstellt. Es handelt sich vielmehr um Beweisbeschaffung aus dem Ausland, durch die die ausländische Souveränität auch nicht verletzt wird.

11. Verwertung schriftlicher Zeugenaussagen im Wege des Urkundenbeweises

Erscheint ein auslandsansässiger Zeuge nicht freiwillig vor dem Prozeßgericht und kann dieser auch sonst nicht dazu angehalten werden, so besteht für den Beweisführer die Möglichkeit, Protokolle von Zeugenaussagen oder sonstige Privaturkunden im Wege des Urkundenbeweises vorzulegen. 115 Schack und Geimer halten diesen Weg nur dann für gangbar, wenn beide Parteien hierzu ihr Einverständnis erklären. Nach ihrer Auffassung handele es sich bei diesem Vorgehen um einen Verstoß gegen den Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme, der aber unter den Voraussetzungen des § 295 ZPO geheilt werden könne." 6 Ohne Einwilligung des Beweisgegners sei dieses Vorgehen aber auch zulässig, wenn der Beweisführer von vornherein nur den Urkundenbeweis antrete. 117 Mössle, S. 354f. § 90 Abs. 2 AO lautet: "Ist ein Sachverhalt zu ermitteln und steuerrechtlich zu beurteilen, der sich auf Vorgänge außerhalb des Geltungsbereiches dieses Gesetzes bezieht, so haben die Beteiligten diesen Sachverhalt aufzuklären und die erforderlichen Beweismittel zu beschaffen. Sie haben dabei alle für sie bestehenden rechtlichen und tatsächlichen Möglichkeiten auszuschöpfen.[ ... )". Vgl. auch Hangarter, RIW 1982, 176 (177f.); nach Mann, FS Mosler, S. 529 (530) sind diese und ähnliche Vorschriften einschränkend und völkerrechtskonform auszulegen. 113 Mössle, S. 354; Stümer, Justizkonflikt, S. 25 f. 114 Junker, Discovery, S. 374. IIS BGH, NJW 1984, 2039; Stein/Jonas-Berger, § 363 Rn. 13; Musielak-Stadler. § 363 Rn. 10. 116 Schack, IZVR, Rn. 723; Zöller-Geimer, § 363 Rn. 5a; Geimer. IZPR, Rn. 2391. 117 Schack, IZVR, Rn. 723. 111

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4. Teil: Innerstaatliche Zulässigkeit extraterritorialer Beweisbeschaffung

Diese unterschiedlichen Auffassungen sind letztlich Folge der umstrittenen Frage, ob der Unmittelbarkeitsgrundsatz des § 355 Abs. 1 ZPO neben der formellen auch die materielle Unmittelbarkeit regelt, also das Gebot, das sachnächste und zuverlässigste Beweismittel zu verwenden. 118 M.E. ist die materielle Unmittelbarkeit nicht Bestandteil des § 355 Abs. 1 ZPO. Im Unterschied zum Strafprozeß, in dem der Grundsatz der materiellen Unmittelbarkeit in jedem Fall gilt, bleibt es im Zivilprozeß wegen des Verhandlungs- und Beibringungsgrundsatzes den Parteien selbst überlassen, mit welchem Beweismittel sie einen Beweis antreten. Die fehlende Sachnähe findet ihren Niederschlag ohnehin in der anschließenden Beweiswürdigung gemäß § 286 ZPO. Da es im Zivilprozeß das Gebot, das sachnächste Beweismittel zu verwenden, nicht gibt, liegt in der Verwertung beigebrachter schriftlicher Zeugenaussagen kein Verstoß gegen den Unmittelbarkeitsgrundsatz, so daß für ein solches Vorgehen nicht das Einverständnis bei der Parteien entsprechend § 295 ZPO erforderlich ist. Leipold vertritt die Auffassung, die Aufforderung an eine Prozeßpartei, ihrerseits Zeugen zu einer schriftlichen Aussage zu bewegen, um diese anschließend im Urkundenbeweis zu verwerten, stelle eine unzulässige Umgehung des Rechtshilfeweges dar. 119 Denn im Endeffekt versuche das Prozeßgericht damit auf dem Umweg über die Prozeßpartei auf den auslandsansässigen Zeugen zuzugreifen, was ihm ohne Inanspruchnahme des internationalen Rechtshilfeweges unmittelbar nicht möglich sei. Leipold kann im Ergebnis, jedoch nicht in seiner Begründung Recht gegeben werden. Aus völkerrechtlicher Sicht läßt sich gegen eine derartige Aufforderung an die Prozeßpartei nichts einwenden. 12o Doch fehlt es innerstaatlich an einer Rechtsgrundlage, die eine solche Anordnung deckt. Die Anordnung der Urkundenvorlage gemäß § 425 ZPO setzt die Existenz der vorzulegenden Urkunde voraus. Eine Ermächtigung dahingehend, die Erstellung einer Urkunde anzuordnen, um diese anschließend herbeizuschaffen und vorzulegen, findet sich in der ZPO nicht. Zulässig ist es hingegen, der Prozeßpartei ein solches Vorgehen anheimzustellen. 121 Zusammenfassend kann damit festgehalten werden, daß aus innerstaatlicher Sicht keine Bedenken bestehen, einer Prozeßpartei die Vorlage auslandsbelegener, bereits existenter Urkunden aufzugeben. Da die Vorlage von Urkunden Aufgabe der beweisbelasteten Partei ist, kommen Vorlageanordnungen gegenüber Dritten, die im Besitz beweiserheblicher Urkunden sind, nicht in Betracht. Auf Antrag wird Zum Meinungsstand, vgl. Pantle, S. 26ff.; Weth, JUS 1991,34 (35). Leipold, lex fori, S. 66f. 120 Vgl. § 11 11 1. 121 BGH, NJW 1984,2029; wohl auch BGH, NJW 1980, 1848 (1849), wonach das Gericht entsprechend seiner Verpflichtung zum Erlaß vorbereitender Maßnahmen gemäß § 273 ZPO gehalten gewesen sein soll, der beweisbelasteten Partei anheimzugeben, Zeugen aus dem Ausland zum Termin zu stellen. 118

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§ 18 Beweis durch Parteivernehmung (§§ 445 -455 ZPO)

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aber der beweispflichtigen Partei zur Herbeischaffung der Urkunde eine Frist bestimmt. Dritte können allenfalls um eine freiwillige Vorlage gebeten werden.

§ 18 Beweis durch Parteivernehmung (§§ 445-455 ZPO) Beispiel 7 (nach OLG München, NJW-RR 1996,59): Die Klägerin, die als ungarische Baufirma mit Sitz in Budapest für die Beklagte auf einer Baustelle in Garmisch-Partenkirchen Bauleistungen erbracht hat, macht mit ihrer Klage vor dem zuständigen Landgericht einen Teil ihres noch ausstehenden Werklohnanspruchs geltend. Die Beklagte wendet hiergegen ein, daß die Leistungen der Klägerin noch nicht abgenommen und erheblich mangelhaft ausgeführt worden seien.

I. §§ 445 ff. ZPO Der Beweis durch Partei vernehmung erfolgt entweder auf Antrag der Parteien (§§ 445, 447 ZPO) oder von Amts wegen (§ 448 ZPO). Die Parteivernehmung als Beweismittel ist streng von der bloßen Anhörung der Partei (§§ 141, 118, 613 ZPO) zu unterscheiden. Soll eine Partei vernommen werden, was nach dem Grundsatz der Subsidiarität nur zulässig ist, wenn alle anderen Möglichkeiten des Beweises ausgeschöpft wurden (§ 450 Abs. 2 ZPO), so ist die Vernehmung gemäß § 450 Abs. 1 S. 1 ZPO durch Beweisbeschluß anzuordnen. Sodann ist die zu vernehmende Partei unter Mitteilung des Beweisbeschlusses gemäß § 450 Abs. 1 S. 2 ZPO persönlich durch Zustellung von Amts wegen zu laden. Eine schriftliche Beantwortung der Beweisfrage in entsprechender Anwendung des § 377 Abs. 3 ZPO kommt nicht in Betracht, § 451 ZPO. Die Parteivernehmung kann nicht erzwungen werden. Erscheint die Prozeßpartei nicht zu dem anberaumten Termin, so kann die Aussage gemäß § 454 Abs. 1 ZPO als verweigert angesehen werden mit der Konsequenz, daß das Prozeßgericht die vom Gegner behaupteten Tatsachen gemäß §§ 453 Abs. 2,446 ZPO als erwiesen betrachten kann. Befindet sich die zu vernehmende Partei im Ausland, so steht dies aus innerstaatlicher Sicht dem Beweis durch Partei vernehmung nicht entgegen. Insoweit richtet sich die Zu lässigkeit und Durchführung von Partei vernehmungen ausschließlich mich der lex fori. 122 Auch aus den §§ 445 ff. ZPO ergeben sich keine entgegenstehenden Gesichtspunkte. Die einzig zu erörternde Frage bleibt, wie der von Amts wegen zuzustellende Beweisbeschluß der auslandsansässigen Partei zu übermitteln ist. 123 122 123

Linke, IZPR, Rn. 321; Schütze, DIZPR, S. 82 a.E.; Geimer, IZPR, Rn. 2325. Hierzu näher in § 19.

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4. Teil: Innerstaatliche Zulässigkeit extraterritorialer Beweisbeschaffung

11. § 141 ZPO Gemäß § 141 Abs. 1 ZPO soll das Gericht das persönliche Erscheinen beider Parteien anordnen, wenn dies zur Aufklärung des Sachverhalts geboten erscheint. Zu beachten ist dabei aber, daß es sich bei der Parteianhörung gemäß § 141 ZPO nicht um ein Beweismittel handelt und sie auch nicht zu einer Umgehung der strengen Voraussetzungen der Parteivernehmung führen darf. 124 Von der Anordnung des persönlichen Erscheinens soll das Gericht gemäß § 141 Abs. 1 S. 2 ZPO absehen, wenn einer Partei wegen zu großer Entfernung oder aus sonstigem wichtigen Grunde die Wahrnehmung des Termins unzumutbar ist. Bei auslandsansässigen Prozeßparteien wird daher in der Regel die Anordnung zum persönlichen Erscheinen bereits wegen zu großer Entfernung ausscheiden. 125 Dies gilt jedoch nicht bei grenznahem Aufenthalt der Partei. In diesem Fall kann sie entsprechend § 141 Abs. 2 ZPO von Amts wegen zum Termin geladen werden, wobei die Ladung nicht zugestellt zu werden braucht. Entgegen der zum Teil vertretenen Auffassung 126 kann die Ladung auch gegenüber solchen im Ausland lebenden Prozeßparteien ergehen, die nicht die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen, dies selbst dann, wenn die Ladung für den Fall des Nichterscheinens mit der Androhung der Verhängung eines Ordnungsgeldes gemäß §§ 141 Abs. 3, 380 Abs. 1 ZPO verbunden wird. 127

111. § 613 ZPO Eine weitergehende Möglichkeit steht dem Prozeßgericht in Ehesachen gemäß § 613 ZPO zu.

Beispiel 8 (nach OLG Hamm, NJW 1989,2203): Die Parteien sind türkische Staatsangehörige. Der in Deutschland lebende Antragsteller begehrt die Scheidung seiner im Jahre 1954 in der Türkei geschlossenen Ehe. Die Antragsgegnerin lebt in der Türkei.

1. Regelungsgehalt der Vorschrift

Gemäß § 613 Abs. 1 S. 1 ZPO soll das Gericht das persönliche Erscheinen der Ehegatten anordnen und sie anhören. Es kann sie entsprechend dem 2. Halbsatz 124

Stein I Jonas-Leipold, § 141 Rn. 2; Musielak-Stadler, § 141 Rn. 2.

m Musielak-Stadler, § 141 Rn. 5; vgl. auch Geimer, NJW 1989,2204 (2205), wonach "da-

mit in den meisten Auslandsfällen [ ... ] (innerstaatlich) keine Rechtsgrundlage gegeben" sei. 126 Stein I Jonas-Leipold, § 141 Rn. 12a; Musielak-Stadler, § 141 Rn. 5; OLG München, NJW-RR 1996, 59 (60). 127 Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Vollstreckung des angedrohten Ordnungsmittels sich auf in Deutschland befindliches Vermögen beschränkt, vgl. § 11 11 1.

§ 18 Beweis durch Parteivernehmung (§§ 445-455 ZPO)

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auch als Parteien vernehmen. Soll die Partei nicht nur angehört, sondern als solche auch vernommen werden, so ist ein Beweisbeschluß entsprechend § 450 Abs. I ZPO erforderlich, bei dem aber die Angabe des Beweisthemas nicht erforderlich ist. Dieser kann auch noch in der mündlichen Verhandlung ergehen, nachdem die Partei vor dem Prozeßgericht erschienen ist. 128 Die Parteivernehmung im Sinne des § 613 ZPO ist im Unterschied zur bloßen Anhörung "wirkliche" Beweisaufnahme. 129 Sie ist im Gegensatz zu den Regelungen der §§ 445, 448 ZPO nicht nur subsidiäres Beweismittel, so daß bei ihrer Anordnung die Voraussetzungen der §§ 445 ff. ZPO nicht erfüllt sein müssen, insbesondere brauchen auch nicht alle anderen Beweismittel erschöpft zu sein. 130 Bei der Anordnung des persönlichen Erscheinens ist eine Entscheidung darüber, ob die Partei lediglich angehört oder als solche auch vernommen werden soll, noch nicht geboten. 131 Hinsichtlich der Ladung muß differenziert werden: Da die Beschaffenheit der Anordnung in § 6 I 3 ZPO nicht geregelt ist, bleibt es zunächst bei den allgemeinen Vorschriften des § 141 Abs. 2, Abs. 3 S. 3 ZPO. Der Ehegatte ist von Amts wegen zu laden, wobei es keiner förmlichen Zustellung bedarf. Soll der Ehegatte dagegen von vornherein zur Vernehmung geladen werden, so ist die Ladung in Abweichung zu § 141 ZPO förmlich zuzustellen, § 451 Abs. 1 S. 2 ZPO. 132 Im Gegensatz zu den §§ 445 ff. ZPO kann das Gericht gegen eine nicht erschienene Partei dieselben Ordnungsmittel wie gegenüber einem nicht erschienenen Zeugen - ausgenommen hiervon ist die Ordnungshaft - .verhängen, § 613 Abs. 2 ZPO. Die Möglichkeiten zur Verhängung von Ordnungsrnittein ist hier also weitreichender als bei § 141 ZPO.

2. Der Ehegatte im Ausland

Grundsätzlich besteht die Pflicht zur Anhörung sowohl gegenüber den im Inland als auch gegenüber den im Ausland lebenden Parteien. 133 Doch auch bei § 613 ZPO existiert ein dem § 141 Abs. 1 S. 2 ZPO entsprechender Ausnahmetatbestand. Dieser hat allerdings in seinem Regelungsbereich nicht die gleich einschränkende Wirkung. Gemäß § 613 Abs. 1 S. 3 ZPO kann der Ehegatte durch einen ersuchten Musielak-Borth, § 613 Rn. 7. Stein/Jonas-Schlosser, § 613 Rn. 7; MünchKomm-ZPO-Walter, § 613 Rn. 10; FamKI Rolland-H. Roth, § 613 Rn. 1. 130 Musielak-Borth, § 613 Rn. 5; Stein/Jonas-Schlosser, § 613 Rn. 6f.; Zöller-Philippi, § 613 Rn. 6. 131 MünchKomm-ZPO-Walter, § 613 Rn. 4; Zöller-Philippi, § 613 Rn. 8; FamK/RollandH. Roth, § 613 Rn. 6. 132 Stein I Jonas-Schlosser, § 613 Rn. 7; BLAH, § 613 Rn. 4. 133 FamK/Rolland-H. Roth, § 613 Rn. 3; SteinlJonas-Schlosser, § 613 Rn. 17; MusielakBorth, § 613 Rn. 3. 128

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4. Teil: Innerstaatliche Zulässigkeit extraterritorialer Beweisbeschaffung

Richter angehört oder vernommen werden, wenn er sich in so großer Entfernung vom Sitz des Prozeßgerichts aufhält, daß ihm ein Erscheinen nicht zugemutet werden kann. Da bei einern in Deutschland lebenden Ehegatten die Unzumutbarkeit des persönlichen Erscheinens wegen zu großer Entfernung in den seltensten Fällen angenommen werden kann l34 , fällt in den Anwendungsbereich dieser Vorschrift insbesondere auch der Fall des Auslandsaufenthalts einer Partei. Bei einer auslandsansässigen Partei wird überwiegend vertreten, daß die Anhörung auf dem Rechtshilfeweg zu erfolgen habe. 135 Demgegenüber wird auch vertreten, eine Anhörung könne bei Aufenthalt der Partei im Ausland im Hinblick auf die Kann-Vorschrift des § 613 Abs. I S. 3 ZPO gänzlich unterbleiben, ein Urteil könne auch ohne sie ergehen, falls der ausländische Staat keine Rechtshilfe leiste. 136 Diesen Auffassungen kann nicht zugestimmt werden. Soweit die Anhörung auf dem Rechtshilfeweg erfolgen soll, wird die Bedeutung des § 613 ZPO verkannt. Eine Anhörung im Wege der internationalen Rechtshilfe kann niemals das erreichen, was § 613 ZPO zu erreichen beabsichtigt. Zweck dieser Vorschrift ist es nicht nur, eine bessere Aufklärung als im "normalen" Zivilprozeß - häufig sind die Eheleute in diesem Rahmen die einzige Erkenntnisquelle - von Amts wegen (§ 616 ZPO) zu erreichen. Vielmehr soll sie das Erscheinen der Parteien wegen ihrer höchstpersönlichen Betroffenheit sichern und mögliche Aussöhnungsversuche fördern. Zur besseren Aufklärung des Sachverhalts soll dem Gericht insbesondere auch ein persönlicher Eindruck von den Eheleuten verschafft werden. Es kann wohl kaum bestritten werden, daß diese Zwecke bei einer Anhörung im Wege internationaler Rechtshilfe nicht im Ansatz verwirklicht werden können. 137 Da die Ladung zur Anhörung ohnehin formlos erfolgen kann, spricht doch aus innerstaatlicher Sicht nichts dagegen, die im Ausland lebende Partei gemäß § 141 Abs. 2, Abs. 3 S. 3 ZPO unter Androhung von Ordnungsmitteln vor das Prozeßgericht zu laden. 138 Erst wenn dies fruchtlos bleibt, ist eine Anhörung über die internationale Rechtshilfe zu erwägen. Ein gänzlicher Verzicht auf eine Anhörung für den Fall, daß der ausländische Staat keine Rechtshilfe leistet, wie dies die oben zweitgenannte Auffassung vertritt, ist ebenfalls abzulehnen. Denn "Kann" im Sinne des § 613 Abs. 1 S. 3 ZPO ist nicht dahin zu verstehen, daß dem Gericht Ermessen über die Entscheidung über das "Ob" der Anhörung zukommt. § 613 Abs. 1 S. 1 ZPO stellt nach seinem FamK!Rolland-H. Roth, § 613 Rn. 8; MünchKomm-ZPO-Walter, § 613 Rn. 6. OLG Hamm, NJW 1989,2203 (2204); Geimer, NJW 1989,2204 (2205); BLAH, § 613 Rn.6a.E. 136 Zöller-Philippi, § 613 Rn. 4; Musielak-Borth, § 613 Rn. 3. 137 Dies erkennt auch Geimer, NJW 1989, 2204 (2205), der selbst darauf hinweist, "daß das Gespräch mit einem ausländischen (im Wege der Rechtshilfe ersuchten) Richter, der das deutsche Recht nicht kennt, oft sinnlos ist"; vgl. auch Stein! Jonas-Schlosser, § 613 Rn. 17. 138 Zur völkerrechtlichen Zulässigkeit, vgl. § 11 II I. 134 135

§ 19 Übennittlung der Beweisbeschaffungsanordnung in das Ausland

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Wortlaut zwar eine Ermessensvorschrift dar, doch hat das Gericht im Hinblick auf den Untersuchungsgrundsatz geradezu die Pflicht, grundsätzlich beide Ehegatten persönlich anzuhören, um so dem verfolgtem Zweck der Vorschrift gerecht zu werden. 139 Das "Kann" in § 613 Abs. 1 S. 3 ZPO ist unter diesem Aspekt zu verstehen. Es ermöglicht dem Gericht seiner durch § 613 Abs. 1 S. 1 ZPO auferlegten Verpflichtung auf andere Weise nachzukommen. Daher ist ein endgültiger Verzicht auf eine Anhörung erst dann angezeigt, wenn zuvor der Versuch einer direkten Ladung im oben geschilderten Sinne erfolglos versucht worden ist. Schlosser vertritt die Auffassung, die gemäß § 613 ZPO erfolgende Ladung der sich im Ausland aufhaltenden Partei müsse im Wege der internationalen Rechtshilfe erfolgen. 140 Dem kann nicht bzw. nicht in vollem Umfang zugestimmt werden, da er nicht hinreichend zwischen der Ladung zur Anhörung und der zur Vernehmung differenziert. Aus innerstaatlicher Sicht 141 gibt es keinen Grund, die Ladung zur bloßen Anhörung, die gemäß § 141 Abs. 2 ZPO formlos erfolgen kann, im Wege der internationalen Rechtshilfe durchzuführen. Etwas anderes gilt für die Ladung zur Vernehmung, da diese gemäß § 450 Abs. 1 S. 2 ZPO förmlich zuzustellen ist. Für diesen Fall existiert mit § 199 ZPO eine gesetzliche Regelung, die die Durchführung der Zustellung im Ausland explizit regelt. Dazu sogleich in § 19.

§ 19 Übermittlung der Beweisbeschaffungsanordnung in das Ausland Die Übermittlung einer Beweisbeschaffungsanordnung in das Ausland kann grundSätzlich auf zwei Arten durchgeführt werden: durch förmliche Zustellung oder durch formlose Mitteilung. Erforderlich ist die förmliche Zustellung nur in den Fällen, in denen das Gesetz eine solche ausdrücklich vorsieht. Im übrigen genügen formlose Mitteilungen an den Empfanger, die in der Regel durch einfachen Postbrief erfolgen. 142 Hinsichtlich der Übermittlung in das Ausland regelt die ZPO lediglich die förmliche Zustellung, die auf Ersuchen deutscher Gerichte im Verfahren nach der ZPO im Ausland durchzuführen ist. 143 Gemäß § 199 ZPO erfolgt eine im Ausland zu bewirkende Zustellung mittels Ersuchens der zuständigen Behörde des fremden Staates oder des in diesem Staate residierenden Konsuls oder Gesandten des Bundes. Im Rahmen des Beweisrechts ist eine förmliche Zustellung der für die Beweisbeschaffung zu treffenden Anordnungen nur in zwei Fällen ausdrücklich vorge139

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143

Musielak-Borth. § 613 Rn. 3. Stein I Jonas-Schlosser. § 613 Rn. 19. Zur völkerechtlichen Problematik, vgl. § 12. Musielak-Wolst. vor § 166 Rn. 2. Stein / Jonas-H. Roth. vor § 166 Rn. 46.

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4. Teil: Innerstaatliche Zulässigkeit extraterritorialer Beweisbeschaffung

sehen. Einer förmlichen Zustellung bedarf es gemäß § 450 Abs. 1 S. 2 ZPO für die Ladung der Partei zwecks Parteivernehmung. Gleiches gilt für die Ladung der Partei in Ehesachen gemäß § 613 ZPO, wenn die Ladung nicht bloß zur Anhörung sondern direkt und ausdrücklich zur Vernehmung erfolgt.

I. Absehen von Zustellungen gemäß § 175 ZPO

Hat die Prozeßpartei ihren Wohnsitz im Ausland, so kommt neben der Zustellung gemäß § 199 ZPO auch eine Zustellung durch Aufgabe zur Post gemäß § 175 Abs. 1 ZPO in Betracht, wenn die Partei keinen inländischen Zustellungsbevollmächtigten bestellt hat, wozu sie gemäß § 174 Abs. 2 ZPO verpflichtet ist. Dabei handelt es sich um eine zulässige fiktive Inlandszustellung. 144 Voraussetzung hierzu ist, daß keine der gemäß §§ 171, 173 ZPO der Prozeßpartei gleichstehenden Personen vorhanden sind. Grundsätzlich steht dem Prozeßgericht hinsichtlich der Durchführung der Auslandszustellung - entweder gemäß § 175 Abs. 1 ZPO oder gemäß § 199 ZPO - ein Wahlrecht ZU. 145 Hierbei ist jedoch auch dem den Parteien zustehenden Justizgewährungsanspruch Rechnung zu tragen. Dieser beinhaltet bei einem Wohnsitz im Ausland regelmäßig das Recht der Partei auf förmliche Zustellung gemäß § 199 ZPO in Verbindung mit den Vorschriften des HZÜ, um sie nicht ansonsten im Ergebnis rechtlos zu stellen. 146 Dies gilt umso mehr aufgrund der Tatsache, daß es nach der ZPO für Zustellungen an die Partei in der Regel genügt, wenn diese an den von ihr bestellten Prozeßbevollmächtigten erfolgen. Ein solches Vorgehen kommt jedoch für die zur Ladung der Partei gemäß § 450 Abs. 1 S. 2 ZPO durchzuführende Zustellung nicht in Betracht. Hier muß die Zustellung der Ladung an die Prozeßpartei persönlich erfolgen. Eine Zustellung lediglich an den Prozeßbevollmächtigten genügt nicht. 147 Daher sollte auf die Durchführung einer Zustellung durch Aufgabe zur Post gemäß § 175 ZPO bei Auslandswohnsitz der Partei verzichtet werden. Dies gilt erst Recht für eine Zustellung gemäß § 203 ZPO. Die Zustellung hat daher auf dem in § 199 ZPO vorgesehenen Weg stattzufinden. 144 Stein I Jonas-H. Roth, § 199 Rn. 2; a.A. Schmitz. S. 165 ff., der diese Art der Zustellung für völkerrechtwidrig hält, da zumindest ,,Folge- oder Fernwirkungen" der Zustellung im Ausland verwirklicht würden und dadurch die fremde Souveränität verletzt werde. Dem ist jedoch entgegenzuhalten, daß bereits mit Aufgabe des zuzustellenden Schriftstücks zur Post die Zustellung abgeschlossen ist. Die Wirkungen dieser Zustellungen beschränken sich lediglich auf das Inland. vgl. auch Hausmann. IPRax 1988. 140 (143); Pfennig. S. 31. 145 Stein I Jonas-H. Roth. § 199 Rn. 2. 146 Stein I Jonas-H. Roth. § 175 Rn. 18; ders .• IPRax 1990, 90 (91, Fn. 26); LG Berlin, NJW 1989, 1434f.; a.A.: OLG München, NJW 1987, 3086. 147 Zöller-Greger, § 450 Rn. 2; MünchKomm-ZPO-Schreiber, § 450 Rn. 2 a.E.; MusielakHuber, § 450 Rn. 2; BGH, NJW 1965, 1598.

§ 19 Übennittlung der Beweisbeschaffungsanordnung in das Ausland

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11. Kein ZusteUungserfordernis bei §§ 613, 450 Abs. 1 S. 2 ZPO Im Rahmen des § 613 ZPO kann das Gericht wahlweise entscheiden, ob es das persönliche Erscheinen des auslandsansässigen Ehegatten zwecks Anhörung oder zwecks Vernehmung anordnet. Zum Zeitpunkt der Anordnung braucht das Gericht sich noch nicht zu entscheiden. 148 Die Ladung zur bloßen Anhörung kann durch einfache Mitteilung erfolgen, wohingegen die Ladung zur Vernehmung einer förmlichen Zustellung gemäß § 613, 450 Abs. 1 S. 2 ZPO bedarf. Da die Anordnung der Vernehmung durch Beweisbeschluß auch erst in der mündlichen Verhandlung ergehen kann 149, spricht nichts dagegen, die auslandsansässige Partei zunächst nur zur Anhörung zu laden und die Ladung der Partei formlos entsprechend § 141 Abs. 2 S. 2 ZPO mitzuteilen. Eine Ladung im Wege der internationalen Rechtshilfe erscheint daher - entgegen Schlosseriso - nicht zwingend geboten.

111. ZusteUung gemäß § 199 ZPO nur bei Parteivernehmung gemäß § 450 Abs. 1 S. 2 ZPO Eine Übermittlung der Beweisbeschaffungsanordnung im Wege der internationalen Rechtshilfe ist im Rahmen der behandelten Beweismittel somit lediglich bei der Ladung der Partei zur Parteivernehmung gemäß § 450 Abs. 1 S. 2 ZPO erforderlich. Im übrigen können sämtliche Beweisbeschaffungsanordnungen durch schlichte Mitteilung mit einfachem Postbrief erfolgen, so daß insoweit ein Rückgriff auf den internationalen Rechtshilfeweg entbehrlich ist.

148 Zöller-Philippi. § 613 Rn. 8; MünchKomm-ZPO-Walter, § 613 Rn. 4; FarnK!RollandH. Roth. § 613 Rn. 6. 149 Musie1ak-Borth. § 613 Rn. 7. 150 Stein! Jonas-Schlosser, § 613 Rn. 19.

Fünfter Teil

Zusammenfassung: Die zulässigen Maßnahmen der BeweisbeschatTung außerhalb des internationalen Rechtshilfeweges Befinden sich die für den deutschen Zivilprozeß benötigten Beweismittel im Ausland, so kommen für die grenzüberschreitende Beweiserhebung zwei Möglichkeiten in Betracht. Zum einen kann das Gericht gemäß den §§ 363, 364 ZPO eine Beweisaufnahme im Ausland anordnen. In diesem Fall erfolgt die Durchführung der Beweisaufnahme auf ausländischem Territorium, mit der sich aus dem völkerrechtlichen Souveränitätsprinzip ergebenden Konsequenz, internationale Rechtshilfe in Anspruch nehmen zu müssen. I Zum anderen aber kann das Gericht darauf hinwirken, die auslandsbelegenen Beweismittel herbeizuschaffen. Durch die extraterritoriale Beweisbeschaffung, dem "Import" der Beweismittel, erfolgt die Beweisaufnahme nicht mehr im Ausland sondern im Forumstaat vor dem Prozeßgericht? Eines Rückgriffs auf die internationale Rechtshilfe bedarf es in diesen Fällen nicht. Vielmehr liegt darin ein Vorgehen außerhalb des internationalen Rechtshilfeweges vor. I. Bei seiner Entscheidung über die Art und Weise der extraterritorialen Beweiserhebung hat das Prozeßgericht die besondere Bedeutung des Grundsatzes der Beweisunmittelbarkeit (§ 355 Abs. 1 ZPO) und der Parteiöffentlichkeit (§ 357 Abs. 1 ZPO) zu berücksichtigen. Hierdurch wird der Ermessensspielraum des Prozeßgerichts erheblich eingeschränkt. Dem Prozeßgericht obliegt unter Berücksichtigung dieser Grundsätze geradezu die Pflicht, vorrangig Maßnahmen der Beweisbeschaffung durchzuführen. 3 Abzulehnen sind die hierzu vertretenen Auffassungen, die eine primäre Durchführung der Beweisaufnahme im Ausland im Wege der internationalen Rechtshilfe für erforderlich oder gar allein eine solche für zulässig erachten. Hierfür lassen sich die ratio legis des § 355 Abs. 1 ZP04 , der Wortlaut des § 363 ZPO s sowie die Systematik dieser Vorschriften 6 anführen. § 6. § 7. 3 § 8 I. • § 8 I 3 a). 5 § 8 I 3 b). 6 § 8 I 3 b). I

2

5. Teil: Zusammenfassung

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Die hiergegen vorgebrachten Einwände mangelnder Möglichkeiten der Zwangsmittelanwendung im Ausland und der Aspekt eines erheblicheren Kosten- und Zeitaufwands können nicht überzeugen. 7 Trotz der faktischen Möglichkeit, die Befolgung von Anordnungen zur Beweisbeschaffung gegenüber sich im Inland aufhaltenden Personen durch die Anwendung von Zwangsmitteln durchzusetzen, besteht in den seltensten Fällen die Notwendigkeit, hiervon Gebrauch zu machen. Es gibt keine Rechtfertigung für die Annahme, daß auslandsansässige Beweispersonen demgegenüber nur unter Anwendung von Zwangsmitteln einer solchen Anordnung nachkommen werden. 8 Darüber hinaus wird allein durch die Anordnung der Beweisbeschaffung das aus dem Grundsatz der Parteiöffentlichkeit herzuleitende Recht der Parteien, an der Beweisaufnahme teilzunehmen, hinreichend gewährleistet. Der Teilnahme zuwiderlaufende Hindernisse und Widrigkeiten, wie z. B. eventuell entgegenstehende Einreisevorschriften des Empfangsstaates, die Möglichkeit verspäteter oder fehlender Benachrichtigung vom Beweistermin im Ausland und möglicherweise eingeschränktere Einwirkungsmöglichkeiten der Parteien können nur hierdurch vermieden werden. 9 Ferner ist die Beweisbeschaffung auch unter dem Blickwinkel entstehender Kosten regelmäßig als kostengünstigerer Weg anzusehen. Die Reisekosten beider Parteien, die durch die Wahrnehmung ihrer Rechte auf Teilnahme an der Beweisaufnahme in doppelter Höhe entstehen würden, könnten zugunsten der kostenbelasteten Partei eingespart werden. 10 Die Vorrangigkeit der Durchführung von Beweisbeschaffungsmaßnahmen wird auch nicht durch bilaterale oder multilaterale Übereinkommen insbesondere auch nicht durch das HBÜ eingeschränktY Das HBÜ besitzt insoweit keine Exklusivität. Den Vertrags staaten des HBÜ ging es bei Abschluß des Übereinkommens allein um die Regelung der Durchführung von Beweisaufnahmen in den anderen Vertragsstaaten, ohne daß beabsichtigt war, sich der bestehenden Möglichkeiten zur Beweisbeschaffung zu begeben. Hiergegen kann nicht eingewandt werden, daß aus der zwischen den Vertragsstaaten vereinbarten Ausführungspflicht eine Einschränkung im Direktzugriff auf auslandsbelegene Beweismittel und eine Verpflichtung zum Vorgehen entsprechend dem HBÜ - als eine Form einer synallagmatischen Gegenleistung - resultiere. Anderenfalls hätte der Beitritt Deutschlands zum HBÜ eine Preisgabe des Grundsatzes der Beweisunmittelbarkeit zur Konsequenz gehabt, da diese im Anwendungsbereich des HBÜ, abgesehen von Art. 17 HBÜ, nicht geWährleistet ist. 12

§ 8 I 3 c); § 8 I 3 d); § 8 II 2. § 8 I 3 c). 9§8III. 10 § 8 II 2. 11 § 9. 12 § 9 III. 7

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10 Daoudi

5. Teil: Zusammenfassung

146

II. Bei der Beurteilung der Reichweite völkerrechtlich zulässiger Beweisbeschaffungsanordnungen gegenüber auslands ansässigen Personen muß differenziert werden zwischen der grundsätzlichen Zulässigkeit grenzüberschreitender Anordnungen 13 , ihrer Durchsetzbarkeit l4 - insbesondere die Frage ihrer inhaltlichen Ausgestaltung (Androhung und Anwendung von Zwangsmitteln) - und ihrer Übermittlung an den sich im Ausland befindlichen Adressaten l5 • 1. Grenzüberschreitende Beweisbeschaffungsanordnungen sind grundsätzlich gegenüber jedermann völkerrechtlich zulässig, wobei dies unabhängig von ihrer prozessualen Stellung als Partei oder als Dritte gilt. Gegenüber deutschen Staatsangehörigen folgt die Berechtigung zum Erlaß solcher Anordnungen bereits aus der Personalhoheit Deutschlands. Diese wird nicht von der Gebietshoheit des ausländischen Staates überlagert, auch wenn sich der deutsche Staatsbürger dauerhaft im Ausland aufhält. l6 Ferner können ausländische Staatsangehörige, soweit sie Prozeßparteien sind, trotz ihres Auslandsaufenthalts unproblematisch zur Beweisbeschaffung aufgefordert werden. Die Legitimation hierzu ergibt sich aus dem Prozeßrechtsverhältnis und als Annexkompetenz zur internationalen Zuständigkeit. l7 Für Beweisbeschaffungsanordnungen gegenüber ausländischen Dritten ist jedoch allein das Vorliegen der internationalen Zuständigkeit nicht ausreichend. Es bedarf vielmehr einer besonderen Rechtfertigung, um an diesen Personenkreis in zulässiger Weise Anordnungen zur Beweisbeschaffung richten zu dürfen. Diese besondere Rechtfertigung folgt dabei aus der lex-fori-Regel l8 , weIche nicht nur auf die Parteien eines Prozesses sondern auch gegenüber Dritten anwendbar ist. Soweit dem Grundsatz, daß jeder Staat einen Prozeß entsprechend seiner lex fori durchführt, Geltung zukommen soll, umfaßt dieser Grundsatz zwangsläufig auch Anordnungen zur Beweisbeschaffung gegenüber auslandsansässigen Dritten. Denn Kernstück eines jeden Zivilprozesses ist die Beweisbarkeit streitiger Tatsachen, i.E. also die Informations- und Beweisbeschaffung. l9 2. Bei der Frage der Durchsetzbarkeit grenzüberschreitender Anordnungen zur Beweisbeschaffung muß wesentlich strenger zwischen der Stellung des Betroffenen im Prozeß einerseits und dessen Staatsangehörigkeit andererseits differenziert werden. 20

§ § I~ § 16 § 17 § 18 § 19 § 20 § 13

14

10. 11. 12. 10 V 3. 10 III; § 10 V.

10 V 2. 10 V 2.

11.

s. Teil: Zusammenfassung

147

Völkerrechtlich zulässig ist es, Beweisbeschaffungsanordnungen gegenüber Prozeßpaneien mit der Androhung von Prozeßnachteilen zu verbinden und darüber hinaus auch Ordnungsmittel anzudrohen, soweit sich die Ausübung des Zwangs auf das Inland beschränkt. 21 Auslandsansässige Dritte mit deutscher Staatsangehörigkeit können mit unmittelbaren und inlandsbezogenen Zwangsmaßnahmen zur Vornahme von Mitwirkungshandlungen angehalten werden, ohne daß hierdurch die fremde staatliche Souveränität verletzt wird?2 Handelt es sich dagegen bei den auslandsansässigen Dritten um ausländische Staatsangehörige, kommt die Anwendung bzw. Androhung von Zwangsmitteln - gleich weIcher Art - nicht in Betracht. Unbeschadet dessen kann dieser Personenkreis aber gebeten werden, freiwillig an der Beweisbeschaffung mitzuwirken. 23 Entscheidend ist dabei, daß ausdrücklich sowohl auf die Freiwilligkeit der Teilnahme als auch darauf hinzuweisen ist, daß die Nichtbeachtung des Schreibens keine nachteiligen Konsequenzen für den Dritten haben werde. In derartigem Vorgehen ist keine völkerrechtswidrige hoheitliche Maßnahme zu sehen, da die fremde Gebietshoheit hierdurch nicht tangiert wird?4 3. Die Übermittlung der Beweisbeschaffungsanordnung an den Adressaten im Ausland kann durch Zustellung im Wege internationaler Rechtshilfe, durch postalische Direktzustellung und durch formlose Mitteilung mit einfachem Postbrief erfolgen. 25 Wird mit der Anordnung auch die Androhung von Zwangsmitteln verbunden, gleich ob mittelbare oder unmittelbare, so kommt allein eine Zustellung über den Rechtshilfeweg in Betracht. Entgegen teilweise vertretener Auffassung können in diesem Fall dann aber auch Strafandrohungen erfolgen, da aufgrund des eingeschlagenen Rechtshilfeweges vor der Durchführung der möglicherweise souveränitätsverletzenden Handlung eine Entscheidung des betroffenen Staates vorgeschaltet wird?6 Festzuhalten ist jedoch, daß weder postalische Direktzustellungen noch schlichte Mitteilungen mit einfachem Postbrief unter Androhung von Zwangsmitteln erfolgen dürfen. 27 Beide Möglichkeiten sind daher bereits wegen der fehlenden Zwangsgewalt völkerrechtskonform. Erforderlich ist aber, daß die Nichtbeachtung einer auf diesen Wegen übermittelten Aufforderung oder Bitte um freiwillige Mithilfe tatsächlich keine negativen Konsequenzen nach sich ziehen darf. Gegen die postalische Direktzustellung kann auch nicht eingewandt werden, durch sie 21 § 11 I. 22§11IIl. 23 § 11 11 2. 24 § 11 11 2 c). 25 § 12. 26§12I. 27 § 1211; § 12111. 10·

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5. Teil: Zusammenfassung

werde die territorial begrenzte Amtshandlungsbefugnis infolge der Nutzung des ausländischen Postwesen in unzulässiger Weise erweitert. Vielmehr handelt es sich dabei lediglich um die legitime Nutzung eines internationalen Kommunikationsmittels. 28 III. Aus innerstaatlicher Sicht ist eine förmliche Zustellung der Beweisbeschaffungsanordnung nur bei der Ladung der Partei zur Parteivernehmung gemäß § 450 Abs. I S. 2 ZPO erforderlich. 29 Dem Prozeßgericht steht dabei ein Wahlrecht dahingehend zu, die Zustellung entweder durch Aufgabe zur Post gemäß § 175 Abs. 1 ZPO oder auf dem Rechtshilfeweg gemäß § 199 ZPO durchzuführen. Um die Prozeßpartei jedoch nicht im Ergebnis rechtlos zu stellen, sollte unter Beachtung des ihr zustehenden Justizgewährungsanspruchs auf eine Zustellung durch Aufgabe zur Post verzichtet werden. 3o Im Rahmen der übrigen Beweismittel können sämtliche Beweisbeschaffungsanordnungen durch formlose Mitteilung mit einfachem Postbrief erfolgen, so daß es insoweit eines Rückgriffs auf den internationalen Rechtshilfeweg nicht bedarf. Unter gleichzeitiger Berücksichtigung dieser vom innerstaatlichen Recht vorgesehenen Übermittlungsformen und der vom Völkerrecht vorgegebenen Rahmenbedingungen kann das deutsche Prozeßgericht gegenüber auslandsansässigen Personen die folgenden Anordnungen zur Beweisbeschaffung erlassen: I. Beim Beweis durch Augenschein kann das Prozeßgericht einen Sachverständigen mit der Inaugenscheinnahme im Ausland beauftragen, wenn hierzu ein besonderer Sachverstand erforderlich ist. 31 Ist ein solcher nicht sachnotwendig, so kann sich das Gericht eines Augenscheinsmiulers bedienen. Die Berechtigung hierzu folgt daraus, daß die Einnahme des Augenscheins seitens des Gerichts auf ausländischem Territorium (völker)rechtlich unmöglich ist und diese Situation mit derjenigen vergleichbar ist, in der dem Gericht innerstaatliche (verfassungs)rechtliehe Gründe, wie z. B. die Achtung des Persönlichkeitsrechts einer zu untersuchenden Person, der eigenen Inaugenscheinnahme entgegenstehen. 32 Ferner kann das Gericht den Inhaber des Augenscheinsobjektes zur Vorlage desselben auffordern, soweit dieses seiner Natur nach eine Herbeischaffung gestattet, wobei eine zwangsweise Durchsetzung der Anordnung weder gegenüber der Prozeßpartei noch gegenüber Dritten zulässig ist. 33 Eine Verbindung der Beweisbeschaffungsanordnung mit der Androhung von Zwangsmitteln kommt lediglich gegenüber Parteien im Rahmen von Abstammungsuntersuchungen gemäß § 372a ZPO in Betracht, die auch bei einem Aufenthalt der Partei im Ausland angeordnet werden 28 § 1211 2. 29 § 19 III; § 1911. 30 § 191. 31 § 14 I. 32§141. 33§14II.

5. Teil: Zusammenfassung

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können. 34 Obwohl auch auslandsansässige Dritte der Duldungspflicht des § 372a ZPO bei Vorliegen der Voraussetzungen unterliegen, können diese nur um ihre freiwillige Mithilfe gebeten werden. 3s 2. Im Rahmen des Zeugenbeweises kann der sich im Ausland aufhaltende Zeuge gemäß § 377 Abs. 1 ZPO sowohl zur mündlichen Verhandlung geladen 36 als auch gemäß § 377 Abs. 3 ZPO zur schriftlichen Beantwortung der Beweisfrage aufgefordert werden. 37 Abzulehnen ist die Auffassung, nach der es Ladungen von Auslandszeugen nicht gebe. Der Gesetzgeber hat durch § 6 ZSEG, wonach Zeugen mit gewöhnlichem Aufenthalt im Ausland nach billigem Ermessen eine höhere Entschädigung gewährt werden kann, klar zum Ausdruck gebracht, daß auch auslandsansässige Zeugen geladen werden können. 38 Der Ladung eines Zeugen aus dem Ausland kann ferner nicht entgegengehalten werden, sie sei wegen der fehlenden Möglichkeit zur Zwangsmittelanwendung "unzweckmäßig" und daher könne auf sie verzichtet werden. Abgesehen davon, daß die Androhung von Zwangsmitteln allenfalls gegenüber ausländischen Staatsangehörigen unzulässig ist, gibt es keine Regel, wonach Zeugen mit Wohnsitz im Ausland nur unter Zwangsandrohung vor dem Prozeßgericht erscheinen. 39 Bereits aus diesem Grund und auch unter Berücksichtigung, daß eine direkte Ladung Zeit und Kosten ersparen kann, ist ein Vorgehen entsprechend § 377 Abs. 1 ZPO immer auch als zweckmäßig einzustufen. 3. Beim Beweis durch Sachverständige kann das Prozeßgericht sowohl einen auslandsansässigen als auch einen inländischen Sachverständigen mit der Gutachtenerstellung beauftragen, selbst wenn letzterer sich hierzu ins Ausland begeben muß. Eine Ablehnung der Beauftragung auslandsansässiger Sachverständiger unter Hinweis auf § 40 ZRHO kommt nicht in Betracht, denn auch hier hat der Gesetzgeber durch die Verweisung in § 413 ZPO auf § 6 ZSEG ein solches Vorgehen innerstaatlich für zulässig erachtet. 40 Die Beauftragung kann zulässigerweise direkt, also außerhalb des internationalen Rechtshilfeweges erfolgen. Gegen die Beauftragung eines inländischen Sachverständigen, der Untersuchungshandlungen oder Inaugenscheinnahmen im Ausland durchzuführen hat, bestehen aus innerstaatlicher Sicht ebenfalls keine Bedenken.41 Auch völkerrechtliche Aspekte stehen dem nicht entgegen, da die Ermittlungstätigeit im Ausland trotz des gerichtlichen Auftrages keine hoheitliche Tätigkeit darstellt. 42 Darüber hinaus können sowohl inländische 34 35 36

37 38 39 40

41 42

§ §

14 III 1. 14 III 2.

§ 15 I. § 15 11. § 15 I 3; § 15 I 4. § 15 I 4; § 8 I 3 c). § 16 I; § 13 I. § 1611. § 13 11.

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5. Teil: Zusammenfassung

- diese unterfallen ohnehin der innerstaatlichen Gebietshoheit - als auch auslandsansässige Sachverständige gemäß § 411 Abs. 3 ZPO zur Erläuterung ihrer Gutachten geladen werden. 43 Unter Berücksichtigung der Zielrichtung solcher Ladungen, wodurch das Recht der Parteien auf Vorlegung von Fragen und auf Erläuterung des Gutachtens gewährleistet werden soll, ist zweckmäßigerweise auf eine Befragung im Wege der Rechtshilfe zu verzichten. 44 4. Auch bei der Anordnung der Urkundenvorlage im Rahmen des Urkundenbeweises handelt es sich um eine Maßnahme der Beweisbeschaffung. Die Beweisaufnahme erfolgt nicht im Ausland, da die maßgebliche Handlung nicht in dem Sammeln des Beweismaterials sondern vielmehr in der anschließenden Verwertung im Prozeß liegt. 45 Das Gericht kann demzufolge gegenüber Prozeßparteien die Vorlage auslandsbelegener Urkunden anordnen. Im Gegensatz hierzu kommen Vorlageanordnungen gegenüber auslandsansässigen Dritten, die im Besitz der Urkunden sind, nicht in Betracht, da die Vorlage von Urkunden Aufgabe der beweisbelasteten Partei ist. 46 Dieser Personenkreis kann allenfalls um eine freiwillige Vorlage gebeten werden. Schließlich besteht die Möglichkeit, schriftliche Zeugenaussagen von Auslandszeugen im Wege des Urkundenbeweises zu verwerten. Unzulässig ist jedoch eine gerichtliche Aufforderung an die Prozeßpartei, ihrerseits Zeugen zu einer schriftlichen Aussage zu bewegen, da die Anordnung zur Urkundenvorlage an die Prozeßpartei gemäß § 425 ZPO stets die Existenz der vorzulegenden Urkunde voraussetzt. 47 5. Beim Beweis durch Parteivemehmung kann eine auslandsansässige Partei gemäß § 450 Abs. 1 S. 2 ZPO zur Vernehmung vor das Prozeßgericht geladen werden.48 Diese Anordnungen können jedoch zulässigerweise nicht mit Zwangsmaßnahmen durchgesetzt werden. Da der Beweisbeschluß der Partei förmlich zuzustellen ist, ist gemäß § 199 ZPO die Inanspruchnahme internationaler Rechtshilfe erforderlich. 49 In Ehesachen kann die Prozeßpartei gemäß § 613 ZPO zum persönlichen Erscheinen zwecks Anhörung oder Vernehmung aufgefordert werden. 5o Im Hinblick darauf, daß im Zeitpunkt der Aufforderung noch keine Entscheidung darüber erfolgen muß, ob die Partei vernommen oder bloß angehört werden soll, kann die Anordnung zum persönlichen Erscheinen formlos ins Ausland übersandt werden. 51 Auf den internationalen Rechtshilfeweg braucht in diesem Fall nicht zurückgegriffen zu werden. § 16 III. § 16 III 2. 45§17I. 46 § 17. 47 § 17 11. 48 § 18 I. 49 § 19 III. so § 18 III. 51 § 18III 1;§ 18III2;§ 1911.

43

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5. Teil: Zusammenfassung

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IV. Stehen dem Direktzugriff auf auslandsbelegene Beweismittel und dem Erlaß von Anordnungen zur Beweisbeschaffung innerstaatliche oder völkerrechtliche Gründe entgegen, so muß internationale Rechtshilfe in Anspruch genommen werden. Im Gegensatz zur innerstaatlichen Rechtshilfe besteht insoweit geradezu eine Notwendigkeit für die internationale Rechtshilfe. 52 Im vertraglosen Rechtshilfeverkehr existiert keine völkerrechtliche Verpflichtung des Belegenheitsstaates Rechtshilfe zu gewähren. 53 Dies gilt auch im Anwendungsbereich des Art. 6 EMRK, da ansonsten den anderen Rechtshilfeverträgen im gleichen Anwendungsgebiet der Regelungsgehalt entzogen würde. 54 Vielmehr beruht die Leistung internationaler Rechtshilfe im vertraglosen Bereich auf der "courtoisie internationale", der gegenseitigen internationalen Höflichkeit. 55 Auf eine Gegenseitigkeitsverbürgung ist dabei zu verzichten, um die internationalen Rechtsbeziehungen und hierbei insbesondere die internationale Kooperation auf dem Gebiet der Rechtshilfe nicht zum Erlahmen zu bringen. 56 Im vertraglich geregelten Rechtshilfeverkehr sind die Vertragsstaaten zur Gewährung von Rechtshilfe verpflichtet. 57 Das bedeutendste Übereinkommen auf dem Gebiet der internationalen ·Rechtshilfe für extraterritoriale Beweisverfahren ist das HBÜ. 58 Bei der Qualifikation des Begriffs der Zivil- und Handelssache ist zwischen bilateralen und multilateralen Übereinkommen zu differenzieren. Hierbei hat die Qualifikation bei multilateralen Übereinkommen vertragsautonom und bei bilateralen Abkommen nach der lex fori zu erfolgen. 59 Wesentlichste innerstaatliche Grundlage zur Durchführung des Rechtshilfeverkehrs mit dem Ausland stellt die ZRHO dar. 60 Danach ist die Prüfungskompetenz ein- und ausgehender Rechtshilfeersuchen den Justizverwaltungen zugewiesen. Diesen steht sowohl im vertraglich geregelten als auch im vertraglosen Bereich die alleinige Entscheidungsgewalt darüber zu, ob eingehende Rechtshilfeersuchen erledigt oder abgelehnt und ausgehende Ersuchen weitergeleitet werden. 61 Darin liegt keine unzulässige Beschränkung der richterlichen Unabhängigkeit, da diese insoweit der Pflege der auswärtigen Beziehungen weichen muß. Eine Ablehnung der Weiterleitung von Rechtshilfeersuchen kann jedoch dabei allein aus außenpolitischen Gründen erfolgen.62

52 § 2 I. 53§3Il. 54 § 3 I 2. 55§311. S6§3112. 57 § 4.

59

§ 4 I 1 a). § 4 III.

60

§5I.

61

§ 511. § 5 11 2 cl.

58

62

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Sachregister Abstammungsuntersuchung 114 ff. als Augenscheinsbeweis 114 Aussichtslosigkeit der 116 betroffener Personenkreis 114 deutsche Staatsangehörige 115 f. Dritte 114, 117f. - Duldungspflicht 114 ff. - Durchsetzbarkeit der 116 ff. - Eltern 114 - freiwillige Teilnahme 117 - Großeltern 114 Prozeßparteien 114, 115 ff. Verweigerung der 114 - Zwangsmittelandrohung 114 ff., 117f. amicus curiae-Schriftsätze 77 Amtshilfe 19 ff., 103 Annexzuständigkeit 83 ff. Anspruch auf Rechtshilfe 31 f. Augenschein 110 ff. - allgemeines Persönlichkeitsrecht 112 - besondere Sachkunde bei III ff. - durch Augenscheinsmittler 111 ff. - durch Prozeßgericht III - durch Sachverständige III ff. - gerichtliche Beweisaufnahme bei 112 f. - Objekt des 112 ff. - rechtliche Hindernisse des 112 - Zwangsmittel bei 113 f. Augenscheinsbeweis 110 ff. - auf dem Rechtshilfeweg 112 f. - Beweiswürdigung 113 - Dauer des 112 - ergänzende Fragen des Gerichts 113 - Ungeeignetheit des 114 - Zeitaufwand des 113 - Zwangsmittelanwendung bei 113 f. Augenscheinsgehilfe III ff. Augenscheinsmittler III ff. Augenscheinsobjekt 112 ff. - bewegliche Sachen 113 11·

- freiwillige Vorlage des 114 - Herrschaftsgewalt über das 113 - Import des 113 f. - Inhaber des 113 - Verweigerung der Vorlage des 113 f. - Zustandsveränderung des 112 Auskunft 95 Ausländer 84, 95 ff. Auswärtige Beziehungen 45 ff. Beweisaufnahme - durch diplomatische Vertreter 34 f. - durch konsularische Vertreter 34 f. - Ermessen bei 69 - Haager Übereinkommen über 33 ff. - im Ausland 54 f., 59 ff. - Kosten 74 f. - Verhältnis zur Beweisbeschaffung 57 ff. Beweisbeschaffung - Anordnung der 81 ff., 90 f. - Augenscheinsbeweis 110 ff. - Augenscheinsobjekt 113 ff. - Dauer70f. - Durchsetzbarkeit 92 ff. - Haager Beweisaufnahmeübereinkommen 76ff. - Kosten 72, 74 f. - Kostenerstattung 121, 132 - Parteiöffentlichkeit 73 ff. - Parteivernehmung 137 ff. - Sachverständigenbeweis 107 ff., 111, 126ff. - Unmittelbarkeitsgrundsatz 57 ff., 66 ff. - Urkundenbeweis 133 ff. - Verhältnis zur Beweisaufnahme 57 ff. - völkerrechtliche Zulässigkeit 81 ff. - Vorrang der 65 f., 75 f. - Zeugenbeweis 118 ff. Beweisbeschaffungsanordnung 81 ff., 90 f., 92ff., 99ff., 141 ff.

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Sachregister

- Durchsetzbarkeit 92 ff. - Übennittlung 99ff., 141 ff. - völkerrechtliche Zulässigkeit der 81 ff. - Zustellung der 100 ff. - Zwangsmittel 92 ff. Beweisbeschluß 137 Beweiswürdigung 58, 60, 113 Beweiszuständigkeit 85 ff., 88 Blutuntersuchungen 115 ff. cornity 86 courtoisie internationale 27 f. Diplomatische Vertreter 34 f. Duldungspflichten 114 ff. Eidesstattliche Versicherung 125 Ennessen 69, 130ff., 140f. Exklusivität des HBÜ 76 ff. Fragerecht der Prozeßpartei 73 f., 132 Freiwilligkeit 91, 95 ff., 114, 117, 131 Gebietshoheit 20f., 82f., 9Of., 94, 108f. Gegenseitiges Entgegenkommen 30 Gegenseitigkeitsprinzip 27 ff. - Erfordernis des 28 - Grundlage des 27 Gegenseitigkeitsverbürgung 28 f. Gerichtsbarkeit 84 Glaubwürdigkeit von Zeugen 63 Gutachtenerläuterung 130 ff. Haager Beweisaufnahmeübereinkommen 33ff. Ausführungsgesetz zum 33 comrnissioner 35 f. common law Staaten 33 ff. diplomatische Vertreter 35 Exklusivität des 76 ff. konsularische Vertreter 35 - sachlicher Anwendungsbereich 40 ff., 78 - Übennittlung von Rechtshilfeersuchen 33 - Verhältnis zum EuGVÜ 42ff. Haager Übereinkommen 32 ff. - sachlicher Anwendungsbereich 40 ff. - über den Zivilprozeß 37 f. - über die Beweisaufnahme 33 ff. - über die Zustellung 36 f.

Hoheitsgewalt 20 f., 85 Innerstaatliche Rechtshilfe 19 Internationale Beweiszuständigkeit 85 f. Internationale Rechtshilfe 17 ff. - Abgrenzung zur innerstaatlichen 19 - Anspruch auf Leistung 31 f. - Begriff der 17 ff. - bilaterale Rechtshilfeabkommen 39 f. - Definition der 17 - durch aktives Tun 22 ff. - durch Auslandsvertretungen 21 ff. - durch Duldung 22 ff. - Gegenstand der 17 ff. - Haager Übereinkommen 32 ff. - multilaterale Rechtshilfeübereinkommen 32ff. - Notwendigkeit der 20 f. - passive 22 ff. - Pflicht zur Leistung von 24 ff., 31 ff. - Rechtshilfeordnung für Zivilsachen 44 ff. Internationale Zuständigkeit 85 f. Justizkonflikt 76 Justizverwaltung 45 ff., 51 f., 96, 98 Justizverwaltungsakt 51 f. Konsularische Vertreter 34 f. Kosten 71 ff., 74f. Kostenerstattung 121, 132 Ladung 118 ff., 130 ff. - auf Antrag der Prozeßpartei 132 - Ennessen 130 ff. - Sachverständige 62, 130 ff. - völkerrechtliche Zulässigkeit 120 ff. - Zeugen 118 ff. - Zwangsmittelandrohung bei 100 - Zweckmäßigkeit der 119 ff. lex fori 76, 82 ff., 133, 137 lex-fori-Regel 82 ff., 87 ff. Mitwirkungshandlungen 92 ff. - Dritter 94 ff. - von Prozeßparteien 92 ff. New Yorker UN-Übereinkommen 38

Sachregister Ordnungsgeld 93, 114 Ordnungshaft 93, 114 Parteianhörung 138 ff. - Abgrenzung zur Parteivernehmung 137 - bei Auslandsaufenthalt 139ff. - bei großer Entfernung 138 - Ermessen bei 140 f. - in Ehesachen 138 ff. - Ladung bei 139 - Ordnungsmittel bei 139 - persönlicher Eindruck 140 Rechtshilfe bei 140 f. Verzicht auf 141 Zustellung bei 139 Parteiöffentlichkeit 73 ff. - Anspruch auf Benachrichtigung 73 f. - Anspruch auf Teilnahme 74 - Teilnahme im Ausland 74 Parteivernehmung 137 ff. - Abgrenzung zur Parteianhörung 137 - Angabe des Beweisthemas 139 - Beweisbeschluß 137 - in Ehesachen 138 ff. - Ladung bei 137 139 - Ordnungsmittel 138 f. - Subsidiaritätsgrundsatz bei 137, 139 - Zustellung bei 139 Persönliches Erscheinen 138 ff. Personalhoheit 90 f., 94 Postalische Direktzustellung 101 ff. Postbrief 99, 105 ff. Prozeßnachteiie 92 ff. Prozeßparteien 82 ff., 86 ff., 92 ff., 115 ff., 137 ff. Rechtshilfe 17 ff. - Anspruch auf 31 f. - bilaterale Rechtshilfeabkommen 39 f. - Dauer 112 - durch aktives Tun 22 ff. - durch Auslandsvertretungen 21 ff. - durch Duldung 22 ff. - Haager Übereinkommen 32 ff. - innerstaatliche 19 ff. - internationale 17 ff.

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- multilaterale Rechtshilfeübereinkommen 32ff. - Notwendigkeit der 20f. - passive 22 ff. - Pflicht zur Leistung von 24 ff., 31 ff. - Rechtshilfeordnung für Zivilsachen 44 ff. - Umgehung der 94, l06f., 124, 136 - Zeugenbeweis 64 Rechtshilfeabkommen 32 ff., 39 ff. - bilaterale 39 ff. - multilaterale 32 ff. Rechtshilfeersuchen 33 f., 49 ff., 52 - Antragsberechtigung 52 - Sprache 34 - Übermittlung 33 f. - verwaltungsmäßige Prüfung 49 ff. Rechtshilfeordnung für Zivilsachen 44 ff. - Kompetenzzuweisung 45 ff. - Verwaltungsmäßige Prüfung 49 ff. Rechtshilfeverkehr 24 ff., 31 ff. - vertraglicher 31 ff. - vertragloser 24 ff. Rechtsmittel 51 f. Richterliche Unabhängigkeit 46 ff. Sachverständige 107 ff., 126 ff. - Ablehnung 126 - Anhörung 130 ff. - auslandsansässige \07, 127 f. - Beauftragung auslandsansässiger 107, 127f. - deutsche Staatsangehörigkeit 130 - Entschädigung 127 - freiwi1\ige Mithilfe des 127 - inlands ansässige 108 ff., 128 f. - Gutachtenerläuterung durch 130 ff. - Gutachtenerstellung durch 130 - hoheitliches Handeln \08 f. Ladung 126, 130 ff. - Sachkunde \08 - Tatsachenermiulung durch 107 - Zwangsmittelbefugnis 108 f. Sachverständigenbeweis 107 ff., 126 ff. Anhörung der Prozeßpartei bei 126 Beginn der Beweisaufnahme 126 - Beweisbeschaffung bei 108, 126 ff. Ermessen des Gerichts 126

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Sachregister

- freiwilliges Erscheinen bei 131 - Kostenerstattung bei 132 - Ladung bei 126, 130ff. - Ort der Beweisaufnahme 129 - Rechtshilfe bei 108 f., 127 ff. - Souveränitätsverletzung 109 - völkerrechtliche Zulässigkeit 107 ff. Schriftliche Befragung 123 ff. Souveränitätsgrundsatz 20 Souveränitäts verletzung 21, 55, 94 f., 109 134 Staatsangehörigkeit 82 ff., 86 f., 94 ff. - Ausländer 95 ff. - Deutsche 94 f.

-

Anordnung der 134 ff. durch Dritte 136 klageweise Geltendmachung der 133 Verweigerung der 133

Unmittelbarkeitsgrundsatz 57 ff., 66 ff., 136 - Ausnahmen vom 58 f. - Begriff 57 f. - Bindung des Gerichts 72 - Einhaltung bei Auslandsbelegenheit 61 - Einschränkung 58 ff. - Gerichtsentlastung 68 - Prozeßbeschleunigung 67 f. - ratio legis 66 ff. - Systematik des Gesetzes 68 f. - Urkundenbeweis 136 - Zeugenbeweis 60f., 123 Urkunden 133 ff. - Belegenheitsort der 133, 134 - Herbeischaffung von 134 - schriftliche Zeugenaussagen als 135 ff. - Vorlageanordnung 134 ff. Urkundenbeweis 133 ff. Anordnung der Vorlage 134 ff. Beginn der Beweisaufnahme 134 Beweisantritt 133 - Beweisbeschaffung bei 133 ff. - Fristgewährung 133, 136f. - maßgebliche Handlung 134 Rechtshilfe beim 134 schriftliche Zeugenaussage als 135 ff. Unmittelbarkeit beim 135 f. - Vorlegungspflichtiger beim 133 f. - Zwangsmittel beim 133 Urkundenvorlage 133, 134 ff.

Wohnsitz 82

Verbürgung der Gegenseitigkeit 28 ff. Vertraglicher Rechtshilfeverkehr 31 ff. Vertragloser Rechtshilfeverkehr 24 ff. - courtoisie internationale 27 f. - gegenseitiges Entgegenkommen 30 - Gegenseitigkeitsprinzip 27 ff. - Gegenseitigkeitsverbürgung 28 ff. Gewährung von Rechtshilfe 25 ff. Vollstreckung 93

Zentrale Behörde 33 f. Zeugen 118 ff. Entschädigung von 121 freiwiIIiges Erscheinen des 119 Glaubwürdigkeit des 120 - Ladung von 118 ff. - schriftliche Befragung von 123 ff. Zeugenbeweis 118 ff. - freiwiIIiges Erscheinen beim 119, 122 f. - Ladung 118 ff. - Ordnungsmittel beim 119 - Säumnisfolgen beim 119 - schriftliche Befragung 120, 123 ff. - Souveränitätsverletzung beim 124 f. - Unmittelbarkeit beim 123 - Vernehmung 119 - völkerrechtliche Zulässigkeit 120 ff. - Zwangsmaßnahmen beim 119, 122 Zeugenvernehmung 61,119 Zeugnisverweigerungsrecht 119 Zustellung 36f., 99ff., 142 - Beweisbeschaffungsanordnung 141 ff. - durch Aufgabe zur Post 142 - förmliche 141 f. - Haager Übereinkommen über die 36 f. - Ladung 139 - Post 99f.

Sachregister - Rechtshilfeweg 100ft. Zustellungsbevollmächtigte 142 Zwangsmittel64, 71, 83f., 92ft.

Zwangsmittelandrohung 83 f., 93, 100ft. Zwangsmittelanwendung 69 f., 119 ft. Zwangsmittelbefugnis 108

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